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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG.

HERAUSGEGEBEN

EDUARD GERHARD,

MITDIRRKTOR DES ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS ZU ROM.

ELFTER JAHRGANG,

enlhallend Dfiiikmiilor und Forschunoren No. 49 60, Tafel XLIX LX , Anzeiger No. 49 60.

BERLIN,

DRUCK UNI) VKRLAG VON GEORG REIMER. I 8 5 3.

DENKMÄLER, FORSCHIINGEIV

UND

BEIUCHTE

ALS FORTSETZUNG

DER ARCHÄOLOGISCHEN ZEITUNG

HERAUSGEGEBEN

VON

EDUARD GERHARD,

AHTDIHKKTOR des archäologischen INSTITUTS zu ROM.

FÜNFTER JAHRGANG,

enllialleiul Deiikiiiiiler und Forschungen No. 49 60, Tafel XLIX LX, Anzeiger No. 4!t— (50.

BERLIN,

üllLClv UND VERLAG VON GEORG REIMER. i85 3.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

J\S 49. 50.

Archäologische Zeitung, Jahrgang XI.

Januar und Februar 1853.

Zeus und Herakles, Hippolyt und Pliiidra. Das Bild der Hippodameia im Hippodrom zu Olympia. Zur Arcliiio- logisclien Zeitung (Orest und Hennioiie). Allerlei: Keleiideris.

I.

Zeus und Herakles, Hippolyt und Phädra.

Hiezii die AliMIdiint' TaM XLIX. L.

XLIX, 1 1. W^m mit röUiliclien Figuren bemalter Kotylos'), der Sammlung des Gelieimerallis Acs/zicr zu Kom angehörig, zeigt auf der Ilaujitseite eine Vorstellung die so genau mit dem [zu bequemer Vergleichung hier gleichfalls als no. 4 beigefüg- ten] Innenbild einer bekannten Trinkschale des König!. Museums') übereinslimml, auf welchem ich Zeus Uasileus und Herakles KaUinikos^) nachwies, dafs kein Grund vorliegt, für das neue Vasenbild abweichende Namen in Vorschlag zu bringen. Demi der Herakles des Kestner'scheii Ko- tvlos erscheint, wie jener, mit einem Lüwenlell, dessen Kopf seinem bärtigen Haupte zum Heime dient, über dem kurzen gefalteten Chiton bedeckt; die Fellbekleidung wird auch bei ihm von einem (jürtel umschlossen, in welchen hinten der Löweu- schweif sciilangenähnlich sich hindurch- und hinauf- zieht. Einen Köcher nehmen wir bei ihm niciil wahr; die Keule, auf welche der Herakles jenes Bildes nach vollbrachlen Mühen sich aufstützt, trägt unser Herakles, über die linke Schulter gelegt, ohne Zweifel in gleicher Andeutung, dafs er seine Käm|)fe glück- lich überstanden hat. Deshalb reicht ihm gegen- überstehend, in schwerer üekleidung, mit einfacher Binde im Haar, durch das grolse Sce|)ler in der

') Kotjlus: iler neiierdiiit'S fiir iilinliclie Gefäfsformen liäiiüsir anpcwandtfii liinenming des Skjiihoa enisprecliend. Vgl. Berlins antike nildwerke I, S. 3()S. E. G.

'J Nu. 1023: Gerhard, Berlins antike Bildwerke S. 317. Stackeiberg Gräber der Hellenen Taf. 41. [Die Aiilseiiseite derselben Scliale stellt IiocLzeitlicIie Scenen dar].

Linken als Bnsileus sich bekundend, Zeus als König und R'tcliter einen Kranz hin , den der Heros an- zunehmen im Begriffe steht. So wenig die Beschaf- fenheit der Blätter uns auch berechtigt Kotinos hier zu erkennen, da dieselben weit eher auf die dem Heros geweihte Silberpappel, XevKrj *), schliefsen lassen: so tragen wir docli kein Bedenken, das Siegssymbol der Spiele des olympischen Zeus ^) hier von demselben ausgetheilt zu glauben. Der Grmid liegt aber nicht blofs in der Persönlichkeit des Gebers, sondern auch in dem Gegenbilde, das die [»ückseite dieses Gefälses uns veranschaulicht. Taf. L, no. 1. Auf dieser fificAsei/e erblicken wir nämlich einen griechischen Epheben mit der Chlamys über dem kurzen Chiton, den Petasos hinten auf- gebunden, mit hohen Schnürstiefeln und zwei Jagd- speeren versehen, das Haar mit einer einfachen Binde geschmückt. Dieses Kostüm, für jugendliche griechische Heroen das gebräuchlichste, liefse mit gleichem Reciit auf T/ieseus, Orest, Peleiis, und manciie andre Heroen rathen. Der ihm zukommende Name erhellt erst aus seinem Betragen und seiner Beziehung zu der ihm gegenüberstehenden, schwer- bekleideten, im Weggehn begriffenen, weiblichen Figur. Das Haupthaar mit einer blättergeschmück- ten Stephane ausgezeichnet, erhebt dieselbe, Aphro- diten ähnlich, mit ihrer Linken den Zipfel ihres langen, den Hinlerkopf verhüllenden Pcplos. Dieses von der rechten Schulter sie enlblöfsend herabglei- tende Gewand durfte sicli Lei Frnuenbildern auf

') Siebentes Programm zum Berliner Winckelmannsfest 1S47.

") S. mein l'rogramni S.9.

') KKÜ.iait'fuyoi beifst zu Olympia der Kotinos Paus, V, Ij, 3.

Vasen als mit der aldcug siltliclier Frauen unver- Iräsrlich und Iielärenhaft niclil liäufis; nacliweisen lassen. Hier aber ist es an seinem Platze. Wäh- rend nämlich der Blick, der gedachten Frau, auf Liebesglulh deutend, in den Jüngling ganz versenkt, ihre Abschiedsworte begleitet, indess ihre Rechte ") vertraulich seinen Arm berührt, steht er erstaunt und unempGndlich, durch die Oeffnung seiner Hand seine Frage, was sie verlange, mimisch aussprechend, ihr gegenüber. Irren wir nicht, so dürften sich mit Rücksiclit auf die verschiednen Gemülhszustände der beiden Personen als passende Namen Hippolyt und Phädra besonders empfehlen, für welche letztere als Leibeigne der Aphrodite jene kokette Kleidung eben so sehr spricht, als des Jünglings Unempfindlichkeit den frommen Diener der keuschen Göttin charakterisirt. Rufen wir uns ins Gedächt- nifs, dafs Trözcn der Hauplschauplnlz ist, wo der Mythos des Hippolyt in seinem Temenos und Naos mit Priester und Lockenweihe der sich verheirathen- den Jungfrauen eben so deuthch als in seinem Grab- mal uns entgegentritt (Paus. 11, 32, 1 u. 3), während der Mythos der Phädra in dem, neben dem Stadion des Hippolyt gelegenen, vaog der herabschauenden Aphrodite (xataanonia) , den sie an dem Orte stiftete wo sie seinen Uebungen im Gynniasion verstohlen zugeschaut hatte, sowie in ihrem Grabe nicht weit vom Grabmal des Hip])olyt (Paus. II, 32, 3) sich offenbart: so gewinnen wir nicht luir eine genügende Erklärung dieses Bildes, sondern gleich- zeilig einen Zusannncnhaiig zwischen den Vorstel- lungen der Rück- und Vorderseite, insofern Pau- sanias (11, 32, '.•) uns benachrichtigt, dafs bei Trözcn am saronischen Meer der Kotinos unter dem Namen aigenzog (läyog in reicher Fülle wächst; womit folgende Er/.ählung desselben Reisebeschrei- bers II, 31, 13 als unsrem Vasenbilde sehr zu Statten konunend zu verbinden ist. „Auch Hermes ist hier (in Trözen) mit Namen Polijgios; bei

dieser Statue soll Herakles seine Keule hingelegt haben; und diese (sie war nämlich von Kotinos) wuchs in die Erde hinein, trieb wieder Spröfslinge und der gewachsene Kotinos existirt noch. Von IlcraJiles aber erzählen sie, dafs er den Koiinos am saronischen Meer auffindend, sich dacon eine Keule schnitt". (Vgl. Curtius Peloponn. II, -143). Auf diese Weise glauben wir die Erklärung der Vase befriedigend abzuschliefsen und machen blofs dar- auf aufmerksam, dafs, wie auf der Trinkschale des KönigL Museums die Aufsenseiten einen Hoch- zeitszug darstellen , so auch hier die Rückseite ein Liebesverhällnifs, freilich das Werk einer anderen Aphrodite, und daher unglücklichen Ausgangs, zur Anschauung bringt.

Der Umstand, dafs Herakles Kallinikos mit Zeus Basileus auf der Insel Paros laut dem Zeugnifs von Lapidarmonumenten') ihren besondren Kultus genossen und dafs daselbst ein Berg mit den be- rühmten Marmorbrüchen den Namen Marpessos") führte, hatte mich anfangs auf den Gedanken ge- leitet, die Frau dem Epheben gegenüber könnte Marpessa^) vorstellen. Ihre Erscheinung mit der Verschleierung entspricht in der That genau ihrem Bilde, sowohl auf einer berühmten volcenterVase'"), als auf einem durch Inschriften nicht nnnder wich- tigen etruskischeu Spiegel"). Ihr gegenüber lielse sich in Bezug auf Jugend und Tracht Idas ver- mulhen, dem Marpessa vor dem anderen gleichzei- tigen Bewerber, dem Golt Apollon, den Vorzug sab. Allein die Abwesenheit dieses letzteren und mehr noch die phlegmatische Kälte von Seiten eines Liebhabers, der um so mehr Ursache hatte sich liebenswürdig zu zeigen, je gefährlicher ihm die Concurrenz eines Gottes, wie Apoll, werden mufste, überzeugte mich von der Unhaltbarkeit dieser Ver- muthung. Der Vergleich der Gruppe von Idas und Marpessa auf der voicenter Vase nnt unsrer von Phädra und Hippolyt auf der Kestner'schen empfiehlt

') Kuriii. Ilippol. 200. I-hädra: /.f!,'?fi' iv^n/Hi Xi'Q"it 7inüJio).oi.

") Tliierscli iilicr Paros S. (337 f. (Abli. il. Müncliner Aka- ilcmie I'i34), Rikkli C. J. Gr. II, 23öS und ISoss Reis, in der gr. Ins. lld. I, S. 44.

'^) Paus. \, 12. St. Byz. Müonriaatt,

') Tocliter des Buenos Hoin. II. IX, 557; Apollod. I, 7, 8; St. Byz. MuQnrjaaa.

'") Gerliard Auserl. Vasenb. Taf. XLVI, Idas mit Panzer und Speer.

") (Jerliard Ktruskisclie Spiegel Taf. SO, Ite mit Bopen wie A^ilti; Marniis versciileiert ; aufserdeni noch 'l'uran u. Lasa.

sicil Ulis nber niciitsiieslowenigor zu willkoiinniicr Belcliriiiig wie selir die griecliisclie Kunst iiliniiclie Motive auf analoge Weise zu versiniiliclieii verstand, indem bei gewechselten Rollen die Mimik des Mar- pessa's Liebe zu sich Iieranzieliendcn Idas wenig von der gegen Uiji|)olyt gleiche Absicht venailien- den Pliädra sich unterscheidet.

Taf. L, 2. 3. Nachdem der vorsiehende Auf- salz geschrieben war, veranlafste mich dessen Iii- liall zu einer Revision von Frauenbiidern auf an- tiken Kunstwerken riicksichtlich ähnlicher, von der LScIuiller lierabgieitender, Arm und Brust dadurch verführerisch enlhliifsendcr, Kleidung. Auf dem Gebiete der gemallen Gefiifse findet sich diese Er- scheinung so selten und dann immer durch den Charakter der Person so molivirl, dafs sogar in Com- jiositionen wo zehn bis zwölf weibliche, selbst lauter jugendliche, Gestalten auftreten, keine einzige diese der griechischen Sille so widerstrebende Anzugs- art uns zum Besten giebl, welche z. B. bei der Muse des Tanzes Terpsichore, (auf dem Relief der Apotheose des Homer, auch auf Vasenbildern) und welllichen Tänzerinnen ganz an ihrem Platze ist. In der Plastik bemerken wir dieselbe auf dem be- rühmten Caraffa-Noja'schen Relief (Miliin G. mylh. 173,540; vgl. 159,541) bei Aphrodite, welche Helena für Paris zu gewinnen sucht, ferner bei der kolos- salen Statue der sogenannten Flora Farnese, beide im Neai)ler Museum [Neapels Cildw. no. 210. 200], und endlich noch rückhaltloser bei der weiblichen Figur einer [als no. 2 hier abgebildeten] unter dem Namen Orest und Eh-Jctra, auch Achill und Deidamia (R. Röchelte Mon. ined. PI. XXXI, 1. Gargiulo liaccolla Tav. 12) allgemein bekannten, vorzüglichen Marmorgruppe fariiesischer Herkunft im Neapler Museum. Diese Grupjie verdienl um so mehr eine erneute genaue Prüfung, je weniger einerseits die bisherigen Deutungen mit dem Ausdruck und der Tracht der Figuren vereinbar erscheinen, und je audallender andrerseits die Motive beider mit denen von Phiidra und Hippolyt der zugleich abgebil- deten (no. 1) und kurz vorher erklärten Kestncr'schen Vase übereinstimmen.

6

Wenn in Gestall, Kopf und Ilaaranordnung des .Jünglings das vollendete Bild eines griechischen Kj)heben uns entgegenlrilt, das für eine ziemliche Anzahl junger Heroen Griechenlands mit gleicher Berechtigung zu heroischen Benennungen veran- lassen kann, so läfst sich doch andrerseits sein der Frau nicht zugewandter, sondern etwas gesenkter, ernster Blick, im Einklang mit der Geberde der linken Hand und völlig übereinstimmend mit dem des Hi|)|)olyt auf der Kestncr'schen Vase, weder verkennen noch stillschweigend übergehen. Je weniger diese Kälte von Seiten eines die Schwester eben erst wiederfindenden Bruders, auch wenn er mit ihr den ernsten Plan den gemeinsamen Vater zu rächen schon bespräche, sich entschuldigen lälst, desto angemessener finden wir dieselbe für den keuschen Hippolytos, dessen ruhige Reinheit auf diese Weise einen scharfen Conlrast mit den inneren Stürmen bildet von denen die ihm gesellte Frauen- geslalt hier aufgeregt wird; denn deren Empfindung verräth unzweideutig sowohl, den Geliebten um- schlingend, ihr rechter Arm, als auch ihr liebes- trunkener Blick und ihre sich hebende linke Brust. Die Vertraulichkeit der Umarmung, ein Schritt weiter als es die Grujipe des Vasenbildes uns zeigt, findet einige Milderung in dem Verhältnils der Mutter, wenn gleich Stiefmutter, zum Sohne. Allein nicht blofs in diesem Motiv hat bei gleicher Aufgabe der plastische Künstler dem Vasenmaler einen gewifs glücklichen Vorsprung abgewonnen; auch in der Entkleidung des linken Arms der gleich der „weifs- armigcn" Hera wegen ihrer schönen Arme gepriese- nen Phädra gleichwie wir es bei derselben Minos- lochler dem Hippolyt gegenüber auch auf einem jiompejanischen Wandgemälde (Mus. ßoib. VllI, 52) wahrnehmen , hat er die Dienerin der Aphrodite Pandemos scharf zu charakterisiren verstanden. Eine so gar freie Tracht, die höchstens für des Aegisth blutschänderisches Weib sich ziemte, der edlen Agamemnonstochter Eleklra zuzumuthen, zeugt von allzu geringer Kenntnil's des in der griechischen Frauenkieidung stets beobachteten Anstands. Wie unverheirathete Griechinnen, Prinzessinnen so gut als schlichte Bürgerstöchtcr, gekleidet gingen, lehren uns Tausende von Vasenbildern aufs Genaueste,

8

und wie namentlich Eleklra gekleidet zu denken sei, bezeujien uns ebenfalls Vasenbilder wo sie, durch Inschrift beglaubigt, bald am Grabe des Vaters Todtenspenden darbringt, bald zwischen Pylades und Orest mit dem Krug der vermeintUchen Asche des Letzteren einherschreilet. Am kürzesten übrigens widerlegt sich die bisherige Benennung der Neapler Gruppe durch einen Vergleich mit der berühmten Marmorgruppe in Villa Ludovisi [s. unsre no. 3], in welcher ihrer ursprünglichen Deutung auf den jungen Papirius und seine Mutter zu geschweigen (Maffei Raccolta di Statue LX. Milhn G. mylh. 167, fil?) es unmöglich ist Orest und Elektra, die sich wieder gefunden, zu verkennen.

Zum Schlufs mache ich noch zur Begründung meiner für diese Frauentrachl gegebnen Deutung auf zwei pompejanische Wandgemälde aufmerksam, deren eines allbekannt unter dem Namen „Am.oren- häniHerin" (Milhn. G. myth. 46, \93'), diese Haupt- person , in ihrem Charakter einer Kupplerin ent- sprechend , so gekleidet zeigt. Das andre (Mus. Borb. 11, 12) stellt gegenüber dem Theseus, welcher des Vaters Schwert soeben unter dem Felsen her- vorgeholt hat, seine Mutter Aiihra sitzend in ahn- lieber Brust- und Armentblöfsung dar, vielleicht nicht ohne Anspielung auf deren, wie auch bei Phädra der Fall ist, Licht und Wärme andeutenden Namen. Tu. Panofka.

IL

Das Bild der Hippodaineia im Hippodrom zu Olympia.

Als Siegslolin der Olympiotiiken ist der KoünosVaanz vom „Baume der scliiinen Kriinze" l)ckannt. War Dun ein solcher Kranz des Siegers Preis, so kitiin es mit Recht helremden warum aufserdem nocli eine Tänie diesem beigefügt wurde, weil doch beide zugleich oder zusammen unmöglich das Haupt des Siegers sciimückeo

kooDten. Es wird ferner auffallend sein, dafs die Nike auf des Olympiers Hand nicht wie die Nike der Par- tlienos zu Atlien einen Kranz trug, welcher «loch sowohl ihr wie des Gottes Haupt zierte, sondern nacli des Pau- sanias') unverninglichera Zeugnisse eine Tänle in Händen liielt; eine Thatsache, über welche man stets, ohne sich an ihr zu stolsen, hinweggesehen hat. Mau wird endlich Iragen müssen, welcher Unterschied nun zwischen dem Kranze und der Binde sei, ob dann Binde und Kranz zu gleicher Zeit und mitliin an einem und demsell>en Orte verlielieri wurden oder nicht?

Was die letzte P'rage anbetrifft, so habe ich bereits an einem andern Orte ') nachgewiesen , dafs die Olym- pioniken den Kranz von dem 'l'ische der Siegeskriinze, vor den Schranken des tlironenden Gottesbildes in der Cella des Zeustempels, und zwar aus der Hand des Hellanodiken, also nach Plinius' ^) nicht meUi\)horisch sondern wörtlicli zu fassendem Ausdrucke: siib ijiso Jove empfingen. Die iil)rigen Fragen werden durch ein Bild- werk beantwortet, welches bisher in seiner Bedeutung hierfür unbeachtet geblieben ist. Pausanias sagt nämlich in der BescJireibung des Hippodromes von Olympia, es l)efinde sich auf der einen Zielsäule das erzene Bild der Hippodameia, eine Tänie liuHend, welche sie dem Pelops ivcgen seines Sieges umlegen wolle '), Aus dieser an sich scheinbar unbedeutenden Angabe iliel'sen mancherlei Auf- klärungen. Erwartet Hippodameia, ehemals selbst ja der Preis welchen Pelops mit Gewinnung des Zieles errang, auf diesem Orte den zuerst herankommenden Kämpfer als Sieger um demselben das Siegszeichen umzulegen, so kann einmal ihr Bild nur auf derjenigen Zielsäule ge- standen haben bei welcher die Entscheidung über den Sieg erfolgte; zweitens müssen oothwendiger Weise die Hellanodiken ihren Sitz dieser Säule und ihrem Bilde grade gegenüber gehabt halieu. In ähnlicher Weise und an gleichem Orte, den Kampfrichtern gegenüber, stand bekanntlich im Stadium zu Daphne bei Antiocheia ein Bild der Nemesis in einer Aedicula, um die Richter stets an die gerechte Entscheidung im Betrell des siegenden Käm|)fers zu mahnen').

Es folgt hieraus ferner, dafs an dein Platze und An- gesichts dieses charakteristischen Hippoilauieiabildes, das so prägnant die Handlung bezeichnet welche hier vor- ging, tlie Hellanodiken dem erkannten Sieger, dessen

') Paus. 5, II, I inivluv it fybvaiiv.

') Berliner Zeitschrift (Vir Bauwesen, II. Jalirgang.

') Plin. II. N. If), 4, 5.

*) Paus. t>, 20, 10 T.nl äi rvaarji fiiäs ' InnoiauiCas iaiiv

tlxüiv /al.xij, xaivCuv i/ovan y.tü üraöth' jür lltlona ft^X~ Xovaa Ini ii] v(xg,

") O. Müller, Kl. Schriften I, S. 101.

10

Name sogleich diircli Heroldsnif verkündigt wurde, die Siegsbiode zur Stelle selbst iihcneichten oder auch wohl umlegten. Nicht also in der Cella des Zeusterapels, sondern hier unmittelbar auf dem Kampf|)lntze wurde die Binde eben so gegeben wie sie Hippodameia einst dem Pelops verliehen hatte. Verlangt man hierfür noch eine historische Beglaubigung, so mag diese die Versiche- rung des Thukydidas gewahren"): dafs der Lakediiraonier Liclias (11 ilen Schranhen erschien, und hier seinen mit dem Gespann siegenden Heniochen sell)St hehränzt habe; was Pausaiiias ') viel deutlicher und ausdrücklich so ver- merkt: es habe Lichas dem Heniochen die Tünie umge- legt. Dafs die Hellanodiken hierüber den Lichas geifsel- ten und aus den Scliranken liinaustrieheo, um den Ein- griffin ihr Recht und Amt zu ahnden, auch wie Xeoophon ") meint um den von den Spielen ausgeschlossenen Lake- dämonier als solchen und noch dafür zu strafen, dafs er ebenfalls seinen Heniochen durch die Kriinzung als La- kedamonier bezeichnete, wiihrend die Hellanodiken die Thebaner als Sieger Iiatten ausrufen lassen, auch des Lichas Gespann nur unter dem Namen dieser Antheil am Rennen hatte nehmen dürfi-n, alles das ändert in dem Beweise nicht das Geringste dafs die Siegsbinde hier und im .^ugenlilicke des Sieges verlii-hen wurde. Es konnte dies auch selbst durch die irrige Meinung Ciceros"), nach welcher der Herold den Sieger bekränzt hal)e, keines- wegs verneint, sondern umgekehrt nur bestätigt werden, indem wenigstens eine Kränzung an diesem Orte zuge- standen wird; dafs aber nur die Kränzung mit der Binde hierunter geraeint sein könne ist klar, weil der Kranz nach dem ausdrücklichen Zeugnisse das Pindar'") von den Hellanodiken und, wie aufser vielem Andern schon die Gruppe des von Ekecheiria gekränzten Iphitos an- deutet, in der Cella des Zeustempels gegeben wurde. Da der Herold durch Namensaufruf den Sieger bezeichnete, oder nach attischem Ausdrucke „den Kranz verkündigte", so mag hieraus die Verwechslung zwischen dem Preis- richter und dem Herolde bei Cicero geflossen sein.

Weiter folgt aus jenem Hippodameiabilde die wich- tige Thatsache dafs, wie die Binde der Kriinzung voraus-

ging, so auch die Binde iiherhuupt früher war als der Kranz. Freilich sind Binde, Zweig und Kranz uralte Symbole des Sieges, beide werden aufser den Agonen als Zeichen des Sieges gespendet"), allein die Binde ist zu Olympia das urspriinyliche und ültere Siegeszeichen der Agonisten vor Einführung des Kranzes, der Kranz eine spätere Zuthat ; denn mit jener Tänie lohnte schon Hippodauieia den ersten Sieger, während ,,der Baum der schönen Kränze" erst viel später zur Zeit des Iphikles durch Herakles, dem Nachkommen des Pelops, in die Allis von Olympia verpflanzt wurde, ja während selbst der Olympische Agon lange nach Iphitos noch kranzlos war und erst mit der siebenten Olympias, in welcher der Messenische Daikles den ersten Kranz empfing, stepha- nitas wurde"). Aus diesem Festhalten an der Tänie der llippodameia im Brauche der Spiele, erklärt sich auch bei jener Nike auf des Zeus Hand die Tänie an- statt des Kranzes, erklärt es sich warum man bei der Stiftung des Bildes die Tradition durch Phidias festhalten liefs. Andrerseits kann dies aber gar nicht auffallend sein , indem es ja bei andern Agonen hiermit dieselbe Bewandnifs hatte. Auch der Pythische Agon, dessen Beginn man überhaupt erst nacli der achten Olympias setzt, wurde erst kranzbringend als Sakadas seinen zweiten Sieg in demselben gewann '^). Wie streng man aber die Tradition von wegen der Tänie festhielt, zeigt sich weiter an den ikonisclieo Bildnissen der Olympioniken in der Altis zu Olympia und anderwärts, indem kein einziges derselben mit einem Kranze gebildet ist, die Binde da- gegen bei Vielen erwähnt wird. So hatte Phidias den Pantarkes einmal am Throne des Zeus, das andre Mal ikonisch in der Altis dargestellt, die Tänie sich um das Haupt legend, gleich dem Diaduinenos im Palaste Far- nese"); auch den auf dem Wagen stehenden Polykles sähe Pausanias die errungene Tänia in der rechten Hand emporhaltend'') und wenn die Achäer dem Bilde des Oibotas aus Dyme, welcher in der sechsten Olympias gesiegt hatte, jedesmal einen Kranz aufsetzten sobald sie gesiegt hatten, so war dies nur möglich wenn sein Bild nicht schon im Kranze, sondern in der Tänia dar-

') Thucyd. 5, 50: nQOiXOo'jt' fi löv uyöivn ihdSiae töv rjvCoxov.

') Paus. 6, 2, 1 Toc öi iivCo/ov vixrjaavia (iv{i>\oiv kv- töf raivCit.

») Xenoph. Hell. 3, 2.

') Cicer. ad faniil. 5, 12.

'») Pin.l. Olymp. 3, lOseqq.

") Rei Tliucyd. 4, 121, lohnen die .Skionäcr den Brüsidas als Befreier von Hellas mit einem goldenen Kranze und mit

Binden, und Teleiitias wird von seinen Kriegern beim Abschiede mit Kränzen iin<l Binden iiberliäiift, Xenoph. Hell. 5, 1. Auch hieraus sieht man nur wie beide Zeichen gleiche Bedeutung hatten.

") Corsini im Katalog S. 127.

") Paus. 6, 14. 4; 10, ö, 3.

"J Paus. 0, II, 2 und 6, 4, 3. Vgl. Winckelmanns Werke 6 B. I Abth. S. 48.

■') Paus. 6, l.

11

12

gestellt war"). Audi der Pytliisclien Siegerin Koiinna Bild zu Tanagra, zeigte ilas Haupt nur mit der Tiiiiie iiujwuDden '"), und als Siegsaiigiirium erscheint die Binde iii der hekanuten Geschichte mit Timoleon, wo diesem hei seinem Eintritte in den Pythischen Tempel eine solche von der Decke herabfällt und sich so um sein Haupt legt, als kränze ihn gleiclisam der Gott seihst zum he- vorstehenden Siege ").

Schmückte mithin die Binde schon im nächsten Augen- hlicke nach dem Siege die Stirn des Olympioniken, so mufste der Kranz später, in einem andern Festakte und auf einem andern Orte folgen. Hierdurch erklärt es sich wieder warum die Tische der Siegeskränze nie mit solchen Binden, sondern nur mit Kränzen, Zweigen und andern Preisgewinnen ausgestattet vorkommen, welche nach der Binde empfangen werden, und %yohei die Zweige entweder zu Fiifsen des Tisches liegend, oder in eigen- thuralich geformten Korben oder Wassergefufsen steckend vorkommen.

Der wichtige Unterschied zwischen Binde und Kranz nun besteht darin, dal's erstere das stetig dauernde Ehren- zeichen des Siegers war, welches er hinfort sein ganzes Leben hindurch bei jeder festlichen und feierlichen Ge- legenheit anlegte, wie alle Bildnisse dies bezeugten; der schnell verwelkende und leicht vergängliche Kranz da- gegen , weil er nur kurze Zeit frisch erhalten werden konnte, war nur für die Dauer der Festlichkeit zu Olympia und wurde wohl blos bei den Epinikien getragen. Wohl zog Nero, als vierfacher Olympiasieger, in beflügelter Eile mit einem noch frischen Kranze geschmückt zu Rom ein "), und hing die verdorrten Kränze dann als Trophäen in seinem Kuhegeinache auf; wenn aber Diodor vom starken JMilon sagt, er habe im Schmucke seiner sechs Olympischen Kränze die Krotoniaten gegen die Sybariten in die Feldsclilacht geführt-"), so küunen hierunter nur die liinden zu verstehen sein, von welchen eine die Stirn zierte, während die andern die Arme umwanden.

Die Frage endlich: wie es sich dann mit der Binde verhalle, wann die Stirn des Siegers mit dem Kranze umwunden wurde, beantworten interessante Bildwerke da- hin, dafs der zu kränzende Sieger dieselbe in dem Auaen-

blicke vom Haupte leiste und um den rechten Arm, ge- wöhnlich um das Handgelenk knüpfte, den Siegszweig mit der Hand ergrilF und den Kranz um die Scheitel empfing. Ein bekanntes schönes Vasenbild bei Tisch- bein") zeigt einen Doppelsieger um jeden Arm die Binde tragend, in jeder Hand einen Siegszweig haltend, wäh- rend eine Nike ihm den Kranz auf das Haupt setzt; aucli das Bild des lasios zu 'J'egea, eines der ältesten Olympioniken, legte nach Pausanias'^) die Linke an seineu Wettrenner, mit der Rechten hielt er den Palmen- zweig; sicher zierte die Binde das Haupt. Am wich- tigsten lüerfür ist aber das merkwürdige Vasenbild bei Stackell)erg •'), auf welchem ein ganz nackter Nemeischer Sieger von dem Kampfrichter mit den Worten el)en den Kranz umgelegt erhält: „Trage die Gebühr ai)" •'); denn hier hängt dem Agonisten die roth gefärbte Binde vom Unterarm herab, und die Hand hält die Siegszweige ge- fafst. Diese Darstellung zeigt hierbei noch wie der eben ausgesprochene Unterschied zwisclien Kranz und Binde, und der Brauch hinsichtlich der Verwendung beider, bei allen grofsen Kampfspielen gleich gewesen sei. Gänzlich al)zuweisen ist es daher wenn man glauben wollte, dafs die Binde zur Zusammenbindung der Kranzzweige genutzt worden sei.

Hinsichtlich eines Kennzeichens als agonale Siegs- binde, möchte das Vorhandensein eines solchen schwerlich abgewiesen werden dürfen; es war gewifs noihwendig an ihr zu erkennen, ob sie eine Siegsbiiide und nicht ein blofses StrophioD sei welches auch Priester und Obrig- keiten trugen, ob sie ferner in Delphi, Neroea, auf dem Isthinos oder in Olympia gewonnen war; möglicherweise konnten sogar die Binden für die verschiedenen Arten des Agoties uoterschiedeD worden sein, so dafs an dem Sieger welcher sie trug gleich die Kampfesart kenntlich war, in welcher er sie gewonnen hatte. Äufser einer verschiedenen Farbe ist daher zu vermuthen, dafs man denjenigen Theil der Binde welcher um das Haupt lag, mit dem Blätterzweige desjenigen Gewächses bezeichnet hal)e, welches der Gottheit geweiht war, unter deren Ob- hut die Spiele standen und aus welchem der frische Siegskranz bestand; es mochte die Delphische ßinde mit

") Paus. 6, 3, 6 und 7, 17, 6.

'■') Paus. 9, 22, .? jiiivt'tc jrjv xe(feih)v uvaiovftivt] n],- vlxr]i fl'jfzn.

'") Plutarcii, Timoleon 8.

"j .Sneton. Nero 25; vgl. Philostr. vit. Apollon. 5, 8.

'") Diodor 12, a xttnaTKjctvwuü'og /.üv joii'Olvfiniicy.oT; ninfavovs.

") Tischbein, I. pl. 57. [Neu abgebildet auf unsrer Taf. LI, 1].

'') Paus. 8, 4«, 2.

") Gräber d. Hell. Tal. XII. [Wiederholt auf unsrer Tafel LI, 2, in deren Text auch von sonstigen Versuchen Hie

oben berührte rälhselliafte Inschrift zu erklären <lie Rede sein wird. A. J, U.]

13

14

Lorlieer, die Neineische mit Eplieii, die Istlimisclie mit Ficlite, die Olympisclie mit Kotiiios liezeicliiiet sein; «eiin mich eine solche Bezeiclinung erst nufkain seit die Agoiieii kranzhringeiul wurden, und den Olympisclieii Spielen nach und nach die iihrigen an die Seite traten. Aus Servius' Erklärung der agonaleh Siegsl)inden geht wenigstens hervor, dafs sie roth, von Wolle geweht, mit Blätter- zweigen hezeichnet und die älteste Art der Kränzung seien'*); Plutarch aher sagt grade zu von jener lUnde, welche als Siegsaugurium dem Timoleon auf das Haupt liel, sie sei mit Niken und Siegeskränzeu durchwirkt ge- wesen ■'), was den sichersten Bevieis iiir jene Annahme gewäliren kann.

Von den Siegeskränzen, namentlich aher von dem Siegszweige, einem Syrahole, welches sich schon an den Sieg der Giitter iiher die 'J'itanen anschliefst, ein ander- mal. C. BÖTTICHER.

III.

Zur Archäologischen Zeitung.

Orest und Ilermione.

Denkmäler und Forschungen 1852 Taf. XXXVll, 1.

Ein merkwürdiges Vasenhild des Museums zu Kassel ist von dem Herausgeher dieser Zeitschrift mit der Deu- tung auf Ions Mordungrilf' mif Ale ihm noch iinhekunntc Miilter Krensu verotFentlicht worden, wohei des Euripides Ion als Grundlage vorausgesetzt, zugleich aher die Ge- genwart eines weder hei dem Tragödiendichter noch ander- wärts hei dieser Handlung als mitwirkend erwähnten Apoll als Freiheit des Künstlers enischiddigt ward.

Gegen diese Erklärung liegte ich schon hei ihrer ersten Mittheilung das ernste Bedenken, die auf dem Altar sitzende Frau verrathe durchaus nicht, weder im Anzug, nocii im Ausdruck des Kopfes, einen matronalen Charakter, vielmehr würde ein unhefanguer Beschauer liier weit eher Bruder und Schwester, als Sohn und ^lutter voraussetzen. Diese Rücksicht hielt auf gleiche Weise mich ah, einer anderen, von Hrn. O. Jahn vorgeschlage- ueo (Arch. Anz. 1851 S.58) Deutung, dal's hier Alkmüon

'*) Serv. Virg. Aen. 5, 269 Paniceis taenis; vittis roseis: et significat Iciiviisentus Coronas, quae sunt <Ie froiuliljus et (liscoloribus fasciis. Kt sicut Varro dicil. iiiagni honoris sunt, mit Festus Ijemiiisii\ vgl. Ilesjcli. ^iijuriaxovs.

"J Plutarch. Timol. 8.

seine Mutter Eriphylc umzuhringen beabsichtige, beizu- stimmen.

Dagegen kann es befremden, dafs die Zeichnung des Ephehen sowohl in Bezug auf Gestalt, Gesiclitsausdruck, Tracht und namentlich Pileus, zumal in Verbindung mit gezücktem Schwert, niclit schon längst das Bild des- jenigen Heros ins Gedächtnifs rief, den uns in völlig gleicher Weise so manche Vasenbilder bereits in Delphi bald als Muttermörder vor den Erinnyen llüclitend, bald als Mörder des Neoptoleraos am Altar des Gottes vorge- stellt haben. Ist aber die Ueberzeugung, dafs der Vasen- raaler in jenem Schwertraann einen Orest uns vergegen- wärtigen wollte, gewonnen: so kostet es auch wenig Mühe sowohl den Namen der nach dem Altar geflüchteten zu errathcn, als auch die Gegenwart des delphischen Gottes aus schriftlichen Zeugnissen zu erweisen. Derselbe Euri- pides, auf dessen Ion die Hauptschuld an der ersten Er- klärung der Vase zurückfällt, vermag, wie die Lanze des Achill, die geschlagne Wunde auch wieder zu heilen. Denn in seiner Tragödie Orestes v. 1625 u. ff. räth Apoll dem Menelaos von dein geschärften Entsclilnfs (nemlicli der Rache an Helena) abzustehen, und fügt die für unser Bild gewichtigen Worte hinzu: ,,dies ruft dir Phoibos, der Leto Sohn, hier luihe stehend zu", und fährt fort „und du, der mit geziicllem Schwert auf diese Jitngfrau hier (nemlicli Hermione) eindringst, Orestes"

31ivi\ui, nuvaui Xfjfi i'/iov zi&tjyfiivov, Onlßog a o ^jjiorg nuTg ck)' fj'j'tf i"" xuXü, av &' ög iii^pijQf]; irjd' iqiÖQivitg xögi], OQiad', "v lidfiQ oi)j (ftg(ov ijxu Xoyovg ,

ferner v. 1653: „auf deren Hals du, Orest, das Schwert jetzt hältst, die zur Gemahlin, Hermione, ist dir bestimmt: denn der da glaubt sie zu bekommen, Neoptolemos, er- hält sie nie:

i<l' rjt; d' l'/_iii, 'Oqigtu, (füayuvov dtg>], yrjinat ningiozut a EQftiüvrjv. Sg d' o}'nut NionTu).i/.iog yufiHv vir, ov yufiH noji.

Endlich Vs. 1671 antwortet Orest dem Apollon: „sieh ich lasse WiTinioiic frei «oh der Ermordung und genehmige zum Ehebette sie, sobald der Vater sie mir giebt : Iddv fi(&izjfc EQfitüvrjv unu aq)uyijg, xui Xf'xip' iTtfiVia', »;kV liv did<o tiuiIiQ.

Demnach stellt dieses Vasenbild Hermione dar von Orest bedroht und von AjioU gerettet. Die Handlung er- klärt sich vollständig aus der ursprünglichen Verlobung der Ilermione mit Orest und der in Widerspruch ilamit vor llion von Menelaos dem Pyrrhos als Lohn seiner

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Tapferkeit verheifsenen VerUindung mit derselben Tocliter, ■Horüber Orest mit Reclit entrüstet, eh er diese Elie zu- giebt, lieber Hermionen zu tödten bescliiiefst, \^ie er denn auch spater diesen seinen Mitbewerber Neoptolemos, laut

Servius (ad Virg. Aen. III, 330) n;iclidem dieser Hermione mit Gefolge und Einwilligung des Meneiaos geraubt hatte, in Delphi hinterlistig ums Leben brachte.

Th. Panofka.

IV. Allerlei.

60. Kelenderis. Auf einer Erzmiinze von Kelenderis wird der lorbeerl)elirauzte Kopf der Vorderseite auf De- metrius Soter bezogen, obschon der Herausgelier einge- stellt dal's bisher die Köpfe dieses Königs niemals be- kränzt sich zeigten. Es scheint mir gerathner in dem Kopf dieser Münze das Bild des Sandakos, Vaters des Kinyras, zu vermuthen, da Apollodor III, 14, 3 diesen als (Gründer von Kelenderis in Cilicien bezeichnet. Niichst- dem verdient der Haupttypns dieser Münzen, uamlich Ziege oder Bock mit gebogenem Schenkel {axtXr]) d. i. im Begriff des Laufens und Anklimraens, um so gröfsere Berücksichtigung als er das redende Wappen der Stadt Tersinnlicht. Denn liiXivSigig hat sich im französischen escalader, unserm Klellern, und dem lateinischen scala (Hes. ax (< X a, xXi'ftd^, drüßunfid. oxiXtafta dg6^i7]/.tu) noch erhalten und bezeichnet die Erhlimmerin, wie Issa für 'A'i'anit die Springerin bedeutet und daher das gleiche Tbier f/Y^ die Ziege zum Typus seiner Münzen wühlte. Auch der Name UY ül)er dem Bock sowie das Symbol neben dem lorbeerbekränzten Kopf der Vorderseite ist niciit ohne Bedeutung. Denn der Magistratsname lau- tete offenbar IIv&iov oder flvdig und deutet auf einen Schützling des pythischen Gottes, als Inhaliers des Ora- kel» zu Delphi, zu dessen Entdeckung bekanntlich Ziegen geleitet hatten. Mit Python stellt aber das mit Unrecht bei der Erklärung übergangne Symliol der Vorderseite als Siegel der Älagistratsperson Python im Zusammenhang; auf dem Original lafst sich der

eine Fufs eines Dreifußes vgl. Comlie Mus. Hunt. T. 14, XVII. erkennen, welchen besser erhaltne Exem- plare mit iireiterem Rand wohl vollständig zeigen vferden. Die Verehrung des Apoll als Orakelgott in Kelenderis er- giebt sich aber tlieils aus einer Erzmünze mit dem ura- bundnen Kopf des Antiochus IV Epiphanes BA~IAEY^ j4NTI0X02 und einem nackten, stehenden, auf einen Pfeiler gestützten Apoll, der in der Linken einen Drei- fufs und in der Rechten einen Kranz hält (Mionn. D. III, 570, 163) mit der Beischrift KEAENJEPIT, theils aus autonomen mit derselben Stadtinschrift und einem nackten stehenden Apoll (der in der Rechten einen Lor- heerzweig mit Binde hält, während der linke Ellbogen neben dem Saiteninstrument sich auf einen Pfeiler auf- stützt; im Feld JIY. AP. KA.) verselmen Erzmünzen, deren Vorderseite einen verschleierten Frnueukopf mit Thurmkrone zeigt (Mionnet D. III, 569, 162). Hier ver- mag derselbe Magistratsname Python liei dem Bilde seines Schutzgottes des pythischen Apoll die Auslegung der Güterbock'schen Münze (Pinder Beitrage zur älteren Münzkunde Taf. V) seinerseits zu bekräftigen, liefert al)er uualihängig davon ein neues Zeugnifs für unsre seit längerer Zeit (Von einer Anzahl antiker Weihgeschenke Akad. Abh. 183S) verfolgte Ansicht, dafs die in einem Ort vorzugsweise verehrten Gottheiten den Bewohnern ihre Namen, theils demotisclie, theils hieratische, zu gehen pflegten.

Th. Panofka.

Hiezu Tafel XLIX. L: Zeus und Herakles, Hippolijl und Phädru

Marmuryruppen.

Vasenbilder und

Herausgegeben von E. Gerhurd.

Druck und Verlaq von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zeitmig, Jahrgang XI.

M 51.

März 1853.

Wissenscliaftliclie Vereine: Berlin (archäologische Gesellschaft). Museographisches: Reisebericht aus Südfrankreicli

(Lyon). Neue Schriften.

I. Wissen.schaftliche Vereine.

L>EKLiN. In der Sitzung der archäologischen (iesellschai t vom 1. Fel)ruar sprach Hr. Panofka von neuem ülier das in der vorigen Sitzung betrachtete Vasen- liild der Res tnerschen Sammlung zuRom[D.u. F. no.49.50]. Mr. Gerhard empfahl zu genauerer Uetrachtung einen durch den Geschichlsmaler Hrn. Kaselowslcy vor mehren Jahren in Rom erworhnen und zum gegenwartigen ßeliul ge- fälligst mitgetheilten statuarischen Gjpsabgul's, dessen mit archaistischer Sorgfalt ausgeführtes härtiges Diony- soshild einer bekannten, nur ungefähr dreimal gröfsereo, Statue der iMünchener Giyptotliek (Clarac Mus. de sculpt. pl. 696A. no. 1641) mit Ausnahme des fehlenden rechten Unterarms fast durchgängig entspricht, und, da eine mechanische Verkleinerung des Münchener Originals aus äufseren Gründen nicht vorausgesetzt werden kann, der Vermuthuiig Raum gil)t, dafs eine kleinere Replik derselben Statue in einem jetzt irgendwohin verschwundenen Mar- inorwerk sich erhalten hal)en miige. [Diese Verrauthung \(ird uus von Rom aus durch Emil Braun bestätigt, welcher noch mehrere Abgüsse desselben kennt. Wo das Original sich gegenwärtig befinde, ist auch ihm unbekannt; es möge aber der Villa Albani entstammen, da ein Abguls sich auch unter den W'icar'scheu, meist von dorther ent- nommenen, Gypsen befinde].— Hierauf hielt Hr. /sitfcam einen anziehenden Vortrag über die ägyptischen soge- nannten MemnoDskolosse. Er suchte nachzuweisen, (lal's der 'l'empel Amenophis III, zu welchem jene Kolosse gehören , nicht in unmittelbarer Verbindung mit ihnen gestanden haben kann, sondern dal's mau sich nach dem Vorgange andrer, wenngleich seltner, ägyptischer Cluster zwischen beiden eine Sphinxallee eingeschaltet denken müsse, deren vorderstes Al)schlnrsglied und Portal die beiden Kolosse dermaleinst bildeten; dalier rühre denn die so auffallende Isolirung dieser Denkmäler in der Thebanischen Eiuie. Des Weiteren gab Hr. Erhlum eine Anschauung ihrer gewaltigen Dimensionen, indem er an- führte, dals jeder der aus einem einzigen Steinblock ge- arbeiteten Sockel etwa lliOOCtr., jede der Statuen aber mehr als 13300 Ctr. an Gewicht gehabt habe, schon die

erstere Summe soviel als zwei der gröfsten Obelisken Aegyptens zusammen genommen. An die Fundamentirung dieser Massen auf der blofsen Nilerde knüpfte der Vor- tragende Bemerkungen ül)er die allmähliche Verschlam- mung des Landes selbst, welche ihren natürlichen Gang vom Delta ab aufwärts genommen, und die Cultivirung Ober- Aegyptens erst Jahrtausende später als diejenige Unter- Aegyptens zugelassen lialie. Schliefslich wurde des eigeuthümliclien Phänomens Erwährung gethao, welches dem einen Kolosse die Bezeichnung der Memnons-Säule verschaffte, und welches seinen Grund bekanntlich in der plützlithen und gewaltsamen Ausdehnung des in der Nacht erkalteten Steines unter der Einwirkung der ersten Son- nenstrahlen hatte, da denn durch ein Zerspringen der harten Steintheilchen die räthselhaften Töne hervorge- bracht wurden. Dafs aiier nur einer der beiden Kolosse in dieser Hinsicht zur Berühmtheit gelangt sei, mül'ste seinen Grund wesentlich in einer mangelhaften Auflage- rung auf seinem Postamente gehabt haben, wodurch seine Masse mehr isolirt, und der Klang demgemäfs stärker nnd ausdauernder geworden sei. Nachdem auch Hr. LepsUis einige denselben Gegenstand beireifenden Be- merkungen gemacht hatte, theilte Hr. E. CurtUis der Gesellschaft den Inhalt der in ilen Schriften der hiesigen kgl. Akademie so eben abgedruckten ausführlichen und sehr gelehrten H^cfcfetfr'schen Abhandlung über ,,den Felsaltar des höchsten Zeus oder das Pelasgikon zu Athen, bisher ge- nannt die Pnyx" mit; er besprach die darin mitgetheilte und durch neue Beweise gestützte Ansicht des verstor- benen Ulrichs, dafs die bisher sogenannte Pnyx nichts Andres als ein heiliger Bezirk des Zeus und dafs die sogenannte Rednerbühne der alterthüinliche Felsaltar derselben sei. Im Uebrigen sei auch hier, wie leider in so vielen Punkten der Topographie von Alt-Athen, das negative Resultat sichrer als das positive, namentlich müsse tlie Unterscheidung, welche Welcker zwischen dem Pelasgikon als dem Heiligthume des Zeus und der Pe- lasgischen Feste, die von der Burg nicht zu trennen ist, aufstellt, in vielen Rücksichten bedenklich erscheinen.

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Zweifelbaft l)leibe endlich die bisher an falscher Stelle gesuchte Oeitliclikeit der athenischen Volksversammlun- gea, welche vielleicht am fiiglichsten au der Stelle des in der Kaiserzeit darauf erhauten Odeions vorausgesetzt werden könne. HerrPnHO/l« vermifste in der gedachten Schrift [vgl. jedoch dort S.llf.] einen Nachweis, nie wol der höchste Zeus hierzu dem Charakter eines Heilgottes gelangt sei, von dem sein Kultus an andern Orten keine Ahndung giebt, und wofür auch die Anlage spiiterer Asklepien in Gegenden reinster Luft keine hinlängliche Rechtfer- tigung gewahrt. Werthvolle Vorlagen wurden in dieser Sitzung hauptsächlich Hrn. Zahn verdankt, welcher von den, in Deutschland bisher nocii nicht niilier bekannt ge- wordenen, drei gröfsten Wandgemälden Pompeji's wohl ausgeführte farbige Zeichnungen mitzutheilen im Stande war. Die gedachten, im Jahr 1847 im Hause des Lucretius entdeckten und bald nach deren Entdeckung durch Hrn. Panofka in Gerhards Archaol. Zeitung 1847 S. 109 ff. 141 tT. 26* ff. 49* ff. 60* zuerst erläuterten, figiirenreichen Bilder stellen bekanntlich den trunknen HeraMes bei Omphah, die Erslehung des Dionysos und die Erricli- tung eines Siegeszeichens, sei es zu Ehren des Dionysos oder des Macedonerkönigs Argäos dar, nnd sind durch die Eigentluimlichkeit ihrer lehrreichen Darstellung wie durch künstlerischen Werth gleich anziehend. Sie werden in Hrn. Zahn"s grofsem Werk pompejanischer Wandge- mälde alsbald veröffentlicht werden. Aufserdem waren als nachträgliche Mittlieilungen die Programme des zu Bonn und Göttingen begangenen Winckelmannsfestes, das zu Uonn erschienene von Prof. ßr«i(ii über Juppiter Doli- cbeous, das Güttingisclie von Prof. WieseJer über Nar- cissus handelnd, eingegangen.

In der Sitzung vom 1. März gab Hr. Gerhard auf Grund des neuerschienenen Werkes von Barker und Ainsworth Cilicien betreffend [oben S.299ff.] nähere Auskunft über die seit Jahr und Tag nur durch das Gerücht bekannten anti- quarischen Funde aus Tarsos. Obwohl die bisherige Er- wartung ei"enthümlich asiatischer Religion und Sitte weniger als es den Herausgebern scheint durch jenen nun in .Abbildung vorliegenden Fund befriedigt sein mag, so bleibt derselbe doch unter dem Gesiclitspunkt griechischer und röuüsclier Terracotten durch Kunstvverth und Fund- ort anziehend und daukenswerth. An die gedachten cilicischen Funde knüpfte Hr. Kiepert eine Notiz über die von Lydien her zu verhoffenden, für Kunst und Alter- tlium vielleicht sehr ergiebigen Funde. Es sei nämlich laut Mittheilungen des preufsischen Consuls Spiegelthal zu Smyrna bereits Hand angelegt, uro den Grabhügel des Aly attes zu untersuchen und auszul)euten; die Hälfte der auf ungefähr 1000 Thalern veranschlagten Ausgra- bungskosten habe ein deutscher .\itertliumsfreund, Baron von ßeer-Negendank, bereits dargeboten, und werde sich die andre Hälfte gedachter Summe wohl um so eher auf- bringen lassen, als man den etwa dabei betheiligfen .\ct!o- nären einen verhäitnifsmärsigen Aotheil an Ruhm und

Gewinn aller beim Ahnherrn des Krösos vielleicht noch lagernden Schätze verbürge. Einer für Kunst und Alter- thum, zunächst für die Kenntnifs der Gräberanlage, dann aber auch für deren unzweifelhaft vorauszusetzenden Grä- berschinuck, so viel versprechenden Ausgral)ung empfahl Hr. Kiepert auch hiesigen Orts durch Geldbeiträge zu Hülfe zu kommen, und ist theils er selbst, theils der Vor- stand der archäologischen Gesellschaft zu deren Ent- gegennahme gern bereit. Man war einverstanden darüber, dal's wenige alte Denkmäler in gleichem Mafs wie jenes Alyattesgrab zu einer gründlichen Untersuchung auffordern, und blieb höchstens darüber bedenklich, ob der gegebene Kostenanschlag für eine bis in die gehörige 'J'iefe zu führende Grabung ausreichen möchte. Ebenfalls aus Consid S;)iecfc/(/i«?s Mittlieilungen gab Hr. Kiepert näheren Bericht über die neuerlich zu Smyrna erfolgten mehr- fachen Ausgrabungen, unter denen die Aufdeckung eines steinernen Löwen zu Nachweisung einer ansehnlichen antiken Brücke geiührt hat, welche den früheren Lauf des Flusses Males festzustellen geeignet erscheint. Von sonstigen Ausgrabungen kamen die aus mehreren Orten des Königreichs Neapel neuerdings durch drei brittische Artikel des „Athenaeura" gegel)nen und in deutschen Zei- tungen sehr gläubig wiederholten glänzenden Berichte in Rede, denen zufolge theils römische Funde zu Bajä und Kunä, theils und hauptsächlich ein in der Nähe von Canosa entdecktes altgriechisches Gräberfeld, mit korinthi- schen Säulen und elegantem Mobiliar geschmückt, auch bis zum leibhaftigen .■inblick der dort bestatteten Personen ungleich besser als die Wohnhäuser Pompeji's erhalten, alle Aufmerksamkeit heischt. Werth und Bürgscliaft jener Berichte war mau einestheils geneigt der verübten oder erlittenen Slystilication einer gewandten brittischen Feder beizumessen, während andererseits ein anwesender viel- jäliriger Kenner Pompeji's lediglich den Verschönerungs- styl des dortigen Architekten Bonucci für Einzelheiten der im Ganzen vermuthlich nicht unwahren Funde ver- antwortlich machte. Weitere Aufklärungen ül)er deren Thatl)estand hat die Gesellschaft alsbald aus Neapel zu erwarten ; [sie gewähren aber aufser den Funden von Bajä und Kumä nur geringe Bestiitigung. Vgl. unten no. 52], Hierauf gab Hr. Panofka für die berühmte unter dem Namen „Orest und Elektra" im Mnseu Borbonico zu Neapel befindliche altgriechische Marmorgruppe eine neue und ül)errascliende Erklärung, zu welcher die ähnliche Gruppe eines in neulicher Sitzung der (iesellschalt vor- gelegten und besprochenen Vasenbilds den Erklärer ge- führt hatte. Wie in diesem letzteren Bild glaubt nämlich Hr. Panofka auch in der gedachten Geuppe eine Dar- stellung von Phiidra und Hipjtolyt zu erkennen [Vgl. Denkm. u. F. Taf. L S. 2 ff.]. l'Vrner erregte eine durch Hrn. Preller zu Weimar (In den Berichten d. kgl. Sachs. Ges. d. Wiss. 23. Oct. 1852) veröffentlichte und erläuterte athenische 'l'erracolta aus der Privatsammlung l. M. der Köni"in von Griechenland wegen ihrer zum

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erstenmal ans Liclit tretenden elgentliiimliclien Form all- gemeine Aii(meiksainkeit. Dieses zieiliclie (leiiitii bestellt nämlicli aus einem Cylinder vom Umfang eines miifsigen Mittelfingers, der mitten zwei Sclieihen auseinanderhält: von diesen Sclieil)en zeigt die obere, in rotligelhen Figuren auf scliwarzein (irund, den jugendliclieu Herakles mit dem Meerl)elierrsclier Nercus ringend, dagegen <lie untere von gleicher Gröfse, al>er heim Autstellen des Geräthes verdeckte, des Peieus l!ewerl)ung um Tlietis darstellt. Die Vernnitliuiig des gelehrten llerausgel)ers, als sei jene Doppelsclieihe, gleich den beiderseits mit Reliefs ver- zierten Marmordisken römischer Sitte, an Tänien oder Festkriinzen befestigt frei aufgeliiingt worden, fand weniger Anklang als eine andre von Hrn. Preller verworfene, von Hrn. Panolka aber mit neuer liegriindung unterstützte Ansicht, es sei nämlich dies Geräth gleich unsren Radrollen zum Wollaufwickeln für das Arbeitszimmer einer Griechin bestimmt und etwa als I loclizeitsgesclienk gebraucht worden. Mit dieser Ansicht ist tlieils die Wahl iler beiden Mythen- liilder, theils der in 'l'hetis und Nereus sich bekundende enge Zusammenhang mit Weberei wohl vertriiglich; auch ist anzunehmen, dal's et«a in einem hohen Arl)eitsknrb unter Wolle radartig aulgestellt, die Existenz des mehr- gedacliten Geräthes bei allmählicher Abwickelung nur wenig gefährdet war. Endlich sprach Hr. Punofha auch über die merkwürdigen neulich von Hrn. li. v. Köhnc zu St. Petersburg in einer Lettre ä M. Akerman aus russi- schen Privatsammlungen zuerst edirten Münzen von Odessos, Kyzikos, Kolcliis u. a. Indem Hr. P. den nicht selten verkannten, theils epigraphisclien , theils vielseitig beleh- renden archäologischen (iehalt in den einzelnen Typen näher beleuchtete, bemerkte er, dafs besonders zur Kennt- nifs der Pythioniken und ihrer Kampfbelohnung neue, aucii für die Vasenerklärung fruchtl)are, Ergebnisse aus dem Vergleich unbeachteter Münztypen sich entnehmen lassen. Als artistische Vorlage waren neue Probedrücke aus dem 26. Heft von Hrn. Zahns pompejanischen Wandge- mälden willkommen. Von litterarischen Neuigkeiten waren eingegangen: 1) das bereits obengedachte cilicische Reisewerk von W.ll.Uarher, herausg. von W. F. Ainsworlh;

2) H. liriinn, Geschichte der griechischen Künstler. Erster Tlieil (einer in zehnjährigem römischen Aufenthalt emsig und gründlich geflegten Forschung, ßraiinschweig 185.^. S.);

3) 'E(frifif()ig ÜQ/uiiiXnytxt'i. (Eine von Hrn. PHliihis aus Athen gesandte, durch inschriftlichen Inhalt willkommene und als no. 30, November 1852 bezeichnete, längst ver- milste Fortsetzung dieser Zeltschrill); 4) L, Murcklin, Anonymus Magliabecchiatnis (Dorpater Universitäts|)ro- gramni 1852), dem bekannten mittelalterlichen Pilgerbuch ,,Mirabilia Rome" verwandt; 5) Akerman, Remains of pagan Saxondom, pari. 3, Fortsetzung einer wohl ausge- statteten Herausgabe brittisclier l<"unde , zugleich mit Ankündigung einer von Edn\ Trollope auf Subscription liezweckten, in etwa 400 Holzschnitten als Quartband zu liefernden Auswahl [loinpejanischer Geräihe (Illustrations

of ancient art selected from ohjects discovered at Pompeii and Herculanum. Preis 1 1. 1 sli). 6) L. Pniller über Oroj)os und das Amphiaraeion (aus den Leipziger Socie- tätsschriften) und (e!)endaher) die bereits oben berührte Abhandlung „über eine Terracotte zu Athen"; 7) Roulez, Artemis Elaphebole (ebenfalls oben erwähnt).

II.

Museographisclies.

Reisebericht aus Südfrankreich.

Der Wunsch aufser den grofsen und vielseitigen Schätzen des Pariser Louvre, die dem verschiedensten Roden in Grieclienland , Kleinasien, Italien, Afrika und aucii dem der eigenen gallischen Ileimath entstiegen, aus den mannigfaltigsten Sammlungen gebildet eine sehr . reiche und noch lange nicht wissenschaftlicli erschöpfte Uebersicht der antiken Kunstwelt gewähren, auch die Provinzialmuseen Frankreichs kennen zu lernen und hier schäifer und lel)endiger die dem gallischen Boden ange- hörigen Denkmale in ihren Hauptgruppen zu erfassen, die Ueberzeugung , dafs in der bildenden Kunst von Süd- frankreich neben den römischen mehr ornamentistischen, der Architektur dienenden Werken eine Reihe von Schöpfun- gen des antiken Geistes hergehn, welche in Massilia und den vielfachen griechischen Ansiedelungen selbständiger Art oder in den griechischen Elementen im Bereiche der gallisch-römischen Städte wurzeln, bestimmte mich in dem Herbste des verflossenen Jalires von Paris aus eine aller- dings durch die Zeit selir beschränkte Rundreise über Lyon, Viennc, Avlgnon, Marseille, Aix, Arles, Nimes, Montjudlier, Narhonne, Toulouse, Bordeaux, Poitlers und Orleans zu machen. Liegt ein Theil dieser Punkte auch an der grofsen belebten Hauptstrafse über Marseille nach Italien, den deutsche Arcliäologen häufiger betreten, so geschieht dies Letztere doch meist nur in beiläufiger und etwas ungeduldiger Beachtung des hier jährlich sich mehrenden und verändernden Antikenschatzes. Und jenseit Montpellier darf man wohl sagen ist überhaupt jeder Fremde, der das Land zur eigenen Belehrung, zur unmittelbaren Anschauung seiner historischen Denkmale l)ereist, eine seltene Erscheinung. HotFentlich werden daher die folgenden Bemerkungen zunächst über den Stand dortiger Provinzialmuseen nicht ganz unwillkommen erscheinen und manches Neue oder schärfer gefafste Alte der archäologischen Betrachtung nahe führen.

I. Lton. Eisenbahn uud Dampfschiff führen den Reisenden allznschnell von Paris aus an Melodunum (Melun), Agendicum (Sens), nicht sehr weit von Antesio- dorum (Auxerre), an der Felsenhöhe der alten Alesia vorüber, sowie jenseit der Wasserscheide von Nord und Süd die civitas Divionum (Dijon), Cabillonum (Chälons),

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endlich Matisco (Macon) nur kurz berührt werden. Lyon bildet den ersten ruhigen Haltepunkt der Reise, jetzt noch die zweite Stadt Frankreichs, einst als Lugdunura oder Colonia Claudia Copia Augusta Lugdunensis unter den Imperatoren unbestritten die erste. Seine architekto- nischen Uel)erreste der Riiinerzeit liegen bekanntlich zum gröfsten Theil auf der Höhe Ton Fourviere (Forum urbis), bei dem Hospiz de l'Antiquaille und über die Vorstädte von St. Irenee und St. Just hinaus, obpleich man auch auf dem andern Saoneufer unter der Höhe von Croix rousse die Form einer Naumachie im Jardin des plantes zeigt und die angeblich älteste Kirche Ainay am Ende der alten Stadt zwischen Rhone und Saone gelegen, die in früherer Zeit sich hier bereits mit einander vereinig- ten, nach Tradition, einzelnen Funden und Oertlicli- keit mit Recht') als die Stätte des einst so grofsartigen, architektonischen Complexes betrachtet wird, der die Ära Augusti nebst der der Roma zum Mittelpunkte dienten. Aber noch viel mehr als die .Architekturreste waren die inschriftliclien und plastischen Denkmäler bis in das zweite Jahrzehnt iinsres Jahrhunderts, über die ganze Stadt fast, in eine Menge oft schwer zugänglicher Privatbaulichkeiten verstreut, wenn auch bereits ein kleines Antikenkal)inet in Verbindung mit der so wichtigen Bibliothek des dor- tigen Lycee bestand •)• Seit Millins Reise, welcher nach Spon ') und Menestrier zuerst wieder eine umfassendere und die frühere Inschriftensammlungen der Stadt be- deutend ergänzende Besclireibung der Denkmäler Lyons geliefert hat, sind allerdings die Haiiptschätze in dem grofsen Gebäude St. Pierre, dem Palais des arts vereinigt worden, aber auch hier stehen sie noch in drei getrennten Gruppen und nur unter dersellien Oberaufsicht: die be- rühmten Mosaike, sowie eine Anzahl ägyptischer, von Drovetti mitgebrachter Denkmäler und Papyrusstreifen befinden sich in der Gemäldegallerie, in den schönen Hallen des grofsen Hofes sind die grofsartigen und reichen architektonischen Reste von Capitellen, Friesen, Gesimsen und die inschriftlichen Denkmale gehäuft, mitten darunter auch ein einziger spätrömischer Sarkophag mit Reliefs. In dem vorderen Theile des Gebäudes ist endlich die eigentliche Antikensammlung aufgestellt, welche erst 1838 vollständig eingerichtet ward und die frühere Bibliothek- sammlung in sich anfgenomraen zu haben scheint. Ein kleines Vorzimmer enthält auch hier ägypiische Denk- mäler, daim ein neilgefundenes Mosaik und Bruchstücke von anderen. Man tritt in eine lange, schmale Gallerie, welche freistehend auf Postamenten, in hohen Schränken und Tischglaskasten eine in vielen 'l'heileu sehr reicli- haltige Sammlung von Mannorwerken, Bronzen, Terra- cotten , Vasen, Schmucksachen, (Jemmen, Münzen und Gläsern enthidt; bis auf die Terracotten, Vasen und kleinen ägyptischen Statuetten ist alles übrige in oder bei Lyon

') Dagegen Bernaril in Uev. arch. IV, \>. 577 ff.

'J Miliin Voyaye dans les depart. ilu Midi I, p. 438— 440.

^) Rccherches des anliques de la ville de Lyon. Lyon 1673.

gefunden worden. Hier ist in sehr bedeutender Höhe, dem Auge zu genauer Prüfung fast unerreichbar, die be- kannte Bronzetafel mit den zwei fragmentirten Columnen der Rede des Claudius befestigt. Ein gedruckter Katalog oder auch nur ein geschriebener, welcher dem Publikum zugänglich wäre, existirt für die .Antiken nicht und es scheint auch zunächst noch keine Aussicht dafür da zu sein. .Suchen wir nun einen Ueberblick über das Wich- tigste zu gewinnen, soweit es bei einem einmaligen, wenn auch längeren Besuche möglich ist. Von jenen vier grofsen, durch Artaud') näher bekannten Mosaiken der Ge- mäldegallerie, deren Farbenfrische wahrhaft in Erstaunen setzt, sind zwei in Lyon gefunden worden, eines in St. Colombe, Vienne gegenül)er, ein viertes in St. Romain en Gal, westlich von Vienne am Gebirge. Das letzte war in seiner Ausdehnung das bedeutendste, 7 Metres lang, 6 Metres breit, ist aber bei der Restauration in seinen Seitenfeldern , welche sich der in einem Viereck befindlichen Mitteldarstellung anschliefsen, sehr zusammen- geschmolzen. Ovplicus in plirygischer 3Iütze sitzt in der Mitte die Leier spielend, während die 12 noch erhaltenen, kleineren Felder von Thieren, tlieils Vögeln, theils vier- füfsigen Thieren, darunter einem Kamel und Tiger, ein- genommen worden. Es tritt diese Darstellung also zu den von Welcker im Zusatz zu Müllers Archäologie §. 413, 3 aufgezählten Beispielen noch hinzu. Zwei Mosaike ge- hören einer und derselben, nur in dem einen sehr erwei- terten Darstellungsweise an, dem des scherzenden Wett- kampfes von Pan und Eros. Das bedeutend gröfsere jener zwei, an der Höhe der Fourviere gefunden, mit einem breiten xArabeskenrande umgeben, dessen Arabes- kenzweige in Braun und Grau wechseln, ist durch 4 Reihen von je 10 Cai'res gebildet, deren 4 mittelste aber jener Darstellung') weichen. Auf einem landschaftlichen Bodea geht Pan wie zum Ringkampf dem kleinen, geflügelten, mit den Händen streitfertigen Eros entgegen, während zur Rechten eine Wald- und Berggoltheit, kahl, bärtig, bekränzt, nur in dem um Leib und linken Vorderarm geschlagenen Urawurf, einen Palmzweig in der Hand stellt, ihm gegenüber eine weibliche Herme die Scene schliefst. Offenbar ist hier die Ausstattung eines gymnastischen Kampfes mit Gymnasiarchen und Herme, als Symbol des Gymnasiums selbst, die aber hier in Beziehung auf Eros als V^euusherme erscheint, auf das auch sonst wohl be- kannte Liebesbegehren des Pan zu schönen Knaben über- tragen; Silen , so können wir allerdings mit Spon jene Gyinnasiarchengestalt neimen, ist alier hieralsPan nahe im C'ultus verbunden und als Ortsgottheit wohlan seinerStelle. So ist die .Situation jedenfalls aufzufassen, während Spon, obgleich die einzelnen Gestalten richtig zuerst bestimmend, den Zwang der Satyre darin sieht die Herme, das Zeichen der Heiligkeit der Termini, hochzuhalten und anzuerkennen,

') llistoire abregee de la peint. en mosairiue. Lyon 1835. ') Abgebildet zweimal bereits bei Spon Miscell. erud. ant. p. 15. 39-43.

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Miliin ') von einer Merkurslierrae, einem geflügelten fienius, den er Akratos oiler Ainpeios sogar nennt unil einem .llten Satyr spiiciit. Das hedeutend kleinere Mosaik zeigt uns in einem zierlich durch 8 Seitenstiicke zu einem Vier- eck iihergeführten Kreise nur Pan im Kampfe mit Eros. Das vierte Mosaik, erst im Jalire 1806 liei dem Beginn des dem Wasser erst abgewonnenen Stadttheiles, la l'er- rache, also in der Nähe der Ära Caesarum gefunden, gieht uns eine der interessantesten, in seinen allgemeinen Um- rissen auch schon wohl liekannten Circusdurstulliinycn. Auf dem schwarzen Grunde heht-n sicli die liraune, rothe, weifse unil Maue Farl)e des ornauientistisclien Musters trefl^lich al). Der Circus selbst wird liier in seinen Ein- zelheiten genau uns vorgeführt: so sind in der Reihe der je 7 Eier auf der Spina bereits 3 hinaufgeschoben und bestimmen so die Zahl der bereits gemachten Uniliiufe. An dem einen ist der Diener, welcher bei keiner Reihe fehlt, noch mit der Manipulation des Hioaufschiebens be- schädigt. Von den 8 Gespannen, deren je 2 einer F'arbe (blau, weifs, grün, rnth) angehören, ist ein rolhes und ein weil'ses so eben zusammengestürzt.

Die reichen Inschriftenschätze im Hofe des Palais des Arts werden jetzt durch das Werk von IJoissieu, einem 31anne, der sonst in keiner geschäftlichen liezielmng zum Museum steht, und mit Unterstützung der Stadt auf eine aucli typographisch glänzende Weise und mit gut und instructiv geschriebenen Einleitungen [inblicirt. Es ist bereits in dieser Zeitschrift ) auf dasselbe aufmerksam gemacht worden. Das erste Heft enthält die Gijtterin- schriften, das zweite sacerdotale, das dritte die Rede des Claudius und die Älilitärinscliriften, das vierte dieltineraria. Im ^ erhältnils der Inschriften zu den plastischen Denk- mälern ist es auffallend, dafs von Meroir, der häufigsten Erscheinung unter diesen, nur eine einzige, jetzt ver- schwundene Inschrift und möglicherweise ein Inschrift- fragment handelt, dafs dagegen für den Mi/J«'«dienst liier nur Inschriften, niclit Darstellungen existiren. Wichtig sind bekanntlich die Tauroholien, Altäre und Inschriften, deren 5 in Lyon, einer in Tain gefunden wurde: der frühste derselben gehört unter Antonin in das Jahr 160 n. Chr., der späteste ward dem Septimius Severus, seinem Sohne und Mitregenten Caracalla und seiner Gattin Julia Augusta zu Ehren im Jalire 197 aufgestellt"). Die gal- lischen Dc.ue Malres sind in Reliefs und Inschriften ver- treten. Unter den Priestercoliegien treten natürlich die

') Vojage ilans les dep. du Midi I, p. 4f)tj.

') Jahrg. 1852 no. :i9. In den Kuclilianilel ist ührigens (las Werk, was dort bezweifelt winl, von vorn herein gekom- men und bei Terlien<-r in Paris (Place de Louvre) im Debit. Der Preis des Ganzen (l(> Hefte) ist auf CO Frank gestellt.

') Miliin Voy. 1, p. 522.

") (Jerliard Ant. lüldw. T. 112, 1.

'") Im Kunstblatt 1852 no. 34 ist ein interessanter, bacclu- schor Sarkophag des Museums zu Cambridge beschrieben, der aus dem üesitze des Kreta-reisenden Pasldey stammt. [.4b- gnls zu Kerlin im kgl. Gewerbeinstilut.] Auch auf diesem wird der Wagen des Gottes von Kentauren gezogen.

ad templum Roraae et Äugusti, ad aram, ad aram Caesarum gehörigen ganz auf den Inschriften in den Vordergrund.

Der einzige von mir in Lyon gesehene römische Sarkophag, im Hofe von St. Pierre befindlich, weist uns au seiner Vorderseite einen hacchischen Zug auf, der Darstellung des farnesisclien Sarkophages in Neapel') sehr ähnlich. Ariadne ruht auf einem von Kentauren gezogenen Wagen; unter der üegleilung von Bacchanten, Satyrn wird der trunkene Herakles im Zuge mitgeführt'"). Miliin erwähnt diesen Sarkophag nicht, aber einen andern mit der kalyilonischen Ju(jd, welcher im Hause der jMlIes. de la Balmodiere sich befand, von ihm aber nicht näher untersucht werden konnte. Dieser aber stammte, sowie ein dritter, von ihm aber nicht gesehener, altcliristlicher aus Arles her, diesem an Sarkojjhagen so reichen Fund- orte. Es ist danach fast wahrscheiulich, dafs der unsrige ebenfalls in Lyon nicht selbst gefunden ward.

Wenden wir uns nun zu den mannigfaltigen Denk- mälern des eigentlichen Antikenkabinets, so treten hier die Bronzen sowie die Schmucksachen mit ge- schnittenen Steinen an Zahl und Bedeutung entschieden in den Vordergrund. Unter den ersteren vor allen die Theile zweier kolossaler Uronzcstatuen : zu der einen gehört das bekannte "), gebogene Vorderl)ein eines Pferdes, im Jahr 1766 aus der Saone gezogen, von vergoldeter, über Bleiplatten gelegter Bronze, ferner der Fufs des Reiters mit der einfachen, glatt anschliefsenden, den Sta- tuen der Augusteischen Familie besonders eigenen Schuh- bekleidung, endlich ein Arm; zur andern existirt nur ein nackter, kolossaler Fufs. Man hat jene Reste meist auf eine statua equestris' bezogen, welche nach einer lyonneser Inschrift") ad aram Caesarum von den drei gallischen Provinzen (bekanntlich Gallien aufser Narboneusis) dem ProcuratorTiberius AntistiusMarcianus als erstem römischen Ritter und Verwalter des Census (a censibus accipiendis), dem diese Ehre zu Theil ward, errichtet wurde. Diese Thatsache fällt nach dem Ausdrucke IMPP. DOMINOR. NN. .AVGG. frühestens unter M. Aurel und L. Verus"), leicht erst unter Septimius Severus und Caracalla. Aber ehe einem Procurator die Ehre einer bronzenen Reiter- statue im Hauptheiligthum zu Theil ward, wo bereits gleich bei der Gründung 60 gallische Stämme als Statuen sich befanden, wo die Imperatoren, zunächst des Juiischen Geschlechts Stifter, Erneuerer und göttlich Verehrte waren, kann die Zahl der Reiterstatuen ebendaselbst keine ge-

") Miliin Atlas pl. IX, 2.

'■') :\Iillin Voy. I, p. 44t).

") Marrpiardt Küm. Alterth. II, 3. .S. 304. Zur Ver- gleichung dieser Inschrift dient schlagend eine griechische iui kleinasiatisclien Nikaea (liöckli C. J. no. 3751) zu Ehren eines iMannes, der ebenfalls Tribun der Legio W Apollinaris (in Kappadocien stehend zu jener Zeit vgl. Dio Cass. 55, 23) imd dann lniinonog Kar 2Lffiaaiiuf ru)J.itiiHxi'iiiirixrji iiü xijraov war. Es i.-^t iiberliaiipt ein Zeichen der späteren Zeit, dafs ITir das wichtige Geschäft den gallischen Census zu onlnen, wotilr früher Mitglieder der kaiserlichen Familie verwandt wurden, einem eben Lcgionstribnn gewesenen übertragen wird.

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ringe gewesen sein. Unter der Menge kleiner Bronzen nimmt Mercur in den verscliiedensten IMotiven die erste Stelle ein"); man unterscheidet hier leicht treffliche, römisch-griechische Arbeit von der rohen, gallischen. Zwei ganz »orziigliche Exemplare des schwehend eiidierschrei- tenden Gottes treten vor ;dlem hervor. In einer sitzenden, männlichen Gestalt mit konischer Mütze und Exomis ist Hephäst oder vielleicht Odysseus zu erkennen. Aufser einer weil)lichen Gewandstatue ohne alle Attrilnite nenne ich unter der nicht kleinen Zahl weiblicher Gottheiten eine Diana mit silbernen Augen auf antiker, einst auch mit Silber eingelegter Basis; hochgeschürzt, ohne das gewöhnlich shawlartig umgegürtete Obergewand schreitet sie einher, auf den rechten Kufs tretend, an ilirer Seite der Hund, der mit dem Kopfe nach ihr sich liinauf- wendet. Wichtig ist es überhaupt, dafs wir eine ganze Reihe antiker Bronzevasen hier finden und so auch für den Geschmack in diesem Gebrauch eine feste Grundlage bekommen. Unter den Idealköpfen fiel mir der einer Stadtgötlin auf mit einer Mauerkrone, die sichtlich eine genaue Nachbildung einer bestimmten Stadtbefestigung ist: vier Thüruie, drei Tliore, darunter das eine mit Krontisspiz zeichnen sich daran aus. An Wagen erschei- nen häufig Köpfe als Gewicht, so der Nike Athene. .Auch die .Scene hat in einer Sc1untS]nelcrstatuclte ihre Ver- tretung gefunden, sowie der Cultus in einem Priester mit dem heiligen Löffel und Weihrauchkastchen; höchst auf- fallend sind die langen Schnabelschuhe einer männlichen, lang bekleideten Gestalt mit hoher Kopfbedeckung. Da- neben fehlen Bronzeltiinde nicht, deren auf Verträge, freundschaftliche V^erbindung von Stämmen bezüglichen Gebrauch für Südgallien jene interessante Inschrift einer lironzehand im Cal)inet des medailles zu Paris:

ZYM80A0N

npoz

OVEAAYNIOYE

an den Tag legt '^). Aufmerksam mufs ich hier endlich auf einen sUbernen Hlelutlspiegel machen mit schöner Zeichnung, der aus Athen stammen soll: eine hermaphro- ditische Klügelgestalt mit einem Hahn in der Hand ist hier sitzend dargestellt.

Es führt uns dies weiter zu den Schmucksachen mit den damit verl)undfnen geschnilteiien Steinen. Im Jahre 1840 ward in dt-r Saone eine vollstäinliger Damen- schmuck zusammen gefunden, welcher jetzt allein drei filaskasten füllt. Durch die Köpfe der Crispina und des (,'ommodii.s , welche sich in Stt-in geschnitten bei dem einen Halsband befinden, wird die Zeit der Verfertigung in die Jahre 180 18.'$ verwiesen. Halsketten von grünen

") Caes.H. G. VI, 17. Deiim maxime Mcrcurium colunt, huius sunt jilurimn simulnrrn,

'■') Nnlicc ilfs moniiin. par Mar. de Mersan 183S p. 24. Vgl. aucli ji-t/.t C. J. no. ()7"s, wo aber der jetzige Aufent- haltsort nicht angegeben i»t.

") Orelli no. 1736. 37. 18.37; davon Tutilina die abge-

Steinen, von Granaten, Saphir, Amethyst, von Korallen und von Lapis Lazuli bilden diesen reichen Schmuck. Bei einem andern Kund von drei Ringen sind zwei der- selben durch Intaglios interessant: das eine zeigt uns einen jugendlichen Jäger mit dem zu ihm sich hinaufwendenden Hunde, also einem Meleager oder Adonis, das andere die bekannte Darstellung des auf den Felsen gestützten Po- seidon mit Delphin und Dreizack. Ein hierzu nicht ge- höriger, goldener Ring trägt die Weiheschrift;

VENE RIETTV TLEVO TVM

Tiitela, eine sonst nicht oft bezeugte göttliche Gestalt, mit Securitas, Providentia, Salus in eine Linie tretend, ist hier sichtlich ein Ausflufs der Venus selbst, der von ihr gegebene Schutz und Fürsorge"). Reicher Goldschmuck mit Goldmünzen, die bis Philippus Arabs reichen, ist zwei Gräbern entnommen worden. Auf einen merkwür- digen Intaglio mache ich endlich aufmerksam, der eine weibliche Gestalt, ganz in der römischen Auffassung der Gäa, unter einem Baume uns ruhend zeigt, während über ihr schräg zwei bekleidete männliche Gestalten er- scheinen und eine dritte, mit Köcher und Bogen zu ihr herabscliwebt. An Mars und Ilia ist hier nicht zu denken, wozu man zuerst geneigt sein könnte, sondern an eine Zusammenstellung von Naturmächten: die Erde, ApoUo Helios und die zwei freilich nicht charakterisirten Dius- huren^'').

Die bedeutende Anzahl griechischer Silber- münzen, darunter eine Reihe altattischer, sowie sehr schöne Ptolemäermünzen, sind alle aufser Landes gefun- den. Münzen von Massalia und den übrigen Städten Südfrankreichs habe ich hier nicht gesehen. Ebenso wenig hat man bisher hier und überhaupt in Südfrank- reich griechische Vasen mit Darstellungen gefunden. Auch hievon ist aber durch fremden Ankauf eine ganze An- zahl nach Lyon gekommen. Neben jenen häufigen Dar- stellungen einer gewandten, aber flüchtigen Kunst, auf denen ein weiblicher Kopf mit asiatischem, lydischem Kopfschmuck erscheint, als Amazonenkopf durch genaue Vergleichung der gröfsern, mehr und mehr zusammenge- drängten Amazonendarstellungen erweisbar, neben den Todtendarstellungen einer Jünglingsgestalt im ionischen Tempel, begegnet uns hier eine interessante hacchisehe Darstellung auf einer Amphora mit hellen Figuren, näm- lich eine Verbindung kriegerischen Spieles mit bacchischer Feier. Eine weil)liche, bacchische Gestalt trägt neben dein Thyrsus einen Schild, neben ihr Bacchus selbst, die

leitete Form, als altitalische Göttin der .Scheuern, der Wahrung der Getreidefrucht bekannt vgl. l'lin. H. N. XVIII, 2.

' ) Zum Vergleich dient ganz der Stein mit der Apotheose des Victoriniis und dem Kevers mit Gaea, Helios, den 3 Horen- knaben und den 12 Thierzeichen. Alillin Atlas WIV, &.

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Schale in der Hand li.iltend. Als Revers ersclieint iim- gekelirt ein Satyr mit ScliiUl bewaffnet einer Bacclianlin gegenülier. Audi die Terracotten dieser Sammlung sind von auswärts erworben: vor allem zeicijnet sich liier eine auf wohlerhalteneni , mit ausgearl)eiteten Lehnen versehenem Throne sitzende, matronnl bekleidete Göttin aus mit der Patera in der Hand, sowie ein Hermes mit Hahn und dem daneben stehenden Widder.

Ganz dem lyonnesischen Hoden gehört die reiche Sammlung von Glasern an, diesem Hanptluxusartikel des spateren römischen Lebens, unter ihnen jene lekythen- artigen, lilau und weifs gestreiften Gefafse. Ebenso sind als lokale iMinde von Bedeutung die in dieser Sammlung gewöhnlich ganz übersehenen ^larmorwerke, mit denen wir die Beschreibung des Kabinetes schliel'sen wollen, von den zahlreichen, kleinen ägyptischen Bronze-, Glas- flul's- und Holzfiguren absehend. Zwei Marmorköpfe in Lebensgröfse, zusammen in la Deserte, einer Gegend des hochliegenden Stadttheils Croix rousse gefunden, aus einem dem Parischen durchaus gleichenden Marmor und von guter, der Glätte hadrianischer Zeit noch fern stehender Arbeit, ziehen den Beschauer sehr an; es sind Porträts, aber sehr verschiedener Art, der eine Kopf ganz bartlos, der andere stark bebartet in der Weise griechischer Phi- losophen. Dazu kommt bei dem letzteren eine schmale, hohe Kopfform mit eigenthünilich gebogener Stirn, der Epikurbildung vergleichbar, aber doch eher mit den be- kannten celtischen Formen der Gefangenen, des ster- benden Fechters u. s. vi. zusammenzustellen. In 3Iarmor ist ferner eine sitzende Göltcrgcstalt da unter Leliens- gröfse; der Kopf bärtig, das Obergewand um den Unter- körper geschlagen während der Oberkörper enthlöfst ist,

") Caes. B. G. VI, 18: Galli se omnes ab Dite patre prognatos praedicant.

") Gerhard Trinkschalen Taf. 4. 5. Auserl. Vasenb. 1, 1. u. a. Anfülirungen bei Müller Arcliäol. §. 359, b.

■") L. de la .Saussaye Nuinisinatique He la Gaule Narbon- naise. Münzen von Marseille no. 12 17.

die Vorderarme sind ergänzt. Man wird ohne Weiteres sie eine Jupiterstatue oder vielleicht auch einen Hades, den Dis, den gallischen Stammvater") nennen, wenn nicht auf der antiken, dazugehörigen Basis (Ips Thrones grols und deutlich geschrieben stände: ATTOAAiZN. Da am Schlul's des Wortes ein I nicht zu entdecken ist, wodurch die Statue als Weihegeschenk an Apollo sich herausstellte, eine solche Verkürzung des Künstlernamens 'AiuiXXdtvlüV hier ohne weiteren Zusatz unerhört wäre, die Beischrift des Götternamens zwar ungewöhnlich, aber auf späteren griechischen Reliefs nicht unerhört ist, um so weniger, je abweichender die Darstellung von der herrschenden war, so müssen wir hier diese Apollodar- stellung in der Auffassung seines Vaters, als dessen Mund er gleichsam erscheint, hinnehmen. Wie der härtigu Apollo auf Vasenbildern und Münzen erscheint"), wie er in kleiiiasiatischen Orten und dann auf den Münzen Massilias •") bewaffnet, hier im Helm mit der eigenthüm- lichen, aber den Sieg im Wagenrennen bezeichnenden Riiderkokarde und Backenbart bekannt ist, so konnte er in der von den Galliern hervorgeholienen Auffassung, wonach er vor allem Krankheiten vertreibt"'), ebenso wie Asklepios dem Zeusideal ganz nachgebildet werden. Und haben wir nicht umgekehrt die bestimmte Nachricht, dafs Zeus Kasios ganz als jugendlicher Apollo dargestellt war? "■). Eine andere, kleine Jiipiterslulue von Jlarmor l)efindet sich endlich hier noch, stehend, mit einem mo- diusartigen Gefäfs in der Hand. Die zwei von Herrn von Quandt allein genannten-') tragischen Mashen vou Älarmor sind von mir, ich mufs es gestehen, nicht be- achtet worden.

Jena. K. B. Stark.

= ') Caes. B. C. VI, 17. "■) Achill. Tat. III, ö.

■') Beobachtungen und Phantasien auf einer Reise in d. mittag. Frankr. S. 97.

III. Neue Schriften.

.MoNUMENTi dell' Institüto di corrispondenza arclieo- logica per l'anno 1852. Roma. Fol.

Enthaltend: tav. XXXVII. Vaso dal Musaios. XXXVIM. Glauco, niusaicü di Cartaginc. XXXIX. 1, Sostruzioni i)ri- ineve del Palatino. 2, Sostruzioni anticlie del Quirinale. XL. Teinpio creduto di !\I. Anrelio, rappresentato in un hassori- lievo esistente in villa Medici. XLI. 1, Ulisse e Circe. 2, Kitorno d' Ulisse. XLII XLIV. Anüleatro di Thysilrus. XLV XLVII. Planta della via Appia dal iiiiglio quarto al nono. XLVIII. Tvrracolta vulnnte del Museo Britannico.

BüLLETTINO AKCHEOLOGICO NapOLETANO (Vgl. ob. .S. 205)

Napoli 1852. 53. 4. No. 1—14. tav. I— VI. Knthaltend: No. I. Descrizione di un vaso ruvese del R. iMuseo Borbonico fBoreas und Orilhyia, Mol dir Artemis AgriiaJ p. 1 ff. 48 (^Minervmi). .Sülle sigle delle iscrizioni

pornpeiane dipinteapenneüo p. 411. {Gnrrucci). No. 2. Nuove scoperte in Napoli, con la iiotizia di una nuova fratria (A'y^j- Toi'dVd) p. Hlf. {Mijicroini). Lainina di Antino p. lOf. (OskibcliJ und Iscrizioni di Cajiua p. Iliff. (GrtrrKcci). Iscri- zione cri^tiana di Pozzuoli [i. 15f. 31 f. (Minervlni). No. 3. Tre inedite monete di Napoli {Xt7iii'}os) p. 171f. und Tavola aquaria Venafrana p. 21 ff. 30 f. 3:i ff. 63 f. 79 f. (zu tav. II. Garrticci). No. 4. Notizia degli scavi di Pornpei per l'anno 1S50 e seguenti p.25fi'. iMI. .iS ff. 711. 73 If. 8'.» ff. (Minervini). Notizia di alcune terrecotte antiche della collezione del defunto Fr. .'Mongelli a Nai)oli p. 30 f. (zu tav. I. Minervini). No. 5. Osservazioni intorno al nome liasilica della iscrizione jjuteolana di C. Nonio Flacco p. 3011. [Oarrucci). Fram- iiiento d'iserizione presso l'antico teatro di Capua, con oss. del conte ßoi;//ifSi p. f. (Minervini). N. 0. Due iscrizioni irentane di Pennaluce p. 41 ff. {Gnrrucci). Osservazioni

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siiUe monete Hi Napoli colla protome del Sebeto [). 45ff. (Mi- iiervini). No. 7. Descrizione di iina patera aiitica dipinta, con «lue eroi eponimi ilelle atticlie tnbCi p. 4ytr. (^tav. 111. Mi- ncrvini); Iscrizione di Venafro p. öl f. (Garrucci); dicliiara- zioni di due monete di Trajano, l'una latina e l'altra greca p. 52f. (Cnvedoni). No. 8. Moneta inedita di Napoli, che risolve la qiiistione del toio andropiosopo p. 57s. (Mincrvini) ; Relazioni dei nuovi scavi eseguiti nelP Aniiteatro Carnpano p. 62f. {Mincrvini). No. 9. Osservazioni numismaticlie p.(j5il'. (tav. IV. Samnitisches) ; Della legge dei LXXII solidi per ogni libbra p. 6Sf. (Gnn-uifi); della Groma osia ferramento agri- mensorio, figurato in un cippo sepolcrale d'lvrea p. tj'Jli. (Cfwcduni). No. 10. Iscrizioni di Sepino, con oss. del conte B. Hurghcsi p. 76if. {Gnrriicci); articoli del Sebeto p. 78t. (desgl.). No. 11. Intorno alla lapida viaiia osca di Ponipel p. 81 If. (G(trrucci) ; iscrizioni etrusclie grafüte sul fondo esterno di due vasi trovati in sepolcri canipani p. 81tf. (desgl.); pionibo siciliano und Lapide Capuana p. 87 f. (desgl.). No. 12. De- scrizione di aicuni vasi <lipinti del R. ^luseo Borbonico p. ÖlfF. 10911'. {IldiQuxlov ru(fOi, ^Spllinx, Homer als Sänger, Miiier- viiii). No. 13. Della leggenda IIutqijxXov inifog p. 97f. (Gitmuci); il ludus gladiatonns ovvero convitto dei gladiatori in Ponipei p. ÖSIf. (desgl.); dell' arma glarliatoria <letta Gaierus p. lOlii. (desgl.). No. 14. .Moniinicnti cuniani, scoperte di S. A. R. il conte di Siracusa p. lOüif. (Mineriini); Monete inedite p. 107 if. {Mincrvini, Arpi n.a.). Die Krläuterungen ^on tav. V (TerracottenJ und VI (VasenbildJ sind nocli rück- ständig.

BarVer (W. Burckhardt) L:ires and Petiates, or, Cilicia

aiid its go\ernors .... edited hy W. Fr. Ainsworth.

Lond. 1S5.H. 8. XIV, 394 mit Abb. [Vgl. oben S.299ff.]. lieaiiVieu: Aiitiquites des eaux miiierales de Vicliy, Ploin-

biercs, ßains et IViederbroun. Paris 1851. 8. (Revue

arciieol. Vlll p.TlSf.) Köchli: Itisclirifteii von Drea (Im JMonatsbericiit d. Kgl.

Akad. zu Berlin 1853 Februar). Vgl. oben S.291. Itoudurd (P. A.): Etudes sur Talphabet Iberien et sur

quelques nionnaies autonomes d'Espagne. Beziers 1852.

8. (Revue arcb. IX, 248ff.). 'EqjjfitQig ügxaioXoyixri. (l)r)J.adiov 30. 1852 Noffißgiog,

S. 6.i7— 664 (7v. .1. niiiüy.ri?). Fuyc {de hl): Reclierclies sur la preparation que les

Romains donnaient ä la cliaux. Paris 1852. 8. 90 S.

(Revue arcli. IX, 2, 460). Franke {A.}: de curiabbus ronianis, qui fuerint regum

tempore, brevi praeuiissa <le curiarum origine quaestione

part. I. Vratisl. 1853. 35 S. 8. GöttUng (C): de loco quodam liymni homerici in Cerereni

commentatio. Jena. 7 S. 4 [Zum Lectionskataiog 1853.

In V. 267 soll «J.r^oio' 7,'((«t« nüvta statt avvuv-

4r|fioia' •/('. n. gelesen werden, mit Bezug auf den eleu-

siniscben Waffensliilstand.] Hcllner (H.): Griecliisclie Reiseskizzen. Brscliw. 1853.

308 S. 4 Tal. 8. [Wie die Alten ihre Tempel be- malten: S. 185—206]. Hucher (E.): Etudes sur lesymbolisme des jdus anciennes

inedailles gauloises (n)onnaies des Aulerces Cenomans).

In der Revue numismatique 1850 p. 85— 108. 165—197.

pl. II-IV. •luhn (0): über ein griechisches Terracottagefal's des

archäologischen .Museums in Jena [Arch. Anz. 1852

S. 225J. In den Berichten der kgl. säclis. («eselisch.

d. Wiss. 1853 S. 14—21. 2 Taf. Uelier einige

Vasenbilder, welelie sich auf die Sage vom Zug der

Sieben gegen Theben beziehen ['i'ydeus und Lykurg

u. a.]. Ebd. S. 21— 32. 1 Taf.

Illustr a tion s of tlie remains of Roman art in Cireii- cester, tlie site of tlie ancient Corinium. Lond. 1850. Vgl. Osanu in der Ztg. f. Alt. 1853 S.88btf.

Keck: der theologische Charakter des Zeus in Aeschylos' Prometh. Trilogie. Glückstadt 1851. 26 S. 4. (Ztg. f. Alt. 1852 no. 35).

Liisinilx (F.. V.): Zur Geschichte und Pliilosophie der Ehe bei den Griechen. Aus den .4bh. d. bair. Akad. Vir, 1. lAlünchen 1852. 108 S. 4.

Layurd (A. H.): Discoveries in the ruins of Nineveh and Babylon \<ith travels in Armenia, Kurdistan and the desert, being the result of a second expedition under- taken for the trustees of tlie British Museum. Lond. 1853. XXIV. 686 S. 8. mit Abbildungen.

: A second series of the monuments of Nineveh

illustrating .Mr. Layard's second expedition to Assyria, froin drawings made on the spot chielly relatives to the wars and exploits of Sennacherib. Lond. 1853. 70 pl. Fol.

: a populär account of Nineveh, arranged for general

circulation. I4tli Thousand[?J. Woodcuts. Lond. 1853. 8.

Linde (P. A.): Die Porta nigra und das Capitoliura der Treviris. Trier 1852. 8. 63 S. 1 Taf.

Murtnorit {Wh. della) : Sopra alcune antichitäsarde, ricavate di un manoscritto del XV secolo [des Senators Gilli von Cagliari. Vgl. oben S. 289, A. 57]. Torino 1853. 4.

Mercklin (L.): Anonymus Magliabeccliianus [de regionihus nrbis Romae] nunc prinum editus. Dorpati 1852 (Jubi- liiumsprogramm) 4. 25 S.

Mignard: Monographie du coffret [gnostique] de M. le (lue de Blacas. Paris 1852. 8. 1 pl. (Revue arch. IX, 252 ff.).

Minervini (G.); Intorno le medaglie dell aatica Dalvoa. Osservazioni lette all' Accad. Ercol. Nap. 1852. 17 8. 1 laf 4.

Mommsen (Th.): Epigraphische Analekten (Aus den Be- richten der phil. bist. Gl. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1852. S. 188—282).

Pelet {A.): Essai sur le Nymphee de Niraes. Nimes 1852. 72 S. 8. i pl. Vgl. oben S. 297.

Perrel (L.): Catacorabes de Rome. Architecture, peintures murales, inscriptions, figures et symboles des pierres sepulcrales, verres graves sur foiid d'or, lampes, vases, auneaux, instruments etc. des cimetieres des pre- ujiers Chretieos. Oiivrage public par ordre du gou- vernement sous les auspices de M. le Ministre de rinterieur et sous la direction d'une commission com- posee de MM. Amjiere, Ingres, Merinu-e, Vitet. Paris 1852. Livr. 1—4. Fol. '[Auf pl. 22, 4 das Dadalos- bild einer Lamjje].

Petersen (C/i.): Das Zviölfgöttersysteni der Griechen und Römer. Erste Abtheilung, das Zwölfgöttersystein bei den Griechen. Hamb. 1853. 4. 48 S. 2 Taf.

Preller (L.): Die Vorstellungen der Alten, besonders der Griechen, von dem Ursprünge und den idtesten Schick- salen des menschlichen Geschlechts. (In Schneidev\ins Philologus VII. S. 1- 60).

: lieber eine Terracotte aus Athen [.Scheibe r. Fig., einerseits mit der Gruppe von Peleus und Thetis, anderseits mit der von Herakles und Nereus bemalt, vgl. oben S. 312f.] , desgl. Oropos und das Amphiaraeion. (Aus den Berichten der kgl. sächs. Cies. d. Wiss. bist, ph. Cl. 1852. S. 89—99. 2 Tal. und S. 140—188).

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Ret:

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zeitung, Jahrgang XI.

M 51. 52.

März und April 1853.

Agonistische Vasenliilder. Ueber die Meiniions-Kolosse des ägyptischen Tlieljens. Assyrisches aus Griechenland.

I.

Agonistische Vasenbilder.

Hiezii die Aliljiidung TalVI LI. LH.

imuf den liienächst uns vorliegenden beiden Tafeln sind agonistische Darstellungen vereinigt, welche dem im vorigen Stück dieser Zeitung unscrn Lesern mitgetlieilten Aufsalz Hrn. Bölticher's iiber den ur- sprünglich in Tänien und nächsldem erst in Kränzen befolgten Brauch hellenischer Siegespreise zu an- schaulicher Erliiuterung dienen, wie denn zwei der zu diesem Behuf zusanimengestellten Gefülsmalereien (Taf. LI) in jenem Aufsatze selbst l)esprochen sind, die beiden andern aber (XII) als eben daliin ein- schlagend sofort sich bekunden werden.

LI, 1. Bekränzung eines Siegers durch den Kampfrichter: nacii Stackeiberg, der in seinem Gräberwerk Tafel XII dieses oben S. 12 berührte archaische Lekylhosbild athenischen Fundorts ver- ölTentlicht hat, eines Nemeoniken. Diese Ansicht sowohl als die von ihm gegebene und auch von Bötticher befolgte Erklärung der wichtigen Bei- schrift bedarf einiger Beschränkung. Allerdings sind zwei bekränzte Kampfrichter, (der eine, seinen Stab miifsig aufstützend, nach einem miniler glück- lichen Kämpfer mit Diskus und Lanzen umgewandt), um einen Jimgling versammelt, auf dessen Haupt

') Diese Bewegung ist ungewöhnlich und würde geläufiger sein, wenn der dargestellte Jüngling wirklich, wie oben (D. u.F. S. 12) augenoininen ward, ,,die Siegs/.welge mit der Hand gefafst" hielte, was jedoch durch den Augenschein nicht be- stätigt wird.

') Kppich zu Neinea: Paus. VIII, 4S, 2.

') Htwa als AvT(iifov tnoi)tntv und als ^4i((tyQo)i y.akog sind diese letzteren Inschriften zu verstehn; in der erstge-

der Erlheiler des Preises reichliche Zweige häuft, welche der Jüngling in sillig gebückter Stellung, die mit einer Binde bereits geschmückte Arme vor- streckend'), dankbar anniml; es ist jedoch in jenen Zweigen eher Efeu oder sonstiges frischeres Laub als der in Nemea übliche Eppich") vorauszusetzen. Sodann ist, abgesehn von der uns gleichfalls in die Palästra vielmehr als in grofse Agonen ver- weisenden Nebengruppe zur Linken des Beschauers, bestehend aus der verletzten Figur eines dritten Aufsehers der Spiele, welchem ein Jüngling mit Stä- ben und Springgewicht gegenübersteht, theils zwar die unzweifelhafte Lesung und Deutung der alsÄ'ap<g naXog, ^iviog icaXog unmittelbar verständlichen Bei- schriflen, so wie der ungefähre Sinn zwei anderer zu versichern, die minder wohlerhalten sind "), theils aber auch die bei früherer Erwähnung für unver- fänglich erachtete Sentenz irenauer zu erörtern. Denn aus denselben deutlichen Schriftzügen, in denen Stackeiberg sein aTtodog zo öia^eQiov „trage die Gebühr ab", nach Sinn und Sprachgebrauch unbefriedigend, las, hat Otto Jahn ^) mit gleicher Berechtigung ein ccnödog zo diä /iitjquüv oder zo diaf.irjQiov herausgelesen, welches, dem Sprachge- brauch \on öiafü]orC(o nni\diai.irj()iafiot entsprechend, vielmeiu- die Leistung schwerer und schamloser Ungebühr ausspricht, welche hier einer der Jugend- Aufseher dem zurücktretenden Paläslriten anmuthet.

dachten ist Xagig deutlich und müfste, wenn als Männername vielleicht '/'np/f vorgezogen wiril, für verschrieben gelten.

') Jahn in der Zeitsclnilt für Alterthumswissenschaft von 1941 no. (II, mit Vi-iweisung auf .Xiistoph. A\. lOÖ {no).?.ovs . . 7ittt(Sui . , äiä jljv layiv JrjV )l((fi^()fii' du firj'jiaKV co'cFpfs louarcU) und andere Stellen, nachträglich auch auf Diog. Laert. VII, 5, 172.

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LI, 2. Des Siegers Bekränzung durch Nike. Dieses aus Tischbeins Vasenwerk I, 52 be- kannte V^nsenbild freieren Styls stellt den gleichfalls oben S. 12 erwähnten, mit doppelten Binden be- reits geschmückten und einen Siegszweig in jeder Hand haltenden, Jüngling im Augenblick dar, in welchem eine herantretende, langbekleiJete und mit Halsband gezierte, geflügelte Psike, in zierlicher das Gewand mit der Linken lüftenden Bewegung, einen Lorbeerkranz auf sein Haupt setzt. Eigenthümlich ist hieneben die dritte weiter rechts sitzende Figur eines Jünglings, der, nach seinem künstlich erhöh- ten schlichten aber wohl vorgerichteten Sitz^) und nach dem in seiner Linken aufgestützten Stab, als ein Ordner des Wetlkampfs zu betrachten sein würde, wiiren nicht seine Nacktheit und Jugend sowohl als auch die drohende Geberde seiner rechten Hand als Merkmale eines besiegten, aber nicht muthlos nachstehenden Mitbewerbers zu fassen.

LH, l. Tänia und Kranz einem Sänger er- Iheilt sind hienächst, so eigenthümlich als gemeinsam, im Bild eines aus Etrurien herrührenden Stamnos von gefälliger Zeichnung dargestellt, welcher, als Gegenbild drei Mantelfiguren zeigend, im Museum Gregorianum des Vatikans ") sich befindet. Wirer- blicken hier einen jugendlichen Kilharöden, welcher, erhöht durch ein künsthches Bema, auf welchem er steht, die in seiner Linken gehaltene Phorminx mit dem Plektron das seine Piechle hält von neuem zu rühren im Begriff ist , etwa um durch neuen volltönenden Klang den Lohn zu erwiedern, der seiner Sängertugend von allen Seiten sich zudrängt. Den Lorbeerkranz, der seine Stirn schmückt, ver- dankt er ohne Zweifel dem vor ihm mit langem Stab auf einem Stuhl sitzenden, gleichfalls lorbeer- bekränzten, bärtigen und in seinen Mantel gehüllten, Kampfrichter; aber auch über diesen hinweg breitet von der rechten Seite her eine schwebende Siegs- gütlin die offenen Arme gegen ihn aus, während am linken Ende des Bildes eine dem Sänger be- freundete Frau dieTänie über ihr Haupt hin breitet,

'■) Auf breiter Unterlage ein viereckter Stein, worunter als Fufsbank ein ebenfalls viereckter kleinerer , eine für gymnastische Häunie und Uäder wolil angemessene scLIiclite Vorrichtung.

welche, als erster Siegespreis ihm gehörig und mo- mentan gegen den eben empfangenen Kranz ver- tauscht, von der gedachten Frau ihm aufbewahrt wird.

LH, 2. Siegspreis im Waffenlauf. So bezeichnen wir endlich mit Bötticher ein Gefäfsbild, welches an Eigenthümlichkeit agonistischer Sitte vielleicht alle bisher erörterten Darstellungen über- bietet. Es ist die Rede vom Innenbild einer Schale, welche im reichen Kunstbesitz des Herzogs von Luynes') sich befindet: Hr. BuHicher, von dessen neulichem Aufsatz wir ausgingen, äufsert darüber sich folgendermalsen :

„Die Aufschlüsse, welche aus der Betrachtung des Hippodameiahikles fiir die Beleliuiing der Agonisten mit den Zeichen des Sieges in den grofsen Spielen sich uns ergeben, fiiliren weiter zu vergleichender Betrachtung derjenigen Bildwerke in welclien gleiche oder verwandte Gedanken ausgesprochen sind, um wo möglich aus allen vereinzelten Andeutungen diese Sitte in ihrer Ganzheit herstellen zu können. Ein zunächst liegendes sehr be- ziehungsreiches Beispiel hierfür bietet uns nun die gedachte -Schale des Herzogs von Lnynes im Innenbilde eines Agonisten dar, welcher von dein Vorsitzenden oder Preisrichter des Spieles mit den bereits erkiimpften Zeichen und Preisen ausgestattet wird. Der Richter steht hin- sichtlich der Geberde und dem Gewandvvurl'e in seltsamer Uebereinstimmung mit derselben Persönlichkeit auf dem Bilde Taf. LI, 1, welches bereits im Vorigeo erörtert ist; übereinstimmend mit diesem ist auch die Stellung des Agonisten, zum Richter hingeneigt und in lieiden Händen die Siegszweige haltend; abweichend jedoch und von dem gröfsesten Interesse ist, anfser den weitern Bei- werken, der ganz veränderte Sinn der Handlung, in welcher sich offenbar folgende Situation erkennen liifst. Der Agonist empliingt nicht erst Kranz oder Binde von deui PreisricJiter, sondern ist bereits im Besitze davon; er liat mithin die verschiedenen Stufen der Preisbelehnung durch- gangen und wird in diesem Augenblicke zu einem letzten Feierakte ausgestiittet, bei welcliem er mit allen erkämpf- ten Zeichen |irangend erscheinen soll. Der Preisrichter hat ihm den Kr:tnz nebst den Binden einstweilen auf die vorgestreckten Arme gelegt und ist im Begriff diese Ge-

') Mus. Gregor. I, 22, 2. Statt rler dort gegebenen klei- nen Zeichnung ist liier eine grulsere Originalzeichnung im archäologisclien Apparat des Kgl. Museums benutzt worden.

J Liiynes Description de quelques vases pcints pl. XLV.

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genslände von Iii. r nacli und nacli zu enfnelimen und sie dem A<i()iiistfii liestimmteii Ortes anzulegen".

„Ist nun slIiou diese ganze Handlung neu und für die Cerimonie der Ausrüstung eines Agonensiegers ergän- zend, so ersclieint noch als wiciitigstes Stück liierliei der Helm, mit welcliem dessen Haupt bedeckt ist; denn ohne Zweifel ist dieser nicht als ein KumjiflieJm , sondern als ein lilofse.s Prunkstück, als der von ilem Agonisten ge- vtonnene Pre i s liel ui zu erkennen, indem alle andern Ge- genstiinde welche der im Uehrigen ganz nackte Sieger liesitzt, nur Ziiclien und Preise des Sieges sein können. Hierlür .s|iricht denn auch sowohl die ganz ungewöhn- liche und in I5ezug auf einen wirklichen (iehrauch für die hellenische Kampfesweise ganz unjiraktische Form des Helmes selh.sf, wie auch die Bezeichnung seiner als geweihter Ciegeiistand durch eine Preishin de. Es geht hieraus gleichfalls Iiervor, wie dieser Helm eine nähere Bezeichnung der vornehmsten Disciplin des Agones, njimllch eine Bezeich- nung des Uo]ililL'nhiufcs sei, in welchem der Agonist den Sieg und damit zugleich eine Binde nehst dem Wertlipreise errungen hat. Bekannt ist die Aussetzung von WafFen- stucken, ja ganzen Rüstungen als Preise, in köstlicher Schmuckarheit und öfter aus edlen Metallen hergestellt; sie erscheinen auf Vasenhildern wie aucli auf Älünzen, und die hier und da aufgefundenen Arniaturstücke dieser (ialtung, welche augensclieinlich nie zu wirklichem Ge- lirauche gedient hahen können, auch theilweise als Votiv- gaheu erkannt sind, mögen solche Preisgewinne sein die, ehen so wie die goldnen Kranze, der Gottheit wieder ge- weiht wurden. Als Seilenstück hierzu möchte beispiel- weise jener Sieger in dem Vasenliilde l)ei Millingen') zu betrachten sein, der mit dem Siegszweig in der Hand, der Binde um den Handknöchel und dem erkämpften Schilde am linken Arme, vor einem Spendealtare steht, auf welchem die iSike sitzend eine Lihationsschale hält; vielleicht ein Sieger in den Heräen zu Argos, wo neben dem Myrtenkranze ein Schild ') der Siegspreis war. Aus derselben Darstellung geht ierner hervor, dal's der Jüng- ling in drei Disciplinen des Agones gesiegt habe, da er im Besitz dreier Binden ist, von welchen die eine bereits den Lophos des Helmes ziert, also dem Hopliten- »ieger angehört, die beiden andern zwei andern Disci- plinen zugeliören. Diejenige dieser Binden welche der Preisrichter eben dem Sieger undegen will, möchte, nach

•) MillinKcn Vases Cogliill pl. XLVII.

') 1] l^'yfQyovg aan(i: Dissen zu Find. Nem. X, 22.

'") Vgl. Laborde Vases Lamberg 1, PI. 39; auch auf dem Bilde oben Tal'. LI, Fig. I hat der Agonist mehrere Zweige in jeder liaml, wULrend er nur eine Binde besitzt.

Haltung di^r Arme und Hände des Kränzenden, quer über .Schulter und Brust zu sitzen kommen ; die dritte der- selben, die noch auf den Armen des Agonisten liegt, wohl um den einen Arm; jedoch ist bei dieser eine Ver- zeichnung des Malers unzweifelhaft. Welchen Ort der Kranz einnehmen solle ist fraglich; um die Stirne über den Helm, würde er wohl zuerst gelegt worden sein; viel- leicht sollte er also den Hals umfangen, wie diese Weise der Kränzung ebenlalls Sitte war sobald schon andere Zeichen die Schlafe zierten. Auf Vasenbildern erscheint diese Art des Kranztragens als Kestschmuck. Au» der Zahl der, wie es scheint, aus Myrtenreis bestehenden Siegeszweige, je ilrei in jeder Hand des Agonisten, möchte schwerlich hier etwas weiteres zu folgern sein, da andre Darstellungen ergeben wie die Zahl der Binden nicht überall übereinstimmt mit der Zahl der Zweige, und oft in jeder Hand meiirere Zweige zu sehen sind während nur eine Binde die .Schläfe oder einen Arm schmückt'"). Dal's nur ein einziger Kranz im Ganzen, so für die ein- zelne Disciplin wie für mehrere Disciplinen dem Sieger verliehen wurde, möchte ohne Weiteres deutlich sein".

„Was den Aufsatz angeht welcher statt des Lophos den Helm auszeichnet, so besteht er in einem langen Halse, welcher auf der Kuppel des Helmes aufsitzt, und Simaförmig nach vorn gebogen in einem Adlerkopfe mit langen Ohren endet, sehr ähnlich dem Kopfe jener Greifen- bildung welche den Leib eines Löwen mit dem lang- ohrigen Kopfe eines Adlers verbindet. Vielleicht fiiefst hieraus ein Aufschlul's liber die Oertlichkeit und die Gottheit des Kampfspieles. Aus der Inschrift, welche nur den Namen des Siegers mit dem gewöhnlichen KAytO^ enthält, geht auch weiter nichts hervor; der festliche Akt in- dess zu welchem der .Agonist ausgeschmückt wird, möchte die Festpompa bei der Siegesfeier der Epinikien sein. Schliefslich zeigt aber auch dieses Bildwerk auf die interes- sante Tbatsache hin, dals sich der Preisrichter ebenfalls hier dersell)eu Handlung der festlichen Ausstattung des Sieger» unterzieht, wie er früher die Kränzung vollzog, welche letztere Handlung öfters durch geflügelte Niken an seiner Stelle ausgeführt erscheint". E. G.

II.

Ueber die Memnons-Kolosse des ägyp- tischen Thebens.

Auch ohne die besondre Weihe jener griechisclien Mythe, durch welclie die Memnons-Kolosse, fast vor allen andren Denkmälern Aegyptens, bei den europäischen

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Völkern zur BerüLintheit gelangt sind, würden doch die- selben, an und für sich sell)st betrachtet, immerhin zu dem Bedeutendsten gehören, was dereinst die Kunst jenes Landes geleistet und l>is auf unsre Zeiten vererbt hat. Freilich erscheinen sie dem jetzigen Beschauer, aus der Niihe betrachtet, nur noch als unförmliche ver- stümmelte Steinmassen, aber dennoch iiben sie, theils durch die Isolirtheit ihrer Stellung, theils durch die Riesen- baftigkeit ihrer Dimensionen, in ihrer 'i'otalwirkung einen Reiz, der in dem groi'seo Umkreise des alten Thebeu's unser Auge mit immer gleichem lebendigen Interesse darauf ruhen lafst. Was der Sphinx -Kolofs auf dem Todteufelde von INlemphis, das sind die Memoons-Kolosse in der Nekropolis des neuen Reiches. Hier wie dort scheinbar ohne Verbindung mit einem grüfseren Bau- werke, sei es Tempel oder Pyramide, möchte man beide Denkmäler gevrissermafsen als die vorgeschobenen Wächter jener alten Friedhöfe betrachten; Wiichter, von denen der eine Jahrtausende hindurch mit dem andrangenden Sande der Wüste, die andren mit dem anwachsenden Schlamme des Nilstrom's zu kämpfen haben. Aber die Isolirtheit dieser Monumente ist in der That nur eine scheinbare. Beide beziehen sich ohne Zweifel auf da- hinter liegende Bauwerke und stehen mit ihnen in einem innigen Zusammenhange. Denn es ist kein Beispiel vor- handen, dafs die alten Aegypter, wie nachmals die Griechen und Römer, die Sculptur um ihrer selbst willen aus- übten und vereinzelte Statuen auf freien Platzen dem Anschaun der Menge darboten. In gewissem Sinne gab es bei ihnen nur eine Kunst, und zwar die der Arclü- tehtur, an welche sich Bildhauerei und Malerei stets nur in dekorativer Weise anschlössen. Daher die Strenge und Gemessenheit der Formen in letzteren, wohl berechnet, mit den einfachen architektonischen Linien ihrer Bau- werke in harmonische Wirkung zu treten und sich ihnen unterzuordnen, nicht aber, um ein selbständiges Ganzes für sich zu bilden.

So finden wir denn die kolossalen Statuen ägyp- tischer Herrscher ohne Ausnahme, sei es in mittelbarer, oder, wie gewöhnlich, in unmittelbarer Verbindung mit Tempel-Anlagen geordnet. Zu Seiten des Haupteinganges vor den mächtigen Anl'sen-Pylonen oder auch in den un- bedeckten Vorhöfen der 'i"emptl sehen wir sie an den Thürpfosten aufgerichtet und zwar so, dafs ihr .Antlitz dem Kommenden entgegen gewendet ist; er schreitet dicht an ihnen vorüber oder zwischen ihnen hindurch, wenn er sich in das innere Heiligthum begiebt. Nur zwei Beispiele sind in der ägyptischen Architektur aufzu-

weisen, wo die Stellung von Kolossen eine unal)hängige zu sein scheint, nämlich bei dem Tempel von Sebua in Nubien und in dem Vorhof des luwenköpfigen Isistempels zu Karnak, In dem ersteren Falle aber bilden sie den Abschlufs einer von dem Tempel nach dem Flusse zu führenden Sphinxallee, und in dem andern Falle, wo die Distanz bedeutend geringer ist, hat höchst wahr- scheinlich eine ähnliche Verbindung durch die Isisstatuen oder durch jetzt verschwundene Sphinxe bestanden, so dals hier wie dort die Kolosse gewissermafsen das vor- derste Tempelportal darstellen und ihre Anordnung von der ganzen Anlage untrennbar ist. Eine gleiche Bewand- nifs hatte es unzweifelhaft mit den Memnoos-Kolossen. Trotz ihrer jetzt völlig vereinsamten Stellung mitten im fruchtbaren Nilthale weisen die in der Axe hinter ihnen gelegenen üeberbleibsel eines Tempels Amenophis III auf eine Verbindung mit denselben hin; aber ilire Entfernung, welche wenigstens 1000 Ful's beträgt, ist so grofs, dafs die Annahme unmöglich wird, als könnten sie, wie die Kolosse des Tempels von Luxor vor den Haupt-Pylonen, und noch viel weniger, wie der berühmte Kolofs Ramses des Grofsen , iu einem Vorhofe des Tempels selbst ge- standen lialien. Ueberdiel's bilden die sogenannten Mem- noiiia der Thebaischen Todtenstadt immer nur Tempel- anlagen mäfsiger Gröfse, da sie, stets nur von einem Herrscher erbaut, nicht zu der gewaltigen Ausdehnung der eigentlichen Volkstempel anzuwachsen vermochten. Hiezu kommt noch eine andere Betrachtung, welche die unmittelbare Verbindung der Kolosse mit ihrem Tempel unwahrscheinlich macht. Vergleichen wir die Stellung der langen Reihe von Tempelanlagen anf der westlichen Flufsseite in Theben, so finden wir sie in einem grofseo Bogen entlang dem grünen Thale, aber auf dem festen Grunde der felsigen Wüste erl)aut. Der Tempel Ameno- phis III, obwohl am meisten in die El)ne vorgerückt, welche heutzutage weiter denn ehemals um sich gegriffen, hat ohne Frage dieselbe (Gründung; denn seine letzten Reste, ein Theil des mittleren bedeckten Säulensaales, liegt so nahe dem Wüstenrande, dafs noch jetzt die hin- zugefügte Ergänzung der hinteren Tempelparthie den- selben fast berühren würde. Bei einer Hinwegräumuns von 7 Ful's hohen Nilschlamin, welchen die Jahrhunderte über dem Thalboden aufgehäuft haben, miil'ste unfehlbar der h'els zu Tage treten. Nun ist es aber bei einem in der Baukunst erfahrenen Volke, wie die Aegypter es waren, nicht denkbar, dafs der eine Theil des in Rede stehenden Tempels auf dem Felsboden und der andre auf dem unsichren Grunde der Nilerde gebaut sein sollte;

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lind docli inüfste dies der Fall sein, wenn seine Vorhöfe und Mauern liis an die Kolosse gereicht hatten. Wir haben uns also auch hier, wie bei jenen vorerwähnten Beispielen, eine Verbindung derselben mit ilirein Tempel durcli eine doppelte Spliinxreihe oder etwas dem Aehn- liches vorzustellen, und daher erklärt sich die aufi'allende Isolirung dieses Denkmals, was in seiner nächsten Um- gebung aucli nicht die leisesten Spuren eines Bauwerks aufzuweisen vermag. Es bleibt nur bemerkenswerlli, dal's gegen die sonstige Gewohrdieit anstatt der stehenden hier sitzende Kolosse angewendet worden sind, und zwar Kolosse von einer Gröise, wie sie in ganz Aegyptenland kaum zum zweitenmale gefunden werden. Wenn wir von den allerdings in riesigeren Verliältnissen ausgeführten, aber in den natürlichen Kels gehauenen Statuen des Tempels von Abusimbel absehen, so existirt nur eine einzige, bei der es zweifelhaft bleibt, ol) sie um ein Ge- ringes kleiner oder gröfser als jene gewesen; es ist diefs die sogenannte Statue des Osiuiandyas in dem Raniesseura zu Gurna; aber sie liegt von ihrem Fufsgestell lieral)- gerissen in 'I'rümmer zerstückelt am Boden und eine ge- naue Ermittelung ihrer Dimensionen ist nicht mehr mög- lich. Die Maafse ihres Sockels erreichen nicht ganz diejenigen bei den lAIeinnons -Kolossen, und so möchte aucli ihre dereiustige Höhe von letzteren übertrotfen werden. Bleiben wir bei diesen stehen, so ist noch jetzt ersichtlich, dafs in alten Zeiten, die Sockel sowohl als die Statuen sell)st, Jegliches aus einem einzigen Stein- blocke gearbeitet war, und nur der eigentliche Memtions- Kolofs später zum Theil aus kleineren Stücken zusam- mengebaut wurde. Betrachten wir aber ihre ursprüng- lichen Abmessungen näher, so ergiebt sich für jedes der Postamente eine Länge von 33'/^ Fufs, eine Breite von 17 Fufs und eine Höhe von 13 Fufs, was einen kör])er- lichen Inhalt von beinahe 7404 Cblufs ausmacht. Danach beträgt die ganze Schwere eines Unterblockes nicht weniger als 11106 Centner. Eine solche ungeheure Last aber überschreitet so sehr alle bewegbaren Massen der Jetztzeit, dafs in der That die Aufrichtung eines einzigen derartigen Kolosses den 7 Wunderwerken hinzugezählt werden könnte. We';u die Franzosen zu der Fortschaf- fung und Aufstellung eines Ohclislen alle erdenklichen Mittel unsres Jahrhumlerts anwenden mufsten, und sich des glücklich volilirachten Werkes rühmten, so müssen wir bedenken, dafs die Schwere auch des gröfslen Obe- lisken nur zu der Hälfte der Schwere eines dieser Posta- mente hinanreicht. Und noch bedeutender stellt sich das Gewicht der Statue selber heraus, deren Höhe nach

unsren Messungen 45' . Fufs sitzend (beiläufig etwa 54 Fufs stehend) beträgt. Sie enthalten jede nach einem unge- fähren, und no( hiniiglichst gering gehaltenen Ueberschlage einen Inhalt von 8898Cbfufs, was eine Schwere von mehr denn 13300 Centner ergeben würde. Der 'l'ransport dieser Massen bleibt um so wunderbarer, als dieselben in weiter Entfernung von ihrem Standort, wahrscheinlich aus den Katarakten von Syene, auf SchilTen hei!)eigeholt, scheinliar lange Strecken über den weichen Nilerdboden fortbewegt und endlich auf einen 12 Fufs hohen Unter- bau hinaufgeschallt werden mufsten. Wenn wir den Schwierigkeiten, welche bei diesen Operationen obwalteten, näher nachdenken, so kommen wir auf die Vermuthung, dafs der Nilstrom selber entweder in jener Zeit seinen Lauf viel näher als jetzt an der westlichen Seite gehabt habe, oder dafs die Annäherung der Massen mittelst eines künstlichen Canales l)ei Hochwasser bis zu dem Stand- orte der Kolosse bewirkt worden sei. Das gewallige, jetzt nur in seiner Umwallung noch erkennbare Becken des heiligen Sees bei Gurna, was sich unweit des Ameno- phis-Tempels ausdehnt und wahrscheinlich mit dem Strome in Verbindung stand, mufste dabei von wesentlichem Nutzen sein. Von hier aus wurden die Blöcke auf dem Felsgrunde der Wüste entladen , und dann auf dem ab- wärts geneigten 'l'errain derselben in die Ebne vorge- schoben. — Wenn aber auf eine solche Weise die Fort- bewegung dieser Massen erklärbar wird, so bleil)t immerhin doch grade die verhaltnifsmäfsig bedeutende Weite dieser Vorschiebung bemerkenswerlli. Sie ist Ursache, dafs die Kolosse, wie unsre Ausgrabungen es erwiesen, ihre Grün- dung nicht mehr auf Felsen, sondern auf dem Schlamm- boden des Nilthaies gefunden liaben. Wo sich aber dieser letztere ablagern konnte, bis dahin mufste auch die alljährliche Ueberschwemmung reichen, und w ir kommen demgemäfs zu der Annahme, dafs das Gebiet des Ameno- phis-Tempels dermaleinst gegen dieselbe durch eine Um- schliefsung mittelst Deichen geschützt war. Heutzutage finden wir den Sockel der Statuen, von ihrem mit Sand- steinplattcn umlegten Fiifsboden ab, 7 Fufs hoch mit dem allmählich wachsenden Boden umhüllt und die Zeichen der höchsten Kiuth niarkiren sich etwa um 2 Fufs höher. Nehmen wir an, dal's die Zerstörung jener Umwallung und mithin der Verfall des Bauwerkes etwa in) dritten Jahrhundert unserer Zeiliechnung statt gefunden hätte, also etwa 1600 Jahre erforderlich waren um den Erd- boden bis zu dieser Höhe anwachsen zu lassen, so er- giebt sich das interessante Resultat einer alljährlichen Verschlammung Aegyptens von Vs Linien Dicke. Freilich

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ist mir wohl bewufst, dafs dieses Resultat nur ein an- nälierodes genannt werden kann, denn schon eine stärkere oder geringere Strömung wird ein verschiedenes Maal's der Sclilamm-Alisonderiing bedingen; aher selbst annähernd ist ein solches in seinen Consequenzen von der äulsersten Wichtigkeit für die ganze Cnltur und Geschichte dieses Landes. Wenn die Franzosen bei einer Untersuchung der Mächtigkeit der ISilerde im Delta deren grtifste 'l'iefe etwa in 30 bis 36 Kuls landen, quer durch das Nilthal in Mittel-Aegypten al)er nur in etwa 18 Ful's, so würden jene 36 Fufs auf einen Zeitraum von öOOO Jahren, die 18 Fufs aber auf 4000 Jahre hindeuten, seit welchen Zeitpunkten erst begonnen werden konnte, das Land urbar zu machen. Es ist danach höchst wahrscheinlich, dafs die erste Gründung der meisten Städte, selbst des alten Memphis nicht ausgenommen, auf der festen stei- nigen Thalebne geschah und erst die allmähliche An- häufung des Erdbodens sie inselartig umschlol's. Auf eine solche Weise aber schiebt »ich von selbst die Urge- schichte Aegyptens in die INiederungen des Delta zurück; die Fläche des bebaubaren Landes war hier sicherlich am gröfsten, ja, es mufs angenommen werden, dafs ganz Ober-Aegypten damals unfruchtbarer war als ISubien, worin sich , durch die Katarakte von Assuan gehemmt, die noch heut sichtbaren um 23 Fufs höheren Nilschlamm- AblagerungeD bilden konnten, während die schon halb geklärten Fluthen erst bei ihrem matteren Laufe in Uiiter- Aegypten dem fernen Delta zu gute kamen.

Kehren wir aber nach dieser Abschweifung wieder- um zu unsren Kolossen zurück, so darf die Mythe, welche sich an di-n einen von ihnen knüpfte, nicht gänzlich un- erwähnt bleiben. Es ist jetzt keinem Bedenken mehr unterworfen, dafs die Töne, welche die aufgehende Sonne ihm entlockte, durch die gewaltsame und plötzliciie Aus- dehnung des in der Nacht erkalteten Steines hervorge- bracht wurden, die zuerst in 1000 feineren Rissen, nach und nach aber in immer bedeutenderen Zerklüftungen sich kund gab. Wäre das Material, was in einem kiesel- artigen dunkelbraunen Quarz - Porphyr besteht, weniger hart, oder auch, wie der Granit, aus heterogenen zum Theil weicheren Steinarten zusammengesetzt gewesen, so wurde eine solche Zertriimuierung, wie sie hier statt ge- funden, nicht gescliehen sein. Aber grade die ungemeine Dichtigkeit des Steins brachte auch den schärferen und helleren Klang hervor, der in späteren Zeiten die Auf- merksamkeit der Menschen dauernd auf ihn hinlenkte. Dafs derseli)e, wenn auch zuerst in geringerem Mal'se, doch ^chon seit der Aufstellung des Monumentes gehört

werden konnte, kann nicht bezvreifelt werden; aber die Aegypter selbst, an diese Erscheinung, die noch heutzu- tage jeder Reisende ihres Landes in ülierraschender Weise unzählig oft beobachten kann, gewöhnt, achteten nicht dara'if oder vernahmen ihn gar nicht; und erst als hei dem Verfall des Reiches der Besuch Aegyptens seiner Wunderwerke wegen häufiger geschah, als das Empor- klettern und Besteigen iles Kolosses, wie jetzt das Be- steigen der Pyiamiden, für Jeglichen eine Art von Noth- wendigkeit war, um in der Heimath davon erzählen zu können, da kuüpite die Poesie der Griechen die alte Sage des Memnon an diese zerspringende Bildsäule, nicht ahnend , dafs dieselbe mit diesen Schmerzenslauten viel weniger den Aufgang der Sonne begrüfste, als ihre eigne Vernichtung beklagte. Dazukam, dafs die feinen Sprünge, welche anfänglich nur die Oberhaut der ungeheuren Steinmasse geritzt hatten, sich je länger je mehr, durch die immer wiederholte Ausdeliiuing und Zusammenziehung des Materials tiefer und tiefer erstreckten, und so immer seltsamer aus dem Innern der Statue hervorzugehen schienen. Dafs aber nur der eine der beiden Kolosse in dieser Hinsicht zur Berühmtheit gelangt ist, das mufs seinen Grund wesentlich in einer mangelhaften Auflage- rung auf seinem Postamente gehabt haben. Mit je wenige- ren Punkten die Berührung eines Steins mit einem andren Körper statt hat, um so leichter wird er zerspringen, einen um so helleren Klang wird er von sich geben. Ein solches Verhältnil's mufs Ijei der Memuons- Statue vor- ausgesetzt werden. War ihre untere Fläche vielleicht hohl gearbeitet, so ruhte sie nur mit den Aufsenkanten auf ihrem Unterbau und bildete so noch gewissermafseo einen Resonanzboden, der die Töne verstärken und an- haltender machen mufste. Mit der Restaurirung der unteren Hälfte des Postamentes wie des oberen Theils der Statue selber hörte natürlich das Klingen auf, weil die Isolirung der Masse aufhörte; aber auch ohne dies würde es seine Endschaft erreicht haben, sobald den einzelnen Stein-Theilchen so viel Zwischenräume gegebeu waren, als sie zu ihrer doch immer in bestimmte Gren- zen eingeschlossenen Ausdehnung nöthig hatten.

Der jetzige Arjblick dieser Kolosse gewährt durch ihre einsame Lage mitten in der weiten grünen Ebne de» Nilthals oder in dem glänzenden Spiegel des Ueher- schwemmungswassers einen ganz eigentliümlichen Reiz. Mit dem Antlitze hingewendet auf die Trümmer ihrer einst so gewaltigen Herrscher-Stadt haben ihre starren Augen die manuichfachen Wechsel von Jahrtausenden an sich vorübergehen sehen, scheinbar ohne davon berührt

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zu werden, llire Scliinerzenslaute liaben mit dem Unter- gang ihres ei);nen Volkes aiilgeliört, und in traurigem Schweigen erwarten sie jeden neuen Aufgang des Tages- "estirns. Aber wenn wir niilier treten, und ihre i'ast un- kenntlichen, verwitterten (iestalten hetracliten, auf dein unsicher« Grunde gegeneinander gebeugt, von unzaldigen Kissen durchfurcht und zerklüftet, so fühlen wir, dafs die Jalirtausende auch sie gealtert haben, und die Throne, auf denen sie sitzen waukend geworden sind. Bald er- reicht die wachsende [''luth die Sohlen ihrer Kül'se und der gewaltige Unterbau ist in dein Sclilamine des Stromes begraben. Und dennoch werden, wenn nicht irgend eine iiufsere Gewalt sie in den Staub wirft, noch mehr denn UOOO Jalire vergeben, ehe der Pllug des Landmanns über ihre Scheitel hinwegfiihrt, und der uralten Mythe vom Aleiunon das siciitbare Zeugnifs genommen ist.

G. Ekbkam.

III.

Assyrisches aus Griechenland ''''X

Befragen wir ül)er Poseidons Ursprung nicht den spktlebenden llerodot, sondern die älteste uns erhaltene Dichtung des Homer, der nach Herodot's eigener Aussage nebst Hesiod das Güttergescblecht der Griechen schuf; so geliört Poseidon zu den Göttern, welche die Griechen schon in der ältesten Zeit als einen Bruder des Zeus und Aides verelirten. Aus Jonien, in der Mitte von Hellas, verbreitete sich sein Cult in die nördlichen und südlichen (hegenden. Auf das Fest Punionia, wovon Herodot 1, 148 schreibt, spielt Homer 11. XX, 404 sogar in einer Vergleichuug an. Aber die Jonier erhielten alle ihre Götter aus dem Morgenlande, von wo auch der Cult des Poseidon durch die Phöniker nach Libyen kam, mit welchem Griechenland auf keine Weise verkehrte. Drei heroisirte Sonnengötter, die ein babylonischer Cylinder No. 132 bei A. CuUiraore mit der Mondgöttin zusammenstellt, und spatere CJriecheu mit Poseidon in Verbiinliing bringen, bezeichnen die Limder, iiber welche der Cult des Poseidon aus Assyrien zu den (kriechen in Kleinasien kam. Auf jenem Cylinder begrüfst ein Babyloiiier den (lOtt der aufsteigenden Sonne mit dem Schv\erte des Bei 1 e rophon (■-:?2 f-ian-' oder "■"31;;' Rieht. \l, 32. ein I'"or/cc/i(er Jes. XIX, 20, wie Jareb Hos. V, 13. X, (i), während ibiii der Gott der flammenden Mittagssonne mit der Geissei

') In Fortsetzunp der in unserni Jahrgang 1^51 S. 33711'. von gleicher llaml, naincntlicli ancli bereits über Poseidon, vergünstigten brielliclien iVlittlieilungen wird dieser etwas ver- spätete Aufsatz bei naher luscheinung eines zweiten l^ayard"- schen Werkes doppelt willkoiuinen sein. E. G.

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oder der Harpe des Perseus ("ililv) auf dem Flammen sprülieiulen Pegasus (O^Cm^S Slrcilroß) entgegen reitet, den nach Herodot VI, 54 die Perser selbst für einen Assyrier erklarten, sowie Layard das geflügelte Pferd sowohl als den Triton, der auf dem schönen Cylinder bei .Miiuter einen llülfeerHeIienden vor dem Gotte der Abendsonne überschwebt, auf den assyrischen Sculpturen fand. Auf dem vorerwiihnten babyloiüsclien Cylinder tritt die Mondgöttin mit der Peitsche in der linken und dem .Siernenlacher in der rechten Hand dem Gott der Abend- sonne entgegen, welche in Lykien als Artemis und Schwester des Apollon verehrt wurde. Da auch Bellerophon in Lyhien heimisch war, Perseus in der von Sanherib er- bauten Stadt Kilikiens Tarsus als Gott verehrt wurde, und Melkarth der Schutzgott von Tyriis in Phöuikieu war; so sind dadurch die Zwischenliinder gegeben, durch welche assyrisch-babylonische Götterlehre zur Kunde der Griechen gelangte.

Sie fanden es neulich bemerkenswertli , dafs unter den assyrischen Flügelgestalten keine Spur der geliügelten Artemis vorkömmt, die, Löwen an den Schwäuzeu haltend , seit dem Kasten des Kypselos bis in römische Zeit ein dem Orient so befreundetes typisches Bild nnd unverkennbar orientalischen Ursprungs sei. Ich habe aber in meiner Abhandlung die Vermuthuog aufgestellt, dafs die zwei weiblichen Figuren mit vier Flügeln, welche über dem Abzugskanale am Ende des langen Ganges im östlichen Flügel des Nordwestpalastes zu Nimrud, welche gehörnte Kopfbedeckungen haben und Blumengewinde in den Händen tragen, dieselben Mondgöttinnen seien, welche die Thüren des Harems und des Haupteinganges des Thronsaales zieren mochten. Von meinem Freunde in London habe ich neulich ein schönes Werk, ,, Aedes Hartwelliana" vom Captain Smyih, erhalten, worin ich die Nachricht lese, dals Layard in der grofsen Pyramide, in welcher ich «las Harem vermutliete, wollin der letzte assyrische König alle Kostbarkeiten des Nordwestpalastes vor dessen Verschüttung bringen liefs, das Grab des Sardanapalus mit dessen Statue und ein gewölbtes Zimmer vom Boden bis zur Decke mit Platten, Cylindern und Inschriften augefüllt gefunden habe. Hierdurch holf'e ich mehr Ijelehrung üiier den von mir beschriebenen Palast zu erhalten: denn ich vermuthe, dafs auch der Thron und die Kostbarkeilen, von welchen Layard nicht eher eine niihere Nacliricht geben wollte, als bis sie in London glücklich unter Dach gebracht seien, in dieser Pyramide gefunden worden. In den Ruinen des Südwestpalastes zu Nimrud fand Layard das unter Fig. 81. Vol. 11 pag. 451

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allgebildete Basrelief mit den Götterhildern, die er nicht ohne Grund mit den Gottheiten im grofsen Tempel zu Bal)ylon, dem Bei oder Zens, der Hera und Rliea (^^"1), wie sie Diodor nennt, vergleicht, in welchen ich aiicli ein Vorbild zu den capitolinisclien (iotllieiten in Rom finde. Diodor hesclireiht aher die Rliea auf einem gold- nen Stuhle sitzend , welche an den Seiten ihrer Kniee zwei Löwen und neben sich zwei silberne Schhingen hatte. Hera stand aufrecht, in der liuken Hand ein mit Edel- steinen besetztes Scepter haltend , wie die in Fig. 82. pag. 456 abgebildete Hera von l'terion , die zwar einen Stall mit der .Mondsicbel in der Rechten tragt, aber sonst der in Fig. 23. pag. 217. abgebildeten Giittin gleicht.

Geflügelte Sonnenjungfrauen neben ruhenden Ga- zellen enthalt ein lialiylonischer Cylinder aus der Zeit der babylonischen VVelllienschalt bei A. Cullimore No. 7; aber die Mondgöttin, welche gleich der aul dem Cylinder bei A. Cullimore auf beiden Schultern Mondiackeln trügt, thront auf einem andern ("ylinder im ,,Second Memoir on Dabylon by Rieh" No. 10 (oder Fundgr. des Orients in, 3. tab. 11, Fig. U. Miinter Rel. d. Babylon. Tab. I. Vi'Z. 5. von Movers I, S. 407. nicht ganz richtig gedeutet), auf einem mit Löwen gescliiniicliten Stuhle, wahrend ihre Fufse auf einen Panther treten. BloCs durch ihre ge- hörnte Kopfbedeckung ausgezeichnet, aber von demselben Hunde unter der Inschrift begleitet, thront sie auf einem Cylinder in den Fundgr. des Orients IV, 2 Fig. 6 mit derselben Inschrift, welche Rawlinson in Jour. of the R. A. S. Vol. XII. I'ig. 461 zwar nicht richtig lieset, aller richtig als Bezeichnungen der Sonne und des Mondes deutet. Nocli einfacher, aber von der Mondsichel, wie von dem Hunde unter der ebenerwiihnten Inschrift, be- gleitet, erscheint sie in den „Oriental Cylinders by A. Cullimore" No. 2o; ohne den Hund, aber mit einem Oelkrnge auf den Knieen in No. 23; dagegen über einen Panther oder Luchse vorschreitend in gehörnter Kopt- bedecknng, mit den iMondfnckeln aul beiden Schultern, der Peitsclie in der Linken und drei Lichtstiiben in der rechten Hand zur Seite des Gottes der Aiiendsonne in No. 30, wo eine Zeile beide Namen dieser Gottheiten am deutlichsten zeigt. Das Zeichen des Sonnengottes ist dasselbe, welches aul No. 55 auch dem Gotte der IMorgensonne beigegeben ist, während die mit einer Dop- pelfackel über zwei Löwen stehende Mondgöttin anders benannt ist. In No. 57 ist blul's der (iott der Morgen- sonne dargestellt, obvvoiil von der Mondsichel begleitet; aber die Inschrift fügt seiner Bezeichnung auch die Be- zeichnung der Moudgötlin (vgl. TIN Dan. III, 22 ent- zündet) hinzu.

Ich könnte diese Alondgöttin noch vielfacli auf lia- iiylonisclien Cylindern nncliweisen, aber ich mag Sie nicht «lainit ermüden, und kehre zu meinen Ansichten über Poseidon zurück. Weim dieser gleich andern Göttern sich liei »lern .Stier- und VViddeiopfir der Aethiopen er- freut Od. I, 2211. V, 282, soloigt daraus keineswegs, dals Libyen seine Heimatli sei, und d.il's die (kriechen, wie Huroilot IV, ISO meint, von den Libyern \ier Pferde zu- siimmenspanneii lernten, was andere richtiger dem Lri- chthonios zuschreüien. Erichihdii'ios , den erst Pinto in Critias von Erechlhciis unterschied, ist uns die verlüngerte Form dieses Namens, um den Poseidon deutlicher als

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elneo Gott der Tiefe (^''S"l^^) zu bezeichnen. Dafs der Name Ercclilheus kein griechischer war, erheilet aus dessen verschiedener Deutung. Das Sternbild des Fuhr- manns spricht sich durch dessen Bildung in knieender Stellung, sonie durch die Ziege auf der Schulter und die beiden Böckchen auf dem Arme, als assyrisch aus, da bei den wandernden Hirten in Assyriens Ebene diese Art zu fahren nichts seltnes war. Bei den Phöniken wurde der Fulirmann zum SchitTer; daher der homerische Hymnus auf Poseidon sagt:

Ehre Dirsclienkten die Götter, Du Erderschiitterer, zwiefach. Bündiger nnithiger Rosse zu sein und Erhalter der Schiffe. Jenes ist er als Bcllerophon (TIuiXul^iiiiv) , Perseus {'Tnntog) und assyrischer ä«r(i/.h;s (Tac. A. XII, 13j oder Sundes, Sundoii, Sandakos, welche Namen durch Ein- schaltung eines X aus TO gebildet scheinen.

Als Erhalter der Schiffe ist Poseidon zwar ein freund- licher Gott; aber als Gott des befahrenen JMeeres hat er ein ungestümes ]Vesen im Gegensatze zum schnell, jedoch sanft lliel'senden Olieanos, der als Weltstrom, Himmel, Erde und Unterwelt in friedlicher Eintracht verbindet. Daher sind alle wilde und brutale Riesen seine Söhne, und als Erderschütterer, Stiirmerreger und Landüber- iiuther ist er ein gefürchleter Gott. Doch stellt ihn die Odyssee auch eben so versöhnlich als mächtig dar. Auf diese Weise liilst sich des Poseidon Wesen und Geltung aus den Dichtungen des Homer bestimmen , ohne dals man spätere Dichter zu beiragen braucht, \(ie denn auch der orphische Hymnus an Poseidon lauter homerische BearifTe enthält. Als Herrscher des Meeres heilst er in diesem Hymnus im Gebraus dumpirauschender Länder- erschütlrer, reich des Gewogs; aber lioldblickend als Jäger des Viergespanns. Er hatte daher bei den Assyriern einen mildin Charakler; verschieden davon ist aber der Gott des Elementes IVitsscr, welchen Die Chrysostomus ebeid'alls Poseidon neimt. Nach dessen Darstellung der Lehre, welche die persischen Alagier durch Zoroaster aus Assyrien erhielten, ist der Wagen des Weltalls mit vier Rossen bespannt, welchen er die Namen des Zens, der Hera, des Poseidon unil der Hestia beilegt. Sowie das erste geflügelte Rofs einst das vierte so erhitzte, dals dessen IMähnen und Schmuck verbrannten, wobei es sich vorn Wayen iles seitdem nur mit drei Rossen bespannter Wagen des Himmels losrils; so iiberschütteten zwei junge Füllen der !Musen und des Poseidon durch einen muth- willigen S|>rung das vierte Rol's mit Wasser. Hieraus entsprangen die Sagen von Phaelhon unfl Deukalion. Den mit vier Rossen bespannteji Himmelswagen, auf welchen ilie Göttin des .Morgenroths dem Morgenstern entgegen- fahrt, linden Sie nebst den vier elementarischen Göttern, die ich noch in andern Abbildungen nachweisen könnte, wenn ich nicht zum Schlüsse eilte, aufNo. 6 der ,, Oriental Cylinder" bei A. ('idlimore. Ich schliefse aber mein Schreiben mit den Worten des Agathias aus dem sechsten Jahrhundert: ,,ln den altern Zeiten verehrten die Perser den Zeus, Kronos und alle bei den Griechen besungenen (iölter; nur benannten sie dieselben mit andern Namen, wie mit lid den Zeus, mit Sandes den Herakles, mit Aniiitis die Aphrodite u. s. w., sowie der Babylonier Berosns und Andere melden, welche von den idtesten Lehrern der Assyrier und Meder geschrieben haben".

G. I"'. (iROTEFEND.

Hiezu Tafel LI. LH: Agonistische Vasenbilder verschiedener Sammlungen.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zieituny, Jahryuny XI.

M 53. 54.

Mai und Juni 1853.

Pelops auf Kiiiistdenkiniilern. Allerlei: Tiiueslanax, Kalainis' Heimes Krioplioros, Paregorius.

I.

Pelops auf Kunstdenkmälein*3-

Hiezii <lie AMjiMungen Talel Llll. LIV.

iPer IMvlhos des Pelojis') lial zwar sclion im Allerlimm keine dem Ruhme seiner Nachkommen entsprechende StelKing eingenommen; während dieselben aber sowohl in der epischen als in der dra- uialischcn Poesie fortwährend als Protagonisten auftreten, fehlt es doch auch keinesweges an schrift- licliL-n und künstlerischen Zeugnissen ihres Ruhmes. In den homerischen Gedichten wird i'elops gegen alle Erwartung nur beiläufig erwähnt, da nämlich wo von seinem Scepter die Rede ist, und es kann höchstens die ihm beigelegte Bezeichnung ttA/J- ^mnog als Argument dazu dienen um zu ver- inuthen, dals auch der Kern der Pclopssage dem Sänger nicht unbekannt war; viel bestimmter aber weist die daselbst vorkommende nähere Verbin- dung des Pelops mit Zeus und Hermes darauf hin, dals das Verhältnils des Pelops zu Poseidon, dem Schutzpatron der Halbinsel, eine spätere Erfindung sei, die erst nachdem der Kultus Poseidons von Korinlh aus über die ganze Halbinsel sich aus-

breitete, nach IMalsgabe der Ganymedessage aus- gedacht wurde. Dals dies in der That der Fall sei, folgt nicht nur aus der gedachten Stelle der Ilias, sondern auch daraus, dals der vornehmste der zu (Uympia verehrten Heroen^), dem die Verherr- lichung oder gar Gründung der olympischen Fest- lichkeiten zugeschrieben ward, zugleich auch der Schützlingdes höchsten olympischen Gottesursprüng- lich sein mufste, was auch in späteren Zeiten in regem Bewufstsein blieb ^). Wenn überdies selt- samer Weise die Ueberlieferung sagt, dafs die Renn- bahn bei diesem für die olympischen Spiele nor- malen Wettkampf sich von Olympia bis zum Altar des Poseidon am Isthmus erstreckte^), so ward wohl auch dies mehr als Nothbebelf ersonnen um den olympischen Held mit Poseidon in Verbindung zu setzen. Aelter jedoch als diese Verwechselung Zeus und Poseidons scheint die Fabel von Myrtilos und dessen Verrath zu sein; sie ist höchst wahr- scheinlich gleich beim Einbruch der Dorier in den Peloponnes entstanden, und zwar durch diese selbst, indem sie, um den Ruhm der gestürzten Herrscher des Landes zu schmälern, eben so gut die Sage ver- fälschten, wie ihr bildsamer Geist, mitunter auch durch bösen Willen geleitel, jede Spur der grofsen

*) Von einem Landsmann Jes Ljilicr l'elops darjieljoten, der seine in Leipzig und Bfilin den Litteiatiii- und kiinstweiken des .\lterllinnis gewidmeten .Studien seit längerer Zeit diesem für ilin vaterländischen Gegenstan<l zugewandt liat, durfte dieser an und IVir sich uns willkommene Aufsatz ausnalinis- weise auf etwas mehr Raum Anspruch machen als er nach den liekannlen Grenzen dieser Zeitschrift sonst uns treisteht.

.1. ((. H.

'J Alte Hauptijuellen der Pelopssage sind find. Ol. I und die Schollen daselbst, Pherecjdes bei dem Schol. zu Soph. Electra 5j5 (hei Sturz S. 94), Diod. Sic. IV, "5, ferner Apoll.

Rhod. (vgl. .Soliol.) I, 7')2, Pausanias vornehmlich V, 10, 5. 17, 7. Die Deschreihung dreier Dilder hei Pliiloslratus sen. imagg. I, 17, 30. jun. 9. Hygin. fah. S4. Schol. Kur. Orest. 99L Tzetz. zu Ljcophr. 156 ff. Vgl. lioeckh expl. PinJ. Ol. 1. Jacohs und Welcker zu Philostr. und Weicker gr. Tragg. Klausen hajl. Encycloii. III, II. .S. 97 f. [Kin Posthumum ilesselhen über Pelops im Philologus 7, 49.i If.] üeher den Ort der Entstehung der Pelopidensage Curtius Zeitschr. f. A\V. 1S52 Heft 1 unil Peloponn. II, 5-39 Anm. 6. O. IMüller's .\rchäol. .S. 70j. Anui. 4.

") Curtius Peloponnesos I, 63 If. II, 346.

') Hom. II. 13, 103 if. *) Paus. V, 13, 1.

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Kultur, in welche die aus dem goldreichen Lydien übslamnienden Herrscher das Land erhoben hatten ^), bis auf die wenigen noch heutzutage bewunderten Ueberreste jener Urzeit aus der Halbinsel vertilgten. Somit nahm iMyrlilos, wie sich nachweisen lüfst, in ganz ähnhchem Verhältnifs die Stelle des Hermes ein wie der RIeergott Poseidon die Stelle des Zeus. Die so veränderte Sage erhielt ihre durchgrei- fende poetische Darstellung im hesiodischen Ge- dicht der Eöen, und obwohl die späteren Dichter der dort gegebenen Darstellung nicht unbedingt folgten °), so blieben doch zumal die Tragiker der so umgestalteten Fassung des Mythos im Ganzen treu, wie man aus den wenigen Fragmenten der sophokleischen Tragödie Olvö^aog und der des liümers Atlius schliefsen kann'j. Im Gegensalz aber zu dieser Armulli schriftlicher Zeugnisse über die Pelopssage haben die Kunsldenkmäler manchen be- deutsamen Zug uns aufbewahrt, der eine genauere Betrachtung derselben auch nach den mancherlei neueren Arbeiten gleichen Bezuges noch immer wünsciienswerth macht. Eine solche Betrachtung denken wir hienächst für alle bisher bekannt ge- wordene Kunstdarslellungen dieses Sagenkreises nach einer durch dessen Momente gegebenen Rei- henfolge zu crüiTnen, und glauben, dafs dadurch auch den zu nächster Erklärung hier dargebotenen Abbildungen mehr als es bei abgerissener Behand- lung der Fall sein könnte ihr Recht werden wird ■*).

A. Die liäufige ErvriiliauDg des Verhältnisses, in welcliem der lydisclie Pelops, Königs Tantalos Solin, von Poseidon begünstigt ward wie Gaujiuedes von Zeus, liifst uns vennutiien, dal's aucli die bildende Kunst den Poseidon mit seinem geliebten Knaben oder Jüng- ling in geJiilligen Scenen, vrie solcties der Fall mit Zeus und Ganyuiedes ist, behandelt halte').

1. Eine solche Scene wird uns auf einem im Museum zu Berlin '") beflndlichen Krater von spaterer Zeicli- tMing vorgeliihrt. Der am von ihm gehaltenen Dreizack

leicht kenntliche Meeresgott schaut sitzend aus der Hühe auf eine anmuthvolle Scene herab, wo ein Knabe der Verfolgung eines soeben aus seiner Behausung heraus- getretenen Schwanes entgehen will, wiihrend der alte Pädagog mit seinem krummen Stocke das lüsterne Thier al)zuweliren sich bestrebt. Dafs hier ein Liebesver- hiiltnifs zwischen dem göttlichen Zuscliauer und dem schönen Knaben im Spiele ist, bezeugt nicht nur der erotische Schwan, sondern auch die Anwesenheit Apliro- ditens und eines Liebesgottes, welche mit Hermes zu- sammen als Zuschauer dargestellt sind, und zwar ist der letztere, auch nach Mafsgabe seiner niedrigeren Stellung, vielleicht bestimmt den Jüngling zum Olymp abzuführen. Dabei wird man zunächst an die Liebe Poseidons zu Pelnjis erinnert, und obwohl Gerhard, welchem dies nicht entgehen konnte, durch ein Vasenfragment, welches bei einem Schwanenhalse die Inschrift FANVMH^HS aufbewahrt hat, sich veranlafst sah eine Gestalt der Sage vorauszusetzen, die auch den Poseidon zum Liebhaber Ganymeds gemacht hätte, so bleibt man im .'allgemeinen doch geneigt statt solcher Annahme verlorener Mythen allenfalls einen IMifsgriff des Künstlers vorauszusetzen. Hiezu gesellt billigerweise jedoch sich die Erwägung, dafs im Allgemeinen die alte Kunst von aller fabrik- mäfsigen .Arbeit frei ist, daher man mit Sicherheit wohl nicht berechtigt ist aus einem Fragment auf eine sonstige ganz äliuliclie Wiederholung desselben Kunstwerks zu schliefsen. Dafs bei der Ausführung zwei einander so sehr ähnlicher Sagen die Auilassuog der einen auf die der andern einwirkte, kann nichtsdestoweniger einge- räumt werden.

2. Wahrscheinlich durch eines der Mittelbilder der im Museum zu Neapel befindlichen grofsen Amplwra aus Ruvo, welche den Wettkampf des Pelops und Oenomaos vorstellt, ist Otto Jahn zu der treffenden Beinerkung ge- langt, dafs der in einem der Obenbilder desselben Ge- fäfses vor dem sitzenden Poseidon stellende Jüngling, welcher nackt das Himation um die Arme geschlagen hat und mit der Linken einen grofsen Blumenstengel hält, während er mit der Rechten den Kranz sich auf das Haupt setzt, PcJops sei, welcher, von Po.stiJon liebevoll angeblickt, das Gegenbild zu der am anderen Ende der-

■') 0 Ziv; fi iy.i'diat IW.onl y tnctvov iaitiov. Epicharm. bei Athen. VII [, S. 338.

'■) Scliol. A[iQllon. I, 752 u. a. iii.

") Paus. VI, 21, 10. V, 1, 0. In den Kyprien mufs auch oft von Pelops die Rede gewesen sein. Fragin. bei Dünzer XI, 6.

■*) Vgl. Welckergr. Tragg. I, 352—7. Die Fragmente der gleichnamigen euripiileischen Tragödien enthalten nichts, was die Saclie angeht. Weicker II, S. 274.

') Find. Ol. I, 42 fr. Boeckb. explic. daselbst. Weicker Philoftr. S. 359, s. auch unten.

'") Er gehört dem Museum zu Berlin, s. Gerhard's neu-

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sellteu Ktilic- anf;el)racliten itlinliclitii Gnipije des Zeus und Ganymciles bildet'').

3. I'iir ein durch Rouhz bekannt geroaclites Ge- f'äfsMid ist eine iiliiiliche Darstellung des Pelops mit wenijicr Grund vorausgesetzt worden. Zwar dal's Po- seidon dort dargestellt sei liahen K. Fr. Ilerinaiin und Walz mit Recht eingesehen; dal's aber die Stellung der l>eideu Personen gegen einander auf das eigentliclie Liehesveriiältnifs, statt auf ein ungleich entfernteres, hin- weise, ist nicht einleuchtend''); auch würde jener Deu- tung zufolge Pelops hier zum erstenmal in griechischer Riistung vorgekommen sein. Es scheint somit riith- licher statt eines versteckteren Mythos in jenem Bilde den Tlwscus zu erkennen, welclier vor seinem göttlichen Vater und 13escliiitzer stände ").

ü. Dersellie von den Giittern begünstigte Pelops ward aber, so scheint es Pindar ") zu meinen, wegen des Uebermuths seines Vaters wieder unter die Sterb- lichen heraligesandt, erscheint in der nachgehend von ihm benannten Halbinsel, namentlich zu Olympia, und tritt dort als Freier der Königstochter des Oenomaos, Htppoiliimciu, auf. Seine durch Göttergunst begründete Erscheinung in fremdem Land ist der spateren des Paris in Sparta zu vergleichen, und macht es weniger für uns befremdlich auf einer Anzahl bildlicher Monumente i)eide Heroen kaum unterscheiden zu können. Namentlich ist dies bei dem zunächst zu betrachtenden Geiäl'sbild der Fall, welches auf unsrer Tafel LIII uns vorliegt.

4. (Tafel LIII). Dieses noch unedirte, im Kunst- liandel Neapels vorlängst gezeichnete ' '), Bilil einer mit Vo- luten und anderen Verzierungen ausgestatteten Amphora zeigt uns vor Allem jene verwandte Auffassung beider Sagen, und es väre dabei ohne die Anwesenheit des Zeus und Hermes schwer gewesen zwischen Paris und Pelo[)s zu unterscheiden, zumal wenn man das Rückbild be- trachtet"); jedoch nicht nur Zeus, sondern auch das Weib mit dem Fächer, welches noch in vielen andern

Pelojis- Darstellungen in ähnlicher Haltung vorkommt, kann als Argument für unsere Deutung dienen. Den Mittelpunkt der Vorstellung nimmt eine auf prächtigem Thron sitzende weil)liche Figur ein, die mau als liippo- ddmeia nicht verkennen kann, und deren Haupt nach vorn ein Stirnscliinuck ziert, während der nach hinten herab- wallende faltenälirdiche I'eplos jjarallel mit ihren zier- lichen Locken läult und den Händen freie liewegunfj gestattet; indem ein langer ionischer Chiton ihren Leib und Schuhe die Füfse bekleiden, schützt das Gesicht vor der Sonnenhitze ein frei stehender Schirm, welcher nur aus Nachlässigkeit der Zeichnung nicht durch die Hand der hinter ihr stehenden Frau gehalten wird. Ihre an den vor ihr achtungsvoll stehenden Asiaten gerichtete Rede begleitet sie mit Bewegung der hingestreckten und mit Armbandern geschmückten, jedoch verzeichneten, rechten Hand. Pelops, durch die phrygische Kopfbe- deckung, den gestickten umgegürteten und mit langen Aermelu versehenen Chiton, wie durch die Beinkleider und .Schuhe kenntlich, ist eben in Begleitung eines Reise- gefiihrten in der Fremde angelangt und stellt sich der vielberühmten Königstochter vor, während er sich mit der liidien Hand auf zwei Lanzen und mit der rechten Achsel auf einen langen knotigen Wanderstab stützt, und aufmerksam die Vorschläge der Hippodameia zui üeberwältigung des Vaters anhört''). Der liinter Hippo- dameia stehenden weiblichen Figur vornehme .Haltung, welche durch das langgelockte Haar, das Halsl)and, den langen faltenreichen Chiton, wie das um die Arme ge- scldagene Obergewand mit dem in der linken Hand ge- haltenen Fächer, f)ezeugt wird, verbietet es uns dieselbe eher für eine untergeordnete Person anzunehmen als für die Mutter, Sterope, die hier halb erschrocken und halb billigend den verabredeten Untergang ihres Mannes anhört und sonst auch in die Darstellungen gleichen Gegenstands aufgenommen war"*). In der oberen Reihe sitzt über Pelops ein anderer junger Asiat, dessen Tracht

erworbene Denkiiiiiler no. 1946. Trinksclialen und Gefafse Tat. \\n. Derselbe erklärt es für Pelops: arcliiiol. Zeitung 184b S. 2ä2.

") Monuin. il. Inst. II, tav. 31. O. Jahn, archäol. Beitr, S. 133. Zwischen diesen zwei Gruppen ist der Aufgang des Helios dargestellt, welcher von der Seite des Zeus auf- gegangen nach dem Gotte des Meeres bin seine Rosse treibt.

'■) Koulez im Bidletin de PAcad. de Bnixelles X, no. 6. Walz archäol. Z<it. 1845, S. 59, wo man auch <lie Beschreibung nachsehen kann.

") Auf Theseus und Poseidon liat man auch das Vasen- Mld Monum. d. Inst. II, 51 bezogen.

'") Pind. Olymp. I, v. 55—66.

'°) Mitgetheill von Prof. Gerhard aus dem archäologischen Apparat des kgl. iMuseums.

"') Die spitzen Kopfbedeckungen der beiden mit Speeren bewaffneten jungen Krieger im Kückbilde lassen zunächst an die Dioskuren denken, denen etwa ihre Mutter einen Fruchtteller vorhält.

' ) Es mag vvold im Namen Hippodameia angedeutet sein, dafs diese dem Fremdling die Mittel zur üeberwälti- gung der Schnelligkeit der Rosse des Vaters anwies.

") Sterope war auch am Giebelfelde des olympischen Tempels bei Oenomaos dargestellt (Paus. V, 10, 2). V.s ist sehr natürlich, dafs eine verlorne Sage sie als Mithelferin für die Pläne der Tochter angab.

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nur iineriibhliclie Unterschiede von der des Pelops bietet, indem er aufser den zwei Wiirfspiefsen ;mch ein Schwert an der linken Seite trägt welches bei Pelops wenigstens niciit sichtbar ist. Mit dem zurückgewandten Gesiclite richtet er seine Aui'merksamkeit auf die Götterscene, wo der jiif;endlicli und bis auf die Fliigelstiefeln und den am llalsbande nacbliifsig gehaltenen Petasos nackt ab- gebildete Hermes, kenntlich durch den Heroldstab, welchen er in der recliten Hand trägt, während die ver- zeichnete linke einen Kranz hält , wilUährig die Befehle empfängt, die ihm der gegenüber lagernde, majestätisch abgebildete, Zeus ertheilt; diesen bezeiclineu aufser dem Harte lange bis au die nackte Brust heraljfallende zier- liche Locken, und der mit Nägeln beschlagene und vom Adler bekrönte Herrscherstab, während die um die Beine geschlagene Clilamys den OI)erkürper nackt läfst. Be- kränzung des Hauptes und Sciiube fehlen ihm nicht. Die sonst auch vorkommende ") Gegenwart des Hermes ist vielfach durch die Ueberlieferungen motivirt. Er ist der Vater des den Pelops unterstützenden Myrtilos '"), welchen die Sage allmählich von der Person des Hermes gewisserraafsen absonderte; in der Ilias "') ist es Hermes, der das von Zeus erhaltene mächtige PeIo[)idenscepter dem Pelops iibergiebt ' 'j, und ebenso soll er auch hier in eigner Person statt des ursprünglich mit ihm identisclieo Myrtilos der Sage des Pelops Hülfe bringen'^). Aus dem- selben Grunde vertritt hier Zeus der ältesten Sage ge- inäfs, die noch in späteren Zeiten vornehmlich durch die olympischen Feste lebendig l)lieb, die Stelle Poseidons, was wir oben bereits nachzuweisen versuchten.

C. Es folgt die heimliche üeberei nkunft der Liebenden. Pelops und Hippodameia kommen dahin überein, dafs »ie, um durch üeberwältigung des Oenoraaos ihren Zweck zu erreichen, ihre Zuflucht dahin nehmen müssen, den gescliickten Wageiilenber des Königs, den Myrtilos, in ihre Verschwörung hineinzuziehen. Die an ihn gemachte falsche Versprechung, dafs er auch nach

") Monurn. d. Inst. IV, 30 (s. unten).

'") Paus. Vm, 14, 3. V, I, 6.

") Hnin. II. B, 104.

") Iloin. II. B, 103 4 : aiijän tipa Ztii; Jojzf (axiJ7tT(>in>) iSitiXJOQOi ylnyfKf oi'iij' i:ii/Xf(ctg d'i ih'iti ilmxtv Ilthjni 7i).ri'ilnno\.

•'J Dafs Miiniikoi ursprünglicli ein Beiname des Herinis war, wird mehr als wahrscheinlich durch die Ueberlieferung, dafs im Krechtheion zu Athen ein uraltes hölzernes Bild des- selben Gottes sich befand, welches, ein Weihgeschenk des Kekrops, in Myrten versteckt war. Vgl. Müller Pallas-Athene §.7-

'•) Paus. VIII, 14, lOif. .Schob zu Sopli. Electr. 504. Serv. ad Virg. Georg. III, 7. Anders juriil besser] Hygin. fab. 84: regnum ei lUmidittm polliccrclur.

errungenem Siege seine lieifse Liebe zu Hippodameia l)efriedigen möchte ■"'), verlockte ihn den Untergang seines Herrn durch das locker gemachte Wagenrad zu bewir- ken''). Erhaltene Denkmäler beleliren uns, dals die Kunst auch dies Moment behandelt hat, wie zunächst aus dem Bild einer aus Ruvo stammenden Amphora -*) hervorgeht.

5. Ganz unten ist hier ein .Altar sichtbor, ueben ihm zwei Rindsköpfe und eine Opferschale; etwas höher als der Altar gestellt, erheben sich ein hochgestelltes Lustralbecken und hinter diesem eine mit Voluten ver- sehene hohe ionische Säule"), auf welcher ein Grabge- fäfs aufgestellt ist: dieses Monument ist das Grab der getödteten Freier"). Rechts von dem Becken, mit seinem Ellenbogen daraufgestützt, steht der asiatisch gekleidete und zwei Speere haltende Pelops in traulichem Ge- spräche mit dem etwas niedriger stellenden Myrtilos begriffen, welcher das verhängnifsvolle Rad unil eine Gerte hält. Oberhalb dieser Personen sitzen in einer höheren Reihe zwei andere, ebenso wie Pelops dessen Reisegefährten sie sind gekleidete, Asiaten, von denen ein jeder zwei Wurfspiefse hält, aufserdem aber einer dem anderen eine Kriegstrompete reicht, als Zeichen des naiieliegenden Wettkampfes"). Dem Pelops gegen- über steht, in ähnlicher Stellung wie dieser, Hippodameia, die sich mit ihrer Mutter Sicrope, deren Stellung der des Myrtilos entspricht, und die noch feierlicher als die Tochter geschmückt ist, unterhält. Olierhalb beider Frauen endlich sitzt, die Chlamys um die Schenkel ge- schlagen, Hermes, kenntlich durch seinen Heroldstab, während die in der linken Hand von ihm gehaltene Siegespalme ihn als Vorsteher der Kampfspiele ((vuyiöviog) kundgiebt. Seine ganze Aufmerksamkeit ist der Unter- redung des Pelops mit Myrtilos zugewandt. Ein aus dem Boden sich erhebender Lorbeerbaum bezeichnet den unter freiem Himiuel zu denkenden Schauplatz, während oben ein sternförmiger runder Körper vielleicht auf die höheren Regionen hinweist '").

'"'') Die Stellen über das Verderbei ilcs Kads sin<I ge- sammelt von Ritschi Annal. d. Inst. XII, .S. 173 Anin. 2.

"') Abgebildet in Monnm. d. Inst. IV, tav. 30, erklärt von K. Brunn in Ann. d. Inst. XVIII, S. 177. Das Gefäfs ist nach Frankreich gebracht.

') (irabsäulen kommen auch in ionischer Ordnung nicht selten vor. Millingen peint. XVII, XXXIX. Vgl. Winckelm. mon. ined. 14f).

") Nach der Angabe bei Paus. ^'I, 21, 9 v\iirde hier eine Prolepsis stattfinden; denn erst nach dem Siege errichtete Pelops ein Khrendenknial der umgekommenen Freier.

"} SophocL FIcctr. 083 und 711 schob daselbst.

'") Den blätterlosen gebogenen Stab für ein Schabeisen anzusehen ist man durch die Grüfse desselben vcrLimlert.

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6. Densellien Gegenstand stellt die eine Seite eines ebenfalls iu Iluvo ausgegrabenen KnUers vor "). Zur Kecliten des Zuschauers, neben dem die Mitte einneb- luenden Lustralbecken, sitzt auf einem Felsen, und auf sein Schwert gestützt, Pclops; als einziges Gewandstiick hat er eine Chlainjs unter sich gebreitet und ist be- stiefclt. Da die asiatisciie Traclit demselben liier ab- geht, so wäre es schwer gewesen den dargestellten Ge- genstand zu l)estimmeii, wenn nicht das vom weiterhin rechts stehenden, mit C-hlamjs, Pileiis und Jagdstiefeln leiciit bekleideten, Myrtllus gehaltene Rad, als Werkzeug des beabsichtigten Verraths, zu Hiilfe gekommen wäre. Auf Myrtilos hin weist Pelops, indem er rückblickend zugleich nach der andererseits vom Lustralbecken stehenden H'ipjxtdameia sich wendet. Diese wird zu Billigung der Tliat, die den Untergang ihrrs Vaters herl)eifiilireii soll, dem Anstände gemäfs von der daneben stehenden Mutter ermuthigt. Die schon vorher bei ähnlicher Darstellung lienierkte Säule erhebt sich hier zwischen Pelops und Myrtilos und trägt anstatt des Grabgefäl'ses als Sieges- symbol einen Dreifufs; ein Rinderkopf ist weiter unten angeheftet. Die Personen der oberen Reiiie aber sind hier ganz andere als die des vorher i)etrachtetea Bildes, üeber Myrtilos sitzt auf einem mit architektonischen Verzierungen ausgestalteten Kasten ein Weib, höchst wahrscheinlich die Nymphe des Ortes Olympia, welcher die an der anderen Seite sitzende Aphrodite entspricht; dieser letzteren reichen von der einen Seite der Liebes- gott einen Myrtenkranz und von der anderen der zwar menschlich gebildete aber an seinen Horcern kenntliche Pan einen mit Binde geschmückten Myrtenzweig '').

7. Zu derselben Gattung von Pelopsbildern gehört auch das Bild einer grofsen apulischeu Amphora des Museo Borbonico, welche folgendermafsen beschriel)en wird ^^). „Pelops, mit Pileus, Chlamys, Stiefeln und Schwert sitzend, wendet sich nach Myrtilos um, der, ein Rad auf

der .Schulter und ein anderes in der ITand, eben von ihm weggebt u[i(l auf sein Nachrufen den Kopf zurück- wendet. Rechts von dieser Scene steht eine weibliche Kigur mit Kranz und Patera, worauf drei Aepfel, zu denen ein schwebender Amor mit Binde bereits einen vierten in der Hand hält"). Diese Vorstellung kann als der abgeschlossene Vertrag zwischen Pelops und Myrtilos l)etrachtet werilen. Das Weib ist wahrscheinlich liippo- dameia, diedie von Pelops erhaltenen Liebesgeschenke hält."

D. Als eine vierte Gattung von Monumenten, die die Pelopssage behandeln, können diejenigen betrachtet werden, welche eine Opferscene zwischen Pelops unci Oenomaos enthalten, wobei letzterer, um die Heiratli seiner Tochter, die für ihn, einem Orakelspruche gemäfs, verderblich sein würde, unmöglich zu machen, die schwere Bedingung des Kampfes dem aulgetretenen Freier vor- legt und deren Annahme durch vorangehendes Opier verlragsmäfsig zu heiligen nöthigt. Jene Bedingung be- stand hauptsächlich darin, dafs der um die Hand seiner Tochter Freiende ein Wettrennen mit ihm halten, und nur wenn er ilin besiegte die Hippodameia zur Frau er- halten, im Gegenfalle aber den Tod leiden sollte; auch war bis zur Ankunft des Pelops lediglich dieser letztere Fall eingetreten, weil Oenomaos durch die Schnelligkeit seiner Rosse und durch des Myrtilos Gewandtheit durch- gängig den Sieg behielt ").

8. (Tf. LIV,I). Hierverdient nun das Hauptbild einer in Riifo ausgegrabenen und ebenfalls mit Inschriften versehenen Amphora, vormals in Hrn. Stevart's Besitz, vor allen andern beachtet zu werden, da sie nicht imr durch den vollen- deteren Styl der Arbeit, sondern auch durch die In- schriften, die die einzelnen Figuren bis auf zwei bezeich- nen, sich auszeichnet). In der Mitte der Vorstellung stellt auf einfacher Basis eine Altarsäule, die die von oben nach unten [xiopTjduv) zu lesende Inschrift ZAlO^ für den des Zeus angiebt ^'). Zur Rechten des Zuschauers

") Dieses vormals in Sieuarts Besitze befimlliche Gefäfs wird von Gerhard archUol. Zeit. 1846, .S. 263 ausfiilirlicher bescliritben. Abgebildet Monnni. il. Inst. IV, 22, erkliiit von U. Bninn Ann. <1. Inst. XX(, S. 330 Die andere Si'ite stellt die Käserei des thrakisclien Lykurgs vor; weiterhin wird ein anderes Gefäfs den BeriiUrungs|)unkt der beiden .Sagen zeigen.

") Die Zusammenstellung Pan's mit den Liebesgottheiten hat hier eine andere als die Localbedeutiing, denn nur bei Philostr. scn. I, 17 wird Oenomaos ein Arkader genannt, wozu vgl. auch Paus. V, ."i, l. Der Pan kommt oft mit flen besagten Gottheiten zusammengestellt vor. So auf der Vase des Berliner Museums (Gerhard antike Bildw. 115) und Mon. d. Inst. IV, 14 (Amynione), vgl. Panofka Mus. Blacas S. 27.

") Gerhard und Panofka, Neapels ant. Bildw. S. 284 no.971.

•") Ueber die aus Tlieokrit und andern bekannte erotische und hochzeitliche Bedeutung der Aepfel vgl. Böttiger Kunst- mythol. II, S. 249. Gerhard Vasenbilder I, S. 132. K. Fr. Her- mann gr. Alterth. III, §. 31, 2S.

^') IIjS- fäb. 84 und andre der oben citirten Stellen.

"■J Abgebildet ist dies Gefälsbibl in den Annali dell Inst. XII tav. IV mit reichhaltiger Behandlung der Pelopssage von Kitscid (ebd. p. I72ir.). Drei eben so reichhaltige Neben- biblcr mystischen Inhalts sclimücken dasselbe Gelafs, welches in ilen Besitz von Millingi-n lam (GerliMrd arch. Intelligenz- blatt 1835 März).

' ) Kbenso wurde dem Zeus geopfert am Giebelfelde des olympischen Tempels (Paus. V, 10, (j). Kine andere Ueber- lieferung (Paus. V, 14, 6), wonach Oenomaos dem Zeus

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nahe beim Altare steht der biirtige, mit Helm, Panzer, Scliwert, Speer, Chiton, Clilamys und Jagdstiefeln wohl- gerüstete Sohn des Ares '^) Oenmnuos (OINOMAOZ) und reicht mit der rechten Hand die Opferschale dem an der anderen Seite des Altars in ruhiger Stimmung auf zwei Speere gestützt stehenden Pelops (TTEAOY), auf dafs derselbe die Spendung eröffne. Für des letzte- ren asiatische Abkunft zeugt nicht nur das weichliche Gesicht, sondern auch der zackige Kamm des phrygischeu Helms, und der reichbestickte langarmige Chiton, welche ihn sammt der Chlamys und den Jagdstiefcln umkleiden; der Griff des Schwertes ist auch an seiner linken Seite sichtbar. Von derselben Seite her führt eine ältliche, einen Fächer iu der linken Hand haltende, und sonst anständig mit Schuhen, langem ionischen Chiton und fallenreichem Peplos bekleitlete, Frau die noch feierlicher, mit prächtig gesticktem ionischem Doppel-Chiton, Peplos, Sandalen, Stirnkrone, Arm- und Halsbändern, geschmückte und etwas sich zurückhaltende Htp}wdameia (ITTO— AAMOA) an der Hand der Hauptscene zu. Es sind wohl nicht genügende Gründe vorhanden jene durch keine Inschrift bezeichnete Frau für die Amme, wie Ritschi es will, statt für Hippodameia's Mutter Sferojic anzusehn; denn die Haltung dieser zweiten Frau ist auch hier im Ganzen dieselbe wie in den anderen Ijildern , wo sie, selir häufig mit königlichem Ansehen begabt, neben Hippodameia vorkommt, und die Auslassung der Namens- inschrift kann durch die Verschiedenheit der Angabe des Namens der Mutter veranlafst sein "). Diesen zwei weib- lichen Figuren entsprechen auf der anderen Seite Myrt'dos (MYPTIAOZ), welcher, die Chlamys am Halse zu- sammengeknüpft tragend, in den Händen einen Kranz, den er beim angetretenen Wettrennen sich aufsetzen wird, und den Treibstecken haltend, in der unruhigen Stim- mung, die ihm das schuldige Gewissen erzeugt, der Opferscene zuschaut; ferner die etwas weiter hin sitzende, mit langem Chiton, Peplos, Armbändern, Hals- und Stirn- schmuck bei schön aufgewundenen Haaren geschmückte Aphrodite, welche in der linken Hand eine Binde hält und mit dem hinaufgewandten Antlitze eine nachdrncks-

volle Rede an den über sie hin mit ausgebreiteten Fittigen Schale und Binde haltenden Liebesgott richtet, wie aus der Haltung der Finger der rechten Hand sich abnehmen läfst^"); ohne Zweifel in dem Sinne, dafs sie ihm die Erfüllung seiner Pflichten bei diesem Liebeskampfe in- ständiger einschärft. Eine Opferschale liegt neben der Göttin am Boden. Sehr wichtig aber für den Mythos sind die ol>erhalb der zwei Frauen im oberen Räume sichtbaren zwei Menschenköpfe, deren einer mit der Namensinschrift Peripluts (TTEPI^J'AS) ül)er der Altar- säule versehen ist, während der andere die verstümmelte Namensanzeige TTEAAP, vielleicht Pehir(gos) zeigt. Zugleich mit der zwischen ihnen liegenden Mütze und einem Schwert weisen diese Inschriften auf die schon früher erlegten Freier hin, wie man nach alter bar- barischer Sitte die Heiligthümer der Götter und die Eingänge der Häuser zu schmücken pflegte").

9. (Tafel LIV, 2). Man kann zu dieser so wichtigen Spendungsscene noch eine andere im Vasenwerk von Dtihois - Muisonneuve "') abgeliildete, viel einfachere, hinzuliigen, die auch nicht aller Eigenthümlichkeit be- raubt ist. Sie enthält in nur drei Figuren die Haupt- personen der Handlung, gleichsam als ob sie uns einen Dialog aus der sophokleischen oder euripideischen Tra- gödie vor die Augen brächte. Zur rechten Seite des Zuschauers steht neben einer einfachen Altarsäule ein bärtiger, mit Helm, Schild und zwei Speeren bevvatlneter und mit kurzem Chiton bekleideter Krieger, dessen Ge- stalt man nur neben den Kriegsmann andrer bis hieher besprochener Pelopsbilder zu stellen braucht, um zu entnehmen, dafs jene Figur die so liestimmt ausgeprägten Charakterzüge des grausamen Königs von Pisa augen- fälliger in sich trägt, als es bei andern Heroengestalten der alten Kunst, zumal in Vasenbildern, der Fall zu sein pllegt. Oenomuos reicht die rechte Hand über den Altar hin um die Schale zu empfangen, die ihm eine mit Doppelchitüu und Himation gekleidete Frauengestalt darbietet; ihr stumpfnasiges fast satyreskes Profil ver- bietet es uns nicht sie für Hippodumviu zu halten, die nur gezwungen die Opferschale dein Vater reicht, auf

"AQtiog opferte, weist aal eine Gleichsetzung des für die Sage besser passenden Kriegsgolls mit dein olynipisclien Zeus.

'"} Paus. V, 1, 6.

'") Sie heifst noch Kurytlioe (Tzetz. Lycopbr. 156). Sonst wird die IMntter des Oenomaos Sterope genannt (Scliol. Hom. II. XVlir, 4%6. Hyg. fab. 64. Tzetz. Lyco|>hr. 149).

■"') Porriijit dextrnm et tul insliir orntnrum confonnat nrticnlum iludhuisciuc hilimis lonclKsis tliffilis celeros emi- nente» porriijil (Apulej. .Metam. II. p. 125).

") Philostr. jiin. 9. Hygin. Fab. 84. Scliol. ziiPind. Istlim. IV, 92. (Der letztere aus Sopli. Oenom. vgl. Kitschi S. 181. Anin. 1 , über die getödteten Freier s. l'ind. Ol. I, 79 Schob daselbst. Paus. VI, 21, 6).

•") Abgebildet bei Dubois-.Mais. introd. Taf. LXX> II, 2, der nichts Näheres über das Gefäfs sagt. Auch die daselbst vorgebrachte Deutung (Paris, Hecuba) sagt nicht zu.

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dafs dieser sie dem hinter ilir mit piirygiscliem Helm und Speer liewaffnetem , sonst aher wie Oeuomaos ge- kleidetem Pclops mit festem durch heilige Speudung gesicherten Vertrag übergebe.

10. Das Cild einer ganz neuerdings durch Gargallo bekannt gewordnen ruvesischen Amphora*'), worin der Vertrag durch Spenduug und Opfer abgeschlossen wird, hat das Eigentiiümliclie, <lal's nicht PcUijis und Oeuomaos, sondern Pelops und Ilipftodameia diejenigen sind, die die Hände über die brennende Altarsflamme einander reichen, wahrend Oenomaos von der Seite Hippodaraeia's bei dem geschlossenen Ehevertrage '") als Zeuge gegenwartig ist

^') Krkliining von Garyallo-Grimaldi Ann. d. Inst. XXIII, S.289; ahyebildet ilaseldst tav. d'agg. Q— K.

*') Ueber die Auilassung der Ehe als heilig s. Lobeck AgIao|ih. S. 659. K. Fr. Hermann gr. Alterth. Tb. III, §.31,2.

*'') Wie hei Aeschyl. Kinn. 492 (Herrn.) die ßQOjoaxonoi fiuivc'iöes.

und durch die vorgestreckte rechte Hand seinen Eifer dafür bezeugt. Ein junger Mann, den das unten an den Boden geworfene Rad als Myrl'dos kundgiebt, bringt von der rechten Seite her den zu opierudeu Widder her- bei. Hinter diesem steht eine in ihrer Hand einen Speer lialteude weibliche Klügelgestalt, weiche das leidenschaft- liche Treiben der dargestellten Handlung erspiilif'), übrigens alier wohl eher für die Ki]q /.dXavoi; &(ivüzotü, die den Oenomaos erwartet, als für eine Egtvv? zu halten ist. Zur Linken des Zuschauers hinter dem asia- tisch gekleideten Pelops steht Aylirodite, einen Kiiclier in der linken Hand haltend und mit der rechten den neben ihr stehenden, Schale und einen Reifen haltenden, Liebesgott liebkosend. Ueber dem Altar ist aufser zwei Riuderkiipfen auch noch eine spitze Mütze, vielleicht mit derselben Bedeutung wie olien, zu sehen.

(Der Schlufs folgt.)

II.

Allerlei.

61. TiMKSiANAX. In der archiiologischen Zeitung 1852 S. 509 wird eine von mir publicirte Münze be- sproclien, deren Aufschrift {T)1]\1H2IANAE Herrn Professor Panofka ungenau gelesen dünkt, er liest dainr {E)FMH^IANAB, und bringt nun den auf der .Alünze dargestellten Widder mit diesem Magistratsnamen in Ver- bindung. Allein es steht auf der Münze, wie in den Beitragen für ältere Münzkunde S. 181 richtig angegeben ward, und genau sowie es die getreue Abbildung Taf. V, 6 darstellt, wirklich IBIH^IANAS, es ergiebt sich daher TtfiTjaiüvu:^, ein aucli sonst (wie bei lamblichus de vita Pythagorae ed. Küster S. 216) vorkommender Name. Wenn Herr Professor Panofka sagt, eine sorgfältige Prüfung des Originals lasse keinen Zweifel über das P, welches er statt des I liest, so mag wohl eine der zu- fälligen kleinen Unebenheiten im Felde der Münze ihn getäuscht hal)en, was leicht geschehen kann, wenn man die kleinen Buchstaben der Münzaufschriften zu lesen nicht völlig eingeübt ist.

Es giebt eine Anzahl gleicher Münzen mit anderen Magistratsnamen, ebenfalls oline Stadtbezeichnung; man schreibt sie gevvöhnlicli Cluzonicne zu obwohl sie in den Typen auch mit den ."Münzen von Same übereinstimmen (vgl. de Bosset medailles antiques des lies de Ceplial- lonie et d'lthaque Taf. I\', No. 48—52). Die hier in

Rede stehende Münze Same zu attribuiren, veraulaiste mich liesonders eine gleiche mit liEOAylylh . . . . , welche von Hrn. de Longperier (Revue numismatique 184.^ S. 426) Cepluillenia zugetheilt worden ist. In- zwischen hat auf meine Aufrage ein erfahrener Numis- matiker in Corfu initgetheilt , dafs diese Müozeu nicht auf den Ionischen Inseln vorzukommen pflegen, dafs er sie daher in Clazomene geprägt glaube. Vielleicht ist also auf der Longperiei'schen KEOA^Ah . . . auch der Anfang eines Magistratsnameus. Mögen nun aber die Münzen Cephallenia und Same oder mögen sie Clazomene gehören, es stehen neben dem Widder vielerlei Namen Ulwr, H(jödoTOi, (DuvayoQu^ u. s. f. welche doch wohl nicht in Beziehung zu dem Widder gesetzt werden können. Wenn also auch wirklich auf einer von ihren '£p;<7;ffmvag stände, so würde doch iler W'idder nicht auf diesen Namen zu beziehen, sondern, ebenso wie neben den anderen Namen, das Stadtzeichen sein. Auf den fraglichen ;\Iünzen steht aber, wie gesagt, nicht (E)PMH- IIANAB sondern (r)II\lHIIANA5.

Berlin. J. Friedländeh.

62. Kala.mis' Hermes Kkiophoros. I\aum tiir

irgend eine Epoche der griechischen Ivunstgeschiclite ist

die Gewinnung neuen monumentalen .Materials wichtiger

als für die Epoche unmittelbar vor Pheidias, und so wird

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4S

der Hiaweis auf ein »ortrtfriiclies Wtik u.icli KaUiinis, wenn nicht von Kalumis, uiclit un«lllkoii)meii sein. Ich meine den Hermes Krioplioros. der Peiuhroke'sclien Saiam- hing in VViltonliouse, ahgeh. hei Clarac M. d. sc. 658 No. 1545. B und in Miiller's D. a. K. If. XXIX. 324. Kalainis hat nach Paus. IX. 22. 1 für Tanagra in Coiotien einen Herines Krioplioros gearheitet, weltlier dasclhst geweiht wurde, weil der Gott, einen Widder auf seinen Schullern um die Stadt tragend, dieseihe vor der Pest geschützt liahen soll. Diese Arheit seihst, oder, wenn nicht das Original, so doch eine ganz vorzügliclie Copie derselben in der kleinen Pemhroke'sclien Statue wieder zu erkennen, veranlal'st nicht allein der gesammte Stil dieser feingefühlten archaischen Sculptur, sondern noch mehr ein ganz bestimmter Anhalt, die .-Xrlieit des Widders nitmlich, welcher auf des Gottes Schultern liegt. Kaiamis war in 'I'hierhildungen vorzüglicher, als in Menschendar- stellungen , seine Plerde waren „semper sine aemulo" Plin. XXXIV. 7J, auf ein Viergespann des alten Kanst- ler's stellt aber Praxiteles den Lenker, damit nicht das hohe Verdienst in der Bildung der Rosse durch das Ge- ringere in der Darstellung der menschlichen Figur ge- schmälert erscheine, Plin. 1. I. Sehr richtig hat nun Hr. Brunn in seiner schönen Kiiustlergeschichle S. 1281. darauf aufmerksam gemacht, ,,dafs wahrend die freie Darstellung des menschlichen Körpers noch durch ge- Iteiiigte Satzungen gehemmt und gebunden ist, die Bil- dung der Thiere dem Höhepunkt der Vollendung schon weit näher steht". Diese Geliundenlieit der Hlenschen- bildung al>er werden wir am allermeisten in Götterhilden) anzuerkennen haben, und, während Plinius I. 1. von Ka- iamis' Alkmene sagt, Niemand würde sie edler gebildet haben, während Lukianos Imagg. 4 u. 6; dial. mer. III. 3 dem feinen, siitigen .\usdruck der Sosandra desselben Künstlers hohes Loli ertheilt, werden wir uns nicht wundern, seine Apollonstatuen, seinen für Pindaros ge- arbeiteten Ammon, seinen Hermes Krioplioros in Stellung und Bewegung noch wesentlich in der Gehaltenheil der herkömmlichen Götterliilder dargestellt zu finden. Dieser Vorstellung aber entspricht der Peml)roke'sche Hermes durcliaus; die Stellung des Gottes ist durchaus streng symmetriscli, die Beine stehn ohne .ausschritt neben ein- ander, die Arme sind durchaus gleiclwiiäfsig gehalten, das Gewand fällt in gleichen Zickzackfalten an beiden Seiten herunter, es iehlt noch jener freiere Rhythmus

der Bewegungen, den Pjthagoras von Rliegiou in die Kunst einführte, sowie anch das Haupthaar und der Bart noch in der Weise älterer Werke gehalten ist, während auch hier der Ruhm des Fortschrittes Pj'thagoras gehört. Daliei ist aber, so weit nach Umrifszeichnungen zu urtheileu erlaubt ist, die Arbeit am Nackten sehr vortrefflich, und ein Fortschritt gegen die unschätzliare Stele des Aristion von Aristokles unverkennbar. Auch das Gesicht des Gottes, obwohl fern von dem individuellen Ausdruck der späteren Kunstvollendung, zeigt nicht mehr jenes typische Lächeln des ApoUon von Tenea, des Aristion, der .4igineten. Das Böckchen endlicli, in dessen Bildung der Künstler seinem Talente freien Lauf lassen konnte, ist so (iiefsend, so lebendig, dafs man auch von ihm sagen kann, es sei sine aemulo; und doch ist es nicht so von dem Hermes im Stil verschieden, wie die fliefsender gearbeiteten Theile in hieralisch- archaistischen Werken von den dem alten Stil nachgeahmten. Sonach entspricht dies Werk durch- aus und vollkommen dem Stile des Kaiamis. Ob derselbe aber das Original des Künstlers, ob es eine Copie nach demseliien sei, [wie Andre, welche den Marmor sahen, lielier meinen, E. G.] das läfst sich natürlich an Umrifszeich- nungen nicht entscheiden; aber ich gestehe, dafs ich mich stark dahin neige, das Original selbst zu erkennen. Wenigstens wüfste ich kein nachgeahmt altes Werk an- zuführen, welches eine solche liebevolle und durchaus tüchtige Arbeit zeigte, wie diese unschätzbare kleine Statue; aucli sciieint mir der schmale Pfeiler, an welchem der Gott steht, selir viel mehr für ein Original, das als Auathem aufgestellt werden sollte, geeignet, als für eine anderem Zwecke liestiminte Copie eines solchen.

Bonn. J. OvERBECK.

66. Paregorius, ein Künstlername. An dem durch Gerhard für das kgl. Museum in Berlin erworbenen, aul Tal. VI des ersten Jahrganges der archäol. Zeitung ab- gebildeten Sarkophage endet die Inschrift mit den so ab- getlieilten Worten:

SIGBAR IVSTI . PARECORI

Diese sind dem Herausgeber, nach S. 122, Aimi. 40, dunkel gebliel)en. Ich zweifle nicht, dafs sie den Namen des Steinmetzen enthalten und so zu lesen sind: SIG- NARIVS Tl. PAREGORIus. Die beiden letzten Buch- staben blieben weg, weil kein genügender Raum für sie da war. Fr. Wieseler.

Iliezu Tafel Uli. LIV: Pelops und Il/ppodameia, apulische Vasenbilder.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zeituny, Jahryang XL

J\f 55.

Juli 1853.

Pelops aui' Ktinstdeiikiniik-rn (.Sclihils ).

Pelops auf Kunstdenkmälein.

Iliezn die Alibil.liing- Tafel LV. (Stiilufs.)

11. Vor allen amieru (iefäfsdarstellungen des Pelops al)er heisclit eine sein- reichhaltige unteritalische unsre Aufmerksamkeit, welche wir, da sie zu bester Uehersicht uljer die Hauptinomente der Sage gereicht, der davon auf unser 'i'afel LV gegebenen Abhililung zur Seite, hie- nächst ausführlicher beschreiben wollen "').

Tafel LV. Durch geschickte Anordnung und lebeu- ilige Ausführung hat dieses zu Neapel belindliche, mannig- fach gelarbte*") und mit iSamensinschriften versehne, Ge- fafs"') Ansprüclie, welciie auf ein nicht ganz spätes Zeitalter der Vasenmalerei, noch mehr aber auf \ollkommene Kenntoil's des Mythus und auf eine ebenso tiefe als richtige \^ ahrnehmuMg und Empfindung des Künstlers zu sclilielsen gestatten. Die in Mitten der Darstellung auf einer ionischen Säule, die wieder auf einem mit Voluten und sonstigen N'erzierungeu ausgestatteten Altar steht, gestellte alterthumliche Ijildsiiule einer Göttin theilt die obere und untere Figurenreihe in eine rechte und eine

"''3 Altar und Säule, die Unteryewänder und die unbe- deckten Kürpertlieile der weiblichen Figuren, wie das Gesicht und der Modius des Standbilds, ferner der Panzer und Helm- kainni des Oenomaos, desgleichen der Helmbuscli der Pallas, aufserdem der Widder und je zwei Pferde an jedem Vierge- spanne, sind weifs; sonst ist alles roth auf schwarzem Grunde gemalt, und somit gebort flieses Vasenbild auch in Hinsicht iler Farben zu den Seltenlieiten. Uesclireibungen geben, nach der in „Neapels antiken Bildweiken" a. O. enthaltenen, Rath- geber Hall. Kncyclop. III, II, p. 90. Weicker zu Pbilostr. p. t)27. Die mit Inschriften bezeichneten Personen weiden wir einzeln angeljen.

" ) Die zwei bis jetzt vorliamlenen Abbiblnngen ilieses Kunstwerks, die eine bei DuLois-Maisonneuve (intioduct. etc. pl. X\X) und eine spätere bei Iiigliirami (Monuni. ctrusclii ser. V, 15), enthalten manche nicht unerhebliche Abweichungen von einander. Die gegenwärtige Beschreibung ist nach der letzteren ausgeführt, welche getreuer zu sein scheint. Das

linke Hälfte; bekleidet mit einem langen breitumgürteten Cliitun und einem ebenso lanüen, am Hals zusammen- gekniij)ften , Übergewand tragt dieses Standbild in der rechten Hand ilie Opierschale, in der linken den üogeii, und auf dem langgelocklen Haupte den Modius. Niemand würde beim ersten Anseilen dieses Idols zweifeln, dafs es die Artemis oder Hekale sei"'); es ist aber dem nicht so, denn die über dem Modius erhaltenen Sjjuren von drei Buchstaben lassen mit genügender Wahrscheinlich- keit nur als HPA sich deuten; im Uebrigen möge man liehuls der Erklärung seine Aufmerksamkeit nicht so sehr auf den opfernden Ocnomuos richten, als auf die Ge- sammtheit der Verhältnisse, die mit der Sage und der Entstellung des Kunstwerks verbunden sind. Hera war in uralter Zeit die Schutzgöttin von Sparta, Jlykenä und Argos ^"), den Residenzstädten der Pelopiden; später- liiii concentrirte sich ihr Kultus ziigleicli mit der übrigen Herrlichkeit des untergegangenen Slykenä in Argos ''). Holle Verehrung genol's Hera ni>er auch zu Olympia, wo nicht weniger als dem Zeus ihr im eigenem Tempel ein thronendes LSild geweiht'-) war; der Altar des Zeus stand in gleicher Entfernung zwischen ihrem Altare und dem des Pelo|is ''). Im Anfang der Rennbahn standen zwei

Gefälssoll aiisS. Agata de'Goti lierriiliren und lielindet sich jetzt im Museo Dorbonico, vgl. Neapels ant. Bildw. I, .S. 342. [Die Treue der Inghirami'schen Zeichnung bestätigt nach einer auf meinen Wunsch neu angestellten Prüfung auch Hr. Minervini. Nach Neapel gelangte die Vase zugleich mit den übrigen nach Palermo geretteten und im Jahr 1SI6 zurückgeführten Kunst- schätzen; Inghirami scheint sie aber aus vormaligem Besitz des Marchese Venuti zu kennen, dein das Museo Borbonico auch andere seiner Kunstschiitze verdankt. E. C]

■") Ritschl Ann. d. Inst. T. XII, 182. Ralhg. a.a.O.

") Panofka a. a. O.

") Ilom. U. IV, 52. Virg. Aen. I, 28.

") Die Tragiker vornehuilicli lassen die ganze .Agame- mnonssage in Argos, nicht Mvkenä, sjiielcn.

''■') Paus. V, 17, 1.

") Diese Kntgegenstellung Ilera's zu Pelops führt auf deren von Gerhard (Prodr. S. 3.3) berührte Gleichsetzung oder Verwandtschaft mit Ilippodameia.

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Altäre, der eine dein Poseidon und der andere der Hera inniu gevfeilit '*), wie denn aucli laut der Ilias Pferde und Wagen ihr liel) sind '). Anfserdem war sie Vor- stelierin alles Eliebunds, und zum Danke für ilireu geleiste- ten Beistand bei diesem Wettkampf soll Hippodameia ihr Frauenspiele, ähnlich denen des Zeus, gegründet haben ^''). Diese im oberen Raum dieses Bildes auch wegen des Gauymedes minder zuläfsige Giittiu hatte der Künstler somit aus sehr guten Gründen zum Mittelpunkte der ganzen Darstellung sich ersehn. Den Kopfputz des Modius trägt Hera nicht selten auch sonst'"); ungewöhnlich, aber doch auch nicht unpassend ist der hier ihr zugetheilte Bogen "), obwohl anderartige Bewaffnung ihr öfter zu Theil ward"). Das hier dargestellte Idol gehört jener bei den Schranken des Wettlaufs zu denkenden Hera Hippia, an deren Altar dort Pelops vor angetretenem Wettkampf geopfert hat, und welche durch Opfer zu versöhnen der grausame Herrscher von Pisa Ocnomaos (OINOMAOZ) an gleichem Altare beschäftigt ist; bärtig, mit Helm, Panzer, Speer, kurzem Chiton und kurzem Ueberwurie gerüstet, langt derselbe mit beiden Händen nach dem breiten mit Blumen geschmückten Korb und dem noch geschlossenen Kästclien, die ihm ein auf- geschürzter Sklave von der anderen Seite des Altars reicht, um die auf dem Altar schon hell emporzüngelnde Flamme einstweilen hinlänglich zu nähren, bis sie stark genug sein wird den Widder*^") zu verbrennen, welchen ihm \on der linken Seite des Zuschauens ein zweiter, jenem ersten ganz ähnlicher, Sklave an den Hörnern lierbeiführt. Nicht wenigere Schwierigkeiten als das Standbild hat den Erklärern dieses Gefäl'sbilds die Person des jungen Mannes verursacht, welcher am Ende des Bilds, mit dem ganzen Körper nacii aufsen , mit dem

") Paus. V, 13, 1.

") Hein. II. IV, 27. V, 720 u. a. m.

'■'■) Paus. V, 16. Visconti Mos. Pio-Clem. Tom. III, tav.27. Rathg. Hall. Encjcl. HI, 3. S. 152.

'•') Als samische Göttin und sonst.

'") Kbenso trägt sie ihn unil den Modius auf der viel- bestrittenen lo- Vase des Berliner Museums. Gerh. Berlin's ant. Bildw. no. 902.

'■'') In Elis selbst ward sie unter dem Beinamen änXoauin, die Waffen tragende, giehrt (Lycoplir. 613. 862. Hancarv. I, 130). Aehnliclie Standbililor finden sich bei Millingcn peint. pl.L LH, Gall. niytli. XCIV, 3'-5 (Meidias-Vase). Gerhard antike Biblw. Taf. CCCIX. Arch. Zeitung IS4.') Taf. XX.W.

'") 0 niv Oiyiiittog «,'/y£ xQtöv iw ./('/'. Diod. IV, 73. vgl. Fans. V, U, 5.

") Weicker Pliil. niaj. p. 627 : „iirmii/ern comitalus".

■■') Kulhg. hall. Kncycl. a. a. O.

") Paus. V, 23, 1. .Scliol. II. 18, 466. Iljg. fab. 84. 169. Philostr. jun. imag. IX.

Gesichte aber der Hauptscene zugewandt, auf seiner Chlamys sitzt und zwei Lanzen am linken Arm angelehnt hält, während der Schild neben ihm am Boden liegt. Die Olivenbekränzung des Hauptes liat er gemein mit allen unbedeckten männlichen Figuren unseres Bildes; aber sein gelocktes Haar und vorneiimlich die Chlamys stellen ihn dem Poseidon und Zeus in der oberen Reihe zur Seite, so dafs man ihn weder für einen Waffenträger") ansehen kann, noch auch für einen Hopliten, welcher nach dem Wettrennen auf derselben Bahn laufen sollte '''). Hienach kann ich nicht umhin diese Figur für Ares, den Vater des Oenomaos "), anzusehen, welcher ängstlich und vielleicht der Endscliaft seiner dortigen Ehren bereits gewärtig dem herannahenden Ende der Herrschaft seines Sohnes zuschaut: denn schon durch den nächsten Wett- kampf soll jenes Wüthriches rohe, übernatürliche, nur wilden Leidenschaften gehorchende Zwingherrschaft ihr Ziel finden und jene mildere Macht an deren Stelle treten, deren Vertreter und Verleiher die oben als Zuschauer lagernden Götter sind "). Am anderen Ende dieser unteren Reihe fährt Pelops (TTEAOY) mit Hippodain'ui (ITTO AAMOA) auf eiuem von vier sprengenden Hengsten gezogenen Wagen, auf dessen Diphros er sitzend die vor ihm stehende Geliebte zwischen seinen vorgestreckten Händen, in denen er die Zügel und die Gerte hält, ein- schliefst''). Er selbst mit lydischem Helm, reichgesticktem kurzem Unter- und Obergewande angekleidet, und ebenso seine Geliebte mit Chiton und Himation, schauen beide beklommen, mit den Gesichtern rückgewandt, nach der Opferscene, von deren, schleuniger oder langwieriger, Verrichtung ihr Geschick den eingegangenen Bedingun- gen getnäfs abhängt'"'); die Rennbahn erstreckt sich von Pisa bis zum Altare des Poseidon am Isthmus""). Am

"') Dafs in der Sage der Fall eines von wilden Leiden- schaften geleiteten Zustandes der Dinge angedeutet liegt, er- sieht man ebenso aus dem Namen Oenomaos d. h. der Wein- gierige, Trunksüchtige, wie auch daraus, dafs er als Sohn des Ares immer schwer Ijewalliiet vorkommt und seine wilde Figur einen scliönen uiiil schlagenden Gegensatz zu der milden des Ijdisclien Helden bildet, dessen Name vielleicht als der eines Siegers, Eroberers, von iXio | anders Volker Japet. S. 353] sich deuten läfst. Auch die überlieferte Sage, dals er selbst seine eigene Tochter geliebt hätte, spricht dafür (Hyg. fab. 253. Tzetz. Lyco|ilir. 156). Ueber die Darstellung des Oenomaos als eines Alordgierigen vgl. l'liil. iinag. 1, 17. jun. 9.

'') lliiipiidamcia fuhr mit diu Freiern auf gemeinsamem Wagen: .Schob Pind. Ol. 1, 114. Luc. Charid. 19. Apoll. 1, 754. Scliol. daselbst.

'') Schob Pind. Obl, 114.

'") Diod. IV, 73: vTiiaxiiacno Ji (_0lv6u.) innoäQOfiluv ctnu 7»]s Iftatj; f't'X'-," ^"'^ ^«'" KÖQiv(tov 'inituov nQog lov ßu)uivjoö JJ(j(ii(ö'oirvs. Vgl. Tzetz. Ljc. läü. Scliol. Apoll. I, 752.

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linken Ende der cl)eion Reihe hält Mijrtilos (MVPTI- AOZ), der Wageillenker des Oenomaos, aufrecht auf dem Wagen stehend und mit einem langen (Jhiton ange- kleidet, das Viergespann liereit zur Aufnahme seines Herren nach vollendetem Opfer. An seinen sonst viel lierüchtigteu Verrath'") dachte der Künstler dieses Bildes vTolil ehensowenig wie Pindar; wenigstens wird durch nichts auf dem Bilde seine 'I'reue hlolsgestellt. Vielmehr liahen heide, der unverfälschten idtereii Sage folgend, den Ausgang des Kampfes einer höliereii (junst zu- schreiben wollen, deren Träger vornehmlich der vor dem Viergespann mit dem Dreizacke und der herahgelasse- nen ('hlarnys sitzende und bärtig dargestellte Poseidon (TTOZElAßN) ist, welclier den geliebten Knaben l'elops eine Zeit lang im Himmel bei sich gehabt haben soll und jetzt zum Wettkampfe mit dem Viergespann göttlicher Rosse beschenkt hat'^^'). Sein riickgewandter Blick ist, wie der Blick der ihm gegenüber stehenden und mit Helme, gewaltigem Schild, doppelspitzigem ") Speer und Gorgonenpanzer wohlgerüsteten , mit langem Gewand angekleideten Pallas''), eher auf die bildliche Darstellung als auf ihre beiderseitige nächste Figur ge- richtet.

Ungleich heiterer erscheint in der oberen Scene der rechtsbin sitzende Zeus (ZEVZ), welcher, abge- rechnet dal's er ein einfaches Scej)ter statt des Dreizacks hält, sonst ganz in derselben Haltung wie Poseidon dar- gestellt, mit dem vor ihm stehenden Ganymedcs (rANY— MEAES) scherzt, während dieser, ganz nackt, in der linken Hand sein Lieblingsspiel, den Reifen mit einem dazu gehörigen, geschlängelten Stabe liält"') und mit der vorgestreckten rechten den Vater Zeus zu necken scheint. Auf die Unterstützung des Zeus hat Pelops,

der künftige Verherrlicher seiner olyrapisclien S|)iele, sehr berechtigten Anspruch ''), aber auch sein lydisclier Landsmann "') und olympisclier Amtsgenosse " ) Gaoymedes ist sehr passend in diese Darstellung aufgenommen. Ungern würde man endlich l)ei dieser Götterreihe die Liebesgöttiu vermissen, da sie auch in anderen l)ildlichen Darstellungen dieses Gegenstan<Is durch Inschrift bezeugt erscheint''), weshalb mau denn nicht Anstand genommen hat Aphroditen in jener Frau zu erkennen, welche, mit Chiton, und zierlicli heraufgezogenem Peplos bekleidet und mit einem Halsband geschmückt, die Reibe der Götter von dieser Seite abschlicl'st. Bevor Pelops von Asien aliführ, soll er der Liebesgöttin ein Standbild errichtet haben, auf dal's sie ihn bei seiner Unternehmung unterstütze"). Schliefslich mag noch bemerkt werden, dafs der Künstler, wahrscheinlich wegen beschränkter Räumlichkeit, seinem Vorsatze die Götter und Menschen in den beiden Reihen zu trennen nicht durchaus treu geblieben ist; dieselbe Freilieit findet in ähnlichen Fällen auch sonst hie und da sich vor. In verwandten Gefäfsbildern unteritalisclier Herkunft werden die Götter zwar meist als Zuschauer der handelnden Sterblichen in einer ol)eren Reihe dar- gestellt; wie aber, dieses Kunstgebrauchs unbeschadet, diejenigen Götter, welche sich unmittelbar bei der Hand- lung betheiligen mitten unter den Sterblichen erscheinen, werden hingegen auch Sterbliche, deren Antheil dabei entfernter ist, so dafs sie nur eben den Ausgang der Handlung abwarten, als dem alltäglichen Treiben ent- rückt und den zuschauenden Götterkreise gesellt' mit diesem zugleich in die obere Figurenreihe gesetzt. Bei der hölieren Stellung des Myrtilos aber kann hier überdies noch die Abstellt zu Grunde liegen seine räumliche Ent- fernung anzudtuten ").

'''') Die Stellen über das locker gemachte Rad sinil voll- ständig von Ritschi Ann. d. Inst. XII, 173s. gesammelt.

<•■') Find. Ol. I, &7.

") So der des Peirithoos Mon. d. Inst. I, Taf. LV.

"') Paus. VI, 22, 5 : Aiyovai ö't y.tu IJO.ona et 'iD.iToi TJj L^tfjjv« 1/vacti t;7 KvdiovCu, tiq'iv ^ fij luv ityiüva y.aiiC-

'') Dieses Spielwerk wird gcwiilmlicli dem Ganymedes in die Hände gegeben. Winckelniann mon. ined. II, taf. Kl4— 6. Tassie Tat'. 47. 79. 82. 84 und auf einer Kalpis des berliner Musenms (Gerh. neuerworb. Denkm. no. 1750), vgl. Müller Archäologie S. 522, aber auch dem Eros: so auf der lovase des berl. Mus. (Gerh. ant. Bildw. taf. 115) vgl. Raonl-Rochette M. Ined. tav. 44, 1. Der Stab (W^iiJ«, zuweilen auch ihrer zwei) zum Antreiben des Reifes (rcio/of, xnixog) hat verschie- dene Formen. Kine Beschreibung des S|iiels, genannt yoi- xri).aat'u, geben Mercurialis de arte gymnastica III, 8. Artemid. I, 55. Acren zu Hör. od. 111,24,57. vgl. noch K. Fr. Hermann

gr. Alterth. Tb. 111, §. 33, 20. Nach der symbolischen Er- lilärungsweise Ingliiraini's (Mon. etr. zu ser. V, 115) bedeutet dagegen Ganymedes das Gestirn des Wassermannes und sein Keif den Zodiacus.

"') Der Gegenstand unseres Bibles schmückte, wie be- kannt, das östliche Giebelfeld des Tempels zu Olympia. Paus. V, 10, 2.

'') So, obgleich als Stammverwandter aus näheren Mo- tiven , steht er auf der schon citirten Kalpis des berliner Museums, welche das Urtlieil des Paris darstellt.

''') Pind. Ol. 1,69: tv!>ic äfVT^nto /qovm rilSe xiäravvfiijSrii Zrjvl r(ovT Inl /pfof.

''■) Ann. d. Inst. XII, tav. d'agg. N.

•") Paus. V, 1.3, 4.

■*) Dieselbe Stelle nehmen auf der Meidiasvase die Wagen derDioskuren, Miliin G. M. taf. XL1V, und der zur Aufnahme des Leichnams wartende Wagen des Priamos ein (Monum. d. Inst. V, 11).

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E. Naclidem somit eiü die zwei Haiiptmomente der Pelojjssage, das Opfer sowolil als auch den Anbeginn des VVagenrennens, verbindendes Kunstwerk uns in die Renn- bahn Olyinpia's eingeführt hat, geliu wirhienächst zu einer vierten Reilie von Monumenten, nämlich denjenigen über, welche das Wettrennen selbst \orstellen.

12. Dafs eine seit Wiuckelinana's Zeit durch Auf- findung mehrerer Bildwerke erläuterte Vorstellung, die nämlich des jungen Asiaten, welcher ein Mädchen auf seinem Wagen entfüiirt, nicht dem Paris gelte, der seine Beute übers Meer bringt '), sondern dem Pelops, der zugleich mit der Erwerbung seiner Braut auch den Besitz des Landes beanspruclit'"), dient hauptsächlich einem schönen und oft fabrikmäfsig wiederholten Thonrelief") zur Erklärung, welches demnach nicht, wie Winckel- mann meinte, die Abführung Helenas, sondern die der Hippodameia durch Pelops darstellt. Vier mit voller Kraft stürmende Rosse, deren Zügel ein eiiörmiger aus Stricken zusammeugeknäulter und über die Deichsel befestigter Körper zusammenhiÜt, ziehen dort einen Wagen, auf welchem Pelops, ein ihn so eben besteigender, mit phry- gischer Mütze, umgegürtetem Doppelchiton und flattern- dem G.ewande bekleideter Jüugliiig, fährt, welcher, in- dem er mit beiden vorgestreckten Händen die Zügel schiefsen läfst, die vor ihm stehende, mit Stirnkrone, langem Doppelchiton und über das Haupt geworfenem Himation bekleidete, Hippodamia zwischen seinen Armen einschliefst^"). Es kann hier der IMouient erkannt werden, wo sie das Wettrennen der zugestandenen Be- dingung gemäfs vor Oenomaos antreten, obgleich auch sonst die halb aulser dem Wagen schwebende Körper- stellung die äufserste Hast bezeichnet.

"') Paris entfuhrt die Helena auf einem Schiff, in Tischbein's Homer I no. 4. Miliin G. Mytii. CLVII. Winckelin. M. ined. 116. Die Monumente dieser .Art sind erwähnt bei Overbeck Gall. b. BilHw. S. 273.

"") Pind. Ol. IX, 7: l^xnonriniov 'L4).iöos , , . Srj noxt Aväös yjnwg lUXotp lit'tnaro atuvüv Mt'ov 'InnoäuixeCag.

"') Taylor Combe ancient terra-cotta's of llie Brit. Mus. |j1. 34. Welcker zu Pliilostr. S. 309. Gerhard Arclicm. S. 29. Anni.l. Ratligeber ball. Encycl. v. Oenomaos (Annierk.). Müller Arcbäol. S. "O.j Anm. 4. halten es für l'elo|)S, vgl. auch Sani. Bircli, Arcliaeologia nr nüscell. XXXI,, S. 25, 5. Abgebildet bei Winckelmann Mnnuni. ined. 117. Kin ähnliches ist in der Terracottensammlung des berliner Museums vorbanden. Da- gegen noch bei Campana anticlie 0|jere in plast. no. 76 für Paris angegeben.

") Minervini in Biillett. arrh. napolet. erldärt das f/f'J' bei Paus. V, 17, 4: Oivö/xuog ihtoxon' J/O.onu iaiiv e/ovrec 'Innoituuiiuv für Umarmen, gewils allznenglieizig.

«') Monum. Mattaeian. T. Iir, taf. 29. Gori Mus. etr. T. I. taf. 135. Kathgeber hall. Kncyclop. III, II, 99 Anmerk.

13. Dagegen trage ich grolses Bedenken, auf den- selben Gegenstand auch zwei elrushische Reliefs zu be- ziehen, wie man bisher häufig getlian hat'^). Auf dem einen jener Reliefs sind auf einem Viergespanne zwei Figuren sichtlich, die man für Pelops und Hippodameia ansah, wie den daneben angebrachten Reiter für Myrtilos. .\u( dem zweiten fehlt der Reiter. Auf allen beiden ist nicht zu unterscheiden, ob die eine Figur weiblich ist; die Lage der Pferde und des Wagens dagegen erregt die Vermutliung, ol) man nicht vielmehr den sammt seinem Wagen und sammt seinem Wagenlenker Baton in die Erde versinkenden Ampliiaraos erkennen soll, wäh- rend dessen Untergang Adrast auf dem Pferde Areion nach Athen entfloh.

14. Das obere Bild auf der vorderen Hälfte der inhaltreichen Arclieinorosvuse stellt den Wettkampf selbst vor""). Pelops, der als ein bald einzubürgernder Grieche nicht mehr die phrygische 'J'racht trägt, fährt mit der bräutlich geschmückten Hi])poilamcia auf einem von zwei springenden Hengsten gezogenen Wagen; beide sehn zu- versichtlichen Blicks nach dem grausamen schwerbewafF- neten Vater sich um, welcher auf seinem Zweigespanne sie fast eingeholt hat und den gewaltigen Speer bereit hält um den mifsliebigen Eidam zu durclibohren *''); Hippo- dameia jedoch hat mit männlichem Mutlie selbst zum Speer gegriil'en, um den erbleichten Geliebten zu ver- theidigen, dessen Körper sie mit dem ihrigen deckt, in- dem sie ihre eigene Brust dem Mordstofse des Vaters darbietet. Hiezu wird es nicht kommen; denn der neben Oenomaos auf dem Wagen stehende und nach der Art ausländischer Sklaven bekleidete Myrtilos hat, wie die nagellose Axe es zeigt"'), seinen Verrath schon ausge-

Zwei ähnliche Kunstwerke scheint auch Welcker zu Philustr. S. 309 zu meinen, wenn er sagt ,,illos (Pel. et Hi|]i).) agnus- cimus etiam in siniilibus anaglypbis etruscis apud Goiium Mon. etnisc. T. III tab. 29, 1 et tab. 7 ubi Myrtilou adjunctus etc.", welches Werk nicht zur Hand ist.

"*) Grofse bei Kuvo ausgegrabene Amphora, deren vier Bilder eine lehrreiche Erklärung erfahren haben (Gerhard Arcbem. und die Hesperiden, aus den Abbandl. der königl. Akad. 1838 auch besonders abgedruckt). Dieses in Neapel aufbewalirte Tliongeläls ist namentlich dadiircli unschätzbar, dafs es zugleich die Verherrlichung der olymiii.sclien und nemeisclien Spiele des Zeus, in einem unteren und oberen Hilde zusammengestellt, uns vorführt. Die Figuren sind auch hier wie in allen darauf bezüglichen \'asenbildern roth auf schwarzem Grunde gemalt, nur je eines der Bosse ist weifs.

'*'') ijiO.ußtv iv iw ÜQOtim 10 /jjtu)V \li>imuuciy_ov Paus. VI, 21, 11.

"'') cid* oi.iog (f-ißaköiTu jov iyßoi.ov Pherecjd. bei Schob Apoll. I, 752.

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ülit; er liiilt deswegen sicli auch bereit hei der ersten Ersciiiitteriiiig auf die Krde lieral)zu.s[)riiigen, um nicht zugleich seihst ein Opi'er des eigenen Verratlis zu werden. Ein mit Hinde vor dem ersten Zweigespanne lliegender Amor und das unter dem zweiten nehenheilautende Häschen, als aplirodisisches SymhoP") bekannt, weisen, wie aucli die oben mit Cynibeln in den Münden darge- stellte Sirene tliut, darauf hin, dals es sicIi bei diesem Kample um Liel)e handele.

15. Wenig beaclituugswerth aber sind die Unter- schiede, die eines der Oberbilder der grolsen Vusc aus Ruvo darbietet'*''), liier trügt Pelops asiatische Bewail'- nuug und statt der Uigen sind Quadrigen zu sehn. Eine zwischen beiilen stehende, mit Schlangen und Fackel gerüstete, Erinnys verscheucht die Rosse des Oenomaos, wie auch ein über denselben mit einer in den Klauen geiafsten Schlange schwebender Raubvogel auf den her- annahenden Tod hinweist"). Die Stellung des hier mit Himatioii leicht bekleideten Myrtilos ist diesell)e, obglticli der Verrath an der Axe nicht bemerkbar ist. Die unten gemalten Fische und Delphine sind ohne Zweifel aus Nachlässigkeit von der entsprechenden Seite, v^o der Auf- gang der Lichtgottheiten dargestellt ist, vom Künstler liieher versetzt worden •"').

16. Von einem im Museo SuntunyeJo zu Neapel befind- lichen Gefäfs liat Panofka genauere Kunde gegeben'"). Pelops uad Hippodumeia, diese mit einer Sirahleukrone auf dem Haupt, fahren dort auf einem Viergespann, und werden von Oenomaos, welcher im Beisein des lAlyrtilos ein anderes besteigt, verfolgt. Ueber Oenomaos schwingt Lyssa, die personificirte Wuth, eine Lanze ^'), ein dem Wagen voranschreitender Panther wird als bacchisches Thier auf den Namen Oenomaos'") gedeutet [oder als wildes auf dessen Wildheit?]. Am Halse des Gefafses werden von

zwei asiatisch gekleideten Siegesgöttinnen dem auf einer Dlume ruhenden Haupte der Ilippodameia Binden gereicht.

17. Das innere Bild einer Schale aus Caiiosa stellt die Hallte dieser Darstellungen vor'"); nämlich den schwergerüsteten und zum ls.am|)fe bereiten Oenomaos aut seiner eilenden Quadriga, die von Myrtilos geleitet wird. Ein voraidaufender Hund wird von Minervini als Symbol der Eile betrachtet; die sonst liekannte Bedeutung des Hunds als Unterweltssymbols giebt ihm eine den vorge- dachten bösen Anzeichen entsprechende Stellung ''). Walir- scheinlicli hat diese Schale das Gegenstück einer anderen, wo Pelo[)s und Hippodameia dargestellt waren, gebildet; obgleich auch sonst Theile, aus grüfseren Compositioneii entnommen, vorkommen '"').

18. Scenen dagegen des volKiihrten N'erraths und des mit Oenoinaos' Tod endenden Unfalls stellen nur Reliefs, der späteren Kunst angehörig, uns vor. Ein solches, welches einst in der Villa Borghese sich befand, jetzt aber im Louvre zu Paris sich vorlindet^"), verlandet drei Scenen des Mythus. Links vom Beschauer zwischen Oenomaos und einer anderen ganz ausgebrochenen Persou, wahrscheinlicii aber der Ilippodameia, steht Pulops und bewirlit sich bei dem Vater um die Hand der Tochter. Die Mitlelscene stellt das Wettrennen vor. Der langbe- kleidete und bärtige Oenomaos liegt schon unter seinem Wagen gestürzt, während Mijrülos das Viergespann zu- rückzuhalten sich bestrebt und gleichzeitig sich an einem anderen neben dem Wagen stehenden Manne festhält, um sich vor der Erschütterung zu schützen. Der aut dem anderen voraneilenden Viergespann fahrende Pelops wendet sich rückwärts um dem Myrtilos seine Billigung kundzu- geben, während eine andere Figur, vielleicht eine Slccjes- göttin, von hinten her ihm den Kranz auf das Flaupt setzen will. Die Nymphe des Orts Pisa oder Olympia

^') Der Hase kann noch das malum omen andeuten (Bullet. (1. Inst. VI(, p. 202), wie der Hase und der Fuclis heutzutage noch bei den Griechen gelten, wenn sie dem Wanderer vor den Augen gelaufen sind (jöv iSqÖuov xomiir). Mit Unrecht aber erklärte Quaranta Ann. delle due .Sicilie 1S37 Sett. et Ottob. den Hasen als Sjmbol der Schnelligkeit.

«*) Monum. d. Inst. 11, 32.

"'') Aehnlicli über einen erlegten Giganten: Lenorm. uml ile Witte elite ceraniogr. pl. VII und die Auslegung ilasellist. Ueber die Schlange als Zeichen des herannalienden Tods s. Welcker in der Zeitsclir. f. d. AW. 183S S. 240.

'"') Diese Vase, deren nianniclilaltigeUilder drei volleTafuIn iler Mon. d. Inst. II, 30 ss. einnehmen, ist aus ihren Gruclistücken schlecht zusammengesetzt (Ann. d. Inst. VHI p. 107. Anm.).

") Bullet, arch. napol. V, S. 91. Panofka nennt die Form des Geläfses bald Amphora bald Krater.

'') Su über den seine Kinder tödtenden Lykurgos auf der Steuart'scben Vase (s. oben). So wird durch dies Gefäfs der Berührungspunkt der beiden Sagen an den Tag gelegt.

'") Üieselbe bacchische Bedeutung kann auch die .Sirene auf der Archemoros- Aase haben, s. Ann. d. Inst. VIII, 59.

■") Minervini Monum. ined. posseduti da Kalfaele Barom- vol. I, p. 31, tav. VI.

''■') Der Hund beim Hades (Gerbard auscrl. Vasenb. 1,46); sonst kommt er auch in den clusinisclien Grabmalereien vor (Mus. Chilis. I, taf. 162. Mon. d. Inst. V, 15).

''■) Welcker alte Denkmäler MI, 47, 195, 266, 276 und andere, vgl. Overbeck Gall. her. Bildw. 105 f.

''') Clarac Mus. Koy. du Louvre no. 760. Welcker Philostr. S. 390.

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lagert, das Haupt auf einen Fruclitkorb gestützt, unter dem Wagen des Pelops. Deu Wettrennern liiult voran ein Reiter, der, vielleiclit nacli einer in deu Kaiserzeiten iihliciiea Sitte, die Balin eröffnen soll. Die letzte Scene endlich stellt die Vereinigung Pelops' und Hippodamiens >or. Ein Lieliesgott ist bemüht den Pelops ins Braut- semacli zu führen; dieser leitet die etwas niedergeschl.i- gene Hippodaraeia an der Hand, während eine andere weihliclie Figur, die Mutter oder die Amme, dieselbe tröstet. Ein weiblicher Kopf, vielleicht der Mutter, be- schauet von einem Fenster aus das Wettrennen.

19. Ein ganz ähnliches noch unedirtes Basrelief soll in der Villa Albani zu Rom vorhanden sein, wo den Wettrennern zur Seite auch Reiter dargestellt sind'").

20. Im Vergleich zu der eben besprochenen, von unzugehörigen Persönlichkeiten vollgestopften, Mittelscene hat der Künstler eines römischen Alaljastersarkophags, gegenwärtig im Vuttlan, frei von jeder fremdartigen Zutliat den Gegenstand behandelt"). Ein in voller Flast voraneilendes Viergespann trägt auf dem von zwei Ziel- säuleu (metae) begrenzten Circus den geharnischten und bärtigen Pelops, der selbst die Rosse leitet, während Iiinter ihm der Gegner durch die Ausgleitung der Axe verunglückt zu Boden gestreckt liegt. Dieser letztere ist rait Panzer und Kriegesmantel bedeckt , während der noch auf dem Wagen stehende und reuevoll auf das Opfer seines Verraths umblickende Myrlilos nur eine einfache umgegürtete kurze Tunica trägt. Im Ausgangs- punkte stehen die vom Unglücke bestürzte Steropc und Iiinter ihr die am Tode des Vaters mitschuldige Hippo- lUtnwiu, die das Gesicht vom Unglücke abwendet. Beide sind angemessen bekleidet. Ueber denselben lagert der Flufsgott Alpheios oder Kladeos) '""; diesem entsprechend auf der anderen Seite wird man mehrere Köpfe von Zuschauern gewahr. Niemand wird es einer Nachläfsig- keit des Künstlers zuschreiben wollen, dafs er der Gleicli- mäfsigkeit zuwider nicht auch dem Pelops eine zvieite Person zur Seite fahren liefs, wie solches auf den be- schriebenen altern Kunstdarstellungen durchgängig sich vorfand. Ein klügelnder Beurtheiler kann hieran Anstofs nehmen, dagegen die Vollendung der Form und die An- sprüclie sinnliclier Anschauung ganz anderen Gesetzen folgten; wie es denn vorfällt, dafs wir auch auf Kunst- werken vollendetem Styls sehr häufig dergleichen . nur

'-) E. Briinn, Ann. d. Inst. XVIII, 166.

"') Guattani Monuni. ineil. an. 1785, XI, III. Miliin G. M. 521« (CXXXIII). Weicker zu Plülostr. S. 309. Der .Sarkoiiliag liiiilet sich jetzt im Vatican (Gerhard Beschreibung des Vatic. S. 9).

scheinbaren, UDregelmäfsigkeiten begegnen. Ich brauche dabei nur an die Meidiasvase zu erinnern, wo der Wagen des noch bei Wegführung des Älädcliens beschäftigten Dioskuren von Wagenlenker angehalten wird, während ein solcher bei dem von dem Brautpaar bereits bestie- genen Wagen des anderen Dioskuren verraifst wird. Eben so hier: da auf dem zweiten Wagen nur Myrtilos vor der Hand steht, so wäre die Gleichmäfsigkeit verloren gegangen, stünden auf dem ersteren zwei Personen. Eher könnte man durch den hier bärtig dargestellten Pelops und den in einen römischen Circus verwandelten olym- pischen Hippodrom sich veranlal'st sehen zu fragen , mit welcher Nel)enbedeutung auf diesen Sarkopliagen die griechischen Mythen behandelt wurden '"').

21. In nicht geringer Verlegenheit befinden wir uns, wenn wir die liieher gehörige Anzahl von etruskisclien Urnen (vgl. no. 13), worauf ein verunglücktes Viergespann vorkommt, in unsern Bereich ziehn und einer genügenden Erklärung unterwerfen wollen; dergestalt, dafs bald der Gedanke nahe liegt, als seien bei der sonst nicht geringen Zahl schriftlicher Ueberlieferungen über die Pelopssage, die Besonderheiten dennoch verloren gegangen, nach welchen jene Monumente ausgeführt wurden, bald auch sich fragen läfst ob vielleicht ein anderer Mythos in den bisher jener Sage zugesprochenen Reliefs gemeint sei; doch ist für diese letztere Voraussetzung auch die zu- nächst sich darbietende Sage vom Unglück des Lajos ebenfalls unzureichend. Die Besonderheiten anlangend, aus denen jene Schwierigkeit herrührt, so finden, bei sonstiger Fülle und nicht erklärlicher Umgebung von Personen, namentlich zwei bärtige Männer zwischen den Pferden einander entgegenstehender Wagen sich vor; auch trägt v^ohl der eine von diesen beiden die phry- gisclie Kopfljedeckung, während der andere ein blofses Schwert hält. Auf einer Aschenkiste des berliner Mu- seums""), deren Nebenseiten, wie bei dieser Art von Monumenten sonst selten, gleichfalls benutzt sind, sieht man neben einem unter dem ausgegleiteten Rade liegen- den jungen Manne zwei andere gegen einander kämpfende, und dazu eine dämonische Flügelgestalt mit einer ver- stümmelten fünften Figur; auf der einen Nebeiiseite aber ein Mädchen mit aufwallendem Gewand , und auf der anderen einen jungen Mann, der das blofse Schwert gegen eine nackte weibliche Figur zückt.

'"") So im Giebelfelde des olympischen Tempels Paus. V, 10, 7 vgl. Plülostr. sen. im. I, 17.

"") Darüber s. Gerhard Beschreibung Konis S. 320f.

'"') Uhden Schriften der berl. Akad. 1827 S. 211. [Vgl. H. sog. Oenomaoshilder in Panolla's Verz.no. 15. 24. 34. E.G.'].

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Eine älinliclie, aber leichter erklärliclie, Vorstellung liietet auf einer andern etrnskisclien Todtenkiste sicli dar""). Ociiomuos und eine Frau, vieileiclit Slurojic, liegen zwischen den Plerden am Boden; Pidnps, kennt- lich an der phrygischen Mütze, hat mit der rechten Hand ausgeholt um jenem das Garaus' zu machen. In dorischer Bekleidung steht nehen Pelops Hqipodumeia. Andrerseits sind ein Flügelgenius, Harmes und eine dritte männliche Figur, alle in der Anstrengung des Kampfes, sichtbar.

Viel einfacher sind die Compositionen auf zwei andere 'I'odtenkisten: auf der einen will Pdops den Todesschlag dem darnieder liegenden Ocnomnos versetzen, während von beiden Seiten Flügelgenien herbeieilen ""■). Auf der anderen hat er das Rad aufgehoben um es über Oeno- maos zu schleudern. Ein mit F'ackel bevialfneter F'lügel- genius läuft herliei, während an beiden Enden je ein l)e- wafFneter Krieger zu sehen ist '"^),

F. Erst hier können diejenigen Monumente einge- reiht werden, welche den Pelops zu Wagen aber nicht mehr im Kampfe vorstellen; worunter drei von den sehr merkwürdigen altertliümlichen l)emalten HeViefs aus Velletri den ersten Platz einnehmen dürfen ).

22. Auf diesen Reliefs sehn wir zwei bekleidete Figuren unl)edeckten Hauptes, eine männliche und eine weibliche, welche letztere die linke Hand auf der rechten Schulter der ersferen aufgelegt hat, einher fahren, bald auf einem von zwei gelliigelten Pferden "") gezogenem Wagen, bald auf einem von Hermes und Poseidon oder auch von Herines allein angeführtem Viergesjjann. Die Anvfesenheit der (lötter sowie die volle Ruhe, in welcher die Pferde schreiten, lassen uns auf einen friedlichen Heimzug der Sieger Pelops und Hippodameia schliefsen.

2,S. Mit vollem Rechte ist auch ein Gemmenhild durch Miliin '"") auf unsern Mythus bezogen worden. Ein jugendlicher Held, der eine Chlamys, sein einziges Kleid, um die Lende des höher gesetzten rechten Fufses ge- schlagen hat, hält an einer mit Pferdeköpfen geschmück- ten viereckigen Urne seine vier Rosse, die daraus zu

•") Micali Mon. etrusc. taf. 106.

""') Micali 1. c. 105.

""■) Uliden Schriften der berliner Akademie 1828, S. 233.

"") Abgebildet sind sie im iVIuseo Doibonico X, 9—12 Inghir. Monum. ctrusclii Ser. VI, taf. T4 U4; besomlers hier- her peliorig sind cbil. tav. Vi, no. 2, V4, no. 1 ii. V4, no. 2. Im letzteren ist die weibliche Figur ganz abgebrochen. Die übrigen unter diesen stylistisch wichtigen Thonreliefs stellen entweder agonistische Scenen vor, oder zeigen ims, wie auf ägyptischen Werken, hinter einander thronende Götter, denen Huldigung dargebracht wird. Vgl. Müller Arohäol. §. 171, 3.

'"') Gellügelt waren die Rosse des Viergespanns auf dum

trinken scheinen. Einen zweiten Jüngling, der in kurzer Tunica und jihrygischer Mütze niedergekauert aus einem auf der Urne gehaltenen Gefälse trinken will, hält Miliin für den Wageidenker des Pelops SpMros oder Killas ""'). Hinter den Pferden ist noch eine Herme mit dem efeu- bekränzten Haupt des bärtigen Weingotts oder Silenos sichtbar.

24. Laut freundlicher Mittheilung des Hrn. ür. Julius Friedländer zeigt eine SUliermnnze sechster Gröl'se nach Mionnet auf der Vorderseite eine stehende weib- liche Figur durch die Inschrift IMEPA bezeichnet, und auf der Rückseite ein Zweigespann im .Schritte rechtshin ; der Lenker im Mantel hält Zügel und Treibstab mit der daneben stehenden leserlichen Inschrift TTEAGY. Dieses schon von Eckhel doctr. num. Th. I. .S. 213 kurz er- wähnte Exemplar wird Dr. J. Friedländer im zweiten Tlieil der von ihm und M. Pinder erscheinenden Beiträge zur alten iMünzkunde nach dem Original der fürstlich Waldeck'schen .Sammlung in Arolsen publiciren. Auf einer andern kleinen Münze hat Torrerauzza (Sicilia numismatica Taf. XXXV, 7) irrig TEAOI gelesen statt TTEAOY. Eckhel hält Pelops für einen Magistrat. Anstatt aber einen heroischen Namen gegen die gewöhnliche Sitte in historischen Zeiten wiederholt anzuerkennen, liegt es der Natur der Sache sehr nahe, dafs die Himeräer nach der Vertreibung des Tyrannenhauses des Thero, in der Person des Thrasydäus (472 v.Chr.)""), in die Rückseite ihrer Münzen, die bis dahin zur Verherrlichung der olympischen Siege jenes Herrscherhauses bestimmt war, um den Typus nicht völlig zu ändern, den mythischen Heros dieser Spiele, Pelops, aufgenommen haben.

25. Sehr zweifeliiaft ist dagegen eine etwanige ähn- liche Deutung für den Revers einer Miiiizc aus EVis (HAEII2N)'")- Auf der Vorderseite ist dort der Kopf des Kaisers mit der Inschrift AVTOKPATOPOZ AAPIANOV. Auf der Rückseite fuhrt eine mit Helm, Doppeltuoica, Lanze, Jagdstiefelu versehene junge, männ- liche oder vielleicht gar weibliche, Figur ein Pferd").

Kasten des Kypselos (Paus. V, 17, 4. Apollod. J, I, 752 und Pind. Ol. J, &7J, was auch die älteste Darstellungsweise zu sein scheint, vgl. Voss niythol. Briefe 7, S.58.

'"'') Millin Monum. ined. taf. 1. Im Musee rational no. 172 des Catalogs. Der Stoff der Gemme ist Sardonyx, der Grnnil schwarz, das Eingegrabene weifs mit Benutzung einer rötblichen .Schichte.

"") Paus. V, 27, 1. 10, 2.

"") Boeckh explicalt. Pind. Ol. XII.

'") Müller Archäol. S. 705.

"■') Mus. Sanclement. Th. U, taf. XIX, no. 127. Dasselbe Exemplar ^lionn. snppl. IV, .S. ISO no. 47. -Alan hat um so

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Es liegt allzu fern auf einer Münze dieser Zeit den Pelops zu suchen, aus dem einzigen Grunde niimlicli weil sie nach Elis geliört, dasegen weder in Tracht noch Wagen die sonst üblichen sprechenden Abzeiclien des lydischeu Helden gegeben sind. Ungleicli natürlicher ist es in jener Darstellung an Anlliioiis zu denken, der zwar als Gegen- hild des gedachten Kaisers auf Münzen sonst nicht leicht Norkomint, in solcher Verbindung jedoch ungleich wahr- scheinlicher ist als Pelops.

26. Der Beiname n}.t]'ii7inog, welchen Homer neben vielen anderen auch dem Pc!o;)s beilfj;!, Iiat ebenfalls Anlals gegeben, mehr oder minder glücklich diesen Held in einem jungen Mann zu vermuthen, der auf der einen Aulsenseite zweier Schulen ein oder zwei Pferde führt und durch jenes Wort l)ezeiclinet wird'").

27. Durch das innere Bild einer aus Volci stam- menden Tf'mhichide des Museums zu Berlin, auf welcher Herakles den wilden Olivenzweig an Zeus übergiebt, wurde Stackeiberg"*) daraufgeführt, die zwei äulseren Bilder derselben Schale auf den Triumjthsug des Pelops nacli erworbenem Sieg und auf dessen gefeierte Hochzeit mit Hippodameia zu beziehen. Auf der einen Seite bahnt der voranschreitende Hermes dem von eiuera Jüngling gelenkten Viergespanne den Weg, wahrend eine Citharödin dem Zutie entgegenkommt, und liiuter dem Wagen eine Priesterin folgt, die die Hochzeitsfackel in der linken Hand trügt und mit der rechten einen Olivenzweig auf das schon bekränzte Haupt des Jünglings setzen will. Das dem Alltagslel)en entnommene zweite Aul'senbild der- selben Scliale macht jene Deutung des ersten aus der Heroensane etwas bedenklich; hier linden wir niimlich eine Hochzeitsfeier in ganz gewöhnlicher attischer Weise dargestellt. Dersellie Jüngling führt an der Hand die scliilchterne Braut in sein Haus, an dessen Thor eine zwei brennende Fackeln haltende Frau sie erwartet, während ein entgegentreteudt-r junger Citharöd das Braut- paar bewillkommt und eine andere Frau, <\'n- jiu.QÜvviKf og, mit zwei brennenden Fackeln demsell)en folgt. So lanpe demnach die Grenzen zwischen Alltagsleben und Heroen- oder Göttersage in der alten Kunst nicht fester gesteckt

sind, wird es schwer sein zu entscheiden, inwieweit der Künstler jenes schönen Geläfsbilds einer Idealisirung seiner heimischen Vermählungssitte bedurlte, um tur den im üebrigen nahe gelegten Sagenkreis des Pelops auch eine verständliciie Darstellung seiner Hochzeit zu geben. G. Neben dem Wettkample haben Kunst und Poesie auch noch andere Momente aus dem Leben des Pelops nicht ganz aufser Acht gelassen, soweit diese den Ueber- gangs- oder Anknüpfungspunkt zu bedeutenderen Sagen- kreisen l)ildeten. Namentlich äufserle sich das durch den jMord des .Myrtilos moti\iite böse Schicksal des Pelopiden- liauses zunächst, wie es die Sage erzählt, liei Chrysip- pos, dem Sohne des Pelops von der Nymphe Axioche. Khe er al)er durch den Hals der Stiefmutter Hippodameia von deren Söhnen ermordet wurde, soll er wegen seiner .Schönheit \on Lajos, denj vertriebenen König von Theben, seinem Lehrer im Reiten, bei den nemeischen Spielen ent- führt worden und erst durch ^^ atfengewalt dem betrübten Vater wiedergegeben sein, nachdem dieser bereits den Fluch der Kinderlosigkeit über Lajos ausgesprochen hatte"). Es ist dies der bekannte Gegenstand einer der gröfsten apulischen Amphoren des berliner Jiuseums"") und vielleicht noch andrer Kunstdarstellungen. Pelops und Lajos, die Häupter der zwei Unghickshäuser Mykenä's und Thebens deren Mord- und Schaudtliaten von Poesie und Kunst wetteifernd behandelt und ausgeschmückt worden sind, vermögen, in diesem engeren Verhältnil's zusammenge- stellt, das schlaj;endste Beispiel für den fast systematisch durchgeiührten Reichtluim zu lielern, den im Gebiet des Gedankens und des Gefühls die -alte Kunstwelt in jedem einzelnen ihrer Sagenkreise zu durchschreiten liebte. Viele mythischen Züi;e, die uns nur luckenhalt und al)gerissen bekannt sind, mögen trotz manchen befremdlichen Ab- stands in Raum und Zeit durch feste Bande innig ver- bunden gewesen sein, ohne dal's wir mit ihrem verlornen Zusammenhang die Gesammtheit alter Dichtungen und Kunstj;ebiide für uns zu erneuen oder auch nur die sinnvolle Bedeutung der auf uns gekommenen Ueberreste für uns zu retten im Stande sind.

Berlin. G. Papasliotis.

nielir Grund mit der Entscheidung zurückzuhalten, als kein ähnliches Exemplar vorhanden ist.

'") Die eine dieser Schalen lindet sich im hrittisclien Musenm; auf Her entgegengesetzten Anfsenseite ist ein Gefecht vorgestellt, wobei die Inschrift jMr.ME./EO^, die eine der Personen bezeichnet. (Uircli in der Archaeologia or miscell. etc. T. XXXI, p. 2(jj). Die andre ist abgebildet in ilen Annali d. Inst. XXI, Tav. d'agg. B, und daselbst S. 145 er- klärt von Gargallo-Grinialdi. Vgl. Panofka in der Archäol. Zeitung 1849 S. 247.

'"J Stackeiberg, die Gräber der Hellenen taf. XLII.

"■•) Apollod. III, ,0, .0. Paus. VI, 20, 4. Scliol. Eurip. Or. 600. Nnr lljgin. Fab. 271 nennt den Theseus als Entiiilirer des Chrjsippos. Auch über die lüniordniig des Jünglings äufsert die Sage sich verschieden: Sclinl. Tluicyd. I, 9. Schob Eurip. l'hoerüss. 17(i0. Plntarch. parallel, min. i'i. Ueber ilie JSehanilliing der Chrysippossage durch Aeschylos vgl. Argum. Sept. c Theli. und Web ker Aesch. Tril. S. 354. (ier- hard Apul. Vasenb. S.S. Tal. \'l. iMiripidcs machte sie ziiiii Gegenstand einer von dem Clirysi|)pos benannten Tragödie (Ael. V. H. VI, 15). L'ebrigens lindet derselbe Gegenstand

sich auch auf zwei andern apulischen Gefäfsbildern des Mu- seums zu Neapel, deren eines durch Gerhards ]\Iittheilnng neuerdings in Overbecks Gallerie des heroischen Cychis Taf. 1, 2. S. 711. 153 verölfentliclit worden ist.

'"') Gerhard, Berlins ant. Bildwerke, Vasen no. 1010. Abgebihlet in dessen „Apulischen Vasenbildern" Taf. VI. Es ist nicht schwer den Zusammenhang der dortigen drei Haupt- bilder herauszustellen, indem das zweite die Zeiüeischung Aktäon's eines Tliebaner's darstellt, das dritte aber die Entfülirung Aegina's, der Schwester Tlieba's, durch den in Adler verwandelten Zeus. Mit vollem Unrecht hat dagegen Kaonl- Kocliette die Person des Pelops bei einem IVidtlcr- op/'cr, aul einer anderen grolsen apulisclien Am|}hora voraus- gesetzt, indem er das Bild für die Opferung des im Hause der l'elopiden verliängnil'svüllen goldenen M id<lers auslegie; wir stinnnen dagegen der Meinung Gerhards bei, welcher statt jener von ihm widerlegten .Ansicht jene Darstellung auf ilie Opferung des kolchischen Widders gedeutet l'.at. Vgl. Kocliette IMon. pl. \XXV. Gerhard Berl. ant. Bildw. Vasen no. 1003. Apul. Vasen Taf. A, 5. (). S. 2911.

Hiezu Tafel LV: Pelops und Hippodameia, Vasenbild des Kgl. Museums zu Neapel.

Herausgegeben \ou E. üerUard.

Druck und Verla;; von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Z^eilutig, Jahrgang XL

.Af 56.

August 1853.

Antiope und Dirke

Antiope und Dirke.

Iliezu die Abbildungen Tal. LVI. LVII'j.

MPer Mytlios von Antiope, ihren Leiden und der durcli ihre Söhne Zetlios und Amphion ;in iiirer Peinigerin Dirke genommenen Rache, gehörl, durch Diciiter und Künstler verherrlicht, zu den he- kanntesten, und doch ist gerade er vorzugsweise geeignet, die ünvollsfändigkeit und Lückenhaftig- keit unserer Kenntnifs des Alterthums einleuchtend zu machen, indem hei genauerer Forsciuuig nach der Bedeutung und Ausbildung der Sage, wie bei der Betrachtung der Kunstwerke wiciitige Fragen ohne bestimmte Antwort bleiben und der Zu- sammenhang oft nur geahnt, aber nicht nachge- wiesen werden kann.

Zuerst in der Odyssee (A, 2G0ff.) wird Antiope erwähnt, die Tochter des Asopos, welche dem Zeus die Zwillinge Amjiliion und Zelhos gebar, die zu- erst die Mauern Thebens erbauten. Hesiodos, welcher Amphion und Zelhos als die Erbauer der INLiuern Thebens kennt (Palaeph. 42), nannte Hyria als (leinirtsorl der Antiope (Sleph. Byz. 'YQia), ohne Zweifel in den Eoeen (Schob II. B, 4VU')). Das ge- nealogische Gedicht des Asios (Paus. II, (',3) nannte

Antiope ebenfalls eine Tochter des Asopos, erwähnte aber neben dem Zeus ihren Gemahl Epopeus und scheint wie in ähnlichen Sagen eine Do])|)elzeugung der Zwillinge gekannt zu haben, während in den Kyprien Epopeus als Verluhrer der Antiope genannt war, der seinen Frevel durch die Zerstörung Sikyons biifste (ProcI.). In der Europeia, welche unter dem iSamen des Eumelos ging, war auch die Leier he- reitserwähnt, durch deren wunderbare Kraft Amphion die Mauern Thebens erbauet hatle (Paus. IX, .3, 8). Dies sind die einzigen Zi^ige, welche uns aus dem Epos aufuewahrt sind, und in der That scheint dieser ganze Sagenkreis nicht im Heldengedicht ausführ- lich behandelt, sondern local geblieben zu sein. Die einzelnen zum Theil widersprechenden Züge sind wahrscheinlich zuerst in historisirender Weise von den Logograj)hen zusammengefafst und als ein Ganzes dargestellt, wie sie Pherekydes im zehnten Buch behandelt hat (Fr. 102 Müller) '). Abgesehen von einzelnen Zügen, welche die Lyriker benutzten, ist aber diese Sage erst durch die Tragödie des Euripides ])oetisch so motivirt und gestallet worden, wie sie dann später allgemeine Geltung gefunden hat. Bekanntlich lautet sie in ihren Hauptum- rissen so^).

Antiope, die schöne Tochter des Königs Nykteus

') Audi die Tafeln XLVII und XLVIII iinsies vorigen Jalirgangs, deren seiner Zeit in Aussicht gestellte gründlichere Krkliining hiemit erfolgt, dienen diesem Aufsatze zur Ver- gleichung. A. d. II.

') Später liahen aucli Armenidas (Müller fr. Iiist. IV |i. 339) und Tiinagoras (Müller fr. Iiist. IV p. J20) in ihren Qijßuixd diese Sagen als historische IJegebenheiten erzäldt; und in derselben Weise beliandelt sie aucli Tansanias II, 6, 2. IX, .O, 3. In prob euhemeristischem Sinne bat sie Kephalion unter Hadrian in seinem ioniscli gesciuiebenen Geschiclitswerk dar-

gestellt, ans welcliem die Byzantiner schöpften, s. loa. Mal. p. 4511'. Cedren. p. 22. Tzetz. seh. II. exeg. p. 1.^2 f. vgl. Unger Parad. Tlieb. |>. 691'.

') Ilan|.tstellen sind Apollod. III, 5, .5. Schnl. Apoll. Rh.IV, 1090. I'rop. IV, l.j. Hygin. fab. 7, mit welcliem abgesehen von einzelnen Irrlliüinern und Verderbnissen .Seh. zu Pers. I, 76. zu Stat. Tiieb. IV, Ö70. VII, 190. 1\, 422. iinth. Vat. I, 97. II, 74 übereinstimmen. Die einzelnen Abweichungen dieser Er- zählungen anzugeben ist überliüssig. Aufser den Krklärern des Euripides .bat besonders Avellino in der Sclirift Dcscri-

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von Hysia, gewann die Gunst des Zeus, welcher sich ihr in der Gestalt eines Satyrs nahte und sie schwächte. Um dem Zorn ihres Vaters zu ent- gehen entfloh sie nach Sikyon und fand dort Schulz beim König Epopeus (den die lateinischen Rlylho- graphen Epaphus nennen), welcher sie zu seiner Ge- mahlin machte. Sterbend hinterliels Nykleus seinem Bruder Lykos den Auftrag, ihn an seiner Tochter und deren Beschützer zu rächen, welclien dieser vollzog, indem er Sikyon zerstörte, Epopeus tödtete und Antiope als Gefangene heimbrachte. Auf dem Wege gebar sie nach anderer Ueberlieferung schon auf der Flucht nach Sikyon bei Eieutherae am Kithaeron Zwillinge, welche dort ausgesetzt und von einem Hirten gefunden und erzogen wurden. Sie selbst wurde von ihrem Oheim seiner Gemahlin Dirke zur Züchtigung übergeben, und von dieser in strenger Haft durch harte Arbeit und unmensch- liehe Behandlung Jahrelang gequält. Endhch gelang es ihr zu entfliehen, und der Zufall führte sie zu ihren Söhnen, bei denen sie Schutz suchte. Nach- dem diese sie als ihre Mutter erkannt hatten, nahmen sie an der Dirke Rache, banden sie an einen wilden Stier und liefsen sie von diesem schleifen, bis sie in den Ouell bleichen Namens verwandelt wurde. Lykos mufste ihnen die Herrschaft abtreten, und sie wurden nun die Erbauer der Mauern der Stadt Theben.

Wir werden durch die im Wesentlichen über- einstimmenden Ueberlieferungen sehr bestimmt auf das Local dieser Sage hingeführt, den Kithaeron und seine nächste Umgebung. Dahin weist es, wenn Antiope Tochter des Asopos, welcher dort ent- springt, und wenn sie in Hysia heimisch genannt wird. So berichtete Euripides; und da Hesiodos ihren Geburlsort Hyria nannte, hat man diesen Zwiespalt dadurch auszugleichen gesucht, dafs man

annahm Hysia sei eine Colonie von Hyria, oder Hysia und Hyria sei derselbe nur der Aussprache nach verschiedene Name'), was gewifs richtig ist. Eben daselbst war auch Eieutherae gelegen, wo die Zwillinge geboren und erzogen sein sollten. Wenn Euripides (Fr. 215 W. bei Schol. IL A, 774) den Hirten sagen läfst

Olvörj

avyxoQta va'uo nsdia Talg x EXEv&Eqcüg, womit es übereinstimmt, dafs derselbe bei Dio Chrysostomus (XV, 9) ein Hirte des Oeneus genannt wird, was gewifs aus Euripides entnommen ist, so ist diese genaue Angabe wohl aus der Neigung der Tragiker, besonders des Euripides, hervorgegangen, historische Verhältnisse durch ein Zurückweisen auf die mythischen zu begründen. Denn bekannt- lich war der Besitz von Eieutherae und der Um- cecend zwischen Atlika und Boeotien von uralters her streitig*) und an das seit unvordenklicher Zeit begründete Recht Athens in dieser Weise zu erinnern mochte in der Bedrängnifs zur Zeit der Aulführung der Antiope (Ol. 92) wohl Veranlas- sung sein.

Einleuchtend richtig hat Müller (Orch. p.222ff.) auf den Gegensatz zwischen dem Geschlecht des Kadmos und dem des Amphion und Zethos aufmerk- sam gemacht, wie er sich in verschiedenen, zu einem sicheren Zusammenhang nicht mehr zu vereinigen- den, einzelnen Zügen der Sage erkennen lälst, in denen ohne Zweifel Bruchstücke der ältesten Ge- schichte Boeotiens, insbesondere der Kämpfe der ein- zelnen Ortschaften und Gemeinden um dieHegemonie aufl)ewahrt sind"'). Bemerkenswerlh ist auch die Verbindung mit Sikyon, auf welche die Flucht der Antiope zum Ejjopeus hinweist, welche in der Sage, wie sie jetzt überliefert ist, so durchaus unmotivirt erscheint, dafs man um so sicherer aimehmen darf.

ziune di und casa äisollerrala in l'omjiei 7iell' anno 1833, lit iiunrln alle spallc dcl lempio dclla Fortuna Aiigusta (Neap. 1S43) p. 40 ff. über diesellien gesproclieii. Viele Kinzf Hielten der Saue sinil von Unger in seinen paradoxa Thebana mit gewobnteni Citateniciclitliiiin bcliandelt.

'J Stepli. Byz. 'YqCic 'j/a^oäog d' fv'Ynfa Tijv'Ai'TiÖTjrjV ifrjal y(v(aOa(, EiininCäm ä' Iv 'Yaiuis. tau d" ij ixIv'YqCu Tinog TOV Evoinov, ui S"Yaittt rrjs ITaQaaianCag in' uvröv lov J(i!)ttiQ(üva xtCfUvui. und 'Ya/a, nöhg Boiiajlag «tioixoj

Yp/fo))', xrlnfia Nvxriio; tov Umonrig TxaiQÖg. .Strabo IX, p. 404 'ivtot äi T«? 'Yaiitg 'Yqiijv XfyiaSctC ifuai, r^f IlaQct- atunUts ovaav vno Hii KiO^aiQÜivi nkrjaCov 'KQvlhQiöv iv r^ ftfaoyiilit, cinotxov 'Yqidov, xtCoftu äi Nvxrio); lov 'Aviionrji

") Bückli, über die Lenaeen (Abbandlungen der Berl. Akad. 1817) p. 121 f.

') Vgl. Wclcker über eine kret. Kol. p. 81 lt.

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dafs sie als ein urspiüngliclicr Zug des Myllios lorlgeiiflimzl ist. Wenn die Sikyonier eine Statue der Antio|ie im Tempel der Aphrodite weilieten '*), so kann das freilich ebenso gut durch den Einlluls der spateren Poesie geschehen sein , als wenn sie Amphion als Erfinder des Sailenspiels an den An- fang ihrer musischen Agonen stellten'); allein nicht nur, dafs auch in Sikyon ein Asopos fliefsl, dessen Tochter Thebe heifst (Unger par. Theb. p. 04), auch sonst findet sich in Ortsnamen und in Cultusge- bräiichen so manche Uebereinstimmung zwischen iSikyon und Boeotien , dafs ein uralter auf Stainni- verwandlschaft gegründeter Verkehr unzweifelhaft erscheint ").

Nicht inindrr lassen sich in der Sage noch die Spuren alter Cultusheziehungen walirnelimen'). Eleiitherae war der Sitz eines uralten Cultus des pliallischen Dionysos, der mit seinem geheimen Dienst von daher nach Athen gebracht sein sollte'") und dionysisclien Charakter hal)en nicht wenige Züge des Mythos hevvahrt. Wenn iiherein- stiuimend bericlitet wird, Zeus hal)e als Satyr die Aiitiope lieriickt "), so kann dies, da es in der spiiteren Gestal- tung der Sage kein bedeutsames Motiv al)giel)t, nur ein ursprünglicher Zug derselben sein, durch welchen Antiope mit dem Cultus des Dionysos in Verliindung gesetzt, als eine in seinem Dienst und Gefolge schwärmende charak- terisirt wird"). Auch zeigte man bei ILleutherae in der Nahe eines Tempels des Dionysos die Grotte, in welcher Antiope die Zwillinge geboren, und daoelien die Quelle, in welcher der Hirt sie gebadet hatte (Paus. 1, 38, 9j, iler im Dienst des Oeneus war. Dahin weist auch die merkwürdige Sage, welche Pausanias an einer leider schmählich versliimmelten Stelle (IX, 17, 3) erzahlt hatte.

und ilerun In lialt er spater kurz wiederholt (X,32,7). Antiope war nach der Bestrafung der Dirke durch den Zorn des Dionysos in Haserei versetzt und irrte llüchtig durch ganz Hellas, bis Phokos, Sohn des Ornytion, Enkel des Sisyphos, sie entlührte, heilte und sich vermahlte; beide waren in Titliorea auf dem Parnafs in einem Grabmal vereint be- stattet "). Die Motivirung der Raserei der Antiope durch den Zorn dis Dionysos über die Destrafung der ihm er- gebenen Dirke ist bestimmt erst in spaterer Zeit hitiein- getragen; das urspüngliche ist das Rasen und .Schwürmen im Dienste des Gottes. So sollten in Eleutherae die Töchter des Eleuther von Dionysos in Raserei versetzt sein, bis ihm zu Ehren ein Cultus des Dionysos Melanaegis ein- gesetzt wurde (Snid. v. /.n'kuv); nach anderer Angabe war Dionysos selbst dort vom Wahnsinn befreit (Scliol. Hes. tlieog.52). Auch in anderen ganz verwandten Sagen sehen wir das als eine von demsell)en Gott verhängte Strafe dargestellt, was im Cult zu seiner Ehre geschah: der ekstatische krankhafte Zustand der Seele, welclien man nur als die unmittelbare Wirkung des Gottes glaubte autTasseu zu können, iand seine Sühnung und Heilung allein in der unbedingten Hingebung und Unterwerfung unter die göttliche Macht, die ihn gesandt. So mufs auch in der Natur, damit die belebende Wärme und Heiterkeit des Frühlings sich wirksam erweisen könne, der furclitl)are Wintersturm sich austoben und ausrasen, von welchem der rasende Orgiasmus des dionysischen Cultus nur die in die Seele des Menschen verlegte, da- durch zu sittlicher Bedeutung erhobene Spiegelung ist. So konnte in der Sage das als die vom Gott gesandte Strafe erscheinen, was im Cultus als Sühnungsmittel auf- tritt. Ganz entsprechend ist die Sage von den Proetiden. welche nach Hesiodos ebenfalls von Dionysos rasend ge- macht durch den Peloponnes schwiirmen und von Me- lampus geheilt werden, der sich mit einer derselben ver-

') Paus. II, 10, 4 (JV liVTOv ()i liU.o lax'iv'AtfQoäCjti; Uqöv, (y S^ cnjiM noünov iiy(i)./iii (ajiv-Avjionrig. tlvia yi'cQ ol roiig 7i(döuq 2^ixvu}vCovg, xiu dt' Ixtivovi (!t0.t>vai xcü avjtjV jtv- iionriv TiijoarjXfiv oi/tni.

') Plut. tie inus. 3 p. 1I31F 'Jlnaxi.iläiji ä' iv rfj avru- j'(oj';7 j(äv (v ftovaix^ (SiciXujj\puvjV}V scheint ausgefallen zu sein) i»)V xiltaQoiälav xaX jtjv xiltuQifiäixrfV 7io(rjaiv 7iqo)t6v <ft}ijiv 'A/x<fiovcc inivoTJacti, röv ^lög xalllvriÖTiris, roS najQos litjlovöji äiiSi'cStii'TOg civiov. maTovjcii (ff rovjo Ix rijg «j'k- yQKifijS Ttji Ip 2Lixvtövi ('inoxiiut'i'tig, <Si' yg itig J( ifQiliig lüg it' Anyti x(u Toi'f Jionjjug xitl loig /uovaixovg övo/nü^ii.

') Curtius Peloponnesos II, p. 484.

'') Kine Deutung auf Sonnencultus geben SchwenckAndeutt. p. 169. Uscliold Vorhalle II, p. 135 f.

'") Böckh über die Lenaeen p. Il9(f. Welcker Nachtrag p.207f. Lobeck Aglaopli. p. 660 ff.

") Euiipides bei loa. Mal. p. 49. Ovid. met. VI, 110. Seh. Apoll. Kli. IV, 1090. Unger parad. Tlieb. p. 371 ff.

") Eine Keniiniscenz ist vielleicht noch in der Erzählung des loa. Mal. zu erkennen Nvxrtvg i/ei O-vyajiott, Uqiiuv zov vuov'lD.iov, ovöfiaTi Ai/tiÖtit]!', iJTig i<Siäü/Or] Trjv Tjiiaxijv iv/rjV rjTOi fivaTciyüiy{i(V tüiv Aiovvaucxüiv ßaxxivfii'niav, xä- xiiSii' ^Kyno Btix/rj. Das hier die Ilelios-Mitlirasnijsterien des spatesten Heidenthnins mit dem alten baccbiscben Geheimcult ohne Weiteres identiiicirt sind, wird Niemand irren.

'^) Ueber die Lage von Tithorea s. Ulrichs rhein. AIus. N. F. II p. 544 ff. Dafs auch Zethos und Amphion dort ein Grabmal hatten ist wohl nur ein Mifsvcrständnifs bei Stephanus von Byzanz v. TiOoQitiu.

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mahlt, und zwar soll dies io Sikyon geschehen sein (Apollod. 11, 62, 2); von wo auch Pliokos als Enkel des Sisyplios ahstainint. Die Verhindiiim der Antiope mit Pliokos, ihreSüliDung und Bestattung au( dem Parnals zeigt, dafs der orgiastische Cult des Dionysos auf dein Kitliaeron uralt war und daPs man hei der spater ge- schehenen, noch in so manchenUeherlieferiingen kenntlichen Ausgleichung des apollinischen und hacchisclien Dienstes in Del|>hi "j sich eines Zusammenhangs der Orgien auf dem Parnafs mit denen auf dem Kitliaeron hevvufst war' ). Auch der Vater der Anllope Nykteus weist auf den Dio- nysos Nyktelios."') den Gott des orgiastischen Cultes hin, ■wie in dem Oheim Lykos, welcher der Antiope feindlich gegenühertritt, der in so sehr vielen Sagen in diesem und verwandten Naraen ausgedrückte Gegensatz einer dem dionysischen entgegenstellenden, meistens apollinischen Religion wahrnehml)ar ist ''). Dieser tritt ja auch in der

Sage von den Kindern des Aniphion und der Niohe, welche Apollon und Artemis tüdten, deutlich genug liervor'"), und ich glauhe auch in <ler vorherrschenden Uelierliete- rung, dafs Ainpliion seine Leier von Hermes erhalten haben soll, eine Spur desselben zu entdecken").

Die Zvvillingsliriider genossen als Erbauer Thebens dort spater heroische Ehren, und Jiiefsen Dioskuren, wie die spartanischen'"). Sie hatten ein gemeinsames Grab"), und eine eigenthiimliclie Sitte giebt über den Sinn dieser Verehrung Auf^chlufs. Im Frühjahr suchten die Ein- wohner von Tithorea Erde vom Grab der Zwillinge zu erlangen um mit derselben ain Grabmal der Antiope eine Cereinonie vorzunehmen, dies verbürgte ihnen eine frucht- bare Erndte; die 'I'hebaner aber, welche glaubten, dafs ihnen dadurch die Ernte entzogen würden, sucliten es auf alle Weise zu verhindern ''). Sie galten also als die Daemonen der im Frühling nach den Stürmen des Winters

") Welcker alte Dcnkni. I p. 151 ff.

'"") Wenn es Iieifst Lokros habe den niüdern bei der Krbauung Thebens gebollen, so ist auch darin mit Recht eine Verbindung der Stämme erkannt worden, s. ünger par. Theb. p. 21. Auch Eutresis bei Thespiae sollen sie erbauet haben (Strabo IX p. 411 B. Steph. Byz. EvT(>r]iyis)\ vielleicht war dadurch nur das Lob der Befestigung angedeutet, üeber die Sage, dafs Aniphion und Zethos die Mauern von Kpidaiiiiiiis erbauet hätten vgl. ünger parad. Theb. p. 49f.

"') Plut. syinp. qu. VI, 7, 2 p. 692E. stellt dem Dionysios iiit/.i'/iog und Ijixfgid'ijg den rvxi^oivog und fiti-avuiyk gegen- über und verbindet (de ti p. äS9A) den vvxiiliog Zi:yt)tvg und iaod'diTij;. Die späteren Dichter nennen ilen orgiastischen Gott oft vvxxO.iog.

'') Nach Hygin. fab. 9 stürmte Aniphion den Tempel des Apollon und wurde von ihm getödtet.

") Vgl. Welcker Nachtrag p.20.i. VerschuldungdesAiiiijbion kannte die Minyas (Paus. IX, 5, 4). Wenn in den Kyprien Antiope die Tochter desLyknrgos lieifst, so ist darin ein Schwanken der durch die Dichter umgestalteten Sage zu erkennen; und ebenso scheint es mir auf flicliterisclier l'mgestaltung zu beruhen, wenn Dirke, die Genialilin iles Lykos, als Dienerin des Dionysos im ticgensatz der Antiope aufgefa^^t wurde. Nach Pbitarch (de gen. Soor. .5) war das Grab der Dirke ein verborgenes Heiligthuin, das nur die Hipparclien kannten und mit Geheim- dienst ehrten; vielleicht darf man darin einen Grund des Gegensatzes der tliebanisclien Diike gegen die kithaeronisclie Antiope erkennen.

"J So hatte Fumelos in der Europeia erzählt; andere noch mit dem Zusatz, Ampliion habe zuerst dem Hermes geopfert, der ilirn dafür die Leier geschenkt habe, s. ünger paracl. Theb. p. 32 IT. Wenn einzelne Nacluicliten die Leier von Apollon oder den Musen berrühren lassen, so wird jener eigenthüiii- liclie und charakteristische Zug der Sage dadurch nicht be- einträchtigt, llerincs ist wie Dionyso.s der Gott der Hirten auf der feuchten Waldesirift.

•") Hesycli. ^tiöaxovnoi, ol 'E).h't]g ttSe).ifo(. Zijftog y.uX l-tu(fliüv, l.tvxoniüi.oi xi().ovufvoi, womit man die Stellen des Euripides Ilerc. für. 29f. t<ü ItvxoJTcöf.tu tiq'iv jvnKrvrjOiii yßovog ll^LKf lov' ijät Zij!}ov Ixj'oyo) Jtog und l'hoen. ti09 xiu ^tiüf TuJj' ).tvxoni!}).iov ä(ö/ja!^' mit Recht verglichen hat. Scliol. Od. T. 523 obioi Tceg Qt]ßag olxovai- ngäiov xa\ xitkovviiu Jibg xovQOi, XtvxoTKoXoi, Von Antiochia erzählt loa. Mal. p. 234: fxTias äh xal ttQov toj zliorvata nQog rtjj ögei 6 ctvTog Tißeniog ßtcadevg, oirjoug öuo aziilag j.i(yu).ug züiv ii 'Ai'zio- Titjg yevrriOü'Toiv Jioaxovnojv f j'tu tov vkov tig tiu)]V avTWV, Hjj(flov6g xu\ Zr'iO-ov. Wenn das richtig ist, »o wird eine Auffassung des Verhältnisses dieser Dioskuren zum Dionysos in dem oben erwähnten Sinn zn Grunde gelegen haben.

■') Paus. IX, 17, 3. Schob Kur. Phoen. 147. Aeschyhis (Sept. 534) sagt ivfißov xtn' aviov Jioytvovg lliKfCovog, Euripides (Phoen. 147) ilagegen zig oviog uuijl uvijutt zoü Zi]!)ov TitQÜ; Auch das Epigramm in Aristoteles Peplos lautet ln\ ZriS^ov h Qrißaig (41 p. 37 Sehn.). Nicht selten wird auch sonst bei verschiedenen Veranlassungen bald der eine, bald der andere genannt, wo beiile gleichmälsig betlieiligt sind.

•'■') Das Orakel iles Bakis, das Pausanias anführt, verräth seinen neuen Ursprung deutlich genug; der Gebrauch, dem zu Liebe es gemacht ist, scheint alt zu sein. Die Verbindung mit dem Zeichen des Stiers macht es denkbar, dafs auch Zetlios und Ainphion im Orakel schon als .Sternzeichen gefafst sein, wie man den Zwillingen ja auch ihren Namen gab, schob Geriiianici p. 50 B. üebrigens verdient die riimisclie Sitte verglichen zu werden, dals nach dem Opfer iles October, f(ji:us die Bewohner der Siibiira und der sacra via um den Pferdekopf ernstlich stritten, um ihn jene an der tiirris Ma- milia, diese in der regia aufzustellen (Festiis ji. 17HM. October eqiiits. Plut. (ju. rom. (j7). Denn dies Opfer galt einer gliiokliilien l'^rndte (Paul. p. 220 pnniliiis reilunibant Caput eijiii hinniilitli iilihus Oilultrihnx in cnmpa Mnriio, quin id siicriliiium fiehdl oh fruijnm eventum), und der Besitz des Pferdekopfes galt gewifs für einen kräftigen Schutz derselben; vgl, Grimm, deutsche Mytliol. p. ()24f.

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neu sprosseutlen iiiul treil)eii<len Kraft. Diese Natur- syiiibolik tritt auch, wie Yolcker[Jap. p.356) undScIivvenck (rli. Mus. VI p. 569) hemerkeu, in dem Mytlios hervor, nach weichem die Kinder des Ainphion und der IS'iohe") deu Pfeilen des Ai)olion und der Artemis im versengen- den Sonnenbrand erliegen his auf die jüngste 'J'ochter Chloris"'), wie niclit minder auch in der Sage, welche dem Zetlios zur Gemahlin Aedon und zu Kinder Itylos und Neis gal) '■'').

Doch diese Remlniscenzen alter Naturanschauung und liistorischer Erinnerungen waren schon hei den Alten zurückgetreten vor der Gestalt der Sage, wie sie in der Tragödie des Euripides motivirt und ausgebildet war, welche Pacuvius in einer seiner berühmtesten auch später niclit ganz vergessenen Tragödie nachgebildet liatte"). Allein obgleich wir bei Hygin '") eine sinnmarische In- lialtsangahe und aulser zahlreichen ljrnch!;tückeu nianclie Andeutungen und Notizen besitzen, so sind wir doch über die Oeknnomie derselben in wesentlichen Punkten im Unklaren und auf Vermutliungen angewiesen. Ich be- gnüge mich hier den Gang derselben im Allgemeinen an-

zudeuten , wie er mir nach wiederholter Untersuchung wahrscheinlich geworden ist, ohne im Einzelnen die .Ab- weichungen von meinen Vorgängern zu bezeichnen").

Im Prolog theilte ein Gott, wahrscheinlich Hermes, den Zuschauern mit, was ihnen von den früheren Schick- salen der Antiope, welche in der Gefangenschalt der Dirke schmachtete, und ihrer Söhne, die als Hirten auf- erzogen waren, zu wissen nöthig war. Dann trat der Ghnr auf, welchen thebanische (ireise bildeten •'). Wahr- scheinlich führte sie ein Fest auf <len Ivithaeron und aus den Worten (fr. 4W.)

ivi)ov dt dulüfioig (-Inv/.ülov y.o^tiüvTd xinniTi aivlov Eii'ov 9iuv ') hat man nicht mit Unrecht geschlossen, dal's sie ein Fest des Dionysos begehen wollten. Zu ihnen gesellt sich Ainphion mit der Leier, und da er in der Tragödie als Kitliaröde auftreten mufste, so war hier der geeig- neteste Platz für eine jMonodie"). Auf diese folgte ohne Zweifel das berühmte Gesj)räch des Zethos mit dem Ainphion, in welchem Euripides den von ihm durchgeführten Gegensatz im Charakter der beiden Brüder mit einer

•') Niobe ist liier wie in Argos (ISnrmeister <le Niobe p. 27ff.) ilie im Frühling neu aufbliihemle und fruchtbrin- gende Krde, s. VVelcker zu Schwenks Andeutt. p. 298.

'''') ßurnieister a.a.O. p. SSff. Der Name ist sprechend, auch wenn Zcpliyros sich mit Cliloris vermählt (Weicker alte Denkiii. III p. 159). Nicht inimler verständlicli ist est, wenn die überlebende Tochter der Niobe Meliboea oder Neaera ge- nannt wird, Apollod. III, 5, b. Paus. 11, 21, 10.

") Hom. Od. I, 5I8ff. das. scliol. Paus. IX, 5, 5. 8, 3. Die Alten fafsten den Gesang der Nachtigall als Klagelied der Mutter um einen friihveistorbenen Sohn, dessen Name Itjlos onomatoiioetiscli ist. Sehr schön bemerkt Schwenck (rhein. Mu;. VI [i. öfis), dafs diese Klage um Itylos die Klage um die im Frühling aufgeblühte, im heil'sen Sommer erster- bende Natur ist, welche in so vielen Sagen zu erkennen ist. Der iVIytlios von Tereus Prokne und Philomele hat später von den Diclilern den Vorzug und dadurch grüfsere Verbreitung erhalten. Die kithaeronisilie von Zetos und Aedon, welche ebenfalls auf die Verbindung mit Attika hinweist, ist schwer- lich jünger. Charakteristisch ist auch die Schwester des Itylus, Neis, die feuchte, welche wie Chloris ausdrückt, dafs die Natur nur scheinbar stirbt und ihre belebende Kraft unvergäng- lich ist.

'') Auch ich bin überzeugt, ilals bei Iljgin fall. S e<itlcm Euripidis quiim scribit Ennius dieser Name, wie bei Nonius p. 170, 17 septuosc der Name lAuiiis, verschrieben ist statt Pncuuiiis, und es nur von diesem eine Antiopa gab.

'■) Hygin. fab. 8: IVijclei regis in Bacolin fitit lilia Aniiupn. eins fiinnae Jtunilnte Iiippiler nihluvhis ijritiiiUim fi'iit. quam pntcr cum puidre vi'tlet ])rnpter sluprum, minilaus perieuluui Anliupa effuijit. iiisu in eudem loca, quo illa pcrvciicrttt, ICpa- pltus Siti/unius slubut. is muliercm adneitam dumu (lies doiiiwiii)

malrimonin suo (vielleicht siiij iuna-it. id Niicleus ncgre /crcii.s- cum moreretur, Lyco fratri suo per ohieslalionem mandal, cui tum ret/nnm rclinquchnt, ne inpune Anliopa ferret. huius post mortem Lycus Sininticm vcnit, interfccto Epnpho Antiopam vinctam nhdu.rit in t'ithacronem: parit ijeminos et relinqiiil, quos pnntor cducavit, Xcihum et Amphionem nominaoit. An- tiopa Dircac, uxori Lijci, data erat in cruciatum. ea occtt- sione navta fuijne se manditoit , devenit ad filios suo«, ex quibus Zethus, existimnns fiujitiiinm, non recepit. in cundem locum Dirve per hacchationcm Liberi iUuc delata est. ilii Antiopnm rcperlam ad mortem cxlrahebai, scd iih educatore paftore adolescentes certiores facti cnm esse matrem sunm ci'leriler cunsccuti ninlrem eripueruni, Dircen nd taiirum cri- uihus rcUijatam iiecnnt. Lycum cnm occiderc veUerit, vetuif cos Mercnrins et simul itissit Lijcum concederc reqnum Am- pliioni.

•-) Weicker griecli. Trag. p.8!I IT. Haltung Fnri[). rast. II p. 415fi'. Wagner poett. giaec. trag. frgmni.II p. 92 fr. O. Ribbeck trag. Lat. rell. p. 27811'.

-') Schob Cob. Kur. Hipp. 67 xcu ti' t;) llvjioTitj ö'tvjenov yoimv hiiiaüyii (die Hanilscliritt hat ß •/_ Imiadyii, Cobet las (h'io ytjnovg itadyti), rov tj i-h]ßai(or j'f^iorrMi' äiöt.ov xci riv unä .lliy/.tjg.

'") .Solche Idole vergegenwärtigen uns die Vasenbilder, uius. Horb. \II, 22. Gerbard Trinksch. u. Geläfse. Taf. 5. tJ. .■Minervini mon. ined. 7.

■") Die liistorisirende Erzählung heim Seh. I'^ur. Phoen. Ifi2 : TifiayoQiti 6i h TOig (■)r\ßaiy.oTi (frjaXv üg xaxüi; näa-yorrtg vnö Twi" 7i(nl l4ii(jiovc( oi ^nanro) tci'iTXov ctVTOvg Xo/rflayTtg ÜTiiovictg tig 'E).(v!l(Q(<g InX Titnoixiiv Hvniitv hat in dem Letzteren einen charakteristischen Zug aufbewahrt.

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Kunst entwickelt hatte, welclie durch das jianze Alter- tliuin nachklingt "). Seiner Weise geiniil's die sittlichen Bestrebungen und Kämpre, welche seine Zeit hewegten, in seinen Dramen als die Motive der mythischen Begehen- lieiten zu behandeln , wodurch er die Sagen in ihrem innersten Wesen umgestaltete, iiatte er in den Zwillingen den Gegensatz der musischen Bildung gegen die prak- tische 'rüchtigkeit dargestellt, und in einem langen mit aller P'einheit rhetorischer und dialektischer Kunst aus- gearbeiteten Gespräch Vorwürfe und Vorzüge hin und her erwoiien. Zu einer Zeit, wo das Fortschreiten einer aufklärenden Bildung und der Besciiäftigung mit Wissen- schaft und Kunst den einen die Gnmdlagen des Staates zu erschüttern schien, weil sie alles Positive in Frage gestellt und durch eine geistige Genufsschwelgerei jede maonliclie Tüchtigkeit für ernste Lebensaufgaben ver- drangt zu sehen glaubten, wäiirend die anderen gerade hierin die schönste Blüthe einer freien Entwicklung edler JNlenschennatur bewunderten, mul'ste bei einem Pulilikum, das an dem Spiel der Dialektik so grofses Behagen fand wie das altische, diese Art der Charakterschilderung grofsen Beifall finden. Und bei dein grofsen Wider- streben , welclies in Rom nicht biofs die Masse sondern auch hervorragende Männer der Ansicht entgegensetzten, welche für Kunst und Wissenschaft an sich eine Bedeu- tung und der Beschäftigung mit ihnen einen höhern Werth als den eines allenfalls zidässigen Zeitvertreibes in müfsigen Stunden in Anspruch nahm, war es auch für den römischen Tragiker von Interesse diesen Gegensatz zur Sprache zu bringen und das gebildete Publikum mochte ihm wohl seine Theilnahrae schenken. Auf welche Seite der Dichter sich stellte, konnte nicht zweifelhaft sein, Amphion,

weicher und zarter von Gemütli und feiner von Geist als Zethos, mag ihm nachstehen an körperlicher Kralt und Gewandtheit, an Neigung und Fertigkeit für die Geschäfte des praktischen Lebens, allein er ist nicht, wie jener ihm vorwirft, verweichlicht und untüchtig, sondern, wenn es gilt, zur That bereit und kräftig, nur dafs der (iott, der ihn beseelt, ihm mühelos zu vollbringen ver- liehen hat, wozu jener aller Anstrengung bedarf. Indessen läfst er sich bei der liebevollen Weichlieit seines Ge- müthes, auch wohl im Gefühl seiner geistigen Uelierlegen- heit , bewegen dem eifrigen Andringen des Bruders, das ja nicht aus Feindseligkeit gegen ihn soiulein aus Liebe entspringt, nachzugeben : er entsagt für jetzt seiner Leier'^). Nun trat die llüchtige Antiope auf; aus dem Kerker ent- flohen war sie nach einer mühseligen Irrfahrt an das Geholt ihrer Söhne gelangt, und die Verfolgerin fürchtend flehte sie dieselben um Schutz au '^). Sie erzählte ihnen, wie sie durch Zeus verführt sei, und mit jener der Tra- gödie eigenen Ironie mifstraut der eigene Sohn ihren Worten: Amphion erklärt ihr (fr. 9)

ovdi yuQ Xü&Qu doxa) <f(oidg y.uxoi'QYOV nyi'jfim' ix/ntfiovfui'ov aol Zr/v' ig tvvriv üantQ uv&Qwnov fioliTv, er, der selbst der Sohn des Zeus ist. Sie schilderte dann die entsetzliche Grausamkeit, mit welcher Dirke sie be- handelt hatte ^'), erzählte, wie ihr durch ein Wunder plötzlich die Fesseln abgelallen seien dieser Zug bei Apollodor scheint euripideisch , dafs sie ungehindert liabe entfliehen können, und beschwor die Jünglinge, sie vor der Rache, die sie treffen würde, wenn sie wieder in die Hände ihrer Peinigeriu fiele, zu schützen. Amphion zwar wurde durch ihr Flehen erweicht und v»ollte sie aui-

'■) Valkenaer diatr. c. 8. Ilieher glaube icli gehört die Unterredung, weil eine weitausgesponnene Auseinandersetzung spater, nachdem das Interesse an der Handlung einmal erregt worden war, gar zu hemmend gewesen wäre, und weil durch dieselbe das Benehmen der Brüder gegen Antiope motivirt werden mufste. Der Komiker Kubidos hatte in seiner Antiope den Gegensatz der Brüder liauptsächlicli in ihrem Appetit ge- schildert fMeineke bist. er. ]). 3öf)J, und ileslialb hefahl bei ihm (•in Gott, Zetlios solle in Theben wohnen, wo es billiges Brod gebe, Amphion in Athen,

ob y(T(ri* iltl ntiiiüni KtxQOTiiäoiv y.onoi xÜ7ij0VT€S (ivnici (iTiCäug anoiuivoi. ") Horat. epp. I, 18, 39: nee Inii Inndiihis sliulia iiiil alii'un reprcniles, nee enm vevitri valet ille^ poemnin paiiiies. l/riilin sie friilrum gemiunruin Ampliionis nliiue Zethi dissiluil, donec suspeeta severo conticuit lijra. fritlernis cessissc pulntur mnribus Ainpltian.

= ') Propert. IV, 15, 25 : intle C'illiiicronis limiilo peile ciirrit in arces.

7io.r erat et spiirso triste cubilc getii. snepe vni)u Asupi sonilu permoln ihieiilis credehiit dominne pone venire pedes. ') ünger hatte (parad. Theb. p. 82) beim etym. magn. p. 60, 4 (ü.tjQfvova«, ith']!)ovaa „'OoiffdCijg hl /ciXxov cci.trniv- ovßii xuhi'ig" Oll T»;l' 'ylviiÖTTijy o NvxTivg ßuailiv; (■Jtjßiüv iJvyaitQa uijov iTionjOf xic).xiig lO.ijUtn' x(ti!)iii einen Vers eines unbekannten Dichters zu linden gemeint und später (electt. critt. p. 12f.) die Vermuthung ausgesponnen, er sei von Uesiodus, und von Apollonios Khodios wörtlich aufge- nommen, aber auf Metope angewandt, die Tochter des Kchetos (l\, 10!(U), was um so unwahrsclieinliclier wäre, da er kurz vorher selbst der Antiope ICrnälmung thut. iMeineke hatte kurz bemerkt, im etym. sei der Vers aus Apollonios citirt und das Scholion nachlässig dazu excerpirl (anall. Alex. p. 168), aber Unger glaubt es noch nicht (anall. Prep. p.90).

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iielimi'ii, allein dem entschieden ausgesprochenen Willen des Zelhos, der es für unrecht und unkliiy erkliirte, einer entlaiilenen Sciavin Sciiutz zu gewüliren, fügte er sicli wenn gleich widerstrehend aucli jetzt. Von ihm mochte daiier Antiope mit Recht sagen (Fr. 47)

TiokXol ii itvijTÖJy rovio nüay_ovaiv xuxüv. yvwf.tTj (fQovovvxiQ ov i}iXova' vnrjQtxuv ifjvxfj, XU. noWa npog (flXiav viy.djfiipoi. Fortgewiesen von ihren Sölineu machte sie sich von Neuem auf die Flucht "). Dirke, welche in orgiastischer Dionysos- ieier auf dem Kithaeron schwärmte, trat mit dem (Jlior der sie begleitenden Mänaden auf, die in einem begeister- ten Liede den Gott feierten. Wie es eitjgeleitet sei, dafs Antiope entdeckt wurde, wissen wir nicht, genug sie wurde ergriffen und vor die Königin gefüiirt. Ich zweille niclit, dal's was die ineisteu Berichterstatter erzählen, Dirke sei zu ihrer Grausamkeit durch Eifersucht bewogen, weil sie Antiojje für die Geliebte ilires Gemalils Lykos hielt"), von Euripides als Motiv benutzt worden sei. Um die furchtbare Härte der Dirke poetisch zu rechtfertigen bedurfte es noch eines anderen Motivs als das der sittlichen Entrüstung ül>er die von Antiope verletzte Keuschheit war; Dirke selbst mufste sich, wenn auch in falschem Wahn, in ihren heiligsten Rechten verletzt, in ihrer Liebe, ihrem Stolz, ihrer Eitelkeit gekränkt fühlen, um im Sturm der

Leidenscliaft zu einem solciien Uebennafs von Rache ge- trielien zu werden und doch noch menschlich zu erschei- nen. Ein solches Weib, von Leidenschaften durchwühlt, war eine Aul'gal)e, wie Euripides sie liebte, und bildete den wirksamsten Gegensatz gegen die sani'te Dulderin Antiope, die wie sie als Sciavin in dürftigem Aulzug mit den Spuren der erlittenen Mil'shandlungen '") der stolzen Gebieterin im Festschmuck gegenüberstand, ihrem Hohn und ihrer Wutli ") nichts als Klagen entgegenzusetzen hatte. Diese Klage der Antiope, welche, sicherlich mit Beziehung auf eine Scene in der Tragödie, zum Sprüch- wort geworden ist""'), glaubt man noch in den Versen des Propertius (IV, 15, 19) durchklingen zu hören:

luppiter, Anliopue inis(/u«m sKccwrris hubcnli lot «lui«? covrumpil ihira cutcnu iiuoiiis.

si deus es, libi turpu iuum servire piielluiH. invocel Antlniii; tjuem nisi vhicta /owcin? Die durch den orgiastischen Taumel gesteigerte Leiden- schaft der Dirke verhängt eine Strafe über sie, welche der bacchantischen Raserei ihre Entstehung verdankt. Wie die im Dienst des Gottes ekstatisch tobenden nicht nur Rehe und Zicklein, sondern Stiere einfangen, jubelnd iorttragen uud zerreissen, so soll Antiope an einen .Stier gebunden, von diesem geschleift und zerrissen werden "). Denn diesen Zug lialte auch ich für echt euripideisch.

"•) Propert. IV, 15, 29: et (liiruvi Zcthutii et Incrimis Amphiona mollcm expcrta est stahiilis matcr ithuitn suis. '') Nach einigen Berichten war Antiope die Gemahlin des Lykos, und von ihm verstofsen wegen Ehebruchs mit Epopeus, worauf er dann Dirke heirathete: ganz nacli der Analogie der Ino und Themisto; scliol. Slat. Theb. IV, 570.

^') Husclike zu Tibull. I p. 26S vormntliet nüt Hecht nach den Worten des Propertius (IV, 15, 1.^):

ah quolietis putchros ussit (?) reyina cnpillos mulliaipw imtniics fixil in orn manits, dafs Antiope ähnlich der Tyro des Sophokles, die mit geschornem Haar und :ni.ii)rS) r«; Tianfiü; (Poll. IV, 141) erschien, aulge- treten sei. Was zu den Scholien zu Persius I, 77: Antiopam verrucosam Persius <licit qune apiitt Dirceii in stiunlore fuit servitio oppressa in der editio princeps hinzugefügt wird : fic illiwie corporis et cnma promissn impexn conijUiineriiln liurridn, ist ollenbar Hnichstiick einer längeren Annierkung, und ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich in diesen Worten erkennbare Ucberrcste des Pacuvius anspreche. Da man nicht genau weifs v»ie weit und wo sie verstümmelt sind, ist ilie Herstellung nicht sicher; Haupt schlägt mir vor: illuvic corporis, comn promissa inpexa glomerntn horridn.

") Für diese Situation sind im Munde der Dirke die Verse angemessen (fr. 10):

xonrj; d'i TtäfTiav. xa't yün Ix xaXXioviov X(xTQOis in^ nlo/noig ilSov (x/ii7iXriyu(t'ovi.

ddiTog äi TiXtinioOtii Tig itßfiil'Oi -niü.tv <f«v).i] J'iKi'r;/ TiQOOßnkmv ijaHi] aroua. sowie (fr. 17)

(( vovg h'tmir. tl öi f.u), ii StX xit).rjs yvrciixög, d /jr/ rüg (fQti'ctg /Qrjorag i/oi.

"") Apostol. III, 1 'AvTiönrig OQrjyog Inl xdiv iliSixtog nua- yorjMy, ihu itüv ifirüv it7ia).?.ccyrjg iv/oviun'. ^Avitonti Ovyi'atji) MvxTiiag, ijr iifd^iiQ^ ng riüv TioXiroJv. 6 äi nujljii ni/inii im ää().(foi xoXuaui. 6 6( fyxvov uv7r)V iteicaciufvog üxTUQtv. i) di yd'rit ZfjO^ov xut HiKfCova, ovg lig onog iQQiif/tv 6 >')(tog, ti/i rft yvi'aTx(c uroftci Jioxrjv, i'irig vnovotjaaati rov itivrrjg «rrfp« --Ivxov ifiXitv 71)1' ^Ayjionriv i:vuyii avjrjv i!g ogog xid d'riauaa avTr/v uno XQn/r)).ov tkvqov xni üvcapctaa iääctg itno XMV uvToü xigdiwv f^ueXl.tv (ivtIiv unoD.vnv. ij Si t'lm'jvti xcu iloQvßov yivOfifvov rilhQoCaür] 7rA^.'>0f yiO)Qymi, ai'V oif xai Z!j!)-og xa'i Afxtjiiav. xrd yvioQlauvxtg xijv /nijxeiia nurtüv (onvauviu itvTtiv, xijV öi Ai<>xt]V t;] 7rooxti[J.ifiJ nciniöioxicr riftioQÜi. Arsen, p. 61. Suid. Aviiöni).

") Hieher würden die Verse des Pacuvius passen aus einer nicht genannten Tragödie (fr. ine. 4): ngite rtipite vohitc ferte comn, traclate per nspern snxn et humum, svinilite vestcm ocius! loa. Malal. p. 47 »} Jinxrj i^itynyovaic fx xov «vrov ywi){(jv TKvQOv ciyQiov xa'i nrjluau tSiiSa Iv xoig avrov x^gaai xrjv 'Ayxtörjrjv ix(Xevae StOijydt x(ct rov oxoh'ov lig xöy jnüyriloy

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Es ist dem Charakter der Sage und ganz liesonders der tragisch entwickelten geniiifs, dal's dieselbe Strafe, weiche der Grausame im Uebermutli iiher den Unschuldigen ver- liaugt, ihn dann seihst tritTt und ehen dadurch in ihrer Härte inotivirt ist. Der Zuhörer würde sonst niclit l)egreil'en, warum Amphiou und Zetlios das P2ntsetzliche ersinnen, und würde sich schaudernd vor dem Irevelhalten Ueher- mal's der Rache al)W'enden, wäiirend er die unerhitt- liclie Gerechtigkeit der Nemesis verehrt, welche die volle Wucht der eigenen Grausamkeit auf das Haupt des Schul- di"en zurückfallen läi'st. Und nun ujn die Katastrophe zu vollenden erhalten Amphion und Zethos von Dirke den Auftrag einen Stier einzutangen und die Strafe an Antiope zu vollziehen; sie sind als ihre Untergebene da- zu bereit^'). Hier, wo das Entsetzlichste vollführt werden soll, tritt nun mit Nothweudigkeit ein vollständiger Um- schwuni; ein. Der Hirte, welclier die ausgesetzten Knaben «efunden und erzogen iiat, kommt hinzu, erkennt Antiope, und bricht das aus Zärtlichkeit für die Pflegesöhne so lange bewaiirteScl)weigen"); er erklärt ihnen, es sei ihre Mutter, und indem er nun durch seine Erzählung das, was Antiope schon früiier ihren Söhnen gesagt hatte, bestätigt und ergänzt, wahrscheinlich auch unzweifelhalte uvayvioQio- fiuTu beibringt, erkennen die Söhne Antiope als ihre Mutter und jeder Zweifel an ihrer Abstammung für sie wird beseitigt, indem höchst wahrscheinlich Dirke sellist durch ihre Vorwürfe das zum Theil bestätigt hatte, was

sie der Antiope früher nicht iiatten glauben mögen. Die rülirende Scene der Wiedererkennung, in der sich Freude und Schmerz mischen "), wird unterbrochen durch die Rückkehr der Dirke, über welche nun das Geschick liereinbricht. Vergebens demütliigt sie sich vor der, welche sie mifshaiidelt hat, vergebens lieht sie um .Mitleid, das sie selbst nicht kannte, die Brüder führen sie fort und ein l5ote erzählt die furchtbare Strafe, welche sie er- litten haf*'). Ohreozeuge dieser liotschaft war wahr- scheinlich auch Lykos, der mittlerweile um seine Ge- mahlin zu schützen herbeigeeilt war. Da sich der Zorn der Brüder auch gegen ihn wendet, wird der sonst unver- meidliche Kampf durch die Erscheinung des Hermes verhindert, welcher dem Lykos gebietet seine Herr- schaft dem Amphiou abzutreten "*■).

Gehen wir zur Betrachtung der Kunstwerke über, so finden wir diese Sage und das stimmt vollkommen mit dem ül)erein, was über die Geschichte dersell)en be- merkt worden ist auf keinem älteren Kunstwerk dar- gestellt, sondern alle gehören einer Zeit an, in welcher der EinÜufs der 'l'ragödie vorherrschend war, welcher auch hier theils mit Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen, theils bestimmt nachzuweisen ist. Es erscheint daher am natürlichsten dieselben nach den charakteristischen Mo- menten, wie sie der Verlauf der 'J'ragödie ergiebt, ge- ordnet zu betrachten.

(Schlufs folgt.)

TOÜ TttvDOv (D.iyijVKi, y.tt'i ovrtag avQijvcti t^i' 'Aviionriv vtio TOÜ TKVQOv xtu ii7ioX(a!>c<i.

"■') Schul. Eur. Phoen. 102 ol yiiQ ntQi ZijOov xtu llfi- ffiovn Ixjt&^vitg vnb Tt); /^rixQÖg jlviiönr]; xal TQaqiivjig Iv 101'; ßoi'xöi.tJts iTJg JiQxr^i ißovxoi.ovv nüiij. vOTioov äk uanf- äwxiv KvTOig t!]1' 'AvtiOTZtji' ItjI io d'n'i lavttiuv äiciGTiciacii, o! i)t yroi'rts ccvjtjV /^tjjt\)a uvtiüi', avirjg ijtr i(f(i'a(trro riji> i^k Jti>xr]V vJto TtiJv TcwQtov äiiananuv. Scliol. Apoll. Rh. IV, 1090 7/ <Ji (fEvyti y.tel ).i](fOttaa nüXiv rors ittvrijg nctio'iv ixöCäojui, 'AuipCovt xal Zf)Oo). IvrcwOa ät Ixxcü.vmn 6 rnotflig ßov- xölog 10 ytyovög.

■"J Seine Worte sind sicher (fr. 41):

xon^og iJt aiyrjg oie(fciroi (h'Jpos ov xctxov. 10 ä' ix!.ai.oüv rov'i' rjdot'ljg fj'tv linjtrai, xitxöv ä' ö/^O.rju', ctaOtvig äi xat nolii. Vyl. Dio Clirjs. XV, 9 ö yäg ixiCvov vouivg o h zttig 'Ei.tv- lunuig xut i] yvvi\ rj jov vou^ug te).>.('jT()i(i ivQoviig it' t;7 ocFfi) ntuöfa t}v().6f.tiroi hQHfOv o'ig iwztäv, xctc oviSi laitoor txövjtg ovä^nori löuo/.öytjnay oti (iD.öjqioi ijnitv.

") Bei Pacuviiis redet Antioi)« die Söhne an (fr. 13); saloclc, ijemini, mcn jiroprines snuiiuhih !

*■') Dahin gehören die Verse (fr. 43):

TV/Ol ninii iliing, ti)/' ouov ).aßtüv yvredxii ttHohv änijv, fmaVM'.anMv nti. Dafs der wilde Stier, welchen die Brüder bündigen, und von dem Dirke im Sprunge durch Wälder und über Felsen fortgeschleift wird, bis sie zur Quelle wird, ursprünglich den im Winteisturm tosenden Giefsbacli des Gebirges bedeute, bezweifle ich nicht.

") Hjgin. fab. 8. ScIiol. Apoll. Kh IV, 1090 ihv öi ^(nx}]V (i ity()(ov KWQOV TiQoaih'iadviei äiitiil)i(Qovai, fjua- nifixpttfitvoi äi töv ^vxov tög (xäoJaovres rijv 'AvjioTirjV aifttiittv tufV.ov, 'r.nurig äk lx(ü).vne, iw Avxto öl 7jQoa(iit.'iiv 7i«nt(- yo)ni]ap.i jrjs ßaaiXiktg ciiijoig.

Hiezu Tafel LVl. LVll: Antiope und Dirke, Bildwerke zu Neapel und Vollerra.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zeitung, Jahrgang XI.

M 57 A. B.

September 1853.

Antiope und Dirke. Denkmiiler zur Odyssee. Allerlei: Bekleidung der Parzen.

I.

Antiope und Dirke.

(.Sclilufs.) Hiezii lue AhbiUlungen Taf. LVI. LVII.

Der erste Hloiueut*), welchen wir von der bildenden Kunst dargestellt sehen, ist der Wettstreit der bei- den Brüder: diesen finde ich aiil' zwei Kunstwerken.

Ein Wand^eniiilde, welches sich in Pompeji dreimal wiederholt findet'"), stellt in einer Felsengegend einen hekränzten Jüngling vor, mit Chlainys und Sandalen be- kleidet, der die Leier, welche er auf einen Pfeiler auf- stützt, mit dem Plectrum spielt und begeistert dazu singt"'). Ihm gegenüber sitzt auf einem Kelsstück mit unterge- lireiteter Chlamys ein Jüngling mit phrygischer Mütze und Sandalen; er stützt den linken Arm auf den Fels und lehnt das Haupt gegen die Hand, in der gesenkten Rechten halt er den Hirteostab; mit finstrer Miene hört er dem Kitharödea zu, neben ihm ist ein Rind zur Hälfte sichtbar. Finati (mus. Borb. X(, 23) erklärte die Darstellung für Apollou bei Laomedon, bestimmt durch den apollinischen Charakter des Kitharöden. Indessen sieht man nicht recht ein, wie ein Maler eine so bedeu- tungslose Situation wählen sollte, auch läf»t sich der finstere Ausdruck des Laomedon so wenig wie seine Darstellung als Hirte erklären. Braun (mon. ined. d. ist. II, 59, 3 ann. X p. 328 f.) erkannte deshalb in dem Hirten

Arges neben der in eine Kuh verwandelten lo und in dem Kitharöden Hermes, der ihn einschläfern will. Allein wenn gleich die Leier Hermes sonst wold zukommt, so ist doch bei diesem 3Iythos die Klöte bei Dichtern und Künstlern so constant, dafs man ohne Noth eine Aus- nahme nicht wird annehmen wollen. Dies Gemälde aber erklärt sich befriedigend, wenn man in den beiden Jüng- lingen Amphion und Zethos erkennt. Um einen jeden zu cliarakterisiren mul'ste Amphion dargestellt werden, wie er zur Kithar singt'"), Zethos ist durch den Hirtenstal» und das neben ihm siclitbare Rind bezeichnet; der Ge- gensatz zwischen beiden ist dadurcii ausgesprochen, dafs der göttliche Gesang, der selbst Thiere und Steine be- zauberte, von Zethos nur mit finsterem Widerwillen ver- nommen wird.

Eins der schönen Reliefs im Palazzo Spada zeigt uns vor einem mit Kränzen geschmückten kleinen Tempel, in welchem ein archaisches Bild der Artemis aufgestellt ist, eine ilerbe Jünglingsgestalt, nackt bis auf die um die Schenkel geworfene Chlamys, auf einem Felssteine be- quem sitzend; er lehnt den Kopf an die aufgestutzte Rechte und blickt nicht ohne Uebermuth auf einen zarter gehaltenen Jüngling, der ebenfalls bis auf die Chlamys nackt in ruhiger Haltung, die Linke auf den Rücken ge- legt vor ihm steht , mit der ausgestreckten Rechten eine Leier auf einen nelieu jenem stehenden Pfeiler stützt und ihn fest und klar anl)lickt. Ein Hund zu l<'ürsen des sitzenden Jünglings sieht wie sein Herr ijleichsam

'■) Miiiervini hat (Bull. Nap. I p. 2fi) auf einer Vase von Anzi mit rotlicn Figuren, wo eine nackte Frau in eiliger Flucht von einem eplieubekrünzten Satyr ereilt wird, Zeus und Antiope erkannt, weil fler Satyr durch niajestätiscbe Ge- sichtszüge sich auszeichne. Indessen erscheint mir diese von Gerhard (arcli. Zeitung I p. 7011.) gebilligte Deutung ebenso problematisch als die eines etruskisclien Spiegels (Ingbirami nion. Ktr. II, 17), wo Zeus mit dem l!lit/. eine nackte gellii- gelle Frau umarmt, während ein junger Satvr mit zwei Flöten neben ihnen steht, der nach Müllers (D. a. K. II, .3, 46) nicht annehmbarer Vermuthung die Verwandlung des Zous andeuten soll. Wahrscheinlicher hat Gerhard (etr. Spiegelst, 2) Semele

erkannt. Ueber die Gemmen, aut welchen man Zeus als Satyr hat erkennen wollen, nitheilt ganz richtig Zoega bass. I p. 195.

'") Schulz ann. X p. 329: neun casa di Cnslore e Polluve, nella casa della Caccia c nella casa delle pareti nere.

"') Diese Figur findet sich allein fast ganz genau wieder- holt auf einem herculanisclien Wandgemälde, pitt. d'Erc. III, I. Sie erinnert allerdings auch an den von Pliilostratos (im. I, 10) beschriebenen Amphion,

'■") Verg. ecl. II, 2:}:

canlo (/une solitus, si quandu armcnta vocabat, Ami>liion Dircaciis in Actnco Arac'jntho.

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tVagead zu dem vor ilim stehenden Jüngling auf. Nach- dem Guattani (tnon. iued. Vll p. 156fi'. Taf. 34) den Streit des Apollon und Hermes um die Leier in dieser Vorstellung erkannt hatte, hat Braun (zwölf Basreliefs Taf. 3) die richtige, auch von Welcker (alte Denkm. II p. 318fF.) gebilligte Deutung auf Zethos und Ampliion gegeben. Zethos ist wie bei Horaz als Jiiger charak- terisirt und es scheint mir als sei hier verschieden von dem Wandgemälde, mit dem die Uebereinstim- muug im Allgemeinen deutlich genug ist der Moment dargestellt, vro .Amphiou den N'orstelluugen des Bruders uachgiebt; denn der Pfeiler, auf welchen er die Leier stellt, ist unmittelbar neben diesem und vor dem Bilde der Artemis, in deren Heiligthum er sie gewisserraafsen niederlegt.

Die zweite Scene ist die WiedererkennuDg der An- tiope und ihrer Söhne. Hier wiirde ein berühmtes lierr- liches Relief den ersten Platz einnehmen, wenn diese Deutung desselben sicher stände. Bekanntlicli besitzen wir eine wundervolle Composition griecliischer Kunst in drei antiken Wiederholungen '). Eine jugendliclie weibliche Ge- stalt im dorischen Chiton und verschleiert nimmt die Mitte ein. Im Gehen begrilTen hält sie ihren Schritt an und legt mit dem Ausdruck schmerzlicher Zärtlichkeit ihre Linke auf die Schulter eines vor ihr stehenden jungen Mannes, der sie innig ansieht und mit seiner Hand sanft die ihrige berührt, als wolle er sie entfernen. Er ist mit einer Chlamys über dem Chiton, mit Stiefeln und mit einem eigenthümlichen Helm bekleidet und hält in der gesenkten Linken eine Leier. Hinter ihr steht ein .lüngling in Chiton und Chlarajs, den Hut im Nacken; .mcli er hält im Gehen an und fafst mit der Rechten leise die herabhängende Linke der Frau, als wolle er sie zur Umkehr mahnen. Diese drei Figuren sind auf dem Relief in Neapel durch die Beischriften ^Y^fiO

HYPIJIKH HPMHI bezeichnet, und es ist jetzt allgemein anerkannt, dafs dadurch die richtige Deutung gegeben ist. Eurydike vermag nicht von dem .Anblick des kaum wiedergewonnenen Gatten sich zu trennen, während er seines Fehls eingedenk in schmerzlicher Re- signation den Abschied herbeizuführen sucht, und auch Hermes sie sanft an die Nothwendigkeit ihm zu folgen mahnt. Das Ganze drückt eine Innigkeit des Gelühls, das in jedem anders nuancirt ist, mit einer einfachen Wahrheit aus und durch das edelste Mafshalten zu einer Harmonie verschmolzen, welche wohl nur die griechische Kunst erreicht hat. Nun finden sich aber im Relief des Louvre die Beischriften AMPHION ANTIOPA ZE- THOS. Indefs hat namentlich Zoega darauf aufmerk- sam gemacht, dafs wenn auch eine allgemeine Aehnlich- keit der Situation vorhanden ist, doch weder die Auffassung derselben überhaupt noch der einzelnen Figuren befrie- digend so zu erklären ist. Wie viel Wehmuth sich auch in die Freude dieses Wiedersehens mischen mochte, so gleich einem Abschiede konnte es doch nicht aufgefafst werden. Auch konnte bei der Wiedererkennung der Söhne Zethos nicht in dieser Weise gegen Amphion zu- rückgestellt werden, und ein Künstler, der ihre ungleiche Sinnesart auf diese Art hätte charakterisiren wollen, vürde sich nicht zugleich als ein solcher Meister in der feinsten Darstellung des Gefühls bewährt haben. Endlich palst die auffallende Tracht viel besser für Orpheus als für Amphion. Seitdem aber durch Zoegas gründliche von Welcker mitgetheilte Untersuchung ieststeht, dafs diese Inschriften modern sind^'), ist kein Grund vorhan- den an jener Deutung festzuhalten und die an sich keines- wegs zu leugnende Möglichkeit der schon im Alterthum versuchten Benutzung eines Motivs für einen verwandten Gegenstand'') auch in diesem Falle anzunehmen'^).

Leider steht ein anderes Kunstwerk, das walirschein-

'■') a. In Villa Albani, Zoega bass. 42.

b. Im Musto Borlionico, eliemals im Besitze des duca <li Caraffa Noja (Winckeliiiann mon. ined. p. 114), Gerhard Neap. ant. liildw. p. 67, 20ö. iiius. Borb. X, 62. Gargiulo racc. 11, 35.

c. Im Louvre, ehemals in Villa Borghese, Winckel- mann mon. ined. 185. Marini fr. Arv. \>. 121. Miliin gal. myth. 167 bis, 512. Clarac nms. de sc. 116, 212. vgl. Winckelmanns Werke V, [). 285 ff.

'■') Zoega hatte schon friilier Zweifel gcäiifsert (Bass. I |i. 62. 194), welche bei einer genauen Besichtigung in der Nähe vollkoMimen Lestätigt wurden, s. Welcker ann. V p. 157 f. alte Denkmäler II p. 319f.

'■'J Braun Bull. 1837 p. 33. vgl. Welcker alte Denkm. II p. 319 f.

'■') Ich habe die Deutung dieser Reliefs auf Orpheus und Eurydike ausführlicher zu unterstützen gesnclit, weil ich einen Verdacht gegen die griechisclien Inschriften nicht unterdrücken kann, damit, wenn auch diese äul'sere Autorität wegfallen sollte, die Krklärung nicht in Frage gestellt werde. In der That ist mir sowohl die Orthographie IIPjMIIX, JTYPfJIKE bei einem Kunstwerk von solcher Ausführung höchst bedenk- lich, als dals 3T*34''?0 der Richtung der Figur nach von der Rechten zur Linken gesclirieben ist, was (Veilicli auf Vasen liäulig ist, aber auf Reliefs soviel mir bekannt sich nicht hndet. In derselben Sammlung des duca di Carall'a Noja befand sich das Parisrelief mit griechischen Inschriften (Winckelmann mon. ined. IIa. nms. Borb. III, 40), das wie in ähnlichen Fällen zur Fälschung Anlafs geben mochte. Dafs man durch längere Zeit in Neapel das wenige Griechisch, das man konnte, ge-

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lieh liielier zu ziehen ist, an Schönheit und Bedeutsam- keit unendlicii hinter jenen Reliefs zurück. Ein etruskischer Spiegel der Duraiid'schen Sammlung stellt eine bekränzte Frau im dorischen Cliiton zvvisclien zwei Jiinnlingeu vor, welche ihr nuluierksnm zuhiiren. Beide sind his auf die Chlamys n;ickt; der welcher ihr zur Hechten steht hält ein Schwert in der Hand, der andere stützt eine Leier auf einen Pfeiler auf. Im Hintergrund ist wie oft auf Spiegeln ein tempelartiges Gehaude sichtbar. Die Deu- tung auf Antiope zwischen ihren Söhnen ist zuerst von Lenormant (cat. Durand p. 416, 1962) gegel)en und von Koulez in einer kleinen Schrift ausgeführt worden*'); mit Recht, glaube ich, nur darin scheint er mir gefehlt zu haben, dafs er den Zeitpunkt annimmt, wo die flüch- tige Antiope noch unerkannt ihren Söhnen ihr Schicksal erzählt. Denn olFenbar mufste dieser Moment bewegter und leidenschaftlicher in seinem Conilict nufgefafst werden, und dann gewinnt so das Schwert in der Hand des Zetlios eine ungleich energischere Bedeutung; welches übrigens Roulez als charakteristisches Sjmliol des Zethos sehr gut nachge- wiesen hat durch Vergleichung des schol. German. p. 50 B. alii vnliint Zullnim et Amphioiiem esse, ideo niius zonam, alter lyrinn licthet. Gerhard (etr. Spieg. 219), welcher von Roulez's Al)handluug keine Notiz genommen hat,

legentlicli anwandteiini Keliefsancli mit Inschriften zu schmücken, beweist das Karyatidenrelief in Neapel (Gerhard Neap. ant. Bildw. p. 132, 497. Mus. Borb. X, 59), von dem Relief bei Lupoli (iter Venus. Titelvign. p. 49) gar nicht zn reden.

'''') i. E. G. Roulez, Anipliion et Zütliiis, dissertation archeologique sur un niiroir etrnsijue. Liege 1S42. 8.

''J Auf einem anderen Spiegel sind genau dieselben Fi- guren dargestellt, in ihrer Mitte ein Jüngling mit Chlamjs und phrygischer Mütze. Gerhard (etr. Spiegel 122) sieht hier Paris und Hektor mit Deipliobos, ohne eine bestimmte Situa- tion zu bezeichnen. Mül man an der Deutung auf Aniphion und Zetlios festhalten, niülste man wohl Lykos in der Mittel- ligur annehmen; allein bei dieser Gattung von Kunstwerken wage ich nichts bestimmt zu behaupten.

'■) Vgl, Jacobs exerc. critt. II p. I39ff. anim. anth. Gr. III, 3 p. 620ff. Die Ueberschrift lautet Iv Kv^ixot ilg tüv vctöv Unoi.'/.wiCiSog, ii;s fjtjjnog ^AiTulov xu'i Evixtvovg, imyQi'ifjfxma il tii IK arvXoTJiVi'iXiu iy^ynciriTO, TiinifyoVJii i'cvtiyl.vifovg lajOQCctg, log vtiot^kcxtcci. Diese aivXonivcixia, welche mehr- mals als Reliefs bezeichnet werden , waren je an einer Säule {xCwv) angebracht. Man hat wohl nicht mit Unrecht die Säulen an einem Tempel in Labranda (Alterth. v. Jonien 4 Taf. 3. Choiseiil Gouflier voy. pitt. I pl. 10.5. Fellows Asia min. p. 2t)0. 262) denn nur dies eine Beispiel ist bekannt verglichen, an welchen eine viereckige Tafel, welche man bei der Cannelirnng hat stehen lassen, angebracht ist um In- schriften aufzunehmen. VVeIcker hat (Hall. Littztg. 1636 Oct. p. 226) damit zusammengestellt, dafs bei Livius (XXXVIII, 9) die Ambrakioten sieb beklagen orniimentis parieles pusiesque

glaubt Helena zwischen Hektor und Paris zu erkennen, eine Situation, die in keiner Weise eigenthümlich und scharf ausgeprägt sein würde"').

Zu den zahlreichsten und bedeutendsten Kunstwer- ken gab die Bestrafung der Dirke Veranlassung. Unter den Reliefs, mit welchen Attalos II den in Kyzikos zum Andenken seiner Mutter Apollonis Ol. 155, 3 erbauten Tempel schmückte '), sie stellten alle Beispiele der Kindesliebe dar zeigte das siebente die Bestrafung der Dirke, wie das darauf bezügliche Epigramm be- sagt '■')

Idi-Kfiwv xai Zfjdi, dvo axvXuxiv^tuTU, /JiQy.tjV

xTiivuTi ravd' öXtiiv ^lUTiQog'jivzloTtug, öia/ittov tjv nuQog ii/e öiu Crj'f.i'finva ft^viv,

vi'ii J' ixtzig uint) Xirynti' ödvQn/iitv?]. uyt xtn ix juvpnio xad^umiii dlnXuxu gii'qtjv, Zqga öi^iag oi'grj T)jad( xaiu '^vXö/ov'') und zwar, wie begreillich, den Moment, wo die Brüder im Begriff sind sie, die im letzten Augenblick vergel)licli um Mitleid fleht, an den mit Mühe gebändigten Stier zu fesseln, üeber die künstlerische Composition erfahren wir leider nichts Näheres, sell)st das ist nicht bestimmt angedeutet, ob Antiope dabei gegenwärtig ist.

Derselbe ist auf mehreren Gemmen und Münzen dar-

nuthilos ; allein die Pfosten der Tempelthüren konnten auf mancherlei Art geschmückt werden, wie schon die jiostihus affi.ra tropnea beweisen, und auch die von Welcker angeführte Stelle des Rufinus (bist. ecci. II, 29), welclier von den allent- halben, auch in jwstibtts angebrachten Büsten {thornces) des .Serapis spricht. Andere hielten die arvlonivuxia ohne Grund für Gemälde, und der von R. Rochette (peint. ant. p. 142ff.) vorgeschlagene Compromifs, dafs es gemalte Basreliefs ge- wesen seien, ist illusorisch, s. Letronne append. p. 85f. Diese Epigramme sind ohne Zweifel von Gregorius Magister, der in Kleinasien umherreiste und Epigramme abschrieb, welche in die Anthologie des Constantinus übergegangen sind (Hecker comm. crit. I p. 166f.), in Kyzikos von den Monumenten ab- geschrieben, wie auch die genaue Angabe der Localitäten be- weist. Dadurch erledigt sich auch Jacobs von Marquardt (Cyzicus p. 150) gebilligte Ansicht, die Epigramme hätten nicht im Tempel in Kyzikos gestanden, weil sie zu schlecht wären. Aber in üblem Zustaml fand sie wahrscheinlich Gregorius, weshalb er sie fehlerhaft abschrieb.

*") Dazu das Scholion; ö ißöouog 6/ft thqI ünxii^it filQrj 'Afxiilovog xtu ZrjSyov laioninv. ' * nQoacinrovrag javQb) Tijv ^1inx)jV, oji jriv firjT^nct aviüiv 'Avrionriv, äiü itjv ifftoQccv yivxco IM uvönX (tvirig vnö NvxTi'iog jov TKcroög üvTljg*, OQyr, (i]).OTii,Tiüg (i'(y/f9fTacc t'tfi^jQiog IjiuatnTjijaTO.

'") Ich habe die Verbesserungen von Jacobs aufgenommen, die Handsclirilt hat 1. oxvi.tvfiiacc Ji\)xtig, 3. ij, 4. ixiiijg, 5. Xtt9u7iteiai. 5 ist clye xal (x gewifs nicht richtig: Jacobs vermuthete icy^Cov ix, oder ük).' uye xüx, oder ülV llytj' (x, ünger parad, Theb. p. 83 tvye xal ix.

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gestellt, welche, wie natürlich, im Wesentlichen überein- stimmen, indem Zetlios und Ampliion mit vereinten Kräf- ten den Stier bändigen, während Dirke nm Mitleid fleht. Auf zwei unter einander genau übereinstimmenden Gem- men '") knieet sie und streckt bittend die Arme gegen den einen der Brüder aus; auf einer anderen (Granelle II, 52) liegt sie, halb auf der Erde und stützt sich mit dem einen Arm auf dieselbe. Auch auf einer Münze der Akra- sioten liegt Dirke mit nacktem Oberleib auf die Erde hingestreckt unter dem Stier, stützt sich auf den linken Elliibogen und fasst mit der ausgestreckten Rechten den Strick, der unter dem Stier durchgeht und an ihrem Kopf befestigt zu sein scheint. Den springenden Stier fal'st ein vor ihm stehender Jüngling mit der Rechten am Hörn, mit der Linken am Maul, ein hinter dem Stier stehender hält mit beiden Händen den an den Hörnern iestgebundenen Strick "'). Auf der Slünze von Thyatira"') ist Dirke sitzend vorgestellt und breitet Hellend ihre Anne

aus, während einer der Brüder sie bei den Haaren fafst. Diese Abweichungen hindern nicht, in diesen Darstellun- gen I\achi)ildungen eines berühmten Kunstwerkes zu sehen, wie in den meisten ähnlichen Fällen, wo diesellie Dar- stellung auf Gemmen und Münzen wiederholt ist, allein sie lassen auch keinen sicheren Schlufs zu, was bei diesen Veränderungen auf das Original und was auf die Willkühr des Copisten zurückzuführen sei.

Dafs dieses Original die Marmorgruppe sei, welche die Gebrüder Apollonios und Tauriskos aus Tralles in Rhodos aufgestellt hatten, von wo sie Asinius Pollio als eines der bewundertesten Meisterwerke der Sculptur nach Rom brachte'''), hat die gröfste Wahrscheiidiclikeit. Eben- so wenig können einzelne hie und da geäul'serte Bedenken die allgemein angenommene Ansicht zweifelhaft macheu, dafs die grofsartige unter dem Namen des toro Faruese weltberüiimte Gruppe in Neapel das Werk jener Künstler sei, soweit es nicht moderne Restauration ist"). Zwar

'") a. .Sarder einst im Besitz des Ritters Odani, abge- bildet bei Gori columb. Liv. Aug. \i. XXXV. Miliin gal. niyth. 140, 514. Müller Denkm. a. K. I, 47, 215c. b. antike Paste in Berlin. Winkelniann descr. p. .322, 54. Tülken Beschreib. |). 257, 6; abgebildet arcli. Beiträge T.if. 3, 3. "') Die Münze, eine Grofsbronze, ist angeführt im mus. Tbenpol. p. 933 und bei Kckhel D. N. ll[ p. 191; die Abbil- dung auf Taf. LVIII, 2 ist nach einem Abdruck gemacht, den mir Hr. Director Arneth gütigst niitgetheilt hat. Auf der \ üiderseite ist das Brustbild des bekränzten bärtigen Kaisers im Mantel mit der Umschrift ArTKAlCEnTCEOYHPOCll. "') Grofsbronze nüt dem Kopf des Alexander Severus, ex mns. Cranell, bei Kckhel numi vett. an. 15, 1 p. 269. Müller I). a. K. I, 47, 215c. Dieselbe Münze führt Kckhel (D. N. III, p. 122) mit dem Ko|)fe des Caracalla ex mus. Caes. an; dafs dies nnr durch einen Irrtliuni geschehen sei, und dasselbe Kxemplar nach Wien gekommen ist, beweist sein catal. mus. Caes. I p. 194, 4. Der Grund, weshalb auf diesen Münzen die Gruppe abgebildet ist, ist nicht genügend aufgeklärt. -Dafs die Künstler aus Tralles gebürtig waren, konnte die Thya- (irener und Akrasioten kaum dazu bestimmen; auch dafs Wiederholungen derselben sich dort befanden, ist eine will- kührliclie Annahme (Livezow niedic. Venus p. 63). Mas Jacobs (verm. Sehr. V p. 433 f.) bemerkt ist nicht frei von Irrthümern.

") Plin. XXXV, 5, 4, 34: PMio Asinius, ut fuit ntris vcliementiiie, sie (jni)ijne speelari jnonimenia siin vohät. in liis sunt Zellius vi Amjthion iic nirce cl Itiiiriis vincnlumquc ex eodcm hipiilv , a lihotlo inlojtia upera Apiillonii et 'l'nu- risci. pnrculnm lii rerinmen de se fecere, Meiicvratcn viilcri professi, seil esse nnturnlem Arlemiilorum. Dafs sie ans Tralles waren, nimmt man daraus ab, dafs Plinius unmittelbar anführt Jlermeniles Tauristi, non ciielnloris illius, sed Trnllinni. Die pretiose Wendung von dem cerlamen pnreitlnm bedeutet nur, dafs sie xuO^' voOtaCuv jMtvixrjuiovg tfüan ät 'Aoxtiiiäianou

waren, nach der auch in den von Rofs (rhein. Mus. N. F.IV p. 166 If.) herausgegebenen rhodischen Inschriften vorkommen- den Formel; wahrscheinlich entnahm Plinius seine Floskel einem Epigramm, das in diesem wie in ähnlichen Fällen neben dem Kunstwerk angebracht war. Heyne (ant. Aufs. II p. 209) vermuthele, dafs die Künstler „mit einer Art von Rücksicht auch auf zwei Brüder, Zethus und Amphion, das Sujet könne gewählt haben", und Avellino (descr. p. 53) meinte, in einer Zeit, da die Anspielungen bei den Archäologen so sehr im Credit ständen, sei diese nicht zu verachten. Gewifs nicht, und doch beachtete Heyne nicht einmal, dafs von beiden Zwillingspaaren, den darstellenden wie den dargestellten, das certamen parentum gilt, ja dafs einer von den Künstlern dieses taurus selbst Tauriskos liiefs. Doch es ist gefährlich mit Ab- surditäten Spafs zu treiben: es könnte einer sie für haare Münze nehmen. Aulfallend ist bei Plinius der Plural Oftera für eine Gruppe, von der er selbst rühmt, dafs sie aus einem Mein war; er hat ihn wohl gewählt, weil es mehrere Figuren waren und zwei daran gearbeitet hatten, doch sagt er vom Laokoon opus,

") Heynes Aufsatz (ant. Aufs. II p. 182(1.) hat das un- bestreitbare Verdienst darauf hingewiesen zu haben, dafs es an einer genauen Unterscheidung dessen, was an der Gruppe anlik und modern sei, noch fehle und ein sicheres üttheil so nicht möglich sei. Allein statt durch diese Unsicherheit des Bodens sich zur Ziuücklialtung mahnen zu lassen, hat er sich und auch in dieser Beziehung ist sein Aufsatz lehrreich zu sehr willKührlichen Vermuthimgen berechtigt gehalten, die gar ins Blaue gelien. Die (iruppe ist bei den ihermae Än- toninianae unter Paul III (1534 49) gefunden und kam in den Besitz der Farnese. Die ältesten Nachiicliten von Ulisse Aldroandi le stallte di Itomn (in Lucio Mamo le antichitä di Koma. Veued. 1556 p. 162 f. auch bei Fea miscell. I p. CCXII) und Vasari (vite de' pitt. III p. 267 Hott.) geben ülier die Restaurationen rur ungenügende Auskunft. Man glaubte anfangs die Grnj)pe stelle lierak'es mit dem Slier

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lial>en neuere Untersiiclniiigen"') Iiinreicliend dargetlian, iJafs alle nocli Vdrliaiulenen l''igiireii iirsprüriglicli zu der finippe geliörtei), auch sind die neu ergänzten Theile jetzt zienilii'li genau verzeichnet, allein eine scharfe mit technischer und kunsthistorischer Einsiclit unternoin- mene Prüfung, wie weit die Restaurationen richtig, oder andere walirscheinlich oder seihst nothwendig sind, ist leider noch immer niclit vorgenommen. Uehrigens ist die staunensvverihe Gruppe durcli Weicker neuerdings so scliiin und treiFend gewürdigt worden , dafs ich mich in den wesentlichen Punkten ihm nur aMschliefsen kann'"). [Taf. LVI, Ij. Auf den Felszackeii des Ivithaeron stellen die beiden kriiitigen Jünglingsgestalteu frei in l'ester Stellung und sind mit aller Anstrengung hemüht den wild sich haumeiiden Stier nur so lange zu hän- digen, dal's sie die zu ihren Hülsen liegende Dirke an (lensellien fesseln können. Sehr glücklich ist dieser Bloment gewählt, nicht nur als der günstigste für die Enlvvickehiug der ausgehilJetesten körperlichen Kraft, sondern weil er uns <lie Brüder, indem sie eine grausame Strafe vollziehen wollen, zunächst seihst einer grofsen Gefahr, die sie mit Kralt und Kühnheit üherwinden müssen, ausgesetzt zeigt und sie dadurch wahrhaft zu Helden in dieser Katastro|)he macht. Amphion die Leier, welche er nehen sich an einen Uaum gelehnt hat, njacht Ihn keuiitlich ist dem wüthenden Stier, der sich losreifsen wollle, rasch entgegen getreten und hat ihn mit der Rechten heim llorn, mit der Linken am Maul

gepackt, um ihn in seiner Gewalt zu hahen ; noch eine gewaltsame Bewegung des Tliiers und es stürzt den Jüng- ling von den h^elszacken heral). Zethos kommt ihm von der anderen Seite z\i Hülfe, er hat das um die llörner des Stiers geschlungne Seil gefafst , um demselben nach dieser Seite hin einen Ruck zu geben und ihn so zum Stehen zu bringen. Zu ihren Fiifsen liegt gewaltsam hinge- worfen Dirke und umfal'st ilehend mit der Rechten das Knie des Amphion. .Sehr gliicklich hat nun Müller (ann. XI p. 288) auf das ßruchslück eines Cammeo im museo IJorbonico') autuierksam gemacht, auf welchem der obere Theil des Arnphion mit dem Kopl des Stiers so genau mit der farnesischeii Gruppe ül)ereinstimmt, dafs man auch für die übrigen 'l'heile diese Ueberein- stimmung voraussetzen darf. Nun ist alier auch der obere '("heil der Dirke noch sichtbar und die rechte Hand des Zethos, welche ihr Haupt bei den Haaren gewaltsam zu- rückreifst; den rechten Arm hatte sie wie uiiwillkührlicli erhoben, während der linke gegen Amphion ausgestreckt war; auch gewahrt man noch den .Strick, mit dem sie unter der Brust zwiefach umschnürt ist. Höchst wahr- scheinlich war die Jlarmorgruppe ursprünglich iu der- sellten Weise componirt; denn bei der jetzigen Restaura- tion ist es müfsig, dals Zethos mit beiden Händen an dem Strick beschäftigt ist, und Dirke ist zu wenig mit den iibrigen Figuren in eine unmittelbare und uothweu- dige Verbindung gei)racht '^j. .Allein Müller glaubte nun, dafs der von Euripides ausgebildete Gegensatz im Cha-

vor, und so nennen beide die bereits ergänzte Grup|)e; Heyne sagt in den Vorlesimgen p. 2(j2: „Ich habe Kupfer nach flem Jahr 1500 gearbeitet und herausgegeben gesehen, worin Her- knies in der Gruppe erschien. Auch war in diesem Kupfer nur eine Figur zu bemerken". Wann sie von ?<euein, viel- leiclit weil man auf die Münze aufineiksani geworden war, restaiirirt sei, ist nicht bekannt; ein Holzschnitt in der Aus- gabe von Marlianis Topographie mit Zusätzen des Hier. Fer- rutius V. J. i588 stellt sie bereits in ihrem jetzigen Zustande vor. Was für Veränderungen bei der neuen Restauration in Neapel geniaclit worden sind, ist ebenfalls niclit genau bekannt. Von <\vn älteren Ablüldiingen mögen die bei de Cavalleriis, l'errier 100, iMaflei (oder de Kossil 48, von den neueren nms. Borb. XIV, 5. Gargiulo racc. I, S. 4 angeführt werden. Die Gruppe ist 18 Palmen Loch, die Basis 14 Palmen breit.

") Nach Winckelmann W. VI, I, p. 128 IF. Miszkowski, Zeitg. f. d. eleg. Welt IS.^0 no. 43. 44 und bei Weicker alte Denkm, I p. 3fi'j ff. Solani nius. Borb. \IV, f) p.3ll'.

"■) Weicker alte Denkmäler I p. 3,)2il'. vgl. Brunn Gesch. der griech. Künstler I p. 4!»') 11'. Fin ungünstigere» Urtheil fällt K. F. Hermann ges. Abliandl. p. 347.

''') Taf. 53, 1, nach der besseren Abbildung bei .\vel!ino Taf. 2. Ich linde von Niemand angemerkt, dafs die Hand, welche am Stier siebtbar ut, nicht die der Dirke sein kann.

Abgesehen davon, dafs sie mager und dürftig ist, so ist es physisch unmöglich, dafs sie bei dieser Haltung des Arms die volle innere Handdäche zeigte, so wie auch ihr Arm bis da- hin nicht reichen konnte. Einer Prüfung des Originals wird es überlassen bleiben dieses Bätlisel anlzuklären.

''") Ein Contorniat, den Fiioroni besafs und Gori (colunib. Liv. Aug. p. X.W) bekannt gemacht, nach einer von Hrn. Directür Arneth mitgetheilten Zeichnung Taf. LVIII, 1 neu allgebildet , zeigt auf der Vorderseite den Kopf des Homer, auf der anderen die Gruppe, auch darin mit der farnesiscLen übereinstimmend, dafs Zethos ilen Stiick mit beiden Händen falst, ilocli ist derselbe schon um den Leib der Dirke ge- wunden und wie es scheint an ihrem langen Haar befestigt, indem Dirke den rechten Arm mehr seitwärts ausstreckt.' Heyne (ant. Aufs. II p. 190) hielt ihn ich weifs nicht warum, für unecht. Auf der Münze von Tliyatira dagegen fafst Zethos Dirke ebenlälls bei den Ilaaren. Abweichend ist die Vor- .■ilelluiig eines Contoriüalen im nius. Hedervar. 11 p. 409, 27 impp. ae. tab. X, 9, nach einer ebenfalls von Hrn. Directoi Arneth mitgetheilten Zeichnung Taf. LVIII, Ib neu abge- bildet, wo ein nackter Jüngling einem aufwärts schreitenden Stier entgegentritt, der in beiden Händen, wie es scheint den Strick hält, niclit, wie in der ersten Abbildung, eine ge- schwungene Keule, vNÜhrend ein zweiter nebenher läuft. .\m

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rakter de/ beiden Brüder ein F^auptlnotiv für den Künstler gewesen sei, so dals Zetlios der eigentliche Rächer, Amphion nur der Helfer sei. Dem hat Weicker mit vollem Recht widersproclien, denn es gründet sich auf eine falsche Auffassung des Charakters des Ampliion wie der Gruppe. Freilich tritt bei Amphion das weichere Gefühl wie die musische Bildung hervor, aber beide machen ihn nicht schwach und unkräftig. Diese ist aller- dinos durch die Leier angedeutet, aber er hat sie weg- gesetzt, und so wie Apoiloii, wenn er die Leier abgelegt hat und Bogen und Pfeile ergreift, der strafende Gott ist, so ist auch Amphion liier allein der Rächer. Ebenso ist eine Andeutung seines weicheren Sinnes wohl darin gegeben, dafs Dirke sich ilelieiid an ihn wendet, allein dafs er sie nicht einmal anblickt, keine Regung von Theil- nabme und Mitleid zeigt, sondern ganz mit Leib und Seele bei dem Werk der Rache ist, hebt es nur um so schärfer hervor, dafs hier bei ihm von Weichheit des Gefühls keine Rede ist. Und so schön es ist, dafs er Mitleid mit dem Jammer der llüchtigen Antiope empfindet, auch ohne sie als seine Mutter zu erkennen, während sich Zetlios dabei nicht als grausam und gefühllos er- weist, sondern als den verständigen Mann, der überlegt, dafs er kein Recht hat die entlaufene Sklavin zu schützen, ebenso richtig ist es, dafs er gegenüber der grausamen Peinigerin seiner Mutter kein anderes Gefühl kennt als das der Rache''"). Auch ist es keine Aeul'serung einer besonderen Grausamkeit, wenn Zetlios Dirke bei den f^aaren ergreift, sondern die iiothwendige Folge der Situa- tion. Amphion wendet die äufserste Kraft an um den Un- sjestüin des wilden Thiers aufzuhalten, was ihm nur für einen Moment noch gelingen kann, Zetlios darf den Strick, an welchem er den Stier hält, nicht loslassen, so bleibt ihm nur die Linke frei um Dirke zu fassen, mit einem gewaltigen Ruck empor zu heben und vollends an den Stier zu fesseln '"). So v\ie dies geschehen ist, „lassen sie den Stier los" um mir Welckers Worte anzueig- nen — „mit Vorsicht zur Seite springend, er wirft sich lierab auf seine Füfse, macht einen Satz und schleppt schleudernd die Last an den Hörnern fort. Es ist wie

eine Mine, die im Losgehen begriffen ist: mit gröfster Kunst ist die Gruppe wie gewaltsam in den Augenblick zusaminengefafst, wo sie sich auf die regelloseste, wildeste Art entlalten soll. Der Confrast dieser Scenen, furcht- bare, rascheste, endlose Bewegung als unausbleibliche Folge eines durch Kraft und Gewandtheit herbeigeführten und glücklich benutzten flüchtigen Augenblicks des Still- haltens geben dem Bilde Leben und Energie in wunder- barem Mafse".

Im Hintergrund gewahrt man eine ruhig dastehende weibliche Figur, in einen Aermelchiton von feinem Zeug und einen Ueberwurf gekleidet. Genau läfst sich nicht angeben, welche Haltung sie gehabt habe, da ihre Hände wie der Ivopf ergänzt sind, jedenfalls hat sie ruhig und ohne an der Handlung unmittelbar Theil zu nehmen da- gestanden. Der unglückliche Einfall sie für eine Magd der Dirke, also eine ganz bedeutungslose Figur, zu halten ist von Weicker gebührend zurückgewiesen. Es kann, wie von jelier angenommen ist, nur Antiope sein. Wie Müller sagen konnte, diese sei der Handlung ziem- lich fremd, ist vollkommen unbegreiflich; Avellino (a. a. O. p. 62) hat mit Recht bemerkt, ihre Gegenwart begründe nicht nur die Bestrafung der Dirke, sie erscheine ge- wissermafsen als Nemesis, welche dieselbe sittlich recht- fertige. Ohne Zweifel war dies die Intention der Künstler, auch ist diese wohl zu fassen, wenn man die Gruppe so betrachtet, dafs Antiope im Hintergrund sichtbar wird, ohne sich an der Handlung zu betheiligen, ohne die Söhne anzutreiben, ohne Dirke von sich zu stofsen, die Rache, welche die Söhne für sie nehmen nur duldend, wie sie ihre Leiden ertrug, so dafs das Gefühl, welches die Söhne antreibt, in ihrer Person objectivirt erscheint. Allein es läfst sich nicht läugnen, dafs es den Künstlern nicht gelungen ist, diese Intention so vollständig in das Ganze ihrer Composition zu verweben, dafs die Figur der Antiope gleich den übrigen ein integrirender Theil der Gruppe geworden wäre; wodurch denn manche be- wogen sind dieselbe für nicht antik zu erklären, obgleich sie nicht nur mit dem alten Grund zusammenhängt, son- dern mit am besten erhalten ist. Namentlich von der

Boden knieet Dirke, die Hände über den Kopf erhoben. Auf

iler Vorderseite ist das Brustbild Trajans mit der ümsclirift

DIVO TKAIANO.

"'') I)iese Gesinnung ist offenbar aucli in iler Ermalinung

bei Euripides (fr. 4tjW.) ausgedrückt

TQtig tlaiv uQiTul. jag yotiiiv o' äaxtti; tixvov, &t(tvs ti Tiftäv, TOi/s (fvaavrag yovtis, vofiovq re y.oivov; 'E).).tiiSos. xrtl tkOi« ioüp xi'JMaxüv 'iitig azdfuvov tvxktCug lui.

Die Ueminiscenz an die sogenannten Gesetze des Triptole- inos in Eleusis: yortlg ti/xüv, ö^eoiif xa^noi; Ayält-tiv, ^ma fi!) alvtaOui (l'orpliyr. de abst. IV, 22. Hieron. adv. lovian. II, 14) ist auliallenil und gewifs niclit zufällig.

'") Dals Dirke mit den Haaren an den Stier gebunden sei, wie Hjgin lab. 8 sagt: Uirven ad tniirum crinibus alli- i/iitnm necnni, und die Münzen der Akrasioten und der iico- ronisclie Contorniat es darstellen, folgt daraus noch niclit; ea ist das natürlichste Mittel sie emporzureifsen.

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Seite gesehen, wo sie im V^orderprunde stellt und die liaiulelnden Personeu nur tlieilweise lieinerklicli sind, ist eine gewisse Leere heuerkUar; wie denn überhaupt, oh- wolil die Gruppe gewifs hestiiuint war von allen Seiten gesehen zu werden, doch der hei weitem bedeutendste Anl)lick der ist, wo man den handelnden Personen ge- genübersteht, wogegen alle anderen sehr zurücktreten.

Noch ist einiger Beiwerke zu gedenken, welche Zeit und Ort der Handlung bezeichnen. Neben Dirke stellt, zum Tlu'il durch ihr Gewand bedeckt, die gefloclilene Cista und auf der anderen Seite liegt hingeworfen ein zerbrochener Thyrsos und ein Epheukranz, zum Zeichen der so schrecklich gestörten bacchischen Feier, wie Heyne richtig mit Beziehung auf Euripides erkannte. Diese gewahrt man auch an einer absichtlich in klei- nerem MaFsstab gehalteneu männlichen Figur, welche zur Seite sitzt, mit Stiefeln, einer Nebris über dein Chiton bekleidet, das Haupt mit Fichten bekränzt, um die Brust nach Art der Bacchanten ein Epheugewinde ''). In ihm kann ich mit Levezow (Familie des Lykomedes p. 28) nur den Gott des Berges Kithaeron erkennen, der wie oft in Kunstwerken in seinem Aeufsern die darstellt, welche auf ihm verkehren ") ; nur ihm ziemt es, mit dieser Ruhe das entsetzliche Schauspiel zu betrachten, w.ihrend ein jeder Sterbliche auf irgend eine Weise, wenn auch nur durch eine lel)liiif!e Aeufserung seiner Empfindung sich an derselben hätte betheiligen müssen. Auch sonst ist die Natur des Gebirges durch viele an der felsartig be- arbeiteten Basis ringsumher angebrachten Tliiere und Thierscenen, die mit Sorgfalt ausgeführt sind ''), in einer Weise ausgedrückt, welche in griechischen Kunstwerken nicht gewöhnlich ist. Verwandt ist das Motiv eines Hirten- liundes, welcher neben Dirke am Felsen einporspringt und gegen den Stier anbellt. Vergleichen kann man damit wohl den Hund auf dem Relief Spada, allein die grofse Verschiedenheit der Situation springt in die Augen. Dafs hier ein so naiv naturalistisches Motiv unmittelbar in die hochpathetische Situation hineingebracht ist, mahnt uns ebenso wie das Behagen , mit welchem die Sceneu des 'I'hierlebens daneben ausgeführt sind, an die Zeit der Entstehung der Gruppe, in welcher man eine starke Auf-

regung durch die Darstellung heftiger Leidenschaften, sj)anneuder und entsetzlicher Begebenheiten und zugleich, wie zur Abspannung, idyllische und genremäfsige Natür- lichkeit und Behaglichkeit verlangte. Den Charakter dieser Zeit verleugnet die Gruppe nicht, aber sie bewährt auch die Kraft und Kühnheit derselben, welche die ungewöhn- liche und schwierige Aufgabe mit Vorliebe wählt und nicht nur im Besitze jeder technischen Äleisterschaft mit Sicherheit zu lösen, sondern im lebendigen Verständnils der poetischen Schöpfungen der Blüthezeit geistig zu bewältigen und zum Kunstwerk zu gestalten fähig ist "). ['I'afel LVI, 2—7.] Interessant sind die von Avellino bekannt gemachten, nach Finatis Angabe (inus. Borb. XIV tav. 4 p. 9) vor reichlich zwanzig Jahren in Pompeji ge- fundenen Ueberreste einer in Elfenbein gearbeiteten Gruppe, deren Figuren ganz frei ausgearbeitet doch mit einem Grunde zusammenhingen "). Die Aehnlichkeit mit der farnesischen Gruj)pe in der Anordnung im Allge- meinen ist auch in diesen Bruchstücken noch ebenso erkennbar als die vollkommene Verschiedenheit in der geistigen Auffassung. Denn während dort das leiden- schaftlichste Pathos und die angespannteste Kraft herr- schen, ist hier der Ausiiruck zu elegischer Trauer und zur möglichsten Ruhe herabgestimmt, die der Gegenstand nur verträgt. Alan kann daher von einer eigentlichen Nachbildung kaum reden, wenn gleich die farnesische Gruppe zu Grunde liegt. Am meisten entsprechen die Bruchstücke des Zethos (2. 3. 6.) dem der Marmorgruppe; auch er trat mit dem zurückgesetzten linken Fufs fest auf und setzte den rechten etwas höher auf; von dem rechten Arm ist genug erhalten um zu sehen, dafs er ihn in die Höhe hielt, gewifs mit dem Strick. Ganz verschie- den ist Dirke (5) und giebt deshalb auch leider gar keinen Aufschlufs über die ursprüngliche Composition dieses 'l'heils der Marmorgruppe. Sie ist in sitzender Stellung; der Strick ist bereits um den Oberleib geschnürt, den rechten Arm hob sie empor, und da sie Zethos zuge- kehrt ist, ist es wahrscheinlich, dafs er sie bei diesem gefafst hielt. Ihrer ruhigen Haltung entspricht der ge- mäfsigte Ausdruck ihres Gesichts, in welchem sich eine resiguirte Trauer ausspricht, welche es kaum noch wagt

") Winckeliiiann inon. ined. 200. Visconti mus. Pio- Clem. IV, 20.

■') Vgl. arcliäol. Beiträge p. 45.

'') .Sie ist genau abgehildet nius. ßorb.XIV, 6. Löwen anzubringen gab die Sage vom kithaeronisclien Löwen einen bestimmten Grund (Paus. I, 41, 4 vgl. Dnger jiarad. Theb. |i. 401); Löwe uml Adler bezeichnen auch auf<lem Wandge- mälde von Telephos Auflindung das rauhe Gebirge (arch.

Zeit. X, |i. 479f.). p^ine astrononiisclie Krklärung aller Thiere gab Sancliez il gran musaico Pompejann p. 105 ff.

'•') Die Vermnthung Müllers (ant. Antioch. p. 82), die von Johannes jMalalas erwälinlen .Stadien der thebanisclien Dioskuren (s. Anm. IS) sei eine NaclibiMung der farnesi- schen Gruppe, ist schon von Weicker als unbegründet und unwahrscheinlich zurückgewiesen.

'') Avellino Taf. 2, danach Taf. 56, 2-8.

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um Mitleid zu liehen und vorwurfsvoll auf den Radier sieht: das Dild einer stillen Dulderin, welches der leiden- schaftlichen Dirke wenig entspricht. Selbst der Kopf des Stiers (7) zei^t nichts von unbändiger Wildheit, sondern nur den finstern ßlick, der diesen 'J'hieren eigen ist, übrigens scheint er geziiJimt und keinen Widerstand zu leisten. Die rechte fland Ainphions die das Hörn gefafst hielt ist erhalten, ebenso der linke Arm (S), dessen Bedeutung nicht ganz klar ist; hätte er den Stier damit am Maul gepackt, müfsten sich die Spuren davon am Kopf des Stiers erlialten lial)en. Das Gesicht Amphions denn auch sein Kopf ist erhalten (4) zeigt weder Anstrengung noch Leidenscliait , sondern hat ebenfalls einen elegischen Ausdruck nicht ohne eine gewisse ideale Haltung. Gewifs ist, dafs uns diese Köpfe keine Vor- stellung von denen geben, welche Apollonios und Tau- riskos gebildet hatten.

Es ist eine merkwürdige Erscheinung, dafs vier Wand- gemälde, welche die Bestrafung der Dirke vorstellen, keinen bestimmenden Einflufs der schon im Alterthum bewunderten Gruppe, die ftir eine malerische Nachbildung so sehr geeignet war, wahrnehmen lassen, dal's sie ferner auch unter sich keine Verwandtschaft zeigen und endlich den Gegenstand, der zu lebendiger, ergreifender Darstellung aufforderte, nur matt und ohne poetische Auffassung der in demselben liegenden Motive wiedergeben. Diese Wahrnehmung bestätigt, dafs die Leistung der trallianischen Künstler, zu einer Zeit entstanden da der Einflufs der euri- pideischen Tragödie in voller lebendiger Wirksamkeit war, wie die meisten jener Zeit eine vereinzelte war, und die Fähigkeit, zu einer Reihe von neuen aus diesem Keime sich hervorbildenden Kunstschöpfungen anzuregen nicht mehr in sich trug, auch eine dem entsprechende Empfäng- lichkeit nicht mehr vorfand "'^). Dagegen finden wir, dal's die Mythen , welche vom Epos durchgebildet in dieser poetischen Gestaltung im Volk lebendig geworden und von der bildenden Kunst zu der Zeit, wo sie von innen her- aus wahrhaft schöpferisch war, eifafst worden vjaren, bis in die späteste Zeit der Kunstiibung hinab in einer Weise dargestellt werden, dafs bei aller Mannigfaltigkeit, aller

■") So ist es denn wohl auch nicht zufällig, dafs I'linius kein Gemäliie anfiilirt, welches diesen Gegenstand ilarstellte, und was noch uiigleicli aiillallender ist ilais auf riiinisclien Sarcopliagreliels, die sonst den bei weitem gröfsten Tlieil der vulgären Mythen umfassen, diese .Sage sich gar nicht (indet. Auch Ovid hat die Verwandlung der Dirke nicht in den Meta- niori)hosen erzählt. Dafs I'ropirz durch die neuerdings nach Koni gebrachte rliodisclie Grnpiie zu seiner Klegie angeregt worden sei, ist eine wahrscheinlichem >einiiitliuiig Ilertzbergs; wenn ich mit Recht hei ihm mehrere euriiudeische Motive

l''reil)eit im Aus- und Umbilden, der feste unerschütter- liche Grund einer nationalen Kunst, aus dem diese Ge- bilde erwachsen sind, gewahrt bleibt. Die Tragödie des Euripides, wie mächtig sie auch seine Zeit ergriff, und die Gebildeten aller Zeiten interessirte, war nicht mehr volksthümlich und auch die Kunst, welche durch sie an- geregt wurde, mufste denselben Charakter des Indivi- duellen tragen, und konnte daher auch nicht io der Weise fortzeugend wirken wie die vom Volksgeist ge- borene es vermocht hatte.

Das im Jahr 1833 in Herculanum entdeckte Ge- mälde ") entspricht der farnesischen Gruppe noch am ehesten. Amphion hat den rennenden Stier beim Hörn und bei der Schnauze gepackt, Dirke kideet mit entblöfs- tem Oberleib, um welchen der Strick unter den Brüsten gewunden ist, am Boden und umfafst mit der Rechten sein Bein, oline ihn anzusehen, während sie die Linke gen Himmel streckt. Zethos schreitet auf der anderen Seite neben dem Stier und hat ihn mit der Linken beim Schwanz gefafst, indefs er in der Rechten den um dessen Hörn geschlungenen Strick hält. Wenn man hier auch gewisse Reminiscenzen an die Gruppe anerkennen möchte, so ist doch ich sage nicht von dem Feuer und Geist derselben, sondern vom Verständnifs der einzelnen Mo- tive so gar nichts zu spüren, dafs von unmittelbarer Ableitung kaum die Rede sein kann. Ebenso nichts- sagend, wie die Gruppe, ist die Figur fies bärtigen Mannes im kurzen Chiton und mit der Chlamys, der einen Stab in der L'uken aus einer Felshöhle herbeieilt und ver- wundert die Rechte ausstreckt. Wenn es der alte Hirt sein soll, wie es den Anschein hat, so begreift man kaum, dafs er jetzt erst, und voll Verwunderung dazu kommt; wäre Lykos gemeint, so erwartet man königliche Erschei- nung, auch vielmehr AeuCserung des Entsetzeus als der Verwunderung. Im Hintergründe gewahrt man eine am t'^els liinaufgebaute Stadt mit stattlichen Gebäuden und mit Mauern und runden Tiiürmen umgeben, wie sie auf antiken Gemälden nicht eben häufig sind ") und hier um so auffallender, da sie mit der alten geläufigen Sage, dafs Amphion die Mauern von Theben erbauet habe, im

erkannt habe, so würde das dafiir sprechen, dafs man damals den Zusanuiieiiliang zwischen der Tragödie und der Gruppe sehr wohl kannte.

'') Avellino a.a.O. Taf. 3 p. 5S11. Bonurci (null. 1834 p. 148) erkannte darin nach einer wohl nur ihm bekannten Wendung der Sage „it momeulo tu citi D'ircc c perdotiata diiir ull'esit Anliope, ed e scioltn dnllc fiiiii, che Vaovolye- rniio alle curiie del fitrioso anbiKile".

') Vgb ann. d. inst. Will p. 170.

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VVidersprucli stellen. Aus einem Tlior kommt ein junger Mensch, der einen Stall über die Sciiulter gelegt liat, hervor, ohne sich um das zu kümmern was vorgeht.

Ein um dieselbe Zeit aufgelundenes pomjieianisches (iemiilde ") ist ehenlalls weder durch Anllassung noch Ausliihrung bedeutend. Dirke ist an den Stier gefesselt, indem der um ihren nackten Oberleib geschlungene Strick dem Stier um den Leib gebunden ist, so dal's auch ihre linke Hand mit an denselben festgeschniii t ist; sie liegt mit ciusgestreckten Beinen an der Erde, auf welche sie sich noch mit dem rechten Arm stützt. Im Haar tragt sie den bacchischen Epheukraiiz und auch ihr Gesicht drückt mehr ekstatische Erregung als Entsetzen und Todes- angst aus. Der Stier hat sich noch nicht in Lauf gesetzt; stutzig gemacht durch die ungewohnte Last und den Widerstand tier sich entgegenstemmenden Dirke, bleibt er stehen und mit HÜthendem I5lick, ausgestreckter Zunge senkt er den Kopl um mit den Hürnern die Erde auf- zuwühlen. Zum Theii ist diese Bewegung alier auch l'olge des Widerstandes, welchen er Amphioo entgegen setzt, der ihn an dem um die Horner gewundenen Strick mit beiden Händen vorwärts zu ziehen bemüht ist. Neben Amphion , der mit Chiton, Chlamys und Stieliln bekleidet ist, steht eine mit langem Chiton und darüber geworfenem Mantel bekleidete Frau, welche auf Dirke blickt und ihre Rechte auf die Hand Amphions legt. Dafs es Antiope sei ist nicht zweifelhaft, wohl aber die Bedeutung ihrer Geberde, ob sie, wie meistens an- genommen wird, den Sohn zur Beschleunigung der Rache

antreiben, oder, wie R. Rochette meint und auch mir natürlicher scheint, im Hinblick auf Dirke von I\Iitleid ergrilTen ihn zurücklialten will: auch der Ausdruck ihres Gesichts gielit darüber keinen sicheren Aufschlul's. Die Figur und Haltung des Amphion ist übrigens weder be- deutend noch edel. Auf der anderen Seite steht Zethos, durch das .Schwert in der Rechten kenntlich '*"_), nackt bis auf die Chlamys, die Lanze in der Linken und blickt auf die Gruppe, wahrend er zugleich einem bärtigen Mann mit Aerraelchitou, Chlamys und Kruramstab zuhört, der, wie die Geberde mit ausgestrecktem Zeigefinger der erhobenen Rechten andeutet, eine wichtige Mahnung ausspricht. Was für eine Mittheilung der Alte der mehr einem Pädagogen als einem Hirten gleicht ihm in diesem Augenblick noch zu machen hat, das können wir bei unserer Kenntoifs der Sage nicht ermitteln, da- her auch der Gedanke, welcher den Maler diese beiden Gruppen einander so gegenüberstellen liefs, uns nicht klar wird"'). Den Hintergrund bilden hier Bäume und Felsen, unter denen ein grofser Felsblotk, der quer über zwei Felszacken gelegt ist, aufFällt "').

Ein drittes in Pomjjeji im Jahre 1845 aufgegrabenes Wandgemälde ist bis jetzt leider nur durch eine Beschrei- bung bekaimt"'J. Dirke, nackt und am Boden hinge- streckt, ist mit der Rechten an die Seite des Stiers ge- bunden, welcher mit dem Rücken gegen den Beschauer gekehrt im rasenden Lauf nach der Rechten hin sie fort- schleift. Auf der einen Seite dieser Hauptgruppe eilt im Hintergrunde Amphion, die Leier mit einer Tänie in

"') Avellino a. a. O. Taf. 4 p. 60 ff. Zahn Ornam. iiml Gem. 11,3. nins. IJorb. XIV, 4. R. Rocliette chuix de peint. 23 p. 277(f. Schulz im Bull. 1S35, p. 39 bemerkt, das Bild sei di un vsecuzionc pocu pregevole, und lt. Rochette stimmt ihm bei. Avellino sagt, es sei dem herkidanischen vorzuziehen per In mnyyior hellczzii ileJIa composizione cd csecuziuiie stin, Finali aber behauptet, es gehöre zu den schönsten antiken Gemahlen des Museums pcl merilo delV aric e per la im- porlnnzn del sugi/ctto.

'") S. oben S. b!>. Diesen Jüngling Amphion und den anderen Zethos gegen den Augenschein zu nennen, wie Finati und Härtung (Eurip. rest. II p. 428) es thun, ist wohl nur durch die falsche Voraussetzung hervorgerufen, es sei dem Charakter Amphions nicht angemessen sich so an der Aus- führung der Rache zu betheiligen. Die Verse des Seneca, welche Minervini (Bull. Nap. IV p. 149) anführt, von der Todtenbeschwöi'ung iles Tiresias (Oed. (j09) prhnits emerijit solu dextra fcroccm cornibus tnurutii prauctis Zelhus, manuqiie sustinct Ineva chehjn fjui sa.va diihi trnjcit Amphion sono können hielür nichts beweisen, da dort die beiden Brüder

nicht in einer gemeinsamen Handlung geschildert sind: sonst würden sie ja auch beweisen, dafs in der farnesischen Gruppe Aini)hion vielmehr Zethos zu nennen sei, was der Leier wegen unmöglich ist.

"') iMan könnte etwa daran denken, dafs er ihn vor der Rache des Lykos warne und ihm die List angebe, durch welche sie ihn in ihre Gewalt bringen könnten; s. Anni.4!,

"^j Avellino {a. a. 0. p. 64) hat den Einfall, dadurch solle der Mauerbau angedeutet werden, indem die Steine schon angefangen hätten sich in Onlnung zu stellen, welcher Cavedoni so entzückt hat, dafs er ihn als Beweis anlührt (Bull. Napol.IV p. 44) „come clii iiacque in quelle ameue contrnde della Magna Grecia mcglio d'ogni «Uro jjkö indngare il concetto del genio degli nntichi artefici, che in csso fioriroiio". Mir scheint er schon deshalb nicht glücklich , weil ähnliches sich auch auf andern porn|iejani5chen Gemälden ündet z. B. dem der Jagd (K. Rochette clioix de peint. 16 Zahn Ornament. III, 5) R. Kocliette erinnert an ilie Aehnlichkeit mit den celtischen ilolmens, deren asiatischen Ursprung er nachzuweisen ver- spricht.

"') Avellino Bull. Nap. IM p. S3f. Kunstblatt 1S4j no. 75 p. 310. Brunn, Berl. Jahrb. I84(i, 1 p 723.

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der Linken, mit erhobener Rechten aus einem grofsen von quadraten Steinen gebauten Thor liervor auf den Stier zu. Auf der anderen Seite desselben entfernt sich ein Mann mit Chiton und Chlamys eilig mit erho- bener Rechten, zwei andere begegnen einander und der eine zeigt mit einem Stab auf Diriie hin. Endlich ist noch ein junger Mann im Chiton dargestellt, der mit beiden Händen eine Lanze halt und damit einen nackten Mann bedroht, der zur Erde gefallen ist , auf die er sich mit der Linken stützt, während er mit der Rechten die Lanze abzuwehren sucht. Man kann kaum anders als mit Avellino in ihnen Zethos und Lykos erkennen. Auch nach den iiistorisirenden Berichten, welche den deus ex machina, der bei Euripides Frieden stiftet, nicht gebrauchen konn- ten, kommt es zum Kampf und Lykos wird getödtef'). Auffallend ist es freilich, dafs Lykos ganz nackt gebildet sein soll. Wenn aber Avellino annalim, Amphion habe an der Rache keinen Theil genommen und eile erst jetzt herbei , nachdem Zethos sie vollzogen , so kann icli ihm darin nicht beistimmen. Soweit ich nach der Be- schreibung urtheilen darf, scheint mir die natürlichste Auf- fassung zu sein, dals die Strafe vollzogen ist und die nächsten Folgen derselben bereits eintreten. Lykos ist zu spät zur Hülfe herbeigeeilt und Zethos nimmt den Kampf mit ihm auf, während Amphion nach vollbrachter Rache die Leier ergreift, wie es bei Propertius (IV, 35, 41) heifst

prata cnienltintur Zctlio, victorquc cunehat paeana Amphion rttpe, Aracynlhe, tua, als dessen unmittelbare Folge hier allerdings der Mauer- bau aufgefal'st zu sein scheint'').

Sehr roh ist die Vorstellung auf dem Wandgemälde eines in der Villa Pamfili in Rom entdeckten Columba- riums, welches ich nach der in München in den vereinig- ten Sammlungen befindlichen treuen Copie beschreibe. Auf demselben eilt ein nackter Jüngling mit einem sprin- genden Stier herbei, den er bei den Hörnern hält. Vor diesem liegt auf der Erde eine Frau im Chiton mit einem

Ueberwurf um die Schenkel, mit dem Oberleib aufge- richtet, beide Arme ausgestreckt; ein nackter Jüngling eilt mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Wer hier Zethos, und wer Amphion zu benennen sei, kann man schwerlich bestimmen. Zur Seite sitzt nocli auf einem Fels- stein eine Gestalt mit kurzem Haar, im dorischen Chiton, der die Waden entblüfst läfst; sie liat den linken Arm be- quem auf den Fels gelegt und streckt die Rechte be- fehlend aus. Man wird in ihr doch wohl nur Antiope erkennen können, welche ihre Söhne zur Rache auffor- dert"); und vielleicht soll ihre ungewöhnliche Erschei- nung die flüchtige, gemifshandelte Sclavin charakterisiren.

Bei drei etruskischen Sarcophagreliefs, welche diesen Gegenstand vorstellen, wiederholt sich eine ähnliche Er- scheinung wie bei den Wandgemälden. Während auf den- selben meistens die Darstellungen einer Sage, wie oft sie auch wiederholt sind, in den wesentlichen Punkten so miteinander übereinstimmen, dafs der denselben zu Grunde liegende Typus durch alle Variationen hindurch mit Sicherheit zu erkennen ist, finden wir hier drei Darstellungen so ganz von einander verschieden, dafs man sieht, ein Vorbild von allgemeiner Geltung war nicht vorhanden.

Die einfachste Darstellung ist die eines volaterra- nischen Sarcophags, der sehr durch die Zeit entstellt ist*'). Ein junger Mann, mit Stiefeln an den t'üfsen, übrigens nackt, die Chlamys über dem linken Arm, führt einen wilden springenden Stier am Strick, der zwar nicht mehr sichtbar ist, aber nicht fehlen konnte. Unter dem- selben knieet eine fast ganz nackte Frau ihr Gewand bedeckt nur den einen Schenkel , sie stützt sich mit der Linken auf einen Stein und erhebt die Rechte angst- voll gegen den Jüngling von dem sie den Blick abwendet. Vor dem Stier schreitet ein geflügelter Mann nach Uhden ist er bärtig, in der Zeichnung jugendlich die Chlamys um die linke Hand gewickelt; er sieht sicli nach dem Stier um und scheint mit der Keule in der erhobenen Rechten einen heftigen Streich gegen densel- ben zu führen. Auf der anderen Seite steht hinter dem

'*) Fans. IX, 5, 3 Avxov äi ot lij; ylvjiuni]i naiöig rij ixu^ri -/.naiovaiv. myth. Vat. 11, 74 niatris iniurins vindicnturi Ltjcum interfecerunt ; vgl. I, 97.

"') Amphion die Leier spielend, während die Steine zu- sammenlaufen und sich zur ^Alauer bililtn, war der Gegen- stand eines vonl'bilostratos (im. I, lOj beschriebenen Gemäldes. Apollonios Kliodios (I, 73j) führt unter den Darstellungen eines kunstreichen Gewebes auch folgende an:

tv ä' iaav 'AvjiÖTiijS 'AauiviCäog vUt äouö, lAnifCiov xal ZfjSos, ünv(>yo>Tos <J" tri. &^ßl ,

xeTzo 7iO.it;, rljs o'i'yc v(ov ß('0.).ov7o Ho/iaCovs

ovQlog rjlißüroio xciQt], ftoytova ioixiui. l-tfiifCu)V <)" inl Ol XQVOO) (fOQfiiyyi liyaCviov j/'(f, (fts löaar] äk fitt' X/via vtCaezo n^igt]. Diese Stelle ist nachgeahmt von Nonnos XXV, 4I3ff. bei der Beschreibung vom Schilde des Dionysos.

^'') loa. Mal. p. 48 xitl XvOiTatt iiov iSiaftiöv 7} 'Aviiönt] in^TQSipf ToTg iiSiotg avrijg nniaiv, llfitfCovi xcii ZrjOoi, (fovivani triv /liQxi]V.

*'') Kine genaue Beschreibung gab Uhden (Abhandlungen der Berl. Akad. 1817 p. 33); abgebildet ist das Relief bei Inghirami gall. Omer. IV, 60 arch. Ztg. 1852 Taf. XLVIII.

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Stier eine Frau, welclie ein sclileierartiges Gewand ül)er den Kopf und den Rücken gellängt hat, so dal's der \ ordere Theil ilires Körpers ganz entblöfst ist; sie wendet ihr Haupt von der Scene ab und hat mit der Linken den Ziplel ihres Gewandes gelafst, wie um sicli zu ver- schleiern.

Bei diesem Relief ist die grol'se Vorliel)e für das Nackte anifallend, welche gegen die Neigung der Etrusker lur schwere, faltenreiche Bekleidung merkwürdig al)sticht. Die Deutung der Hauptgruppe ist klar, ol)gleich schwer zu entscheiden wiire, oh Zetlios oder Ainphion gemeint sei; denn die Stiefeln, mit welchen wir den letzten mehr- mals bekleidet gefunden haben , möchte ich Jiicr nicht geltend machen. Schwierigkeiten machen die anderen Figuren. Die inärmliche möchte man am liebsten für den zweiten Bruder nelimen; allein mit Gerhard (archäologisclie Zeitung 1852 pag. 504) getraue ich mir nicht einen gellügelten Zethos oder Amphion vor- auszusetzen. Ebensowenig läl'st sich läugnen, dafs ein Dämon des Todes, wie Inghirami will, oder des wütlien- den Stieres, wie Uhden meinte, auf diese Weise hier dar- gestellt sehr befremdlich ist; ich fürchte, dafs bei dem ül)len Zustande des Reliefs kaum eine Entscheidung möglich sein wird. Auch in der nackten weiblichen Figur Antiope zu erkennen sträubt sich das Gefühl ; und wenn man nicht eine blol'se Willkühr des persönlichen Ge- schmacks des Künstlers annehmen will , finde ich keine andere Aushülfe als die Annahme, dafs Antiope entkleidet hat geschleift werden sollen, wodurch auch die Ent- blöfsung der Dirke gewissermafsen erklärt würde; aber eine befriedigende Rechtfertigung ist dies bei Weitem nicht. Wiederum ist mir auch unter den allegorischen «eil)lichen Figuren der etruskischen Sarkophagreliefs keine ganz entsprechende bekannt, und auch die ziemlich entblöfste Figur, welche namentlich bei der Wiederer- kennung des Paris nicht zu fehlen pflegt und für Venus gilt, ist doch noch verschieden"), und wie käme Aphro- dite zur Bestrafung der Dirke? Auch diesen Zweifel ver- mag ich nicht zu lösen.

"') Vgl. arcliiiol. Beiträge p. 343.

^'') Abgebildet bei Dorow vojage archeologique dans Tancienne Ktrurie Taf. 14 p. 10. Inghirami gall. Onier. III, 59. arcls. Zeit. 1^.32 Taf. XLVIl, wo es im Druck verkehrt ist.

'") Der Strick um den Leib ist bei Dorow deutlich zu erkennen, ancb wäre sonst ihre Stellung schlechterdings un- erklärlich. Fast könnte es sclieinen, als sei sie an den Schwanz des Stiers gebunden, doch ist das kaum glaublich und der Strick am Stier wohl aus Ungenauigkeit nicht angegeben. Zwar in der lächerlichen Parodie bei Lucian (asin.23), wo der Esel die Alte wie eine zweite Dirke fortschleift, heilst es

Einen späteren Moment stellt ein Sarkophag in <,'ortona vor'''). Ein nackter Jüngling mit flatternder Chlamys hat einen dahinrennenden Stier bei den Hörnern gefafst und sucht ihn zugleich mit angestemmtem Knie zu bändigen, ein anderer Jüngling mit Chiton und Chla- mys tritt ihm entgegen und packt ihn beim Nacken und in die Wammen; diesen soll die reichere Kleidung wohl als Amphion bezeichne. Dirke mit einem langen Chiton, der die rechte Brust entblöfst läfst, und einem Ueber- wurf bekleidet, der im Bogen ül)er ihrem Haupt flattert, auch nüt Hals- und Armbändern geschmückt, ist mit einem unter den Brüsten um ihren Leib geschlungenen Strick an den Stier festgebunden'") und wird von ihm fortge- schleift, flehend breitet sie ihre Arme aus. Wie sich damit die Handlung der Brüder vereinigen lasse, die offenbar den wüthenden Stier im Lauf aufzulialten und zu hemmen suchen, ist schwer zu begreifen; man sollte eher beim Anblick dieser Scene denken, Antiope sei an den Stier gefesselt, von ihnen erkannt, und sie suchten nun den Stier zu bändigen. Allein dies ist an sich nicht wahrscheinlich und erscheint bei der Betrachtung der übrigen Personen unmöglich; daher wohl nur die An- nahme übrig bleibt, dals die beiden 3Iotive der Stier- bändiguiig und der Schleifung auf eine Weise vereinigt sind, die allerdings von Rlangel an Verständoil's zeugt. Hinter Dirke nämlich eilt ein bärtiger Mann in der üblichen Herrschertracht, langem breitgegürteten Chiton ur.d faltigem Mantel, mit dem Stab in der Rechten zornig herbei, neben ihm ein Jüngling mit flatternder Chlamys und greisem rundem Schild. Unter dem Stier aber liegt kopfüber zu Boden gestürzt ein Mann, weiterhin sein Helm. Auch hier ist also die Wendung der Sage zu Grunde gelegt, dafs Lykos seiner Gemahlin zu Hülfe eilte und ein Kampf mit ihm und seinen Gelahrten sich entspann, iu welchem Amphion und Zethos Sieger blie- ben, — eine Wendung, die der Vorliebe der Etrusker auf ihren Sarkophagen Gräuel- und Kampfscenen dar- zustellen willkommen sein mufste.

[Tafel LVI, 9]. Ungemein interessant, aber leider

Xtt/ißäviTiu /je Ix Ttj; ovoüg xul ti/no. Allein dies würde eben des parodischen Charakters wegen für eine ernste Dar- stellung nichts beweisen, wenn man nicht Avellinos (a. a. O. p. 67) Verbesserung Ix rijg atiQÜg annehmen will, die nm so wahrscheinlicher ist, als es bei Apulejns in der entsprechenden Erzählung (inet. VI, 27 p. 434) heilst lontm prehendit uml loro iamcn Icnnciter inhiierebnt. Nach den Worten des Cassius Dio LXIII, 22 tiäov itvTÖv ätäfijh'ov, eiiSov nv()6fi(vov, xvovrcc äij, Tlxiovra Sri scheint Nero in einer Pantomime sich als Dirke haben schleifen lassen.

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für micli niclit zu vollem Verstiindnifs zu bringen ist die Vorstellung des dritten Sarkophags"). Bekanntlich stellt eine Anzahl etruskischer Sarkophagreliefs Mythen der ariechisch-röinischen Tragödie dar, und zwar mit einer beachtenswerthen Selbständigkeit der künstlerischen Auffassung, so dafs die Katastrophe drastisch hervor- gehoben und die Hauptpersonen zu einer Gruppe ver- einigt sind, welche die wesentlichen Motive in den Mo- ment der Entscheidung concentrirt. In ähnlicher Weise ist offenbar hier die tragische Katastrophe der Dirkefabel dargestellt, nur fehlt uns für die genauere Einsicht die Kenntnifs von dem Detail der Tragödie.

Von der einen Seite bringen zwei Jünglinge, der eine nackt mit fliegender Clilaniys, der andere l)ekleidet, einen mühsam gebändigten Stier herbei ganz ent- sprechend dem vorigen Relief. Ihnen steht zunächst eine Gruppe von drei Männern gegenüber. Der erste in der beschriebenen Herrschertracht, den Stal) in der Linken, tritt ihnen mit erhobener Rechten (die wie der Kopf ab- gebrochen ist) lebhaft entgegen, ein zweiter bärtiger, ebenso gekleidet, weicht mit erhobener Rechten entsetzt zurück, zwischen beide tritt ein nackter Jüngling in der Clilamys (dessen Kopf al)gebrochen ist) und legt dem ersten, wie begütigend, die Hand auf die Schulter, während er den andern, umfal'st, um ihn nicht zurück- weichen zu lassen. Dann folgt eine Frau im breitge- gürteten Chiton, mit einem Schleier über der Stephane, welche hinter einen Altar geflohen ist und die Rechte entsetzt erhebt. Daneben steht ein zweiter Altar, auf welchem ein Mann (ebenfalls ohne Kopl) in Herrsclier- tracht sitzt, der mit der Linken sich auf den Altar stützt und die Rechte staunend erhebt.

Es ist klar, dafs die unerwartete Erscheinung der Jünglinge mit dem Stier, die wir doch wohl unbedenklich Amphion und Zethos benennen dürfen, das nameidose Entsetzen unter den übrigen hervorruft, von denen einige den Gedanken an Gegenwehr aufzugeben scheinen, wäh- rend andere ihnen entgegen zu treten versuchen. Dals die fliehende Frau Dirke sei, scheint auch sicher und die Situa- tion läfst sich im Allgemeinen durch die oben besprochene Voraussetzung aufklären, Dirke habe den ßrüdern den Auf-

trag gegeben Antiope vom Stier schleifen zu lassen; wie sie rachedürstend den Bericht darüber erwartet, erschei- nen die Brüder um an ihr dieselbe Strafe zu vollziehen: der nächste Augenblick wird die Aufklärung und den Kampf bringen, welcher mit Dirkes Fesselung und Lykos Tod endigen wird. Allein auch wenn dies zugegeben wird, so ist doch für ein detaillirtes Verständnifs noch wenig erreicht. Nicht nur, dafs Personen da sind, über deren Antheil an der Handlung man sich keine Rechen- schaft geben kann, so fehlen auch solche, die man kaum missen kann. Wenn man den Mann zunächst Dirke lür Lykos") nehmen darf, so bleibt die Mittel- gruppe der drei Männer, die doch nicht für blofse Begleiter des Lykos gelten können, von denen be- sonders der mittlere eine eigentliümliche Rolle spielt, noch unerklärt. Dagegen konnte in einer Scene, wie die vorausgesetzte, um alles klar zu machen weder Antiope noch der Hirt fehlen. Es sind daher nur die ersten schwachen Umrisse zu einer Erklärung gegeben , die vielleicht nur, wenn noch Varianten dieser Vorstellung auf anderen Sarcophagen zum Vorschein kommen, möglich sein wird.

['I'afel LVII]. Leider mufs ich gestehen, dafs auch das letzte Monument, welches ich hier anzuführen habe, nicht mit vollkommener Sicherheit von mir erklärt werden kann. Es ist dies eine schöne Vase mit rothen Figuren aus dem k. k. Antikenkabinet in Wien (111, 2, E, 125), von der ich eine Zeichnung vorzulegen durch die Güte des Herrn Directors Arneth im Stande liio.

Eine Frau im durchsichtigen Chiton und Ueberwurf, mit langem aufgelöstem Haar und einem eigenthümlichen Kopfputz, flieht mit weiten Schritten einen Berg Iiinan '^) und eilt mit ausgestreckter Rechten auf eine oben sitzende vollständig bekleidete Frau zu, die ihr beide Arme wie zum Empfange entgegenstreckt. Ein nackter Jüngling, Chlamys und Hut auf den Rücken geworfen, folgt ihr; am Fufs der Anhöhe hemmt er seinen Schritt, und streckt aufwärts schauend wie von einem unerwarteten Anblick überrascht beide Hände vor sich hin. Uel)er ihm ist mit halbem Leibe Hermes sichtbar, kenntlich durch das Ke- rykeion, und streckt seine Rechte wie !)egütigend gegen

"") Ingliiranii {;all. Omer. III, 59. [Anbei abgebililet nüt Zuziehung einer Zeiclinung im arcliäologiscben Apparat des kgl. Museums. E. G.]

'"') Ks iälst sich wollt denken, dafs KuripiiJes den Lykos neben der Dirke als einen gutiniillilgen, «b'in Mitleiden nicht unziigüngliclicn Mann cliarakterisiit habe, wüilurtli die liilcr- sncht der Dirke neue Nahrung erhallen niulsle, während da-

diircli auch niotivirt werden konnte, dafs er nachher von den Brüdern verschont wurde.

"') Was auf der Zeichnung als eine lange Kanke erscheint, zeigt sich anf der Vase als der mit heller Farbe schwach angedeutete Umrifs einer Bergliolie. Auch die Linien, welche dem Kros fast das Ansehen eines geschwänzten geben, be- zeichnen die Anhöhe. Zwei rundliche Flecke daneben sind nur durcli ein Versehen angegeben worden.

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die Flieliende ans. Unterhalb der sitzenden Frau knieet ein junges fliiidclien im dorisclien Chiton und tändelt mit Eros, dein sie einen Kranz oder ein Halshand liinhidt "").

Es scheint mir nun klar, dal's hier die l'rau, welche vor dem sie verlolgenden Jüngling flieht, unter Hermes Begünstigung Schutz hei Aphrodite findet; denn diese ist durch die mit Eros spielende Charis oder Peitho hin- reichend charakterisirt. Auch ist diese Verfolgung deutlich genug nicht eine feindselige, blutdürstige, sondern die eines Liehenden. Nun ist die Flüchtige durch die Bei- schrift ANTIOfTH bezeichnet "')• 'ch weifs keine andere l.iisung als die Annahme, dal's der Jüngling Pliokos sei, welcher der von Dionysos in die Irre getrie- benen Antiope folgt, unil auf dem Parnafs unter dem Schutz des Hermes durch Aphroditens Beistand sie ent- sühnt und für sich gewinnt'"').

Die Schwierigkeiten, welche dieser Ansicht entgegen- stehen , entgehen mir nicht. Obwohl uns Hermes als schützender Gott der Antiope und ihrer Söhne bekannt, auch als Geleitsgott hier an seinem Platz ist, so erwartet man doch eher Dionjsos zu finden und vermil'st schwer an der Antiope jedes Symbol bacchisclier Käserei. Auch das ist mir liedenkhch, einen Mythos nur localer Natur auf einem Vasenbild dieses Stils zu finden; indessen sind diese Bedenken doch nicht von der Art, dafs sie mich abhalten raufsten, einen bescheidenen Vorschlag zur Deutung dieser räthselhaften Vorstellung auszusprechen. Leipzig. Otto Jahn.

'"•J Auf einem Vasenbilil bei Miliin (vus. I, 15. Inghirami vasi fitt. 02) hält ein gedügelter Knabe eine:n Kell, welches (lern Gespann des Helios vorausläuft, einem almlichen Kranz hin. Ks scheint, als wolle er dasselbe wie in einer Schlinge fangen, und etwas älinllches möchte man auch hier annehmen, wie Kros ja auch in einen Käfig gesteckt wird; vgl. arch. Beitr. \i. 21411". Auf der Rückseite ist ein verwandtes Motiv weiter ansgefTdirt. Ein junges Mädchen miteineni Halsschmuck in den Händen knieet zwischen zwei anderen, von denen die eine im Begriff ist fortzugehen, während die andere ihr mit erhobener Lmken winkt. Auf die Mädchen eilt Eros, beide Arme vorgestreckt, von oben her zu. Ihm zur Seite ist eine sitzende Frau zum Tlieil sichtbar, welche mit einer lebhaften Handbewegnng auf Eros sieht. Ich finde keinen Grund hier eine niytliologisclie Darstellung anzunehmen, sondern es scheint mir eine ileni täglichen Leben angehiirige .Scene zu sein, wo Kros, der überall zugegen ist wo Liebreiz und Anmuth sich zeigen, sich unter die spielenden Mädchen mischt, ohne dafs ich eine bestimmte Situation genauer anzugeben wüfste.

"'■) Was die noch sichtbaren Z'üge .■iyl beileoten sollen, kann ich nicht sagen.

'"^) Man darf daran erinnern, dafs die Sikyonier eine Statue der Antiope im Tempel der Aphrodite weihten, s. oben.

II.

Denkmäler zur Odyssee.

In Overbecks Bildwerken zum Thebisclien und Troischen Heldenkreis finden sich aufser einem, wie ich glaube, nicht dahin gehörigen nur fünf Vasengemälde der neueren Gattung und vier kleine der älteren abgebildet und kaum noch eben so viele andre aus beiden Klassen angeführt. Davon einige nachzu- tragen wird also der Mühe werth sein, da sie im Ganzen einen so grofsen Vorzug vor der Menge der andern Dar- stellungen behaupten. Man kann füglich zwei Abthei- lungen machen, die der natürlichen, reinmenschlichen Verhältnisse und die der fabelhaften Abentheuer, Ge- genstände der gemüthlichsten und andre von phantasti- scher Art.

Die schöne Scene, Tel eniachs Besuch bei Nestor, mit dem Namen (nicht NEZTOP, sondern NEZTßP), No. 1, wo gleich bei der LSegrüfsung Nestors Tochler Obst oder Gebäck zum freundlichen Empfang lierbeibriogt (nach einer in (iriechenland noch jetzt nicht ganz aus- gegangnen Sitte, nur dafs man wohl süfses Eingemachtes dem frischen Obst vorzieht), von einer 1845 in Ruvo ge- l'undnen und 1848 für Berlin in Neapel erkauften Amphora (No. 1945 des Verzeichnisses), hätte vor vielem Andern die Aufnahme im Stich verdient. Durch sie ergiebt sich auch, dafs Millingen Uniecht hatte, seine eigne Ver- muthung über das Gemälde seiner Peint. de Vases pl. 55. 56 aufzugeben und lieber allgemein eine pafsliche Scene anzunehmen, weil die Darstellung nicht mit Homer über- einstimme. So gut wie die Ankunft des Telemachos frei und nach Sitte und Cäremoniel der Zeit gemalt worden ist, eben so gut konnte auch dessen Alischied von Nestor, zu dem dort zwei Töchter den Abschiedstrunk bereit halten, nach eigner Erfindung dargestellt werden. Wäre die Scene genreartig allgemein verstanden, so hätte das auflfallend altergraue oder durchaus kahl aussehende Haupt des Alten keinen Sinn. Es ist wichtig sich endlich zu überzeugen, welcher grofse Unterschied zwischen Homers Darstellungen und den aus ihm gescliöpften Gemälden ist; und verkennen läfst sich auch nach so manchen vor- kommenden Beispielen nicht, dafs man für die bedeu- tenden Scenen des häuslichen Lebens gern einen Typus aus der heroischen Poesie entlehnte. Ob freilich die Riickseite des Gefäfses die Ankunft des Telemachos und des ihn begleitenden Nestoriden in Sparta vorstellen solle, wo ihnen Helena selbst, zwischen ihnen stehend, den

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'I'rank reichte, wie de Witte vermuthete (Cal). Durand 110. 420. Coli. ^1. no. 6o), ist ungewisser. Doch möchte icli lieber Beides zusammen annehmen als, mit E. Vinet, Beides zusammen ablehnen. Hiernach würde aueii in Tischbeins Vasen I, 14 Telemaclios den Abscliiedstrunk empfangen, Nestor hier nur weniger steinalt und weniger treuherzig, und zwei Töciiter auch hier, der Composition wegen, gemalt sein.

Zu der Candelorischen Vase in München No. 7 (derselben welcher Gerhard im Rapp. Volc. p. 129 not. 135 mittelmiifsige Zeichnung zuschreibt), wird künftig eine \on Campanari gefundne hinzukommen, die als eine der schönsten Vasen einer reichen Ausgraliung bezeichnet wird: „Nausikaa, die mit ihren Miidchen zum Flufs die Fvleider zu waschen gelit." Bull. d. 1. I8.S4 p. 177. Schon eiu Gemäkle Polygnots, in dem Bau links von den Propyläen, enthielt Nausikaa nebst den mit ihr waschenden Mädchen und den Odysseus sie überraschend (iqitaTÜfiivov, Paus. I, 22, 6). Da von dem Chortanz dieser Wäscherinnen bei Aeschylus die Rede gewesen ist, so bemerke icii , dafs in Pompeji in der casa della fullouica (in der Strafse di Mercurio) vier grofse Wasch- stände zwischen ganz niedern Mauern, worin man ver- muthlicli das Zeug mit den Füfsen stampfte, und an einem der Pilaster des Peristyls Gemälde von Wäsciie- rinuen gefunden wurden.

Dagegen würde ich No. 8 u. 9 ausscliliefsen , das letztere Gemälde, welches Taf. XXXI, 2 auch abgebildet ist, unbedingt. Denn was wollen ein auf einem behaue- nen Stein sitzender König mit Scepter und, anstatt einer Scliutz suchenden Flüchtenden, eiu Mädclien, das ihm Obst aus ihrem Gewaodbusen darbietet, wonacii er reicht, neben einem die Begleiterinnen der Nausikaa in Schrecken setzenden Odysseus, wenn auch an sich der glatthärtige nackte Jüngling, der, auf ein Knie niedergelassen, auf vier Mädchen ganz entgegengesetzte Wirkungen macht, wirklich Odysseus sein könnte? Auch das aus Stackei- bergs Gräbern Taf. 23 herbeigezogene Gemälde erweckt mir weniger die Vorstellnng eines Sophokleischen Chors der Wasclierinnen, welcher billigerweise Ball spielen sollte, als den eines Tanzmeisters, welcher zehn in drei Gruppen vertheilte Mädchen im Tanzen und in Lultsprüngen übt und durch seine lebhafte Bewegungen sie aufmuntert und antreibt. Noch weniger freilich als diese Jahn'sche Er- klärung kann ich die dagegen in der Arch. Zeitung IV S.309 wieder hervorgezogene Stackelbergische billigen.

Dafs Odysseus von Alkinoos Abschied nehmend zu verstehen sei nach dem aus Buonarroti von Miliin

Gall. m. 172, 639 gegebenen Medaillon, wie auch O. iMüller anführt, ist eine sinnreiche Erklärung, bei welcher der Raum zu berücksichtigen ist: weit wahrscheinlicher we- nigstens als was R. Rochette mon. ined. p. 368 not. 3 dachte, Berathung des Odysseus mit Eurylochos und aul der Säule das Bild der Galene, welcher der Anker kaum angemessen sein möchte.

Odysseus eingekehrt beiEumäos kann ich nur ver- mutheu, nicht behaupten bei Dubois-Maisonneuve pl. LIV, 3, in einer Vorstellung, die der Text irrig zum „genre" heral)zieht. Odysseus hat edle Gestalt und das Kenn- zeichen der Mütze. An einer Stange trägt ein Mann zwei wirthschnfiliche Körbe, aiiuv dt acftv tviifii JMi- auvlioQ, Od. XIV, 449, ein Schwein mit einem Jungen ist neben ihm. Die Inschrift Vc^vl;0 möchte falsch gelesen sein.

Hieran knüpfe ich, indem andre Vasen in dieser, so wie auch in der Reihe der Fal)elu nachher folgen mögen, ein wohl erfundnes, jetzt verlornes Basrelief. Winckel- mann liefs es in der Wiener Ausgabe der Kunstgeschiclite auf S. 135 stechen und bemerkt in dem Verzeichnifs der Kupferstiche zu No. 7, dafs es im Capitolinischeo Museum sei (wo es jetzt sich nicht findet) und dafs die Vignette ,,aus einem grofsen Kupierstich, so für den 3. Band der Mon. ined. bestimmt war, hier ins Kleine gebracht worden und die Deutung anderwärts gegeben wird." Von hier muls es Fea genommen haben in der Storia d. a. I p. 238, welcher 111 p. 424 angiebt, es sei aus Villa Albani und scheine eine Speisekammer (dispensa) vorzustellen, indem er auf II j). 142 verweist, wo W inckelmaim wirklich eine All)anische dispensa anführt, in der Dresdner .Ausgabe IV, 4, 4. Darunter aber versteht er nicht diefs, sondern ein wirklich Albanisches Relief und eine wirkliche Speise- kammer, dazu mit lateinischer Inschrift, die nämlich bei Zoega Taf. 27. Die Vorstellung des andern Reliefs nun ist nach einem Camee in Eckhels Choix de p. gr. pl. 37, 2, im 'I'ischbein-Schornschen Homer, von Inghirami und auch von Overbeck No. 91 abgebildet worden. Kleine Ab- weichungen sind, dafs im Relief die Mütze des Odysseus geflochten, die Lanze der Pallas weniger gerade gestellt ist, der Behelmte, der einen Widder schlachtet, an Eu- niäos anstöl'st. In der Vignette, einem .Ausschnitt aus einer vollständigen Zeichnung, sind anstatt diese zu ver- kleinern, des Raums wegen, unten die Fül'se, auf der rechten Seite die letzte Figur bis auf das rechte Bein und das geschlachtete Schneinchen in ihrer Hand, oben der Helm der Pallas weggeschnitten worden. Der Stein selbst ist zwar nach Eckhels Urtheil von Meisterhand

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gesclinitten; ol> er alier wirklicli aucli antik oder erst in neuerer Zeit vorn Marmor copirt sei, uuci so vielleicht aucli der Taf. 20, welcher einen Ausschnitt des einem andern Basrelief, der Ermordung des Aegisthos, darbietet, wünschte ich noch von Andern geprüft zu wissen. Der IJeliehnte miifs wohl Telemaclios sein, der in seiner Freude sich hergieht an der Bereitung des Mahls Theil zu nehmen, so dal's an das Mahl am Schlufs des 16. Gesangs zu denken wäre. Eumiios um! Philütios gieiit Sehern im 'l'ischbeinsclien Homer an Vlll, 7; Odysseus im Hause des Laertes VIII, 8.

Im Museum zu Parma ist an einer Vase Odysseus von seinem Hund erkannt, mit einer weiblichen Figur, Eurykleia. Rv. Odysseus sein Schwert haltend, Kirke und einer der (iefiihrteu mit Thierkopf, auch dies hier, wie die andere Seite, nicht im alteren Styl. Odysseus und der Hund, ähnlich wie No. 92, ist auch im Mus. Worsiej. tav. 27, 30 der Mail. Ausg. Im Tisch- bein-Schornschen Homer VIII, 3. 4. 5, vgl. Schorn im Kunstblatt 1824 No. 102.

Penelope sitzend und den Odysseus anhörend, den sie noch nicht erkennt, an einem dreihenkligen Ge- fäfs, mit KAAOH, ist angegeben in der Reserve etr. (deLuc. Bonap.) p. 13 no. 52. Ein Gemälde von edelster Auffassung und Composition, ein Muster aus der guten Periode der Vasenmalerei , an einem sehr grofsen Itei Gäre gefundnen Krater, stellt dar Odysseus, eine lang- gestreckte Figur, sitzend vor Penelope und als AetlioD ihr von Odysseus erzählend. Uel)er ihren Stuhl ist ein Pantherfell gebreitet, über ihm ist zu lesen OAVTEVX (das T mit dem Querstrich nicht oben, sondern ein wenig tiefer, wie auf Mommsens Taf. I der Unterital. Dial. no. 14 von Nolanischen Gefäfsen, auch im Lucianischen Mus. etr. no. 1449 und sonst). An der Wand hängen Schild und Schwert. Während Odysseus in angenehmer Nach- liissigkeit, behaglich sein übergeschlagnes Knie hält, schlägt sie in Sehnsucht nach dem Entfernten sich mit der Hand an die Stirne, ein Bild der Trauer und Unruhe. Zu beiden Seiten ist eine Nebenfigur, bei der einen erhalten . . OMEAEE. (Rv. Schlaf und Tod, geflügelte Jünglinge, tragen die Leiche des Sarpedon, unten und oben gefafst, sehr schön dabin). Dies in Gerhards Archäol. Zeit. IV S. 285 No. 17 kurz erwiihnte Gefäl's sah ich unlängst wieder in der Sammlung Campana, die angeblich auf 930 Stück angewachsen und in langen Reihen von Sälen wohl aufgestellt ist. Dieselbe V"orstellung, aber „von alterlbümliclier Strenge nicht frei," ist an einer Hydria aus Lokri im Museum zu Berlin No. 884. Odysseus, mit

dem Reisehut auf der Schulter liängend, in gleicher Stellung als dort, erzählt, Penelope, mit etwas gesenktem Haupt, liört mit Theilnahme zu: der Ausdruck in früherer Kunst ist noch weniger tief und ansprechend. Auch liier ist ein Helm aufgehängt zwischen beideu. Nur hinter dem Odysseus sitzt hier ein Dritter, ein Alter mit Mantel und Stab, in welchem Gerhard im Verzeichnifs den Laertes, Panofka wohl richtiger den Mentor erkennt. Archäol. Zeit. IV S. 248.

Das gar wohl gedachte Gemälde aus Pompeji No. 103, hat schon der wackre Gu. Becchi im Museo Borbon. I. I. 1824 tav. B, neun Jahre vor W. Gell, richtig gedeutet. Odysseus baarfüfsig, mit dem von Eumäos ihm geschenk- ten Knotenstock, hat auf einem Stück Säule vor dem Hause sich niedergelassen; Penelope ist lierausgetreteu und sichtbar ist die Freude, womit er den Aeul'serungeu über ihre 'iVeue gespannt zuhört; eine Dienerin schaut neugierig aus einem Fenster des Hauses heraus auf diese Sceue.

Bei Baseggio in Rom sah ich 1846 in einer Kylix von schöner Zeichnung, wie mir schien, Penelope, sitzend zwischen zwei Säulen , also in oder vor ihrem Hause, eingehüllt wie in Trauer; vor ihr stehend Odys- seus, bärtig mit langem Stab und Hut; hinter ihr und über die ganze andre Seite hin Figuren der Freier, alle als Männer, nicht zu jugendlich gezeichnet, die ihr Haus erfüllen und deren Anwesenheit und Zahl auch ohne irgend ein besondres 'I'hun Bedeutung genug hat.

Toreutisch war auf einem silliernen Teller vorge- stellt nach einem Epigramm Authol. Pal. IX, 816 p. 487 Odysseus, vor Telemaclios und Penelope der Eurykleia ängstlich winkend ihn nicht zu verrathen, wie Jacobs richtig erklärt Aniin. III, 3 p. 678. Auf Odysseus, welcher der Penelope die von den Pliäaken zum Geschenk er- haltnen Gewänder übergiet)t, geht ein Epigramm unter den anathematischen der Anthologie VI, 314, vermuthlich ein Gemälde. Penelope war von Zeuxis höchst charak- teristisch geraalt nach Plinius; Odysseus von Nikomachos. Statuen der Penelope und der Eurykleia von Thrason im Tempel zu Ephesos erwähnt Strabon. In Ithaka wurde nach Thiersch (Epochen S. 273) eine aus kleineu l)ronzenen in einem Halbkreis vereiniateu Figuren be- stehende Wiederholung einer Gruppe gefunden, welche die Fufswaschung nach des Odysseus Heimkehr darstellte, wovon Bröndsted nur das Bild des Odysseus selbst er- halten konnte.

Von den ungemein schönen Thonfriesreliefen, welche die Fufswaschung und die trauernde Penelope darstellen,

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liuden sitli Wiedirlioliingeii, aiiFser den zu No. 97 ii. 101 anueliilirlen, aus 'rusfuhim in Caniiias Tusciilo tav. 3. 4 p. 13 und in den Kestuer'sclien Sanimluiigen, und ist das zweite auch in Ivopeidiaj;en (Musee Tliorwaldsen I p. 116 no. 104), das andre auch ht-i dem Marquis von Rockln^- ham (Terracott. of the ßrit. Mus. p. 9). Beide sind auch ahgehildet in dem Rec. des pl. pour l'liist. du Cah. des Med. par du Mersan 1838 pl. 23. 24. Kleine Ver- schiedenheiten kommen liier wie in andern der classischen tliiinernen Friestypen vor. Odysseus an der Narlie erkannt enthalt eine Paste in Tischbeins Homer II, 5 (vielleicht No. 100).

Penelope scheint allerdinj;s auch gemeint zu sein in zwei Vasenhildern der Annali d. Inst. XIII tav. J. K. p. 261. Nachdem sie in dem ersten J. dp Witte im Gab. Duraud no. 419 an einer Ainpliora aus Nola vermuthet hatte in einer auf einem Stuhl mit Riicklelme sitzenden Figur in langem Gewand und Peplos, welche Wollknäuel hin und iier wirft und durch eine Knte, ntjVtXotp, vor ihren Fiifsen, statt des beigescliriel)enen Namens, be- zeichnet sein würde, kam au einer Vase in Neapel der- selbe Vosel vor, auf der Hand einer stehenden, vom Hals bis zu den Fiifsen verliiillten Figur, vor welclier ein Wollkorb stellt. Diese ist ohne Nebenfigur; der andern steht ruhig ein junger Mann im Mantel, mit einem Stab, gegenüber, den man Telemachos nennen darf.

Wegen dieser, nicht einmal gewils untrüglichen Deutung soll man indessen nicht jede Frau, bei der eine Gans ist, ein Vogel sehr liestimmter Bedeutung bei den Alten, oder ein Arbeitskorl) stellt, für Penelope halten; wie z. B. Italinsky wegen des letzteren das anmuthige Bild Tiscli- beiü I, 10, wo eine KAAH sitzt zwischen zwei stehen- den Zofen, wovon die eine einen Spiegel hält. Das ebenfalls sehr gefällige Gemälde in Millingens Vases de Sir Coghill pl. 22, ein junger Mann mit knotigem Stab, gegenüberstehend einem an Spindeln im Stehn spinnen- den jungen Weib, ein TTAIE KAUOE einer KAUE gegenüber, kann nach dem Anzug und der treuherzigen Miene gar wohl ein ehrliares häusliches oder fiir einen Hausstand bestimmtes Paar vorstellen.

Die Freier durch Odysseus getüiltet, von Polygnot, enthielt die Wand des Pronans im 'I'empel der Athene Areia zu Platäa. Auf ihre Erlegung durch Odysseus unti 'l'elemachos wird die andre Etrurische Aschenkiste von ('etoua bei Cliiusi Annali d. I. XIV tav. E von Emil Brauti p. 48 und Bullett. 1843 p. 61 mit Recht bezogen, wie undurchdringlich auch die F^trurischen Ideen sein mögen, die sich daran gehängt haben. Weit weniger sind die Bemerkungen von Micali zu seiner Abbildung in dem letzten seiner drei Bände Monnmenti tav. 49, 1 zu l)illigen, worüber Cavedoni in seinen Osservazioni crit. p. 20 sich verbreitet. (Schlufs folgt.)

III.

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67. Bekleidung der Parzen. Auf griechischen Kunsldenkmälern entsinne ich mich nicht unbekleidete Parzen gesehen zu haben ; dagegen zeigen etruskisclie Spiegel dieselben häufig mit Schreibgeräth, auch Beflüge- lung,^ und ohne die letztere, jedoch mit dem charakte- ristischen Attribut der Spinnerinnen treffen wir sie auf mancher römischen Gemme, ohne dafs meines Wissens über diesen bei Aphrodite und Grazien so gewöhnlichen Maugel an Kleidung eine befriedigende Auskunft in Vor- schlag gebracht worden wäre. Das Kgl. Museum besitzt einen in dieser wie in mancher andern Hinsicht beleh- renden Karneol der Stoschischen Sarninliing (Winckelmann Catal. II, 358), bei 'iolken (III. Kl. 1284) folgender- mal'sen beschrieben: ,,eine jugendliche Parze, Klotho odtr Lachesis, beendet das Abspinnen eines Rockens, welchen sie vor sicli hält, indem sie unbekleidet auf einer komi- schen .Maske sitzt, eine tragische vor ihr liegt, und hinter ihr schon ein neuer Spinnrocken bereit steht." Da über das Befremdende dieser [von Gerhard hyperl). römische Studien II, 186 Venus Lihitiiia benannten] nackten Parze ein weises Stillschweigen beobachtet wird, fühle ich mich veranlalst die Vermuthung auszusprechen, die römischen Parzen möchten aus gleichem Grund wie die Wuhrhelt (Lucian caluinn. non feinere cred. c. 5. Piscator c. 16. Apnl. Metain. X, 12) )iHi:/.( dargestellt sein. Denn dafs bei den Römern Wahrheitsliebe zu den Haupleigensrhaften der Parzen gehörte, darül)er gestatten folgende Stellen des lloraz nicht den mindesten Zweifel. Carm. saec. 25:

,,Vosque vcrucos cecinisse Parcan, Quod semel dictum stabilis per aevum Terminus servet, bona jam peractis Jungite lata." Carm. II, 16, 37: „mihi parva cura, et spiritum Grajae tenuem Camenae Purca »lo» mcndux dedit et malignuin Spernere vulgus." Vgl. Pers. V, 48: Parca teiias veri."

Die Erwägung, dafs das Beiwort hihtris „heiter" vor- zugsweise den Grusieii zukömmt, berechtigt wohl auch dem Juvenal das Bild solcher nackten Parzen vorschwe- bend zu denken, wenn er von fruiindlichen Parzen im Gegensatz der iininilden (immitis Prop. I\ , 11, 13; saevae Val. Flav. V, 552) XII, 64 singt: j.postquam Parcuc meliora bcnlgna Pensa niuwM ducunt Itilurcs et staminis ulbi Laiiificae." Die komisclie Maske, die der Parze hier zum Sitze dient (man denke an die Hilarotragodia), scheint eine solche liUuris Parca anzudeuten, für welche unter den römischen Namen der drei Parzen, Nona, Pecima, Morta (Caesell. Vindex ap. Gell. III, 16), inso- fern sie sich als Spinnerin uns darstellt, die Benennung Nona, von viio spinnen [wovon allerdings Nenia; aber sind Nona und Dc'cima nicht vielmehr Ziffern der Todesnähe ? K. G.\ herrührend, wohl als die geeignetste sich empfiehlt. Leicht möglich, dafs ein dramatischer Dichter in Rom mit Namen Noniiis (wenn auch nicht urade der alte Komö- <liendichter flieses Namens) sich dieses Ringes mit solchem Bilde der Parze Nona zum Siegeln bediente.

Th. Panofka.

Uiezu Tafel LVll: Antiope, Vasenbild der Kaiserlichen Sammlung zu Wien.

Herausgegeheo von E, Gerhard.

Druck uDcl Verlag voa G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zeituny, Jahrguny XI.

J\f 58.

October 1853.

Giiecliisclie Münzen. Denkmiiler zur Odyssee (Sclilufs). Allerlei : Dionysos Perikionios, Tyro Pelias Neleus, Ukalegon.

I.

Griechische Münzen.

Hiezn die Abbildung Tafel LVIII.

in der vorstehenden Abliandliing über Anliope und Dirke sind einige der iarnesisclien Gruppe entsprechende ftlünzlypen bereits erwähnt und er- läutert worden, deren Abbildung auf gegenwärtiger Tafel nacligeHefert wird. Zuvörderst ist es eine der lydisclien Stadt Ahrasos gehörige Grofsbronze '), welche, andererseits mit dem Kopf des Alexander Severus versehen, die gedachte, ohne bekannten Grund auf jener Münze erscheinende, Gruppe in neuer nach Abdruck eines Originals im Wiener Rlünzkabinet angefertigter Zeichnung uns vorfuhrt. Sodann aber liegt dieselbe Gruppe auch als Münz- bild zweier Confornlaten') uns vor, deren einer, aus Ficoroni's Besitz jetzt in der Sammlung des Collegio Romano zu suchen, auf seiner Vorder- seite den Kopf des Homer darstellt, dagegen der andre, dem Museum Hedervarianum entnommene, auf seiner Vorderseite ßildnils und Umschrift Trajans zeigt.

Wir haben diesen bei früherem Anlals in diesen Blättern erwähnten Münzen zunächst zwei andre

') Absebildet als no. 1. Vgl. Hckliel Doctr. num. III, 91; oben S. 87 Anni. 61. 62.

') Abgebildet als no. 2n and 2b nach Zeicbnangen, welche Hrn. Reg. R. -^rwcfA zn Wien verdankt werden; der erste, von Heyne für unecht gehalten, nach einem von Ficvrmn be- sessenen iinil durch Oori (coIii:nb. Liv. |). XXV) bekannten , der andre nach einem im Mus. Heilervnr. II p. 409, 27 impp. aen. X, !l behndlichen und in Zeichnung gleichfalls von Hrn. Reg. K. Aritclh niitgetheilten Original. Vgl. oben .S. 90 Anni. 6S.

^) Abgebildet als no. 3 unserer Tafel nach einem Exeu)- plar der hiesigen kgl. Sammlung, Vgl. Mionnet V, 298, 103. Denkm. u. V. 1850 S. 138, 9. Die Sitte doppelter Uarstel-

angereiht, von deren Darstellung ebenfalls schon früher die Rede war. Bei Erörterung der für Zeus, Pallas und andre Gottheiten nachweislichen Darstellung in zwei aus inneren Gegensätzen des Götterbegriffs erklärbaren Gestalten, ward auch die seltsame Erscheinung eines doppelten Herakles berührt: ein solclier ist nämlich nicht nur als Dop- pelemblem verschiedener Legionen auf einer zu diesem Behuf vormals durch Hrn. J. Friedländer uns mitgellieilten Erzmünze von Heliopolis^) mit Bild- nifs des Septimius Severus zu finden, sondern, viel- leicht als Zusammenstellung des tyrischen Gottes und griechischen Heros, aucii auf einer unteritalischen Münze von Hcraklea, deren Abbildung wir, dem Carelii'schen Münzwerk ^) entnommen, mit jener erslgedachten Münze hier vereinigt haben. Für den noch übrigen Raum dieser Münztafel aber schien es angemessen eine Anzahl von Münztypen aus- zuwählen welche, zum Theil erst neuerdings be- kannt geworden, eine ihrer wichtigen mytholo- gischen Darstellung entsprechende Verbreitung bis- her mehr oder weniger vermissen liefsen. Es ist dies selbst mit dem längst bekannten und durch Inschrift sprechenden schönen Münztypus der kre- tischen Stadt P/iäslos der Fall, welcher, bei üb- lichem Stierbild auf dem Revers, in seiner Vorder-

lung einer und derselben Gottheit ist zuletzt in dieser Zeit- schrift (D. u. F. 1850 S. 13.')fT. ; vgl. Ghd. Prodr. S. 120 ff. 129fF. Programm Zwei Minerven 1848) besprochen worden.

") Aus Carelli num. Ital. tab. 164, abgebildet als no. 4 unserer Tafel. Auf der Vorderseite ist Pallas mit Speer und Patera dargestellt, die über einen Altar von ihr ausgegossen wird, daneben ihr Schild und eine aus gekreuzten Stäben ge- bildete Fackel; hiezu gehurt denn als Revers der gedachte Typus zwei stehender Figuren des Herakles, beide in gleicher Weise mit Löwenfell, Skyphos und Keule angethan , und da- neben in Umschrift IliHv/J.dmv mit vorgesetztem Digamma.

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seile den aus der Argonautensage berühmten Riesen Talos darstellt^). Eine andere mythische Gestalt, die des äloHschen Flufsgottes Acheloos, scheint in ihrer veredelten menschlichen Bildung, der nur ein Stierkopf anhaftet, ebenfalls weniger allgemein gekannt zu sein als die schöne Silbermünze von Meiapont, aus welcher seit Millingen sie veröffent- lichte jene Darstellungsweise zuerst hervorging, dazu auffordert"). In anziehenden Münztypen ist ferner neuerdings auch Arne erschienen, die in gangbaren mythologischen Büchern fast fehlende, aber durch die geschichtliche Bedeutung ihres auch örtlich bekannten Namens vorzüglich beaclitenswerthe Geliebte Poseidons. Die Widdergestalt, in welcher Poseidon sie überraschte, hat sie im widderbehörn- ten und lorbeerbekränzlen Frauenkopf einer vor- trefflichen metapontischen Silbermünze des Herzogs vonLuynes') erkennen lassen, während, noch buch- stiibhcher beglaubigt, schon eine kleinere, jetzt im Pariser Kabinet zu suchende, Silbermünze im Bild einer knieend niederblickenden, vermuthhch als wasserschöjjfend zu denkenden, Jungfrau mit quer

am Boden liegender Fackel aus jenes Mythos eigenster und ursprünglicher, später Kierion be- nannter, Oertlichkeit denselben Gegenstand bereits früher zum Vorschein gebracht hatte *). Eine andre wundersame Geliebte Poseidons, die von ihm gleich- falls in Widdergestalt überraschte und nächstdem zur Mutter des kolchischen Widders gewordne Theophane, die sich, auf des sie begehrenden Widders Rücken getragen, an Helle erinnernd und öfters mit dieser verwechselt, auch sonst vorfindet, drängt hier unsrer Erinnerung aus dem lampsa- kenischen Stcder") von neuem sich auf, der als werlhvolle Seltenheit, durch seines Besitzers des Freiherrn von Prokesch Güte unsern Lesern zwar bereits bekannt, an diesem Ort neu betrachtet zu werden verdient. Es kann nicht fehlen, dafs bei erneuter Abbildung dieser Münze auch eine neulich mit ihr zugleich dargestellte kleine Goldmünze von seltenstem Werth hier uns vorgeführt werde: eine Münze von Pisa, die einerseits mit dem Kopf des olympischen Zeus, andrerseits mit dem Symbol seines ßhtzes geschmückt ist'"). Minder gefällig.

'') Abgebildet als no. .5 nacli einem Exemplar der hiesigen kgl. Münzsammlung. Vgl. Eckliel D. N. II, 317. Mionnet Descr. II, 292, 269. Cavedoni in den Annali dell' Inst. VII, 154. Mercklin die Talüssage (St. Peteisb. 1851) S. 881T. Taf. I, 1 4. Die vordere als Magistratsname gefafste Inschrift hat erst Mercklin durch Erinnerung an den für den Gegenstand einer Widmung üblichen Accusativ (Franz Elem. ejiigr. [). 331) dem mytliischen Talos zuges|)rochen.

'■) Abgebildet als no. 6 nach Millingen (num. ital, Suppl. pl. I, 1), der die Umschrift des stehenden, links einen Schilf- stengel haltenden, in der Rechten eine Schale ausgiefsenden Flufsgotts, A/_0.oo aOXov ä- b. 'Ayth^ov uHov, als auf Agonen deren Preis in Geld bestand {ccywv yQt]uca(ri]i) schon frülier in den Transactions of the R. Soc. of literature (II, 95 (f.) er- läutert hatte; auf der Kehrseite der übliche Typus von Metapont, die Aelire worauf eine Cicade, mit beigeschriebenem Anfang des Ortsnamens (AltTci). Vgl. noch Millingen Coins I, 21. Müller tiandbuch §.403, 2. Gerhard Auserl. Vasenbilder II, S. 107, IKi.

') Abgebildet auf unserer Tafel als no. 7 nach Luynos Choix de niedailles grecques pl. III, 6; vgl. I'anofka Ann. d. Inst. XIX pl. L. p. 222(1. Gerhard Abhandlung über Poseidon Anni. 4Sir.

') Kieoiüiv: abgebildet auf unsrer Tafel als no. 8, nach Cab. Allier de Hauteroche IV, 12; die Vorderseite stellt einen rechtshin blickenden Fraucnkopl, vielleicht derselben Arne als vergötterter Ortsherüine, dar. Dafs Kierion dem früher Arne benannten Ort gleichgelte, ist durch altes Zeugnifs (Steph. '^Qvrj. Strab. IX p. 435) wie durch die örtlielien Nachweisungen

Leake's und O. Müller's (zur Karte des nördl. Griech. 1831 S. 19(r.) bekannt; die am Boden liegende Fackel gereicht für denselben Ursitz äolischen Poseidondienstes zugleich als Andeu- tung des ihm verknü|iften cerealischen.

') Hier abgebildet als no. 9 (vgl. D. u. F. 1849 Taf. X, 2 S. 253), samt dem ein Flügelrofs darstellenden Revers, vom Hrn. Besitzer neu vorgelegt und besprochen in den Denkschriften der kaiserl. Akademie zu Wien 1650 S. 331 ; in dem dort beigefügten Text wird diese Goldmünze, eine der schönsten ihrer Gattung, auch von .Seiten des Kunstwerths nach ihrem Verdienst neu gewürdigt. Dafs zwei ICxemplare derselben Münze aus Böotit-n, nämlicli aus Lebadea und aus Orchomenos, kamen, darf zu Unterstützung der von Hrn. V. Prokesch noch jetzt festgehaltenen Deutung auf Helle nicht vergessen werden, obwohl nach sonstigen von Weicker zu Ternite's pompej. Wandgem. (VII, 1. N.F.IV, 1 ; vgl. l). n. F. 1849 S. 158) erörterten Gründen die Deutung auf Theophane den Vorzug beansprucht.

'") Abgebildet als no. 10, ebenfalls nacli den Wiener Denkschriften von 1850 S. 332: wichtig, wie dort hervorge- hoben wird, als die einzige uns bekannte Goldmünze der Landschaft Elis nicht nur, sondern auch des ganzen Pelopon- neses. Dem lorbeerbekränzten und links gewandten Kopfe des Zeus steht als Revers, mit Inschrift der Stadt Pisa rU^A, der Typus drei ringsum vertheilter halber Blitze gegenüber, in dem man, wie Ilr. v. Prokesch bemerkt, mit einer jedoch schwächeren Wahrscheinlichkeit auch Lilienbhimen (dem Zeus- gewand Paus. V, 11, 1 entspreciiend) vermuthen kann.

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aber duicli die ihnen beigelegten Bezüge auf den lykaisclien und dodoniscben Zeus unsier Erinnerung hier begegnend, reihn jenem Bild des olympischen Zeus hier noch zwei andre Miinztypen sich an. Erstens eine seit längerer Zeil bekannte Silber- münze von Kijrene, welche dem widderbehürntcn Kopf des Zeus Amnion gegenüber als dessen Revers eine, statt auf dortigen elwanigen Dienst des lykäischen Zeus, vielmehr auf das Königsgrab des Battos bezügliche Darstellung enthalt"); in ähn- licher Weise berichtigt ist jetzt aber auch die Er- klärung einer deshalb hier gleichfalls zu erneuter Betrachtung empfohlenen Kaisermünze von Kos, welche, dem Bund dieser Stadt mit Halikarnafs gewidmet, neben der samisch-koischen Hera nicht, wie vordem vermuthet ward, den dodoniscben Zeus, son- dern als halikarnassischen Gott eher einen Herma- phroditos uns vorzuführen scheint '').

Noch einige wichtige unteritalische Münzen neuerer oder neuester Bekanntmachung mögen

dieser Auswahl zum Schiufs gereichen. In welcher lieihenfolge griechischer {Joltheiten die Pandina eines durch Millingen bekannten Münztypus von llipponlon^^) ihre feste Stelle behaupten solle, ist eine zu letzter Entscheidung noch immer geeignete Frage, welche wir durch Erneuung jenes gefälligen Münztypus gern neu hervorrufen mögen. Einer andern, oft und streitbar verhandelten, Frage, der Frage über den baccbischen oder fluvialischen Stier milMenschengesicht, bietet theils der ganz neuerdings erst veröffentlichte Typus dreier Silbermünzen von JSeapolls zu unverkennbarer Unterscheidung des in sehr bescheidener Fülle strömenden und daher bartlos mit einfachem Hörn dargestellten dortigen Flufsgotts, 2£7i£id-og das ist Sebetos durch alte Umschrift benannt, von dem gedachten häufigsten Münztypus derselben Stadt und Gegend sich dar"), theils findet zu endlicher sicherer Deutung jenes kam])anischen Stiermenschen selbst in dem dritten jener neu entdeckten Münzlypen zugleich mit Wie-

") Abgebildet als no. 11 nacli einem seit Pellerin (III, 118, 2) bekannten und in der l?evue numismatique von 1851 (|). 8911. zu 1850 pl. XVI, 2) von Hrn. Duclialais erläuterten Original : einerseits den reclitsliiu gewandten widderbeliörn- ten Kopf des Zeus Ammon, andererseits, aui'gericlitet auf einem Hügel, eine Säule darstellenil, anf welclier ein Gefäfs stellt. Dals in diesem Grabmal das aus l'indar (l'jtli. V, 93 If.) und Catidl (VII, 0) berühmte ktinigliclie des Battos (vgl. auch Tlirige Res Cyrenens. p. 100) gemeint sei ist kaum zu be- zweifeln, obwolil auch an den bei Herodot IV, 203 erwähnten Hügel des lykaisclien Zeus {Jiog .iv/.iäov öyjlov) gedacht ■worden ist (Revue numism. a. 0. p.90).

") Abgebildet als no. 12 nach dem von Streber numism. graeca IV, 4 pag. 226ir. gegebenen Exemplar der Münchener .Sammlung. Den Bildnissen Caracalla's und Geta's (Av. xai. Av. Ai'jiorivog. K. JI. Ffrag. 2) gegenüber zeigt der merk- würdige Revers dieser koiscli-halikarnassischen Bundesmünze in aufrechter Stellung einen lang bekleideten bärtigen und stralilenbekränzlen Gott mit gesenkten das Gewand fassenden Händen, umgeben von zwei niedrigen Bäumen auf denen Tauben dem Gotte zugewandt sitzen; rechts davon eine stehende und bekleidete, mit einer Stirnkrone geschmückte, rechts eine Scliale, links ein Scepter haltende Gottin, auf einem von Pfauen gezogenen Wagen. .Strebers Deutung der, auf halikarnassischen Münzen auch einzeln zu lindenden, bär- tigen l'"igur auf den dodoniscben Zeus wird durch dessen weichliche Bekleidung, dessen Strahlenbekränzung und durch den Mangel sonstiger dodonischer Spuren in Halikarnafs widerlegt, auch sind die von den Tauben besetzten Bäume keine Kiciien ; daher Kathgebers (Bull. d. Inst. IS59 p. 182Ü'.) Vorschlag hier den zu Ilalikarnals beim Quell Salmakis (vgl.

Vitr. 11, 8, 11. Arch. Zeit. 1847 S. 179) mathmafslich verehr- ten Hermaphrodit zu erkennen mehr Beachtung verdient.

") Abgebildet als no. 13 nach Millingen num. ital. p. 72ff. Snppl. pl. I, 8 (ebd. no. 7 Kopf mit gleicher Umschrift aus Terina): als Revers eines rechtshin gewandten lorbeerbekränz- ten Frauenkopfs eine linkshin gericlitete langbekleidete Frau mit einer Peitsche in der ausgestreckten rechten und einem langen Stab, wenn nicht einer Fackel, in der zurückgehaltenen linken Hand ; daneben die Ortsinschrift Einioriecov d. i. 'Itttiio- VKÜov, und die Personaldeutung Ilcd'ätva, der noch ein Stern im leeren Felde zur Seite geht. Die Attribute weisen auf eine als Wagenlenkerin gedachte Güttin, deren Beiname, von öip^ai (vgl. Ktym. Hiiv^tia) abgeleitet, als „kreisende" Liclitgiittin zu verstellen ist. In eben dem .Sinn daclite Cavedoni (Bull. d. Inst. 1814 p. 157) mit Vergleichung einer ähnlichen zwischen Saturn und Lnna befindlichen Figur nnter den Planetengöttern des Martorellischen Dintenfasses an Eos oder Uemera, Avellino aber (Bull. Nap. VI, t>9) auf die eben auch als Lichtgüttin gedachte und aus Hipponion sonst mehrbezeugte Korn; An- lafs der Darstellung könne der Ortsname Hipponion mit Bezug auf i'nnog (vgl. Kora Leukippos) gewäliren. Am natür- lichsten jedoch bleibt Millingens Deutung auf Sehne oder llchnle, an welche letztere auch nach der, obwohl minder wahrscheinlichen, Deutung der Ilavdiva als nuriStiri] „schreck- bar" (vgl. Mill. a. D. zu Auth. Pal. II p. 846) sich denken liefs.

'") Abgebildet als no. 14. 15 nach dem neuen Bullettino arch. Napol. 1852 p. 15 if. tav. IV, 1. 2. Dem Besitze des Hrn. Gennaro Riccio und dem Eifer der Hrn. Garrucci und Minervini wird die Kenntnifs dieser merkwürdigen Hemiobolien verdankt, welche, als Revers einer auf ihrem Wassergefäfs sitzenden gellügelten Ortsnymplie von Neapolis (Inschrift

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derholung desselben die Andeutung von Wellen sich vor, welche der Deutung auf Acheloos neue Vorzüge vor der vorherrschenden auf Bacchus-/ieio»« ffewidut '^). Wir verdanken die Veröffentlichung dieser drei iMünzen dem zu grofsen Vorthell der Alterthumsforschung durch Garrucci und Minervini in neuer Folge eröffneten Bulietlino Napohtano und diesem wird, durch Äliltheilung des Herzogs von Lhi/hcs, auch die demselben gehörige und auf unsrer Tafel an letzter Stelle") angereihte, bisher unbekannte, alterthümliche Silbermünze verdankt, deren bildhche Darstellung an den vom Delphin getragenen Taras tarentinischer Münzen erinnert, während die Umschrift IAB3/IÄ^ Vulcthas zu- gleich ein ansehnliches Gepräge, und, laut gründ- licher Nachweisung ihres gedachten Besitzers, eine bisher vermifste sichere Naraensbeslinimung der messnpischen Stadt Valeüum ") hier erkennen läfst. E. G.

Ntonolnt ä. h. NeonoXntjg) einen Jiinglingskopf mit Stirn- band und einem Hörn auf der Stirn darstellt, dessen nun schon aus mehreren Exemplaren bezeugte Beischrift XtniiOog ihn als den dortigen Flulsgott Sebetos zu erkennen giebt. An die so gewonnene Tliatsache knüpften sich sofort mehrere Folgerungen, namentlicli die Annahme, dafs der bärtige Stier mit Alenschengesicht auf denselben Münzen eine andere Gott- heit, sei es den Aclieloos für dessen kainpanischen Dienst sonst keine Zeugnissen vorhanden sind, oder vielmehr, wie vor Kiitdeckung der nächstfolgenden Münze auch Minervini Bull. I. c. p. 46 annahm, der bisherigen Annahme gemiils, den doch eben auch mit dem Reich der Gewässer eng ver- knüpften Dionysos Hebon vorstelle.

'■'J Abgebildet als no. 16, nach der gleiclifalls aus Hrn. Riccio's Besitz von Minervini edirten (Bull. Nap. 1852 p. .')7 f. tav. IV. 8) Silbermünze: vorn einen lorbeerbekränzten Apollo- kopf rechtsliin darstellend , als Revers aber die auf Meeres- wellen schwimmende Halbfigur eines Stiers mit Menschen- gesicht, aus dessen Maul Wasser strömt; daneben eine Lyra und oberwärts die Inschrift Ntonolizf.

"■) Abgebildetals no. 17 nach Bull. Napol. N. S. tav. XI, 1 p. 1701. Die Münze ist eine Didrachnie archaischen groben Gepräges: vorn ist Arion auf dem Delphin dargestellt, eine Nachbildarg des tarentinisclien Taras, dabei die oben bemerkte Inschrift; als Revers, gleichfalls mit derselben Inschrift ver- seilen, eine, vermuthlicli auf dortigen Dienst der Mondgottin bezügliche, mit den Hörnern niederwärts gekelirte, Mond- sichel, und unter ihr ein Delphin.

'") VaUtium lieifst diese, elf MiUic'n von Brundusium be- legene, Stadt bei Mela (II, 4), woneben auch die Formen Bttlesium nnd Bnlenlium, auch Fiilenlin sich finden; vgl. Luynes im üull. Nap. 185-J p. Ki'J.

II.

Denkmäler zur Odyssee.

Sclilufs zu Seite 112.

Was nun die andre Abtheilung oder die Fabeln be- trifTt, so bedaure icli von Proteus und Menelaos, die sciion ain Amyklüischen 'riirou vorkamen, und anderen Darstellungen an einer Vase des Bourbouisclien Museums in Neapel augenblickiicii genauere Notiz nicht aulfindeo zu können. Die „vielleicht einzige" Vorstellung eines unter Schilfstrümmern schwimmenden Odysseiis, mit zwei aus der Höhe blasenden Gesichtern von Winden, glaubt E. Brunn an einer Lampe der Fogelberg'sclien Sammlung (jetzt in München) zu erkennen, BuUett. d. Inst. 1844 p. 41. Odysseus auf dem l<'losse war nach Plinius von Pamphilos gemalt.

Zu der Nolanisclien Vase mit der Blendung des Polypiiem No. 10 kommt eine andre arcliaische liinzu, wovon ich einst die Zeicliuung hei Gerliard sah. Der riesige Polyphem sitzt; drei mit Schwertern umgürtete Begleiter des Odysseus, oder er selbst voran mit zween, wieviohl er sich nicht unterscheidet, führen den horizontal über ihren Köpfen gehaltnen Pfalil nach dem Auge (Rv. l<'ünf Kämpfer). An einer Amphora aus Capua in Berlin, in dem Nachtrag des Verzeichnisses 1850 No. 1929, ist die Scene anders und „in Caricatur" dargestellt. An einer Aschenkiste von Volterra bohrt Odysseus allein den Balken in das runde Auge, Uhden in den Sehr, der Berl. Akad. 1816 S. 37. Dies und die Werke der Kirke, die Sirenen und die Unterwelt sind es, die man aus dem Kreise der Odyssee an diesen Etrurischen Kasten findet. Odysseus den Becher hinreichend, ahnlich wie die Pam- filische Figur No. 19 (Tischl)eins Homer VI, 2), ist im Museuro Chiaramonti, s. Gerhard in der Beschreil)ung Roms II, 2 S. 84 No. 499. Ueber das Relief No. 23 (wo Gal. mythol. 172, 632* für 174—632 zu lesen ist), s. auch Clarac m. du Louvre pl. 323, 249 p. 682 und Zeitschr. f. a. Kunst S. 422. No. 27 ist auch in Houels Voy. pitt. de la Sicile Tai'. 2 pl. 137 und in Tischbeins Homer VI, 4.

Die Capitolinische Gruppe No. 17, besser in der kleinen Erzgruppe Pourlales hei R. Rocliette Mon. ined. pl. 62, 2 p. 356, und frei von der Syrinx, welche dem Marmor zugleich mit der restaurirten Hand gegeben worden ist, gehört wahrscheinlich nicht hierher. Heyne hat zum Tischbein'scheu Homer VI, 3 wohl bemerkt, dafs die von Polyphem getretue Figur, nach ihrer grofsen

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Jugend und Zartlieit, auch natli der Kopfl)inde, die sie trügt (und lieide Kiiple sind im Marmor, wenDgleich auf- gesetzt, docli alt, wie Platner in der Besclireil)ung llonis in, 1 S. 144 bezeugt), nicht einer der Gelahrten des Odysseus, sondern Akis, der Geliebte der (Jalatea sein möge. Die Wuth des Kyklopen gegen Akis und die Liebe der Galatea zu ihm sind aus den Römischen Dichtern bekannt, aus Ovid (Met. XIII, 750), Silius (XIV, 221), der Lateinischen Antiiologie (I, 148, Serv. ad Ed. IX, 39), und es konnte gar nicht iehlen, dal's in dieser Muslercarte der Leidenschaften den komisclien Bildern zarter \'erliel)tiieit auch andre der bestialischen Eifersudit gegenüber gestellt wurden. Ein solches weist die Gruppe auf, nach Mafsgabe der Aufgabe fein und gut gehalten. Der Riese zerrt den getödteten oder viel- leicht nur ergrilTenen und sein Schicksal noch erwarten- den Akis, über dessen Tiidtung die Sagen natürlich wechselten, und weidet sich an seiner Rache. Ein Hoch- relief in Jlünchen, das der damalige Kron])rinz von Bayern in Rom kaufte, stellt dasselbe dar, ol)gleich Scliorn an Akis nicht gedacht bat, Kunstblatt 1828 S. 190, Glypto- thek VI, 137 S. 121. Polyphem sitzt „auf einem Felsen am Meer und hält in der aufgeschwungenen Rechten eine Keule, während er mit der Linken einen todten nackten Körper aus der Fluth zieht." Dieser letzte Zug, der im Morgenblatt 1810 S. 298 angegeben ist, würde, wenn er sich wirklich erkennen läfst, die Rachlust malen, die sich von ihrem Opfer, das der grofse Akisfelsen, nah am Ufer, nächstens bedecken wird, nicht sogleich trennen mag. Auch der Karneol No. 43 dürfte hierher zu zie- hen sein.

Odysseus unter dem Widder geklammert ist in Vasenbildern nicht selten. Eines der vorzüglichsten be- sitzt E. Braun in Durclizeichnuog, Odysseus gravitätisch unter den mächtigen Widder gestreckt, viele sinnlose Inschriften umher. Solche finden sich auch an einem Lokrischen Gefäfs mit derselben Vorstellung und einem Baum dahinter, aber mit schwärzlichen Figuren auf weitsem Grunde (Uv. Kriegsleute), iu der Ivarlsruher Sammlung, Jahrb. des Alterthumsvereins der Rheinlaiide II, S. 61, wo auch eine unedirte Wiederholilung in München angeführt ist. P'ine andre, 7.v>isclien zwei Mantelfiguren, besitzt Col. Leake in London, und im Calal. del Pr. di Canino, genauer in der Französischen Ausgabe, No. 1449 ist ein einhenkliges Gefäfschen, Odysseus mit dem Schwert in der Hand unter dem Widder, mit den Beischrilten A0GOATS und UAII. Auch an einer Fogelbergschen Lampe kommt die Gruppe vor, Bullet. 1844 p. 41, und

im Brittischen Museum sah ich sie in einer kleinen Gruppe in Erz.

Unter den Darstellungen der Kirke ist die welche O. Jahn, Arch. Beitr. S. 407, dem Overbeck S. 782 folgt, ich verstehe nicht warum, für mehr als problematisch er- klärt, vorzüglich zu beachten. An demselben Gefäfse sind iu oberer Reihe Oedijjus mit der Sphinx und ein Greif mit einem Kämpfer, in der unteren Kirke mit einem Löwen, Eber und W'olf dargestellt, dies alles in geistreich phantastischer Weise. Die drei Verwandelten der Kirke stecken gerade in den von Homer genannten Thieren (X, 212. 239); die Zauberin, die originell und charak- teristisch gezeichnet ist, hat oben mit einer gebietenden Handbewegung das Werk vollbracht, ihre Zauberbüchse ist aufgestellt, auf ihren Zauberstab stützt sie sich nur, indem sie hinter Felsen nackt, mit flatterndem Peplos hervorgeht. Hier sind also Wunderthiere zusammenge- stellt, Sphinx, Greif und die aus Menschen verwandelten natürlichen 'l'hiere, die man zumal in dieser Umgebung und durch die Erinnerung an Homer und durch die Ge- berde der gemalten Kirke leicht als verwandelte erkennt, während anderwärts die Menschen mit Thierköpfen besse- ren Effect machten. Die ganze Verkehrtheit der aus Vorurtheil oft verdrehten Kunsturtheile Micalis erkennt man darin, dafs er diese Malerei für etrurisch erklärt. Dafs sie echt griechisch sei, hat auch Cavedoni bemerkt in den schon erwähnten Osservazioni p. 25. In Nola sah ich im Sept. 1842 bei Hr. Dominico Soglia an einem der schönen lekythenartigen gröfseren Gefäl'se auf der einen Seite Kirke mit dem Zauberbecher, auf der andern einen der Gefährten mit Schweinskopf. Den „bisher un- edirten" Spiegel No. 57 werden auch die Annali d. Inst, für 1852 tav. H bringen, mit Erklärung von O. Jahn p. 210. Die Sicilische Lekythos aber No. 49, mit Kirke und vier verwandelten Gelahrten, ist von der No. 51 an- gegebenen, in Gerhards Besitz, nicht verschieden.

Odysseus den Schatten des Elpenor citirend hat man in den Impronte gemm. VI, 47 zu erkennen geglaubt, Bull. 1839 p. 110. Den Schatten seiner Mutter Antikleia befragte er auf dein achten der Epigramme im Tempel der Apollonis in Kyzikos in der Anthol. Palat. Ueber den No. 64 erwähnten, wichtigen Spiegel Mon. iued. II, 29 (nicht 39) schrieb auch (irili (dello specchio rappres. Ulisse e Tiresia, Roma 1836 4.), welcher die Namens- erklärungen von Bunsen, Campanari und P. Secchi be- streitet. Einiges ist auch bemerkt Bullett. 1840 p. 58.

Für das schöne Gemälde des Sirenen - Aben- flieuers No. 67 ist es nicht unwichtig, dafs das andere

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Bild au dersellien Ampliora (im Katalog des Prinzen von Canino No. 829, jetzt im Brittisclien Museum No. 785), die drei scliwebenden Eroten HIMEPOZI, Potlios und Eros, damit in Verbindung stehe. Denn die Sirenen sollen hier Liehe bedeuten, wie denn auch der einen HIMEPOTTA beigeschrieben ist, was nicht bedeutet „mit reizender Stimme begabt", sondern femin. ist von einem ifitgotp, i,(u'po;ioc. An einer von dem ersten Her- ausgeber angeführten Cornaline Blacas sind auf der einen Seite zwei Sirenen, auf der andern zwei Eroten. Die Sirene über der Entführung der 0AAIA durch den Adler in Tischbeins Vasen I, 26 schwingt Tympanon und Tänia, und das Tympanon liat auch der Eros bei der Baccha das. I, 50 und sieiit man in ahnlicher Be- deutung öfter. An einer Kylix von Nikosthenes im Gab. Durand No. 418 (übergegangen an Beugnot) sitzt nur eine Sirene auf einem Felsen und zwei SchilFe segeln vorüber. Ko. 77 ist bei R. Rochette pl. 61, 1, nicht 61, 2. In dem Basrelief Landsdowne in den Mon. d. Inst. IV, 29 (Annali XIV p. 155) scheint das SchitT des Odysseus mit den drei Sirenen darüber mit den Schiffen der beiden andern Abtheilungeu und der figurenreichen Einfassung in einen phantasievollen, aber schwer zu errathenden allegorischen Zusammenhang gesetzt zu sein. An einem Lampengritf abgebildet im Bullett. Napol. 1846 tav. III, 5 und ausführlich besprochen von Avellino 1847 p. 39f. 45 47, ist Odysseus, an den Mast gebunden und bestrebt sich loszureifsen, von einem Jüngeren gehalten, während ein dabei sitzender Bärtiger zuzureden scheint. Eine Etrurische Urne mit dem an den Mast gebundiien Odys- seus ist auch in den Antiq. Pourtales No. 10; eine andre Nachahmung im Antiquiirium zu Mannheim nach dem Verzeichnifs von Gräff II, S. 8. Die Gemme No. 72 ist in Millins Gal. m. 167, 638 aus Paciaudi in umgekehrter Richtung abgebildet.

Skylla kommt in V^asenmalerei [Relief] wenigstens No.68 an der Kylix in Berlin mit dem viermaligen Schiff des Odysseus vor, woraus man verrauthen miiclite, dals auch an dem vorhin erwähnten Landsdowneschen Basrelief das Schiff des Odysseus dreimal vorgestellt wäre. Wie sehr die Skylla die Maler beschäftigte, zeigen die Beispiele bei Plinius, die Skylla in Rom von Nikomachos, die von Phalerion, die von Audokides bei .Andern. Von Nikias, dem Maler der Necromantia Ilomeri (No. 60), war aucii Kalypso zweimal gemalt, der Kyklop von Timanthes. Eine Skylla, die in drei Siehundsrachen drei Gefährten versciilingt, woran aber der obere 'l'heil fehlt, ist abge- bildet -Marm. Oxon. P. 1 tai). LI, 132 und ist von echt

griechischer Ausführung. Damit ist das Gemälde Pitt. d'Ercol. III, 21 zu vergleichen, wo a\icl) drei der Gefährten gefafst sind und Skylla dabei ein Ruder schwingt.

Sehr sonderbar und ihre Aufklärung erst noch er- wartend sind zwei Vasengemälde. Das eine aus Pästum im Museum zu Neapel, bei Dubois-Maisonneuve pl. 72 und Panofka sur les noms des Vases gr. pl. VII, 1 p. 9 not., enthält OAYSZEYZ, auf Felsen gelagert, das Schwert in Häuden. Ein junges Weib mit der sogenann- ten Cista mystica geht auf ihn zu. Hinter dieser steht ein Jüngling mit Lanze an einer Stelle, wobei geschrieben steht XHAEMAXOZ!, vor einer sitzenden weiblichen Figur, die eine Amphora auf dem Schoofse hält und einen Kranz unter sicli hat und vor welcher KAAE (so ist auch bei Dubois für KAA2. zu lesen, ein Fehler der auch bei Tischbein I, 10 vorkommt), gerade vor dem Namen Telemachos geschrieben ist. Hinter ihr eine weibliche Figur mit einem Spiegel. Müller in der Archäol. §. 416, 1, indem er irrigerweise liest und verbindet 7j;- 7Jfi(t/og xuXog, nennt das Ganze „Odysseus an Tele- machos Grabe, nach einem dunkeln Mythus", Panofka noch unglaublicher die zweite Hochzeit des Odysseus. Dnfs Cäremonien zu verstehen seien , wird durch das untere F'eld noch wahrscheinlicher, welches man in Ne- apels Antiken S. 261 beschrieben findet. Der .'^echtheit der Inschriften zu mifstrauen ist nicht der entfernteste Grund. Sodann macht R. Rochette in den Mon. ined. pl. 7(i, 7 bekaimt OAYXUE . 21 sitzend, nackt, jung, uMl)ärtig, hinter ihm ein Mädchen mit Cista, vor ihm ein auf einen Stab gestützter Jüngling zwischen einem Hündchen und einem Schwan, worin ich eben so wenig als dort etwas Mythisches erkennen kann. Der Heraus- geber meint p. 251 Eurynome, die treue Magd der Pe- nelope, oder die Amme des Odysseus Eurykleia. Man begreift, dafs bei einem Kämpfer, zwischen zwei Weibern, wie es in zwei Gruppen bei Dubois pl. 66, 3. 4 der Fall ist, THAEMAXOE nach der Wortbedeutung, nicht als Sohn des Odysseus geschriebeji wäre. Alier Odysseus und Telemachos zusammen sind doch nur die bestimmten Personen der Sage, und mit welcher Art von ti).it)] sind sie in Verbindimg gesetzt'?

Falsche Erklärungen aus der Odyssee sind wir los geworden Pitt. d'Ercol. III, 6 durch O. Jahn über Paris und Oenone 1844 S. 13, der darin diese erkannte; Kirke in einer Zauberbude nach Gell New Pomp. pl. 72 p. 150 in Müllers Archäol. a. a. O. durch denselben, Arch. Beitr. S. 402 406. Gegen manche Benamsungea

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«ie Oclysscus und Telemachos ia den LamliergscIieQ Nasen F, 94 p. 92, Odysseus ankoiDmend bei der Kalypso an einer in Neapel, Odysseus die Penelope wiederer-

kennend in einem Vaticanischen Relief u. a. ist es heute nicht mehr nöthig ein Wort zu verlieren.

F, G. Welcher.

III. A 1 I

68. Dionysos Perikionios. In brieflicher Mitthei- lung des Hrn. Ch, Newton an Hrn. Sam. Birch verbreitet dersell)e sich ül)er den bisher nicht genügend erklärten Umstand, dal's auf den Ersmiinzen von Miliikne eine archaisch gebildete Herme öfters auf einem Schiff er- scheint, welches an die bei Pausanias X, 19, 2 erwähn- ten Austischung eines Dionysoskopfes erinnern kann. Die alte Lesart ist dort ^lövvaov Iii(puVJiva, alier Dionysos -Phallen ist [um mit Lol)eck Agiaopli. 1087, Welcker Trilogie 189, und den neueren Herausgebern OulXrjvu zu lesen] durcli das bei Eusebius Praep. V, 36 p. 253 erhaltne Orakel [(Da).}^fjvog Tifiiüat Jtwvvaoto xÜQr^vov] dort gesichert. [Vgl. auch Gerhard Flyperb. röm. Studien II, S. 270, 145a]. Die erwähnte Herme ist öfters mit Efeu bekränzt, während in andern 3Iiinz- typen statt dessen ein Efeublatt nebenher angegeben ist: so auf den Kaisermiinzen des Verus und Commodus (Pell. II, p. 74). Nachdem dieser Typus aus zahlreichen Münzwerken als sehr bekannt vorausgesetzt werden darf (Mionnet Suppl. VI p. 61 uo. 67—76. II, p. 44, 90. Sestini Num. vet. p. 318. Eckbel Num. vet. II, 503. Museum HuDter. XXXIX, 4 p. 208. Combe Num. vt-t. p. 169. P. Knight Num. vet. p. 136), scheint doch theils dessen Gleichheit mit dem Dionysos-Stylos oder Penh'ionios (vgl. Panofka Berl. Akad. 1852 S. 341—390 Taf. I, 1. 2. Inghir. vasi fittili I, 36. Panofka Noms des vases grecs pl. A. Mus. Cor!). XII, 21—23; vgl. auch Catal. of Vases in tlie I5r. Mus. p. 216 no. 743), theils die Bestimmung der dort abgebildeten lesbischen Herme allzuvfenig er- kannt worden zu sein. Zunächst verdient dieselbe mit einem neuerdings mehrerwähnten Typus der Münzen von Aenos verglichen zu werden, welche das viereckte Her- mesbild auf einem Sessel aufgestellt zeigen, der früher irrig für eine Weinkelter gehalten ward (Borrell Numism. chron. 7. 106. pl. 1 Eig. 1. Dumersan Cab. Allier p. 21 pl. 23 no. 3. Mionnet Suppl. II, 213 no. 45. Sestini descr. p. 52 no. 3. Haym Tes. Brit. II, p. 87. (iesner \"ir. Illustr. tb. 2, Fig. 1, p. 96. Rasche Lex. rei num. Suppl. F, p. 278; ül)er das dabei vorauszusetzende Lectisternium vgl. Letronne Rev. Arch. 1846 p, 351 ff.). Eine ganz

1

I.

ähnliche Vorrichtung zu festlicher Aufstellung [und nichts anderes: an Äleergeburt des Dionysos dachte Zoega obelisc. p. 229, 15] scheint nun auch in dem als Unterlage der lesbischen Herme angewandten Schiffe gemeint zu sein, dergestalt dafs es bei einer festlichen Theorie dor- tiger Inselbewohner ihrem hochgefeierten Dionysosbild zu prunkender Anschauung in ähnlicher Weise diente, wie vielleicht das panathenäische Schiff (Paus. I, 29, 1. Meurs. Panath. c. 19), und wie, verwandter zugleich und unzweifelhafter, auch der schiffsähnliche Wagen des Dionysos auf einer archaischen Vase aus Akra (Catal. Vases Br. Mus. p. 190 no. 197. Judica Aut. di Acre tav. XXV. XXVI p. 197. Inghir. Vasi I, 33. Panofka Vasi di premio I, 4 a) es zeigt. Aus Mittheilungen der HH. Ch. Newton «nil Sam. Birch.

69. Tyro, Pelias, Neleus. Auf einem Spiegel des Museo Gregoriano (I, 22), welclier in der Peterscheu Cista gefunden wurde*), ist eine mit Chiton und Ueber- wurf bekleidete Frau vorgestellt, welche mit der Linken einen Stab aufstützt. Sie steht zwischen zwei Epheben, welche jederseits auf einem Felsstein sitzen, der eine ist mit einem Scliwert umgürtet, der andere hält es in der Linken; beide legen wie betheuernd die Rechte auf die Brust und sehen mit gespanntem Interesse zu der Frau hinauf. Im Hintergrunde ist ein Berg angedeutet, über welchem ein Satyr theilnehmend auf die Sonne schauet. Auf der anderen Seite ist ein ziemlich grofses, ovales Geräth oben aufgehängt. Unter dieser Darstellung im Abschnitt sind zwei Delphine angebracht. Die unglaub- liche Deutung auf Alhenes Geburt bedarf keiner Wider- legung, auch wird es wohl Niemand zweifelhaft sein, dal's hier eine der in so vielen Sagen sich wiederholenden Erkennungsscenen zwischen einer Mutter und ihren von ihr ausgesetzten und nun herangewachsenen Söhnen dar-

*) Der zii meinen „EJruskischen .Spiegeln I S. 22 Anm. 42 (vgl. Abhaiullunf; über die Metallspiegel der Htrusker, Berl. Akad. 183(i, Anni. 35) geäufserten Wrinuthung durchaus ent- sprecbend: Peter sali in dem gedachten Bild eine Einwei- hiingsscene, statt deren Gennarelli (Mus. Greg.) auf eine ."Mi- nerva mit Korybanten rieth. E. C.

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gestellt sei. Mit Bestimratlieit T y ro zuerkennen, welclie von Posi-idoii den Pelias und Neleus gebar, die von Hirten nuferzogen ihre von der Stiefmutter S idero grau- sam gepeinigte Mutter rjicliten, veranlnfst inicli das oben erwiiiinte Geratli, in welchem ich eine axücpi] zu erken- nen glaube. Die cjxücpt] war eine Wanne von nicht all- zugeringem Umfange, denn man bediente sicli derselben zum Fufshade. Pollux (I, 245) nennt es unter den länd- lichen Geräthen, und Hesychius erklart axürpui durch oxpon7.t'na; bei gewissen Opfern braciite man dalier die r!y.üq>r; mit verschiedenen Früchten gefiillt dar, in Delos (Athen. VIII p. 335B) vrie in Athen. So wie sich hierin eine ahnliche Verwendung wie beim Liknon zeigt, so auch darin dafs man die axäcfi] als Wiege gebrauchte, wie in der Geschiciite vom Eiephanten als Kinderwärter, der 17] ngoßoaxidi -irjv axäfpr/V ixlvii (Athen. XIII p. 607A), und Cassius Felix (problera. phys. 8) erwähnt die ahüga diu TJjC axcKprii; deshall) setzte man auch Kinder in einer axäwt] aus, z. B. Romujus und Remus bei Piutarch (Rom. 3). Auf dieselbe Art hatte ebenfalls Tyro die Zwillinge ausgesetzt, und eben diese Wanne war später das Zeichen, an welchem Mutter und Kinder sich er- kannten, wie die bekannte Stelle des Aristoteles (poet. 16, 3), der als Beispiel einer üvayi'WQiaig durch äufsere Kennzeichen anführt oiov iv t/5 Tvgot diu z/jg axü(pi]g, beweist und die scherzhafte Anspielung auf Sopliokles' Tyro bei Aristoplianes (Lysistr. 139) oidiv yüg la/^tiv n).rv Tloatidoiv xul axüqrj. Die Wanne genügt also auch hier um uns Tyro erkennen zu lassen, welche iliren Söhnen ihre Leiden erzählt und sie dadurch zur Rache aufifordert. Vielleicht kann die Darstellung des Spiegels rinzu dienen in dem leider so arg verstümmelten neunten kyzikenischen Epigramm (nntli. lat. I p. 61), dafs man den Sinn nicht mit Sicherheit bestimmen kann, die von Uecker (comm. crit. p. 6 f.) angefochtene Lesart des letzten Verses

iyyv&i 'kivaawv Nyj'kta xul Tliltuv tüvq di xu9t^0f.iiv0VQ zu rechtfertigen, wo er xud^t^a^itvovg lesen wollte. Der zuschauende, mit Kopf und Schidtern sichtbare Satyr, der ebenso auf einem Spiegel aiigel)raclit ist, welcher Poseidon und Araymone vorstellt (Gerhard etr. Spieg.64), ist wohl nur als Localgottheit aufzufassen. Die zur Ver-

zierung angewandten Delphine passen für den posei- donischen Gegenstand sehr wohl. Demnach glaube ich dies Älonument den übrigen von mir auf Tyro bezoge- nen (arch. Aufs. p. 14711.) beizählen zu dürfen.

Otto Jahn.

70. Ukalegon. Die Erklärung, welche L. Schmidt von der merkwürdigen Vase des Duc de Luynes gegeben hat (ann. XXII p. 143ff. tav. H. I), hat mich, so fein sie gedacht ist, doch niclit überzeugt. Wenn ich gleich nicht im Stande bin die Räthsel dieser Vorstellung zu lösen, so glaube ich doch niclit, dafs die allerdings auffallende Erscheinung eines Ulidegon als Begleiter des Achilieus uns veranlassen darf so ganz aus dem Kreise der ge- wöhnlichen Vorstellungen herauszutreten. Ukalegon ist bei Homer (II. III, 148) und Virgil (Aen. II, 312) ein Trojaner, aber durchaus keine als ausgeprägte Indivi- dualität hervortretende Erscheinung; sollte nicht ein Maler oder Dichter, der einen Genossen des Achilieus neben Patroklos und Antilochos mit Namen bezeichnen wollte, da er in der Sage keinen überliefert fand, auch diesen anwenden können? Dafs sie darin freier verfuhren, als uns jetzt gelegen ist, kann man schon aus dem, was Pausanias über einige Namen des Polygnotos bemerkt, nl>neliinen, auch wenn es nicht an sich schon walirschein- licli und natürlich wäre. Viel auffallender ist das Bei- spiel auf dem Vasenbild bei Gerhard (etrusk. und kamp. Vasenbilder 22), wo der Frevel des Aias an Kassandra dargestellt ist und ein troischer Knabe neben Polyxena AN0IUOXOS (nach einer auf Vasen nicht gar seltenen Ungenauigkeit fur'AviiXo/og) heifst*), und das war doch einer der allerbekanntesten Namen eines griechischeo Helden. Kehren ja .tucIi in der llias dieselben Namen bei Troern und Acliäern wieder, was hier gleiche Bedeu- tung hat, man mag über ihren Ursprung denken wie man will. Uebrigens kommt der Name Ukalegon sonst noch vor. Nach dem Schol. Eur. Phoen. 26 haben historisi- rende Erzähler den Vater der Sphinx Ukalegon genannt; haben sie ihn erfunden, so haben sie es gewifs nicht ge- than ohne den homerischen Ukalegon zu kennen.

Otto Jahn.

') Wenn niclit, wie Hr. Prof. Keil vermuthete, Avqiio/os (1. h. llfuf ü.oyoi zu lesen ist. A. d. II.

Hiezu Tafel LVIII: Griechische Münzen verschiedener Sammlungen.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zteitung, Jahrgang XI.

J^59.

November 1853.

Dioskuren ia Delplii. Ueber den amykläischen Thron. Allerlei (Dioinede).

Dioskuien in Delphi.

Hiezu die Abbildung Tafel LIX.

m9\q Betraclitiing des auf vorliei;endec Tafel ab- gebildeten Vaseiigeiiiäldes*) fixirt sich in der Milte, von wo deninach die Erklärung ausgehen mufs. Hier sehen wir vor einem bekränzten Dreifufs, welcher auf einer Säule ein in der Mitte geklLif- leles Geschichte von Steinblücken überragt, eine jugendliche weibliche Gestalt in langem dorischem Chiton '), deren fliefsendes Haar ein mit Lorbeer- blättern besteckler verzierter Stephanos krönt. Wenn

schon die Säule den Dreifufs als einen in gehei- ligtem Raum aufgestellten bezeichnet^), so tritt die sacrale Bedeutung des Geräthes noch ferner hervor in der weiter als gewöhnlich ausgeführten Symbolik der Dreizahl, welche auch in einem zweiten und dritten Reif unterhalb der Stephane, in den drei Zacken auf dem Holmos ') und eben so vielen auf dem mittleren Querring erkennbaren sich aus- prägt*); noch mehr verdeutlicht aber, als schon durch das bisher bemerkte, wird der pythlschc Orakelsttz uns durch die den Rand des Kessels kränzenden Lorbeerreiser ^), ja der heilige Lorbeer- baum'^) selbst, durch Aeste angedeutet, wird nicht vermifst. Auch die vieldeutige Steinmasse dürfte

*) Herrülirend ans dem Kiinstliandel Neapels und ans einer Zeichnung, die ich vor längerer Zeit dem verstorbnen A. de Jorio verdankte; als Gefalsform darf die eines Kraters, als Fabrikort vielleicht S. Agata de' Goti vorausgesetzt werden.

E. G.

') Vgl. C. O. Müller Dorer II, S. 259— 61.

') S. Gerhard „Prodroinns mjtliologisclier Knnsterklärung" S. 242. Hier als Unterlage des Dreifufses nur die i'Jpuo/f desselben in demselben Sinne andeutend, vie wenn an der Dresdener Basis der wiedergewonnene delpliische Dreifufs auf einer Säule befestigt wird (.Miliin niytliol. Gall. 16, 5(iJ. Vgl. auch das Bildwerk liei Zoega „die ant. Basreliefe von Rom" Taf. 99, wo anfserdem der delphische Tempel mit ko- rinthischen Säulen sich darstellt, so dafs, wenn dieser Tempel auch, wie behauptet wird, in dorischem Styl gebaut war, hier, wo wir gleichfalls delphisches Local erkennen, das ionische Capital keinen Kinwurf begründet.

'J Ebenso auf der volcentischen Kadniosvase bei Gerhard „Etrusk. und canipan. Vasenbilder des Berliner Museums" Taf. C, und auf dem scenischen Vasenbibl bei Wieseler „Tbeater- gebäude und Denkmäler des Biihnenwesens" Taf. VI, 2.

"J Wie auf de/n erwähnten Dresdener Keliel, nach Creuzer's Bemerkung (Symbolik, 2 Auflage, I, S. "79f.). der <lreifaclie Umhang des Omphalos, vielleicht auch die drei aufgehobenen Finger der Priesterin (gewifs auch die drei Uoren auf pytliischen Reliefs, s. bei Weicker Alte Denkmäler II, S. 38, und der Paste bei Winckelmann „Monumenti ant. inediti" 44, vgl. Suid.

ii)(novi) in gleicher Weise bedeutungsvoll sind. Dieselbe Symbolik scheint auf unserem Bilde an der Gestalt der Priesterin sich fortzusetzen, wie in der dreifachen Spange auf ihrer linken Schulter, so in dem dreifachen Lorbeer und der drei- lachen Ornamentur an ihrem Hauptschnuick, zunächst wohl zu stärkerer Betonung ihrer Beziehung zu dem Dreifufs.

') C. O. Müller kleine deutsche Schriften il, S. 579f. Auf Münzen, mit Bezug auf das delphische Orakel, „Lorbeer- zweige, die bald durcli die Füfse (des Dreifufses) durchge- zogen, bald oben aufgesteckt sind, bald zu beiden Seiten herabhangen, bald die Stelle der Kinge zu vertreten scheinen. Ein Lurbeerzweig lag stets auf dem delphischen Orakelsitz, den die Pythia, sobald sie weissagen wollte, hinwegnahm und um den Kopf legte." Ein marmorner Dreifufs mit Lorbeer- kranz um die obere Platte Mus. PiocI. VII, t. 41, Müller a.a.O. 597. Vgl. auch ilenselbeii, Dorier 1, .339 f. Lorbeer erkennen wir hier unbedenklich; will man durchaus Epheulaub heraus- sehen, so ist auch dieses Sinnbild der Begeisterung (so der musischen, vgl. Schwenk „die Sinnbilder der alten \ölker" .S. &5f.J und Bacchisches dem pythischen Cult nicht fremd (Müller Orchomenos S. 37t), Preller in „Realencyclop. der Altertlinmsw." II, S. 915). Der bei der Pompa des Ptolemäos Philadelplios getragene ,, delphische" Dreiluis war mit einem goldenen Kranz aus Wiinlaub geschmückt (nach Athenäus, Müller kl. Sehr. II, 594).

"■) In der Nähe des yuaiia: Eur. Ip'i. Taur. 1215 Herrn.

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wohl kein Stein des Anstofses für unsere Deutung sein. Ich möchte in diesem kyklopischen Gestein das von Pausanias') erwähnte Gemäuer erkennen, durcli welches ein Weg aufwärts zur mantischen Quelle Kassotis und zum Heihglhum seihst hindurch- fiihrle. Man könnte freilich, zumal auch Vegetation darauf angedeutet ist, auch an die (auf einer be- kannten Vase') ähnlich dargestellte) heilige Höhe selbst mit dem Chasma und vielleicht gar dem Nabelslein denken, oder hinwiederum blos einen roh aus Feldsteinen aufgeführten Altar ') annehmen. Auf dem erkannten Hintergründe läfst sich nun- mehr auch die Promaniis nicht verkennen, die uns in ähnlichem Anzug und gelöstem Haar auch sonst begegnet'") und besonders bedeutsam wieder durch den Lorbeer, der ihr Haupt krönt"), charakterisirt '*) ist. hl bewegter Haltung, mit lebhafter Handge- bärde, wie declamirend '^), tritt sie einem Jüngling entgegen, der, von einem gleichgebildeten Genossen begleitet, zu ihr heraufgestiegen ist und nun mit dem Ausdruck der Aufmerksamkeit ihr gegenüber- sieht. Beide Jünglinge stellen sich in schmuck- reicher Feiertracht dar, in prachtvoll gesticktem Chiton, zurückfallender verbrämter Chlamys, lor- beerbekränzten Hauptes'^), je zwei Lanzen der vordere mit der aufgeiiobenen rechten Hand auf- stützend, der hinlere in dem abwärts gebogenen

") Paas. Phoc. 24, 5.

"J NacU Tischbein anc. vases bei Miliin M. G. 14, 51. Vgl. Justin. XXI\, b. Aehnlicli der Felsen mit der Sphinx auf Geuinicn, z. B. bei Winckelniann „Geschnittne Steine der Stosch'sclien Sammlung" III, 1, 3S, aucli auf Vasen.

') Wie z. B. auf dem Vasenbilde Archliol. Zeitung 1845, Taf. 35, I. \'gl. das bei Hermann „Lehrbuch der griech. Antiquitäten" li, §. 17, 0 Angeführte.

'") Vase bei R. Kochette „Monumens inedits etc." [>1. 37, •Stoschische Paste (A. 4), Dresdener Basis (A. 2); in ilirer Erscheinung ganz dem A[)ollon selbst entsprechend, wie er als pjthischer Kitharodos auf Vasenbildein (Gerhard Ant. Biidw. IX und LVIII) und del|ihischen IMiinzen (Müller Denkm. alter Kunst II, 12, 13.)) sich darstellt. Was bei Plut. ile Pyth. orac. 24 einige Gelelirte für eine Besclireibung des Anzuges der Pythia beim Orakelgeben nahmen, erlaubt freilich der Zusammenhang nur allgemein von der Kococotraclit der altern Zeit aristokratischer C'ultur zu verstehen.

"} Aehnlicher blältcrhesttckter Koplputz findet sich auf Vasenbildern selir liäulig (wie an Apollon, Müller DAK. 11,13, 140j. liinen solchen mit deutlichejn Lorbeer iiat auf einer interessanten Darstellung des Parisurtlieils bei Gerhard „Apu- lische Vasenbilder des Berl. Museums" Taf. D, 2 einerseits

Arm hallend. Auch der Letztere zeigt sich durch Blick und Gebärde, nicht minder lebiiaft und un- millelbar als der Erstere, bei dem Vorgange be- iheiligl. Seine erhobene rechte Hand scheint auf einen Vogel zu weisen, welcher, ihm und seinem Gefährten zur Rechten, der Orakelslätle zufliegt. Gestattet auch die ungenaue Zeichnung schwerlich eine sichere ornilhologische ßeslimmung, so ist jedenfalls die Beziehung des Vogels einerseits zu den das Orakel Befragenden, als de^iog OQvig, an- dererseits zu dem Orakelsitze selbst, als „S^smv ayyelhav (prji.iag'" ''), hinlänglich bezeichnet, und wenn wir wohl lüglicher einen Adler als den „comes obscurus tripodum" in ihm errathen, so werden wir an die Zeusadier auf dem delphischen Omphalos erinnert, deren Bedeutung, wie sie Dissen fafst"') (has aquilas Jovem repraesentasse, summuni oraculi ])raesidem), auch für unser Bild Anwendung findet. Denn Zeus selbst, der Lenker der Ge- schicke, der Urspender aller Weissagung "), nicht, wie zumeist, sein Vermittler, Pliöbos Apollon, waltet hier persönlich '^) über der Verkündung seines Rath- schlusses. Ihn erkennen wir in dem lorbeerbe- kränzlen bärtigen Scepterträger, der mit herab- fallendem Gewände, enthülltem Oberkörper, linker- seits die Gruppe abschliefsend, in ruhender Stellung die Scene überschaut. Zwischen ihm und der

eine dem Paris ihre Gaben verheifsende Eviv^ia, andrerseits die links gleich unter dem die Krisis überschauenden Zev; sichtbare KJ.v/.tevrj, welche, als die Mutter des Prometlieus aus Hesiod (Theog. 508) uns bekannt, also mit der weissa- genden Themis einerlei (Aesch. Prom. 211sqq. Herrn.), hier als die personiücirte Jiös ßovi.t} (vgl. ProcI. arg. Cypr. in., Welcker d. ep. Cycl. II, S. 67) sich mit ihrer Nemesisgebärde wie eine tragische Ironie zu jener trügerischen Prophetin verhält.

") Bedeutung des Lorbeers; A. 5, vgl. A. 4 u. 11. Viel- leicht nebenher sprechendes Emblem: Daphne hiels die pythische Promantis der Gäa-Themis, Paus. Phoc. 5, 3.

"J Man wird erinnert an Virg. Aeu. VI, 48sqq.

") Vgl. Liv. XXIII, II.

'■') Eiir. Ion V. Ib2. 157s(|q.

'-) ad Pind. Pyth. IV, 4.

' ') Zeus /lOKjay^T)];, nuvofiipaio; (II. VIII, 250 mit schol. A|, dessen nQoifri7t]S nur Apollon ist (s. bei Ilerm. a.a.O. 40, I), zwar nicht nach der wahren mythologischen Begriffs- entttickelung (worüber ich mit Gerhard Prodr. 159, 37 ganz einverstanden bin), wohl aber nach dem populären Dogma.

"*) l7tiöi]uii>v (nl Jiöv HKVitvoufvojv: s. scliol. Callim. in Apoll. 1.

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Pricsterin, iiiimiüelbar liinter tlieser, erhlicken wir noch tleii sUiiidigen Bolen und Aiisricliler seines Willens, Hermes kenntlich nur durch das Kery- keion, sonst in seiner ganzen Erscheinung, Aus- sehen, Tracht"), Stellung und Haltung, fast völlig gleich dem zuvorderst .Stehenden der beiden Ilel- denjiinglinge, auf welchem auch sein Blick haftet.

Soweit hat uns unsere Belrncliluug des eben- so durch die üchlhellenische Aiuuulh seiner Ge- stalten und die Zierlichkeit der technischen Aus- führung anziehenden, als durch die Fülle bedeut- samen Details und die Harmonie der Composilion fesselnden Kunstwerkes Schritt für Schritt mit einiger Sicherheit dem Verstündnifs des Dargestellten ge- nähert. Fassen wir das Erkannte zusammen, so sehen wir also in einer p'jt/iisc/icn Orakclsccnc um den siirudeluden Quell götllicher Oniphe, in sinniger Verlheilung, vereint jenseits günstige Goit- heiten, diesseits begi'aistigte Meiisc/ien. Wenn wir aber nunmehr aus der in dieser Allgemeinheit auf- gefafslen Situation auch ihr specielles INIoliv, die zu Grunde liegende Fabel herauszufinden bestrebt sein müssen, so erhebt sich zunächst die Frage: welches verbrüderte Jünglingspaar der Helden- sage"') läfst sich hier erkennen? Bei dieser durch keine handgreiflichen Kennzeichen erleichterten Auswahl dürfte vornehmlich die dreifach betonte besondere Gunst des Zeus mafsgebend sein. Wer aber hat wohl an diese einen niiheren Anspruch, als Zeus eigene Spröfslinge, die DitisUnrcn?

Diese Annaliine lindet weitere Untersliitzwiig, wenn

") Kinen, wie hier, Tollbckleidcten Hermes k.ann ich allenlings aus Vasenbildern gereiften Stjis nicht nacliweisen; Beispiele auf Denkmälern anderer Art s. bei Müller It, Tf. 29 II, 30. Ueber Beziehungen des Hermes und seines Stabes zur Mantik s. Preller K. E. IV, 1^47, 1859.

'") Ich mag nicht yerliehlen, dafs, wenn von einer Deu- tung eines Denkmals dieser Art aus einer ganz siiäten ge- schichtlichen Anecdote iil)erlian|it nur die Rede sein könnte, ich zu der Deutung auf Alexander und Hephästio und den bei Plutarch Alex. 14 erzählten Vorgang versucht gewesen wäre. Auch Paris und iMenelans (scliol. II. V, 64), Orestes und Pjlades (Entsendung nacli Tauris), die tliebischen Dios- kuren (wegen der vielen .Vnklänge an die Kadmosvase), hatte ich abzuweisen.

") Flut. Arat. 3; Bründsted Bronzen von Siris, 'Kopen- liügen 18.H7 (deutsche .\usg.) S. .i".

") ap. Suid. JiooxovQot (cf. s. v. KtiniaiQ), wovon ich

wir in der durch Ausnaliinsiidle ihre Berechtigung niclit verlierenden Voraussetzung einer in der Kunstbil- duui; der Nationallieroen i'estgelialtenen, nur haid mehr bald minder vollständig durcligeiührten individuellen dliarakteristik") die Kinzeiiieiten in der Erscheinung der beiden Jünglinge schärfer und genauer ins Auge lassen und in Erwägung ziehen. Niciit nur stimmt die D.irstellung im Wesentlichen mit einer aus dem .Alter- thuMi überlieferten I5esclireil)ung des Kunsttypus der Dioskuren •■') iiberein, und begegnen uns diese in der- selben reichen 'I'raclit und Dekränzung, die sie liier aus- zeichnet, auf Vasenbildern verwandten Styls wieder"'), es lassen sich aucli mehrfach Indicien jener bekannt- lic]i neben ihrer Zwillingsbildung in der Regel hervor- tretenden symbolischen DilFerenz") in unserem Bilde aufweisen, die zusammeiigenommeu ins Gewicht fallen und für nicht absicjitlos zu halten sein dürfteu. Die DiOerenz der Lanzen in din Händen der beiden Jüng- lii]f;e ^^urde bereits beinerklich gemacht. Ferner ist die Stellung des vorderen eine aulsteigende, sein Standort tiefer, die Stellung des mit dem linken Fufs antretenden hinteren könnte man für eine absteigende''') ansehen. Ferner, um in dieser Richtung des Vergleichs nicht noch weiter zu gehen, mache ich auf den Unterschied in den Verzierungen der Gewänder auimerksam, besonders aber darauf, dafs, während bei dem zuhinterst Stehenden ein Petasos'') sichtbar ist, bei dem Anderen nicht, dieser dagegen [•'ufsbekleidung hat, jener keine. Dieser letztere Unterschied kehrt ebenso auf deua Hauptbilde der be- kannten (schon oben Amn. 23 verglichenen) Talos- vase wieder, und zwar ist es dort der durch Beischrift bezeichnete Polydeukes, der Fufsbekleidung hat. Damit wäre ein Merkmal gewonnen, den in den Sagen als den ächten Zeussohn bevorzugten Polydeukes in dem auch

heraushebe: navlai ixtyuXoi, yvuyoi rccg nuQiiäs ixdjinoi, ouoioi 70 ilSog y.cd /ketuvättg i/ovJls tnl TÖij' di/iuv iifrjfi- fUvriv (Xfninav . . xtü löy/ug . , TrnoftrrtüoK?, Iv lüg rjQiCiovTO 6 fiiv xctTtt (Tflin]/, ö (ff XKT« Xaiäy.

") So beim Leukippidenraub auf der bekannten Vase des IMeidias (am vollständigsten edirt von Gerhard in den Abh. der Berl. Akademie v. .1. 1839) und auf einer sicilischen, ehemals Coghill'schen (zuletzt Arch. Zeit. J652, T. 41); ebenso als Argonanten auf dem den Tod des Talos darstellenden Hanptbilde einer Amphora aus Ruvo (Arch. Zeitung 1840, Taf. 44).

•') Vgl. Mercklin ..die Talossage und das sardonische Lachen" St. Petersb. lbj\, S. Ol unten, auch Suid. in A. 22.

•■) Vgl. Gerhard Prodr. I.i7, 23.

"■) In der Zeichnung auffallend, wie doppelt, wenn nicht etwa die untere Rundung für den gebauschten Rand der Cblamys zu halten ist.

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auf unserem Bilde, wohl nicht blos raiiinlicli, in den Vordergrund Gestellten zu erkennen. Zu dieser seiner Hervorhebung gehört auch, dafs des Hermes Auge sichtlich ihm zugewendet ist, und dieser Umstand kann noch be- sonders durch ein aus der Sage bezeugtes zärtliches Verhältnifs dieses Gottes zu seinem irdisch geborenen Bruder"') motivirt werden.

Also: Dioskuren in Delphi. Ein Fortschritt in der Erklärung, jedoch noch kein Abschlufs. Anlafs und Inhalt des Orakelspruchs bleibt zu bestimmen. Den Be lag aus der Sagenpoesie, durch welchen dem Griechen sein Gedachtnifs die Anschauung ergänzte, suchen wir io den auf uns gekommenen Bruchstücken vergebens. Nur durch Conjectur können wir dem neuen P'actum, das uns, wie manches andere, nur durch monumentale Ueberlieferung zugeführt wird, seine Stelle in dem System unserer Jiterarischen Kunde zu vindiciren suchen. Es fragt sieh nun, ob aus den Sagen von den 'J'yndariden etwas ausdrucklich Bezeugtes vorliegt, woran unmittelbar anzuknüpfen wäre. Ich konnte nur wenig finden. Eine Sage, wenigstens örtlicher Geltung, von einer Anwesen- lieit der Dioskuren in delphischer Gegend scheint durch den auf sie bezogenen Heroencult einer phokischen Ort- schaft") angezeigt zu sein. Auch wird von einem Schriit- steller, der sich auf die Autorität desjenigen Epos zu be- ziehen scheint, welches auch für unsere bildliche Darstellung die Quelle gewesen sein kann, auf einen den Angehörigen der Helena zu Theil gewordenen pythischen Orakelspruch angespielt"). Ist nun hierdurch wenigstens ein Verkehr der amykläischen Heroen mit Delphi einigermafsen be- zeugt, so glaube ich doch, wieviel zur Conjectur Ver- lockendes auch namentlich die letztere Notiz enthält, einstweilen davon abstehen zu müssen, auf so vagen An- lafs hin eine verklungene Sage erst neu auszudichten, um unserem Bildwerk ein imaginäres Licht zu schaffen. Mehr Anknüpfung bietet sich auf monumentalem Gebiet dar. Hier ergiebt sich aus der Vergleichung zweier (schon oben herangezogener) den Brautraub der Leiikip-

'') Hermes „IpKOr^f yeyoviog Ilolvdfvy.ovg hog jwv JiogxovQwv" Ptol. Heph. h loj s' ap. Phot. bibl. 190. Hermes erscheint auch sonst in Sagen um die .Söhne der Leda im Dienste des Vaters bemüht, so Paus. Lac. 26, 2.

") Charaflra, Paus. Plicc. ^^, 6. Pliokisclie Münze mit bebändertcni Dioskurcnimt: Arcli. Zeit. 1649, T. 9, 8.

") Isoer. encom. Hei. 19 (welcher auch I. 1. 59 den Kyprien folgt) sagt, Theseus habe die Helena gewaltsam entführt, iTKiörj nuQÜ iwv xvndav oi/_ oiög i' r^v «inriv laßtiv, tili' (n^fifvov irjv Trjg Titiiäög rjlixtnv xnl jov ;!fp>)l/<oi' TOf n«pK it]; IIv!Hug, was wolil nur den Sinn haben kann: sie warteten auf die Zeit der Mannbarkeit der Helene und

piden durch die Dioskuren darstellender Bildwerke, der Meidiasvase und zunächst der den Lesern dieser Zeit- schrift gegenwärtigen Coghiirsclien, eine Erklärung, die man als eine muthraafsliche sicii gefallen lassen wolle.

Es Sei erlaubt, was ich auf dem letztgenannten Bilde sehe, hier in Kürze darzulegen. Die Figurenreihe be- ginnt linkerseits mit Zeus, der, ähnlich wie auf der durch ihre Inschriften erläuterten Meidiasvase, auf einer .Anhöhe thronend, gleichwie von seinem Ida aus, das seinem Rath- schlufs gemäl's Vorgehende überschaut. Es folgt die zurückblickend fliehende Peitho, d. h., wie auf der Mei- diasvase, Ueberredung zum Fliehen. Zwischen den beiden, wie auf der Meidiasvase, divergirenden Viergespannen, auf deren jedem, seine Braut im Arm haltend, ein Dios- kur Platz genommen hat, sehen wir vier jugendliche weibliche Gestalten, etwa die Gespielinnen der Bräute oder Charitinnen und Aphrodite, in lebhafter Bewegung, vielleicht tanzend^"); neben den beiden Wagen hochzeit- weihende Gottheiten"), neben dem rechtsgewendeten Apollon mit dem Lorbeerstamra '"), neben dem anderen wohl, wenn auch die Attribute vermil'st werden^''), Artemis. Letztlich vor dem Wagen rechts, der Peitho (oder Iris?) auf der entgegengesetzten Seite des Bildes entsprechend, ein Jüngling, gleichwie die Dioskuren bekränzt, mit Sei- tengewehr, Petasos im Nacken und Fufsbekleidung"), in welchem ich Hermes als Brantzuführer zu erkennen kein Bedenken trage, sowie demnach in dem von ihm zunächst Begünstigten, v»ie auf unserer Vase, den Poly- deukes. Auch al)er in der bei diesem männlichen, bei Kastor weiblichen GSttergeleitschaft glaube ich einestheils wiederum nicht blos einen rhythmischen Contrast der Composition , sondern jenen symbolischen des Anakten- mythos wahrzunehmen, anderentheils zugleich eine Her- vorhebung des Polydeukes, des ursprünglich Unsterblichen, den nicht, wie Kastor, bald das Verderben, als Folge, wie es in den Sagen zum 'l'heil ausdrücklich ausge- sprochen wird^'), eben dieser That, treffen sollte.

Die Anwendung auf unser Vasenbild wäre nun, so-

die (alsdann eintreten sollende) KrfüUung des (bereits früher empfangenen) Orakelspruchs.

") Vgl. Jahn Arch. Zeitung 1845, S. 29.

") Gerhard Prodr. VslS., Jahn „Arcliäol. Aufsätze" S. 92—95.

") Gerhard a. a. O. 15i.

") Vgl. Jahn a.a.O. 95, A. 24.

^^) Jedoch ohne Chiton, wie Hermes gewöhnlich, und mit verstärkter Bewehrung, zwei Lanzen, etwa mit zur Her- vorhebung gewärtiger Schutzkraft.

^'■) Der Streit mit den Apharetiaden als Folge dos Kanbes der Bräute: Thcocr. id. XXII, 137sqq., schob II. III 243 an-

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weit sie niclit schon in dorn Gesagteo mitausgesproclien ist, f'olf;eiide. Es stellt gleiclisain die Forwei/ie der Dios- kureHhochzcil ihir, i\k- ihrem, wie wir es hei der Aiis- füliniiig sahen, von Göttern und durch Zeus' Ratlisclilufs seihst geforderten Unternehmen, wie gemeiniglich jedem wiciitigen Beginnen, vorausgehende Befragung des Orakels, dessen Ausspruch, wenn vielleicht (in der Sagej eine gewisse Aml)iguitiit, jedenfalls einen in dem Bildwerk mit besonderem Nachdruck ausgeprägten entschieden protreptischen Charakter hatte. Daraus aber würde dann liir unsere Vase dieselbe hochzeitliche Bedeutung und Bestimmung resultiren, die für die beiden Leukippiden- vasen unzweifelhaft ist. Und, um mit einem vielleicht ganz subjectiven Einfall zu schliel'sen, am liebsten möciite ich mir unser Vasenbiid als in den Zusammenhang einer Trilogie von Bildwerken hineingehorig denken, von denen dann das Schlul'sstück etwa die Söhne der Dioskuren '") zum Mittelpunkt gehabt hatte, vielleicht wieder mit Hermes als no^tnuTog.

Mitau, im Juli 1853. C. v. Pauckek.

II.

Ueber den aiu} kläischeu Thron.

Eine der sciiwierigsten Aufgaben für den Alterthums- forscher ist und bleibt immer die graphische Herstellung eines zerstörten tektonischen Kunstwerkes; insbesondere gilt dies für ein Kunstwerk dessen Spuren völlig ver- scliwundeu sind, welches nur durch eine flüchtige Er- wähnung seiner vorzüglichsten Bildwerke von einem Augenzeugen bekannt ist, in seiner tektonischen Form und Anlage jedoch , sowie in seinem Materiale gänzlich unbekannt dasteht. So verhält sich dieses mit dem so- genannten Throne des Amyklaios zu Amyklai, dessen Pausanias in der angegebenen Weise wohl ganz flüchtig gedenkt, von dessen Entstehung und Zweck, Bedeutung und tektonischer Form wie Material, aber weder er noch irgend ein andrer Schriftsteller die gringste Andeutung geben. Ueber diesen „Thron des Apollon Amyklaios in Laconien" liegt uns eine sehr ins Einzelne gehende Unter- suchung von Dr. Pyl vor 'j, welche schon deshalb niclit

geblich nacli Pindar, Ovid. Fast. V, 699—720, Hyg. f. SO u. s., t)ei Lvcophr. Cass. 541 tifj in einer die Varietäten ansgleichen- ilen Version, um! zugleich so, Hals dieser Streit auf die Jiog ßovX'i] zurückgefniiit wird (v. öSIjsq«]., 5ö7sqq.), welche die leitende Idee des kyprischen Epos war.

^") Paus. Att. is, 1, Cor. •>>, ti, Lac. 18, 7, Apollod. III, U, 2, Tzetz. ad Lyc. 511.

•) Denkm.u.F. 1852 no. 4.3. Tal'.XLIII; weiter ausgelüliit mit gleicher Abhildung in der Zeitung für AUerthuniswissen- schatt l>-a3 no. 1 (j. 13— Itj.

unl)eac!itet bleiben ilarf, weil sie die Aufmerksamkeit von Neuem wieder auf eines der grofsartigsten, in seiner h'assung vielleicht einzig dastehenden hieratischen Werke der alten 'i'ektonik lenkt, von welchem, bis jetzt wenigstens, keine Analogie l>ekannt geworden ist. Indem nun der Kern der ganzen Arbeit des Verfassers in der graphischen Verzeichnung des 'l'hrones liegt, um \>elche er nach des Pausanias Beschreibung seine Abhandlung als „Wieder- herstellungsversuch" ausbreitet, so handelt es sich bei der Beurtheilung zuerst weniger um antiquarische Streit- und l'Vagepunkte, welche der dürftig lliefseuden Quellen wegen dennoch vielleicht kaum Erledigung linden würden, als vielmehr um materielle tektonische Fragen liinsichtlich der vom Verfasser aufgestellten Annahmen; letztere kön- nen allerdings positiv beantwortet und in ihren Verhalt- nissen durchaus klar und bestimmt beurlheilt werden. Die Beurtheilung ist damit also bezüglich des rein 'l'ekto- nischen, auf ein völlig zugängliches Gebiet versetzt; sie kann und mufs in diesem F\'»lle sogar von den archäolo- gischen Fragen ganz absehen, um erst die Wahrschein- lichkeit oder Möglichkeit der ihnen zu Grunde gelegten tektonischen Wiederherstellung technisch zu prüfen. Wir meinen aber es sei schon dadurch für die Forschung ein Be- deutendes gewonnen, wenn es möglich ist ein muthmal'slich Gesetztes allein schon auf tektooischem Wege und ohne Hülfe archäologischen Apparates kritisiren zu können. Freilich ist unsre Ansicht über den Weg den der \ er- fasser bei seinem „Wiederherstellungsversuche " genommen hat, eine der seinen ganz entgegengesetzte. Wir sind der festen Ueberzeugung dafs es nicht geralhen, ja wohl ganz unmöglich sei, auf die höchst dürftige Beschreibung des Pausanias aUein und von vorn herein eine Herstel- lung zu gründen, da dieser mit dem was er eingestän- diger Weise als ,,ganz bekannt" hierbei übergeht, viel- leicht grade das zur Herstellung unerläfsliche Bauliche, unberührt läfst; wir sind ebenso der Meinung es müsse, bevor man den Griffel zur graphischen Darstellung des Werkes ansetzt, vorher erst alles ^Material was auf die mythologischen und sacraleu Verhältnisse dieses heiligen Males und seiner Stätte, wie auf seine Bedeutung und Ver- wendung im Kulte nur im Entferntesten Bezug hat, her- beigeführt und wenigstens so klar und durchsichtig aus- gebreitet sein, dal's man eine Unterlage gewonnen habe auf der sich dann erst eine wahrscheiciiche und dem Gewesenen sich annährende Ilest.iuration erheben könne. In der That scheint uns die Entwickelung dieser Ver- hältnisse ein weit höherer Gewinn lür die Wissen- schaft zu sein, als jetle bildlkhc Restitution welche

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sellist l)ei spgebenein Material« iinil Torliaiuleiien Resten, iin gelungensten Falle dennocli das Probleniatisclie nie gänzlich alizustreifen rerinag und von einem andern denkenden Kopfe nach einer andern Auffassung darge- stellt werden kann, wie dies so viele bekannte Versuche von Restauration antiker "Werke liinliinglicii liezeugeo.

Bei der \ erliegenden Restitution ist also zunächst der Tektonik diu Anforderung gestellt, die Möglichkeit der Wiederlierstellung nach Seite der Struktur in Verbin- dun" mit dem zu Grunde gelegten baulichen jMateriale und dessen statisclier Gliederung, nebst der aus diesem hervor- wehenden oder ilim entsprechenden Form, ins Auge zu fassen und zu priifen. Auf diese tektonischen Verhält- nisse des Tlnonbaues hinsehend leuclitet es ein, wie von der praktisch möglichen Formation, Gliederung und Struk- tur seines Materiales, diejenigen einzelnen Tlieile, Raum- flächen und Oertliclikeiten bedingt und erzeugt werilen, auf welciien die erklärenden Bildvferke und mythischen Episoden zu vertlieilen und anzuordnen sind, ja dafs viele dieser Bildwerke, unter andern die runden, statua- rischen, in ihrer engern künstlerischen Conceptioii ganz und gar derselben untergeben sind. Wiirde es sich also nachweisen lassen dafs die ganze Form des Thrones in Absicht auf Material, Struktur und realen Mal'sstab eine praktisch unmögliche, über das praktisch Ausführbare weit hinausgehende sei, so würde damit auch die künstlerische Anordnung des Bildwerklichen sehr erscliüttert werden. Gänzlicli würde endlich die Herstellung fallen müssen wenn es sich zeigte wie das dazu gewählte Material der Be- dingung einer dauernden, monumentalen Existenz grade zu widerspräche und dieself)e unmöglich machte. Leider ist Beides der Fall; desh;db brauchen wir auch nur das technische, materielle, in das Auge zu fassen ohne selbst einmal das künstlerische der Form betrachten zu dürfen, weil letzteres ohnehin fällt sobald das Erstere nicht haltbar ist.

Keine Ueberlieferung giebt von dem Jlateriale Kunde aus welchem der Tlironbau und seine Bildwerke gearbeitet waren. Der Verfasser hat sicli diesen Bau unter der Form einer Art mehrsitzigen Sessels, mit Füfsen, Sitz, .Arm- und Rücklehne gedacht; er nimmt den Sessel durchgängig aus Holz, säinmtliche ihn cliarakterisirende Bildwerke aus getriebenem lüze an. Seite 28 folg. heilst es „Ein Werk des Holzbaues an zweckmäl'sig ge- wühlten Orten kostbare Holzarten und .Steine in geschinack- vollen Arabe^ken eingelegt ehriie Platten die am Holze befestigt wurden durch Vergoldung geschmückt Be- maluiig des Holzes mit bunten l'aiben der Kern des

Altares aus Stein, um den ein Holzl)au mit Farben und andern Schmuck verziert aufgeführt wurde". S. 18 20 wird noch bedingt, dafs der Thron „unter keiner Decke in keinem Tempel dnrcli kein Gebäude eingeschlossen, sondern unter freiem Himmel nach Art der ältesten Hei- ligthnme, wie zu Dodona von Bäumen umgeben, dastand". Bleibt man zunächst bei dem Materiale stehen, so geht aus dem Gesichtspunkte unser heuligen technischen Er- fahrung, von der man doch nur ausgehen kann, hervor dafs das ganze Holzgerüst ji«o/i den angegebenen realen Mafsen vnd seiner Stnihtur ein Unmögliches ist, weil es über die Gränze jeder praktischen Zusammensetzung hinaus- geht und iür die enormen Dimensionen welche bedingt sind gerade zu versagt; es sei denn dal's man sich durch ein Wunder in den Besitz solclier riesigen Hölzer gesetzt habe wie sie die Mafse erfordern, auch dem Holze dabei, wider seine Natur, durch eine gekünstelte Zu- sammenfügung solche Gewalt anthue, wie es im Entwürfe wirklich geschehen ist. Dies zeigt sich auf den ersten Blick in den Hauptgliedern des mächtigen Baues. Das ,,Grundgebälke", unter welchem die Balken und Rahme gemeint sind die, auf den aus Erz gegossenen Karya- tiden ruhend, zu beiden Seiten und hinten, den eigent- lichen .Sitz wie die Seiteidehnen mit der Rücklehne tragen besteht aus drei mächtigen Balken; jeder dieser Balken wird (S. 31 iolg.) wiederum ans 9 andern Balken zusam- mengesetzt von welchen jeder Einzelne 62' bis 65' lang, 3' breit, 2' hoch angenommen ist; die Kreuzbänder, welche die Pfosten der Rücklehne verbinden, hal)en so- gar eine Länge von 70'. Diese Balken des Grundge- bälkes sollen sowohl ,, unter einander als auch mit den andern Gel)älken hinten an den Ecken durch Zapfen ver- bunden und an der Stirnseite mit eingelegten Verzierun- gen geschmückt" sein. Das ist aber nur eine gedachte aber keine praktisch ausführbare Möglichkeit; es ist ein Gedanke, welcher in der Tektonik alter wie neuer Zeit als ein unerhörter dasteht und von keinem praktischen Baumeister jemals nur gesetzt sein würde. Denn wenn sich auch Bathykles, wie gesagt, <lurch einen wunderbaren Zulall in den Besitz von .^0 .Stück Ripsenbä'imen gesetzt hätte, welche nach der Bearbeitung auf b5' bis 70' Länge, am Zopfende einen reinen rechtwinkligen Querschnitt von 3' .Stärke und 2' Breite ergeben hätten (was beiläufig be- merkt am Zopfende einen Dun hmesser von ungefähr 5', arn Stammende einen Durchmesser von 7' bis 8', mithin eine Baumhohe von wenigstens 120' voraussetzte) so wäre die Zusaramenfügung derselben zu einem Stück Holze von 9' Breite und 6' Höhe, möge man sie nun durch

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Bolzen, Diil)el, Kl.tintiuTn oder umgelegte Biinder von Holz und Hletall licMiiken, ein Unternehmen welches \>egen seiner Unii itiirliihkeit in der baulichen Vervien- dnng des Holzes ganz heispiellos ist. Wie aber liiitte man nur iibcrhaupt zu solchen llc'ilzeru gelangen sollen, da lickannllich der üanm zum grol'sen fllaste der Syra- knsa des Hierou, welcher schwerlich eine HiJhe von 120' ijherstieg, nach langem Suchen in den mächtigen Wal- dungen Sicilischer Gebirge, endlich durch Zufall von einem Viehhirten in den LJrutlischen Waldern aufgefun- den wurde.

Noch unhaltbarer möchte die Struktur <les eigent- lichen Siizhretes sein, welches von jenen drei gigantischen Rahmen zwischen ihnen getragen wird und die y.itäitl()(it bilden soll. Es besteht iiauilich in einer ungeheuren, rostartig aus 10 IJalkeu gelügten Decke, bei welcher jeder nach vorn vorgehende Balken, neben einer Höhe und Breite von 2', an 60', jeder querübergelegte Balken 60' messen soll; diese Balken kreuzen sich dergestalt, dal's ihre Ober- und Unterilächen bündig (in einer Eliene) liegen; sie sind mithin auf den Kreuzpunkten so eingeschnitten dafs sie die lliilfte ihrer Starke, in ihrer relativen Trag- fähigkeit aber gegen drei \ iertel verlieren. Wenn es nun schon in der praktischen Erfahrung begründet ist wie sich Hölzer in der Starke von 2', auf eine Spannweite von 60' selbst ohne alle Belastung niemals freitragend er- halten können, ohne nicht zwischen den Auflagern be- deutend einzubiegen, so würden solche Balken, um drei Viertel ihrer 'J'ragiahigkeit geschwächt und noch da- zu belastet, ohne Weiteres durchbiegen und brechen müssen; es würde eine solche Struktur, kaum zusammen- gesetzt oder gerichtet, sich also bald auch wieder auilösen und bei der Einbiegung zugleich ihre Lagerpunkte, wenn letztere nicht durch ein über die Mafsen starkes Geaeidaaer gesichert wiiren, zu beiden Seilen hinaus drücken. Nun kommt in diesem Falle hier noch hinzu dafs die Decke nur an drei Seiten Auflager hat und die 60' langen fiei vorspringenden Balken an der vordem Seite ohne alles Auflager ganz irei in der Lult schweben. Eine solche Constrnktion wiirde, selbst aus Eisen oder Erz hergestellt, ihre grofsen Bedenklichkeiten haben, aus Holz ist sie rein unmöglich. In der That, eine einzige Frage nach der Möglichkeit der ganzen Thronsiruktnr überhaupt, an einen gebildeten Architekten gerichtet, v>ürde den Hrn. Ver- fasser sogleich l)ev\ogeu hal)en von einer solchen C^on- ception abzustehen.

Wollte man al)er auch \on alle diesem absehen niul zugeben was praktisch doch nicht möglich ist, so negirt

die letzte Bedingung welche der Verfasser für sein Werk gesetzt hat, dassell)e vollständig. Dies betrilFt die Auf- stellung des gewaltigen hölzernen Monumentes jinfcr /'ctficm Himmel. Kein Werkmeister der alten wie neuen Welt würde es jemals gewagt haben ein solches Monument aus dem vergänylichsten aller Baiimaierluk, im Freien ohne schützende Wand und Decke den Wettern, dem Regen und Schnee preiszugeben; selbst im regenlosen alten Aegypten würde die brennende Sonuengluth in Ver- bindung mit dem starken Nachtthaue, die Zerstörung des Materiales binnen einem .Jahrhundert herbeiuefiihrt haben. Ein schirmendes Dach über einem von drei Seiten bis zu einer gewissen Höhe wenigstens eingeschlossenen Räume, vielleicht in Form einer Aedicula, würde für den hölzernen 'l'hron die einzige Alöglichkeit seiner Aufstel- lung und Erhaltung bieten. Dafs diese's freilich hei den vom Verfasser zu Grunde gelegten realen Mafsen, welche eine Decke von ungelahr SO' lang und breit in der Span- nung, bei 70' hohen Sauhn oder Wänden erforderten, eine bedenkliche Aufgabe für die Architektonik sein würde, wenn sie die Form in der Bauweise der alten Hellenen halten wollte, liegt auf der Hand.

Aus diesen technischen Gründen wird der Hr. Ver- fasser die Ueberzeugung gewonnen haben dafs er seinen Wiederherstellungsversuch als einen unmöglichen zurück- ziehen und anders fassen müsse. Wir sind jedoch weit entfernt ihm einen Vor\uirf darüber zu machen, dal's er das Unmögliche gewagt habe; im Gegentheil wird ihm die Wissenschaft nur dafür zu Dank verpflichtet sein können, dal's er die Betrachtung wieder an( einen Ge- genstand gelenkt hat der in seiner Eigenthümlichkeit und Grol'sartigkeit, wie in seiner noch unenträthselten sacralen Bestimmung und mythologischen Beziehung zu der Stalte die er bezeichnet, der Aufmerksamkeit der Alterthumsforschung in hohem Grade werth ist. Und wenn wir die Meinung aussprechen dürfen dafs der so- genannte Thron im Amyklaion nur gebildet wurde um das uralte, durch den erzenen Apollon bezeichnete, Heroen- mal des Hyakinthos, um welches er später liiii/s lictumge- bant ist, zu verherrlichen, dal's auch die heiligen Festge- bräuche im Amyklaion zur Hälfte epitaphische Agonen sind, das ganze Kunstwerk mithin nur ein Ilcroon l)ildete iiir welches noch sehr interessante Analogien herbeige- führt werden können, so werden wir vielleicht in einem folgenden Aufsatze diese Behauptung näher begründen nn,l zu erweisen versuchen. Möglicherweise führt dieses dann auch zu einer annähermlen Form der Thronanlage selbst, für welche wir vorlaulig jede .\eiiolichkeit mit

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einem Thronsessel in Weise des Zeiistlirones zu Olympia oder das Heiasessel zu Argos ». d. m. negiren zu iDÜsseo glauben. C. Bötticheh.

In meiner Al>Iiandlung über den Amykiaisclien Tiiron [Denkio. n. F. 1852 no. 43] habe ich es zu bemerken unterlassen, dafs wahrscheinlich innerlialb einer oder mehrerer Karyatiden 'J'reppen zu dem Gel)älke der Sitze des Tlirons emporfiihrteu.

Diese mufsten deshalb angebracht sein, um theils die iiöthigen Ausbesserungen am OI)erbau des Throns beschaffen zu können, tiieils um einen Standpunkt zu gewinnen, von dem man die Innenreliefs des Oberbaus genügend sehen konnte. Bei den Aufsenreliefs konnte man in einiger Entfernung einen günstigen Standpunkt aufserhall) des Throns finden, bei den Innenreliefs da- gegen mufste maft entweder sich so weit von der Vorder- seite des Heiligtliums entfernen, dafs die etwa lebeiis- grofsen Gestalten der Reliels zu klein erschienen, oder wenn man näher ging, wurde man durch das Gel)älk der Sitze, die Apollostatue und ihren Hyakinthosaltar am Sehen gehindert.

Aucii scheint mir in den Worten des PausaniasIII, 18,9. ^Yni\3üvTt 6e vnö Tov &göi'Oi' f'idoj' uno X(uv 7\)i- Tf/o'W»' iög iaii &i'jQa tov KaXväuovlov eine Hindeutiing auf eine solche Treppe zu liegen, welche in der vorderen Charis unter den Tritonen auf das Gebalk der Sitze des Throns hinaufführte, besonders da der Begriff des vniX-

&IIV eine gewisse Heimlichkeit und Duukellieit in sich schliefst, wie er einer solchen Treppe in der Statue eigenthümlich ist. Der Sinn dieser Worte des Pau- sanias würde dann folgender sein :

W^enn man aber in das Innere des Throns hin- einsteigt, so erblickt man auf der Seite von den Tritonen anlangend die Jagd des Kalydonischen Ebers etc. Zwar sind diese Worte dunkel, wie die ganze Deschrei- luiiig des Throns, aber ich kann mir sehr wohl denken, wie Pausanias von dem Priester geführt, nachdem er die Aufsenreliefs betrachtet, dann ins Innere der Karyatide steigt, durch die Treppe auf das Gebalk der Sitze ge- langt, und ol)en bei den Tritonen angekommen mit den Innenreliels fortfährt, in seinem Tagebuch jedoch nach gewohnter ungenauer Schreiliweise nur das Hineinsteigen ins Innere und die Ankunft bei den Tritonen bemerkt, die Anlage der 'l'reppe jedoch ganz vergifst. Von den Reliefs wendet er sich nun zu dem Gebiilk selbst, auf dem er sich befindet und endlich zu dem Apollobilde und seiner Unterlage.

Of> nun auch von dem Gebälke der Sitze zu den ol)eren Theilen des Thrones Treppen führten, oder ob man sich dort mit Leitern behali, wage ich nicht ganz sicher zu entscheiden, jedoch möchte ich mich am liebsten auch da zu der Vermuthung neigen, dafs Treppen in den Hauptbalken und Gänge unter der Verdachung fort- liefen.

Greifswald. Th. Ptl.

III.

A 1 1

71. DioMEDE. Auf dem Innenbild der schönen Schale des Euphronios bei Gerhard (etrusk. u. camp. Vasenl). 14, 5) hat der Kopf des mit einem Speer bewaffneten Jünglings, welchem eine Jungfrau mit dem fragmentirten Namen OMEA gegenübersteht, einen so entschieden Achilleischen Charakter, dafs es kaum der Vergleichung einer schönen vatikanischen Amphora (Gerhard auserl. Vasenl). 184. mus. (liog. II, 58j bedarf, wo Achilleus durch die Namens- inschrift bezeichnet ist, um ihm diesen Namen beizulegen. Dies hat auch Panofka (üb. Euthymides und Euphronios p. llfF.) richtig gesehen, von dessen üiiriger Deutung ich absehe. Denn, wenn Achilleus hier vorgestellt ist, so liegt es doch wohl am nächsten iür den verstümmelten Namen die Ergänzung in der bekannten Stelle der Ilias zu suchen (IX, 6ß3fr.):

5 r 1 e 1.

uviuQ ^4/iXXivi; iiöi fir/i'i xXio/rig ivnt'iXTOv, TW d' uQu nctQxuxt'kixio yi'vrj, tjv ytioßi'td^iv rjytv, 0uQßavxog dvyäzrjQ ^to/.iridi] y.a}.}.t7iü()rjOg. Diomeile hatte neben ßriseis und Ipliis bekanntlich auch Polygnut in der Lesche zu Delphi dargestellt (Paus. IX, 25, 2). Otto Jahn.

Druckfeh ler.

In dein Aufsatz „Denluniiler zur Oiljssee" (Denkin. und Forsch, no. .i7. 58) ist S. 106 Z. 2t) gastliche Scene, S. 109 Z.3 niis einem, Z. 24 ;>. 14 (statt 13), S. 121 Z. II Muster- ciirlcnlur zu lesen; ausserdem ist S. 11(5 Aiim. 9 Z. 12 die Ziller VII, 1 zu streichen. Desgleichen ist im Arrli. Anz. von 1852 S. 155 Z. 8 „eine von Hrn. M. »iihl nnhenutzt gelassene" zu lesen.

Hiezu Tafel LIX: Dioskuren in Delphi, Vasengetnälde.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zeitung, Jahrgang XI.

J\^ 60 A. B.

December 1853.

Teleplios und Auge. Artemis Gygala und die lydischen Filrsfenjiraber. Allerlei: die Aloiden, Ares und Hepliiistos, QtQVTui, Ukalefion, Teleplios, IJadekiietht, Coiyciis, Sileii als Gdttergeliäuse.

I.

Teleplios und Auge.

Hiezii die Abbildung Tafel LX.

.A.iif einer Oenochoe mit schwarzen Figuren auf weissem Grunde, welche aus der Sammlung Durand (no.38'1) in die Sammlung der Porzcllanfai)rik von vSevres übergegangen ist, sieht man einen hurtigen Mann mit Helm, Harnisch, Schild (Schildzeichen: ein Dreifuss) Beinschienen und Schwert gerüstet, im eiligen Lauf mit eingelegter Lanze eine Frau im langen Aermelchiton verfoleen, welche in der raschen Flucht sich nach ihrem Verfolger umsieht, gegen welchen sie die Rechte abwehrend ausstreckt, während sie die Linke an die Brust drückt '). Vor ihr erhebt sich, noch unter Ranken versleckt, welche sich iiber das ganze Bild ausbreiten, eine machtige Schlange in mehrfachen Windungen.

Mit dieser Vorstellung stimmt die einer zweiten Oenochoe mit schwarzen Figuren auf weissem Grunde im Berliner Museum (no. 16.39. Overbeck Galleiic her. Bildw. Tal. 7, 2) in allen wesenthchen Punkten genau überein. Die Situation ist dieselbe, die ein- zigen Unterschiede sind, dass der Mann nicht ge- rüstet, sondern mit einer Chlnmys bekleidet ist und statt der Lanze ein Schwert in der Rechten hält, die Frau aber mit einer Haube versehen ist, während auf jener Vase das flatternde Haar sehr beslimnit hervorgehoben ist.

Overbeck (a. a. 0. p. 176 f.) hat diese Darstel- lung auf Peleus gedeutet, welcher Thelis verfolgt, aber die gewichtigen Bedenken gegen diese Deutung nicht verschwiegen; da die Schlange, so wie sie liier vorgestellt ist, nur sehr gezwungen auf die Verwandlung der Thetis bezogen werden könnte, auch das gezückte Schwert des Peleus zur Liebes- verfolgung wenig stimmen.

Treffender ist die Deutung de Wittes auf Teleplios und Auge nach der Erzählung bei Hygin (Fab. 100. Teuthras):

„Teuthrantem regem in Mysia Idas Apharei filius regno jirivare voluit. quo cum Telephus, Herculis Clius, ex response fjuaerens nialrem cum comite Partlienopaeo venisset'j, huic Teuthras regnum et filiam Augen') in coniugium daturum promisit, si se ab hoste tulasset. Telephus condicioneni regis non jiraetermisit, cum Partlienopaeo Idam uno proelio superavit; cui rex pollicitam fidempraestitit, regnum- (]ue et Augen matrem inscientem in coniugium dedit. f|uac cum mortaleni neminem vellet suum corpus violare, Telephum occidere voluit inscia (ilium suum. itaque cum in thalamum venissent, Auge enseni sumpsit, ut Telephum inlerficeret. tum deoruni vo- lunlale dicilur draco inmani uiagniludine inter eos exisse, quo viso Auge enscm jiroiecit et Telepho inceptum patcfecit. Tele|)hus reaudita inscius matrem interficere voluit, illa Herculem violatorem suum in- ploravil, et ex eo Telephus matrem agnovit et in |)atriam reduxit^)."

') Der Sclicin als ob sie einen vicieckigpn Gegenstand jn der Linken halte, ist nur durch einen Bruch entstanden, wie mir Herr de Witte schreibt, dessen gütiger Mittheilung ich die Zeiclinung dieser Vase verdanke.

■'} Vgl. Uibbeck trag. lat. rell. p. 295f.

'} Hygin f. 99 Auge profugit in Alysiam ad regem Teutlirantcin, (|ui cum esset orbus liberis, haue pro filia habuit.

■■j Auch das kj/.ikeniscbe Epigramm (anth. Pal. III, 2) läfst Teli|ibos seine Mutter erkennen um sie wieder in die lleinialh zu führen.

A

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Dass Hygin hier wie so oft den Inhalt einer Tragödie angebe, beweisen die Worte Aelians (hist. an. III, 47): ööze ftot roiig rqayc^dovq tL ßovXö- uevoi Toaavxrjv ayvoiav tov naiSng tov y/atov xa- zaxEOvai xai tov TqXecpov tov ovveX&ovxos ttj (.tTjigl Trjv ävaTvyrrj avvodov, xal [.irj neiQad^ävxog (.isv Tijg o^iXiag, avyxaTaxkiV£VTog 6e xfj yEivaixevrj xai nqa- ^avTog av tu avTCc, el /.n) noXXaxig (?) &eUc nofinfj öislQ^ev 6 ögäxcüv. Mit Recht hat Weicker (griech. Trag. p. 4M ff.) Sophokles INIyser als die Tragödie nachgewiesen, welche diesen Stoff behandelte.

Die Anwendung dieser Erzählung auf die beiden Vasenbilder ist jedoch keineswegs ohne alle Schwie- rigkeiten. Offenbar verfolgt Telephos hier Auge nach dem vergeblichen Mordversuch, ehe er sie als seine Mutter erkannte. Was soll nun aber die Schlange, welche nach jenem Berichte den Sohn vor dem Schwert der IMutter beschützte? Wollte man an- nehmen, sie habe sich wieder in ihren Schlupfwinkel zurückgezogen, und ihre Gegenwart solle nur auf das hindeuten was vorangegangen war, so würde man dem Künstler Unrecht thun. Denn betrachtet man ohne vorgefasste Meinung die Scene, so kann nur der Moment dargestellt sein, welcher der Er- scheinung der Schlange unmittelbar vorhergeht, welche der Verfolgung ein Ende macht, der Mo- ment also, in welchem die Handlung am schärfsten gespannt ist. Man wird also eine etwas verschie- dene Wendung der Sage annehmen müssen, wie mir scheint, eine einfachere und ältere. Vermulh- lich erschien nach dieser die Schlange als Telejjhos Auge, deren Mordversuch vereitelt war, zum Tode verfolgte; er musste von seiner Mutter ablassen, um sich der Schlange zu erwehren, der siegreiche Heldcnkamj)f führte passend die Wiedererkennung herbei. Weshalb Sophokles iinderte lässt sich wohl einsehen. Er konnte die Erscheinung der Schlange nicht auf die Bühne bringen und sie daher auch nicht für die eigenthclie Schlufskataslrophc der Er- kennung benutzen, deshalb gebrauchte er sie sehr wirksam als eine spannende Vorbereitung auf diesen Schlufs.

Dafs Telephos die Schlange erlegte, schliefse ich aus der Nachricht, dafs Parthenios den Tele|>lios äQy£iq)6vTi]g genannt hatte, wie Sophokles den Apol-

lon^j, welches die Grammatiker durch Schlangen- lödter erklären. Die Sage, auf welche dies Beiwort sich bezog, und deren Meineke (anall. Alex. p. 286f.) sich nicht erinnerte, ist ohne Zweifel die angeführte. Leipzig. Otto Jahn.

II.

Artemis Gygaia und die lydischeii Fürsteugiäber.

Vorgetragen am Winckelmannsfest 1S53.

Wäiireod einzelne Stämme der alten Welt, welche iür die allgemeine Geschiclite eine nur untergeordnete Wichtigkeit lial)en, mit reichen Kunst- und Schriftdenk- malern aus ihrer Verhorgenlieit hervorgetreten sind, hlei- ben grofse Völker von weitreichender Bedeutung, viie das lydische, den angestrengtesten Forschungen zum Trotze in einem geheimnifsvollen Dunkel. Von Natur ein ge- wandtes, unternehmendes, kaufmännisches und gewerh- Ueifsiges Volk, waren die Lyder auf dem Landwege die Träger asiatischer Cullur, wie die Phönizier zur See. Auf der einen Seite mit den Euphrat- und Tigrisländeru so eng verbunden, dafs eine, wahrscheinlich Jahrhunderte lang dauernde, Abhängigkeit ihres Staats von Ninive an- zunehmen ist, waren sie andrerseits die unmittelbaren Gräuznachbaren des ionischen Stammes, der mit empfäng- licher Seele die dargebotenen Schätze des Orients bei sich aufnahm. Hier wurden die Geschicke helleuisclier Staaten zuerst mit denen der asiatischen Reiche verkettet und seit die Städte der lonier erst durch lydische Bil- dung vielfach angeregt und gefördert, dann durch das Gift lydischer Ueppigkeit entnervt und endlich durch lydische Waffen einzeln angegriffen und besiegt wurden, drang wiederum aus den unterworfenen Städten die hel- lenische Bildung an den Hof von Sardes; griechische Götter walteten über den Geschicken seiner Herrscher, griechische Weisheit erfreuete ihr Ohr. So erscheint kein barbarisches Volk in gleichem Grade mit den Hellenen verwachsen und darum ist im Interesse der Alterthums- kunde nichts mehr zu wünschen, als eine hellere Er- kenntnifs seiner Nationalität und seiner ganzen Cultur. Schrift- und Sprachdenkmäler werden auch hier erst endgültige Entscheidung zu geben vermögen. So weit

') HItym. Gud. p. 72, 52 llnyciifoVTrjs 6 'EQ/Jtjg tjciq 'OftiJQii) xai TiaQc'i Tiolloig. nanit äi ^otfOxXtl xai ItiI jovlinoXXwvos, xtu 7ir(i>(i UaQ(t(vlii) xni inl tov TrjX^ipov. Vgl. Gaisford zu schol. Hes. i>. 84. Cranicr Anecd. Paris. IV p. 60.

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es jetzt vergiicint ist in das VGlkergedrange Kleinasiens einen sichern ßlick zn tliiiri, sclieint sich mit Recht die Ansicht festzustellen, dal's die Lyder als ein von Syrien her vorgedrungener Seniitenstauim zu betracliten sei, welcher pelasglsciie Viilker im Herinostliale unterworfen. Wenn nun nel)en ihnen die Pliryger, nach Osten mit Armenien, nach Westen mit den Völkern der griechisciien H;dl)insel zu einer Kette verliunden, sich immer mehr als den Hauptstamm der arischen Bevölkerung Kleinasiens erweisen, so tritt uns auch hier in dem engen Zusam- menhange der plirygischen und der iydischen Cultur vou Neuem die 'l'hatsache entgegen, dafs die nachbarliche Einwirkung semitischer und arisch -pelasgischer Völker auf einander überall von folgenreicher Bedeutung für die alte Culturgeschichte gewesen ist.

Bei dieser wichtigen Völkerstellung, welclie die Lyder einnehmen, kommt jede Denkmalerkunde von dort doppelt willkommen, um so mehr da nur kärgliche Ueberreste von dem Staate zeugen, welcher einst als asiatische GroFs- maclit den IMedern die Stirn bot. Die wenigen Säulen, welche vom Tempel der Göttermutter noch übrig sind, «tehen tief im Sande verschüttet ') und die Burg sell)st, welche von ihrer uiieiimelimbareD Höhe einst so stolz das gesegnete Hermosthai überschaute, ist nur der klägliche Ueberrest der allen Akropole. Der Giplel ist fast ganz hingebröckelt und der noch stehende Rumpf, allerseits unterhöhlt, droht mit seinem Einstürze alle Reste der Unterstadt vollends zu verschütten. Aber während die Felsen der Burg der Verwitterung erlegen sind , stehen der Stadt gegenüber, jenseits des Hermos, am Rande des gygäischen Sees (Mermcreh-Göl) unverfallen die Gruppen der Todtenhügel (Bin-Tepe), über hundert an der Zahl, die einem künstlichen Gebirge ähnlich, das kesseiförmige Seetlial zur Hälfte umringen, staunenswerthe Denkmäler der Kraft und Tüchtigkeit eines Volks, das wir nur als ein entnervtes uns vorzustellen gewohnt sind; von den Alten als Weltwunder neben den Pyramiden gerühmt, von neueren Reisenden mehrfach betrachtet und beschrie- ben') doch fehlten bis heute alle genaueren, auf Lokal- untersuchung gegründeten Berichte. Der Königlich Preussi- sche Consul in Smyrna Herr Spiegelthal hat zusammen mit Herrn Baron von Behr-Negendank im Mai dieses Jahrs zuerst eine gründliche Untersuchung dieser wichti- gen Gegend unternommen und da bereits in der letzten

Märzsilzung unserer (iesellschaft von der beabsichtigten Au/grabung des Alyattesdenkmals die Rede gewesen ist, so lialte ich es um so mehr für meine Pilicht, über die theilweise ausgeführte Unternehmung nach der mir ver- gönnten Einsicht des Spiegelthalschen Berichts in der heutigen Kestversammlung das Wichtigste mitzutheilen und das sich anknüpfende Interesse der Wissenschaft näher zu l)ezeichnen.

Der gygäische See mit seinem Schilfufei» und seinen flachen Sloorinseln ist es, an welchen sich die ältesten uns bekannten Landessagen anschliel'sen. Die Mäonier- iürsten bei Homer sind Söhne der Seenymphe, Iphitioii der Mäonier ist am Rande des Sees gel)oren; Gyges sell)st mufs in der \ olkssage die Bedeutung einer Wasser- gottheit gehabt haben, wenigstens hat er mit den Dä- monen dieser Gattung den Charakter des Unfafsbareu, des zwischen den Händen Verschwindens gemein '). Ein nationales Heiligthura war das der Artemis Gygaia und endlich waren die Gräber der Landesfiirsten um den- selben See gelagert. Ueber zwei Meilen erstreckt sich diese grofsartigste Nekropolis des Alterthums, nordwest- lich bis oberhalb Sarkoi, nordöstlich bis Basoklu; der ganze Höhenrücken, der vom Kara Dagli sich abzweigend, das südliche Seeufer einfalst, ist aller Orten durchschnit- ten, von Steinbrüchen ausgehölt, geebnet und vielfach bearbeitet. Mitten durch die Hügelreihe zieht sich eine in den Fels gehauene Fahrstrafse an dem nordwestlichen Ufer um den See herum zu den Trümmern eines Tempels. Es war die Feststrafse der Artemis Gygaia, mit späterem Beinamen Koloeue, einer Göttin, deren hohe Geltung Strabon ausdrücklich hervorhebt*). Wenn wir hören, wie an ihren Festen die ganze umgebende Natur einen wunderbaren Aotheil nimmt, wie beim Flötenspiele, das vom Ufer über den See schallt, die Schilfhalme nach dem Takte sich regen, die heiligen Fische an das Ufer schwim- men und die Inseln selbst, vom Winde geregt, einen Reigen aulTüliren so erkennen wir Jiier deutlicher als an den meisten Kultöitern tlie Artemis als eine nymphen- artige Naturgottheit ; sie ist selbst die Seegöttin, der Volksheroen Mutter, Limnaia oder Limnatis; es ist die- selbe Göttin, die wir durch die von den verschiedensten Stämmen bewohnten Gegenden hindurch als eine dem ältesten Glauben angehörige Gottheit finden. Es ist die Artemis Orthia, deren Beiname sich gewil's wie beim

') Cockerell bei Lcake Asia Minor p. 342. ') Namentlich in Prokesch Denkwürdigkeiten III, 47, Hamilton Travels etc. 1 p. 144.

^) Ueber den gygäischen See als den Mittelpunkt lydischer

Volkssage siehe den Aufsatz von Ed. Müller im Pliilologus 1952. Auch die Iydischen Kerkopen sind Aluvr)g vloC. Vgl. Aelian. Hist. An. XII, 30 über den See bei Labranda.

') .Strab. 626. Vgl. K. O. Müller kleine Schriften ][, 212.

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Dionysos Orthios auf phallisclien Naturdienst bezog, da JD Lydien die Apiirodite Urania als Artemis Anaitis ver- ehrt wurde. Deshajl» behaupteten die Lyder das Original- bild der in Liinnai bei Sparta verehrten Göttin l)ei sich zu besitzen; auf die Geilseiung au ihren blutigen Altaren folgte ein lydischer Aufzug; lydisclie Musik und lydische Pfeiferfamilieo waren in Sparta einheimisch ').

Bei diesem merkwürdigen Zusammenhange zwischen <lem lydisc+ien und spartanischen Kulte der ^iaturgöttiu Artemis glaube ich auch nicht zu irren, v^enu ich den 'l'auz der schilfbekrauzten Lakonierinueu als eine sym- bolische Darstellung auffasse, welche dem Schilftanze auf dem Artemissee entspricht. Strabon erziildte aus- drücklich, dafs beim Feste der gygaischen Artemis Scliilf- geflechte (xiiXa^oi) tanzten und auf eine bestimmte Form des Tanzes bezieht sicli auch die Andeutung, dafs vor allen ein königliches Schilfrohr vorragte, um welches sich die anderen schaarten. Es liegt im Cliarakter dieses Naturdienstes, dafs sich der Gottheit Dienerinnen, in die ihr heiligen Thiere, Reh, Kuh, Bärin verwandeln oder in Gewächse, welche zum Dienste eine lieilige Beziehung haben ').

Das Schilfrohr hat eine sichere Beziehung zum Flö- tenspiele, das die Griechen von den Lydern kennen lernten. O. HlüUer hat auch die Sage der flöteospielenden Athena vom gygaischen See hergeleitet; gewifs ist, dafs in der Naturanschauung der kleinasiatischen Völker denn wer vermag zwischen der lydischen und plirygischen Natio- nalität die Gränzliuie zu ziehen! die Idee von einer die leblose Natur durchdringenden, im Strömen der Ge- wässer, im Rauschen des Schilfes sich offenbarenden Macht der Musik zu Hause war; von hier stammte die Amphionsleier, hier wurden die Nymphen zu Musen und so wird Artemis die Seenymplie zur musischen Göttin, zur Artemis Hymnia, v»ie sie in Arkadien die Satzungen der musischen Bildung ordnet. Es war daher ein echt lydisches Gleichnil's, wenn Kyros die griechischen Inseln mit den Fischen verglich, welche auf die Töne des Flö- tenspielers nicht zur rechten Zeit hiitten horchen wollen und zu spät den Tanz begonnen hiitten ).

Endlich aber hatte die Artemis als Naturgottheit einen blutigen Dienst; sie ist eine todsendeude und lilut- fordernde. So kennen wir sie in Sparta, in Attica überall sind .Sagen von Mensclieno|)fer mit ihrem Dienste verl)unden ; auch am gygaischen See hat sich die Spur

einer Opfersage erhalten, nämlich in der Geschichte des Adrastos, der sich auf dem Grabe des Königssohnes als freiwilliges Sühnopfer darbringt *).

So knüpfte sich ein vielfaches und weitverzweigtes Interesse an das Heiligthum der Artemis Gygaia oder Koloene, und um so dankeuswerther ist es, dafs wir durch die Bemühungen der genannten Reisenden zum ersten Male die genaue Lage des Tempels kennen lernen. In dem Reiseberichte wird von den aus mächtigen Basalt- quadeni gelügten Tempelmaiiern, von drei noch stehen- den, nur 6' (?) hohen dorischen Säulen aus verwittertem Marmor und von kolossalen Steinblöcken gemeldet, die iflit Relief geschmückt waren. Ein Bogenschütze mit spitzer Mütze, ein Löwenkopf werden als erkennbare Ueberreste dieser Skulpturen angeführt.

Zwischen Tempel und See finden sich Bruchstücke von Thonvasen aufserordentlicher Gröfse, heilige Geräthe wie es scheint, zur Aufnahme von Spenden bestimmt, welche an die grofsen Steingefäfse erinnern, nie sie neuer- dings bei Amathus im Boden gefunden worden sind').

Die Grabhügel selbst, zwischen denen sich die Spuren alter Wege, Wasserkanäle und Brunnen finden, stehen suuimtlich auf dem zum See hin geneigten Felsboden, welcher dort, wo er als liasis eines Hügels dienen soll, geebnet, theilweise abgetragen, an der abschüssigen Seite mit Steinen aufgemauert und durch einen ringförmigen Graben isolirt zu sein pllegt. Die Reisenden unterschie- den verschiedene Gattungen von (Trabliügeln. Nordöstlich und nordwestlich vom See fanden sie solclie, die aus Schutthaufen und aufgetliürmten Steinen mit wenig bei- gemischter Erde ohne Flufssand bestehen. Zwei von ihnen waren geöffnet und zeigten, dafs unter den Stein- haufen sich im Felsen ausgehauene und, wo der Fels nicht ausreichte, mit Benutzung von Steinen geschlossene («rab- kammern befänden, deren Oeffimug oben durch einen eingefügten Stein gedeckt war. Es fanden sich in einem Grabe drei Kammern, eine hinter der anderen, Räume von 9 bis 10 Fufs Länge, 8 Fufs Breite und gleicher Höhe. Der Boden umher war mit Bruchstücken grofser Vasen und dunkelfarbiger Glasgefäfse bedeckt. In den geöffneten Felskammern sollen Goldarbeiten gefunden worden sein, welche von Zigeunern, die in dieser Gegend hausen, nach Smyrna verkauft sein sollen.

Eine zweite Gattung glaubten die Reisenden in den Hügeln westlich vom Alyattesgrabe zu erkennen; ihre

') Paus. III, 16. Müller Dorier I, .3S2. ') aai.la-TiUyfxa Xtt).(xOii> iifiOiov, o int rfj xfifuXtj ifo- Qovoiv al .iaxttivui Ilesych.

") Müller kl. Sehr. II, 212. Peloponn.I, 223. Herod. I, 141.

") Ueroil. I, 45.

') Rofs Inselreisen IV, 170.

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Eigentliiimlicliktit soll daiiü bestellen, clafs Steinlageo uud iniiclitige Erclscliiclilen abwechselnd den Kegel bil- den, welclier sich l)ei einzelnen l)is llOFufs erliebt. Zu der dritten Gru))pe aber, die ganz ans Erd- und Sand- scliiiliteu l)csteliet, geiiört der Hügel des Aljattes selbst, welcher sich in gerader Linie zwischen den Tempeln der Artemis und der Kyliele auf einer grol'sen, künstlich zu- geschnittenen und an der Südseite aulgemauerten Kreis- liilche erhebt; diese Aufmaueruog, welche die von Herodot erwähnten grol'sen Steine enthält, war durch herabge- schwemmte Erde verdeckt. Auf dem Gipfel wurde durch eine Ausgrabung ein starkes Mauerwerk, mit gebrannten Ziegelsteinen in der Witte aufgedeckt. Dies Gemäuer bildete wahrscheinlich die Grundlage des knopfartigen Steines, welcher nahe unterhalb des Gipfels umgestürzt lag; die obere, freiliegende Hälfte der Steinkugel war ganz verwittert, die untere, welche erst durch Aufgrabuug freigelegt wurde, wohl erhalten, aber ohne Schrift. Zwei Steuie derselben Form, aber nur hall) so grofs, wurden unten, 70 Fufs nordöstlich vom Grabhügel entfernt ge- funden. Die Kugelfläche war sichtlich mit scli.irfen In- strumenten geritzt, so dafs man Schriftzüge zu erkennen glaubte'").

Die Gestalt des Alyattesmales ist nnverfallen; nur ein schluchtartiger Einschnitt von ungefähr 100 Fufs 'l'ieie zieht »ich Sardes gerade gegenüber von der Spitze fast bis zur Felsbasis hinunter "). Ob derselbe von einer begonnenen Ausgrabung herrühre und dann durch Regen ausgewaschen diese Form erhalten habe, konnte nicht mit Sicherheit ermittelt werden; auf jeden Fall aber nuil'ste jede Ausgrabung des Denkmals von der Tiefe dieses Einschnitts aus weiter einzudringen suchen. Trotz der durch diese Vorarbeit wesentlich erleichterten Unter- suchung zogen die Reisenden es vor, einen kleineren, aber durchaus gleichartigen, südiistlicli gelegenen Tumulus fvon 8, 83 M. Hübe uud 67, 20 M. Durchmesser) aufzu- graben, um sich hier auf leichtere Art von der Anlage des Ganzen Kenntnifs zu verschalTen. Hier gelang es durch die aus verschiedenem Alateriale, Quarz, Kiesel- stein mit feinem Cement und Flufssand gebildeten, harten Schichten mit einem Gange in das Centrum vorzudrin- gen; hier kamen sie endlich auf eine mit feinerem, roth- geädertem Sande ausgelegte knppelartige Wölbung, die mit steinharten Wänden von Cement einen festen Kern

im Innern bildete und, mit Sand ausgelüllt, nur zur An- ordnung der Schichten gedient zu hal)en schien.

Darauf wurde am Alyattesmale selbst ein Versuch gemacht. Man sicherte einen thorartigen Eingang und suchte von da einen Gang durch die in verschiedenen Richtungen sich kreuzenden Schichten einzutreiben; die Schichten waren buntfarbig, roth, gelb, brauu; roth war vorherrschend wegen der gestofsenen Backsteinerde; die Masse schien in nassem Zustande geprefst worden zu sein, und bildete gleichsam einen Gufs; die Härte war unendlich gröl'ser, der Stahl zersplitterte; man fand nach oben strebende Schichten, welche ein Gewölbe im Innern voraussetzen liefsen. Man trieb den Gang 16 Meter weit; den Einschnitt mitgerechnet, war man gegen 48 M. tiul eingedrungen, so dal's nur noch 72 M. zu graben übrig blieben, um in den Mittelpunkt des Grabbaus zu gelangen.

So wenig auch diese Untersuchungen ein befriedi- gendes Endziel erreicht haben, so ist uns doch die merk- würdige Nekropolis seitdem um Vieles bekannter und das Interesse für ihre Durchforschung anfs Neue ge- spannt worden. Auf keinem Punkte der alten Welt er- scheinen die Erdliügel, so wie in Lydien, als nationale Gräberform, nirgends in gleicher Zahl und Mannigfaltig- keit und mit so staunenswerther Arbeit ausgeführt. In dem älteren Asien jenseits des Taurus ist diese Gräber- form noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden. Dagegea von Kleinasien westwärts verzweigt sich diese Bauform über den Hellespont, und in allen Landschalten, v.o sie vorkommt, bezeugt sie dem Wanderer, dals die Geschichte dieses Bodens in die heroische Zeit liiuaul- reicht; denn die Beziehung einzelner dieser Hügel, wie des maralhonischen, auf historische Ereignisse entbehrt sicherer Begründung. Als heilige Male der Stammhelden bildeten sie die Einigungs])unkte der späteren Geschlechter, wie des Pelops Hügel in Pisa, das Aipy tosmal, der Arkader Mittelpunkt, das llosmal, der Versammlungsort der Tro- janer. Sie waren der Gegenstand gemeinsamer Pietät, die sich in Opfer und Leichenspielen bethätigte; es galt lür ein Landesunglück, wenn solche Grabhügel verfielen und auf Orakel Geheifs wurden sie deshalb durch Stein- riuge neu gefal'st und gesichert '-j.

Die eigentlichen Träger des historischen Zeitalters sind die Achäer; die Achäer aber sind durch ihre Pelo- piden so mit Lydien verbunden, dafs die Annahme einer

'") Nach der angestellten Vermessung betrug des Alyattes- liiigels Gesaminthölie 61,46 Meter (davon die Hohe der Fels- basis 18,46); der Durchmesser der Felsbasis 257 Meter. Der runde Knopf hat 2,bj Meter Durchnu'sser.

") Ueber ähnliche, in alter Zeit halb geofTnete Tuniuli siehe Peloponn. I, 209. Abeken Mittelitalien S. 244. '•) Paus. I, 44.

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auf diesem Wege erfolgten Verbreitung kielnasiatischer Gräbersitte zu den leichtesten Combioationen alter Kul- turgeschichte geliört. Wenn die an sich haltlosen Sagen von des Pelops Meerfalirt nach Elis des nachweislich späten Ursprungs wegen ihre historische Geltung eingebüfst haben , so müssen wir um so mehr zu dem Ergebnisse kommen, dal's schon in ihrem nördlichen Stammlande Thessalien die Achiier mit den 'l'antaliden verwachsen waren und dafs die Verbindung mit RIeinasien auf dem Landwege zu Stande gekommen ist. Man darf doch nicht glauben, dafs die Perser zuer>t die Meersunde über- schritten und asiatische Geschichte auf europäischen Boden verpilanzt haben. Blit glücklicherem Erfolge haben ältere Völkerzüge hier Bahn gel)rochen. Herodot führt, wie ein Vorspiel des troischeu Krieges, die Thatsache au, dafs eine asiatische Völkeimasse, namentlich Myser und Teukrer sich vom Bosporos her über Thrazien nach dem ionischen Meere hingewälzt und südwärts bis zum Peneios verzweigt habe '^). Auf diesem durch älteste Völkerzüge gebahnten Wege müssen lydische Geschlechter nach Thessalien gekommen sein, bei den Achäern Fürsten- macht gewonnen und den ganzen Stamm zu einem ge- schichtlichen Leben angeregt haben. In Folge dieses Anstofses zog ein Tlieil derselben erobernd in die süd- liche Halbinsel, um dort die Reiche zu gründen, an welche sich vorzugsweise der Ruhm des homerischen Zeitalters anschliefsen sollte, während der andere Theil, wie es später auch bei den Dorieru war, in der Heimath zurückblieb. In beiden Zweigen des achäischen Volks- stammes finden wir die Sitte, ihre Gräber in Hügelform zu errichten, einheimisch. Ihrer Helden Nachruhm ist wesentlich bedingt durch einen hochragenden Hügel; die Höhe und Breite desselben ist ein Slafsstal) des Helden- ruhms. Achilleus zeigt in der Uiade einen besonderen Eifer für diese Grabgebräuche; er ordnet an, dal's ein inäfsiger Hügel seinen Patroklos decken soll, nach seinem eignen Ableben aber die Achäer den Hügel breit und lioch machen sollen"). Wir sehen also wie diese Grab- hügel nach Art der ägyptischen Pyramiden allmählich anwachsen. Sie haben von Anfang an ihre typische Form und sind, da sie nicht auf eine bestimmte Gröl'se angelegt werden, in jedem Stadium der Auslülirung fertig. Die unverdrossene Ausdauer al)er, mit \\elcher die Ueber-

") Herod. VII, 20.

") II. XXIII, 245 f. Vgl. die Ausdrücke jvußog /ufyctg, äfjivfiiov Oll. XXI\', 80. TliitMsch Dt-nkinal des Alyaltes in den Denksch. der Münch. Akad. [ S. 398. Des Verstorbenen Khrc ist es xtiaUui 7i o l i. rj i' yitiuv ((fiaauunov 'l'lieogn. i2'^. {inu/^riaualtai, was die Vulg. hat, bezeichnet das xufißoyoiiv).

lebenden den Grabhügel immer von Neuem rings mit Erde bekleiden, um ihn gleiclimäfsig auszubreiten und zu erliöhen, ist das Ehrenzeugnifs, das dem Verstorbenen auf Erden zurückbleibt. Diese Art des Grabbaus erklärt den Bericht Herodots über die Entstehung des Älyattes- mals-, denn wenn es darauf angekommen wäre, ein un- fertiges Königsdenkmal zur vorgezeichneten Vollendung zu bringen, so könnte nicht von einer freiwilligen Con- currenz der verschiedenen Stände dabei die Rede sein. Auch scheinen die neuerdings gemachten Beobachtungen über das Innere der Hügel und die verschiedenartigen, sich kreuzenden Schichten die vorgetragene Ansicht zu bestätigen.

Wenn wir demnach in den Hügelgräbern einen vor- zugsweise lydisch-achäischen Brauch erkennen dürfen, so kann es befremden, dafs gerade in Arkadien nach Zeug- nissen und Monumenten diese Gräbersitte solche Bedeu- tung gewonnen hat, da sie doch der pelasgischen Vorzeit nicht anzugehören scheint. Ich mufs hierin einen neuen Beweis für die Stammverschiedenheit der Arkader und Pelasger erkennen; die Arkader sind ein ritterliches \olk; sie haben heroische Sagen und heroische Gräber; der Pelopsmythus spielt vielfach in Arkadien hinein, das auch der Dienst der Artemis mit der Heimath der Pelopiden verbindet. Denn ohne auf die sonstigen Kultverbindun- gen zwischen Lydien und Griechenland, welche zum Theil ausdrücklich den Tantaliden zugeschrieben werden'^), ein- zugehen, erinnere ich hier, da von der gygäischen Göttin die Rede gewesen, nur an die merkwürdige Verbindung, in welcher die Pelopiden mit der Artemis stehen.

Die asiatische Artemi«, mit lydischen Festgebräuchen in Sparta gefeiert, die in Lakonien unter verschiedenen Namen einen orgiastischen Dienst hatte "^), wird als Ipliigeneia Agamemnons Tochter. Agamemnon selbst ist wesentlicli ein Opierpriester im blutigen Artemiskulte; das ist bei der sonstigen Dürftigkeit der seine Person betrelFenden epischen Sage der eigentliche Kern echter Ueberlieferung. Sein fürstliches Geschick und das seiner Völker hängt ab von der Gnade der Göttin, welcher er in Aulis opfert. In Attica gründet Agameumon den Myrrhinusiern das Heiligthum der Artemis Kolainis oder Amarysia '') und im attischen Brauron sollte er nach dortiger Sage das Ipliigenienopfer vollzogen haben ''').

'■■) Vgl. z.B. Gerhards Metroon S.6. ") Lobock AeIao|)hanius p. 10, 88. '") Kalliriiaclios Fr. 76 (Scbol. Arist. Aves 873.) '") Schob Aristopli. Lysistr. 645. Vgl. Suchier de Diana Brauronia \>. 33.

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Daraus erklärt sicli auch, warum im lieilij^en Bezirke der auf die ßurg verpflanzten Brauronia au den Jaliresiesten der Artemis die llliapsodieen der llias vorgetragen vfur- deii"'); es gescliaii zur Elire des neben der Göttin ver- elirlen Moros und seiner (jeuossen. In Megara, zu dessen Burgmauer sicIi einst nach Indischer Harmonie die Bau- steine gefügt hatten, wie in 'J'liehen '"), war das Heiliglhum der Artemis Ijdiigeneia eine Stiftung Agamemnons '); eben so das der Munychia in Pygela an der epliesisclien Küste '0' Nördlich davon lag jenseits des Kaystros der selinusische See, mit seinen Fischen der grol'sen Artemis heilig. In der tiefsten Niederung des Sees lag das so- genannte Kiinigsheiligthum, als dessen Gründer man Aganiemnun nannte"'). Der ephesischen Küste entspricht in seiner Naturbescliaffenlieit der lagunenreiclie Strand von Eiis; hier lag im tiefen Moorboden der Letrinaia ein Artemisheiligthum , gestiftet von Letreus, dem Pelo- piden "'). In Arkadien treten Pelopidensagen und Artemis- dienst immer neben einander auf, wie ün Kapliyai, Stymplialos, Oresthasion ' '); die Gefährten des Pelops führten am Alplieios die ersten Festtiinze zu Ehren der Göttin auf unil, wie in Lydien die gygiiische Göttin die Hüterin der Kürstengräber war, so lag Pelops in Pisa neben dem lieiligen Hause der Artemis Kordaka be- stattet. Ihr Dienst wurde hier gefeiert wie am Sipylos, vto Pausanias am Rande eines Sees den lierühmten Grab- hügel des Tautalos besucht hatte").

Den Zusammenhang dieses vieloamigen, alier seinem Wesen nach durchaus gleichartigen Artemisdienstes mit den Gottheiten des inneren Asiens zu verfolgen liegt meiner Aufgabe fern. Wer vermag auf diesem Gebiete nur einen Schritt mit Sicherheit zu thun! fliir genügt es darauf hinzuweisen, wie von den beiden Monumenten Lydiens, welche uns durch die neusten Untersuchungen so viel näher gerückt sind, dem Tempel der Artemis Gygaia und dem Alyattesmale, dem vorragenden Mittelpunkte der lydischen Nekropolis eine unverkennbare und ununter- brochene Kette alter Kulturverbindung uns mitten in die Geschichte und Gottesdienste von Hellas leitet.

Aber wir dürfen, wenn wir die geschiclitliche Be- deutung dieser Denkmäler würdigen «ollen, nicht bei

Hellas stehen bleiben; wir müssen noch einen Blick auf Italien werfen. Der vorgeschichtliche Verkehr zwischen Lydien und Etrurien ist eine sichere Thatsaclie, mag man nun mit Herodot auswandernde Lyder diese Verbindung herstellen lassen oder als fremde Zwischenträger der lydischen Kultur die tyrrhenisclien Pelasger betrachten, welche allerdings auch in den Schiffersagen vom wan- dernden Artemisbilde vielfach hervortreten. In Etrurien finden sich die Grabformen Lydiens in so genau ent- sprechender Nachbildung wieder, dafs eine Uebertragung gar nicht bezweifelt werden kann. Wir finden die Ring- gräben, welche die Hügel isoliren, die mächtige Unter- mauerung, die versteckten Kammern, den an der Basis genau abgezirkelten "), festgestampften Erdgufs mit spitz emporragendem Gipfel ; wir finden einzelne, dem Alyattes- male gleich, als Mittelpunkte ganzer Nekropolen vorra- gende Hügel, wie in Vulci; wir finden Grabzierden, den lydischen Steinknäiden ähnlich, und sell)St die gleiche Zahl derselben auf etruskischen Denkmälern ").

Eine gründliche Erforschung der Nekropolis von Sardes würde uns den ursprünglichen Typus der über die klassischen Länder weit verzweigten Gräberform er- kennen lassen und uns darüber belehren, wie weit die vorkommenden Abarten der Grundform schon in Lydien vorgebildet waren. Die einfachsten der dortigen Gräl)er, welche mit offenen Kammern unseru Reisenden vorlagen, erklären die Thatsache, dal's man bisher so manche Grabhügel Griechenlands geöffnet hat, ohne einen Fund zu machen. Man ist, auch bei dem 1845 auf Kosten der Königl. Preussisclien Regierung geöffneten, elischen Tu- muhis, wie von Kennern des Altertliums mit Recht ver- muthet worden ist''), gar nicht in die Tiefe der im Felsboden angelegten (irabkammer vorgedrungen, sondern nur bis zu der Feuerstätte, wo in der Mitte der Kreis- fläche über der geschlossenen Felskammer das Optermal gehalten worden war. An dieser Stelle scheint auch nach dem Berichte Herodots Adrast, des Gorgias Sohn sich am Begräbnifstage des Atys, als der Lärm des Opfermals vorüber war, ül>er der Gruft getödtet zu haljen, auf dal's seine Gel)eine mit denen der Opferthiere unter dem aufzuschüttenden Tumulus bedeckt würden '").

''') Hesjch. JJoavobivioig. Welcker K[>. Cjclusl. p. 391.

'") Theognis 773. Welcker Kret. Kolonie S. 8S.

") Paus. I, 43, 1.

") Strab. ()3'J. Die Erwähnung dieses Heiligtluims glaube ich in einer Rossischen Inschrift aus Astjpalaia erkannt zu haben. Siehe Neue Jen. Litteraturzeitung l!;4.i S. 447.

'") Strab. 642.

") Paus. VI, 22,

'') Peloponnesos I, 226, 310.

'"J Paus. VI, 22; V, 13, 7. An Kphebengeifselung er- innert Scliol. Pind. Ol. I, 90 zu ai/jtcxovQlcti. -') joortuociaitat arjuu bei Homer. ") Abeken Mittelitalien S. 234f. ''') Kofs Konigsreisen 1, S. I92f. ") Her. I, 45.

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Wenn die in dem peloponnesischen Heroenmale gefun- denen Steinmasseii nur dazu gedient lialien sollten, dem Erdscliutte einen Iiaitenden Kern zu geben, so bestätigt sich auch diese Annahme bei den iydischen Denkmälern, wo solche Steinlagen im Innern sich vorgefunden haben. Auch das in Etrurien vorzugsweise ausgebildete System mehrerer, an einander gereihter Felskammern hat am gygäischen See sein Vorbild gehalU; es mufs sich zeigen, oh auch der Grahbau mit aufgeroauerten Kammern, ob namentlich die von den peloponnesischen Achäern in Iiöchster Vollendung dargestellte Form überschütteter Kuppelgewölbe sich auch schon in Lydien nachweisen lassen wird. Die bisherigen Untersuchungen lassen nur auf eine tief im Boden eingesenkte Gruft schliefsen.

Das bis jetzt Unerkhirlichste in Herodots Schilderung vom Alyattesmale bleibt der Schmuck des Gipfels, die Gruppe der fünf sogenannten Gränzsteine. Auch hiefur fehlt die Analogie weder bei den achaischen noch bei den etruskischen Grabmälern. Homer unterscheidet den aufgestellten Stein {üT)]lr^ ausdrücklich von dem Hügel (riV'/Jo?); Hügel und Stein bilden erst zusammen die volle Ehre des Todten und darum wünscht Elpenor's Schatten, man möge in Ermangelung anderer Zierde sein Ruder ihm als Wahrzeichen oben auf dem Gralihügel aufrich- ten"). Herodots Ausdruck ovQot, uQOi kann nur uii- eigentlich gebraucht sein; denn wenn sie s;imratlich auf dem Gipfel nahe zusammen stehen, so können es keine Marksteine verschiedener Theile des Hügels gewesen sein. Herodot nennt also die Steine nur so, weil sie wie Mark- steine des Feldes aus dem Iknlen emporragen; was er aber weiter über die Inscbriften sagt, dafs in denselben die verschiedene ßetheiligung der Krämer, der Hand- werker und der Hetären an dem grofsen Werke ange- geben sei, das mufs wohl für eine Ciceronenanekdote gehalten werden. Dafs diese Steine eine symbolische Bedeutung hatten, erhellt schon daraus, dafs sie in gleicher Zahl und l<'orm bei den Etruskern wiederkehren, wenn sie auch hier, nach der Beschreibung des Porsenna- grabes und nach der Analogie des sogenannten Horatier- und Curiatiergrabes bei Albano zu urtlieilen, auf Spitze \ind Basis des Denkmals verlheilt zu sein pflegten''). Diese Aufsätze dienten in späteren Zeiten, da mit den

") II. XVI, 4J7. 0.1. XI, 77, MI, li.

") AbeKen S. 240. Tliiersch S. 42011'.

") IIii>|)onax Fr. 40. \g\. Meinckes CliolianibenJicIitcr im Anliange zu Lacliinanns Kabrius 8.901'. Klearcli bei Athen. XIII, .i73A.

^*) Kine Sammlung lydisclicr Wörter s. in Menkes Lydiaca p. 55. Das Wort y.uväuv).riiz=xviuyyt)s hat Welcker Kret.

Menschen und ihren Thaten auch die Denkmäler der- sell)en zusammenschrumpften, ohne Tumulus zur Be- zeichnung des Grabes; so die Steinkegel auf der Spina des Hippodroms, welche sich auf die Leichenfeier, als den Ursprung der Wagenspiele beziehen, so auch die Stelen, die bei den alten Hymettosgräbern noch gruppen- weise auf gemeinsamen Mauerterrassen vorkommen und dann einzeln als bescheidenes Sema über den (iräbern stehend; es giebt attische Grabstelen und etruskische Cippen, welche dem knopfartigen Aulsatze der Iydischen Gräber sehr ähnlich sind.

Bei der grofsen Zahl der Iydischen Grabmäler, die sich nicht nur am gygäischen See, sondern auch das Hermostlial hinauf finden, ist es wahrscheinlicli, dafs nicht nur die Landesfürsten und die königlichen Verwandten, sondern auch die Grofsen des Reiches durch solche Grabmäler geehrt wurden; vielleicht dienten sie auch für Geringere als Polyandrien. Ein Fragment des Hipponax führt eine Reihe sardisclier Grabhügel an mit verschie- dencEi Namen, die nur zum Theile in der Folge der Mermnaden sich wiederfinden. Audi einer Buhlerin Grab wird bei Athenaios angeführt, das ein König Lydiens durch Frohnarbeit aller Unterthanen so hoch aufge- schüttet habe, dafs es im ganzen Lande innerhalb des Tmolos sichtbar war")- Sollte es gelingen, schriftliche Aufzeichnungen, welche doch von Herodot angeführt werden, in der Iydischen Nekropole zu finden, so könnte es auf diesem Wege möglich werden, die Bedeutung einer Anzahl von Gräbern und die Beziehungen der darin Bestatteten zu einander an das Licht zu bringen, wie dies auf so glänzende Art in Aegyptens Nekropolen gelungen ist. Vor Allem aber würde dadurch eine der wichtigsten Fragen der alten Ethnographie und Geschichte, die Frage nach der Nationalität der Lyder und nach der Herkunft ilirer Sprache, aus der nur einzelne schwer zu beurtheilende Wörter uns überliefert worden sind, end- lich zur Entscheidung kommen^'').

Am Schlüsse dieser Andeutungen über die Alter- tlüimer des gygäischen Sees und ihren Zusammenhang mit griechischer und italischer Culturgeschiclite darf ich wohl bei der Gesellschaft die gemeinsame Ueberzeugung voraussetzen, dafs eine gründliche Fortsetzung der auf

Kol. !>. 14 mit Kadmilos zusammengebracht. Mein Bruder Georg glaubt in der ersten Sillie can-is, xvmv zu erkennen und in }iti).iws das skt. |i;ila-s rex, dominus. Vgl. llulor's Zeitschrift Tür die Wissenschaft der Sprache liand II, 8.22011. Diese Spuren scheinen allerdings auf einen indogermanischen Ursiirung der Ijdisrhen Sprache hinzuleiten.

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BVSQVASTAM ENPRISTINOMOREPR 0/RSSlONlBVS

ADDISCERNENDAMVNI/ICAMERCIMONIORVMEDE^

DASESSEMEMINERINTSERCVMRLYRICI/RVCTVM

PERAMB1TI0NEMDEMINVIN0N0P0RTEAT5CIANT

E0SaVlP0STHAC/VERINTA]3SVMPTI/RYCTYM ,

JMMVNITATISITADEMVMHABITYROSSIEOSlEGATVSl

ETAMICVSNOSTERYCIYRECIVITATISDIGNOSESSEDE;

CRETOPRONVNTIAVERITQVO SCREDIMVSSATISA 1 BVNDEQVAESIBICONSVLTVMSIGRATI/VERINTEXI I STIMATVROSaVODORIGJNEBENE/ICIINONQVAE^II TADIGNOSHGNORECIVESAIERIPRAECEPERJMV.? [S

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dem lydisclien GriiberfeKle liegoniK-iicn UntersiifliiingM) im Interesse liistorisclier iiiul iircliiiologisclier Koisclmiig in lioheiii (linde vviinsclienswertli sei. Wenn n.icli den \(iiliegernlen Kii'alirungen die (;r:d)iiiig auch sclivi icriger ist, ;ds aiaii erwarten konnte, so hat man doch den un- schiitzhareu Vortiieil, hei diesen Monumenten mit mathe- matischer Genauigkeit den Zielpunkt der Untersuchung feststellen zu können. Möchte es vergönnt sein, heim nächsten Winckelmannsleste, die Kenntniis des grofsen Königsdenkinals, seines Baus und seines lidi.dts zu ilen Jieu gewonnenen lirgehnissen unserer Wisseusclialt zu zidi- len! E. Curtius.

III.

Inschrift von Tvras.

Iliezu dii

L-nde Steinlal'el.

Die Wiederholung der anliei mitgetheilten Inschrilt wird hollentlich den Lesern dieser üliitter nicht unwill- kommen sein, da sie bis jetzt nur in den (russischen) ,, Schriften der Odessaer Gesellschalt für Geschichte und Alterthümer" T. II. Ahth. 2 und 3 S. 416—469 durch Hrn. P. A. Becker, Direktor des zweiten Gymnasiums zu Odessa, ihre erste Ijekaimtmacliung und zugleich eine ausiiilnliche Erklärung erhalten hat. Die Marniortaf'el, welche sie tragt, 6" 2'" Engl, dick, 4' 2" 1'" hoch und 2' 6" hreit, und an ihrem unterem Rande mit einem 10" breiten, 4" langen Zapfen zur Einfiigung in eine Basis versehen, ward heim Pliiigen in dem Dorfe Ivorotkoje am linken Ufer des Dniesterlimans gefunden, auf dessen entgegengesetzter Seite die alte milesische Colonie 'l'yras (wo jetzt Akkerman) nach sicheren Angaben der alten Geographen zu suchen ist und beiludet sich gegenwärtig im Museum der (iesellschaft zu Odessa.

Der Herausgel)er, dessen Erkliirung wir in den meisten l'unkten beitreten können, unterscheidet in der nur in ihren oberen Zeilen beschädigten Inschrift drei Bestand- tlieile, Z. 1—7, Z. 9—31, Z. 34 4.'), welche durch die Ueberschriften Z. 8 Exemplum epistulae ad fleraclitum Mn<l Z. 32, 33 'Oov'titog TtoiiO^Xag UQ/ovnt ßovlTj tii'if-iii) TvQurt'n- /uiQiiv sich deutlich sondern. Der zweite Abschnitt Z. 9 31 ist die Copie eines Briefes des Kaisers ('omuMiilus .'in <len I'rocurator von Dacien lleraklitus. Der Z. 13 genannte divus Antoninus, parens noster, ist nimdich M. Aurelius Antoiinus, der Vater des Commodus, nicht Antoninus Pins, sein Grol'svater. Denn wäre dieser letztere gemeint, so hätte Commodus unter den fratres

Imperatores Z. 14 (sonst divi fratres) seinen Adoptiv- vater I\I. Aurelius und L. Verus verstanden, und zugleich dem Vater des M. .\urelius, seinem Grofsvater Antoninus Pius, die Benennung parens gegeben. Läfst man diesem Worte aber seine eigentliche Bedeutung, so bleibt es auffallend, dafs derselbe M. Aurelius Antoninus zweimal unter verschiedenen Namen (als pareos und unter den Fratres Imperatores) erwähnt ist. Hr. Becker erklärt dies daher, dafs beide Brüder nach dem Tode des An- toninus Pius 161 u. Chr. zugleich zur Herrschaft ge- langten, aber nur bis 169 zusammen regierten, in welchem Jahre L. Verus starb, worauf M. Aurelius noch bis 180 alleil! weiter herrschte. In dieser Zeit müssen also zwei Decrete an die Tyrener erlassen sein und es scheint natürlich, dals das beider Brüder das frühere war. Zur Erklärung der in dem Briefe des Commodus ent- gegengesetzten Aufzählung braucht man aber weder eine Verletzung der Zeitfolge anzunehmen, noch die Voran- stelhing des Vaters aus der Pietät des Sohnes (die nach Dio C. 71, 33 nicht vorausgesetzt werden darf) abzu- leiteu. .Sondern da L. Verus von 162 165 wegen des Kriegs mit den Parthern sich in Asien befand, erliefs M. Aurelius das erste Decret allein, und nach der Rück- kehr jenes gaben b;ide Brüder bei neuer Veranlassung zusammen ein zweites, dem Inhalte nach von dem früheren wohl nicht viel versclnedenes Decret. Aus dieser An- nahme folgt, dal's das Decret des M. Aurelius in die Jahre 162 165, das zweite beider Brüder in die Jahre 166 169 fällt. Den Z. 15 genannten Antonius Hiberus gravissimus praeses ist Hr. Becker geneigt für den Consul des Jahres 133 n. Chr. zu halten, der in den Fasten den Vornamen M. führt, da nach Suet. Tib. 41 die Legaten der kaiserlichen Provinzen aus den consulares und prae- torii gewählt zu werden pflegten. Der Inhalt der er- wähnten drei Schreiben inufs wegen ihrer Zusammen- fassung zieudich gleichartig gewesen sein und nicht viel verschieden von der Bestimmung des Commodus, die da- hin lautet, es sollen die 'l'yrener ihre bisherige Immurntät von der Zollsteuer (eingehender Waaren), und zwar auch der ausgehenden Waaren behalten, nur müsse wie bisher eine Meldung bei der Behörde über das Steuerbare ge- schehen. Dieses Privilegium v^ird sowohl den eingebornen Bürgern zugestanden, als auch den nach localen Gesetzen von aufsen her aufgenommenen, nur soll der Eintritt in das Bürgerthum hiidort an die Entscheidung des kaiser- lichen Legaten gebunden sein. Diese .Alaafsregeln haben statt, damit die Einkünfte von Illyricum (wohin die 106 n. Chr. eingerichtete Provinz Dacien gehörte) nicht per

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ambitiooem geschmälert würden. Hr. Becker hält diesen Ausdruck (S. 451) für einen mit absichtlicher Zweideu- tigkeit gewählten, indem er sowolil auf die Bitten der Tyrener (ambire, vgl. Z. 18. 20) als auf die ihnen vom Kaiser erwiesene Gunst Beziehung leide. Icli kann darin nur die natürliche Rücksicht auf das vorher genannte Privilegium der Tjrener gegeniiber andern nicht so be- vorzugten Städten finden, und wurde es übersetzen: „aus Parteilichkeit".

Der dritte Abschnitt Z. 34—45 ist das Schreiben des Oviuius Tertyllus an die Archoiiten, die Bule und den Demos von Tyra. Hr. Becker halt diesen Oviuius, wie jenen Heraclit, für einen Procurator von Dacien (S. 433. 459) und zwar für identisch mit dem Dig. 38. 17, 1. §. 3. 49, 15, 9 in einem Rescript des Septimius Severus und Antoninus erwähnten praeses von Mysia inferior, natür- lich aber nicht gleichzeitig mit beiden Aemtern bekleidet. Sein Vorname sei wahrscheinlich Q., da einmal in der letzten Stelle der Dig. die Lesart zwischen Oviuius und Quintus schwanke. Dagegen kann ich Hrn. Becker nicht zugeben, dafs unser Ovinius nach der Sitte der Kaiser- zeit seit den Antouinen zwei Gentilnamen führe, sondern lialteTertuilus für sein cognomen. (s. Ellendt, de cogno- mine et agnomine Romano, Regiment. 1853. S. 76. 84). Richtig ist weiter bemerkt, dafs sich der Ausdruck uvii- yQU(fov tiuv üiiwv yQ(if(fi(xTwv Z. 34 auf beide vor- stehende kaiserliche Schreiben beziehe, sowohl auf das an den Heraklitus als das an Tertyllus gerichtete im Anfang verstümmelte. Die Worte vnd tüiv xvgloyv ri/.iwv uvioxQUTopujv Z. 35. 36 können aber nur auf die lebenden Kaiser Severus und Antoninus gehn, die das Schreiben Z. 1 7 an 'l'ertyllus richteten und wahrschein- lich zugleich den Brief des Commodus an Heraklitus, auf den sie sich bezogen, überschickten. Denn dafs diese Kaiser die Verfasser des ersten Bestandtheils unserer In- schrift sind, ergiebt sich aus der am Schlüsse von Tertyllus hinzugefügten Zeitbestimmung, demConsulate des L. Annius Fabianus und M. Nonius Annius Mucianus, im Jahre 201 n. Chr. In den Worten ümdö&ij n(ju ly y.aluvdäiv BluQ- ttiZv ylriViwvdg 7} findet Hr. Becker (S. 466) eine An- gabe des Tages, an welchem das kaiserliche Schreiben in Ovinius Hiuide gelangte, während ich darin nur das Datum sehen kann, an welchem derselbe sein Schreiben an die Tyrener ausfertigte (vgl. C. J. T. 3 p. 302). Das Jahr fehlt bei dieser Angabe, weil es dasselbe war, in welchem die Tafel aufgerichtet wurde, worüber eine drei- fache Zeitbestimmung nachfolgt, tjach den Consuln Roms, nach einer uns unbekannten Aera im 145. Jahre, endlich

nach dem Regiment des P. Aelius Calpurnius, welcher praeses oder Legat der Provinz Dacien gewesen sein mufs, sonst aber nicht weiter bekannt ist. In der Be- stimmung des Datums des ausgefertigten Schreibens nach römischem und epichorischem Kalender ergieljt sich aber wenigstens bei unserer mangelhaften Kenntnifs dieser Verhältnisse eine Discrepanz. Denn der Lenäon, welchen die Tyrener als milesische Colonie mit den ionischen Staaten gemein hatten, reichte vom 24. Januar bis zum 21. März (Hermann, Griecli. Monatskunde S. 68). Da- nach müfste der 8. Leniion auf den 31. Januar fallen, während er hier dem 17. Februar gleichgesetzt ist.

Der seiner Stellung nach erste alier unvollständig erhaltene Abschnitt Z. 1 7 enthält das Schreiben des Septimius Severus und des Cäsar M. Aurelius Antoninus (seines ältesten Sohnes Bassianus) an Ovinius und scheint nur eine Bestätigung des früher usuellen Rechts, nichts wesentlich Neues auszusprechen. Hr. Becker glaubt mit Berücksichtigung aller Umstände die lückenhaften Zeilen also herstellen zu müssen:

[Imperatoriam privi-] fle]gii auc[toritatem, epistula de iure immu-] uitatis inspecta, quod [vobis datum ex ae-] qua ratione videbatur, cum iusta [religi-] 5 one servavimus, ut neque ipsi con!.[titutio-] ne diuturna pellerentur, et in poste [rum] decreta civium assumendorum coiisi[lio] praesidis provinciae c. v. perpenderent[ur]. Die Kürze der hinzugefügten ersten Zeile vertheidigt derselbe durch die Analogie der Ueberschrift: Exemplura ep. ad Her., welche ebenfalls den Raum nicht gänzlich ausfülle, und glaul)t die übrigen Ergänzungen auch da- durch empfohlen, dafs sie den Zeilen fast dieselbe Bucli- stabenzalil gewähren, nämlich Z. 3, 4, 6, 7 drei und dreilsig Buchstaben, Z. 2, 5, S fünf und dreifsig. Ferner hält er sich überzeugt, dafs im Anfange der Inschrift nichts weiter fehle (S. 421), obwohl er S. 465 richtig be- merkt hat, dafs das Originalschreiben der Kaiser an Ovinius herkömmlicher Weise begonnen haben müsse: Impp, Severus et Antoninus A. A. Ovinio Tertyllo. Mit allen diesen Voraussetzungen können wir nicht einver- standen sein. Gewifs stand jene Präscrijjtion auch in unserer Inschrift, die ohne sie eine kopflose wäre. Die Kürze der ersten supplirten Zeile wird durch die beige- brachte Analogie nicht geschützt, weil sie eben keine Ueberschrift ist. Ebensowenig ist es richtig, dafs im Anfange der zweiten Zeile nur die Buchstaben LE Platz haben, sondern es werden hier die Sylben VILE gestan-

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den lial)en, dn L in unserer Inschrift iilierall mit kurzem llorizontalslricli ersciieint. Folglich stand am Ende der vorausgehenden ersten Zeile nur PRI und es ist diese vollständig auszufüllen. Dafs al)er mit ihr das Schreihen nicht l)egonnen hahe, ist schon deshalh wahrscheinlich, weil eine Verweisung auf den folgenden Brief des (^oni- modus an Heraklitus vermil'st wird, die in anderen Fidlen nicht zu feiilen pUegt. Vgl. den Stein von Torigiiy I, Z. 22 hei Mommsen, Berichte iiher die Verhaiidl. d. (Jesch. d. Wiss. zu Leipzig 1852. III. IV. S. 238. C. J. n. 4896, A, 6, 7, 8. B, 4, 5, 6. 4956, A, 2, 3, 4. 4957, 1, 2. Die fast erhaltene 8. Zeile enthalt zwar 35 Buchstahen, aher diese Zahl ist für die vorhergehenden nicht ganz mafs- gehend, weil in ihr zwischen der Al)l)reviatur 'C' V' sich gröfsere Spatien lielinden, und weil der Steinmetz ge- nöthigt war, in diese Zeile als die letzte den Schlufs des llescripts zusaninieii zu ilrangen. In dem folgenden Schreilien an Heraklitus schwankt die Buchstal)e[izahl zwischen 32 und 43. Dafs Zeile 6, 7, 8 richtig ergänzt sind, ist augenscheinlich. Alier schwerlieh hat sich Ilr.

Becker zum Bewufstsein gehracht, was eine constitutio diuturna Z. 5 hedente, da er S. 458 constitutio in dem gewöhnlichen Sinne von Verordnung fafst. Es mufs heil'sen cons[uetudi]ne. Ebenso ist Z. 3 vohis unerträg- lich wegen der gleichlolgenden dritten Person ipsi, wie Ilr. Becker S. 457 sellist gefühlt hat, ohne gleichwohl diese Ergänzung zu unterdrücken. Die Ueherreste VU führen ebensowohl auf ^'0, als auf VS, und ich erganze daher mit Rücksicht auf das Schreihen an Heraklitus Z. 19 quod[usu firmatum qua] qua ratione videhatur. Auch an iusta [religi]one Z. 4 nehme ich Anstofs. Es wird ein längeres Wort erfordert, weil sonst die kurze Zeile von 32 Buchstahen keinen Grund zur Sylhenthei- lung bietet. Ich möchte dafür [approbatio]ne oder noch lieber [restrictiojne , so dafs die folgende Gliederung ut iieque ipsi pellerentur und et de creta perpenderentur durch das Vorausgehende usu firmatum quaqua ratione servavimus und justa restrictione (oder distinctione) seine Begründung fände. Den Anfang des Satzes wage icli aber nicht zu bestimmen.

Dorpat. L. Mercklin.

IV. All

72. Die Aloiden. Ein archaisches Gefäfs mit Dar- stellung eines delphischen fllythos auf beiden Seiten ist aus den Monuraenti dell' Instituto II, IS bekannt: einer- seits erscheint dort Apoll mit Greifengespaun im Kampf gegen Tityos, der seine Älutter Leto ergriffen hat; andrerseits sind zwei gellügelte Riesen im Anzug gegen Apollon und Artemis, eine noch mit zwei Nebenfiguren verknüpfte Scene, welche Panofka (Annali VII, 86) auf Hyperboreer gedeutet hat, die er nämlich von den Söhnen des Nordwinds, Kaiais und Zelhos, zu den Gottheiten Delphis geleitet glaubt. Nach einer andern Erkliirung dieser räthselhallen Scene glaubt Ilr. de Witte (Cat, Durand no. Iil52 p. 440) Pldciiyas und dessen Tochter Koronis, durch Keren nach Delphi geschleppt, darin zu erkennen ; dieser h^rkliirung hat auch der jetzige Be- sitzer des Geiäfses, der Herzog von Lujnes, sich ange- schlossen, indem er hei neuer Herausgabe dieses Kunst- werks (Descr. de quelques vases peints, Paris 1840 fol, pl.VIl p. 4) Ischys und Koronis darin erkennt, die von Dämonen dem Apoll zugebracht, seiner Rache entgegen- sehen, und auch die Herausgeber der Elite ceramogra- phicpie (II, pl. LIX p. 173) haben dieselbe Erklärung neu angenommen. Noch eine andere Ansicht jedoch drängt

: r 1 e i.

zu Erklärung jener anziehenden Darstellung bei Erinne- rung an den Mythos der Aloiden sich auf, deren gi- gantische Natur aus der Odyssee (XI, 305) und aus Eratosthenes (A\<il'iöug yijyfnTg ii'vai 'Eg. (pr/ni Eudoc. Violar. bei Villoison Anecd. I p. 12, 37, 442) hinlänglicli bezeugt ist. Die tödtliche Züchtigung, welche in Folge ihres Angriffs auf der Artemis oder der Hera Keuschheit (Callim. H. Dian. 264) jene beiden Brüder, den Otos und Ephialtes, traf, wird durch die iMehrzahl der Zeug- nisse dem Apoll (Odyss. XI, 305. Schol. Iliad. V, 385. Apollod. I, 7, 5. Callimach I. c. Apoll. Rhod. I, 484. Eudocia I. c), von Andern aber zugleich ihm und der Artemis beigelegt (confixi sunt Dianae et Apollinis felis: Mythogr. lat. ed. Bnde 1834 p. 29 I, 83. 92. 53). Dafs hienach die beiden riesigen Gegner der beiden Gotthei- ten in der That auf die Aloiden sich deuten lassen, geht theils aus ihrer Aehnlichkeit mit den, mitunter gleichfalls geflügelten, Giganten wie auch mit dem geflügelten Talos, theils auch aus dem Umstand hervor, dafs jene gigan- tische Natur in einer Variante derselben Sage (Mythogr. Bode II, 55 p. 93) in Tödtung durch Donner und Blitz sich bekundet. Die mit derselben Sage verknüpfte örtliche Beziehung auf Naxos (Schol. Pind. Pyth. IV, 156. Schol.

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Hom. Iliad. V, 385) darf liienelien als spater betrachtet werden (vgl. Scliol. Odyss. XI, 371 ot rdüriQot q^aal rr^v Z4qti/.icv fAet^ov ni/.itpat). Was aber die weibliche Neben- figur mit spitzem Kopfputz betrifft, deren Gewand Ephi- altes ergreift, so scheint eben jener Kopfputz eine An- deutung darzubieten, dafs in ihr Hera gemeint sei (vgl. Gerbard Gottli. der Etrusker JS47 Taf. III, 6). Neben dieser Hera erblickt man eine, nach Anleitung ihres schwarz gelassenen Gesichtes, für männlich zu eraclitende Figur: in dieser kann Hermes oder auch Ares gemeint sein, dessen Einsperrung durch die Aloiden im Hyper- boreerland anderweitig bekannt ist (Scliol. Hom. Iliad. V, 385); auf diese hyperboreische Oertlichkeit, in welcher jener ganze Götterkampf vorauszusetzen ist, scheint denn auch der vor Apolls Wagen gespannte Greif zu deuten. Den Kriegsgott in voller Bewaffnung hier zu erwarten ist kein dringender Grund vorhanden; eine helmähnliche rothe Kopfbedeckung jedocii scheint, nach dem in der Elite cerainograpliique gegebenen Stich, jener Figur zu- zukommen. Wird übrigens die hier vorgeschlagene Er- klärung angenommen, so läfst das liiemit besprochene Gefäfsbild, welches in seinen zwei Hälften beidemal apollinische Triumphe über gezüchtigte Feinde uns vor- führt, vielleiclit auf Vorbilder eines zweifachen apolli- nischen Tempelgiebels sich zurückführen.

Aus Mitthcihinyeii des Hrn. Sam. Birch. 73. Ares und Hei'hästos. Das bekannte Vasen- bild des brittischen Museums (elite ceram. I, 36. Wieseler Theater 9, 14), auf welchem Enyalios (Ares) und Daidalos (Hephaistos) in der Tracht der Phlyaken auf der Bühne vor der thronenden Hera mit einander kämpfen, ist längst richtig dahin erklärt worden, dafs Ares den Hephaistos vergeblich zu zwingen sucht, die von ihm an ihren Thron gefesselte Hera wieder zu befreien. Sehr schon ist Müllers Vermuthung, dafs das Fragment der Sapplio (8S Neue. 71 Bergk): o t)' y4givg cpatai xtv '^(fuiarov uyrjv ßi'ii auf diesen Zug der Sage zu beziehen sei; allein ein bestimmtes Zeugnifs für diesen Kampf ist meines Wissens noch nicht beigebracht worden. Ein solches findet sich bei Libanius (I p. 1099 R. Westermann mythogr. p. 372), wo es lieifst von Hephästos, der vom Olymp herabgeworfen bei Thetis verweilt: noiil di xul &q6vov Tfi (trjTQi ömgov, urpaveig i'/uviu öiafiovg, y.ui nf/iinn. xul tj fiüXa xt r^a^ri rw öd'iQd) xal xuO^tCävti xui iöt!}rj xal o Xvadjv oux rjv. /3ov7.fj lif yivtzai i/tiöi/ mgl T^5 itg ovguvovg uvußdanog Htfalaxov /xövov yug UV ixtTvuv xul Xvaat. atydivriov ovv riöv uXXwv xal anoQovvTwv 'y/p»;; vnia/ytiTui xul ilO-iuv nqdtzti fiiv

oväiv, ulaxQwg öi unuXXuTTiTui nvQaoTg avTuv dnuu- TiünuvTog ^Hifuiarov. Der Schlufs der Erzählung, wie Dionysos den Hephästos zurückführt, ist dort verstümmelt, aber sonst ja bekannt genug. Otto Jahn.

74. QEFYTAl, NEKAYA02. Wie mir scheint hat K. Fr. Hermann (archäol. Ztg. N. F. p. 237f.) das Vasenhild bei Gerhard auserl. Vasenb. Taf. 238 sehr richtig auf die Gefangennehmung des Silens durch die Leute des Lityerses gedeutet, welche ihn vor Midus führen; obgleich ich ihm darin nicbt so unbedenklich beistimmen möchte, dafs für BEPVTAI 0EPIZTAI zu lesen und dies als eine Hinweisung auf das gleichnamige Sa- tyrdrama des Euripides aufzufassen sei. Denn litterarische Citate der Art bleilien mir auch nach Bergks scharfsin- niger Erklärung der TTATPOKAIA auf Vasenbildern immer noch sehr zweifeliiaft. Und hier giebt ©EPbV I AI, das doch wohl am nächsten liegt, auch wenn man Her- manns Erklärung annimmt, einen passenden Sinn; nur dafs man nach der Analogie der ül)rigen Inschriften den Singular erwartet zur Bezeichnung des Mannes, der sonst ohne Namen bieil)t. Auch darin kann ich Hermann nicht zustimmen, wenn er die Inschrift NEKAVUOS iu KEPAVl'OS ändern will, ich glaube vielmehr, dafs jenes denselben Sinn hat, obgleich ich natürlich zugebe, dafs das Wort falsch gebildet ist uud vfxvuvATjg heifsen müfste, aber einem ungebildeten Vaseumaler kann man es wohl zutrauen, dafs er ein Wort falsch schrieb. Ki- QuvXrjg bedeutet, \iie Hermann aus Lucian tragop. 33 nachweist, den, welcher die mit dem xtQug cornn ver- sehene plirygisthe Flöte bläst. Dieser aber bediente man sich vorzugsweise bei Leichenbegängnissen und xt- Qui'Xtjg wird von diesen gemietbeten Flötenbläseru und daber begreiflicherweise verächtlich gebrauclit. So er- zählt Apulejus (Flor. 1 p. 17) von Antigenidas: is\ig'Uur cum esset in libic'inio uppritne nobilis, nihil ae(iue se la- borare el (inimo unyi et «ic«(c dicebal, ijuam (juod mo- numenlurii ceruuUie tibicines dicerentur*). Dieselbe Anec- dote erzählt Dio Clirysostomus (or. 51, 12): Kfrj ät Tig li'iv i)Xiy(i) Tifjoiipio (ftXuaöifiov ov rfuvXuv zu 'la/u/]- vluv Tovio fiuXiaiu uyuvuxXHv tu xuXitadui uvXtjiug zuig zv/.i/j((rl<tg. Hier lial)en wir ein Wort, das dem viKi uvXijg vollkommen entspricht, und e!>enso auf dem V'astnbild denselben Gegensatz zwischen der kunstge- rechten Doppelllöte und dem Kruumhorn. Otto Jahn.

') In fliesem Sinne mag Arcliilochos ilas Wort gebraucht haben (l'oll. IV, 71. 6 iSt lOiV uvXoig ^(ijuijii'os faUijr»)? xul x(ni(v/.)ji xinii Tov 'A(i/lkoyov), etwa wie Ilipponax dein lAliininerinos ilen vö/jog xQaölug beilegte (Weicker kl. .Sehr. I,

i..2i7r.).

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75. Ukalegon. In dem Oktoberstücke der D. u. F. S. 127 spricht sicli O. Jahn gegen die von mir versuclite Deutung des Namens Ukalegon auf der Vase des Herzogs von Ltiynes (Ann. XX!I, tav. d'agg. 11. I.) aus, welche icli auf Aciiilleus' Auszug zum Kampfe bezogen habe, und l)eweist eingehend, dafs die Vasentnaler und die allen Maler überhaupt bei der Benennung der unterge- ordneten Personen nicht selten mit grofscr Willkiilir ver- fuhren. Ich bin weit entfernt, dieser Beweisführung etwas entgegenstellen zu wollen, allein ich möchte darauf aufmerksam machen, dafs eine solclie Willkiilir die spie- lende Anwendung bezieliungsreicher Namen keineswegs ausscldielst, ja vielmehr deren uothwendige Bedingung ist. Und was gerade dieses Vnsenljild betrifft, so mufs bei ihm wohl auch die Bezeichnung der 'l'lietis als VVogen- güttin (Kymothea) geneigt machen, einen willkührlich gesetzten Namen nicht zugleich als einen bedeutungslos gesetzten anzusehen, um so mehr da die augenschein- liche Aehnlichkeit der Haltung und Bekleidung zwischen den F'iguren der Vorderseite und denen iler Rückseite auf eine Fülle versteckter Beziehungen in demselben hin- weist. Wenn al)er solche Beziehungen, wie es hier der Fall zu sein scheint, nicht aus der Aufgabe des Kunst- werkes mit Notliwendigkeit entspringen, sondern einem mehr oder minder glücklichen Spiele der Künstlerlaune ihren Ursprung verdanken, so wird es allerdings immer schwer sein, sich über die Grenze der dem Künstler zu- zuschreibenden Absichten zu verständigen, da sich leicht eine Beziehung darbieten kann, an welche er nicht ge- dacht hat, leicht auch eine von ihm beabsichtigte dem Erklärer entgehen wird. Die eigentliche Aufgalte, wie ich sie fasse, war in dem vorliegenden Falle eine sehr einfache, doch hätte ich sie in meiner Erklärung im 'I'exte der Annalen vielleicht schärfer von dem absondern Süllen, was die spielende Bewegung der Künstlerlaune hineingetragen hat. Es galt zunächst nur den zum Kampie ausziehenden .Vchilleus, der aus der Hand seiner gött- lichen Mutter den Abscliiedstnink empfängt, in lebens- voller Gruppe liinzustellen und mit einer Reihe von Per- sonen zu umgeben, deren mythologische Berührung mit dem Helden des Ganzen sich ohne Weiteres darl)Ot und die ihm ein höheres Relief zu geben geeignet waren. Befand sich unter diesen auf der Rückseite auch Patroklos in einer ungefähr entsprechenden Stellung zu Thelis wie der Achilleus der Vorderseite, also mit einer Andeutung seines .Auszuges in den Kampf, befanden sich darunter ferner der greise Nestor, der II. XI, 79()ir. <len Patroklos zuerst ermuntert, den unterliegenden Achäern zu Hülfe

zu kommen, und dessen Sohn Antilochos, der II. XVIII, 2 dem Achilleus die Sciireckensnachricht von Patroklos Tode überbringt, so waren damit zugleich für den mythen- kundigen Beschauer der Andeutungen genug gegeben, dafs kein anderer Auszug Achills als der durch den Tod des Freundes veranlafste gemeint sei. Hierdurch war die eigentliche Aufgabe vollständig erfüllt, aber damit begnügte sich der Künstler nicht, sondern er suchte zu- gleich Situationen und Charaktere der dargestellten Per- sonen durch eine Reihe von Contrasten zu beleuchten, deren Vorhandensein die auf den ersten Blick in die Augen springende Entsprechung der gegenseitigen Figuren unabweislich aufdrängt. Wie der verhältnifsmäfsig heitren und künstlerisch wenigstens als heiter aufgefafsten Ab- schiedsscene des Achilleus die ernste Al)schiedsscene des Patroklos, (dem Thetis selbst die Schale wie unlustig ab- gewandt hält, so dafs Beide nicht einmal eine eigent- liche malerische Gruppe bilden und dadurch zugleich der im Verhältnifs zur Mittelgruppe des Hauptbildes mehr dekorative Charakter dieser Gestalten gewahrt wird), wie dem jähzornigen Agamemnon der weise und ruhige Nestor, so ist dem rücksichtslosen Myrmldonen Ukalegon der aufmerksame und rücksichtsvolle Antilochos auf der Rückseite entgegengestellt, und die Absicht dieser Entgegenstellung für das Auge durch die Aehnlichkeit der Haltung und Bekleidung zwischen den sich gegen- seitig durch Contrast charakterisirenden Figuren unver- kennbar angedeutet. Der Wunsch, den mythisch be- kannten Charakter des Antilochos noch schärfer hervor- zidieben, war allerdings gewifs nicht der einzige Grund, der den Künstler vermochte, diesem Jünglinge den Platz unmittelbar bei seinem Vater anzuweisen, ja vielleicht nicht einmal der hauptsächliche, denn es wirkte dabei auch die Absicht, das Bild der Rückseite als dem Haupt- bilde gegenüber minder einheitlich gruppirt und dadurch als diesem untergeordnet erscheinen zu lassen: dagegen wird man die Annahme einer in der Charakteristik des Myrmidonen versteckten Anspielung auf eine Eigenschaft des -Achilleus wohl kaum zu gesucht finden.

Bonn. L- Schmidt.

76. Telephos und der Adler. Iu den D. u. F., 1852, No. 43, hat 0. Jahn eine neue Erklärung des Adlers und Löwen auf dem berühmten herculanischen Gemälde mit der Ernährung des Telephos durch die Hindin in Vorschlag gebracht, die an sich gewiss sehr annehmbar ist. Da inzwischen auf der Bronzeniünze in IMüller's Denkm. d. a. K., Th. I, Taf. LXX, no. .391, deren Revers eine Darstellung desselben Gegenstandes enthält, der

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Adler auch vorkömmt, und zwar so gebildet, dafs die Jalin'sche Erklärung niclit so gut auf ihn pafst, so möchte er (und mit ilim natürlich aucli der Löwe) auch auf dem Wandgemälde anders aufzulassen sein. Riicksicht- licii des Adlers auf der Münze kann es nun wohl keinem Zweifel unterliegen, dafs man sicii ihn als Wächter des Telephos zu denken iiabe. Dieselbe Deutung auf die Thiere des Wandgemäldes zu übertragen, erlauben so- wohl äufsere als auch innere Gründe.

Fh. Wieseler.

77. Badeknecht. Auf der ficoronischep, Cista hat den Auslegern der Bursche des Polydeukes viel zu schaffen gemacht, welcher das BadegerJith seines Herrn trägt und mit geschlossenen Augen am Boden kauert. Aufschlufs giebt eine schöne attische Stele, deren Gypsabgufs im neuen Museum zu Berlin in der Rotunde sicii befindet. Nel)en einem l)is auf die Clilamys nackten jungen Mann, der einem bärtigen Alten im Älantel gegenübersteht, kauert auf der Erde ein Bursche mit Strigilis und Lekythos, offeDl)ar eingeschlalen, und dem auf der Cista ganz ähn- lich. Diejenigen Iiatten also Recht, welche nnnaliraen, der Knal)e sei, während Polydeukes seiner Dienste nicht bedurfte, über dem Warten eingeschlafen, und man sieht, dafs dies ein der Wirklichkeit entnommener Zug war, den man als charakteristisch iür das palästrische Trei- l)en ansah und deshall) gern anbrachte; es ist ein neuer Beleg für die Walirneliuiung, dafs in die Darstellung der Cista mit Vorliebe Ziige des gewöhnlichen Lebens und Verkehrs aufgenommen sind. Otto Jahn.

78. CoKTCUs. Ich habe (ficor. Cista p. 29) Brauns Hypothese, der im Gymnasium zur Uebiing für die Faust- kämpfer aufgehängte Schlauch (Kwgvxog) sei in der Sage die dem Amykos abgezogene Haut, als unljegründet zu- rückgewiesen. Ich halte es fiir Schuldigkeit ihm wenigstens ein Surrogat zu bieten in einer Stelle des Servius (Aen. VIII, 138):

Mercurius etiam palaestrae inveetor hoc modo esse narratur. Clioricus [Cori/ciisJ rex quidam Arcadiae lilios liabuit Plexippum et Enetum [Aimacum] et Palaestram filiam. Sed iuvenes cum casu inter se haberent certamen, inpressioue et nisu corporum invenerunt luctamina. qui cum hoc patre praesente facerent et ille re nova dele-

ctaretur, ex ea re ludus factus est. quam rem Palaestra soror iuvenum fllercurio amanti se prodidit, qui cum rem novam vidisset, pleniorem de industria artem homines docuit. hoc seni iuvenes a sorore proditum nuntiavit [jnr»(i(ni/], ille iratus est potins filiis, qnod non tamquam iurem Mercurium insequerentur. quem cum illi in monte dormientem invenissent, manns ei amputaverunt, unde et ipse Cyllenius et raoiis dicitur, nainque Graece xvXXov? aliqua mutilatos corporis parle dicunt, unde etiam liermos [ficrm«s] vocamus quosdam stimulos [stjptfes] in modum signorum sine manibus. Mercurius vero novi [lovi] con- questns Choricura [Corycum] evisceratum in folliculum redigi fecit, amatam vero suam Palaestram remuneratus omne luctamen quod corpore conficitur palaestram vo- cari fecit.

Dafs wir hier es nicht mit einem echten Mythus, sondern einer späten aus den Namen herausgesuchten Fiction zu thun haben, bedarf wohl keiner Erinnerung.

Otto Jahn.

79. Silen als Göttergehäüse. Dem Plato ver- danken wir im Gastmal S. 215 a folgende merkwürdige Mittheilung: „Den Sokrates will ich (AIcibiades) auf die Weise, Männer, durch Bilder zu loben versuchen. Dieser wird vielleicht nun glauben, um ihn mehr ins Lächerliche zu zielien. Das Bild jedoch wird vielmehr da sein der Walirlieit wegen, nicht des Lächerlichen. Ich behaupte nämlich demnach, dafs er sehr ähnlich ist diese» in den WerkstiilleH (]i;r Bildhauer sitzenden Silcnen , welche die Bildner arbeiten mit Hirtenpfeifen oder Flöten in der Hand, und die, wenn man sie uiiseinunde.r nimmt und öffnet, inwendig zeigen, dafs sie Götterbilder enthalten, und so behaupte ich, dafs er dem Salijr Marsyas gleicht ').

Hiemit ist zu verbinden S. 216b: „und er weifs nicht wie sehr diese seine Erscheinung dem Silen ähnlich ist; diese nämlich hat er aufserhalb umgeworfen, wie der Silen im Bildwerk; wird er al)er «oh innen geöffnet, von wieviel Weisheit meint ihr wohl, 'I'rinkgenossen, ist er erfüllt?" -j.

Endlich S. 2I7A. „Nachdem er sich ereifert und er- öffnet, ich weifs nicht ob da einer seine Prachtstücke im Innern beobachtet hat; aber ich habe sie schon ehemals gesehen und mir schienen sie so göttlich und golden, so

') ^Irrj/ii yÜQ (Ji) ö^uoioinroj/ ki3i6j' tlvai xolg Sttlr]- voTs tovioiq joTs iv roig inuoyf.vffeioig y.rt9riin ^roig' ovsTivceg fQytiCovTdi Ol (hj/iiovnyol avQtyyag ^avXoig f/ov- Tug- o'i i i/iiSt ö toiy_!Kvfis if aivovxai ivdoOev uyH- HUTu i/ovjig 0 löJv . . . .

') K((t (fifi'i av loiy.irai ctvröv iijj aiiTvQii) rij! niccQavit. [1. 2lö(J: xal oviSiv oJJfv, mg a^tjuu iciitov jOL'TO. ov (7f/i/j)'W(Jff ; a(fö(S(>a ye. tovto yuo ovjog fitolliv ni- ()iß^,i).r)rai, iSgiren 6 f yi.v/^ifid'Og ^ei).T]VÖg. tväo!hev äi ttvoi/'hilg, Tiöatig oiiaiu yf'un, <o liväneg avuTrörai, aco- (fQOavvrig;

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vollkommen scliön und bewiindernswerth, dafs ich in kurzem alles tliiin mufste, was Sokrates mich lieifsf").

Diese für antike Kunst, Religion und Sitte gleicli lelirreiclien Stellen liahe ich in Äliiller's Hanilbuch der Archäologie, selbst in der neuesten Ausgabe von Weicker, au verschiedneu Orten vergebens gesucht. Wie wenig sie überhaupt bisher die Aufinerksandveit der Archäologen auf sich zu ziehen vermochten , beweist schon der Um- stand, dafs selbst Dr. Brunn in seiner geistreichen Ge- schichte der griechischen Künstler (S. 271), wo er von Sokrates dem Bildhauer und dessen Vater Sophroniskos gelehrt handelt, bei der Stelle desLuciau^), die den So- krates an der Hermoglyphik grofs gezogen bezeugt, unsre platonische, obvvoldsie jene zu ergänzen vermag, übersah.

Dagegen hat ein andrer verdienstlicher Alterthums- iorscher, Direktor Petersen, in seinem „Hausgottesdienst der alten Griechen" auf dieselbe Rücksicht genommen, sie aber in der hienächst folgenden Weise aufgeiafst. „Am gewöhnlichsten scheinen indefs diese Schreine die Gestalt einer Herme geliabt zu haben mit dem Kopf entweder des Hermes selbst oder eines Silenos, dessen viereckiger Untersatz den Schrein bildete. Einem solchen Silenos, der die schönsten, bewunderswürdigsten, goldnen Götterbilder in sich barg, vergleicht AIcibiades !)eim Plato den Sokrates wegen seines Reichlhums an schönen Ge- danken bei liäfslichem Aeufseren". In welchem Grade die Stelle des Plato hier mifsverstanden ist, dürfte nicht schwer zu erweisen sein: denn Plato's Worte Silene die sitzen schliefsen schon an und iür sich die Idee von Hermen und viereckigem Untersatz aus. Die Heobachtung, dafs, bei der nicht geringen Anzahl Hermen verschiedner Gottheiten und Dämonen, der kahlköpfige Silen gerade derjenige ist, für den am seltensten diese beinlose Form sich nacliweisen last, vermag ihrerseits die Unzulässig- keit dieser Hypotliese zu bezeugen. Irre ich nicht, so entsprang die falsche Auslegung aus dem Blifsverstäud- nifs des Wortes t^f^ioyXvqtiu. Statt diesen Ausdruck allgemein als eine Bezeichnung der Werlcstiitte für Bild- hauer, welche Hernien, Grabsteine, Vasen und ähnliche untergeordnete Arbeit in Stein oder auch in Holz°) aus- führten, zu verstehen, fühlte Hr. Petersen sich gedrungen, das Wort auf eine Werkstälte, wo nur Hermen gear-

beitet werden, zu bescliränken und daraus die Hermen- form der Silene zu folgern. Allein wünschen wir ein treues Bild eines tQ/iioyXvqiaov uns zu vergegenwärtigen, so genügt ein Blick auf die in meinen Bildern antiken Lebens Tafel Vlll, 7 gravirte Paste, wo ein Künstler mit Hammer und Meissel an einer marmornen Amphora be- schäftigt sitzt, indefs danelien das Idol einer eingewin- delten Göttin und weiter rechts ein weiblicher Kopf auf einer Säule sichtbar ist.

Anerkennung verdient, dafs in dem eben erschiene- nen Werk Hrn. Lionnefs ,,Palaion, die alte Welt" beider Beschreibung Athens die oöof Tiüv tQfioylvif iüov nicht vergessen ward, nur durfte sie nicht (S. 59) als eine Strafse der Hermoglyplien, d. h. der Hermessäulenmacher bezeichnet werden, sendern als eine Slrufse der Hermo- glypheen, wo nicht Hermessäulen, sondern Pfeiler mit Hermes- und anderen Götter und Menschenköpfen ge- arl)eitet wurden. Diese Berichtigung geschieht keineswegs aus Pedanterie und darf nicht als unwesentlich betrachtet werden. Denn aus dem griechischen Strafsennamen lernen wir, dafs in alter Zeit wie heut zu Tage Bild- hauer aus denselben guten Gründen ihr Atelier )iic/(t unter gleichem Dach mit ihrer Wohnung wählten; da- gegen Strafsen, wo Wohnung und Arbeitslokal zusam- menhing, wie z. B. 7/ T(~tv xtßioronoiMV die Strafse der Klslunmacher, mit gleichem Recht von den Bewohnern und nicht von der Werkstätte ihre Benennung erhielten.

Dafs der Kopf des Sokrates mit dem des alten Silen in Stumpfnase, aufgeworfnen Lippen und kahler Platte die gröfste Aehnlichkeit verräth, bezeugen die Denk- mäler des schriftlichen und bildlichen Alterthums einmiithig.

Fragen wir nun weiter nach sitzenden Silenen, welche entweder eine Hirtenpfeife oder Flöten halten, so bieten Vasenbilder sehr häufig die Anschauung des Marsyas uns dar, wie er auf einem Fels sitzend bald die Flöten spielt'), liald sie nach Beendigung dieser Uebung in der Hand hält. Dafs indefs derselbe Silen Marsyas auch eine Hirtenpfeife zu halten berechtigt ist, ergiebt sich theils aus seiner Assimilirung mit Pan bei Gelegenheit des Musikunterrichts des Olympos, wo auf herkulanischen und pompejanischen Wandgemälden wie auf Marinor- gruppen ') die Hirtenpfeife bisweilen die Stelle der

') |>. 216?: ajToväüaavjog öi «vrov xcd uvoiylKvTog ovx olSa tX jtg iioQaxe in Iviös (lyeiX/xaTa. äi,i.' iyui ij<irj nox' ftäov, y.aC [ioi läo^tv ovro) &ettt xal jrqvaä elvai xal nüyxai.u xul 0icvuttaiü,äaj(7ioiT]T^oi\iircci lt'ß(iaxHÜ Tixtlivti^lujxfiditjg.

') Luc. Sümn. c. 12: 6 öi 2^u)X()ih>jg xid uviüs vtiö t;]

iQflO)dv<flxij TUVTl} jncKfils.

') Hes. y/lüi/»«/' ft'(T«/, /ttQdiai. ivöiaaav iv iiio- lx(i't]V. cf. Seh. ad Suph. Oed. Col. v. 100.

«) Millingen Vas. Coghill PI. 19. .Mus. Blacas pl. 21.

■^ Pitt. (rKrcoI. Vol. I, 9. Mus. Borb. Vol. X, 4. Vol. X, 22. Call. <li Fir.lV, 72. [Vgl. Arch. Zeit, (j, 318fr. A. d. B.]

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Flöten einnimmt, tlieils aus dem Ijeriilunten Leuchter von Coitoiia (Mon. tl. Inst, nrcli. 111, 42), der jede der acht Sirenen von zwei hingekaiierten Silenen eingeschlos- sen zeigt, deren einer die Flöten, der andre die Syrinx spielt. Wir dürfen liiel)ei nicht iil)ersehen, dals Flöten und Hirtenpfeiie, so wenig sie in den Händen des Marsyas helVemden können, dennoch, wenn nicht des Alcibiades Vergleich zwischen Marsyas und Sokrates hinken soll, noch eine Anspielung auf des Sokrates Per- sönlichkeit in sich schlielsen müssen. Erinnern wir uns, dafs "erade diese beiden Instrumente wegen ihres ero- tischen und elegischen Charakters vorzugsweise in den Händen der Sirenen auf Bildwerken uns begegnen, so lie"t die Vermuthuiig nahe, dafs dieselben auch hier das Sirenenhafte d. h. das Anziehende und Fesselnde von Sokrates' Vortrag und Umgang bezeichnen sollen, zumal Alcibiades am Schlufs der Platonischen Stelle sich gerade iiber die bezaubernde Anziehuiigskralt des Sokrates so «inzweideutig ausspricht und <hidurch zugleich sein Ver- lialtnifs zu Sokrates, ähnlich dem des Olympos zu Marsyas, nns verräth.

Suchen wir nun weiter über das eigenthiimliche Ijild des Silen uns Rechenschaft zu geben, so zwingt der griechische Ausdruck ih/üdt dtrny&iviig in zwei Theile geöffnet zu der Annahme, dafs der Obertheil der Figur wie ein Deckel abzuheben ging, wahrend der übrige Körper offenbar ausgehölt sein nmfste, sobald man goldne (Götterbilder darin an! I)ewa!irle, und demnach den Unter- theil eines in Silensgestalt versteckten lieliälters al)yab. Ruft man sich die in den 'l'erracotlen des königl. Mu- seums (Taf. III, V) bekannt gemachte Figur einer, ans Clusium stammenden, thronenden Proserpina ins Gedächt- nifs, die, in ihrem Innern völlig hohl, zu einem Aschen- behälter diente, zu dessen Deckel Kopf und Hals der Göttin benutzt wurden: so wird man gewifs dasselbe System erkennen, welches die bei Plato geschilderten sitzenden Silene characterisirte, nämlich, dals nächst der äufseren Gestalt von Statuen diesem liildwerk noch eine materiellere Bestimmung als Mittel zur Aufbewahrung andier Gegenstände oblag. Es lolgt hieraus zugleich, dafs die Erfüllung dieses materiellen Zweckes die Haupt- sache bildete und das künstlerische Verdienst statuarischer (Gestaltung als Hülle nur unteigeordiiet zu sein brauchte. Um so gröfsere Rucksicht verdienen aber diese Monu- mente wegen ihrer IScstimmung als liehidter für gohtiie GiitterhiJder.

Ist der Ausdruck äyi'üfiuTu wörtlich zu verstehen, so bezielit er sich auf Statuen von denen kaum abzu- sehen ist wie eine Anzahl derselben von einer gewissen Höhe in dem, wenn auch noch so dicken und auige- schwemmten, Bauch eines lebensgrol'sen Silen Platz fin- den konnte. Leichter kämen wir zu Stande, wenn im griechischen Text das l)iinin;iti\ i'iyulfiÜTtu stände und so zu Ideinen Giillcrhildern berechtigte.

Allein dieser Aenderung uynliiüiiii wiedersetzt sich .sclion die Wiederholung desselben Aus<lrucks uyalfiura

") Etyni. M. 'Aqixuqiov. oti Xtyoi-ttva 7ia() i]uiv ÜQ/^ÜQia iQfiuQia d(ftC).ovai i.fy(adtti, dg cvqov iv toTs a/oXCoig joC üyCov JiovvaCov, «p/;) ^nv fJrjrn XKfaXatov tkqI tmv Otloiv orofit'aon'. ol yüi) "E').h]Vf-i olu iivug ihnliiiäviug InoCovv, fxfjxi XHQttg fx^re noiSug 'iy^oviag- tovjovg äl 'Etifiüg ixiil.ovv.

S.21T. Wie zielten wir uns aus dieser Verlegenheit? Sollte etwa die Analogie des Zeus Ktesios und Hermes Ktesios der Griechen, des Saturnus der Römer, als Gottheileti vnd schützende IVücUler der Geldschittze, uns berechtigen in den uydlj-utja 9n~}v zwar Bildnisse der Gottheiten zu erkennen, aber nicht statuarisch ausgeführt, sondern wie sie auf den antiken Goldmünzen in reicher Ab- wechslung hervortreten? Alsdann würde dieser Silen in die Kategorie der eben genannten (Gottheiten hineinge- liören, mit seinem durch Füllhorn charakterisirten Gefährten Uuhnon Agnlhos zusammenfallen und seine Slatiie eine Spiiarbüvhse mit Gotdstüchen (jefiilll vertreten.

Der Zuliilsigkeit dieser Vermuthung willersetzt sich aber ein andres beachlungswerthesZeugnifs beim Etymolo- gisten"). Dasell)st werden nämlich unter dem Namen (i.o/iÜqki, (armaria) wiricliche Jileine Hermen, inwendig hohl, mit Elügelthüren zu öffnen, angeführt, w>eJche die Bestlmminuj haben als Schrunl; Giittersluliien, die Gegen- stand der Huiisandacht waren, in sich aufzunehmen und zu verschliefaen. Da hier derselbe Ausdruck dyüli.i(xia gebraucht wird und von keinen Statuen sich verstellen läl'st insofern die Behälter nur kleine Hermen heil'sen: so folgt, dals in der platonischen Stelle die yjjfaü uyd^.ftuTa .Vfiöi' ebenfalls aui yoldne Götterstaiuellen sich beziehen, uinl nicht auf Älünzen. Nur müssen wir nns hüten diese Silene, wie Hr. Petersen gethan, mit den kleinen Hermen, weil ihre liesttmmuny dieselbe war, in ein und dieselbe Klasse zu werfen. Denn nicht nur ihre änfsere Forin unterschied sich wesentlich von einander, sondern auch die Art ihrer Oeffnung. Was das Verschliel'seii dieser Hermen anbelangt, so glaube ich, dafs das männliche (Glied als Schlol's und Riegel sich benutzen liel's, indem beim Herumdrehen desselben die beiden Hälften der Herme sich wie 'Ihüien eines Schranks oder einer Kapelle öffniteu. Zu besserem Verständnifs bieten sich ver- gleichsweise aus neuerer Zeit die Nürnberger Kapseln an, die bei äufserer Mönchsgestalt in ihrem Innern Got- tesbilder nebst der ihnen geweihten .Andacht bergen.

Wenn alier Hesychius i^iitijidt durch tjuXiiVui er- klart, so liegt darin keineswegs ein Zeugnil's iur ,, Silene in Hermenfoiui'', sondern im Zusammenhang mit dessel- ben Lexikographen Glosse tQ/ina no'i)« xX/i/^c werden nur „Silene als .Stützen der Kliiie", wie sie Bildwerke uns bereits mehrlach veranschaulichen, angeiührt.

Dafs diese bisher vernachlässigten litterarischeu Zeugnisse iür die Schätze von Götterhgürchen ans Gold, Silber und Erz in unsren Museen einen besondren Werth haben, insolern sie angeben, auf welche Weise und au welchem Ort ein grosser 'i'lieil derselben im Allerllium aulbewalirt wurde, leuchtet von selbst ein. Zum Schlufs erlaube ich mir noch auf einen Karneol (Impronte gemm. iL Inst. arch. IV, 83) aufmerksam zu machen der die beiden .Sprecher uusres Dialogs, den schiinen Alcthiades mit Helm und Chiana vor dem auf einem Stuhl sitzenden Sohrules, ganz wie Olympus vor Marsyas darstellt.

Th. P.\nofka.

ob vnoxoiiiniixöv tQfinQ lov. Inoiovv öi uüiohg dict- x(vovg, OiiQttg '^^ovrag xit&unt(> lOiyonvQyCovg. xuliaia- Otv ai'Tiöv IrClhovv äyii)./JitTn äiv tatßov S-ewv ti<a9^iv öi an(x).ttor loig fQ/tiig.

Hiezu Tafel LX: Telephos und Auge, VnaenbUder zu Berlin und zu Seores.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer,

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zteituny, Jahrgang XI.

M 49.

Januar 1853.

All"eineiiier J:iliresbericlit. Neue Schriften.

I. A 1 1 g e ra e i n e r

I. Ausgrabungen. Die tnonuroentale Ausbeutung des Erdbodens der alten Welt bat seil den letztverwiclie- iieu Jahren grol'se Erfolge nur aus detn Orient zu ver- künden gehabt. Noch immer wetteifern England und Frankreicli um mit beiderseitiger Aufo[)ferung Asiens llauptstiidte und Nekropolen zu erkunden. Nächst Ni- niveh ') und dessen Umkreis liat neuerdings auch Baby- lon-J dazu beigetragen; es haben auch Medien, Armenien und deren Nachbarländer Denkmäler der Kunst des Orients mehr oder minder ergiel)ig dargeboten '), der ül)erdies an mehr denn Einer Stelle aus Syrien, Ci- licien, Memphis auch manches bisher verborgene Denk- mal seiner hellenistischen Kulturzustände aus klassischem Boden hervorgehen liel's'). Kümmerlich erscheinen da- gegen die neueren Entdeckungen auf kleinasiatiscliem und griechischem Boden, ol)Wohl Smyrna und ('ypern ') und auch Athen') hier genannt werden können , wenig lohnender die in Rom und dessen Umgegend, neuerdings auch zu Ardea, erfolgten Funde'). Etruskische Städte und Nekropoleu werden von Alessandro Francois mit un- ermüdlichem Muth, bisher aber, bei mangelnder Unter- stützung, ohne bekannten Erlolg erkundet, der auch aus zufälligen Funden, wie sie, zumal von Cäre und Clusium aus, sonst nicht fehlten, neuerdings uns nicht kundward''). Aus Kampanien^) ward die Aufdeckung des Forums von Kuraä durch korinthische Tem])elsäulen und schone Sculp- turen so eben erofTnet; in Bajä sind Kaiserl)üsten aus liadrianischer Zeit gefunden, in Pompeji ein noch unge- kanntes Stadtthor, heile Dächer und manches anziehende Wohnhaus zu Tage gefordert. Unteritalische Gräberfunde geben, hauptsächlich vonRuvo her, in stattlichen Vasen von Zeit zu Zeit noch immer sich kund, dagegen das pomp- liaft verbreitete Gerücht einer bei Canosa entdeckten, prachtvollen und unberülirt verbliebenen, Nekropole noch sehr der Bestätiginig bedarf, und aus Sicilien kaum irgend erhebliche antiquarische Kunde neuerdings zu uns ge- langte'"). Eben so wenig hat OI)eritalien die Denkmäler- kunde neuerdings bereichert, dagegen mancher sardinische Fund, namentlich wegen ägyptisirender Denkmäler der Kaiserzeit, unsre Aufmerksamkeit beanspruchte"). Die Wichtigkeit nordafrikanischer '■) Ueberreste veranlafste

Jahresbericht.

wol auch dort manche Grabung; dagegen der wunder- same Kiind eines Herkulesgrabes zu 'l'arragona '^) nur die iiim nächsten Alterthumsfreunde zu täuschen vermocht hat. Ebenso wurden auch gallische"), germanische"'), britannische'") Ausgral)ungen im letztvergangenen Jahr, wie in früheren, mit manchem Erfolg gekrönt.

II. Denkmaler. Im Gebiete der Denkmälerkunde ward manche klassisclie Oertlichkeit neuerdings unter- sucht; Fragen athenisclier und römischer Topograpliie wurden dadurch neu angeregt, viellietretene Orte in ihrer anliquariscben Wichtigkeit durcli gründliche Forschung erkannt, wie solches namentlich für das dem Städtchen All)ano zur Grundlage dienende prätorische Lager der Fall ist''). Alte Bauwerke, welche der Forschung bisher entgingen, kommen hauptsäclilich aus Nordafrika fort- während zu Tage; andere sind, wie die Tempel zu Nismes und Vienne, neu erkundet und hergestellt worden '■*). Von neuem Zuwachs bildlicher Denkmäler war höchstens vom Orient her Erhebliches zu berichten ; doch diente der Vorrath früherer Funde den Museen von London, Paris, Berlin und andern zu mancher Vermehrung '"), woneben das kgl. Museum zu Berlin in seiner Aufstellung von Gypsal>güssen antiker Sculpturen den bisherigen Mafs- stab ähnlicher Sammlungen weit überbietet'"). Privat- sammlungen dagegen werden für Kunstgegenstände des klassischen Alterthums immer seltener; statt neuer Kunst- freunde Namen in solcher Beziehung nennen zu können, vernehmen wir nur dann und wann die Aullösung bis- herigen Antikenbesitzes, sei es dafs dergleichen durcli Verniächtnils an örtentliche Museen, wie noch ueuerdinss in England und Holland, oder durch sonstige Veräusse- rung erfolgte, aus welchem letzteren Anlafs die nicht un- erhel)liche Sammlung antiker Sculpturen des Hrn. v. Mont- f'errand von Rufsland her zu öffentlicher Kenntnil's ge- langt ist. Nur aus Athen hat die über den Privatbesitz I. M. der Königin von Griechenland neulich ins Publikum gelangte Notiz uns angenehm überrascht"').

Ins Einzelne gehend, haben wir, von den assyrischen Kolossen des brittischen .Museums abgesehen, von neuem Zuwaclis an alten Sculpturen"), sellist im Gel)iet der aus Tarsos und Ardea bereicherten Thondenkraäler"),

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nicht viel zu l)ericliten, und wenn aucli ein und das andere Bildwerk oder Geriitli von Erz ") oder edleren Metallen ") Beaclitung erregte, Einiges im JMiinz- "') und Gemuien- facli'), Andres an Wandgemälden'"), Mosaiken'') und Vasenbildern ^"), namentlicli unter diesen drei reich aus- gestattete Vasen aus Ruvo "), dazu manche griechische^'), römische"), oskische") Iiischriit in diesen Blättern er- wähnt ward, so ist doch im Ganzen einzugestehu, dal's die jüngste Vergangenheit wenig Anblicke neuen Fundes hervorgebracht hat, welche an und für sich genommen die Bescliäftigung mit den Denkmälern des Alterthums neu anzuregen geeignet waren.

III. LiTTKRATUR. In Umgekehrtem Verhältnifse zur Geringfügigkeit neuer Entdeckungen stellt vortheilhalt auch im verllossenen Jahr die archäologische Litteratur sich heraus, deren Grenzen wir mancher Einrede unge- achtet auch diesmal in ähnlicher Ausdehnung gelten lassen, wie unsre Auffassung der Archäologie als monumentaler Seite der Philologie es erheischt und ein eben gedruckter ,,Grundrifs" ' ') auch schemalisch es ausspricht. Akade- mische") und sonstige Vereinsschiilten, unter denen die regelmäfsig fortschreitenden Werke des archäologischen Instituts für uns obenanstehn '"), haben zugleich mit den übrigen periodischen Sammelplätzen archäologischer, phi- lologischer und historischer Litteratur denn ein artisti- sches Organ für die Kunst des Alterthums fehlt im Ganzen reichhaltig wie früherhin sich erwiesen'"). Dafs liiebei die vorhersehende Richtung des Zeitgeschmacks, in ausländischen und auch in deutschen Zeitschriften, Mittelalter und Neuzeit") auf Kosten des klassischen Alterthums, dafs sie im eignen Gebiete der alten Welt den Orient vor dem Occiilent zu erheben bemüht ist, läfst als ein nicht blols vorübergehendes Symptom des übermächtigen Bildungsdrangs sich verschmerzen, der in seinen ferneren .Stadien doch immer wieder und alsdann mit neuem Vortheil den erprobtesten Zielpunkten aller geschichtlichen und aller rein menschlichen Bildung sich wird zuwenden wollen. Der im grofsen Publikum der Altertliumsfreunde vorzüglich lebendigen Theilnahme für Aegypteu '") und den Orient entsprach in rüstigem Fort- gang auch neuerdings, von erläuternden Reisebriefen be- gleitet, das agyptisch-nubische Denkmälerwerk von Lepsius sammt den in Aegyptologie einschlagenden Arbeiten An- derer. Auch Assyriens Vorzeit und Alterthümer sind wiederum in neuen Werken, zunächst in neuen Monogra- phien über Niniveh, behandelt, denen einerseits Raw- linsons und in Deutschland (iroteiends Arbeiten über Keilschrift""), andererseits die Forschungen über den liellenistischen Orient^'"') sich anschliel'sen, welche in einem so betitelten reichhaltigen Werk von B. Stark neu ange- regt sind und auch zur Erkundung orientalischer Elemente im ältesten Griecheidand") neu auffordernd rückwirken können. Uebergehend auf Hellas und Rom wollen theils Schriften von allgemeinerem Inhalt, solche wie des ehr- würdigen Jacobs Reli(|uie über Hellas "'), theils und haupt-

sächlich die Untersuchungen über besondere Abschnitte der antiquarischen Erudition von Geologie, Kriegs- wesen und Schiftbau der Griechen und Römer bis auf deren Beschuliuug herab ''^) hier nicht übergangen werden. Älanchen Zuwachs für Mythologie"') und Kul- turgeschichte''") erwähnen wir anmerkungsweise, und wen- den alsbald den Belehrungen uns zu, welche für einzelne Fächer unseres monumentalen Wissens Oriskimde und Baukunst, bildliche Kunstwerke und Inschriftsteine zu rühmen sind.

Hinsichtlich örtlicher Kenntnifs des klassischen Bodens haben E. Curtius und L. Rol's ihre für griechische Topo- graphie schätzbaren Werke fortgesetzt, denen in Welckers Abhandlung über die vermeintliche Pnyx reichhaltige Forschungen über athenische Ortsbestimmung zur Seite gehn "J. Der Ortskunde des alten Italiens kommt manche untetitalisclie Forschung Isernia, Puteoli, Gnalhia be- treffend— zu statten"'). Für Rom hat Canina ein neues Ruinenwerk, umfassender als alle bisherigen, ausgerüstet und Emil Braun anziehende Einzelfragen erörtert'^"); eben so wellig hat es an manchem Beitrag zur Ortskenntnifs vormaliger Schauplätze römischer Herrschaft, namentlich aus dem Norden, gefehlt"). Die Baukunst der Alten betreffend, haben wir den endlichen Abschlufs von Böt- tichers Tektonik zugleich mit mancher Einzelforschung ") zu erwähnen , noch mehr aber für die Geschichte und Denkmälerkunde der bildenden Kunst Arbeilen allgemei- ner sowohl als besonderer Art, auf Gegenstände der Darstellung ''i), Zeitalter der Kunstwerke und ihrer Gat- tungen''), Namen und Geschichte der Künstler") wie auch auf Herstelbuig und Würdigung verlorner Kunst- werke'") bezüglich, anzuzeigen, und als gröl'seie, in viel- jährigem römischem Aufenthalt gepflegte, Arbeit namentlich H. Brunn's Geschichte der griechischen Künstler hervor- zuheben. Im Einzelnen vollends hat es in diesem Gebiet an mannigfacher Förderung auch neuerdings nicht gefehlt: theils für Veröffentlichung bildlicher Denkmäler^"), nament- lich auch von Münzen '"), Wandmalereien ") und Vasen- bildern''"), ist wohl gesorgt, theils für Begründung tieferer Kunsterklärung''') neu gewirkt und deren Erklärung in mancher Einzelschrift über plastische''') sowohl als gra- phische'*') Werke neu geiördert worden, wie denn auch die an Kunstwerken, namentlich Geramen, befindlichen In- schriften ") manche neue Untersuchung hervorrieieo. Auch sell)ständig ward manche griechische Inschrift veröffentlicht und erklärf*''), wie denn auch handschrillliclie Schätze der griechischen Litteratur, ägyptischen Gräliern entnommen, noch immer sich aufthun*"'), und während aus italischen und sonstigen Funden bald römische') bald oskische"") Inschriften zu unserer Kenntnifs gelangen, meldet, wie dort die wohlgeordnete Fortsetzung des griechischen In- schriftschatzes''''), so vollends die nicht blols in Wünschen, sondern auch beispielsweise in einem Musterwerk geför- derte Herausgabe aller in einem kritischen Sammelwerk zu vereinigenden Inschriften römischer Zunge, sich als die viel-

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leicht wichtigste Erscheinung im Faclie der neuesten monu- mentalen Litteratur. In einem so inhaltreichen, hisher jedoch seiner UKiteriellt-n nnindlaneii und eines kritisch gesicherten Standpunkts allzuoft enthehrenden , Gehiet ist diirch Mommsens Sammlung der römischen Inschriften Unter- italiens "") ein zunächst zur Darstellung von etwa 8000 Deiikmjilern willkommenes, zugleich alier auch nach Um- fatig, kritischer Sichtung und methodischer IJeschriinkung iür fernere rückständige Leistungen desselben h'aclis mal's- gehendes Muster geliefert worden, welches, wie es durch Savigny und die Berliner Akademie sich angeregt und gefordert hekeiint, zugleich auch nach aller Voraussetzung dem elietidaselhst langst lieahsichtigten Corpus lateinischer luschrillen ") zum Gruniistein sowohl als zur Bescldeu- nigung dienen wird. Wie sehr eine solche Arheit an der Zeit, wie sehr der I5erul dazu gesteigert sei, lehrt eines- theils der vortretriiche Aufsatz eines andern ßorgliesi'schen Schülers, des in den Inschrilten Roms nicht minder er- fahrenen W. Ilenzen, über Deutschlands vormalige Ver- dienste um römische Kpigraphik und jetzige Ansprüche an deren Behandlung") , es gieht dies andererseits durch eine Reihe von Einzelschriften sich kund, in denen Ritschis philologische Bleisterschaft die iiltesten Inschriften Roms darzustellen und zu erliiutern bemüht war ''), der- gestalt dal's aus den damit verknupiten vortretl'lichen Nachbildungen römischer Inschrilten der alteren Zeit eine bis an das Ende der Republik reichende Sammlung der ältesten Inschriften Roms zunächst hervorgehen wird. Hiezu die mancherlei mit Rüstigkeit und Geschick auf- gebotenen Kräfte rechnend, welche in Rom und Neapel, in Krankieich und Afrika, in Süd- und Norddeutschland, am Rhein und an der Donau der römischen Epigraphik sich neuerdings widmeten '"), dürfen wir denn wohl mit Zuversicht auf Erfüllung der dahin zielenden Wünsclie hoffen, deren Befriedigung wohlmeinenden Allerthums- forschern von Italien, Deutschland und Fiatd^reich aus bereits seit längerer Zeit gleichmäl'sig am Herzen liegt''). Eines Nekrologes kann dieser Jahresbericht sich über- lieben"'); das zweite Jahrzehend der Zeitschrift, das er beginnt, kann um so zuversichtlicher mit dem Wunsch hervortreten, dafs am bisher genos>nen Wohlwollen auch fernerhin ihr nichts abgelin, an ihätiger Mitwirkung ältester sowohl als der neubefreundeten ^Mitarbeiter noch weniger als bisher es ihr fehlen möge ).

E. G.

I. AUSGRABUSCEN.

') Assyrische. Die Ausgralmngm von Mniveh wurden, nachdem seit dem Jahr 1^45 die in Kliorsabail };eHihrten Gral)Unf;en ruhten , von dem Iranzösisclien Consul Place mit einem Erlolg wieder auffienonunen, "lern man ztinäclist Bavi- triimmer mit einer anselinliclien Säulenreihe, wohl nachweis- lichem Weinkeller, farbigen Sculpturen, vielem Geschirr und Schnuick, desgleichen auch Bronzen und Gemmen verdankt. Auch ward die ganze L'mgegend im Umkreis von zehn Stunden untersucht, und namentlich ein Krdliügel, Dgigan genannt, am Ufer des Tigris als ein Ansgrabungs|ilatz bezeichnet, dessen Ergebnisse vielleicht mit denen von kliorsabad würden wett-

eifern können. Vgl. Revue archeol. IX, 371. Allg. Zeitung 1862 no. 219.

') Babylonische Grabungen sind durch die neueste französische l<;x|iedition der Uli. F'resnel, Ojipert und Thomas mit Krbdg angestellt worden. NaTnentlich siml rlie Beste iler alten Kingmauer Babylons untersucht worden, als deren Be- standtheile sich glasirte unil bildlich verzierte Backsteine vor- gefunden haben; fernere Ergebnisse stehen in Aussicht.

') Medien, welches auch von der ebengedachten Ex- pedition bereist werden sollte, ist zugleich mit -Inncuien bereits durch die Streilzüge des Hrn. Luftus (Orchoe: oben S. I.')4) neu erkundet worden. Merkwürdige Sculpturen sollen zu Krzerum entdeckt sein.

"j Hellenistisches aus dem Orient. In Si/rlen soll, aul'ser der im Jahr 1851 von uns berichteten Ausbeute, auch liiera|iolis merkwürdige Kunde geliefert haben. In CiUcien bleibt 'l'iirsus ein stets neu zu erkunilender Mittelpunkt, ob- wohl die von dort aus berichteten Bautrümmer (Bäder und dgl. Kevne arch. IX, 5löJ urnl Terracotten (Anm. 23) sich nur als Gegenstämle römischer Zeitaller bekunden. Der Funde im herapeum zu Memphis ward zuletzt im Arch. Anz. S. 153. ISSii. von uns gedacht.

'') Kleinasien scheint neuerdings, bei der überwiegen- den Anzieluingskralt des inneren Asiens, wenig untersucht worden zu sein. Anticaglien wurden aus Cijpern von uns berichtet (S. 153). In Iiijilien ward eine Untersuchung des Alyaltesgrabes begonnen; bei Synt/rtin ganz kürzlich der Rest einer sehr alten Brücke entdeckt (vgl. unten Arch. Ges. 1. März).

'■) Athenischer Fnnde (Buleuterion, Propyläenaufgang) ward oben S. 199(f. gedacht. Neuerdings wird die Aullin- dung einer Maine mit b'isclileib ob dem vermeintlichen Kekrops als H|ionym, vom Jahr 1S37, Ann. d. Inst. IX, 109 tav.G, ähnlich? gemeldet. (Vgl. Beilage!).

") Aus Rom vernahmen wir verschiedene topographisch wichtige Funde, das Miliarium aureum (Bull. d. Inst. 1852 p. 81), einen das Forum durchschneidenden Kanal (ebd. 129(1.), wie aucli Spuren der Servischen Ringmauer am Aventin (ebend. S3. 1961.) betreffend. Ein Colunibarium ward in Vigna Codini an der \ ia Laiina neu entdeckt (ebd. 8111.); die Ausgrabungen der Via Appia scheinen fortgesetzt zu werden. In der Umgegend Roms ist die Nekropolis von Arilea zu- gleich mit mancher Ausbeute vorzüglicher Terracotten zum Vorschein gekonnnen (Bull. p. 63 ff.).

*) Etruskische Funde, die ab und zu erwähnt werden (Antäosvase Anm. 31 u.a.), mögen ans Cäre und Veji, Cosa ond Clusium stammen; da Ps Fmiicois weder in Koselle noch auch in der seiner Uelierzeugung nach nur unvollstänilig ausgebeuteten Cocumella zu Volci bisher hat graben können, gehört, wie alle sonstige Vernachlässigung dieses zur Wahrung und Auffindung antiker Ueberreste vor allen berufenen Mannes, zu den be- klagenswerthen Erscheinungen unsrer Zeil.

■') Kampanische Funde. Neuestes ans Kimiä und Bajä wird im briltischen Athenapum no. 1319. 1320 und gründlicher im Bullettino lNa(ioletano no. 14 berichtet: aus Biijä der Fund fünf römischer Büsten, darunter Hadrian und Saliina , Er- heblicheres aus hujiiii. Die dort geführten Ausgrabimgen des Prinzen von Syrakus haben eine zum Forum gehörige Tem- pelruiiie mit korinthischen .Säulen, vernuilhlich aus der .Antonine Zeit , ferner ein Grabmal aufgedeckt, welches zwei Körper mit wächsernen Kö|ifen enthielt, einer der Wachsköpfe, mit gläsernen Augen versehn, war wohl erhallen. Des Stadithois zu Pompeji ward oben (Anz. S. Il39l von uns gedacht: einen ansfübrliclien Bericht über die seit 1850 dort erfolgten Funde bat jetzt Minervini im Bullettino Napolelano no. 4. ö. 10. 12 eröffnet ; Reste alter Bedachung werden als neulicher seltner Fund berichtet. Nicht zu übergelm ist auch die zu Neapel hei der Kirche S. Filippo e Giacouio gefundene, durch Erwähnung einer bisher ungekannten Phralria wichtige, Statuenbasis (Bull. Nap. no. 2).

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'") Dnteritalische: grofse Vasen aus Canosa (Antn. 31) ilurcli welche der ponipliafte Bericht über einen dortigen Fund, aus Boniicci's Mittheilung, im Athenaeum no. 1318 (Allg. Zei- tung 1S5.H no. 52) wül veranlalst sein mag. Ans tiicilien wird der Fnnd des Fufses einer sitzenden weiblichen Figur ans Chaicedon (Cnitnuia, Falkeners Museum II, p. 96) erwähnt.

") Von oberitalischen Funden erinnern wir uns nur einen piemontesischen Miinzlund (Bull. p. ItjUlt.) vernommen zu haben. Siirdinisihes ward oben S. 154 in bisher unge- wohntem, und namentlich duich die dortigen römisch-ägypti- schen Bildwerke eigentliiimlichem, Uml'ang erwähnt.

'-) Nordafrika's Ausbeutung: neuerdings hauptsäcldich durch Leon Reniers epigraphische Berichte und publicationen nahe gelegt (oben S. IbOfi'.).

") Spanien: Mystification aus Tarragona (Herkules- grab) S. 155.

'^) G a II iscli e wurden liauptsächlich berichtet aus Nizy le Comic unweit Laon (romisclie Stadtiiberreste, .Sculpturen, auch Wandmalereien: Revue arch. IX, 5S-lt.), ferner aus Fecnrnji zwischen Havre und Dieppe (gallisch-römische Gräber, unter römischen Anticaglien eine Münze der Faustina: Rev. IX, 453).

'^) Germanische. Aus 7{o((i,'ti6«n/ wurden die Freunde römischer Vorzeit durch Inschriften der Colonia Sumlocennensis (.S. 2011'. Rhein. Jahib. IX, 22111. X, KiOlf. Reliefs auf Attis bezüglich), nebenher auch die Celtenfreunde durch einen drui- dischen Steinkreis erfreut (Schwäbischer Merkur. Kronik lbJ2 no. 71). Ueber einige rhciuische Ausgrabungen berichteten aus Bonn die Jahrbücher dortiger Alterthumsfreunde (X,731i'. Gräber beim Vellerhof in der Kifel u. dgl. ni. Aus Remagen «ine auf Ju|ipiter Dolichenus bezügliche Inschrift S. 255).

'") Als britannische Funde neuester Zeit werden in Falkener's Museum II, p. 99 f. genannt: Villatrümmer bei Ilntlsloik, Mosaikfufsböden in un<l bei Leicesier, insonderlieit die durch C. Roach Smith und Hrn. Elliot geförderten Aul- deck\ingen zu Lijmnc in Kent, von denen ilie lllustrated London News no. 449 Plan und Ansicht entlialten sollen. Celtische Funde wurden oben .S. 205 berührt.

II. Denkmäler.

'") Ürtskunde: .-It/ieji (Anm. 6), Rom (Anm. 7), Alhimo (glänzende Ergebnisse des Architekten Rosa, oben S. 41. 241. Bull. 1853 p. iü.).

") Bauwerke in Afrika (Anm. II). In Frankreich wurden die Tempelreste zu Nismes und Vienne neu erkundet und hergestellt (Rev. arch. VIII, (j49. IX, 4.>5) ; hauptsäcldich aber ward zu Nismes das sogenannte Nymphaeum Gegenstand neuer Untersuchungen (vgl. Beilage 2).

") Im Gebiet der Museographie vermissen wir neuere Nachrichten über die .Sammlungen Roms; zu a) Neapel macht der Erwerb drei wichtiger apulischer Vasen (Anm. 31) Kpoclie. Diesseits der.\lpen wachsen die Schätze des b) hrittisvhcn Mu- seums, zumal von .Seiten des Orients, an (S. 169. 202 ff.); iler Universität Comhridije liel, zugleich mit Gründung eines Lehr- stuhls für /Archäologie, die Disney'sthe Sammlung als Vermächt- nils zu (.Museum II, p. 91)). c) in Paris erhielt die Samuduiig des Louvre ägyptische .Sarkophage und sonstige Denkmäler aus Cloth Bey's Besitz, andres Aegyptische durch Hrn. L. Batissier (Rev. arcli. I\, 455); manche seit längerer Zeit verschlossen gebliebene Abtheilungen griecliischer und römischer Kunst, namentlich Bronzen, Terracotlen und Thongefalse, sind in neuer Aufstellung aus Licht getreten (Rev. VIII, 780). Das (/) Herlincr Aluseum ist durch eine Anzahl grofsgrierhi- scher Vasen aus dem Besitz iles Grafen von Ingenheim ver- mehrt worden. Einen neuen Zuwachs iles e) kgl. niederlän- dischen Kunstbesitzes bildet die durch Vermächtnils ihm anheim gefallene, fürs klassische Alterthum zwar wenig erhebliche, .Sauunlung des Baron Westreenen von 'l'iellandt (Rev. arch. IX, 454); einigen bescheidenen Zuwachs des Museums zu I^eijtlen hat dessen thätig>'r Vorstand, Hr. C. I.eemuns, im „Neder-

landschen Staats-Courant (1S53 no. 44) genau angegeben. Die Schätze der f) kaiserlich russischen Sammlung werden allmählich, dem Vernehmen nach in gröfstem IMafsstab, ver- mehrt; eines seiner kolossalsten Monumente wird der, unsres Erachtens zwar sehr überschätzte, nach Zeitalter, Styl und Erhaltung minder erhebliche, ovale bacchische Sarkophag aus Palast Altemps (Anm. 22) in Rom sein.

■") Gypsabgüsse antiker Sculpturen in eignen ge- wählten Sammlungen den Museen antiker Originale anzureihn, giebt das von .Stüler erbaute ,,Neue Museum" zu Berlin eine grolsartige Losung. In der daselbst umfangreich aufgestellten Auswahl begegnet man verschiednen bisher ungeformten Kunst- werken ersten Ranges, namentlich den Kolossen von Monte Cavallo, der Gruppe des farnesischen .Stiers, den lykischen Friesreliefs und dem Harpyiemlenkmal, und erfreut sich vor- nehndich einer möglichst vollständigen Zusammenreihung der .Sculpturen des Parthenons.

■') Von Privatsani ml ungen kam aufser den vorge- dachten, der HH. Distiey (Anm. 20i|, Graf von lui/eiiheim (20(/), IVesIrecncn von Tiellandt (20c), welche in öffentliche Museen übergingen, auch die Sammlung antiker Sculpturen des Hrn. von Moiilferrand zu St. Petersburg (S. 187. 206) in Rede. Die allzeit gewählten Sammlungen des Herzogs von IjUi/iics wurden neulich zu Rom und Neapel durch werthvolle Gemmen und Münzen vermehrt. Ueber einen erst in den letzten Jahren entstandenen Kunstbesitz rein attischen Fund- orts, nämlich die Privatsammlung I. M. i]ifT Königin von Griechen- Innil, ward neulich zugleich mit Bekanntmachung eines zier- lichen Gegenstands jener Sammlung (Anm. 30) von Preller Nachricht ertheilt.

•■) Von einzelnen .Sculpturen neuester Kenntnifs sind vorzugsweise die nach England gebrachten assyrischen Kolosse (Androsphinx S. 192) zu nennen. Zu Rom kam ein den Wer- ken des Parthenon gleich erachteter Kopf, nach atheniscliem Original in Gypsabguls, zur Betrachtung (.S. 193). In St. Peters- burg ward der in Rom neu erworbene Sarkophag Altemps (Anm. 20) als frohes Kreignils für endliche Kenntnifs der eleusinischen Mysterien durch einen Vortrag des Hrn. von Ouva- loir (L'lnstitut 1!^52 no. 198. 199) begrüfst.

") Von Terracotten neuesten Fundes ist obenan das von Göttling aus Megnrn heimgebrachte Gefäfs in Venusge- stalt (S. 225) zu erwähnen; ferner sind die in Ardea (Bull. 1852 |i. 84) gefundnen Gruppen und Familienscenen von vorzüg- licher P^rhaltung hieher gehörig, emllicli auch die hübschen Fragmente aus römischer Zeit, welche in den längst erwar- teten (S. 144, 26) und nun emllich veröffentlichten Funden aus Tnrsos (unten Beilage 3) zum Vorschein gekommen sind. Ueber Terracotten eines Hrn. Momielli zu Neapel, darunter eine apulische Schale mit Reliefköpfen die auf Lunus und verwandte Gottheiten gedeutet werden, berichtete IVlinervini im Bull. Napol. no. 4 p. 30ff. tav. I, 6.

") Als vorzügliche antike Bronze rühmt Minervini (Bull, d. Inst. 1852 p. 189 ff.) einen aus der Gegend von Chieti her- rührenden Bildnilskopf, Hrn. Cremonese gehörig.

"•) Als Goldschmuck ward eine Bulla Isiaca (S. 195f.) bekannt; aus Privatbesitz eines Hrn. J'int ward ein aus Tarerit herrühreniler silberner Diskus, mit aphrodisischem Relief, von Birch erläutert (S. 203).

") Münzen anziehemlen und bisher unbekannten Ge- präges sind aus kleinasiatischen Reisen des Hrn. IfiiddimiloH vermittelst der Revue numismatii|ue (1851 |il.6— 9. 12. 13 phry- gische unil karische) bekannt worden. Drei unedirte Münzen von Neapolis, merkwürdig durch das inschriftlich (.i'(;if/.7of) so benannte Bild des Flulsgoltes .Sebetus und der als geflü- gelte .Sirene dargestellten Partlienope begrüfst das Bullettino Napoletano no. 3 mit [latriotischer Freude ausführlich, und darf dies um so mehr thun als zugleich der vielbestrittene .Stier mit dem Menschengesichte durch jene Kntileckung als Flulsgott bestätigt wird (ebd. no.Ö).

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'") Zur Gemnienk\in<le «iliöiig und, spätiömisclier Zeit iingeaclitet, initiierliiii merkwürdig ist der sardinisclie Fund röiniscli-ägyptisclier Skaraljäen (.S. 154).

■") AVandgeraälde neuentdeckter Häuser Pompeji's (ilar- unter Darstellungen einer bärtigen Sirene, gehörnter Tritonen, des (Janyrned und der Leda, Acliills mit Tlielis, des Kndyinion, Narcissus u. a.) Iiesclireiht Minervini im Bullettino ^apoletano no. 4. 5; aul andern sind der Muttermiirder Alkmäon und Orest bei Iidiigenia erkannt worden (ebd. no. 10. 12).

-') Mosaike sind wiederum an verschiedenen Orten zum Vorschein gekommen: in Trier ein gefällig mit dem Meilu- senliaupt sammt lOnteii und Fischen verzierter, im Jahresbe- richt der dortigen liesellschalt für niilzliclie Forschungen vom Jahre l'<')2 (S. l(jf. M\i. mit Abbildungen) auf die Frucht- barkeit des Mosellandes gedeuteter AlosaiMursboden ; in Eng- land zu Wiiüerlnn ein Orpheus unter Thieren, darunter auch ein Flügelrol's (Falkener's Museum II, \>. lOtJ).

'") Im Gebiete der Vasen bil der wurden als neuester Zuwachs ein Antäosbild der Campana'schcn Sammlung (.S. 193 Bull. p. 'AM.), und mehrere ligurenreiclie apulische Vasen (Anm. 31) uns gerühmt, wie denn manches von uns gegebene, namentlich das als Ion und Kreusa von uns gedeutete Kasseler, Vasenbild (Tal. X.WVII) als neuer Fund sich betrachten lälst. Auiserdem sind mehrere Millheilungen Minervini's liier dankbar zu rühmen, namentlich die zu Kröffiiung des neuen Bullettino Napoletauo (no. I) auf mein Gesuch von ihm ver- günstigte Beschreibung eines vom Idol der Artemis Agräa begleiteten Orit/iyioraubs im Museum zu Neapel, welcher Be- schreibung nur auch die Abbildung recht bald nachfolgen möge; sodann die Veröllentlichung einer ebendaselbst auf tav. 3 abgebildeten Schale, welche von Minervini no. 7 laut den Namen Anliorhos und Pandion auf attische Kponjnien ge- deutet wird. [Von einem brennenden Altar anhebend, be- merkt man eine F>au einem Jüngling mit Vogel gegenüber; zwischen ihnen steht eine Lekane, dazu die Inschriften (KXviJUrjl), IlayäiMV, Krti/uüi; xtii.o;. Ferner sind Xixo- noXis, einen Kranz haltend, vor einem Kandelaber mit jMvq- Qiriaxii xitXi], sodann ein Jüngling .4rjioy\oi) mit einer sitzen- ilen und eine .Schale ihm entgegenhaltenden ungedügelten A'/z») gruppirt; den Schluls macht Kf.vutni mit einem Kästchen], Kndlich ist hier auch das kürzlich von Preller bekannt ge- machte zierliche Doppelbild {l'eleus und Thells, Herakles und Nercus) einer räthselliaften Doppelscheibe im Besitz I. M. derKonigin von Griechenland zu erwähnen(Arch.Ges. I.März).

") Drei Vasen aus Canosa (nicht aus Ruvo), oben S. 193 aus vorlänliger Mitllieilung (vgl. Bull. d. Inst. p. 84 (f.), gründlicher von Minervini in einem noch unbeendeten Artikel des Bullettino Naiiol. no. 12 als neuester Zuwachs des Neapler Museums erörtert, zeigen in ihren ligurenreichen Darstellungen «) den Scheiterhaufen des t'iilriiJ;liis mit Inschrift UuinoyJ.ov ta(fOg, mit dem achilleischen Todtenopfer ohnweit ,. Nestors" Zelt, am Halse eine (als (iräberbild gedeutete) .Sphinx, der Jüngling vor ihr mit riem .Schwert in der Scheide, anderer- seits eine Furie, auf der Kehrseite ein Heroon mit Todten- spenden; h) Euriipfi im Pallast und in Gegenwart ihres Vaters Agenor von Frauen beilient, sodann den Zeus-Stier liebkosend, R. Zeus in Umgebung von (iotlheiten; c) Metleii auf Schlan- genwagen, Aina/.onenkäiii|ife, Achill und Penthesilea. Noch eine vierte </) grol'se Vase aus Canosa oder Kuvo ward im Bull. d. Insl. p..S()l. von Fenicia auf Achills Kntführung aus Skyros, von Brunn aber auf ('liri/sipj/s (hier wie er annimmt nicht unfreiwillige) Kntfiihrung durch Liijns bezogen.

") Für griechische Inschriften hat Athen manclien neuen Zuwachs {'F.ntyn(t(f«) «i'^zifoTK/ Anm. 65) geliefert, einige andre kamen aus Borrells Besitz in London (vgl. S. 222 ff.) zur Versteigerung; eine aus Siisa lierrührende ward oben S. 199 veröffentlicht, eine zu Rom gefiindne Bleiplatte mit Verwünschiingsroriiieln S, ISISf. (Bull. 1'"j2 p. 3<)f 21) er- wähnt. Kndlich ist auch die zu Neapel gefundene (Anm. 9) und von .Minervini im Bull. Nap. no. 2 edirte Inschrift einer

Statnenbasis mit Krwälinung einer bisher unbekannten dortigen Phratria erheblich.

") Römische Inschriften neuen Fundes sind aus Rom und Neapel kund geworden : aus Rom unter andern die sehr gelehrte Inschrift des lljmctius aus dem vierten Jahrhundert (Bull. d. Inst. p. 177 ff.), aus Neapel (Bull. Nap. no. 2. p. 13ff.) mehrere wichtige Capuanische.

'") Oskische Inschrift: mehrzeilige neuerdings zu Neapel gefunden und gelehrt erörtert (S. 207 Bull. p. &9ff.); dazu die Frztafeln aus Pennaluce (Bull. Nap. no. 6).

111. LiTTF.RATlR.

'') Grundrifs der Archäologie. Die von mir so betitelte, „für Vorlesungen nach .Müllers Handbuch" bestimmte kleine Schrift (Berlin 1852. 4S S. H) umlal'st aufser dem In- halt von MüUefs Handbuch der „Archäologie der Kunst" auch Topographie, Niimisiiiatik und Fpigraphik, und aufser seinem historisclien und systematischen Abschnitt auch einen, auf Autopsie, Hermeneutik und Kritik hinweisenden, praktischen. Wem durch jene auch in dieser Zeilschrift befolgte Ausdeh- nung und durcli die dabei vorausgesetzte Geltung der Archäo- logie als „monumentaler Philologie" (Piniol. Versamml. 1850. Arch. Anz. 1850 S. 203(r.) die Grenzen des archäologischen Studiums über Gebühr erweitert erscheinen, der möge in einem gegliederten Aufbau der zur gesamiiilen klassischen Philologie gehörigen Fächer die Möglichkeit uns zeigen, die archäologischen Fächer derselben anders als durch den Gegen- satz einer monumentalen zu der auf rein litterarisclien Quellen beruhenden Philologie abzusondern. Kine philologische Kncy- klopädie, welche dieser Anforderung Genüge tliut, ist uns zur Zeit noch nicht bekannt; gesetzt aber auch, sie vermöchte den ganzen in Kartographie und Periegesen oder in Stein und luv, Überlieferlen Stoff, <len der Grammatiker bald ver- absäumt bald gutwillig ungeschickt anfäfst, ilem eigensten philologischen Lelirgebäuile einzuverleiben, so könnte die Wiederkehr und äufserliche Behandlung jener drei Fächer im archäologischen Grundrifs nur die olinehin feststehenden Wech- selbezüge der Denkmälerkunde und Kunstgeschichte zum littera- risclien Alterthum, iTir das Studium aber zugleich noch sonst einen Vortheil begründen: den Vortheil nämlich, dals drei der Allertliumsforscluing so allerorts wichtige Fächer, wie Topo- gra]iliie, Numismatik und H'|iigraiihik es sind, von nun an lieber an dopjielter Stelle des philologischen Lelirplans ihre Befriedigung linden sollen als, wie gemeinhin bisher der Fall war, an keiner.

"'} Von akademischen Vereinsschriften haben die neuesten Bände der Akademieen und gelehrten Gesellschaften zu Berlin (1'>5I Abh. v. Gerhard, Lepsius, Panofka,Welcker), Göttin- gen (Grotefend, K. F. Hermann), Leipzig (O. Jahn, Mommsen, Preller), London (Transactions; in der ,,Arcliaeologia" Akerman und Bircli), München (Ilefner, Lasaulx, Tliiersch), St. Peters- burg (SIepliani), Wien (Arnetli ii. A. vgl. S. llillf.) schätzbare Beiträge auch für das archäologische Fach geliefert. Die Schriften der ausschlielslich für Archäologie bestimmten Aka- demien zu Rom und Neapel kamen seit längerer Zeit uns nicht zu Gesicht; doch wird die erfolgte Erscheinung von Vol. IV, 1 und Vol. VII herkiilanischer „Memorie" versichert, worin achtbare Beiträge von Garrucci, Gervasio, Minervini, Uuaranta ii. A. zu erwarten sind. Zu erwähnen ist hier auch der erste Tlieil von ,,Proceedings" einer neueröffneten „Society of Antifjuarians of Scotland ", in deren erster Lieferung (Vol. I. P. I. Edinb. 1852) ein Dr. Simpson das oben S. 224 erwähnte ärztliche „Monument of Paramysaeus" behandelt hat.

'") Archäologisches Institut: S. 191 f. 203f. 253 ff.

") Sonstige Vereins- und Zeitsch ri ften. Von antiquari- schen Zeitschritten stelin n) als rein nnlinului/isili unseren Zwecken zunächst das nach langer Enibelining wieder begon- nene Bullettino Napolet:ino der IUI. Garnicci und >Iinerviiii (S. 205), das Falkener'sche „Museum" (S. 207. 2541.) und die, regelmälsig obwohl minder inhaltreicli fortschreitende,

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Revue arclieologiqiie (S. 135). Von b) philologischen Zeit- scliritten sind ilie Zeitiing für Alteitliumswissenscliart, Sclinei- dewins Pliilologus unil die Jaliiliiidier fiir Pliiloloyie dann und wann auch für Denkmalerloiscliung ergiebig. Von Ver- einssclirilten überwiegend c) hislofisvher Richtung gingen von Bonn aus die Rheinischen Jahibiicher (zuletzt Heft XIX), so- dann neue Hefte der Vereinsschriften von Mainz (S. 205), Trier (Anni.29) und Zürich uns zu, von letzteren ein das Grachwyler Relief und <len etruskisclien Spiegel von Lausanne enthaltendes Heft. Dagegen die Nachfrage nach (/) rein arlistischen Zeitschriften, denen auch das klassische Alterthuin obläge, mehr und mehr eine vergebliche wird und, <la der eng gezo- gene Plan lind Raum unserer Zeitschrift auf die ästhetische und technische Seite der Kunst nur sehr nebenher sich er- strecken kann, iliese in der That gegenwärtig eines eigenen periodischen Organes der Art ermangelt, wie vormals ilie Propyläen, Kuglers Museum oder Scliorns Kunstblatt dem Publikum deutscher Kunstfreunde sie boten.

") Mittelalter und Neuzeit auf Kosten des klassi- schen Altertbuuis gefördert: in der Revue archeologicpie, den Jahrbüchern der Alterthumsfreunde im Rheinland , am würdigsten, weil grundsätzlich, in dem vrm F. Kggers her- ausgegebenen „Deulsriien Kunstblatt", wo nur sehr ausnahms- weise Ausgrabungsnotizen und apokryphische Classicitiit (1850 no. 48 die von Wolanski für slaviscli erklärten irdenen Vasen zu Gotha, vgl. Arch. Anz. S. I3ö, als einziger bisheriger Bei- trag „zur Kunstgeschichte des AltertIiains"J eine Stelle linden.

"") Für die Kenntnifs Aegyptens fährt das bis jetzt in 41 Lieferungen erschienene Denkmälerwerk von Lepsius tort EpocI'.e zu machen; ilesselben Verfassers Reisebriefe sind nun auch erschienen (S. l'^8). Desgleichen wird das Werk von Lecmans über die ägyptischen Alterthümer der niederländi- schen Sammlung (Moii. eg. du Hl. Neerl. bis Livr. 12) loitge- setzt. Von auswärtigen Forschungen dieses Gebietes geht dann und wann eine neue Arbeit von Snni. Birth (S. 205) uns zu ; als deutscher Aegyplolog ist insonderheit auch H.Brtii/sih beschäftigt. Ueber E. de Jtoiigc's Thätigkeit berichtet die Revue archeol. VIII, 602 If. Endlich ist der sichtliche Fort- schritt des neuen Systems der Hieroglyphenerklärung zu er- wähnen, welches der gelehrte Pater Senhi seit längerer Zeit fortgebildet und neuerdings den in Rom anwesenden Mit- gliedern des archäologischen Instituts genehm gemaclit hat (S. 195ff.i.

"') üeherNiniveh haben Ronomi (S. 185) und P. H. Gosse (S. 255) neue übersirhtliclie Werke geliefert Zur Kntziffe- rung der Keilschrift setzt Rawlinson seine wundersam er- folgreichen, fürs deutsche Publikum von Walz (Allg. Zeitung 18.52 no. 105) genauer erörterten, Forschungen fort, neben denen der Veteran dieses Gebietes, Grotefend, auch in Deutsch- land zu wirken lortfäbrt (S. 156. 20ti).

"') Ilellenistisclier Orient: B. Slnrl: über Gtizn und die Philisläer (S. 224). Bnrker's Reisewerk über Cilicien (Lonil. 18.73. 8) ward wegen der Terracotten aus romischer Zeit, die als „Lares and Penates" des Buches Titel veran- lafsten, schon oben erwähnt (Anm.23. Vgl. Beilage 3). Kiner Arbeit des Dr. Holt Ynics über Seleitcin Pieria ist in Falkener's Museum II, p. 10(j gedacht.

*') Orientalisclies in Griechenland: neu ange- regt diircli Olshaiisens Deutung griechischer Ortsnamen aus dem Phonicischen (Rhein. Mus. VIII, 32111. 597 tf.).

") Hellas von Jncohs, mit einer lesenswerthen Ein- leitung herausgegeben von Wüsteinann (S. 223).

■*') AI tertliümer: über Geologie (nicht „Genealogie") der Griechen und Römer ist von E. v. Lasiinl.v (.S. 207), über das griechisclie Kriegswesen von Köihli/ und liitstotv (S. 208), über den Schilfsbaii durch ./. Smilli (S. 224), über antikes Schuhwerk in Folge eines dahin einschlagenden batavischen Fundes von dem unermüdlichen Janssen (S. lätj) gehandelt worden.

"') Die niythologiscbe Litteratnr ist nächst Abschlufs des GHi;;(iinH('schen Gesammtwerks (S. 186. 20ö) so eben auch durch ein neues ,, System der griechischen Mythologie" (Berl. 1^53) vermehrt worden, welches wir, wenn auch nur aus einem unfertigen Collegienheft und mit kurzsiclitiger Pietät*) ans Licht gestellt, als inlialtreichen Naclilafs des frühverstorbenen J. D. E. Lauer nichtsdestoweniger bestens willkommen heilsen. Hinige Einzelforschungen mythologischen Inhalts die über Faunus, Venus-Proserpina, Hermen linden sich zusammen- gestellt in meinem ,, Archäologischen Nachlals aus Rom" (S. 206), in welchem auch eine dahin einschlagende poetische Reliquie Stackeibergs sich belindet; in gleichem Reziig sind mehrere den umfangreichen hesiodischen .Studien Schümnntts verknüpfte Gelegenheitsschriften desselben (über Eros S. 208, Phorkys und dessen Sippschaft S. 256, die Kindheit des Zeus .S. 256), meine Abhandlung über Dämonen und Genien (Berl. Akad. 1852), die Behandlung der Sage des Dreifulsraubs von E. Ciirlius (S. 255) und die Schrift von IT«/: über Nemesis (.S. 186) zu nennen. Ueber die Bedeutung der Sphinx hat Eurckkiimmcr gehandelt (S. 185 If.). Ueber den Adonismythos hat H.Brniisch (S. 167) einen Vortrag gehallen, in welcliein ein neuer Aus- legungsversucli des Wortes Maneros sich beiludet; über Gyges und den gygäischen See hat Eil. Müller im Philologus (VII, 2. 239 251) geschrieben. Endlich ist ITir asiatisch-römisches Götterwesen das einem hessischen Römerslein verdankte Er- gebnifs wichtig, dals Caulopalus wirklich als Beiname des Mitliras zu fassen sei (S. 223).

"') Zur Ortskunde Griechenlands sind der zweite Band iles „Peloponnesos" von E. Curlius (S. 224), ein vierler Band der Inselreisen von Hofs (.S. 188), desselben neu um- gearbeitete Schrift über das allieni.-che Theseion (S. 208) und tfelcher's Abhandlung über die Pnyx (inhaltreicii auch für den altischen Zeusilienst iin<l für das Pelasgikon, vgl. unten, Arcli. Ges. 1. März) erscliienen.

"") Für Unteritalien liefern Gnrrncui's sclion früher erwähnte „Storia d'lsernia" und die \'erhandlungen der her- kulanischeii Akademiker Garrucci und Rucca über das Amphi- theater zu Puteoli neue Beiträge; eine Monographie über Gnathia veröllentlicht Minervini in den Schriften der herku- lanischen Akademie.

■") Für die Topographie Roms ist fortwälireml haupt- sächlich Cnninn beschältigt, dessen neuestes grolses Werk (S. 243 f.) die umfassendste Darstellung der Bauwerke des alten Roms gewährt. Nebenher ward manche Einzelforschung, das römische Forum (Wasserzug Uull. p. 12911'.), das Kapitol (Ära coeli , oben S. 194 nach Bull. p. 391'.), namentlicli auch die ältesten Subsiructionen des Quirinal und Palatin (Braun Ann. \MV, 32411'.), verölfentlicht; über die Baulichkeiten der Via Ajipia hat auslührlirli (,\nn. 1852 p. 254—500 zu Mon. XLV— XLVII) Canina gehandelt.

'") Für sonstige Ortskunde des klassischen Bodens sind eine neue Arbeit E. Ctirrnrn's über .Salona (S. 206), ferner die manches epigraphische Denkmal enihallende Schrift Neiijebnurs über Dacien (S. 208) zu erwähnen, w ie auch die zur Kenntnifs germanischer Römersiralsen zwischen Rhein und Donau wichtige „Besclireibung des Oberamts Leonberg" (Topo- graph Paulus: Schwab. Merkur. Kronik 5. Mai 1^52).

*) Eigenes Urtheil sowohl als lilterarischer Anstand sollten bei Verülfenllichung fremden Nachlasses nie leiden. Wenn man S. 144. 14>^ liest, dals J. II. Vofs kein Mytholog war, Stnhr aber der grölste, so kann auch der Herausgeber ilieser Zeitsclirilt sich zwar trösten, seine mythologische Thätigkeit S. 143 lediglich nach einer abgerissenen Stelle aus dem Jahr 1827 taxirtzu sehn. Gründlich unil angemessen wird man diese Aeulse- rungen jedoch nicht linden, welche, wie sich von selbst ver- steht, sammt andern dieses /,ni(cr'sclien Buchs, nicht sowohl dem Andenken eines wackern und uns befreundeten Verstor- benen, als vielmehr der unges<:hickten Aulzeichnung und Herausgabe seiner momentan aiisgesproclienen Empüudungen durch tremde Hände zur Last fällt.

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'■') Kii nstgcsclüclite im Allgemeinen Ijeriilirt L. Frled- länders Ahliamllimg „iiljir ilea Kunstsinn <]er Homer" (S. 16S).

''•') Baukunst: ijl)er das griecliisclie Tlieater bandelt eine Aliliundlung von Hutliniann (S. 223).

'') fie gen s tän de der bildenden Kunst: E. JHiuiun, Ali- rifs der Denkniälerkunde (in (Jerliard's Arcliäol. Maclilals aus Korn: olien .S. 20l>)- Ue1>er Narcils handelt Tru'«i7t'r's neuestes Programm zum Winckelniannslest.

") Die Clironologie der VasenLilder ist durch L. Jiofs (S. 198) neu zur Sprache gekommen.

'') Künstlernamen und Künstlergescliichte behandelt des aus zehnjähriger römischer Arbeit hervorgegangene Werk von //. Rrniin (unten, Arch. (ies. l.iMär/.).

■■') Zur K ep roil u c tio n alter Kunstwerke gehören die Arbeiten von 77i. Pyl (D. u. F. no. 4i), lt. M'. Lloyd (S. 223) unil I4. Slcphniii (S. Ib7 vgl. 2751.) über den arnykläischen Thron, von Kühl über den Kasten des Kjpselos (8. 250).

•'") Im Gebiete der bildlichen Denkmäler ist theils durch die bekannten Verein-srhrilten (Anm. 3^^) mancher Zu- wachs erfolgt, theils auch der Abscliluls des ersten Bandes von Bnrutic's Monumenti inediti (S. J<)3lf. Beilage 4) und eine Fortsetzung des „Mnseu Hurhonicu" zu melden, welches Werk nach langer Stockung mit noch neun Heften (von <lenen zwei in Neapel bereits erschienen) abgescldossen wenlen soll. Von den Zusammenstellungen bereits bekannter Bildwerke geht OuerJcrA's Gallerie des lieroischen Cyclus (bis jetzt 5 Hefte) ihrer Vollendung entgegen. Unbegreiüicli lange ziigern die von JViüseler verlieilsenen zwei noch rückständigen Bilder- hefte zu O. Müller's Handbuch, deren bal(li{;er Abscliluls (mit möglichster Beschränkung auf das Nothwendigste , allen- lalls, seit Overbeck's Werk für ilie Heroika, l'anofka für das Alltagsleben aushilft, auf Darstellungen des Götterwesens!) für Verleger und Publikum gleich wünscbenswerth sein dürfte. Aufserdem sollen auch sardische Bildwerke, monströse Idole sowohl als auch IHSkarabäen aus Can. .Spano's Sammlung (S. 154), durch Alb. delln Marmorn so eben verülfentlicht worden sein; gnostische gab Malter heraus (S. 207 vgl. 220).

^') Für Münzkunde werden die ihr bisher gewidme- ten Zeitschriften, namentlich die Pariser Kevue nuriiisma- tii(ue, Al.ermnu'a Numismatic Chronicle und Köhnc's S. 207. 223 erwähnte Memoires de la Soc. de St. Petersbourg, regel- inäfsig fortgesetzt; aus ihrer für antike Münzen verhältnils- mälsig geringen .\nsbeute wurden die phrygi.'ichen und karischen Münzen des Hrn. If'nililitinlun schon oben (Anm. 2()) hervor- gehoben. Eine zugleich numismatisch und epigiaphisch wich- tige Gabe ist <les Herzogs von Luijnes neues Werk über cyprische IMünzen (.S. 25-')). Aon h'iurelli's Annali nuniis- matici wird ein zweiler Band nächstens erwartet, in welchem aus Avellino's Nachlafs CoUectaneen über die noch unbestimm- ten italischen .Alünzen enthalten sein werden. Münzen des liellenistischen Oiients sind in67")A's Werk überGazafAnm. 42), altitalische in Mnrthi's uns noch nicht zugekommener Schrift über <lie „Afpiae Apollinares" von Vicarello behandelt, lieber gewisse, bisher zwischen 'l'hisbe lioeotiae unil Alvona Liburniae schwankende Münzen liat zu Gunsten der letzteren -Stadt Minervini in einer neulichen Abhandlung ,,intorno le medaglie dell' anlica Dalvon" (Nap. 1852 17 S. 1 Taf. 4. Vgl, Mionn, II p.27f, Suppl. III p.313. 535) sich geäufsert.

^'') Wandgemälde aus Pompeji sind in den neueren Heften bekannter grolser Werke, dem sechsten der Peintures von Röchelte, dem neunten des Werks von 'l'ernile (S. 22(j) und am reichhaltigsten in dem von Znlin erfolgt, dessen sechs und zwanzigstes Heft nah bevorsteht. Aulserdem ist ein unerwartet reicher Schatz von Wandgemälden der ersten christlichen Zeit in ilem von Perrei und Savinien Pellt ausgerüstetem Werk über die Katakomben enthalten, dessen erste Lieferungen in glänzender Ausstattung bereits erschienen sind; auf KiO Folioblättern der Originalzeichnungen sollen ungelabr hundert Freskobilder entlialten sein.

'■") Für Veröffentlicluing griechischer Vasenbilder er- sclieint der vierte, auf griecliisches Alltagsleben bezügliche. Band meiner ,, Auserlesenen griechischen Vasenbildern" (bis jetzt Tal. 241 bis 258); für die Pariser /iVite tcr(n»«;/TO(<Äi(/«e wird der Abscliluls des zweiten Textbandes noch immer ver- gebens verhollt. Ebenfalls noch in Aussicht ist die von Houlez seit mehreren .lahren vorbereitete Herausgabe ausgewählter Vasenbilder des Museums zu Ijeiden. Als einzelne neuer- schienene wichtige Denkmäler ilieser Gattung sind die Dar- stellungen von Prometheus und Hera (Mon. d. Inst. V, 3-)), die Musäosvase (ebd. V, 37) hervorzuheben ; desgleichen manche in unsrer Zeitschrilt behandelte Vase (Taf. 37. 42 u. a. ni.).

'') Zur Erklärung alter Kunstwerke gewähren aniser den archäologischen Vereinsschriften (Anm. 38«) einzelne Abhandlungen von Jahn (Anm. fil), Slephani fS. I.i3. 224) und Anderen manchen schätzbaren Beitrag. Von be.sonderer Wichtigkeit waren die von Braun und von Ifchher in ver- schiedenem Sinn aufgestellten Erklärungen der thronenden Zwulfzahl am Parllienonfries IS. 48(jir.). Auch ist Panafka's, nie rastende Thätigkeit mit der Bemerkung hier zu berühren, dals selbst die keinem seiner deutschen Fachgenossen nenehine Bevorzugung etymologischer Namensspiele, welche seit frühester Zeit seinen Erklärungen alter Kunstwerke beigeht, theils, wie in den Namensspielen alter Münzen (D. u. F. no. 48) und Genimenbilder (Anm. 64), ihre Berechtigung hat, anderntheils aber doch auch der sonstigen Hermeneutik nicht vorgreift, die er in mancher schätzbaren Auslegung alter Kunstwerke mancherorts und (zuletzt in Bezug auf Phäilra und Hippolyt, Taf. L) auch diesen Blättern fortwährend bekundet.

''•) Von plastischen Werken fanden, aufser dem eben gedachten PaithenonlVies, durch Jahn (in den .Schriften der Leipziger .Societät) die jiuteolanisclie Basis, Darstellungen der Leda, andre auf Eros und Psyche bezügliche, ihre Erklärung. Hervorzuheben sind auch Krunns Erklärung eines den kapi- tolinischen 'l'empei darstellenden römischen Keliels (Mon. d. Inst. V, 40. Ann. XXIV, 33811'.), die Verhandlungen über das asiatische Dianenbild der Grächwyler Bronze (S. 2013) nnd die von Birch zum Venusbild einer silbernen Keliefscheibe (S. 205) gegebnen Bemerkungen.

") Erklärungen graphischer Werke: namentlich der eben (Anm. 30. 31. 60) genannten Vasenbilder. Ueber Olympos und Marsyas (S 207), Perseus und Pentheus (Ruveser Schale, in den Memorie Krcolanesi) u.a.m. hat neuerdings Minervini geschrieben.

"') Gemmen mit Inschriften, den berühmtesten Sammlungen Ejuropa's entnommen, behandelt eine akademische Arbeit Panofka's (.S. 256), deren zu Willkür und Namens- spielen leicht veranlassender Inhalt durch anziehemlen Keich- thum monumentalen .Stoffes und durch sorgfältige Feststellung desselben ihrer Anerkennung nicht leicht verfehlen kann*). Dem- selben Gebiet gehört der seit Jahr und Tag noch unbeendet geführte .Streit über die Künstlernamen griechischer, zum Theil als unecht verdächtigter, Gemmen an, welcher, von dem ver- storbenen Köhler erölfnet, einerseits zu Berlin von Tülken (S. 187 f. 20'<), andererseits zu St. Petersburg von 7<. Stephani, dem Herausgeber von Köhler's Nachlafs (S. 224), geführt wird.

'■') Für griechische Epigraphik haben mehrere athenische Publikationen, nächst zwei Heften der durch die

') Wie diese Anerkennung seitens der Berliner Akademie durch Aufnahme gedachter Abhandlung in deren Schrilten er- folgt ist, darf ein Gelehrter wie Panofka, iler mit vielbethä- tigtem Eifer der Denkmälerkunde sein Leben gewidmet hat, eine mildere Beurlheilung auch sonst wolil beanspruchen, als man, selbst ohne durch eigene Forschung die eigne Befugnifs dazu zu bekunden, hie und da sie ihm gönnt. Einen ergiebi- geren und zugleich billigeren Standpunkt hatte selbst OKoJnAn's scharfe Polemik eingenommen, indem sie bei aller sonstigen Befehdung desselben Gelehrten einzelne Ergebnisse Panolka's als „selir glücklich" mit allem Dank annahm (oben S. 166).

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Grabungen am Bnleaterion veranlafsten 'E7iiyQ€i(fai (S. 206) aucli eine als Novemtieilieft 1852 ausgegrabene Fortsetzung t\f!T 'E(fi}Ufn'ig iin/aioi.oyixt], neuen Zuwachs gebracht; zwei der dadurch gewonnenen Inschriften, eine (von Pittakis der Göttin Rhea zugesprochen) auf die thrakisclie Stadt Rren, die andre lesbisclie, auf Hermins den gastlichen Freund des Aristoteles bezüglich, werden so eben auf akademischem Wege von Höihh erläutert.

'*) Pa p y rus r ollen irn Besitz der IIH. Ardens und Harris werden nocli immer für Herausgahe der darin erhal- tenen Reden des HijperiiU'S (zuletzt die Rede gegen Kuxe- nippos) ausgeheutet.

'") Römisclie Inschriften verdankte man neuerdings theils durch Henzcn's und ile Kossi's Thiitigkeit dem römischen Institut (darunter consularische, kaiserliche und sonstige Khren- inschrilten: Bull. 1852 p. 1511'. 26 If. J77Ü'.), theils dem neu- eröü'neten Bullettino Napoletano, wo, hauptsächlich durch Pater Gfirritcfi's Bemüliungen, unter andern die Tabula afjuaria \ enafrana (p. 2111.) neu berichtigt edirt ist. Die Inschrift „Toxasma" eines Köchers, zu Neapel von Hrn. Fusco edirt, ward D. u. F. S. 50öfi. näher besprochen.

<•*) Oskische: Bull. d. Inst. 153 if.

"j Corpus inscrijjtionum graecarum: unter üöckh's Leitung durch J, Franz und nach dessen Ahleben von E. Curtius fortgesetzt.

"°) Th. Monimsen: Regni Neapolitani Inscriptiones (S. 198 f.)

') Der Gedanke eines Corpus inscriptionuui latinaruni, von der kgl. Akademie zu Berlin seit Kellermann's (f 1837; darauf gerichteten und von ihr unterstützten Bemühungen nie aufgegeben, ward von derselben seit dem Jahr 1847 plan- niäfsig in Angriff genommen, dergestalt jedoch, dafs vorerst durch A. W. Zumpt eine materielle Grundlage des Ganzen beschafft wird.

"3 W. Henzen ,, über lateinisclie Ki)igrapliik nnd ilire dermaligen Zustände" in der Kieler Allg. Monatsschrift lbö3 Februar S. 157—184.

'') Ritschl's Herausgabe der ältesten Inschriften Roms: oben S. 171. 208.

■■■) Die epigrap hisch e Litteratur wird von Rom aus liauptsächlich durch Henzen und de Rossi (.\nni. 66), von Neapel aus durch Pater Garrucci, durch Fusco (S. 206), Ger- vasio und Minervini gefördert. Aus Frankreich werden die reichen iifrikntüsclwn Sammlungen des Hrn. Leon Renier (S. 188) ihr oeboten ; in Helvcticn ist Mommsen (Bull. 1852 p. 99ff. 11311.) dalür thätig, dessen fortschreitende „e|>igraphische Analekten" (zuletzt no. 18 27) ihre Kritik neuerdings bis zu gründlicher Verdächtigung römischer Backsteininschriften (no. 18: SumlocenneJ im benachbarten Schwabenland sich ausdehnten Ebenfalls im südlichen Deutschland ist durch .1. V. Hefner's Eifer ein „Römisches Baiern'\ mit viel Inschriften lind mit einem Atlas neu ausgestattet (S. 206) erschienen; aus Aorihleittschland war A. VV. Zumpi's Aufsatz üher Ocu- listeninschrilten unsern Lesern (D. u. F. 426ff.) willkommen. Am Rhein bleiben die Bonner Jahrbücher um römische Rpi- graphik bemüht, wovon Professor Brann's Festprogramm über Juppiter Doliclienus (S.255) noch besonders zeugt ; von J. Klein in Mainz wird eine Sammlung der Mainzer Inschriften, von J. Becker zu Hadainar unter andern eine Ansheutung der Hömersteine für celtisches Götterwesen besorgt (vgl. Bei- lage 5). Endlich ist auch von der Donau her aufser der durch die kaiserliche Akademie angeregten ThätigUeit die in Neige- baur's Dacien enthaltene Inschriftsanindung willkommen zu lieilsen.

■') Als thätige Beförderer des gedachten Plans eines Corpus Inscr. lat. waren in den letzten Jahrzehenden von Italien aus hauptsächlich Borgliesi, Kellermann und Sarti, von Frankreich her die voraussetzlichen Herausgeber eines solchen bei Didot in Aussicht gestellten Werks (Noel des Vergers u. a. Vgl. Henzen, Anm. 71), in Deutschland aber vor allen Savigny, desgleichen auch Otto Jahn, zu nennen.

"'') Nekrolog. Nicht unberührt jedoch darf hier der Ver- lust eines allzufrüh verstorbenen Bearbeiters römischer Epi- graphik, Dr. Philippi aus Berlin, bleiben, dessen im römischen BuUellino (Iscrizione lalina trovata in Amorgö, Bull. 1S52 p. 45 ti.) und neuerdings im Rheinischen Museum erschienene Aufsätze zu den schönsten Hoffnungen berechtigten.

'") Arcliäo lo gische Zeitung. Die .Scldufsbemer- kung zu welcher hier Anlals ist, wird besser hienächst zu einer den Lesern dieser Zeitschrift gewidmeten selbständigen Ansprache sich eignen (Beilage 6).

(Die Beilagen folgen im nächsten Stück.)

II. Neue Schriften.

Annali dell' Instituto di corrlspondenza archeo- logica. Voluine IX deila Serie nuova, XXIV di tutta la Serie. Roma 1852. 8.

Enthaltend, wie folgt: I. Scavi e topografia. Rspo- sizione topograhca della prima parte dell' antica Via Appia dalla porta Capena alla stazione dell' Aricia: sezione 1. dal iniglio rjuarto al nono (Mon. vol. V, law. \LV XLVIl); L. (anitin; p. 254 300. Sülle sostrnzioni anlichissime del (iuicinale e del Palatino, discorso letto nella solenne adunanza della fondazione di Roma 18.J2 (Mon. vol. \', tav. XXXIX); E. Braun; p. 324—338. Tempio d'lside nella regione IX, fra i septi e le terme d'Agrippa (tav. d'agg. V); L. Canina ; p. 34S 353. II. .Vlonumenti. a. Archilellura: AnlUentTO di Tisdro (.Alonumenti vol. V, tavv. XLIl— XLIV, tav. d'agg. V); P. t'osle ; Ij. Canina; p. 241 253. h. Scullurn in »nnrniu; Groupes de Muses anti(|ues (tavole d'agg. ,1-K) ; Gueticoniiff; p. 42—65. 'l'empio creduto di M. Aurelio, rappresentalo in un bassorilievo esislente in Villa Medici, discorso h-tto nell' adunanza della fondazione di Roma l'>52 (Mon. vol. V, tav. XL, tavv. d'agg. /{, .SJ; //. Rritun; p. 338 345. c. Scullurn in melallo: Intorno ad un vaso d'argento rinvennto nelle vici-

nanze di Vienna (Francya) con rappresentanze dclle stagioni (tav. d'agg. Ij); F. IVieseler; p. 2lö 2.30. d. Terreculte: Ritone vulcente del Museo britannico (Mon. vol. V, tav.XLVIll); K. Braun; |i. 357 360. e. Pillurn vnsculnrc: Vaso etrusco in forma di pesce (tavola d'agg. G); A. M. Miyliarini; p. 108 114. Musaios, allievo delle Muse (Mon. vol. V, tav, XXXVII); 0. Jahn; p. 198 206. Due scene «lel milo di Circe nelV Odissea , vaso vulcente del Museo ili Parma (Mon. vol. V, tav. XLl); OoerOeck; p. 230— 241. 1 Messapj (tav. d'agg. JM-A', 0, P, Q); Th. Paiinßa; p. 316— 324. IMendico (tav. d'agg. 7); L. Schmiill; p. 345— 34S. /'. Mmaico: Glauco, musaico <li Cartagine nel Museo britannico (Monum. vol. V, tav. XXXVIII; E. Braun). </. Kpiijrafia: Iscrizioni di Sepino; />. Bunjhcsi; p. 5 42. Inscriptiones graecae ab Eduardo Falkenero in Asia minore collectae; G. Henzen; p. 115 197. Iscrizioni della Via Appia ; O. Henzen ; p.30l. 315. h. Miscellanei archeologici del codice Pighiano della R. Biblioteca dl Berlino (tavv. d'agg. //, /, K) ; U. Jahn; p. 206—216. IH. O SS e rvazi oni. Gli occhioni dipinti sopra le tazze degli antichi, c del nodo Erculeo (tav. d'agg. F) A. M. yiigliarini ; p. 65 107.

HerausgegebeD von E. Gerhard.

Druck uud Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zeitung, Jahrgang XI.

M 50.

Februar 1853.

Wissensi linltliclie Vfi'eiiie: Ne.i])el (Iierkiilaiiisclie Akaileiniej, Herliii C;uili;iolugiscln* Gesellsolialt). Beilaufii zum

Jaliresbericlit : Neuestes aus Athen, Nynipliaiiin zu Nisuies, MoniiiiKiiti inecliti aus Neapel , Terracolten aus Tarsos,

Mytlioloüisclie Inscliiiltsauiailuni; \on J. Becker, Kurs zweite Jalirzelieiul der Arcliaologisclien Zeitung.

I. Wissenschaftliche Yereine.

Neapel, üie lierku la u is c lie Akademie liat mit gewohnter rej^elmal'siger 'l'hatigkeit auch neuerdings eine Reihe von Allhandlungen geliefert. Aul'ser einigen Abhandlungen der IIH. Rucca und Cirillo üher das Amphi- theater zu Capua und über die Streitlrage dortiger etruskischer Bevölkerung waren besonders die HH. Miner- vini und Quaranta thatig. Von Hrn. Mjjiccvini ward neuerdings gelesen: 1) der philologische Theil seiner Mo- nographie über Herakles im Amazoneukampf; 2) eine Erläuterung der oben S. 285 berührten und in Bezug auf unsre dort erwähnten Wünsche zu naher Veröß'entlichung bestimmten Orithyiavase; 3) Erklärung der auf pompe- janischen Inscliiilten bekannten Alonogranune 11. V. V. A. S. P. PROC, welche Hr. Minervini auf die Aedilen bezieht und mit Benutzung einer .Stelle des \'arro als J)iii(»i«(i"i wh'is uedihiis sucris pr'ivulisiiiiu pruciiiundis deutet; 4) Erklärung des neuentdeckten neapolitanischen Münztj'pus mit dem Flulsgott Sebetus (vgl. oben S.284); 5) Erklärung einiger sicilischen Münzen mit plionicischer Schrift. Von Hrn. (Juaruitta wurden gelesen: 1) Be- merkungen über den gedachten IMiinztypus des Sebetus Und 2) über den Bacchus Hebon; 3) über die puteola- nische Basis der kleinasiatischen Städte; 4) üljer die Gruppe des Satyrs der einem Pan einen Dorn aus dem Fufse zieht, im Hause des Lucretius zu Pompeji. Hr. Gervasio hat in drei Abhandlungen über die falschen oder verdächtigen Inschriften des Museo Borbonico sich verbreitet. Sons t ige 'J"h ä tigkei t berkulanisclier Akademiker betreffend, vernehmen wir gleichzeitig, ilals deren Veteran, der würdige neunzigjährige D. Caspare Selvugyl, neuer- dings eine Probe seiner Uebersetzung des Euripides her- ausgab.

Berlin. In der Sitzung der arcliäolü<> ischeu Gesellschaft vom 4. Januar d. J. gab Hr. Punofha für das neuerdings in der .archäologischen Zeitung uo. 37 Tai". 37 veröirentlithte und auf Ions .Mordversuch gegen Kreusa gedeutete \ asenbild des Museums zu Kassel eine andre ansprechende Deutung aus dem Orest des Euripides. f Abgedruckt oben üenkni. u.E. no. 49 S. 7 <T.]. Ferner erkannte Hr. PaitoPca in der auf einem .Achatonyx des kgl. Museums allgebildeten liegenden Lüa-in oltitc Zuntje,

mit der Umschrift Llmen Anicetus, eine Erinnerung an jenes eherne Denkmal des Ampdiikrates am Thore der Akropolis zu Athen, welches die Geliebte der 'I'yrannen- miirder Harmodios und Aristogiton, mit Namen Leuina d. i. ,, Löwin", weil sie trotz der schmerzlichsten Tortur des Hippias nichts von der Verschwörung verrieth, in dieser siirnbildlichen Darstellung in ehrendem Andenken zu erhalten bestimmt war. Endlich zeigte l\r. Punofku in (iemmenabdruck das Bild eines komischen Schau- spielers, der auf einer altarähnlichen Basis sitzend zur Begleitung des Barbitos einen Hymnos singt, woneben eine Flasche bemerkt wird, und bezog diese eigenthüm- liche ^'ürslellung auf eine Scene aus der Weiullasche, eineni Drama des Komödiendichters Kratinos, über deren Einzelheiten Arislophanes Ritter Vs. 32(iir., und besonders der Scholiast zu dieser Stelle, werthvolle Aufschlüsse gibt. Herr Gerhard brachte von neuem die etruskischen Denkmäler helvetischen Fundorts zur Sprache, welclie die Gesellschaft schon irüher [oben Anz, S. 142J beschäf- tigt hatten und in den neu eingegangenen „Mittheilungen der antirpiarischen Gesellschaft zu Zürich" (VII, [>) nun veröifentliclit sind. Namentlich ist dies der Fall iür das archaische Grächwyler Erzrelief einer als Löwenbändi- gerin dargestellten asiatischen Artemis, und fiir diegravirte Zeichnung eines im Museum zu Lausanne be/indlicheu, früher grob mifsverstandenen und nach hiesigen Ortes erfolgter Berichtigung in kunstgerechter 'Irene neu ab- gebildeten, etruskischen Spiegels. Die statt auf der Dioskuren (ieburt aus zwei Eiern nun au( das Urtlieil des Paris bezügliche Darstellung ward mannigfach be- sprochen, wie denn namentlich als sitzende Nebenfigur die als Schicksalsgöttin eine Spindel haltende Aphrodite in jenem Bild Aufmerksamkeit erregte und von Prof. Kuiivit mit der ähnlichen sitzenden Figur des Humboldl'schen Reliefs der drei Mören verglichen ward. Aulserdem legte Hr. Gerhard die Zeichnung einer Hrn. Kestner zu Rom gehörigen zierlichen Vase vor, auf welcher Hera- kles etwa aus des Zeus Hand einen Kranz empfängt, den von Hrn. Panofka ausführlich erörterten Benennungen eines Zeus Basileus und Herakles Kallinikos wohl ent- sprechend [Deokm. u. Forsch. Tat. XLIX. L.]. Endlich

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wurden einige von Dr. Keller aus Ziiricli initgetlieilte Zeiciuiungeii vorgelegt und niilier l>estimint. Von neuen Druckscliriiten wurde, aulser den vorgedacliten Züricher „Mittheiiungen", noch die von Jöftsseii sorgfältig veranstaltete Heraus"al)e der Geiiiineusaininlung des Leidener Museums voraelest. Nocli eine Gabe, bestehend aus einem von Prot'. Fovchliummer zu Kiel zur Feier des neulicheu dor- tigen Winckelinannsfestes besorgten gefälligen kleinen Plans der Umgegend von Troja, war nach wohlwollender Bestimmung des Uebersenders sämmtlichen Mitgliedern der Gesellsciiaft schon früher zugegangen und hatte als

arcliäologische Neujahrsk.irte gedient. Die Gesellsciiaft, welclie hiedurcli ihren Eintritt ins neue Jahr, seit ihrem eignen Bestehen das elfte, ausdrücklich zu feiein veran- lal'st war, zögerte nicht auch der eben neu fälligen Ge- burtsfeste zweier unsre Flauptstadt durch Namen und Tliat zierender Männer [Ktti(c7t, geboren den 2. Januar, Jacoh Grimm, geboren den 4. Januar] zu gedenken: eines Heroen monumentaler Kunst und eines N'orkäinpfers deut- scher Wissenschaft, denen auch sonst die vielseitigsten Wünsche für ferneres jugendkräftiges Leben und SchafFeii gesichert sind.

II. Beilagen zum Jahresbericht.

1. Neuestes aus Athen.

Aus einem von Professor Theodor Manussis zu Athen an dessen hier verweilenden Landsmann Dr. G. Papasliotis ge- richteten Schreiben entnehmen wir mehrere nachträgliche Mit- theilungen über die mehr nachtheilig und hemmend als forderlich und belehrend ausgefallenen voijiihrigen französischen Aus- grabungen am Aufgange zu den Propyläen. Zu näherer Bezeichnung dieser bereits früher (1852 S. 200) von andrer achtbarer Hand besprochenen Ausgrabungen äufsert Hr. M. sich lölgendermafsen. „Man hat bei jenen Grabungen vorerst zwei Plattformen gleich hinter der Mauer des zerstörten Schanzwerkes aulgedeckt. Dieselben bestehen aus Tuflstein- quadern von alterthünilicher Arbeit, die einander ungleich sind und ohne Zweifel vorher anderweitig gebraucht waren. Zwischen diesen zwei Plattformen befindet sich das berüchtigte Auf- gangsthor, ans überall hergenonunenen und stark beschä- digten Marmorstücken zusammengebaut. In den Mauern, die diese Thür mit den Plattformen verbinden, bemerkt man ein- gemauerte Stücke aus dunklem Marmor, die olfenbar aus dem Denkmale des Agrippa entnommen sind. Die Pfosten der Thür sind von kümmerlicher Arbeit und haben gewifs Jahr- hunderte lang an<Ierswo gedient, ehe sie hieher versetzt wurden. Die Bedachung derselben besieht aus einer Reihe alter Tri- glyphen von Tuifstein, und über dieser stehn aufrecht einige Marmorplatten, die aus einem choragischen Denkmal her- rühren müssen, indem der darin erhaltene Theil einer Inschrift einen Sieger in Knabenkäuipfen bezeugt. Die Thür befindet sich in gleicher Linie mit Aem fiingang der Propyläen. Der ausgegrabene Theil erstreckt sich lus in die Unterlage des Agrippadenkmals, iin<l bis an das Plateau worauf derMketempel steht. Kinige maimorne Stufen, die anbei zum Vorschein ge- kommen sind, zeigen durch Löcher mit darin befindlichen Be- festigungshaken, dafs sie anderswoher hieher kamen. Dasselbe gilt von einigen Säulenwirbeln, die bei der venezianischen Pnlverexplosion hieher geworfen zu sein scheinen. Ich ver- mutlie [mit Hrn. Kangabe, oben S. 200|, dafs dies alles ein Werk byzantinischer, nicht der fränkischen Zeit sei, und den

Aufgang zur damaligen gröfsten athenischen Kirche, dem christlichen Parthenon, bildete. Die Annahme liänkisclien Ursprungs wird durch keine Spur eines ßefestigungszweckes unterstützt, dagegen eine gewisse Nachahmung der alten Bau- weise unverkennbar ist: so fand sich eine Art von Opus incer- tuui, die vielleicht alt ist, da selbiges aus hartem Stein ohne Kalk besteht. Uebrigens geht nun aus jener so prunkend ver- kündeten französischen Nachgrabung leider auch noch die Gewifsheit hervor, dafs über die westliche Seite der Akropolis zunächst keine belehrendere Nachforschung uns bevorsteht: denn dort ist gegenwärtig der ganze Schutt der französischen Ausgrabung aufgehöht worden".

„liin anderer Fund ist neulich durch Hrn. Pittakis in ölfentlichen Blättern berichtet worden ; er betritt die Statue eines mit räthselhafter Thierbildung versehenen Mannes. Diese .Statue ist der aus gleichem Orte im Jahr 1S37 hervorgezogenen und damals mehrbesprochenen [in den Annali dell' Inst. IX p. 109 als Gigant, von Röchelte gleichzeitig als einer der Kpo- nymen, Kekrops oder Krichthonios] Statue ganz ähnlirli, nur mit dem Unterschied dafs die neugefundene Statue von den Knieen abwärts nicht, wie jene frühere, Fischbildung, sondern Schlangenbildung zeigt. Der ausgearbeitete Theil dieses un- gefähr lebensgrofsen IMarmorwerks dient gegenwärtig in der Grundlage einer kleinen Hütte, und zwarilergestalt, ilafs derselbe nach unten gekehrt ist. Kopf und Hände sind abgebrochen ; nach den Körperformen jedoch sceint ein ^lann von vorge- rückterem Alter gemeint zu sein, als bei dem früher entdeckten sogenannten Krichthonios es der Fall ist. Der Unterleib vom Nabel abwärts endet in Blätter, in denen Akanthos gemeint zu sein schiünt; innerhalb derselben beginnt ein schuppiger Drachenleib, der vermuthlich zwei Windungen hatte, obwohl dies bei völliger V'crdeckung der rechten Seite vur weiterer Ausgrabung sich nicht durchaus versichern läfst. Kinige .Schritte weiter zurück, findet sich das Piedestal derselben Statue, der des sogenannten Krichthonios [auf der Vorderseite mit einem Olivenbaum, worin eine Schlange Ann. d. Inst. IX tav. G] ganz ähnlich, übrigens einfach. Noch in der l'^rde, nur mit einem stark abgestofsenen bärtigen Kojif hervorragend, steckt doit nun auch noch ein andrer [dritter?] Gigant".

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2. Nymphäum zu Nismes.

Unter <len anselinliclit-n liaiitriiriimern zu Nismes ist den Altertlninisri'(Mjri(len seit lant'.ercr Zeit ein in der Nähe von Bädern yeleyenes Gebäude bekannt, das man bei nnleunl)arer Teni])el(urni zunüclistals „'reni|)lede lafontaine", dann meistens als Dianentempel, gegenwärtig aber, wie in des ih)rtigen eifrigen iiml verdienten Antiquars Hrn. Auijust Pelel neuester .Scliiilt ,,''''sai sur le !Njiu|ibi'e de Nismes" (Nismes IS.Vi) neu begründet «ird, als NiimpliäHm '/.\\ bezeichnen |i(leg(. Die gedaclite Schrill ist mit einem Plan begleitet, welcher zugleich mit den von Hrn. Peltt darin näher erörterten Ergebnissen neuerer Ausgrabungen begleitet ist. Zur Benutzung der im Jahr 1648 reiciilich vorhandenen Aibeitskräfte schritt man nämlicii damals zu weiterer Krkundiing der das gedaclite Nymphäum umgeben<len liauliclikeiten: Kesle mehrerer antiken Wohn- häuser und hau|jtsächlieli drei, vom Nvmiihäum durcli einen Kanal getrennte, parallele IMauein von 20 Meter Länge und S Meter Zwischenranni nach des Entdeckers Vermuthung (a. a. O. p. 6311.) Kornmagazine waren das Krgebnils jener Untersuchungen, welches nun, wie oftmals in ähnlichen Fällen, der Alterthumslorscliung mehr neue Räthsel als Losungen zntührt.

Unser gelehrter Mitarbeiter Dr. Bursian, dem wir die Zusendung jener Pelet'schen .Schrilt verdanken, begleitet die- selbe (von Florenz aus, 17. Februir il. J.) mit einer briellichen .\enlserung über die von Hrn. Pi'h't (,,der sich sein ganzes Leben lang mit dem .'^tudium seiner lieimathlichen Alterlhünier, von denen er jeden Stein, jedes Stück kennt, beschälligt hat") behandelten und von ihm selbst als Augenzeugen neu besich- tigten Denkmäler folgendermal'sen. „Hrn. Pelet's Ansicht, dals die aufgedeckten Baulichkeiten IJorren seien, ist mir zwar ganz unwahrscheinlich; denn wer wird Vorrathshäuser so nahe ans Wasser, an den feuchtesten Ort der Stadt, bauen? Allein eben so wenig weifs ich, trotz dem dafs ich mir die Sache genau besehen, einen besseren Namen und Zweck dafür zu finden. AVas die Benennung Nijmfhiium lür den Tempel betrifft, so ist Hr. Pelet nicht iler erste der sie aufbringt, allein sie ist wohl eben so wenig gegründet als die Benen- nung „Tempel der Diana"; vielmehr erscheint es mir un- zweifelhaft, dals dieser Tempel dem Nemausus, dem Gotte der unmittelbar davor entspringenden Fontäne und, wie die Inschriften zeigen, Hauptgotte vor Nismes, geweiht war. Kine S. 47f. von Hrn. Pelet mitgetheilte curiose Inschrift [sepnlcral], die ich nach Vergleichnng des Originals berichtigt habe, ist wol nicht vor das achte oder neunte .lahrhundert nach Christo zu setzen, obwohl die Buchstaben nichts mittel- alterliches haben. Aulserdem habe ich in Nismes noch die Lithographie eines in der Nähe entdeckten und jetzt im dor- tigen Museum befindlichen Thonreliels, den Kampf zweier (Radiatoren, eines Samniten (KROS) und eines Mirmillo (X.\iN'i'\S) darstellend, aufgetrieben . . .".

3. „Monumenli incdili'" aus Nccipel.

Hr. Oiiilio Minervini, dessen grofser und in Neapel zur Zeit unübertroH'ener Thäligkeit wir für sein neueröffnetes

Bullettino Napoletano wie für manche sonstige Belehrung über Denkmälerfiinde seiner Heimath oftmals zu danken haben, hat neuerdings uns in den Stand gesetzt, die im vorigen Jahr- gang dieser Zeitschi ilt S. KiSif. abgebrochene Inhaltsangabe der ,,Monumenti iiiediti di Kaf. Barone" hienächst fortzusetzen. Auf Tal. XVI p. 7äff. enthält dieser durch lobenswürdige Aulopterung eines Kunsthändlers ans Licht gestellte Band eine flaschenforniige apulische Vase, auf welcher ein roh ge- zeichnetes Vasenbild durch cigenthüniliche Darstellung der Strafe des Marsyas Aufmerksamkeit erregt. Der Silen sitzt an einem Baiiiiistainni, vielleicht an den Händen gebunden, zwischen der kurzbekleideten bartlosen Figur eines Schergen, der ein Messer liält und der an den Preistisch, worauf die Leier, gelehnten Muse, die eine flatternde Tänie ihm hätte zutheilen künnen , nun aber dieselbe wie zur Verhöhnung in der Hand hält. Daneben stellt eine (vom Herausgeber p. 77 sepnlcral gelalste) .Säule mit darauf stellender Scheibe. Drei Satyrn, deren ihittelster Flöten haltend an Olijmpiis erinnert, dienen als bacchisches Gegenbibl.

Auf allerlei miniler erhebliche Gegenstände (Taf. XVII) folgt Taf. XVIII ein apulischer Slyphos mit der Darstellung des vergötterten Herakles: auf seiner Löwenhaut aus- ruhend, scheint iler Held die Flügelstiefeln ablegen zu wollen, welche der hinter ihm stehende Hermes zur Fahrt in den luttigen Olymp ihm geliehen haben mag. Vor ihm steht, bräutlich verschleiert und geschmückt, mit innigem Ausdruck ihm zugewandt Hebe, hinter dieser, als sei es ihr Begleiter, ein mit Syrinx und palmenähnlicliem Stengel ausgerüsteter Ptiii, In oberer Reihe sind Aphrodite, liros und Piillns, im Gegenbild Eingeweihte um einen Jüngling versammelt, zu sehn, der eine Schale hält. Ebenfalls anziehend ist Taf. XIX ein apulischer S(n(n«o« mit sehr eigenthümlichein, lant Hrn. Minervini p. 69 als Apotheose gemeintem, Bild desAktäon: der Jäger, durch den ihm angeschmiegten Hund und die vor ihm stehende Jagdgöttin Artemis unverkennbar, ist statt des sonstigen Hirsch- geweihs nur andeutungsweise mit den Ansätzen von Hörnern versehen, die vielmehr Stierbildung haben. Als Nebenfiguren sind ein als Apoll (Lorberstamm) oder lieber als Pan (.Syrinx) zu benennender jugenillicher Gott und eine aufschauende Frau, etwa Aktäons Mutter Autunoe, zu bemerken. H. Eingeweihte.

Auf Taf. XX sind bekannte unteritalische Münzen neu abgebildet. Sehr eigenthümlich dagegen ist das Tal. XXI. XXII dargestellte, in zwei Reihen vertheilte, vordere Bild einer apulischen Amphora, welche oben einen Giganten- kampf, unten cerealische Darstellungen zu enthalten scheint. Oben stürmt Zeus von //crjiies begleitet auf sprengender Qua- driga, durch eine Fackel und .Speere eriiebende Iji/ssii oder Eris von seinem (Jegner getrennt, gegen einem mit Schild und Speer bewaffneten nackten Kämpfer ein, dessen panther- bespannter Wagen verständlicher wird, wenn man der auch sonst nachweislichen Ausstattung der Giganten mit bacchiscli- chthonischen Attributen sich erinnert (vgl. Ghd. Trinkschalen Taf. A.B. S. 30,2 Hr. Minervini zwar denkt p. lOI an einem nach des Zin/rcii.v Ermordung gegen Zeus anstürmenden Ti- tanen); nuten aber umgeben mystische Opfer der üblichen Art ein Heroon welches hier ausnahmsweise mit fünf hoch- ragenden Aehren cerealisch bezeichnet ist. Die rückwärts be- (indlichen Bilder der oberen Reihe zeigen die Bekränzung eines bewaffneten Reisigen durch \ile, und am Lustralbecken

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einen Jüngling, dem Aphrodite orler eine sonstige Frau, einen Schunn liebkosend, gegenüliersitzl.

Es folgen auf Taf. XXIII. XXIV allerlei Fragmente antiker Wandgem aide, unter denen die von einer sinnenden Neben- figur begleitete Penclope, den zur Probe der Freier bestimmten Bogen haltend, besondre Beachtung verdient; beaclitenswertli ist ebd. XIX, 2 auch die aus Griechisch und Latein gemischte antike Mauerinschrift rw r.vTV/t Deqiirio cum Jmjiclio frntre. Weniger anziehend ist auf Taf. XXV eine, wir wissen niclit ob durchaus verbürgte, Replik bacchischerFiguren und Grn|i[ien, wie sie auch im vatikanischen Relief Pio-Clem. IV, 20 sich finden, un'l ebenfalls nur mäfsig anziehend (wenigstens für solche Beschauer, welche dieselbe Zeiclinung mit einem Texte desselben p;rklärers in den Monumenti dell' Institnto V, 25 schon einmal kauften) die liier auf Taf. A. B neu erfolgte Abbildung des merkwünligen capuanischen Hrzgefälses mit Deckelgruppen und Friesreliefs archaischer (hier auf Proser- pina's Raub und auf des Herhiles Abenteuer mit Cncus neu und ausführlich gedeuteter) Darstellung. E. G.

4. Terracollen aus Tarsos.

Bereits vor einigen Jaliren ward ohnweit der Ringmauer lies heutigen Tarsos auf Veranstaltung des dortigen brittisclien Residenten Hrn. Barlcer ein Krdhügel ausgegraben, welcher, in ähnlicher Weise wie der römische j\Ionte Testaceo, viel weggeworfene Ueberreste alter Topferarbeit enthielt. Diese nach erfolgtem Gebrauch stark zertrümmerten, aber durch ihre bildliche Darstellung mannigfach anziehenden Ueberreste, deren Zahl wir gelegentlich (im Barker'schen Werk ji. 191) auf un- gefähr tausend Stück veranschlagt finden, gewannen grüfsere Anziehungskraft durch den horhberülunten Nanu-n ihres asia- tische Strafsen und Provinzen weiland verknüpfenden Auflin- dungsortts ; es war nicht unwalirscheinlioh, dals aus Denkmälern von Tarsos ein neues Glied zur wundersamen Kette assyrischer Kunst- und Religionsdenkniäler sicli ergeben würde, Hie wir aus Niniveh und Babylon zu gewinnen oder zu hoffen pflegen, und wenn solche lloflnungen den Eifer des Entdeckers viel- leicht über Gebühr gesteigert hätten, so niulsle der Alter- thumsfreund doch in jedem Falle ihm dankbar und durch die bisher nie erfolgte Kenntnifs cilicischer Terracotten irgend- wie belohnt bleiben. In der Tliat lielsen auch, seit die ge- dachten Terracotten nach England versetzt waren, urtlieils- fähige Augenzeugen über deren Wichtigkeit keinen Zweifel übrig j gründlicher hierüber zu urtheilen ist jedoch erst seit neulicher Erscheinung des Barker'schen Werkes uns möglich, welches, obwohl seiner Anlage nach eine .Statistik Ciliciens bezweckend, seinen Ilaupttitel „Lares and Penates" (or Cilicia and its Governors. Lond. 1853) den gedachten Terracotten verdankt. Der Besitzer derselben ist nändich der Ansicht, dafs in ihnen durchgängig Gegenstände vormaligen Götterdienstes gemeint und dem gemäls in ihren Darstellungen ein Inbegriff lies altcilicischen Götterwesens nachweislich sei. Diese Vor- aussetzung liat denn auch auf die Abfassung des Berichts wesentlich eingewirkt, welcher verbunden mit einer Auswahl von Abbildungen über jene Terracotten auf S. 145 258 des Barker'schen Werkes uns vorliegt.

Griecliisrhe und römische Kunst ist diesen Bildwerken

durchgängig eingeprägt, und obwolil die Auffindung eines verein- zelten, etwa aus .Tapan neuerdings nach Tarsos verschleppten, buddhistischen Bnnzenkopts mitten unter jenen übrigen als seltsames Factum berichtet wird (p. 235), ist über die hier nialsgebende und vorhersehende Knnst keine Frage. Dieses bindert jedoch nicht, dals der Herausgeber in diesen durch- gängig gräcisirenden Terracotten Zeugnisse für das Götterwesen aller irgendwie aus Tarsos bezeugten Völkerschaften zu linden glaubt. Einer allgemeinen Belehrung über die Hausgötter des Alterthums, wie über die Geschichte des Fundes (p. 153), fo'gt dort zuerst eine Erörterung über die zu Tarsos vormals verehrten Gottheiten, und da ein solarischer Apollodienst, samt der Perseus- und Bellerophonsage und mancher späteren Vergötterung, zugleich mit syrischem, phrygischem und ägy- ptischem Götterdienst notorisch dort bestand, so werden zu- vörderst im zweiten Kapitel (S. 152ff.) alle dieser Grundlage mehr oder weniger entsprechenden Darstellungen aus dem bildlichen Vorrath der aufgefundnen Terracotten behandelt: in diesem Zusammenhang wird jedes Pferdebild zur Andeu- tung des Pegasus oder vormaliger Sonnenrosse (no. 37), wie jeder Herkuleskopf (einer sei mit Strahlen verselin p. 151. 216V?) zum assyrisch -lydisclien Kopf eines Sandon. (Eine Liste der solchergestalt aus diesen Terracotten herausgelund- nen cilicischen Gottheiten ist auf S. 159 gegeben, wo zugleich auch über die Etymologie des .Stadtnamens Tarsos mit Bezug auf Perseus und Bellerophon p. IfiOf. gehandelt wird). Ein drittes Kapitel (S. lS4ff.) reiht sonstige Darstellungen Togaliguren, Thiergruppen u. a. m. samt einer Betrach- tung daran, wann die vermeintlichen Hausgötter von Tarsos ihren vermuthlich durch christlichen Eifer erfolgten Unter- gang erlitten haben mögen, und schliefst mit schlichten, aber für unsern Zweck vorzüglich belelirenden Mittheilungen unsres erfahrenen Mitarbeiters Hrn. Bircli (S. 191 ff.) Ein dieser .Samndung angehöriges Zerrbild Ulie mos! extrnordiimry thing in all llii' cnllection p. 202 no. 55) veranlalste im vierten Ka- pitel eine Digression über hunnische und mexikanische Ge- sicbtsbildungen (p. 203 ff.) und im fünften zu sonstiger, von den Hunnen ausgehender, Ethnologie (S. 20yfr.). Ein sechstes Kapitel liefert anhangsweise Götier, Halbgötter und Heroen, welche aulserhalb dem obigen System stehn (S. 21211'.), worauf im siebenten (S. 225lf.) über Sibyllen gehandelt wird, welche der Verfasser in gewissen sehr häfslichen Frauenköplen vor- aussetzt, wie auch über die mehrfach vorgefuudnen Knaben auf Deljdiinen, die er als Apotheosen vergötterterKinderfafst. Noch andre Terracotten werden im achten Kapitel S. 232 ff. als Zauberer und Mönche (IMagi and Monks) gefalst, wohin namentlich ein S. 2:52 abgebildeter hübscher Telesphoros ge- hört; Ungelhüme und Dummköple (monstcrs and idiots, in belräclitlicher Anzahl p. 241) folgen im neunten Kapitel S. 237fr. (macrocephalus p. 238 no. fjs) nach, und allerlei (iestalten des Menschenlebens, als Barden (no. 243 no. f>7), Priester, Frauen, Kinder und sonstige, sind im zehnten S. 243 fr. zugleich mit einem wunderlich ornamentirten Fragment be- handelt, welches S. 248 als Bild des „Tartarus" (einer antiken Hölle) vorliegt. Noch sind im elften Kapitel S. 24911'. allerlei Thiere, allerlei Geräthe im zwölften S. 253 ff., musikalische Instrumente im dreizehnten S. 25911'. behandelt, womit der Bericht schliefst. Dem grofsen Fleilsc sowohl als auch der bildlichen Ausstattung desselben kann man nur dankbare An-

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ork'inniin;; zollen , ancli ist (U-r dalici betliätigte Freund des Hrn. Harker, lir. //. J. Abhi(ili»i (of lianley Potteries, Slaf- fordsliire) durch seinen tecliiiisclien Beruf (S. 154. Uli) der Beurtlieihing einzelner Gegenstände niannijjlaeli fiiiderlicli geworden; weniger zwar kann eine solche Beiplliclitung für die hier entwickelten gelelirten Ansichten gelten, die wir be- reits hinlänglich bezeichnet zu Laben glauben.

Uni nun über Inhalt und Werth dieser reiclihaltigen Sammlung zu leichter l'ebersiclit und eigenem Urtheil zu ge- langen, folgen wir der von Hrn. Bircli S. 191 If. zu gleichem Behuf erwählten dreifachen Einllieilung in statuarische Ge- genstände, Gefälse und sonstige Gegenstände gemischten Inhalts.

I. Statii.\kisches. Im Allgemeinen wird der Kunst- werth dieser grofsentheils sehr gescIiicKt um! lebendig ausge- führten 'l'erracotten anerkannt (|i. 199); es wird ferner (p. 191 J bemerkt, dals sie sämmtlich zi-rstückt gefumlen wurden, dals ihre Abdrücke wegen mangelhafter Leiunforrn unvollkommen ausgefallen, hie und da aber nachgebessert sind, endlich dafs sie fast durchgängig Färbung erhielten, namentlich so, dafs Körper und Angesiclit roth, die Gewämler grün, der Kopfsciimuck o(t blau erscheinen, wie denn auch zuweilen die Augen blau an- gegeben sind. Die Hiiiie dieser Figuren pllegle 9 bis 10 Zoll zu betragen, doch lassen einige Ueberreste auch auf Figuren von zwei bis drei Fuls Hohe, namentlich ägyptische, schliefsen. Aegyptische Darstellungen sind ülierhaupt hier häulig be- zeugt: Serapis, Isis (no. 11, Kopf) und Hnriwlrrites (no. 3S ]>. 181, vollständig) sind mehrfach vorhanden und selbst ein geheiligter Stieikopf (no. 19 p. 162 „Apis") ihnen beigesellt. Auch babylonisch-assyrische Gotterwesen mit F'ischleib solleri hier dargestellt sein (p. 224f. Phallus einer solchen ebd. Vgl. S. 256 f. Leider ist nichts von dieser Art abge- bildet). Desgleichen ist die phrygische Cybele in einem durch Schleier uml Mauerkrone geschmückten sehr schönen Kopf hier vorhanden (als Titelvignette und auch auf S. 192 abgebildet) und niehrfach auch ihr Liebling Allis (Brustbibl mit Hirtenstab p. 174 no. 31 ; Köpfe p. 227 no. 62. 6.H). Sehr verwandt ist jenem Cybelekopf ein anderer, mit junonischer Stephane und auch mit <lem .Mo<lius, zugleich aber auch mit strahlenförmigem Blätterkranz verzierter, Kopf, den Hr. Birch IS. 192) scharlsinnig als Stadtgöttin Tyclie deutet. Diesem in den asiatischen Provinzialstädten der Kaiserzeit mit be- sondrer Vorliebe ausgebildetem Götlerbegriif dürfte überdies noch manches anziehende Fragment dieser Sammlung ange- hören, welches theils durch das Füllhorn in einer Göttin Hanil (no. 26 ]>. 11)7), tlieils durch die bei ähnlichen Figuren damit verbundnen Zusätze von Lorbeer- oder Palmzweigen oder selbst von Bellügelung in die Reihe ähnlicher Stadtgöttinnen fiiglicher treten als, wie Hr. Barker für ähnliche Fragmente einer nicht entschiedenen Männlichkeit (no. 7 p. 15711'. Dr. Schmitz p. 158 dachte an Bellerophon) annahm, einen gellü- gelten cilicischen Apoll darstellen können. Im Zusammen- hang dieser Vorliebe tür seltsarjie .\pollobilder solarischen Dienstes wird aus p. Kjl in no. 22 ein mit grolsen Weiii- blättern bekränzter und über der Stirn mit einer Lotusver- zierung geschmückter jugendlicher Kopf, welchem ein Kalathos kanephorenähnlich aufruht, als ein Apollo- Osiris gegeben; richtiger mag er von Birch als Isis benannt wonlen sein. Kine ähnliche, doch etwas mehr strahlenförmige, Blätterver-

zierung bildet die Unterlage des Kopfes no. 2.3, der p. I()2 als .solarischer Apollo bestimmt ist. Zu Unterstützung dieser .\nsicht ist, durdi Birch mitgelheilt, aus einem rhodischen Münzlypus des Sonnengottes nebenan ein Jünglingskopf mit straldenvcrziertem Nimbus oder Polos abgebildet, der uns von neuem den Polos eines zur Dodwell'schen Sammlung gehöriger, in München aber bis jetzt noch vermifsten (Arch. Anz. v.J. S. 219, 18), statuarischen Apoll in Krinnerung bringt. Wiederum folgt p. 164 als no. 24 Kopf und Schulter einer jugemllichen Flügelgeslalt, welche wir als einen mit Apolls Attributen ver- sehenen Priester bezeichnet linden. Der Herausgeber setzt nicht ohne Willkür viel solcher Priester voraus (p. 165); noch kühner jedoch ist für das Fragment p. 178 no. 16 die Annahme eines androgynen Adonis-Apollo , wie es scheint nur durch den Kunstwerth desselben (no tvotuler tUnl Venus feil in love tit his siijlit p. 179), ausgesprochen. Dagegen für ein andres schönes Fragment, die Köpfe eines liebenden Paars enthaltend, der Gedanke an Venus und Adonis der gewählten Benennung „Ariadne und Bacchus" (ji. 216 no. 56) vorzuziehen sein dürfte; ganz ähnliche Gruppirungen sind jedoch, wie in einer Lampe der Berliner Sammlung, auch für Serapis und Isis nachweislich.

Von sonstigen gangbaren Gottheiten der griechi- schen Mythologie sind hervorzuheben ein SfidirNuskopf (p. 193, no. 46), einer oder zwei des Zeus (no. 5 ,,Zeus", aber doch wol eher ein Pluto oder Sertipis), eine tiefverschleierte Halb- ligur in Art der saniischen Hern (no. 47 S. 193, wo zweimal, wie auch noch p. \IV verdruckt ist,,Hero"; Kopf und Schulter einer Juno mit gezackter Stirnkrone no. ü), mehrere Minerven- köpfe mit korinthischem Helm (no. 12 p. 169. Bildnifs?). Eine von Hrn. Birch (S. 193) als eigenthümlich bezeichnete und in dieser Sammlung dreimal vorhandene Bildung derselben Göttin, in aufrechter Stellung mit dem korinthischen Helm, in ihren Mantel gehüllt und zum Theil auch mit Verhüllung des An- gesichts, bedauern wir nicht abgebildet zu linden. Gerühmt wird ein S. 176 no. 3H abgebildeter, mit Aehren bekränzter, 6Vre«kopf von eigenthümlichem (lüstern Ausdruck. Die kni- dische Venus findet, wie auf den Münztypen, in ganzer Figur hier sich vor (no. 4S), andere ähnliche nackte Bildungen der- selben Göttin desgleichen (S. 194), wohin auch ein brunnen- ähnlich gebrauchtes nackt sitzemles Frauenbild (p. 245: Sibyl on her seat of Inspiration) gehören mag; aber auch der ältere Typus, der sie bekleidet und eine Taube haltend zeigt, ist vorhanden (S. 193). Getlügelte linaben oder sonstige in den Bilderkreis des Eros fallende, zum Theil sehr gefällige (z. B. ein Knabe, dereinen Schwan liebkost p. 219, no. 58 „Cujiid", zusammengestellt mit der zierlichen Gruppe eines vom .Schwan getragenen leiers|)ielenden Eros in Hrn. Mayors Sammlung p. 220) Darstellungen sind mit mancher, vom Herausgeber zum Theil für die Annahme vergötternder Bildnifsdarstellung angewandten, Besonderheit hier zu linden (p. 194), wohin anrh no. 25 p. 166 das Fragment eines efeubekränzten soge- nannten Eros mit grolsen Flügeln und über sein Haupt ge- legtem rechten Arm gehört , obwohl dessen ältlich finstere Gesichtszüge zu der Benennung Eros wenig stimmen. Kna- bengestalten wie die eines umhüllten Merkur (no. 8 p. 156. Warum Telephos, p. 166?) oder eines Telesphoros ((i. 232 no. 66 „Magus") reihn sich daran. Darstellungen des Apoll in üblichster griechischer Weise sind hier selten; der unlere

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Tlifil einer Jünglingsfignr mit gekreuzten Beinen (no. 10 [1.105) wiril dahin gerechnet; hauhger lälst allerdings, wie bereits oben bemerkt ward, ein solarisclier Apollo-Helios rho- discben Dienstes sicli hier voraussetzen, namentlich in einer von Hrn. Birch p. 195 näher bescliriebenen, auch wegen ihrer be- weglichen Extremitäten bemerkenswerthen, Figur, bei welcher auch die gelbliclie Färbung des Thons absichtlich und bedeut- sam zu sein scheint. Kin vereinzelter schöner Kopf wird der Artemis zugerechnet (no. 4. p. 156. 194; derselben Benennung für eine kopflose Statue no. 4. p. 156 widerstrebt deren ent- blöfste Brust). Eine fragnientirte JS«cc/iK«statue mit Fellbe- kleidung und einen Kantharos in der Linken ist als no. 18 (p. 19.1 f.) abgebildet. Kine Pniismaske ist als no. 1 p. 155 (vgl. .lüngling die Sjrinx spielend |i. 260 no.69), ein schöner .SiVfjiskopf in no. 57 p. 21S vorausgesetzt, wo jedoch eher ein Typhon oder Phtha zu erkennen sein dürfte; von Bacchan- tinnen und auch von Musen ist aus diesen statuarischen Besten kaum irgend etwas mit Sicherheit zu erwähnen. Die mit Hecht p. 224 als sehr seltsam hervorgehobne, unterwärts mensch- liche, statt des Kopfes aber in einen Pliallus endende, Ge- stalt sclieint aus Tbon, wie schon früher aus Marmor (Kelief aus Aquileja, Glid. Abh. Agathodämon 4, 3. Anm.59), ein neues Beispiet des phänischen Dämons Tychon darzidjieten, wie er ilen Lesern dieser Blätter (.\rch. Zeit. 2, 249 1f.) genugsam bekannt ist. Herkules ist hier nicht häufig; ein pappelbekränz- ter Kopf desselben (no. 27 p. 167. 196) scheint Bildnilsziige des Cunimodus zu enthalten; ein statuarischer Best desselben Helden ist no. 15 p. 169 , räthselhaft bleibt die bereits oben berührte Erwähnung eines strahlenbekränzlen Herkuleskopfes (p. I5L2I6). Aeshulnp mit dem Scldangenstab ist in einem Bruch- stück voi banden (p. 196). Von mehreren liier vorhandenen Figuren der Sieiisiiiiltin ist die eine vorwärts schreitend mit Kranz und Palmzweig (no. 14 p. 189) gebildet, oder, wie in Bezug auf Judäa, mit einem Palmbauni hinler sich versehen, oder mit einem über ihrem Haupt kranzähnlich gerundeten Palmzweig (no. 20 p. 177 „Iris"). Hieniit Iiängen denn die bereits oben berühiten Viirstelliingen zusaninien, in denen das Füllhorn eine ganz ähnliche Flügelgestalt vielmehr als Tijtlte erscheinen lälst; auch mag manche andre räthselhafte gött- liche Franengestalt in den angeblichen .Sibyllenköpfen (p. 228 r.o. 64) Hrn. Barker's versteckt sein. In der Figur eines schlafenden Knaben (no. 39 p. 163 vgl. no. 26 „Kinderkopf mit darüber gelegtem Ann) ist hier ein Somnns erkannt; bei einem Knaben der Trauben hält lälst sich an einen Genius der Jahrszeiten denken (p. 196). Gegenstände der Heroen- sage betreifend, so ist Perscus (no. 50 p. 197 ein ohne sicht- lichen Grund so benannter Kopf), wie versichert wird, hier eben- falls und zwar als Medusentödter dargestellt; diese Thatsache bat dem Herausgeber ein weites Kehl für seine dein Orient zuge- wandten Auslegungen (p. 160. 197) eröd'net. Eurojia auf dem Zensstier wird S. 220, desgleichen ancli dergi'bundene Mi'rst)tis (ebd.) aus gleichem V'orrath erwälint. Ueberrasciiender ist es, in mehrfaclier Wiederholung den vom Delphin getragenen, zu Korinth als Palämon, zu Tarent als 'rariis bekannten, Knaben (p. 2.'!0 no. 6-'j, auch weinbekränzt) hier zu finden. Endlich darf auch die lüthselhafte fragnientirte Figur einer dem ersten Anblick atlantisch belastet erscheinemU'n Figur nicht über- gangen wenleii, welclie, weil sie dem h^rklärer vielmehr einen auf seinem Kücken ruhenden Schwiniiner darzustellen schien,

vielleicht anch von Wellen begleitet ist, die Benennung Lennder {[>. 222 110. 5if) erhalten hat.

Vermuthlich auf Alltagsleben bezüglich sind manche nächstdem zu nennende Darstellungen, denen auch die Er- wähnung mancher unverstandner Fragmente sich verknüpfen läfst. So linden wir die Figur eines Knaben hervorgehoben, der einen Zweig trägt (p. 197), den Koiif eines Barbaren mit hohem phrygischem Kopfputz (no. 51 p. 197), einen Kopf mit triefendem Haar, vielleicht <len einer Najade, einzelne Hände mit einem Apfel oder einer gesenkten Fackel oder einer auf korinthisches Kapitell gestellten Leier (p. 197)5 desgleichen mit Dreifufs, mit Tympanum oder mit einem am E^nde als Männerkopf geformten Rhyton, oder mit einem Korb; auch der wehrhafte Arm eines Faustkämpfers wird bemerkt (p. 198). Zierliche Frauengestalten sind S. 245 mit mancher Besonder- lieit erwähnt. Manche andre anziehende Darstellung mag unter der einseitig vorgreifenden Auslegung des Erklärers sich verstecken: so unter den vermeintlichen Sibyllenköpfen (S. 228 ff.), so unter den vergötterten Priestergestalten, die der Herausgeber in grolser Anzahl hier voraussetzt (nament- lich gottlose lsis|iriester ; may we not imagine that we see these rogues in soine of these heads? a family likeness no doubt, p. 165 zu no,24), so auch unter den als vergöttert be- tracliteten zierlichen Knabengestalten, über welche S. 247 gehandelt wird. Manche Vergötterung der Kaiserzeit mag allerdings unter diesen Terracotten mit allem Recht gesucht werden (die verschleierte Matrone mit entblöfster rechter Brust und einem Füllhorn no. 2S, wenn nicht als „.Inno", doch etwa als Forluna Augttslny, Bildnifszüge scheint selbst der Pallaskopf p. 169 no. 12 zu haben. Als sonstige Figur römischen Alltagslehens wird eine Togafigur mit dem latus clavus bemerkt (p. 166 no. 41), ein sitzender Komiker mit ge- kreuzten Händen ist als „Davus" no. 52 p. I9S abgebildet; ver- wandt, aber griechischer, scheint die Figur eines ülier eine Amphora hingestreckten weinseligen Komikeis (p. 2.55). Da- neben fehlt es nicht an circensischen (Wettrenner , auch ein „comiuered gladiator" p. 244) oder gymnaslisclien (Mann der auf einem Bären reitet p. 226 no. 61, Kopf eines Bade- knechts p. 198) Darstellungen. Die hier vorhandenen, griechi- schen (p. 188 no. 43?) oder römischen, Bildnilsköpfe scheinen dem ersten und zweiten Jahrhundert der Kaiserzeit anzuge- hören: daran erinnert der Haarputz der Julia Titi (no. 9 ,,Messalina", 29 p. 158. 168) und manche an Otlio, Titus, Domitian erinnernde Gesichtsbildung; (dem Caligula einen ge- harnischten Torso zusprechen zu wollen no. 60 p. 223, darum weil ilieser Kaiser sein Bildnifs gern vervielfältigen liels, ist zwar kühner); drei kleinere Bildnifsköpfe zeichnen durch be- sondere Feinheit sich aus. Ein eignes Gebiet der Darstellung ist das der Karikatur (S. 198), dessen für uns zu gewagte ethnologische Ausbeulung wir schon oben aus Cliap. 4 und 5 <les Barkei'schen Buchs erwähnten, und dessen Ausdehnung bis zur Benennung eines Zerrbilds als Midas (p. 185 no. 40) ilurchaiis willkürlich ist, dagegen eine rein scherzhafte Deu- tung gewils für nicht wenige Gegenstände dieser Sammlung zulässig sein mag; in solcher Geltung niiut Hr. Birch p. 191 namentlich die zum Anheften bestimmt<'n Zerrbilder in An- spruch. Eine tiefere Symbolik mag den p. 225 nur kurz be- rührten Fabelthieren b<igehen, die auftJrund ihres Vogelleibs lliujiyicn genannt werden und eine Abbildung vermissen

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lassen. Ijiiter den sonstipt'n Tliierliguien zeiclinet ilie selir lebendige (;iui)|)e eines Löwen sich ans, der einen Stier zer- fleisciit (no. 42 \>. 1&7), einem Ijekannten cilicisclien Miinzlypus «ntsprechend. Pferde sind auch in einzelnen Tlieilen, offen- bar zum Votivfjeliraucli (Pferdebein p. 175 no. 32 ; Pferdekopf l>. 180 no. S7), mehrfach vorhanden ; eben so aucli einzelne Glieder von Kindern, lliind und Kalze sind ebenfalls in ein- zelnen Figiirchen vorhanden, die kalze (p. 179) mit einem llalshand versehen, an dem ein umgekehrter halber Mond hängt (wobei Ilr. Birch p. 19ft an das Halsbaml der gleiclifalls lunarischen kerynitisclien Hirschkuh erinnert). Auch ein zum Schlancli bestiinmt(-s Thtofell hndet sicli abgebildet hier vor.

U. (iiiRÄTHE. Wenig vollständige Gefüfse sind in jenem Vorrath alter Tüpferwaro gefunden worden; ilas erheb- lichste war ein unverzierter Krug. Häufiger fanden sich Frag- mente roth glasirten römischen Gescliirrs, deren ungleiche Färbung, zugleich mit Namenlosigkeit des Töpfers, hie und da die Benennung unecliter sauiischer Fabrik veranlalst Iiat; am Boden plU'gt in nicht geiuefsteni Kelief der Buclistabe T (Anfangsbuclistabe von Tarsos?) sicii vorzufinden. Ausge- zeichnet und zu ilen schönsten Ueberresten dieser Art gehörig sind zwei Fragmente von Trinkgefäfsen : eines mit dem Relief einer weiblichen leiclit bekleideten Ilalbfignr mit Festgewinden in der .Hand, etwa einer „Venus" ([1.200) oder Höre, eher als einer „Prieslerin" (no. [>'i p. 199. 2Ö5) ; ein andres mit dem genimenähniich rund gefalsten Biustbild einer efeubekränzten Bacchantin (no. 64 p. 200. 254). An sonstigen gefällig ver- zierten Gefälsfraginenten (p. 200. 254f.) ist in demselben Vor- rath kein Mangel; eine Auswahl zierlicher Gefäfshenkel ist auf S. 2.'J6f. des Buclies besprochen. Lampen aber fanden sich, zu sichtlichem Beweis einer benachbarten Tüpferfabrik, in so grol'ser Anzahl (über 3000, nach p. 200), dafs sie bei der Auffindung beliebig weggeliolt werden diirlten ; Hr. Birch erinnert an einen ähnlichen von Avolio (Futture d'argilla p. 117) aus Syrakiis berichteten Fund. In ihrer Form eigen- thümlich, im Ganzen einfach, aber Hoch auch mit mancherlei Bildwerk (p. 150. 201. 256; AlUiinn p. 1S9 no. 44) verziert, werden sie bei künftiger Aufstellimg dieser .Sammlung eben auch Beachtung verdienen; liier heben wir nur zwei Lampen in Schuliform und die neuerdings mehr besprochene Gruppe der asiatischen Artemis liervor, welche zwei Löwen an ihren .Schwänzen liält (p. 201).

III. Vermischtes. Wenig Andres bleibt zu bericliten übrig. Aulfallend ist der völlige Ulangel architektonischer Verzierungen, die bei älinlicheni Vorrath nicht leicht fehlen; was sich von dieser Art gefunden hat, darf, wie eine ganz isolirte korintliische Säule, als Modeil betrachtet werden. Bemerkenswerth sind mehrere Oscilla oder Mnshen (komische Maske p. 177 no. 35. 30, mit aiisgeliöhlten .A.ugen, wie man dergleichen in pompejanischen Wandgemälden an Seilen in intercolumnieu aulgehängt sieht. Ferner sind zu erwähnen eine Art Arbeitskurh in freier Arbeit (in open work), eine KamniinKsc/if?, eine Thürpfoste (stud), ein cylindcrlörmiger Gegenstand mit einem ZU am einen Knde, vernnithlich fürs Haar. Sodann tragbare Altiire, verniuthlich zum Uäuchern liestimmt, no. 2 p. 155 eine viereckte Geldhüchse etwa zum Kinsammeln bei Gladiatorenspielen, zwei grofse Disken zum

Aufhängen (etwa 3 Zoll im Durclimesser , mit A und mit B bezeiclinet). Merkwürdig, aber nicht unbedenklich, da es um einen Begleiter des Apostel Paulus (Act. 13, 24. 19, 1. I Cor. 3, 6. 22 Suid. s. v.) sich handelt, ist auch ein flacher Diskus mit dem ringsum geschriebnen Namen A:io).).m; (p. 202) in Cnrsivschrift. Auch an (Jegonständen sonstigen Materials ist Kiniges mit diesen Terracottcn zugleich vorgefunden worden, namentlich eine Büste mit abgebrochenem Kopf, aufgesetzt auf einen Tisch; dies Geräth hatte als Messergriff von .Speckstein gedient , ferner drei flache kreislörinige Schleifsteine , ein gläserner Riny von mysteriöser Bestimmung (connected witli rites whirh could not stand before the purifjing inlluence of the Christian religion) , endlitli und hauptsächlich einige Gi/j>sli(iuren, bei denen man an die in einem Grabe zu Kerlsch gefundenen und jetzt im britlischen Museum beündlichen l^Io- delle erinnert wird. Die hier in der Barker'schen Samm- lung befindlichen Abgü.sse stellen einen Frauenko|)f (p. 170 no. 30 „Venus") mit Stirnkrone und seitwärts aufgebundenem Haar vor, ferner einen Kopf des Hurintlrales mit roth ge- färbtem Gesicht, einen Herlaileskii[t( mit Löwenfell, einen Alller und zwei Architekturstücke.

Dieser üeberblick der Barker'schen Terracotten wird ge- nügen, die Aufmerksamkeit der Alterthumsfreunde zunächst auf das darüber veröfleiitlichte Werk, dann aber und vorzugs- weise auf die dadurch keinesweges erschöpfte genauere Kennt- nils der Originale hinzulenken, denen eine angemessene Auf- stellung, wo möglich als künftiger Besitz des brittisilien Museums, wohl anzuwünschen ist. E. G.

5. Mylhologische Inscliriflsammlung' von J. Becker.

In einer dem Archiv f~ür Philologie und Pädagogik (ISSuppl. Bde. 4 H. S. 582— 590) einverleibten Abhandlung „über die wissenschaftliche Bedeutung und den Plan einer Sammlung der Denkmäler der keltisch-gernianisch-römischen .Mythologie"' kündigt Conrector Dr. Becher zu Hadamar in Nassau unter dem Titel „Barbarorum occidentalium nun\ina ex titulorum, numorum, scriptorum monumentis collecta et illustrata" ein auf 2 Bände in 4 Abtheilungen angelegtes Re- pertorium der Inschriften nnd übrigen Quellen-Zeugnisse einer Mijlhohiißa DccidentaUs an, die in umfassender Vollständig- keit den auf diesem Gebiete seit einer Reihe von .lahren ge- machten .Studien einen dem heutigen Standpunkt <les bezüg- lichen Studienkreises entsprechenden Abschlufs geben soll. Die erste Abtheilung des ersten Bandes wird die allgemeinen Gottheiten (Numina communia), die zweite die localen Gott- heiten der Völkerschaften, Länder, Städte, Berge, Thäler, Flüsse, Üuellen umlassen. Der zweite Band soll dann, anl'ser den nötliigen Indices zu dem Ganzen, ilie Denkmäler der Matres (Matronae) enthalten, die bekanntlich zeilher Gegen- stand eifriger Untersuchung gewesen sind und es bei ihrem räthselhaften Wesen noch lange bleiben werden. Die a. a. O. (insbesondere S. 5S9) erörterte wissenschaftliehe Bedeutung und Wiclitigkeit einer solchen Sainnilung kann für die mylho- lügischen Studien bei Kelten, Germanen uml Römern nicht anders als eingeräumt werden, wie denn auch uns ein will- kommener Anlafs daraus erwächst theilnehmende .\lterlhums-

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freunde auf ein für Dt-nkmälerkunde und vaterländische Ge- schiclitsforschung so augenfällig wichtiges, bisher aber oft in seinen ersten Grundlagen entbehrtes Unternehmen hinzu- weisen.

6. Fürs zweite Jahrzehend der Archäolo- gischen Zeitung.

Dnfs ein zelinjiiliriües Hestelien dieser Zeitschrift und ;uic]i deren Fortoan^ überhaupt mci^iicli ^e^orclen i>t, dafiir haben Herausgeber und Verleger dem Publikum zu dan- ken; dafiir jedoch, dal's dies unter sc!iv\ierii;f n Verhidt- iiissen und mit geringer Aufmunterung geschah, darf wohl rtucli ihnen einiger Dank zuerkannt uud darf dem Heraus- geber eine hienächst folgende freiinüthige Ansprache au seine Leser und Mitarbeiter nicht verübelt werden.

Durch das BedürfniCs , das taglicli zunelimende und vielfach zerstreute [Material monumentaler Korschung und darauf bezüglicher .\uslegung zugiiiiglich und übersichtlich zu machen, ward im Jahr 1829 das archäologische Institut zu Rom ins Leben gerufen. Dieser nun bald ein Viertel- iahrhundert hindurch segensreich bewährten römischen .Stiftung schlofs seit 1843, verbunden mit einem zu Berlin gleichzeitig gegründeten geselligen Verein, unsre Zeit- schrift, hauptsächlich aus einem doppelten Grunde sich an: erstens, zur Unterstützung des riiuiischeu Instituts, die grofsentheils jenseit der Alpen verbliebenen Früchte des römischen Instituts zur allgemeinen Kennlnil's und Wechselwirkung deutscher Kunst- und .Alterthumslreunde zu bringen, zweitens und vorzugsweise aber der meistens nur auf die litterarischen Quellen iles Alterthums be- schränkten klassischen Philologie Deutschlands die monu- mentalen üel)erreste desselben Alterthums näher zu rücken.

Vergleichen wir mit diesem doppelten Zweck unsrer Zeitschrift den Erfolg ihrer Leistungen, so dürfen wir, abgesehn von der früher gehegten vielleicht iinbesclieid- nen Erwartung eines mehr als nothdürftigeu Al)satzes oder auch zahlreicher Leser, des wesentlicheren Erfolges uns freuen, dafs sie, aus einem Kreise von iMitarl)eitern her- vorgegangen, dem vielleicht kein einziger hervorstechender Name aus den Vertretern klassischer Archäologie inrier- lialh Deutschlands fehlt, zugleich auch vom Ausland so viel begünstigt worden ist als eine solche, die europäische Wirk- samkeit des römischen Instituts auf das Bedürlnils deutscher Wissenschalt beschränkende, Zeitschrift nur immer es wünschen konnte. Diese so mannigfach uns bethätigte Tlieilnahme gleiclirnälsig fortgeführt zu sehn, liefs sich kaum verlioffen; sie ist jedoch, wenn die Veteranen der Wissenschaft sich seltner vernehmen liel'sen, ilurch manche neu herangewachsene achtbare jüngere Kraft neu unter- stützt worden.

Der lidialt unserer Zeitschrift war schon durch das 'I'itelblatt einem dreifachen Bedürlnils überwiesen: er sollte „Denkmäler, Forschungen und Berichte" gewähren, Denkmüfer nämlich, welche, bisher unbekannt oder sehr unzugänglich oder auch mil'sverstanden, durch erneute Herausgabe und lüklärung einer allgemeineren Kenntnil's zugeführt werden sollten; Forschnugen, welche aufser der Erklärung jener Denkmäler hauptsäcjdich die

Wechselwirkung der Zeitschrift und ihrer Leser bekunden

und manches zu gelehrter Verhandlung geeignetes neues Ergebnils mittheilen sollten; Ilcr'ichte endlich, welche den neuesten Zuwachs der Denkmälerkunde und aller zer- streuten darauf bezüglichen Forschung, zugleich mit den Neuigkeiten archäologischer Vereinsthätigkeit und Litte- ralur, zu veröfFentlichen bestimmt waren. Diesem drei- fachen Bedtirfnil's ist nun zwar reichlich genügt worden. In den 120 Bildertafeln , in denen die Arcliäol. Zeitung ihren Lesern eine noch gröfsere Anzahl gewählter Denk- mäler zu bequemer AnschalTung dargeboten hat, ist dem deidienden Altertluimsfbrscher ein überaus reicher Stoff zu fortgesetztem Nachdenken überliefert worden ; sie haben manche gelelirte Verhandlung innerhalb und anfserlialb dieser Blätter hervorgend'eii, und bibliographische Neuig- keiten sind, rascher und gewählter als, zumal von Seiten des Auslands, in andern Blättern es möglich war, unseru Lesern vorgelegt worden.

Was rüclitsdestoweniger zu wünschen bleibt, besteht etwa in Folgendem;

1. Hinsichtlich der Dciihmülnr , deren Beischaffung bisiier grofsentheils aus unedirten Vorräthen erfolgte, welche sich allmählich erschöpfen und deren Zusammen- stellung dem Herausgeber oft schwerer fällt als es bei einem flüchtigen Blicke erscheinen mag, werden wir vor wie nach denjenigen unsrer Mitarbeiter vorzüglich dank- barsein, welche ein bisher zurückgestelltes oder verkanntes Denkmal, zugleich mit neuen Erfolgen seiner Erklärung, zur Bekanntmachung in diesen Blättern uns überweisen oder empfehlen wollen.

2. Die archäologische Forschung bedarf einer steten Wechselwirkung ihrer Theilnehmer, und wie jedes Stück unsrer „Denkmäler und Forschungen" ein neu zu lie- trachtendes Denkmal zugleich mit Versuchen seiner Erklä- rung darbietet, werden die daran zu knüpfenden F'orschun- gen hauptsächlich in gedrängter kritischer Beleuchtung der darüber abgedruckten Aufsätze erwartet.

3. Der Inhalt des „Arcliäologischen Anzeigers" ist durch die darin bisher enthaltenen Berichte über Vereiiis- thätiukeit, Museographie und bibliographische Neuigkeiten hinlänglicli begrenzt, um gerade für diesen Theil unsrer Bekanntmachungen behufs reichlicheren und rascher er- folgenden Inhalts eine möglichst vielseitige Unterstützung neu ansprechen zu dürfen. Der Herausgelier kann dieser Zeitschrift nur einige Nebenstunden zuwenden; so wenig als man erwarten darf, dafs sein h'iMioiirujihischcr Ue- rkht Schriften anzeige, welche i/iiii Jijc/il zugesuiull worden sind, so wenig vermag er auch für die \ ollstäiidigkeit seiner Notizen in den übrigen Rubriken einzustehn, so- fern nicht die auf Archäologie bezügliche 'I'hätigkeit wissenschaftlicher ^ ereine und der allniähliche Zuwachs (irchiinlogischer Sdinmliintjcn von den ihrer Leitung und Aufsicht vorstehenden Personen ijefälligst ihm zugelertigt werden. Solchergestalt unsre Zeitschrift auch fernerhin und womöglich noch reichlicher als bisher zu begünstigen, verfehlen wir nicht alle diejenigen geziemend zu ersuchen, deren Beistand aus alter und neuer Zeit bisher uns zu statten kam oder hinführo zu unseren Gunsten sich he- thätigen will.

E. G.

Herausgegeben von E. Gcrinird.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

J\S 52.

Zur ArchäoJoyischen Zeilunr/, Jahrgang XI.

April 1853.

Wissenscliaftliclie Vereine: Rom (arcliüologisclies Institut). Museograpliisclies; Reiseliericht aus Südfrankreicli

(Vienne). Neue Scliriften.

I. Wissen.scliaftliche Vereine.

Rom. In der Sitzung des arcliaol ogisclien Instituts vom 17. Deceral)er v.J. besprach Dr. ßriiini das von ilini aus Hrn. Campana's Besitz in den Werken des Instituts (.Mon. lil, 9j verciffentliclite und seiner Kclit- lieit wegen melirlacli , namentlich von Otto Jahn (vgl. U. u. F. 1852 S. 46), angefochtene Wandgemälde von Alplieios und Arethusa. Laut einer l)rie(lichen Mitthei- lung des scliari analysireudeu Hrn. GuUi würde doch wenigstens die Hauptgrui)|>e in Bütten jenes Bildes antik sein, wenn auch das Uel)rige vielleicht einer Ergänzung nach raffaellischen Vorbildern angehörte; ein seiner Grund- lage nach antikes Bild in jener werthvollen Composition zu erkennen, heischte Dr. Braun aucli aus dem Grund, weil andre zugleich vorgelundne Zeichnungen derselben Hand noch vorhandnen Denkmälern gelten (Bidl. 1853 p. 22f.). Dr. //. lirnnn nahm von demselben Bild An- lafs, Erörterungen über die Corapositionen des Nikias daran zu kuiiplen. Hr. Cunlnu gab Nachricht über eine ansehnliche Ehreninsclirilt, welche vor der Basilica Julia neulich gefunden v^ard. Hr. Henzen legte den vom Architekt Rosa angefertigten Plan der am Albaner See unterhalb Palazzuolo's von ihm nachgewiesenen antiken Villatrüminer vor. Ebenfalls Hr. Henzen gab kritische Bemerkungen über eine die Competenz römischer Ge- richtsbarkeit anlangende Stelle der Xiphilinischen Auszüge aus Dio Cassius 78, 22 (Bull. p. 24f.). Dr. H. Brunn sprach über die aus Köhlers Nachlal's bekannt gewordnen Verdiichti^ungen griechischer Künstlernamen auf Gemmen, und äufserte sich günstig über deren zu Berlin durch Tölken erfolgte Beschriinkung (Bull. p. 25f.) , dieses um so mehr als gleichzeitig iür die von Köhler vorzugs- weise angefochtene und als wissentliche Fälschung durch Stosch betrachtete (Jemmeninschrilt Ttti';;?;? j/ionxov- Qidov . . . eines Pallaskopfes, durch Nachweisung des Hrn. de Rossi aus einer vatikanischen Handsclirift, sogar die Bürgschaft des Cjriacus Ancoiütanus aus dem fünf- zehnten Jahrhundert sich beibringen liels (Bull. 1853 p. 25fr. Vgl. ebd. 53 f. Sitzung vom 28. Januar).

In der Sitzung vom 7. Januar 1853 zeigu^ Hr. Keslner das Original eines in den Impronte dell' Inst. \ , 87 ent- haltenen Gemmenliilds seiner Sammlung, welches bei dem

durch Siephani und Mercklin verfafsten Verzeichnifs alter Plerdenamen neuerdings zu Sj)raclie kommt. Hr. Cuninii gab Kenntnifs von einer in den Ausgrabungen des Forums vor kurzern gefuiidnen obscönen Inschrift; der damit ver- unzierte Stein enthält zugleich aus der späten Zeit des fünften Jahrhunderts eine Erwähnung des Genius populi romuni, wie solche laut Hrn. de Rossi's Bemerkung be- kanntlich auch bei Prndentius vorkommt. Hr. de Rossi sprach ferner über ein bei der Basilica Julia gefundnes und von ihm als Decret des Stadtpräfecten Tarracius Bassus gegen Uebergriffe der Weinhändler gedeutetes (Bull. 1853 p. 37if.) Inschriftfragment. Aus Mitthei- lung des Professor J. M. de Alavu zu Sevilla wurden Zeichnungen des Herkulesgrabes zu Tarragona [Arch. Anz. 1852 S. 155] vorgelegt, deren von GerliartI an- gefochtene Echtheit von Hrn. Canina lebhaft vertheidigt ward. Hr. Uethmann erinnerte, dafs dergleichen bild- licher Unsinn [besagte Schwarzmalerei enthält aber den ganzen Inhalt Diodors über des Herkules Abenteuer] im Blittelalter den Alcliymisten beliebt gewesen sei. Hr. ISraiin sprach über die im Palast Giustiniani befindliche, schöne aber stark ergänzte, Wiederholung der sitzenden Ariadne im Museum zu Dresden. Der Sitz auf einem F'els ist in beiden Exemplaren dieser Statue gesichert; desgleichen geht ans dem Giustinianischen Exemplar mit Sicherheit hervor, dafs der rechte Ellbogen in <ler That auf die Hüfte gestutzt war. Auch die Richtung des Kopfes scheint, obwohl er ergänzt ist, richtiger getrofTen zu sein als im Dresdener Exemplar; besonders aber ist in diesem letztern die Riclitirng des linken Arms verfehlt, welche im Giustinianischen Exemplar nach Anleitung des I'^altenwurfs lebendiger erscheint. Sicherer hierüber urtheilen zu können, bedarf der Dresdener Marmor einer erneuten Untersuchung. Tiefer Schmerz ist das über- wiegende Motiv dieses schönen, von Winckelmanu deshalb auch als Agrippina benannten, Werks; bei der Benen- nung Ari.nlne alier [die bisher, seit der Vergleichung des Salzburger Mosaiks durch Thiersch, doch für entschieden galt] darf man nach Hrn. Braun's Ansicht sich nicht beruhigen. In der Sitzung vom 14. Januar zeigte Hr. William Go)u»io)i({ einen schönen etruskischen Skarabäus, worauf

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eine Fiügelgestalt mit Hammer iu der linken Hand ab- gebildet ist; eine Säge liegt daneben, von iilinlicher Form wie sie in dortiger etruskisclier Gegend noch lieute ül)licli ist. Nach Dr. Braun's Ansiclit ist Ikaros oder Diidalos, beim ersten Versuch ihrer Befreiung ans dem Labyrintlie, damit gemeint. Aul das Attribut der Flügel sei in einem etruskischen Werk nur wenig Gewicht zu legen. Hr. Matrunga zeigte das Fragment einer Erztafel, welche einerseits einige etruskisclie Schriftziige, anderseits aber eine reichliche lateinische Inschrift enthält, und maciite dadurch das Verlangen nach ähnlichen, aber erhaltneren, bilingueu Denkmälern etruskisclier Schrift von neuem rege. Von demselben ward der Gemmenabdruck eines an- geblich aus Pästum herrührenden Originals, mit dem Bild eines durch die Keule als Herakles bezeichneten Helden gezeigt, welcher einem Vogel das in ähnlichen Dar- stellungen dann und wann menschenähnliche Haupt ab- schneidet; diese Darstellung bleiljt einstweilen dunkel. \\s.\. Winck. Stosch.2, 8, 467; nach Panofka, Berl. Akad. 1839, Perseus.] Auch legte Hr. Matranga die Zeichnung eines kleinen Thors, ,,in Posterula" genannt, vor, welclies sich unter der Stadtmauer von Terracina befindet und durcli 'J'lieo- dorich mit dem Zeichen des Kreuzes versehen ward. Schliefslich zeigte derselbe ein aus den Grabungen der Basilica Julia hervorgegangenes griechisches Epigramm, dessen Inhalt Hr. Welcher als Votiv eines Hirten für Apollo erörterte, der seinem Schützling nicht nur im

Traum, sondern auch bei hellem Tage erschienen sei.

Hr. de JRossi gal) eine sinnige Erklärung des neulich von Mercklin behandelten Glasgefäl'ses aus Populonia, welches zuvörderst mit einem ähnlichen Borgianischen in der Bibliothek der Propaganda verglicheu ward. Beide Ge- fäfse sind einander ähnlich; al)er die Inschrilt BaiAE bildet einen Vorzug des letztgedachten und beweist zu- gleich, dafs es sich in jenem merkwürdigen Complex alter Baulichkeiten nicht um römische sondern um kam- panische Oertlichkeit handelt. Demnach erhalten alle dort benannten Baulichkeiten ihr eigenthümliches Licht, so dafs das falui'mm dem in Alonunsens Inscr. Neap. no. 2618 erwähnten neroiiischen Palast, die ]n\ae dem ])Uteolanischen „opus pilarum", das stuijnum einer dor- tigen Naumachie, die ostreariu denen des luCrinischen Sees gelten. Hrn. de RossVs Ausfülirun«; dieser Ansicht wird im Bullettino Napoletano erscheinen. Uel)rigens bemerkte Hr. Wehher, dafs dergleichen Gefäfse zur Erinnerung an jene reizenden Gegenden für deren zeit- weilige Besucher angefertigt sein mochten. Dr. Braun legte Zeichnungen zweier Statuen des Palastes Giustiniani vor, welche, urspninglich zu einander gehörig, der im Braccio nuovo des Vatikans aufgestellten und längere Zeit für eine der Kaneplioren cles Pandrosions gehaltnen Statue entsprechen. Nach<lem jene Ansicht durch neuere athenische Grabungen ohnehin widerlegt ist, läfst sich zum Ueberlluls noch bemerken, dafs jene von Camuccini dem Vatikan überlassene Statue nicht, wie vorausgesetzt

worden war, aus Palast Giustiniani und demnacli viel- leicht über Venedig aus Griechenland, sondern aus dem Palast Paganica herrührte. Da dieser sowohl als der Palast Giustiniani dem Panthnon nahe liegen, so kam Hr. Brami auf den Gedanken, als könnten in jenen drei Statuen einige der von Plinius als Zierden des P.Tntlieon erwähnten Karyatiden des Diogenes von Athen erhalten sein: dafs ein Athener aus Agrippa's Zeit die berühm- testen gleichartigen Statuen seiner Heimath nachahmend benutzte, darf nicht befremden (Bull. p. 37).

In der Sitzung vom 21. Januar gab Hr. Henzeii Nachricht über eine aus Lambäsis herrührende Statuen- insclirilt, gehörig zu einer Gruppe von Bacchus und Ampelus, die um Rückkehr des Bittstellers nach Rom angeÜeht werden; sodann über eine im vorigen Jahr- hundert an derViaPraenestina gefundene Inschrilt, welche auf eine freigelassene Galeria Lysistrate, Kaiser Anto- nin's Gefährtin seit Ableben der Faustina, sich bezieht (Bull. p. 49). El)enfalls Hr. Henzen brachte Cavedoni's neueste Arbeit ül)er ein bei Clusium gefundenes christ- liches Cimeterium iu Rede, in dessen Inschriften auch das unchristliche Disilanibus gefunden wird (ßull. p. 60f.). Dr. Braun zeigte in Probedruck einen auf päpstliche Kosten schön ausgeführten Kupferstich des im latera- nischen Museum aufbewahrten Mosaiks (Asaroton) des Sosus, und sprach über dessen, unter JMitvvirkung des Pater Secchi erfolgte, Ergänzung durch die kapitolinische Taubengruppe (Bull. p. 51). Hr. Camna berichtete über die neuesten Ausgrabungen auf dem Forum, aus denen so eben eine zum Tempel der Dioskuren gehörige Säule zugleich mit einem Rest seines Gesimses hervor- gegangen ist; dafs zwischen diesem Tempel und der Basilica Julia kein drittes Gebäude lag, hat durch den nun vollständig ausgegrabenen Grundplau dieser letzteren, in Ueliereinstimmung mit einem bekannten Fragmente des kapitolinischen Plans, sich bestätigt.

In der Sitzung vom 28. Januar legte Dr. Braun eine Zeichnung der bisher aufgedeckten Ueberreste der Ba- silica Julia und einen Versuch zur Herstellung dieses Gebiiudes, herrührend von dem preufsischen Architekt Cuvuni, vor und knüpfte hieran verschiedene Folgerungen für die Bauart gedachter Basilica (Bull. p. 52f.). Dr. //. Brunn erwähnte aus dem im Talndarium l)efindlichen Magazin ein Fragment marmorner Schillsschnäbel, welclies zu der vor längerer Zeit beim Sej)timiusl)Ogen entdeckten halbzirkligen Basis gehört haben möge. Hr. de Rossi gab nähere Auskunft über das Fragment einer Handschrift aus Pergament (vgl. S. 325), durch welche ein Zeitgenosse des ("yriacus Anconitanus (sec. XV) Abschrift der neuerdings von Hrn. Stephan! verdächtigten Gemmeuinschrift eines Eutyches, Sohn des Dioskorides, uns überliefert hat (Bull. ]). 53 f.). Hr. Kexinrr zeigte ein vierecktes Gewicht von Erz mit Zitfern und Siglen aus später Zeit. F'rau .irec/cHS-SchatThausen zeigte einige aus Mainz herrührende Sachen von Elfenbein, einen Kamee aus Elfenbein mit

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den Reli(-fkö))ftii von Serapis und Isis, wie aiicli einen Kamee von Plasma dt siiieialdo mit <i<.T selir leliindiuen Figur einer liaccliantin. Dr. Ilunzcn si)ratli idier e[ii- grapliische Scliriften von Craun (in IJonnJ, Spano und Minervini (p. Ö5i'.).

In der Sit/nng vom 4. l'elirunr aufserte Hr. Mutranga seine \ iinuilliung, dal's der AuHindungsort in Via Gra- ziosa, aus «elclieni gewisse bekannte Wandgemidde [D.U. F. 'l'af. XLV. XLVIJ lierriiliren, zum Porticus der Livia ge- hört liahen niöcliten, ward aUer von Hrn. Ctiniim wider- legt. — Weiter spraili Hr. Canina iil)er ein wichtige topo- graphische llntdeckung, indem eine hinter der Tribüne von S. Maria sojjra Minerva in einem kleinen Haus geluodne Treppe die vormalige Lage des bisher meist mit dem Sera|)euiu verwechselten Isistempels bestimmt, welcher dort auch durch ein ägyptisches Kapitell und durch den auf Grunil des «lortigen Bibliothekgebäudes gefundenen Isisaltar im kapitolinischen Sluseum bestätigt wird, Hr. Kesiiier zeigte ein schönes Fragment eines Kameen mit Pallasbiiste. Dr. H. Brunn sprach gegen Minervini's Deutung gewisser Sphinxbilder auf Oedipus (Bull. p. 69 tT.). Dr. ISritiin sprach iiber Bildnilskopl'e des Cicero, wo- gegen Hr. iVulclcr Widerspruch einlegte (Uull. p. 57f.).

In der Sitzung vom 11. Februar sprach Professor Vischer aus Basel, nach seiner Ruckkehr aus Sicilien, nl)er die im Rheinischen Museum 1846 S. 6 IT. von Mominsen heiiandelteu Theaterinschriften zu Syrakus (Bull. p. 58); es ward nach Bemerkung des Bankier Fischer zu Palermo auch der stylistischen Uebereinstimmung zwischen den Münzen der Königin Philistis und des zweiten Hieron ge- dacht. — Desgleichen sprach Hr. ]"isclicr über eine christ- liche Inschrift in den Katakomben zu Syrakus. Es ward Hr. Rosas schöner Herstellungsversuch der Ruinen von Albano (Bull. p. Sfl.) näher betrachtet. Hr. Henzen berichtete über den neulichen Fnnd eines zweiten Colum- hariuius in Vigna Codini (vgl. Bull. 1852 p. 81), welches bereits ausgebeutet, aber durch die consularische Inschrift seines Fufsbodens vom Jahre Roms 754 merkwürdig ist; ferner ülier die ardeatinisclien Funde des Hrn. Giii((i, denen aufser vorzüglichen Terracotten [oben S. 282] auch eine männliche Gewandstatue von Marmor mit einem Adler (kein Juppiler), unter den Terracotten aber hauptsäcldich ein künstlerisch werthvoller Silenskopf angehört (Hüll. [). 59). Auf .^nlal's des Minervini'schen Bullettino Na- poletano ward über den neuesten kumanischen (iräber- fuud gesprochen. Dr. Braun legte die .'Abbildung des kolossalen ,lunoko[)fes vor, welcher im Jahr 1843 von Hrn. Delajiorte aul der Stelle des alten Karthago ent-

") Hirt B. Gall. Vlfl, 46.

'') Dies (jelit hervor aus ihrem Namen Colonia .Iidia V'ienna, den ihre IMimzen aulwei.ven und aus jener .Stelle der Rede des Claudius (jetzt Tacitus ed. Nipperdey. T. II, 11.22')), wonacli Valerius Asiaticns, der bei des Caliyula Tode ein vnarixüi itirfit war, vor ilieser Vollbereclitigung von \ ienna als colonia Consiil f;eworden war.

") De la .Saussaye Numismatique tab. XV. führt 6 ver-

deckt ward; es scheint dieser Kopf einer Statue und zwar, da er lüldnilsziige verräth, einer Bildnifsstatue von noch ungleich griilserein Verhältnifs als der Kopf der Julia Pia in der Rotonde des Vatikans gehört zu haben.

II.

Muscograpliisclies.

Reisebericht aus Südfrankreich.

Vgl. oben no. 51. S. 314— 322.

II. ViENNE. Die Stadt Vienne mit ihren an Fruclit- gärten und steilen, wolilbei)auten Bergen reichen Umge- liung, sowie das jenseit der Rhone gelegene St. Colombe gehören zu den ergiebigsten Städten antiker Funde im südlichen Frankreich. Als alter Hauptsitz der inäclitigen Allobrogen schon vielfach berührt von griechischen Ein- llüssen, seit Cäsar, der ja am Ende der gallischen Feld- züge die treuen couventus der Provincia und solche waren die Allobrogen gewesen belohnt"*), mit muni- cipalen Rechten, unter Caligula endlich mit dem solidum Roinaiiae civitatis beneficium ausgestattet ') und als Colonia Blünzen schlagend ''j, ein in Zeiten des Thron- streites geiürchteter nationaler JMittelpunkt ''), später !\littelpunkt der Provincia Viennensis trägt es noch heute die Sj>uren jener von Kaiser Claudius"''), später von Ausonius^') gerühmten Opulenz an sich, die in grofs- artigen Bauten und reichem, künstlerischem Schmuck sicli aussprach. Auch hier hat das geistliche Regiment der Bischöfe, die seit dem elften Jahrhundert mit fürstlicher Gewalt die Stadt beherrschten, zur Erhaltung der antiken Trümmer wider seinen Willen beigetragen, indem es heidinsche Tempel zu christlichen Kirchen weihte, un- mittelbar antike Prachtstücke in kirchliche Neubauten übertrug, die Stätten weiugstens antiker Prachtanlagen durch Klostergebände heiligte. Auch das \'olk seihst hat manches Denkmal durch eine mittelalterliche Legende besonders von Pilatus vor dem Abbruche sicher gestellt.

So ist mitten in der Stadt ein antiker peristyler Tempel mit korinthischen Säulen und den beiden Fronti- spizen bis auf die theilweis abgeschlilTenen Cannellirnngen wohl erhalten, indem er in eine Kirche Notredame de la vie umgewandelt und die Säulen in die Umfassungs- mauer versteckt wurden. Gothische Fenster und Ein- gang nehmen sich wunderlich genug zwischen den Säulen aus. .^Inii hatte bei meiner Anwesenheit den Grund so eben rings aufgegral>en , und war damit beschäftigt, aus

schiedene Bronzemünzen auf, die die Kopfe des Caesar und Augnstns, des Angiisliis und Agripjja, des Angustus allein und als Revers Schill'schnäbel mit Thurmbau, Enlerbalken, Mast und die Inschritt C. 1. V. haben.

■■") Tac. II. I, 65, 66. 77. H, 66.

'") Claud. or. bei Niinierdey II, p. 224; ornatissiina ecce colonia valentissimacjue Viennensiuni.

'") De dar. nrb. 8.

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dem luntin die aufgeliHutten Todtengebeiue lierauszu- scbaifeu. Der Bau soll, wie der 'J'empel zu Nimes, zu einem Jluseuiu Ijenutzt werden. Er ist bedeutend schwerer wie dieser gebaut, Lüiier, aber nicht länger und es ielilt iliin jener trefflich gearbeitete Fries ; die das Frontispiz umgebenden Glieder stehen an Feinheit denen zu Nimes weit nach. Jetzt wird es erst möglicli sein, die Erhebung des Unterbaus über das alte Pflaster zu bestimmen und vielleiclit findet sich bei diesen Aufgrabungen ein iu- schriftliches oder plastisches Zeugnifs, das sichrer als die A'agelliicher am Fries für Zeit und Weihung Auf- schlufs gäbe. Den Charakter grofsartiger, nur durch Massen wirkender Einfachheit zeigt d;is vor der Stadt mitten in Garten liegende Denkmal, l'AiguiUe, der Sage nach das Grab des Pilatus, der überhaupt liier in Stadt und Umgegend eine grofse Rolle spielt. Eine steile, ab- gestumpfte Pyramide erhebt sich auf einem Tetrapylon, das mit einem schweren vou je 2 auf Stylobaten stehenden Säulen getragenen Gebälk bekrönt wird. Die Capitelle sind nackte, konische Körper, ganz entsprechend den an der Facade der Porta nigra zu Trier erscheinenden Pilastercapitellen. Aufserordentlich schwer und stark tritt der Keilstein der Eingangsbogen auf. Wie das Ganze aus grol'sen Steinquadern gefügt ist, so ist aucli das Innere nicht gewöll)t, sondern die flache Decke wird aus einem Ungeheuern Langsteiu und darin eingefugten Quer- steiueu gebildet. Auf diesen ruht die Last der innerlich liohlen Pyramide. Dals wir hier ein Grabdenkmal vor uns liaben, daran kann nach der bekannten, von den Uömern an den verschiedensten Punkten ihrer Herrschaft adoptirten Mausoleumsform kein Zweifel sein. Mir scheint jedoch dasselbe erst der späten römischen Kaiserzeit anzugehören, der Zeit, woiieben der Ueberfüllung der Ornam-ntik und diese zum 'J'heil verdrängend eine fast absichtliche Roheit und Nacktheit der architektonischen Formen eintrat. Eine genauere Untersuchung über den Zusammenhang der antiken Trümmerreste in der Maison des Caiiaux, wozu die Triumphplorle, sowie andere kleinere und einzelstehende Säulen gehören, war mir bei der Kürze der Zeit nicht möglich, ebensowenig ein Be- such der an dem liergabhang hinter der Stadt in Gärten iielindliclien Spuren des Amphitheaters, des weiter ent- fernten Theaters, sowie der Stadtmauer und Aquädukte'"). Dagegen fielen mir bei der nähern Betrachtung der lieideu Haupikirchen , der reichgolhischen Kathedrale .St. Maurice, sowie der höchst alterthilmlichen, mit ältester Rundnische, kleinen einfachen Rundbogenfenstern und Runden versehenen, nur gothisch dann theilweise umge- l)auten Prioratkirche Andre le Bas nicht allein die hierin benutzten antiken Säulen (so im Eingang der Nische von St. Andre), der antike Fries mit Blättern und Thierköpfen (St. Maurice), die Verwendung von Capitellen zu Weih- kesseln, edler Marmorarten, so Verde antico zu Beklei- dungen auf, sondern die unmittelbare Nachahmung antiker Formen bei der Gliederung und Bckrönuug der gothischeo

Pfeiler, als korinthische Wandpfeiler, bei der Profilirung von Gewölbbauten mit Zahnschnitt, bei der Durchführung von Coruichen. Ja, unter den vielfach im Revolutions- taumel zerstörten Gestalten der reich geschmückten Haupt- portale der Kathedrale, die alle durch Stil und Erbau- ungszeit der Kathedrale dein vierzehnten, höchstens fünf- zehnten Jahrhundert angehören, sah ich einen weiblichen Torso mit einer scharf um den Leib gezogenen Gewan- dung, die unverkennbar nach einer Antike an Ort und •Stelle gearbeitet war. Eine so unmittell)are Fortwirkung der antiken, an örtlichen Denkmalen dem Auge immer entgegentretenden Formen in den Bauten und Bildnereieo des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts habe ich überhaupt, selbst in Italien nicht in gleichem Malse ge- funden, als in den Städten der alten Narbonensis.

Wenden wir uns jedocli zu dem, was das Hauptin- teresse für den Archäologen bietet, zu der Antikcnsumm- hmg von Vienne, die ihre Entstehung dem unermüdeteu Eifer eines Deutschen, Schneyder verdankt, dessen Büste daher verdientermafsen auch in ihr sich befindet. Ich traf sie gerade in einem etwas desolaten Zustande; ihr früheres Lokal, die Kirche von St. Pierre war aufgegeben und das neue, eben jener antike Tempel noch nicht her- gerichtet. Einstweilen hatte man Mosaike und alle Werke von Stein hinter einem Bretterverschlag in der grofsen Halle au ble untergebracht, während alles Uebrige an (Seläfsen, Bronzen und dergleichen in der Bibliothek de- ponirt war. Dies letztere konnte mir nicht gezeigt werden, während ich ungestört ein Paar Stunden in der Getreide- halle der unbeschränktesten Besichtigung der aufeinander vielfach gestellten Schätze widmen konnte. Ich kann zur Vergleichung nicht auf die Notice du musee d'antiquites etc. von Schneyder mich beziehen, sondern auf den \ou -\Iillin gegebenen Katalog der Zeichnungen dersellien, den dieser") aber als den vollständigsten der Denkmale selbst bezeichnet.

Die Zahl der ArcliUeJcturstiiclie ist sehr bedeutend und zum grofsen Theil von der reichsten Ausführuii": dreitheilige Architravstücke, eine zusammengehörige Reihe von vier Theilen eines weit vorladenden, korinthischen Gesimses, von Cassetten mit scharf gearbeiteten Blüthen, von korinthischen Capitellen. Interessant sind die drei hohen Friesstücke, die durch weit vortretende Pilaster mit gekröpftem Gesims getheilt sind, dazwischen tritt als Hauptrelief je eine Jünglingsgestalt mit phrygisclier Mütze und kurzem Pallium, der ileu gesenkten Kopf auf die ans Kinn geführte Linke stützt, wälirend die Rechte einen ovalen Schild hält; der eine hat als Schildzeiclien einen Delphin darauf. Ich will hier nur bemerken, dafs ganz ents|)rechende grol'se Archilekturlragmente, die sicht- lich zu einem Portikus, oder einem Triumphbogen ge- hörten, öfters in den südfraozösischen Museen erscheinen,

^") Uiber Ausgrabungen von 1831 und 1S46 berichtet Kev. arch. III, \>. 272 (f.

'') Vojage II, p. 11 ff.

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so z. B. in dein Garten des Museums zu Narbonne; diese Gestalten werden in den Katalogen weist mit ganz dunkeln, auch dem Gesclileclite nach nicht entsprechenden Namen belegt, wie Pretresse de Cybele ou plutöt Angerona, Keronia dc-esse des affrancliis und dergleichen "). Sicht- lich steilen sie weiter nichts als besiegte Nationen, hier vor allen Gelten dar, gerade sowie an denselben archi- tektonischen Stellen uns Watrentrophilen mit und ohne (Jefangene begegnen.

Es führt uns dies hinüber zu den nimlen plastischen Dildungen: da zieht uns das Mittelstück einer muiiiinc/icii Gewaodstatue an, ein trefflicher Torso eines nackten Jünglings ganz einem acht griechischen Eros entsprechend, lerner ein grolser weiblicher sitzender Torso mit vollen Brüsten, einem griechischen, langen Untergewand und dem Himation mit xöXnog und Diploidion ; der rechte Arm ist nach vorn gestreckt, also eine mütterliche, thro- nende Göttin Demeter oder Hera, eine Slatueuhuse mit jugendlichen, miinnlichen Deinen, endlich ein trefflich ge- arbeiteter Windhund auf antiker Basis liegend, den Kopf rückwärts gewendet, auf dem Rücken des Tliieres zeigen sich Spuren eines andern, aber undeutlichen (Gegenstandes. Zwei bedeutende Bruchstiicke nohüren sichtlich einer weiblichen, auf einem Felsen sitzenden OrlsgoUheit an; daneben zeigt sich ein Baumstamm, in trefflicher Aus- führung erscheint die auf den Felsen gestützte Hand. Die im Jahre 1798 in einer Vigne gefundene, wohler- lialtene Gruppe der zwei Knaben, von denen der eine mit einer Taube forteilen will, während der andere, um ihn zu halten, ihn in den Arm beifst, sicherlich Eros und Antcros wobei die zwei Symbole prophetischer, durch die Soime hervorgerufener Erdkrait, Eidechse und Schlange noch erscheinen, ist von mir in dieser provisorischen Auf- stellung nicht gefunden worden ''). Unter den antiken Köpfen ragt an Kolossalität vor allem ein bärtiger He- rafcfcskopf hervor, wahrscheinlich die als la bobe de St. Maurice im Volke bekannte Antike; ferner ein bartloser, mit Lorbeerkranz geschmückter Ko|)f des Auijusltis, endlich ein Jii)io/.o;i/; auch Athene und Medusa sind hier vertreten.

Das Hauptinteresse erwecken hier jedenfalls die Re- liefs durch Stil und Gegenstand. Ich führe liier zuerst mehrere Fragmente auf, welche grüfsern Friesreiben wohl angehörten, ihrem Stil nach alle, objleich an Werth unter- einander verschieden, eine acht griechische Kunstübung beurkunden. Voran steht ein Relief, welches geradezu unter die besten, überhaupt erlialtenen, des griechischen freien Stils gesetzt werden mul's: in Lebensgröfse ruht in bequemer, freier Haltung eine weibliche Gestalt auf einem weiten Sitz, dessen eine Lehne mit Voluten und Palmetten an der Seite sich aufbaut. Sie ist nach der rechten Seite gewandt: ihr linker Arm rulit auf jener Lehne, der rechte ist nach rechts vorgestreckt, war aber, nach den Resten des Unterarms zu urtheileu, mit diesem

") Tonrnal Descr. ilu Musee de Narbonne p. "1. ") Miliin ir, [K 14. l'l. \XVI1, 4.

aufgericlitet, um sich an einen andern Gegenstand, eine Schulter etwa zu lehnen oder Erstaunen, Theilnahme zu bezeugen. Der volle, weiche Oberkiirper bis um einen Theil des Oberschenkels ist entblofst und zeigt ein feines, mafsvolles Linienspiel, während das von demselben her- abgefallene (lewand den Sitz bedeckt, mit dem einen Zipfel um den linken Arm geschlagen ist, und in reichen Massen den Unterkörper bedeckt. Dafs \tir hier eine Göttin vor uns haben, wahrscheinlich Aphrodite, welche mit Theilnahme einer in göttlicher Umgebung vorgehenden Handlung zuschaut, liegt auf der Hand. Unmittelbar wird man an die Motive im Parthenongiebel erinnert, obgleicli der Stil natürlich der Hoheit und Strenge eines Pliidias nicht zu vergleichen ist. Das Relief ist übrigens hier an Ort und Stelle, in dem an Funden reichen Wein- berg von Romestang entdeckt worden. Als gutes Relief- fragment erscheint der Unterkörper eines Knaben mit herabhängendem Gewandzipfel, sowie als Hautrelief ge- arbeitet der Untertheil einer w e i b 1 i c h e n , mit Diploidion bekleideten Gestalt neben einer cannellirten Säule.

Durch das Interesse des dargestellten Gegenstandes und der erhalteneu Motive ziehen eine Reihe anderer Reliefs an, die dem Stile nach nicht mit den eben ge- nannten zu vergleichen sind. Ich nenne zuerst einen Murmordiskus: von einem Lorberkranz umgeben, erscheint in der Mitte eine hochgeschürzte Tänzerin, in heitiger Tanzl)ewegung, die Hände vor die Brust zusammen er- hoben (/ttQig vnilui); von dem Schenkel flattert der dorische Chiton auseinander; das Haupt ist von der leichten hohen Schilfkrone, die hier allerdings schon mehr regelmäfsig geilochteu erscheint, bedeckt. Dem Stile nach einer bedeutend späteren Zeit, gehört ein zweiter Marmordiskus an, mit einem Randornameut von Eppich- blättern. Die Darstellung gehört zu den überhaupt sehr seltenen, der Befreiung der Hcsione durch Hcraldes: die letzte im langen Gewand, mit lang herabwallendem Haar ist mit der rechten Hand an den Felsen befestigt, während Herakles mit seiner Linken sie berührt; seine Rechte ist rückwärts zu dem Bogen gewandt, an der Seite hängt ihm der Köcher; es scheint, dal's er nach glücklich be- endetem Kampfe den Bogen zurück über die Schulter hängen will. . Ob die Rückseiten dieser Disken Darstel- lungen enthalten, habe ich leider nicht untersucht. Ein dritter Marmordiskus findet sich endlich da, mit der Maske eines Wassergotles , eines Okeanos mit reichen, llielsenden Haarmassen und einem Delphin auf der Rück- seite, der auch bereits bei Jlillin ") angegeben ist. Sie vermehren also die Zahl 52 der von Welcker ^'') behan- delten Marmorrunde um drei neue Nummern und zwei neue Darstellungen. Ueber ihren Gebrauch, als Schmuck zwischen den Intercoluninien der Säulenhallen meist aui- gehängt zu werden, kann nach Welcker's Darlegung ein Zweifel nicht mehr bestehen; es mag nur noch hervor-

") Voyage II, p. 15.

'■; Alte Denkm. Tbl. 11, S. 122-145.

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gehoben werden, dafs der ganz herrschende Gegenstand eines feierlichen Tanzes oder einer Lil)ation an einem flam- menden Opl'eraltar sciion entschieden dafür spricht, sie uns in den die Opferstatten umgehenden, sie überschauenden Vorhallen angebracht zu denken. Was den Gegenstand der Darstellung betriflt, so erkennen wir natürlich in jener Tiinzerin eine Hicroihile, noch Visconti eine Fvarya- tide, deren Darstellung und Deutung VVelcker ebenfalls in einem eigenen Aufsatz behandelt hat"). Der diese Hierodule umgel)ende Lorbeerkranz kann allerdings auf apollinischen Cult bezogen werden, wie wir ja die be- stimmte Verehrung eines Athenabildes durch dieselben Gestalten aus Terracotten kennen, jedoch will hier der Lorbeer wahrscheinlich nur die heilige Weihung und Reinigung liei dem Gottesdienst bezeichnen. Wie aber Welckerdie Gegenüberstellung, ja den unmittelbaren Ueber- gang der Hierodulen und Bakchen nachgewiesen hat'"), so ist also auch hier in der Diskusform an die Stelle der häufigen Bacchantin jene 'l'änzeriii getreten. Die Darstellung der Befreiung der Hesione tritt als neues Beispiel zu dem Mosaik der Villa Albani '*) und zu der Campanasclien Terracotte hinzu [vgl. auch Pitt. d'Ercol. IV, 62. Gerhard Apul. Vasonli. Taf. XI no. 1018. Denkm. 11. Forsch. 1849. S. 56. 'I"af. VI, 4] ; für ihre Umfassung durch Diskusform giel)t das runde Terracottarelief mit Perseus und Andromeda bei Millingen '^'') das Gegenstück.

Ein ziemlich roh gearbeitetes und nicht gut erhal- tenes Relief (als No. 179 liezeichnet) bringt zu den drei von Overbeck"") aufgeführten Reliefdarstellungen des Oedijnts vor der Sphinx ein Inedittim hinzu. Oedipus, nackt bis auf die von der linken Schulter heraldiiingende Chlamj's, die rechte Hand gehoben und den Zeigefinger hoch gereckt, in der Linken ein Speerpaar haltend, tritt von der linken Seite des Beschauers heran, ihm gegen- über steigt die Spliin.x, die sich von der gewöhnlichen Darstellung nur durch ihre Vielbrüstigkeit unterscheidet, von dem Felsen herab, indem sie den rechten Vorder- iufs zur Stirn erhoben hat. In dem Felsen ist eine Grotte sichtbar mit Alenschenköpfen. Ebenso zeigt sich zwischen Oedipus und der Sphinx eine hingefallene Gestalt, mit einem darüber befindlichen undeutlichen, einer Hacke etwa ähnlichen Gegenstand. Also haben wir hier eine Dar- stellung der l)ereits gefallenen Opfer der Sphinx, wie anf dem Pompejanischen Grabrelief.

Von l)esonderem Interesse ist ein \iereckiger Mar- inoraltar, oder vielmehr in Altarfonn gebildeter Cippus"), durch darauf stehende Säulenfragtnente jetzt sehr ver- deckt. Oben darauf i>t als Relief ein Kranz gebildet, von den vier Seiten, welche oben durch vorragende

") a. a. O. S. 146-152. '') a. a. 0. S. 149. 150.

") M'inkehn. Mon. In. I, 66.

") Anc. mon. pl. 18.

*") Gallerie her. Bililwerke Heftl. S. 52. 5.3.

■") In Miliin (II, p. 1.3) steht folj;enil<-, rliinkle und nn- genane An;ialie: Fiisos, ollrant un prefericule, iine banJelette, un laorier sur Ictiuel est un corbeau, <leux des <)uatre genies

Platte, einfaches Kymation und Stabe, unten durch das Schinngenziingenornament und breite Bändereingeschlossen werden, enthalten drei Reliefdarstellungen. Unter diesen tritt die eine sofort als Hauptgegenstand hervor, es ist Leda mit dem Scliwan. Unter einem Cypressenbaum ruht Leda mit angezogenem rechten Knie auf den rechten Arm gestützt, während sie mit dem linken den Schwan umfalst; das Gewand ist ganz von dem Kiirper herab- gefallen. Der Schwan, beide Flügel zur Umschattung breitend, hat den rechten Fufs zwischen die Beine der Leda, den linken über den Leib derselben gesetzt und kül'st sie mit dem Schnabel. Von der rechten Seite eilt Eros herbei mit Bogen, den Pfeil so eben abschlielsend. Bei mäfsiger .Ausführung tritt der wahrhaft schöne Linien- schwung und Ausdruck sinnlicher Hingabe sehr hervor. Wir erhalten also hier ganz dieselbe Alotivirung, als sie auf dem von 0. Jahn kürzlich herausgegebenen Sarko- phagrelief des Pighianisclien Codex''") uns gegeben ist, ^ nur dafs dort der Scliwan mit dem andern Fufs zwischen '| die Beine der Leda gestellt ist; dafs ferner Eros auf die Gruppe !ierabschwel)t, dafs aufst-r der Cypresse noch ein Eichenbaum erscheint. Den Cypressenl)aum möchte ich hier nicht mit Jahn ohne alle innere Beziehung zur Gruppe fassen, da er als ein der Aphrodite heiliger Baum und zugleich in sepulcraler Bedeutung hervortritt"'). Die andern zwei Seiten treten sichtlich an Bedeutsamkeit sehr zurück: auf der einen zeigt sich ein 'l'empel mit seiner Giebelseite, ein Ziegenbock und ein Baum, hinter dem ein Hirt sitzt, auf der andern ein geflügelter Eros oder Genius, welcher hoch ein dopj)ellienkliges Gefäl's hält, vor einem eigenthümlich gegitterten .Altar, dabei elienfalls ein Baum mit einem an den Hirt emporspringenden Ziegen- bock. .Also hier zwei ländliche Scenen mit Opferdienst vor einem Tempel, vielleicht dem Heroon des Verstorbenen ■'^). Ein spätrömisches Relief zeigt uns den gellü^'elten, lüwenköpfigenylcoji, schlangenumwunden, mit dem Schlüssel in der Hand; vor ihm flammt ein viereckiger Altar, wäh- rend weiter oberhalb des letztern ein Dioskur mit seinem Rosse steht. Von bedeutend besserer Arbeit ist ein anderes Relieffragment mit dem aus den deutlich angegebenen Fluthen sich erhebenden Helios; eine Strahleukrone um- giebt das Haupt, in der geholienen Rechten trägt er die l'ackel, eine Chlamys ist auf der rechten Schulter be- festigt. Endlich bleil)en uns noch zwei Reliefs an den zwei gegenüberliegenden Seiten eines grofsen, wie es scheint, zu einem FVies gehörigen Steines, von mittel- niäfsiger Arbeit: ein Bär oder \\olf erscheint bei einem fVuchtbeladenen , baumartigen Weinstock, den ein Mann mit dem Stein in der Hand bedroblt; die Gegenseite

des Saisons dont l'un tient un vase, l'autre est devant une chevre, Leda avec le cygne et nn Ainour, qni bände son arc.

■") Her. Kün. .Sachs. Ak. d. Wiss. S. 47— 64.

"'} .S. 51. Lajaril, Hecherches sur le culte du cupres in Annal. de! Inst. arch. XIX, p. .S4— 204.

") Aelinlicli die Hirtenscene und Leda auf dem Sarko- phag von Tortuna s. Piper Mythol. d. ehr. K. I, p. 201.

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nimmt eine aiulfre Tliierscerie ein, ein Löwe einen Hirsch verfoigeuil.

Von den in Vienne und St. (.'olombe gefundenen Mosaiken ist «las {jröl'ste und interessanteste mit der Ent- deckung des Achilles unter den Tiichterii des Lykomedes von dein Besitzer des (iruudstückes hald nacli seiner Entdeckung im Jalire 1773 zerstört worden"). Die in der Sannnlung vorhandenen, niclit unliedeutenden Mo- saikl)ruclistücke sind alle ohne menschliche Darstellungen, unter ihren meist mit Blumen oder Vögeln belebten Clus- tern liebe ich nur eines heraus von schwarz und weifsen Steinen mit Hunden, in deren Ecken die bekannten, unten spitz zulaulenden VVeinbehälter mit den von zwei Eidl- hörnern umgebenen Merkurstiiben wechseln. Eine Samm- lung von Murmorarten zeigt den Keiclithum fremder, liier in Vienne verwendeter Marmor.

W.^s die Inschriften belrillt, so habe ich ganz darauf verzichtet, die zahlreichen lateinischen zu vergleichen. Zwei, wie ich glaube, noch nicht beachtete viereckige Tlion-

platteu tragen den Stempel CLARIAINVS . Griechische tietinden sich zwei daselbst. Die eine, eine Grabinschrift auf Eutycliia, <lie Freigelassene des Krates ans Tralles, ist von Miliin'") bereits bekannt gemacht und genau bis auf die zweite Zeile, wo Millin schreibt: KPATHCFAA,

AIANOC obgleich im Stein ganz deutlich nur TA A zu lesen ist, allerdings ein Schreibiohler des Steinhauers. Die zweite, jetzt in der Sainmluiig betiiidliclie Inschrift wird dort von Millin nicht erwähnt, dagegen spricht er*") von einer iiiientziirerten griechischen Inschrift, die sich bei dem Tliore des Herrn Boissat an der Wand befand; dasselbe schrieb dann Mylius nach. Bei der Seltenheit griechischer Inschriften in diesen Gegenden zweifle ich nicht, dafs diese die jetzt im Museum vorhandene ist. Da ich glauben darf, dal's sie noch unedirt ist, da sie auch in den mir giitigst von Hrn. Professor Curtius mitgetheilten Aus- hängebogen des letzten Heftes vom Corpus Inscriptionuin neben der andern, eben genannten Inschrift sich nicht befindet, so gebe ich sie hier io möglichst genauer Copie:

EN^ GAKITEH

NlPetYHMATPliJ/VKi

QYrA-t\ HP MOKI MOYMANKITTOC P üJ M HUs^^E Z H C AE /f\\\Ar\A

n 0 ^^i^^^W NT EN TE

lEN

Diese durch das in der I\Iitte befindliche Kreuz im Kreise mit A und CÜ, durcii die zwei dem Gefäfse sich nahenden Tauben und durch die Formel selbst als christ- lich sich erweisende Inschrift ist für mich in seinem mittleren Theile unentziirert geblieben, während Anfang und h^hde sich leicht lesen lassen: 'Evi^u y.iiiui iv iiQi'jVtj fiaTQUvu d-vyaxriQ Moy.t/.iov ftüvxtnog Pw^iait] Criauan

iXT] u'y.oai y.at nivTi. Man erwartet

natürlich die vor der ■)aliresangal)e vorausgehende Zahl der Monate und Tage, jedoch wollen diese Buchstaben einer einigermafsen treffenden Erklärung sich nicht fügen. Ich erlaube mir zum Schlüsse noch, mehr fragweise aui eine archäologisch interessante lateinische Inschrift aus Vienne, die längst bekannt ist und durch ihre grolsen, scharfen Schriftcharaktern sich auszeichnet , aufmerksam zu machen""):

DDFLAMINICA VIENNAE TEGVLAS AENEAS AVRATAS

CVM CARPVSCVLIS ET VESTITVRIS BASIVM et SIGNA CASTORIS ET POLLVCIS CVMEQVIS ET SIGNAHERCVLIS ET MERCVRI DSD Wir sehen al) von dem hier schwierigen D D, wofür noch ein Name der Flainiuica gesucht wird und finden also, dafs diese Flaminica in Vienna sichtlich für einen Punkt, ein Heiligthum zweierlei stiftet: architektonische 'l'heile und signa, unter den letztern wieder zwei sell)stän- dige Gruppen, die des Castor und Pollux mit ihren Rossen und die des oft, besonders in Gymnasien verbundenen Hercules und IMercurius. Die vergoldeten Bronzeziegeln gehören natürlich auf ein. Tempeldach , wie wir sie ja beim Bau des Pantheon kennen. In enger Verbindung, als etwas Dazugehöriges, jedenfalls als architektonische Theile erscheinen hier die carpusculi et vestiturae basium. Was sind zunächst die letzteren? Wir können hier bei bases, wo von dem äufseren Schmucke des Tempeldaches, als der Hauptsache die Rede ist, nur an die Säulenbaseu des das Dach tragenden Peristyls denken. Diese halien eine vestitura bekommen. Allerdings kann man hier zu- erst auch an eine Marmorbekleidung etwa eines Back- steiiikörpers denken, aber unwahrsclieinlicli ist dies jeden- falls ganz bei einem also mit dem kostbarsten und schwersten Material gedeckten, heiligen Gebäude. Vielmehr sind wir schon durch das Vorhergehende auch auf eine ver- goldete Erzumkleidung hingewiesen. Was sind nun die carpusculi? So viel mir bekannt ■""), kommt es nur hier vor, wird meist aber mit carpisculis identilicirt, was eben- falls nur bei Vopiscus (V. Aurel. c. 30) erscheinend hier ein gemeines, barbarisches Schuhwerk bezeichnet; man liat es daher mit dem italienischen soccolo vergleichend,

"') Millin Voy. II, \k 1511.

") ir, ]). 24.

'") II, p. 4S.

") Millin Vojage II, p. 54.

") Forcellini s.li.v. DufresneGIoss. med. et inf. latin.s. h. v.

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als Säulensockel, d. Ii. also als Basis aufgefarst. Dies ist «anz uüwalirsclieiiilich: in unserer, nach der Sclirift zu urtheilen einer ganz guten, tler Augusteischeu wenigstens nahen Zeit angeiiöiigen Insclirift sind die carpusculi und niclit carpisculi bereits ein liekannter, technisciier Aus- druck für einen Architekturtheii. Sollte dieser also von jener, spaten Schuhhekleidung erst übertragen sein? Und was sollen denn die carpusculi als Sockel neben den vestiturae basium? Wir erwarten überhaupt vielmehr die Herstellung eines andern, der Basis entgegengesetzten Tlieils der Säule, desjenigen, an dein der Schmuck am meisten Jiervortritt, des Capitells. Die Demiuutivbildung carpusculus entspricht an und für sich schon den meisten lateinischen, den griechischen nachgebildeten Ausdrücken für das Capitell und seine Theile: capitulum, cauliculi. Carpus ist auch in das Lateinische mit der Bezeichnung der Handwurzel, also des engen Ansatzes der Hand an

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den Arm aufgenommen, bekanntlich eines im Alterthum wie überhaupt zu allen Zeiten hauptsachlich schmuck- fähigen Theils. Auf die Säule angewandt, deren Aus- drücke ja dem menschlichen Körper zumeist entnommen sind, bezeichnet carpus oder carpusculus dann den Punkt, wo das Capitell an den Schaft ansetzt, das vnoxga/'^T.tov, welches l)ereits im dorischen Bau durch einfache Bänder hervorgehoben in ionischer und korinthischer Entwickelung vom reichsten Sclimuckband umgeben ward. Dieser Theil von kostliarerem, glänzenderem Stoffe umkleidet, bildet recht das Analogou zu den vestiturae basium und die gleiclisam geforderte Vermittelung zwischen jenen und dem glänzenden Bronzedach. Ich gebe diese Ansicht zur weitereu Prüfung, womöglich zu einer Bestätigung oder Verwerfung durch Erweis wirklichen Sprachgebrauches Erfahrenem auheim.

Jena. K. B. Stark.

III. Neue Schriften.

Revue archeol ogi que. Annee Vlll. Livr. 10 12 (Janvier marsj. Annee IX. Livr. I XII (avril mars). Paris 1852. 1853. 8.

Enthält unter anilern : Lettre ä M. Lenormant sur deux vases peints antiques du Musee du Louvre. Le rlieteur Tisias, Polyerate Roi de .Samos {A. de Lomjperier Vlll, 2 |). 62111'. pl. 167. 168.). Des derniers travaux laits sur la philologie egyptienne (.1. Mminj [1.602 (f.). Note sur quelques nonis puniques ä roccasion d'une insCription trouvee en Bretagne (t. Renier p. 702 11.). Deuxieme lettre ä M. Ch. Jeannel sur les anciennes religions des Gaules (.-1. BdrthcUmij p. 717(1'.). Lettre de M. Itonlez siir une inscription de Strasbourg {p. 773 11.) De l'architecture |iülyclirome ^E. Cnrlier Annee IX. Partie I p. lif.). Obss. sur les tombeaux des Rois a. Jerusalem (R. Ruchetlc p. 22ir. Reponse de M. de Säulen p. 39811.). Notice sur les rnines de Zana, l'ancienne Diana Veteranoruin (/>. Renier p. 3Sff.) Decouverte des Aquae Apollinares (P. Marchi p. 4ßlf.) Lettre de M. de Ring sur rinscription de Strasbourg p. 51 ff. Le retiaire et le Mirniillon (f. Leemiins p. 65(T. pl. ISi). Kxcursion ä Cartliague et a rarnpliitheatre d'El Djem [Aime Rnelias p. 87(1'. pl. 185. Kolossaler JunoKopf p. 86 pl. 184). Memoire sur le monument qui, ä Jerusalem, tstappele les tombeaux des rois {Quiilremere p. 92(1. 15711'.). Reponse de M. de Saulrij p. 22Ütl. Memoire numismati(|ne, medailles inedites (D. It. Müller—, Cituedoni p. 129(f. 33911. pl. 186. 187). Agrippa (p. 17011'. pl. 188, die Grimanisclie Statue, Roelietle p. 17011'.). Tiois inscriptions trouveis a Rome {Renier) [i. 19311. Sur les decouveiles recemment faites ä Athenes (Guiijninut et E. Beule) p. 24111. 351(1.). Lettre de M. Vinel :i M. Mineroini sur un vase de la collection Sanlangelo (p 276(1. -Akläon). l'ropylees de l'acropole d'Atliencs (J. Chuudet |>. 28^11'. pl. 193. 194). Letlie de M. t'hnudruc de Crnziiitnes ä M. Lenormant sur une tete antiqiie, colossale, que l'on croit etre celle d'un cbef gaiilois (zu Gemosac, p. 3121f.) Autel romain decouvert ä Culoz, dep. de l'Aine („Marti Segomoni" p. 3 15 f.). Notice sur

Orange (J. Cnurlet p. 321(1. Tlieatre pl. 195). Notice sur un manuscrit egyptien (E. de Rouge L\, 2 p. 3851f.). Ca- racteres des (igures d'Ale.xandre le Grand et de Zenon le Stoicien, eclaires par la medecine (Dr. Deehnmhre p. 422(1".). Recherches sur quelques aniinanx fantastiques (G. Brunei. Le grillon p. 461 ff. La licorne p. 55111'. etc. 736 (f.). Artemis elaphebole, lutte d'une Centauresse et d'un Faune sur un vase du Musee de Leyde [Ronlez p.4841f. pl. 199. Schwarzes Reliel'ge- färs aus Volterra). Le Dolmen de Quincampoix, Eure et Loir (Doublet de Boisthibimlt p.511f.). Les deux pieces arclieo- logiques trouvees dans un toinbeau gaulois {J. Henri [>. bl'iiL Barbarischer Scliinuck). Basrelief de Reims (./. de M'itte p.561(f. „Cernunnus-Aktäon" zwischen Apoll und Merkur). Inscriptions latines recemment decouvertes, (Colonel Uhrich , f.". E. p. 577 f.) Note sur deux inscriptions latines portant quelques signcs d'Accentuation et sur un denii-sexlarius p. 645 (f. (ö. l). M.) Memoire sur quelques phenomenes Celestes, rap- portes sur les monumens egyptiens avec leur ilate de jour dans l'annee vague (E. de Rouge) p. 653(1. Nouvelles de M. Leon Retiier (de Tebessa 17. dec. 1852 p. 713(1.). Mosaique antique, trouvee pres de Nimes (Amour monte sur un cygne p. 716). Notice sur un eamee antique inedit (Neuerworbner des Cab. des medailles: Quadriga worauf ,,Constantins College Licinius", von .Sol und Luna umgeben die Fackel und Globus halten. ChahouiUet) p. 764(1'. Lettre de M. Raoul-Koc/iffff sur les fouilles de Cunies p. 770 (F. Lettre de M. Jumi, relative h <les inscriptions trouvees dans le dep. du Bas-Rhin p. 776f. Decouvertes et nouvelles: Fouilles d'Ardee p. 77^ (bemalte Terracotten, <larunter das Fragment einer archaischen Baccbusstatue). Monnaies ro- maines trouvees ilans le dep. de la Ilaute Marne p. 780. Fouilles de kliorsabad p. 7801. (Mur revetu de briques (leints, Statue qui represente un peisoniiage teuant une bouteille entre ses mains). Statue de Laocoon trouvee h Vienne ip. 781. Reste von Erzligureii : „l'une d'elles, tenant des rleux mains les tetes de deux serpents (pii enlacent de leurs replis son Corps et ses jambes. paratt representer un Laocoon").

Herausgegeben von E. (ierhurd.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arckäologischen Yde'ilung, Jahrgang XI. JM 53. 54. Mai und Juni 1853.

Wissenscliaftliclie Vereine: Rom (arcliäologisclies Institut, mitlirisclie Wandgeraiilde), Berlin (arcliäologisclie Ge-

sellstliaft, Sera])emn zu Memphis). Neue Schriften.

I. Wissen.schaftJiche Vereine.

Rom. In der Sitzung des arclia ol ogische n In- stituts vom 18. Fehruar d. J. zeigte Hr. Gommonde versciiiedene ITeil- und Lanzenspitzen ans Kieselstein, welche, wie sonst viele andre dergleichen l)islnr, jenseits der Tiher gefunden worden sind; die gangbare Alileitung ahnlicher WafTenspitzen aus den Einlallen der Gallier ist damit wohl vereinbar. Mao brachte in Erinnerung, dafs die in grofser Masse bei Älaralhon vortindlichen Pfeilspitzen nicht aus Kiesel, sondern aus Opsidi.ui sind; im Uebrigeu wird, wie Hr. Welcher erwähnte, die schlecht- hin vorausgesetzte Anwendung solcher Gegenstände zu Pfeilen von Hrn. Fiii(«;;, der \iel darüber gesammelt und nachgedacht, bestritten. Hr. de Rossi zeigte in einem von Hrn. de Lacroix mitgetheilten Abdruck ein Gemmen- l)ild aus Girgenti, darstellend ein aus Pferdekopf und Menschenleib zusaniinengesetztes Gebilde; die daneben befindliche Palme giebt Andeutung, dafs die vereinigte Kraft der Rosse und ihres Wagenlenkers gemeint sei, denen ein Sieg im Circus verdankt ward. In der daneben befindlichen Inschrift VNIO ANLVIA SNA\ IS glaubte Dr. IJiaun snuvis, das jedenfalls für suavis zu f;elten habe, nicht als verschrieben, sondern als Eigenthümlich- keit der sicilischen Mundart betrachten zu dürfen. Hr. Welcher zeigte in Abbildung einen der sogenannten magischen Nägel, der mit ägyptischen Zeichen bedeckt ist; auch eine Ziffer isl daran bemerklich. Hr. Henzen legte Pater Marchi's wichtiges Werk über die l'"unde zu Vicarello vor; da man hiebe! auf die merkwürdige Sitte zurückkam ein Stück Geld in Mineralquellen zu werfen, denen man seine Heilung verdankte, so liefs nun auch der neuliclie gallische Fund von Uleistücken mit unver- ständlicher Schrift sich anführen, welche in einer IMineral- quelle zu Amelie les liains olinweit Arles (laut Revue archeol. IV p. 79 pl. 71) sich gefunden haben. Hieran knüpfte Hr. Henzen noch andre üemerkuugen, theils numismatischen Inhalts (Bull. p. 82), theils, durch eine iu Pater i>f«rc/ii's Werk abgebildete Silberschale veranlafst, über die den Namen A(i>iue Apoltinurcs erklärende Ver- bindung Apolls mit den Nymphen (Bull. p. 83). Auf Anlafs der drei wichtigen aus gleichem Fund herrührenden

Silbergefäfse mit geographischer Inschrift des Reisewege» von Gades nach Rom sprach hierauf Hr. Henzen über die Meilensteine, welche mit ähnlichem Inhalt aus 'J'oogres, Anduse und vielleicht auch aus noch andern Provinzial- hauptstädten des römischen Reichs bekannt sind (Bull, p. 83 f.), und legte von Seiten des Hrn. FJoi-e//j zu Neapel den Anfang eines die .Ausgrabungen S. K. H. des Grafen von Syiakus betreffenden Werkes vor, welches in seinem ersten Heft den bekannten Wachskopf aus Kumä enthält. In der Sitzung vom 25. Februar hatte Hr. Welcher eine Dopjielherme, fast in halber Lebensgröfse, ausge- stellt, deren bartloser Kopf sofort für -Menaüder erkannt ward; den damit verbundenen bärtigen erkannte er, mit Hinweisuug auf Plutarchs Frage ob Menander oder Aristophanes gröfser sei, sofort für des letzteren bisher noch unbekanntes Bildnifs. Diese schöne Entdeckung ward mit allgemeiner Freude begrüfst; dafs der Künstler den Aristophanes durch eine Stirnbinde vor seinem Neben- buhler ausgezeichnet habe, blieb nicht unbemerkt. Hr. W. Gommonde zeigte eine im kleineu Testaccio ge- füiidiie Münze des Gallienus als Beweis [?], dafs jener .Sclier- beuhugel nicht älter als jener Ilaiser sein könnte. Ferner zeigte derselbe in Abdruck eines Skarabäus das Gemmen- bild einer bekleideten Frau mit einem Kranz in der Hand, welche einem Gefäl's sich nähert, aus dem die Halbfigur eines bärtigen Mannes sich erhebt; er hatte dabei an die Aufkochung des Pelias durch Medea gedacht und verglich auch das Vasenbild bei Gerhard, antike Bild- werke Taf, LH. Dr. Uriwn gali Alibildung eines Reliefs in Palast Sacchetti, welches den Imperator auf erhabenem Sitz, zuniiclist von vier Figuren, unterwärts von noch mehreren umgeben, in einer ähnlichen Feierlichkeit zeigt wie Joseplius 15. Jud. VII, 5, 4 sie beschreibt. Dadurch scheint der dort erwähnte Porticus der Octavia und die Porta triumplialis auch in alter Kunstdarstellung nach- gewiesen zu sein (Bull. p. 851'.). Dr. Henzen zeigte das Facsimile einer vor Jahren von ihm in Sezza ge- seheneu und neuerdings für Hrn. Ritschis altlateinische Inschriften lithographirten Inschrift von sehr alterthüm- liclier Schrift, ihrem Inhalte nach durch die Erwäliuuug

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von MunicipalprätoreD erheblicli; sodann ward aus einer andern Insclirift (Orell. 3043) das Amt der Vigintiviri zum Anlafs weiterer Besprechung.

In der Sitzung vom 4. März zeigte Hr. de Rossi in Abbildung meiirere Wandmalereien aus Gräbern vonMi- thrasverelirern, welche im vorigen Jahrliundert ohnweit der Via Appia dem christliclien Cimeterium des Praetex- tatus benachbart gefunden und wegen dieser Nachbar- schaft unerwähnt geblieben waren, bis neuerdings Pater Garnicci zu Neapel in Verein mit Pater Marchi zu Rom die zum Theil wieder verschüttete Oertlichkeit neu unter- suciite und ihren gedaciiten Malereien eine besondere Schrift (Tre sepolcri con pitture ed iscrizioni apparte- nenti alle superstizioni pagane del Bacco Sabazio e del Persidico Mitra, scoperti in un braccio del cimitero di Pretestato in Roma. Nap. 1852. 4. 72 S. 6Taf.) gewidmet hat. Im ersten jener Grabmäler ist der Raub der Pro- serpina mit der Inschrift ahreptlo l^ihies et descensio, im zweiten Pluto Disputer mit Ahracura gepaart als 'J'odten- richter mit der Uel)erschriit Fata d'wina dargestellt. Rechts von ihnen stehn drei Figuren, zwei weibliche und eine dritte bärtige zwischen ihnen, alle in graues Gewand tief verhüllt; linkerseits aber führt Mercur „Merciirins nunthis" die Verstorbene „Vibia', heroisirt durch Be- gleitung der „Alcestis", herbei, beide in ähnlicher Beklei- dung wie die Fata; hiebei ist die Abracura als ußgä xovQa von P. Garrucci wohl ausgelegt, dagegen Dr. Braun in der männlichen Mittelfigur der weiblichen Fata, welche Garrucci für einen Todtenrichter oder für das Fatum hält, vielmehr die Forttma virilis der Römer, als Göttin der Männer, mit Vergleichung eines bekannten kapitoli- nischen Sarkophagdeckels, zu erkennen geneigt ist. In der Lunette desselben Grabmals sind zwei Scenen dar- gestellt, Vibia's Einführung zum Gastmahl der Seligen mit der Inschrift i;iduc(to Vibies, geführt \om Angclus boniis [wie dargestellt?], und das Gastmahl sell)st von sechs Theiluehmern begaugen, in deren Mitte Vibiu sitzt; das Ganze bat die Ueberschrift ßoiioi'iim iiidicio iudicati; Garrucci bemerkt, dafs hierait das himmlische Gastmahl gemeint sei, obwohl Bottari an vermeintlichen Darstel- lungen christlicher Agapen hier Anstofs nahm. Als vierte Scene zur Rechten ist ein Gastmahl der Septe sacer- doles dargestellt, von denen einer den Namen Vincentius trägt; der Umstand, dafs dieser und noch zwei andre Figuren des Bilds mit phrygischer Mütze bedeckt sind, hat den Herausgeber veranlafst eine mithrische Versamm- lung hier vorauszusetzen, zumal ein Succrdos D. S. I. M in einem benachbarten Grabe sich fand; wie denn auch Dr. Braun bemerkte, dafs, wie in jenem Gemälde, so auch in den mithristhen Reliefs gewöhnlich drei priesterliche f?] Figuren die phrygische Kopfbedeckung führen. Das Beiwort j)j» ward mit dem ivaißH(; /.tiarai samothrakischer Mysten verglichen. Ueber dem Eingang des Grabmals enthält eine von' Hrn. Garrucci ergänzte vierzeilige Inschrift, die Erwähnung eines numinis antlstes

Sahazis; die merkwürdigen sonstigen Einzelheiten der- selben wurden ausführlich besprochen (Bull. p. 89f.). Ein zweites Grabmal stellt unter verschiedenen anderen Figuren seiner ohne Inschrift gelassenen Malerei eine Venus vor, welche laut den darüber befindlichen fünf Sternen für eine in mithrischen Bezug gesetzte Urania zu halten ist (Bull. p. 91). In einem dritten, welches keine Gemälde hat, liest man mit Mühe die roth ange- gebene Grabschrift eines Verstorbenen qui hasia volup- tatem iocitm uhimnls suis dedit. Zum Schlufs dieser iiihaltreichen Mittheilung sprach Hr. de Rossi seine An- sicht über die Anläfse aus, durch welche heidnische und christliche Gräber dann und wann, wie in dem beschrie- benem Falle, vermischt sich finden (Bull. p. 91fF.).

Die diesjährige Festsitzung des archäologischen In- stituts zur Feier des Geburtstags Roms ward am 21. April mit einer Gedächtnifsrede auf den vor kurzem verstor- benen Vicepräsidenten, A. Kestner , von Dr. E. Braun eröffnet. Es waren dessen Verdienste um verschiedene Zweige der Archäologie deren bei dieser Gelegenheit vor- zugsweise gedaclit werden mufste: Verdienste die, nach der Stellung des Verstorbenen, mehr als in litterarischen Arbeiten, in der vielseitigen persönlichen Anregung zu suchen sind, welche er auf den Kreis seiner Freunde ausübte. So war er es der auf die eigenthümlichen künstlerischen Verdienste der ägyptischen Monumente schon zu einer Zeit hinwies wo dieselben durch die hiero- glyphischen Entdeckungen Champollions noch nicht die Aufmerksamkeit auch in gröfsern Kreisen auf sich ge- zogen hatten. Schon damals entstand seine eigene Samm- lung, welche trotz ihrer Beschränkung auf kleinere Stücke für den genannten Gesichtspunkt eine Reihe der schönsten Muster und Proben enthält. An eine andere Abtheilung seiner Sammlungen, die der geschnittenen Steine, knüpft sich die Erinnerung an die Verdienste, welche er sich um diese ganze Denkmälerklasse erworben hat. Die gröfste der bis jetzt vorhandenen Zusammenstellungen von Gemmenabdrücken, die Cades'sche, verdankt ihren wissen- schaftlichen Wertli den Bemühungen und der Sorgfalt, welche Kestner auf die Sichtung und Ordnung dieses zerstreuten und verwirrten Materials verwendet hat. Unter den etruskischen Monumenten, deren massenhafte Ent- deckungen gerade in die Mitte seines röiuischen Lebens fielen, waren es aufser den kleinen Bronzen und den Skarabäen vorzugsweise die Wandgemälde, welche seinen künstlerischen Sinn fesselten. Zusammen mit seinem lang- jährigen Freunde Stackeiberg, dessen vortreffliche Werke über griechische Kunstdenkuiale gleichfalls Keslners ma- terieller Unterstützung viel zu danken haben, war er bemüht die von Tag zu Tag mehr verlöschenden Züge dieser Malereien der Nachwelt in getreuen Zeichnungen zu bewahren. Leider sind dieselben, oljwohl sie alle be- kannten Publicalionen in Hinsicht auf F'einheit des künst- lerischen Verständnisses weit übertreffen, niemals ans Licht getreten. Das archäologische Institut endlich zählt

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Kestiier zu seinen Grünclern, ja es war in seinem Hause wo sicli die Geselisclialt der „römisclieti Hyperlioreer", aus der das Institut hervorgegangen, zuerst bildete; seit- dem, fast ein Vierteljalirliundert, Ijatle er niclit aulgeliort für dasselbe als Vicepräsideut tlüitig zu wirken. In dieser Stellung folgt ihm jetzt der kgl. preufsische Ge- sandte, Hr. V. Usedom, welcher, an Dr. Brauns Vortrag anknii])l'end, die Versammlung mit einer kurzen Antritts- rede bewillkommnete. [Beide Reden sind abgedruckt im BuUettino p. 9711.]. Dr. IV. Henzen legte sodann das Fragment einer griechischen Chronik in galvano- plastischer Nachbildung vor, welches, bereits vor zehn Jahren entdeckt und iiir das capitolinische Museum er- worben, erst vor kurzem durch eine sehr ungenaue Pu- blication bekannt gemacht worden war. Es gehört der Zeit seiner Ablassung nach iu das dritte Jahr der Re- gierung des 'l'iberius; und wenn auch die Angaben welche es enthält schon beinahe durchgängig aus andern Quellen und tibereinstimmend uns überliefert waren, so wird es doch wegen jener Abfassungszeit für eine Reihe anderer Denkmäler von Wichtigkeit, z. B. die sogenannte Tabula Iliaca, das albanische Relief mit der Apotheose des Hercules u.a., indem es sich nach dem Material, dem Styl, der Form der Inschriften herausstellt, dal's diese sämmtlich einem einzigen gröfsern mythologisch -histori- schen Bildercyclus angehören. Den Scblufs bildete ein Vortrag des Dr. H. Brunn über drei Sarkophage, welche vor kurzem an der Strafse von Civitavecchia nach Livorno bei der Dogana del Chiarone, der toscanischen Gränzstation, entdeckt worden sind. Der erste ist eine ziemlich genaue Wiederholung des berühmten Sarko- phags im Dom von Girgenti, auf dem wir bisher die um- fassendste Darstellung des Slythus der Phädra und des Hippolytus besafsen, und steht diesem höchstens in Hin- sicht der Erhaltung einigermafsen, sonst aber in keiner andern Beziehung nach. Auch der zweite ist als Sarko- phag vonvortrelTlicher Arbeit, und ist in der einen Hälfte seiner Darstellung, welche gleichfalls auf Hippolytus gedeutet wurde, durchaus neu. Ebenso weicht der dritte, von geringerem Runstwerth, aber vollkommener Erhaltung, den Streit des Apollo mit Marsyas und die Bestrafung des letztern darstellend, in der Auffassung der Haupt- scene von den bisher bekannten Kunstwerken bedeutend ab; so dafs dieser Fund gewil's den wichtigsten Ent- deckungen der letzten Jahre auf dem Felde der römischen Scul()tur beigezählt werden darf.

Behlin. In der Sitzung der archäologischen Gesellschaft von 5. April d. J. gab Hr. Gerhard Aus-

*) Riner dieser Köpfe zeigte Löcher zu Ohrringen, v\as auf unrumisclie Aliknnft zu deuten scheint. Im Uebrigen hat jener eigentliüniliche Fund die Tliätigkeit italiänischer Alter- thiiinslorsclier in seltenstem Mafs hervorgerufen, wie aus dem napolitanisclien (no. 14. 10, seitens der IUI. I'iiirclli und Miiieruiiii) und röjnischen KuUettino hervorgebt, in welchem letzteren Hr. G. K. de iinssi p. bölf. die Anwendung von Wachsbildern zur Leichenausstellang spätrömischer Zeit ge-

kunft über den wirklichen 'J'hathestand gewisser durch pomphafte Berichte der brittischen Zeitschrift „Athenaeum" (no. l.SISIf.) fast unglaublich ge\>ordener Ausgrabungen und Funde, welche an mehreren Orten des Königreichs Neapel stattgefunden haben sollten. Es beschränken sich nämlich die zu Bajü erfolgten Funde auf einige Marmor- köpfe der römischen Kaiserzeit, dagegen die zu Kumü auf Kosten S. Kgl. Hoheit des Grafen von Syrakus "e- führten Ausgrabungen theils durch die Säulentrümmer eines am dortigen Forum belegenen Tempels der Kaiser- zeit und durch die zugleich gefuudnen vortrefflichen Sculp- turen, theils selbst durch ein Grabmal, das den merk- würdigen Anblick enthaupteter Leichen mit wohlergänzten Bildnifsköpfen aus Wachs lieferte, mannigfach lohnend und lür den zu hoffenden Fortgang dieser Grabunoen anziehend geworden sind*). Was aber die ungleich phan- tastischere Beschreibung einer zu Canosa, wie in zwei- tausendjiihrigem Leben, erhaltenen Todtenstadt betrifft, so ist der zugleich berichtete Umstand mehrerer Pracht- vasen, die unter ihren Gefäfsmalereien auch einen sin- genden Homer enthalten sollen, entscheidend gewesen um diese Vasen in drei neuerdings dem Rluseo Borbonico anheimgefallnen und im dortigen BuUettino Napoletano jüngst beschriebenen wiederzuerkennen, welche Vasen jedoch auch dem deutschen Publikum und namentlich der hiesigen archäologischen Gesellschaft vermittelst ausdrück- lichen Berichts über dieselben (Archäol. Zeitung 1851 S. 90f. 1852 S. 193) bereits seit Jahr und Tag nicht weniger bekannt sind, als hiesigen Orts auch der angeb- liche singende Homer in einer als „Sängers Grabmal" benannten Darstellung der hiesigen kgl. Vasensammlung (Berlins antike Bildwerke no. 1014) seines Gleichen findet. Ueber die Auflindungsumstände dieser Vasen war schon im Juni v. J. von Seiten des römischen archäologischen Instituts (BuUettino 1852 p. 86) berichtet worden, dafs dem sie enthaltenden Graligemach noch ein zweites bei- gefugt war, welches eine mit aufgehängten Waffen um- gebene Begräbnifsstätte enthielt; doch sind auch diese Umstände geeigneter die Uebertreibungen des brittischen Berichterstatters ira Athenaeum ins Licht zu stellen als seine Wahrhaftigkeit zu beglaubigen. Hr. Panofka gab manche neue Erklärungen schwieriger alter Kunstdeuk- mäler. Zuvörderst ward über das merkwürdige und fein- gezeichnete ßild eines im Besitz des Professor Gerhard befindlichen kleinen nolanischen Fläschchens gehandelt, welches Dr. E. Braun in den Annali dell. Instituto archeolog. (1850 Tav. d'agg. L.) veröffentlicht und p. 214—23 unter dem Namen Enorches und Da'Ua auf die Entstehung des

lehrt nachweist. Ein zu Modena gedruckter und im BuUettino Napolitano I. c. bereits besprochener Aufsatz des gelehrten Crioedoni (Antichilh Cumane di recente scoperta 11 S. 8) ist, denselben Gegenstand anlangend, neuerdings uns ebenfalls zugegangen und dient die lieweise der allgemeinen Theil- nahme zu häufen, mit welcher jene erfolgreichen und hoffentlich fortzusetzenden Entdeckungen eines kunstliebenden Fürsten auch aufserhalb ihres nächsten Umkreises aufgenommen werden.

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Menschen hezogen liat, während Cavedoni an Helena, aus dem Ei hervorkommend gegenüber der erstaunten Leda, erinnert. Statt dieser seltsamen Sagen versuclit nun Hr. Panoflca eine neue auf das Euripides Ion v. 15 64 gestiitzte Erklärung, indem er in jenem Bild den in einer (perspectivisch gezeiciineten) halburagestürzten Chytra (fafsäholichem Gefäfs) ausgesetzten neugebornen Ion, mit dem Halsschmuck und Armband seiner Mutter Kreusa als Erkennungszeichen versehen, vor dem Apollotempel nah am Altar (wo ihn Hermes hingelegt) und ihm gegenüber die durch diesen ?"und überraschte und verlegene Pries- terin sieht. Diese ansprechende Erkliirung fand Beifall und üefs nur von Seiten des bisher durchgängig als Ei betrachteten Gegenstands Bedenken zurück, da dessen Aehnlichkeit mit einem Korb oder Gefäfs ungleich ge-- ringer ist, [ja nach mehrerseits erneuter Prüfung kein Zweifel bleibt, dafs der Künstler ein Ei abbilden wollte]. Hierauf legte Hr. Panofku die Zeichnung eines geschnittenen Steins vor, die Älilmans in seinem Bilder-Horaz zu Art. poet. v. 402 publicirt und auf den Kriegssänger Tyrtüos nach Visconti (Icon. Gr. Vol. I, Tav. 3) gedeutet hat. Die deutliche Inschrift yguvXe mit vorn fehlendem A bestimmte Hr. Punofka in Einklang mit der Darstellung in dem helmlosen Epheben mit Schild und Lanze vielmehr einen Peripolos zu erkennen, der vom 18ten Jahr an seinen zweijährigen Dienst im Innern des Landes besorgt, nachdem er vor dem versammelten Volk Schild und Lanze empfangen und im Hain der Agraulos den Pllichteid geschworen. Drittens benach- richtigte Hr. Panofka die Gesellschaft, die neulich [vgl. oben Februarsitzung A. Anz. S. 309] in Abgufs betrachtete archaische Dionysosstatue in einem nur in Angalie der Gröfse nicht durchaus stimmenden Original von Marmor wiedergefunden zu haben, welches L. Müller's sorgfältiger Katalog derThorwaldsen'schen Sammlung zu Kopenhagen (Descr. des antiques du JMusee Thorvaklsen, Section et 2, p. 133) nachweist; hiebei ward jedoch bemerkt, dafs die dort erwähnte Traube in der linken Hand der Figur dem neulich betrachteten Abgufs fehlt und deshalb modernen Ursprung befürchten läfst. Professor Otto Jahn aus Leipzig hatte bei neulichem Aufenthalt zu Wien ein noch unedirtes Vasenbild [Denkm. u. F. Taf. LVII] abbilden lassen, welches zugleich mit dem deutlichen griechischen Namen einer Antiope ungelöste Schwierigkeiten seiner Darstellung zurückläfst, in welcher Hr. Citrtius geneigt war, abgesehen von jener Inschrift, gescheuchte und zu ihrer Mutter flüchtende Kinder der Niobe zu erkennen. Eine Itrielliclie Mittheilung des Professor L. Rofs zu Halle gab Aalafs eine in der nördlichen Halle des athenischen Erechtheions vorhandene, in den gewöhnlichen Grund- rissen aber fehlende, OelTuung zu besprechen, welche Hr. Rofs für eine zu priesterlichem Gebrauch bestimmte Seitenthür hält. Von den anwesenden Architekten ward bemerkt, dafs jene OefTnung wenigstens in der genauen Zeichnung lawood's nicht fehlt; doch äufserte sich Hr.

Bötticher geneigter sie für eine zu Aufstellung eines Bild- werks bestimmte Nische zu halten und in dem n^oaiofiiiTov einer bekannten Inschrift gemeint zu glauben; derselben Ansieht war auch der gleichfalls gegenwärtige Architekt Hr. Laurent aus Dresden, welcher während seines viel- jährigen Aufenthalts in Griechenland jene Oertlichkeit wohl beobaclitet zu haben versicherte. Uebrigens ward von demselben bemerkt, dafs die Säulen der nördlichen Halle noch sämmtlich eingemauert sind und Spuren einer vormaligen Verbindung dersell)en durch ein Gitter deshalb nicht wahrgenommen werden können.- Von Hrn. Lcpsi«« mitgetheilt zog LayurcVs neuerschienener und durch zahl- reiche Abbildungen erläuterter Bericht über die neuesten Entdeckungen Ninivehs und Babylons (Discoveries in the ruins of Niniveh and Babylon. Lond. 1852. 8) in seiner Gesammtheit sowohl als in seinen Einzelheiten der Herstellung des Sanherib-palastes zu Koyunjik, den in Erz und Elfeul)ein vorhandenen bildlichen und tektonischen Ueberresten des Thrones und Hausgeräths, den Doppel- siegeln ägyptischer und assyrischer Könige die Auf- merksamkeit der Versammlung um so mehr auf sich, als namentlich in den Thiergruppen der Erzreliefs über- raschende Aehnlichkeiten mit den etruskischen Funden archaischen Styls sich eröffnen. Dr. Bursian, gegen- wärtig zu Florenz, hatte Bemerkungen über das soge- nannte Nymphäum zu Nismes eingesandt, das er vielmehr für einen Tempel des Flulsgotts Nemausus hält [oben S. 297]. Nachrichten über die von Professor Carrara geführten dalmatischen Ausgrabungen zu Salona waren von Gräfin Ha/sUngcn-Schickfufs, dermalen zu Venedig, eingegangen; von Professor Hcüner in Jena dessen „Griechi- sche Reiseskizzen" (I3raunschweig 1853. 8), in denen die Frage über Bemalung griechischer Tempel neu er- örtert wird. Ein neues Heft der Gesellschaft für nütz- liche Forschungen zu Trier war zunächst durch Abbil- dung und Erläuterung eines in dortiger Gegend neueot- deckten Mosaiks willkommen [oben erwähnt S. 285].

In der Sitzung vom 3. Mai d. J. ging Hr. Panofka von einer in neulicher Sitzung dersell)en Gesellschaft auf- gestellten scharfsinnigen Deutung Hrn. Bötticher's aus, welcher das aus Olympia bekannte Standbild der Hippo- damia mit dem Nemesisbild zu Daphne verglichen hatte, und knüpfte hieran die Vergleichung eines die Opfer- scene vor dem Wettrennen des Pelops darstellenden Vasen- bildes (Passeri III, 386), in welchem Hi])podamia, ihres Namens eine Rofsbändigerin, in der Hand ein Gebifs hält, wie Münzen von Smyrna, Petnelissos u. a. dasselbe Symliol der Zügelung in der Hand der Nemesis zeigen. In Folge früherer Nachweisung des Rosses Aithales, welches dem Feldherrn Phormis in Olympia den Sieg gewann (Abh. Gemmen, Berl. Akad. 1852 Taf. I, 41 S. 33), erläuterte Hr. Panofka auch eine thessalische Münze (Mus. Hunt. T. 59, 13), die ebenfalls ein Siegesrofs mit erhobenem Vorderfufs zeigt und darunter das kandelaberförmige Ana- gramiD des Siegers Porpliyrios oder Porphyrion. Des-

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gleiclien erklarte Hr. Panofka iiocli mehr merkwürdige Miiuzen von Ampliipolis, Tliessaloiiike , Sagalassos und Parion, deren gemeinsamer '1') jnis an einander aiisjjringender Böcke einen heiteren Tag bezeugt (Aelian. de nat. anim. VII, 8.). Durch Autoritäten, denen in jüngst veröifent- lichtein liericht hiesiger Vereiustliiitigkeit der Glaube an unmittelbare Herkunft der Kolosse von Monte-Ca- vallo aus l'hidias und des Praxiteles Hand beigelegt worden war, fand Hr. Gerhard sich veranlal'st, seine in der Beschreibung Roms (von Platner, Bunsen u. s. w. Stiittg. 1830. I. S. 267) vor langer Zeit abgegebene und seitdem mehrfach befolgte Ansicht, des Inhalts zu wieder- holen, dafs eine gemeinhin übersehene Erwähnung des Plinius (H. N. XXXIV, 19, 54), nämlich das im Ver- zeichnil's der Erzbilder des Phidias genannte ,,alterum colossicon nudum"(d.h. „einer von zwei nackten Kolossen") zugleich die Bestätigung der Herkunft eines zweiten nackten Kolossen von einem andern berühmten Künstler und die Nothwendigkeit in sich schliefst, unser marmornes Jüng- lingspaar, welches der Bezeichnung jener Erzbilder im übrigen schlagend entspricht, iür eine römische Nachbil- dung zu halten*). Dieser Ansicht bekannte auch Hr. Schnaase sich zugethan, nur dafs auf seinem kunsthisto- rischen Standpunkt das Zeugnifs des oft getäuschten Plinius ihm nicht bindend genug erschien, um selbst die voraussetzlichen griechisclien Originale beider Kolosse von Monte Cavallo, der mittelalterlichen Tradition dieser letzte- ren gemäl's, dem Phidias und Praxiteles in der That zu- erkennen zu mögen. Ueber die fortgesetzten Ent- deckungen im Serapeum zu Memphis gab Hr. Erhkam aus Briefen des dermalen in Aegypten weilenden Dr. Brugtch interessante, in seiner Zeitung für Bauwesen aus- luhrlich bekannt zu machenden [und für das archäologische Publikum auch hieuächst folgende] Mittheilungen, welche auch Hrn. Lepsius zu Erläuterungen über den Apisdienst, die chronologische Apisperiode und manche der mitge- theilten inscliriftllchen Neuigkeiten veranlafste. Ferner ward von Hrn. Gerhard Nachricht ertheilt über die neuer- dings aus Rom, Perugia und Toscanella kund gewordnen Ausgrabungen, welche an letzteren Orten etruskischeTodten- kisten und römische Sarkophage, auf dem römischen Eorum aber die Ueberzeugung begründet haben, dal's zwischen dem jetzt vollständig aufgedeckten Grundplan der Basilica Julia und dem muthmafsliclieu Tempel der Dioskuren kein drittes Gebäude lag. In Betreff von Pelersen's gelehrter Abhandlung über das Zwölfgöttersystem (Abth. I. der Griechen. Hamburg 1853 4.), Melclie dem Wunsche des Verfassers gemäfs einer genaueren Besprechung darge- boten ward, bemerkte Hr. Gerhard, dafs er die dort

gelehrt ausgeführte Annahme eines iesten zwölffaclien griechischen (üitterpersonals nur für den Achäerslamm, fiir Athen und Rom, nicht aber (ür die anderwärts, bei andern Volksstämmen und auf anderweitigen Kunstdenk- mälern von ihm (in der Abh. über die zviölf Götter. Berl. Akad. 1840) nachgewieseneu Abweichungen, er- wiesen finde.

[Aus den obengedachten, unsererseits Hrn. Erbkam verdankten, Mittheilungen des Dr. Urugsch über die be- reits früher (Arch. Anz. 1851 .8.12511'. 1852 S. 188 ff.) in diesen Blättern besprochene Aufdeckung des Serapeums zu Memphi s entnehmen wirFolgendes. „Die Ausgrabun- gen, welche Hr. M(irie((c seit dritthalb Jahren mit wenigen Unterbrechungen hintereinander geleitet hat, lassen sich to- pographisch am besten durch eine Linie bestimmen, welche in senkrechter Richtung den Halbirungspunkt der Ver- binduogs-Linie der ersten Pyramide von Abusir und der dritten (der Stufen-) Pyramide von Saccarah durch- schneidet und die Haupt-Axe des Serapeums bildet. Diese Ausgrabungen haben Mon\imente über und unter der Erde zu Tage gelördert; die erstereu bildeten den Tempel des Stieres Hapi (Apis), sammt den dazugehörigen Kapellen und Wohngebäuden für die Priester, die letzteren die Gräber des Osor-Hapi d. i. des Oslris-Apis. Den Haupt-Ein- gang zu diesem Complex von Gebäuden bildet eine Allee von Sphinxen, von denen sich sechs der schönsten im Mu- seum des Louvre befinden".

„Die Allee ist gegenwärtig vollständig wieder vom Sande verschüttet, so dafs Strabo (IIb. XYII) Recht hat, wenn er berichtet: 'Man findet ferner (bei Memphis) einen Tempel des .Serapis, in einer so sandigen Gegend, dafs der Wind Massen von Sand daselbst aufgehäuft hat, unter welchen wir vergraben die Spliinxe erblickten, die einen zur Hälfte, die andern bis zum Kopfe: woraus man muthmafsen kann, dafs die Strafse nach diesem Tempel nicht ohne Gefahr sein würde, sobald man durch einen Windstofs überrascht wäre.' Ich führe diese Stelle nm so mehr an, da sie Hrn. Murietle Veranlassung zu seinen Entdeckungen gegeben hat. Hat man diese Allee passirt, so stufst man geradezu auf einen Halbkreis von elf .Statuen, Dichter und Philosophen !)edeutenden Ranges unter den Griechen darstellend, wie Homer,Thales, Lykurg, während dahinter und links von der Allee der Tempel des Apis und die VVohngebäude der Priester ihre Stelle haben".

„Rechts von der obengenannten .\llee führt eine Dop- pelmauer zu einem Pylon mit Cartouchen aus der Zeit des Königs Amyrlüus. Die Nordseite dieser, Mauer, durch welche parallel die Axe des ganzen Serapeums

•) In gleichem Sinne spricht auch Weicker im akademischen Kunstmuseum zu lionn (Ausg. 2. Bonn, 1841. S. 1351.) mit den Worten sich aus: „Dieser Bezeichnung (des l'linius) fehlt es keineswcges an Ginauigkeit und Sicherheit, denn sie liifst keine andere Auslegung zu . . " Vgl. Müller llandb. (I.Archäol. (Aasg. 3) S. 706. Wenn Jahn (Leipz. Gesellsch. 1S50 -S. 195.

Vgl. Brunn Gesch. d. gr. Künstler I, lS6f.) die diw cohssi lömisclier Topographen auf den neronischen und als andern auf den des Plii<lias zu deuten geneigt war, so war die in- schriftliche Tradition des Opus Phidiae und Opus Praxitelis ihm wohl augenblicklich entfallen. E. G.

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läuft, enthielt eine gröfsere Kapelle aus griechischer Zeit uud eiue kleiuere, in welcher sich in kolossalen Dimensionen der Stier ^|)is befand, ein Meisterwerk der ägyptischen Sculptur, aber ganz mit demotischeu Inschrif- ten bedeckt. Auch er befindet sich schön im Louvre. Die Südmauer dagegen trug die bekannten Gestalten von Kindern, die auf Löwen, Tigern, Pfauen u. s. w. reiten. Durch den genannten Pylon, gegen welchen hin zwei Löwen ihren Platz hatten, vollständig denen im Vaticau ähnlich, aber ohne Inschriften, betritt mau endlich einen grofsen viereckigen Raum, eingeschlossen durch eine Mauer, die nach der Nordseite zu, da wo Abusir liegt, einen zweiten Haupt-Eingang gewährte. Nach dem Hin- tergründe desselben zu, immer in der Richtung von Osten nach Westen, liegen die Apisgraber, welche den interes- santesten Theil der Ausgrabungen bilden. Sie liaben die Gestalt grofser Tunnel, etwa 10 Kufs breit, jedoch von bedeutender Länge, die unter dem Boden in den Kalk- felsen eingehauen sind. Der Haupt- Eingang war von Osten her durch eine Thür, von Hrn. Mariette mit No. 6 bezeichnet '), zu der eine schräg in die Tiefe laufende Strafse führt, welche wie durch einen steilen Wall von beiden Seiten von Felsen eingeschlossen ist. Hier passir- ten die ungeheuren Sarkophage der Apis-Stiere vor der Ptolemäer Zeiten auf Walzen hinab, ich sage; vor den Ptolemäern, da die Thür gegenwärtig für einen Sarko- pha" viel zu klein ist, und offenbar, den Inschriften nach, ein Werk der genannten Epoche ist. Sie besteht aus 2 orofsen Pfosten , aus vierkantigen Quadersteinen auf- gemauert, worüber ein mächtiger gleichfalls vierkantiger steinerner Querbalken liegt, also die einfachste Form der ägyptischen Thür. Alle Seiten der Pfosten, soweit sie für Schreibende zugänglich waren, sind mit demotischen Inschriften bedeckt, die abwechselnd mit rotlier und schwarzer Dinte geschrieben sind, oder in den Stein ein- gravirt und hernach mit denselben Dinten ausgefüllt wurden. Diese Inschriften enthalten sämmtlich Prosky- nemata zu Ehren des Apis, im Demotischen HAP-OSORI d. i. Hapi-Osiris genannt. Sie werden wichtig dadurch, dafs mehrere derselben (über 12) mit dem Datum der Regierung eines Ptolemäers beginnen, worauf das ent- sprechende Lebensjahr des Apis, des lebenden, folgt")". ,Für die Namen der Personen bemerke ich, dafs es fimf oder sechs grolse Familien sind, deren Mitglieder, wahrscheinlich dem Tempel des Gottes attacliirt, dem Gotte ihre besondere Verehrung ausdrücken. Mit Hülfe zweier Angaben des Hrn. Mariette ist es mir gelungen, aus diesen demotischen Inschriften die Reihe der Apis- neriodeii vollständig herzustellen, insoweit dieselbe die Herrschaft der Lagiden nmfafst. Es stellt sich hierbei das merkwürdige Resultat heraus, dafs der Apis nie das

') In dem von uns 1851 S. 127 gegebenen Plan als no. 7 beziffert. '<■ •'•. "• .

') Die üebersetzung eines dieser Proskynemata ist in Hrn. lirbkam's Zeitschrift für Bauwesen 1853 lieft VII. VIII

fünfuodzwanzigste Jahr erreichte, sondern wahrscheinlicli nach Vollendung des vierundzwanzigsten getödtet ward". „Ein zweites bedeutendes Älaterial zur historischen Entwickelung der Apisperioden bilden die demotischen SteJen aus Kalkstein, welche sich zu Hunderten in den beiden Seitenwänden der schiefen Strafse und rings lierum in den Wänden des gleich näher zu beschreibenden Hofes befanden, und zwar eingemauert in Nischen über und neben einander. Die schönsten sind auf dem Wege nach dem Louvre. Wie ich aus einigen zurückgebliebenen gesehen habe, enthielten sie ähnliche Weih-Inschriften wie die Proskynemata des Thores No. 6, jedoch mit den richtigen Angaben des Jahres, Monats und Tages, der Geburt, der .Auffindung und endlichen Inthronisation des Apis in Memphis".

„Hat man das Thor passirt, so tritt man in einen nicht gar zu grofsen Hofraum, der nach rechts und links Eingänge hat, die zu den Grabkummern der Apis -Stiere fuhren. Den Eingang rechter Hand wählt Hr. Mariette gewöhnlich, ausgezeichnete Fremde in die erleuchteten Räume der Apisgräber einzuführen".

„Zuerst betritt man einen mehr als 10 Fufs breiten langen Gang, dessen Richtung von Osten nach Westen geht. Die Stelen und Inschriften setzen sich hier fort. Gleich auf dem ersten Viertel des Weges sperrt ein grofser viereckiger Sarkophag den Eingang, dessen Höhe ohne Deckel mehr als 7 Fufs beträgt, während die Dicke weit 1 Fufs überschreitet. Der Deckel liegt halb im Sande vergraben, nicht weit vom Eingang im Innern dieser Strafse. Auf dem Boden dieses und der folgenden Gänge sieht man die Spuren einer Doppelschiene, auf welcher die ungeheuren Särge hineingerollt wurden".

„Durch eine rechtwinklige Verbindungsstrafse linker Hand gelangt man in den Hauptgang; zur Rechten und zur Linken desselben gewahrt man in der Tiefe von etwa 6 Fufs in abwechselnder Lage grofse Zimmer, in deren Mitte sich spiegelblanke Sarkophage aus schwarzem Granit befinden, deren Deckel (schon seit alten Zeiten) so weit zurückgeschoben sind, um bequem lüneinsteigen zu können. Dies sind die Grabkaramern und Särge der Apis-Stiere. Um einen Begriff von ihrer (iröfse zu geben, bemerke ich, dafs 24 Personen im Innern desselben be- quem stehen können, dafs z. B. der des Ahmasis eine Länge von 8,95 metres, Höhe 2,62 m.. Breite 3,30 m. ohne Deckel hat, dessen Höhe wiederum 1,10 m. beträgt. Die wenigsten dieser Särge sind mit Inschriften versehen. Von den 24 Granitsärgen, die Hr. Mariette bis jetzt auf- gefunden hat (es sind aufserdem 5 aus IMauerwerk, von einigen auch Holzstücke vorhanden) tragen drei Inschrif- ten mitCartoucheu ; einer ist aus den Zeiten des.Mimasis, der zweite aus denen des Kambyses (Jahr 4 seiner Regie- gegeben, wo dieser Brief vollständig abgedruckt ist. Aach ist in der neuesten Forscluing von Lcpsius „über den Apiskreis" (Zeitscbr. der d. morgenl. Gesellscli. Band VII) bereits darauf Bezug genommen. A. J. H.

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rung), der dritte tragt den bisher unbekannten Namen eines walirsclieinlicli persischen Königs. Ein vierter Sar- kopliag entliält leere Königsschilder. Als Hr. Mariette die unterirdischen Zimmer entdeckte, waren dieselben znr Hallte vermauert. Nachdem dies llindernifs weggeräumt war, erblickte er eine Mauer von grofsen Kalksteinen auf den nur wenig weggeschobenen Deckeln aufgetliürmt, das Zeichen der Verachtung eines (irabes bei den Orientalen , und die leeren Riiume zwischen Sarkoj^hag und Wand des Zimmers gleichfalls mit Steinen ausge- füllt. Die Sarkophage waren mit Ausnahme zweier durch- wühlt, diese enthielten dagegen eine grofse Menge werth- voller Gegenstande in Gold und Edelsteinen. Hierogly- pbische Stelen waren bei mehreren Mauern aufserlialb eingefügt, bei anderen lagen sie in der Nähe im Scliutt vergraben. Bei den Stelen am alten Platze war jedesmal der Name des Apis ausgekratzt, Beweis, dafs die Berau- bung der Apisgriiber zu einer Zeit stattgefunden hat, wo die Hieroglyphen-Schrift noch bekannt war. Diese Stelen liaben es Hrn. Mariette möglich gemacht, die Apisperio- den von Amenophis 111. bis zu den Zeiten der Lagiden lüuab nach 'J'agen zu bestimmen. Nur die 20, 23 und 29 Dynastie ist unterbrochen. Ich brauche wohl kaum zu bemerken, dafs die Regierungsjahre der Pharaonen, in welche die Apisperiodea fallen, mit einer Genauigkeit zu bestimmen sind, der gegenüber das bisherige Gebäude der ägyptischen Chronologie eine schwere Prüfung zu bestehen haben wird".

„Schliefslich füge ich hinzu, dafs nach einer Dedica- tions- Inschrift der Gründer des Serapeums der vierte Sohn Ramses II Scliaemdjom war, der vor seinem Vater starb und von ihm ungemein geliebt wurde".]

In der Sitzung vom 7. Juni d. J. forderte Hr. Piinofhl zur Erklärung eines merkwürdigen, von Gerhard in den Impronte dell' Institute I, 17 herausgegebenen, Skarabäus auf, welcher, den Herakles als Dreifufsrüuber darstellend, durch zwei Nebenurastände noch dunkel blieb: erstens durch den ihm beigehenden Cerberus, sodann durch einen dem Heros vorleuchtenden Stern. Letzteren deutete Hr. Panofla als häufiges Symbol der Diosknren, erinnerte an die bekannte N'ernechselungen des Pollux mit Hercules (vgl. mecastor mehercle) und erklärte demnach auch hier den Herakles als Stellvertreter dieses Diosknren, dagegen Hr. Gerhard geneigter war nur eine Andeutung des von Herakles bei Rückkehr aus der Unterwelt wieder be- grüfsten Sonnenlichts, nach einer nicht unerhörten An- wendung des Sternes als Sonnenzeichen, anzunehmen. Hinsichtlich des Cerberus (in dessen Bildung bei drei- fachem Schlangcnkopf, von Hrn. liöllivhcr auch die Be- sonderheit weiblicher Zitzen hervorgehoben ward) war Hr. Panofha geneigt ihn als Ortssymbol von Pheneos aufzufassen wohin Herakles den delphischen Dreifuls ent- führte. Zur Unterstützung dieser Auslegung erinnerte Hr. Ciirliiis theils an des Cerberus Vorkommen auf Jlün- zen von Pheneos, theils an die Sage, dafs im Hochlande

von Pheneos die Verwandlung Kallisto's stattgefunden habe (vgl. Peloponnesos I, 197. 213, lOJ, aus deren Ver- setzung in den Sternenhimmel die gedachte Gemme dem- nach sich ihm vollständig zu erklären schien. Weiter sprach Hr. Panofku über ein durch Älinervini im Bul- lettino Napolitano tav. 6 vor kurzem verüfTenllichtes werth- volles apulisches Vasenbild, in welchem Hr. Panofka des Priamiden Helenos an Odyssens und Diomedes mit Hin- weisung auf Philoktets Besitz der HerakleswalTen ergangene Weissagung erkennt, dafs Troja nicht ohne die ihm feind- liche Einwirkung dieser Waffen erobert werden könne. Von Hrn. Roulez zu Gent an Hrn. Gerhard mitgetheilt lag der Gesellschaft ein Probedruck der seit mehreren Jahren von ihm zur Veröffentlichung vorbereiteten, auf zwanzig in natürlicher Gröfse farbig ausgeführten Tafeln wohl vertlieilten, Auswahl griechischer Vaseobilder des kgl. niederländischen Museums zu Leyden vor; diese Mittheilung ward vielfach anziehend befunden und erregte den Wunsch einer baldigen Herausgabe, zu welcher dem Anschein nach nur noch Hrn. Roulez's Text fehlt. Von Professor Rofs zu Halle war durch eine gedruckte Ansprache der seit Winckehnann vielgenährte, vollends aber seit der französischen Expedition nach JMorea und seit der auch ins gröfsere Publikum gelangten Forschung von E. Curtius jedem Freuode des griechischen Alter- thums vor allen andern antiquarischen Projecten nah ge- legte Wunsch einer in Olympia anzustellenden Grabung zu allgemeiner Beherzigung neu empfohlen worden. Ohne den von Hrn. Rofs bezeichneten Älitteln zur Ausführung jenes von allen Freunden des klassischen Alterthuras aufs wärmste getheilten frommen Wunsches unbedingt bei- pllichten zu können, für welchen vielmehr noch mehrere Vorfragen zu erledigen sein dürften, konnte man doch im Kreis archäologischer Genossen nicht anders als durch- aus geneigt sein, der auf wenig Blättern bereit und um- sichtig von Professor Rofs dargelegten Sachlage alle Verbreitung, sowie ihrer zweckmäfsigsten Unterstützung alle Bereitwilligkeit zuzuwenden. Noch brachte Hr. Gerhard mehrere, hauptsächlich auf angelsächsische Alter- tlnimer bezügliche Schriften zur Ansicht, welche, den Druckschriften der kgl. anticpiarischen Gesellschaft zu London entnommen, durch deren vielbethätigten Secretär Hrn. Aherman, zugleich mit Hrn. H'. M. Wylie's („Fairford Graves". Oxford 1852. 40 S. 12 Taf. 4) eingegangen waren. Dem Kreis einer wissenschaftlichen Archäologie, wie solche bis jetzt nur für das klassische Alterthum vor- handen ist, können jene Funde des frühesten Älittelalters nicht zugerechnet werden; da dieselben jedoch auch von den Bekennern der Kunst des Mittelalters und von der gelehrten Behandlung des skandinavisch- germanischen Nordens gemeinhin ausgeschlossen bleiben, so liegt der Gedanke nah, dafs sie als nordische Mittelglieder zwischen der llömerzeit und den beginnenden Kunstepoclien des Mittelalters, im Zusammenhang neulicher verwandter (Mainzer, Augsburger und Helvetischer) Funde eine grnod-

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Heilere Erforschung Terdienen dürften als ihnen bisher zu 'l'heil ward. lu den sauber ausgeliilirten Werken der HH, Akerman und Wylie erregten aufser den in farbiger Abbildung wohl dargestellten Glasperlen und Glasge- fäfsen auch die seltsam gekreuzten Striclie Aufmerksam- keit, welche in einem durchbohrten runden Stein aus Dieppe (Wylie Teutonic remains from Dieppe p. 8. 9) sich vorfinden. Hr. W. Grimm, dessen Werk über deutsche Runen (Gott. 1821 S. 284ff.) bereits vor längerer Zeit andre iu altdeutschen Griibern gefundene Steine unter dem durch solche al>siclitliche Einschnitte gerechtfertigten Gesichtspunkt von Amuleten besprochen hat, war gegen- wärtig und fand die schon damals (S.296fF.) von ihm behandelte Aussage des Tacitus (Germ. 10; surculos . .

not'is quihusdatti discretos . . temere ac fortuito spargunt) über Weissagung aus Baureisern für den gedachten Stein ganz wohl anwendbar. Von Hrn. Akerman's für jenen Zweig antiquarischer Litteratur besonders wichtigen und wohl ausgeführten „Remains of pagan Saxondom" war das fünfte Heft eingegangen. Aufserdem lag Grotefend'a Abhandlung über die Tributsverzeichnisse auf dem Obe- lisken aus Nimrud (Gütt. 1852. 4) vor, desgleiclien zwei bei Murray (Lond. 1853) als .Auszug gröfserer erschienene antiquarische Wörterbücher von I^^ Smith, von denen namentlich das auf Antiquitäten bezügliche durch die von Hrn. G. Scltarff jun. mit gewohnter Umsicht und Sauberkeit hiuzugeiügten biklliclien Holzschnitte einen eigentliümlichen Werth Iiat.

IL Neue Schriften.

BULLETTINO AKCHEOLOGICO Napolitano. Nap. 1853. 4. No. 15— 21, tav, VII— X. (Vgl. ol)en S. 321fr.). Knthaltend in no. 15: Dell' arina gladiatoria detta Galerus (no. 15 p. 113. Gnrrucci); di ilue trofei di armi scoperli in Poinpei al 1767 nel Ludus gladiatorins, e della sica o faicetta dei Treci (p. 114 des^I.) ; niiovi proyranimi pompeiani a|)paitenenti aspettacoligl3diatorii(p.ll5ss.d8l.); Monumenli ruiiiani(no. l(j p 121 If.; ili alcuni anticiü oggetti diversi provenienti della Magna Grecia, della Sicilia e da Roma (p. 125 ff. Cnvciioiii); Descrizione di alcuni vasi djpinti del real ninseo Borbonico (p. 129 Minervini); Monumente di arcbitettura etrusca in Capua (no. 17 p. 129f. Gnrrucci); il Pempobolo omerico in sepolcro cumano (p. 130 f. Gnrrucci); sulla pretesa coppia di Consoli Q. Cecilio e M. Bennio (p. 131 ff. Gnrrucci); topo- grafia delle spiagge ili Baja graiita sopra due vasi di vetro (p. 133 ff. G, B. de Rossi und Gnrrucci, bezüglicb anlMerrklin's Arcli. Anz. 1652 S. 154f. berührte Schrift); scure di bronzo con greca iscrizione (ans S. Agata in Calabric-n: rüg IIiQicg HiaQOi=(ui TK5fi'77f()/=0( (■ivriaxo^=; fncirit!)t=y.i oQTC(fio=g Feniov=äiy.cacn; nämlich ciQ/ufiog FtQioiy, no. 18 p. 13711'. Minervini); Terracotta di Pozzuoli (p. 139f. In tav. IV, 13 wird der Vogel Phönix vermuthet); IS'otizia de' piu recenti scavi di Pompei (p. 140fr. löbif. Minervini); descrizione di nn framniento di vaso dipinio conservato nel real museo Bor- bonico (p. 142il'. Minervini, Giganterkainpf, das von VVelcker zu Mülleis Handb. S. G39 erwähnte mit Inschriften EvxtXuäog, A!^r)rcl, Ihnd'i«); Vaso dipinto con ülisse Akantlioplex (p. 144 Minervini; in der .Samndnng Porcinari zu Neapel, Hanrarv. II, 29); Epoca in che lu costruito l'Anliteatro pompejano (no. 19 p. 145 ff. Gnrrucci); l'Anibulatio e i proganimi popolari in Pompei (p. 148fr. öfirriifri); poche osscrvazioni sopia un vaso della collezione Jalta (no. 20 p. 15311'. tav. VI. VII, 1. „Phi- loktet und Neoptolemos", Minervini); Leltcra del eh. sig. Agostino Gcrvnsio al sig. Minervini (p. l5Sf. Briefliches von BöcUh über die tju^qcc Xfßuarrj einer griechischen Inschrift); una spiegazione (p. I59f. Minervini gegen Welcker Bidl. d. Inst. 1853 p. b5f. wegen Acheloos oder Ilehon, yj'ir; un^l ydiCttv); Scoperle cnmane (nn 21 p. Killi. Oskisches, Mi- nervini); tavola ar|i)aria \ enafrana (p. Ibbf. Gnrrucci); signi- ficato prohabile del nome Pompei (p. 107 f. Gnrrucci: ,,7tujjntiu aedes puhlicae") ; topografia del Vesuvio (p. 168 Gnrrucci).

Zeitung für A 1 1 er t li u ms w is sen s ch alt , herausgeg. von T/i. licrgl; j welcher neuerdings ausschied] und J. Ciisur. Alarburg 1851. Wetzlar 1852. 4.

Knthallend u. a. im Jahrgang 1851: der Kliebund der

Persephone mit dem Pluton (no. 1 jrelcker). Bemerkungen über die unleritalischen Dialekte (no. 2. 3 Bergl), Kpigraphica mitgetheilt von Osnnn (no. 4 S. 10. 11. 52. 53), der Hans- gottesdienst der alten Griechen (no. 13 15. 25 27. Petersen), epigraphische Miscellen von J. Becker (no. 15 17), Pau- sanias und dessen Periegese (no. 37 40. Schubnrt), Hercules in den Rachen des Meerungeheuers tretend und die befreite Hesione (no. 40. 41. Wieseler. Ganz dasselbe, nach Rom ge- sandt, im Bull. d. Inst. IS52 p. 114 f.), Oskische Varianten (no. 59. Dr. Slicr), der Mythos der Griechen und sein Ver- hältnils zur Geschichte (no. 64— 66. Heffler). Im Jahrgang 1''52: Verbesserungen und Kriäuterungen znm achten Buch Strabons (no. 1. E. Curlius), üf>er den hesiodischen Hymnus auf Hekate (no. 13. 14. Gerhnril), nmbrisch-oskische Erörte- rungen (no. 15 17. Knölel), Cajatia und Calatia (no. 26. Slier), lateinische Inschriften (no. 27. 28. 31. Klein), Rec. von Müllers Handbuch der Archäologie (no. 5 10. 2S 31.40 42. filnrk), Rec. von Pape's Wörterbuch der griechischen Eigen- namen (no. 32 35. Keil), die Kolonien der Hhodier (no. 37. 38. Ijiittcrs), etwas über die Eintheilung der Bildwerke auf dem Kasten des Kypselos (no. 39. Buhl), Rec. von Overbecks Gallerie heroischer Bildwerke (no. 47. //. A. Müller), über das zehnte Buch der Antiquilates rer. divin. des Varro (no. 49 52. Krnhner), das Relief des Thores von Mycenä (no. 51. Güitlinij).

liiitlicher (C): üeber den Parthenon zu .^then und den Zeustempel zu Olympia, je nach Zweck und Benutzung (in Erbkam's Zeitsclirilt lur Bauwesen. Berlin. 4. Jahr- gang 2. 1852. S. 194 fr. 498 fr. Jahrgangs. 1853. S.35ff. 127 fr. 269 fr.).

JVylle (ir. iV.) : Fairford graves. A record of researches iu an anglo-saxon burial-place in Gloucestersliire. Oxford 1852. 40 S. 12. Tat. 4.

: Remark on the Angon or baibed javelin of the Franks as described by .Agathias. Loud. 1853. 8 S. 4. (Aus der Archaeologia Vol. XXXV. p.48fr.)

: .Account of Teutonic remains, appareotly Saxon, found near Dieppe. Lond. 1853. 16 S. 4 in. Abb. (Ebendaher p. lOOir.).

Wyse, {Th. H. M., .Minister at Athens): Letter to the President (Lord Mahon), detailing tlie particulars oi the miscliief done to the Erectlieium and to the temple of Jupiler Olyrnpius at Athens in the Stürm ofOctober 26tb 1852. (Ebd. XXXV p. 23— 26).

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Keimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arcliäolotjischen ZteilWKj, Jahrgang XI. JM 55 bis 57. Juli bis September 1853.

Wissenscliai'tliclie Vereine; Rom (arcliiiologisclies Institut), Berlin (arcliiiologisclie Gesellschaft). Museograpliisciies

aus Fiaiikreicli (Avignon). Neue Scliiirten.

I. VVissenschaftliclie Vereine.

Rom. In der Sitzung des a rcliii olog is cli en In- stituts vom II. Miirz kamen, laut dessen erst neuerdings (Bullettino p. 113 ff.) veröffentlichtem Bericht, ein etrus- kischer Skarahäus in Besitz des Hrn. v. Usedom, ferner die Kunde eines l)ei TivnVi entdeckten Gralies vom alter- thüinlichen (. Iinrakter der etruskischen, wie auch die ver- meintlichen neuesten Entdeckungen apulischer Gräber [olien S. 346] in Rede, deren ühertriehene Kunde jetzt als veranlal'st durch Berichte des Ihn. Boniicci vom Jahr 1843 liegreiflich wird. Hr. Heuzeii herichtefe heifiillig iiher IVchhef's neueste die Pnyx betreuende Schrift. Dr. Bcf/i))iann wies aus einem Chronisten nach, dals die oft zur Zerstörung grofser Mauerquailern z. B. des Co- losseuuis gemifsbrauchten eisernen iSäiiel und Klammern den eigeiithümlichen Reiz von Walirzeiclien verborgener Schatze hatten. Hr. de Rossi sprach über den laut römi- schen Topographen des fünfzehnten Jahrhunderts in platea pontis S. Marine (d. h. S. ilaria Kgiziaca, vor Ponte rotto) belindlichen, laut inschriltlicliem Zeugnil's von August ex S. C. hergestellten. Bogen, den er für den von Li- vius XXXIII, 27 erwähnten des L. Stertinius (a. u. 556) liidt und zur Bestätigung von Canina's iNacliweisung der Fortuna- und Matutatempel anwandte (Bull. p. 115).

In der Sitzung vom IS. März bemerkte Hr. Braun, dafs den von Hrn. de Rossi neulich erwähnten Ehren- bogen a\is Augusts Zeit noch Sulistructioiien unter dem Haus des Cresceiitius entsprechen; in Bezug hieraufgaben auch die Uli. de Rossi und Canina ihre Aenfserung ab (Bull. p. 116). Hr. GoDHinde sprach ülier seine weitere Untersuchung des Monte Testaccin, unter dessen Scher- ben er eine Münze des Constantin gehinden hatte; älui- liche Hügel aus Scherbenwegwurf entstanden sind auch sonst, von Hrn. Welcker zu Tarent [vgl. den neulichen Kun<l zu Tarsos , oben S. 299], bemerkt worden, und mochte der römisclie, nacli Hrn. de Rossi's Ansicht, der Porta Trigemina gedient haben. Hr. Henzen sprach über den neuesten Inhalt des üullettino Na])oletano, in- sonderheit über Onrniccis wohl begründete Ansicht, dafs das sogenaiuite Soldatenquartier zu Pom|)eii ein Liidus gladiatoriiis gewesen sei; desgleichen ward /'. üorriiccis

Ansicht gebilligt, dafs gewisse kaiialfönnige und einerseits geschlossene Waden von Erz den von den Gladiatoren auf der linken Schulter getragenen Galertts uns anschau- lich machen (Bullet, p. 117). Kerner gab Hr. Henzen Blittlieilungen aus den durch Hrn. v. Grahow in Algerien genommenen und durch Hrn. Gerhard nach Rom ge- sandten, Abschriften römischer Inschriftsteine, und hob namentlich die auf Lollius Urbicus bezügliche hervor. Hr. Canina l)ericlitete, dafs die eine Zeitlang verlorne geglaubte archaische Inschrift des Kurius im Magazin der Ruiinella sich wieder gefunden habe.

Berlin. In der Sitzung der archäologischen Ge- sellschaft vom 4. Juli d. .1. gab Hr. von Olfers interes- sante Jlittlieilungen über die neuerdings bei Nennig ohnweit Trier erlbigten Ausgrabungen. Die dadurch zum Vor- schein gekommenen Ueberreste eines altrömischen Pracht- baus sind eben dieselben, aus welchen ein von der dorti- gen gelehrten Gesellsclialt jüngst veröffentlichtes schönes Mosaik (ein Gorgohaupt von Geilügel umgeben darstellend) hervorgegangen war, lialien jedoch gegenwärtig einen früher ungealmdeten Umfang entwickelt, und namentlicli in einem Saal von 50 Fuls Länge zu 30 Fufs Breite eine Reihe von Mosaiken dargelegt, welche durch ihren bild- lichen Inhalt sowohl als auch durcli ihren Kunstwerth die Aufmerksamkeit der Altertliumsfreunde in seltenem Grade beanspruchen. Einige dieser IMosaike, namentlich die Gruppe lines Löwen der von seinem W-ärter geleitet einen Pferde- oder Eselskopf vor sicli hat, lagen in wohl- ausgefiihrter Zeichnung vor; am|)liitheatralischen Bezuges scheint auch der üröl'sere Tlieil der librigeu Darstellunaen zu sein. Im Allgemeinen drängt bei diesem neuesten Fund, wie bei manclieni früheren durch höchste und pa- triolische P'ürsorge erhaltenen des triimmerreichen Mosel- lands, zunächst unabwcislich der Wunsch sich auf, dafs diese schönen und anselmlicben Ueberreste des römischen Alterthums an Ort und .Stelle beiiütet und zugänglich bleiben mögen. Hr. Puuofka legte seine neueste Schrift „Dionysos und die Thyaden" vor, worin eine Anzahl vorzüglicher, bisher unter dem allgemeinen Nameu „Bacchusfest" Iheils veröll'eutlichter, tiieils nur beschrie-

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bener Vaseobilder durch diese bildliclie Zusammeostel- lung für den Cultiis des alteo Weingottes Dionysos in Ansprucli genommen wird, dessen luystiscLes, auf dem Parnafs nur von Frauen, den Thyiadeu, gefeiertes naclit- liclies Fest die Heraiifliolung der Semele-Dione mitbetraf. In diese Festfeier greift auch die Zeichnung eines etrus- kischen Spiegels iin kgl. Museum ein, dessen neue Publi- cation durch die von dem Lithographen June entdeckten Inschriften „Aphm" und „Tyon" (für Thyone), die von Hrn. Panofka's bereits imWinckehuanusfestprogramml845 gegebene Erklärung von Apoll und 'J'liyia (welche in der heroischen Mythologie der Idee nacli der Thyone oder Dioue aus dem Götterkreise entspreche) bestätigend, einen besonderen Werth erhalt. Zugleich wurden für eine be- rühmte Paste (Winck. Stosch Cl. II, 135.) und für einen Karneol im kgl. Museum (Tölken II, 125.), die Taf. III, 3 u. 4 neu gravirt sind, statt der mit den Einzelheiten der Bildwerke unvereinbaren Namen Zeus und Scmele, oder Boreas und Oreithyia, die durch griechische und römische Inschriften in engem Verhäitnils nachgewiesen Gottheiten Agathas Theos Bronlon und Agathe Thea (der gute Donnergott und die gute Göttin) für die erstere, und dieselbe Göttin mit Agathos Theos Astrapaios (der gute Blilzgott) für den letzteren als angemessener vor- geschlagen; [eine nähere Bestimmung der dargestellten Handlung wird bei diesem Vorschlag verraifst]. Hr. Gerhard gab aus Mittlieilungen des Geheime -Rath Ruhl, Directors des Museums zu Kassel, Nachricht über dessen neueste Versuche zu Herstellung des amykläi- sclien Throns; eine weitere Erörterung dieses Gegen- stands stellte Hr. Bötticher in Aussicht. Hr. Le]isins legte neu vollendete Prol)edrücke seines ägyptischen Denk- mälerwerkes, der Zeit des vierten Amenophis entnommen, vor, in denen sowohl der Umfang abgebildeter Baulich- keiten, als auch die Hinweisuug auf Religionsreformen jenes ianatiscben-Sonnendieners, mannigfach anziehend befunden wurden. Ansprechende Probedrücke hatte auch Hr. Zahn aus der neuesten Lieferung seiner pora- pejanischen Wandgemälde beigeliracht. Neben diesen mancherlei Mittheilungen aus der Kunstwelt des Alter- thums ward die Gesellschaft durch einen philologischen Fund angezogen, dessen Kunde Hr. v. Reumont, aus Flo- renz eben hier gegenwärtig, von dem dortigen Professor Ferr«cci so el)en empfangen hatte; es befand sich in dessen brieflicher Mittheilung der bisher verniifste Anfang von Cicero's Schrift de fato, und ein an Macrobius an- schliel'sendes gleichartiges Fragment, beide aus einem Pergamentdeckel entnommen, welche, nach einer von Hrn. M. Hertz darülier angestellten Prüfung zwar nicht für ciceronisch gelten, und eben so wenig einer neueren Fälschung zugerechnet werden dürfen, al)er auch als Be- leg mittelalterlicher Arbeiten über Gicero ihr Interesse liaben. Als erheblichste Neuigkeit der archäologischen Litteratur halte Hr. Gerhard den Jahrgang 1852 der Werke des römiscliea archäologischen Instituts zur Stelle ge-

bracht, worin unter andern eine Reihe von Plänen und Abbildungen die neu aufgedeckte Via Appia veranschau- licht. Aulserdem fanden die seitens der HH. G. B. de Rossi in Rom und U. Meyer in Zürich zugleich mit Otto Jahn's neuester Schrift über ein antikes Mosaikbild (der lysip- pisclie Kairos mit Flügelrad und Scheermesser, bei Rochette Monum. XLllI, 2 nachgewiesen) ihre dankbare Anerkennung.

II.

Athenisclie Ausgrab ungeu.

Aus brieflicher Mittheilung an den Herausgeber.

„Ueber die Ausgrabungen des Hrn, Beule am Fufs der Akro])olis ist schon vielfach berichtet worden [Arch. Anz. 1852 S. 200. 1853 S. 295]; ich erlaube mir nur hier einen Zweifel iiber die Richtigkeit der Angabe des Prof. Manussi [oben S. 295], dal's das Material des Tliores zum Theil aus dem Postamente der Agrippastatue hergenommen sei. Nur dem Fundameute derselben fehlt die Bekleidung und schwerlich ist diese durch so grofse und dicke Quadern hergestellt gewesen. Aufserdem habe ich den bläulichen Marmor jenes Postamentes nur in einem Steine wiederge- funden, der aber offenbar einer älteren Periode angehört. Er hat nämlich [in ibrtlaufender Zeile] die Inschrift:

EYXEIPKAIEYBOYAIAH[E]KP[ßn] lAAlEPOlHEAN

cf. Corp. I. uo. 666 et I p. 916. Die choragische Inschrift des Tliores (Ol. 115, 1), ferner die Lateinisch und Griechisch abgefafste der Römischen Kaiserzeit und die nachstehende

OYEVnET OYZIKYßNIO

befinden sich schon gewifs in Ihren Händen."

,,Die von Hrn. v. Thiersch veranlafsten Nachgra- i)ungen im Erechllteiim sind noch nicht geschlossen. In letzter Zeit hat man das Fundament der Ostseite unter- sucht, um die Ursache der höheren Anlage dieses Theiles zu erforschen. An der Südostecke fand man Mauerwerk, im Innern dagegen den natürlichen Stein. Dabei kamen einige unleserliclie Inschriften zu Tage:

TIAE IKANAPO AIONYZ AIOAO E^ITHZ NAPEYU \/IOYMI AAC und ^'AONA

A0HNAIONMEIA.

An der nordöstlichen ^\and landen sich Spuren einer Treppe und in der Tiefe von einigen Ful's, in der Aus- dehnung von 8 Schritten vom Erechtheum bis zur Ring- mauer der Akropolis, die Fundamente. Diese Treppe scheint zu einem Plateau vor der Ostseite des Erechtheums geführt zu liabea. Unter der nördlichen Halle beim

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&vp(Ofitt wurden die venneintliclien Spuren des posei- donischeii Dreizacks untersucht und ilire 'J'iele vermittelst eines Bolirers auf 3 Meters liestiinnit. Die Ariieiteu in der TipöozKrrij Ttüv xopdJv haben bewiesen, dafs das Fundament durcli grofse Steine zusammengesetzt worden war; die Spuren des Brunnens sciieint man nicht ent- deckt zu liaben."

„Insclirilten, namentlich (rrabinschriften , linden sich nocii immer zahlreicii in den niirdlicheii Tlieilen der Stadt vor. Auch sind in diesem I^Vülijahr 2 Sarkophage mit bacchischen Darstellungen ans Licht gekommen. Vor wenigen Tagen sollen in der Niihe des Ljkabeltos drei Marmorstatuen, darunter die eines lesenden Knaben, aus- gegraben worden sein. Ich selbst habe die uyat-fiaTa weder gesehen noch dariii)er etwas Niiiieres erfahren können."

„Ueber den dritten Giganten wage ich niclits zu bestimmen; er befindet sich in einem ganz dunkeln Keller, der nur durch ein sparsames Kolilenfeuer eine Idee von Beleuchtung erhält. Dazu muls man in diesem niedrigen Raum last herumkriechen. Ich glaube eine l'losse und Schuppen bemerkt zu liaben."

Athen, den 15. .)uli 1853. A. von Velsen.

III.

Museograpliisches aus Frankreich.

(Vgl. Arch. Anz. No. 52 S. 330—340).

III. AviGNON. Sowie der Name von Avignon in der allgemeinen Geschichte eng verknüpft ist mit der Gesciiichte des Pal)Sltliums und vor allem dem vierzehn- ten und fünfzehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, so wird der Reisende durcli die ganze äufsere Erschei- nung der Stadt, die gewaltigen Stadtmauern, den Dom, päl>stliclien Palast uud andere Anlagen, vorerst den Spuren des klassischen Allertliums ganz fern gerückt, die auch hier aufzusuchen er wohl ganz berechtigt wäre. Avenio ('Aovn'i(uv) war ja mit Arausio und Aeria, wie Artemidoros berichtet, die Hauptstadt der Cavarer '), dieses das Rhone- ufer zwischen der Durance und Isere bewohnenden Volkes, dessen Name zu Strabo's Zeit bereits ein allgemeiner wurde für die in Sprache, Lebenssitte und zum 'l'heil auch politischer (iliederung romanisirten Bewohner des linken Rhoneufers. Die Avenio Cavarum trat in der

Augusteischen Zeit in die Reihe der oppida latina der Narbonensis •), jene glückliche üebergangsform von einem lilojsen Mittelpunkte einer provincialen Volkerschaft zur Vollberechtigung eines römischen Gemeinwesens. Diese letzlere hat sie auch später mit andern südgallisciien .Städten in dem Rechte einer Colonie erhalten, wofür nicht allein I'tolemäus ') zeugt, sondern auch eine in Aix gefundene Inschrilt'j, welche von einem PATRONO COL AVKNN spricht und nach dem durch Münzen bestimmten Alter des Mausoleums, wozu sie gehört, in die letzten Regieruugsjahre des Hadrian fällt. Als eine Station an der Hauptstral'se, welche von Arelate nach Lugdunum führte, wird sie uns noch bis in spätrömisclie Zeit ge- nannt'). Die Bewohner von Avignon (Avenaicus) ') waren im fünften Jahrhundert mit vielen Städten an der untern Rhone durch grol'se Getreidezufuhr des Bischof Patiens von Lyon sehr erfreut worden '). Von besonderem In- teresse sind bei der Spärlichkeit der schriftlichen Nach- richten und der aus Avignon selbst stammenden latei- nischen Inschriften die Münzen von Silber und Bronze der AYENIOAN und der CAV(ares), welche uns die' volle Gräcisirung des Verkehrslebens von Massilia ") in den griechischen Legenden, wie in den Typen des lorbeer- gesclimückten Apollo, der mit der Tliurmkrone versehenen Artemis, des stolsenden und zurücktretenden Stieres ver- gegenwärtigen, daneben aber auch das acht gallische Symbol des Ebers oder des eilenden Rosses aufweisen '). Von architektonischen Denkmalen kann ich nur eine ^rAodejirci/te erwähnen, die hinter dem neuen Theater zu Tage tritt, dann aber in Häuserbauten eingeschlossen ist. Man soll sie in gerader Linie fast 200 Metres lan« verfolgen können. Von gewaltigen, scharf beliaunen Werksteinen erbaut trägt sie ganz das Gepräge einer römischen Anlage der frühem Kaiserzeit, eines Amphitheaters oder vielmehr Circiis. Merimee'") berichtet noch von dem Rest eines A(iuuduhles auf der Strafse nach Carpentras, sowie von den Fundamenten eines grofsen römischen Ge6«!i(Ies auf dem Platz des Hotel de ville, welche aber beim Auffinden sofort verschüttet wurden. Einzelne Säulenfunde, sowie Tlieile von Mosaikfufsböden aus der Stadt selbst sind im Museum aufbewahrt. Von archäolo- gischem Interesse ist jedenfalls auch das Porlnl und die Pilasterverzierung desThurmes der Kaihedrulo Notrcduvw lies Domes; da liier in der Detailbilduiig der zwei ko- rinthischen, auf Postamenten stehenden cannellirten Säulen, in dem Gebälke mit Perlen- und Eierstab, Consolen, Zahn-

') Strabo IV, I, 11. 12. Mela rechnet Avenio zu den opiilentissiniae lubes der Narbonensis (Geogr. II, 5).

••) l'lin.lll, 4.

') Ptoleni. Geogr. II, 5: Avtrloiv y.olwvlit.

") Miliin Vojage II, p. 253. 207. Auii'allenderweise stimmt die vordere Hallte der zerbrochenen und Iragmentirten In- sclirilt genau mit einer, ebenfalls verstiinimeUen, ilie in Kiez gefunden sein soll, zusammen. In dieser wird AVEM gelesen. Vgl. Miliin III, |i. .W. Ist es nicht dieselbe?

') It. Antoniii. [i. 55.i. Tal). Peiit. Segm. II.

') Dies wohl spätere Form des ^&vix6i'. .Stephanos V. Bjzanz (s. n. v.) führt an Aii(viior>\aiog und Avtvlitjg, das als einheimische uiul griechische Form bezeichnet wird.

') Sidon. Apollin. VI, 12.

*) Stephanos nennt Avtriiov geradezu eine ttoA/j Macs- aaUttg riQÖg iw Poöavo), was im vollsten Sinne genommen nicht der Fall war.

') De la Saussaye Nninismat. Narbonn. t. XV.

'") Merimee Notes d'un vojage dans le midi de la France p. 125.

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scliiiitt, in der Form des Frontispice, in dem arcliitrav- artig Ijeliaiidelten Eingangsbogen, der aiil' koriiitliisclien Anten ruht, in dem untern Gesimse und den drei kau- iieilirten Wandpilastern des Tliurmes die eutscliiedenste Naclibildung römischer Prachtbauten und zwar der niiclistea Uujgebun>», ja auch Benutzung antiker Tiieile sich kund- giebt. Icli habe auf Aeiinliches l)ereits bei Vienne auf- merksam gemacht und genaue Lokalkenner luiben ganz ähnliche Formen der Portale in Fernes, St. Quenin, Ca- vaillon, Vaison aus der Umgegend von Avignon aufge- liihrt"). Die Eleganz der Ornamentik, die die südfran- zösischen antiken Bauwerke auszeichnet, hat hier un- mittelbar die Augen mittelalterlicher Baumeister auf sich gezogen, wobei ein gewisses Älilsverhidtnil's zwischen jener antiken Detailarbeit und den mehr massenhaften Haupt- formen unverkennbar ist. Otleubar gehört dies Portal dein älteren Bau des Doms vor seiner durchgelienden Veränderung von dem Jahre 1332 an; aber man hat zwischen der altburgundischen Zeit vor dem Einbrüche der Saracenen, der karolingischen, der Zeit von Hugo und Ludwig von Provence (890 923) und endlich dem zwölften Jahrhundert geschwankt ''). Die letzte Annahme stimmt mit der übrigen Aidage des Doms und der allge- meinen Baugeschichte von Südlrankreich am besten.

Das Museum zu Aviguon nimmt im Gegensatz zu den unbedeutenden architektonischen Denkmalen der Stadt geradezu eine hervorragende Stellung unter den Provin- cialmuseen Frankreichs ein. Durch den Arzt Calvet aus Lokalfunden zunächst gebildet und seiner Vaterstadt mit einer sehr bedeutenden Jahresrente für Verwaltung und Erweiterung geschenkt ist es nun als antiquarischer Mittelpunkt des Departement de Vaucluse und durch sehr glücklichen Ankauf bedeutend erweitert worden. Al)er ein Unstern hat bisher ülier der Besprechung ilieser Sammlung gewallet: Miliin war verhindert sie näher in Augenschein zu nehmen "), Merimee macht allerdings all- gemein auf sie aufmerksam und hat einige Inschriften daraus publicirt '^), v. Quaodt hebt aphoristisch einige Denkmäler heraus ''), aber was seit den zwei letzten Jahr- zehnten einen charakteristischen Werth der Sammlung verleiht, die Reihe der trefflichsten griechischen Grab- reliefs aus Athen, überhaupt (iriechenlaud, die zum 'J'heil zu dem Museum Nun'utniim in Venedig gehörten, dies ist in Deutschland meines Wissens noch nicht bekannt geworden und scheint es auch in Frankreich nicht zu sein. Um so mehr ist zu bedauern, d.ds es zu dem Drucke des Katalogs, den 183(j Merimee baldigst er- wartete, bis jetzt noch nicht gekommen ist, obgleich er schriftlich lange fertig liegen soll.

■Nlan tritt zunächst von der Strafse aus in einen rechteckigen Mofraum, dessen beide Langseiteu, sowie

das Vestibulum des quervorliegenden Hauptsaales mit architektonischen 'IVümmern aller Art, Capitellen, Säulen- schaften, auch Grabsteinen mit zahlreichen lateinischen Inschriften, sowie einigen spätrömischen Torsen von Ge- wandstatuen besetzt ist. Ein plastisches Werk von höherem Stilwerth oder interessantem Inhalt ist mir nicht aufgefallen. Um so reicher in jeder Hinsicht ist die Sammlung plastischer Werke, welche das darauf folgende Gebäude in seinem Hauptsaal und den zwei daran stofsen- den, durch Säulen geöffneten kleineren Räumen einschliefst. Aufser der nicht ganz unbeileutenden Sammlung ägypti- scher Gegenstände waltet hier geradezu acht griechischer Künstlergeist. Und das Interessante ist dabei, dafs wir die Fundorte von einzelnen trelFlichen Werken ganz in der Nähe von Avignon zu suchen haben.

Wenden wir uns zuerst zu den Statuen und Köpfen, so sind vor allem eine Reihe treff^licher Torsen zu nennen: Torso einer Jungfrau von griechischem Mar- mor ganz in der Tracht der panalhenaischen Jungfraun, also dem langen Aermelchiton mit Diploidion und dem eigenthümlichen von beiden Schultern nach hinten her- abhäugendeu Obergewand, ferner ein weibticliur Torso zu Vaison gefunden, im Aermelchiton mit dem über den Arm in reichem, sehr ausgearbeitetem Falteuv^urf geschla- genen Himation, ferner Torso einer nachten an der Grenze des Knaben- und Jünglingsalter stehenden, etwas schmäch- tigen Gestalt, die rechte Seite sehr eingezogen, der linke Arm sichtlich hochgehoben, der Erosbildung angehörig, ferner Torso eines jugendlichen Bacchos aus der Stätte des alten Ernaginum (bei St. Rem)) mit dem über die linke Scliulter lallenden und reclits um den Unterleib ge- schlagenen Himation. Vollständiger erhalten, doch an Arbeit weit nachstehend erscheint eine mümdiche Gestalt mit dem linken Fufs vorschreitend, in der Rechten einen undeutlichen Gegenstand hallend; weit flattert die Chlainys vorn auseinander. Das Motiv ist dem des eilenden /ipoffo» am nächsten. Ueber Leiiensgröl'se ist ein Herakles auf Keule, das Löwenfell und den Felsen darunter gestützt. Von zwei Kolossalbildungen sind nur die Hände ubiig: eine weibliclie Hand mit dem Rest eines Füllhorn und eine männliche mit einem konischen, gewundenen Gegen- stand ; also ein Segen verleihendes Götterj)aar, eine Tyche, Lil)era und Bakchos, Asldepios{^). Dem historisch nationalen Kreise gehört der gallische Schildlrüger , ohne Kopf: ruhig stehend hält er vor sich gestellt einen grol'seu ovalen Schild, in dessen Mitte als Zeichen eine breite Lanzenspilze mit zwei widerhakenartigen Seitentheilen sich beiindet. Ein Ring schmückt seinen üi»erarm, der Mantel fällt über beide Schultern bis zu den Schenkeln herab, ein Theil derselben mit langen F'rangen deckt sich über den Schild. Offenbar eine Statue für eine

") Courtet in Kev. arcli. I, |>.472(r.

' ) \)U: ersten beiden Daten bei Merimee Notes [i. I2.i 130, das dritte bei Courtet (a. a. ().), das letzte ist die siiütere Ansicht von Merimee (Kev. arch. I, p. 533).

') Milliii II, |i. im.

•) Notes |). 147—150.

") Deobaclitnngen etc. S. 122 ff.

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Nisclie an einem Siegesdenkmal bestimmt. Unter den Kiipfcii nenne ich einen Kopf des L. Venis, einen der PUtiililhi, einen wa'Mwhun Idealkojii' mit Diadem, ferner drei Doppclhc.rmcn. Eine grolse Animonsui.islie, von Eierstal) ningeben in einem Marmordiskiis hiidet uns den Ueherganf; zu den Reliefs.

Die l{eliels hilden den eigeritliclien Glanz|)Uidit der Sammlung: Aletopen, Reste von einem Fries, llantrelieis aus Nischen von Allüren lieraustretend, Votivrelieis, Hache Gralireliefs der hesten griechischen Arheit und ans s[)ii- terer römischer Zeit die IJüsten der Todten im Ilautreliet' über der Inschrilt. Zu den ersten lialien wir Fragmente von kiimplenden Ceiitaureii zu rechnen, die aucli i\le- rimee "') erwiihnt. Einen ^masoiienoberkörper mit aus- gestreckter Rechten und der Bipennis weist ein F'ries- l'ragment nul, ein anderes von griechischem .Marmor einen weiblichen Oberkötyer in griechischem Chiton un<l llirna- tion ; der Kopf mit der Sphendone und Ohrringen ge- schmückt ist nach links gesenkt, der rechte Arm darüber iiehoben. Zu einer längeren Reliefreihe sciieint auch die treiriiche Arbeit einer i,orhcerguirlande zu gehören. In archaistischer Bildung erscheinen drei Krieger mit Spitz- bärten. In einer Nische eines Altars stellt Artemis als Jiigerin , mit dem linken Kul's auf einen Hirsch tretend; in einer andern die Ephesisclie Artemis, den Kalatlios auf dem Haupt, der Hals mit breitem Band geschmiickf, lange Locken herabfallend, die rechte Hand gehoben; drei Reihen Darstellungen bedecken den Körper, von denen die unterste als zwei Lüwenvordertheile erkennbar sind; zu den Füfsen liegen zwei Stiere. Ein .Mtar, dessen vier Ecken von Fackeln gebildet werden, zeigt auf ein Postament gestellt Herakles, dem ein Fell den Rilckeu iierablallt, in der Linken ein Pednm haltend, in der Rechten einen liinglicheu, undeutlichen Gegenstand; vor ihm ist an einem Baum die Keule aufgehiingt und ein Schwein liegt darunter am Boden. Ein dreiseitiger Altar ist mit drei Titnzerinnen geschmückt. Zweimal kehrt die Darstellung eines Vereines dreier ruhig stehender Göttinnen mit Schilfzweigen und des Pan wieder , welcher eine Traube und an dem Pedum ein Becken hängend trägt. Ein sonst meines Wissens noch nicht bezeugtes IMotiv aus den mannigfach tändelnden oder in kleinen Hand- reichungen sich kundgebenden Beziehungen zwischen Aphrodite und Eros bringt uns ein Relief von guter .Arlieit: die (iöttin ruht auf einem Lager halb gehoben und entblöl'st; Eros hat keck seinen rechten Fiils über ihr rechtes Bein gesetzt und küfst sie. Es erinnert dies ganz an die Ledadarstellungen. Ganz in dem Geiste eines anakreonteischen (Gedichtes ist ein ähnliches, kb-ines Relief gedacht, auf welchem Eros einer auf den Baum sitzenden rtirij nachlaufend erscheint.

Indem ich mich jetzt zu den griechischen Gruh-, Votiv- und /i/irenreliels wende, welche zum gröl'sten l'heile mit Inschriften begleitet sinil und zu dem Museum

") a. a. 0. [i. 147.

Nauianum gehörten, kann ich mich in Bezug auf ihre Zugehörigkeit zu dieser .Sammlung und die bereits mit derselben erfolgte Pnblicirung nur auf deji zu den Mo- numenta graeca et latina ex museo Nanii von Biagi ge- lüsten Katalog über alle von ihm, Passeri und Paciandi pui)licirlen Denkmäler stützen. Das in Müllers .Archäo- logie p. 348 noch an;;eführte Werk ül)er dies Museum vom .lahr 1815 habe ich mir nicht verscIialTen können. Biagi hat allerdings in seinen zwei Büchern (Monumenta graeca und Monumenta graeca et latina) auch Abbildun- gen der Reliefs hinzugefügt, die aber alles .Stilgefiihls für diese acht griechischen Werke und oft der nöthigen Sorgfalt entbehren. Dafs aus der Nauischen Sammlung auch Marmorreliefs in andere Hände, wie an Kaufmann Wei)er, sowie in die .Sammlung von Pourtales- Gorgier, »eiche die Bronzen aufnahm, gekommen sind, zeigen .Anführungen bei Welcker Alte Denkmäler II, S. 252.

Wir fangen von den Votivreliefs an: hier be- gegnen uns auf No. 19 die drei Nvf.irfai^'Oj.mviui, denen Philokratides, des Nikeratos .'iolin, den Dankstein geweiht hat. Die Abl)ilduug bei Biagi (Mon. graeca et latina |). 61) ist nicht unrichtig, der Text dann auch hei Böckh (Corp. Inscr. no. 454) gegel)en. Ein kleiner viereckiger Altar mit der Inschrift NYMP findet sich in dem Na- nianum nicht. Merkwürdig ist das unter sich bis auf die Inschrift ganz gleiche Reliefpaar (No. 20, 21): ruhigstellt eine weibliche Figur ganz en iace erscheinend, einen Modins auf dem gewelltem Haare tragend ; das Gewand mit Diploidion fällt in langen F'alteu herab und ist um die Taille mit einem breiten Band gehalten. In der einen Hand trägt sie die Patera, in der andern einen oben gespaltenen Stai). Die Inscliritten lauten: JAMOKAEIA und JAMOKAEIA IKETl APETOl

und sind mit dem Relief bei Paciaudi (.Mon. Pelop. I, p. 26), danach bei Böckh (C. I. no. 1559. 1560) publi- cirt. Dafs diese Gestalt fortwährend als Edeithyia be- zeichnet wird, dazu gestehe ich nicht die geringste Be- rechtigung zu finden. Weder der IVIodius, der von dem Stephaoos der Polykletisclien Here'') nicht eben ver- schieden gestaltet ist, noch Patera, Scepter, noch das Gewand mit der C'övi] lüliren auf Eileithyia, deren sichere Darstellungen ganz andere Kennzeichen, wie Beilügelung [?] und Fackel, haben; sie tiihren vielmehr auf Hera oder allenfalls auf Demeter. Die Insclirifteu haben bisher eine genügende Erklärung noch nicht gefunden. Als Votivrelief ist zunächst auch zu fassen die Darstellung (No. 27) eines Mannes in C^hlamys und thessalischein Hute, welcher neben seinem Rosse stehend mit der Schale in der Hand zu einem .Mtar sich wendet, hinter dem eine Schlange und eine weibliche grofse Gestalt in der Hy- (/icdbildung sich erhel)t. Ohne die letztere würden wir sie allerdings mit jenen unter dem Bilde eines Oi)fers gefafsten Heroisirungen von Todten, wo neben dem .Altar

'■) Müller Denkin. t. XX\, 132.

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eine Schlange um den Baum sich ringelt, den Kopf dem Opfernden zugewandt, ganz gleichstellen können. Ja es erscheint iiingekeliit natiirlich, diese Scidunge zunächst, wenn keine besondern Beziige ausdrücklich gegeben sind, als das Symbol des Leben und Gesundheit gebenden, Todte erweckenden Gottes, des Asklepios und seiner Ge- nossin Hygiea zu fassen. Wir finden liier in der Samm- lung auch ein Beispiel dieser Darstellung auf No. 18: auf einen Altar mit einem Baum dahinter, an dem eine Schlange sich windet und den Kopf nach vorn erhebt, reitet ein jMann in DiosUurenmiitze, Chlamys und die Schale in der Rechten zu. Darunter befindet sich die Inschrift HPn^ EnWANH^ ^£2KPJTH. Biagi '0 fügt noch ein hinzu mit Recht, obgleich der am Ende verwitterte Stein nur die Spur eines geraden Striclies er- kennen liil'st. Das inKpai'Tiq ist, wie es bekanntlich in nachalexandrinischer Zeit der ehrende Beiname göttlich verehrter Könige wird, aucli hier das Beiwort, welches der heroisirte Todte erhalt. Pococke ") hat eine entsprechende Grabinschrift publicirt: tw yXvxviütot adiX((iü TiQU) ini- (pavtt. Noch haben wir aber ein entschiedenes Votivre- lief und von liöherem künstlerischem Werth hier aufzu- führen, das Fragment No. 31 einer von zwei Anten, welche einen mit Palmetten geschmückten Giebel tragen, einge- schlossenen Darstellung. Eine grofse, weibliche Gestalt im Diploidion und dem über die linke Schulter fallenden Himation steht auf der dem Beschauer rechten Seite, mit dem Kopf stark vorwärts gebeugt; in den Händen hält sie ein kleines weibliches Kind in einem Tuch schräg in die Höhe. Von der linken Seite richtet sich eine be- deutend kleinere, jugendliche weibliche Gestalt, das Haar in der Sphendone ihr zu und bringt ihr einen ir«sser- vogel dar. Es ist wohl kein Zweifel , dafs wir eine /{oi'poTpJ70?-Göltin vor uns haben, welcher das Opfer gebracht wird. Gänse und lluliner werden ja unter clen 6 Haupt-Opferthieren von Suidas mitgenannt "").

Zu den Ehrenreliefs, den öffentlichen Urkunden einer von Staatswegen Privatpersonen gewordenen Ehren- bezeugung rechne ich zunächst ein sehr ilach gearbeitetes Werk (No. 28), welches Paciauili") publicirt hat; die Inschrift steht l)ei Böckh "). Im Original liest man deut- lich: OSh:NTJ, nicht OEINJA. Die unter dem Relief befindliclie nicht sieben-, sondern neunzeilige Inschrift ist in kleinster Schrift, an den Ecken verstümmelt und sehr unleserlich. Jedoch würde eine etwas längere Beschäf- tigung damit den Text wohl vollständig lesen lassen, während wir nur einzelne Sylben daraus kennen. Das Relief zeigt uns deutlich Alhenu mit dem ihr zur Seite stehenden Schild, welche einen ihr entgegen tretenden Krieger bekränzt, der sich durch eine hohe Helmzier

vor den zwei ihm folgenden, betend die Hand erhel)enden Kriegern auszeichnet, der mittlere derselben trägt einen hohen Stab, oder vielmehr Speer. Warum Biickli hier von einem Dank für Heilung durch Alhenc Hygiea als ganz sicher spricht, dazu sehe ich den Grund nicht ein: weder Athene selbst noch der kriegerisch geschmückte Mann , noch das Motiv des Kränzens weisen darauf hin, vielmehr auf eine ehrende Auszeichnung durch Athene, als göttliche Vertreterin der Stadt. Ich glaube daher auch nicht &io'^fvia, sonst als Bezeichnung eines dem Apollo und Hermes nur geweihten Festes"') bekannt, sondern einfach nQo'^ivla ergänzen zu müssen, was nicht allein die Auszeichnung des ngu^tvog , sondern sehr ge- wöhnlich das Dokument des Vertrags, die Urkunde über solche Ertheilungen bezeichnet. Die EntzifFerung der unteren Inschrift wird hierin zur entschiedenen Klarheit iüliren. Ein zweites Relief ist agonistischer Natur und stammt aus Athen, aber befand sich nicht ira Museum Nanianum; die Iragmentirte Inschrift, welche beginnt INA20I SENQN ist bei Böckh C. I. no. 242 nach zwei neuern Abschriften (wo genommen?) genau edirt. Meine Aufzeichnung über die kleine, darüber angebrachte Darstellung reicht von der dort gegebenen Beschreibung etwas ab: die Fackel umgeben danach ein Oel- und ein Lorbeerzweig, zur Seite das Gefäl's in Krugiorm und die Palme. Ein dritter hierher gehöriger Stein (No. 23) enthält blos eine längere Inschrift, welche auch nicht aus dem Museum Nanianum stammt, aber wohl attischer Herkunft ist. Sie lautet:

31A

T0NAri2N0QETHiS TQNMErA^niSGE QNMEmEIYEilNEm TEAEIANTA^. ON ATONAAE. £1^TH^ UATPIJ 02KA1 TUN QEQN. In der vierten Zeile ist wohl zu lesen: MEMYH- 31E1SQN; das Uebrige ist leicht zu ergänzen: TON AFONA ASJQ~. Also eine Ehrentafel iür Agonotheten der grofsen Mysteriengöttinnen, Demeter und Kora. Den Uebergang zu den Grabreliels bildet ein Stein des Nanianum-*), dessen Inschrift auch bei Böckh (C. I. no. 1942) edirt ist. Diese ist in sehr späten, llüchtigen Charakteren in und aufserhalb eines Lorbeerkranzes angebracht und bezeugt die von Bule und Demos dem Kai li machos, Sohn des Kallimaclios, gewordene Ehre. Das Relief darüber zeigt uns sichtlich die Hermes des (»eehrten, aber Todten, was die Endformel ergiebt; zu ihren Füfseu steht ein Gefäl's zur Weihung und eine jugendliche Gestalt, die

'") ."Mon. graeca ex niiis. Nan. Nekrol.XII.

'') Inscr. ant. (). Mh 1 hei Stc[ili. Tlips. s. v. 'F.ni'f^nvrig.

'") Sniilaa I, p. 448. 11, p. 215. llenii. Griech. Ant. II,

8. n».

") Mon. Pdnp.n, |i. 155.

=•) C. I. no. 475.

'^) Hesychlns erklart es einlach ':/;7C)AA(ui'o; ^oprij; Apollo licifst (-ifoitrio;. Oas Fest pehürt vor allem nach Delplii, wo es einem Monat den Namen gab.

''') Mon. Graeca ex ^lus. Nan. nekrol. 15.

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Clilaiiiys iiljer eine Scliulter geschlagen, l'afst au die Herme an.

Uie (iral)reliefs zeilailen in dieser Sammlung in vier verschiedene Klassen nach ihren Motiven: wir hahen liier Beispiele vom Kamilienmalil, wie es jetzt durch Le- tronne, Kriedlaiuler und zuletzt Weicker lestgestellt ist, lerner von sitzenden un<l stehenden Gestalten meist mit dem Motiv des Aliscliiediielimens, lerner von tieni schönen, griechischen Motiv des traurig, sinnend stehen<len Jüng- lings, endlich römische Portriitbildungen. Unter ilen ersten ist das an Personen reichste und durch die über der xlivri aulgehaugten Gegenstande besonders interes- sante ungenau von liiagi^') edirt, dann aber genau von Weicker'') nach Lebas beschrieben worden. Ein zweites findet sich ebenfalls bei Biagi'"), aber mit der sehr grolsen Uoriclitigkeit, dafs die links sitzende, züchtig bekleidete Gestalt ein bärtiger Manu ist, wahrend an eine Frau nicht gezweifelt werden kann ; die yJJvri haben drei Aliinner inne. Die nur tbeihveis erhaltene Inschrilt ist von Biagi richtig edirt bis auf die Endl)uchstaben der beiden Zeilen AF statt AF und XAIPEFAN statt XAIPEIA, was als XuCgt IXaQWog zu ergänzen sein wird. Zwei Reliefs dieser Art, die nicht aus Griechen- land stammen , sondern aus Südgallien mit luschiilten, sind in dem eben erschienenen letzten Heft des Corpus Inscriptionum nicht erwähnt; das eine zeigt uns den Mann gelagert, Krau mit dem Kind auf dem Schofse sitzend daneben, den El'stiscli davor, alles auf einer liLstrade befindlich und Diener und Dienerin. Nach der Inschrift, welche Meriraee zuerst bekannt gemacht hat"), ist der Grabstein von L. Erennius Secundus und seiner Frau Pomponia dem Sohne L. Erennius Praesens und ihuen selbst bei Lebzeiten errichtet. Das zweite Relief ist sehr flach gearbeitet und verdorben, hier zeigt sich nur eine ruhende Gestalt auf einer y.Xiyt]. Von der In- schrift ist nur in der zweiten Zeile A'PüZO— lesbar. Von der zweiten Gattung ist das Relief der TerÜa Tochter des Jason aus üiagi bekannt ''), ebendaher"') das um die mäucdiche Gestalt, welche genau das Motiv der Sopho- klesstatue hat, reichere der Kulinike des Sostratos, ferner das der Eugenia, von Herakleon und Epaphras gestiftet, wo das Motiv der Handreichung hinzutritt, aus Paciaudi "), sowie das der Mt'itedote "). Ein etwas anderes Motiv ist es, wenn einer sitzenden weil)lichen verschleierten Frau oder zwei sich gegenüliersitzenden v(ui einer Dienerin ein Gefafs angeboten wird, wonach sie läfst. Zwei Bei- spiele dafür finden sich hier: das eine hat Paciaudi edirt"), aber mit der Inschrift: IlAVl^IA nPOFAFXOY, ob- gleich deutlich zu lesen ist: nAPHXlAIW^TAPXOY.

Von dem andern mit zwei Fraun und der dienenden Ge- stalt in der Mitte kenne ich keine Publikation; die In- schrift lautet: AII^XPA:^ TH:^ WllAlOY. All"e-

o mein bekatmt") ist das attische Grabrelief mit dem einen

Vogel haltenden Jüngling. Eine sehr ähnliche Gestalt sehen wir hier auf einem gröfsern, acht griechischen Re- lief vor uns: ein Jüngling ruhig stehend mit übergeschla- genem Bein; der Zipfel des Gewandes über die linke Schulter fallend , der rechte .Arm nach vorn etwas ge- streckt und an deni Kör|)er ruhend. Späterer Zeit gehört eine andere, aber immer verwandte Darstellung an: ein nackter Jüngling sitzt an einem Fels, den Kopf auf dem linken Arm gestützt, den rechten auf den Fels gelegt; danel)en ein Schiflsvordertheil. Die Unterschrift auf Prothymos ist ;uis Paciaudi ^ ') bekannt. In römischer Weise ist endlich auch ein Grabrelief gebildet: zwei Köpfe, ein matronaler mit dem Schleier und daneben ein jugendlicher befinden sich über der Inschrift, welche Merimee zuerst "') publicirt hat, aljer nicht richtig auf- gelöst. Sie lautet:

LOYMMOE KAIKOYINTOE KAIKELIA MANTÜTH miTPI TM Tir XAPIN'). Hier heilst die Mutter offenbar Caecilia Manto, aber es ist nicht von einer lieaia die Rede, die mit Summus und Quintus die Mutter ehrte. Das lateinische L wird uns hier so wenig stören, wie gleich daneben unter zwei andern Porträtköpfen das 0 in eine lateinische Inschrift eingeführt ist:

T. TEGOICNIVS SECVNUVS SIBI ET. IVLIAE rXORl. Ich will hier zum Schlufs noch eine griechisch- barbarische Insclirift hinsetzen, die auf einem Kalkstein- fragraent im Departement gefunden ward und sich im Museum befindet: sie ist allerdings bei De la Saussaye^') nach einer Abschrift von Merimee abgedruckt, aber io Deutschland unbekannt geblieben. Die Höhe der Tafel beträgt 25 Cent., die Breite 31. INIeine Abschrift lautet:

ceroMAPOC

OYlAAONeOC

TOOVTIOYC

NAMAYCATIC

6IC0POYBH/vH

CAMICOCIN

N6MHT0N.

Die Zahl von jHos«(/;-Bruchstücken ist ziemlich grofs; das Muster concentrischer Kreise mit wecliselnden schwar-

") Mon. gr. et lat. p. 97.

"j Alte Deiik.n. II, p. 254 no. 41.

'' ) Mon. Gr. ex Mus. Nan. no. XVIII.

°") Notes il'im vojage p. 148.

"J Mon. gr. no. WII.

"') a. a. O. no. XVI 11.

") Mon. Pilup. t. II, p. 133.

") a. a. O. II, p. 236.

") a. a. O. II, p. 237.

") ^Müller Deiikm. A. K. t. 29, 127.

^'•) Mon. Pelop. t. II, p.247.

") Notes p. 14(1.

*) Doch wohl f'riTQ't {.ivriurj; yuqiv'^ A.

•■■) Numisin. NUrb. p. XUS.

d. H.

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zen und weifseii Spitzen und einer Blume in der Mitte kehrt öiters «ieiler. Hüclist eigentliiimlicli ist al>er eine Darstellung, welche noch zweimal und zwar einmal schräg in die Ecke gestellt vorkommt, nämlich auf neifsem Grunde eine schwarze Zeichnung von ausgedehnten Befestigungs- wetken: ein Dop|/elthor von zwei 'l'hürnien eingeschlossen mit oberen Fenslern, dann Älauer, dann wieder cinTliurm zu !)eiden Seiten uud auf Mauer und Thürmen sehr ein- fach -durcli T angedeutete Zinnen.

Nelien der Geiuäldegallerie im ol>eren Stocke he- tindet sich endlich noch ein Zimmer mit kleinen Bronzen, 'l'erracott;;n und einer für das mittelalterliche Siidfrank-

reicli ausgezeichneten Münz- und Siegelsammlung. Leider liahe ich von dieser Sammlung nur flüchtig Notiz nehmen können , zugleich noch abgezogen durch drei hier fast versteckte Bilder, die Leda von Leonardo da Vinci und Angelo Doiii uud Krau von Rafael, jedenfalls gleichzeitige treuliche Copien.

FloiTentlich wird ein Ueherhlick iiher das hier ge- gebene Relerat ilie Bedeutung, die wir gerade diesem Museum beilegten, hinlänglich gerechtfertigt haben, um so mehr aber den Wunsch einen gründlichen und ein- gehenden Katalog einmal zu erhalten, rege erhalten, .lena. B. Stark.

IV. Neue Schriften.

Akerman (J.J: Ancient Gold Ornaments [aus Melos, darin eine Alexandersmünze aelalst], aus der Archaeologia XXXV p. 190—193.

: Remains ot pagan Saxondom. Part. YI pl. 11. 12

pag. 21—24. 4.

li'irch (S«ni.): The Annais of Thotlimes III as derived from the hieroglyphical inscriptions. London 1853 (Archaeologia XXXV p. 116(1.) 53 S. 4.

Uorinann (A.): Kritik der Sage vom König Euandros (Programm der Klosterschule Rofsleben. Halle 1853). 28 S. 4.

Cumpanari (See): Le tavole Perusine dichiarate. Roma 1851. 8.

C'(/rr(ira (F.): de' scavi di Salona nel 1850. Praga 1852. 24 S. 4. 5 Taf. (Graber, und Durchschnitt des Amphi- theaters).

Cluruc (Cle. de) Musee de sculptnre etc. continue sur les mauuscrits de l'antenr par M. Allred Maury, pul)lie »ous la direction de Victor 'J'exier graveur. 'lome Gerne. Paris 1853. 8. XXVIH und 288 S. 8 mit einer Der- niere livraison (5 Bl. ii. Titelljlätter) der Al)biidungs- hefte in 4.

Conestahilc (G. C); Süll' ipogeo della Famiglia Vibia scoperto vicino a Perugia nel novembre del 1852, e sopra alcuni altri monumenti scritti venuli recentemente in luce. Roma 1853. 47 S. 8.

: Della origine ed istoria delle Streune. (Estratto dal giornale il Viminale no. 23. 24). 8 S. 4.

'Effrif.itQ'iQ üci/iiiiiXoyiy.ii (Kfdfiwnn k/c: niai; tT^q EXXu- d(i(; ilvnQinxiifitviti; ixQ/uitiTi^irtg. <l)vXX. 32. liti'Ovaijio^ 1853 p. 689— 778. 4.' VorcMuinuner (P. W.): Achill. Alit einer Karte der Ebene

von Troja. Kiel 1853. 64 S. 8. Götllinji (C): Inscriptiones Olympicae IV. Jenae 13 S. 4 (zum Lertionsk.italog 1853). Nova quaedam Irag- menta poetaruni graeoornm. 6 .S. (desgl. I8J4). Grolefenil (G. /■'.): die 'I'riliutverzeichnisse des Obelisken ans Nimrud, nel)st ^'orbemerkungen über den verschie- denen Ürs])ru(ig und (Charakter der persischen und assyrischen Keilschrift und Zugaben ülier die f>abylo- lüsclie ("urreiit- und medische Keilschrift. Aus Bd. V der Abb. d. kgl. Ges. d. Wiss. zu fiöttingen. <iött. 1852. 94 S. 5 Taf. 4.

Jaltn (0): Ueber ein antikes (jemälde (den Maskenscherz eines von zwei l<"ranen umgebenen Kindes darstellend] im Besitze des Malers (;h. Rofs zu München. (Aus der Kieler Allg. Älonatsschrilt). 9 S. 1 Abbildung.

Lepsiiis (R.); Uel)er eiidge Ergebnisse der ägyptischen Denkmäler lilr die Kenntnil's der Ptolemäergeschichte. (Jelesen in der kgl. Akad. d. Wiss. am 29. Juli 1852. Mit 10 Tafeln. Berlin 1853. 4. 52 S.

: Ueber den Apiskreis. 22 S. 8. (Aus der Zeit- schrift der niorgenl. Gesellschaft. Leipz. 1853).

Murmnrit [Alb. ddla): Sopra alcune antichita sarde ri- cavate da nn IManoscritto del XV secolo. Torino 1853. 154 S. 7 Taf. 4.

Hlomuisvil (Tit.): Die nordetruskischen Alphal)ete auf In- schriiten und Münzen (S. 197 259 der Mitth. d. ant. Ges. zu Zürich). 3 Taf. 4.

Ouerhevl; (J.): Ueber Systematik der Archäologie der Kunst, mit besonderer Rücksicht auf den Universitäts- nnterricht. (Aus der Kieler allgemeinen Monatsschritt 1853 S. 444—466).

Piinoßa (T/i.): Dionysos und die Thyaden. Mit 22 Bild- werken auf 3 Taf. Berlin 1853 (M)h. d. kgl. Akad. 1852 S. 341 ff.) 50 S. 4.

Rlny (Mux. de): Memoire sur les etablissements roinains du Rhin et du Danube, principalement dans le sud-ouest de l'Allema'ine. 2 voll. Paris 1852. 8. (Rev. arch. IX, 782).

Hitsclil(F.): Anthologiae latinae corollariura epigraphicum (Lectiunskatalog 1853). 12 S. 4.

Uo/s (L.): Die Pnyx und das Pelasgikon in Athen. Zur Walunnu der Topogra])hie von Athen gegen einige UHuere Zweifel. Halle 1853. 36 S. 3 Abbild. 8.

Rns.<<'i (G . TS. de): Le prime raccolte d'antirhe iscrizioni cnmpilate in Roma tra il fmire del secolo XIV e il co- minciare del X\'. Roma 1852. 173 S. 8.

Sauppe: über zwei attische Inschriften über die thrakische Koloiüe Brea. (Alonatsb. d. kgl. sächs. (ies. d. Wiss. 1853. S. 33—48).

Urlich.'i (L.): Vindiciae Pliiiianae. Fusciculus prior. Gryph. 1853. 192 S. 8.

rillet (/'.'.): Explication d'uric pierre gravee represen- tant le dien marin Aegaeon (mit Blitz und Dreizack; aus der Revue archeolog. X). 16 S. 8.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

J^ 58. 59.

Zttr Archüolo(fischen Z/cilung, Jahrgang XI.

Oktober und November 1853.

Wissenscliaftliclie Vereine: Berlin (iuchaologisclie Gesellsclialt}, IJom (arcliäologisches Institut). Funde /u Menar.i. Miiseoiirapliisi'lies aus Kn^land; Altertliiiiner zu PawlotTsk.

Ausgrabungen :

I. Wissen.schaftliche Vereine,

Berlin. Aui I. November il. J. ward untir Vorsitz der HH. Gerliarii und Panofka die hiesige a rcii ä olo jiis cli e Gesellschaft neu eröffnet. Die Gesellschaft hatte seit ihrer letzten Zusaininenkiiiilt im Juli d. J. das Hinschei- den eines ehrwürdigen .Mitglieds des Geh. Ratli lietilh zu beklagen, der, ein vorleuchtender Veteran im Gebiete iler Kunst wie des Handwerks, seine begeisterte Kennerschaft ihrer klassischen Cluster allerzeit zu erweitern und neu zu betliätigen hellte ; die Gesellschalt, die seines häufigen Besuchs sich erfreute, stimmt mit anderen Freunden des Verstorbenen in dem Wunsche iiberein, dass die in der letzten Zeit seines Lebens miilisam von ihm verfolgten Forschungen, ül)er Ursprung und Kunstdarstellung des l'ferdes in Griechenland, nicht ohne Abschluss und Ver- öffentliclinng bleiben mögen. Der Architekt £(J. PV/Acncr aus London, als Herausgeber des Museum of classical antiquities, wie duich seine Reisen in Kleinasieu und durch die in Pompeji von ihm geleitete (Museum II, .^5fF.) Ausgrabung rühmlichst bekannt, legte eine ansehnliche Reihe von Zeichnungen pompejaiiischer Baulichkeiten vor und begleitete dieselbe mit Krliiuterungen über Anlage und Einzelheiten des antiken Hauses. Aus dem an- ziehenden Kunstbesitz des gleichfalls anwesenden Hrn. Oberreg. Rath liartds lagen .abdrücke etruskischer Ska- rabiien und sonstiger schöner Gemmen vor, welche Hr. Pannfka erläuterte. Hinsichtlich ihrer künstlerischen .'Vuslübrung empfahlen sich ein Onyx mit lorbeerbekränz- lem Brustbild vielleicht eines römischen Kaisers und ein Sapphlr, worauf ein unbärtiger Mann zu Pferd durch Diadem um das Haupt und Scepter io der Rechten sich als Herrscher zu erkennen giebt; etwa das Ehrendenkmal einer Rcilerslulue in verkleinerter Ko])ie. Das archäolo- gische Interesse der Versammlung ward durch einen, die krumme Trompete (lituus) blasenden Mars mit Tro- piium hinter sich, auf einem Niccolo, in noch höherem Grade aber <lurch einen Karneol-Skarabäus in Ans]}ruch genommen, mit dem Bilde eines spitzbärtigen, unbeklei- deten, auf einem Stuhl sitzenden Mannes dessen auf das linke Bein aufgestützte an die Stirn gelehnte Linke tiefes Nachsinnen verräth. Eine auf seinem linken Bein stehende

nach ihm aufblickende (jiins in Verbindung mit einer längs dem Stuhl sich windenden Schlange würde das Verstiindniss dieses Bildwerks wesentlich erschweren, wenn nicht dieselben 'l'hiersymbole um eine gleiche sitzende bärtige Figur auf Münzen von Rhegium (Panofka Tro- lihonioskultus Taf. I, 2 u. 3) bereits als Charakteristik des Heil- und Orakelgottes Trophonios (Paus IX, 39, 2) dienend nachgewiesen worden wären. Demnach dürfte nach Hrn. Panolka's Ansicht auch auf dieser Gemme der- selbe Trophonios zu erkennen sein. Hr. IVattenbach, elien von einer Reise aus Ungarn zurückgekehrt, brachte, mit neuer Abschrift eines im Museum zu Pesth befind- lichen Inschriftsteins, die fragliche Echtheit der aus Orelli's Sylloge no. 2(i31 bekannten Inschrift, einem schon oftmals

1 endlich dennoch verstorbenen Schauspieler geltend

(magister inimariorum .... aliquoties mortuus ... set sie nunquain), zur Sprache. In Bezug auf einen von Hrn. Cuvedoni zu Modena eingesandten Abdruck des in der- selben Gesellschaft bereits besprochenen .Anfangsstiickes zur ciceronischen .Schrift de lato wiederholte Hr. M.Hertz seine Ueberzeugung von der Unechtheit jenes nenlichen Fundes, eine Ueberzeugung welcher auch Hr. Professor Haupt beipflichtete und andere Kenner des Cicero (z. B. Ur.Huhn in München) auch auswärts beistimmen. [Dassomit erheblicher gewordne Fragment folgt hienächst.J Rilschl's neu eingegangene anziehende Kriäuternngsschrift altrö- rnischer Inschriften auf irdenen Schalen gab Hrn. Gerhard Anlafs, zu Hrn. Rilschls ülierraschend einleuchtender Deutung eines Aecctiae pocolom als Aequitatis poculum (nämlich Aequitia lür Aequitas, wie uequitia mit nequitas gewechselt habe) auch die von Hrn. Rilschl ül)ersehene E(iiwtas eines bronzenen Kopfes zu vergleichen, den ein Mailändischer Gelehrter vonn;ds auf eine vermeintliche Rossgöttin Equejas gedeutet hatte. [V gl. Gaet. Cattaneo Equejade. Milano 1819 4.] Einen anderen Stoff an- ziehender Betrachtung gewährte die neuerdings vielbe- s[irochene Frage iiber Bemaliing antiker Bmu- und Bild- werke: eine Frage, welche in überwiegendem Bezug auf die Baukunst vormals in Kuglcrs Schritt über antike Po- lychromie behandelt und von demselben verdieuteu For-

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scher der Kunstgescliiclite in seinen neuerdings erscliie- neneii „kleinen Sclirilten" (Stutlfjard, Lfg. 1 4) mit gleiclier Uinsiclit beleuciitet worden ist, während üher die Karhiing alter Sculpturen gleichzeitig von Walz in Tübingen mit liezug auf Zeugnisse der Alten gehandelt wird. Zu näherer Betrachtung iorderten auch die vorliegenden Bände des Feiierbac/i'schen Nachlasses, namentlich der von Pro!'. H. Hellner herausgegebenen Kunstgeschichte, und einen sehr gelälligen Anblick gewährte auch der von Ahertnun zu London neulich herausgegebene und verbiirgte griechi- sche Goldschmuck. Zu reicher Augeuweide lud ferner die Erscheinung drei neuer Hefte (5 7) von Ternife's grossem Werk |)Onipejanischer VYaudgemälde ein, dessen Werth durch M'elckers, mit mancher neuen Erklärung ausgestat- teten, Text gesteigert wird. Ausserdem wurde noch von sonst eingelaulenen Schriften der HH. Alermun, Birch, Carrarn, ForchhumUier, Lloi/d, O. Jahn, Lepsius, dcUa Murmora, RilscM, Rnfs, Wclclcr, Wiesder, de Witte, Zell, Zumpt, wie auch von zwei neuen Heften der zu Athen erscheinenden 'E<frj!.iiQ)g uQ/aioJ.oyixtj, dankbar Keniitnil's genommen.

[Das in ol)igem Bericht erwähnte, angeblich cicero- nische, P'ragment, abgeschrieben von drei Pergament- deckelu „al volume stampato di un Velmazio Bagnacavalli" lautet wie folgt: De Falo disputacio. Falnm esse ntitum Jovis 0. M. ji/acidiiiif/iiB deunim immortulium, fides est phllosoplwrum et vuljji communis. Sed ijtiia philosophus nemo vel haben, vel dici solet, nisi parumper a vtilgo desc'iscut; iccirco visum est nonniillis, fall necessUalem ant untecessione causanim nuturuüum (juodammodo clr- cumscrihere, ant rutione voluntulum ut(jne uppetillonmn Vttila, quasi fulmen, e caelo deducere. Quia pcrtinel ad mores ipios jJ^o; Uli vocunt . . .

Ein zweites, welches au das bei Macrobius Sat. H, 12 erhaltne Fragment sich anschliefst, lautet folgender- mafsen. Vide quid agus! Acipenser iste paucorum liomi- num esl..quaeso: <piod exclusi, triclinio phires acipenseris deliciis caruere, un vis immulutue voluntalis (quue pluiju Democrito est) effeeit, ex eo quod in aurem Sclplonis itislilluvit Pontius; un acipenser capiondus, et Scipio, et Pontius, et coenaturi simul et non . . una connexionc «i» immittabili uelernitule conlincbanlnr? Mihi quideni cxpen- denti atijue aeslimanti quid quisque habeat propra, quid e.vp. . . (Folgt eine Lücke von mehr als zwanzig Zeilen, bis es auf derse|i)en Seile weiter heifst;) Salis erat

dici: liijrsa fiindabitur. Id enim in fatis, ul aiunt, fuisset: f/iiue fatu, F.nnius inquit, deum rex nutu parlitur suo. Quod vero, mulato nomine, everlenda fuissct (id lieri di- liuisse i.icile putabilur ex) cohaerenlia causarum, ((pieis Karthago) ad occasum interilnuKjue rediijerclnr, (mox etiam ad ipsuni) exit(itiui et eversionem) perlinacia populorum et belli . . .

Endlich auf dem Rücken desselben Bandes wird ge- lesen: l{c(j(\i\tiin oder ulus) (de)üo(().<t

omnes nostros . . . C«r(tiiim in) pii(misj quem iu(re ac

meri(o vel Herculem vel Theseum appeflabimus nostrum. is enim pro salute patriae futnra infcros , und auf desselb(?n Blattes Rückseite: atligit idque fucinus (juod vix amplitutiine fati tonciperetur, supremo clarissimoque liberae vohnüaüs ardore consiiniiiinuif. ifaque ....

Wir geben diese bereits früher durch Hrn. v.Reumont uns zugegangnen Fragmente erst jetzt hier im Abdruck, da sie durch eines so aclitbaren Gelehrten Anerkennung wie Cavedoni jetzt eine höhere Autorität erlangt haben als sie früher beanspruchen durften und in deutschen Landen noch jetzt beanspruchen. Hr. Dr. M. Hertz, dessen gründliche Prüfung der in Rede stehenden F"ragmente schon früher (Arcli. Anz. S.359) dankbar von uns erwähnt ward, hebt insbesondere noch den Umstand hervor, dafs in der Abschrift von Hrn. Ferrucci's eigner Hand bei dem Fragmente IV zwar auch von der pergamena tra- forata e bucherata gesprociien wird, dafs aber alle Buch- staben in Capitälclieu also als in der Handschrift ge- lesen erscheinen, während Hr. Cavedoni in seinem (dem Messagere di Modena no. 847, 14 Ott. 1853 entnommenen) Abdruck, olTenbar genau nach der ihm mitgetheilten Ab- schrift des Entdeckers, einen grofsen 'l'heil durch cursive Minuskel als durch Conjectur ergänzt bezeichnet hat. Auch hat im dritten Fragment d^s Ennius inquit in derReumout' sehen Abschrift seine Stelle nach Deum rex gefunden.]

Rom. Von Seiten des archäologischen I nstitu ts ist, ungewöhnlich verspätet, der nachträgliche Bericht über dessen Sitzung vom 1. April d. J. eingegangen. Es ward in derselben zuerst ein etruskiscIierKandelaber nebst sonstigen Bronzen des Hrn. Gommonde vorgezeigt und besprochen. Dr. Uraun zeigte ein von Hrn. Carlo Bonichi aus Neapel gebrachtes gutes Fragment einer schwarzen Schale, mit eingesetztem Boden aus aretinischer (rother?) Erde; auf letzterem ist in Relief ein junger Held dargestellt, der sein rechtes Knie auf einen Altar stützt, neben welchem der Leichnam eines andern getödleten Helden samt seinem Schild ausgestreckt liegt. Jener erstere hält eine umge- stürzte Amphora, die eine Frau in Amazonentracht ihm abzunehmen vergeblich bemüht ist. Im Hintergrunde be- merkt man den Kopf noch einer Kämpfergestalt mit vor- gehaltenem Schilde. Zu Erklärung dieser seltsamen Dar- stellung dachte Hr. Braun an ähnliche Sceneu die auf Wiedererkennung des Paris oder auch auf den Palladien- raub [?] gedeutet werden. Hr. de Rossi gab eine an- sprechende Erklärung der in einem kumanischen Grab gelünilenen Wachsköpfe (Bidl. p. (iölF.). Hr. Canma sprach über neue Ausgrabungen zu Veji, wo mehr als 150 (iräber f;eölTnet aber nur mit schwarzen Geläfsen angefüllt vorgefunden wurden, dagegen innerhalb der alten Stadt ein Haus mit Ful'sböden uml Marmorstücken, unter andern auch mit einer weililichen (iewandstatue gefunden ward, für deren Herstellung Hr. Teneruni sorgt. Dr. Braun gab Nachricht liber die neidiche Aufdeckung eines Hauses zu l'oinpeji, welchem der bis jetzt noch uu- gekannte Vorzug eines unversehrten Daches zu gute

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koimnt; die vollständige Aufdeckung desselben war l>is zur Uiickkelir S. M. des Königs von Baiern verschoben. llr. lli'.nzen gab zu seiner neuliclien Nacliweisuog des Gulcnis als GladiatorenwalTe einen neuen Beleg durrli ein von Pelet zu Nismes edirtes und von Dr. lixirsiun beigebraciites Relief, welches neben einer Kämpfergruppe durch die Deiscliriften ([iug))ia«((;s iiiissi, Eros und X«ntii« sich auszeichnet (ßull. I>S5;4 p. IM)). Ferner zeigte llr. Ilenzen mehrere von l'rol. Zaiinolli zu 'l'odi einge- sandte römische luschrilten, auf denen unter andern ein Hercules compos, ein piirpurarius im Vicus Tuscus und eine Krwalinung vcju XXXviri als iVIagistrat bemerkens- werlh sind (Bull. p. 131).

in der Sitzung vom 8. April zeigte Hr. de Rossi eine Hacke von Krz, «eiche bei liiiuliger Form durch elruskische Buchstaben von eigenthümlicher Schrift [liull. p. 143; etwa als „\lliarnei" lesbar] ausgezeichnel ist. Des- gleichen nahm derselbe vom Fundort zv^ei griechischer In- schriften (C. I. gr. no. 6007. 6006) Anlal's über das im Marsfeld gelegene CainiU'Ktnum sich zu iiul'sern, eines Bogen« dessen Lage mit der bei Casa Silvestrelli gelegenen Ecke des Collegio Romano zusammentrifft, \»o neuerdings auch Spuren des in seinen Inschriften ervi ahnten Isistempels sich vorfanden. Dr. H. Brunn sprach über die neuer- dings im Museum des Laterans aulgestellte Statue eines bartigen Satyrs (abg. bei Clarac j)l. 730 no. 1765) in vor- schreiteuder Stellung mit rückgebogenem linkem Knie; er wies nach, dafs dieses schöne Werk sehr mit Unrecht in tanzender Stellung ergänzt ist und verglich fiir dessen ursprüngliche Gestalt ;die ahnliche eines bekannten atti- schen Relieis bei Stuart (!\lüller Denkm. II no. 249) mit der Darstellung des Marsyas, welcher die von Pallas weg- geworfenen Flöten aufhellt [der ähnliche nach Gerhard Hyperb. Rom. Stud. 2, 111 in Frage gestellte iMünztypus ist abgebildet in dessen Venere-Proserpina p. 10; bei Mionnet fehlend?]. Somit lag es nahe an die vonPlinius erwähnte Gruppe ähnlichen Gegenstandes von der Hand des Myron zu erinnern (Plin. XXXIV, 57 Salynim mhni- nintem lilnas et Minervain); mit dem künstlerischen Cha- rakter des Myron scheint auch der Kunstwertli jenes Mar- morwerks nicht un\eriinbar (Bull. p. 146). ^ Dr. Braun zeigte einen von Hrn. Boiticld mitgetheilten geschnittenen Stein mit Darstellung eines .lünglings, der einen siegreichen, mit Palmzweig versehenen, Kampfhahn dem Sahazius zum Opfer bringt; das Idol des (iottes ist mit gebieterischer Geberde versehen. Demselben Besitzer gehört eine für unedirt erachtete Silbermüuze von Lesbos mit dem Typus zwei einander entgegengesetzter und durch einen Baum getrennter Kalbsköpfe und als Revers eines Quadratum incusum, worin etwa ein Seethier zu bemerken ist. Dr. Henzen berichtete aus Mitllieilungen des Hrn.SJ. V'wla über ein neuerdings bei Tivoli entdecktes Grabmal mit Wandgemälden; dasselbe liegt bei Cesarano am linken Uler des Anio etwa 4' . .Millien entfernt von Tivoli. Die Rtalereieo sind geringen Umfangs und, wie es scheint,

nur ornamentaler Art; Weintrauben und das Bild eines Tigers werden zugleich mit genauer Beschreibung der Baulichkeit und mit Notiz über die dort gefundenen un- bemalteu 'i'liongeläfse von dorther erwähnt. Eine zu letztern gehörige Schale soll auf ihrem Boden eine iMünze des (iordianus Pius enthalten haben, welcher Umstand jedoch wol nur zufällig ist (liull. p. 1471'.).

lu der Sitzung vom 15. .April zeigte Dr. Brunn ein zierliches auf seinem Fufs ruhendes Balsamar, und dem- niiclist eine Gemme mit wohlbekannter, gemeinhin auf den Raul) des Palladiums gedeuteter, Vorstellung. Ein Jüngling trauernden Ansehens befindet sich halbknieeud auf einem Altar, neben welchem eine Bildsäule Apolls sich befindt, er hält mit der Rechten das Palladium um- fal'st, während seine Linke ein Schwert hält. Angelehnt an den Altar liegt eine Figur, welche zu schlafen scheint. Gegenüber erblickt man einen Palmzweig der an ein Säulenstück angelehnt ist. Stern und Montlsicliel deuten eine nächtliche Sceoe an. Dr. Braun zeigte, dal's diese Gruppe scheinbar aus dem zwiefachen Mythos des Palla- dienraubs und der Heimkehr des Orest mis Tuuri zu- sammengesetzt sei: obwohl Helm und Schild des Idols diesen letztern Gegenstand zu verläugnen scheinen, so geht doch aus einem bekaniiten Florentiner Kamee [Denkm. u. F. 1849Taf.YII, 2] hervor, dafs allerdings jener orestische Mythos hier der eigentlich gemeinte sei, zugleich mit Hinweisung auf Orest's Ermächtigung durch Apoll (Bull, p. 149). Dr. Bethmann sprach über die Anwendung geschnittener Steine zu Urkunden des Mittelalters. Frau jHcr(e;is-Schafl'hausen zeigte den Plan eines in Villa Caserta bei S. Fito ausgegrabnen Gebäudes, von welchem vier gewölbte Gemächer zu hinlänglichem Beweis eines gröl'seren Baus sichtbar geworden sind; die Stempel der Ziegelsteine weisen auf die Zeit der Antonine hin. Ge- fällige Wandgemälde lohnten die Ausgrabung nicht hin- länglich, daher dieselbe eingestellt worden ist. Ebenfalls durch Frau Mertens kamen sieben Ringe von Elfenbein, herrührend aus Arles, in ihrer Art ausgezeichnete (gegen- stände, zum Vorschein. Drei derselben sind mit JMasken von guter Arbeit verziert, ein vierter mit Doppelstricli (spina), noch einer mit der erhoben angegebenen Insclirilt Cacs Dldius, wieder einer mit dem gnostisclien Ajigul^uc: und [zugleich?] mit dem Monogramm des Namens Christus zwischen dem A und Gl): alle diese Stücke sind von be- sonderer Eleganz. Desgleichen durch Frau Mertens wurden mehrere Gemmen ihrer Sammlung vorgezeigt: eine aus Xanten mit verschiednen durch eine Schlange eingefafsten Köpfen des Zeus, Janus und der Cybele, wie mit den Symbolen eines Krokodills und eines Adlers [Bull. p. 150, vgl. Rhein, .lahrb. XV, 1311.], eine andre aus Köln mit einem Apollokopf von schöner Behand- lung wie aus alexandrinischer Zeit ; sodann ein Amethyst, gleichfalls aus Köln, mit dem Abschied des Aegeiis von Aethra (Bull. p. 150); noch andre Gemmen mit dem Bild dreier Sirenen, einem lorbeerbekränzten Frauenkopf

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etwa der Dapline, eine Minerva mit durclisiclitigem Ge- wand II. s. w. Ein Iiitaglio aus Mainz zeigt einec Bacchus oder Bacchanten j der unter finein reiciilichen Rehstock auf einem Altar libirt, danel)en eine Sicliel; vielieiclit ist ein Bacchus Lcnacus gemeint. Noch ein Stein zeigt einerseits einen auf seinen Dreifufs gelehnten Apoll, neuer- seits eine flüchtige Frau, etwa Daphue. Darauf befindlich ist eine vielleicht spatere gnostische Inschrift. Auch das Opfer der A graulos, dargestellt neben einer aus dein Boden heraustretenden Figur der Erdgöttin, glaubt Krau Mertens auf einer ihrer Gemmen zu besitzen, desgleichen den Kastor sterbend am Grabe des Aphareus. [Dem deutschen Publikum ist die Mehrzahl dieser Mittheiluiigen aus den Rhein. Jahrb. XV, 109 flF. bekannt.] Aul'ser- dem theilte Hr. Henzen einen seitdem bereits abgedruck- ten (Bull. p. 114) Bericht des Hrn. Mlncrvlni über die Ausgrabungen zu Caiiosa mit.

II.

Ausgrabungen,

Funde zu Megara.

Zu Megara stiefs man vor einigen Tagen in dem siidlicheu Theile dieser Stadt bei der Grabung eines Brunnens in mafsiger Tiefe auf eine alte Wasserleitung, welche die zwischen beiden Akropolen gelegene Senkung etwa in ihrer Mitte von Norden nach Süden durcliscliueidet. Zugleich wurden au derselben Stelle die Bildsäule eines Knaben, mehieie Statuetten, ein Frauenkopf und eine Reihe gröl'serer und kleinerer Thongeiiifse an's Liciit ge- bracht, lieber die Ausdehnung dieses unterirdischen Canuls, über dem ein Theil der jetzigen Stadt angelegt ist, läfst sich zur Zeit noch nichts Genaueres feststellen. Besonderes Interesse würde diese Entdeckung gewinnen, falls es sich erwiese, dafs die besagten Reste ehemals dem lirunnen des Theagenes angeiiört haben. Freilich spricht Pausaiiias von einer z()yj> ?;, doch lassen die Worte väcug ig uvttjv xuXuvfxivov ^tdvidwv vvfi(j(üv in Ver- bindung mit dem, was er 1, 41, 2 über die von Theagenes unternommene Führung der den .Megarischen Bergen ent- strömenden Gewässer sagt, keinen Zweifel übrig, dafs wir an ein durch eine Wasserleitung gespeistes Bassin zu denken haijen*). Zwar sind auch jetzt noch die Me- "arenser im Besitze einer Quelle, doch liegt dieselbe etwa 800 Schritt nördlich von dem westlichen Burghügel und wird schwerlich dem Bereiche der eigentlichen Stadt zu- zuweisen »ein; sie mag vielmehr dem yiüQiov Puvq ent- sprechen, das gleichfalls nördlich und, wie es scheint, in nicht grofser Entfernung von Megara lag.

*) Kiiiji'tj als nölirbrnnnen .uich sonst liekannt; vgl. Rofs Reisen im l'eloi). I, 67 und Curlius in der Arcli. Zeitung 1847 S. 32, 30. A. ,1. //.

Aber noch eine andere Entdeckung spricht für jene Annahme. Nachdem nämlich Pausanias von dem Brunnen des Theagenes aus eia mit Bildsäulen der Artemis Soteira und Römischer Kaiser geschmücktes Heiligthum besucht hat, wendet er sich zum Olympieiim. Seinen Worten zu- folge mufs dieses zwischen jener Wasserleitung und dem nördlichen Abhänge der Burg Karia gelegen haben. Hier- unter aber kann nur die minder hohe und nach allen Seiten minder abschüssige östliche Akropolis verstanden werden; die westliche, bei weitem höhere und steilere Burg des Alkathoos fallt schroff gegen Norden ab und gewahrt hier keinen Raum, auf dem man das Denkmal der Alkmene ansetzen könnte. Mit Sicherheit werden wir also jenein ji/.in'og des Zeus auf der nordwestlichen Seite der Karia seine Stelle anweisen. Hier befindet sich gegenwartig eine zweien Stallen gemeinsam angehörijje Mauer, die aufser anderem altem Material auch 11 In- schriftensteine enthält, s.'E(p?j/.tf(jig upxaioXoytxi'j Heft 33 uo. 1327—1337. Auch die im Corp. Inscr. I no. 1052 herausgegebene Inschrift mag el)eiida gefunden worden sein. Zehn jener Documente (no. 1327—1336) waren im Olympieum aufgestellt, vielleicht auch no. 1337, wenn- gleich sonst das Staatsarchiv im Heroon des Alkathoos auf dem westlichen Burghügel aufbewahrt wurde, s. Paus. I, 43, 4 und Plut. Ages. 27.

Ungefähr den dritten Theil des Weges zwischen der Stadt und dem Meere bezeichnet ein aus rechtwinklig bearbeiteten Quadern zusammengesetzter und durch meh- rere Strebepfeiler gestützter Mauerrest. Die Richtung desselben geht einerseits auf das Südende der von dein jetzigen Markte der Stadt heraliführenden Hauptstral'se, andrerseits auf die Spitze des von der vorspringenden Klippe der Athene Aithyia und dem Nisäischen Strande "el)ildeten Winkels. Dieses scheint der östliche Schenkel der langen 31auern gewesen zu sein; die Spuren des westlichen werden noch jenseits einer mit zahlreichen Scherben bedeckten niedrigen Erhöhung erkannt. Den Weg von dem Südende der Stadt, die sich jetzt nicht ganz so weit wie die alte gegen das Meer ausdehnt, legt ein Fufsgänger in etwa 20 Minuten zurück, was mit den vonThucydides 4, 66, 3 angegebenen 8 Stadien über- einstimmt; die 18 Stadien Strabos (9 p. 391) sind schlech- terdings nicht herauszubringen. Andrerseits würden nach Kieperts ilurchaus willkürlicher Annahme von Minoa und Nisäa jene 8 Stadien auf eine noch geringere Zahl redu- cirt. Dafs die Megarische Ebene ein dem Meere abge- rungener Landstrich ist, ist deutlich iu der Sage der Deukalionischen Flutli ausgesprochen, s. Paus. I, 40, 1; ausgedeluite Kieslager, Lehmboden, (darauf gehen die Worte des Thucydides 4, b7, 1 c/'^fJ' inXiidnov ttixTj) und Muschelkalk liefern unzweideutige Beweise für den Grund jenes Mythus. Auch später noch mögen Meer nnd Gielsbäche an der Umgestaltung jenes Feldes gearbeitet haben; doch haben sie nicht Minoa, wenngleich diese Insel nur durch eine Furt von der Hafenstadt getrennt

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■war, zu einem Tlieile des Festlandes gemacht. Nisiia liatte nach Piiiis. I, 44, 3 seine eigene Akropolis. Jetzt findet sich oin Strande nur eine Höhe; auf ilirem Gipfel sind die Iluinen einer iiiiltelalttrlichen Befestigung auf den noch wohl erlialtenen liellenischen Grundmauern. Sie hildeteu ein Quadrat mit vorspringenden Thürmen, von denen einer auf <l(r .Südseite in seinen Fundamenten erlialten ist. Dieses ist die Burg von Nisiia. Eine 50 Schritt westlich gelegene Erliehung mit zerklüftetem Gestein ist zu niedrig und zu winzig, um auf den Namen einer Akro- pole Anspruch zu mnclien. Von dem Fufse des Nisiii- schea Burgfelsens erreiclit man in einer Minute das Meer;

hier lag das Grabmal des Lelex, so vrie jetzt noch sich an der Ostseite alte Graber mit Marmorsiiulen vorfinden. Dreihundert Schritte weiter liegt das Vorgebirge der Athene Aithyia, das über Osten nach Süden eine halb- kreisliirmige Zunge in das Meer treil)t. Dicht an dem Südrande dieser erstreckt sich eine kleine steinige Insel und in geringer Entfernung dahinter eine zweite gröfsere. Dieses scheint Minoit gewesen zu sein, wo die Schiffe der Kretenser anlegten und wo jetzt noch die gröfseren Fahrzeuge zu ankern pllegen.

Schliefslich erlaulten Sie mir noch die Mittheiluog einiger vor Kurzem in Megara gefundenen InschrifteD:

ZYNAPXIAIPPOEBOYAEYZANTOnOTITETOYZAlEYMNATAL TANJBOYAANKAITONAAMONEPEIAEIKEZIOZMHTPOA EtpELIOE OKATAETAQEIZErAiriNAZ YT

lAEOZEYMENEOZAIATEAEITANrAEANZ AN

T]OYAAMOYTO[YMEr]APEnNA 0 N

TO

OPIßlKAI ATATOTT YTOYAIONY

AOPOAIZIA APIZTIOY

AHMHTPIOZnPAEßNOZ XAIPE

Unter no. 4 ist das Relief des Demetrius, vielleicht desselben, der auch in einer Megarischen Inschrift des Corp. Inscr. no. 1055 genannt wird.

Athen, 28. October 1853. A. ton Velsen.

Am Ende der vierten Zeile sollen vor AN etwa drei Buchstaben fehlen. Am Ende der zweiten Zeile wird Tl/ij- XQoä{wnog) zu lesen sein. A. d. H.

An das erste der von Dr. v. Velsen abgeschriebenen Megarischen Fragmente knüpft sich ein mehrseitiges In- teresse. Es ist der Anfang eines Senats- und Volksbe- schlusses zu Ehren des Ephesiers Hikesios, der als Bnlehls- haber Pergamenischer KriegsschilTe bei Aegina stationirt vrar und während der Zeit frelegenheit hatte, den Me- garern Dienste zu erweisen. Da nun der König Eumenes bei dem thiitigen Antheile, welchen er als römischer Bun- desgenosse am syrischen Kriege nahm, im Jahre 191 mit seinen Schiiren in den griechischen (iew;issern kreuzte tind am Ende desselben iu seine Heimath zurückkehrte, so ist darnach die Zeit, auf welche sich die megarische Urkunde bezieht, genau bestimmt. Durch dieselbe findet auch die ganz vereinzelte Nachricht des Livius, der König sei hei Aigina lange unschlüssig gewesen ob er bleiben

oder nach Hause fahren sollte (1. XXXVI, 42), eine un- erwartete Bestätigung und Aufklärung; denn wir sehen aus der Inschrift, dafs dort ein Standquartier der könig- lichen Flotte zur Deckung des Saronischen Meers und seiner Küsten war. Vergleiche über die E^reignisse des Jahrs 191 Meier ,,Pergamenisches Reich" in Ersch und Gruber's Eocycl. S. 572.

Zweitens ist die Inschrift lehrreich in Beziehimg auf die Staatseinrichtungen von Megara. Wir kannten schon die aviuQX'"" ('^f- ^- J- Gr. 1. p. 610) in Megara aus Aeneas Poliorc. c. 4 und ebenso in dem benachbarten Aigosthena durch die dorther stammende, von Welcker im Bullet, arch. 1843 p. 169 herausgegebene Inschrift. Diese avvuQxiat bilden wie es scheint, eine Staatsbehörde, welche die exekutive Gewalt hat und die Initiative der Gesetzgebung.

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Sie ricliten ihre Anträge an die Aisymneten, den grofsen Ratli und die Gemeinde. Die Aisymneten waren liier, wie in der megarisclieii Tochterstadt Clialkedon (C. J. Gr. II no. 3794) Vorsitzende, waiirsclieiiilicii monatlich wechselnde Vorsitzende des Ratlis, durch \Yelche das ngoßovXiVfiu an das Plenum gelangt. Aus unserm Frag- mente lernen wir, dafs in der Welckerschen Inschrift zu lesen ist: avvag/Jui ngoißovXiünavio noxi xuv ßovXüv, wahrend diese uns belehrt, dals nach dem megarischen Kanzleistile awag/lat ohne Artikel tihlich war. Sollte, wie zu erwarten ist, eine Zeitl>estiiDmiing vorangegangen sein (ol)gleich die sorglallige Ahschriit keine Spuren oberer Zeilen vermerkt), so miisste sie nach Analogie der agosthenischen Inschrift so gefafst gewesen sein: int ygu/iinuTHüg toC diiyog firitog nijdizov (oder divitQov etc.) avvuQ/t'ai u. s. w. In früheren Zeiten war der Basileus Eponymos, wie C. J. Gr. no. 1052 lehrt.

Was endlich die Wiederherstellung des Fragments lietrifl't, so wird sie durch die Ungleichheit der Schrift und der Zeilen erschwert. Versuchsweise würde ich also schreiben: avvrtg/Jut uQOißovXtvnuvTo niixi it Tovg ui~ avf.ivuiag, luv ßovXuv xul tÖj' Oi/^joc- imidij Ixtaiog BlrjTQoldd'iQov] 'Eqtaiog o xcijania^fig in Alyivug vn\ö xov ßua]iXiog Evfitviog läv nüauv a[novd]uv [noioi'fiivog t]ov dii/.iov to[v BJty^cQiuv ö[}'a]i^[ä xv/u didö/dai Tf". ßovXä xui xio dufio> u. s. w.

E. CUKTIUS.

III.

Museograpliisclies. 1. Vermischtes aus England.

1. Zwei wichtige unedirte nzen sind neuerdings den brittischen Museum von Obrist RawH7ison aus Ha- madan eingesandt worden. Die erste derselben (iS» 4'/^) ist von Molon dem Befehlshaber des unter Antiochus den Grofsen geleiteten Aufstamls, in Folge dessen er sich zum König von Mesopotamien machte (v. Chr. 223. Trog. Pomp, proleg. XXX. Polyb. V, 40. 54). Sie stellt vorn ein belorbertes Haupt des Zeus rechtshin dar, R. Baai- Xuog MoXüitog. Apollo die Leier spielend, langbekleidet und rechtshin schreitend, daneben ein K. Der Styl dieser bis jetzt unbekannten Münze ähnelt, vielleicht mit etwas schwächerer Ausführung, zumal durch ihrem scharfen Rand, den üblichen Erzmünzen der Seleuciden.

2. Eine zweite ebendaher angelangte Silbermünze (8%. 241, 7 Gran) gehört einen unbekannten König von Characene, ^podu/:os, der ein Vorgänger des Tiroeus und Artapasdes (richtiger als Artabazes, wie Mionnet V, 707. 708. Suppl. Vlll. Ö07. Visc. Icon. Rom. I p. 26 pl. A 110. 14) gewesen sein mufs. Vorn zeigt diese Tetradrachme den mit einem Stirnband geschmückten Kopf des bart-

losen Königs, rechtshin, als Revers BuaiXtwg Anoäaxov als Umschrift eines Herakles, dem ein mit seinem Ge- wand als Unterlage bedeckter Fels zum Sitze dient; in der rechten Hand hält er auf seinem Schenkel gestützt seine Keule erhoben. Daneben das Monogramm A/ und im Eperg ein T^. Styl und Fabrik dieser Münze rücken sie ülier die Zeit des Tiroeus hinauf, indem die Inschrift der alten Sitte folgt, ohne das viereckte Omikron der parthischen Münzen zu zeigen. Das T^ ist Angabe des Jahres der Seleucidenära 203 oder v. Chr. 110. Aus schriftlichen Zeugnissen ist dieser in der Münzkunde neue König ebenfalls nicht bekannt.

3. Die bronzene Vo ti v-Tessera eines Agaro- nomen ist für das Museum gleichfalls erworben worden: sie ist viereckt und zeigt in einer gedrückten niedrigeren Fläche einen Reliefkopf des Herakles, rechtshin gewandt, bärtig und mit einer Stirnbinde geschmückt. Auf dem oberen Rand der Einfassung liest man QEOI^ ^EBA- :STOI^ K.41 TU JAHin, &toig ^tßuaroig xai t<5 di/.fKO, wozu etwa tv/i]'' oder yu.Qiaii]ntov sich ergänzen läfst; rings um den äuFseren Rand aber ein AFOPA- NOMOYNTÜN nKylQJIOY POYOOY IL4] TEP- TIOY BEKTyllOY (P. Clodius Rufus und Tertius Vegilius). Dem Vernehmen nach ward diese Tessera in Italien erworben) gefunden mag sie, zumal bei ihrem dorischen Dialekt, wol eher in Corfu sein. Ihr Mafs beträgt .5 Zoll zu 4 Vi, bei 1'; Dicke; oberwärts hängt sie an einem Ring.

4. Aus Leshos hat das Museum keine neueren Mit- theiluogen; doch sind zwei kleine Thonfiguren [von dort her?] eingelaufen, ein kleiner Kopf des Eros mit einfachem, und ein andrer der Aphrodite mit doppeltem Haarknauf über der Stirn.

5. Hiebei kann auch ein Metalispiegel in hie- sigem Privatbesitz erwähnt werden, darstellend in altem Styl einen Hermes Kriopboros, wie im liilde des Kaiamis Paus. IX, 22, 2 und auf der Sosinsschale, vermutlilich mit Bezug auf das goldne Lamm des Atreus. Am Rande rles Petasus liest man EVKPVN, und in der Area EJIJA^KOPXL. [Echt? entschieden verdächtig er- scheinen die Inschriften. E. G.]

6. Mehrere Vasen funde sind aus Athen Solygia und Korinth neuerdings kund geworden. In Privatbesitz sah ich neulich einen goldenen Ohrring mit Blumen- werk in Gestalt des Nasturtium. Besonders beachtens- werth aber ist ein Bombylios von sogenanntem ägypti- sirenden [korinthischen] Styl mit hrüutdiclien Figuren auf gelbem Grund, darstellend auf einem oberen Fries vier menschliche tf«up(er mit FJiigeln, eines von Sphinxen oder von einer geflügelten Gottheit, dahinter ein Greifen- kopf. Ein zweiter Fries zeigt auf dem Bauche desselben Gefäfses mitten eine Pflanzenverzierung, jederseits von derselben aber ein geflilydlcs üntstbild, das eine mit einem Federaufsatz, welcher dem ägyptischen des Gottes llnrpokrates zumal im Schriftzeicheu von Pa-neb-en-ta

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'Ik'iT der Erde' ähnelt , das andre bärtig mit einem niedrigeren Ko|)fpiitz, welcher elier einer Lotushiiime nnd dein Zeichen Tiim-neler gleicht. Dieses kleine Gefäls hat nur 1'^ Zoll Hölie, ist aher wegen seiner V'erwandt- schalt mit orientalischer Kunstsitte sehr eigenthümlich.

7. Noch hat das brittisclie Museum eine Acerra aus Iviioclien erworben, äliidich denjenigen, welche aus dein „Uecueil" von Caylus und aus dem Museum Disnejanuin bekfiiint sind. Der Deckel stellt ylitii/nioiic's Entfülirung dar. Poseidon trägt seine Schöne mitten aus dein Kreis ihrer erschrockenen drei Gelührtinnen zu seinem am MeeresuCer bereiten unil mit Hi|ipokaiupen bespannten Wagen; Ciipido besteigt einen dieser Hippo- kampen und lenkt denselben mit umgestürzter zierlich gezackter Triäna. Vorn ein Medusenhaupt in arahesken- artiger Verzierung, einerseits eine Krabbe in einem Fest- gewinde, andererseits ein Adler mit Donnerkeil in den Klauen. Auf der Kehrseite ist folgende Inschrift in Re- lief zu lesen:

I. H. D. D. D. NEPT. L. VERVS. AVG. PR. PROV GEK. ET. BRir. ET. HEREN. APOL. ES. ET. C. LVC. ET. HER. BRIT. K. V. S. L. L. M. also: in honorem domus divinae deo Nepluno L. Venis Augustalis fnociirutor provhiciiirum Germaiüue et Uri- iunnide el Hercniüus ApoUhiuris Essenius vi C, Lucceius et Herennitis ISritunnicus fecerunt vota solventes lueti lihentor merito. Das Kästchen steht auf vier Löwen- klaueu und soll in der Umgegend von Mainz gefunden sein; an der Rückseite sind silberne Haspen angebracht. [Die gedachte Inschrift erregt Verdacht. A. d. II.]

8. Noch hat das brittisclie Museum ein Piedestal aus parischem Marmor erhalten, welches früher unter den 'l'rüininern von Troas sich befand und mit einer seit Spon Mise. p. 175. Pococke liiscr. no. 41, 1. Murat. IIOI, 1. Orelli I p. 141. no. 512 bekannten römischen Inschrift versehen ist. In der noch bei Orelli gege- beneu Abschrift ist APRENSIS statt PHILIPPENSIS zu lesen, ferner PRlfCl:^ statt PRINCIPI, desgleichen VIC II statt VIC VII. Auf der linken Seite des Piedestals ist eine Trophäe dargestellt, welclie aus einem in seiner Mitte mit dem Medusenhaupt und einem Knoten be- zeichneten Harnisch, aus zwei Speeren, einem buschigen Helm und einem Schwert, auch einer Streitaxt besteht, anderseits alier der Helm des Flamen auf einein Gestell. Hoch 4' 7" und breit 2' 9". Vielleicht ist dieses Mo- nument auf C ^l;i(o;iii(s den Bruder des Triunuirs be- züglich.

M. Durch gclällige Mittheilung des Hrn. Green sind neuer- dings 44 gestempelte Henkel rhodisclier und kiiidischer Ampliorenzum Vorschein gikommen, du ich welch eSloddarts schöne Arbeit über diese zur Erläuterung vormaligen Wein- liandels von ihm benutzten Denkmäler (in dem Transactions of the R. See. ofLit. III N. Ser.) und zugleich auch die von Franz im dritten Bande des Corpus Inscr. graec.

gegebne Zusammenstellung manchen Zuwachs erhält. So dient aus den \on Hrn. Birch genommenen und uns mit- getheilteu Abschriften jeuer Amphorenstempel eine Er- wähnung des Neumonds (Neomenia no. 6 .\ Inschrift OA^M . . ..Caduceus NEOMA(i'iu) zu Vervollständi- gung des rhodischen Festkalenders; auch ist zu Berich- tigung von Stoddart's Auffassung des zweiten Eigennamens, welcher auf jenen Inschriften öfters den im Genitiv mit inl verbundenen Eigenuaineu einer Magistratsperson be- gleitet, nachzuweisen, dafs damit nicht eine zweite Ma- gistratsperson, sondern der Kaufherr gemeint zu sein pllegt z. B. 'Em AaxXrinioäüiQov ("Magistrat) !Aya&ilvov (Weinhändler) livlöiov. Die Richtigkeit dieser letztern Erklärung wird durch Formeln wie 'En) Atovvnlov Nt- xinnog lividwv, durch Vergleichung des bekannten 'lixao- vog ^ivy.ior, wie auch durch Vergleichung der auf Münzen und Gemmen enthaltenen Namen ihrer Verfertiger be- stätigt. Unter den von Hrn. Birch gegebenen Abschriften jener Stempel, [welclie dem akademischen Ap])arat des Corpus Inscr. graec. übergeben worden sind] machen zu besondrer Beachtung etwa die folgenden sich bemerklich:

X\. A . . . OK . . . TOYAPO JEYS Stierkopf . . A 1. EPMIA

EIirOrONO Y=APTAMITI A 3. EninYJAMOY=APTAnmiTlOY A 7. nTOALMAlOY=liOAJPOnnOY A S. K'iickwärts geidmeh<inEÜ[KAAI=AAMAK=NIJlON. C 1. ErnA=KAEYClCrAil=POY KNI Ruder. C 2. EnrAlOYMENTO^=KNIJIOY C6. EII[A^KAlIII=:lOAP.POYAr=A&INOY=KNIAlON.

10. Bei neulichem Aufenthalte auf Rhodos entdeckte Hr. Ch. Newton Spuren einer bisher unbemerkten Stadt mit Trümmern, welche er als Grundlage eines Mausoleums, als steinernen Sitz aus einem Felsen gehöhlt, und als ein Bema bezeichnet. Die Stelle dieser Trümmer entspricht dem alten Kameiros. Etwa eine halbe Stunde entfernt liievou bemerkte derselbe zwei kolossale Löwen und Ueberreste einer griechischen Wasserleitung, in deren Nähe irdene Fragmente mit Blei überzogen sich fanden.

11. Auf Rhodos entdeckten Hr. Newton und sein Secretair Hr. CoJmiighi neuerdings einige in den Werken von Böckh und Rofs nicht vorlindliche Inschriften. Aul dem längliclien Piedestal einer lebensgrofsen Marmor- statue, in einem türkischen Garten etwas südwestlich von der Stadt befindlich, liest mau erst in gröl'serer Schrift die lüwähniing eines II el iosp ries ters Antisthenes des Archilimos Sohn

ANTII&ENHIAP+TTiaiOY lEPAT

EY^A^ AAmi ,

sodann darunter in kleinerer .Schrift, nach Wiederholung

der ebengedachten Zeile den Künstlernamen eines

Onusiphoii Sohn des Kleonaios aus Salamis:

ONAIWON KAEW.NAIOY

:EAAAmiNio^ EnomiEN.

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12. In demsell)eD Garten zu RlioJos enthalt ein älin- liclies Piedestal die folgende Insclirift:

KOmOM^KE^TOPOI ^PI^rO^AIE

mKA:^A:^nYQIAKAI nika

AAElAnAIJAinAAAN AAIE

NEMI AEYKDOPYNEl ANJPA2 nEN QEQNA]STIOXEY^i2IAEniJA31N]AAEAOTAIE nOIH^E MiSA^ITJMOITE

Ol) die hier weifs gelassenen Stellen vielleicht aus- gekratzt sind oder gerade so in dem Original sich finden, wird hei der Ahsclirilt des Hrn. Colmughi nicht aus- drücklich hemerkt; doch ist jener erstere Fall ohne Zweifel für die linkerseits hefindliche Inschrift anzuneh- men, welche man K(jfiwi' Axiniooug vixaaug lli'diu xai AXtia natdog naXuv zu lesen hat, dagegen die In- schrift zur Rechten einen andern Athleten angeht.

13. Auf einem Stein, der als Thiirschwelle in der Strafse der rhodischen Ritter dient, liest man

0 AAM02 O TITON OAAYIONAP auf einer der Seiten desselben Steins in kleinerer Schrift [J0]A1X0^ JA2J0AJX[0N] A^AOAlXlON].

14. Auf der Insel Kos fand Hr. Newton die kleine Erzfigur einer Maus, welche an einem mit den Vor- derpfoten gehaltenen Gegenstand nagt; man deutete dieses Thier als Sinnbild der AjtliroAite [oder des Apollo Smintheus?].

15. .\\\( Kalymna fand Hr. Newton hundert Sil ber- münzen, von erster Griifse und an Gewichte von 18 Gran, einerseits mit der Aufschrilt EKA hei einem Löwenkopf, andrerseits mit einem Stern oder einer ßlume versehen. Diese Münzen waren von Budrun dorthin ge- bracht und verrauthlich zusammen gefunden. Hr. Newton legte sie dem Karischen König Hekatomnos bei, d^igegen man im brittisclien Museum geneigter ist sie für iiltere und nach Milet gehörige Münzen zu halten, so dafs KKA ein Magistratsname, vermuthlich des sonst bekannten Hekatäos, wäre.

16. Zu Kepliissitt soll eine grofse Menge von In- schriften, unter andern aucli das B as re 1 ief eines Zeus, der Scepter und Schale halt (2' 2" lang) gefunden sein.

17. Hiezu läfst eine erhebliche Inschrift unbekannten Fundorts aus dem Museum zu Chichester sich fügen:

NI'IKOMHJH::: NElKODIHJnY

ta31iey^a:^

ANEQHKENEKTQN AnOyfA OJilPOY^TO nx TA TPIA QiiPAKH A^YNTOI^BAQPOl^En TAnPO:^TilK YAQQ AAAABAQPASnTA. [Also: Xetxofn^ör/g Niixo/,i^doi> Tix/.iifv(jag üvi&i^y.ir ix lüiv AnoWoöwQov aioüiv rpi'« S^wpttxij« aiv joig ßud^QOiq tnxfi, ngög iw xvä9w uXXa ßädga fnia.]

18. Endlich ist der durch Hrn. A^cwton's neueste Mittheilungen zu hiesiger näherer Keimtnifs gelangten, für die Geschichte griechischer Bauwerke wichtigen, Aul'riiumung des von Heroilot III, 60 als Werk des Rupa- linos von Megara erwähnten Stolleu zu Sa mos hier zu gedenken, den Hr. Guir'm mit Beistand des Gouver- neurs der Insel, Hrn. Coneinenos bis zu einer Länge von 540 r^'ufs untersucht hat; einen näheren Bericht hierüber enthält das von Hrn. Newton dem brittisclien Museum eingesandte Blatt der zu Constantinopel erscheinenden Zeitung vom 29. April 1853. [Vgl. Curtius Arcli. Zeil, 1847 S.30.]

(Ams Mittheilungen der HH. Sam. Kirch und Ch. Newton.)

2. Alterlhümer zu PawlofTsk.

In einem Gartenhause, welches dem zu Pawlojfsk (28 Wersten von St. Petersburg) belegenen Schlofs Sr. Kgl. Hoheit des Grofsfürsten angehört, sind eine Anzahl antiker Denkmäler aufgestellt, welche aus einem von Hrn. E. von Muralt bereits vor einigen Jahren ver- fal'sten Verzeichnifs (Antiques dePawloffsk. St. Petersbourg 1848. 16 S.) erst gegenwärtig zu unserer Kenntnifs ge- langen. Es ist darin zuvörderst eine Anzahl von Cine- raren mit römischen Inschriften enthalten, welche im ge- dachten Verzeichnifs (S. 1 10) sorgfidtig beschrieben sind; desgleichen sind einige Marmorbüsten, verschiedene P^rzfiguren und Erzgerätlie, auch einiger Goldschmuck, darin angegeben. Gröfsere Aufmerksamkeit dürtten die auf S 12 tr. angegebenen Stempel zu Tliongefäfsen und Amphorenhenkel mit persischen Stempeln verdienen, nächst denen auch mehrere Lampen (S. 14) sammt deren Inschriften näher angegeben sind. Einige vermuthlich recht hübsche Thonfigürchen sind auf S. 14 (Actrice, (iucrrier appuye sur son liouclier, farbige Gewandfigurt angegeben; desgleichen verdient ein Tlionrelief, angeblich Zeus und Hera darstellend (ebd. no. 64) näher betrachtet zu werden. Die S. 15f. angegebenen bemalten Thoiige- fäl'se scheinen unerheblich („Un genie avec deux sistres" wäre erheblich, wenn sein Klappergerätli nicht vielmehr einem Spiegel gleicht). £. G.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zieitung, Jahrgang XI.

J¥(JO.

December 1853.

Wissenscliiiftliclie Vereine : Winckelinannsfeste (Rom, Berlin, Bodo, Greifswalcl, Haralnir^'). iMuseograpliiscIies: Sculpturen zu Stockliolin lind Avignon; V;isenl)il(!er zu Paris und 'Priest; Antikes ans Syrien. Neue Schriften.

I, Wissenschcaftliche Vereine.

W i n c k e 1 m a n n s f e s t e.

Rom. Die dem diesiidirigen Winckeimnnnsfest ge- widmete Sitzung des art li ao 1 ogis cli en Instituts er- öffnete Dr. Ltnil liritun mit einer Hinweisung auf die seit 25 Jalireu trotz so vielen Schwierigkeiten so erfolg- reiche Thiitigkeit des Instituts, dessen siimmtliche Puhli- katioaen, mit Inbegriff' derer für das eben vollendete Jahr 1853, der Versainnduiig vorlagen. Soilann versuchte er eine neue Erklärung der unter dem Namen Plioclon be- karmten Statue des Vatikans. P> machte darauf aul- uierksani, dafs der Kopf offenbar als kein eigentliches Portrait, sondern als ein von der Kunst geschaffner Aus- druck einer Persönlichkeit zu betrachten sei, deren Züge nicht überliefert waren. Diese herauszufinden, müsse der sehr starke, ganz eigenlhündicli umgelegte Mantel uns beliidilich sein, der sich so, aufser an einer kleinem Wiederholung dersell)en Figur, an keiner antiken Statue finde. Er war der Meinung, dafs im Alterthum an diesem so ausgezeichneten Mantel die Figur zu erkennen gewesen sei und fand unter allen in IJetracht kommenden Personen der hallihistorischen Zeit keine, in deren Leben der Mantel eine so wichtige Rolle gespielt, als den Messenier .\ rist om en e s. Diesen Namen schlug er iür die Statue vor. Hr. du Kossi bestimmte daraul in einem langern Vortrage die Lage der Ära maxima am Forutn boarium nach Zeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts, besonders nach Inschriften, aus deren F'undort hervorging, dafs diese Ära hinler der Kirche St. Maria in Cosmedin und zwar ao der Seite des Aventin, nicht wie man bisher annahm des Palatin war. Neben ihr stand der Herkulestempel; er ward im 15. Jahrhundert zerstcirt, doch waren bis auf Baltasar Peruzzis Zeit so viel Reste von ihm übrig, dafs I). P. eine Zeichnung von ihm halte machen können. Diese Zeichnung wonach der Tempel ein dorischer Rundtempel war hatte Hr. de Rossi in einer Hand- schrilt der Vaticana gefunden, und legte eine Durchzeich- nung vor. Zuletzt sprach Hr. Hcnzen iiber das Edikt des August eine V en af rani sc he Wasserleitung be- treifend. Dieses hatte bekanntlich schon Hr. Mommsen ent- deckt, aber nur unvollständig publicireu können, weil die

Lesung des in verkehrter Lage eingemauerten Steins nur sehr theilweise möglich war. Hierauf erfolgte eine Pu- Idikalion dieses Monuments durch Hrn. Garrucci (im ersten Jahrgang des neuen Bullettino Napoletano No. 3), die nicht nur durch ihre grofse Vollständigkeit (da be- kannt war, dafs der Stein ungemein gelitten halte), son- dern auch durch mehrere in sehr eigenthümlichem Latein gebildete Siitze verdächtig erscheinen mul'ste. Das Institut fand sich hierdurch veranlafst, sich um einen Gypsabgufs des IMonuments zu bemühen, der ihm auch durch Ver- raitlelung des Hrn. Dr. IVenlni]) (damals in Neapel) ver- schafft wurde. Er lag derVersammlung vor, und sie konnte sich überzeugen, dafs an Stellen, wo Hr. Garrucci ganze Sätze gelesen hatte, auch das schärfste Auge kaum eine S[)ur eines Buchstabens zu entdecken vermöge, dafs also Hr. Garrucci das Monument in seiner Publikation inter- poliit habe. Hr. Henzen rügte dies Verfahren in äufserst milder Weise, und gab sodann den Text des Edikts, so weit er von ihm nach einer langen und höchst mühsamen Untersuchung hatte ermittelt werden können. Der schon durch Mommsen bekannte Inhalt war durch seine voll- ständigere Lesung nicht wesentlich niodificirt worden; dagegen war es ihm gelungen die mittleren Paragraphen vollständig aufs Reine zu bringen, während die ersten und letzten, von Garrucci ebenfalls vollständig gelesenen, grofse Lücken enthalten, und so lange dies Exemplar das einzige bleibt, immer enthalten werden. [Wir ver- danken diesen Bericht dem jetzt in Rom verweilenden Hrn. Dr. L. Ffiedliinder aus Königsberg. A. d. H.].

Berlin. Am 9. December d. J. ward von der ar- chäologischen Gesellschaft, unter Vorsitz der HH. Gerhard und Panofka, der Gedächtnifslag W iuckelmauns, zugleich als Stiflungstag der Gesellschaft gefeiert ; diese Bedeutung des I""estes ward erhöht durch den Umstand, dafs vor jetzt 25 Jahren das unter Protektorat Sr. Majestät nnsres Königes seitdem segensreich fortwirkende archäo- logische Institut zu Rom, aus w elchem gleich andern archäologischen Vereinen auch der gedachte hiesige her- an eben jenem Tage zuerst ins Leben

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trat. Die dadurch LervorgerufeDen dankbaren Gefühle auszusprechen und zugleich eine für Kuuat und Alter- thuin nacii WinckeUnanns Voihild ergiebige Festgal)e darzubieten, war seitens der Gesellsclialt durch ein Fest- programm vorgesehen, dessen wissenscliaitlicher Theil „Zur Erklärung des Plinius" (Antikenkraiiz zum dreizehn- ten Berhuer Winckeimaniist'est, nebst 12 hildliclien Dar- stellungen 22 S. 4) betitelt, von Hrn. Panofku herrührt und mit einer, Kunstwerke die Plinius erwähnt in noch vorhandnen Nachbildern zusammenreihenden, Tafel be- gleitet ist. Die hier unter neuem Gesichtspunkt betrach- teten, durcligiiugig auserlesenen antiken Kunstdarstelluu- gen auf Gemälde des Kleanthes und Aregon im Tempel der Artemis Alpheionia in Elis, auf Wandgemälde im Juno-Tempel zu Lanuvium und auf runde Holzbilder des Nikomachos auf dem Capitol bezüglich machte Hr P. demnächst zum Gegenstand eines in jedes einzelne Denk- mal seiner Bildtafel eingehenden Vortrags und bezeich- nete zum Schlul's als Resultat dieser Forschung die neue für die Kunstgeschichte fruchtbare Thatsache, dafs Co- pieen nicht blofs von Statuen und Gruppen, sondern, was weniger zu erwarten stand, auch von berühmten Ge- mälden auf Münzen und Gemmen sich entdecken lassen. Jlit Bezug auf die Nachschrift des Programms gedachte Hr. Gerhard hierauf der, seit das römische Institut im Jahr 1828 dazu die Losung gab, von deutschen Gelehr- ten und von deutschen Bilduugsanstaltcn zu erfolgreicher Ansprache für klassische Kunst und Bildung gediehenen Winckelmannsfeste, an deren Feier auch diesmal Greils- wald, Göttingeu, Bonn, Hamburg und vielleicht noch andere Orte sich betliätigten, wie in Bezug auf die erst- genannten durch gelehrte Programme des Prof. ürlichs („Skopas im Peloponnes" Greifswald. 8) und des Prof. K. F. Hermann (den Helm des Untervveltsgottes betrei- fend) bereits näher bekannt war; [wozu noch das nächst- dem hier angelangte Programm des Prof. Dr. Braun zu Bonn: „das Judenbad zu Andernach", zu lügen ist]. Hienächst im Einzelnen des röinisc/icn Inslittits zu ge- denken, dessen übliche kapitolinische Feier auch diesmal Stattland, bildete der mit gewohnter Regelmäl'sigkeit bereits hier angelangte 25s/e Jahrgang seiner Monumenli und Annali eine erwünschte Vorlage, nei)en welcher in be- scheidnerem Uuif.ing die unter gemeinsamer Mitwirkung des Instituts und der hiesigen archäologischen Gesellschaft bereits im eilten Jahrgang mit monatlich einer Denk- mälertafel erscheinende Archäologische Zeitun"' zur Kund- gebung diente, dal's im Verband beliiliigter und befreun- deter Krälte auch minder umfangreiche Mittlieilungen ihres Zweckes und Erfolges nicht ganz verfehlen. Ein im laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift (Tal. LV) ent- haltenes unil erklärtes Gelalsbild des Museums zu Neapel gab in vervielfältigtem Abdruck Anlafs zu neuer Betrach- tung seiner gelälligen, durch Kunstwerth, ]Mytlios und Namensbeisclniften anziehenden, Darstellung. Das hiebei dunkel verbliebene Götterbild, unter dessen Obliut dea

Pclops Wettlauf um Hippodamia eröffnet wird, glaubt Hr. G. für die aus Olympia's Rennbalin als Hippia, aber auch als Ehe- und Gel)urtsgöttin l)ekannte Hera halten und das ihr ertheilte ungewöhnliche Attribut eines Bogens als Andeutung schmerzlicher Geburtswehen aus dessen Anwendung bei andern ähnlichen Idolen idtester Art (dem llerabild auf der lovase des königl. Museums, und der Aphrodite-Kolias nnt den Genetylliden auf attischem Münztypus, Nouv. Ann. I, pl. A, 1) rechtfertigen zu kön- nen. — Hiebei rief die Erwähnung Olympia's den seit Winckelmann oft und noch neuerdings dringend ausne- sprochnen Wunsch einer Aufdeckung des dortigen Bodens, die Erwähnung des Lydiers Pelops den Gedanken au Stammverbiudungen hervor, wie sie aus der ähnlichen Prachtanlage etruskischer und lydischer Königsgräber sprechen; auch trat die Erinnerung neuester Erfolge hinzu, welche von Smyrna aus durch Nachgrabungen im Umkreis des gygäischen Sees stattfanden und die Er- wartung der Alterthumsfreunde dringend auf jenen Punkt richten. Auf alle diese Gesichtspunkte bezüglich und in seiner wissenschaftlichen Begründung doppelt willkommen war ein Vortrag, in welchem Hr. E. Ciirliiis zugleich mit genauer Kunde über jene lydischen Grabungen ein Bild des zwischen Hellas und Asien vermittelnd gewesenen alten Lydiens, seiner Kunsttliätigkeit und seines Götter- wesens entwarf; die "^Archäologische Zeitung' wird diesen ihr zugedachten anziehenden Aufsatz alsbald veröffent- lichen [Dkm. u. F. 1853 S. 148ff.]. Noch andre werth- volle Mittlieilungen wurden derselben Versammlung durch Hrn. Pinder zu Tlieil, welcher aus neuen Bereicherungen des königl. Münzkabineis eine Reihe seltener antiker IMünzen zur Ansicht !)rachte unil mit erläuternden Be- merkungen begleitete. Aus dem reichen Vorrath seines ägyptischen Denkmälerwerks legte demnächst auch Hr. Lcpsius eine Reihe auserlesener und von ihm erläuterter Probedrücke, zugleich mit Zeichnungen dortiger ägypti- scher Inschriflsteine (eine dieser Platten erst neuerdings beim Umbau eines Hauses zu AUofen, römisch Aquincum, gefunden) des Museums zu Peslh, deren Rlitllieilung man durch Dr. IVattenbuch's Vermittelung dem Director jenes Museums Hrn. v. Kubingi verdankt. Die Gesellschaft erfreute aufser einer so thätigen iMitwirkung ihrer regel- mäfsigen Theiluehmer sich auch der Gegenwart werther Gäste, von denen der hier verweilende königl. Gesandte zu Rom Hr. v. Usedom in seiner Eigenschaft als Vice- präsident des archäologischen Instituts, der königl. Ge- nerallieutenant Hr. V. Svharnhnrsl Exe. zugleich als einer der ältesten Mitarbeiter an den römischen archäologischen Annalen, und die Herren Älitglieder der ältesten hiesigen 'Griechischen Gesellschaft' als Bürgen des steten Wechsel- bezugs zwischen Schrift- und Denkmälerforschung, zu wesentlicher Erhöhung dieser litterarischen Feier bei- trugen.

Bonn. In Abwesenheit des Präsidenten Prof. Braun ward <lns diesjährige Winckelmannsfest auch zu Bonn

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unter Leitung seiner dermaligen Secretare m\. L. Schmidt und Spruujer lestlicli begangen.

(;rkifswald. Zum Winokeimannsfest lud Professor Urlichs duicii ein gelelirtes l'rogramin iil<er „Skopas im Pelupoüues" ein. Die Saminiung von Gipsabgüssen hatte seit der letzten ülinliclien Versammlung sich ansehnlich, fluch durch ein neues Zimmer Vermehrt; hievon nahm Ilr. Urllchs Aiilafs zu einem ins Einzelne gehende Vor- trag. Niiclistdem las Dr. Pyl eine Ahliiindhuig „über den Dreifufsraub an der Dresdner 'l'ripodenbasis".

Hamhukg. Dieses Jahr hielt Prot. Petersen am Ge- burtstage Winckelinanns einen öffentliclien Vortrag im grofsen Hörsaal des Gymnasiums. Er sprach (Jeher die Bedentuiiij mythologischer Darstellungen an Geschenken bei den Griechen. Er legte die Tliatsache zum Grunde, dal's, wie bei uns, auch bei den (iriechen der Älenscli bei allen Irohen J<]reignissen \on Freunden und Verwandten mit (ieschenken erlreut ward, und dal's bei diesem kunst- iiebenden Volk dieselben häufiger als bei uns Kunstwerke waren oder zur Ani'ertignng derselben Veranlassung gal)en, indem zur Auinalime und Uebergabe derselben Geliilse notliwendig waren, welche meistens mit Bildern geschmückt wurden; solchen, welche entweder das Ereignifs dar- stellen, das zum Geschenk \ eranlassung gegeben, oder einen Mythos, der einen allgeiueinen aui dies Ereignifs sich beziehenden oder einen speciellen auf die bethei- ligten Personen bezüglichen Gedanken aussprach. Die Art der Anwendung zeige die Poesie an Gebrauch des Mythos, namentlich die Art, wie Pindar ihn in seinen Siegsgesängen benütze. So seien die Vasenbilder in Be- ziehung auf die Persönlichkeit, für die sie bestimmt, als kleine lyrische Gedichte zu betrachten, welche ihre Sprache ans tier Mythologie entlehnten. Das wurde an allen Arten von Geschenken, welche den Menschen von der Geburt bis zum Tode begleiten, nachgewiesen. So ergebe sich ein neuer Gesichtspunkt fiir den l)isher so olt ganz uuerklärbnr scheinenden Zusammeidiang zwischen zwei ganz verschiednen Vasen. So finden gewisse Reihen von Bildern darin ihre Erklärung, dafs sie auf liäufig vorkommende Lel)ensereignisse sich beziehen. Vasen mit dem Unheil des Paris seien otlenlj.ir Brautgeschenke oder zur Uebergabe von Brautgeschenken bestimmt, indem sie die Schünheit der Braut priesen. Oft sei das Gegeobild von gleicher Bedeutung, z. B. wie Menelaos, die Helena verlülgend , von ihrer Schönheit geblendet das Schwert sinken läl'st; oft sei das Gegenbild bncciiisch, was den Wunsch eines frohen Lebensgenusses auszusprechen scheine. Eine heroische Scene wie Herakles oder eine 'l'hat dessejlien scheinen des Bräutigams Stärke zu prei- sen. In ahidicher Weise seien Gelälse mit der Hochzeit des Peleus und der Tlietis zu Hochzeitsgeschenken be- stimmt gewesen. In andern Bildern, wie vom Raul)e der Lenkippiden, Jason, Medea, sei nur llindeutung auf per- sönliche Verhältiüsse anzunehmen [1']. So wurden Liebes- geschenke Inr Jünglinge, Gel)urtstagsgeschenke, Geschenke

für Sieger in Kampfspielen, Geschenke für Feste aller Art, besonders für die Anthesterien, nachgewiesen. Die Hinweisuug auf Leichengeschenke machte den Schlul's.

II.

Museograpliisclies. 1. Antiken zu Stockholm.

In einem Verzeichnifs, dessen dritte vom Jahr 1848 datirte Auflage wir einem befreundeten neulichen Be- sucher schwedischer Natur- und Kunstschätze verdanken, wird der im kgl. IMuseum zu Stockholm vorhandne An- tikenvorrath nur kurz, aber genügend bezeichnet um eine gedrängte Uebersicht dieses im archäologischen Pu- blikum fast unbekannten Kunstbesitzes hier versuchen zu können.

A. B. Einer ägyptischen Abtheilung (A) des ge- dachten Verzeichnisses, welche sich auf 36 Gegenstände belauft, folgt in einer „Niobe-Gallerie" (B) eine Reihe griechischer und römischer Sculpturen, deren Inhalt wir Jiienitchst vollständig angeben wollen. Zuvörderst Büsten des Juppiter .^iiiiiioii (no. 1) und Pun (3), einer Lxicilla (4), eines Trujamis (5) und einer Urania (6), dazwischen die Figur eines Boches (2). Unter mehreren griechischen Grabsteinen mit Inschriften und Reliefs (\o. 7 14, darunter no. 11 ein neueres Werk) zeigt no. 13 ein Gast- mahl bekannter Art, die sitzende Frau ein Trinkliorn lialtend. Ferner sind Büsten des Titiis (15), der Sahina (16), des Caligiüu (17), der jüngeren Antonia (18), des Gordiamis {19), der Manila Scantilla (20), des Septimius Severus (21) vorhanden. In einem Relief, dessen Arbeit als barbariscli aber sehr deutlich bezeichnet wird (22), ist ein Trliimphzag dargestellt. Hierauf werden, ohne Bedenken über deren Alterthum, ein Medaillon mit Alexander des Grofsen Bildnifs (23) und ein Genius, der auf eine um einen Dreiful's gewundene Schlange zielt, mit der Beischrilt „Malus genius Bruti" (24) erwähnt. Es folgen: 25 Fragment eines Hautreliefs, worauf ein Genius mit der Fackel; 26 statuarisches Fragment eines Zeus; 27 modernes Relief; 28 Relief, Bacchus, Miinade und Ahratos; 29 Relief einer Sphinx; 30 Fragment eines Reliefs worauf ein das dodonische Orakel befragender Mann erkannt wird (?) ; 31 Büsten des Caracalla, 32 der Agripplna, 33 des GulUcnus, 34 des Eplhir, 35 des An- ioninus Plus, 36 Aschenurne, worauf Amor und Psyche, mit Inschrift, 37 Leclislcrnium auf dem Aventin gefun- den, 38 Relief den Vcspasian und die F"lavia Domitilla vorstellend, 39 Herme des Plato, mit einer (neuen?) In- schrift, 40 des Sohrafes, 41 kolossale Büste des .^»(onius, 42 zwei in Rom verfertigte ionische Säulen von Cipollin, darauf zwei Todtengenien mit gesenkter Fackel; 43 Relief darstellend Ji(j)j)i(cr Mars Diana und Jtino [44 modern],

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45 Büste des Agrippa, 46 eines Ptolcinäcrs, 47 der Juno, kolossal, 49 Grabstein mit lateinisclier Inschrift, 50 Büste der alteren FaitsÜna, 51 des 3/oi-ii(s, 52 des SiiUa, 53 Thron des Zeus mit griecliisclier Inschrift, zu Konstan- tiuopel durch Graf Löweniijelm erworhen; 54 Deckelfi- gur einer etruskischen Urne, 55 antiker Fruchtkorb, 56 vierseitige Ära mit Inschrift, 57 Büste einer Ompliule, 58 60 Faunen als Atlanten architektonisch angewandt, 61 Kindskopf von Erz, 62 Römische Frauenbüste, 63 Cleopatra mit dem Kopfputz der Isis des Vatikans ('?), 64 Her/.'ii/es^Kindskopf in Giallo antico, 65 Gordlanus Pius als Kind, Büste, 66 liacchns, Büste von Koäso antico, 67 Büste des L. Caesar, 68 polychrome eines Negers, 71 antikes Pferd in schwarzem Marmor, 72 Erzfigur eines Merhur, 73 Brustbild des Julianus in Relief, 74 Büste des Acshulap, 76. 77 Hermaphrodit in Hermeuform [zu näherer Prüfung geeignet; Ghd. Hyperb. Reim. Studien 11 S. 278f.]; darunter ein Altar mit Inschrift; 78 Büste der Mafidia, 79 der Plotina, 80 Plato und Suppho als Dop- pelherme (bleibt ebenfalls gelehrter Prüfung empfohlen), 81 Marcellus in Medaillon (neu?), 82 Büste des Diogenes, 83 eines römischen Soldaten, 84 des Nero, 86 flötende Muse, Statue auf einem Säulensturz, 87 desgl. eines Silen, 88 korinthisches Kapitell, 89 römische Büste, 90 Statue des Paris, 91 Marmorgefafs, 92 Kiiabcn-Statue, 93 Büste des L. Verus, 94 96 etruskische Urnen, 97 römische Grabsteine in Granit, 98 griechischer Grabstein, vou Palin herrührend, 99 Statue der PuUus, 100 des Juppitcr, 101 Büste der Julia Aquilia Severa, 102 der Julia jMacsa, 103 Athlet, Kopf, 104 Ascheourne, worauf bacchische Maslen, mit Inschrift, 105 Statue eines Hundes, 106 Grab- stein, worauf die römischen Zwillinge, 107 Pri«j)i(sherme.

C. In der seit 1794 bestehenden Gallerie der Sta- tuen sind die hienäclist bezeichneten Gegenstände auf- gestellt zu finden. i

112 Minerva, eine im Jahr 1780 an der Via Pränestina gefundene und geschätzte Statue, 113 Büste des Tiherlus, 114 des jüngeren Brutus, 116 Statue der Euterpe, im Jahr 1796 in der Hadriansvilla gefunden, 117 Statue der Klio, gefunden bei den Älonticelli (Corniculae) 1778; 121 Statue der Polymnia, aus der Nähe von Ponte-Mammolo, 123 des Apollo Musagetes, vormals in Haus Vitelleschi zu Rom, 125 <ler Thalia, vormals im Garten des Quirinals, 128 der Urania, aus Palast Altieri zu Rom, 129 der Erato, zwischen Aventin undPalatin gefunden, 130 der Terpsichore, aus der Farnesina zu Rom, 133 der Kalliope aus Villa d'Este in Tivoli, 108 desgl. der Melpomene aus Villa Ma- dama auf Monte Mario. Die Reibe dieser grössteutheils in Guattani's „Monumenti inediti" abgebildeten Musen, macht, ihres verschiedenen I'"undorts und der vennuthlich lieträcbllicheu Ergänzung ungeachtet, eine neue gründliche Besichtigung derselben wünschenswerth. 131 Biiste des C'om?iio(lii.s, 134 des Aristoteles, 132 Herme des Zeno aus Villa Mattei, 135 Sarkophag mit Inschrift, 136 Grabstein desgleichen, 141 Ascheourne, auf deren Vorderseite ApoU

mit zwei Musen oder Nymplien dargestellt sind, die Griffe sind mit Füllhörnern und mit der Gruppe reifsender 'l'liiere geschmückt (gefunden 1767 an der Via Labicana und durch Piranesi bekannt gemacht); 142 iJ/iy/oH mit Chimären ce- schmückt und mit lateinischer Inschrift, von Piranesi er- gänzt, 143 Lustralgefafs; 144 Herme des Demosthenes, 150 des Homer, 145 Grabaltar mit Inschrift (desgl. 157. 172), 148 Biiste des Cicero, 149 Statue des Caügula, 153 Statue des Endymion, 1750in der Hadriansvilla gefunden, als Hauptstück dieser Sammlung auch durch Abgüsse be- kannt; 154 Feniis Anadyomene, Statue an der Via Appia 1775 gefunden. Als Statue des „Caesar oder Tiberius", ist 156 die Figur eines Jünglings mit einem Schwan bezeichnet, der eine Schlange im Schnabel hält; 158 Büste der Ariadne, 169 eines Faun, 173 eines Bacchus, 159 Statue einer Diana, 165 einer Juno, 160. 161 \ajaden, in knieender Stellung und !\Iusclielnäpfe tragend, angeblich bei Gastet Orione (?) ohnweit Rom gefunden; 166 Kopf des Britanniens, 167 Piedestal mit griechischer Inschrift, aus der Propontis durch Graf Löwenlijelms, 171 Statue des L. Verus, 174 der jüngeren Faustina, 175 Biiste der Julia Domna, 178 der jüngeren Faustina, 180 des Marc Aiirel; 181. 185 Grolse Kandelaber, mit Laubwerk und Vögeln reich ge- schmückt (die Basis mit Hippogryphen, Schildkrölen und Ziegenköpfeo, aus der Hadriansvilla herrührend und bei Piranesi abgebildet); 183 Priesterin, Statue zu Capua 1450 [■?] gefunden, aus Palast Caraffä. E. G.

2. Sculpluren zu Avignon.

Hier einige Nachträge zu Prof. Stark's Beschreibung des Avignoner Museums in no. 55 57 des Archäolog. Anzeigers. Von den Statuen ist übergangen eine hübsche kleine Marmorstatue des Herakles (Kopf und rechter Arm leiden), ganz nackend, stehend: das untere Ende der Keule, worüber die Löwenhaut geworfen ist, stützt die linke Achsel; das obere Ende der Keule steht auf einem Eber (an dein nur die Schnauze fehlt); an der Basis, auf der die Staliie steht, sieht man in Relief eine liegende Hirschkuh, zu deren Seite ein nackter Knabe, emporschauend und die Hand erhebend, kniet: also Herakles, der nach Erlegung des erymanthisclien Ebers den Telephos auffindet. Da mir hier weder das Mus. Nanianiiin noch Jahns Telephos zur Hand ist, so kann ich nicht angeben, ob dies Slonument dasselbe ist mit dem im Museum Nanianum 190 abgebildeten. [Sehr w ilirscheinlich.]

Von den Reliefs verdienen zuerst die zwei von Stark S. 365 nur kurz als „zwei Darstellungen eines Vereins dreier ruhig stehenden (Göttinnen mit Scbilfzwei- gen und des Pan, welcher eine 'IVaube und an dem l'cduin ein Becken hängend trägt" eine etwas genauere Betrachtung. Das erste dieser beiden, in Sandstein ziemlich roh ausgeführten, Reliefs zeigt uns drei ruhig nebeneinander stelif-nde h'rauen, deren jede einen Schilf-

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Stengel hiilt, rechts von iliDen stellt Pan, der mit der Recliten einen IJock an den Hilrnern gefafst liat und In <ler Linken ein Peduui li;ilt; der Schurz seiner Chlamjs ist mit P'rüchten gefüllt, zu seinen Füfsen steht ein Hund. Auf dem nntern Rande des Reliefs findet sich füli;ende Itischrift:

rROSALVT. E. D. N. CA. I. PO. S.

Das zweite, etivas grcifsere, Relief zeigt uns dieselben reiclibekleideten Frauen, von denen die rechts sowie die links stehende jede in jeder Hand einen Schilfstengel halten, während die mittlere die Hiitide auf heider Schultern zu legen scheint. Pan schreitet nach rechts liin (zwischen seinen Fiil'sen liegt der Mund), in der Rechten eine 'IVaube haltend, in der Linken das über die Schulter gelegte Pedum, an dessen Ende ein Kyni- balon Jiangt. Die Inschrift lautet:

. INFLS. AVG. SLM. P . . . . S. D . . . Was die Inschrift des ersteren hetrifTt, so küonte man trotz der unpassend eingesetzten Punkte, die für die spilte Zeit zeugen, lesen: „Pro salute domini nostri Caesaris Augusti Imperatoris positum", wenn nicht diese Stellung der Titel ganz ungebräuchlich wäre, so dals wohl zu lesen ist: ,,Pro salute domini nostri Cari impe- ratoris (oder blol's Cari?) positum". Ueber die Inschrift des andern wage ich nichts Bestimmtes zu sagen; soviel sieht jeder, dals es „Ninfis Augustis" geweiht ist. Wir liaben also auf beiden Reliefs Pan und die Nymphen, deren Verbindung aus Kunstwerken bekannt genug ist, (auch auf einem in dem Novemberhefte vorigen Jahres der '/iy?;/up(? uQ/(tioloyty.rj publicirten, von Telephanes dem Pan und den Nymphen gewidmeten Relief): diese Nymphen sind auch hier, wie sonst in der Verbindung mit Pan, als Quellgöttinnen charakterisirt. Ausserdem waren noch zwei Basreliefs aus Sandstein, von roher Arbeit, zu erwähnen: das eine zeigt einen nackten Mann (ob er bärtig sei oder nicht, läfst sich, da das Relief hoch hängt, rieht genau bestimmen; doch scheint mir das Letztere der Fall z\i sein), der einem Löwen den Rachen auf- reilst; rechts davon sieht man einen bartlosen Mann mit nacktem Oberleib, heftig die Arme bewegend, der von einem bärtigen Manne mit nackter ßrust mit beiden Armen umfafst wird. Wir haben hier wohl zwei der Kämpfe des Herakles vor uns, den mit dem Löwen und den mit Antäos.

Das zweite Relief, Gegenstück zu dem vorigen, zeigt uns Herakles, bärtig, der mit einem llaumasle die Hydra, die hier sieben Kö[)fe und Draclieiilliigel hat, bekämpft, rechts davon sehen wir einen unbekleideten Manu mit einem Baumast in den Händen neben zwei Ochsen stehn; wohl derselbe Herakles die Rinder des Geryoneus liin- wegtreibend, ol)\vobl die Abwesenheit des (icn/oiu'H.s seliist dabei sehr befremdlich ist. Man könnte hier wie t)ei dem Ringkampfe des vorhergenannteu Reliefs an Cacus detd^en, allein wenn auch beide Reliefs ursprünglich zusammen-

gehörten, so waren doch diese beiden Scenen immer ent- weder durch den Kampf mit der Hydra oder durch den mit dem Lö«en getrennt.

Endlich gehören noch hieher zwei (irchUcklonlsche mit Reliefs gezierte Denkmäler aus Sandstein, <lie aus Vatson stammen und wohl als Fries von Grabmälern gedient haben mögen. Beide sind reich an architekto- nischen Verzierungen und Gliederungen, das erste zeigt oben im dreieckigen Giebelfelde ein Schaaf, unten in viereckigem Felde die Darstellung eines Opfers. Wir sehen dasellist einen Ochsen von einem Manne, der eine .Axt trägt, hingefiihrt zu einem bärtigen IManne, welcher in der erhobenen Rechten eine grofse Axt schwingt; dem Ochsen folgt ein Mann mit einer Scheere in der Linken, diesem ein kleinerer, der einen Schilfstengel in der Rechten trägt. Alle sind durch ihre Bekleidung (sie haben das Gewand um die Hüften geschlungen, so dals der Oberkörper nackt bleibt) als Opferdiener charakte- risirt. Das zweite Denkmal hat ol)en in dem halbkreis- förmigen Giebel das Bild eines bärtigen Mannes (wohl des Verstorbenen, dem zu Ehren das Denkmal errichtet); unten im viereckigen Felde einen mit zwei Pferden be- spannten vierräderigen Wagen: auf dem vordersten Theile desselben sitzt ein Marm, der in der Linken die Zügel, in der Rechten eine Peitsche hält; weiter hinten auf zwei Sitzen zwei Personen, einander den Rücken wendend, an der Seitenwand des Wagens sind zwei männliche Köpfe in Relief angebracht. Mit besonderer Sorgfalt ist das Geschirr der Pferde behandelt, auf dem Kopfe liat jedes zwei sichelförmige Zierden, die mit dem um den Hals gelegten Kummpte zusammenhängen: von liei- den .Seiten des Kummptes aus geht ein breiter Riemen der Länge nach um den ganzen Körper herum, an diesen schliefseu sich zwei Bauchriemen und ein breiterer über den Rücken gehender Riemen, unter welchem eine sattel- ähnlicbe Decke, die durch ihn festgehalten wird, liegt; die Anspannung geschieht durch je zwei Riemen, die an dem langen Riemen des Pferdes wie an der Vorderwand des Wagens befestigt sind. Jeder sieht übrigens, dals wir hier die bekannte Darstellung des Todes unter dem UÜde einer Reise vor uns lKil)en.

Unter den lateinischen lusclirilfen des Museums ist manches von Interesse für den örtlichen Cultus, wie ein kleiner Cippus mit der Inschrift:

lOVI I DEPV I LSOR I 10 j SERVA [ NDVS | V.S.L.M. und ein Altar mit der Inschrift: MARTI | ALBIORIGI [ SEX CORNELIVS | SASCRATVS | V.S.L.M.— Ein kleiner steinerner Altar zeigt in einer .\rt von Arkaden drei weib- liche Figuren von roher Arbeit; darunter die Inschrift: FATISVOI'M I S.L.M.— EinweifslicIierStcinlFlufsspath) in Form eines der Länge nach durchschnittenen Eies trägt die Inschrift: VENERI | GENETRICI | SABIN A | .WGVSTA I D.D. Auf einem hinten abgerundeten, vorn

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io drei Zacken endenden Steine liest .

man: FVLGVR I CONDITVM, auf einem

Stuck Blei: V . . I . . SEGVSIAVIC . .,

wodurch die sclion aus einer von Hrn.

Alplionse de Boissieu in seinen „In-

scriptions de Lyon" publicirten Insclirilt bekannte Namens-

»orm Segusiani (oder Segusianii?) für Segusiani neue Be-

stätigung findet.

C. BüRSIAN.

3. Vasenbilder zu Paris und Triest.

Aus brieflicher Mittheilung des Dr. G. PapasViolis aus Triest vom 18. August d. J. entnehmen wir folgende, auch in ihrer abgerissenen Form dankenswertlie, Notizen liber erhel)liche Gefafsbilder, welche unser Briefsteller erst zu Paris, dann zu Triest, als unbekannt oder neuer Beachtung bedürftig bezeichnen zu dürfen glaubte. Es sind die hieniichst bemerkten. I. Zu Paris, im Louvre und sonst.

1. Das in der Archäol. Zeitung Taf. LIV, 2 aus Dubois-Maisonneuve abgebildete Gefäl'sbild ist von einem Oj";;iu))/io(i des Louvre entnommen. Die Figuren sind rotli auf schwarz gemalt; drei ruhig stehende Mantelfi- guren machen das Rückliild aus. Es stammt aus der Sammlung des Hrn. Tochon.

2. Eine grofse Amphora des Louvre hat einerseits die Figuren roth gemalt und stellt die Entführung des Kerberos vor. Dabei steht Minerva. Das andere al)er sclvwarz auf rothem Grunde, stellt Dionysisches vor: eine Frau schenkt aus einer Oenochoe dem Dionysos in seinen Kantharos ein, zu beiden Seiten je ein pierde- schwiinziger Silen. Alle beide Bilder bekunden trotz ihrer Farbenverschiedenheit den vollendeten Styl der Gefafsmalerei. Hit-nach darf man annehmen, dafs viele der schwarz bemalten Vasen der Zeit guter Kunst angehören, wie denn auch melirere Älytlien lediglich nur auf diese Weise vorgestellt wurden. So sind z. B. alle diejenigen, welche den Kampf des Herakles mit dem Tritvn vor- stellen, archaisch gemalt, obgleich die meisten darunter eine grofse Bewegung und Fertigkeit bezeugen.

3. Die Vaseusammlung des Louvre ist in Besitz von mehreren ausgezeichneten Hijdrien, die diesen auch sonst nicht seltenen Mythus vorstellen. Auf einer der- selben hat der schon überwältigte Triton mit dem in der Rechten gehaltenen Delphin ausgeholl um auf den Herakles zu hauen.

4. 5. Zvtei Oennchoen \on niäfsiger Grofse und guter Arbeit und Färbung sind aus Athen in die Samm- lung des Louvre gekommen. Ebenso interessant sind ihre Bilder. Auf der einen dieser Vasen führen zwei mit Lanzen und gezogenen Schwertern bewaffnete Kr'wyer, ein jeder ein Palladium ab; links eine fackelhaltende Frau, etwa die priesterlicli gedachte Kassandra, rechts die mit Speer, Schild und scythischem Helm bewalTnete Mi- Der»a. [Abg. bei Millingen Uned. Mon.I, 28. Arcb. Ztg. 1848

Taf. 17, 2]. Auf der anderen sieht man den hyperboreischen Oleaster auf einen Altar gepflanzt; links Heralies, eine Schale haltend, in welche die rechts stehende Minerva einschenkt, um etwa gleichzeitig dem Zeus zu spende» und den Baum zu tränken.

6. Auf einer //i/Jri«: Peleus,der dieT/i«tis ergreift, trägt ein gesticktes Thierfell, ganz so wie bei Pindar, sein Landsmann Jason. [Magnetentracht: Denkm. u. F. 1852 S. 397 fT.].

7. Im Aeufseren einer archaischen Trinlschale: ein Mann reitet auf einem Thiere, das halb Pferd und halb Hahn ist, also der Hippaleltnjon des Aristophanes.

8. Sie werden einer beachtenswerthen kleinen Amphora sich erinnern, auf welcher sieben Mädchen mit Hausar- beiten beschäftigt sind mit der Inschrift TlEylIA2 KAylO—, dahinter Dionysisches.

9. Auf einer andern Vase kommen vier Frauen vor Paris vor; ich halte die vierte für Iris, wie diese auf einer von Ihnen herausgegebenen Berlin. Vase [no. 1640. Ghd. Etr. und Kamp. Vasen Taf. XIV], obgleich sie hier keinen Caduceus, sondern einen langen Stock, wie ein Scepter, hidt.

10. DaPs auf der von Ihnen herausgegebenen und von Panofka besprochenen münchner Helena-Korone Vase wirklich eine Namensverwechselung stattgefunden hat, kann durch eine ansehnliche Hydria im Louvre bestätigt wer- den. Dionysos bietet seinen Kantharos einer Frau; bei jenem steht die Inschrift jmNA und bei dieser die Inschrift /1I0NY~02. Daneben giebt Poseidon der Araymone einen Delphin.

11. Auf einer mit breiter Mündung versehenen Kulp'iS sitzt ein trauriger Greis auf einem Altar oder Grab, auf welchem eine ionische Säule sich erhebt; zu beiden Seiten je ein thyrsushaltender und mit phrygischer Mütze am Kopf bedeckter Jüngling. Vielleicht ist es Kadmos auf dem Grabe des Pentheus. Die zwei Gefährten haben schon den Thyrsus angenommen uro den Dionysos zu versöhnen.

12. Soviel ich weifs, sind immer die vier Pferde eines Viergespannes neben einander angespannt; auf einer kleinen Lehythos aber sind die zwei vor den andern zwei, eben so wie man es heutzutage bei vier Pferden thut.

13. Auf einem Bombylios hält auch ein sclilangen- füfsiger Gigant den Donnerkeil.

14. Bei mancher Persönlichkeit liebt die Kunst etwas anderes als die Poesie: so ist in der Poesie Ganymedes allzeit der Mundschenk des Zeus, in der Kunst aber ist er ein im Olymp spielender Knalie. Deswegen ist eine im Cabinet des raedailles sich befindende Dolanische Amphora beaclitungswerth. Auf der einen Seite Zeus den Donnerkeil und das Scepter haltend, auf der andern ein Knabe, der eine Trinkschale hält. Sie ist erst neuer- dings angekauft, und gleicht aufs Haar einer andern von der Durand'sclien Sammlung herrührenden Amphora, worauf Poseidon und Amymone dargestellt sind.

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15. Im Aeufseren einer grofsen arcliaisclien Triiili- schalc, die im Cahinet des iiK'dnilles aufbewaltit wird, hat lleraivles einen grolsen, bärtigen, keulehaltenden Mann angepackt; mit der h'nken Hand liiilt er ihn am Sciiniirrljaite und mit den Fingern der Rechten reifst er ihm ein Atiijc ans. Andererseits Dionysisches. Im Innern ein Gorgonen!iaii|)t im Grunde und rings Iierum am Rand mehrere Schifie. II. Fontaitasche Vasen zu Triest.

Ich unterhreclie hier meine Pariser Notizen um Ihnen auch etwas über die h'onlana'sche Sammlung zu sagen, die durch Hrn. Kandler's Güte mir zuganglich ward. Die Vasensammlung des verstorbenen Fontana ist in zwei gleiche Tlieile zwischen seinem Sohne und seinem Schwiegersöhne Hrn. SartnrUis getlieilt. Jeder dieser Besitzer besitzt etwa 40 grol'se Stiicke, deren Formen meistens Keleben und Peliken, Hydrien oder Amphoren sind. Eine grofse Anzahl dort befindlicher kleiner Gefal'se ist merkwürdig wegen der seiteneu Formen. Mysteriendar- stellungen, Grabessclimückungeu und Amazonenkämpie sind am häufigsten darauf abgebildet. Das Geläfs, das Hr. Curtius im Berliner Winckelmannsfest- Programme von 1852 erklärt hat, habe ich nicht linden können, denn viele waren sehr hochgestellt und die anderen eingelegt und viele sind nur von einer Seite siclitbar. [Andere sind vielleicht in den Kunstliandel übergegangen und eiier in England als in Triest zu suchen. A. d. H.].

Bei Hrn. Fonlanu sind etwa folgende hervorzuheben:

1. Zwei grol'se Amphoren stellen [beide?] den Neoptolemos dar, wie er auf dem Altar des Zeus Herkeios den Priamos tödtef. Auf dem einen dieser Gefäfse schleudert er auch den Astyanax, am Beine gefafst, wiihrend ein zweiter Knabe hinter dem Grofs- vater fortllieht. Ich glaul)e, es kommen auch anderswo zwei Knaben vor. [Glid. Auserl. Vas. III, 216, 1].

2. Eine archaische Hy(!ria: Peleus und Atalante ringen, ähnlich wie auf dem raüuchner [Ghd. Auserl. Vas. III, 177] Geial'se.

3. Kelebe: Apollo n den Palmbaum haltend, ver- folgt eine Geliebte.

4. Kelebe: Dionysos, Thyrsos und Kantharos haltend; rechts ein Silen in die Doppelflöte blasend; links ein anderer die Kithar S|)ielend.

5. Grol'se PcUfcc. Ein bewaffneter Krieger empfängt vom Vater die Braut; hinter dem Helden ein Gefährte mit Speer und Zipfelmütze.

6. Eine sehr alte yliiip/ior« mit vielfarbigen Dar- stellungen: diei Heldenpaare kämpfen je einer gegen je einen. Bei jedem unleserliche Inschriften. Rück- seite : A m a z o n e n k a m p f.

7. Pclike. Herakles mit Löweufell und Keule, aber auch mit einer langen königlichen Chhimys versehen, steht vor einem bärtigen Könige (E ury stheus?), der ihm mit der Hand und dem Worte Befehle ertlieilt.

8. Merkwürdig ist eine kleine archaische ^«tp/tora:

auf jeder Seite ein mit zwei Ffiigefpaaren auf den Schul- tern versehener (auf der einen Seite hat er die zwei F'liigel am Kopfe) und einen Krummstab gehoben hal- tender Jtann , der zu einem andern vor ihm stehenden sj)riclit.

Die gegenwärtig im Besitze des Hrn. Surforiiis be- findliche andre Hälfte der Fontana'schen Sammlung ent- hält unter andern folgende Gegenstände.

9. Olpe: zwei Schwäne ziehen einen Wagen, auf welchem eine Nike oder Fama fährt.

10. Archaische Hydria: Minerva auf einem Vier- gespanne. Apollo mit der Phorminx geht voran. Die Götternamen im Genitiv. Um den Rand der Mündung; Tv/^iog inoitntv.

11. Hydria guter Arbeit. Ein Adler raubt die /l«(/i)i«.

12. Das beste Stück ist eine zweihenklige Kalpls [Stamnos] von guter Arbeit: Zeus, den Donnerkeil in der Linken, streckt die Rechte aus um den von der Pallas- A thene an der Hand geführten Herakles zu bewillkommnen. Zv»ischen Pallas und Zeus die Hera [?| als Pronuba mit Fackel. Hinter Herakles: A pol Ion mit der Phorminx gegenüber der eine Oenochoe haltenden Hebe. Hinter Hebe: Poseidon, Hermes, Dionysos mit ihren Attributen; die neun Personen gehen ganz rings herum in einem Kreise. [Abg. bei Gerhard Auserl. Vas. II, 146. 147. S. 182 fr. Welcker Denkm. III, 424 f.].

13. Archaische Hydria: zwei Kämpfer schwingen die Speere gegen einander; dazwischen drei Raubvögel, die an dem Kampfe Tlieil zu nehmen scheinen.

14. Auf einem Gefäfs von sehr seltener Form kauert ein Jüngling vor einem Instrument, welches einer Hacke ähnlich sieht; oben dieloschnit KJ-402 IKETE2. Er ist ganz nackt und hält in der Rechten eine Schale.

15. 16. Die eine und die andere Sammlung hat je eine Eberjagd auf grofsen Apulischen ^JinpftorcH. [Abg. Ghd. Apul. Vas. Taf. A, 2. 4]. Auf der des Hrn. Sartorius hat der eine der fünf Helden asiatisches Costüm und Bogen.

17. Auf einer Kelehe des Hrn. Sartorius : zwei Frauen geben an zwei Amazonen die Waffen zu ihrer Rüstung.

18. Auf einer andern Kelebe desselben: Festliches Gelage.

19. Oenochoe. Herak les überwältigt einen Krieger.

20. Kelebe. Ein Krieger mit phrygischer Mütze versehen , sein Pferd am Zügel führend , steht vor einem Altar, über welchen eine F'rau von der andern Seite einen Kranz herreiclit. Hinter der Frau steht ein Kriegs- gefangener, dem die Hände hinter den Rücken gebun- den sind.

21. Archaische Trinkscliale: Pallas bekämpft den Eükelados; auf beiden Seiten dasselbe.

22. Ein Trinkhorn hat die F'orm eines Geierkopfes.

23. Eine Hydria hat über dem Bauche eine zweite kleine OefTnung.

E. G.

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4. Antikes aus Syrien.

Aus dem Besitz des Hrn. Pi-ntiez, Kanzler des Fr.tn- zösischen Generalconsulats zu Beirut, lierriilirend, kamen j-egen Ende des Monats Deceml>er 1852 zu Paris die naclifolgenden Gegenstände zur Versteigerung: I. Terracotten.

1. Fragment eines Antefi.r, dessen Verzierung aus einem liartigen Kopf, mit orientaliscliem, wie persischem, Kopfputz bedeckt, gebildet ist.

2. Paris, sitzend, neben ihm ein Widder; eine an den Seiten dieser Figur gelassene OefTnuug giebt deren vormalige Bestimmung als Sparhüclise kund. Der idäisclie Hirt, der zum Scliünlieitsurtheil dreier Göttinnen erwartet wird, erscheint liier in grotesker Weise.

3. Untertiieil eines Apoll, der auf seine Leier ge- stützt ist; ein sehr scliönes Relieffragraent.

4. Amor, der die Keule des Herhdes trägt.

5. Amor, der den Helm des Mars trägt.

6. Venus Anadyomene, iiir Haar mit beiden Hän- tlen auspressend, Fraguieut von schöner Arbeit.

7. Obertlieil einer verschleierten Frau mit Stirn- schmuck, als Juno Ceres oder Venus verständlich.

8. Mehrere Frauenköpfe mit dem liehen Kopfputz der Kaiserzeiten.

9. Verschleierte «eiljliche Gewandfigur, in jeder Hand eine Fackel [Ceres'?] oder Lanze haltend. Der Obertheil dieses Reliefs war gebrochen.

Diese Terrakotten kommen aus einem Schutthaufen, welcher die Nähe einer Töpferfabrik wahrscheinlich macht. Da die meisten jener Gegenstände frygmeutirt sind, so dürfen sie vermuthlich als Ausscbufs und Weg- wurf betrachtet werden.

II. Bronzen.

1. Mehrere dieser Erzfigürchen stellen die Venus dar; sie sind eigentliümlich durch die auf durchbohrtem Kopfputz angebrachte Taube mit ausgebreiteten Flügeln (vgl. Lajard im Arcli. Anzeiger 1851. S. 54).

2. Venus mit einem Schwan.

3. Dieselbe mit erhobenem linkem Bein, einen Apfel in der linken Hand haltend; der Kopf i^t blumeubekränzt.

4. Göttergestalt mit den vereinigten Attributen Apolls und des Bonus Eventus. Das Haar ist am Hinterkopf zusammengeknüpft, auf dem Rücken des Gottes sein Köcher zu sehn; in einen Hand hält er eine Schale, in der andern etwa Garben.

5. Medaillon von agypllsclier Art, darstellend ein Thier in der Mitte von Papyrusstauden.

6. Christliche Lampe mit beweglichem Deckel ; der Griff ist durch ein Kreuz gebildet.

III. Gemmen und Schmucksachen.

1. Zwei Masken in getriebenen Goldplättchen.

2. Vierzehn dünne Goldplättchen, mit dem Bildnifs eines römischen Kaisers, etwa des Septimius Severus.

3. Amethyst mit intaglio eines lorbeerbekränzten Apolhkopis.

4. Karneol: Kopf eines ägyptischen Königs, den Hr. Lenormant für Ptolemüus Philomctor hält. Dieser schöne Stein ist für die Sammlung des Cabinet des me- dailles erworben worden.

5. Zwei l)laue und violette Glaspasten mit Köpfen asiatischer Könige und Satrapen.

6. Mehrere Fragmente von Elfenbein oder Knochen, darstellend Genien und Kinder, spielend. Diese Frag- mente scheinen zu Kästchen oder Cisten gehört zu haben [vgl. Gerhard Etrusk. Spiegel I, Taf. 14].

Nach Miltlie'ilungen des Ilrn. J. de Witte.

III. Neue Schiifteu.

Annali dell' Instituto di corrispondenza archeolo-

gica per l'anno 1853. 8. (In Rom zugleich mit dem

Generalregister der letzten fünfzehn Jahrgänge bereits

erschienen).

KnllialtenH : Osservazioni süpra alcnnc medaglie ini|ieriali

[Ciiveduiii); Monunienli scenici (tav. A l'j. H'ieseler)\ in-

scriptions antifjucs rie Lyon par lioissieu (Mommseu): crona-

clietta pn-ca (//i'nioi) ; convitto ilf' ilei, tazza vulcente (Alon.

V, 4^. Jirnitn); ynippu arcaico <li lironzo (Mon. V, 50. Briiitn);

niünnintnti il'aviiiio e d'osso (Mon. \, 51, 1 5. /lenzen);

pliiandc niissili (Moii. V, 5L (>. 7. /lenzen); hiniinette <li bronzo

speltante a servi fiipitivi fMon. V, 51, h. //enzen); vaso ili

lironzo e manichi (Mon. V, 52. Brunn); conio di metallo col

noine della regina Herenice (Moii. V, 51, 9. Brnun); esposi-

zione topot;raHca della jirinia parte di-ir antica Via Appia,

Sezione II dalla porta Capena al (|narto iriiglio ( Mon. V, 57. .5''.

Cnninn), Sezione III dalla stazione d«l nono niigiio a üoville

(Mon. V, 59. 60. C'iininii); iscrizione onoraria di Concordiu

( Bnrt/hesi); sul nionumento del Foro romano in cui stavano collocati i fasti consolaii e trionfali (tav. F. G. Cnninn); Aristolane e Menandro (^Ion.^', .')5. If'elil.er); vasi di terra- cotta a forma di (esta iirnana (Mon.\, 53. 54. /Srnun); l'nc- ccisione d'Kgisto e rombra di Clitennestra colle Kriiini (Mon V, 5t), tav. II. jrehker); leggende della tazza del convitto de' dei {Braun).

MoNUMENTi dell' Institüto etc. Vol. V. tav. XL!X LX Fol.

Entlialtcnd die vorerwähnten : tav. 49 convitto de' dei, tazza voicente del ]Miiseo Britannico [früher gegeben in Gerhard's Trinksclialen und Gclalsin des kiinigl. Museums zu Berlin Taf. H] ; tav. 50 grnppo arcaico di bronzo scoperto a Gru- menlo; tav. 51 niDiiunienti vaij della collezione Fejervariana ; tav. 52 vaso di bronzu e inaniclii spettanti a siniile arnese; lav. 53. 54 'vasi di terracotla a forma di lesta nmana; tav. 55 eima bicipite di Aristolane e Menandro; tav. L'uccisione d'Kgisto; tav. 57 60 pianta della Via Appia.

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406

HuLi-ETTiNo DKLi.' Institlto elc. jjer l'aniio l.S.yj. lioma. 195 S. S.

Kntlialtenil in no. I : Sülle ville anticlie esistenti utile vicinaiize «rAlliaiio e <li Castel (iaiiilollo ([>. 3(1. Ilenzen); ile üossi, le |jiiine raccoltc H'aiiticlie iscri/ioni cuin|iilate in Koma <lal secolo XIV (|). I'JII. Ilenzeu\. ISo. II: Discoiso |i<l naiale di H'intKelinann l'?52 (|i. I71f. Rrniin); iscrizionc latina litiovata prt'sso la lia.siliea giiilia (p. 24 Ciinina), siT giuiiilici (Iclle leyioiii crilalia (p. 241. Ucnzen); iscii/.ione <li Nailionne (p. 2711. Miimmsen). ISo. III V: Adnnan/.c i\v\\' Inslituto (p. 33ir. 4911. aucli 8111'. II3I1. I2UI1. I4,')ll'.j; .Sen- tcnza (li Tairacco liasio piefetlo di Koiua (p. 3711. ilc Hiissi); Welckt'r, der Fi-Isaltar des lioclisten Zeii.s (p. 4211. Jloizcn); kiiir eflii;ie del (Jcnio di'l l'opulo loniano (p.ljOll. /-. C'.)\ scavi ili Perunia (p. ,')2 ir. 0.11.); ineilaglie insigniti- dall' cliigic di Aclieloo (p.h.')l. It ehUft); sclielclii acelali con teste arlili- riali di cera rinvemiti in nn sepo!( ro eiiniano (p. (i() 11'. de Kiissi); inlorno ad alcune lappresentan/.edellaSfinge {p. 1)9 11. n.Ilrunn); osservazioni intorno il vaso litiacnte Ulisse in laccia a Circe e all Kurycleia .Mon. d. Inst. V, 41 (p. 7611. Hrittin); monete ariaiclie de' Delli lonlronlate con le analoylie de' Focii (p. 7811'. 93 ff. Ciwcdoni). No. VI: Natale di Koma IS.W, discorso letto dal dott. /:.'. Krniin (p. 971f. Lscilorn p. lOJI.); notizie sui recenti scavi di \ Cji (p. 10711'. /... f.); scavi roiiiani p. IlOir. i. C'.J.— No. VII: Scavi della liasilica giiilia {L.C.)^ iscrizioni elrusclie (l-'iihrclli a Cuneslaljik- p. IISII.); Dedalo iicrisoie di Talos o l'erdiee (p. J2I C'tiiedoiiit; Kiccio, Keper- lorio delle monete etc. (p. 12211'. Ciiufdoni)\ Ksemplaie della sillope epigralica dell' anoniinu d'liinsiedeln (p. J2.S de liussi). No. \lll. IX. Iscriziüiii laline scojieite a VfHio (AvijeUuzzi di Kljoli, p. 13311'.); isciizioni greclie e latine di Honia e Terracina (p. 13b il. Miilrniii/n); isciizione eliu.sra (p. 149 Mazzclli); annotazioni al \oliiine WIV degli Annali (]i. 14011. t'iwedoni). No. X: Scoperla di nn iistrino romano falta nel regno Lonibardo-\'enelo (p. 161 II. Giuv. du .Sr/iioj; sco- l>erte di medaglie anticlie avvenute a Nasso e Keggio (p. 152 f. Poi}uhtli)\ Kapporlo del 1'. Pogwiscli sul ritrovauiento delle monete avvennlo nel suolo dell' antico Nasso e in Keggio (p. 164 If); notizie intorno alle collezioni de' ss. Aniali a Po- tenza e Fittipaldi ad Anzi (p. 16911. //. Brunn); monete di Tinilari ed Adaceno ()i. Ifi9 t'oijaisrh); iscrizione di (iiunone Sispila (p. 170ff. Munitimeu]; incostaiiza dell' allabeto latino nelle monete di laniiglie rumane (p. 1751. C'nuedoni). No.XI. \ll: Discorso letto dal dott. f>. Krniin in ricorrenza del natale di Winckelinann 1863 ( p. 177 fl'.); scavi della linsilica ginlia (p. 1821. I^.C); anlichitä etrnsilie (p. 1831. G. //.); iscrizioni latine (p. 18411. /.'(i)y/ic,<i) ; L. Kofs, die Pnyx und das Pelas- gikon (p. 1891. Henzen); Avvisi della Direzione ([>. 19011'.).

BüLLETTINO ARCUEOLOGICO NaPOLETANO. NllOVa StTJe

[vgl. oben S. 356J. Nap. 1853. 4. Anno. I, no. 22 24. lav. XI XIV. Anno II, no. 25 30 tav. I. Jf.

Fntlialtend in no. 22 24: medaglie inedite (p. KiOlf. Duca di Ijiii/iics, Miiwriini); vaso nolano con la pngna di Kreole contro le Ainazzoni {p. 176f. Mhiervini); notizia de' piii recenti scavi di Poinpei (p. 177IT. no. 24 p. 18611'. Mhier- vini), diaspro sanguigno inciso (tav. .\l, 6 p. 179 Gnrriicci: drei Cäsarenkopie), suggello in corniola di im C. Cecilio Metello Caprario (tav. \l, 7 p. 179 Gnrnicci), iscrizione di Campomarino (p. l'^OIl'. Gurrueci), isciizione sannitica rinve- niita in S. IMaria di Capiia (p. l'-2(i'. Gitrnitdj; teste di ceia in sepolcro cnniano (p. 1>'7 11'. Oiini-nnlii), liassorilievo capnano, ora nel nuiseo boilionico (Pirseus lav. A , 19; p. l>-8ir. .Mitier- vini), patera capuana colla ligiira di Pelope (\l, 8 p. 190 A/ineri)iin'J, morte di Aiace 'relainonio in vaso nolano (p.l91 .WiiitTiiiiii), ossi anliclii, pietra incisa del sig. duca di Lnjnes (VIII, 3. 0—9 p. 192 .Mineriitii). Anno II, no. 26-30; Qiiestioni ponipciane (topogralia del terreno ove In la cidä di Ponipei ; il triliiinale della Ijasilica, rAiigiisteiini etc., i diie teatri, dell' edilizio de(to Triil.i'is e della voce Cnmlienniils, tenipio di Merciirio e IMaia, cose cristiane? p. 123 0. Gnrnnci); notizia de' piii recenti scavi di Pompci (p. 9ir. 2611. Miner-

vini), sul vaso di Ulisse Acantliojilex ( fVeliher, Mincruini), delle monete attrilmite a Palatiiim (p. Ijt. Ciwedmii); Ünestioni l'Oiiipeiane: ciiKo della Venere in Pomiiei, coine In interrato Poniijei, esca\azioni ili ternpi diversi in Ponipei (p. 17(1. Giirruieij, il l'aiisiljpon di Alezia Edone sul lago .Sal.atino p. 2111. G. Ji. de Uiis.-ii), sul prograinnia (lonipeiano di Giulia l'elice p. 231. Fiotelli, Gnrrueei); osservazioni sopia uri dipinto ponipeiano ( Troleo baccliico p. 2911. Minerinn), notizia di alcune iscrizioni messapiclie (p. 32 Miiieroini); Ijollo consolare (p. 3311'. Gnrrueei), sugli avanzi di anticlie costruzioni sotto- püste alla cliiesa catledrale di Kerentino (p. 36(1'. Gnrrueei), iscrizioni (atine (p. 39(. Gnrrueei); lirevi osservazioni sopiJ uu ljas»i.rilievo riimano {p.41f. tav. I, 2, Pelojis. Miuervini); dl im denario di lamiglia incerta, coinmiinemenle attriljuito a (iiiilid Cesare, clie vuolsi restituire a L. Cornelio Silla (p.42f. Cnvedoni); sul vero 'Ter consule" nella eiiigrale di Uiso To- sato (p.43ir. Geronsio, ßory/icsi), notizia .li due iscrizioni messapirlie ( p. 46 Miuervini), notizia di ima iscrizione piiti-- olana (p. 4.JI. Minereini), descrizione di alciini vasi dipiiili del R. Museo liortjonico (p. 4(jir. .Minerviui).

licrgmann (/>.»: Scliiile der I3aiikunst. Ilaiidl.iicli liir Arcliitekteii, liaiili;iii(1v\erker, LJau- und (;ev\erl)scliiileii, llaiuinteriieliiiier. Zwei Bünde mit zalilreiclien in den Te.\t gedruckten llliislrationen. Inhalt : lid. I, Gescliiclue der Baiikunsl; Bd. II, 1—4, die Schule .... Leipzi» 1864. 8. ■"

üio KU (Pro!'.): Das Judenbad in Andernach (Winckeiinauns- lest-Prograinin). Bonn 1863. 4. 12 S. 1 Tal.

Cuiiipanuri (.See); Le lavole Perusine dicliiarate. Roma 1861.

Carruni (F.): de' scavi di .Salona nel 1848. Estralto dal Vol. II delle Memorie dejla classe iilol. stör, dell' Imp. Accad. delle scienze. Vieuna 1860. 16 S. 6 'laf. [Tirahdeukmaler, auch christliche; Tal. II, 4 ein stell/ cervus in sauherer Ausführung enthaltend].

'E(pi]^nQtg ägyuioloyiy.i] MfoQimja r«? htÖc rijg 'EUü- dog uvfVQtaxoiitvuQ aQ/uiöirjai;. 1863. (hf,ig. Ann p. 779— 840 (his no. 1.3'62). 4.

Gütlluig (E.y. Das Pelasgikon und die Pnyx in Athen. Mit einem Grundrifs. Jena 1863. 30 S. "

: Zur Topographie Athens. I. Die Stoa Poikile.

(Aus den Berichten der künigl. sächs. Ges. d. Wiss S. 69—72). 8.

Griissc (J. G. Th.): Handbuch der alten Numismatik von den ältesten Zeiten bis auf Constaotin den (irol'seii mit vielen Abbildungen der schönsten antiken Original- iminzen [in farbigem Metalldruck]. Leipzig 1864^ VI, 241 S. 72 Tal'. 8.

Grotefend (G.F.): Erläuterung einer Inschrift des letzten assyrisch-babylonischen Königs aus Nimrud, mit drei andern Zugaben. Hannover 1853. 4. 44 S. 1 Tal. [Ebd. S. 13 ir. Zeitfolge der assyrischen und babylo- nischen Könige nach den Keilinschriften des brittischen Museums; S. 17ff. der Ursprung der Keilschrilt mit dem Rechneu darin; .S. 30 H. die Erfindung der mor- genländischen Currentschrift].

Jiihn (0.); Ueber ein antikes Mosaikl)ild [Röchelte Mo- numents XLIII, 2, auf den lysippischen Kairos gedeutet]. In den Berichten der kgl. saclis. Ges. 1863 S. 49—69.

Jali r liiiclier des Vereins von Alterthtimsfreunden im Rlieinlaiiile. XX. Bonn 1853. 192 S. 4 Tal.

Knölcl (A.): Der opiscli- lateinische Volksstamra, seine Einwanderung und Nerbreituiiü in Italien. Glogau 1863. 26S. 4.

407

408

KocJi (M.): Die Alpeu-Etrusker. Leipzig 1853. 72 S. 8.

Köhne (B. de): Meinoires de la Societe Imp. d'arclieol.

de St. Petersbourg. Will. .St. Petersbourg 1852; bis

S. 450 Tal. XXII. 8. : Lettre ä M. J. Th. Akermao sur quelques medaiiles

autonomes grecques de differents cabioets (Extrait du

Vol. VI. des Mein, de la Soc. Imp. d'arcli.). St. Petersb.

1852. 18 S. 1 Tai.

Lionnet {A.): Palaioii, die alte Welt. Das Privatleben der Alten in populärem Gewände dargestellt, üerliu

1853. XIl, 593 S. 8. 15 Taf.

Lloyd (W. ir.): Triptolemus and tlie Dioscuri 28 S. 1 Tal. , 'i'lie Dioscuri of Amyclae, Hyacintlius-Ajax 20 S. ,lTaf. 8. (Aus den Transact. of the R. Soc. of lit. N. S. Vol. IV).

JWcyci- {H.): Gescliiclite der XI. und XXI. Legion (oder: IMittlieilungen der aiitiquarisclien Gesellschaft zu Ziiricli. Band VII, Heft 5. 1853. S. 125— 171) mit 4 Taf. und 1 Karte, die Militairstatiouea des Hauptquartiers Viu- donissa enthaltend.

MerchVui (L.): Ueber die Anordnung und Eintheilung des romischen Priestertlinms (Lu le 29. oct. 1852: Bullet, de l'Acad. de St. Petersbourg) S. 305— 357. 8.

Mommsen (T/i.): Die Venusinischen Fasten (aus dem Rhein. Museum für Philol. N. F. X. S. 482— 496 [Vgl. Zitmpt] 8.).

Neigehuiir (J. F.): Die Insel Sardinien. Leipzig 1853. X, 372 S. 12 Kupier und 1 Karte. 8.

Overbeck (J): Kunstarchiiologisclie Vorlesungen in An- schlufs an das akademische Kunstmuseum in Bonn. Braunschweig 1853. VIII und 220 S. 8.

Punofha (Th.): Dionysos und die Thyaden. Mit 22 Bildw. auf 3 Taf. Berlin 1853. 50 S. (Abb. der künigl. Akad. 1852 S.341H'.) 4.

PuucUcv (C. w): Theano von einem unbegründeten Ver- dacht l)efreit. Bedenken gegen eine Vasenerklilrung des Hrn. Prof. Weicker (in Köline's Memoires de la Soc.Imp. d'archeoi. de St. Petersb. XVIII p. ,S52-362).

RMer {L.): Premier Rapport adresse ä M. le ministre

de l'instruction publique (sur sa mission scientiiique

en Algerie, 17. dec. 1852J. 14 S. 1 pl. 8. RilscM {F.): de fictilibus lilteratis Latinorum antiquissimis

quaestiones grammaticae. Berol. 1853. gr. 4.

[Vgl. oben S. 374]. : de sepulcro Furiorum Tusculano disputatio

matica. Berol. 1853. 1 Taf. 8 S. Rochello (Raoul): Choix de Peintures de Pompei ,

Livr. 7 (p. 291— 321, pl.25— 28). Paris 1858. . : Notice sur les fouiiles de Capoue. Articies ex-

traits du Journal des Savauts. Paris 1853. 110 pagg.

1 pl. 4. Rouard: Basreliefs gaulois trouves h Entremout pres d'Aix

en Provence. Memoire couronne. Aix. 5 pl. 8. (Revue

arch. IX, 1271'.).

Rouge (E. de): Memoires sur Tinscription du tombeau d'Ahmes chef des nautoniers. Partie l. Paris 1851. 4. (Revue arclieol. VIII p. 69211.).

1 Taf.

Fol.

Roulez (J.): Artemis Eiaphebole. Lutte d'une Centau- resse et d'un Faune sur uo vase du Musee de Leyde. 11 S. (Aus der Revue arclieologique).

Roux: Recherches sur le Forum Segusianorum et Torigioe

gallo-romaine de la ville de Feurs. 8. (Revue arch.

IX, 581). Scharjf (G. jun.): On the ancient portraits of Menander

and Demosthenes (aus den Transact. of the R. Soc.

of Lit. N. Ser. vol. iV). 14 S. 1 Taf. 8.

Seidl (J. G.): Beitrage zu einer Chronik der archäolo- gischen Funde in der österreichischen Monarchie (im Archiv für Kunde österreichischer Geschiclitsquellen, der kaiserl. Akademie d. VViss. IX, 1. 1853. S. 80—168. Fortsetzung Ton Jaiirgang 1849 Bd. II, 1. 2 und 1851 Bd. 1. Heft 3. 4). Wien 1853. 8.

Seiiglcr (J .) : Gediichtnifsrede auf Anselm Feuerbach. F>ei-

burg 1853. 4. 44 S. Smith (C. R.): Notes on the antiquities of Treves, Mayence,

Wiesbaden, Niderbieber, Boiiu and Cologne. Lond. 1851.

8. (Revue arch. VHI, 781 ff.).

Smilh (H''.): A smaller classical dictiooary of biography,

inythology and geography, abridged irom the larger

dictionary. lilustrated by 200 engravings on wood. Lond. 1853. 464 S. 8.

: A smaller dictionary of greek and roman anti- quities, abridged. lilustrated by 200 engravings on wood. Second edition. Lond. 1853. 436 S. 8. [Wegen der von G. Sc/iar//' jun. wohl gewählten und ausge- führten bildlichen Beigaben beachtenswertli].

Spano (Gio.): Memoria suU' antica Truviüe (Vgl. Bull, d. Inst. 1853 p. 551.).

Slahr (A.y. Die Kolosse der Dioskuren von Monte Cavallo in Neuen Museum zu Berlin. Berlin 1853. 24 S. 8.

Slier (0.): Geschichte und Beschreibung der Stadt Pompeji. (Aus dem diesjährigen Oster-Programm des Gymnasiums als 2 te Ausgabe besonders abgedruckt). Wittenljerg 1853. 45 S. 8. nebst Stadtplan.

UrVichs (L.): Skopas im Peloponnes (Programm zum Winckelmannsfest). Greifswald 1853. 43 S. 8.

Walz (C/i.): Ueber die Polychromie der antiken Sculptur. Tübingen 1853. 24 S. 3 Taf. 4.

Wk'scJer (F.): Denkmäler der alten Kunst [nach O. Miiller| fortgesetzt. Band II, Heft 4 (Tal. XLVl— LX. Text S. 21—36). Querfolio.

Witte (J. de): Du Christianisme de quelques imperatrices romaines avant Constantin. Extrait ilu tome III des Melanges d'archeologie. Paris 1853. 35 S. 4.

Zell (K.): Handbuch der römischen Epigraphik. Erster

Theil. Auswahl römischer Inschriften. Heidelberg 1850.

XIV und 480 S. Zv^eiter Theil, Anleitung zur Kennt-

nifs der römischen Insclirilteu 1853. XIV und 385 S.

4 Taf. 8. Zumvl (G.): de fastorura municipalium Campanorum

(ra"uiento defensio. (.Scluilprogramm des Friedr. Wilh.

Gymnasiums herausgeg. von F. Ranke). Berlin 1853.

36 S. 4. [Vgl. Mommsen],

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

INHALT.

DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

No. 49. 50. Zeus und Herakles, Hippolyt und Pliädra (Panofka). Das Bild der Hippodameia im Hippodrom zu Olympia (/>o(fic/icr). Zur Archäologisclien Zeitung: Orest und Hermione (Panofka). Allerlei: Keleu- deris {Pauoj ka).

No. 51. 52. Agonistisclie Vasenbilder (E. G. und C. Böllicliur). Ueber die Memnons- Kolosse des ägyptischen 'l'liebens (G. F.rhkam). Assyrisches aus Griechenland (^Grotefenil).

No. 53. 54. Peiops aut Kmistdenkmalern (G. Papasliolis). Allerlei: Tiinesianax (J. Friedlünder), Kaiamis' Hermes Kriophoros (J. Ovcrheck), Paregorius (F. Wiascler).

No. 55. Peiops auf Kunstdeukrnidern (Cr. Papusliotis. Schlufs).

No. 56. Antiope und Dirke (O. Jahn).

No. 57 A. B. Antiope und Dirke (0. Jahn. Schlufs). Denkmäler zur Odyssee (Welcher). Allerlei: Beklei- dung der Parzen (Putwfku).

No, 58. (iriechisclie Münzen (E. G.). Denkmäler zur Odyssee {ll'eJcker. Schlufs). Allerlei: Dionysos Perikionios (Ulrch), Tyro, Pelias, Neleus (0. Jahn), Ukalegon (0. Jahn).

No. 59. Dioskuren in Delphi (v. Paiicker). Ueber den amykälischen Thron (Bötlkhcr). Allerlei: Diomede (O.Jalm).

No. 60. 'l'elephos und Auge (0. Jahn). Artemis Gygaia und die lydischen Fiirstengräber {E. Curtlus). Allerlei: die Aloiden (Birc/i), Ares und Hephästos (0. Jahn), GiQVTui und Nr/.uiXog (O.Jahn), Ukalegon (L. Schmidt), Telephos und der Adler (Wieseler), Dadeknecht (0. Jahn), Corycus (O. Jahn), Silen als Göttergehäuse (Panofka).

' ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

No. 49. Allgemeiner Jahresbericht (E. G.). Neue Schriften.

No. 50. Wissenscliaitliclie Vereine: Neapel (herkulanisclie Akademie), Berlin (archäologische Gesellchaft). Bei- lagen zum Jahresbericht: Neuestes aus Athen (Th. Maniissis), Nymphäum zu Nismes (C. Bursian), Monu- inenli inediti aus Neapel (E. G.), Terracotten aus Tarsos (E. G.), Mythologische Inschriftsammlung von J. Becker (E. G.), Fürs zweite Jahrzehend der Archäologischen Zeitung (E. G.).

No. 51. Wissenschaftliche Vereine: Berlin (archäologische Gesellschaft). Museographisches: Reisebericht aus Siid- frankreicli, (I. Lyon. B. Stark). Neue .Schriften.

No. 52. Wissenschaftliche Vereine: Rom (archäologisches Institut). Museographisches: Reisebericht aus Südfrank- reicli, (II. Vienne. B. Stark), Neue Schriften.

No. 53. 54. Wissenschaftliche Vereine: Rom (archäologisches Institut, mithrische Wandgemälde); Berlin (archäolo- gische Gesellschaft, Serapeum zu Memphis). Neue Schriften.

No. 55 57. Wissenschaftliche Vereine: Rom (archäologisches Institut), Berlin (archäologische Gesellschaft). Athenisclie Ausgrabungen (A. v. l'elsen). Museographisches aus Südfrankreich (III. Avignon. B. Stark). Neue Schriften.

No. 58. 59. Wissenschaftliche Vereine (Rom, Berlin). Ausgrabungen: Funde zu Megara (v. Velsen, E. Ciirlhis). Museographisches aus England (Birch und Newton). Altertliümer zu Pawloffsk (E. G.).

No. 60. Wissenschaftliche Vereine, Winckehnannsfeste (Rom, Berlin, Bonn, Greifswald, Hamburg). Museographisches: Sculpturen zu Stockholm (E. G.) und Avignon (C. Bursian); Vasenliilder zu Paris und Triest (G.Pa\)asl\ol\s); Antikes aus Syrien (J. de Witte). Neue Schriften.

VI

ABBILDUNGEN.

'J'af. XLIX. Zeus Basileios und Herakles Kallinikos, Vasenbilder der Kestnersclieo Saminliing zu Rom und des Kgl.

Museums zu ßerlin. , 'J'af. L. Pliädra und Hippolyt: 1. Vasenbild der Kestnersclien Sammlung, 2. Marmorgrujjpe zu Neapel, 3. Orest

und Elektra in Villa Ludovisi zu Rom. , Taf. LI. LH. Agouistisclie Vasenliilder, zwei nacii Stackeiberg und 'J'iscliljein, zwei andere fius den Samiuluiigen des

Vatikans und des Herzogs von Luynes. ,Taf. Uli. LIV. Pelops und Hippodaraeia, apulische Vasenbilder verscliiedener Sammlungen. 'Taf. LV. Pelops und Hippodameia, Vasenbild des Kgl. Museums zu Neapel. 'Tai. LVL Antiope und Dirke, Bildwerke zu Neapel und Volterra. ^'I'af. LVIL Antiope, Vasenbilder der kaiserlichen Sammlung zu Wien. ^ Taf. LVIII. Griecliisclie Münzen verschiedener Sammlungen. 'Taf. LIX. Dioskuren zu Delphi, Vaseobild. «> Taf. LX. Telejjhos und Auge, Vasenbilder der Sammlungen zu Berlin und zu Sevres.

VERZEICHNISS DER MITARBEITER.

Ambrosch (J.), Breslau.

/{«)•;/( (H.), d. Z. in Afrika.

Ilergk (Tit.), Freiburg.

Birch (Sam.), London.

Bort- (C), Brüssel.

Hiiclk (A.), Berlin.

ttötticher (K.), Berlin.

BorffUesi (Graf Buvtol.), S. Marino.

liravn (E.) , Rom.

Bnrsian (C), Athen.

Cuvedoni (Cel), Modena.

Curlhis (E.), Berlin.

Erhkum (G.), Berlin.

FrieiVünder (L.), Königsberg.

t'riedlünder (J.), Berlin.

Gerhard (E.), Berlin.

Oöltlinn (K.), Jena.

Grotefcnd (G. F.), Hannover.

Henzen (W.), Rom.

Hermann (K. F.), Göttingen.

Herlz (M.), Berlin.

Horhel (J.), Königsberg. Jahn (0.), Leipzig. Janssen (L. J. F.), Leyden. Kandier (P.), Triest. Keil (K.) , Schulpforte. Kiepert (H.), Berlin. Koner (W.), Berlin. Lajard (F.), Paris. Lepsius (R.), Berlin. Lloyd (W. W.), London. Mannssis (Th.), Athen. Meineke [A.), Berlin. Mercklin (L.), Dorpat. Minervini (G.), Neapel. Mommsen (Th.) , Zürich. Movers (F. C), Breslau. Neigebttur, Turin. Newton (Ch.), Rhodos. Osann (F.), Giefsen. Overhnck (J.), Leipzig. Panofka (Th.), Beriin.

Pajiasliolis (G.), Athen.

Pancker (C. v.), Mietau.

Petersen (Ch.), Hamburg.

Preller (L.), Weimar.

Prokesch-Oslen {Frhr. v.), Fr.Tnkfurt.

Piß (Th.), Greilsvvnld.

Schurff (G. jun.), London.

Kofs (L.), Halie.

Sc/iiiii(!( (L.), Bonn.

Schulz (H. ir.), Dresden.

Stark (B.), Jena.

Stalin (V.), Stuttgard.

Urlichs (L.), Greifswald.

Velscn (A. v.), Athen.

Walz (Ch.), 'J'übingen.

IVelcker (F. G.), Bonn.

Wieseler (F.), Göttingen.

Witte (J. de), Paris.

Zahn (ir.), Beriin.

Znmpt (A. W.), Berlin.

AIICHÄ0L0GI8CHE ZEITUNG,

HKI!A[JS GEGEBEN

EDUAKD GERHARD,

MITDIltKKTOH DKS AliCHÄOLOGlSCHKN INSTIIUT!» ZU ROM

ZWÖLFTER JAHRGANG,

enllialtcnd Denkmiiler und Forschungen No. 61— 72, Tafel LXI LXXIl, Anzeiger No. 61— 72.

BERLIN,

DIIU< K UND VERLAG VON (;E0R(; REIM KU. 18 54.

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DENKMÄLER, FOIISCHÜNGEIV

UND

BERICHTE

A l, S H' 0 B T !S E T Z U i\ G

DER ARCHÄOIiOGISCHEN ZEITUNG

HERAUSGEGEBEN

V () N

EDUARD GERHARD,

MITDIRKKTOK DKS ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS ZU R()\l.

SECHSTER JA IIB G A A G,

enlliallend Denkmäler iiiid Forschungen No. 61—72, Tafel L.\l LXXII, AnzeicriM- No. ()I 72.

BERLIN,

DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER. 185 4.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische ZeitutK/, Jahrgang XI l. J\ß 61 bis 63. Januar bis März 1854.

Persische Artemis. Allerlei: zu Pliniiis (Scojias, scopas); Iloplitensieg in den Nemcen; Walker- und Miillerfeste.

I.

Persische Artemis.

Hiczu die Abbildungen T;if. LXI. LXII. LXIII.

JrJLilten unter den mannigfachen Kunslgebilden, deren griecliisclie oder ilalisclie Abkunft zugleich auch den unverkennbaren Stempel des griechischen Geistes uns entgegenführt, begegnen wir dann und wann andren, zum Theil oft wiederholten, aus denen nicht minder unzweifelhaft die seit den Ur- zeiten Griechenlands unverkennbare Mitwirkung orientalischer Elemente in Göttergestalten und Thier- bildungen uns überrascht. Beiderlei Beziehungen finden vorzugsweise in einem Idol sich vereinigt, dessen neuerdings durch ein Erzgeräth helvetischen Fundorts ') hervorgerufne Erörterung vielmehr be- stimmend als hindernd für uns ist, ohne Absicht und iMoglichkeil einer völlig erschöpfenden Be- handlung auch diesmal von neuem darauf zurück- zukommen. INichl nur in solchen loreulischen und in andern glyplisclien Werken etruskischer Kunst, mit deren koiiiilhischer Abkunft die rüwalinung der Artemis am Kasten des Kypselos sich begegnet,

') Erzrelief aus Gräcbwji: Arcb. Anz. 1851 S. 75 f. vgl. unten Anm. 20; ausfiibrlicb bebanJelt in den Rbeinischen Jabrbiichern XVIII, 80 ß'. Von dein üeriebterstaUer der dortigen Ausgrabungen, A. Jahn, ward das Göllerbiid jenes Reliefs als ejihesisthe Artemis (ebd. S. 91), von J. Overbeck richtiger als Diana victrLv (S. 80 vgl. Orell. Inscr. 2626) bezeichnet, letzteres in Uebercinslimmung mit meiner ebendaselbst S. 94 gegebenen Hinweisung auf die persische. Begrenzende üeinamcn dieser Art sind erbu-derlieb um Göltergestalten, denen irgend ein ge- schicbtlieher Duden vurmaligen Dienstes sieh nicht absprechen lässt, ihre ursprüngliche Oerllichkeit soviel als möglich nachzuweisen; dagegen es meines Erachtens ein liückschrilt sein würde die gelehrte Behand- lung eines so umfassenden Göttertypus noch gegenwärtig unler so vagem Gesichtspunkt zu nnlernchmen, wie Baoul-Bochette (I'ouilles

auch aus Vasenbildern, deren altgriechischer Cha- rakter für uns unverkennbar ist, endlich aus unter- italischen Thonfiguren eines iheils rötnischen theils auch archaisch griechischen Styls, drängen die hienachst zu gebenden Anschauungen einer und derselben dem Osten entstammenden Göttin sich zusammen: einer Göttin, deren meist in voller Vor- deransicht erscheinende, langbekleidete und ge- schmückte, Flügelgestalt ztinächst als Beherscherin der von ihr ergriffenen Thiere des Waldes, der Löwen Panther Raubvögel oder auch sonstigen von ihr bewältigten Wildes sich kundgiebt.

'Gross ist die Diana der Ephesier!' Diesem naclihallenden Ausruf des Goldschmids in der Apo- stelireschichte gemäss tritt die Nährmutter alles Le- bendigen in berühmten Kunstbildungen der Ephesia Leukophryne Pergäa und andrer verwandter Göt- tinnen kleinasiatischer Küstenstriche uns entgegen^); ganz anders aber giebt derselben Göttin Charakter in den wilderen Diensten Überasiens sich kund, wo die persische Artemis, der Tanais gleich- geltend und auch wol der Göttin Komana's und Tauriens gleich, vielmeh»- als wehrhafte Göttin^), von Löwen und anderen reissenden Thieren be-

de Capouc p. C6f.) für sein bevorstehendes 'Memoire sur h Dcesse Nature asialique' ihn andeutet.

■) Die Verschiedenheiten der Artemisdiensie habe ich in meiner nächstens erscheinenden „(iriechiscber. Mythologie" § 329 ff. zu sondern gesucht. Der mütterlichen Ephesiii sind dort §329. 2/j die Lcuhuphripie 335, 4) und Pergän gleichgestellt, nach bekannter Ermächtigung der Münztypen, die jene Göttinnen unter dem mumien- haften Bild einer Allmutter darstellen.

') Von den hier zusammen genannten oberasiatischen Göttinnen eines überwiegend wehrhaften Charakters weist selbst die ii) per- sische Artemis (Diod. 5, 77. Movers l'hön. 22. (123. Ghd. Mythol. § 337, 3) als Zaretis (Hesych. vgl. Zerinlhia) den ans Griechenland bekannten wilden Charakter der taurischen Göttin nach; nicht weniger ist

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gleitet, sich kundgiebt, der SiegsgöHin in ganz ähn- licher Weise wie sonst Atiiena gebietet ") und blu- tige Opfer alles Lebendigen, in gleichem Sinne wie Griechenlands taurische orthosische oder laphri- sche*) Göttin, heischte. Wecliselbezug und Ver- wandtschaft jener beiderlei Abzweigungen einer und derselben asiatischen Göttin sind nicht zu be- zweifeln: die Leukophryne, die wir der Ephesia ähnlich gebildet auf IMünzen sehn, ist als des Theniistokles niagnesische Göttin in furchtbarer Geltung nachweishch '') , dagegen die |)ersischc Artemis, die sonst als hihaberin grosser von ihr be- schützter Thiergehege bekannt ist '), den schick- lichsten Namen für die durchs Löwensynibol her- vorstechenden Göttinnen darbeut, von denen hienächst gehandelt werden soll. Für die Verbreitung des Göt- terbilds, welches diese Untersuchung veranlasst, sind nicht wenige altgriechische Belege, fast nicht weniger aber auch Zeugnisse für dessen asiatischen und muthniasslich persischen Ursprung vorhanden. Den alsbald vorzulegenden Wiederholungen des in Rede stehenden Idols ganz ähnlich, geflügelt und reis- sende Thiere haltend, wird eben dieses Idol auch aus dem korinthischen Kasten des Kypselos als Artemis uns bezeugt^), und wie nach Korinth hatte eine vielleicht ganz ähnliche asiatische Löwengöttin ihren Weg auch nach Theben gefunden, wo sie, nicht ohne Spuren blutiger Opferung, Eukleia hiess;

dies in Bezug auf b) Tnnnis oder Anaitis (Creuzer Syinb. II, 35111'. Mov. Phiin. 618ff.), eine nacüweislicb (ebd. 623ff.) assyriscli-pcrsische, wie auch der syriscb -babylonischen Mylilta (63011.) entsprechende und als weiblicher Moloch (401 II.) zu betrachtende, durch Feiier- dienst (623) und blutige Opfer von Jungfraun oder von wilden Thieren verehrte (iOOfl'. 622), Göttin der Fall, wie denn auch c) der zwischen .\thena und Artemis schwankende kriegerische Charakter der Uüttin zu Komitnn (Strab. .\II p. 535. .557. Creuzer Symb. 4, 297. Ghd. Mythol. §. 337, 2) genugsam bekannt ist.

') Wie durch die komanische Göttin und sonst bezeugt, ist die gemeinhin nur für Pallas-Athena bekannte nahe Verwandtschaft der Siegsgöttin auch für Artemis nachweislieh, namentlich durch Kunst- darslellungen eines ihrem hier behandelten Idol gebrachten Opfers; so auf der Glaspaste, auf welcher Tölken im berliner Genunenver- zcichniss (Kl. III no. 1253) ein Minervenidol zu erblicken geglaubt hat, und gewiss auch auf der Gemme no. 679 des brittischen Museums.

'') Von diesen barbarischen Artemisdiensten Griechenlands {Inu- rischer: Ghd. Mythol. §. 330, 4. Urlhia §. 332, 4) ist am eigcn- thümlirhsten der patrensische der Liifihria (P. 6. 18, 7): er ward durch Verbrennimg zahlreichen Wilds und Geflügels (Paus. 6, 18, 7: Vögel Hirsche Bären Wölfe) gefeiert.

eine athenische Eukleia hieran zu reihen') liegt um so näher, da auch die asiatische Leukophryne als Weihungsbild auf der dortigen Burg sich be- fand. Hiebei ist es nun nicht allzu gewagt, Götter- dienste und Göltergestalten eines so fremdartigen Charakters für asiatisch und namentlich auch für ])ersisch zu halten. In ganz ähnlicher Weise wie die Athener auch an der Göttin von Sardes ihre Verschuldung zu büssen hatten '"), kann man in diesen Einführungen einer ausländischen Artemis Versuche erkennen, wie sie das Allertluiin öfters unternahm um mächtige Gottheiten ihrer Feinde unschädlicher, wenn nicht sich selbst günstig, zu machen, und wird alsdann doppelt geneigt sein, statt anderer Löwengöttinnen Asiens, wie die phö- nicische Astarte und auch die Göttin von Hierapolis es sind"), vielmehr die Göttin der Erbfeinde Griechenlands, eine persische Artemis, zu Bestäti- gung desjenigen Namens und Beinamens zu er- kennen, der unter den oben dargebotenen auch durch alte Zeugnisse sich vorzugsweise empfiehlt.

Tafel LÄl. Dieses vorausgesetzt, gehn wir zu Betrachtung des uns hier vorgeführten Gölter- bildes im Einzelnen über, dem wir hienächst noch andre charakteristische Beispiele seines neuerdings öllers in Rede gekommenen berühmten Göltertypus anreiben werden.

Wir beginnen diese Musterung griechischer

') Artemisdienst des Themistoklcs ist du:ch die Stiftung der inagnesischen Leukophryne auf der athenischen Burg (Paus. I, 26, -4) bezeugt. In Athen aber wohnte Theniistokles selbst in Melitc ohn- weit des Heiligthums der Aristohule, das zugleich die Stätte des Kichtplatzes bezeichnet (Plut. Them. 22; vgl. Plut. de Herod. malign. 869=I.\. 449 Bsk. viwv BavXi}g'Aniifiiäog. Ghd. Mylh. §. 331, 5).

') Thiergehege der persischen Artemis: Plut. Luculi. cap. 24.

") Artemis mit Löwen und Panther am Kasten des Kypselos. Paus. V, 19, 5: 'l4(jrffiig JJ ovx oläa itp' öiio loym TtT^Qvyag f/ovaä loTi inl löiv öj/xcov, xcil r^ /aIv äf^i^ x(ii^/ei Ticipäa- )iiv, t;J iSk h^Qit T(3v /eiQÜv Xiovja. Vgl. Weicker Rhein. Mus. VI, 587 und über den ganzen Typus auch Müller Handb. §. 363, 2.

") Artemis Eukleia in Theben: Paus. IX, 17, 1. Plut. Aristid. I'. 20. Müller Orch. 209. Eukleia in Athen am Ilissos : Paus. I, 14, 4. Vgl. Forchhammer Topogr. von Athen 8.4711

'") Göttermutter zu Sardes: HerodoL V, 102. 105. Vgl. meine Abhandlung über das Metroon zu Athen, Berliner Akademie 1849 S. 17. 28.

") Auf einem Löwen sitzend pllegt die phönicisclie Astarte und auch die phrygisclie Kybele abgebildet zu werden; Löwen zur Seite waren, wie der pbrygischen Gölleniiuttci-, auch der syrischen Göttin von Ilierapulis gegeben.

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Daistellungun der oriculnlisclici) Artemis iiiil der vorgedacliten merkwürdigen Vasensclierbc, welche, von l'rol. Ross aus seinen griecliisciien Insclreiscn lieimgcl)raclil, als werllie Gabe dieses um griechi- sche Allerlhiimcr und Peri«gese liocliverdienlen Freundes in meinem Besitz sich vorfindet Es ist die Uede vom Ueberrest eines vermuthhch zwei- lienkligen Gefasses, Amphoreus heber als ritlios '*) zu nennen, dessen hier in den Massen des Originals abgebildeter Hals die ansehnliche Grösse des Gan- zen augenliiliig ermessen liissl, und dessen Zeich- nung es zu verdienen schien ausnahmsweise hier zugleich in ihren eigensten Farben abgebildet zu werden. In beiderlei Beziehung wird man sich leicht entschliessen, ein frühes Beispiel des gemein- hin als ägyptisirend oder phönicisch, ursprünglicher getassl als assyrisch oder babylonisch zu bezeich- nenden, Vasenstyls hier zu erkennen, dem in den Verzierungen bekannte assyrisclie lieiiefs entsprechen und dem in der Zeichnung auch babylonische Tepjiiche ähneln mochten, daher wegen frühesten ähnlichen Be- triebs auf dem Festland derselben Kunslweise auch die Bezeichnung korinthischen Styles ") fuglich er- theilt werden darf. Dass unser vorliegendes Frag- ment dem Vernehmen nach aus Thera, einem Stapelplatz phönicischen Verkeiirs für Griechenland, herrührt, ist für jenen asiatischen Charakter und Ursprung durchaus bestätigend und würde, unsre allgemeine Ansicht über die in Bede stehende Technik festzustellen, nicht minder besliiligend

bleiben , wenn nach anderweitiger Reminiscenz unser Fragment nicht aus Thera, sondern aus der durch bleichen Handelsverkehr und ähnliche Funde ausgezeichneten Insel Mclos herrührle "). Seinem dem Hals des Gefasses in natürlicher Grösse ent- sjuechcnden Hühenmafs zufolge darf dies Fragment, dem vom Ansatz des Bauches her noch eine hie- nächst folgende (Taf. LXII, 3) Figurenreihe angehört, unter den bisher bekannten Ucberresten dieser Art für das ansehnlichste und zugleich inhaltreicliste gelten; denn wie seine Zeichnung, weist auch das in ihr dargestellte Gölterbild aufs entschiedenste nach dem Orient hin, indem es l)emerktermassen dessen verbreiteiste Göttin die Artemis, und zwar in derjenigen Weise darstellt, die wir am liebsten der persischen Auflassung dieser Göttin zusprechen. Wir erblicken dieselbe hier in einer langbekleidelen und geflügelten Frauengestalt, die einen Löwen mit ihrer Linken am Ohr, mit iiner Rechten am Schwanz hält; das grimmige aber gezähmte Thier bückt mit geöffnetem Rachen nach seiner vorwärts blickenden Herrin sich um. Dio Gesichtszüge dieser Götlergeslalt zeugen von kraftiger Ausbildung; ihre Verhiiltnisse sind zwar niciil schlank, aber doch minder gedrungen zu nennen als es bei anderen Frauengestalten eines sehr alten Vasenstyls z. B. dem Pallasbild der Burgonschen Vase der Fall ist; ihre gegürtete lange Kleidung ist sehr eigenthüm- lich verziert '^), wie deim ausser Stirnband und un- gewöhnlich geformtem Ohrenschmuck auch die im

'■') Vun „Amphoren" gemeinen Tlions, die in grosser Zahl zu Thera sich linden, spricht auch Prot. Koss in den Inseireisen (I, 66), erwähnt aber zugleich des Ausdruckes Tii&os als noch jetzt dort güllig (ebd. I, 68).

") Die liier für die Vasenbilder ältesten Slyls befolgte Termi- nologie ist in den Annali dell' Instituto .MX p. 408 ff. von mir ge- rechtfertigt worden.

'") Der llriilier und Gräberfunde von Tlierit und Melos gedenkt Hoss ausführlich in seinen Inseireisen (i, 6511'.), zugleich mit Er- wähnung grosser dort gefundner mit gepressten Ornamenten verzierter oder auch bemalter (I, 68) Amphoren; von letzterer Art habe er einige Scherben dort envorben. Aebnlicher Funde erinnert derselbe sich aus Melns und ist jetzt sogar geneigt die hier abgebildete Scherbe, als deren l'undiirt ich Irüberhin Thera vernoiniiien zu haben glaube, von Melos abzuleiten; in seinein gedruckten Bericht über dortige Gräberfunde (Inselr. III, 1'.)) linde ich gleich alterthüinliche Gefäss- malereicn zwar nicht erwähnt. Brieflich äusserte in Bezug hierauf Prof. Ross noch neuerdings, dass etwanige Bedenken über einen

oder den andern jener beiden Fundorte gleichgültig seien: "denn die grossen aUertbümlichen Amphoren (niStoi, niüäniu) sind beiden Inseln gemeinschaftlich, wie sich dieselben nuch in Cypern finden'. Auch bemerkt derselbe, dass ein solcher 'schöner phönicischer 77 i,'>off in Kopenhagen in der Sammlung König Christians VIll vorfindlich sei, welchem derselbe durch Prof. Ross verehrt ward.

'^) Auf dem rothbraunen Grunde des Kleids dieser Göttin ist vorn eine schwarz eingefasste Ahtheilung nach Art einer Schürze zu sehn ; diese giebt durch gekreuzte Striche als gewirkt sich kund, und in ähnlicher Weise gekreuzt ist auch das ganze Bruchstück, so jedoch, dass dessen Verzierung durch die mitten darauf angebrachte Befestigung der Flügel unterbrochen wird; gewisse braune Klappen, die man für Aermel hallen könnte, gehören wohl gleichfalls dieser Befestigung an. So könnte man auch versucht sein, zwei Gewand- stücke statt eines einzigen vorauszusetzen, wäre nicht der in Art eines Eierstabs verzierte und ringsunilaulende untere Saum des Kleides für diese letzlere Ansicht entscheidend.

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leeren Räume des Bildes zerstreuten Zierralhen Beachtung verdienen. Ungewöhnlich ist über dem Stirnband noch ein hochstehender Stirnschniuck; das in breiter Fülle den INacken bedeckende Haupt- haar ist überdies durch ein anderes breites Band zusammengehalten; eine Beschuhung ist nicht vor- handen, sondern vielmehr an deren Stelle der Mangel weisser Färbung beachtenswerth. Endlich ist, die malerische Technik anlangend, noch zu bemerken, dass siimmtliche innere Umrisse nur geritzt sind; die schwarz und braunroth gemischte Färbung auf weissem Grunde giebt zur Genüge in unsrer Zeich- nung sich kund.

Taf. LXll, I. Die auf einer nächstfolgenden Tafel zunächst uns vorzuführende Gestalt derselben Göttin gehört einer unteritalischen Terracotta, welches der als Münzkenner verdiente Hr. Gennaro Riccio zu Neapel aus eignem Besitze neulich veröffentlicht hat '"). In der Zeichnung dieser n)it geärmeltem Chiton und sternenbesticktem Obergewand lang bekleideten, mit langen Haarflechten, Stirnband und grossen Ohrringen versehenen, in zuversichtlicher Kunstübung auch mannigfach roth gefärbten, Figur tritt ein sehr alter, dem äginetischen verwandter, Styl eigenthümlicher uns entgegen, als dass die bei ähn- lichen Werken meist unabweisliche Annahme der Nachahmung sofort aufkommen könnte. Namentlich sind es die schräg liegenden Augen und sonstigen scharfen Gesichtszüge, welche diese Ansicht be- gründen; aber auch die gedrungenen Verhältinsse und die strenge, von künstlicher Zierlichkeit freie, Haltung der ganzen ehrwürdigen (jöttergestalt stimmt damit überein. Die Göttin hält mit jeder ihrer Hände die Vordertalzen zweier Löwen ergrilTen,

") Zuerst bekannt gemacht durch den Besilzcr dieses Reliefs in einem auch gesondert abgedruckten Artikel der zu Neapel er- scheinenden Zeitschrift l'ulioraina (no. 18), unter dem Titel: ,.Descri- zione di itn nlltt rilievo in terra cotta raji^rcseiitttvle iinn deiUi Orientale rinoenutn neijH svnvi ileir anticn Ciipun" (3 Seiten. 8.). Der Herausgeber verzweifelt die dargestellte Göttin in der griechischen Mytholugie vorzufinden, zumal sie nach ihrem Augenschnitt offenbar ausländischen Völkern (alle razze cgiziane, e pii'i alle cinesi) angehöre; einstweilen könne man sie eine (iötlin der Starke, Fortiludo (dea della forza, e non allro), nennen. Ilr. Haoul- Hocheltc, welcher dies Helicf neuerdings als Augenzeuge besprochen hat (notices sur les fouillcs di Capoue p. C-ill'.), weicht von unsrer obigen und von Hm. Riccio's eigner Beschreibung, welche durch An- blick der Zeichnung bestätigt wird, darin ab, dass er l'anther statt

deren stylistischer Ausdruck gleichfalls der älteren Bildungs weise angehört; die grimmigen Thiere sind mit geöffneten Rachen riickwärts gewandt, während sie mit ihren beiderlei Tatzen sich unwillkürlich der Göttin anschmiegen. Hiebei ist die Geberde unangestrengt sicherer Festhaltung der als Symbol der Gottheit ihr dienstbaren Thiere charakteristisch, wie solches in ganz ähnlicher Weise auch in manchem echt hellenischen Göttertypus, im milesischen Apollon der seinen Hirsch, in mancher Artemis die ihreHirsch- kuh, in Meergotlheiten die ihie Delphine an den Schwingen halten, sich kundgiebt ").

2. Späteren Charakters, seinem Styl nach der freiesten Kunstübung römischer Zeit angehörig, ist das dermalen dem königl. Museum zu Berlin ge- hörige, aus Calvi herrtjhrende, Thonrelief "*) von ganz ähnlicher Darstellung, weiches wir jener erst- gedachten Figur zur Seite gesetzt haben. Es zeigt uns wiederum eine langbekleidete, gegürtete und geflügelte Göttin strengen Ausdrucks, welche in jeder ihrer Hände ein reissendes Thier an den Pfoten hält; mit ziemlicher Sicherheit sind diese Thiere statt der sonst üblichen Löwen für Panther zu erkennen. Im Uebrigen sind auch Modius und am rechten Arme ein Armband, minder verständ- lich eine den Hals zwiefach umwindende Schnur, in der sonstigen Anordnung dieser Gestalt die lang herabhangenden Flechten, der aufwärts gerichtete Blick und die auswärts gewandte Richtung beider Fiisse, einer ins Einzelne eingehenden Betrachtung manchen beachtenswerthen Umstand darzubieten geeignet.

3. Eine im oberen Raum derselben Tafel ab- gebildete Figurenreihe ist zur Vervollständigung

der Löwen erkennt. Uebrigens beruft sich derselbe zugleich (p. 65) auf viele ctruskische Statuetten von angeblich ähnlicher Darstellung in der Campanaschen Sammlung zu Rom, deren er im .lournal des Savantsvon 1852 (.Iuilletp.4 14) gedacht habe; diese Notiz verdient genauer verfolgt werden. Als statuarisch ist auch das alto rilieio zu ver- stchn, das Riccio (a. 0. vgl. Koch. p.Oi) der hier abgebildeten Figurbeilegl.

'") Eine Zusammenstellung ähnlicher Gutlerlypen, mit symbo- lischen Thieren die an ihren Schwänzen gehalten werden, ward be- reits in den Rheinischen .lahrbiichern (.Will, 95) von mir empfohlen.

'") Helicf aus Calvi: im neuesten Verzeichniss der Terrasottcn mit no. '2'S') bezeichnet. Im rnlertheil einer ähnlichen Thoiiligur, die bei Dagincourt Fragm. de sculpt. X\I, 7 p. .').') als Cjbele abge- bildet ist, wird die Arbeit gerühmt, und ist auch die geschmückte Gürtung zu beachten.

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der auf der vorigen Tafel beigebrachten Vasen- scherbe hier nacligeliefert; iln'e sehr rüthselhnfte, durcii Frauen und Fliigeh-osse erst an die Liclil- göllin Eos, dann bei unverliennbarer Bewaffnung eben so füglich an Hera und Atltena, an Penthesilen und sonstige ^m«so»e/« erinnernde, Darstellung'"), auf die wir ein andermal gern wieder zuiückkoni- men werden, darf uns vorerst nicht hindern, noch mehreren andren zu gründlichem Verständniss des persischen Arteinisidols auf noch zwei folgenden Tafeln zusannnengesfellten Denkmalern unsre Auf- merksamkeit zuzuwenden.

Tuf.LAlll. Wir eröffnen diese Reihe verwand- ter Artemisbilder durch (no. I) das schon oben er- wähnte, aus dem helvetischen Fundort Griichwyl neuerdings bekannt gewordne, unsres Erachlens offenbar etruskische"), Relief eines vormaligen Ge- fässbeschlages. Die in Rede stehende Göttin wird hier in seltenem Umfang der Darstellung uns vor- geführt: langbekleidet und geflügelt, vielleicht auch mit einem Halsband geschmückt, hält sie vorwärts blickend in jeder ihrer Hände sowohl die Tatze eines gleichfalls vorwärts blickenden ruhig sitzendei> Löwen, als auch die Pfoten je eines schwächeren und bedrohten Thiers, nämlich eines hier lebensfroh aufwärts gerichteten, dort abwärts gekehrten und kaum nocii aufathmenden Hasen; ausserdem aber knüj)ft tioch an der Göttin Ko|>fbedeckung, die einem Modius ähnlich auf ihrer Höhe einen Raub-

'■') Erhalten ist von dieser Figurenrcibe das Obertlieil einer mit Stirnband gescbmiitklen Krau, «elcbe ni ihrer linken Hand die Zügel von Flügelrossen hält ; eigeiitbünilicb ist es, diese Fübrerin mit einem links bocb hervortretenden Webrgehenk Ijcnaffnet, auf einem etwa auf der Deichsel ruhenden Spross aber einen Wasservogel, einem Kranich am ähnlichsten, hervortreten zu sehn. Ausserdem ist hinter der gedachten Frau noch eine zweite bemertlich, welche verschleiert und oberhalb des Schleiers noch mit einem Modius geschmückt ist. Hienach würde diese Figur sehr wohl für Hern, deren Verbindung mit einer bewadiielen Frau sehr wohl für Alhvnii, das Ganze auf heider Göttinnen zu der Achäer Hülfe begonnene Fahrt, wie 0. Jahn vorschlägt, sich deuten lassen, wäre nicht laut dessen eigner Be- merkung der Mangel jeder sonstigen Rüstung allzusehr dagi'gen, die kriegerische tritonische Göttin hier vennuthen zu wollen. Auch an Demeter (^(nvauouoi Hom. HCer. 4) und Korn lässt sieb kaum di'nken.

'") Helief aus Grächwjl: oben Anm. I. Die Kunstübung dieses Reliefs wird von Hochette (a. 0. p. 67) zwar eher für irgend eine asiatische gehalten; man fragt vergebens nach genauerer Bestimmung und Analogie einer solchen.

^') Diese Aimabrae eines Modius ist nicht durchaus sicher.

vogel trägt*'), ein rechts und links auslaufender Spross ") zur Basis noch eines Löwenpaares sich dar, um, wie vorher die starken imd schwächeren Erdgeschöjife, die herschenden Thiere der Erde so- wohl als der Luft in gemeinsamer Botmässigkeil der gewaltigen Göttin zu zeigen*^). Aehnliche Ge- gensätze finden zu mannigfacher Verherrlichung dieser Göttin, in ähnlichem iSinn wie bei der e])he- sischen obwohl in lebendigerem Wechsel, auch sonst sich vor, so jedoch dass die begleitenden Löwen ihr eigenstes und unwandelbarstes Symbol blieben. Während dies namentlicii im beschränkten Raum der Gemmenbilder (no 2. 3), zum Theil mit zierlicher Bewegung, etwa so dass die Göttin im Lauf die ^Schwänze der willig oder unwillig ihr zugewandten Thiere ergriffen hält, oder den von ihr abgewandt sitzenden eine freiwillig darzubie- tende Tatze abfordert**), so dass diese Löwen- beherscherin bald an Kybele bald auch") an die auf einem Löwen stehende mit Bogen und Pfeil bewaffnete Sternengöttin babyloniscli - j)ersischer Cylinder erinnert (no. 4), tragen wir kein Bedenken dieselbeGöttin auch in solchenDarstellungen wieder- zuerkennen, wo sie vielmehr als Heriin des Lult- raums gefasst und mit bewältigtem Geflügel dar- gestellt ist: so in (no. 5) der geflügelten, mit Modius bedeckten und jederseits ein schwanähnliches Thier am Hals fassenden Göttin eines vielgedeuteten orientahsch alterthumhchen tarquiniensischen ßal-

") Eine Eule, wie Baoul-Hocbette annimmt, vermag ich in der Zeichnung dieses Vogels nicht zu erkennen ; auch scheint die von demselben als Unterlage der jungen Löwen angegebene Schlange nur auf Verkennung der tektoniscben Einfassung dieses Gefässbe- schlags zu beruhen.

") Ueber die Bedeutung der zwei oben sitzenden, wie es scheint jüngeren, Löwen hat der früheste Berichterstatter dieses Reliefs nicht ohne Spitzlindigkeit sich ausgelassen (Rh. Jabili. XVHI, S. 92), mit Recht aber der etwanigen Anmuthung wideisprocben, dass dies Bild im .Sinne einer pantheistischen Gottheit zu fassen sei.

'") Von diesen orientalischen Gcninienbildern ist no. 2 au.s Micali Monum. I, 23 (ähnliche Flügelgestalt mit den an den Schwän- zen gehaltenen Löwen auch hei Röchelte pl. VI, 9 und in der Samm- lung des Hrn. Hertz, Aicb. Anzeiger 1851 S. 93), no. 3 aber aus Rochette's Herculeassyricn VI, 14 entnommen; das letztgedachle Bild dient, als unbekleiaet und demnach mannlich, hier nur zur \er- gleichung.

'■') Cylinder mit Artemis, die auf einem Löwen steht (Taf. II, no. 4), nach Röchelte Hcrcule pl. IV, 1«. Der Göttin gegenüber steht eine betende Frau, weiter links zwei einander slossende Bocke.

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samars im Museum zu Berlin^"), und so auch in der ähnlicli stehenden (no. 6), bei ähnhcher Ge- herde eher niitThieren wie Kraniche Ijescliäi'tiglen, Flügelgestalt eines mit geprefsten Reliefs versehe- nen schwarzen Bechers clusinisclier Art^'). Der etruskischen Herkunft beider letztgedacliler Gefiifse ist nocii der Umstand hinzuzufügen, dass die Grösse des gepaarten Geflügels auf beiden Gefiissen, viel- leicht nur zur Unterscheidung ihres Geschlechts, ungleich angegeben ist.

Noch andre vorzügliche Varianten dieses weit verbreiteten Götterbildes gewährt uns das florenti- nische Prachtgefäss des Ergotimos und Klitias''^), indem unterhalb beider Henkel desselben Wiederho- lungen der bekannten langbekleideten Plügelgeslalt, hier schlanker und zierlicher, am Gewände und auch durch ein Stirnband geschmückt, mit wechseln- den Attributen vertheill sind: einerseits (no 7) sind es Löwen, welche, widerstrebend und abwärts ge- wandt, diesmal bei aller Zierlichkeit der Götterge- stall unsanfter als vorher, von ihr am Schöpfe ge- halten werden. Wie aber Panther anstatt der

^') Von Pamifka (Miiseo Bartold. p. 95 S.) als Kora-Herkyna liczeichnet; vgl. Berlins BilJw. Vasen no. 541. Micali Storia lav. LXXIII, 1 . Das ganz ähnliche Vasenbild eines grösseren Gefässes im Museum 7.U Neapel (Mus. Burb. VI, 56) gedenkt Röchelte (Fouilles de Capouc p. 65) neu zu verüffentlichcn.

'■) Den langhalsigen Vogel dieser nach Micali (Storia XX, 12) abgebildeten Götlergestalt bezeichnet auch Hi. Bocbette (a. 0.) un- bestininU als Strauss oder Schwan.

Löwen ") ein Attribut dieser Göttin im vorher (Taf. LXII, 2) betrachteten Thonrelief des berliner Museums und auch sonst wol sind (no. 8), hält dieselbe, am andern Henkel derselben Klitiasvase wiederholt, rechlerseits einen unter dem Hals von ihr ergriffenen und unfreiwillig zu ihr hinauflangen- den Panther, dagegen ihre linke Hand einen glimpf- licher unter den Hals gefassten, willig und schmieg- sam zur Göttin die auch des zahmen Wildes Beschützerin ist aufstrebenden, Hirsch sich zueignet. Die hiemit gegebene Zusammenstelhmg mög- lichst fruchtbar zu machen, haben wir überdies nächst der bis hieher betrachteten persischen Artemis auch noch die, laut entsprechenden Gestalten und Attributen, ihr verwandteste männliche Gottheit kennen zu lernen: diese Gottheit, deren Darstellung durch ein dem berliner Exemplar jener Artemis benachbart aufgestelltes und nah verwandtes Thon- relief uns vorgeführt werden soll, wird bei Erläu- terung der nächstfolgenden Denkmälertafel uns be-

scliäftigen.

E. G.

") Klitiasvase: Mon. doli' Inst. IV, 54 ff. (Ann. XX, 372). Arch. Zeitung 1850 Taf. XXIII. XXIV S. 275.

■'") So in dem als no. 8 nach Micali (Storia XXI, 2) wieder- holten Relief eines clusinischen Thongefässes; die im Relief des Hrn. Riccio von Hrn. Rochctic vorausgesetzten Panther wurden oben Anm. 16 abgelehnt.

II.

Allerlei.

80. Zu Pliniüs H. N. XXXIV, 90 (21, 33). In den Worten „Simon caneni et sagittarium fecit, Stratonicus, caolator ilie, philosophos, Scoptis «terr/iie" ist sowohl vom ueusten Herausgeber als von Ilru. Brunn in seiner Geschichte der griechischen Künstler die Erwähnung des Scopas als „bisher nicht geniiyenil er};Uirt" bezeichnet worden und gewiss mit Hecht. Ilr. Brmui bemerkt S. 324 zu dieser Stelle: „Vielleicht liegt, wie auch Sillig meint, die Verderbniss in dem Namen des Scopas, so dass an seiner Stelle der Name eines Gegenstandes zu setzen wJlre, welchen sowohl Simon als Stratonicns künstlerisch be- handelt hatten." Auch das ist ganz richtig, sofern Scopas nicht vorhanden ist, aber man liat mit sehenden Angen nicht gesehen: keine Silbe, kein Buchstabe*) darf gejindert

werden, man schreibe nur statt S ein s: scn/ius oder will mau ganz deutlich sein mit griechischen Buchstaben riyoiTKtc, obgleich das Wort auch im L.iteinischen ge- l)r;luchlieh gewesen zu sein scheint mid mit Hindeutung auf die Bedeutung die es hier hat auch bei unserm Plinius X, 50 vorkommt, wo es heisst: 'Nominantur ab Homero scopes a^^um genus; neque harum satyricos motus, tjuum insident, pleris(jue memoratos facile conceperim mente' etc. Der griechische Accusativ hat aber bekanntlich bei griechischen Wörtern kein Bedenken, so dass scopas unver.'indcrt l)eiljehalten werden kann. Was al)er gemeint ist lernen wir ans Athenaens IX, p. 3!11. A, der nachdem

*) Ich halle cnjxts, Schenkinnen, vcrniiilhel ('S. Rhein. Mus. IX, 140 ff.). f. U.

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er vom Fange des Uhu durch Tanz erziihlt hat, berichtet: To de ttVTÖ noitiv Ityovnt xui toj''? axöJnag' xrti yaQ Toviovg UQyr^nn Xöyoq uXiaxiad'ttf ftvtifiovevtt 6 uvtüiv "Of^irjQoq, j'fVof T6 op/r'fftwf un' uvrwv xaXfTrat ax(oip, Xußdiiv Tovvofiu uno Tijg negl rv Mov iv rfj xivtjaei notxiXluQ- yui'govm yuQ ol axwTieg xnl ofioinrrjTi xai an' ui'rojv »;/(?('? axamritv x(t\orfitv zo avvuxuLfH' xui xiiTUGTOxÜLta&ui TOVi; ttxwnTOfif'vovg dtu rn rwv fxn'v(i)v fniTijdn'fiv TiQouiQfaip. Genauer hestimnit Athe- uaeus den Begnft' als eine ijcstimmte Stellung im Tanz und erkl;lrt dieselbe p. 629. F: r^v df axiorp Tiov anoaxo- noivxitiv Ti aytiiu lixpuv jtjV /tiQu rniQ ToC fifr(t)7iov xtxrQTiuxöjiiiv.

Etwas anders erklärt PoUux Y\ \). 103 mehr im Sinne der ersten Stelle des Athenaeus: tJv dt n xui axonp, xo d' nvTi'i XUI axoniag, fidog v(>/i]ai((ig i-/,ov tivü tov Tp«- yr^lov TitQK/ (/(luv xarü t^v toü upviOog f(i/(rjaiv ög jin' fxTtXrj'^Kog ngog xr^v ogy^'^'" uXi'axtxat. Beide Stellungen finden sich abwechselnd au einer Reihe von SatjTn auf einer Vase bei Gerhard auserl. Vasenbilder I Taf. 59 u. 60 dargestellt. Auf andern Vasen findet sich sogar der Name: s. Müllers Arch.-iol. p. 385. Anni. 4, wo das Weitere nachgewiesen. Es kami demnach nicht zweifel- haft sein, dass diese Stellungen an SatjTvi unter dem Namen scopes Gegenstand künstlerischer Darstellung waren, \v\e denn bekamit ist, dass Satvrn in komischen Stellun- gen und Bewegungen aller Art dargestellt wurden. Hatte doch derselbe Stratonicus einen schlafenden SatjT an einem Gefiiss gebildet (PHn. XXX, 12. 55) und der Maler Antij)hilus grade einen solchen wie hier in Betracht kommt gemalt. Es heisst nJimUch PUn. XXXJV, 40, 32 : Antipliilus laudatur nobiUssimo Satyro cum j)elle pantherina, (|uem Aposcopeuonta appellant.

Die bisher nicht verstandne Stelle des Plinius XXXIV, 90 belehrt uns also, dass Simon und Stratonicus Tanzende dargestellt, ohne Zweifel Satyrn luid zwar in einer spottenden Stellung, indem sie entweder den Kopf spöttisch um- drehten oder thaten, als sjiheu sie m die Ferne. Hamburg. Chr. Petersen.

81. HopLiTENsiEG IN DEN Nemeen. Das schüue Iiuienbild einer voleenter Trinkschale in der ansenviihlten Vasensammlung des Duc de Lujiies, in Gerhards Denkm. und Forsch. lb.').'{ Taf. LH, 3 aufs neue gestochen, hat unser gelehrter College Bötticher (daselbst S. 20—22) scharfsinnig auf den Siegespreis im Welt lauf bezogen und „den zur Pompa sich vorbereitenden Agonisten bereits im Besitz der drei verschiednen Siegssymbole, der Myrtenzweige, der Buiden und eines bindengeschmüekten

Helmes, der statt des Federbusches die Büste eines Adlers mit Ohren oder eines Greifen zeigt", darauf erkannt. Indess eine genauere Prüfung des Thicrhopfes luid sein Vergleich sowohl mit den Thieren, welche des Triptolemos Wagen ziehen (s. m. Eigennamen mit liulog Taf. YK, 2), als den gleichen die als Wächter der Aresquelle in Theben \m\ Kadmos, des Hesperidcnbaumes von Herakles, des Ares- liains mit dem aufgehängten goldnen Vliess von Jason bekämpft werden, hindern uns dieser Erklärung beizu- pflichten: wir überzeugen uns vielmehr, dass auf dem LujTies'schen Vasenbilde ebenfalls die Protome eines Dra- chen dg('i.x(i)v demHelm zum Schmucke dient. Dieses Helmes unbrauchbare Form im Kriege hat Hr. Bötticher mit Recht henorgehoben, allein der orientaUsehe Charakter desselben fordert unabhängig von jenem Thierschmuck zur Nach- trage auf, ob inid wo in Hellas wir so (c/icr Helmform be- gegnen. Hiebei kommen Gemmen und Vasenbilder mit emem oder mehreren Thebanern bei der rl-ithselaufgeben- den Sphinx (Overbcck Gall. her. Bildw. I, 8. H, 2) misreni Verlangen alsbald mit befriedigendem Beseheid entgegen, indem sie bei diesen Thebaneni ähnliche Helme nach- weisen, deren orientalische Form wir wohl als von Kadmos auf die Kadmeer übergegangen ansehen dürfen. Erwägen wir ferner, dass aus den Zähnen dieses Drachen, des Sohnes des Ares, in Theben die ^nugxtn die Gesäten, als yriyii'itg (s. m. Eigennamen m. KuXog Taf HI, 12) aus der Erde emporkamen und zwar in voller Rüsluny, w^obei der Helm nicht fehlen dinfte, so leuchtet ein, dass für solche ^nugxol die Protome ehics Drachen in Ueber- einstimmung mit der übrigen unhellenischen Form des Helms sich sehr wohl eignete. Demzufolge läge es nahe an Spiele des Ares, eines der Hau])tgütter von Theben, zu denken, welche Kadmos, der Gemahl der Harmonia, zur Sühne des besiegten Drachen einsetzte, und wo die Agonisten nicht mit Schild, sondern nur mit Helm und Schwert als Nachbild des Kachnoskampfes hervortraten. Man denke au die Nachahmung des Apollo Pj-thoktonos in den Septerien zu Delphi.

Indess vergessen wir auch nicht jene andie mythisch nicht minder bedeutende Begebenheit, welche bei Eröff- nung des Kriegs der Sieben gegen Theben Unlieil verkündend sich zutrug: ich meine den durch einen gleichen dgüxdiv herbeigefiilirten Tod des Archemoros (Overbeck YV, 2) in Abwesenlieit seiner Amme, der vertriebnen Lenniosfürstin Hypsipyle. Denn so gewinnen wir X erneu als Mittelpunkt der Scene, der Agonist tritt uns als Sieger in den neme- ischen Spielen entgegen wo zum Andenken au Archemoros' Mörder, den Drachen, dieser Helm als Siegsjjreis ausgc-

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theilt ward. Im Einklang mit dieser Auffassung nehmen wir in des Siegers ILinden nicht sowohl Zweige non Myrten, als vom Oelbaum wahr, der nach dem Zeugniss des Scho- liasten zu Pindar (Schol. Find. Nem. p. 425: ioTtfovTo di TO TiaXatov eXitiit) als idierer Siegespreis vor Ein- führung des mit Todtenkult zusammenh/ingeudeu Eppich zur BekrJinzung diente.

Die Vermuthung, dass dies Vasenbild uns einen Sieger m den Nemeen veranschaulicht, gewinnt noch bedeutend an Wahrscheinlichkeit, sobald \Tir die Worte des Schohasten zu der Einleitung der Nemeen zu Hülfe nehmen, wonach zuerst an diesem dreijährigen Leichenspiele zum Gedächtniss des von dem Drachen getüdteten Opheltes Soldaten und Soldatenliinder die Spiele begingen, und erst später die Theilnahme an den Spielen, die nur g}innische und Wagen- rennen waren, auf die Volksmenge sich ausdehnte (^yw- vlt^ovro dl aTfjuTtwTut y.ul iiaiöig aTfjuTiw- T (iiy.vaTigov d l y.ai iTii Tu dm^ioXf/Mv nXr^i^og id()af.iiv).

Th. Panofka.

82. Walker- UND MÜLLERFESTE. Pliii. XXXV, 11,40, 143 erwähnt unter den Gemälden eines Simos, aul'ser einem ruhenden Jüngling und einer vortretTlicIien Nemesis, nocli ofticiiimn fuUonis, (juinqualrus celebrunlem, worunter gewöhnlich zwei verschiedene Bilder verstanden werden. Die Walker spielten in Rom eine gewisse Rolle, wie seiner Zeit bei uns die Friseurs, und waren in den Atellanen, wie die Titel zeigen, eine beliebte Figur (Munk de fabulis Atellanis p. 45 f.). Eine solche officina fuUonis ist bekanntlich in einem Wandgemiikle in Pompeji dar- gestellt, wo die verschiedenen Arlieiten der Walker, Stampfen, Waschen, Kartätschen, Schwefeln, Pressen abgebildet sind (mns. Horb. IV, 49. 50. Becker Gallus III p. 168 tT.). Eine weniger klare Vorstellung kann man sich von dem ijuiniimitnis celehruns machen, und ich glaube, dafs es mit officina fullnnis zu verbinden ist; das Gemiilde stellte eine Walkerei vor, in welcher die quin- quatrus gefeiert wurden. Äliuerva ist als Ergane die Schutzpatronin der Walker, welche das Fest der quin- quatrus zu begehen pflegten , wie Ovidius bei der Be- schreibung des Festes ausdrücklich sagt (III, 821): ?ki)ic cole, qui tnaculas laesis de vestibus aiifers. Andere Be- lege für die der Minerva von den Fullones dargebrachten Verehrung hat Mommsen in der Zeitschrift für geschiclit-

liche Rechtswissenschaft XV p. 330 f. zusammengestellt. Auch ist auf dem pompejanischen Gemälde einer der Arbeiter mit Oellaub bekränz.! und auf dem Apparat zum Schwefeln, den er trägt, sitzt eine Eule. Zu dem von mir vorausgesetzten Bild findet sich ebenfalls unter den pompejanischen ein ganz analoges. Auf demsellien (mus. Borb. VI, 51. Gerhard ant. Bddw. 62, 3) ist eine Mühle, ganz so wie sie noch in Pompeji erhalten sind, aufge- stellt und daneben läfst eine Gesellschaft von Amoren sich es wohl sein. Zwei haben sich bequem auf der Erde gelagert und der eine zeigt sich auf einen neben ihm stehenden Esel, der einen Krauz um den Hals trägt. Ein anderer sitzt auf der Erde neben einer Schüssel, auf der Becher stehen, und spricht mit einem ihm gegenüber- sitzenden, der ein ßlumengewinde in den Händen hält, um sich selbst oder vielleicht auch die Mühle zu bekrän- zen. Im Vordergrunde ist wiederum ein Amor heschäf- ligt einem Esel einen Kranz um den Hals zu legen. Von der anderen Seite kommt ein Amor in lebhaftem Ge- spräch mit einem geflügelten Mädchen im dorischen Chiton und bekränzt, und zeigt auf seine fröhlichen Ka- meraden hin. Wir haben hier, was so viel ich sehe noch nicht bemerkt worden ist, eine Darstellung derVestalia vor uns. Diese wurden namentlich von den Bäckern und jMüllern gefeiert, es war ein Feiertag, die Mühlen standen still und wurden bekränzt und auch der Esel war nicht nur von aller Arbeit frei sondern ebenfalls bekränzt. Ovid fast. VI, 305 f. eccc coronutis panis dependet asellis F.t velant scubras fiorida serla molas; und 341 f. vom Esel: quem tu, dlva, memor de pane monilibus ornas: Cessat opus, vacuae conticuere molae. Weil es ein Fest des Brodliackens war, so hing man dem Esel auch Brödchen an Schnüren gereiht um dt-n Hals (Lactant. I, 21, 26), wie dem equus october, „f/uia id sucri^cium fiebat oh frugtim cventum" (Paulus exe. p. 220 s. v. po- nibus); allein dal's man ihn auch mit den gewühnlicbeu Kränzen schmückte zeigt auch Properz (V, 1,21): Vesta coronatis pauper gaudebat asellis. Dafs Amoren das Fest liegehen, wie sie in allen Functionen des mensch- lichen Lebens thätig erscheinen, ist jetzt aus vielen Wand- gemälden uns geläufig, welche es ganz klar machen, dafs wir in solchen Darstellungen ein getreues Abbild des wirklichen Lebens haben. Otto Jahn,

Uiezu Tafel LXI. LXIl. LXIII: Persische Artemis, aus Gefüssbildern, Tlionfiguren

und andern Denkmälern.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zieituny, Jahrgang Xll.

M 64.

April 1854.

Plirygischer Sonnengott. Der Aufgang zur Akropolis. Allerlei: Kairos, Atalanta und Helena, Dolomedes.

I.

Phrygischer Sonnengott.

Hiczu die Abbildung Taf. LXIV.

MPie merkwürdige Giittcrgeslall der jiersisclien Arletnis, die auf drei uiuiiiUeibar vorher belracli- lelen Bilderlafeln (LXI LXIII) uns besclmftigte, bietet nicht nur zu mancher nachlriiglicheii Bemer- kung über eben jenes Idols DeiAnuiler ') und Bil- dungen^), sondern auch zur AiireilumK eines und des anderen ihm vergleichbaren asiatisciien Götler- lypus sich dar. Hiezu ist zunächst das gleichfalls sehr eigenthümliche Götterbild eines rüniischen Thonreliefs geeignet, welches dem Vernehmen nach aus Culvi herrührt und gegenwärtig im kgl. Museum zu Berlin sich befindet'). In SlolT und Arbeit jenem ebendaher uns bekannten Artemisbild aullallend ahnlich, von dem es auch in seiner Grülse nur wenig abweicht, ninmit es, der von uns er- kannten Wichtigkeit jenes weiblichen Idols gemäfs, als seltenes Beispiel verwandter männlicher Auf-

') So lässt jenen oben S. 177 ff. zusammcngeslelllen Denkmälern der persischen Artemis und namentlich dem Grächwvler Erz- relicf sich wol noch manche etruskische Bronze vergleichen, wie die von 0. Jahn brieflich mir nachgewiesene einer von zwei Löwen cberwarls verzierungsweise umgebenen archaischen Francngeslalt, dem vormaligen GrilT eines Gerätbes, bei Wilde Signa antiqua tab. XI.

") Für die niannigfalligc Bildungswcisu der gedachten Göttin blieb namentlich unbemerkt, dass ihre Hellenisirung, den freiesten narsti'llungen der griechischen Artemis gleichkommend, selbst durch noch vorhandene [ieischril't bezeugt ist: so als IH'.PC IKJI benannt im fliancnkopf mit dem Köcher (fi. TfQOX((iatcni<ov, brennender Altar: .Mioimct IV p. 48, 249) im lydiscben .Miinzljpus von Hiero- cäsarea, den mir Panofka bemerklich macht. In gleicher Moderni- sirung pflegt auf Iphigeniareliefs auch die taurische Artemis in pylhi- scher und homerischer Weise als Jägerin zu erscheinen.

') Thonrclief aus Calvi, im Jahr ISiä bei dem Kunsthändler

fassiing unsre volle Aufmerksamkeit in Anspruch. Eine geilügelte Gestalt, welche zwei reilsende Thiere, rechts und litiks vertheilt, ergriffen hält, ist auch hier dargestellt. Gleichgültig ist, dafs statt der üblicheren Löwen es hier abwärts gewandte Panther sind; eigenlhümlich dagegen und wichtig ist der Unterschied, dafs wir statt der mehr oder weniger zierlich gebildeten langbekleideten Göttin hier die asiatisch, mit Anaxyriden imd kurzem gegürtetem Chiton, bekleidete Figur eifies bärtigen Mannes er- blicken, den bei wildem Ausdruck überdies eine phrygische Mvitze bedeckt.

Dieselbe, der oben behandelten persischen Artemis augenfällig entsprechende, Männergestalt ward tmler den Werken griechischer imd römischer Zeit zu- gleich mit der Deutung auf Ueraliles aus einem an- dern Beispiel erst neulich bekannt*); in derKunslwelt des Orients ist sie utn so bezeugter. Eine bekrönte Herschergestalt welche, von Palmen umgeben, in jeder Hand einen Löwen am Schwanz gefalst hält, ist als babylonisches Gemmenbiid *) uns zur Hand (no.2); zwei andre gleichartige Bilder, in denen

Gargiulo zu Neapel zugleich mit dem Relief Taf. II, 2 von mir an gekauft, im Verzeichniss mit no. 240 bezeichnet, früher erwähnt zu- gleich mit versuchter Deutung auf Milbras in den Rheinischen Jahr- büchern (XVIII S. 196, 9), neuerdings auch von Rochette (Fouilles de Capoue p. 1)8) mit einer biedurch erledigten Frage ans Berliner Museum.

") Eine ungefähre, jedoch ungeflügelte, Replik unsrer Figur erwähnt Raoul- Rochette (a. 0. p. 07) aus dem Besitz des Hrn. Gennaro Riccio zuCapua; die Deutung auf Herakles ist ebendaselbst (a. 0. p. 06 IT.) gegeben.

'•) Von diesen mancherlei Tbierbändigern orientalischer Amulele ist no. 2 aus Micali (Monum. I, 4. Rochette Hercule pl. VI, 5; vgl. ebd. VI, 0 Sphinx davor), und auch no. 3. 4 ebendaher (Mic. Mon. I, 0 u. ä) entnommen; zu vergleichen sind ähnliche Gruppen mit Grei- fen bei iMicali Mon. I, 22. Rochette Herc. VI, 16, wie denn ein ähn- licher Grcifeubändiger auch in einer vermuthlich orientalischen Bronze

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ein äluiliclier Gewalthaber drei IJaubvögeln (no. 3) oder auch geflügcllen Einhörnern und Sphinxen (no. 4) obsiegt, bieten zu erläuternder Vergleicliung ungezwungen sich dar. Eben so wenig kann der aus gröfseren und kleineren Werken assyrischer Kunst ungleich häufigere Typus eines Löwenbän- digers ^) etwa deshalb von dieser Betrachtung aus- geschlossen werden, weil die !)ewältigte Erdmacht darin nur im Bild eines einzigen Löwen ersciieint ; wird aber die Verwandtschaft dieser einander so augenfällig ähnlichen (iruppirungen überhaupt zu- gestanden, so liegt es nahe, entweder der von Lajard seinem Denktnälerschalz persischer Cylinder beigefügten Hinweisung auf Mit/irns^) zu folgen, oder auch jener in Raoul-Rochelles iiihallreichem Werke gelehrt begründeten, wonach ein herkules- ähnlicher, mit Keule und Feil versehener Löwen- bändiger auf cilicischen ") Münzen (no. 5) sowohl als auch auf einem sonst anders'') gedeuteten etrus- kischen Gemmeiibild (no. 6) in der That für einen asiatischen, namentlich für den assyrischen, Hera- kles'") zu halten wäre, den Raoul-Rochetle, aller- dings olnie Keule und Fell, auch aus dem Bilder- kreis assyrischer Sculpturen uns vorfühlt.

Wie sehr nun aber auch diese Benennung für den nach Münzen und sonstigen örtlichen Zeugnissen leicht bestimmbaren Bereich des assyrischen oder, genauer zu reden, phönicischen Herakles ") gesichert sein möge , einer Kunstdarslellung welche, wie die vorliegende Thonfigur die entscheidendsten Merkmale eines Heraklesbildes, Keule und Löwenfell, ver-

leugnet, sie anzupassen kann es uns nicht genügen, dafs Ivacul-Kochette voraussetzt, die Kopfbedeckung des hier dargestellten Gottes möge aus irgend einem Thierfell geschnitten zu denken sein. Ueber- dies bleibt es in hohem Grade bedenklich für uns, den jiiiönicischen, hauptsächlich aus Tyrus und dessen Pllanzstädten bekannten, Herakles, seiner oberasia- tischen Verwandtschaften ungeachtet, als allgemein asiatische Gottheit jeder andern verwandten Gestalt und Benennung voranstellen zu wollen. Wie in Babylon gewifs eher von Baal als von Herakles zu reden ist, wie bei der syrischen Göttin ein Son- nengott eher Bei und Apollon'") als Herakles hiess, wie auch der dem Herakles ganz ähnlich gebildete Löwenbezwiiigcr auf persischen Kunstdenkmälern vielmehr als Mithras betrachtet wird, so scheint auch selbst in Kleinasien die asiatische Götterge- stalt, die der Hellene dem Herakles verglich, nicht über Lydien hinauszureichen ; der phrygischen Kybele ist Herakles -Sardan ") nicht eben so wie der lydischen Omphale und der ihr zum Vorbild gereichenden Göttermutter verwandt, und gerade auf Phrygien weist die gemeinhin als phrygische Mütze benannte Kopfbedeckung des fraglichen Gottes vorzüglich hin. Auch kann es uns nicht entgehen dafs, wo ein Verhältnifs der asiatischen Artemis in Rede kommt, Herakles ein dem Namen und Be- griff dieser Göttin nicht leicht zupassender Name ist; der Artemis entspricht vielmehr Ares, noch mehr Dionysos '^), letzterer namentlich auch in solchen Fällen, in denen die Artemis nach der von uns an-

dcs britlisclien Museums nachweislich ist. Zu erwähnen ist hier uuch die, obwohl rein ornanienlalc, Gnippirung von Jünglingen oder .luch Frauen zwischen Löwen, die auf den durch L. Grill auf niithri- scben Dienst gedeuteten cäretaniscbcn Goldbescblägen, jetzt im Vatikan (Mus. Greg. I, 76. 83. 84), sich lindet.

') Löwenbändiger, aus assyrischen Kunstwerken, auch Sculpturen (Lajard Mithras pl. XXIV. Butta Mnn. de Niuive pl. XLVII. liochette llercule pl. I), häufig bezeugt: Müller llandh. §. 241, 3. Itochetlc Hercule p. 109. 151.

■) In Lajard's Kecherches sur le cultc de Mithra (l'aris 1847 l'ol.) ist bekanntlich die umfassendste Reibe babylonisch-persischer Cylinder und verwandter Gcinnieubilder gegeben. Milhrisch ward auch der vorgodachle (Anm. 32) Güldschniuck aus Cäre gedeutet, und als niithrisrh selbst das vorliegende Tbonrelief aus Caivi früherhin von mir selbst hctrachlet.

') Ciliciscbe Münze: nach liochette llercule pl. II no. In; vgl. Müller Ilaiidb. §.2il, 3.

'') .\ngeblicher Orion : Impronte dell' Inst. I, 16. Lajard Mithras LXXWIII, 23.

'") So ward namentlich unser vorliegendes Thoiirelief noch neuerdings von liochette (Fouilles de Capoue p. 66 ff.) auf den von ihm früher in seinen Memoires d'archeologie cumparee (I. Sur l'Hercule assyrien et phenicien. Paris 1848. 4) ausführlich behandelten assy- rischen Herakles gedeutet.

■■') Unter dieser genaueren Benennung, des phönicischen lieber als des assyrischen Herakles, ist derselbe von Movers (Itelig. d. Phö- nicier 388 II. 7üÜf.) gründlich erläutert worden.

") Des bärtigen und bekleideten sogenannten Apollon zu Hierapolis gedcukl Lucian als eines in Lmgebung der syrischen (Jöltin (de dea Syria cap. 3.5) vorhandenen GöUeibildes.

") Ilerakles-Sardnn, dem Sardanapalos gleichgeltcud: 0. Müller kl. Schriften II, lUOlV. Movers l'liön. .470f.

") Artemis und Dionysos: Ghd. Mvlh. §.344, 1.

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schaulicli gemaclilcn asiatischen Weise, nämlich als Lövvenbezwingerin, erscheint. Unter Gefiifshenkeln von alterthümlicher Zeichnung aiifhewalirt, wie solche auch an iler Kliliasvase uns das zweimalige Bild der persischen Artemis vorführten, ist uns von der Hand des stets archaisirend«n Nikosthenes "^) eine Wiederholung jener je einen Löwen festhaltenden Ciütlin mit dem Gegenhild eines Dionysos zur Hand; einander gegenijbergestellt, wie solches vermittelst der anbei folgenden bis jetzt unedirten Zeichnung (no. 7. 8) geschieht, bestätigen diese beiden Grup- |)en in augenfälliger Weise die Annahme, dafs auch im Löwenbändiger unsres Thonreliels nicht an He- rakles, sondern vielmehr an ein dem Dionysos in Namen und Begriff verwandtes Wesen zu den- ken sei.

Eine noch genauere Benennung dieser Figur dürfte hienach nicht schwer zu finden sein. Das Bild das uns vorliegt gewährt durch seine Bentige- lung die Idee eines allereilenden, durch seine Kappe die eines gleich Hades verborgenen '"), durch die von ihm gebändigten Thiere die eines seinen Raub unwiderstehlich ergreifenden Gottes; allen diesen Begriffen entspricht die Idee des als furchtbarer Jager benannten ältesten Dionysos, des Unterwelts- gottes Za greus "), der auch gerade aus phrygischer und nordasiatischer Gegend bezeugt genug ist, um sein bis jetzt höchstens in Bezug auf dessen Ge- burl und Tod nachgewiesenes Bild in der uns vor- liegenden läthselhaflen Göltergestalt füglich erken- nen zu dürfen. Dafs eben jener Zagreus dem blutigen Dionysos gleichgilt, dem auch Themisto- kles den Persern bei Salamis gegenüber ein bar- barisches Rlenschenopfer zu leisten gestaltete "*), darf hier in Erwägung des bereits oben berührten Umstands nicht übergangen werden, dafs ein Be-

") Arcbaisclie Amphora des Nikosthenes(i\rizoorv>n'£f £;iO(€ff£j'), Kämpforgruiipen Jorslcllend, vormals im römischen Kunslhandel für tiiich gezeichnet; die Zeichnung Leiindet sich jetzt im archäologischen Apparat des kgl. Museums.

'") K. F. Flermann die Hadeskappe (Gült. 1833); vgl. Gerhard Mythologie §. 430, '>c.

■') Zagreus d. h. '^ly'Qtvg: Etjm M. s. v. Lobeck Aglaoph. p. ä47(r 586ff. ei5ir. 710ir. Prellcr Demeter 53fr. Gerhd. Mythol. §.457, 4.

") Menschenopfer für Dionysos lö/^riajrj;: Plutarch Thcmisl. 13. Ghd. Mvth. §. 453, in.

streben den Gottheiten Persiens genug zu Ihim auch in der dmch des Themistokles Söhne erfolgten Slifliuig einer persischen Artemis nach Athen zu erkennen ist. E. G.

II.

Der Aufgang zur Akiopolis.

Ausserhalb der Burg sind allf Entdeckungen auf dem Boden Athens bislicr znfiilliger Art gewesen. Die ersten planmjissigen Nachgrabungen sind von der französisclien Schule daselbst ausgegangen und es musste mit allge- meinem Interesse von allen Freunden der attischen Alter- thiimer die Nachriclit aufgenommen werden, dass ein Zög- ling jener Scliule Hr. Beule den Aufgang der Burg in grösserer Ausdefuumg zu durchforschen unternommen habe. Ueher die Resultate dieser Forschungen sind schon in diesen Blättern (Arch. Anz. 1852 S. 200, 1853 S. 295) Urtheile ausgesproclicn worden, welche mit den von Paris her laut gewordenen Stinnnen sich nicht in Einklang brin- gen Hessen. Jetzt liegt von dem auf Veranstaltung des kaiserlichen Unterrichts - Ministeriums gedruckten Werke: „I/'«croj)oIe (VAthi^nes pur E. Beule' der erste Band vor und so sind wir in Stand gesetzt, uns ein eigenes Urtheil iilier die wissenschaftliche Bedeutung jener Arbeiten zu bilden. Ich hebe einige IIau[)t[iunkte henor, die als Re- sultate derselben aufgestellt werden.

Das Enneapylon wird richtig als eine Befestigung des Westfusses der Akropolis betrachtet ; aber Hr. Beuh' denkt sich darunter „un long chemin entre deux murs, l'espace iutermediaire ferme de distance en distance par une suite de portes" (p. 82). Er glaubt vier Punkte ge- fiuiden zu haben „pour determiner les courbes du sentier de l'Enneapyle" und hinter dem siidlichen PropylJientiiigel will er die Stelle des letzten Thors, wo der Festungsweg in die Burg mündete, gefunden haben. Es ist dies die schon anderweitig bekannte Marmor-Aute, der Ueberrest eines iiltern Burgthors. So wenig wir nun aber auch vom Enneapylon wissen, so viel steht doch fest, dass es kein Weg war (route, chemin Pülasgique) ; es war eine Um- mauerung, welche einen ansehnhchen Raum einschloss. Wenn daher auch Hr. Beule unterhalb des Niketempels und an einigen andern Punkten bis auf den natürlichen Felsboden gegraben und hier Spuren eines auf die Burg sich hinaufscldängelnden Pfades, den die iiltesten Erech- thidcn gewandelt sind, glücklich wieder aufgefunden hat.

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so wird dadurch über das Enneapylon und das Pelasgikon nichts entschieden.

Die wichtigste Thatsachc, die durch Beule's Unter- suchungen zu Tage gefördert worden ist, bleibt die Existenz eines unteren Burg^erschlusses, einer Befestigung, welche sich parallel mit den Propyl;len 36 Meter vor denselben, 16 Meter unterhalb ihres Stufenbaus in einer Breite von 22 Meter erstreckt. Diese Befestigungslinie theilt sich in drei gleiche Theile; in der Mitte eine Mauer mit einem Thore, das genau in der A^e des mittleren Propyliien- eingangs liegt; zur Rechten und zur Linken ein viereckiger Thurm, der zur Vertheidigung des Thors 5, 2 vorspringt. Die von Marinorsteinen erbaute Mauer hat ihre volle Höhe von G, 74; das Thor hat 1, 73 Breite und 3, 87 Höhe. Das Baumaterial ist von den verschiedensten Denkmiilern in Hast zusammengeschleppt worden; es sind Bruchstücke .•iltercr und jüngerer Architektur von Tuff und von Mar- mor. Die Abbildung zeigt, wie die Werkstücke ohne Verständniss ihrer baulichen Bestimmung zusammengesetzt sind, nur mit Rücksicht auf eine gewisse Sj-mmetrie der Anordnung. In den unteren Theilen der Mauer sind Piedestals und bescliriebene Steine verbaut worden ; letztere, deren Veröffentlichung dem Anhange des zweiten Bandes vorbehalten ist, sollen bis in das zweite Jahrhundert unserer Zeitrechnung reichen. Beule hat sich über diesen Bau eine eigenthümliche Ansicht gebildet. Zur Zeit Yalerians, meint er, habe man die alten Befestigungsmauern, um sie zu erhöhen, wieder ausgegraben und unterwiirts erneuert (les Grecs reprirent ces fortifications en sous-oeu\Te jusqu'au roeher la partie inferieure a ete remaniije au tems de Valerien, la partie superieure est restee intacte et remonte aux beaux siecles de l'art j). 108). Ich glaube kaum, dass es Hrn. Beule gelingen wird, unsre Architekten und Archiio- logen von der Wahrheit seiner II}-pothese zu überzeugen.

Innerhalb dieses unteren Burgverschlusses, dessen Alter noch zur Sprache kommen wird, beginnt der Trep- penbau, der in einer grösseren Ausdehnung als früher aufgedeckt, nach Beule's Anschlag einst einen Raum von ungefjihr ICHJO Quadratfuss mit ^larmorstufen bedeckte und in ner Abtheilungen gegliedert erscheint. Von der Schwelle des unteren Thors trat man auf eine schmale Terrasse, über welcher sich eine Reihe von 26 Stufen erhob; dann folgte eine 4 Meter breite Terrasse am Fusse des Niketcmpels (grand ])alier central), auf diese die 38, durch die mittlere Falirbalm getrennten Stufen, die ihrer Anlage nach schon durch die von Ross und Schaubert geleiteten Arbeiten zu Tage gefördert waren, neuerdings aber durch die arehiiologische Gesellschnfl in Athen auf

eine auch nach Beule's Urtheile ungeschickte Art wieder- J hergestellt worden sind ; endlich oben die schmale Terrasse * vor dem Stvlobate der Propyljien.

Die sorgfjdtige Untersuchung der an Ort und Stelle erhalteneu Stufen und ihrer Unterlage konnte keinen Zweifel darüber lassen, dass der Treppenbau, dessen Ueber- reste vorHegen, seiner Ausfilhrung nach aus römischen Zeiten stamme. Indessen soll die Anlage des Ganzen aus J derselben Zeit wie die Propj'L-ien und aus dem Geiste ' desselben Baumeisters hervorgegangen sein.

Hieran wird, was den oberen Theil betrifft. Niemand zweifeln; aber Hr. Beule ninnnt auch für den unteren Theil und den unteren Mauerschluss ein Gleiches in An- spruch und diese Annahme, welche durch nichts erwiesen, an sich in hohem Grade unwahrscheinlich ist, fiihrt den Verfasser weiter zu einer Reihe eigeuthümlicher Conibina- tionen. Da nämlich der untere, von ihm aufgegrabene Theil der grossen Freitreppe keine mittlere Rampe hat, so sollen die Opferthiere und die Saumthiere auf zwei Nebenwegen, von der Pausgrotte und von der Seite des Niketerapels hinaufgefülirt worden sein. Nach Vollendung der Propyläen aber, meint Ilr. Beule, sei iiberhau])t zur Schonung des Gebäudes kein Baumaterial mehr auf diesem Wege zur Burg hinaufgeschleppt worden. Man habe ^^el- mehr für alle späteren Bauten das Material vom Fusse der Burg auf die Mauer hinaufge^vunden.

In dieser Ansicht mag etwas Richtiges sein und weiui Parrhesiades, der im Bezirke der Polias auf der Höhe der Burgmauer sitzt und mit den von der Göttin ent- liehenen Werkzeugen in der Tiefe fischt, gefragt wird, ob er etwa Steine aus dem Pelasgikon heraufangeln wolle {)] nov Tovg Xt'&ovg uXievfiv dityriDxdig ix tov IliXun- yixov ;), so findet man tTir diesen seltsamen Einfall darin vielleicht einen Anknüpfungspunkt, dass die Athener ge- wöhnt waren, hier die an den Fuss der Burg gebrachten Bausteine durch ein über die senkrechten Felsen vorge- streckten Krahn hinaufwinden zu sehen.

Weiter aber vermag ich den Anschauungen des Hr. Beule nicht zu folgen; denn wenn er seiner Ansicht von <ler Klassicität des imteren Thors zu Liebe annimmt, dass vor demselben der ganze Festzug der Panathenäen Halt gemacht habe, dass Wagen und Reiter unten geblieben, die Opferthiere auf den bezeichneten Nebenwegen , die Prozessionen selbst aber zu Fuss die grosse IIau])ttre])pe hinaufgewandelt seien, so sind dies lauter Phautasieen, welche lediglich durch die Enge des unteren Thorwegs hen'orgerufen sind. Nun ist aber dies Thor, wie ja auch Ilr. Beule urtheilt, ein Bau sjiätrümischcr Zeit, das obere

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Tlior aiicr, das Propylaioii des Mnesikles mit dein dazu gehörigen Stufenbaue offenbar darauf angelegt, Reiter und Wagen in die Burg cinzufiiliren. Deshalb ist doch wohl die natürliche Schlussfolgerung die, dasS jene unteren Bauten, welche die Bedeutung des oberen Burgthors augen- scheinlich vernichten, ihrer ganzen Anlage nac^h aus einer sputen Zeit stammen, in welcher die Propyl;ien aufgehört hatten, ein panathenjiisches Festthor zu sein. Statt dessen wird die Beschaffenheit des spjitgebauten Thors willkühr- lich zum Jlafsstabc genommen, um darnach im Wider- spruche mit den alten Denkmlilern die Bauanlagen und Festlichkeiten der klassischen Zeit zu bcurtlieilen. Und wenn auch der Fries des Parthenon nicht als Beweis für die Fahrbarkeit der Propyl'icn gelten soll, ist nicht Ross- ziigelung und Wagenlenkung auf der Burg des Erechtheus einheimisch? Ist es möglich sich die alten Erechthiden auf einer Höhe ansJissig zu denken, welche sie mit ihren Streitwagen nicht erreichen konnten? Fuhr nicht Peisistratos nach Herodots ausdrücklichem Zeugnisse (I, (50) hinauf, um sich von Athena selbst in ihre Burg und die Stadt- herrschafl eiufiihren zu lassen und in der Zeit der höchsten Prachtentfaltung des städtischen Athenadienstes sollte man die ritterliehen Pompcn von der Burg ausgeschlossen, sollte ein Thor gebaut haben, vor dem die Athener, statt im vollsten Staate vor ihrer Stadtgöttin Parade zu machen, absteigen, die Rosse ihren Reitknechten übergeben und im Reiterkostüm zu Fusse hinaufgehen mussten? Den deut- lichsten Beweis aber wenn es noch der Beweise be- darf — liefert das mittlere Interkolummum der Propyl.'ien, dessen Weite offenbar auf Quadrigenbreite berechnet ist. Auch glaubte ich bisher, dass im mittleren Thorwege un- zweifelliafte Wagenspuren im Felsen eingehauen, zu sehen seien; dagegen behauptet Hr. Beule p. 147, dass sich am Stylobate der ionischen Halle, rechts und links von der Mittelbahn, S])uren von Stufen finden (des traces de marches veritables etc.). Bei der geringen Hebung des Bodens, die innerhalb des Projiylaions stattfindet, sind solche Stufen durchaus unerklärlich und ilu' Vorhanden- sein hätte von einem Architekten durch che allcrgenausteu Zeichnungen und Messungen enviesen werden müssen, um Glauben zu finden. Auf dem beigegebenen Grundrisse der Propyl.'ien sind aber nur vor dem Eingänge in die initere dorische Halle Stufenlagen angedeutet, welche leicht aus einer späteren Zeit stammen mögen.

So wenig es auch möglieh ist, in den genannten Punkten die Ergebnisse der französischen Arbeit anzuer- kennen, so kann es doch andrerseits nicht fehlen, d.iss Lokaluntersuchungen, an ehiem so wichtigen Platze mit

solchem Eifer betrieben, wie dankbar anerkannt werden soll, auf die alte Topographie neues Licht werfen, neue Fragen hervorrufen und die Wissenschaft fördern. Ich stelle kurz einige den Aufgang der Akropolis betreffende Punkte zusammen, auf die mich die Untersuchungen des Ilr. Bculi- hingeleitet haben.

Der Burgaufgang, der clivus sacer von Athen, hiess 7/ upodoi; denn so, als nomen proj)rium mit bestimmter ürtsbezeichnung erscheint das Wort bei Lucian Piscat. 42 : (og nXtjQijg ijdr] »/ (ivciöog Twi» lid^il^nfiiviov. Die Treppe, welche den oberen Theil der Anodos bedeute, hiess ufü- ßnOig. Das in der Pyloreninsehrift bei Ross (Demen von Attica S. 35) erwähnte igyov lijg üvnßüatiog bezieht sich, wie Beule richtig andeutet S. 129, auf eine Wiederher- stellung dieses Trep]>enbaus. Da diese Inschrift unter einer anderen steht, welche dem Jahre des Arehon Rhoi- metalkes Ol. 187, 4 angehört, so muss dieser Bau nach dem Anfange der Alleinherrschaft Octavians ausgeführt worden sein und zwar walirscheinlich sehr bald nach diesem Zeitpunkte, denn die auf der Inschriftsäule be- findlichen Inschriften gehören sämmtlieh einer Zeit an. Nun ist bekannt, dass sich an Octavians Besuch in Athen nach der Schlacht bei Actium eine Reihe freigebiger Gunst- envcisungeu anschloss. Die Inschriften des frülier soge- nannten Thors der neuen Agora, des auf der Burg dem Augustus und der Roma errichteten Gebäudes (C. I. 478), endlich das Denkmal des Agrippa lassen darauf schliessen, dass unter Octavians Princij)at mehr für Athen geschehen ist, als im Einzelnen überliefert worden ist. Das Posta- ment des Agrippa konnte nicht errichtet werden ohne einen Umbau der Burgtrej)pe und wenn der grosse Römer, Octavians guter Genius, welcher wohl auch an der Sinnes- änderung seines den Athenern aufiinglich mignädigeu Herrn Antheil hatte, gerade an cheser Stelle als Athens Wohlthäter geehrt wurde, so wird das doch nicht Will- kühr oder Zufall sein, sondern es liegt die Vermuthung nahe, dass die Errichtung des Agrippadenkmals mit der- selben Erneuerung der Marmortreppe in Zusammenhang gestanden habe, welche in der Pyloreninsehrift erwiihnt wird. Viel schwieriger ist die Frage, ob etwa die attischen Kuiifermünzen, welche den Aufgang zur Burg darstellen, mit einem in der Kaiserzeit ausgettihrten Neubaue desselben zusammenhängen und zur Erneuerung desselben geprägt sind; diese für die ganze Münzgeschichte Athens nicht unwichtige Frage bedarf einer besonderen Untersuchung.

Wenn in älterer Zeit die Anodos der Burg mit in die Befestigung hereingezogen war, so konnte dies schwer- lich aus dem Gesichtspunkte einer bequemeren Vertheidi-

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giingsliuie hervorgegangen sein; denn die beste Mauerlinie blieb immer der obere Rand des Burgfelsen, den die Pro- pyläen spannten. Ein unteres Vorwerk konnte aber den wesentlichen Nutzen haben, dass es die Quelle am Ab- hänge der wasserlosen Burg, die Klepsytlra beim Paueion, in die Befestigungslinie einschloss. Das war die Absicht, in welcher Odysseus 1852 seine Bastion baute, die er auf einer Inschrift nQOfiuytütvdt. nriyalov vdaTog nannte (vgl. AVordsworth Athens ]i. 85) ; aas derselben Absicht waren die Fninkischcn Bastionen erbaut, die bis 1821 die Was- serader verschüttet hielten luid ein gleicher Zweck wird auch beim Baue des Enneajiylon vorauszusetzen sein, das mit seinen Mauereckcu den westlichen Burgfuss einschloss. Von der Burghöhe fiihrte eine alte Felstreppe von 47 Stufen nach der Brunnenkammer der Klepsydra, aber keine Treppe fülirte von hier m die Unterstadt, wie aus Pausanias deut- lich erhellt (I, 28, 4), wo er Klepsydra und Pelasgikon zu- sammen envJlhnt. Die Klepsydra erscheint auch in der Lysistrata durchaus als in den Bereich der von den Weibern raiUt.'irisch besetzten Burg gehörig. Der Jlauerzug des Enneapylon war zu Polemons Zeit nocli erkennbar, denn er bestimmt die Kapelle des Hesychos als fzToc Tför f'i'v*« nv}.(ov (Fragm. ed. Preller S. 92). Eine Befestigungslinie aber am Abhänge der Burg, wie ich sie bei der Veröffent- hchung meines Vortrages über die Akropolis von Athen annehmen zu müssen glaubte, gab es seit den Perserkriegen

nicht mehr, sondern die grosse Freitreppe fiihrte unmittel- bar aus der Unterstadt auf die Höhe der Burg, welche durch des Muesiklcs Bauten als ein Temenos der Götter, als ein friedlicher, durch die äusseren Stadtmauern reich- lich gesicherter Sitz des Cultus und der gemeinsamen Bürgerfeste charakterisirt war. In der Lysistrata (v. 835) kommen wohl untere Wachposten vor, vrie sie zum Schutze des heiligen Aufgangs am Fasse der Trejjpe ausgestellt sein mochten, aber kein Dop])elthor. Auch bei der Be- lagerung durch Sulla war die Burg durchaus nicht im Stande ernsthaften Angriffen Trotz zu bieten; Sulla er- sparte sich dieselben, weil er wissen konnte, dass Aristion in wenig Tagen die Burg übergeben müsse. '

Was endhch den von Beule entdeckten unteren Theil der Burgtreppe und das denselben abschliessende Festungs- thor betrilft, so stehen diese Bauten mit den Anlagen und Gebräuchen der klassischen Zeit in Widerspruch. Die Neigungsliuie des alten Aufgangs ist unterhalb des Nike- | tempels gewaltsam unterbrochen. Thor und Thünne sind dergestalt aus antiken Bruchstücken zusammengesetzt, dass man sie den beiden ersten Jahrhunderten unserer Zeit- rechnung nicht zuschreiben darf; es bleibt also nichts übrig, als ihre Entstehung m die byzantinische Zeit zu setzen; sie sperrten den hellenischeu Prozessionen fiir inuner den Zutritt der Burg, die ein christliches Heilig- thum geworden war. E. Curtius.

III. Allerlei.

83. Kairos. In meinem Aufsatze über den Kairos des Lysippos (Bericlite der königl. sächs. Ges. d. Wiss. 1833 p. 53) Iiabe ich aucli ein Türmer Itclief erwähnt, sowie ein demselben nahe verwandtes, das Lupoli (iter Veüus. p. 49) herausgegeben hat. Auf diesem ist ein hurtiger Mann dargestelU, an Schultern und Füfseii ge- flügelt, der mit der Rechten eine Wagscliale berührt, mit der Linken einen Glol)us mit einem Stern hält, auf dem der Wagebalken ruht. Uuter der Wage steht eine jugendliche Herme mit einem Tliierfell über dem linken Arm, deren ausgestreckte Reclite die zweite Wagschale unterstützt; davor steht ein Gefäfs, aus dem Flammen aufschlagen. Unter dem Relief stehen nach Lupoli die Worte ^UEYJE BP^JEfi^, auf welche er seine ab- surde Erklärung begründet. Ich hahe (lefslialb und weil Lupoli als ein Fälscher bekannt ist, Verdacht gegen diese Inschrift geäufsert. Ich wufste nicht, dafs Herr v. Kühne in den memoires de la societe imp. d'archeologie VI

Taf. 14, 8 aus der Sammlung des Hrn. v. Montferrand ein Relief puldicirt hat, welches mit dem Lupolischeu so genau übereinstimmt, dafs man kaum zweifeln kann, dafs sie beide identisch sind. Leider erfahren wir nicht, wo- her es in diese Sammlung gekomjnen ist, die aber in Italien zusammengekauft wurde, sowie «ir wissen, dafs die Sammlung in Tripalda, in welcher Lupoli es sah, seitdem zerstreut worden ist. Das Petersburger Relief ist an der einen Seite verstümmelt, so dafs der rechte Arm der Herme fehlt; auch die Inschrift ist nicht da, wodurch mein Verdacht gerechtfertigt erscheint.

Otto Jahn. 84. Atalanta und Helena. In dem dreizehnten Programm zum Berliner Winckelmannsfest (zur Erklärung des Plinius, von Panofka 185."i) wird auf Gnnidlage einer Stelle des PUnius der Versuch zur Erniittclung der Dar- stellung zweier in dem schon in alten Zeiten zerstörten Tempel unversehrt gebliebenen Wandgemälde gemacht,

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von «clclicm das eine die Atalanta, das andere die Helena zum Gegenstand gcliabt habe. Die betreffenden Worte des Plimus, XJ<.XV, 3, 6, lauten: „Exslunt cerle hodleqite untiqtüores Urhe picturue Ardeue in aeiUbns savr'is, (juitnis cqiüdem nullas ucqiie miror, tarn htiujo uevo ditruntes in nrhituU: tccti vdut recenles; similiter Lannvi, %ibi Ata- lanle et Helena commimis piciae sunt nuduc uh eodein arlißve, ntriupie escellenlissima forma, sed ullera nl vlrifo, ne riiinis (j)iidem lempli concussae; Guius piinceps lot- lere eas conuixis csl libidine accensus, si teclori nulura permisissel ." Man «ird dem Seharfsinn inid der Gelehr- samkeit, mit ^^■eleher Ilr. Panofka dureli Nachweisung ent- sprechender Darstellmigen auf noch vorhandenen Monu- menten nachzuweisen hemiiht gewesen ist, gern Gerechtigkeit widerfahren lassen, ohne jedoch die Akten in dieser Sache als abgeschlossen ansehen zu köinien, da die versuchte Nachweisung auf Voraussetzungen beruht, welche nicht nur eines Grundes entbehren, sondern an sich selbst schon als irrig erscheinen. Il;ilt man es überhaupt filr möglich sich aus der kurzoi und, wenn die Lesart richtig, nicht einmal klaren Schilderung des Plinius ein Bild von den beiden Heroinen zu entwerfen, so muss, wie auch ange- nommen worden, der Ausgangspunkt zun.-iehst von den Worten sed ullera iil virgo genounnen werden; hier be- gegnet man nun aber der nicht leicht zu entscheidenden Frage, welche von beiden Frauen mit diesen Worten bezeichnet werde. Hr. Panofka dagegen geht vielmehr von dem Umstände aus, dass beide Figuren als nackt bezeichnet werden und hat sich hierdurch wohl des Mittels zur rechten Einsicht in die Sache beraubt. Durch das alterthümliche Bild einer nackten, vor einem Kästchen knieeuden Atalanta auf einem Skarab.-ius, welche als solche durch unzweideutige Beischrift bezeichnet wird, verlockt, ist Hr. Panofka geneigt das Kniecn der Figur als das Maassgehende in der Darstellung anzunehmen und h;llt diese Auffassungsweise Tiir um so sicherer, als es ihm geglückt ist, was der angenommene Parallelismns der beiden Gemälde zu erfordern schien, desgleichen eine knieende, gleichfalls nackte Helena auf einer Gemme nach- zuweisen. Um die Darstellung letzterer, welche in der Situation nach einem genommenen Bade aufgefasst wird, mit dem Bilde iler Lanu\-inischen Helena in Zusammenhang zu bringen, werden des Plinius Worte altera iit virgn be- nutzt, und zwar so gedeutet, dass dieselben, auf Atalanta bezogen, für die andere Heroin die Annahme einer ent- gegengesetzten Darstellung rechtfertigen sollen, nämlich aU^lra ul mthens (rrficf fvo/un;, Ttleiu), welche als solche passend sei und durch das vor der Vermählung nach üb-

licher Sitte genommene Bad bezeichnet werde. Was daini weiter an diese Combination angeknüpft wird, dass zur Charakterisirung der „sich als vermählend" dargestellten Helena von dem "Maler wohl der Brautgürtel hinzuge- fügt worden sei, unterliegt erst einer Beurtheilung, wenn jene Voraussetzung iils gcgrihidet angesehen werden muss, und kann, da sich diese nicht bewährt, übergangen werden. Abgesehen davon, dass eine niibens gar keinen Gegensatz einer virgo gegenüber bildet, und erstere, wenn sie nicht als solche durch irgend ein Attribut bezeichnet ist, nicht verstanden werden kann : kann die Bezeichnung virgo, weil sie als charakteristisches Merkmal zur Unterscheidung der beiden Hcroinnen dienen soll, bei der offen stehenden Wahl zwischen beiden nur auf Helena bezogen werden, da die Kunstdarstellung Atalanta als eine Vermählte in ihren Kreis aufzunehmen verschm;iht hat, umgekehrt aber bei der Helena verfahren hat, welche der Regel nach als Frau und nicht als Jungfrau erscheint. Wird aber hier- nach Helena mit dem Ausdruck virgo bezeichnet, so fJillt das ganze Gebäude zusammen, auf welchem die versuchte Vergegenwärtigung der beiden Bilder zu Lanm-ium auf- geführt worden ist, und das Dunkel der Stelle des Plinius bleibt uugehoben, ja dasselbe bleibt, wenn man auch an dem bisher gewonneneu Resultate festhalten will, dass die Worte sed altera ut virgo auf die Helena zu beziehen seien. Das Prädicat der Jungfr.'iuliehkeit kann der Helena nur im Gegensatz gegen ihre sonst übliche Darstellung als Frau ertheilt werden: dann musste aber der Schrift- steller, wenn er hoffen wollte verstanden zu werden, sich anders ausdrücken, etwa so dass er haec statt altera ge- schrieben hätte, in keinem Falle durfte er sich der Be- zeichnung eines Gegensatzes mittelst sed bedienen ; nach dem jetzigen Wortlaute wird die Helena der Atalanta gegcni'ibcrgestellt, und diese muss als Frau gedacht werden, wenn jene als Jungfrau. Sollte aber auch der schiefe Ausdruck auf Rechnung des von dergleichen Nachlässig- keiten keineswegs frei zu sprechenden Plinius gesetzt werden müssen, dann erhalten wir beide Heroinnen als Jungfrauen, und zugleich die Frage, wie dieselben, nackt, als solche haben charakterisirt werden kiinnen. Weder die Sagengesehiclite noch die bildende Kunst kennt die Helena als M;ldchen oder Jungfrau. Ob sie als Frau oder Jungfrau auf dem Gemälde zu Lanuvium erscheine, diese Unterscheidung wird man genüthigt ganz aufzugeben und sich mit der Ansicht begnügen müssen, beide weib- liche Figuren, Helena und Atalanta, mit allen weiblichen Reizen der Jugend und Schönheit ausgestattet anzunehmen, deren völlige Bloslegung im Stande war, den Kitzel eines

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Römischen Kaisers in noch so sp.'iter Zeit zu erregen. Beim Mangel jeder weiteren Ueberheferung erscheint es massig nach etwaigen Attributen zu forschen, mittelst welcher beide Frauen zur Charakterisirung und Unter- scheidung bezeichnet gewesen, zumal da für letztere schon durch Hinzutugung ihrer Namen nach alter Malersitte ge- sorgt sein konnte. Recht gut denkbar ist aber, dass die Helena, um von dieser wenigstens zu sprechen, als ein Musterbild vollendeter Schönheit und kürperhchen Lieb- reizes dargestellt war, für welches sie ja den .\ltcn galt '), und man würde nach den mannigfaltigen Beziehungen, in welchen sie zur Aphrodite stand'), nichts gegen die Ver- muthung emwenden können, dass sie vom Künstler als Aphrodite aufgefasst worden sei. Auch erscheint Helena in der Bronzestatue, welche Niketas iu Fabr. Bibl. Gr. VI. S. 412 beschreibt, nur als Ausdruck des höchsten weib- lichen Liebreizes, ohne sonstiges auf ihre historische Person bezügliches Attribut, nur mit einem durchsichtigen Chiton bekleidet, durch ihre Schönheit die Sinne der Beschauer unwiderstflüich bezaubernd. Nichts von dem bisher Be- merkten vennag aber die Stelle des Plinius vollständig zu erklären, oder zu rechtfertigen, so dass man geneigt wird an eine Verderbung der Worte zu denken. Folgendes bietet einen Vorschlag dar, welchen wir einer unbefange- nen Beurtheilmig desjenigen Forschers anempfehlen, welcher zu dieser Bemerkung die Veranlassung gegeben hat.

Von der Helena wenden wir uns zur Atalanta. Die \orstellung, welche sich die Alten von derselben machten. Läuft auf eine spröde Jungfrau von mämilichem Sinn und mäuidieher Sitte hinaus, und dass dieser Charakter auch wohl von der bildenden Kunst durch eine entsprechende, mehr männliche als weibliche Darstellung der Körjierfornien auszudrücken versucht worden sei, darf vermuthet werden. Wollte man diese beiden Eigenschaften, die ethische so- wohl als physische, mit einem Worte bezeichnen, so war das dafür geeignete mistreitig virago, und wirklich wird Atalauta mittelst dieses Namens charakterisirt, unter Be- ziehung auf die Eifersucht, mit welcher sie ihre Jung- fräulichkeit zu bewahren bemüht war. In den Veronesi- scheu Schollen zu Verg. Aen. XII, 468 lesen wir: „has

') >acli Sicsichoros bei Schal. Eur. Orcsl. 1274 schreckte die ausscrorilenlliche .Schönheit der Helena diejenigen ali, welche sie zu steinigen im BegrilTe waren.

') S. Creuzcr Auserw. unedirle Thongefiisse S. 15.

virugiiies dicimus . . . qualis in tragoediis Atalanta tra- ditur." 'Wenn hier das M'ort nur in etliischer Beziehung gebraucht wird, so wird die körperliche Beschaffenheit ohne Zweifel bei Plautus Merc. H, 3, 79 angedeutet; „emcro matri tuae ancillam viragincni aliquam non malam, forma mala aut S\Tain, aut Aeg^-ptiani." Auch ist in den meisten bildlichen Darstellungen der Atalanta ein Charakter, der mehr männUchen Formen anstrebt, nicht zu verkennen, was unzweideutig auf dem Etruskischen Spiegel bei Gerhard Taf. CCrV hervortritt, wo Atalanta, bis auf einen schmalen Gürtel ganz nackt, im Kampfe mit dem Peleus ringend dargestellt ist. Es dürfte hiernacli der Vorschlag, bei Plinius die Lesart virgo mit virago zu vertauschen, so- wohl in der Leichtigkeit der Aenderung als in der Sache selbst hinlängliche Begründung finden.

Giessen, im April 1854. F. Osann.

8.5. DoLOMEDES. Bekanntlich hat Braun (Bull. 1838 \). 13) die Deutung der beiden Vasen, welche ein Opfer einmal mit der Inschrift AIOMEAE^, das anderemal mit der Beischrift APXENAVTHZ: vorstellen (Gerhard auserl. Vasenb. 155), auf die Nachricht bei Natalis Comes mjth. VI, 8 gegründet, Jason sei früher Diomedes genannt. Ergiebt dort an, der Satz cum prius Diomedes nominarclur finde sich noch nicht in der Venedig 15G8 erschienenen Ausgabe, sondern erst in der Frankfurter vom Jjilir 1584 und verdiene also um so mehr Glauben, da es ein aus neuen Forschungen hervorgegangener Zusatz scheine. Allein in der Venedig 1581 gedruckten Ausgabe, von der jene Frankfurter nur ein Nachdruck ist, heisst es cum priiis Dolomedes nominaretiir; und da auch die von Sylburg besorgte Frankfurter Ausgabe von 1596 ebenso liest, so kann man nicht zweifeln, dass Diomedes nur auf einem Druckfehler beruht, und alle darauf gegründeten Combi- nationen zusammenfallen. Woher Natalis Comes den DoJomedes genommen habe, ist eben so wenig nachzu- weisen. Otto Jahn.

Druckfehler.

In no. 60 der Denkm. u. Forsch. (Inschrift von Tyras S. löl 11.) ist S. 162 Z. 14 und sonst durchgangig Tyrnner statt Tijrener zu lesen; S. 166 Z. 10 lies (/h«]i/ii«, Z. 16 derrcln, Z. 18 ihre stall seine. Auch ist in no. 61 6'. S. 182 Z. 22 Die, ebd. Anm. 15 Z. 4 Rru.ilflücl; U\r Jinuhslürk zu lesen.

Hiezu Tafel LXIV: Phryyucher Sonnengott, Thonfujur im kgl. Museum zti Bertin.

Herausgegeben von E. Gerhurd.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

J\S 65.

Archäologische Zieiltmg, Jahrgang XII.

Mai 1854.

Phrygische Götter zu l'ti'id. Blcifigürclien vom Menelaioii. Allerlei: Mithrischer Pferdekopf; AnJroineda; Niobi-

dcngrupije; Demokopos, auch Myrilla (Theater zu Syrakus).

I.

Phrygische Götter zu Pferd.

Hiczu die Abbildung Tuf. LXV.

Ww iederliolte Belracliliing des auf der vorii;en T.nfel dargeslelllen GiiUerliilds fiihrl unsnocli inanclie Parallelen herbei, welche der Möglichkeit einen Mithras oder Lnnns in ihm zu erkennen sich an- reihn. Nanienliich wird der Kreis der hieher zu ziehenden asiatischen Giitlergeslalten wesentlich er- weitert, wenn wir uns der auch im griechischen Helios ') dann und wann nachgebildeten Vorstellung reitender Sonnengötter erinnern, die theils auf Stiidtemünzen des nördlichen Asiens, theils viel- leicht auch sonst noch für uns nachweislich sind. Obenan ist hier, auch wegen daran bereits ge- knüpfter gelehrter Untersuchung, das aus einer Kaisermünze von Traiiezunl (no. 1) bekannte Bild eines mit phrygischer Mütze bedeckten und dem gemäss bekleideten bartlosen Gottes zu T'ferd zu erwähnen, der einem brennenden Altar zugewandt ist; seitwärts wird ein Baum, unten eine Schlange bemerkt^), üechts und links von je einem ]ihry-

') Helios zu Boss: Ghd. Alih. Lichlf:otllieilcn T^if. IV, 1 (Etr. Spiegel I Taf. 72); vgl. Müller llandb. §. 400, I.

') Erznjünze von Trapczunt mit der lahresangabe LT. I'NK (155) und dem Bildnisskopfe des Elagabal als Revers, nach ungenauem Vor- gang Scstini's (I.elt. num. VII p. 36 tab. I, 13) gclebrt behandelt KOn Streber (nnmism. gr. lab. II, 10 p. 10911.); vgl. Mionnet Suppl. IV p. 458 no. 417. Aelinlicb ist der durch Sirahlenverzierung der phry- giscben Mutze eigenthümliche Typus einer dorligen Münze des tara- calla: Miunn. Descr. II p. 356 no. 139. Suppl. IV p. /i58 no. 416.— Die Vorstellung der Schlange, den Milhrasbildera entsprechend, lässl aus andern Exemplaren sich vielleicht noch genauer bestimmen.

') Milhrischc Ueliefs: Müller Handb. §. 408. 7.

') PUilarch. I'ompei. cap. 24.

''i Diese Strahlen sind auf dem trapezunlischen Münztypus

gisch bekleideten Knaben, mit niedergesenkler und mit erhobener Fackel, ohne Zweifel den Dämonen auf- und niedergehenden Lichtes, Lud [er und Itesperus , begleitet und an eben deren Erschei- nung auf römischen jl/<7/i!?Y/*bildern ^) erinnernd, liisst diese, dem jugendlichen persischen Sonnen- golt auch sonst wohl entsprechende, Gestalt um so mehr im Sinn des von l'crsien aus über Armenien und den Pontus nach liom gelangten^) Milhras sich deuten, weim die sein Haupt bedeckende Tiara oder iMilhra mit Strahlen heselzt ist^j-, aber auch ohne diese, in unsrer Zeichnung nicht sichtliche, Zu- tlial unterscheidet sich dieser Münzlypus von dem sonst ganz ähnlichen andrer nordasiatischer Städte, deren reitender Lichtgolt laut einer ihm beigefugten Mondsichel nicht sowohl auf den mehr solarisch gefassten persischen Mithras als auf den, zwar fast gleichgeltenden "), weibischen oder zwitterhaften, Mond- oder Monatgolt des nördlichen Asiens Men, Mensis, Liinns ') gedeutet sein will. Die ISamen zahlreicher Städte Phrygiens, Bilhyniens, Thraciens, ferner Pamphyliens, Pisidiens, Cöle- syriens auf deren Münzen sich jener reitende Lunus findet, lassen nach Strebers") Vorgang sich

(Aiim. 2) vielleicht durchgängig vorauszusetzen, nach Streber a. <l. p. 185.

') Den Salz, demu Ijunum iipud 'l'rnpeznntios esse cunilcm ac nlibi deittn Mitlirnm, führt Streber p. 174 IT. gelehrt aus, in- dem er insonderheit den über den Pontus gegangenen Weg (Anm. 4) des Mithrasdienstes, die Unzulänglichkeit spälrömischer Bildwerke für dessen gründliche Kennlniss, die Idee männlicher sowohl als weiblicher .Mundkrafl und das der persischen Sonncngnilheit (Mithras und Millira Herd. I, 131) bezeugle Doppcigeschiccht, den Androgynis- nius des Lunus, endlich die Mannhafligkeit der Anaitis und Des Comana in Anschlag bringt.

■) Men, Mensis, Lunus: Müller Handb. §. 400, 2.

*) Lunus zu l'ferd mit Mondsichel daneben: diesen Typus be- legt Streber (a. 0. p. 171 (T.) durch Münzen von Jnliopolis Bithyniac.

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leicht zusammenstellen; diese Beispiele sind über- dies leicht zu vermehren, sobald man aus andern phrygischen Münzen, namentlich der Städte Eume- nia ') imd Hierapolis '"), die ganz ähnlichen Dar- stellungen einer vermeintlichen Amazone hinzufügt. Indem wir jedoch einen dieser lelztgedachten Münz- lypen anbei vorlegen (no. 2), bietet ein für Lunus sonst nicht übliches Attribut zugleich den Grund warum man ihn mit einer Amazone verwechselte, und einen für die Charakteristik jener Gottheit eigenthümlich merkwürdigen Umstand dar. Jene reitenden Figuren des Lunus, deren Ross nach der Analogie sonstiger Sonnen- und IMondrosse ") Niemanden so leicht befremden wird, sind in ihrer rechten Hand mit einem Beil oder einen Hammer yer- sehen, welcher nun unsre Erklärung heischt. Durch die Analogie des Feuergottes Hephästos und seiner Kabiren ist diese Erklärung sehr nahe gelegt; wir vermögen aber dasselbe Attribut auch durch das merkwürdige Relief einer Erzplatle des künigl. Mu- seums zu Berlin '*) zu bestätigen welches, als no. 3 dieser Tafel abgebildet, aus dem Bilderkreise des Lunus in den des Mithras uns zurückführt.

In diesem rälhselhaften Bildwerk sind nun allerdings, wie im bis hieher erörterten Typus der von der Mondsichel und auch wol von mithrischen Sonnenstrahlen begleiteten Lanusgestalten, Bilder der Sonnen- und Mondgoltheil, nämlich an beiden obersten Ecken des Bildes, zugleich mit zwei auf

Sillyimi Paniphyliae, Sagalassus Pisidiae und Laodicea Coelcsjriac. Dazu kommt Aicopolis Thracine (Bildnisskopf der Crispina, 11, reitender Lunus mit pbrygiscber Mütze: liei Mionnet Descr. des med. Suppl. 11 p. 347. mit Verweisung auf Vaillant num. gr.) ; willkürlicli aber erscheint, hei Vergleichung des in der Kgl. Münzsammlung belindliclien Exemplars, Scstini's Voraussetzung, dass aucU die Reilcrfigur ohne Tiara auf Münzen von JiiUa Phrygiae (Sest. Lett. VI, 70 lav. 111, 7. VIII p. 102. Mionnet Suppl. Vll p. 570 no. 403. Nero) einen Lunus vorstelle.

') Eiimenia Phryniiit: Münze des Marc-.\urel, als Revers eine reitende Amazone: Mionnet 111, 29i no. 571. Abgebildet nach einer Mionnelschcn Paste auf unsrer Tafel no. 2.

'") Hierapolis Plinjijine. Auf den Münzen dieser Stadt lindet Lunus sich auch stehend (Mionn. 111 p. 298 no. 594) und kann um so füglicher in den gleichfalls |]brygiseh bekleideten reitenden Figuren erkannt werden, die man wegen des von ihnen gehaltenen lieils als .\mazone bezeichnet; so bei Mionnct 111 p. 298 no. 592 imd ebd. Suppl. Vll p. 568, 374 (letztere nach Harn. Cat. Dan. I p. 28C, 2. Umschrift leQccnoliirtov). Als reitendem unbärtigem Lunus bietet demnächst der in eben jener Stadt mit der syrischen Gültin zugleich

Morgen und Abend bezüglichen Sternen '') ver- knüpft. Es ist auch hier ein Reiter zu Pferd, mit pbrygiscber Mütze bedeckt, zu sehn; doch zeigen uns mehrere unverkennbare Andeutungen, dass wir mit dem Dienste des Mithras vielmehr als des Lunus, und zwar mit der furchtbaren Seile jener Gottheit hier zu thun haben. Auf ursprünglich per- sischen Dienst deutet zunächst die das Bild jeder- seits begrenzende Cypresse'*); aus jedem dieser beiden drängt je eine Schlange einer ihr gegen- über befindlichen andren Schlange sich entgegen, so dass beide Schlangenleiber mit ihren Köpfen in einem Lövvenkopf zusammentrelTen, welcher die obere Mitte der Darstellung bildet. Unterhalb dieser schreckbaren Einfassung ist nun als Haupt- figur ein reitender Gott zu erblicken, der durch Pferd und Mütze den obigen Bildern des Lunus, durch schreckbaren Ausdruck aber und bärtiges Antlitz vielmehr dem Thierbäudiger des Thonbilds aus Calvi (Taf. LXIV, 1) vergleichbar ist; über ihm scheint ein kleiner Altar angedeutet'^). Kurzbe- kleidel, und unterwärts, wie es scheint, eher mit einem Fussring als mit Beinkleidern angethan, eilt er auf sprengendem Pferd und mit geschwunge- nem Beil, über die ausgestreckte Figur eines be- kleideten Mädchens hinweg, einer verschleierten Frau entgegen, welche mit ausgestreckten Händen vergebens um Gnade bittet; linkerseits scheint ein ganz ähnlich bekleideter, dabei gegürteter. Mann,

verehrte bärtige Sonnengott Apoll (Lucian. de dea Syria cap. 35) zu nah liegender Vergleichung sich dar.

") Hephästischcr und Kabirenhammer: Müller llandb. §. 367. 3. 395, 5.

") Aus Rom herrührend, abgebildet in den Monunienti dell' Instiluto (IV, 38, 1); der von Lajard dafür beabsichtigte Text wird m dessen auf jene Tafel bezüglicher Abhandlung (Culte du cyprcs: Ann. d. Inst. XIX, 34 ff.) vergeblich gesucht, steht aber vermuthlich bei nah bevorstehender Herausgabe derselben weiter ausgeführten Ab- handlung [oder im Text seines Werks über Mithras] zu erwarten.

") Wie andremal Lucifer und Ilesperus persönlich, auf niithri- schen Reliefs nicht weniger als auf der oben besprochenen trapezun- tischen Münze no. 1 unsrer Tafel.

") Worülicr Lajard in der vorgedachten (Anm. 12) Abhandlung ausführlich gehandelt hat.

•'') Dieser an der Stelle des Luftraums doppelt autfällige O- gensland lässt auf den ersten Blick auch als Säulenslück oder (woran jedoch die acht Streifen hindern) als siebenröhrige Syrinx von vicr- eckler Bildung, wie dann und wann in apulischen Vascubildcrn (Neapels Bildw. 1, S. 285), sich fassen.

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der in der erhobenen rechten Hand Stab oder Fackel, woneben ein Widiierkopf, hält, in seiner Linken einen menschlichen Scliätlel zu tragen, wiiiirenrl rechts eine ähnh'che dienende Figur ein Füllliorn oderTiinkhorn erhebt. Unten aber, wo mit vorgestreckten Hän- den, die oberhalb eines Tischchens einen Fisch und vor ihm ein Mischgefiiss berühren, jenes von Pler- deshuf eben getretene Mädchen liegt, deutet nach allem Anschein'") eine an ihren Füssen haftende Fischhaut symbolische Gebräuche uns an, welche, wie hier im Geschöpfe des Wassers, so noch liefer unten in Widder und Stier, (jann in einem Wasser- vogel, jenen Bezug des menschlichen Individuums auf die Mehrzahl der Elemente darstellen sollten, der aus den verschiedenen Stufen mithrischer Weihe samt Kriobolien und Taurobolien '^) auch sonst bekannt und auf diesem Bild auch im erst- gedachlen Löwen- und Schlangensymbol nachweis- lich ist.

Es ist sehr zu bedauern, dass Felix hajard, dessen umfangreiche Kenntniss orientalisciier und occidenlalischer Denkmäler des Mithrasdienstes '") zugleich mit Zoega's Erforschung metroisch-phry- gischen Dienstes '") erforderlich wäre um in das volle Versländniss dieses seltsamen Bildwerks ein- zudringen, die früher von ihm beabsichtigte Erklä- rung desselben bis jetzt nicht verölTentlicht hat. Indem wir der HoiTnung nicht entsagen, dass eine solche von seiner Hand noch erfolgen werde, be- gnügen wir uns für den gegenwärtigen Zweck zwei Thatsachen hervorzuheben, weiche /.ugleich aus dem- unheimlichen Ritual asiatischer Superstition in die gewohntere und wiilkommnere Mitte helle- nischer Anschauung uns zurückzuführen verheissen. Augenfällig ist zuvörderst im furchtbaren Licht- gotte dieses Bilds die Ideenverwandtschafl ge- fürchteter Gluth und nah drohenden Todes"); wie Helios und Ilephüstos mit Hades in Wesen Sage^') und Tracht"*) einander berühren, liesse hienächst, von Ephyra und Lemnos her, zu manchem Vortheil

'"■) ncr Zeichnung in den Mon. d. Inst, gemäss [; erneute Prü- fung des Originals lüsst jedoch eine Lampe erkennen].

'^ Leontika und Taurobolien: Creuzer Symb. I, 289. II, 386.

") Dargelegt im grossen und unscrn Landslciiten wo! nicht hinlänglich bekannten Werk: Itcchcrches sur le culle de Mithras (I8'i7).

") Zoega Bassirilievi I, 13. 14 p. 45 ff.

unsrer Erkennlniss des griechischen Götlerwesens, sich weiter ausführen. Sodann aber ist dieser, von Tliier- und Menschenschädeln umgebne, berittene Licht- und ünterwcltsgott auch mit dem Todes- schergen Charon zu vergleichen, den wenigstens die neiigiiechische Vorstellung gleichfalls als Reiter kennt'') und den auch in älterer Zeit so zu denken wir nach dem vorliegenden Bild uns leichter enl- schliessen dürften. E. G.

Noch ehe der vorstehende Aufsatz zum Ab- druck gelangt war, setzt Hrn. Lajard's freundschaft- liche Mitwirkung uns in den Stand, auch dieses hier besonders spruchfähigen Forschers Ansicht, sowohl über das eben beschriebene Erzreiief der vorliegen- den Tafel als auch über das im vorigen Stück dieser Zeilschrift besprochene merkwürdige Thon- relief (Taf. LXIV, 1) hienächst beizubringen. Von dem Bezwinger wilder Tliiere anhebend, welcher in diesem letztgedachten Relief dargestellt ist, äussert Hr. Lajard in einer an mich gerichteten Inschrift aus (Tours, 19. April d. J.) sich folgendermassen.

„Je n'ai jamais rencontre, dans ines perquisitions, une figiire semblable m meme analogue a Celle que rcpresente cette terre cuite. Je crois meme que les grandes ailes dont eile est pourvue cocstituent un fait nouveau dans la sc'rie des figures vetues du costume phrygien ou barbare. Apres inure reflexion, je pense que cette figure ailue est ime iuiage du dieu qu'adoroient Ics Phrygiens, comme les Syriens, et qui s'identifie tout "a la fois avec IV'poux saus nom de la deesse Dea Syrla, avec Bclus, Cronos, Dagon, Ilcrmes, Apollon ou Helios, Zeus etc."

„La terre cuite du musee de Berlin semble notis re- porter a l'image de ce dieu solaire asiatique que Lueien ou l'auteur quelcouque du traite de Den Sijria avoit vu tlans le tcmple de la deesse dea SjTia a Hierapolis et qu'il dösigne sous le nom d'Apollou, en fiiisant remarquer que ect Apollon est hurhu. Les deux lions que votre dieu alle et barhu tient par le cou, im de ehaque niaiii, me jiaroissent etre un arguuieiit decisif en faveur de moii

'") Nachweislich im Zeus- und Apollodiensl : (Ghd. Hylh. §. 199. 12. 309, 2).

") Rinderherden zu Thrinakia (Od. XII, '262) und Erjtheia (Apd. II, 5, 10).

") K. F. Hermann, die Hadeskappc, Gottingcn 1853.

") Furlwängler der reitende Charon. 1850. Ghd. Mvtb. §.576

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opinion, surtout lorsque je rapproche de la terre cuite du uiusL-e de Berlin un grand broiize de Faustine, frappe ;i Tarse, qui, au revers, uous offre une image d'ApoUon bien certainement imitee d'un modele asiatique, mais mo- difiee selon les idees et le gout des Grecs. J'ai donne un bou dessin de cette belle nu'daille dans mes Rccherches stir Venus, 1)1. V, no. 1. lei Apollon n'a ni barbe, ni bonnet recourbe, iii habillemcnt jihngien; mais il est vu de face, et il tient de chaque main un ])ctit quadrupede suspendu par les pattes de devant. De jilus, Vomphalos qui sert de piijdestal il cette figure est flauque, de chaque cütii, d'une protome de taureau; et Apollon est du nombre de ces divinites qui ont pour sjiiiboles simultanenient un taureau et un Hon, QU stiparement et alternativement tantot un taureau, tantut un lion. Nous en avons la preuve sur un petit Ijrouze d'Augustc, frappe a Philadelphie de Lydie, et offi-ant, au revers, une image d'ApoUon qui, une patere dans la main droite, comme 1' Apollon des monnaies d' Alexandria Troas, est place debout sur un lion et tu de face. Ce petit bronze est reproduit sous le no. 2 de la pl. IH B. de mes Recherclies sur Venus. Je n'ai pas sous la main les Mem. de VAcad. des inscrijillons, et je nc mc rappeile pas ce que Mr. Ilaoul-Rochcttc a dit de ce petit bronze dans la 2e. partie du tome X^^I. J'ai notü seulement qu'il en parle aux pages 211 et 212. Si, comme vous paroissez dispose "a le croire, on doit rapporter aux Sabazies pbry- gieuues la terre cuite du musöe de Berlin, je me per- mettrois de dire que, dans ce cas, il faudroit reconnoitre dans le dien qu'elle rcpreseute, jioii Diomjsos-Zayreus, ni Mithra (qui n'a jumais cte figure avec une barbe), mais le Zeus Sabazkis, qui ri''j)ond au Bc'lus des Syriens et des Assyriens, ä l'Ormuzd des Perses et au second des trois Soleils des S\Tiens '-)."

„Cette assirailation justifieroit le rapprochement que forcement vous avez ete oblige de faire entre la terre cuite dont il s'agit et la plaque de bronze [LXV, 3] dout vous me parlez. Car, "a mes yeux, il y a identitö entre le dien que represente cette terre cuite et le dieu ;i cheval grave au milieu de la plaque de bronze. Ilemarquez, je vous pric, que la bipenne, ou le marteau a deux cotes, est place non seulement a la main de ce dieu equestre et

") »Voycz, je vous pne, ce que dans la 2e partie du tome XX des Mem. de CAcaiL des inscr. j'ai dit de ces trois Soleils, ii l'occasion du ctliibre autcl polinyrcnien, ;i quatre faccs, du Vatican."

") „Vous vcrrez ce que j'ai dit au sujct des Aniazones dans le tome XX, 2e partie, citc ci-dessus."

"J Der, wie Hr. Lajard oben bemerkt, ungenannte eigentliche Beisitzer der syrischen Lowengotlin war von Stieren begleitet und ist bei Lucian (de dca Syr. cap. 31) mit derselben zugleich erwähnt, der

a la main du Zeus Labrandeus et du dieu Lunus, mais aussi a la main de la Venus assyrienue ou phenicienne que rej)resente le grand bas-relief decouvert-a Yazili-Ka'ia, voyez Rech, sur Feims, pl. II; et ajoutez la Venus equestre figuree au revers d'une jolie med. de Commode, frappee a Gabala (SjTie) Rech, sur Venus, pl. V, no. 5, par j\Ir. Ch. Texier, et "a la main des Amazones, qui sont certainement des initiees aux m^'steres de cette deesse '^).

„La hlpenne est aussi placee a la main de Sardanapale sur les med. auton. de Tarse. Voyez Rech, sur Venus, pl. rV', no. 9.

Dans la uouvelle et complete edition de mes itccft. siir le cuite du cypris, j'ai place de nouvelles observatious sur la plaque de bronze; mais je me suis reserve de parier aiUeurs, en detail, de la scene d'initiatiou qu'elle represente. Ce sera dans le cbapitre de nies Rech, sur Mithra, oii je traite de Timportation du cuite et des mysti-res de ce dieu dans l'Asie Mineure; non que je rapporte votre plaque a ces mysteres de Mithra, mais parce qu'elle concourt a montrer que ceux-ci trouverent, dans l'Asie occidentale, des mysteres deja etablis, qui, comme les mysteres de ^lithra, derivoient d'une source primitive et unique, les mysteres invcntes par les Chaldeens d'Assyrie.

Auf einem Gebiet in welchem Hr. Lajard so ungleich heimischer ist als ich dessen mich rühmen kann, bleibt die so erörterte mehrfache Verschieden- heit seiner Ansichten von den meinigen mir doppelt beachtenswerlh; den syrischen Apoll würde ich weniger in Anschlag bringen, da er der eigentliche Besitzer der syrischen Göttin nicht ist ^*), kann aber die Benennung eines sabazischen Zeus oder Dionysos statt der von mir vorgeschlagnen des Zagreus für das Thonrelief unsrer vorigen Tafel mir um so eher gefallen lassen, da beide Benennungen mir früher- hin gleichgeltend erschienen^'). Uebrigens ist zu möglichster Vollständigkeit der hier angeregten Untersuchung auch noch der phrygische Askanios in Erinnerung zu bringen, dessen von ihm berittenes einen ärztlichen Schlangenstab haltendes VVunder- ross als Münzlypus von ISikäa'"*) nicht nur (no. 4),

bärtige Apoll nach Beschreibung mehrerer andrer Göltergeslaltcn desselben Tempels erst später (cap 3.i).

•') Zagreus und Sabazios bat als Doppelnamen des Dionysos auch Cicero (de nat. deor. III, 23 p Ü17); vgl. Ghd. Myth. §. .438. 3«c. 457, 4. 0).

•") Münze von Nikäa, laut der Umschrift Ynnov ßciorönoän Nixatiiov darstellend, nach Mionnet Suppl. V, p. 148, 861 pl. 1, 2. Klausen Aencas S. 129 Taf. I, 8 abgebildet auf unserer Tafel no. 4.

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sondern auch als ein der Stammmuller Roms, Venus Geniliix und Efjuestris, verwandtes, askanisclies und äneadisches Symbol aus dem Iiisiegel Julius Cäsars*') bekannt ist. E. G.

II.

Bleifigiirchen vom JVIenelaion.

SenJsclireibcn an den Herausgeber. Hiezu die AbIjilJungcn Tafel L\V, no. 5 13.

So eben fällt mir ein lange vermisstes Blatt in die Hand, welches Ihnen vielleicht für die Arch. Zeitung willkommen sein wird : die Zeichnung einiger der Bleifiguren, die in grosser Zahl am Sockel des Menela'ion bei .Sparta gefunden wurden.

Erlauben Sie mir, Sie an diesen Fund, der auch Ihrer Aufmerksamkeit bei Ihrer Anwesenheit in Griechenland nicht entgangen ist, kürz zu er- innern. Am besten geschieht dies durch Wieder- holung der Worte, in welchen ich früher darüber berichtet habe ').

„Die wiehtigste Ausgrabung in Sparta [im "VVmter 1833. 34] wurde bei dem Meneluioii angestellt, auf den hohen Hügeln über Therapne auf dem linken Ufer des Eurotas, der Stadt gegenüber. Die Räume dieses Ge- bäudes, dessen Unterbau in Form eines Parallelogramms und von Nord nach Süd gestreckt noch vorhanden ist, scheint der Aufmerksamkeis früherer Reisender vorzüglich deshalb entgangen zu sein, weil sie, diu-ch Livius ver- leitet''), das Wort Mcuelaion für den Namen der Hügel hielten und dabei übersahen, was doch schon die Wort- form hätte lehren können, dass to Miftliiiov zunächst den von Pausauias in Therapne erwähnten Tempel des Menelaos nebst dem Grabe desselben und der Helena be- zeichne, und dass der Name erst von dem auf dem Rücken dieser hohen imd steilen Hügel gelegenen Monumente auf die letzteren übertragen worden sei '). Die Ruine

") Sueton. Caes. 61 : uichntur nittcm cijuo insiijni pedihus

prope humanis et in mutlum digitoritm imyulis fissis ,

cuius etiam instar pro aede Vcncris yetiitrlcis yoslea dedi- cavil. Vgl. Miilk'i- Handlj. §. 433, •->. Klausen Aen. S. 129. 7i6.

') Im Intelligcnzblatt der A. L. Z. 1837, no. 47, S. 3ä9ir.

'J Liv. 34, 28: sub ipsas Menelnii montis radices.

') Paus. 3, 19, 9: Mev£>.äov lailv (v air^ {Ösoänvn) vaös, x«t MiV^f.aov xcii 'E).{vr]V ivTcevO^cc ia</)^j'n< X(- yovatv. ^ Polyb. 3, 18, 3: i!ie'ßai.e toTs xurcivrixQV jiji nöleco; i.o(fOis, xcä TtßQiifi, öiitöv i/iur 10 liletelriiov, i:t' ctvia;

bot vor der Ausgrabung nur das Ansehen eines spitzigen, mit Gestrüpp überwachsenen Erd- und Steinhaufens dar, da die sehr weichen Poros-Quadcrn (näiQog), aus welchen der Kern des sehr hohen Unterbaus bestanden, grossen- tiieils an der Luft verwittert waren und sich in Erde auf- gelöst hatten; allein in der Ueberzeugung, dass hier das Menelaion zu suchen sei, liess ich längs der (kurzen) Nord- seite den Schutt abgraben, und fand die äussere Mauer des untersten Absatzes dieses Baus, aus grossen bis zu 12 Fuss langen und 1% Fuss hohen Quadern von emem harten Conglomeratfelsen bestehend, in einer Länge von etlichen und sechzig und in einer Hübe von drei bis acht Fuss noch wohl erhalten. Die Mauer schien mit einem Gesinmis aus Marmorplatten von sehr emfachen Gliedern gekrönt gewesen zu sein, von denen sich einige am Fusse derselben fanden; der ganze Bau aber scheint aus drei stufenartig zurücktretenden Absätzen oder Terrassen be- standen zu haben, deren oberste Fläche, von etwa 38 und 20 Fuss Länge und Breite, den eigentlichen Tempel trug. Eine umfassendere Ausgrabung erlaubten die Geldmittel nicht. Jene Nordmauer nun des Unterbaues ruht auf einer etwa 6'/, ZoU vorspringenden Stufe; und auf imd an dieser Stufe lagen längs der ganzen Ausdehnung der Älauer unzählige kleme Bleipgurcn, einen bis zwei ZoU hoch: theils Männer, behelmt, mit mächtigen Helmbüschen und mit einem grossen runden Schilde, der den Leib vom Hals bis an die Knice bedeckt mid über dessen Rand oben und unten die Enden der Lanze hervorragen ; theils, in noch grösserer Zahl, Weiber mit einer ganz modernen, scharf angezogeneu Taille, die Kleider auf verschiedene Weise gestreift, carrirt oder mit erhöhten Tüpfeln (Muschen) geziert; theils endlich, aber in kleinerer Anzahl, Pferde mit oder ohne Reiter. Ausser diesen Figuren fanden sich auch kleine ringsum mit Strahlen geschmückte Ringe aus Blei, in unsägHcher Menge, und encUich noch, aber in geringerer Zahl, rihnliche Figuren aus Thon, grösstentheils von sehr roher Arbeit. Wenn nun cUese Ruine nach den obigen Nachweisungen fi'ir einen das Grab und den Tem- j)el des vergötterten ') Paares jMeuelaos und Helena um- fassenden Bau zu halten ist, so köunen die Blei- wie die

züs LiftvxXa;. Vgl. ebendas. §.10; ferner 21, 1 und 22, 3. Mit diesem Menelaion, welches ja auch das Grab der Helena umschloss, dürfte nocU das Heiligthum der Helena identisch sein, bei Herodot 6,. 61: 10 i»]j 'EXivTjg l^öv to 3' tari iv t;; BeguTirrj xaliv- /lü'ij, iJTtsnSe (also hoch gelegen) lov <poißtfiov tQOv. l'eber dies rbübäon vgl. Paus. 3, 14,.9 und 20, 1; Liv. 34, 38.

■*) Icli sage vergöttert, nkht bloss heroisirt ; wenn auch ihre Vergötterung nur eine örtliche, nicht in den allgemeinen Glauben der Hellenen übergegangen sein mochte, sie also bloss dii privnti, nicht communes (Serv. ad Aen 8, 275) waren. Die Vergötterung

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Thonbilder nur Votirfiguren gewesen sein; wir erinnern dabei an die Erziihlung des Ilerodot von der Gemalin des Königs Ariston und Mutter des Demaratos, aus welcher erhellt, dass die Weiber durch die Verehrung der Helena Köqjcrschönheit und Liebreiz zu gewinnen hofften. Die Verehrung des Menelaos durch die Männer mochte, da fast alle hier gefundenen miinnUchen Bleifigureu im Waf- fenschmucii erscheinen, auf Tajjferkeit und Kriegsglück sich beziehen."

Eine spätere Ausgrabung an derselben Stelle, im Beisein des Königs und der Königin von Griechen- des Menelaos beweist schon der Ausdruck vcto; bei Pausanias, da ein vaös nur Göltern zukommt, nicht blossen Heroen; die Gottheit der Helena Herodols T&lyttJljt*« iij»" 9-e6v. Weitere Nachweise der Gottheit des Menelaos giebt Siebeiis zu Paus. 3, 19, 9.

^) Griechische Königsreisen H, 13. 14.

land, dauerte nur einige Stunden, und hatte nur zum Zweck, noch einige jener Figuren zu entdecken, die sich immer noch in reichlicher Menge fanden*). Auf dem beigehenden Blatte erhalten Sie eine möglichst treue Abbildung einiger derselben in natür- licher Grösse. Die Dicke der Figuren beträgt weniger als eine Linie, und nur die Vorderseite hat Relief und Zeichnung, die Hinterseite ist völlig glatt. Sie waren also nicht bestimmt frei zu stehen, sondern niu' angeheftet oder angeklebt zu werden. Es sind zwei Krieger mit Helm und Schild, zwei nackte Epheben, wovon einer zu Pferde, und fünf weib- liche Figuren.

Halle, Februar 1854. L. Ross.

III. A 1 1

86. MiTHRiscHER Pferdekopf. Tüllcen hat in der Vorrede zu dem erklärenden Verzeichniss der antiken vertieft geschnittenen Steine der Kgl. Preuss. Gemmen- sammlung, Berhn 1835 S. XXXB'ff. die Aechtheit der berühmten Berliner Gemme mit dem Pferdekopf und der Unterschrift QI31 (oder vielmehr 3110) gegen Köhlers Zweifel vollständig nachgewiesen. S. XXXIX macht er daim folgende Bemerkung: „Bei der Formation des ^Mundes, der Nüstern, des Auges, der Stirn mid der Theile neben dem Auge muss ich es sogar glaublich finden, dass der Urheber dieser Gemme nach jenem Kopfe (des Pferdes der Nacht am Parthenon) Studien gemacht habe, was jeden Gedanken an einen modernen Ursprung, der bei solcher classischen Meisterschaft ohnehin Niemanden ein- fallen kann, vollends unmöglich macht." Die Aehnlich- keit beider Köpfe in den von Tölken bezeichneten Parthieen ist nicht zu verkennen, aber an Studien von Seiten des Gemmenschneiders am Pferde der Nacht bei einer solchen Ilöhe seiner Stellung gewiss nicht zu denken. Weit eher ist anzunehmen, dass sowohl Phidias als der Urheber der Gemme einen bestimmten Typus edler Rosse vor Augen hatten. Welche I{a(je gemeint sei, darüber scheint die oben mitgetheilte Unterschrift der Gemme I\1I& Auf- schluss zu gewähren. Sie deutet an, dass das Ross ein heiliges Ross des persischen Sonnengottes Mithras sei. Es ist also ein nisacisclics Ross, dessen Kopf wir sehen; denn diese waren nach Ilerodot YH, 40 che dem Sonnen- gotte der Perser geweiliten und zogen seinen Wagen. Wenn dies sich so verhält, so wäre die Vermuthung des

r 1

I.

englischen Malers Ilayden (S. Goethe : Kunst und Alter- tlium II, 2. S. 93), dass das atheniensische Pferd in seinen Haupttheilen mit den ächten arabischen Ra^enpferden zusammen stimme, nicht begründet; denn nach Obrist Rawlinsons gewichtigen Nachweisungen (S. C. Ritter: Erdkunde Th. IX, S. 364) waren die nisaeischen Rosse turkomanischer Zucht, die sich selbst vor der arabischen auszeichnet.

Jena. Goettling.

87. Andromeda. Auf einer Gemme bei Ficoroni genimac litteratae Taf. HI, 5 sitzt auf einem Felsen neben einem Baum ein nacktes Paar. Die Frau stützt die Linke auf den Felsen und umfasst ihn mit der Rechten, ihr Blick ist nach unten hin gerichtet. Der Jüngling neben Uir stützt ebenfalls che Linke auf, er wendet sich zu ihr hin und hält in der erhobenen Rechten eine Kugel; zu beider Füssen liegt ein runder Schild. Galeotti erklärt das Paar für Hlppomenes und Atalante. Vergegenwärtigt man sich che Wandgemälde, auf denen Perseus der be- frereten Andromeda das Gorgoneion im Wasser wieder- gespiegelt zeigt (mus. Borb. EX, 39. XII, 49—51), so wird man kein Bedenken tragen, denselben Gegenstand auch hier zu erkennen. Das Gorgoneion ist auf dem kleinen Stein nicht erkannt worden, und der Schild, mit dessen Hülfe Perseus die Medusa enthauptete, ist sehr passend auch hier als Spiegel benutzt. Otto Jahn.

88. Triton dno Galatea. Einige durch lughirami (Monura. etruschi V tav. 56) bekannte archaische Vasen- fragmente stellen Nereiden dar, welclie mit bemerkens-

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wertheu Beischriften begleitet sind. Ein erstes jener Fragmente zeigt zwei Frauen, deren eine das Ende ilires Gewands in die Höhe zieht und ein Scepter hält; die andre erscheint in lebendiger Bewegung. Unterwärts ist ein Theil eines Thiers, verniuthlich eines llipjjokanips, zu bemerken. Vor der ersten Frau steht geschrieben ylVylAYPO^, womit das Wort ulj-ivgög oder, sofern ein attisches Bild der Kekropstöchter hier denkbar ist, auch eine AgJanros gemeint sein kann (vgl. de Witte Descr. d'une coli, des vases peints, Paris 1837 p. 57 no. 105). Wahrscheinlicher ist jedoch ein Nereidenbild, etwa auf die Ueberbringung der Waffen Achills bezüglich, hier zu erkennen.

Das zweite Frtigment gehörte dem Innenbild einer Kylix, derselben verniuthlich von deren Aussenseite jenes erste Fragment entnommen ist. Hier liest man, von der Rechten zur Linken geschrieben, die Namen (G)tt(otc« und Tritun (RaT AvI A(G) und NVTIST) ; letzterer er- als junger Schwimmer und bläst eine Muschel. Inghirami vermochte beide Namen nicht zu lesen, vielleicht weil die seltsame Schreibung luul Endung des letzteren ihm Schwie- rigkeit machten. Die Inschrift mag später Zeit angehören [?] und zeugt für einen ausserhalb Griechenlands fallenden Urs])rung dieses Gewisses. Uebrigens kann Galatea hier sehr wohl als Nereide genannt sein, ohne dass an den verhältnissmässig späten Mythus von Poljqihems Liebe zu ihr hier gedacht war. Sam. Bircu.

89. NioBiDENGRüPPE. Eine von Miliin Pierr. gr. ined. u. Gal. mjth. CLXX, 621 publicirte Paste ward fiir „Orest, der von Reue gequält in Elehlras Armen ohn- mächtig wird," erklärt. Eine sehr ähnliche grüne antike Paste im königl. Museum, von Tölkeu (Gemmenverz. III Kl. 967) als „Bacchus von Ariadne-Lihera. umarmt" be- schrieben, hat Wieseler Denkm. a. K. II, XXXVI, 430 publicirt und, wegen der Aehnlichkeit mit dem Graffito von Gcrhard's berühmten etruskischen Spiegel, auf „Dio- nysos und ScmeJe" bezogen. Denselben Gegenstand finden wir auf einer grün weiss und blau gestreiften antiken Paste, die aus der Bartholdy'schen Sammlung Qil. Bartold. Vetri e Paste 108), wo ich darauf eine „langbekleidete Frau, die mit ihren Armen einen ]\Iann, der zu fallen droht, aufrecht erhält" erkannte, in die königl. Sammlung (Gemmenverz. III Kl., 909) überging. Dass in dieser letzteren Beschreibung, wie in der Millinschen Erklärung, im Gegensatz mit den beiden anderen der Charakter der Handlung sowohl als das Verh.ältniss der beiden Figuren richtig erfasst sind, wird man um so weniger bestreiten können, als auch andrerseits dei' Mangel jedweden bacchi-

schen Attributs jenen Deutungen nicht besonders zu Hülfe kömmt. Insofern aber die Darstellungen dieser Pasten mit der äussersteu Gruppe links auf dem ausgezeichneten NiobidenreUef der Campana'schen Sammlung in Rom völlig übereinstimmen, verdienen sie eine erneute genauere Be- trachtung, zu deren Erfolg ein (von Hrn. Dubois in Paris mir einst geschenkter) Abdruck der Millinschen Paste nm so förderlicher erscheint, als dadurch die nicht blos auf die Zuthat einer Haube sich beschränkende Untreue der Millin'scheu Publikation, sondern auch der vom vor- züglichen Kunstwerth des Originals keine Ahndung gebende Stich bei Wieseler sich deutlich herausstellt. Ein flüch- tiger Blick auf die Abdrucke reicht hin, um an die Stelle der drei bisherigen die Benennung slerhender Niohide in den Armen seiner Schwester als die unzweifelhafte zu empfehlen; gleichzeitig aber dürfen wir den echt helleni- schen Geist nicht übersehen, der sowohl in beiden Köpfen als in der Behandlung des Haars und der Gewandung der Schwester sich unverhohlen ausspricht, um vor allem dem Künstler, der in so klemem Raum das tief Ergrei- fende der Situation ohne Beihülfe von Symbolen so klar und glücklich zu veranschaulichen %vusste, das gebührende Lob zu spenden. Für die Berühmtheit des Originals zeugen dessen zahlreiche Wiedcrholmigen in anther Denk- mälergattung, unter denen noch eine auf brauner antiker Paste mit weissem Querstreif im kgl. Museum (IH Kl. 968), insofern sie die Gruppe nicht wie alle übrigen nach ünks, sondern nach rechts uns darstellt, besondere Beachtung verdient. Schliesslich machen wir noch darauf aufmerksam wie diese Pasten ein neues Zeugniss für den im letzten Winckelmannsfestprogramm aufgestellten Satz liefern, dass nicht selten für den Verlust berühmter Skulpturen bisher unbeachtete Gemmen einen lehrreichen Ersatz gewähren.

Th. Panofka.

90. DEMOKoros, AUCH Myrilla. Die emzige Kunde, welche von diesem auf MüUer's Handb. d. Archäol. S. 87 hin von Raoul-Rochette Lettre S. 280 kurz berührten Künstler existirt, giebt ein bei Eustath. zu Odyss. III, 68 aufuewahites Zeugniss, das ebenso zuverlässig als zugleich seinem Inhalt nach reich und in seinen weiteren Beziehun- gen wichtig ist. Es handelt sich daselbst von der Form tnnÖTa luid ähnlichen Beispielen, und was zur Erklärung derselben beigebracht wird, stützt sich auf das in Aus- rührhchkeit mitgetheilte Zeugniss des Grammatikers Eu- dämon aus Pelusium, der auch sonst nicht unbekannt ist. S. Bibl. Coisl. S. 597 und Ms. ap. intpp. ap Etj-mol. M. S. 905 und 900, an welchen bei den Stellen des Etymo- losen derselbe mit den Grammatikern ansehnlichen Rufes.

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Oros und Arkadios, zusammengestellt wird. Bei Erörte- rung jener grammatischen Frage wird nun unter Andern auch der Syrakusische Eigenname MyriUct angetTilirt, dessen Sophron gedenke, und dabei weiter erzählt, ein S^Takusier ^Mralla, eigentlich Demokopos geheissen, ein Architekt, habe jenen Namen vou dem Umstände erhal- ten, dass er nach Vollendung des Baues des Theaters seinen Mitbürgern Salbe (in'gov) vertheilt habe*), doch wohl in der Absicht, wie man zur Erg.'inzung dieser kurzen Angabe vermuthen darf, um zur Begehung einer Festfeier dieses Ereignisses seinen Landsleuten den Aufwand der Salbe zu ersparen. Ohne uns nun bei der Erörterung dieses zuletzt erwähnten Punktes auflialten 7,u wollen, da der Gebrauch der Salben im Alterthume ein zu mamiig- faltiger war, um in Kürze auszumachen, für welchen Ge- brauch jene Sj)endc an die an den ausschweifendsten Luxus gewöhnten Syrakusier (s. Athen. XIL S. 527. C.) bestimmt war, genüge es darauf hinzuweisen, dass in der obigen dem Architekten Demokopos betreffenden Nachricht zu- gleich eine Bestinnnung des Zeitalters für die Erbauung des Theaters zu Syrahis enthalten ist, dessen Ueberbleibsel, so geringfügig sie auch in architektonischer Hinsicht sind, noch jetzt gebührende Aufmerksamkeit auf sich lenken. Es ist nämlich in der Sache selbst kein Grund vorhanden, warum diese Ueberreste nicht für jenes ältere vom Demo- kopos angelegte Bauwerk gehalten werden sollen, und wenn jene bekannten, auf den Sitzreihen entdeckten In- schriften allerdings aus einer viel späteren Zeit herrühren, so ist aus diesem Umstände um so weniger ein Grund gegen jene Annahme zu entnehmen, als aus der Stelle, an welcher die Inschriften eingegraben sind, selljst aus ihrer sonstigen Beschaffenheit geschlossen werden darf, dass die Anlage dieser fürstlichen Sitzplätze nicht dem ursprüng- lichen Bau angehörte, und jene Inschriften erst ^•iel später eingegraben worden sind. Zur Unterstützung dieser in Mangel eigner Anschauung nur aus Beschreibungen ent- nommenen Behauptung vrird es genügen, das Urtheil Gött- ling's geltend zu machen, welcher aus eigner Untersuchung an Ort und Stelle zu der Ansicht gelangt ist, dass das Theater selbst älter als jene Inschiiften sei, N. Riiein. Mus. II, 1. Ferner, wenn diesellien als der Zeit Iliero's II angehörig erkannt worden sind, so wird obige Behauptung weiter dadurch bestätigt, dass nach Diodor XVI, 83 dieser

') (Tiil iSi Tiliaiovoyriattg i6 Odanov /jioov lOiV iuvrov noliiuig <5i(v€i/^e, J\lv(>ik).a inixlrjOr].

Hiero, etwas später als Agathokles, einen Prachtaltar neben dem Theater errichtet haben soll, ja dass Timoleon in andern Sicilischen St.'idten Theater nach Art und Muster des Syrakusischen, des schönsten, welches in Sicilien e.xistirt habe, erbaut habe (d-Hirgov fifv yurfaxtvam imu rd jäiv ^vgaxoauüv xuXXiarov tw»' y.urd ^ixtXlav). Dazu kommt, dass unter den Bauten, welche Timoleon nach Nepos c. 3 aufgeführt, nichts von einem Theater vorkommt (urbium moenia chsiecta fanaque refeeit) , sondern dass ■\\eiter unten c. 4 des Theaters in Syrakns Erwähnung ge- schieht, wo, wenn es durch Timoleon erbaut worden wäre, diese Thatsache gewiss nicht unerwähnt geblieben sein würde, was auch von Plutarch gilt, der im Leben des Timoleon dieses Theater ohne Beziehung auf Timoleon zu nehmen öfters gedenkt. Wenn wir hierdurch ermäch- tigt werden dieses Theater einer frühen Zeit zuzuweisen, und es ist bekannt, wie alt die Ausübung der dramatischen Kunst in Sicilien war, eine Ansieht, welche auch schon in Stuart Th. III. S. 228 Darmst. Ausg. ausgesprochen wurde, so sind mr nunmehr durch das Zeugniss des Eudämon in den Stand gesetzt, die Zeit der Erbauung genauer zu bestimmen. Wenn nJimlich schon Sophron des MjTilla gedachte, so wird das berichtete Ereigniss spätestens in die Zeit des Peloponnesischen Krieges gerückt, und riel weiter herab zu gehen scheint nicht rathsam zu sein. Hier- mit ist zugleich über das Zeitalter des Erbauers Demokopos entscliieden, welcher sich nun den bedeutenden Architekten anreiht, durch deren Kunst in jener Periode so bewunde- rungswerthe Werke geschaffen wurden.

Schliesslich muss einer ^'ernnithung Bergk's Zeitsclu'. f d. Alterth. 1847. no. 22 Widersprüchen werden, welcher glaubt ausser jenem Zunamen dem Demokopos auch noch den Spottnamen Koniita znertlieilen zu müssen, luid zwar auf die Nachricht eines Grammatikers bei Gramer Anecd. Ox. T. rV. S. 334, wo allerdings beide Namen zusammen- gestellt werden: n Kintvva xui Mi'QtXla- t) ru, noir,- ttxiög [itrun'kundtvra' ncptXrjyipiTu Zirg, 'imiÖTu Ni- axwQ. Vor diesem Versehen sich zu bewahren, bedurfte es blos einer Ansicht der oben angezogenen Stelle des Eustathios, wo, wie l)emerkt worden, von der Nomi- nativfonn Inni'ixa die Bede ist, und zum weiteren Erweise derselben ausser dem Syrakusischen Myrilla auch der Illyrische Kunutvu angefTünt wird, letzterer noch ausser- dem durch eine Stolle aus einem Epigramm erhärtet: TiuriiQ dt fi' f'<fvai KöniAiiu. F. Osann.

Hiezu Tafel LXV: Phryyische Götler zu Pferd; BletßgUrchen vom Menelalon.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlas von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

M 66.

Archäologische Zeitung, Jahrgang XII.

Juni 1854.

Mero|)e. Allerlei: Ageladas; Zeus als T;inzer.

I.

M e r 0 p e.

Hiczu die Abbildung Taf. LXVI.

JWLresplioiiles, welcher sicli nach dem siegreichen Zuge der Ilerakliden durcli einen Lielnig in den Besitz von Messenien gesetzt liallc, wurde mit seinen beiden ältesten Söhnen von Polyphontes ge- tödtel, der sich des Thrones bemächtigte und die \\ itlwe Mero]ie, Tochter des Kypselos von Arkadien, sich ihm zu vermählen zwang '). Die Hache, welche ihn später ereilte, war der Gegenstand der Euri- pideischen Tragödie Kresfihotdes. Die allgemeinen Umrisse derselben lernen wir durch Ilygin kennen. Kr sagt fab. 137:

Polyphontes Messeniae rex Cresphontem Ari- stoniachi (ilium cum interfecisset, eius imperium et Meropen uxorem possedit.

Es ist längst bemerkt, dass dies nur der An- lang einer Erzählung ist, deren Fortsetzung durch eine Versetzung an fab. 184 gerathen ist; nur geht es freilich nicht unmittelbar fort, die Versetzung hat auch andere Confusion hervorgebracht, die jetzt nicht mehr zu heilen ist; übrigens ist der Sinn klar. Es lieisst dort:

cum (jua Polyphontes occiso Cresphonle regnum occupavit, filium antem eius infaiitem iMero])e mater, quem ex Cres|)honte habebat, absconse ad hospilem

') Apolluil. II, 8, ä. Die bislorisircnde Darstellung giebl l'au- sanias IV, 3, 3. vgl. VIII, 5, 5. Polyaen. I, 7.

*) Diese Erwähnung der Brüder beweist, dass im Anfang niancües ausgefallen ist.

') Das thnUidicum wird von Munker aus dem späteren Sprach- gcbraucb erläutert, nach «elebcni z. U. Ausonius das homerische Onenoiov durch ihdlcUUiuiu übersetzt. Sollte man es für möglich

in Aeloliani mandavil. hunc Polyphontes maxima cum industria fjuaerebat aurumque pollicebatur, si (piis eum necasset. (pii postipiam ad puberem aeta- teni venit, capit consilium ut exequatur patris et fratrum'') mortem, itaque venit ad regem Polv- phontem aurum petilum, dicens se Cresphontis in- teriecisse filium et INIeropes Telephontem." interim rex eum iussil in hospitio manere ut amplius de eo perquireret. qui cum ])er lassitudinem obdor- misset, senex, qui inter matrem et filium inter- nuntius erat, flens ad Meropen venit, negans eum apud hospitem esse nee comparere. INIerope, ere- dens eum esse filii sui interfectoreni qui dormiebat, in chalcidicuni^) cum securi venit inscia ut suum filium interficeret, quem senex cognovit et matrem 11 scelere retraxit. IMerope postquam venit (1. vidit) occasionem sibi datam esse ab inimico se uiciscendi, redit cum Polyphonte in gratiam. rex laetus cum rem divinam faceret, hospes falso sinmlavit se hostiain percussisse {percussurum Härtung) euiiKjue inter- fecit palriumque regnum adeptus est.

Es ist mir bei wiederholter Betrachtung der überlieferten Fraginente nicht gelungen, den Ent- wickelungsgang und die Molivirung der Handlung mit derjenigen Wahrscheinlichkeit herzustellen, wie dies bei anderen Tragödien des Euripides möglich ist, und wichtige Zweilel sind mir ungelöst ge- blieben^). Ich bemerke nur, dass die Bedenken, welche zuletzt Kibbeck (tragicc. latt. roll. |).265f.)

halten, dass Härtung (Eurip. rest. II, p- 51) von einem l'.halcidier faselt? Auch in den Choephoren (648. 098) nnd der Alkesiis (.")43. 540 f.) ist von den Kremdengemächern die Hede.

'') Vgl. Weicker griech. Tragödien p. 828 ff. Härtung Eur. resl. II. p. 47 ff. Wagner trog. gr. fr. II, p. 232 ff. Wenn Aristophancs in den rtionyoi (fr 81).) mit den Worten ElQt'ivr] ßnüvTi'i.ont auf den schönen Chor aus der Merope (fr. 9 W.) angespielt bat, so liegt

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gegen ilie Annahme gellend gemacht hat, dass der Cresphontes des Ennius eine ßearl)eilung des Euii- ])ideischen gewesen sei, mir vollkommen gegründet erscheinen und dass namentlich die Verse in der Rhetorik ad Hercim. II, 24. 25 in keiner Weise in den Zusammenhang der Euripideischen Tragödie passen. Ferner glaube ich, dass Schwenck (N. Rhein. Mus. II, p. 456) mit Recht darauf besieht, dass der Sohn des Kresphontes bei Euripides ebenlalls Kres- phontes geheissen habe, und sehr ansprechend ist seine Vermuthung, dass der Name Tclcpliontes bei Hygin der falsche sei, welchen er dem Polyphontes gegenüber angenommen habe'). Wenn ich nun im Folgenden die Züge der Tragödie hervorhebe, welche mir als sicher erscheinen, so halte ich das deshalb nicht für iiberflussig, weil ohne allen Zweifel die Darstellungen der bildenden Kunsl unter dem Ein- fluss der Tragödie entstanden sind.

Der Anlang der Tragödie stellte Merope als das leidende Weib dar, die um den Verlust des Galten und der Söhne trauert, die irlstls Merope bei Ouinlilian (XI, 3, 73 nach der sicheren Ver- besserung Langes vermischte Schriften p. 90), deren Stimmung durch die Verse charaklerisirt wird (fr. low.):

lyiqfiv yaq rjiäs nvkXnynv 7iniovi.tivovg TOP (fvvza d-qrjveiv, eiQ o'd' tQ/STac xaxa, tov d' av O-avovza xal növiov ne7iavf.iEvov yaiQOvTag lv(prj(.io'vvtag lxni(.inEiv öoficüv. Ihre einzige Hoffnung, die sie noch ans Leben kettet, ist der geborgene jüngste Sohn, und auch um den ist sie in beständiger Sorge, das Missver- hüllniss zu ihrem Gemahl, der ihn fürchten und hassen muss, wird dadurch unheilbar und unerträg- licli. Dieses wurde ausgeführt in einer Unterre- dung zwischen Merope und Polyphontes, welchen Euripides das tragische Pathos zu erhöhen zum Bruder des gemordeten Kresphontes gemacht halte. Kr sprach sich wie ein kalter Egoist aus (fr. 17 W.): ixEivo yuq 7iinovO^\ oneQ nävxEg ßqozoi, (piXüv ^idliaz' l/.iavz6v ovx alayvvo^iai.

ilie Vermiilliung nalic, dass Euripides dicsclljo zu einer Zeit aufge- fiilirl habe, wo die Kriegsnotli jenem Chor eine eigene Bedeutung geben musslen, und diesen Eindruck machen die Worle allerdings.

') (lewöliniith wird er sonst Aipylos genannt. Krcsphimles nennt ihn ausdriicklicli das liyzikcnisclio Epigranini und die Scliolien

Mit Vorwürfen und Klagen erinnert ihn Merope an das alle Unrecht, und da er sich damit entschuldigt, dass Kresphontes ihn habe lödlen wollen, entgegnet Merope mit höhnender Spitzfindigkeit (fr. 16W.): el yoQ ff' e/:ieXl£v, wg av yjjg, xTSiveiv nöaig, yqfj xal ae fielXetv, wg ygövog naQt'jlvdsv. Ich glaube, dass Polyphontes zuletzt selbst der Mero|)e erklarte, dass er, da sie sich weigere den Sohn ihm auszuliefern und ihn dadurch sicher zu stellen, einen Preis auf seinen Kopf gesetzt habe. Nach dieser Spannung der Situation trat der vor- gebliche Telephonles auf und gab sich dem Poly- phontes als Mörder des Kresphontes kund. Wie es motivirt war, dass dieser, anstatt gleich sich aus- führlich berichten zu lassen, den Fremden vorlaufig ins Gastzimmer schickt wissen wir nicht; allerdings musste verhütet werden, dass der Sohn nicht gleich mil der Muller zusanunenlraf, worauf sofort die Aufklärung erfolgt wäre. Ebensowenig wissen wir, auf welche Weise Merope von der Ankunft des Fremden und seinem Vorgeben eine Kunde bekam, die sie in xAngst und Sorge versetzt. Diese aber wird zur Gewissheit, als der treue alle Diener, durch den sie vom Sohne bisher Nachricht erhal- ten halle, weinend mil der Dolschaft kommt, der Sohn werde von dem Pflegevater vermisst und sei nicht aufzufinden. Dieser letzte Schlag, weit ent- fernt die von Kummer und Sorge gebeugte Frau vollends niederzudrücken, macht sie zur Heldin, alle ihre Kräfte vereinigen sich in dem brennenden Durst nach Rache. So spricht sie jene mannhaften Reden, welche wie Plularch (cons. ad Apoll. 15) er- zählt, das Publikum so mächtig ergiifl'en (fr. II W.): Te&väöL Tcaldsg ovx ifwl fiovtj ßqoTiov, ovo' avÖQÖg iaz£Q)jf^£&', dllci juvqiat TOV avzov i^rjvxXriaav log iycu ßiov. In der festen Ueberzeugung, der Fremde sei der Mörder ihres Sohnes, eilt sie mit geschwungener A.\t in das Zimmer, in welchem er verweilt. Aus dem Schlafe aufgeschreckt, stürzt er auf die Bühne") imd ruft ihr zu nicht so das heilige Gaslrecht zu

zu Arist. eth. III, 1 ; den Worten llygins scheint grade hier etwas ausgefallen zu sein.

') Ich kann nicht glauben, dass Wagner hier mit Hcchl ein Ekkyklema anniuirut; dazu scheint mir die Handlung zu bewegt und ausgeführt, auch isl sie olTiMiljar so wie üben angenonunen ist wirksamer.

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verlelzeii, d.i oiilüegnel sie ihm die Wolle, uciclie im Munde der iMiilter, die gegen den fcioliu die Axl scliwingt, vom liöchslen tragischen Pallios sind (fr. L'JVV.):

öauotiqav drj t^vd' iyco dlöco/iil aoi

nltjyr'jv. Allein der Alte, weicher den Sohn erkennt, füllt ihr in die Arme, inid fuhrt die Erkennung zwischen .Sohn und Mutier herhei'). ftlan begreift die Auf- regung und S|)annung, in welche diese Scene das Publikum versetzte 'j. Wie fein und schön dann auch die liefe Bewegung der Mutter, welcher der lSoIui, um den sie soviel geduldet hat, unter diesen Umständen wieder gegeben wird, vom Diciiler aus- geführt sei, lassen noch die Worte sehen (fr. MW.):

aldiog Iv ncpüalfiolai yiyvtzai, Ttxvov. Man erkennt schon aus dieser Reihe bedeutender und natürlich aus einander entwickelter contrasti- render Gemütlisstiinmungen, dass Merope eine Rolle \var, in der die Kunst des Dichters sich glänzend bewährte und die berühmten iSchauspielern will- kommen und gerecht sein musste").

Indessen blieb noch die für Mutler und Sohn nun gemeinsam zu losende Aufgabe das Leben des Kresphonles zu sichern und die Rache an Poly- j)hontes zu vollbringen; dies konnte nur durch List gelingen. Mit verstellter Versölinlichkeit komml Merope dem Gemahl entgegen, wie dies eingeleitet

wurde, wissen wir iiiclil sie bekennt, der Ver- lust auch des letzten Kindes habe sie zur Einsicht gebracht ffr. 15W.):

u'i xiyjxi dt /.IE

(xiaü-ov Xaßovaai iiuv l/iwv tu (pikraza,

aoqirjv l'dt^xav. Diese Verstellung würde nach so hochherzigen Aeusserungeii der reinsten Mullerliebc sehr herab- sinken, wenn nicht auch ihr dieselbe Mutterliebe zu Grunde läge und die (icfahr, welche sie gebie- lerisch erheischt, nicht so drohend über dem Haupt schwebte. Indess ist es charakterisliscii für die Weise des Euripides, dass, nachdem die psycholo- gische Entwickelung ihren Hühenpunkt erreicht hat, rier Schluss durch die Lösung der in den äussern Umständen begründeten Spannung herbeigeführt wird. Poly|)hontes, durch die scheinbare Aussöh- nung hocherfreut, glaubt sich am Ziel seiner Wün- sche und veranstaltet ein feierliches Opfer; bei diesem fällt er unter den Sireichen des Poiyphontes und der Merope.

Unler den Kunstwerken haben wir ztmächst ein vorlrelfliches Vasenbild des schönen Stils zu betrachten, welches die Ilauplkataslrophe höchst lebendig darstellt, und das aus der Wiener Samm- lung durch die Güte des Herrn Direclors Arnetli hier (Taf. LXVF, 1«. Ib.) zum ersten Mal vollstän- dig bekannt gemacht v\'ird '").

') Arist. puel. 14, 9: oiov h' Jtö KQeaifOi'Tij rj MiQÖnrj fi(i.i.(t jÖv vlüv finoxjft'i'nr, iinoxjtt'vii äi ov c'iX).' ürtyviü- (iiatv. etil. Nicum. III, 2: olrj^id) d' liv i/f z«! rdv vlöv no).(- fiiov elvai cianen 7} McQÖnrj. schul. Arist. elli. III, 1 (auch Lei Cramer anocd. Paris. I, p. 191): x(cl imi tihq r.vni-nläij (v jm Kinaifovjij (nißovltvovatt KQiaiforiri ly vioi, tag noktfiln), Si' üyvoUtv.

*) Plut. de CSU carn. II, 5, [i. 988 E: nxona ö"t xiü t^I' h' rij TQuymiSüe Ahfionrjt' {tiI tov vlöv aviöv lög tjorid Tov vloO nikixvv itnciu^i'tiv xcd liyovattv

n).t'iy>]V baov Iv TW (Hujniii xCvi]utt TTOiet avvi^oQfHaiovnd i/ößo) (Sicplian. las (joßoy, die (IdiTuptel srheint ticfor zu lii'j^i'n) xid iUog, fii] (f^iiaij rdv inikafißuroutvav yinoriu xiti inwatj 10 [innuxiov.

') TUcodoros hatte nach Aelian (v. h. .\IV, 40) durch seine Darstellung der Merope (nach Valkenaers diatr. c. 18 Verljcsserung) Alexander von l'herae tief gerührt. Es ist übrigens sehr begreillich, dass die Hülle des KrespliDUIcs dem Trilagunistcn, wie Aescbines, zufallen konnte, dem Dcmusthenes dieselbe vurhall (de cor. 180).

'") Miliin Ibcilt peint. de vas. II, 24 (danach gal. u\\\\x. 170,

ÜI4. Guigniaut rcl. de l'ant. 243, 827) die Vorderseite mit, ohne der Hückscite zu erwähnen, und gicbt an, das Gel'äss ,,en l'iirme de cloche" sei aus der zweiten Hamiltun'schen Sammlung in die Hope'sche übergegangen, deren Catalog mir leider nicht zugänglicb ist. Eine mit der .Millin'schen übereinstimmende Abbildung, ebenfalls ohne die lüickseite, findet sich auch unter den Tischbeinschen Platten, welche fiir den fünften Baml seines Vasenwerks bestimmt waren, auf denen unter anderen auch Vasen abgebildet sind, welche wie das hier be- sprochene Gefäss, eine zierliche Amphora („keiebe" V, 7, C 240, p. 29 bei Arneth), nicht aus der Lamberg'schen Sammlung her rühren, sondern aus dem Besitz Rainers, Privatsecretärs der Königin von Neapel, im .lahr 1804 in die k. k. Sammlung übergegangen sind. i\un beschreibt Hirt im Beriiner Kunstblatt 1829 p. 70 eine Vase aus dem .Museum Biscari in Catanea lulgcndermassen : „Eine Frau in langer Tunica, mit dem Mantel darüber, ist im Laufe begriffen, den linken Arm vorwärts, und in der Hechten eine grosse A.vt haltend. Ein Bärtiger, ihr folgend, schlingt rückwärts einen Arm um ihren Leib, gleichsam das Ungestüm der Frau aufzuhalten. An der Rück- seite des Gefässes sieht man einen nackten schlanken .lüngling fliehen, der im Zurücksehen die Hechle gleichsam liebend ausslreekl und in der Linken einen Schlauch mit >ier Zipfeln hält." Dass aus der

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Die richtige Deutung ist, nachdem Miliin zwei- feliiaft die Darstellung auf Kli/Iaimnestra, welche Ayaniemnon tödteii will, ausgesprochen lialle, von Tülken gegeben worden").

Merope, im langen Aermelchiton und Ueber- wurf, mit einer Haube, in der Rechten die Axt, eilt mit vorgestreckter Linken dem nackten jugend- lichen Kres/j/ioutes nach, der vor ihr zu entllielien sucht, aber mit ausgestreckter Rechten um Mitleid (lebend sich nach ihr umsieht: mit der Linken hat er einen grossen schweren Schlauch gefassi, den er davon trügt. Der alle Diener, mit Chiton und Chlamys bekleidet, und durch den im Nacken ban- genden Hui als ein so eben von der Reise heimge- kehrter bezeichnet, hat sie mit dem linken Arm umfasst, um sie zurückzuhalten, und packt mit der Rechten ihren rechten Arni;, den lüdtlichen Streich unmöglich zu machen. Im nächsten Moment wird er das Wort aussjirechcn, das dun Zwiespalt ver- söhnt, die Axt wird Meropes Hand entfallen und Mutter und .Sohn werden sich in die Arme sinken.

Die Situation ist so scharf und prägnant auf- gefasst und so beslinunl und klar ausgedrückt, dass nichts weiter hinzuzufügen ist. Die Deutlich- keit ist allerdings durch die Rückseite sehr erhöhet,

der fliehende Jüngling aber nicht bloss durch Aus- druck und Geberde, sondern auch durch den Schlauch charakterisirl, der hier nicht ein gewöhnlicher Wein- oder Oelschlauch, sondern der Packsack des Rei- senden ist. Man bediente sich der Schläuche auch um Kleider und ähnliche Dinge darin aufzubewahren; so vermuthen die Gefährten des Odysseus, dass in dem Schlauch des Aiolos kostbare Geschenke ver- wahrt sind '■) Der eigentlüimliche Ausdruck flu- einen solchen Sack oder Schlauch war (pctaxcolog, (paaxojXiov '^). Wer irgend wohlhabend war, Hess sich auf Reisen sein Gepäck durch einen Sklaven nachtragen, wer unbemittelt war, trug es selbst, wie der verkleidete Orestes in den Choephoren sagt (671 f.):

^evog (.liv elj-ii JavXistg Ix (Dioxiiov.

azEi'/ovza d' aizotpÖQZov olxela aäyr] u. s. w. "). Genau dem entsprechend ist auf einer Münchener Vase mit rothen Figuren (301), welche mehrere Abenteuer des Theseus vorstellt, ein Reisegefährte desselben mit Chiton, Chlamys, Hut und Keule dar- geslelil, welcher nicht allein das übliche Badege- räth, sondern auch einen ganz gleichen Schlauch wie hier Kresphonles trägt, welchen er mit der Schnalle der Chlamys an der Schuller befestigt

Sammlung Biscari einzelne Sliieke veräussert worden ivären, ist mir nicht liekannl. Sehr nierkwiirilig wäre diese ganz genaue Wieder- holung desselhen Gegenstandes auf drei Vasen. Ein ähnliehcs Dei- spiel ist die aus der Durand'schen Sammlung ('iJ8) vcrüircnllicüte Vorstellung von Orpheus Tod dureh die Thrakerin (mon. ined. d. inst. 1, 5, 2), die sich genau ebenso auf einer Vase in München (383) wiederholt, welche aus der Sammlung l.ipona herrührt; ein anderes Beispiel völliger L'ehereinstimmung einer Berliner Vase aus Viilci (900) und einer in (lirgenli gefundenen (Politi Nemesi. Girg. I82G. el. cer. II, 44) führt Weicker alle Denkm. II, p. 73 f. an. Sehr häufig findet aber eine Verwechselung statt, die besonders leicht möglich ist, wenn die Besitzer wechseln und verschiedene Zeichnungen cursiren.

") Tülken zu Millins myth. Call, 170, 014. Berl. Kunslbl. 1829 |i. 70. Weicker griech. Trag. p. 835 billigt diese Deutung entschieden. Müller (Arch. 416, 2) und Guigniaut scheinen Bedenken gehabt zu haben, welche auch Overberk (her. Call. p. 080) äussert. Baoul- Uochelle (mon. ined. p. 138) bezweifelt ohne Tolkens Deutung zu kennen die Millin'sclie, welche Gerbard (elrusk. und kanip. Vasen- bilder p. 30) dagegen wieder billigt.

") OA.Xyii: (UA' liyt itäaaov liStuutDu lijji ji'iiS' iaiiv, linaog rij yjtvaög te X(tl uoyvno; üaxi^ Ivtanv.

") Anecd. ßekk. p. 314 ifctnxo'jXiuv liy/bs Jixiixüv ßiß).l(ov xal IfimttDV x(ä (inyinlov. I'oll. VII, 79 ([ Kaxo'iXovg (Ji t>.tyov Ol nulitiij'i T<V KÜi' iuc.jCiav iiyytTu xu'i !)vi.i:x<jvg, X, 131» SV«

i)'f ünojiHtVTcit id ia!)fjj(g if uGxiaKoi lui tv QtauoiffKuu- ^ovatii;, Uvi.axoi, mQayutaoStaftu. Eusl. Od. p. 1534 lluvaM'lai Jf xtu (/äaxw).or inurjrivtt tÖv OiikaxoT', tlncav oTi Ov).itxos (laniog <fciaxto).og. Und so stellt auch Galen n. c'tvctT. iy/ng- VI t. II, p. 559 K. zusammen: iv aytjuart ftäliax« tjuoxioUov xa'i itvXiixov xal aäxxov. Harpocr. qäaxutXoV tiijo« ti; oijmg ixiikiJro. Suid. t] aaxtiXiov l^taxio((onuov, (^üaxoi).ov de (an tianairiTiiov. Umgekehrt unterscheidet Uesjchius if«axtö).iov, ßuX- i.üiTiov ätQ/.iüiivov. ifaaxiaXog öi tu fi^y", tlg o luiaia lußuU.tiat, womit Ammonius und Thomas .Magister übereinstimmen. Verschiedenartige Glossen bat das Etym. Magn. p. 789, 5. Vgl. noch Paul. Diac. p. 223 M. jmscnln appcUanI Gracci, quas vulgus periis viicat. Non. p. 151, 10 piisccoUit:, ex nliila siicculns. Der Sack, welcher auf einem Vasenbild, das eine Büslung zum Kampf auszie- hender Krieger darstellt, an der Wand hängt (mus. Greg. II, 81, 2) ist vvol in diesem Sinne zu erklären. Ein anderer Ausdruck für das Gepäckbchällniss war OTQiüftajoöia^ov (Becker Charikles I p. 70 f.). weil man das Gepäck oft nur in einem Fell zusammenschnürte (l'ers. V, 140. Petron. 102).

'") Baoul-Bochetle mon. ined. p. 311 hat damit sehr passend das Vasenbild verglichen, auf welchem Teukros sein Gepäck tragend vorgestellt ist, Gargiulu racc. II, 33. Ilaoul-Bocbettc mon. in. 71,

Inghirami vasi filt. 125.

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!i;il'^). Auf anderen VasenbilJeiii liat dieser Reisc- sack iiiclir die Geslait eines grossen, oben zuge- bundenen Beutels '"). Hier, in der Hand des Kres- pliontes, ist er fiir die Situation cliarakleristisch. Dieser muss aus dem Sclilaf aufgescbreckt zunächst an einen Raubanfall denken, und sucht tialier aut seiner Flucht auch den 8ack zu retten , weicher ansser anderen Dingen liöchst wahrscheinhcii die avayvcoQiatiaTcc enthält, an denen seine Mutter ihn erkennen soll.

Hiedurch scheint mir auch die Deutung des Innenbildes einer aus Tarquinii herrührenden Schale mit rotlien Figuren in der Berliner Sannnlung (no. 1601, hier Taf. LXVl, 2) sicher gestellt zu werden, l'^ine Frau im feingefältelten, doppellgegürteten Aernielchilon, die Haare mit einer breiten Binde umwunden eilt, in der Linken eine schwere Axl, mit vorgestreckter Rechten hastig auf eine Thür zu. Wem) man auch, wie iMillin sagt, bei einer mit der Axt bewaflnetcn Frau zunächst an die l'ori'tssima Ti/ndaridurum denkt, so wäre doch hier für Klytaimnestra die Situation wenig bestimmt aus- gesprochen. Eilt sie zum Morde Agamemnons? oder um Aigisthos beizustehen? In beiden Fällen wäre ein nicht bedeutender Moment gewählt. Da- gegen für Merope ist grade die Thür, auf welche sie zustürmt, bezeichnend; es ist derselbe Moment gewählt, welcher nach Plutarch die Menge in solche Aufregung versetzte, und wenn der Künstler sich auf eine Figur beschränkt sah, konnte er die Situa- tion gar nicht besser ausdrücken.

Wenn ich die Vereinigung Meropes mit ihrem

Sohne nach der Erkennung in der berühmten Lu- dovisischen Gruppe des Menelaos ") mit grosser Wahrscheinlichkeit wiedeizufinden glaube, so ge- scliielit dies wahrhaftig nicht mn dieser vielgedeuteteti Crupjie einen neuen Namen anzuheften '") Was Weicker kürzlich (N. l!li. Mus. IX, p. 27511.) fiir Winckelmanns Deutung auf Elektra und Orestes mit tiefer Empfindung für das menschlich Wahre und Schöne und die Auffassung und Darstellung desselben durch die alte Kunst eesact hat, ist für mich von so ergreifender Wahrheit, dass jede Er- klärung die davon abweicht innerlich unwahr sein muss. Ich glaube aber, dass meine Deutung und darüber spreche mein verehrter Freund um! Meister selbst das Urtheil allen jenen Anfor- derungen enls|>reclie und einen Punkt einfacher aufkläre. Denn sehen wir hier Meroj)e vor uns, die den vor ihrem eigenen MordLeil geretteten, von ihr wieder erkannten Sohn in den Armen hält und mit einem Gefühl, in dem sich Liebe und Freude mit der kaum überwundenen Aufregung des Zorns und der Angst wunderbar vermischen, ist das nicht der Moment, da ,,auf die erste erschütternde Be- wegung bei einer Wiedererkennung naturgemäss die ruhigere Freude folgt, worin man des Glückes geniesst, indem man sich fragt : bist Du es wirk- lich?" LTnd die treffenden Worte, in denen Weicker darauf die Bedeutung der Gruji])e zusammenfasst: „Diesen schönen Moment, worin die Geschwister aus dem Inneren heraus die Bestäti^une eines Glücks zu schöpfen verlangen, welchem äussere Umstände die höchste Wahrscheinlichkeit gegeben haben, nb-

"') In baccliischen Vorslollungcn sieht iiiuii hiiiilig, wie Satjni liiiil Mänadcn einen älinlicheii Sclilaucli in ilerscilien Weise Irngen z. 1!. nius. Burb. VI, 6. Inghir. vasi litt. fli). Panufiia über I'amphaios Taf. 3.

'") Auf (lern Kopf wird derselbe getragen auf den Vasenbildem bei Gerhard auserl. Yasenb. 217, auch wohl 0. Jahn arch. Beiträge Taf. 1 1 ; als Silz dient er bei d'Hancarville III, 5 und Raoul-Bochetle moii. med. 'M (Ingbirami vasi fitt. läl), mit welcher Vorstellung die auf der Miincliner Vase cS14 [als no. i unsrer Tafel erlaulcrungsweise beigefügt. A. (/. //.] merkwürdig übereinstimmt.

") Perrier 41. MallVi racc. Gi. 03. Sandrarl T. II, s. eleg. statt. 10. Miliin gal. mjth. 167, 617. Guigniaut rel. de l'ant. 239, 830. Clarac mus. de sc. 836, 2094. arch. Zeitung 1853, Taf. .50, 3. L'cber den Stil der Gruppe siehe Brunn, Geschichte der griechischen Künstler I, p. .VJSlf.

'") Die älteste Erklärung nannte die Gruppe I'iiyirins und seine Mutter; TUiersch (Epochen p. 295 f.) glaubte sie stellen eine

Sccne aus dem Innern des kaiserlichen Hofes, vielleicht Oclaoia und Miircflliis vor. VVinckelmann hat seinen MissgrilT I'hiiiihn und llippnhilus in der Gruppe zu erkennen durch die Deutung aut Elektra und Orcsl.es wieder gut gemacht (Werke VI, 1, p. 242 ff.), welche fast allgemein gebilligt worden ist; vgl. Raoul-Rochctte mon. iued. p. 116. Feuerbach val. Apollo p. 388 ff. Miliin, welcher in der descr. des statues des Tuilerics p. 7 eine andere Deutung auf An- (Irotnnche und Aslijaunx vorgeschlagen hat, folgt in der pal. mvth. der Winckelmann'schen. Die Behauptung von Schulz (rapp. intorno gli scavi l'iMupejani p. JOl): Poche fiijiirc dclV arte ijrecn rice- vettcrti l'ni tlel priuiijilu im tijHt tautft preciso e Jo conscrvn- rouo per tili le VepaeheileUn stör in ilellcarli, quatito Ja Peiielope; eil alla stessa currisponile pure la ilinnia iiel famosu yriippd sctilpitu tili Meuelau neJia vilta Luiluvisi, vitlijiirmeute itetto I^letlra con Urcsle, iiieiitreiilic ilee riferirsi » I'cnelupe e Telemacu wüsste ich nicht zu rechtfertigen.

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gleich sie völlig verscliiedencr iinJ knum noch er- innerlicher Gestalt einander verliessen, drückt die (irnppe recht hestimmt aus" behalten sie nicht ihre volle Geltung, wenn sie auf die Mutler mit ileni Sohn angewandt werden? Das äussere Kenn- zeichen des abgeschnittenen Haars erklärt Weicker als den Ausdruck der Trauer"), so dass „Elektra unter den Augen ihrer Muller durch diesen ihrem Gefühl so sehr gemässen Gebrauch zugleich ihrer wahren Gesinnung Ausdruck gab;" und „durch das kurz abgeschnittene Haar zur imglucklichen und im Druck der harten Mutter selbständigen und ent- schiedenen Elektra wird." Genau dasselbe gilt von Merope, die als die um den Verlust des geliebten (lemahls und ihrer Kinder trauernde {frislis Merope) lortwährend durch diese an den Tag gelegte Trauer die Abneigung gegen den ihr aufgezwungenen Ge- mahl und die unerschütterliche Festigkeit ihres Sinnes bewährt. Daher war für sie, die Gemahlin des Herrschers, das äussere Zeichen der Trauer in dem- selben Sinne und in noch höherem Grade charak- teristisch als für Elektra. Auch glaube ich in der Art, wie auf dem Wiener Vasenbilde das Haar der Merope behandelt ist, eine erkennbare Andeutung desselben zu finden. Folgen wir weiter Welckers schöner Darlegung: „Mit der Ehrfurcht eines Sohnes blickt Orestes auf die, welche erwachsen ihm als kleinem Knaben das Leben gerettet hat, sie blickt ihn wie mit mütterlicher Liebe an, die freudige lluhrung ist beiden gemein. Der Jüngere scheint gesjjannter zur Schwester aufzublicken, sie mit mehr Ruhe ihr Auge auf ihn zu heften, damit auch durch diese Art der Ueberlegenheit der Unterschied des Alters, nach dem hier angenommenen Verhält- niss, sichtbar werde. Durch die noch kaum aus dem Knabenalter geschritlne Jugend des Orestes wird zugleich das fast müllerliche Verhällniss der Schwester zu ihm und seine schon im Knaben mannhafte Enlschliessung und Kühnheit hervorge-

hoben." Dies ist der Punkt, der wie mir scheint, für die Deutung auf Merope den Ausschlag giebt. Denn wenn diese Auffassunsr des Verhältnisses der Elektra zum Orestes als eines fast mütterlichen .nuch zu rechtfertigen ist, so ist doch der Eindruck einfacher, befriedigender, wenn wir wirklich eine Mutter mit ihrem Sohne vor uns sehen. Das haben auch viele Ausleger gefühlt, nur fehlte ihren Deu- tungen das Grundmotiv einer Wiedererkennung zwischen Mutter und Sohn unter tragisch erschüt- ternden Umständen, und die Rechtfertigung der charakteristischen Haartracht. Beides gewährt, wenn ich mich nicht irre, die Deutung auf Merope und Kresphontes zu voller Befriedigung. Ob die Gruppe, wie Weicker anzunehmen geneigt ist, die Nach- ahmung einer aus der rhodischen Schule stammen- den, oder nach Brunn eine Originalschöpfung des IMenelaos sei, der ins erste Jahrhundert n. Chr. gehört, das will ich nicht entscheiden. Der Ge- genstand lässt beides zu, denn eine Darstellung pathetischer Gruppen nach Massgabe euripideischer Tragödien ist der rhodischen Kunstschule ange- messen. Allein das lebhafte Interesse, mit welchem Plutarch der Merope gedenkt, selbst die Erwähnung bei Ouintilian würden es erklärlich machen, wenn ein Künstler der Kaiserzeit sich diesen Gegenstand wählte.

Die Schlusskalastrophe, die Tödtung des Poly- ]ihontes, war auf einem der Reliefs im Tempel zu Kyzikos dargestellt; das darunter gesetzte Epigramm lautet (Anth. Pal. III, 5) : KQ£a(fnvTov y£v£ZT]v nicpvEg xo nÜQog, IloXv^övia,

xnvQidlrjg alnxov XitcxQa d^ehov fiiävai Olpe öe Ol näig tjxe qiöv^ ysvetij nQoaa/.tvvwv^")

xal as KaiaxTelvei /xctTQog tnig MsQÖnag. TOhvExce xal döqv n^^s fi£za(pQevf^>' a ö' luaqrjyEi,

ßQi!}v xazit xQOTäfpiov ßäxioov iQ£tdof.üva. Dazu die Erklärung 6 E l'/et KqeaffovTTjv avaiqovvtct nolv(f6vTT]v Tov nazQog ibv cpovia' tan öe xai Me-

■') Vgl. die Ausleger zu Eur. Ilcl. 367. Hcc. 837. Wytienljacb zu Plal. I'haed. p. 235. Becker Charikl. II, p. 200. liiilliger (kl. Sehr. II, p. 3.')5) cnnncrlc bei dieser Gruppe an das Epigramm des Dioskoridcs (:\nall. I. p. 500, 28. Autli. Tal. VI!, 37):

?i d' ^l't xtQotv zoi'()/,uoj, (x noli); ijäe öidicaxcti.Crjg ;

tiTi aoi 'AvTiyöi'rjV ilniTv ifClov, ovx tiv n/^ÖQtois,

ihe xcil 'JlKxTQUv (CfiifOTiQui yi'iQ tixQOV.

'") Hecker Coniin. cril. p. 3 liest aov und erklärt die folgenden I

Worte mit ctieäe tun jxilri opcm feretis, was nicht den richtigen

Sinn gielit. Jacobs vcrbesscrle i(6v<iv yn'erijijos t(/uviiov, venil

iit pntris ciiedcm ithiscereliir, «as die Worte nicht hcisscn können.

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^nnt] ßäxtQOv xazixovaa xal Gvveqyovaa %([ vi(( TTQog rijv zov dvögog exörifiiav {C>]fiiccv Jacobs). Das Opfer, welches nach Hygin die Veranlassung dar- l)ot, scheint liier gar iiiclil angedeutet gewesen zu sein.

Auf einer Vase, welche Tischbein gehörte "') (Taf. LXVI, '.]), ist neben einer ionischen Säule ein .lijiighng mit flallernder Chlainys und einem Helm auf dem Koiife ins Knie gesunken und e»'heht den Schild zur Abwehr gegen einen furchtbaren Schlag, zu dem eine auf ihn zueilende Frau, welche mit gesticktem Chiton, Ueberwurf und Haube beklei- det ist, mit einer Axt ausholt. Millins Erklärung, welcher auch hier Klytaimnestra erkannle, die Aga- memnon tödtet, ist von Feuerbach (vatic. Apollo p. 359), Raoul-Rochelle (mon. iiu'd. p. 138 f.), Over- beck (her. Gallerie I, p. 680) angenommen worden,

") Miliin pciiil. Je vas. I, 58. jjal. iiijth. 170, 615. Guigniaul 2S3, 828.

welche sich über die von der gewöhnlichen Ueber- iieferung abweichende Darstellung und die mir durchaus unzulässig erscheinende Annahme eines unbiirligen Agauienuion glauben hinwegsetzen zu können. Allerdings Tülkens Meifuing, welcher auch hier den von Merope bedrohten Kresphontes er- kennen wollte, ist mit Iiecht von Overbeck zurück- gewiesen worden; unmöglich konnte der Alte fehlen, welcher Merope im entscheidenden Augenblick zu- rückhält. Ungleich wahrscheinlicher ist aber VVeIckers Ansicht (griech. Trag. p. 835), welcher Merope er- kennt, die dem schon getrofl'nen Pohjphoiiies den tödtlichen Streich versetzt. Allerdiriirs ist dann eben- falls eine abgekürzte Darstellung anzunehmen, allein sie hat ihre selbständige Bedeutung, indem Merope nicht iiloss als die Helferin des Sohns, sondern selbst als Vollenderin der Itaclie hervorgehoben werden sollte. Leipzig.

Otto Jahn.

II.

Allerlei.

91. Agel.\das. Die viel besprochene Streitfrage über Jas Zeitalter dieses als Lehrers des Pheidias be- rlilmiten Künstlers, welche eine Zeitlang durch die An- nahme zweier Künstler desselben Namens beseitigt zu sein schien, eine in der Kunstgeschichte eben so übliche als missllche Methode, ist von Raoul-Rochctte (Lettre "a Mr. Sehern S. 173 f. 2. Ausgalie) wieder aufgefasst und auf einen Punkt hingeführt worden, welcher der Wahrheit gewiss so nahe kommt, dass man die Sache als abgethan an- sehen könnte, wenn nicht dieser Auffassung wiederum Widerspruch entgegengesetzt worden wjire. Es dreht sich die ganze Frage, deren Hauptniomente anzugeben uns die bihidige und vollst.-indige Auseinandersetziuig Walz's in einer Beurtheilung der genannten Schrift (Heidelb. Jahrb. 1845. no. 25. S. 393f.) überhoben hat, um die nach Mass- gabe der Zeugnisse angeblich constatirte Dauer der Lebens- zeit des Ageladas bis auf ehien Zeitraum von 110 Jahren, welche nun freilieh nicht gerade als eine Unmöglichkeit, aber als eine um so grössere Unwahrscheinlichkeit ange- sehen werden nniss, als eine solche Thatsache schwerlich lici einer so nandiaften Person unberichtet geblieben sein würde. Wenn nun bei der Unhaltbarkeit aller bisherigen Erklärungs- und Rechtfertigungsversuche es imupts.-ich-

lich darauf ankommt, die vom Schul, zu Aristoj)h. ihm. 50-1 gegebene Nachricht zu beseitigen, dass eine Statue des Herakles Ale.\ikakos von der Hand des Ageladas zur Zeit der grossen athenischen Pest in dem Stadtviertel Mellte aufgestellt worden sei, wodurch die Lebenszeit des Künstlers bis zu Oljanp. 87, 3 ungebiihrlich ausgedehnt wird, so sucht Raoul-Rochette diesen Umstand durch die Annahme eines Missverst.-indnisses von Seiten des Scho- liasten zu beseitigen, wonach derselbe nämlich durch den Glauljen verleitet, Herakles habe den Beinamen dliil/.uxiK; erst durch jene Pest erhalten, die Entstehung des Bild- werks selbst einer so sj);lten Zeit f.-ilschlich zugewiesen habe. Diesen Erklönuigsversuch halten wir nicht nur für scharfsinnig, w ie ihn Walz S. 395 bezeichnet, sondern auch der Sache so genügend, dass es uns nur Wunder nimmt, wie jener Deutung der beim Scholiasten überlieferten Nachricht Walz den Einwurf entgegen stellen konnte, dass die Verwerfung einer wohl beglauliigten Ueberlieferung eine Gewaltth.'itigkeit sei. Dem ist aber keineswegs so, indem jene Ueberliefenmg nicht verworfen, sondern nur dasjenige daraus entnommen wird, was wirklieh darin liegt, so dass die Annahme eines Missverständnisses nicht ein- mal nüthig ist. Denn der Scholiast sagt: Vaxt di i/.ii

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' Hgux'kiovg inKfavtaxuioi 'littiv ui.i^ixäxttv ro dt tov Hfjdix'i.iuvQ uyu'kftu l'jjyov 'Ayt^-udav Ttiv ^gyn'ov, tüv i\idaa/.üXov Otiilav i] di 'töyiaiq lytttro xuxlt rov iiiyuv y.oifiöv othif y.iu inuiauTO tj vuang nu'/.li'iv uv- :)gfi'in(oi' AnoV.vufi'(t)y. Kein Wort, also über die Zeit der Anfertigung der Statue, sondern nur die Angabe, wann und auf welclie Veranlassung ein solches Werk des Age- ladas in Melite aufgestellt worden sei. Ferner wenn die Weihung oder Aufstellung (idgrai?) noch wjihrend der Pest geschehen ist, wie der Zeuge behauptet, so ist es gar nicht möglich, dass bei der kurzen Dauer des Pest- zustandes in Athen ein solches Werk beschaffen werden konnte. JMan benutzte also ein schon früher vorhandenes Bild des Herakles, das vielleicht selbst unter dem Namen eines u).i'^i'xuy.og, eines schon vor diesem Ereignisse vor- handenen Prädikats des Gottes, schon früher bekannt war ; und nur die weitere Nachricht, dass von dieser Weiliung an die Pest aufgehört habe, verbleiljt der nnzeitigen Weis- lieit des Scholiasten. Vielmehr steht nichts der Annahme entgegen, dass als die Seuche nachgelassen, man dieses als eine Wirkung des geweihten Götterbildes angesehen und aus Dankbarkeit das Heiligthnm des Herakles in Melite von nun an zum Cultus eines Herakles (D.iii'/.uxoc erhoben habe.

Vorstehendes, vor geraumer Zeit geschrieben, bedurfte keiner Veränderung, seitdem ich gesehen, dass Brunn S. 67 zur Beseitigung der chronologischen Anstände sieh geneigt erklärt, mit Welcker und Müller die ganze Erzählung von der Veranlassung zur Weiliung als unbegründet zu ver- werfen. Mancher von demselben erörterte Punkt kann übrigens nur dazu dienen, etwaige Zweifel au der oben aus- gesprochenen Ansicht noch weiter zu heben. F. Osann.

92. Zeus als Tänzer, Ztvi; t,Q/(n'ftevog. Laut Athenäus I, 22 c. führt der Korinther Euinelos oder Arktinos den Zeus irgendwo tanzend in folgenden Worten an: f.iianoiniv d' wq/hto nii.Ti]g äi(){«wi' rt v^eo/v ti. Wenn ein Zeus als Tänzer selbst in den Augen derer die mit den Schätzen antiker Kunst nicht minder als mit den Zeugnissen antiker Religion vertraut sind, Befremden er- regen muss, so liegt hierin schon eine hinreichende Auf- forderung der fast anstössigen Erscheinung eines Tänzer Zeus eine nähere Prüfung zu widmen.

Der erste Gedanke, der sich auf Anlass dieses Verses uns aufdrängt, ist dass Zeus als Kind mitten im Waffen- tanz von Kureten oder Korybanten hier selbst tanzt. Da

Zeus auf Kreta geboren war, und diese Insel durch ihre Tän- zer (Arist. Ran. 1358) Berühmtheit erlangte, so läge schon hierin eine ]\Iotivirung für den Akt des Tanzes. Zur Unter- stützung Hesse sich nicht nur Lucian de saltatione 80, p. 31 anführen, der von einem Tänzer bei'ichtet, er habe des Zeus Gehurt getanzt und des Kronos Kinderverschluckung im Tanz parodirt: sondern auch der merkwürdige Tj'pus einer Mihize (Mon. dell' Instit. arch. I, XLIX A. 2. Ann. V, p. 125) von Maionia in Lydien, wo das Zeuskind unter Aufsicht und WafFeutanz dreier Kureten als Mui'ovtg (nuidoxüQoi, Kinderwärter) auf einer Art Thron sitzend sich schaukelt. Allein die letzte Hälfte des Verses „Vater der Götter und Menschen", sie müsste denn ironisch von dem Dichter gemeint sein, verbietet uns dieser Vermuthung Glauben zu schenken und bestimmt uns einem bjlrtigen bekleideten Zeus den Vorzug zu geben, mit dessen Würde sich freilich nur ein feierlich einherschreitender Tanz ver- tragen kann. Steht dieser Punkt aber einmal fest, so er- giebt sich auch ungezwungen, dass fitacfoiatv nur auf seine Brüder Poseidon und Pluton sich beziehen kami, in deren Mitte er auf gleiche Weise tanzt wie wir es bei Hören und Chariten alterthümlichen Styls zu sehen ge- wohnt sind. Fragen wir nun aber nach der Bedeutung dieses Tanzes der drei Brüder, so lässt ihr Charakter als grosse Gottheiten der Elemente, als Herren von Wasser, von Luft, von Licht und von Erde, wohl kaum eine andere Auffassung zu, als dieselbe kosmische Idee der Folge und des Kreislaufs, welche dem Tanze der Hören zum Grunde liegt, auch auf den Tanz dieser Zeustrias überzutragen. Zu besserem Vcrst.'indniss dieser Auslegung des merkv^ür- digeu Verses Hesse sich auf einem Basrelief der Villa Al- hani (Zoega tav. 112. Müller D. a. K. XXTV, 258) ein Altar geschmückt mit dem Relief der drei Zeus herbei- ziehen, die, ein jeder mit Skeptron als Herrscher, aber in der Tracht hinreichend individualisirt, in feierlichem Tanz nach einander einherschreiten. Allein von einem Altar, den schon Zoega als Werk moderner Restauration bezeichnete, O. Müller dagegen in Schutz ualnn, wagen wir der Autopsie gegenwärtig entbehrend um so weniger Gebrauch zu machen, als die Figuren des Zeus und Poseidon von denen der Zwölfgötter-Ara ziemlich treu kopirt scheinen, und in der ungeschickten Haltung des Zeusscepters sowie in der Dra- pirung des Pluton, wozu ein A'orbild fehlte, ein der Antike fremder Geist des Künstlers sich deuthch genug verrJlth.

Th. Panofka.

Hiezu Tafel LXVl: Merope^ Vasenbilder verschiedener Sammlungen.

Herausgegeben von E. Gerlturd.

Druck und Verluü; von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zieitutig, Jahrgang XU. J^ 67 bis 69. Juli bis September 1854.

Tydeus und Lykurg. Komiker und Koniödionsccnen. Allerlei: Fussbedeckung; Buzyges; Differenz der Dioskuren;

die Ilimmelssäulen Homer 's.

Tydeus und Lykurg.

Iliezu die ALbiklungcn T;if. LXVIl. LXVIII.

-nlLls icli in den Berichten der königlich sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften (1853 p 21 ff.) eine Reihe von Vasenbildern auf den Kani]if zwischen Tydeus und Lykurgos bezog, der nach dem Tode des Üjiheltes zwischen ihnen entbrennt, weil dieser Hypsipyle mit dem Tode bedroht'), zweifelte ich nicht, dass sich noch andere Gefässe finden würden, welche diesen Gegenstand vorstellen, mit dem sich vorzugsweise die ältere Kunst nach Massgabe der epischen Ueberlieferung beschäftigt hat. Bei ge- nauer Untersuchung der Vasensammlung König Ludwigs fand ich eine Amphora mit schwarzen Figuren aus der Candelorischen Sammlung her- rührend (no. .3.30 s. Tafel LXVII), welche denselben Mythos in eigenthümlicher Weise vorstellt").

Zwei bärtige Männer im weissen Harnisch^), mit einem lorbeerbekränzten Helm *), Schild *) und Heinschienen bewaffnet, treten einander mit dem

') Die schriftlichen Notizen beschränken sich auf die Angabe des Pausanias (III, 18, 3), am Kasten des Kypseios sei dargestellt "ASQaaioi ä'l xni TvSivi'A^q lüquov xu\ Avxoviiyov ibv TIqw- vaxTog l^tt/>]i xiaancivovntv, wu die Namen vertauscht sind, und die Erzählung bei Stalins (Theb. V, 060 IT.), wo Ljknrgos ihat letumque inferre jmrnbnt ense furens rapto, venienti Oencius herns impiger ohiectn proturhnt peclorn pnrmn, nc simnl infroiilciis ,.si$te hunc, vesnne, furoreni, (luisquis CS." et pnritcr Cripnnvus inerifuc redncto (lilfuil /lippomcilim rcctoqiw Urijtnrintliius CHst', (11 iuoeuem 7nullo pcrsiringunt luminc: al indc ni/rcstum pro rege 7nnims. quus inier Adrastus niitior et sociae veritus commercin vittnc Amphiarnus itit „nc quricsu, absislite fcrrn!"

gezückten Schwert in der Rechten drohend entge- gen, beide werden von je einem Jüngling und einem Greis vom Kampf abgehalten. Die beiden Jüng- linge sind nackt und mit Lorbeer bekränzt, jeder hält mit beiden Armen den rechten Arm des Krie- gers gepackt und schreitet um den fortstürmenden aufzuhalten nach der entgegengesetzten Seile hin fort. Von der Mitte her stellt sich jedem der Gegner ein Greis mit weissem Haar und Bart im langen Chiton und Ueberwurf entgegen, er lehnt sich über den Schild, fasst zugleich den linken Arm des Kriegers und sucht so mit der äussersten An- strengung den Kampf zu verhindern. Oben hängt eine Binde.

Dass hier derselbe Gegenstand dargestellt sei wie in den früher besprochenen Vasenbildern ist wohl nicht zu bezweifeln und wenn die von mir gegebene Erklärung für jene richtig ist, wie ich auch jetzt noch glaube, so wird sie auch hier An- wendung finden. Der erhebhchsle Unterschied ist der, dass beide Krieger bewaffnet sind, was aller- dings die Situation nicht so bedeutend charakterisirl, wie auf jenen Vasenbildern der plötzlich aus-

') Die Malerei des Gefässes ist sorgfältig; die Lorbeerkränze sind mit einem spitzen Griffel in den schon gebrannten Thon ein- gravirt worden. Auf der liiickseile ist ein bekränzter Jüngling im langen Chiton und Mantel vorgestellt, der die DoppelOote bläst, von fünf Jünglingen umgehen.

'} Dies findet sich auch sonst auf Vasenbildern, (Gerhard auserl. Vascnbilder 49. 63. 227. D. de Luynes peint. de vas. 12; Mon. ined. d. inst. 11, 9. R. Rochette mon. incd. p. 84). Auf der pompe- janiscben Mosaik hat Alexander einen weissen Harnisch.

■') Der eine hat als Zeichen einen Skorpion, was für die Deu- tung keinen Anhalt giebt.

'-) Eben so mus. Greg. II, 50, 1 a.

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brechende Streit dadurch bezeichnet wird, dass die Gegner nur mit dem Schwert in der Hand auf ein- ander losstürmen; allein für wesentlich kann ich diese Modification nicht halten, da namentüch für die ältere Kunst der gewissermassen natürliche Zu- stand der Helden der ist, dass sie gerüstet sind. Ebensowenig macht es einen irgendwie befremden- den Unterschied, dass zwei Greise sich den Wüthen- den entgegenwerfen. Theils sind diese offenbar ge- wählt um den pathetischen Ausdruck zu erhöhen, theils um bei der streng symmetrischen Anordnung der Gruppe zugleich für Abwechslung zu sorgen. Es war aber natürlich, fast nothwendig bei dieser Composition, dass die bärtige Gestalt, welche auf den anderen Vasenbildern in die Mitte tritt, hier fortgeblieben ist. Zu bestimmten Namen gelangen wir auch durch diese Darstellung nicht; die Frei- heit, mit der das Hauptmotiv, welches Epos und älteste Kunst überliefert hatten, in den verschiede- nen Vorstellungen ausgebildet ist, macht es viel- mehr wahrscheinlich, dass die Künstler hiebei ihren Eingebungen und nicht mythischer Tradition folgten. Nicht mit gleicher Bestimmtheit möchte ich jetzt die auf beide Seilen eines schönen chiusinischen Ge- fässes mit rolhen Figuren ") vertheilten Kämpfer auf diese Sage beziehen, während sie mich beim ersten Anblick lebhaft an jene Scene erinnerten. Ein Jüngling mit einer Binde im Haar, die Ciilamys zum Schutz über den linken Arm geworfen, schreitet mit gezücktem Schwert rasch angreifend vorwärts. Auf der anderen Seile ist es ein bärtiger Mann mit einem breitkrämjiigen Hut, der ebenfalls die Chla- mys über dem linken Arm vorhallend, in der Rech- ten das blosse Schwert, sich nach dem angreifenden Jüngling umsieht. Beide sind mit sorgfältig aus-

") Taf. LXVUI; jetzt in Berlin no. 1936. [In Chiusi im Jahr 1846 von mir gekauft. Vgl. Neucrworbne Denkm. III, S. 91.]

■■) Das + scheint mir hier wie auf der Vaseninschrift bei Gerhard auserl. Vasenbildcrn 148 -^SEXEV^, ferner mus. Borb. X, 63 +F2iI2, Millingen anc. uned. mun. I, 12 +fI[2:AN kein Buch- stabe, sondern nur eine Art Inlerpunclions- oder Trennungszeichen.

") Ich fragte Prof. K. Keil um Rath und theilc seine Antwort mit, da ich denselben Einfall und dieselben Bedenken gehabt hatte. „Für den Liebhaber -^-ZVNNONir weiss ich keinen Rath, falls nicht ^IvvvoovvTi oder Swvo'jvvti möglich sein sollte. // könnte TI genesen sein und 2:vvvoü)v ist Ihnen aus Paus. VI, 9, 1 be- kannt. Schwierigkeit aber macht das einfache O. .Nach Ihrer An-

geführten Schnürstiefeln bekleidet, wie sie auch auf einem der von Birch publicirten Vasenbilder sich finden. Was mich jetzt etwas bedenklich macht, ist nicht sowohl der Umstand, dass alle Personen fehlen, welche die Kämpfenden auf den anderen Darstellungen mit solcher Anstrengung zurückzu- halten bemüht sind denn ein Herausheben der Hauptfiguren aus einer grösseren Gruppe ist nament- lich auf den Gefässen nicht seilen, welche auf jeder Seite nur mit einer Figur geschmückt sind ; allein der bärtige Mann scheint hier mehr sich gegen den Angriff des heranstürmenden Jünglings verlheidigen zu wollen, als selbst ihn mit gleicher Wulh anzu- greifen. Indessen ist es wohl denkbar, dass der Künstler durch diese Modification seinen Figuren einen lebendigeren Ausdruck geben wollte, da die Nebenfiguren ihm fehlten.

Interessant sind auch die Inschriften, welche offenbar mit einander zu verbinden sind ^laif.ilör]s xakog doxEi ^vvvov . . '). Den letzten Namen, welcher im Dativ stand, habe ich nicht mit Bestimmtheit er- gänzen können, und lasse es dahin gestellt, ob es ein männlicher oder weiblicher war"). Unter den verschiedenen Formeln, mit denen xalog auf den Vasen erscheint, ist xalog doxsl zwar ungewöhn- lich aber nicht unerhört "). Dass auf der viel be- sprochenen Vase von Locri KA^E JOKE^ d. i. xaXi] öoxsig zu lesen sei, ist wohl jetzt ausser allen Zweifel gesetzt '"). Auf einer Vase des brittischen Museums (cat. I, 668) bei Weicker alle Denkm. III, Taf. 36 ist unter undeullichen Schriftzeichen xalog öoxeI zu erkennen, daneben val, auch gegenüber ' scheint doxsl noch kennthch. Bekannt ist auch das xalog xocfiol öoxtl der Münchner Dorotheosvase (.334. Mon. ined. d. inst. I, 39). Ganz entsprechend ist end-

gabe bleibt für die Vermuthung, auf der Vase habe ein doppeltes OU {oov) gestanden, keine Wahrscheinlichkeit. Dass jedoch Zuvvoiüv die obliquen Casus auf oüvTog gebildet habe und am Ende ein :iluvvo)vxog zu ertragen sei wie 'EQ/JoxQÜiv, wvrog für 'Equoxq^cov, ovioj (l.chrs Ilorod. p. 25) däucht auch wenig gUiublicb. +^, wenn + nicht Inlerpnnctionszeichen ist, für S käme mit der übrigen Schreibweise wohl überein."

') Am nächsten ist wohl das nicht seltene xcdog it, siehe arch. Zeitung 1852 p. 415.

'") Neapels antike Bildwerke p. 352, 61. Köhler in Bottigers Amalthca I p. 300 (ges. Sehr. V p. 100 f.). Osann cbend. II p. 274. Bückb Fragm. Pind. p. ä09.

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lieh die Inschrift (C. I. Gr. 541) eines Ziegels, welche der Arheiler vor dem Brennen in denselben einge- kratzt halle (Pouqueville voy. IV, p. 74) 'Innevg xalog !AQiaTO/iir'jÖEi Soxel.

Le\\)7.\g. Otto Jahn.

II.

Komiker und Koniödienscenen.

Hiezu die Abbildung TaM lAIX.

Bei seinem letzten Aufenthalt in Neapel im Jahre 1845 erwarb Hr. Gerhard die in Fasano, dem alten Gnalhia, ausgegrabne, gegenwärtig für die Terra- coltensammlung angekaufte und unter no. .5078 inventarisirte, aber in den Katalog noch niclit auf- genommne, mit Spuren rolher Fiirbung noch ver- sehene Terracotte (no. 1) eines homischeti Schau- spielers, der eine Frauenrolle darstellt, wie das unter aufgeschürztem, gefaltetem langen Frauen- chiton durchschimmernde männliche Glied unzwei- deutig verrälli. Abschreckend erscheint bei kahler Platte seine Gesichtsmaske, in der die Hässlichkeit eines altklugen Weibes mit der den Spötter ver- rathenden Stumpfnase {Gi/.wg) besondre Beachtung verdient. Im Weggehen von der Scene begriffen, wendet ihr Blick sich noch dem zurückbleibenden Schauspieler zu, der die Holle des dem Trunk er- gebnen Dichters Kratinos spielt; auf der linken Schulter trägt sie Tropäum-artig die Weinamphora, welche sie diesem ihrem Maim Kratinos nicht ohne Mühe entrissen hat, und in der Rechten in gleichem Sinne den beim Symposion unentbehrlichen Kranz, ebenfalls als Beute aus dem Streit mit ihrem Ge- mahl. Es wird genügen, diese Terracolle mit dem dieselbe Koinodia spielenden Schnusjtieler auf dem Oxybaphon no. 1950 des königl. Museums und mit meiner jenem Vasenbild beigefügten Erklärung Arch. Zeit. 1849 no. 4 u. 5, S. 33—38, Taf. IV, 1 zu ver-

gleichen, um sich zu überzeugen, dass die gedachte Figur die unmittelbar auf das Vasenbild mit dem Kampf um die Weinamphora folgende Scene der siegreich abziehenden Komodia darstellt. Der Um- stand, dass unsere Terracotte von demselben Fundort Gnathia wie die Vase herrührt, lässt fast schliessen, dass ein Schauspieler dieser Stadt in dieser Rolle Glück machte; jedenfalls müssen wir dem gün- stigen Zufall CS Dank wissen, dass durch den wis- senschaftlichen Eifer zweier befreundeter Arclüio- logen zwei so werlhvolle Zeugnisse aus dieser geistreichen Komödie des Kratinos in demselben königl. Museum nunmehr vereint sich beßnden.

Wie die Terracotte von Gnathia die Komodia, so vergegenwärtigt eine hier gleichfalls in Zeich- nung vorliegende Gemme der Kestnerschen Samm- lung (no. 2 anderthalbmal vergrössert), einen komi- schen Schauspieler auf einer altarähnlichen Basis {ßrjfia) sitzend und einen Hymnus zum oblongen Saiteninstrument, Barbitos, absingend. Das unge- wöhnliche Attribut einer neben ihm sichtbaren Wein- flasche berechtigt wohl zu der Vermuthung, dass der Komiker die Rolle des Dichters Kratinos in demselben Stück „die Weinflasche" übernahm, und zwar hier die Scene spielt, wo Kratinos grade zum Beweis seines grossen Dichtertalents und zum Con- trast mit seiner jetzigen zum Dichten unfähigen Trunkenheit einen Hymnos erhabensten Schwunges anstimmt. Glücklicherweise hat uns Aristophanes und sein Scholiast für diese Scene, welche unser Gemmenbild wahrscheinlich veranschaulicht, die schätzenswerlhesten Aufschlüsse hinterlassen; sie lauten (Aristophanes Ritter .526 534 '), übersetzt von Hieron. Müller) folgendcrmassen: Auch ermuer' er sieh des Kratinos, dereinst von der Fülle des

Ridimes erschwellend Durchstrümete kühn er das flaclie Gefild, fortbrausend ent-

reisst ihrem Boden Platanen er, rafft Eichstämme dahin und entwiu'zelt die Ges-

ner von Gnmd aus,

') fii« KQtntvov u(/AVt)/j(vos, of no).i.(ö ()fviJiii nor' inaCvcp alte TO/i' uifihöv TiiSCuiv f(i(/f', xai xi\i ajuatw; TTCinuaiiQoiv l(f6n(i inj änvg xtü litq Tri.ctjtivov;, xal joii; i/Oooi/g nno-

&(i.vuvovs' «acii ä' ovx ijv tv 'ivunoa(o> n).T]V, JojqoI ovxondile,

xcu, ifxiovH tviinXtiixtov vfivtoV oCrwf i]v9t]aiv ixiivoi' vvrl ä' rjufT; ctvrov öpwi'rf? n«p«yl.j/poiJj'i' ovx iXeeTje, IxTTiTirovaiüv jmv iiKxrniav, xa) rov jovov ovx' li' fvovTo;, iiöv J' nofioyiüv ihnxdoxovaüiv' tii.Xü yiQiov üiv TTfpi^cipfi, dJsniQ Kovvüi, axiifavov ixlv l/tov aiiov, dCipei <J' iiTioXmlü;.

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Auch tönte bei Schmausen kein anderes Lied als „Feigholz- schuhige Doris", Und „Ihr Meister des künstlich gefügten Gesangs"; so blü- henden Ruhmes genoss er. Nim aber Ihr jetzt sein Gefasel vernehmt, schenkt Mitleid

ninmier dem Greis Ihr, Da der Wirbel entfiel seiner Leier, nicht mehr wohllautend

ertönt die verstimmte, Aus den Fugen gelöst: so schleichet denn nun umher der er-

grauete Dichter, Als des Komos Genoss mit verwelkendem Kranz, sich in quä- lendem Durste verzehrend. Hiezu bemerkt der Scholiast ^) : denn Kratinos rühmte sich auf folgende Weise in seinem Stück „die Weinflasche":

„O Fürst Apollon, über meiner Verse Strom! Die Quellen schmettern, und zwölfstrümig ist mein Mund; Ilissos in dem Schlund; was sag ich weiter noch? Denn wenn nicht einer bald verstopfet ilmi den Mund, Ueberschwemmt er mit Gedichten alles dieses bald."

Deswegen nämlich sagt auch Aiistophanes dies über Kratinos, oder er sagte „strömend'^ spottend auf das Ilineinwüssern (evovQelv) des Kratinos. Dass diese Weinflasche aucli zur svovqtj- S^ga dienen konnte, beweisen auf voicenter Trink- schalen mit dem Bilde von Symposien, Gefässe ähn- licher Form, die vor den liegenden Gästen am Boden neben Stiefeln aufgestellt sind.

Hiemit in Uebereinstimmung erklärt Hesychius das Wort nvzivrj nicht blos als eine mit Bast oder Weiden umflochtene Weinflasche, sondern auch als q a/ut'ff. Der Name hängt vielleicht mit nvtü^u), spuio häufig spucken, eine aus dem Mund genom- mene Flüssigkeil, auch gekosteten Wein, aussprützen, zusammen, insofern die nvtlvrj wie zur «ju/g, so gleichzeitig als Spucknapf beim Symposion gebraucht wurde. Die Tarentiner nannten sie ßvTLvrj (bou- teille), das Hesychius s. v. durch Xäyvvoq rj a/^ig, Taqavüvoi, Ijyovv ata^iviov (s. m. Abb. Dionysos und die Thyaden S. 44. 45) richtig erklärt. Hiebei

') Scbol. ad V. 526:

livu'i "AiiuU.ov, tiJiv inüiv liöv (livfuaoiv y-uvti/roüat nriyuC' tjuiätxu XQOVviJöv aiüfia' 'D.tanoi (v if.uQvyyi' iC av ttnoifj.' hi; (l urj yun inißüaii zu ctvtov ro aiöfict, itjiityiu Ktijjic xuiuxlvati noirjucoiv.

sind die kleinen, wie beim Stamnos mitten am Bauch Henkelstelle vertretenden zwei Oehre nicht zu über- sehen, die Aristophanes Av. 798 witzig als mequ nvTivaia Flügel der Weinflasche bezeichnet. Die Verse 797 u. f. lauten :

a^' vnönzsQOv ysviad-ai- navzög Igtlv a^cov; iog ^iiTQE(p^g ye. nviivcäa [.lövov l^wi» msga fjqiiyi] q>vla(t%og, el&' 'iTinaqxog, eld-' ovöevog /.leyäla ngdztEi, xaazl vvvl ^ov&dg InnalexTQVwv ^).

Denn die von Euphronios gegebne Erklärung, dass Aristophanes die ifiavTagia die kleinen Riemen am Hals der Flasche hängend titsqÜ Flügel genannt habe, verwirft der Schohast mit Recht als uner- wiesen, bringt aber selbst höchst Unbefriedigendes zur Stelle.

Ebenso unzulässig halte ich Schneiders Aus- legung dieser yrire^a Tivrivata, „die Aristophanes im Scherz so nennt, weil Diitrephes durch sein Ge- werbe als TtvTLvonXöxog reich geworden war". Es entging dem Lexikographen die Anspielung des Namens Diitrephes auf Dionysos, welcher bekannt- lich unreif von Semele geboren, in dem Schenkel des Zeus aufgenommen und genährt ward bis zu seiner Reife, und daher als fir]QOTQa(f>']g (Strab. XV, p. 687) und JwyEv^g bezeichnet wird. Hesychius erklärt J lOTQEcpäiov richtig durch Ix tov Jiog sXxöv- Tcov t6 yevog. IMit tvelchem Dionysos vergleicht aber Aristophanes den Diitrephes? Die kleinen Flügel weisen uns auf den jugendliciicn Dionysos Psilas in Sparta hin, dessen Beflügelung Pausanias (III, 19, 6) richtig von der heiteren, vogellcicht machenden, Erhebung, welche die Sterblichen dem Wein verdanken, herleitet. So deutet die tivtivtj mit ihren Flügelhenkeln auf den jungen Dionysos Psiias mit Flügeln, von dem Diitrephes, auchDiotrephes(Od. 15, 14), seinen Namen herzuleiten berechligt war.

Zu den vorzüglichsten Werken griechischer Tbonplaslik gehört gewiss ein in Etrurien ausge- grabner') Komiher (no. 3. i), dessen ausdrucksvolle

■^) Nach H. Müllers Uebersctzung: Wie giflits also Wünsclienswerlhrcs, als dass Flügel man bekümmt? Nur aus Korbgcfleclite Flügel trugen den Diitrephes, Und er ward lliunicister, ward dann lleiterobrist, dann, aus Mchts, Ein gewaltig Angcsehner, ist ein schmucker Rosshahn jetzt.

'') Gegenwärtig in der TerracottensammUmg des kgl. Museums unter no. 152 (323) ausgestellt. [Aus Gerhards Ankäufen].

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Maske ihn ebensosehr als der Faltenwurf seines Gewandes mit dem er drapirt ist, vor hunderten seiner Genossen vorlheilhnft auszeiclmet. OITenhar halle der Künstler ihn ursprünglich sitzend darge- stellt .'Ulf einer Basis oder vierecktem Altar. Zu nützlichem Vergleich empfehlen sich Marmorstatuen ühnlicher Komiker bei VVieseler, Thealergebäude Taf.XI, 8,9, 10, 11 und Taf. XII, 5, zumal ihre Be- stimmung, den Schauspieler in einer mit besondrem Beifall aufgenommnen Rolle zu verherrlichen worauf wohl auch der Kranz in der Hechten einiger derselben hindeutet schwerlich sich verkennen lässt und mit der gleichen Absicht unsres Bildwerks gar wohl übereinstimmt. Die Art aber wie sich der Komiker uns vorstellt, ist so eigentliümlich, dass unter den vielen Schäuspielerbildern, welche Hr. VVieseler in dem fleissigen und verdienstlichen oben genannten Werk veröfl'enllicht hat, nicht eine ein- zige sich entdecken liisst, die unsrer Terracotte in Kücksiclit auf Stand und Handlung nahe käme, irre ich nicht, so stellt unser Schauspieler einen Redner^) vor, weshalb die Art seiner Drapirung genau mit der der berühmten Aeschinesstalue im Neapler Museum übereinstimmt. Den Altar, auf dem er sitzt, halle ich für den des Zeus Agoraios '^j, entsprechend einem gleichen, aber lodernden, mit der Umschrift Jiog Ayoqaiov auf Münzen von Nicaea in Bithynien (Mionn. II, 4.31, 216). Erinnern wir uns ferner an des.Phnius (N. H. XXXV, 11, 40) Worte betreffend des Timomachos Gemäkle zweier Redner im Begriff zu sprechen, der eine ste/ieud, der andre sitzend (aeque laudantur . . . palliati quos dicturos jiinxit, alterum stantem, alterum sedentem), so gewinnen wir am kürzesten eine befriedigende Erklärung fur imsre Terracotte. Sollte dies Bild- werk etwa den Kleon in den Kittern des Aristo- phanes ') ims vergegenwärtigen, welcher v. 416 sich selbst einen Kvvoxa(pa?.og Ilundshö/jfigen nennt,

') hro; Ti]V ZiiQc 'iy,(iv Aeschin. in Timarch. p. 52. Duris :ip. l'lut. Plioc. i. ovä' IxTos f/oiTK rijv XfiQ" rijg niQißoXrj;.

') V, 956: Xt'iQog xe^^vus Inl n^iQas iSti/xriyogäv.

■) Arist. Equ. 410.

■*) Nach einem von Hrn. Dubois im Jaliie 1828 mir in Paris geschenkten Pasicnahdruck.

") Guri Inscr. anl. T. I, T. V, no. 5 als Portraithild des Sokrates anfgcfasst.

ein Beiwort mit dem die Maske unsres Komikers wohl nicht in Widerspruch steht?

Die Keilie anziehender Komiker schliesse ich mit (no. .3) einem Genmieni^ild "), worauf ein komischer Schausj)ieler, vor dem Gesicht eine kahlköpfigeSilen- ähnliche Maske, wie es scheint mit langen, spitzen Thierohren tragend, in langer schwerer Bekleidung, einen glatten oben mit Schellen versehenen Stab in der Kechlen, die Syrinx in der erhobenen Linken haltend und sjjielend, uns entgegentritt. Die gleiche (no. 6), nur in kleinerem Massslab gravirte Vor- stellung desselben Komikers in der Gallerie zu Flo- renz"), auf welcher die Syrinx, wohl nicht bestimmt genug auf dem Original, als Bartlockenreihe |nibli- cirt ward, an der seine Linke spielt, gewährt durch die rechts längs der Figur sich herabziehende In- sclnift QiYAA^Al^") ein erwünschtes Licht für beide Gemmenbilder. Denn gestützt auf der bisher missverstandnen") Florentiner Gemme griechische Inschrift (pvld^ai (bist du ivtich?) und im Hinblick auf der andern noch unedirten Gemme schwere Bekleidung, Stab, Syrinx und besonders auf den Schellenzug, welchen der Komiker hält, gewinnen wir hier unerwartet ein klares Bild jener Beamten, die in Athen, Sikyon '^) und anderwärts, Wucht- meister nsQinoloi betitelt, des Nachts patrouillen- arlig die Wachen (cpvXaxäs) besichtigen mussten, ob sie nicht schliefen und mit Hülfe einer Klingel oder wohl auch solchen Schellenzugs diese Prüfung an- stellten, indem die Wachen ihnen darauf vermulb- lich die Parole entgegenriefen. Die Belehrung über diese Beamten verdanken wir dem Arislophanes (Vögel V. 811 u. 842) und besonders seinem Scho- liasten in Uebereinstimmung mit Hesychius v. xw- öcuvrjaag und v. xojöwvijaai, welcher letztere von dieser Sille den Ausdruck aufkUngeln für ver- suchen (doxifiaaai, dianeiQÜaui), prüfen herleitet. Während unser Schellenzug an die gleichen Hals-

"•) Entweder stand 'I'V^iAS.lI uder wirklich -^l'V.d.l^AI mit aus Nachlässigkeit des Künstlers vor dem ^ vergessenen X.

'•) Wieseler Thcatcrgeliaiide Taf. XII, 24 deutet die Gemme „wegen Inschrift und Darstellungen, welchen man abwehrende Kraft beimass, Masken und auch ganzen maskirten Schmispielern (? quod erat demonstrandum!) als Amulct."

'•) Plut. Arat. 7.

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bänder von Maulthieren, Eseln und Böcken erinnert, zeigt uns eine Silbermünze von Katana ") einen Klin- gelzug (no. 7) vor einem lorbeerbekränzlem Kopf, während auf der Rückseite einer Frau auf spren- gender Quadriga eine schwebende Nike einen Kranz bringt.

Wenn wir aus einer leider verstümmelten Stelle des Epicharmos bei Athenäus L. VI, p. 236 entneh- men, dass diese Peripoloi des Nachts auch verdäch- tige Leute auf der Strasse aufgriffen und geissellen: so wird hierdurch der Gebrauch des Stockes so- wohl als der Sijrinx gleich der Pfeife heutiger Nachtwächter offenbar zum Nothpfiff als Hülfe- ruf, auch in Folge ausbrechenden Feuers, hinläng- lich gerechtfertigt. Erst wenn man dieses Nachl- gebrauchs der Syrinx sich bewusst ist, vermag man von des Euripides Rhesos v. 553, 554:

avQiyyog läv xataxovco sich vollständige Rechenschaft zu geben. Fast scheint es als trüge der Peripolos über der rechten Schulter nach beiden Seiten eine Art Sack, dessen Ende noch unter dem Arm zu sehen. Sollte dies einen Beiisacli vertreten? etwa zufolge des Aristophanes oben erwähnten Versen, Vögel 841, 842: „Stell Wuclien ans, lass nicht ausgehn des Feuers

Gluth,

") Duc de Luyncs Choix de M6d. PI. VIII, 4. Raoul-Rochetle sur les nonis de graveurs PI. I, 8.

") Raoul-RocUettc 1. c. PI. I, 10. Duc de Luynes 1. c. PI. III, 23. ' ■) Duc de Luynes PI. IV, 1.

Halt mit dem Glöckcken Runde, schlaf auch ein

dabei." Hesychius v. xcodavrjaat, bedient sich für das Er- tönen - lassen dieser Schellen des Ausdrucks zovg xwöcovag sxqotovv als Synonym von diiaecov, das er v. 7ca)Sü)vo(poQiöv gebraucht. Irre ich nicht, so vermag dieser Ausdruck einiges Licht auf die Sil- bermünzen ") von Kroton (abg. als no. 8) zu werfen, welche in mehr als einem Typus '^) einen ähnlichen Schellenzug mit dem Dreifuss in enger Verbindung zeigen. Dass aber diesem eigenlhümlichen und auf Kunstwerken seltnen Sinnbild eine tiefere Symbolik als die blosse in xqotsio liegende Anspielung auf Kroton zum Grunde liegt, werden diejenigen wohl J einräumen, welche den Dreifuss als Sitz Orakel- gebender Gottheiten und Prieslerinnen anerkennen und zugleich das Schellen- oder Glockenspiel des Orakels von Dodona nicht vergessen haben. Zum Schluss fordert die Erscheinung unsres mit Syrinx und Schellenzug versehenen Komikers in seiner silenähnlichen Maske noch zum Vergleich eines Vasenbildes '') auf, wo dem jugendlichem, mit Frucht- schale und Kranz in der Linken, Thyrsus in der Rechten einhertanzenden Dionysos ein bärtiger, bocksbeiniger Pan mit Syrinx in der erhobenen Linken und Klingel") der gesenkten rechten Hand voranschreitet. Th. Panofka.

'") Tischbein Coli, of Engiav. T. I, 43. Wieseler Denkmäler alter Kunst II, 539.

') Zu einer gründlichen Monographie der Klingel hatte ich be- reits im Winckelmannsprogramm 1847 „Zeus Basileus" S. 12 auf- gefordert.

III. A 1 I

93. FussBEDECKUNG. Li der alten Kunst muss man rlcii Figuren nicht nur auf die Hilnde, sondern auch auf die Fitsse sehen. So habe ich auf dem berühmten Krater der Münchener Sammlung ') den Jason daran erkannt, dass er als Thessaler durch schöne Fussbedeckung sich aus- zeichnet, wiihrend die grosse Zahl ancber Argonauten da- selbst baarfuss erscheint. Aus derselben Beschuhung

') Dubois-Maisonneuve Introduct. ii l'etude d. Vas. pl. XLIV. Ann. d. Inst. arch. 1848 Tav. d'agg. G. p. 168.

1

schöpfte ich ftir Vasenbikler des Theseus und Peirithoos, xon denen nur einer Fussbedeckung zeigt, die Belehrung, dass dies nur Peirithoos als Thessaler sein könne '). Gleiche thessalische Nationalsitte bestimmte den Maler der berühmten Schale des Sosias im Innenbild den Achill im Gegensatz mit Patroklos beschuht darzustellen. Auf ähn- liche Weise vermochte ich den Zwiespalt hinsichtlich der

') Gerhard auserl. Vasenb. III, 154.

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berühmten behelmten Marmorstatuc hii Lou^Te'), ob sie den gefesselten Ares, oder den nur an der Ferse verwund- baren Achill darstelle, zu Gunsten dieses letzteren zu ent- scheiden; indem dieser eiserne Reif laut den griechischen Le.\ikogra])hen bisweilen auch als das Band, welches Läufer und Springer zum 'V'erhüten des Umschlages um den Knöchel legen, tiMvti^q heisst, und hiemit in Ueberein- stimmung Vasenbildcr solchen Reif uns bei Gauhlerinnen und Tänzerinnen, sowie hohe Umbindung des nackten Beines ohne lederne Fusssohle bei dem Laufgott Hermes nicht nur, sondern auch bei dem vielirrenden Odyssctts wahrnehmen lassen. Da nun Achill den Beinamen nööag wy.vg der Schnellfiissige führte, so dient dieser Reif sinnig zu seiner n.-iheren Charakteristik. Bemerkenswerth, aber noch unbemerkt ist, dass sein Vater Peleus in dem Ring- kam])f mit Thetis ebenfalls durch solchen Reif, mllvrrjQ, am Knöchel des rechten Fusses charakterisirt wird").

Unbeachtet blieb ferner auf dem merkwürdigen Vasen- bild mit dem Distichon auf dem Grabstein des Oidijiodas, Sohn des Laios, dass die Jünglingsfigur mit einem Lor- beerbaum in der Linken, auf einen Priester des Apoll hinweisend, an den Knöcheln gleiche eiserne Reifen, nur mit Niigeln befestigt uns kennen lehrt, und so, an den Laios nioüvaig öiuTgriOug tu aqtvQÜ (des Sohnes: Apol- lodor III, 5, 7) in dem Mj^hos der Aussetzung des Oedipus erinnernd, diese Ephebengestalt als Oidijjodas selbst uns vorführt.

Solchen eisernen Ring mit einem, bisweilen auch zwei oder drei Lüchern, in welchem lange N;igel stecken, be- gegnen wir auch bisweilen in der Hand oder in der N;ihe des Marsyus auf Vasenbildern, ohne dass die Erklärer sich um Bestimmung dieses eigenthümlichen Geräths und seine griechische Benennung weiter kümmerten. Irre ich nicht, so hiess dieser Reifen Purealcos, Pustakus, auch Marros, und diente zur Fesselung der Schweine laut folgender Glosse des Ilesychius: JlovQiuxog' xgixog (JidijQOvg TiTQvm^fifvog xui J/JXor l/^ov (lege 7iXov t/jov) iv T(ö rgvnri^iuri aTgffo/iivog ui /qwvtui npog äea/.wv rTutiii'. novazüxovg, log ^/iQioToqxlvijg (frjatv iv i'^riyr/aH ytttxiovtxöiv.

Allein noch ein andres auf denselben Mythos bezüg- liches Bildwerk verdient Beachtung: ich meine einen etrus- kischen Karneol-SkarabJius, den Prof. Urlichs im Bonner Winckelmannsfestjirogramm 184G „dreizehn Gemmen aus der Sammlung der Frau Mertens Schaffliausen" unter No. V veröflFentlicht und auf Athene xind Erichthonios bezogen ') V. Borghese I, 9. Bouillüii II, 14. Visconti Mün. scclli Bor- ghes. I, 5.

*) Gorüard Trinkschalen d. k. Mus. Taf. IX.

hat. Ich vermuthe auf dieser Gemme sehr untergeordne- ten Kunstwerthes vielmehr das au der Erde ausgesetzte, di(rc/t Klumpfüsse churukterisirte Oedipuskind, wie es eine mit Thierfell über langem Chiton bekleidete Figur ent- deckt und mit sich ninmit.

Tu. Panofka.

94. MÜLLERFESTE. Wuun bei gelehrter Erörterung über 'Walker- und Müllerfeste' neulich in diesen Blättern (S. 142) bemerkt ward, es sei eine Darstellung der Vestalia bisher noch nicht bekannt gewesen, so kann ich nicht un- erwähnt lassen, dass in F. v. Raumer's antiquarischen Briefen (Lei])zig 1851) ich das von Hrn. Jahn behandelte Ijompejanische Gemälde bereits ebenfalls, mit Hülfe von Ovid. Fast. HI, 310—348, aus den Ferien der Mülleresel um Fest der Vesta, und zwar mit dem beachtenswertheu Zusatz erläuterte, dass jene heidnische Sitte auch noch im heutigen Rom durch Blumenbekräinzung und Ein- segnung der Esel am Sanct-Antonius-Feste sich erhal- ten hat. Th. Panofka.

'J5. BüzTGES. Der Scholiast zu Sophokles' Antigene v. 255 bemerkt: „es ist aber eine Sage, dass Buzyges zu Athen denen fluchte, die einen Leichnam unbeerdigt liegen Hessen". Die einfache Erklärung dieser Sage lässt sich wohl aus dem Hinderniss herleiten, welches dem Ackerbauer im Begriffe zu pflügen ein auf dem Boden liegender Leichnam in den Weg legt; dass der Bauer vor Aerger über Mühe des Wegräumens der Leiche und den dadurch entstehenden Zeits'erlust zu Flüchen sich gehen l.-isst, können wir dem attischen Landmann so wenig ver- denken, als dem rhodischen zu Lindos, als Herakles ihn beim Pflügen antraf und zur Stillung seines IIeisshunger.s einen Stier mit Gewalt vom Gespann fortnahm und voll- ständig aufzehrte.

Die Persönhchkeit dieses Stiere einjochenden Pflügers Buzyges erscheint auf einem Sarkophag in Mazzara (Houel Voy. pittor. des iles de Sicile T. I, pl. IV^, wo Demeter mit am Aetna angezündeten Fackeln auf Schlangenwagen der beim Blumenlesen in der Ebne von Enna von Plutou entführten Kora nacheilt. O. Müller (Denkm. a. K. II, IX, 102) erkennt „Triptolemos (Buzyges)". Ist diese Deu- tung richtig, zu deren Gunsten der Aras (Arator) Tri])to- lemos behelmt und bepanzert, mit Aehren, auf geflügeltem Schlangenwagen zu zeugen vermag: so gewinnt des Scho- liasten Zeugniss an der Spitze dieses Artikels eine tiefere Bedeutung. Der Buzyges -Triptolemos nemlich hält auf eins der heiligsten Gesetze des hellenischen Alterthums. die Bestattung der Todten. Verbinden wir hiemit die aus der Unterweltsvase von Altamura (wo neben Aeakos

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und Rhadamanthys die Stelle von Minos als Unterwelts- richter Tviptolemos, durch Inschrift beglaubigt und im Eiaklang mit Plato und Cicero, eimiimmt) sich ergebende Belehrung nicht nur über des Triptolemos Charakter als Geber der &aafiot, sondern auch über sein besonderes Aufsichtsrecht über die Gestorbnen, z/?;,wj;Tp/0( : so wäre au diesem Beispiel ein neuer Beleg für die Mehrdeutig- keit griechischer Mythologie gegeben.!

Th. Panofka.

96. Differenz der Dioskuren. Für die von einem befreundeten Mitarbeiter in dieser Zeitung (1853 no. 59 ]). 134) wieder besprochene und durch eine Notiz bei Suidas iiegründete Differenz in der Kunstbildung der Dioskuren lässt sich iler VoUstihidigkeit halber noch ein anderes Zeugniss des Alterthums aligemeineren Inhalts beibringen ; Plut. Ti. Gracch. 2 wgnig r] rwv nX(xnao/iiiv(iiy y.ui yQu(po- fdvi'iv ^JtoaxovQWtf o(.toiözrjg l'/ii zna rov n vxTixov ngog rov ÖQOfitxov ini T^f /(oprf ^? äiwfiOQav, ovrio . . . Auch konnte unter den entsprechenden Dcnkm.-ilern die Terracotte bei Campana tav. 58 (Arch;iol. Zeitung 1852 Taf. 40, 3) angeführt werden, wo wie auf beiden Seiten der Talosvase Polydeukes durch das über der Brust sicht- bare Trageband des Schwertes vor Kastor ausgezeichnet ist. Dass aber die Kunst nicht bloss bei diesem Briider- paar sich unterscheidender Älcrkmale geflissentlich be- diente , mögen zunächst Welckers Bemerkungen über Amphion und Zethos lehren (A. D. II, p. 359 vgl. 369).

Dorj)at. Mekcklin.

97. Die Himmelssäulen Homer's. Die Viellieit der Himmelssäulen, welche Homer den Atlas tragen lässt, ist meines Wissens noch nicht auf Bildwerken nachge- wiesen. Ich glaulje sie in einem Onyx zu erkennen, den Gerhard aus seinem Besitz in der Abhandlung „Archemoros und die Hesperiden" (Berl. Akad. 1836) Taf. IV no. 4 publicirt hat. Die Zeichnung, von deren Treue ich durch Vergleichung des Originals mich überzeugt habe, zeigt den Himmel nach der ältesten Anschauung als eine über die Erde gekehrte Glocke. Er ruht nicht unmittelbar auf dem IIau])te des Titanen, sondern auf drei deuthch sicht- baren Pfeilern, welche von letzterem ausgehend bis an die Wölbung reichen. Es widerlegt dieses Bildwerk zusammen mit dem Fragment des Ibykos beim Schol. ApoUon.

') Letronne Ann. dell' Inst. II, p. 163. zu Scbneidewin Ibycus

p. 117. Mtzscli z. Od. I, p. 18. Panofka, Atalante und Atlas p. 13.

') Mem. sur les repn!s. fig. du pers. d'Atlas p. 19.

'j So das capilolinisclie Uulicl (.Müller I, 72, 405. cf. Zaiin

Rhod. III, 106 die immer etwas gewaltsame Ansicht Schoemaim's, welcher zum Prometheus S. 297 in der ho- merischen (Od. I, 55) wie äschylischen (Prometh. 349) Stelle eine Zweiheit von Säulen annimmt. Nicht minder gewaltsam scheint mir die von Blomfield ausgehende und von Vielen ') gebilligte Aenderung der handschriftlichen Lesart xiov' in xi'iov. Den von Raoul-Rochette '), Hermann (Opusc. VII p. 254) und Schoemann gegen sie beigebrach- ten Gründen möchte ich hinzufügen, dass sie die poetische Schönheit zerstört, die in dem appositionalen üyß-og ovx ivuyxuluv liegt. Mau niuss die Schwierigkeit anerkennen, dass Aeschylos von einer, Homer von mehreren Himniels- säulen spricht. Die Lösung die Rochette (Mem. sur Atlas p. 17) vorschlägt, Aeschylos habe den Singular gesetzt „par lanecessite du metre", befriedigt mich nicht; ich finde sie in Folgendem, wobei ich von der Voraussetzung ausgehe, dass die Himmelssäulen ein von hohen Bergen entlehntes Bild sind, wie auch Braun sagt in seiner Mythologie S. 155. Mich berechtigt dazu der übereinstinmiende Ge- brauch der dichterischen wie bildlichen Denkmäler, einen Berg als Säule zu bezeichnen, der auch unsrer Poesie be- kanntlich nicht fremd ist, und jede andre Erklärung hat das gegen sich, dass sie diese Analogie übersehen muss. Piudar nemit Pyth. I, 19 den Aetna xi'iDf uvQuvla und das alterthümliche Vasenbild im Mus. Greg. II, 67. Ghd. Auserl. Vasenb. U, 86 stellt den Prometheus au eine Säule gebunden dar, wobei es bemerkenswerth ist, dass grade ein Bildwerk, welches mit Pindar etwa gleichzeitig fallen dürfte, den Kaukasus als Säule darstellt, während alle spätere Darstellungen ') dieses Gegenstandes ihn überein- stimmend als Berg vorführen. Danach denke ich mir auch die homerischen Säulen von einem Berge entlehnt und ihre Vielheit von den vielen Gipfeln, welche Paus. I, 33, 5. Herod. IV, 184 dem Atlas beilegen. Es scheint mir eine durchaus sinnlich natürliche Anschauung, dass Homer einen vielgipfligen Berg als eine Viellieit von Säu- len bezeichnet, ihn gleichsam in seine Theile zerlegt, während Aeschylos, wie die Anwohner desselben nach Herodot, ihn als ein Ganzes fasst. So nennt Pindar den gleichfalls mehrgipfligen (Pyth. I, 27. Aesch. Prom. 366) Aetna singularisch xliov ovguvüt.

Berlin. K. Fhiederichs.

Pompejan. Wandgemälde II, 30), ferner Tiilken Verzeichn. III, 1 no. 42. 44. 45. So erscheint auf den Darstellungen der Sphinx statt des Felsens öfters eine Säule (Overbeck Call. Taf. I, 12. 14).

Hiezu Tafel LXVIL LXVlll: Tydeus und Lykury, Vasenbüder su München und Ber- lin. — LXIX: Komiker und Komödienscenen, Terracotten und Gemmenbilder.

Herausgegeben von E. (ierhuni. Druck und Verlag von G. Reimer-

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DENK3IÄLE11 UND FORSCHUNGEN.

Archäologiacfte Zeitung, Jalirgauff XII.

M 70.

October 1854.

Der Amykl.-iische Tliroii. Ajjlirodite Pandemos Epitrngia. Allerlei: Athuakis.

I.

Der Amykläisclie Thron.

Hiczu die Abbiliiung l\if. LXX.

MPer Reiclilhum an Bildwerken, die austialims- wcise grossen Verhältnisse, das I'uiliiselliafle in seiner ganzen Anordnung, lassen den Thron zu Aniyklü gegen andere Heiligthünier, welche Pau- sanias auf seiner Wanderung durch Hellas sah und Iteschrieb, als eine so eigenlhüniliche Erscheinung hervorlrelen, dass sich der Blick der Archäologen von Zeil zu Zeil immer auf diesen Gegenstand zu- rückwenden, und eine genauere Erforschung ver- suchen wird.

Durch freundliche Vergünstigung auf den Wie- derherstellungsversuch des Hrn. Dr. Piß, gleich bei (Jessen Erscheinen in dieser Zeitschrift ') auf- merksam gemacht, theilte ich zuerst einige Beden- ken gegen die Conslruction des Thrones wie den die Kupferlafel darstellt, Hrn. Dr. Schubert mit. Einmal auf tlen Gegenstand eingegangen, war es dann schwer dem Begehren zu widerstehen, sich noch genauere Rechenschaft zu gehen, über manche, wahrend der Besprechung enlslamlene Zweifel und Fragen, und da dieses doch nur schrift- lich erschi)|ifender geschehen konnte, so waren weitere Miltlieilungen hiervon die Folge. Wenn ich lediglich zur F2rl;iuterung der gegenüberslehen-

'^ Dcnlun. und Kurscb. 1852 iio. i;{. |Nacliilc'iii joncr friiheR- HcrstclImif;sversiRb eingebende l'ntersucbungen über jenes ehrwür- ilige Denkmal nnlerfjegangener Kunstanschauung mehr zu eröffnen als (lurchzufiibren bestimmt sein konnte, darf dieser von kunstsin- niger Hand gebotene zweite Versuch über denselben Gegenstand als neuer selbständiger Beitrag zur Lösung seiner Rätbscl einer geneig- ten Beachtung unserer Leser gewiss versichert sein. .1. (/. //.]

den Ahbildungslafehi die Hauptmomente aus den- selben aushebe, so iniiss ich hinsichtlich aller Ein- zelheileti, die in ihrem Zusammenhange die ge- wonnenen Uesultate nachweisen, auf die in der Ailerlhiiiris -Zeitung erscheinenden^) Schreiben an jenen Gelehrten verweisen.

Nach den aus Pausanias zusammengefasslen Nachrichlen über das Amykliion, wird wohl jeder der eine bildliche Wiederherstellung beabsichtigt, wenn er sich von Flüchtigkeit frei hält, als erste und nächste die Frage sich vorlegen, aus was für Malerlal bestand der Thron?

Zieht man die Höhe der Bildsäule in Betracht, so liegt die Ueberzcugung nah, dass eine Ver- dachuiiii des Thrones nicht voraus<:esetzt werden kann. Die meisten Ausleger sind über diesen Punkt einig, weil eine gegenseitige Ansicht bei dem für das Bild des Amykläus angegebenen Maasse von 30 Ellen kaum eine Wahrscheinlichkeit haben kann. Da aber, wenn dies feststeht, der ganze Bau dem Weltereiniliisse dauernd Stand halten musste, so wird man kein Bedenken tragen, unter den weni- gen iMateiialen, zwischen denen die Wahl bleibt, nemlich Erz, Holz oder Stein, sich für das letztere, und wie ich meine liir den fesleren Marmor zu entscheiden.

Die Unanwendbarkeil des Erzes und Holzes habe ich in vorbeincrklen Schreiben auch in Bezug auf die Construclioii nachgewiesen: gegenwärtig

■•') IMigcdruckl in deren diesjährigem vierten Heft no. 3',l 41. Zu voller Würdigung des vorliegenden .\ufsalzes müssen die dort gegebenen Ausführungen den Lesern desselben dringend empfohlen werden, ob- wohl als llauptschwierigkeilen theils die geringe Aehnlichkeit unserer Zeichnung mit einem Sessel, theils die von Pausanias III, 19, 1 er- heischte Jfehrzahl der xaitiSQai einer ferneren Lösung vielleicht noch inmier bedürftig bleiben. A. d. H.]

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wo von dem Steinbau allein die Rede ist, wird zu- erst die Anlage der Umgebung, dann die Form von aussen, und endlich die innere bauliche Einrichtung des Thrones zu erklären sein.

I. Dass der Thron nicht ohne eine Einfriedi- gung gewesen sein könne, wodurch er von den übrigen Gebäuden zu Amyklä abgegränzt wurde, habe ich angenommen, und meine Gründe dafür dargelegt. iMit Rücksicht auf diese iheils ökono- mische, theils bauliche Nolhwendigkeit sieht man auf der Zeichnung no. 2 unserer Tafel (den Grund- riss enthaltend), den Thron von einem Vorhof, Peribolus, umgeben, der an drei Seilen 28 Fuss, an der Rückseile aber nur 12 Fuss breit ist.

Ich habe auch die Vernuithung ausgesprochen, dass innerhalb dieses , wie auf no. 1 zu sehen ist, mit einer Brustwehr umfangenen Vorhofes, die „nach Beendigung des Thrones" von Bathykles geweihten Chariten und das Bild der Artemis Leuko|)hryne aufgestellt waren: eine Angabe, welche noch zuverlässiger auf eine zur Heiligung des Amykliions vorhandene Abgranzung hinweist. Ob nun an diesem sonst ganz dazu passenden Orte auch die Bildsäule des Aenetos, oder zum mindesten die Tripoden noch mit aufgeslcUt waren, scheint mir weniger erweislich.

Es ist vorausgesetzt, dass unterirdische Abzüge im Fundament angebracht waren, welche den Regen aufnahmen, und sowohl das innen im Thron als auf dem Krepidoma sich aufsammlende Wasser abführten.

Im Aeusseren ist für den Thron die bekannte Form des Sessels mit Rück- und Armlehne beibe- halten. Auf no. 1, welche die Frontseite im Auf- riss darstellt, zeigt sich zwischen den beiden Pfeilern, welche das Kranzgebälk des Sitzes tragen, der Ein- gang. Stufen, welche in die Krepis zurücktreten, führen hinan. Angelehnt an die den Zwischen- Pfeilern gleichgeformten Sesselfüsse, stehen Cha- riten und Hören, je zu zwei in halberhobener Arbeit. Die Intercolumnien sind nicht offen, sondern, wie es die Conslruclion für das verwendete Material nothwendig machte, durch Mauern ergänzt, zu deren dekorativem Schmuck alle jene Bildwerke wesent- lich waren, deren Gegenstände Pausanias sorgfälti- ger als das Uebrigc angiebl. Diese Bildwerke sind

auf horizontale Streifen vertheilt, welche die Ver- bindungssläbe nachahmen, die am Zeuslhrone eben- falls reich mit Gebilden bedeckt dort einen wirk- lichen construcliven Zweck hatten, hier aber nur beibehalten sind, weil sie zur Charakteristik der Form beilragen.

In dem offnen Eingang würde man vor der Bildsäule des Amykläos den Opferaltar erblicken müssen: er ist aber um die Arciiileclur des Ein- ganges nicht zu verdecken auf der Zeiclmung no. 2 nur im Grundriss angegeben.

Wie die Armlehne rechts von den Trilonen, so wird die Linke gestützt von Echidna und Typhon, deren Gestalten in der Seilenansicht auf no. 4. deutlicher als Träger derselben erscheinen, und ausserdem haben die zusammengeiüglen Marmor- blöcke der Armlehnen nochmals Stabstülzen zur Aullage.

Das Mittelfeld der Rücklehne, zum Theil ver- deckt durch die Bildsäule, und durch die beiden von den hinteren Sesselfüssen aufsteigenden Eck- ])tosten eingeschlossen, erhielt eine freistehende Pfeilerstellung: hinreichend stark um die Belastung des Oberbalkens zu tragen, der wegen der Ab- standsweile vom Boden nicht niil Reliefs, sondern mit einer durch Farben abgesetzten Mäander-Tänie verziert ist.

Dass mit dem was Pausanias „oben am Thron" nennt, dieser Theil gemeint sei, ist wohl nicht zu bezweifeln : es bestimmt mich noch besonders der Nachsalz, „zu beiden Seiten", den Tyndariden auf dem Obertheil der Eckpfosten ihre Stellen anzu- weisen, aber eben jener Abslandsweite wegen sie nicht als Reliefs, sondern als freigearbeitele Rund- werke aus Erz gebildet zu denken.

Je ungenauer die Angaben über die Gebilde oben am Thron sind , umsomehr wird diese Stelle immer den verschieiiensten Auslegungen unterlie- gen müssen, und fast glaube ich, dass nie eine ausschliesslich gellende Ansicht darüber festgestellt werden kann. Um nun den abweichenden Mei- nungen zu begegnen, ist die Anordnung der Ge- bilde auf verschiedene Weise von mir versucht worden, aber es wäre zu zeilraubend gewesen, neben der hier zur Darstellung gekommncnen

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welclic wcnigslens durcli die Sliiiclur der übrigen Formenlheile des Tlirones sich leclilferligen lässt eine jede dieser Anordnungen in einer Zeich- nung wieder zu geben.

Da Pansanias offenbar zwischen „oben" und „ganz oben" unlersclieidet, so ist durch diesen, wenn auch in unbeslirnmle Grunzen gefassten Comparaliv, doch soviel gewiss, dass der Obertheil der liückleline nicht mit einer horizontalen Fläche abschloss, son- dern nochmals durch eine Krönung erhöht war, zu der es nicht leicht ist die bekannten Formen zu verwenden, da diese theils einer jüngeren Kunst angehören, iheils mit der Angabe dass dort der Tanz der Magneten vorgestellt war, schwer zu verbinden sind. Ich habe, wenn auch nicht ohne Wiederstreben, mich für frei gearbeitete Figuren ent- schieden, und wurde hierzu hauptsächlich durch die statische Forderung einen Uebergang vom Schweren zum Leichtern zu denken, bestimmt; wass sich bei Voraussetzung eines Reliefs denn umge- kehrt verhalten hätte.

Gehen wir nun zur Anlage des Baues im In- nern und zu den Sitzen über.

II. Wenn durch die Benennung „Thron" die Pausanias doch auch für den Sitz des olympi- schen Zeus braucht ebenso beim amykläischen für das Aeussere die bekannte herkömmliche Form festzuhalten war, so kann sich das nicht auf das Innere mitbeziehen; die Anlage mehrerer Sitze widerstrebt dem durchaus, sie ist an und für sich schon eine Singularität, und nur bei gänzlichem Aufgeben des dem Sessel nothwendigen Sitzes möchte es möglich sein, an die Stelle des einen hier manglenden Sitzes eine Mehrzahl, die wieder unter sich durch Zwischenräume abgelheilt sind, anzubringen. Mehrmals erneuerte Conslruclions- versuche liessen mich die Ueberzeugung gewinnen, dass der Bau im Inneren seinem Aeusseren nicht entsprochen haben könne, vielmehr aus Ursachen, die in jenem Schreiben angeführt sind, eine Art Cella gewesen sei.

Zur Abkürzung verweise ich auf den Grund- riss auf no. 2, der das Innere des Thrones als ein ungleichseitiges Achteck darstellt, und auf no. 3, wo der Durchschnitt desselben gegeben

ist. In den zur Verstärkung der vier Thronfüsse nach innen ausgebauten Ecken betinden sich die Treppen, und zwar gewundene; wie ähnliche im Zeustempel der Allis vorhanden waren. Die untere Eingangslhüre a führt zu der dreiseitigen Ober- fläche l>, die sich dem Winkel der Wand anschliesst. Hier liegt bei c die Ausgangsthüre, mittelst der man zu den Sitzen gelangt. Als Bestandtheile der inneren Architektur sind diese Sitze in Verbindung mit dem Baue, und von gleichem Material, aber, wie ich mit Bezug auf antikes Vorkommen angedeutet habe, nur dazu bestimmt in wiederkehrenden Fcsl- perioden Bilder von Gottheiten und Heroen aufzu- nehmen, die zum Dienst des Apoll in Beziehung standen, oder was hier sehr nah lag, sein Verhält- niss zu dem Liebling Hyakinthos berührten.

„Da wo die Gottheit sitzen konnte, war der Thron offen," und dass genau der Angabe ent- sprechend, hier in dem grösseren Zwischenräume die Bildsäule stehen konnte, erweist sich aus dem Grundriss. Für das „Fussgestell, welches die Form eines Altares hatte" ist die herkömmlichere vier- seitige Form angenommen, in der zugleich die doppelte Bestimmung als Grabmal äusserlich aus- gesprochen wird. Alle Gliederungen sind daran einfach gehalten, an die zur dekorativen Bekleidung gehörenden mythischen Vorstellungen auf zwei um- herlaufende Streifen vertheilt, zu deren Trennung ausser den Ornamentbändern oben und unten noch in der Mitle ein dritter breilerer verzierter Gurt sich hinzieht.

Den in^ den Thron Eintretenden überragte der 60 Fuss hohe Erzcoloss, an dem, hinaufblickend hinter dem Bilde, zuerst die Rückwand der Lehne mit ihrer ganzen Architektur, und hoch auf der Plosten Gipfel die Statuen der Tyndariden sicht- bar wurden. Denken wir uns so das Innere, bei mangelnder Bedachung die dies Heiligthum vom Tempel unterschied , denken wir es uns von dem geschlossen einfallenden Lichte des südlichen Glanz- äthers erhellt, umhegt von Wänden, deren in Far- ben gesetzter Bilderschmuck in schärfster Beleuch- tung hervortrat, oder nach dem Wandel der Sonne zum anderen Theil im Halbdunkel verschwand, so steht die auf ein dürftiges Schema beschränkte

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Zeichnung zu dicsei' mit der Einbildungskraft er- fasslen Anschauung allerdings in einenj sehr nach- theilieen Veieleich. Doch niac; das immer sein! wenn nur damit eine Stufe gebreitet ist um von hier zur weiteren Forschung aufzusteigen.

C'assel, den 12. Juli 18ö 1. L. S. Ruul.

II.

Aphrodite Pandemos Epitiagia.

Lettre a Mr. le profcsseur Ed. Gerhard*).

Deriiü'rement, dans nies Recherches siir le cnllc du

cypri!S pyramidul '), j'appelois, en i)assaiit, l'attentiou des archeologues sur un vase d'argent, oii requiuo.xe du priu- tprujis est repnjsento par Venus assise sur un taureau '). Je regrettois de n'avoir a citcr d'autres imagcs analogues de cette düesse qu'une Aphrodite Pandemos de bronze et une Venus marine figurce dans un bas-relief de marbre '). De ces deux monuments, Tun que le cölobre statuaire Scopas avoit fait pour la \'ille d'EIis et qui ne s'est pas conservii jusqu'a nous, representoit Aphrodite Pandemos assise sur mi bouc *) ; l'autre, qui se voit au Musee ca- uitolin, nous offre Venus, reine de la mcr, assise sur un bouc marin '). Pendant l'unpression de mon travail sur le culte du cj-pres, j'ai remarque, dans uu tragment de mosaique encadre jiar un meaudre et deeouvert pres de Philippeville en Algerie, une Venus assise sur un griffon marin et entouree de flots et de poissons '). La dtiesse, nue jusqu'a mi-cuisses, tient, de la main droite, au-dessus de sa tete, nu des bouts d'nn pcjilos enflc'^ par les vents. Plus receinincnt, j'ai iti assez lieureux jiour trouvcr, sur inie oenocUoK greeque, peinte et de stjde arehaique, l'image d'une deesse assise sur un bouc, comme l'Afhrodite Pan- demos de Scopas, raais reunissant quelques autres attri- Imts, qui donnent ;i ce vase, unique jusqu'li ce joiu", si je

*) Hiozu die näclistriilgendc Alibildung Tat. LXXI, deren an- ziehender Inhalt zugleich mit dem Namen des hochverdienten Ein- senders es rechtfertigen wird, wenn ausnahmsweise hier ein in aus- ländischer Sprache geschriebener Aufsatz erfolgt. A. d. II.

') Mctii. de VAciid. des inscrij)!. et belles-leltrcs, t. X.\, 2c parlie, p. 31 et :{2, notc 3.

') Voy. mcs liecherch. sur le ciillc de Venus, alias, pl. XIV G, no. 17. l.a ligure ii laquelle je nie refiTC ici semhie confirmer ridciilitü ou, du moins, Tanalogic que quehjues archeologues, saus connollre cette ligure, ont cherche a etablir entre Europe et Aphrodite.

') J'aurois pu citer aussi un vase grcc peinl (Oubois-Maisonneuvc, f'nscs iinliij. pl. XIII, no. 1), oii l'on voit Aphrodite assise sur un

ne me trompe, un haut degre d'interet. II provient, m'assure-t-on, des fouilles faites par la princesse de Canino apri'S la mort du prince, et fut acquis, ;i Cl\dta Vecchia, en 1846, par le possesseur actuel, Mr. Victor Ltizarche, ancicn maire de Tours, membre de la Societe archeolo- gique fondee dans cette \-ille, et auteur de plusieurs dis- sertations aussi spirituelles qu'instructives. Dans une elegante habitatiou, qui annonee tout d'abord l'homme de goüt, JMr. Luzarehe a reuni une colleetion oii l'on trouve a la fois des objets d'antiquite greeque, d'antiquiti^ ro- inaine, des manuscrits et des monuments' relatifs "a l'hls- toire, a la litterature et aux arts du mojeu äge et de la renaissance, et enfin des tableaux de diverses eeoles. Avee la libL'rahte et l'obligeauee qu'on Uli connoit, il a bien \oulu me donner la permission de publier le vase doiit je me propose de vous entretenir dans cette lettre; ;i ma priere, un de ses confreres, non moins obligeant, Mr. le eomte Louis de Galemhert, qui cultive les beaux-arts avee uu grand sueces, a eu la coniplaisance de faire de ce vase le dessin tivs-exaet que je joius ici ^.

Cette ocjiocJioi; a 25 centimetres (9 pouces, 3 lignes) de hauteur, anse comprise, et 49 centimi;tres (1 pied, 6 pouces, 1 ligne) de circonference, mesures dans son plus grand renflement. Elle n'est decoree que d'uu seul sujet, encadre, sur ua fond noir, jiar nu ornemeut ") peint en noir sur un fond jaune. Ce sujet se conipose simplemeut d'une figure de feinme, assise sur un bouc ; mais cette femme est une deesse. Elle est assise, les deux jjieds peudants, sur le dos de l'animal, qui est vu de profil et marche de gauehe ;i droite. Ce groupe est entoure de plusieurs branehes de niyrte, dont une tombe entre les jambes du bouc. Elles sont peintes en noir, sur un fond jauiie, comme le groujie et comnie quatre objets, de forme conoide, que je ju'ends pour des pommcs de pin, et qui sont places de maniere "a figurer les angles d'iin quadri- latere jjresque regulier '). En plusieurs endroifs, la eou- leur noire est rehaussee par des traits de force, traces

cygne; mais je voulois horner nies citations au.v nionuiiicrils qui re- presentent la deesse assise sur un quadriipido.

■*) Pausanias VI, 25, 2; ed. Siebeiis.

') Admirand. rumnn. antiq. tiib. 31. Monllaucon, L'auliij. i-rjilitj. i. I, lere parlie, pl. C. Mus. cnpitolino, t. IV, pl. LXII.

') Ce fragment, dcssine ;i rerhelle de quatre luetres, par Mr. le cominandant Delamarc, est reproduil sur la planche .\1X (Archeologie) de {'E.vidoriiliun siieutifique de VAhjeric.

'■) PI. LXXI, no. 1 et 2.

") Gel orncment me semble i'tre uu nieandre el faire une allu- sion directe ii la naissance d'Aphrodite.

'') On sait que le numbre quatre, coiunn: le nonibre Irois, eluil consacrc a Venus. Voy. mes liecherch. sur l'ciius, \t. CO et suiv.

2(J5

2()()

iivc'c la poiütp d'iiii style. La deesse est vetue d'uu jicplos, doiit im lioiit ]i('iid dfirierc Fi-paulc droitc. Ce licjilo.t est jiai'soini' de jjetits disques et d'etoiles; les piutics du cüi-|)s (jiril laisse ;i decoiivert, c'est a dire, le coli, Li poitrine, les bras, les niains, le bas des jambes et les picds, sont jieiiitcs en blaue, de mönic <pie le •»isage. La tete, dessiucJe de profil et penchee en avant, vers la tcire, est ceinte d'un bandeäu orne d'un gland ijui flotte :iu-dessus de la tonfFe que fornient les rheveax en tom- liant derriere le cou. On aperqoit de U'grres traces d'un Collier. L'e.xpression du visage et, en parlieulier, le regard sont jileins de bienveillauce. Sur son bras gauclie, la dc'esse porte uno lyre "a sejit cordcs; et, de la niain droite, eile tient un petit plcclrum, dont les contours et la Cou- leur sollt tres-effaces. On ne voit tpi'une des cornes du liouc; eile est loiigue et reuversee horizoutalenient en arriere. La barbe est longue aiissi; par suite de diverses fVactures, le museau et quelques parties peii importantes du vase ont siibi uue restauration moderne. Le cou de raniiiial est orni'i d'un coIlicr tres-apjiarent , niais fort siiiiiile, ses deux pattes de derrÜTe ofFrent quelques traces de couleuv blanche. Le bandeau de la deesse, son plec- Iriim, la banderole de sa l}Te, les petits disques de son jieplos et le collier du bouc sont d'un rouge terne.

Des le preraier abord, il est impossible, en pri'sence da vase que je nens de decrire, de ne pas songer au groupe de bronze que Scoiias avoit fait pour la ville d'Elis. Ne iious hätons point cejiendant de conclure que ce groupe et riniage qui est sous nos yeux ötoient la copie peihte Tun de l'autre, ou rimitatiou d'un nieme modele; a la vcrite, nous u'avous, pour juger de l'oemTe du statuaire grec, qu'un passage de Pausanias, beaucoup ti'op succinct. En voici la traduetion : „Derriere le portique construit des depouilles des Corcyreeus, il y a (n Elis) un teinple d' Aphro- dite et une enceinte döcouverte, qui est jieu üloignee de l'edifice. On doune le noni d'Unmia li la diicsse adoree daiis ce teniple. Sa statiie, d'or et d'ivoire, est l'ou'iTage de Piiidias ; eile pose le pied gauche sur une tortue. Une lialustrade entoure l'enceinte consacree a Urania, et, dans cette enceinte, on voit, sur un soubassement, une statue de bronze, faite (lar Scojias, et representaut l'Aphrodite

(pi'ou iioiinne Pundcmos; eile est assise sur un bouc ('ga- leiiieiit de bronze." Je laisse ;i ceux qui s'occu])ent de ces sortes de recherches le soin de d(''CotnTir ce que sigiii- tieiit cette tortiie et ce bouc '"). II est peu |)rol)abl(' que, si rAphrodite Pandeiaos de Scopas, coninie celle du vase ])eint de Mr. Luzarche, cüt i'te revetue d'un pcplox ctoile, et si surtout eile eüt j)ortü une lyre, Pausanias, (pii a\oit vii le monument U Elis, eiit garde, ainsi ([u'il le fait, un silence absolu sur les attributs de la diiesse autres que le bouc. La manicre dont il s'exjirime au siijet de ce quadrupi'de symbolique et de la tortue d'Urauia ne serable laisser aucuu doute ;t cet egard. De plus, lorsque le meine voyageur ])arle des autres statiies d'Ajihro- ditc Pandenios qu'il avoit eu l'occasion de voir ;i Athenes "), ;i ^legalopolis d'Arcadie '') et a Thebes de Beotie "), il ne dit [las qu'eUes fussent caracterisees par un bouc, par une lyre, ou par tout autre attrilnit. Toutes ces statues sont jierdues pour nous '"); dies ne se trouvent menie dc'crites nulle part. Nous sommes donc prives de tout luoyen de coniparaison.

Toutcfois, si la lyre et le pcplos ctoili- de notre diiesse (itablissent une difference notable entrc son Image peinte ici et le bronze de Scopas, ces deux attributs ne uous autorisent pas, ce me senible, a cherclier dans cette Image une autre divlnltü qu'AphrodIte Paiidemos, surnommee aussl Epiirugia. Ils n'emportent pas contradiction avec le rang et le röle que d'un commun accord lui assiguent Piaton '''), Socrate, par la bouclie de Xeiiojibon "*), et Pausanias '") apres eux. Personne n'ignore, dit le jiremier, ipie Sans Eros il n'y a point d' Aphrodite. S'il n'y avoit qu'iuie seule Aphrodite, il n'y aiu-oit qu'un seul Eros ; il fallt donc qu'il y alt deux Eros. Qui ne sait, en effet, (jii'il y a deux Aphrodite, l'une, tres-ancienne, saus mi;re, et tille d'Uranus, nous la nommons Urania; Taiitrc, plus jeime, fille de Zeus et Dioiie, nous l'appelons Pdjidi'iiio.s? „Placee, ;i Thebes '*) et a Megalopolis '''), entre Aphrodite Urania, deesse du ciel fixe ou du firuuimcut, et Aphrodite Aposlropliia, diiesse infernale, Aphrodite Pandemos devoit itre revetue du caractere propre au\ diviuiti's telluriques. C'est sous ce dernier aspeet qu'elle se montre ici, assise sur Uli bouc, sjTiibole de generntion '") et symbole Innairo;

'") Pausanias VI, 25, 1. ") Paus! I, 22, 3. ") Paus. VIII, 32, 2. ") Paus. IX, 10, 3 et 4.

") Au tcmiis oii Pausanias vis.itoil la Gri'cc, il n'cxisloit plus il Albrncs, Selon son Irinoignage formd (I, 22, 3), une seule slatue anciennc d'ApliroJilc Pandemos, mais on en possedoil plusieurs qui,

il lies epoqucs plus ou moins ri'cenles, etoienl sorlies des mains d'lialiilcs ai'lisles qu'il ne nomme pas.

'^) Si)7ii])osiHm, p. 180 D.

") Sifinpos. VIII, 9; ei. L. Dindorf.

'■) IX, 10, 4.

■•*) Pausanias IX, 10, 3.

•"j hl. Vlir, 32, 2.

•") Hirciiia UOulo, dit encrgiqucmcnl Appulee.

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niais, en raeme teinps, son costume et soii maiiitien an- iioncent la chastete, et sou j)('/)!os-etoile nous indique ([u'elle preside tout a la fois ;i la terre et au ciel mohiJe"), cette region oii se nieuvent las planetes, les etoiles errantes et les deux astres qui donneut ;i la terre la lumiere et la chaleur. Teile est aussi la double foiiction iju'attri- bueiit a !Mithra et les livres saeres des Parses et la eldamyde etoilee ") qui flotte sur ses epaulcs dans quel- ques bas-relicfs roniaiiis. Di'S'inite citharede, comnie Apol- lon, divinite mediatrice, conime la Viinus-Mylitta des Assyriens et conime le Mithra du Zend-Aveslu, notre A])hrodite Pandenios E[)itragia jiorte, pour attribut carac- tiTistique, une lyre lie])tacorde, qui fait allusiou au\ sept planetes, et nous nWide (pie, eomiue le dien des Perses '"), la deesse est chargee d'entretenir riiarinonie ") eutre les diverses regions du nionde crtje, entre toutes les classes et tous les membres de la grande famille humaine. C'est l)eut-etre dans cette fonetiou jiarticuliere qu'il faut chercher le sens primitif du suruoin de Paiulihnos donue non seule- iiient "a la seeonde des trois Vi'uus asiatiques iuijjortees en Grece, niais aussi au secoud des trois Eros qu'admettoit Tantiquiti'' grecque ■'). Remarquons eneore une- fois que, sur Voenochop. de Mr. Luzarche, les yeux de la deesse et son \isage inclines vers la terre exprinient le sentiment de la bienveillance , je dirai menie, le desir de s'attirer tous les Coeurs. Pour inaintenir riiannonie entre la terre et le ciel, pour assurer le bonheur pri'sent et futur des generations humaines, Aphrodite Pandemos ne doit-elle pas, secondee jiar Aphrodite Apostrophia ou par Pitho, deesse de la persuasion, appeler "a eile, saus distinction, tous les etres vivants, et leur apprendre a vaincre leurs ])assions, "a fuir le mal, a tourner leurs regards vers la region Celeste, cette patrie preniiere des ames, oli regnent Aphrodite Urania et Eros Uranios? Syniboles de vie, sjnii-

") Eixpression employec, dans le Zend-Auestn, p(jiir drsigncr le lieu reside liDbituellement Mitliia. Onnuzd lial)ite ]c ciel fixe.

") On distingue parfois, sur celle chlaniydo, le croissant de ia Innc, rastiirisque du soleil et sept eloiles reproscntanl les scpt planetes.

") Voj. Zcnd-Avesla (.lischt de; Jlithni, carde XXIX), I. II, p. 220, 227; trad. franc. d'AmiueUl du Perron.

") Dans la Thcuijonie d'Hesiude (v. 933—937, 975; ed. K. S. I.ehrs), Hnrmonin est la (llle d'Ari'S et Aphrodite. Dans las Nnees d'Aristopliane (v. 968; ed. G. Dindorl), le inot (((jiiovfn est einployc ,1 la place du mol xithunt. Or la Ijrc scinlile avoir caraclcrisc Aphrodite l'nndemos Kpilragia; car au temoignage de Yoeviithoc de •Mr. Luzarche, il faut ajouter celui qui, ii mes ycu\, rcsulte du has- relief du Musee capitolin eile plus haut. En cirel, .si, dans ce bas- relief, Aphrodite Pandemos assisc sur un bouc marin nc porle pas ellc-mftnie une lyre, nous y voyons cet Instrument placii sur le bras gauche dune des trois compagnes de la deesse. II ne scroit donc

boles funeraires, sjanboles d'immortalite, les branches de myrte et les pomnies de pin qui entourent ici Aphrodite Pandemos semblent destinees a rapjicler qu'elle preside a des mysteres oii Tarne, rom])ant les liens qui la subordon- noieiit a la matiere, renait ;( une nouvcUe vie, et retrouve les trois degri-s de purete "') sans lesquels les deux portes du ciel resteroient ;i jainais fermees pour eile. Et si Thesee, connne le rapporte Pausanias "'), avoit introduit a Athenes le culte d'Aphrodite Pandemos avec celui de Pitho; si lii les statues de ces deux divinites etoient placees "a c6te l'une de l'autre, comrae oa jieut le jiresumer, il est permis de croire qu')i cette epoquc et jusqu'au jour de la deca- denee des moeurs, le role attribue "a Pandemos et a Pitho •") etoit d'employer les voies de la bienveillance et de la per- suasion, nou pour entrainer les hommes "a des actions deshoiuietes ou criminelles, niais ])our les amener au sein des sanctuaires consacriis aux initiations, c'est a dire aux ])urifications et "a renseiguement d'uue haute theologie (jui comprenoit toutes les sciences.

La vie de Thesee, teile que nous la fait connoitre Plutarque, est remjilie de traits qui nous montrent ce heros place sous la protection particuliere d'ilphrodite Pandemos. II accomplit meme des actes qu'il est facile de rattacher ;i l'initiation aux mysteres Importes de l'Asie occidentale par les colonies qui introduisirent en Grece le culte d'une divinite feminine, ap])el('e de divers noms, mais identique avec la Venus assyrienne ""). Ces actes et beaucoup d'autres qui appartiennent ii la vie de quelques heros grecs, je les avois en vue lorsqu'en 1837 je disois et im- primois '") que, chez les Grecs, certains personnages, qua- lifit's de heros, sont des inities aux mysteres de la Venus asiatique. Ce qui, dans la legende de Thesee, se rapporte au taureau de Marathon, au labyrinthe de l'ile de Crete, au miiiotaure, ;i l'assistance que Thesee re(,'ut d'Ariadne,

pas impossible que le noui i'Harmonin dunni' \\ la fenime de Cadmus IVil un autre surnom de TAplirodite Pandcnms dont cette princesse avciit introduit le culte ii Thebes de ßeotie.

■"■) Le prcinier, surnomme ovQuviog; le troisiemc, confondu avec Helios. Voy. Plutarque, in Amiilor., Opp. t. IX, p. 02; ed. Keiske. Cf. Pliilostralc, Icon. 1, 0.

") „La purete d'action, la purcti' de parole, la purete de pensee." Voy. Zenil-Aiiesln, t. I, 2e partie, p. 104, 141; t. II, p. 34, 004.

»■) I, 22, 3.

'") II nie parolt bien probable que l'itho et Apostrophia etoient une nifnie diviniti'. [Pitho et Pandemos? Miliin Gal. CLXXIII, 540. Ii. G.\

'") La legende d'Athi-ne et le role de cette deesse sur les mo- nuinents qui represenlent les Iravaux d'Hrfracles sont surtout intiires- sants il (■ludier au point de vue que j'indique iri.

'") Hecliercli. sur Venus, Introduction, p. X et XI. Of. Rccherch. sur Millirn, Introduction, p. 25.

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;i son combat avcc la reiiio des amazoiics, suffiroit ii jus- tififr moii opiuioii. Mais ce n'est pas ici le lieu dV'iitrer (laus k's (letalis oli iK'ccssaircniont m'cntraineroit un c.xaTiieu (■riti(nif de ces faits. Ma justitieation ressorfira sans cftbrt, je l'espJ'rc, du travail doiit j'aclu-ve, en ce moment la r(''- dactioii (K'finitive. J'y traito loii^ueiiieut de riuitiatiou aux mysteres de Myütta et aux inystJ-res de Mitlira. Toute f'ois, Monsieur et eher confrere, je iie ])uis nie dis])eiiser de placer ici (|nelques rciiiari)ues, qui voiit iious ramener li l'Aphrodite PaudtJmos Epitragia de Vociwchov de Monsieur Luzarclie. Tln'Si'e, iious dit Plutarque "), avant d'aller combattre le minotaure dans l'ile de Cri'te, consulte l'ora- cle d'Apollon "a Delphes. L'oracle lui repund (ju'il doit |)rendre pour guide Aphrodite, et la supjilier de naviguer avec lui. Sur cette r('ponse, le heros athenien se dispose )( sacrifier, au bord de la iiier, uue chevre, en l'honueur de la d(^esse, lorsque soudainement la victime se ehange eu un bouc '•'). C'est pourquoi, continue le biographe grec, cette deesse fut sumomnKie Epitragia. Nous voyons donc ici Aphrodite se manifester "a ThL'S(''e sous la forme d'un boue, couiiiie, sur le rivage de Beotie, eile se moutre a Cadmus "') sous la forme d'une vaehe, pour lui sernr de guide jusqu'au lieu oii il devra bätir Thebes. La ville batie, la porte prmcipale re(;oit de Cadmus le nom d' Urania, et sa femme, Harmonie, cousacre des statues de bois ") aux trois V(inus qu'adoroient les Phisniciens: Urania, Pandcmos et Apostrophiu. Or nous ne pouvons douter que, dans le n!c;it de Plutarque, il ne s'agisse d' Aphrodite Pandemos; ear Lucien ^') dit express(''ment qu'on saerifie une chevre blanche "a Pand('mos, mais une g(imsse ;i Urania et ;i l'Aphrodite dans Ics jurdins. Cela

]iosi'-, remarquons qu'Ariadne sert de guide )( Thesee dans le labyrinthe oii il doit trouver et mettre ii mort le mino- taure. Le labyrinthe, comme la grotte de ISIithra, repr(-- sente le monde sublunaire; et, dans les mystercs de Mithra, de mi-me qne dans les mysti'res de Mylitta, tuer le mino- taure est ]iri''cis(''nient un' des actes imposi-s aux inities (jui aspirent ia voir leur ame s'elever au-dessus de la n'gion terrestre. Mais aucun de ees actes ne peut s'accomplir Sans la protection, l'assistance, la pn^sence md'me du dien ou de la d(iessc. Dtija ici Ariadne se montre )( nos yeux comme une divinit(; luiiaire, assimil(ie a la Vtinus assy- rienne, et, par conS(^quent, ;i la Venus <les Pheniciens. De plus, eile donne elle-nu'me ;i Th('S('e un xounnn qui repr(''sentoit Ajihrodite ; le la-ros atlu-nien le consacre sur les autels (rApollon, dans l'ile de D(^los "■), et la il in- stitue une danse religieuse, qui, au temjjs de Plutarque, i'toit encore en usage chez les Deliens, et dans laquelle il falloit imiter les tours et les d(!tours du labyrinthe. Cette danse s'ex(!cutoit autour d'un autel appel(i ciraton, parce qu'il ('toit fait de cornes d'animaux. Or, sur des eyli)idres asiatiques que je rapporte aux mysteres de My- litta, nous trouvons un autel surmont(' de cornes de vaehe ou de taureau "). Ce n'est ])as tout: Selon Paeou d'Ania- tlionte, citij par le menie Plutarque, dans la Vie de Thtis(;e "), il y avoit dans l'ile de Cypre, l'ile consacree ;i Cypris ou Vtmus, un bois sacre, oii, de son temps encore, on mon- troit le tombeau d'Ariadne; et ce bois s'a])peloit: Ic hois d'ArUidiie Aplirodile, to ulnog rTi(;'AQiadvii(; 'A(pQoiiT>,Q. Voila donc Ariadne et A]ihrodite identifiees par le ti'moignage iiicnie d'un ('crivain de rantiquit('. Ajoutons (|u'Ariadue s'identifie, en particulier, avec .\phrodite Epi-

") In Thesco, Will, 3; ed. Theod. Uoehner.

") Celle suijstilutiun du liuuc a la clievre nous nippelle le passage oi'i Tacite (Histor. II, 3), parlant du eiiltc de V('nus ii l'aplios, nous apprend qu'il est permis d'offrir Ii la deesse tuute espi'ce de victinics, pourvu qu'elles soienl ni;\les. II ajuule que ee- pendanl on consulte aver plus de conflance les entrallles des elie- vreau.v, c'esl ii dire, des jeunes boucs.

") Pausanias I.\, 12, 1; 16, 2; 19, 4.

") Pausanias nous dit (IX, 16, 3 et 4) que ces stalues furcnt laites avec les i'perons des navires ijui avoient transport(! en B('otie (ladmus et ses Plu-niciens. II nous donne ainsi lieu de penser que les trois xonnon i'loienl de bois de cypros; car on sait quel iisage liabituel les Pheniriens faisoient de ce Imis pour la conslrucliim de leurs nuttes.

^*) [Lucian. DIal. meretr. 7).

■•") Pausanlas l\, 40, 2. Cf. Callimaquc, lli/mn. in Del. ». 307 30y. Plutarque, in Tliesco XXI, 1 et 2. Les divers pa.ssag(;s que j'indique ici', et plusieurs aulrcs que je pourrois indi- quer dans la Vie de TIa'sre par IMulari|ue, i'laMissent ende le culle d'Apollon el ceUii de Venus, dans l'ile de U('los, en Cri-te et a

llelplies, des rapporls qui sont conliriiu'S par les tenioignages que j'ai pniduits ailleurs pour monirer, d'une part, rorigine asiatique de la legende grecque d'Apollon, de Taiitre, l'alliance iotime qui existoit enire le culle de Vi-nus et celui du Soleil, soit cliez les Phi'niriens el les Syriens, soit ä Curinlhe el dans les colonies corinlliiennes. Plus lecemnient le cdlehre aulel palinyrenien, ii qualre faces, qui se tonsene au Valiean, et un lias-reliel palmyn'nien du nuMue iiiusi'e in'ont donn(; lieu d'appelec, de nouveau, rallentiun des arclK'ologues sur ce point inliiressant de la mythologie Orientale (voy. Afc'iit. de l'Acnil. lies iti-icripl. I. XX, 2e parlic, p. 11—58; pl. I, no. 1 et 2; pl. II, n(j. 1 el 2; pi. III, no. 1). .I'ajoute ici que les delails dünnes par Plnlai'(|ue sur le s("jour de Thi'si'e dans l'ile de I)('los cuncuurent avec d'aulres falls ii nous r('V('ler une grande analiigie enlre les in- slilullons religieuses apporti'cs dans cellc ilc et a llelplies, par les llypeiboieens, et les institutions religieuses que les Clialdeens fon- dcrent dans les pays siluc's enlre le Tigre et l'Euplirale.

") On en voit un cxemple dans l'allas de nies Recherilies sur Milhrit, pl. XXXIX, iio. 4.

") XX, 9.

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tragia, piiisque Thesee re^oit d'Ariadne, dans son Initiation aux niysteres, la j)rotection et l'assistance que l'oracle d'ApoUou Delphieu lui avoit ordoiine de demander ;i Aphrodite Epitragia. D'autre part, cette derniere deesse s'ideutifie avec l'Aijlirodite Pandenios dont le culte fut iiitroduit daus TAttique par Thesee lui-meme, dans la Beotie par Cadnuis et Harmonie; eile s'identifie aussi avec l'Ajihrodite Epitragia represeiitee couime reine de la mer sur le bas-relief citij du ]Musee capitolin ^''), et enfiu avec IWphrodite Pandemos Epitragia du vase peint qui est sous nos yeux. Divinitc Celeste et tellurique ii la fois, divinite citharede, chargiie du double soin d'entretcuir rharmonie daus le nionde cree et de presider aux mj'steres, coninie 1' Aphrodite Epitragia, protectrice de Thesee, notre deesse s'avauce d'occident en Orient, montrant ainsi aux ames la voie qui conduit de la region des tenebres ;i la riigion de la lumiere.

") Ne perdons pas de viie quo l'oracle de Delplies avoit recom- iiiandc a Thesee de suppüer Aphrodite Epitragia de naviguer a.vcc lui pendant son voyage ä l'ile de Crelc, et quo le sacrifice a la deesse nt la iiiLUamorphosc de la victime en bouc curent Heu au bord de la mer.

Ces diverses remarques, Monsieur et eher coufrere, me portent a penser que Yoenochou de Mr. Luzarche peut etre raugee au nombre des vases qui servoient aux liba- tions dans les mysteres de l'Aphrodite Pandemos adoree ii Thebes, a Megalopolis, a Athenes, et eu Crete. Place daus uu tombeau, en Etrurie, ce vase avoit certainement appartenu a un sectateur de Venus, et jjrobablement a un initie. Dans cette derniere supposition, il ue seroit pas le seul indice qui nous restat de rimportation des niysteres de la deesse chez les Etrusques. Les hj-pogees decouverts justju';! ee jour sur divers points de l'ancienne Etrurie ni'en ont fourni des temoignages irrecusables, que je ferai connoitre ailleurs, et qui, chosc digne de votre attention, appartiennent, les uns a l'antiquite phenicieinie ou ;i l'an- tiquite lydieune, les autres, ;i l'antiquite grecque.

Si les observations contenucs dans cette lettre vous paroisseut oifrir quelque interet, je vous prie d'en donner cominunicatiou a TAcademie royale de Berlin, et de leur aecorder une place dans votre Journal archeologique.

Bclle^iic pres Tours.

Felix Lajakd.

III. A I 1

98. Athnakis. Auf einem merkwürdigen Aryballos aus PJistum im ncapler Museum (Neap. Aut. Vas. Z. VIII, Sehr. 3, F. CO. :MilIin Piiut. d. Vas. T. I, pl. III; gal. niyth. pl. CXIV), den der iNIaler 'Assteas' mit dem Bild des He- rakles im Hespeiidengarten schmückte, finden wir wie so h.'iufig oberhalb der niythischcn Scene nu'hrcre Gütfer- l)rustbilclcr, und zwar links das des gehörnten Pan mit unigeknüpi'tem Fell und Thyrsus, weiter rechts eui mit Stirnbinde und vom Hinterkopf herabfallenden Schleier charakterisirtes Frauenbild, clesseu eingekratzter Name lAVA Tara lautet. Andrerseits rechts ist das Brust- bild des niyrtenbekränzteu Hermes mit Petasus, Chlamj's und Caduccus unverkennbar; darauf unmittelbar über Herakles das einer mit breiter gestickter Kojjlbinde aus- gezeichneten Frau Alhtudis AÖNAKI^ mit Bcisehrift. Da Athene und Hermes, die dem Herakles bei seinen Thateu stets mit ihrem hülfreichcu Schutz l)egleitenden Gottheiten darstellen, so betrachte ich Alhnahis (etwa mit verzeihlicher Freiheit von uDüiurug abzuleiten), als eine •uusterldieh machende' Göttin, als .\usdruek eints in Äly- thologie und Kunst mannigfach sieh oiienbareuden Charak- ters der Athene besunder.s in ihrem Vcrliältniss zu Herakles. Es genügt an die zahlreichen archaischen Vaseubilder, wo Athene dem Herakles eine liliimc, reicht, zu eriiuiern, die E. Braun in seiner Schrift „die Hochzeit des Herakles mit Athene" veröffentlicht und auf diesen Akt bezogen hat. So ^^el auch diese Deutung für sieh hat, so be- stimmen mich doch folgende Verse des Pbilemon in seinem Lustspiel der Krieger ^TQii.Ti«'iii]g bei Athen. VII, 28'Jf im Munde eines Koches :

ud uvua i'nv ivqtjxw Tovg rjdrj viXQOvi;

+ + ihuv on (j'Quv&ii')n t tioku f);i' nülir eine abweichende ^Meinung zur Prüfung vorzulegen, ob nemlich die eine Blume dem Herakles auf Vasenbildern oft unter die Nase steckendj? Athene nicht damit die ihm durch den Geruch dieser Blume zu verleihende ü&uruni'n symbolisire und der Idee nach mit der IlerauftTdirung des Heros in den Olymp auf dem Viergespann der Athene zusanniienfalle. Erwägt num, dass die Mythologie erst dem unsterblich gewordnen Herakles Hrhu die Göttin der liliithe zur Gemahlin verleiht, so wird man auch diese Sage mit der von uns angedeuteten Idee im Einklang finden. Uebersehen « ir auch nicht, dass, wie Athene, nur durch breite gestickte Wollbinde als Ergane hervortretend, unter dem hieratischen Namen Atbnakis sieli verbirgt, so ihr gegenüber Hera, die Inliaberin des Hes))eridengarten>. als IVtidileriii desselben, 'l'AP,'/, sieli uns offenbart. Wii aber unter dem iniverkeunbaren Ilermesbrustbild der Name Ji(i/i),r!rTa nicht blüs die unter demselben sichtbare, Aepfel jiflückende Hesjieride angeht, sondern zugleich den Mercnr niitbetiieiligt: so nehmen wir ilasselbe Princip der In- sehriftauwendung bei den Jiussersten Figuren links waiir, iuilem der Name Aiionig nicht blos auf die Nyuqihe sich ijezielit, sondern zugleich den Späher Pan lierührt, dessen Scharfblicke so gut wie dem des Argos, von seiner Höhe herab, Alles, ziunal was auf der Erde vorfällt, nie ent- geht. [Vgl. Eviimig, rijQi'di'].

Tu. Panofra.

Tafel LXX: Der ami/kläise/ie Thron, ein Herstellungsversuch t^on S. L. Ru/il.

Herausgegeben von E. Oi^rharil.

Druck und Verlas von G. Reimer.

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DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

Arcliäologische Zteitung, Jalirgung XII.

M 71.

November 1854.

Aphrodite Paii[lciiios-E])itragia. Sculpturcn des Paitlienon. Allerlei: Zeus Gcleon.

I.

Aphrodite Pandemos-Epitragia.

Hiezu die Abbildung Taf. lAXI.

JUas merkwürdige arcliaisclie Gelässbiid einer dem Hrn. Victor Luzar che zu Tours gehörigen üenochoe, welches in der beigehenden Abbildung (no. 1.2) uns vorliegt, hat durch deren gütigen Einsender Hrn. Felix Lujard, Mitglied des IVanzösisclien Instituts, bereits im vorigen Stück dieser Zeitung (no. 70) seine Auslegung erhalten. Die hier uns vorgefiihvle, in Sternengewand bekleidete und in ihrer Hechten mit einer Leier versehene, Frauengestalt wird von einem Bock in ganz ähnlicher Weise gelragen, wie die aus Pausanias ') uns bekannte, von Skopas ge- bildete, statuarische Aphrodite Pandemos; diese war zu Olympia im äusseren Raum eines Aphroditen- tempels aufgestellt, dessen Inneres das von Phidias herrührende Gölterbild der auf einer Schildkröte *) siehenden Urania umschloss. Der gedachten Pan- demos steht ihres Bocksvmbols wegen auch der sonst bekannte Beiname Epitragia füglich zu.

In solchem Zusammenhang und aus solchen Gründen hat Hr. Lajard den vereinigten Namen einer Pandemos und E|)ilragia für dieses Bild an- gewandt: eine leicht einzuräumende Benennung, an welciie ich, in dankbarer Erwiederung seiner mir

') Paus. VI, 25, 2; vgl. Panofka Tod des Skiron, 1846. Curtius Pelop. II, 30. Pieller Mvlü. II, 216. Ghd. Mjtb. §303, 1.

•) Diese Schildkrüle pllegt man liiit Plutarcli (pracc. coniug. 32) am liebsten eUiisch, auf züchtige Hausliclikeit (wie auch Curtius a. 0.) zu deuten; ihre physische Geltung, als Bild des Himmelsge- wölbes, zugleich mit liezug auf der Schöpfung Entstehen ans dem Feuchten, ist ohne Zweifel älter.

') Lajard, Itecherches sur le culte de .Mithras, Paris 1847 Fol.

vergünstigten belehrenden Zuschrift einige weitere Beuierkungen anziiieilin mir erlaube. Bei dem ver- schiedenen Standpimkt, in welchem ich mich hin- sichtlich der ganz oder nur theilweise orientalischen Ableitung des Aphroditediensles dem berühmten Er- forscher des Milhras- und Mithradienstes gegenüber belinde ^) , darf ich hier von der Verschiedenheit ausgehn, die zwischen Urania und Pandemos laut ihren Attributen und laut ihrer Götterverwandt- schaft bestehn. Irre ich nicht, so ist Urania, dem Meeresattribut ihrer Schildkröte gemäss, die dem Meer erstandne imd über das Meer nach Hellas ge- langte, dem karischen Poseidon und Ihrakischen Dionysos am meisten verwandte, auf Inseln und Küstenstrichen bevorzugte, orientalische Göttin; Pan- demos dagegen, deren Bock zunächst dem Zeugungs- Iriebe der Heerden gilt und deren mit Dione ver- knüpfte Herkunft zunächst dem nordgriechischen Festland sich zurechnen lässt *), steht eben deshalb auch weniger mit jenen beiden ausländischen Göt- tern als mit dem echt hellenischen Apoll in Ver- bindung. Hiefür sowohl als auch für die Theseus- sage scheint nun unser Gelässbiid ein eigenthüm- liches Zeugniss zu gewähren. Der apollinische Charakter, welchen die von Um. Lajard hier er- kannte Aphrodite Pandemos durch das von ihrer Hand gehaltene Saiteninstrument kundgibt, ent- spricht vollkommen dem a|)ollinischen Dienst wel-

Recherches sur le culte de Vrnus, Paris 1837 ff. (noch unvollendet) Fol. u. 4. Vgl. Gbd. griech. Mjtb. § 363, 1.

') Der cpirotischen Dione bald durch BcgrilTsverwandtschafl, bald auch als Tochter verknüpft, wurzelt die Aphrodite des griechi- schen Festlands in Kulten wie die chthonische Stierbändigerin Aphrodite-Pasiphaessa (Ghd. Mvthol. §361, 5«) einer ist, und die Pasiphacsage Kretas, vielleicht auch die theseische Entführung Perse- phones, andre ähnliche voraussetzen lässt.

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chen Theseus, Iheils bei vielem sonsligen Anlass, iheils auch durch die vom Orakel gebotnc Ver- ehrung der zur kretischen Ariadne ihn leitenden Aphrodite ausübte^); und zwar steht diese Göttin im Gegensalz zur Aphrodite Urania seines Vaters Aegeus, deren überwiegender Meeresbezug viel- mehr dem Poseidon und Dionysos verwandt sein mochte, womit auch die attische Unterscheidung des beiden Göttinnen gebührenden Opfers, eines Kalbs für Urania, für Pandeinos aber einer Ziege, ganz wohl stimmt °). Unter diesen Umständen tritt unser Bild, indem es den apollinischen Charakter der Pandemos klar ausspricht, für die hellenische, näm- lich thessalische, Abkunft der vom hellenischen Theseus verbreiteten A|jhrodite-Pandemos bestäti- gend ein, während über den asiatischen Ursprung der von Aegeus herbeigeholten Urania ') kein Zwei- fel obwalten kann.

Andererseils ist uns wohl bekannt, wie der überwiegend jdiysische Charakter des älteren Apol- lodiensles Elemente enthielt, welche später im Diony- sosdienst heimischer wurden; es braucht hiezu nur an den Hirsch des milesischen Apollon erinnert zu werden "), ein dort festgebliebenes Attribut, das uns sonst vielmehr in ausschliesslicher Anwendung, ent- weder der Artemis oder auch des von Frauen ge- üblen Dionysosdiensles begegnet. Es darf uns da- her nicht verwundern, nach Feststellung einer vom Bock benannten Aphrodite Epitragia, jenes dem älte- ren solarischen Apollobegriff eben auch nicht fremde ") Attribut ungleich häufiger in der Symbolik bacchi- scher Frauen wiederzufinden, und ist es daher uns willkommen dem von Hrn. Lajard veröffentlichten aphrodisisch-apollinischen Bild ein nah verwandtes bacchisches zur Seite stellen zu können. Gleichfalls archaisch und einem ganz ähnlich geformten Gefäss mit schwarzen Figuren entnommen, das ich vor Zeiten in Korn zeichnen liess, ist nämlich das auf

derselben Tafel (no. 3. 4) gegebene zweite Bild zwei neben einander schreilender Bacchantin- nen, deren Attribute zu passender Vergleichunghier uns auffordern. Langbekleidet und gegürtet, wie auch mit Stirnband versehn und durch die Sterne ihrer Gewandverzierung ausgezeichnet, sind sie be- schäftigt in Tanzesschrilt zwei baccliische Thiere zu tragen: während eine der beiden Frauen mit festen Händen einen Panther trägt, hält ihre voranschrei- teiide und nach ihr gesenkten Hauptes rückblickende Gefährtin als leichtere Bürde mit beiden Händen eine Ziege gefasst. Vergleichen wir dies entschieden bacchische Ziegenopfer mit der vorher als Bocks- venus von uns gefassten Gestalt eines in Styl und Gefässform höchst ähnlichen Kunstwerks, so steigt uns die Möglichkeit auf, dass Gestalt und Attribute einer Aphrodite Pandemos in ähnlicher Weise auf eine Bacchantin übertragen sein könnten, wie auch die Gestalt der vom Stier getragnen Europa dann und wann, durch bacchische Attribute leicht um- gebildet, den Gefässmalern zur Bacchantin gewor- den war '"); doch ist ein Saiteninstrument in bacchan- tischer Frauenhand nur selten nachweislich, und die von Hrn. Lajard begründete Deutung allzu an- sprechend, als dass sie ohne sehr zwhigende

Gründe sofort sich aufgeben liesse.

E. G.

IL

Sculpturen des Parthenon.

Die zwölf Götter im vorderen Friese.

Auf die Bemerkungen über diese Figuren in No. 44 dieser Blätter (1852) zurückzukomnicn ') bin ich veran- Insst durch die Ein\yendungen, -welclie gegen mehrere der- selben E. Bniim gemaclit hat, indem er seine eigne Er- klJirung der Darstellung von neuem zu erhärten sucht in

'•) Plutarch. Tlics. c. 18.

'J Lucian. Dial. iiierctr. 7.

'') Unterschieden Vüin Tcmpol dieser Urania im Kerameikos (Paus. I, 14, 2) wird der llieseische der l'aiidcinus ain siidüsllicben Abhänge der Aliropulis (Paus. I, Ti, 3).

") Apolls Hirscli, dem Apollon vielleicht erst aus Arlemisdiensl zugetiommen : Chd. .Mylh. § 312, 5Ä.

') Bocksopfer für Apoll: Müller Dor. i, 318, 1. Ghd. Mylhol. §312, 9 c.

'") Bacchantin vom Stier gelragen: Ghd. Ausorl. Vasenh. II, S.28f.

') Den Leser, der etwa auch darauf zurückzugehn Lust und Gelegenheit hat, ersuche ich zu vorbessern S. 489 Z. 1 7 Nike für Nika, S. 490 Z. 1 zu ihm, statt der Mütter für ' in ihm, statt der Mutter', S. 492 Z. 9 Schlachtrci/ic für Schlachtwache, Z. 10 unsicht- barem für UHsichtbaren.

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der Strenna ginhilare offerla a' fautori delV Inst, di cor- rispondenza archeoloyicu neW occorrenzadelnaluJe dl Koma 1854, annlversttno XXV dcUa fondazione dcW InslUiilo, }). 2G— 29 '). Bei sehr vielen der ultoi Bildwerke, worüber die Ausleger nielit einig sind, bleibt kainii eine grössere Spanniuig zurück als bei einem Kjithsel, einer Cliarade, die noch nicht errathen sind; man sieht, dass sie gleich diesen, sobald sie errathen sind, an sich nichts bedeuten und völlig allein stehen, ohne nach irgend einer Seite hin Aufschluss zu geben oder in den Zusammenhang wiin- schenswcrther Kenntnisse des Mythischen, der Gebräuche, des Styls, der Älethodcu des Ausdrucks oder der Andeu- tung einzugreifen. Das gerad Entgegengesetzte wird von Darstellungen des Phidias und seiner grossen Zeitgenossen angenommen werden müssen. Auch unter diesen könnten manche sein, die nicht so klar und bestimmt zu fassen wären, dass man nicht in mancher Hinsicht noch weiteren Aufschluss, Bestätigung oder Berichtigung durch neu zur Vergleichung gebrachte Denkmäler oder neu entdeckte Angaben der Schriftsteller wünschen und die Entscheidung sich vorbehalten müsste. Die künftigen Tage mögen als die weiseren Zeugen gelten, wo nach dem bekannten Geiste des Meisters in der Darstellung eine voUkomnnie Verständ- lichkeit und Bcfriechgung, ansprechender Sinn, Ueberein- stimmung und Zweckmässigkeit in allem Einzelnen gefor- dert werden muss und noch nicht erreicht ist. So lang aber die vorhandenen Merkmale noch nicht alle vollstän- dig erörtert sind, ist es noch nicht Zeit die Zukunft auf die Entscheidung anzuweisen und ein zu grosser Schatz ist für uns ein aus zwiilf Personen gebildeter Verein an der Stirnseite des Parthenon, nicht der Schlüssel, aber doch der Schlussstein einer der bedeutendsten noch bekannten (Kompositionen des Alterthums, um nicht ehe wir die Sache autgeben unter uns der Verständigung noch femer nachzustreben. Die neue, einer längeren Rede über den Fries des Parthenon angehängte Abhandlung ist so über- legt luid mit dem Ausdruck so fester Ueberzeugung ab- gefasst, dass sie einige neue Erllluterungen wie von selbst hervorruft oder nothwendig macht.

Meine erste Einwendung gegen die Annahme von „Heroen" war hergenommen von der Vermischung von Göttern und historischen Personen, zumal in der geschlos- senen Ordnung nach der Zwülfzahl und im Wesentlichen nach Paaren, wie auch sonst die zwölf Götter paarweise er- scheinen. Denn Demeter mit der Fackel und Triptolemos

•) Jetzt unter j;Ieicher Seitenzahl auch in das neuerschicncnc Kolioheft Mimumcnli Annali c [iuliettino per 1 85-4 ' aufgenommen.

A. ./. //.

waren zugegeben und sie sind zu unverkennbar als dass sie auch jetzt aufgegeben würden, aber Demeter soll nicht auffallend sein neben Erechtheus, Praxithea und Kreusa, tla sie durch ihre Natur geeignet sei an dieser Gesellschaft Tluil zu nehmen^ Doch Demeter geht hier nicht näher jene vermeintlichen Personen von Eleusis an als alle übri- gen Personen, in deren Reihe sie sitzt, und sehr gross ist der Unterschied zwischen der Göttin, die im Hause der SterbUchen einkehrt tuid wohlthätige Stiftungen macht, wie sie in hundert Deukm.-llern dargestellt ist, und ihrer Erscheinung unter einem Ausschuss attischer Heroen, Kö- nige, Patriarchen verschiedener Zeiten und Beziehungen, indem weder sie noch Dionysos oder Zeus, die auch bei Menschen einkehrten, oder irgend eine Gottheit im Ver- ein anders als mit Göttern sich dargestellt oder beschrie- ben findet.

Ein andrer Hauptumstand war das Eingeständniss der früheren Abhandlung, dass ohne Theseus dem Ganzen (ihrer Erklärung) der Schluss fehlen würde. Dieser mit Peirithoos musste also folgerecht jetzt gegen die Bezie- hung der beiden Figuren auf die Dioskuren oder Anakes mit neuen Gründen festgehalten werden. Der Petasos, den man im Schosse des Jünglings, an dessen Schulter der Freund sich anlehne, entdecke, soll den Peirithoos anzeigen. Dieser Petasos ist mir neu, auch in der Ab- biklung der Mon. incd. V, tav. 27 nicht zu finden. Ver- werflich für Peirithoos würde er nicht gerade sein, da wir ihn auch auf dem Haiij)te des Theseus (in einem atheni- schen Relief) sehn, aber auch den Dioskuren steht er wohl an. Bei dem Hinweis auf die sinnreiche, der Sraibolik des Phidias gewiss nicht unangemessene Art wie das Ver- hältniss der Dioskuren zu einander durch ihre Stellung ausgedrückt ist, schien es überflüssig noch die Frage bei- zufügen, ob dagegen Peirithoos unter die attischen „Na- tionalheroen" gesetzt worden sein könne. An Theseus und Hippolyt hatte K. O. Müller gedacht. Der Ruf des Peirithoos in der Lapithensage machte ihn würdig in at- tischer Dichtung als Kampfgenosse in verschiedenen Sa- gen mit Theseus verbunden zu werden, der ihn durch den Beistand gegen die Kentauren (den Widerstand der Athener gegen die Barbaren) gewissermassen von sich ab- hängig gemacht und so zu Ehren gebracht hatte, dass sich in Attika ein Geschlecht nach ihm nannte, die Pei- rithoiden. Aber unter den attischen Heroen, in einer bedeutsamen Auswahl eine Stelle neben Theseus einzu- nehmen scheint er keineswegs geeignet. Die Stellung, die beide in ihrem Sitz zu einander annehmen, würde unmo- fivirt, bedeutungslos, launenhaft oder bizarr sein, wenn

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wir an Theseus und Peirithoos denken. Was die Anakes betrifft, so l;isst sich keineswegs behaupten, dass ihre Ge- stalt gewiss nicht an die spartischen Dioskuren erinnert und Phidias gewiss nicht rücksichtslos der traditionellen Art sie darzustehen sich widersetzt haben würde. Gelm wir von Ansichten und nicht vom Thatsjichlichen oder von klar zu erkennenden Merkmalen und Andeutungen aus, so wird leicht Alles schwankend, und man ist sicher aus seinen Annahmen sich Vorurtheile zu schaffen wenn man nach ihnen das was auf dem Bekannten beruht für Vor- nrtheil erkljirt. Wie waren denn die attischen Anakes traditionell gebildet? ') Die Sage ist, dass die spartischen Dioskuren in Athen von Mcnestheus aufgenommen wurden und, nachdem sie in die Eleusinicn aufgenommen waren, als Anakes, aoiTrJQeg und Wohlth)iter verehrt wurden; und in Inschriften finden wir beide Namen verbunden, wonach ihre Herkunft von Sparta nicht zu bezweifeln ist. In Inschriften finden wir namentlich „die zween adnrjgeg, Anakes inid Dioskuren" oder „die grossen Götter, Dios- kuren, Kabiren." Die Vermischung der saraothrakischen zween Kabiren mit den Dioskuren war schon erfolgt, als der Cult in Athen eingeführt wurde; daher die hohen Namen civuy.eg, crror^psf, und der letztere scheint von der Rettung der Seefahrer auf das ganze Leben vermittelst der Mysterien, in deren Gemeinschaft auch sie gehörten, ausgedehnt worden zu sein. Welche Vorstellungen sonst auch mit der Zeit im glaubensseligcn Athen an sie ge- knüpft worden sein möchten, so blieb der Grundcharakter und nur mit diesem hJingen die uns bekannten Abbildun- gen zusammen. So waren sie in dem alten Anakeion selbst, wovon Pausanias spricht (I, 18, 1), als Reiter neben ihren Rossen, ihre Söhne auf diesen, wie in Argos, wo sie auch livuxTtc: hiessen, und die Gemjilde von Polygnot und Mikou in demselben Tempel enthielten den Raub der Leukipj)ideu und die Dioskuren als Argonauten. War- um sollte nicht auch Phidias den Grundzug ihres Wesens ausgedrückt haben? Sie sind wirkhch inse^mrubilmcnte congiunti, »iia non Irrclrovub'dmenlc divisl; das ist eben ihre Einheit in der Zvveiheit und Trennung. Dass „in Athen der Cult der Anakes eine wesentlich verschiedene Bedeutung Aon dem der Sühne der Leda gehabt habe,"

lässt sich um so weniger behaupten, als diese selbst unter gar verschiedenen Beziehungen sowohl in Sparta als ander- wärts verehrt worden sind. Die Dioskuren gefielen einer neueren Zeit unter den grossen Göttern gar sehr, wir finden sie auch in einem Reliefijild aus Vulci unter Zwölfgöttern dargestellt, und zwar mit Lanzen versehn und von ihren Pferden begleitet, Gerhard über die zwölf Götter Taf. IV, 3.

Hinsichtlich des Gedankens, dass die attischen Zwölf- götter unsichtbar das Fest der PauathenJien ihrer Gegen- wart würdigen, ist zu erinnern, dass die Eleer glaubten zu ihrem Feste der Thyia konnne der Gott (Paus. 6, 20, 1). Bei den Chören der Artemis wurde sie selbst ge- genwärtig gedacht (Aristoph. Lys. e.\tr.). Auch in den Vasengemälden müssen sehr oft die Götter, namentlich die begleitenden, als unsichtbar den Beschützten selbst ge- dacht werden.

Wir haben demnach vier Götter, Demeter und Trip- tolemos und die zween Anakes. Duc miml werden die bei- den ersten genannt, so dass auch Trijitolemos hier nicht als König oder Heros verstanden ist, obwohl vorher De- meter, die mit den Menschen als wie mit ihres Gleichen zu verkehren pflege, die einzige Ausnahme genannt wurde. Von diesen vier Personen ausgehend, müssen wir noth- wendig zunächst die Vermuthung aufstellen, dass auch die übrigen acht Figuren Götter seien; da auch sie alle ruhen, paarweise gesellt sind, von einer Handlung luiter diesen acht Figuren sich nichts verr.'ith, und da seit der Zeit des Pisistratus eine Zwölfzahl von Göttern in der bunten Mannigfaltigkeit attischer Culte ein Punkt von einer gewissen Wichtigkeit gewesen zu sein scheint. Die Zwölfgötterhalle am Marktplatz ist ein Zeichen davon. Götter sind demi auch von jeher erkannt worden und die Merkmale, woran einer nach dem andern erkannt worden ist, müssen zuerst sämmtlich als irrig oder als unwahr- scheinlich, auch die Anwesenheit einiger oder eines ein- zigen dieser acht Götter hier, neben den andern vier als unpassend ervrieseu sein, ehe von etwas Anderm bUliger- weise nur die Rede sein konnte.

Was wir ausserdem über die Anakes jetzt bemerkt finden, beschränkt sich auf zwei der vier Grujipen, die

') Auch Prellor Griecli. Mytliol. il S. 73 sagt, dass die Anakes in einer von den Spanischen Tyndariden ursprünglich verschiedenen IJcstaU im Aoalicion verehrt wurden seien. Aber er giiindcl dies nur auf Cic. N. U. 3, 21, wonach die erslen Diosliuren, Söhne des Jupiter und der Proserpina, die in Athen Anaces heissen, die Trilo- palorcn waren. Dies ist contradiclio in adjccto und widerstreitet allen den vielen Angaben über die Tritopatoren, welche I.obeck im Agiaoph. p. 7.').5— 765 crürlert bat, allerdings ohne die aullallende

Ciccronische Stelle zu bestreiten. Vennutlilich waren auch die Tri- topaloren hier oder dort Z-ivcixig l)clitelt worden, wodurch, da die.^ für die Diuskuren ein gewöhnlicher .Name war, die ungeschickte Ver- wechslung entstehen konnte. Gerhard in seiner Griech. Mythologie S. 128 spricht von einer häufigen Glcichsetzung der Anakes mit den Tyndariden. Schwcnck Griech. Mythol. S. 105: „der Uioskurcntem- pel in Athen."

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m-hvn diosoii und Demeter mit Trlptolemos vorliegen. Athena mit der Haube soll dein Geschmack des l'liidias, der ihren Charakter zur vollkommensten idealen Entwick- lung gebracht habe, entschieden widersprechen. Aber der Helm hätte dem Charakter dieser Scene vödersprocheii, da er an das Amt der Göttin erinnert h;itte, wo sie niiissige Zuschauerin ist, an Krieg, wo das Fest Alle zur Freude stinnnt. Die meisten Götter nehmen nach den verschiedenen Situationen einen sehr verschiedenen Cha- rakter an und es ist sehr natürlich, dass an einigen Trink- schalen die Olympische Gesellschaft am Mahl wie ganz unter sich und wie im Hauskleid dargestellt ist. Auch hat Phidias selbst sogar in den Kolossen der Giebelfelder gezeigt, wie Götter sich natürlich und behaglich gehen lassen. Nur eine Haube hat .Vthena auch in einem oder dem andern VasengemJilde. Es ist eine richtige Bemer- kung, dass über die Grammatik und die Metrik hinaus nicht immer Uebereinstimmung in der Auffassung durch Gründe sich schaffen lässt. Aber was der Annahme den Knal)en Erechtheus mit Paudrosos und Atthis, der Tochter des Kranaos, zu verbinden entgegensteht, fiillt, wenn wir von dieser Vergleichung ausgehn, in das Gebiet der gram- matischen Auslegung. Die zwei Göttinnen, denen gemein- sam dieses Kind angehört, sind Athena und Ge, wir wissen nicht anders, und an das Gegebne müssen wir uns halten oder an das, was als daraus als natürlich und nothwendig folgend etwa nach irgend einer Analogie sich voraussetzen lässt. Durch die Königstochter Atthis die Ge zu ersetzen, sind wir theils an sieh nicht berechtigt, theils darum nicht weil sie und Pandrosos, die statt der Athena angenommen wird, nicht zusanunen gehören. Hingegen sprechen zwei weil)liche Figuren bei dem kleinen Erechtheus sich so deutlich aus, dass Athena aller Attribute, die Phidias ohnehin so viel als möglich beseitigt, entrathen kann und auch in der Haube kenntlich ist.

Aadcrs verhält es sich mit dem Widersj)rueh gegen misern Zeus mit Hera und ihrer Tochter Hebe statt des Königs Erichthonios und seiner Gattin Praxithea mit der Tochter Kreusa. Darin zeigt sich strategisches Talent; denn es hJingt ja von diesem Posten ab, dass Demeter und Triiitolemos sich unter Sterldicheii halten können, ja vcrmuthlich die ganze Frage, ol) Heroen oder Götter, hängt davon noch mehr als von Theseus und Peirlthoos ab. Auch die Heftigkeit der Sprache scheint von dieser Ein- sicht zu zeugen: ili Giovc c Ginnone non posso io scojtrire (niccid vvrunu, per (juanlo sia sfitrzulo di concU'iarmi con (juesta idea; oyiiiino che si c rcso fami(jlluic cul lin- guiiygio simbidico dcll' arte anlicu, sunt disfioslo a prcn-

dere queslo vecchlo di grave aspello per un croe c non per 11110 de dei superiori; se vi fasse necessitä assolula di riconoscere In Itii uno de dei muggiori, sarei piit presto disposlo di pensare u Neltnno, anziehe a Giove, con ciü i)i tvllo e per lulto nnlla hu die füre. Allerdings genügen nicht die S])hin.\e unter den Armlehnen des Throns, um den Zeus zu bezeichnen, wiewohl sie auch am Ohmpi- schcn Thron gebrauelit waren und sonst bei Zeus nach- weisbar sind inid die l'nerforschliehkeit des Höchsten recht wolü anzeigen ; auch nicht der hier (da er in der Kujil'er- tafel fehlt) anerkannte Scepter. Aber wohl wird in Ver- bindung mit den Sphinxen und dem Scepter „der höchst iii.'lchtige Körperbau", der ja auch fiir einen Poseidon mächtig genug wäre, dann die der Hera vorzugsweise ge- mässe Geberdung der vor dem Zeus stehenden Figur luul die Tochter in deren (Jefolge, nach dem Tempelbrauch der Zeit, die majest.'itische Haltung dieses Paars vor allen andern und das Thronen des einen Zeus keinem Unbe- theiligten, welcher Götterbildungen unter einander zu ver- gleichen geübt ist, einen Zweifel über diese Götter hier übrig lassen. Erichthonios übrigens könnte nicht in der- selben Vorstellung mit Erechtheus zugleich vorkommen; die beiden Formen derselben mythischen Person stehn nicht in einem irgendwie festgesetzten Verhältuiss zu ein- ander. Auch ist es nicht Erichthonios, der Gatte der Praxithea und Vater der Kreusa, von welchem die Ereeh- tliiden stammen. Die Worte aber: Eretleo con Prassileu e Creusu, mediunte cui in segnilo si rinovella la stirpe aulochlona, sind aus den Alten nicht zu begreifen. Wie verhält sich dieser Erechtheus zu dem Knaben, welchen Athena und Gäa auf den Festzug hinweisen? Soll er der- selbe oder wirklich ein Erechtheus H sein?

Wir haben von jeder Figur Rechenschaft zu geben, an jeder etwas Charakteristisches nachzuweisen gesucht, woran sie erkannt werden konnte. Nach der andern Er- klärung hat keine Figur etwas Charakteristisches an sich; da es denn für die meisten auch an Bildern aus dem Alterthum fehlte. Theseus und Peirithoos kommen vor, aber gar anders als in der für sie ausgegebenen Grup])e; und dafür dass Erichthonios-Erechtheus gerade allein als Herrscher, wie die Figur offenbar erseheint, dargestellt, ffesenüber allen andern dariresfellt sein sollte, ist doch auch kein Grund aufzufinden. Vielmehr ist umgekehrt der Versuch gemacht worden, mit Verzicht auf Kenn- zeichen fast aller einzelnen Figuren, also auf allen Beweis im Einzelnen, eine gleiche Zidil attischer Sagenpersouen als Figuren zusammenzusuchen, nach antiquarischen Ge- sichtspunkten, unter denen sie unter einander in eine ge-

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wisse Einheit treten könnten, eine völlig neue Gesellschaft, wovon vorher noch nichts nur halb Aehiiliches da ge- wesen wäre. Der scharfsinnige Erfinder dieses Vereins ist jetzt bereit, „auf jede der vorgeschlagenen Namensbe- stimmungen zu verzichten, wenn nur das Princiji zuge- geben werde, nach welchem Heroen und nicht olympische Götter sich hier vorgestellt finden in analogischer Weise wie auf der Kodrosschale". Diess steht indessen in Wider- spruch mit dem, was gleich darauf festgehalten wird und vorher vorkam, dass Erechtheus, der daneben auch hier wieder ' Erichthonios genannt wird, als Sohn des Poseidon, den Figuren auf der einen Seite vorstehe, in welchen die physischen Elemente des attischen Mythus hervortreten und der poseidonische Charakter offenbar durchgihigig herrsche, im Gegensatze der andern Seite, der Grundele- mente der grossen Dynastie die in Theseus, dem Schütz- ling der Pallas ihre Spitze habe, so dass durch den Con- trapost des poseidonischen und des palladischen Elements dieser doppelte Chor in Uebereinstinnuung stehe mit den Gruppen der Giebelfelder, die das eine die Pallas, das andre den Poseidon zum Gegenstand haben. Wer .'ihn- liche, zwar raffinirte, aber specifische Definitionen nicht respectire, der könne nicht belehrt, viel weniger aber genöthigt werden sie anzuerkennen. Der poseidonische Charakter der einen, und der jialladischc der andern Seite könnte aber doch nur darin bcstehn, dass er in jeder ein- zelnen Figur iJige, dass also einer jeden auf das Bestimm- teste ihr Name und ihre Bedeutung nachgewiesen und gesichert wäre, so dass sie in Wahrheit gleichsam sprechend (f/»«si parlanü) genannt werden könnten. Ueberdem stammt auch Theseus von Poseidon ab, so dass er nicht als palladischer Heros die Schaar ])alladi- scher Heroen, wenn es deren gäbe, anführen könnte. Von einer andern Seite her tritt mit dem zwiefachen Charakter der beiden Halbchöre von Heroen der früher (p. 18j aus- gesprochne Satz, dass diese, auf edlen B;inken sitzend, in Erwartung des von beiden Seiten dem Tempel der Göttin sich nahenden grossen Zugs, gleichsam deren Stelle ver- treten, in Widerspruch. Demi die poseidonischen Heroen, da ihr Gott von der Athcna besiegt war und an diesem Fest keinen Thcil hatte, waren nicht berufen sie zu ver- treten und die Heroen sollten also alle zusammen eher palladisch sein; denn wenn die Göttin der Künste den Zügel erfunden hat, wenn sie in religiöser Älystik selbst Hippia heisst, so gehört diess wo anders hin als an den Pallastemj)el. Durch die Verzichtung auf die Namensbe- stimmung im Einzelnen hat der Erfinder nicht lehrbarer, d. i. nicht auf objcctivc Beweis- oder Wahrscheinliclikcits-

gründe zurückführbarer specifischer Definitionen ihnen Achtung und Rücksicht selbst versagt und sich in Wider- spruch mit sich selbst gesetzt, und so wird es immer sehr leicht geschehen wenn wir bei Werken ächter Poesie und Kunst Phantasie und Combination nicht anwenden, aus dem Gegebenen heraus, nach erkennbaren Zeichen, nach natürlich und leicht zu verknüpfenden und zu ergänzenden Zügen und zuletzt von allen Seiten zum Ganzen sich wie von selbst verbindenden Einzelheiten, sondern über die Werke hinaus, aus eigner Erfindsamkeit, nach vorausge- setzten Beziehungen und mythologischen Dogmen ent- wickeln und erklären, als ob es g;ilte Variationen über ein Thema zu setzen. Diess kann immerhin eine Geistes- übung des Einzelnen sein und seine Gaben in hellem Lichte zeigen, aber che Auslegungskunst, von welcher viel auch in der Kunstgeschichte abhängt, gewinnt dadurch nicht, sie strebt wesentlich nach Verständigung und Ein- verständniss unter vielen, zuletzt allen vvdrklichen Kennern, über viele, zuletzt über alle Gegenstände worauf es an- konuut wenn man das Wesentliche und Bedeutende im Auge hält.

Doch die Concession mit Bezug auf die Kodrosschale hat noch eine andre und wichtigere Bedeutung. Wir glauben in dieser Schale den falschen Ausgangspunkt zu entdecken, von dem aus die neue Erklärung Richtung ge- nommen hat, und diesen Ausgangspunkt zu gewahren, als Aufschluss gebend, muss demjenigen immer angenehm sein der bei der Vertheidigung einer andern Ansicht von anmasslich meisterndem oder persönlich polemischem Sinn und Ton so weit entfernt ist als wir in der Abhandlung waren, wie aus ihr selbst ja jeder Unbefangene sich wohl leicht überzeugen wird. Smd doch so viele unverächt- liche Untersuchungen ähnlicher Art, bei aller Anstrengung des Fleisses und Scharfsinns nur darum verunglückt, weil der Ausgangspunkt, bei verfehlter Hauptansicht, falsch genommen war. Die Kodrosschale ist bekanntlich von Braun selbst m einer der vollkommensten Abbildungen in Rom 1843 im grössten Format und in demselben Jahr in Gotha herausgegeben worden und stellt vor, zu dem Küdros auf dem Boden, auf der einen Seite des Randes den Lykos, Ajas, Menesthcus und INIelite, auf der andern Aegeus, Theseus, Phorbas und Aethra, in der Mitte von diesen je vieren auf beiden Seifen Athena. Ohne die beige- schriebenen Namen würden wir nach den Rüstungen im Allgemeinen Heroen, mul da auch Kodros seinen Namen bei sich hat, etwa lauter attische Heroen erkannt haben; irgend einen einzelnen aber kaum und alle einzelnen ge- wiss nicht. Das schöne Gemälde gehört also zu denen,

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worin die Kunst sich mit der Schritt vcrhindeii musstc um sieh auszusprechen. Mit der fortsclireiteuden Fertig- keit durch Charakter und Zeielien, und besonders durch die Handlung in der Verbindung melirerer Figuren aus bekannten Geschichten, durch sich selbst dem Bilde Aus- ih'uek und Verst.-indliehkeit zu gehen, hat sie die Stütze weggeworfeu und ist gleicli andern voi'her mit einer andern Kunst verbunduen Arten obligat (gleichsam yjtloT^xvij) geworden , so dass sie die Namen nur aus Gewohnheit oder zur Naeldiiilt'e tTu' den in Mythen und Bildwerken weniger erfahrnen Beschauer oder auch fiir viele allego- rische, nicht leicht durch sich selbst recht sprechend aus- zudrückende l'ersonen beibehielt. Das Relief steht in dieser Hinsieht unter gleichem Gesetz wie das Gemjilde und noch in der Apotheose des Homer sehn wir in der untersten Abtliciluiig eine lange Reihe vou Figuren, worin die Namen iTa- die Uarstellung selbst eben so uuerlasslich waren als für die Composition der Kodrosschale , an welcher der Maler übrigens dem Beschauer die Gedanken, unter denen er gerade die genannten Figuren zusammen- stellte, eben so zu errathen überlassen durfte wie dort der Bildhauer. Hütte PhicHas auf ähnliche Art einen Verein attischer, miinnlieher und weil)Iieher, einer noch Jilteren nnil noch mehr mythischen Zeit angehöriger, unter irgend einem Gesichtspunkt ausgewählter Heroen darstellen wollen, so nmsste er, als ein aus Genie und natürlichem Sinn nichts inigeschickt unternehmender INIeister, nothwendig die Na- men hinzusetzen. Denn wer h.'itte alle diese Figuren er- rathen können, die in diese Zusammenstellung eben erst von ihm gebracht wären? Dort dienten wenigstens die Rüstungen zum Verständniss und die ausdrucksvolle Ge- berde der Pallas in der Mitte leitete den Gedanken nach einer bestimmten Richtung. Heroische Figuren aber von den verschiedensten Stellungen, ohne alle Abzeichen, ohne irgend eine Aehnlichkeit mit Heroen wie sie sonst vor- kommen, würden eben so viele Räthsel für den Betrachter gewesen sein, weil sie bis auf wenige Ausnahmen zu einer Klasse gehörten, die weder durch Cultus noch durch Bil- der bekannt und unter bestinnnte Vorstellungen gebracht waren; und R;ithsel aufzugeben ist nicht die Art frischer und ungeschwächter Kunst. Wenn wenigstens dieser Kekrops, Amphiktyon, Kranaos, Erichthonios als Könige durch Uebereinstinnnung in Haltung und Tracht als Per- sonen derselben Klasse sich zu erkennen gäiben, auf deren Namen im Besondern, so wie auf die ihrer Gattinnen, dann weniger ankäme! Wie ganz anders, wenn diese Fi- guren den kleinen, durch die Zwölfzahl bestimmten, wohl bekannten Kreis von Göttern der Stadt ausmachten! Dann

brauchten nur einige, wie der thronende Zeus mit Hera, Demeter mit Triptolemos, die Anakes dem ersten Blick deutlich zu sein und es bedurften andre nur einer feinen Andeutung, wie sie bei ihnen nachweisbar ist, für dea feinen Athener, um ebenfalls erkannt zu werden: die leiclite Erinnerung an die Götter Athens, die in diesem Verein am wenigsten fehlen konnten , brachte dem wirk- liciieu Zeichen, das aber hätte übersehen werden können, die Vermuthung oder Voraussetzimg schon entgegen. Hier- bei ist es wichtig, die von andern seiner Götterbildungen zu entnehmende Art zu vergleichen, wie Phidias, wenn er nicht Tempelstatuen aufstellte, die Götter mit Aufgebung des Herkömmlichen meistenfheils durch selbsterfundne feine Merkmale und Andeutungen in Stellung und Hal- tung oder in dem Verhältniss einzelner unter einander und zu dem Ganzen des darzustellenden Kreises neu und abwechselnd, aber kenntlich darzustellen gewohnt war. Welcher Unterschied endlieh zwischen der Pallas, in l)e- stimmter Handlung und Verhältniss dort zu den sie um- stehenden Heroen und der Demeter, wie sie hier in der Reihe der zwölf, ohne Bezug weder auf alle noch auf einige dasitzt! Kein Zweifel daran, dass auf die Feststel- lung attischer Heroen im Fries lange StiuUeu gewandt worden sind, cl it voluto anni prima die ri}>etulu Ispc- zioiie dcgli originuli e lo studio minuto d'oyni jiarticola- rilä cj ahbia spocjUulit de pregiudizi, solto il dom'tnio de' (jitali aiicor noi cj cravamo trovati, wiewohl für die Be- stimmung der Namen, welche viele Mühe erforderte, eine gute Abbildung zureichte, und nur hinsichtlich des Styls auch der Anblick des Originals in Betracht kommt.

Dass das Studium der Particularitäten und der mit iliuen in Einklang zu liriugenden neblichten und wider- spruchsvollen, aus den verschiedensten Zeiten stammenden attischen Sage eines gewissen Schlags durch die auf die Kodrosschale gestützte Hypothese gefälscht worden sei, haben wir zu zeigen gesucht. Aber auch hinsichtlich des Styls, dass er Götter und Heroen zu scharf unterscheide um Götter im Fries annehmen zu dürfen, wiederholt der Anwalt der Heroen seinen vorigen Satz, der vor dem Herausrücken der Kodrosschale zur Haujitstütze seiner Annahme gemacht worden war. Die vollen Adern der Hände und Arme konnten nicht ferner als Kennzeichen von Heroen im Gegensatze zu den Göttern des Phidias wiederholt werden, da auch deren Leib vollkommen na- turgetreu gebildet ist und nicht auf Ambrosia hinweist; es soll aber das Subjcctive auch hier, es sollen statt aller Gründe die Worte genügen: „Ich bin mehr als je über- zeugt, dass mau von Gottheiten, mit der emzigen Aus-

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nähme der Demeter ganz und gar nicht reden kann in diesem Stadium des von Phidias gegründeten Systems. Die Vergleichung mit den Bildern der Giebel bietet sich zu sehr von selbst dar, um nicht fast unwillkLirlich als unabweisbare Norm betrachtet zu werden, und aus ihr ergiebt sich, dass es sich von Wesen handelt, die einer SphJire von gjinzlich und wesentlich verschiedener Sub- sistenz angehören." Starke Behauptung, aber ohne alle Kraft zu überzeugen. Ist die Demeter und ist Triptolemos (due numi) als Wesen einer andern Sphäre als die übrigen Figuren zu erkennen? Nein, Demeter giebt sich nicht durch die Formen, sondern nur durch che Fackel zu erkennen, das Zwilliugsjjaar durch die Stellung. In den Giebelfeldern smd neben den oberen Gottheiten auch djimonische Per- sonen, derselben Art wie im Relief die vermeintliche Pan- drosos oder Aglauros, wie jetzt die Figur zu nennen an- heim gegeben mrd, und Erechtheus selbst, der Sohn der Athena und der Ge. Aber so wenig wie diese hier einen Unterschied der Formen verrathen, so wenig ist in den Giebelgruppen ein Stylunterschied zu bemerken, '^'ir wollen den Stylbegriff auch auf Stellung und Haltung, auf die Gewänder ausdehnen, und wir werden auch in diesen keinen durchgreifenden Unterschied feststellen können. Der Charakter und das Handehi eines Gottes ist es im Allgemeinen, wodurch er von andern Göttern, so wie auch von dämonischen und allegorischen Wesen sich kenntlich unterscheidet, womit nicht geläugnet wird, dass im Be-

sondern, in grossen Statuen und Gem.-ilden die Idealformen einer Steigerung und feiner Abstufungen l^ihig sind. Die Vergleichung von Reliefen und Statuen hat ihre Bedin- gungen, von denen zuzugeben ist, dass sie noch nicht so wie zu wimschen wäre erörtert sind. W;ire es aber ge- schehen, so würden dennoch, wenn aus Formen ge- schlossen werden soll, immer auch äussere Umstände und Möglichkeiten zu berücksichtigen sein, wie z. B. der Unter- schied eines auf wenige Figuren beschränkten und emes höchst umfangreichen, eines von demselben Meister und eines wahrscheinlich von semen Schülern ausgeführten Werkes u. s. w. Jedenfalls scheint es ein vangov nQÜrt- gov zu sein wenn man aus den Formen die Natur der Personen bestimmen will, statt mit diesen anzufangen, und zu fragen, ob sie als Götter, Heroen, allegorische oder historische Figuren an bestimmten Zeichen kenntlich sind. Hätte man nicht gewusst, dass die Kolosse in den Giebeln des Parthenon Götter vorstellten und nach dem Styl aller und der Composition eines Theils der Figuren entschieden, so war man vor falschen Erklärungen nicht sicher; man war in Erstaunen, dass sie von den bekannten Göttern durch einen grundsätzlich verschiedenen Styl sich unter- scliicdcn, aber mau konnte was vor Augen lag nicht läug- ncn und lernte bald die Götter des Phidias sich begreif- lich zu machen und zu bewundern.

F. G. Welcker.

III. A I I

99. Zeus Geleon. Ich habe in meiner griechischen Mythologie 2, S. 36 den Namen rilüvtog des Königs in der argivischen Danaossage bei Ajiollodor II, 1, 4 und Paus. II, 19, 3 aus der Nachricht bei Steph. B. v. ^ovüyytXu zu erklären versucht, einem Orte in Karlen, wo man das Gral) des Kar zeigte, xrxXovat yufj oi Kü()tg aovuv tuv rü(f()v, yi'kuv dt Tov ßuaüJa, so dass also riXär(0(t eigentlich der König, der Königliche wih'e. Von demsel- ben Stamm ist der Name Geleoti in Sicilien abzuleiten, dessen Familie aus der Gegend von Karlen stannntc, und höchst wahrscheinlich auch der der attischen Geleonten oder Teleonten, deren Name also i. (). jiuotltTg, ßuatXixui

I

I.

bedeuten würde. Endlich erklärt sich dadurch auch der Zivi; FiXioiv, welcher neuerdings durch eine attische Inschrift bei Ross arch. Ztg. 1844 S. 246. 247 und Demen von Attika p. IX bekannt geworden ist und vermuthhch der Stammgott der alten Phyle der Geleonten war. Dem Gelanor in der argivischen Sage entsju-icht übrigens ganz genau der König Malkandros in der Geschiclite der Isis bei Plutarch de Is. et Osir. 15: auch eine ächte vox hybrida, deren erste Silbe deutlich genug dem hebr.-iischen melek entspricht.

Weimar. L. Paeller.

Tafel LXXl: Aphrodite Pandemos-Epitragiu, Vasenbitd des Um. Luzarclie zu Tours.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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DENK3IÄLER UND FORSCHUNGEN.

Archäologische Zieiluuy, Jahrgang XJi.

M 72,

Deceniber 1854.

Priamos bei Achill. Uebev deu Kasten des Kj-pselos. Allerlei: Vase des Midias.

I.

Priamos bei Achill.

llicvu die Al.l,ililiiiig T;il. lAXIl.

MJiin kleines Tlion<rc(iiss fiiosseiiecliisclien Ur- Sprungs, welches aus der Kollerschen S.'iiiimlung licrrührend im köniiiJ. Wusomn zu Berlin sich he- lindet 'j, l'orderl in dessen anbei (no. 1. 2) abgeliil- ilelein KeJiel in zwei scheinbar verständlichen, da- bei aber niannifiilach erschwerten Darstelluns:en luisre Aulmerksanikeit. Wir erblicken als Ilaupifigur einen in Vorderansicht auf langem l^olsterhell befind- lichen, unterwärts bekleideten slatlliclien .Jungling; seitwärts hin mit gekreuzten Beinen behaglich sitzend, aber mit vollem Antlilz dem [Beschauer zugewandt, hält er, zwischen beiden Polsteienden seines Lagers mitten inne, linkerseils ein anfgesliitzles Wehrge- henk, in seiner Hechten aber, ei)enfails aufgestiilzt, ein rundes Schild mit dem schreckbaren Emiilem eines (lorgogesichls, das nach älterem griechischen K(nistgebraucii mit heranstrelender Zunge gebildet ist. Diesem in sichlliciier Siegesfreude ausruhen- den Helden Iriit linkerseils ein durch Pclasus und Heroldstab imverkennbarei-, mit einer Chlamys ver- seiiener Gott Hermes entgegen und übeneicht in der Rechten iliai einen Gegenstand, der, einem Diptychon ähnlicli, kaum anders als in dem Sinn einer schriflliclicn Botschalt sich deuten lässt. Es ist nur etwa dieser, fiir eine vermuthliche Bot- schaft des Zeus all/u seltsame Brief), der in der sonst nahe liegenden Deutung uns slöit, als sei

'I In der Saimulunj,' der Terracolteii A D. ■') Bneflrüger ist zwar auch Eros: Pill. d'Ercol. I, 10. ') Iloin. II. XXIV, 'JSir. Aescliylos in den AiijQOig'ExioQOi (Welclier Tril. \-i\S.).

hier Hektors Besieger Achill dargestellt, dessen racheerfuilten Sinn Hermes der Götlerbote vielleicht umzustimmen berufen ist: im Wesentlichen der Sage entsprechend, die auch Homer und Aeschylos l)efolglen '^). Kunsldarsleilungen, in welchen Hermes mit ähnlicher Atmäherung, dann wohl auch durch Handschlag^), den Hermes dazu bestimmt, lassen an dieser Deutung kaum zweifeln; sie wird iiber- dies durch die ani andern Ende des Lagers stehende, langbekleidete imd ihre Rechte gegen den Helden ausstreckende Figur bestätigt, welche in einem sonst ziemlich äiinlichen Vasengcmälde '") als des Achilles Gelieble Bris eis sich kundgibt, nur mit dem Unter- schied dass, wie bei Hermes der Brief, auch bei dieser Frauengestalt ein befremdliches Attribut ihrer Linken, nämlich ein schräg anf'geslülzter Stab, uns befremdet.

Diese bei u!)rigens leichter Erklärung unläug- !)aren Schwierigkeilen wei'den vermehrt durch eine ebenfalls dreifache Gruppe, welche der vorher be- schriebenen, der sie, von einem in leerer Fläche tieiindlichen phrygischen Hehn unterbrochen, sich anschliesst, zugleich als kleineres Gegenbild dient. Von drei in phrygischer Tracht gekleideten Figuren ist die mittelste kraftlos auf ihre Kniee gesunken und wird, sie aufzurichten, von einem der beiden Gefährten unter den Armen, vom andern an ihren beiden Händen gefassl; man kann nicht umhin an einen auf seinem Weg zu Achill kraftlos wankenden Priamos zu denken, womit die verzweifclle Ge- berde seines dem Haupt zugewandten rechten Armes wohl stimmt, wird alier in neue Zweifel

••) Gerliard Auserlesene Vascnb. IM. '.'ÜO. Ovcrbeck Taf. XX. I. S. /iGiir.

') Auf der mit Inscliriflen bezeiclinetcn Schale hei Inghirami Gal. Oincr. II, ■,>38f. Ovcrbeck Taf. XX. 3. S. 470 IT.

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veiselzt, wenn man bei prüfender Bescliaimng des Originals die Barllosigkeit jener Millelfigur niclit woiil liiugnen kann.

Es pflegt in der Kunslerklärung nicht oft vor- zukommen, dass hindernde NebenuiDstände so deul- hch und für das Verstandniss des Ganzen doch so erfolglos uns entgegentreten wie jene, nichtsdesto- weniger von uns auf des Priamos von Hermes unterstützte Biltstellung bei Achill um den Leich- nam des Ileklor zu deutende Darstellung, der wir sofort noch ein anderes Vasenbild (no. 3. 4) mit dem Geständniss zur Seite setzen, dass sich bei gleichem für uns unverkennbarem Gegenstand schwierige Nebenfiguren auch dort befinden. Als archaisches Bild eines Gefässes in Lekythosform, dessen Zeich- nung vor längerer Zeit aus römischem Kunstbandel mir zuging, zeigt uns dieselbe auf seinem Bett aus- gestreckt den unverkennbaren jungen Held Achill, unverkennbar auch darum, weil unter dem Lager, auf welchem er seinen Trinkbecher ausstreckt "), der Leichnam des von ihm gelödlelen Hektor liegt. Wie in gleicher Zusammenstellung dieselbe Grujipe, oberhalb Achills auch wie hier mit aufge- hängten Beinschienen bezeichnet, auf einem ganz ähnlichen, vormals Hrn. Steuart gehörigen, Gefäss') sich vorfindet, wird unsere Gruppe, wie in jenem ähnlichen bessern Exemplar, verbürgt und voll- ständig durch die auf Göttergebeiss dem Achill mächtig zuschreitende Gestalt des bärtigen und be- kleideten Priamos, welcher, mit leidenschaftlicher Ausbreitung beider Arme, seines Sohns Leichnam von dessen Mörder erbittet. Die Figur der Biiseis wird hier vermissl; während sie in dem ähnlichen und vorzüglichem Steuartschen Gefässe fehlt, ist dagegen hier die Umgebung des Priamos verstärkt, durcli zwei Rossführer nämlicii von denen der vorderste zwei Lanzen trägt. Dass man bei diesen beiden Figuren nur eine kurze Bekleidung bemerkt und die zu erwartende phrygische Tracht vermissl, kann wiederum als eine der keineswegs häufigen INaclilässigkeiten betrachtet werden, durch welche

'■) Als Ausdruck der nacli gcsälliglc)- Hache eintretenden behag- lichen Ruhe, vielleicht auch, wie Welckcr meinte, schon als Bewill- kommnung des l'riamos.

") Sieuarlsches Lckythosbild von vorzüglicher Zeichnung, Ms jetzt unedirt: Dull. d. Inst. 1830 p. 7.jf. Overhcck S. 5671. Priamos

diese beiden, bei ähnlicher Darstellung einander entsprechenden, Darstellungen der Lösung von Hektors Leichnam unsre Erklärung ihres dennoch unzweifelhaften Itihalts erschweren; das zweideu- tige Verdienst, seltne antike Beispiele incorrecter Copieen eines besseren Originals darzubieten, wird ihnen hiebei niciit wohl bestritten werden können.

£. G.

II.

lieber den Kasten des Kypselos.

Der Kasten des K}']i3elos oder vielmehr die Beschrei- bung desselben bei Pausanias ist von solcher Wichtigkeit für tIoIc kunstgeschichtliche und mythologische Studien, dass man innner von neuem darauf zurückgeführt ^vird. Daher die vielen Untersuchungen ilaräber, in denen die- selben Fragen unter sehr verschiedenen Gesichtspunkten besprochen werden, s. HejTie Gott. 1770, Quatremere de Quincy Jup. Ol. (1815) p. 124fF., Welcker Zeitschr. fiir Gesch. H. Ausl. d. a. K. (1818). S. '271 ff. 536 ff., Thierscb Epochen S. 1G7 A. 66 (1819), O. Jaliu Arch. Aufs. 1845 S. 3— 15, Th. Bergk Arch. Ztg. 1845 S. 150— 186, Brunn im Rhein. Mus. f. Philol. 1847 S. 335 ff.

Die traditionelle Bestinnnung über die Zeit seiner Entstehung ist bekaiuithcli die bei Pausanias gegebene, der dabei theils der örtlichen Üeberlieferung zu Olympia, theils seiner eignen Ansicht folgt. Der Kasten (xvxpO.r^) galt zu 01)inpia für denselben, worin che Mutter des Kypselos ihr Kind vor den Nachstellungen ihres Hauses, des Hauses der Bacchiaden verborgen hatte. Zum An- denken dieser merkwürdigen Errettung hatten ihn nach- mals die Kj-psellden nach Ohnipia geweiht (V, 17, 2). Pausanias denkt sich das alterthiimliche Kunstwerk aber nicht als Erbstück der Bacchiaden, sondern als das der Vorfahren des Kypselos von v.'itcrlicbcr Seite, da er in einer der darauf angebrachten Bilder eine Andeutung der ersten Uebersiedehuig dieses Geschlechts nach Korinth ausgedrückt fand, welches er selbst aus der Gegend von Sikyon (18, 2 cf. H, 4, 4), dagegen Herodot5, 92 weiter hinauf vom Stamme der Lapithen und zwar von dem de.s IvJiueus ableitet. Endlieli fiigt Pausanias V, l'J, 2 am

ist dort mit verhiilllem Gewand dargestellt, ein phijgisclier Begleiter desselben reicht zwei Schalen als Geschenk; andere Begleiter fehlen, dagegen Briseis hinzutritt. Alles Uehrige stimmt, selbst mit Inhe- grill' der aufgehängten Knemiden, im Wesentlichen mit unserni Bild übcrcin.

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Schlüsse SfiiUT Beschreibung hinzu, (hiss sich der Küiist- k'r, welclier (h'ii Kasten verfertigt habe, zwar auf keine Weise bestinnnen hisse und dass aiicli die zu den Tigureii hinzugefügten Kpigrannne wold ^on einem Andern her- stammen könnten. Doch vermuthe er aus verschiedenen Gründen inid vorzüghcli mit Rücksicht auf das von Eumelos für die Messenier gedichtete nyuaödiov ig jJrp.ov, dass dieser Dichter auch der Urheber jener Epigrannne sei. Dieses würde etwa auf OL 10 als die Zeit der Verfertigung führen, von welcher Zeit aber die der Dedi- cation nach Olympia wohl zu imterscheiden ist.

Gegen diese Bestiinuiung hat Müller Handb. d. Arch. d. Kunst § 57 ein Bedenken erhoben, welches auf den ersten Anblick sehr scheinbar ist inid Viele bestinnnt hat, bei njihercr Untersuchung aber wegfjillt. „Pausanias, sagt er, welcher die von dieser Lade erz.'ihlten Fabeln glaubt, denkt sie sich mn Ol. 10 verfertigt und den Eumelos als Urheber der Aufschriften. Aber llerakles hafte darauf schon sehie gewöhnliche Tracht (Pausan. V, 17, extr.), die er erst nach Ol. 30 erhielt", wobei ^liillcr auf Pisander verweist, welcher den Herakles mit Löwen- haut und Keule, wie ihn hernach die bildende Kunst darstellte, erst geschaffen und Ol. 33 40 geblüht habe. Indessen sagt jene von ihm angezogene Stelle keineswegs das, was er darin findet. Es heisst dort wörtlich so: rijv fd(iav df Hgaxlii To'^tvovri l49^ijvu TiupiaTijXiv uTf (U' Toi' HQaxXeovg ovTog orx uyviöaTov tov xt üdXov /ügiv xiti int Tiü a/rjjiun, rn oi'Ofia ovx l'artr in' iivTüt yiygu^ifih'ov. Also der Kamj)f mit der lernöischen Schlange und zwar ohne Beisehrift, weil man den Hera- kles von selbst erkenne, an diesem Kampfe mid im X(u iryffiuTt, was in diesem Zusammenhange nicht bedeutet, auch nicht bedeuten kann, dass er mit Löweiüiaut und Keule bekleidet gewesen sei, sondern dass er als ro^tiwv aljgebildet war, vgl. die ganz .'ihnliche Parallelstelle gegen das Ende der Besehreibung 19, 2: rojfi'ovrn öi arögu KevTavQOtig, rovg di xai unixrovÜTa itvTwv, drjXu ''HgaxXitt räv To^ivorra xiti HgaxXiovg tivttt to igyor. Also war Herakles auf dem Kypseloskasten wie- derholt als to'^ÖTtjg abgebildet, welches eben das Idtere GostUm dieses Heroen war, wie uns dasselbe ans der Odyssee 11, 601 ff. und andern Stellen bekannt ist, die 'Ofitlfiixrj aroXri , wie dieses Gostüm im Gegensatze zu <lcm der Dichter seit Stesichoros und Pisander bei Athen. Xn, p. 513 genannt wird, vgl. meine Griech. Mythologie 2 S. 129. Ja man darf wohl weiter gehn und behau])ten, dass Herakles auf ' dem Kasten des Kyjiselos nur mit Pfeil und Bogen, noch nicht mit Löwenhaut und Keule

abgebildet war, da dieses Merkmal einer sjj.'ileren Zeil sonst höchst wahrscheinlich von Pausanias hervorgehoben worden wiire: wodurch das höhere Alterthum dieses Kunst- werks zugleich einen j)Ositiven Beweis erlangen würde. Wirklich gedenkt Pausanias ausser dem Bogen nur noch des Sehwerdtes, welches er in dem anderswo beschriebe- nen Abenteuer gegen Atlas zückt (V, 18, 1 üorig di ianr (I lii'iiQ 0 l'/jov TO Si'ffog xtti ini rnv ZirXnvTn ip/ö/^ti- vog, ii)ia fiii' in' uvTw ycyQu/itfi^i'ov innv ovStv, SriXu di ig linavTag 'Hg(txX/a tivut :) wo wieder die Erwöh- uung der Löwenhaut luid Keule, weini Pausanias sie ge- sehen hjitte, unvermeidlich gewesen wäre. Auch in der Beschreibung der Odyssee 11, 610 wird das Wehrgehenk, also das Schwerdt zum Angriff in der Nähe, ausdrücklich nebeu Pfeil und Bogen, den ferntreffenden Waffen erwähnt. Desgleichen ist Herakles auf dem sehr alterthümlichen Vasenbilde vom Kampfe mit der Hydra, welches Welcker Alte Denkni. 3 t. VI j)ublicirt hat, ohne Löwenfell und Keule und blos mit Pfeil luul Bogen und mit seinem Sehwerdte ausgerüstet, mit welchem er auf diesem Bilde ilie Hydra ersticht.

Wir würden also auf diesem Wege wieder zu jener traditionellen Ansicht zurückgefiUirt werden, zu welcher sich auch Quatremere de Quincy, Thierseh und Bergk a. a. O., Siebeiis in Böttigers Amalthea 2, S. 259, 0. Jahn Arch. Zeitg. 1850 S. 191 mit verschiedenen Gründen be- kannt haben und welche so lange wird gelten müssen, bis triftigere Merkmale eines späteren Ursprungs ange- führt sind. Nur scheint es mir als ob man die thats.äch- lichen Angaben des Pausanias nicht immer hinlänglich von seinen eignen Meinungen und A^ermuthungen unter- schieden und diese auf das gehörige Maass ihres sub- jectiven Werthes zurückgeführt habe: in welcher Beziehung ich mir noch einige weiter eingehende Bemerkungen er- lauben werde.

Pausanias wurde bei diesen Vernuithungen vornehm- lich durch die Voraussetzung bestimmt, dass ein Kunst- werk, welches so speciell die Familiengeschichte der K}-j)seliden angehe, auch durch gewisse Beziehungen auf dieselbe ausgezeichnet gewesen sein müsse. So bei der Exegese des dritten Streifens, wo eine Gruppe von Krie- gern zu Fuss und zu Wagen abgebildet war, einige im Begriff mit einander handgemein zu werden, andre sich zu vertragen imd Freundschaft mit einander zu schliessen. Die Exegeteu von 01}'mpia schwankten (da alle Beischrif- ten fehlten), ob sie diese Darstellung auf die Aufnahme des Oxylos und der Aetoler in Elis beziehen sollten, also auf eine Episode aus der Geschichte des Einzugs der

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Herakliden in den Peloponnes, oder auf den Krieg der Pylier und Arkader und das Treften bei Pheia und dem Flusse lardanos, in welchem Nestor sich auszeichnete, s. H. 7, 135, wobei ich der Emendation von Ilerae zur Eias a. a. O. folge, welcher bei Pausanias für 0iy(üJuv schreibt (Dnüv. Beide Thatsacheu würden der clischen Landessage angehören, die letztern aber für die Erkll-irung des ganzen Kunstwerks den Vorzug bieten, dass somit auch dieser Vorgang der mj-thischen Sagengeschichte an- gehört hiitte. Pausanias aber meint, wenn ein Vorfahr des Kypselos, ein jlann aus Korinth, den Kasten habe anfertigen lassen, so werde doch weit eher eine Anspie- lung auf die korinthische Geschichte und die seines eignen Geschlechts darin gefunden werden dürfen, und crklJirt die Gruppe deshalb von der ersten Aufnahme dieses Ge- schlechts in Korinth. !Mit welchem Rechte, darüber l;isst sich jetzt nicht mehr entscheiden, aber einige Bedenken sind doch auch so zur Hand. Einmal macht seine eigne ErzJililung von jener Aufnahme einen ganz andern Ein- druck als den eines durch Freundschaft und Vertrag unterbrochenen Treffens. Denn jener Melas, der Sohn des Antasos, der Vorfahr des Kj-pselos, von dem er 11, 4, 4; V, 18, 2 erz.-ihlt, ist nicht nach einem Treffen, sondern nach inst.'indigen Bitten vom Aletes in Korinth zugelassen worden (f? u &egixniti'. n tTj miai] yjjo'ijiivuv 31i).(ti>u xui onÜTi uniXtiQ-tlij avv ätt\ai:t inuvitnzc nvdi^ idt'iuTo xitl uvdiil.d\}'iX7ji;), nachdem er sich früher dem Zuge der Doricr angeschlossen gehabt hatte, aber vom Aletes, angeblich wegen der Warnung eines Orakels, \vieder ausgelesen war. Und dazu kommt dass, wenn der Kasten auf Bestellung eines Abkömmlings von diesem alten Lapithengesclilechte gearbeitet worden wäre, man doch irgend eine Vorstellung aus der alten und weit und breit berühmten Lapithensage erwarten sollte. JMüller ineint freilich Ilandb. § 57: „sie enthalten Scenen aus den heroischen Jlj-then, zum Theil auf die Ahnen des Kypselos, der aus Thessahen stammte, bezüglich". Doch wüsste ich ausser der VorstcIUuig der Leichcuspicle zu Ehren des Pelias, der von Peleus und Thetis, von Medea und lason, keine thcssalischen Mythen nachzuweisen, und diese sind nicht sowohl eine Einweisung auf Thessalien oder auf die Vorzeit der Lapithen, als \iehnehr auf die gewöhnlichen Abschnitte der heroischen Sagengeschichte, die Argonautendichtung und den troischen Sagenkreis.

Zweitens: auch die Annahme des Pausanias, dass Euinelos die Verse zu den Bildern des Kastens gemacht habe, ist nur eine Hypothese und zwar eine ihm selbst ziemlich jiroblematische, da er ausdrücklich hinzufügt:

TU i' tniYQÜfifiuTa öi tu f.i^ avTi]g Tii/n fitv nov y.ui äV.o^ 7(C «1' s(';; nsnoD^y.ii'ig n. s. w. Warum er gradt- auf den Euiiielos gerathen, ist jetzt nicht mehr mit Be- stimmtheit zu sagen. Verschiedene, aber nicht befriedi- gende Vermuthungeu darüber s. bei Markscheffel Hesiodi, Eumeli, cct. Fragm. p. 221 und bei Bergk a. a. O. S. 170. Weit eher möchte ich glauben, dass auch hier dem Pau- sanias die Abstammung des Kastens von einem Korinthier und einem A''orfahren des K^-jiselos vorschwebte, denn Eumelos war nicht allein Korinthier, sondern auch Bac- chiade, also ein Vorfahr des K}-pselos von mütterlicher Seite. Auch ist zu vermufheu, dass Eumelos in jenem für die Messenier gedichteten delischen Processionshynnius von seiner Abkunft gesprochen hatte und dass Pausanias deshalb auf diesen Hymnus hinweist.

Drittens: die wiederholten Untersuchungen neuerer Zeit über die Composition der Bilder und ihre etwaige Beziehung auf den Ursprung des Kastens haben, wie mich dünkt, bis jetzt zu keinem befriedigenden Resultate ge- führt. Bei unbefangener Beti'achtung macht dieses ganze Bilderwerk durchaus mehr den Eindruck einer Auswahl aus den Ijeliebtesten Sagen und Dichtungen der Vorzeit, als dass ein bestimmter ideeller Zusammenhang dabei be- absichtigt gewesen w;ire. Die Heraklessage luid die Troika herrscheu vor; aber auch die Thebais und andre Sagen- kreise haben einige Gruppen geliefert. Die hin und wieder angedeutete Wechselbeziehung von Liebe uud Streit ist zu allgemein, als dass sie zu einer bestimmteren localen oder individuellen Beziehung anleiten könnte. Bei den sieh oft wiederholenden Bildern der Heraklessage könnte mau an eine Rücksicht auf die Herakliden denken, da die Baechiaden zum Stamme der Herakliden gehörten; aber die Troika sind noch häufiger vertreten als Heraldcs und die Thaten dieses Helden waren überhaupt m der ältesten Kunst ausserordentlich beliebt. Wie also, wenn dieser Kasten zwar älter als Kypselos und seine Eltern, abei' von einem Uirer Vorfahren nicht bestellt, sondern fertig gekauft worden wäre, etwa von einem äginetisehen oder korinthischen Künstler oder sonst einem Künstler dori- schen Ursprungs, denn darauf deutet der Dialekt der In- schriften. Die Anfertigung solcher Prachtstücke (xfiftr/- X<«) für den Verkauf scheint im Orient luid in Griechen- land seit alter Zeit herkönmilich gewesen zu sein. War diese Industrie früher in den Händen der Phouicier ge- wesen, so mochten sich mit der Zeit die griechischen Künstler derselben bemächtigt haben. Alterthümliche Vasen z. B. die zum Vergleich sehr merkwürdige Fran^ois- Vase lehren, dass eine Auswahl aus den ej)ischcn Sujets,

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ilii* mein- iui (Ion ri'iclicii Hiutergrimd der nationalen Sage trimicni als bestimmte Bezieluuigen aussprechen sollten, zu ilcu beliebtesten Stoffen der Ornamentik gehörten. Da- bei ist ein Streben, durch Symmetrie oder durch Contrast iler Zeichnung und Composition einen gefälligen Eindruck bervorzurnleu, keineswegs ausgeschlossen; ich meine in dem Sinne wie namentlich ü. Jahn Arch. Aufs. S. 14 und IL 15runn a.a.O. dergleichen angenommen haben.

Endlich will ich mir auch über die sonst bekannten Weihgeschenke der Kypscliden und über die Folge dieses Geschlechts einige Bemerkungen erlauben,, da es von Wich- tigkeit ist, bei der Untersuchung über den Ursprung des von Tansanias beschriebenen Kastens auch diese Um- stände mit ins Auge zu fassen.

Kvpselos also stammte durch seinen Vater aus einem Geschlechte, das sich von den thessalischen Laj)ithen, näher aus der Gegend von Sikyon ableitete, durch seine Mutter aus dem in Korinth herrschenden Geschlechte der Bacchiaden, einem besondem Zweige der Herakliden. Die Bacchiaden pflegten nur unter sich zu heirathen und es war eine durch ganz besondere Umstände herbcige- tuhrte Ausnahme), als mau der Jlutter des Kypselos erlaubte in ein anderes Ilaus zu heirathen, welches jeden- falls auch ein in Korinth angesehenes luid reiches war. Als der Knabe geboren wurde, suchten die Bacchiaden ihn aus dem Wege zu räumen, worauf die Mutter ilin in jenem Kasten verbarg, dem er angeblich seinen Namen verdankte, und welcher spjiter von den Kj-psehden nach Olympia geweiht wurde. Kypselos jverdrängte luid ver- jagte dann die Bacchiaden und regierte dreissig Jalire über Koruith Ol. 31, 2 bis 38, 4 oder G.55 625 v. Chr., s. Clinton Fasti Hellen. Vol. I zu diesen Jahren. Das sagt unter Andern Aristoteles Polit. V, 9, 22, welcher da- bei von dem Hause der Kv-])schden hisgemein hiuzufiigt, seine Herrschaft habe 73 Jahre und 6 Monate gedauert, indem Periander, der Nachfolger des Kypselos 40 Jahre '), Psammetieh ö rngdi'uv noch 3 Jahre regiert habe. Ueber den letzteren und seinen Vater schwanken die Vorstellun- gen sehr, s. Müller Aeghiet. p. 60, Dor. 1, S. 117. 168; 2, S. 155, Clinton zu Ol. 49, 4. Mir scheint es mit Rück- sicht auf Aristoteles inibedenklich, den Gordias oder Gor- gias (Plutarch. Sept. Sap. conviv. 17) und den Gorgos bei Strabo (\U, ]>. 325, X, p. 452, Sc}!««. 454) fiir dic-

') Sie balle verdrelile Beine oder Fiisse und lücss eben deshalb Labd.1, s. Etym. M. \. ß?.aia6g ö tovs nöäag ItiI Hw iSie- OTQu/ju^rog y.a\ ii{> A moi/idi) ioixiö;. äu't jovio x«l Aü^ßiSit fxdXsTjo t) j'i'i'ij fiiv 'JlfjCtoi'og, firiirjo äi Kvx'jO.ov jov Koqiv- Oiov ivQÜvvov. Merkwürdiger Weise war auf jenem Kaslen des Kypselos der Tod auf iilinliche Weise abgebildet, s. Paus. V, 18, 1.

selbe Person zu nehmen, d. h. für einen zweiten Sohn des Kvpselos (so nennen ihn Strabo und Skymnos, gegen welche Antonin. Lib. I, 4 nicht in Betracht kommt): also ITir den Bruder des Periander, welcher Ambrakia von Korinth aus colonisirte und sich dort festsetzte, wjihrend Periander dem Vater in Korinth folgte. Von Perianders Söhnen war der eine blödsuniig, der andre uiit seinem Vater ganz zerfallen, daher ilin Periander nach KorkjTa schickte, wo er kurz vor dem Tode seines Vaters, als dieser im Begriff war ihm die Herrschaft in Korinth zu überlassen, von den Korkyräern erschlagen wurde, siehe Herod. 3, 48 53. Also fiel nach dem Tode Perianders che Tyraunis in Korinth an einen der Söhne seines Bru- ders Gorgias oder Gordias, nämlich an Psammetieh, während eiii andrer Sohn desselben Kypseliden die Herr- schaft in Ambrakia behauptete, s. Aristot. Polit. V, 8, 9, Plutarch Erot. 23. Beiden scheint ziemlich gleichzeitig ein Ende gemacht zu sein, durch Volksaufstl-inde und die Unterstützung der Spartaner, s. Aristot. Polit. V, 3, 6, Plutarch de Herod. malign. 21. Das Orakel bei Herodot 5, 92 erklärt sich am natürlichsten dadurch, dass es aus- scMiesslich den verh.-ingnissvollen Ausgang des korinthi- schen Herrscherhauses, d. h. der Söhne des Periaudcr im Sinne hatte, welcher überhaupt bei weitem die glJinzen eiste und imposanteste Erscheinung der korinthischen Tyranuis w<ar, so dass neben ihm die kurze Regierung des Psam- metieh im Sinne des Orakelspruehs immerhin übersehen werden konnte.

Als Weihgeschenke des Kjqjselos oder der Kypseliden, bei welchem Ausdruck gewiss immer vornehmlich an Pe- riander zu denken. ist, werden in der altern Tradition vor- zugsweise zwei genannt, das eine zu Delphi, das andre zu Oh'mpia. Jenes war das Schatzhaus mit der Palme, welches K}']}selos nach Plutarch Sympos. Q. ^^^, 4, 4 und Sept. Sap. Conv. 21 gleichfalls zum Andenken an seine wunderbare Errettung gestiftet hatte, „als ob Apoll in jenem verhängnissvollen Augenblick das Geschrei des in der Lade verborgenen Knaben unterdrückt hätte". Das zu Olympia war der berühmte Koloss des Zeus von ge- triebenem Gjlde {/gvauvQ aqvtnp.uToc), welcher ein blei- bendes Denkmal der grossen Pracht der korinthischen TjTannis war und wegen seines ausserordenthchen Werthes zum Sprichworte wurde, s. Plato Phaedr. p. 236 B, Phot.

■) Bei Aristoleles liest man geniilmlicü: ITintctrönos <fi itr- TUQÜxovja xut j^ijttQa. Doch fcült i(nuQci in einer llandscbrifl und Diog. L. 1, 98 weiss nur von 40 Jahren. AucU wird auf diesf \\'cise die Differenz zwischen der Gesannntzahl von 73 Jahren und den Siieciaizahien der einzelnen Regierungen am nalürlichslen aus- geglichen.

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und Suid. T. Kvipiliäwv f'ivädtjfin, Strabo YIII p. 353 u. A. Pliitarcli de Pvth. orac. 13 erz.-ihlt, dass die Koiinthier nacli dem Sturze der Tyrannis iii Delphi leicht erlangt hätten, dass das Schatzhaus des Kypselos auf ihren Namen übertragen wurde, dass man sich aber in Ol^iupia gewei- gert habe ilnien auf gleiche Weise zu "Willen zu sein, da- her die Korinthier die Eleer von den isthmischen Spielen ausgeschlossen hiitten; vgl. Paus. V, 2, 4, welcher dasselbe erzählt, sich aber dabei wieder einmal nur oberflächüch unterrichtet zeigt, denn zwischen dem Tode des Kj^jselos und dem Sturze der Kypseliden liegt ja noch Periander und ein bedeutender Zeitraum. Die Inschrift jenes Ko- losses ist durch Photius und Suidas erhalten und hat neuerdings den Scharfsinn von Cobet commentat. philol. p. 12 und Schneidewin Gott. Gel. Anz. 1853 St. 205 be- schäftigt, nach welchen sie zu so zu lesen ist:

Et /iirj iy<o XQvaovg a^v^tf'kaTOi; tti.it -/.oKiianitc,

i'^ti).rig livi Kvtpeliäiiiv yivid, nach einer andern Version:

El /ifj tyoiv wi'ui nuy/QVGfüg tifii y.u/.uaong,

t'^iüh]; ii'i] KvipikidiLv yii'tä. Ueber den Urheber dieses Weihgeschenkes, ob es K}'p- selos oder Periander gewesen, waren die späteren Alter- thuuisforscher unehiig, doch scheinen die besseren, nament- lich Aristoteles, für Periauder entschieden zu haben, in dessen Munde doch auch der Ausdruck KvxptXiöwv yivfü erst den rechten Sinn bekommt. So gebraucht Aristoteles Polit. V, 9, 4 avuS^i^/iuTu TÜv Kt\pflid(Tii' als ein Beis])iel, wie der rechte Tyrann seinen Unterthanen das Geld aus den Taschen zu locken wisse, wobei er ohne Zweifel au Periauder denkt, der ihm immer einer Ton den Tyrannen ist, welche die Theorie der Tyrannis am meisten vervoUkommt haben und gelegentlich auch dem volks- freundlicheren Kyjisclos als der h.'irterc ausdrücklich ent- gegengesetzt wird (\\ 9, 22). Daher auch Theophrast

bei Photius und Suidas v. c. den Koloss der Kypseliden ganz in demselben Ideenzusammcnhange nennt und Didvmus sich diesen beiden Autoritäten völlig anschliesst, daliin- gegen die gewöhnUche Ueberlieferung zu Olpnpia aller- dings den Kj-pselos genannt zu haben scheint. Die Art, wie K}'])selos oder Periander das Geld zu einem so kost- baren ^Veihgeschenk erlangt habe, wird in verschiedenen Abweichungen erzählt, s. Pseud. Aristot. Oecon. 2. Buch z. A. und Diog. L. I, 96, wo ein in Olympia gewonnener Sieg mit einem Viergespann als nächste Veranlassung zu diesem Geschenke genannt wird.

Eben dieses Prachtstück mag in früherer Zeit den Kasten des Kj'pselos, der in demselben Tenij)el der Hera aufgestellt war, verdunkelt haben, bis er in späterer Zeit wegen seiner Alterthümlichkeit die Blicke der Reisenden um so mehr auf sich zog. Ausser Pausanias erwähnt ihn Dio Chrj'sost. er. XI p. 163, nach welchem er von Kii-pselos selbst nach Olympia geweiht worden w;a'e. War dieses der Fall, so wäre er bald nach Ol. 31, 2 nach Ohmpia gekommen, wodurch seine früliere Existenz im Hause der Familie des K3'pselos väterlicher oder mütterlicher Seite keineswegs präjndicirt wird. Sehen wir von den hypothe- tischen Combiuationen des Pausanias ab und halten wir uns blos an das Thatsächliche, so könnte er etwa eine Generation vor der Geburt des Kj^iselos an dessen Vor- eltern verkauft und somit in den Besitz der Labda ge- kommen sein. Ich brauche nicht darauf aufmerksam zu machen, dass jene Stift\nig des Kypselos in Delphi die Glaubwürdigkeit seiner Weihnng nach Olympia erhöht, und dass die richtige Tradition von dem Ursprünge des Kastens sich m Olympia um so leichter erhalten konnte, weil das Andenken an K^^iselos und sein Geschlecht durch jenen Goldkoloss auch sonst au diesem Orte ge- sichert blieb.

L. Prelleh.

III.

Allerlei,

KW. Vase des Midi.\s. Die schon von Winckel- manu (Kunstgeschichte UI, 4. § 36) und S]);iter von allen Archäologen hinsichtlich der Schönheit ihres Stils so sehr hervorgehobene Vase des Midias,"hat durch die von Gerhard entdeckten und in einer akademischen Abhandlung (Berl. Akad. 1839) veröffentlichten Inschriften auch eine grosse mythologische Bedeutung erhalten. Sic zerfällt in zwei abgesonderte Hälften, von denen die eine als Oberbild die

vordere Seite schmückt und den Raub der Leukippiden durch Kastor und PoUux in Gegenwart des Zeus, der Aphrodite und der Charitinnen Agaue, Chryseis und Peitho, die entfliehende, darstellt. Dieses Bild ist von Gerhard und Otto Jahn hinlänglich erläutert, so dass ich hier zur Erläuterung desselben [vgl. auch Bursian in den Denkm. u. F. 1852 S. 436 ff.] nichts hinzuluge; wolü aber soll die nachstehende Betrachtung der unteren Darstellung

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gelten, welche sich in einem zusauiinenhängeiiden Streifen uhi das ganze Getiiss heruuizieht.

Dieses nntere Bild zert'iiUt in drei Abtheilungen, wie man ans der Stellnng der Figuren ersehen kann. Die Ilanjitgrnpjie, welche sich als solche an der Vorderseite unter dem Olierbilde befindet, wird von den anderen auch noch durch einen Lorbeerbaiun getrennt. Wir erkennen in ihr eine der öfter wiederholten Darstellungen des Hes- jjeridenbauuies. Herakles sitzend mit Keule und Lüwen- fell, neben ihm lolaos stehend, em])fangen von drei Hespe- ridcu die goldenen Aej)fel des oljerfl.-ichlich angedeuteten vom Drachen umwundenen Baumes. Die Namen der lii'spcriden sind Asicherthra, Chrysotheniis und Lijiara, welche sowohl von den überlieferten Namen, als auch von den Namensinschriften der Vase des Asteas (vgl. Mill. G. M. CXIV, 444), die denselben Gegenstand vorstellt, abweichen. Eine sitzende weibliche Figur, durch Stirn- krone, Speer, erhabene Mienen und Stellung ausgezeichnet, tr.-igt den Namen Hyglca, und ist von Gerhard unzweifel- haft als Athene mit diesem Beinamen nachgewiesen. Neben ihr steht ein bewaffiieter Jihigling, durch die In- schrift als Klyt'ios erklärt. Seine Gegenwart bei dieser Handlung, obwohl durch kein anderes Bild bezeugt, kann uns nicht befremden, da er der Sohn des Eurytos ist, welcher den Herakles in der Kunst des Bogenschiesseus unterrichtete (Diodor. R', 37 cd A\'ess. Theoer. 24, 105. Apollod. H, 4, 9. Schob Sophocl. Trach. 268). Die beim Herakles imd Kljtios aufgestellten Lorberbl-iume deuten auf den Ruhm des Siegers, den Herakles bei dieser Gross- that gewann. Zu bemerken ist noch, dass unsere Dar- stellung ebenso wie die Vase des Asteas von den gewöhn- lichen Bildern, auf denen Herakles selbst die Aepfel rauht, insofern abweicht, als er hier sich die Hesjjeriden durch seine Heldenschönheit und seinen Hoehsinn gewonnen zu haben scheint, indem sie den Drachen bes.-'mftigen und ihm selber die goldenen Aepfel überreichen.

Die anderen beiden Darstellungen sind von Gerhard auf den Argonautenzug und auf die Brautwerbung um ein athenisches MJidchen Chrysis bezogen. Von dieser ^leinung weiche ich nun ab und dies eben darzulegen ist der Haujitzweek dieser Zeilen. Die Schwierigkeit diese beiden Bilder zu erkljireu, liegt in den halb erloschneu Inschriften. Erhalten sind die Namen Medcu und Phi- lokieles. Von der Inschrift, welche luis die Erkljirung tnr einen hurtigen .-iltercn Manu geben sollte, der durch seine sitzende Stellung Diadem und das Sceptron als König bezeichnet wird, sitid nur die Anfangs- und End- buchstaben A . . Z. übrig geblieben. Gerhard ergjinzte sie Aieit'S. indem er zugleich in geistreicher Weise den Namen Philoktetes als Ap])ellativ fasste. Auf diese Alt wurde dieses Bild so gedeutet, dass Philoktetes der lason sei, der nach dem Besitz des goldenen Vliesses ringe, und hier vor Aietes erscheine, um die Herausgabe desselben zu erlangen. ]Medea, von zwei uuljekanntcn Dienerinnen A''io})c und Elcrit geleitet, eile mit dem K.'istchcn, das die Zau- bermittel berge, herbei, um dem geliebten lason zu hei-, fen. Mich befremdete bei dieser ErklJirung einmal das griechische Costüm des kolchischen Königs, das, wenn es auch auf einigen Monumenten vorkommt, (Vgl. Clarac ])1. IDH. Beger spieilegium antiquitatis p. 118) doch hier zu der durchaus asiatischen Tracht seiner Tochter Jledea in starkem Gegensatz steht, ferner die Zurücksetzung der l)eiden anderen ziemlich hervortretenden weiblieben Fi- guren. Allein eine genügende Erkl;irnng leuchtete mir erst dann ein, als ich die dritte von Gerhard als attische Heirath bezeichnete Darstelluns: betrachtete. Die Inschrif-

ten, welche sich auf 5 bewaffnete junge Männer bezogen, sind, wenn auch zum Theil verstiinnnelt, doch leicht zu ergjinzen als Hlppolhooii, AntlouUos, Klymciws, Oineus, Di-mojtlion. Schon der letzte Name deutet darauf hin, hier eine Versamndung attischer Heroen zu finden, und diese Vermuthung wird bestätigt, wenn wir l'ausanias I, ö, 2 und X, 10, 1 vergleichen, wo als Heroes Eponymoi aufgezählt werden Hippothoon der Sohn des l'oseidon uiul der Alope, dann .Viitiochos der Sohn des Herakles und der I'lnlantidi' Midca, drittens Oineus der Sohn des Pandion, endlieh Aigeus eijenfalls des Pandion Sohn. Fremd ist auf diese Art unter den 5 Namen des Bildes Klymenos, jedoch lässt sich auch dieser wohl erklären: weniger freilieh so, wie ich dieses früher (diss. de Jlcd. fab. ji. 89) annahm, dass der attische Heros Aigeus dem kalydonischen König Oineus verwandt sei, dessen Sohn nach ApoUodor I, 8, 1 Klymenos ist, als dass ich dem Beispiel Gerhards folgend ihn ebenfalls als A|)i)ellativ auffasse und als den Berühmten ansehe. Alsdaim liegt es am n.'ichsten, in ihm den Thcsous zu erkennen, den eigentlich berühmten Nationalhelden Attikas.

Wenn wir nun auf diese Art in dem dritten Bilde 5 attische Heroen vereint haben, den sechsten jedoch ver- missen, wenn wir ferner in dem 2ten Bilde einen griechi- schen König mit der Inschrift A . . ZI vorfinden, so liegt es nahe, hier den Aigeus zu erkennen, jenen sechsten Hel- den, der auf der anderen Darstellung fehlte. Nach diesen Vorbenu'rkungen gehe ich nun zur Deutung beider Bil- der. Auf dem ersten verJindert sich demnach die Lo- kalität insofern, als wir von Kolchis nach Athen an den Hof des Königs Aigeus versetzt w^crden. Philoktetes, der vor dem sitzenden Aigeus als jugendlicher Ileld tlasteht, ist litson, jedoch nicht als der Besitzbegierige, sondern als der Besitzliebende, denn er hat das goldene Vliess schon errungen. Es fr.ägt sich daher, was seine Gegen- wart hier bedingt. Diese klärt sieh auf, wenn wir eine weniger bekannte Sage vergleichen, die ims von Justinus 42, 1 (Tac. Annal. VI, .34. Strabo p. 496. »(ü) überliefert ist, nach der sich lason mit der Medea beim Aigeus zu Athen aussöhnte, und alsdann mit ihr nach Kolchis zurückkehrte und den von seinem Bruder Perses entthronten Aietes wieder in sein Reich einsetzte (Vgl. T^'elck. Gr. Trag. 1206—13, wo der :\Iedus des Pacuvius. welcher diese letzte Sage dramatisch darstellte, beschrie- ben wird). Wir haben also unser Bild als die T'ersii/iiiioif) des Aigeus zwisclieii lason twd Medea zu benennen.

Es fragt sich nun noch, wie wir die beiden anderen weiblichen Figuren deuten. Ganz gewiss liesse sich dies nur dann belegen, wenn ihre beiden Inschriften noch cünnal verglichen würden. Jetzt erlaube ich mir folgende Ver- nuithung. Ich verändere E . , EPA so, dass ich atis dem ersten E ein A und aus dem zweiten E ein mache und ein I zwischen schiebe, darnach f;inden wir in der ersten Figur Aithva, die Gemahlin des Aigeus, welche die Medea zum lason führt, der bei ihrem Gatten weilt. An-^ der zweiten Inschrift NiOTTH bilde ich EPI07TH, und erkenne in ihr die von Pausanias II, 3, 7 nach der Quelle des Lakedämonier KinaitiiMi überlieferte Eriopis. die Tochter des lasen und der Medea. Die Endun- gen ig und ij wechseln hekanntlicli oft bei deniselben Namen wie Alkestis und Alkestc, Chrysis und Chryse. Alsdann ist die ganze -Vnordnnng des CJcmäldes leicht zn fassen. Aigeus und .Vithra die beiden Ehegatten wollen den lason und die ]\Iedea versöhnen, und w.'ihrend der Gatte durch seinen künidichcn Einfluss auf den Mann

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einwirkt, hat die Gattiii die Frau durch freundUche Ueber- rcdung, wie dic-s iu ihrer ganzen Haltung erkennbar ist, zum ersten Schritt der Anniilicrung zu bewegen gewusst. ]kledea schreitet heran, w.-ihrend sieh .Vithra fragend nach ihr umsieht, und jene hebt den Arm empor und scheint verwundert zu sagen: was habt ihr aus mir gemacht? Hinter Medea geht die Tochter Eriojjis mit gesenktem BUck, die Hand auf das klopfende Herz legend. Sie ist voll Furcht und Spannung, wie die IMutter mit ihr von dem ziimendcn Vater aufgenonnnen werde.

Endlich fr;igt es sich, was das K.'istehen in der Hand der Z^ledea bedeute ; diese Frage gibt uns zugleich die Deu- tmig des andern und den Zusammenhang beider Bilder au die Hand. Bekanntlich war Aigeus kinderlos und man schrieb dieses Unglück dem Zorn der Aphrodite Urania zu. (Pau- saniasl, 14, C). jMedea aber, der er nach ihrer Schei- dung von Jason einen Zufluchtsort iu Athen gew;ihrte, wusstc es durch ihre Zaubermittel dahin zu bringen, dass ihm die Aithra den Theseus gebar '). Diese Zauberkrjiuter Ijetindeu sich in dem Kjistcben der Medea. Aigeus er- richtete nun aus Dankbarkeit iu Athen auf dem Areiopag einen Tempel der Aphrodite Urania (Paus. I, 14, G) und auf diese Handlang hat das andere Bild Bezug. Ich er- kenne nJinilich iu dem Namen der durch sitzende erhöhte Stellung Stirnkrone uud edles Aussehn ausgezeichneten weiblichen Figur, Cliriisis, ebenfalls ein Appellativ, uud zu- gleich den Beinamen den Ajjhrodite führt (Hom. Od. JV, 337. 342. hymn. in Aphrod. 1). Die attischen Heroen durch den Pe'tasus als auf der Reise bezeichnet, sind an sie abge- sendet um ihr die Weihe des Heiligthums auzukiincligen, und sie deutet durch ihre Mienen mid Geberdeu an, dass ihr Zorn versöhnt sei. Zu gleicher Zeit mag die Göttin der Liebe auch die durch Aigeus bewirkte Versöhnung des lason und der Medea beschützen, da wir uns diese beiden Bilder im Zusammenhange vorstellen können.

Uebrigens hatte schon Otto Jahn die Bemerkung ge- macht, dass iu den 4 Bildern der Midiasvase ein gemein- schaftlicher Zusammenhang sei, ürdem iu allen Namen das Wort xQrnöc hervortrete. So haben wir im Oberbilde, den Wagenleuker XgvniTiTinQ und die Charis Xi)vafic, im Hesperidengarten den Namen Xornoi)iiiic, und im atti- schen Sagenbilde Xiivni^. Auch die übrigen Namen haben meistens die Bedeutung des Glanzes und Lichtes: so die Charis Agaue, so Kastor und Polydenkes (Vgl. WelckerGr. Tril. p. 130, wo der Zusammenhang von-ärjT)j(», vi. auch xdi'ttt', lind Kl' (TCMu erläutert wird. nii''vi)tvxi^q ist der Vielleuchtende ()crz;,c ist eine Ableitung von deT Wurzel JIF, die sieh auch m Ztix und '/.evxuc wieder- findet. ('■ und <> wechseln, ^^ie in (UJzpi; und lacrinia); Lichthelden sind auch die Leukipjiiden, obwohl ihre per- sönlichen Namen hier abweichen, wiihrend sonst l'hoibe

und Hilaeira ebenfalls den Begriff des Glanzes und Lichtes in sich schliessen (Elera ist wohl eine freie Umbildung von Hilaeira), uud Jihnlich auch die Hesjjeriden Lipara und Asicherthra. Wenn dieser Name 'Fülle' bedeutet (nach Gerhard), würde er mit üaic aar) ilaüco zusanunenhängen : jedoch wjlre es auch möghch in ihr die Lichtfrohe zu er- kennen und es mit L-^aiu Morgenland Lichtland zusanunenzu- stellen (Vgl. Pott Etymol. Forsch. H, lOCl) •). Endlich würde hierher auch Aithra gehören. Sehen wir nun von den Namen ab und vergleichen die 4 dargestellten Handlun- gen, so sehen wr im Oberbild die leuchtentlen Dioskuren iimeu verwandte Lichtgottheiten entführen ; im Hes|)eriden- garten empfangt Herakles von Lichtgottheiten die goldenen Aepfel, während im 3ten Bilde Lison Philoktetes der Held des goldenen Vliesses und in seinem Gefolge !Medea die Heldin aus dem Morgenland erscheint. Ihre Tochter Eriopis scheint ihrem Namen nach [?] auf den hier gesühn- ten Streit zwischen den Eltern zu deuten. Auf dem vierten Bilde nahen sich die attischen Heroen der goldi- gen Göttin Aphrodite; also auch auf diese Art tritt über- all das Gold liervor '). Fragen \rir endlich, ob auch ein ni\ thologischer Zusaunnenhang zvyischen den einzelnen Darstellungen ist, so ist zwischen den beiden letzten Bil- dern nach unsrer Erklärung eine Verbindung unleugbar; eine ändere Sache aber ist es, ob dies auch mit dem Hesperidengarten der Fall ist. Allein auch ein solcher lässt sich nachweisen. Einmal finden wir unter den atti- schen Heroen den Antiochos, deu Sohn des Herakles, und dann ist auch andererseits zwischen lleruhles nnd Medea ein mythologischer Zusammenhang. Diodor IV, 54 erzählt nändich, dass Medea, aus Korinth von lason vertrieben, nach Theben zum Herakles geeilt sei, ihn vom Wahnsinn durch ihre Zaubermittel heilte, und als dieser che Reihe seiner 12 Grossthaten unternahm zum Aigeus nach Athen sich begeben habe. (Vgl. Seh. Apoll. Rhod. Arg. IV, 1399 tt". wo Heraides der Jledea in Kolcliis seinen Schutz ver- s[nüchen haben soll). Demnach ist die Verbindung beider Bilder auf einer Vase leicht erklärlich. Auch auf der Medeavase von Canosa (Arcli. Zeit. N. F. 1847 p. 32 42. Otto Jahn) kommt Herakles vor. Zwischen dem Ober- bikle und den 3 unteren Darstellungen ist wohl nur der Zusaunneidiang, dass alle uns Heldeuthaten vort'ühren, die unter dein Scfiutze von Gottheiten ausgefVihrt werden. Die Dioskuren entführen die Leukippiden unter dem Schutz des Zeus und der Aphrodite, Herakles holt die IIes])crideuäpfel durch Athene Hygica unterstützt. End- lich werden Aigeus und lason von Aj)hrodite Chrysis beglückt. Auf diese Weise finden wir in allen Darstel- lungen der Midiasvase mythologische Handlungen, die in jeder Beziehung vom Künstler iu die vortheilliafteste Ver-

t)indung gebracht sind. Greiiswald.

Th. Ptl.

'i Die S;igo, dass Medeii den Tlipseiis voiTolJli' die uiicli auf DiMikmälein verschiedener .\rt dargestellt ist (Emil Brauu, Schale des KoJrus. (iüiii 1843. 0. .lahn Archüol. Aufs. p. J8I; Cimihe terr. 20. Jljllin G. .M. (.1,111. 577) ist eine der spätesten Sagen iiad dem Getääsmaler Meidias fremd. . * - -^ Statt ylni/fillm] las Hr. de Witte, vielleicht richtiger, Aaoti-

nont]. Eine neue Vergleichung der Lesart MeiLt wünschenswcrih und wird unserm stets hülfreichen Freunde, Hrn. Sinn. Hircb, zu- gleich mit der ohcn angeregten Prüfung der Inschrift NiOTitj oder Efttonr] hicmit bestens empfohlen. E. G.

') Also wol in Dezug auf f'.uld und EeuclUen hochzeitlicher Feste, oder wozu sonst? f. G.

Tafel LXXll: Priamos bei Achill, lleliefyeßss im Kgl. Mmeum zu Berlin.

Heraussegeheu von E, Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer. .

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arc/iüoloyiachen ZieiluiK/, Jahrgang X.H.

^61.

Januar 1854.

Allgemeiner Jaliresbericht. Beilagen : A. Tempel zu Megara. Neue Schriften.

I. Allgemeiner Jahresbericht.

I. Ausgrabungen. Wie in den letztvergangenen Jahren, bleibt auch einem neuesten Bericht über Erweite- rung unsrer Denkmälerkunde die Kunde des Orients der des griechischen und römischen Alterthums voranzustellen. Als ein vorbereitetei- und er\yeiteter, in Art und Umfang jedoch so eigentbümliciier als gelungener Fund trat aus dem Umkreis des Serapeums zu Memphis das Heiligthuni des Ai)isstiers neu hers-or, dem neuerdings auch die Auf- deckung des Sphinxkolosses gefolgt ist '), und wie wir in Jahr und Tag darauf rechnen künnen, reiche Ergebnisse jenes Fundes in Paris aufgestellt zu sehn, wird auch die Frucht mannigfach fortgesetzter Ausbeutung, theils Assy- riens •) theils und hau])ts.'lchlich Babylons '), sich nicht ver- geblich erwarten lassen. Einzelne Denkm.-iler sj);iterer Kunst wurden aus Cilicien und Syrien kund ') ; Smyrna, als Sta])elplatz asiatischer Funde seit l.-inger bekannt, gab neuerdings nicht nur von Baudenkmälern seiner Nähe '^), sondern auch von der ungleich wichtigeren Untersuchung altlydischer Gräber uns Nachricht, welche über Sardes hniaus den gygäischen See umgeben*). Eben so wenig liess Griechenland, namentlich von Athen ") und Aegina, Lesbos, Samos und Rhodos her "), an neuen fTir Orts- und luschriftkunde belehrenden Funden es mangeln, ob- wohl durchgreifende Ausbeutungen, wie die von Boss mit beredter Einsicht neu em})fohlene von OKinpia, zur Zeit noch immer den frommen Wünschen beigezählt werden '). Aus Sieilien und dem griechisch bevölkerten Italien hat es an INFunz- und Vasenfunden eben auch nicht ganz ge- fehlt '") ; kampanische Grabungen sind in Kuniä durch schöne Scidj)turen, in Capua durch Gräberfunde"), in Pompeji durch eine Statue von Erz und durch manches Wandgem;ildc '') belohnt worden. Etrnskische Funde von massiger Erhel)lickeit, Inschriften hauptsächlich, werden ans Veji, Perusia, (^hiusi und Norchia berichtet"). Der Boden Roms hat in gewohnter Weise sich gleichfalls für mancjien Zuwachs der Orts- und Inschrit\kunde ergiebig bewiesen ; auch soll bei Antium gegraben worden sein, und von Toscanella aus wurden einige tigurenreiche Sar- koj)hage '") nah bei der toskanischen Grenze gefunden '^), wie denn auch aus Oberitalien "•) verschiedene Ausgra- biniscu kund wurden. Die Ausbeutung Nordafrikas für

römische Architektur und Inschriftkunde hat ihren Fort- gang''); zusammengenommen mit einer und der anderen Frucht gallischen F'undorts ") gestattet sie es vielleicht für Frankreich die Ehre mehr neuer Denkmälerfunde geltend zu machen, als es vermittelst der eben auch be- achtenswerthen Funde britannischer, belgischer") oder auch germanischer'") Oertlichkeit der Fall ist; doch hat auch der österreichische Kaiserstaat"') mit Inbegriff der Donaul.ändcr ") Jahr aus Jalir ein zahlreiche Denkmäler- funde zu rühmen, denen neuerdings wichtige Ausbeutungen Caruuutums angehörten. Noch andre Funde sind vor wie nach aus Südrussland ") zu rühmen.

II. Denkmäler. Den Gewinn solcher Entdeckungen und mancher ihnen nebenhergehenden Untersuchung des klassischen Bodens im Einzelnen nachzuweisen, gedenken wir zuvörderst mancher für Orts- und Baukunde vom Aj)isgrabe zu Memphis, vom Sardanapalsgrab zu Tarsos "), vom Stollen zu Samos, und anderen griechischen Oertlich- keiten '') uns neu gewoidner Belehrmig. Im Gebiet bild- licher Kunstdenkmjder hat zuvörderst die Museographie über manchen neuen Zuwachs der Aluseen zu Rom '"'') und Neapel''), London") und Paris") zu berichten; weniger ist von den Sammlungen Deutschlands iTir diesmal zu sagen '") , wenig für dieses Mal auch von Russlands Sanunlungen, die in nächstfolgenden Jahren vielleicht der ansehnlichsten Ausstattung sich rühmen werden ^'); Denk- mälersannnlungen, nicht eben griechischer und römischer Kunst, wohl aber ägyptischer Urzeit und der vergleichen- den Ethnographie zu Liebe, sammelt nun auch Nord- amerika'). Dagegen lassen, der Kunstwelt des Alterthums neuen Sammlerfleiss zuzuwenden, Kunstfreunde der Gegen- wart innner weniger sich beikommen; wenn auch manche längst vorhandene Sammlung, die Fejen'ary'sche und die von Marlniry Hall, dureli ihres Besitzers und durch der Umstänile (iunst öileutlicber geworden, ihren bisher ver- borgenen Besitz ilauu uiul waiui wie nach erster Ent- deckung der Wissenschaft zufidirt. Um so mehr verdient Kestner's gewühlter Kunstbesitz, avis Rom nach Hannover versetzt, als werthes der öllintlichen Benutzung gegöinites Vermächtniss von seinen Landsleuten dankbar begrüsst "), und auch der dauernde Eifer gerühmt zu werden, mit

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welchem Frau Mertens in Bonn und mancher in England wohnhafte Kunstfreund seinen Kunstbesitz auch durch Denkmäler des klassischen Alterthums neu vermehrt "). Spärlich jedoch ist der fiir einzelne bildliche Kunstgat- tungen uns kund gewordene Zuwachs. Im Gebiet der Sculptur war die von Welcker zu Rom erworbene und gedeutete Doppclherme, die uns dasBilihiiss des Aristophanes liefert^'), %-ielleicht der anziehendste neuliche Fund; durch antiquarischen Werth waren mehrere neu gewonnene oder bemerkte, auf Hippolyt, Marsyas, oder auch Pelops be- zügliche, Sarkophagreliefs") willkommen. Der ansehn- liche Vorrath von Terracotten, die dem Vernehmen nach aus Tarsos nach Frankreich gebracht sind, dürfte in gleicher Art und Beschr.'inkuiig beachtenswerth sein, wie die eben daher nach England gekommene und von uns genauer besprochene Barker'sche Sammlung ' "). Eme lebens- grosse ApoUostatue von Erz verdankt man den neuesten Ausgrabungen Pom|)eji's, dagegen von sonstigen antiken Funden in Metall nur sehr wenig, eher noch hie und da von griechischem Goldschmuck die Rede ist ■""). Auch von werthvollen Gemmen neuer Entdeckung war wenig oder nichts zu vernehmen ; dagegen die Münzkunde aller- dings in asiatischen und griechischen, kampanischen und römischen Ty])en manche werthvolle Bereicherung auch neuerdings erhielt"). Von alten Gefiissmalereien sind nur wenig erhebliche neue Funde uns kund geworden; dagegen ein von Hrn. Camjiana erworbenes kumanisches Thongefäss durch seme ornamentale Pracht die Bewun- derung der Kenner erregt""). Im Bereiche der Wand- gemälde heben wir neben mancherlei ponipejanischen Neuigkeiten die mithrischen Wandmalereien hervor, die mau, im Umkreis christlicher Katakomljen längst vorge- funden, ihrer Vergessenheit jüngst neu entzog"); unter Mosaiken, einer im Ganzen uns weniger fesselnden Kunst- gattung, darf der neuerdings aus Nennig bei Trier ge- meldete grosse Fussboden gladiatorischer Darstellung nach Umfang, Inhalt und Kunstwerth ein Werk ersten Ranges heissen''-). Grössere Funde, dem gesteigerten Massstab darauf gerichteter Theilnalnne entsprechend, lassen da- gegen aus dem Gebiet griechischer inid römischer In- schriften sich berichten, wie denn an griechisclien Inschriften Athen und Megara, Lesbos, Rhodos und Smyrna, Tomi und Phanagoria "), an römischen Rom und Neapel sowohl als auch nordische Gegenden"), ansehnliche Beiträge lie- ferten.

III. LiTTERATUR. Die mit Philologie und allge- meiner Kunstgeschichte gleich eng verknüpfte, durch eben diesen Zusannnenhang aber zu einer planmässigen Sonde- rung des monumentalen vom litterarischen Alterthum''^) mehr und mehr verpflichtete Arcli;ii)l()gie iiergebrachten Begriffes hat, zumal a\ich die Kunde der Inschriflsteinc von ihr sich nicht ablösen lässt, zuvörderst des mannig- fachen Zuwachses an Material utid Forschung sich zu erfreuen, den in bisher bekannter Weise akademische ■") und Vereinsschriften, bald in unmittelbarer Beschränkung

auf Denkmälerkunde *'), bald vom philologischen histo- rischen oder artistischen Standpunkt aus, ihr zutVihrten "'). Im Einzelnen wurden Aegj'])ten und der Orient theils durchs fortschreitende Denkmiderwerk der preussischen Ex- pedition "■'), theils in den Einzelforschungen erl.'iutert, welche Lepsiiis, Birch, Rouge und Andere fVir xVegy])ten ''"), ttir Assyrien aber der bis an sein neulich erfolgtes Ende un- ermüdliche erste Entzifferer seiner Keilschrift Grotefend '"') ans Licht stellten, und gleicherweise ward die geschicht- liche Frage über Griechenlands früheste Verknüpfung mit dem Orient von mancher Seite her neu beleuchtet. Be- sonders günstig für eine darauf gerichtete Forschung er- scheint, neben sp.'irlichen neuen Leistungen im Gebiet griechischer Alterthümer "), die Vorliebe für mj-thologische Forschung, welche in Einzelscliriften von Preller und Petersen die geschichtlichen Auffinge der griechischen Götter- und Heldensage berührt, woneben Brauns nun abgeschlossene geistreiche Darstellung der griechischen Götterlehre, Forcldiammers beredte sjnnbolische Deutung des Achill ") und die zahlreichen kunstmythologischen Arbeiten zu nennen sind, mit denen befreundete Forscher in selbstjindigen Abhandlungen oder auch innerhalb dieser Bl.-itter uns beschenkten '■''). Im Gebiet griechischer Orts- kunde, der es auch an neuen Periegesen nicht fehlte, hat Athen durch die streitige Lage der Pnyx, durch Ort und Gemälde der Pökile und mannigfach sonst die Forschung beschäftigt '"'') ; fiir die römische Ortskunde ist in ge- wohnter Weise Canina thätig ''') ; sonstige durch den Er- folg neuer Ausgrabungen hervorgerufene Arbeiten waren für C'apua und Pomjieji, Dalniatien und Sardinien, wie auch für die Rheinlande wichtig''). Die Kunstgeschichte hat in des verewigten Feuerbach's Vorlesungen einen durch feines KunstgetTdil mehr als gewöhnlich anziehenden Ab- riss, in Overbeck's Schrift ül)er die Bonner Gypsabgüsse einen kunstgeschichtlichen Leitfaden fTir dieselbe, in Brunns lange gepflegter Geschichte der griechischen Künstler ein Werk durchgreifender F"orschuug erhalten ''), der manche zunlichst für Pausanias und Plinius geltende Arbeit '''') und auch neue Verhandlungen über Polychromie ''") sich anschliessen. Für die griechische Baukunst ist Bötticher's gründliche Nachweisung über die mehr agonistische als hieratische Geltung des Parthenon sowohl als des Zeus- tempels zu Olympia' ") von einer nachhaltigen Wichtigkeit, welche zunächst durch denselben Forscher auch dem Verstänchiiss des Parthenonfrieses zu gute kommt. Die Erwägungen, welche von gleicher Iland in unsern Blättern dem amjkläischen Thron gewidmet wurden, waren als Grundlage dahin einschlagender Herstellungen uns um so willkommener, je mehr wir auch seitens erfahrener Künstler (ine Rcprodnction der durch Pausanias beschriebenen Bildwerke jenes Throns versucht wissen"'). Während nun überdies es der arch;iologischen Forschung mehr und nu'hr gelingt, griechischer Künstler Leistungen, zum Theil auf den Grund unscheinbarer Kopien ihrer Werke, uns nachzuweisen '' '), behaujitet die Museograj)hie ihr unbe-

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strcitluircs Aiircdit auf iiiöiilichst gt'Wisspiihafte und luii- fasSL'Uik' Bfsclireiljiiüg aller noch vorhandncu Denkmäler'"), und wenn die Zeit stattlicher Pid)licationen '"'') des noch nngekanntcn Anlikcnbesitzcs im Ganzen als eine vergangene zu Ijetrachten ist, so siiid um so mehr theils die in kunst- mytliologisehem Sinn bereiteten nützlichen Reihenfolgen bekannter Bilihverke "'), theils auch die mancherlei ein- zelnen Neuigkeiten museographischen Inhalts dankbar zu beachten. Nelien der Miinzlitteratur, der es am wenigsten an neuen Funden und rleren Erläuterung zu fehlen jiflegt'' ) luid manche Elnzelschrift über Metallarbeilen verschie- denster Art, schüuen Goldschmuck sowohl als die Schreck- bilder sardischer Götzen *'), zur Seite geht, pflegen dureli solche ^ronographicen besonders die Wand- und Gef;iss- malereien betlieiligt zu werden, wie solches auch nacli wie vor in den archäologischen Vereinsschriften Roms und Neapels, desgleichen in den akademischen von Berlin und Leii>zig geschah; zugleich ist auch die durch Garrucci erfolgte Herausgabe der ohen berührten mithrischen Wandmale- reien eines sj>ätrömischen Grabs hier hervorzulieben ''"'). Treffende Ergebnisse der Kuusterklärung haben im Ver- folg jener mancherlei PubUcationen der Kunstmythologie einige bisher nicht nachgewiesene Gegenstände, namentlich den Streit zwischen Tydeus und Lykurg, wie auch alter Ortskunde eine zwar rohe Ansicht der Baulichkeiten von Bajä überwiesen "").

Es bleibt übrig des regen Eifers zu gedenken, der sich für Sanniilung und für Verständniss griechischer so- wohl als römischer Inschriften in steigendem Masse be- thätigt. Die erneute Herausgabe athenischer Inschriften seitens der dortigen archäologischen Gesellschaft, der eben auch deutsche Forscher fiir gleiche Zwecke bemüht dort zur Seite gehn, hat zugleich mit manchem Ergebniss mega- riseher lesbischer und rhodiseher Funde von Griechenland aus den griechischen Inschriftenschatz neu bereichert'') und durch manches neue Ergebniss auch Bückhs allzeit lohnende Forschung") neu angezogen; ausserdem sind mehrere metrische Inschriften ''), es ist ein zu Rom seit länger verborgen gehaltncs Steintäfelchen geschichtlichen Inlialts '*), die Votivinschrift eines der Hera geweihten Beils "^) und mancher eben dahin einschlagende Fund zu rühmen. Noch lebendiger ist die Regsamkeit im Gebiet rö- mischer Epigra])hik. Der seit den letzten Decennien von Rom ans , unter Borghesi's Anregung und Mitwirkung liauptsäichlich von Henzen mid Mommsen, unablässig in Mitten der Inschriftsteine geiiflegte Anbau dieses weit- schichtigen und allerorts von kmidiger Anschauung der Originale abhängigen, Gebiets hat auch neuerdings theils in selbständigen Schriften jener Forscher theils in der Mitwirkiuig Früchte getragen, die ihnen durch Ritschis ]?ehandlung der ällesteu rümiseheu luschriftcMi und durch fle Rossi's Erkinidung bibliothekarischer Insehriftsamm- lungcn '■*) geboten ist. Es gehört zu den seltensten Glücks- r-illen der Litteratur, ausgezeichnete und vielbewährte Kr;ifte dieser Art für gemeinsame Aufgaben einleuchtender

Wichtigkeit vereint zu wissen; dieser Glücksfall ist ein- getreten, nachdem das von der kgl. Akademie zu Berlin längst beabsichtigte Unternehmen eines dem Corpus Inscr. graecarum zur Seite zu stellenden lateinischen Inschrift- schatzes") durch königliche Munificenz und durch Ueber- weisung der Herausgabe an die Herren Henzen und Mommsen gesichert ist. Das Werk wird mit Voranstel- huig des durch Ritschi vorbereiteten Bandes archaischer Inschriften, übrigens aber in geograpliischer Reihenfolge erscheinen; für die Inschriften Roms steht deren gemein- same Bearbeitung durch Henzen und durch G. B. de Rossi bevor, woneben die Bearbeitung der übrigen italischen Inschriften durch Mommsen dem Muster gemäss erfolgen soll, welches durch eben diesen Gelehrten in seiner unter- italischen Inschriftsamndung seit Jahr und Tag bereits veröffentlicht ist. Im Zusammenhang dieser grossartigen Leistungen treten die auf gleichen Endzweck gerichteten, von Frankreich und Deutsehland dermalen nicht weniger als von Italien aus kund gewordnen, Bestrebungen andrer Gelehrten keinesweges zurück; sie erhalten \iclmehr durch das jetzt höher gesteckte Ziel ehie weiter reichende Be- deutung, wemi auch ein allgemeiner Jahresbericht ihrer Einzelheiten nur anmerkungsweise gedenken darf""); ein gleiches Verfahren mag denn auch zur Andeutung stets fortschreitender Arbeiten im Gebiet altitalischer Sjirach- denkml-ller '') hier genügen.

Am Schluss eben dieses Jahresberichts haben wir die A'erluste zu beklagen, von welchen die darin geschilderte monumentale Forschung auch neuerdings schmerzlich be- rüdirt ward. In Grolcfend ist ein Veteran orientalischer Schrift- und Denkmiilerkunde dahin gegangen, dem es vergönnt war die von ihm anhebende Entzifferung der Keilschrift ein halbes Jahrhundert hindurcli bis zu den grossartigen Früchten seiner Entdeckung verfolgen zu können. Ein in seinem Kreis hochgeachteter Veteran der römischen Epigra])hik war der jiuigst zu Mailand ver- storbene Luhus; näher liegende Verluste sind der den unsre deutsche Heimath an Beulh's in Verein mit Schinkel und Rauch gedeihlich bewjihrten griechischem Kunstgefühl, und der welchen Rom in Kesiner's Hinscheiden kurz vor dem nächstens zu feiernden tlinf- unil zwanzigjährigen Stiftungsfeste des archäologischen Instituts erlitt, dessen Mitstifter und stellvertretender Präses er war').

E. G.

I. Al SGRABCNGEN.

') Serapeuiii und Apisgiab: in Doutsclilaiiil diircli diu ÜLMichlc von Bnigsch iiälicr Ijfkannl (Arcb. Anz. 1853 S. 35011. Munalslje- riidil der lierliner Akademie 1<S53 S. 71711.); über die Aufdcckim;; des Sj)/ii)i.ckijiusses vgk Revue arch. .\, 71511'.

^) Die assyrischen Orabunfien wurden neuerdings, nie es scheint, minder emsig verfiilgl. Erheblichste Neuigkeit von dort her ist die eines bereits vor einiger Zeit in England erwarteten dritten (Ibelisken, den liawlinson zugleich mit der Deutung auf assyrische IVldziige gegen Meinasien und die Inseln des mitlellandischen .Meers (phünicisebe SebilTe in Aradus werden envahnt) aus liagdad abge- sandt haben sollte.

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') Die Untcrsuclmngon Babylons duicU die französische Expe- dition der HH. f'resnel und Opjiert erregen selbst in den kurzen bisher darüber uns kund gewordnen Berichten (Revue arch. X, 62 f. Allgem. Zeitg. 1853 no. 89) die grösste Envarlung. Die Stulle des Königspalastes (Kasr?) sowohl als die des Sterndeuterhiigels (Sispara, von Fresnel in Scheyschuhar vermuthet), welcher Hügel nach Rav\-- lir^son eher mit Sabata (Plin. 6, 37) zusammentrefl'e, die über alle bisherige Vorstellung umfassende Ausdehnung von Stadt und Ring- mauer nicht weniger als die durch deren glasirle Backsteine gegebnen, von Böckh sofort zu metrologischen Untersuchungen benutzten Masse, ferner die Grabhügel und Gräberfunde, eigenthümlich in Sarkophagen, Thonfiguren, Gemmen und sonstigen Hreziosen, bilden zunächst die Hauptfragen dorthin gerichteter und hauptsächlich durch einen deutschen Forscher, Hrn. Oppcrt, zu befriedigenden Erkundung.

") Cilicien ward von Victor Langlois bereist (Rev. arch. X, 358(1.), aus Syrien eine Auswahl von Kunstgegenslanden römischer Zeit nach Paris zur Versteigerung gesandt (oben S. 403 f.).

'') Ausser den oben S. 34 f. nach Berichten des preussisclM;n Consuls Spiegelthal zu Smyrna gegebnen Notizen dortiger Funde wird auch ein neulich dort entdecktes Mosaik (Rev. arch. X, 120) gerühmt.

') Lydische Ausgrabungen sind am gygäischen See durch Hm. Spiegelthal gleichfalls begonnen (a. 0. S. 310); die von E. Curtius in dieser Zeitschrift (Denkm. u. Forsch, no. 60) gegebene Würdigung ihrer bisherigen Ergebnisse nimt fernere Ausbeutungen jenes Bodens dringend in Anspruch.

") Die athenischen Nachgrabungen, welche auf Kosten der französischen Regierung aui Fuss der Akropolis durch den Architekten Beule geführt wurden (oben S. 295 f. 360 f. Rev. arch. X, 190 ff. 151 ff.) und neuerdings auch durch ein ansehnliches Gesammtwerk über die Akropolis der Litteratur übergehen sind (Anm. 55), können nicht anders als dankbar erkannt werden, wenn auch die Beurtheilung des so bewerkstelligten Fundes von verschiedenen Seiten her geringere Erfolge als sich anfangs erwarten Hess darin erkannt hat. In ähn- lichem Sinn äusserte auch ein angesehener Vertreter dortiger Archäo- logie, Hr. Rmujnhc, sicii uns briellich dahin, dass die neuentdeckte Stiege ein Stück der Römer, die Wand mit der Tliür in später, by- zantinischer oder gar fränkischer, Zeit, zum Tlieil aus älteren Stücken erbaut sei. Die Richtung aber des Aufganges auf die Akro- polis möge seit Erbauung der Augustischen Stiege eine doppelte ge- wesen sein: die eine gerad aus von Westen her für die Fussgänger, die andere schlangelnd von Süden her für Reiter und Wagen.

") Sonstiges aus Griechenland. Ueber die neuesten Funde zu Mciinrn (oben S. 37'J ff.) giebt unsre Beilage A nähere Auskunft ; von Funden, die aus griechischen Inseln (Rhodos S. 386 ff.) berichtet werden, scheint nur die Reinigung des Stollens zu Siimos (oben S. 388) eine Frucht neuer Ausgi-abungen zu sein.

') Das seit Winckelmann mehrfach, neuerdings durch beredte und kundige Ansprache von L. Ross (oben S 35 4), etwas früher durch E. Curtius in dessen 1852 gedruckten Vortrag über Olympia, angeregte Unternehmen dortiger Ausgrabungen bleibt noch immer nicht ohne Aussicht naher Venvirklichung.

'") Aus Sicilien ist von schätzbaren Münzfiimien (zu Naxos und Rhcgium: Bull. d. Inst. 1853 p. 153ff.), aus U nteritalien von den sonst üblichen Vasenfunden nur wenig (Canosa? oben S. 345), aus I'äslum von einer dortigen römischen Inschrift (Bull. p. 133ff.) berichtet worden.

") Die kampaniscli en .\usgrabunpen zu lininii (oben S.345f. Bull. Nap. no. 14. 16. 21) haben sowohl für dortige (Iriskunde (Tempel am Forum) und den seltsamen Gräberfund eines von seinem Leichnam getrennten und durch Wachs ergänzten Kopfes als auch durch schöne Seiilpturen [auch Vasen : Anm. 40] gelohnt, welche dem Vernebinen nach an den Marchese Gampana nach Rom gegangen sind. Neuere Gräberfunde zu Ciipun sind von Rochette in einer eigenen Schrift (S. 407) beschrieben worden, ein dortiges Grabmal von angeblich clruskischer Anlage im Bull. .Nap. no. 17.

") Ueber neue Funde zu Pompeji, ausser Wandmalereien auch dieErzsIatuc eines Apoll, ist im Bullettino Napoletano (no 18.

20. 23. 24. 26. 28. 31. 33) mit gewohnter Genauigkeit von Mi- nervini berichtet worden.

") Etruskische Ausgrabungen haben hauptsächlich zu Veji (oben 376; Bull d. Inst. 107 ff.) staltgefunden, wo der innere Sladt- raum Sculpluren, das durchsuchte Gräberfeld aber fast nur schwarze Vasen geliefert hat. Aus Perusin sind neuentdeckte Grabinschriften der Familia Vibia kund geworden (Arch. Anz. 371. Ilnll. d. Inst. 62 ff. 118 ff.); auch aus Norclun (Bull. 183 f) und Clusium (ebd. 140) haben ähnliche Funde verlautet.

'") In Rom haben die Grabungen am Forum nah bei der ßasilica Julia eine dem Vestatempel geltende Inschrift (Bull. tl7ff.), Grundbaue bei S. Carlo in Catenari muthmassliche Reste der Porticiis Octavii (Bull. 110 ff), Columbarien in Viflnit Cotlini ohnweit Purin Lalinn manche Inschrift (metrische der Calliste? Rev. arch. X, 310) zu Tage gefördert.

'■■) Aus der Umgegend Roms wurden durch Hrn. Capranesi uns Nachgrabungen bekannt, welche zu Anlium in Aldobrandinischem Grundbesitz stattfanden ; ausser den Uebeiresten römischer Bäder behauptet man dort auch die Spur altgriechischer Vasen und Bronzen, den Funden von Cäre ähnlich, gefunden zu haben. Andrerseits, nach der toskanischen Grenze hin, ohnweit Cosa, ward man durch llguren- reiche römische Sarkophage (Anm. 36) belohnt.

'") Oberitalische Münzfunde wurden neuerdings aus Vercelli (Bull. 131 ff.), die Auffindung eines römischen Ustrinum aus Costozza (ohnweit Vicenza: Bull. 151 f.) erwähnt.

'') In Algerien hat Hr. Benier (S. 407 Bev. arch. X, 118) seine Ausbeutung dortiger Alterthümer fortgesetzt; wichtig für ähn- liche Zwecke ist die neuerdings zu Constantine erfolgte Bildung einer archäologischen Gesellschaft (Rev. arch. .\, 121).

''') Gallische Ausgrabungen wurden aus /lij- (Inschrift, LFront= tryfoni=Sozome=nvs: Rev. arch. X, 58 ff.), Aviynon (bei Grund- bauten: Rev X, 311 f. 570), Reims (Gräber, Statuarisches von Thon und Knochen: Rev. X, 31 2 f.) und Toulouse (Inschrift eines Saccrdos Ditis: Rev. X, 301 ff.) gemeldet.

") Aus britannischem Fundort ging eine Urne mit Gladia- torenreliefs und Thierhetzen hervor {Cnlcheslfr, Camulodunuin: Rev. arch. X, 620 f.), aus belgischem, ohnweit Tournnij, ein römisches Grab (Rev. X, 621 f.)

•'") Im westlichen Deutschland lohnten die Villcnlrümmer bei Nennig zwisclien Trier und Luxemburg durch ein Mosaik ersten Ranges (Anm. 42. Rhein. Jahrb. XX, 181); manchen anderen Fund weisen die Jahrbücher der rheinischen Alterthumsfreunde (.XX, 126 ff. Särge mit Glasgefässen, in denen Balsam, aus Vellerhof in der Eifel XIX, 7311.) nach. Das uns bereits bekannte (Arch. Anz. 1852 S. 223) .Mithraum zu Friedberg in der Wetterau hat seitdem allgemeinere Aufmerksamkeit erregt (Allg. Zeitung 1853 no. 33 ff.)

") Unter den Funden und Ausgrabungen des österreichischen Kaiserslaats , denen hauptsächlich Arneth und Seidl vermittelst der Druckschriften der kaiserlichen Akademie (oben S. Itil ff. 286) eine sehr dankenswerthe Aufmerksamkeit widmen, stehn neuerdings die zu Ciirmtntum (Deutsch-Allenburg: vgl. Arnclh und Sacken, Wiener Silzungsb. 1853 S. 3080.) erfolgten Entdeckungen eines Mithräums und anderer Gegenstände obenan. .\us der dazu vormals eingerich- teten Höhle wurden mehrere Reliefplatten mit Fackelträgern, seciis (nicht sieben?) in Halbkreis gestellte Altäre, mitlirische Inschriften, ein schlangeniimwundener Omphalos (.,keillörniiger Stein"), auch ein liegender Löwe hervorgezogen; dies merkwürdige Monument fällt dem Ende des dritten Jahrhunderts anheini. Eben dort sind gleichzeitig auch die Spuren vormaligen Mineialbads und Ueberresle eines römi- schen Lagers untersucht worden; unter den beweglichen Funden be- findet sich ein Militärdiplom aus Trajans Zeit (a. 0. 353 ff. Taf. 3). Ausserdem ist von vorgefundenen .Mosaiken, Schmucksachen und auch Grabsteinen die Rede.

'") Als antiquarische Ausbeule der Donaul ander ist ferner auch ein aus Viuinrn (Zsuppa: Wiener Silzungsb. 1853 S. 309) herrührendes und durch Arneth veröffentlichtes .Militärdiplom der autoninischen Zeil, so wie aucli die neuerdings von l'apadupolo Vrelo nuten S. 421. Rev. arch. IX, 381) geführte Nachsuchung hier zu

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erwälinpn, alä deren Ei-gebniss die Lage von Tmiii nii lieiitigcii Aradolkiü feststeht.

") Ans Siidrussland, nanientlicli aus Phnniujorin, kam neuer- dings durch Ohrist Heruwsky die iiaeh St. Petersburg gebrachte Staluenbasis einer Venus Urania mit Hegierungsaiigabe des Königs Paerisades I zum Vorschein (Kev. arch. X, 363. 441. 501 IT.).

II. Denkmälek.

''■') Von lianwerken Aegypiens und des Orients ist in Folge neuerer Grabungen und Untersuchungen das Apisgrab des Serapcunis lu Memphis (Brugscli oben .S. 350 fT.), das Sardanapalsgrab zu Tarsus (le Dunuk-Dascb: Langlois Kev. arch. X, 527 II'.), wie auch die cilieische Oerthcbkeit von Soli (llev. X, 35811.) näher bekannt geworden.

'"') Griecliische aus Snmos und Mcyarit (Anni. S), ro- mische von der Vin Appia (Mun. d. Inst. V, 5711'.).

^'') Museographisches aus Rom hat wenig verlautet; im kapitolinischen Museum sind die esquilinischen Wandgemälde der Lästrygonensage (Ucnkm. u. F. 1852 Taf. XLV- XLVI) aufgestellt worden, deren neuliche Herausgabe durch /'. Mnlriingit (S. 424) seltsame Folgerungen an die Aebnlichkcit der dort dargestellten Felsen mit denen von An.xur (Terracina) knüpft.

'■) Neuen Zuwachs des Museums zu Neapel an Vasen erörtert Minervini im Bull. Napol. no. 12 ff. 30.

") Brittisches Museum: olien S. 383 ff. Kinen allge- meinen Aufsatz über brittische .\nlikensammlungen von G. Brnnet enthält die Revue arch. X, 57311'.

^') In Paris ist im Museum des l.uuvre die ägyptische Sannn- lung Clot ßey's (liev. arch. X, 311) neu aufgestellt; es ist der ko- lossale Junokopf aus Algerien (Arcii. Anz. 185U S. 147. Vgl. Hev. arch.l.X pl. 184 p. 88. .X, 441) imd auch eine Sammlung von Terracollen. etwa 12U0 Stück an der Zahl, aus Tarsos herrührend (liev. X, 621), dort angelangt. Auch dass eine vordem bei Hrn. Woodburn in Kng- land belindliche Apollostatue von Erz für dasselbe Museum erworben sei, wird uns gemeldet.

'") Das Museum zu Berlin ward neuerdings durch ein vor- zügliches hoch gearbeitetes Uelief von Elfenbein, eine römische Ver- mäiilung in drei Figuren darstellend, uml durch mehrere gewählte tjlassachen vom Rhein her vermehrt.

") Als Zuwachs der kaiserlich russischen Sammlungen ist neuerdings eine von dem russischen Consul IwanolV aus Sniyrna ein- gesandte spätrömiscbe Athletenfigur von Erz (Hev. arch. X, 50111.) erwähnt worden; der Alterthümer zu Pawlollsk ward oben (S. 388) gedacht.

■") Aus Ameriia wird der Ankauf einer Sammlung ägyptischer Alterthümer für iNew-Vork berichtet (Rev. arch. X, 44U).

^^) Privatsammlungen. Ueher die Fejertinri/sche Samm- lung, die auch dem archäologischen Institut (Mou. d. Inst. V, 51) neulich ein Denkmälerblatt lieferte, handeln wir ausführlich in der Bedage B. Die britlische l'rivatsammlnng des Hrn. Suiilh Barry zu Marlinrij Hall ist neuerdings von Hrn. G. ScharlT jnn. untersucht worden: ausser dem dort von ihm entdeckten Fragmente des l'arthenon- frieses(.\rch.Anz. 1851 S. I 7) hat derselbe neulich auch ein rundes Relief- bildniss des .Menander mit Namensinschrift (oben S. 408) dort hervorge- zogen, welches von dem durch Visconti ungenau bekannten Medaillon gleichen Inhalts vennuthlich nicht verschieden ist.

'■') Des verewigten Kestner durchaus gewählter Antikenschalz, reich ausser feinen ägyptischen Anticaglien hauptsächlich an Bronzen, Terracotten und IJemmen, ist in der archäologischen Lilteiatur seil .lahren benutzt und bekannt; über die künftige Aufstellung desselben hoffen wir bald Näheres aus Hannover zu vernehmen. .Neuerer Ankäufe der Frau .Mcrfeiis-SchalThausen ist von Rom Bonn und Berlin her mehrfach gedacht worden.

^^) Doppelhcrme des Aristophancs und Menander: oben S. 342. Mon. d. Inst. V, 55. Ann. 1853. Einen eben darauf bezüglichen deutschen Aufsatz hat Welcker zugleich mit Abgüssen dieses ihm ge- hörigen werthvollen Marmors vertheilt. Die früher (Arch. Anz. 1852 S. 144, 25) erwähnten Sculptiiren des Kunsthändlers C'apranesi

zu P.om sind zugleich mit einer Statue des Titus in Campanas Besitz übergegangen; das zugleich erwähnte böch'ät merkwürdige obscöne Relief (etwa einer Lamia) ist nach Paris verkauft worden.

■"') Sarkophag rcliefs: der Mythen von Hippolyt und Marsijas oben S. 345; des Pelops Bull. .\ap. II tav. 1. .Noch ein unedirtes spätes /'e(o;(>relief hat sicii in Belgien zu .Moiis vorgefunden und ward neuerdings von dort aus zum Kauf ausgeboten. Noch an- ziehender dürfte ein von Brnim zu Isernia gesehenes (Bull. p. 108), der poinpejanischen Alexiiiulerschlathl ähnliches, Uelief sein, dessen VeröO'entlichung Pater Secchi verheisst.

^'') Der Terracotten der aus Tarsos herrührenden vom Besitzer dem Vernehmen nach auf 1250 (luineen geschätzten Sainnilung ward oben S. 290 ff. ausführlich gedacht; eine vernmihlich ganz ähnliche Sammlung gleichen Ursprungs wird nun aus Paris (Anm. 29) uns verkündet. Die beachtenswertlien Inedita jener Barker'schen Samm- lung sind in dem darüber erschienenen Werk ihres Besitzers nicht erschöpft; beispielsweise wird die aus Decenz nnedirt geblieben sitzende Figur eines derb phallischen alten Mannes uns erwähnt, ilem als räthselhaftes Attribut ( ? having in the ground) ein Esels- kopf in einer Muschel beigeht.

'') Von Gegenständen in Metall kam nächst einem lebens- gi'ossen pompejauischen Apoll (Bull. Nap. no. 33) neuerdings aus Garnuntuni die hübsche Krcligur eines Stadtgenius mit Tliurmkrone und Füllh(u-n (Wiener Sitzungsb. 1853 S. 349 Taf. 2, 2), von (iiild- saclien der schöne durch Akerman (S. 37!) bekannte griechische Schmuck zum Vorschein.

'") Als neui'utdeckte asiatische Münztypen wurden zwei syrische Königsniünzen oben S. 383 erwähnt. Mehrere unteritalische Inedite wurden, mit Inbegriff deren des Flussgattes von .Neapolis, in iinsern Denkm. und Forsch, no. 38 (Taf. LVIII, 14 17) vorgelegt und besprochen.

'") Die sehr massigen neuesten Vasen funde werden an Pracht durch ein reich geschmücktes kumanisches Gefäss überboten, welches wir nach Hrn. Baoul-Rochette's brieflicher Mitlheilung kennen und in einer Beilage C näher bezeichnen. Von anziehenden Gefäss- bildern, welche neuerdings in Bede kamen, sind hauptsächlich ein von Minervini veröffentlichtes, auf Phiinktct als Erben der Herakleswaffen bezügliches (Bull. Nap. tav. 6), und die von Preller herausgegebene Scheibe des Nereus und Peleus (oben S. 31 2 f. Eine Zeichnung davon gab früher auch die Revue arch. IV, 2 pl. 85) hier in Erinne- rung zu bringen; gewählten Vasenhesitz Uikanischer Privatsammlungen zu Anzi und Polcnza beschreibt Brunn im Bull. d. Inst. p. 16211. (Bacchusi/ebiirl, Mitlas, Priniiins hei Achill u. a. m.). Einigen andern Zuwachs aus diesem Gebiet meldet Rochette's mehrgedachte (S. 407) Schrift über capnanische Funde.

■") Wandgemälde aus Pompeji hat auch neuerdings Minervini beschrieben (Anin. 12); die gedachten millirischen hat Garrucci ln'- sonders bekannt gemacht (oben S. 343 f. Bull. d. Inst. 89 ff).

"') Des bei Nennig zu Trier entdeckten .Mosaiks ward oben S. 358f. gedacht; die Triersche Gesellschaft für nützliche Forschun- gen hat diesen wichtigen Fund mit einsichtigem Eifer weiter verfolgt und über die gehabten Erfidge einen Bericht erstattet, dessen liaiipt- sächlichen Inhalt wir auszugsweise hienächsl (Beilage D) angeben.

■'^) Von griechischen Inschriften ist nächst mancher Ausbeutung athenischen Vorraths (Anm. 71) das megarische Ehren- decret für Hikcsios (S. 381 ff.), aus Bhodos manche in diesen Blättern gegebene (oben S. 386f.), noch eine andiu-e aus Soli (Bev. arch. X, 363), aus Tomi die für Feststellung seiner Oerilichkeit entscheidende, ans Phayiaijiiria die des König Paerisades (Anm. 23). aus dem König- reich Neapel die eines der Hera gewidmeten Beils (Bull. Nap. no. 18) bekannt geworden. Hiebei darf nicht übergangen werden, dass die als inscbrifl 'unbekannten Fundorts' oben S. 387 no. 1 7 von Hrn. Buch mitgelheilte Inschrift des Nikomedes im C. I. gr. II no. 3169 als eine smyrnäische steht.

**) Von römischen Inschriften neulieben Fundes verdient unter andern eine nach fniberer Verdächtigung durch Mominsen ge- sicherte und erklärte schieferne Votivtabd für .Inno Sospita im Museum zu Basel (S. 419) hervorgebidien zu werden. Zwei vor- zügliche Militärdiplome, aus Ungarn und Oeslerreich herrührend,

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sind durcU Ainelh und Barüii Sackon bekannt gcwoiden (Amn, 21. Wiener Siuungsberichle 1833. S. 30811.). Eni aiiselinliebes Legions- \erzeicbniss belindel sieb uuler den neuesten alrikanischen Ergebnissen l.eun lienier's (S. 407J. Erbeblicb sind aucb die den Vereinsscbriften Homs und Neapels verdankten Inscbriften des C. Helvidius l'riscus (Bulk N'ap. no. 23), des Tarracius ßassus (BulL d. Inst. p. 47 fr.), i-ine Tiberiusinscbrift aus Veji (Bull. p. HO); einigen Zuwacbs baben aucb die am libein bäuligen Malronensteine (Hbein. Jabrb. .MX, 82Ö'. X\, 81 ff.) erhalten.

III. LlTTER.VTUR-

'') Ueber Arcbäolügie im Allgemeinen sieb zu verständigen wird dann und wann durcb Vurzug und Dringlicbkeit eines oder des andern gewäblten Standpunkts erschwert, insüfern durcb die dabin einscblagenden Furscbungen und Gegenstände einerseits zu emer wissenschaftllcben begrenzten Kunstgescbiebte (vgl. Overbcek, oben S. 372), anderseits aber docb aucb zu planmässiger Ergänzung der auf munumentaler sowohl als litleranscber Grundlage beruhenden Allerthumsstudien Ilath werden muss.

*') Akademische Beiträge für Archäologie, wie sie in be- kannter Weise (Arch. Anz. 1853 S. 286, 36) auch neuerdings statt- fanden, sind nach Verfassern und Gegenständen an andern Stellen dieses Berichts erwähnt

*") Die rein archäologischen Vereinsschrilten Roms (oben S. 371. 403 ff.) und .Neapels (oben S. 321 ff. 3j,"). 40.i f.) sind ihrem Inhalt nach früher angegelien worden, wie S. 33'.tf. aucb für die Bevuc arcbeologique geschah. Hrn. Falkeners „Museum" ferner fortgesetzt zu sehn ist noch innner Hoffnung vorhanden.

"•') Von andren Vereinsschrilten zeichnet die Zeitung für Allerthumswissenschaft (oben S. 355 f) fortwährend auch durch archäologischen Inhalt sieh aus; von sonstigen Sammelwerken be- treffen Kugler's kunstgesebichlliehe Miscellaneen in manchen darin enthaltenen Aufsätzen (Polycbromie, die Bauwerke zu Trier u. a. an- langend) zum Theil auch das klassische Altertbum.

"') Das für Aegypten durchgreifend wichtige Denkmälerwerk von Lepsiiis schreitet rüstig vor; es sind bis jetzt 50 Lieferungen davon erschienen, durch welche die zweite den Denkmälern des alten Reichs gewidmete AbtbeiUmg (Band III und IV des Ganzen) bereits vollständig und drei Bände der noch unvollendeten, den Denkmälern des neuen Reichs geltenden, dritten Abtheilung (Band V. VI. VII des Ganzen) ebenfalls vollständig vorhanden sind ; dagegen die erste, To- pographie und ArcbitekHu' umfassende, Ablbeilung (Band I. 11 des Ganzen) noch einiger Ergänzungen bedarf. Somit ist ungefähr die Hälfte des überhaupt auf 868 Blatt (in sechs Abtheilungen und zwölf Randen) veranschlagten Werkes geliefert.

^") Der Anschauung ägyptischer Bauwerke kommt von Frank- reich aus auch eine ansehnliche Reihenfolge pbotugraphischer An- sichten (125 Blatt von du Camp: Rev. arch. .\, 254) zu statten. Einzelscbriften ägyptischer Forschung von liiiit (S. 423), liirrli (olien S. 371), Leiisiits (S. 372), Kninjc (S. iOH) sind in unsrer Biblio- graphie angegeben, so wie auch ein von G. hrhliim dieser Zeit- schrift (Denkm. und Forsch, no. 51. 52) vergünstigter Aufsalz dabin einschlägt.

'') Assyrisches von Grolefemt: oben S. 371. 406. Von Layards neuestem Werk war S. 348 die Reile.

") Von neuen antiquarischen Schriften ist unter andern die Schrift von Lnssiiul.r über die Ehe (oben S. 324) zu erwähnen.

") Mythologische Schriften von Fnrchhnmmer, Petersen und PreUer wurden früher (S. 324. 371) von uns erwähnt; eine Monographie, den Apoll der als lykischer Gott ein orientalischer sei anlangend, ist so eben von Sclionhorn (S. 424) erschienen. Emil ßriiuna „griechische Götterlebie in zwei Büchern" (S. 423; die Um- schlage hatten eine ,, Mythologie in drei Büchern" verbeissen) sehen v»ir mit lebhaften Bedauern ihrer in die Heroensage eingehenden Fortsetzung beraubt.

"'j Als l'iTsonen und ,\bschnilte der Kunstiny t bolo gie wurden neuerdings Dionysos und die Thyaden dunli Piiniifkn (S. 372), Aegäon durch l'inet (ebd.), mehrere andre durch Lloijd (S. 406) erläutert, woneben auch die auf l'elops und die auf Anliope bezüg-

lichen Aufsätze dieser Zeitung zu erwähnen sind (Denkm. u. Forsch, no. 53 IT. 5611.). Eine reichhaltige Zusauimenstellnng über den Dienst des .Iiippiler Dolichenus hat so eben J. G. Scidl in Wien (S. 424) gegeben.

'^) Topographisches. Der für Athens Pnyx (Weicker S. 310; Boss oben S. 372. Göttling 406) Klkde (Goliling S. 406) und Umgegend (Oropos: l'reller 324; vgl. Heltner 323) ergiebigen neuesten Litteratur reiht so eben der erste Theil eines vom Archi- tekten K. Beule verl'asslen, unter den Auspicien des französischen Ministeriums erschienenen und auch die neuesten Ausgrabungen vor Augen legenden, stattlichen Werks über die Akropolis zu Athen (S. 423) sich an.

'''') Für römische Orts- und Baukunde sind Cmünns neueste Arbeiten über die Vin Appin wichtig.

'"') Der Topographie von Pompeji ist eine Reihe von Unter- suchungen des Pater Garrucci im Bulleltino Napolitano (no. 25ff.), den (iraliungen von t'npiin eine Schrift von Röchelte (S. 407), etruskisehen Inschriftfunden eine Schrift von Conestabile (S. 371), den iliilmalischeu Funden Carrara's (S. 371), den siirdinischen Neigeliaur's (S. 407), den österreichischen des gesammlen Kiiiser- siaiiis Artielli's und Seidl's Eifer gewidmet, welcher letzlgedachte Gelehrte in planmässigem Umfang neue Funde und vernachlässigte Denkmäler im Archiv österreichischer Geschichlsquellen unter den Auspicien der kaiserl. Akademie zusammenzustellen fortfährt (oben S. 408). Eine umfassende Arbeit des Hrn. von Rini/ über Aller- thümer des Elsasses (S. 372) ist uns nur dem Namen nach bekannt; von Einzelschriflen über rheinische Alterthümer ist unter anderen das Bonnische Festprogramm über das Judenbad zu Andernach (Braun S. 406) hier zu erwähnen.

■''") Zur Kunst geschieh le: Feuerbach S. 423; Brunn S.313; Overbeck S. 407.

'■') Für Pdusnnias hat Piinofka eine mythologische Probe seines diesem Scbriflsteller gewidmeten Commentars veröffentlicht (S. 424); der Kritik des Plinius ist eine besondere Schrift von Urliilis (S. 372) gewidmel , deren nahe Vollendung auch für die kunslgesehichllicben Bücher viel Gutes verspricht.

'") Ueber Polijchromie der griechischen Bau- und Bildkunst ist von Kugler (S. 374 f.) und Wnlz (S. 408) gehandelt worden.

") Böllicher über Parthenon und Olympia (oben S. 356) und über den amykläischen Thron (Denkm. u. F. no. 259).

''') Amykläischer Thron: oben S. 359 (Ruht). Der Auf- satz von Pi/I erschien ausführlich in der Zeitung für Alterlhums- wissenschaft 1853 no. 1 0.

'■') Zur Geschichle der SriW;)/ »r sind die Arbeiten von Vrlichs über Skopas (S. 408), Jahn über Lysippos' Kairos (S. 406), auch eine Schrift von Stnitr über die Kolosse von Monte Cavallo (S. 408, vgl. 349) zu erwähnen.

'^') Museograp bische Arbeiten geringen Umfangs sind über Aegypiisches zu JVien (dreier Königinnen: Boller akad. Sitzungsb. 18.i3 361 IT.), über die Sammlungen zu Hnrdenux (Rev. arch. X, 26Hff.), über die zu Liiim, Vievve und Aeiiinun in dieser Zeit- scbrifl (oliiMi no. 51. 52. 53). über die Vasensammliingen zu Anzi und Potenza (Bull. d. Insl. 159 IT.). und vielleicht noch in manchem uns entgangenen Verzeicbniss zu Tage gekommen; auch über den sehr wenig bekannten Sculiilurenvorratb zu Slochliiihn gaben wir einige Kunde (oben no. 60). (irössere Arbeiten dieser Art hoffen wir in bereits vorbereiteten Arbeiten von Ulla Jahn (über die .Müncbener Vasen) und Ji. Stark (französischi' Provinzialsaniinlungen) bald begrüssen zu können.

'''■) Von grösseren Publicationen bildlicher Denkmäler wurden Kochetle's Peinturcs de Ponipei bis zum 7len, meine Auserlesenen Vasenbilder bis zum 40slen Heft (Taf. 259—270. Griechisches Alltags- leben Tal. 19 30} birlgesetzl. Das von Hiiiilez langst vorbereitete Werk über Vasenbibler der Leidener Sammlung (oben S. 354) lässl sich vergeblich erwarten; auch für die Elite c('raniographi(|uc fehlt noch immer der Te.vtabscbluss zum zweiten Rand.

'■') Die kunstmyt b ologiscbe Auswahl von Denkmälern aller hiinst. welche F. }f ieseler, den zweiten Rand der zu (l. Müllers

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llandbui'li gehörigen llcfle zu vi'n'ollstiindigcn, längst in Aussiclit stellte, ist neuerdings (üben S. 40iS) dureli ein viertes lieft fortge- setzt worden, welches durch Wahl nnd Ausführung die vurange- gangenen Lieferungen übertrifft.

'") Als neuere Miinzwcrke sind ein Handbuch von Griisse (S. iflC)), das zunächst für den .Munzhandel liestiinEule lle|ierlorio von Riccio (S. 406) und ein nur aus Anzeigen uns bekanntes Werk kleinasiatischer Münzen von if'iuliltnijlDn (Vujago dans l'Asie niincure: liev. arch. X, äOll), ausserdem J. de inile's auf christliche Kai- serinnen bezügliche Arbeit (S. 408), undMonographieen von h.u.Kbline (S. 400) uns bekannt.

'") Goldsachen wurden durch Akermiin (S. 371), sardische Erzliguren noch neuerdings durch ilella Mnrnwrn (S. 32i) ver- öffentlicht.

"'') Pompejanisehe Wandmalereien sind durch Fortsetzung der Werke von Rnoiit-Kochelle (S. 407), Ternile (S. 37,")) und Ziihfi, auch durcii Mincruini's lieschreibung diT neuesten ähnlichen Kunde, zu weiterer Kennlniss gelangt. Kchtheit und Versländniss eines schönen gleicharligen Werks im Besitz des Malers C. Hoss zu München hat 0. lahn vindicirt (S. 372). Der l'ublicationen von llarrucci (Anm. 41) und Matranga (Anm. 26) ward oben gedacht. Für Vasenbilder waren Monographiecn von Jahn, l'reller, Miner- vini u. a. willkommen.

■") Als fruchtbare Erklärungen imgenügend verstandener Kunstwerke erwähnen wir beispielsweise die Nachweisungen Jnhii's für den lysippischen Kairos und für den nemeischen Lykurgosstreit auf Vasenbildern (S. 323), </f Kossi's (I?ull. Nap. no. 17 lav. 9) für Iwjanische Oerllichkeit in dem durch Merckliii neu zur Sprache ge- brachten Glasgefass aus Popnlonia (Arch. Anz. S. 133. 154 f.) und Welcher's für das liildniss des Aristophanes (Anm. 35).

'") Zur Litteratur griechischer Inschriften ist die regel- mässige Fortsetzung der athenischen 'Eifr\utnlg (S. 371. 406) will-

kommen; über einige athenische Inschriflen liat Göff/ini/ in Program- men (S. 371 ), über megarische Inschriflen l'ischer (S. 'i'24) geschrieben.

') Inschriften neuesler Behandlung durch Hückh (S. 423).

"') Kinige metrische Inschriflen neuen Fundes las.sen wir in der Beilage E folgen.

'*) (jrierhische Zeititifel auf eng lieschriebenen l'lättciien, in Art der Tabula Iliaca: veröllVntlichl durch Ilenzen (S. 345. Bhein. Mus. l.\, 1, 161 IT.).

") Votivinschrifl eines Beils (liiill. Nap. no. 18, tav. V. 2): TKf Htpiig ]Int{ioi=^ifii Tug tv 7itih = oi (-juvioxo^^g ut iirtHe^xf <)i)-iauo=g F tniov ätxtnuv.

'*') Monographiecn für römische Inschriften von Henzen (S. 403. 423), Mummsen (S. 424), liilschl (S. 372. 407), de Hossi (S. 372).

■') Corpus inscrijtliiiinnn lalitinrum: oben S. 281. 2911.

"'') Sonstigen neueren Schrillen über römische Epigraphik slehl als erster deutscher Versuch emes Systems derselben die Arbeit von Zell (S. 408) voran, welchejedoch an Umfang und Genauigkeit zu wünschen übrig lässt. Kin neuer Bericht Leon /{enier's handelt über dessen neueste nordal'rikanisciie Ausbeiile (S. 407. liev. arch. \, 30511'. 538), eine Abliainllung von //. Meijer in Zürich über helvetische Militär- stalionen (S. 406). Leber capuanische oder venusinische Fasten ward zwischen Znmpt und Mummsen, für des letzteren Ansicht entscheidend, gestritten (S. 408). Eine neue Arbeit über Siecel der Augenärzte kam aus England her (Way S. 424. Bhein. Jahrb. W, 1 7 1 II. ) zum Vorschein.

'') Den altitalischen Sprachdenkmälern kommt Afonimä't'ns Schrift über nordetruskische Alphabete in Helvetien (S. 372) zu Stallen ; eben dahin einschlagend sind einige Arbeiten von Knätel (S. 406) und Koch (ebd.).

"") Nekrolog: Kestner (Anm. 34; oben S. 344) verstarb im April, Lfdius im September, Beulh gleichfalls im September, Gru- tefend am 15. December des vergangenen Jahres.

II.

Beilagen zum Jahresbericht.

J. Tempel zu Megara.

Zu Megara fand mau ganz neuerdings bei dem Aut- iliumeii des Platzes vor der Wohnung des Eparchen einen Tlicil des Fussbodens eines Tempels sowie des dazu ge- liörigen Peribolos. Darf" man aus der Anlage der jetzigen Stadt einen Schluss auf die der alten ziehen, so wird man, da jene Reste in dem südhchsten Tlieile von Megara, in geringer Entfernung zur Rechten der naclt Nis;la führen- den ITauptstrasse gelegen sind, zu der Vermuthung ge- drängt, dass dieselben dem von Pausanias erwähnten Tem- pel des L47iöXX(ov npoaTitT}'nioi angehörten. Die Rich- tung des Heiligthums ist die von Osten nach Westen.

A

GeglJittcte Platten von grauem Marmor, die jedoch nur in dem westlichen Theile zu Tage liegen, bilden die Be- kleidung des Fussbodens; wo dieser etwa um einen Zoll höher gelegt ist, befinden sich zwei S;iuleufTisse von ge- ringen Dimensionen, anscheinend aus Hymettischem Stein. Wie weit sich die Reste des Fussbodens gegen Osten hin ausdehnen, l.'isst sich noch nicht bestimmen. Im Haus, welelics die Stelle einnimmt, liefindet sich ein Mosaik, welches jedoch, wie aus seiner erhöhten Lage erhellt, in keiner Beziehung zu jenem Temiiel stand. Den erhaltenen Theil der südlichen Umfangsmaucr fand ich achtzehn Schritt lang.

Nachstehender Grundriss wird die Beschreilmng ver- anschaulichen :

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Zugleich möge hier eine Inschrift, die ebenfalls vor Kurzem in Migara zu Tage gefördert wurde, ihre Stelle finden: TYPJANNIßN NIZIßNOE AN Z E[H]lz:ii;iNAPE

THZ]ENEKENKA!(l)IAOAnPIAETHZEI5:EAYTOYZANE0HKAN.

Athen, 16. Decemher 1853.

A. VON Velsen. (Die übrigen Beilagen folgen im nächsten Stück.)

III. Neue Schriften.

Arncth (J.): Archäologische ' Analektcn (I. Ueber zwei Bruchstücke eines neuen in Ungarn gefundenen Mili- tärdiplonis des Kaisers Antoninus Pius vom Jahr 154? n. Chr. und 11. über die neuesten Entdeckungen von Mithrasnionumenfen und Inschriften bei Dcutsch-Alten- burg). In den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie Bd.'^XI. 1853 S. 308 ff.

Aschbach: Ueber die im Vespasianischen ]\Iilit.'irdiplom vom J. 74 vorkonniienden Alae und Auxiliar-Cohorten. CRhein. Jahrb. XX, 33—80).

Heule (£.): L'Acropole d'Athi-nes. Publii' sous les au- spices du ministere de l'Instruction publique. Tome I. Paris 1853. 356 S. 4 Taf. 8.

Biot: Ilecherches de quelques dates absolucs, qui jieuvent se conclure des dates vagues inscrites sur des raouumens egvptiens. Extrait du Tome XXIV de l'Acad. des sciences. Paris 1853. 4. 129 S. Sur un calendrjer astronomique et astrologique trouve ;i Thi'bes en Eg^-]lte dans les tombeaux de Rhamses VI et de Ilhanises IX, 2i'me et dernier Memoire. Extrait (wie eben). Paris 1853. 4. 166S.

Böckh (A.) : über Inschriften von Gerasa (In den Monats- berichten der künigl. Akademie zu Berlin 1853 Januar S. 14ff.); athenische Volksbeschliisse über die Aussen- dung einer Colonie nach Brea (ebd. Februar S. 147—163) ; Hermias von Atarneus undBihulniss desselben mit Erythrii (ebd. April S. 225ff. Ausführlich in den 'Abhandlungen' der k("inisl. Akademie) ; attische Rechnungsurkunden (ebd. Oetober S. 557).

Bi)1h;r (Prof .) : DenkmJiler dreier Königinnen im kais. kgl. •■lgy])tischen Cabinetfe. (In den Sitziuigsberichten der kais. Akademie zu Wien XI, 8.304-391). 8.

/>i(/ii)i (Emil): Griechische Götterlehre. In zwei Büchern. Ilamlnug und Gotha 1854. XFV, 732. 8. [In drei Heften erschienen und mit diesen abgeschlossen].

Deychs (Prof.) : Von Vindonissa nach Brigantum. Streif- züge durch das römische Helveticn. (Rhein. Jahrb. XIX S. 1-.32). 8.

Esselen (M. F.): Uel)cr den Ort der Niederlage der Römer unter Varus. Hamb. 1853. (Vgl. Rh. Jahrb. XX, 168).

Eeuerhach (A.) : Nachgelassene Schriften. In vier Bünden.

I. Leben, Briefe und Gedichte, herausgeg. von Henriette

Feuerbach, 184 S. II. III. Geschichte d. griccli. Plastik,

herausgeg. von H. Hettncr, 174 u. 245 S. R'. Kunst-

^ geschichtliche Alihandl., 154 S. 2 Abb. Ileidclb. 1853. 8.

(ierluch (F. /).): Von den Quellen der ;iltesten römischen Geschichte. Basel 1853. 27 S. 4.

Giillling (C): Inscrijjtio attica. Jenae 3 S. 4. (Zum Lec- tionskatalog 1854. Die Inschrift wird 'Lißuoii; &ti(~v Btovt [/.iöt!(itv'\ gelesen und auf Ileroendienst des .\baris gedeutet).

Jahn (0.); Ueber einige Abentheuer des Herakles auf Vasenbildeni. Aus den Berichten der söchs. Ges. d. W. 1853 S. 135-150. 8. 10 Taf.

Ihne (W.): Ueber zwei italische Mythen (Janus, Carna,

Romulus. Im Rhein. Museum für Philologie IX, 3 S. 351 ff.) 8.

Kugler (F.) : Kleine Schriften und Stuchen zur Kunstge- schichte. Lieferuna; 5—8. (Theil I. S. 641—835. II, 1—432 mit Abbildungen). Stuttgard 1853. 8. (Die Alterthümer zu Trier von S. 70 an).

Mulranga (P.): Illustrazione di due degli antichi dipinti trovati negli Seavi di Via Graziosa. Roma 1853. 4. 187 S. [vgl. Allgemeine Zeitung 1854 no. 41].

Mommsen (Tli.): Die Schweiz in römischer Zeit (Aus den Mitthe'lungen der Zürcherischen Gesellschaft f. Alt. XVIII) 27 S. 1 Taf. 4.

: Zur Rede des Kaisers Claudius (Im Rhein. Mu- seum IX, 3 S. 448 ff.) ; altrömische Inschrift in Basel (ebd. S. 450 ff. 2 Taf.) ; die Jiltesten Scipionengrabschriflen (ebd. S.461ff.); dieVenusinischenFasten (ebd. S. 481 ff.) 8.

Overheck (J.) : Ueber griechische Kunstgeschichtschreibung (aus der Kieler Monatsschrift 1853 S. 913—921. 8) neigst Recension von Brunu's Geschichte der griechischen Künstler (ebd. und in der Zeitung tTir Alterthumswissen- schaft 1853 no. 66-68 S. 526ff. 4.).

Panofka (Th.): Proben eines arch.'lologischen Commentars zu Pausauias. Mit 28 Bildwerken. Berlin 1853. 4. 45 S. 3 Taf. (Berliner Akademie 1853 S.Slff.; vgl. Mo- natsbericht 1853 Juni S. 374ff. Handelt 1. über Zeus Areios, 2. Zeus Lecheates. 3. Eros des Praxiteles, 4. Hi- meros des Skopas).

Papadopiilo Vretö (A.): Sulla scoperta di Tomi e sulla bilingne iscrizione ritrovata in Varna. Atene 185.3. 8. (Auszug hievon in der Revue archeol. X, 379 ff.).

Ritschl (F.): Die ölteste Scipionengrabschrift (Rhein. Mu- seum f. Philol. IX, 1. S. 159 ff.); zur Rede des Kaisers Claudius (ebd. S. 443 ff.). 8.

Sacken (Frhr. v.): Bericht über die neuesten Funde zu Carnuntum, besonders über die Reste eines Mithraeums und ein JlilitJirdiplom von Kaiser Trajan. (In den Wiener akadem. Sitzungsberichten 1853. S. 336 363. 4 Taf.). 8.

Sclainborn (A.): Ueber das Wesen ApoUons und die Ver- breitung seines Dienstes. Berlin 1854. 80 S. 8.

Seidl (Custos J. G.): Ueber den Dolichenus - Cult. Mit VITaf. Wien 1854. 89 S. 8. (Ans den Sitzungsbe- richten der kaiseri. Akad. Bd. XII S. 4ff).

ViscUer {W ■) ■■ Epi:;ra])hisches aus Griechenland. (Im Rhein. Museum f. Philok IX, 3 S.383ff.). 8.

: Inscriptiones Spartanae ]iartim ineditae octo. Basil. 1853. 10 S. 2 Taf. 4.

Wuij (All.): Notice of a Stam])S used l)y a Roman oculist or emjjiric discovered in Ireland. (Im Archaeologieal Journal no. 28; Auszug in den Rhein. Jahrb. XX, 171 ff. Vgl. Denkm. u. F. 1851 no. 38. 39).

Wekker (F. G.): Zur Denkmälirknnde (aus Rom: Rhein. Museum f. Philol. IX, 1. S. 270ff.)

Herausgegel)en von E. Gerhard.

Druck und Verlaj; von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arcliäokigiüchen '/jeUuinf, Jahrgang XU. JM 62. 63. Februar und März 1854.

Wissenschaftliche Vereine (Berlin, archäologische Gesellschaft). Beilagen zum Jahresbericht: B. Fejervarv'sche Samm- lung; C. Kuniauisclies Thongefiiss; D. iMosaik zu Nennig bei Trier; E. Metrische Inschriften. Museographisches : Neuestes aus Athen; Abaris, Laberis; zwei griechische Künstler; Votivliand.

I. Wissenschaftliche Vereine.

Berlin. Die Versammlung der hiesigen arch.-iolo- gischen Gesellschaft vom 3. Januar d. J. ward mit guten Wiinschen fürs neue Jalir begonnen, denen andre, liervorgerufen durch den eben gefeierten Geburtstag ihres ehrwürdigen Mitglieds, des Meisters moiuuncntaler Bild- kunst, Prof. Rauch, sich beigesellten. Hr. Panofka las über Silene als Behülter fi'ir Götterstatuen [abgedruckt: Denkm;ilcr u. Forsch. 1853 S. 173 ff.]. Mit Bezug auf berühmte Tempelruinen sprach Ilr. G. IVol/f über den Helios- und Zeusdienst zuHeliopolis in Cüles\Tien. Der berühmte Heliostempel entliielt ein Orakel, das Macrobius Sat. I, 23 beschreibt l)ei Gelegenheit einer dem Trajan dort handschriftlich ertheilten Weissagiuig. Ein Orakel in sechs griechischen Hexametern Anth. Pal. 14. 57 ynrd eben dahin gewieseu, indem nach sicheren Anzeigen ^Hltov für ^I).ü)v dort geschrieben wurde. Ein Tempel des Zeus wird darin erwJihnt, und 'cultores Jo^is Heliopolitani Bery- tenscs, qui Puteolis consistuut' in der lateinischen Inschrift von 117 n. Chr. bei Momnisen no. 2488 weisen auf dessen Cult hin. Antoninus Pius baute ihm einen gefeierten Tem- pel. Zeus wurde dort in lüwen.'lhnlicher Gestalt verehrt (Damasc. bei Phot. bibl. 342), und noch im 6. Jahrhundert bestand sein Temjjel und ein an einen Magnet geknüpftes Orakel fort, wobei Bauchrechierei und andere Gaukelei mitwirkte (ibid. ,348). Der Dienst des semitischen Baal hat sich auch zu Stratonicea in Karlen in den des Helios und des Zeus geschieden (C. inscr. gr. 2715 17) und auch dort bezogen sich beide Götter iu Orakeln auf einander (inscr. 2716 aus der Zeit des Valerian oder (lallien). In einem hierauf folgenden Vortrag über Bestimmung und Bildwerke des Parthenon trat Hr. Bölticlier, der bis heute gültigen Ansicht über die Bestimmung des Parthenon sowohl als auch des Zeustempels zu Olympia, direkt entgegen. Weder der Parthenon noch jener Zeus- tempel sind jemals Tempel nach dem gewöhnlichen Be- griffe, d. h. Bauwerke zur Ausrichtung v(m Sacra, also Kiiltitsräiime, ihre chrysclephantinen Wunderbilder nie- mals Kultusliilder gewesen; beiden mangelt die rituell nothwendige Hidrysis, die Kultuswcilic , durch welche Kiiumlichkeiten und Bilder erst zu Kultusmalen werden.

Daher zeigt keiner dieser Tempel die unerlJissHchen Wahr- zeichen einer Kultusst.-itte, nilndich die Tlnmele mit ihrem Brandopferaltare vor dem Pronaos, wie den heiligen Speise- o])fcrtisch in der Cella. Beide Tempel mit ihren kolos- salen Bildern gehören nur zum Festuppurute der grossen Agonen; Uire Cella ist der Festschauraum zur Kränzung der Kampfsieger, ihre Bilder sind nur eine illustrirende Staffage hierbei und deswegen in der Geberde als Bru- heiilen aufgefasst. Es folgte die Erklärung der Bild- werke des Zeustempels in den Aetomata und den Metopen, im Pronaos und in der Cella; alle, in ihrer Gesammtheit wie in den einzelnen E{)isodeu , deuten nur Heroisch- Ayonahs an und weisen überzeugend auf die angegebene blos agonale Bestimmung des Hauses und seiner Oertlich- keit hin. Der Parthenon diente, ausser seiner Bestimmung als attische Staatsschatzkasse, gleicherweise nur zum Cho- regeion der panathenäischen Agonen und Pompenchöre; sein chryselephautines Schaubild, in dessen goldue Haut die Athenäer nur Uiren goldnen Nothpfennig verwandelt und denselben zinslos in Uir angelegt hatten, war, ohne alle Spur von Heiligkeit, nur für das Schauspiel der Kranz- verleihung an die panathenäischen Agonisten gemacht. Die Cella, welche die Geräthe der Pompengänger ein- schloss, war nur an dem Tage des Festes geöftnet, in der übrigen Zeit versiegelt und verschlossen und nur den Schatzmeistern zugänglich. Der freie hypäthrische Raum um den Parthenon war das Didashaleion panathenäischer Pompenchöre und Züge. Die Gruppen in den Aetomata und Metoj)cn stellen ebenfalls nur Agonal-Vorbildliches dar in Verbindung mit der Genesis des Athenakultes, also den Ursprung der athenäischen Agonen. Der bisher so- genannte ])anathenäische Pompenzug um die äussere Seite der Cellenwjinde ist nicht diese Pompa; deun es wird luichgew lesen, dass hier im Bildwerke durchg.'ingig grarte alle diejenigen Wahrzeichen fehlen, welche die historischen Quellen als fVir die Pompa beziichnend angeben. Das Bildwerk deutet nur die Didaskalie der jianathenäischen Pompencliüre und Züge an, so wie die letzte Vorfiihrung tlcrselben durch die Choregen und Didaska'en vor Be- ginne des Festes, vor den amtlichen Personen, welche der

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Epimeleia, Anordnung und Ausrüstung derselben vorgesetzt waren; dies sind nach Ilrn. Bötticher's Ansicht die über dem Pronaos sitzenden bis jetzt tTir Götter und Heroen erklärten Gestalten. Dieser allgemeinen Andeutung wird sich in einem fortgesetzten Vortrage die Erkliirung der einzelnen Gruppen, Chöre und Züge anschliessen. Noch l)erichtete Hr. Gerhard aus brieflicher Mittheilung des Dr. v. Velsen zu Atheu über den Fortgang megarischer Funde, denen man neuerdings die Nachweisung des dor- tigen Apollotempels verdankt, und gedachte auch des zum Verstiindniss eines der schönsten Kunstwerke der hiesigen Vaseusammlung wichtigen Fundes, welcher bei neulicher sorgfilltiger Reinigung der Schale no. 1762 (vgl. Gerhard, das Orakel der Themis, Berlin 1846. 4.) durch den Gal- leriediener Kocli die Namen des ^leleagros und Pe- leus oberhalb zweier Jagdscenen zum Vorschein brachte. Ausserdem gaben die neuesten Monatsbl;itter und Ab- bildungen der „Archäologischen Zeitung" und mehrere in dieser Zeitschrift niiher zu bezeichnende Druckschriften der EH. Braun zu Bonn, Garrucci zu Neajiel, K. F. Her- mann zu Göttingen, Köhne zu St. Petersburg, Lionnet zu Berlin, Renier in Paris, UrViclts zu Greifswald, so vne auch das 20ste Heft der Jahrbücher des Vereins rheinischer Alterthumsfreunde, zu dankbarer Entgegennalime mid dar- auf bezüglichen Bemerkungen Anlass.

In der Sitzung vom 7. Februar setzte Hr. BötticUer seine Mittheilungen über den Parthenon und dessen Bildwerke fort. Das chryselephantine Bild der Parthenos, welches sich schon durch die kranzreichende Nike als Brabeuten- bild der grossen panathenjiischen Agonen kund gebe, sei durch die Attribute auf seinem Goldhelme, die Splihix mit den AtUer-Grelfen, noch weiter als Atliena Pronoia charakterisirt; als solche jedoch nur iii Bezug auf ihr Walten über tlie utlisclic Polilie, von welcher ja eben das rein politische Fest der grossen Panathenäen zur Verherr- lichung der Göttin gestiftet und gefeiert worden sei. Demi die Sjihinx gelte bei den Hellenen als uraltes Smbol des weise erwjigenden Gottverstandes im Menschen, der Greif als Bild der alles wahrnehmenden SagacitJit, beide vereint stellten das Wesen der Provideuz dar. Zu den Bildwerken an dem Bathron der Parthenos sich wendend, nannte es Hr. Böttichcr den gn'Jssten schöpferischen Gedanken des Phidias, dass er die Pandorasage gcw.-ihlt und im Sinne und nach UeberUeferung des Hesiodos hier dargestellt habe; indem dieselbe nur als Gegenbild des Wesens der Athena gcfasst sei, um das Walten derselben auf den Gi|)fel der Hcrrliclikeit zu heben. Denn es sei nach jener Sage die Jungi'rau Pu»(iorn, die aus nichtiger Erde und aus ■^asser durch die kunstwerkliche Hand des Hephaistos gebildete, von allen Göttern neben wunderbarer aber trü- gender Schöidieit mit den vergJinglichen und zeitigen Glückesgaben in Ucberfülle ausgestattete Erdenbraut, der Inbegriff epimetheischeu Wesens und Ausfluss der reinen Physis; sie führe aber den Mann, welcher in ihren Gaben aufgehe und sich ihren Werken ganz hingebe, durch Eut-

nervung und Entmannung endlich den D.-imonen aller Ucbel in die Arme und an den Markstein der bittern Reue. Dem entgegen stehe Athena, die aus dem Haupte des ewigen Zeus selbst geborne Jungfrau, der Inbegriff prometheischeu Wesens, Ihre Werke der Ausfluss des reinen Gottverstandes; sie führe den Mann ihrer Werke durch tugendreiclies Mühen und abstJihleude KJimpfe hin zum ehrentriefenden Ziele der Siegeskranzfeier, ihm selbst hier den Ehrenlohn seiner Laufbahn reichend. Mit Er- kl.-irung der Gründe von der Weihe des grossen Peplos durch die panathenüischen Agonisten, wie der Darstellung des Wagens in diesem Peplos nebst seiner spütern An- wendung als Segel des Pompenschiffes, ward diese Mit- theiluiig geschlossen, welche fortgesetzt wird. Hr. Pa- nofla las über KunstdenkmJller theatralischer Darstellung, welche auf Komödien des Kratinos sich zurückführen lassen ; dieser Aufsatz wird in der arch.-iologischen Zeitung n;ichstens erscheinen. Hr. Gerhard sprach über die FK/erwary'sche Antikensammlung, über welche aus den von London aus ihm zugegangenen Mittheilungen nächstens im ArchJiologischen Anzeiger [unten S. 429 ff.] berichtet werden soll, und vries die zugleich von dorther emi)fange- nen Siegelabdrücke sieben vorzüglicher Gennncn derselben Sammlung vor. Dass diese Gemmen sümnitlich unedirt und sümmtlich mit Kihistlernamen versehen sind, gereicht nach eignem Gest;induiss des kunstverstiindigen Einsenilers fast eben so sehr zu Verd,"ichtigung ihrer ihm dennoch einleuchtenden Echtheit als im Fall dieser Echtheit zu Erhöhung ihres Werthes. Ein Musenbrustbild des Dtos- korldes, ein Zeuskopf des HijUos, ein Junokojif des Alpheos, ein Herakles Nikephoros des Aulos, Köjife des dritten Demetriop und des Sidla von Ncurchos, das kühn ver- kürzte Vordertheil eines Löwen von Alcxas und mit gleichem Namen noch der Kamee eines Seedrachen, dürfen, allein und vollends in solcher Vereinigung, ihres augenfilligen Kunstvverths ungeachtet ohne die schlagendsten Gründe nicht leicht auf Anerkennung ihres Alterthums rechnen. Dass vortrefflicher und imgckannter Gemmenbesitz iu Eng- land leichter als im vieldurchsuchten Rom versteckt sein könne ward hiebei eben so willig eingerüumt als auch die Hyperkritik von Köhlers allgemeiner Verd.-ichtigung der auf Gemmen befindlichen Künstlernamen Ijctout; nichts- destoweniger Hessen, bei mangelnder Ansicht der Originale, die übersandten Abdrücke fürs erste ein unabweisliches Misstrauen zurück. Interessant würde hiesigen Orts ein entscheidendes Urthcil insonderheit für die gedachten zwei Steine des vermeintlichen Alexas gewesen sein, weil sie, von Seiten der Technik keinen dringenden Verdacht begründend, die ganz iihnliche Künstlerinschrift eines be- kannten schönen Karneols der hiesigen kgl. Sanniilung (Frühlingsstier: Winckelmanu Dcscr. Stosch II no. 16(t3. Tölken Verzeichniss ni no. 1416) best.'itigen könnten, würde nicht gerade dieser Stein seit Visconti, dem noch ganz neuerdings Panofka (Abh. Gemmen mit Inschriften no. 19. Taf I, 19) beijjflichtete, allgemein als moderne Arbeit

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des Ahssaiulro Cesati botraelitct. I'rof. ll'ichniaim er- freute die Gesellschaft durch vortreffliche Photograiihieen rüiiiischor und sonstiger Altcrtliüuicr; von sonstigen Vor- lagen \vard iK'sonders Ruoiil-ltoclicllc's, aus dem Journal des Savants besonders abgedruckte, neuliche Schrift über ca])uanischc Ausgrabungen beachtet.

In der Sitzung vom 7. MJirz gab Hr. i'. Olfcm in An- schhiss an seine frühere ]\Iitthei]inig vom 4. Juli v. J. [S. 42üft'. vgl. oben S. 358] weiteren Bericht über die von Trier aus durch patriotische Alterthunisfreunde begonnene und durch Munificenz Sr. MajestJit des Königs glücklich vollfillirte Ausgraljung des hei Nennig (G Meilen von Trier in der Richtung nach Luxemburg) entdeckten grossen Mo- saiks. AVühl ausgeführte grosse Zeichnungen vou der Hand des kunstsinnigen Domherrn v. Wihnnwsliij lagen gleich- zeitig vor und gewährten der Versamndung eine sehr dan- kensvverthc Einsicht in Plan, Kunstwerth und antiquari- schen Inhalt jenes auf vaterländischem Boden uns doppelt überraschenden grossartigen Rümer-Denkmals. In einem Saal von .50 Fuss L.'inge und 30 Fuss Breite hat dort in 3Fuss hohen Figuren eine Reihe zierlich gesonderter Gruppen von guter xVnlage und Zeichnung sich vorgefunden, welche demuiichst durch die Mannigfaltigkeit ihrer Gladiatoren- K.'impfe und mancher dan}it verknüpften Sitte eine ge- nauere Betrachtung lohnen. Für Schutz und Erhaltung dieses den ansehnlichsten bisher bekannten Mosaiken zur Seite zu stellenden Kunstwerks ist dem Vernehmen nach durch königliche Fürsorge auf angemessenste Weise vor- gesehen worden. Gleichfalls durch Hrn. v. Olfers er- freute sich die Gesellschaft der unmittelljaren Ansicht mehrerer neuerdings für das Künigl. Museum erworbenen wcrthvollen Gegenstände, namentlich mehrfachen griechi- schen aus Smyrna und Sjtos herrührenden Goldschmucks und einer hochgearbeiteten Elfenbeinplatte von vorzüglicher Kunst [oben S. 417, 30]. Hr. liiitlicher las den Schluss seiner Erklärung der einzelnen Beiwerke, welche Phidias der chr\sele])hantinen Parthenos im Parthenon, am Fuss- gestell, am Helm, auf der Hand und am Schilde, zur Uarstellung ihres Begriffs als Pronoia und Schützerin der Theseischen Politia Attika's, wie der grossen panathenJii-

schen Panegjris, als des Stiftungsfestes derselben, beige- geben hatte. Aus einem an Hrn. Punofku gerichteten und von diesem mitgetheilteu Briefe des Herzogs von lilavds (Sohnes des verstorbenen, um alte Kunst und Forschung hochverdienten, frühesten Pr.'isidcnten des archäo- logischen Instituts) vernahm die Gesellschaft mit Interesse, dass der Erbe dieser anserw.-ihlten Kun-.stsawnnlungen sieh mit der IIera\isgabe einer Beselireibung derselben ernstlich beschäftigt, und zwar soll der erste Band dieses Werkes auf der Grundlage eines im Jahr 1830 in Paris von Hm. Panofka aTigefertigten Manuscrijits die Vasen umfassen. Als Ergänzung zu den in der archäologischen Zeitung publicirten bildlichen Darstell luigen des An tiope- Mythos war von eben jenem hochgestellten Kunstfreund zugleich der Kupferstich jenes ausgezeichneten Cammeo's seines Be- sitzes eingesandt worden, in welchem bereits Visconti den auf Kunstwerken sonst wenig oder gar nicht bekannten Mythos des Zeus erkannt hatte, wie selbiger in Gestalt eines Pan, gleich dem zu Ariadne geführten Dionysos, von der Fackel des Ilimeros zu der schlummernden An- tiope sich hinleuchten lässt. Indem Hr. P. die Viscon- tische Deutung gegen die Bedenken, dass schriftliche Zeug- nisse nur von einem Satyr sjjrechen, durch gewichtige Gründe zu stützen suchte, kam auch ein gleichfalls über- sehener und unedirter Ony\-Cammee des Brittischen Mu- seums in beigebrachtem Abdruck ihm zu statten, auf welchem Zeus als Satyr, in Kopf und Gestalt dem Herrn des Olymp nicht unlihnlich, der fliehenden Antiope sich zu bemächtigen strebt. Hr. Gerhard nahm Anlass, mit Vorlage einiger nächstens in der Archäologischen Zeitung erscheinenden Denkmäler über bildliche Darstel- lungen der Persischen Artemis [Deukm. u. F. Taf LXIflF.] und der als geflügelter Bändiger reissender Thiere ihr ähnlich gebildeten männlichen Göttergestalt [ebd. LXR^ zu sprechen, die ein merkwürdiges Thonrelief des hiesigen Köuigl. Museums, bald auf]\Iithras und Lunus, bald nel- leieht auch auf Zagreus zu deuten berechtigen könne. Neue Schriften der HH. Güttüiig, 0. Jahn, Vischer u. A., sowie das neueste Jahresheft der Trier'schen Gesellschaft filr nützliche Forschungen lagen zu dankbarer Ansicht vor.

II. Beilagen zum Jahresbericlit.

B. Uebcr die Fejervary'sche Sammlung.

Aus liriefliclier Mittheilung an den Herausgeber.

Die Fejervary'sche Antikensamnilung, welche beinahe unversehrt cüe Stürme der letzten Zeit ül)erdauerte, (blos die Goldmünzen, worunter viele seltene Stücke aus dem Mittelalter und nur weniges Antike, wurden in Ofen von den Croaten geplündert, und eine Brouzeverzierung, von der eine Rejilik im Britt. Museum, Herakles den Hirsch fangend, in Gegenwart von Diana, ist abhanden gekommen)

ist seitdem in London angelangt, und wurde im Laufe des Jahres 1853 in den Rjiumen des hiesigen Archäolo- gischen Instituts (2ß Suff'olk Street P.all Mall) einen INIoiiat hindurch (Iffentlieh ausgestellt. Dr. Heiiszlmaiin, ein un- garischer iVnliipiar, hat dazu einen tüchtigen Catalog ge- liefert, den ich Ihnen anbei übersende '). Sie werden daraus

') Caliilogue of tbe colleclion of Ihc moniuncnls of art formcd by tbe latc Gabriel Fejcrvary, of Hunj;arv. KxliihileJ al Ibe Museum of Ibe .\rchaci)loi,'ical Iiislilule of Greal-Britaiii and IrelanJ. By Doclor /•;. Henszhiinnn. London I8J3. 42 8. gr. 8. Enibaltcnd I. ägyp- tische Altcrlbiimcr (no. 1-08); II. elruskiscbe (69 123; dar- unter no. 114 ein Spiegel, angeblich Menelaos und Idomeneus, Menle

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ersehen, wie reich diese Sumnihing an schünen Gemmen ist, die nebst den antiken EHenbeindenkmälern zu den bedeutendsten Antiken im Privatbesitze gehören. An schönen Vasen ist die Sammhuig arm, doch reich au Bronzen, ■niclitigen entweder in kuustgeschichthcher oder in mythologischer Hinsiclit. Hr. von Fejervary hatte volle dreissig Jahre hindurch alles aufgekauft, was an bedeu- tenden Antiken dieser Art in der österreichischen Mo- narchie zum Verkauf kam. Er hatte die erste Auswahl, als die Sammlungen der Grafen Lumberg, CoUiitto und des H. Sliiriner in Wien, des Grafen IVicztiij in Hedervari, des Baron von linideni [?] in Pest und des Hrn. Horntk in Frankfurt am Maiu verkauft wurden; RoUiii in Paris, Miyliarini und Biisca in Florenz, Ciipraiwsl in Rom, und der feine Kunstkenner Direetor Böhm in Wien kauften für seine Rechnung alle Bronzen und Gemmen, die sie für würdig erachteten, in diese gewJdilte Sammlung zu kommen.

Sie werden dem Catalog gemäss sehr leicht einige Unrichtigkeiten, die sich bei neulicher Berichterstattung in das römische Bullettino und von dort aus auch in Ihre Zeitschrift eingeschlichen haben, verbessern können. Die Spitzmaus mit der Inschrift JillUI JJM/iVÖii'iJ^ (Arch. Auz. 1851 S. 74) ist keine Elfenbeintessera, sondern ein gelber Chalcedon, und der Alünzstenijiel Berenices ist nicht viereckig, sondern cyliudrisch.

Dem Besitze Fejervary ist erst neuerdings die Gem- mensammlung zugewachsen, die ich hier in London ge- macht, und che daher im Cataloge noch nicht verzeichnet ist. Da die Frage der Künstlernamen noch immer nicht abgeschlossen ist, erlaube ich mir folgenden Beitrag zu deren Lösung zu liefern.

Die Sammlung Fejeriary cnthJdt jetzt zwölf Steine, die mit Namen bezeichnet sind, von denen sieben als Jichte Kihistlernamen zu betrachten sein dürften. Ein jMcicui- kopf mit T. Postumi (4(A) des Catalogs S. 27) und ein weiblicher Kojif (4(J-l S. 28) mit LoUiu Felix sind aus der Zeit des Verfalls und geben uns unzweifelhaft die Namen der Besitzer. Dasselbe ll-isst sich von dem schönen Camee no. ^54 mit ISiiriclii Eytijdd (sie) sagen, bei no. 18/, Tr'ium])h di:s Eros, h;itte Dr. llejiszlmann be- merken sollen, dass die Inschrift AUUmoii ein betrüge- rischer Zusatz des vorigen Jahrhunderts sei, obgleich die Buchstaben selbst das geübteste Auge leicht verführen könnten, der Name AlUonns ist aus dem das Allion ent- standen. — Viel wichtiger ist der Portraitkopf in Carneol no. 1G4 den Dr. Henszlmann nach Steinbüehels Verzeichniss der wichtigstin Gemmen, L. Cuvii Sulla nennt, der Name jSEAthUY ist vor dem Kopf mit sehr zarten kaum sichtbaren kleinen Buchstaben eingegraben. Steinbüchel nahm ihn ITir den Namen eines Steinschneiders, der in Silligs Raoul-Rochettes und Claracs Catalogen nicht vor- kömmt. Die Inschrift ist ;icht, doch bleibt es sonderbar, dass ein Steui, der weder seiner Materie, noch semer trockenen, charakteristischen, doch harten Arbeit nach zu den schönen gehört, mit dem Namen des Künstlers ge- ziert sein sollte.

und Tuinne genannt, zwischen Apoll und Mnierva darstellcud) ; III. (ieirimcn (orii'nlalisclie no. I"J4 l'i8, olruskisclie no. 149— KiS, erirtlnsche 169— 21Ü); IV. (jriecliisclie lii-un/,<:n (nu. 2]l—'iyi), rö- niisclic C2y.i i'iT). Dii^ Ti-incoücn sind unter no. 436 (mitten unter „Uapliacl Ware" 428, Nielli 4'2'J 41t.'), „Mediaeval monumcnts" no. 437 464 und VIII. „Oriental Monuments" no. 41);) 536) nur aligemein angegeben. Ifrn Selihiss machen IX. Kr/gerathe und X. vermischte römische Denkmäler (.")4 1—039 grösstentheils Erzfiguren); endlich Elfenhcinsachen (alter uiid neuer Kunst, worunter ausge- zeichnete Diptychen, nu. liil 69'.'). A. d. U.

Derselbe Name NEAPK02 kömmt vor auf einem blassen Amethyste meiner Sammlung, die jetzt mit der Fejervary'schen vereinigt ist, unter einem schönen griechi- schen bi-irtigen Portrait, mit zeus.-ihnlicheni Haupthaar, in dem ich die Züge Demetrhis des dritten von Syrien zu erkennen glaube. Dieser Stein ist bei weitem bedeutender als der früher erw.'ihnte, und dürfte zur Bereicherung des Künstlercatalogs dienen. «

Der Name AAE^EA war bisher blos durch den Stein des Berliner Museums bekannt, sonst bloss in der Verbindung mit Quintus und Aulus. Köhler erklJlrte ihn für durchaus falsch, bloss weil Alessundro Cesut'i einige seiner Arbeiten mit AAESANA und AylESANJpO^ zu bezeichnen pflegte. Er verwarf auf diesen Grund den Namen gänzlich. Nun befindet sich aber in der Fejer- vary'schen Sannulnng no. 189 ein Onyxcamce, einen Sce- drucheit mit einem Ruder vorstellend, mit dem erhoben geschnittenen Namen AAE^A. Die Ilölfte des Steines ist abgebrochen. Entweder ist der Stein ganz falsch, oder der Name des Künstlers hinlänglich begrihidet. Ich habe nicht den geringsten Zweifel über die Aechthcit des Steines, doch würde ich ihn gern der Untersuchung jedes Hyper- kritikers unterwerfen.

Unter den Gemmen, die Hr. Hertz uidängst ankaufte, befindet sich ein Löwe in kühner Verkürzung und der vertieften Inschrift AAEEA^

EnOEl (sie). Die Materie dieses schönen Intaglio ist ein durch Feuer getrüljter Sarder; ein Ihnen befreundeter an römischen Anschauungen erfahrener Kunstfreund, welcher den Stein genau untersuchte, hat keinen Zweifel an der Aechtheit der Gemme sowohl als der Inschrift. So wäre demnach der auch von Letromie bezweifelte Künstlername Ahxu, den tlieser Gelehrte wohl als den des Vaters von Aulus und Quintus, nicht aber als Künstler gelten Ijisst, voll- kommen gesichert durch zwei Monumente, welche jetzt b.ide in die Sammlung Fejervarj' gehören. Der ilritte Stein ist jener des Berliner Äluseums [vgl. oben S. 428].

Ein schöner feuriger Carneol meiner Samtuluug zeigt uns eiiu'u Herakles Nike))horos. Im Gegensatz zu dem Zeus Nikephoros, dem die Siegesgöttin mit dem Kranz entgegeuschwebt, sehen wir hier den Heros, die sich leicht auf seine Schultern stützende Göttin mit Mühe tragend : der Sieg ist ihm schwer geworden. Dieser schöne Stein ist mit dem Namen Aulus bezeichnet, doch zweifle ich nicht, dass dieser Name ein Zusatz des vorigen Jahrhun- <lerts sei, obgleich die vorzügliche Arbeit des Steines gegen keinen andern ztu'ücksteht.

Zu den schönsten Gemmen, die ich kenne, gehört der grossartige Kopf Jtnios, mit Diadem, Schleier und Scei)ter, im edlen Profile an die Münzen Metaponts erinnernd, der, in einen braunen feurigen Sard geschnitten, sich ebenfalls in meiner Sammlung befindet. Der Name AAOHOY unter dem Halse ist unzweifelhaft alt, ilie Buchstabi'ii sind klein, sehr rein und hart ausgefiUirt.

Einer s]);itern doch guten Epoche gehört ein feuriger Carneol an, auf dem die Büste Ju]nters mit Scepter und einem halben Adler abgebildet ist. Der Aiisth'uek ist weniger erhaben als in dem Phidiasideal, die Barthaare etwas rauh; hinter dem Kopfe sehen wir die Buchstaben YAyK^Y wie auf dem Pariser Stein dessell)en Künstlers. Sie sind so klein, dass sie dem ersten Blick leicht ent- gehen, doch tief und scharf eingeschnitten. .Vnf der Kopf- binde befindet sich ein andrer Name mit dicken und weniger schöneu Zügen eingegraben Hhl'l<l>.-i N'l'h^l, vielleiehl liueZnthtit des Mittelalters, doch ist es sonderbar

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(lieseil Namen auf einem un/.weifelliaften Biklc Jupiters zu finden.

Der wichtigste Stein der Fejervarisclieu Gennneii, die mit einem Namen bezeichnet sind, ist die Muse, die im Catalofje unter uo. 17'J besehriehen ist. Es ist ein «under- sehöner duul<eh'other Sard von intensivem Feuer. Der Name JlOVKOYl'IJOY ist meiner Ansielit nach zieht, denn es ist augenselieinlieli, dass der Künstler etwas mehr Raum auf der linken Seite Hess, um Platz iTir den Namen zu machen. Der St^ 1 dieses Kunstwerkes ist nicht jener des ]51aeasiseheu .\ugustus, oder des durch Winckehuann publicirten Deiiiosthenes. Er ist ganz jenem der Punia- towski'schen lo gleich, die Köhler für zu gut hält, als dass sie von Dioskurides geschuitlen sein könnte!

Da ich durchaus nicht verlangen kann, dass Sie auf einmal siclicn Steine mit Kidistlcnmiiicii, alle luiedirt, auf Treu und Glauben für ;ieht anuelniien, sende ich ihnen die Abdrücke von scehsen, n.'imlich JIOCKOYFUOY, JylWHOY, YAylOY, MH.^I'hO:^ und AuIEEA:^ FAlOni: ob der Name des sechsten JS HA FKOY den Künstler bedeute, Avage ich nicht zu entscheiden; es ist, wie erwl-ihnt, kein Stein erster Schönheit. Es würde mich freuen Ihre Ansicht über diese Steine zu kennen ').

Bei dieser Gelegenheit erlaulte ich mir noch folgende Notizen beizufTigen, die Sie vielleicht interessiren dürften.

Unter den neuen Erwerbungen des lirn. Hertz sah ich eine schöne Victoria in einer Biga, Intaglio in Sarder mit dem Monogranun g, das ich für Ennwnes um so leichter annehme, als auf Münzen von Svracus dasselbe Monogramm als Name des Münzgravenrs von Sillig, llaoul-Rochette und Welcker gedeutet wurde. Baron Monville in Paris kaufte diesen Stein vor wenigen Monaten.

Es ist bekannt, dass die Herzoglieh Mürlbnrnugh'schc Sammlung einige der schönsten Gemmen mit Künstler- namen besass. Ich gab mir alle Mühe diese Sammlung zu sehen, doch vergebens, sie ist nicht mehr in Blenheim. Mehrere meiner Bekannten versicherten mich wiederholt, dass der letzte Herzog sie unter der Hand verkauft hat. Zwei berühmte Steine dieser Sanniduug sind auch wirk- li<:h in neuerer Zeit im Cabinet des Herzogs von Blacas aufgetaucht: n.'imlich Hercules der Trtiil-er von AJM(x)N und der Hund Sirius von I'AIOC. Clarac nahm an, dass dies Copicen seien, da die Originale in der Alarl- horongh'sclien Sannnlung sich befinden müssen; er wusste nicht, dass der Herzog das Geld den Genuneu vorzog. Wohin der berühmte Camee Tryphons mit Psjehes luid Amors Ilochzeitsfeicr gelangte, konnte ich nicht erfahren.

Von den Privatsannnlungen Londons kenne ich bloss die des Juwelier liöticlcc genau, die mehrere bedeutende Terracotten, Gl.'iser, Pasten, Waffenstücke und Sehmuck ent- hült; nuTkwürdig ist auch ein Tltonrellej' mit Darstellung des Vuhuti in Umgebung von Mliieruu, Ceres, Merciir und Apollo [vgl. Areh. Anz. 1851 S. ll",t]. Ur. Mac noniild hat mehrere gute Gennnen, die er in Asien gesaiumelt; Lord Londeshoroiiijhhdt den hogenschiessenden nackten Barbaren, der lu London (jefunden wunU', und wahrsclu'inlich die be- deutendste lironzo ist, die in England ausgegraben wurde, vom Kunsthändler Chalfers [/] gekauft. Lord Cadoiian hat mehrere gute Bronzen gesanmu It, der Knnsth.ändler [•'urrer bietet einige schöne Vasen der ehemaligen Samndung Durands und das in Mainz gefundene Tiheriusschwert feil; bei dem

') Muss, ila ein sdiiiniriiliiges Ihtlicll mir aii< uiiiiiilli'lli.irt'r Kiii- siclit der ()rigiii;ile liermrui'li™ kuiin, liis auf Wcilrres vurlieliallen lilellien; aus gleicliem Uriind wird der jieelnie Kin.sender auch das olieii S. i'iS envälintc MissUauen hiesiger Kenner zu eiilsiinildigen ivisscQ. i'.. C,

Kunsthändler Forest kommen manchmal gute Bronzen und (iemmeii zum Vorschein. Ueberbaupt ist England unend- lich reii'h an kleinern Gegenst.änden antiken Ursprungs. Die vielen Ueisenden in Italien, (iriechenland und Klein- asien bringen häufig solche als Erinnerungen mit, ohne grössere Samnilungen zu bilden; die njichste Generation verkauft sie dann an die Kunsthändler und Juweliere. London. E. v. P.

C. Kumanisches Thongefäss.

Aus brieflicher Mittheilung an den Herausgeber.

,.J'ai vu ;i Korne chez Mr. Cumpann les prineiiiaux resultats des fonilles de Cumes, acijuis de S. A. 15. le comte de Svraense et d'autres jiarticnhers. Dans le nombre de ees objets il y a nn vase, (jui est uni(|ue au monde jiar la b(>aute de la fabrique, et par une circonstance, jiisipi'ici encore saus cxemple, (pii le rend le monuinent le |ilus precieux ])eut-etre de la cerami(|ue greei|ne venu jusqu'ii nous. C'est nn vase de tres grande proportiou, ;i trois anses, ii verui iioir, le plus flu et le plus brillant qui se puisse voir; il est onie ;i plusieurs hanteurs, de frises scnlptees en terre cuite et doriies; mais ce qui lui donne une valeur inestiinable, c'est une frise ile figures, de 4 .-i h pouces de haut, seulptee en basrelief, avec les tetes, les plcds et les jiKiijis dorees, et les habits peints de cou- Icnrs vives, bleues, rougcs, vertes, du jdus beau stvle grec qui se puisse iraaginer. Plusieurs tetes, dont la dornre s'est detaehee, laissent voir le modele, qui est aussi fin, anssi acheve, que celui du plus beau camee antiqiie. En resume, c'est ime men-eille, ;i laquelle je ne connais rien de com]iarable, et que Canijiana a payee ISCK) pUtstres. J'ai beaiicoup engage rheureux proprietaire de ce beau vase ;i en faire executer un ealque (pii serait colorie et dore, de nianÜTe a re])roduire aussi exactement que pos- sible, dans tous les details, le monument original, et 'a dis- tribuer le ealque entre les antiquaires de TEurope, et Mr. Campana m'a jjromis de le faire. Ce vase fut trouve dans un des tombeanx de Cumes, que les pavsans du lieu foiiil- laient en secret jioiir leur propre compte, ajires que le prince napolitain avait fait cesser les travaux.

Paris, 19. janvier 1854. Raoul-Rochette.

D. Das Mosaik zu Nennig bei Trier.

Aufgemuntert diu'ch das bereits im vorigen Jahr ent- deckte werthvolle IMosaik [Areh. Anz. t. J. S. 358, vgl. 429], hatte die Trier'sehe Gesellschaft ITir nützliche Forschungen neuerdings sich veranlasst gefunden, nach Erwerb der be- treffenden Grundstücke diese Ausgrabung fortzusetzen. Ueber den glänzenden Erfolg dieser ihrer Fürsorge äussert der neueste Jahresbericht dieser Gesellschaft (für 1853 S.51ff.) sich in der hien.ächst auszugsweise benutzten Weise.

„Vt'ir wiederholen, dass das Dorf Nenning in einem der aMiiiuthigsten Theile des Moselthales, sieben Stunden olierhalb Trier, dem geschichtlich bemerkenswerthen St.'idt- clien Remig gegenüber seit vorigem Jahr, das Mosaik aber innerlialb der JMauerreste eines grossen antiken Ge- machs, am südlichen Bande des Dorfes, auf einer sanft- ansteigenden Erderlu'ihuug, einige tausend Sehritte von dem Ufer des I'lusses entfernt, gelegen ist. Was wir iibiT die (»rosse, Schönheit und Comiiositiün des Mosaiks, seine Einthcilniig und seinen classischen Charakter sagten, ist durcli die diesjährigen Ausgrabungen nicht nur best.ä-

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tigt, sondern weit iibertroffen worden. Diese Ausgrabungen begonnen am 8. Mai d. J. und beendet am 14. baben den Innern Raum eines Praebtsaales freigelegt, der durch seinen Umfang, die Grüsse seines musivischen Fussbodens, vor AOem aller durch den Inhalt des letztern die scbünsteu derartigen Denkmale unsrer Gegend, die bewunderten Ge- mjleher der Villa zu Fliessem nicht ausgenonmien, weit hinter sich lässt.

Ein oblonger Raum, welcher von Osten nach Westen in seiner Länge fünfzig, in seiner Breite dreiunddreissig Fuss misst, hegt, ganz mit Mosaiken bedeckt, vor den Blicken des Be'schauers. In der Mitte des westlichen Theils erheben sich über die kostbare Fl/iche die Reste eines oktogonen Wasserbeckens, dessen Wiinfle mit weissem Marmor verldeidet sind. In der Glitte des östlichen Theils zeigt sich ein quadratisches Hau])tbild, im Durchmesser gletch "Toss mit dem Becken und symmetrisch mit ihm geordnet. Es stellt einen Gludiiitorcnkumpt' dar. Um beide herum legt sich ein Kreis von sielien .Medaillons in achteckigem Rahmen, mit Gruppen von Thieren uud Ftch- tern, deren Figuren durchschnittlich eine Grösse von 3_3'/. Fuss erreichen. Zwischen diese fügen sich sechs grossartige Rosetten, umschlossen von geometrischen, in Fonnen uud Ornamenten anmuthig wechselnden Feldern, und das Ganze umgiebt ein breiter geschmackvoller Fries in kräftigem Schwarz und Weiss.

Die Anordnung der Medaillons mit ihren Gruppen aber ist diese. Hat der Beschauer seinen Platz im Osten gewiihlt, so liegt links neben dem Wasserbecken das Medaillon eines Löwen mit seinem Wärter. Dieser, ein greiser Sclave, in kurzem weissem Kleide, hält einen dünnen Stab in seiner Linken, und legt seine Rechte vertraulich auf die Schulter des Thieres. Der Löwe aber im Begriff den Kojif eines Waldesufs zu zerreissen, wendet sich bei der Berührung seines "Wärters rasch und mit Gereiztheit um. Rechts von dem Becken zeigt sich das Medaillon eines Tigers, welcher gleichfalls einen wilden Esel viel- leicht auch: das Fidlen eines Rosses zu Boden drückt, mit grimmiger Freude seinen Kopf ri'ickw.'irts kehrend, während die Tatzen seiner Yorderfiisse ihr blutendes Opfer gefesselt halten. Vor dem Becken sieht man das IVle- daillon eines Bären, den drei Fechter mit Peitschen be- kämpfen, von denen er einen zu Boden geworfen hat, und auf dem er schon stehet. Die Fechter sind mit schmalen kurzen Schildchen bewaffnet; der zu Boden liegende deckt sieh damit Kopf und Hals; die beiden andern springen eilig herzu, um den tödtliehen Biss des Bären durch ihre Peitschenhiebe abzuwenden. Das IMedaillon hinter dem Becken ist leider zerstört nicht durch die jetzigen Aus- grabungen — nicht in den letzten Jahrhunderten son- dern, wie mehrere Umstämde andeuten, schon ehe das Gebäude durch Brand vernichtet ward.

Nun folgt östlich das grosse Medaillon der Gladia- loren. Es stellt deren zwei dar mit einem Kampforchier in der Mitte. Dieser, ein Römer, eine edle Gestalt, in die weisse gegürtete Toga gehüllt, hält einen leichten Stab in seiner linken Hand, mit seiner rechten ein Zeichen ertheilend. Die Gladiatoren, charakteristisch nach Gestalt und Ausdruck, jedoch in schöner Weise, als Nichtrömer anfgefasst, sind beide nackt. Nur ein Lendentuch, das fest anliegt, liekleidet ihre Hüften. Sie sind eben hart aufeinander eingedrungen, und der Kampfordner scheint sie zur Beachtung der Kaiiipfgesetze zu ermahnen. Der Eine, mit Helm und .Schild, und walirsclieinlich mit der bleiernen Kugel der massa plumbea bewaffnet (ein Schwert ist wenigstens nicht sichtbar), bat den rechten

Arm und linken Fuss durch eine Schiene geschützt; der Andere, der Körperbilduug nach ein Germune, hält, ohne Schild und Kopfbedeckung blos den linken Arm damit verhüllt, eine Lanze mit ch-ei kurzen Spitzen Tridens und einen Dolch in seinen Händen. Slit der ersten sucht er den Schild das scutum seines Gegners zu ent- fernen, den Dolch bereit haltend, ihm die Wunde beizu- bringen. Beide sind geschmückt durch Stickerei oder farbige Steine, mit denen Lendentuch und Gihtel, sowie die Fussbekleidungen bedeckt sind. Um diese Gruppe herum legen sich nun die noch übrigen drei Äledaillons mit Kämpferscenen. Auf der einen Seite steht ein Fech- ter, der so eben einen Panther überwunden hat. Das Thier sitzt verwundet zu seinen Füssen, den Speer in seinem blutenden Rücken, bemüht ihn herauszuziehen, deshalb seinen Kopf umwendend, in die Lanze beissend uud sie zerbrechend. Der Sieger aber tr;igt einen Stab, oder eine zweite leichte Lanze mit gesenkter Spitze in seiner Lüiken, und hebt die Rechte, wie gegen die Zu- schauer des Amphitheaters, mit freudigem Blick empor. Die einfache, starre Undiüllung seines linken Anns ist sehr eigenthümlich; sie scheint von Leder und aufge- polstert zu sein. Auf der andern Seite sieht man zwei jun<jc Fechler, die einander meiir zu necken als tödtlich zu verwunden bestinunt sind. Ihre Stellungen, ilire Jlienen und Geberden scheinen die Zuschauer belustigen zu sollen. Ihre Rechte ist mit Stock und Peitsche ausgerüstet: mit der Linken decken sie sich das Angesicht durch eine kurze Aliwehrstange, die am äussern Ende eine kleine Krümmung mit einem Knopfe zeigt; ihr linker Arm aber wird durch eine neue Art von Schildchen, die cylinder- firmig den Arm umgeben, gegen jeden heftigen Schlag des Gegners sicher gestellt. Diese Fechter, so wie die Kämpfer mit dem Panther und dem B.ären sind bis auf den Unterännel ganz, und mit eng anliegendem Gewand bekleidet. Den Schluss macht das Medaillon der JMusik. Auf einem polygonen Untersatze steht ein Instrument aus vielen Rühren zusammengesetzt, eine Orgel von sieben und zwanzig Pfeifen; hinter dieser eine jugendliche Ge- stalt; neljen ihr e;n Mann mit einem, in weitem Kreis gebognen, dünnen Hörn (bucina). Beide sind weiss ge- kleidet und scheinen bereit, auf ein erwartetes Zeichen mit ihren Instrumenten einzufaOen ').

Die eiidieitliche Iilee dieser Gruppen betreffend, so sind che \erschiedenen Kampfsj)iele, welche der Römer so leidenschaftlich liebte, in unserm Mosaik offenbar neben- einander gestellt: der Kamjif von Thieren mit Thieren, von Fechtern mit Thieren, von Fechtern untereinander verljunden mit der die Spiele beginnenden und be- gleitenden Musik und der sie endenden remissio ferarum. Für die Andeutung dieser remissio post pugnam möchten

') „Die Orgel ist im Ganze» derjenigen sehr ähnlich, welche sich auf einer Münze [mit dem ßildniss] Trajans befindet, die im hiinigl. Miinzkabinet zu Berlin aufbewahrt wird. Die auf dem Nen- niger Mosaik dargestellte Orgel ist etwas vollkommner als die des Abdrucks indem sie ausser dem Fussgestelle, der Lade und den (Irgelpfeifen (laleiniseli basis, arca und organa) auch nuch zwei, rechts und links an der Lade angcljrachte, nach .\ussen vurstehende, cylinderfürmige Behalter, welche Üiichscn ahnlich sind, zu unserer Anschauung bringt. Von dem Boden dieser Biicbscn lauft quer nach der Basis hin eine eiserne Stange, und so möchten sie die modioli für die fuiiduli ambulantes des Vilruvs, die hulbciinibren für die auf- und niedergehenden Boden sein, durch welche vermittelst eiserner Stangen uiul Hebel anconcs und vecles die Lade und ihre Ivanale mit Wind angefiillt wurden. Vergl. Vitruv. \. X. c. XllL hydraulica; und eine Abbildung davon in Newton Iransl. of Vitruv. vol. II. lig. LXX.WIII."

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wir niimlich das Medaillon des Löwen mit seinem W/irtcr erkl;ircn. Es kann wenigstens nielit liestritten werden, dass der Löwe im Zustand grosser Anfgeregtiieit darge- stellt ist, und dass sein Wiirter, der hinter ihm sehreitet, ihn an der Schulter fasst, als wenn er ihn aidialten und zu einem Ziele iTdiren wollte.

Hhisichtlich sonstiger Einzelheiten ist zu bemerken, dass die Costüme, Matten und Kampfweiseu in unsern Fechterscenen grüsstentheils selir eigenthi'nnlich sind ; dass sie namentlieh mit denen, welche die herülnnten Reliefs des Grabmals des Scaurus zu Pompeji (Mazois I, oOft'.), mid das grosse WandgemJilde in der Casa della Caccia daselbst (Zahn, III. Folge, Taf. V) enthalten, nur in Be- treff der Gladiatoren Aehnlichkeit, jedoch nicht Gleichheit haben, in Betreff der Bestiarii und Mimen aber sich von ihnen völlig unterscheiden."

E. Metrische Inschriften.

1. Auf dem römischen Forum ohnweit der Basilica Julia bereits im Jahr 18,51 gefunden ward ein anf Ai)olls heilkräftige Erscheinung bezüglicher Votivstein, der fol- gende metrische Dankiuschrift eines Uvginus nach der im BuUettino dell' lustitufo 1.SÖ3 p. 137 von P. ISlatrauga ge- gebenen Lesung cnth.'ilt.

^01 Ti'idi, avQiy.TÜ, ifi[tii]n6).f, jttlXtyt J«r/([ov,

ayvi loi-Ttjiiyiitiiv xtnguvt Nu'üidmy, äiöpov ''YyHiix; iT[n''^t]v, ov üfiyiiXn^i; anh rui^aov

uvTÜg «i'«[i] ry'i^l H >i'''-uo 7rpO(i7jfX[«](j[ttc]. riiiai y(t\_Q lox' iL'/](aaiv t/iotg uva/urdöv f'n/ffr?;?,

ovx omp, «X?.(i fuaovg ■tjfiuTOQ uftfi ÖQi'ifiovQ.

2. Auf einer aus Smyrna von dem dortigen russi- schen Consul Iwanoff nach St. Petersburg gesandten, mit dem Relief eines Knaben den ein Huiul begleitet, ver- sehenen Stele befindet sich folgende, zuerst von Hrn. «. Köhne in der Revue archeol. X p. 503ff. ])ubhcirte. dann ebd. X, öfiofl". von Hrn. J. P. Rossiynol berichtigte und erl.-iuterte Grabinschrift eines Tr^"i>hou.

ZijTiTt;, (11 napodTiu, Tt'g fj aTi'ih;, ri'g o Tv/ißog, rlg di] iv rfi nTr]}.i] fiyjuf rn'Tivy.Tug vnuQ/it;

v'itig T(jr(f(tirog lovvof^tä t' uvTog l/rni', rtnnitQit yci dtx' iTij d<jXi/(iv ßiorov aTadnvnitg. TovTO nor' Jii' ytyoru aiijXr,, rt'j^tßog, ll&og, tr/.Mv.

Im Stein wird V. 1 naijuduru, aTJjXlij , V. 2 arrp^a j; Hxiov und am Schluss vnuQytv , Vers 3 TUvrcftitTo- To? gelesen; weiterhin ffrui'/foff«?, rovDunuTl or, (TrfXX;;, zum Theil nnterlj rochen, indem die zwei letzten Zeilen auf beide Seiten dis Reliefs vertheilt sind. E. G.

III.

Museographisclies.

1. Neuestes aus Athen. In Athen hat man vor einigen Wochen einen interessanten Fund gethau. Es wurde ujimlich bei Gelegenheit eines Hausbaues zwischen dem Dio- nysostheater und dem Denkmal des Lysikrates, wie esscheint, die Basis eines Dreifnsses ausgegraben. Dieses Kunstwerk ist von pcutelischem Marmor, dreieckig mit stumjtfeu Kanten

und misst 129 Centigrad Höhe, 50 Breite an der Basis auf jeder der drei Seiten und 47 über der Basis. Der oberste Theil ist bescliJidigt. Auf einer der drei Seitenflächen sieht man in Rehef eine weibliche Figur njit Flügeln, Korymbos und einer Oenochoe in der rechten Hand. Ihr entgegen- gekehrt ist anf der zweiten Seite ein Mann, wie es scheint, mit einem Thyrsos in der Linken; in der Rechten hält er eine Oenochoe. Auf der dritten Fl.'iche sieht man eine weibliche geflügelte Figur mit Haarflechten, die auf die Brust herunterfallen, in der linken Hand hält sie einen Diskos. Alle 3 Figuren sind in langen Gewändern.

Unlängst hat man auch zu Eleusis zwischen der Akropohs und dem Meere 2 Statuen gefunden. Eine ist entschieden aus römischer Zeit. Selbst habe ich diese Bildseulen nicht gesehen und muss mich daher auf die blosse Notiz beschränken.

In der u.ächsten Woche wird das 34. Heft der 'E<fr^- l-iiQ^ig uQyjtioXoyixri erscheinen und ausser einer Reihe unedirter Insclu'iffen auch eine neue Publikation der Chronik von .Vthen enthalten, welche Pittakis besitzt und nach Ross's Vermuthung, verfälscht haben soll, siehe Allgemeine Älonatsschrift Juli 1853.

Athen, 27. Januar 1854. A. von Velsen.

2. Abaris, Laberis. Im Sommerprogramm der Universität Jena hat Ilr. Prof. Göttling die Inschrift einer Stele von der Akropolis in Athen herausgegeben, welche er so liest:

^!AßiQig &t(~)v BiQri\xiS'cl(t)v, und daraus folgert, dass Abaris der Skythe (? ^L4ßiQig= Z^ßdQig) im Gau Berenikid.ä als Gott verehrt worden sei. In einem flachen Relief in dem Fronton der Stele erkeimt er eine Glocke {i]ytTiiv, yuXxtTov) und hält die- selbe für ein Symbol von Orakeln.

Jene Stele ist seit lange gefunden und oft von mir gesehen worden. Ich halte sie für eine gewöhnliche Grab- stele, luid die Zeichnung im Fronton nicht für eine Glocke, sondern für einen Pileus. Von der Inschrift habe ich im Jahre 1838 eine Abschrift gcuonmien, welche so aussieht :

\ABEPIC eeCüN BEPNI.

Die drei Namen sind durch zwei Zwischenräume fast ^on der Breite eines Buchstaben getrennt. Der halbe Buch- stabe \ vor dem A war damals vollkommen deutlich. Ueberdics giebt meine Abschrift zwei Mal E neben den runden Formen 6 und C. Ich glaube sie lesen zu müssen:

AiißiQig Qiiov Begvi[xi'di;g. AußtQtg statt AdßtQiog, wie'liXXoJfc, ^torvaig u. s. w. (vgl. Franz, El. Ep. Gr. p. 248). Dadurch würden demi freilich der vergötterte Aliaris und die Glocke als Orakel- symbol hinfillig. Vielleicht verdient die Sache, dass der Hr. Herausgeber der Arch. Zeitung sich nochmals von

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einem der Gelehrten in Athen eine genaue Zeichnung der Stele mit ihrem Relief und der Inschrift erbitte '). Halle, Ende Milrz. L. Ross.

3. Zwei griechische Künstler. Beim Durch- bUittern meines Tagebuches aus Italien vom Jahre 1842 finde ich eine griechische Künstlerinschrift, die im C. I. zu fehlen und auch von Brinui, Geschiclite der griechischen Künstler I, übersehen worden zu sein scheint. Sie ist da- her vermuthlich noch unedirt. Im Lapidarium zu Modena ist njlmlich ein kleiner Torso einer geharnischten Figur (damals als no. XLII bezeichnet) mit einem Medusenhaupt auf der Brust, und auf dem Bauche der Inschrift:

EENfl . HE =■/>-«[•■] 5f-

NßNO . KA . vo)vo[,;-] x«[i

ZßrE . HE .^r.j.ff] ';?

ZnKP . ~0Y 2'.'jxp[«] TOI'

TTAPIC . E /T«p,[o<] i-

rroio . I 77o/u[r,.

Wir lernen hier also zwei neue Künstler von Faros kennen. Don Celestüio Cavedoni wird gewiss gerne über diese Inschrift weitere Auskunft geben'). Halle. L. Ross.

') Geschieht hiemit. A. d. fl.

4. VoTivHAND. Im Besitz des Lord Londesborough befindet sich eine etwa 6 Zoll lange Votivhand von Bronze, welche den bei Causseus Mus. Rom. VI, 11 14 und Caylus Recueil HI, 35 befindlichen Abbildungen entspricht. Daumen, Zeigefinger und Älittelfinger sind erhobeu und halten vereinigt ein Ey; die zwei übrigen Finger sind eingezogen. Das Handgelenk ist mit einer Schlange um- wunden und auf der umgekehrten Seite derselben Hand sind eine Schildkröte und eine Eidechse zu bemerken; auf der flachen Hand aber ein viereckter Gegenstand der unvollstiindig sein mag. Besonderen Werth giebt dieser Votivhand die innerhalb derselben lesbare hienächst fol- gende Inschrift:

ZOYPOPACeYHA

MENOCANeeH

K6NCABAZI

eAC^lTKOUCO

das heisst Zovnüfjdg tu^üfifvog uvid tixiv ^aßaU(o. Der Name des Weihenden könnte auch Zovyögng gelesen werden; bei ZovnÖQug denkt man leicht an Zoppos oder ZionvQUQ, wie auf einer megarischen Inschrift (C. I. gr. no. 1098) steht. Was auf die Ei-wJihnung des Sabazios folgt, widerstrebt unsem Erklärungsversuchen.

London. Sam. Birch.

•) Wird auch unsererseits darum gebeten. A. d. U.

IV. Neue Schriften.

Böclli (A.): Das babylonische LJhigenmaass an sich und im Verhiiltniss zu den andern vorzüglichsten IVIaassen und Gewichten des Alterthums. (Auszug aus dem Mo- natsbericht d. ks;l. Akad. d. Wiss., 20. Februar 18.54. Berlin). 36 S. 8. _ .

liraun (E.): Die Ruinen und Museen Roms. Für Reisende, Künstler und Alterthurasfreunde. Braunschweig 1854. XXXIH u. 8G0S. 8.^

Kf7jUioig «p/«/oXoj'ix^' etc. (DrXl. 34 (Mai bis Juli, no. 13G3-1578 ]>. 843—948). 14;^},". 4.

FcrrHCci (A. C): Lettera in difesa dei nuovi frammenti della disputa di Cicerone de Fato (von Cavedoni her- ausgegeben, in den Memorie di religione, Serie III, vol. XVI, Modena) IG S. 8.

Gcthard (E.): Griechische Mythologie. Erster Theil, die griechischen Gottheiten. Berhn 1854. XX n. 603 S. 8.

Jahn (A): Uober ein Vasenbild, welches eine Töjiferei vorstellt (Berichte der königl. s.'ichs. Gesellschaft 1854 S. 27 49) ; ül)er ein Vasenbild, welches Odvsseus und Iros vorstellt (ebd. S. 49—52), mit 2 Taf. 8.

Knapp (J. F.) : Römisches Denkmal des Odenwaldes, ins- besondere der Grafschaft Erbach und Herrschaft Breu- berg . . . Zweite verbesserte mit ZusJitzen von H. E. Soiha vermehrte Auflage. Darmstadt 1854. nebst 1 Karte und .59 Abbild, auf 8 Taf. 8.

Le Bas (Ph.) : Explication des ])lanches 84 et 85 du Tome IV de la Revue (I'eleus und Nerens; vgl. oben S. 312 f. 418, 40: in der Revue arch. X, p. 753-^759). 8.

Martin (H.): Examen d'un memoire posthume de Mr. Letromie et de ces denx (luestlons : 1. la circonference du globe terrestre avait eile ete mesuree exactement avant les temps liistoriques? 2. les erreurs ... de la geographie mathem. des anciens s'expüquent-elles par la diversite des Stades et des milles? (In der Revue archeol. X, p. 672ff. 720—74.3). 8.

Minutoli (J. Frlir. v.): Altes und Neues aus Spanien. I. II. Berlin 1854. 8. VIII, 303 und 240 S. 5 Taf (darin Th. II S. 153—220 das Herculesgrab in Tarragona).

Rossi (G. li. de): I fasti mnnicipali di Venosa restituti alla sincera lezione. Roma 1853. 42 S. 8 (Ans dem Giornale Arcadico, tomo CXXXIH).

Schönmnn (G. F.): De Pandora (Lectionskatalog. Grj'ph. 185.3). 31 S. De compositione theogoniae Hesiodeae (ebd. 1854). 26 S. 4.

Seidl (/. G.): Das altitalische Schwergeld im k. k. Münz- nnd Antikenkabinette zu Wien. (Aus den Sitzungslie- richteu der kais. Akademie d. Wiss. Band XI). Wien 1854. 97 S. 8.

Wnllf(G.): de ultima oracidornm aetate (Schulprogramin). Berlin 1854. 33 S. 4.

Herausgegeben von E. Gerluird.

Druck und Verlau; von G. Reimer,

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zeitung, Jahrgang Xll.

^164.

April 1854.

Wissenschaftliche Vereine (Berlin, arch.-iologische Gesellschaft). ]\Iuseographisches : das k. k. Antikenkabiuet zu Wien;

Brittisclies Museum.

I. Wissenschaftliche Vereine.

Berlin. In der Arch.-iologischen Gesellschaft vom 4. Aiiril d. J. gab Ilr. C'iirJiHS eine Beschreibung und kurze Erl.'iuterung des merkwürdigen metrologischen Mo- numents, welches vor Kurzem in Kleinasien zu Uschak, dem alten Trnjaniiiiolis, entdeckt worden ist. Hr. Panofha sprach, anknüiifend an die in der neuliehen Sitzung be- trachteten Zeichnungen des grossen zu Nennig unweit Trier gefundenen Mosailcs, über die darauf befindhehe Gruppe des von einem VorblJiser begleiteten jungen Orgel- s|)ielers und legte, hierauf bezüglich, den Abdruck eines in der kgl. Mihizsannnlung befindlichen spütrümischeu Con- torniaten vor, der als Rückseite eines Bildnisskopfes des Kaisers Trajan zwischen zwei chorknabenJihnlich beklei- deten Figuren eine gleiche Orgel zeigt, die ebenfalls zu den Clrcusspielen benutzt ward fS^gl. oben S. 436]. Un- berücksichtigt blieb bei dieser Münze bisher ein dreiecki- ges, in der Hand des Knaben links sichtbares, an Mauer- kelle oder Opfermesser, auch an einen Fächer erinnerndes Gei;ith, welches trotz des Stiels, womit es gehalten wird, natürlicher wohl auf die Meta des Circus sich bezieht. Zur Beurtheihmg eines andern Bildes desselben jMosaiks, einen Löwen darstellend, der einen Eselkopf verzehrt, legte Hr. Bartels aus seiner Gemmensammluug drei gleiche Darstellungen vor, von denen zwei noch durch eine Mond- sichel über dem Löwen sich auszeichnen. Hierauf be- richtete Hr. Paiiofka über eine griechische zweizeilige Inschrift auf einem Goldbl.-ittchen , das man im Munde eines Todtenkopfes mit vortrefflich erhaltenen Ziihnen, in einer irdenen Urne eingeschlossen, in Rom (bei den Aus- graljungen nah dem Grabmal der Scipionen) entdeckte. In Gegensatz mit der vom gelehrten Padre Secchi (Bidl. deir Inst, archeol. 1852 p. 151) gegebenen Bedeutung „eines vom Gott Sera]iis erbetenen Sieges über die Unschuld eines jungen M.'idchens in einer Felsgrotte", erkennt Hr. Pimofka nur die Empfehlung einer frühzeitig A'erblicheneu unter dem Grabstein Liegenden an den allmächtigen Schutz des Unterweltsgottes Serapis, den im Einklang mit seinen vier hier angerufenen Namen Münzen von Alexaudria durch sehlan- genumwundenen Fuss, worüber sein Kopf mit Modius sich befindet, uns kundgeben. Noch legte Hr. Punofka seine neueste Schrift: „Proben eines archjioloeischen Commeutars

zu Pausanias, mit 28 Bildwerken," vor, welche in zwei dem Zeus Areios und dem Zeus Lecheates gewidmeten Abschnitten über die Centralfigur der Giebelstatuen des Tempels in Olympia und des Parthenon eine neue Ansicht entwickelt, und dann auf Anlass des Eros von Praxiteles und Himeros von Skopas euie Monographie des Himeros enthält. Ilr. Bülllcher sprach über die athe- n.'iischcn Kau ep ho reu bei den saeralen Pompen und be- merkte, wie auffallend es sei, dass alle Neueren, welche sich über die grosse pauathenäisehe Agonalpompa ge- äussert hätten, Kanephoren bei dieser annähmen, ohner- achtet doch bei derselben deshalb keine mögUch wären, da sie keine sacrale Pompa gewesen sei und man keine Ileiligthümer geführt habe wie in der Pompa an den kleinen Panathenäen. Es finde sich daher seines Wissens auch keine Quelle, welche Kanephoren bei der grossen Panegj'ris bezeugte, sondern alle Meldungen -nnesen nur auf che kleineren Panathenäen ITir solche Opferträgerinnen hin. Hr. Gerhard sprach über den der Gesellschaff im Allgemeinen aus einer Mittheilung des Hrn. Dr. Brngsch vom 3. Februar 1852 bekannten Fund des vermeintlichen, aus roher Malerei eines dünnen Marmorsarges gefolgerten, Herkulesgrabes zu Tarragona. Dieser seltsame Fund, der auf die erste Versicherung seiner dem Diodor gem;iss abgebildeten und Sj)anlens Urgeschichte darstel- lenden Heraklee (doppelt seltsam da in den Abliildungen nun kaum ein einziges Herkulesbild imzweifelliaft vor- liegt!) nur als j)atriotische F.'ilschung erscheinen durfte, unterliegt einer neuen Beurtheilung, seit der königliche General-Consul in Spanien Hr. v. Minutoli (Altes und Neues aus Spanien, Berlin 1854. Th. II S. 153 ff.) den- selben einer ausführlichen Besclireibung gewürdigt und durch Zeugnisse seine Echtheit verbürgt hat; auch wird der von Seiten der Technik und Darstellung, zumal ohne Facsimilc's, zwar noch sehr haltlose Glaube an diese Echt- heit wesentlich erleichtert durch die von Hrn. v. M. in Uebereinstimmung mit den HII. Movers und Brugsclt über jenes Monument neu aufgestellte Ansicht, kraft deren es, weit entfernt dem mumisirten ägv-ptischen Herkules vor bald viertausend Jahren als Grabgehäuse (laut Hrn. Uernandez) gedient zu haben, vielmehr für ein im gno-

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stischea Sinn angefertigtes Denkmal der spätesten Kaiser- zeit zu gelten hat. Yiellcicht gelingt es, diese Zeitbestim- mung bis auf maurisclie Zeiten dos spanischen Mittelalters herabzuriicken und dann Aualogieeu zu finden, wie sie fiir so styllose, unverkniipfte, hie und da schaubiihnen- miissige Bilder (man vergl. das vermeintliche Paradebett des Herkules!) aus höherem Alterthum nicht zu Gebote stehen, guostische Remmiscenzen aber, denen auch die

Schriftmischung entspricht, bei mittelalterlicher Zeitbestim- mung immerhin zuljissig machen könnten. Ausserdem ward von neu angelangten Schriften der Uli. Beule, Ferrucci, Kvgler, Ovcrhcck, PUtakis, G. B. de Rossi, Schümann, A. ScMnhorn, SeiiU, Visclier irnd G. Wolff dankbar Kemit- niss genommen; das genauere Verzeichniss derselben wird üblicherweise vermittelst der Archäologischen Zeitung er- folgen [oben S.423f. 439 f.].

II. M u s e 0 g r a p li i s c Ii e s.

1. Das k. k. Anlikenkabinet zu Wien.

Bei meinem Aufenthalt in Wien im Herbst 1852 ver- säumte ich nicht die Antikensammlungen wiederholt zu be- suchen und benutzte namentlich die Freiheit, welche mir die Liberahtät des Directors, Hrn. Regiermigsrathes Joseph Ameth, in der Untersuchung der Vasensanimlung gestattete, zu manchen Aufzeichnungen, welche ich bekannt mache, da diese treuliche Sammlung nicht so gewürdigt zu sein scheint, als sie es verdient. Ihr Reichthum besteht aller- dings nur in unteritalischen Vasen, aber die Zahl, Schön- heit und Bedeutung derselben ist keineswegs gering. Den wesentlichen Bestandtheil derselben macht die Sammlung des Grafen Lamberg, und die des Hrn. Rainer, Privat- secretärs der Königin Caroline von Neapel aus ; beide sind in Neapel gebildet. Indessen sind nicht alle Vasen, welche Graf Lamberg besass, in die kaiserliche Sammlung über- gegangen mid man ist nicht berechtigt vorauszusetzen, dass alle in Laborde's collection de vases grecs de Mr. le comte de Lamberg (Paris 1813—24) abgebildeten Vasen im k. k. Antikcnkabinet zu Wien sich jetzt befinden. Manche der jetzt dort befindlichen Vasen hatte Tischbein in Neapel gezeichnet und für den fünften, nicht publicirten Band seiner Vasenbilder gestochen. Ich habe überall diese und die mir sonst bekannten Abblldimgen von Wiener Vasen angegeben, da es an einer Uebersicht der Art fehlte. Uebrigens habe ich das Verzeichniss von Ameth, zweite Auflage, Wien 1854 vorausgesetzt. Kasten II. 1. B. 8. Laborde I, 54. 10. Laborde I, 54.

C. 12. Laborde H, p. 31 Vign. 9 vgl. Taf 23. 13. Labordell, 20. 14. Laborde II, 22. 15. Laborde II, 13. 16. Laborde II, 21. 19. Schale (schwarze Fig.). A. Unter einem Rebstock in der Mitte steht ein Tisch, auf dem Kügelchcn sichtbar sind, zu jeder Seite knieet ein Krieger im Helm und Mantel, der eine rechts mit ausgestreckter Linken, der andere links mit erhobener Rechten; in der anderen Hand halten beide eine Lanze hoch. Hinter jedem steht eine ganz bekleidete Frau, welche beide Arme ausstreckt; rechts geht ein Mann im Mantel und mit Stiefeln ab. B. Dieselbe Sceue.

I. Ein schreitender Satyr mit Pferdeschwanz. Rohe Zeichnung.

D. 22. 23. schwarze Figuren. 24. Laborde H, 14. 28. Schale (rothe Figuren). Eros sehwebend über vier Frauen. Flüchtige Zeichnung. 30. Laborde I, 86. Die Farben sind nicht ganz entsprechend. Das Gewand ist braunrotli, aucli das Gelb, welches auf das Weiss aufge- setzt ist, ist nicht röthlich.

2. A. 47 (schwarze Fig.). Herakles drückt den Stier von vorne nieder imd setzt ihm das linke Knie auf den Nacken; hinter ihm eine weibliche Figur.

B. 49. Lekythos (schwarze Fig. auf hell gelbem Grund). Ein langgeschwänzter ith^-phaUischer SatjT schlägt laut rufend mit beiden Händen einen schreienden ithyphalli- schen Esel in die Weichen, unter demselben liegt eine grosse Amphora; auf der anderen Seite läuft ein Esel fort. Im Felde Weinreben imd einzelne Buchstaben.

C. 50. Schale (rothe Fig.). A. Zwei bärtige Männer auf einer Kline mit Kissen gelagert, im Gcs|)räch; der eine hält eine Schale. B. Ein Jüngling und ein bär- tiger Mann auf einer Kline gelagert, im Gespräch. /. Ein Jüngling und ein Alädchen unter einem weiten Ge- wände (ft(üg vno /Ini'vijg Soph. Trach. 53G. Theoer. XVIH, 18) auf eine Kline zusammen gelagert, durchaus züchtig. 53. Schale (rothe Fig.). A. und B. Ein Jüngling und ein M;idchen mit einer Schale in den H;hideu auf einer Kline gelagert. I. Ein Jihigling und ein Mädchen unter einem weiten Gewände auf einer Kline zusammen gelagert, wie 50 L 62. Laborde I, p. 83, Vign. 16.

D. 69. Mon. ined. d. inst. IV, 43. Wclcker ann. XIX, I). 294 ff. alte Denkm. IH, p. 353 ff. C7. Schale (rothe Fig.). A. und B. Mantelfiguren. I. Ein Mädchen im dorischen Chiton sitzt, indem sie die Rechte aufstützt und die Linke in die Höhe hebt. Vor ihr eine inib.ärtige Figur in phrj'gischer Mütze und Tracht (die enganliegen- den Beinkleider und Aermel sind gestreift, der darüber ge- gürtete Chiton mit Sternen gestickt) im Begriffe fortzu- gehen; sie sieht sich nach dem M.'idchen um, erhebt die Rechte, deren Finger zusammengenommen sind, und hält in der Linken eine Binde. [Alan könnte an Paris und OUwnc denken]. 71. Schale (rothe Fig.). A. und B. Mantelfiguren. /. Theseus, bis auf die flatternde Chlamys

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nackt, hat den nackten li.'irtigon Skiron Inn rler Sclmltcr und beim rechten Schenkel gepackt um ihn von seinem Felssitz herahzustüi'zen.

3. B. 87. Lahorde I, 77. 89. Labordc II, 17. 95. Laborde suppl. G. A. Ein nackter, noch fast knaben- liafter Jüngling reitet auf einem Schwan mit ausgebreite- ten Flügeln durch die Luft mid stützt seine Rechte auf dessen Rücken, indem er mit der vorgehaltenen Linken ein zusannnengeseldnngt-nes Band hält (gevi-iss keinen Trochos, wie Laborde meinte); daneben KAA05I. ß. Ein geflügelter Jüngling, mit einer Chlaniys über der linken Schulter und dem linken Arm, sclireitet init vorgestreckter Rechte vorwärts. Sehr feine und anmnthige Zeichnung. [Offenbar gehören beide Vorstellungen unmittelbar zusammen, was die Deutung erschwert. Man könnte sonst an Apollnn denken, der im Frülijahr auf einem Schwan von den Ilyjierboreern konnnt; allein die Gegen- wart des Eros wäre dann nicht erklärt. Diese Vorstellung gehört wohl einem weit ausgedehnten Kreise verwandter Darstellungen an, die noch nicht hinlänglicli aufgeklärt sind].

C. 98. Laborde II, 18. el. ceram. II, 98. ICK). Das Vasenbild mit schwarzen Figuren ist von sehr alterthüm- lichem Stil. 101. Laborde II, 102. 102. Lekythos (scliw. Figuren). HeriiMes mit dem Dreifuss, neben ihm Athene; Ajwllon fiisst den Dreifuss, hinter ihm eine be- kleidete Frau, Artemis; zwischen den Streitenden ein brennender Altar. fXgl. Welcker alte Denkm. III, p. 275 ff.].

105. Laborde II, 26. el. ceram. II, 5. 108. Laborde I, 87. 109. Laborde II, 26. el. ceram. U, 8.

D. 112. Lek3thos (schw. Fig.). Auf einem ^-ierspiui- nigen Wagen steht der Wagenlenker im langen weissen Chiton, neben ihm ein ganz gerüsteter Krieger, der mit seiner Lanze von oben herab auf einen Krieger mit Helm und Schild sticht, der zwischen die Pferde gesunken ist; von der anderen Seite eilt ein Krieger hinzu, der sich auch schon zwischen den Pferden befindet. Ein dritter Krieger, vollständig gerüstet, eilt im Sturmschritt auf eine zu Boden gesunkene Amazone zu, in enganliegender phrygischer Tracht und mit einer Mütze mit grossem Hörn ; sie sieht sich nach ihm um, neben ilir liegt eine Lanze. Ein vollständig gerüsteter Krieger (Sehiklzeichen; ein Delphin) stüsst von der anderen Seite mit der Lanze auf sie ein. 115. Schale (rothe Fig.). I. Ein Jüngling mit Stirnband, in der Chlamys, schreitet mit erhobener Rechten, in der Linken einen Kno- tenstoek; daneben UVZI]^. [Treffliche strenge Zeichnung].

118. Schale (rothe Figurcji). /. Ein lorbeerbekränzter sitzender Jüngling, unterwärts l)ekleidet, stützt mit der Linken einen Lorbecrstannn auf; in der vorgestreckten Rechten hält er einen Perlenkranz, ein Perlenband geht ihm ül)er die Brust. A'or ilim steht eine Frau im langen gestickten Gewand, mit Halsband und i)erlengeschmückter Haube; sie hält in der Linken eine grosse Kithar, in der Rechten das Plektron. [Tischbein. Schöner Stil].

E. 123. Amjjhora (schw. Fig. auf gelblichem Grund). Ein langgeschwänzter Satyr mit vorgestreckter Hand tan-

zend vor einem gravitätisch dasitzenden Greif, der die eine Pfote ausstreckt. 124. Krater (rothe Fig.). Ein Jüngling mit Chlamys, Hut, Stiefeln und Lanze verfolgt eine Jungfrau ; hinter ilim entflieht eine andere. 128. Sehale (rothe Fig.). /. Triskeles mit Palmetten zwischen jedem Schenkel. Aussen ein Ej)heukranz. Kasten HI.

1. A. 5. Hoher Lekythos mit Henkel (rothe Figur). A. Eine Amazone mit enganliegenden gestreiften Hosen und Aermeln, gesticktem Chiton und phrygischer Mütze, stützt den linken Fuss auf; sie hat die Linke aufs Knie gelegt, die Rechte in die Seite gestemmt und sieht auf- merksam in die Höhe. B. Ein ganz nackter Jüngling stützt mit der Linken eine Lanze hoch auf und streckt die Rechte wie im Gespräche aus. [Tlieseus, welcher mit Antiope, deren Liebe er gewonnen, die Uebergabe von Themiskjra verhandelt; vgl. Welcker alte Dkm. III, p. 350].

B. 11. Krater (rothe Fig.). Ein geflügelter Jüngling schwebt auf eine bärtige itliyphallische Herme zu.

C. 23. Krater (rothe Fig.). Ein Ephebe in der Chlamys auf einem mit zwei Böcken besjtannten Wagen, von denen der eine weiss, der andere roth ist. [Auf einem Sarco- phagrelief bei Raoul-Rochette mon. ined. 77, 2 fiihrt ein Knabe auf einem mit einem Schafbock bespannten Wagen]. 25. Laborde I, 2, 2.

2. A. 71. Laborde H, 17.

B. 83. Laborde H, Suppl. 5. [Sehr schön und ernst].

E. 125. Arch. Zeitung 1853 Taf. 57. Tischbein. 134. Guttus (rothe Fig.). Ein Jüngling, mit seinem ^Mantel bekleidet, steht vor einem Sessel und streckt den rechten Arm wie unterweisend aus, indem er seinen Hund ansieht, der munter und aufmerksam vor ihm steht. [\''gl. Ann. XXIV tav. T].

F. 143. Eme Frau (auf schwarzem Grund weiss ge- malt mit gelben Linien) stützt den Arm auf ein mit weisser Farbe gemaltes Wasserbecken. 157. Laborde II, 3. f\'gl. Welcker alte Denkm. IH, p. 330. 335].

3. A. 176 (rothe Fig.). A. Ein Komiker mit bjirtiger Maske, in Chiton und engen Hosen, einen Stab in der Hand, steht einer niaskirten Frau im langen Chiton und Sclileier gegenüber, welche die rechte Hand erhebt; zwischen ihnen eine Staude. B. Zwei Mantelfiguren.

B. 181. Zweihenklige Tasse (rothe Fig.). A. Zwei Ziegenböcke von beiden Seiten an einen Weidenstrauch anspringend. U. Ein Widder zvvisclien zwei Zweigen.

C. 196. Laborde I, 47.

4. C. 2G2. DreOienklige Amphora (schw. Fig.). Ein b;irtiger ithyphallischer SatjT kauert mit ausgespreizten Beinen, beide Arme auf die Brust gelegt, vor einem Vier- gespann, von dem nur die Vordertheile der Pferde sicht- bar sind, von denen er seinen Kopf abwendet. 265. Laborde II, 2. Zu berichtigen ist, dass der nackte Thyrsos- träger hinter Hermes Hörner an der Stirn hat, also Pun ist.

Kasten I\'. 1. B. 13. Laborde I, 30. Tischbein.

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C. 22. Labordel, 40.

D. 28. Am])hora (rothe Fig.). A. Ein Jüngling in der Clilamys, den Hut im Nacken, auf sprengendem Pferde, mit zwei Lanzen in der Linken, zückt mit der Rechten eine Lanze gegen eine mit erhobenen Armen fliehende Jungfrau. B. Ein Jüngling vor einem Mädchen (Man- telfiguren). — 29. Dreihcnklige Hydria (schw. Fig. auf gelbem Grund). Ein mit Helm, Harnisch, Schild imd Lanze gerüsteter Krieger knieend; eine verschleierte Frau setzt den Fuss auf einen Untersatz, auf welchem Uire Hydria steht. [Tydcus und Ismcne oder AclüUeus mid Pohjxena]. .34. Amphora (rothe Fig.). A. Ein Jüng- ling in der Chlamys, deren Zi|ifel er mit der Rechten fasst, während er in der Linken einen Halm hält, flieht vor emem bärtigen ^lann im Mantel, der in der Linken ein Scepter hält und die Rechte nach ihm ausstreckt [Gamj- medes und Zeus]*). B. Ein Jüngling in der Chlamys flieht mit ausgebreiteten Armen, indem er sich umsieht.

B. 46. Laborde I, p. XIV, Vign. 2. MUlingen auc. imed. mon. I, 9. el. cer. I, 6.

2. C. C2. Rhyton. Ein Ilundkojif; ein Frauenkopf.

D. 04. Amphora (rothe Fig.). A. AchiUcus hat die rechte Schiene angelegt und befestigt die linke; Thetis reicht ihm den Helm mit der Rechten imd hält in der Linken den Schild, ein nackter Jüngling hält die Lanze. B. Heralihs mit dem Löwen. Laborde I, 93. 67. Labordel, 41. Millingen anc. mied. mon. I, 7. 8. lil. cer. I. 5. Guigniaut rel. de l'ant. 131, 509. >lüUer D. a. K. I, 44, 208. Tischbein. 69. Laborde I. 8. Inghirami vasi iitt. 143. Overbeck her. Gall. 29, 6.

E. 72. Amphora (rothe Fig.). A. Dionysos, lang- bärtig, im feingefiiltelteu langen Chiton und Mantel, stützt mit der Linken ein Scepter auf und hält in der Rechten den Kantharos, inilem er nach rechts sieht. B. Ein bärtiger kahlköpfiger langgesehwänzter SatjT in Stiefeln schreitet lebhaft und laut rufend vorwärts ; er hält in der ausgestreckten Rechten eine Oenochoe, und trägt auf der linken Schulter eine Amjihora, an der KAAOX angeschrieben ist. Schöne Zeichnung. 74. Laborde H, 31. 32. 76. Laborde I, 1 1. Inghirami 370. el. cer. H, 79. Tischbein. [Vgl. ann. XXIV, ]>. 2f>2f]. 78. Laborde H, 37. el. cer. I, 98. Panofka iilKr Kuh'g Taf 3, 1 ]). 31. Die Inschrift lautet TIMONIAE^ (nicht TIZO-

NIAEL) KAAO^.

3. B. 94. Anij)hüra (schwarze Fig.). B. Eine bekleidete Bacchantin zwischen zwei ithyphallisehen Satyrn mit er- hobenen Händen.

C. 97. Laborde I, 82. el. cer. I, 5.5. Tischbein. 98. Amphora (rofiie Fig.). Ein kahlköpfiger Satyi' mit einem Rhyton in der Rechten, eiiU'm langen Stab in der

*) Unter (Ion Zeichnungen des k. k. Anlikenkabinets sah ich die einer in Girgcnli gefundenen Vase, auf nclelier ein Jüngling mit Chlamys und liindc auf der lieclilen einen Ilidiii einein iliin gegen- überstehenden Jüngling mit Chlamys und Uinde hinhält, «elther mit der Itcchtca einen Stab aufstützt.

Linken, steht neben einem Wagen, dessen Bespannung nicht sichtbar ist. Eine Bacchantin im Aermelehiton, mit Üeberwurf und Binde, in der erhobenen Rechten eine Fackel, in der Linken einen Thyrsos, steht ihm zugewandt. In derselben Richtung steht neben ihr Dionysos, langge- loekt und langbärtig, mit einer Ilauptbinde, langem Ciiiton und Üeberwurf; er h;ilt in der ausgestreckten Rechten einen Kantharos, in der Linken einen langen Stab. In derselben Richtung schreitet ein kahlköpfiger ithyphalli- scher Sat_\T die Dopjielflöte blasend. Tischbein. [Sehr schön]. ICiO. Laborde H, 24. Müller Denkm. a. K. I, 1, 7. Inghirami vasi fitt. 349. Guigniaut rel. de l'ant. 94,353. Overbeck her. Gall. 27, 1. arch. Zeitung 1848 Jj Taf. 13, 6. Die Inschrift KE^ANAPA ist gemalt, fl TPOIOI*IEPEA aber eingekratzt, ob unecht?

D. 105. Laborde I. p. 7 Vign. 5. el. cer. I, 74. 108. Rhyton. Ein Greifkopf. Oben Silen, sitzend hält dem knabenhaften Dionysos mit einer gestickten Chlamys um die Schenkel eine Traube hin.

E. 114. Laborde H, 34. 116. Laborde 1, 22. Inghirami gall. Omer.III, 114.

4. A. 120. Tischbein.

C. 140. A. Laborde I, 38. Wieseler Denkm. a. K. II, 49, 618. B. Drei Jünglinge im jNIantel stehend. 141. Rhyton. Ein Widderkopf. Oben ein Frauenko]jf in der Haube. 142. Laborde I, 81. el. cer. H, 95. 96. 143. Rh)ton. Ein Greifkopf. Oben eine sitzende Frau in der Haube, welche in der gesenkten Rechten einen kleinen Ball, in der erhobenen Linken eine Schüssel mit Frücliten und eine Binde trägt. Laborde I, 43. 144. Laborde I, 37.

D. 145. Aniphora (rothe Figuren). Ein Mädchen im dorischen Chiton sitzt mit einer Perlenschnur in der Hand, neben ihr eine Gans, über ihr die Leiter (xzft'c); vor ihr steht eine gleich bekleidete Frau und schlägt das Tympa- non. 146. Krater (rothe Fig.). Ein Jüngling sitzt auf j der luitergebreiteten Chlamys, auf seiner ausgestreckten ^ Rechten sitzt ein kleiner ^ogel; vor ihm steht eine Frau

im Aermelehiton und hält auf der ausgestreckten Rechten einen Kasten. 147. Amphora (rothe Fig.). A, Eros, schwebend mit einer Binde in der ausgestreckten Hand, unter ihm läuft ein Hase. B. Ein nackter Jüngling mit einer Kojifbinde, die Chlamys über dem ausgestreckten linken Arm, läuft mit vorgestreckter Rechten nach links hin, indem er nach rechts sieht. [A'gl. Raoul-Roehelte mon. ined. 44, 2]. 149. Laborde I, 92.

E. 157. A. Laborde I, 19. B. Ein Jüngling zwischen zwei Frauen, von denen die eine ein Ei, die andere eine Binde hält. 159. Amphora (rothe Fig.). Ein Jünghng auf seinen Stab gestützt hält eme Leier; vor ihm steht ein zweiter, die Linke im Älantel, die Rechte gesenkt. Laborde II, 36.

B. 171. Laborde II, Titchign. D. de Luynes etud. num. j). 82. el. cer. II, 116.

C. 189. Laborde I, 81. - 190. Laborde I, 36. -

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194. Odyssciis und Ins. O. Jahn, Berichte der sächs. Gesellscii. d. Wiss. 1854 Taf. 2. i).49ff. Tischhcui.

D. 201. Amphora. A. Ein Maulthier, welclics em tanzender Silcn \ivim Kopf fasst, hinter ihm ein zweiter mit einem Trinkhorn in der Rccliten, daneben schreitet eine Bacchantin mit aufgeliobener Hechten. B. Drei Manteltiguren. 203. Dreüienkligc Hydria (rothe Figu- ren). Eine nackte Frau mit einer Haube steht vor einem Wa.sserbecken auf hohem Fuss, in das sie beide H;inde taucht. liros mit einem Gewand in beiden Händen scliwebt auf sie zu.

E. 207. LabordeH, 29, 15.

Kasten V.

1. A. 2. Laborde I, 21. 4. Laborde I, 24.

C. 15. Ein schöner Satyrkopf mit gesträubtem Haar und Tliicrohren iil)er den vollkommen menschlichen das Gesicht ist weiss, das Haar inid die Tliierohrcn roth gemalt bildet den Körper des Gefässes. Am Halse ein nackter Jüngling mit vorgestreckten Armen laufend (rothe Fig.) ]6. Laborde I, 14. ann. XX tav. L.

D. 20. Krater (rothe Fig.) Eine Frau im durchsich- tigen Chiton und ]SIantel hält iu der Linken ein Tuch und zwei Speere aufgestützt, vor ihr steht ein ganz nackter knabenhafter Jüngling und hält ihr in der Linken eine dreihenkclige Hydria hin, in der gesenkten Rechten einen Ball. Hinter ihm steht eine ähnliche Frau, welche in der Linken eine Blume hält.

2. A. 34. Krater (rothe Figuren). Eine sitzende Frau im dorischen Chiton; neben ihr eine Hindin, die zu ihr aufschaut, oben eine Binde. Ein Jüngling in der Chlamys h.'ilt in der Linken einen ThjTSOS, iu der Rechten eine grosse Schüssel mit einem Deckel. 39. Am])hora (rothe Figuren). Em Jüngling sitzt auf der imtergebreiteten Chlamys, stützt mit der Rechten die Lanze auf mid hält in der gesenkten Linken einen spitzen Hut; vor ihm sitzt ein Hund und sieht ilim aufmerksam an.

B. 45. LabordeH, 29.

C. 53. Laborde I, 62.

D. 57. Krater (rothe Fig.). A. Ein Jüngling, nackt bis auf einen breiten Gürtel um den Leib und zwei kreuz- weis üljcr die Brust gelegte mit bullae verzierte Riemen, die iu der Mitte mit einer bulla geschmückt sind, mit einem spitzen Hut, der mit einem Rand imd einer Mond- sichel verziert ist, trägt mit der Lmken zwei Speere auf der Schulter und geht, in der gesenkten Rechten emen Speer haltend, vorsichtig vorwärts. A'or ihm steht ein nackter Jüngüng mit flatternder Chlamys, emem Helm mit Backenschiene, der in eine lange Spitze ausgeht, die Lanze mit der Rechten vorstreckend und mit vorgehal- tenem runden Schild. Tischbein. B. Zwei bekiänzte Jünglinge im Mantel.

S.A. 68. Laborde 1,75. 70. Laborde I, 27. Inghirami vasi fitt. 235. [O. Jahn ann. XMI p. 3(171^'.].

B. 79. Ami)hora (schw. Fig.). Ein Kjiabc im weissen Clütüu, auf einem Pferd reitend, dessen Zügel er anhält,

vor ihm ein nackter Manu, der sich umsieht und die Linke erhebt. Hinter dem Kjiaben ein Krieger im rothen Chiton, mit Helm und Schild, von dem eine grosse Schlange vor- springt, er hält (üe Hand, als zücke er ein Schwert; hinter ihm ein Mann im Mantel. lAchilleus und Troilos]. Sehr steif. Laborde 11, 10, 7.

C. 83. Laborde I, 32. 88. Laborde I, 90.

D. 94. Lekythos (schw. Fig.). Ein bärtiger Mami im Mantel, mit Scejiter, sitzend ; vor ilim ein fischleibiger Meerdämon, der sich nach ilini umsieht, dann eine Frau, die sieh ebenfalls umsieht.

E. 100. Laborde I, C7. 102. Laborde I, 73. 74.

4. A. IOC. Krater (rothe Figuren). In der Mitte eine Herme auf zwei Stufen, weiss gemalt, an derselben ein Kerykeion. An den Stufen sitzt links ein nackter Jüng- ling mit Hut auf der untergebreiteten Chlamys und hält in der Rechten eine Keule hoch. Auf ihn zu geht eine Frau im dorischen Chiton mit einem TjTnpanon in der Rechten; hinter ihr steht ein nackter Jüngling, der ver- wundert die Rechte erheljt. Auf der anderen Seite tanzt eine Frau im dorischen Chiton, indem sie das Trapanon schlägt, daneben steht ein bekränzter Jüngling in der Clilamys.

C. 119. Krater (rothe Figuren). Eine Jungfrau im dorischen Chiton, mit der Linken ihr Gewand anfassend, giesst mit der Rechten aus einer Kamie in die Sehale, welche ein bekränzter Jüngling im langen gestickten Chiton, über welchem ein Schwert hängt, ihr so hinhält, dass der Wein wegfliesst beide achten nicht d.irauf, iudein sie sich ansehen. Mit der Linken stützt er zwei Siieere auf, der Schild ist an seine Beine gelehnt; daneben KAAOZ. Von ihm abgewandt steht ein bäirtiger be- kr.'inzter ^Linn im Mantel, in der Rechten einen Stab, und streckt che Linke einem bekränzten Jüngling entgegen, der über einem ähnlichen gestickten Chiton eine Chlamys trägt. Der Hut hängt ihm im Nacken, er stützt einen Speer auf und scheint bedenklich zuzuhören; zwischen beiden KAAOZ. Oben ist ein Ball mit einem Kreuz und ein spitzer Hut aufgehängt. 122. Laborde I, 49. 125. Laborde I, 5.

D. 132. Krater (rothe Fig.). Eine sitzende Frau im durchsichtigen Aermelchiton, mit Halsband, einen ThjTSOs in der Linken, sieht sich links hin nach einem bärtigen, bekränzten SatjT um, der in der gesenkten Rechten eine Oenochoc h.ält, die Linke in die Weiche stemmt und im Abgehen auf sie sieht, ^'or ihr steht ein bekr.änzter geflügelter Jüngling, mit einer Perlenschnur um die Brust luid den rechten Schenkel, und hält ihr auf beiden Hän- den eine grosse viereckige Cista hin, auf der Aepfel liegen.

E. 139. Laborde H, 7. 141. Laborde L V- 67 Vign. 14.

5. A. 147. Laborde I, C4.

C. 159. Laborde I, j). 79 Vign. 15. IGO. Laborde L G5. Dubois introd. 22. Gerhard autike BUdwerke 17. Wieseler D. a. K. H, 4G, 585. Nach genauer Prüfung der

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Inschriften las ich AI NO NO H (der erste Buchstabe könnte allenfalls auch A sein), IMEPOE, KßMOE (^A und ß sind einander sehr äbulicli), OTTilPA, AIONYLOZ, AlflN, ^deWak (Zeitschrift f. Alterth. W'iss. 1839 p. 1219) vennuthete (das A ist lumiittclbar an der Fackel, von einem H hinter N ist vielleicht ein Strich neben dem Zweig sichtbar), IIPHNH, HAYOIN. Z.

163. Laborde I, 34. - 164. Laborde I, 20. 166. Laborde I, 25. 26. Ingliirami vasi fitt. 91—94. el. cer. m, 17. :Miiller D. a. K. II, 7, 84.

D. 171. Labordell, 4. 173. Laborde I, 7. Welcker Zeitschrift Taf. 3, 14.

E. 177. Laborde 11, 40, 24. 178. Laborde I, 52. Inghirami vasi fitt. 263. 180. Laborde I, p. 67, Yign. 13.

181. Labordell, 46.

6. A. 184. Laborde I, 85. 186. Laborde I, 78.

B. 189. Amphora (rothe Fig.). Auf einem von vorn gezeichneten Pferd sitzt em kahlköijfiger Reiter mit silenesker Physiognomie, der den Ko]if nach rechts wendet ; er trjlgt ein getüpfeltes "Wamms inid Stiefeln mid hiilt im linken Ann ein sehr breites grosses Sichelschwert geschultert. Sehr ungewöhnliche, auffallende Darstellung. 192. Amphora. A. Em ganz gerüsteter Krieger mit Helm, Harnisch, rundem Schild, stehend mit emgelegtcr Lanze.

B. Ein loses Pferd.

C. 199. Laborde I, 56. el. cer. H, 68. 205. La- borde I, 15. 210. Athene tr.-igt eine kleme Aegis, wie einen Halskragen. 212. Laborde H, 40.

E. 217. Amphora (schw. Fig.). Ein bärtiger Mami im eng anliegenden Chiton hat einen fost niedergesunke- nen Kentauren (mit vollständigem Pferdeleib) bei der Hechten gefasst, in welcher er einen riuiden Stein hiilt, und bedi-oht ihn mit der Keule. A'or dem Kentauren steht ein bärtiger Mami mit Sintzluit, in die Chlamys ge- wickelt, auf der anderen Seite eine Frau im langen Chiton mit einer Lanze. Sehr steif.

7. A. 223. Laborde I, 16. el. cer. II, 76 a. 224. La- borde n, 30. 31. 225. A. [Aclülhus und TroUos'] Laborde I, 18. B. Laborde I, 10.

B. 228. Amjjhora (rothe Fig.). Ein Jüngling in der Chlamys, mit einem Krückstab in der Rechten, einer tiefen Schale in der Linken, in tanzartiger Bewegung vor einem Jünglmg in der Chlamys, der die Leier spielt. 231. A. Nike mit einer Binde schreitend. B. Mantelfigur.

C. 239. Laborde II, 46, 39. 240. Arch. Zeitimg 1854 Taf. LXM. [Merope]. 242. Laborde I, 51.

8. A. 259. .\rch. Zeitung 1848 Taf. 20.

B. 271. Laborde I, 63. 272. Laborde I, 60.

C. 274. Laborde I, 28. 275. Laborde I, 23. Mil- Ungen peint. de vas. 51. arch. Zeit. 1845 Taf 35. Inghirami vasi fitt. 17. Müller D. a. K. I, 2, 10. Guigniaut rel. de Tant. 94, .354. Die viel besprochene lM!,chrift neben dem Begleiter des Herakles ist AOEilNI.

D. 282. Amphora (rothe Fig.). jbn Halse schöne

bacchische Procession. Dionysos, bärtig und bekränzt, in der Lmken den Thyrsos, in der Rechten den Kantharos, sieht nach rechts einer Bacchantin im langen gestickten Chiton mit Ueberwurf und Binde entgegen, welche in der Linken eine Fackel, in der Rechten eine Oenochoe hält. Von ihr abgewandt eilt ein epheubekränztcr Satyr, in der Linken den TIutsos, mit ausgestreckter Rechten im Sprung auf eine Bacchantin zu, welche über dem feingefiiltelten Chiton eine Nebris trägt, mit der Linken eine Fackel ab- wehrend ihm entgegenhält und die Rechte ausstreckt; zwischen ihnen ein Ejjheukranz. Von ihr abgewandt tritt ein epheubekränztcr Satyr mit vorgestreckten Händen be- scheidener einer Mainade entgegen, die einen Kranz im langen aufgelüsten Haar, mit einer Nebris über dem Chiton, in der Linken einen Thyrsos, die Rechte abwehrend einem jugendlichen Satyr entgegenstreckt, welcher die Doppel- flöte blasend, über dem linken Arm das Futteral, ihr ent- gegenl;iuft. 284. Amphora (rothe Figuren). Ein ithy- phallischer nackter Sat^T mit einer bärtigen Maske, mit ausgebreiteten Händen, in der Rechten em Tympanon, schreitet auf eine Bacchantin im langen Chiton zu, welche, in der Linken einen Eimer, in der Rechten eme grosse Sehlange, fortläuft. Vor ihr ein maskirter Satyr mit einem Schlauch auf der hnken Schulter.

Unter den vielen schönen und ausgezeichneten Bron- zen, an denen das Autikenkabinet so reich ist, hebe ich nur einige wenige hervor.

Ueber die schöne Figur des Schlafgottcs habe ich Ber. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. 1853 phil. bist. Cl. p. 142 gesprochen.

Sehr schön ist eine nackte Tänzerin, mit erhobenen Händen Becken schlagend, den Kopf zierhch wendend Die Extremitäten sind beiweitem nicht so schön, wie der übrige Körper. Ein kunstverst.'indiger Freund äusserte die Vernnithung, dass ein antiker Torso ergänzt und neu gegossen sein möchte.

PaUiis, mit einem Helm mit hohem Busch, die Aegis, welche ohne Gorgoneion ist, gleichmäissig über Brust und Rücken gelegt, setzt den linken Fuss vor, und streckt den linken Arm vor, indem sie die rechte Hand erhebt. Alter- thümlieh, aber nicht hart.

Pallas, der Dresdener entsprechend, mit silbernem Gorgoneion, den rechten Arm erhoben, der linke fehlt.

Spes, nach der gcwöluihchen Benennung, das Gewand mit der Linken aufiR'hmend, streckt die Rechte aus. Ein Sehleier ist über den Kopf gezogen, die Aermel des feinen llntergewandes reichen bis auf den Ellnbogen, das Ober- gewand ist mit einem Faltenbausch unter der linken Brust durchsrezosen. Der Faltenwurf ist alterthümlich behandelt, das Gesicht sehr fein und anmuthig.

Pun mit Widder-IIöruern und Ohren, langem Bart und dickem Bauch, schnalzt sehr trunken mit der Rechten und erhebt die Linke, die Bocksbeine sind unter dem Knie abgebrochen.

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£ros tanzcnil, mit einer s|)itzcn Amphora auf der rechten Schulter, die Linke gesenkt.

Odysseus im Chiton, mit spitzem Hut, ndiig stehend ; der rechte Ann ist eutblüsst, der Unke abgeI)rocheu.

Oihjssciis mit Cliiton und spitzem Hut, kuieend und aufwärts sehend; obgleich die Arme (wie die Beiue) zum Tlieil aligebrocheu sind, erkennt man, dass sie ausgestreckt waren. ()tlenl)ar hielt er in den lläuden den ]?echer, welchen er dem Kvklopeu darbot. Polyplwmos ist ebenfalls da, sitzend, in der Linken die Sehale, den rechten Arm zurückgezo- gen, die Hand an die Brust gelegt; er sieht nach unten. Er ist mit zwei Augen gebildet und trügt eine Binde um das Ilaujit.

Bemerkenswerth sind zwei Figuren emes morio. Der eine ist kahlköpfig, hat hinten und vom einen grossen Buckel, langen Phallus; er stellt das linke Bein vor und legt den linken Arm auf dasselbe, die Rechte ist geballt, als wolle er im Zank darauf los gehen. Sehr gut ist der Ausdruck der Malice in dem verzogeneu Gesicht und die polichinellartige Bewegung des Kür|)ers. Der zweite hat ebenfalls hinten und vorn einen Buckel ; er trägt mit der erhobenen Linken eine spitze Amphora auf der linken Schulter, in der gesenkten Rechten wold einen Krug, imd sieht sich um. Die Beine sind unter dem Knie abge- brochen.

Eine Ideiue Figur, auf den Händen stehend, die Fasse m die Höhe.

Nackte sitzende Frau, welche den rechten überge- legten Fuss reinigt. Allerliebste Figur.

Auch über die Marmorsculptureu beschränke ich mich auf wenige einzelne Bemci-kuugen, bei welchen mir die fünfte Auflage der Beschreibung von Arueth (Wien 1853) vorlag.

26. Die Statue ist eine Replik der häufig vorkom- menden Figur, fiir welche ich (arch. Aufs. p. 27 ff.) den Namen Annjmona vorgeschlagen habe. Rechts ist noch der Kopf des Delphins sichtbar, auf welchen sie die Rechte stützte, der linke Arm ist ins Gewand gehüllt. An<lcre AViederholuugeu , welche ich dort nicht angeführt habe, sind ein Torso in Athen (Scholl, arch. ]Mitth. I, |). 91), ferner Reynst sign. ic. 17; Cavaceppi racc. I, 22; Clarac mus. de sc. 599, 1312, wo statt des Delphins ein Palmeustück ergänzt ist.

42 u. 47 sind die von Welcker alte Denkm. H, p. 127 erwähnten ^larmordisci; sie sind hinten glatt und gehörten wohl ursprünglich zusammen. 42. Eine JMainade, welche in der Rechten eine Schlange hält, die sich um ihren Arm gewickelt hat, zu ihren Füssen ist die Schwinge und der Th}Tsos. 47. Ein Satyr, der die Cymbehi zusam- menschlägt, daneben ein Panther.

43. Reliefplatte. Ein hegender nackter Silen, mit ausgestrecktem rechtem Bein (das linke fehlt), hält in <ler Linken einen langen Stab, mit welchem er eüie Satyr- maske berührt, die auf einem Steine liegt.

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57. Kopf eines ältlichen Gladiators, der sich durch den Sehuurbart mid die sehr starke Halskette als eben Celten zu erkennen giebt.

101 d. ist pubhcirt und erläutert von Seidl über den Dolichenus-Cult. Taf. 1.

416. Viereckige Reliefplatte. Drei Masken, eine ko- misehe und zwei tragische, am Boden eme Schildkröten- leier, znr Seite ein Thyi-sus, Tynnpanum und Doppelflötc' zusammengebunden; Eros vor eiuem Pfeiler, auf dem die Schwinge mit Früchten steht, daneben ein Ilirtenstab.

128. Büste. Ein reizender weiblicher Kopf mit einem zusammengelegten Kopftuch (an der linken Seite restau- rirt), das bis über die Ohren geht, unter demselben kom- men lange Locken zum Vorschein, che aus dem Haar- widst über dem Nacken bervorgleiten. Der Kopf ist et^vas nach rechts geneigt, von sanftem Ausdi-uck mit emer eigenthihnhchen Mischung von Schelmerei und Schmachten, das sprechende Bild einer Zofe.

134. Der nach oben sehende Kopf des in seinen Mantel oder ein Laken gehüllten Knaben hat einen allerliebst impertinenten Ausdruck; die Keule ist unzweifelhaft alt.

137. Die Statue hat nur zwei Brüste. Auf der Binde befinden sich die ch-ei Chariten; eine weibliche und eine mänuliche Büste in einem Kreise; eine nackte Frau mit flatternden Peplos auf einem Seebock. Die Hände fehlen.

138. Diskoswerfer des MjTon, den von Welcker (alte Denkm. I, p. 417 ff.) angeführten Copieen hmzuzufügen. Der Kopf, der rechte Arm von der Schulter an und die linke ILuuI fehlen. Der rechte Fuss ist vorgesetzt und die linke Hand lag am rechten Knie, der rechte Arm war erhoben. Die luike Wade und der Fuss, in der bekann- ten Weise gebogen, sind nicht ganz losgearbeitet von dem daneben stehenden Tronk, an welchem Halteren aufge- hängt sind. Die Statue ist von mittelmässiger Arbeit und hie und da geflickt.

168. Die Abbildung in der gall. Giust. H, 140 ist ziemlich genau. Uebersehen ist, dass neben Athene eine Eule sitzt, imd dass die rechts neben ihr stehende Muse einen starken Stab in der Rechten hält. Die erste Muse von links hrdt in der Linken eine Rolle, die zweite hat in der Linken einen nicht mehr kennthcheu Gegenstand. Die Ergämzungen sind, soweit sie die Attribute angehen, sicher inchcirt. Die Arbeit ist gewöhnlich.

169. 170 ebenfalls aus der Sammlung Giustiniani her- riihrend, sind die Nebenseiten des Sarcophags, von welchem 168 die Hauptseite bUdete.

171. Sarcophagplatte mit sehr hohem Relief, von gewöhnlicher römischer Arbeit. Erste Scene (von links- her). A'wlcs, bilrtig, mit gegürtetem Aermelchiton, engen Hosen und Älantel, sitzt auf eiuem Sessel; er stützt mit der Linken ein langes Scepter auf und hält m der Rechten, die auf dem Schooss liegt, ein Schwert. Neben ilim steht ein bärtiger Manu mit einer phrygischeu Mütze. Beide

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sehen auf lason, der nackt Ijis auf die flatternde Chlamys zwischen zwei Stieren steht, die er beide ijeini Hom ge- fasst hat ; der eine ilira zur Linken b;iumt sich, der andere sinkt in die Knie. Ein nackter Jüngling mit der Chlamys über dem linken Arm steht lason zugekehrt und erhebt die Rechte, ein zweiter mit der Chlamys auf dem Rücken steht mit übergeschlagenen Beinen und stützt mit beiden IL'inden zwei Lanzen auf. Zweite Sceue. Medeia, im langen Chiton, der die linke Schulter frei llisst, mit einem im Bogen über das Haujit flatternden Peplos, das Haar hinten in einen Knoten gebunden, steht ruhig da, mdem sie das rechte Bein et^vas zurückstellt; der Unke Arm fehlt. Mit der Rechten fasst sie einen Zweig des Baumes vor ilir, um den die Schlange gewunden ist, welche bereits todt ist und das Haupt gegen lason zu senkt. Dieser stützt auf der anderen Seite des Baumes das rechte Knie auf einen Felsstein und erfasst mit der Rechten das \liess, das auf dem Baum liegt. Er ist unbiirtig, mit Helm, Panzer, Stiefeln und rundem Schild gerüstet. (Aus der Sammlung Hrn. Rainers).

197. Neben dein Genius steht eine geflochtene Cista, aus welcher die Schlange hervorsieht. Sacken Carnuntum p. f.

249. Miinnliche Gewandfigur, die Rechte im Gewand auf der Brust, üi der Linken ein Kerykeion und eine Rolle, welche aufgewickelt ist und die Inschrift sehen iJisst

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Kopf, Hals und die Beine unterhalb der Kniee abge- brochen. Daneben, zur Linken angeschmiegt eine Figur mit Affenkopf und dem jigyptischen Sonnendiscus auf demselben, hinter ihm eine Art Tronk. KAylytHAG fnr KalXlaq hat kein Bedenken; im zweiten Worte waren die letzten Buchstaben nicht ganz deutlich ; zuletzt ist zu ergän- zen tn ayu&w, eine gewöhnliche Formel bei Proskjaiemen und Anathemen (C. L Gr. 4684a. b.c. 4839) in Aegypten, woher die Statue stammt.

101. Mosaik. Fünf Krieger, von denen der vorderste eine brennende Fackel schleudert, die drei folgenden sind mit Lanzen bewaffnet, der letzte in der Tracht der Bogen- schützen — ohne Zweifel der Kani])f bei den Schiffen.

119. Mosaik. Eine Jungfrau im violetten Unterge- wand mit kurzen Aernieln, grünem Obergewand und rothem Mantel, mit einem goldnen Armband am rechten Arm, hält in der gesenkten Linken eine Üenochoe, in der er- hobenen Rechten eine Schüssel mit emer grossen Heu- schrecke. Vor ihr ein Dreifuss, neben demselben auf der anderen Seite eine Jungfrau im grünen .-Irmellosen Chiton und gelben Mantel, in jeder Hand eine Flöte. Leipzig. Otto Janh.

2. Britlisches Museum.

In einer l)rieflichen ^littheilung des Ilni. Sam. Bircli werden als neuester, im Jahr 185,'} erfolgter, Zuwachs des brit tischen Museums die nächstfolgenden Gegen- stände uns genannt.

1. AcgiipÜsche aus Ijord Valentia's Versteigerung, darunter verschiedene Pajiyrusrollen und Skarabäen, eine Se])ulcralfigur Sethos des ersten, eine Büste der Königin Ta-sa-hesi. Eine Mumie und Theil eines Mumienkastens, von Dr. Granville.

2. Asiatische Gegenstände, von Hrn. Loftus ausge- graben bei Susa; darunter das Fragment eines Alabaster- gefässes mit den in dreifacher Keilschrift und auch in Hieroglyphen geschriebenen Namen des Xerxes. Ver- schiedene babylonische Cylhider ans Ilamadan.

;>. Bronzen. Spiegelkapsel des Hrn. Vints (Archaeo- logia XXXR'^, p. 272). Spiegel, worauf ein flötender Sat\T. Spiegel, worauf Helena und die Dioskuren, auf der Rückseite die bekannte efruskische Inschrift Siilhinu.

Römische Tessera mit inscliriftlicher Zueignung an die Augusti und das Volk (Arch. Anz. S. 384, 3). Römische Stempel mit den Namen C. Sfirrl (?). Vicuslanl. Sayellii?)

C.Anlonii. Severi L. Vulerll. EnuyaÖt. P. Gatileni. A})ulel. Sabhil. HcroilanL Severi. Augustonim. iiostrorum. dlspensatorls.

4. Tcrracolten. Amphorenhenkel von rhodischer und knidischer Fabrik, durch Hrn. Newton. Lampen und Terracotten aus Tarsus. Schöpfeimer von sogenanntem jihönicischem Styl. Etruskische ^'ase in Canopusform, beschrieben im Bull. d. Inst. 1843 p. 67. Römische Vasen aus Deutsehland, mit den Inschriften deple FeliT hlbe vivus vitu da vlnnm. Römisches aus Weissen ['], Geschenk des Generals Freiherrn von Miltitz.

5. Vermischtes. Römischer Sarkophag mit einem Einsatz aus Blei, gefunden zu London. Römisches Zinn- Ser-sice aus SufFolk. Acerra aus Knochen, früher be- schrieben im Arch. Anzeiger (oben S. 38.5, 7).

6. Inschriften. Eine derselben lautet wie folgt:

nozEiAinnoz

KAI AAKYß YHEP AYTßN E EPAni lEI.

(Das letzte Wort verschrieben flir ^fptinidi). Eine andre verstümmelte, angeblich aus dem Parthenon her- rührend, lautet

. . . CAC

. . . PCüMÄ . . A<\NN . . . . EEA0E . . . . KATC . . . . . HEIN . . THC . . . . NAT . .

Ausserdem das Piedestal des ('. Antonius aus Troas (oben S. 38.'), 8) und die Se])ulcralinschrift eines T. Vaierius Pudens Soldaten der zweiten Legion, gefunden zu Lincoln.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arcfiäolu<jischen '/iSitung, Jahryang XU.

J\^ ()5. 6(i.

Mai und Jmii 1854.

Wissenschaftliche Vereine (Berlin, archäologische Gesellschaft). Ausgrahungen : südrussische (Tanais), Fund eines Lara- riunis. ^ Griechische Inschriften aus Athen; aus Modena. Museograjihisches aus England.

I. Wissenschaftliche Vereine.

Berlin. In der Sitzung der areh.'iologischen Gesellschaft vom 2. Mai d. J. ward ein der Cauipana- schen Sainmhuig zu Rom angehöriges vorzügliches Mar- morwerk mit Rcliefdarstcllungen aus dem Sagenkreise der Xiobiden in einem zu Rom durch Emil Braun fiir ein Werk des Professor Stark zu Jena iilicr Niobc veran- stalteten sehr gelungenen photographischen Ahbilde durch geneigte JMittlu-ihnig des letztgedachten Gelehrten von Hrn. Gcrlutrd zur Kemitniss hiesiger Kunst- und Alter- thumsfrcunde gebracht. Grujipen, welche den berühmten statuarischen Bilihuigen jenes Sagenkreises ents])rechcn, sind auf jenem schönen Relief, dem vermuthlichen Nach- jjilde eines vormaligen Frieses, mit anderen vereinigt, welche durch ihre 'N'erkniipfung mit der Niobesagc über- raschen: so nanienflich die aus Gerhard'« etruskischem Sj)iegelbild als Dionysos in Seraelc's Armen bekannte, ein anderes Mal vielleicht in ganz ähnlicher Weise fiir Bacchus und Ariadne, ja für Orest und Elektra, laut dem ( 'ampana'schen Relief aber augenfillig auch für ein Bild schwesterlicher Pflege des Niol)idenkreises angewandte Grupjie. Diese letztere \vies Hr. Punofka auf Aier in Ab- drücken vorgelegten antiken Glaspasten zum Theil der hiesigen königl. Sammlung nach und deutete dieselben, welche bisher durch Verkennung ihres tragischen Motivs \erschiedene irrige ErklJirungeu zu leiden hatten, als Wiederholungen des sterbeuden Niobiden, aufrecht gehal- ten in den Armen der .'Uteren Schwester. I\Iehrere durch Geh. Ratli Gütlliitg zu Jena im vorigen Jahre zu Athen erworbene und von ihm dem UniversitJits-JIuseum zu Jena einverleibte altgriechische Vasenscherben hatte derselbe Hrn. Gerhard zu hiesiger Benutzung anvertraut, welcher demnaeli mehrere von dem Lithographen Jüne ausgeführte und einsichtig hergestellte Zeichnungen hatte veranstalten lassen. Es ergab sich hieraus unter anderen eine get;dlige Scene des Liebeszaubers, an Theokrit's zweite Idylle erinnernd; auch ward von Hrn. Panofku das hintere Bruchstück einer auf einem Löwen ausgestreckten Frauengestalt, seiner Ansicht und einer von ihm zum Ver- gleich vorgelc'gten Gennnenpaste der königl. Sanuidung gem.'iss, eher Cybele als Xemea darstellend, njiher er- örtert. — Hr. CuilUis Leriehtete nach Anleitung des

Beide'schen Werkes über die Ergebnisse der französischen Ausgrabungen in der Akropolis zu Athen, und knüpfte daran seine Vermuthiuigen über das Enneapylon und andere dortige topographische Punkte; aus Athen, angeb- lich vom Parthenon, stammt auch eine hieuächst vorge- wiesene, verstümmelte, räthseUiafte Inschrift; welche, von Hrn. li'trch zu London an Hrn. Gerhard mitgetheilt, im ,..\rch;iologischen Anzeiger" abgedruckt wird [oben S. 456]. ^'un Professor Leontiew zu Moskau war ein Bericht über die von demselben geleiteten Ausgrabungen zu Tanais im südlichen Russland an Hrn. Gerhard eingegangen, \\elcher denselben mitthcilte und im „.IrchJiologischen An- zeiger" [unten S. 4G1 ft".] veröffentlichen wird. 11t. Koner sjjrach über ein räthselhafies Relief zu Rheims, darstellend zwischen Merkur und Apollon eine anscheinend gehörnte Gottheit, welche Geld ausschüttet und hierdurch an Midas erinnert; Hr. Panofku, welchem dies Relief seit liinger zugleich mit daran geknüpften örtlichen GebrJiucheu be- kannt ist, stellte fernere Erl.'iuterungen desselben in Aus- sicht. — Auch legte Ilr. Koner eine zu Vanncs in der Bretagne erschienene Arbeit von A. Fouqiiet (Des nionu- niens celtiques et des ruines romaines dans le Morbihan) als musterhaft im Sinne monumentaler Chartogra])hie vor, wie solche seit dem Bestehen des arch.-iologischen Instituts zu Ermöglichuug eines dereinstigen Atlas archäologischer Funde oftmals empfohlen, aber nur in sehr wenigen Ein- zelforschungen verwirklicht worden ist.

Von sonstigen Vorlagen war die von Hrn. v. Thicrsch zu ISIünchen an Hrn. Gerhard gesandte Alifornunig des im dortigen königl. Antiquarium aufbewahrten Silber- Bechers mit homerischen Darstellungen (des Achilleischen Todtenopfers ITir Patroklos und des bei Achill flehenden Priamos) willkommen. Anziehend durch Anlass und inneren Werth waren demnächst mehrere, der am 21. April zu Rom gefeierten 25jährigen Dauer des archäologischen Instituts gewidmete oder damit zusammentreffende Vor- lagen : ausser Hrn. Gerhards zu diesem Tage datirter „Griechischer Mythologie" (Bd. 1, Berlin bei G. Reimer) und dem fast gleichzeitig hier eingetroffenen neuen Werk Emil /»niiui's über die „Ruinen und Museen Roms" (Brauu- selnveig, liei Vieweg), hauptsilehlieh das von den IIH. Uruun

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und Henzen zu Rom verüffentlichte, mit photographischcni Abbild des Partheuonfiiescs und einer wichtigen venafra- nischen Inschrift samnit betreffenden ErkL-irungen ausge- stattete, Festiirogramm*). Ein Abguss der vom Bild- hauer Hrn. Danhberg ausgeführten sehr gefiilligcn kleinen Statue einer Saitenspielerin war von demselben der Ge- sellschaft überreicht worden und fiel durch Verloosung einem ihrer Mitglieder anheim. Ausserdem waren neue Schriften der HH. 0. Jahn, Mincrvini und ein Bericht des Hrn. C. Leemans über den neuesten Zuwachs des Museums zu Leiden eingegangen.

In der Sitzung vom ,30. Mai sprach Hr. Panofhu über den in den Werken der Götterlehre wie in denen alter Kunst bisher zu wenig berücksichtigten Tithonos, dessen Mythos er durch Abdrücke und Zeichnungen meist unecUrter Bildwerke der verschiedensten Kunstgattungen und Fundorte (worunter auch ein Terracotten-Rclief aus Tarsos im Besitz des Hrn. Barker) mit dem Bemerken erlJiuterte, dass darin theils die Liebe der Eos zum schlummernden, rosenbekrjlnzten Jüngling, theils ihre Jagd nach dem mit Speeren, Helm und Keule gerüsteten Morgenjiiger, oder nach demselben vom Lichtgott Apoll kaum unterscheid- baren Liebling mit Lyra, dargestellt sei, theils auch zu- weilen der biirtige, allm.-ihlich altgewordene und zusammen- geschrumpfte Tithonos in den Armen derselben Göttin wie ein Kind getragen erscheine ; wie denn endlich auch seine Verwandlung in eine Cikade auf einer Gemme des Thor- walilsenschen Museums, die einen Skelett-jdnilichen ^Vlten mit einer Cikade auf dem Rücken zeigt, uns unverkenn- bar entgegentritt. Mit Bezug auf den Besuch, welchen der ausgezeichnete und der Gesellschaft auch als Mit- gründer des archiiologischeu Instituts hochachtbare Kunst- kenner Herzog von Luynes aus Paris den Kunstsch.'itzen unserer Hauptstadt neulich abstattete, legte Hr. Paiwfku die Zeichnung einer in S. Maria di Capua ausgegrabeneu kleinen rothfigurigen Amphora seines eigenen Besitzes, von feiner Ausführung vor, die bereits vor mehreren Jahren der Gesellschaft im Original zu njiherer Prüfung darge- boten und auf den Streit des Herakles mit zwei anderen idJiischen Daktylen gedeutet worden war; die richtigere ErklJirung wird nun dem Herzog von Lityncs verdankt, indem er mit treffendem Blick den Herakles in der Umgebung der beiden (hier nur nicht als Sat_\Tn gefass- ten) Kerkopen erkannte. Der eine dieser mnthwilligen Brüder hat dem Herakles so eben die Keule geraubt, luid es l.'isst sich demnach das bis jetzt uncntr.-ithsclte Bild als erster Akt der Melampygossage fassen. Noch gab Hr. I'unofha die in der vorigen Sitzung versprochene Er- klärung des merkwürdigen, in Frankreich bereits zwei Mal publicirten, aber nicht verstandenen, Basreliefs von Rheims. Es stellt die Ilaup tgot t hei ton der Stadt

*) Slrenna giiiliilare, offerta ai faulori (icll' Instituto di cnr- rispundcnza archculogica nell' occorrenza del iiatale di Ituma 1854, anniversario X.XV. dclla fondaziune dcll' Inslilutu: cunti'nonte l'Edillu Augusic« di Vcnafro et il frogio di'l Parleiiune rislauraln dal Henning, lioma. 2G S. in Folio, aebsl 2 |)bülograpbiscl)cn Platten.

Reml in einer Dreiheit vor, die uns andererseits auf Münzen derselben Stadt in drei nebeneinander gezeichne- ten Köpfen berühmter Männer von Remi (man denke au Horatier und Curiatier) schon früher entgegentrat. Die Dil Remi, in dem Sinne von Redesteher, Orakelgütter, lehrt dies Basrelief als Mercur (der als Agoraios zu Pharae ein für Geldstücke sprechendes Orakel hatte), als Apoll (dessen Cultus als Parrhasios in Arkadien dem des Apollo Renius m Rheims genau entspricht) und zwischen beiden auf einer Basis stehenden Göttern den Hauptgott Pannus (mit Pari, Fatuus zusammenhängend und daher ein un- zweifelhafter Remus) auf einer Kline liegend und den Segen des Getreides ausschüttend, kennen. Auf chesen Segen bezieht sich auch die Ratte im Giebel der Aedieula, während durch Stier und Hirsch, einander gegenüber zu den Füssen der Kline, die beiden Flüsse von Rheims, die Marne, Mama (Synonym von &nrQing Z4Q^g) und die Aisne, Airona (Springerin bald durch Ziege, bald durch Hirsch auf Münzen von Issa versinnbildet) wie so häufig auf Münzen durch die entsprechenden Thierbilder bezeichnet werden. Besonders merkwürdig und zu Gunsten der Identificiriuig des Remus mit Faunus von grossem Gewicht erschien aber die Vorlage eines Amulets aus Milchglas, einen ithyphallischen Faunus mit weib- lichen Brüsten vorstellend, welchen in auderm gleichna- migen Orte, in St. Remy (Ernaginum, später Arnagnine) in der Nähe von Aix noch heutzutage Mädchen und Frauen an der Fete de St. Remy sich kaufen, um mit Rücksicht auf erwünschten Segen das kleine Idol des gleichnamigen Heiligen an grünseidnen Bändchen au den Hals zu hän- gen. — Vom Hrn. Direktor F. Ranl;c wurden drei nach allem Anschein antike Erzfigürchen, die voraussefzlich römischen eines kämpfenden Herkules und eines weib- lichen Brustbildes imd eine nackte männliche mit ange- schlossenen Armen in alterthümlich ctruskischer Weise, zur Stelle gebracht, welche dem Vernehmen nach in Schlesien ausgegraben sein sollen. Diese Notiz, welche genauere Nachrichten über den betreffenden Fund w ünscheuswerth macht, [Aehnliches aus Schweidnitz gibt Kruse's Biidorgis S. llTff. Tf 1], rief den Wunsch hervor, die hie und da zumal in den Schriften deutscher Alterthums- und Geschichts- vereine zerstreuten Zeugnisse römischer Funde aus den von Römern vormals nicht beherrschten Gegenden des jetzigen Deutschlands einer Zusammenstellung und kriti- schen Prüfung unterworfen zu sehen ; ein Wunsch, der durch Levezow's Schrift über den in Berlins Nähe gefun- denen „Jupiter Imperator", neuerdings auch aus ]Mecklen- burg durch die von Lisch beschriebenen erheblichen Funde, hinlänglich begründet ist. Hr. Gerhard brachte die noch immer nur ungenügend erklärte Darstellung annniths- reicher, vom Schwan in die Lüfte erhobener Frauenge- stalten, zumal für das schöne kumanische, aus dem Pri- vatbesitz des Hrn. Grafen von Ingenheiin neulich ins königl. Museum üi)ergegangcne, Gefäss (Gerhard antike Bildwerke Taf XLIV) neu zur Sprache; nachdem bald

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Aplirodilc, iiairrntlicli die (Irlisclio (Panoflva Terracotten d. küiiigl. Mus. zu Taf. XA'. XVI), bald auoli ciiif Nviii]ihe, bekannten Miiiizcn von Kamarinn entsprecbend, (birin ver- muthct worden ist, schlug Ilr. C. Curthis vor, unter Hin- weisung auf spartanische Oerthclikeit, Nymphe und Mün- (bnigen des Fhisses Eurotas darin zu erkennen. Zwei neue liietlrungen (XLI. XLII.) von Hrn. Gerhard's im hiesigen G. Keiuier'schen Verlage erschienenen „Auser- lesenen Griechischen Vasenbildern" riefen Erörterungen über einzelne Seenen des darin veranschaulichten griechi- schen Jugendlebens hervor; .ausserdem ward von neu ein- gegangenen Schriften der Herren Cavedoni, Janssen, Renan und Vinel dankbar Kenntniss genommen.

II.

Ausgrabiino^en.

1. Südrussische.

Briefliches an den Herausgeber.

Erlauben Sie mir Ihnen Einiges über die im vori- gen Sommer in der Gegend vom alten Tanais ver- anstalteten Ausgrabungen mitzutheilen. Sie haljcn viel- leicht erfahren, dass seitdem im vorigen Jahr das archäo- logische Fach in Russland unter Oberaufsicht des Hm. Leo Graf Perowski, Minister der Apanagen und Chef des Cabinets (Chatouille) Seiner Majestjit, gestellt worden ist, wonach die Thätigkeit der Regierung in dieser Beziehung be- deutend zugenommen hat. Das Museum zu Kertsch hat eine Erweiterung seines Etat erhalten, und es sind dort fort^viihrend vier Beamten mit Ausgrabungen beschiiftigt. Ausserdem sind im verflossenen Sommer Ausgrabungen angestellt worden im Wladimirschen (Hr. Saweljeff), und Yekaterinoslawschen (Hr. Tereschtschenko) Gouvernement, in den Umgegenden von Simpheropol und Sebastopol auf der Taurischen Halbinsel (Hr. Alexis Graf Uwaroff, Sohn des berühmten Ministers der Volksaufklärung), im alten Theodosia (Maler Alwasowski). Ich habe den Auftrag bekommen, die ^Mündungen des Don in archäologischer Hinsicht zu untersuchen untl luiternahm diese Arbeit im Verein mit dem Hrn. Architekten Awdjejeif und einem Zögling unserer Universität, Hrn. Kostyleff. Ich gedenke über die von mir gewonnenen Resultate eine besondere Abhantllung in lateinischer Sprache zu jiubliciren und niuss Sie um gütige Nachsicht wegen der Kürze dieses vorläufigen Berichtes bitten.

Es sind bei den Donmiindnngen zwei Punkte archäo- logisch merk\\ürdig. Der eine liegt auf dem rechten Ufer des rechten Arms, ungef;ihr 7 Kilometer vom Meer, auf den L.-indern der Dorfschaft Nedwigowka, und ist in der epigraphischen Uittcratur schon durch vier Inschriften bekamit, die von dort herstammen und den Namen des alten Tanais enthalten (C. I. G. 2132. b. c. d. e. und Gräfe im Bidletin der Petersb. Akademie T. VTII, No. 11 oder Melanges Gr. Rom. T. I. ]). 97). Der andre merkwürdige

Punkt ist auf dem rechten Ufer des linken .\rms gelegen und vom Seeufur ungefähr 12 Kilometer entfernt; er ent- sjiricht der Angabe des Ptolemäos über die Lage des alten Tanais auf dem Delta (/if/oi tiov aiofiÜTMv) und an der östliclicn (d. h. linken) Mündung. In diesen beiden Punkten finden sich nun Sjiuren griechischer Ansiedelun- gen und ist sogar die Richtung der Stadtmauern zu er- kennen. Es ist uns aber geglückt wichtige Sachen und namentlich Inschriften nur in dem ersten von diesen Punkten zu entdecken; die Stadt auf dem Delta hat nur griechische Amphorenhenkel und kleine unbemalte Ge- fässe (von guter Form) geliefert. Ich werde mich also auf die Ruinen von Nutlwigowla beschränken.

Hier haben wir die Richtung der alten Mauern voll- ständig ermitteln können. Sie bildeten ein nicht ganz regelmässiges Viereck, dessen jede Seite ungefiihr 200 Ki- lometer in die Länge hat. Dieses Viereck liegt auf dem hohen Ufer des rechten Arms, und eine von seinen Seiten (die südliche) läuft parallel dem Flusse. Auf der .äusseren Seite der Mauern geht ein tiefer Graben herum. Auf jeder Ecke stand ein Thurm, und ausser diesen vier Eck- thünneu waren noch einige längs der IMauern gebaut; im ganzen haben wir Fundameute von sechs Thürmen blos- gelegt. Es sind auch Spuren eines Stadthors auf der Flussseite und ein Stück antiken Pflasters aus grossen Steinen im Inneren der Stadt gefunden worden.

Wir haben diese Ruinen durch Trancheen untersucht; es sind aber nur an sehr wenigen Stellen untere Stein- lagen der Gebäude hervorgekommen. Die Stadt war augenscheinlich von Grund aus zerstört, und es waren sichtbare Spuren von Zerstörung durch Feuer. In einigen Kellern haben wir verbranntes Korn gefunden. Wichtige Sachen in Kellern ausgegraben sind: ein Bronzecandelaber (von 1 ' i, Meter Höhe ; avif cbei Löwenfüssen, worüber ein mit Blätterwerk verzierter Teller und eine cannellirte Stange ohne den oberen Teller), zwei bronzene Lampen, Fragmente eines bronzenen Gestells dessen Zeichnung beiliegt, Fragmente einer bronzenen Cortina, sehr viele thönerne Lampen, eine Unmasse von Amphoren etc. In den Trancheen sind ausgegraben: sieben Steine (einige in Bruchstücken) mit Inschriften; ein Marmorrelief, einen Krieger im Panzer und Chlamys mit der Lanze in der Hand, auf dem Pferde, darstellend, mit Inschrift: TPY— (DriNANAPOMENOY ANEeHKA, spätere Arbeit, wahrscheinlich des dritten Jahrhunderts nach Chr. Geb.; Fragment eines gutgearbeiteten weiblichen Kopfs von einem Ilautrelief, von Sandstein; der obere Theil einer Ideinen Säule mit einer Vertiefung in der Oberfläche des KapitJils, von Sandstein (Zeichnung beiliegend) ; ein architektonisches Fragment, dessen Bestimmung ich nicht zu crrathen veniiag (Zeichniuig beiliegend) u. a. m. Auch Münzen sind gefun- den, sämmtlich vom Bosporanischem Reich, im Ganzen 58, worunter keine unedirte; ausserdem nur zwei römische von Trajan und Valens und eine Djutsehidische von Kopek-Khan (1311—1315).

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Die umliegenden Tiitnuli sind auch untersucht worden, haben aber nicht wissenschaftHch Wichtiges geliefert. Die meisten waren schon beraubt. Ich lege eine Zeichnung eines interessanten Sch.'idels Ijei.

Ich habe auch eine Reise durch Siidrussland gemacht und kann Ihnen einige niuseographische Notizen geljen. Das Museum zu Kertsch (eine Copie vom Theseiou) ist eigentlich nur ein Depot für die nach St. Petersburg ab- zusendenden Funde. Es hat nur das Recht Doubletteu zu behalten, besitzt aber eine vollstraicUge Sammlung von Zeichnungen aller in Kertsch gefundenen bemalten Thon- gefjisse. lu Thcodosia existirt ein Stadtnniseum, unbe- tr.-ichtlich. In Odessa zwei Museen. Das Stadtmuscum ist klein. Das JNIuseum der Gesellschaft fiir Geschichte und Antiquitiiten ist bedeutend; es hat imter anderem drei unedirte Inschriften von Amorgos Aigiale, die ich copirt habe und Ilincn so wie auch die von Tanais zu beliebiger Yenvendung zusende. In Sebastopol befindet sich eine kleine Sammlung von Antiquitäten imd Münzen auf der prächtig eingerichteten Bibliothek der Flotte des schwarzen Meers. Was frülier in Nikolajoff war, ist jetzt der Gesellschaft zu Odessa geschenkt. Keine einzige der Privatsammlungen in der Gegend kann bedeutend genannt werden; Alles fliesst jetzt Petersburg zu, wo vornehmlich Graf Perov ski, Graf Uwaroff jun. und Fürst Sibirski ernst- haft sammeln. Die Preise sind auf das höchste getrieben.

Moskau, den 22. Mürz 1854.

P. Leontjeff.

2. Fund eines Larariiims.

Ganz neuerdings wurden mir sechs Erzfiguren ge- bracht, welche in der Umgegend vou Reggio zugleich mit einigen Münzen (eine derselben von i\Iarc Aurel) und anderen Ueberresten vou Erz gefunden wurden. Fünf jener Figürchen sind kaum einen halben Palmen hoch; die sechste ist eine Minerva von etwa eines Palmen

Höhe, mit einer Eule in der ausgestreckten Rechten und einem Speer in der Linken. Eine Aegis ist auf der Brust nicht zu bemerken, der Helm ist mit einer gekrümmten Sphinx verziert. Der Styl dieser Figur zeigt Nachahmung altcrtliümlicher Formen. Man wird sie als Atheiia Archegetis dem Zeuguiss des Scholiasten zu Aristojihanes Av. 515 gemäss bezeichnen dürfen, welche Göttin auch [in sonstigen Erzfiguren, Müller Handbuch §. 370, 7 , in Yasenbildern, Ghd. Trinksch. u. Gefisse Taf. XHI, 1. 2 und auch] auf Glänzen des Nero (mit dem CONGiariuni DATtoi POPvlo: Ann. d. Inst. XXIH p. 234) vorkommt.

Die fünf andern Erzfigürchcn stellen eivie Fortuna, mit Kalathos und Lotusblume auf dem Haupt, einen nackten Merkur mit geflügelten Petasus und Caduceus, einen nackten Apoll mit Plektron und LjTa in den Händen, eine halbnackte Venus und einen unbärtigen, geharnischten imd behelmten, Mars dar. Der Helm dieses Kriegsgotts ist mit reichem Helmbusch geschmückt, dem zwei Flügelclien über der Stelle der Schläfen bei- gehn , merkwürdig weil hiedurch die Deutung der ganz Jihnlicheu behelmten Frauenköpfe vieler römischen Faniilienmünzen auf Roma als Tochter des Mars sich bestjitigt.

Das gedachte Minervenbüd wurde zugleich mit seiner viereckten Basis aus Erzblech gefunden; desgleichen fand sich auch der runde Untersatz fiir zwei andere jener Figuren.

Von sonstigem Erzgeräth fanden bei derselben Aus- grabung auch drei Agraffen verschiedener Grösse, ein Armband einfacher Form mit mehreren Reifen, wie auch ein klemes Oelgefäss (vgl. Morelli Fam. Papia no. 31. 34) und ein Stück Erzblech sich vor, welches mit vielen Reihen kleiner mitten inne piuiktirter Kügelchen verziert ist ; viel- leicht diente dasselbe zum Schulterblatt für einen Krieger- haniisch aus Erz.

Modena, 16. Mai 1854. D. Cel. Catedoni.

III. Griechische InschriftcD.

1. Aus Athen.

1. Das nachstehende J"raginent einer auf die Laurischcn Bergwerke bezüglichen Inschrift \vurde vor Kurzem beim Bau der Wrampe'schen Seidenfabrik hierselbst auf dem äussern Kerameikos gefunden. Der Stein, an drei Seiten ver- stümmelt, scheint nur an der linken bis auf wenige Buchstaben vollständig erhalten zu sein. Auch die Oberfläche ist an \ielen Stellen beschädigt, die Schriftzüge sind mit wenig Sorgfalt ausgeführt, nicht axoi/ijSuv geordnet und grossen- theils schwer zu entziffern. Die Länge der Platte beträgt zwischen 14 und 22 bei einer Breite von 18 bis 22 Centi- meter. Ob dieses Dokument und no. 162 und 163 des Corpus Inscriptionum zusammengehört haben, muss dahin ge- stellt bleiben. Folgendes ist die Inschrift.

A+EEIK E P I Z K E I O I NOTOOENMET ON:EriKYAHZ + IAOKYAOYZA AP E EPM AI I KO NrEPIK YAHE+ OKYAOY 5. MONZTHAHNEXONCPMAIIKONENTO

465 466

80PPA:KAMIN0EAHM0<MA0YKAI0YAN' NOTOOEN:METAAAONAPTEMIZIAK E P I K Y AH Z + IAOKYAOYZAXAPNE:H ' E P I ZO YN I ni nOZEI AnN!Ai<ON:OEO 10. ANAZAEIMONETH A H N EXON POZE' APTEMIZIAKONNOTOOE.OAOZAPO AY0MEN0YMETAAA0NX1NH( O^DIAOZ

•HZCZIAEY innEIONEYMHA ZEYM ANAZAZI MONZTHAHNEXON P 15. BOPPAOEN:EAA + HAPOMOl EIAO ANIONTOZEAA+H I HZ E^ AIAHZ'^ V ZOYN Z

x]6v: 'Eniy.vdiji fJ*i'/.oxv^ovg '^[;f]ß('[j']*[i^ff

'"E^fiaiiKov : 'Enixi^Tjg c/>[/A]o;r{'()'oi'[s ^^%n(iVivq uvaad'ii-

5. fiov aTijlT]}' b/^ov "^Efjuauy.üv iv To\7g iddcffOi roTg

Bo()f)ä: xaiiirog Ji]UO(fi).uv y.al ov au

i'OTu&fV: /tthaXlov i^pT«/fm/ß;f[oV

^Entxvöijs 4>iloy.vdovg l4/c({>rt: H'

tnl ^ovrup IToOfidwviay.ui' : ooo .... 10. dyaoaSt/iioi' oz/jhjv ly^ov IToaf[iSim'iay.uv iv rolg iöüqtai rolg

^AQTtfUGiay.bv vuru&s: ödög dnu ijliov

dvouh'ov fUTCikloi': wrrj: [^}j,(f]or/"'/Aog

rjosai (?) Aivy.innfiov Evfirjlog Evfi{i'ilov

ci^j'aoäsijiiov ar7]XTjv k'/or[£]nll ^ourup UoöEidwviay.or 15. Bn()Qdi9fy: IdcHfrj z1()o^ioy\)J\(i()'o[v ffkiov

dyiürxog : i(T«y?/[o/]s' ["/fn

Ev\u7]Xii^T]g, d'v^ofitvov

fTitJ ^ovv\^i(i} IJooeidcwyiayuy

G

Wann diese Urkunde abgefasst sei, dattir lassen sicli weder aus dem Inhalt noch aus den Schril'tziigen sichere Anhaltspunkte gewinnen. Ist vielleicht der hier mehrfach genannte Jr;nö<(iXog mit dem bei Dem. c. Spud. § 11 er- u;ihnten identisch, oder /Igoiioxltiäijg jener Sphettier bei Flut. \-it. Demetr. c. 13? Zu den bereits aus C. I. no. 162 \)e\innnten Gnihen läd-i]VKixüv,'AQTeiiii(Tiuxijv,l4(pgodiaia>t6v, ^ij/.ajTgiuxüv finden wir hier die nach Göttern benannten 'Ecjuuiixöy, rioattdwvittxdv und fni ^ovri'o) Tloaudiovtuxüv. Von letzterem mögen die Schlacken herrühren, die etwa 1(1 Minuten westlich vom Vorgebirge noch jetzt den Erdboden weithin bedecken.

Z. 1 die Lesung ist nicht ganz sicher, Z. 2 und 13 sind die Anfangsbuchstaben nicht zu erkennen, Z. 4 u. 13 bemerke man die Form L und Z. 13 JJ. Nach Z. 6 zu schliessen, scheint der Staat in den Laurischen Berg\verken auch Schmelzöfen besessen imd besonders verjiachtet zu haben. In Z. 8 gegen Ende ist vielleicht die Angabe eines Preises (HH, HI oder H/v) zu suchen. Z. 12 ist durch das Abbl.'ittern des Steins der rechte Strich des H mit dem folgenden Zeichen (;) wie zu einem K verschmolzen. Z. 17 ist nicht deutlich zu erkennen.

2. Auf derselben Stelle wurde auch folgendes Psepliisma gefunden. Der Stein misst 1.5 bis 26 Centimeter LJlnge und seine höchste Breite betr.-igt 20 Centimeter. Die linke Seite ist bis auf wenige Buchstaben unverletzt.

-FIKAEO YZ A _

lAOzrop n Ao Y/

nAZEKTEIKAIEIKOZTEli EKFEIPAIEi2ZKATAT0YH())l

467 468

5. YHil^ilENAAMßNZnrENC N02:@0IN0YATHNEYZEIF AAlAOZYFEPTriNO YZIi :'OZTATHPIßlKAITEIA OIZOIZFATP 3NHN h 10. -XEZGAlTArErONOTAE

\HZKAITOYAHMOYKAIF FEIAHAEOinPYTANEIZTA< AIEPEMEAHOHZANAEKA AAAnNAFANXnNnNAY" 15. MOYEFAINEZAITOYZr XPYZniZTEfDANßlK OYZKA 3(I)IA0TiMIAZTH AETOAETOYH'NZMATO ZTHZAIOYAN 20. TONTAMI

'Eni] 'Enixkfovs ßf(>/orros", inl Trjg Irhjalidog . . . . s nQVTavtiag^ ij

FoQyl^tlog Ioq^Ümv i/[ . . . . iy()a^iijiidTSVs, wros . . jutr' fi-

/cad\as, i'y.TT] y.ai dy.oaTTi\Tiig TjQVTareiag, ty.y.h]oia. ix JJfi^jaifUjg y.ara. to y^n'jcpiajiia 5. fns^if'^cfiCfr Jdittov ^v}yivov\g .... y.al avii7i(j6tdi)Oi- ido^sv tw di^jucp. 0oi]7^og öoivov IriTTivivg fln\jy vnt{} ujv anayyfklovoiv ol nQinärtig Tfjg ^ATT^aliSog, VTifQ töjv &vaia>[y^ wr l'&vor, tu. 71(ju tcöj' ty.y.'Kipiviv, tA 'Anöllmvi

Tu) 7i\{)oajaji]()iü} xal rfj l4\^()TefU(^i z/y ßovlaia y.ul %oig al-

loig d^solg, olg tjcctqiov rjV a[ya&ii iv/Ji' Sedöx&ai reo (5*'^,'"«" ra fuv a.ya-

10, .9k S{tyfaO^(u to. yeyorora i[r rolg h{)oig olg t&vov Inl tv/j] ''•^^^ ou}Tj]Qia rfjg

ßovktjg y.al rov ^ij/itov y.ul n[a.id\)}r y.al yvraiy.aii' y.al rüjv (filuiv

«jTi^/jjy dt ol nijvrdreig rdlg te &voiag i&vaav fisyalonQsndJg tv r/j nQinavei- ß, fnfiiieh'j&T]aav St ya\l Trjg ovlloyt'jg Tijg ts ßovl^g y.al rov ör^uov y.al tcüj^ allwr dndvTwv^ ujy av[Tolg nQootrdx&f], ärtortjaay d'i yal zd dydluara tov Sj]-

15. uov, Inaivioai rovg nlfjvrdvtig rijg L^rralidog y.al axBcpavcooai avxovg

XQvaqt arf(fdvv) y[uTd ibv ro/iior, riig ts tvafßdng tvty.sv rijg nQog tovg &(- oig y.al (filoTt/inag rrj^g dg zryj' ßovlijv xal roy drjuov tov '.Jd^ip'aicov dray^difai (Tf Tod'e 70 ipricptaua t6[v y^afif^iarm rov y.ard nQvravdav iv ori'il]] h&iri] yal GrfjOai, ov ßV[_ elg St rijv nou]Oiv rov arecpdyov y.al Tt)y dyd&soiv ufQiaai

20. roy raui\a.y rov dijuov ix rüjy y.ard ^fjri(fjiof^iara dyahoxo/iiiycov rip St]jLi(u.

Das Anitsjahr des Archon Epikles, der bereits aus 0. 1. no. 108 bekannt ist, setzt B^ckh friiliestcns Ol. 1.37, 1 an, cf. C. I. p. 9(X). Mit Hülfe dieser Inschrift, «o sich Z. 7 'ATTulidog sicher herstellen Ijissf, wird das Archontat des Epikles mindestens bis Ol. 145, 1 heruntergerückt. Die Erg.-inzung der Inschrift, deren nicht nToi/rjdöv geordnete Zeilen, so weit sich jetzt beurtheilen liisst, zwischen .^)6 bis 62 Buchstaben z/ihlten, ergicbt sich aus C. I. no. 112 und 113. In Z. 11 ist das Fehlende aus C. I. no. 117, in Z. IG die Worte xuiu rov »o'/iov aus C. I. no. 108 und iift^fi. uQ/. no. 41 hinzugefügt. Die Namen FoQyiXog und Qotvog dürften noch nicht bekaruit sein.

3—9. Folgende 7 Inschriften wurden auf dem Bauplatze des Hrn. Vlassopulos in der Gegend des ehemaligen nördlichen Thores, westlich von der jetzigen Artilleriekaseme gefunden.

.3. 4. t>. t). 7.

ZnZiBIOZ TATION (?) APTEMIZIA A]IZXINHZ MANHZ

APIZTflNOZ AIONYZIOY AIBYZA A]IZXINOY HPAKAEIAOY

MYPPINOYZIOZ AMAMITZ (?) <t)]AYEYZ HPAKAEßTHZ.

I

I

469

470

8.

KAEAPIZTH

EPMOrEN[0]Y

OYfATHP

9.

OEO0PAZTOE XPHETOE

10. Nicht weit davon fand ich iiuch t'ulsende :

Athen, 24. Februar 1854.

EPMIONH EPMIOY ANTIOXIZAZ (sie).

A. VON Velsex.

2. Aus Modena.

In gewünschter Erwiederung der von Prof. L. Ross in diesem Arch. Anz. (oben S. 439) gestellten Frage ist allerdings zu best.-itigen, dass die von einem geharnischten Torso des Museums zu ^lodena von ihm ko[)irte griechi- sche Inschrift sich dort (unter no. XLII) bctiudct; die Inschrift ist jedoch wol unbedenklich fiir falsch, viel- leicht ligorianiseh, zu erkDiren. Für unecht erklärte sie auch Dr. Carlo Malmtisl bei Gelegenheit einer von ihm herausgegebenen, übrigen sehr unzuverlässigen, Zeichnung jenes Torso (Museo kpidario, Modena 1830 p. 57 no. XLII). In meinem Werk '^larmi !Modenesi' (Modena 1828) ist jenes Fragment unerw.'ihnt geblieben, weil es erst sp.-iter, im Jahr 1829, dem Museum zufiel; der Inschrift habe ich auch später keine Erwähniuig gethan, weil ich sie, gleich der des Campus Gallienus, welche Ilrn. Welcker täuschte (vgl. Annotaz. al C. I. gr. no. 6321 p. 202), iTir unecht hielt.

Dargestellt ist in jenen 44 Centimeter hohen Torso aus griechischem Marmor von trefflicher Künstlerhand eine ans gefältelter Tunica imd zottiger Lorica bestehende Kricgskleidung, welche mit flachen Reliefs geschmückt ist. Mitten ist ein schönes Gorgonenliaupt zu sehn, dessen Schlangen unter das Kinn reichen; es befindet sich auf einer runden, vielleicht als Mondsform zu deutenden, Unterlage. Rechterseits ist derselbe Harnisch mit einer Ilarpe bezeichnet, deren Spitze nach unten gekehrt ist. Dem Schulterblatt (spallino) dient ein gehörnter und ge- flügelter Thierkopf, etwa als Tragelaphos (Uuonarr. medagl. p. 265) zu benennen, zur Verzierung, wie auch eine nach

unten gewandte Mondsichel und ein dem griechischen Koppa ähnliches, vielleicht nur als Ring zum Anhängen zu verstehendes Gerjith oder Zeichen.

Für die Unechtheit der gedachten, mit griechischen Künstlernamen aus Faros versehenen, Inschrift zeugt äusserlich die Ueberarbeitung der erhobenen Stellen <les Vlarmors und selbst die Farbe desselben, welche an dieser Stelle weisslich, anderw.-irts aber gelblich ist. Die F'orm der Buchstaben ist auch nicht gleichartig durchgeführt ; der Einschnitt ist stumpf und tuisicher. Zu beachten sind gewisse Schriftzüge des ^4, E und 77 (vgl. Franz Elem. p. 244. 246), welche den übrigen Schriftzügen wenig ent- sprechen. Die fünf von Hrn. Ross vorausgesetzten mitt- leren Schriftzüge sind darum undenkbar, weil der Raum, wo sie hätten stehen müssen, von dem Marmor ausgefüllt sind, welcher den herabfallenden geschmückten Saum des Harnischgürtels angiebt. Dem Verfälscher zufolge soll man vielleicht denken, dass jene mangelnde Schrift unter demselben Saume versteckt sei; doch findet für dies selt- same Begehren wohl kaum sonst ein andres antikes Bei- spiel sich vor. Für die Gelehrsamkeit desselben Ver- tTdschers spricht der Umstand, dass dieselben Künstlerin- schriften in einer echten Inschrift aus Faros vorkommen. In no. 2386 des Corpus I. gr. finden sogar alle vier Namen sich beisammen, nur mit dem Unterschied, dass .2i3— 7- TENH^ dort, in dem ]Modeneser Fragment aber ^QFE- NH^ (derselbe Name, nur zusammengezogen) gelesen wird. Vielleicht darf man annehmen, dass ebeu jene In- schrift no. 2386 im seclizehnteu Jahrhundert durch Ab- schrift des CjTiacus Anconitanus oder eines andern Rei- senden in Italien bereits bekannt war.

Modena. Cel. Cayedoni.

IV. Museographisclies aus England.

Aus brieflicher Mitthciluna; an den Ilcrausgcber.

In Bezug auf die in Ihrer Zeitschrift neulich [Arch. Anz. S. 429tt'.] besprochenen Ge^jnnenbilder finde ich es natürlich, dass Sie die Gemmen, deren Abdrücke ich sandte, ohne genaue Untersuchung des Originals nicht für unzweifelhaft antik annehmen, und die Frage der Künstlernanieu often lassen; doch in Ilinsielit des Hcruldes Sikephoros, der bei der (hirch den andern eingegrabenen

Namen Aulos verunstaltet ist, verweise ich, seine an- scheinend moderne Auflassung betreffend, auf Gori's Mu- seum Florentinum 11, Taf. XXXVIII, no. 2 in der ersten Reihe, wo ebenfalls dieselbe Idee, obgleich anders ausge- tlihrt, nach einem Sard der Grossherzoghchen Sammlung mitgetheilt ist.

Wichtiger ist die Frage, ob die Steine, die mit dem

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Namen Alexa bezcicliuct sind, ohne weiteres venvorfen werden niiissen, naehdeni es nachgewiesen wurde, dass Alessuiidro Ccsail seineu Namen gewrihnlich griechisch schrieb, woher er auch den Beinamen il Gnxo erhielt. Sie werden mir dalier um so mehr erlauben tiefer in diese Erörterung cinzngelui, als das Berliner Cabinet dabei durch den Stier als Iliniraelszeichen, der cUeseu Namen trügt, speciell interessirt sein dürfte.

Der Name AylE!EA wurde zuerst durch VcttorVs Dissertatio gl^-iitographica indirect in den Kiinstler- Catalog eiugettdirt, durch jenes bekannte, von Kf'ihler sehr mit Unrecht bezweifelte, und jetzt ini_ grossherzoghcheu Aluseum zu Florenz befindliche Sardfragment, das die Inschrift trägt KOINTOC AAESA EHOIEL (Gori M. Fl. I, Taf. 97. 1. Winkelm. Gab. Stosch. S. 166 no. 959 und sonst häufig ])ublicirt). Vlsconü (Opcre varie II. S. 120 der ^MailJinder Ausgabe) erw.'ihnt einer unpublicirten antiken Paste Barberinischen Besitzes mit der Inschrift AVAOC AAE-A EnOIEI, über die uns aber kein Urtheil zusteht, da weder ein Abdruck noch ein Kujiter- stich dieses Glases bekannt gemacht worden ist. Winckel- nianu ist der erste, der den Namen Alexas an einer Geunne als Bezeichnung des Künstlers annimmt. Es ist der Berliner Stier. (Description du Gab. Stosch. p. 260 uo. 1600: IUI taureau dans la meme Situation wie der Fariser Dionysische Stiel- mais sans aucun attribut, avec le nom'du grareur AAEEA). Ausserdem finden wir noch bei Gruter j). 639. 1 eines SEGVLR'S ALEXSA A\'RVFEX erw.-ihnt nach einer Inschrift, die Pighi copirt hatte. Alle diese Monumente, so wie auch ein Serapis- kopf auf einem urs]n-iinglieh Stoschischen, dann Tassiescher Schwefel mit der Inschrift A^IE^A vurden um so niehV auf einen angeblichen Steinschneider Alexaudros bezogen, als ein M. Lollius Alexander Genunarius in einer alten am Forum gefundenen Inschrift schon seit 1Ö52 aus Doni Inscript. p. 320 no. 14 bekannt war, und Stosch (Gemmae caelatae Taf. VI) einen schönen Gamee aus Graf Garlisle's Sammlung*) mit der Inschrift AAESAi\J. E. publicirt hatte. Als abei- bei einer kritischeren Kichtung der Alter- thümer nachgewiesen w urde, dass die Gennuarii der Alten schwerlich Steinsclnieider, sondern wahrscheinlich Edel- steiuhändler waren, und dass die Mor|)ethische Gemme identisch init Alessandro Gesati's durch 'N'asari (III. Bd. II. Abtheil. S. 296, das der Försterschen Uebersetzung) beschriebenem IMei.sterstiick sei, wurde der Name Alexas aus dem Kiinstlereataloge ohne weitere Untersuchung ge- strichen, und selbst Sillig, der doch nicht hy])erkritisch war, erwähnt seiner nicht. Dass der von llas])e be- schriebene Serapiskopf, ein unbedeutendes Machwerk spsit- römischen Ursprungs, durchaus nicht auf den Künstler Alexas zu beziehen sei, lehrt der Augenschein; denn die Inschrift erinnert bloss an den Alexandriuischen Cultus des vorgestellten (Jottes, vnid hat bei ilireu grössern Buch- staben nichts mit dem Steinschneitier zu thun. Doch es ist darum noch nicht nachgewiesen worden, dass der Ber- liner Stier und, erlauben Sie mir hinzuzusetzen, mein Gamee und mein lutaglio dem Rade Gesati's ihr Dasein

') Graf Carlisle liicss bei Lebzeilcn siniies Vater I.uiil Murpelli, was Clarac nicht gCHusst zu haben scheint, unil daher aus einer Saminlun? zwei macht." siehe Catalogue des .\rti*tes, III. S. 331 und 338.

verdankten. Wir kennen den St_\I Alessandio's binl.'inglich aus dem oben angeführten J\Ior])ethischen Gamee, dem Kopfe der den Namen des Phocion fTdirt, (jetzt unbekannt xvo, ehedem bei A. M. Gastiglioni, dann Zanetti, zidetzt !Marlborougli, siehe Stosch Gemmae caelatae Taf L^T), einem Portrait Könige Heinrich des Zweiten jetzt in Petersburg (Gabinet Orleans II, Taf 72), einem unbekannten Kopfe in der Florentiner Sammlung, der schönen Medaille Pabst Paul's des Dritten und mehreren anderen Arljeiten in Privatsanunhuigen. Er gehört der Schule Michel Angelos au, keck, reich, beinahe üpjiig, grossartig, bis an die Grenze der Manier streifend, und daher ganz von dem Style des Berliner Stiers und des Löwen und Seedrachen [verschieden?], die ich im Abdrucke mittheilte. Ueberdies haben wir kein Beispiel, dass Gesati seinen Namen derart wie xvir ihn auf chesen drei Gennnen lesen, abgekürzt habe: auf dem Florentiner und Petersburcer Steinen sehen wir seinen Namen voll, A.1EEANJPÖ2 EHOIEJ, auf die Rückseite gegraben; noch einen andern Stein, das Portrait des Drnsus, mit derselben Inschrift führt Glarac nach C. Dati p. 194 uote 1, an (Gatal. cl. Art. III, S. 19). Der Garlislische Gamee, wahrscheinlich der schönste Stein der Renaissance, hat AAE^ANJ. E,; wir haben daher keinen hinhinghchen Grund Gemmen, deren Aufschrift verschieden ist von den bekannten, und deren Styl ganz von dem Style Gesati's abweicht, diesem Künstler zuzu- schreiben, etwa bloss weil er seinen Namen griechisch oder mit derben Unchstuhen zu schreiben pflegte.

Erlauben Sie mir Ihnen noch einige Notizen über antike Denkm.'iler, die in der letzten Zeit hier im Kunst- handel oder Privatsannnlnngen auftauchten, mitzutheilen.

Bei einer Versteigerung im Ajiril, bei den IUI. Sothe- Ijy und Wilkinson, wo Antiken gewöhnlich unter den Hammer kommen, sah ich eine grosse Terracotta-Vase. angeblich von Kumu, 27 Zoll hoch und 56 Zoll im Um- fang, mit einem jMednsenhauiit in Relief zwischen zwei Kenluuren, die mit halbem Pterdeleibe aus dem Bauche der Vase hervürs])ringen, verziert. Auf dem Deckel der Vase drei Statuetten; in der Mitte, etwas höher als die zwei andern, Dolon; rechts und links Dionied und Uly SS, von bedeutendem Kuustwerth mit Spuren an- tiker Bemalnng, erstanden durch Hrn. Büöcle in London, der, wenn Sie dies Denkmal tTir wichtig halten, ein Photo- grajih desselben Ihnen wol zusenden würde.

Bei derselben Versteigerung erstand der Knnsth;lndler Clutjf'ers eine schöne antike bacchische Bronze -!Maskc beinahe lebensgross, von grossartiger Auffassung uinl tüchtiger Ausfiihnnig.

In der Sammlung des Hrn. Andrew FoiinUdne Esq. Hareford Hall Norfolk, sah ich ein unedirtes Fragment eines consnlarischen Diptychons, das sich im Styl dem IIalberst;idtischen Dijitychon anschliesst, und in die Mitte des fünften Jahrhunderts zu setzen ist. Der Gonsul ist hier auf der Sella curulis thronend vorgestellt, mit der Majjpa Gireensis in der Linken, die Rechte zur Brust erhebend. Das Gostüm ist das Lorum, doch ist bloss ein einziges Viereck am Rande desselben in der Gegeinl der Brust mit Stickerei verziert ; die Arbeit ist hesser als auf allen andern Gonsular-Diptychen die wir kennen, von sein- hohem Relief

London. F. v. P.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arc/iäolo(/ischen Zieiiu7i(/, Jahrgang Xll. J\^ 67. 68. Juli wn<l August 1854.

Wissenschaftliehe Vereine (Berlin, arcli.'iologische Gesellschaft). Museograjihisches : Sculpturen in Griechenland, griechi- sche Inschriften aus Athen, ajmlische Vasenfiuule (der Perserkönig), Zuwachs des brittischen Museums, römische Metall- spifgel aus !Müdena, Votivhand ans Avenches. Neue Schriften.

1. Wissenschaftliche Vereine.

In der Sitzung der archäologischen Gesell- .schaft vom 4. Juli d. J. legte Hr. Panofha die Zeich- nung einer weiblichen Doppelherme von Marmor im Museum zu Neapel (Mus. Borbon. Vol. XI, tav. 41) vor, weil ihm in deren wohlgearbeiteteu Köpfen Athene vnd Artemis gemeint zu sein scheinen, und erinnerte hiebei an den dioskurenähulichen Dualismus dieser beiden in der griechischen Keligion als Leukai Korai (weisse MJidchen), auch als Leukippidinnen angerufenen Göttinnen (Panofka Gab. Ponrtales PI. 16). Durch anziehende Beispiele versiinmtcr Diagnose dazu veranlasst, empfahl Ilr. Punofha hierauf eine genauere Wahrnehmung der in nackten Kunst- bildungeu mannigfach bedeutsamen Extremitäten: in Erwä- gung, dass theils die Auszeichnung der Beschuhung im Verein von Genossen die derselben entbehren, wie bei Jason und Peirithoos, oft charakteristisch ist, theils auch gewisse Attribute wie eiserne Reifen oder Bänder es sind, die um den Knöchel gelegt zur Individualisirung und Berufsan- gabe der dargestellten Personen, z. B. Achilleus, Peleus, Hermes, Odysseus, Oidipus von den alten Künstlern be- nutzt wurden. Hr. Bötticlier legte den eben erschienen 2ten Band des Werkes 'L'Acrojiole d'Athenes' von E. KeiiU vor, in welchem eine Restauration des Tempels der Athena Polias mit seinem Peribolos vom Architekten Tetaz das meiste Interesse habe. Der Vortragende bemerkte über dieselbe wie grade das WcaciilUche des Erechthens-Heilig- tliumes, nämlich die von Paiisanias besonders her\orge- gebenen Oikemata des Erechtheus, das eine mit den drei Altären und den Bildern aus der Butadensage, das andre mit der Erechtheis und dem Dreizackfelsen, in derselben übergangen sei; an deren Stelle habe die Restauration ein ganz kleines hypäthrisches Gemach als Tempel der Pandrosos oder Panihosiou, mit der Bnrgolive luid dem Altare des Zeus Herkeios gesetzt, obwohl dieser fingirte Grundriss zeige wie in diesen Raum, (nenne man ihn nun Pandrosiou oder Temjiel der Paudrosos), schon wegen des hiettir unmöglichen Zuganges, kein Stier geführt und als Mouatsopfer von den athenl-iischen Archnnten dem Zeus Herkeios gesehlachtet hätte werden können ; dies Stier- opfer sei aber nicht nur eine erwiesene Thatsache. son-

dern es stehe auch beweislich fest, wie das Pandrosion, in welchem ApoUodor und Philochoros als Augenzeugen von dem heiligen Oelljaume und dem neben ihm stehen- den Altare des Ilerkos schützenden Zeus redeten, weder ein Tempelgemach noch ein besonderer Naos, sondern nur ein Herkos gewesen sei. Wegen des Tempels (vadg) der Pandrosos, den Pausanias als avi't/_i]g dem Tempel der Polias erwähne, bedürfe es noch aufmerksamer Unter- suchung, da weder die bekannte Inschrift über den Aus- bau des Poliastempels einen sichern x\ufschluss in ihren Bezeichnungen hiefür gewähre, noch ohne Weiteres der westliche mit Fenstern versehene Raum als Naos der Pan- drosos gefasst werden könne, obwohl kern Zweifel obwalte dass derselbe nach Westen gelegen oder gerichtet anzu- nehmen sei, wie alle Heroen-Tempel oder einem Tempel angefügte Heroenkapellen. Nur die Betrachtung der Sacra der Polias in ihrer Beziehung zu den Sacra der Pandrosos würden dieses Verhältniss aufzuklären vermö- gen. — Hr. G. Wolff sprach über die Bedeutung der Eidechse auf Kuustdenkmälern. Wegen seiner Vorliebe für die Sonne begleitet dies Thier den lyrischen Herakles auf einer Münze von Thasos und vertritt ihn auf Münzen von Katana, dessen Mutterstadt Gela von Rhodiern unter Leitung von Ilerakliden gegründet wurde. Wie auch beim Hundopfer der Fall ist, weist es an der Bildsäule des lamiden Thrasybul bei Pausanias auf Karlen hin, niil welchem Kleinhybla in Sicilien und dessen Apollo- orakel, der Stammsitz der als Galeoten benannten Zeichen- deuter (deren einer mit einer Eidechse auf einer Cande- lorischen Vase abgebildet ist), in engem Zusammenhange steht. lamiden aber waren in Sicilien ansässig und leite- ten Geschlecht und Sehergabe von Apollo her. Die Ver- drängung t)Tischen Herakleseults durch den Dienst des hellenischen Apollo deutet nach Hrn. IVolffs Ansicht, wie der Kampf um den Dreifuss, so auch der ApoUn Suuroktonos an. Anders jedoch als in diesem propheti- schen Sinn scheint die Eidechse neben so rein künstleri- schen Gestalten gemeint zu sein, wie Schlaf und Tod und wie manche sonstige Gestalt an Grabdenkmälern es sind, und w/ihrend sie dort, der Verjüngung nach dem Winter-

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schlafe gemäss, auf Wiederervvachen deutet, mag sie auf einer Vase, welche Aussaat und Enidte darstellt, einfach in Bezug auf die wärmere Jahreszeit gemeint sein.

Von Geh. Rath GöttVtitg zu Jena waren athenische Vasenscherben seines Besitzes mitgetheilt worden, welche Hr. Gerhard vorlegte; von demselben ward die gefällige Thonfigur einer nachdenklich mit untcrgestütztem Arm, auf tiefem etwa als Wiesengrund denkbaren, mit Früchten erfüllten Boden sitzenden Frau, an Kora oder Ariadne erinnernd, vorgewiesen. Mit Bezug auf die aus London eingegangenen und im 'Archäologischen Anzeiger' d. J. (no. 65. G6 S. 471 f.) abgedruckten Bemerkungen eines dor- tigen Gemmenkenners ward die Inschrift AXc'i,a eines ge- schnittenen Steines der hiesigen kgl. Gemmensammlung (in Tölkens Verzeichniss III, no. 1416), sonstigen Gebrauchs derselben Inschrift durch den Florentiner Alessandro Cesati ohngeachtet, in Uebereinstimnmng mit der guten antiken Ausführung des dort dargestellten Stieres [das entgegen- gesetzte, ihm noch jetzt nicht erschütterte, Urtheil bestätigt Panofka „Gemmen mit Inschriften" S. 18, 19. Taf. I, 19] einem nun auch anderweitig bezeugten Steinschueider^fcjras vindicirt. Von neuen Entdeckungen kam der ansehnliche und anziehende Fund einer neuerdings aus Canosa ins Museum zu Neapel (Bull. Napol. no. 43) versetzten 5| Palm hohen bemalten Vase in Rede, welche den Perserkünig Uarius, durch Inschrift bezeichnet, in seines Hofstaats

Umgebung, unterhalb desselben den die Tribute einsam- melnden Staatsbeamten, in oberer Reihe aber die griechi- schen Gottheiten darstellt, von denen die personificirten Gestalten Griechenlands mid Asiens ihres Streites Entschei- dung erwarten. |3'gl. unten S. 482 fi".]. A'on neuen Schrif- ten erregten Lajurd's Werk über den Dienst der Cypresse so wie GarrnccVs pompejanische und reatinische Inschriften Aufmerksamkeit; als Vorläufer des nächstens erscheinendem Prachtwerkes über die St. Sojihienkirche zu Byzauz ist des Silentiarius Paulus Beschreibung derselben, metrisch iil)ersetzt und gelehrt (auch in Bezug auf alte Marmore) erläutert von Dr. Korliim, zu bctraclitcn. Eine anziehende, auf die dreifache archäologische Ausstellung, des neuen brittischen Krystallpalastes bezügliche, Gabe ist nun auch in Hrn. G. Scliarfs Verzeichnissen des griechischen (Par- thenon u. s. w.) rümisehen und j)ompejanischen Hofraums eingegangen, welche den überschwenglichen Reichthum jener Ausstellung in G\'psabgüsseu sowohl als insonderheit auch in der, mit Geräth und Wandmalereien reich ausge- statteten, Nachbildung eines pompejanischen Hofraums genau erörtert*).

') Tlie greok Court ercctcd in the Crystal I'alace Ijy Owen Jdncs, dcscrilied by G. Sihnrf Jim. Crystal I'alace library, London 18:)-4. 113 S. 8. The Roman Court etc. 80 S. 8. The I'om- pejan court (elc. wie vorher) 73 S. 8.

II. Museograpliisches.

1. Sculpturen in Griechenland.

Zuschrift an den Herausgeber.

Von Bereisung des Peloponnes und einiger Theilc Nordgriechenlands nach Athen zurückgekehrt, darf ich glauben, dass eine kurze Notiz über che von mir gesehnen Bildwerke von Sarkophagen, die an verschiedenen Orten Griechenlands sich noch finden, (mit Ausnahme der von Ihnen selbst beschriebenen im hiesigen Theseion), als eine Jofff? oXi'y?] re (f/hj re von Ihnen nicht verschm.'iht werden würde. Ich schicke voraus, dass alle im freien Griechenland von mir gesehenen Sarkophage mit Bild- werken der römischen Kaiserzeit angehören und den Stcm- |)el der verfallenden oder schon verfallenen Kunst tragen: in den Darstellungen überwiegt bei weitem das bacchische Element; eine Darstellung einer bestimmten Scene eines Mythus findet sich fast nii'gends.

I. Ich begimie mit zwei Sarkojihagen, die vor etwa einem Jahre im nördlichen Theih> Athens beim Baue des Hauses des früheren Ki'iegsmhiisters Sp3To-JIilios gefun- den wurden.

1) In der Mitte der Vorderseite sehen wir einen Altar ; links davon eine Frau in dorischem Chiton, welche eine Mulde mit Früchten, die sie mit der linken Hand hält, auf dem Haupte trägt; in der Rechten hält sie eine auf- gerichtete Fackel. Links von ilir die so oft wiederholte Figur einer Mänas mit zurückgeworfenem Kopfe und ent- blösster rechter Brust, die in der Rechten ein Messer, üi der Linken einen Thierschenkel lijilt; dann weiter links ein nackter Jüngling, der die linke Hand auf den Kopf gelegt hat, während er in der Rechten einen Palmzweig hält. Rechts vom Altar schlej)])t ein nackter Jlann einen Widder, den er an den Hörnern und am Maule gefasst hat, herbei; hinter ilim sitzt ein anderer nackter JSIann auf einem Felsen, die Doppelflöte blasend; weiter rechts wird die Darstellung ebenso wie links durch einen nackten Jüngling mit Palmzweig in der Linken, die rechte Hand auf dem Haupte, abgeschlossen. In der !Mitte über der Darstellung findet sich der Name des Verstorbenen, den man an seinem Namen als von römischer Abkunft erkennt, in [nur zwei Zeilen?] Sehriftzügen der spätem Kaiserzeit:

MATNOC

EPYAAHC

477

478

also 2l2r<)'iof Mityi'bv'ßQvddiii: diese Form des Demotikon statt 'Z;po((/c();/f findet sich, so\'iel ich weiss, hier zum ersten Male. Was die Darstellung betrifft, so ist klar, dass wir hier die Vorbereitungen eines Bacchusopfers mit Musik und bacchischem Tanz sehen; die Jünglinge mit Palm- zweigen in der Hand auf dem Haupte, die offenbar nur als Rahmen des GemJildcs dienen, sind etvva als Allegorien des Todes als der Ruhe nach siegreichem Kampfe zu fassen. Die linke Seitenfl;iche nimmt ein Hippokamp ein; die Rückseite zwei Greife, von denen jeder die linke Vor- derpfote auf einen zwischen ihnen stehenden Kandelaber legt; die rechte SeitenflJiche endlich zeigt einen unter einem Weinstocke sitzenden unbekleideten Mann (nur die Chlamys liegt auf seinen Sehenkeln), der die linke Hand nach einer vor ihm stehenden bekleideten Frau ausstreckt, die ihm einen undeutlichen Gegenstand reicht, wohl Dar- stellung der genussreichen Ruhe der Verstorbenen im Elysium. Der Styl der Arbeit zeigt bereits in den Ver- h;dtnissen des menschliehen Körpers eine auffallende Plumpheit.

2) In der Älitte der Vorderseite sieht man einen Felsen mit einem Apfel- oder Quittenbaume, vor dem- selben einen nach linkshin laufenden Löwen, gegen den ein jugendlicher mit der Chlamys bekleideter Reiter an- sprengt. Hinter dem Felsen hervor läufl nach rechts hin ein Eber, auf den ein gleicher Reiter zukonnnt. An den Enden der Vorderseite rechts und links ein Pinicnbauni. Die rechte Seitenfläche zeigt eine ruhende geflügelte *) Sphinx, die mit den Vorderpfoten einen Schaafkopf hJilt, Symbol des alles verwüstenden Todes ; die Rückseite zwei Greife, zwischen denen ein Palmbaum steht; die linke SeitenflJiche einen auf die Kniee gesunkenen Stier, dem ein Löwe den Rücken zei-fleischt. Der Styl ist etwas besser als der von no. 1; namentlich zeigen sich in der Bildung der Pferde noch einige Spuren Jiclit griechischer Kunst. Zugleich mit beiden Sarkophagen wui-den, bei- läufig bemerkt, zwei Grabsiiulchen gefunden mit folgenden zwei Inschriften :

NIKH EYHMEPOE

ANTinATPOY ZHNnNOZ

AAOZIIKIZEA MIAHZIOZ

EYMENOY

EKKHAHN

II. Zu Sparta sah ich folgende Sarko]ihage.

1) Im Felde nördlich an der neuen Stadt steckt ein Sarkophag fast ganz in der Erde (der Deckel fehlt). Sicht- bar ist nur ein Kraiation mit Eicrstab darunter, das den obcrn Rand der Vorderseite bildet, darmiter in der Mitte der Vorderseite ein Ochsenkopf in hohem Relief nach vom herausstehend; ein Band hängt inn seinen Hals; eine dicke

') Dass die licnügL'iunt; ilcr Sphinx allgcmcini' llcgcl der griechi- sclion Kunst war, Ijezeugl Acliaii d<; nat. an. XII, 38.

Guirlande über den Nacken nach beiden Seiten hinal) und über die ganze Vorderseite, bis sie an beiden Enden durch dem Vorigen ähnliche Ochsenköpfe wieder anfgenoni- nien wird.

2) Das Fragment eines andern Sarkojjliags von weit gröberer Arbeit, der aber als Seitenstück zu jenem ge- macht zu sein scheint, da er oben ein ganz gleiches Kv- mation mit Eierstab hat, ist in einem Hause der neuen Stadt eingemauert. Ein nackter Mann hat eine zu Boden gesunkene Amazone mit der Linken beim Schöpfe gefasst, die ilni mit beiden Händen abzuwehren sucht; von rechts her eilt eine andere Amazone herbei mit rundem Schilde am linken Arme, das Schwert in der erhobenen Rechten; Rest einer auf Sarkophagen so häufig wiederkehrenden Dar- stellung, deren beste Muster der Sarkophag aus Thessalonike im Louvre und der aus Mileto in Calabrien im Mnseo Borbonico sind. Auch was sich sonst noch an Skulpturen in Sparta vorfindet, ist von geringer Bedeutung; so im Hause des Hrn. Korjihiotakis die lebensgrosse Statue eines jungen Mannes mit phrygischer Mütze, deren Spitze abgebrochen ist, und über den Rücken hinabhängender Chlamys; die Beine von den Knieen ab fehlen, ebenso die Arme, der Blick ist seitwärts herabgesenkt: etwa ein Paris oder AUis. Die Arbeit ist gut, aber römischer Zeit angehörig. Beim Proedros der colossale schön gearbeitete Kopf eines bärtigen Mannes, etwas nach der linken Seite geneigt, mit dem Ausdruck des Schmerzes und der Trauer. Bei Hrn. Partheuopulos Relief: die Dioshiircii neben ihren Pferden stehend, in jugendlichen schlanken Körperverhält- nissen; beide halten Speere. Oberhalb derselben zwei ein- ander anblickende Hähne, unterhalb zwei Krateren. Im Hause des Bischofs Rehef von schlechter Arbeit : die Dios- kuren in kleinen gedrückten Verhältnissen, nackend, auf der linken Schulter die Chlamys, auf dem Haupte Mützen, beide halten Speere, welche auf am Boden liegende Pfer- deköpfe gestützt sind. Der von Scholl im Kunstblatt 1840, no. 305 Ijeschriebene Sarkophag findet sich nicht mehr dort.

In Mistlira findet sich oberhalb der jetzigen Stadt am Aufgange zu der des Mittelalters bei emer reichlich fliessenden Quelle em jetzt als Wasserti-og dienender Sar- kophag mit bacchischen Scenen; in der Mitte der Vorder- seite eine Bacchantin, die mit beiden Händen das Gewand fassend, tanzt, zu ihren beiden Seiten zwei nackte Männer, dann rechts eine Bacchantin das Tympanon schlagend vor der auf einer Basis stehenden Statue eines ländlichen Gottes [P«ii]i links dieselbe Scene; zwischen den Figuren ranken sich Weinstöcke empor. Rechte SeitenflJiche: ru- hende geflügelte Sphinx; linke: zwei bacchische Figuren. [Abgebildet nach einer Zeichnung von Stackeiberg in meinen antiken Bildwerken Taf. CVI, 1 3. S. ','A9(. E. G.].

HI. Auf der Stelle des alten Tegea finden sich ausser den von Ross Reisen S. 70. 73 erwähnten Sculpturen noch folgende; in Piali eine sehr zerstörte Stele, die zwei stehende Männer zeigt, von denen der vordere etwas trägt, vor und

479

480

hinter ihnen je einen stehenden Knaben, wohl eine Dar- bringung an irgend eine Gottheit; darunter

NEilNNEOKAHC. , . .ANEOEN.

Neben der Kirche des heiUgen Nikolaus liegen sechs aneinander h;ingende aus einem Stücke gearbeitete bärtige Hermen aus römischer Zeit, die Köpfe haben etwa ein Viertel natürlicher Grösse.

Li Achuriu im Schulgeb;!ude Tronk einer kleinen Statue des Dionysos (Kopf und Beine von den Knieen ab fehlen) von unbedeutender Arbeit, in der Rechten hält er den Kantharos, in der Linken eine Traube. Bllrtiger Portraitkoj)f von natürlicher Grösse aus römischer Zeit. Stele, welche zwei !M;hiner, eine Frau und em ]M;idchen, alle bekleidet, nelien einander stehend, zeigt; darüber ge- ringe Reste von Buchstaben. Ausserhalb Fragment eines grossen Reliefs von guter Arbeit : ein stehender Stier (Kopf und Nacken felilen) mit gebogenem linken Vorderbein.

r\'. Patrus. Vor dem Hause des Hrn. Kalaniog- dartis Sarkophag von spjitcr roher Arbeit: die Vorder- sowie die Rückseite zeigt in der Mitte einen geflügelten Eros, von dessen Schultern Guirlanden nach beiden Seiten hinabhängen, die an den Enden durch Widderköj)fe ge- halten werden, dazwischen Löwenköpfe. Besserer Sarko- phag im Hause des Hrn. Kritikos, die Vorderseite zeigt bacchische Knaben von ziemlich plumpen Körperverhält- nissen, aber in schönen sjinnietriseh componirten Gruppen: in der JMitte steht einer, der die Doppclflöte bläst und ein anderer, der die Leier spielt; rechts und links davon je zwei, die einander umschlingend tanzen, je einer von ihnen h;dt eine Fackel, an den beiden Enden je einer tanzend mit hinter dem Rücken ausgebreiteter Chlamys. Linke Seitenfläche: licllerophon, ganz nackt, auf dem Haupte den Helm, am linken Arme runden Schild, hält mit der Rechten den Pegasus, dessen Flügel auffallend gross gebildet sind, am Zügel; unter ihm steht die Chi- mära, gebildet wie auf den Münzen von Sikyon, als Löwe mit Ziegenhals und Kopf auf dem Rücken und Schlangenschwanz. Rückseite, zwei ruhende geflügelte Sphinxe ; rechte Seitenfläche, eine desgleichen. In einem andern Privathause Fragmente der Vorderseite eines Sar- kophags von guter Arbeit, hacchisclie Scenen enthaltend: (i) ein bärtiger Satyr, mehr Herakles- als Silensbildung, bläst die Doppelflöte, eine Mänade tanzt dazu in eksta- tischer Bewegung, den Kopf zurückwerfend, in der Rechten ein kurzes Schwert, in der Linken einen Thierschenkel ; ft) zwei jugendliche Satyrn tanzend zwischen zwei Mänaden, deren eine die Becken schlägt; c) tanzender jugendlicher Satyr mit Thierfell Ijekleidet. Ausserdem ist in der Fest\mgsnianer eine männliche Statue von natürheher Grösse, mit (,'hlamys über Sehullern und Rücken bekleidet, eingemauert; der aufgesetzte bärtige Kopf scheint ihr nicht anzugehören.

V. Delphi. Der von Ulrichs (Reisen und Forschun-

gen no. 44) erwähnte Sarkophag ist jetzt leider in Stücke zerschlagen, aus denen sich aber die von Ulrichs gegebene Deutung (Meleager, wie er der Atalante den Kopf des kalydonischen Ebers überreicht) schwerlich rechtfertigen lässt. Die Vorderseite zeigt an der linken Ecke einen mit Chiton und Chlamys bekleideten stehenden Mann, der die Arme über die Brust gekreuzt hat; dann ein nach rechts gewendeter nackter Mann (nur die Chlamys hängt ihm über die linke Schulter) mit Speer ; ihm wendet ein Mann mit flatternder Chlamys, der miter dem rechten Arme Kopf und Fell eines Ebers trägt, das Gesicht zu ; hierauf folgt der Bruch, in dem etwas zu fehlen scheint; dann auf dem folgenden Stücke ein mit der Chlamys bekleideter Mann, der mit dem Hirtenstabe in der erhobenen Rechten auf einen nicht mehr erkennbaren Gegenstand losschlägt. Linke Seitenfläche : stehender RLann (das Untertheil fehlt) mit Sjieer und Chlamys; eine bekleidete Frau hat sich nach ihm zugewendet, geht aber nach rechts hin, die linke Hand auf etwas, das einem Altar ähnlieh sieht, legend. Rechte Seitenfl.'iche : nackter INIann mit Speer stehend, ein Pferd am Zügel haltend. Rückseite: zwei Greife, zwischen denen eine Fackel aufgerichtet steht; links ein bärtiger mit der Chlamys bekleideter Mann als Atlant. Zwei un- vergleichlich schönere Relieffragmente in acht griechischem St\"l, die nach Ulrichs Besuche gefunden sind (Stephani's Reise im nördhchen Griechenland ist mir nicht zur Hand, so dass ich nicht weiss, ob er ihrer Erwähnung thut), werden im Hofe des Klosters der Panagia anfljcwahrt. Das eine, etwa zwei Fuss hoch, links abgebrochen, mit geringen Resten archaischer Geziertheit in der Arbeit der Mähnen und Schwjinze der Pferde, zeigt ein Viergespann; vom Wagen ist nur das vorderste Stück nebst einem Beine und der rechten Hand des Wagenlenkers erhalten, rechts von den Pferden steht ein Altar. Das zweite, von noch fei- nerer Arbeit, zeigt den Körper eines Mannes mit jugend- lich schlanken aber lo-äiftigen Formen (Kopf, Hals und die Beine von den Schenkeln abwärts fehlen); derselbe ist ganz nackt, die Rippen der rechten Seite treten stark hervor, beide Arme sind nach rechts gerade ausgestreckt, oflenbar ein ApoUon in Begriff seinen Bogen zu spanneu. Athen, 9. Juh 1854. E. Bürsian.

2. Griechische Inschriften aus Athen.

Aus brieflicher JMitthcilung an den Herausgeber.

Sie erhalten hiebei in Absclu-ift einige auf dem äusse- ren Ceramikus (zusammen mit den im Archäol. Anzeiger S. 4(J3 ff. no. 1 und 2 ])ubHcirten Lischriften) gefuiulene Grabsteine.

] . Viereckiger Stein.

ANTinATPOZ

KINEOY KYAAOHNAIEYZ

2. Cippus.

K°ITOAHMOZ: K P I T '^ N O Z IZOTEAHE

481

482

3. Cippus.

HPAK HPAK r El A

4. Cippus.

XAIAANON

KAAAIOY

HPEIPßTIZ

Der Name XXt'davov fühlt bei Pape. 5. Cippus.

HAIETION XAPMANTIAOY 0YAAZ1OY O YT ATH P A I E Y X O Y MYPPINOYZIOY TYNH Der Name 'Hdianov felilt ebenfalls bei Pape. G.

Hübe 32 Cen- timctcr, grösste Breite 24 Cen- tiractcr.

Ein jihnliches Dcnkiual ist das in der'Eqi. ug/^. no.47publicirte.

T Y X H 1 I Alß N YIQITE I B Q M O nT^ ^

k.

Auf dem ,'lnssern Ceramikus wurden neulich auch folgende Cippi ausgegraben:

7. 8.

APIZTO^riN MOZXOZ

OEOPOMPOY PIETOKAEOYZ

TEIOPAZIOZ AAKIAAHZ.

Noch andre Funde derselben Gattung sind die nach- folgenden, in der Gegend des nördlichen Thores gefunde- nen Inschriften und eine Rhamnusische, die jetzt zwischen den Tempelruiueu liegt und zweimal von mir verglichen worden ist.

9. Cippus. 10. Tabula.

APOMEAZ

niZANAPOY OYPZOZ

EITEAIOZ MIAHZIOZ

11. GefJiss mit drei Figuren und deren Namen, eine Grabesscene dar- / stellend :

AlOAßPOZ

Ol AH und PPOf|)ANHZ

12. Tabula.

I!ZE!<<I>ANT0

14. Cil>l)us.

PYPPIXH TPO^tOZ XPHZTH

13. Tabula.

TPY(DEPA TYPIA

15. Cippus. 0IAIPPH

16. Cippus.

EPMHEIKPATHZ EPMHEIKPATOY A <l) I A N A I O Z

17. In Rhannius.

HBOY/ [HEZAPElOYnArOY KAIHB[OYAHTnN AKOZI nNKAlOIAHMOZ ZE

KOYNAAN MIZßNO ?ZTI.

Meine bei Gelegenheit des Agrippadenkmals geiiusserte Vermuthung, dass das jetzige drög mit der Form tuTOv in Verbindung zu setzen sei, linde ich schon von Keil Inscr. Boeot. p. 145 aufgestellt.

Athen. A. von Velsen.

3. Apulische Vasenfunde.

Der Perserkünig als Vasenbild.

Dem merkwürdigen apulischen Grabmal, welches, im Grundstück eines Hrn. Vito Lagrasta zu Cauosa bereits vor einigen Jahren entdeckt, zum Anlass bekannter pomiihafter Beschreibungen brittlscher sowohl als auch deutscher Blätter eine Zeitlang geworden war (vgl. Arch. Anz. 1853 S. 283, lü), hatte unter andern auch das durch Darstellung des Per- serkünigs Darius sehr eigcnthümliche kolossale (5| Palm hohe) Thongefäss angehört, dessen neuerdings, nach erfolgtem Erwerb desselben fürs königliehe Museum zu Neapel, von Hrn. Minervini (Bull. Nap. 1854 no. 43) gegebne Beschreibung wir den nachstehenden Notizen um so lieber zu Grunde legen, je mehr ihr noch manche nachgehends von gleicher Hand uns brieflich vergünstigte Berichtigiuig hier zu statten kommt.

Das gedachte Gefiiss enthält vier Reihen von Dar- stellungen: am Hals einerseits Amazonen- oder Barbaren- kämpfe, anderseits hacchischc Scenen; am Bauch einer- seits den Sieg des von Poseidon und Pallas unterstützten Bcllerophon über die Cliimära, andrerseits aber jenes auf Griechenlands Zwist mit Asien bezügliche dreigetheilte Bild. In der unteren Reihe desselben erblickt man, in weiten Mantel gehüllt, einen sitzenden bärtigen Mann, welcher, die Füsse auf einem Schemel, vor sich einen Tisch mit den schwarz aufgezeichneten Buchstaben

483

484

ytTVHJnO<T hat; in seiner linken Hand li;ilt er ein Diptvclion , worauf oben T^^. H und unten TAvlN {Ti'Auxra -i]) geschrieben steht, und streicht mit der rech- ten allerlei auf dem Tisch aufgezählte Goldmünzen ein; sianmtliche gedachte Buchstaben sind verkehrt, der Rich- tung des Lesenden zupassend, geschrieben. Hinter diesem sitzenden Mann steht ein anderer in asiatischer Kleidung inid reicht mit gebeugtem Knie jenem ersten drei Schalen; vorn ein zweiter jihnhch bekleideter, der einen grossen gebundenen Sack bringt. Drei amazonenhaft bekleidete Frauen wenden sich ebenfalls mit gebogenem Knie zu der gedachten Mittelfigur.

In der mittelsten Reihe sitzt auf einem mit Flügel- gestalten an den Lehnen und mit einem Fussschemel ge- schmückten Thron König Danus JAPEIOI, mit hohem Kopfjnitz (Kvrbasia) und langer Kleidung versehen ; seine Rechte h;llt ein Sccpter, seine Linke ein Wehrgehenk. Hinter dem Thron steht einer der Leibw;ichter, asiatisch bekleidet und mit einer Tiara bedeckt; seine Linke h;ilt einen Speer, widnend seine Rechte ein Schwert über die Schulter gelegt hat. Vor dem König steht eine in ihre Chlamvs gehüUte und mit einem Pileus bedeckte Gestalt; ihr Fuss ruht auf einem Untersatz mit der Inschrift nV.F^Al. Geschlossen wird diese Scene durch vier l);irti2;e Figuren, welche bei gleichförmiger asiatischer Kleidung und unbedecktem Haupt je ein Scepter halten ; ihr lebendiges Gesprjich wird von ausdrucksvoller Hand- geberde (infesto pollice) begleitet.

Diese beiden Figurenreiheu sind endlich von einer höheren dritten überragt, in welcher man Gottheiten des Olymps erblickt. Links sitzt AHenüs, durch Köcher und Hirschkuh bezeichnet, rechts ihr gegenüber Aitliroälle, der ein Schwan beigesellt ist. Weiter nach der ]\litte sitzt Zeus, seinen Blitz zur Seite ; er blickt rechtshin nach der ])ersonificirten Hellas {bEAAA^), einer majestätischen und reich geschmückten, mit ihrem Pcplos halb verschleier- ten Frauengestalt. PaHns-Atheue, mit Helm und Aegis versehen, hat ihre rechte Hand vertraulich auf die Schulter der Hellas gelegt. Noch zwei Figuren bleiben übrig: eine kiu-zbekleidete weibliche Flügelgcstalt mit langem Haar, in den Händen zwei Fackeln gegen Atliene haltend, ist in ihrer Beischrift AHA . . wol eher (mit Minerviui) als personificirte Täuschung Apata zu verstehen als dass (mit Quaranta) Anuyyt'kiu zu lesen wJire; ferner die Personiti- cation des Welttheils As'ia {A^IA), welche zugleich mit üb- lichem Frauenschmuck und mit der üblichen Mauerkrone der Provinzen versehen ist: in sitzender Stellung streckt sie ihren rechten Arm gegen die ihr voranschreiteudc Apate aus.

Als augenfJiUigcn Ilauptiidialt dieser höchst eigen- thiimlicheu Darstellung gibt Hr. Minenini in der zuerst beschriebenen Scene die Tributszahlung der Perser, in der zweiten Hofstaat und Beratlnnig des Darius, in der dritten der olympischen Götter Entscheidung fiir Griechenland gegen Asiens Heerschaaren an.

Vorstehendes war geschrieben, als durch briefliche Mittheilungen Hrn. Miner\ini's nachstehende Berichtigun- gen seiner im Bullettino Napohtano gegebnen Beschreibung uns zugesandt werden. Es ist nemlich zuvörderst für die Figur der Aslu zu bemerken, dass selbige auf einem Altar vor einem sti'ahlenbekriinzten weiblichen Idol sitzt, welches in Herrn enforni auslJiuft, womit wol nur eine Ajjhrodite Urania gemeint sem kann. Asia hiilt ein Scepter und zieht mit der Rechten ein übergeworfenes Gewand über ihre Schulter. Vor ihr steht die personificirte Apatc unbewegt, bhckt seitwärts (con occhi biechi) und hält zwei Fackeln. Neben Zeus blieb eine Idelne SiegsgöttUi vor- her unbemerkt, welche auf die Figur der Hellas hinweist. In der von einem Schwan begleiteten Figur ist, da die- selbe sich als männlich erweist, ein Apoll zu erkennen. Artemis sitzt auf einem Hirsch; am Boden in ihrer Nähe ist ein schnüffelnder Hund zu bemerken. Die Satrapen in der mittleren Reihe des Geflssbildes haben zum Theil das Haupt mit der Tiara bedeckt; zum Theil stehn sie entblössten Hauptes. Eine dem Darius entfernt stehende, vom Ausdruck tiefer Betrübniss erfüllte, Person hält gleich- falls ein Scepter; in Unterredung mit ihr ist ein weiss- bärtiger Greis begriffen, der auf einen Stab gestützt ist. Endlich wird von Hrn. Minervini noch bemerkt, dass die fünf tributjiflichtigcn Personen in der untersten Reihe sämuitlich weiblichen Geschlechtes sind.

Eine ausfdhrhche Erklärung dieses Gefvisses, mit stetem Bezug auf die Perser des Aeschylos, hat Hr. Minervini der herkulauischen Akademie vorgetragen; eine andre ist ver- muthlich auch von Hrn. Quaranta erfolgt, und steht es demnach zu verhoffen, dass die Bekanntmachung dieses wichtigen Gef^isses diesmal weniger zögern werde als es fiir die Veröffentlichung wichtiger Kunstschätze in Neapel oftmals der Fall ist. E. G.

4. Zuwachs des brittischen Museums.

Als neuester Zuwachs des brittischen Museums sind mehrere von Hrn. Newton auf den griechischen Inseln angekaufte Alterthümcr zu nennen; obenan ein Votiv- schild aus Kos, welches bei einem Fuss Durchmesser die Inschrift

[AirHLIKPATHEAr

HEIKPATOYZTPA

TArHZAZOEOIL

'Ayr^aiXQÜxriQ Ayr^titxQucov nTouTuyiino^ (sie) Seotc an sich trägt.

2. Torso eines Ilcrmaphrodllcn; (in Gewandstück ist über beide Schultern und über den Rücken geschlagen. Ein Arm war erhoben, der andre gesenkt. Hoch 1 Fuss 3 Zoll.

3. Drapirter Torso einer bärtigen Figur, aus Rhodus ; der reichliche Bart deutet vielleicht, wie bei den Pappo- sileuen. einen Komil-cr an. Hoch 1 Fuss 1 Zoll.

485

486

•1. Jk'iac Li'ikIcii und Unterkörper einer Figur, welche auf einem mit Löwen- oder l'antherfeil bedeckten Fels- stiick sitzt, vielleicht Herakles oder, da die Bildung nicht muskulös ist, ^^eIleicht eher Dionysos oder ein Satyr. Ge- funden in einem gepflügten Feld auf Rhodus. Iloch 1 Fuss :{ Zoll.

5. Untertheil einer weiblichen Gewaudfigur mit yoUer und reicher Faltung. Das linke Bein scheint besonders gearbeitet gewesen zu sein. Gefunden in einem Garten bei !\Iitylene.

6. Römischer Krieger in Relief, bekleidet mit Pa- ludamentiim, Schuppenpanzer und Mitra [?] ; linkerseits ist ihm ein Parazoniuni angehängt. Gefunden nah bei der Stadt Rhodus.

7. VolivreUef eines Pluto, unfertig. Der Gott liegt, wie in .■diulicheu Reliefs, ausgestreckt auf einem Polster- bett und ist mit einem Modins bedeckt; zu seiner Seite ein (heitTissiger Tisch, um dessen Füsse die übliche Schlange sich «indet. Aus Mitjlene (1 Fuss).

8. Ahscliiedsscenc in Relief. Vor einem mit einer Chlamys beklcideteii Reiter steht eine Frau mit einem Ge- fäss, neben ihr ein ICnabe. Hoch 1 Fuss G Zoll. Aus Aphanda auf Rhodus.

9. Dunkler Stein von halbzirkliger Form, vonnals als Deckel eines Fasses gebraucht; auf der flachen Seite liest man den Namen AY2I=I AA=M0Z1 Lysidamos. (8; Fuss).

10. S((i7.oj)/i<((; mit giebelförmiger Deckung; vom die

Inschrift nAYZANIAE=nAYZANIOY=PYN-

XIAAZ- Aus einem Cimeterium ohnweit der Stadt Rho- dus. Der dorisch geformte Pvi'Xidag erinnert an das Ethnikou 'Pvy/aTng (Steph. Byz.) auf Eubüa.

11. Stele in konischer I'orm mit ausgekehlter Basis, einem ^leilenstein ;ihnlieh, hoch 1 Fuss 9 Zoll, gefunden auf Kos. !Man liest darauf:

TAIOY

nETIKIOY

EATßNIAO

l'uiov llfTtxiov —uTdiviXor, wofiir man vergeblieh ver- suchen würde ^uTOQvtvov zu lesen. Vermuthlich ein Grenzstein.

12. Bemerkeuswerth ist endlich ein neuerdings ins Museum gelangtes bleiernes Schwein, von anderthalb Klumpen Gewicht, gefunden in Eiigluml bei den Mendik

I [?] Hügeln, ein Produkt der dort von den Römern eröff- neten Bleibergwerke. Aufgedruckt ist in stark erhobe- nen Schrittzügen ein BRITANNIC . AVGF . . I, ausser- dem zweimal in vertieften Buchstaben V . ETP. Mit der ersten Inschrift war vermuthlich ein TSritaiinico yti(f/(nsti) Fi/(io) gemeint, wie auch .'ihnliche in England gefundene lileierne Schweine die Angabe von Kaiserzeit oder Consu-

lat enthalten.

{Aus Mittheilungen des Hrn. Siiin. liirch.)

5. Römisclie 31etallspiegel zu Modena.

Am Fuss des ohnweit Modena befindlichen Gebirgs, etwa 17 Millien von dieser Stadt entfernt, an einem Serra Maszona genannten und zur Parochie von Varana ge- hörigen Ort, entdeckte man vor einigen Monaten ein alt- römisches, aus Ziegeln mit giebelförmiger Deckung be- stehendes. Grab, in welchem ausser den Ueberresten eines vermutblich weiblichen Köqiers eine irdene Lam])e mit dem Relief einer schönen Theatermaske und der Inschrift Fortis am Boden, ein Schüsselchen von schlecht gebrann- ter schwarzer Erde und ein MetaUspiegel römischer Art gefunden unil demuüchst der herzogliehen Antikensamm- lung zu Modena einverleibt wurden. Es ist dies eine etwas convexe Scheibe, in ihrer Mitte mehr als gegen den Rand dick, von 97 Millimeter Durchmesser, verziert mit einem etwa 4.3 Mal durchlöcherten Rande und mit concentrischeu Kreisen, deren Verzierung auf dem rihnlichen Spiegel aus Cleve im königl. Museum zu Berlin (Gerhard etr. Spiegel Taf. XX, 14. 15 S. 84 f) nur wenig verschieden ist. Die concave Seite dieses neu gefundeneu Spiegels ist mit drei Kreisen, die ein Rund bilden, verziert, so dass das Ganze einer Patera umbilicata ähnelt; vier andre Kreise sind näher am Rand angebracht. Uebrigens scheint es aus der gedachten durchlöcherten Verzierung, dass dieser Spiegel [gegen alle sonstige Sitte römischer Handspiegel] einen Grifi" hatte.

Von einem ähnlichen, laut damals erfolgter Analyse aus reinem Kupfer luid Zinn von vorzüglicher Feiidieit bestehenden, Spiegel fand ein Fragment im Jahr 1838 innerhalb des Palazzo Ducale sich vor; ein Ueberrest eines viereckten Spiegels war auch 18.32 durch Ausgrabungen der Citadelle von jModena entdeckt worden (l?nll. d. Inst. 1837 p. 11. 1838 p. 131). Modena, 12. August 1854. Gel. C.vvedoni.

6. Votivliand aus Avenclies.

Zuschrift au den Herausgeber.

Ich lese so eben in Ilirer arch.'lologischen Zeitung die Beschreibung der bronzenen Votivliand [in Besitz des Lord Londesborough: Arch. Anz. oben S. 440] von Hrn. Samuel Birch. Vor wenigen Wochen erhielt ich zur An- sicht eine ähnliche [auch durch Hrn. F. Troyon zu unse- rer Kenntniss gelangte E. G.] Iland, die zu Avenciws im Kanton Wadt (Aventicum) gefunden wurde, luid da dieselbe weit mehrere Figuren und grösseres Interesse darbietet, so unterlasse ich nicht, Ihnen eine Beschreibung mitzuthcileu. Sie gleicht ebenfalls in vielen Punkten den Stücken, welche Causeus Caylus Beger abgebildet haben, allein in andern weicht unser Votum natalitium ganz ab.

Es ist eine .schöne Fraueuhand von ganz vorzüglicher Arbeit. Ein Kemier solcher Metallarbeiten bewunderte

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die Kunst, mit welcher ein Ciseleur dieses Stück aus- führte. Drei Finger, Daumen, Zeigefinger und Älittelfinger sind wie zum Schwur erhoben, auf dem Daumen findet sich aufrochtstehend ein Piiiieiizaplcn. Die zwei übrigen Finger sind eingezogen imd tragen vereint auf der Seite der Einbiegung einen Mercuriuskopf, wie ich aus dem jugendlichen Antlitz und den Kopfflügelu schliessc. An der äussern Seite derselben hinter ÖNIerkur tritt zwischen beiden Fingern ein Widderkopt hervor. An den Zeige- und Mittelfinger lehnt sich an der jiussern Seite das Brust- bild des Bacchus, wenn ich nicht irre, indem er den rech- ten Arm über das Hau])t gelegt hat und die Stirne ist mit Weinlaub und Trauben beki-.-inzt. Der untere Theil der Brust und die Schultern sind mit der Chlamjs be- deckt. An der innern Seite des Zeige- und Mittelfingers ragt das Brustbild eines nackten, hurtigen, mit der jihry- eischen Mütze bedeckten Mannes hervor; ich bitte Sie, mir die Bedeutung desselben aufzuklären. [Es ist wol der, zunächst als Zeus Sahazios verständliche, Gott ge- meint, dessen Darstellungen zu Pferd in den Dcnkm. und Forsch. Taf. LXV neulich vorgelegt und besprochen wurden. E. G.]. Der viertheilige runde Kuchen oder ähnliche Ge- genstand, der unter seiner Brust sich befindet, konnnt auch auf Vasenljildern oft vor.

Auf der äussern Fläche der Hand sieht man zunjichst dem Widderkopf einen aufwärts steigenden Frosch, unter ihm seitwärts eine emporklimmende SchiJdhöle, neben derselben ein zweihenkliger Bec]m\ schräg unter ihm eine aufw.ärts steigende Eidechse, und da, wo der Daumen aus der MitteUiand hervortritt, ist das Brustbild der Cyhele,

an der Mauerkrone, wie ich vermuthe, erkennbar, und neben dem Haupte derselben ist ein Tympanum , wenn mein Auge mich nicht täuscht.

Den untersten Theil des Armes umschlingt eine Schlange zwiefach so, dass der Kopf derselben bis mitten in die innere Hand hineinragt. An der inneren Seite unter dem Kopf der Schlange befindet sich eine Glocke. Den äussersten Rand der innern Hand ziert ein Ekhenasl, durch Eicheln und Laub leicht zu erkennen. Unterhalb des Schwanzes der Schlange auf der äussern Seite liegt die Wöchnerin, mit dem Kinde an der Brust.

Eine Abbildung dieser Votivhand wird walu'scheinlich bald in den Mittheilungen unsrer Gesellschaft erscheinen. Sollten Sie von diesem Berichte in Ihrer Zeitung Mitthei- lung zu machen wünschen, so wird mich dieses freuen.

Die Deutung aller dieser Bilder ist mir noch unklar [wie sie denn auch schon manchen Gelehrten vergeblich beschrdtigt hat; einige neue Aufklärung steht nächstens von O. Jahn zu erwarten. E. G.]. Die Votivhand wurde von den Eltern bei der Geburt der Kinder geweiht und dasselbe einigen Göttern zur Obsorge empfohlen. Wir sehen, dass auf unserm Bilde verschiedene Gottheiten [namentlich Zeus Dionysos und Cybele, nach überwiegend phrygischer, ncbeiüier auch dodonischer Auffassung] mit mancherlei Attributen inid Symbolen angedeutet werden. Solche Kunstprodukte gehören wohl in das zweite oder dritte Jahrhundert nach Chr., in jene Zeit, als europäische und asiatische Kulte sich mit einander verschmolzen. Zürich, I.August 1854. Dr. H. Meier.

III. Neue Schriften.

MoNUMENTi Ann.^li e Büllettino pubblicati dair Insti- tute di corrispondenza archeologica nel 1854. Fol. Erste Lieferung einer neuen Folge, im halben Format der früheren Moniniienti, mit bildlichen, zum Theil pho- tographisch ausgeiVilirtcu, Beilagen und eingedruckten Ab- l)ildungen; enthaltend, nJichst einem die zeitgem)isse IJeform der Institutswerke l)etreffenden Frograuim von E. Braun, auf 64 Seiten nachfolgende Aufsätze. Editto dcll' im])e- ratore Augusto risguardante racquedotto della cittji di Venafro (p. 5fF. Hcnzen. ISIit photogra]>liischer Abbildinig des Originals). Fregio del Parteuuue (p. 12fF. Braun; mit photographi.-.cher Abbildung tav. 2 des übersichtlich auf Einem Blatte vereinigten PartheMoufrieses). Iscrizioni latine inedite o corrette del Sannio ()). 20ff. Ant. Ceraha, 61 Inschriften). Dell' ara massinia e del tem]iio d'Ercole nel Foro Romano, discorso letto ncU' adunanza solenne dell' Instituto nel di 9. Dec. 1853 (tav. :5 ]). 28 tT. G. B. de Rossi). Discorso letto dal dott. E. Braun nell' adunanza solenne del 21. aprile 1854, anniversario WV della fondazione dell' Instituto (p. :59ff.). Miscellaüce e])igraficlie, lettera ul Dott. G. Ilenzen ([>. 41 ff. JWoiiiiii.scii ülter die Grabin- schrift des jüngeren Plinius). Musaico d'Autun (tav. 4.

Bellerophon. E. Braun p. 44f.). Rap])orti nuziali tra Ercole e Minerva, ])ariglia vascularia del figuhno Ni- kostlienes (Fig. 5. ü ans Camj)ana's Sannnlnng, p. 45 ff. E. Braun). Ritratto d'Aristofane (tav. 7; nachgewiesen von Braun p. 48f in Mus. Borb. VI, 43). Cacciatore, statuetta in bronzo della collezione gi;i Fejervary (fig. 8 p. 49f Braun). Antichitii dell' agro Viterbese. Iscri- zioni cd anticaglie ctrusche (p. 5()ff. Orioli). Scavi di Tülentino (p. 55 f Coufe Sever. St'rwrtiisJ-C'of/io). Scavi di Taorniina (p. 56; von wem?). Scavi di Chiusi (p. 56ff. A. Francois). Tomba fregiata di bassiriHe'\i scoperta dal sig. Mse Cami)ana nella neerü|)oli dell' antica Cere (p. 58ff. E. Braun). Sul temjiio della Fortuna muliebre al 4to miglio della Via Latina p. 5911'. Canina). Riposti- glio di denarii di fiimiglie romane seopertosi nelle coUinc Pisane presso Peccioli (p. 61 ff. Cavedoni). Scavo di Pesto e Capua (p. 63. Gio. Fnrvhhummcr). De vaso vitreo Po[)uloniensi (juod effigiein ad urbeni sjiectantem e\lnl)et (V<Ttheidigung gegen J. B. de IJossi's Deutung auf die Umgegend von Puteoli ; schon der Ausdruck Ripu sei dagegen; j). 63f. ßlercklin). Iscrizioni greca e latina (p. 64. P. Mulranga).

Herausgegeben von /i. Gerhard.

Druck und Verlas; von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zeitung, Jahrgang Xll.

^f 69.

September 1854.

Museographisches : griechische Vasenbilder (kaiserliche Sammlung zu Wien; Lindenau's Sammlung zu Altenburg).

Neue Srhriften.

I. Museographisches.

Griechische Vasenbilder.

1. Kaiserliche Sammlung' zu Wien.

Ans Laborde's schön ausgestattetem Prachtwerk der Vasen des Grafen von Lamberg, aus Arneth's Verzeichniss der hauptsächlich daraus und aus der Rainerschen Samm- lung gebildeten VasenschJitze kaiserlichen Besitzes zu Wien, und neuerdings noch aus den unsern Lesern [oben S. 443 ff.] bekannten Bemerkungen, welclie Otto Jahn mit gewohnter Einsieht an jenes A'erzeichniss knüjjfte, darf jene ansehn- liche Sammlung griechischer Thongefiisse , die ;ilteste welche aus Kunstwerken dieser Gattung in Deutschland gegründet ward, im Ganzen fiir wohl bekannt gelten. Da jedoch die Bekanntschaft vieler einzelner Stücke einer Sammlung noch nicht genügt um denjenigen, welche sie nicht sahen, einen genügenden Massstab für deren allge- meine Kenntniss und Werthsch.'itzung zu gewJihren, so dürfte der Versuch, auch von dieser Sammlung, in ähn- licher Weise wie es vor einiger Zeit fiir die Sammlung zu München (A. Anz. 1852 no. 47) von mis geschah, eine nach den Verschiedenlieiten in Styl GefÜssform und Darstellung geordnete Uebersicht dortiger Hauptstücke hieniichst zu- sammenzudrjingen, gleichfalls an seiner Stelle sein. Da die Wiener Sammlung seit den in Etrurien erfolgten Ausgra- bimgen keinen neuen Zuwachs erhielt, so kann es nicht fehlen, dass in Betreff der .'ilteren Kunstepochen ihr Vasenbesitz nur sehr mjissig erscheint; anderseits aber ist es der Mühe werth sich des Reichthums bewusst zu werden, welchen dieselbe Sammlung, ihrem ins vorige .Jahrhundert rückweisenden Ursprung gemäss, in einem jetzt kaum noch erreichbaren Grade für die vollendetste Kunstperiode der unteritalischen Gefiissmalerei darzubie- ten vermag. Dieses Sachverhältniss im Einzelnen zu er- örtern, und bei diesem Anlass die wichtigsten Stücke der Sammlung erneiiter Beachtung anzuempfehlen, ist mithin zunächst unsre Absicht.

I. Indem wir nun zu solchem Behuf zuvörderst der archaischen Vasenbilder gedenken, deren alterthüm- lichster, in l)raunen Figuren auf gelbem Grund augen- ffiUiger, Bestand in genügenden Exemplaren vertreten ist, ohne besonders merkwürdige Einzelheiten darzubieten,

gehn wir sofort zu Erwägung des altattischen Vasenstyls mit schwarzen Figuren über. Hier gibt die verhältniss- mässig frühe Entstehung der Wiener Vasensammlung zu- nächst in dem Umstand sich zu erkennen, dass von den aus Etrurien so häufig zum Vorschein gekommenen grossen dreihenkligen Hydrien mit schlankem Hals kein ein- ziges Exemplar hier gefunden wird *), dagegen es an mancher ansehnlichen Amphora der älteren, sogenann- ten tyrrhenischen, Form auch unter den Lambergscheu Vorräthen keineswegs fehlt; dieses zu neuem Beleg wie auch den unteritalischen, namentlich kampanischen, Grä- berfunden, aus denen jene Sammlung gebildet wurde, neben der weit überwiegenden Menge von Vasenbildern gefiiUigster Art der Archaismus dieser Kunstgattung nichts weniger als fremd war. Hauptsächlich sind in solchem Be- zug das in Arneths Verzeichniss unter IV, 3. E 102 er- wähnte j)aiiat7icn(usc/ie Preisgefäss und die ebendaselbst IV, 2. C 61 (Lab. I, 2. 3) erw;ihnte, 2^ Palmen hohe, tyr- rhenische Amphora zu nennen, auf welcher einerseits ein figu- renreicher 'Auszug des Memnon ', andererseits eine Quadriga mit sieben, zum Theil weiblichen, Figuren dargestellt ist. Ob das durch archaische Roheit auffällige, ähnlich ge- formte, Gefäss mit einem eigenthündieh dargestellten (vgl. Jahn) Kentaurenkampf (R. palästrisch. Arneth V, 6. E 217) das demselben beigelegte sehr hohe Alterthum wirklich beanspruchen dürfe, steht zu bezweifeln. Aus sonstigen archaischen Am])horen derselben Sammlung sind die Darstellungen des Hcralihs als Kitharöd zwischen Pallas und Hermes (V, 4. E 1.39. Laborde H, 7), Dionysos zwischen zwei knieenden Satyrn, die auf ihren Schultern je eine Bacchantin tragen (Arneth IV, 3. B 94), und eine RückfTihrung des Hcplwstos (Arneth V, 5. E 178. Laborde I, 52. Etwa 2i Palm hoch) beachtenswerth. Eigenthündieh ist die Darstellung des Silens, der vor einem Greif tanzt (Jahn zu H, 3. E 123). Eine Darstellung der Trodos- sage ist aus Laborde (II, 10, 7. Arneth V, 3. B 79 vgl. Jahn) bekannt. Angeblich fünf Helden t)or Theben stellt

*) Pie von Jahn zu 111, 3. C 262 (Sntijr, lasen-, vor einer (Junihiiid) und IV, 1. B 29 {Tijdeus und Ismene) bemerkten archai- schen Hjdrieii sind, wenn ich nicht irre, von der gedrückten Foini, die ich conventioneil als Kalpis zu bezeicknen pllege.

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die im Verzeichniss V, 4. E 143. 2\ Palm) beschriebene Amphora dar; verwandter Darstellung ist das ähnliche Gef;iss, dessen sechs im Wettlauf begriifene Reiter auf eme Todtenfeier gedeutet werden (Arneth V, 5. E 182). Auch eine ylfcsc/iiedssceiie gehört hielier, die aufOdvsseus und Telemach gedeutet wird (Arneth V, 8. B 2G5. Hand- schlag eines Graukopfs und eines gerüsteten Jiuigluigs mit Hund). Bekannt und beachteuswerth sind überdies zwei kleine Amphoren von anziehender Darstellung, eine der Artemis siegreichen Kampf gegen den Giganten Otos darstellend (IV, 2. B 46. Laborde I, p. XTV), und eine andre, in deren von !Mond- oder Sonuenscheibe überragter Wagenlenkung (Arneth IV, 5. B 171. Abg. bei Laborde H als Titelvignette) die Monägött in vorausgesetzt wird, ob- wohl deren nicht weissgefiirbtes Gesicht dieser Ansicht entgegensteht.

Einen seltenen Reichtlium besitzt die Wiener Samm- lung an archaisch bemalten Lekythen von der ansehn- lichen Grösse eines Palmen und darüber, wie solche auch sonst hie und da, hau])ts;lchlich aus den kampanischen Funden von Nola oder aus den sicilischen von Gela be- kannt sind. Von darauf befindlichen anziehenden Geftiss- bildem steht obenan ein figurenreicher apoUinisch-bacchi- scher Festzug (II, 1. C 13. Laborde II, 19. 20. Nach Arneth ein Trauerzug Khtämnestra's) ; sehr eigenthümlich ist auch die Zusammenstellung der drei Köpfe von Pallas Herakles und Ajwll (II, 1. C 12. Laborde II, p. 31 vign. 9- Vgl. die drei Köpfe II, 23), woneben als Lekythosbild (? Arneth II, 1. A 5.) die Darstellung des von Pallas be- gleiteten Kitharöden Herakles zu erwälinen ist. Ferner sind zu erwähnen: Triinn mit Nebenfiguren (Jahn zu V, 3. D 94), Herakles mit 'Nereus'oder Triton ringend (IV, 2. E 77), Herakles als firei/Kssr.-iuber (II, 3. C 102), He- rakles im jLöwenkampf (II, 1. D 24), Herakles mit dem Eber, Eurystheus im Fass (IV, 2. A40, Herakles flötend (II, 3. C 101. Laborde II, 162), Jmfcojioikmnpf mit Schrift- zügen (II, 3 no. 89. Labordell, 17), zwei Kentauren aus einem Fass schöpfend (TV, 5. A 165), Theseus als Stier- bändiger (II, 1. C 14; Laborde II, 22), Achill und Memnon, über ^Vntilochos kämpfend (II, 1. C 15. Labordell, 13), .\chill und Penllwsdea (? II, 3. D 112. Im Ganzen sieben Figuren, darunter Automedon zu \^^■lgen und eine gefallene Amazone erkannt wird; vgl. jedoch Jahn's Beschreibung). Daneben fehlt es nicht an sonstigen K.-impfergruppen (Arneth I. D 22 und 23), wie auch die Darstellung zwei als Dioskuren gedeuteter Jäger, neben denen man zwei Kaninchen bemerkt (II, 3. C 98. Laborde H, 18. II Palm) zu erwähnen ist. Auf andern Lekvtlien sind anziehende Dionysiaka vorzufinden; so ein baccUiscker Götterziig, he- stehend aus Dionysos mit TrinkJiorn , Kora verschleiert die eine Blume hält, Apoll mit Kithar, noch einer ver- schleierten Göttin mit zierlicher Gewaiulliebung mitten in Zweigen (etwa Artemis), Hermes rückblickend und ihm gegenüber eine gleichfalls verschleierte Frau (Demeter?) mit zierlich vorn gehobenem Gewand. In eigenthümlicher

Umgebung von Bacchantinnen, in deren Händen man Hydrien ThjTseu oder Schlangen bemerkt, ist Dionysos in dem von Arneth H, 3. C 100 beschriebenen Gefiiss dar- gestellt, dessen Zeichnung Jahn 'sehr alterthümlich ' (?) fand. Wieder ein anderes Lekythosbild zeigt Bacchantinnen auf Stieren sitzend (H, 3 no. 87. Laborde I, 77) ; noch ein andres einen Silen in lasciver Begegnung mit einem Reh. Ein zweites Reh springt linkshin zur Seite, auf dem Boden liegt eine Amphora (II, 1. E 49). Auch an agouistischen Darstellungen fehlt es diesen Lekytheu nicht ; es gehört dahin ein auf Erichthonios als Gründer der Panathenäen gedeuteter Wagenlenher (II, 3. C 103).

Von archaisch bemalten Schalen ist hier wenig vor- zufinden und um so weniger die bei Laborde I, 70 mit bacchischen Figuren zwischen Thieraugen verzierte zu übersehen; desgleichen verdient das archaische Bild von Hahn und Henne innerhalb einer tiefen Schale (II, 1. C 629. Laborde I, p. 83) Erwähnung.

IL GetTisse kam panischen Styls finden in den aus Nola vielbekanuten Formen der dreihenkligen Kalpis mit gedrücktem Hals oder der schlanken, mit wenig Fi- guren aufleuchtend gefirnisstem Grund versehenen,Amphora in nicht wenigen schönen Exemjilaren hier sich vor. Als Ge- fässijildcr jener dreihenkligen Form verdienen die Dar- stellungen von Demeter Triptolemos und Kora (III, 4. C 263), das 'ausserordentlich schöne' Bild einer Pallas, die fast unbewaffnet zwischen zwei o])fernden Frauen steht (Arneth V, 6. C 210. Vgl. Jahn; 2} Palm), die von Hermes gefi'ihrte Quadriga der Pallas oder Iris (Arneth S. 24. IV, 5. C 189. 1 Palm. Laborde I, 84), wie auch eins der auf Tydeus und Ismene gedeuteten Bilder (IV, 1. D 29. 1 Palm), hervorgehoben zu werden. Frauenleben ist bei gleicher Gefässform in einem von Eros besuchten Frauenbad (IV, 5. C 203. 1 Palm) und in einem von Arneth niilier beschriebenen Hochzeitsbild (V, 7. D 246. 2 Palm), palüstrisches in der Gruj)j)e zweier Epheben dargestellt, zwischen denen am Boden ein Skyphos bemerkt wird (HI, 4. C267).

Unter den nolanischen Amphoren steht obenan die durch Grösse (2i Palm) und Schönheit ausgezeichnete, auf welcher, nicht überzeugend, einerseits der amyklä- ische Apoll, anderseits Artemis als Leukophrync erkannt wird (Arneth S. 22. IV, 3. C 142. Laborde I, 81). Eben- falls auf schönen nolanischen Amjthoren finden sich Zeus und Ganymedes (IV, 1. D 34. Hahn), Eos und Kejihalos (III, 2. E 74. R. Ephebe), Nike eine Leier für Timonides reichend (TV, 2. E 78), Dionysos als Gegenbild eines Satyrs (IV, 2. E72; schön), auch eine Pallasgcburt (IV, 3. C 97. Laborde I, 82), Theseus und Minotuur (IV, 1. B 13), Menelaos und Helena (IV, 3. E 114. Labordell, 34), Achill und Thetis (R. Herakles mit dem Löwen. IV, 1. I). 64. Laborde I, 93), als/lc/ii(/ auch ein nackter Jüng- ling (r\', 1. D 38) als Gegenljild eines gerüsteten, sich vor. Andre schöne Amphoren tragen bacchische Bilder, Dionysos und einen Satyr (Jahn zu IV, 1. E 72) oder

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sonstige Grii|)iKn des Thiasos (Jahn zu IV, 3. C 08. V, 5. D 282 und 284), an sich ; seltsam ist die Darstellung eines kaum vcrkennbarcn Silcns ('Barbar 'V, (i. B 180, vgl. Jahn a. O. S. Abi. R. weibliclie Figiu) mit krmmiicm Messer. Gleichfalls hieher gehört das palfistrische Bild des Eros initer welchem ein Hiise Ijiuft, einem Eiiheben iin Gegen - bild gegeniiber (Arnetli TV, 4. D 147, vgl. Jahn S. 448), und das auf Frauenleben bezügliche eines Miidchens niil einer Gans (IV, 4. D 14.")). Zwei andre Vascubilder von miissiger Grösse gehören der .-ihnlichen gemeinhin als Pelike benannten Gefilssforni an: eben ein solches Ge- f-iss steht auf dem Boden vor einem sitzenden Mann und einem daneben stehenden Ephel^en (V, 2. A oö. R. zwei Mantelfiguren) ; auf einer zweiten Vase von gleicher Fonn ist ein Eberhtm])f abgeljildct, der auf Meleager oder Adonis gedeutet wird {IV, 4. D 140. R. Erhebe). Be- sonilers gefiillig ist in dieser Form auch das Bild der Sleijsgöltin, die einem Jüngling einen hohen Ilelni auf- setzt (V, 2. B4,5. Labordeil, 20, 3).

III. Am reichsten und ma:iniigfaltigsten aber ist der Lamberg - Rainersche Vasenvorrath in Gefiissen der spä- teren unteritalischen Fabriken. Von GefÜssen drei- henkliger Ilydrienform mögen vielleicht einige der vor- her als kampanisch genannten hieher gehören; ausserdem ist ein und das andre Mysterienbild von sp;iter, vermuth- lich lukanischer, Fabrik so geformt: so die vom Kopf eines Dioskxren und einer vernnithlichen Kora cingefasste Mysterienscene bei Laborde II, 1. 2, und so auch das Bild eines auf einer Siiule sitzenden Flügelknaben ('Genius'), der einem Epheben eine Gaus reicht (III, 2 no. 157. La- borde ü, 3).

Von den An) p boren jüngerer Fabrik ist, bei m.-issiger Grösse des Gefisses (II, 2. D 60), das von Weleker auf Antiopes Hochzeil mit Theseus gedeutete GefJissbild (Mon. d. Inst. IV, 43. Wk. Denkm. III, 3.50, vgl. Jahn a. O. 'Lekythos') obenanzustellen. N;tchstdem ist die 'präch- tige', obwohl aus sp.'iter Fal)rik herrührende Inschriftvase mit dem KassaiiJrabild (Kiaavd^u. TV, 3. C 100. 3 P. Laborde II, 24. Müller Denkm. I, 1, 7. Arch. Ztg. 1848. Taf XIII, C. R. palMstrisch. Am Hals je eine bacchisehe Figur) zu erw.-ihnen; iTir gewöhnlicher darf eine zwar grössere Amphora mit Gorgonenhenkeln gelten, deren Heroon in seinem Innern einen Helden neben seiner Rüstung zeigt (II, 2. C 60). Eine kleinere Auij)hora, gleich- falls von lukanischer Technik, eine Aphrodite mil einem Scliwan darstellend, ist wegen der am Hals des Gewisses dargestellten Sirene mit Jungfrauleib beachtenswerth (IV, 3. ClOO. l^Palm).

Zaldreich und auserwjiblt aber ist hier insonderheit die Reihe der als Krater und Kelebe, oder auch mit dem ganirbaren Namen O.wbaphon zu bezeichnenden Mi selige - fjisse, deren vorzügliciiste Darstellungen wir hien.'lchst kurz angcljcn wollen. Als Götterbilder gehören hieher: Po.?(;irJoii den Giganten F.phidltes bek.-impfend (mit Inschr. R. Herakles im Löwenkampf. 'Priichtige' Kelebe. IV, 2.

D 67. Laborde I, 41. Jahn a. O. S. 447), Trlptoletnos zwischen Demeter und Kora (Kelebe R^, 1. C 22, 2 P.), ApoU stehend neben zwei sitzenden Musen (Terpsiehore mit Kithar, Euterpe mit Flöten. Krater 2 P. IV, 2. E 76. Ann. d. Inst. XXIV, 202 f), Pallas die flötende Euterpe anhörend, darüber ein Votivfempel (Krater IV, 3. D 105. Laborde I p. 7), ebenfalls Pallas auf einem Altar sitzend zwischen zwei Franengestalten (II, 2. A 46. 2', Palm, roh) ; endlich das vermnthlich ans S. Agata de' Goti herrührende Geßissbild einer in Götterumgebung vom Schwan gehobe- nen Frau, bei welcher an Hehma's oder auch Aphroditens ^'e^hcrrlichung gedacht wird (Aructh S. 25. V, 3. A 70. Laborde I, 27. Jahn Ann. d. Inst. XVII, 367 fr. R. Ephebe mit Striegel). Unter den zahlreichen bacchischen Dar- stellungen ist eine bei Laborde (I, 40) missverstandene Riidßhniun des llephiistos (Krater V, 4. C 122. 24 Palm) und die durch reiches Personal der Silene Oenos und Komos wie auch der Hören und Bacchantinnen (Oenanthe, auch ich las Aivurtt^ij, u. a. m. V, 5. A 160. Laborde I, 65. Jahn Arch. Anz. a. O. S. 451) obenanzustellen; vor- züglich ist auch das ebenfalls mit dem Silensnamen ^Hdi'ntvoQ bezeichnete Bacchanal bei Laborde I, 64 (Ameth V, 5. A 147. 2 Palm). Weniger lobenswerth ist das auf Dionysos und Ariudnens Hochzeit gedeutete Bild eines Kraters von spütcr Fabrik (IV, 2. A41. 1| Palm) und die etwa als Ariadne Eros und Silen zu benennende Grup- f)irung eines von Jahn genau beschriebnen Kraters (V, 4. D 132. Jahn a. O. S. 450). Als ein ' sehr schönes ' Bacchanal wird auch von Jahn (a. O. S. 447 'Amphora') das Bild der im Verzeichniss unter IV, 3. C 08 erwiihnten Kelebe hervorgehoben. Beachtenswerth ist auch der Krater, auf welchem Dionysos einen Satyr aus einem Schlauch ein- giesst (V, 1. A4. „Jtövvnoc;'"'',). EigenthihnHch ist ferner ein Krater (V, 2. E 64. Laborde 1, 61. 1\ Palm. R. Mantel- figuren) mit hacchischem Zug, aus dem eine l/indliche ithyphallische Herme hervortritt, links ein Satyr mit Hörn, rechts eine Frau mit Thyrsns; eine Herme, von einem Jüngling und einem schwebenden Eros umgeben, ist noch auf einem andern Krater (IH, 1. Bll. R. Mantelfiguren, eine mit Striegel) vorzufinden. Hinsichtlieh der Herme noch' eigenthüudicher ist endlich die .-ihnliche Versamm- lung, welche auf einem ganz jihnlichen Geßiss um eine weiss gemalte weibliche Herme mit darauf angegebenem Heroldstab, doch wohl einen Hermiiphrodilos, versannnelt ist (V, 4. A 106. Jahn a. O. S. 450). Ausserdem gehört hieher noch der von Arneth zu V, 3. E 1(X) näher be- schriebene bacchisehe Krater; auch ist zu bemerken, dass ein andres Gefiiss dieser Form zwischen zwei bacchischen Figuren einen ähnlich geformten bemalten Krater zeigt (Oxyba{)hon IV, 1. A 26). Von heroischen Darstellungen .-ihnlicher Mischgefässe sind zu erwähnen : der Lapithen- uud 7<t'jit((iireiikampf einer schlanken Kelebe (V,l. C 18. 2' Palm), so wie der ähnliche Kampf, der auf einem Ge- f;isse derselben F'orm als Peletis im Kentaurenkampfe für 'Nestor' (? IV, 4. C 140. 2 P. Laborde I, 38. R. zwei

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Mantcltiguren) bezeichnet wird; ferner die Apotheose des von Xilce auf Siegeswagen geführten, vom voraneilenden Hermes verkündeten HeruhJes (Krater V, 3. A 68. La- horde I, 75. Arneth S. 259. Fabrik von S. Agata de' Goti) und die in iihnhchem Sinn dargestellte, vom Dreifuss über- ragte, Götterversammlung, in deren Mitte Herakles sitzt (V, 5. C 163. LabordeH, 34). Der 'ungemein schönen', auf Aethra die dem mit 'Phorbas' ausziehenden Thesnus libirt [Aegeus, Theseus, Aethra? Laborde I, 21, 1] bezoge- nen, Kelebe mit schwarzen Thierfigureu am oberen Band {IV, 3. C 102. 2 Palm) kann eine Gruppe des Theseus mid Prohnistes (nicht Sinis : HI, 2. A 72. Oxybaphon) an- gereiht werden. Schätzbar ist ferner mehr denn Ein dem homerischen Sagenkreis geltendes Bild. Nicht sehr sicher wird der sogenannte ' t7li/ss bei Autol ykos ' (FV, 3. E 116. l^Palni. Laborde I, 22) dahin gerechnet, sicherer das von Jahn für Odysseus und Iros erkannte Bild (FV, 5. C 194. Kelebe 2 Palm) und das mehrbesprochene OresJcsbild (X, 1. C 16. R. Mantelfiguren. Laborde I, 14. Mon. d. Inst. III, 43. Auch von Birch behandelt) eines auch laut ein- geritzter Inschrift am Boden des GefVisses (Kquiiij) so zu bezeichnenden Kraters. Ebenfalls auf Orest, der mit Ijihi- genia, wie Pylades mit Thoas, spreche, ist die schöne Li- bationsscene eines andern (Arneth V, 4. C 119. S. 26), neuerdings von Jahn (a. O. S. 450) genau beschriebenen, Kraters gedeutet worden. Weniger Werth ist auf die ziemlich rohe Zeichnung zweier zum Kampf ausziehenden Reiter (V, 2. C 57. 'Dioskuren'; mit Tischbeinscher Zeichnung von Jahn besprochen) zu legen. Aus dem Gebiete des Alltagslebens sind auf Mischgefiissen derselben Sammlung Reiterprohen (Krater IV, 4. D 157. 1^ Palm. Aus Bari, schön), livlriinziniym (Krater V, 2. A 36 durch eine ungeflügelte ' Nike '), Libdtions- und Erapfangsscenen (Krater V, 1. A 2. 1^ Palm. Krieger von einem König empfangen), noch hJiufiger Symposien (Krater V, 2. C 53. 57. V, 5. A 145) vorzufinden. Die angebliche 'Koraö- dienscene ' einer ansehnlichen Kelebe (IV, 4. C 144. La- borde I, 37. Wieseler Denkm. II, 618. Schwarze Thierfi- gureu am Rand. R. Mantelfiguren) stellt eine Kithurspic- lerin in Umgebung zwei weibisch tnit Haube bekleideter bl-irtiger Männer dar, deren einer eine Schale h.-ilt, der Hand des andern mag ein gefalteter Schirm zu erkennen sein; auf einem andern .■Ihnlichen Gef;iss finden auch zwei wirkliche Komiker (Oxybaphon III, 4. A 176) sich vor. Noch ein 'schöner' Krater enthJllt das J\fj/s{(!ricHbild eines auf einer Simle sitzenden beflügelten Dämons (V, 4. D 141. Laborde I p. 67. 2} Palm ; die Figuren zum Theil weiss); gewiss aber gehört die, durch einen gelehrten Witz des Labordeschen Textes auf mystische Schlägerei (wie am delischen Altar) gedeutete schöne Kelebe (IV, 5. C 190. Laborde I, 36) nicht hieher, in welcher vielmehr nur ein Zug zechender Jünglinge zu erkennen ist, welche in Be- gleitiuig eines Kitharöden ihre StJibe schwingen. Noch verdient auch die hochzeilliche Darstellung eines brennen- den .Utars hier erwiihnt zu werden, den links eine Jung-

frau mit Krug, rechts ein Jüngling mit Schale und Zweig umgibt (Oxybaphon III, 4. A 244), und auch die palJistri- sche eines Ephehen mit Boclisgespunn (Oxybaphon III, 1. C 23. Jahn a. O. S. 446) verdienen aus ähnlichen Ge- fiissen erwjihnt zu werden.

Bei dieser Aufzählung vorzüglicher Mischgefässe der Wiener Sammlung war momentan ein riesiges und schönes Gefäss dieser Art uns entgangen, welches bei verhjiltniss- mässigcm Durchmesser eine Höhe von fast vier Palmen erreicht (Oxybaphon: Arneth S. 18. no. 158); aber auch die im fünften Schranke der Sannnlung zusannnengestellten zahlreichen Gef/isse derselben Art bleiben uns nachzuholen. Es ist dort mehr denn Ein in diesen Blättern ausfiihrlicher Iiehandeltes Gefiissbild vorzufinden: so der von Blitz und Donner begleitete Sonnenwagen (Helios Atabyrios nach Panofka, Areh. Zeitg. 1848. Taf. XX. Vgl. Arneth V, 8. A 289). Sodann ist eben dort auch das vielbesprochene Argonautenopfer, für die Göttin Chryse durch Herakles und durch lason (Iohov las ich dort deutlich; Jahn las loi(ui'i) vollführt, zu sehen (Krater V, 8. C 276. Areh. Ztg. 1845 Tf XXXV), ferner das neuKch in diesen Blättern (Taf LX\1) durch Jahn erläuterte JWerojiebild einer schö- nen Kelebe (V, 7. 2 Palm hoch) wie auch das ebenfalls von uns veröfl'entlichte r;ithselhafte Antiopchüd [AvnnnTj. Skyphos in, 2. E 125. Denkm. u. Forsch. Taf. LVII); eben dort steht auch der schöne und grosse Krater mit einem ans fünfzehn Figuren bestehenden Kc/ifawrenkampfj unter dessen Kämpfern Peirilhoos {UtQiS^og) durch In- schrift hervorgehoben ist, und mit der Darstellung des .^niyiuoncmythos (y4jiivf.iiot'i) in einer unteren Reihe (Krater V, 5. C 166. Laborde I, 25. 26). Aus dem trojanischen Sagenkreis erscheinen auf andern Gewissen die Verfolgung des Troilos durch Achill (R. Bacchischcr Tanz. Schöner Krater V, 7. A 225. Laborde I, 18, 1), die Besänftigung des Achill dnrch Pallas und Hermes (Krater: Arneth zu V, S. B 272. Laborde I, 60), nächstdem ein am Omphalos schutzflehender Oresl (Krater -} Palm hoch V, 8. D 243. Furie) ; irrig ist das seiner Auslegung noch gew;irtige, bei Laborde auf Iris die den Rektor vom Kampf abrufe ge- deutete, Vasenbild (Krater V, 6. A 184. 2 Palm. Laborde 1, 85 zugleich mit der Deutung unverkennbarer Preisgefiisse auf Regenwasscr). Eine Amazone trifft man im Kampfe mit zwei Ariniaspen (Krater V, 6. D 212). Als bacchi- sche Darstellungen sind ferner zu erwähnen: Dionysos Ariadncn libirend in bacchiseher Umgebung (Krater V, 6. C 205. IJ Palm, flötender Silen), mehr denn Eine buc- cliische Hochzeit (Krater V, 5. ('199. 1| Palm. Laborde I, 56, roh) und eine von Arneth genauer beschriebene (Krater V, 7. A 223. If Palm), deren Zeichnung jedoch ebenfalls roh ist; der schöne Zug sehwärmender Jünglinge um das von einer 'geflügelten Hierophantin' vollflhrte Slieropfer (Krater V, 5. A 186. Laborde I, 78); der dnrch Schuukel- seeuen und andre Besonderheiten 'berühmte', reichhaltige imd zierliche hacchische Tanz (Krater V, 7. C 242. 1|P.), noch ein ans Laborde II, 4 bekiinnter bacchiseher Taiu

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(Krater V, 5. D 1G9. li Palm, ziemlich roh), und ein anderer mit bekränzendem Mysteriendjimon (Krater V, 8. A257), wie a\ich ein die Dioshuren einschliessendes (Krater V, 8. C 274. 2 Palm) und durch Laborde (I, 28) bekanntes Mysterieiibild. Von Seeneu des Alltagslebens ist noch ein und das andere Gel';iss mit Komikern (weiss und gelb gefv-irbt: Krater V,5. Laborde I p..67. 2iPalm. Oxvbaphon, zwei Komiker III, 3. A 176 s. Jahn) nachzuholen. Ein schönes j)al.-lstrisches Gefiissbild j)al;lstrischer Spiele ist das von Arncth (S. 29) näher beschriebene, welches die Inschriften Noi inid Nnvng an sich trägt (Krater V, 7. C238. If Palm. Trochos, Thlerschweif) ; beachtenswerth ist aiu'h ein anderes, worin zunächst die S)irii\(jgewichl(! auffidlig siiul (Krater V, 5. D 153. 1^ Palm. Laborde I, 7) und das von Jahn (zu V, 2. D 57) beschriebne zwei ge- rüsteter Jünglinge, von denen der eine einen Sjiitzhut mit Mondsichel trägt, ohne dass (zumal in Ermangelung der Rosse) mit Wahrscheinlichkeit an Dioshuren sich denken Hesse. Das letztgedachte Gefäss ist, wie auch fiir andre von Jahn genauer beschriebene der Wiener Sammlung der Fall ist, in einer der Zeichnungen abgebildet, welche zum nie- mals erschienenen fiint'ten Band des Tischbeinschen Vasen- werks bestimmt waren und aus den davon noch vorhan- denen Probedrucken innnerhin zur Veröffentlichung, wäre es auch in verkleinertem !Massstab, noch jetzt grossen- theiles geeignet sein würden.

Unter den zum Theil ansehnlichen Krügen dieser Sammlung ist nach Grösse und Eigenthündichkeit das durch mehrere Kcryken ausgezeichnete Iloclizcitsbild der bei Laborde II, 4 abgel)ildeten Oenochoe (V, 5. D 171. 2 Palm), nach Grösse und Abbildung auch die figuren- reiche, übrigens rohe, Mi/sfcrieüsccne einer Oenochoe von lukanischer Fabrik hier voranzustellen (III, 2. C 98. La- borde II, 18). Anziehend ist auf einer andern Oenochoe (V, 5. E 177. 1.1 Palm. Laborde 11, 40, 24) der einem jungen Mann oder wahrscheinlicher ehier Frau ertheilte Unlerridii im Waffcnlanz. Ebenfalls auf Gefiissen der Krugform ist das palästrische Bild eines Jinigllnges mit einem Hunde (III, 2. E 134) und das auf m3'stischen Frauendienst bezügliche eines Wasserbeckens, auf dem eine Frau sitzt (III, 2. F 143), zu bemerken.

Endlich verdienen noch manche andere kleine Ge- tässe von verschiedener Form hier Erwähnung. Ein zier- licher Skyphos zeigt auf einem Scliwan einen Ephehen, als Gegenbild ist der Liebesgott dargestellt (II, 3. B 95. vgl. Jahn a. O. S. 445) ; ein ansehnlicher Lek\ thos seheint des Theseus Unterhandlung mit Antinpe über den Ver- rath von Themiskyra darzustellen (III, 1. A 5. ^■gl. Jahn a. O. S. 446), und auch ein roher ArybuUos von lukani- scher Fabrik darf wegen seiner durch Abbililtnig (Lal)orde I, 47) bekannten Darstellung eines Ballspiels dem Eros bei- wohnt (III, 3. C 196) hier nicht übergangen werden. In Betreff eines jilinlich geformten zierlichen GetTisses mit blondem Frauenko|)f (Abg. bei Laborde II, 46. 39) steht

kleineren Gefössen ist ein durch die Gestalt eines Komi- kers gebildeter zierlicher Krug {TV, 5. C 196), eme als Satyrkopf gebildete Amphora (V, 1. C 15. vgl. Arneth S. 24. Jahn S. 449), ferner ein Rhyton mit Silen und dem Bacchuskind (IV, 3. D 108) zu beachten.

Eigenthümlich sind auch vier schwärzliche, zum Thcil ungewöhnlich grosse, GefÜsse der besonders aus den Rheinlanden bekannten Art mit römischen Inschrif- ten (Arneth S. 10); man liest auf den beiden grösseren Bihumus pie (III, no. 167. S. 19. Ij Palm) und Arno te Condite (ebd. 166. If Palm), auf einem kleineren (ebil. 164. I Palm) Calo; aus einem vierten, welches nicht zur Hand war, wird Blisce angeftihrt.

An vorzüglichen Schalen ist die Wiener Sanunlung weniger reich. Mehrere hübsche palästrische oder hoch- zeitliche Bilder dieser Gefässform hat Jahn hervorgehoben (zu II, 3. D 115 ^ivotg, ebd. 118. Jüngling und Kithari.stria , ebd. 128. Triskeles , II, 1. U 28 Eros über vier Frauen). Als anziehende Innenbilder von drei derselben werden Apoll auf einem Greif, Artemis auf emer Hindin, eine Bacchantin an einem Stier schwebend, von Arneth (II, 3. C 105. 109. 107) hervorgehoben ; auch eine Replik des Abenteuers von Theseus imd Skiron (H, 2. D 71 ; ohne Schildkröte und doch wol auch ohne Inschrift, aussen roh palästrisch) verdient Beachtung. Eline Schale mit dreifacher Darstellung gastlichen Lagers, innen Jüng- ling und Mädchen unter gemeinsamer Decke darstellend, hat Jahn nachgewiesen (a. O. S. 444 zu Arneth H, 2. C 50. Aehnlicli ebd. no. 53), wie auch ein andres, etwa auf Pari.« und Oenone zu deutendes, Bild einer ähnlichen Schale von ihm beschrieben ist (Jahn a. O. S. 444 zu II, 2. D 67). Auffallend ist auf einer andern, deren bacchi- sche Darstellung aus Laborde (H, Suppl. pl. 3. 4. Arneth II, \. E 58), nur im Styl nicht getreu, bekannt ist, die Aehnlichkeit des dort befolgten Vasenstjls mit den Zeicli- nungen ähnlicher erst aus den etruskischen Funden her- vorgegangenen Schalen. Unerheblich dagegen sind die aus Hadria hier vorhandenen Gef;issscherben (II. D 27).

Indem wir, neulichen Wiederbesuchs dieser reichhal- tigen Sanunlung dankbar eingedenk, zugleich auch die viel- bewährte Gefälligkeit ihres verdienten Vorstehers von neuem und aufs dankbarste zu rühmen haben, dürfen wir, bei Hrn. Arneth's unermüdlicher Thätigkeit, wol auch die zuver- sichtliche Hoffnung hegen, dass bei fortschreitender Erweite- rung seiner museographischen Verzeichnisse der hier nur in flüchtigem Ueberblick geschilderte Vasenvorrath einer noch mehr ins Einzelne gehenden Beschreibung gewärtig sein könne. E. G,

2. Liiidenau's Sammlung zu Allenburg.

Vorstehendem Ueberblick des so gewählten als reichen Inlialtes der kaiserlichen Vasensammlnng zu Wien mag eine uugef)ihre Notiz über den geringeren, aber gleich-

dessen Vergoldung zu bezweifeln. Von noch anderen artigen Kunstbesitz zur Seite gehn, der neulich zu Alten-

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bürg, liei Bescliauung der unseni Lesern im Allge- meinen bekannten*) Samminngen des verstorbenen Staats- ininisters von Lindenan, nns überraschte. Nicht nnr dem durchgjingigen Hauptzweck des edlen Stifters, Kunst- freunden und Technikern Musterstückc antiker GeiViss- form und damit verknüpfter stylistischer Kuustiibung zu sammeln ist hier in reichem Masse genug gcthan; sondern es ist manches in solchem Sinne aus Rom und Neapel hieher gelangte Gefiiss auch für den Standpunkt des ArchJiologen beachtenswerth. So verdient imter diesem, bis jetzt der Rilnmlichkeit wegen geh,-iuftcn und schwer übersichtlichen, Vasenvorrath von mehreren hiuidert Stük- keu zuvörderst eine Anzahl von Gefiissen des von uns als korinthisch betrachteten jiltesten Styls (braune Fi- guren auf gell)em Grund) beachtet und unter denselben ein Bomhylios, ungefjihr einen Palmen hoch, hervorge- hoben zu werden, auf welchem die mit einem Schwane in jeder Hand versehene Flügelgestalt erscheint, die wir neulich (Denkm. u. Forsch, no. 49) in anderem Zusam- menhang als persische Artemis bezeichneten. Als GefJisse altattischen Styls und zugleich als Muster.stiicke einer erst seit den voleentischcn Ausgrabungen verbreiteten vorzüg- lich edlen Gefiissform, sind zwei Hydrien von ansehnlicher Grösse mit anziehenden GöHerzugvn zu erwühnen: ein- mal mit denen der delphischen, von Hermes und Poseidon begleiteten Gottheiten fäj Palm. Oben Herakles im Lö- wenkampf Vgl. Gerhard Auserl. Vas. I, 13), sodann mit den von zwei Frauenpaaren (vgl. Ghd. Vasenb. I, 31. 39) begleiteten Figuren des Dionysos Hermes und Apoll, oben eine Quadriga. Eine fanailienüisdie Amphora mittlerer Grösse zeigt zwischen den üblichen S.'iulcn und den als Symbolen des Kanij)fs darauf stehenden H.-ihnen die vor- kjimjjfende Pallas einerseits mit dem Schildsymbol eines Stierkopfs, anderseits mit dem an die Werkstatt von Kolias eriiniernden Schenkel (xwhir). Eine ansehnliche (2 Palm) Amphora zeigt den Löwenkampf des HerakJes im Beisein von Hermes und Pallas, anderseits einen gerüsteten Reiter; eine andre (H Palm) den Herakles der beim Kentauren Photos das Weinfass lüftet, worauf als Gegenbild der da- durch veranlasste Kamjjf der Kentauren erfolgt. Auch ein Dreifussruiih mit dem Gegenbild einer bacchischen Weinlese (vgl. Ghd. Vasenb. I, 1,5), beides auf einer an- sehnlichen tyrrhenischen Amphora, ist unter den archa- ischen Vasenbildern dieser Sammlung heiTorzuheben ; des- gleichen zwei kleinere Gewisse, die auf die Wegschaffung von Achills Leichnam durch Ajax (Briseis voran; ein Schütz und ein Alter [Paris und Priamos?] rechts neben- her; R. Theseus und Minotaur. An)phora 1 Palm] imd auf die Wiederbegegnung von Meneluos und Helena .sich beziehh (Oenochoe; als zweite Frauengcstalt ist etwa Aethra danel)en zu erkennen ; jederseits noch die Figur eines Alten).

') Ardi. Anz. 1851 S. 2, 12; 1852 S. 208. Vgl. Slurk im (leiUsdicn Kunstblau 18öO no. 52. (II. W. Schulz) Gypsabgiisse und Anliken der Lindenau'sclien Sammlung. 95 S. 8. (1852).

Als Gewisse kam panischen Styls machen haupt- s;ichlich eine und die andre Kalpis, eine mit einer Liha- tionsscene, eine andre mit hochzeilUcU versammelten Frauen, sich bemerklich. Dies letztere Gef;issbild, aus fünf Figuren bestehend in deren Mitte eine sitzende Kitharistria sich auszeichnet, und über den Henkeln mit schwebenden Liebesgöttern versehen, enth.'ilt auch mehrere Lischriften, ein K<tXog und KuX(, ein zweimaliges F.vdoga und noch einen andern, von Schulz KahtiQu gelesenen, aber auch als KulliQu oder xa).Xi7iu(iq?) allenfalls annehmlichen Namen. Auch an Schalen nolanischer oder volcentischer Art ist kein Mangel ; das Innenbild eines Jünglings, der seinen Schild in ein Gehäuse steckt, hat auch Schulz her- voreehoben. Ausserdem ist der Darstellung wegren das in Styl und Erhaltung sonst nicht vorzügliche Bild einer Schale zu bemerken, deren eine Aussenseite den Herakles zwei Kämpfer, etwa die Hippohoontiden, umfassend dar- stellt, während im Gegenbild vermuthlich die Entführung des Kerberos aus dem plutonischen Haus gemeint ist, ob- wohl sich Hades nur als unscheinbarer alter Mann und sein Höllenhund nur einköpfig sich kundgibt.

Die unteritalische Gefiissmalerei anschauhch zu machen ist in der Lindenauschen Sammlung zuvörderst durch eine plastische und farbige Kopie der Archemorosvase, dann aber auch durch eine mannigfaltige Anzahl grösserer GefÜsse gesorgt. Unter diesen bemerkt man mehrere an- sehnliche Amphoren mit Gorgonenhenkelu, denen die üb- lichen Grabdenkmäler und deren Feier zu bildlicher Zierde dienten: einmal erscheint in einem solchen Heroon ein gerüsteter Krieger, ein andermal eine Frau mit S])iegel, woneben als höheres Bild am Hals des Gefisses ein ge- flügelter Frauenkopf, etwa der Koro, gleichfalls mit einem Spiegel in der Hand, zu bemerken ist (R. Frauenkopf). Auf einer anderen Am])hora von stark bauchiger Form erbhckt mau ein sehr lebendiges liacchanul, in dessen Hintergrund aus der Höhe ein stark behörnter Pan be- merkt wird; auf einer etwa drei Palmen hohen apulischeu Oenochoe eine weibliche Fliigelgestalt, Nike oder wahr- scheinlicher Eos, auf einer Quadriga, woncben in einer unteren Reihe eine Flügelgestalt in üblicher Umgebung unteritalischen Mysterienwesens erscheint. Auf einer apu- lischeu Kelebe ist das Bad zweier Frauen neben dem durch einen Löwenkopf bezeichneten Brunnen, andrerseits das Gastlager eines Jünglings dargestellt, dem jederseits ein Bock zuspringt. An noch andern beachtenswerthen, grösseren oder kleineren, Gefiissen unteritalisehcr Fabrik ist kein Mangel.

Endlich fehlt es dort auch für die Kcramographie ])rovinzialer Thätigkeit nicht an Musterstücken, wie ilenn als wahrhaft efruskisch theils manches vorzügliche Ge- f;iss der mit Reliefs verzierten elusinischen Art ans durch- aus schwarzer Erde (darunter eine 2-j Palmen hohe 011a iiiif yepresslen Rc/ie/'-Darstellungen in mehreren Reihen), theils auch ein charakteristisches Exemplar etruskischer Gefiissmalerei dort vorhanden ist, nämlich ein Stamnos

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mit dem Bilde des ToJesschergen ClMron (durcli kari- kirtes Profil und durch Hammer unverkennljar) einer nackten Frau gegenüber; das Gegenbild zeigt einen Greif im Kampfe mit einer Amazone, die fiir den Augenblick durch das von iiir erhobene Schild geschützt wird. Noch ein Gcfiiss Jihnlicher Form zeichnet durch die zwiefache üenkelverzierung frei gearbeiteter Uippohampen sich aus. In der Gesanimtheit des nicht minder mannigfachen als auserlesenen Kunstbesitzes, dessen die Stadt Altenburg als eines in hohem Grad schätzbaren Vemiiiclitnisses sich gegenwärtig erfreut, nimmt jener durch obige Notizen etwas n.'iher bezeichnete Yasenvorrath nur die bescheidene Stelle ein, die auch aus der von den Herren von Quandt und von H. W. Schulz abgefassten, im Druck erschienenen und unsern Lesern bekaimten, Beschreibung der ganzen Sammlung hervorgeht. Originale und Nachbildungen ver- schiedenster Zeit und Kunst sind zugleich mit einer ge- wählten Kunstbibliothek dort zusammengereiht und dürfen, wo immer ein Anlass dazu sich bietet, nicht ohne dank- bare Anerkennung erwiihnt werden. Des Stifters Absicht, die Kunst aller Zeiten in entsprechenden Ur- oder Nach- bilderu unserer kuustempfiinglichen Zeit anschaulich und fruchtbar zu machen, zeigt in der Lindenauschen Samm- lung in einem Grad sich verfolgt und erreicht, wie es mancher in gleichem Sinn bei grösseren Mitteln bezweck- ten und fortgeführten Stiftimg nicht gleicherweise sich nachrühmen l;isst. Abgesehn von den, eines grösseren Publikums gewärtigen imd versicherten, Sch.'itzen der neueren Kunst, die in Originalgem.'ilden, Kopien berühm- ter Gemälde und Kupferstichen dort aufgehäuft sind, mag schliesslich ein Wort hier an seiner Stelle sein über den ausnehmenden Reichthum gewählter Gypsuhgiisse, nach Werken antiker sowohl als mittelalterlicher und moderner Sculptur. Die statuarischen und anaglyptischen Meister- werke, die man vor allen andern zu suchen gewohnt ist, wird man auch hier nicht leicht vermissen; ausserdem aber ist die assyrische Kunst durch Prachte.xemjilare ver- treten, wie Deutschland dermalen nur etwa noch im Ber- liner Museum sie aufweist, und unter den Meisterwerken

*) Es gehören dahin z. B. eine Hcihe alldorentinischer Originale, des Angelico da Fiesole, Gioltinu, Botticcili u. a. m., welche gegen- wärtig hei nnvernicidliih hoher Aiil'^lellung auch dem bewalTneten Auge kaum eine Idee ihres Werlhes zu gewäliren vermögen.

") Namenilich ist das mit kostliarom Besitz vorzugsweise iiber- fiillte Erdgeschoss, vermöge des höher liegenden (iartens, von dem

griechischer Kunst begegnet man (grossentheils durch Emil Brauns von Rom her beth.ätigte Mitwirkung) so sel- tenen Stücken wie die Giustinianische Vesta und wie die Köpfe der Kolosse von Montecavallo es sind. Dass neben solchen griechischen und assyrischen Kolossen die Be- schauer bis jetzt vergeblich einen Gesichtspunkt suchen ; dass die werthvollsten statuarischen Abgüsse grossentheils nur zusammengeschichtet, nicht eigentlich aufgestellt sind (in ganz ;ihiilichcm Uebelstand wie auch die vorher er- w.'ihnten Vasen einer genauen Besichtigung grossentheils sich entziehn und werthvollc Malerwerke*) in unerreichbarer Höhe dem Auge verschwinden) ; dass fi'ir den Reichthum gcsaiiniielter Gegenstände, bei deren Auswahl man nicht leicht etwas wird missen mögen, das jetzige Local, um es für mehr als ein Magazin gelten zu lassen, verdoppelt werden müsste , dieses und Aehnliches sind Erwägungen, welche beim Besttche der Lindenauschen Stiftung jedem Kunst- und Alterthumsfreund sich unwillkürlich aufdrän- gen, und am Orte dem jenes patriotische Vennächtaiss zur grössten Zierde dient, in der Hauptstadt eines kunst- liebcnden Fürsten und mitberathender, für den Aut- schwung von Kunst und Gewerbe bedachter, Landstjinde, ihrer grossmüthigen Beherzigung nicht werden verfehlen können. Leider macht, solche Ansprüche und Hoffiuingen aufs baldigste zu verwirklichen, nicht nur der Wunsch nach gesteigerter Zweckmässigkeit, sondern auch die Befürch- tung schwerer Einbusse sich nachdrücklichst geltend. Die durchgreifenden Beschlüsse und Aufopferiuigen, deren es, das Lindenausche Verinächtniss geniessbar zu machen, sehr augenlTillig bedarf, noch Jahr und Tag zu verzögern, würde man zwar, vielfachen guten Willens ungeachtet, der un- verkennbaren Schwierigkeit wegen vermuthlich nicht ab- geneigt sein; doch ist die Feuchtigkeit des dermaligen Lokals**), von welcher ein grosser Theil der schönen Sammlung bereits schwer bedroht ist, auf eine Weise ge- bietend, dass man, hier die im Sinn des Vermächtnisses wie des dadurch bereicherten Landes und Staates gleich uuabweisliche Hülfe zu schaffen, unmöglich noch länger wird anstehn können. E. G.

alle Feuchtigkeit in die Tiefe ablagert, dergestalt feucht, dass trotz aller dagegen angewandter Vorsicht sowohl vortreffliche neu ange- schaffte Gypse als auch werthvcille Kupferwerke die täglich wachsende (lefahr durch Modcrflecke bekunden, und wenn dies Lokal nicht liahliijst verändert wird, alle in jenem Erdgeschoss jetzt zusammen- gedrängten Schätze ihrer Zerstörung sichtlich cntgegengehn.

II. Neue SchriftcD.

Arnelh ( J) : Das k. k. Münz- und Antikencabinet. Zweite vermehrte Auflage. Wien 1854. 111 S. 8. Beschrei- bung der zum k. k. Münz- und Antikencabinctte ge- hörigen Statuen, Büsten, Reliefs, Inschriften, Mosaiken. Fünfte vermehrte Auflage. Wien 1853. 59 S. 8.

Uecker (A. W.): Charikles. Zweite vermehrte Aufgabe von K. V. Hunminn. Tb. 1—3. Leipz. 1854. 8.

licsscl (G.): De rebus Geficis. Gottingae 1854. VI,

85 S. 4. licuh; (B.): L'acropole d'Athi-nes. Tome II. Paris 1854.

392 S. 5 Taf 8. Jiocsigk iL.): De baetyliis. Berol. 1854. 06 S. 8. liondard: Lettre ii Mr. AUiez sur quelques mofinaies ibe-

riennes. (In der Revue arch. X, 12 p. 701 714.)

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Braun iE.): Recension von H. Bninn's Geschichte der "•ricchischen Künstler (in den Neuen Jahrbüchern tTir Philologie und Pädag. Bd. LXIX Heft 3 S. 273—300). 8. Creuzer (F.): Opuscula selecta. Lips. 1854. VIII, 242 8. 8. (Darin p. 3 19: Exemplum mythorum ab artiiim opp. profectarum; p. 53ff. de vascnlo Herculem Buzygen Minoemque exhibente). Elster (J. eh.): Die Fabel von Amor und Psyche nach Appulejus, lateinisch und deutsch nieti-isch bearbeitet. Mit Urtext und Anhängen [archäologischen von S. 157 bis 1811. Leipz. 1854. XXTS', 181 S. 8. FarenheUl (Fr. v.): Beschreibendes Verzeichniss der im Antikensaale zu Bcynuhnen befindlichen Abgüsse nach Antiken, nebst einleitendem Aufsatz über die Grund- ideen sniechischer Religion und Ethik. Berlin 1854. 75 S. ^8. ,

Eortoid (M. H.); Etudes d'archeologie et d'histoire. Tome I. n., Paris 1854. 479 u. 406 S. 8. (In Theil I, S 1—69. Etudes sur les marbres d'Egine.) Fouquel {A.}: Des monumens celtiques et des ruines ro- maines dans le Morbihan. Vannes 1853. 117 S. 8. Mit 1 Karte. (larrucci (R.) : Inscriptions gravees au trait sur les murs de Pompei, calquees et interpretees. Avec un Atlas des calques. BruxeUes 1854. 58 S. 29 Taf. 4. Inscriptiones veteres Reate quae e.xstant. Accedunt dissertationes duae italice scriptae: 1. De septem frag- mentis inscriptionis amphitheatri jnitcolani ; 2. de Vespa- siano /// Et filio C. 5 in amjjhora pompeiaua. Bruxelles 1854. 8. 48 S. iTaf Gerhard (Ed.): Ueber den Volksstanim der Aehäer. Eme akademische Abhandlung, gelesen am 28. Februar 1853. (Berl. Akad. 1853 S. 419f}'). Berlin 18.54. 42 S. 4. lieber Griechenlands VolksstJinnne und Stammgott- heiten. Eine akad. Abb., gelesen am 16. Juui 1853 (ebd. 1853. S. 459 ff.). Berlin 1854. 41 S. 4. Gerlach (F. D.) : Die .ätiologischen Myi^hen als Grund- lage der römischen Geschichte beurtheilt. Basel 1854. 41 S. 8. Gattung (K. W.): Zur Topographie Athens. U. Das Kynosarges (Aus den Berichten d. k. sächs. Ges. 1854. S.'l4— 27.) 8.

Comm. de morte fabnlosa AeschyH. (Zum Recto-

ratswechsel 1854. Die Schildkröte wird als Symbol poetischer Apotheose gedeutet). Jenae. 7 S. 4. Huhn (J. G. von, k. k. Consul tiir das östhche Griechen- land): Albanesische Studien. Jena 1854. 4. (Drei Hefte von XIV und 347, 169 und 241 S. mit 1 Karte). Jaep (G.): Die griechische Sphinx, eine nivthol. Abhand- lung. Gott. 1854. 31 S. 8. Jahn (0.): Die Bildnisse Winckelmauns. (Aus der Kieler

AUg. Monatsschrift Juni 1854) S. 428—437. 8. .Jan-isen {L. J. F.): Over de Catacomben van Rome. Utrecht

18.54. 39 S. 8. Krause {J.H.): Angeiologie. Die Gef:isse der alten Völker, insbesondre der Griechen und Riimer, aus den Schrift- luid Bildwerken des Alterthums in ])liilol. arch;iol. und technischer Beziehung dargestellt inid durch 164 Figuren erläutert, Halle 18.54. XR' u. 488 S. 6 Taf hajard (F.): Recherches sur le eulte du cypri-s j)yramidal chez les peuples civilisiis de Tantiquite. Paris 1854. 4. 364 S. 21 Taf. (Extrait du Tome XX, 2 des Menioires de r.\cad. des Inscr.). LeenwnsiC.) : Museum vauOudheden te Leyden (Jahresber. fiir 1853, im Nederlandsche Staatscouraut 1854 no. 63).

Herausgegeben von E. Gerhard.

Lloyd (ir. W.): On the Homeric design of the shield of

Achilles. London 1854. 45 S. 8. 2 Taf Meieri (M. U. Ed): Commentatio epigraphica. Ilalis 1852. Commentatio epigraphica secunda. Inest index atticorum archontum eponymorum qui post Ol. 121, 2 eum magistratum obtinueruut. Halis 1854. VH, 111 S. 4. Mincrvini (G.): II mito di Ercole che succhia il latte di Giunone, iUustrato cogli autichi scrittori e monumenti. \ap. 1854. 4. 34 S. 1 Taf Mnmmsen (Th.): Inscriptiones confoederationis helveticae latinae (Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, X. Band). Turici 18.54. 4. XX, 134 S. 2 Kart. Monfulcon (J. B.): Monographie de la Table de Claude, publiee au nom de la \i\\e de Lyon. Nouvelle edition. Paris 1853 fol. [In den Heidelberger Jahrbüchern 1854 no. 22 von Zell zugleich mit Bezug auf yl. Comarmond's Description du sarcophage decouvert a St. Irencje et des Tables de Claude, Lyon 1847. 24 S. 2 Taf be- sprochen]. Panoßu (Th.): Zufluchtsgottheiten, zum erstenmal ans Licht gestellt. Mit 44 Bildw. auf 4 Taf Berlin 1854. 43 S. (Abh. d. Akad. 1853. S. 249ff.). Rthiun (F.): Des religions de l'antiquite et de leurs der- niers historiens (hauptsächlich Guigniaut). Extrait de la Revue des deux mondes. Paris 1853. 30 S. 8. Riiick (IV. F.): Die Religion der Hellenen. Theil II. Abth. I. Der Gottesdienst und die öffenthchen Feste der Hellenen. Zürich 1854. 328 S. 8. Ross (L.): Alte lokrische Inschrift von Chaleion oder Oeantheia mit den Bemerkungen von I. JV. Oehonomides. Leipz. 1854. 54 S. 8. Sfiiiifefirs (U. eil.): Epiroticorum liber primus. Berolini

18.54. 66 S. 8. Schimkow (Prof) : über ein pannonisch-norisches Gewicht im k. k. Münz- und Antikencabinete. (In den Sitzungs- berichten der kaiserl. Akad. Wien 1853. Band XI. S. 606—631. 2 Taf) 8. Thatdow (G.): Das Kieler Kunstmuseum. Kiel 1853.

88 S. 8. Urlichs (L.) : Ueber die älteste saniische Künstlerschule.

(Aus dem Rhein. Museum f Philol. N. F. X, 1—29). Vinnt (F.): De l'archeologie hebra'ique. [Die Königsgräber und das todte Meer betreffend, gegen Hrn. v. Saulcy]. Extrait de la Reme des deux mondes. Paris 1854. 23 S. 8. Vlscher (IV.): Archäologisches und Epigraphisches aus Korkyra [korinthische Vasen S. 3f.]. Megara und Athen. Basel 1854. 4. Vrclo (A. Paj)adopulo) : Su la scoperta di Tomi e su la bilingue iscrizione ritrovata im Vama, l'autica Odessus. Atene 1853. 41 S. 8. Welcher (F. G.) : Pnyx oder Pelasgikon. Bonn 1854. 48 S. 1 Taf 8. (Aus dem Rhein. Museum f Phil.) Wille (J. de): Monnaies Gauloises de Tournai. Bruxelles 1854. (Extrait de la Revue uumisra. Beige tome TV, 2c. Serie). 37 S. 1 Taf. 8. Wolff (G.): De novissima oraculorum aetate. Berol. 1854.

56 S. 4. Wnslemann (E. F.): Unterhaltungen aus der alten Welt. ITir Garten- und Bhnnenfreunde. Drei Vorträge [über (Gartenbau, Papyrus und die Rose; vgl. die Münzen von Rhodos]. Gotha 1854. VHI, 68 S. 8. Zumj)lii (A. W.): De fastorum muuicipalium Campanorum fragmento ad C. B. de llossium epistola critica. Berol. 1854. 32 S. 4.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Arc/iüolu^hchen Zeitung, JahryanifXll. JM 70 bis 72. Oktober bis December 1854.

Wissenschaftliche Vereine (Berlin, archJiologische Gesellschaft, Winckelmannsfest). Reisen in Kleinasien (Pergamon, Ophrvnion, troische Grabhügel). Deiikinliicr der griechischen Inseln (Lesbos, Rhodos, Kos). Epigraphisches (griechi- sche Votivhand ; Inschrift des (ilitius Gallus). Neue Schriften.

I. Wissenschaftliche Vereine.

Berlin. In der Sitzung der archäologischen Gesellschaft vom 7. November d. J. kamen zunjichst einige Neuigkeiten archäologischer Littcratur zur Sjjrache. Es lag ein diesjiihriges erstes Heft der neuerdings zeit- gemäss in ein einziges Foliowerk vereinigten Jahresschrif- ten (Monumenti Annali e Bullettino) des arch/iologischen Instituts vor, welche von nun an statt zahlreicher grösse- rer Denkmillertafeln den Vorzug vieler, mit Hülfe von Steindruck und Photographie, beim Text einzudruckender bildlicher Beigaben haben werden; sodann ward als vor- züglich willkommene Leistung die, nach langer völliger Entbehrung eines Verzeichnisses der kgl. Vasensammlung zu München, endlich von Leipzig aus durch Otto Jahn gelieferte Beschreibung derselben (München, 1854. 8) be- griisst. Hr. Gerhard, welcher (Hes Werk vorlegte, machte bemerklich , dass dieser gründlichen Beschreibung von nicht weniger als 1367 Vasen eine fast eben so starke Ein- leitung vorangeht, welche auch als selbstJindiges Werk über die griechische Vasenkunde betrachtet und unter solcher Voraussetzung ihres reichen und gedrjingteu In- halts ungeachtet eher zu kurz als zu ausfiihrlich befunden werden kann; wie denn namentlich Jahn's skejitische Er- gebnisse über die vormalige Bestimmung der Vasen (der Verfasser leugnet sowohl Geschenks- als Mysterien-An- l;isse) und über deren, seiner Ansicht nach durchgängig aus Athen abzuleitende, Herkunft ohne eine mehr ins Einzelne gehende Begründung noch nicht überzeugen. Auch gab Hr. Gerhard Kenntniss von einem an ihn ge- richteten Aufsatz des Hrn. Vinet zu Paris über ein Vasen- bild, welches in Hrn. Gerhard's Vasenbildern Taf 108 und demn;ichst von Birch auf die Aeh.'ierschifFe gedeutet ist, über welchen des Patroklos oder Achill Schatten schwebe; dagegen Hr. Vinet von einem daneben befindlichen und bisher auf Apoll's Orakel bezogenen Vogel Anlass nimmt, die Verwandlung der Geftihrten des Diomedes in Vögel in jenem Bilde zu erkennen; eine scharfsinnige Deutung, welcher zunächst sich die mangelnde Mehrzahl von Vögeln zugleich mit der Seltenheit ihres Mythos entgegenstellt. Hr. Panoßa zeigte hierauf eine dem neulichen Besuch seines Freundes Hm. P. Merimee, Mitglied des französi-

schen Instituts, verdaidvte Skizze eines in Ungarn ausge- grabenen, jetzt im Museum zu Pesth aufgestellten Marmor- sarkophags, worauf Marsyas am Baum hängend, sodann knieend entweder der sein Messer schleifende Scythe oder der Gnade flehende Olympos, und links Apoll mit Lyra auf einer breiten steinernen Bank, einen Greif unter sich, abgebildet sind. Von Hrn. J. FricdJaiider war ein zu Wiesbaden von ihm vorgefundener Kamee mit gemischter lateinischer und griechischer Inschrift bemerkbar gemacht; andere Gemmen-Inschriften, von deneü eine die Namen der Winde entli;ilt, kamen als Beiträge Hrn. Gerhard's für den so eben durch Hrn. Curlius bearbeiteten Gemmen- Abschnitt des Corpus Inscr. graecarum in Rede ; desgleichen ward einiges Aehnliche aus dem au Goldsachen reichen Besitz eines siebenbürgischen Kunstfreundes und Sammlers, Graf Fi". Bethlen, in eigenhändigen Zeichiiungen desselben mit- getheilt*). Aus brieflicher Mittheilung des Hrn. F. Troyon an Ilrn. Gerhard ergiebt sich die bei niedrigem Wasser- stande des Neufchateler und Bieler Sees neuerdings in Erfahrung gebrachte Thatsache, dass, laut noch vorhan- denen Pfeilern und in ihrer Nähe ausgefischten Ueber- resten von Bronze, eingepfiihlte Wohnungen hohen, man meint 2000jährigen , Alters dort nachweislich sind. Hierauf legte Hr. Panofka seine eben erschienene aka- demische Abhandlung „Zufluchtsgottheiten zum ersteu Mal ans Licht gestellt, mit 44 Bildwerken" vor, worin Artemis Ikaria, Apollo I\ios, Aphrodite Alesias und Zeus Aphiktor in ihrer hieratischen und bildlichen Bedeutung erörtert werden und zugleich für eine Anzahl wichtiger Stellen in den Schutzflehenden des Aeschylos emen nütz- lichen Commentar darbieten. Ausserdem wurden als litterarische Neuigkeiten Janssen's ansehnliche Herausgabe der etruskischen Urnen des Museums zu Leiden, ferner die wohlgeordnete und inhaltreiche, obwohl mancher fer- neren Begründung bedürftige Schrift von Professor Fwt- wängler zu Freiburg „Ueber die Idee des Todes in griechi- schen Mythen und Kunstdenkmälern" hervorgehoben, wie denn auch von anderen zugleich vorgelegten Schriften

*) KädiselLaft sind auf einem Goldring die Inschriften EkXr^viav und OTQiirivoi zu Seiten eines Aeneas- oder Diomedesbilds.

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von Lloyd (shieUl of Achilles), J{i(sc/i( (poesis Saturnia I.), Ross (lokrische Iiiselirirt), Welcher (Pnyx und Pelasgikon), J. de Witte (monnaies gauloises de Tournay) dankbare Kenntniss genommen ward.

Am 9. Deeember d. J. feierte dieselbe archäolo- gische Gesellschaft nach übhcher Weise zugleich ihr Jahresfest und den Gediichtnisstag Winckelmanns. Herr Gerhard vertheilte ein zu diesem Anlass von ihm abge- fasstes Programm, seinem Titel') gemäss ein schönes, in farbiger Abbildung beigetugtes, auf den Mythos der Danae bezügliches griechisches Vasenbild enthaltend, dessen Ver- öffentlichung aus seinem Kunstbesitz der jMarchese Cnmpana zu Rom freundlichst vergünstigt hatte. Die ernste, im Geiste des alten Epos oder des Sophokles begründete, Darstel- lungsweise der erst durch die spjitere Dichtung und Kunst in den Ideenkreis lüsterner Sinnlichkeit herabgezogenen Danae gab in der doppelten Darstellung, erst ihres Lie- besglückes, dem der Regen des Zeus als AValirzeichen vor- angeht, dann ihrer Einsperrung mit dem Knaben Perseus innerhalb eines ins Meer zu werfenden Kastens '), mannig- fachen Anlass zur Würdigung jenes Bildes und des ihm zum Grunde liegenden Mythos. Eine andere Erörterung ward an die Titelvignette desselben Progrannnes angeknüpft, welche nach einer Zeichnung Hrn. liöHiclicrs, in der Form einer GedJichtnissmünze, einerseits, mit Bezug auf das am 21. April zu Rom gefeierte 2,5j;ihrige Bestehen des archäo- logischen Instituts, die Göttin Roma, der neueren Zeit durch schwerere Bekleidung angepasst, in Wcchsclbezug zu Gcr- nianus, einen Vertreter germanischer Forschung zeigt, wäh- rend als Gegenbild das Angesicht Winckelmanns mit dem Doppelbezug auf das archäologische Institut und auf den durch Preussens Adler angedeuteten königlichen Schutz dieser Stiftung beiiierklieh ist. Als Umschrift sind jener ersten Seite die Worte PalUia urhis aeternae iNlDCCCLR^, der zweiten aber nebst Winckelmanns Namen die auf ihn bezüglichen Worte Donuis Tarpciue untlsles d. IX. dec. MDCCCXXVIII beigefiigt. Hr. Punofku legte von den Früchten seines letzten Aufenthalts in Neapel im Sommer 1847 zwei unedirte pompejanische Wandgemälde in far- biger Durchzeichnung vor, deren merkwürdige Vorstellung sie schon längst zu einer gelungenen Publication emjifahl.

Beide sind Brustbilder in Medaillonform. Das männliche, von entschieden unhellenischer Gesichtsbildung, bezeichnet durch Schilfbekrjinzung im blonden Haar, erhobnes Ruder in der linken Hand, und einen schon die Lippen berüh- renden silbernen Becher in der Rechten, den in grünen Peplos fast ganz eingehüllten Mann offenbar als schiffba- ren Flussgott mit Weinbergufem. Das weibliche, sein Sei- tenstüek, dürfte in der jugendlichen Schönheit mit grüner phrygischer !Mütze und grünem geflecktem Thierfell, mitten in einer durch Bäume und Gebüsche auf Erhöhungen ver- sinnlichtenWald- und Berggegend, eine jagdliebende Berg- nymjihe verratlien. Ihr sehnsüchtiger Blick und noch mehr der hinter ihr trauernd in ihrem Haar spielende Polltos (Sehnsuchtsgenius) berechtigen, hier den auf Kios in Bi- thynien ausgebildeten Mythos der Liebe des Rliesos und der Argantlione , zum erstenmal auf Kunstwerken nach- weisbar, zu erkennen. Hr. CiirtUis hielt einen Vortrag ül)er das Grabmonument von Xanthos, das sogenannte Harpyiendenkmal und unterwiirf besonders die Westseite derselben und die Gestalten der Todesgöttinnen einer ge- naueren Analyse. Er wies eine Reihe 531« bolischer Aus- drücke nach, in denen sich volksthümliche Anschauungen über Tod und Unsterblichkeit erkennen lassen, und zeigte die eigenthümliche Stellung, welche die syinbolisirende Kunst der Lycier zwischen der Kunst der asiatischen Völker und der griechischen Plastik einnimmt. Durch Hrn. StracFs gefiillige Mittheilung war eine Auswahl pho- tographischer Darstellungen vorzüglicher Statuen des Va- tikans zur Stelle gebracht; die Anschauung jener vorzüg- lich gelungenen Blätter erregte lebhaft den Wunsch nach fernerer Anwendung gleicher Technik für statuarische wie für die baulichen LTeberreste des klassischen Alterthums. Von auswärtigen Kundgebungen des Winckelmannsfestes . war aus Greifswald ein Programm des Professor Urlichs über ' Skopas in Attika' '), inid aus Göttingen Professor W^icselers Abhandlung über die Nj-mjibe Echo ") in neuer Bearbeitung ehigelaufen; ausserdem bleibt noch aus Bonn das übliche Programm zu erwarten °). Nächstdem gab die mit W.'irme undEinsicht abgefasste Beschreibung derzuBeynuli- nen in Ostpreussen aufgestellten Gypsabgüsse ') einen nah lie- genden Anlass der Verdienste zu gedenken, welche der als

') Danae ein griechisches Vasenbild. Vierzehntes Programm zum Winckelniannsfcst der archäologischen Gesellschaft zu Berlin, von Ed. Gerlinrtl. Berlin 18j'i. i. 10 .S. 1 Taf. (In Comniission bei W. Hertz, Bcsscr'sche Buchbandking).

') Die rälhselhafle, von Hrn. Gerbard mit Campana nur allge- mein auf den Verschluss bezogene Vorricbtung dieses Kastens wird von Furchhammer auf ein niederzulassendes Stiitzhulz, von Andern mit grösserer Wahrscheinlichkeit auf die Wcrkfübrung eines Bohrers gedeutet. A. d. H.

') Skopas in .Mlika von L. Vrlichs, Einladungsschrift zu einem am Geburlslage Winrkelinaniis den 9. Deeember um 12 l'br von Ur. Frnnz Siiscnn/i? zu hallenden Vüilrag. Gnifswald 1854. 32 S. 8. Dem Vernehmen nach hielt der rcsiredner 'einen gediegenen Vortrag über das Verbältniss der Kunst in Griechenland zu der Wissenschaft; er hob besonders hervor, wie seltsam Piaton zur Kunslkrilik sich verhalte, wie erst in Arisloleics eine Ahndung von Kunslnisscnschaft begonnen habe. Er knüpfte hieran noch Betrachtungen über die

Fortschritte der Kunstwissenschaft seit Winckelmann und schloss mit eiiicm Hinblick auf das zur Jubelfeier der Universität beschlossene Kuiistdenkmal'.

*) Die Nymphe Echo. Eine kunstniythologische Abhandlung zur Feier des Winckelmannslages 1854, im Namen des archäologischen Instituts zu Gütlingcn verfasst von K irie»c(er. Nebsl Abbildungen. Gutlingen 1854. 4.

') Dem Vernehmen nach wird dies, am Ende des Monats uns noch nicht zugegangne, Progranuu für das gegenwärtige Jahr über- haupt unterbleiben; dagegeil die früher zum 9. Deeember üblich ge- wesene Fesivcrsammlung durch eine spätere ersetzt ward, deren Be- richt nachfolgen wird. A. d. H.

'') Beschreibendes Verzeichniss der im Anlikensaale zu Bcynuhnen befindlicbcn Abgüsse nach Antiken, nebst einleitendem Aufsatz über die (Jrundideen griechischer Beligion und Ethik. Von F. v. h'nrenheid Berlin 1854. 75 S. 8.

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Gast anwesende Hr. v. Farciiheiä um Hebung des Kunstgc- schmackcs in seiner Ileiniath sich crwirijt. Zu einge- hender Betraclitung boten bei dieser Gedächtnissfeier Winckehnanns auch die Bildnisszüge des Gefeierten sich dar: theils (in der Vignette des Programms) nach dem aus der Gesammtausgabe von Winckelmamis AVerken be- kanntem GemJilde, theils in einem von Hrn. Ekhier der Gesellschaft verehrten Exemplar der aus Nicolai's Nach- lass herrührenden Büste. Die Versammlung schloss mit einem Festmahl, bei welchem der Schutz, den S. jSI. der König der arch.'iologischen Stiftung Roms und den Kunst- sammlungen seiner Hauptstadt gew.-ihrt, neue einstim- mige Wihische fürs Wohl des erhabenen Landesvaters her- vorrief.

II.

Reisen in Kleinasien.

Schreiben an den Herausgeber.

Was die Ergebnisse betrifft, die ich auf neu- licher dreiwöchentlicher Reise durch Kleiuasien sanunelte, so werden Sie bei der Kürze der Zeit in so vielbesuchten Gegenden wie Troas Pergamon und Sardes kaum etwas Neues erwarten können. Bei unserm hiesigen Bücher- mangel,' namentlich an Reisewerken früherer Zeit, kann ich freilich Manches nicht genau wissen. So hat z. B. Fellows die Akropolis von Pergnmon nicht besucht und ich weiss nicht, ob Andre bei der Beschreibung der Trüm- mer der grossen Gewölbe unter dem Asklcinoslempd er- wähnt haben, welche bei der tiiglich sich fortsetzenden Zerstörung der schönen jMarmorrestc des obern Gebäudes vielleicht das wichtigste Erhaltene sind. Der Tempel scheint nämlich seiner ganzen Ausdehnung nach auf .5 grossen Gewölbgjingen zu ruhen, die sich neben einander von Süd nach Nord erstrecken, und deren jeder aus mehreren Abtheilungen besteht. An der Südseite kann man von oben durch eine enge Oeifnung hineinkriechen und be- findet sich in einem starken gutgefiigten Quaderbau von etwa 15 Fuss Höhe bis zur Spitze des Bogens, dessen Durchmesser etwa 10 Fuss beträgt. Das Gemach, mit Schutt am Boden angefüllt, hat eine Länge von etwa 20 Fuss und zeigt südhch und nördlich in der abschliessen- den Wand fensterartige Oeft'uungen, durch welche man in die ebenso geformte, aber bedeutend tiefere Fortsetzung des Gewölbes hinabsteigen kann, wenn man mit Leiter und Licht versehen ist, was ich leider nicht war. Auf der Südseite kann man aber von aussen, wo die höchste Spitze der Akropolis schroff abfällt, die Wand der Ge- wölbe, welche zugleich die Substruction des Tempels bildet, fast in ihrer ganzen Länge verfolgen, eine circa 30 Fuss hohe Mauer von schönen ausgebauchten Quadern, welche freilich jetzt durch eine zweite Reihe vorgebauter

(jewölbe aus kleinen mit vielem Kalk verbnndnen Steinen (vielleicht aus seldschukkiscber Zeit, wie Vieles auf der Akropolis) verdeckt ist. Mangel an Zeit und ein zwei- tägiger Nordsturm verhinderten mich zu meinem grossen Bedauern, diese grossartigen Gewölbbauten, von denen sich andre verschüttete Beispiele noch auf mehreren Punk- ten der Akropole finden, einer möglichst genauen Unter- suchung zu unterziehen ; auch ihr Zweck ist mir nicht völlig klar. Sollte es etwa der Aulljewahrungsort für die berühmte guzii Atlali sein, da ja das yaZnifvlüxiov in Pergamus die ^Veranlassung zur Gründung des ganzen Reiches wurde?

Interessanter und genauer als dieses sind einige No- tizen aus der Troas, deren Mittheilung ich dem englischen Consul in den Dardanellen, Hrn. Calvert, verdanke. Ich wurde von demselken auf seinem Landsitze in Rensköi (auf dem Wege von den Dardanellen nach Cap Rhoeteum) mit jiusserster Freundlichkeit empfangen, und nach Mit- theilung des Reisezwecks konnte mir nichts angenehmer sein, als der Vorsehlag, mit schneller Benutzung der noch übrigen Tageszeit die neuaufgefundne Stelle des alten Ojihrymoii zu besuchen. AVir gingen kaum i Stunde nördlich vom Dorfe und gelangten an einen vorspringen- den Hügel massigen Umfangs, an dem die in mittlerer Höhe mit wenigen Spatenstichen blosgelegten Mauerreste in vierecktem Quaderbau, so wie die auf allen Seiten ver- streuten Ziegelscherben, hellenische Bewohner deutlich ver- ricthen. Die kleine Stadt, deren gänzUches Verschwinden bei dem lockern Boden leicht erklärlich ist, zog sich süd- lich der Akropolis hin und in geringer Entfernung vom Meere hatte Hr. Calvert eine Anzahl Gräber mit Vasen der gewöhnlichsten Art aufgegraben. Im Meere selbst sollte noch ein Molo sichtbar sein; der eigentliche Stütz- punkt der Entdeckung waren aber drei kleine an ver- schiednen Stellen der Akropolis gefundne Kupfermünzen griechischer Eporhe mit der Legende O'PP. Nun ver- gleiche man Strabo595: nXijCfiov (Tijg ^(tpddvoi-) d' fau TU 'OifQvvtov, i(fi' ia t6 Toi- 'ExTOQO^ uXnog fv mgiffa- Tit Toncti xui iil'i'iijg Vfivri Tlziltwg. Der Hain des Hektor war auf dem Hügel, welcher das nächstgelegene Terrain beherrscht und namentlich nach der Meerseite hin frei- liegt. Von einem See aber war weit und breit nichts zu hören und im Texte Strabons scheint IMeineke's Ver- muthung X//n)v um so sichrer, als der erwähnte Molo südlicher liegt und allerdings nicht mehr zur Stadt ge- rechnet werden kann. Kie]icrt setzt Ophrynion ein wenig südlich von Erenköi (das Dorf wird auch Firenkköi und Itgitmes genannt); allem wenn sich dort Ruinen finden, so mögen es eher die von Rhoeteum sein, welche Stadt nach Strabo nicht unmittelbar an dem Grabhügel des Ajax gelegen haben kann.

Im Hause unsers Wirths besah ich dann eine hübsche Sammlung von Vasen, aus den Nekropolen von OjjhrvTiion, Dardanos, Alexandria und andern Punkten der Troas her- stammend, unter denen freihch kaum eine durch Grösse,

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Darstellung oder Zeichnung auffallend zu nennen w;ire. Ein kleines Gefäss mit sehr verwischter Malerei tr;igt die In-

schritt A(DPOAITH LTE'JiANH0OPOZ. Wich-

tiger waren mir jedoch die Mittheilungen über Ausgra- bungen, welche Hr. Calvert seit einiger Zeit in mehreren Grabhügeln der Troas, deren neuester Priamos er durch, seine ausgedehnten Besitzungen heissen könnte, hat an- stellen lassen, und von denen ich in den folgenden Tagen selbst den Augenschein bekam. Was freilich die beiden berühmtesten Gr.'iber betrifft, so hat Hr. Calvert an ihnen keine unnütze ]Mühe verschwendet, indem der Ajaxhügel bekanntlich theils oben eingestürzt, theils für ein gemau- ertes, anscheinend venezianisches Gewölbe geöffnet ist, das sich etwa 30 Schritt weit ins Innere bis zu seiner Ver- schüttung verfolgen Disst, der gemeinschaftliche Hügel des Achill und Patroklos aber ebenfalls ziemlich deutliche Spuren früherer Nachgrabung an sich trügt. Neugeöffnet waren dagegen 1) der Hanaitepe bei Atschiköi, einer der grössten Hügel mit breiterer Oberfliiche als alle andern;

2) der mittlere Hügel auf der Akropolis von Bunarbaschi ;

3) der kleine dem des Patroklos zunächst gelegene Hügel, gewöhnlich des Antilochos genannt; einen vierten an der Küste südlicher gelegenen habe ich nicht besucht. Zu Tage gefordert ist nun durch diese Nachgrabungen Nichts von Altci-thümerii, weder Knochen, noch Gef;isse, noch ^Münzen oder dergl., obgleich Hr. Calvert die Hügel fast völlig durchschneiden und im Mittelpunkt bis unter die künstliche Aufschichtung öffnen liess. Sehr bemerkeus- werth ist dagegen die Construction der Hügel, nlimlich von der Art, dass die Schichten von Erde und rohen, nicht grossen Bruchsteinen nicht horizontal, sondern von dem erhöhten Rande in schrJlger Richtung nach der Per- pendicularlinie des Kegels zulaufen.

Offenbar ist diese im ersten Augenblick paradox schei- nende JNIethode absichtlich gewühlt, um durch die auf- wJirts strebenden Runder in der Peripherie dem Bau die nöthige Festigkeit und einen Halt gegen die Zerstörung durch Regen zu geben, wie denn auch ganz dieselbe Bau- weise bei der durch den preussischen Consul Hrn. Spie- gelthal geleiteten Aufgrabung des Alyatteshügels zum Vor- schein gekommen ist. Noch muss ich hinzusetzen, dass in dem Hanaitepe, dem grössten der troischen Hügel, vom Gipfel bis zum Mittelpunkt der Basis eine feste Süule von grössern Steinen durchgeht, an welche sich denn erst die Seitenschichten in angegebener Weise anlehnen. End- lich muss ich noch eines Grabhügels andrer Art Erw.-ih- nung thun, der bei Atschiköi, der alten xiuiiij 'Ikutüv (siehe Ulrichs im Rhein. Museum 1844 p. 573ff.), hart südlich unter dem flachen Hügel mit dem Meierhofe ge-

legen ist. Auf einem Raum von etwa GOFuss ins Gevierte fand sich unter flacher Erdaufschüttung Vase an Vase ge- reiht, die meisten zerbrochen, die erhaltnen aber von gro- bem Thon, 1^ Fuss hoch, stark ausgebaucht und mit 2 Henkeln versehen. Alle waren mit verkalkten, also wohl vorher verbrannten Menschenknochen angefüllt, deren noch eine !Menge auf dem Platze der Ausgrabung sich verstreut finden. Der Beschreibung nach .-ihnliche Vasen mit Knochen- staub sind auch in Attika an mehreren Orten, jedoch nur einzeln, gefunden.

Ueber diesen Fund, sowie über die gemachten und noch zu machenden Nachforschungen wird Hr. Calvert denmiichst einen genauem Bericht veröffentlichen, uud die Sorgfalt, mit welcher er zu Werke geht, bürgt für den der Wissenschaft daraus erwachsenden Nutzen. Ich habe Ihnen nur vorläufig diese Notizen mittheilen wollen, weil sie viel- leicht bei der Eröffnung des grossen lydischen Grabes zu

einer interessanten Vergleichung Anlass bieten können.

Athen, 24. November 1854. August Baumeister.

III.

Denkmäler der griechischen Inseln.

Aus brieflicher Mittheilung des Hrn. Charles Newton.

1. Aus Mlliilune auf Lesbos, 5. Februar 1853. Bei einem Ausflug nach Gallipoli fand ich ein interes- santes Hautrelief in Besitz eines dortigen Kaufmanns. Es stellt das Innere einer Höhle dar, wo mit dem Spiel seiner Sphinx beschäftigt rechterseits in einer erhöhten Nische Gott Pan sitzt und drei von Hermes ihm ent- gegengeführte Frauen empfängt. Unter ihm ist am Ende des Bilds ein Altar zu bemerken, vor welchem ^-ier linker- seits heranschreitende Figuren tanzen. Der nächste am Altar ist Hermes, welcher in seiner linken Hand einen Caduceus hält; er berührt damit die Füsse des höher sitzenden Pan. Linkshin zurückblickend, geleitet er mit seiner rechten Hand drei Frauengestalten, welche, Hand in Hand geschlungen, sämmtlich in Tanzesschritt gegen den Altar sich bewegen. Die dem Hermes zunächst stehende [Nymphe] blickt auf ihn, die mittelste ist in Vorderansicht zu sehen. Diese beiden tragen je einen lang herabreichenden Chiton, worüber ein PcjjIos geschlagen ist, der ihre linke Schulter und linke Brust bedeckt und um den linken Arm geknüpft ist. Die dritte Frauenge- stalt, die am Eingang der Scene zu sehen ist, tanzt mit hoch bis zur Höhe ihres IIauj)tcs erhobener Hand. Sie trägt einen langen Chiton, über welchem ein kürzeres Ge- wand zu den Hüften herabfällt und ihr zur Gürtung ge- reicht. Das Haar säiimitlichcr drei Figuren ist vom Ge- sicht zurückgezogen und in einen Knoten geknüjjft. Pau ist gehörnt und hat kreuzweis gelegte Bocksbeine. Hermes erscheint in athletischer Jünglingsgestalt. Er trägt einen

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Chiton, der bis auf die Hüften reieht, worüber die Chla- mys, auf der reehteu Schulter befestigt, herabfiillt. Das Ende seiner hinter ihm herabhängenden Chlaniys ist, statt erhoben zu sein, in der Oberfläche des Hintergrunds ein- gegraben. Das Haar des Hermes ist mit einem Diadem gebunden. Die Höhle fasst als ein natürlicher Fclsen- bogen die Scene ein ; inmitten dieses Bogeus ist ein Vogel ({)luming itsclf) und, jederseits noch ein anderer Vogel. Die rechte Hand des Plermes ist abgebrochen. Von der ihm zunächst befindlichen weiblichen Figur fehlen beide Arme vom Ellenbogen abwärts und auch der obere Theil des Kopfes; im Uehrigen ist nur die Nase verletzt. Die letzte Figur zur Linken hat den Vorderarm und Ellen- bogen verloren; ein kleiner Theil der Hand ist übrig, er hielt vielleicht Krotalen. Im Allgemeinen gehört die Sculptur dieses Reliefs einer guten Kunstperiode an ; es ist mit einer gewissen nachlässigen Freiheit ausgeführt, wie man sie auch etwa am phigalischen Fries bemerkt. Wahrscheinlich ist es nicht viel jünger als die Zeit des Phidias zu setzen. Ueber den Fundort desselben war keine Auskiuift zu erhalten; sein gegenwärtiger Eigen- thüraer besitzt es bereits seit nelen Jahren. Vermuthlich war es Tür die Nische einer Pansgrotte bestimmt. Ein Vorsprung, welcher unterhalb der Mitte der Scene be- merklich ist, mag behufs der Einfügung in den Fels ge- dient haben. Es ist 1 Fuss .5' Zollhoch zu 1 Fuss 6 Zoll Breite. Schwerlich ist dies Relief bisher gezeichnet worden ; sehr ähnlich jedoch ist das in den MüUerschen Denkm. H, Taf. XLFV' no. 555 abgebildete.

2. Im Besitz eines Griechen fand ich an gleichem Ort auch einen silbernen Löffel, welcher zu dem vor einigen Jahren bei Lanipsakos gefundnen Opfergeräth mit gemischten heidnischen und christlichen Stempehi [Arch. Ztg. 1848 S. 109 * f ] gehörte. Ein Theil dieser Gegen- stände gelangte ins brittische Jluseum ; die übrigen soll der Sultan in Anspruch genommen haben. Auf dem ge- dachten Löffel liest man, an der Stelle wo der Griff zur Mihidung übergeht, einerseits LiNTTEPIANAPOC, andererseits OYANMIC ICC* H0IAHCOY, inner- halb des Löffels 0CA6K0PIN00NENAIE0Y- MUYKPAlE, weiter unten das Monogramm

[Diese Erwähnung des Periander und seines Spruches Ö^vfxoiJ xgÜTtt stimmt mit dem "Wahlspruch des Blas, oi- TiXiovig xuxoi, auf einem der früher a. O. von uns be- schriebenen Löffel]. Der Besitzer dieses Löffels hatte auch ein mit demselben zugleich gefundenes Halsband. Es be- steht aus Enden einer goldnen Kette, welche mit Reilien zusammengehaakter Perlen und Steine wechseln.

3. Ebenfalls zu Gallipoli befindet sich bei einem Händler auch die nachfolgende mit einem Relief versehene

Stele. Rechterseits sitzt Cybele mit einer Phiale in der rechten und einem Tympanuin in der linken Hand. Ihr zun.'ichst, fast inmitten des Bildes, steht .\pollo Musagetes mit einer Leier in seiner Linken; mit der rechten Hand h.-ilt er eine Phiale über einen Altar, an dessen anderer Seite eine Priesterin steht. Vor ihr spielt ein junger Mann auf einer Doppelflöte und ein Sklave von noch kleinerer Figur bringt ein Schaf zum Opfer. Im Hintergrund wird der Altar von Gesträuch überragt, Cybele tr.-igt den Tutulus [Modius?] auf ihrem Kopf, ihr Haar hängt in Flechten hinterw;irts danieder; sie trägt einen langen gegürteten Chiton und darüber einen Peplos, der über ihr Haujit geworfen ist. Links von ihrem Sitz ist ein Löwe zu bemerken. Apolls Haar ist über dem Haupt in einen Knauf gesammelt; er trägt einen langen gegür- teten Chiton. Die Priesterin ist in einen Peplos gehüllt, welcher über ihren Hinterkopf reicht. Sie trägt ein Diadem [Stephane?], ihre rechte Hand tritt aus dem Gewand her- aus, wie zur Geberde eines Gebets. Der Flötenspieler trägt einen um seinen Körper geknüpften Mantel und ein Diadem ; die andre männliche Figur trägt bei ."ihnlicheni Kopfschmuck einen bis an die Kniee reichenden Chiton. Im Untertheil derselben Stele ist ein Gastmahl dargestellt. Zehn m;üniliche Figuren sitzen in einer Reihe auf einem Ruhebett und erheben in ihren Händen einen vermuthlich als Becher zu deutenden Gegenstand.

4. Ebenfalls zu Gallipoli fand ich an einem Haus die nachfolgende, von zwei Volkskränzen überragte, In- schrift.

Z IOINEOIKAIOIE0HBOI

KAiOinAIAEEKAlOmAIAEYTAI EETEa)ANnZAN[AZ]KAHniAAHN N I KO MAXOYrEßMET P H N APETHZENEKAKAIEYNOIAZ THZ EIZEAYTOYZ.

5. An einem anderen Haus befindet sich eben dort die nachfolgende Inschrift.

EnirENHZ ZATOPNEINO

hPAKAEICOTHZTOYnONTOY KCÜMCÜAOZETWN KE XAIPETE.

6 Aus Mitylene, 25. Februar 1853. Laut Mit- theilung des Hrn. Stanley ist beim Dorfe Kuskinid ohn- weit Kosseir, 60 Meilen von Aleppo und vier Stunden von Antiochieit, ein Grab mit vier Nischen und vier Gefissen, zwei irdenen spitzen Amphoren und zwei bauchigen aus Marmor gefunden worden. Eine der irdenen Ampho- ren hatte auf jedem ihrer beiden Henkeln die Inschrift HPHCIOY, die andre eine unleserliche Inschrift. Der Name Hegcsias findet sich auch in Stoddart's Ergänzungs- liste seiner Ilenkehnschriften ; er meint, dass derselbe einer smyrnjiischen Magistratsperson gelte. Hr. Colnaghi fand einen Henkel mit demselben Namen zu Mitylene. Die Marmorvasen waren mit einem inschriftlich gestempelten

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Blei geschlossen, welches der erste Auffinder leider ge- schmolzen hat. Die gedachten vier Vasen wurden dem neulich zu x\lej)po angelangten Pascha Suleyman verehrt.

7. In einem späteren Brief avs Rliodos meldet Hr. Newton, dass er eine Am])liora mit den auf beiden Henkeln befindlichen Buchstal)eu ITT'" gekauft habe, welche in einem Grab auf der Insel Chalke gefunden ward.

8. Gleichfalls aus ilitylene (8. Miirz 1853). Ich sende eine auf Potamon den Sohn des Lesbonax bezüg- liche Inschrift. Er war einer der Magnaten von !Mitylene zur Zeit des Tiberius, vgl. Plehn Lesbiaca p. 218. Sein Vater Lesbonax, ein philosoiihischer Schrifststeller, ist aus

einer Münze von Mitylene (Mionuet III, p. 48, no. 116) bekannt, auf welcher ein Kopf mit den Attributen des Dionysos Brisaios und die Inschrift yliaßwva^ -tjQwg vtog steht. Als ein zu Rom lebender Sophist erlangte Potamon vom Kaiser Tiberius bei seiner Heimkehr nach Lesbos folgenden Reisebrief: noTufiiova tuv yliaßwvdxxog tt rtg udixitv roX/^n'iaet, ay.f\).iüa&(ü ii /tot öwriaiTui TioXf^nTv (Suidas s. V.). Im erzbischöflichen Palast zu Mitvdene befindet sich ein jMarmorstuhl, dessen bereits in Pococke's Reisen [C. I. no. 2182] befindliche Inschrift lautet TloTu- ft(ovng = T(o ^eaßcovuxTog^znpoeäpia. Seitdem habeich noch eine Inschrift erworben, welche folgendennassen lautet:

rNAißnoMCii inrNAißYin

MErAAßAYTO KPATOPITßEY PrETAKAIZßfT HJPIKAIKTIETA

BIßtMAOnATPIAI OEO(!>ANHTnEn THPiKAlEYEPPE TAKAIKTIETAAEY TEPßTAZnATPlAOE

nOTAMßN

AEEBnNAKTO[E]

TflEYEPPETA

KAIEßTHPOE

KAIKTIETATA[E]

nOAIO[E].

Hier ist der Name Potamon mit denen des grossen Pompejus und des Theophanes verbunden; dieser letztere ist auch in einer Münze (Mionnet HI, p. 47, no. 108) als ^eog QtorpuvrjQ TMvt. erwJihnt. Theophanes war der stete Freund des Pompejus und es geschah in Folge dieser Freundschaft, dass die Mitylen;ier ihre Freiheit wieder erhielten ; dafür erlangte er von ihnen göttliche Ehren, die sich sogar auf seine Nachkommen ausdehnten (Tac. Ann.

m, 8).

9. Aus Rlhodus, 21. August 1853. Nevdich gelang es mir Kos zu besuchen. Es befinden sich dort drei sehr anziehende Ortschaften, Pylu, Aiilimuclüa (auf der Karte Andemaki genannt) und Kcphulos, welches auf der Stelle der alten, nach der schmalen Landzunge worauf sie liegt so genannten, Stadt Isthmos liegt. Für die dortige Ortskunde hat Ross schön vorgearbeitet.

Zu PylJi ist das ChurmyVion oder Grabmal des Char- mvlos wichtig; es enthüll ein gerjiumiges stollenähnliches Gemach; jederseits ist eine Reihe viereckter OefFnungen zu bemerken, deren jede eine Zelle in der Dicke der !Mauer, eben lang und wejt genug um einen Körper zu fassen, enthält. Ohne Zweifel war dies ein Familien -Grabmal. Statt des eigentlichen Bogens bemerkt man hier eine Art falschen Bogens, wie sie in sehr alter griechischer Zeit zuweilen aus grossen einander allmählich angenäherten horizontalen Blöcken voUfTihrt ward. In seinem Innern hatte das Charmylion ionische Verzierungen von sehr reinem Styl; man kann gleiche Ornamente von ähnlichem Stj'l auch iTir das so nahe gelegne Mausoleum von Hali- karnass voraussetzen. Die Inschrift dieses Grabmals hat Ross gegeben. An einer Ilausthür zu Pi/'« fand ich die

Inschrift: AMMO = NIOYTOY=AAMA=EHI. Zwischen Pyle und dem Meer fand ich in einem alten Terlassenen Haus, worin viele Fragmente eingemauert, und

in dem dazu gehörigen Garten viel Scherben von rother Töiiferarbeit zerstreut. Eine dortige Inschrift lautet:

EniTYNXA = NOYCHC:=TAC=(|)|AETAI- POY=IEPEIAC.

Zu .^iitJmacJiin fand ich in einer Kirche, die Proskv- nema heisst, eine Inschrift hinter dem Altar, in welcher die Errichtung einer Statue, anscheinend für Aurelios Aristulchmos Sohn des Nikomachos, Gymnasiarchen, auf eigene Kosten, gemeldet ist; ehrenvolle Erwähnung seiner Söhne findet sich damit zugleich. Diese Inschrift scheint unedirt zu sein; sie soll von einem Grundstück in der Umgegend, Namens Christos Moscopianus, kommen. Auf : diesem Grundstück befinden sich zahlreiche Marmorblöcke lund Säulenstücke, vermuthlich von einem Tempel; andre 'ähnliche smd in der Kirche selbst eingemauert.

Zu Kcphalos besuchte ich die von Ross beschriebe- nen merkwürdigen Trümmer des Tempels der Demeter Augusta. Die Tempelmauer ist in der Länge von 16 Fuss noch erhalten; eine Menge von Inschriften, auf die Be- völkerung des Isthmos bezüglich, hat Ross hier abge- schrieben. Von hier ritt ich abermals in die Gegend des alten Hafens ; in einem M^eingarten fand ich zahlreiche Marmorstücke, darunter eins mit der Inschrift:

[0]AAMOEOIIEOMinTA EnTHPAKAIKTIETA EHPAKAATOYrAlOY YA OY.

Nachschrift. Obige Notizen verdanken wir brieflichen, zu freicster Benutzung geneigtesl durch Hrn. Snm. Birch uns Über- mächten, Mittheilungen des Hrn. Charles Ncivluii, welcher, vom hritlischcn Museum ins grossbrilannische Consulat zu Lesbos und jetzt zu Hhodos versetzt, den klassischen Boden, auf dem er weill, auch für die Allerthumskundc neu auszubeuten bemüht ist.

J. d. U.

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1.

IV.

Epigiapliisches.

Griechische Votivhand.

Die Aufschrift der Votivhand, welche Hr. Birch in diesem Anzeiger, 1854, No. G2. G3. S. 440 mitgethcilt hat:

ZOYPOPACeYEA

MENOCANeGH

KeNCABAZI

eAC ^i^rKouGo

scheint mir in der vierten Zeile unzweifelhaft das Wort iniixäio zu enthalten. Zu den Stellen, welche der Pariser Stephanus fiir i^io'i inijxüoi anfiihrt, bieten die Inschriften einige Nachtrüge: /Jt'l' viptoTW xai imjxoo) tv/rjv, C. I. G. no. 4500, 1. 4502, 1. 4503, 1. d^uo i. ßgovzMvxi fv^riv, no. 5933, 1. IdnoXXiovi yagtarriQtov i., no. 2290, 4. ^aö i., no. 4321. h. 1. Iluri a'o(>w xui in., no. 4836. f 4838. A. 2. und 4. /(',tj)( ilicüv aioitlQa L, no. 4ü95, 1. ^'latSi XQTjarrj f., no. 2300, 1. l^eü i. "lai Tv/r;, no. G005, 1. Tvyt] f. Spart. Tit. bei Lebas p. 33 no. 163. rtxrw yXv- xvTUT(o xul df(ö tötii) f., no. 3272, 5. Eijitdt Utluyla tvaxöoj, no. 2174, 4. 'AQttfudt Qigfti'u tv., no. 2172, 4. 2173, 2. 'AQT^iidi ivax[6^w (der Stein soll bloss EYAKill haben), no. 2506, 3. ä-w, i. Agri^iidi AvXlöi, no. 5941, 1. i:vx,r] ''HquxXi} i)-uX}.o(f(jgo> ivaxni'nTia, no. 5985, 3.

Schwieriger ist die Deutung der drei vorangehenden Buchstaben, worüber ich ohne eigene Ansicht des Denk- mals keine bestimmte Muthmassung wage. Denn sie in 06CÜ umzuändern, ist bedenklich. Vielleicht findet Hr. Birch, wenn ihm diese Zeilen zu Gesicht kommen, bei nochmaliger Prüfung das Richtige. Das CO am Schluss könnte ein blosses Bl.'ittchen gewesen sein, wie denn ein solches öfter fiir einen Buchstaben gehalten worden ist, vgl. Sylloge inscr. Boeot. p. 158.

Die in derselben Nummer des Arch. Anz. S. 439 durch Ross bekannt gemachte Ki'mstlerinschrift : Stf<')[r'] ^ivio- vo[f] xn\j] .3'o)j'f[ >']/;? 2(üxq[u]iov(; TlÜQi[ot\ tnoiovv steht schon bei L. Stephani Titul. Graec. part. V., Dor- pati 1850, p. 10. Beide Copieen stimmen bis auf Kleinig- keiten vollkommen überein.

Pforte. Karl Keil.

2. Inschrift des Glitius Gallus.

D . M P . GLITIO . L . F . GALLO TRffi . MH.IT . LEGION . PR . IIIVIRO CAPIT OP VEHEIS . P . Q . RLVXIMILLA AEGNATIA . CON . O . S . P

Dieses epigraphische Problem, für welches die Me- langes greco-romains T. I, p. 303 'keinen Rath zu schaffen wissen ', scheint einen Versuch der Lösung um so melir zu verdienen, als es zu den neuerdings wieder aufgenom- menen orthographischen Studien einen kleinen Beitrag zu liefern verspricht. Tacitus Ann. XV, 71. £ tribiuiis Gavius Silvanus, quam^as absolutus, sua manu cecidit; Statius Proxumus veniam, quam ab impcratore acceperat, vanitate exitus corrupit. Exuti dehinc tnhunatii . . . Pompeius, Cornelius Martialis, Flavius Nepos, Statius Domitius, quasi priucipem non quidem odissent, sed tarnen existimarentur. Novio Prisco per amicitiam Senecae et Glitio Gallo atque Annio Pollioni infamatis magis quam convictis data e.xilia. Priscum Artoria Flaccilla coniux comitata est, Gallum Egna- tia Maxiniilla, magnis primum et integris opibus, post ademp- tis : quae utraque gloriam eins auxcre lehrt uns in Ver- bindung mit Z. 3 der Inschrift, dass auch Glitius Gallus zu den in der Neronischen Verschwörung verurtheilten Tribuiwii gehörte, woraus für die Inschrift mit Nothwen- digkeit folgt, dass seine Aemter in absteigender Reihen- folge, das früheste zuletzt, genannt sind. Alles räth dazu in der verzweifelten Stelle OP | 'NTEHEIS . P . Q. dasje- nige Amt zu suchen, mit welchem er seine Laufbahn be- gann. Ich denke es wird die cur« viariim gewesen sem und da bereits Augustus die duum\iri viis extra urbem purgaudis aufgehoben (welche noch tab. Heracl. p. 349 Mazoch. nennt), die curatores der einzelneu viae aber an- sehnliche nur von Consularen bekleidete Stellen waren, (Marquardt II, 3. p. 267), so bleibt für unsern Anf-inger wohl kein andres Amt als das des (juaUiorvir viis furgan- dis übrig (Marini Arval. p. 760 'quella davasi a' princi- pianti'). Danach ist zu lesen QR. (statt OP) oder QVIRO (denn dass nicht alle Ausgänge der Zeilen unversehrt sind zeigt auch die fehlende Legionsnummer XXII in Z. 3) VEHEIS . P(urgandis). Diese Orthographie für viis ist obgleich ich sie durch kein andres epigraphisches Beispiel belegen kann, doch recht glaublich. Varr. de r. r. I, 2, 14 a quo rustici etiamnunc quoque viam veam appellant propter vecturas et vellani non villam, quo vehunt et un- de vehunt. Vgl. Umbr. Sprachdenkm. H, 249. Schweizer in Zeitschr. fiir vglchd. Sprachforsch. HI. H. 4. 5. p. 373. Die Entscheidung, ob darin wirklich etymologisches Be- wusstsein anzuerkennen oder nur rustikes Latein zu finden (Rusticus fit sermo, si adsjures perperam, Nigidius bei Gell XIII, 0. z. B. PONTHEIS Grut. 150, 7), überlasse ich den Orthographikern. Das übrig bleibende Q. ziehe ich als Quinta zum Namen der Maximilla Egnatia. Dass sie diesen Vornamen weder bei Tacitus noch auf der Basis von An- dros (Melanges p. 301) fuhrt, wird der Rechtfertigung nicht bedürfen.

Dorpat.

L. Mercelik.

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V. Neue Schriften.

Avollodori Bibliotheca ex recogii. Imm. Bekkeri. Lips. 1854. VIII, 143 S. 8.

Bergh (Th.): Ueber das .-ilteste Yersmass der Griechen. Freiburg 1854. 24 S. 4. (Universit;itsprogramin ; über den Paroemiacus oder Spruchvers, der auch in Vasen- iuschriften (öf uvötnoz' Ev/fpöviog u. a. [p. 10] zu er- kennen sei).

Braun {Emd): Vorschule der Kunstmythologie. Gotha 1854. 100 Taf. 65 S. 4. [Die grosseren Gottheiten enthaltend ; schön ausgestattet. Ladenpreis 5 Thlr.]

Br»gsch (H.) ■■ Ueber einen Titel des Apis-Stieres , über das Jahr der Wiedergeburten und über die Hyksoszeit nach jigyptischen Denkm.-ilern. (Aus Band IX der Zeit- schrift der deutsch, morgenl. Gesellsch.). Leipzig 1854. 21 S. 4Tf. 8.

Currara (F.) : Die Ausgrabungen von Salona im Jahr 1850, übersetzt von A. Gräfin v. Hdslinyi'n-Scliickfiiss, her- ausgegeben von J. F. JVei(/ei)aiir. Leipz. 1854. 26 S. V Taf. 8.

Farenlieid {F. V.) : Verzeichuiss der 'Abgüsse' zu Be_Muih- nen. Vgl. oben S. 508.

Forchhammer (P.): Topographia Thebaruni heptapylarum. (Programm zum 6. October 1854). Kiliae. 19 S. 4.

Fitrtwänglcr (Jf.): Die Idee des Todes in den Mjthen und Kunstdnnkmälern der Griechen. Freiburg 1855. XIX und 452 S. G Taf. 8.

Gerhard (Ed.) : Auserlesene griechische Vasenbilder, haupt- siichlich etruskischeu Fundorts. Vierter Theil. lieft XXXJX— XLII. Taf. CCLIX— CCLXXXIL Bilder des griech. Alltagslebens Taf XIX— XLH. Berlin 1854. gr. 4.

Danae. Vgl. oben S. 507.

üumpach (J. «.): Zwei chronologische Abhandlungen, über den Apiskreis von Lepsius, und von Th. H. Martin kri- tisch gewürdigt. Heidelb. 1854. 121 S. 8.

Horatius (O. Fl.): denuo revognovit et praefatus est Aug. Meinehe7 Berol. 1854. XLIV u. 226 S. 8. [In der Vor- rede S. niff. wird auf kihistlerische Vorbilder für Carra. I,

4, 7 und I, 2, 39 hingewiesen.]

Jahn (0) : Beschreibung der Vasensammlung König Lud- wigs in der Pinakothek zu Mihichen. München 1854. CCXLVI, 389 S. XI Taf gr. 8.

Kurze Beschreibung der Vasensamndung Sr. Maj. König Ludwigs in der Pinakothek zu München. München 1854. 109 S. kl. 8. [Vorl.'iufer und Auszug des grösse- ren Verzeichnisses.]

Ueber ein Marmorrelief [Nereidenfries] der Glypto- thek in München (Leipz. Gesellsch. d. Wissensch. 1853.

5. 160-194. Taf III bis VIII).

Janssen (J. L. F.) : De etrurische Grafreliefs uit hct Mu- seum van Oudheden te Leyden. Te Levdeu 1854. 26 S. 20 Taf Fol.

Lusavlx (E.V.): Studien des klassischen Alterthums. Aka- demische Abhandlungen mit einem Anhange pohtischen Inhalts. Regensburg 1854. VIII, 552 S. 4.

Entliallcnd unter andern : Die Geologie der Griechen und Römer S. 1 ff. Ueber den Entwickelungsgang des griech. und römisch. Lebens S. 45(1'. Ueber die Bücher des Königs Numa S. 9211. Die Gebete der Griechen und Rumer S. 13711. Der Fluch bei Griechen und Römern S. 15'.! ff. Der Eid bei Griechen und Hörnern S. 177 ff. Die Söhnopfer S. 233 ff. Das pelasgische Orakel des Zeus zu Dodona S. 283 0". Pro- mclheus S. 31 6 ff. Die Linosklage S. 345 ff. Ueber den Sinn der Oedi- pussage S. 35711. Zur Geschichte und Philosophie der Ehe bei den Griechen S. 374 ff. De mortis dominatu in veteres S. 459 ff.

Lenormant (F.): Des inscriptions tracees a la pointe sur les murs des maisons de Pompei, examen de l'ouvrage de R. P. Garrucci. (Extrait du Correspondant). Paris

1854. 32 S. 8.

Mommsen (Th.): Römische Geschichte. Erster Band: bis zur Schlacht von Pydna. Leipz. 1854. 644 S. 8. (Auf S. 79ff'. über die Etrusker; S. 146 if. die Kunst; S. 295 über Einfuhr gemalten Thongeschirrs).

Tlu7iunXi(iirnv (K. F.): yi/iyog TifQi tüv napu Tmg up- /jtinii EXlvai 7Tutdtxi')v nniyriMV (Schulprogramni). 'A»r,v. 1854. 22 S. 8.

Punsanwc. descriptio Graeciae. Recognovit I. H. Ch. Schu- bart. Vol. I. II. Lips. 1854. 8.

Petersen (Cli.) : Ueber die Bedeutung mythologischer Dar- stellungen zu Gesehenken bei den Griechen. Eine Fest- gabe [zum Winckelmannsfest, 9. Dec. 1853]. Hamburg

1855. 40 S. 8. oder (im Schulprogramm) 28 S. 4.

Preller (L.): Delphica. 1. Krisa und sein Verh;iltniss zu Kirrha und Delphi. 2. Apollo Delphinios (Leipz. Ges. d. Wissensch. Sitzungsb. 1854. S. 119 ff. 140— 152.)

Preller (L.) : Griechische Mythologie. Erster Band, Theo- gonie und Götter; zweiter Band, die Heroen. Leipzig 1854. IV, 528. 365 S. 8.

Renier (Leon): Melanges d'epigraphie. Paris 1854. MII,

289 S. 8.

Schweigger (J. S. C.) : Ueber eine Cista mystica die bei Prraieste gefunden wurde. Ein die alte myst. Bilderwelt l)etreffender Anhang zur Einleitung in die Mythologie auf dem Staudpunkte der Naturwissenschaft (Aus den Sitzungsb. der Wiener Akad. ph. bist. Classe XII, 701. 1854). 26 S. 1 Taf. 8. [Auf Zahlenverh-iltnisse, beson- ders der eiförmigen Ornamente, bezüglich.]

VrUchs (L.) : Skopas in Attika. Vgl. oben S. 507.

Ussing (J. L.): Graeske og Latinske Indskrifter i Kjö- benhavn. (Aus den Kgl. Danske Vidensk. Selskabs Skrifter V, 2). Kjöb. 1854. 37 S. 4.

Vinet (E.) : Lettre ä M. Gerhard. Les oiseaux de Diomede, conjectures sur un vase peint [Ghd. Auserl. Vas. IH, 198). 12 S. 8. (Aus der Revue archeol. XI; vgl. oben S.505).

Wieseler (L.): Die Nymphe Echo. Vgl. oben S. 508.

Herausgegeben von E. Gerhard.

Druck und Verlag von G. Reimer.

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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

Zur Archäologischen Zeiluriy, Jahrgang Xll.

JM 72 his.

December 1854.

l)E^eiÄLER-\i:UZEICIiMSS \]m ALrHABETlSClIES REGISTER ZU DKN JAHRGÄNGEN 1853 UNI) 1854 DER ARCHÄOLOGISCHEN ZEITUNG*).

A. DENKMÄLER -\ERZEICHNISS.

I. ARCHITEKTUR UND TOPOGRAPHIE.

1. Aegyptisches. Ausgrabungen zu Memphis, Auf- •Ipcknng des Serapeunis 350tf.

2. Asien. Bnbi/hn ilb. Syrische Fi\ni\e iO'if. Lij- dische Ausgrabungen 392; Gräber lies Alyattes u.a. 148tf. 153ff. 311 f. Perilnmon: Askle|)iosteni()el 509. Smijrna 312. Troas: Grabbiigel 511; Oplirynion 510.

3. Griecheniand. Athen 415; Aufgang zur Akropolis 198 ff. 295 ff.; Ereclitlieion 360 f.; Seitenlliür oder Nische 347 f.; Pandrosion 473 f. ; Lage der Pnyx 310f.; Grabslele 438; Basis eines Drelfusses 437. Meijnrn: Brunnen des Tlieagenes, Tenicnos des Zeus, IMauerzug, 37911'.; Tempel des Apollu Prostaterios 421.; Wasseileilung 379. Sprirla: Hlenelaion 21 7 ff. Griechische Vasenfunde (Athen, Soljgia, Korintli) 384. Griecliische Inseln: Khoilos, Stadttiiinimer von Ka- nieiros 386; Samos, Stollen 388; Thern und Melos, Gräber- funde 181.

4. Italien. Rom: Forum 328; Ära niaxima 389; Tem- pel der Fortuna und jMatuta, Augustusbogcn 357; Camillianuni

377, und Isistempel 329. Gebäude in Villa Caserla bei S. Vilo

378. Coluuibarien in Vigna Codini 329. Monte Testaccio 342. 358. In Roms Umgegend: Arden, Terracotten und Marmore 329. Tivoli, allertirumliclies Grab 357; desgl. mit Wandgeinälilen 377 f. f'eji, Haus und Gräber 376. Vnter- italien. Umgegend Neapels (Kuniä, C^pua) 415f. Pompeji, das Soldaten<|uartier ein Ludus gladijtorius 357. Funde zu Canosn 346. Sijrnhus, Zeitalter iles Theaters 223. Obcr- itnlien: Funde bei Reggio463f. Komisches Grab bei IVIo- dena (Spiegel) 486.

5. AiissERiTALiscHEs. Frnjihreich: Arles, Bleistiicke aus Mineralquellen 341. Avignon: Arkadenreilie, Circus 362; antike Bauformen der Kathedrale 362. Nisnies : Nympliaeam 297. Vienne: Tempel, Grabmal u. a. m. 331 if. Russlnnd, an den Mündungen des Don: Tanais, Ruinen von Nedwigowka

461 ff. Spituien: Tarragona (Herkulesgrab} 326. 442f. Deutschland: Carnuntum 416. Trier, Mosaik bei Nennig Römische Bronzen in Schlesien gefunden 460.

358. 416.429.

II. S C U L P T U R. A. In Stein.

1. Afrika, .^l.'(;y;)(f^^: Apiskoloss im Serapenm zu Mem- phis 351; Meinnonskolosse 22ff. 309. Karthago: kolossaler .lunokopf 329.

2. Griechenland. Athen: Statue der Parthenos 427f. ; schlangenlüssige Statue 296 ; Sarkophagreliefs 475 ff. Delphi : Reliefs, Sarkophag mit der Meleagersage? 479if. Eleusis: Statuen 438. Gallipoli: Reliefs, Pan und Nymphen 512 f. Cybele und Apoll514. Palrii: Sarkophagreliefs (bacchische, Bellerophon) 479. Sparta: Sarkuphagreliefs 477il'. Tec/ea: Stele, sechs Hermen aus einem Stück, 479 ff.

3. Italien. Rom: Schiffsschnäbel vom Forum 328. Kolosse von Monte Cavallo 349. Vntican: Statue des Pho- cion (Aristcnienes?) 389; Kanephore 327; Pelops und Hippo- ilameia, Sarkoi>hag 59. Kapitol: Gruppe des Polyphemos und Akis 120 f. Neptunisches Relief, Venus auf einem Meer- bock 263. 267. Lateran: .Satyrstatue, als Marsyas zu den- ken, 377. Villa Alhani : bärtige Bacchusstatue 309. Reliefs : Orpheus und Eurydike 83 ; Pelops und Hippodanieia etr. 59. Nicht mehr dort vorhanden: Odysseus bei Eumäos (abgeb. Winckelniann ed. Fea I, 238; III, 424) 108; Relief der drei Zeus (Zoega 112. Müller Denkm. II, 24, 257), ob echt? 240. Cnmpnnn'sche Samndung: Niobidenrelief 222. 457. Palast Giustiniani: sitzende Ariadne 326. Villa hudovisi: Gruppe, Orest und Elektra (7. L, 3) oder .Merope und deren Sohn 234 f. Palast Sacchetti: Triumplirelief 342. Palast Spada: Relief, Amphion und Zetlius 82. In der Umgegend Roms neuentdeckt (Dogana del Chiarone an der tuskanischen Grenze) :

') Ausgearbeitet liauptsächlich durch Hrn. Dr. Karl Friederichs aus Oldenburg. Die niedrigen Seilenzahlen gelten den Denkmälern und Forschungen, die höheren dem Archäologischen Anzeiger; der Uebelstand, dass die Seiten 278 bis 303 in beiden Abtheilungen sich linden, wird den Gebrauch nur selten erschweren. A- d. H.

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drei Sarkophage, worauf Pbädra, Hippolyt und Marsjas 345. Neapel : farnesisclier Stier 88 (1. Gruppe, als Pliädra und Hippolyt gedeutet 5. 312. Doppelheniie der Athene und Artemis 473. Im Künigreicli Nea[}el zu Iscrnin: Relief der Ale.vandersclilaclit? 418. In Tushiiiii: Vullerrn, etrusliische Asclienkisten : Odysseus und Polypliem 120; die Bestrafung der Dirk« 100. Cortonn: desgl. Dirke 102. Ungenannten Ortes [Volterra? nach Inghir. Gall. Omer. III, 58] die Bestra- fung der Dirke 102. LVI, 9. Obcritnlieu: Turin, Relief des Kairos 203. Vcneiluj : ein Tlieil iler Nani'schen Reliefs ist jetzt in Avignon zu suchen 363 ff.

4. Deutschland und Donaulander. Berlin, künigl. Museum. Sarkopliaginschrilt des Paregorius 48; etruskisches Relief iles Oenomaos 60. Boiiu (Welcker) : ftlenander und Aristophanes, Doppellierme 342. flrcsi/cH : sitzende Ariadne 326. München: Statue des bärtigen Dionysos, archaisch 309; Relief des Polyphem und Akis 121. Wieji: Statue der Amymone, Relief der Medea u.a.m. 453fF. Pcsth: Sarkophag, Marsyas und Apollo 506.

5. England. London, brittisches Museum: Harpyien- nionument 508; Partlienonfries 276. 425. Neuester Zuwachs, Relief aus Kephissia u. a. m. 387. 484. 485. Sammlung Lamhdowne: Odysseus und die Sirenen, Relief 123. Im Besitz des Lord lAinJeshorouijli : Tlumrelief mit romischen Gottheiten 433. Sammlung Snülli zu Marburg Hall 417. Sonstiyes: Diptychon 472.

6. Frankreich. Paris im Louvre: .Statue des Aclillles 253; kolossaler Junokopf aus Karthago 329 f. Reliefs: Orpheus und Eurydike 84; 'l'od des Oenomaos 58. Aviijnon: .Statuen und Reliefs, zum Theil aus Museo Nani 363 (f.; darunter die stehende Göttin mit iModius (sog. Eileithyia) 366; P:in und Nymphen, Herakles mit der Hydra, Opfer und Reisewagen 396fl'. In Lyon: Bildnisskopfe 321 ; sitzender bärtiger Apoll u. a. ni. 321f.; bacchischer Sarkophag 318. Rheims: .Stadt- gottheilen, Relief 460. Vienne: Statuarisches und Reliefs 333 fr.

7. Dänemark, Schweden und Russland. Kopenhagen ( Thorwaldsen): bärtige Bacchusstatue 348. Sculpturen zu Stochholm 394 ff. Sl. Pelerslmnj, Sammlung des Hrn. v. Mont- l'errand : Relief des Kairos 204.

8. Ungenannten Ortes. Etruskische Reliefs, vormals auf Pelops gedeutet (Monum. Matte. III, 29. Gori Mus. etr. I, 135) 55. Relief des Kairos bei Lupoli (iter Venus, p. 49), jetzt in Russland 203.

B. In Tekra-Cotta.

1. Aus Kleinasien. Terracotten aus Torsos 299— 306.

2. Italien. Zu JRoni, Hrn. Jionichi gehörig: scliwarze Schale mit [rothein?] Einsatz und rülhselliaflen [troischen?] Reliefs 376. Zu Neapel im Museo Borbonico: volskische Reliefs, Pelops 61; ebd. im Besitz des Hrn. G. Riccio: per- sische Artemis 183. LXII, 1.

3. Deutschland. Berlin, im kgl, Museum. Statuari- sches: Komiker in Frauenrolle 245. LXIX, 1. Komiker, als Redner, sitzend auf einem Altar, etwa als Kleon, 248. LXIX, 3. 4. Reliefs: persische Artemis 18'i. LXII, 2. Phrygi- sclier Sonnengott 193 f. LXIV, 1. (Jefüssbild des Priamos bei Achill 289. LXXII. In Privatbesitz ((Jerhaidj : sitzende Kora oder Ariadne, statuarisrli, 475. Zu München, aus der Fogelberg'schen Sanindung: Lampe mit Helief des schwim- menden Odysseos 120. Altentiunj (Lindenau), etr. schwarze Olla mit gepressten Reliefs 500.

4. Enoland. London, brittisches Museum: Thonfiguren aus Lesbos384; Pelops und llippodameia, Relief 55; neuester Zuwaclis 456. In Privatbesitz der HU. liarher und Mayor, Terracotten aus Tarsos, ausführlich beschrieben S. 299 If. ,

in Besitz des Hrn. BbiicVe: grosses Reliefgefäss aus Kumä, worauf Kentauren, die Dolonssage ii. a. 472.

5. Frankreich. Paris (Louvre): Sammlung aus Tarsos 417. Versteigert: Allerlei aus Syrien 403.

6. Russland. Terracotten in Pawlolfsk, darunter ein Relief mit Zeus und Hera 388.

C. Bronzen.

1. Italien. Rom, im CoUegio Romano, ficoronische Cista 171. Modena: Laraiium aus der Nähe von Reggio 463; Metallspiegel 486.

2. Deutschland. Berlin, kgl. Museum: phrygischer Gott (Sabazios?) zu Pferde, Relief 211. L\V, 3. Ungenannten Ortes und Besitzers: romisclie Erzliguren schlesischen Fund- orts 460. il'icn , in der kaiserl. Sammlung, statuarisch: Schlafgott, Tänzerin, Pallas, .Spes, Pan, Odysseus, Moiio u. a. 452 f.

3. Schweiz. Bern : Grächwyler Erzrelief (pers. Artemis) 183. LXIII, 1. Im Museum zu Lausanne'? Votivhand aus Avenclies 486 ff.

4. P^NGLAND. London, im brittischen Museum: Hermes Kriophoios nach Kaiamis? 384; Odysseus unter dein Widder 122; (von Hrn. Newton einge!>an<lte?) Maus aus Kos 387; Tessera eines Agoranomen (so) 384; Votivhand 440; sonstiger Zuwachs 456. Im Besitz iIcs Lord Londcsburouijh: Barbar als Bogenschütz (in London gefunden) 433; andre Bronzen bei Lord Cadoijnn 433; beim Kunsthändler Chnffers eine grosse baccliische Maske 472.

5. Frankreich. Pnris im Louvre: Apollostatue (Wood- burn) 417. Venus mit Taube als Kopfputz u. a. m. 404. Rest einer Reiterstatue und kleinere Erzliguren 318f. Ver- steigert: allerlei aus Syrien 404.

j D. M I S C E L I. A N E E N.

(Aus Gold, Silber, Blei, Elfenbein, Glas ii. s. w.)

1. Griechenland udn Asien. Silberner Löffel aus L'ampsakos 513; Elfenbeinfiguren spielender Kinder (aus Sy- rien) 404.

2. Italien. Rom; Pfeile und Lanzenspitzen aus Kie- selsteinen 341. In Florenz zu suchen: Glasgetass aus Po- pulonia 327. In Neapel aus Pompeji: Elfenbeingrup|ie der Birke 94.

3. England. London (brittisches Museum): Acerra aus Knochen 385; bleiernes Schwein 485; Vermischtes 456. Im Besitz des Hrn. Barher: Gypsliguren aus Tarsos 306.

4. Frankreich. Paris: Schmucksachen aus .Syrien 404.

5. Deutschland und DonaulXnder. Zu Halle bei Prof. Rosa: Bleifigürclien vom Menelaion 218. LXV, 5 13. Bonn: Frau Mertens, Ringe aus Elfenbein 378. Im Besitz des sieljenbürgischen Grafen Belhlen : Golilsaclien und Gemmen

508(1.

E. Gemmen und Glaspasten.

1. Italien. Zu Rom, in Privatbesitz des Prof. Brnun: Gemmenbild auf den Palladienraub und zugleich auf Orest's Heimkelir bezüglich 378. Bei Hrn. de In Croix: Pferde- kopf mit Mensclienleib mit Insclirift 'snavis' aus Girgenti 341. Hrn. Gommonde gehörig: Ikaros oder Dädalos (etr.) 327; Medea 327. Bei Hrn. Malrangn : Herakles oder Perseus

INHALT.

DENKMÄLER UND FORSCHUNGEN.

No. Gl— 63. Persische Artemis (E. G.). Allerlei: zu Plinius (Scopas, scopas: Petersen); Hoplitensieg in den Nemeen

(Panoßa); Walker- und Müllerfeste (0. Jahn). No. 64. Phrygisclier Sonnengott (E. G.). Der Aufgang zur Akropolis (E. Curt'ms). Allerlei: Kairos (0. Jahn),

Atalanta und Helena (Osunit), Dolomcdes (0. Jitlm). No. 65. Phrygische Götter zu Pferd (E. G. und F. Ltijanl). Bleifigiirchen vom Menelaion (L. Ross). Allerlei:

Mithrisclier Pferdekopf {Götlllng), Andromeda (0. Jahn), Niobidengruppe (Panofka), Demokopos, auch My-

rilla (Theater zu Syrakus: Osanu). No. 6G. Merope (O. Jahn). Allerlei: Ageladas (Osaim); Zeus als Tiiuzer (Panofha). No. 67— 69. Tydeus und Lykurg (0. Jahn). Komiker und Komödienscenen (Panofha). Allerlei: Fussbedeckung

(Panofha) ; Buzyges (Panofha) ; Differenz der Dioskuren (MerchUn) ; die Himmelssäulen Homer's (K. Fricäerkhs). No. 70. Der amykl.'iische Thron (L. S. Ruhl). Aphrodite Pandemos Eiiitragia (Lajard). Allerlei: Athnakis

(Panofka). No. 71. Aphrodite Pandemos - Epitragia (E. G.). Sculpturen des Parthenon, die zwölf Götter im vorderen Friese

(F. G. Wchher). Allerlei: Zeus Gcleon (Prdler). No. 72. Priaraos bei Achill (E. G.) —lieber den Kasten des Kypselos (Prelfcr). —Allerlei: Vase des Midias (Tfc. Pyl).

ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER.

No. 61. Allgemeiner Jahresbericht (E. G.). Beilagen zum Jahresbericht: A. Tempel zu Megara (A. v. Velsen). Neue Schriften.

No. 62. 63. Wissenschaftliche Vereine (Berlin, archäologische Gesellschaft). Beilagen zum Jahresbericht: B. Fejer- vary'sche Sammlung (F. v. P.); C. Rumänisches Thongefiiss (Raoiil-Rochel^te) ; D. Mosaik zu Nennig bei Trier; E. INIetrische Inschriften. Museographisches : Neuestes aus Athen (A. v. Velsen); Abaris, Laberis (Ross); zwei griechische Künstler (Ross); Votivhand (ßire/t).

No. 64. Wissenschaftliche Vereine (Berlin, arch.äologische Gesellschaft). Museographisches: das k. k. Antikenkabinet zu Wien (0. Jahn), Brittisches Museum (ßirc/i).

No. 65. 66. Wissenschaftliche Vereine (Berlin, archäologische Gesellschaft). Ausgrabungen: südrussische (Tanais, P. Leontjeff), Fund eines Larariums (Cuvedon'i). Griechische Inschriften aus Athen (A. v. Velsen), aus Modena (Cai'edoni). Museographisches aus England (F. v. P.).

No. 67. 68. Wissenschaftliche Vereine (archäologische Gesellschaft zu Berlin). Museographisches: Sculpturen in Griechenland (liursian); griechische Inschriften aus Athen (A. v. Velsen); apulische Vasenfunde (der Perser- könig, nach Mlnervini) ; Zuwachs des brittischen Museums (Birch) ; römische Metallspiegel zu Modena (Cavedoni) ; Votivhand aus Avenches (H. Meier). Neue Schriften.

No. 69. Museographisches, griechische Vasenbilder: kmserliehe Sammlimg zu Wien (E. G.); Lindenau's Sammlung zu Altenburg (E. G.). Neue Schriften.

No. 70— 72. Wissenschaftliche Vereine: Berlin, archäologische Gesellschaft, Winckelmannsfest. Reisen in Kleinasien. Pergamon, Ophrynion, troischc Grabhügel (A. Baumeister). Denkmäler der griechischen Inseln: Lesbos, Rhodos, Kos (Ch. Newton). Epigraphisches: griechische Votivhand (K. Keif); Lischrift des Gütius Gallus (Mercklin). Neue Schriften.

VI

ABBILDUNGEN.

Tafel LXI. Persische Artemis, Hals einer archaischen Vase aus Thera im Besitz des Herausgebers. Tafel LXn, 1. 2. Persische Artemis, nach Thonfiguren zu Capua und zu Berlin. 3. Göttinnen mit Flügelrössen, zu Tafel LXI gehörig. ' Tafel LXni. Persische Artemis, aus asiatischeu und etruskischen DenkmJileru. Tafel LXTV. Phrygischer Sonnengott: Thonrelief im kgl. Museum zu Berlin (1), aus verwandten Denkmjilern (2 8) erläutert. ^ Tafel LXV. Gottheiten zu Pferd, Erzrelief im kgl. Museum zu Berlin nebst verwandten Denkmiilern (] 4); Bleifi-

gürchen aus dem Menela'ion zu Sparta (5 13). ■^ Tafel LXVI. Merope, Vasenbilder verschiedener Sammlungen.

<• Tafel LXVn. LXVIII. Tydeus und Lykurg, Vasenbilder der kgl. Sammlungen zu München und Berhn. Tafel LXIX. Komiker und Komödienscenen, Terracotten und Gemmenbilder verschiedener Sammlungen. Tafel LXX. Der amykläische Thron, ein Herstellungsversuch von L. S. Ruhl.

Tafel LXXI, 1. 2. Aphrodite Pandemos-Epitragia, Vasenbild der Hrn. Liizarclie zu Tours. 3. 4. Bacchische Oenochoe. Tafel LXXn. Priamos bei Achill, Reliefgeföss (no. 1. 2) im kgl. Museum zu Berlin nebst einem VasengemJilde (no. 3. 4) gleichen Gegenstands.

1

VERZEICHNISS DER 31ITARBEITER.

Amhrosch (J.), Breslau.

Barth (H.), d. Z. in Afrika.

Baumeister (A.), Athen.

Bergk (T/t.), Freiburg.

Birch (Sam.), London.

Bock (C), Brüssel.

Böckh (A.), Berlin.

Bötticher (K.), Berlin.

Borghesi (Graf Bartol.), S. Marino.

Braun {£.), Rom.

Bursian (C), Athen.

Cavedoni (Cel.), Modena.

Curtlus (£.), Berlin.

Erhkam (G.), Berlin.

Franz (J.), Berlin, f

Friederichs (K.), Berlin.

Frvedländer (J.), Berlin.

Friedländer (L.), Königsberg.

Gerhard (E.), Berlin.

Göltling (K.), Jena.

Grotefend (G. F.), Hannover, f

Benzen (W.), Rom.

Hermann (K. F.), Göttingen.

Hertz (M.), Berlin.

Horkel (J.), Königsberg.

Jahn (0.), Leipzig. Janssen (L. J. F.), Leyden. Kandier (P.), Triest. Keil (K.), Schulpforte. Kiepert (H.), Berlin. Koner {W.), Berlin. Lachmann (K.), Berlin, f Lajard (F.), Paris. 1 Lauer (J. F.), Berhn. t Leontjeff (P.), Moska,u. Lepsius (B.), Berlin. ( Lcrsch (L.), Bonn, f Lloyd (W. W.), London. Mamissis (Th.), Athen. Meier (H.), Zürich, j Meineke (A.), Berhn.' Mercklin (L.), Dorpat. Minervini (G.), Neapel. Mommsen (Th.), Breslau. Movers (F. C), Breslau. Neigebaw, Turin. Newton {Ch.}, Rhodos. Osunn (F.), Gicssen. Ovcrheck (J), Leipzig.

Panofka (Th.), Berlin.

Papasliotis (G.), Athen.

Paiic/:cr (C. «.), Mietau.

Petersen (Ch.), Hamburg.

Preller (L.), Weimar.

Pi-okescli-Osten (Frhr. «.), Frankfurt.

Pulszky (F. «.), London.

Pyl (Th.), Greifswald.

Rochette (Raoul), Paris, f

Rofs (L.), Halle.

Ruhl (L. S.), Kassel.

Scharff (G. jun.), London.

Schmidt (L.), Bonn.

Schulz (H. W.), Dresden.

Stark (B.), Jena.

Stalin (V.), Stuttgard.

Urliohs (L.), Greifswald.

Velsen (A. v.), Athen.

Walz (Ch.), Tübingen.

Welcker (F. G.), Bonn.

Wieseler (F.), Göttingen.

Witte (J. de), Paris.

Zahn (W.), Berlin.

Zumpl (A. W.), Berliu.

I

i

529

530

B. REGISTER.

Was hier vermifst wird, ist im Denkmäler -Verzeicbnifs nachzuselien.

Ahnris, Laberis 438. Aihiicr 154 f. Achelous 115. Aihill auf .Skjrus 337. AchiU iiiid Priaiiios aS'J I. LXIl. ~ Accetin, Eqiietas 374. Aedon 73. Aeyeus und Medea 302. Aeijinn geraubt 402, 11. Aeon 3.36. Aeschylos Prom. 349 ( Atlassäiilen) 250. Perser 484. Aijelndas, Zeitalter 237f. A^omstisclies iO(. 171'. Olympia und Nemea 56, S4. Nemeischer lIo])litensie}r 18'Jf. Alc.rns, Steinschneider 432. 471 f. 475. Aloiilen 105 I. Amiihinrnos? 56. Amphiun und Zethos 70f. Zirod'oi der Aufgang zur Burg 202. Angelsiuhsische Altertliümer 3541. ' ii>Üi).o/_os'f. 128. An- liojie und Dirke 65. Anliope, Tragödie des Kuripides 74.

AmtjUüischcr Tliron woraus? 137 f. Herstellnngsversncli 2571t. LXX, mit Treppen ? 143 f. Amymotie statuarisch 453. "'it'ttxes, die Dioskuren 2791. Avdrumetln 220. linayyfXiu, ttnnjaf iS'i. .-l;i/iro((ift' Urania und Pandeinos 274. Pandemos- Kpitragia mit Bock und Leier 263 f. LXXI. Statue des Skopas 263. Vgl. Apostropliia 206. 268. Ariadne 2681'. llarnionia 267. l'eitho 208. Urania 274; liermenfurnjig 484. Aphroilile iles Tlie- seus 268f. 275. Apollinische 2741'.; thronende 3331'. Ajns- perioilen 351. Apoll mit Palnibauni 401; solariscli mit Po- los 301 f. bärtiger 214. (Hierapolis); tarsischer mit Lowe oder .Stier 215. Archiioloijie 286. 419. Arthüuloijisclics Insti- tut 390. Ares und Ilepliästos 107. Arhtomenes ab;;.? 309. Arhloteles Polit. V, 9, 22 (Kypseliden) 297 f. - Arne abg. 115. .-Irtcniis gelliigelt; assjrisclie 30 ; epliesische aljg. 365; persische 177ff. 193. Gygaia 148f. Vgl. Orthia VM. Kordaka 157. Iphigeneia 156. Asla abg. 483. Asknnius, dessen Ross 216. Assi/rischcs aus Griechenland 29 f. Atn- Inntit abg. 207; ringend 401. Athene mit Haube 281; auf Uuadriga 402; einen Krieger bekränzend als Hygiea? 3071.; mit Artemis 473. Athmthls vgl. üHuycao; 2711'. Atliis der llimmelsträger 255. Atlisclic Kponymen. 302. A^ll)e 146 f. Ausijrnbtmijen 277. 281 f.

liacchnnlin vom Stier getragen 276. 10; von einem Bock? 276. LXXI, 1. BacchUiden 292. 297. Rddehiecht 171.

Ratlos, Grab 117. Belleroptinn 479. 482. Herr/ als Säule 256. Bergqott Kithäron 93. Hesvlmhuni; auf Kunst- werken 251. 473. Benth 373. Bimte und Kranz 8f. Bhimenditft zur Verleihung von Unsterblichkeit (';■) 272. Koil;, apollinisch 275, 9. Buniis Kventus 404. Ilnzijges 254. Brunnen des Theagenes 379.

('arji)ts, cnrpitscutiis am .Säulenknauf 339. Chnrmijliou (Kos) 515. Chnron 214; mit Hanimer501. C'hrtjsis heisst Aphrodite? 303. Xoi'ffo? in Kigennamen 3031. Cicero de fato, aufgefundner (?) Anfang 359. 377 f. Colosscum, dor- tige Nägel 357. Cijpresse neben Leda 336.

Dnrius 482. Den .Syria, deren Gemahl 214. Demo- kopos, Architekt 222. Delphi, Orakelscene 1291. Dio- mede 143 f. [vgl. 109 .... ouiäis In einem Penelopebild].

Dione und Dionysos 400, 10. Dionijsos Perikionios, Phallen 1251.; gell'ügelt 248; Lenaios379; Dionysosdienst, kitbäroni- scbcr 69f. Dioslairen, deren Differenz 134. 255; in Delphi 129 f.; auch Amphion und Zethos heissen so 72. Dirke 651. Dulomedes 208. Drachenkopf an Helmen 190. Dreifnss 130.

Kherjmjd 402. Ehevertrag abg. 45. Eidechse auf Kunstdenkmälern 474. Eileithyin 306. Enneapylun 198.

Elponymen, attische 302. Erichthonios und Erechtheus 282.283. Eriope'f. 302. Eros Aphrodite küssend 365.— Esel der Mühle 192. Etrurien, Lydisches 158. Euripides, Antiope 73 f.

Eestuny abg. 371. Fischhaut bei Menschenbildung? 213. Flole und Hörn 108. Flügelgcstnlt der Artemis, der Ker oder Krinys, 46; männliche 401 f. Hiigelhclm des Mars 404. /''ii«f Grabespfeiler 159. FuUonis oflicina 191. Fassbedeckung an Bildwerken 251 f. Ftissringe 253.

Gnlcrus 358. 377. Gnnymedes 54; G. oder Pelops? 36; als Mundschenk 400, 14; mit Zeus 447. Gelnnur, Geleon 287. Gemmenbilder als Krsatz für Sculpturen 222. Genius malus Bruti? 394. Cf/o(/i«(ore«kämpfe 435f. Gordins, Gorgias, Gorgos zu Korinlli 2971. Götteryehiiuse 1721. Götterzüge 499. Göttlichkeit des Menelaos 218f. Gü((- heilen, Zwölfzahl 3491. Gritbesehre durch Hügel und Stein (jvfißog, azt/Xr], oviioi) 159. Grabhügel der Heroen 154; Iroische 511; lydische 1481'.; arkadische 156; elische 158; etruskische 158. Grnbsnnle, ionische 40.

Haar der Epheben 2; geschornes 77, 38. HifivQog'? 221. Ilnrpyienf. 304. Haube der Athene? 281. Hebe und Herakles 272. Helena, lanuvinische 205; abg. 205 f. Helios abg. 336; reitemler 210; chthoniscli 213. Heliosdienst zu Heliopolis i'iö.- Heliospriestcr 386. Hellas abg. 483. Hehn als Preis 21; scblangenverzierter 190. - Hern mit Bogen 392; zu Olympia 50 f. 392. Hernkies Kallinikos 1. 4; am Kypseloskasten 293; doppeller 114; einen Vogel köpfend 327; assyrischer 194, oder phönicischer 195; lydisclier 196; im n^/^fjjxtt des Bogenschützen 293; mit Medea 304; seinem Feind die Augen ausreissend 401, 15; lli[ipokoüntiden unil Kerberos 500; Kurystheus 401 ; im olympischen Götterkreis 402. Herme eines Todten 368; sechs Hermen aus einem Stück 479; Herme der Urania 484; Hermen in \'asenbildern 494. Winiui-

phrodit, Torso 48i. 'Enuuniov 176. Hermesiannx tiö. Hermes Kriophoros 46 f.; vollbekleidet 133. 'EouoykvtffJov 174. Hesione's Befreiung 33 i f. llicrudule, statuarisch 336. Hikesios 381. Hirmnelssäulen Homers 255. Hip- podameia, deren Bild zu Olympia 7f. ; in der Pelopssage 38 (.

Hipputyl 3. 345. Hirsch, apollinisch 275. Hund, chtho- niscli 58, 95. Hygiea abg. 366. Hyrin. Hysia 6 7 f.

531

532

Insun nn'l ^ledea versölint 302. Inschriften (griechi- sche) an Reliefs 84; voa oben nacli unten geluliit 42; der Buchstabe + nnr ein Verbindungszeichen 243, 7; Inscliriftsamiii- lung (römische) 413 f. Iphiijencia als Artemis 156 f.

Kairos abg. 203 f. Kainmis, Hermes Kriophoros 46 f. xctkös äoxei, Inschrift 244. Knnilniilcs etjm. 159, 34. Knnephoren bei den Panathenäen 442. y.tiui]).ta 296. Kcr 46. xiovr)ä6v 42. Kirl:e 122. KIcon parodirt? 249. Klepsi/drn 203. Kliniiclzuii 251. Klymenos für Theseus? 302. Kliilämneslrn oder IMerope 231. 237. Khjtios des Kurjtos Sohn, Bogenschütz 301. Komiler und Komödien- scenen 245. Kopennn Spottname? 224. Knri7ith''s Ty- rannen 297. Konjlcos (Schlauch) 171 f. Koli/Ios 1. Krintz und Tänia 8. Krntinos, nviiyr] 245 f. Kriiuler- hasten i\Iedea"s 303. Kresphonles, Tragödie des Kuripides 225 f. y.Qt/.r\luala 53. Künstleruninen auf Gemmen 431; verdächtige 325. Kttrotrophos, Göttin 307. Ki/psclos \ind dessen Geschleclit 295 ; Kasten und Bildwerk 292; Kv\^'i).iömv avüO-i]fia 299 ; deren Koloss zu Olympia 298. Kijzihcnischc Reliefs: Dirke 85; Polyphontes 237.

Lnheris 438. Lapithcnsnyc 295. Lariiriitin 463. Lcila 330. henneon 164. Lcunlihii 213. höwenhiin- diyer 193. Lüueiihopf zwischen Schlangen 212. Lunus oder Alithras 209. Lijtlischc Fürsiengräber 148; lydisclie Spraclie 160; Lydisches in Etrurien 158. Lyhisches 508.

Mnimordislcn 334. Mnrpcssn i. Marsi/os 345. Meilea bei Aegeus 302; mit Herakles? 304.- Melns in Ko- rintli 293. .Wemiio?iskolosse 22. 309. Meropc 226. Miiicrvini 293. Millirris'? 195; IMithras oder Lunus 209; Mithrasmantel 207; IMitliriaka 343; mithrischer Pferdekopf 319. Monihiöllin'f 491 ; assyrische 31. Mocris 453. Museoi/rapliic 283; Südfrankreichs 314. Mühlenfest 192. 254. i;«»i=/.Kii((c 289. Myrilla TU. Mijlho\o,jie 288; nordische 306.

NachtignU 73. Nackte Brust bei Frauen 5. Nexav- lo;, vixvnvXrji 1C8. Ncmcen 189. Nereiden mit Inschr. 220. Niohe, Frühlingscrde 73. A'i'otidengruppen 221. Nisäische Rosse 219.

Otlijssee, Kunstdarstellungen daraus lOOf. 120. Odys- sciis abg. 453. Oeilipiis 335. Oeuomaos 43. 52. 57. Olijmpin, bezweckte Augrabungen 354. Ophrynion 510. Oresl und Uerniione 14; Orest's Heimkehr 378. Orijel 436. 441.

Pncuvius , Antiope 73. 78. 80. PnUndienraab 378. Pnn und Apliroilite 41; mit Widderhörnern 452. Paitdemus Aphrodite 2631f. 274. Pmidina 118. Pimdrosion 473. Pantheon, .Statuen des Diogenes 328. Papposilcn oder Komi- ker 484. Pnreyorius 48. Paris mit Widder 403; Hele- na's Entfülirer 55. Parthenon, Bildwerke und Bestimmung 425; Götter am Fries 276. Parzen, Bekleidung 111. PaitsaniasV, 18, 2 i'Vttav) 295. Peirilhoos (bildl.) 278.— Pc/nr(gos) 44. Pelops ausführlicli behandelt 33(1'.; aus Thes- salien stammend 155. Pentheus, dessen Grab? 400, 11.

Perianders .Söhne 298 Periphas 44. Peripoloi 250. Per-

seus und Gräa? 327. Perserküniy 482. Persische Arte-

mis 177. 193. Phaedra abg. 345. Pferd (griech. Nisa, Athen) 219; menschl. des Askanios 216; Pferdeopfer, October equns 72. 'PdaxcuXos Keisesack 232. Phidias, Athena Parthenos 427. Phleyyas 165. Phohion 389. PhoHs 70. Phryijischer Sonnengott 193. Pithus oder Amphora 182. P/iiiiKS XXXIV, 90 (Scüpas, scopas) 187; ebd. XXXV, 3. 6 (Atalanta) 204; Gemiilile aus Plinius auf Münzen unil Gemmen nachgewiesen 391. Pluto (oder -Scrapis?) liegend 405. PnyxilD. Polychromie 374f. Pob/phem l'2l. Polyphontes 220; abg. im .Moment seiner Tödtung 236. Po- seidon assyriscli? 31. Polamon 515. Prinnios bei Achill 289. LXll'; dessen Tod 401. Prontnntis 131. rlnlojiyyn 285. Purealxos, eiserner Hing 253. IIvtCvt] 247.

Quaranta 293. Quitiiiiiatrus 191.

Reifen als Spiel 53. Reise sepulcral 398. Replihen auf einer und derselben Vase 402, 21. Rlicims, Stadtgott- heiten 400. Ross s. Pferd. Russische Museen 463.

Saljazios, Zeus 215. Satrapen abg. 484. Satyr anfs Flotenspiel Minerv.Vs bezüglich 377. Sccpter des Pelops 39. Schild 500. Schildkröte 273, 2. Schilfrohr zum Flötenspiel 151. Schilftanz in Sparta 151. Schlnnyen- uod Löwenkopf 212 ; als Gesundheilssymbol 366; als Todes- zoichen 57. Schlauch in den Gymnasien 171; auf Reisen 232. Schwan erotiscli 36. 445. Schicein , Votiv 485. Sebctus abg. 118. Semele oder Niobide? 221. Sieysbinde älter als Siegeskranz 10. Silen als Göttergehäuse 172. Skaphe 127. Shylla 123. Skopas, oxiünig 187. Soyenes, Künstlername 439. Sonnettjunyfrnuen, geflügelt 31. Soii- nenyott, pbrygischer 193. Sparbüchse 403. Spcs 452. Sliidlegottheiten von Rheiuis 460. Stcrope 38. ^vveiQ- yjtti, Staatsbehörde 382. S^vvvov .... Name 213. St/- rinjc der Peripoloi 251.

Talos 115. Tiinie as Siegeszeichen 7. Tänze, sa- lyreske nach Vogelart 189. Teleninchos abg. 124. Tele- phontes 227. Tclephos 1 'i6. 170. Tertyllus 163. Theophane 110. Theseus Diener Aphroditens 268. 275. Thessalische Völkerzüge nacli und ans Asien 155. Thier- bmdiyer auf orientalischen Bildwerken 194. Thron, amyklä- ischer 257. Timesinnax 45. Timonides 447. Tithonos abg. 459. Tilhorea 70. 72. Tod als Reise 398. 'J'rochos 53. Troilos 450. Tutcia 320. Tychios, Vasenbildner 402. Tychon 303. Tydeus und Lykurg 241 ; T und Ismene 447. Tyras, Stadt 161. Tyro, Pelias, Neleus 126.

Vkalegon 128. 169 f.

Vasenbilder 285; passend zu Gesclienken 393. Ver- drehte Beine 297. Vcstalia 192. 254.

IValker- und Müllerfeste 191. IVasserlcituny zu Me- gara 379. It'eihyeschenke der Kypseliden 297 f. ITfiti- leic 500. JVeisser Harnisch 242, 3. Widderbildung des Visa 452. Widderopfer 51.

Xenon Künstlername 439.

Zagrens 197. Zeus Agoraios 249; Geleon 287; Saba- zios 215; Zeusdienst in Olympia 42, 37; zu Heliopolis 425; Zeus als Tänzer 239.

DRUCKFEHtER. AussBf den bereits oben Denkm. u. F. S. 208. 276, 1. angegebenen bleibt zu berichtigen Denkm. n. F. S. 265, wo zu lesen ist: 'l'image peinte qui est sous nos yeux etoient la copie Tun de l'autre'; ferner im .4nzeiger S. 384 Z. 13 'Agornnomen', S. 386 Z. 41 'Colnoghi'. Auch sind D. u. F. S. 261 Z. 3 und 1 v. u. die Ziffern 2 ii. 3 zu vertauschen.

525

526

327. Zu Florenz: Komiker 250. LXIX, ü. Orest's Heim- kehr, Kamee 378. Zu Neapel: Dirke, Kamee 90. LVI, 1.

'i. Deutschland. J?i'iViH, kgl. Sammliinp:; Agatlios Theos fWinck. Stoscli II, 13."): Zeus un.l .Semele) 359; l'arzen (Töl- kcn III, r.'Si) 111; Dirke (Tiilken p. 257, ü) 87; Niobiilcn (Tolkcn III, 9(17. 9()i.)) 222; millirischor l'fVrilekopl [Stoscli ^ II, 1]219; Löwin ohne Zunge mit Inschiilt Liuicn Anicutus [Stoscli VII, 93]29i. In l'rivalhesit/. des Geh. Kath 7i«r/i7s (Keitersta- tue,Mars, Troiilionios) 3731.; iles Prof. O'ct/kij-i/ (Atlas, ilieHim- melssiiulen tragenil) 255. Humi, Sammlung der l'Vau Hertens: Bacchantin 32'.li Oedipus 253; zahlreiche andre (Jeiiimenhilder 378f. JliitiUDVcr, KestnerVche Sammlung: Komiker 2'i(j. LXIX, 2. M'ien: Odysseus und Ku;n;ios, Kamee 108. Wiesbntlen : Kamee mit Inschrift 50ü.

3. Kngland. London, itn brtllisvlwn Mufeum: Zeus sa- tyresk und Anliope, Kamee ilill. Sanimlimg /•VjVri'dr;/ (Gem- men mit Künstlernamen, Alexas u.a.) 428(1. 471. 475. 3/nr/';uro»i//i'sche Gemmen, jetzt zerstreut 433 ; Gemmen aus Asien hei Hrn. Miicilontild 433.

4. Fbakkreich. Paris (Cab. des med.): Pelops uml Oenomaos Ol ; l'tolemaeiis Philoinetor 404. Sunimlung Hlnciis: Zeus und Antiope, Kamee 430. Aus Syrien, in Paris versteigert, allerlei 404. Gemmen zu J.ijon 320 ff.

5. DÄNEMARK. Kopenhagen, Sammlung Thorwaldsen : Tithonos 459.

6. UNGENANNTEN Ortes. Peripolos hei iMilmans im Hilderhoraz, Inschrift yQuvkt [Hertz?] 347. Herakles als Dreilussräuher mit Kerheros (Impr. d. Inst. I, 17. Vidoni) 3531'. Alkihiailes vor Sokrates (Impr. d. Inst. IV, 83) 176. Dirke (.llillin Gal. Mjtli. 140, 514) 87. Dirke (Granellell, 52) 87. Odysseus vor Alkinoos (.Millin G. I\l. 172, 039) 108. Peiseus und Andromeda (Ficoroni G. L III. 5) 220. Niobiden (Miliin G. JI. 170, 621) 222. - Persisclie Artemis bei IMicali (iMonum.I, 23) 180. LXIII, 2. Persische Artemis bei Röchelte (Herc. ass)r. VI, 14) 186. LXIll, 3. Im Ab- druck hei Panol'ka: Komiker mit Barhilos 294; desgl. mit Schellenstab 250. LXIX, 5.

F. M UNZE N.

Asiatische von Ahrasin (Diike) 87. LVIII, 2; Clazomemie oder Same? 45f.; Eumenin 211; Heliopolis 114. LVIII, 3; Hicrapnlis 211. LXV, 2; Ketenilcris 15; Lnmps(tl:os (Tlieii- Vhane) 1 16. LVIII, 9 ; Le:ibos 377; Miieoniii 240; jYi7.(Vn (Wun- derross) 216. LXV, 4; Ophrynion 510; Torsos (.\|ioll) 21.'i; Thijntirn 87; Trnpezunl 209. LXV, 1. Könii/smünzen des Molon V. iVIesoput. 383; Apntlnhns v. Cliaracene 383; Münze mit EKA (lleJuilomnos karisch, wenn nicht Stadtm'unzen von Milet) 387.

Griechische und italische von Athen (Athenens Flöten- spiel) 377; Elis (M. des Hadrian) 62; Ihrnklea (ital.) 11 i. LVIII, 4; Ilimern {]If).ox,j) 62; Hipponion 118. LVIII, 13; Kn- lijmnn 387; Kiitann 251. LXIX, 7; Kierion 11(5. LVIII, S; Kos 117. LVIII, 12; Krolon 252. LXIX, 8; Kyrene 117.LVIII, 11; Melnpont 115. LVIII, 0. 7; Miltitenc 125; Xenpulis 118. LVIII, 14. 15. IC; Phiieslos 114. LVIII, 5; Pis/i (Zeus) 116. LVIII, 10; Snme 45; Thessnlien 348; f'alellins (messapiscli) 119. LVIII, 17.

RÖMISCHE. Conlorniaten des Trajan (Orgel) 441. Dirke 90. 113. LVIII, 1.

Mei/iirn 381. 423. Aus Tei/en 479. GnlUpoli 513. 514. Leslins (Mitylenei 51.). Kos (Pylä, Antimachia, Kephalos) 515. 516. Aus Itlioilos, an Amphoren 385, .Statuenhasis mit Künstlernamen 386 u. a. m. 387. Aus Syrien (Antiochien, Amphorenhenkel) 514.

3. Griechische aus Rom: Fragment einer griechischen Chronik 345, .Sera|jisweilie auf einem Goldblättclien 441, me- trisches \otiv lies Hyginiis 437. Zu Sijriilnis: Theaterin- schrift 329. Aio(/cwH: Künstlerinschrift 439. 4ü9f. (unecht).

4. In England. Lohi/oh (brittisches Museum) : auf Am- phorenhenkeln 386. 45G. Im Besitz des Lord Londesliorouyh : \otivlianil 440. 517. Museum zu Cliichesler 387.

5. In Frankreich zu Aviynon 366; Vicnne 337.

G. In Russland. SI. Pelershury, inetrisclie des Try- phon, 437.

Von den an Sculpturen, Gemmen und Vasenbildern er- wähnten Inschriften sind hier hervorzuheben: <\\e sttiluiirisihen KaiJ.rjctg iji, Tqvijwv Wl , an silbernem Lülfel //*(i/«j'(J()os u.a. 5)3 , an Aiiiphorenhenkeln 514f. , ferner die Vasen- inschriften y.aXog ixiiig 402, der persische Tribut 483, Ka?.- ).inn'? 500. Auf einer Gemme: ei/^i 2:/utvO(ois 431.

7. Lateinische. Ilalien. fiom: Inschrift der Lysislrate (Via Praenestiiia) 328. Neapel: Venafranisches Edict des Augustus 3891'. Pompeji 293. London (brittisches Mu- seum): auf einer knöchernen Acerra (unecht) 385; auf einem Piedestal 385. Frmdieitli , südliches 317. Avignon 398. 370; Lyon 317; Vienne 337. Itiissland, Odessa: Inschrift von Tyras 161 f Vngennnnteu Ortes: Inschrift des Glitius Galliis (veheis lür viis) 518.

111. M .^ L E R E I. A. Wandgemälde. Bei Plinius erwähnte: 391.

Zu Rom. Dirke (Villa Panfili) 99; AI|]heios und Arethusa (Camjiana) 325; IMithrisches von der Via Appia 343.

Zu Neapel (Pompeji und Herkulanum): Amphion und Zethos 81; Dirke und Antioi)e 96 ff; Wäscherinnen 107; Odysseus und Kumaeos 110; Penelope299; iMühlenfest von Eroten ge- feiert 192; Rhesos und Arganthonc 507; Telephos 170; drei grosse Gemälile im Haus des Lucretius 311.

B. Mosaike.

In Frankreich. Paris (Louvre) Mosaik aus Algerien Venus auf einem Meergreif darstellend 263; in Lyon die vier sehr anselmlichen (Orpheus, Pan und Eros u. a.) 316- in Aviynon (Festung) 370f. ; zu Vicnne Achill unter den Töch- tern des Lykomedes 337.

In Deutschland, iru'ii in der kaiserl. Sammlung; Kampf

bei den Scliilfen, Opferscene mit einer Heuschrecke 455.

Trier (Gorgohaupt) 358 und Nennig (grosses Gladiatoren- bild) 4341f.

C. Vasenbild

G. Inschriften.

1. Aegtptische Inscbriftsteine im Museum zu Pestli 392.

2. Griechische ans Athen: von der Akropolis 300. 438; von Grabstelen 480. 463. Sarkophaginscliritt 477. Aus

1 Griechischen Fundorts. Ophrynion {A(fQodiir] art- (fctvtjifOQog) 5l\. Athen, Sammlung der Königin von Grie- chenland; Radrolle, worauf Herakles und Nereus, Peleus und Thetis 313.

2. Mittelitalien. /Som im rndioii : Agonistische Vase (Mus. Gregor. I, 22, 2) 19. LH, 1. Sammlung Campana:

527

Danae 507 ; O.lvss. us und Penelope, Rv. Sarpedons Leiche, Krater mit Inscllrilt 109; polycliroine Vase aus Kuma 434. Kunsthändler Basseggio: Theseus und Poseidon 21. Sonstiges aus römischem Kunsthandel: Priainos bei Achill 291. LXII, 3. 4. Diomedische Vögel? (Ghd. Auserl. Taf. 198: Achills Schat- ten) 505. Odysseus unter dem Widder 121. Bacchantin mit Panther und Ziege 276. Nausikaa mit Wäscherinnen 107. Zu Florenz: Klitiasvase 187.

3. Unteritalikn. Neapel im Museo Borhonico: Arche- morosvase 56; grosse Amazonenvase aus Kuvo 57; grosse Vase aus Kuvo, Poseidon und Pelops36; Oenomaos und Pelops 49. LV; Hesperidenvase des Asteas (Atlinakis) 2711.; Vase desPerserliönigs475. 482. Sammlung Santnngelo: Pelops und Hippodameia 57. Kunsthändler Barone 298 (Marsyas, ver- götterter Herakles, Aktäon, Gigantenkampf; Oenomaos aul einer Schale aus Canosa) 298. Viwenannten Ortes: Pelops und Hippod^mia 37«. LIII; Helenes mit Odysseus und Diomedes ? (^N. Bull. Nap. no. 6; 354; Penelope (Ann. d. Inst. XIII, tav. K) 111; Dioskuren in Delj^hi 1291. LIX. In Noln bei Hrn. Soglin: Kirke 122. In Rnvo: Pelops und Hippodameia 451.

4. Obkritalien. Zu Parma: Odysseus und sein Hund J09. _ Triest. Fontanasche Sammlung: Nekyaules (Ghd. Auserl. Tat". 238) 168. Turin, Palagi: Kodrosschale 284.

5. Deiitschland. Berlin im königl. Museum: no. 541 persische Artemis 186 f. LXIII, 5; no. 884 Odysseus und Pe- nelope 109; 1010 Chrysippos 64; 1028 Zeus und Herakles 1. XLIX, 4. 63 f.; 1601 Merope 233. LXVI, 2; 1639 Telephos und Auge 145; 1762 IMeleagros und Peleus 427; 1780 Schale des Euphronios (Diomede) 143; 1945 Telemach bei Nestor mit Inschrilt 106; 1936 Tydeus und Lykurg 243 ir. LXVIII; 1946 Poseidon und Pelops 36; 1987 Frau vom Schwan getra- gen (Kamarina?)461. In Privatbesitz (Gerhard): persische Artemis schw. Fig. 180. LXI; Lekythos (auf einem Altar ein Kind im Ey, Ion?) 347. Desgleichen (PnnofAn) : Herakles mit den Kerkopen 459. Sonstige in Deutschland: Jlten- burg, Lindenau'sche Sammlung 498«. Hannover, Kestner'- sche Sammlung (vormals in Rom) : Zeus und Herakles, Hip- polyt und Phädra 1 iL LIX, 1. Jena, attische Vasenscherben 457. Kassel: Orest und Hermione 13. Karlsruhe: Odys- seus unter dem Widder 121. - Mitruhen: Tydeus und Lykurg 241. LXVIII. JVien, kaiserliche Sammlung, ausführlich be- sprochen S. 443fr. mit Abbildungen der Vasen der Aviionr] (347. LVII) und Merope (230ff. LXVI, 1 n. i).

6. England. London im brittischen Museum: korinthi- scher Bombylios mit Flügelgestalten, ägyptisirend 384 f.; Si-

528

renen 123; Enyalios und Hepliästos mit Iiischr. 167; Midias- vase 299fr.; Penelope (Ann. d. Inst. XIII, tav. 7) 111. Im Besitz des Colonel I^eake: Odysseus unter dem Widder 121. Vormals in Millingens Besitz: Aloiden (Mon. d. Inst. 11, 18) 165. Vormals Hrn. Steuart gehörig: Pelopsvase mit In- scliriften 42 f. LIV, 1. Priainos bei Achill, Lekythos, 291.

7. Holland. Sammlung zu Leiden 354.

8. Frankreich. Paris, VasensammUing im Louvre 399 ff.

Cab. Durand no. 418 (Beugnot): Sirenen und Schiffe 123.

Duc de Luynes: Agonistisches Bild 20. LH, 2 (Hopliten- sieg in den Nemeen 189); ükalegon 128. Zu I^yon : bac- chisclie Darstellung 320. Sevres: Telephos und Auge 145. Tours, bei Hrn. Luzarche: Aphrodite Pandemos 264 f. 2731. LXXl, 1. 2.

9. Rdssland. Vasen zu Pawloffslt 388.

D. EiNGEGKABENE ZEICHNUNGEN.

Vasen ungenannten Ortes. Passeri III, 386 (Hippo- dameia) 348. Tisehbeinl, 57 (agonistisch) 12. LI, 2; I, 14 (Telemach bei Nestor) 107. Miliin Peint. I, 15 (Eros spie- lend) 105; I, 58 (Merope und Polyphontes) 237. LXVI, 3. Miltingen Vas. Coghill XLVll (agonistisch) 21. Duhois- Maisonneuve Taf 54 (Odysseus bei Eumäos) 108; Tal. 77, 2 (Pelops) 44. LIV, 2; Taf. 72 Odysseus und Telemachos mit Inschrift Ui. SInckelberg Gräb'er d. Hell. Taf. 12 (Bekrän- zung eines Siegers) 1 7. LI, 1 ; Taf. 23 (Chor von Wäscherinnen : Tänzerinnen?) 107. Raoul-Ruchetle Mon. 76, 7 (Odysseus und Eurynome) 124. Inghirnmi Mon. etr. V, 56 (archaische Fragmente mit 'Tritun Galatea' u. a.) 220 f. Micali Storia XX, 12 (Becher aus Clusium: Persische Artemis) 187. LXIII, 6; Mon. ined. XL (Kirke: Jahn Beitr. 407) 122 fatal. Ca- nino 1449 (Odysseus unter dem Widder mit Inschrift) 121. Bullet. -Vn/JoM, 26 (Zeus und Antiope?) 81, 1. Zeichnun- gen bei Gerhard: Blendung des Polyphem (schw. Fig.) 120.

Melallspiegel zu Rom (Tvio Pelias Neleus im M. Gregor. I, 22) 126. Paris (Cab. Dur. 1962, Rollin; Antiope) 85. London (Hermes Kriophoros, echt?) 384. ßeriin (Gerliard Etr. Sp. I, 89: Apoll und Thyia) 359. Lausanne (ürtheil des Paris 294). Sonstige bei Gerhard Etr. Spieg. I, 81, 2. (Inghirami Mon. Etr. II, 17. Zeus und Antiope?) 81, 47 ~, ebd. II, 220 (Paris) Amphion Zetlios und Lykos? 85, 56.

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