N ARCHIV

PHARMACIE.

Eine Zeitschrift des

allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins.

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Ahtheilung Harvdentschlam.

Herausgegeben

von

L. Bley und H. Ludwig.

xvin Jahrgang.

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ea Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung.

1867.

ARCHIV

PHARMACIE,

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Zweite Reihe. OXXXI. Band. Der ganzen Folge a Band.

Unter Mitwirkung der Herren

Bender, Beyer, Björklund, Bodenstab, Casselmann, Erz, Faust, Frisch, Göppert, Hallier, Heintz, Hirschberg, Husemann, Landerer, Lenz, J. oflichig, Löhr, Weinhold, Wittstein

heraus gegeben

von

1. Biey und H. Ludwig.

Aschoff’sches\y ereinsjahr. A BRA Rr r

kew 'voa« BOTANICAL

HAN OVER.

Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung.

1867.

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MAY 22 1901

ıBRANX,

NEW YORK BOTANICAL

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Erstes und zweites Heft.

I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und

praktische Pharmacie. Seite Ueber die Constitution des Phenols; von Dr. Carl Weinhold ubreibereut sa A RE Fe Se 1 Ueber das Kreosot; von Dr. K. Frisch...................2. 9 Ueber Zuckerkapseln mit löslichem Eisen(oxyd)-Saccharat; von RIEHWittstern. ll RE RN REDE 28 Ueber die essbaren Erden in Persien.........zzssseerenc00n 34 Ergebnisse chemischer Analysen der Seidenraupen; von Leo- pold Lenz in Ungarisch-Altenburg.........-..-rrrse000. 36 Die Seidenraupen-Krankheiten; von J. v. Liebig........... 41 Die: Farbe der) Bütter:r vH A RER 49 Der Leberthran auf der Fischerei-Ausstellung in Boulogne s.M. imal: Jahre sl866%:. 1.4: 2. Sr RR ee 50 Nolsen:. von Dr: K.Friseh..... I... 52 IH. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Ueber die Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten; von H.R.Göppert, Director des botanischen Gartens in Breslau 55 Ueber den Laachersee und die Kohlensäuregas - Exhalationen Beimer: Umgebung. 22... Men. 42 ws. a RE 62 Der Sternschnuppenfali im November 1866. ...........s02200. 66 Die Insel Lernnos und ihre Heilquellen; von Dr.X.Landerer 70 Ueber ein gegen das Ausfallen der Haare erprobtes Mittel; von Demselben «Er. syn 1 er ER el ker ee 71 Ueber ein Schutzmittel für Bewaldung der Gebirge........... 72

III. Monatsbericht.

Chlorkohlenstoff S. 73. Dichtigkeit des Kohlenstoffs in sei- nen Verbindungen 73. Steinkohlen in Turkestan 75. Verbrauch der Steinkohlen und nächste Folgen desselben 75. Englands Kohlenreichthum und ‚seine Dauer 79. Rauchverzehrende künstliche Brennstoffe 84. Fabrika- tion der Schlempekohle 85. Verfahren zur Wiederbele-

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Inhaltsanzeige.

Seite

bung der Knochenkohle 86. Einwirkung von Ammoniak auf glühende Kohle 86. Dissociation (Zerfallen) des Koh- lenoxyds 87. Erkennung der Vergiftung mit Kohlenoxyd 88. Schädliehkeit des Schwefelkohlenstoffdunstes 89. Borax in Californien 90. Chemische Constitution der Kieselsäure 91.— Die Feldspäthe 92.— Einfluss der Kohle und des Schwefels auf die Färbung des Glases 93. Chrom- Aventuringlas 93. Wasserglas 93. Cämentfabrikation 94. Englisches Probirverfahren für Portland-Cäment 9%. Neuer künstlicher Marmor und Cäment, mit Magnesia bereitet 96. Analyse des Chladnit 96. Darstellung von reiner Aetzkali- und Aetznatronlauge 97. Krystalli- sirtes kohlensaures Kali 98.— Ueberführung des schwefel- sauren Kalis in kohlensaures 98. Stassfurtit 98. Flüssige Glycerinseife 99. Wirkungen des Sprengöls (Nitroglycerins) 100. Eine Schiffs-Explosion durch Nitro- glycerin 101. Ueber dieselbe Glonoin-Explosion 101. Vorsichtsmassregeln bei Benutzung des Nitroglycerins 102. Schädlichkeit des Nitroglyeerins 103. Prüfung des ätherischen Senföls 104. Allylamin 105. Tricarballyl- säure 105. Acidum thebolacticum, Opiummilchsäure 106. Lactimid C6H> NO? 107. Suceinaminsäure 108. Leueinimid 109. Capryl- und Oenanthyl-Alkohol 109. Verfälschung des Mandelöls und ihre Entdeckung 110. Prüfung des Mandelöls 111. Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls 111. Sonnenblumenöl 112. Bromerucasäure 112. Leinölsäure 113. Bereitung eines vorzüglichen Leinölfirnisses 114. Rothfärben der Fette und Oele 114. Darstellung von Uhrmacheröl 115. Classifieation der Gerüche der Pflanzen 115. Aus- beute an ätherischen Oelen 117. Wirkung ätherischer Oele auf Fuchsin 118. Zusammensetzung des ätherischen Oels der Lorbeeren 118. Orangeblüth- und Orangeblät- ter-Wasser 119. Aetherisches Oel der Blüthen von Citrus decumana 119. Löslichkeit des Camphers in Wasser 119. Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen 120. Das ätherische Oel von Erigeron canadensis 121. Flüchtige Schärfe von Coronilla varia 121. Erasin, ein Ersatzmittal für Benzin 121.— Aethyl-Phenyl 121. Un- terscheidung der Carbolsäure (Phenylsäure) von Steinkoh- lentheeröl 122.— Hydrazoanilin 122. Physiologische und therapeutische Wirkungen der Pikrinsäure 123. Amido- diphenylimid, eine neue organische Base 124. Benzoyl 130. Die isomeren Chlorbenzo&säuren 130. Azodra- cylsäure und Hydrazodracylsäure 131. Verhalten von

Inhaltsanzeige. vu Seite

Benzoesäureäther und Nitrobenzo&säureäther gegen Brom 132. Ueber einige Derivate des Benzoins 133. Benzophe-

non 134. Azobenzid 136. Hydrazosalieylige Säure 136. Xylol 137. Zur Kenntniss des Xylols 137. Ver- schiedenheit des Cymols im Römisch-Kümmelöle von dem aus Campher dargestellten 139. Untersuchungen über das amerikanische Petroleum 139. Petroleumquellen in Italien 147. Petroleumbeleuchtung 147. Ueber einige neue Kohlenwasserstoffe 147. Anfertigung von wasser- diehtem Papier 148. Metamorphose der Fische 149. Tödten der Fische 149. Ein grosser Hecht 150. Straus- senzucht am Cap 150. Verhältniss des Albumins zum Casein 150. Chemische Analyse einer Schweinemilch 152. Eisen im Blute 152.

IV. Literatur und Kritik...... a 1 a Bibliographischer ‚Anzeiger........ ......u..e se 165 —hlrt

Drities Heft. I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie.

Ueber die Mineraiquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen im

Brohlthale;;:von BR. Bender... un. ee 1699 Notiz über die Einwirkung von salpetrigsaurem Kali auf salz- gatures Triäthylamin; von W.-Heintz.......2.2.2.2m0R 173 Ein Beitrag zur Prüfung der fetten Oele; von Dr. A. Cassel- MAR... nen TEN EIER INNERER EC = - 176 Ueber die Veränderung des Oeles durch die Zeit; von Dr. X. Landereri. sts RN EE 185

Ueber die Basieität der Weinsäure: von Dr. Kuno Frisch, Assistenten am Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Erd-

WEN TETE ie hr ee el FREE Ser a Save 186 Ueber einen Bleigehalt käuflicher Weinsäure; von Fr. Boden-

st3 bin 'Calyörde..; "u: H.:n.:0 0.2 ea u a Bee 198 Notiz über Rapskuchen und Rapsmehl (entöltes).............. 199 Ueber die Keimung der gelben Lupine; von Dr. A. Beyer in

Begenwalde: .. Nee Lee ET a e 201 Acorin, ein Glykosid im Kalmus; von August Faust....... 214 Zur Darstellung von Bromsalzen; von Demselben............ 216

Zur Rademacher’schen essigsauren Eisentinctur; von Demselben 217

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vIa Inhaltsanzeige. Seite II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Botanische Notizen aus Caracas; von G. A. Ernst.......... 219 Vorläufige Mittheilung über Flores Cinae; von Dr. G. A. Björk-

BREI ia seen aan Mberele Bleralehee ale Reale Ss ee Net 227 III. Monatsbericht.

Ueber die Darstellung grosser Salpeterkrystalle S. 229. Ueber ein in der Nähe von Schönebeck neu entdecktes Steinsalz- lager 230. Process und Theorie der Sodafabrikation 231. Ueber den Leblane’schen Sodaprocess 233. Schwefel- saurer Baryt 235. Kohlensaurer Kalk 235. Chlor- baryum als Mittel gegen Bildung von Kesselstein 236. Bereitung von reinem Kalk zum Gebrauche bei der Ele- mentaranalyse 236. Wolframsaures Natron zur Trennung von Caleium und Magnesium 237. Phosphormagnesium 238. Untersuchung des Carnallits von Maman in Per- sien und über die Ursache der rothen Färbung mancher natürlicher Salze 239. Kainit, ein neues Salz von Leo- poldshall, dem Anhaltischen Steinsalzwerke bei Stassfurt 240. Smirgel 240. Evansit, ein neues Mineral 241. Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 241 Zusammensetzung des Guignet’schen Grüns 243. Ueber ein Verfahren, Spuren von Chrom im Eisen und Stahl nachzuweisen 244. Vorkommen des Vanadiums in dem Aetznatron des Handels 244. Titansäure 245. Pyro- ehroit, ein neues Mineral 245. Uebermangansaures Kali aus Manganoxyd 246. Verfälschung des Petroleums 247. Neue Untersuchung über die in dem flüchtigsten Theile des Steinkohlentheeröles enthaltenden Kohlenwasserstoffe 248. Mittel zur Erkennung von Kohlenwasserstoffen in "Gasgemengen 249. Verbindungen des Naphthalins mit Brom 250. Ueber die festen Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls 251. Kopaivabalsam 254. Ursprung und geographische Verbreitung des Copals in Angola 254. Schnelle Bereitung einer Schellacklösung 255. Asa foetida 255. Die Saughütchen von Kautschuk, eine Quelle chronischer Aphthenbildung bei Kindern 256. Geleimtes und farbiges Pergamentpapier 257. Holz zu eonserviren 257. Schiesspulver aus Holzsägespänen 258. Collodiumwolle 258. Zwei neue Arten von Schiess- baumwolle 259. Einwirkung der wasserfreien Essigsäure auf Cellulose, Stärke, Zucker, Mannit und dessen Verwandte, auf Glykoside und gewisse vegetabilische Farbstoffe 260. Kermanisches Gummi 261. Go@min, ein Bestandtheil von Fucus crispus 262. Weinstein 263.

IV. Literatur und Kritik........ Be LET .. 264

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ARCHIV DER PHARNACIE.

CLXXXI. Bandes erstes und zweites Heft.

2. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- logie und praktische Pharmaecie.

Ueber die Constitution des Phenols; von Dr. Carl Weinhold in Freiberg.

: Schon die verschiedenartigen Namen, welche im Laufe der Zeit für das Phenol in Gebrauch gekommen sind, deuten genugsam an, wie sehr man über die chemische Constitution dieses interessanten Körpers noch im Un- klaren ist. Runge, alser (1834) bei seiner Untersuchung des Steinkohlentheeröls das Phenol entdeckte, hielt dasselbe, wegen seiner Verbindbarkeit mit den Alkalien, für eine Säure und ertheilte ihm den Namen „Carbolsäure“, welcher sich mit den später auftauchenden Bezeichnungen „Phenyl- säure, phenylige Säure, Phensäure etc.“ bis in die Gegen- wart im Gebrauch erhalten hat. Schon Laurent hin- gegen, welcher (1840) die Zusammensetzung des Phenols ermittelte und eine ausführliche Untersuchung desselben unternahm, sprach bereits die Ansicht aus, dass darin wahrscheinlich ein Oxyd (Phenyloxyd) analog dem Aethyl- oxyd im Alkohol, mit Wasser verbunden enthalten sein müsse. In der That sind auch die Aehnlichkeiten des

_ Phenols mit den Alkoholen unverkennbar, weshalb sich auch sehr bald die Namen „Phenylalkohol, Phenyloxyd- hydrat etc.“ für dasselbe geltend machten. Jedoch auch diese Ansicht erweist sich nicht in allen Puncten stich- haltig und es hat bereits Kolbe (in seinem Lehrbuche

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hft. 1

2 C©. Weinhold, .

der organ. Chemie Bd. II. S. 670) darauf hingewiesen, dass viele Wahrscheinlichkeitsgründe vorliegen, nach denen das Phenol besser als Oxyphenylwasserstoff (C12H502, H) zu betrachten sei. Für diese Ansicht nun glaube ich auch‘ in meinen Beobachtungen, besonders über die Einwirkung der Schwefelsäure auf das Phenol, eine erhebliche Stütze gefunden zu haben und es sollen daher im Folgenden zunächst die bemerkenswerthesten Momente daraus hervor- gehoben werden.

Bekamntlich lässt sich das Phenol mit englischer und nordhäuser Schwefelsäure leicht mischen, ohne dass dabei eine merkliche Einwirkung erfolgt, so dass durch Wasser beide. wieder getrennt werden können. Erwärmt man aber obige Mischung auf 60—1000C. einige Zeit, so erfolgt, wie schon Laurent gezeigt hat, allmälig die Bil- dung einer sogenannten gepaarten Säure, der Phenyloxyd- schwefelsäure (Sulfophenissäure nach Laurent), deren Formel man gewöhnlich HO, C12H50, S?06 zu schreiben pflegt. Es ist diese Säure aber nicht das einzige Product jener Einwirkung der Schwefelsäure auf das Phenol. Je näch der Dauer der Erwärmung und der Concentration der Schwefelsäure in verschiedener Quantität wird dabei noch eine zweite, zweibasische Säure erzeugt, welche aller- dings in freiem Zustande, wie auch in ihren Salzen eine solche Aehnlichkeit mit der Obigen zeigt, dass es leicht erklärlich ist, wie man sie bisher übersehen hat.

In reichlichster Menge erhält man diese zweite Säure, wenn man zu krystallisirtem Phenol, welches sich in einer von Eis umgebenen Vorlage befindet, wasserfreie Schwefelsäure destillirt und die so erhaltene, wachs- artig erstarrte, röthliche Masse, welche in der Wärme leicht zu einer zähen, ölartigen Flüssigkeit schmilzt, einige Zeit im Wasserbadg erwärmt. Das Product besteht dann in der Regel der Hauptmasse nach aus der neuen Säure und enthält nebenbei noch Phenyloxydschwefelsäure und freie Schwefelsäure. Zur Trennung von diesen

die Constitution des Phenols. 3

Letzteren sättigt man zweckmässig das mit Wasser ver- dünnte Product in der Wärme vollständig mit kohlen- 'saurem Bleioxyde und filtrirt die Flüssigkeit möglichst rasch von dem schwefelsauren Bleioxyde ab. Beim Erkal- ten scheiden sich dann farblose, atlasglänzende in Wasser schwerlösliche Krystallschüppchen eines basischen Bleisal- zes der zweiten Säure ab, während die Flüssigkeit wiederum eine schwach saure Reaction angenommen hat. Durch wie- derholtes Sättigen in der Wärme und Erkaltenlassen erhält man so nach und nach eine Verbindung der neuen Säure als schwerlösliches basisches Bleioxydsalz völlig getrennt von der nur leichtlösliche Salze erzeugenden Phenyloxydschwe- felsäure und es kann die Säure sodann mittelst Schwefelwas- serstoff leicht in reinem Zustande dargestellt werden. In wässeriger Auflösung, wie man sie auf jene Weise erhält, stellt diese Säure eine farb- und geruchlose Flüssigkeit von rein saurem Geschmack dar, welche sich ohne Zersetzung zu erleiden, in eine Röhre eingeschlossen, bis auf 1800 C. erhitzen und durch Eindampfen concentriren lässt. In sehr eoncentrirtem Zustande längere Zeit im Vacuum über Schwefelsäure aufbewahrt, bildet sie allmälig farb- lose, seideglänzende, äusserst hygroskopische, nadelförmige Krystalle, welche aber schon wenig über 1000 sich zer- setzen. Von auffallend grosser Beständigkeit ist diese Säure aber bei Gegenwart von Basen. Weder ein Kochen mit überschüssigem Aetzkali, noch ein Erhitzen damit auf 1800 wirkte verändernd auf dieselbe ein und es liess sich das Barytsalz bis auf 2250 erhitzen ohne sich zu zersetzen. Ziemlich rasch bewirken dagegen Chlor, Sal- petersäure, Phosphorchlorid etc. eine Zersetzung unter Bildung von Schwefelsäure. Die Salze dieser Säure sind fast sämmtlich in Wasser und häufig auch in Weingeist so ungemein leicht löslich, dass ihre Darstellung in kry- stallinischer Form sehr schwierig ist. Am leichtesten scheint, nächst dem schwerlöslichen basischen Bleisalze, das Barytsalz zu krystallisiren und es wurde dieses daher hauptsächlich zur Feststellung der Formel für die neue

3

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4 C. Weinhold,

Säure benutzt. Die Resultate der Analyse ergeben fol- gende Zahlen *):

Gefunden Berechnet Br t=n1,43 15,62 = 120 Ha 4,04 0,87... 405 Be 5A 13,88 —= 48 B30 7 33,31 33,19.—= 2 BaO OEL 21,38 20,82 —= 12 0 HO, 0 15,30 15,62. —=...8:H®

100,00. 100,00. Hieraus ergiebt sich also die Zusammensetzung des

Barytsalzes 2BaO, C1?H4S2012 Saq. Zieht man nun die Bildungsweise dieser Säure in Betracht, so ist nicht zu bezweifeln, dass ihre rationelle Formel folgende Gestalt haben muss:

3204 2 HO, C12H302 94, 02 und es käme ihr somit der Name „Oxyphenylendisulfonsäure*“ zu. Da nun bei der Entstehung dieser Säure die Bildung der Phenyloxydschwefelsäure, wie ich mich überzeugt habe, als vorausgehend angenommen werden kann, so ergiebt sich auch für diese die Vermuthung einer ähn- lichen Zusammensetzung, indem der Bildungsprocess beider sich am besten in folgender Weise veranschaulichen lässt. C12H602 + S206 HO, C1?H50?(5?04) 0 (Phenol) [Phenyloxydschwefelsäure] (Oxyphenylsulfonsäure)

5204) ,, 0124602 4 28206 2HO, C12H402 \sa9a| 0 (Oxyphenylendisulfonsäure).

Einzig in seiner Art würde dieser Vorgang dastehen,

*) Nähere Angaben über die Darstellung und die Eigenschaften dieser Säure und ihrer Salze, nebst einer ausführlichen Dar- legung der Analysen, werden demnächst in den Annalen der

Chemie und Pharm. erscheinen. e

1%

die Constitution des Phenols. 5

wenn man hier die Ansicht festhalten wollte, dass das Phenol ein Alkohol sei. Dieser gemäss müsste die deshalb so genannte Phenyloxydschwefelsäure als ein Analogon der Aetherschwefelsäure betrachtet werden, während doch schon ihre grosse Beständigkeit sich schwer mit dem Charakter der Aethersäuren vereinbaren lässt, noch weniger aber die Bildung jener zweibasischen Säure durch weitere Einwirkung der Schwefelsäure. Dagegen findet die Ent- stehung beider Säuren eine höchst einfache und durch Analogien wohl unterstützte Erklärung, wenn man das Phenol als eine vom Benzol abgeleitete Oxyverbindung betrachtet; wenn man annimmt, dass es ein Benzol sei, in welchem ein Wasserstoffatom durch das Radical Hydroxyl (HO?) vertreten ist.

(C12H5)H (C12H5)HO2

(Benzol) (Phenol = Oxybenzo!). (Zweifelhaft ist es zur Zeit noch, ob man das extraradicale Wasserstoffatom oder ein Wasserstoffatom aus dem Radicale C1?H5 durch HO? substituirt sich zu denken hat.)

Ein vergleichender Blick auf die Eigenschaften des Benzols und Phenols und auf deren Derivate rechtfertigt diese von Kolbe aufgestellte Hypothese vollkommen. Unter den Abkömmlingen des Benzols finden wir auch die den eben besprochenen Säuren analogen Glieder:

C2H6 + S206 HO, C12H5 (S?04O (Phenylschwefelsäure)

i 204 C12H6 + 28206 2HO, C!2H4 IS20«. 02

(Phenylendisulfonsäure). Es erscheint sonach die Phenyloxydschwefelsäure als . die der Salicylsäure entsprechende Sulfonsäure, ebenso wie die Phenylschwefelsäure als der Benzoösäure, die Phenylendisulfonsäure der Phtal- oder Terephtalsäure correspondirend gedacht wird. HO, C12H5(S?040 HO, C1?H5(C20%0 (Phenylschwefelsäure) (Benzo&säure)

Sr, \S?0%4 #10202 2HO, Cı2H4 ro 02 2HO,Cı?H4 en 02.

(Phenylendisulfonsäure) (Phtalsäure)

j

6 C. Weinhold,

HO, C1?H502(8203)0 HO,C12H502(0202)0 (Pbenyloxydschwefelsäure) (Salieylsäure).

Für die Oxyphenylendisulfonsäure fehlt zur Zeit noch das entsprechende Glied, es ist aber vorauszusehen, dass es bald einmal gelingen wird, dasselbe in Form der Oxy- phtalsäure darzustellen; bis dahin könnte hier die bereits bekannte Salicylschwefelsäure an deren Stelle fungiren:

2

2HO,C12H202 [90.02 2H0,01M302 fGaga} 0% (Bei dieser Gelegenheit sei noch hervorgehoben, dass durch weitere Einwirkung von Schwefelsäure auf die Salicyl- säure höchstwahrscheinlich gleichfalls Oxyphenylendisulfon- säure entstehen wird und dass sie auf diesem Wege möglicher Weise schon früher einmal von Duppa erhal- ten worden ist) *).

Nachdem durch diese Betrachtungen die Annahme, dass das Phenol Oxybenzol sei, sich als eine sehr wahr- scheinliche erwiesen hat, gilt es nun, noch einen Blick auf die übrigen Beweise und Consequenzen dieser Hypo- these zu werfen. Der Kürze wegen soll dies durch Hinweis auf folgende Puncte geschehen:

1. Das Phenol lässt sich aus dem Benzol auf dieselbe Weise darstellen, wie man behufs der Bildung von Oxy- verbindungen überhaupt zu verfahren pflegt. Denn wird Benzol in Nitrobenzol und dieses durch nascirenden Wasser- stoff in Anilin umgewandelt, so kann daraus, wie Hof- mann und Gerhardt gezeigt haben, durch Einwirkung von salpetriger Säure leicht Phenol erhalten werden.

C12]15(NOM) + 6H = CIH5H?N AHO CRH>H?N + NO3 CRH5(HO?) + HO + 2N.

Ebenso ist es Church gelungen, durch Behandlung von aus Benzol dargestelltem Phenylchlorür mit Aetzkali Phenol zu erzeugen:

C2H5Cl + KO,HO = CPH5(HOM + KCl.

2. Lässt man auf Phenol Kalium oder Natrium

*) 8. Annalen d. Chem. u. Pharm. Bd. 103. S. 346.

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* die Constitution des Phenols. 7

wirken, so wird Wasserstoff entbunden und das Alkali- “metall tritt an dessen Stelle. (Eine bei den Oxyverbin- dungen häufig zu beobachtende Erscheinung.) Die so erzeugten Verbindungen geben alsdann bei der Behand- lung mit Kohlensäure die Oxyphenylcarbonsäure (Salicyl- säure), mit Jodmethyl das Oxyphenylmethyl (Anisol), mit Jodäthyl das Oxyphenyläthyl (Salithol), mit Jodamyl das Oxyphenylamyl (Phenamylol) etc. wie folgende Formeln veranschaulichen: C12H502Na + C?01 NaO, O1H502(C2090

C12H50?Na 4 C?H3J C?H50%(C?H3) NaJ etc.

Da nun diese Oxyphenylmetalle sich identisch erwei- sen mit den Producten, welche durch Einwirkung von Kali- oder Natronhydrat auf Phenol gebildet werden, so muss man annehmen, dass in diesem Falle ihre Bildung nachstehender Gleichung entsprechend vor sich gehen mag:

C2?H50?H KO = CI?H50?K + HO.

Hieraus folgt aber nun auch weiter, dass, wenn man den Wasserstoff des Phenols theilweise oder ganz durch Chlor, Brom, Jod oder Untersalpetersäure ersetzt, die so erzeugten Derivate (wenn sie den ursprünglichen Formel- typus beibehalten sollen) mit den Basen keine wirklichen Salze geben können. Sonach würde das pikrinsaure Kali z.B. als Trinitroxyphenylkalium (C1?H?2(NO2)30?K) an- zusehen sein. Dies hat allerdings für den ersten Anblick etwas Befremdendes und man könnte durch den so ent- schieden sauren Charakter dieser Verbindungen leicht zu der Vermuthung kommen, dass durch die Einwirkung jener Agentien das Hydroxyl zerstört wurde und vielleicht Substitutionsproducte des Phenyloxyds entstünden.

3. Bei der Behand!ung des Phenols mit Phosphor- chlorid tritt unter geeigneten Verhältnissen die Bildung von Chlorphenyl, Salzsäure und einer gewöhnlich als phos- phorsaures Phenyloxyd bezeichneten Verbindung auf, ohne dass, wie bei ähnlichen Processen, Phosphoroxychlorid gebildet wird. Betrachtet man nun den Verlauf dieses

8 C. Weinhold, Be Constitution des Phenols.

Vorgangs nach den hier festgehaltenen Grundsätzen, so ergiebt. sich folgende Gleichung: C12H502 4 C?H5HO? + PC15 CRH5C1--4HCI + CIH502}PO2. C12H502 Es wäre sonach die in der Hauptmasse auftretende Verbindung als eine Phosphorsäure anzusehen, worin die drei extraradicalen Sauerstoffatome durch Oxyphenyl ver- treten sind. In der That findet diese Annahme auch weitere Rechtfertigung. Behandelt man nämlich diese ihrer Natur nach indifferente Verbindung mit Kalihydrat, so erfolgt die Bildung von Phenol und dioxyphenylphos- phorsaurem Kali:

C12H5 02 Gmison| PO2 + KO,HO =KO, u (P 02) O + C12H6 02,

Auf solche Weise wird nun auch der Umstand erklär- lich, dass durch fortgesetzte Behandlung des sogenannten phosphorsauren Phenyloxyds mit Kali, nie mehr als ein Atom Phenol eliminirt wird und dass, wenn man statt des Kalis Chlorkalium oder Cyankalium dazu bringt, kein Chlorphenyl und Cyanphenyl gebildet wird.

4. Noch sehr wichtige Stützpuncte findet endlich die Ansicht, dass im Phenöl eine Hydroxylsubstitution an- zunehmen sei, durch die an dasselbe sich eng anschliessende Oxyphensäure (Brenzkatechin) und Pyrogallussäure, in welchen man das Vorhandensein von Hydroxyl bereits von vielem Seiten annimmt.

Phenol = C!12H5(HO?), Oxyphensäure CI?H?2(HO2)2, Pyrogallussäure C1?H3(HO2)3.

Um Weitschweifigkeiten zu vermeiden, beschränke ich mich jetzt auf das Angeführte, jedoch mit der Ueber- zeugung, dass sich noch zahlreiche Verhältnisse in Betracht ziehen liessen, welche zur Bestätigung der hier festgehal- tenen Ansicht dienen könnten.

Leipzig, im August 1866.

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KK. Frisch, über das Kreosot. 9

Ueber das Kreosot;

von

Dr. K. Frisch '*).

Hofmann’s Arbeit über Kreosot (Journ. f. prakt. Chem. 96, 225) führte zu dem Resultate, dass dasselbe unreines Phenyloxydhydrat sei. Das Material hatte er unter Ver- sicherung seiner Reinheit aus mehren der bedeutendsten Droguenhandlungen bezogen. Dagegen hat Herr Prof. Dr. v. Gorup-Besanez (Journ. für prakt. Chem. 97, 63) erklärt, das echte Buchenholztheerkreosot sei aus dem deutschen Handel gänzlich verschwunden und könne nur noch aus den Reichenbach’schen Fabriken zu Blansko in Mähren und Dobriss in Böhmen oder durch Batka in in Prag bezogen werden. Ich habe mich vergebens be- müht, aus einer dieser Bezugsquellen Kreosot zu erlangen, da auf den Reichenbach’schen Fabriken nicht mehr gear- beitet wird. Dagegen erhielt ich echtes Buchenholztheer- kreosot aus der Fabrik des Vereins für chemische Industrie zu Mainz, dessen Echtheit von der Direction gewährt wird **). Das chemische Verhalten dieses Kreosots stimmt mit dem des von v. Gorup-Besanez, Hlasiwetz und Völckel untersuchten fast vollkommen überein.

Das Mainzer Kreosot ist eine ölige, das Licht stark brechende, fast farblose Flüssigkeit, mit einem geringen Stich ins Bräunliche, das aber dem Sonnenlichte aus- gesetzt sich nicht weiter bräunte, von einem spec. Gew. von 1,0874 bei 2000. Es zeigt einen eigenthümlichen, wesentlich von dem der Phenylsäure abweichenden Geruch, ist in Weingeist, Aether und Schwefelkohlenstoff voll- kommen löslich, desgleichen in Essigsäure. Ammoniak

*) Vom Hrn. Verfasser im Separatabdruck eingesandt. D. Red. **) Auszug aus dem Briefe: Wir versichern Sie nun auf unser Ehrenwort, dass das fragliche Kreosot echtes und reines Buchenholziheer-Kreosot ist und dürfen Sie sich getrost auf uns berufen, dass wir für die Echtheit einstehen. gez. Heinrich Dietze.

RENTE REN VCHERON AN TE MIRRORS: WEREREREEER 10 K. Frisch, , | ö löst es nur in geringer Menge auf und nimmt dabei eine bläulich-grüne Färbung an, die immer dunkler grün wer- dend nach mehren Tagen in braun übergeht. Das am Boden des Gefässes ungelöst bleibende Kreosot färbt sich braunschwarz. Kreosot mit Schwefelsäure digerirt löst sich mit rubinrother Farbe. Die Lösung mit Wasser verdünnt ‚und mit Zink zusammengebracht wird farblos. Eisenchlorid bewirkt in wässeriger Lösung nur eine Bräunung, setzt man jedoch Alkohol hinzu, oder nimmt man eine alkoholische Lösung von Kreosot und eine solche von Eisenchlorid: so erhält man eine anfangs blaugrüne, später saftgrün werdende beständige Färbung. Das Kreosot krystallisirt zu erhalten ist mir nicht gelungen, obwohl ich das mit frisch geschmolzenem Chlorcalcium in gut verschlossenen Gefässen behandelte Kreosot in Kälte- mischungen bis 160 abkühlte. Oxalsäure wird reich- lich gelöst und beim Erkalten wieder krystallinisch aus- geschieden, ebenso lösen sich darin mehrere Alkaloide und Salze. In Kalilauge, selbst in schwächerer, ist es leicht löslich und lässt man eine solche Lösung an der Luft stehen, so verdickt sie sich zu einer braunen Masse. Setzt män zu einer kalischen Lösung Aether, so nimmt dieser eine schöne blaue Färbung an, welche aber beim Umschütteln wieder verschwindet. Dieses Kreosot mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome verbrannt, gab folgende Resultate: a) 0,2205 Grm. 0,594 CO? und 0,146 HO, b) 0,3625 , DaRS. NL 420,340

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wie

c) 0,325 M 0,8765 ».r.: 21345 2. b. G: = 73,47 73,98 13,99 H = 7,36 7,35 7,28

Dieses Kreosot in nicht zu grossen Quantitäten der Destillation unterwofen, begann bei 1950 C. zu sieden, bei 2040 blieb der Siedepunct stationär. Der grösste Theil des Kreosots ging bei dieser Temperatur in öligen Streifen über, während sich der Rückstand in der Retorte braun

über das Kreosot. 11

färbte und dicker zu werden schien, wodurch gegen Ende der Operation ein Steigen des Siedepunctes eintrat. Unter- wirft man das bei 2040 übergegangene Destillat einer nochmaligen Destillation: so hat man fast dieselben Er- scheinungen wahrzunehmen, indem nicht die ganze Menge bei 2040 übergeht, sondern gegen Ende der Destillation das Thermometer bis 2090 steigt und auch der Inhalt der Retorte sich im Laufe der Operation bräunt.

Einen Theil des Kreosots versuchte ich durch Chlor- caleium zu entwässern, indem ich dasselbe mit frisch geschmolzenem Chlorcaleium in luftdicht verschlossenen Gefässen unter öfterem Umschütteln mehre Tage stehen liess, dann klar abgoss und der Destillation unterwarf. Nachdem das Thermometer bis 1500 gestiegen war, begann der Inhalt der Retorte stark zu stossen und die Wände derselben belegten sich mit ausgeschiedenem Chlorcalcium. Man kann daher dieses Salz nicht zur Entwässerung des Kreosots anwenden, da es sich, wie der Versuch lehrte, in letzterem gelöst hatte. Ob sich hierbei vielleicht eine dem Chlorcaleiumalkoholat ähnliche Verbindung bildet, war unmöglich nachzuweisen, da dasselbe erst bei einer Temperatur abgeschieden wird, in welcher Kreosot ent- weicht.

Das bei 2040 übergegangene farblose Kreosot, welches sich bei Einwirkung des Sonnenlichtes nicht dunkler färbte, wurde mit Kupferoxyd im Sauerstofistrome verbrannt:

a) 0,264 Kreosot gaben 0,703 00? und 0,173 HO.

b) 0,5535 a H 1,442, BR 0 or 5 Ir c) 0,389 R ; 1,0435 51.,.0,2495,, d) 0,3105 R r 0,8355 st OS 2a. b. c. d. nach Völckel C=172,64Proc. 72,53Proc. 73,16 Proc. 73,15 Proc. 72,68 Proc. ET 101715 5 DE tan? 7.1008 =, n ET » Ay B) u n 20,22 100,00 Proe.

Die elementare Zusammensetzung meines Kreosots ist übereinstimmend mit der von Völckel gefundenen. Ausserdem stimmten der Siedepunct und die Reactionen

x

BE Ah ar DE N 9, ENT RAR Ag PERL 12 K. Frisch,

mit den von Völckel und v.Gorup-Besanez angege- benen überein, so dass ich überzeugt sein konnte, echtes Buchenholztheerkreosot von gleicher Beschaffenheit, wie es die oben genannten Chemiker zu ihren Untersuchungen anwendeten, unter den Händen zu haben. Auch Hlasi- wetz*) hatte mit demselben Material gearbeitet, als er aus dem Kreosot das sich als Säure verhaltende, mit dem Quajacol identische Kreosol darstellte und durch die genaue Untersuchung dieser Säure und ihrer Verbindungen das Kreosol als den einen Bestandtheil des Buchenholztheer- kreosots nachwies.

Um das neutrale Kalisalz des Kreosots darzustellen, behandelte ich nach Hlasiwetz die ätherische Lösung von Kreosot mit einer gesättigten alkoholischen Kalilösung. Ich erhielt einen weissen, consistenten Krystailbrei, von welchem sich fast gar keine Mutterlauge abpressen liess und der mit Alkohol umkrystallisirt werden musste. Bessere Resultate erhielt ich aber, wenn ich Kreosot in Alkohol löste und mit einer alkoholischen Kalilösung ver- mischte und stehen liess. Es bildeten sich weisse, weiche, seidenglänzende Nadeln, die strahlenförmig von einem Puncte aus, dem Coffein ähnlich, krystallisirt waren, sich von der Mutterlauge durch Abpressen leicht befreien liessen und durch Umkrystallisiren aus absolutem Alkohol und Abwaschen mit Aether gereinigt und unter der Luitpumpe getrocknet wurden. Dieses von der Mutterlauge vollstän- dig befreite Salz zeigt eine etwas graulich-weisse Farbe, während die geringste Menge anhängender Mutterlauge dasselbe violett und braun färbt. Das von mir darge- stellte Salz zeigte dieselben Reactionen, wie sie bereits Hlasiwetz gefunden. Es gelang mir auch, dasselbe aus einer concentrirten wässerigen Kalilösung und Kreosot zu erhalten; übergoss ich dieses Salz mit Aether: so nahm derselbe eine schön blaue, beim Umschütteln verschwin- dende Farbe an.

*) Journ. für prakt. Chem. 75, 1.

über das Kreosot. 13

0,409 Grm. des unter der Luftpumpe getrockneten Sal- zes gaben 0,135 kohlensaures Kali 22,45 Proc. Kalı.

0,616 Grm. gaben 0,253 Grm. schwefelsaures Kali 22,21 Proc. Kalı.

0,376 Grm. gaben 0,123 Grm. kohlensaures Kali = 22,26 Proc. Kali.

Die Berechnung verlangt 22,17 Proc. KO.

Da dieses Salz die Zusammensetzung von Hlasiwetz's kreosolsaurem Kalı besass, mithin Kreosol als der eine Bestandtheil auch meines Kreosots gefunden war: so konnte ich diese von Hlasiwetz so wohl charakterisirten Ver- bindungen bei meiner Arbeit bei Seite lassen und hatte nur mein Augenmerk auf den neben dem Kreosol vor- handenen Bestandtheil zu richten.

Schon Hlasiwetz hatte den Versuch gemacht, die Mutterlauge seiner Kalisalze zur Isolirung des anderen Körpers zu benutzen, doch mit wenig günstigem Erfolg. Ich hatte dieselben Erfahrungen zu machen: denn die Mutterlaugen enthalten immer noch beträchtliche Mengen des Kalisalzes und des Kreosols gelöst und wurden die- selben immer noch durch alkoholische Eisenchloridlösung grün gefärbt. Da sich direct der andere Bestandtheil des Kreosots von dem Kreosol nicht trennen lässt: so konnte er nur durch seine Derivate erkannt werden. Es war hierbei besonderer Werth zu legen auf das Verhalten des Kreosots gegen Salpetersäure, da Hlasiwetz beim Nitriren seines Kreosols keine krystallisirbaren Nitropro- producte, sondern schliesslich nur Oxalsäure erhielt. Trat ein krystallinisches Nitroproduct auf: so konnte es nur von dem anderen Bestandtheil im Kreosot herrühren. Ausserdem waren die Chlorverbindungen zu berücksich- tigen, da Hofmann aus dem Kreosot Chloranil bekom- men hatte und dieses nicht aus Kreosol entsteht und fer- ner noch das Verhalten des Kreosots gegen Schwefelsäure.

Beim Nitriren des Kreosots ist die Einwirkung eine äusserst heftige, weshalb es am besten ist, das Kreosot tropfenweise zur Salpetersäure zu bringen. Es bildet sich

14 K. Frisch,

neben viel Oxalsäure ein harzartiger Körper, der, nach- dem die Oxalsäure durch Waschen mit Wasser entfernt ist, sich beim Kochen mit Salpetersäure zu einem seide- glänzenden, hellgelben Harze verwandelt, welches in kal- tes Wasser gegossen, fest und brüchig wird und aus wel- chem Alkohol eine krystallisirende Substanz auszieht. Diese wiederholt aus Alkohol umkrystallisirt, stellte hell- gelbe Prismen dar, die vorsichtig erwärmt zu einem in der Kälte krystallinisch erstarrenden braungelben Oel schmelzen, beim Erhitzen lebhaft mit heller Flamme ab- brennen. In Aether und Alkohol sind die Krystalle leicht, in Wasser schwer löslich, mit intensiv gelber Farbe. Die wässerige Lösung reagirt sauer, färbt intensiv und dauernd gelb und schmeckt stark bitter. 0,510 Grm. der Säure waren in 38,960 Wasser von 20°C. löslich, mithin 1 Th. in 76,5 Th. Wasser. Schwefelsaures Eisenoxydul und Baryt färbten die gelöste Säure blutroth, indem sich Pikraminsäure bildete. Kochende Kalilauge entwickelte aus dem Nitroproduct Ammoniak und diese Lösung beim Uebergiessen mit Schwefelsäure salpetrige Säure. Con- centrirte Schwefelsäure löste sie unverändert auf. Eine alkoholische Lösung der Säure mit Ammoniak versetzt und mit Schwefelwasserstoff gesättigt, färbte die Flüssig- keit dunkel. Beim Stehenlassen nahm sie eine tiefrothe Farbe an und darin hatten sich braunschwarze Nadeln von amidinitrophenylsaurem Ammoniak gebildet. Cyan- kalium wurde durch die Säure roth gefärbt.

a) 0,301 Grm. der Säure gaben mit Kupferoxyd und vorgelegten Kupferdrehspänen verbrannt 0,0455 Gramm HO und 0,346 CO?.

b) 0,538 Grm. Substanz gaben 0,0675 Grm. HO und 0,6155 CO2.

c) 0,620 Grm. der Säure mit CuO und Kupferdreh- spänen verbrannt gaben 99 CC. N bei 100 ©. und 741,63 MM. Barometerstand. Corr. 91,955 CC. Gas —= 0,114469 Grm. N = 18,47 Proc.

über das Kreosot. 15

Gefunden Berechnet ne ro EN, G12 31,4Proc. 31,34 Proc. 31,2 Proe:; Proc. HB— 13, HET Tail, an N3 = 184 SEHEN WAREN 18,47 , 02 48,9 2) vs n Ba X Fe 100,0.

War das eben beschriebene Verhalten dieser Säure und deren elementare Zusammensetzung schon hinreichend sie als Trinitrophenylsäure zu erkennen, so geschah dies noch vollständiger durch das Kalisalz, welches ich durch Sättigen der Säure mit doppeltkohlensaurem Kali darstellte und das die bekannten Eigenschaften des pikrinsauren Kalis zeigte. Beim Erhitzen dunkler werdend, dann schmelzend, explodirte es zuletzt heftig unter Zurück- lassung einer leicht verbrennlichen Kohle. In kaltem Wasser war das Salz schwer, aber mit intensiv gelber Farbe löslich, in kochendem jedoch leichter. 29,550 Grm. bei 17,50C. gesättigter Lösung von pikrinsaurem Kali enthielt 0,1105 Grm. gelöst; mithin 1 Th. in 267,5 Th. Wasser. In Alkohol war das Salz zwar schwer, aber mit intensiv gelber Farbe löslich, eine Eigenschaft, die mich veranlasste, Löslichkeitsbestimmungen mit pikrinsaurem Kali zu machen, da angenommen wird, dass dieses Salz in jenem Lösungsmittel unlöslich sei *).

*) Vom pikrinsauren Kali wird ziemlich allgemein angenommen, dass dasselbe in Alkohol unlöslich sei. Dies ist unrichtig. Ich habe einige Versuche über die Löslichkeit des Salzes in Wasser und Alkohol angestellt, da ausser der Bestimmung von Liebig, nach welcher 1 Th. des Salzes in 14 Th. kochen- den Wassers löslich ist, eine Angabe der Löslichkeit dieses wichtigen Salzes bei anderen Temperaturen nicht existirt. Das zu diesen Versuchen dienende Material stellte ich mir durch Sättigen reiner Pikrinsäure mit doppeltkohlensaurem Kali und mehrmaliges Umkrystallisiren dar. Die Bestimmun- gen wurden so ausgeführt, dass ich eine überschüssige Menge des Salzes mit dem betreffenden Lösungsmittel kochte, dann 24 Stunden lang der angegebenen Temperatur unter öfterem

BE U De HL an) 1800 HE Hal Sata ln an Ma a

16 KF visch,

0,552 Grm. des Salzes gaben 0,178 schwefelsaures Kalı' = 17,42 Proc.

0,695 Grm. des Salzes gaben 0,226 schwefelsaures Kali 2147.59: Prog,

Der gefundene Kaligehalt stimmt genau überein mit dem des pikrinsauren Kalis, welches 17,51 Proc. KO enthält.

Kreosot mit Schwefelsäure digerirt und mit Wasser verdünnt, lässt mit Salpetersäure gekocht neben Oxalsäure ein beim Erkalten festwerdendes, hellgelbes, mit Krystal- len durchsetztes Harz entstehen, welches mit Ammoniak ausgezogen beim Verdunsten der ammoniakalischen Lösung lange, feine, gelbe, seideglänzende Nadeln anschiessen liess, die in kaltem Wasser und Alkohol schwer, in kochen- dem Wasser leicht löslich waren. Die heisse wässerige Lösung mit Salpetersäure versetzt liess beim Erkalten säulenförmige Krystalle entstehen, die durch wiederholtes Umkrystallisiren blond wurden, beim vorsichtigen Erhitzen schmolzen und theilweise unverändert sublimirten; beim schnellen Erhitzen jedoch rasch abbrannten. Von Schwefel- säure wurden diese Krystalle unzersetzt gelöst und durch Wasser wieder abgeschieden. Schwefelsaures Eisenoxydul und Barytwasser gaben eine der Pikraminsäure ähnliche rothe Färbung. Zink und verdünnte Schwefelsäure lösten die Säure zu einer schön dunkel rosenrothen Flüssigkeit, die sich durch Ammoniak grün färbte. Diese Eigenschaften

Umschütteln aussetzte, abfiltrirte und in der abgewogenen Lösung durch Abdampfen das pikrinsaure Kali bestimmte. 36,045 Grm. einer alkoholischen Lösung (Aikohol von 90 Proc.) bei 20°C. gesättigt, gaben 0,049 pikrinsaures Kali.

30,487 Grm. alkoholischer Lösung von enthielten 0,018 Grm. Salz gelöst.

20,224 Grm. einer wässerigen Lösung von 20°C. hinterliessen 0,074 Grm. des Salzes.

37,027 Grm. wässeriger Lösung, die 24 Stunden lang in Eiswasser gestanden, gaben 0,084 trocknes Salz.

Demnach ist ein Theil pikrinsaures Kali in 735,6 Th.

Alkohol von 20°C.; in 1138 Th. Alkohol von 0°; in 273,3 Th. Wasser von 20°C. und in 440,8 Th. Wasser von OP löslich.

u ee RT ee Zu ne en. ER Re Ans ae ee

über das Kreosot. 17

liessen auf Dinitrophenylsäure schliessen und die wurde durch die Verbrennung bestätigt: a) 0,856 der Säure gaben 1,205 CO? und 0,195 HO Dass. En231,085 . 5.32 70100,

Berechnet a. b. 032 39,1:Proc, 38,33 Proc. 38,78 Proc. H4 22 53, ES N = 152 Tale Tr te 010 = 43,5 n 77 Se n 100,0 Proc.

Das Kalisalz dieser Säure erhielt ich durch Abstumpfen derselben mit zweifach-kohlensaurem Kali in orangefar- benen kleinen Nadeln, die beim Erwärmen dunkler wur- den, beim Erkalten ihre frühere Farbe wieder annahmen. In Wasser schien es etwas leichter löslich zu sein als das pikrinsaure Kali.

0,527 Grm. des bei 100% getrockneten Salzes gaben 0,203 Grm. schwefelsaures Kali 20,83 Proc. KO.

0,635 Grm. gaben 0,2455 Grm. KO, SO3 20,9 Proc. Kali.

Das dinitrophenylsaure Kali verlangt 21,17 Proc. Kali.

Wie Hlasiwetz gefunden, verwandelt sich beim Nitriren das Kreosol in Oxalsäure. Diese Nitroproducte müssen also von dem neben dem Kreosol im Kreosot ent- haltenen Körper stammen und die gefundene Pikrinsäure, besonders aber die Dinitrophenylsäure bezeichnen diesen als einen Phenylkörper.

Behandelt man Kreosot mit Salzsäure und chlorsaurem Kali unter Mitwirkurg von anfangs gelinder Wärme: so erfolgt eine lebhafte Reaction. Das Kreosot wird unter starkem Aufschäumen dicker und braun und man erhält nach dem Erkalten und Stehenlassen zwei Schichten, von denen die eine consistentere sich zu Boden setzt und die andere schaumartige und hellgelbe von der Salzlauge getragen wird. Diese Masse wurde öfters von dem sich bildenden und anhängenden Chlorkalium durch Auswaschen befreit und die Chlorung so lange fortgesetzt, bis die

Arch.d.Pharm. CLXXXTI. Bds. 1.u.2. Hft. 2

18 K. Frisch,

Masse pflasterartige Consistenz erlangt hatte und mit Krystallen durchsetzt schien. Eine Probe mit kaltem . Weingeist ausgewaschen und daraufin kochendem Alkohol velöst, schied gelbe glänzende Schüppchen aus, welche durch Umkrystallisiren gereinigt und sublimirt wurden. Der zum Umkrystallisiren verwendete Alkohol nahm beim längeren Stehen eine röthliche Farbe an; ebenso wurden auch die hellen goldgelben Schüppchen bei längerem Liegen auf dem Filter oder an der Luft dunkler. | Vor der Sublimation schmolzen die Krystalle theil- weise unter Bräunung. a) 0,5315 Grm. des Sublimats mit Kalk geglüht, in Salpetersäure gelöst und durch salpetersaures Silber- oxyd gefällt, gaben 1,139 Grm. Ag Ül=— 0,28156 Ol = 192,97 Proc. 0 b) 0,813 Grm. gaben 1,742 Grm. AgCl = 52,96 Proe. C]. Das Hexachloroxylon von v. Gorup-Besanez ver- langt 50,35 Proc. Cl. Diese glänzenden Schüppchen, die durchaus gleich- artig erschienen und nicht vermuthen liessen, dass sie zwei verschiedene Producte enthielten, wurden von Schwe- felsäure erst in der Hitze zersetzt. Vorsichtig mit Kali unter gelinder Erwärmung behandelt, lösten sich die Schuppen zu einer purpurrothen Flüssigkeit, die nach dem Erkalten eine braune humusartige Substanz absetzte und neben dieser bildeten sich schöne rothe Krystalle, welche mit Salzsäure zersetzt hellrothe Schüppchen ven Chloranilsäure gaben. Dieses Kalisalz, so wie die daraus dargestellte Säure liessen keinen Zweifel übrig, dass in dem gechlorten Körper Chloranil vorhanden sei. Die Reaction des Kalis auf die gelben Schüppchen muss aber sehr vorsichtig sowohl mit nicht zu concentrirter Lösung, als auch unter möglichster Vermeidung höherer Tem- peratur geschehen, da man sonst statt einer purpurrothen eine braune Flüssigkeit erhält, die beim Erkalten nur humusartige Körper absetzt. Neben dem Chloranil war aber ein diesem in seinen

über das Kreosot. 19

physikalischen Eigenschaften sehr ähnlicher Körper in diesen Krystallen enthalten, der, wie aus der Chlorbestim- mung hervorgeht, einen geringeren Chlorgehalt als das Chloranil haben musste. Um die Beschaffenheit dieses - Körpers festzustellen, verfuhr ich ganz wie v. Gorup- Besanez bei der Darstellung seines Hexachlorhydroxylons, da die Vermuthung nahe lag, dass er niedriger gechlorte Chinone als das Chloranil enthalten könne und diese sich durch Behandlung mit schwefliger Säure am besten charak- terisiren.

Die mit Wasser zerriebenen Schüppchen wurden dem- nach mit schwefligsaurem Gas bis zur Sättigung der Flüs- sigkeit behandelt, einige Tage stehen gelassen und gekocht. Es hatte sich neben schmutzig weissen Krystallen, die die Gestalt des Chloranils beibehalten, ein weisses Pulver ausgeschieden. Die gesammelten Krystalle und das weisse Pulver wurden nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser durch Aether und Alkohol gelöst. Es schieden sich beim Verdunsten dieser Lösung perlmutterglänzende grauweisse Blättehen aus und an den Wänden des Gefässes hatten sich lange prachtvolle dunkelviolette, im auffallenden Lichte schwarzgrüne Nadeln gelagert, welche Aehnlichkeit mit dem grünen Chinon-Hydrochinon hatten, nur dunkler als dieses waren. Diese Krystalle für sich sorgfältig gesam- melt, waren in kaltem Wasser unlöslich, wurden durch Alkohol und Aether, in denen sie leicht löslich sind, theil- weise zersetzt, indem sich mitden vorigen zugleich die unten beschriebenen Krystalle abschieden. In heisser Essigsäure waren sie ebenfalls löslich und krystallisirten daraus theils unverändert, theils verändert heraus. In verdünntem Am- moniak lösten sie sich mit smaragdgrüner Farbe, die bald darauf in eine rubinrothe überging. Salzsäure fällte aus dieser Lösung einen korallenrothen Niederschlag. Ver- dünnte Kalilauge verhielt sich dem Ammoniak ähnlich. Durch Salpetersäure entstanden Prismen von Dichlorchinon.

Die schmutzig weissen Krystallblättchen, welche sich in grösserer Menge als die violetten Nadeln abgeschieden

DE

20 K. Frisch,

hatten, wurden, nachdem sie durch Umkrystallisiren aus kochendem Alkohol gereinigt, durch Kalilauge ebenfalls aber ohne Farbenveränderung, gelöst. Bei längerem Stehen wurde die Lösung aber grün und später roth. Ammoniak löste die Krystalle mit gelber Farbe, die bei Zusatz von Chlorwasserstoffsäure in eine violette überging. Wurde jedoch die ammoniakalische Lösung der Luft aus- gesetzt; so färbte sie sich erst grün, dann roth, unter Ab- scheidung einer schmutzig braunen Substanz. Schwefel- säure war ohne Einwirkung. Unterchlorigsaures Natron zu einer alkoholischen Lösung der Krystalle gesetzt, be- wirkt eine tiefgrüne Färbung unter Abscheidung von gleich gefärbten Krystallen.

Diese weissen Krystalle zeigten Reactionen, wie das Dichlorhydrochinon und das Tetrachlorhydrochinon, wäh- rend die oben beschriebenen schönen schwarzgrünen Na- deln sich als Dichlorchinon - Dichlorhydrochinon ergaben. Aus der Bildung dieser Verbindungen geht aber hervor, dass mein ursprünglich gechlortes Product ein Gemisch

von Chloranil mit Bichlorchinon war. v. Gorup-Besanez hatte, nachdem er auf gleiche

Weise sein Hexachloroxylon mit schwefliger Säure behan- delt, ebenfalls dunkelviolette Nadeln und blonde Prismen erhalten. Durch Kochen mit viel Wasser entstanden die dunkelvioletten Nadeln. Kali färbte dieselben grün und später roth; kaustisches Ammoniak verhielt sich ähnlich; concentrirte Salpetersäure verwandelte sie nach längerem Einwirken in goldgelbe Blättehen. Durch unterchlorig- saures Natron hingegen wurden sie nur in gelbe Blättchen verwandelt.

Die schwarzen Nadeln v. Gorup-Besanez’s lösten sich beim Erwärmen mit Kali und Ammoniak mit roth- brauner Farbe, wobei die Krystalle schmutzig-grün, hell- grün und blassgelb wurden. Dasselbe Verhalten habe ich auch beobachtet, wenn ich meine Nadeln mit concentrir- ter Kalilauge und mit nicht verdünntem Ammoniak in der Wärme behandelte, während mit verdünnten Lösungen

über das Kreosot. 21

und in der Kälte die oben angeführten Reactionen des Dichlorchinon -Dichlorhydrochinons auftraten.

Es zeigen das blonde und das violette Hexachlor- hydroxylon von v. Gorup-Besanez mit Ausnahme einiger nur sehr unbedeutender Abweichungen ein solches ähnliches Verhalten wie das Bi- und Tetrachlorhydro- chinon, dass wohl der Schluss Hofmann’s einige Berech- tigung zu haben scheint, nach welchem dieses Hexa- chlorxylon ein Gemisch von beiden oben genannten gechlor- ten Chinonkörpern ist.

Wenn meine Voraussetzungen richtig: so musste mein gechlortes Product in Chloranil vollständig übergeführt werden können. Der Process der Chlorung geht sehr langsam vor sich. Nachdem die Behandlung mit chlor-

saurem Kali und Salzsäure noch 12 Stunden lang fort- gesetzt worden war und eine Probe, wie oben angegeben, auf den Chlorgehalt geprüft wurde, gaben 0,240 Grm. Krystalle 0,534 Grm. Chlorsilber, entsprechend 55 Proc. Cl. Nach weiterer fünfzehnstündiger Chlorung waren endlich die Schüppchen vollständig in Chloranil übergegangen, welche, nachdem sie durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt, sich weder durch Farbe, Krystallform, noch sonstige äussere Eigenschaften von den zuerst untersuch- ten Krystallen unterschieden.

0,288 Grm. sublimirtes Chloranil mit Kalk geglüht, durch Salpetersäure gelöst und mit salpetersaurem Silberoxyd ausgefällt, gaben 0,6670 AgCl = 0,16488 Cl = 57,25 Proc. Cl. Das Chloranil verlangt 57,7 Proc. Cl.

Die erhaltene Menge Chloranil war der angewendeten Menge Kreosots nach eine verhältnissmässig sehr geringe. Das Chloranil konnte sich nur aus dem neben dem Kreosol im Kreosot enthaltenen Bestandtheil gebildet haben und liess als diesen einen Phenylkörper vermuthen. In dem Alkohol, welcher nach der Behandlung des ursprünglich gechlorten Harzes mit Weingeist zur Isolirung des Chlor- anils verwendet war, hatte sich ein Harz gelöst, welches

22 K. Frisch, nach Abdestillation des Alkohols als ein goldgelbes, dickes,

klebriges, zähes Harz von unangenehmem Geruch zurück- blieb. In Wasser war es vollständig unlöslich, eben so in Essigsäure. |

Uebergiesst man dieses Harz mit Salpetersäure, so färbt es sich dunkler; beim Erwärmen nimmt es eine rothe Färbung an und bei fortgesetztem Erhitzen geht der grösste Theil in einen schönen purpurrothen Schaum über, der sich grösstentheils beim Erkalten wieder harz- artig zu Boden setzt. Ein krystallisirtes Nitroproduet daraus zu erhalten, ist mir trotz lange fortgesetzten Nitri- rens nicht gelungen.

Behandelt man Kreosot mit englischer Schwefelsäure, so löst sich dasselbe unter Erwärmung mit violettrother Farbe auf. Auf Zusatz von Wasser wird das Kreosot wieder in öligen gefärbten Tropfen ausgeschieden. Lässt man aber das Gemisch von Kreosot und Schwefelsäure 34 Stunden lang bei 500 stehen, so wird die Masse sehr dickflüssig und löst sich vollständig ohne Kreosotabschei- dung in Wasser zu einer tief rubinröthen Flüssigkeit auf, welche mit Zink farblos wird, an der Luft sich wieder röthet. Die rothe Lösung mit kohlensaurem Baryt ab- gestumpft, enthält ein Barytsalz gelöst, welches nach Ein- dampfen der Flüssigkeit bei gelinder Wärme unter der Luftpumpe in kugeligen Massen krystallisirt. Durch Um- krystallisiren konnte das Salz fast farblos erhalten werden, gab aber beim Lösen in Wasser, in welchem es sehr leicht löslich ist, immer eine bräunlich-rothe Lösung. In heis- sem Alkohol löst sich das Salz schwerer als in Wasser und bildet nach dem Erkalten aus verdünnten Lösungen eine durchsichtige Gallerte, beim Erkalten aus gesättigten Lösungen aber eine breiartige Substanz. Dieselbe gelatinöse Masse bildet sich, wenn man eine wässerige Lösung des Salzes mit Alkohol versetzt.

Das aus Wasser umkrystallisirte und durch Nach- waschen mit Alkohol gereinigte Salz wurde im luftleeren Raume getrocknet.

Pa -

über das Kreosot. 23

1,043 Grm. unter der Luftpumpe getrocknet verloren bei 1000 0,094 HO = 9 Proc. Die folgenden Analysen wurden mit bei 1000 ge- trocknetem Salze ausgeführt: a) 0,560 Grm. gaben 0,259 Grm. BaO, SO3 46,25 Proc. b) 0,970 „0449 ; —46,29 , c) 0,848 wurden mit Salpetersäure oxydirt und gaben mit Chlorbaryum gefällt 0,786 Grm. BaO, SO3, d) 0,870 Grm. mit Kupferoxyd und vorgelegten Kupfer- drehspänen und Bleihyperoxyd verbrannt, gaben 0,907 CO? und 0,216 HO. e) 0,494 gaben 0,521 Grm. CO? und 0,114 HO. Berechnet Gefunden Pre. Pre. Bre; Pre: Pre. Pre. Cl2 = 28,73 28,42 28,77 _

N = 2 E 02° =:'64 = = '& 22 > BaO 30,56 = =. .-30,34 22.3036. 2503 31,92 ae an u I isn

100,00 Pre. Es ergiebt sich also für dieses Salz die Formel C12H50, SO3, HO, BaO, 503,

dieselbe, die Laurent für seinen sulfophenissauren Baryt gefunden hatte. In den meisten chemischen Werken ist dieser als C12H50, SO3, BaO, SO3 aufgeführt. Es lässt sich jedoch das eine Aequivalent Wasser aus der Verbin- dung nicht entfernen, da sie bei 1000 getrocknet, obige Zusammensetzung besitzt und in höheren Temperaturen sich zersetzt.

Das Barytsalz, welches ich in Alkoho] gelöst, aus diesem krystallisirt und bei 1000 getrocknet hatte, zeigte eine von den vorigen Salzen abweichende Zusammensetzung, indem der Alkohol wohl etwas zersetzend eingewirkt hatte. 0,441 Grm. gaben 0,195 Grm. BaO,SO3 29,02 Proc. BaO. Bi 0, = 0 =2905 . 5, 0,435 „0,494 CO? und 0,113 HO 30,9 Proe. C

und 2,88 Proc. H.

24 K. Frisch,

wn

0,9765 Grm. gaben 1,104 CO? und 0,2645 HO —= 30,84

Proc. C und 3,01 Proc. H.

Kreosotschwefelsäure mit frisch gefälltem Bleioxyd- hydrat digerirt, löste dieses zu einer röthlich gefärbten Flüssigkeit, die eingedampft pflasterartig wurde und diese Consistenz auch unter der Luftpumpe beihehielt. Diese Bleiverbindung nahm bei gewöhnlicher Temperatur, im luftleeren Raume getrocknet, täglich an Gewicht ab und ergab selbst nach vier Wochen keine constanten Wägungs- resultate. Bei 1000 entwickelten sich Dämpfe und auch ein unangenehmer Geruch, welcher bei dem Barytsalz nicht wahrzunehmen gewesen war. Nachdem kein Gewichts- verlust mehr stattfand, bestimmte ich den Bleioxydgehalt der Präparate, die sich im Wasser noch vollständig lösten. a) 2,334 Grm. gaben 1,304 Grm. PbO,SO3 41Pre.PbO. Diias , - , 1,040 ». = 40,06 Pre. PbO.

C1?H50, SO3, PbO, SO3 würde 40,3 Proc. PbO ver- langen.

Da das phenylschwefelsaure Bleioxyd keine krystalli- sirbare Verbindung ist, so hängt diesem aus dem Kreosot bereiteten noch das Kreosol an, welches beim Barytsalz in der Mutterlauge bleibt. Dieses entweicht erst voll- ständig bei höherer Temperatur.

Kreosot mit Kalkhydrat behandelt, gab eine krümelige feste Masse, die nach einiger Zeit eine violette Farbe annahm. Wasser wirkte schwer lösend; es wollte mir jedoch nicht gelingen, aus dieser Lösung eine constante Verbindung darzustellen, da beim Eindampfen das Kreosot bereits durch Kohlensäure verdrängt und verflüchtigt wird.

Behandelte ich das Kreosot mit oxydirenden Substan- zen, wie die Lösung desselben in Schwefelsäure mit saurem chromsauren Kali: so ändert sich der specifische Geruch des Kreosots in einen angenehm aromatischen um; die Flüssigkeit wird dunkelbraun, fast schwarz und setzt eine harzartige schwarze Masse ab, die mit Wasser ausge- waschen, bröckelig wird, in Alkohol löslich ist, in Kali und Ammoniak sich theilweise mit dunkelbrauner Farbe

über das Kreosot. 25

löst und braune humusartige Körper zurücklässt. Gegen Säuren verhielt sich die Substanz indifferent.

Fast dasselbe Verhalten wie gegen saures chromsaures Kali zeigte Kreosotschwefelsäure gegen Oxalsäure. Es trat beim Erwärmen Entwickelung von Kohlensäure ein, die Flüssigkeit wurde immer trüber, zuletzt schwarzbraun, wobei sich eine schwarze harzige Masse ausschied, die nach dem Auskochen mit Wasser spröde wurde, in Alkohol etwas löslich war und von Kali und Ammoniak unvoll- ständig zu einer röthlich braunen Flüssigkeit gelöst wurde.

Ein neutrales Bleisalz aus dem Kreosot darzustellen, um aus diesem das Aequivalent desselben zu bestimmen, gelang nicht, basische Verbindungen aber sind für den beabsichtigten Zweck natürlich ungeeignet. Ich versuchte das Verhalten einer alkoholischen Lösung von Kreosot gegen essigsaures Bleioxyd, eben so auch eine essigsaure Lösung von Kreosot gegen dasselbe Reagens, erhielt aber keine Fällungen.

Nach den vorliegenden Resultaten, besonders der Bil- dung von Pikrinsäure, Dinitrophenylsäure, von Phenyl- schwefelsäure und Chloranil glaube ich berechtigt zu sein, in dem Kreosot neben dem Hlasiwetz’schen Kreosol einen Phenylkörper anzunehmen.

Aus den Elementaranalysen des Kreosots, wie sie v. Gorup-Besanez, Ettling, Völckel und ich aus- geführt haben und bei denen die ersteren beiden und die letzteren beiden ziemlich übereinstimmend ausgefallen sind, scheint hervorzugehen, dass das nach dem Reichenbach- schen Verfahren durch wiederholtes Behandeln mit Aetz- kali dargestellte Kreosot keine constante Zusammensetzung besitzt, wie auch v. Gorup-Besanez in seiner Zusam- mensetzung des Kreosots hervorhebt: denn er hat durch eigene Versuche gefunden, dass durch wiederholtes Be- handeln mit Kali der Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt herabgedrückt und der Sauerstoffgehalt erhöht wird und er vermuthet, dass das Kreosot sich durch fort- gesetzte Behandlung mit Kali zu Quajacol oxydiren

26 K. Frisch,

liesse, mit welchem es so bedeutende Aehnlichkeiten hat. Diese von ihm theoretisch gefolgerte Annahme hat sich auch in so fern durch die Arbeiten von Hlasiwetz be- stätigt, als derselbe wirklich im Kreosot Quajacol gefun- ‚den hat, das Quajacol jedoch C16H1004 zusammengesetzt findet, während das von v. Gorup-Besanez gemeinte, Völckel’sche Quajacol aus C15H80%, wahrscheinlich einem Gemenge des Quajacols mit einem ihm homologen Körper besteht.

Es wäre wohl eher anzunehmen, dass durch Behan- deln mit Kali ein schwer von dem Kreosot zu trennendes, mit demselben homolog siedendes Oel, wahrscheinlich ein Kohlenwasserstoff, nach und nach entfernt wird und dass die Einwirkung des Kalis, wie auch Völckel gefunden hat, bei einem gewissen Punct keinen Einfluss mehr auf die Zusammensetzung des Kreosots hat. Ist dieses Stadium gekommen, so weicht das so gereinigte Kreosot in so fern von dem mit höherem Koblenstoffgehalte ab, als es in gewöhnlicher Essigsäure sich auflöst und auch in verdünn- ter Kalilauge vollständig löslich ist.

Es lässt sich auch kaum auf eine andere Weise der gleiche und constante Siedepunct eines Kreosots von 75 Proc. C. und von 73 Proc. Kohlenstoff erklären, wenn man nicht in ersteren einen mit dem Kreosot homolog siedenden Körper annimmt, der durch die Behandlung mit Kali entfernt wird: denn eine Zersetzung des Kreosots würde den Siedepunct verändern, in diesem Falle ihn, da eine Kohlenstoffverminderung eintritt, herabdrücken. Aus- serdem ist es von Interesse, dass mit der Abnahme von Kohlenstoff und Wasserstoff das specifische Gewicht zu- nimmt und auch dieses spricht für die Annahme eines Kohlenwasserstoffes, da diese ein niedriges specifisches Gewicht besitzen. So fanden:

Ettling: bei 75,72 Proc. C und 7,80 Proc. H ein spec. Gew. von 1,037 b. 200C.

v. Gorup-Besanez: bei 75,21 Proc. © und 7,92 Proc.

H ein spec. Gew. von 1,046 1,049 b. 11,50 0.

über das Kreosot. 27

v. Gorup-Besanez: bei 74,8 Proc. C und 7,8 Proc. H ein spec. Gew. von 1,057 b. 130C.

Völckel: bei 72,68 Proc. C und 7,10 Proc. H ein spec. Gew. von 1,076 b. 15,500.

und nach meiner Bestimmung: bei 72,9 Proc. C und 7,1 Proc. H ein spec. Gew. von 1,0874 b. 200C.

DasKreosot ist als eine eigenthümliche chemi- sche Verbindung zu betrachten, welche aus dem dem Quajacol gleichen Kreosol und einem Phenyl- körper besteht. Würde man in dem Kreosot mit Hlasi- wetz ein dem Phenyl homologes Radical annehmen, so wür- den wohlauch dem Phenyl homologe Derivate resultirthaben, wie wir solche aus dem Steinkohlentheerkreosot in den Kre- sylverbindungen kennen und aus eben diesem Grunde ist die Arnahme unrichtig, nach welcher viele Chemiker das Kreo- sot für Kresylalkohol halten. Diesem steht ferner die Beob- achtung Fairlie's entgegen, dass bei dem Sieden seinesKre- syloxydhydrats der anfangs stationäre Siedepunct im Laufe der Destillation mehr und mehr sinkt in Folge einer Zer- setzung des Kresylalkohols in Phenylalkohol, Eigenschaften, welche vollständig unseren Beobachtungen zuwiderlaufen *).

Nach vorliegenden Untersuchungen und den Elemen- taranalysen von Völckel und mir kann man das Kreo- sot als eine dem sauren Kalisalz des Kreosols entsprechende Verbindung betrachten, in wel- chem an Stelle des Kaliums Phenyl eingetreten ist: denn das Kreosol ist geneigt, wie aus dem Kalisalze und den Bromverbindungen desselben hervorgeht, saure Verbindungen einzugehen.

Die Formel würde sich nach der Elementaranalyse herausstellen als:

C16 H10 04, C16 H9(C1? H5) O4 HO.

*) Kresylalkohol weicht in seinem Siedepuncte von dem Gesetze der Erhöhung des Siedepunctes homologer Reihen um 19° bei C2H?2 ab, indem er dem Phenylalkohol homolog 194 + 19 2130 sieden müsste.

28 G. C. Wittstein,

Berechnet VER Soden me 44 13,12 72,68 12,9 H?25 6,94 7,10 7,1 037 719,94 20,22 20,0

100,00. 100,00. 100,0.

Noch erlaube ich mir zur praktischen Prüfung des Kreosots auf seine Reinheit hervorzuheben, dass Kreosot aus Buchenholztheer in seiner alkoholischen Lösung mittelst Eisenchlorid grün gefärbt wird, eine alkoholische Lösung von Phenyloxydhydrat sich aber nur bräunt; eine wässerige Kreosotlösung hingegen durch dasselbe Reagens nicht angezeigt wird, während Phenylalkohol die bekannte blaue Färbung giebt.

rn

Veber Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)- Saccharat;

von

G. C. Wittstein.

Unter der Bezeichnung lösliches Eisen-Saccharat in Zuckerkapseln bringt die Firma Jordan und Timäus in Berlin, Dresden und Wien, ein durch seine Cacao-Präparate schon lange rühmlichst bekanntes Ge- schäftshaus, seit einiger Zeit das Eisenoxyd, zum Zwecke innerlicher medicinischer Anwendung, in so eigenthüm- licher, neuer, leicht, bequem und angenehm zu nehmender Form in den Handel, dass eine eingehende Mittheilung darüber in dieser Zeitschrift gewiss am Platze ist.

Diese Kapseln befinden sich, eine jede in feines Papier eingewickelt, zu 20 und zu 40 Stück in Papp- schachteln, deren Aufschrift den Beisatz „jede Kapsel enthält !/),„ Gran metallisches Eisen“ hat. Die kleinere Schachtel voll kostet 5, die grössere 10 Sgr. Das Eisen- ı Saccharat dazu liefert Herr Dr. E. Fleischer in Dres-

Zuckerkapseln mit löslichem Eisen(oxyd)-Saccharat. 29

den und die oben genannte Firma besorgt die Anferti- gung und Füllung der Kapseln.

Bei dem Namen Kapseln denkt man. unwillkürlich an die bekannten Gelatinkapseln, welche mit Copaivabalsam u. dergl. gefüllt sind, allein damit haben sie nur den Namen gemein, denn sie bestehen lediglich aus Zucker; es sind gleichsam Aggregate von Zuckerkryställchen, in Form und Grösse einer gewöhnlichen Cacaobohne und mit einer Höhlung versehen, welche von dem Eisen-Saccharate ein- genommen wird. Ihr Gewicht variirt von etwas über 1 Skrupel bis beinahe 2 Skrupel, indem die Zuckerwand bald dünner, bald dicker, während das Gewicht des In- haltes ein mehr constantes ist und circa 15 Gran beträgt. Dieser Inhalt ist ein dunkelgoldgelber klarer Syrup von süssem, milde eisenartigem und weingeistigem Geschmack. Lässt man eine Kapsel im Munde zergehen, so empfindet man anfangs reinen Zuckergeschmack, und sobald die Hülle aufgelöst ist, tritt jener milde eisenartige und wein- geistige Geschmack hervor. Für die Kinderpraxis und überhaupt für Personen, welche vor den gewöhnlichen Arzneien einen Widerwillen haben, konnte, wo es sich um Einführung von Eisen in den Organismus handelt, daher wohl kaum eine passendere Form gewählt werden als diese Kapseln. In der That hat das Präparat sich bald Eingang in die medicinische Welt verschafft; es ist bereits in den Apotheken Sachsens so wie des übrigen Norddeutschlands ein gangbarer Artikel geworden und fängt auch schon an, sich im Süden zu verbreiten. Dabei verdient noch Beachtung, dass die Fabrikanten das Präparat nur den Apotheken zum Vertriebe übergeben, damit das- selbe, dessen Grundlage eine reelle wissenschaftliche ist, nicht in die Classe der Geheimmittel und Schwindeleien geworfen werde. Der für dieses in solcher Form unbe- zweifelt nicht leicht herzustellende Medicament verlangte Preis ist ein sehr mässiger.

Schenken wir aber nun auch dem Eisen-Saccharate selbst eine nähere Betrachtung. Der Name soll andeuten,

30 @G. C. Wittstein,

‘dass das Eisen sich durch Vermittelung des Zuckers in gelöstem Zustande befindet; das erscheint auf den ersten Blick etwas zweifelhaft, ist aber, wie weiterhin erhellen wird, nichts desto weniger richtig. Zwar weiss man, dass Zuckerlösung die Fähigkeit besitzt, kleine Antheile oxydir- ten Eisens aufzulösen und dadurch einen schwach eisen- artigen Geschmack anzunehmen; ich erinnere nur an das bekannte Becker-Klauer'sche Ferrum carbonicum saccha- ratum, welches damit geschütteltem Wasser neben dem süssen auch einen schwach eisenartigen Geschmack ertheilt. Das durch die Vermittelung des Zuckers in das Wasser ‚gelangte Quantum Eisen ist indessen nur gering; Alkalien zeigen es gar nicht an, was jedoch nur in der bekannten Eigenschaft nicht flüchtiger organischer Substanzen, die Fällung des Eisens durch Alkalien zu verhindern, begrün- det ist; aber auch Ammoniumsulfid, dessen Reaction durch die Gegenwart solcher Substanzen nicht beeinträch- tigt wird, ruft zunächst nichts weiter als eine grüne Fär- bung hervor, und erst bei längerem Stehen setzen sich schwarze Flocken ab.

Concentrirte Zuckerlösungen sind im Stande, mehr Eisen aufgelöst zu halten, aber beim Verdünnen mit Wasser fällt der grösste Theil desselben wieder heraus. Solcher Art ist und verhält sich der eisenhaltige Syrup der Kapseln, denn er ist vollkommen klar, wird aber beim Vermischen mit Wasser sofort trübe und setzt den grössten Theil (15/,,) des Eisenoxyds als gelbbraune Flocken ab. Eine ähnliche Erscheinung kann man täglich in der Receptur an den meisten officinellen Pflanzenextracten wahrnehmen; mit dem Spatel herausgenommen sehen sie, selbst in den dünnsten Schichten, klar aus, aber mit Wasser geben sie eine trübe Lösung, der trübende Körper befindet sich mithin in dem Extracte selbst aufgelöst und scheidet sich erst in Folge der Einwirkung des Wassers aus.

Die Darstellung des Syrups anlangend, so musste die Möglichkeit einer directen Auflösung von Eisenoxyd wenn auch als Hydrat und im frischgefällten Zustande

Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)-Saccharat. 31

in Zucker schon von vornherein abgewiesen, vielmehr angenommen werden, dass man sich dazu eines löslichen Eisenoxydsalzes bediene. Ueber die Wahl eines solchen konnte kaum ein Zweifel bestehen, denn keines eignet sich besser dazu als das Eisenchlorid, und dass dieses wirklich verwendet wird, zeigte mir sofort das Verhalten des mit Wasser verdünnten und von ausgeschiedenem Eisenoxyde abfiltrirten Syrups zu salpetersaurem Silber- oxyd. (Auf Schwefelsäure gab die Flüssigkeit nur eine spur- weise Andeutung.) Aber die verhältnissmässig nicht starke Reaction auf Chlor, dann die schon durch Wasser allein erfolgende Präcipitation des meisten Eisenoxyds aus dem Syrup und der milde eisenartige Geschmack des letztern bewiesen, dass darin kein neutrales (Fe?C]3), sondern ein sehr basisches Eisenchlorid zugegen ist.

Wenn man eine Lösung von Eisenchlorid abdampft, so entweicht mit den Wasserdämpfen fortwährend auch Chler oder vielmehr Salzsäure, welche durch Zerlegung von Wasser entstanden ist, dessen Sauerstoff mit dem seines Chlors beraubten Eisen Eisenoxyd bildet, das sich aber nicht ausscheidet, sondern in dem noch unzersetzten Eisenchloride zu einer basischen Verbindung gelöst bleibt. Auf diese Weise kann sogar das meiste Chlor ausgetrieben werden, ohne dass die Masse ihr klares Ansehen verliert; giesst man aber dann Wasser hinzu, so erfolgt Zersetzung unter starker Trübung und Ausscheidung von Eisenoxyd- hydrat, und die darüber stehende Flüssigkeit besitzt oft kaum noch eine gelbliche Farbe. Zuckerzusatz beeinträch- tigt das klare Ansehn der eingedampften Eisenlösung nicht, sondern macht die Farbe nur heller, kann aber nicht verhindern, dass beim Verdünnen mit Wasser eine ähnliche Zersetzung und Trübung erfolgt, wie wenn kein Zucker vorhanden wäre.

Diese Andeutungen werden genügen, die Darstellung eines eisenhaltigen Syrups, wie er in den Zuckerkapseln sich eingeschlossen befindet, verständlich und ausführbar zu machen. Neutrales Eisenchlorid in die Kapseln ein-

32 @G. C. Wittstein,

geschlossen, würde beim Zergehen derselben im Munde einen unangenehmen tinteartigen Geschmack hervorrufen; dieses zu verhindern, ist das Verdienst des Herrn Dr. Fleischer, indem er das Chlorid auf die äusserste Grenze der Basicität gebracht und durch die Syrupform gelöst erhalten hat. Der Zusatz von Weingeist scheint mir unwesentlich. Und da das Mittel nicht erst in Wasser aufgelöst wird, sondern unmittelbar in den Mund gelangt, so geht auch keine Spur Eisen verloren.

In Erwägung, dass das Vertrauen zu einem neuen Arzneimittel nur gewinnen kann, wenn die Angaben der Verfertiger, resp. Verkäufer von unparteiischer Seite be- stätigt werden, und dass dem in Rede stehenden die grösste Verbreitung zu wünschen ist, habe ich eine quantitative Bestimmung des Eisens und daneben auch des Chlors aus- geführt. Zu diesem Zwecke wurden 10 Kapseln, welche zusammen 322 Gran wogen, in der doppelten Menge Wasser gelöst, das ausgeschiedene Eisenoxyd auf einem Filter gesammelt und so lange gewaschen, bis das Wasser rein ablief.

a) Der Filterinhalt konnte möglicherweise kein reines Eisenoxydhydrat, sondern basisches Chlorid sein; er wurde daher mit Kalilauge erwärmt, wieder ausgewaschen und hierauf erst geglühet. Jetzt reines wasserfreies Eisenoxyd, betrug sein Gewicht 0,75 Gran —= 0,525 Gran metallischem Eisen.

Das kalinische Filtrat erlitt, nach dem Uebersättigen mit Salpetersäure, durch salpetersaures Silber eine sehr schwache Trübung, welche sich allmälig am Boden ver- einigte und 0,0312 Gran betrug, worin also 0,00772 Gran Chlor enthalten waren.

b) Die von a getrennte, sehr schwach sauer reagirende Flüssigkeit, worin sich aller Zucker, das meiste Chlor und noch eine kleine Menge Eisen befanden, machte man mit Salpetersäure stark sauer und fällte es dann mit salpetersaurem Silberoxyd aus. Das Chlorsilber setzte sich _ aus dieser Flüssigkeit gar nicht ab, selbst nach Verlauf

Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)-Saccharat. 33

einer Woche war noch nicht an ein Filtriren zu denken, und erst Erwärmen des Ganzen bis zum Kochen ver- mochte eine Vereinigung des Niederschlags in dichtern Flocken und eine Klärung der Flüssigkeit zu bewirken. Dieses Chlorsilber wog 0,130 Gran, enthielt also 0,03216 -Gran Chlor. Dazu das in a erhaltene Chlor 0,00772 Gran, macht in Summa 0,03988 Gran.

Die vom Chlorsilber getrennte Flüssigkeit wurde mittelst Salzsäure von dem überschüssig angewandten Silber befreit, dann mit Ammoniak übersättigt und, als dadurch keine sichtbare Veränderung eintrat, Ammonium- sulfid hinzugefügt. Es erfolgte eine dunkelgrüne Fär- bung und nach 2 Tagen hatten sich schwarze Flocken abgelagert, welche noch 0,050 Gran Eisenoxyd 0,035 Gr. metallischem Eisen lieferten. Alles Eisen aus 10 Kapseln betrug demnach 0,800 Gr. als Oxyd oder 0,560 Gr. als Metall. Dies ergiebt für 1 Kapsel 0,056 oder I}, Gran metallisches Eisen, also etwas weniger als angegeben ist. Hager*), welcher den Eisengehalt ebenfalls bestimmt hat, fand per Kapsel 0,077 oder 1/3 Gran, also etwas mehr als angegeben. Solche Schwankungen erklären sich leicht dadurch, dass die eine Kapsel etwas mehr, die andere etwas weniger Eisensyrup fasst, sind aber zu unbe- deutend, um sie zum Gegenstande eines Tadels zu machen, und gleichen sich immer wieder aus, wie denn das Mittel der beiden Bestimmungen 1, und 13 auch genau die garantirte Zahl !/,, ist.

Die gefundenen Mengen Chlor und Eisen stehen zu einander in dem äquivalenten Verhältniss von 1 zu 18, denn

Gefunden Aeg. Berechnet Chlor... 0,03988 1 0,03941 Eisen... 0,56000 18 0,56047 0,59988. 0,59988.

- *) Pharm. Centralhalle 1866. No. 46.

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u. 2. Hft. 3

34 Die essbaren Erden in Persien.

Deber die essbaren Erden in Persien.

Die Gewohnheit, mineralische Stoffe zu geniessen, dürfte kaum in einem andern Lande so verbreitet sein, wie in Persien. Auf den Bazaren der meisten Städte werden erdartige Stoffe feilgeboten, die der Befriedigung einer, wie es scheint, tief eingewurzelten Gewohnheit dienen sollen; sie bilden einen nicht unbedeutenden Han- delsartikel. Es ist dieser Erdgenuss vorzugsweise auf das Volk beschränkt und namentlich sollen die Frauen demselben huldigen. Wenn neuere europäische Reisende, welche Persien besuchten, jener seltsamen Gewohnheit "mit keiner Silbe erwähnten, so darf das nicht überraschen, da den Fremden nur wenig Gelegenheit geboten wird, sich mit den Sitten und Gebräuchen des Volks eingehen- der bekannt zu machen.

Es sind besonders essbare Erden von zwei Oertlich- keiten, die sich eines Rufes im Lande erfreuen und welche man fast allenthalben wieder trifft. Die eine ist unter dem Namen @hel Mahallat, d.h. Thon von Mahallat be- kannt, welcher vom Gebirge gleichen Namens etwa 60 Werste westlich von Kum gebracht wird. Es ist ein rein weisser, feiner, etwas fettig anzufühlender und der Zunge anklebender Thon. Die chemische Untersuchung dieses Thones ergab:

Kieselsäure........ 43,0 Thonerdec. . 1.0.00 al) Rail. vn 0,5 Wasser. 4.0.0, 19,0

Die zweite Erdart heisst Ghel i Giveh, Thon von Giveh, einer Oertlichkeit, die unfern Kirman liegen soll. Es sind unregelmässig gestaltete, rein weisse, feste Knol- len, von Wallnuss- bis Faust-Grösse; sie fühlen sich fein- erdig, nicht fettig an, haften nur schwach an der Zunge und haben einen etwas salzigen Geschmack.

Die essbaren Erden in Persien. 35

Die Untersuchung zweier Knollen ergab:

I. I. Kohlensauren Kalk.......... 14,660 23,500 Kohlensaure Magnesia....... 78,162 68,758 Magnesiahydrat............. 1,385 2,985 Chlornatrium und schwefelsau- BER SNALOR Et 2,192 1,946 EST RT Un RE EN LATGSE 3,601 2,812

100,000 100,000.

Nach dieser Zusammensetzung ist das Mineral keine Thonart, sondern: reihet sich am ehesten dem Hydro- magnocalcit an.

Beide untersuchte Substanzen enthalten weder etwas, was zu den eigentlichen Nahrungsstoffen des mensch- lichen Körpers zu rechnen ist, noch solche Dinge, welche irgend einen Einfluss auf das Nervensystem ausüben; denn der feine Mahalla-Thon wird sich völlig indifferent verhalten, die Erde von Giveh kann nur insofern von Wirkung sein, als allenfalls durch die Erdcarbonate die freie Säure des Magensaftes neutralisirt wird. Sucht man nun nach der Erklärung der seit Jahrhunderten eingewurzelten Gewohnheit des Erde-Essens, so lässt sich etwa Folgendes annehmen:

Die in den meisten persischen Ebenen den grössten Theil des Jahres hindurch herrschende trockne Hitze, das unthätige Leben der Orientalen haben zunächst ein äusserst vermindertes Nahrungsbedürfniss zur Folge. Der Körper bedarf wenig zum Wiederersatz der verbrauch- ten Stoffe. Der eigentliche Genuss des Essens, welcher in dem Masse höher empfunden wird, als der Mensch unter dem Einflusse anstrengender Thätigkeit und nie- derer Temperatur sich befindet, fällt somit weg. Wollte er sich solchen verschaffen durch Einführung wirklicher Nahrungsmittel, die sehr leicht über das erforderliche gewöhnliche Mass geht, so würden die Folgen davon in Form von heftigen Indigestionen, die in jenem Klima

3*

36 Die essbaren Erden in Persien.

besonders heftiger Natur sind, nicht ausbleiben. Der Genuss süsser und wässeriger Früchte, der hier am Platze wäre, behagt nicht Allen, auch sind solche nicht überall zu haben. Jene dem Organismus völlig indifferenten, dabei wohlfeilen Thone und Erden genügen zu diesem Zwecke. Sie verschaffen zunächst die Thätigkeit des Beissens und Schlingens, füllen den Magen und brin- gen das Gefühl einer vermeintlichen Sättigung hervor und verlassen den Organismus wieder, ohne wenig- stens bei nicht übermässigem Genuss auf die Blut- mischung einen störenden Einfluss ausgeübt zu haben. Sie wirken nur mechanisch, nicht chemisch. Hierzu kommt noch von Seiten der Phantasie das reinliche Aus- sehen der blendend weissen Knollen, das sanfte, zwischen den Zähnen abstumpfende Gefühl des sandfreien, durch Reiben und Drücken leicht mehlfein zu erhaltenden Pul- vers derselben. Endlich tragen noch Aberglauben, Un- wissenheit und Faulheit das, Ihrige bei zur Erhaltung der sonderbaren Gewohnheit. (Landw. Zeitung des Prov.- Vereins Hannover.)

ms Di

Ergebnisse chemischer Analysen der Seidenraupen;

von Leopold Lenz in Ungarisch-Altenburg.

Die zur Analyse verwendeten Seidenraupen entstam- men theils der an der hiesigen Anstalt befindlichen Zucht, theils waren sie anderorts herbeigeschafft und wurden bezeichnet als gesunde, fleckenkranke und gelbsüchtige Raupen im lebenden Zustande nebst ihren entspre- chenden Excrementen an das agricultur-chemische Labo- ratorium abgeliefert. Die Seidenraupen standen in glei- chem Alter und kamen 4 Tage nach der letzten Häutung zur chemischen Untersuchung. Die Excremente stammen ebenfalls von Raupen gleichen Alters und wurden nicht im frischen, sondern im bereits lufttrocknen Zustande in Arbeit genommen. Die verwendeten Blätter, ebenfalls

L. Lenz, chemische Analysen der Seidenraupen. 37

lufttrocken, waren eine Durchschnittsprobe der gesamm- ten zur Fütterung gelangten Masse. Ausgehend von der Thatsache, dass die Raupen bei ihrer Ernährung die Rip- pen des Blattes nicht angreifen, wurden diese, so wie auch die Blattstiele, sorgfältigst ausgeschnitten.

Ueber den Gang der Analyse sei kurz bemerkt, dass wegen der zur Verfügung gestandenen geringen Aschen- mengen alle Bestimmungen der verschiedenen Aschen- bestandtheile immer in einer Portion Asche durch Auflösen in chlorfreier Salpetersäure vorgenommen werden mussten. Zur Abscheidung der Kieselsäure wurde die salpetersaure Lösung über dem Wasserbade zur vollkommenen Trocken- heit gebracht, der Rückstand in salpetersäurehaltigem Wasser gelöst, die Kieselsäure am Filter gesammelt und das gemessene Filtrat zur Theilanalyse verwendet. Der dabei befolgte Gang war derselbe, wie er gewöhnlich bei Analysen der Pflanzenaschen eingehalten wird. Der Ge- halt der Asche an Kohlensäure, Sand und Kohle kam nicht in Rechnung, daher beziehen sich die analytischen Ergebnisse nur auf den in Salpetersäure löslichen Theil der Asche, Die Bestimmung des Kalis geschah aus dem Kaliumplatinchlorid, der Stickstoffgehalt wurde durch Ver- brennen der Substanz mit Natronkalk und Einleiten des. Ammoniaks in titrirte Oxalsäure erhalten.

Die ausgeführten chemischen Analysen ergaben nun folgende Resultate:

Bestimmung der Trockensubstanz und des Wasser- gehalts in 1000 Gewichtstheilen der lebenden Seidenrau- pen und ihrer lufttrocknen Excremente:

Gesunde Fleckenkranke Gelbsüchtige ar I —— I. ni TT Rau- ihreEx- Rau- ihreEx- Rau- ihre Ex- pen cremente pen cremente pen cremente

Trockensubstanz 166,44 879,38 Wasser. 2. 2. 833,56 120,62

138,87 870,58 141,98 858,84 861,13 129,42 858,02 141,16

1000 Gewichtstheile Trockensubstanz enthalten :

Stickstoff....... 105,52 29,03 106,94 32,81 10841 31,03 Asche (frei von Kohlensäure, Sand und Kohle) 73,54 97,49 9123 9424 83,60 110,15

38 L. Lenz,

In 1000 Gewichtstheilen lebender Seidenraupen und ihrer lufttrocknen Exeremente sind enthalten:

Orga- 1000 Gewth. frischer, Wasser nische Asche bezw.lufttrockner Sub- Sub- stanz enthalten Stick- stanz stoff Gesunde Raupen 833,56 154,20 12,24 17,56 Excremente ders. 120,62 793,65 85,73 25,53 Fleckenkranke Raupen..... 861,13 126,20 12,67 14,85 Excremente ders. 129,42 788,54 82,04 28,56 Gelbsüchtige Raupen .... 858,02: 130,11 11,87 15,39 Excremente ders. 141,16 764,24 94,60 26,65

1000 Gewichtstheile Asche (frei von Kohlensäure, Sand und Kohle) der gesunden, fleckenkranken und gelbsüch- tigen Seidenraupen und ihrer Excremente enthalten:

Gesunde Fleckenkranke Gelbsüchtige Rau- Exere- Rau- Exere- Rau- Excere- pen mente pen mente pen mente ders. ders. ders.

Kieselsäure.. 5,76 23,10 12,34 59,17 13,52 14,09 Schwefelsäure 6228 4804 57,21 56,73 4901 62,97 Phosphorsäure 287,14 89,94 280,93 82,76 267,60 94,47 Ghlori..a:...2. Spuren 2,03 Spuren 2,38 2,45 0.62 Eisenoxyd-... 7,15 35,28 1,47 20,55 Spuren 24,83 Magnesia.... 8482 112,85 54,72 90,74 48,75 117,61 ke Ye..... 59,21 479,75 86,99 864,23 51,60 325,90

yoacı 10896 480,72 308,03 5500 341,45 Neitron. 2; .: I 31.21 17,10 20,76 6,86 18,0

Aschenanalysen verpuppter Seidenraupen (gesunde Japanesen), ihrer Cocons und der Maulbeerblätter: In 1000 Gewichtstheilen sind enthalten von:

Verpuppten Cocons Maulbeer- Raupen derselben blättern

(Japanesen) Kieselsäure,:........ 0 30,50 14,51 Schwefelsäure....... 24,12 21,37 46,36 Phosphorsäure....... 358,78 121,32 120,2 eBlor.a. una Spuren 9,02 0,62 Eisenoxyd........... Spuren 24,89 15,87 Macnesia ...uu..0.:u 157,61 126,17 124,82 nee 46,65 522,37 331,53 Sn a A URREARE 355,95 131,95 312,67

Bean...) 50,61 5,0 31,0

I N Ta ar ee v Me TE Pr

chemische Analysen der Seidenraupen. 39

In 1000 Gewichtstheilen Trockensubstanz verpuppter Seidenraupen (gesunde Japanesen), ihrer Cocons und der Maulbeerblätter sind enthalten:

Verpuppte Cocons Maulbeer- Raupen derselben blätter SBekstolt:... 2.0.4 92,36 195,71 47,74 Asche (frei von Kohlen- säure, Sand und Kohle) 60,87 10,61 74,84

Aus Obigem ergiebt sich:

1) Dass die Trockensubstanz in den gesunden Rau- pen grösser ist, als in den kranken, und hier sind es die gelbsüchtigen, welche mehr aufweisen, als die flecken- kranken, die den geringsten Trockengehalt zeigen; es beträgt nämlich in 1000 Gewichtstheilen der Seidenrau- pen die Differenz zwischen gesunden und gelbsüchtigen 24,46 Gewth., zwischen gesunden und fleckenkranken 27,57 Gewth., also Unterschiede, die wohl unter sich selbst betrachtet weniger abweichen, jedoch für den Orga- nismus gewiss nicht ohne Bedentung sind.

2) Dass bei der Unterscheidung der Trockensubstanz in organische und unorganische Bestandtheile die sich herausstellenden Differenzen beinahe ausschliesslich die organische Substanz betreffen, indem die Abweichungen in den organischen Bestandtheilen zwischen gesunden und gelbsüchtigen Raupen in 1000 Gewth. 24,09 Gewth., zwi- schen gesunden und fleckenkranken 28,0 Gewth. betra- gen, welche Zahlen mit den Differenzen in der Trocken- substanz fast übereinstimmen.

3) Dass der Stickstoffgehalt in den gesunden Räu- pen höher als in den kranken erscheint, indem für je 1000 Gewth. der lebenden Seidenraupen die fleckenkran- ken um 2,71 Gewth. und die gelbsüchtigen um 2,17 Ge- wichtstheile weniger enthalten als die gesunden. Es ver- hält sich nämlich nach obigen Analysen der Stickstoff- gehalt gesunder, dieser gleich 1000 gesetzt, zu dem Stick- stoffgehalte fleckenkranker und zu dem gelbsüchtiger Rau- pen wie 1000 : 845 : 876.

40 L. Lenz,

4) Dass die Differenzen im Aschengehalte zwischen gesunden, fleckenkranken und gelbsüchtigen Seidenrau- pen sich unbedeutend erweisen. Bezüglich der wichti- geren Aschenbestandtheile ist bemerkbar, dass sowohl die Menge der Phosphorsäure, als auch die der Magne- sia in den gesunden Raupen grösser ist, als in den kran- ken, und hier sind es die gelbsüchtigen, die merkliche Abweichungen in beiden Bestandtheilen zu erkennen geben, indem die Differenz im Phosphorsäuregehalte 19,54 Gewichtstheile und die Differenz im Magnesiagehalte 36,07 Gewichtstheile in 1000 Gewth. der Asche beträgt. Da- gegen ist in den Excrementen der gelbsüchtigen gegen- über den Excrementen gesunder und fleckenkranker Sei- denraupen sowohl die Phosphorsäure als auch die Mag- . nesia vorherrschend. Ebenso wie die vorher angeführten Aschenbestandtheile ist auch das Eisenoxyd und die Schwefelsäure in der Asche gesunder Raupen in grösse- rer Menge enthalten, als in der Asche fleckenkranker und gelbsüchtiger Raupen. Die Asche der letzteren ent- hält wieder weniger Schwefelsäure als die der flecken- kranken und es scheint mir nicht als unwichtig, auf das spurenweise Auftreten des Eisenoxyds in den gelbsüchtigen Seidenraupen aufmerksam zu machen. In Betreff des Kalkes ist bemerkbar, dass sich die Menge desselben in 1000 Gewth. Asche bei den fleckenkranken bedeutend grösser als in den gelbsüchtigen herausstellte, da die gesunden im Kalkgehalte um 27,78 Gewth. und die gelbsüchtigen um 35,39 Gewth. von den fleckenkran- ken Seidenwürmern differiren. Hingegen enthält die Asche der Excremente von gesunden Raupen mehr Kalk, als die der Excremente fleckenkranker und gelbsüchtiger Raupen. Der Alkaligehalt erscheint nach obigen Ana- lysen in der Asche gesunder Raupen geringer, als in der Asche kranker Raupen und hier erweist die der gelb- süchtigen mehr, als die der fleckenkranken. Dasselbe Verhalten giebt sich auch in der Asche der entsprechen- den Excremente kund.

chemische Analysen der Seidenraupen. 41

Zur übersichtlichen Vergleichung sind die Beziehun- gen der wichtigeren Aschenbestandtheile, der Trocken- substanz und des Stickstoffgehaltes der Seidenraupen, ihrer Excremente, der Cocons und der Maulbeerblätter zu dem gleich 1000 gesetzten Phosphorsäuregehalt jeder Asche gebildet und in folgender Tabelle zusammengestellt worden.

Verhältniss der gesammten Trockensubstanz, des Stick- stoffgehalts und der wichtigeren Aschenbestandtheile zur Phosphorsäure diese gleich 1000 in den Raupen, ihren Excerementen, in den Cocons und den Maulbeer- blättern:

N = 2 u ; @ . | es 23 28:7 8% |s |= 888 s®= 232 |23.e5=|5=| 8 265 83 ER g8a°ı 2 IK |S 2 88

Ba l3 E 2) Maulbeerblätter...... 111111| 5304/1000| 13211038 2758 26011257| 385 Gesunde Raupen .....| 47356) 493711000 25 295 206) 1719 | 216

Exceremente derselben |114047, 331011000) 392 1254 5334 1878/413 534 Fleckenkranke Rau- Ks 20

TER AR 39017) 417211000 5) 187 30911711) 60! 203 Exeremente derselben |128205, 42061000 2481096 4401 37211250) 685 Gelbsüchtige Raupen | 44700| 484711000 | 182) 1922055] 25) 183

Excremente derselben | 96099 2981/1000, 26211244 344936141190] 666

Gesunde, verpuppte Raupen (Japanesen) | 45789 422911000 | 439] 130) 9921140) 67

Cocons derselben. ... 263158 51502 1000 20511039/4309 11087, 41| 176

(Allgem. land- u. forstwirthsch. Zeitung der k. k. Landwirth- schafts-Gesellschaft in Wien.)

Die Seidenraupen-Krankheiten ;

von J. v. Liebig”).

Durch die grosse Gefälligkeit des Hrn. Heinrich Scheibler in Crefeld bin ich in den Stand gesetzt wor-

*) Aus der Agronomischen Zeitung von Dr. Hirschberg mit- getheilt.

42 J.v. Liebig,

den, die Ermittelung einer Anzahl von Thatsachen zu veranlassen, welche, wie ich glaube, über die Natur der gegenwärtig herrschenden, für die Seidenindustrie so ver- derblichen Krankheit der Seidenraupe Licht zu verbrei- ten vermögen.

Eine genaue Untersuchung des Futters der Seiden- raupe aus den verschiedenen Ländern und Gegenden, wo die Seidenraupen-Krankheit herrscht oder nicht herrscht, hatte ich Hrn. Scheibler als eine der nächsten und un- erlässlichsten Bedingungen bezeichnet, um über diese Krankheit Aufschlüsse zu gewinnen, und durch seine aus- gebreiteten Verbindungen gelang es Hrn. Scheibler, mir Maulbeerlaub aus China, Japan, der Lombardei, Pie- mont und Frankreich in genügender Menge zu verschaf- fen, um eine solche Untersuchung in meinem Laborato- rium durch einen sehr geschickten und gewissenhaften Chemiker, Hrn. Dr. Reichenbach, vornehmen zu lassen und es sind einige Resultate seiner grossen Arbeit, die ich in Folgendem mittheilen will.

Ueber den Ursprung der Blätter schreibt mir Herr Scheibler: „Eine nähere Angabe, von welcher Species das Laub genommen, ist mir von China und Japan nicht zugekommen; es ist aber jedenfalls gesundes Laub“.

Die erhaltenen Resultate sind, wenn ich sie richtig interpretire, vollkommen geeignet, die Ansicht zu stützen, die ich bereits früher über die Natur der Seidenraupen- Krankheit ausgesprochen habe. Es ist eine ziemlich all- gemeine Erfahrung, dass aus Eiern, welche frisch aus China oder Japan, oder auch von manchen andern Orten, bezogen worden sind, Raupen erzogen werden, welche ' Seide liefern und keine Symptome von Krankheit zeigen, dass aber die Nachkommenschaft von diesen Eiern in der zweiten oder dritten Generation der Krankheit verfällt. Diese Thatsache scheint mir die Existenz eines „Krank- heitsstoffes“, welcher die einen ansteckt und die andern nicht, auszuschliessen; denn es lässt sich nicht erklären, warum Thiere von frisch importirten Eiern gesund blei-

die Seidenraupen - Krankheiten. 43

ben und Seide liefern, während die zweite oder dritte Generation aus Eiern aus demselben Lande unter sonst gleichen Verhältnissen und gleichem Futter krank wer- den und sterben.

Nach Allem, was darüber bekannt ist, werden die Raupen von der herrschenden Krankheit vor oder un- mittelbar nach der letzten Häutung befallen; sie sterben vor dem Einspinnen und dem Anschein nach fehlt es ihrem Körper an Vorrath an dem für das Gespinnst er- forderlichen Stoff; dass der Mangel an diesem Stoff ihre Verpuppung gefährden und den Tod der Raupe nach sich ziehen muss, ist selbstverständlich. Auf die Erzeugung dieses Stoffes, welcher die Seide giebt, muss aber die Nahrung einen ganz bestimmten Einfluss äussern und diejenige muss als die geeignetste für die Seidenraupen angesehen werden, welche das Material hierzu in gröss- ter Menge enthält. Die Seide ist sehr stickstoffreich; sie wird in dem Körper der Thiere aus den stickstoffhaitigen Bestandtheilen der Maulbeerblätter erzeugt und es lässt sich hiernach aus dem Gehalt der letzteren an Stickstoff mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ihr Futterwerth beur- theilen.

Die vollständige Entwickelung und die Gesundheit eines Thieres hängt selbstverständlich von seiner Ernäh- rung ab; durch eine Verminderung in der Menge der täglich erforderlichen Nahrung wird seine Entwickelung beeinträchtigt und die Körpermasse verringert; der Wider- stand gegen äussere Schädlichkeiten, welchen der Begriff der „Gesundheit“ in sich einschliesst, wird dadurch ge- schwächt, d.h. das Thier wird bei mangelhafter Ernäh- rung leichter von Krankheiten befallen; gut genährt wider- steht es besser. Das Maximum von Nahrung, welches ein Thier zu verzehren vermag, hängt in gleichen Ver- hältnissen von der Grösse oder dem Umfang seiner Ver- dauungswerkzeuge ab; über ein gewisses Quantum Fut- ter hinaus kann ein Thier nicht fressen.

Es ist ferner klar, dass ein Thier von zwei Nah-

Aar.ıd SUR ME a RCUe ©.

44 J. v. Liebig,

rungsmitteln, von denen das eine bei gleichem Gewicht mehr eigentlichen Nährstoff als das andere enthält, von dem ärmeren dem Gewicht nach mehr verzehren muss, als von dem reicheren, um ein gleiches Quantum Mate- rial zur Ernährung und zum Aufbau seines Körpers in sich aufzunehmen. Von Brod und Fleisch zusammen bedarf ein Mensch z.B. dem Gewicht nach weniger, als von Brod allein; von Brod weniger, als von Kartoffeln. Wenn man nun von diesen Grundsätzen aus die Zusam- mensetzung der Maulbeerblätter aus verschiedenen Län- dern betrachtet, so ergiebt sich, dass sie sehr ungleich in ihrer Zusammensetzung sind, dass die eine Sorte aus China oder Japan z.B. sehr viel mehr von den Stoffen enthält, die zur Entwickelung des Körpers und zur Bil- dung der Seide dienen, als die andere. In Zahlen aus- gedrückt, hat die Analyse folgende Verhältnisse ergeben: Stickstoffgehalt der Maulbeerblätter aus

Japan China Tortona (Piemont) Alais Brescia

1) 3,28: 3,13 1) 2,34 2,38 3,36 2) 3,36 2) 2,34 3) 2,49

oder in Fleisch und Seide bildenden Stoffen ausgedrückt: im Mittel

Japan China Tortona Alais Breseia

20,59 19,56 14,93 14,62 21,0.

Diese Zahlen zeigen, dass die Maulbeerblätter aus Piemont und Alais beinahe ein Drittel weniger von den zur Bildung der Körperbestandtheile der Raupe und der Seide dienenden Stoffen enthalten, als die aus Japan und China, und wenn diese Verhältnisse durch weitere Unter- suchungen sich bestätigen und constant erweisen, so knü- pfen sich hieran Schlüsse von grosser Bedeutung. Es liegt zunächst auf der Hand, dass wenn eine Anzahl Raupen von chinesischen oder japanischen Blättern eine Quantität von 1000 Gr. und eben so viel von piemon- tesischen oder von Blättern aus Alais verzehren, die Rau- pen in den ersteren 205 oder 195 Gr. Blut und Seide

die Seidenraupen - Krankheiten. 45

bildende Stoffe, in den andern hingegen nur 149 Gr. dieser Stoffe in ihren Körper aufnehmen, und dass fer- ner die Raupen von den in Alais und in Tortona gewach- senen Blättern nahe an 1400 Gr. verzehren müssen, um eben so viel von diesen Stoffen in ihren Körper aufzu- nehmen, als sie in 1000 Gr. chinesischem oder japani- schem Laub empfangen hätten.

Ein Einfluss dieser Ungleichheit in der Beschaffen- heit des Futters auf die Körperbeschaffenheit der Thiere kann nicht verkannt werden. Mit derselben Menge Maul- beerblätter gefüttert, würde der Körper der Raupen in China und Japan an sich stärker und reicher an Seide bildenden Stoffen sein müssen, als der Körper der Thiere, die mit Blättern von Tortona oder Alais ernährt worden sind. Man kann nicht annehmen, dass jede einzelne von 1000 Raupen eben so viel frisst wie eine andere, denn dies hängt von der Körperbeschaffenheit der Individuen ab, welche theils durch die Race, theils von der Körper- beschaffenheit der Eltern mit bedingt wird; aber man kann, ohne einen Fehler zu begehen, voraussetzen, dass die Nachkommen derselben Race nicht mehr Futter zu verzehren im Stande sind, als ihre unmittelbaren Vor- fahren zu fressen vermochten.

Wenden wir dies auf Raupen an, die aus japanischen oder chinesischen Eiern gezogen, mit Maulbeerlaub in Tortona oder Alais ernährt werden, so wird eine gewisse Anzahl, welche in China oder Japan 1000 Gr. Maulbeer- laub gefressen hatte, auch 1000 Gr. von dem piemonte- sischen oder französischen Laub fressen. Die Unter- suchung giebt nun zu erkennen, dass die mit piemonte- sischen oder französischen Maulbeerblättern ernährten Raupen nahe ein Drittel weniger stickstoffhaltige Nähr- und Seide-bildende Stoffe empfangen, als die in China und Japan mit dortigem Maulbeerlaub ernährten Raupen. Ist die Fütterung mit einer gegebenen Menge chinesi- scher oder japanischer Blätter ausreichend für die voll- ständige Ernährung und Metamorphose einer gewissen

46 J. v. Liebig,

Anzahl von Raupen gewesen, so ist die gleiche Menge Blätter von Tortona oder Alais nicht genügend für diese Zwecke; die Raupen in Tortona und Alais werden mit ‚derselben Menge Maulbeerlaub unvollständig ernährt sein und wie in allen Fällen von mangelhafter Ernährung, muss die Nachkommenschaft dieser Thiere schwächer als ihre Vorfahren sein, schwächer in Beziehung auf die Aus- bildung ihrer Organe und ihre Entwickelungsfähigkeit und: schwächer in Hinsicht auf ihr Vermögen, äusseren Schädlichkeiten Widerstand zu leisten. Durch eine an Nährstoffen reichere Nahrung wird die Race wieder ver- bessert werden können, d.h. es kann in diesen Thieren der gesunde und kräftige Zustand, der ihre Vorfahren auszeichnete, dadurch wiederhergestellt werden; aber mit dem mangelhaften Futter ernährt, wird die dritte Gene- ration noch mehr ausarten. Während die erste Genera- tion (von aus Japan und China importirten Eiern), die von den stärksten Eltern stammt, noch kräftig frisst, so dass man das bekannte Geräusch beim Fressen deutlich hört und noch so viel Vorrath von Seide bildendem Stoff in ihrem Körper zu sammeln vermag, um sich einzuspin- nen, nimmt dieser Vorrath in den Individuen der zwei- ten und dritten unvollständig ernährten Generation noth- wendiger Weise ab.

Aus den Eiern mangelhaft ernährter Eltern muss sich ein schwächeres Geschlecht entwickeln und der Um- stand, dass die daraus hervorgehenden Individuen weni- ger kräftig fressen, wird von den Seidenzüchtern als eines der frühesten Symptome der sogen. Krankheit an- gesehen und sehr bald giebt sich ein bemerklicher Unter- schied in ihrer Grösse zu erkennen. Viele Raupen ver- lieren die Fähigkeit sich zu häuten, und es erzeugen diejenigen, welche bis zum Einspinnen kommen, ein loses, dünnes Gewebe; ibre Puppen verbleiben länger im Cocon; der kleine, in seinen Bewegungen träge Schmetterling hat häufig verkrüppelte Flügel. Dies sind alles Zeichen einer unvollständigen Ernährung und eines herabgekom-

die Seidenraupen-Krankheiten. 47

menen Geschlechts, aber nicht die einer besonderen Krankheit.

Es tritt bei diesen Thieren derselbe Fall ein, wie bei guten Viehracen, deren Einführung aus England z.B. nach der Erfahrung mancher Viehzüchter keinen Vor- theil hat, weil sie in ihrer Gegend ausarten, d. h. weil ihre Nachkommen viele der ausgezeichneten Eigenschaf- ten ihrer Eltern wieder verlieren, während es sicher ist, dass, wenn sie das importirte Vieh mit gleicher Sorgfalt, eben so reichlich und mit eben so gutem Futter ernäh- ren würden, wie dies in England geschieht, von einer solchen Ausartung keine Rede sein könnte. Worin läge aber der Vortheil so sagte mir ein Viehzüchter wenn es mir nicht gelingt, die Race zu erhalten mit dem Futter, das mir gerade zu Gebote steht? Diese Vieh- züchter suchen einen gewissen Vortheil durch die Ein- führung von fremdem Vieh zu erzielen; da sie aber die Bedingungen missachten, durch die er gesichert wird, so erreichen sie ihren Zweck nicht, was Niemand in Ver- wunderung setzt, der die ersten Elemente der Ernäh- rungsgesetze kennt. In Europa ist der Seidenzüchter nicht, wie in Japan und China, ein Landwirth, der seine Maulbeerbäume selbst pflanzt und sorgfältig pflegt, son- dern für ihn ist Maulbeerlaub Maulbeerlaub, woher es auch stammen mag.

Der einfachste Bauer weiss, dass unter seinem Heu ein Unterschied ist, dass die eine Sorte Heu weiter reicht und lieber von seiner Kuh gefressen wird und mehr und reichere Milch liefert, als eine andere. Der Seidenzüch- ter weiss von allen Dingen nichts und wenn er fortfährt, auf seinem Standpuncte und auf seiner längst in die Rumpelkammer veralteter Begriffe verwiesenen Ansicht zu beharren, dass auf die Thiere alles ankommt und dass ihr Organismus alles schafft und auch Seide erzeugt aus Futter, in welchem das Material zu ihrem Gespinnst weit- aus nicht in hinreichender Menge enthalten ist, so zieht er täglich an der Glocke zum Grabgeläute einer Indu-

48 J. v. Liebig,

strie, auf welcher der Reichthum grosser Länder beruht, und dies kann nicht anders sein.

Zum Schlusse will ich mir noch eine Bemerkung hinsichtlich der Maulbeerblätter von Brescia erlauben, von denen ich nicht mehr als von den andern weiss, und das ist, dass es Blätter sind von der Beschaffenheit, wie sie in der Gegend, von der sie stammen, als Futter für die Raupen benutzt werden. Die analysirten Blätter von Brescia sind nämlich eben so reich an Stickstoff, als die japanischen und chinesischen, aber verglichen mit den letzteren ist in ihrer Grösse ein auffallender Unterschied; die chinesischen und japanischen Blätter sind völlig aus- gewachsen, die chinesischen sind aber handgröss, dick und müssen frisch sehr vollsaftig und fleischig gewesen sein; die lombardischen Blätter sind hingegen klein (um !/; kleiner), dünn und wahrscheinlich jünger. Es ist eine ganz allgemeine Erfahrung, dass die jungen Blätter rei- cher an Stickstoff sind, als die ausgewachsenen und höchst wahrscheinlich, dass jüngere chinesische oder japanische Blätter einen noch weit höheren Stickstoffgehalt ergeben hätten, als die analysirten.

Aus den Erfahrungen der Landwirthschaft wissen wir, dass die Düngung einen ganz entscheidenden Ein- fluss auf den Gehalt und den Reichthum der Pflanzen an stickstoffhaltigen Bestandtheilen ausübt und dass in China und Japan jede Pflanze, von der man eine Ernte gewin- nen will, gedüngt wird. Die chinesischen Werke über Seidenmanufactur beginnen mit der Beschreibung des Culturverfahrens des Maulbeerbaumes oder Strauches und es lässt sich daraus der Werth erkennen, den der chine- sische Bauer auf die richtige Pflege der Pflanze legt, welche bestimmt ist, das Futter für den Seidenwurm zu liefern; dem Anbau der Pflanze oder der Saat geht jeder- zeit die Düngung des Bodens voraus und die Zusammen- setzung der Asche der Maulbeerblätter aus China und Japan giebt mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erkennen, dass dieses Laub von gedüngten Bäumen gewonnen wor- den ist.

die Seidenraupen-Krankheiten. 49

Aus den chinesischen Werken (s. z.B. The Chinese Miscellany. On the Silkmanufacture and the Cultivation of the Mulberry Nr. III. Printed at the Mission Press. Schanghai 1849) sieht man, dass in manchen Gegenden in China der Bauer den Maulbeerbaum sehr nahe so, wie der Winzer in Europa den Rebstock behandelt; auf das Beschneiden wird die grösste Sorgfalt verwendet und werden dazu die genauesten Vorschriften gegeben. In dem eitirten Werke heisst es S. 84: „Jeder Hieb mit der Hacke erzeugt 3 Zoll Fruchtbarkeit und jeder Schnitt mit dem Messer sichert einen doppelten Ertrag vom Maul- beerbaum.“ Ferner: „Ueberfluss an Zweigen durch Ver- nachlässigung des Beschneidens macht die Blätter dünn und geschmacklos; daher ist das Beschneiden der Bäume ‚von der grössten Wichtigkeit für die Zucht der Seiden- raupen.“

Wenn der europäische Seidenzüchter gelernt haben wird, die Vorschriften seines Meisters in der Seidenzucht, des gewöhnlichen chinesischen Bauers, genau und richtig zu befolgen, so wird er ganz unzweifelhaft Herr des gros- sen Uebels werden, das seine Existenz bedroht. Die Natur giebt dem Menschen alles, was er von ihr will, aber auf die Dauer nicht umsonst; sie lohnt ihn für seine Pflege und straft ihn, wenn er sie beraubt. Dies ist das

Gesetz.

Die Farbe der Butier.

Die schöne gelbe Butter ist oft gefärbt. Man wendet dazu in Frankreich oft Mohrrübensaft an, aber in einigen Gegenden der Normandie, besonders in Gour- nay, wird dafür die Feldringelblume (Calendula arvensis oder sylvestris) gezogen (französ. souci des champs). Sie wird dazu in freiem Felde sowohl, als in Gärten culti- virt. Breitwürfige Saat, die Pflanzen breiten sich aus, brauchen daher nicht dicht zu stehen. Ernte Juli bis

Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bas. 1.u.2. Hft. 4

F.

50 Leberthran auf der Fischerei- Ausstellung in Boulogne.

Mitte September. Die Bereitung des Farbestoffs, der Merliton heisst, geschieht, indem man die Blume pflückt, in einem steinernen Topfe (gres) in 6zölligen Schichten mit einer dünnen Salzschicht abwechselt, bis der Topf voll ist. Im Salz löst sich der Farbestoff auf und um so besser, je länger man ihn liegen lässt. Daher ver- kauft sich auch der einjährige Merliton 2 Fr. 25 per Kilogramm, der zweijährige 3 Fr., der fünfjährige 10 Fr. Wenn man Butter färben will, nimmt man etwa 25 Grm. (12/3; Loth) Merliton per 50 Liter Rahm (oder 50 Pfund Butter) und rührt sanft um. Dann seiht man den Rahm durch und macht die Butter auf gewöhnliche Weise. (Wochenblatt der Annalen der Landwirthschaft.) Hirschberg.

[u

Der Leberthran auf der Fischerei- Ausstellung in Boulogne s.M. im Jahre 1866.

Norwegen. Leberthran vom Dorsch, Hai und Rochen, in allen Farben, von der reinsten Wasserhelle bis zur tiefbraunen Färbung.

Der anscheinend beste von diesem Artikel war aus- gestellt von A. E. Dewald in Aalesund, H. Lundgren in Drontheim, R. Knudson in Christiansund, P. Müller in Christiania.

Wir wollen aber nicht verschweigen, dass wohlbe- währte Techniker hier in Berlin gerade die hellsten und darum dem Auge wohlgefälligen Leber- (Medicin-) Thrane für verdächtig erklären.

Sie halten die weit verbreitete Meinung für wohl- begründet, dass mit denselben seit einigen Jahren eine arge Täuschung verübt werde und meinen, dass diese Fabrikate andere Substanzen als den Thran der Dorsch- leber enthalten. Sie stützen diese Meinung leider nicht auf eine sorgfältige chemische Untersuchung, wohl aber auf die immerhin auffällige Erscheinung, dass diese Thrane

Leberthran auf der Fischerei-Ausstellung in Boulogne. 51

bei Annäherung der Temperatur an den Nullpunct feste Conglomerate zeigen, beim Sinken unter den Nullpunct ganz erstarren; während der reine, dunkelgefärbte Ber- ger Leberthran auch bei mehren Kältegraden unverän- dert durchsichtig und flüssig bleibt. Sie folgern daraus sicher nicht mit Unrecht, dass der helle Thran Substan- zen enthalten müsse, die zu ihrer Ausschmelzung einen höheren Temperaturgrad als das Fett der Dorschleber erfordere, welches gleich flüssig bleibe, lasse man es im Sonnenschein auslaufen oder gewinne man es durch Kochen im Wasser oder in Dämpfen.

Eine vollständige Aufklärung in dieser Beziehung wäre interessant, nicht sowohl für die norwegischen Fa- brikanten, denen daran liegen muss, ein etwaiges Vor- urtheil zu beseitigen, als vielmehr auch für unsere Pro- ducenten an der Ostsee, die sich in erfreulicher Weise zu. mehren scheinen und denen daran liegen muss, Con- eurrenten aus dem Felde zu schlagen, die mit dem äus- seren Schein zu täuschen suchen.

Gerade an einer aus Boulogne mitgebrachten Flasche Thran aus Aalesund ist die Si bemerkte 2 ge- macht worden.

Frankreich. Die Leberthranproben waren trübe und in ihrer äusseren Erscheinung mit denen aus Nor- wegen nicht zu vergleichen.

Dorschlebersyrup, Dorschleberpillen, die den widri- gen Geschmack des Thrans vermeiden lassen sollen, er- weckten einigen Verdacht, ebenso die von Bayer p£ere in Trouville s.M. ausgestellte Fischwurst. (Aus dem dem Königl. Preuss. Ministerio für landw. Angelegenh. erstatteten amtl. Berichte. Annalen der Landwirthschaft.)

Hirschberg.

4 R

52 K. Frisch,

Notizen;

von

Dr. K. Frisch.

1, Zur Prüfung der caleinirten Soda.

Bei Prüfung der calceinirten Soda ist es oft wesent- lich, neben dem Gehalt an kohlensaurem Natron auch den Gehalt an Aetznatron zu ermitteln. Dies geschieht gewöhnlich, indem man vor der Kohlensäurebestimmung die betreffende Soda behufs der Wasserbestimmung glüht. Man erhält aber hierbei stets ungenaue Resultate, da beim Erhitzen das Aetznatron lebhaft Kohlensäure aus der Luft anzieht und dadurch eine Differenz entstehen kann, die oft mehre Procent beträgt. Diese Fehlerquelle umgeht man, ohne das Salz in einer kohlensäurefreien Atmosphäre glühen zu müssen, indem man eine Probe der betreffenden Soda, ohne sie vorher zu glühen, unter den nöthigen Cautelen auf ihren Gehalt an Kohlensäure prüft, alsdann einen andern Theil glüht und in diesem ebenfalls nach dem Wägen die Kohlensäure bestimmt. Man wird finden, dass der Gehalt an Kohlensäure bei der zweiten Bestimmung stets und oft beträchtlich höher ausfällt, als dies bei der ersten der Fall war. Die Differenz zwischen den Wägungen vor und nach dem Glühen und zwischen der zuerst und zuletzt gefundenen Kohlensäure wird den Gehalt an Wasser angeben, während die mit der ungeglühten Soda vorgenommene Kohlensäurebestim- mung den wirklichen Gehalt an reinem kohlensauren Natron bestimmen lässt.

Ein Beispiel wird dies erläutern:

1,434 Grm. Soda ohne vorher geglüht zu sein, gaben 0.352-.Grm.' 002 = 24,4 Proc.

2,358 Grm. Soda verloren nach dem Glühen 0,138 Grm. 5,9 Proc. HO und gaben 0,591 CO2 25,1 Procent, also

25,1 24,4 0,7 0,2.—- 5,9 Proe. HO —-..6,6°Proc. HO.

z Nickel-Kobalterz von Dobschau. Carminsäure. 53

Die gesammte Menge des Alkalis wird ausserdem noch entweder durch Titriren oder durch Glühen der mit kohlensaurem Ammoniak hinreichend befeuchteten Soda und nachheriges Bestimmen der Kohlensäure ge- funden.

2. Nickel-Kobalterz von Dobschau.

Herr Prof. Schrötter legte der kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien eine im chemischen Laborato- rium des k.k. polytechnischen Instituts von Hrn. L. Zer- jau ausgeführte Untersuchung eines Nickel-Kobalterzes aus Dobschau in Ungarn vor. Nach derselben enthält dieses Erz, das fast ausschliesslich nach England aus- geführt und dort zur Gewinnung des Nickels und Kobalts verwendet wird:

Arsen Var 49,725 Schwefel 2%... u... 9,410 Nickel: A. 0... 25,825 Koballı’r.... Br: 3% 7,455 Biseng ee 5,195 IKieselsäure. 7.2. 1,625

Es stimmt also in seinem Arsen- und Nickelgehalte nahe mit dem Gersdorffit von Schladming zusammen, welchen A. Löwe schon vor längerer Zeit untersucht hat, unterscheidet sich aber durch einen bedeutenden Gehalt an Kobalt von demselben. (Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, No. 19.)

3: (arminsäure,

Herr Prof. Hlasiwetz hat der k.k. Akademie zu Wien über eine in Gemeinschaft mit A. Grabowsky ausgeführte Untersuchung der sogenannten Carminsäure aus der Cochenille berichtet, die zu dem Resultate führte, dass diese Substanz, für welche man mehre Formeln auf- gestellt hatte, ohne über ihre nähere Zusammensetzung etwas Bestimmtes zu wissen, eine Zuckerverbindung

54 K. Frisch, Kaffeegerbsäure. Nascırender Wasserstoff-

ist, die beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in ihre näheren Bestandtheile, den Zucker und einen amor- phen Farbstoff, das Carminroth, zerfällt.

Carminroth ferner giebt beim Schmelzen mit Kali- hydrat ein interessantes Zersetzungsproduct, das Cocei- nin, einen in gelben Blättchen krystallisirten Körper, der eine Reihe der schönsten und auffälligsten Farber- reactionen giebt. (Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, No. 14.)

4. Kaffeegerbsäure.

Eine neue Untersuchung der Kaffeegerbsäure von Hlasiwetz hat ergeben, dass diese Verbindung ein Glykosid ist, ähnlich der Galläpfelgerbsäure und sich mit Leichtigkeit in einen Zucker und eine neue, schön kry- stallisirtte Säure, die er Kaffeesäure nennt, die im nächsten Zusammenhange mit der von ihm kürzlich ent- deckten Ferulasäure, so wie mit der Protocatechusäure steht, spalten lässt.

Die Formel der Kaffeesäure ist C18H808. Die Ver- hältnisse der sogenannten Viridinsäure, so wie der zu- letzt von Mulder beschriebenen Säuren aus dem Kaffee werden nun verständlich sein.

Mit in die Untersuchung gezogen sind bereits die Chinagerbsäure und die Säuren des Thees.

Aus beiden ist Protocatechusäure darstellbar.

(Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, No. 14.)

5. Wirkung nascirenden Wasserstofls auf Chinin, Cinchonin und Caflein. Herr Prof. Rochleder in Prag theilte der Wiener Akademie unterm 20. December v.J. folgende Notiz mit: „Ich habe mich überzeugt, dass Chinin, Cinchonin und Caffein, welche oxydirenden Mitteln so hartnäckig widerstehen, mit der grössten Leichtigkeit durch naseciren- den Wasserstoff angegriffen werden. Die dabei entstehen- den Producte werde ich später ausführlich beschreiben.“

———

55

Bu. Naturgeschichte und Pharma- kognosie.

Deber die Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten;

HR: Göppert,

Director des botanischen Gartens in Breslau.

In unsern Tagen, wo man keine Gefahren scheut um die früher im Ganzen wenig berücksichtigten höchsten Gipfel und Kämme unserer Alpen zu erklimmen, hat man auch den sie zierenden Pflanzen vermehrte Aufmerksam- keit gewidmet und sie in unsern Gärten einzuführen ver- sucht, was auch mit den meisten unter genauer Berück- sichtigung der Bodenbeschaffenheit und des natürlichen Vorkommens gelungen ist. Gewöhnlich stellt man sie nun in Gärten ohne alle wissenschaftlichen Principien nur nach Cultur oder Grössenverhältnissen bunt durcheinander, wobei man wohl allenfalls Kenntniss der Art, aber nicht Kenntniss ihrer Beziehungen zu den Verhältnissen ihres Standortes, zum Klima und geschweige ihrer Verwandt- schaft zu den arktischen Gewächsen erlangt, denen sie doch durch ihre Form wie namentlich auch durch ihre durch klimatische Einwirkungen verursachte Vegetations- zeit so nahe stehen. Allen diesen Anforderungen, welche die Pflanzengeographie stellt, sollte man in botanischen Gärten mehr Rechnung tragen, was ich schon seit Jahren zu thun versucht habe, indem ich meine, dass die botani- schen Gärten auch die Aufgabe haben, pflanzen-geo- graphische Studien nach den verschiedensten

56 H. R. Göppert,

Richtungen hin zu fördern. Hinsichtlich der Anord- . nung der Alpenpflanzen gehe ich von folgenden Grund- linien aus, die ich mir erlaube hier kürzlich mitzutheilen:

Allgemeine Grundlinien.

Zwischen der arktischen Flora und der alpinen oder der Flora zwischen der Baum- und Schneegrenze findet eine innige Verwandtschaft statt. So in Europa zwischen der Flora Lapplands und der Flora der Central-Alpenkette namentlich der Schweiz und Deutschlands (von den 360 Alpenpflanzen der Schweiz finden sich 150 im Norden Europas), ferner in Sibirien zwischen der Flora der Nord- küste und der des Altai. Die äusserste Grenze der Vege- tation gegen den Nordpol ist noch nicht erreicht. Spitz- bergen besitzt unter dem 780 selbst in 1000 bis 3000 F. Höhe nach Malgren noch kräftigen Pflanzenwuchs, über- haupt noch 93 Phanerogamen und an 280 Cryptogamen.

Dr. Robert Kane sah am offenen Polarmeere über dem Polarkeis in 823/,0 noch blühend: Papaver nudicaule, Saxifraga oppositifolia und Ranunculus nivalis, und Dr. Hayes sammelte in Grinnel-Lande zwischen 78 bis 820 n. Br. vom Juli bis September 1861 noch 52 Phanerogamen und 68 Cryptogamen. Die Floren aller dieser den Pol umgebenden Länder zeigen die grösste Verwandtschaft unter einander. Von jenen 93 Pflanzen Spitzbergens kommen nicht weniger als 81 auch in Grönland vor, 53 im Taymurlande Sibiriens unter 750, 69 in Skandinavien. 24 Species sind, da sie sich auch in den andern arktischen Ländern finden, als die wesentlichen Pflanzen der arkti- schen Flora anzusehen, nämlich: Ranunculus arcticus Rich., Parrya arctica R. Br., Eutrema Edwardsii R. Br., Braya purpurascens, Draba glacialis Adams., D. paueiflora R. Br., D. micropetala Hook., D. arctica Fl. Dan., D. corymbosa R. Br., Cochlearia fenestrata R. Br., Stellaria Edwardsü R. Br., St. humifusa Rottb., Arenaria Rossii R. Br., Potentilla pulchella R. Br., P. emarginata Pursh, Saxifraga flagellaris Sternb., Taraxacum phymatocarpum

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Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten. 57

Vahl., Polemonium pulchellum Ledeb., Hierochloa pauciflora R. Br., Dupontia psilorantha Rupr., D. Fischeri R. Br., Glyceria angustata Mühlenb., Catabrosa vilfoidea Anders., Festuca brevifolia R. Br.

Das Ende der Baumyvegetation um den ganzen Nord- pol bilden fast überall Nadelhölzer: in Nordamerika Abies alba, A. nigra H. Kew., Pinus Banksiana Lamb., und gruppenweise Larix americana Lamb., und Abies canadensis Poir., mit Juniperus virginiana; im arktischen Europa Pinus Abies L., und zuletzt Pinus sylvestris; im

arktischen Asien (Sibirien) Pinus sylvestris nur bis zum 600, höher hinauf Picea sibirica (Pinus Pichta Fisch.), Picea obovata Ledeb., und Pinus Cembra. Die baumleere Region beginnt in Amerika, und zwar in Labrador schon unter dem 570, erhebt sich jedoch bis zum Mackenziefluss bis zum 650 und diesseits der Behringsstrasse bis zum 660; jenseits dieser Strasse in Nordasien schwankt sie zwischen dem 63 bis 710 und endigt in Europa in Norwegen und Lappland mit dem 700. In Strauchform wachsen unter den Grenzen der Baumvegetation ja hie und da wohl noch, etwas darüber hinaus um den ganzen Pol die nor- 'dische Birke Betula alpestris, Fr. (B. pubescens var.), Alnus incana, Populus tremula, Sorbus Aucuparia, Prunus Padus, Rubus ldaeus, Ribes rubrum, KRibes nigrum, und noch darüber hinaus als letzte Holzgewächse niedrige kriechende Sträucher aus Juniperus nana, Betula nana, Pthododendron lapponicum, Menziesia coerulea, Ledum palustre, Vaccinium uliginosum, Andromeda hypnoides, A. tetragona L., Rubus Chamaemorus, Empetrum nigrum, und kriechende Weiden wie Salix arctica Pall., reticulata L., polarıs Wahlb., arbuscula Wahlb., depressa L., ovata Seringe, Myrsinites L. Zuletzt bleiben fast überall nur als Holz- pflanzen Andromeda tetragona, Empetrum nigrum, Salisc reticulata und polaris, Flechten und Moose (die sogenann- ten Tundren) machen den Beschluss des gesammten vege- tabilischen Lebens. Auf den ewigen Schnee verirrt sich nur eine Alge, die Bewohnerin des ewigen Schnees, der

58 H. R. Göppert,

Protococcus nivalis, die interessante Entdeckung von Sco- resby und Shuttleworth, die allen Temperaturverhält- nissen spottet. Auf der Central-Alpenkette besteht zwar die letzte Baumvegetation auch aus Coniferen, aber niemals aus Pinus sylvestris, sondern aus Pinus Abies L., und noch höher hinauf Larix europaea und Pinus Cembra, wie in Strauchform die in der arktischen Region fehlende Pinus montana Mill. (Pumilio Haenke), Sorbus Aucuparia var. alpestris ist dagegen ebenfalls vorhanden, desgleichen Populus tremula, Betula alpestris, dann Alnus incana, höher hinauf Alnus viridis, dann Rhododendron hirsutum und ferrugineum, Empetrum, die Vaccinien, Azalea, Juniperus nana, und zuletzt ebenfalls die kriechenden Weiden, Salix herbacea, reticulata, retusa W., Myrsinites L., und arbus- cula Wahlenb. als letzte Holzgewächse, Moose und Flech- ten machen auch hier den Beschluss.

Von den circa 3,500 Phanerogamen Deutschlands und der Schweiz gehören ungefähr ein Drittheil zu den Berg- und Alpenpflanzen. Als wahre Alpenpflanzen sind jedoch nur etwa 450 anzusehen, zwei Drittheile davon werden 'in unserm Garten cultivirt. Sie befinden sich theils in etwa 2000 Töpfen, theils im freien Lande auf einen Preuss. Morgen grossen an einem Wassergraben gelegenen Raume, zwischen Gesteinen verschiedener Art, in acht folgenden durch Tafeln bezeichneten Gruppen auf- gestellt; unter ihnen eine ausgehöhlte Granitplatte erfüllt mit Protoccus nivalis, den Pflanzen des ewigen Schnees.

I. Pflanzen des höchsten Nordens über dem 80% oder der Polarzone, und Pflanzen der Centralalpen auf Firn oder Gletscherinseln über der Schneelinie zwischen 10,000 bis 10,700 Fuss.

a) Pflanzen des höchsten Nordens zwischen 780 bis 820 im Grinnel-Land (Smith Sound und Kennedy Canal).

Ranuneulus nivalis, glacialis.

Draba alpina D. C., corymbosa R. Br., und rupestris R. Br., Cochlearia officinalis.

Stellaria strieta Richards.

Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten. 59

Cerastium alpinum, Silene acaulis, Lychnis apetala.

Dryas octopetala, Potentilla nivea, Alchemilla vul- garis.

Saxifraga oppositifolia, rivularis L., tricuspidata R., cernua L., nivalis L.

Taraxacum palustre D. C.

Campanula rotundifolia var. linifolia.

Vaceinium uliginosum L.

Andromeda tetragona L.

Bartsia alpina L.

Armeria vulgaris W.

Polygonum viviparum L., Oxyria digyna Campder.

Empetrum rubrum L.

Betula nana L.

Salix herbacea.

Tofieldia palustris var. borealis.

Luzula campestris var. congesta.

Carex rigida Gaud.

Eriophorum vaginatum.

Glyceria arctica Hook.

Festuca ovina L.

Im Ganzen 39, die übrigen 13 fehlen.

b) Pflanzen, welche auch auf unsern Alpen den höch- sten Standpunct einnehmen und in der Region des ewigen Schnees auf Firn oder Gletscherinseln, wie z. B. im soge- nannten Jardin oder bei den Grand Mulet am Montblanc in 10,000 bis 10,700 Fuss vorkommen, etwa 40 bis 50 Phanerogamen, welche mit den vorigen grosse Ueberein- stimmung zeigen, unter ihnen Cherleria sedoides von höch- stem Vorkommen in 11,700 F. Höhe am Monte Rosa (Schlagintweit).

Draba frigida Sauter, fladnicensis Wulf, tomentosa; Cardamine bellidifolia.

Silene acaulis L.

Potentilla frigida Vill.

Saxifraga groenlandica L., exarata Vill., muscoides

Wulf, oppositifolia L., bryoides L.

60 H. R. Göppert,

Erigeron uniflorum, Pyrethrum alpinum, Phyteuma hemisphaericum L.

Androsace helvetia Gaud, pubescens.

Gentiana verna.

Luzula spicata D.C.

Agrostis rupestris All.

Trisetum subspicatum P. Beauv.

Poa laxa Haenke, caesia Sm., alpina L., vivipara. Festuca Halleri.

Carex nigra.

Il. Pflanzen der Schneelinie der Alpen von 8,500 bis 10,000 F. Höhe. (Die in der arktischen Zone ebenfalls vorkommenden Arten sind in unsern Gärten mit einem Kreuz auf der Etiquette bezeichnet.)

Von Monocotyledonen: Sesleria microcephala D. C., S. sphaerocephala Ait., Trisetum subspicatum, rPoa alpina, 7Poa laxa Haenke, jCarex firma L.

Von Dicotyledonen: 7Salix herbacea, fS. retusa, Primula minima L., Androsace glacialis App., Pedicularis rostrata, Gentiana bavarica, jAzalea procumbens, Phy- teuma pauciflorum L., Pyrethrum alpinum W., Artemisia Mutellina Wulf, spicata Vill., Gaya simplex, Saxifraga androsacea, biflora All, Tbryoides, caesia B., muscoides - Wulf, Foppositifolia L., Sempervivum arachnoideum, Sedum atratum L., j Cerastium latifolium, Talpinum, Arenaria ciliata, Cherleria sedoides, Alsine verna Bartl., +Silene acaulis, Braya alpina, fRanunculus glacialis L.

IIl. Pflanzen der subnivalen Region von 6000 bis 8000 F. der Alpen, oder die eigentliche Alpenflora, welche im Allgemeinen der Flora der baumleeren Region der ark- tischen Zone entspricht.

Auf unserm viel nördlicher gelegenen Riesengebirge beginnt die Region der Alpenpflanzen und mit ihr das Verschwinden der Bäume in 3500 bis 4000 F. Seehöhe.

Im Allgemeinen aus folgenden in unsern Gärten mehr oder weniger stark vertretenen Familien (über 200 Arten): Filices, Lycopodiaceen, Juncineen, Liliaceen, Orchideen

0 Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten. 61

{unter ihnen das sibirische Cypripedium macranthum), Salieineen, Thymeleen, Polygoneen, Plantagineen, Primula- ceen, Rhinantheen, Antirrhineen, Borragineen, Gentianeen, Ericineen, Vaceinien, Campanuleen, Compositen, Stellaten, Saxifrageen, Crassulaceen, ÖOnagrarien, Sanguisorbeen,

_ Rosaceen, Papilionaceen, Alsineen, Sileneen, Violarien, Cistineen, Cruciferen und Ranunculaceen.

Alle sind Familienweise zusammengruppirt, wobei wir auch bemüht waren, Uebelstände, welche durch Grössen- verhältnisse der einen oder der andern Art herbeigeführt werden können, möglichst zu vermeiden.

IV. Pflanzen des höchsten Nordens, die in der baum- leeren Region um den ganzen Pol verbreitet und auch in Deutschland einheimisch sind.

Unter dieser Rubrik haben wir etwa 90 Arten zu- sammengestellt, welche mit wenigen Ausnahmen auch in Deutschland und Mitteleuropa überhaupt vorkommen.

V. Eine Anpflanzung von Laubhölzern, Sträuchern und Bäumen, welche mit den vorigen unter Abtheilung IV. genannten Pflanzen um den ganzen Pol wachsen, wie Rubus Idaeus, Sorbus Aucuparia, Alnus incana, Betula alpestris, Prunus Padus, Populus tremula. 3

VI. Diejenigen oben erwähnten Nadelhölzer, welche um den Pol herum wachsen.

VI. Sträucher der Centralalpen, welche nach dem Auf- hören der Baumvegetation ‚vorkommen.

VII. Die Pflanzen der Bergregion Mitteleuropas, welche innerhalb des Baumwuchses, z. B. in verschiedenen Gegenden Deutschlands zwischen 2000 bis 6000 F. Höhe vorkommen.

Endlich sind zum Vergleiche Repräsentanten der Alpen- flora des Himalaya (Rhododendra, Polygoneen, Pomaceen, Saxifragen, Berberideen, Compositen) in der Nähe in einer Gruppe vereinigt, welche jedoch zu wenig Arten enthält um mit allen den geschilderten Verhältnissen in nähere Beziehung gebracht werden zu können.

Wir glauben, dass Gruppirungen dieser Art uns wohl

62 Laachersee u. Kohlensäuregas- Eschalationen der Umgebung.

in Stand setzen, mit einem Blicke die Beschaffenheit der Vegetation nach den Höhenverhältnissen ihres Vorkom- mens von der Ebene bis zur äussersten Grenze organischen Lebens und wieder ihre Verwandtschaft mit den Floren der immer noch so viele Räthsel bergenden arktischen Zone klar zu übersehen und wünschen, dass der hoch- geehrte botanische internationale Congress unsere Mit- theilungen gütig aufnehmen möge, welche eigentlich nur als praktische Ausführung der die Wissenschaft zieren- den Lehren eines A. von Humboldt, Schouw, Watson, A. de Candolle anzusehen sind.

Englands Forscher haben bis jetzt mit den grössten Opfern das Studium der Alpen verfolgt, vielleicht sieht man sich veranlasst, auch meine Bestrebungen als einen, wenn auch nur sehr unbedeutenden Beitrag zu denselben anzusehen.

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Veber den Laachersee und die Kohlensäuregas- Exhalationen seiner Umgebung.

Der Laachersee, das grösste der rheinischen Maare und der Mittelpunct der frühern vulkanischen Thätigkeit des linken Rheinufers, liegt zwei Stunden nordwestlich von der Stadt Andernach, grenzt einerseits an das frucht- bare Maifeld, anderseits an die ersten Höhen der Eifel, so dass der See gleichsam der Ausgang des vulkanischen Eifelgebirges bildet. Der Wasserspiegel des Laachersees liegt 706 Fuss über dem Rheine bei Andernach, 845 Fuss über dem Spiegel der Nordsee. Die grösste Tiefe dessel- ben beträgt gegenwärtig 157 Fuss, vor dem Jahre 1845 dagegen betrug sie 177 Fuss. Der Flächenraum des Sees betrug früher 0,068 Quadratmeilen, jetzt dagegen nur 0,0597 Quadratmeilen. Im 12. Jahrhundert wurde nämlich die am Ufer des Sees gelegene Abtei Laack gegründet, der See hatte damals einen viel bedeutenderen Umfang und die Gebäude der Abtei waren häufigen Ueberschwemmun-

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Laachersee u. Kohlensäuregas- Exhalationen der Umgebung. 63

gen ausgesetzt. Der Abt Fulbert liess deshalb einen Abzugscanal graben, der, den südlichen Rand durch- brechend, das Wasser des Sees in den Nettebach leitete. Später stürzte der Graben- ein und wurde im 13. Jahr- hundert wieder hergestellt. Im Jahre 1845 wurde dieser Abzugscanal von dem damaligen Besitzer der Abtei tiefer gelegt, wodurch der Flächenraum des Sees sehr abgenom- men hat und etwa 300 Morgen Land gewonnen wurden. Die Form des Sees ist eiförmig, in der Mitte etwas eingeschnürt.

Der Weg, welcher am Ufer um. den See herumführt, besitzt eine Länge von 2100 Ruthen, wenig mehr als eine Meile. Der See wird hauptsächlich von einer weit ver- breiteten Kalktuffablagerung umgeben, in der sich auch Schichten von Bimsstein finden im Gemenge mit Schlacken und basaltischer Lava; an manchen Stellen tritt auch Devonschiefer auf. Das Wasser des Sees ist klar und durchsichtig und spiegelt stets die Farbe des Himmels zurück. Ein lieblicher Anblick ist es, wenn man die Westseite befahrend in die Tiefe schaut und auf dem Grunde zahlreiche Wasserpflanzen, Sparganien, Ceratophyl- leen und andere in die Höhe gerichtet stehen. Sehr selten - findet man noch Nıymphaea alba schwimmend auf der Oberfläche des Wassers. Ueberhaupt ist das Becken von Laach und der nächsten Umgebung sehr pfanzenreich. Es gedeihen in dem beschränkten Raume innerhalb des Bergkranzes 750 Arten Gefässpflanzen, ausserdem zahl- reiche Zellenpflanzen, besonders Flechten und Pilze. Von vorkommenden seltenern Pflanzen sind zu erwähnen: Anthericum Liliago, Potentilla rupestris, Arabis brassicae- Fformis, Dentaria bulbifera, Lithospermum purpureo - coeru- leum, Poa sudetica, Digitalis grandiflora, Libanotis montana, Centaurea nigrescens, Calamintha offieinalis, Achillea nobilis, u.a.m. Der See nährt zahlreiche Fische, namentlich Hechte, Barben und Schleien. Auch Conchylien beleben denselben, zwar nur in geringer Artenzahl, man kannte deren 10, Limnaeus- und Planorbis - Arten und einen Zweischaaler Cyclas, dafür aber in grosser Menge der

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64 Laachersee u. Kohlensüuregas-Exrhalationen der Umgebung.

Individuen. Ihre Gehäuse bilden mächtige Bänke und selbst am Ufer in einer Tiefe von 12—15 Fuss unter dem Wasserspiegel mit Torfschichten abwechselnd, die den Beweis liefern, dass das Alter des Sees bedeutend und seine Höhe dem Wechsel unterworfen gewesen sein müsse. Unter dem Torfe findet man noch die starken, schwarzen Wurzelstücke der weissen Seerose, ein Beweis, dass diese Pflanze in frühern Zeiten bei weitem häufiger sich vorfand.. Auch Lager von Infusorien wurden in neuerer Zeit aufgefunden, nach der Untersuchung von Ehrenberg sind unter diesen besonders die Gattungen Polygastrica und Phytolitharia vorhanden. Nach der Analyse enthält das Wasser des Laachersees kohlensaures Natron, schwefelsaures Natron, Chlornatrium, kohlensauren Kalk, kohlensaure Talkerde und Kieselsäure. Sämmt- liche feste Bestandtheile betragen 0,215 Promille.

In dem See selbst sind viele Quellen vorhanden, aber auch am Ufer bei geringer Wassertiefe wird das Aufsteigen von Bläschen von kohlensaurem Gase bemerkt. Quellen, imprägnirt mit kohlensaurem Gase, finden sich dann auch in grosser Zahl auf 2—3 Meilen im Umkreise und bilden die sogenannten Säuerlinge, welche den Be- wohnern dieser Gegend stets ein angenehmes und er- frischendes Getränk darbieten. Einige dieser Quellen, z.B. die von Tönnisstein und Heilbrunn im Brohlthale haben eine medicinische Bedeutung erlangt. Bei beiden Quellen sind elegante Kurhäuser zur Aufnahme der Gäste eingerichtet, welche die Wasser des Brohlthales trinken und eines stillen ländlichen Aufenthalts sich erfreuen wollen. Der Absatz des Tönnissteiner Wassers nach Holland und den Colonien war früher bedeutend, jetzt hat er indess abgenommen und ist nur nach den umlie- genden Orten von Bedeutung, so werden nach Coblenz jährlich 12—15,000 Krüge versandt. Der Heilbrunnen ist eine Salzquelle, welche leicht abführend wirkt, durch ihren Reichthum an Bestandtheilen und an Kohlensäure ausgezeichnet ist, dabei sehr angenehm schmeckt. Von

cha ae ae RT N Laachersee u. Kohlen 0 dR Bihalatiornien der Umgegend. 65

dem Heilbrunnen-Wasser werden jährlich etwa 20— 25,000 Krüge versandt.

Von den gasförmigen Producten, welche aus dem Boden erloschener Vulkane zu Tage treten, ist fast aus- schliesslich die Kohlensäure zu erwähnen. Diese Quellen kohlensauren Gases sind fast unerschöpflich, sie imprägni- ren das unterliegende Gestein und zersetzen dasselbe, wie das häufige Vorkommen von Sphärosiderit in dieser Gegend beweist, ferner das Effloresciren verschiedener wesentlich kohlensaurer Salze in natürlichen und künst- lichen Höhlungen des Tuffsteins, welcher für das Brohl- thal eine grosse Bedeutung erlangt hat. Exhalationen von Kohlensäure finden sich dann auch in grosser Zahl in der Umgebung des Laachersees. In einem !/, Meile von demselben nordwestlich gelegenen Kesselthale liegt das Dorf Wehr, durch welches sich der Wirrbach ergiesst. Der Boden dieses Thales wird von sumpfigen Wiesen eingenommen und hat nur ein geringes Gefälle nach der Abflussstelle.. An der Nordostseite treten unzählige Sauer- quellen auf, welche mit Ablagerungen von Eisenocker umgeben sind, der als Färbematerial Benutzung findet. Nar zur trockenen Jahreszeit, wenn die einzelnen insel- artig aus dem Sumpfe hervortretenden Stellen trocken sind, kann die ungeheure Kohlensäuregas - Entwickelung ringsumher beobachtet werden. Das Brausen des Gases, welches sich zum Theil in kopfgrossen Blasen entwickelt, und das Sauerwasser fusshoch emportreibt, ist so stark, dass es schon in bedeutender Entfernung gehört wird.

Drei Stunden nordöstlich vom Laachersee mündet der Brohlbach in den Rhein. In dem Brohlthale finden sich unterhalb des Dorfes Burgbrohl unzählige Stellen, wo das Kohlensäuregas unmittelbar aus dem Boden ent- weicht. Man ündet hier an den Bergabhängen kleine Vertiefungen, worin stets todte Vögel, Mäuse u. dergl. liegen und beim Niederbücken bemerkt man den stechen- den Geruch der Kohlensäure. Ebenso zeigen sich ein- zelne Stellen auf den Feldern, wo die Früchte nur sehr

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2 9, HR, 15

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66 Der Sternschnuppenfall im November 1866.

kümmerlich gedeihen. Aus dem Brohlbache entwickeln sich an vielen Stellen ununterbrochen Gasblasen. Mehre Keller in Burgbrohl sind so mit Kohlensäure erfüllt, dass sie gar nicht benutzt werden können und beim Graben neuer Keller finden oft sehr starke Gasentwicke- lungen statt. G. Bischof bemerkt *), dass die Sauerquellen im tiefsten Niveau der Thalsohle, fast in dem des Baches, die, Gasentwickelungen in einem höhern vo an den Bergabhängen und die süssen Quellen, deren es in Burg- brohl nur zwei giebt, noch höher über der Thalsohle ausfliessen.

Die Menge des kohlensauren Gases, welches hier dem Boden fortwährend entsteigt, ist ausserordentlich gross, so dass man bereits eine technische Nutzanwendung davon gemacht hat. In Burgbrohl sind nämlich zwei Bleiweiss- fabriken vorhanden, von welchen eine vor circa 30 Jahren gegründet worden ist. In diesen wird Bleiweiss durch Fällung einer Auflösung von basisch essigsaurem Bleioxyd mit natürlicher, aus dem Boden ausströmender Kohlen- säure gewonnen.

Es bietet somit die Umgebung des Laachersees, welche für den Naturforscher von so bedeutendem Interesse ist, auch dem Industriellen vielfache Gelegenheit, die reichen Producte dieser Gegend zu verwerthen und Nutzen davon zu ziehen, J. J. Bender,

Der Sternschnuppenfall im November 1866.

» Das glänzende Sternschnuppenphänomen der vor- jährigen Novemberperiode hat gewiss das Interesse an diesen kleinen Weltbürgern in dem Masse wach gerufen, dass folgende kurze Notizen willkommen sein werden. Dass diese schönen Meteore wirklich kosmischen und nicht tellurischen Ursprungs sind, hat zuerst Chledni 1794 nachgewiesen. Brandes und Benzenberg bestimmten

*) Lehrbuch der chem. und physikal. Geologie I: p. 264.

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Der Sternschnuppenfall im November 1866. 67

zuerst 1798 ihre Geschwindigkeit und ihre Entfernung

von der Erde. Dass die Sternschnuppen zu bestimmten Zeiten des Jahres besonders häufig auftreten, wurde mit Bestimmtheit erst gefolgert, nachdem Oimstedt und Palmer den ungeheuren Sternschnuppenschwarm am 12. und 13. November 1833 in Nordamerika beobachtet hatten. Jetzt wurde man aufmerksam darauf, dass besonders die Zeit zwischen dem 10. und 14. November es sei, in der in verschiedenen Jahren zahlreiche Sternschnuppen gefallen seien. So hatten Humboldt und Bonpland am 12. Novbr. 1799 Tausende der Meteore an der Mexikanischen Küste beobachtet, so waren sehr viele in Potsdam am 12. Novbr. 1822 gesehen, noch mehr aber 1831 am 13. Novbr. im südlichen Deutschland und an der Spanischen Küste und eben so in der Nacht des 12.—13. Novbr. 1832 an sehr weit von einander entfernten Orten. Man nahm nun an, dass ein ganzer Ring dieser winzigen Körperchen im

Weltraume vorhanden sei, den unsere Erde in ihrer Bahn

gegen den 12. oder 13. Novbr. durchschneidet. Aus der grossen Geschwindigkeit dieser Meteore und daraus, dass bei besonders häufigen Fällen sämmtliche Sternschnuppen von dem Puncte des Himmels ausgingen, nach welchem sich unsere Erde hinbewegte, schloss man bald, dass die Sternschnuppenschaar dieses Ringes eine der Erde ent- gegengesetzte Bewegung haben müsste. Dass die Erschei- nung der Sternschmuppen in einigen Jahren so viel glän- zender war als in andern, führte zu der Hypothese, dass der Ring nicht allenthalben gleich dicht mit Körperchen besetzt sei. Ölbers und nicht Humboldt, wie häufig an- gegeben wird, war wohl der erste, der aus den beiden so überaus prachtvollen Erscheinungen von 1799 und 1833 folgerte, dass eine Stelle des Ringes besonders dicht mit den kleinen Körpern besetzt und dass gerade dieser Schwarm es gewesen sei, dem die Erde in den beiden genannten Jahren begegnete. „Im Jahre 1799 und 1833* dies schrieb Olbers 1837 „vielleicht auch 1832 ging die Erde durch einen solchen dichten Schwarm. In andern

5*

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68 Der Sternschnuppenfall im November 1866.

Jahren begegnete sie nur einzelnen, wenngleich vielen Sternschnuppen- Asteroiden. Vielleicht gehen mehre sol- cher dichteren Schwärme auf dieser Strasse einher, viel- leicht müssen die Erdbewohner selbst bis 1867 warten, ehe sie dies merkwürdige Phänomen in seiner ganzen Pracht, die es 1799 und 1833 hatte, sich wieder erneuern sehen.“ Dies ist auch die Stelle, auf welche sich Humboldt in seinem Kosmos bezieht.

Zu derselben Zeit erkannte man auch das August- Phänomen als ein periodisches, bald wurde man auch auf andere Tage des Jahres aufmerksam, an denen das Er- scheinen von Sternschnuppen besonders häufig ist.

Aus einer sorgfältigen Discussion nicht nur der neuern, sondern auch der in frühern Jahrhunderten beobachteten Erscheinungen schloss der amerikanische Astronom New- ton, dass der Schwarm der Novemberperiode eine Bahn um die Sonne beschreibe, welche gegen die Erdbahn um 17 Grad geneigt sei, dass aber die Richtung der Bewe- gung des Schwarms in seiner Bahn der Richtung der Erdbewegung entgegengesetzt sei. Die Umlaufszeit des- selben betrage 354,55] Tage, so dass derselbe alle Jahre um etwa elf Tage früher durch die Erdbahn geht als im vorbergehenden. Alle 33 Jahre macht er hiernach nahe 34 Umläufe, und wir würden also alle 33 Jahre das Schauspiel eines reichen Sternschnuppenfalls geniessen. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass auch in zwei auf einander folgenden Jahren ein aussergewöhnlicher Stern- schnuppenreichthum eintreten kann, denn der Schwarm ist wahrscheinlich von einer solchen Ausdehnung, dass die Erde in aufeinander folgenden Jahren Theile von ihm treffen kann. Ein centraler Durchgang ereignet sich nach Newton erst alle 133 Jahre, und zwar sollte der nächste am Morgen des 14. Novbr. 1866 statt finden.

Diese Vorausbestimmung hat sich als richtig bewährt, nur wenige Stunden früher, als Newton angab, stiess die Erde mit dem Schwarm zusammen. Der überaus herr- liche Anblick des Phänomens, das sich dem Auge in der

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Der Sternschnuppenfall im November 1866. 69

Nacht vom 13. zum 14. Novbr. 1866 darbot, hat gewiss alle Beobachter mit Staunen und Bewunderung erfüllt. Zur Zeit der reichsten Entfaltung der glänzenden Erschei- nung, welche in Berlin kurz vor 2 Uhr Nachts statt fand, zeigten sich nach sorgfältiger Schätzung aufmerksamer Beobachter gegen 20 Meteore in der Secunde. Man wird sicher nicht zu viel schätzen, wenn man annimmt, dass von halb zwei bis halb drei Uhr in der Minute durch- schnittlich 450 Sternschnuppen fielen, was also für diese Stunde 27,000 machen würde. Alle kamen aus der Gegend des grossen Löwen, aus der Gegend, nach welcher sich die Erde gerade hinbewegte. Die Pracht und der Reich- thum der Erscheinung musste sich in derjenigen Gegend der Erde am grössten zeigen, welche die Hauptmasse des Schwarms traf. Hat derselbe eine hinreichende Ausdeh- nung gehabt, so waren die Bewohner von Hindostan die Glücklichen, das Schauspiel in seiner reichhaltigsten Fülle geniessen zu können. Denn sie hatten den grossen Löwen gerade im Zenith, als der Sternschnuppenfall eintrat, was bei ihnen kurz vor Sonnenaufgang statt fand.

Nach frühern Erscheinungen zu schliessen, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass der Schwarm eine solche Breite gehabt hat. Weiter nach Westen hin musste aber die Reichhaltigkeit der Erscheinung abnehmen. Dies scheint auch deutlich aus den Berichten der englischen Astronomen hervorzugehen, welche die Zahl der während der Dauer des Phänomens gesehenen Meteore lange nicht so hoch angeben als die oben mitgetheilte. Das schönste Meteor, was in Berlin gesehen wurde, war unstreitig eine Feuerkugel, die in der Richtung nach dem Stern y des grossen Bären platzte. Besonders schön war der Anblick der zurückgebliebenen Theile durch das Fernrohr. Zwei Minuten nach dem Platzen boten sie den Anblick des kräuselnden Ringes, der sich zuweilen in den Rauchwolken einer brennenden Cigarre zeigt. Nach und nach erweiterte sich derselbe, öffnete sich an einer Stelle und verschwand erst nach 10— 12 Minuten. Sehr bemerkenswerth war,

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70 _ Landerer, die Insel Lemnos und ihre Heilquellen.

dass die Theilchen trotz ihrer grossen Höhe Luftströmun- gen ausgesetzt zu sein schienen. Einen sehr prachtvollen Anblick boten auch die Schweife verschiedener Stern- schnuppen. Oft lagen 6—8 neben einander, die zuweilen mehre Minuten sichtbar blieben. Die meisten zeigten eigenthümliche Bewegungen und Krümmungen, im Fern- rohr machten sie durchaus den Eindruck des Rauches. (Bl. für Handel und Gewerbe, 1866, 49.) B.

Die Insel Lemnos und ikre Heilquellen;

Dr. X. Landerer.

Noch gegenwärtig wird die Terra Lemnea oder Bolus Lemnia in der Mediein gebraucht; sie wird von der Insel Lemnos in Form von grossen Boli, mit einem türkischen Zeichen versehen, das ich auch in letzter Zeit vergoldet gesehen, ausgeführt. Ich theile hier Einiges mit über eine sehr kräftige Heilquelle, die sich auf dieser Insel befindet. Lemnos hielten die Griechen zu Homer's Zeiten für die Wohn- und Arbeiis- stätte des Hephaestus, weshalb sie auch Hephaestinea, so wie die am Fusse eines vulkanischen Berges erbaute Stadt Hephaestinea genannt wurde. Ein aus Trachitfelsen bestehender Berg, dem im grauen Älterthum Feuersäulen entstiegen sein müssen und der vulkanische Producte ausgeworfen haben muss, heisst Meschila. Auf der Ost- seite desselben sieht man auch die Ueberreste von Lava- strömen. Der grösstentheils aus Puzzolanerde, d.i. vul- kanischer Asche mit Bimssteingerölle, bestehende Boden erzeugt prächtigen Wein, so dass der Wein von Stali- meni, wie die Insel heute von den Türken genannt wird, zu den ausgezeichnetesten der Inseln des türkischen Ar- chipels gehört. In der Nähe dieses vulkanischen Berges Meschila befindet sich eine sehr kräftige Theiotherme, die von den Lemnern zu Bädern gebraucht wird und die

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Landerer, Mittel gegen das Ausfallen der Haare. 71

sich bei Psora und auch bei rheumatischen und arthri- tischen Leiden sehr heilkräftig erweist. Seit einigen Jah- ren befinden sich in der Nähe dieser Therme drei kleine Häuser, die den Patienten während der Badezeit zur Unterkunft dienen. Eine andere Therme, die jedoch eine Stahlquelie zu sein scheint, liegt drei Stunden von der Stadt Lemnos entfernt; dieselbe soll eine Menge rothen Pulvers absetzen, das die Leute auf Lemnos sxopıa od olörpov, d.i. Eisenrost, nennen und hieraus ist zu schlies- sen, dass das Wasser einer Stahlquelle angehören muss.

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Ueber ein gegen das Ausfällen der Haare erprobtes Mittel;

von

Demselben.

Der rothe Wein von der Insel Zea ist einer der ausgezeichnetsten und kräftigsten Weine, der dem Fin de Bourgogne, dem Vin de Chateau Lafitte nicht nur an die Seite zu stellen ist, sondern denselben an Tannin- und Weingeistgehalt übertrifit. Auf derselben Insel befinden sich Wälder von Quercus Aegilops (Aegilops, Al: - Oxss, Ansehen der Ziegenaugen), deren Fruchtkelche die soge- nannten Wallaniden sind, die einen bedeutenden Aus- fuhrartikel bilden und je nach der Zeit der Sammlung den meisten Tannin enthaltenden Stoffen vorzuziehen sind. Wenn ich nicht irre, so ist der Gerbstofigehalt der Wallaniden auf 34-—40 Procent angegeben. Diese bei- den Ingredienzien bilden nun das erprobte Mittel, um das Ausfallen der Haare zu verhindern, indem sich die Frauen und Mädchen ein Vinum e Capsulis Quercus Aegi- lopis bereiten und diesen zum Waschen der Haare ver- wenden. Kein Mittel soll dieses übertreffen können und auf Zea ist es selten, dass eine Dame länger als einige Tage an diesem Ausfallen der Haare leidet. Zu bemer-

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72 Ein Schutzmitsel für Bewaldung der Gebirge.

ken ist jedoch noch, dass man sich vor der Anwendung dieses Weines die Haare mit einem Absude von sSapo- naria Levantica zu waschen hat, um die Pityriasis, die oft die einzige Ursache des Ausfallens der Haare sein soll, zu vertreiben.

Ueber ein Schutzmittel für Bewaldung der Gebirge.

Der durch seine praktische volkswirthschaftliche Wirk- samkeit bekannte Professor Dr. Molin schreibt: „Um in kürzester Zeit die Bewaldung der Gebirge zu be- werkstelligen, muss dieselbe durch eine Pflanze eingelei- tet werden, welche die Thiere und hauptsächlich die Zie- gen instinctmässig nicht berühren, welche in ihrer Ent- wickelung weder durch die geringe Quantität Erde, in welcher sie vegetirt, noch durch die Dürre zurückgehal- ten wird und die Bewaldung selbst muss nach einem bestimmten Plane, aber durch eine eigene Methode aus- geführt werden. Die Pflanze ist Ailanthus glandulos« (Götterbaum). Eine junge Bewaldung von Ailanthus ist die einzige, welche sowohl die Mauereinzäunung als die Aufsicht entbehrlich machen wird, sie wird sich selbst gegen den nagenden Zahn der Thiere, die Ziegen nicht ausgeschlossen, schützen.“ (Bl. für Hand. u. Gwbe. 1866. No. 49.) B.

73

HEE. Monatsbericht.

Chlorkohlenstofl.

Simpson hat den Chlorkohlenstoff, C2Cl#, (durch Einwirkung von Chlor auf Chloroform zu erhalten) als Anaestheticum mit Erfolg angewendet. Bei localen Schmer- zen der Brustwand und des Abdomens gab er, unter die Haut gespritzt, gute Resultate. Innerlich verordnete er ihn in kleinen Dosen bei Gastrodynie, wo die Wirkung sich der des Chloroforms gleich zeigte. (Pharm. Journ. and Transact. Il. Ser. Vol. VII. No. 8. Febr. 1866. p. 416.)

Wp.

Ueber die Dichtigkeit des Kohlenstofls in seinen Verbindungen.

Eine hauptsächliche Schwierigkeit, welche der künst- lichen Darstellung von Diamanten im Wege steht, ist nach E. J. Maumene& (Compt. rend. T.59.) die je nach den Verbindungen verschiedene Dichtigkeit des Kohlen- stoffes,

Am ersten würde er sich darstellen lassen aus sol- chen Substanzen, in welchen der Kohlenstoff dieselbe Dichtigkeit hat, wie der natürliche Diamant.

Das Terpenthinöl C20HI16 enthält nur Kohlenstoff und Wasserstoff, nämlich: 15 Gewichtstheile Kohlenstoff und 2 s Wasserstoff in 17 Gewichtstheilen Terpenthinöl. Da über die Molecularstructur dieser Verbindung

etwas Sicheres noch nicht bekannt ist, so kann man dar- über folgende Hypothesen aufstellen:

1) Der Koblenstoff existirt darin als Diamant, oder- mit der Dichtigkeit des Diamanten.

le Ba a ent 1. AO ART 74 Dichtigkeit des Kohlensioffs in seinen Verbindungen.

2) Beide Körper, Kohlenstoff und Wasserstoff, sind ohne Condensation verbunden, der Kohlenstoff mit der dem Diamant entsprechenden Dichte, der Wasserstoff mit dem Volumen, welches einer der für ihn in seinen Ver- bindungen gefundenen Dichtigkeiten entspricht. Setzt man die letzteren gleich x, so hat man:

15 2 37: —— == —— oraus. x ==. 0412: 3,53 x DR

Mit dieser Dichte tritt der Wasserstoff mehrfach, haupt- sächlich im Wasser auf, da nach Kopp der Sauerstoff in den Metalloxyden eine der folgenden Dichten hat: 6,25 oder die Hälfte 3,125 oder das Viertel 1,5625. Nehmen wir für den Sauerstoff im Wasser die grösste Dichte, 6,25, und den Wasserstoff ohne Condensation an, so haben wir: 8 1 3 6,25 1 era und x 0,1295 für die Dichte des Wasserstofis, was mit der obigen Zahl sehr gut stimmt.

Daraus kann man also ziemlich sicher schliessen, dass der Wasserstoff im Wasser die Dichte 0,1295 hat, dass er eben so dicht im Terpenthinöl ist und folglich der Kohlenstoff in demselben als Diamant vorhanden ist.

Mehre andere Kohlenstoffverbindungen, so das Fara- day’sche Sesquichlorid C4C16, geben dasselbe Resultat, wenn man für Chlor die von Kopp aus den Chlorüren von K, Ca, Sr, H?N, Cu, Hg gefundene Dichte annimmt! Andere Verbindungen haben eine geringere Dichte, so das Benzol.

Maumen& ist durch Rechnungen und Betrachtungen zu der Ansicht gekommen, dass die Jodüre des Kohlen- stoffs C3J6 oder C3J? denselben mit der ungefähren Dichte 3,53 enthalten müssen.

In den Lehrbüchern findet sich zur Darstellung des Jodkohlenstoffs das Verfahren von Serullas angegeben, wonach man

1 Theil C+H2J? 1 Aeg. und

4 Theile HgCl 83 mit einander erhitzen soll. Hierbei erhält man aber statt des Jodürs nur eine chlorhaltige Flüssigkeit, deren Ana- lyse Maumen& nächstens veröffentlichen wird.

Hofmann (Ann. de Chim. et de Phys.) erwähnt einen

es a aD a Ben aee Steinkohlen in Turkestan. Verbrauch der Steinkohlen. 75

Versuch, bei welchem sich wahrscheinlich das eigentliche Jodür bildet, es ist das die Erhitzung von Jodotorm auf 1500 in geschlossenen Röhren, wobei sich Methylenjodid C2H2J?2 bilden soll. Demnach wäre die Zersetzung: 2(02HJ3) = C?H2J?2 + 02J%.

Hofmann spricht nur von dem ersteren, das zweite, bis jezt noch nicht bekannte, würde vielleicht zur Darstellung von Diamanten dienen können.

: Maumene’s Versuche, die Kohlenstoffjodüre danach zu bereiten, waren alle von ungünstigem Erfolge. (Journ. für prakt. Chemie, Bd. 95. 5.) B.

Steinkohlen in Turkestan.

In Turkestan hat man 90 Werst von Tschemkent, Turkistan und der Mündung des Arys Steinkohlen von sehr guter Qualität aufgefunden. Der Weg nach den drei genannten Orten ist für Fuhrwerk gut passirbar. Der Mangel an Feuerungsmaterial war eine der Haupt- ursachen, weshalb die Dampfschifffahrt auf dem Syrdarja sich nicht entwickeln konnte, man musste den Anthraeit für die Dampfer vom Don herschaflen, wodurch das Ma- terial auf 2 Rubel das Pfund kam. (Kussisch. Inv.)

Dr. Reich.

Der Verbrauch der Steinkohlen und die nächsten Folgen desselben. Von Emil Sommer.

Gar manchem unserer Leser, der die an allen Bahn- höfen massenhaft angehäuften Steinkohlenvorräthe über- blickte, oder das Auge über die unzähligen rauchenden Kamine einer unserer grösseren Fabrikstädte schweifen liess, hat sich gewiss schon die Frage aufgedrängt, ob die von der Natur im Schosse der Erde seit Jahrtau- senden aufgespeicherten Kohlenschätze wohl reichhaltig genug sein möchten, um die Menschheit für alle Zeiten mit diesem kostbaren Heizmaterial zu versorgen, und ob nicht ein so ungeheurer Consum, wie derselbe heute statt findet, schliesslich und wenn auch erst nach einer langen Reihe von Jahren den Zeitpunct herbeiführen müsste, wo diese anscheinend unerschöpfliche Wärme- und Kraftquelle zu fliessen aufhören würde.

Auch die Industrie und Wissenschaft hat sich, na- mentlich in der letzten Zeit, wo der Verbrauch der Stein-

76 Verbrauch ‘der Steinkohlen.

kohlen durch den grossartigen Aufschwung des industriel- len Lebens in so ausserordentlichem Masse gewachsen ist, wiederholt diese ernste und bedeutungsvolle Frage vorgelegt und verschiedene namhafte Gelehrten mach- ten es sich zur Aufgabe, durch sorgfältige Schätzungen und Berechnungen wenigstens annähernd zu bestimmen, für welche Zeitdauer die in den bedeutenderen heutigen Bergwerken vorhandenen Kohlenlager voraussichtlich noch ausreichen dürften, wobei es natürlich nicht auf 50 Jahre mehr oder weniger ankommt, indem es sich bei der Be- stimmung so kolossaler numerischer Verhältnisse nur um annähernde Zahlenwerthe. handeln kann. Wenn daher die Resultate derartiger Berechnungen, welche stets mehr oder weniger auf Wahrscheinlichkeit beruhen, auch kei- nen Anspruch auf absolute Genauigkeit haben, so gestat- ten dieselben dennoch die wichtigsten und interessante- sten Schlüsse, deren allgemeine Bedeutung und Tragweite nicht zu verkennen ist.

Um nur einige Zahlen anzuführen, so weisen wir hier zunächst auf eine vor ungefähr zwei Jahren von Sir William Armstrong aufgestellte und auf möglichst ge- naue Schätzungen und Ermittelungen sich stützende. Be- rechnung hin, aus welcher hervorgeht, dass, wenn der Steinkohlenverbrauch ferner in demselben Masse wie bis- her zunimmt, Englands Kohlenreichthum schon nach zwei : Jahrhunderten gänzlich erschöpft sein würde. Ein ande- rer englischer Gelehrter, H. Murchison, welcher gleich- falls dieselbe Frage in der jüngsten Zeit zum Gegenstande genauer Untersuchungen machte und unlängst über die Resultate derselben in einem in der Britischen Gesell- schaft gehaltenen Vortrage Bericht erstattete, gelangt ebenso wie Armstrong an der Hand untrüglicher Zah- len zu dem Schlusse, dass der Zeitpunct, bis zu wel- chem die Industrie die in dem Boden Grossbritanniens noch begraben liegenden Kohlenvorräthe verschlungen haben wird, keineswegs so entfernt von uns liegt, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Wenn nun auch die hierbei zu Grunde gelegte Annahme, dass der jährliche Kohlenverbrauch, welcher 1862 in England allein 1720 Mill. Ctr. betrug und 1864 sogar 1860 Mill. Ctr. erreichte, auch ferner sich in der gleichen Progression steigern und demnach im Jahre 1900 sich in England zu der ungeheuren Summe von 4380 Mill. Ctrn. erheben würde, etwas gewagt und übertrieben erscheinen muss, so sind darum die von jenen Aufstellungen abzuleitenden

Verbrauch der Steinkohlen. 7,

Consequenzen nicht minder ernst und das Eintreten jenes drohenden Zeitpunctes der Erschöpfung der englischen Kohlenbergwerke nicht minder gewiss, mag derselbe nun auch unter günstigen Umständen um 100 Jahre wei- ter hinausgeschoben werden, als die in Rede stehenden Schätzungen hoffen lassen. Jahrhunderte sind im Leben der gesammten Menschheit wie Tage im Leben des ein- zelnen Individuums und es würde daher auch bei der Voraussetzung eines möglichen Irrthums von Seiten der Geognosten ein derartiges weiteres Hinausrücken des un- vermeidlichen Termins um 100 Jahre nur eine wenig beruhigende Gnadenfrist bilden.

Eine ältere, weniger zuverlässige Schätzung nimmt in allzu optimistischer Uebertreibung an, dass die in dem Saarbrücker Kohlenbecken (in der Preussischen Rhein- provinz) noch vorhandenen Steinkohlenvorräthe, welche die Mächtigkeit der meisten Kohlenflötze Englands bei weitem nicht erreichen, noch für 3000 Jahre ausreichen könnten; doch ist hierbei nicht nur der Reichthum die- ses Kohlengebirges bedeutend überschätzt, sondern auch die jährliche Ausbeute, welche in der in Rede stehenden Berechnung nur zu 50 Mill. Ctr. angenommen wird, viel zu niedrig gegriffen und mit den Bedürfnissen des sich täglich steigernden Verbrauches nicht mehr im Einklange, so dass jene Zahl von 3000 Jahren sich in Wirklichkeit auf einen sehr bescheidenen Bruchtbeil derselben redu- eiren dürfte.

So unsicher und von einander abweichend alle diese Schätzungen nun auch sein mögen, so stimmen dieselben doch sämmtlich in der Hauptsache überein, dass nämlich von einer Unerschöpflichkeit der Steinkohlenbergwerke, wie man dieselbe fast allgemein noch träumt, durchaus nicht die Rede sein kann, sondern dass alle auch noch so reichen Gruben nach längerer, man könnte sogar sa- gen, verhältnissmässig kurzer Zeit vollständig ausgebeu- tet und erschöpft sein werden. Es ist allerdings hier- bei nicht zu vergessen, dass immer noch hier und da in weniger bewohnten Gegenden neue und ergiebige Kohlen- fundorte entdeckt werden können; anderseits ist es aber auch eine durch die Erfahrung bewiesene Thatsache, dass mit einem solchen Zuwachse stets auch der Verbrauch in gleichem Verhältnisse wächst, indem die durch den Zufluss neuer reicher Nahrung an den betreffenden Orten sofort mächtig sich entfaltende Industrie, gleich der durch die Zufuhr frischen Brennstoffes nur um so gefrässiger

78 Verbrauch der Steinkohlen.

um sich greifenden Flamme, den grössten Theil der neu hinzugekommenen Vorräthe bald wieder verschlingt und folglich nur sehr wenig davon auf den allgemeinen Welt- markt gelangen lässt, so dass die mögliche Entdeckung solcher vereinzelten Gruben nur unmerklich zur Verlän- gerung des Steinkohlenzeitalters beizutragen vermag.

Wenn wir erwägen, dass fast der gesammte moderne Fortschritt mit dem grossartigen, hoch pulsirenden, indu- striellen, commerziellen, socialen und geistigen Leben un- serer Zeit mittelbar durch Dampf und Dampfmaschinen auf der Wunderkraft der Steinkohle beruht, dass somit fast die ganze herrliche Blüthe der heutigen Cultur aus dem reichen Boden des Steinkohlenfeldes hervorwuchs, so ist die Verarmung dieses Feldes, das Versiegen die- ser mächtigen Kraftquelle fast gleichbedeutend mit dem plötzlichen Stillstande aller Bewegung und Tnätigkeit und, wenigstens vorübergehend, auch des materiellen und gei- stigen Fortschrittes der Völker. Es ist schwer, fast un- möglich, uns in unsern jetzigen Verhältnissen die uner- messlichen und auf alle Gebiete sich erstreckenden Fol- gen eines solchen Ereignisses zu vergegenwärtigen; aber ahnen können wir dieselben wenigstens, indem wir uns für einen Augenblick die Steinkohle aus der uns heute umgebenden Welt, welcher sie gleich dem Prometheus- funken mit feurigem Odem Leben und Bewegung ein- haucht, hinwegdenken.

Gleich einem riesigen Uhrwerke, in dessen Räder die Hand plötzlich hemmend eingreift, würde bei einem Verschwinden der Steinkohle das mächtige Weltgetriebe, das uns in wildem Strudel überall umfluthet, plötzlich in Stockung und Erstarrung gerathen: Fabriken, Werkstät- ten, Eisenbahnen, Posten, Dampfschiffe, Dampfpressen, kurz Alles, was unser heutiges Leben zusammensetzt, würde wie mit einem Schlage stille stehen und nur eine allgemeine Umwälzung und Umgestaltung aller Verhält- nisse wäre alsdann im Stande, das gewaltsam zerstörte Gleichgewicht allmälig wieder herzustellen. Des mäch- tigsten und universellsten Motors beraubt, würde sich die Menschheit in einem solchen Falle genöthigt sehen, gleich- sam eine neue Richtung in ihrem weiteren Entwickelungs- gange einzuschlagen, um auf neuen Wegen und durch neue Mittel der Erfüllung ihrer Weltbestimmung ent- gegen zu streben.

Und diese neuen Mittel und Wege werden, wir hof- fen es zuversichtlich, gefunden werden, ehe noch der

7, Ag li, Be vırr, KR, IM

bel

Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 79

verhängnissvolle Augenblick an ein späteres Geschlecht herantritt. Bereits hat der Genius der Erfindung im

‘Bunde mit Wissenschaft und Teehnik in der Neuzeit so

Grosses und Unerwartetes hervorgebracht, dass es wohl nicht als sorglos eitler Wahn erscheinen kann, von der Elektrieität, dem Luftdrucke oder dem durch eine wohl- feilere Wasserzersetzungsmethode erzeugten Wasserstoffe das zu erwarten, was zu leisten der Steinkohle einst ver- sagt sein wird. .

Schon hat man elektrische Locomotiven construirt, schon versucht man, unsere Strassen statt mit Steinkoh- lengas mit elektrischem Lichte zu beleuchten, überall arbeitet man rastlos an der Vervollkommnung der Aero- nautik, fortwährend beschäftigen sich noch zahlreiche Köpfe mit dem Problem der wohlfeilen Gewinnung des heizkräftigsten aller Brennmateriale, des in unerschöpf- licher Menge im Wasser zu Gebote stehenden Wasser- stoftes, und wenn auch alle diese Versuche bis jetzt keine vollständig befriedigenden Resultate geliefert haben, wenn auch die industrielle Anwendung der Wasserstoffverbren- nung jetzt noch als eine unwissenschaftliche und unaus- führbare Idee erscheint, so müssen wir doch auf Grund des Princips der steten Fortentwickelung der Mensch- heit annehmen, dass einer späteren Generation das ge- lingen wird, was uns heute zu erreichen noch ver- sagt ist.

Aber noch eine Folge ganz anderer Art haben wir hier als Wirkung des heutigen enormen Steinkohlenver- brauches zu erwähnen, eine Folge, unter der nicht nur die kommenden Generationen zu leiden haben werden, sondern welche auch das jetzt lebende Geschlecht schon sehr nahe berühren kann; wir meinen die Erzeugung der ungeheuren Massen von Kohlensäure, welche die Ver- brennung so kolossaler Quantitäten Steinkohlen aus Mil- lionen Feuerheerden beständig der Atmosphäre zuführt. (Bl. für Hand. u. Gewbe. 1866.) B.

Englands Kohlenreichthum und seine Dauer.

Die Frage über die Erschöpflichkeit der Kohlenlager in England beschäftigt schon seit geraumer Zeit die dor- tigen Industriellen. Von besonderem Interesse ist daher nachstehender Artikel, welchen der „Eeonomist“, in wirth- schaftlichen Tagesfragen unbestritten die gediegenste eng- lische Wochenschrift, veröffentlicht:

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30 Englands Kohlenreichthum und seine Dauer.

Unter dem Titel: „Die Kohlenfrage“ hat Jevons dem Publicum eine Anzahl wohlgeordneter und meistens unbestreitbarer Thatsachen vorgelegt und sie mit einer ‚Reihe von anregenden Erwägungen begleitet, welche Je- der, der Theilnahme hegt für die zukünftige Entwicke- lung und Grösse seines Landes, sehr wohl thun wird, in ernste Ueberlegung zu ziehen. Für Wenige wird es der Erinnerung bedürfen, wie vollständig unsere Prosperität und commerzielle und industrielle Ueberlegenheit auf der „billigen Kohle“ ruht. Kohlen und Eisen machen Eng- land zu dem, was es ist und sein Eisen hängt von sei- ner Kohle ab. Andere Länder besitzen eben so viel Eisenerz wie wir und mehre besseres als wir; aber kein Land (mit Ausnahme Amerikas, welches noch unent- wickelt ist) hat reichlich Kohlen und Eisenstein in der erforderlichen Nähe. Wir haben keine weiteren natür- lichen Anlagen für Erreichung industrieller Grösse, als unsern Vorrath von Kohlen und Eisen; fast alle rohen Stoffe für unsere Manufacturen kommen zu uns von fern- her; wir importiren viel von unserer Wolle, das meiste von unserem Flachse, alle unsere Baumwolle und alle unsere Seide. Unsere Eisenbahnen und unsere Dampf- boote werden von Eisen gemacht und von Kohlen betrie- ben, so auch gegenwärtig viele Fahrzeuge unserer Kriegs- marine. Kohle ist das Brod unserer grossen Fabriken, Eisen einer unserer Hauptexportartikel. Ganz besonders

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unsere Maschinenarbeit ist es, worin wir andere Natio-

nen übertreffen; unsere Maschinen sind es, die unsere erfolgreichen textilen Fabrikate hervorbringen und das Eisen, aus welchem die Maschinen construirt sind, wird gefördert, geschmolzen, gegossen, gehämmert, zu Gerä- then verarbeitet durch Kohlen und Dampf, welchen Koh- len erzeugen. Man glaubt, dass wenigstens die Hälfte der in Grossbritannien gewonnenen Kohle von den ver- schiedenen Zweigen unseres Eisenhandels verbraucht wird.

Wenn wir diese Thatsachen im Sinne behalten, so werden wir leicht begreifen, dass die Lebensfragen rück- sichtlich des Reichthums, des Fortschrittes, der Grösse unseres Landes diese sind: „Ist unser Vorrath an Kohle unerschöpflich? und, wenn nicht, wie lange wird er dau- ern?“ Jevons setzt uns in den Stand, diese beiden Fragen zu beantworten. Dieser Vorrath ist weit entfernt unerschöpflich zu sein; er ist im Wege des Erschöpfens und wenn wir fortfahren, unsern Verbrauch an Kohlen

| Englands Kohlenveichthum und seine Dauer. 81

‚von Jahr zu Jahr im Verhältniss unseres jetzigen Mehr- verbrauchs zu vermehren, so wird er nicht mehr hun- ‚dert Jahre vorhalten. Unsere geologischen Kenntnisse sind jetzt so gross und so sicher und das, was wir hier die unterirdische Aufnahme unserer Inseln nennen kön- nen, ist in solcher Vollständigkeit geschehen, dass wir mit ziemlicher Sicherheit sowohl die Ausdehnung, die Mächtigkeit und die Zugänglichkeit unserer Kohlentelder, so wie die jährlich an die Oberfläche gebrachte und ver- brauchte Quantität Kohlen kennen. Der ganze noch in Grossbritannien befindliche Kohlenvorrath bis zu einer Tiefe von 4000 Fuss wird auf 80,000 Millionen Tonnen geschätzt. Unser jährlicher Verbrauch betrug im Jahre 1860 etwa 80 Millionen Tonnen. Nach diesem Verhält- nisse würde die erreichbare Kohle noch 1000 Jahre aus- reichen. Aber unser Verbrauch ist jetzt in stetiger Ver- mehrung begriffen, der Consum steigt 31/,; Proc. pro Jahr und wird im Jahre 1880 nicht 80, sondern 160 Millionen betragen und wenn er in dieser Weise fortfährt zu stei- gen, so werden die ganzen S0,000 Millionen Tonnen vor dem Jahre 1960 erschöpft sein. Ja, dieser Zeitpunet wird vielleicht noch etwas früher erreicht werden, denn un- sere Berechnung schliesst alle Kohle bis zu 4000 Fuss Tiefe ein und bis jetzt ist keine Kohle bis zu einer grös- seren Tiefe als 2500 Fuss ausgebeutet worden, auch glauben wir nicht, dass Minen, wenn überhaupt, dann noch nutzbar in einer Tiefe von 4000 Fuss betrieben werden können.

Wir wissen natürlich, dass thatsächlich unsere Koh- lenfelder innerhalb dieser Periode nicht ausgenutzt sein werden. Wir sind uns klar darüber, dass das gegen- wärtige Verhältniss der jährlichen Vermehrung nicht bei- behalten werden kann. Mit jedem Jahre haben wir tie- fer zu steigen für unsere Zufuhr und tiefer gehen heisst, grössere und grössere Kosten für Arbeit, Maschinerie, Ventilation, Wasserhaltung, Unfälle u. s. w. aufwenden müssen. Grössere Tiefe bedeutet daher einen erhöhten Preis für die emporgehobene Kohle und diese Erhöhung des Preises wird den Verbrauch zurückhalten. Allein es ist gerade diese bevorstehende Erhöhung des Preises und nicht die endliche Erschöpfung, welche wir zu fürchten haben; denn es ist diese Erhöhung, welche unser Mass des Fortschritts limitiren und uns unserer besonderen Vor- theile und industriellen Oberhoheit berauben wird.

Sehen wir ein wenig näher den Modus operandi an.

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2.Hft. 6

82 Englands Kohlenreichthum und seine Dauer.

Die Schwierigkeit des Betriebes und des Förderns der Kohle wächst schnell, je mehr die Grube tiefer wird oder je nachdem untergeordnete Gruben überhaupt aus- gebeutet werden können; die Hitze wird mehr und mehr unerträglich, die Stollen, Strecken und Querschläge werden länger, die Gefahr wird grösser, die Ventilation kostspie- liger, die Quantität Wasser, die abzuhalten oder hinauf- zuschaffen ist, schwerer zu bewältigen. Ein sehr kurzer Zeitraum kann Maschinenkohle und Schmelzkohle von 5 auf 10 Sh. die Tonne erhöhen. Nun verbraucht aber eine Baumwollenspinnerei von gewöhnlicher Grösse für ihre Dampfkraft 80 Tonnen Kohlen pro Woche. Dies macht zu 5 5h. 1000 £ das Jahr; zu 10 Sh. per Tonne da- gegen 2000 £. Aber die Baumwollenspinnerei ist voll von Maschinerien und ein grosses Moment in den Kosten dieser Maschinerie ist die zum Schmelzen und Verarbei- ten des Eisens, woraus die Maschinerie besteht, ver- wendete Kohle. Die Eisenbahnen, welche die Kohle zur Fabrik bringen, und das Calico und Garn zurück- führen zum Exporthafen, sind von Eisen gemacht und durch Kohlen betrieben; ebenso die Dampfboote, welche die Baumwolle zu unsern Gestaden führen und das Garn. nach Deutschland exportiren; der Preis des Trans- ports, welcher ein sehr bedeutender Factor in den Ge- sammtkosten unserer Fabrikate ist, wird daher bedeutend vermehrt werden, sowohl mittelbar wie unmittelbar, durch eine Steigerung der Kohlenpreise. Eine Erhöhung in diesem Preise von 5 auf 10 Sh. per Tonne kann als gleich- bedeutend mit 2000 Pfd. St. das Jahr auf die Betriebs- kosten einer grösseren Baumwollenspinnerei geschätzt wer- den. Das heisst, jeder Fabrikant würde im Vergleich mit der gegenwärtigen Lage der Dinge und im Vergleich mit fremden Ländern eine Last von 2000 Pfd. St. das Jahr sich auferlegt sehen und würde deshalb den Preis seiner Waaren in diesem Verhältnisse erhöhen müssen. Wie lange würde es ihm möglich sein, bei diesem Miss- stande, oder wie es richtiger wäre zu sagen, bei dem Fortfall seiner gegenwärtigen vortheilhafteren Lage, mit seinen Coneurrenten Schritt zu halten? Und wie lange wird die Kohle selbst zum Preise von 10 Sh. per Tonne geliefert werden?

Und dann beachte man, dass der Stillstand im Ver- brauche der Kohle, d.h. die Verzögerung des Zeitpunc- tes ihrer endlichen und gänzlichen Erschöpfung, nur durch die Steigerung der Preise hervorgerufen werden kann und dass ‘in dem Augenblicke, wo er eintritt, der Ver-

Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 83

fall unseres relativen industriellen Supremats begonnen hat. Wir werden das Ausgehen unserer Kohle in dem kurzen Zeitraume eines Jahrhunderts vermeiden; allein wir werden das nur können, indem wir weniger ver- brauchen und jetzt weniger verbrauchen, heisst weniger Eisen produciren, weniger Calico und Wollenmanufacte exportiren, weniger Schiffe verwenden, eine geringere Bevölkerung unterhalten, aufhören in unserem Fortschritte, zurückweichen von unserer günstigeren Stellung. Wir können allerdings bewirken, dass unsere Kohle noch tau- send Jahre vorhält, anstatt hundert und die unvermeid- liche Erhöhung ihres Preises auf ein sehr unbedeutendes Mass reduciren; allein wir können dies nur, indem wir im Stillstande bleiben, und im Stillstande bleiben heisst, durch andere Nationen uns im Wettlaufe überflügeln las- sen, unsere ganze jährliche Vermehrung der Bevölkerung exportiren, vergleichsweise, wenn nicht positiv, ärmer und schwächer werden.

Und kein Vorbeugen dieses Endresultates scheint möglich in der Theorie, noch in der Praxis irgend ein Mittel, es zu modifieiren.

Wir können immerhin, heisst es, sparen im Ver- brauche der Kohle; aber erstlich sind die grösseren Er- sparungen, welche vernünftiger Weise in Aussicht genom- men werden können, bereits eingeführt. Im Schmelzen des Eisenerzes werden zwei Drittel weniger Kohle ver- wendet als früher und im Betriebe unserer Dampfmaschi- nen die Hälfte weniger. Zweitens ist es nur eine Stei- gerung im Preise der Kohle, welche uns zum sparsame- ren Gebrauche derselben anstacheln wird und gerade diese Steigerung des Preises ist der Beweis und das Mass unserer Gefahr. „Exportirt keine Kohle mehr,“ ruft man aus, „und so schont euren Vorrath“. Wir kön- nen aber dieses Auskunftsmittel nicht anwenden, wäre es selbst weise, es zu thun, oder im Einklange mit un- serer Handelspolitik, ohne die Hälfte .unserer Schifffahrt in Verwirrung zu stürzen, indem wir sie ihres Ballast- transports berauben; und selbst dann würde das Uebel kaum mehr als gemildert sein. „Warum, fragen Andere, sollten wir nicht, sobald unsere eigenen Vorräthe erschöpft sind, Kohlen von andern Ländern importiren, welche noch reich sein werden an Mineral-Brennstoffen und so unsern Mangel ersetzen?“ Einfach darum nicht, weil von allen Handels- und Industrie-Artikeln die Kohle der umfang- reichste im Verhältniss zu seinem Werthe ist; und dass

6*

84 Rauchverzehrende künstliche Brennstoffe.

der Umstand, sie zur Hand zu haben, sje im Ueberflusse billig und ohne Transportkosten zu haben, es ist, welcher uns unsere industrielle Ueberlegenheit verschafft hat. Mit Kohle, von Amerika gebracht, mit Kohle zu einem Preise, welchen sie dann kosten würde, können wir weder unser Eisen schmelzen, unsere Maschinen im Betriebe halten, unsere Locomotiven treiben, unsere Schiffe fahren, unsere Garne spinnen, noch unsere Tuche weben. Lange, ehe wir unsern Brennstoff importiren müssten, wäre das Spiel zu Ende.

Von 136 Mill. Tonnen Kohlen, welche gegenwärtig in der Welt gewonnen werden, produciren Grossbritannien 80 Mil- lionen und die Vereinigten Staaten nur 20. Allein das ist nur so, weil wir den Vorsprung hatten und unsere Be- völkerung weit dichter ist und weil unser Eisen und unsere Kohle für einander bequem liegen und auch be- quem zum Transport. "Sobald Amerika dicht bevölkert sein wird, wird sowohl unsere Eisen- wie unsere Kohlen- - Ueberlegenheit und Alles, was daraus folgt auf Amerika übergehen; denn die Vereinigten Staaten sind in dieser Hinsicht unernfesslich reicher als selbst Eng- land. Ihre Kohlenfelder werden auf 196,000 Quadrat- meilen an Ausdehnung geschätzt, während die unsrigen nur 5400 haben. Und das ist nicht Alles; ihre Kohlen sind oft besser in Qualität und unvergleichlich zugäng- licher als die unsern, hauptsächlich im Ohio-Thale. An einigen Stellen in Amerika ist der Preis der Kohle am Förderpuncte selbst jetzt schon nur 2 Sh. per Tonne, gegen 6 Sh.in England. (Derg- u. Hüttenm.-Ztg. 8.99. 1866.) B.

Rauchverzehrende künstliche Brennstoffe. 1: Kohle für die Küche.

Gepulverte Holzkohle ......... 50 Kilogrm.

s fette Steinkohle... 8 N

% magere Steinkohle 40 x Salpeter nt b, a Gebrannte Stärke............ 11],

2. Kohle zum Heizen der Zimmer. Magere Steinkohle......... 92 Kilogrm. Fette Steinkohle.......... 6 r Salpeter ai ar me Ua s

Gebrannte Stärke......... 11, 2

. Fabrikation der Schlempekohle. 85 3. Kohle zum Heizen der Fabriköfen, Dampfkessel etc.

Magere Steinkohle......... 88 Kilogrm. Fette Steinkohle... ...°: 10 R SE Re 1, = came Stärke. ur. cr 1l/,

Die Materialien für diese Brennstoffe werden zu Pul- ver gemahlen, gehörig vermengt, dann für den Küchen- gebrauch zu Cylindern, für sonstige Zwecke aber zu Blöcken von verschiedener Gestalt geformt. (Armengaud’s Genie industr.)

Die Fabrikation der Schlempekohle.

in der „Zeitschr. für Rübenzuckerindustrie“, Bd. 15. S.734, finden wir einen Aufsatz über die Verarmung des Bodens durch die Schlempekohlefabrikation von Hugo Schulz, welcher wohl von allgemeinerem Inter- esse sein dürfte. Wir entnehmen jener Mittheilung Fol- gendes:

Die Erschöpfung des Bodens an Kali ist eine sehr wichtige Frage geworden. Bekanntlich ist die Rübe eine viel Kali bedürftige Pflanze; in der Zuckerfabrikation geht dasselbe zum bei weitem grössten Theile in den Syrup und von da in die Melasse. Letztere wird in den meisten Fällen nicht verfüttert, sondern nachdem sie zur Spiritusfabrikation gebraucht ist, verkohlt und als Schlempe- kohle in den Handel gebracht. Diese dient zur Berei- tung von Salpeter und Pottasche, beides Producte, die der Landwirthschaft nicht wieder zugeführt werden.

Die Provinz Sachsen fabricirt jährlich ca. 60000 Otr. solcher Kohle; folgende Tabelle giebt über die chemische Zusammensetzung derselben Aufschluss. Sie ist aus 46 speciellen Analysen berechnet, welche vom Verfasser in den Jahren 1864 und 1865 ausgeführt worden sind:

Minimal- Maximal- Mittlerer gehalt gehalt Gehalt BehHekeit 2.22... 00. 0,51 10.09 2,93 In Wasser Unlösliches....... 11,82 28,62 18,03 Schwefelsaures Kali......... 3,74 12779 7,193 BNlorkallume. ir... 14.26 30.01 19,24 Kohlensaures Natron........ 12,36 22,05 17.14 Reale ee 46,38 34,94 Unbestimmtes und Verlust... 0,53 100,00.

Der in Wasser unlösliche Rückstand besteht aus Kohle, etwas Thonerde, Eisenoxyd, Kieselerde und Kalkver- bindungen mit nur ganz geringen Mengen von Phosphor- säure und Kali. Es ist ein beinahe werthloser lästiger Abfall.

er ER wir a 86 Einwirkung von Ammoniak auf glühende Kohle.

Der Gesammtkaligehalt stellt sich im

Minimum..... 25,99 Proc. j Maximum..... 57,01 Mittels: 39.89. #4

Es werden also hier der Landwirthschaft durch die Schlempekohlenfabrikation jährlich circa 24,000 Centner Kali entzogen. Um diese wieder zu ersetzen, müss- ten dem Boden jährlich mehr als 44,000 Centner schwe- felsaures Kali zugeführt werden. (Bl. für Hand. u. Gwbe. 1866. No. 38.) B.

Verfahren zur Wiederbelebung der Knochenkohle.

Nach Beane soll man, um den von der gebrauchten Knochenkohle absorbirten Kalk zu entfernen, ohne dabei gleichzeitig den phosphorsauren Kalk zu lösen, die trockne und heisse Kohle mit salzsaurem Gase vollständig sätti- gen und dann eine Portion unbehandelte Kohle damit mischen. Das in den Poren der ersteren zurückbleibende Gas wird von der letzteren aufgenommen und durch den Kalkgehalt derselben neutralisirt. Nach dem Auswaschen des Chlorcalciums wird die Kohle in gewöhnlicher Weise geglüht. Dies Verfahren wird von Medlock als beach- tenswerth empfohlen. (Chem. News. Chem. Centralbl.)

B.

Einwirkung von Ammoniak auf glühende Kohle.

Weltzien hat bei seinen Versuchen über die Ein- wirkung von Ammoniak auf glühende Kohle keine Spur eines Kohlenwasserstoffes wahrnehmen können. G. Lunge, der denselben Process im Grossen vorgenommen hat, glaubt dabei Acetylen aufgefunden zu haben. Nachdem das bei der Operation gebildete Cyanammonium in passenden Apparaten absorbirt worden ist, wird das unabsorbirte Gas durch mehre Gefässe mit Wasser und schliesslich in den Ofen geleitet, um dort verbrannt zu werden. Einige von den Röhren waren aus Kupfer gemacht. So- bald Lunge mit diesem Apparate zu arbeiten angefan- gen hatte, fanden täglich die heftigsten Explosionen statt, von denen er sich anfangs keine Rechenschaft geben konnte, bis er durch die Entdeckung der explodirenden Eigenschaften, welche die Verbindung von Acetylen mit

Dissociation des Kohlenoxyds. 87

Kupfer besitzt, aufmerksanı gemacht, die kupfernen Lei- tungsröhren durch eiserne ersetzte. Von diesem Zeit- puncte an fanden keine Explosionen mehr statt. In Be- tracht dieser Umstände glaubt Lunge die Bildung von Acetylen bei diesem Processe für erwiesen ansehen zu dürfen. (Chem. News. Chem. Centralbl. 1866. 7.) B.

Dissociation (Zerfallen) des Kohlenoxyds.

Obgleich das wesentliche Ergebniss der Versuche H.St.Cl. Deville’s über diesen Gegenstand schon früher einmal mitgetheilt worden ist, so ist es jedoch bei dem hohen Interesse und der Bedeutsamkeit derartiger Zer- legungen wohl geboten, diese Sache noch einmal zur Sprache zu bringen und speciell den Apparat und die Experimentirweise zu beschreiben, deren Deville sich zur Zerlegung des Kohlenoxyds bediente (Compt. rend. 59), zumal dieser Apparat nicht nur zu Versuchen gleichen Zwecks, sondern auch zu manchen anderen verwendbar erscheint.

Die Vorrichtung für die Dissociation des Kohlenoxyds hat die Aufgabe, in gleicher Art zu wirken, wie etwa der durch Gase durchschlagende elektrische Funke wirkt, . nämlich an einer gewissen Stelle durch seine Hitze eine Zersetzung hervorzubringen, deren Producte, mit der übrigen überwiegenden Gasmenge sich mischend, nicht wieder so hoch erhitzt werden, dass sie sich von Neuem wieder vereinigen können. Diesen Zweck erreichte De- ville durch folgende Anordnungen.

Ein Porcellanrohr wird beiderseitig mit Korken ver- schlossen, die doppelt durchbohrt sind. In das eine Loch der beiden Korke wird ein dünnes Messingrohr von 8MM. Durchmesser gesteckt, in die beiden anderen Löcher je ein kurzes beiderseitig offenes Glasrohr, durch deren eines das Kohlenoxyd eintritt, um in der Porcellanröhre sich zu verbreiten, durch deren anderes die Gase, die bei der Zersetzung im Porcellanrohr entstehen, entweichen.

Wurde nun das Porcellanrohr einer sehr hohen Tem- peratur ausgesetzt und während dieser Zeit durch das eine Glasrohr ganz reines Kohlenoxyd eingeleitet, durch das Messingrohr ein schneller Strom kalten Wassers geschickt, das gegenüberliegende zweite Glasrohr aber mit einem Kugelapparat, der Barytwasser enthielt, in Verbindung gesetzt, so beobachtete man in lebhafter Roth- gluth die Trübung des Barytwassers und an dem Messing-

= a

88 Erkennung der Vergiftung mit Kohlenozxyd.

rohr hatte sich, so weit es im Porcellanrohr lag, flockiger Kohlenstoff abgesetzt.

Der Process ist also der: das Kohlenoxyd, welches die untere glühende Wand des Porcellanrohres bestreicht, zersetzt sich theilweise in Kohle und Sauerstoff und diese Producte steigen in die Höhe, treffen in der Mitte das kalte Messingrohr, dessen Temperatur etwa +- 100 beträgt, und hier setzt sich der Kohlenstoff ab. Mit dieser Er- klärung stimmt auch die Thatsache überein, dass die Kohle nur der unteren Seite des Messingrohres anklebt. Der Sauerstoff des einen zersetzten Aequivalents Kohlen- oxyd verbindet sich mit einem unzersetzten Antheil des Gases zu Kohlensäure und nicht wieder mit dem einmal abgeschiedenen zu sehr abgekühlten Kohlenstoff *).

Mit einigen Modificationen wird der oben beschriebene Apparat bei Gasuntersuchungen verschiedener Art sehr werthvolle Dienste leisten können. Macht man z.B. ins Messingrohr eine sehr feine Spalte und lässt das Wasser durch ein hinreichend langes senkrechtes Rohr abfliessen, so besitzt man eine Art Trommelgebläse, durch welches man Gase schnell aufsaugen und die heissesten schnell abkühlen kann. (Journ. f. prakt. Chem. Bd.95. 5.) B.

Erkennung der Vergiftung mit Kohlenoxyd.

Das mit Kohlenoxyd behandelte Blut zeigt im Sonnen- spectrum untersucht bei hinreichender Verdünnung fast eben solche Absorptionsstreifen als sauerstoffhaltiges Blut, fügt man aber Schwefelammonium hinzu, so verschwin- den die Streifen nicht im Verlaufe mehrer Tage, während das kohlenoxydfreie, aber sauerstoffhaltige Blut nach einigen Minuten nur einen Absorptionsstreif in der Mitte zwischen den Spectrallinien D und E zeigt, wenn es mit Schwefelammonium versetzt war. An dieser Unveränder- lichkeit des kohlenoxydhaltigeu Blutes durch Schwefel- ammonium kann man den Kohlenoxydgehalt des Blutes erkennen und es gelingt bei Thieren, die man mit wenig Kohlenoxyd allmälig vergiftet hat, recht gut auf die obige Weise, im Blute das Kohlenoxyd mit Entschieden- heit nachzuweisen. Dabei ist es zweckmässig, das Blut

*) Man kann den Vorgang auch so erklären, dass das Kohlenoxyd C202 in Kohle CE und Kohlensäure CO? zerfällt; eine weitere Ein- wirkung beider Zersetzungsproducte auf einander wird durch die Abkühlung des Kohlenstoffs und eine Entfernung des Kohlensäure- ° gases verhindert. EEE

u

Schädlichkeit des Schwefelkohlenstoffdunstes. 89

zur Untersuchung im Spectralapparate stark zu verdün- nen. Zahlreiche Fälle der Vergiftung von Menschen und Thieren haben erwiesen, dass nach der Vergiftung in atmosphärischer Luft ziemlich schnelle Erholung eintritt, wenn die Vergiftung nicht bis unmittelbar zum beginnen- den Tode gedauert hatte. Hoppe-Seyler hat oft Kanin- chen und Hunde bis zum völligen Aufhören der Respiration mit Kohlenoxyd vergiftet und diese Thiere nach einge- leiteter künstlicher Respiration sich bald wieder erholen gesehen. Die Ursachen dieser Reconvalescenz hat Po- krowsky (Virchows Arch. Bd. 30. 8. 525) untersucht und gefunden, dass bei derselben kein Kohlenoxyd, son- dern mehr als gewöhnlich Kohlensäure ausgeathmet wird.

Auch das mit Kohlenoxyd behandelte defibrinirte Blut verliert seinen Kohlenoxydgehalt beim Stehen an der Luft allmälig und Schwefelammonium macht dann die beiden Absorptionsstreifen bald verschwinden, Schütteln mit der Luft ruft sie wieder hervor, auch wird das Blut beim Schütteln mit Luft hellroth, beim Stehen venös dunkel.

Die Veränderung des kohlenoxydhaltigen Blutes beim Stehen in dieser Weise macht daher in forensischen Fälfen schnelle Untersuchung nöthig, wo es sich um den Nachweis derartiger Vergiftung handelt. Mehre Tage können bei mittlerer Temperatur vergehen, ehe der Kohlen- oxydgehalt des Blutes bemerkbar abnimmt. (Med.-Centrbl.)

B.

Schädliehkeit des Schwefelkohlenstofldunstes.

Arbeiter, welche viel mit der Fabrikation des Sch wefel- kohlenstoffs zu thun haben, werden immer dümmer, ver- lieren den Geschmack ganz, haben eine belegte Zunge, können aber sehr viel essen. Dabei magern sie ab, wer- den kachektisch und empfinden ein fortwährendes Brennen in der Brust, im Unterleibe und After.

Beim Leckwerden eines Behälters mit Schwefelkohlen- stoff liefen mehre Maass desselben aus; die dabei beschäf- tisten Arbeiter merkten bald ein Gefühlloswerden der Beine von unten herauf und nach und nach des ganzen Körpers, dann traten Hitze, Angstschweiss und ein äusserst weh- müthiges, bis zum Weinen sich steigerndes Gefühl ein und zuletzt fielen sie bewusstlos um. Durch Waschen. der Gelenke mit kaltem Wasser, Genuss desselben, auch _ wohl eines starken Schnapses, bekamen sie die Besinnung wieder und fühlten sich wohler, wenn sie sich nur tüchtig erbrechen konnten. Noch mehre Tage nach solchem

90 Borax in Californien.

schweren Anfalle fühlten sich die Leute sehr matt und nahmen dann, wie überhaupt häufig, zum Abführen ein und unterstützten die Genesung durch kalte Abreibungen und Bäder.

Ein Arbeiter, der viel Schwefelkohlenstoff eingeathmet hatte, wurde erst dumm, dann ganz blödsinnig, dabei so wüthend, dass ihn drei Männer nicht im Bette halten konnten, schlief darauf ein und starb am folgenden Tage. (Pharm. Centralh.)

Borax in Californien.

Die kürzlich erschienene Schrift J. D. Whitney’s über „die geologische Vermessung Californiens“ enthält eine interessante Schilderung einer Boraxablagerung in diesem Lande.

Der „Borax-See‘“, wie man ihn nennt, liegt ungefähr 36 engl. Meilen vom stillen Meere und 65 engl. Meilen nordwestlich von der Suisun-Bay. Das Vorhandensein dieses Sees wurde zuerst im Jahre 1856 von Dr. Veatch bekannt gemacht, der in den Gewässern desselben Borax entdeckte. Einige Monate später fand man eine grosse Ablagerung von Krystallen auf dem Grunde des Sces. Diese Krystalle, welche an Grösse von mikroskopischen Dimensionen, bis zu 2 oder 3 Zoll querüber abweichen, bilden eine Schicht von verschiedener Dicke unmittelbar unter dem Wasser. An einer Stelle fand man diese Schicht 18 Zoll tief, an anderen Stellen wechselten mehre dünnere Schichten mit schwachen Thonlagen ab.

Der Umfang des Sees schwankt je nach der Trocken- heit der Jahreszeit und eben so auch die Quantität der in der Lösung enthaltenen Salze. Im September 1863 waren in einer Gallone 2401 Grains feste Stoffe enthalten, von denen die Hälfte gemeines Salz (Chlornatrium) ein Viertheil kohlensaures Natron und der Rest hauptsächlich borsaures Natron waren. Im Jahre 1864 kam die „California Borax Compagny“ in den Besitz _ des Sees und aus der laufenden Nummer von Silliman’s Journal, der wir die vorstehenden Notizen verdanken, erfahren wir, dass die Compagnie im Laufe des letzten Jahres nicht nur den örtlichen Bedarf von 30 bis 40 Tonnen geliefert, sondern auch 200 Tonnen nach New-York . verschifit hat. Der Borax wird während der trockenen Jahreszeit aus dem Schlamm auf dem Grunde des Sees gesammelt und der Ertrag in der letzten Jahreszeit belief

Chemische Constitution der Kieselsäure. 91

sich durchschnittlich auf etwa 21, Tonnen reinen Borax täglich. Diese neue Quelle des Salzes scheint sonach einige commerzielle Wichtigkeit zu besitzen. (Das Ausland, 15. Mai 1866. No. 20. 8.480.) H. Ludwig.

Chemische Constitution der Kieselsäune.

Th. Scheerer, der schon früher die Ansicht über die diatome Constitution der Kieselsäure bekämpfte *), sucht diesem Streite nun eine endgültige Entscheidung zu geben. Nach Wöhler’s Entdeckung des Leu- cons und Silicons, ferner, nachdem es Geuther ge- lungen, ein Oxyd darzustellen, dem man die Formel SiO2 beilegen müsse, sei die Zusammensetzung der Kiesel- säure unzweifelhaft nach der Formel SiO3 anzunehmen. Nach Scheerer’s Ansichten, die viel für sich haben, würde die Reihe der Verbindungen des Siliciums mit dem Sauerstoff folgende sein:

Si?0, HO Silicon Sı0,HO. Leucon SiO2.,.. Geuther's Oxyd SiO3.... = Kieselsäure.

Durch die Existenz einer solchen Oxydationsreihe ist aber nach Scheerer’s Ansicht der endgültige Beweis für die chemische Constitution der Kie- selsäure SiO? gegeben. Die isomorphen Haloid- doppelsalze, Kieselfluorstrontium und Zinnfluorstrontium, deren Formel nach der diatomen Ansicht über die Kiesel- säure folgendermassen lauten:

SrF SiF?2 + 2HO = Kieselfluorsirontium SrF + SnF? + 2HO = Zinnfluorstrontium lauten nach dem Aequivalentgewicht der Kieselerde 8103: 3SrF (Si?)F6 6HO

3SrF (Sn3)F6 6HO.

Es findet mithin nach dieser Ansicht ein polymerer Isomorphismus statt. 2 Aeq. Si können 3 Aegq. Sn ver- treten.

G. Rose deutete die Zusammensetzung des Zircons nach der Formel Zr?03, Si0O3, da die isomorphen Minerale Rutil und Zinnstein eine analoge Zusammen- setzung, nämlich nach den Formeln

*) S. Annal. d. Chem. u. Ph. 116. 129—160. Pogg. Annal. 118, 182 185. Leopoldina 1864, Heft 4.

92 Die Feldspäthe. TiO2 Rutil SnO? Zinnstein

"haben. Scheerer sucht den Grund der Isomorphie in folgenden Verhältnissen:

Rutil 22. —=3T 60 Zinnstein.. = 39n 4 60 Zirkon..... = Zr 4 Sı) + 60.

Diese Ansicht hat Vieles für sich.

Physikalische Thatsachen sind nach Th. Scheerer’s Ansicht nur mit grösster Vorsicht zur Entscheidung über die chemische Constitution von Verbindungen zu benutzen und liefert schlagende Beispiele für diesen Satz. (Journ. für prakt. Chemie. Bd. 96. Heft6. 8.321— 529.) (.Bl.

Die Feldspäthe.

Ein einfaches System der zahlreichen zu den Feld- späthen gehörigen Mineralien nach ihrer chemischen Zu- sammensetzung aufzustellen, ist bis jetzt nicht gelungen. Die früher von Tschermak ausgesprochene Ansicht, es möchten viele Feldspäthe wohl Gemische isomorpherV erbin- dungen sein, hat derselbe begründet. Alle Feldspäthe sind nach ihm Gemische von nur drei Mineralien, dieim Adular, Albit und Anorthit fast rein auftreten. Der Orthoklas oder kalireiche Feldspath besteht aus regelmässigen Durch- wachsungen von Adular und Albit. Die übrigen Feld- späthe sind Gemenge von Albit und Anorthit, bisweilen mit kleinen Mengen Orthoklas gemischt. Oligoklas, Andesin und Labrador sind nur Glieder einer continuirlichen Reihe. Die bis jetzt noch nicht ins System gebrachten Feldspäthe, weil sie keinem dieser Fälle entsprechen, sind die bisher nicht berücksichtigten Zwischenglieder. Tschermak zählt auch zu den Feldspäthen den barythaltigen Hyalophan und den Danburit, der statt Thonerde Borsäure enthält. Es ist mithin hiernach die Gruppe der Feldspäthe in drei Gattungen zu trennen, deren jede nach dem Verhältniss der Mischung in Unterabtheilungen zerfällt. (T'schermak,

# Chemisch-mineralogische Studien. 1. Th.) Dr. Reich.

Chrom - Aventuringlas. Wasserglas. 93

Einfiuss der Kohle und des Schwefels auf die Färbung des Glases.

Schon seit längerer Zeit weiss man, dass das Glas durch Kohle und durch Schwefel gelb gefärbt wird; der Einfluss der übrigen Metalloide ist bis jetzt noch unbekannt geblieben. Um diese Lücke auszufüllen, hat J. Pelouze in der Glasfabrik von Saint-Gobain Versuche ausge- führt.

Als Hauptresultate seiner Untersuchungen ergeben sich:

1) dass alle Gläser des Handels Sulfate enthalten;

2) dass ein Glassatz, welcher vollständig frei von Sulfat ist, weder durch Kohle, noch durch Bor, noch durch Silicium, noch durch Wasserstoffgas gefärbt wird;

3) dass der Schwefel und die Alkali- oder Erd- sulfüre sowohl das reine Glas als auch die käuflichen Glasarten gelb färben;

4) dass die Farbe, welche das Glas unter dem Ein- flusse der genannter Metalloide annimmt, nur eine Wir- kung der reducirenden Kraft der letzteren ist. (Compt. rend. 7. 60.) B:

Chrom - Aventuringlas.

Bekanntlich werden Email und Glas durch Chromoxyd grün gefärbt. Pelouze schmolz einen Glassatz von 250Th. Sand, 100 Th. kohlensaurem Natron und 50 Th. Kalk- spath mit doppelt - chromsaurem Kali zusammen und erhielt mit 10 Thheilen Chromsalz ein homogenes, trans- parentes, gelblich-grünes, mit 40 Theilen COhromsalz ein dunkelgrünes und mit Flitterchen von Chromoxyd erfülltes Glas. Dieses grüne Aventuringlas funkelt im Sonnenlichte und an sehr hellen Orten, steht in dieser Beziehung nur dem Diamant nach, ist viel härter als gewöhnliches Glas und schneidet dieses mit Leichtigkeit. Zu Schmucksachen ist es sehr geeignet. Dr. Reich.

Wasserglas

bietet nach A. Pätsch ein wirksames Schutzmittel für hölzerne Dachconstructionen gegen Feuersgefahr. Man stellt dasselbe folgendermassen dar: 180 Pfd. Sand, 110 Pfd. Glaubersalz und 10 Pfd. gepulverte Coaks wer- den in Glashäfen geschmolzen und blank geschürt, auf

I ET DE EN 94 Cämentfabrikation.

eiserne Platten gegossen, nach der Abkühlung fein ge-

mahlen und in einem gusseisernen Kessel aufgelöst. Zum

Anstriche wird eine sehr verdünnte Lösung 5—6 Mal

aufgetragen. (Ztschr. des Ver. deutscher Ingenieure. Bd. 9.) B.

Cimentfabrikation.

Grüneberg beschreibt eine nach dem Bleibtreu- schen Principe arbeitende Cämentfabrik bei Misdroy auf der Insel Wollin. Die in der Nähe der Fabrik gewonnene Kreide wird gleichmässig einem kreisförmigen, nach der Mitte zu sich kegelförmig erhebenden, mit etwa 12 Zoll hohen Rande umgebenen Schlämmheerd zugeführt, auf dem sich ein Rahmenwerk an einer verticalen Welle mit einer Geschwindigkeit von 60 Umdrehungen in der Minute bewegt. Ein continuirlich zufliessender Wasserstrahl bildet mit der Kreide eine milchartige Flüssigkeit, die durch das Rahmenwerk mit in Rotation versetzt wird. Von dem Schlämmherde gelangt die Kreidemilch durch ein Sieb nach 12 Zoll breiten, 8 Zoll tiefen Canälen von einigen 100 Fuss Länge, in denen sich die schwereren sandigen Theile absetzen und von hier nach 50 Fuss langen, 20 Fuss breiten und 8 Fuss tiefen in Cäment- mauerwerk aufgeführten Schlammbassins. Das Absetzen der Schlemmkreide in diesen dauert 10 Tage bis 4 Wochen, je nachdem die Luft mehr oder weniger ruhig ist. Der aus der Umgegend von Stettin bezogene Thon wird in Trockenhäusern "getrocknet und dann zu einem ganz feinem Pulver gemahlen. Dieses Pulver wird mit der geschlämmten Kreide gemengt, circa 2 Raumtheile Kreide- brei mit 1 Raumtheil gemahlenen Thones; das genaue Verhältniss wird nach einer Probe festgestellt, die für jedes Schlämmbassin gemacht wird. Zur innigen Ver- mengung werden Thonschneider angewendet, zur besseren Versteifung wird nach Bedürfniss noch gemahlene und nur getrocknete Cämentmischung zugesetzt. Die Thon- schneider pressen die Cämentmischung durch einen circa 8 Zoll breiten und 5 Zoll hohen eisernen Canal nach aussen, wo dieselbe mittelst Draht in Ziegel abgeschnitten wird. Diese Ziegel werden im Sommer in Trockenhäusern getrocknet, was je nach den Witterungsverhältnissen drei Tage bis vier Wochen erfordert. Die getrocknete Masse wird auf Schienenwegen nach den Brennöfen geführt.

Die Oefen bestehen aus 2 Fuss starkem Mauerwerke,

Englisches Probirverfahren für Portland-Cäment. 95

sind cylindrisch von 10 Fuss im Durchmesser, 50 Fuss hoch, oben zugespitzt und dort mit einem Regulirungs- schieber für den Zug versehen. Jeder Ofen hat 3 Be- schickungen, resp. Entleerungsöfen; auf die untere flache Ofensohle wird zunächst eine Lage Holz geschichtet, darauf Coaks, dann abwechselnd Cämentziegel und Ooaks bis der Ofen circa 18 Zoll über den cylindrischen Theil gefüllt ist und zuletzt noch eine Lage Holz. Die Luft wird durch einige kleine Oeffnungen über der Sohle zu- geführt. Beim Anheizen wird zunächst die obere, dann die untere Holzlage angezündet, hierauf werden die Be- schickungsöffnungen vermauert, deren eiserne Thüren von Aussen verschlossen sind und nun der Zug mittelst des oberen Schiebers so regulirt, dass das Material ganz all- mälig ins Glühen kommt. Die ganze Operation des Bren- nens dauert circa 3 Tage, worauf die Oefen in 8 Tagen allmälig abkühlen. Die zerbröckelte Cämentmasse wird herausgezogen, mit Hämmern zerschlagen und zwischen cannelirten Walzen oder in eisernen sog. Brechkästen zerdrückt, deren Boden ein starker Rost bildet und in denen sich eine Walze mit schraubenförmig herumgewun- denen Messern dreht. Die weitere Verarbeitung geschieht auf 4 Mahlgängen mit französischen Steinen, in denen die Steinstücke nicht mit Gyps, sondern mit Cäment ver- bunden sind. Aus den Mahlgängen fällt das feine Cäment- pulver direct in die Packfässer; die durch eine mechanische Vorrichtung fortwährend geschüttelt werden, so dass eine feste Verpackung hergestellt wird. Zu einer täglichen Production von 80 Centnern Cäment sind 200 Arbeiter nöthig.

Grüneberg hebt als Eigenschaften eines guten Cäments hervor, ein solcher dürfe in Berührung mit Was- ser sich nicht stark erhitzen und derselbe müsse, mit 2 Th. Sand gemischt, binnen 3 Stunden gebunden sein. Ein geringer Zusatz von Soda zu dem Cäment vor dem Brennen beschleunige die Erhärtung desselben bedeutend, so dass man es in der Hand habe, den Cäment in belie- bigen Zeiträumen erhärten zu lassen; ein zu schnelles Erhärten erschwere jedoch die Anwendung. (Deutsche Indstr.- Ztg.)

Englisches Probirverfahren für Portland -Cäment.

Bei grösseren öffentlichen Bauten wird in England eine besondere Bauhütte zur Vornahme von Proben mit

Nr

96 Analyse des Chladnit.

dem angelieferten Cämente errichtet, welche Einrichtung von sehr praktischem grossen Nutzen ist.

Zunächst wird das Gewicht untersucht, welches für den gestrichenen Bushel 110 Pfd. engl. oder 1375 Kilogrm. pro Cubikmeter betragen muss; dann werden Probeziegel aus 1 Th. Cäment und 1 Th. reinem Sande gefertigt und auf die Festigkeit geprüft, welche sich mindestens auf 180 Pfd. pro Quadratzoll belaufen muss, wenn die Ziegel einen Tag an der Luft und sechs Tage im Wasser erhär- tet sind. (Ztschr. des hannov. Archit. u. Ingen.- Vereins.)

Neuer künstlicher Marmor und Cäment, mit Magnesia bereitet, von Ste. Claire-Deville.

Der Verfasser beobachtete, dass wasserfreie Magnesia, durch Caleination von Uhlormagnesinm gewonnen, einem continuirlichen Wasserstrahle ausgesetzt, nach und nach. so hart wurde wie Marmor. In kleine Stücke zertheilt wurde die Masse durchscheinend wie Alabaster und kry- stallinisch. Nach sechs Jahren hatte sie sich an der Luft dem Anscheine nach nicht verändert. Die Analyse ergab Wasser 27,7, Kohlensäure 8,3, Thonerde und Eisenoxyd 1,3, Magnesia 57,1, Sand 5,6.

Eine Portion wasserfreie Magnesia mit Wasser zu einer halbplastischen Masse angerührt und dann mit Wasser in ein hermetisch verschlossenes Glasrohr gebracht, ver- band sich langsam mit dem Wasser und wurde vollkom- men hart. An der Luft getrocknet wurde das Hydrat durchscheinend und krystallinisch.

Eine Mischung von Kalk oder Marmor mit gepulverter Magnesia, mit Wasser zum Teige angerührt, erhärtete gleichermassen unter Wasser. Deville schlägt eine solche Mischung zur Darstellung von Büsten vor.

Durch Caleination eines an Magnesia reichen Dolomits bei 300— 4000 und Mischung des Products mit Wasser bekam Deville einen Cäment, der sich in Salzwasser ausserordentlich gut hielt. (Pharmaceut. Journ. and Trans- act. 2. Ser. Vol.7. No.9. March 1866. p. 476.) Wp.

Analyse des Chladnit. Unter diesem Namen hat vor längerer Zeit She- pard den überwiegenden Gemengtheil des Meteorsteins von Bischopville beschrieben und ihm die Formel:

A

a A er a

. Darstellung von reiner Aarau und Aetznatronlauge. 97

Mg0, SiO3 zugetheilt. Denselben Stein hat jüngst J. L. Smith einer erneuten Analyse unterworfen und ist dabei zu anderen Resultaten gelangt. (Sill. Amer. Journ. 38.) Darnach ist der Chladnit ein Talkerde-Pyroxen und identisch mit Eustasit; seine Zusammensetzung entspricht

der Formel M50O, SiO?. Er enthält nämlich:

SIOr 60,12 59,83 in an OA 39,45 39,22 Fe203...... 0,30 0,50 KO,Na0, LiO 0, 74 —— 7100,81.

Diese Abweichung von Shepard sucht Smith in der fehlerhaften Analyse des Letzteren, vermöge deren er den Kieselsäuregehalt zu hoch fand. (Journ. für prakt. Chemie. Bd. 95. 5.) k

Darstellung von reiner Aetzkali- und Aetznatronlauge.

Die kohlensauren Alkalien sind sehr leicht schwefel- säurefrei zu erhalten, schwierig dagegen salzsäurefrei. Hat man es daher mit einem kohlensauren Alkali zu thun, welches so weit rein ist, dass es nur noch kleine Mengen von Chlor enthält, so setzt man der Auflösung derselben eine entsprechende Menge kohlensaures Silber- oxyd zu, erwärmt damit, filtrir, und macht das Filtrat alsdann auf die gewöhnliche Weise durch gebrannten Marmor ätzend. Zur Filtration bedient sich Gräger schon seit längerer Zeit eines Filters, welches aus Marmor besteht und in folgender Weise hergerichtet wird. In die Oeffnung eines Glastrichters legt derselbe zunächst einige Stückchen groben Marmors und auf diese feineres Pulver desselben Materials und spült so lange mit destil- lirtem Wasser nach, bis dieses alles Feinere fortgenom- men hat und klar abfliesst. Hierauf giesst man die Lauge in den Trichter; man hält während der Arbeit den Trich- ter gut bedeckt, die Fittrafion geht ungemein rasch von statten und man erhält eine vollkommen wasserhelle und farblose Lauge. Der Rückstand im Trichter lässt sich mit aller Bequemlichkeit vollständig auswaschen ohne den geringsten Verlust zu erleiden. Die gelbliche Färbung, die eine in einem eisernen Kessel eingekochte Lauge zeigt, rührt gewöhnlich und hauptsächlich von suspendir- tem Eisenoxydhydrate her, die man wegnimmt, wenn man die alsdann freilich nicht zu starke Lauge durch gepul- verten Marmor filtrirt. (Polyt. Notizbl. 1866. I) 2.

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hft. {{

Pr EHER, EU } °r

98 Ueberführung des schwefelsauren Kalis in kohlensaures.

Krystallisirtes kohlensaures Kalı.

Bei der Darstellung von Uroxansäure durch Einwir- kung von Kalilösurg auf Harnsäure erhielt G. Städeler, nachdem uroxansaures und oxalsaures Kali angeschossen waren, beim weiteren Abdampfen der Mutterlauge ein 'in grossen farblosen durchsichtigen Prismen anschiessen- des Salz, welches bei näherer Untersuchung aus reinem kohlensauren Kali bestand. Dieses Salz ist nach der Formel 2KO, Ü2 0? 3aq zusammengesetzt, enthält also 3 Aeq. Wasser.

Wir kennen bereits ein krystallisirtes kohlensaures Kali von der Zusammensetzung 2 KO, C204 —+ A4ag, welches nach Berzelius gewonnen wird, wenn man die Lösung des Salzes so weit verdampft, bis sie in der Wärme 1,62 spec. Gew. hat, und dann langsam in einem hohen Cylinder erkalten lässt. G. Städeler erhielt nach dieser Methode nur ein krystallinisches Pulver; grössere Krystalle bildeten sich erst dann, als die Lösung vor dem Abdampfen mit etwas kaustischem Kali vermischt wurde. Da diese Krystalle aber einen Wassergehalt übereinstimmend mit der Formel 2KO, 0204 3aq zeigten, so scheint nach diesen Versuchen ein kohlen- saures Kali mit 4 Aegq. Krystaliwasser nicht zu existiren. (Annal. d. Chem. u. Pharm. UXXXIL., 371— 574) @.

Die Veberführung des schwefelsauren Kalis in kohlensaures,

analog dem Sodabildungsprocesse von Leblanc, ist unter Leitung von Koppe, nach einer brieflichen Mit- theilung desselben an R. Wagner versuchsweise in grösserem Massstabe ausgeführt worden und hat zu einem sehr günstigen Resultate geführt. Allein es bilden sich dabei sehr grosse Mengen von Cyan- und Schwefeleyan- kalium, welche Umstände der allgemeinen Anwendung dieser Pottasche hindernd in den Weg treten. (Polyt. Journ. Bd. I75.) B.

Ueber den Stassfurtit.

A. Steinbeck gelangte durch eine Analyse die- ses Minerals zu dem Resultate, dass eine Verschieden- heit zwischen dem ausgewaschenen Stassfurtit und dem Lüneburger Boracit nicht besteht, sondern ersterer als eine dimorphe Form des Boracits anzusehen ist. (Poggend.

Annal. Bd. 125.)

N" Pla NE gen Sand, a he ai dd Dr ae u DE ME Flüssige Glycerinseife. 99

Die flüssige 6Glycerinseife

aus der Fabrik von Sarg in Wien, deren Betrieb für Norddeutschland Dr. Marquart in Bonn übertra- gen ist, besitzt beim Gebrauche so empfehlenswerthe Eigenschaften, dass Prof. Heeren in Hannover sich bemüht hat, ein ähnliches Product herzustellen, da die Sarg’sche Glycerinseife ihres ziemlich hohen Preises wegen der Classe der feinen Luxusseifen anheimfällt, indem Heeren vermuthete, dass sie zu einem niedrigeren Preise sich werde herstellen lassen.

Die Sarg’sche flüssige Glycerinseife ist vollkommen klar, von hellbrauner Farbe und dickflüssiger Consistenz, wie Honig. Sie ist parfümirt. Freies Alkali ist nicht vorhanden. Zum Waschen der Hände reicht ein Thee- löffel voll derselben hin, die Seife giebt aber weniger Schaum, als gewöhnliche glycerinfreie Seife.

Zur Bereitung der flüssigen Glycerinseife bringt Heeren 100 Gewth. Olein in ein beliebiges Gefäss, welches erwärmt werden kann, bei kleinen Portionen in ein Kochglas oder einen Glaskolben, bei grösserem Quan- tum in einen eisernen Kessel, setzt 314 Gewth. Glycerin von 1,12 spec. Gew. hinzu, erwärmt das Ganze etwa auf 5000. und fügt nun 56 Gewth. concentrirte Aetzkalilauge von 1,34 spec. Gew. unter stetem Umrühren hinzu. Die Seifenbildung erfolgt dabei augenblicklich und es entsteht ein ziemlich dünnflüssiges, jedoch etwas trübes Liquidum.

Nach mehreren Tagen muss nun, um die honigartige Durchsichtigkeit zu erlangen, durch Papier filtrirt werden, was natürlich nur sehr langsam von Statten geht. Man macht ein grosses Filter von einem Bogen Löschpapier, breitet es in einem grossen Glastrichter gehörig aus und giebt die Seife hinein. Hört das langsame Abtröpfeln auf, so bringt man den noch im Filter vorhandenen Rest auf ein neues kleineres Filter.

In den Laboratorien kann man auch, um diese lang- wierigen Filtrationen zu umgehen, nach dem Zusatze der Lauge die Seife mit einer ihrem Gewichte gleichen Menge Wassers verdünnen, wodurch sie ganz dünnflüssig wird und sich leicht filtriren lässt, worauf man sie nachher wieder auf ihr vorheriges Gewicht eindampft. Dieses Eindampfen darf aber nur im Wasserbade statt finden.

Dieser nun geklärten Seife fügt man I}, von der Gewichtsmenge des angewendeten Oleins Pottasche, welche in einer sehr kleinen Menge heissen Wassers aufgelöst

Ir

TEN IRRE N, fr

100 Die Wirkungen des Sprengöls (Nitroglycerins).

wird, unter Schütteln und Umrühren, hinzu. Durch diesen Zusatz erlangt die Seife die diekflüssige honigartige Con- sistenz und man giebt nun der Seife mit Ol. Neroli oder anderen wohlriechenden Oelen ein angenehmes Parfüm.

Zur Benutzung dieser Seife muss ein Gefäss mit ganz weiter Oeffnung angewandt werden und ein Theelöffel voll zum Gebrauche dienen.

Nach der Berechnung Heeren’s stellt sich der Preis des Pfundes der nach dieser Vorschrift bereiteten Seife auf 4 Sgr. (Mitth. des Gew.-Ver. in dem Königr. Hannover. 1866.) B.

Ueber die Wirkungen des Sprengöls (Nitroglycerins)

berichtet das „Dresdener Journal“. Hier fanden in dem Sienitsteinbruche bei der Restauration „Zum hohen Stein“ oberhalb Plauen Sprengversuche mittelst Sprengöl (Nitroglycerin) statt. Es waren zu dieser Probe sechs Bohrlöcher getrieben worden. Die Tiefe der klei- neren derselben, welche man in vorherrschend ebenem Gestein angebracht hatte, betrug 14 bis 32 Zoll und es wurden diese Bohrlöcher mit 2 bis 7 Loth Sprengöl besetzt. Auf dieses Oel wurde sodann Wasser gefüllt. Durch dasselbe ging eine circa 1 bis 11), Elle lange, etwas über Bleistiftstärke dicke Schnur, an welche ein hölzerner, mit Pulver gefüllter Zünder (Patentzünder) angebracht war. Die durch das Anzünden desselben erreichte Wirkung war höchst befriedigend. Auch bei grössern Bohrlöchern waren die Resultate sehr zufriedenstellend. Ein Bohrloch von 1}, Fuss Tiefe und 1 Zoll Durchmesser wurde mit 10 Loth Oel besetzt und die Sprengung erfolgte mit gleich günstigem Erfolge. Ein in einen frei stehenden Kegel in den Sienit getriebenes Bohrloch von 4 Fuss Tiefe und oben 5J,, unten 3/4 Zoll Durchmesser rückte, mit 21), Pfd. Sprengöl besetzt und mit Patentzünder entzündet, gleich bei der ersten Zündung über 2 Ruthen Steine für die Abtragung auseinander, was von der überwiegenden Kraft des Sprengöls im Vergleich mit Schiesspulver Zeugniss ablegt. Eire eigenthümliche Wahrnehmung bei diesem Sprengmaterial ist die, dass es weniger in die Höhe treibt, als vielmehr das Gestein vorzugsweise nach der Seite rückt. Am Schlusse der Versuche wurden die Flaschen, aus denen- das Sprengöl entnommen worden war ‚und welche inwendig an den Wänden noch mit gefrorenem

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Glonoin- Explosion. 101

Nitroglycerin bekleidet waren, gegen eine unten gelegene Felswand geschleudert, dabei jedoch eine Explosion nicht wahrgenommen. (Bl. für Hdl. u. Gewerbe.) B.

Eine Schiffsexplosion durch Nitroglycerin.

Eine furchtbare Explosion wird aus Colon, an der Ostseite des Isthmus von Panama berichtet. Der der West- India und Pacific- Company gehörige Dampfer „European “, welcher eine Quantität (70 Flaschen) Nitrogly- cerin an Bord hatte, flog am 3. April 1866 im Hafen von Aspinwall in die Luft. 50 Menschen wurden getödtet und die Explosion wird als furchtbar geschildert. (Allg. Ztg.) B.

Ueber dieselbe 6lonoin - Explosion.

Ein entsetzliches Unglück trug sich am 3. April 1866 zu Aspinwall zu. Der zum Löschen seiner Ladung am Quai liegende englische Dampfer European sprang in Folge einer Explosion im Waarenraume. Der 400 Fuss lange Quai wurde buchstäblich in Stücke zermalmt, ein nahestehendes grosses Magazin stürzte zusammen und bildete nur noch einen Trümmerhaufen. Die Erschüt- terung pflanzte sich durch die ganze Stadt fort und es ist fast kein Haus unbeschädigt geblieben. Die Zahl der Opfer schätzt man auf 50, viele Personen wurden ver- wundet und mussten operirt werden, mehre überlebten die Operation nur wenige Stunden. Der Schaden wird in runder Summe auf eine Million Dollars veranschlagt. Es fanden drei Explosionen statt, nach der ersten ver- suchte das königliche Paketboot Tamar den European fortzubugsiren, dann erfolgte eine zweite schwächere Explo- sion, der Dampfer war in offenes Wasser gebracht, die dritte zerschmetterte ihn dermassen, dass er in weniger als einer halben Stunde in den Grund sank.

Das Unglück wurde nach dem Panama star and Herald Schiesspulver zugeschrieben; es ist jedoch unmög- lich, dass eine Pulverexplosion ohne eine Rauchwolke vor sich gehen kann und ohne in der Umgebung Spuren zu hinterlassen; in dem vorliegenden Falle war einige Minuten nach dem Ereignisse keine andere sichtbare Spur vorhanden als die allgemeine Verwüstung. Man erfuhr später, dass 66 Kisten mit Glonoin oder Nitro- glycerin, dem gegenwärtig furchtbarsten Sprengkörper,

ii at eBalen: HN:

102 Vorsichtmassregeln bei Benutzung des Nitroglycerins.

unter gewöhnlichem Frachtbrief an Bord gewesen seien und von Liverpool nach Californien bestimmt waren. Vor kurzer Zeit hat in der Greenwich-Street eine Explosion statt gefunden durch das dem Glonoin wahr- scheinlich gleich zusammengesetzte Sprengöl, wodurch drei grosse Gebäude und viele kleinere zertrümmert wurden. (Courrier de la Cöte. Mai 1866.) Dr. Reich.

Vorsichtsmassregeln bei Benutzung des Nitroglycerins.

Durch die kürzlich in Bochum und Hirschberg statt- gehabten Unglücksfälle mit dem Patentsprengöle von A. Nobel in Hamburg wurde derselbe veranlasst, die bei Benutzung des Sprengöls erforderlichen Vorsichts- massregeln in Kürze mitzutheilen, bei deren Befolgung irgend ein Unfall kaum möglich ist.

Dieselben bestehen darin:

1) Den Arbeitern jedes Experimentiren zu untersagen.

2) Die Packflaschen mit Sprengöl -in feuerfesten Räumen, oder wo solche nicht vorhanden, unter Wasser aufzubewahren.

3) Wenn das Sprengöl gefroren ist, zum Gebrauch die Packflaschen in lauwarmes Wasser einzusetzen, um es aufzuthauen.

4) Beim Laden nur losen Besatz aus Sand oder Letten zu gebrauchen.

5) Den Besatz, wenn ein Schuss versagt hat, nur

zur Hälfte vorsichtig auszukratzen, und in dem leeren _ Theile des Bohrloches eine kleine neue Sprengölladung anzubringen, bei deren Entzündung beide Ladungen explo- diren.

6) Weder gefrorenes noch flüssiges Sprengöl mit Hammer oder Beilschlagen zu behandeln. Bei jeder Neuerung übertreibt man die Nachtheile und läugnet die Vortheile am längsten. Die riesige Kraft und die grossen Vortheile des Sprengöls in der Verwendung lassen sich aber nicht mehr läugnen, es handelt sich demnach nur darum, dasselbe mit Vernunft und Vorsicht zu gebrauchen und Nobel macht sich anheischig, um jegliche Gefahr abzuwenden:

durch Einführung von elastischen, mit Sicherheits- platten versehenen Packflaschen, worin das Sprengöl auch durch den stärksten Stoss nicht explodiren kann, und wo bei 1000 C. die Metallplatte schmilzt, so dass das Sprengöl nie im geschlossenen Raume

Schädlichkeit des Nitroglycerins. 103

bis zum Explosionsgrade erhitzt werden kann,

sondern bei einer Feuersbrunst ausläuft und harm-

los verbrennt, wie es dieses stets im Freien thut.

Die von Nobel oben angeführten Vorschläge sind

von einer Commission berühmter schwedischer Autoritäten

in diesem Fache geprüft und für gut befunden, auch Ver-

suche angestellt worden, um die Ungefährlichkeit des

Nitroglycerins in mehren Beziehungen, im Vergleich

zum gewöhnlichen Pulver nachzuweisen. (Polytechn. Notizbl. 1866. 1.)

Veber die Schädlichkeit des Nitroglycerins theilt B. Schuchardt Folgendes mit:

Das Nitroglycerin wirkt bei höheren Thieren vorzugs- weise auf die Hirnthätigkeit und führt bei hinreichender Grösse der Gabe den Tod herbei. Um die Wirkung des Stof- fes zu studiren, nahm B. Schuchardt Vormittags 10 Uhr einen Tropfen; fünf Minuten später stellte sich ein ziem- lich starker Schwindel mit Schwäche im Sehvermögen ein, darauf Kopfschmerz in der Stirngegend mit Klopien in den Schläfen, Mattigkeit und Schläfrigkeit, stark aromati- scher Geschmack im Munde, mit brennendem Gefühle im Schlunde und Schmerz in der Cardia. Eine Stunde nachher bekam derselbe aus Unvorsichtigkeit, indem er mittelst eines kleinen Rohres Nitroglycerin aus der Flasche herausnehmen wollte, eine nicht unbedeutende Menge in den Schlund. Obgleich dasselbe ausgespien und der Mund mit Alkohol ausgespült wurde, so empiand B. Schuchardt doch darauf eine Zunalıme der oben angegebenen Symp- tome, so dass er sich ins Bett legen musste. Hier fiel er in einen balb bewustlosen Zustand, der einige Stunden dauerte und einen sehr heftigen klopfenden Kopfschmerz mit Empfindlichkeit gegen Licht, Schwindel und Zittern . im ganzen Körper hinterliess. Die Temperatur war Anfangs erhöht; es war ein Gefühl von Wärme im ganzen Körper nebst vermehrter Pulsfrequenz, später ein Kältegefühl bemerkbar, ferner eine brennende Empfindung in der Cardialgegend, Uebelkeit, aber kein Erbrechen vorhanden. Anı folgenden Tage war jedes Vergiftungssympton ver- schwunden. Keine Spur von Krämpfen zeigte sich.

Durch directe Application bewirkt das Nitroglycerin keine Symptome, es muss absorbirt werden und ins Blut übergehen, was darauf deutet, dass seine giftige Wirkung durch ein Zersetzungsproduct desselben bedingt werde.

104 Prüfung des ätherischen Senföls.

Vielleicht wird dadurch im Blute Stickoxydul frei gemacht. Da das Sprengöl eine bedeutende Fähigkeit hat, organische Gewebe zu durchdringen, so erklärt sich der Umstand, dass die mit diesem Stoffe umgehenden Arbeiter leicht Kopfschmerzen bekommen, aus einer Resorption durch die Haut, da das Nitroglycerin nicht verdampft, also eine Einwirkung durch die Lungen nicht statt finden kann.

Da die Vorzüglichkeit dieses Stoffes als Sprengmittel hinreichend bewiesen ist, so wird es wohl in kurzer Zeit eine ausgebreitete Anwendung finden. Dann wird die Frage entstehen, ob nicht die giftigen Eigenschaften so bedeutend sind, um eine Benutzung desselben zu verbieten. B. Schu- chardt glaubt, dass nach seinen Untersuchungen kein Grund vorhanden ist, dagegen einzuschreiten. Versuche an Thieren haben bewiesen, dass erst in verhältnissmässig grossen Dosen der Tod erfolgt; bei Menschen bringt es zwar selbst in geringen Mengen deutliche Vergiftungs- symptome hervor, aber selbst nach einigermassen grossen Gaben treten diese doch in keinem beunruhigenden Grade auf. B. Schuchardt hat an 100 Tropfen in den Mund bekommen und mindestens 10 Tropfen hinabgeschluckt. Die Symptome traten allerdings heftig auf, jedoch war derselbe keinen Augenblick für sein Leben besorgt. Wir wenden zum technischen Gebrauche Gifte an, die weit gefährlicher sind, als Phosphor, Cyankalium, Sublimat u.8s.w. Jedoch müssen beim Verkaufe und bei der Be- reitung Vorsichtsmassregeln angewandt werden. Der Ver- kauf des Sprengöls muss controlirt, ferner müssen die Arbeiter über die Gefährlichkeit des Stoffes belehrt werden, so dass sie nicht durch fahrlässigen Umgang mit demsel- ben sich selbst Schaden zufügen. Auf diese Weise würde sich das Sprengöl wohl kaum schädlicher erweisen als alle anderen zum technischen Gebrauche angewandten Gifte. (Ztschr. für prakt. Heilk. u. Med.-W. 1866. 1.) 2.

Prüfung des ätherischen Senföls.

Concentrirte Schwefelsäure löst dasselbe auf; beige- mengte Oele scheiden sich aus. (Polyt. Centrbl. 491. Illustr. Gewbe.-Ztg. 28. FPhilipp’s Alphab. Sachregister techn. Journale.) H. Ludwig.

Allylamin. Tricarballylsäure. 105

Allylamin.

Allylamın 0605, H2N = CSHZN, "erhieltC: Oeser, als er Senföl in weingeistiger Lösung in Berüh- rung mit Zink und Salzsäure brachte. Es entwickelte sich schon bei gewöhnlicher Temperatur ein Gas, welches neben Wasserstoff und Schwefelwasserstoff auch Kohlen- säure enthielt. Nach mehrtägiger Einwirkung des nas- eirenden Wasserstoffes wurde aus der Flüssigkeit durch Uebersättigen mit Kalilauge, Destillation, Ansäuern des alkalischen Destillats mit Salzsäure, Abscheidung des dabei entstandenen Salmiaks und abermalige Destillation mit Kalilauge das Allylamin rein erhalten.

Das Allylamin ist eine farblose, ziemlich dünne Flüs- sigkeit von penetrant ammoniakalischem, entfernt lauch- artigen Geruch, welcher Niesen und Thränen der Augen hervorruft. Es schmeckt brennend scharf, siedet constant bei 580 und hat bei 150 das spec. Gew. 0,864. Es brennt mit leuchtender Flamme, mischt sich unter Wärme- entwickelung in allen Verhältnissen mit Wasser, reagirt stark alkalisch und fällt Thonerde-, Eisenoxyd-, Queck- silberoxyd-, Kupferoxyd- und Silberoxydsalze; die beiden letzteren Oxyde sind in einem Ueberschusse der Base, ‚wie im Ammoniak löslich.

Die Reaction, durch welche bei Einwirkung von Salz- säure und Zink auf Senföl Allylamin entsteht, beschränkt sich also nur darauf, dass ohne directe Wasserstoffaddition Wasser aufgenommen wird nach der Gleichung:

12 \6H5

Gens} 8? +-4HO = "IN + 2HS + 2002

(Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 7— 11.) @.

Tricarballylsäure.

M. Simpson bezeichnet mit diesem Namen die von ihm entdeckte und von Kekul& mit dem Namen Carb- allylsäure bezeichnete Säure, die durch Einwirkung von Kali auf dreifach Oyanallyl entsteht. Seiner früher ge- gebenen Beschreibung dieser Säure lässt Simpson jetzt noch nachstehende Thatsachen folgen: Kocht man die Lösung der Säure mit frisch gefälltem Quecksilberoxyd, filtrirt und verdunstet, so erhält man schöne weisse Kry- stalle, die an Glanz dem Silber nicht nachstehen.

Der Tricarballylsäure- Aethyläther, durch Einleiten von Salzsäure in eine heisse alkoholische Lösung der

106 Tricarballylsäure.

Säure dargestellt, bildet eine farblose, etwas in Wasser lösliche Flüssigkeit, von scharfem Geschmacke. Dieselbe siedet bei 3000 und zerfällt mit festem Kali erhitzt, in Alkohol und Tricarballylsäure. Die Formel ist 3 C4H50, C12H509 (ber. 55,38°C, 7,69 H, 36,93 O; gef. 54,59 54,86 C 7,43 H).

Der Amyläther 3C1WH!110,C12H509 ist von Simp- son nicht vollständig rein dargestellt worden. Er bildet eine dicke ölige Flüssigkeit, die schwerer als Wasser ist, von einem sehr scharfen Geschmacke. Erhitzt man ein Gemisch von 1 Gewth. Tricarballylsäure und 2 Th. reinem Glycerin in einem verschlossenen Raume mehre Stun- den lang auf 200°, fügt dem Inhalte dann überschüssiges Barytwasser zu, entfernt diesen Ueberschuss durch Kohlen- säure, filtrirt und dunstet ein, so erhält man einen Rück- stand, aus dem man durch Auflösen in Wasser und Fällen mittelst Alkohol einen leicht gefärbten Niederschlag erhält, der nicht krystallisirt. Derselbe ist nach Simpson glycerin-tricarballylsarer Baryt (2BaO, 06 H705, C12H509), obwohl die Analysen nicht sehr genau mit der nach dieser Formel berechneten Zusammensetzung stimmen.

Die Natronsalze der Tricarballylsäure sind in Wasser leicht löslich und krystallisiren schwierig. Es giebt wahr- scheinlich deren drei: mit 1, 2 und 3 Aequiv. Natron.

Tricarballylsaurer Kalk 3 CaO, C12H509 + 4HO bildet sich durch einfache Sättigung der Säure mit der genügenden Menge Kalkwasser. Weisses amorphes Pulver, leicht in verdünnten Säuren löslich, schwer in Wasser. Das Kupfersalz 3CuO, C©12H509 bildet sich als schön blau- grüner Niederschlag, wenn man Kupfervitriol zu einer heissen Lösung von tricarballylsaurem Natron giebt. Un- löslich in Wasser. Das Bleisalz 3PbO, C1?H509 wird auf ganz analoge Weise dargestellt.

Die Tricarballylsäure steht zu der Citronensäure in derselben Beziehung, wie Bernsteinsäure zur Aepfelsäure: C1?48012 Tricarballylsäure, O3H608 Bernsteinsäure;

C12H8014 Citronensäure, C3H6010 Aepfelsäure.

Die Umwandlung der Tricarballylsäure in Citronen- säure ist Simpson nicht gelungen. (Journ. of the chem. Soc. Chem. Centrbl. 1866. 14.)

Acidum thebolaetieum, Opiummilchsäure, von T. und H. Smith.

Diese Säure wird auf folgende Art aus dem Opium

2 Der 2a a

Acidum thebolacticum, Opiummilchsäure. Lactimid. 107

gewonnen: Nach Ausfällung aller Alkaloide aus den

Morphiummutterlaugen mittelst eines Alkalis digerirt man die concentirte Flüssigkeit mit Bleiglätte, verdünnt und filtrirt. Das wiederum concentrirte Filtrat wird mit viel Weingeist vermischt, die weingeistige Flüssigkeit &ltrirt und mit Schwefelsäure versetzt, bis sich keine Basen mehr ausscheiden. Nach abermaligem Filtriren neutralisirt man mit Kalkmilch und destillirt den Spiritus ab. Der Destillationsrückstand wird zur Syrupsconsistenz gebracht; nach einigen Wochen scheidet sich das Kalk- salz der Opiummilchsäure in krystallinischen Massen aus, die durch Umkrystallisiren und Behandlung mit Thier- kohle schneeweiss erhalten werden. Man scheidet daraus die Säure mittelst Schwefelsäure ab.

Die Opiummilchsäure findet sich im Opium eben so constant, wie dessen Alkaloide oder wie die Mekonsäure, auch in unveränderlicher Menge. (Man erhält etwa 2 Proc. opiummilchsauren Kalk.) Sie ergänzt die Mekonsäure bei der Neutralisation der Basen. Ob sie mit der gewöhn- lichen Milchsäure identisch oder gleich der Fleischmilch- säure nur eine isomere Modification derselben sei, ist noch zu ermitteln. (Pharmaceut. Journ. and Transact. Vol. VIT. No. II. p. 50 f.) Wp.

Lactimid = C°W5N0?,

Das von S. Preu dargestellte Lactimid entsteht aus dem Alanin, wenn ıman dasselbe einer Temperatur von 180% bis 2000 aussetzt und trockenes Salzsäuregas darüber leitet, die braune rückständige amorphe Masse dann in Wasser löst, mit Bleioxydhydrat versetzt, die von dem basischen Chlorblei abfiltrirte Lösung durch Schwefel- wasserstoff entbleit und ‘das zur Trockene verdampfte Filtrat mit absolutem Alkohol behandelt. Beim Verdun- sten des Alkohols scheiden sich dann farblose Krystalle von Lactimid ab.

Es bildet farblose und durchsichtige Krystallnadeln oder Blättchen, die bei 2750 C. schmelzen, sich unzersetzt sublimiren lassen und sich in Wasser und Alkohol leicht lösen. Die Lösungen schmecken bitter. Das Lac- timid scheint wesentlich-indifferenter Natur zu sein; seine Zusammensetzung entspricht der Formel C6H5NO2, es enthält also 2HO weniger als das Alanin, wie aus fol- gender Gleichung hervorgeht:

108 Suceinaminsäure.

C6H7NO? 2HO C6H>NO?2 Alanin Laectimid. (Annal. d. Chem. u. Pharm. OXXXIV. 372— 375.) @.

Sueeinaminsäure.

Die Darstellung der Succinaminsäure aus Succinimid gelang R. Teuchert nach derselben Methode, nach wel- cher Heintz aus Diglycolimid die Diglycolaminsäure erhalten hatte.

Aequivalente Mengen Succinimid und Barythydrat wurden in nur wenig erwärmter Lösung zusammentiltrirt und dann unter der Luftpumpe über Schwefelsäure ver- dunstet. Der rückständige vollkommen klare Syrup er- starrte beim Stehen an der Luft zu einer warzigen Kry- stallmasse, welche sich nicht ganz vollständig in Wasser wieder löste, sondern eine geringe Menge weissen Pulvers zurückliess. Dieses letztere ward abfiltrirt und dem Pil- trate nach und nach Alkohol hinzugefügt, bis zuerst ein bleibender Niederschlag (bernsteinsaurer Baryt) entstand. Nachdem auch dieser Niederschlag durch Filtration ent- fernt war, wurde die Flüssigkeit mit noch mehr Alkohol versetzt und nun 24 Stunden sich selbst überlassen. Nach Verlauf dieser Zeit hatten sich am Boden und den Wän- den des Gefässes eine ansehnliche Menge von kleinen, concentrisch gruppirten Krystallnadeln abgeschieden, deren Quantität durch erneuten Zusatz von Alkohol noch be- deutend vermehrt wurde. Die so erhaltene Krystallmasse war succinaminsaurer Baryt, CSH6BaNO6, weisse, seiden- glänzende Nadeln, in Alkohol und Aether unlöslich, in Wasser leicht löslich, bei 1000 bis 1300 unveränderlich, bei höherer Temperatur schmelzend und schliesslich unter Entwickelung von kohlensaurem Ammoniak in Wasser und brenzliche Stoffe sich zersetzend.. Die wässerige Lösung zerfällt beim Sieden in bernsteinsauren Baryt und Ammoniak.

Aus diesem Salze die Succinaminsäure ganz rein dar- zustellen gelang nicht; es wurde aber nachgewiesen, dass dieselbe in freiem Zustande existiren kann und deutliche Krystalle bildet, die aber in der Lösung leicht Wasser aufnehmen und in saures bernsteinsaures Ammoniak über- gehen.

Die Salze der Suceinaminsäure sind grösstentheils gut krystallisirbar, wenn es auch schwer hält, schöne Krystalle zu erzielen, da man bei ihrer Darstellung Hitze

Leueinimid. Capryl- und Oenanthyl-Alkohol. 109 vermeiden muss. Sie sind theils wasserfrei, theils wasser- haltig, mehr oder weniger löslich in Wasser und die Lösungen scheinen sich alle in der Siedehitze zu zer- setzen, während sie im festen Zustande bis 1000C. und darüber erhitzt werden können, ohne sich zu verändern.

(Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 136 165.) @.

Leueinimid.

Das Leucinimid, CI?H!INO2, von anderen Chemikern unter dem Namen Leucinsäurenitril beschrieben, erhielt A. Kohler auf leichte Weise, indem er trockenes Leuein im Oelbade einer allmälig auf 2200 bis 2300 steigenden Hitze aussetzte und dann einen langsamen Strom trocke- nen Salzsäuregases darüber leitete. Der Rückstand wurde in absolutem Alkohol aufgelöst und die ausgeschiedenen Krystalle wurden durch Umkrystallisiren aus Weingeist gereinigt. Das Leucinimid entsteht aus dem Leuein unter Austritt von 2HO nach der Gleichung:

CE H13NO2 CRHUNO? + 2HO. (Annal d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 367 972.) G@.

Ueber Capryl- und Oenanthyl-Alkohol.

Bouis erhielt bei der Destillation von Ricinusöl mit überschüssigem Alkali ein Product, das er bald für Oenanthyl- bald für Capryl-Alkohol ansah. Spätere Unter- suchüngen über denselben Gegenstand lieferten zwar ein bei 1780 siedendes Product, dessen Dampfdichtebestim- mung und Analyse jedoch verschiedene Resultate ergaben.

Mit der Absicht, diese Eigenthümlichkeit aufzuklären und den fraglichen Alkohol darzustellen, verseifte T. Chap- mann Ricinusöl mit Soda, schied die Seife auf gewöhn- liche Weise ab und erhitzte sie mit ungefähr !/, ihres Gewichts kaustischer Soda, bis Alkoholgeruch bemerkbar wurde, in einer Retorte. Das Destillat bestand aus Wasser und einem öligen Producte, das mit einer concentrirten Lösung von zweifach Schwefelnatrium geschüttelt und dann 24 Stunden lang stehen gelassen wurde.

Um das Feste von dem Flüssigen zu trennen, wurde hierauf die Masse durch Filtrirzeug gedrückt und der ölige Theil der Flüssigkeit getrennt, getrocknet und destil- lirt. Das Sieden begann unter 1000, der grösste Theil ging jedoch zwischen 1700 bis 180% über, worauf das

110 Verfälschung des Mandelöls und ihre Entdeckung.

Thermometer langsam, ohne wieder constant zu werden, bis zum Siedepuncte des Quecksilbers stieg.

‚Das zwischen 1780 und 1800 übergehende Oel ergab bei der Analyse die Formel C16H1502. In der Meinung, die Substanz könnte noch mit einem Kohlenwasserstoffe von demselben Siedepuncte verunreinigt sein, suchte Chapmann mittelst Phosphor und Jod daraus das Jodid darzustellen. Er erhielt eine bei 2120 siedende Masse, die mit kaustischem Kali den Alkohol regenirte, der nun bei 1820 siedete. Aus diesem Producte stellte Chap- mann ferner mit Fhosphorpentachlorid Caprylchlorid dar, welches normal bei 1750 siedete, und verwandelte das- selbe ebenfalls wieder in Alkohol, der gleichfalls, wie der aus dem Jodid erhaltene, bei 1820 siedete. Bei der Ver- brennung ergab jedoch auch dieses Product, wenn gleich einige Grade höher siedend, dieselben Werthe und folglich dieselbe Formel C16 H1502, mit der auch die ausgeführten Dampfdichte- Bestimmungen in Uebereinstimmung stehen.

Dass der erhaltene Körper wirklich Caprylalkohol sei, stellte Chapmann ferner noch dadurch fest, dass er daraus ein Bromid und mit dessen Hülfe ein Amin darstellte, das sich als Tricaprylamin (C!6 H17)3N auswies.

Um den synthetisch aus Petroleum dargestellten Capryl- alkohol mit dem aus Ricinusöl erhaltenen zu vergleichen, bereitete Chapmann aus dem zwischen 1150 und 1200 siedenden Theil des canadischen Petroleums Caprylchlorid und stellte daraus den Alkohol dar. In allen Eigen- schaften zeigte derselbe sich dem Alkohol aus Ricinusöl

gleich.

RR. Die Zersetzung des Ricinusöles durch Kali ist indess nicht so einfach, wie man gewöhnlich annimmt. Es bil- den sich neben den beschriebenen Alkoholen noch mehre andere Körper und die Zusammensetzung des Destillates ist auch keineswegs immer dieselbe. So fand der Ver- fasser, dass bei einer Destillation des Oeles mit Alkali beinahe die sämmtlichen Producte mit Schwefelnatrium in Verbindung traten, mit dem sie, wie oben erwähnt, geschüttelt wurden. (Journ. of the chem. Soc. Chem. Centrbl. 1866. 7.) B.

Verfälschung des Mandelöls und ihre Entdeckung. Im südlichen Frankreich wird das Mandelöl vielfach mit dem aus Aprikosenkernen gepressten Oeles versetzt. Man erkennt diese Verfälschung nach Nickles daran,

ENGEN AT, 8

F

#r Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls. 1134

dass sich das Aprikosenkernöl mit pulvrigem Kalkhydrat salbenartig verdickt, echtes Mandelöl aber nicht. Man schüttelt etwa 12 Gramme des zu prüfenden Oels mit 11), Grammen Kalkhydrat, erhitzt im Wasserbade und filtrirt noch heiss durch einen Wasserbadtrichter. Beim Erkal- ten in Wasser oder Eis wird verfälschtes Oel weiss und undurchsichtig, echtes bleibt klar. Es lässt sich so noch 1 Proc. Aprikosenkernöl nachweisen. (Pharm. Journ. and

Transact. Juli 1866. 6. Ser. Vol. VIII. No. I.p.23.) Wp.

Prüfung des Mandelöls.

Die Eigenschaft, mit Kalkhydrat eine feste salben- artige Masse zu bilden, besitzen neben dem Aprikosen- kernöle auch das Hanf- und Mohnöl, das Nuss-, Lein- samen- und Erdnussöl; das Baumwollensamenöl giebt nur sehr wenig der festen Masse, ist aber leicht an an- deren Reactionen zu erkennen.

Das Kalkhydrat geht mit dem reinen Mandelöl keine Verbindung ein und ebenfalls werden reines Oliven- und Colzaöl von demselben nicht verändert. Diese beiden Oele sind schon durch den Geschmack vom reinen Mandelöl

zu unterscheiden und lassen sich durch zweckmässige

Reagentien leicht erkennen. Jedenfalls ist diese leicht

ausgeführte Untersuchung eines fraglichen Mandelöls auf

die fast immer statt findende Vermischung mit Aprikosen-

kernöl nach der hier angegebenen Methode nicht un-

wichtig. (Bull. de la soc. ind. Hamburg. Gewerbebl. 1866.) B.

Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls.

In grösseren Massen erscheint dieses Oel röthlich, in kleineren Mengen weniger dunkel, schmutzig-gelb. Es ist ohne Geruch und Geschmack. Werden einige Tropfen desselben in einem Reagensglase mit Chlorzinklösung übergossen, so färbt es sich dunkelbraun, Rüböl dagegen nur goldgelb, Olivenöl grün. Englische Schwefelsäure färbt das Oel sofort dunkelrothbraun, Rüböl dagegen wird grün, Olivenöl schwach orangegelb. Zinnchlorid verän- dert das Oel in eine dicke durchsichtige Masse von orange- rother Farbe; Rüböl wird auch hier grün, Olivenöl grün- lich- blau, beide verdicken sich nicht. Phosphorsäure färbt Baumwollsamenöl unter Aufbrausen goldgelb, Rüböl wird dadurch weisslich, Olivenöl bläulich-grün. Durch

112 Sonnenblumenöl. Bromerucasäure.

diese angeführten Reagentien ist es leicht zu ermitteln, ob man reines Baumwollsamenöl oder ein mit diesem Oel verfälschtes Rüb- oder Olivenöl vor sich hat. (Hamburg. Gewerbebl. 1866.)

Sonnenblumenöl.

Für die Russische Landwirthschaft ist das Sonnen- blumenöl in den letzten Jahren zu rasch steigender Bedeutung gekommen. Die Production des letzten Jahres wird auf über 100,000 Ctr. geschätzt, welche einen Werth von gegen 1!/, Mill. R. repräsentiren. Von diesem Quan- tum wurde der dritte Theil über Petersburg nach Stettin exportirt und ging bei der schlechten Rübsenernte hier zu steigenden Preisen rasch in den Consum. Der Anbau der Sonnenblumen, welche früher von den Bauern nur an den Grabenrändern angepflanzt wurden, gewinnt immer grössere Ausdehnung. Die Stengel werden dort zu Pott- asche verbrannt und der Export dieses Artikels hat in Folge davon ebenfalls zugenommen. Auch bei uns würde, bei dem sehr riscanten Ertrage der hier gebauten Oel- früchte, der Anbau der Sonnenblumen wohl die Beach- tung der Landwirthe verdienen. Die Pflanze wächst hier wild und wird also gewiss das Klima ihrem Gedeihen als Culturpflanze kein Hinderniss bereiten. Das Oel ist als Speiseöl zu verwerthen und wird höher als. Rüböl bezahlt. Zu einem Versuchsanbau ist jedoch der Bezug von Samen aus Russland zu empfehlen, wo durch die langjährige Cultur die Pflanze zu einer grössern Ent- wickelung gelangt ist, als die bei uns wild wachsende. Von einer Verwerthung der Stengel zu Pottasche würden unsere Landwirthe aber wohl absehen, um dem Boden nicht die Düngstoffe zu entziehen, welche ihm durch den Anbau der Pflanze genommen werden. (Bl. für Handel und Gewerbe.)

Bromerneasäure.

Nach R. Otto verbindet sich Brom direet mit Eruca- säure ohne Entwickelung von Bromwasserstoff zu der ein- basischen Bromerucasäure, C44H4204Br2, welche in klei- nen warzenförmigen Krystallen erhalten wird, sich leicht in Alkohol und Aether löst und einen Schmelzpunct von 420— 430 besitzt. Das Barytsalz ist ein weisser, an der Luft bald schmierig werdender Niederschlag, das Bieioxydsalz ist krystallisirbar.

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Ueber die Leinölsäure. 113

Die Erucasäure gleicht hiernach in ihrem Verhalten gegen Brom völlig der Elaidinsäure und Angelicasäure, welche sich beide ebenfalls mit 2 Aeq. Brom direct ver- einigen, während die mit ersterer isomere Oelsäure ein Substitutionsproduct giebt. Hinsichtlich ihres Verhaltens gegen schmelzendes Kalihydrat findet jedoch eine Ab- weichung statt, denn unter den Zersetzungsproducten konnten Arachinsäure und Essigsäure nicht nachgewiesen werden. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXV. 226— 229.)

@.

Ueber die Leinölsäure.

Es war Otto Süssenguth gelungen, ein Zinksalz der Leinölsäure darzustellen, das aus kochendem absoluten Alkohol vollständig in warzenförmig gruppirten Nadeln herauskrystallisirte und sich nicht veränderte. Da jedoch die Analyse desselben mit den früheren Resultaten Sace’s, Schüler’s und Oudemann’s nicht übereinstimmte, so schied Süssenguth die Säure daraus ab, um durch weitere Versuche und besonders durch die Einwirkung des Broms zu bestimmten Resultaten zu gelangen. Lässt man in die Säure unter Abkühlung Brom eintropfen, so tritt heftige Bromwasserstoff-Entwickelung ein und die Masse wird fest.

In kaltem Alkohol ist bloss ein Theil davon löslich, der beim Verdampfen oder Zusatz von Wasser, als schweres röthlich-gelbes Oel erhalten wird. Der unlösliche Theil löst sich erst beim Kochen und scheidet sich beim Erkal- ten in glänzenden krystallinischen Blättchen aus, sobald die Lösung verdünnt; ist sie jedoch concentrirt, oder setzt man Wasser zu, so bilden sich weisse Flocken desselben Körpers. Die Entstehung der öligen Sub- stanz scheint von der Reinheit der Oelsäure abzuhän- gen, je weisser und leichtflüssiger diese war, desto weniger bildete sich von dem Oele. Eine Analyse des- selben wurde nicht angestellt, da es nicht rein zu erhal- ten war, dagegen führte die Analyse des krystallinischen Körpers zu der Formel U32H2#Br?08. Berücksichtigt man, dass die Formel des Zinksalzes der Leinölsäure wahrscheinlich ZnO, C32H2503 ist, woraus die Formel der Säure selbst C3?H2604 folgt, so dürfte anzunehmen sein, dass bei Einwirkung von Brom 4 At. Wasserstoff durch A At. Brom substituirt werden und mit 4 HO die feste krystallinische Verbindung bilden. Weitere Mittheilun-

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hit. s 8

114 Rothfärben der Fette und Oele.

gen über Salze und Umsetzungen der Leinölsäure stellt Otto Süssenguth in Aussicht. (Zeitschr. für Chemie. N. Folge 1. 18.) B.

Bereitung eines vorzüglichen Leinölfirnisses.

Wohlgeklärtes abgesetztes Leinöl, welches nicht trübe und dunkelbraun aus der Presse gewonnen, wird in einem nicht zu flachen, sauberen Kupferkessel nur vom Boden aus mässig und langsam erhitzt, bis es nach Auf- hören der wässerigen Verdampfung anfängt, Oelgase zu entwickeln, die mit dem zugleich resultirenden Brenz- ätheröl als hellwolkig aufsteigender Dampf, den Zeitpunct bezeichnen, wo der Kessel vom Feuer entfernt werden muss. Sogleich werden 4 Proc. wohl getrocknete und ge- riebene oder gesiebte präparirte Bleiglätte unter schnellem Umrühren eingetragen und mit einem breiten vorher auch wohl ausgetrockneten Holzspatel immer recht vom Boden auf anhaltend langsam gerührt, bis im Kleinen etwa noch 400R. Wärmestand sind, oder im Grossen, dass höchstens nach 5/,stündigem Rühren diese Temperatur eingetreten ist. Dann lässt man denselben ablagern und füllt ihn in gut verschliessbare Gefässe.

Der solcher Art bereitete Firniss dunkelt zwar nicht nach, aber für hellzarte Farbe, wenn Lackmischung nicht angebracht, ist es erwünscht, einen helleren Oelfirniss aus Mohn- oder Wallnussöl zu haben; dieser darf aber nicht in Kupfergefässen bereitet werden, sondern man muss die Arbeit auf dem Sandbade in Steingutgefässen ausführen. (Hamb. Gewerbebl. 1866.)

Rothfärben der Fette und Oele.

Hirzel empfiehlt zum Rothfärben der Fette und Oele, welches man bis dahin durch Digestion derselben mit Alkannawurzel ausführte, die Anwendung eines Al- kanna-Extrats als ganz vorzüglich. Die zerkleinerte ‚Wurzel wird zu dem Ende mit sog. gereinigtem Petroleum- äther übergossen, welcher den Farbstoff sehr schnell auf- nimmt und sich durch die Destillation im Wasserbade und gelindes Austrocknen vollständig entfernen lässt. Es bleibt ein sehr dunkles, geruchloses, weiches Extract von grossem Färbevermögen, mit welchem man die verschie- densten Stoffe sehr schön roth färben kann. Solches Al- kannawurzel-Extract ist aus der chemischen Fabrik von Hirzel und Gerhard zu Leipzig zu beziehen. (Polyt. Notizbl. 1866. 10.) B.

Ce x

w Classification der Gerüche der Pflanzen. 115

Darstellung von Urmacheröl.

Man verwendet hierzu das beste Olivenöl von der ersten Pressung vollkommen gereifter Oliven, nachdem dasselbe gut abgelagert ist und setzt dasselbe einer Tem- peratur von einigen Graden unter dem Gefrierpunct aus, wodurch sich die schleimigen Theile und sonstigen fremd- artigen Stoffe abscheiden. Das klar gebliebene flüssige Oel giesst man vorsichtig ab und filtrirt durch einen Becher von Lindenholz oder Hollundermark. So erhält man ein Oel, welches mehre Jahre flüssig bleibt und die Zapfen der Räder nicht angreift.

Ein anderes Verfahren, das Olivenöl für die Uhr- macherei zu reinigen, besteht darin, dass man das Oel in eine weisse Glasflasche giesst, ein Stück Blei so hinein- legt, dass es daraus hervorragt, und dann das Oel der

inwirkung der Sonnenstrahlen aussetzt. Dieses Oel ist aber nicht ganz so säurefrei, wie das nach oben beschrie- bener Methode dargestellte.

Eine aus Amerika in den Handel gelangende Sorte Uhrmacheröl, angeblich aus Fischöl, hält sich nicht länger als ein Jahr, was seine Anwendung sehr beeinträchtigt. (Dingl. polyt. Journ. Bd. 178.)

Classifieation der Gerüche der Pflanzen.

Eduard Ritter von Josch in Graz‘ (Oestereich. bot. Zeitschr.) schlägt vor, folgende Grundgerüche an- zunehmen:

1) Rosengeruch, z.B. bei Rosa canina u.a. Rosa- Arten, Rhodiola rosea (der Wurzel), Spartium junceum etc.

2) Nelkengeruch, Beispiele: Dianthus-Arten, Mono- tropa Hypopitys, Orobanche cruenta u. a. Orobanchen, - Convoivulus arvensis, Cyclamen europaeum, Daphne Me- zereum, D. Cneorum, Gymnadenia odoratissima, Platan- thera bifolia, Nigritella suaveolens.

3) Veilchengeruch: Viola odorata und Viola suavis, Matthiola varia, Cheiranthus Cheiri, Hesperis matronalis, Erysimum Cheiranthus, Myosotis alpina *).

4) Resedageruch: Reseda odorata, Tilia grandi- folia und parvifolia, Vitis vinifera, Lychnis vespertina, Scabiosa suaveolens.

*) auch Rad. Ireos = Veilchenwurzel u. a. g*

116 Classification der Gerüche der Pflanzen.

5) Melilotengeruch*): Melilotus alba, offhicinalis und coerulea, Asperula odorata, Anthoxanthum odoratum, Trigonella Foenum graecum, monspeliaca und corniculata.

6) Myrtengeruch: Myrtus communis, Philadelphus coronarius, Lonicera Caprifolium, Jasminum officinale, Elaeagnus angustifolia, Narcissus poeticus, Convallaria majalis und Hemerocallis flava.

7) Baldriangeruch: Valeriana- Arten, z.B. Val. celtica, saxatilis; Geranium macrorhizon, Prunus Padus, Sambucus nigra, Ligustrum vulgare, Fraxinus ÖOrnus, Asarum europaeum, Humulus Lupulus.

8) Primel- (oder Aurikel-) geruch: Arten von Primula, Berberis vulgaris, Muscari racemosum, Trollius europaeus, mehre Arten von Verbascum.

9)Grasgeruch **): Senecio nemorensis var. odorata, Hierochloa australis, Anthoxanthum odoratum, Asperula.

10) Camphergeruch: Ruta graveolens, Dictamnu% fraxinella, Artemisia Absynthium, A. camphorata, A. Dra- eunculus, Tanacetum vulgare, Tanacetum balsamita, La- vandula vera, Rosmarinus offieinalis, Melissa officinalis, Hyssopus officinalis, Origanum Majorana, Laurus nobilis, Acorus Calamus, Foenieulum ofticinale, Anethum gra- veolens. Aebnlich dem Uampher, doch mehr ätherisch, duften Cistus wonspessulanus, Anthemis nobilis, Matri- caria Chamomilla, Hieracium albidum, Rhododendron fer- rugineum, Rh. hirsutum (die Blätter), Ocymum Basilicum, viele Arten von Mentha, Salvia, Thymus, Satureja, Cala- mintha, Nepeta und Teucrium, Cortusa Matthioli ***).

11) Knoblauchgeruch: Sehr viele Allium-Arten, von Erysimum Alliaria mancher Pilze.

12) Moschusgeruch: Adoxa moschatellina, : Achil- lea moschata, Erodium moschatum, Jurinea mollis.

13) Bocksgeruch: Ononis hircina, Ribes nigrum 7), “Opium graveolens, Petroselinum sativum, Orlaya grandi- flora, Coriandrum sativum, Cannabis sativa.

14) Uebelriechend überhaupt: Thalictrum foeti- dum, Helleborus foetidus, Lepidium ruderale, Geranium

*) Steinklee-, Waldmeister-, Tonkabohnen-, Heu-, Cumarin- geruch. (Ludwig.) **) fällt theilweise mit Heugeruch zusammen. (L.)

*##) Hier können noch manche Unterabtheilungen gemacht werden, so namentlich der erfrischende, kühlende Labiatengeruch der Mentha-Arten, der heisse Labiatengeruch des Lavendels, der erfrischende Dillgeruch, der bitterliche Geruch von Artemisia, der süsse Umbelliferengeruch des Fenchels. (H. L.)

7) Wanzenbeere, also auch Wanzengeruch.

TE u I a A te sr. N

Ausbeute an ätherischen Oelen. 117

robertianum, Aposeris foetida, Conium maculatum, Hyos- cyamus niger, Datura Stramoniunf, Scrophularia nodosa und canina, Chenopodium vulvaria*), Buxus sempervirens, Orchis coriophora etc. (Frauendorfer Blätter vom 16. April 1866.) H. Ludwig.

Ausbeute an ätherischen Oelen.

H. Zeise in Altona giebt in Nachstehendem einen Bericht über die Ausbeute an ätherischem Oel, welche er durch Destillation verschiedener Droguen, aus 100 Pfurden derselben erhalten hat.

Pfd. Unz. Absynthii herba recens (Absynthium officinale) 2 Amomi semen (Myrtus Pimenta)............. 2 10 bis 3 Amygdalae amar. (Amygdalus communis)..... 12-14 Anrisi, semen (Pimpinella Anisum)............ 2. Anısi stellati, sem. (Illieium anisatum)........ 4 5-15 Cardamom. minus (Alpinia Cardamomum)..... 2 3 Caryı, semen (Carum Carvi)..........2%.... Se auch 4 8 Beivaphylli de- Bourbon... ...:%..:2222> 13 Zanzibar (Caryoph. aromaticus) 16 Cascarillae, cortex (Croton Eluteria).......... 10-14 Chamomill. roman., flor. sicc. (Anthemis nobilis) 61, 2a wule. for. sice. (Matricaria Chamomilla) 1 bis 33, Cedri eitrini, lignum (Pinus Cedrus)......... Tas bis 2 2 Emmamom. acut..Ceyl. cort.... 2.2... 7 bis 1 11!/, Cinnamom. acut. de Java, cortex............ ı 31, Copaivae, bals. (Copaifera offieinalis)......... 58 bis 67 Brbebaes (Piper. Cubeba)::.. . 22.2.0... Hl bis 121), Cupressi, lignum (Cupressus thyoides)........ 3926 Beni semen..s ee al, bis 33], Ben baceae: a. ee 12-14 Bunisebacene:s. 2er. een 111, bis 13 Macis (Myristica möschata).................. 7

*) Häringslakengeruch, Trimethylamingeruch. (L.)

118 Zusammensetzung des ätherischen Oels der Lorbeeren.

Pfd. Unz Menth. :pip. 'berb. :Biee..............:% ui. oe 111), Bupes mosechatae.... 2.2.20. 2 20200 200 32 dl Piperis, baccae, de Batavia (Piper nigr.)...... DENE @abinaesherba Sice..... 2.22... ee 23), Santalınalb. Ligen... 7722.22... 22 ee 11, bis 234 ensatrag Bien... ...... 480 ae. re 12 apa, sem. holland... .... .... 20.2... Pa 7-11 : ri MAC. -.... 2 Rn 7-10 Kimsiberis, rad. de Bengal... ........ ve 1. (N. Jahrb. f. Pharmacie. Bd. 25. 2.) B.

Wirkung ätherischer Oele auf Fuchsin

Nach H. Zeise in Altona lösen folgende von ihm selbst frischbereitete ätherische Oele Fuchsin auf: Ol. amygd. amarar., Ol. caryophyll., Ol. flor. Cassiae, Ol. Cinnamom. acuti, Ol. Coriandri, Ol. Pimenti, Ol. ligni Santali albi und Ol. Sinapis aether. Schwach lösend wirken: Ol. menth. erisp. et pip. Sehr schwach lösend: Ol. nuc. moschat. Gar nicht lösend: Ol.nuc. moschat. aus Myristic. tomen- tosa, Ol. Maeidis, Oascarill., Bals. copaiv., Cubebar., Ligni sassafras, Piperis zingiber. (N.Jahrb. für Pharm. Febr. 1867.) H. Ludwig.

Zusammensetzung des ätherischen Gels der Lorbeeren.

Das von C. Blas untersuchte ätherische Oel von Laurus nobilis hatte eine grünlich-gelbe Farbe, war etwas dicklich, besass einen an Lorbeeren und Terpenthinöl erinnernden Geruch, reagirte schwach sauer und zeigte bei 150 das spec. Gew. 0,932.

Bei der Destillation des Oels stieg der Siedepunct langsam von 170° auf 2500; die Hälfte des Oels ging unter 2000 über. Aus diesem Antheil wurde durch frac- tionirte Destillation und Rectification ein Kohlenwasser- stoff von der Zusammensetzung des Terpenthinöls C20H16 abgeschieden, dessen constanter Siedepunct 1640, dessen spec. Gew. 0,908 und dessen Molecular-Rotationsvermögen bei 16 = 23,35 war.

Der höher siedende Theil des rohen Oels wurde durch verdünnte Kalilauge in ein obenauf schwimmendes gelbes Oel und eine trübe wässerige Lösung getrennt. Aus jenem konnte durch fractionirte Destillation ein was- serhelles neutrales, bei 2500 siedendes Oel (spec. Gew.

Rn

Aetherisches Oel der Blüthen von Citrus decumana. 119

0,925 und linksseitiges Rotationsvermögen 7,225 bei 15°) abgeschieden werden. Die Elementarzusammensetzung desselben ist der des vorigen Kohlenwasserstoffes gleich, das Moleculargewicht scheint aber wegen des höheren Siedepuncts durch die Formel 030H?4 ausgedrückt wer- den zu müssen.

In der von dem obenauf schwimmenden Oele befrei- ten alkalischen Lösung wurde eine Säure abgeschieden, welche die Zusammensetzung der Laurinsäure C23H2404 zeigte. Nelkensäure, welche Gladstone im Lorbeeröl gefunden hatte, konnte von Blas nicht nachgewiesen werden. (Annal. d. Chem. u. Pharm. OXXAXIV. I—7.) @.

Orangenblüth- und Orangenblätter - Wasser.

Nach Gobley wird das Orangenblüthwasser öfters mit dem über Orangenblätter abgezogenen, weniger an- genehm riechenden verfäscht. Man kann jenes von die- sem daran unterscheiden, dass es sich mit einer Mischung von 20 Th. Salpetersäure, 10 Th. Schwefelsäure und 30 Th. Wasser im Verhältniss von 1:5 versetzt je nach der Stärke des Wassers mehr oder weniger tief rosenroth färbt; mit dem Blätterwasser tritt diese Reaction nicht ein. Leider zeigt sie sich auch nicht bei einer Mischung der beiden Wässer, ja selbst nicht bei älterem, länger aufbewahrt gebliebenem echten oder mit Neroliöl berei- tetem Orangenblüthwasser. (Pharm. Journ. and Transact.

Aug. 1866. II. Ser. Vol. VIII. No. 2. ». 78.) Wp.

Aetherisches Oel der Blüthen von Citrus deeumana. De Vry hat durch Destillation der Blüthen von

Citus decumana, welche. auf Java sehr reichlich wächst, ein Oel erhalten, das mit dem bekannten Neroliöl völlig identisch sein soll. Dabei hat er die interessante Ent- deekung gemacht, dass die in der Blase zurückbleibende Flüssigkeit nach dem Coliren und Erkalten eine grosse Menge des sogenannten Hesperidins in Krystallen absetzt. (Pharmaceut. Journ and Transact. II. Ser. Vol. VIT. No. 9. March 1866, p. 477.) Wn».

Ueber die Löslichkeit des Camphers in Wasser.

Die Vorschrift der Vereinigte Staaten - Pharmakopöe zur Aqua Camphorae lautet:

120 Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen.

Campher, „Re ass 120 Gran Alkohol,..“... DE 40 Tropfen Kohlensaure Magnesia 1/, Unze Destillirtes Wasser... 2 Pinten.

Der Campher wird zuerst mit dem Alkohol fein ge- rieben, dann die Magnesia, hierauf allmälig das Wasser zugesetzt und schliesslich das Ganze durch Papier filtrirt.

Alle Bücher geben übereinstimmend an, dass der Cam- pher in 1000 Th. kalten Wassers löslich sei. Storer sagt in seinem „Handwörterbuche über die Löslichkeit der chemischen Substanzen“, aus einem innigen Gemenge von Campher und kohlensaurer Magnesia löst Wasser angeb- lich dreimal mehr Campher auf, als von Campher allein.

H. Markoe (Amer. Journ. of Pharm.) suchte nun die aufgelöste Menge Campher dadurch zu bestimmen, dass er den ungelöst gebliebenen, mit der kohlensauren Mag- nesia vermehrten Antheil desselben ermittelte, indem er das auf dem Filter zurückgebliebene Gemenge von kohlen- saurer Magnesia und Campher in ein Becherglas brachte und mit verdünnter Schwefelsäure in Ueberschuss be- handelte, wodurch die Magnesia in Lösung ging und der Campher sich auf der Oberfläche sammelte. Auf diese Weise ermittelte Markoe, dass 1 Unze Aq. Camphorae 2 Gran Campher auflöse, oder in 240 Th. desselben 1 Th. Campher aufgelöst sei. ( Wittst. Vierteljahrsschr. Bd. 15. 2.)

B.

Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen.

Die gerösteten Kaffeebohnen verlieren mit jedem Tage der Aufbewahrung von ihrem aromatischen Geruche in Folge der Einwirkung der Luft. J.v. Liebig macht nun neuerdings darauf aufinerksam, dass man diese nachthei- lige Veränderung dadurch verhüten könne, wenn man nach beendeter Röstung, ehe noch die Bohnen aus dem noch sehr heissen Röstgefässe geschüttet werden, diesel- ben mit gestossenem Zucker bestreue. Auf 1 Pfd. Kaffee- bohnen genüge 1 Loth Zucker. Der Zucker schmilzt sogleich und durch starkes Umschütteln verbreitet.er sich auf alle Bohnen und überzieht sie mit einer dünnen, aber für die Luft undurchdringlichen Schicht von Caramel; sie sehen dann glänzend aus, wie mit einem Firniss über- zogen und verlieren hierdurch beinahe ganz ihren Geruch, der natürlich beim Mahlen wieder aufs stärkste zum Vor- schein kommt. (Deutsche Ind.-Ztg. 1866.) B.

BErasin, ein Ersatzmittel für Benzin. 121

Das ätherische Oel von Erigeron canadensis

empfiehlt Moormann als vortreffliches Mittel gegen Hämorrhagie, Diarrhöe und Dysenterie. Man giebt es in Dosen von 5—10 Tropfen alle drei Stunden, doch kann man auch grössere Dosen ohne Nachtheil anwenden. Bei Ruhr ist es gerathen, vorher eine Dosis Rieinusöl nehmen zu lassen. (Pharmaceui. Journ. and Transact. 11. Ser.

Vol. VII. No. VIII. Febr. 1866. p. 425.) Wp.

Flüchtige Schärfe von Coronilla varia.

Czumpelik giebt als wesentlichen Bestandtheil der- selben einen nach Senföl riechenden, die Augen und Nase reizenden Körper an, über dessen Natur und Eigenschaf- ten er später berichten wird. (Chem. Centrbl. 1866.2.) B.

Erasin, ein Ersatzmittel für Benzin.

In Californien hat man jetzt Bäume von einer neuen Species der Kiefer entdeckt, die anstatt des gewöhnlichen Terpenthinöls durch Destillation eine ätherisch-ölige Flüs- sigkeit geben, welche den Wohlgeruch der Citronen besitzt und frei von aller theerigen Substanz ist. Das spe- eifische Gewicht der Flüssigkeit sei 0,6; sie löse alle animalischen und vegetabilischen Oele und hinterlasse beim Verdunsten auf weissem Papier keine Flecken, noch wirke sie auf die in der Färberei benutzten Farben und sei daher ein ausgezeichnetes Ersatzmittel für Benzin, auch sei sie billiger als Benzin. Sie verdampfe schnell und brenne gut und sei ausgiebiger als alles Kohlen- theeröl. (Polyt. Centrbl.) B.

Aethyl- Phenyl.

Der schon früher von R. Fittig dargestellte und beschriebene Kohlenwasserstoff Aethyl-Phenyl C16H10 C:H5, C12H5 hat dieselbe Zusammensetzung wie das Xylol, ist aber nicht mit demselben identisch.

Das Aethyl-Phenyl liefert bei der Oxydation mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure Benzoösäure, wäh- rend Xylol unter gleichen Umständen Terephtalsäure giebt. Ferner verbindet sich das Aethyl-Phenyl mit Brom zu einem Körper, dem Monobromäthylphenyl, welcher ein schweres, farbloses, wasserklares Liquidum darstellt. End- lich erhält man beim Behandeln des Aethyl-Phenyls mit rauchender Salpetersäure nur flüssige Verbindungen, wäh-

122 Eydrazoanilin.

rend aus Xylol unter gleichen Verhältnissen die gut kry- stallisirenden Körper, das Dinitroxylol und Trinitroxylol, entstehen. Das Dinitroäthylphenyl bildet ein hellgelbes, völlig durchsichtiges, nicht unzersetzt flüchtiges Oel; die Trinitroverbindung des Aethyl-Phenyls besteht aus einem dem vorigen ähnlichen, aber noch dickflüssigeren Oele. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXII. 222—230) &@.

Unterscheidung der Carbolsäure (Phenylsäure) von Steinkohlentheeröl.

Betrügerischer Weise wird statt der Carbolsäure, die jetzt in England als Desinfeetionsmittel viel Anwendung findet, nicht selten Steinkohlentheeröl verkauft. Nach W. Crookes dient als Unterscheidungsmittel der käuf- lichen Carbolsäure vom Steinkohlentheeröle ihre Eigen- schaft, sich in 25 bis 70 Th. Wasser oder ihrem zwei- fachen Volumen Natronlauge zu lösen, während Stein- kohlentheeröl darin unlöslich ist. Man braucht also nur einen Theelöffel voll Carbolsäure in eine Flasche zu brin- gen, 1/, Liter warmes Wasser zuzugiessen und die Flasche Il, Stunde lang von Zeit zu Zeit zu schütteln, worauf der übrige Rückstand die Verunreinigung anzeigen wird; oder man schüttelt 5 Th. Carbolsäure mit einer Lösung von 1 Th. Aetznatron in 10 Th. warmen Wassers und sieht wieder zu, ob und wie viel Rückstand bleibt. (Zolyt. Notizbl. 1866. 11.)

Hydrazoanilin

stellte A. Haarhaus aus dem Nitranilin durch Reduction mittelst Natriumamalgam dar. Eine alkoholische Lösung von Nitranilin wurde nach und nach mit Natrium- amalgam versetzt, die entstandene gelbbraune Fällung abfiltrirt und zu dem Fitrate Wasser hinzugefügt. Der gebildete Niederschlag gab beim Umkrystallisiren aus Alkohol lange, goldgelbe, gut krystallisirte Nadeln, welche Hydrazoanilin, C?4 H1!AN®, sind.

Das Hydrazoanilin ist eine ziemlich starke Base, schmilzt etwas über 1400 und sublimirt zum grössten Theil unzersetzt bei höherer Temperatur; es ist schwer löslich in Wasser, dagegen leicht löslich in Alkohol und Aether und giebt mit Säuren krystallisirbare Salze. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXV. 162 167.)

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Physiolog. u. therapeut. Wirkungen der Pikrinsäure. 123

Die physiologischen und therapeutischen Wir- kungen der Pikrinsäure.

Von Prof. Dr. Friedrich veranlasst, hat Dr. W.Erb, Assistent an der medicinischen Klinik zu Heidelberg, eine Reihe von Versuchen über die physiologischen und therapeutischen Wirkungen der Pikrinsäure angestellt und deren Beschreibung zum Gegenstande seiner Inaugural- Dissertation gemacht.

Die Pikrinsäure, von Hausmann im Jahre 1788 entdeckt, wurde schon öfter zu Heilzwecken anzuwenden versucht. Sie wurde zuerst von Bell in Manchester gegen Wechselfieber angewendet und für ein gutes Surrogat der Chinapräparate gehalten. Später wurde sie und ihre Salze von Molfat bei Üephalalgie, Wechselfieber und chronischen Diarrhöen, von Braconnot und Calvert, eben so von Seitz in München gegen Wechselieber an- gewendet.

Die Schlusssätze, zu deren Aufstellung sich Erb am Ende seiner Arbeit berechtigt glaubt, sind folgende:

1) Die Pikrinsäure, in Verbindung mit Kali oder Natron dargereicht, wird in das Blut aufgenommen, imbibirt fast alle Gewebe des thierischen Organismus und wird grösstentheils durch den Harn wieder ausgeschieden.

2) Die Aufnahme grösserer Dosen eines pikrinsauren Alkalis in das Blut bedingt Zerstörung eines grossen Theiles der rothen Blutkörperchen und consecutive Ver- mehrung der farblosen. (Künstliche Leukocythose.)

3) Die Aufnahme pikrinsaurer Alkalien in den Organismus erzeugt einen künstlichen vorübergehenden Icterus.

4) Kleine Dosen der pikrinsauren Alkalien werden selbst auf längere Zeit ganz gut vertragen; grössere Dosen verursachen nach längerem Gebrauche den Tod unter den Erscheinungen der Erschöpfung.

5) Die pikrinsauren Alkalien werden von kräftigen, nicht fiebernden Erwachsenen in der Dosis von 9—15 Gran täglich sehr gut vertragen.

6) Dagegen sind dieselben bei Kindern so wie bei schwächlichen und fiebernden Personen nur mit grösster Vorsicht anzuwenden.

7) Die pikrinsauren Alkalien sind gegen die Trichinen- Krankheit vollständig wirkungslos.

8) Dagegen ist das pikrinsaure Kali in seiner Wir-

124 Amidodipkenylimid, eine neue organische Base.

kung gegen Tänien den übrigen Bandwurmmittel gleich- zustellen.

9) Das pikrinsaure Kali ist gegen Oxyuris vermi- cularis von entschieden günstiger, gegen Ascaris lumbri- coides von ganz vortrefflicher Wirkung, dagegen gegen Cysticerken vollkommen wirkungslos.

10) Das Wechselfieber kann durch pikrinsaures Kali nicht geheilt werden. (Buchn.n. Repert. Bd. 14. 11. u. 12.)

B.

leber das Amidodiphenylimid, eine neue orga- nische Base.

In der Fabrik der HH. Simpson, Maule und Nicholson in London wird das Anilingelb durch Ein- wirkung von salpetriger Säure auf Anilin dargestellt; die Genannten halten solches für identisch mit dem Diazo- amidobenzol O24 HIIN3,

C. A. Martius und P. Griess vereinigten sich zur gemeinschaftlichen Ausführung einer gewissen Versuchs- reihe über diesen Gegenstand und beschlossen, um der gerade nicht sehr angenehmen Darstellung desselben zu entgehen, sich des käuflichen Materials zu bedienen. Sie erhielten dieses als ein braungelbes, lockeres, krystalli- nisches Pulver. Um sich zu überzeugen, ob dasselbe in der That mit dem Diazoamidobenzol identisch sei, untersuchten sie sein Verhalten gegen kochende Chlorwasserstoffsäure, durch welche das Diazoamidobenzol bekanntlich eine sehr charakteristische Zersetzung im Sinne nachstehender Glei- chung erleidet.

C24 HM N3 4 H20?2 CR2H60?2 + CH7’N + 2N Diazoamidobenzol Phenol Anilin

Dabei war indess auch nicht die allergeringste Gas- entwickelung zu beobachten und ebenso wenig konnten in der tiefroth gefärbten, chlorwasserstoffsauren Auflösung Phenol oder Anilin aufgefunden werden. Als die salz- saure Lösung dagegen mit Ammoniak übersättigt wurde, nachdem sie durch Filtration von einer Spur eines unlös- lichen Harzes befreit worden war, entstand eine reich- liche Menge eines gelben krystallinischen Niederschlages, während sich in der Mutterlauge beträchtliche Mengen Oxalsäure nachweisen liessen.

Durch diesen Versuch wurde nicht allein die voll- ständige Abwesenheit von Diazoamidobenzol im Anilin- gelb dargethan, sondern auch der Beweis geliefert, dass

= 5 Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 125

dasselbe, abgesehen von der Spur harziger Substanz, nur aus dem oxalsauren Salze einer organischen Base bestand. Ueber die Natur dieser Base musste man vorläufig im Un- klaren bleiben, da es nicht gelang, sie durch qualitative Reactionen mit irgend einem bekannten Körper zu identi- ficiren. Da dieselbe mehre bemerkenswerthe Eigenschaf- ten erkennen liess, so wurde sie einer eingehenden Unter- suchung unterworfen.

Was zunächst die Reindarstellung der neuen Verbin- dung anlangt, so gelingt diese schon, wenn man die auf die vorhererwähnte Weise aus dem käuflichen Materiale abgeschiedene Verbindung öfters aus warmen Alkohol umkrystallisirt. Zweckmässiger ist jedoch, sie vorher der Destillation zu unterwerfen, wobei sie unzersetzt als gelb- rothes Oel übergeht, das schon im Retortenhalse zu einer strahlig-krystallinischen Masse erstarrt. Ein einmaliges Umkrystallisiren des Destillationsproductes aus Alkohol liefert sie dann in der Regel von einer zur Analyse hin- reichenden Reinheit.

Nach der Analyse kommt der neuen Base, welche C. A. Martius und P. Griess aus später zu erörtern- den Gründen Amidodiphenylimid nennen, die Formel C#HNN3 zu, sie ist also isomer mit dem Diazoamido- benzol.

Dass sie mit dem letzteren aber ausserdem nichts gemein hat, erhellt schon aus der Art ihrer Reindarstel- lung und ergiebt sich vollends aus den nachstehenden Eigenschaften.

In Wasser ist das Amidodiphenylimid selbst in der Siedehitze nur sehr wenig auflöslich, reichlicher dagegen in Aether und heissem Alkohol. Aus der heiss gesättig- ten alkoholischen Lösung krystallisirt beim Erkalten der grösste Theil wieder aus, in gelben rhombischen Na- deln oder Prismen von beiläufig 490 20‘, deren scharfe Seitenkanten durch breitere Flächen gerade abgestumpft werden. Da die Enden der sonst ziemlich grossen Kry- stalle alle abgerundet waren, konnte V. von Lang, dem C. A. Martius und P. Griess dieselben zur Messung übergeben hatten, nichts weiter über die kry stallographi- schen Constanten mittheilen.

Das Amidodiphenylimid schmilzt bei 1300, erstarrt wieder bei 1200 und siedet ohne Zersetzung zu erleiden bei einer Temperatur, die höher ist als der Siedepunct des Quecksilbers. Mit Säuren verbindet es sich zu wohl charakterisirten Salzen, die zum grössten Theil gut kry-

j 2 126 Amidodiphenylimid, eine neue organische Base.

stallisiren. Das Diazoamidobenzol dagegen wird fast immer in messinggelben Blättchen erhalten, die bei 910 schmel- zen und in höherer Temperatur explodiren. Erwärmt man dasselbe mit Säuren, so zersetzt es sich unter Ent- wickelung von Stickgas.

Dass das Amidodiphenylimid in ähnlicher Weise wie das Diazoamidobenzol durch Einwirkung von salpetriger Säure auf alkoholische Lösungen von Anilin entsteht, hat sich im Laufe der Untersuchungen bestätigt. ©. A. Mar- tius und P. Griess haben sich ferner überzeugt, dass es in der That nur von der Temperatur abhängt, ob der eine oder der andere von diesen beiden Körpern bei dieser Reaction zu erwarten steht. Lässt man die salpetrige Säure in der Kälte auf die Anilinlösung einwirken, so wird nur Diazoamidobenzol erhalten; zur Bildung des Amidodiphenylimids dagegen ist eine höhere Tem- peratur erforderlich. Man verfährt zur Darstellung des Amidodiphenylimids am zweckmässigsten in folgender Weise. Anilin wird in der dreifachen Menge Alkohol gelöst und in die etwas erwärmte Lösung, ohne dabei abzukühlen ein starker Strom salpetriger Säure geleitet, so lange, bis die Flüssigkeit eine tiefrothe Farbe ange- nommen hat. Man versetzt dieselbe darauf mit einem grossen Ueberschusse mässig concentrirter Salzsäure, wobei die Mischung sofort zu einem braunrothen dicken Brei erstarrt. Dieser wird auf ein Filter geworfen und zur Entfernung der Mutterlauge, welche stets eine beträchtliche Menge Phenylsäure enthält, nochmals mit sehr verdünn- tem Alkohol gewaschen. Der Filterrückstand wird dann wiederholt mit kochendem Wasser ausgezogen, aus den vereinigten Lösungen die Basis mit Ammoniak abgeschie- den und in oben angegebener Weise gereinigt.

Während C. A. Martius und P. Griess mit den eben beschriebenen Versuchen beschäftigt waren, wurde ihre Aufmerksamkeit noch auf einen anderen gelben Farb- stoff gelenkt, der durch Einwirkung von zinnsaurem Natron auf salzsaures Anilin entsteht und dessen Bildung zuerst in der Fabrik von G. J. Müller & Comp. in Basel, später auch von H. Schiff beobachtet wurde. Die Ver- muthung, dass derselbe mit dem Amidodiphenylimid iden- tisch sei, haben C. A. Martius und P. Griess bestätigt gefunden.

Will man sich dieser letzteren Darstellungsweise bedienen, so kann man auf folgende Weise verfahren. Eine Mischung von 3 Th. zinnsaurem Natron und 1 Th.

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Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 127

- Anilinnitrat wird mit 10 Th. Wasser versetzt und auf 1000 erwärmt. Wird nun Natronlauge nach und nach in kleinen Portionen zugefügt, so tritt eine heftige Reaction ein. Sobald Säuren einer Probe eine tiefrothe Färbung ertheilen, unterbricht man die Operation und lässt erkal- ten. Versetzt man darauf mit Salzsäure bis zur Lösung des ausgeschiedenen Zinnoxyds, wobei ein starker Ge- ruch nach Phenol zu beobachten ist, so wird eine be- trächtliche Menge eines rothbraunen Harzes abgeschieden. Dieses wird zur Entfernung beigemengten Phenols mit verdünnter Natronlauge digerirt und dann mit salzsäure- haltigem Wasser ausgekocht. Die wässerig sauren Aus- züge, mit Ammoniak zersetzt, liefern Amidodiphenylimid mit allen seinen vorher erwähnten Eigenschaften.

Zieht man nur die Darstellungsweise des Amido- diphenylimids mittelst salpetriger Säure in Betracht, so wäre es am einfachsten, wenn man annähme, dass es nach derselben Gleichung entstände, wie das ihm isomere Diazoamidobenzol:

2C1?H’N 4 HO,NO3 CHHUN3 4 4HO.

Aber hiermit steht die letzterwähnte Bildungsweise desselben mittelst zinnsauren Natrons und salpetersauren Anilins nicht im Einklang, da hierbei keine so einfache Stickstoff-Substitution erscheint. Erinnert man sich übri- gens, dass bei beiden Darstellungsweisen das Auftreten von Phenol beobachtet wurde, so kommt man jedenfalls der Wahrheit näher, wenn man die in beiden Fällen stattfindenden Reactionen in gleicher Weise als einen ÖOxydationsprocess auffasst, nachstehender Gleichung ent- sprechend:

3 Cı?H7N 4 6 O0 = CAHIN3 4 CRH602 42 HO

Anilin Amidodiphenyl- Phenol.

imid

Das Amidodiphenylimid ist eine einsäurige Base und zwar sind seine basischen Eigenschaften nur schwach ausgeprägt, da alle seine Salze schon in Berührung mit viel Wasser in ihre Bestandtheile zerfallen. Die schwach sauren Auflösungen dieser Salze besitzen eine schön coche- nillerothe Farbe.

Von den Salzen sind hauptsächlich das

salzsaure Salz CAHINN3, HCl,

Nitrat C24H1ıN3, HO, NO5,

Sulfat 2 (C24 H11N3), 2 HO, S206 und

Oxalat 2 (CH11N3) 2 HO, 0406 bemerkenswerth.

128 Amidodiphenylimid, eine neue organische Base.

In Wasser lösen sich die Salze mit Ausnahme des Nitrats schwer, Sulfat und Oxalat sind selbst in kochen- dem Alkohol schwierig löslich.

Auf Zusatz von Platinchlorid zu einer alkoholischen Lösung des salzsauren Salzes scheidet sich das Platin- doppelsalz: 2(C24HNN3, HCl), Pt?Cl4 in feinen braunrothen Nadeln ab.

Setzt man zur alkoholischen Lösung des Amidodi- phenylimids eine Lösung von Silbernitrat, so fallen gold- gelbe, stark glänzende Blättchen, denen die Formel 2 (C24H11N3), AgO, NO5 zukommt und die in kochendem Alkohol schwer, in Wasser oder Aether fast gar nicht löslich sind.

Bleibt die alkoholische Lösung der Base längere Zeit in der Kälte mit Jodäthyl in Berührung, so entsteht eine schön krystallisirende jodwasserstoffsaure Verbindung der einfach äthylirten Base C2?H10(C4H5) N3, HJ. Wirken dagegen diese Körper bei 1000 auf einander ein, so wird Aethylanilin und ein harziges Product gebildet.

Ueber die Anwendbarkeit des Amidodiphenylimids als Farbstoff lässt sich nicht viel Günstiges mittheilen. Fast alle schwach sauren Auflösungen desselben färben Wolle und Seide intensiv citronengelb.» Aus einer Lö- sung der Pikrinsäureverbindung kann Wolle in einer Farbe gefärbt werden, die dem Cochenilleroth, was Schön- heit und Tiefe des Tons anlangt, wenig nachsteht. Des- senungeachtet haben diese Farben eine sehr untergeord- nete praktische Bedeutung, weil sie Hüchtig sind und in Folge dessen von den damit gefärbten Stoffen, namentlich in höherer Temperatur, nach und nach wegsublimiren.

Was die Stellung anlangt, welche das Amidodiphe- nylimid im chemischen Systeme einnimmt, so ist es nach Berücksichtigung seiner im Vorhergehenden erwähnten Eigenschaften von selbst verständlich, dass es nicht mit dem ihm isomeren Diazoamidobenzol in ein und dieselbe Gruppe gehört. Es zeigt sich dagegen in mannigfacher Beziehung grosse Uebereinstimmuug mit jener Olasse von Verbindungen, deren erstbekanntes Glied das von Mit- scherlich. entdeckte Azobenzol ist. In der That sind C.A. Martius und P. Griess sogar ‚geneigt, ihre Base geradezu als Amidoazobenzol CH !1N3 C24H9 (H?N) N? anzusprechen. Im Fall sich diese Ansicht richtig erweist, müsste ihre Darstellung auch aus dem Nitraazobenzol, dessen Existenz von Laurent und Gerhardt wahr-

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er

SE, Li, er Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 129

scheinlich gemacht wurde, nach folgender Gleichung ge- lingen: C21H9 (NO) N2 + 6 HS = C#H9(H2N)N?+6S-—-4HO. Nitroazobenzol

Diese Bildungsweise wäre dann ganz in Uebereinstim- mung mit der des Diamidoazobenzols (Diphenins) aus Dinitroazobenzol: C2H3(NON2N?--12HS—CHS(H2N)?N?2+12S-+-8HO. Dinitroazobenzol Diphenin

C.A. Martius und P. Griess hoffen, dass sie spä- ter in der Lage sein werden, diese Vermuthungen durch das Experiment bestätigen zu können. Dass übrigens die angedeutete Beziehung des Amidodiphenylimids zum Di- phenin nicht nur eine rein zufällige ist, möchte schon durch die grosse Aehnlichkeit der beiden Verbindungen, so wie namentlich auch durch die im Nachstehenden erwähnten Zersetzungserscheinungen genügend dargethan werden.

Wird Amidodiphenylimid mit Zinn und Salzsäure erwärmt, so wird es rasch unter Entfärbung gelöst und in der Auflösung finden sich neben Chlorzinn zwei orga- nische Basen, Anilin und das kürzlich von A. W. Hof- mann beschriebene Paraphenylendiamin. Um diese beiden Körper von einander zu trennen, wird das Zinn durch Schwefelwasserstof entfernt, die filtrirte Lösung zur Trockne verdampft, der Rückstand in wenig Wasser gelöst und durch Zusatz von concentrirter Salzsäure das chlorwasserstoffsaure Paraphenylenanilin aus- gefällt, welches bekanntlich in concentrirter Salzsäure schwer löslich ist. Durch Wiederholung dieser Opera- tion wurde das Paraphenylendiamin von jeder Spur Ani- lin befreit. Es wurde sowohl durch eine gut stimmende Analyse, als durch die Vergleichung seiner Eigenschaf- ten mit der Hofmann’schen. Verbindung identificirt.

Man kann diese Umsetzung durch nachstehende Glei- chung versinnlichen:

C24H!1N3 + AH C!2H7N + CI2HSN? Amidodiphenylimid Anilin Paraphenylendiamin. Eine weitere Analogie beider Basen ergiebt sich aus dem gleichen Verhalten derselben beim Erhitzen mit einer Oxydationsmischung aus Braunstein und Schwefel- säure, beide liefern dabei reichliche Mengen von Chinon. Ueber einige weitere Zersetzungsproducte des Amido- diphenylimids soll bei anderer Gelegenheit berichtet wer- den. Besonders wird eines blauen Farbstoffs zu geden- ken sein, der sich beim Erhitzen des Amidodiphenyl-

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2.Hft. 8

130 Benzoyl. Isomere Chlorbenzoesäuren.

imids mit chlorwasserstoffsaurem oder salpetersaurem Ani- lin bildet. Auch das Diazoamidobenzol und Diphenin liefern unter diesen Bedingungen einen blauen Farbstoff, es bleibt jedoch zu beweisen, ob diese identisch sind. Schliesslich erwähnen C. A. Martius und P. Griess noch, dass sich aus dem Toluidin, sowohl durch Ein- wirkung der salpetrigen Säure, wie des zinnsauren Na- trons, eine dem Amidodiphenylimid homologe Verbindung darstellen lässt, welche ebenfalls in gelben Nadeln kry- stallisirt und mit letzterem auch in allen andern Eigen- schaften die grösste Uebereinstimmung zeigt. (Ber. der

Berl. Akad. Chem. Centralbl. 1866. No. 21.) B.

benzoyl.

Das Benzoyl = C14H50O2, das Radical der Benzo&- säure, wurde von G. Briegel isolirt, indem er Benzoyl- chlorid in ätherischer Lösung mit Natriumamalgam be- handelte. Die Zersetzung ging nach der Gleichung vor sich: C1H502Cl + Na = U14H502 + NaCl.

Es sind kleine, farblose Prismen von starkem Glas- glanze, bei 1460 schmelzend, unverändert sublimirbar, in Alkohol und Aether schwer löslich. Beim Kochen mit alkoholischer Kalilösung tritt eine vorübergehende röth- liche Färbung ein; auf Zusatz von Wasser fällt ein Oel nieder (Benzalkohol), während die davon abfıiltrirte Flüs- sigkeit mit Säuren Krystallnadeln von Benzoesäure lie- fert. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXV. 171-175.) @.

Die isomeren Chlorbenzoösäuren.

F. Beilstein und F. Schlun haben dargethan, dass alle von verschiedenen Forschern beschriebenen isomeren Säuren der Formel C1#H5C104 sich auf drei scharf von einander getrennte Verbindungen zurückführen lassen : Chlorbenzo&äsäure, Chlorsalylsäure und Chlor- dracylsäure.

1) Chlorsalylsäure (aus Salicylsäure). Schmelz- punct übereinstimmend mit Kekul&’s Angaben 1370; (nach Limpricht und v. Uslar bei etwa 1300, nach Kolbe und Lautemann bei 1400). Die Säure schmilzt beim Erhitzen mit Wasser. Ihr Kalksalz enthält 1 Mol. Wasser und ist löslicher als die Kalksalze der übrigen isomeren Säuren.

0 Azodracylsäure und Hydrazodracylsäure. 131

2) Chlorbenzo&säure (aus Benzoöschwefelsäure) erhält man rein, indem man sie durch Papier hindurch sublimirt. Blendend weisse Krystallnadeln, Schmelzpunct 1530 (nach Limpricht und y. Uslar 1400, nach Kolbe und Lautemann 1520). Die Gegenwart einer kleinen Bei- mengung kann den Schmelzpunct beträchtlich erniedrigen. Die Säure schmilzt nicht unter Wasser, ihr Kalksalz enthält 11, Mol. Wasser. Nur die ganz reine Säure liefert ein krystallisirendes Kalksalz; ein Theil DR löst sich bei 120 in 82,7 Th. Wasser.

3) Chlord elelere (aus Azo-Amidodracylsäure). Schmelzpunct bei 236 237°, sublimirt nicht in Nadeln, sondern in Schuppen. Kalksalz mit 11, Mol. Wasser.

Die weiteren Untersuchungen der Verf. haben nun ergeben, dass alle übrigen auf verschiedene Art erhaltenen Chlorbenzo@säuren einem dieser drei Typen angehören. Das Resultat ist: Wird aus Benzo@säure oder einem Derivate der Bezoösäure (Nitrobenzoösäure, Benzoeschwefel- säure), oder auch nur aus einem Körper, der Benzoösäure zu liefern im Stande ist (Hippursäure, Zimmtsäure) Chlor- benzo@säure dargestellt, so erhält man stets ein und die- selbe Verbindung. Isomere Säuren, Chlorsalyl- und Chlordracylsäure, entstehen nur, wenn von anderen parallelen Reihen (Salicylsäure, Nitrodracylsäure) ausge- gangen wird. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXAII., 239 bis 253.) @.

Azodraeylsäure und Hydrazodracylsäure.

Diese beiden Säuren wurden von O. Bilfinger aus der Para- Nitrobenzoösäure Fischer’s (oder Nitrodracyl- säure von Beilstein und Hildebrand) dargestellt und. entsprechen den von Strecker beschriebenen Azover- bindungen der Nitrobenzo&säure, der Azobenzo&säure und der Hydrazobenzoösäure.

Nitrodracylsaures Natron wurde in wässeriger Lösung nach und nach mit Natriumamalgam versetzt, die sich dabei abscheidende flockige Masse von der Flüssig- keit getrennt, in Wasser gelöst und die kochende Lösung mit verdünnter Salzsäure zersetzt. Die so erhaltene Azodracylsäure bildet im trockenen Zustande ein feines, fleischfarbenes, unkrystallinisches Pulver; sie ist eine schwache stickstoffhaltige Säure, löst sich wenig in Wasser, Weingeist und Aether, ist aber in concentrirter Schwefelsäure mit schön gelber, in Ammoniak, kaustischen

9*

ET

132 Verhalten von Benzoesäureäther etc. gegen Brom.

und .kohlensauren Alkalien mit orangegelber Farbe lös- lich. Die Analysen der bei 1000 getrockneten Säure führten zu der Formel O14H5NO4, die bei 1000 getrocknete Azobenzoösäure besitzt die Formel 2 (C14H5NO4) + HO. Das Natron-, Ammoniak-, Baryt- und Silberoxydsalz sind nicht identisch, sowohl in Betreff des Wassergehaltes als der Form mit den entsprechenden Salzen der Azobenzoe- säure.

Die Hydrazodracylsäure erhält man, wenn man eine Lösung von azodracylsaurem Natron in überschüssiger Natronlauge kochend nach und nach mit Eisenvitriollösung bis zur Entfärbung versetzt, bis sich das anfangs gebil- dete Eisenoxydhydrat in schwarzes Eisenoxydoxydul ver- wandelt hat, und dann zu dem Filtrat Salzsäure hinzufügt. Die Säure scheidet sich als gelblich weisser voluminöser Niederschlag aus, bekommt nach dem Trocknen ein hell- fleischfarbenes Ansehen, ist in Wasser fast ganz unlöslich, löst sich leicht ais noch feuchter Niederschlag in kochen- dem Weingeist und kann daraus in farblosen Krystall- chen erhaiten werden. Die Salze sind leicht zersetzbar, scheinen ursprünglich farblos zu sein und färben sich an der Luft, wahrscheinlich indem sie Sauerstoff aufnehmen und dadurch in azodracylsaure Salze übergehen. Die Hydrazodracylsäure hat dieselbe Zusammensetzung wie die Hydrazobenzoösäure = C1H$6NO#, ist aber nur mit derselben isomer.

Aus dieser Untersuchung geht hervor, dass die Nitro- dracylsäure im Allgemeinen das Verhalten der Nitrobenzo&- säure gegen Natriumamalgam zeigt, dass aber die aus beiden Säuren entsprechenden Producte in ähnlicher Weise bestimmte Unterschiede von einander zeigen, wie ihre Mutterstoffe. (Annalen der Chem. u. Pharm. CXXXV, 152 bis 161.) @:

Verhalten von Benzoesäureäther und Nitrobenzoösäure- äther gegen Brom.

Die von Urafts angegebene Entstehungsweise der - .. .e .

Monobromessigsäure durch Einwirkung von Brom auf Essigsäureäther veranlasste A. Naumann, auch das Ver- halten des Benzo&säureäthers und Nitrobenzoösäureäthers unter gleichen Verhältnissen zu studiren. Die Versuche haben ergeben, dass sich dabei nicht Brombenzoösäure, sondern Benzoösäure und ausserdem Aethylenb romür bilde

A en

E.

Ueber einige Derivate des Benzoins. 133

nach der Gleichung: C4H50, C14H503 + Br? = C1H4H604 + C4H4Br?.

Der Nitrobenzo@säureäther verhält sich ganz ähnlich, indem sich Nitrobenzo&säure und Bromäthylen bildet. Der Schmelzpunct der hierbei entstandenen Nitrobenzoesäure wurden zwischen 140 und 1420 gefunden, während Mulder denselben zu 1270 angiebt, wahrscheinlich aber ein mit

Benzoösäure verunreinigtes Product untersucht hat. (Annal. d. Chem. u. Pharm. UXXXIL. 199 207.) @G.

Ueber einige Derivate des Benzoins.

Ueber die durch Einwirkung von weingeistigem Am- moniak auf Benzoin entstehenden Producte berichtet J. Erdmann Folgendes:

Wenn man Benzoin mit dem doppelten Volumen weingeistigen Ammoniaks in zugeschmolzenen Röhren etwa 4 bis 6 Stunden lang im Wasserbade erwärmt, so scheiden sich nach Verlauf von einigen Stunden in der goldgelb gefärbten Flüssigkeit seideglänzende Nadeln aus. Diese bestehen aus einer in siedendem Alkohol löslichen Verbindung (wahrscheinlich Lophin) und einer darin unlöslichen. Letztere ist das bereits von Laurent be- schriebene Benzoinam, C56H?+NO?. Das Benzoinam wird beim Erhitzen über 1200 C. zersetzt, indem Bitter- mandelöl austritt und Amarin zurückbleibt, welches fast gleichzeitig mit der Entbindung des Benzaldehyds ein wohlriechendes Oel entwickelt und nach und nach in Lophin übergeht. Die Spaltung des Benzoinams in Bitter- mandelöl und Amarin geschieht nach folgender Gleichung:

C56H24N20? C42HI8N2-L C14H602 Benzoinam . Amarin Bittermandelöl, und es lässt sich demnach das Benzoinam besser als Benzaldehydamarin bezeichnen mit der Formel

C42 H1s, C144502, HN?.

Die Mutterlauge vom Benzaldehydamarin scheidet, der spontanen Verdunstung überlassen, eine gelbe Kry- stallmasse aus, die nach dem Auskochen mit siedendem Alkohol ein eitronengelbes Pulver darstellt. Der Körper ist unlöslich in Alkohol, Aether und Wasser, löst sich in eoncentrirter Schwefelsäure mit blutrother Farbe, zeigt die Zusammensetzung C2SH!!N und ist demnach als Benzoinimid zu betrachten (C13H5)?HN.

LET OFT

134 Benzophenon.

Die Mutterlauge von Bezoinam liefert drittens ausser einem harzartigen, nach Bittermandelöl riechenden Product noch gelb gefärbte Krystallnadeln von Lophin, C42H16N2, die mit einer geringen Menge einer körmigen, nicht näher untersuchten Verbindung verunreinigt sind.

Die Hauptproducte der Einwirkung des’ Ammoniaks auf Benzoin sind demnach: Benzoylaldehydamarin (Ben- zoinam), Lophin und ein Harz; in geringer Menge ent- stehen dabei Benzoinimid und eine körnige Verbindung. (Annal. d. Chem. u. Pharm. OXXXV, 181—188.) G@.

Benzophenon.

Das durch Destillation von wasserfreiem benzo@sauren Kalk und Aetzkali gewonnene Benzophenon stellt nach E. Linnemann eine schneeweisse, aus langen dünnen Nadeln bestehende Krystallmasse dar, welche bei 48— 48,50

schmilzt, bei 3150 siedet und nach der Formel C26H 1002 .

zusammengesetzt ist.

Brombenzophenon. Bei der Einwirkung von Brom auf Benzophenon in zugeschmolzenen Röhren bei 1600 bildet sich ein gelber Syrup, der beim Erkalten erstarrt und nach mehrmaligem Umkrystallisiren aus kochendem Weingeist die Zusammensetzung C52]115Br504 zeigt. Die Substanz leitet sich demnach von 2 Mol. Benzophenon ab.

Benzhydrol. Dieser Körper von der Formel C26H1202 entsteht unter Wasserstoffaufnahme aus dem Benzophenon beim Behandeln desselben mit Natrium- amalgam. Er krystallisirt aus Weingeist, Aether, Chloro- form und Schwefelkohlenstoff als eine seideglänzende, aus feinen Nadeln bestehende Masse. In Wasser ist er wenig löslich, leichter in alkalischen Flüssigkeiten, aus denen er auf Zusatz von Wasser oder einer Säure wieder kry- stallinisch ausgeschieden wird. In seinem chemischen Verhalten zeigt das Benzhydrol viele Eigenschaften eines einatomigen Alkohols, es unterscheidet sich aber von den eigentlichen Alkoholen vor Allem darin, dass es unter Einfluss von Oxydationsmitteln nicht wie die normalen Alkohole ein Aldehyd liefert, welches bei fortgesetzter Wirkung jener Agentien in die zugehörige Säure über- geht, sodann dass es in diesem Falle einfach wieder in Benzophenon zurückgeführt wird. So wird das Benzhydrol durch rauchende Salpetersäure in Binitrobenzophenon über- geführt, indem es sich zunächst in Benzophenon verwan-

|

" Benzophenon. 185

delt, welches dann nitrirt wird. Verdünnte Chromsäure bildet gleichfalls aus dem Benzhydrol Benzophenon. Mit Brom giebt das Benzhydrol sehr leicht zweifach- gebromtes Benzhydrol. Auf der anderen Seite hat das Benzhydrol jedoch die Eigenschaft mit den normalen Alkoholen gemein, dass es wie diese leicht Aetherarten bildet. Der eigentliche Aether, der Benzhydroläther, ent- steht schon durch einfache Destillation des Benzhydrol- alkohols, indem dieser hierdurch in Wasser und Aether zerfällt; die gemischten Aether des Benzhydrols und Metbyl- oder Aethylalkohols erzeugen sich schon bei mittlerer Temperatur, wenn man die Lösung des Benz- hydrols in einem dieser Alkohole mit Schwefelsäure ver- setzt; die zusammengesetzten Aether des Benzhydrols und der Essigsäure, Benzoösäure oder Bernsteinsäure end- lich lassen sich durch einfaches Zusammenschmelzen der

. Säuren mit dem Alkohol darstellen. Der Benzhydroläther

bildet mikroskopische, federartig vereinigte Krystalle, die bei 1110 schmelzen und bei 3150 sieden; der Aethyl- Benzhydreläther ist eine geruchlose Flüssigkeit von der Consistenz des Glycerins und zeichnet sich dadurch aus, dass es im Lichte eine deutliche Färbung annimmt, die aber im Dunkeln wieder verschwindet und nach aber- maligem Belichten wieder auftritt, namentlich im directen Sonnenlichte schon nach einigen Secunden. Bei auffallen- dem Lichte ist die Substanz schön grün, bei durchschei- nendem schwach gelb; durch Schütteln verschwindet die Farbe ebenfalls, ebenso bei gelinder Erwärmung, nicht aber bei plötzlicher Erkältung um 20— 30°. Diese Empfind- lichkeit gegen das Licht hört nach mehreren Monaten auf. Wenn man durch den verdunkelten Aether einen Lichtkegel fallen lässt, so tritt eine lebhafte Fluorescenz auf und zwar ist das ausgestrahlte Licht lebhaft hellblau. Diese merkwürdigen Eigenschaften finden sich auch bei dem essigsauren Benzhydroläther wieder.

Benzpinakon. Wird Benzophenon in Alkohol ge- löst und mit Schwefelsäure und Zink zusammengebracht, so bildet sich nach einigen Tagen ein Ueberzug über dem Zink, der nach dem Umkrystallisiren aus siedendem Weingeist als eine blendend weisse, glänzende, aus klei- nen Nadeln bestehende Masse erscheint. Der Verfasser nennt diesen Körper von der Formel C52H??204 Benz- pinakon, weil er zu dem Benzophenon in derselben Bezie- hung steht, wie das mit dem Acetal isomere Pinakon zum Aceton.

136 Azobenzid. Hydrazosalicylige Säure, 2C6H60? + H?2 C1?H1404

Aceton Pinakon 2 C26H1002 + H2 C52?H2204 Benzophenon

Das Benzpinakon löst sich leicht in Aether, Schwefel- kohlenstoff und Chloroform, geht beim Kochen mit einer verdünnten Chromsäurelösung in Benzophenon und beim Behandeln seiner weingeistigen Lösung mit Natriumamal- gam in Benzhydrol über. Beim Destilliren so wie beim Schmelzen verwandelt es sich in eine Flüssigkeit von fast gleicher Zusammensetzung, das Isobenzpinakon, eine farblose, dicke, stark lichtbrechende Flüssigkeit, welche, wenn sie Monate lang sich selbst überlassen wird, wieder eine Veränderung erleidet, indem sie anfängt fest zu werden und endlich ganz erstarrt. Alle drei Körper aber, das Benzpinakon, das flüssige und das feste Isobenz- pinakon, geben beim Behandeln mit Natriumamalgam Benzhydrol. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIL, 1—32.)

G%

Azobenzid.

A. Werigo versetzte eine alkoholische, mit Essig- säure angesäuerte Lösung von Nitrobenzol allmälig mit Natriumamalgam; es bildete sich hierbei Azobenzid, wel- ches durch verlängertes Einwirken des Natriumamalgams in Benzidin überging. Ersteres wurde in Gestalt von rothen, rhombischen Blättchen erhalten; seine Formel ist C24 H10N2, sein Schmelzpunct 65°.

Das Azobenzid verbindet sich nicht nur direct mit Wasserstoff zu Benzidin, sondern auch direct mit Brom zu Dibrombenzidin, C?HIWN?Br?. Diese Verbindung bildet aus Alkohol umkrystallisirt kleine, gelbe, goldglänzende Nadeln, ist ziemlich schwer in Alkohol löslich, schmilzt bei etwa 2050 und sublimirt sich in Gestalt von irisiren- den, schwach gelben, ziemlich grossen Nadeln. In Aether ist es schwer löslich, in concentrirter Schwefelsäure löst es sich mit rother Farbe. Mit starker Salpetersäure be- handelt giebt es Mononitrodibrombenzidin, C24H9(NO%) N?Br?, welches in langen strohgelben Nadeln krystallisirt. (Annual. d. Chem. u. Pharm. CXXXV, 176—180.)) @.

Hydrazosalicylige Säure.

Wenn man nach dem von Strecker angegebenen Verfahren die nitrosalicylige Säure, C14H5(NO4) O4, mit

Xylol. Zur Kenntniss des Xylols. 137

Natriumamalgam behandelt, so wird derselben der Sauer- stoff aus der Gruppe NO4 entzogen und es entsteht eine neue Säure, die hydrazosalicylige Säure, von der Zusam- mensetzung CI4H5NO%.

Diese Säure stellt nach G. Briegel im trockenen Zustande ein feines, rothbraunes, nicht krystallinisches Pulver dar, das in Wasser, Weingeist und Aether fast unlöslich ist, dagegen in Ammoniak eine dunkelrothbraune Lösung bildet. (Annal. d. Chem. u. Pharm. UXXXV, 168 —/70.) @.

Xylol.

Die Angaben über das Xylol waren bisher wenig übereinstimmend. F. Beilstein hat jetzt das reine Xylol durch fractionirte Destillation aus einem von H. Trommsdorff bezogenen Steinkohlentheeröl dargestellt und gefunden, dass dasselbe constant bei 1390 siedet und bei 210 ein spec. Gew. 0,8668 besitzt. Hiernach stel- len sich die Siedepunctsdifferenzen bei den Kohlenwasser- stoffen des Steinkohlentheers anders dar, als sie gewöhn- lich in den Lehrbüchern angegeben sind. Es ist:

Benzol.. CI?H6 . 822 Differenz Toluol... C14H8 1110 390 Xylol... C!6H10 1390 280,

Mit der Schwefelsäure geht das Xylol eine krystalli- sirbare Verbindung, die Xylolschwefelsäure, ein, welche mit Metalloxyden wohl charakterisirte Salze giebt. Bei der Oxydation durch doppelt-chromsaures Kali und Schwefelsäure liefert das Xylol nicht Toluylsäure, sondern Terephtalsäure. Durch rauchende Salpetersäure wird es in Mononitro-Xylol und Dinitro-Xylol verwan- delt, welche beiden Körper durch Behandeln mit Salpeter- Schwefelsäure sehr leicht in Trinitro-Xylol übergehen. Dieses Trinitro- Xylol ist identisch mit dem Trinitro- petrol von Bussenius und Eisenstuck. (Annal.d. Chem. u. Pharm. CXXXIII, 82—47.) I

Zur Kenntniss des Xylols.

G. Deumelandt wandte zur Darstellung des Nitro- xylols, C16H9(NOA), ein constant bei 1400 siedendes Xylol an, welches sich sehr leicht nitrirt, wobei sich indess Di- und Trinitroxylol mit bildet. Man reinigt die gebildeten Nitroverbindungen durch Schütteln mit Ammoniak von

A de Da DENE N

138 Zur Kenntniss des Xylols.

den beigemengten Säuren und destillirt nach dem Waschen und Trocknen im Kohlensäurestrome bei einer 2400 nicht übersteigenden Hitze. Diese Vorsichtsmassregel darf nicht unterbleiben, indem sonst gegen das Ende der Destillation eine Explosion eintritt. Das abdestillirte Nitroxylol kann durch wiederholtes Fractioniren leicht auf den constanten Siedepunct 2400 gebracht werden.

Behandelt man Nitroxylol mit Zinn und Salzsäure, so erstarrt nach dem Erkalten das Ganze unter Bildung eines Doppelsalzes, welches, durch Umkrystallisiren in concentrirte Salzsäure gereinigt, grosse schuppige Krystalle bildet, die die Formel CI6H!!N, HCI-+- 2 SnCl besitzen. Aus diesem Salze kann man durch Schwefelwasserstoff das salzsaure Xylidin erhalten, welches beim Abdampfen seiner Lösung sehr leicht krystallisirt. Formel CI6HIIN, HCl. Es ist in kaltem Wasser nicht so leicht löslich, wie gewöhnlich die salzsauren Basen.

Die freie Base gewinnt man entweder, indem man das salzsaure Salz mit trockner Soda destillirt, oder bes- ser, indem man Nitroxylol mit Eisenfeile’und Essigsäure redueirt und nach dem Zusatze von überschüssiger Natron- lauge das freie Xylidin CI6H!IN aus einem kupfernen Kessel abdestillirt. Es wird zur Reinigung an Salzsäure gebunden, und aus dem reinen Salze durch Kali gefällt. Es ist eine farblose Flüssigkeit, die sich an der Luft bald bräunt, schwerer als Wasser und bei 214 2160 siedend. Mit Chlorkalk erhält man keine Färbung.

Die von Deumelandt untersuchten Salze, das sal- petersaure, schwefelsaure und oxalsaure Xylidin krystalli- siren leicht. Das salpetersaure Salz bildet weisse seiden- glänze Blättehen und ist in heissem Wasser leichter lös- lich, als in kaltem.

Erhitzt man schwefelsaures Xylidin mit Schwefelsäure, bis ein Theil der letzteren abraucht und krystallisirt den Rückstand aus siedendem Wasser um, so erhält man Xylidinschwefelsäure CI6H!IN, S?O6. Aus einer verdünn- ten Lösung krystallisirt sie in Nadeln. Das Baryumsalz BaO, C!6H10N, S?O5 bildet Warzen, die in Wasser leicht löslich sind. (Ztschr. f. Chem. N. Folge. Bd. 2. Chem. Centrbl. 1866, 27.) B.

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Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. 139

Verschiedenheit des Eymols im Römisch - Kümmelöle von dem aus Campher dargestellten,

Mit Gerhardt und Delalande nimmt man gewöhn- lich die Identität des Kohlenwasserstoffes aus Römisch- Kümmelöl und des aus Campher durch Chlorzink darge- stellten an, obgleich deren Siedepuncte etwas differiren. Indess verhalten sich beide Körper auch in anderer Hin- sicht verschieden. «&-Cymol (aus Römisch - Künmelöl) bildet mit Brom nur eine dicke pflasterähnliche Verbin- dung von nahezu der Zusammensetzung C20 HWBr#. Die Verbindung von Sieveking C?"H!?Br? konnte R. Fittig nicht erhalten. Dagegen liefert 3-Cymol (aus Uampher und Chlorzink) sehr leicht eine schön krystalli- sirende Verbindung mit Brom von der Zusammensetzung C20H12Br?. Auch die Nitroverbindungen unterscheiden sich: «-Dinitrocymol krystallisirt aus Alkohol in farb- losen langen, glänzenden Blättchen oder Nadeln, die bei 69,50 schmelzen, während 8-Dinitrocymol in kleinen farb- losen, dünnen, bei 900 schmelzenden Tafeln krystallirt.

Das a-Dinitroeymol scheint ferner nur sehr schwie- rig in eine Trinitroverbindung überzugehen, während das ß-Dinitrocymol leicht eine bei 112,50 schmelzende Trinitro- verbindung erzeugt.

Das 8-Cymol wird schliesslich auch durch chrom- saures Kali und Schwefelsäure nicht wie das «-Cymol in Terephthalsäure verwandelt. Die dabei entstehende Säure zeigt äusserlich zwar eine grosse Aehnlichkeit mit der Terephtalsäure, ist aber namentlich durch ihre grössere Löslichkeit, sowohl im freien Zustande, als in ihren Sal- zen, streng unterschieden. Die Analyse des Baryt-, Kalk- und Silbersalzes führte zu der Formel C18H808, die Lunge jedoch als noch nicht Sanz unzweifelhaft betrach- tet. (Zischr. f. Chemie. N. F. Bd. I. Heft 10. Chem. Centrbl. 1866, 7.) B.

Untersuchungen über das amerikanische Petroleum; von Pelouze und Cahours.

Die ältesten Schriftsteller sprechen in ihren Schrif- ten von brennbaren Flüssigkeiten, die ähnlich dem Wasser dem Erdboden entspringen. Bei den Urvölkern wurden diese zu dem gröbsten häuslichen Gebrauche verwendet, während civilisirtere Völker sich derselben zur Erzeugung von Wärme und Licht in verschiedenen industriellen An- wendungen bedienten. Nach Herodot war eine solche Quelle am Fusse der Gebirge auf Zante, welche die Ein-

.

140 Untersuchungen über das amerikanische Petroleum.

wohner in mannigfacher Weise ausnutzten. Einige dieser natürlichen Quellen entzündeten sich von selbst, brannten Jahrhunderte hindurch in Folge der fortwährenden Er- neuerung des Brennstoffes und wurden von den Feuer- anbetern als die herrlichste Manifestation der Gottheit betrachtet.

Die Mineralöle der verschiedensten Natur wurden viel später als Petroleum oder Steinöl bedeutende Handels- artikel. Persien, Indien, einige Gegenden am kaspischen Meere, gewisse Landstriche in Italien bieten uns bemer- kenswerthe Beispiele solcher Quellen. Trotz ihrer Wichtig- keit fanden diese Substanzen dennoch nur beschränkte Verwendung, bis vor einigen Jahren die Nachricht sich verbreitete, dass in mehren Gegenden Nordamerikas beträchtliche Reservoirs eines dem Petroleum ähnlichen Oeles sich vorfänden, das man vortheilhaft verwenden könnte als Brennmaterial in eigen dazu construirten Lam- pen oder als Lösungsmittel für Stoffe, die an Kohlenstoff und Wasserstoff reich sind, wie Oele, Fette, Essenzen u.s.w. Ferner kann man bei Rothgluth aus diesen Flässig- keiten ein stark leuchtendes Gas erhalten, und die Mannig- faltigkeit der Eigenschaften konnte nicht verfehlen, ihnen bedeutenden Abgang zu verschaffen.

Die reichlichsten Quellen dieses interessanten Pro- ductes finden sich bei Mekka in der Grafschaft Trumbull und bei Titusville in der Grafschaft Venanzo in Pensyl- vanien. Jede von ihnen lieferte 125,000 Tonnen zu 145,20 Liter im Jahre 1861, fast das Fünffache der Menge, die man 1860 erhalten hatte. Es ist dieses das rohe Mineralöl, das zu New-York 1859 die Gallone (3,63 Lit.) 1 Fr. 89 Cent. kostete und gegen Ende 1862 auf 76 Cent. fiel.

Neuerdings hat man diese Mineralöle an zwei Orten in Kanada aufgefunden bei Gaspe am Meerbusen von St. Lorenz und in der Grafschaft Lambton am west- lichen Ende der Halbinsel zwischen dem Huron, Erie und Öntario-See. Hier sind es nicht einfache Quellen, sondern wahre Springbrunnen; die Resultate bei Gaspe haben wenig befriedigt, was bei denen von Lambton nicht der Fall ist. - Die Oellager befinden sich fast in der Mitte der Grafschaft im Bezirk Enniskillen. 1861 zählte man hier vier Brunnen mit ununterbrochenem Flusse, von welchen die drei ersten gegen Ende desselben Jahres in 24 Stunden mindestens 5808 Hectoliter lieferten, ohne dass auch nur daran zu denken wäre, dass ihre Production sich verlangsamern würde. Der vierte Brunnen, dessen Bohrung im März 1862 gefasst wurde, lieferte während

dieser Zeit mehr Oel als die drei andern zusammen. Diese allerdings noch unvollständigen Notizen sind aus einem Berichte des französischen Consuls in Kanada, Gauldr&e-Boileau, an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten.

Ebenso kommt dieses Mineralöl im Ueberfluss vor in Texas, an der Küste in Kalifornien, wo es zusammen mit Erdharz gefunden wird; ferner tritt es westlich vom Mississippi auf, in Illinois und in einigen anderen der Vereinigten Staaten.

Der Verbrauch . dieser Producte nimmt täglich in: grossen Dimensionen zu, so war 1861 der Export 41,161 Hectoliter und hatte sich schon in den drei ersten Monaten 1862 auf 76,866 Hectoliter gehoben.

Die Methode, diese Oele zu erhalten, ist sehr einfach. Man hohrt mit einem Sonden-Erdbohrer von 0,076 bis 0,152 Durchmesser in die Tiefe, die von 15 bis 150 Meter variıren kann; hat man bei dieser Tiefe noch keinen Erfolg, so giebt man gewöhnlich das weitere Bohren an derselben Stelle auf. Trifft die Sonde auf Oel, so röhrt man das Bohrloch aus und setzt eine Pumpe ein, durch welche das Gemenge von Oel und Wasser in nahe ge- legene Reservoirs gezogen wird. Bei geringer Ergiebig- keit setzt man die Pumpe durch menschliche Kräfte in Bewegung, bei reicher Ausbeute treibt man dieselbe durch Dampf.

Gegenwärtig erhält man durch Destiliation der Stein- öle vier Producte, welche verschiedene Anwendung finden:

1) Die Essenz, die wegen des hohen Preises des Terpenthinöles bei der Malerei verwendet wird;

2) Das Beleuchtungsmaterial mit einer Dichte von 0,780 bis 0,800, das man en gros für 75—80 Fres. das Hectoliter kauft;

3) Das schwere hellgelbe Oel, von welchem das Liter 320 830 Grm. wiegt, und welches man nach Verhältniss mit 60— 65 Fres. für das Hectoliter bezahlt;

4) Das rothe Oel, das zur Verfälschung der vege- tabilischen Oele dient und je nach seiner Klarheit 35 bis 45 Fres. kostet.

Die Oele von Kanada sind bis jetzt wegen ihres sehr unangenehmen Geruches und wegen der geringen Ausbeute an Belenchtungsmaterial nicht in Anwendung gekommen. Das schwere Oel wird mit Vortheil zu Maschinenschmiere verwendet, auch erhält man daraus zu ziemlich billigem Preise ein Gas von beträchtlicher Leuchtkraft.

142 Untersuchungen über das amerikanische Petroleum.

Es sind die silurischen, Ammoniten führenden oder devonischen Kalke, welche die Reservoirs der Mineral- öle zu enthalten scheinen. Die von Pensylvanien und Ohio öffnen sich in einem porösen Sandstein, der als Aequivalent des englischen Altrothsandsteins betrachtet werden kann und den die unteren Schichten der kohlen- führenden Formation bedecken, die in Kanada fehlt. Ueber die Entstehung dieser Oele hat man bis jetzt nur mehr oder weniger gegründete Vermuthungen, man muss sich in dieser Hinsicht mit reinen Hypothesen helfen. Einige Geologen meinen, den Ursprung des amerikanischen Petro- leums müsse man einer Art langsamer Fermentation von Meerpflanzen und Thierresten der paläozoen Zeit zuschrei- ben, die bei niedrigen Temperaturen und in einem Medium statt findet, zu welchem die atmospärische Luft nicht zu- treten kann. Nach Andern sind diese Producte das Resul- tat einer langsamen Destillation bituminöser Kohlen, die bei möglichst niedriger Temperatur vor sich geht. Wie dem auch sei, die vollständige Abwesenheit von Benzin und seinen Homologen in den zahlreichen Proben sehr verschiedener Quellen lässt es als wahrscheinlich erschei- “nen, dass diese Producte nicht aus der Kohle stammen, weil diese beständig Benzin und analoge Kohlenwasser- stoffe liefert, mag man sie bei hoher oder niedriger Tem- peratur, schnell oder langsam destilliren.

Die neuerdings in Manchester von Schorlemmer ausgeführten Untersuchungen über die flüchtigen Destilla- tionsproducte der Kannelkohle haben einige Kohlenwasser- stoffe ergeben, die Pelouze und Cahours auch in dem amerikanischen Petroleum fanden, aber neben diesen traten in dem Destillate beständig Benzin und seine Homologen in ziemlich bedeutenden Verhältnissen auf. Die gleichen Kohlenwasserstoffe sind auch in der Bogheadkohle und in den Destillationsproducten gewisser Schiefer vorhanden. Jedes Mal bildeten sie sich, wenn man etwas über Rothgluth die Säuren der Essigsäuregruppe und ihre Alkohole in verschlossenen Gläsern erhitzte. Dasselbe ist der Fall, wie Wurtz und Berthelot jeder für sich gezeigt haben, wenn man dieselben Alkohole der gleichzeiti- gen Einwirkung von Wärme und Chlorzink oder höchst concentrirter Schwefelsäure aussetzt. Berthelot er- hielt Sumpfgas, Aethyl-, Propyl- und Butylwasserstoff, indem er die alkalischen essigsauren und buttersauren Salze der Destillation unterwarf. Es ist nicht unwahr- scheinlich, dass die Reihe der homologen Kohlenwasser- stoffe im amerikanischen Petroleum ihren Ursprung einer

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Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. 143

langsamen Destillation verdankt oder einer Art Fermen- tation der organischen Materien, die Kohlenstoff und Wasserstoff in äquivalenten Verhältnissen enthalten.

Die von Pelouze und Cahours ausgeführte che- mische Untersuchung ergab eine der merkwürdigsten und wichtigsten Reihen der organischen Chemie, alle Verbin- dungen standen im Bezuge zum Sumpfgas, dem sie homolog sind und vervollständigten so eine interessante Reihe, von deren Gliedern man bis jetzt nur eine beschränkte Zahl kannte. Die in möglichster Reinheit dargestellten dreizehn flüssigen, dem Sumpfgase homologen Kohlen- wasserstoffe charakterisiren sich alle eben so wie das Sumpfgas durch grosse chemische Indifferenz. Das als Paraffın bezeichnete feste Product, welches man immer im amerikanischen Petroleum findet und welches eben so gegen die Einwirkung der energischsten Reagentien resi- stent ist, gehört ebenfalls zu dieser Reihe. Es steht jetzt fest, dass es mehre Paraffine mit sehr verschiedenem Schmelz- und Siedepuncte giebt, die eine eben solche mehr oder weniger beträchtliche Reihe fester Verbindun- gen bilden, wie die der flüssigen.

Jeder dieser Kohlenwasserstoffe wird durch Chlor angegriffen, wobei unter successiver Elimination des Was- serstofis als Salzsäure eine äquivalente Menge Chlor fixirt wird. Das erste Product dieser Einwirkung ist bei jedem Kohlenwasserstoffe der salzsaure Aether des entsprechen- den Alkohols, aus diesen Chlorwasserstoffäthern kann man verschiedene homologe Alkohole der Aethylreihe darstel- len und umgekehrt werden die einmal erhaltenen Alkohole durch Chlorwasserstoffsäure in ihre verschiedenen Chlor- wasserstoffäther umgebildet. Alle diese Aether ohne Aus- nahme geben im Contact mit Natrium die schöne blau- violette Färbung, die Bouis in seiner Arbeit über den Caprylalkohol erwähnt. Erhitzt man die Mischung dieser Körper, so vereinigt sich das Chlor mit dem Alkalimetall, in derselben Zeit entwickelt sich ein Kohlenwasserstoff mit 2 Aeq. Wasserstoff weniger, als der ursprüngliche Kohlenwasserstoff enthielt.

Auf diese Weise kommt man aus der Reihe des Sumpfgases in die des ölbildenden Gases. Die Chlor- wasserstoffäther wirken in verschlossenen Gläsern bei 100 bis 1600 auf die alkoholischen Lösungen der Alkalien, Sulfüre, Cyanüre, alkalischer Salze und bringen durch Doppelzersetzung die verschiedenartigsten Verbindungen hervor, die man durch reciproke Einwirkung der ent- sprechenden Alkohole und Säuren erhalten kann, aus wel-

a: > 144 Untersuchungen über das amerikanische Petroleum.

chen die verschiedenen einfachen und zusammengesetzten Aether entstehen. Die dem Sumpfgase homologen Kohlen- wasserstoffe versprechen uns also nicht allein die Darstel- lung aller bekannten Alkohole, sondern auch die Auf- findung anderer noch unbekannter.

Lässt man in verschlossenen Gläsern die Chlorwasser- stoffäther auf alkoholische Ammoniaklösungen einwirken, so kann man ebenso die ganze Reihe der den Methyl- und Aethylverbindungen homologen Ammoniake erhalten. Jeder dieser Kohlenwasserstoffe führt demnach zu zahl- reichen Producten, deren Darstellung keine ernstlichen Schwierigkeiten darbieten dürfte.

Sind die Kohlenwasserstoffe in ihren vielfachen heute gebräuchlichen Verwendungen von grosser Bedeutung, so‘ sind sie dieses nicht weniger von rein speculati- . vem Gesichtspuncte, indem sich aus ihnen eine grosse Zahl von Verbindungen darstellen lässt, deren Existenz bisher nur durch Hypothesen wahrscheinlich gemacht war.

Die von Pelouze und Cahours aus dem ameri- kanischen Petroleum erhaltenen Producte sind:

Dichte h Dichte d. Gase| - a Siede- Mitectolearı) Punct. |gefun- |berech-|. Flüssigkeit den. | net.

For-

; Name. el

Volum äqui- valente

Butylhydrür (Te-

trylbydrür)..... C3 H10 0,600 bei OP'gegen 100 14 Vol. Amylhydrür (Pen-

tylhydrür)...... C1012 0,628 170 300| 2,557.| 2,535) Caproylhydrür

(Hexylhydrür). . C12H140,669 16 680 3,055 | 3,029| Oenanthylhydrür

(Heptylhydrür)..|C14H16/0,699 „-16% 92— 940 | 3,600 | 3,521) CapryIhydrür (Oe- tylhydrür)...... C16H180,726 150116— 1180 4,010 Pelargylhydrür | (Nonylhydrür)... C18H20 0,741 1501136— 1380| 4,541 | 4,508| Rutylhydrür (De- eylhydrür)...... C20H22.0,757 15158— 1620 5,040 | 5,001 | Undeeylhydrür ...|C22H210,766 160180—1820| 5,458 | 5,494 | Laurylhydrür (Du- odeeylhydrür) ..|C24H 260,778 2001198 —2000 5,972 | 5,987 | Coeinylhydrür | (Tridecylbydrür). . C26H28 0,796 200216 2180| Mpyristylhydrür | | (Tetradeeylhydrür) C28H30 0,809 200236 —2400| 7,019 | 6,974| Benylhydrür (Pen- | tadecylhydrür)..|030H320,825 190255 2600 7,526 | 7,467 Palmitylhydrür (Cetylhydrür)..... C32H34 _ gegen2800 8,078, 7,961)

Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. 145

Aus der sehr umfangreichen Arbeit sind über die einzelnen Kohlenwasserstoffe einige möglichst kurze Aus- führungen nothwendig.

Butylhydrür konnte wegen der geringen Menge nicht gründlich untersucht werden; riecht ätherartig, giebt mit Chlor C8H9C1, das mit alkoholischer Kalilösung im Wasserbade sich zersetzt und unter andern Producten ein Gas liefert, welches von Brom absorbirt wird. Brom- butylen UÜSH8Br? bei 163— 1650 siedend.

Amylhydrür farblos, äusserst beweglich, ätherartig riechend, brennt mit stark leuchtender nicht russender Flamme, unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und Aether, ist identisch mit dem von Frankland durch reciproke Einwirkung von Zink und Jodamyl dargestell- ten Amylwasserstoff, löst fette Körper sehr leicht, ein Hin- derniss seiner Anwendung ist die grosse Flüchtigkeit. Chlor wird selbst bei gewöhnlicher Temperatur und im diffusen Lichte unter Erhitzung reichlich davon absorbirt, C!0H 110]; das Amyichlorür giebt mit alkoholischer Lösung von einfach Schwefelkallum Amylsulfür, mit Schwefelwas- serstoff-Schwefelkalium Amylmercaptan und mit Brom bildet sich Bromamylen ClHI0Br?.

Caproylhydrür—=Ül?Hl# ist im amerikanischen Petroleum von allen Kohlenwasserstoffen in grössterMenge enthalten, farblos, sehr beweglich, mit schwach ätherartigem Geruch, unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol, Holzgeist, Aether, Aceton, Amylalkohol und verschiedenen zusammengesetzten Aethern. Es löst: Elaylchlorid, Schwefelkohlenstoff, Bromhydrocarbür in allen Verhältnissen bei gewöhnlicher Temperatur; reichlich selbst in der Kälte Talg, Aethal, Stearin, Margarin, Elain, Paraffin, vegetabilisches Wachs, fette Oele und die aus ihrer Verseifung entstehenden Säuren, löst aber selbst in der Wärme nicht merklich die Säuren, welche aus Fetten durch Salpetersäure sich bilden wie Bernsteinsäure, Adi- pin-, Pimelin- und Suberinsäure. Nicotin wird davon in allen Verhältnissen und bei allen Temperaturen gelöst; Anilin nur in der Wärme, scheidet sich beim Erkalten wieder ab; Chinin, Cinchonin, Morphin, Narcotin nicht merklich. Caproylhydrür löst Jod und nimmt davon eine sehr intensive rothviolette Farbe an; Jodoform beim Sie- den mit röthlicher Färbung, scheidet sich beim Erkalten in gelben glänzenden Flittern aus. In nur sehr geringen Mengen selbst bei längerm Sieden werden gelöst Colo- phonium, Copal, Anime; Benzoösäure in der Kälte kaum,

Arch.d. Pharm. CLXXXI,Bds.1.u.2. Hit. 10

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146 Untersuchungen über das amerikanische Petroleum.

in der Wärme reichlich, scheidet sich beim Erkalten in langen, durchsichtigen, dünnen Nadeln wieder ab; Benzo& bei gewöhnlicher Temperatur nicht merklich, in der Wärme sehr wenig; Benzin in allen Verhältnissen, Nitrobenzin ziemlich beträchtlich, Dinitrobenzin in sehr geringen Men- gen, scheidet sich in feinen, schwach gefärbten Nadeln wieder aus; Naphtalin in der Wärme reichlich, scheidet sich beim Erkalten in glänzenden Prismen ab, weniger gelöst wird selbst in der Wärme Nitronaphtalin, das sich beim allmäligen Erkalten in langen, gelben, dünnen, glän- zenden Nadeln abscheidet. Leicht gelöst wird Azobenzid selbst in der Kälte, giebt beim Verdunsten schön orange- rothe Prismen, die grosse Aehnlichkeit mit doppelt chrom- saurem Kali haben. Campher löst sich in allen Verhält- nissen im Hexylhydrür.

Es ist brennbar mit stark leuchtender Flamme. Diese Eigenschaften versprechen eine vortheilhafte Verwendung dieses Körpers zur Beleuchtung einerseits und andererseits zum Entfernen von Fettflecken aus Zeugen. Zur Berei- tung von Firnissen kann es nicht dienen, weil es zu wenig lösend auf harzartige Körper wirkt.

Bei mehrstündigem Einleiten unter diffusem Lichte von Chlor in Caproylhydrür nimmt dasselbe die charak- teristische Farbe des Gases an. Das Caproylchlorür C12H13C] siedet bei 125 1280, ist farblos, klar, völlig neutral, wirkt nicht auf Silbernitrat, ist unlöslich in Was- ser, leicht löslich in Alkohol und Aether. Dichte 0,892 bei 160. Es ist der Chlorwasserstoffäther der Hexyl- oder Caproylreihe. Durch längeres Ein- leiten von Chlor entwickelt sich Salzsäure und es bilden sich chlorreichere Producte; man erhält eine farblose, klare Flüssigkeit, die bei 180—184° siedet, bei 200 eine Dichte von 1,087 zeigt und der Formel C1?H!?2C]? entspricht: einfach gechlorter Chlorhydrohexyläther. Das dritte Product der Einwirkung von Chlor auf Hexylhydrür ist fast farblos, noch ziemlich beweglich, siedet bei 215 bis 2180, seine Dichte ist 1,193 bei 210, seine Formel Cl?H11C]3: zweifach gechlorter Chlorhydrohexyl- äther. Das vierte Product ist eine leicht ambrafarbige Flüssigkeit, weniger beweglich als das dritte, von der For- mel CPH10C]4, dreifach gechlorter Chlorhydro- hexyläther. Unterstützt man die Einwirkung des Chlors auf Hexylhydrür durch Wärme und Sonne nicht, so erhält man eine beträchtliche Menge eines dunkelambra- farbenen Productes von der Consistenz eines fetten Oeles,

Petroleumbeleuchtung. 147

das beim Erhitzen stark campherartig riecht, bei 285 bis 2900 siedet, Dichte 1,598 bei 200%, Formel C1?H8Ol6: fünffach gechlorter Chlorhydrohexyläther.

Die übrigen in der Tabelle aufgeführten Kohler wasser- stoffe sind nebst ihren Derivaten und Substitnutionsproduc- ten sehr ausführlich in der Arbeit von Pelouze und Cahours behandelt, bieten jedoch nichts pharmaceutisch Wichtiges dar. (Annal. de Chim. et de Phys.) Dr. Reich.

Petroleumquellen in Italien.

Auch in Italien und zwar im Toskanischen, wurden durch einen englischen Geognosten Petroleumquellen auf- sefunden. Derselbe hat die Landesstrecken bei Guerzola, Guercin, Varana, Monte Carenzone angekauft; die Aus- beutungsarbeiten werden ehestens beginnen. (Ztgsnachr. 1866.) B.

Petroleumbeleuchtung.

Eine bei der Petroleumbeleuchtung überall ge- machte Erfahrung lautet dahin, dass die Beleuchtung durch das häufige Zerspringen der Glascylinder ziemlich vertheuert wird und dies ist namentlich an Orten, wo Luftzug herrscht (in Hausfluren, Strassen, auf Bahnhöfen u.s.w.) der Fall. Die Petroleumflamme strahlt nämlich, weil sie hellleuchter ist als andre Flammen, auch eine stärkere Hitze aus, welcher der Glascylinder nicht wider- steht, wenn von aussen eine ungleiche und rasche Ab- kühlung erfolgt. Das einfachste Mittel, das Zerspringen der Glascylinder sicher zu verhüten, besteht darin, den Glascylinder mit einem andern, von 7—10 Linien grös- seren Durchmesser zu umgeben. Selbstverständlich muss der grössere Glascylinder auf einem Boden aufstehen, so dass von unten her kein bemerkenswerther Luftstrom im Zwischenraum beider Cylinder entsteht. Es kann keine Rede davon sein, dass nun der äussere Cylinder zersprin- gen muss, weil er jetzt ungleicher Abkühlung ausgesetzt ist, denn die Temperatur seiner Innenfläche ist offenbar zu gering. (Bl. f. Hdl. u. @ew. 1866.) B.

Notiz über einige neue Kohlenwasserstoffe.

C. Schorlemmer theilt mit, dass er in letzterer Zeit mehre Kohlenwasserstoffe der Reihe C#H%#+? mit

10 *

BB HD u 2,1 20133 ern 148 Notiz über einige neue Kohlenwasserstoffe.

allen möglichen Oxydationsmitteln behandelt habe, jedoch ohne Erfolg. Er hat sich indess überzeugt, dass die aus Steinöl dargestellten Amylverbindungen mit den aus Fuselöl erhaltenen im Siedepuncte, specifischen Gewicht u.s. w. ganz identisch sind. Für das Acetat fand Schor- lemmer, wie kürzlich Wanklyn, den Siedepunct 1400.

Gegenwärtig hat Schorlemmer eine Arbeit wieder aufgenommen, die sich an seine Untersuchung über die Kohlenwasserstoffe aus ÜCannelkohlentheeröl anschliesst. Beim Reinigen des unter 1200 siedenden Oels mittelst Schwefelsäure wird ein Theil desselben verändert, indem beim Abdestilliren des gewaschenen Oeles die Koblen- wasserstoffe der Sumpfgas- und der Benzolreihe abdestil- liren und eine bedeutende Menge einer theerartigen Flüs- sigkeit zurückbleibt. Wird dieselbe über 2000 erhitzt, so destillirt ein dickes Oel über, aus dem Schorlemmer durch lange wiederholtes Fractioniren über Kalihydrat und Natrium folgende drei Kohlenwasserstoffe abgeschie- den’ hat: Siedepunet

@2# 20.112.200 ©23H2F }.\.) 2400 C32H28,,. 2800.

Dieselben sind wasserhelle, dickflüssige, stark licht- brechende Oele, die einen eigenthümlichen, an die Wur- zeln einiger Umbelliferen erinnernden Geruch besitzen und mit Salpetersäure Nitroverbindungen bilden, aus denen durch Zinn und Salzsäure leicht veränderliche chlor- wasserstoffsaure Salze entstehen. Durch Uhromsäure wer- den die Kohlenwasserstoffe langsam oxydirt, unter Bildung von Kohlensäure, flüchtigen Fettsäuren und einer harz- artigen Säure. Diese Kohlenwasserstoffe hat Schorlem- mer bis jetzt nur in geringer Menge und noch nicht in ganz reinem Zustande erhalten, es ist demselben jedoch vor der Hand wahrscheinlich, dass dieselben durch Einwir- kung der Schwefelsäure auf Kohlenwasserstoffe der Reihe C’H?r2 entstanden sind. (Zischr. f. Chem. N. F. .Bd.2. Heft 2. Chem. Üentrbl. 1866. 29.) B:

Anfertigung von wasserdichtem Papier.

Man setzt zu der Papiermasse eine Lösung von reiner Talgseife in Wasser, zu welcher man die genügende Menge Alaun hinzugefügt hat, um eine vollständige Zersetzung der Seife zu bewirken. Das Papierzeug wird dann in gewöhnlicher Weise verarbeitet, braucht aber nicht geleinit zu werden. (Scient. Amer. durch "Pol yt. Centrbl. 1866.) B.

Tödten der Fische. 149

Metamorphose der Fische.

Agassiz zeigt, dass nicht allein bei den Insekten und Amphibien Metamorphosen vorkommen, sondern auch und zwar gar nicht selten bei den Fischen. Kleinere Fische, die anfangs den Gadoiden (Schellfischen) und Blennioiden (Meergrundeln) gleichen, nehmen später die Gestalt von Labroiden (Lippenfischen) und Lophioiden (Meerteufeln) an. Gewisse unenrtwickelte Formen, die denjenigen der Frösche und Kröten ähneln, werden zu Cyprinodonten (Weissfischen); es werden Akanthoptery- gien (Stachelflosser) aus Malakopterygien (Weichflossern); Jugularen (Kehl-Stachelflosser) oder Abdominalen (Bauch- Weichflosser) aus Apoden (Kahlbäuchen). Bei einigen Skomberoiden (Makrelen oder Thunfischen) treten noch unerwartetere Metamorphosen auf. Der Sonnen- oder St. Peterfisch (Zeus faber L.) ist als zu den Makrelen oder Thunfischen gehörig von allen Naturforschern genau cha- rakterisirt. Seltener ist der zu den Lachsen gezählte Argyropelecus hemigymnus im Mittelmeere. Es werden Lachse und Makrelen von den Systematikern als sehr weit von einander stehende Familien betrachtet und doch ist der Argyropelecus nichts Anderes als ein junger Son- nenfisch.. Es wird das ganze bisherige System durch diese Beobachtungen umgestürzt und eine grosse Zahl von Arten wird sich bei näherer Untersuchung als Meta- morphosenforım ausweisen. (Annal. des sciences natur.)

Dr. Reich.

Ueber das Tödten der Fische

Die Erfahrung hat gelehrt, dass das Fleisch von Fischen, die sogleich beim Herausnehmen aus dem Was- ser getödtet werden, wie es in Holland durchgängig im Gebrauch ist, viel fester und schmackhafter ist, ais das von solchen, denen man noch Stunden oder Tage lang ein eben so unnatürliches als qualvolles Leben lässt, da die Fische, denen man eine längere Zeit die nothwen- digste Lebensbedingung (frisches Wasser) entzogen hat, krank werden müssen. Im Interesse der Gesundheit des Fische consumirenden Publicums muss aber darauf ge- drungen werden, dass die Fische sogleich beim Heraus- nehmen aus dem Wasser getödtet werden, welches aber auch ferner nicht mehr auf die gewöhnliche rohe Weise geschehen möge, sondern es viel zweckmässiger ist, den Fischen das Leben durch Trennung des Gehirns vom

a er. Re Bin.‘

150 Ein grosser Hecht. Straussenzucht am Cap. Rückenmarke, also durch einen hinter dem Kopfe beizu- bringenden Schnitt, mit einem Male zu nehmen. Die bisherige Ansicht, dass das Fleisch der getödteten Fische zu schnell in Verwesung übergehe, ist ganz unrichtig; an einem kühlen Orte aufbewahrt, erhält sich dasselbe 48 Stunden vollkommen frisch. (Burger’s kurze Berichte.)

Ein grosser Hecht.

Das Memorial de la Loire spricht von einem selte- nen Fischfange, der im August 1865 zu St. Paul-en-Cor- millon gemacht wurde. Man fing in der Loire einen rie- sigen alten Hecht, in dessen Körper man ein Messer mit zwei Klingen, einen kleinen Schlüssel und den Stahlbügel einer Börse fand. Das Geld und die Börse hatte das gefrässige Thier ohne Zweifel verdaut. Die Autopsie wurde nach allen Regeln vorgenommen. Nach der An- sicht erfahrener Fischer war dieser Hecht mindestens ein Jahrhundert alt, seine Länge betrug gegen 5 Fuss. Ueber den Ursprung der in ihm gefundenen Gegenstände ver- liert man sich in Conjecturen; die Meisten nehmen an, er habe einen Menschen gefressen, der seinen Tod im Wasser gefunden. Derjenige, der die Wildheit und sprich- wörtliche Gefrässigkeit der Hechte kennt, wird darin nichts Unmögliches finden. Man hat das Thier zerglie- dert und dem Museum von St. Etienne zugesandt. (Cour- rier de la Cöte.) Dr. Reich.

Straussenzucht am (Cap.

Man beginnt jetzt am Cap den Strauss zu züchten. 35 dieser Thiere erfordern 300 Acker Grasgrund. Die Federn werden einmal in 6 Monaten gerupft und jeder Vogel liefert für 10—12 Pfd. Sterl. (etwa 67—80 Thlr.). 1 Pfund Straussenfedern kostet 25 Pfd. Sterl. (166 Thlr. 20 Sgr.) Die ursprünglichen Kosten der jungen Vögel sollen sich auf je 5 Pfd. Sterl. belaufen. (Ausland.)

Dr. Reich.

Verhältniss des Albumins zum (asein.

Schwarzenbach hat die Beobachtung gemacht, dass die Proteinkörper nicht nur durch gelbes und rothes Blutlaugensalz, sondern auch durch die Platindoppeleya- nüre gefällt werden.

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Verhältnisse des Albumins zum (Casein. 151

Säuert man ein Gemisch aus einer schwach alkalisch reagirenden Lösung der Proteinkörper und Kaliumplatin- cyanür an, oder setzt man das Reagens gleich einer be- reits sauren Lösung zu, so tritt augenblicklich eine reich- liche Fällung ein. Die schneeweissen gallertartigen Nie- derschläge verdichten sich bald und trennen sich von der Flüssigkeit; sie sind im Ueberschusse des Fällungs- mittels ziemlich leicht und vollständig löslich, durch Schwe- felwasserstoff werden sie nicht zersetzt. Sie lassen sich auf dem Filter auswaschen und bleiben als eine zusammen- hängende käsige Masse zurück, die man am besten gleich vom Filter abnimmt, da sie nach dem Trocknen zu fest am Papier haftet. Der weisse undurchsichtige Körper wird nämlich beim Trocknen völlig durchsichtig und glas- artig, nur der Fibrinniederschlag nimmt im Wasserbade eine bräunliche Färbung an. Die übrigen Platinproteide lassen sich leicht zu einem staubfeinen Pulver zerreiben, welches bis auf eine geringe Hygroskopicität an der Luft vollkommen unveränderlich ist.

Hühnereiweiss wurde mit dem doppelten Volu- men Wasser vermischt, geschlagen, filtrirt, durch concen- trirte Essigsäure schwach angesäuert, abermals filtrirt und die saure Lösung mit Kaliumplatineyanür vorsichtig ge- fällt. Die gut ausgewaschene kleisterartige Masse wurde getrocknet und gab einen Gehalt von 5,54 5,57 Proc. Platin. Nimmt man nach Lieberkühn das Mischungs- gewicht des Eiweisses zu 1612 an, so würden sich 5,59 Pro- cent Pt. berechnen.

Der unter denselben Umständen in einer Casein- lösung erhaltene Niederschlag bildet ein compactes Coa- gulum und lässt sich leicht auswaschen und trocknen. Der Platingehalt wurde zu 11,173— 11,346 Proc. gefun- den. Es verhält sich demnach der Procentgehalt an Pla- tin in der Eiweissverbindung zu demjenigen in der Üa- seinverbindung wie 1:2.

Dieses auffallende Resultat veranlasste den Verf., noch Schwefelbestimmungen beider Proteide auszuführen. Es ergab sich für das Hühnereiweiss in der Mehrzahl der Versuche 2,1—2,2 Proc. S und für das Casein ge- wöhnlich 1,1 Proc., also beträgt der procentische Schwe- felgehalt des Caseins nur die Hälfte von dem des Albu- mins. Dieser Schwefelgehalt ist höher als der bisher gefundene, doch ist der Verf. der Ueberzeugung, dass er nicht auf Irrthum der Analyse beruht, sondern wohl nur dem Umstande zuzuschreiben ist, dass alle bisherigen

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152 Analyse einer Schweinemilch. Eisen im Blute.

Methoden zur Reinigung der Proteinkörper behufs der Elementaranalyse einen Verlust an deren Schwefelgehalt mit sich geführt hätten.

Hiernach würde also das Mischungsgewicht des Ca- seins die Hälfte von dem des Albumins betragen und 806 anzunehmen sein. (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXXII, 185 193.) @.

Chemische Analyse einer Schweinemilch. Das Schwein, von welchem die Milch herrührte, war 2 Jahre alt. Gefüttert wurde dasselbe mit Molken, Kar- toffeln, Bruch von Afterweizen und Afterroggen. Die Milch des Schweines betrug 50 Grm.; sie war dicklich, fast fadenziehend, ihr Geschmak kühlend, fettig, nicht süss; die Reaction stark alkalisch.

Lintner fand darin in 100 Theilen:

Casein. NE 6.89 Albumin..... i Wasser 0.8: 82,93 Butter 6.88 Fester Rückstand 17,07 Milchzucker .. 901 .. Salze, 1,29 (Buchn. n. Repert. Bd. 15.) B.

Eisen im Blute.

Nach einer neueren von Pelouze angegebenen Me- thode untersucht enthalten 100 Theile:

Menschenblut... 0,051 0,054 Th. Eisen Ochsenblut..... 0,049 0,055

n n Schweineblut... 0,051 0,059 ,„ Gänseblut...... 0,035 .0.037 0, Truthahnblut... 0,033 0,084 Hühnerblut..... 0,036 2 4 Entenblut...... 0,034 RE Froschblut..... 0,042 BEN

(Comptes rendus.) Dr. Reich.

153

EV. Literatur und Kritik.

Amtlicher Bericht über die 40ste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Hannover 1866.

Allgemeine Sitzungen. Erste Sitzung, 18. Septbr. 1865. An- sprachen beider Geschäftsführer: Geh. Ober-Medicinalraths Krause und Directors Karmarsch; ferner des Stadtdirectors Rasch und Sr. Excellenz des Staatsminiserss v. Hammerstein. Es folgten die Vorträge: „Ueber Darwin’s Lehre und die Specification“ von Ernst Hallier:; „über die klinische Bedeutung der Helmholtz’schen Schwingungslehre“ von Professor Erhardt und „über die Stellung Blumenbach’s zur Darwin’schen Schöpfungstheorie“ von Professor Schultz-Schultzenstein.

Zweite Sitzung, 20. Septbr. Vortrag: „Ueber die nationale Ent- wickelung und Bedeutung der Naturwissenschaften“ von Professor Virchow; Bericht über das Stassfurther Steinsalzlager vom Geh. Ober-Bergrath Nöggerath; Vortrag: „über sogenannte Geheim- mittel“ von Professor W. Krause.

Dritte Sitzung, 23. Septbr. Vortrag: „Ueber naturgeschicht- liche Volksbildung“ von Professor Rossmässler. Mittheilung: „Ueber Entwickelungsgeschichte der Steinsalzlagerstätten“ von Dr. Volger. Vortrag: „Ueber submarine Apparate und Fahrzeuge“ vom Submarine-Ingenieur Wilh. Bauer. Vortrag: „Die Kalen- derreform“, von Staatsrath Mädler. Schlusswort vom Geh. Ober- Bergrath Nöggerath.

Aus den Sectionssitzungen theilen wir natürlich nur dasjenige mit, was für die Botanik von besonderem Interesse ist.

Zunächst machen wir aufmerksam auf den in der mathema- tisch-physikalischen Section von Hrn.Dr. Prestel aus Emden em- pfohlenen Verdunstungsmesser, welcher sich für pflanzenphysiolo- gische Versuche vorzüglich eignen dürfte.

Aus der chemischen Section heben wir eine Mittheilung von Dr. J. Erdmann in Hannover über die Steinzellen der Birnen hervor. Die Schlüsse, welche auf das interessante Ergebniss einer Analyse jener Zellen gebaut werden,:sind vielleicht etwas zu kühn und allgemein gehalten. Sehr wichtig für die Pflanzenphysiologie dürfte die Methode zur Bestimmung des Stickstoffs gleichzeitig mit Kohlenstoff und Wasserstoff, welche C. Gilbert Wheeler aus Nürnberg mittheilt, sich erweisen. Herr Dr. K.Kraut aus Hannover sprach über die Salieyl-Verbindungen. Vom höchsten Interesse für die gesammte Naturwissenschaft ist die Frage, welche H.L. Buff durch seinen Vortrag: „Ueber das Verhältniss der Raumerfüllung und der chemischen Affinität bei dem Schwefel in flüchtigen und flüs- sigen Verbindungen desselben“ berührte.

Section Botanik und Pflanzenphysiologie. Vortrag vom Pro- fessor Schultz-Schultzenstein: „Ueber den Unterschied zwi- schen Metamorphose und Anaphytose mit Rücksicht auf die gefüll- ten Blumen“.

154 Literatur.

Aus interessanten und wichtigen Beobachtungen an Dianthus Heddewigii, welche zeigen, dass hier die Füllung Folge einer Pro- lifieation der Staubfäden ist, zieht Redner den Schluss, es finde überhaupt keine Verwandelung der Staubblätter in Kronblätter statt. Wer an der rückschreitenden Metamorphose zweifelt, den darf man nur an das erste Stadium der Tulpenfüllung erinnern, wo in der That am Connectiv sich einerseits ein halber Staub- beutel und andererseits ein halbes Perigonblatt ausbildet. Aber es bedarf dessen nicht. Die Teratologie giebt zur Metamorphose die interessantesten und deutlichsten Belege.

So viel im Einzelnen auch Interessantes und richtig Beobach- tetes in der Auffassung des Redners liegt, so müssen wir doch im Auge behalten, dass er gegen die alte Form der Goethe’schen Metamorphose kämpft und dass seine Einwürfe durch die Zellen- lehre, besonders durch die Individualität der Zelle, grösstentheils beseitigt sind. Ausser der Zellenlehre, vermöge deren die Zellen eines Blattes z.B. an den Orten stärkster Saftbewegung, also na- mentlich an den Kreuzungspuncten der Gefässbündel, unter gün- stigen Umständen Zellenvermehrung und Knospung einleiten kön- nen, bedarf es keiner Annahme besonderer Anaphyta: denn die lEigenthümlichkeit der ganzen Pflanze, also auch der Knospe, liegt schon in der einzelnen Zelle; sonst könnte die erste Pflanzenanlage nicht einzellig sein.

Wir haben nicht nöthig, auf die übrigen Folgerungen, welche aus der Änaphytosenlehre gezogen werden, näher einzugehen, da die ganze heutige Botanik dieser Frage gegenüber schon entschie- den hat.

Herr Dr. v. Holle hielt in der zweiten Sitzung einen Vor- trag: „Ueber die Formenconstanz der Brombeeren zwischen dem Deister und den Mooren bei Hannover.“

In der dritten Sitzung: Vortrag von Ernst Hallier: „Ueber Schmarotzerpilze auf dem menschlichen Körper, insbesondere Gäh- rungspilze“. Med.-Assessor Wilms knüpfte daran sehr interessante Mittheilungen über parasitische Pilze auf Insektenlarven, insbeson- dere über eine wahrscheinlich neue Clavaria auf dem Larvenkopfe einer Cicade.

Vierte Sitzung. Vortrag von Dr. F. Buchenau: „Ueber die Sprossverhältnisse in der Gattung Triglochin“:; ferner von H. Wend- land: „Ueber die systematische Eintbeilung der Palmen“, und von Demselben: „Ueber Uyelanthus Pois.“

Leider war Referent bei dem folgenden Vortrage des Herrn Forstraths Hartig: „Ueber die in der Atmosphäre vorausgesetzten Infusorien- und Pilzkeime“, nicht mehr in Hannover anwesend. Referent ist ganz entschieden der Ansicht, welche er auf einem anderen und einfacheren Wege als Pasteur glaubt begründet zu haben, dass alle Gährungs-Organismen aus der Luft in die gäh- rende Substanz gelangen. Hartig hatte so schöne Zeichnungen zur Erläuterung seiner entgegengesetzten Ansichten mitgebracht, dass schon dadurch die Lust erweckt wurde, dem Vortrage zu fol- gen. Wir lassen den kurzen Bericht wörtlich folgen. Redner hatte Glasflaschen mit einer gährungsfähigen, Schimmel nährenden Flüs- sigkeit gefüllt, gekocht und mit einem Baumwollenstöpsel verschlos- sen. Es blieb dann die Flüssigkeit unverändert; allein wenn der Stöpsel nach einigen Tagen oder selbst Monaten auch nur für einen Augenblick geöffnet wurde, siedelten sich rascher und mas- senhafter, als wenn die Flasche gar nicht verschlossen gewesen

Literatur. 155...

wäre, Schimmel- und Gährungspilze an. Da wegen der äusserst geringen Temperaturdifferenz eine sehr geringe Luftmenge in die Flasche eintritt, so berechnet Redner, dass, wenn man diese Luft- menge auch ziemlich hoch taxire, eine solche Menge Pilzsporen in der Luft schwimmen müssten, dass dieselben auf keine Weise über- sehen werden könnten.

Es ist dies ein merkwürdiges Beispiel, wie viel bei unseren Beobachtungen von der Erklärungsweise der Erscheinungen ab- hängt. Referent sieht nämlich aus der oben mitgetheilten Beob- achtung genau das Gegentheil von dem hervorgehen, was der Red- ner daraus schliesst.

Das Wesen aller Gährungsformen zeigt sich bekanntlich darin, dass die Organismen im Innern einer Flüssigkeit vegetiren und daber gezwungen sind, der Flüssigkeit den Sauerstoff zu entziehen, dessen sie bedürfen. An der Oberfläche, wo die Flüssigkeit mit der Luft in Berührung ist, kann daher keine Gährung statt finden, sondern es tritt Schimmelbildung oder, im allgemeinsten Sinne des Wortes, Verwesung ein. Daher schliesst man bei allen Gährungs- processen die Luft möglichst ab. Es folgt daraus, dass eine Flasche, gefüllt mit gährungsfähiger Substanz, nur dann starke Gährung zeigen wird, wenn man sie für kurze Zeit öffnet und wieder schliesst, nicht aber, wenn sie ganz offen steht. Dieses Factum hat Referent experimentell nachgewiesen und wird sogleich darüber referiren.

Was aber zunächst die Ansicht Hartig’s anlangt, es könne nur eine geringe Luftmenge in die Flasche gelangt sein während des augenblicklichens Oeffnens, so glauben wir, dass auch diese und zwar in doppelter Weise auf unrichtigen Vorstellungen beruht. Erstlich nämlich werden Pilzsporen in die Flasche sinken, wenn auch gar kein Luftaustausch statt findet, denn die durch Luft- bewegungen suspendirten Körperchen sind doch speeifisch schwe- rer als die Luft, also im Sinken begriffen, sobald die Luft nur schwach bewegt ist. Schon eine Viertelstunde nach dem Abwischen ist in einem Zimmer das Mobiliar wieder, dem blossen Auge sicht- bar, mit Staub bedeckt.

Zweitens aber habe ich gezeigt, dass nur wenige Sporen dazu gehören, um in 2—3 Tagen eine nährende Substanz mit diehtem Schimmel zu überziehen. Weit stärker aber vermehrt sich die Hefe. Jede Pilzspore entlässt im Innern der Gährungsflüssigkeit eine Menge von Kernen, deren jeder schon binnen einer Stunde mehre seines Gleichen hervorgebracht hat, welche eben so rasch den Theilungs- process fortsetzen.

Nun zu dem oben versprochenen Referat. Ich stellte Milch in drei Gefässen an. Das eine wurde gekocht und verstöpselt. Nach mehren Monaten zeigte die Milch noch keine Spur von saurer Reaction oder von Hefezellen. Die zweite Flasche stand unter Wasserverschluss, ohne vorher gekocht zu sein. Ihr Inhalt befand sich nach wenigen Tagen in starker Gährung. Das dritte Gefäss stand ganz offen an der Luft in demselben Raume. Hier wurde noch überdies Penicillium auf die Oberfläche gesäet. Die Gäh- rung trat ein, aber merklich später und langsamer; statt dessen zeigte sich aber schon nach 11/, Tagen starke Schimmelbildung. Noch schlagender dürfte ein anderes Beispiel sein. Hühnereiweiss wurde, mit Penieillium besäet, unter Wasserverschluss gebracht. Es trat schon binnen 24 Stunden unter Bildung unzähliger Kerne (die Hefekerne schwellen nicht zu Hefezellen an, sondern theilen sich rasch wie die Leptothrix-Ketten; sie sind in der That nichts

N Re Tr 156 Literatur.

Anderes, als beständig zerfallende Ketten) starke Fäulniss ein. Eine andere Portion Eiweiss wurde in einem Becherglase ebenfalls dick mit Penieillium besäet und oben nur lose ein Uhrglas darauf gelegt, um den gröbsten Staub abzuhalten, ohne der Luft den Zu- tritt zu wehren. Nach 21l/, Monaten war noch keine Spur von Geruch wahrzunehmen; jetzt, nach länger als 3 Monaten, ist der- selbe noch sehr schwach. Es ist offenbar statt der Fäulniss eine sehr langsame Verwesung eingetreten.

Auch Herrn Meyer’s Einwand gegen die Hartig’schen Folge- rungen, dass die am Baumwollenpfropf so lange angesammelten Pilzsporen beim Entfernen desselben zum Theil in die Flasche gefallen sein müssen, können wir nur beistimmen.

Fünfte Sitzung. Vortrag von Prof. Schultz-Schultzen- stein: „Ueber die Umbildung von Holzsaft in Lebenssaft. Mit- theilung vom Forstrath Hartig über Entnadelungsversuche und Gerbmehl.

Hinweisen wollen wir hier auf die in mehrfacher Beziehung botanisch interessanten Sitzungen der forstwissenschaftlich-agrono- mischen Section.

Schliesslich heben wir noch aus der zoologischen Section den Vortrag des Hrn. Prof. Ferd. Cohn: „Ueber die Gesetze der Be- wegung der mikroskopischen Pflanzeu und Thiere* hervor. Cohn zeigt die Abhängigkeit der Bewegung der mit Geisseln versehenen Infusorien (Flagellata Cohn), der Zoosporen, Spermatozoiden der Chlorosporeae, Melanosporeae und Phaeosporeae vom Licht, 1) in Bezug auf die Richtung, welche durch den einfallenden Strahl be- stimmt wird: 2) in Bezug auf Polarität, indem gewöhnlich der Kopf, d. h. das mit Geisseln versehene Ende, sich der Lichtquelle zu- wendet; 3) in Bezug auf eine bestimmte Drehungsrichtung; 4) in Bezug auf die Brechbarkeit der Strahlen, indem nur die stärker brechbaren Bewegung veranlassen.

Cohn weist auf einige Ausnahmen von diesen Gesetzen hin und auf die chemische Thätigkeit des Lichtes.

Wir möchten nur gegen Cohn’s Ansicht, dass die farblosen mikroskopischen Organismen der Pilze ganz indifferent gegen das Licht seien, uns einen kleinen Einwand erlauben. Der Zellen- inhalt der Sporen der Mucorineen tritt bekanntlich in gährungs- fähigen Flüssigkeiten in Gestalt beweglicher oder unbeweglicher Kerne hervor, um sich je nach der chemischen Natur der Flüssig- keit zu den verschiedenen Hefezellen zu gestalten. Diese beweg- lichen Zellen (Schwärmer) sind allem Anschein nach stets in ihrer Bewegung vom Lichte abhängig und zwar genau in der von Cohn angegebenen Weise. Sie besitzen eine polarische, mit dem schwanz- förmigen Ende (Cilie?) der Lichtquelle zugekehrte, um die im Lichtstrahl liegende Achse drehende und bohrende Bewegung. Gerade an dieser Bewegung kann man sie unterscheiden von den in allen Richtungen umherschwärmenden Nibrionen: ri etc.

allier.

Enumeratio plantarum Transsilvaniae, exhibens stirpes phanerogamas sponte crescentes, atque frequentius culta; Cryptogamas vasculares, Characeas, etiam Muscos, Hepaticasque.. Auctore Dr. phil. Johanne Ferdinando Schur, Profess. emer. Scientiae natural.,

Literatur. 157

plurimum Societat. literar. sociali ord., Societat. natur. Transsilv. Cilliniensi et Societat. Regn. hungar. in- vestigator natur. Pestini correspond. ete. Vindobonae 1866, apud Guilielmum Braumüller.

Unter obigem Titel liegt uns ein umfangreiches Werk, die Flora von Siebenbürgen, vor, in welchem uns der gelehrte Ver- fasser in grossen Umrissen ein reiches, vielgestaltiges Pflanzen- wachsthum in einem Lande vorführt, welches theilweise bis jetzt in botanischer Hinsicht noch nicht vollständig bekannt war. Das Buch enthält nämlich eine nicht unbedeutende Zahl von neuen und unbenannten Gattungsnamen, Arten und Varietäten, wovon meistens nur die beiden letzteren mit wissenschaftlichen Diagnosen, Citaten und sonstigen Bemerkungen in lateinischer Sprache be- schrieben und die Standorte, Fundorte, Blüthezeit u.s. w. in deut- scher Sprache zugesetzt sind.

Die Enumeratio umfasst einen Band von 62 Gross-Octav-Bogen mit 984 Seiten. Die systematische Zusammenstellung der darin enthaltenen Pflanzen ist mit wenigen Abweichungen nach De Can- dolle geordnet, mit 162 (Familien-) Ordnungs- und 1040 Gattungs- Namen mit 4622 Arten. Auf die Phanerogamen kommen 151 Ord- nungen mit 886 Gattungen und 4129 Arten;. auf die Kryptogamen fallen 11 Ordnungen, die Gefässkryptogamen sind dabei mit 180 Arten, die Laubmoose mit 224 Arten, die Lebermoose mit 75 Arten und die Characeen mit 14 Arten vertreten. Unter den Phanero- gamen befinden sich 222 Culturpflanzen oder solche, die der Verf. als Flüchtlinge aus Gärten, als eingewandert oder als unbeständig bezeichnet. Vergleicht man nun in demselben Verhältnisse J. C.@. Baumgarten, Enumeratio stirpium in Transsylvanie, Tom. I— IV. Vindobonae 1816 mit nur 2548 Arten gegen die vorliegende Enu- meratio von 1866 mit 4622 Arten, so so hat sich die Zahl um 2038 Arten vermehrt. Dem Verfasser dieser Enumeratio hat demnach die botanische Wissenschaft durch mühevolle und schwierige For- schungen zu verdanken, dass sie einen bedeutend weiteren Ein- blick in den Pflanzenreichthum jener Gegenden gewonnen hat, welcher für dieselbe, besonders aber für die geographische Botanik, von hohem Werth ist, wenn auch manche als neu beschriebene Pflanze, was bei Bearbeitung und Sichtung eines so bedeutenden Materials kaum vermieden werden kann, auf schon früher bekannte Pflanzennamen zurückgeführt werden wird.

Bei Aufstellung von neuen Gattungen hat der Verf., wie er selbst im Vorworte bemerkt, sich frei bewegt, indem er nach sei- ner Ansicht für erforderlich gefunden, Sectionen oder Subgenera der Arten oder eingeschobene heterogene Formen als Gattungen zu erheben und diese mit Namen der verdienstlicheren Botaniker Siebenbürgens, z. B. Haynald, Bielz, Fuss, Heuffel, Lerchenfeld, Kladni zu belegen, oder auch nach Sectionen, Subgenera anderer Autoren unter seinem Namen zu benennen; wenn auch manche Aufstellung nicht ungerechtfertigt erscheint, so mussten doch die neuen Gattungen Diagnosen erhalten. Bei Beschreibung von neuen Arten hat der Verf. mehrfach ausser den obigen Botanikern auch die Namen von Baumgarten, Fenzl, Heuffler, Kayser, Sigerus be- nutzt; warum aber nicht Janka? Wenn nun aber die Ansicht des Verf. adoptirt werden sollte, dass jeder Autor einer Flora die in der Botanik anerkannten Sectionen und Subgenera von De Cand.,

158 Literatur.

R.Br., Koch ete. zu neuen Gattungen stempeln wollte, so würde man zuletzt den Wald der Bäume wegen nicht mehr sehen kön- nen; denn nach einem Ueberschlag des Registers sind eirca 10 Pro- cent der Pflanzen von dem Verf. benannt!

Bei Bearbeitung der Enumeratio plantarum Transsilvaniae hat sich der Verf. die Aufgabe gestellt, welche neue Arten und Ab- arten, nach seinen Beobachtungen, in Siebenbürgen vorkommen und es scheint ihm, nach den umfassenden Auseinandersetzungen, auch gelungen zu sein, ein übersichtliches Bild der Flora Sieben- bürgens nach Kräften aufgerollt zu haben.

Wer ein so umfangreiches Werk näher kennen lernen will, dem kann man nur rathen, das Original zu studiren, um eine voll- ständige Auffassung zu erlangen und wir wollen in diesen Blättern nur Dasjenige mittheilen, was uns bei flüchtiger Durchsicht noch besonders aufgefallen ist.

Pag. 11. Ranunculaceen. Ranunculus Sect.I., Batrachium De Cand. Syst., stellt die Enumerat. als Batrachium Schur. herb. Transsilv. auf, indem E. Meyer diesen Namen als Gattung schon 1822 in seiner Flora von Preussen beschrieben hat; ebenso

3atr. hederaceum Schur., früher E. Meyer, Wimmer ete.

Batr. aquatile Schur, 2 5 N

Batr. paueistaminea Schur. Fr.Schultz schon in seiner Flora der Pfalz.

Batr. fluitans Schur., früher Wimmer ete.

Sect. II. Hecatonia De Cand. Syst. hat Schur zu einer eige- nen Gattung Hecatonia Schur gemacht und darunter gestellt:

H. glacialis Schur; Ranunculus glacialis L.

H. alpestris Schur; Ranunculus alpestris L.

H. Traunfellneri Schur; Ranunculus Traunfellneri Hoppe

H. crenata Schur und Hecatonia aconitifolia Schur.

Pag. 29. Cruciferen. Nasturtium R. Br. Sect.II. Brachy- lobus De Cand. nimmt der Verf. als eigenes Genus unter Brachy- lobus Schur auf, obschon Allion. pedem. schon früher Sisymbrium amphibium L. Brachylobus amphibius nannte. Schur stellt nun unter seinen Brachylobus noch Br. pyrenaicus Schur, Br. silvestris Schur; Br. brevistylus Schur ist wohl nur Varietät von Nastur- tium silvestre Koch syn. II. p.38. Br. palustris Schur. Br. ripa- rius Schur ist Nasturtium riparium Wallr. sched. er. eine Varietät von N. amphibium x auriculatum DeC. Br. anceps Schur. Br. armoracioides Schur. Br. hybridus Schur nov. spec. Siebenbürgen bei Schellenberg mit Br. austriacus Schur.

Pag. 49. Cardamine rivularis Schur ist nach Andrae Botan. Zeitung 1853 subalpine Form von (. pratensis, Südkarpathen.

Pag. 51. Hesperis Kladni Schur, H. glabra Schur und H. al- pina Schur, Siebenb., Verhandl. Enum. Transsilv. scheinen nach Beschreibung Formen von der vielgestaltigen Hesp. matronalis.

Pag. 56. Erysim. Witmanni Zaw. Galiz. 81. E. odoratum Baumg. Trans. II. ist nach Andrae Bot. Zeitg. von E. carniolieum Doll. nicht verschieden und die letztere ist nach K. syn. ebenfalls nur eine Var. y dentatum von E. odoratum Ehrh.

Pag.132. Hypericineen. Hypericum Rochelii Griesb. scheint uns nach der Beschreibung zu H. Richeri Vill. delph. zu gehören, indem die Blätter nur etwas mehr herzförmig, Kelche und Deck- : blätter etwas mehr gefranzt sind.

Pag. 134. Geraniaceen. Geranium alpestre Schur Transsil. G. sylvaticum Baumg. scheint wohl Alpenform von @. sylvaticum L.

Dip.» 1. Dee NP, ;

Literatur. 159

Pag.144. Papilionaceen. Genista transsilvan. Schur. Enum. Seet. 637. @. leptophylla Spach. Ann. des sciences. 1845. @. trian- gularis Fuss., nicht Baumg. Am Altfluss bei Talmatz. Mai bis Juli. 1500.

Genista rupestris Schur Enum. mit dem Citat (affinis G. tinc- toria). Kalkfelsen auf dem Kapellenberge bei Kronstadt. Mai bis Juli. 3—4000'.

Genista incubaea Schur. Enum. Kapellenberg. Mai bis Juli.

Vieia Lerchenfeldiana Schur. Enum. pl. Trans. V. morospor- tensis Lerchenf. V. hybrida et V. lutea, an var. Schur. Morosporto in Siebenbürgen etc. Juni Juli.

Vicia flavida Schur Enum. pl. Trans. Sect. 20. V. lentiformis Schur herb. Trans. (Affinis V. lutea L. var. 8 K. syn.) Hermann- stadt. Juni Juli.

Pag. 183. Rosaceen. Dryadeae Vent. R

Geum strietum Ait. hort. Kew. (Gr. intermedium Bess. De CO. prod. non Ehrk. Am Arpat in Siebenbürgen. Juli— August. Leicht mit @. urbanum zu verwechseln.

Potentilla pseudo-frigida Schur. Enum. pl. Trans. p.195. Kalk- alpen auf dem Königsstein bei Kronstadt. 6— 7000. August.

Potentilla amphibola Schur. Enum. Auf den Budos am S$t. Anna-See. 7 —8.

Sclerantheen. sScleranthus neglectus Rochel pl. Banat. rar. Baumg. Rehb. fl. excurs. Auf der Höhe von Butsets, 8000‘ Juli bis August.

Pag.229. Crassulaceen. Sempervivum ciliatum Schur Enum. S. campaniforme Schur herb. Scheint nach Beschreibung $. sobo- liferum Sims. nahe zu stehen. Gmneisfelsen, Mauern, Dächer bei Michelsberg. 7—8.

Umbelliferen. Libanotis humiis Schur En. pl. Tr. L. pu- mila Schur herb. Trans. L. alpina Schur. Sec. Hält Neilreich nur für niedere ÄAlpenformen von L. montana Crtz. Glimmerschie- fer der Arpater Alpen. 6 7000°. Juli August.

Pag.290. Valerianeen. Valeriana sisymbrifolia Desp. Chair. De C. prodr. Schur Enum. V. Cardaminis M. et B. V. transsil- vanica Schur herb. V.tripteris var. Schur. Quellige Orte auf den Arpater Alpen. 3000‘. Juli. Soll Aehnlichkeit mit Nasturtium offi- cinale haben.

Pag. 312. Compositen. Inula transsilvanica Schur. Enum, pl.trans. I. media Schur, I. cordata germanica Schur. Verh. des Siebenb. Ver. Die Pflanze scheint mit I. media M. v. B. Koch syn. viel Aehnlichkeit zu haben. Sonnige Hügel bei Klausenburg ete. 7—8.

Tripleurospermum pusillum Maly, pag. 386, ist richtig als Tri- pleur. inodorum 8. pusillum Janka. Oestr. botan. Wochenbl. 1856. aufgenommen. Unangebaute Orte bei Klausenburg.

Pag. 343. Stellt der Verf. Cineraria E. ß Tephroseris Rchb. exc. germ. Tephroseres De. prodr. Endlicher als Genus Tephro- seris Schur auf und beschreibt die Species unter seinem Namen.

Cirsium ferox DeC. fl. fr. Schur Enum. pl. Transsilv. p. 419, welche nach einem Ex. in Baumgarten’s Herb. als eine Pflanze Siebenbürgens aufgenommen wurde, scheint als südwestliche Pflanze auf einem Irrthum zu beruhen.

Caleitrapa solstitialis Schur pl. Trans. ist schon vor 30 Jahren in meiner Flora von Coblenz pag.179 so benannt worden.

NE 2 160 Literatur.

Pag. 447. Erica cinerea L. Schur. Enum. pl. Trans., nach Mit- theilung von Bielz bei Boitza in Siebenbürgen: scheint mir zwei- felhaft, da die Pflanze eine westeuropäische ist. Sie kann übri- gens leicht mit E. Tetralix L. verwechselt werden, besonders wenn die Form des Blüthenköpfchens etwas abnorm verlängert ist, wie dies an dem Standorte Bonn am Rheine schon geschehen.

Pag. 457. Gentiana pneumonanthoides Schur. En. pl. Transsilv. Waldränder bei Hermannstadt und Kronstadt. Sept. Oct. Scheint uns nur eine Varietät von @. Pneumonanthe L., welche durch spä- tere Blüthezeit eine veränderte Form erhalten hat.

Pag. 469. Onosma pseudo-arenaria Schur. Ex. pl. = 0. stella- tum a ramosum paniculatum Schur. Sert. O. transsilvanica Schur Herb. ist wohl nur eine ästige Abänderung von ©. stellatum L. Siebenb. bei Klausenburg; auf dem sogenannten Onosma-Hügel bei Hermannsdorf. Juli— August. Ebenso gehört O. pustulatum Schur. Oestr. bot. Zeitg. 1860. zu O. montana Sm.

Pag. 483. Serophularia olympieca Schur En. gehört nach Neil- reich zu Se. laciniata. Hermannstadt (Janka).

Pag. 521. Salvia transsilvanica Schur En. Sert. fl. trans. 8. pratensis var. transsilvanica Grieseb. Rchb. Icon. XXVIII. p.29 ist wohl nur eine Form der vielgestaltigen S. pratensis, Hermann- stadt, Klausenburg. Juni Juli.

Ajuga Astolonos Schur En. p.545. Herb. transsilv. Am Fusse des Surul, 3000. Juli. A. pumila Schur Enum. A. alpina Vill., Kronstadt auf dem Kapellenberge. 2 - 3000° auf Kalkmergel. Mai bis Juni. Sind wohl nur Formen der vielgestaltigen A. genevensis L.

Pag. 593. Euphorbia lingulata Heufjfel. Flora 1855. Schur Enum. pl. Trans. Soll nach Neilreich Nachtr. p.277 von E. epi- ihymoides Jacqg. kaum verschieden sein. Siebenb. Kalk, auf dem Kapellenberge bei Kronstadt. 2500‘. Mai Juli.

Pag. 608. Quereus Esculus L. sp. Schur. En. pl. Trans. Ob in Siebenbürgen die Pflanze Linn&’s wächst, oder ob es nur (Q. con- ferta Kit. Rehb. Icon. XXII. p. 8, Q. Esculus Pollini veronensis 1789 ist, da die echte Pflanze Linn&’s nur im südlichen Macedonien, Thracien wachsen soll. Siebenb. Bergwälder bei Hatzeg.

Quercus pallida Heuffel. Oestr. bot. Ztg. 1858: Schur Enum. Neilreich sagt in seinen Nachtr., dass er die Pflanze nach Ori- ginal-Exemplaren von Q. Eessiflora Sm. nicht zu unterscheiden ver- möge. Siebenb. Westgrenze, Wälder bei Doba. April Mai.

Pag. 625. Juniperus intermedia Schur. Enum. J. communis ß alpina Wahlb. Carpat. Gaud. Helv. J. communis y Lin. J. sibi- rica Burgsd. ete. Ist wohl nur eine Mittelform von J. communis und J. nana. Siebenb. auf dem Surul in den Kronstädter Alpen. Juli August.

Pag. 641. Orchis tetragona Heuff. Schur Enum. pl. Trans. ©. maeculata var. turfosa Schur Sert. Ist eine Form von O. maculata L. Voralpen in Siebenbürgen auf Glimmerschiefer. Juni— Juli.

Himantoglossum caprinum C©. Koch, nicht cuprinum. Schur En. Aceras caprina Lindl. Satyrium hircinum Pall. Ist nach Reichb. fil. Icon. XXIII. p.6 nur eine Form von H. hircinum.

Pag. 659. Asparagus collinus Schur. Enum. Trans. Sandige Hügel bei Hermannstadt und Klausenburg. Mai— Juni. Nach der Beschreibung scheint die Pflanze eine Form von Asp. offieinalis.

Pag. 665. Albucea chlorantha Schur En. Ornithogalum chlo- ranthum Sauter Koch syn. ist nach Britt. Flora 1849, Hausmann

Literatur. 161

Tirol. nur Schattenform von A. nutans Rehb. Grasgärten Klausen- burgs ete.

Pag. 678. Colchieum pannonicum Griesb. et Sch. It. hung. Wich- mann Archiv 1852, Schur Enum. Ü. multiflorum Schur Sert. Ist nach Janka Linn. 1860 von C. autumnale nicht verschieden. Sie- benbürgen. Wiesen der Hügelregion bei Stolzenberg. September und October.

C. transsilvanicum Schur Enum. C. latifolium Heufel. Wald- wiesen, Kapellenberg bei Kronstadt. 2500. 8—%9. Früchte Juli.

Cyperaceen. Sectionen der Carices erhebt der Verfasser zu eigenen Gattungen. z. B. Sect. Psyllophora Loisl., Sect. caricifor- mis Rechb. (Vignantha Schur), indem derselbe die Species unter sei- nem Namen darunter stellt. R

Gramineen, p. 728, hat der Verf. Colobachne Gerardi Lk. Schrad. gramin. der Enum. Transs. in den Arpaser nach Kladni angegeben: diese Pflanze ist aber nach Neilr. Nachtr. 20. nicht die echte Pilanze Link’s, sondern Phleum Gerardi Panz. All. ped. oder Ph. commutatum Gaud. helv. I. 166; Formen von Ph. alpinum L. K. syn. II. p. 899.

Hierochloa vinialis Schur. En. p. (25; Oestr. botan. Ztg. 1859. H. orientalis Fries et Heujfel. Oest. bot. Ztg. 1859. In Siebenbür- gen bei Klausenburg, sind nach Janka’s Linn. 1860 von FH. odorata Wahlb. nicht verschieden.

Alopecurus obscurus Schur. En. A. nigricans K. syn. II., nicht Hornem. A. pratensis 8 obscurus Ledeb. Ross. IV. A. ventricosus Pers. Siebenbürgen, Waldwiesen bei Klausenburg und Kronstadt. Juni Juli. i

Al. ruthenicus Weinm. hort. Dorp. 1810. Schur Enum. p. (26. Al. nigricans Hornem.hafn. Al. arundinaceus Poir. Al. repens M. et B. A. sibiricus Schott. Schwammige Wiesen der Alpen Sieben- bürgens. 5000. 6—7.

Alopecurus altissimus Schur. En. Oestr. bot. Ztg. 1859. Wie- sen, Grasgärten Siebenbürgens, bei Hermannstadt. Juli August.

Pag. 753 hat der Verf. in seiner Enum. pl. Trans. die II. Sec- tion Aira, Avenella K. syn. II. 915. Lerchenfeldia Schur genannt und Lerch. flexuosa Schur und L. uliginosa Schur als Arten zuge- zogen. Avena Sect. V. Caryophyllea K. syn. II. p.912 ist zu einem neuen Genus Fussia Schur benutzt und Fussia caryophyllea Schur, F. capillaris Schur und F.praecox Schur zugezogen: ebenso wurde vom Verf. Avena Sect. II. Avenastrum K. syn. Il. 918 in Heuffelia Schur umgeändert und die in dieser Section aufgeführten Arten sind unter Schur veröffentlicht u. s. w.

Man wird wohl im Allgemeinen mit meiner Ansicht einverstan- den sein, wenn ich behaupte, dass eine solche Vermehrung der Namen von neuen Gattungen und Arten der Wissenschaft keinen Nutzen bringt. Denn wenn alle Florenschreiber denselben Weg geben wollten, so müsste folgerichtig die Botanik sehr erschwert werden.

Nun folgen pag. 815 die Characeen, pag. 818 die Gefäss-Cryp- togamen, pag. 844 die Laubmoose und die Lebermoose und den Schluss der Enumeratio macht ein vollständig ausgearbeitetes Re- gister der Ordnungen, Gattungen, Arten und Abarten der Flora Siebenbürgens mit den Corrigenda.

Wir halten obige Notizen aus dem als Flora ausgezeichneten wissenschaftlichen Werke für das Archiv hinreichend, um einen

Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bas. 1.u.2.Hft. 11

y 162 Literatur.

flüchtigen Blick in dasselbe werfen zu können, obschon in dem Buche selbst noch vieles Wissenswerthe und Interessante enthal- ten ist.

Die ganze Ausstattung des Werkes ist in jeder Beziehung zweckentsprechend und vorzüglich ausgeführt und macht der Ver- lagshandlung alle Ehre.

Dr. M. J. Löhr.

Taschenbuch der Geheimmittellehre. Eine kritische Uebersicht aller bis jetzt untersuchten Geheimmittel. Zunächst für Aerzte und Apotheker, dann zur Be- lehrung und Warnung für Jedermann herausgegeben von Dr. G. C. Wittstein. Nördlingen, C.H. Beck. 1867. 190 Seiten in Octav.

Wenn sich irgend ein Buch für Jedermann empfiehlt, so ist es die- ses. Der Wunsch nach einer alphabetisch geordneten Zusammenstel- lung der Geheimmittel ist schon öfters laut geworden und noch neuer- dings hat ihn in seiner Schrift über Geheimmittel W. Krause vernehmen lassen. Wittstein war der Mann dazu, eine solche Sammlung zu veranstalten, da er selbst durch zahlreiche eigene und unter seinen Augen ausgeführte Prüfungen von Geheimmitteln ein ungemeines Interesse zur Beseitigung dieses Krebses der öffent- liehen Gesundheitspflege an den Tag gelegt hat.- Wie sehr Witt- stein ausserdem die vorhandene Literatur benutzt hat, worunter ihm in den letzten Jahren besonders die Industrieblätter von Hager und Jacobsen eine reiche und lautere Fundgrube für seinen Zweck darboten, zeigt die ungemein grosse Anzahl der Arcana, welche Aufnahme in diesen Codex medicaminum spuriorum gefun- den haben. Als unerlässliche Bedingung für ihre Aufnahme galt übrigens mit Recht die Kenntniss ihrer Zusammensetzung, nicht aber etwa der Umstand, dass sie in dem gegenwärtigen Momente in Gunst und Ansehen stehen. Auch das Obsolete ist in diese quasi Pharmakopöe aufgenommen, weil man von diesen Pseudo- medieamenten sagen kann, dass sie wiederbelebungsfähig sind und gar nicht selten über kurz oder lang unter demselben oder unter einem neuen Firmaschilde wieder auftauchen, wie das z. B. mit der als Revalesciere revalescenten Revalenta der Fall gewesen ist. So hat es denn Wittstein zu einer sehr ansehnlichen Ziffer von Medicamenten der niedrigsten Art gebracht, die er in alphabeti- scher Ordnung aufführt und wobei er es nicht vergisst, über den Namen des Erfinders oder Verfertigers und seinen Wohnort, so wie über die empfohlene Anwendung und die angebliche Wirkung die ihm bekannten Facta oder Angaben beizufügen. Es sind solche Daten, die übrigens häufig fehlen, wie z.B. bei dem das Buch ein- leitenden Acetine sehr werthvoll für einen Historiker dieser bisher als rudis indigestaque zu bezeichnenden Moles, wenn sich ein sol- eher finden sollte. Wir unsererseits würden eine solche Arbeit für keineswegs unverdienstlich halten und der Stoff selbst darf nicht als zu despectirlich angesehen werden, da ihm ein bedeutendes Interesse zukommt, indem die Unsitten der Zeit dieselbe wesent- lich charakterisiren; auch darf man nicht ausser Acht lassen, dass der vornehme Schatz unserer Pharmakopöen die Namen verschiede-

ner Schwindler vergangener Jahrhunderte verewigt hat, wir wollen

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Literatur. 163

nur an Dippe! und den Grafen St. Germain erinnern. Es las- sen sich sehr hübsche Gesichtspuncte durch ein genaues Studium der Wittstein’schen Arbeit gewinnen. So z.B. über die Variation in den Benennungen, die manchmal ganz hausbacken den Zweck in der Sprache des Vaterlandes ausdrücken, wie Augenwasser, Augenheilwasser, Gichtpflaster, Kropfpulver, Viehfutter, bald dies in fremden Zungen thun, wie Antisudie, Chromacome, oder doch wenigstens neben dem Krankheitsnamen noch eine pharmaceutische Beigabe, wie Essenz, Balsam tragen, bald ganz sinnlos und haar- sträubend componirt sind, wie Anditropfen, Anthosenz ; nicht selten ist es auch, dass ein französischer Fabrikant einen englischen Na- men wählt, wie Odorous powder, oder ein Deutscher glauben machen will, sein Fabrikat sei in England erfunden (vgl. Augenwasser von White, das aus der Fabrik von F. Ehrhardt in Altenfeld in Thü- ringen stammt). Interessant ist es dann auch zu verfolgen, welche Krankheiten besonders industriell von Geheimmittelfabrikanten aus- gebeutet werden. Bisweilen sind es besondere Krankheiten, wie die Cholera, die eine Anticholerasäure, ein Anticholerawasser, Bast- ler’s Choleratropfen u.s. w. hervorrief, oder die Epilepsie, in Bezug auf welche wir von S. 883—87 verschiedenen Mitteln begegnen, zu denen Deutschland, Frankreich und selbst Holland ihr Contingent stellten: bisweilen Krankheiten bestimmter Organe, z.B. Augen- krankheiten, Magenkrankheiten, welchen beiden ein erkleckliches Quantum gegen sie bestimmter Arcana zufällt; bisweilen haben die Mittel den Zweck, schmerzstillend zu wirken, und insbesondere ist es dann auch der Zahnschmerz, welcher dadurch eurirt wird; viele haben den Zweck, die Lebenskraft zu stärken, manchmal daneben auch noch antodontalgisch zu wirken, wie das oder die oder der Anthosenz von Hess; eine besondere Aufmerksamkeit ist aber von Seiten der Industrieritter der Haut und den Haaren gewidmet und namentlich scheinen Grauköpfe jederlei Geschlechts eine willkom- mene Beute für derartige Schwindelei und Prellerei zu sein. Um eine solche aber handelt es sich, wie die von Wittstein überall, wo es anging, beigefügten Gegenüberstellungen von Preis und Werth beweisen, in allen Fällen; manchmal muss der Geprellte den 35- fachen Werth bezahlen, wie z.B. bei der Lebenstinctur von Lau- rentius. Es enthält Wittstein’s Buch übrigens, wie wir bemer- ken müssen, nicht allein Medicamente, sondern auch eine grosse Reihe technischer Geheimmittel, hinsichtlich deren in Ansehung der Prellerei das Nämliche gilt, wie von den Arzneimischungen; auch hier herrscht eine grosse Mannigfaltigkeit bezüglich der Ver- wendung, vom Butterfärbmittel bis zum Delphineum, das Stiefel gegen Wassersgefahr schützt, und zu Bucher’s Feuerlöschpulver, welches des Feuers Herr werden soll, alle durch das gemeinsame Band der Gebeimnisskrämerei und des zu hohen Preises zusaın- mengehalten. Auch die Veterinärheilkunde hat ihre Arcana, Mor- veum und wie sie alle heissen mögen, denen bei Wittstein ihr Recht geschieht.

Bei weitem die Mehrzahl der im vorliegenden Codex arcano- rum enthaltenen Geheimmittel sind deutschen Ursprungs (nicht allein die grossen Städte unseres Vaterlandes, unter denen Berlin und Wien hinsichtlich der Grösse des Erfindungsgeistes rivalisiren, sondern auch kleinere Orte haben Beiträge dazu geliefert); ausser- dem finden wir Frankreich, Grossbritannien, Holland, Russland, Italien, die Schweiz u.s. w. berücksichtigt. Zur Vergleichung über die Prävalenz des Industrieritterthums in den einzelnen Ländern

164 Literatur.

scheint uns indess das Wittstein’sche Buch nicht das nöthige Ma- terial zu liefern, indem wir gerade in Bezug auf auswärtige Län- der Manches vermissen und zwar namentlich Sachen, bei denen die Gesundheitsschädlichkeit klar zu Tage liegt: wir erinnern z.B. an die Strychninmischungen zum Zwecke der Tödtung von Unge- ziefer, wie Battley’s vermin kilter, Vermieidal magical powder, von denen ersteres nach einer Analyse von Mayet (Ann. d’hy. 373. 1865) im Paquete von 11/3 Grm. Gewicht 0,10 Grm. Strychnin, 1,00 Kartoffelstärke und 0,20 Berliner Blau enthält; an das zu so vie- len tödtlichen Intoxicationen Anlass gewesene Sir William Burnetts Fluid (Burnetts desinfecting fluid), nach Taylor eine Lösung von 372 Gran Chlorziuk in 1 Unze Wasser), endlich an die verschie- denen Opium enthaltenden englischen Mittel, Godfrey’s Cordial, Dalby’s Carminative, Battley’s sedative solution, über deren Zusam- mensetzung Wittstein das Bekannte in meinem Handbuche der Toxi-

kologie p. 593 angegeben gefunden haben würde. Einzelne vermisst _

Ref. um so mehr ungern, weil sie zu den beliebten und viele Jahre hindurch in Gebrauch stehenden Mitteln gehören, z.B. Battley's sedative solution, die sogar neulich im Pritchard’schen Processe eine Rolle spielte, indem dieser ärztliche Giftmischer sie mit Aconit gemengt zu haben schien, um unter dem Deckmantel dieses Arca- nums ungestraft Giftmischeri treiben zu können. In Bezug auf ein englisches Geheimmittel findet sich S.73 in der Ueberschrift ein störender Druckfehler; es muss heissen: herbal embrocation for the wooping-congh. Auch das so sehr en vogue stehende Chlorodyne (vergl. Wiggers Jahresber. für 1865, p. 95) fehlt bei Wittstein.

Auch unter den neuesten Erzeugnissen französischen, russischen und deutschen Industrieritterthums vermissen wir Einiges. So z.B. den Toilette-Essig von Jean Vincent Bully (vergl. darüber Hannovy. Zeitschrift für wissensch. Heilkunde, 1866, p. 414, wo das Recept nach einer früheren Angabe im Journ. de Pharm. et de Chim. mitgetheilt ist, Dr. Mampe’s echte bittere Tropfen (Pharm. Centralhalle, V. 371), Dr. Scharlau’s Milchpulver, von Peltz (Pharmae. Ztschr. für Russland, III. 55) analysirt, Pariser Gela- tinpomade (Hager in dessen Centralhalle, V. 31, amerikanisches Mustangliniment (Neue Jahrb. für Pharm, XX. 168) u.s.w. Auch das im Fürstenthum Lippe gewissermassen unter obrigkeitlicher Aufsicht verkaufte Schmiedeskampsche Schutzmittel gegen Wuthkrankheit, dem in Folge von blindem Vertrauen zu dem- selben schon manche Opfer gefallen sind, hätte aufgenommen wer- den können, da dessen Zusammensetzung bekannt ist. Ebenso ver- missen wir die neueste Schöpfer’sche Industrie, das famose Tsa- tsin, das als chinesisches Heilmittel sogar Pharmakognosten wie Schroff und Wiggers getäuscht hat, obschon es den Stempel der Dichtung durch eine beigefügte romanhafte Geschichte von einem niemals existirt habenden Apotheker Schmidt, der aus dem von einem Mandarinen bewachten chinesischen Tsa-tsin-Felde sich . eine Schote dieses herrlichen Mittels, das im Vereine mit Chamil- lenthee (d.h. mit einem für sich wirksamen Mittel) Menstrualkoli- ken in 3—4 Tagen (d.h. in derjenigen Zeit, binnen welcher sie spontan aufhören) beseitigen soll, annectirte, auf der Stirn trägt und das Tscheu-fu, ein Antiepilepticum von der allerhöchsten Bedeutung (?), aber weder in China gewachsen, noch dort je gebraucht, sondern in Deutschland aus Artemisia und Cureuma gemischt.

Andererseits müssen wir hervorheben, dass Wittstein an ein-

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Literatur. 165

zelnen Stellen zu weit zurückgegangen ist; so hätte unsers Erach- tens die Aqua Tofana fehlen können, ohne dass dem Werthe des Buches dadurch geschadet worden. Wenn Wittstein diese aber aufnahın, so ımussten eine Menge anderer Arcana vergangener Jahr- hunderte, das Poudre de succession, die vielen spagirischen Mittel auch Aufnahme finden, zumal da diese zum Theil besser hinsicht- lich ihrer Zusammensetzung gekannt sind, wie das berüchtigte ita- lienische Giftwasser.

Diese Ausstellungen, welche wir im Interesse einer zweiten Auflage oder eines Additaments zu Wittstein’s Codex arcanorum machen mussten, hindert uns nicht, die gethane Arbeit in hohem Grade willkommen zu heissen und wünschen wir dieselbe am lieb- sten in aller Aerzte und Apotheker Händen, damit dieselben durch Verbreitung dieser die Prellereien der Geheimmittelfabrikanten ad oculos demonstrirenden Schrift in ihren Kreisen, besonders an Geist- liche und Lehrer, der Ausbreitung des immer weiter wuchernden Krebsschadens der öffentlichen Gesundheitspfiege Einhalt thun könn- ten. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Aerzte selbst nicht die Hände in den Schoos legen dürfen, wo es darum gilt, ein solches Unkraut auszurotten, das hier und da, wie der bekannte Lampen-Scandal beweist, von der Obrigkeit gepflegt‘ wird wie ein seltenes Blüwnlein, aber dieser Vertilgungskrieg wird erst dann ein fruchtbarer, wenn er mit gemeinsamer Anstrengung geführt wird und auch zum gedeihlichen Ende kann er erst gebracht werden, wenn, wie es die bekannten Richter’schen Vorschläge bezwecken, die Aerzte das Selfgovernement in ihrem Gebiete auszuüben und aus ihren Kreisen die räudigen Schafe, welche dem Industrie- rittertthum Vorschub zu leisten sich nicht entblöden, auszumerzen berechtigt sind.

Theodor Husemann.

Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten, 1867. No. II

Annalen der Chemie und Pharmacie. Herausg. von Fr. Wöhler, J. Liebig u. H. Kopp. Jahrg. 1867. 12 Hefte gr. 8. Leipzig, C. F. Winter. n.7 2.

der Physik und Chemie. Herausg. von J. C. Poggendorff. Bd. 130 er Jahrg. 1867. 12 Hefte gr. 8. Leipzig, J. A. Barth. n.C9 [3 .

Apotheker-Zeitung. Correspondenzblatt für Apotheker, Dro- guisten, Chemiker ete. Red. Dr. Heppe u. Kohlmann. Jahrg. 1867. 52 Nrn. Fol. Leipzig, Kürsten. 11/, 2.

Archiv für Anthropologie. Zeitschrift für Naturgeschichte u. Ur- geschichte des Menschen. Red. v. A. Ecker u. L. Lindenschmit. 2. Heft. Mit eingedr. Holzst. gr. 4. (1. Bd. S. 161— 284.) Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 11a ‚$-

Barth, L., über die Paraoxybenzoösäure. Lex.-8. (10 S.) Wien, Gerold’s Sohn. n. 2 ngr.

166 Bibliographischer Anzeiger.

Brehm, A. E. u. E. A. Rossmässler, die Thiere des Waldes.

. 2. Bd. 4-6. Lief. Lex.-8. Mit eingedr. Holzschn. Leipzig, C. F. Winter. n. 24 nyr.

Centralblatt, chemisches. Repertorium für reine, pharmac., phy- siolog. u. techn. Chemie. Red. R. Arendt. 12. Jahrg. 1867. 12 Nrn. 8. Leipzig, Voss. n. 5 .$.

Centralhalle, pharmae., für Deutschland. Herausg. von Hager. 8. Jahrg. 1867. Lex..8. Berlin, Springer’s Verl. baar n. 2.$.

Corda, A. J., Flora protogaea. Beiträge zur Flora der Vorwelt. Mit 60 Taf. Abbild. 1. Lief. 4. (14 S. mit 8 Steintaf.) Ber- lin, Calvary & Comp. n. 1.

Crüger, Dr. Joh., Lehrbuch der Physik. Mit 318 eingedr. Holzsch. gr. 8. Erfurt, Körner’s Verl. n. 1/5 £.

Encyklopädie, allgemeine, der Physik. Herausg. v. G. Karsten. 18. Lief. Lex.-8. Leipzig, Voss. 22/3 »f.

Ettingshausen, Prof. Dr.C. Ritter v., die fossile Flora des Ter- tiär-Beckens von Bilin. Mit 30 lith. Taf. 4. Wien, Gerold’s Sohn in Comm. n. 62/3 $.

* Fleischer, Dr. Emil, kurzgefasstes Lehrbuch der Massanalyse. Mit eingedr. Holzschn. gr. 8. (176 S.) Leipzig, J. A. Barth. n. 28 ngr.

Flora od. A botan. Zeitung. Red. Dr. Herrich-Schäffer. 25r Jahrg. 1867. 48 Nrn. gr. 8. Regensburg. (Pustet.) n. 4 $.

Flora Bremensis. Nachträge und Berichtigungen dazu. Zu- sammengestellt von Dr. Frz. Buchenau. 8. Bremen, Müller. n. 8 ngr.

Flora a Deutschland. Herausg. von F. L. v. Schlechtendal, L. E. Langethal u. E. Schenck. 21. Bd. 1. u. 2. Lief. 8. Jena, F. Mauke. 1/3 $.

Flückiger, Dr. F. A., Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflan- zenreiches. Für Pharmaceuten, Mediceiner und Chem ZU 3. Lief. gr. 8. (S. 129— 384.) Berlin, Gärtner. & n.

Fuss, M., Flora Transsylvaniae excursoria. 8. (864 S$.) ER. stadt, "Filtsch. n. 22; 2.

Garten, der zovlogische. Herausg. v. F.C. Noll. 8. Jahrg. 1867. 12 Nrn. Mit Illustrat. Lex.-8. Frankfurt a.M., Sauerländer’s

Verlag. n. 22/3 $.

Hanstein, Prof. Dr. F., über die Richtungen und Aufgaben der neueren Pflanzen-Physiologie. 8. Bonn: 1866, Marcus n. !/; „2.

Harting, Prof.P., das Mikroskop. Theorie, &ebrauch, Geschichte u. gegenwärtiger Zustand desselben. Herausg. v. F.W. Theile. 2. Aufl. 3.Bd. gr.8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 2,2. (compl. 51/3 »P.)

Hedwigia. Notizblatt für kryptogam. Studien. Red. von Dr. L. Rabenhorst. Jahrg. 1867. 12 Nrn. Mit Steintaf. gr. 8. Dres- den, Heinrich. baar n. 2 .£.

Hein, Theod., Analyse eines Meteoriten aus Dacca in Bengalen. Lex.-8. (4 S.) Wien, Gerold’s Sohn. 1P/y ngr.

Hlasiwetz, H. u. A. Grabowsky, über die Carminsäure. Lex.- 8 (14 S.) Wien, Gerold’s Sohn. n.2 n

Jahrbuch, neues, für Mineralogie, Geologie u. Paläontologie. Fort- gesetzt v. G. Leonhard u. H.B. Geinitz. Jahrg. 1867. 7 Hfte. Mit Steintaf. gr. 8. Stuttgart, Schweizerbart. n. 6 „B 12 ngr.

für Pharmacie u. verwandte Fächer. Herausg. v. Dr. F. Vor ER 1367. 12 Hefte. gr. 8. Speyer, Neidhard. baar n. B i

Bibliographischer Anzeiger. 167

Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik. Herausg. v. Dr. N. Prings. heim. 5. Bd. 2. Heft. Lex.-8. Leipzig, Engelmann. n. 3 .$.

Journal für prakt. Chemie. Herausg. v. OÖ. L. Erdmann und G- ee Jahrg. 1867. 24 Hefte. gr. 8. Leipzig, J. A. Barth. n.8..

Kalender, pharmaceutischer, für Süddeutschland, auf d. J. 1867.

* Herausg. von Dr. F. Vorwerk. 5. Jahrg. gr. 16. Speyer, Kle- berger. n. 171g ngr.

Kerner, A. u. J. Kerner, Herbarium österreich. Weiden. 6. u. 7. Deeade. Fol. (& 10 Bl. mit aufgekl. Pflanz. u. 1Bl. Text.) Innsbruck, Wagner. n. 1...

Kopp, Herm., Sonst und Jetzt in der Chemie. Ein populär-wis- sensch. Vortrag. gr.8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 8 ngr.

La Fontaine, Alph. de, Faune du pays de Luxembourg ou ma- nuel de zoologie. Oiseaux. 2. Partie. gr. 8 Luxembourg, Bück. 24 ngr.

Landois, Dr.H., die Ton- u. Stimmapparate der Insekten in ana- tomisch-physiologischer und akustischer Beziehung. Mit 2 Taf. gr. 8. Leipzig, Engelmann. n. 5/; $.

Ludwig, C., Arbeiten aus der physiolog. Anstalt zu Leipzig v.J. 1866. Mit 7 Taf. gr. 8. Leipzig, Hirzel. n. 11/3 $.

Malin, G., über ein Derivat der Pyrogallussäure. Lex.-8. Wien, Gerold’s Sohn. 11/g ngr.

Maly, Dr. R. L., über einige Derivate des Thiosinnamins. Lex.-8. Wien, Gerold’s Sohn. 2 ngr.

Metschnikow, Elias, einbryolagischs Studien an Insekten. Mit 10 Taf. gr. 8. Leipzig, Engelmann. n. 22/3 »$.

Miquel, F. A. G., Prolusio florae Japonieae. Fasc. IV. Fol. (S. 145— 192.) Amsteldami. Leipzig, Fr. Fleischer. n. 1.821 ngr.

Müller, Anton, alphab. Wörterbuch synonymer deutscher, lateini- scher u. böhmischer Namen der officin. Pflanzen. 4. (174 S.) Prag, Rziwnatz. n. 1 .»£ 26 ngr.

Muspratt’s theoret., prakt. und analyt. Chemie, von Dr. F. Stoh- mann, fortges. v. Prof. B. Kerl. 2te Aufl. 3.Bd. 6—11. Lief. 4. (S. 321—704.) Braunschweig, Schwetschke u. Sohn. & n. 12 ngr.

Neilreich, Aug., Flora von Niederösterreich. Nachträge. gr. 8. (104 S.) Wien 1866. Leipzig, Brockhaus. n. 2/3 $.

Nitschke, Dr. Th., Pyrenomycetes germanici, die Kernpilze Deutsch- lands. 1. Bd. 1. Lief. gr. 8. (160 S.) Breslau, Trewendt. n. 12/z SP.

Patek, Schulr. Joh., die Giftpflanzen. 2. (Schluss-) Heft. gr. 4. Prag. Tempsky. n. 1!/3 ȣ.

Portius, K.W., die Entdeckung der Grundelemente des Weltalls, ein naturwiss. Vortrag. gr.8. (1638.) Leipzig. Brauns. n. 2/3 .$.

Rabenhorst, Dr.L, die Algen Europas. Dec. 81—89. 8. (& ca. 10 Bl. mit aufgekl. Pfl.) Dresden, am Ende. baar An. 5/5 »P.

Regnault-Strecker’s kurzes Lehrbuch der Chemie. 1. Bd. 2. Hälfte. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. An. 1.2. Reinsch, Paul, das Mikroskop in seiner Bedeutung für die Erwei- terung der Naturkenntniss, für die Entwickelung der physikal., der beschreib. u. physiolog. Wissenschaften. Mit 6 Taf. gr.8. Nürnberg, Stein. n. 21/3 .$.

Repertorium, neues, für Pharmaeie. Herausg. v. A. Buchner. 13—15. Bd. & 12 Hefte. gr. 8. München, Kaiser. & Bd. 2 16 ngr.

168 Bibliographischer Anzeiger.

Rochleder, Dr. Fr., zur Elementaranalyse org. Substanzen. Lex.-8. (3 8.) Wien, Gerold’s Sohn. 11/, ngr.

uber den Gerbstoff der Rosskastanie. Lex.-8. (23 8.) Ebend.

ngr.

Ehache, Dr.J.F. u. F.W.Laux, Preise von Arzneimitteln, welche in der 7. Ausg. der preuss. Pharmakopöe nicht enthalten sind. Zusammengest. f. d. J. 1867. gr. 8. (64 8.) Berlin, Gärtner. baar n. 1/3 »£.

Ule, Dr. Otto, populäre Naturlehre. Mit eingedr. Holzschn. 8. Lief. 8. (S. 577 687.) Leipzig, Keil. a !4 »$.

Veränderungen der kön. preuss. Arzneitaxe für die Hohenzol- lernschen Lande für 1867. gr. 8 (10 8.) Berlin, Gärtner. n. 21/g ngr.

Vierteljahresschrift für techn. Chemie, landwirthsch. Gewerbe u. Fabrikwesen. Herausg. v. Dr. W. Artus. 8. Jahrg. 1867. 4 Hefte. gr. 8. Quedlinburg, Basse. n. 21/3 ‚2.

Weiss, Ad., Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte des Farbstoffes in Pflanzenzellen. Lex.-8. (61 8.) Wien, Gerold’s Sohn. n. 5/; »$. -

Wiessner, Dr. Jul., Einleitung in die techn. Mikroskopie nebst mikroskop.-techn. Untersuchungen. Mit 142 Holzschn. 8. Wien, Braumüller. n. 21/3 $.

Wittstein, Dr. G. C., Anleitung zur Darstellung und Prüfung chemischer und pharmac. Präparate. 4. Aufl. 8. (764 S. mit eingedr. Holzschn.) München, Grubert. 4 .$.

Wochenblatt, pharmac., insbesondere den materiellen Interessen des Standes gewidmet. Herausg. v. Dr. H. Hanstein. Jahrg. 1867. 52 Nrn. gr. 8. Heidelberg, Weiss. n. 27 ngr.

Zeitschrift des allgem. österreich. Apotheker-Vereins. Red. von Fr. Klinger. 4. Jahrg. 1867. 24 Nrn. Lex.-8. Wien, Tend- ler & Comp. baar n. 4 .$.

österreich. botan. Herausg. Dr. A. Scofitz. 17. Jahrg. 1867. 12 Nrn. gr. 8. Wien, Gerold’s Sohn. n. 3l/z3 ‚$.

für Chemie. Herausg. von F. Beilstein, R.Fittig u. H. Hübner. 10. Jahrg. gr. 8. Leipzig, Quandt u. Händel. n. 31/, $.

pharmaceut., für Russland. Red. v. Dr. A. Casselmann. 6. Jahrg. 1867. 12 Hfte. Lex.-8. Petersburg, Münk. n. 4 ,$.

Zeitung, botanische. Red. Hugo v.Mohl, A. de Bary. 25. Jahrg. 1867. 52 Nrn. 4. Leipzig, Felix. n. 6 ,$. S

Hofbuchdruckerei der Gebr. Jänecke zu Hannover.

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ARCHIV DER. PHARIACIE,

CLXXXT Bandes drittes Heft.

2. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- logie und praktische Pharmaeie.

Deber die Mineralquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen im Brohlthale;

von R. Bender.

Einen Hauptreichthum des Brohlthales bilden eine Menge Mineralquellen, welche durch die Verschieden- artigkeit ihres Gehaltes auffallen und als die namhafte- sten sind zu erwähnen: der Tönnissteiner Brunnen, die Tönnissteiner Stahlquelle und der Heilbrunnen.

Das Tönnissteiner Wasser hatte schon in frühen Zeiten einen medicinischen Ruf, so nennen schon Prof. Günther in Strassburg 1565 in seinem Commentar. de balneis et aquis medicatis und Tabernaemontanus 1593 diese Quelle fons ewcellentissimus; im 17ten und 18ten Jahrhundert erschienen verschiedene Schriften über die- selbe, in welchen die Heilkraft des Wassers in den ver- schiedensten Krankheiten angepriesen wurde; von den neueren sind zu erwähnen die von Wallerheim, G. Bischof, Wegeler u.a.

Das Tönnissteiner Wasser entquillt einem Brunnen, der durch eine 17 Fuss hohe Kuppel, welche auf einer Rückwand und 4 toskanischen Säulen ruht, bedeckt wird. Die ersten grösseren Brunnenanlagen führte Kurfürst Max Heinrich im Jahre 1666 aus. Sein Nachfolger Clemens August errichtete das Brunnengebäude, das jetzige Kur-

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hft. 12

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170 R. Bender,

haus, die Kapelle und stellte einen Verbindungsweg mit dem Heilbrunnen her.

Der Tönnissteiner Trinkbrunnen liegt in einer Höhe von 395 Fuss über dem Spiegel der Nordsee, etwa 1 Meile vom Rhein entfernt; er besitzt eine Temperatur von 1002 R.

Nach der Analyse von Prof. G. Bischof sind in einem Civilpfunde des Wassers enthalten:

Kohlensaures Natron........ 6,60 Gran Kohlensaure Magnesia....... 7,10 473 Kalkerde....... 3.107008 Kohlensaures Eisenoxydul... 0,46 Schwefelsaures Natron....... 0,60: 05 Ehlasnakrmım. casa. 4,10. 9733 Kreselkanee Bi 030488

Summa der Bestandtheile 22,26 Gran.

100 Vol. des Wassers enthalten 163,5 Vol. freie und halbgebundene Kohlensäure.

Der Tönnissteiner Badebrunnen liegt oberhalb dem Trinkbrunnen in einer Höhe von 441 Fuss über dem Meeresspiegel. Derselbe besitzt eine Temperatur von 80 R. und enthält nach der Analyse von G. Bischof in einem Civilpfunde:

Kohlensaures Natron........ 6,00 Gran

Kohlensaure Magnesia....... 2,10 55

a Kalkerde,,....«; 3.605905 Kohlensaures Eisenoxydul,.. 0,53 ,„ Schwefelsaures Natron...... DAUER Ghlornatrium. nur deracn > 1.10 38 Kieselsaure, Hr iu 020.5,

Summa der Bestandtheile 14,53 Gran.

Der Tönnissteiner Stahlbrunnen liegt 20 Minuten oberhalb dem Badebrunnen bei Wassenach, in einer Höhe von 680 Fuss über dem Meere und besitzt eine Teempe- ratur von 80,7 R.

SE Hr u ! Mineralquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen. 171

In einem Civilpfunde des Wassers sind nach 6. Bischof enthalten:

Kohlensaure Magnesia........ 2,60 Gran ß Kalkerde........ 2,607 98 Kohlensaures Eisenoxydul..... 3,08 Schwefelsaures Natron........ DOM Kreselsäurer. a An 0,30.8%

Summa der Bestandtheile 9,28 Gran.

Der Heilbrunnen im Brohlthale, !/, Meile unterhalb Tönnisstein, liegt in einer mit Wald umgebenen Gebirgs- schlucht, 356 Fuss über dem Meere. Die Temperatur des Heilbrunnens beträgt 99%,3R. Dieser Temperaturgrad, die mittlere Bodentemperatur nach dem Temperaturgrade süsser Quellen der Umgebung zu 7,30 angenommen, lässt ungefähr auf eine Tiefe ihres Ursprungs von 230 Fuss schliessen.

Nach einer Analyse von G. Bischof enthalten 10,000 Theile des Heilbrunner Wassers:

Kohlensaures Natron......... 17,495 Kohlensaure Magnesia....... 10,935

N Kalkerde....... 3,744 Kohlensaures Eisenoxydul.... 1,116 Schwefelsaures Natron....... 3,054 Chlornatriumm nu 2 Dee 16,695 Kieselsaure.s. 2 Re 0,678

Summa der Bestandtheile 53,717. Die Summe der löslichen Bestand- BElesbebäst.. 1.0... us 37245

Die Bestimmung des Gehalts an Kohlensäure im Heilbrunnen wurde von Dr. F. Mohr ausgeführt. Der- selbe fand in 1000 Grammen 4,942 Grm. Kohlensäure, wo- von 1,6732 Grm. in gebundenem und 3,2688 Grm. in freiem Zustande sich befanden. Berechnet man dieses Gewicht auf Volumina bei O0OR. und 28 Zoll Barometer- stand, so repräsentiren diese 3,2688 Grm. einen Raum

19.

172 R. Bender, Mineralquellen zu Tönnisstein u. Heilbrunnen.

von 1651,1 ©.C. Es enthält demnach 1 Vol, Mineral- wasser 1,6511 Vol. Kohlensäure in freiem und doppelt kohlensaurem Zustande. Es ıst somit das Wasser als mit Kohlensäure vollständig gesättigt anzusehen und wird das aus dem Wasser frei werdende Gas noch dazu be- nutzt, vor der Füllung in die Krüge und Flaschen gelei- tet zu werden, deren 1000 in einem Tage bequem gefüllt werden können.

Eine Prüfung des Heilbrunner Mineralwassers durch den Spectralapparat habe ich gemeinschaftlich mit Herrn Director Dr. Dronke versucht. Zu diesem Endzwecke wurden 30 Grm. des klaren unfiltrirten Wassers in einer Platinschale zur Trockne verdunstet. Der salzige Rück- stand, bei 1200 getrocknet, zeigte im Spectroskop die Linien:

Na.a sehr stark und lang, Li.a stark und lang, Cs.3 schwach aber deutlich. Nach Befeuchten mit Chlorwasserstoffsäure zeigte sich Ca-Spectrum sehr intensiv.

Es enthielt demnach das Heilbrunner Wasser noch Spuren von Lithium und Cäsium, welche Körper in der jüngsten Zeit in verschiedenen alkalisch-salinischen Mine- ralwässern aufgefunden wurden.

Die wissenschaftliche Deputation für das Medicinal- wesen in Berlin, welche von der Brunnen- und Bade- verwaltung um ein Gutachten ersucht worden, hat nach den mitgetheilten Analysen und nach dem Vergleich der- selben mit ähnlichen Mineralwässern, wie Carlsbad und Marienbad, sich dahin ausgesprochen, dass der Heilbrun- nen und die demselben zunächst liegenden Mineralquellen im Broblthale, begünstigt durch ihre vortheilhafte Lage, eine ganz besondere Berücksichtigung verdienen.

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Einwirkung von salpetrigs. Kali auf salzs. Triäthylamin. 173 |

Notiz über die Einwirkung von salpetrigsaurem Kali auf salzsaures Triäthylamin;

von

W. Heintz").

® In der Zeitschrift für Chemie (N. F. 2, 513)**) hat Geuther einige Angaben von mir über die Art der Einwirkung obiger zwei Körper auf einander in einer Weise besprochen, die zu Missverständnissen führen könnte. Ich habe in meinem Aufsatze „Ueber die Einwir- kung der salpetrigen Säure auf die Glykolamidsäuren‘“ (Ann. Ch. Pharm. 138, 315 u. Zeitschr. für Chem. N.F. 2, 466) behauptet, dass reines Triäthylaminsalz durch Kochen mit salpetrigsaurem Kali (natürlich in wässeriger Lösung) im Wesentlichen unverändert bleibt und daraus (ebendas. S. 821) geschlossen, dass mit Hülfe des salpetrigsauren Kalis das Triäthylamin von dem Diäthylamin leicht ge- trennt werden könne. Geuther sagt (l.c.), er habe die Heintz’sche Ent- deckung, dass reines Triäthylaminsalz durch Kochen mit salpetrigsaurem Kali im Wesentlichen unverändert bleibt, nur mit Verwunderung zu lesen vermocht. Hierauf fährt Geuther fort: „die folgenden Ver- el. 2 tans zeigen“ u.s. w. Nach dieser Fassung sollte man nun meinen, die nun folgenden, aus den von Geuther neuerdings ange-

stellten Versuchen gezogenen Schlüsse müssten meiner Behauptung schnurstracks widersprechen, müssten Beweis geben, dass meine Angaben falsch seien und die Behaup- tung von Geuther (Arch. d. Pharm. 123, 200) vollkom- men sicher stellen, dass sich das Triäthylaminsalz gegen salpetrigsaures Kali ganz wie das Diäthylaminsalz ver-

*) Als Separatabdruck aus der Zeitschrift für Chemie, herausg. von Beilstein, Fittig u. Hübner, 1866, Bd.2. S.571 vom Verfasser eingesendet.

**) Dieses Archiv, Bd. 130, S. 56.

. Die 30.40 2,0 oe N ö | N zayt, an

174 W. Heintz, BR‘

halte. Ein nicht sehr aufmerksamer Leser würde zu dem Schlusse gelangen können, obgleich sich Geuther in seiner zweiten und dritten Schlussfolgerung, wie folgt, ausdrückt: „Die Versuche zeigen 2., dass in concen- trirter Lösung das salzsaure Triäthylamin durch salpe- trigsaures Kali das nämliche Product liefert, wie das salzsaure Diäthylamin, nämlich Nitrosodiäthylin, sich also so verhält, wie Dr. W. Schultze beobachtet hat, dass in verdünnter Lösung dagegen nur geringe Zersetzung eintritt, und 3., dass bei dieser Behandlung das Triäthyl- amin vollständig verschwindet“.

Zur Aufklärung der Sachlage möge Folgendes dienen:

Geuther sagt in dem oben citirten älteren Auf- satze (Arch. Pharm. |2] 123, 200) wörtlich: „der Verlauf der „Reaction“ (bei Einwirkung von salpetrigsaurem Kali auf salzsaures Triäthylamin) war ganz so, wie ich es frü- her bei dem Diäthylaminsalz (Ann. Ch. Pharm. 128, 151) beobachtet habe“. An der citirten Stelle drückt sich Geuther aber, wie folgt, aus: „Erst beim Erwärmen (einer Mischung einer „ziemlich concentrirten Lösung von salzsaurem Diäthylamin“ „mit einer concentrirten Lösung neutralen salpetrigsauren Kalis“) beginnt die Stickgas- entwickelung, welche durch die sich bei der Reaction entwickelnde Wärme immer bedeutender wird, so dass der Kolben zeitweilig in kaltes Wasser gesetzt werden N AA In der Vorlage sammelt sich allmälig eine gelb gefärbte wässerige Lösung des Nitrosodiäthylins, auf welcher der Ueberschuss ölförmig schwimmt“.

Ganz anders lautet seine Beschreibung des Vorgangs bei Einwirkung des salpetrigsauren Kalis auf salzsaures Triäthylamin, welche er neuerdings giebt. Es heisst da (Ztschr. für Chemie, N. F. 2, 515): „In der Kälte keine Einwirkung, beim Kochen wird, ohne dass ölige Tropfen erscheinen, ein sich allmälig schwach gelb färbendes und den Geruch nach Nitrosodiäthylin in geringem Grade be- sitzendes Destillat erhalten. Je weiter die Destillation fortschreitet, desto deutlicher der Geruch, bis, bei begin- .

Einwirkung von salpetrigs. Kali auf salzs. Triäthylamin. 175

nender Ausscheidung von Chlorkalium im Kölbchen, dau- ernd ölige Tropfen von Nitrosodiäthylin erscheinen“.

Hiermit ist constatirt, dass die frühere Angabe von Geuther, die Reaction bei Einwirkung von salpetrig- saurem Kali auf Triäthylaminsalz verlaufe ganz gleich, wie die auf Diäthylaminsalz, irrig ist. Diese irrige An- gabe veranlasste mich, bei meinen Versuchen mit Tri- äthylamin es nie zur Salzausscheidung kommen zu las- sen, um eine etwaige anomale Zersetzung bei zu starker Concentration und damit Ueberhitzung der Mischung zu vermeiden und unter diesen Umständen sind meine An- gaben vollkommen richtig. Von dem Triäthylaminsalz wird nur sehr wenig verändert, das Diäthylamin dagegen ganz in das Destillat übergeführ. Die von mir ange- gebene Methode zur Trennung und Reindarstellung des Di- und Triäthylamins ist also durchaus brauchbar. Man hat nur die Vorsicht anzuwenden, die kochende Mischung nicht bis zur Abscheidung von Chlorkalium "einzudam. pfen, wodurch, wie Geuther’s Versuche lehren, ein be- deutender Verlust eintreten würde.

Geuther’s Versuchen verdanken wir die Kenntniss der Thatsache, dass Triäthylaminsalz beim Einkochen mit salpetrigsaurem Kali bis zur Bräunung vollkom- men zersetzt, aber nur zum Theil in Nitrosodiäthylin übergeführt wird.

In Betreff der ersten Schlussfolgerung aus Geuther's neuen Versuchen (Zischr. für Chem. N. F. 2, 514), wonach das von ihm durch fractionirte Destillation gereinigte Tri- äthylamin frei war von Diäthylamin, will ich gern zu- geben, dass ich im Irrthum war, wenn ich das Gegen- theil vermuthete. Hätte ich gewagt, das anzunehmen, was nun durch Geuther’s eigene Angaben constatirt ist, dass ihm nämlich die Verschiedenheit des Verlaufs der Einwirkung des salpetrigsauren Kalis auf Di- und Triäthylaminsalz entgangen war, so hätte ich freilich in diesen Irrthum nicht verfallen können.

Halle, den 26. September 1866.

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ur TEE EEE ae nn 0.00. u 176 A. Casselmann,

Ein Beitrag zur Prüfung der fetten Oele;

von Dr. A. Casselmann’”).

Vor einiger Zeit ersuchte mich ein hiesiger Geschäfts- mann, verschiedene Leinölsorten auf Verfälschungen mit andern Oelen zu prüfen. Von der einen Sorte Lein- öl war eine grössere Quantität nach dem Auslande ge- sandt, von den Käufern jedoch nicht für genügend rein, son- dern für mit andern Oelen, namentlich mit Sonnenblumen- öl versetzt, erklärt worden. Der betreffende Herr wünschte in Folge dessen nicht allein die Richtigkeit dieser An- gabe ausser Zweifel gesetzt zu sehen, sondern auch ein Reagens zu haben, welches ihn als Laien befähigte, die Güte des Oeles künftig selbst zu prüfen.

Wer sich jemals mit der Prüfung der fetten Oele beschäftigt hat, wird die Erfahrung gemacht haben, wie schwierig .es ist, ein in jeder Beziehung genügendes Re- sultat zu erlangen. Die in den verschiedenen Werken angegebenen Prüfungsmethoden sind nicht überall genau zutreffend, und wenn auch ein französischer Chemiker Chateau inseinem Werke „Die Fette“ **) S. 55 u. flgde. einen Untersuchungsgang zur Bestimmung und Prüfung der Oele genau aufgeführt hat, so lässt derselbe doch noch sehr viel zu wünschen übrig und eignet sich kei- neswegs für den Laien. Der Grund für das Eben- gesagte liegt meines Erachtens nach vorzugsweise in dem Grade der Reinheit der zu untersuchenden Oele, so dass das Oel einer und derselben Pflanze manche abweichende Reactionen zeigen kann, oder besser gesagt: Viele Reac- tionen sind weniger dem Oele selbst, als viel-

*) Als Separatabdruck aus der Pharmae. Zeitschrift für Russland vom Hrn. Verfasser eingesendet. D. Red.

**) Die Fette. Die Lehre von den natürlichen Fettkörpern, welche technische Anwendung finden. Vorkommen, Gewin- nung, Handel, Eigenschaften etc. von Th. Chateau. Bear- beitet und mit Zusätzen vermehrt von Dr. Hugo Hartmann. Leipzig 1864, bei Wolfgang Gerhardt.

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.

Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. 177

mehr denjenigen Stoffen zuzuschreiben, welche das Oel aus der Mutterpflanze als Verunreini- gungen aufgenommen hat.

Als Beispiel will ich anführen: Die fetten Oele der Cruciferen bilden mit wässeriger Kali- oder Natron- lauge in der Wärme behandelt Schwefelkalium oder Schwefelnatrium, enthalten mithin irgend eine Schwe- felverbindung, welche wir weniger als einen wesentlichen, als vielmehr als einen zufälligen Bestandtheil des fetten Oels der Cruciferen betrachten müssen. Dennoch gebrau- chen wir diesen geringen Schwefelgehalt, um eine Ver- fälschung des Mandelöls, Mohnöls oder Olivenöls mit einem Oele aus der Familie der Cruciferen nachzuweisen.

Unter den fetten Oelen unterscheiden wir vorzugs- weise drei Gruppen:

1. Die nicht trocknenden Oele, die Glyce- ride der Oelsäure. Sie charakterisiren sich dadurch, dass sie

a) an der Luft nicht trocknen, sondern schmierig bleiben;

b) mit salpetriger Säure oder Untersalpetersäure ver- setzt, sehr bald erstarren durch Umwandlung des flüssigen Oleins in festes Elaidin und

c) mit concentrirter Schwefelsäure gemischt sich höch- stens bis 600 C. erhitzen.

2. Die trocknenden Oele, die Glyceride der Leinölsäure oder ähnlicher Säuren. Sie charakterisiren sich

a) durch allmäliges Eintrocknen an der Luft, d.h. sie werden bei Zutritt der Luft und rascher noch bei Anwendung einer höheren Temperatur (z.B. längere Zeit in einem Oelbade bei der Tempe- ratur von 150— 16000. gehalten), entweder in einen starren, festen, harzähnlichen oder in einen kautschukartigen Körper verwandelt;

b) dass sie in Berührung mit Untersalpeter- oder sal- petriger Säure nicht erstarren, und

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ed an 6 5 178 A. Casselmann,

.c) mit concentrirter Schwefelsäure gemischt, sich un- gemein stark, meist unter Entwickelung von schwef- liger Säure, erhitzen.

3. Die Fischöle oder Thrane. Die Glyceride der Physetölsäure oder ähnlicher Säuren. Dieselben charakterisiren sich durch die intensiv rothen Färbun- gen, welche Aetznatron, Schwefelsäure von 1,530 spec. Gew. und namentlich syrupsdicke Phosphorsäure damit erzeugen.

Wenn aus diesem eben Gesagten hervorgeht, dass es dem Laien nicht schwer fallen wird, die Verfälschung eines Oels einer Gruppe mit dem einer andern Gruppe durch die oben angeführten charakteristischen Reactionen zu entdecken, so wird ihm die Entdeckung der Ver- mischung von Oelen ein und derselben Gruppe doch um so mehr Schwierigkeiten bereiten, als es eigentlich nur möglich ist, dieselben aus dem Complex einer Reihe von Reactionen genauer zu erkennen.

Die mir zur Untersuchung gesandten Leinölsorten führten, wahrscheinlich nach dem Namen der Fabriken, verschiedene Bezeichnungen, nämlich Müller, Schisch- kin und Tschubuikin und das Sonnenblumenöl die Bezeichnung süsses Sonnenblumenöl No. 2.

Das Leinöl von Müller war dunkelgelb und klar und wurde mir als vollkommen rein und unverfälscht bezeichnet, während die beiden andern von trüber Be- schaffenheit waren und noch Schleimtheile enthielten. Auch das Sonnenblumenöl, von hellgelber, dem Mohnöl ähnlicher Farbe, war nicht ganz klar.

Zur Prüfung des specifischen Gewichts wandte ich ein Oleometer an, was ähnlich wie ein Alkoholometer mit Thermometer eingerichtet und dessen O-Punct gleich 121,0 R. war. Die Scala des Oleometers stieg von unten 20 nach oben bis 50. Eine beigegebene Anweisung be- sagte, dass Baumöl 38, Mohnöl 32, Leinöl 29— 30, Thran 33 Grade anzeigten müsse.

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Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. 179

Nach diesem Oleometer zeigten nun das Leinöl von Müller und Schischkin 29,5 Grade

R 5 BIS BSchnDULK 10.5.5 nn, 30 N Fsanttenblumendl......n.lmsseeis. a Be Ferner: RR BUT 5, 2 nn De Bo oe ee ee ee, eu rn N TE AL ONE

Durch Beschaffung einer Mohr’'schen Wage war es mir späterhin möglich, das specifische Gewicht der erst- genannten vier Oele und des Provenceröls nochmals fest- zustellen und es ergab sich, dass

das Leinöl von Müller und Schischkin = 0,9316 2 £ Ensksehtrbuikın.. 2... 0910) esonnenblumenöl............0. —=.0,920 roveniceröül:......n.0 er nun dee == 0,14

spec. Gew. bei 15°C. zeigte.

Ein Gemisch von gleichen Theilen Leinöl und Son- nenblumenöl dagegen zeigte am Oleometer 32 Grade und ergab mit der Mohr’schen Wage ein spec. Gewicht von 0,926 bei 150C.

Bei dieser Gelegenheit muss ich bemerken, dass Bol- ley in seinem Handbuch der chemisch-technischen Unter- suchungen 1864 S. 347 mittheilt, dass es den von ver- schiedenen Autoren angegebenen specif. Gewichtsbestim- mungen der fetten Oele an Uebereinstimmung mangelte. Vergleichsweise führt er ausser andern auch das Leinöl

und Olivenöl auf. Dieselben besitzen folgendes speci- fische Gewicht:

Seharling Lefebvre Schübler Leinöl... 0,9383 0,9350 0,9347 Olivenöl 0,9180 0,9176.

Da die daselbst angegebenen Zahlen mit den von mir mittelst der Mohr’schen Wage gefundenen ebenfalls nicht übereinstimmten, so versuchte ich die Bestimmung des specif. Gewichts noch auf anderem Wege, nämlich durch das gewöhnliche Aräometer und das 1000 Gran-

180

Gläschen.

ar ca Fr Pa

A. Casselmann,

aus Leinöl und Sonnenblumenöl zu Gebote. folgendes spec. Gewicht bei 150 C.:

Mohr’sche Wage

0,926

1000 Gran-Gläschen

0,928

Leider stand mir dazu nur noch das Gemisch

Dies ergab

Gew. Aräometer 0,930.

Auch hier sieht man eine Differenz auftreten, deren

RKeage

Röinen Schwefel- | Schwefel- | Schwefel- nen Pag a | Schwefel- säure von | säure von säure von 1.840 mit 1.475 calcium. 1.475 spec. | 1,530 spec. | 1,635 spec. | Salpeter- | Gew. Oele, Gew. | Gew. | Kew. säure von \chroms | | | 1,2 sp. Gew. | gesät Beimöl eidotter- kun , schmutzig | dunkel- von ı schmutzig u. roth- dunl hubiii. gelbe rs dunkel- grün- kin Emulsion Färbung | grün braun braun grü | | | En | desgl. dunkel- stark dese] sch. | etwas grüne dunkel- | desgl Vapce 58 des km dunkler Färbung grün | Leinöl desgl. |desgl. wenig, _ | . von heller als | heller wie dunkel- | schmutzig desgl- des; Müller | vorige vorige | gran HN, Braun heller ken | Ren. |weiss, kaum) weissgelb, desgl.mehr 2 Gelbliche weisse | ins Bräun- | ins Bräun- | ins Röth- | grün, blumenöl __: Färbung |liche über- liche über- |licheüber-| Gel spielende 5 ner, | gehend gehend gehend | gelbliche, | F ' weisslich- | bald ins En it Mohnöl | gelbe Bräunliche | en Be braun des: Emulsion [übergehend.| ;)6.rehend Färbung 7 gehen | 8 | „7 | grüngelbl. | dunkelgr. | dunkel- dunkel- | schwarz- |desgl. Ba | Emulsion Färbung | grün grün braun dunk 'gelblicheins | rg en weissgelb- Grüne und gelb, k schmutzig | orange. | dual vencer liche Bräunliche | schmutzig besuch ein Hral öl Emulsion | übergeh. grünlich 8 Färbung | weiss, ins dunk 2 En Röthliche, | „11: grün, Mandelöl Ei Bee weiss dannBräun- Re Brät ra BE liche über- lich gehend über;

WiR.K. la a etEr Z RE NT RE NIEE N Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. 181 4

Grund in der fehlenden Genauigkeit der Instrumente zu _ suchen ist, welche möglicher Weise, abgesehen von den verschiedenen Oelsorten und deren Reinheit, auch bei oben- genannten Autoren nicht ohne Einfluss gewesen sein mag. Die Wirkung .. der verschiedenen angewandten Rea- gentien ist in folgender Tabelle niedergelegt:

iem

| Salpeter- = - A Salpeter- arme ven | ana | Yinkekei | hehe | Sale e von säure von | 7,20 spec, | Zinnchlorid | ; x SBauR: N 35105 (ZnCl) beim säure Anecksilber- D spec. 1,220 spec. | Gew. und Sn. | Kens ' diek). | os7d beim | iunferfeil- irwärmen. | (syrupsdick). pe; | Gew. ne ch Erwärmen.

| | | sehmutzig | gelbe emul- reihe | dunkel- gelb; nach, | sionsähn- Br. en, | braune einiger Zeit) grün und liche Masse, dunkel- | dunkler | dick- | schmutzig | grün blei- | nach eini- | grün bis erdend! flüssige | grün und ; bend |gem Stehen] braunroth u | | Masse dunkler sich aus- werdend _ scheidend gelb, | grün, ins | { | schmutzig | Schmutzig- | sgl. deszl. desgl. | a desgl. desgl. werdend übergehend sg]. desgl. 4 ı bald nach schwach ' desgl. weni- cht nicht desgl. demUmrüh- grün, mehr | ger gut desgl. ıdunk. | nachdunk. 'renreingrün]| gelb | mischbar iss, | | » | weiss, dann ‚keine emul- wach | weiss, | Kaonlzir etwas dunk- keine Far-| sionsähnl. sräun- kaum | dickAücsi e ler (bräun- | benverän- Masse, zugl. hellgelb »über- bräunlich Mabe lich) wer- derung |Entfärbung rend dend | eintretend | schmutzig | | emulsions- ern anne } ähnl. Masse, grün, ins lgelb | hellgelb en schmutzig | gesgl. |n. einigem | Braune ge| grünlich St h . h üb £ h MRS ehen sich übergeh. ausscheid. | I Teer SE Pan lee za Fra a er nlich- grünlich- geso] gelblich- | schön | ' keine desg). elb gelb grün grün Emulsion | dunkler | grünlich- | \ schwach | gelbe | | wurde |desgl. Ent- |; blich lv ersEirte hellgelb etwas färbung NEE heller eintretend 'grünl. gelbe fest erstarr. weiss . . eiss weiss |Masse, nicht kaum Pas Ver- desgl. eidotter- so wie die| gelblich | "derung Be | vorige

AN a) a Aal MR ILL IN a hal NENNE WELT RESTE O VERTWL RUND TONERER

182 A. Casselmann,

Diese Tabelle stimmt nicht ganz mit der sich ge- wöhnlich in den Lehrbüchern befindlichen von Crace Calvert überein, auch fehlen die Reactionen mit Aetz- natron, so wie die mit Königswasser und der alsdann weitere Zusatz von Aetznatron, wodurch sich noch ver- schiedene Farbenveränderungen erzielen lassen, nament- lich was die thierischen Oele, die Thrane, anlangt. Da aber auf diese hier weniger Rücksicht zu nehmen war und andererseits das Material nicht überall zureichte, so überging ich dieselben um so mehr, als mir die meisten der Reactionen nicht geeignet erschienen, um daraus mit Sicherheit eine bestimmte Verfälschung des Leimöls zu constatiren. So geht z.B. aus keiner der angegebenen Reactionen auch nur annähernd hervor, ob eine Ver- setzung des Leinöls mit Sonnenblumenöl statt gefunden. Denken wir uns 10 Proc. Sonnenblumenöl dem fraglichen Leinöl zugemischt, so würde diese Beimischung eben so wenig durch die aufgeführten Reactionen erkannt werden können, als eine Vermischung des Mohnöls mit Sonnen- blumenöl, weil sich das letztere gegen die Reagentien von allen Oelen am indifferentesten verhält. Umgekehrt dagegen würde man leicht das Leinöl im Sonnenblumen- öl nachweisen können, weil ersteres mehre charakte- ristische Reactionen zeigt, dagegen weniger gut das Mohn- öl, mit welchem das Sonnenblumenöl überhaupt grosse Aehnlichkeit hat.

Da diese Reactionen also nicht zum Ziele führten, so versuchte ich aus der Temperaturerhöhung, welche beim Mischen der fraglichen Oele mit concentrirter Schwe- felsäure von 1,840 spec. Gew. eintritt, eine Verfälschung zu constatiren. Bei Ausführung dieses Versuchs hatten die Oele sowohl, wie die Schwefelsäure eine Temperatur von 140C. Vom Oel wurden 50 Grm. genommen und zu diesen unter fortwährendem Umrühren 10 C.C. der concentrirten Schwefelsäure in dünnem Strahle aus einer Bürette fliessen gelassen *). Der Grad der Erhitzung bei

*) Wird weniger Oel und Schwefelsäure genommen, etwa die

REST OUTEN SER NEEHT Ab AR Drag bu ARME I a PETE ST PER LE

Beitrag zur nn der in 0a 183

den Oelen ist ein verschiedener und in manchen Fällen genügend, um den Ausspruch, dass eine Verfälschung statt gefunden hat, zu rechtfertigen.

Von den oben aufgeführten Oelen ist das Leinöl das- jenige, welches die höchste Temperaturerhöhung erzeugt. Das Oel verwandelt sich zunächst in eine schwärzliche, dicke, schmierige Masse, welche bei 75% C. unter gleich- zeitiger Entwickelung von schwefliger Säure sehr stark zu schäumen anfängt. Das Thermometer steigt alsdann rasch und hat in wenigen Minuten den höchsten Punct erreicht.

Nach dem Leinöl folgt das Hanföl, dann das Mohn- und Sonnenblumenöl, welche letztere beide sich gleich verhalten und keine so zähe dieke Masse bilden, wie das Leinöl und Hanföl. Bei den nicht trocknenden Oelen, dem Provencer- und Mandelöl, ist die Erhitzung lange nicht so stark und namentlich findet keine Entwickelung von schwefliger Säure statt.

Die erhaltenen Resultate sind folgende:

Bei dem Leinöl von Müller stieg die Temperatur bis auf = 1320 0. ®)

N ; Schischkin Be END, . P »„ Tschubuikin ee bei dem Sonnenblumenöl stieg die Temperatur

bisauf == 42008

5 Mohnöl x N

N Hanföl y = 950.0,

x Provenceröl N —= 4800.

; Mandeiöl h —= 5906,

Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich, beträgt die Differenz der Temperaturerhöhung zwischen Sonnenblumen-

Hälfte des vorgeschriebenen Quantums, so steigt die Tempe- ratur nicht so hoch. Beim Leinöl von Müller wurde au- fangs die Hälfte des Obengesagten genommen und die Tem- peratur stieg nur bis 1200C.

*) Da die Oele durchschnittlich 140 hatten, so beträgt die Tem- peraturerhöhung obige Zahlen minus 14.

BR N Ha AKAD AL. aaa aan Eleadn Bde ra Haan Mana N ae a

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184 A. Casselmann, Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. :

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öl und Leinöl ungefähr 40 Grade. Mischungen dieser Oele müssen also innerhalb dieser Grade liegen. Um dies zu constatiren, wurden 15 Grm. Sonnenblumenöl mit 35 Grm. Leinöl von Schischkin gemischt und mit 10 0.0. Schwe- felsäure versetzt. Die Temperatur stieg bis auf 1180 C., welche geringere Temperaturerhöhung mit dem zugesetzten Sonnenblumenöl, wie leicht zu berechnen, im Einklang steht.

Schliesslich stellte ich noch eine Reaction an, welche auf der Schnelligkeit des Erhärtens oder Eintrocknens beruhte. Zu dem Zweck wurden 3—4 Grm. von jedem Oel auf Uhrgläsern in ein Oelbad gesetzt, letzteres un- gefähr 3 Stunden lang auf einer Temperatur von 1500C. erhalten und dann erkalten gelassen. Den andern Tag wurde dieselbe Operation wiederholt. Nach 36 Stunden war das Leinöl von Müller und nach 48 Stunden waren die beiden andern Leinöle zu einer gummiähnlichen Masse eingetrocknet; den 4ten bis öten Tag folgte das Mohnöl, darauf das Hanföl, während das Sonnenblumenöl am lang- samsten trocknete und gegenwärtig, nach Verlauf von drei Monaten, noch einer gallertartigen klebrigen Masse gleicht. Die nicht trocknenden Oele erhärteten selbst- verständlich nicht, wurden aber bei weitem dickflüssiger, so dass sie jetzt ähnlich dem Ricinusöl fliessen.

Gehen wir nach dieser Auseinandersetzung zu der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Frage zurück, näm- lich: War eine der beiden Oelsorten von Schisch- kin oder Tschubuikin (die von Müller wurde als rein angenommen) mit Sonnenblumenöl vermischt? so muss diese Frage aus folgenden Gründen mit „Nein“ beantwortet werden, weil erstlich weder das specifische Gewicht, noch zweitens die Temperaturerhöhung mit Schwefelsäure, noch drittens die Dauer des Eintrocknens für eine Mischung sprechen. Nur aus der Zusammenstellung dieser drei Factoren ist es mög- lich, einen solchen Schluss zu ziehen, wenig oder gar keinen Schluss aber aus den in der Tabelle angegebenen Reactionen.

Landerer, Veränderung des Oeles durch die Zeit. 185

Für den Laien aber sind das specifische Gewicht und namentlich die Dauer des Eintrocknens als die einfachsten und besten Mittel zu bezeichnen, um die Güte eines jeden Leinöls zu erproben.

Deber die Veränderung des Oeies durch die Zeit;

von

Dre X. Danderer:

Am Fusse des so bekannten Berges Sion wollte man eine Schule bauen und um festen Grund zu finden, war man genöthigt, bis zu einer Tiefe von 30 Meter zu gra- ben, als man mit einem Mal auf eine Zisterne stiess, die mit Oel gefüllt war. Dieses Oel war jedoch durch die Zeit, während welcher es in dieser Zisterne gewesen war, und die man auf etwa 1200 Jahre berechnete, indem daselbst früher eine Stadt gestanden, in einen beinahe festen Zustand übergegangen, so dass man nur mit Mühe mittelst hölzerner Stöcke bis auf den Grund der Zisterne kommen konnte. Man versuchte in Jerusalem das Oel zum Brennen zu verwenden, es entwickelte jedoch einen so fürchterlichen, in den Augen brennenden, scharfen Ge- ruch, dass die Leute, die sich im Zimmer befanden, das Freie suchen mussten, was wohl eine Folge der Bildung von Acrylsäure ist. Ein mir befreundeter Geistlicher aus Jerusalem machte mir ein Fläschchen dieses Oeles zum Geschenk. Dasselbe ist so fest, dass man das Glas um- kehren kann, ohne dass etwas herausläuft; es besitzt einen brennenden Geschmack und einen ranzigen Geruch; die Dämpfe des angezündeten Oeles sind nicht auszuhalten vor Brennen in den Augen. Im ganzen Oriente existirt die Meinung, dass das alte Oel für Wunden und andere Schäden sehr heilsam sei, weshalb die Kleinhändler altes ranziges Oel führen, das mit dem Zwei- bis Dreifachen bezahlt wird. In Jerusalem bereitet man aus diesem Oele Salben für die Armen, jedoch auf offene Wunden ange-

wendet, kann es Niemand vor Schmerzen aushalten. —m

Arch.d.Pharm. CLXXXI.Bds.3. H£ft. 13

186 K. Frisch, nr

Ueber die Basieität der Weinsäure; von Dr. Kuno Frisch, Assistenten am Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Erdmann *).

Von den meisten Chemikern wird die Weinsäure als eine zweibasische Säure angesehen, die zwei Reihen von Salzen, neutrale und saure bildet, von denen die ersteren die Zusammensetzung C3 H?Me?Ol2 besitzen. Dieser Annahme stehen jedoch mehre Thatsachen entgegen, welche die zweibasische Natur der Weinsäure zweifelhaft machen und dieselbe als eine vierbasische Säure erscheinen lassen, indem einige Metalloxyde im Stande sind, vier Aequivalente Wasser in der Weinsäure zu vertreten.

Liebig und Dumas zeigten zuerst am Brechwein- stein, dass derselbe bei 10000. 2,1 Proc. HO, bei 200 bis 2200 aber 7,6—7,7 Proc. HO verliert. Sie schrieben das Salz nach der Radicaltheorie KO, Sb O3, C8H?O8, Gerhardt und Laurent betrachteten dasselbe als die dem Weinsäureanhydrid isomere Tartrelsäure, in welcher 1 At. Wasser durch Kali, das andere durch Antimonoxyd ver- treten ist.

Berzelius nahm diese Verbindung als Doppelsalz einer neuen Säure, der anomalen Weinsäure, an, welche 2 Aeq. Wasser weniger enthielte, als die Weinsäure und gab diesem die Formel KO, C4HO? + SbO3, C4HO%; doch gelang es Berzelius nicht, diese Säure zu isoliren.

Von den weinsauren Doppelsalzen ist das von Schwar- zenberg zuerst dargestellte weinsaure Wismuthoxyd-Kali von höchstem Interesse, weil dasselbe bei 1000 getrocknet eine den bei 2000 getrockneten Brechweinsteinen analoge Zusammensetzung besitzt. Behufs der Darstellung kochte ich frisch gefälltes Wismuthoxyd mit Weinstein so, dass ersteres in bedeutendem Ueberschusse vorhanden war. Das Filtrat stellte eine farblose Flüssigkeit dar, welche

*) Vom Hrn. Verfasser eingesandt. D. Red.

die Basicität der Weinsäure. 187

durch Mineralsäuren weiss gefällt und durch Alkohol vollständig niedergeschlagen wurde. Wasser erzeugte keine Trübung. Dampfte man diese Flüssigkeit ein, so schied sich aus der concentrirten Lauge ein krystallinisches Pulver aus, welches sich mit Wasser unter Abscheidung eines weissen, sich schwer absetzenden Pulvers zersetzte. Dieses ist der Wismuthweinstein. Versucht man aus dem von der ersten Bereitung zurückgebliebenen Wismuthoxyd durch Kochen mit Weinstein neue Quantitäten des Salzes darzustellen, so erhält man stets verschiedene Präparate, welche immer weit mehr Weinstein enthalten, als das normale Salz. Das leichte Körnigwerden des Wismuth- oxyds scheint die Bildung des Salzes zu erschweren. Das auf die oben beschriebene Weise dargestellte bei 1000 getrocknete Salz unterwarf ich der Analyse, indem ich dasselbe in Salzsäure löste und mit Schwefelwasserstoff fällte. Das Schwefelwismuth wurde in Salpetersäure gelöst, mit kohlensaurem Ammoniak gefällt und gekocht. Das Kali wurde als Chlorkalium gewogen.

1,810 Grm. des Salzes gaben 1,0685 BiO3 59,03 Proc. BiO3 und 0,332 KC1 = 0,20961 KO = 11,58 Proc. KO.

a) 1,763 Grm. Substanz gaben 0,788 CO? 0,2149 C 412,19 Proc. ©’ und‘ 0,1055 HO, = '0,01H72 2 0,66 Proc. H.

b) 1,509 Grm. des Salzes gaben 0,677 CO? 0,185 C —= 12,19 Proc. und: 0,083. HO 0,00 >

0,61 Proc. Berechnet Gefunden nach 2 in Schwarzenberg

BiO3. 59,52 59,03 58,94 319 52:11.83 11,58 12,22 ©. ; ..... 12,06 12,19 12:19 12,16 EI 50,50 0,66 0,61 0,59 RR) 16,09

100,00. 100,00.

13%

188 K. Frisch,

Diese Analysen stimmen mit dem Schwarzenberg- schen und mit dem berechneten Resultate gut überein und geben für das Salz die Formel C$H?KBiO!2. Wie bereits oben erwähnt, zerlegte sich dieses Salz mit Wasser zu einem weissen unlöslichen Pulver, welches sich schwer absetzte. Das Filtrat reagirte sauer, enthielt Weinsäure und Kali, aber keine Spur von Wismuth. Nachdem es so lange ausgewaschen, bis es nicht mehr sauer reagirte, wurde es zwischen Papier gepresst und getrocknet. Zwischen 1000 und 2000 verlor es 3,92 Proc. HO.

Das bei 2000 getrocknete Salz ergab:

1,298 Grm. 0,9225 BiO3 71,07 Proc. BiO3 und 0,0995 Grm. KCl = 0,06295 KO 4,83 Proc. KO.

Dieses Salz ist demnach ein basisches Salz von der

Formel: KO, 3(BiO3) + 2C3H?O8 (bei 200° getr.) KO, 3 (Bi03) + 2C3H4010 (bei 1000 getr.) denn

Berechnet Gefunden B103,, 24473,67 71,07 KOlNE. 4,85 4,83 C4H204. 23,47 24,10 100,00. 100,00.

Um die Zusammensetzung der Brechweinsteine zu erklären, nehmen viele Chemiker an, dass das Antimon- oxyd darin als Antimonyl (SbO2) + O enthalten sei und dass diese Atomgruppe sich wie das Uranyl (U202) verhalte, zu dessen Annahme man durch das Verhalten des Uranoxyds zu Säuren bestimmt worden ist. Dieser Hypothese zufolge war zu erwarten, dass beide Metall- oxyde sich auch ähnlich in ihren Salzen, besonders in ihrem Kali-Doppelsalz, verhalten. Um dieses gegenseitige Verhalten zu ermitteln, stellte ich das weinsaure Uran- oxydkali dar, indem ich Weinstein mit überschüssigem frisch gefälltem Uranoxydhydrat kochte. Das Filtrat besass eine gelbbraune Farbe und konnte nicht zur Krystalli- sation gebracht werden. Bei langem Stehen schieden sich einzelne Schuppen und Häutchen ohne krystallinisches

die Basticität der Weinsäure. 189

Gefüge ab. Die Lösung wurde durch Alkohol vollständig gefällt. Das bei 1000 getrocknete Salz verlor beim weiteren Trocknen bis 2000 noch 5,63 Proc. HO und war noch vollständig in Wasser löslich. Das bei 2000 getrocknete Salz der Analyse unterworfen, wurde bei Luftzutritt ge- glüht, in verdünntem Königswasser gelöst, mit Ammoniak gefällt, wieder in Salzsäure gelöst, die Lösung eingedampft und der Rückstand in Wasserstoffgas geglüht. Alsdann wurde das anhängende Chlorkalium vollständig mit Wasser ausgezogen und das gebildete Uranoxydul zur Verwand- lung in Uranoxyduloxyd nochmals im schiefstehenden Tiegel geglüht. Diese langwierige Operation war noth- wendig, da Kali vom Uranoxyd fest zurückgehalten wurde und ich bei meiner ersten Analyse dadurch Differenzen erhielt.

0) 2,219 Grm. gaben 0,9905 UO, U203 1,0093 U2O2 45,48 Proc. (kalihaltig) und 0,482 KCl —= 0,3036 KO==:,13,68/Proe.

6) 1,9845 Grm. 0,8545 UO, U203 0,8703 U203 43,85 Proc. und 0,449 KÜl —= 0,283 KO 14,26 Proe.

a) 1,351 Grm. mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,7185 CO? 0,1959 C = 14,5 Proc. und 0,173 HO = 0,01922 'H =)1,4%5 Proe.

b) 0,993 Grm. 0,531 CO? 0,14481 C 14,58 Proc, und 0,1215 HO 0,0135 H 1,36 Proc.

Berechnet Gefunden 2. b.

U?03... 44,36 43,85 RO. .14,62 14,26 EIS LA 14,90 14,5 14,58 1 1,24 1,41 1,36 ie ee 24,84

99,36:

Dieses bei 2000 getrocknete Salz entspricht also der Formel: KO, U?03, CSH4010, das Oxyd vertritt also nur zwei Aequivalente basischen Wasserstoffs der Weinsäure,

ı90 K. Frisch,

das Salz verhält sich demnach entsprechend seinen übrigen Verbindungen und anders als die Antimonoxyddoppelsalze.

Ausser den Doppelsalzen mit vier Atomen Basis spricht hauptsächlich noch eine Verbindung der Wein- säure mit vier Aequivalenten einer einsäurigen Basis für die Tetrabasiecität derselben. Es ist dies das von Erd- mann bereits vor 30 Jahren (Journ. f. prakt. Chem. 9, 271 und Ann. d. Pharm. 21) dargestellte Bleisalz, welches 76,9 77,2 Proc. Bleioxyd enthält und dessen Formel 4PbO,C8H4010 Jauten würde. Dieses Salz, welches Erdmann ursprünglich aus metaweinsaurem und später auch aus weinsaurem Bleioxyd darstellte, das er in Am- moniak löste und kochte, ist auf ähnliche Weise vor kur- zer Zeit auch von Heintz dargestellt worden. Erdmann betrachtete dieses Salz als ein basisches Salz, da auch andere Säuren,wie Citronensäure, Essigsäure etc. sich ähnlich gegen Bleioxyd in ammoniakalischer Lösung verhalten und Blei- salze von mehr Atomen Basis als die neutralen liefern, die sich nur als basische Salze betrachten lassen. Trock- net man jedoch das Erdmann’sche Salz bei einer Tempe- ratur zwischen 150— 2000, so verliert es noch 2 Aeg. Wasser und enthält 79— 79,4 Proc. Bleioxyd.

Dieses Bleisalz auf eine Weise darzustellen, wodurch die Entstehung eines basischen Salzes vollkommen aus- geschlossen ist, ist mir gelungen, indem ich neutrales essigsaures Bleioxyd mit saurem weinsauren Kali acht bis zwölf Stunden lang kochte. Unter Entwickelung von Essigsäure setzte es sich als ein schweres krystallinisches, rein weisses Pulver nieder, welches heftiges Stossen der siedenden Flüssigkeit verursachte. Das gut ausgewaschene Pulver war frei von Essigsäure und Kohlensäure, voll- ständig unlöslich in Wasser, verhielt sich eben so gegen Essigsäure, weinsaures Ammoniak und andere Ammoniak- salze und unterscheidet sich dadurch wesentlich von dem zweibasisch weinsauren Bleioxyd. Dagegen löste es sich leicht in Kalilauge und Salpetersäure. Das Salz verlor zwischen 160— 2200 kein Wasser. Zwischen 150—1600

die Basicität der Weinsäure. 191

getrocknet ergab die Aequivalentbestimmung einen Gehalt von 79,2 79,4 Proc. PbO. 1,413 Grm. des Salzes gaben 1,120 PbO —= 79,19 Proe. en eh, Tor: Be A aganid: 79,4 0 a) 0,647 Grm. des Bleisalzes mit 79,3 Proc. PbO gaben mit CuO verbrannt 0,2035 CO? 0,0555 C und 0,024 HO 0,00266 H. b) 1,127 Grm. des Bleisalzes von 79,4 Proc. PbO —= 0,348 CO? = 0,0949 C und 0,0395 HO —= 0,00439 H.

Berechnet 2. b. 2b02:4179,65 79,3 79,40 Gi: 8,57 8,57 8,40 INS 0,35 0,41 0,39 Oiie 11,42

99,99

Diese Zusammensetzung würde genau der Formel CSH2Pb?O12 entsprechen, mithin sind 4 Aeg. H der Weinsäure durch Pb vertreten. Dass aber in diesem Salze Weinsäure als solche verhanden und eine andere Säure, wie einige Chemiker dies bei den in höheren Tem- peraturen getrockneten Brechweinsteinen annehmen, sich nicht gebildet hatte, scheint aus folgenden Reactionen hervorzugehen. Das Bleisalz verbrannt zeigte den charak- teristischen Weinsäuregeruch. In Wasser vertheilt und mit Schwefelwasserstoff zerlegt, lieferte es nur Weinsäure. Um die Berührung mit Wasser zu vermeiden, vertheilte ich das Salz in Alkohol und leitete Schwefelwasserstoff ein. Allein auch hier bekam ich eine Säure, die die Reactionen der Weinsäure besass.. Den letzten Theil, welcher mir von der Bereitung des vierbasisch weinsauren Bleioxyds geblieben, zerlegte ich in der Kälte vorsichtig mit concentrirter Schwefelsäure, so dass eine Erwärmung möglichst vermieden wurde und Schwefelsäure nicht im Ueberschusse zugegen war. Eine Zersetzung der orga- nischen Säure war nicht bemerkbar. Dann zog ich es mit absolutem Alkohol aus und versetzte den Auszug mit

192 K. Frisch,

einer überschüssigen Lösung von in absolutem Alkohol ge- lösten Chlorcaleium. Die Flüssigkeit trübte sich sogleich, setzte aber nur sehr langsam einen weissen breiartigen Niederschlag ab, welcher auf das Filter gebracht, schwer ablief und mit absolutem Alkohol so lange ausgewaschen wurde, bis das Filtrat nicht mehr auf Chlor reagirte. Der getrocknete Rückstand stellte eine zähe, gummiartige Masse dar, welche nur sehr schwer zerrieben werden konnte. Verbrannt zeigte das Salz den Geruch nach Weinsäure. Es war in kochender Weinsäure löslich, unlöslich dagegen in Chlorammonium und salpetersaurem Ammoniak. Ebenso wie dieses zeigte auch das ursprüng- liche vierbasisch weisaure Bleioxyd, in Kalilauge gelöst, die Reactionen der Weinsäure. «

Bei der Darstellung des vierbasischen Bleisalzes kochte ich anfangs die Weinsteinlösung mit der essigsauren Blei- oxydlösung nur kurze Zeit, das eine Mal drei, das andere Mal vier Stunden. Es resultirten zwei Bleisalze, von denen das eine 72,55 Proc. PbO, das andere 72,87 Proc. PbO enthielt. Sie unterschieden sich von dem zweibasisch weinsauren Bleioxyd durch gänzliche Unlöslichkeit in Wasser, Essigsäure und Ammoniaksalzen. Wäre es ein Gemisch zweier Salze gewesen, also in diesem Falle aus zweibasisch und vierbasisch weinsaurem Bleioxyd beste- hend, so hätte sich doch wohl das zweibasische Salz in Essigsäure und Ammoniaksalzen lösen müssen. Von dem Bleisalze mit vier Atomen Basis unterschied es sich durch mindere Schwere, welche sich durch geringeres Stossen der siedenden Flüssigkeit bemerkbar machte.

Das bei 2000 getrocknete Salz wurde der Analyse unterworfen:

1,2385 Grm. Substanz gaben mit CuO verbrannt 0,4713 CO? 0,12859 C und 0,079 HO 0,00877 H.

Berechnet Gefunden Pb ..72.12 72,87 ee eh ©, 10,39 FH; ,.79 20:65 0,70 O:2.1025,74

100,00.

die Basicität der Weinsäure. 193

Diesem Salze würde demnach die Formel C8H3Pb3012 zukommen und in ihm drei Aequivalente basischen Wasser- stoffs durch Blei vertreten sein.

Es ist mir auch gelungen, ein vierbasisches Zinksalz darzustellen. Bei früher angestellten Versuchen, die Wein- säure durch Zink in alkalischer Lösung zu reduciren, kochte ich längere Zeit Weinsäure, Zink und Kalilauge. Beim nachherigen Neutralisiren der stark kaustischen Lösung mit Salpetersäure, fällte ich ein Zinksalz, wel- ches durch nochmaliges Wiederauflösen in Kalilösung und nochmaliges vorsichtiges Neutralisiren mit Salpetersäure gefällt, abfiltrirt, ausgewaschen und getrocknet wurde. Dieses Salz war vollständig unlöslich in Wasser, Wein- säure, Salmiak und salpetersaurem Ammoniak, löste sich aber leicht in Kalilauge und Mineralsäuren. Es war voll- ständig frei von Kohlensäure. Das bei 1000 getrocknete Salz zeigte einen kronpaterchalt von 56,2 —56,8 Proc Zinkoxyd, denn

a) 0,598 Grm. des bei 1000 getrockneten Salzes gaben mit Salpetersäure befeuchtet und geglüht 0,336 ZuO ° = 56,2 Proc.

ß) 0,470 Grm. des bei 1000 getrockneten Salzes von einer anderen Bereitungsweise gaben wie oben be- handelt 0,267 ZuO —= 56,3 Proc.

a) 0,824 Grm. bei 1000 getrocknet und mit CuO ver- brannt gaben 0,496 CO? —= 0,1352 C und 0,0815 HO 0,00905 H.

b) 1,172 Grm. bei 2000 getrocknet und mit CuO ver- brannt gaben 0,709 CO? —= 0,1933 C und 0,1305 HO 0,0145 H.

Berechnet a. (100) b. (2000) ZnO 56,84 56,20 56,80 C... 16,84 16,43 16,50 FL=2548,05 1,09 1,23 0... 25,26

99,39.

Die Formel für dieses Salz ist CSH?Zn?012 4. HO.

VER RT 2 ENT BE un: 30), x j ? IN ie

194 K. Prisch,

Dieses letzte Aequivalent Wasser scheint ziemlich hartnäckig zurückgehalten zu werden, da das Aequivalent- gewicht des Zinksalzes auch bei 2000 getrocknet zwischen 56,2 bis 56,8 Proc. schwankte. Doch steht in der Reihe der weinsauren Salze dieser Fall nicht vereinzelt da, denn Versuche haben mich überzeugt, dass auch bei den zwei- basisch weinsauren Salzen des Baryts und Kalks ein ähn- liches Zurückhalten von 1 Aeq. Wasser, welches ausser- halb der Formel steht, statt findet.

Bei stundenlangem Kochen der Weinsäure mit Zink schied sich unter Entwickelung von Wasserstoff ein weis- ses, lockeres Pulver aus, welches in Wasser sehr schwer, leicht dagegen in Kalilauge löslich ist. Wasser löste nur Spuren. Eben so war es auch getrocknet unlöslich in Essigsäure und Salmiak. Bei 1000 getrocknet ergab es sich als zweibasisch weinsaures Zinkoxyd, denn 0,947 des Salzes gaben mit Salpetersäure befeuchtet und geglüht 05595, 2n0: 37,9 Proc. ZnO.

Versuche, die vierbasisch weinsauren Baryt- und Kalksalze darzustellen, blieben erfolglos. Durch längeres Kochen von überschüssigem essigsauren Baryt und Kalk mit saurem weinsauren Kali erhielt ich nur zweifach wein- sauren Kalk und Baryt. Das Barytsalz war sehr dicht und krystallinisch.

1,204 Grm. bei 1000 getrocknet in HCl gelöst und mit SO3 gefällt gaben 0,950 BaO, S0O3 0,6324 BaO = 52,53 Proc.

Das gleiche Resultat wurde erhalten, wenn ich Wein- säure stark mit Ammoniak übersättigte und nun erst die Lösungen des essigsauren Baryts und Chlorcalciums, ebenfalls mit Ammoniak übersättigt, im Ueberschuss zu- setzte und längere Zeit kochte. Bei Anwendung von Baryt erhielt ich auf diese Weise gleich anfangs einen Niederschlag, der beim Kochen sehr dicht und krystalli- nisch wurde. Das Salz war in Essigsäure unlöslich, eben so in Chlorammonium und heisser sowohl, wie kalter Weinsäurelösung. Eben so wurde es auch von kalter

‘die Basicität der Weinsäure. 195

Kalilauge nur sehr wenig gelöst und aus dieser Lösung durch Kochen wieder abgeschieden. Beim Verbrennen blähte es sich sehr stark auf und hinterliess den kohlen- sauren Baryt als lockeres weisses Pulver.

a) 2,825 Grm. des bei 1500 getrockneten Salzes gaben 1,910 BaO, CO? 1,4834 BaO.= 52,52 Proc.

b) 2,119 Grm. des Salzes bei 1200 getrocknet, geglüht und wie oben mit kohlensaurem Ammoniak befeuch- tet und wieder gelinde geglüht gaben 1,427 BaO, 27 21,11335Ba0 152,55, Proc:

Das Barytsalz verlor zwischen 120—1500 kein Wasser.

Der wasserfreie weinsaure Baryt hat ein Aequivalent- gewicht von 53,7 Proc. BaO. Jene oben gefundenen und genau übereinstimmenden Analysen sowohl des Salzes aus ammoniakalischer Lösung als auch aus essigsaurer, welche bei 120 und 1500 getrocknet wurden, lassen das Salz mit noch einem Atom Wasser verbunden annehmen CsH?*Ba?012, HO, welches vollständig ohne Zersetzung aus dem Salze nicht entfernt werden kann. Das Baryt- salz zersetzt sich bereits unter Bräunung bei einer Tem- peratur zwischen 150 200°.

Mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,812 Grm. Substanz 0,468 CO2 15,71 Proc. und 0,153 HO 2,093 Proe. 11.

CERBA2ORHO REG BaO 52,04 .. 52,54 52,53 52,54 Ci. 16,32 15,71 H4.4:1370 2,09 O.. 29,93

99,99.

Eine entsprechende Zusammensetzung habe ich bei den nach beiden Methoden dargestellten Kalksalzen ge- funden. Das durch stundenlanges Kochen der ammoniaka- lischen Lösung von Weinstein und Chlorcaleium dargestellte Salz, welchem das verdampfende Ammoniak beim Kochen immer wieder zugesetzt wurde, bildete einen dichten,

196 K. Frisch,

krystallinischen, weissen Niederschlag, der sowohl in Wasser als in concentrirter und verdünnter Essigsäure unlöslich war. In concentrirter Kalilauge löste sich das Salz leicht auf, schied sich aber beim Kochen wieder gallertartig aus. In Salmiak und salpetersaurem Ammoniak war es vollständig unlöslich. Setzte man kalte Weinsäure- lösung hinzu, so bemerkte man selbst nach längerer Zeit keine Lösung, dieselbe erfolgte aber alsbald beim Erhitzen. Beim Glühen bläht sich das Salz stark auf und hinterlässt ein zartes weisses Pulver. In höherer Temperatur als 150— 1600 bräunte es sich wie das Barytsalz.

1,191 Grm. des bei 1500 getrockneten Salzes gaben

0,608 Ca0, CO? 0,3404 CaO 28,5 Proc.

Das wasserfreie zweibasische Salz verlangt 29,8 Proc. Es scheint also eben so wie das Barytsalz sein letztes Aequivalent Wasser schwer zu verlieren und besteht aus C8H?Ca20122, HO.

Der Aggregatzustand des Barytsalzes sowohl wie der des Kalksalzes ist durch das lange Sieden wahrscheinlich ein anderer geworden, denn beide weichen in ihren Lös- lichkeitsverhältnissen von den auf gewöhnliche Weise dar- gestellten Salzen bedeutend ab. In Chlorammonium und salpetersaurem Ammoniak sind die von mir dargestellten Salze gar nicht löslich, die auf kaltem Wege bereiteten leicht. Eben so verschieden verhalten sie sich gegen Essigsäure. Der weinsaure Kalk soll in kalter Weinsäure- lösung löslich sein; der durch langes Kochen erhaltene ist es erst in heisser. Der weinsaure Baryt ist in kalter Kalilauge sehr leicht löslich, der durch Kochen erhaltene sehr schwer.

Versuche, welche ich anstellte, um das Verhalten des Eisenoxyds gegen Weinsäure zu ermitteln, scheiterten an der leichten Reducirbarkeit des Eisenoxyds durch die Säure. Frisch gefälltes Eisenoxydhydrat mit Weinsäure- lösung digerirt, welche eine Temperatur von 350 nicht überstieg, liess bereits nach zwei Stunden deutlich Oxydul nachweisen. Erwärmt man die Lösung höher, so fällt

die Basicität der Weinsäure. 197

unter theilweiser Reduction zu Oxydul ein Salz nieder, welches basischer Natur sein muss, denn die überstehende eisenoxyduloxydhaltige Flüssigkeit enthielt neben wenig Eisen sehr viel freie Weinsäure, welche man durch Kry- stallisation trennen konnte. Das Präcipitat, wesentlich aus Eisenoxyd und Eisenoxydul bestehend, enthielt nur ganz geringe Mengen Weinsäure und war wahrscheinlich ein Gemenge von weinsaurem Eisenoxydul und viel Eisen- oxydhydrat.

Günstigere Resultate schien’ das weinsaure Eisenoxyd- Kali zu versprechen, ein Doppelsalz mit vier Aequivalenten Basis, also gerade wie die Brechweinsteine zusammen- gesetzt. Ich vermuthete, dass es diesen analog zusammen- gesetzt sein und bei höherer Temperatur getrocknet noch 2 Aeg. Wasser verlieren würde. Frisch gefälltes Eisen- oxydhydrat wurde mit Weinstein und Wasser mehre Tage bei gelinder Wärme digerirt. Verdunstet, setzte die Flüssigkeit schwarzbraune Schuppen ab, die bei 1000 getrocknet, noch nicht zersetzt-waren, denu das Salz löste sich in Wasser wieder zu einer klaren Flüssigkeit auf. Bei dieser Temperatur enthält es aber noch zwei Aequi- valente Wasser, welche, wenn man es in höherer Tem- peratur, z. B. bei 1500 trocknet, allerdings entweichen, zugleich tritt auch eine Reduction des Oxydsalzes ein, die Weinsäure wird theilweise zersetzt und Kohlensäure ent- wickelt.

Eben so wenig wie beim Kalk und Baryt ist es mir auch beim Kupfer und Quecksilber gelungen, noch zwei Aequivalente Wasserstoff in der Weinsäure durch das be- treffende Metall zu ersetzen. Beim Quecksilberoxyd stösst man auf dieselben Schwierigkeiten wie beim Eisenoxyd, da das weinsaure Quecksilberoxyd sehr geneigt ist, sich zu reduciren, besonders leicht beim Kochen der entsprechen- den Lösungen. Bei Anwendung kalter Lösungen bekommt man stets das zweibasische Salz. Von der Behandlung der Quecksilberoxydsalze mit Alkalien musste ich absehen; eben so konnte ich mir keinen günstigen Erfolg durch

a 0 Rd dan a ale

198 F. Bodenstab,

Anwendung von Ammoniak versprechen, denn behandelt man weinsaures Quecksilberoxyd mit weinsaurem Am- moniak und Ammoniak im Ueberschuss, so tritt Ammoniak in die Verbindung und es bildet sich weinsaures Mercur- ammoniumoxyd.

Das weinsaure Quecksilberoxydul zersetzt sich eben- falls in der Hitze, indem es bereits durch kochendes Wasser schwarzgrau wird und in Folge der Reduction Quecksilber ausscheidet.

Noch leichtere Zersetzbarkeit zeigt das Silbersalz.

Mehre der dargestellten Salze mit einsäuriger Basis, namentlich das vierbasisch und dreibasisch weinsaure Bleioxyd und das vierbasisch weinsaure Zinkoxyd, be- weisen, dass in der Weinsäure C8H6012 nicht bloss zwei, sondern auch drei und vier Aequivalente Wasserstoff durch Metalle vertreten werden können.

u

Ueber einen Bleigehalt käuflicher Weinsäure;

von Fr. Bodenstab in Calvörde.

Obgleich schon wiederholt auf obige Verunreinigung hingewiesen, erscheint mir nachfolgende Beobachtung den- noch mittheilungswerth.

Bei der Prüfung einer kürzlich bezogenen Weinsäure mit der Bezeichnung purissimum, erhielt ich in der wässe- rigen Auflösung mit Schwefelwasserstoff einen schwarzen Niederschlag. Dies veranlasste mich, um letzteren näher zu prüfen, einige Unzen der Säure, mit Hülfe eines Mör- sers, in Wasser zu lösen. Hierbei bemerkte ich unter dem Pistill einige glänzende, dehnbare Metallblättchen, welche offenbar den Krystallen angehängt hatten. Diesel- ben gaben sich bei näherer Prüfung als Blei zu erkennen. . Auch aus der Auflösung schied sich durch Schwefelwasser- stoff reichlich so viel des schwarzen Niederschlages aus,

RRER I kr. xe yN7 RUE, sera N u k rn Sulr ' Zu 5 m R hi z -. . T.ce . ® .. Bleigehalt käuflicher Weinsäure. 199

dass es leicht wurde, denselben, nach dem gewöhnlichen Verfahren der Analyse als Schwefelblei erkennen zu können.

Es gelang mir auch, aus einigen Pfunden der Säure eine grössere Anzahl Krystalle auszulesen, welche dunkle Punkte enthielten, besonders an den äusseren Seiten. Unter der Loupe zeigten sich diese dunkeln Partikeln auf der Oberfläche mit einem matt weisslichen Anfluge versehen. Von den Krystallen getrennt und im Mörser mit Wasser zerrieben erschienen sie metallglänzend, weich und dehnbar.

Offenbar hatte man das Abdampfen der Säurelösung, auch wohl gar die Krystallisation, in Bleigefässen vor- genommen, so dass Partikelchen des Metalls sich von den Wänden derselben getrennt und der krystallisirten Säure angehängt hatten.

Ueber die Säure wurde mir mitgetheilt, dass der Fabrikant derselben die meisten Droguenhandlungen damit schon lange versorgt, unter Garantie völliger Reinheit! Man habe daran um so weniger gezweifelt, weil keine Klagen über die Waare eingelaufen seien.

Einige Handlungen führen eine wesentlich theurere Säure; die von dem Hause Rump & Lehners in Hannover mit der Bezeichnung purum bezogene, hat sich stets als völlig rein erwiesen.

———

Notiz über Rapskuchen und Rapsmehl (entöltes).

Bei von O.Lehmann mitgetheilten vergleichenden Füt- terungsversuchen mit gepressten, ölreichen Rapskuchen und ölarmen Rapsmehl, wie solches bei der Oelgewinnung durch Extraction mit Schwefelkohlenstoff übrig bleibt, wurde die Beobachtung gemacht, dass das letztere, mit Wasser zu einem dicken Brei angerührt, erstnach 36 Stunden in der Zim- merwärme einen schwachen Geruch nach Senföl wahrneh- men liess, während der mit Pressrückständen bereitete Brei

200 Notiz über Rapskuchen und Rapsmehl. |

schon nach 6 Stunden diesen Geruch zeigte, der an Stärke allmälig zunahm und sich nach etwa 36 Stunden wieder verlor. Diese Beobachtung gab Anlass zu folgenden weiteren Versuchen:

1. Gleiche Mengen von beiden Sorten von reinem Rapsmehl wurden mit Wasser zu einem Brei angerührt und nach 8 Stunden, mit Wasser verdünnt, der Destillation unterworfen. Das Destillat von den Presskuchen, nament- lich die zuerst übergehenden Portionen, zeigte deutlich einen schwachen Senfölgeruch, das von dem mit Schwefel- kohlenstoff entölten Rapsmehl nicht.

2. Derselbe Versuch nach 24stündigem Stehen des Breies gab das gleiche Resultat, nur war der Senfölgeruch in sehr schwachem Grade, und nur im Anfang der Destil- lation wahrzunehmen.

3. Mit Weingeist, und nach der Erschöpfung mit

Wasser extrahirt, gaben spirituöses wässeriges Extract Extract

100 Rapsmehl vom Pressverfahren...... 7,50 4,71= 12,21 Proc. 100 £ Extractionsverfahren 3,18 41.10 =/1,28 5

Direct mit Wasser digerirt, gab das erstere, das Mehl vom Pressverfahren, eine Flüssigkeit, aus der sich beim Erhitzen ein sehr starkes, eiweissartiges Coagulum ab- schied, wogegen bei dem letzteren nur eine schwache Abscheidung erfolgte. Zu einem Theil der ungekochten Lösung beider Mehlsorten wurde etwas von dem obigen wässerigen Extract gebracht, es ergab sich, dass beim Stehen an einer circa 300 C. warmen Ofenstelle die Lösung mit dem Extract des Rapsmehles vom Pressverfahren einen zwar schwachen, aber deutlich zu erkennenden Geruch nach Senföl entwickelte, während das Extract des durch Schwefelkohlenstoff entölten Rapsmehles eine solche Geruchsentwickelung nicht veranlasste.

Nach diesem Verhalten darf man wohl annehmen, dass auch in den Körpern des Rapses kleine Mengen derjenigen Stoffe (Myronsäure und Myrosin) vorhanden sind, welche den Senfkörnern die Fähigkeit ertheilen, in

ee N

BET

>. Beyer, die Keimung der gelben Lupine. 201

Berührung mit Wasser Senföl zu erzeugen, und dass die- ser scharfe Stoff auch in die Milch übergeht und der bei starker Fütterung von Rapskuchen daraus dargestellten Butter den bekannten scharfen, beissenden Geschmack ertheilt. Da das durch Schwefelkohlenstoff entölte Raps- mehl diese üble Eigenthümlichkeit weder bei den vor- stehenden, wenn auch unvollkommenen Versuchen, noch bei der Verfütterung an Milchkühe zeigte, so muss man annehmen, dass die Bedingungen zur Bildung des schar- fen, senfölähnlichen Stoffes bei der Extraction des ge- mahlenen Rapses aufgehoben wurde. Da das Myrosin durch Erhitzung das Vermögen, aus Myronsäure Senföl zu entwickeln, einbüsst, so liegt die Vermuthung am näch- sten, dass der heisse Wasserdampf, durch den man bei dem Extractionsverfahren die letzten Reste von anhängen- dem Schwefelkohlenstoff aus dem Rapsmehl entfernt, eine solche Umwandlung bewirkt. Als Milchfutter würde es demnach den gewöhnlichen Rapskuchen vorzuziehen sein. Bei letzteren ist mindestens ein vorgängiges längeres

Weichen in Wasser zu vermeiden. Hirschberg. Ueber die Keimung der gelben Lupine; von 3

Dr. A. Beyer in Regenwalde *).

In Beziehung auf die Ausführung nachstehender Arbeit sei hiermit vorausgeschickt, dass dieselbe während meiner Thätigkeit an der Akademie zu Tharand begonnen und an hiesiger Versuchs - Station zum Abschluss gebracht wor- den ist.

Keine Periode im Leben der Pflanze ist wohl so geeignet für das Studium des Stoffumsatzes, als die Zeit der Keimung. Die hier in einem kleinen Objecte zusam-

*) Als Abdruck a. d. „Landw. Versuchs-Stationen“, ed. Prof. Dr. F. Notbe. Bd.IX. 1867, vom Hrn. Verfasser mitgetheilt. D. Red.

Arch.d. Pharm. CLXXX1. Bds. 3. Hft. 14

Ba ns 202 A. Beyer, }

mengedrängten Erscheinungen gestatten mehr, als in der bereits zur weiteren Entwickelung gelangten Pflanze, einen Einblick in diesen wunderbaren Process. Die bis jetzt ausgeführten, dahin zielenden Arbeiten haben durch ihre auf mikro- und quantitativ-chemischem Wege erhal- tenen Resultate schon viel zur Erhellung desselben bei- getragen. Allein leider kann man sich nicht verhehlen, dass in Beziehung auf die analytischen Mittel bei sol- chen Untersuchungen noch mannigfache Unvollkommen- heiten existiren. Und weshalb? Weil die Schwierigkeiten bedingt sind durch die mangelhafte Kenntniss der chemi- schen Constitution derjenigen Körper, die am verbreitesten in den Pflanzen vorkommen. Man möchte deshalb ver- sucht sein, solche Untersuchungen als verfrüht zu be- trachten und könnte es der Zeit überlassen, diese Lücken auszufüllen; allein ich glaube, trotz der Mangelhaftigkeit der Methoden haben solche Untersuchungen auch jetzt schon ihre Berechtigung, nur müssen die dabei einzuhal- tenden Bedingungen möglichst den natürlichen nahekom- mende sein. Auch ist das genaue Einhalten einer und derselben Methode eine Hauptbedingung. Sind die Zahlen bei periodischen Untersuchungen, und zu diesen gehören ja die über die Keimung, auch nur relative, so haben sie doch deshalb einen Werth, weil ja die Untersuchungs- methoden dieselben bleiben.

Wenn ich bei nachstehender Arbeit etwas von den am meisten angewandten Methoden der Bestimmung ab- gewichen bin, so geschah es in der Ueberzeugung, die nothwendigen Bedingungen einzuhalten, die während der

‚Operation eine Veränderung in dem Untersuchungsmaterial

selbst verhindern können. Dahin gehört vor allem die Vermeidung höherer Temperatur. Ist das Material bei 1000 getrocknet, so haben gewiss so mannigfache Umwand- lungen statt gefunden, dass das Untersuchungsobjeet nicht mehr vergleichbar ist mit dem im natürlichen Zustande befindlichen. Einige darauf bezügliche Zahlen werden dies beweisen. Wollte man den natürlichen Verhältnissen

die Keimung der gelben Lupine. 203

am nächsten kommen, so müsste man stets frische, un- getrocknete Pflanzensubstanz anwenden. Allein dies ist in der That nicht möglich. Ich habe deshalb den Mittel- weg eingeschlagen und zu meinen Untersuchungen, wo es nöthig schien, Material angewendet, welches lufttrocken oder bei 30—400C. getrocknet war.

Alle Berechnungen geschehen schliesslich auf bei 1000C. getrocknete Substanz, und wenn auch dadurch die an und für sich mühsame Arbeit noch mehr erschwert wird, so glaube ich doch dadurch einen wesentlichen Theil der Fehlerquellen beseitigt zu haben.

Eine Schwierigkeit, die zu überwinden mir nicht möglich war, ist noch die, dass die Stoffveränderung beim Keimen die für den ruhenden Samen ausprobirten analy- tischen Methoden beeinträchtigt. Namentlich sind es die Umwandlungsproducte der Proteinkörper, die hier hindernd in den Weg treten und ein genaues Einhalten einer und derselben Methode unmöglich machen.

Einige Bemerkungen über letztere selbst weiter unten.

Ein Rückblick auf die analytischen Arbeiten über Keimungsprocesse ist mir wegen des Umfangs an Material nicht vergönnt, auch haben ja die bisherigen Abhandlungen jedesmal hinreichend darüber referir. Die Keimung stärkemehlhaltender Samen ist schon früher Gegenstand mehrfacher Untersuchung gewesen, eben so die Bedeutung des fetten Oels in den ölhaltigen Samen als Reservestoff und seine Umwandlung beim Keimen, so noch vor Kurzem durch Fleury.

In beiden Samengruppen nun sind die erwähnten N-freien Bestandtheile, Stärke und fettes Oel, als die beim Keimen der eingehendsten Veränderung unterliegen- den zu bezeichnen. Die dahin einschlagenden Abhand- lungen von Stein, Planta, Sachs, Peters, Hell- riegel, Boussingault u. s. w. sind ja genugsam be- kannt. Der Grund zu dieser Arbeit, und die mich dabei leitende Idee war, die Keimungsgeschichte eines Samens zu studiren, der weder Stärke noch fettes Oel in grösserer

14*

204 A. Beyer,

Menge (denn ganz feht es ja in keinem Samen), dagegen Eiweisskörper in vorwiegender Menge enthält. Ich wählte dazu die gelbe Lupine. Abgesehen von ihrer leichten Keimfähigkeit, eignet sie sich wegen der Grösse des Samens und ihrer Keimtriebe sehr gut zu einer Arbeit, wo es darauf ankommt, die gewonnenen analytischen Re- sultate auf eine bestimmte Anzahl von Individuen zu berech- nen. Die ganze Keimungszeit, die circa 8—12 Tage umfasste, wurde in zwei Perioden eingetheilt. Die erste Periode bezeichnet einen Fortschritt der Keimung bis zur Zeit, wo die Cotyledonen die Samenschale noch nicht gesprengt und Wurzel und hypocotyles Glied 1—1!/, Zoll erreicht haben. In der zweiten Periode sind die Coty- ledonen sämmtlich über die Erde emporgetreten, haben die Schale zwar noch nicht abgeworfen, aber zersprengt, und fangen an, sich grün zu färben. Der ganze Keim ist 2—3 Zoll lang. Die Samenschale wurde auch bei den ungekeimten Samen durch ein kurzes Einweichen in Wasser und Abziehen entfernt und bei der Analyse nicht berücksichtigt. Die Samen keimten in ausgeglühtem und mit concentrirter HCl ausgekochten Weisseritzsand. Mikrochemische Beobachtungen.

Es ist nicht meine Absicht, hier eine auf alle ein- zelnen Gewebspartien eingehende Darstellung der Stoff- wanderung von dem im Samen enthaltenen Reservestoffe darzubieten. Ich will nur auf einige Thatsachen, nament- lich in Beziehung auf den Bitterstoff, aufmerksam machen.

Die Stärke, welche schon sehr bald nach Streckung des Keims in ganz bedeutender Menge auftritt, während sie im ruhenden Samen nicht zu finden ist, kommt haupt- sächlich im Parenchym der jungen Rinde, und zwar in den Schichten am meisten vor, welche die Gefässbündel unmittelbar umgeben. Sie besitzt denselben feinkörnigen Zustand, wie er bei der Stoffwanderung immer vorkommt. Oft sind die Stärkekörner zu ganzen Gruppen vereinigt. Die Eiweisskörper finden sich im Keim wie immer in dem Cambiform der Gefässbündel.

die Keimung der gelben Lupine. 25.308

Behandelt man einen Querschnitt des hypocotylen Gliedes mit einer nicht zu concentrirten Jodlösung, so bemerkt man im Parenchym des Markes, in den Partien, welche die primären Markstrablen bilden, und auch in einzelnen Zellen des übrigen Parenchyms, namentlich in der Nähe des Gefässbündelringes einzelne Zellen mit einem körnigen, rothbraunen bis dunkelvioletten Inhalt erfüllt, dessen Färbung auf Zusatz von Alkohol verschwindet. Im Laufe nun der Versuche, den Bitterstoff in reiner krystallinischer Form darzustellen, die aber bis jetzt zu keinem Resultate führten, stellte es sich heraus, dass der in der Lupine enthaltene bittere Körper, so wie man ihn mit Zucker zusammen erhält, wenn man den alkoho- lischen Auszug der Samen oder Keime verdunstet, den Rückstand in Wasser löst, die Lösung mit essigsaurem Bleioxyd fällt, die vom Niederschlage abfiltrirte Flüssig- keit durch HS vom Blei befreit und bei gelinder Tem- peratur verdunsten lässt mit Jod ganz dieselbe präch- tige rothbraune Reaction giebt, wie man sie unter dem Mikroskop beobachten kann. Ich kann deshalb nicht umhin, die oben erwähnte mikrochemische Reaction als auf den Bitterstoff bezüglich zu bezeichnen. Die jeden- falls alkaloidische Natur dieses Körpers spricht für die Wahrscheinlichkeit meiner Vermuthung, da ja manche Alkaloide, z. B. das Morphium, mit Jod ganz ähnliche Reactionen geben. Es wäre dies ausserdem ein neuer Beitrag zur Lehre von der Localisirung einzelner Pflanzenstoffe.

Zu den Glykosiden gehört der bittere Körper jeden- falls nicht, was schon aus seiner Eigenschaft, durch essig- saures Bleioxyd nicht gefällt zu werden, hervorgeht *).

Die bei Bestimmung der einzelnen Körper angewandten Methoden.

*) Neuerdings ist es mir gelungen, die erwähnte Jodverbindung in sehönen rubinrothen Krystallen rein darzustellen, und ich hoffe, in der Kürze über die chemische Constitution derselben Näheres mittheilen zu können.

206 4A. Beyer,

Die Bestimmung des Totalstickstoffs und fetten Oels geschah in gewöhnlicher Weise in der bei 1000 ge- - trockneten Substanz, während sonst fast nur bei 30 400 getrocknete angewandt wurde.

Die fein gepulverte Substanz wurde zur Bestimmung des Zuckers, Gummis, der in Wasser löslichen Protein- körper und des Asparagins immer mit derselben Menge kalten Wassers bis zur Erschöpfung ausgezogen und der Auszug auf ein bestimmtes Volumen gebracht.

1. Gesammt-Stickstoff der im Wasser lös- lichen Körper. Ein bestimmtes Volumen wurde ein- gedampft und im Rückstande der Stickstoff bestimmt.

2. Bitterstoff. Die von Eichhorn*) angege- bene Methode, nach welcher das alkoholische Extract der Samen in Wasser gelöst und mit Bleiessig gefällt, filtrirt, das Filtrat mit Gyps zur Trockne verdunstet, und in einem Theil der Stickstoff bestimmt wird, aus dem schliess- lich der Procentgehalt an Bitterstoff berechnet wird, war hier deshalb nicht anwendbar, weil im Verlauf der Kei- mung N-haltige Körper sich bilden, die theilweise auch in Alkohol löslich sind, aber durch essigsaures Bleioxyd nicht gefällt werden. Ich musste deshalb Zucker und Bitterstoff zusammen bestimmen, und ich glaube, dass dadurch die Resultate nicht wesentlich gestört werden. Ich hoffe jedoch, eine directe Bestimmung zu finden, die sich auf das eigenthümliche Verhalten gegen Jodlösung, welches ich bereits erwähnt habe, gründet.

3. Asparagin. Dieser vielfach beim Keimen der Leguminosen beobachtete Körper tritt auch hier in ziem- lich bedeutender Menge auf. Ein Theil des wässerigen Auszuges wurde bis zur dünnen Syrupsconsistenz einge- dampft und zur Krystallisation gebracht. Nach mehrtägi- gem Stehen enthält die überstehende Flüssigkeit nur noch Spuren von Asparagin. Die gewonnenen Krystalle wurden gewaschen und bei 1000 getrocknet. Selbstverständlich kann diese Methode auf absolute Genauigkeit keinen An-

=) Monatsschrift der Pomm. ökon. Gesellschaft 1861, S. 16.

die Keimung der gelben Lupine. 207

spruch machen, allein bei vergleichenden Analysen ist sie wohl anwendbar. Zur Nachweisung der Identität der ab- geschiedenen Krystalle mit Asparagin wurden mehre N-Bestimmungen davon gemacht.

0,3482 bei 1000 getrocknete, durch mehrmaliges Um- krystallisiren gereinigte Krystalle gaben beim Verbrennen mit Natronkalk eine, 51 0C. !/,, Silberlösung entsprechende, Menge Chlorammonium 20,50 Proc. N.

0,300 Grm. derselben Substanz sättigen 4,4 CC. Nor- mal-SO3 20,53 Proc. N.

0,6385 Grm. Krystalle verloren bei 1000 getrocknet 0,0755 Grm. Wasser 11,824 Proc. HO.

Das bei 1000 getrocknete Asparagin enthält 21,21 Proc. N und die Krystalle enthalten 12 Proc. HO. Es unterliegt also keinem Zweifel, dass der von mir erhal- tene Körper Asparagin ist.

4. Glykose und Gummi. Ein Theil des Aus- zuges wurde zur Syrupsconsistenz verdampft und wieder- holt mit absolutem Alkohol behandelt. Glykose und Bitter- stoff lösen sich auf, und hinterblieben beim Eindampfen der alkoholischen Flüssigkeit. Gummi hinterbleibt in dem in Alkohol unlöslichen Rückstande, und gewinnt man die Zahlen dafür, wenn man nach Abzug des als Aspagarin vorhandenen N den übrigen auf Proteinkörper berechnet. Der nach Summirung des in Wasser löslichen Bitterstoffs, Zuckers, Aspagarins und der Proteinkörper verbleibende Rest ist Gummi. Die Bestimmung des Zuckers mit alka- lischer Kupferlösung konnte wegen der mangelhaften Kennt- niss des bittern Körpers nicht angewandt werden, da ja, wie bekannt, viele organische Verbindungen in der Wärme reducirend auf Kupferlösung wirken.

In Bezug auf das, was ich bereits erwähnt, theile ich hier nur kurz mit, dass ich nach einer und derselben Methode aus der Substanz des hypocotylen Gliedes bei 1000 getrocknet 69,5 Proc. in Wasser lösliche Körper erhielt; in der bei gewöhnlicher Temperatur getrockneten hingegen nur 56,63 Proc. derselben.

a

208 A. Beyer,

1000 Stück bei 1000 getrocknete Samen wiegen Gramme: Cotyle- Hypocotyles Wurzel- in Verlust in donen Glied glied Summa Procenten

Ungekeimte 80,1 _ er JE

I. Periode 72,89 4,97 2,12 79,98 _

II. Periode 66,60 6,67 447 TI 2,95

In 100 Th. bei 1000 getrockneter Substanz sind enthalten:

o I. Periode. a Periode. ==) E = Ss FE

© +. ES © u "2 era Se e.\er’olıe =) SEEN: Se;

Fettes Oel.... | 6,020] 5,950) 3,820) 3,680] 4,7101 2,680) 2,800

Mineralstoffe.. | 4,225| 4,150 6,510) 7,120] 4,322) 6,610) 7,110

Eiweisskörper. | 61,268} 60,762, 30,000) 25,480} 60,450, 27,080) 23,000

Asparagin..... == | 10,500| 10,600] 1,450) 14,650| 14,990

Zucker und |

Bitterstoff... | 10,610] 15,115, 15,540| 22,600 a 6,920] 4.831 (37,010 133,700] "S’ego, 11,410 129,030 Zellstoff, Stär- |

ke, Pectin-

körper... 10,957| 9.192| 12,160) 19,420} 10,848) 14,970) 23,070

100,000} 100,000|100,000|100,000[100,000| 100,000] 100,000

Absolut. Stick-

stoffgehalt.. | 9,803| 9,722) 7,0201 6,325| 9,980 7,440| 6,860 Im Wasser lösl.

Eiweisskörper | 10,913] 20,676| 1,5231 2,687| 26,450] 1,681) 3,687

In 1000 Stück bei 1000 getrockneter Samen sind enthalten

Gramme: 8 I. Periode. II. Periode. EHEN = AUES Mr Bali 43 Eee oo 00H =! ® soon 5 ar Se ae Se = sEal:- S Im Fettes Oel.... | 4,832] 4,3361 0,189] 0,0781 3136| 0,178] 0,125 Mineralstoffe.. | 3,384 3.025 0,323) 0,150] 2,876| 0,440) 0,317 Eiweisskörper. | 49,075] 44,250 1,491) 0,540| 40,263 1,806) 1,028 Asparagin.... 0,521, 0,224| 0,965) 0,977| 0,670 Zucker und h Bitterstoff.. | 8,498] 11,017 N 10,349 Bea. 5,542 a 1 | 2268| 1,297 Zellstoff, Stär- ke, Pectin- körper...... 8,869] 6,700) 0.604 0.411] 7.224 0.998) 1,031 ) | | | | | Absolut. Stick- stoffgehalt.. | 7,852} 7,080 0,348 0,1341 6,646 0,496| 0,306 In Wasser lösl. Eiweisskörper | 8,741| 15,070 0,0756| 0,056| 17,615 0,112] 0,164

die Keimung der gelben Lupine. 209

Rechnet man die einzelnen Bestandtheile der Organe aus beiden Perioden zusammen, so erhält man für 1000

Stück (in Grm.)

Ungekeimter Pflanzen der Pflanzen der Same I. Periode II. Periode Fettes Oel....:.. 4,832 4,603 3,439 Mineralstoffe...... 3,384 3,498 3,633 Eiweisskörper..... 49,075 46,281 43,097 Asparagin........ = 0,746 2,612 In HO lösliche Koh- lenhydrate...... 24,040 17,091 15,698 In HO unlösliche Kohlenhydrate... 8,869 7,715 9,257 Absoluter N-Gehalt 7,852 7,562 7,448 In HO|!ösliche Eiweisskörper.. 8,741 15,145 17,891

Um auch über die Veränderung der Aschenbestand- theile Einsicht zu gewinnen, folgen noch die Aschenanalysen des ruhenden Samens. und des Keims in der zweiten Periode. Die Veraschung geschah mit der zur Vermeidung von Verlusten nöthigen Vorsicht: Verkohlen bei möglichst niedriger Temperatur, Ausziehen der Kohle mit Wasser u. 8. w.

100 Th. Asche enth.: 100 Th. Tr.-Subst. enth.: peekeimier Ounzer Ungskeinier Ganzen

Schale Schale Balls... 28,127 36,768 1,1312 2,9222 Natron... .. Spuren 2,350 Spuren 0,0910 Be. 8,631 4,246 0,3471 0,2912 Magnesia..... 11,330 5,049 0,4556 0,3463 Eisenoxyd.... 2,047 1,590 0,0823 0,1090 Phosphorsäure 42,569 32,437 1,7121 2,3211 Schwefelsäure 3,023 5,785 0,1215 0,3968 Chloe... 23... 0,418 1,797 0,0168 0,1212 Kieselsäure... 0,559 0,311 0,0224 0,0213

Gehen wir nun zur Darstellung der Resultate über. Wir finden auf den ersten Blick keine so in die

210 A. Beyer,

Augen fallenden Veränderungen, wie man sie bei ähn- lichen Untersuchungen stärkemehl- oder ölhaltiger Samen sofort erkennt. Zunächst ist es die sehr unbedeutende Gewichtsabnahme. Sie beträgt in der 2. Periode nur 2,95 Proc. Die Ursache dieser geringen Abnahme liegt wohl theilweise in der raschen Keimung, theils in der Temperatur, die nie. mehr als 15 —180C. betrug. Ein Vergleich des Verlustes von Samen verschiedener Pflanzen- gattungen ist schon wegen ihrer verschiedenen chemischen Zusammensetzung nicht möglich; denn die Stoffmetamor- phose ist nach letzterer gewiss sehr verschieden.

Die Bildung von qualitativ nachgewiesener CO? und von HO sind auch hier die Quellen des Verlustes. Die ge- ringe Gewichtsabnahme liess mir eine quantitative Bestim- mung der CO? nicht nothwendig erscheinen. Fassen wir nun die näheren Bestandtheile ins Auge.

1. Das fette Oel. Während bei dem Keimungs- process von Samen mit einem höheren Procentgehalt an fettem Oel die Abnahme des letzteren eine ganz bedeu- tende ist, kann man sie hier nur eine geringe nennen. Die Veränderung scheint mehr qualitativer als quantita- tiver Natur zu sein. Die Lupine enthält im fetten Oel eine wachsartige Substanz, die im Verlauf der Zeit im Aetherauszug in den Vordergrund tritt, während das flüssig- gelbe Oel mehr verschwindet. Bemerkt sei noch, dass das fette Oel phosphorhaltig ist.

2. Die Eiweisskörper und das Asparagin. Von allen Reservestoffen haben die Eiweisskörper jedenfalls die durchgreifendste Veränderung erlitten. Wie auch bei anderen Keimungsprocessen nachgewiesen, hat der absolute N-Gehalt so gut wie gar nicht abgenommen, denn die kleinen Differenzen sind nur auf die ‚Fehlerquellen bei den Analysen zu schieben; wohl aber hat er die Form bedeutend gewechselt. Ein grosser Theil der im Samen unlöslich befindlichen Eiweisskörper hat sich in im Wasser lösliche verwandelt. In den Cotyledonen der 2. Periode haben sie sich fast um das Doppelte vermehrt. Im Sten-

‚die Keimung der gelben Lupine. 211

‚gelglied sowohl aber, als in der Radicula, finden wir den löslichen N fast nur. in der Form von Asparagin. In dem Masse nun, als dieses zunimmt, sehen wir die Gesammtmenge der Eiweisskörper abnehmen, und es unter- liegt wohl nun keinem Zweifel mehr, dass das Asparagin aus ersteren entsteht. Der in der entstandenen Menge Asparagin enthaltene N ist fast gleich dem in dem ver- loren gegangenen Eiweisskörper enthaltenen.

Hartig, der in seiner Entwickelungsgeschichte des Pflanzenkeims aus dem verbreiteteren Vorkommen der Eiweissstoffe in der Form von Klebermehl, als der übrigen Reservestoffe, auf die grössere Wichtigkeit der erstern für Ernährung der jungen Keimpflanze schliesst, giebt für die Veränderung des Klebermehls im Keimungsprocess folgende Erklärung: Ein Theil der Kleberkörnchen, die er als ähnliche Gebilde betrachtet, wie die Stärkekörner verwandelt sich in Stärkemehl, und dieses in Chlorophyll. Ein anderer Theil verflüssigt sich zu Aleurontropfen, die nach und nach ihre Reaction auf Jod und Millonsche Flüssigkeit einbüssen, farblos werden, und aus denen sich ein krystallinischer Körper abscheidet. Diesen nicht allein aus jungen Keimpflanzen, sondern auch aus den jungen Frühjahrstrieben von Holzpflanzen erhaltenen krystallini- schen Körper bezeichnet er mit dem ÜOollectivnamen Gleiss. Er schliesst aus dem häufigen Vorkommen desselben in dem jungen Zellgewebe, dass es die Form sei, in der die N-haltigen Stoffe zum Aufbau neuer Zellen aus Reserve- stoffen fortgeleitet würden. Was die chemische Natur betrifft, so hält er allerdings das Asparagin auch diesem Stoffe nahe verwandt, doch nicht damit identisch. Er schliesst dies aus den verschiedenen sauren Reactionen, der Krystallform u. s. w.

Wie meine Analysen beweisen, ist diese Ansicht für die gelbe Lupine nicht haltbar. Wie sie es für andere Pflanzen ist, kann nur die Analyse entscheiden. Jeden- falls ist aber das häufige Vorkommen des Asparagins bei den Processen, wo aus fertig gebildeten Stoffen neue

v

212 A. Beyer,

Zellenanlagen gebildet werden sollen, ein Beweis für die Wichtigkeit desselben.

Im Laufe der weiteren Vegetation verschwindet es, nachdem die Elemente desselben jedenfalls wieder zur Neubildung von Eiweisskörpern gedient haben. In einer im „Chem. Ackersm. (Jan. 1867)“ erschienenen Abhandlung habe ich die Vermuthung über das Vorkommen des As- paragins im Safte der Weissbuche und Birke ausgesprochen, weil ich auch da N-haltigen krystallinischen Körpern begegnete. Das gleichzeitige Auftreten der Aepfelsäure lässt wohl nicht mit Unrecht darauf schliessen, dass möglicherweise aus den Eiweisskörpern Ammoniak aus- tritt und sich mit der ersteren zu Asparagin verbindet. Die in der Lupine vorkommende organische Säure, die scheinbar in nicht ganz unbedeutender Menge auftritt, denn der Same reagirt auf dem Querschnitt deutlich sauer, ist wahrscheinlich auch Aepfelsäure. Das bis jetzt aus dem Alkoholauszug nach gewöhnlicher Behandlung erhal- tene Silbersalz war nicht frei von PO5. Ich hoffe darüber später entscheiden zu können. Dass das Asparagin nicht das einzige Product der Umwandlung der gelösten Eiweiss- stoffe sei, ist wohl anzunehmen. Ob aber N-freie Körper dabei sind, ist nach der jetzigen Kenntniss beider Gruppen schwer zu entscheiden.

3. Lösliche Kohlenhydrate. Bei den in HO löslichen Kohlenhydraten (Zucker, Gummi) begegnen wir nur sehr geringen Unterschieden, wenn wir die Resultate auf eine bestimmte Anzahl von Samen beziehen.

In der 1. Periode nimmt die absolute Menge der- selben etwas zu, in der 2. dagegen ab. In beiden Perioden aber enthält sowohl das Stengel- als auch das Wurzel- glied im Verhältniss zu den Cotyledonen procentisch be- deutende Mengen mehr davon. Es ist wohl nicht unmög- lich, dass im weiteren Verlauf der Entwickelung der Keim- pflanzen wahrnehmbare Vermehrung von Zucker und Gummi in der Cotyledonarsubstanz auftritt. Zucker und

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die Keimung der gelben Lupine. 213

Gummi konnten, wie schon erwähnt wurde, getrennt be- stimmt werden, wo kein Asparagin vorhanden war.

4. In Wasser unlösliche Kohlenhydrate. Das Wurzelglied ist es hauptsächlich, welches durch die Gegenwart von Zellstoff procentisch am reichsten daran erscheint. Die Stärke fand sich bei der mikroskopischen Untersuchung in weit geringerer Menge darin vor, eben- so der Bitterstoff. Das hypocotyle Glied dagegen, aus dem die Stärke in die jungen Blattanlagen geführt wird, enthält weit mehr von letzterer. Die verschiedenen Func- tionen der beiden Keimtheile im weitern Verlauf der Ernährung der jungen Pflanzen erklären diese Verschie- denheiten. Auf 1000 Pflanzen berechnet, sind auch hier die Unterschiede weniger in die Augen fallend.

5. Mineralstoffe. Wie man aus den Tabellen ersieht, haben dieselben in einer bestimmten Anzahl Pflan- zen zugenommen. Es geht daraus hervor, dass trotz des vorherigen Glühens und Ausziehens mit concentrirter HCl die Keimpflanzen aus dem Sande Aschenbestandtheile aufgenommen haben, doch ist die Zunahme nicht so erheb- lich, dass die andern Resultate dadurch beeinträchtigt werden könnten. Was die Vertheilung der einzelnen Mineralstoffe in der Trockensubstanz betrifft, so macht sich hauptsächlich bemerkbar:

a. der erheblich grössere Aschengehalt der Keimtheile ;

b. der um das Doppelte höhere Gehalt an KO in dem- selben;

c. der um das Dreifache höhere Gehalt an SO3;

d. das sehr bemerkbare Hervortreten der PO5 und

e. der bedeutend gesteigerte Chlorgehalt.

Wenn auch letztere Thatsachen schon früher bei an- dern Keimpflanzen beobachtet sind, so bilden die von mir sewonnenen Zahlen doch einen weiteren Beitrag zur Be- stätigung derselben.

Regenwalde, den 28. December 1866.

———

214 A. Faust,

Acorin, ein Glykosid im Kalmus;

von August Faust.

Werden ungeschälte Kalmuswurzeln wiederholt mit . Regenwasser ausgekocht, die abgepressten Flüssigkeiten auf das Gewicht der angewendeten Wurzeln verdampft und mit einem gleichen Volum Alkohol versetzt, so scheidet sich ein grosser Theil hier gleichgültiger Körper ab. Die abkolirte Flüssigkeit wird mit Bleizucker und Bleiessig so lange vermischt, als dadurch noch ein Niederschlag ent- steht, von diesem nach einiger Zeit abfiltrirt und endlich vom überschüssigen Blei durch Schwefelwasserstoff oder durch eine Glaubersalzlösung befreit. Der abermals filtrir- ten Flüssigkeit entzieht man den Weingeist durch Destil- lation, dampft sie auf den fünften Theil des Gewichtes der angewendeten Wurzeln ein, macht sie mit Natron- lauge alkalisch und schüttelt sie wiederholt mit je dem halben Volum Aether aus. Nach dem Abheben und Ab- destilliren des Aethers bleibt ein weicher, harzartiger Körper zurück von der Farbe des gereinigten Honigs und einem Geschmacke, der an Kalmus im hohen Grade erinnert. Aus fünf Pfund Kalmuswurzeln wurde eine Drachme dieses Körpers erhalten.

Dieser Körper, den ich aus natürlichen Gründen „Acorin“ nenne, lässt sich leider nicht in einen festen Zustand bringen. Weder monatelanges Stehen über Schwe- felsäure, noch wochenlanges Erhitzen auf 1000 war im Stande ihn auszutrocknen. Er bleibt in beiden Fällen eine klebrige, harzartige Masse. Längeres und namentlich höheres Erhitzen bis etwa 1200 trocknet ihn zwar etwas mehr aus, scheint aber auch zersetzend auf ihn zu wir- ken, wenigstens wird hierbei seine Farbe dunkler bis beinahe schwarz. Auch oft wiederholtes Fällen des Acorins aus seiner ätherischen Lösung durch Benzol schied es stets wieder in balsamartigem Zustande ab.

Acorin, ein Glykosid im Kaimus. 215

Da mir nun die vollständige Unfähigkeit des Acorins zu krystallisiren oder auch nur den festen Zustand anzunehmen, keine Sicherheit dafür geben konnte, dass ich es in ge- nügender Reinheit besass, stand ich von der Elementar- analyse ab und begnüge mich vorläufig damit, eine kurze Charakteristik dieses Körpers zu geben.

Das Acorin ist eine honiggelbe, weiche, harzartige Masse von ausgezeichnet bitteraromatischem Kalmusge- schmack; es löst sich leicht in Aether und Alkohol, ist aus letzterer Lösung durch Wasser, aus ersterer Lösung durch Benzol fällbar. In weingeistiger Lösung färbt es rothes Lackmuspapier ganz schwach blau. In Salzsäure ist es schwierig, aber vollständig löslich, ohne die Säure zu neutralisiren. Eine solche Lösung mit den Chloriden des Goldes und Platins vermischt, redueirt diese nach einiger Zeit. Phosphormolybdänsaures Natron fällt die Lösung des Acorins in Säuren, wobei ebenfalls nach einiger Zeit eine Reduction der Molybdänsäure zu blauem Molyb- dänoxyd eintritt. Ferner wird Acorin gefällt durch Gerb- säure, Quecksilberjodidjodkalium und Jodwasser; durch letzteres kermesfarbig.

Das Acorin entwickelt beim Glühen mit Natronkalk Ammoniak. Aus Fehling’'scher Lösung reducirt es Kupfer- oxydul. Beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure spaltet sich das Acorin in Zucker und eine andere harz- artige, stickstoffhaltige Substanz, deren physikalische Eigenschaften leider eben so unangenehm sind, wie die des Acorins. DBarytwasser bewirkt beim Kochen mit Acorin ebenfalls Spaltung in Zucker und einen harzartigen Körper.

Das Acorin ist also ein stickstoffhaltiges Glykosid. Göttingen, Laboratorium des Professors Bödeker, im

Juni 1867. | |

216 A. Faust,

Zur Darstellung von Bromsalzen;

von Demselben.

Herr Professor Bödeker bringt in seinem Labora- torium eine Methode zur Darstellung von Bromsalzen in Anwendung, die wegen ihrer Eleganz und Einfachheit weiterer Verbreitung werth ist. Diese Methode beruht auf der Zersetzung von Bromschwefel mit den ätzenden alkalischen Erden, zu einem Bromsalz der alkalischen Erde und zu schwefelsaurer alkalischer Erde, nach der Gleichung: 5? + 6 Br? 2(SBr6) und

2(SBr6) + 8Ca0 6 (CaBr?) + 2 (CaSO%). *)

Oder übersichtlicher in Aequivalentgewichten aus- gedrückt: **)

S + 3Br = SBr3 und SBr3? + 4Ca0 = 3 CaBr —+ Ca0, S03.

Man bereitet zunächst Bromschwefel durch einfaches Vermischen von 20 Th. Schwefelblumen mit 240 Th. Brom in einer Kochflasche. Die Verbindung dieser Körper erfolgt bald und ohne Gefahr. Diesen Bromschwefel giesst man allmälig in eine dünne Kalkmilch, die man aus 140 Th. reinem Aetzkalk (durch Glühen von weissem Marmor erhalten) und dem nöthigen Wasser dargestellt hat. Auch hier erfolgt die Umsetzung des Bromschwefels mit dem Aetzkalk zu Bromcalecium und schwefelsaurem Kalk rasch unter Erwärmung. Nachdem aller Brom- schwefel in die Kalkmilch eingetragen ist und die über- stehende Flüssigkeit farblos erscheint, filtrirt man ab, wäscht den Rückstand auf dem Filter gut aus und sättigt das Filtrat mit Kohlensäure, um den mitgelösten Aetzkalk in kohlensauren Kalk zu verwandeln. Jetzt erhitzt man die Flüssigkeit einige Zeit zum Kochen, filtrirt dann den gefällten kohlensauren Kalk ab, dampft das Filtrat weiter ein, bis auf ein geringes Volum, vermischt dieses zur Abscheidung des schwefelsaurer Kalkes mit der doppelten

0 16, $ = 32, Br = 9, Ca 40.

*) 0 8, S = 16, Br = 80, Ca = 2%.

zur Rademacher'schen essigsauren Eisentinctur. 217

Menge Alkohol und lässt es einige Tage stehen. In die- ser Zeit scheidet sich der schwefelsaure Kalk aus; man filtrirt ihn ab und verdampft die Lösung von jetzt reinem Bromealeium zur Trockne. Bei der Darstellung von Brombaryum fällt natürlich das letzte Verfahren mit Alkohol weg, da schwefelsaurer Baryt wegen seiner Un- löslichkeit nicht in Lösung sein kann.

Das so erhaltene Bromcaleium oder Brombaryum kann auch als Grundlage zur Darstellung einiger Bromalkali- metalle dienen. Durch Versetzen der wässerigen Lösung des Bromcalciums mit kohlensaurem Ammoniak, dem etwas Salmiakgeist beigemischt ist, bis zur alkalischen Reaction, Erhitzen zum Kochen, Abfiltriren von dem gebildeten kohlensauren Kalke, Verdampfen des Filtrats zur Trockne, Wiederauflösen in Wasser, Filtriren und Krystallisiren, erhält man Bromammonium. Beim Verdampfen der Lösung des Bromammoniums ist es nothwendig, sämmtliches kohlensaures Ammoniak zu verjagen, indem sonst geringe Mengen Baryt oder Kalk mit grosser Hartnäckigkeit wieder mit in Lösung gehen.

In derselben Weise kann man auch durch vorsich- tiges Ausfällen von Brombaryum oder Bromcalciumlösung mit kohlensaurem Natron oder kohlensaurem Kali, Brom- natrium oder Bromkalium darstellen.

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Zur Rademacher’schen essigsauren Eisentinctur;

von Demselben.

Versuche, welche nur die Zeit entscheiden konnten, haben mich gelehrt, dass die Vorschrift zur Rademacher- schen essigsauren Eisentinctur, welche im Maiheft dieses Archivs vom Jahre 1865 abgedruckt ist, einer Abänderung bedarf. Der Alkohol dieser Tinctur wirkt nämlich, je nach Umständen bald früher, bald später, zersetzend auf das neutrale essigsaure Eisenoxyd; es scheiden sich dann

Arch.d. Pharm. CLXXXT. Bds. 3. Hft. 15

PER NR it = i STAR ur u

218 A. Faust, zur Rademacher’schen essigs. Eiseninetur.

oft scheinbar bedeutende Mengen Eisenoxydhydrats in der Tinctur ab. Diesem Uebelstande kann man nur durch gänzliches Weglassen des Alkohols abhelfen, denn auch kleine Quantitäten davon bewirken diese Zersetzung. Da nun nach Rücksprache mit Aerzten der Alkohol in dieser Tincetur nur eine untergeordnete Stellung einnimmt, em- pfehle ich zur Erzielung eines lange haltbaren Präparates den Alkohol durch destillirtes Wasser zu ersetzen und, um auch den bekannten ätherischen Geruch zu erreichen, der Tincetur etwas Essigäther zuzusetzen. Auf das im Maiheft dieses Archivs vom Jahre 1865 eingehaltene Ver- hältniss reicht ein Gewichtstheil Essigäther aus. Eine solche fertige Tinctur verträgt noch eine Verdünnung mit der Hälfte ihres Gewichtes destillirten Wassers, aber nicht mehr; sie ist dann noch eine Kleinigkeit stärker als das Präparat der ursprünglichen Vorschrift.

219

3. Naturgeschichte und Pharma- kognosie.

Botanische Notizen aus Caracas; von

G.: A Ernst.

l. Schnelligkeit des Wachsthums von Musa sapientum L.

Im Septemberhefte 1865 dieses Journals machte Herr Geheimerath Prof. H. R. Göppert einige Mittheilungen über die Schnelligkeit des Wachsthums der Pflanzen, die mich veranlassten, ähnliche Beobachtungen an der oben genannten Pflanze anzustellen. Ich vereinte damit zu- gleich die Absicht, eine etwaige Verschiedenheit in der Vegetationsgeschwindigkeit bei Tage oder bei Nacht zu ermitteln. Ein Musastamm wurde 2 Fuss über dem Bo- den horizontal abgeschnitten. Der frische Schnitt be- deckte sich bald mit einer gallertartigen, vollständig farb- losen Substanz, welche in kaltem Wasser und Alkohol von gewöhnlicher Temperatur vollkommen unlöslich, in kochendem Wasser dagegen ein wenig löslich war. Da der Saft des Stengels von Musa in hohem Grade ad- stringirend ist und auf Leinewand unauslöschliche Flecke hervorbringt, so war ich erstaunt zu finden, dass diese Substanz durchaus geschmacklos war und keine Flecken gab. Der Schnitt wurde gemacht am 3. August 1866, Nachmittags 6 Uhr. Die nachfolgende Tafel giebt die beobachteten Resultate.

15°

220 @. A. Ernst,

Zeit der Vegetations- Wetter. Beobachtung. geschwindigkeit.

Aug. 3. 6bP.M. -- klar Pd. 6R AM. 31mm klar aM GES N 36 heiss u. trocken 5, RAN, 39, ein wenig Regen aetsst 08 FM: 517, bewölkt Enzo. Gm. .M. 52), klar, warm DL 6. RB EM: 60, sonnig, warm ad. LORAM, 65, etwas Regen ENT. 068 PEN 80 warm, sonnig ERTLD. z A.M. 70, Regen Ben D. M. 72, wenig Regen.

Der a für 120 Stunden betrug dem- nach 539m oder beinahe 21” rheinl., also stündlich im Durchschnitt beinahe 4,5" oder etwas mehr als 2 Linien. Die einzelnen Zahlen der Tafel zeigen zugleich, dass Tag und Nacht keinen ersichtlichen Einfluss haben; Wärme und Feuchtigkeit sind die hauptsächlichsten be- stimmenden Elemente.

2. Anıylumkörner in den Zellen des Stengels strauchartiger Urticeen.

Das Genus Urera von Gaudichaud enthält bekannt- lich eine Reihe strauchartiger Gewächse, von denen die Umgegend von Caracas, so weit ich wenigstens bis jetzt beurtheilen kann, drei verschiedene Arten besitzt, näm- lich U. caracasana Gaud., U. elata Griseb. und U. bac- cifera Gaud. Beim Aufsuchen der Raphides, deren Stu- dium nach Gulliver’s Beweisführung von nicht gerin- ger systematischer Wichtigkeit ist, fand ich im Stengel aller drei Species zahlreiche elliptische Körner, die sich durch die Prüfung mit Jodtincetur als Amylum auswiesen. Die Menge derselben ist grösser in Pflanzen, welche sich im ruhenden Vegetationsstadium befinden. Die jungen Triebe, welche seit der jetzigen Regenzeit sich entwickelt

haben, zeigen wenige, oft gar keine Körner.

botanische Notizen aus Caracas. 221

3. Ueber die Pulpa in den Früchten der Randia.

Randia aculeata L., R. Moussaendae DC. und nament- lich R. armata DC. finden sich häufig im Gebiete unse- rer Flora. Da ich zahlreiche Früchte der beiden letzt- genannten Arten gesammelt hatte, um Samen zum Ver- senden zu bekommen, hatte ich Gelegenheit, die schwärz- lich-braune Pulpa, in welcher die Samen liegen, ' einer näheren Prüfung zu unterwerfen. Geruch und Geschmack erinnern so lebhaft an die Pulpa von Cassia fistula, dass es nahe lag, einen ähnlichen Einfluss auf den Örganis- mus zu erwarten. Und in der That stellte sich heraus, dass sie gleichfalls als eine gelinde Purganz wirkt, welche unbedenklich statt Cassia fistula angewendet werden kann.

4. Gummi von Acacia Ouyrarema DC, (DC. Prod. II. 469. No. 208.)

Diese wie es scheint bis jetzt nur aus Guayana be- kannte Species erscheint nicht selten bei Turmero in den fruchtbaren Thälern von Aragua, von wo mir Zweige und Gummi übersandt wurden. Obgleich jene weder Blüthen noch Früchte hatten, kann doch über die Bestim- mung dieser so markirten Species kaum ein Zweifel blei- ben. Das Gummi gleicht fast genau dem Gummi ara- bicum, ist aber etwas dunkler, selbst in den reinsten Stücken. Es könnte sehr wohl das arabische Gummi ersetzen, namentlich wenn es durch sorgsame Gewinnung hellfarbiger geliefert werden könnte. Doch steht zu be- fürchten, dass es weit theurer kommen würde als impor- tirte Waare. Ricinus wächst z. B. in allen Ecken und Enden des Thäles von Caracas, wie in Venezuela im Allgemeinen und doch kann die Oelproduction hier nicht mit Vortheil betrieben werden und alles Ricinusöl wird importirt. Die Arbeitskraft ist hier zu Lande zu theuer, einmal weil es an Arbeitern fehlt und zweitens weil die vorhandenen Arbeiter selten Lust zur Arbeit haben.

222 G. A. Ernst,

5. Gelber Farbestoff von Xanthoxylum Ochroxylum DC. (DOG, P0ETLT25.:N0,3:)

Dieser mit eigentbümlich gebauten Dornen bewehrte Baum ist nicht selten bei Caracas und unter dem Namen Bosia bekannt. Die Dornen haben eine kurze, harte Spitze, die auf einer breiten, halbkreisförmigen Basis sitzt. ° Die innere Rindenschicht ist rein safrangelb und wird vielfach zum Färben benutzt, so dass man in der Nähe der Ortschaften selten einen Stamm findet, der nicht unverkennbare Spuren wiederholter Abschälung zeigt. Die Farbe hat ein gutes Aussehen, ist aber nicht recht dauerhaft. Amarillo como bosia gelb wie Bosia ist eine geläufige Redensart im Volksmunde mit Bezug auf einen sehr hohen Grad der Gelbsucht *).

6. Blausäure in den Früchten von Ximenia americana L.

Ximenia americana L. ist eine sehr gewöhnliche Pflanze in der untern Region des Catuche, des Fiusses, welcher die Stadt Caracas mit Trinkwasser versorgt. Die Pflanze hat die Vulgärnamen Manzana de Guayava (Gua- yava-Apfel, wegen der Aehnlichkeit mit den Früchten von Psidium Guava Radd.) und Manzana del Diablo. Die Frucht, welche uns hier nur interessirt, ist von Jacquin (Selectarum stirp. Amer. hist. 1763, p. 107) ziem- lich gut beschrieben. Schon im unentwickelten Zustande zeigt sie einen penetranten Geruch nach Blausäure, wenn sie zerschnitten oder zerrieben wird, also ähnlich wie bei den Mandeln. Sollte dies die Ansicht Derer bestä- tigen, welche die fertige Existenz der ätherischen Oele in der Pflanze bezweifeln und deren Entstehen vielmehr von dem Moment der mechanischen Zerstörung der Zelle datiren? Oder liegt es wahrscheinlicher nur daran, dass die geschlossene Zelle ein Verbreiten des flüchtigen Zell- inhalts unmöglich macht?

*) Dieser Farbstoff möchte wohl Berberin sein, da dieses gelbe Alkaloid auch in Xanthoxylum earibaeum vorkommt. H. Ludwig.

-

botanische Notizen aus Caracas. 223

7. Veber die giftigen Eigenschaften von Euphorbia

earacasana Boiss. (Auszug aus einer bereits in Seemann’s Journal of Botany, 1866, IV. publieirten Arbeit.)

Euphorbia caracasana Boiss. gehört zur Section Alec- toroctonum und unterscheidet sich von der nahe verwand-. ten Species E. cotinifolia L. vorzugsweise durch die ge- zähnelten Drüsenanhängsel, während dieselben bei der letzteren Art ganzrandig sind. Die Pflanze ist gemein "im Thale von Caracas und unter dem Trivialnamen ZLe- chero, d.h. Milchner, bekannt. Sie ist gewöhnlich ein Strauch, erreicht aber gelegentlich bedeutende Dimen- sionen, 50— 60° Höhe und 9— 10 Stammdicke. Aus den Stämmen grösserer Exemplare fliesst beim Verletzen der Rinde eine reichliche weisslich-gelbe Milch von bal- samischem Geruch und wenigstens anfangs indifferentem Geschmack. Ich brachte nur 2 Tropfen auf meine Zunge, fühlte aber schon nach einer halben Stunde ein heftiges Brennen im Schlunde, das selbst durch wiederholtes Aus- spülen des Mundes mit kaltem Wasser nicht beseitigt wurde. Bald stellten sich heftige Nausea ein und nach fünfmaligem Erbrechen war der Organismus wieder in leidlicher Ordnung. Ein Theil der Milch war in meine Augen gekommen und verursachte eine heftige Entzün- dung von glücklicher Weise sehr kurzer Dauer. Auf der Haut zeigte sich die Milch nicht kaustisch. Der Einfluss der Milch scheint weniger energisch, wenn der Magen Speise enthält; am Morgen der Excursion, wo ich den Versuch anstellte, war ich noch vollkommen nüch- tern. Ich nahm Milch in einer Flasche mit nach Haus. Ein Theil derselben war coagulirt. Das specif. Gewicht war 0,97. Sie erhärtete nicht an der Luft, sondern bil- dete eine klebrige, gelbliche Substanz, die in fetten Oelen löslich war. Das alkoholische Extract enthielt viel Harz. Nach 24 Stunden war die Milch vollständig sauer.

Ich gab 5 Grm. derselben einem Meerschweinchen; es er- folgte zweimaliges Erbrechen und das Thier zeigte sich wie-

224 @. A. Ernst,

der vollkommen wohl. Ein zweites Meerschweinchen erhielt 10 Grm. und starb nach wiederholtem Erbrechen nach 3 Stunden. Ein mittelgrosses Kaninchen hatte 20 Grm. bekommen und starb nach einer halben Stunde. Im Rectum beider Cadaver zeigten sich zahlreiche rothe Flecken.

Die Milch ist demnach ein drastisch scharfes Gift und ist es wohl glaublich, dass manche Indianer Bra- siliens unter anderem auch die Milch der so nahe ver- wandten E. cotinifolia L. als Pfeilgift benutzen, wie Dr. Masters in Lindley’s Treasury of Botany 1. 477 erwähnt.

8. Guachamaca, eine Giftpflanze aus den Llanos von Venezuela,

Diese Pflanze gehört zu den Apocyneen, deren gif- tige Eigenschaften allbekannt sind. Sie ist so giftig, dass selbst Fleisch, welches an Stöcken aus Guachamacä- Holz gebraten wird, gleichfalls zum tödtlichen Gifte wird. Die Bewohner der Llanos benutzen die Pflanze nicht sel- ten, um Kraniche und Reiher an den Ufern der grossen Lagunen zu erlegen. Eine Anzahl kleiner Fische wer- den mit dem Safte des Guachamacä bestrichen und an Stellen ausgelegt, wo sich gewöhnlich jene Sumpfvögel einfinden. Der Vogel soll todt niederfallen, so wie er nur den vergifteten Bissen mit dem Schnabel ergreift. Der Jäger eilt dann schnell herbei, schneidet dem Thiere Kopf und Hals ab und der Rest des Körpers bleibt so- - mit vollkommen frei von dem Gifte und kann genossen werden.

Vor einigen Jahren ereignete sich eine entsetzliche Vergiftungsgeschichte durch Guachamacä in Nutrias, einer Stadt im jetzigen Venezuelanischen Staate Apure. Eine Frau wurde eifersüchtig auf ihren Liebhaber, da dieser einer andern Frauensperson Aufmerksamkeiten zu erwei- sen anfing und sie beschloss, sich zu rächen, Da es nun in jenen abgelegenen Gegenden weder forensische Medi-

FE botanische Notizen aus Caracas. 225

einer noch Chemiker giebt, es also rein unmöglich ist, einen Mord zu constatiren, wenn keine äusseren Spuren der Gewaltthat ersichtlich sind, so beschloss sie ihren Liebhaber durch vergifteten Masato zu tödten. Der Ma- sate ist ein Lieblingsgetränk der Bewohner von Apure, aus gekochtem Mais, welchen man dann in Wasser gäh- ren lässt. In dieses Getränk legte sie Stücke Guacha- machä für einige Zeit und präsentirte es dann ihrem Opfer. Der Anblick des verführerischen Gebräus ver- anlasste den nichts Ahnenden, mehre seiner Freunde und Nachbaren einzuladen, und unter diesen auch die ver- hasste Nebenbuhlerin. Da die Frau indess nicht wünschte, Jemand anders ausser ihrem treulosen Liebhaber zu ver- giften, bereitete sie schnell während seiner Abwesenheit eine zweite Portion Masato ohne Gift. Die Sitte der Llanos verlangte aber, dass der einladende Wirth seinen Antheil mit dem der Gäste vermischte und darauf füll- ten alle ihre Schalen aus Crescentia-Früchten. Von den elf versammelten Personen entging nur die verbreche- rische Anstifterin dem Tode; selbst die Affen und das Geflügel das Hauses, welche auch :ihren Theil erhalten hatten, starben. Die Sprache jener Gegenden bezeich- net dergleichen Vergiftungen mit einem eigenen Verbum guachamacar. So berüchtigt ist der Guachamacä, dass Ramon Paez erzählte, seine Llanero-Begleiter hätten sich auf das Entschiedenste seiner Idee widersetzt, Pflan- zen und Früchte behufs einer genauen Bestimmung in seinem Gepäck mitzunehmen; sie drohten sogar ihn zu verlassen, wenn er es thun wollte.

Die Pflanze ist botanisch noch. nicht recht genau bekannt. Humboldt erwähnt sie nicht; denn der Name Guaricamo, obgleich synonym mit Guachamacd, wird in Kunth’s Synopsis auf die Patrisia affinis bezogen (II. 289), eine Passiflore, und giftige Eigenschaften werden gar nicht genannt. Selbst die Ryania coccinea des Reise- werkes (engl. Ausgabe I. 224) hat nicht die Aufmerk- samkeit des grossen Forschers so erregt, wie es der

226 GG. A. Ernst, botanische Notizen aus Caracas.

wirkliche Guachamacä sicherlich gethan hätte. Don Ra- mon Paez in seinem interessanten Buche: Wild Scenes in South America (New York 1862) sagt, die Pflanze sei erst in neuester Zeit in Apure eingewandert (doch wo- her?), da die ältesten Bewohner sich aus ihrer Jugend nicht des Guachamacä erinnern. Sollte dies wirklich sein, so wäre Humboldt’s Schweigen über ein so auf- fallendes berüchtigtes Vegetabil zu erklären. Ich weiss nicht, ob Karsten bereits den Guachamacä botanisch bestimmte, da leider kein einziges Exemplar seines theu- ren Werkes „Florae Columbiae specimina selecta“ in Cara- cas existirt. Die einzige mir bekannte Beschreibung fin- det sich in einem Werke eines Franzosen, Dr. Renat de Grosourdy, EI Medico botdnico eriollo, Paris 1864, 4 Vol. (1.295). Ich reproducire hier seine Beschreibung, indem ich indess die breite Weitschweifigkeit des spani- schen Originals durch die strenge Kürze der wissenschaft- lichen Sprache vermeiden will.

Guachamaca toxicaria R. de Gros., loc. cit. BRhizoma perpendiculare crassum, diametro interdum 6-pollicari, ligno albo levi, cortici tenui brunnea longitudinaliter striata, radiculas longas crassiusculas e parte inferiori emittens. Caules fruticosi numerosi recti subsimplices (8°—12° alt. 2“— 21,“ diam.), ramis oppositis ex axillis foliorum, cor- tice brunnea albo-notata. Folia simplicia integra oppo- sita subsessilia ovato-lanceolata, apice basique attenuata, mucronata obtusa, utraque facie glabra, supra intense viridia, subter pallidiora, nervo venisque prominentibus (venis 11—13, inferioribus oppositis, superioribus alter- nis), 5“ long. 2”—2)/,* lat. Flores luteo-virides axilla- res conferti longe pedunculati, pedunculo filiformi uni- floro pollicari et ultra (12% 15° long.) glabro apicem versus incrassato; calyx monosepalus 5-partibus lobulis margine membranaceis triangularibus acutis lineam lon- gis; corolla hypocrateriformis calycem multoties supe- rans, tubo basi ampliato pentagonali extas glabro intus pubescenti, limbo 5-partito, lobulis longis patentibus vel

Björklund, über Flores Cinae. 227

usque ad calycem reflexis margine undulata, extus gla- bris intus pilis longis albis instructis; filamenta fauce corollae inserta, antherae conniventes pubescentes. Ova- rium subsphaericum sulco verticali paululum notatum, disco hypogynio; stylus albus filiformis longiusculus, stigma capitatum glandulosum, termino inferiori et in- teriori antherarum adhaerens. Fructus ignotus.

Frutex orgyalis vel biorgyalis.. Habitat in provincia Apurensi Venezuelae. Guachamacä incolarum. (Planta a me non visa!)

Vorläufige Mittheilung über Flores Cinae;

von

Dr. G. A. Björklund *).

Was die Abstammung betrifft, sagt Prof. Henckel in seinem Handbuche der Pharmakognosie Folgendes:

„Die nicht vollkommen ausgebildeten, noch geschlos- senen Blüthenkölbchen mehrer Arten Artemisia Linne (Ordn. Corymbifera), welche in Persien, der Bucharei, an den Ufern der Wolga, wie auch im nördlichen Afrika gesammelt werden, bilden die verschiedenen Sorten des Wurmsamens. Den Namen Semen sanctum sollen sie erhalten haben, weil sie aus dem heiligen Lande kamen, Semen Cinae, weil man glaubte, dass China das Vater- land derselben sei.“

Nach den neuesten Nachrichten wachsen dieselben in ungeheuren Massen in der Kirgisensteppe nördlich von Turkestan in der Umgegend des Flusses Aris unweit von der Stadt Ikan.

Zur Zeit der Einsammlung finden sich dort noma- disirende Kirgisen ein, welche die obersten Spitzen der betreffenden Artemisia-Arten abstreifen und dieselben an

*) Separatabdruck aus der Pharmae. Zeitschrift für Russland. 1867. 5. Heft vom Hrn. Verfasser eingesendet. D. Red.

228 Björklund, über Flores Cinae.

Kaufleute für circa 1 Rubel per Centner verkaufen. Von Turkestan werden die Wurmsamen mit Karawanen nach Örenburg gebracht und von da über Nishni-Nowogorod nach St. Petersburg befördert.

Ein anderer Theil ging früher nach Osten über Tasch- kend, Kaschgar, Jorkand durch Tibet oder den nörd- lichen Weg über Kuldscha nach China. Dieser uralte Handelsweg Central-Asiens bat in neuerer Zeit seine Be- deutung verloren und wird nur wenig noch durch Kara- wanen bereist, erstlich weil die in neuerer Zeit entwickel- ten Handelsverbindungen Chinas mit Europa den Wasser- weg einschlagen und zweitens, weil das Gebiet zwischen Taschkend und Kaschgar von Kokandern unsicher ge- macht wird, während der nördliche Weg über Kuldscha schon seit drei Jahren aus dem Grunde gar nicht mehr eingeschlagen wird, weil ein räuberisches Volk, genannt Dunganen, vor drei Jahren die Stadt Kuldscha überfallen

und ein Lager von 60,000 Tschibycken (Kisten) Thee

verbrannt hat.

Für das Jahr 1868 haben wir die Flores Cinae in bester Qualität im Handel zu erwarten, da Fachmänner jetzt dieses Geschäft in die Hand genommen haben. Nur die in rechter Zeit gesammelte, gut behandelte und verpackte Waare wird in den Handel gebracht, während der Rest an Ort und Stelle zu Santonin verarbeitet werden soll.

Ich habe Hoffnung, in diesem Jahre eine genaue Beschreibung der Pflanze, so wie auch einige getrock- nete Exemplare zu Herbarien zu bekommen und werde mir alsdann erlauben, darüber Näheres zu berichten.

229

EEE. Monatsbericht.

Ueber die Darstellung grosser Salpeterkrystalle.

J. Stinde giebt in Nachstehendem seine Erfahrungen über diesen speciellen Gegenstand und berücksichtigt nur die eigentlichen Handgriffe, welche zum Gelingen der Operation nothwendig sind, geht dabei von schon einmal raffinirtem Kalisalpeter aus, oder noch besser von dem Salpeter, welcher durch Umsetzen des Chilisalpeters mit Chlorkalium erhalten wird und bei der ersten Krystalli- sation anschiesst.

Man bereitet eine Lauge von gedachtem Salpeter und destillirtem Wasser, und zwar kann man sich hierzu eines eisernen Kessels bedienen. Eine beliebige Menge Was- ser wird zum Sieden gebracht und nach und nach Salpeter eingetragen. Mit dem Eintragen hört man auf, wenn die Lauge heiss gemessen 290 an der Beaume@’schen Senk- waage zeigt. Nach Erzielung dieses Punctes wird der Lauge eine kleine Quantität in heissem Wasser zergan- genen Leimes hinzugefügt, und man beginnt die Lauge zu schäumen. In den meisten Fällen wird !/;, Pfd. Leim auf 1 Ctr. Salpeter genügen. Der praktische Blick muss hier den Ausschlag geben, eine Regel lässt sich darüber eigentlich nicht aufstellen. Ist der Kessel rein, d.h. ist sämmtlicher Schaum abgenommen, so lässt man das Feuer gänzlich ausgehen; der Kessel bleibt sich so lange selbst überlassen, bis sämmtliche Flocken und Unreinigkeiten am Boden liegen und die Lauge vollkommen klar erscheint.

Zum Ausbringen der Lauge in die Krystallisirgefässe bedient man sich eines grossen kupfernen Schöpflöffels und einer hölzernen Rinne, welche vom Kessel in ein Filtrirgestell führt. An dem Filtrirgestell hängt ein grosser Spitzbeutel, auf welchem einige grosse Bogen groben weissen Filtrirpapiers liegen. Ein zweiter grobmaschiger Spitzbeutel wird, damit die letzteren in ihrer Lage bleiben, in den ersten gehängt. Unter dem Spitzbeutel kommt ein Holzkübel zu steken, der so erhöhet wird, dass das eine Ende einer darauf gelegten Holzrinne sich genau unter der Spitze des Beutels befindet und hinreichend Gefälle vorhanden ist, wenn das andere Ende der Rinne

Die W

a En a a ae, 00 gie 230 Neu entdecktes Steinsalzlager bei Schönebeck. auf die Ränder der übrigen Krystallisirgefässe gelegt wird. Das Ausfüllen der Lauge besorgt ein Arbeiter, ein zweiter übernimmt die Klarmachung des Filters, von dem stets ein zweites in Reserve sein muss, ein dritter trägt Sorge für die richtige Füllung der Krystallisirbottiche. Diese Bottiche sind aus Tannenholz angefertigt, haben eine Höhe von circa 2 Fuss und einen Durchmesser, am Boden 31, Fuss, am oberen Rande von 3 Fuss 8 Zoll, und sind mit genau schliessendem Deckel von Tannen- holz versehen. Diese Bottiche werden bis zur Höhe von 1!/, Fuss voll Lauge gelassen, mit dem Deckel verschlos- sen und bleiben 3 Tage stehen. Nach dieser Zeit ist die Krystallisation beendet. Während dieser Zeit bleibt das Lokal, worin sich die Bottiche befinden, geschlossen, es muss jede Berührung sorgfältig vermieden werden. Nach Beendigung der Krystallisation wird die Lauge vorsichtig abgeschöpft und wieder in den Kessel gebracht, um mit neuem Salpeter verstärkt zu werden. Die Bottiche setzt man über einander und lässt die Lauge gehörig ablecken und antrocknen, wozu 18 bis 24 Stunden nöthig sind. Die erhaltenen Krystalle werden durch vorsichtiges Klopfen der Fässer von Aussen abgetrennt und in Trockenräumen bei geringer Wärme getrocknet.

Nach Einhaltung der eben beschriebenen Operationen gelingt es stets, prachtvolle, grosse, prismatische Krystalle zu erhalten, welche um so klarer ausfallen, je blanker die Mutterlauge gekocht wurde. (Hamburg. Gewerbebl. 1866.) B.

Ueber ein in der Nähe von Schönebeck neu ent- decktes Steinsalzlager.

Die vom Staate betriebene Tiefbohrung in der Nähe von Schönebeck hat nach Meldung des „Staats- An- zeigers“ zum Aufschlusse eines Steinsalzlagers in der Tiefe von 1091 Fuss unter der Erdoberfläche geführt. Man wird das Bohrloch im Steinsalz zunächst bis zu einer Tiefe von 150 —200 Fuss fortsetzen, um sich von der Beschaffenheit des Salzes zu überzeugen und für die spätere Ausbeutung mittelst Zuführung süssen Wassers, welches nach der Sättigung mit Salz empor gepumpt wird, die genügenden Flächen zum Angriffe zu erhalten. Die Untersuchung ist von ganz besonderer Wichtigkeit, um fest zu stellen, ob das Steinsalzlager eine ähnliche Zusammensetzung wie das von Stassfurt habe, dessen

Ir Is Gr 2 Da er Ze 1 ee u EA er N ae, Re

Tr Process und Theorie der Sodafabrikation. 2831

obere Schichten aus einer Reihenfolge von kalihaltigen Salzen bestehen, deren Ausbeutung für die Industrie und Landwirthschaft von sehr grosser Bedeutung ist. Aber auch in dem Falle, wenn die kalihaltigen Salzschichten fehlen sollten, wird der neue Aufschluss des Steinsalzes in der Nähe des Elbstroms und der Siedehäuser der Saline zu Schönebeck grosse technische Vortheile bei der Salz- fabrikation gewähren. B.

Process und Theorie der Sodafabrikation.

E. Kopp empfiehlt zur Nutzbarmachung der Rück- stände von der Sodafabrikation und von der Darstellung des Chlors das folgende Verfahren: Die flüssigen und sauren Rückstände, die man bei der Chlorkalkfabrikation erhält, befreit man durch Absetzen von den in ihnen suspendirten festen Substanzen, und fügt ihnen dann in Bassins gerade genug Soda- Abfälle zu, um das in ihnen enthaltene freie Chlor zu zerstören und das Hyper- und Sesquichlorid von Mangan und Eisen in Monochlorid zu verwandeln. Es fällt Schwefel nieder, den man sammeln kann, und es entwickelt sich etwas Schwefelwasserstoff, den man durch Eisenoxyd absorbiren lassen kann. Die entchlorte, aber noch saure Flüssigkeit wird nun in be- sondere Apparate gepumpt, in welchen sie vollständig mit Soda-Aescher gesättigt wird. Es entwickelt sich hierbei sehr viel Schwefelwasserstoff, der zu Wasser und schwef- liger Säure verbrannt werden kann.

Setzt man den Soda-Aescher der Luft aus, so ver- wandelt sich das Calciumoxysulfuret (2 CaS, CaO) in zweifach Schwefelcaleium und in Aetzkalk, durch weitere Oxydation geht das Disulfid in unterschwefligsauren Kalk über, der beim Trocknen sich in ein Gemenge von schweflig- saurem Kalk und Schwefel verwandelt. Das schweflig- saure Salz geht durch fernere Oxydation in schwefelsaures Salz über, während der freie Schwefel sich mit neuen Mengen Schwefelcaleium zu Disulfid oder Polysulfiden vereinigt.

Die in Folge dieser Reactionen beim Auslaugen er- haltenen gelben bis orangefarbigen alkalischen Flüssig- keiten, die Polysulfide und unterschwefligsauren Salze von Natron und Kalk enthalten, lässt man während der Sommermonate in dünnen Schichten der Luft ausgesetzt, und so erhält man durch Oxydation unterschwefligsaure

232 Process und Theorie der Sodafab een 2%

Salze und freien Schwefel. Dasselbe wird auch erreicht, wenn man die Flüssigkeit mit schwefliger Säure behandelt. (Compt. rend. T. 61. 1865.)

In der darüber sich anknüpfenden Discussion hatte Dumas gesagt, dass die zahlreichen Analysen von Kopp seine Ansicht über das Vorhandensein eines in kaltem Wasser unlöslichen Calciumoxysulfurets und über die Theorie des Sodaprocesses überhaupt bestätigten. Dagegen macht nun Scheurer-Kestner geltend, dass zwar in den Rückständen Kalk und Schwefelcaleium vorhanden seien, dass aber, wie er schon früher gezeigt habe, das Schwefelcalcium allein hinreichend unlöslich sei, um bei der Auflösung des kohlensauren Natrons nicht zersetzend auf dieses einwirken zu können. Man brauche daher die Dumas’sche Hypothese von einem unlöslichen Caleium oxysulfuret gar nicht. ;

Uebrigens könne man auch nicht behaupten, dass sich die Soda-Rückstände allgemein durch ein und die- selbe Formel ausdrücken liessen. Hätte Kopp die aus verschiedenen Fabriken hervorgehenden Rückstände unter- sucht, so würden die Verhältnisse sich eben so veränder- lich erwiesen haben, wie die ursprünglichen zur Soda- fabrikation nothwendigen Substanzen variirt hätten. Alles, was man über die Beschaffenheit der Rückstände sagen kann, ist das, dass ihre Zusammensetzung sehr veränderlich ist und nach verschiedenen Fabriken nach Abzug der Kohlensäure zwischen CaS und 2CaS, CaO schwankt. (Compt. rend. T.61. 1865.)

Zur Widerlegung dieser Ansichten von Scheurer- Kestner hat Kopp nun die Reaction, von reinem Kalk- hydrat, reinem Schwefelcaleium (CaS) und Soda-Rück- ständen verglichen und kommt zu dem Resultate, dass die dabei beobachteten wesentlichen Unterschiede es schwer erscheinen lassen, in den Soda-Rückständen freies Kalk- hydrat und freies Schwefelcalcium anzunehmen.

Eine Lösung von kohlensaurem Natron von 300B. wurde in zwei Hälften getheilt und die eine Hälfte mit 32,3 Grm. Kalkhydrat, die andere mit 155 Grm. Sodarückstand, welcher zufolge einer Analyse ebenfalls 32,3 Grm. Kalkhydrat enthielt, gleiche Zeit behandelt. Bei diesem Verhältnisse genügt der vorhandene Kalk, um alles Natron in Aetznatron zu verwandeln. Es wurde nun filtrirt und in gleichen Volumen des Filtrats die Caustieität titrirt. Hierbei fand sich, dass der Aetzkalk des Sodarückstandes unfähig ist, dieselbe Menge kohlen-

Ueber den Leblanc’schen Sodaprocess. 233

saures Natron in Aetznatron zu verwandeln, wie der freie kaustische Kalk.

Schliesslich erwähnt Kopp, dass nach vielfachen Versuchen in der Sodafabrik zu Dieuze dasjenige Ver- hältniss zwischen Kalk und schwefelsaurem Natron das beste Resultat ergeben habe, welches einen Rückstand im Verhältnisse 2 CaS, CaO gäbe, daneben fände sich aber stets so viel Kohlensäure, dass der überschüssige Kalk genau als kohlensaurer Kalk berechnet werden könnte. (Compt. rend. T. 61. Chem. Centrbl. 72.) Bi

Ueber den Leblane’schen Sodaprocess.

Die Resultate der sehr umfangreichen Arbeit J. Kolb’s über den Leblanc’schen Sodaprocess bestehen in Folgendem: Bei Gegenwart von lauwarmem oder kaltem Wasser findet zwischen Schwefelcaleium und kohlensaurem Natron keine Wechselwirkung statt. Es ist daher gleichgültig, ob man den kohlensauren Kalk im Ueberschusse gegen das schwefelsaure Natron anwendet (nach der Dumas’schen Gleichung 2 (NaO, S03) + 3(Ca0,002) +12C = 2(Na0,CO2) + (CaO,2Cas) 1000-3 C), oder ob man beide Salze zu gleichen Aequi- valenten anwendet (nach der Gleichung von Dubrunfaut: Na0, S03—+ 0a0, C0?-—- 40 —= Na0,C0?-+ CaS+4CO). Ist nämlich die Bildung des Oxysulfurets unumgänglich nothwendig, so muss das erste Verhältniss eine vollkom- men kohlensaure Soda geben, während das zweite nur eine Lauge von Schwefelnatrium geben darf. Ist dagegen das Schwefelcaleium wirklich in alkalischen Laugen un- löslich, so dürfen beide Resultate nur in Bezug auf die Causticität differiren, die bei dem ersten Verhältnisse wegen des überschüssigen Kalks grösser sein muss. Kolb hat nun (bei Versuchen im Grossen) gefunden, dass das durch Einwirkung von Kohle auf ein Gemenge von gleichen Aequivalenten schwefelsauren Natrons und kohlensauren _ Kalks entstandene kohlensaure Natron und Schwefelcaleium sich leicht durch Auslaugung mit lauwarmem oder kaltem Wasser trennen lässt.

Die erste Reaction, die im Ofen vor sich geht, ist die Reduction des schwefelsauren Natrons, wobei Kohlen- säure, nicht Kohlenoxyd entsteht, während gleichzeitig der kohlensaure Kaik in freien Kalk übergeht. Man erhält auch eine ganz gleiche und vollkommen kohlensaure Soda, wenn man die Kreide durch Kalk ersetzt. Es geht aus beiden Thatsachen hervor, dass die Kohlensäure der Kreide

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds, 3. Hft. 16

234 Ueber den Leblanc’schen Sodaprockss,

nicht zur Bildung der Soda beiträgt, und Versuche im Laboratorium haben Kolb zu dem Schlusse geführt, dass es die theils durch Reduction des schwefelsauren Natrons entstehende, theils in den Ofengasen enthaltende Kohlen- säure ist, unter deren Einflusse die Endreaction sich vollzieht. Es wird dadurch erklärlich, warum man in geschlossenen Tiegeln so schwierig Soda bereiten kann, während es sehr leicht in einer von Kohlensäure durch- strömten Röhre gelingt. Man kann demnach die Bildung der Soda durch drei Gleichungen versinnlichen:

Na0,S03 + 2C = 2C0O? + NaS

Ca0,C0? 7 C = 2CO + Ca0

NaS + CaO + CO? (im Ueberschusse)

Na0, CO? 4 CaS.

Ganz trockene Luft hat zwischen 00 und 1000 keinen wahrnehmbaren Einfluss auf rohe Soda. Sie wirkt selbst nicht durch ihre Kohlensäure. Versuche haben nämlich gezeigt, dass vollkommen trockene Kohlensäure weder auf wasserfreien Kalk, noch auf wasserfreies Schwefel- calcium einwirkt. Bei Rothgluth, und selbst etwas darunter, oxydirt dagegen die Luft das Schwefelcalcium und der gebildete schwefelsaure Kalk wirkt beim Auslaugen schäd- lich. Feuchte Luft wirkt im Gegentheile sehr energisch auf rohe Soda, indem sie an den Kalk Wasser und Kohlen- säure abgiebt und das Schwefelcalcium oxydirt.

Beim Auslaugen der rohen Soda erhält man ein ver- schiedenes Resultat, je nach der Concentration der Flüssig- keit, der Dauer der Behandlung mit Wasser und Tem- peratur. Die längere Dauer der Digestion und eine er- höhte Temperatur begünstigen nicht nur die Caustification eines T'heils der Soda durch den Kalk, sondern sie be- wirken auch eine geringe Reaction zwischen Schwefel- ealeium und kohlensaurem Natron, die auf der Bildung von Caleiumsulfhydrat zu beruhen scheint. Die Concen- . tration der Lauge und die Gegenwart von kaustischem Natron treten dieser Bildung entgegen, die durch über- schüssigen Kalk verhindert wird. Wenn es also von Nutzen ist, in der rohen Soda etwas freien Kalk zu haben, so hat dies nur den Zweck, eine geringe Menge kaustisches Natron zu erzeugen, das der Schwefelung entgegenwirkt. (Compt. rend. T. 62; Annal. de Chim. et de Phys. T.7.)

b

Hieran sich anschliessend folgen die Resultate aus J. Pelouze’s Arbeit über den Leblane’schen Sodaprocess. Rohe Soda ist nach Analyse und Reactionen Pe-

Schwefelsaurer Baryt. Kohlensaurer Kalk. 235

louze’s ein Gemenge von kohlensaurem Natron, Schwe- felealeium, kohlensaurem Kalk und freiem Kalk. Durch verlängerte Einwirkung von Wasser giebt die rohe Soda eine gewisse Menge kaustisches Natron, die im Verhält- nisse zu dem in ihr enthaltenen freien Kalke steht. Unter diesen Bedingungen hinterlässt die Soda einen Rückstand, in welchem aller Kalk durch Kohlensäure gesättigt ist, und der unfähig ist, kohlensaures Natron zu caustificiren. Man kann ihn mit einem kohlensauren Natron behandeln, ohne dass dabei die geringste Menge kaustisches Natron entstände, was unfehlbar der Fall sein müsste, wenn in diesem Rückstande Kalk mit Schwefelcaleium verbunden wäre. Da beim Auslaugen der Soda im Grossen die Bedingungen für eine vollkommene Reaction des freien Kalks auf das kohlensaure Natron nicht gegeben sind, so enthält der Rückstand öfters etwas freien Kalk, ge- wöhnlich 1—3, manchmal sogar 3—6 Proc. Hat man aber eine rohe Soda, so kann man, je nach der Art, wie man auslaugt, in dem Rückstande freien Kalk lassen, oder nicht, und es ist daher erklärlich, wie manche Rück- stände kohlensaures Natron caustificiren können, während andere dies nicht thun. Endlich beweist zur Zeit nichts die Existenz eines Calciumoxysulfurets 2 CaS, CaO, noch die einer anderen Verbindung zwischen Kalk und Schwefel- ealeium. (Compt. rend. T.62. 1866. Chem. Centrbl. 1866. 19.) B.

Schwefelsaurer Baryt

ist bekanntlich ebenso wie schwefelsaurer Strontian und schwefelsaurer Kalk in kochender Schwefelsäure lös- lich. Er löst sich nach Nickles aber auch in kalter Schwefelsäure, wenn er in dieser erzeugt wird, wenn man also fein gepulvertes Chlorbaryum in die concentrirte Säure bringt. Bei dem Verdünnen mit Wasser fällt das Barytsalz nieder. Bemerkenswerth ist, dass schwefelsaurer Baryt am leichtesten, das entsprechende Kalksalz aber am schwersten in Schwefelsäure löslich ist. (Silliman Americ. Journ.) Dr. Reich.

Kohlensaurer Kalk ist nicht ganz uflöslich in Wasser. Kocht man eine Lösung von doppelt-kohlensaurem Kalk sehr lange, so fällt zwar die grösste Menge des Kalkes nieder, indem ein Theil der Kohlensäure entweicht, aber im Liter Wasser

16 *

TREE RR ERBETEM 170) 0 236 Bereitung von reinem Kalk zur Elementaranalyse.

bleiben nach A. W. Hofmann 0,034 Grm., nach Cruse 0,036 Grm. kohlensaurer Kalk gelöst. Auf eine der Zer- setzung entgangene Spur von doppelt-kohlensaurem Kalk ist diese Erscheinung nicht zurückzuführen, denn das klare Wasser trübt sich mit Kalkwasser nicht, was geschehen würde, wenn überschüssige Kohlensäure ‘vorhanden wäre. (Hofmann im Quart. Journ. of the Chem. Soc. Üruse in den Annal. der Chem. und Pharm.) Dr. Reich.

Chlorbaryum als Mittel gegen Bildung von Kesselstein.

Zur Verhütung des Kesselsteines macht der Director der chemischen Fabrik in Griesheim a. M. auf ein Mittel aufmerksam, das ihm vorzügliche Dienste ge- leistet habe. Es ist dies nämlich Chlorbaryum, von dem man für jedes Quadratmeter Heizfläche ı Pfd. in den Kessel bringt. Nach 2—4 Wochen wird eine neue Quan- tität hinzugesetzt und damit so lange fortgefahren, bis der Kessel gereinigt werden soll. Die Kosten betrugen dort für einen Kessel von 40 Quadratmeter Heizfläche monatlich 21), Thlr. Das dort in Anwendung gebrachte Speisewasser enthält Gyps und kohlensauren Kalk und giebt einen sehr festen Kesselstein. Bei Anwendung des erwähnten Mittels erhielt man aber statt dessen nur einen aus feinen Blättchen und Staub bestehenden Niederschlag. _ Die Wirksamkeit des Chlorbaryums beruht zunächst in der Umsetzung des Gypses; es bilden sich Chlorcalcium und schwefelsaurer Baryt. Letzterer ist ein feines schweres Pulver, das im kochenden Wasser auf- und abspielt und den ausgeschiedenen Kalk verhindert, sich fest zu setzen. Ob das Chlorbaryum auch bei Wasser, das nur kohlen- sauren Kalk enthält, gute Dienste leistet, ist noch nicht entschieden. (Bl. für Hdl. und Gew. 1866. 4.)

B.

Bereitung von reinem Kalk zum Gebrauche bei der Blementaranalyse,

Nach Fausto Sestini wird fein gepulverter Statuen- Marmor mit einer ziemlich concentrirten Zuckerlösung befeuchtet (so dass auf 100 Th. Marmor etwa 2 Th. Zucker kommen) im Sandbade getrocknet und bis zum Caustisch- werden geglüht; dadurch wird der vorhandene Gyps in Schwefelcaleium umgewandelt. Der genannte Kalk wird mit Wasser abgelöscht, die Kohle abgeschlämmt und das

Wolframsaures Natron zur Trennung von Calcium etc. 237

Kalkhydrat so lange ausgewaschen, bis das Waschwasser sich frei von Schwefelcalecium zeigt. Man löst hierauf den Filterrückstand in Salpetersäure, fällt die Lösung mit kohlensaurem Ammoniak, wäscht den erhaltenen koh- lensauren Kalk aus und brennt denselben durch fortgesetztes Glühen caustisch. Auf diese Weise wird der Kalk von Chlor und Schwefelsäure gänzlich frei erhalten. (Zischr. ‚für anaiyt. Chemie.) B.

Wolframsaures Natron zur Trennung von Calcium und Magnesium.

Nach E. Sonstadt bleibt eine gesättigte Lösung von schwefelsaurem Kalk, wenn man ein gleiches Volumen einer gesättigten Lösung von wolframsaurem Natron zufügt, vollkommen klar. Beim Erwärmen auf ungefähr 420 entsteht jedoch ein dichter Niederschlag. Diese Reaction ist so scharf, dass sie noch erkennbar bleibt, wenn das Verhältniss der Kalklösung wie 1: 114000 ist. Eine Lösung von Chlorcaleium verhält sich ebenso. Eine Lösung von schwefelsaurer Magnesia wird nicht durch wolframsaures Natron gefällt. Sind die Lösungen jedoch concentrirt, so erhält man beim Erwär- men derselben eine Krystallisation, die sich nur sehr schwer und auch nicht ganz vollständig in Wasser löst. Eine Flüssigkeit, die 2,000,000 Th. Wasser, 35 Th. schwefel- sauren Kalk und 33849 Th. schwefelsaure Magnesia ent- hielt, liess beim Erwärmen auf 700 einen vollkommen deutlichen Niederschlag fallen. Eine andere ganz gleiche Lösung, die aber kein Magnesiasalz enthielt, gab dagegen eine schnellere und deutlichere Reaction schon bei niedri- gserer Temperatur. Auf diese Weise lässt sich in einer Flüssigkeit, die auf ungefähr 56000 Theile 1 Th. Kalksalz und ungefähr 1000 Theile Magnesiasalz enthält, ersteres Salz noch deutlich erkennen.

Die Gegenwart von Ammoniaksalzen beeinträchtigt diese Reaction, noch mehr ist dies der Fall, wenn gleich- zeitig freies Ammoniak vorhanden ist. Die Reaction wird dann erst deutlich, wenn die Kalklösungen Y/goo bis Yıooo sind. Jedoch kann vollkommen genug Salmiak vorhanden sein, um die Fällung der Magnesia durch freies Ammoniak zu verhindern, auch kann das Ammoniak etwas über- schüssig sein, ohne dass dadurch die quantitative Bestimm- barkeit des Kalks nach dieser Methode wesentlich beein- trächtigt würde. Zur Ausführung der Operation empfiehlt

na. :. ah 238 Ueber Phosphormagnesium.

Sonstadt, dass man das Becherglas, in welchem man die Fällung vornehmen will, vorher erst mit einem mit Oel befeuchteten Leder etwas anreibt, weil sonst der Niederschlag sehr schwer aus dem Glase zu entfernen ist. Die Filtration darf erst nach einigen Stunden, indem man die Flüssigkeit warm hält, statt finden. Wenn der Nieder- schlag ausgewaschen ist, muss man ihn nochmals mit ver- dünnter Ammoniaklösung übergiessen, braucht aber das Filtrat nicht aufzuheben. Das Filter muss gesondert ver- brannt werden, nachdem der Niederschlag so viel als möglich davon getrenntist. Nach dem Glühen und Wägen muss man ferner den Niederschlag auf seine Reinheit prüfen, indem man ihn mit starkem Ammoniak einige Zeit stehen lässt, und die Lösung dann mit Säuren über- sättigt. Entsteht hierdurch ein Niederschlag, so muss man das Verfahren mit Ammoniak wiederholen und aber- mals glühen und wägen. Der geglühte Niederschlag muss ganz weiss sein.

Das Filtrat könnte nun gleich zur Bestimmung der Magnesia durch phosphorsaures Natron gefällt werden; man thut aber besser, die überschüssige Wolframsäure vorher durch Kochen mit Salzsäure zu entfernen. (Chem. News. Chem. Centrbl. 1866. 7.) B.

Ueber Phosphormagnesium.

Th.P. Blunt erhielt eine Verbindung von Phosphor und Magnesium von der Zusammensetzung Mg3P durch Einwirkung von Phosphordämpfen auf in einer Kohlen- säure-Atmosphäre glühendes Magnesium und durch weite- res Behandeln des Productes mit Salzsäure. Bei letzterer Procedur entwickelte sich ein nicht selbstentzündlicher Phosphorwasserstoff ‚und es blieb das Phosphormagnesium als eine schwarze, selbst in siedender Säure nur unbe- deutend lösliche flockige Substanz zurück. Die Phosphor- wasserstoffentwickelung deutet Th. P. Blunt folgender- massen: „Das ursprüngliche Product ist ein Gemenge von P und Mg, die eine galvanische Kette unter sich bilden. Es entwickelt sich auf Zusatz einer Säure H, der an das Phosphormagnesium tritt.“ Directe Versuche haben diese Ansicht bestätigt.

Das mit einer kleinen nicht zu entfernenden Menge von Mg behaftete Phosphormagnesium stellt eine wenig cohärente, gepulvert russähnliche schwarze Masse dar, die sich selbst durch mehrwöchentliches Einwirken von

Carnallit von Maman in Persien etc. 239

verdünnter Salzsäure, eben so wenig durch Kochen mit halbeoncentrirter Schwefelsäure verändert. Kochendes Königswasser löst dasselbe nur schwierig. Unter Luft- abschluss erträgt es Rothglühhitze, bei Luftzutritt erhitzt, wird es nach und nach unter Bildung von Magnesia oxydirt. (Journ. ofthe chem. soc. Ser.2. Vol.3. p. 106. Journ. für prak. Chemie. Bd. 96. p. 207—209.)) C. Bl.

Untersuchung des Carnallits von Maman in Persien und über die Ursache der rothen Färbung mancher natürlicher Salze.

Der Carnallit findet sich nicht allein im Salzlager von Stassfurt, sondern auch in den bedeutendsten Steinsalz- bergwerken Persiens, zu Maman, im südöstlichen Ader- beidjan, welches Ad. Göbel im August 1859 besuchte.

Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung:

Gefunden Aequivalente Berechnet Bllorkalım............ 25,621 ı KCl 26,900 Chlormagnesium .... 34,649 2 MsCl 34,210

Unlöslicher Rückstand 0,060. _ Wasser (u. organische

Bestandtheile) ... 39,670 12 HO 38,890 100,000. 100,000.

Die Formel desselben ist mithin die des Carnallits RCl,2MsgCl + 12HO.

Die rothe Färbung dieses Minerals ist nach A. Göbels sorgfältigen Untersuchungen organischen Gebilden zuzuschreiben. Da man beim Einlegen eines Stückes Carnallit in Wasser nach einiger Zeit ein weiches flottiren- des Gebilde von der Grösse, Form und Farbe des ursprüng- lichen Stückes in der Salzlösung suspendirt erhält, so dürfte diese Thatsache nach genauer Ermittelung der Natur des Suspendirten schon hinreichend sein zu folgender Schlussfolgerung: „Die im Steinsalze eingeschlos- senen Carnallitklumpen von Maman sind min- destens mit gleichem Rechte als Organismen aufzufassen, wie als Minerale. Eisenoxyd ist aller- dings nach A. Göbel’s Untersuchungen in diesen Organis- men, die an die Structur einiger der niedersten Pflanzen- formen, namentlich an Palmella Kütz. und an Nostoc erin- nern, neben Kieselsäure vorhanden.

Der Carnallit von Stassfurt zeigt dasselbe Verhal- ten. Die gelbe Färbung des Tachhydrits von Stassfurt

Mk»:

Ti. N % RT, Re

240 Kainit, ein neues Salz von Leopoldshall. Smürgel.

rührt ebenfalls von denselben Organismen her. In der Lösung des Tachhydrits (CaCl, 2 Mg Ci + 12 HO), die durch ruhiges Zerfliessenlassen desselben in Wasser erzeugt ist, befinden sich leicht flottirende Flocken, die aus denselben haarförmigen Spiculen mit rothen hexa- gonalen Tafeln bestehen, wie im Carnallit.

Die rothe Färbung des Steinsalzes von Hall und von andern Orten ist durch formloses Eisenoxyd bedingt, welches man als Rest ehemaliger organisirter Gebilde ansehen kann. (Bullet. de lacad. des sciences de St. Peters- bourg. T. IX. 1. Journ. für prakt. Chemie. Bd. 97. Heft 1. pag. 6 29.) C. Bl.

Kainit, ein nenes Salz von Leopoldshall, dem Anhal- tischen Steinsalzwerke bei Stassfurt.

Dieses Mineral, das Zinken Kainit zu nennen vor- schlägt, findet sich in dem durch sein ausgezeichnetes Vorkommen von Leopoldit bekannten Leopoldsschachte. Der Kainit findet sich bis jetzt nur derb und zeigt nur an einzelnen Stellen kleine krystallinische Partien, hat eine hellgraugrüne Farbe, einen ebenen bis splitterigen Bruch, ist durchscheinend, zerspringt leicht und löst sich leicht in kaltem Wasser auf; sein spec. Gew. ist 2,131.

Die Analyse des Minerals ergab folgende Resultate:

Syassarn! ı92..X, 18,52 —-

Ohlare SSR 19,69 18,56 Schwefelsäure... 28,09 30,00 Magnesia....... 14,78 14,76 Kallum.»52.: ..: 17,83 14,27 Natzumı 2... 2,96 4,37 2 WR 0,15 Rückstand 0,22

Die Ergebnisse beider Analysen stimmen bis auf den eirca 2 Proc. differirenden Alkaligehalt ziemlich genau überein und entsprechen der Formel:

\Mg0,S03} KCl 5 \0x0.8051 + 4 |nacı| + 15HO.

(Berg- und Hüttenm. Ztg.) B.

Smirgel. Jackson theilt mit, dass in Chester bei Springfield (Massachusets) ein fast unerschöpfliches Lager von Smirgel

Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 241

entdeckt worden sei, welcher dem besten in London darge- stellten Fabrikate von der Insel Naxos gleichkomme. Da der Smirgel des griechischen Archipels durch ein ein- ziges londoner Bankhaus und der aus Kleinasien durch eine Firma in Smyrna monopolisirt ist, so war der Preis des Smirgels bis jetzt ausserordentlich hoch und wird nothwendig bedeutend fallen. Dr. Reich.

Bvansit, ein neues Mineral,

Das unter dem Namen Allophan von Evans im Jahre 1855 aus Ungarn mitgebrachte Mineral ist jetzt von Forbes einer genaueren Untersuchung unterworfen und mit dem Namen Evansit bezeichnet worden. (Phil. Magaz. 28.)

Dasselbe besteht aus zusammengehäuften kleinen Stalaktiten mit Auswüchsen in Gestalt natürlicher oder künstlicher Perlen besetzt und überkleidet die Drusen- wände in Brauneisenstein. Farblos bis milchweis, zuweilen schwach gelblich, bläulich oder irisirend, glas- oder wachs- glänzend und von halbmuschligem Bruch, amorph, nie- ren- oder traubenförmig abgelagert. Härte 3,5 4. Spec. Gew. 1,822 2,099. Unschmelzbar.

Die procentige Zusammensetzung war:

BIO 39,95 BON 19,05 AI?O3... 39,31, Mittel aus 3 Analysen. Ssi02 TYP 99,72

Daraus lässt sich die Formel 3 Al203, PO5-+ 18 HO berechnen. (Journ. für prakt. Chemie. Bd. 95. 5.) DB.

Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins?

Ueber diese Frage äussert sich A. Chevallier (Journal de Chimie medicale) wie folgt: In mehren Theilen Frankreichs hat die Anwendung des Alauns zum Versetzen des Weins so zugenommen, dass die Krämer und Droguisten ihn ganz öffentlich zu diesem Zwecke schon in Paqueten abgefasst verkaufen. Ein solches Paquet enthält 1); Pfd. römischen Alaun und reicht ge- wöhnlich für ein Fass von 500 Pinten aus; mitunter werden aber auch 2 Paquete zu dieser Quantität Wein

a ha IL u. ı 5 6 00 TU.

242 Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins?

genommen. Die Polizei sollte auf diesen Unfug ein wach- sames Auge haben, den Verkauf des Alauns zu diesem Zwecke verbieten und damit behandelten Wein confisciren, denn auf den Genuss desselben folgen Verstopfung, Span- nung im Magen, Zusammenschnürung der Capillargefässe, später Magenkrämpie und Abzehrung.

Angesichts der ganz zweifellosen Thatsache, dass französische Weine mit Alaun versetzt werden, ist es nun von grösster Wichtigkeit zu wissen, ob die Weine schon im natürlichen Zustande Alaun enthalten oder nicht.

Wein-Analysen liegen in grosser Menge vor, so von Faure in Bordeaux, Filhol in Toulouse, Girardin in Lille, Payen und Jacob in Tonnerre.

Faure& fand in den Weinen von Bordelais: doppelt- weinsaures Kali, weinsauren Kalk, weinsaure Alaunerde, weinsaures Eisenoxyd, Chlorkalium, Chlornatrium, schwe- felsaures Kali, phosphorsaure Alaunerde.

Nach Filhol enthalten die südlichen Weine ausser- dem noch: Chlorcalcium, Chlormagnesium, schwefelsauren Kalk, phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Magnesia.

Jacob, wie Ch. Roy erhielten aus den Weinen der Bourgogne: doppeltweinsaures Kali, schwefelsaures Kali, phosphorsauren Kalk, weinsauren Kalk, weinsaure Alaunerde und Chlornatrium. Bei keinem Chemiker findet man aber angegeben, dass die betreffenden Weine Alaun enthielten. Chevallier selbst hat bei seinen zahlreichen Analysen von Weinen niemals Alaun angetroffen. Nirgends ist also vom Alaun im natürlichen Weine die Rede und doch will Hugoulin in allen von ihm untersuchten Weinen Alaun gefunden haben. Diese Widersprüche ver- dienen mithin eine ernste Würdigung.

Die Annahme, dass die Weine Alaun enthalten, stützt sich entweder auf die Gegenwart der Bestandtheile des Alauns (Kali, Alaunerde und Schwefelsäure) in denselben, oder, was Chevallier noch einleuchtender ist, auf die Gegenwart der schwefelsauren Alaunerde in Folge der Behandlung der Weine mit Gyps.. Limouzin-Lamotte, welcher mit der Untersuchung gegypster Weine beauftragt war, hat in dieser Beziehung eine Reihe von Erfahrungen ge- sammelt, welche ergeben, dass alle gegypsten Weine in Folge dieser Behandlung Alaunerdesalze, deren Wirkung auf den Organismus eben so entschieden ist, als die des Alauns, enthalten. Der Gyps nämlich, womit man die Weine des Languedoc, welche der Gegenstand der Unter- suchung waren, behandelt, ist nach Limouzin-Lamothe

Die Zusammensetzung des Guignet’schen Grüns. 243

von einem Alaunerdesalze in merklicher Menge begleitet, welches durch die Säuren in den Weinen aus dem Gypse aufgenommen wird.

Durch diese Untersuchungen des Letzteren wird die Behauptung Hugoulin’s, dass Weine von Natur schon Alaun enthalten, widerlegt. Obgleich die Gegenwart kleiner Mengen Alaunerde in den Weinen unbestritten bleibt, so darf aber doch mit Gewissheit auf eine damit vorgenom- mene Künstelei geschlossen werden, wenn man in einem Weine Alaunerde in erheblicher Menge findet, habe diese nun in einem Zusatze von Alaun selbst oder von Alaun- erde-haltigem Gypse bestanden. Die Behörden hätten demnach ihr Augenmerk nicht bloss auf das Alaunen, sondern auch auf das Gypsen der Weine zu richten, und letzteres ebenfalls zu verbieten. (Wittst. Vierteljahrschr. Bd. 15. 2.) B.

Ueber die Zusammensetzung des Guignet’schen Grüns,.

Indem in einer früheren Arbeit Scheurer-Kestner's die Frage über die Bildung dieser Farbe (Chromoxydhydrat) ungelöst bleiben musste, so hat sich jetzt durch weitere Versuche desselben herausgestellt, dass die frühere An- nahme, zur Bildung desselben sei ein Alkali nöthig, durch die Darstellung des Guignet’schen Grüns ohne ein Alkali oder ein Alkalisalz widerlegt wird.

Ersetzt man nämlich in dem gewöhnlichen Verfahren das doppelt-chromsaure Kali durch Chromsäure, so erhält man eine blasige Masse, welche sich in Wasser zu einem mit dem Guignet’schen Grün identischen Chromoxydhydrat unter Lösung der Borsäure umwandelt. Auch bei An- wendung von Chromoxydhydrat ist das Resultat dasselbe. Borsaures Chromoxyd mit Wasser zusammengebracht, zersetzt sich unter Abscheidung eines reichlichen Nieder- schlags von grünem Chromoxydhydrat, welches ebenfalls mit dem Guignet’schen Grün identisch ist. Der so erhal- tene Niederschlag wurde heiss ausgewaschen, dann mit heisser verdünnter Aetznatronlösung behandelt, gewaschen und bei 1100 getrocknet.

Die Analyse ergab:

Angewandte Substanz. ............ 1,1725 NMaBBera Eee! 0,1910 Verlust beim Erhitzen mit Flusssäure 0,0090 Es entspricht der Formel 2 Cr?03, 3 HO. Berechnet Gefunden Wasser 15,06 16,3.

A FE FAIRE er 244 Vorkommen des Vanadiums im Aetznatron.

Bei Verwendung des gewöhnlichen Chromoxydhydrats für die Darstellung des Grüns muss die Menge der Bor- säure zur Erleichterung des Schmelzens vergrössert werden.

Bei Darstellung des Guignet'schen Grüns bildet sich demnach zuerst borsaures Ühromoxyd, welches sich in Berührung mit Wasser, eben so wie das borsaure Eisen- oxyd- und das Thonerdehydrat in Hydrat und freie Bor- säure zerlegt. Das Alkali im doppelt-chromsauren Kali befördert mit der Borsäure das leichtere Schmelzen der Masse. (Bull. de la soc. chim. Journ. f. prakt. Chem. Bd. 59. 8.) B.

Ueber ein Verfahren, Spuren von Chrom im Eisen und Stahl nachzuweisen,

Man bringt nach A. Terreil’s Angabe das Metall auf gewöhnliche Weise in Lösung und schlägt mit einer concentrirten Kalilösung nieder; dann lässt man vorsichtig in die auf 80—-900 erhitzte Flüssigkeit eine sehr ver- dünnte Lösung von übermangansaurem Kali tropfen, bis die von der Bildung des mangansauren Kalis herrührende grüne Färbung eintritt. Man tiltrirt, übersättigt mit Essig- säure und versetzt mit essigsaurem Bleioxyd, worauf beim Vorhandensein von Chrom der charakteristische Nieder- schlag von chromsaurem Bleioxyd erfolgt. (Bull. de la Soc. chim. Chem. Centrbl. 1866. 3.) B.

Ueber das Vorkommen des Vanadiums in dem Aetz- natron des Handels.

A.Baumgarten hat aus Sodamutterlaugen ein Salz erhalten, welches seiner Zusammensetzung nach der Formel 2(3NaO, PO5) + NaF + 38 HO entspricht, in der Annahme, dass ein Theil der Phosphorsäure durch die gleichzeitig mit beobachtete Arsen- und Vanadsäure ver- treten sein könne. Für diese Annahme spricht, dass das Salz, sechs Mal umkrystallisirt, noch vanadhaltig war und dass sich auch künstlich vanadhaltige Krystalle er- halten liessen, wenn man das durch Kochen von 36 Grm.

phosphorsaurem Natron, 2,1reinem Fluornatrium und 200CC.

einer 9 Grm. Natron enthaltenen Lösung dargestelltes Salz 2(3Na0,PO5) + NaF —- 38 aq mit vanadsaurem Natron mischte. Baumgarten nimmt daher die Vanad- säure der Phosphorsäure gleichartig zusammengesetzt VO35 an. (Ztschr. f. Chemie. N.F. Bd.1. 19u.29.) B.

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Pyrochroit, ein neues Mineral. 245

Die Titansäure

ist trimorph in den auf einander nicht zurückführ- baren Krystallformen des Rutil (quadratisch), Anatas (qua- dratisch, aber mit der Rutilform nicht vereinbar) und Brookit (rhombisch). Das spec. Gew. des Rutils ist 4,21 4,29 und ändert sich beim Glühen nicht, das des Anatas ist 3,7—3,9 und wird durch Glühen zu dem des Rutils, eben so der Brookit, dessen spec. Gew. 4,13 4,16 ist. Hautefeuille hat diese drei Mineralien künstlich dar- gestellt. Fluortitandämpfe wurden bei der Verflüchtigungs- temperatur des Kadmiums in Wasserdämpfe geleitet, wo- durch schöne Krystalle von Titansäure in Anatasform von dem spec. Gew. 3,7—3,9 erhalten wurden. Wirkt Fiuortitan auf feuchte Luft, so entsteht bei Dunkelroth- gluth farbloser Anatas; mit Wasserdampf gesättigtes Wasserstofigas giebt bei 5000 durch Titanoxyd indigblau gefärbte Anataskrystalle; wendet man schwach feuchtes Wasserstoffgas an, so ist der resultirende Anatas durch rothes 1!/, fach Fluortitan violettblau gefärbt. Arbeitet man bei einer Temperatur, die zwischen den Verflüch- tigungstemperaturen des Kadmiums und Zinks liegt, so entsteht Brookit von 4,1—-4,2 und bei Hellrothgluth Rutil von 4,3. Bei diesen Versuchen entsteht neben der Titansäure Fluorwasserstoffsäure, welche als Lösungsmittel der Titansäure wirkt, so dass diese bei Verflüchtigung des Fluorwasserstoffs wieder krystallisirt. Es würde sich Chlorwasserstoffsäure ähnlich verhalten, diese wirkt aber erst bei so hoher Temperatur, dass sich stets nur Rutil bildet. (Comptes rendus.) Dr. Reich.

Pyrochroit, ein neues Mineral.

In Pajsbergs Eisen- und Mangangrube (Wermland in Schweden) findet sich nach L. J. Igelström (Oefv. of Akad. Foerh. 21.) ein Mineral, welches in dem Magnet- eisenstein weisse, perlmutterglänzende Adern von 1—2 Linien Breite bilde. Es verwittert schnell an der Luft, indem es braun, dann schwarz wird, ist in dünnen Blät- tern durchscheinend und weniger hart als Kalkspath. Im Kolben erhitzt, giebt es viel Wasser ab und wird zuerst grün, dann grüngrau und schliesslich braunschwarz. Von diesem Farbenwechsel in der Hitze hat es Igelström Pyrochroit benannt.

In Salzsäure ist es sehr leicht löslich. Geglüht verliert es

4

246 Uebermangansaures Kali aus Manganoayyd.

Wasser und Kohlensäure und bekommt das Ansehen des Manganoxydoxyduls, woraus es dann wesentlich besteht. Seine Zusammensetzung ist:

MnO .... 76,40

MsO . 3,14

Day! 1,27

1 7:10 Pe 0,006

MO 15,35

EIS: 3,834 (aus dem Verlust) 100.

Man kann den Pyrochroit als einen Brucit, welchem er äusserlich auch sehr ähnelt, mit überwiegendem Mangan- oxydulgehalt ansehen. (Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 95. 5.)

B.

Uebermangansaures Kali aus Manganoxyd,

Die bisherige Darstellungsmethode des übermangan- sauern Kalis aus Braunstein giebt nicht immer eine gute Ausbeute, da der Braunstein von sehr wechselnder Be- schaffenheit ist und man deshalb die Materialien nur selten im richtigen Verhältnisse anwenden kann. Gräger ersetzt deshalb den Braunstein durch Manganoxyd Mn?O3,. Er erhält dasselbe, indem er die Rückstände von der Chlor- bereitung durch vorsichtige Fällung mit Soda von Eisen befreit, das darauf ebenfalls durch weiteren Zusatz von Soda gefällte kohlensaure Manganoxydul auswäscht, trocknet und glüht. Von diesem Präparate werden 130 Th. mit 100 Th. chlorsaurem Kali und 184 Th. möglichst kohlensäurefreiem Aetzkali zusammengeschmolzen und I/, Stunde langschwach- roth geglüht. Man benutzt dazu vortheilhaft Kalilauge, die man mit dem chlorsauren Kali und dem Manganoxyde zur Trockne verdampft. Die erkaltete Schmelze wird mit Wasser ausgelaugt, und die Lösung mit Kohlensäure be- handelt, bis ein Tropfen der Flüssigkeit auf weissem Fliesspapier einen rein rothen Fleck giebt. Man filtrirt dann durch gepulverten Marmor und verdampft zur Trockne.

Dr. Reich.

Verfälschung des Petroleums. 247

Ueber Verfälschung des Petroleums

enthält das in Köln erscheinende „Amtsblatt“ folgende Be- kanntmachung der königl. Regierung: „Das Petroleum wird in der jüngsten Zeit vielfach verfälscht und zwar haupt- sächlich in der Weise, dass man die schweren, sonst nicht zur Beleuchtung verwendbaren Paraffinöle durch Zu- mischung von Petroleumessenz (Naphta), welche ein spec. Gew. von 0,750 hat, auf ein spec. Gew. von etwa 0,300 bringt. Solche Oele, welche sich der äussern Erscheinung nach fast gar nicht von dem reinen Petroleum unterschei- den, indem höchstens ein stärkerer Geruch bei demselben vorwaltet, sind sehr leicht entzündlich und deshalb im Gebrauche sehr gefährlich. Wird nun Essenz zu einem schweren Oele von 0,830 spec. Gew. gesetzt, so treten beim Brennen von Lampen folgende Erscheinungen ein: Im Anfange kommt grösstentheils eine Auflösung von schwerem Oel in Essenz zur Verbrennung, indem durch die Einwirkung der Wärme auf das Oel im Dochte ein Theil des schweren Oels im Dampfe der Essenz gelöst verbrennt. Mit dem Consum der Essenz hört auch die Verbrennung des schweren Oels auf: die Flamme geht zurück, es findet eine Verkohlung des Dochtes und späterhin ein Russen statt. Um dieses zu vermeiden, hat man gutes Petroleum von 0,790 —0,795 spec. Gew. zugesetzt, oder aber die schweren Oele von nur 0,820 spec. Gew. genommen. Es wird hierdurch zwar ein grösserer Consum des schweren Oeles bedingt, es treten jedoch schliesslich ebenfalls die oben genannten Uebel- stände beim Brennen ein. In einem Falle wurde ein solches verfälschtes Oel, welches ein specifisches Gewicht von 0,800 hatte, näher untersucht, wobei sich ergab, dass dasselbe in 100 Raumtheilen aus circa 25 Vol. Essenz von 0,750 spec. Gew., 20 Vol. gutem Petroleum -Brennöl von 0,790 spec. Gew. und 50 Vol. schwerem Oele, sog. Schmier- oder Paraffinöl von 0,830 spec. Gew. bestand. Zur Erkennung eines solchen Gemisches giebt es ein ein- faches Mittel. Man mischt nämlich in einem passenden Gefässe einen Raumtheil (?) mit kaltem Wasser zusammen, rührt das Gemisch gut um und giesst eine einen starken Strohhalm dicke Schicht des fraglichen Oels darauf. Ist dasselbe frei von Essenz, so kann es durch einen bren- nenden Fidibus nicht entzündet werden. Uebersteigt aber der Essenzgehalt 12 Proc., so entzündet sich das Oel

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248 Kohlenwasserstoffe im Steinkohlentheeröle.

jedenfalls. Wir machen das Publicum hiermit auf diese efährliche Mischung aufmerksam und warnen vor dem rauch derselben als Beleuchtungsmaterial, da aus ihrer leichten Entzündlichkeit viele in der neuesten Zeit durch Explosionen herbeigeführte Unglücksfälle entstanden sind“. (Bl. f. Hdl. u. Gew. 1866. 16.) B.

Neue Untersuchung über die in dem flüchtigsten Theile des Steinkohlentheeröles enthaltenden Kohlen- wasserstoffe.

Rectifieirt man Benzin des Handels in Mengen von 800—1000 Liter auf einmal und fängt man die ersten zwei oder drei Liter gesondert auf, so erhält man nach C. Greville-Williams eine sehr flüchtige Flüssigkeit, die zum grössten Theile unter 700 siedet und noch viel Benzin enthält. Dieselbe wurde mit einem grossen Ueber- schusse von Schwefelsäure behandelt, wodurch man un- gefähr den achten Theil davon abschied, der sich in der Säure nicht auflösen wollte. Nach zwei- oder dreimaligem erneuten Behandeln dieses Theils mit Säure wurde er durch Kali von der Säure befreit, getrocknet, über Na- trium rectifieirt und dann der fractionirten Destillation unterworfen. Man erhielt von 10 zu 10 Graden Fractionen von 709 an bis zu Temperaturen, die über den Siedepunct des Quecksilbers hinaus lagen. Die beträchtlichsten Frac- tionen destillirten indess um 2150 herum. Die Analyse derselben ergab:

HT: I. II. IV.

Kohlenstoff... 88,45 88,49 88,98 88,64

Wasserstoff.. 11,18 41:23 14,12 11,18

Die erste und zweite Analyse bezieht sich auf eine zwischen 2100 und 2200 siedende Flüssigkeit von einer Darstellung, die dritte auf eine Flüssigkeit von einer anderen Darstellung, die zwischen 2150 und 2200 siedete, für die vierte hat Greville-Williams keine näheren Angaben gemacht.

Diese Zahlen stimmen sehr nahe mit mehren Formeln, nämlich mit derjenigen des Phenyl-Amyl C22H16, des Phe- nyl-Hexyl C?*H1!8 und des Phenyl-Heptyl C26H20 und da in diesem Falle eine Dampfdichtebestimmung offenbar das beste Mittel abgab, um zwischen diesen verschiedenen Formeln zu entscheiden, so wurde eine solche mit der grössten Sorgfalt ausgeführt. Gefunden wurde 5,78. Dieses

a A A a ra

Er = a ara

Erkennung von Kohlenwasserstoffen in Gasgemengen. 249

Resultat stimmt am besten mit der Formel C?4H18, wie folgende Vergleichung zeigt: O2? H1!8 5,605, C22H16 5,121, 025 H20 6,089, weshalb Greville-Williams nicht an- steht, die Substanz für das gemischte Radical Phenyl-Hexyl C12H5, C1?2H!13 C24H!3 anzusehen. Man kann die 12} 12 Formel dieses Körpers apa) oder Go schreiben, da die Thatsache, dass er sich aus einer unter 700 sie- denden Flüssigkeit bildet, die also nur zwischen engen Grenzen siedende Körper enthalten konnte, andere For- meln ausschliesst.

Diese Substanz ist demnach homolog mit dem Phenyl- Amyl von Tollens und Fittig, es ist eine farblose Flüssigkeit von charakteristischem Geruche und einem spec. Gew. 0,8731 bei 130,2.

Greville-Williams hofft später die Existenz von noch anderen gemischten Radicalen in den nach der oben mitgetheilten Methode dargestellten Flüssigkeiten nach- weisen zu können und verspricht gleichzeitig weitere Mittheilungen über eine aus dem Phenyl-Hexyl durch Reduction des Nitroproductes entstehende Base. (Compt. rend. 1866. T.62. Chem. Centrbl. 1866. 19.) 2:

Mittel zur Erkennung von Kohlenwasserstoflen in 6Gas- gemengen, von Berthelot.

Die Bildung von Acetylen bei unvollkommener Ver- brennung bietet ein Mittel dar, um ein Gemenge von Kohlenoxyd und Wasserstoff, von einem Gemenge von Wasserstoff mit einer geringen Menge von Sumpfgas oder einem anderen Kohlenwasserstoffe zu unterscheiden, eine Aufgabe, die nicht selten bei den Reactionen der orga- nischen Chemie gestellt wird. Man kann zu diesem Zwecke entweder das Gasgemenge bei Gegenwart von ammoniakalischem Kupferchlorür einer unvoll- kommenen Verbrennung unterwerfen, oder man lässt durch die Gase 2—3 Minuten lang eine Reihe von elektrischen Funken hindurchschlagen und bringt dann das Reactionsmittel hinzu. Unter solchen Umständen erzeugt sich in einem Gemenge von Wasserstoff und Kohlenoxyd keine Spur von Acetylen, wenn man nicht die Operation mehre Stunden lang unter besonderen Umständen fortsetzt.

Ein Gemenge von Kohlenoxyd und Wasserstoff und

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bas. 3.Hft. - 17

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250 _ Verbindungen des Naphtalins mit Brom,

von Wasserstoff und Sumpfgas lässt sich zwar auch so unterscheiden, dass man das Gas mit seinem Volumen einer salzsauren Lösung von Kupferchlorür schüttelt, worin sich das Kohlenoxyd auflöst, während Kohlenwasserstoff ungelöst bleibt, sodann das Gas aus diesem Reactions- mittel entfernt und anzündet. Hierbei wird das Gas, welches Kohlenoxyd enthalten hatte, keine Kohlensäure mehr geben, während andererseits das Gas, welches Sumpfgas enthält, natürlich auch noch Kohlensäure geben wird. Indess ist diese Probe nicht so scharf, wie die obige, da Spuren von Kohlenoxyd der Absorption ent- gehen können, die dann für Sumpfgas angesehen werden, und da andererseits eine saure Lösung von Kupferchlorür, besonders in solcher Masse, wie man sie zur Absorption des Kohlenoxyds braucht, auch verschiedene Kohlenwasser- stoffe CO?» H?" und andere brennbare Dämpfe absorbiren kann, die man somit für Kohlenoxyd ansehen würde. Die Bildung von Acetylenkupfer ist dagegen von die- sen Zweideutigkeiten frei und bietet auch in ihrer An- wendung keine Schwierigkeiten dar. (Bull. de la Soc. Chim. 1866. Chem. Üentrbl. 1866. No. 39.) B.

Verbindungen des Naphtalins mit Brom.

C. Glaser hat folgende Verbindungen des Broms mit Naphtalin dargestellt.

Monobromnaphtalin, C20H’?Br, farbloses Oel von starkem Lichtbrechungsvermögen, spec. Gew. 1,555, Siedepunct 285°, leicht löslich in Weingeist und Aether, löst Naphtalin leicht und schon in der Kälte, so wie Jod, ohne sich mit letzterem zu verbinden. Es verändert sich nicht beim Kochen mit weingeistiger Kalilösung, giebt bei der Behandlung mit Natriumamalgam Bromnatrium und Naphtalin und wird von concentrirter Salpetersäure. beim Kochen vollständig zersetzt.

Dibromnaphtalin, C20H6Br?, schon von Laurent in reinem Zustande dargestellt, wird beim Kochen mit Salpetersäure in eine Nitroverbindung übergeführt und tritt in zwei Modificationen auf: a) zolllange, seideglän- zende Nadeln, Schmelzpunct 810, Erstarrungspunct zwi- schen 500 und 70°, leicht löslich in Weingeist und Aether; b) warzenförmige, krystallinische Gebilde, Schmelzpunct 760, noch leichter löslich in Alkohol.

Tribromnaphtalin, C20H5Br3, bildet schöne

BEREITET NN

13

Bee Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 251

weisse Nadeln, Schmelzpunct 75°, leicht löslich in Alkohol und Aether, wird von weingeistigem Kali nicht verändert.

Tetrabromnaphtalin, C20H?Br#, ist in Wein- geist nicht merklich löslich, in Aether schwer löslich; es ist in Benzol in der Wärme leicht löslich und scheidet sich daraus in radial gruppirten Nadeln ab. Aus Aether krystallisirt es auch in kurzen Prismen.

Pentabromnaphtalin, 020 H3Br5, besteht aus weissen krystallinischen Körnern, die unlöslich in Alkohol und sehr schwer löslich in Aether sind, sich aber in Benzol in der Wärme lösen. Der Körper wird durch Brom nicht weiter verändert, ist unzersetzt flüchtig und wird von weingeistigem Kali nicht verändert.

Von den von Laurent noch beschriebenen Brom- verbindungen des Naphtalins konnte der Verfasser nur darstellen das

Dihydrobrom-Tetrabromnaphtalin C?0H6Br6 C?0H?Br#, 2HBr, welches er in farblosen und schön ausgebildeten Krystallen des rhombischen Systems erhielt. (Annal. der Chem. und Pharm. CXXXV. 40—49.)) @.

Ueber die festen Kohlenwasserstoffe des Steinkohlen- theeröls.

J. Fritsche hat bereits in einer früheren Abhand- lung einen neuen festen Kohlenwasserstoff beschrieben, der sich im Steinkohlentheere befindet, eine prächtig orange- rothe Farbe besitzt und im Stande ist, grossen Mengen von farblosen Kohlenwasserstoffen eine schöne gelbe Farbe zu ertheilen. Dieser Körper, den Fritsche Chry- sogen nennt, ist in der festen Substanz enthalten, welche sich aus dem sogenannten schweren Steinkohlenöle abson- dert und welche aus einem Gemenge verschiedener Kohlen- wasserstoffe besteht, zu deren Darstellung sie das Material bildet. Das Rohmaterial, das der Verfässer zu seinen Versuchen benutzte, stammte aus einer Steinkohlentheer- Destillation in Glasgow und war ein pulverförmiger Kör- per von citronengelber Farbe, in harte Kuchen zusammen- gepresst und den Namen Paranaphtalin führend. Zur Darstellung der gelb färbenden Substanz aus diesem Materiale behandelte es der Verfasser mit Steinkohlenöl, wobei er grosse gelbe Blätter erhielt, die durch wieder- holtes Umkrystallisiren aus diesem Lösungsmittel immer dunkler gelb wurden und eine grünschillernde Farbe an-

14%

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252 Feste Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls.

nahmen, während in der Lösung ein weniger gefärbtes Product zurückblieb. Dabei kam es darauf an, nicht nur den richtigen Concentrationsgrad der Lösung, sondern auch den richtigen Moment beim Abkühlen für die Fil- tration zu treffen, denn das am meisten gefärbte Product scheidet sich zuerst aus und je früher man nach begin- nendem Ausscheiden filtrirt, desto dunkler gefärbte Blätter erhält man gewöhnlich, aber desto kleiner ist auch ihre Menge. Diese Blätter zeigten lange kein besonderes Ver- halten gegen andere Lösungsmittel, nachdem der Verfasser sie jedoch oftmals dieser so zu nennenden Üoncentrations- arbeit unterworfen hatte, erhielt er endlich eine kleine Menge dunkel grüngelber Blätter, welche beim Behandeln mit Aether ein eigenthümliches Verhalten zeigten. Sie wurden nämlich von Aether gleichsam angefressen und es blieb Anfangs ein orangefarbenes zusammenhängendes Gerippe zurück. Bei weiterem Behandeln mit Aether zerfiel auch dieses allmälig zu einem orangefarbenen Pulver, welches auf dem Filter, auf dem man es durch Aether ausgewaschen hatte, zurückblieb. Dieses Pulver ist das Chrysogen. Man darf dasselbe indess nicht zu lange auswaschen, da es in geringem Grade in Aether löslich ist; löst man es nun in der Wärme in Steinkohlenöl, so erhält man es beim Abkühlen in prachtvoll orange- farbenen, goldglänzenden höchst dünnen Blättchen. Auf diese und ähnliche Weise gelang es dem Verfasser mit unsäglicher Mühe, nach und nach 0,75 Grm. Chrysogen darzustellen, ohne doch eine weitere Garantie für seine Reinheit, als sein gleichmässiges Verhalten gegen Lösungs- mittel u.s. w. zu haben. Die beiden Analysen, die der

. Verfasser mit Producten von zwei Darstellungen anstellte,

stimmen daher auch nicht überein, zumal die erstere von beiden noch dadurch beinahe unbrauchbar gemacht wurde, dass aus einer dem Verfasser unerklärlichen Ursache ein an- organischer Rückstand blieb, der, da er aus dem bei der Analyse benutzten Platinschiffiehen herausgefallen war, sich der Rückwägung entzog. Man kann indess wohl mit Sicherheit annehmen, dass das Chrysogen nur aus Kohlen- stoff und Wasserstoff besteht, und dass es sich seinem geringen Wasserstoffgehalt zufolge (4,7 Proc.) den mit Pikrinsäure verbindbaren Kohlenwasserstoffen näher an- schliesst, als den gegen 14 Proc. Wasserstoff enthaltenden paraffinartigen Körpern.

Das Chrysogen ist ein sehr schwer löslicher Körper; Benzol und dessen Homologen sind noch seine besten

Feste Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 253

Lösungsmittel. Ein Theil Chrysogen braucht jedoch gegen 2500 Th. Benzol von gewöhnlicher Temperatur und 500 Th. kochenden Benzols zu seiner Auflösung. Auch in Essigsäure ist das Chrysogen nur sehr schwierig löslich, und in Alkohol und Aether noch weniger. Die Krystalle, in denen sich das Chysogen aus der kochend gesättigten alkoholischen Lösung ausscheidet, bestehen aus gut ausgebildeten rhombischen Tafeln, oder aus blatt- artig ausgebreiteten Aggregaten von ihnen. Eine aus- gezeichnete Eigenschaft des Chrysogens ist das Vermögen, grossen Quantitäten von anderen an und für sich farb- losen Kohlenwasserstoffen eine schön gelbe Farbe zu ertheilen. Löst man z.B. einen Theil Öhrysogen mit 1000 Th. des in grossen Blättern krystallisirenden Kohlenwasser- stoffes C23SH!0 in 5000 Th. Steinkohlenöl kochend auf, so erhält man eine intensiv gelb gefärbte Lösung, welche beim Erkalten durch Ausscheidung grünlich-gelber Blätter gänzlich erstarrt; eben so erhält man einen schon grün- gelben Körper durch Zusammenschmelzen beider Sub- stanzen in den angegebenen Verhältnissen. Die so erhal- tenen gelben Substanzen verhalten sich vollkommen so, wie die gelben Körper, welche man aus den festen Destil- lationsproducten des Steinkohlentheers erhält und diese

' verdanken daher ihre gelbe Farbe einer grösseren oder geringeren Beimischung von Chrysogen. Anfangs glaubte der Verfasser es mit Laurents Chrysen zu thun zu haben, überzeugte sich indess bald, dass dies nicht der Fall sei. Laurent bezeichnet die Farbe des Chrysens in reinem Zustande als schön gelb, ohne allen Stich ins Orangefarbene oder Grünliche und ein solcher, von den durch Chrysogen gefärbten Kohlenwasserstoffen gänzlich verschiedener und Laurent’s Chrysen wenigstens ähn- licher Körper findet sich in der That auch in den allerletzten Producten der Destillation des Steinkohlen- theers.

Der Schmelzpunct des Chrysogens liegt bei ungefähr 280— 290%. Bei dieser Temperatur schwärzt es sich indess bereits, während ein Theil mit etwas veränderten Eigenschaften sublimirt. In concentrirter Schwefelsäure ist das Chrysogen ohne grosse Veränderung löslich und fällt daraus beim langsamen Anziehen von Wasser in Gestalt feiner Flocken wieder nieder. Höchst concentrirte Salpetersäure greift das Chrysogen sehr energisch an.

Durch directes Sonnenlicht werden die Lösungen des Chrysogens rasch gebleicht, wobei sich ein krystalli-

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254 Verbreitung des Copals in Angola.

sirtes farbloses Umwandlungsproduct zu bilden scheint, das beim Schmelzen wieder eine orangegelbe Farbe annimmt. Indess hat der Verfasser nicht zu entscheiden vermocht, ob diese Farbe von regenerirtem Chrysogen herrührte. (Bull. de !acad. imper. de St. Petersburg. Chem. Centrbl. 1866. 19.) B.

Kopaivabalsam

erstarrt mit gebrannter Magnesia angerieben zu einer knetbaren Masse. Es ist dieses charakteristisch, bisweilen jedoch findet man sehr guten und unzweifelhaft echten Balsam, der mit Magnesia nicht erhärtet. Roussin hat nun gefunden, dass frisch gebrannter Kalk mit Balsam angerieben werden kann, ohne jemals zu erhärten, dass aber diese Erhärtung sofort eintritt, wenn man ein wenig Wasser mit der Mischung zusammen rührt. Eben so verhält es sich mit der Magnesia. Frisch gebrannte Mag- nesia mit ganz wasserfreiem Balsam erhärtet nicht. Nun zieht aber die gebrannte Magnesia begierig Wasser an, und eben so findet man im Handel wasserhaltigen Balsam, so dass ohne weitere Massregeln bald Erhärtung eintreten wird, bald nicht, je nachdem man zufällig wasserfreie oder wasserhaltige Substanzen in Händen hat. (Chemical News.) Dr. Reich.

Ueber den Ursprung und die geographische Verbrei- tung des Copals in Angola, von Welwitsch.

Der Copal findet sich im westlichen tropischen Afrika vorzugsweise innerhalb der Grenzen, wo die Adansonia digitata vorkommt. In der Provinz Angola liefern die Landschaften, welche zu dem Gouvernement Benguela gehören, am meisten von diesem Harze, bis 2 Millionen Pfund des Jahres. Es wird aus dem losen Sande oder Mergel ausgegraben, zuweilen liest es, durch heftige Regengüsse entblösst, offen zu Tage. Meistens sind die Stücke nicht grösser als ein Hühnerei. Sie sind mit einer weissen erdigen Kruste bedeckt, heller oder dunkler von Farbe. Nach Daniel kommt der Sierra- Leone- Copal von einem Baume, Guibourtia copallifera s. Copallifera Guibourtiana Benth; Welwitsch ist der Meinung, dass aller westafrikanische Copal als ein fossiles Harz zu be- trachten sei, ähnlich dem Bernstein, abstammend von Bäumen, die vor längerer Zeit dort Wälder bildeten, jetzt

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Ueber Asa Foetida. % 255

aber entweder gar nicht mehr oder nur in zwerghaften Abkömmlingen existiren. (Pharmac. Journ. and T'ransact. July 1866..2. Ser. Vol. VIII. No. I. p. 27.) Wp.

Schnelle Bereitung einer Schellacklösung.

Die Auflösung von Schellack lässt sich am schnell- sten und sichersten in der Weise bewirken, dass man den Schellack auf einer grossen grobmahlenden Kaffee- mühle, indem man ihn 2 bis 3 Mal durchgehen lässt, zu einem gleichmässigen Pulver mahlt, in das Auflösungs- gefäss schüttet, nur so viel Spiritus darauf giesst, dass die umgeschüttelte Masse die Consistenz eines mässig dün- nen Breies hat, das Gefäss auf ein zusammengelegtes Handtuch legt, dessen Enden doppelt liegen, um das Fortrollen des Gefässes zu hindern, und die Flasche alle !/; bis 1/, Stunden etwa um 90 Grad dreht. Der Brei verdickt sich im Anfang, wird dann dünner flüssig und bildet nach circa 8 bis 10 Stunden eine syrupdicke, ganz gleichmässige Flüssigkeit, der man dann den noch fehlen- den Spiritus zusetzt. (Pharm. Ztg. 1866.) B.

Ueber Asa foetida.

Nach Henkels Mittheilung findet sich schon seit einigen Jahren eine vorzügliche Asa foetida in lacrymis im Handel, welche von grosser Reinheit, bei weniger penetrantem Geruch, als der, den die geringere Sorte in Massen darbietet, auch in ihrem sonstigen Verhalten wesentlich. von der früheren Asa foetida des Handels abweicht.

Kämpfer, der die Einsammlung des Stinkasants an - Ort und Stelle selbst beobachtete, bezeichnet als wichtigste Productionsstelle das Baktyriari-Gebirge in der Gegend von Lar in der Provinz Farsistan in Westpersien; diese Angaben finden ihre Bestätigung durch Borszezow, der zwar trotz zweijährigen Aufenthalts im westlichen Centralasien nicht selbst dazu kam, die Gewinnung des Stinkasants mit anzusehen, jedoch die Identität von Linne's Ferula Asa foetida und Bunge’s Scorodosma foetidum als alleiniger Stammpflanze des Stinkasants behaupte t Zugleich bemerkt derselbe, dass es noch andere Dolden gebe, die ein ähnlich riechendes Product ausscheiden, darunter namentlich Narthex Asa foetida Falk., dass aber nirgends Nachweis vorliege, der für den Export letzterer

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256 Die Saughütchen von Kautschuck etc. Producte, als Asa foetida, spreche: Letztere Angabe ist jedoch eine irrige, welche schon Henkel nach Berichten von Bollew nachgewiesen hat. Die Angaben Borsz- czow’s beziehen sich nur auf den westlichen Theil Per- siens, während im südöstlichen Theile von Persien, gegen die Grenze von Vorderindien hin, wohin derselbe nicht kam, also auch über die Exportverhältnisse keine authen- tischen Notizen sammeln konnte, allerdings von Narthex Asa foetida Falk. diese Drogue gesammelt wird. Nach den Gouvernementsberichten des nordwestlichen Theils von Indien beträgt der Werth des aus letzterem Theile von Persien importirten Stinkasants nach Indien über 2000 Pfund Sterling. Während wir früher die Asa foetida meist über die Levante erhielten, beziehen wir seit Jahren diese Drogue aus England, wohin sie aus Ostindien gelangt und es scheint dadurch der Unterschied bedingt zu sein, dass wir jetzt das Product von Narthex, früher aber das von Scorodosma erhielten.

Die gegenwärtig im Handel häufigste Asa foetida in lacrymis besteht aus verschiedenen (bis 1 Zoll im Durch- messer) grossen, frisch weichen, plattgedrückten Stücken von strohgelber, später dunkler werdenden Masse; Stücke, welche anfänglich rundliche Thränen darstellten, die sich erst durch den Druck abplatteten; festere Stücke zeigen auf dem Bruche eine mattweisse, stellenweise gelbliche Farbe und fast körnige Structur und die auffallendste Eigenschaft dieses ostindischen Stinkasants besteht darin, dass die Bruchfläche der Stücke, deren Henkel mehre den ganzen Sommer hindurch der Luft und dem Lichte aussetzte, nicht jene eigenthümliche pfirsischrothe, später braune Färbung annimmt, wie solche bekanntlich an der früheren persischen Asa foetida beobachtet werden konnte.

Die Angaben englischer Autoren, dass Narthex Asa foetida wirklich eine Sorte Stinkasant liefere, hält Henkel für gerechtfertigt und glaubt auf den bezeichneten Unter- schied beider Producte, die wir als Asa foetida kennen, in Beziehung auf die Farbenveränderung, die sich nur bei dem persischen Producte von Scorodosma zeigt, hin- weisen zu sollen. (N. Jahrb. f. Pharmaecie. Bd. 15. 2.) B.

Die Saughütchen von Kautschuk, eine Quelle chro- nischer Aphthenbildung bei Kindern.

Mettenheimer findet die Ursache hartnäckiger und lang andauernder Aphthenerkrankungen bei Kindern in

Holz zu conserviren. 257

dem Gebrauch der Kautschuk-Saughütchen, indem diese nicht immer rein genug gehalten werden. Derselbe fasst seine Beobachtungen in folgende Sätze zusammen: 1) wenn Kinder, die mit der Flasche aufgezogen werden, wieder- holt und langwierig an Schwämmchen erkranken, so kann die Ursache der Recidive in einer Pilzvegetation auf dem Kautschukhütchen liegen; 2) die Pilzsporen sitzen vor- zugsweise auf der inneren, schwer zu reinigenden Ober- fläche dieser Hütchen; 3) blosses Einlegen der Hütchen in Wasser und Ausspülen in demselben genügt nicht zur Entfernung der Sporen; 4) zieht man in solchen Fällen nicht ein Mundstück aus Horn, Knochen: oder Elfenbein vor, so wende man beim Reinigen die Hütchen um und reibe auch die innere Oberfläche sorgfältig ab. (Memorabilien.)

Geleimtes und farbiges Pergamentpapier.

Es stand der vielseitigen Verwendung des Pergament- papieres bisher der Uebelstand im Wege, dass sich das- selbe auf Holz oder Pappe sehr schlecht, auf sich selbst aber gar nicht verleimen lässt. Ebermayer befeuchtet das Pergamentpapier auf der Seite, auf welcher es ver- leimt werden soll, zuerst mit Alkohol oder starkem Branntewein, legt das mit Leim stark bestrichene Material darauf und reibt mit einem Falzbeine an. Will man Pergamentpapier mit sich selbst verleimen, so behandelt man die beiden sich berührenden Flächen in angegebener Weise.

Farbiges Pergamentpapier kann auf gewöhnliche Art nicht schön hergestellt werden, weil die wenigsten Farben die Einwirkung concentrirter Schwefelsäure vertragen. Dagegen nimmt Pergamentpapier die Anilinfarben gut auf, wenn man es in die heisse wässerige Lösung dersel- ben bringt. Man kann gelb färben mit pikrinsaurem Natron, orange mit Pikrinsäure und Anilinroth, grün mit Pikrinsäure und Indigkarmin. Dr. Reich.

Um Holz zu conserviren,

wurde in der Berliner polytechnischen Gesellschaft Braunkohlentheer mit einem Gehalt von 3 Proc. phenyl- saurem Natron, wie er in der Weissenfelser Gegend ge- wonnen wird, empfohlen. Dieser wird mit 4 Th. Wasser verdünnt, 3—4 Mal aufgestrichen und dann mit Eisen-

er RE RI 4 258 Schiesspulver aus Holzsägespünen. Collodiumwolle.

vitriollösung nachgestrichen. Es bildet sich schwefelsaures Natron, das auswittert und vom Regen fortgespült wird, während das Kreosot zurückbleibt. Controlirende Ver- suche sollen sehr günstige Resultate gegeben haben. (Bl. für Hal. u. Gewerbe. 1866. 7.)

Schiesspulver aus Holzsägespänen

wird in der Pulverfabrik zu Potsdam dargestellt und wird die Fabrikation in kurzer Zeit auch in Frankreich eingeführt werden. Die Entdeckung rührt von Schultze, Artillerie-Öfficier in der preussischen Armee, her. Man erhält das Pulver durch Digestion von Holzsägespänen in Natronlauge, worauf man die mit Wasser gewaschene Mischung der Wirkung von Dampf aussetzt. Nach Bleichen mit Chlor und neuem Waschen werden die Späne in eine Mischung von 40 Th. Salpetersäure und 100 Th. Schwe- felsäure gebracht, der Ueberschuss der Säuren wird durch eine Turbine herausgeschleudert, die Holzmasse mit Natron gekocht, ausgewaschen und getrocknet. Das so erhaltene Produet ist unschädlich und durchaus nicht brennbar, so dass man es in voller Sicherheit in die Magazine bringen kann. Um es explodirbar zu machen, digerirt man es 15 Minuten mit einer Lösung von 12 Th. Pottasche in 100 Th. Wasser; das darauf nöthige Trocknen muss bei höchstens 400C. geschehen. Es hat dieses Pulver den Vorzug vor anderen explodirenden Compositionen, dass man es auf nassem Wege darstellen kann und dass es in dem Augenblicke, in welchem das Präparat fertig ist, keine Gefahr mit sich führt. Man versichert, dass es die Waffen nicht schmutzig mache und in guter Qualität sehr wenig Rauch gebe. Frankreich endlich würde, wenn es dieses neue Pulver annimmt, nicht mehr nöthig haben, Schwefel vom Auslande zu kaufen, und so eine jährliche Ersparniss von nicht weniger als 3 Millionen erzielen. (Courrier de la Cöte. 1866.) Dr. Reich.

Collodiumwolle.

Dawson’s Versuche haben ergeben, dass selbst bei Beachtung aller Vorsichtsmassregeln nicht immer ein gutes Collodium erhalten wird, besonders ist die Qualität der Baumwolle und die Länge der Faser zu beachten. Langfaserige Baumwolle gab stets gutes Collodium, in demselben Säuregemische jedoch löste sich geringere wenn

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Zwei neue Arten von Schiessbaumwolle. 259

auch gut gereinigte Baumwolle sofort auf. Erst nachdem der Wassergehalt der Mischung auf 1,, reducirt war, erhielt man mit kurzfaseriger Baumwolle ein ziemlich gutes Resultat, doch niemals gelang es, damit vollkommen lösliches Pyroxylin oder gut haftendes Collodium darzu- stellen. Am besten eignet sich zur Collodiumbereitung die Sea-Island- Baumwolle und nächst dieser die lang- faserige egyptische. (British Journal.)

Nach Wallis hält sich mit: Alkohol befeuchtete Collodiumwolle vier Jahre unverändert und giebt mit gleichen Theilen Aether und Alkohol ein dickflüssiges Collodium. (Photographisches Archiv.) Dr. Reich.

Ueber zwei neue Arten von Schiessbaumwolle.

Ch. Blondeau ist durch seine Untersuchungen zu der Ansicht gekommen, dass die Schiessbaumwolle als eine wasserfreie, wenig beständige Säure angesehen werden müsse, von der Formel 024H20020(NO5)5. Durch Ver- bindung mit Ammoniak erlange diese Säure eine grössere Beständigkeit; es bilde sich dann eine Zusammensetzung von der Formel C22H20020(NO4)5(H?N)>, welche Blon- deau Üellulo-Nitro-Pentamid nennt. Die Verbindung entsteht nicht sofort, sondern nur allmälig; sie ist die Grenze, bei welcher die Reaction schliesslich anlangt; es bilden sich succesive Verbindungen vor den Formeln:

C24 420 020 (NO5)4 (NO%) (H?N) C241H20 020 (NO5)3 (NO%)2 (H2N)2.

Unterbricht man die Einwirkung des Ammoniaks, sobald die erste dieser Verbindungen entstanden ist, so erhält man eine Schiessbaumwolle, welche bei aller explo- siver Wirkung doch bei gewöhnlicher Temperatur unver- änderlich ist und selbst bei 1000 sich noch nicht zersetzt.

Um diesen neuen Körper darzustellen, nimmt man gewöhnliche gute Schiessbaumwolle und setzt sie ungefähr 24 Stunden der Einwirkung von Ammoniakdämpfen aus; sie wird bald gelblich und giebt nach dem Trocknen ein Präparat, dessen explosive Kraft grösser ist, als die der gewöhnlichen Schiessbaumwolle. Die ammoniakalische Schiessbaumwolle (Pyroxyle ammoniacale) giebt mit Salz- säure eine Verbindung von der Formel

024 H20 0% (NO9M)5 (H2N)5 (HC), welche sonst eben so stark explodirt, wie gewöhnliche Schiessbaumwolle, sich aber bei gewöhnlicher Temperatur eben so wenig wie bei 1000 zersetzt. Man stellt dieselbe

260 Einwirkung d. wasserfreien Essigsäure a. Cellulose etc.

dar, indem man Schiessbaumwolle in einer starken Lösung von Salmiak kocht, das Product in vielem Wasser aus- wäscht und in der Sonne trocknet. Dieses neue Product detonirt bei derselben Temperatur, aber die Zersetzungs- producte sind andere, denn ausser Kohlenoxyd und Wasser findet sich unter denselben Cyan, Salmiak, Salzsäure, Stickstoff und Wasserstoff; C24 H20 020 (N O4)5 (H2N)5 (HCI)5 C200% + H20020 + C2N + 3(HB3NHCI) + N5 2HCl —H. (Compt. rend. T. 61. Chem. Centrbl. 1866. 63.) B.

Einwirkung der wasserfreien Essigsäure auf Cellulose, Stärke, Zucker, Mannit und dessen Verwandte, auf Glykoside und gewisse vegetabilische Farbstoffe,

Berthelot’s Untersuchungen haben erwiesen, dass sich die Zuckerarten wie mehratomige Alkohole verhalten, welche wie das Glycerin fähig sind, zusammengesetzte Aether zu bilden. Die von Schützenberger angewandte Methode, um die Aether der Zucker zu erhalten, besteht darin, dass man diese Körper mit einer wasserhaltigen Säure erhitzt. Die Methode ist zwar allgemein, erfordert aber eine lange Zeit (40 bis 50 Stunden) zur Bildung und liefert auch in gewissen Fällen viel zu geringe Men- gen des beabsichtigten Productes. Viel günstigere Resul- tate erhielt Schützenberger bei Einwirkung von Essig- säure auf Zuckerarten, Cellulose etc., indem er anstatt der krystallisirten Säure das Anhydrid anwandte. Die Aetherification ist in einigen Minuten vollendet. Die organische Substanz, die im Allgemeinen im siedenden Anhydrid unlöslich ist, wird bei 1380 bis 1400 angegriffen und wenn dieser Punct einmal eingetreten ist, so geht die Reaction unter lebhaftem Aufkochen von selbst vor sich. Die gewonnenen Producte der Reaction sind 1) Essig- säurehydrat, 2) ein in Essigsäure lösliches, in Wasser, je nach der Natur der angewandten Substanz, lösliches oder unlösliches Derivat. Im letzteren Falle genügt es, den dicken Syrup, den man nach Vollendung der Reaction erhalten, in Wasser zu giessen und den Niederschlag mit Wasser zu waschen, im ersteren Falle verdünnt man mit Wasser, entfärbt, wenn nöthig ist, mit Thierkohle und dampft im Vacuum über Kalk zur Trockne.

Stärke giebt nach diesem Verfahren 2 farblose, feste, essigsaure Verbindungen: die eine in Wasser unlöslich,

Ueber das Kermanische Gummi. 261

in Alkohol und Essigsäure löslich, die andere in Wasser und Alkohol löslich von bitterem Geschmacke. Alle beide verseifen sich mit Kali leicht und geben Dextrin und ein Acetat. Die Essigsäure-Oellulose ist fest, weiss, amorph, unlöslich in Wasser und Alkohol, löslich in Essigsäure- hydrat. Sie wird durch siedendes Kali unter Wieder- erzeugung von Cellulose schneli zersetzt. Rohrzucker, Glykose, Milchzucker, Mannit und Duleit geben nach dem angeführten Verfahren in Wasser lösliche, feste, sehr zähe Derivate von bitterem Geschmack. Auf die natür- lichen Glykoside, z. B. Tannin, Salicin, Amygdalin u. s. w. und auf viele vegetabilische Farbstoffe (Brasiliin, Hämatin u.s. w.) wirkt Essigsäure-Anhydrid in derselben Weise ein. Schützenberger glaubt mit Hülfe dieser Essig- säure-Aether zur Darstellung anderer Aether zu gelangen, deren Synthese bis jetzt noch nicht gelungen ist. Mit kaustischem Ammoniak erhitzt liefern sie stickstoffhaltige Verbindungen, welche mit Tannin ähnliche Niederschläge seben, wie solche Schützenberger in Verbindung mit P., Thenard durch Einwirkung von Ammoniak auf Kohlen- wasserstoffe bei 1400 erhalten hat. (Compt. rend. T. 61. 165. Chem. Centrbl.) B.

Ueber das Kermanische Gummi.

Als Wood mit der Durchsicht des Dispensatoriums der Vereinigten Staaten beschäftigt war, erhielt er von Benjamin R. Smith von Philadelphia sogenanntes „Caramania Gummi“ zugesandt. Ueber dessen Ursprung konnte Smith keinen Aufschluss geben, aber es ist viel- leicht dasselbe, welches von Maltass beschrieben und zur Fälschung des Traganthes gebraucht wird. Maltass giebt an, dass man es bis zu 50 Proc. zur Fälschung der gemeinen Traganth-Varietäten verwendet und es, um den Betrug weniger auffallend zu machen, mit Bleiweiss mengt. Hanbury sagt, dass das Kermanische Gummi identisch scheint mit dem „Gomme pseudoadraganta“ von Guibourt, welches derselbe als ein Product von „Astra- galus gummifer Labill.“ erklärt. Aber Maltass bemerkt, dass es dem Gerüchte nach auf den wilden Mandelbaum, eine Pflaumenart Kermans zu beziehen sei.

Dieses Gummi kommt in Stücken vor, welche von Erbsengrösse bis zur Grösse einer Kastanie wechseln, mit grösserer Neigung zur Kugelform, als Traganth, ob- gleich bisweilen, wie dieser, der wurmförmig gewundenen

Pr ER a ee Be aa I 0

262 Das Goömin, ein Bestandtheil von Fucus crispus.

Gestalt sich nähernd. Die Farbe variirt von Hell- zu Röthlichbraun, es ist mehr oder weniger transparent, fast geschmacklos und, in Wasser gegeben, die Feuchtigkeit langsam einsaugend, wobei es zu voluminösen, wasser- haltigen, gallertförmigen Massen anschwillt, während die Zwischenräume mit einer schleimigen Lösung des löslichern Gummiantheils gefüllt sind, welcher aber weniger reichlich ist, als der lösliche Antheil des Traganthes. Der Schleim wird durch basisch essigsaures Bleioxyd gefällt, aber weniger sicher, als das Arabin; oxalsaures Ammoniak bewirkt einen nicht sehr reichlichen weissen Niederschlag, Alkohol fällt ihn nicht. Er gerinnt nicht mittelst Borax und Eisensesquichlorid. Der unlösliche gelatinöse Antheil hat anfänglich nur eine geringe Cohäsion, aber durch Stehen erweicht er und wird mehr teigig. Mit Schwefelsäure gekocht verliert er seine Gallertform und nimmt Syrups- consistenz an. Eine Kupferoxydlösung in Kali fällt sogleich diese und das lösliche Gummi als ein voluminöses, bläu- liches Hydrat. Wood meint, dass das Kermanische Gummi denselben Ursprung habe, wie das Gummi von Bassora und beide wahrscheinlich in der Provinz Kerman in Kleinasien erzeugt würden, indem das letztere aus

dem persischen Meerbusen in den Handel gelange, während

das erstere nacb Smyrna komme, um als ein Fälschungs- mittel gebraucht zu werden. (Americ. Journ. der Pharm. Ztschr. der österr. Apoth.-Ver. 3. Jahrg. 24.) B.

Das Goömin, ein Bestandtheil von Fucus crispus.

Ch. Blondeau hat der Pariser Akademie (Compt. rend. T. 60, 860) eine Untersuchung über das Perlmoos (Fucus cerispus L.), welches auch in Frankreich an den Küsten der Bretagne und Normandie in grosser Menge wächst, mitgetheilt, aus welcher ersichtlich ist, dass das- selbe nicht bloss zu Heilzwecken, sondern auch in der Haushaltung benutzt wird, zu welchem Zwecke man es durch Waschen mit Wasser von seinem Salzgehalt befreit und an der Luft trocknet, wodurch gleichzeitig die Pflanze ihre grüne Farbe verliert und schön weiss wird. Sie ist dann geruch- und geschmacklos.

Durchs Kochen der Pflanze mit Wasser entsteht eine schleimige Flüssigkeit, welche beim Erkalten‘ zu einer Gallerte gesteht, jener aus Leim sehr ähnlich. Die- ser Bestandtheil des Fucus ist aber kein Leim, indem seine wässerige Lösung weder durch Gerbsäure noch

Weinstein. | 263

durch Alaun und Bleizucker gefällt wird. Blondeau nennt diesen Stoff Goämin, von Go&ämon, der französischen Benennung des Fucus crispus.

Zur Reindarstellung des Go@mins wurde die Alge einige Stunden lang mit destillirtem Wasser gekocht und die schleimige Flüssigkeit mit Alkohol vermischt. Der dadurch entstandene Niederschlag wurde wieder in Wasser gelöst und die Lösung im Wasserbade abgedampft. Man erhält dünne durchsichtige und elastische Tafeln, welche wie Hausenblase aussehen und wie diese in kaltem Wasser arschwellen.

Das Go@min reagirt neutral, es ist geschmacklos und geruchlos. In Salzsäure löst es sich rasch beim Erwärmen. Von ceoncentrirter Schwefelsäure wird es unter Verkohlung gelöst. Bei Einwirkung der Salpetersäure auf dasselbe entwickeln sich salpetrige Dämpfe und die Lösung ent- hält Oxalsäure und Zuckersäure. Auch in Kalilauge löst sich das Go@min vollständig.

Bei der Analyse zeigte es folgende Zusammensetzung:

RE 21,80 H 4,87 Nase! 21,36 De 25 ER 49,46

100,00.

Das Goömin wäre demnach eine der stickstoffreichsten Substanzen des Pflanzenreichs, denn selbst der Leim ent- hält kaum 20 Proc. Stickstoff. Es wäre demnach wichtig, den Nahrungswerth des Goömins zu bestimmen.

Zwischen diesem von Blondeau erhaltenen Resultat und den früheren Untersuchungen des Fucus crispus, namentlich von Mulder und ©. Schmidt besteht dem- nach ein grosser Unterschied, denn nach Letzteren ist der Hauptbestandtheil dieser Alge stickstoff- und schwefel- freier Pflanzenschleim. (Buchn. n. Repert. Bd. 15. 1.) 2.

Weinstein

empfiehlt Betoldi als Mittel bei der zuckerigen Harnruhr. Bei dieser Behandlung brauchen die Kranken sich weder des Zuckers, noch zuckerhaltiger Nahrungsmittel zu enthalten; sie können essen, was sie wollen, nur soll ihr Getränk stets mit Weiustein gesättigt sein. (Wittst. Vierteljahrschr. . Bd. 14.) A

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264

IV. Literatur und Kritik.

Muspratt’s theoretische, praktische und analytische Che- mie in Anwendung auf Künste und Gewerbe. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. 2ter Band.

Dextrin. Vorkommen und Bildung. Schleiden hält es für einen eigentlichen bildungsfähigen Pflanzenbestandtheil und legt ihm grössere Bedeutung bei als dem Gummi. Fürstenberg fand es im Weizen und Roggen, Planta im keimenden Mais, Oude- manns fand in Weizenkleie 5,52, in Roggenkleie 7,79 Procent; Stein in der Gerste 6,5, im Luftmalz 7,55, im Darrmalz 8,23 Pro- cent; Albini in der echten Kastanie 22,3 bis 23,3 Procent. Im Thierreiche haben es Sanson und Bernard in Blut und Mus- keln, Sanson in Milz und Leber nachgewiesen. Im Tbhierreiche scheint sein Vorkommen von der Ernährung herzurühren, da es bei Ernährung mit Körnern gefunden, bei Fütterung mit Möhren nicht gefunden wurde. Das Holzdextrin scheint nicht identisch mit dem Stärkemehldextrin. Es finden sich viele geschichtliche Notizen über die chemischen Arbeiten über Dextrin. Ueber den Vorgang aber, der beim Einwirken von Säuren, Diastase und an- dern Stoffen auf Stärkemehl statt findet, weiss man nichts Siche- res, da frühere Annahmen sich unhaltbar gezeigt haben. Darstel- lung nach Payen, Houze, Pinel, St. Etienne, Ch. O’Neill, Hoffmann, Persoz, Thomas. Eigenschaften und Zusammen- setzung. Anwendung. Der Artikel ist von Schwanert verfasst und sehr ausführlich.

Tinte. Auf 30 Seiten hat Stohmann sehr ausführliche Mit- theilungen gegeben. Schreibtinten. Die Arbeiten von Lewis und Ribemann waren zur Zeit die gründlichsten. Brande, Ure, Booth, Reid, Karmarsch, Rostock haben Vorschriften ge- geben; Rostock hat Versuche über die Zusammensetzung ange- stellt. Stephens wird als wahrscheinlicher Erfinder der Alizarin- tinte angeführt. Winternitz, Leonhardi, Prollius, Bley, Runge haben Vorschriften gegeben. Stephens, Baudrimont, Kindt gaben Anweisungen zur Herstellung von unauslöschlichen Tinten. Scott und J. B. Reade liessen sich Patente geben.

Sympathetische Tinte. Lithographische Schreibtinte.e Buch- druckerschwärze.

Dünger. Auf52Seiten handelt Stohmann über Dünger, die früheren Begriffe über die Ernährung der Pflanzen, Schubart von Kleefeld’s Einführung des Kleebaues, die Arbeiten von Priestley, Sennebier, Saussure, Davy, Ingenhouss, Chap- tal, Hermbstädt, Einhof, Schübler, Sprengel über den chemischen Theil der Pflanzenphysiologie. Liebig’s Lehre von der Agriculturchemie, welche die Humustheorie umstürzte. Arbei- ten von Wichmann und Polstorf geben dafür Beweise, so wie

ae 265

die Vegetationsversuche von Knop, Stohmann, Sachs. Ferner sind der Boden und seine Entstehung sehr gründlich besprochen. Ebenso die künstliche Verbesserung des Bodens, die Stallwirth- schaft. Liebig hat dieselbe als Verzehrerin von Capital und Zinsen bezeichnet. Nur bei ganz kleinem Betriebe hält Liebig sie für vortheilhaft. Bedeutung und Verwerthung der städtischen Excremente. Künstliche Düngstoffe. Guano. Animalische Dün- gerfabrikate. Untersuchung der Düngstoffe.

Der nächstfolgende Artikel Eisen, auf 384 Seiten von Stoh- mann bearbeitet, umfasst beinahe 6 Hefte. Vom Atomgewichte an, über Roheisen, Stabeisen, Stahl sich erstreckend, die Geschichte des so wichtigen Elements einschliessend, die Roheisenerzeugung, seine Constitution, Anwendung der verschiedenen Sorten Roheisen, die Begleiter desselben, als Schwefel, Phosphor, Silicium, Mangan, Molybdän, Vanadin, Chrom, Wolfram, welche theils ursprünglich sich darin finden, theils aus den Schmelzmaterialien dazu kommen, sind alle in Betracht gezogen. Die Eisenerze und die Schmelz- materialien, deren Verarbeitung, die Zusammensetzung vorkommen- der Eisenerze, Gewinnung, Aufbereitung, Probiren der Eisensteine, Bestimmung auf nassem Wege, Röstprocess, Brennmaterialien, 'Schmelzapparate, Gebläse, Hohofenbetrieb, Hohofenproducte, Schla- eken, Umschmelzen des Eisens. Stabeisenbereitung, mit zahlrei- chen Abbildungen der Oefen, Werkzeuge. Flammöfen. Puddel- frischen. Stahlerzeugung. Gediegen Eisen und Meteoreisen. Dar- stellung des reinen Eisens. Verbindungen des Eisens. Verhalten der Eisensalze gegen Reagentien. Reductionsmethoden. Trennung des Eisens von andern Körpern. Analyse der Eisenerze. Eben so ausführlich als umsichtig bearbeitet.

Emaille. Auf 14 Seiten hat Stohmann eine sehr zweck- mässige Arbeit über Zusammensetzung, Darstellung, Materialien, die verschiedenen Farben der Glasmassen gegeben, unter Mittheilung von Vorschriften zur Anfertigung der Emaillen.

Essigsäure. Ueber Geschichte, Vorkommen, Bildung, Zu- sammensetzung und Constitution, mit vielen Formeln einer Reihe von homologen Säuren, Darstellung, Zersetzung, verschiedene Zu- stände, als Essigsäureanhydrid, concentrirter Essig, Weinessig, Malz-, Getreide-, Bieressig, Rübenessig, Branntweinessig. Schnellessig- Fabrikation mit vielen Abbildungen von Fabrikgegenständen. Holz- geist oder Holznaphtha, Reinigung des rohen Holzessigs.. Prüfung auf Gehalt an Essigsäure, auf Verunreinigungen und Verfälschun- gen ist das Nöthige in recht belehrender Uebersicht aufgeführt.

Färberei. Farbstoffe und Rohstoffe, Cochenille, Kermes, Murexid, Purpur, Carmin, Farbstoffe des Pflanzenreiches, Alkanna, Berberin, Curcuma, Krapp, Alizarin, Werthbestimmung, Farbhölzer und Rinden. Lokao, Chinesisch Grün, Catechu, Lack-Dye, Lack- Lack, Stock-, Stangen-, Körner-Lack, Aloe, Chica, Carucura, Chlorophyll, Galläpfel, verschiedene Sorten Valonien, Dividivi, Myrobalanen, Gelb- oder Avignon-Beeren, Saftgrün, Chinesische Gelbschoten, Orlean, Saflor, Safran, Sumach, Orseille, Persio, Lecanorsäure, Erythrin, Orein, Lackmus, Indig, Waid, Wau, Sorgho, Steinkohlentheer-Farbstoffe, als Benzol, Phenylalkohol, Rosolsäure, _ Anilin, Naphthalin, Azulin, Xanthopbylensäure, Pikrinsäure, Rosol- säure, Anilin, einst von Unverdorben Kıystallin genannt, von Runge Kyanol, von Fritsche als Anilin bezeichnet. Anilide, Anilsäuren. Anilinfarben zuerst von Runge und Fritsche be- merkt. Die Constitution lehrte 1861 Hofmann kennen, dessen

Arch. d.Pharm. CLXXXT. Bds. 3. Hft. 18

4 1 4 un 966 Literatur. rar.

Ansichten Städeler, Arndt in ihren Arbeiten über Anilin und Toluidin widersprachen. Die Bereitung der Anilinfarben geschieht auf die verschiedenste Weise, von verschiedenen Eigenschaften.

Anilinroth, nach Hofmann Rosanilinsalz. Mit wasserfreien Metallchloriden stellten zuerst 1859 Renard und France Fuchsin dar. G.Schnitzer stellt es mit Quecksilberchlorid dar. Mit Arsen- säure von Medlock, Girard, Delaire, mit Antimonsäure Smith in Glasgow, mit salpetersaurem Quecksilberoxyd Gerber und Kel- ler, mit salpetersaurem Blei Dale und Caro. Hughes wandte Salpetersäure an.

Anilinblau, nach Hofmann Triphenylrosanilinsalz. Schlum- berger stellt es aus 1 Rosanilin, 3 Anilin und 11/, Essigsäure dar. Pariser Blau wird nach Persoz, de Luynes und Salvetat aus 16 Anilin mit 9 Zinnchlorid durch 30stündiges Erhitzen auf 180 im zugeschmolzenen Glasrohre, Auskochen der Masse mit Wasser, Fällen mit Kochsalz erhalten. Mühlhauser Blau wird durch Kochen von einer alkalischen Schellacklösung mit Anilinroth erhalten.

Lauth stellt Anilinblau mit Aldehyd dar. Anilinviolett, zuerst von Perkin dargestellt, im Handel als Anilinpurpur, Tyrischer Purpur, Indisin, Anilein, Malvenfarbe; Schlumberger stellt es mittelst Schwefelsäure und sauren chromsauren Kalis dar, De- pouilly und Lauth mittelst Chlorkalks, Dale und Caro mit- telst Kupferchlorids, Price mittelst Bleihyperoxyds;; Hofmann hat es aus Rosanilin darzustellen gelehrt. Anilinbraun von R. Smith aus Anilinroth gewonnen, Anilingelb von Nicholson be- reitet aus einem basischen Harz, welches bei der Darstellung von Anilinroth sich bildet. Chrysanilin ist eine Base, die mit Säuren zwei Reihen Salze bildet. Anilingrün bildet sich direct auf den Geweben, wenn sie mit einer Lösung von chlorsaurem Kali in Wasser getränkt, nach dem Trocknen mit einer Lösung von wein- saurem oder salzsaurem Anilin bedruckt und dann 12 Stunden in einem Locale aufbewahrt werden, worin eine erhöhte Temperatur mit bestimmtem Feuchtigkeitsgrade sich findet. Anilinschwarz aus 25 chlorsaurem Kali, 50 Anilin, 50 Salzsäure, 50 Kupferchlorid, 25 Salmiak, 12 Essigsäure. Werthbestimmung der Anilinfarben. Naphthalin. Kreosot.

Unorganische Farbstoffe. Aluminiumverbindungen. Ultra- marin. Antimonverbindungen. Arsenverbindungen. Bleiverbin- dungen. Chlorkalk. Kieselsaures Natron. Zinnverbirdungen.

Die Operationen der Färberei und Druckerei. Waid-, Indig- oder Pastelküpe, Pottasche- und Sodaküpe, kalte Küpen.

Baumwollenfärberei. Mit 55 Recepten. Seidenfärberei. Mit 63 Recepten. Schafwollfärberei. Mit 84 Recepten.

Färberei der sogenannten Halbzeuge oder gemischten Waaren. Türkischrothfärberei.

Vorbereitung der Farben und Beizen. Vorbereitung des Zeu- ges vor dem Drucke.

Klotz Druck für Mineralfarben. Dops’scher Druck für Tafel- und Dampffarben. Druck der Wolle, Seide und gemischten Gewebe. Druck der wollenen Stoffe. Druck der Gewebe aus Wolle und Baumwolle. Druck der Seidenstoffe. Statistik des Zeugdrucks.

Kritik und Theorie der Processe.

Die auf fast 500 Seiten gegebene Belehrung über Färberei ist eben so verständlich als präcis gehalten und mit vielen Illustratio- nen verdeutlicht, eine Arbeit von Kletzinsky.

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Literatur. DET

Fette und Oele. Allgemeine Eigenschaften der Fette. Vor- kommen und Bildung im Pflanzen- und Thierreiche. Constitution der Fette. Nähere Bestandtheile. Säuren der Fettsäuregruppe.

Palmitinsäure. Palmitin. Stearinsäure. Stearin. Olein. Leinöl- säure. Physetölsäure.

Eintheilung und Classification der Fette.

Ochsentalg, Hammeltalg, Ziegentalg, Butter, Schweineschmalz, Menschenfett, Knochenfett, Klauenöl, Cecosnussöl, Palmöl, Cacao- butter, Lorbeerfett, Pinientalg, Muscatbutter, Mascattalg, Japani- sches Wachs.

Nicht-Glyceride. Bienenwachs. Chinesisches oder vegetabili- sches Wachs. Wallrath.

Flüchtige Fette oder Oele. Darstellung aus Samen. Allge- meine Eigenschaften der Oele.

Glyceride der Oelsäure. Olivenöl. Baumöl. Verfälschungen.

Mandelöl. Verfälschungen mit Olivenöl und Schmalzöl.

Rüböl. Von der Darstellung mittelst Schwefelkohlenstoff ist nicht die Rede.

Sesamöl. Behen- oder Benöl. Buchöl. Erdnussöl. Senföl (fet- tes). Baumwollensamenöl. Crotonöl. Eieröl. Leinöl. Wallnussöl. Mohnöl. Hanföl. Rieinusöl. Traubenkernöl.

Fischöle oder Thrane. Walfischthran. Delphinthran. Hai- fischthran. Leberthran. Spermacetiöl.

Verfälschungen der Oele. Firnisse. Verschiedene Arten. Bereitung. Arbeit von Stohmann.

Galvanoplastik. Diese sehr interessante Kunst ist eine Erfindung der neuesten Zeit und wesentlich Jacobi zuzuschreiben, der sie in Petersburg zuerst und zwar in grossem Maassstabe zur Anwendung brachte. Elkington in Birmingham, Ruolz in Paris vervollkommneten das Verfahren. De la Rive in Genf führte zuerst die Versilberung und Vergoldung praktisch aus, nachdem allerdings schon Brugnatelli vor mehr als 60 Jahren darauf hin- gewiesen hatte. Ein Engländer Spencer nimmt mit Jacobi die Priorität der Erfindung in Anspruch. Jacobi aber hat zuerst die praktische Anwendung gemacht.

Dieser auf 72 gespaltenen Seiten von Stohmann ausgeführte Artikel ist mit zahlreichen Abbildungen erläutert und enthält das Wichtigste des Verfahrens auf sehr fassliehe Weise dargestellt.

Gerberei. Eine kurze geschichtliche Notiz leitet die Abhand- lung ein, woraus wir gesehen, dass die Juden und andern Völker des Alterthums die Herstellung des Leders kannten und sich des- selben bedienten, indess keines derselben genauere Beschreibung über das Verfahren gegeben hat.

Mit diesem Artikel schliesst das zuletzt uns zugekommene 19te Heft des zweiten Bandes.

Beim Vergleiche mit der ersten Auflage des so sehr prakti- schen, nützlichen Werkes ergiebt sich die zahlreiche Vermehrung und Bereicherung der Beschreibungen.

Das Werk gereicht seinem Verfasser Muspratt zur höchsten Ehre und wir haben dem Bearbeiter in deutscher Sprache Dr. Stoh- mann die gründliche Umarbeitung und Verbreitung in Deutsch- land zu danken. Dasselbe hat sich bereits seit den wenigen Jah- ren seines Erscheinens eine weite Bahn gebrochen, welche bei der grossen Brauchbarkeit sich immer mehr erweitern wird.

Papier, Druck und Abbildungen gereichen der Verlagshand- lung zum gerechten Ruhme. Dr. L. F. Bley.

268 Literatur.

Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preus- sischen Rheinlande und Westphalens. Herausgegeben von Dr. ©. J. Andrä, Secretair des Vereins. 23ster Jahrgang. 3te Folge. 3ter Jahrgang. Mit Abhand- lungen, Correspondenzblatt 2 und Sitzungsbericht. 2te Hälfte von 1866. Bonn, in Commission bei Max Cohn & Sohn. 1866.

Einige kurze Mittheilungen.

Pag. 156. Hr. Dr. Hugo Laspeyres in Berlin über das Vor- kommen des Cäsiums und Rubidiums in einem plutonischen Silicat- gestein der preussischen Rheinprovinz. Die folgenden Mittheilun-

en schliessen sich den vorjährigen Verhandlungen (Band XXI. Seite 35—48 aus dem Sitzungsberichte der niederrheinischen Ge- sellschaft in Bonn vom 2. März 1865) an, ergänzen und beantwor- ten die früher angeregten Fragen, so weit der Verf. zu Resultaten gelangt ist.

Pag. 171. Hr. wirkl. Geh. Rath Dr. v. Dechen: Notizen über die geologische Uebersichtskarte der Rheinprovinz und der Provinz Westphalen. Der Hr. Verf. bemerkt, dass die vorliegende Karte im Maassstabe von I/soo.000 der wahren Grösse (1 preuss. Meile = 0,576 Zoll oder 6,912 Linien) eine wünschenswerthe Ergänzung er- halten hat, so erscheint es demselben an der Zeit zu sein, über Umfang, Zweck, Inhalt und Ausführung dieses Kartenwerks eine kurze Erläuterung zu veröffentlichen. Diese ausführliche und lehr- reiche, 3 Bogen starke Abhandlung über diese schöne geologische Karte ist nach unserer Ansicht nicht in einzelnen Bruchstücken fasslich wiederzugeben und der Raum des Archivs ist zu beschränkt, um die Sache in grösserem Umfange vorzutragen. Es kann des- wegen auch nur eine Andeutung der Karte gegeben werden, um Denjenigen, die sich für die Sache interessiren, die Herausgabe derselben anzuzeigen.

Correspondenzblatt No. 2. Pag.41. Bericht über die XXIII. General-Versammlung des naturhistorischen Vereins. Nachdem die geschäftlichen Angelegenheiten des Vereins abgehandelt waren, wur- den die Verhandlungen aufgenommen.

Pag. 44. Hr. Dr. Wirtgen berichtet über eine neue Pflanzen- form aus der Gattung Plantago L. und legte eine grosse Zahl von Exemplaren in den mannigfaltigsten Abänderungen vor, welche von Hrn. Pharmaceut Winter aus den salzführenden Wiesen von Emmersweiler unweit Saarbrücken gesammelt und eingesendet wor- den waren. Durch das reichliche Material konnte der Vortragende genauere Untersuchungen anstellen; er fand darunter eine der Plan- tago major ähnliche Pflanze, die sich aber in vielen Merkmalen von dieser unterscheidet: „sie hat eine stärkere Behaarung, die Blätter sind 3—Ö5nervig, oft länglich oder lanzett- lich und allmälig in einen flachen Blattstiel verschmä- lert, das Deckblatt unter der Blüthe ist breit rauten- förmig, fast so lang als der Kelch und bis auf einen schmalen Streifen am Rande ganz grün etc.“ Er wagt es einstweilen nur die Pflanze als Var. salina zu bezeichnen, zweifelt aber nicht, dass die Pflanze sich durch den Samen constant fort- pflanzen wird und in diesem Falle nennt Wirtgen dieselbe Plan- tago Winteri.

Ne N a a a BE a N el a Kal he chi

Literatur. 269-

Hr. Dr. Andrä nahm Veranlassung, an die cft gemachte Wahr- nehmung zu erinnern, dass Pflanzen, deren eigenthümlicher Stand- ort nicht Salzboden sei, sehr häufig, wenn sie auf diesen gerathen, im Habitus bedeutende Abweichungen zeigen und führt als Beleg Taraxacum offieinale Wiggers an. Wenn es ferner auch dankens- werth sei, auf solche Formen die Aufmerksamkeit zu lenken, so ermahnen doch gerade dergleichen offenbar vom Boden abhängige Formen zur grossen Vorsicht in Aufstellung von neuen Arten, zu- mal aus der von dem Herrn Vorredner erwähnten Gattung Plan- tago, welche schon einen charakteristischen Salzbodenbewohner in Pl. maritima besitze.

Pag.45. Hr. Prof. vom Rath machte aus einer grössern Arbeit, welche für die Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft be- stimmtist: „Geologisch-mineralogische Fragmente aus Italien“, einige Mittheilungen, besonders über die albanischen Gebirge bei Rom.

Pag.46. Hr. Dr. Marquart legte der Versammlung eine grosse Reihe Stufen von grönländischem Kryolitb mit verschiedenen Ein- schlüssen vor. Dann zeigte Dr. Marquart Indium- Oxydhydrat und Schwefel-Indium in nicht unbedeutender Menge vor, welches in seiner chemischen Fabrik aus sächsischem Zinkmetall gewon- nen war.

Pag. 46. Hr. Prof. Schaffhausen macht der Versammlung Mittheilung über zahlreiche Säugethierreste westphälischer Höhlen in der Gegend von Balve und hielt darüber einen eingehenden Vortrag.

Pag. 58. Hr. wirkl. Geh. Rath v. Dechen knüpfte hieran die Notiz eines ealifornischen Blattes, zufolge welcher in einer bedeu- tenden Tiefe, wahrscheinlich tertiärer Ablagerungen des Goldlan- des, ein Menschenschädel gefunden worden sei.

Pag. 58. Hr. Dr. Andrä theilt den inhalt eines Schreibens des Hrn. Dr. v. Könen in Berlin „Ueber das Alter der Tertiär- schichten bei Bünde in Westphalen“ mit.

Pag. 60. Hr. Med.-Rath Dr. Mohr sprach seine Ansichten über

die Thalbildung, gestützt auf die Beobachtungen während einer

Reise durch die Schweiz, in einem eingehenden Vortrage aus.

Pag. 66. Hr. Dr. v.d.Marck bemerkte im Anschlusse an den Vortrag des Hrn. Prof. Schaffhausen Folgendes: Seit einer Reihe von Jahren hatte ich mich bemüht, Producte menschlichen Kunstfleisses, welche der frühesten Periode angehören, unter den Einschlüssen der erwähnten Knochenhöhle von Balve aufzufinden, allein bis in die neueste Zeit vergebens. In den höheren Lagen des Höhleniettens waren allerdings vor einigen Jahren unter an- deren auch eine Anzahl Münzen, wenn er nicht irrt aus dem I1ten Jahrhundert, aufgefunden worden, welche Hr. Siebertz in Arens- berg ankaufte und wovon nur 1 Exemplar in Balve blieb. Der Redner besuchte 1866 im Sommer die Höhle nochmals und fand zu seiner Freude Steinwerkzeug der rohesten Bearbeitung und Bruchstücke sehr alter irdener Gefässe, welche denen in der west- phälischen Ebene als Theile von Urnen etc. nicht selten vorkom- menden Geschirren ähnlich waren. Die meissel- oder beilartigen Steinwerkzeuge waren denjenigen, welche im Sommethale bei Amiens aufgefunden, sehr ähnlich und bestanden nach der Analyse des Redners aus einem kieselsäurereichen Kieselschiefer: 89,01 Kiesel- säure, 1,15 Thonerde, 4,25 kohlensaurer Kalkerde, 0,35 kohlensaurer Bittererde, 3,00 kohlensaurem Eisenoxydul und 2,04 Kohlenstoff in 100 Theilen.

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270 Literatur. 2

Sitzungsbericht der niederländischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn, als Folge der ersten Hälfte von 1866.

Pag. 33. Hr. Prof. Schulze sprach über die Anatomie und Physiologie der Retina, indem er die Resultate seiner neueren Unter- suchungen zusammenstellte.

Pag. 34. Hr. Med.-Rath Dr. Mohr theilte mit, dass er in dem Se nkohlönrnes Brom entdeckt habe. Ferner trug derselbe Redner vor, dass es ihm gelungen sei, ein sicheres Verfahren zur Bestim- mung des Magneteisens in Melaphyren, Basalten ete. zu ermitteln. Wenn man feingepulvertes Magneteisen mit Salzsäure und Jod- kalium in einem verschlossenen Glase stehen lässt, so scheidet sich eine dem Gehalt an Eisenoxyd entsprechende Menge Jod aus. Diese kann dann leicht mit unterschwefligsaurem Natron nach der Methode gemessen werden, welche der Vortragende schon früher angegeben hat: indem nun so einmal 0,2 Grm., dann 0,4 Grm. Magneteisen behandelt wurden, so mussten nachher zur Austitri- rung des Jods 1) 17,3, 2) 34,4 C.C. Zehntel unterschwefligsaures Natron verwendet werden. Diese Mengen ergaben, wenn man das Atomgewicht des Magneteisens zu 116 nach der Formel Fe304 an- nimmt, 1) 0,20068 Grm., 2) 0,39904 Grm. Magneteisen, also immer bis zum letzten Milligramm genau. Ob aber überhaupt Magnet- eisen vorhanden ist, erkennt man an der Wirkung des Steines auf astatische Magnetnadeln oder an der Entfärbung des Gesteins in verdünnter Salzsäure.

Pag. 39. Hr. Prof. Troschel berichtete über eine Sammlung von Fischen, welche Hr. Dr. Stübel in Dresden an den Cap Ver- dischen Inseln gesammelt und dem Vortragenden zur wissenschaft- lichen Untersuchung übergeben hat.

Pag. 40. Hr. Geh. Bergrath Burkart überreicht den Abdruck einer Abhandlung des Hrn. Prof. del Castillo in Mexiko über ein neues, vom demselben beschriebenes Insekt, welches er zu dem Genus Fulgora und zu dem Subgenus Zystra Latreille zieht und glaubt dasselbe als Zystra cerifera mexicana bezeichnen zu müssen, wenn es noch nicht von einem früheren Autor benannt worden ist.

Pag. 44. Hr. Dr. Wüllner sprach über die Spectra des glü- Ken: Wasserstoffgases und berichtet über das Ergebniss seiner Untersuchungen.

Pag. 48. Hr. Prof. Bergemann theilte die Resultate einiger Versuche mit, welche von ihm mit dem Russ von Steinkohlen aus der Ruhrgegend angestellt worden sind, um einzelne Bestandtheile derselben zu ermitteln. Diese Versuche bezogen sich auf die An- gaben, welche Hr. Med.-Rath Dr. Mohr in der letzten Sitzung über seine Entdeckung der Broms in dem Steinkohlenruss gegeben hat und bemerkte unter Anderem, dass schon Bussy in manchen Koh- lensorten Brom und Jod in geringer Menge entdeckt habe, aber ein solches Vorkommen sei nicht allgemein und nicht als etwas Cha- rakteristisches zu betrachten ete.

Pag. 49. Hr. Prof. Schulze hielt einen eingehenden Vortrag über den gelben Fleck der Retina, seinen Einfluss auf normales Sehen und auf die Farbenblindheit etc.

Pag. 64. Hr. Prof. Argelander berichtete über den neuen Stern im Sternbilde der Krone, der sich am 12. Mai plötzlich ver- schiedenen Beobachtern als zweiter Grösse gezeigt hat.

Hr. Med.-Rath Mohr berichtet über eine Verbesserung des dialytischen Apparats zur Trennung von krystallinischen und leim-

Berichtigungen. 271

artigen Stoffen. Er bedient sich dafür eines spitzen, sternförmig

efalt.nen Filters von Pergamentpapier, welches aufrecht in ein las gestellt wird. Es bietet diese Form die grösste Menge wirk- samer Fläche bei kleinstem Inhalt. Schon nach 6 Stunden konnte er aus dem Dialysat von Opium Morphium fällen und aus einer stark mit Suce. liquirit. versetzten Arseniklösung wurde die arse- nige Säure mit Schwefelwasserstoffgas gelb gefällt.

Pag. 65. Hr. Prof. Landolt theilt die Resultate einiger Ver- suche über das Verhalter des Alkohols und Aethers bei längerem Erwärmen mit.

Pag. 66. Hr. Dr. Wüllner hielt einen Vortrag anschliessend an Prof. Landolt über die Spannkraft der Dämpfe einiger orga- nischen Flüssigkeiten, welcher einiges Licht auf die Beobach- tungen Regnault’s über die Spannung des Aetherdampfes zu werfen geeignet ist. Es erscheint in Uebereinstimmung mit Lan- dolt nicht erforderlich zu sein, eine Molecularänderung des Aethers anzunehmen, um die Beobachtung Regnault’s zu erklären etc.

Dr. Löhr.

Druckfehler- Berichtigungen.

Im 130sten Bande des 3ten Heftes des Archivs muss es heissen:

Seite266 Kreis Crefeld: Süchteln anstatt Stüchteln 269 Ruhr: Langendreer Langenreer »„ 270 Herford: Röttscher Böttscher 271 Minden: Schaupensteiner Sehanpensteiner an Lüneburg: Leddin Zeddin 276 Ostfriesland: Bünde Bonda 277 _ Braunschweig: Lehrte „.„„Bebre 279 Schwerin: Schiemann »„ Schumann 279 DBermburg: Plötzkau Rötzkau HN, Kroner Körner “ew83' „. ‚Her sfeld: Literfeld Eiterfeld 285 Eisenach: Simon $imen 291 Königsberg: Lämmerhirt Lammerhirt 294 Halberstadt: Kabisch Kabich BERDIRn. . Denstorff Dendorf dt N., Danzig: Riebensahm Rilbensahm 297... .Posen:. Kosten Korten 299 Görlitz: Knobloch »„ Knoche 38 Schleswig: Leck ». ‚Leik WS > Padel n..Zogel “7303, x Hansen Hausen 818. .Crefeld: Kossta Kortka 318 Elberfeld: Ditgens »„ Dilgener 318 Bernburg: Kroner 4... Körner tn. ke Fol R Keil Su Keit 2 33 Lo ae G Bockshammer »„ Borkhammer 318 Cassel: Melsungen Malchow 318 Hersfeld: Homberg Horneburg 318 Halberstadt: Kroppenstedt Creppenstedt al“, k Kabisch »„ Kabich „9319 Lausitz Kreis Lauritz

272

Seite 319 Kreis Arnswalde:

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Hofbuchdruckerei der Gebr. Jänecke zu Hannover,

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Gollner Ruthe

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Flonn Kröning.

ARCHIV

PHARMACIE.

Eine Zeitschrift des

allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins.

Abtheilung Hordientschlant.

Herausgegeben

von

L. Bley und 3. Ludwig.

xVis Jahrganz.

ii. HANNOVER. Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung.

1861.

ARCHIV

PHARMACIE,

Zweite Reihe. CXXXN. Band. Der ganzen Folge OLXXXII. Band.

Unter Mitwirkung der Herren

Bender, Berlandt, Dragendorff, Erdmann, Landerer, Löhr, Petz- holdt, Philipp, Ramdohr, Rammelsberg, Reichardt, Schacht, Schach- trupp, Weinhold

herausgegeben

von

L. Bley und HH. Ludwig.

Aschoff’sches Vereinsjahr.

HANNOVER. Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung.

1867.

Inhaltsanzeige.

Erstes und zweites Heft.

I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. Seite

Ueber die Anwendung des Amylalkohols zur Darstellung und quantitativen Bestimmung des Morphins, zur Darstellung des Strychnins, so wie zum Nachweise der Alkaloide bei gerichtlich-chemischen Analysen; von Ludwig Schach- Bappraus Bauenberg ..-.. Luna ee ee ET 1

Ueber Kreosotgas; von L. Ramdohr, techn. Dirigent der Mineralöl- und Paraffin-Fabrik Georghütte bei Aschersleben 53

Ueber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers; von J. Phi-

Analyse der Glimmer von Utö und Easton und Bemerkungen über die Zusammensetzung der Kaliglimmer überhaupt;

weRsC-Rammelsberg in Berlin.............. Ss an 82 Zur Methode der Aschenanalyse; von Prof. Dr. E. Reichardt

BEBETAR ee ent ee ae ee es a EEE 88 Beesabrod... . a areas eis ame er a a eat a are EEE 100 Beier Derinfeetionsmitte]... -....-.: -. u. Sue ne 102

II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Pharmakologische Notizen; von Dr. X. Landerer in Athen 104

iteber Merrubium: "von Demselben. ...2.....2:.2s U aa 105 Notizen über den Maulbeerbaum:; von Demselben............ 107 Notizen über Höhlen in Griechenland; von Demselben........ 108 Ueber ein eisenhaltiges Mineralwasser; von Demselben....... 109

III. Monatsbericht.

Dünnes Eisenblech S. 110. Gusseisen 110. Einfluss des Wolframs auf Gusseisen 110. Nutzbarınachung der Weiss- bleehschnitzei 111. Methode zum Verkupfern des Guss- eisens 112. Eine ungewöhnliche Entstehungsart von Eisenoxydoxydul 112.— Verfahren zur volumetrischen Be-

VI

Inhaltsanzeige.

Seite

stimmung des Eisens 113. Tellur 117. Grosse Halt- barkeit einer sauren Lösung der arsenigen Säure 117. Verhalten des Kupfers und Silbers zu den Auflösungen der arsenigen, selenigen und phosphorigen Säure 118. Nachweisung von Antimon durch die Löthrohrprobe 119. Krystallisirtes Antimonoxyd und dessen Verbindungen 120. Zinkfabrikation 121.— Natürliche Verbindung von Zinkoxyd, Ammoniumoxyd uud Wasser 122. Indium 122. Vorkommen von Indium im sogen. Ofenrauch der Zink- Röstöfen auf Juliushütte bei Goslar a.H. 124. Einfache Gewinnung des Thalliums 126. Reactionen des Thal- liums 126. Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds 127. Fluorthallium 128. Thalliumglas 129. Vergiftung durch einen Bleigehalt von Mühlsteinen 130. Schlagloth für Hartlöthungen 131. Chemische Untersuchung einer alten in Hindostan gefundenen Statue des Buddha 131. Auf- findung von sehr kleinen Mengen Kupfer in thierischen Theilen 131. Alfenide 132. Bereitung von sogenann- tem ebromsauren Kupferoxyd 132. Bereitungsweise einer schönen grünen Kupferfarbe 133. Ein ergiebiges Quecksil- berlager 133. Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen Croup 134.— Verfälschung von Argentum nitricum fusum 135. Vereinfachung des Bothe’schen Glasversilberungsverfah- rens 135 Prüfung von Gold- und Silbermünzen auf ihre Aechtheit 136. Wassergehalt des Goldoxydhydrates 136. Platinplattirte Schalen für chemische Laboratorien 137. Platinspiegel 138. Bromverbindungen des Iridiums 138. —- Botany-Bay- oder Grassbaum-Gummi, Gummi acroides 140. Fabrikation des Stärkezuckers 140. Bildung des Stärkezuckers und Dextrins aus der Stärke 141. Neue Reaction auf Traubenzucker 142. Neues Unterscheidungs- mittel von Rohr- und Traubenzucker 143. Zuckerver- brauch im Zollverein 143. Rübenzuckerfabrikation im Zollvereine in der Periode 1850—1864 146. Neues Ver- fahren der Saftgewinnung aus Runkelrüben 147. Der eondensirte Rübendampfsaft (Brüdenwasser) der Dünnsaft- apparate 148. Fabrikation der Zuckercouleur 148. Oxydationsproduct des Erythrits 149. Trehala oder Tri- cala 150.— Umwandlung der inactiven Weinsäure in Trau- bensäure 150. Bereitung der Citronensäure 151. Ci- tronensäure, ein Mittel zur Linderung der Schmerzen bei Krebsgeschwüren 151. Boreitronsaure Magnesia 152. Darstellung der Aepfelsäure aus den Fruchtzapfen von Rhus coriaria und das verschiedene Verhalten der Gerb-

Inhaltsanzeige. vo

rn Seite säuren 153. Geruch der käuflichen Gerbsäure 154. Digitalin 156. Helleborin und Helleborein 156. Laser- pitin 158. Untersuchung der Alo& succotrina 159. Verhalten der Aloe zur T'hierkohle 160. Aloetinsäure 161. Chrysoeyaminsäure 161.— Chloranil 162. Unter- suchungen über die Entwickelungsgeschichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen 162. Chlorophyll 164. Farbstoffe der Blätter 165. Flechtenstoffe 167. Catechin 168. Kino 169. Scoparin 169. Ratanhin 169. Anwendung der Ratanhia in der Färberei 171. Nachweisung der Krapp- verfälschung 172. Ueber eine dem Alizarin isomere Ver- bindung aus Naphthalin 172. Morindon identisch mit Alizarin 173. Behandlung des Opiums mit Terpenthin- öl 173. Schweinemilch 174. Mikroskopische Unter- suchung der Blutflecken 174. Chemische Beschaffenheit der Gehirnsubstanz 175. Pökeln des Fleisches 177. Pökeln des Fleisches mit Zucker 178. Conservirung von Rauchfleisch und Beseitigung bereits eingetretener Fäul- niss desselben 178. Werth des Fleischextracts 179. Fleischextract 180. Einwirkung von salpetriger Säure auf Kreatinin 180. Vorhandensein einer dem Chinin sehr ähnlichen fluoreseirenden Substanz in dem thierischen Ge- webe 131. Pancreatin 182. Flüssiger Leim 182. Xanthingehalt der Leber 182. Xanthin im Harn 183. Chloroform als Reactionsmittel auf zuckerhaltigen Harn 184. Verdeckung des unangenehmen Geruchs der Schwe- felkaliumpräparate 184.

IV. Literatur und Kritik ........ ee ae les Bihlipsraphischer Anzeiger: ..... 1... 2. um.ua ne zes 189 ——

Drittes Heft. I. Biographisches Denkmal. Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer........cccceeccnc. "193

IL Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie.

Ueber Chloroform; von Dr. C. Schacht, Apotheker in Berlin 213 Zur Milchprüfung; von Dr. Julius Erdmann.............. 220

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VIII Inhaltsanzeige.

Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Institute in Dorpat. Mitgetheilt von Professor Dr. Dragendorff. Beiträge zur

Kenntnisse des 'Cantharidinsv. ...... .2.4. 0000 00 emEeE 233 Ueber die Verunreinigungen der Arzneimittel; von Dr. Her- mann Ludwig, a. Professor in dena..........20co00c0s 259

Ueber die Mineralquellen zu Heppingen, Landskron und Apol- linarisbrunn im Ahrthal; von R. Bender in Coblenz..... 278

III. Naturgeschichte und Pharmakognosie.

Nachweisung des Mutterkorns im Roggen- und gemischten Weizenmeble; von L. Berlandt, Apotheker in Bukarest 282 Zur Kenntniss der giftigen Wirkung des Rhus toxicodendron 283

BVeslıterstur und Kritik... ......2.... 20.07 285 Register über Bd. 129, 130, 131 und 132 der zweiten Reihe des Archivs... 1... 22. Sr 289 ——HNr—

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ARCHIV DER. PIIARNACE

CLXXXI. Bandes erstes und zweites Hett.

%. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- logie und praktische Pharmaecie.

Veber die Anwendung des Amylalkohols

zur Darstellung und quantitativen Bestimmung des Morphins, zur Darstellung des Strychnins, so wie zum Nachweise der Alkaloide bei gerichtlich- chemischen Analysen; von Ludwig Schachtrupp aus Lauenberg.

Schon vor mehren Jahren wurde das Fuselöl von L. v. Uslar und J. Erdmann dazu angewandt, die Alkaloide Morphin, Narcotin, Strychnin, Nicotin und Coniin bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen aufzufinden.

Die Methode erwarb sich bald die Anerkennung der Fachmänner, weil sie sich bei der praktischen Anwendung nicht allein durch Einfachheit in der Ausführung aus- zeichnet, sondern auch mit grosser Sicherheit zum ‚Ziele führt und selbst in der Hand des weniger geübten Arbeiters gute Resultate gibt. Die Verfasser erkannten damals schon, dass das Fuselöl durch die vielen Vorzüge, welche es vor dem gewöhnlichen Alkohole hat, vielleicht auch zur Darstellung der Alkaloide geeignet sein möchte und behielten es sich vor, später über diesen Gegenstand weitere Mittheilungen zu machen.

Im Laufe der Zeit wurden auch im hiesigen Labora- torium vielfache Versuche in dieser Richtung ausgeführt; aber zu einem Abschlusse konnte es nicht gebracht werden, weil die Verfasser durch vielseitige Berufsgeschäfte ausser Stande waren, sich eingehender mit diesem Gegenstande zu beschäftigen. Als mich deshalb Herr Professor v. Uslar

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1.u.2.Hft. 1

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2 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 2

aufforderte, die Anwendung des Fuselöls zur Darstellung von Morphin und Strychnin einer ausführlichen Unter- suchung zu unterwerfen, ergriff ich die Gelegenheit mit Freuden, weil die genannten Alkaloide ein lebhaftes Inter- esse stets in Anspruch nehmen.

Bei dieser Gelegenheit ist es mir Bedürfniss, meinem nochverehrten Lehrer, Herrn Professor v. Uslar, herzlich zu danken für die Unterstützung bei der vorliegenden Arbeit, so wie auch für die grosse Bereitwilligkeit, mit welcher er mir durch Rath und That bei alle meinen Arbeiten im hiesigen Laboratorium zur Seite stand.

I, Morphin.

Bei den grossen Fortschritten der organischen Chemie in den letzten Decennien ist auch die Zahl derjenigen Verbindungen, welche den allgemeinen Namen organische Basen führen, zu einer fast unübersehbaren Menge heran- gewachsen.

Dieselben lassen sich ihrer Entstehung nach in zwei Gruppen bringen, deren eine diejenigen Basen umfasst, welche künstlich darstellbar sind und die bei weitem grösste Anzahl ausmachen, ‚während die zweite Gruppe aus einer verhältnissmässig nur kleinen Reihe von Ver- bindungen besteht, die bislang allen Versuchen der künst- lichen Darstellung Trotz boten und ausschliesslich Producte des Pflanzenlebens sind. Diese letzteren führen den be- sonderen Namen Alkaloide.

So grosses Interesse auch, vom theoretischen Stand- puncte aus betrachtet, die erste Classe von Verbindungen darbietet, so gering ist, mit Ausnahme des Anilins, bis jetzt ihr Werth für das praktische Leben; dagegen bilden die Alkaloide auch in dieser Beziehung einen Gegensatz zu jenen Basen, dass ihre Bedeutung in der angewandten Medicin eine sehr wichtige und vielseitige ist, während bislang ihre chemische Constitution noch so gut wie völlig

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zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 3

unbekannt blieb, so mannigfaltige Forschungen auch in dieser Richtung unternommen werden mochten.

Wir kennen jetzt die nahe Beziehung der künstlichen Basen zu Ammoniak und Ammoniumoxyd, wir sind, gestützt auf ihr chemisches Verhalten, zu der Annahme berechtigt, dass sie als Verbindungen betrachtet werden können, die sich von jenen Typen in der Weise ableiten lassen, dass der Wasserstoff ganz oder theilweise durch organische Radicale, d.h. durch Atomgruppen, die sich wie Elemente verhalten, vertreten werden kann; aber die Bemühungen, diese theoretischen Anschauungen auf die Alkaloide zu über- tragen, auch sie in Radicale zu zerlegen, um so eine Ein- sicht in ihre Constitution zu erlangen, sind fehlgeschla- gen. Wohl ahnen wir, dass auch ihre Zusammensetzung in inniger Beziehung zu den Typen Ammoniak und Ammo- niumoxyd steht und in neuester Zeit hat diese Betrachtung sogar durch das Einschieben von Radicalen in die Zusam- mensetzung einzelner Alkaloide, also durch sogen. sub- stituirte Verbindungen, eine grössere Stütze erhalten; so lange wir indess nicht im Stande sind, sie selbst in Radicale zu zerlegen, ist unsere Anschauung über ihre Zusammen- setzung noch eine sehr mangelhafte, und eine künstliche Darstellung derselben unmöglich.

Die Alkaloide sind, wie die organischen Basen über- haupt, durch einen entschieden ausgeprägten basischen Charakter ausgezeichnet, die meisten sättigen die stärksten Säuren so vollständig, wie die Alkalien Kali, Natron und Ammoniak und bilden häufig sehr gut krystallisirende Salze. Alle Alkaloide sind stickstoffhaltig, und man ist zu der Annahme berechtigt, dass ihre Basicität von ihrem Stickstoffgehalte abhängig ist. Eine genauere Betrachtung ihrer chemischen Constitution führt zu der merkwürdigen, ebenfalls unerklärbaren Erscheinung, dass alle Alkaloide, welche aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff bestehen, flüchtig sind, während die grössere Zahl derselben, die ausser jenen Elementen noch Sauer- stoff enthalten, zu den nicht flüchtigen gehören, so dass es scheinen könnte, als wären die verschiedenen Aggregat-

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a ar rn 6 ee 4 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

zustände durch das Vorhandensein oder Fehlen des Sauer- stoffs bedingt.

Die flüchtigen Alkaloide, zu denen nur Nicotin, Coniin und Spartiin gehören, stehen wahrscheinlich in naher Beziehung zu dem Typus Ammoniak, die übrigen nicht flüchtigen glaubt man als Ammoniumbasen auffassen zu müssen.

Fast sämmtliche Alkaloide sind durch ihre energische Wirkung auf den Thierkörper im hohen Grade ausgezeich- net; die meisten gehören deshalb nicht allein zu den wichtigsten Arzneimitteln, sondern auch zu den furcht- barsten Giften. Die Wichtigkeit sehr vieler officineller Pflanzen wird durch die in denselben enthaltenen Alkaloide allein bedingt, ja man glaubte lange Zeit, dass die Wir- kung sämmtlicher Arzneipflanzen allein von dem Gehalte an jenen Basen abhängig sein müsse, also in jedem offi- cinellen Gewächse ein Alkaloid zu suchen sei. Diese Annahme hat längst aufgegeben werden müssen, der Eifer, mit welchem das Auftreten und die Eigenschaften dieser interessanten Olasse von organischen Verbindungen ver- folgt wurde, hatte zu einer unhaltbaren Theorie geführt; auch den übrigen in Pflanzen erzeugten Producten, wie den Bitterstoffen, Harzen, ätherischen Oelen ete., muss ein grosser Antheil an der medicinischen Wirksamkeit zugeschrieben werden.

Unter allen den Producten, welche das Pflanzenleben dem Arzneischatze geschenkt hat, hat keines so grosse Wichtigkeit erlangt, als das Opium. Seitdem die Mediein dies unschätzbare Arzneimittel in seinem ganzen Umfange hat kennen lernen, ist eine völlige Umwälzung durch das- selbe namentlich in der Therapie herbeigeführt, so dass Hufeland mit Recht einst sagen konnte: „Die Geschichte des Opiums ist die Geschichte der Mediein selbst.“ Mit einem des Gegenstandes würdigen Eifer sind daher schon seit dem Bekanntwerden des Opiums vorzugsweise die Pharmaceuten bemüht gewesen, unsere Kenntnisse über die Gewinnung und die Bestandtheile desselben immer mehr zu erweitern, wobei bis auf den heutigen Tag die

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zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 5

Literatur dieses Gegenstandes zu einem bedeutenden Um- fange herangewachsen ist.

Das Opium wird aus den unreifen Samenkapseln des Mohnes, Papaver somniferum L., gewonnen. Man beschäftigt sich mit der Bereitung desselben fast aus- schliesslich in den orientalischen Ländern, weil das Klima hier der vollständigen und üppigen Entwickelung der Mohnpflanze besonders günstig ist. Indess sind auch in Europa und selbst in Deutschland Productions- Versuche gemacht worden, deren Resultate in so fern befriedigend waren, als dabei ein Opium von oft sehr guter Beschaffen- heit erhalten wurde, welches der besten türkischen Waare gleich kam; aber die Beschäftigung ist eine so mühsame, und der Ertrag im Verhältniss zur Arbeit ein so geringer, dass der pecuniäre Nachtheil die grössere Ausdehnung dieses Industriezweiges unmöglich machte. Hervorzu- heben ist hier allerdings, dass in Frankreich die Opium- gewinnung mit jedem Jahre grösser wird; im Jahre 1857 betrug der nur im Departement der Somme erzielte Opium- werth 1 Mill. 900,000 Franes. Es bleiben trotz alle dem Kleinasien, Arabien, Aegypten, Persien, Ostindien und in neuerer Zeit auch China und Algerien die Haupt- bezugsquellen für das Opium.

Die Gewinnung desselben wird in den verschiedenen Ländern nach gleichen Principien ausgeführt, indem man den Milchsaft der halbreifen Samenkapseln durch Ein- schnitte zum Ausfliessen bringt, ihn dann nach dem Ein- trocknen an den Mohnköpfen sammelt und zusammenkretet. Die Art und Weise, wie diese Arbeit der Opiumbereitung nach Gewohnheit und althergebrachter Sitte von den einzelnen Völkern vorgenommen wird, ist in den einzel- nen Ländern verschieden.

In Kleinasien pflegt man im Allgemeinen so zu ver- fahren, dass man des Abends die halbreifen Samenkapseln mit eigends zu diesem Zwecke hergerichteten Instrumen- ten einschneidet, indess mit der Vorsicht, dass die Ein- schnitte die Wand der Kapseln nicht durchbrechen, damit

6 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

der aus der verwundeten Stelle hervorquellende Milchsaft aussen an der Kapsel erhärtet, nicht aber in das Innere derselben fliesst und dadurch verloren geht. Am anderen Morgen wird der in der Form grösserer oder kleinerer Tropfen an den einzelnen Mohnkapseln festgetrocknete Saft mittelst eines Messers abgeschabt, durch Zusammen- kneten innig gemischt, in Kuchen geformt und getrocknet.

Das Einsammeln geschieht nicht immer mit gleicher Sorgfalt, und eben so wenig wird die weitere Verarbeitung des Eingesammelten stets in derselben Weise, mit dem- selben Fleisse und der nöthigen Aufmerksamkeit bewerk- stelligt, sondern in den verschiedenen Ländern und Di- strieten Kleinasiens machen Sitten, Gewohnheiten und Gewinnsucht grossen Einfluss auf diesen wichtigen Industrie- zweig geltend. Bei dem Abschaben des mehr oder weniger erhärteten Saftes werden nicht unerhebliche Mengen von Epidermis der Kapseln absichtlich zwischen das Opium gebracht, in anderen Gegenden wird das wahre Opium stets auf die Weise verfäscht, dass man nach dessen Ein- sammlung die Mohnpflanzen abmäht, auspresst, auskocht und diese Abkochung zur Extractconsistenz eindampft, um das echte Product mehr oder weniger zu verfälschen und dadurch Opiumsorten von verschiedenem Werthe zu erzeugen. Nach Landerer’s Berichten sollen auf diese Weise die vielen Handelssorten des türkischen Opiums entstehen.

Nur dieses Opium kommt zu uns in den Handel und wird von den meisten Pharmakopöen als die officinelle Drogue verlangt. Man unterscheidet zwei verschiedene Sorten, das ÜConstantinopolitanische und Smyrnaische Opium, die man früher glaubte zusammenfassen zu müssen, in letzterer Zeit indess mit Recht pharmakognostisch ge- trennt hat. Das erstere bildet völlig gleichmässige, homo- gene, auf dem Bruche glänzende Stücke von !/, 21], Pfd. Gewicht, das letztere stellt braune, an einzelnen Stellen stärker oder schwächer gelb gefärbte, gleichsam gefleckte

Kuchen von 11, —2 Pfd. Gewicht dar, zeigt, worauf

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zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 7

Merk zuerst aufmerksam machte, samenähnliche Thränen und ist stets mehr oder weniger von Epidermis und ein- zelnen Theilen der Mohnkapseln verunreinigt. Das Con- stantinopolitanische Opium wird für das beste türkische Opium gehalten, und einzelne Sorten desselben sind durch einen sehr hohen Procentgehalt an Morphin (15—16 Proc.) ausgezeichnet. Da dasselbe indess nur in geringer Menge und nicht regelmässig in den Handel kommt, also nicht gleichmässig in den Apotheken vorräthig sein kann, so darf es nicht dispensirt werden, sondern die Pharmakopöen verlangen das sogen. Smyrnaische Opium, welches stets in genügender Menge importirt wird.

In Östindien weicht die Art der Zubereitung des Opiums in mancher Beziehung von der in der asiatischen Türkei beschriebenen ab. Wir haben in neuester Zeit die ausführlichsten Berichte, in welcher Weise die Opium- ernte und die weitere Verarbeitung desselben in diesem Lande vorgenommen wird. Für Östindien ist dieser Han- delszweig eine Quelle reichen Gewinnes, weil dieses Land die bei weitem grösste Menge dieser Drogue liefert. Für uns hat indess dieses ostindische Opium um so weniger Interesse, weil es gar nicht oder doch nur als Seltenheit in unsern Handel kommt, mit Ausnahme einer einzigen Sorte, des sogen. Patna-Opiums, an Güte noch weit hinter der schlechtesten Smyrnaischen Waare zurücksteht, so dass es mehr einem getrockneten Extracte als wirklichem Opium ähnlich sieht. Dagegen consumirt China fast sämmtliches hier gewonnenes Opium, während in Ost- indien selbst nur «ein geringer Theil verbraucht wird. Dadurch dass die Chinesen, überhaupt die morgenländi- schen Völker, dem Geist und Körper zerrüttenden Genusse des Opiums fröhnen, ist die Cultur desselben in Ostindien zu einer ernormen Höhe gestiegen, hervorgerufen durch das immer grössere Verlangen nach diesem Berauschungs- und Genussmittel. So betrug beispielsweise im Jahre 1844 die Einfuhr in China 40,000 50,000 Kisten zu einem Werthe von pr.pr. 144—180 Mill. Frances, und jährlich

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8 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

hat die Consumtion in einer Schrecken erregenden Weise zugenommen.

Wie leicht aus diesen kurzen Betrachtungen zu ersehen ist, wird nur ein kleiner Theil des gesammten Opiums zu medicinischen Zwecken verwendet. Es geht ferner aus dem früher Angeführten hervor, dass alles nach Europa gebrachte Opium mehr oder weniger verfälscht wird, dass diese Drogue, weil sehr oft ihr Verbrauch den Ertrag übersteigt, von jeher aus Gewinnsucht die Zielscheibe

der gröbsten Betrügereien gewesen ist. Die pharmaceu-.

tische Literatur ist reich an Berichten über zahlreiche Verfälschungen und täuschend ähnliche in den Handel gebrachte Kunstproducte des Opiums. Harze aller Art, Thee, Gummi, Mehl, Salep, Zucker, Lakritzensaft, Stärke, extrahirtes Opium u.s.w. sind in betrügerischer Absicht bei- gemischt oder es ist sogar aus ihnen Opium künstlich fabrieirt worden.

Bei einem so wichtigen Arzneimittel wie das Opium, war es deshalb dringendes Bedürfniss, Mittel zu finden, durch welche man sich von der Güte des fraglichen Prä- parates überzeugen konnte. Als man daher das Opium zum Gegenstande ausführlicher chemischer Untersuchungen machte, wurde dasselbe zu einer wahren Fundgrube der interessantesten Stoffe, die sich noch bis in die jüngste Zeit vermehrt haben, und unter denen besonders eine Reihe Alkaloide, Morphin, Narcotin, Codein, Narcein, Papaverin etc. so wie die durch ihr Vorkommen und ihr chemisches Verhalten ausgezeichnete Säure, die Mecon- säure, gehören. Da das Opium seine Wirkung allein den darin vorkommenden Basen und zwar vorzugsweise dem Morphin verdankt, welches unter allen die wichtigste ist und in der grössten Menge darin auftritt, so geht daraus hervor, dass eine quantitative Bestimmung dieses Alkaloids den einzigen sicheren Massstab für die Beurtheilung der Güte des Opiums abgeben kann, dass der medicinische Werth des letzteren von dem Gehalte an Morphin ab- hängig ist.

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zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 9

Das Morphin wurde im Jahre 1804 von Sertürner entdeckt, jedoch erst im Jahre 1816 (nicht aber 1830, wie Einige angeben) beschrieb er seine Bereitungsweise und erkannte die basische Natur desselben. Wenn auch Derosne, Apotheker in Paris, sich schon 1803 mit Unter- suchungen des Opiums beschäftigte, das Narcotin abschied und rein darstellte, so gelang es ihm doch nicht, das Morphin zu erkennen, obgleich er dasselbe mit Narcotin zusammen durch ein Alkali gefällt und die alkalische Reaction des Morphins durch die grüne Farbe des Veil- chensyrups beobachtet hatte. Um so sicherer erkannte dagegen unser Landsmann Sertürner durch seine scharf- sinnigen Beobachtungen nicht allein das Morphin als eine salzfähige Grundlage, die sich, wie er bestimmt aussprach, dem Ammoniak zunächst anschliesse, sondern er entdeckte auch die dem Opium allein eigene Pflanzensäure, die Meconsäure.

Die übrigen im Opium enthaltenen Basen sind von weniger grossem Interesse, obgleich sie die Wirkung des Opiums theilweise bedingen und so modificiren, dass sie von ‚der des reinen Morphins in mancher Beziehung ab- weicht.

Sehr lehrreich sind die Untersuchungen von Ber- nard*) hinsichtlich der Wirkungen und Giftigkeit der einzelnen Opiumalkaloide. Am giftigsten ist das Thebain, dann folgen der Reihe nach Codein, Papaverin, Narcein, Morphin und Narcotin. Sämmtliche Opiumbasen, mit Ausnahme des Narceins, welchem die schlafmachende Wirkung des Opiums vorzugsweise zuzuschreiben ist, wirken krampferregend, eine Eigenschaft, die wiederum dem Thebain im höchsten Grade zukommt, dem sich dann in der Reihenfolge Papaverin, Narcotin, Codein und Morphin anschliessen.

Aus dem Umstande, dass in letzter Instanz der Werth des Opiums von dem Procentgehalte an Morphin abhängt,

*) Compt. rend. LIX. 406. 1864.

ee 10 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

aus der Thatsache, dass kein unverfälschtes Opium in den europäischen Handel kommt, geht zur Genüge hervor, nur solches Opium für den medicinischen Gebrauch in Apotheken zuzulassen, dessen Gehalt an Morphin durch quantitative Bestimmung genau festgestellt ist und der pharmakognostischen Prüfung dieser Drogue nur einen untergeordneten Werth beizumessen.

Es sind daher im Laufe der Zeit viele Vorschriften zur Gewichtsbestimmung des Morphins im Opium gegeben, von denen indess nur wenige ein allgemeines Interesse erregten und für die pharmaceutische Praxis geeignet waren, indem ihnen entweder die nöthige analytische Schärfe fehlte, oder das vorgeschriebene Verfahren zu umständlich und zeitraubend für eine schnelle und präcise Ausführung war.

Bevor ich zu der von mir gefundenen Methode der quantitativen Bestimmung des Morphins übergehe, sei es mir erlaubt, einige der wichtigsten Vorschriften dieser Art anzuführen, um sie einer Vergleichung und Prüfung “zu unterziehen.

Nach dem von Merk angegebenen Verfahren operirt man in folgender Weise: 1 Th. zerschnittenes Opium wird mit 16 Th. Branntwein gekocht, filtrirt, und der Rückstand auf gleiche Weise nochmals mit 8 Th. Brannt- wein eben so behandelt. Man setzt den vereinigten und filtrirten Auszügen Y, Th. kohlensaures Natron zu, ver- dampft auf dem Wasserbade zur Trockne, weicht die Masse mit kaltem Wasser auf, lässt in einem cylindrischen Gefässe absitzen, decantirt, giesst etwas Wasser auf den Rückstand, rührt um, lässt wieder absitzen und übergiesst nun den Rückstand mit 1 Th. Weingeist von 0,85 spec. Gew. Nachdem letzterer ungefähr 1 Stunde eingewirkt hat, wird der Niederschlag auf einem Filter gesammelt, mit etwas Weingeist abgewaschen und getrocknet. Man bringt den getrockneten Niederschlag so vollständig als möglich vom Filter, löst ihn in einem Gemische von 1 Th. destillirtem Essig und Wasser, filtrirt durch dasselbe Filter und wäscht

DE Se VE FORT zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 11

mit 1 Theil desselben Gemisches von Essig und Wasser nach. Das Filtrat enthält das Morphin als essigsaures Salz; es wird mit Ammoniak im geringen Ueberschuss versetzt, und das Ausscheiden des Morphins durch Reiben der Gefässwände mit einem Glasstabe unterstützt. Das Morphin scheidet sich als nur wenig gefärbtes, schmutzig weisses Pulver ab, welches nach 12stündigem Stehen auf einem Filter gesammelt, getrocknet und gewogen wird.

Die von Mohr*) angegebene Methode beruht auf der Löslichkeit des Morphins und der Unlöslichkeit des Narcotins in überschüssigem Kalkwasser und der Fällung des ersteren aus der alkalischen Flüssigkeit durch Salmiak.

Das Opium wird drei Mal durch Auskochen mit Wasser erschöpft, die Auszüge werden eingedampft und in eine kochende Kalkmilch gegossen, welche ungefähr !/} des angewandten Opiums an Kalkerdehydrat enthält. Das anfangs gefällte Morphin wird durch den Ueberschuss des Kalkes wieder gelöst, während das Narcotin ungelöst zurückbleibt, zugleich scheidet sich sämmtliche Mecon- _ säure als unlösliches Kalksalz ab. Man giesst die Masse, nachdem sie einige Minuten gekocht hat, durch ein leinenes Colatorium, wäscht mit kochendem Wasser ab und presst aus. Die ablaufende weingelbe Flüssigkeit wird so lange eingedampft, bis ihr Gewicht das Doppelte von dem in Arbeit genommenen Opium beträgt, und nun noch heiss filtrirt, weil sie sich beim Verdampfen wieder trübt. Das Filtrat wird rasch bis zum Kochen erhitzt und mit Ihe des Gewichtes des Opiums an Salmiak versetzt, wodurch das Morphin sich in krystallinischem Zustande ausscheidet. Es wird auf einem Filter gesammelt, etwas abgewaschen, in Salzsäure gelöst, mit Thierkohle entfärbt und wieder mit Ammoniak gefällt. Das so erhaltene, schön reine Morphin kann nach dem Trocknen gewogen werden.

Wir finden in der pharmaceutischen Literatur mehre Methoden der quantitativen Bestimmung des Morphins,

*) Annal. der Chem. und Pharm. XXXV, 119.

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18 SL. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

welche die Trennung dieses Alkaloids vom Narcotin auf anderem Wege zu bewerkstelligen suchen, sich aber ver- schiedener Mittel zur Erreichung ihres Zweckes bedienen. Eine durch Säuren (z. B. Salz- oder Schwefelsäure) be- wirkte Lösung der genannten Basen mit einer Lösung von doppelt-kohlensaurem Kali oder Natron versetzt, bringt sofort einen Niederschlag von Narcotin hervor, während Morphin als doppelt-kohlensaures Salz in Lösung bleibt. Filtrirt man den entstandenen Niederschlag rasch ab, so scheidet sich aus dem Filtrate nach längerem Stehen das Morphin krystallinisch ab. Auf dieses beob- achtete Verhalten hin haben mehre Forscher versucht, Gewichtsbestimmungen des Morphins im Opium auszu- führen, und man ist, sobald man jene allgemeine That- sache im Auge behält, leicht im Stande, mehre Methoden unter einem gemeinsamen Gesichtspuncte zusammen zu fassen.

So lässt z.B. Duflos den wässerigen Opiumauszug mit einer Lösung von doppelt-kohlensaurem Kali fällen und aus dem Filtrate durch Erhitzen das Morphin ab- scheiden.

Statt des doppelt- kohlensauren Kalis hat Rump *) zuerst das Ammon. carb. der Öfficinen in Vorschlag ge- bracht und darauf eine Bereitungsmethode des Morphins begründet, welche von der Hannoverschen Pharmakopöe zur Prüfung des Opiums in wenig veränderter Weise vor- geschrieben ist.

Nach der genannten Pharmakopöe wird 1 Th. Opium mit 4 Th. Spirit. vini rectificati übergossen und so lange digerirt, bis das Opium völlig aufgeschlossen ist, dann wird filtrirt, und der Rückstand mit 1 Th. desselben Spiritus nachgewaschen. Das Filtrat wird mit einer Lösung von anderthalb kohlensaurem Ammoniumoxyd so lange ver- setzt, als dadurch ein Niederschlag entsteht, dieser wird so schnell wie möglich abfiltrirt, und die ablaufende Flüssig-

*) Preis-Courant von Rump. Mai, 1854.

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zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 13°

keit bei Seite gestellt. Nach mehrtägigem Stehen schei- det sich das Morphin krystallinisch ab; es wird auf einem Filter gesammelt, getrocknet und gewogen.

Nach Guillermond*) werden 15 Th. Opium mit 60 Th. Weingeist von 70 Proc. ausgezogen, der Auszug filtrirt, und der Rückstand mit demselben Weingeist noch einige Male extrahirt. Sämmtliche filtrirte Auszüge werden mit Ammoniak versetzt, und nach 12stündigem Stehen sollen dann die weissen Prismen von Narcotin von den schweren, fest am Glase haftenden Krystallen von Morphin darch Abschlämmen getrennt, letztere auf einem Filter gesammelt und, nach dem Auswaschen von dem mit ge- fällten meconsauren Ammoniumoxyd, gewogen werden.

Das Prineip der von J. Schacht**) angegebenen Methode, welche nicht nur für Smyrnaisches Opium, son- dern auch für jede andere Opiumsorte anwendbar ist, beruht darauf, dass eine bestimmte Menge Opiumpulver durch Wasser völlig extrahirt wird. Der in Wasser unlösliche Rückstand, auf einem Filter gesammelt und nach dem Austrocknen gewogen, darf bei gutem Opium nicht mehr wie 40 Proc. betragen. Der wässerige Aus- zug wird nach dem Eindampfen mit Thierkohle entfärbt, dann abfiltrirt, mit Ammoniak in geringem Ueberschuss versetzt, und der Niederschlag, wenn die Flüssigkeit nicht mehr nach Ammoniak riecht, auf einem Filter gesammelt. Bei gutem Opium muss der Niederschlag, welcher aus Morphin, Narcotin und meconsaurem Kalke besteht, min- destens 14 Proc. betragen. Durch Aether wird das Narcotin entfernt, durch Weingeist (von 0,810 sp. Gew.) das Morphin gelöst. Beim Verdunsten der weingeistigen Lösung wird das letztere rein erhalten.

Wenn ich die vor Kurzem von Hager ***) angegebene Methode zur quantitativen Bestimmung des Morphins über-

*) Journ. pharmae. XVI, 17. Jahresber. von Liebig und Kopp. 1849. S. 607. **) Archiv der Pharm. Bd. 164. 2. Heft. ###) Pharmaceutische Centralhalle. Jahrg. V. No. 24 und 27.

a ve 14 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

gehe, so geschieht das nur aus dem Grunde, weil dieselbe, selbst in der vom Autor verbesserten Form, häufig un- genaue Resultate liefert, sehr umständlich und nicht für jede Opiumsorte anzuwenden ist.

Nach den von mir ausgeführten Versuchen war das nach der Merk’schen Methode erhaltene Morphin allerdings von Farbstoffen fast völlig frei, aber das Alkaloid enthielt bei genauer Prüfung stets geringe Beimengungen von Narcotin. Als ich dasselbe mit reinem Chloroform be- handelte und den Auszug verdunstete, blieb ein Rück- stand, der bei der Untersuchung aus Narcotin bestand, und gleichfalls konnte letzteres durch Benzin dem Morphin entzogen werden.

Wenn der Werth einer Bestimmungsmethode dieser Art allerdings vorzugsweise nach den erhaltenen Resul- taten beurtheilt werden muss, so ist doch, meiner Ansicht nach, nicht zu bestreiten, dass ein grosser Vorzug darin liegt, ob eine Methode viele oder wenige Operationen zu ihrer Ausführung verlangt. In dieser Beziehung zeichnet sich die Mohr’sche Vorschrift sehr vortheilhaft vor der Merk’schen aus, sie liefert sehr gute Resultate bei grös- serer Einfachheit in der Ausführung.

In noch höherem Grade gebührt dieses Lob der Rump- schen Methode, welche indess wieder den Nachtheil vor den beiden ersteren hat, dass sie, da die Abscheidung des Morphins ein mehrtägiges Stehen in Anspruch nimmt, nicht so rasch zum Ziele führt; aber gerade bei solchen Bestimmungen liegt für die Praxis ein grosser Vortheil in der raschen Beendigung der begonnenen Arbeit.

Wenn die Hannoversche Pharmakopöe den weingeisti- gen Opiumauszug mit einer Lösung von Ammon. carbon. _ versetzen lässt, so ist das nicht zweckmässig, ja es kann dadurch sogar das Resultat der Bestimmung verändert werden. Da das reine Morphin, wenn auch nur in gerin- ger Menge, in Wasser und noch mehr in weingeisthaltigen Flüssigkeiten löslich ist, so muss jede unnöthige Verdün- nung sorgfältig vermieden werden; es ist im Gegentheil

N N zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 15

ein Vortheil der Methode, wenn das Alkaloid aus mög- lichst concentrirter Lösung gefällt wird. Man beob- achte deshalb den Handgriff, das Ammoniaksalz nicht in Lösung, sondern fein gerieben in Substanz und im Ueber- schusse dem ÖOpiumauszuge zuzufügen, unter häufigem Umschwenken zur Beförderung der Lösung 10 Minuten lang einwirken zu lassen und nun rasch durch ein Falten- filter abzufiltriren. So manipulirt wird das Narcotin frei sein von Morphin. Es ist ferner zweckmässig, vor dem Zusatze des Ammoniaksalzes die Flüssigkeit mit einigen Tropfen concentrirter Essigsäure zu versetzen, damit sich etwas doppelt-kohlensaures Ammoniumoxyd bilden kann, wodurch die sofortige Ausscheidung von Morphin um so mehr verhindert wird. Das auf diese Weise erhaltene krystallinische Morphin hat eine dunkle Farbe, kann indess ohne weiteres zur quantitativen Bestimmung benutzt werden.

Nach der von Guillermond angegebenen Methode in ihrer alten Gestalt, wie ich sie kurz angeführt habe, dürfte wohl schwerlich noch gearbeitet werden, weil sie, wie ein Blick zeigt, durch die Trennung des Narcotins vom Morphin nur zu approximativen Schätzungen, nicht aber zu exacten Bestimmungen dienen kann. Abgesehen davon, dass die mechanische Trennung der beiden Alkaloide durch Abschlämmen nur unvollständig geschehen kann und häufig gar nicht ausführbar ist, leidet die Methode noch an den Fehlern, dass sie einerseits schon nach 12stündigem Stehen des mit Ammoniak versetzten Aus- zuges das Morphin trennen lässt, aber in so kurzer Zeit noch keine vollständige Abscheidung erfolgt sein kann, andererseits die zum Ausziehen benutzte Alkoholmenge das Opium nicht völlig aufschliesst.

Von de Vry*) hat die Guillermond’sche Methode eine Verbesserung erfahren, die dahin geht, Morphin und Narcotin durch Behandeln mit einer Lösung von schwefel-

*) Journ. de Pharm. et de Chim. XVIH, 439.

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16 L. Schachtrupp, ah des Amylalkohols

saurem Kupferoxyd zu trennen. Das Morphin geht als schwefelsaures Salz in Lösung, indem sich basisch schwefel- saures Kupferoxyd ausscheidet, Narcotin (und mecon- saurer Kalk) bleiben ungelöst, und aus dem Filtrat wird das Morphin, nachdem durch Behandeln mit Schwefel- wasserstoff das überschüssige Kupfersalz zersetzt und dadurch die Farbstoffe mit dem Schwefelkupfer entfernt sind, mit Ammoniak wieder gefällt.

Die Resultate nach diesem de Vry’schen Verfahren sind nicht immer günstig, sondern in vielen Fällen erhält man nur eine sehr geringe Ausbeute an Morphin.

Ich werde nun die von mir gefundene Methode in der Weise folgen lassen, dass ich zuerst ihren Werth zur quantitativen Bestimmung des Morphingehaltes im Opium darzulegen und zu beweisen suche, indem ich sie durch analytische Belege mit den beiden vorhin erwähn- ten Methoden von Merk und Rump vergleiche, sodann werde ich über ihre Anwendung als Bereitungsmethode des Morphins später einige Worte beifügen.

Im Allgemeinen gründet sich diese Methode auf die vollständige Unlöslichkeit des Morphins in Benzin und die Löslichkeit desselben in Fuselöl. Ich will hier be- merken, dass man sich statt des reinen Benzins, dessen Siedepunct bei 8000. liegt, auch der rohen Handels- waare bedienen kann. Wird die letztere ein- oder zwei- mal rectifieirt, eine Arbeit, die leicht ausführbar ist, so erhält man ein farbloses Product, dessen Siedepunct aller- dings viel höher ist, als der des reinen Benzins, welches indess zu dem vorliegenden Zwecke brauchbar und viel billiger ist.

Die mit verschiedenen Benzinsorten angestellten Ver- suche zeigten, dass das Morphin sowohl in dem reinen wie auch in dem rohen (rectificirten) Benzin unlöslich ist und dienten damit zur Bestätigung der schon von Rodgers angegebenen Eigenschaft dieses Alkaloids. Das „Nareotin dagegen löst sich leicht in Benzin, so dass ein Gemisch von Narcotin und Morphin sich mit grösster

EEE RE DE zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 17

Sicherheit und Schärfe durch Benzin trennen lässt. Mit Benutzung dieser Thatsachen lässt sich die quantitative Bestimmung des Morphins im Opium in folgender Weise ausführen:

Eine bestimmte Menge des abgewogenen Opiums wird in einer Porcellanschale auf dem Wasserbade mit einer Lösung von kohlensaurem Natron übergossen. Das Opium zergeht in der alkalischen Flüssigkeit sehr leicht und bildet, wenn die richtige Menge der Sodalösung angewandt ist, nach dem Zergehen eine dünne breiige Masse, welche dann, nachdem man sich durch Lackmus- papier überzeugt hat, dass das Alkali im Ueberschuss vor- handen ist, bis zur vollständigen Trockne gebracht wird. Diese Masse wird nun heiss mit Benzin behandelt, um das Narcotin zu entfernen. Zu diesem Zwecke bringt man das trockene Pulver in eine völlig trockene Koch- flasche, übergiesst dasselbe mit so viel Benzin, dass es davon bedeckt ist, erwärmt. nun auf dem Wasserbade unter häufigem Bewegen eine Zeit lang und filtrirt mit der Vorsicht ab, dass möglichst wenig von dem festen Inhalte der Kochflasche mit auf das Filter kommt. Der Rückstand wird in derselben Weise noch 2-—-3 mal mit erneuerten Mengen von Benzin erschöpft. Das Filter, durch welches die Benzinlösung filtrirt ist, wird getrock- net und mit sammt dem Inhalte dem Rückstande zu- gefügt. Um denselben von den letzten Resten des anhaf- tenden Benzins zu befreien, schüttet man ihn in eine Porcellanschale und lässt unter Umrühren kurze Zeit auf dem Wasserbade stehen, bis er völlig trocken geworden ist. Nun wird der Rückstand zweckmässig in derselben Kochflasche, welche zum Ausziehen des Benzins diente, mit Amylalkohol (1320 Siedepunct) übergossen, auf freiem Feuer (über der Weingeist- oder Gasflamme) unter stetem Bewegen bis zum Sieden erhitzt und heiss abfiltrirt. ;

In gleicher Weise zieht man noch 2 Mal mit neuen Mengen von Fuselöl aus und stellt die vereinigten Aus- züge einige Stunden bei Seite. Ein grosser Theil des

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ols Morphins scheidet sich nach kurzer Zeit aus dieser Lösung in kleinen mehr oder weniger gefärbten Krystallen ab, die rund herum die Gefässwände mit einer dünnen, fest anhaftenden Kruste bedecken, zum Theil auch lose am Boden liegen. Das Fuselöl wird von den Krystallen in eine kleine trockene Retorte abgegossen, bis auf ungefähr I, seines ursprünglichen Volumens abdestillirt, der Rück- stand noch heiss auf warmes mit Salzsäure angesäuertes Wasser gegossen und anhaltend damit geschüttelt. Das säurehaltige Wasser entzieht dem Amylalkohol das Alka- loid, indem letzteres als salzsaures Salz in Lösung geht. Mittelst einer Pipette wird das mehr oder weniger stark braun gefärbte, auf der Flüssigkeit schwimmende Fuselöl abgenommen, nochmals mit warmem, säurehaltigen Wasser ausgeschüttelt, wieder abpipettirt und dann zu einer ge- legentlichen Reinigung durch Rectification bei Seite gestellt. Die aus dem Amylalkohole abgeschiedenen Krystalle werden in den vereinigten wässerigen salzsauren Lösungen ebenfalls gelöst, die Flüssigkeit auf dem Wasserbade so stark eingedampft, dass ihr Gewicht doppelt so gross ist, als das des angewandten Opiums und filtrirt. Zu dem Filtrate setzt man Ammoniak im geringen Ueberschuss und lässt dasselbe, mit Fliesspapier lose bedeckt, 24 Stun- den stehen.

Das Morphin scheidet sich anfangs als voluminöser Niederschlag ab, der aber nach einigem Stehen krystalli- nisch wird. Er wird auf einem Filter gesammelt, einige Male mit destillirtem Wasser abgewaschen, getrocknet und gewogen. Das so dargestellte Morphin ist noch mehr oder weniger gefärbt, kann indess als hinlänglich rein für die quantitative Bestimmung betrachtet werden.

Wollte man indess eine Reinigung vornehmen, so rathe ich, einfach so zu verfahren, dass man den getrock- neten Niederschlag in einem Becherglase mit sammt dem Filter mit einem Gemische von gleichen Theilen Wasser und destillirten Essig anrührt, so dass das Ganze einen dünnen Brei bildet, und kurze Zeit unter zeitweiligem

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zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 19

Umrühren ohne jede Anwendung von Wärme maceriren lässt. Es wird filtrirt, mit kaltem Wasser, dem einige Tropfen Essigsäure zugesetzt sind, ausgewaschen und durch Ammoniak gefällt. Jetzt scheidet sich das Morphin viel reiner als gelbliches Pulver ab.

Auf diese einfache Weise lässt sich das Morphin stets von dem grössten Theile der mitgefällten Farbstoffe, Harze etc. trennen, wenn man nur darauf achtet, jede Erwärmung bei der Einwirkung der verdünnten Essig- säure zu vermeiden, das noch unreine Morphin vorher zu trocknen und beim Nachwaschen nur immer kleine Mengen von Flüssigkeiten nach dem vollständigen Ab- laufen der vorher aufgegossenen anzuwenden, damit aus der Lösung, ohne sie durch Eindampfen zu concentriren (denn dadurch färbt sie sich stets dunkler), durch Am- moniak das Alkaloid gefällt werden kann.

Wendet man statt der schwachen Essigsäure eine stärkere Säure z. B. Salzsäure an, so geht ein grosser Theil der Verunreinigungen wieder in Lösung, die ab- laufende Flüssigkeit ist noch immer stark gefärbt; wird der Niederschlag noch feucht angewandt, werden die Ver- unreinigungen gleichfalls nicht so vollständig zurück- gehalten. Es ist meiner Ansicht nach zweckmässig, die Anwendung der Kohle bei so werthvollen Substanzen, vor allen aber bei der Ausführung quantitativer Bestimmungen so viel wie möglich zu beschränken; denn die Kohle hält stets etwas von dem Alkaloide so hartnäckig zurück, dass es ihr praktisch auf keine Weise wieder zu entziehen ist.

Der Vortheil dieser so eben beschriebenen Methode liegt zunächst in der Schnelligkeit, mit welcher sich die- selbe ausführen lässt, sodann in den zu erzielenden genauen Resultaten und schliesslich in der Leichtigkeit, mit welcher die dabei angewandten Extractionsmittel, Benzin und Fuselöl, in völliger Reinheit wieder gewonnen werden können. |

Ich habe oben schon hervorgehoben, dass der Amyl- alkohol durch Destillation zum grössten Theile wieder

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20 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

erhalten und dann, wie sich von selbst versteht, ohne weiteres zur nächsten Bestimmung verwandt werden kann; hinzufügen will ich nur noch, dass man mit Benzin in gleicher Weise verfährt.

Will man das in demselben gelöste Narcotin nicht gewinnen, so wird aus einer Retorte über gelindem Kohlen- feuer das Benzin bis auf einen geringen Rückstand ab- destillirt und letzterer weggeworfen; im anderen Falle giesst man ihn auf heisses mit Salzsäure angesäuertes Wasser, schüttelt mehre Male tüchtig durch und bringt das Ganze auf ein gut durchnässtes Filter. Es läuft eine schön rothe Flüssigkeit vollkommen klar durch, während das Benzin als schmutzig zähe Masse zurückbleibt und erst durch das Filter geht, nachdem die wässerige Nar- cotinlösung abgelaufen ist. Man fällt das Narcotin durch Ammoniak, sammelt es auf einem Filter, wäscht es ab und behandelt es nach dem Austrocknen mit siedendem Alkohol, aus welchem man nach dem Erkalten schöne Krystalle erhält, die durch Abwaschen mit kaltem Alkohol und, wenn sie noch nicht weiss genug sein sollten, durch Wiederauflösen in verdünnter Salzsäure und Behandeln mit Thierkohle rein erhalten werden.

Eine lange Reihe von Versuchen, das Morphin quan- titativ nach dieser so eben beschriebenen Methode zu be- stimmen, haben mir bei Vergleichung mit anderen Vor- schriften dieser Art, namentlich mit den Methoden’ von Merk und der Hannoverschen Pharmakopöe (Rump) den Beweis von der Brauchbarkeit und Genauigkeit derselben geliefert.

Zwei Smyrnaische Opiumkuchen, welche innen von sehr feuchter Beschaffenheit waren, wurden in der Weise untersucht, dass ich von jedem Stücke drei quantitative Analysen ausführte, die das folgende Resultat gaben:

1. Analyse.

Nach der Hann. Nach meiner Bemere Pharmakopöe Methode 8,29 Proc. 4,81 Proc. 8,302 Proc,

Nareotinhaltig.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 21

2. Analyse. Nach Merk Nach der Hann. Nach meiner Pharmakopöe Methode 8,01 Proc. 4,25 Proc. 7,959 Proc.

Nareotinhaltig.

Ich will noch anführen, dass ein anderes Stück Opium, sehr feucht und stark mit Lakritzen verfälscht, mir die beiden folgenden Zahlen gab:

1. Analyse. 2. Analyse. 5,5 Proc. 5,216 Proc.

Aus den ersten sechs quantitativen Bestimmungen wird zur Genüge das Verhältniss der erhaltenen Morphium- mengen nach den verschiedenen Bestimmungsmethoden hervorgehen. Da die Ausführung der Analysen auch bei dem mit Lakritzen versetzten Opium mit gleicher Leich- tigkeit von Statten ging, so darf daraus der Schluss ge- zogen werden, dass meine Methode sich bei allen Opium- sorten mit Vortheil anwenden lässt.

Es kann nicht auffallen, dass die von der Hannover- schen Pharmakopöe aufgenommene Rump’sche Methode stets geringere Ausbeute gibt, wenn man nur berück- sichtigt, dass das Morphin sich aus einer alkoholischen Lösung, deren Gewicht das Fünffache von dem angewandten Opium beträgt, abscheiden muss.

Bevor ich die verschiedenen Methoden der quantita- tiven Bestimmung des Morpfins verlasse, um .einen Blick auf die wichtigsten Bereitungsmethoden dieses Alkaloids zu werfen, will ich noch anführen, dass bei der Wichtig- keit dieses Gegenstandes für die pharmaceutische Praxis, der Wunsch nach einem raschen und dabei doch exacten Verfahren sehr nahe lag. Auf keine Weise würde diesem berechtigten Verlangen mehr entsprochen sein, als durch das Auffinden einer allen Anforderungen genügenden mass- analytischen Methode; denn diese haben, wenn sie ihrem Zwecke entsprechen, für das praktische Leben durch die Schnelligkeit, mit welcher sie ausführbar sind, einen grossen Vorzug vor allen gewichtsanalytischen Bestim- mungen.

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22 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

In der That ist ein Verfahren dieser Art von Kieffer *) angegeben, und zwar gründet sich dasselbe auf die Zer- setzung einer alkoholischen Morphinlösung durch Ferrid- cyankalium und auf das Zurücktitriren des überschüssigen rothen Blutlaugensalzes durch Jod und unterschwefligsaures Natron. Aber leider ist diese Methode deshalb unbrauch- bar, weil sich nicht, wie der Verfasser annimmt, gleiche Aequivalente des Ferrideyankaliums und Morphins zer- setzen, obgleich andererseits die Beobachtung, dass eine Zersetzung beider Substanzen beim Zusammentreffen augen- blicklich vor sich geht, richtig ist.

Damit wende ich mich jetzt zu einer kurzen Betrach- tung der Vorschriften zur Darstellung des Morphins, an welchen die Literatur reicher ist, als an Methoden für die quantitative Bestimmung dieses Alkaloids.

Es kann indess hier nur eine kurze Betrachtung der wichtigsten Vorschriften dieser Art ausgeführt werden, denn viele, namentlich der älteren Bereitungsweisen, können mehr wie historisches Interesse nicht beanspruchen. Zu diesen letzteren würde vorzugsweise die erste Darstellungs- methode des Morphins gehören, welche von dem Ent- decker desselben, Sertürner, gegeben ist, indess ist hier eine Ausnahme gewiss erlaubt und bedarf wohl keiner Rechtfertigung.

Nach Sertürner**) sollte das trockene, zerschnit- tene Opium so lange mit heissem Wasser ausgezogen werden, als dasselbe noch gefärbt war. Die vereinigten Auszüge wurden alsdann concentrirt und mit Ammoniak versetzt. Den erhaltenen Niederschlag, vorzugsweise aus Morphin und Narcotin bestehend, liess er nach dem Ab- waschen mit kaltem Wasser durch wiederholtes Auflösen in heissem Weingeist und Krystallisiren reinigen, oder er löste den Niederschlag in verdünnter Schwefelsäure,

*) Annal. der Chem. und Pharm. Bd. 103. *#*) Trommsdorff’s Journal der Pharmaeie. 13.1.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 23

fällte wieder durch Ammoniak, zog ihn dann mit ver- dünntem Ammoniak und schliesslich mit kaltem Wein- geist aus.

So oft auch das Umkrystallisiren und Wiederfällen vorgenommen werden mochte, so blieb doch das Mor- phin narcotinhaltig. Sertürner liess später das Opium mit verdünnter Essigsäure ausziehen und suchte die Rei- nigung des Morphins durch wiederholtes Binden an Säu- ren und Fällen mittelst Ammoniak zu bewerkstelligen.

In ähnlicher Weise wie Sertürner hat Seguin*) seinen Zweck zu erreichen gesucht, indem er ebenfalls das durch Wasser extrahirte Opium mit einer der stär- keren Basen, Kali, Natron oder Ammoniak fällte und das unreine Morphin durch Umkrystallisiren aus heissem Alkohol, so wie durch abermaliges Fällen reinigte.

Anstatt die Alkalien resp. das Ammoniak zum Ab- scheiden des Morphins anzuwenden, bediente sich Robi- quet**) der Magnesia als Fällungsmittel. Nach ihm wird eine wässerige concentrirte Opiumabkochung mit Bitter- erde versetzt, der entstandene Niederschlag auf einem Filter gesammelt, gut abgewaschen und durch Krystalli- siren aus wasserfreiem Alkohol gereinigt.

Diese drei Methoden stimmen im Princip völlig über- ein, liefern aber ohne sehr erhebliche Verluste kein rei- nes Morphin, weil keine directe Trennung des Narcotins vorgenommen wird. Aehnliche Vorschriften sind noch mehre vorhanden, z.B. von Thomson, Hottot, Ani- chini u. s.w., die aber an dem gemeinschaftlichen Feh- ler leiden, dass die Trennung des Morphins vom Narco- tin auf dem Wege des Umkrystallisirens aus Alkohol und der wiederholten Fällungen erreicht werden soll, was nie- mals ohne bedeutende Einbusse an Morphin möglich ist.

Es ist deshalb die Methode von Robinet***) als

*) Ebendaselbst. 2. 117. **) Gilbert’s Annalen. 57. ###) Gmelin’s Handbuch. I. 8. 936.

24 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

ein Fortschritt zu betrachten, weil derselbe durch An- wendung einer concentrirten Kochsalzlösung zum Extra- hiren des Opiums das Narcotin, welches in concentrirten Salzlösungen unlöslich ist, trennt. Das Opium wird mit der sechsfachen Menge einer Kochsalzlösung von 1,1155 spec. Gew. einige Male ausgezogen, die vereinigten Aus- züge werden eingedampft und das sich ausscheidende salzsaure Morphin, welches sich durch Zersetzung des Kochsalzes mit dem meconsauren Morphin gebildet hat, durch Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol und Fäl- len mit Ammoniak gereinigt.

Nach dieser Methode erhält man ein reines, narcotin- freies Präparat.

Es schliesst sich an diese Bereitungsweise des Mor- phins die von Wittstock *) gegebene, von der 4. Aus- gabe der Preussischen Pharmakopöe adoptirte Vorschrift, die ebenfalls Kochsalz zur Abscheidung des Narcotins benutzt.

Schon bei Betrachtung der wenigen hier angeführten Methoden der Morphinbereitung ergiebt sich, dass die einzige und grosse Schwierigkeit bei der Darstellung in der Trennung des Alkaloids von mitgefällten Farbstoffen, harzigen Substanzen etc., vor allem aber in der völligen Abscheidung des Narcotins besteht.

Die verschiedenen Methoden geben mannigfaltige Mit- tel zur Erreichung dieses Zweckes an die Hand; für die Praxis wird indess nur die Methode sich Geltung ver- schaffen können, welche mit Einfachheit in der Ausfüh- rung zugleich die Vortheile verbindet, ein reines Präpa- rat in der möglichst grössten Menge darzustellen.

Indem ich viele Bereitungsvorschriften übergehe, werde ich nur noch diejenigen hervorheben, welche den so eben ausgesprochenen Anforderungen genügen oder doch ein grösseres Interesse in Anspruch nehmen.

Das Privcip der Duflos’schen Methode ist bereits

*) Wittstock, Berzelius Lehrbuch. 3. 246.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 25

- früher (bei der quantitativen Bestimmung des Morphins) angeführt.

Merk hat zwei Methoden angegeben, von denen die erstere mit der auf S.12 angegebenen, kleine Abände- rungen ausgenommen, so übereinstimmt, dass auf das dort Gesagte verwiesen werden kann. Nach der zweiten verbesserten Vorschrift von Merk *) wird 1 Th. Opium mit 0,38 Th. Essigsäure und mit Wasser ausgezogen, dies nochmals mit halb so viel derselben Flüssigkeit wie- derholt, das Filtrat mit Ammoniak übersättigt, der Nie- derschlag mit Wasser, dann mit Weingeist gewaschen, 2 Mal in heissem Alkohol, dann in Essigsäure gelöst, abgedampft und das essigsaure Morphin mit Wasser, unter Zurückbleiben von Narcotin, ausgezogen.

Während also Merk das Narcotin durch Behandeln der gemischten Alkaloide mittelst verdünnter Essigsäure vom Morphin zu trennen sucht und durch Umkrystalli- siren aus Weingeist den letzten Rest der Verunreinigun- gen beseitigt, liegt, wie ich schon früher bemerkte, dem Duflos’schen Verfahren das Verhalten der doppelt kohlen- sauren Alkalien gegen Narcotin und Morphin zum Grunde. Ich sagte schon damals, dass Rump zuerst das Ammon. carbonie. in Vorschlag gebracht habe, welches gleichsam als Stellvertreter der fixen doppelt kohlensauren Alkalien betrachtet werden kann, und jetzt will ich die Rump- sche Methode nochmals als Bereitungsweise für Morphin erwähnen. Bei der Ausführung verfährt man genau so, wie es S. 14 angegeben ist. Für die Gewichtsbestim- mung genügte es, das abgeschiedene, gefärbte Morphin ohne weitere Reinigung zu gebrauchen, indess bei der Bereitung des Alkaloids und seiner Salze ist die voll- ständige Entfernung der Farbstoffe ein wesentliches Er- forderniss.

Rump **) sucht die Reindarstellung des rohen Mor- phins durch Auflösen desselben in Salzsäure, Krystalli-

*) @melin’s Lehrbuch der theoret. Chemie. 11. 933. **) Preis-Courant von Rump, Mai 1854.

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% L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

siren des salzsauren Salzes und endliches Fällen auszu- zuführen. Man erreicht dies, nach meiner Beobachtung, leichter und ohne Verlust, wenn man das auf einem Fil- ter gesammelte Morphin mit kaltem Wasser abwäscht, in einer reichlichen Menge salzsäurehaltigem Wasser löst, eine Lösung von essigsaurem Bleioxyd (oder schwefel- saurem Kupferoxyd) hinzusetzt und so lange Schwefel- wasserstoffgas hindurchleitet, bis die Flüssigkeit stark darnach riecht. Nach dem Abitiltriren des Schwefelbleies erwärmt man bis zum Verschwinden des Schwefelwasser- stoffgeruchs und fällt mit Ammoniak.

Es ist schwer, eine für alle Fälle zweckentsprechende Reinigungsmethode des Morphins anzugeben; denn je nach Beschaffenheit des Opiums führt das eine oder an- dere Verfahren rascher zum Ziele. Am schwierigsten gelingt, nach meinen Erfahrungen, die Reinigung eines mit Lakritzen versetzten Opiums.

Die Rump’sche Methode kann sehr empfohlen wer- den; sie liefert eine genügende Ausbeute, fordert wenig Manipulationen, was viele Methoden für die Praxis so schwerfällig macht, gibt bei richtiger Ausführung ein reines Präparat und hat als Bereitungsvorschrift weniger durch den Vorwurf zu leiden, dass sie 5 —Ttägiges Ste- hen zum Abscheiden des Morphins verlangt, wie solches bei der Gewichtsbestimmung hervorgehoben wurde.

Ich werde jetzt noch eine Bereitungsweise des Mor-

"phins besprechen, die unter allen bislang aufgefundenen

Methoden mit Recht die erste Stelle einnimmt; es ist die Methode von Mohr. Dieselbe ist schon früher ausführ- lich mitgetheilt; es soll hier nur noch bemerkt werden, dass bei der Darstellung im Grossen ebenso, wie dort beschrieben ist, verfahren wird, nur mit der Ausnahme, dass man das in Salzsäure gelöste und mit Thierkohle entfärbte Morphin zur Darstellung des salzsauren Salzes direct zur Krystallisation abdampfen kann.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 27

Herzog *) gibt an, dass durch die Bildung von kohlensaurem Kalk aus dem Aetzkalk, in welchem das Morphin gelöst ist, leicht ein Verlust durch Ausschei- dung des Alkaloids entstehen könnte und schlägt deshalb vor, das Morphin zum zweiten Male in kalter, verdünn- ter Aetzkalilauge zu lösen, die Lösung durch Thierkohle zu entfärben, nach dem Filtriren auszuwaschen und das zum Sieden erhitzte Filtrat mit Salmiaklösung zu ver- setzen. Es scheidet sich alsdann das Morphin in farb- losen, schönen Krystallen ab.

Zum Schlusse komme ich noch einmal auf die von mir gefundeue Methode der quantitativen Bestimmung zurück, um über ihren Werth zur Darstellung des Mor- phins einige Worte hinzuzufügen und die Modificationen anzugeben, welche man zu diesem Zwecke einschlagen muss.

Es leuchtet ein, dass die Methode auch ohne jede Veränderung zur Bereitung des Morphins dienen könnte; aber bei der Verarbeitung grosser Opiummengen ist das Manipuliren mit Fuselöl eine lästige, unangenehme Arbeit. Indess eignet sich die Methode mit folgender einfacher Abänderung sehr gut auch für die Darstellung des Mor- phins.

Das Opium wird ebenfalls mit einer Sodalösung auf dem Wasserbade zur völligen Trockne gebracht und mit Benzin zur Entfernung des Narcotins behandelt. Das letztere wird, wie ich oben angegeben habe, durch De- stillation wieder gewonnen. Das Ausziehen des Narco- tins mit Benzin verursacht nicht die geringste Unannehm- lichkeit, ist auch bei grossen Mengen durchaus nicht gefährlich, weil nur auf dem Wasserbade erwärmt wird. Der mit Benzin erschöpfte Rückstand wird durch kurzes Erwärmen in einem flachen Gefässe auf dem Wasser- bade von den anhaftenden letzten Resten des Benzins befreit, eine Arbeit, die zweckmässig unter einem Schorn-

*) Archiv der Pharmacie.

ur RER VORNE u, 28 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

steine vorgenommen wird. Man übergiesst nun den Rück- stand mit Wasser, setzt concentrirte Essigsäure bis zur sauren Reaction hinzu, lässt unter häufigem Umrühren mehre Stunden an einem warmen Orte stehen, giesst dann das Ganze auf ein Colatorium und presst aus. Den Pressrückstand behandelt man nochmals in gleicher Weise, benutzt dazu wieder dieselben Gefässe, dasselbe Cola- torium, um Verluste zu vermeiden. Die vereinigten Flüs- sigkeiten, welche, um sicher zu sein, dass alles Morphin gelöst ist, von überschüssiger Essigsäure sauer reagiren müssen, werden unter stetem Umrühren so weit einge- dampft, dass ihr Gewicht das Doppelte des in Arbeit genommenen ÖOpiums beträgt. Je weniger Flüssigkeit von vornherein angewandt wurde, desto rascher wird dieses Ziel erreicht, um so mehr wird jeder störende Einfluss beim Eindampfen vermindert. Man versetzt nun die Flüssigkeit mit Ammoniak in geringem Ueberschuss und lässt sie, lose bedeckt, mehre Tage stehen. Es hat sich alsdann das Morphin in Krystallen abgesetzt, die überall an den Wänden des Gefässes sitzen, so dass die Flüssigkeit nebst den übrigen mitgefällten Stoffen fast vollständig abgegossen werden kann, was um so ange- nehmer ist, als in den meisten Fällen eine Filtration der- selben praktisch wegen der schleimigen Beschaffenheit unmöglich ist. Die auf einem Filter gesammelten Kry- stalle werden etwas abgewaschen, gut getrocknet und in einem Gemische von gleichen Theilen destillirtem Essig und Wasser in der Kälte aufgenommen. Man filtrirt, wäscht mit essigsäurehaltigem Wasser einige Male nach und fällt aus dem Filtrate durch Ammoniak das Morphin. Dasselbe scheidet sich jetzt viel reiner als gelblich-weis- ses Pulver ab. Nach dem Trocknen löst man dasselbe unter Erwärmen in Fuselöl, filtrirt heiss und stellt zum Krystallisiren an einen kühlen Ort. Das Morphin schei- det sich in schönen weissen Krystallen ab, über welchen eine gesättigte Lösung des Alkaloids in Amylalkohol steht. Die Krystalle können als reines Morphin aufbewahrt

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 29

werden, während das Fuselöl zum grössten Theile ab- destillirt und der Rückstand durch die Säure ausgeschüt- telt werden kann, deren Morphinsalz man darstellen will.

Ich mache hier noch besonders auf die grossen Vor- züge des Amylalkohols vor dem gewöhnlichen Alkohol aufmerksam und empfehle ihn für die Reinigung der meisten krystallisirbaren Alkaloide, vorzugsweise für Mor- pbin. Das Fuselöl löst bei weitem nicht in dem Masse, wie der Aethylalkohol, die stets vorhandenen Verunreini- gungen, macht dadurch in vielen Fällen den Gebrauch der Thierkohle überflüssig und ist speciell für Morphin aus dem Grunde sehr brauchbar, weil es für dasselbe in der Hitze ein bedeutend grösseres Löslichkeitsvermögen besitzt, wie in der Kälte, so dass ein grosser Theil des Alkaloids beim Erkalten abgeschieden wird.

II. Strychnin.

Ein Alkaloid, welches von jeher die Aufmerksamkeit der Naturforscher in fast noch grösserem Masse als das Morphin auf sich gezogen hat, ist das Strychnin. Dasselbe findet sich wahrscheinlich in alien Strychneen, die eine in Östindien einheimische Pflanzenfamilie ausmachen, wird aber nur aus den beiden bei uns officinellen Droguen, den Krähenaugen und Ignatiusbohnen, dargestellt. Die erste- ren stammen von Strychnos Nux vomica L. und sind die reifen Samen dieser Pflanze, von denen 3—5 in der Frucht, einer grossen, gelbrothen Beere, enthalten sind. Das Aeussere der Samen ist höchst charakteristisch und lässt sie nicht leicht mit irgend einer andern Drogue verwechseln. Sie sind kreisrund, platt und, was sie so- fort erkennen lässt, auf der Oberfläche mit angedrückten, weichen Haaren bedeckt, wodurch sie ein seidenglänzen- des Ansehen bekommen. Die Ignatiusbohnen sind die reifen Samen von /gnatia amara L., die bis zu 20 in der Frucht dieses Baumes stecken, unregelmässig gestal-

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30 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohole,

tet, aussen braun und mit feinem Filze bedeckt, inn»n

von verschiedener Farbe (weisslich bis braun), hart und

hornartig sind.

Es gehören diese Droguen nicht allein zu den gif- tigsten Arzneimitteln, sondern man kann sagen, zu den giftigsten Körpern des ganzen Pflanzenreichs, und zwar verdanken sie ihre Giftigkeit und medicinische Bedeu- tung dem Gehalte an Strychnin und Brucin. Diese bei- den organischen Basen kommen in den genannten Pflan- zenstoffen stets gleichzeitig, aber in verschiedener Menge vor. Die Ignatiusbohnen enthalten 1,2—1,5 Proc. Strych- nin, dagegen nur sehr wenig Brucin, während in den Nuces vomicae etwas mehr Brucin wie Strychnin. vor- kommt und durchschnittlich von letzterem 0,4—0,5 Proc.

Diese beiden Basen zeigen in ihrem chemischen Ver- halten und toxikologischen Eigenschaften, vor allen in der specifischen Wirkung auf das Rückenmark und den dadurch bewirkten Tetanus, die grösste Aehnlichkeit. Als Medicament hat nur das Strychnin Anwendung gefunden und wird deshalb auch vielfach zu diesen und andern Zwecken dargestellt; das Brucin ist für die Praxis von keiner Bedeutung, sondern kann mehr wie wissenschaft- liches Interesse bislang nicht in Anspruch nehmen.

Obgleich die Literatur über das Strychnin nicht so umfangreich ist, wie die des Morphins, so sind doch sehr viele Vorschriften über die Darstellung desselben in den wissenschaftlichen Journalen gegeben worden, von denen ich die wichtigsten hier kurz anführe und die von mir gefundene Methode zum Schlusse folgen lasse.

Fast sämmtliche bislang bekannte und beliebte Be- reitungsmethoden des Strychnins erfordern sehr umständ- liche, mannigfaltige und langwierige Operationen. Zu- nächst muss jeder Darstellung des Alkaloids die Zerklei- nerung der Strychninsamen oder Ignatiusbohnen voran- gehen. Die ersteren namentlich sind äusserst hart und zähe, deshalb nur sehr schwierig und am besten auf die Weise zu zerkleinern, dass sie entweder einige Zeit mit

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ee - zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 31

Wasser gekocht und dann zerschnitten werden, ein Ver- fahren, was sich im Kleinen anwenden lässt, oder nach scharfem Austrocknen auf den Kaffeemühlen ähnlichen Apparaten in ein grobes Pulver verwandelt werden. Wei- tere Schwierigkeiten liegen in der vollständigen Tren- . nung des Strychnins vom Brucin, die in dem vielfach analogen Verhalten beider Körper gegen Lösungsmittel ihren Grund haben, sodann in der Entfernung der hart- näckig anhaftenden Farbstoffe. Die verschiedenen Me- thoden suchen auf mannigfaltigen Wegen ihr Ziel zu erreichen und es machen sich bei der Vergleichung der- selben besonders zwei entgegengesetzte Richtungen gel- tend. Da die beiden Alkaioide in den betreffenden Pflanzen an Säure (Milchsäure?) gebunden enthalten sind, so pflegt man sie entweder dadurch auszuziehen, dass man Alkohol zur Lösung der Salze anwendet, weil dieser dieselben leicht und vollständig aufnimmt, oder man behandelt die Pflanzenstoffe mit stärkeren Säuren, welche die ursprüngliche schwächere Säure abscheiden und mit denen die Alkaloide leicht lösliche Salze bilden. Pelletier und Caventou, welche 1818 das Strych- nin entdeckten, stellten dasselbe aus den Ignatiusbohnen in der Weise dar, dass sie die geraspelten Samen so lange mit Aether auszogen, bis derselbe kein Fett mehr aufnahm, dann einige Male mit Alkohol auskochten, letz- teren durch Destillation und Abdampfen entfernten, den Rückstand mit Wasser aufnahmen und die Basen durch Kochen mit Magnesia oder durch Versetzen mit Kali- lauge abschieden. Dem gesammelten, abgewaschenen und getrockneten Niederschlage wurde durch Auskochen mit absolutem Alkohol das Strychnin entzogen, welches aus dem Filtrat auf Zusatz von wenig Wasser auskry- stallisirte. In ähnlicher Weise stellen die genannten Che- miker das Strychnin aus den Krähenaugen dar, nur wurde hier ein Entfärben der Flüssigkeit nöthig, welches von ihnen durch essigsaures Bleioxyd und Entfernen des Blei- salzes mittelst Schwefelwasserstoff ausgeführt wurde.

r Se RER N m Acid kam 32 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

Die von der 6ten Ausgabe der preuss. Pharmakopöe adoptirte Darstellungsmethode verfolgt ebenfalls das Prin- cip der weingeistigen Extraction der beiden Alkaloide aus den Nuces vomicae. Die Brechnüsse werden mit Weingeist von 0,90 spec. Gewicht dreimal ausgekocht. Von den vereinigten Auszügen wird der Weingeist ab- destillirt, der Rückstand zur Extractconsistenz eingedampft, das Extract in Wasser gelöst und von dem Ungelösten abfiltrirt. Aus dem Filtrate fällt man nach dem Ein- dampfen durch Magnesia die Alkaloide und bringt die- selben durch Auskochen des getrockneten Niederschlages mittelst Weingeistes wieder in Lösung. Nach dem Ab- destilliren des letzteren scheidet sich das Strychnin zuerst in Krystallen aus.

Das Duflos’sche Verfahren reiht sich im Prineip den beiden eben erwähnten Methoden an. Zum Ausziehen der Nuc. vomic. wird ein mit 13,5 Schwefelsäure ange- säuerter Weingeist von 88 Proc. angewandt und die Aus- züge werden durch Knochenkohle entfärbt. Um die har- zigen Stoffe zu entfernen, lässt Duflos mit einer gesät- tigten Lösung von doppelt kohlensaurem Kali fällen und aus dem Filtrat durch Kalilauge die Alkaloide abschei- den. Das Brucin wird dem Niederschlage durch Aus- kochen mit Wasser entzogen, das zurückbleibende Strych- nin durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt. ;

Ich übergehe hier die minder wichtigen Methoden von Ferrari, Corriol, Robiquet, Henry und An- dern und wende mich, nachdem ich als Muster für die Darstellung des Strychnins mittelst Alkohols mehre Me- thoden angeführt habe, zu den Bereitungsweisen dieses Alkaloids, welche als Typus für die Darstellung mit ver- dünnten Säuren angesehen werden können.

Um die höchst zeitraubende und mühsame Arbeit der Zerkleinerung der Strychninsamen rascher und leich- ter zu bewerkstelligen, kocht Merk dieselben mit schwe- felsäurehaltigem Wasser 1—1N, Tage in einem kupfer- nen Kessel, um dann die erweichten Samen zwischen

3 zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 33

steinernen Walzen zu zerquetschen. Der Brei wird noch- mals mit Wasser ausgekocht und gepresst. Aus den vereinigten Flüssigkeiten werden Strychnin und Brucin durch Aetzkalk gefällt. Dem ausgepressten Niederschlage entzieht man durch Auskochen mittelst Weingeists von 0,85 spec. Gew. die Alkaloide, destillirt den Weingeist ab, entfernt von dem erkalteten Niederschlage so viel wie möglich durch Decantiren die überstehende Flüssigkeit und wäscht ihn so lange mit kaltem Weingeist, als der- selbe noch gefärbt abläuft. Um den Niederschlag von den letzten Resten des Farbstoffes zu befreien, wird der- selbe mit einer hinreichenden Menge von Weingeist und Thierkohle gekocht und heiss Ailtrir. Beim Erkalten scheidet sich ein grosser Theil des Strychnins ab, aus der Mutterlauge werden Strychnin und Brucin durch Ammoniak und Kali gefällt und der Niederschlag so lange mit Wasser ausgekocht, als noch Brucin beim Erkalten sich ausscheidet. Der nun bleibende Rückstand ist noch Strychnin.

Auf andere Weise, aber mit Zugrundelegung des- selben Princips, nämlich des Ausziehens der Alkaloide mit verdünnten Säuren, hat Horsley *) seinen Zweck zu erreichen gesucht. Derselbe vermischt das Krähen- augenpulver mit der gleichen Gewichtsmenge käuflicher Essigsäure (eine solche Essigsäuremenge ist überflüssig, der unnöthige Verbrauch schwerlich zu rechtfertigen), verdünnt die breiförmige Masse mit der vier- bis sechs- fachen Wassermenge und digerirt sie dann einige Tage. Nachdem die Flüssigkeit auf einem Seihtuche abgelaufen ist, wird der Rückstand durch Digeriren mit Wasser nochmals ausgezogen, beide werden gemischt, zum Ab- setzen einige Zeit bei Seite gestellt, vom Bodensatze abgegossen und bis zur Syrupsconsistenz eingedampft. Nach dem Erkalten wird der Rückstand mit der gleichen Gewichtsmenge Wasser verdünnt, mit Ammoniak im Ueber-

*) Canstatt’s Jahresbericht. 1856. S.127 —129. Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1.u. 2. Hft. 3

34 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

schuss versetzt und einige Tage zum Abscheiden der Alkaloide hingestell. Man sammelt den Niederschlag auf einem Filter, um ihn auf dem Wasserbade zu trock- nen. Durch Behandeln mit verdünnter Essigsäure wer- den die Alkaloide von der durch Ammoniak mitgefällten harzigen Substanz gereinigt. Die so gewonnene Lösung der essigsauren Alkaloide wird mit chromsaurem Kali versetzt, wodurch sogleich reines chromsaures Strychnin abgeschieden wird, während bei mässigem Ueberschusse an Essigsäure das leichter lösliche chromsaure Brucin in der Flüssigkeit gelöst bleibt, aus welcher es durch ein Alkali gefällt werden kann. Um aus dem chromsauren Salze reines Strychnin darzustellen, wird dasselbe, nach dem Auswaschen, mit Ammoniakliquor digerirt, das chrom- saure Ammoniumoxyd abfiltrirt und das reine Strychnin gewaschen und getrocknet. Nach dieser Methode will Horsley 0,88 Procent Strychnin erhalten haben, eine Quantität, die bislang auf keine Weise erreicht werden konnte.

Wenn es schon seit langer Zeit in der pharmaceu- tischen Praxis zur Regel geworden ist, das Strychnin nicht selbst zu bereiten, sondern aus Fabriken zu bezie- hen, so findet dieser Umstand darin seine Rechtfertigung, dass die bislang für die Darstellung dieses Alkaloids ge- gebenen Vorschriften viel zu umständlich und zeitrau- bend, vor allem aber zu kostspielig waren, als dass die in den Apotheken verbrauchten kleinen Mengen dieses Präparats sich mit Vortheil hätten darstellen lassen. Es zeigt dies z.B. leicht ein Blick auf die von der preussi- schen Pharmakopöe gegebene Vorschrift, nach welcher man kleine unwesentliche Abänderungen vielleicht ab- gerechnet stets zu arbeiten pflegte, wo noch eine Selbstbereitung in dem pharmaceutischen Laboratorium statt fand. Die von Merk angegebene, im Allgemeinen durch grössere Einfachheit sich auszeichnende Methode ist, wie leicht einzusehen, nur für den Fabrikbetrieb geeignet, weil sie grössere Apparate (steinerne Walzen) voraussetzt.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 35

Die von mir gefundene Methode zeichnet sich vor- zugsweise durch die grösste Einfachheit in der Ausfüh- rung aus, sie erfordert nur wenig Arbeit, führt rasch zum Ziele, liefert ein reines Präparat mit sehr geringem Kostenaufwande und ist auch für die Darstellung im Kleinen sehr geeignet. Man operirt in folgender Weise: Die Nuces vomicae, von denen man auch selbst bei Bereitung der kleinsten Menge Strychnin nie unter 1 Pfund nehmen sollte, werden entweder als grobes Pul- ver, welches im Handel billig zu beziehen ist (jedoch, was zu beachten ist, häufig verfälscht wird) angewandt, oder auf die Weise selbst zerkleinert, dass man sie mit Wasser übergiesst, ungefähr eine halbe Stunde kochen lässt und nach dem Erkalten sogleich mit einem schar- fen Messer zerscheidet. Die Samen sind nun sehr weich, das Zerschneiden geht rasch, so dass, wenn nur 1 bis 2 Pfund in Arbeit genommen werden, diese Methode leicht ausführbar ist. Die zerkleinerten Samen über- giesst man mit Wasser, setzt verdünnte Schwefelsäure (1:5) bis zur sauren Reaction hinzu, vermeidet jedoch einen grösseren Ueberschuss derselben sorgfältig. (Für den Fall, dass das Zerkleinern der Samen auf die zu- letzt bezeichnete Weise ausgeführt ist, benutzt man zu- erst das zum Erweichen derselben angewandte Wasser.) Die Flüssigkeit wird nun unter Umrühren zum Sieden erhitzt, wobei man zuweilen prüft, ob sie noch sauer rea- girt und, wenn das nicht der Fall sein sollte, setzt man noch einige Tropfen Schwefelsäure zu. Hat die Flüssig- keit 10 Minuten gekocht, lässt man sie noch kurze Zeit zum Abkühlen stehen und dann auf einem Seihetuche ablaufen, kocht den Rückstand noch zweimal unter Säure- zusatz auf dieselbe Weise aus und wiederholt dann zum vierten Male die Abkochung, jedoch dieses Mal ohne Hinzufügung von verdünnter Schwefelsäure. Die ver- einigten Abkochungen werden zum Absetzen 24 Stunden bei Seite gestellt, darauf von dem Bodensatze so voll- ständig als möglich abgegossen oder abgehebert. Die

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36 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols $ sl

ziemlich klare, meistens schwach gelblich oder bräunlich gefärbte Flüssigkeit wird nun so weit eingedampft, bis ihr Gewicht doppelt so gross ist, wie das der in Arbeit genommenen Strychninsamen, noch warm in ein cylin- drisches Gefäss gegossen und mit Ammoniak im geringen Ueberschusse versetzt. Man lässt nun 5 bis 7 Tage zum Absetzen der gefällten Alkaloide stehen, welche sich voll- ständig und in krystallinischer Beschaffenheit zu Boden setzen. Die über dem Niederschlage stehende Flüssig- keit abzufiltriren, ist nicht zu empfehlen, weil die Filtra- tion äusserst langsam vor sich geht und auch bei der vollkommenen Abscheidung der Alkaloide zwecklos sein würde. Deshalb giesst oder hebert man dieselbe so viel wie möglich von dem Niederschlage ab, bringt diesen auf ein Filter, lässt die noch anhängende Flüssigkeit ab- laufen, wäscht den Rückstand einige Male mit Wasser ab und trocknet ihn gut aus. Der Inhalt des Filters wird in ein möglichst kleines Kochfläschehen gebracht, das Filter selbst zerschnitten, dem Inhalte hinzugefügt, das Ganze mit einer kleinen Menge Fuselöl übergossen und einige Zeit auf dem Wasserbade erwärmt. Die Lö- sung der Alkaloide in Fuselöl wird noch warm durch ein kleines mit Fuselöl befeuchtetes Filter in eine kleine Retorte filtrirt, der Rückstand noch zweimal in derselben Weise mit dem Amylalkohol behandelt und von den ver- einigten Auszügen der letztere bis ungefähr zu 23 sei- nes ursprünglichen Volumens abdestillirt. Der Rückstand in der Retorte stellt eine heiss gesättigte Lösung der Alkaloide in Fuselöl dar, die man sogleich in eine Schale giesst und bedeckt zum Auskrystallisiren bei Seite stellt. Die Alkaloide schiessen in schönen, weissen Krystallen an, werden unter Beobachtung der nöthigen Vorsichts- massregeln in verdünnter Salpetersäure gelöst und durch Krystallisation von einander getrennt. Man erhält nach dieser Vorschrift stets viel weniger Bruein wie Strych- nin. Der Durchschnitt vieler Versuche gab mir 0,4816 bis 0,57 Proc. Strychnin. Um reines Strychnin aus dem

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= a Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 37 salpetersauren Salze darzustellen, hat man nur nöthig, letzteres durch Ammoniak wieder zu zersetzen und das gefällte Alkaloid aus Aethylalkohol oder Fuselöl krystal- lisiren zu lassen.

. Die Bereitung des Strychnins nach dieser Methode ist eine so einfache Operation, dass sie auch da ausge- führt werden kann, wo nur geringe Mengen desselben ‚verbraucht werden.

Eine Reinigung der gefällten Basen ist überflüssig, weil das Fuselöl nicht, wie der Weingeist, die mitgefäll- ten Farbstoffe so wie andere organische Massen löst, son- dern man wird bemerken, dass der zum Ausziehen an- gewandte Amylalkohol eine nur schwach gelbliche Farbe hat, dass die aus der Lösung desselben krystallisirenden Alkaloide, noch mehr aber ihre salpetersauren Salze, so farblos und rein sind, wie sie nur nach irgend einer an- dern Methode erhalten werden.

Sind die von Horsley gemachten Angaben richtig, so hat derselbe allerdings einen höheren Procentgehalt erzielt; aber man darf in dieser Beziehung nicht über- sehen, wie viel umständlicher, kostspieliger und zeitrau- bender diese Methode ist und wie in noch höherem Grade dieser Vorwurf die übrigen angeführten Bereitungswei- sen trifft.

Ich habe Versuche gemacht, die Bereitung des Strych- nins dadurch noch mehr zu vereinfachen, dass ich mir einen Apparat construiren liess, in welchem die zerschnit- tenen, mit Ammoniakliquor durchfeuchteten und wieder getrockneten Krähenaugen direct mit Amylalkohol extra- hirt werden konnten. Der Apparat bestand aus zwei schachtelförmig in einander verschiebbaren Cylindern, von denen der äussere nach unten, der innere nach oben in eine enge Röhre auslief. Durch das mehr oder weniger tiefe Einschieben der Cylinder liess sich der Apparat nach Belieben vergrössern oder verkleinern, je nach den zu den Versuchen in Arbeit genommenen Mengen Nuces vomicae. Das Fuselöl wurde aus einem Kolben, der

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38 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

durch eine zweischenkelig gebogene Glasröhre mit dem Apparate verbunden war, heiss auf die Krähenaugen de- stillirt, das unten ablaufende, Strychnin enthaltende De- stillat zum zweiten Male in derselben Weise bis auf einen kleinen Rückstand abdestillirt und gewöhnlich diese Ope- ration zum dritten Male wiederholt, um die Nuc. vomie. mit ein und derselben Quantität Fuselöl so vollständig als möglich zu extrahiren. Schliesslich pflegte ich, um den von den Samen eingesogenen Amylalkohol zu ver- drängen, Wasserdämpfe durch den Apparat streichen zu lassen, so lange noch das unten abfliessende Wasser Fuselöl mit sich führte. Der vereinigte Amylalkohol wurde ebenso behandelt, wie ich bei Beschreibung der vorhergehenden Methode auseinandergesetzt habe.

Die auf diese Weise erhaltenen Resultate waren in- sofern unbefriedigend, weil nur eine geringe Menge Strych- nin erhalten wurde; aber ich glaube, dass, wenn der Apparat zweckentsprechend verbessert, namentlich die zu rasche Condensation des Fuselöls verhindert wird, dieses Verfahren (besonders für den Fabrikbetrieb) noch eine Zukunft haben dürfte.

Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass von mir auch die Anwendung des Fuselöls auf die Darstel- lung des Atropins und Theins ausgedehnt worden ist. Die Resultate, welche bei der Bereitung des Atropins erhalten wurden, waren nicht günstiger, wie nach den bislang bekannten Vorschriften, was seinen Grund theils in dem schwankenden Procentgehalte der Belladonna an dieser Base hat, theils in der leichten, schon bei niedri- ger Temperatur statt findenden Zersetzung des Alkaloids.

Dagegen kann das Thein mit Fuselöl viel leichter als nach andern Methoden und in ausgezeichneter Schön- heit erhalten werden.

Bislang hatte ich noch nicht Zeit, die Vorschrift zur Bereitung dieses letzteren Alkaloids zu fixiren und ich behalte mir vor, in nächster Zeit das Resultat meiner weiteren Untersuchungen über Atropin und Thein mit- zutheilen.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 39

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III. Methoden für die Nachweisung der Alkaloide, besonders des Strychnins und Morphins, bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen.

So wichtig Morphin und Strychnin nicht nur an und für sich, sondern auch ihre Muttersubstanzen und die aus denselben bereiteten Arzneimittel für die Mediein sind, so grosse Bedeutung haben die beiden Alkaloide und die sie enthaltenden Droguen und Präparate auch vom toxikologischen Standpuncte aus.

Ein lebhaftes Interesse haben sie auch deshalb stets in Anspruch genommen, weil sie wegen ihrer grossen Giftigkeit, die in dem Strychnin den höchsten Grad erreicht, oft zu verbrecherischen Zwecken benutzt und deshalb öfters Gegenstand der Untersuchung für Gerichts- chemiker gewesen sind. Es leuchtet ein, dass es für die zuletzt erwähnten Zwecke von grossem Werthe war, Methoden aufzufinden, die den Nachweis der kleinsten Mengen von Morphin und Strychnin möglich machten d.h., einerseits Vorschriften zum Abscheiden der Alkaloide aus organischen Massen, als auch andererseits Reactionen zur sicheren Erkennung derselben anzugeben.

Zuerst war es Stas*), welcher eine Methode zum Auffinden giftiger Alkaloide bei Gegenwart vegetabilischer oder animalischer Massen angab und auf folgende Erfah- rungen gründete: 1) Die sauren, weinsauren und oxal- sauren Salze der organischen Basen sind in Wasser und Weingeist löslich und werden durch Digeriren bei 70— 750 C. ausgezogen. Uebergiesst man daher organische Massen (z. B. Eingeweide, Magen, Speisen etc.) mit Alkohol, dem Weinsäure oder Oxalsäure zugesetzt ist, digerirt damit bei der angegebenen Temperatur und colirt oder filtrirt dann, so ist in dem Filtrate das Alkaloid enthalten. Das

*) Jahresber. für praktische Pharm. XXIV, 313.

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Filtrat soll bei 350 verdunstet werden, was unter der Glocke der Luftpumpe oder in einem Luftstrome geschieht, um auch die flüchtigen Alkaleide zu gewinnen. 2) Die Alkaloide, auch die in Aether schwer löslichen, werden von demselben aufgenommen, wenn ihre wässerige Lösung durch kohlensaure oder fixe Alkalien gefällt und mit Aether anhaltend geschüttelt wird. 3) Umgekehrt sind dagegen die Salze der Alkaloide in Aether unlöslich. Schüttelt man daher die ätherische Lösung eines Alkaloids mit säurehaltıgem Wasser, so wird dem Aether die Base entzogen und in die wässerige Lösung übergeführt.

Das Stas’sche Verfahren hat mit Recht in neuerer Zeit viele Verbesserungen erlitten. Für die Nachweisung des Morphins genügt es nicht, weil diese Base in Aether fast völlig unlöslich ist, ferner ist die Voraussetzung unter 1) nicht unbedingt richtig, denn Brucin z.B. ist als saures weinsaures und oxalsaures Salz, nach Dragendorff’s Angaben, in Alkohol nur schwer löslich. Wollte man nach der Stas’schen Methode eine quantitative Bestimmung der Alkaloide (die indess nur selten möglich ist) ausführen, so würden keine befriedigende Resultate zu erwarten sein, weil, abgesehen von der Schwerlöslichkeit des Morphins, auch die übrigen Alkaloide nicht leicht von dem Aether aufgenommen werden.

Um dies Verfahren auch für die Nachweisung des Morphins geeignet zu machen, hat Otto *) dasselbe dahin verbessert, dass er das Morphin durch überschüssige Natron- lauge ıöst, und, nach dem Verdunsten des in der Flüssig- keit gelösten Aethers, das Alkaloid durch eine concen- trirte Lösung von Salmiak fällt. Das Morphin scheidet sich, während das Ammoniak entweicht, in kleinen Kry- stallen aus.

Graham und Hoffmann **) haben Thierkohle dazu

angewandt, um Strychnin aus Lösungen abzuscheiden,

*) Annal. der Chem. und Pharm. 100. 44. **) Annal. der Chem. und Pharm. 83. 39.

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: zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 41

indem sie die Kohle 12—-24 Stunden mit der betreffenden Flüssigkeit unter häufigem Umschütteln in Berührung liessen, abfiltrirten, mit Wasser auswuschen und zuletzt der Kohle durch Auskochen mit 80 90procentigem Weingeist das Alkaloid wieder entzogen. Nachdem der Weingeist abdestillirt war, wurde das Strychnin mit Kalilauge gefällt, durch Schütteln mit Aether ausgezogen und meistens so rein erhalten, dass die Reactionen damit angestellt werden konnten.

Dieses einfache Verfahren kann auch zur Auffindung anderer Alkaloide benutzt werden, ist indess in so fern nicht ohne Mangel, dass der Erfolg der Arbeit von der Güte der Thierkohle abhängig gemacht wird, ein Umstand, der um so mehr zu berücksichtigen ist, als die Kohle in ihren Eigenschaften je nach der Zubereitung, Aufbewah- rung und dem Material, aus welchem sie dargestelit wurde, sehr varüirt. Im Allgemeinen bleibt die Graham- Hoffmann’sche Methode in der Zuverlässigkeit bei weitem hinter den Erwartungen zurück.

Weil das Strychnin schon so oft zu gerichtlich-chemi- schen Untersuchungen Veranlassung gegeben hat, sind mehre Methoden zur Nachweisung dieser Base gegeben worden, die auf der Löslichkeit des reinen Alkaloids in Chloroform beruhen.

Nach Proliius*) kocht man mit Weingeist unter Zusatz von Weinsäure die zu untersuchende Substanz aus, verdampft in gelinder Wärme, filtrirt die saure Lösung durch ein angenässtes Filter, setzt Ammoniak im geringen Ueberschuss, dann 26—25 Gran Chloroform hinzu und schüttelt. Man giesst die über dem Chloroform stehende Flüssigkeit ab, schüttelt das Chloroform mit etwas Wasser, um es von anhängender Lauge zu befreien, setzt 3 Th. Weingeist hinzu und lässt verdunsten.

In ähnlicher Weise verfährt Thomas **), um Morphin

*) Chem. Centralblatt. 1857. 231. **) Zeitschr. für analytische Chemie. 1. 517.

x Zr:

VW ENTE VOREREN 9. HAT 42 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols Ka

und Strychnin abzuscheiden und zu trennen. Er lässt mit essigsäurehaltigem Wasser digerirend ausziehen, aus der filtrirten Flüssigkeit mit Kalilauge im Ueberschuss Strychnin fällen und in Chloroform durch Schütteln lösen, während das im Ueberschuss des Alkalis gelöste Morphin durch Zusatz von Salmiak gefällt werden kann.

Auch von Rodgers und Girdwood*) ist ein den beiden zuletzt erwähnten ähnliches Verfahren angegeben worden.

Wir besitzen demnach in dem Stas’schen Verfahren eine Methode zur Nachweisung aller auch der flüchtigen Alkaloide (Morphin ausgenommen), während die übrigen Vorschriften nur auf einzelne Basen Rücksicht nehmen. In neuester Zeit ist mit Recht die Aufmerksamkeit auf ein neues Verfahren gelenkt worden, welches im Prineip mit dem von Stas angegebenen übereinstimmt, sich indess in vieler Beziehung sehr vortheilhaft von diesem unter- scheidet und sämmtliche Alkaloide in das Bereich ihrer Untersuchung zieht. Dies ist die Methode von Erdmann und v. Uslar**). Was Stas mit Aether zu erreichen sucht, wird hier mit Amylalkohol (Siedepunct 1320) er- reicht.

Die organischen Massen werden, wenn es nöthig ist, mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, mit Salz- säure angesäuert und, wenn sie nicht schleimig sind, aus- gekocht, im anderen Falle auf dem Wasserbade 1 bis 2 Stunden digerirt, dann auf ein mit Wasser angefeuchtetes Colatorium gebracht. Der Rückstand wird auf gleiche Weise nochmals mit salzsäurehaltigem Wasser ausgezogen, und die vereinigten Auszüge werden anfangs auf freiem Feuer, zuletzt, wenn sie schleimig geworden, auf dem Wasserbade unter Zusatz von reinem Quarzsande und zuletzt unter Hinzufügen von Ammoniak zur Trockne gebracht. Die völlig trockene, alkalisch reagirende Masse

*) Jahresb. von Liebig und Kopp. 1857. 603. *#) Annal. der Chem. und Pharm. 120. $. 121—122. S. 360.

wer: open. S

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morpkins ete. 43

bringt man in eine reine, trockne Kochflasche, um sie unter Erwärmen auf dem Wasserbade wiederholt mit Fuselöl zu extrahiren. Das Letztere wird durch ein mit Amylalkohol benetztes Filter filtrirt; es enthält ausser dem Alkaloide noch Fette und Farbstoffe gelöst. Um es hiervon zu befreien, schüttelt man dasselbe in einem eylindrischen Gefässe mit Salzsäure- oder Phosphorsäure- haltigem heissen Wasser, welches dem Fuselöl das Al- kaloid entzieht, während Fett- und Farbstoffe in dem auf dem Wasser schwimmenden Amylalkohol gelöst bleiben. Man nimmt letzteren mit einer Kautschukpipette ab, schüttelt die saure Flüssigkeit wiederholt mit neuen Men- gen Fuselöl, bis dieselbe möglichst entfärbt und entfettet ist und den zuerst abgenommenen Amylalkohol mit einer neuen Menge des angesäuerten Wassers, um ihm alles Alkaloid sicher zu entziehen, und vereinigt beide wässe- rige Lösungen. Diese werden nun auf dem Wasserbade concentrirt, mit Ammoniak im geringen Ueberschuss ver- setzt und wiederholt mit Fuselöl geschüttelt. Die Lösung des Alkaloids in Fuselöl wird abpipettirt, die Flüssigkeit noch einmal mit Amylalkohol geschüttelt und letzterer auf dem Wasserbade verdunstet, wobei das Alkaloid in den meisten Fällen schon in völliger Reinheit zurückbleibt. Sollte dasselbe indess noch gefärbt sein, so wird es aber- mals mit säurehaltigem Wasser aufgenommen, die Lösung mit Amylalkohol geschüttelt und nach dem Uebersättigen mit Ammoniak nochmals mit Amylalkohol das Alkaloid aufgenommen.

Im vorigen Jahre hat Dragendorff*) die so eben angeführte Methode von Erdmann und v. Uslar einer genauen Prüfung unterworfen und ist dabei zu Resultaten gekommen, die mit den von mir gesammelten Erfahrun- gen nicht völlig übereinstimmen. Er gibt allerdings zu, dass der Amylalkohol zur Lösung der Alkaloide beson- ders zu empfehlen sei, glaubt indess in dem hohen Siede-

*) Pharmac. Zeitschr. für Russland.

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puncte und in der Möglichkeit einer Zersetzung desselben in nicht flüchtige Stoffe Nachtheile für das Fuselöl zu finden, die das Aufsuchen eines anderen Lösungsmittels für diese Zwecke wünschenswerth machten. Man soll ferner bei der Anwendung des Amylalkohols darauf achten, dass während der Operation die umgebende Atmosphäre rein sei von flüchtigen, fremdartigen Stoffen.

Dragendorff findet alsdann in dem Benzin einen Körper, welcher bei der Nachweisung von Strychnin und Brucin das Fuselöl zweckmässig ersetzt, und ändert das Verfahren von Erdmann und v. Uslar dahin ab, dass für Amylalkohol Benzin substituirt wird.

Die Bedenken, welche Dragendorff gegen das Fuselöl vorbringt, sind, meiner Ansicht nach, nicht stich haltig. Der hohe Siedepunct könnte den Amylalkohol für die Nachweisung flüchtiger Alkaloide, vom theoretischen Standpuncte aus betrachtet, wenig geeignet machen, und auch Fresenius sagt in seiner qualitativen Analyse, dass in solchen Fällen das Verfahren von Stas den Vor- zug verdiene; aber directe Versuche haben gezeigt, dass auch unter diesen Umständen Resultate erhalten werden, die in jeder Beziehung Vertrauen verdienen. Die beiden hier in Betracht kommenden Alkaloide, Coniin und Nicotin, deren Siedepunct bei 1630 und circa 2500C. liegt, sind in der kleinsten Menge nachgewiesen; denn das Fuselöl verdampft in der gelinden Wärme des Wasserbades ziem- lich schnell, wenn auch, wie sich von selbst versteht, langsamer als Benzin und Aether. Wenn Ein Tropfen jener Basen in einer 1 Pfd. und mehr betragenden Menge eines künstlichen Speisebreies mit grösster Sicherheit nach- gewiesen wird, dann genügt das Verfahren auch für alle Fälle des praktischen Lebens, da niemals weniger wie diese Menge bei einer gerichtlich-chemischen Analyse in Betracht kommen kann. Selbst wenn man zu ängst- lich sein sollte, die zuletzt erhaltene reine Lösung des flüchtigen Alkaloids in Fuselöl mit diesem in gelinder Wärme zu verdunsten, so hat man nur nöthig, mit säure-

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zur Bo. u. quantit. Bestimmung des Hopkins etc. 45

haltigem Wasser das Alkaloid nochmals auszuziehen, die reine, wässerige Lösung desselben , direct einzudampfen und mit dem Rückstande die nöthigen Reactionen anzu- stellen. Man wird aber bis zu dieser letzten Operation den Amylalkohol nicht gern entbehren; weil er besser wie Benzin, Aether und alle anderen Mittel die Lösungen von Fett, Extractivstoffen etc. reinigt, sich sehr leicht aus der damit geschüttelten Flüssigkeit abscheidet und von ihr trennen lässt und das reine, gefällte Alkaloid voll- ständig aus der Flüssigkeit aufnimmt.

Es muss den gesammelten Erfahrungen des Einzelnen anheimgestellt werden, ob er bei flüchtigen Alkaloiden dieser oder der Stas’schen Methode den Vorzug geben will; handelt es sich aber um die Nachweisung nicht flüchtiger Alkaloide, so steht in keiner Weise der An- wendung dieser Methode ein Hinderniss im Wege. Wenn Dragendorff solche Hindernisse in einer möglicherweise statt findenden Zersetzung des Fuselöls findet und nament- lich sehr besorgt vor störenden Einflüssen der umgeben- den Atmosphäre ist, so muss ich dazu bemerken, dass solche Hindernisse hierbei nicht in Betracht kommen, in den meisten Fällen gar nicht existiren, und eine der- artige Besorgniss vollständig unbegründet ist. Seit vielen Jahren ist im hiesigen Laboratorium nach der Erdmann- und v. Uslar’schen Methode gearbeitet, und sie hat sich stets vorzüglich und tadellos bewiesen. Ich selbst habe aus grossen Speisemassen die kleinsten Mengen der Al- kaloide in ausgezeichneter Reinheit erhalten, habe nie Zersetzungsproducte des Fuselöls bemerken können, die irgend welchen störenden Einfluss auf die Reactionen der abgeschiedenen Alkaloide gehabt hätten. Um nun einen Gegenbeweis gegen die von Dragendorff besonders betonten Atmosphäreneinflüsse beizubringen, brauche ich wohl nur zu bemerken, dass bei der Ausführung der zahlreichen gerichtlich-chemischen Analysen hieselbst ein solcher Einfluss niemals hat beobachtet werden können. Wo so viele Praktikanten wie in dem hiesigen grossen

- Tu a rEReR, 46 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols

und stark besuchten akademischen Laboratorium arbeiten, ist die Luft leider oft im höchsten Grade mit schädlichen Gasen und Dämpfen erfüllt; aber nie hat dieser Umstand eine nachtheilige Wirkung auf die Resultate der Analyse oder der Reactionen ausgeübt, und es ist mir in der That auch unklar, worin ein solcher störender Einfluss bestehen, und welche Verbindungen denselben ausüben sollten.

Dagegen lässt sich gegen die Anwendung des Benzins, so vorzüglich seine Lösungsfähigkeit für viele Alkaloide auch ist, vom praktischen Standpuncte aus betrachtet, Manches einwenden. Wird der mit Säuren bereitete Aus- zug aus organischen Massen, welcher stets mehr oder weniger färbende, extractartige Materien gelöst enthält, mit Benzin geschüttelt, entweder um der Flüssigkeit nach Zusatz von Ammoniak das Alkaloid zu entziehen, oder um dieselbe von den gelösten organischen Massen so viel wie möglich zu befreien, so erhält man in vielen Fällen ein so zähes, schleimiges Magma, dass man rathlos hin- sichtlich der weiteren Verarbeitung dasteht. Mir ist es vorgekommen, dass die ganze Flüssigkeit durch das Benzin zu einer Emulsion geworden war, die sich nach mehren Stunden nicht klären wollte. Was soll man da nun an- fangen? Dragendorff macht auf diesen Uebelstand selbst aufmerksam und räth, unter solchen Umständen das Gemisch einer Temperatur von + 50 bis 600 C. aus- zusetzen oder, wenn diese Manipulation fehlschlagen sollte, die Klärung durch einige Tropfen Alkohol zu bewirken; doch führen auch diese Hülfsmittel nicht immer sicher zum Ziele. Einen zweiten Nachtheil hat die Anwendung des Benzins dadurch, dass es sich schwer von dem damit geschüttelten Wasser trennen lässt, dass letzteres oft in kleinen Tröpfchen hartnäckig gleichsam in dem Benzin vertheilt sitzt. Man soll in solchen Fällen bei grösseren Flüssigkeitsmengen zu einem Scheidetrichter, bei kleineren zu einer Bürette seine Zuflucht nehmen und die letzten Wassermengen durch ein angenässtes Filter von dem Benzin trennen.

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 4%

Bei dem Gebrauche des Fuselöls umgeht man diese Klippen. Tritt bei dem Schütteln einer Flüssigkeit mit demselben nicht sofort die Trennung ein, so ge- nügt ein sehr kurzes Erwärmen auf dem Wasserbade, um die Scheidung sofort herbeizuführen, und diese ist dann stets so vollständig, dass bei einiger Uebung der Amylalkohol bis auf den letzten Tropfen mit einer Kautschukpipette abgenommen werden kann. Es hat ferner viel für sich, wenn man bei so subtilen Unter- suchungen, wie es die Nachweisungen der Alkaloide sind, mit der Benutzung vieler Gefässe, so wie auch mit der Anwendung der Filtrationen so sparsam als möglich ist; denn in solchen Fällen muss der kleinste Verlust mit der grössten Aengstlichkeit vermieden werden, was um so mehr geschieht, in je einfacherer Weise die Opera- tionen ausgeführt werden.

Ich will bei dieser Gelegenheit noch einen Gegen- stand zur Sprache bringen.

Bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen fehlt es selten an bestimmten Anhaltspuncten hinsichtlich der zur Vergiftung angewandten Substanz, so dass dem Gerichts- chemiker in den meisten Fällen Fingerzeige von Seiten des Gerichtes oder des Arztes gegeben werden können. Um so nöthiger ist dies, wenn es sich um die Auffindung von Alkaloiden handelt. Der Sectionsbefund hat in die- sen Fällen eine ganz besonders grosse Wichtigkeit, weil er häufig sichere Schlüsse auf das vorhandene Alkaloid gestattet. Es wäre jedoch auch möglich, dass dem Gerichts- chemiker bei einer Vergiftung mit Alkaloiden gar kein Anhaltspunct gegeben werden könnte; und in einem sol- chen Falle würde eine Methode, die gleichzeitig den Nachweis aller hierher gehörender Alkaloide gestattete, von doppelt grossem Werthe sein.

Die Stas’sche Methode ist nicht änwendbar, weil Morphin dadurch übersehen und jede mögliche quantita- tive Bestimmung problematisch würde; die Methode von Graham und Hoffmann dürfte noch nicht die Probe

»

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für eine solche Erweiterung in ihrer Anwendung bestan- den haben; dagegen würde man nach dem Erdmann- Uslar’schen Verfahren bei genauem Arbeiten nie Gefahr laufen, irgend ein Alkaloid zu übersehen, während in einem solchen Falle das Benzin allein nicht zum Ziele führt, weil Morphin von demselben gleichfalls nicht gelöst wird.

Es ist von Dragendorff die grössere Löslichkeit des Strychnins in Benzin bewiesen und hervorgehoben. 100 Th. Benzin lösen 0,607 Th. Strychnin, eben so viel Fuselöl löst 0,55 Th. desselben. Jedenfalls liegt darin kein Vorwurf; denn die Abweichung in der Löslichkeit ist sehr gering und kann nicht in Betracht kommen. Der Amylalkohol besitzt durchschnittlich eine so grosse Lö- sungsfähigkeit für Alkaloide, dass dadurch sein Werth für gerichtlich-chemische Untersuchungen noch besonders erhöht wird. Nach den von M. Kubly*) über die Alka- loide des Opiums bei forensisch-chemischen Untersuchun- gen mitgetheilten Beobachtungen, ist dem Benzin, wenn es sich um die Isolirung von Narcotin, Papaverin und Thebain handelt, der Vorzug vor dem Fuselöl zu geben, weil letzteres die genannten Körper in geringerem Grade löst; dagegen wird der Amylalkohol zu dem Nachweise von Morphin wiederum empfohlen, und zugleich sein grös- seres Löslichkeitsvermögen für Codein hervorgehoben.

Bei einer Vergiftung mit Opium ist der Beweis, dass das Verbrechen mit dieser Substanz ausgeführt ist, meiner Ansicht nach dadurch am schlagendsten geführt, wenn neben Morphin und Narcotin das Vorhandensein der Mecon- säure nachgewiesen ist. Sollte man Substanz genug haben, um bei solchen Analysen auch die Gegenwart der übrigen im Opium enthaltenen Basen zu beweisen, so würde, nach M. Kubly, das Erdmann -Uslar’sche Verfahren

dahin abzuändern sein, dass die von organischen Materien

- und Farbstoffen befreite wässerige Lösung der Alkaloide

*) Phbarmaceutische Zeitschrift für Russland.

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zur Darstellung u: quantit. Bestimmung des Morphins ete. 49

auf Zusatz von Ammoniak zuerst mit Benzin und dann mit Fuselöl behandelt würde. Das erstere enthält dann Narcotin, Papaverin, Thebain und Codein gelöst, in dem letzteren ist das Morphin enthalten. Behandelt man nach Entfernung des Benzins den Rückstand mit Fuselöl in der Kälte, so wird das Codein gelöst. Von den drei rückständigen Basen Narcotin, Papaverin und Thebain wird ersteres durch Behandeln mit essigsäurehaltigem Wasser getrennt, in welchem Narcotin unlöslich ist, The- bain und Papaverin können durch Versetzen einer schwe- felsäurehaltigen Lösung mit Jodwismuth-Jodkalium ge- trennt werden, durch welches Thebain gefällt und Papa- verin gelöst bleibt. Kubly gibt alsdann für die zuletzt genannten Alkaloide die Specialreactionen an. Ich lasse mich hier auf diese weiteren Details nicht ein, sondern erlaube mir, aus der nüchternen Praxis noch einige Be- merkungen einschalten zu dürfen.

Es ist die interessante und schöne Arbeit von Kubly allerdings in so fern von grossem Werthe, als der Ver- fasser über die Trennungen und beweisenden Reactionen der Alkaloide Papaverin, Thebain und Narcein Licht ver- breitet; aber schwerlich glaube ich, dass bei der prak- tischen Ausführung der über Opiumvergiftung angestellten Analysen der betreffende Gerichtschemiker in allen Fällen Material genug hat, um die Trennung dieser im Opium nur in geringer Menge vorkommenden Basen ausführen und ihr Vorhandensein sicher bestätigen zu können. Wenn man in einer grösseren Menge Speisebrei 5 Gran Opium hat, so ist man zufrieden, Morphin, Narcotin und Mecon- säure mit Sicherheit nachgewiesen zu haben, und hat man diese Verbindungen gefunden, so sinkt damit der etwaige Nachweis der übrigen Körper im Opium zu einem Beweise von nur secundärem Werthe herab. Es ist ein grosser Unterschied, ob man die reinen Basen mit künstlichem Speisebrei mischt, um sie aus demselben wieder abzuscheiden, oder ob man einige Grane Opium zu solchen Versuchen n'mmt, oder ob gar Leichentheile

Arch.d. Pharm. CLXXXTII. Bds. 1.u.2.Hft. 4

SERIEN ATS Or

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zu prüfen sind, die vielleicht nicht mehr wie einige Grane noch unzersetzten Opiums enthalten.

Sollte ich eine Untersuchung auf Opium machen müssen, so würde ich, gestützt auf die Lehren der Wissen- schaft, das Vorhandensein des Opiums vor dem Gerichte angeben, wenn ich den bestimmten Nachweis der oben angeführten Verbindungen beizubringen im Stande wäre, auch wenn es mir nicht möglich sein sollte, Narcein, Thebain, Codein und Papaverin aufzufinden.

Hinsichtlich der bestätigenden Reactionen für Morphin legt Kubly viel Werth auf die von Husemann ange- gebene Reaction, die durch Erhitzen des Morphins auf 100—1500 und nach dem Erkalten durch Hinzufügen von Salpetersäure ausgeführt wird. Es, tritt anfangs car- moisin- oder blauviolette Färbung ein, welche allmälig durch Blutroth in Dunkelorange übergeht. So empfindlich diese Reaction auch ist, so lege ich doch das grösste Gewicht auf das Verhalten der Eisenoxydsalze gegen Morphin und würde nie das Vorhandensein desselben für bewiesen halten, wenn diese Reaction nicht in völliger Deutlichkeit auftreten sollte.

Wenn Kubly anführt, dass sie nur bei einem ho- hen Grade von Reinheit und nur in concentrirter Lösung des Morphins erfolge, so muss ich das erstere zugeben, das zweite indess nach meinen Beobachtungen bezweifeln. Auch eine verdünnte Lösung von Morphin gibt die be- wusste Reaction sehr schön und deutlich, wenn man einen Tropfen einer möglichst neutralen Lösung von Eisenchlorid in die Flüssigkeit fallen lässt. Viel schöner beobachtet man im Allgemeinen diese so wie alle Reactionen der Alkaloide in einem sauberen, recht weissen Porcellanschälchen, als auf Uhrgläschen.

Eben so vortheilhaft wie die Erdmann- Uslarache Methode bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen über- haupt, als auch speciell bei dem Auffinden des Morphins ist, so sichere Resultate liefert sie bei dem Nachweise des Strychnins. Ein einfacher Versuch, den ich hier noch

zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 51

anführen will, bestätigt dies wiederum. Man nehme un- gefähr den dritten oder vierten Theil eines einzigen Strychninsamens, durchfeuchte denselben mit Ammoniak- liquor und lasse ihn an der Luft oder in gelinder Wärme austrocknen. Bringt man das kleine Stück in ein Pro- bierröhrchen, giesst etwas Fuselöl darauf und erhitzt über der Gasflamme einige Augenblicke, so geben schon wenige Tropfen des verdunsteten Amylalkohols mit Schwefelsäure und saurem chromsauren Kali die prachtvolle Reaction auf Strychnin.

Letheby will gefunden haben, dass Ferrideyankaliüm und das von Otto empfohlene zweifach chromsaure Kali weniger sicher zur Erkennung des Strychnins seien, als Braunstein, Bleihyperoxyd und der galvanische Strom. Ich habe nie irgend welchen erheblichen Unterschied zwischen dem Braunstein, Bleihyperoxyd und dem Chrom- säure-Salze bemerkt; wo das letztere kein Strychnin anzeigt, ist auch kein Strychnin vorhanden.

Was diese letzteren Reactionen (mit den Hyperoxyden von Mangan und Blei, so wie mit saurem chromsauren Kali und Ferrideyankalium) anbetrifft, so verdient her- vorgehoben zu werden, dass nach Dragendorff’s Beob- achtungen auch das Curarin völlig gleiche Reactionen gibt. Es bleiben alsdann für Strychnin noch die durch Kalium- Quecksilberjodid, Gerbsäure, Platinchlorid, Goldchlorid und Chlorwasser charakteristischen Fällungen als Erken- nungsmittel übrig, welche, wenn sie gleichzeitig mit den oben bemerkten Reactionen auftreten, die Gegenwart des Strychnins und Abwesenheit des Curarins beweisen. Ka- lium-Quecksilberjodid gibt in einer von Alkohol, Essig- säure und Ammoniak freien Lösung des schwefelsauren Strychnins einen amorphen gelben, Gerbsäure und Chlor- wasser bewirken einen weissen, Platinchlorid und Gold- chlorid einen grauen Niederschlag. Da das Curarin aus wässeriger Lösung nicht in Benzin übergeht, so kann es dadurch leicht vom Strychnin getrennt werden, welches sich leicht in Benzin löst.

4*

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Es kann mir schwerlich ein Vorwurf darüber gemacht werden, dass ich viele der früher empfohlenen und in jüngster Zeit noch aufgefundenen Methoden zur Abschei- dung der Alkaloide für gerichtlich-chemische Analysen unberücksichtigt gelassen habe; denn bei dem grossen Umfange der Literatur über diesen Gegenstand würde selbst eine kurze Uebersicht und Beschreibung aller in dieses Gebiet schlagenden Arbeiten eine besondere und umfangreiche Arbeit für sich ausmachen und mich weit über die Grenzen des mir gestellten Themas hinausführen.

Ich will nur hervorheben, dass die von Sonnen- schein angegebene Methode, welche der Stas’schen an Zuverlässigkeit völlig gleich zu stellen ist und auf der Fällung der Alkaloide durch Phosphormolybdänsäure be- ruht, nach dem Bekanntwerden des Erdmann-Uslar’schen Verfahrens von dem Autor selbst aufgegeben ist, indem er die Vorzüge des letzteren bereitwillig und offen an- erkannte.

Zum Schlusse mag es mir erlaubt sein, noch einen Punct in Bezug auf den Nachweis der Alkaloide hervor- zuheben. Cloetta hat vor einiger Zeit eine Arbeit über das Auffinden des Strychnins in organischen Massen publi- eirt, welche von C. Neubauer in Fresenius’ Zeitschrift für analytische Chemie mitgetheilt ist. Ohne mich auf die Beschreibung der von Cloetta angewandten Methode und der sonstigen hierauf bezüglichen Bemerkungen ein- zulassen, will ich nur die von demselben gefundene That- sache hervorheben, dass Morphin und Strychnin, in den lebenden thierischen Organismus gebracht, einer gänzlichen Zersetzung zu unterliegen scheinen, indem Cloetta in keinem Theile des Thierkörpers die genannten Alkaloide aufzufinden im Stande war.

Im Widerspruch mit diesen Angaben stehen die Untersuchungen des Pharmaceuten Masing in Dorpat *), welcher Strychnin in mehren Fällen im Blute, in beträcht-

*) Pharmae. Zeitschr. für Russland.

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licher Menge in der Leber, in geringerer Menge in den Nieren, der Milz und Pancreasdrüse, im Duodenum und der oberen Hälfte des Dünndarmes, so wie auch stellen- weise im Harne nachgewiesen hat, während er das Gift im Herzen, in der Lunge, der unteren Hälfte des Dünndar- mes, den Faeces, dem Gehirne, den vom Blute entleerten grösseren Gefässen nicht aufzufinden im Stande war.

An diese Angaben schliesst sich ein von mir beob- achteter und untersuchter Fall an. Eine Katze hatte im Verlaufe von 24 Stunden 15 Gran Morphin bekommen; das Gift schien keine Wirkung auf sie auszuüben. Sie wurde 4 bis 5 Stunden nach der letzten Darreichung des Giftes ge- tödtet. Der Magen war fast leer. Es wurden Herz, Lun- gen, Magen, Gedärme mit Faeces und der Harn, welcher die Harnblase fast ganz anfüllte, untersucht, zum Theil nach der Sonnenschein’schen, zum Theil nach der Erd- mann-Uslar’schen Methode. Trotz des genauesten Arbeitens konnte in keinem der angeführten Körpertheile auch nur eine Spur Morphin nachgewiesen werden.

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Ueber Kreosotgas; von L. Ramdohr,

techn. Dirigent der Mineralöl- und Paraffın- Fabrik Georghütte bei Aschersleben.

1.

Bei der Verarbeitung des Braunkohlentheers auf Mineralöle (Photogen, Solaröl) und Paraffın werden die in den Rohproducten enthaltenen und in denselben lös- lichen, der Carbolsäure-Reihe angehörigen Stoffe (welche in der Technik aus naheliegenden und bekannten Gründen überall kurzweg als Kreosot bezeichnet werden, und für welche in nachstehenden Zeilen der Kürze halber ebenfalls nur dieser Ausdruck benutzt werden wird) durch concentrirte Aetznatron- lauge ausgeschieden. Das Kreosot-Natron ist in den Mineralölen etc. unlöslich und scheidet sich nach erfogter

54 L. Ramdohr,

Mischung der Rohöle mit der Natronlauge am Boden des Mischgefässes als eine tiefschwarze, schwere, in der Wärme ziemlich leichtflüssige Schicht ab, von welcher das kreosot- freie Oel zur weiteren Behandlung mit Schwefelsäure u.s.w. abgehoben wird.

Die Ausgabe für Aetznatron repräsentirt in allen den- jenigen Fabriken, welche Braunkohlentheer verarbeiten, eine ganz respectable Zahl; man rechnet im grossen Durch- schnitt auf 1 Ctr. Theer für 10 Sgr. bis 131], Sgr. Aetz- natron. Nimmt man an, dass in der Provinz Sachsen im Jahre 1865 etwa 450,000 Otr. Braunkohlentheer auf Mineral- öle und Paraffin verarbeitet worden sind und rechnet man auf 1 Ctr. Theer nur das Minimum von 10 Sgr. für Aetznatron, so beläuft sich die Ausgabe für diesen Artikel schon auf 150,000 Tblr. Trotzdem hat man bis- her wenig Glück mit einer Verwerthung des Kreosot- natron gehabt, welche auch nur etwas; über die Hälfte der Kosten für das Alkali gedeckt hätte.

Einige der grösseren Fabriken verwenden noch jetzt das Kreosotnatron zum Imprägniren der zum Ausbau der Schächte und Strecken benutzten Hölzer oder verkaufen es zu gleichem Zwecke für den Preis von 1 bis höchstens 11, Thlr. pro Centner. Wenn man nun in 100 Pfd. Kreosot- natron etwa 50 Pfd. Kreosot und 20 Pfd. käufliches Aetz- natron in Form von 50 Pfd. Lauge, den Werth von 1 Ctr. Kreosot aber zu 25 Sgr. annimmt, so werden die in 100 Pfd. Kreosotnatron enthaltenen 20 Pfd. Aetznatron im günstigten Falle zu 15 Sgr., 100 Pfd. des Natrons mithin zu 21), Thlr. verwerthet, was etwa 30 Proc. vom Selbstkostenpreise ausmacht. Diese Benutzung des Kreosot- natrons ist, namentlich mit Rücksicht darauf, dass das Kreosot für sich allein nicht stets gut zu verwerthen ist, immerhin noch vortbeilhafter, als die hier und da übliche Trennung des Kreosots aus seiner Verbindung mit dem Natron unter Bildung von Glaubersalz. Zu diesem Behufe wird nämlich das Kreosotnatron mit der zur Reinigung der Rohöle benutzten Schwefelsäure gemischt; dabei schei- det sich obenauf das rohe Kreosot als tiefschwarze Flüs-

über Kreosotgas. 55

sigkeit aus, während das Glaubersalz sich in wässeriger Lösung im unteren Theile des Gefässes vorfindet. Die zo gewonnene rohe Carbolsäure wird häufig auch für sich allein zum Imprägniren der Grubenhölzer verwendet. Dies Verfahren dürfte, wie schon erwähnt, fast überall zu verwerfen sein; jedenfalls ist es nur in dem gewiss äusserst seltenen Falle gerechtfertigt, wo die gebrauchte Schwefelsäure als werthloses, dagegen Kreosot und Glauber- salz als gut bezahlte Producte zu betrachten sind. Hierbei mag nicht unerwähnt bleiben, dass der Mineralöl-Fabrikant es fast immer in der Hand hat, seine bereits gebrauchte Schwefelsäure zu verhältnissmässig gutem Preise zu ver- werthen. Diese Säure eignet sich nämlich ganz vorzüg- lich zum Aufschliessen der Knochenmehle oder des Bein- schwarzes behufs Darstellung des sogenannten sauren phosphorsauren Kalkes; sie lässt sich in diesem Falle vorausgesetzt, dass man die Fabrikation dieses Dünge- mittels selbst betreibt mit mindestens 1!/, Thlr. pro Centner verwerthen, andern Falls ist sie an nahegelegene Düngerfabriken mit 20 bis 15 Sgr. abzusetzen.

Für vortheilhafter habe ich die folgende Verarbeitungs- weise gehalten, welche ich seit etwa sechs Jahren auf der Mineralöl- und Paraffinfabrik Georghütte bei Aschers- leben angewandt habe. Das Kreosotnatron wird in einem den bei hüttenmännischen Processen gebräuchlichen Flamm- öfen nicht unähnlichen Ofen zur Entzündung gebracht. Die Sohle (den Heerd) dieses Ofens bildet eine starke gusseiserne Pfanne von circa 8 Fuss Länge, 4 Fuss Breite und 9 Zoll Tiefe. Die Ränder dieser Pfanne sind durch Chamotte- Uebermauerung gegen die directe Einwirkung der Flamme geschützt. Die Entzündung des Kreosots erfolgt durch die von einem 2!/, Quadratfuss grossen Roste herkommende, durch Verbrennung von erdiger Braun- kohle erzeugte, über die in der Pfanne befindliche Flüssig- keit hinwegstreichende Flamme sehr leicht und an der ganzen Fläche. Die Verbrennungsproducte werden unter der auf einem 10 Zoll starken Chamottegewölbe ruhenden Pfanne zurück und sodann seitwärts einem etwa 50 Fuss

56 L. Ramdohr,

hohen, 2 Fuss im Lichten weiten Schornsteine zugeführt. Während an der einen schmalen Seite des ÖOfens sich der Rost für die Feuerung befindet, ist an der entgegen- gesetzten Seite eine Arbeitsöffnung zum Durchkrücken des brennenden Pfannen-Inhalts, ausserdem aber an einer der Breitseiten eine zweite Oeffnung zum Entleeren der Pfanne angebracht. Selbstverständlich sind beide Arbeits- öffaungen durch Thüren verschliessbar. Der Gang des Betriebes ist nun einfach folgender. Das in dem Kreosot- natron enthaltene Wasser verdampft, das Kreosot verbrennt unter Ausscheidung eines kohlenstoffreichen porösen Coks, welcher mit dem unverbrennlichen, resp. nicht flüchtigen Natron gemengt, in der Pfanne als glühende Masse zurück- bleibt, welche durch die zweite Arbeitsöffnung ausgezogen und behufs der Abkühlung in geeignete eiserne Gefässe geworfen wird. Ein grosser Theil der durch Verbrennung des Kreosots erzeugten Kohlensäure geht selbstverständ- lich an das Natron.

Mittelst einer solchen Pfanne lassen sich in 10 Arbeits- stunden bequem 20 bis 25 Centner Kreosotnatron auf- arbeiten und es resultiren daraus 30 bis 33 Proc. natron- haltiger Cok, kurzweg als „Natroncok“ bezeichnet.

Nehmen wir in 100 Pfd. Kreosotnatron 20 Pfd. käufli- ches Aetznatronhydrat (caust. Soda) an, so beträgt nach Abrechnung der vom Natron aufgenommenen Kohlensäure die Quantität des aus dem Kreosot ausgeschiedenen Kohlen- stoffs etwa 10 Pfd., also eirca 20 Proc. von dem Gewichte der in jenen 100 Pfd. Kreosotnatron enthaltenen Kreosots selbst. Ausserdem entweicht noch ein Theil unverbrannten Kohlenstoffs aus dem Schornstein.

Es ist einleuchtend, dass der in der Pfanne zurück- bleibende Cok das gesammte, zur Ausscheidung des Kreo- sots aus den Mineralölen etc. benutzt gewesene Aetznatron in der Form von kohlensaurem Natron enthalten muss; eben so einleuchtend ist es, dass das kohlensaure Natron ein viel leichter zu verwendender und werthvollerer Stoff ist, als das bei Zersetzung des Kreosotnatrons mittelst Schwefelsäure erhaltene Glaubersalz mit einem Worte,

BRD

über Kreosotgas. 57

dass diese Art der Nutzbarmachung des Kreosotnatrons gewinnbringender sein wird, als die beiden zuvor mit- getheilten Verwerthungsmethoden. Die Arbeitslöhne sind nicht bedeutend und eine etwas erhebliche Abnutzung findet nur bei der gusseisernen Pfanne statt.

Die Natroncoks wurden anfänglich an eine chemische Fabrik verkauft, welche jedenfalls das Natron daraus wiedergewonnen haben wird; späterhin habe ich sie selbst auf Aetznatronlauge zur sofortigen directen Wiederver- wendung in der Mineralöl-Fabrikation verarbeitet.

Trotz der unleugbaren Vorzüge dieser Methode zur Verwerthung des Kreosotnatrons genügte mir dieselbe nicht, wenn ich daran dachte, dass das Kreosot gänzlich verloren ginge, höchstens als Brennmaterial etwas nützend, und so kam ich schon vor einigen Jahren auf den Gedanken, dass das Kreosot auch auf Leuchtgas zu ver- arbeiten sein müsste. Mehrfache, diese Vermuthung befestigende Betrachtungen veranlassten mich schon vor etwa zwei Jahren, von einem Freunde Vergasungsversuche mit dem carbolsauren Natron vornehmen zu lassen; obwohl diese Versuche nur als ganz primitive zu bezeichnen waren, insofern die eigenthümliche Consistenz des zu unter- suchenden Körpers und die hauptsächlich beabsichtigte Darstellung eines möglichst reinen kohlensauren Natrons als Retorten- Rückstand ganz besondere, zu einem vor- läufigen Versuche nicht gut herstellbare Vorrichtungen erforderlich gemacht haben würde, so zeigte sich doch schon damals, dass meine Voraussetzungen an sich richtig waren: das Gas wurde mir als ein vorzüglich hell leuch- tendes und mit Leichtigkeit zu entwickelndes bezeichnet. Messungen hinsichtlich der Leuchtkraft und der Quantität fanden bei diesen flüchtigen Versuchen nicht statt; es hätte dies damals auch wenig Werth gehabt, insofern zur Verdickung der Masse Sägespäne angewandt werden mussten und diese auf Qualität und Quantität des Gases nicht ohne Einfluss gewesen sein mochten. Späterhin es war gegen Ende des Jahres 1865 wurde ein zweiter, aber auch nur roher, Versuch in der Weise ausgeführt,

58 L. Ramdohr,

dass in der Holzgas- Anstalt zu Sondershausen das Kreosot- natron, nicht gemengt mit Sägespänen oder dergl., mittelst Schaufeln auf das bereits ausgegaste Holz geworfen wurde. Auch hier resultirte ein sehr schön leuchtendes Gas in erheblicher Menge. Specielle Messungen konnten leider auch hier nicht vorgenommen werden. Indess war doch die Möglichkeit einer vortheilhaften Vergasung der Car- bolsäure zur Evidenz nachgewiesen, und es handelte sich, bevor zur praktischen Nutzbarmachung der Idee geschritten wurde, nur noch um Feststellung der Qualität und Quan- tität des erzeugten Leuchtgases. Zu einem derartigen letzten Versuche hatten die mir befreundeten Besitzer eines technischen Etablissements die Güte, die Hand zu bieten. Dieselben erzeugen zur Beleuchtung ihrer Fabrik in einer Chamotteretorte Steinkohlengas. Der Gasbehälter war möglichst leer gemacht und die Reinigungskästen mit frischem Kalk beschickt worden. Eine mehrtägige Vergasung von dem aus der Mineralöl- und Paraffinfabrik Georghütte stammenden Kreosotnatron ergab nun im Wesentlichen folgendes Resultat:

1) 100 Pfd. Kreosotnatron ergaben circa 550 Cubikfuss Leuchtgas. (Wenn in 100 Pfd. des Kreosotnatrons 50 Pfd. Kreosot enthalten sind, so beträgt dies auf 100 Pfd. der letzteren eine Ausbeute von 1100 Cubikfuss Gas.)

2) Das Kreosotgas, aus einem gewöhnlichen Stein- kohlengas- Schnittbrenner, welcher pro Stunde 5 Cubikfuss Gas verbraucht, gebrannt, zeigte eine Lichtstärke von 38 Wachskerzen (6 auf ein Pfund bei 10 Zoll Länge).

3) Desgl. aus einem 4 Cubikfuss Schnittbrenner von 28 Wachskerzen.

4) Desgl. aus einem 3 Cubikfuss Schnittbrenner von 19 Wachskerzen.

5) Trotzdem ein Theil der erzeugten Kohlensäure an das in der Retorte zurückbleibende Natron gegangen war, so fanden sich im Gase doch noch erhebliche Quantitäten freier Kohlensäure vor.

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über Kreosotgas. 59

6) Die Chamotte-Retorte hatte nur bei der ersten Beschickung mit Kreosotnatron Gas durchgelassen; später war sie dicht geblieben.

Obwohl die vorstehenden Zahlenangaben auf absolute Genauigkeit Anspruch nicht machen dürfen (es würde dazu eine längere Experimentirzeit gehören), so erschien doch auf Grund der erfolgten Beobachtungen die Verwend- barkeit des Kreosotnatrons zu Leuchtgas vollkommen ge- sichert, und zwar um so mehr, als das eigentlich wich- tigere Product nämlich die mit kohlensaurem Natron imprägnirten Coks in der bequemsten Weise nebenbei gewonnen werden. Es wurde deshalb die Einrichtung einer Kreosotgas- Anstalt für die Georghütte beschlossen und es dürfte deren Benutzung im October dieses Jahres erfolgen.

Bei der Bestimmung über die Einrichtung der Retorten- öfen schwebten mir ursprünglich folgende Ideen vor:

1) Man hätte jeden Ofen mit zwei Retorten (A- und B-Retorte), welche durch ein etwa fünfzölliges Rohr unter einander hätten verbunden werden müssen, versehen kön- nen. In Retorte A würde eine einfache Verdampfung des Wassers und des Kreosots, in der mit Coksstücken u.s. w. gefüllten Retorte B die Vergasung der aus A herübertretenden Kreosotdämpfe statt zu finden haben. Voraussichtlich hätte man beide Retorten durch ein einziges Feuer heizen können, welches zuerst die Retorte B und dann erst die Verdampfungs-Retorte A hätte berühren müssen.

Jedenfalls hätte indess die Leuchtgas- Fabrikation bei Anwendung dieses Systems einige Schwierigkeiten insofern mit sich gebracht, als es nicht gerade leicht sein möchte, die Rostfläche, die passende Grösse und das ge- eignete Material der beiden Retorten ohne vorhergegangene längere Versuche, so zu sagen lediglich nach dem Gefühl, zu bestimmen. Bei der nicht immer gleichmässig guten Beschaffenheit des Heizmaterials, namentlich wenn dasselbe Braunkohle ist, würde der Betrieb eines solchen Doppel- ofens sogar grosse Schwierigkeiten haben, wenn man

60 L. Ramdohr,

bedenkt, dass Retorte A eben nur eine solche Temperatur erhalten darf, wie sie zur Verdampfung des Kreosots erforderlich ist, während Retorte B unter allen Umständen die nöthige Vergasungstemperatur erhalten muss. Ausser- dem würde, da für jeden Fall ein Reserveofen hätte vor- handen sein müssen, die Ofenanlage gerade nicht billig geworden sein. Mit Rücksicht auf alle diese mit Be- stimmtheit vorauszusehenden Mängel wurde von der An- lage eines solchen Doppel-Retortensystems abgesehen, trotzdem dasselbe im Princip jedenfalls richtig ist.

2) Eine andere Art der Verarbeitung des Kreosot- natrons würde darin bestehen, dass man diesen Körper mit Sägespänen, gebrauchter Lohe, Braunkohlencok, oder ähnlichen Stoffen zu einem steifen Brei gemengt, schaufel- weise in eine ganz gewöhnliche Gasretorte einträgt und zur Vergasung bringt. Der Uebelstand indess, dass einer- seits es nicht unbedeutende Quantität irgend eines der erstgenannten Körper erforderlich und deren Beschaffung noch mit besonderen Kosten verknüpft sein würde, während andererseits dadurch das Volumen der natronhaltigen Coks nicht nur wesentlich vergrössert, sondern die letzteren noch mit einen unnützen, für ihre Verarbeitung auf Natron- lauge jedenfalls nachtheiligen Ballast beladen werden würden, liess mich auch von dieser Art der Vergasung des Kreosotnatrons absehen.

3) Aus ähnlichen Gründen musste davon abgesehen werden, die Vergasung des Kreosots in einer Retorte aus- zuführen, welche ähnlich den bei der Harzgasfabrikation angewandten mit Coks oder Ziegelstücken etc. gefüllt ist; der natronhaltige Cok würde massenhaft mit fremd- artigen Körpern, welche von ihm incrustirt sein würden, vermengt sein und vielleicht hätte fast Stunde um Stunde eine Entleerung des Retorter-Inhalts statt finden müssen.

In Berücksichtigung dieser und ähnlicher Umstände wird eine einfache Retorte angewendet und derselben das geschmolzene Kreosotnatron in einem continuirlichen Strahle zugeführt werden. Dass dies so ganz ohne Weiteres

über Kreosotgas. 61

nicht geht, sondern dass gewisse Vorkehrungen erforderlich sind, welehe durch die eigenthümliche Beschaffenheit des Rohmaterials, so wie durch die beabsichtigte Darstellung des später in besonderer Weise zu verarbeitenden Natron- cok bedingt werden, liegt auf der Hand. Seiner Zeit werde ich nicht unterlassen, auf die in dieser Beziehung gemachten Beobachtungen und gesammelten Erfahrungen zurückzukommen.

Schliesslich weise ich nur noch darauf hin, wie es wissenschaftlich interessant sein wird, einerseits die flüssi- gen Nebenproducte bei dieser Gasbereitungsweise kennen zu lernen, andererseits aber auch festzustellen, wie weit die Gegenwart des Aetznatrons durch seine prädisponirende Verwandtschaft zu der aus dem Kreosot in der Glühhitze sich bildenden Kohlensäure die Vollständigkeit der Zer- setzung zu Leuchtgas bedingt. Dies wird aus einem demnächst auszuführenden Versuche erhellen, bei wel- chem das aus der Verbindung mit dem Natron abgeschie- dene Kreosot für sich allein. der nämlichen Glühhitze aus- gesetzt wird.

Die Resultate dieses Parallelversuches hinsichtlich des Gasquantums, der Leuchtkraft des Gases und der Art der Nebenproducte hoffe ich demnächst mittheilen zu könhen.

17 Im Anschluss an die 1866 bereits gemachten Mitthei- lungen gebe ich im Folgenden einige Notizen über die bei meiner Kreosotgas- Anstalt erlangten Betriebsresultate, nachdem ich zuvor in einfachen Umrissen die vorhandenen Betriebs-Einrichtungen beschrieben haben werde.

A. Betriebs - Einrichtungen.

1) Retortenhaus. Es sind zwei Oefen mit je einer Retorte von 6 Fuss rheinl. Länge und 15 Zoll Durch- messer vorhanden, von denen einer für den Betrieb, der andere als Reserve dient. In die auf den Oefen liegende, zur Hälfte mit Wasser etc. gefüllte Vorlage von 12 Zoll

62 L. Ramdohr,

Durchmesser und 6 Fuss Länge münden die 5 Zoll weiten Steigrohre mit einem Eintauchen von 1N, Zoll ein. Zur Speisung der Retorten mit dem zu verarbeitenden Kreosot- natron findet sich auf jedem Ofen ein zum Theil in das Mauerwerk versenktes Bassin, welches im Stande ist, circa 15 Ctr. Kreosotnatron aufzunehmen. Die Grösse dieser Bassins habe ich so gewählt, dass jeder Zoll Höhe der Flüssigkeitssäule einem Gewichte von 50 Pfd. entspricht, so dass die der Retorte zufliessende Gewichtsquantität stets mit Leichtigkeit durch Messung festgestellt werden kann. Um nun selbst geringe Mengen des Rohmaterials mit hinreichender Genauigkeit messen zu können, habe ich mir folgende sehr einfache Vorrichtung construirt. Von einem im Kreosotnatron-Bassin befindlichen Schwim- mer führt eine Schnur über eine an der Balkenlage befestigte Rolle in annähernd horizontaler Richtung nach einer Rolle von 1 Zoll Durchmesser, an deren Achse und fast mit derselben verbunden eine zweite Rolle von 4 Zoll Durchmesser sich befindet, auf welcher letzteren gleichfalls, aber in entgegengesetzter Richtung ziehend, eine Schnur aufgewickelt ist, an deren Ende ein Zeiger- gewicht hängt. Beide Rollen laufen in einem kleinen Gestelle, welches an dem oberen Ende eines 12 Fuss langen, 3 Zoll breiten, in vertikaler Stellung an der nächsten Wand befestigten Scalenbrettes angebracht ist. Bei dem Steigen oder Sinken des Schwimmers im Kreosotnatron- Bassin durchläuft das Zeigergewicht vor der Scala (und zwar im entgegengesetzten Sinne) eine vierfach grössere Länge, resp. Höhe, als der Schwimmer selbst. Dem ent- sprechend zeigt die Rintheilung der Scala die im Verhältniss der Rollenperipherier wie 4:1 vergrösser- ten Zolle mit ihren Unterabtheilungen an. Sonach ist ein vergrösserter Zoll (selbstverständlich nur bei genauer Ausführung der Rollen, auf deren Umfange durch ein- geschnittenes Schraubengewinde die Aufwickelungslinie der Schnur vorgeschrieben ist) 4 Zoll rheinl. lang, mithin gross genug, um selbst I, Zoll Niveauunterschied im

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Kreosot-Bassin einem Gewichte von 31/, Pfd. Kreosot- natron entsprechend mit grosser Leichtigkeit ablesen zu können; ja bei einiger Uebung lässt sich sogar eine Abnahme des Vorraths im Bassin um 1 Pfd. ziemlich genau an der vergrösserten Scala ablesen und man könnte erforderlichen Falls durch weitere Vergrösserung des Durchmessers der zweiten Rolle die Genauigkeit der Gewichtsmessungen noch steigern.

Die Heizung des ÖOfens erfolgt durch die bei der Mineralöl- und Paraffinfabrikation als Nebenproduct ge- wonnenen Theercoks kohlenstoffreiche, in den Theer- blasen verbleibende Rückstände welche die Steinkohlen- coks im Heizeffect um ein nicht Unbedeutendes übertreffen.

Im Retortenhause ist ferner ein Brett mit 5 Manometern angebracht: No. 1 communicirt mit den beiden Steig- röhren und mit dem die Vorlage mit dem Condensator verbindenden 4 Zoll weiten Rohre. Durch eingeschaitete Hähne kann die Communication mit dem einen oder dem andern dieser Theile hergestellt werden. No. 2 giebt den Druck unmittelbar hinter dem Condensator, Nr. 3 den Druck hinter der Waschmaschine, No. 4 den Druck hinter dem Kalkreiniger, No. 5 den Druck in den Fort- leitungsröhren, also hinter dem Druckregulirungs-Ventil, an.

Ausserdem enthält das Retortenhaus noch eine aus dem zwischen Wechselhahn und Gasbehälter liegenden Rohre gespeiste, fortwährend brennende Experimentir- flamme, deren Wichtigkeit gerade bei der Kreosotgas- Fabrikation sehr in die Augen springt.

2) Der Reinigungsraum. Derselbe enthält zu- nächst an Stelle des Scrubbers einen Röhren -Condensator mit äusserer Wasserkühlung, wie ich ihn aus der Mineralöl- fabrik zufällig disponibel hatte. Dieser Condensator ver- braucht bei circa 60 Quadratfuss Kühlfläche stündlich eirca 12 Cubikfuss Kühlwasser.

Von dem Üondensator aus gelangt das Gas in die Waschmaschine, ein würfelförmiges Gefäss mit eingelegtem Siebboden, welcher etwa 41, Zoll tief unter dem Wasser-

64 L. Ramdohr,

niveau liegt. Die sonstige Einrichtung der Waschmaschine darf als bekannt vorausgesetzt werden.

Sodann gelangt das Gas in den Wechselhahn, welcher gestattet, dasselbe entweder dem einen der beiden Reini- gungskästen oder aber direct dem Gasbehälter zuzuführen. Da aus dem ungereinigten Gase vorzugsweise nur Kohlen- säure zu entfernen ist, so wird zur Füllung der Reinigungs- kästen nur zu Staub gelöschter Kalk angewandt. Die Kalkreiniger, von einer früher auf Holzgas arbeitenden Anstalt angekauft, sind excel. Tasse im Lichten 5 Fuss 7 Zoll lang und 2 Fuss 3!/, Zoll breit, nach unten sich verjüngend und in der Mitte durch eine Scheidewand in zwei gleich grosse Räume getheilt, von denen der eine den auf- der andere den absteigenden Gasstrom durch- lässt. In jeder Abtheilung des Reinigers liegen drei aus Holz rostartig construirte Horden von je 27,5 X 33 Zoll; "97,5 x 32 Zoll; 26,25 X 31,5 Zoll resp. 6,3; 6,1; 5,75 Quadratfuss Fläche (incl. Rahmen) und 55; 53,3 und 51,6 Quadratzoll freiem Durchgange zwischen den Stäben. Die gesammte Hordenfläche in einem jeden Kalkreiniger beträgt also 361/;, Quadratfuss rheinl. Zur Füllung eines Reinigers sind erforderlich 100 Pfd. gebrannter Kalk 150 Pfd. Staubkalk; mithin kommen auf 1 Quadratfuss Hordenfläche durchschnittlich 4,13 Pfd. Staubkalk zu liegen.

3) Der Gasbehälter weicht in seiner Construction nicht von den üblichen derartigen Vorrichtungen ab. Das aus Mauersteinen und Cement aufgeführte Bassin ist 12 Fuss 6 Zoll tief bei 16 Fuss lichtem Durchmesser. An der dem Reinigungsraume am nächsten liegenden Stelle seines Umfanges befindet sich der Schacht für die Wassertöpfe des Eingangs- und Ausgangsrohres. Die Gasbehälterglocke hat 2000 Cubikfuss nutzbaren Inhalt; sie ist 12 Fuss hoch bei 15 Fuss Durchmesser und aus !,, Zoll starkem Eisenblech hergestellt worden. Durch vier an dem oberen und vier an dem unteren, unter Wasser bleibenden Ende angebrachte Rollen wird die Geradführung der Glocke bewirkt. An einem der Führungsböcke befindet sich

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über Kreosotgas. 65

eine auf 10 zu 10 Cubikfuss rheinl. eingetheilte Scala befestigt, für welche der Zeiger an der Oberkante der Glocke fest angebracht worden ist.

Der von der Gasbehälterglocke ausgeübte Druck be- trägt genau 4 Zoll rheinl.

4) Sonstige Einrichtungen. Das von dem Gas- behälter abgehende Ableitungsrohr ist in den Reinigungs- raum zurückgeführt und hier mit einem gewöhnlichen Kegelventil verbunden worden, an welches die Erdrohr- leitung sich anschliesst. Hierbei mag zuletzt bemerkt sein, dass der grössere Theil der circa 70 Ruthen langen Erdleitung aus gut getheerten schmiedeeisernen Röhren hergestallt worden und bis jetzt vorzüglich dicht geblie- ben ist.

Eine Gasuhr ist nicht vorhanden, da nur für den eigenen Bedarf gearbeitet wird und das producirte Gas- quantum mit genügender Genauigkeit an der neben dem Gasbehälter befindlichen Scala abgelesen werden kann. Eben so hielt ich einen Druckregulator für überflüssig, da, wenn erst sämmtliche Flammen angezündet sind und der Druck am Ventil danach regulirt ist, erhebliche Schwankungen im Druck nicht weiter erfolgen können, insofern die Flammenzahl während der Nacht wenigen oder gar keinen Veränderungen unterliegt.

B. Betriebs- Resultate.

Die Heizung des Ofens erfolgt, wie bereits bemerkt, durch Theercoks, von denen auf jeden Centner des ver- gasten Kreosotnatrons 90— 100 Pfd. verbraucht werden. Der Verkaufspreis für diese Coks schwankt auf den ver- schiedenen Paraffinfabriken zwischen 71, —10 Sgr. pro Centner; die Georghütte erzielte in früheren Jahren bevor die hiesige Stadt-Gasanstalt mit ihren Gascoks con- eurrirend auftrat sogar einen Preis von 121,—15 Sgr. pro Centner. Sollte die eigene Production an Theercok nicht ausreichen oder der letztere zeitweise zu höherem Preise sich verwerthen lassen, so werde ich nicht anstehen,

Arch.d. Pharm. CLXXXTII. Bds. 1. u.2. Hft. 5

a uandernn a

66 L. Ramdohr,

den billigeren Steinkohlengascok als Heizmaterial für die Gasretorte anzukaufen.

Die Heizung des Ofens lässt sich jedenfalls auch mit gewöhnlichen Braunkohlen durchführen und vorzugsweise nur der Umstand, dass ich den nach dem Schornstein führenden Fuchs unter höchst ungünstigen Verhältnissen anlegen musste, welche eine Reinigung desselben von Flugasche äusserst schwierig und namentlich zeitraubend machen würde, hat mich von der Anwendung einer Braun- kohlen- Feuerung zurückgehalten.

Eine jede Oharge verarbeitet 150 Pfd. Kreosotnatron in einem Zeitraum von 4—4l/, Stunden. Auf Entleeren der Retorte und ähnliche Nebenarbeiten werden 10 Minuten gerechnet, so dass täglich im Durchschnitt 5 Chargen gemacht werden, welche sich indess, wenn es auf forcirte Production ankommt, auch auf sechs würden bringen lassen. Ursprünglich war ein continuirlicher Zufluss des Kreosot- natrons beabsichtigt; aus mehrfachen Gründen bin ich indess dahin gelangt, es für vortheilhafter zu halten, die Flüssig- keit in einzelnen Rationen der Retorte zuzuführen. Anfangs arbeiten in Folge der lebhaften Entwickelung von Wasser- dämpfen bei etwas heruntergekommener Temperatur der Retorte sämmtliche Manometer, namentlich das mit dem Steigrohr direct communicirende, sehr unruhig und bei diesem letzteren habe ich schon einen Druck von 9—11 Zoll beobachtet. Sehr bald beruhigt sich Alles und das zuletzt erwähnte Manometer bleibt auf etwa 7 Zoll Druck ruhig stehen.

Der normale Druck an den übrigen Manometern beträgt für No. 2 5lj, Zoll; No. 3 —= 5 Zoll; No. 4 44, Zoll.

Die Beendigung des Vergasungsprocesses wird an der Experimentirflamme erkannt, welche in diesem Falle einen blauen Kern zeigt und an den Kanten roth umflort erscheint (Kohlenoxyd, Sumpfgas?). Bei frischer Be- schickung findet das Schwanken der Manometer 1—4 etwa 3—5 Minuten lang statt, nach deren Verlauf die normale

über Kreosotgas. 67

Gasbildung, unter gleichzeitiger Entbindung von Wasser- dämpfen, ausserordentlich rapide statt findet. Bei der Vergasung von Steinkohlen vergehen bekanntlich vom Augenblicke der frischen Beschickung bis zur normalen Gasbildung in der Regel 25—30 Minuten: ein Zeichen, um wie viel leichter die Vergasung des Kreosots erfolgt, trotzdem bei jeder Füllung von 150 Pfd. Kreosotnatron nebenbei circa 30 Pfd. Wasser verdampft werden müssen.

Die Frage, ob eine theilweise Zersetzung des Wassers statt finde, muss ich für jetzt noch unbeant- wortet lassen; jedenfalls scheint mir diese Zersetzung, wenn sie überhaupt erfolgt, nicht sehr bedeutend zu sein.

Die Menge der flüssigen Nebenproducte festzustellen, ist aus Mangel an Zeit mir bis jetzt nicht möglich gewesen. Dieselben bestehen aus Wasser und fast unzersetzt über- destillirtem Kreosot. Die Quantität des letzteren ist eine überaus geringe und kaum in Rechnung zu bringende. Das aus der Vorlage abfliessende Wasser ist milchig trübe, reagirt weder merklich sauer, noch alkalisch und besitzt ein spec. Gew. von 1,0025 1,003 bei 140 R. Seine Bestandtheile festzustellen, ist bis jetzt noch nicht gelun- gen; mehrfache Reagentien geben zwar zum Theil sehr voluminöse Niederschläge, dieselben sind aber nicht deut- lich genug charakterisirt, um auf irgend einen bestimmten Bestandtheil (Schwefel, Ammoniak etc.) schliessen zu kön- nen. Es wird vielmehr eine specielle Untersuchung der Niederschläge statt finden müssen. (Sollte vielleicht irgend eine bis jetzt unbekannte organische Verbindung in dem Wasser gelöst sein?)

Der Thatsache, dass vorzugsweise nur Wasser, theerige u.s. w. Producte dagegen so gut wie gar nicht, überdestil- liren, dürfte die Annehmlichkeit zuzuschreiben sein, dass die von dem Retortenkopfe ausgehenden Steigrohre sich nie verstopfen, also einer Reinigung auch nie bedürfen. Eben so wird eine Verstopfung in dem Fortleitungs-Rohr- system durch Naphtalin oder ähnliche Körper niemals zu befürchten sein.

5*

68 L. Ramdohr,

Der Rückstand in der Retorte ist ein lockerer, ver- hältnissmässig sehr leichter, reichlich mit dem an das Kreosot gebunden gewesenen Natron imprägnirter Cok, welcher in seiner schwammigen, aufgeblähten Form die Retorte etwa zu zwei Drittel anfüllt. Das Mittel aus einer Reihe von Wägungen ergiebt 45 Pfd. Natroncok aus 150 Pfd. Kreosotnatron. Selbstverständlich ist der grössere Theil der Kohlensäure, deren Entstehung nicht zu vermeiden ist, an das Natron gebunden; ein nicht ge- ringer Theil des Natrons ist jedoch als Aetznatron vor- handen. Es ist dies eigentlich etwas Auffälliges und nur dadurch zu erklären, dass ursprünglich fast sämmt- liches Natron in der Form, in welcher es im Kreosot- natron enthalten war, also als Aetznatron, frei wird und nur an den äusseren, mit der Kohlensäure in directe Be- rührung tretenden Theilen mit dieser Säure bis in eine gewisse Tiefe in Verbindung tritt, während ein innerer Kern durch diese Hülle von kohlensaurem Natron vor weiterer Berührung mit der Kohlensäure geschützt wird. Es wird das Interessante an dieser Thatsache durch die Beobachtung erhöht, dass Alles in Allem noch circa 1,6 Proc. Kohlensäure aus dem Kreosot weniger erzeugt werden, als zur Bildung von einfach kohlensaurem Natron aus dem vorhandenen Natron erforderlich sind. In den Coks finden sich nämlich circa 32 Proc. NaO vor, welche circa 23 Proc. CO? zur Bildung von NaO, CO? erfordern. Die gesammte Kohlensäure ist aber weiter unten auf 6,42 Proc. vom Gewichte des Kreosotnatrons, mithin auf circa 21,4 Proc. vom Gewichte der Coks berechnet worden, so dass, wenn sämmtliches NaO in NaO, 00? umgewandelt werden sollte, noch circa 23 minus 21,4 1,6 Proc. CO? dazu fehlen würden.

Mehrfache Untersuchungen des Natroncoks ergaben an löslichen Bestandtheilen überhaupt 56—60 Proc.; diese bestehen aus:

37— 38 Proc. kohlensaurem Natron (NaO, CO2) entspr. 21—22 Proc. NaO.

über Kreosotgas. 69

13 —14 Proc. Aetznatron (NaO, HO), entspr. 10 bis 11 Proc. NaO.

6— 8 Proc. fremde Salze (Na0,SO3; NaCl etec.), welche aus der käuflichen caustischen Soda in das Aetz- natron mit übergegangen sind.

An NaO sind überhaupt vorhanden 31—33 Proec., an 00? 15— 16 Proc.

Der sofort nach dem Umschalten aus dem Reinigungs- kasten entnommene Kalk zeigte im Durchschnitt einen durch den Gewichtsverlust bei Behandlung mit Salzsäure (im Geissler’schen Apparat) ermittelten Kohlensäuregehalt von 29,8 Proc., von welchen bei der vorzüglichen Be- schaffenheit des angewandten gebrannten Kalks 27 —28 Procent auf Rechnung der aus dem Kreosot erzeugten Kohlensäure gesetzt werden mögen, während die Differenz von circa 2—3 Proc. auf Rechnung der im gebrannten Kalk etwa noch vorhanden gewesenen Kohlensäure, so wie der in der Reinigungsmasse enthaltenen Spuren von Schwe- felwasserstoff und sonstigen Gasen gebracht werden mag. Jene 29,8 rund 30 Proc. Kohlensäure bedeuten so viel als circa 45 Pfd. in dem angewandten Staubkalk, dessen ursprüngliches Gewicht von 150 Pfd. eben durch Aufnahme der Kohlensäure auf durchschnittlich 195 Pfd. ganz in Uebereinstimmung mit dem durch die Analyse gefundenen Procentsatze sich erhöht hat. Da wir nun nur 27—28 Proc. —= circa 40 Pfd. auf Rechnung der aus dem Kreosot erzeugten Kohlensäure gesetzt haben und zur Erzeugung dieser Quantität circa 2250 Pfd. Kreosotnatron haben vergast werden müssen, so machen diese 40 Pfd. Kohlensäure 1,77 Proc. des angewandten Kreosotnatrons aus.

Die in dem Cok enthaltene Kohlensäure beträgt, wie oben angegeben, circa 15,5 Proc. vom Gewichte des Coks 15,5.30 100 so dass die aus letzterem überhaupt erzeugte Kohlensäure auf 1,77 4,65 6,42 Proc. veranschlagt werden darf,

4,65 Proc. vom Gewichte des Kreosotnatrons,

70 L. Ramdohr,

6,12.100

30 Coks in letzterer an Natron gebunden sein könnten.

Die Verwerthung der aus der Retorte gezogenen Coks ist nach Vorstehendem eine eben so leichte und einfache, als lohnende Arbeit. Die Coks werden möglichst erschöpfend ausgelaugt, die Lauge durch Absetzenlassen geklärt und sodann entweder gänzlich auf Aetzmatron allein oder auf kohlensaures Natron und auf das als solches bereits vorhandene Aetznatron verarbeitet. Der Werth dieser Coks dürfte hiernach mit 2 Thlr. pro Centner immerhin sehr mässig veranschlagt sein.

Die Gasausbeute ist eine erhebliche, wenn auch nicht so hohe, als auf Grund der im Octoberhefte des Journ. für Chem. und Pharm. beschriebenen, ganz rohen und auf Genauigkeit Anspruch nicht machenden Vorver- suche angenommen werden durfte. In der That liefern im fabrikmässigen Betriebe 100 Pfd. Kreosot- natron 450 bis 460 Cubikfuss preuss. gereinig- tes Leuchtgas von sehr grosser Lichtstärke. Die Flamme dieses Gases ist selbst im Tageslichte fast weiss zu nennen. Als Durchschnitt aus einer langen Reihe von Versuchen kann ich Folgendes hinstellen:

1) Ein kleiner Schnittbrenner bei 2 Cubikfuss preuss.

Verbrauch 6 Wachskerzen;

2) ein grösserer Schnittbrenner bei 3 Cubikfuss Ver-

brauch 11,2 Wachskerzen;

3) ein Zweiloch -Brenner bei 5 Cubikfuss stündlichem

Verbrauch —= 23,5 Wachskerzen.

Die Wachskerzen sind aus ganz reinem Wachs in solcher Grösse hergestellt, dass bei 10 Zoll rheinl. Länge davon 6 Stück auf ı Pfd. Zollgewicht gehen. Sämmt- liche Beobachtungen sind zu den verschiedensten Zeiten (namentlich auch bei fast gänzlich ausgenutzter, bei halb ausgenutzter und bei ganz frischer Reinigungsmasse) und stets bei 5 Linien Druck unmittelbar hinter dem Druck- regulirungsventil, entsprechend 4!/), Linien Druck in der

welche als 21,4 Proc. vom Gewichte der

über Kreosotgas. 71

Photometerkammer, welche circa 300 Fuss von der Anstalt entfernt liegt, angestellt worden.

Sonach beträgt die Leuchtkraft des Kreosot- gases etwa das Doppelte von derjenigen, welche bei Contracten gewöhnlich für das Steinkohlen- gas beansprucht wird.

Uebrigens lässt sich durch Erhöhung der Vergasungs- temperatur zwar nicht die Quantität, wohl aber die Qualität des Kreosotgases nicht unerheblich steigern.

In Folge dieser grossen Leuchtkraft konnten die ein- zelnen Theile des gesammten Rohrsystems in verhältniss- mässig kleineren Dimensionen ausgeführt werden, als dies bei Steinkohlengas erforderlich gewesen sein würde. Na- mentlich tritt dies bei der Grösse der Brenner sehr deut- lich hervor. Von den überhaupt vorhandenen 104 Stück Brennern sind 89 Schnittbrenner der kleinsten Sorte, welche pro Stunde eirca 2!/, Cubikfuss verbrauchen; 4 Stück sind Schnittbrenner mit circa 31/, Cubikfuss Consum und 8 Stück Zweilochbrenner (Hof-Laternen), welche durch die betreffenden Regulirhähne auf circa 51/, Cubikfuss gebracht worden sind; ausserdem sind noch 3 Argandbrenner vorhanden.

Hier dürfte der geeignete Platz sein, anzugeben, dass das Gas die ganze Nacht hindurch niemals mit mehr als höchstens 5 Linien Druck in das Rohrsystem ge- lassen wird; Regel ist, dass nur 4 Linien gegeben werden.

Was nun um zunächst die Mittheilungen über die erlangten Betriebsresultate zu beschliessen die Reini- gung des Gases anlangt, so erfolgt dieselbe, so weit sie auf chemischen Einwirkungen beruht, lediglich durch zu Pulver gelöschten Kalk. Weiter vorn ist bereits angedeutet worden, dass zur Füllung eines Reinigungskastens 150 Pfund Staubkalk, welche aus 100 Pfd. gebranntem Kalk dargestellt wurden, erforderlich sind und dass im Durch- schnitt auf 1 Quadratfuss Hordenfläche 4,13 Pfd.-Staub- kalk liegen. Nach Verlauf von reichlich drei Tagen ist der Kalk mit Kohlensäure gesättigt, sein Gewicht ist von

12 L. Ramdohr, Kyle 150 auf 195 Pfd., mithin um 30 Proc. gestiegen, was mit dem durch die Analyse nachgewiesenen Kohlensäuregehalt (29,82 Proc.) genau übereinstimmt.

Jede Füllung eines Kastens reinigt durchschnittlich das Gas von 15 Chargen & 150 Pfd. Kreosotnatron, mit- hin wurden zu je 1 Charge 10 Pfd., und auf 100 Pfd. Kreosotnatron 62/3 Pfd. Staubkalk verbraucht. Jene 15 Chargen produeiren rund 10,000 Oubikfuss gereinigtes Gas; mithin erfordern 1000 Cubikfuss 15 Pfd. Staub- kalk zur Reinigung. Bei einer Jahresproduction von ı Million Cubikfuss sind demnach erforderlich 15,000 Pfund Staubkalk = 10,000 Pfd. 125 Scheffel a 80 Pfd. gebrannter Kalk.

Zum Schluss noch einige Worte über die Leistungs- fähigkeit, die Anlagekosten und die Rentabilität der auf der Georghütte vorhandenen Anlage.

Die durchschnittliche Leistungsfähigkeit beträgt bei Benutzung einer Retorte (von den vorn angegebenen ge- ringen Dimensionen) täglich 5 Chargen & 150 Pfd. Kreosot- natron 3375 bis 3400 Cubikfuss Gas; mithin bei 350 Arbeitstagen 1,181,250 bis 1,190,000 Cubikfuss Gas, wofür in runder Summe nur 1 Million Cubikfuss ange- nommen werden mögen. Zu deren Erzeugung sind in runder Summe erforderlich —= 2300 Ctr. Kreosotnatron, welche 690 COtr. Natroncok liefern.

Die Anlagekosten werden Alles in Allem (incl. eines Reserveofens mit Retorte) auf circa 2500 bis 2700 Thlr. sich belaufen.

Die Rentabilität der Anlage stellt sich im Vergleich zu einigen anderen Methoden der bisherigen Verwerthung des Kreosotnatrons als sehr günstig heraus. Ich lasse die betreffenden Berechnungen hier folgen und bemerke nur im Voraus, dass ich überall Zinsen der Anlage mit 5 Proc. Amortisation (Abschreibungen) aber nicht mit in Rechnung gestellt habe. Den folgenden drei Berech- nungen ist überall die gleiche Quantität von zu verarbei-

über Kreosotgas. 73

tendem Kreosotnatron (2300 Center jährlich) zu Grunde

gelegt worden.

I. Verarbeitung des Kreosotnatrons auf Glaubersalz und rohes Kreosot.

Die Kosten einer hierzu erforderlichen Anlage habe ich, und zwar gewiss sehr niedrig, auf 800 Thlr. ange- nommen. Sodann bin ich von der Voraussetzung ausge- gangen, dass die Zerlegung des Kreosotnatrons durch die bei der Reinigung der Rohöle angewandte Schwefelsäure erfolgt, da die letztere auf allen Paraffinfabriken in ge- nügender Menge vorhanden ist und es ohnehin kaum Jemand in den Sinn kommen dürfte, für diesen Zweck etwa frische Schwefelsäure zu verwenden. Nach meinen Beobachtungen kann man voraussetzen, dass 100 Th. Kreosotnatron zur Zersetzung 50 Th. gebrauchter Schwefelsäure erfordern und circa 75 Th. des wasserhal- tigen Glaubersalzes nebst 70 Th. rohen Kreosots geben. In das letztere sind, wie man schon aus der erheblichen Quantität schliessen wird, sämmtliche durch die Schwefel- säure aus den Rohölen ausgeschieden gewesenen harzigen u.s.w. Substanzen mit übergegangen.

Einnahme.

2300 Ctr. Kreosotnatron ergeben:

1725 Otr. rohes Glaubersalz a Otr. 7], sgr... 431,8 7 sgr 69)

1615 KreosotaCtr.höchstens 15sgr 805, -—, —, in Summa 1236 ,$ 7sgr 65) Ausgabe. 1150 Ctr. gebrauchte Schwefel- Bauge,allOisgt 2... 0.2.22... „8 383. 10. —.

Löhne, 1 Mann 360 Tage a 15s r 180. —. —. Zinsen der Anlage von 800 ‚$

BEambrocz en, ».40.—.—. Brennmaterial zum Eindampfen demkaupen..\. nnlise. ic 220. —. —.

Reparaturen an denPfannenete. 50. -—. —. Diverses und zur Abrundung 12.27. 6.

SUMmMA, 0... Va 886 ,B 7 sgr 69 bleibt Gewinn... 350 .B -sgr -%

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74 L. Ramdohr,

an 20 5 Me Ba UNE SR ER

Sonach verwerthet sich 1 Ütr. Kreosotnatron auf

ee = —ıP 4sgr 6,89. II. Verarbeitung des Kreosotnatrons im Flammofen durch Verbrennung des Kreosots behufs Gewinnung natron- haltiger Coks. Es ist dies das mehrere Jahre lang auf der Georg- hütte angewandte oben beschriebene Verfahren.

Einnahme. 2300 Ctr. Kreosotnatron geben 690 Otr.

Matroncok a Tuner. NER 862, 15 sr 9) S. p- 8. Ausgabe. Lohn für 1 Arbeiter auf circa #30, Tagen 1a sgr.... 22.7: BB 65.—.—. 1 neue Pfanne nebst Ein- INAUBFUTIE ne nee tahe nenn „80. Zinsen der Anlage von 200 „® RS ALDEN A. en le .10.—. —. Verbrauchte Feuerkohlen..... 20.—. —.

Diverses und zur Abrundung. 7.15. —. Summa Ausgabe 182.,B 15s bleibt Gewinn 680 B —sgr

Demnach verwerthet sich 1 Otr. Kreosotnatron auf = Sp 10,55,

Wenn vorstehend die produeirten Natroncoks mit 11, »ß pro Ctr. in Ansatz gebracht worden sind und dies im Vergleich zu dem Preise der bei der Kreosot-Ver- gasung gewonnenen Coks zu niedrig erscheinen möchte, so bemerke ich zur Erläuterung dieser Differenz, dass obiger Ansatz von 11, „8 noch etwas höher als der inner- halb eines Zeitraumes von etwa 5 Jahren thatsächlich erzielte Durchschnittspreis ist, während andererseits ein

. über Kreosotgas. 75

Preis von 2,8 für die Gasnatroncoks ais ein verhältniss- mässig sehr geringer erscheinen muss, in so fern letztere ausser einfach kohlensaurem Natron noch circa 13 Proc. Aetznatronhydrat enthalten, während die Flammofencoks Aetznatron gar nicht, dagegen eine bedeutend grössere Quantität Kohlensäure enthielten, als zum Vorhandensein von Na0, CO? erforderlich war, so dass die Verarbeitung der älteren Coks schon aus diesem Grunde weit weniger lohnend war.

III. Verarbeitung des Kreosotnatrons auf Leuchtgas und Natroncok.

100 Pfd. Kreosotnatron geben:

30 Pfd. Cok mit 37—38 Proc. NaO, CO? und 13— 14 Proc. NaO,HO; 450—460 Cubikfuss rheinl. Leuchtgas.

In 350 Arbeitstagen wurden in runder Summe ver- arbeitet 2300 Otr. Kreosotnatron; diese ergeben: 1,000,000 Cubikfuss Leuchtgas;

690 Otr. Natroncoks.

Unter Berücksichtigung der bedeutenden Lichtstärke der Kreosotgasflamme, welche sich zu der des guten Steinkohlengases wie 2:1 verhält, erscheint es angemessen, den Werth von 1000 rheinl. Cubikfuss Kreosotgas 4 ,‚$ zu setzen, oder mit anderen Worten einen Stein- kohlengaspreis von

2.8 sp & für 1000 Cubikfuss rheinl. oder 1:$ 25sgr & für 1000 Cubikfuss engl.

der Werthbestimmung für Kreosotgas zu Grunde zu legen.

Eben so ist der für die Natroncoks angenommene Preis von 2,$ thatsächlich ein überaus geringer.

Einnahme. Für 1,000,000 Cubikf. Gas a 1000 Cubikf. 4.$ 4000. ,B -sgr —& 690 Ctr. Natroncok & Otr. 2.B........ 1380, -, -,

Summa... 5380,98 sg -—J

h an L IN . ! 76 L. Ramdohr, | |

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| Ausgabe. Löhne, 2 Mann auf je 360 Tage BILD: BUREITB SUSE LEIRRENT IRNTNTET, 360. —. —. Zinsen der Anlage von 2600 ‚B ERTEH Me a 0 I RS NE NN 130. —. —. Zur Heizung der Retorte, 2300 Ctr. aka Bir: LO VBgr EC ER 766. 20. —. 51/, Wispel gebrannter Kalk 6,8 31.15. —. Ersatz an Retorten, Chambottestei- nen, Maurerarbeitslöhnen, Di- verses und zur Abnkäune‘ . 211.25. —.

Summa Ausgabe 1500 ,9 sr 0) bleibt Gewinn 3880 ,P —sgr —&

Sonach verwerthet sich 1 Ütr. Kreosotnatron auf

3880 SITE 8 1,B 20 sgr 7,3 gr.

Bei dieser Gelegenheit möge es mir gestattet sein, eine Stelle des oben mitgetheilten Aufsatzes über Kreo- sotgas, so weit dieselbe zu Missverständnissen Veranlas- sung geben könnte, hier specieller zu erörtern.

Ziemlich am Anfange des fraglichen Artikels ist gesagt worden, dass einige der grösseren (Paraffin-) Fa- briken noch jetzt das Kreosotnatron zum Imprägniren der zum Ausbau der Schächte und Strecken benutzten Hölzer verwenden, oder es zu gleichem Zwecke für einer Preis von 1 bis 1!/, Thlr. verkaufen. Hiernach könnte es scheinen, als ob ein grosser Theil des überhaupt pro- ducirten Kreosotnatrons zu diesem ziemlich hohen Preise verkäuflich und somit kaum das Bedürfniss zu einer möglichst hohen anderweiten Verwerthung dieses Kör- pers vorhanden gewesen sei. Diese Auffassung hat aber nicht in meinem Sinne gelegen, obgleich ich nicht Anstand nehme zu bekennen, dass ich selbst durch die Fassung jener Worte Veranlassung gegeben habe, um aus jenen

über Kreosotgas. 77

Zeilen etwas Derartiges herauslesen zu können. Die zum Imprägniren der Grubenhölzer verwandte Quan- tität ist in der That eine im Verhältniss zur gesammten Production verschwindend kleine; ausserdem ist jener Preis in so fern ein imaginärer, als die betreffenden Paraffinfabriken denselben nur ihren eigenen Kohlen- gruben, also sich selbst, in jener Höhe angerechnet, aus- wärtige Käufer dazu aber so gut wie gar nicht gehabt haben. Auch ist inzwischen in Folge eines bedeutenden, durch das Kreosotiren der Grubenhölzer verursachten Grubenbrandes in der Nähe von Zeitz Seitens der königl. preuss. Bergbehörde die Benutzung von Kreosot und ähn- lichen feuergefährlichen Stoffen zum Conserviren der Grubenhölzer untersagt worden, so dass diese Art der Verwendung überhaupt aufgehört hat. Ferner möchte die Kreosotirung der Grubenhölzer von zweifelhaftem Nutzen sein, da das Kreosotnatron in jedem Verhältniss im Wasser löslich ist und durch die Grubenfeuchtigkeit sehr bald aus den Hölzern wieder entfernt werden dürfte. Die Aus- führung der Kreosotirung ist ferner mit erheblichen Kosten verbunden, da, wenn sie einigermassen hinreichend werden soll, dieselben Maschinen und Apparate erforderlich sind, wie bei dem Imprägniren von Eisenbahnschwellen, Tele- graphenstangen etc. mit Kupfervitriollösung und dergl. Das von Dr. H. Vohl (Dingl. Journ. Bd. 144. 8. 449) empfohlene Verfahren, die Hölzer nach dem Tränken mit Kreosotnatron noch in gleicher Weise mit verdünnter Eisenvitriollösung zu imprägniren, wodurch das Kreosot frei werden und mit der Holzfasersubstanz sich verbinden soll, während das erzeugte Glaubersalz in Folge der zu- tretenden Feuchtigkeit nach und nach entfernt wird, ver- doppelt nicht nur die Kosten der Imprägnirung, sondern

scheint auch in der Praxis keinen Eingang gefunden zu haben.

78 J. Philipp,

Ueber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers ;

von

J. Philipp”).

Durch Rhodankalium entsteht in einer Lösung von salpersaurem Quecksilberoxyd ein weisser Niederschlag, der in einem Uebermass beider Salze auflöslich und Quecksilberrhodanid ist.

Hg C2 N2 82 gefunden 2. b. He 2007==263,29 63,24 62,47 2C 24 7,60 2 N 28 8,86 28 64 20,25 19,68 20,03 316 100.

Es ist dies das in neuerer Zeit als „Pharaoschlange“ allgemeiner bekannt gewordene Salz, dessen Verhalten in der Hitze schon längst durch Wöhler bekannt war. Am Licht erleidet es eine partielle Zersetzung und scheint dann etwas Quecksilberrhodanür zu enthalten. Aus kochen- dem Wasser krystallisirt es in perlmutterglänzenden Blätt- chen, ebenso, wenn man Quecksilberoxyd mit Rhodan- wasserstoffsäure kocht.

Kaliumquecksilberrhodanid entsteht, wenn man salpetersaures Quecksilberoxyd so lange zu Rhodankalium fügt, bis sich der anfangs entstehende weisse Niederschlag in eine gelbliche, krystallinische Masse verwandelt, das Ganze erwärmt und die entstandene Auflösung erkalten lässt. Man erhält es auch direct durch Auflösen von Quecksilberrhodanid in Rhodankalium.

*) Aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaf- ten in Berlin als Separatabdruck von Hrn. Prof. Dr. Ram- melsberg übergeben.

u? m ya F u 48 Neal Se ER 5

über die Rhodanverbindungen des Quecksilbers. 79

KHg (CN S)3 gefunden a. b. a 39 AA, 9,33 Hg = 200 48,43 48,96 48,81 Re 7,36 8,72 3N = 242 10,17 er. 2,96 23,24 22,49 22,66 415 100.

Dieses Doppelsalz ist in warmem Wasser ziemlich leicht löslich; von grösseren Mengen kalten Wassers wird es zersetzt, indem ein Theil Quecksilberrhodanid sich abscheidet. In der Hitze hinterlässt es Rhodankalium und Schwefelkalium.

Quecksilbereyanid-Rhodankalium erhält man direct, wobei concentrirte Auflösungen zu einem Brei feiner Krystalle gestehen.

K (CNS), Hg (CN)? + 2 H2O

gefunden a. b.

K 39 10,13 10,28

Hg =—=:200 51,95 52,40 3C 36 9,35 3N 42 10,91

S 32 8,31 8,99 8,98 2H20 36 9,35

385 100.

Es lässt sich aus Wasser umkrystallisiren *).

Quecksilberjodid-Rhodankalium. Ersteres löst sich leicht in letzterem auf; die gesättigte Auflösung giebt mit Wasser einen gelben Niederschlag von Quecksilber- jodid, der beim Stehen, Schütteln oder Erhitzen roth wird; in der Flüssigkeit bleibt wenig Quecksilber auf- gelöst. Die gesättigte Lösung giebt beim Verdunsten ein gelblich gefärbtes Doppelsalz, welches an der Luft zerfliesst.

*) Dieses und einige ähnliche Doppelsalze hat schon Böckmann beschrieben.

80 J. Philipp,

2 K(CNS), HgJ? 4 2 H2O ; gefunden 2 Kies Te 11,10 H 200 29,24 2 fin 254 Eier Pa 2.0 24 3,52 2 N 28 4,09 28 64 9,36 9,22 2 H2O 36 5,26 684 100.

Enthält die Auflösung des Quecksilberjodids einen Ueberschuss von Rhodankalium, so wird sie von Wasser nicht gefällt.

Verhalten von Quecksilberbromid und -Chlorid zu Rhodankalium. Aus der gemeinsamen Lösung beider Salze krystallisirt Bromkalium oder Chlorkalium, später das Doppelsalz von Quecksilberrhodanid und Rhodan- kalium. Aus concentirten Lösungen von Quecksilber- chlorid und Rhodankalium scheidet sich sogar unter Trü- bung allmälig Quecksilberrhodanid ab. Umgekehrt ent- steht aber auch Quecksilberchlorid, wenn Quecksilber- rhodanid auf Chlorkalium wirkt.

Aus diesen Untersuchungen folgt, dass die Oxysalze des Quecksilbers sich mit Rhodankalium umsetzen, das Cyanid und Jodid aber sich direct mit letzterem verbin- den, während das Chlorid und Bromid gleichsam den Uebergang bilden. Das Quecksilberfluorid verhält sich analog den Oxysalzen, nicht bloss wegen seines Ver- haltens zu Wasser, sondern auch zu Rhodankalium.

Als basisches Quecksilberrhodanid beschrieb Claus den gelben Niederschlag, welchen Ammoniak in Kalium- quecksilberrhodanid hervorbringt. Der Körper detonirt beim Erhitzen. Seinem Verhalten und den Zahlen der Analysen zufolge ist er ein Analogon bekannter Chlor- und Jodverbindungen, nämlich

Mercurammoniumoxyrhodanid.

2 > Wi ne Ten

en e De re ER ee " a über die Ahodaneer digen de Eee ibers. 81

H2 ; N jj, ONS, HgO.

gefunden 2. b. €: d.

2 Hg = 400 = 81,64 82,74 80,99 Sa. = 7.2 0,41

© 12 2,45 2>N 28 5,71 6,86 6,44

S 32 6,53 6,94 6,86) ..,,’7,1.0. 226,80

Ö 16 3,26

490 100.

Am Licht wird die Verbindung in kurzer Zeit grau. Durck Jodkalium verwandelt sie sich in die von Ram- melsberg beschriebene braune Jodverbindung. Auch durch Erwärmen von Quecksilberrhodanid in Ammoniak entsteht ein gelber in der Hitze sich ähnlich verhaltender Körper. E%:

Quecksilberrhodanür. Hermes hat in einer kürzlich publicirten Arbeit behauptet, dass diese Verbin- dung, ähnlich dem Cyanür, nicht existire. Dies ist jedoch ein Irrtthum, um so mehr, als das Salz schon von Claus untersucht worden ist. Allein die Neigung des Queck- silberrhodanids, mit Rhodankalium sich zu verbinden, ist die Ursache, dass sich jenes neben metallischem Queck- silber ausscheidet, wenn man salpetersaures Quecksilber- oxydul anwendet. Man muss letzteres in verdünnter saurer Lösung, jedoch in grossem Ueberschuss nehmen. Das Rhodanür ist weiss, in Wasser unlöslich, wird von Alkalien geschwärzt, von kochender Chlorwasserstoftsäure gleich wie von Rhodankalium unter Abscheidung von Quecksilber aufgelöst, und verhält sich in der Hitze ähnlich dem Rhodanid, ohne jedoch in gleichem Masse aufzuschwellen.

Hg? (CNS)? gefunden a. b. 2>-E5.— 400:—:71;52 76,24 77,13 2C = 24 4,66 9. N 898 9,42 et 12,40 12,15 12,39 516 100.

Arch.d. Pharm. CLXXXTI. Bds. 1.u.2. Hft. 6

82 ©. Rammelsberg,

Bei der Darstellung dieses Salzes scheint sich anfangs stets Quecksilberrhodanid und metallisches Quecksilber zu bilden. Ist die Flüssigkeit hinreichend sauer, so wird der graue oder schwarze Niederschlag durch längeres Stehen weiss, was darauf beruht, dass Quecksilberrhodanid und salpetersaures Quecksilberoxydul sich in unlösliches Rhodanür und salpetersaures Quecksilberoxyd umsetzen:

He (CNS)? + Hg2N206 Hg2(CNS)? + HgN206,

Analyse der Glimmer von Utö und Easton und Bemerkungen über die Zusammensetzung der Kaliglimmer überhaupt;

von

C. Rammelsberg in Berlin *).

Keine der grossen und wichtigen Mineralgruppen bietet in krystallographischer, optischer und chemischer Hinsicht so viel Eigenthümliches und zum Theil Unerklär- bares, wie die Glimmer. Ihre Structur und ihre meist wenig messbaren Krystalle liessen sie lange für sechs- gliedrig halten; eine gut krystallisirte Abänderung (vom Vesuv) wurde als zwei- und eingliedrig erkannt, später für zweigliedrig-partialflächig erklärt, bis sich zeigte, dass ihre Form geometrisch in aller Strenge eben so wohl sechsgliedrig, als zweigliedrig oder zwei- und eingliedrig gelten könne.

Uebrigens ist neuerlich die angebliche zweigliedrige Partialflächigkeit durch vollständigere Beobachtungen wi- derlegt (Hessenberg).

In optischer Beziehung unterschied man lange ein- und zweiaxige Glimmer. Allein man nimmt jetzt gewöhn- lich an, dass die anscheinend einaxigen solche sind, deren beide Axen einen sehr kleinen Winkel machen, da man

*) Als Abdruck aus der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Jahrg. 1866, vom Herrn Verfasser übergeben.

Analyse der Glimmer von Utö und Easton et. 83

gefunden hat, dass optisch zweiaxige Blättchen, in einer um 900 sekreuzten Stellung auf einander gelegt, so dass die Ebenen ihrer optischen Axen sich gleicher Art schnei- den, die Erscheinungen optisch einaxiger Krystalle zeigen.

Aber nicht allein ist der Winkel der optischen Axen bei den Glimmern ein äusserst veränderlicher, von 00 bis 770 gehend, obwohl die Mittellinie immer senkrecht zur Spaltungsfläche steht und negativ ist, sondern die Ebene der optischen Axen ist bei manchen Glimmern senkrecht gegen diejenige anderer. Die Untersuchungen lassen erkennen, dass solche verschiedene Glimmer, ver- schieden in der Grösse des Winkels und in der Lage der Ebene der optischen Axen, an einem Fundorte vor- kommen (Warwick).

Unwillkürlich erinnern diese Verhältnisse der Glimmer an die von Scacchi zur Sprache gebrachten Fälle von Polysymmetrie. Das zweigliedrige, optisch zweiaxige schwefelsaure Kali ist geometrisch gleich dem schwefel- sauren Kalinatron, welches sechsgliedrig und optisch ein- axig ist. Wenn dies beweist, dass die künstlichen Ab- theilungen, welche wir den Symmetriegesetzen der Kry- stalle anpassen unsere Krystallsysteme —, dem Reich- thume der Erscheinungen nicht Genüge leisten, so müssen die Glimmer besonders zu einem weiteren Studium an- regen, und es wäre wohl denkbar, dass es unter ihnen auch wahre optisch einaxige gäbe.

Die chemische Unterscheidung der Glimmer erfolgt vorläufig am besten nach der Natur der sogenannten starken Basen, welche die Analyse aus ihnen darstellt. Denn finden wir auch manche derselben in allen Glimmern wieder, so tritt doch eine in der Regel bei einer ganzen Abtheilung als herrschend hervor.

Alkaliglimmer nenne ich daher solche, welche durch ein Alkali charakterisirt sind. Unter ihnen sind die wichtigsten die Kaliglimmer von heller Farbe, 46-—50 Proc. Kieselsäure und im Mittel 10 Proc. Kali gebend, neben ihm nur wenig Magnesia und höchstens

6*

84 ©. Rammelsberg,

8 Proc. Eisenoxyd. Viele scheinen nur Spuren von Natron, einige bis 5 Proc. desselben zu enthalten. Fluor ist wohl, wenn auch nur in kleiner Menge, doch wahrscheinlich in allen enthalten und vom Wasser, glaube ich, gilt das- selbe. Der Winkel ihrer optischen Axen ist gross.

Die Natronglimmer (Paragonit), feinschuppige, helle Glimmer, sind bis jetzt wenig bekannt. Ausser Natron, dem stets Kali beigesellt ist, sind kaum andere starke Basen darin enthalten.

Die Lithionglimmer, optisch den Kaliglimmern gleich, enthalten neben vorherrschendem Kali auch Lithion und Natron und sind durch ihren hohen Fluorgehalt und ihre Schmelzbarkeit ausgezeichnet. Theils eisenfrei (Lepi- dolith), theils eisenhaltig, entbehren sie aller anderen starken Basen fast ganz.

Vor Kurzem habe ich zwei Kaliglimmer untersucht, den goldgelben von Utö, den H. Rose vor 50 Jahren in Berzelius’ Laboratorium analysirte bei Gelegenheit der Arbeit, welche ihn zur Entdeckung des Fluors in * den Glimmern führte. Ich wünschte zu wissen, in wie weit die Fortschritte der Mineralanalyse bei einer Wieder- holung Aenderungen des früheren Resultats bewirken kön- nen, was insbesondere für Fluor, Wasser und die Alkalien in Frage kommt.

Der zweite ist hellbräunlicher, in dünnen Blättchen farbloser Glimmer, der, von Orthoklas und Quarz begleitet, in grossen sechsseitigen Prismen zu Easton in Pensyl- vanien vorkommt.

Das Volumengewicht des Glimmers von Utö ist 2,836, das von Easton 2,904, und das Resultat der Analysen, wobei ich H. Rose’s beifüge, ist:

Utö Easton H. Rose NNaSBer tr 0; 2,30 2,50 3,36 ET RER 0,96 1,32 1,05 Kieselsäure........... 47,50 45,75 46,74

Aihpmerdesi.. 2... 37,20 35,48 35,10

Analyse der Glimmer von Utö und Easton et. 85

Bisenoxyd.i.......... 3,20 1,86 4,00 Eisenoxydul.......... _- 1,53 Manganoxydul......... | 0,90 0,52

I u EIREN TE er \ 0,42 0,80 NE 9,60 10,36 9,63 2 1,58 Spur

101,66 _ 99,79 102,21.

Der Glimmer von Utö enthält so wenig Eisen, dass eine besondere Prüfung auf die Oxyde desselben nicht nöthig ist. Was zunächst den Glimmer von Utö betrifft, so stimmen H. Rose’s und meine Analyse in dem Ver- hältnisse der Kieselsäure und Thonerde sehr genau überein. Es ist nämlich

2.2817 2: 2,18 At; bei. H.Rose, —11+:72,20 At. bei mir.

Auch wenn das sämmtliche Eisen als Eisenoxyd vor- ausgesetzt und sein Aequivalent dem Al2 hinzugerechnet wird, bleibt das Verhältniss ziemlich unverändert, trotz- dem H. Rose fast doppelt so viel Eisen (2,24 Proc.) fand als ich (1,3 Proc.); es wird nämlich:

(ABFFe2)::81-—=#1:52,072H >B: ==: 2)13cRe,

Anders aber gestaltet sich das Verhältniss des Kaliums zu jenen beiden Elementen. Denn jenes ist bei H. Rose 7,97, bei mir aber, mit Zurechnung des Natriumäqui- valentes, 10,60, d.h. ich habe mal so viel gefunden als H. Rose. Auch wird diese Differenz nicht ausgegli- chen durch die kleinen Mengen Mangan und Magnesium, welche bei mir 1,39, bei H. Rose nur 0,9 sind. Daher kommt es, dass das Atomenverhältniss K (Na, Mg, Mn) : Al? oder in beiden au nicht unerheblich differirt. Es ist wars

I: Al2 (Fe) .1.1,70:K :;Si = 1785 Ze 1: 2,5 Re.

Wird das Eisen als Oxydul berechnet oder, richtiger

gesagt, als zweiwerthig dem Mangan und Magnesium

BE C. Rammelsberg,

zugetheilt, so ist nach seiner Verwandlung im das Kalium- äquivalent: K(Re) : Al? = 1: 1,18: i.K.(Ee) : Si = SB = 15. o,RR, In der früheren Art in Sauerstoffverhältnissen aus- gedrückt, würden diese Berechnungen geben: Sauerstoff von

(H. Rose) (Rammelsberg) ROSR2O3 E15 9,6 1: 51.2000 R203 : SIO2 = 1: 1,38 1%, 1,48 RO':78102)=1:113,2 17:0 %0:R203.:,5102 —;L; 41,25 1 5} also: RO : R203: SiO2— ee 1:7: Br Oder, wenn das Eisen lediglich als Oxydul berechnet wird: (H. Rose) (Rammelsberg) h0 27A203 = 0120777 11: 59 A203) 281025: == 1,2: 4,45 19,43 RO: SrO? ! = 41:10 1 : 8,65 R0.A203%.8102 ==.1):::1,87 1::21928 also: : 10 8,65 RO .: A203: SiO2 1:7: oe 1:

Bei diesen Berechnungen ist aber auf das Wasser keine Rücksicht genommen. H. Rose hatte bereits das Wasser als chemisch gebundenes bezeichnet, und ich habe mich überzeugt, dass die Glimmer, nachdem sie bei einer dem Glühen nahen Temperatur erhalten worden, in starker Hitze oft eine bedeutende Menge Wasser liefern, welches von Fluorkiesel oder vielmehr Kieselsäure und Kiesel- fluorwasserstoffsäure begleitet ist. Bei dem Glimmer von Utö betrug dieser Verlust 4,3 Proc. *). Rechnet man die

*) Die Angaben älterer Analysen lassen sich schwer corrigiren. H.Rose fand im Glimmer von Utö 0,53 Proc. Flusssäure und 2,63 Wasser. Diese Zahlen wären in 0,96 und 2,3 zu ver- wandeln.

N, ie m

of} ) Analyse der Glimmer von Utö und Easton ete. 87

dem gefundenen Fluorgehalte entsprechende Menge Fluor- kiesel ab, so bleiben 2,3 Proc. Wasser.

Den neueren Ansichten zufolge ist der Wasserstoff des Wassers ein Vertreter des gleich ihm einwerthigen Kaliums; er muss folglich bei der Berechnung diesem zugefügt werden. Thut man dies bei den beiden von mir untersuchten Glimmern, so werden die Atomverhältnisse viel einfacher wie sonst.

Atomverhältnisse von

H Re SAFE H,K :Al?: Si Bra ,0,79:*).: 0,86: 1:2. 2,13,—11,65 5 Beslone- 150.8): .:.0,8.,.:152.2, 10 =, 1,8572 0000

Mit einer kleinen Correction für die am schwersten genau bestimmbaren Elemente H und K sind also nicht allein beide Glimmer gleich, sondern auch höchst einfach ‚zusammengesetzt, denn das Atomverhältniss 2:1:2 giebt,

wenn H=K, H

Ku OS, entsprechend 2 H4Sı 0. Sı?)

Mit der Analyse der Glimmer von Aschaffenburg und von Gossen beschäftigt, hoffe ich später über die chemische Constitution der Kaliglimmer mehr sagen zu können, will aber schon jetzt bemerken, dass die Glimmer von Utö und Easton mit der Mehrzahl aller anderen 1 Atom Al? (Fe?) gegen 2 Atome Si, eine Minderzahl 1 : 3 Atome enthalten, und dass in jener ersten Abtheilung auf 1 Atom Al? (Fe?) stets 2 Atome der einwerthigen Elemente, K und H, kommen.

Verwandelt man in der eben entwickelten Formel die 2 Atome einwerthiger Elemente (K und H) in ihr Aequivalent, d. h. in 1 Atom eines zweiwerthigen, z. B. Magnesium, so erhält man MgAl?Si?08. Beide Formeln drücken dieZusammensetzung von Singulosilikaten aus.

*) Diese Zahlen sind in der Wirklichkeit sicher grösser, weil der geglühte Glimmer nicht alles Fluor verloren hat.

88 E. Reichardt,

Nun habe ich längst zu zeigen gesucht *), dass die Magnesiaglimmer Singulosilikate sind. Die vorhergehen- den Betrachtungen lehren, dass auch die untersuchten und noch viele andere (vielleicht alle) Kaliglimmer Singulo- silikate sind. Es ist meines Wissens dies der erste auf factischen Grundlagen ruhende Schritt, die Analogie der Zusammensetzung für beide Glimmerarten zu erweisen.

——

Zur Methode der Aschenanalyse; von Prof. Dr. E. Reichardt,

in Jena **).

Die Ermittelung der anorganischen Bestandtheile in pflanzlichen oder thierischen Substanzen ist schon seit lange der vielfachsten Erörterungen theilhaftig geworden. Die Wichtigkeit dieser Stoffe für den pflanzlichen oder thierischen Organismus, für die Erhaltung des Lebens, wie für den Aufbau der einzelnen Theile ist sicher nicht zu unterschätzen, wie es früher lange Zeit geschehen war. Die kleinsten Mengen einzelner Aschenbestandtheile treten so constant auf, dass dadurch schon allein ihre Unentbehr- lichkeit genügend erwiesen wird. Dies die Veranlassung einer besonderen Besprechung der Ausführung der Aschen- analysen, um gleichzeitig mit Vereinfachung die möglichste Genauigkeit der Methode zu bieten.

Die Darstellung einer Asche durch Verbrennung der verbrennbaren Theile bietet um so mehr Schwierigkeiten, je mehr von phosphorsauren Salzen oder von Kieselerde, auch Thonerde, in den organischen Substanzen vorhanden ist und besonders auch, je mehr stickstoffhaltige organische Verbindungen zugegen sind. Mannigfache Vorschläge

*) Handbuch der Mineral-Chemie, S. 669. **) Als Separatabdruck aus der Jenaischen Zeitschrift für Mediein und Naturwiss. IV. Bd. 1867 von Hrn. Verfasser erhalten. D. Red.

zur Methode der Aschenanalyse. 89

einer geeigneteren Verbrennungsweise für solche Substan- zen sind gegeben worden, vorzüglich Empfehlungen von Zusätzen, welche die Verbrennung erleichtern sollen, z.B. von Gyps, essigsaurem Kalk, Sand, Eisenoxyd etec., allein alle diese Zusätze erschweren nicht unbedeutend das ganze Verfahren.

Unter den grösseren Arbeiten, welche auf die Analyse der Aschen eingehen, sind diejenigen von H. Rose *), H. Wackenroder **), Knop ***) und Staffel) hervor- zuheben, obgleich noch viele andere namhafte Autoren, wie Erdmann, Mitscherlich, Fresenius u. s. w. sich gleichfalls damit beschäftigt haben. Auch ich habe schon früher eine derartige ausführliche Arbeit (Arch. d. Pharm. Bd.73. p. 257) veröffentlicht und mag sich diese Abhandlung der ersteren anreihen.

Als Aufgabe bei der Gewinnung von Asche ist natür- lich die möglichst vollständige Erhaltung der vorhandenen anorganischen Bestandtheile auszusprechen, jedoch ist schon diese ganze Unterscheidung eine vollständig will- kürliche, eigentlich nur durch unsere, bis jetzt als pas- send erachtete Scheidung und Methode der Analyse her- vorgerufen. Die Pflanze, als Ganzes betrachtet, besteht eben aus den sie zusammensetzenden Theilen, welche sich, so weit wirkliche Verbindungen unter einander ent- standen sind, alle in sogenannter organischer Vereinigung befinden.

Durch den Glüh- und Verbrennungsprocess treten so gewaltige Aenderungen in der früheren Mischung ein, dass kein anderer Zusammenhang mit den rückbleibenden Aschen vorliegt, als dass es frühere Bestandtheile der Pflanzen waren, deren Anordnung in der Pflanze, Ver- einigung mit anderen Stoffen, durch ganz andere, physio- logisch-chemische Versuche erst ermittelt werden kann.

*) Poggendorff’s Annual. Bd. 70. p. 449.

=>) Arch. der. Pharm. Bd. 53. p. 1. u. Bd.57, p.. 7. *##) Journ. für prakt. Chemie. Bd. 38. S. 16.

7) Arch. der Pharm. Bd. 64. p. 1 u. p. 129.

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90 E. Reichardt,

Handelt es sich daher um weitergehende Gesichts- puncte, so sind diese jedenfalls nicht allein durch die Darstellung und Untersuchung der Aschen zu erledigen, sondern verlangen völlig entsprechende, weitergreifende Untersuchungen, auch namentlich bezüglich der zu wäh- lenden Methoden.

Die sorgfältigste Darstellung und Analyse einer Asche kann z. B. nicht die Frage des Gesammtgehaltes der Pflanze oder des thierischen Bestandtheiles an Schwefel oder Phosphor erledigen, wenn nicht eben speciell für diese hervorgehobene Frage der Lauf der ganzen Unter- suchung geändert wird.

Wie in anderen Zweigen der analytischen Chemie längst üblich, sind auch hier für solche specielle Fragen besondere Untersuchungsweisen einzuführen und dienen dazu irn reichlichsten Masse die bekannten und so genau durchdachten Methoden, welche besonders bei der Analyse organischer Körper Anwendung finden. Dass hierbei gleichzeitig die Resultate der Aschenanalysen mit in Ver- gleich gezogen werden und wichtige Aufschlüsse zu geben im Stande sind, braucht nur erwähnt zu werden.

Diese angedeuteten Aenderungen in dem analytischen Gange liegen darin begründet, dass bei dem Verbrennungs- processe mannigfache Verluste unvermeidlich sind, über- haupt nur diejenigen Bestandtheile hinterbleiben, welche unter den gegebenen Verhältnissen feuerbeständig sind oder derartige Verbindungen erzeugen. Wollte man diese bei jeder Veraschung unvermeidlichen Uebelstände sämmt- lich beseitigen, so würde wohl eine sehr lästige Steigerung der Arbeit bei der Darstellung eintreten, als durch Zu- sätze die Hebung des einen Uebels leicht mit der Ein- führung eines anderen verbunden sein.

Ein gleiches Verlangen, besondere, nur dem einen Zweck dienende Untersuchungen anzustellen, muss für diejenigen anorganischen Bestandtheile in Anspruch ge- nommen werden, welche sich in sehr kleiner Menge oder nur in einzelnen Fällen vorfinden. Eine Ausdehnung der

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zur Methode der Aschenanalyse. - 9

gewöhnlichen Analyse auf diese Theile würde nur erschwe- rend wirken für die Untersuchung, wie für die Genauig- keit der Resultate. Diese Scheidung ist übrigens auch längst üblich.

Die Darstellung der Asche durch Verbrennung ist jedoch von derartigen Verlusten begleitet, dass von einer direeteh Verbrennung der Pflanzen oder thierischer Sub- stanzen unter lebhaftem Luftzutritt überhaupt Abstand genommen werden muss, sobald die Untersuchung auf die nothwendige Exactität Anspruch machen soll. Die Chloride der Alkalien werden leicht mit verflüchtigt und führen so doppelte, nicht immer geringe Verluste herbei.

Die zahlreichen Versuche, welche ich für diese Zwecke ausführen liess, erwiesen den Verlust an Chloriden selbst dann, wenn die leicht verbrennlichsten Pflanzentheile gewählt und nur ein ganz langsamer, regelmässiger Luft- oder Sauerstofigasstrom angewendet wurde. Man kann sich davon sehr leicht überzeugen, wenn man in einer Glasröhre, nach Art der Elementaranalyse, die verkohlte Substanz durch einen Sauerstoffstrom zu verbrennen sucht, legt man bei den Verbrennungsproducten ein mit ange- säuerter Silberlösung versehenes Gefäss vor, so dass die Gase durchstreichen müssen, so tritt auch bei vorsichtigster Leitung des Experimentes dennoch bald die Reaction von Chlor hervor. Bei schwer und langsam verbrennenden Substanzen ist dieser Verlust um so beträchtlicher.

Rose, Wackenroder, Staffel und Andere haben daher mit Recht eine vorhergehende Verkohlung der Sub- stanz vorgeschrieben, dann ein Auslaugen der Kohle und hierauf erst die Verbrennung der letzteren. Rose unter- schied sogar noch verschiedene Grade des Widerstandes, welchen Kohlen bei der Ueberführung der damit verbun- denen löslichen Substanzen den Lösungsmitteln leisten. Die Auszüge von der Kohle wie Asche mussten besonders untersucht werden, und so entstand allmälig eine Com- bination von Erfahrungen und Ansichten, welche die Untersuchung der Aschen mindestens zu einer sehr lang-

RR. 1a ya

92 E. Reichardt,

weiligen oder langwierigen mächten, ohne gerade die Genauigkeit zu verstärken.

Das Ziel der Bestimmung der sogenannten anorga- nischen Stoffe kann nur darin liegen, dieselbe ohne Ver- lust zu erhalten und muss sich demnach vor Allem auf die Sorgfalt bei der Isolirung dieser Theile richten. Die weitere Analyse ist durchaus nicht complicirter, als die gewöhnlichen Untersuchungen von Gemischen überhaupt, und betrifft eigentlich nur die Bestimmung von Kali, Natron, Kalk, Talkerde, Eisenoxyd, Thonerde, Mangan- oxydoxydul und von Kohlensäure, Chlor, Schwefelsäure und Phosphorsäure, Stoffe, welche zu den häufigsten in den gewöhnlichen Gemengen gehören.

So interessant eine weitere Untersuchung des Ver- haltens der Kohle oder so gewonnener Kohlen hinsichtlich der darin enthaltenen Stoffe sein kann, so hat diese Art der Auffassung mit der eigentlichen Aschenanalyse nichts zu thun und ist ganz für sich zu verwerthen, kann eben so wohl auf der Verschiedenheit der Pflanze, wie den leicht wechselnden Graden der Verkohlung beruhen.

Dem Gehalte an Kohlensäure wurde gleichfalls in mehrfacher Beziehung eine besondere Bedeutung zugelegt, einmal, um sämmtliche Bestandtheile der Asche überhaupt zu bestimmen und eine Controle zu erleichtern, sodann aber auch als Repräsentant der durch keine anderen Säuren gebundenen Basen, welche vorher vielleicht mit Pflanzensäuren gesättigt waren. Liebig wollte sogar ein gewisses Verhältniss zwischen der Quantität der orga- nischen und anorganischen Basen in einer Pflanze erken- nen. Bei ruhiger Ueberlegung lassen sich auf jeder Seite gewichtige Finwände erheben.

Zuerst ist die Menge der Kohlensäure in den Aschen sehr abhängig von der Darstellung derselben bei höherer oder niederer Gluth, lebhaftem oder minder lebhaftem Luftzutritt und von den Eigenthümlichkeiten der verbren- nenden Substanz selbst und der Kohle derselben. Des- halb ist vorgeschlagen, die Asche vor der Ermittelung

zur Methode der Aschenanalyse. 93 der Kohlensäure nochmals mit kohlensaurem Ammoniak zu glühen, aber auch dann erhält man natürlich bei Talk- erde nur das Oxyd. Unter allen Umständen muss die Bestimmung der Kohlensäure als ein besonderer, mit ge- wissen Vorsichtsmassregeln begleiteter Versuch bezeich- net und den angeregten Einwendungen Rechnung getra- gen werden.

Genau entsprechend dieser Behandlung der Kohlen und Aschen wurde von Rose, auch Wackenroder, eine Theilung der Lösungen empfohlen; es wurden für sich die wässerigen Auszüge der Kohle, der Asche, die sauren Lösungen untersucht und aus einer Analyse drei bis vier verschiedene, die Arbeit vermehrende. Diese mehrfachen Analysen hatten mit geringen Ausnahmen immer ganz dieselben Bestandtheile zu ermitteln und können demnach füglich vereint werden. Wird man ein- wenden, dass durch diese Theilung in wässerigen Aus- zug und saure Lösung ein Einblick in die vorhandenen Salze geboten würde, so ist dagegen zu wiederholen, dass diese Salze, wie sie die Asche wirklich enthält, keinerlei Bedeutung haben können für den Versuch der Uebertragung auf die frühere Pflanze. Die Nachweisung der einzelnen Bestandtheile ist das Wichtigste und die Berechnung auf Salze nur als nothwendige Controle der Analyse anzu- sehen, wobei uns thatsächlich gleichgültig ist, ob die Schwefelsäure an Kalk, Kali oder Natron gebunden wird. Oder liegen vielleicht wichtige Anzeigen, durch die Menge eines Stoffes gegeben, vor, so gehört die Verfolgung der- selben wiederum zu den sogenannten besonderen Analysen, wobei oft auf die ursprünglichen Substanzen zurückgegan- gen werden muss.

Möge diese Besprechung dazu dienen, den Beweis zu liefern, dass es sich bei der Bestimmung der anorga- nischen Bestandtheile weniger um die Bereitung einer guten Asche handelt, als um die Erhaltung und Gewin- nung aller dieser Stoffe ohne Verlust, die Scheidung der- selben kann dann. unmittelbar aus einer Lösung und in

94 E. Reichardt,

einer Reihenfolge vorgenommen werden. Der nachfolgende Gang der Analyse basirt sich demgemäss auf diese An- schauung und richtet sich in erster Linie auf die sorg- fältige Gewinnung der Stoffe.

I. Bestimmung des Aschengehalts und der Kohlensäure.

1—10 Grm. der Substanz, je nach dem ungefähr bekannten Aschengehalte, werden möglichst vorsichtig verbrannt, bis zur Gewinnung der reinen Asche; nach dem Erkalten befeuchtet man den Rückstand mit einer concentrirten Lösung von kohlensaurem Ammoniak, trock- net und glüht nochmals schwach. Die Wägung ergiebt die Aschenmenge.

Kohlensäure. Die so gewonnene Asche kann un- mittelbar zur Bestimmung der Kohlensäure durch Aus- treiben u. s. w. benutzt werden.

Mit der Ermittelung des Aschengehaltes verbindet man vorher die Bestimmung des Wassergehaltes durch Trocknen. Bei dieser Veraschung treten stets Verluste, namentlich an Chloriden, ein.

II. Bestimmung der anorganischen Bestandtheile.

Je nach dem bekannten Aschengehalte nimmt man so viel Substanz, dass darin 1—2 Grm. Asche enthalten sind und glüht diese in einem locker bedeckten Tiegel bei angehender Rothglühhitze bis zur Verkohlung, d.h. bis keine brennbaren Gase mehr entweichen. Stärkere Erhitzung ist nicht nothwendig und könnte nachtheilig werden.

Die Kohle wird zerrieben und drei bis vier Mal mit Wasser ausgekocht, wobei man die Kohle in dem Gefässe möglichst zurückhält und die Filtrate vereint, sodann fügt man zu der Kohle wiederum Wasser und etwas Salpeter- säure bis zum deutlichen Vorwalten der Säure, erwärmt nur ein paar Minuten und filtrirt die nunmehr saure Lösung zu der ersten wässerigen, welche, wie sogleich anzugeben, vorher mit Silberlösung versetzt worden war.

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zur Methode der Aschenanalyse. 95

Die Kohle giebt man mit auf das Filter, wäscht gut aus, trocknet und verascht.

Die Asche wird sodann abermals mit Wasser zwei bis drei Mal ausgekocht, um etwa noch vorhandene Alkali- salze, besonders Chloride, in Lösung zu bringen, sodann mit ziemlich starker Salpetersäure erwärmt und sämmt- liche Filtrate dem ersten zugegeben. Die in Salpeter- säure unlöslichen Theile der Asche werden nach unten folgender Angabe noch mit Chlorwasserstoffsäure behandelt.

Schwefel und Chlor. Die wässerigen Auszüge der Kohle und Asche werden sogleich mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt im Uebermass, gewöhnlich deutet dies die dunkle Färbung des mitfallenden Silberoxydes und kohlensauren Silberoxydes an. Zu dieser Flüssigkeit giebt man sodann die salpetersauren Lösungen von Kohle und Asche und säuert, wenn nicht schon an und für sich erlangt, mit Salpetersäure an.

a) Der sich abscheidende Niederschlag kann aus AgS und AgCl bestehen, ersteres aus den bei dem Glü- hen der Kohle vielleicht entstandenen Sulfiden herrührend; er wird auf gewogenem Filter gesammelt und das Filtrat nach 5 weiter behandelt. AgCl und AgS werden aber noch frisch auf dem Filter mit etwas verdünntem Aetz- ammoniak übergossen, bis sich nichts mehr löst und die - durchlaufende Flüssigkeit nicht mehr durch Salpetersäure getrübt wird. Auf dem Filter hinterbleibt Ag, welches nach dem Trocknen bei 10000. gewogen und auf SO3 berechnet wird. Das Filtrat von AgS säuert man mit Salpetersäure an und sammelt das sich abscheidende AsgCl nur bei sehr kleinen Mengen auf gewogenem Filter, sonst wie gewöhnlich.

b) Der oben bei der Behandlung der Asche mit Sal- petersäure hinterbliebene Rückstand enthält namentlich noch Eisen, auch Kieselsäure, und wird sofort mit concen- trirter Chlorwasserstoffsäure erwärmt, dann verdünnt, noch- mals erwärmt, hierauf filtrirt und das Filtrat unmittelbar zu dem von der ersten Scheidung des AgS und AgÜl

er

96 E. Reichardt,

erhaltenen gegeben, um hier zugleich das im Uebermass zugefügte Silberoxyd zu entfernen; man wäscht nach und fügt, wenn nöthig, noch so viel Salzsäure zu, dass sämmt- liches Silberoxyd entfernt wird. Das andere vom abge- schiedenen AgCl erhaltene Filtrat wird zur Scheidung der Kieselsäure im Dampfbade zum Trocknen verdunstet.

Rückstand. Sollte bei der letzten Behandlung der Asche mit Salzsäure noch ein Rückstand bleiben, welcher nicht verbrennlich ist, demnach aus Sandkörnchen besteht, so muss derselbe nochmals auf Kieselsäure gemäss den Silicaten geprüft werden.

Kieselsäure. Der Rückstand der zur staubigen Trockne verdunsteten Flüssigkeit wird mit Salzsäure übergossen, 1/,—!/, Stunde der Ruhe überlassen, dann mit Wasser verdünnt, wenig erwärmt und filtrirt; auf dem Filter. hinterbleibt Kieselsäure, welche nach dem Glühen gewogen wird.

Das Filtrat von der Kieselsäure theilt man in zwei Theile und benutzt den einen zur Bestimmung der Schwefel- säure und Alkalien, den anderen zur Bestimmung der übrigen Bestandtheile.

A. Schwefelsäure und Alkalien.

In dem bestimmten Theile wird durch BaCl die Schwefelsäure gefällt und ermittelt, das Filtrat vom schwe- felsauren Baryt aber zur Trockne verdunstet.

Der Trockenrückstand wird mit Barytwasser im star- ken Uebermass versetzt, erwärmt und filtrirt mit Ver- meidung jedes Wassers. Das Filtrat darf von Barytwasser nicht mehr getrübt werden, der Rückstand wird mit Barytwasser mehrmals gewaschen. Das Filtrat versetzt man mit kohlensaurem Ammoniak bis kein Niederschlag mehr entsteht, erwärmt, filtrirt abermals und verdunstet das nunmehrige Filtrat wieder zur Trockne. Der Trocken- rückstand wird mit wenig Salzsäure angesäuert in einen Platintiegel gebracht, wieder verdunstet und schwach

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zur Methode der Aschenanalyse. Im

geglüht. Es hinterbleiben die Chloride von Kalium und Natrium, welche, wenn nöthig, durch Platinchlorid geschie- den werden und spectralanalytisch auf Rubidium und Cäsium untersucht.

B. Eisenoxyd, T'honerde etc.

Der zweite Theil der salzsauren Lösung wird stark mit Wasser verdünnt zum Sieden erhitzt, mit Natron neutralisirt, bis ein Niederschlag erscheint, welcher sofort in wenigen Tropfen Salzsäure wieder gelöst wird, man entfernt die kochende Flüssigkeit vom Feuer und fügt sogleich einige Krystalle von essigsaurem Natron zu entsprechend der im Uebermass zugefügten Salzsäure rührt dabei fortwährend um, wodurch Eisenoxyd und Thonerde, wenn Phosphorsäure vorhanden, als phosphor- saure Salze gefällt und noch heiss sogleich abfıiltrirt werden. Das Filtrat behandelt man augenblicklich nach b weiter, den Niederschlag nach a.

a) Fe?O3 und Al?O3.. Ist der Niederschlag gelblich- weiss, so hat man bei den Aschen die phosphorsauren Verbindungen, welche den. Formeln Fe? 03, PO5 und A203, PO5 entsprechen; man löst sofort in wenig Salz- säure wieder auf und kocht mit einem Ueberschuss von Natronlauge, wodurch Fe?O3 geschieden, noch heiss ab- filtrirt und mit heissem Wasser sehr gut gewaschen wird. Das Filtrat säuert man mit Salzsäure wieder an und fällt

durch kohlensaures Ammoniak die Thonerde als Al?O3,PO3.

100 Theile dieser phosphorsauren Thonerde bestehen aus 41,843 Th. Thonerde und 58,157 Th. Phosphorsäure. 100 Th. des abgeschiedenen Eisenoxydes entsprechen 89,110 Th. Phosphorsäure.

Gewöhnlich sind nur Spuren von Thonerde vorhanden und würde bei Erden oder sonstigen Gemischen das Eisen- oxyd vorwalten, durch die Farbe leicht kennbar, so muss dann in dem Thonerde haltenden alkalischen Filtrate die ‚Phosphorsäure bestimmt werden.

Arch.d. Pharm. CLXXXT. Bds. 1.u.2. Hft. 7

98 E. Reichardt,

Ueber diese Scheidung bei sehr phosphorhaltigen Gemischen siehe übrigens den Nachtrag.

b) MnO. Das essigsaure Filtrat von der ersten Schei- dung des Fe?O3 und der Al?O3 wird abermals zum Kochen erhitzt und vom Feuer entfernt, sofort etwas unterchlorig- saures Natron *) zugefügt. Ist Mangan zugegen, so ent- steht eine bleibende Trübung; man fügt dann mehr unter- chlorigsaures Natron zu unter stetem Umrühren und prüft nach wenigen Secunden, ob die Flüssigkeit noch sauer reagire sonst muss noch etwas Essigsäure zugefügt werden und sehr bald die Entfärbung des Reagens- papieres eintrete, wodurch das Uebermass des unter- chlorigsauren Natrons angezeigt wird und der Beweis ge- geben, dass sämmtliches Mangan als Hyperoxyd gefällt ist.

Man filtrirt, wäscht den Niederschlag gut aus und glüht; es hinterbleibt Mn3 O4.

CaO. Das Filtrat vom Mangan wird sofort noch warm mit oxalsaurem Ammoniak im Uebermass versetzt, nach mehren Stunden Ruhe der oxalsaure Kalk geschie- den und wie gewöhnlich bestimmt.

MsO und PO5. Das Filtrat vom Kalk theilt man in zwei Theile:

MgO. In dem einen Theile fällt man durch phos- phorsaures Natron und Ammoniak die Talkerde.

PO35. Zu dem zweiten Theile giebt man eine klare Mischung von Chlormagnium, Chlorammonium und Am- moniak und fällt so die Phosphorsäure.

Es versteht sich von selbst, dass die wiederholte Theilung bei der Berechnung gehörig berücksichtigt werde.

Wie schon oben angedeutet, richtet sich bei dieser Methode der Aschenanalyse die grösste Aufmerksamkeit

*) Das unterchlorigsaure Natron bereite ich durch Behandlung von Chlorkalk mit wässerigem kohlensauren Natron im schwa- chen Uebermass, d. h. das Filtrat darf durch kohlensaures Natron nicht mehr gefällt werden.

zur Methode der Aschenanalyse. 99

auf die Gewinnung der anorganischen Bestandtheile der Pflanzen- oder Thiersubstanzen, weshalb in dieser Hin- sicht Verkohlung und allmälige Behandlung der Kohle wie Asche mit Wasser und Säuren vorgeschrieben ist. Indem jedoch die Kohle nicht nur mit Wasser, sondern auch verdünnter Salpetersäure behandelt wird, lösen sich stets die meisten Stoffe schon hier auf und wird dadurch die Verbrennung, namentlich bei schwerer verbrennbaren, viel phosphorsaure Salze oder Kieselsäure haltenden, Kohlen sehr erleichtert.

Mit concentrirter Salpetersäure oder überhaupt einem zu starken Uebermass darf man chlorhaltige Substanzen nicht längere Zeit erwärmen, da sonst stets Verluste an Chlorwasserstoffsäure eintreten.

Man erhält zwar durch das wiederholte Auslaugen und Behandeln der Kohle wie Asche eine ziemlich be- deutende Menge Flüssigkeit, allein schon nach der ersten Scheidung des Chlors wird dieselbe zur Bestimmung der Kieselsäure eingedichtet und so dieser Uebelstand voll- ständig beseitigt.

Soll eine vorhandene Asche direct der Untersuchung unterworfen werden, so nimmt man circa 1—2 Grm. der- selben und behandelt dieselbe nur mit Wasser und Salpeter- säure u. s. w., lässt demnach das über die Auslaugung der Kohle gegebene weg. Sollte hierbei AgS erhalten werden, so rührt der Schwefel von S?O2 her, welche sich bei längerem Liegen der Asche aus den vorhandenen Schwefel- alkalien gebildet hat. Das erhaltene AgS muss demnach 2503 entsprechen, da man es regelmässig auf diese Säure berechnet, welche doch schliesslich der Ursprung war. Fast regelmässig finden sich nur Spuren von Sulfiden überhaupt.

Bei der Untersuchung einer an phosphorsauren Sal- zen reichen Asche, des Fleisches, der Knochen, auch einiger Früchte, ist es sehr geeignet, bei der Fällung von Eisenoxyd und Thonerde durch essigsaures Natron gleich- zeitig etwas Essigsäure noch zuzufügen, um so die etwaige

NE

100 Blutendes Brod.

Abscheidung von phosphorsaurem Kalk zu verhindern. Der Fehler wird übrigens sofort bei der folgenden Be- handlung des phosphorsauren Eisenoxydes und der phos- phorsauren 'Thonerde mit Natron erkannt, wobei dann das Eisenoxyd nicht rothbraun hervortritt, sondern noch vermengt mit phosphorsaurem Kalk. Nochmaliges Lösen in Salzsäure und Fällen durch essigsaures Natron hebt diesen Fehler sehr leicht auf. In einem solchen Falle ist es überhaupt geeignet, vor dem Zusatze von essigsaurem Natron eine grössere Menge der Lösung von Chlornatrium zuzufügen, wodurch die Abscheidung von phosphorsaurem Kalk leicht völlig gehindert werden kann.

Blutendes Brod.

Im Jahre 1819 machte dieses Phänomen zu Legnaro bei Padua eine grosse Aufregung unter dem Volke; es gelang damals aber einer Untersuchungs-Commission, vor- zugsweise dem späteren Medicivalrathe Dr. Sette in Venedig, diese Erscheinung als einen Vegetationsprocess zu erkennen, welchen er als eine neue Pilzart (Zooga- lactina imetropha) erklärte. 1848 zeigte jedoch Ehren- berg, dass die Erscheinung eine thierische, belebte sei, deren kleinstes Wesen er Monas prodigiosa nannte. Das diesjährige Auftreten hat mir, berichtet Dr. v. Erdmann, Gelegenheit gegeben, den chemischen Charakter des Phä- nomens und den Zusammenhang zu entdecken, welcher zwischen dem Roth- und Blauwerden der Speisen be- steht. Letztere häufiger auf Milch sich zeigende Far- benbildung ist 1841 von Fuchs und 1852 von Haube- ner untersucht worden. Die Resultate meiner Unter- suchungen, sagt Dr. v. Erdmann, sind folgende: Der rothe und blaue Farbestoff der Speisen wird durch Ver- mittelung von Vibrionen erzeugt. Das Material, aus wel- chem sich beide Farbenstoffe entwickeln, bilden die stick- stoffhaltige Substanz sehr verschiedener Speisen, wie z.B.

Blutendes Brod. 101

aller Arten gekochten und gebratenen Fleisches, Roggen- und Weizenbrod, Eiweiss, Reis, Kartoffeln u.s.w. Durch die chemischen Reactionen unterscheiden sich die gebil- deten F'arbenstoffe von allen bisher bekannten, mit Aus- nahme der sogenannten Änilinfarben. Diesen sind sie in Bezug auf Schönheit der Lösungen, tingirende Kraft und durch ihr chemisches Verhalten so ähnlich, dass sich der Farbestoff blauer Speisen durch keine Reaction von dem Anilinblau unterscheidet, welches man nach den Unter- suchungen des Professors A. W. Hoffmann als Tri- phenylrosanilin betrachten muss, während die Farbe ro- ther Speisen alle Eigenschaften des Rosanilins zeigt und nur in seinem Verhalten zu concentrirter Salzsäure ab- weicht, welche ihn nicht verschwinden lässt. Das Roth- und Blauwerden der Speisen ist mithin ein Fäulniss- stadium der Proteinstoffe, in welchem eine durch Vibrio- nen vermittelte natürliche Bildung derjenigen Farbestoffe statt findet, welche durch ihre Schönheit und Abstam- mung als unzweifelhafte Kinder der Wissenschaft in der Neuzeit so grosses Interesse erregt haben. Die gebilde- ten Farbestoffe sind nach der Meinung des Dr. v. Erd- mann Producte der Vibrionen in dem Sinne, wie Kohl- säure, Glycerin, Bernsteinsäure, Alkohol, Producte der Hefe in gährenden Flüssigkeiten. Die bei der Bildung des rothen und blauen Pigments thätigen Wesen schei- nen ein und dieselben zu sein, wenigstens hat derselbe nicht ein einziges Unterschiedsmerkmal aufzufinden ver- mocht. Vielmehr glaubt er, dass sie zu derselben Gat- tung wie jene Vibrionen gehören, welche Pasteur als das Ferment der Buttersäuregährung bezeichnet und die man bei der Zersetzung vieler Substanzen organischen Ursprungs findet. Je nach dem Substrate und den ein- wirkenden Agentien mögen die Producte dieser Vibrio- nen andere werden, auch letztere selbst in einer Weise entwickeln, welche auf die zu bildenden Producte bestim- mend einwirkt. Dies sind die Resultate und die Vor- stellungen, zu denen mich meine bisherigen Untersuchun-

102 Ueber Desinfectionsmittel.

gen geführt haben und die ich durch fortgesetzte Ver- suche zu prüfen beabsichtige. (Berlin. akadem. Monats- bericht, 1866. Ausland, 19. Mai 1867.) Dr. Löhr.

Ueber Desinfectionsmittel. (Vortrag des Dr. Marquart in Bonn.)

Ueber die in neuerer Zeit von allen Seiten empfoh- lenen Desinfectionsmittel glaubt Dr. Marquart um so mehr zu einer Kritik berufen zu sein, als nicht Jeder im Stande sei, den Werth derselben zu prüfen und die Industrie leider das Auftreten der Cholera zur pecuniären Ausbeutung des Publicums zu benutzen scheine. Namentlich erwähnte derselbe der langen Listen von Desinfectionsmitteln, welche von Berlin aus verbreitet würden. Dr. Marquart glaubt diese Mittel in solche eintheilen zu können, welche nur die Gase der Aborte zu absorbiren im Stande wären, wie Eisenvitriol, Eisenchlorür und Manganchlorür. Die Wirkung dieser chemischen Producte sei unzweifelhaft, da die aus den Excrementen sich entwickelnden Gase gebunden und dem Geruchssinn entzogen würden. Die Frage, ob diese Oxydulsalze auch im Stande seien, die Gährung oder Zersetzung der frischen Exceremente zu verhindern, hält Dr. Marquart für eine offene, welche, theoretisch betrachtet, verneint werden müsse. Die zweite Olasse von Desinfectionsmitteln wurde als oxydirende be- zeichnet. Hierher gehören Eisenoxydsalze, übermangan- saures Kali oder Natron, Chlor u. s. w.

Nach der Ansicht des Vortragenden liesse sich an der Wirksamkeit dieser Mittel kaum zweifeln, er bedaure aber, dass man eine Lösung eines Oxydsalzes, wel- ches kaum nennenswerthe Spuren von Uebermangan- säure enthalte, unter dem fingirten Namen „präparirtes Chamäleon“ zu Preisen in den Handel bringe, welche den reellen Werth um das Zwei- bis Dreifache überstei- gen. Die wirksamsten Desinfectionsmittel werden immer-

Ueber Desinfectionsmittel. 103

hin die übermangansauren Salze bilden, wobei diesen aber der allgemeinen Anwendung ihr hoher Preis ent- gegenstehe. Das Pfund krystallisirtes übermangansaures Kali komme zu 5 Thlr. im Handel vor und die Berliner Industrie verkaufe eine Flüssigkeit unter dem Namen „übermangansaures Natron“ zum Preise von 10 Thlr. pro 100 Pfund. Dieser scheinbar billige Preis sei aber ein unmässig hoher, da nach der Untersuchung von Dr. Mar- gaart nur 1 Procent übermangansaures Salz darin vor- handen sei und demnach das Pfund desselben mit 10 Thlr. bezahlt werden müsse. Eine dritte Abtheilung der Des- infeetionsmittel umfasse die antiseptischen oder fäulniss- widrigen, wie Carbolsäure, carbolsauren Kalk, Holzessig u. 8. w.

Der Vortragende glaubte, dass wenn wirklich nur die in Zersetzung begriffenen und nicht die frischen Ex- eremente die Träger des Ansteckungsstoffes der Cholera seien, eben diese antiseptischen Mittel eine besondere Berücksichtigung zu verdienen schienen; es stände aber der Anwendung der Üarbolsäure in Wohnhäusern der durchdringende unangenehme Geruch derselben entgegen, dieser unangenehme Geruch sei aber weniger dem Holz- essig eigen.

Ueber die Frage, welches Mittel demnach vom wis- senschaftlichen Standpuncte aus zu.empfehlen sei, ent- spann sich eine Debatte, an welcher sich auch Professor Landolt betheiligte, welche damit endete, dass eine Anwendung von Zinksalzen, welche bekanntlich auf orga- nische Körper und namentlich stickstoffhaltige, specifisch einwirken, in Verbindung mit Eisenoxydulsalzen oder einer Auflösung von Zinkeisenchlorür empfohlen zu wer- den verdiene. (Verhandl. des naturhistor. Vereins für Rhein- land u. Westphalen. Il. Abth. 1866. Sitzungsbericht pag. 75.)

Dr. Löhr.

104

HI. Naturgeschichte und Pharma- kognosie.

Pharmakologische Notizen;

von

Dr. X: Landerer ın Athen.

Des Gebrauches der Meerzwiebeln in Griechenland und im ÖOriente gegen verschiedene Leiden der Brust- organe, gegen Phthysis habe ich schon manchmal er- wähnt. Diese Pflanze, deren Wurzel oder Zwiebel man Hundszwiebel nennt, findet sich überall, nicht allein am Meeresstrande, weshalb sie Scylla muritima genannt wird, sondern auch weit im Innern sehr häufig auf Hügeln und Vorbergen. In Griechenland gelangt die Wurzel zu einer bedeutenden Grösse und eine grosse Meerzwiebel kann ein Gewicht von 6 bis 8 Unzen errei- chen. Einer meiner früheren Schüler, der sich im Klo- ster zu Jerusalem als Apotheker befindet und den ich um Mittheilungen über die daselbst im Gebrauche sich findenden Volksheilmittel ersuchte, theilte mir mit, dass diese Meerzwiebelpflanze dort in solcher Menge vorkomme, dass man ganze Schiffsladungen davon nach Europa sen- den könne. Unter diesen Meerzwiebeln, welche die Ara- ber ebenfalls Skylla nennen, finden sich Zwiebeln von der Grösse eines Kinderkopfes und einer Schwere von 1 bis 1’), Okka, d.i. 2!/, bis 3 Pfund, weshalb man ge- nöthigt sei, Gruben zu graben, um sie aus der Erde her- auszunehmen. Auch die Araber und Türken betrachten diese Zwiebel als ein Heilmittel gegen Lungenleiden, ja gegen Lungensucht, wenn sie auch schon im sehr vor- gerückten Stadium sei. Zu diesem Zwecke wird die

Landerer, über Marrubium. 105

Zwiebel, nachdem sie von den Wurzelfasern und Schup- pen gereinigt ist, mit Wasser sehr fleissig gewaschen, bis sie keinen bittern Geschmack mehr besitzt, sodann ge- kocht und die Pulpa durch ein Sieb getrieben, um einen Peltes, d.h. eine Conserve-Pulpa, zu erzielen, denen man sodann ÄAyssopum zusetzt. Diese Latwerge, Mantsun ge- nannt, ist im ganzen heiligen Lande gegen die Phthysis und andere Leiden der Lunge im allgemeinen Gebrauch und durch dieselbe werden Wunderkuren erzielt, so dass Leute, die von allen Aerzten aufgegeben waren und sich im letzten Stadium der Phthysis befanden, durch den längeren Gebrauch dieser Skylla-Mantsun cum Hyssopo geheilt wurden. Aus alten Schriftstellern ist zu ersehen, dass schon Pythagoras und Epimenides ihren Gebrauch als Arzneimittel kannten.

Dem Ayssopus offiein., einer Pflanze, die in Griechen- land nicht bekannt ist, schreiben die Araber ebenfalls grosse Heilkräfte zu und bei allen von Erkältung her- rührenden Krankheiten nehmen die Leute ihre Zuflucht zu dieser Pflanze. Die Araber nennen dieselbe Ayschop auch Assof, welcher Name aus dem Arabischen stammt; Esob bedeutet ein heiliges Kraut, mithin ist der Gebrauch dieser Pflanze leicht erklärlich.

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Ueber Marrubium;

von

x Demselben.

In die Kategorie der Pflanzen, die nach der Meinung des Volkes und auch der noch aus alten Zeiten stam- menden Chirurgen und empirischen Aerzte ausgezeich- nete Heilkräfte besitzen und gegen eine Menge von Krankheiten mit gutem Erfolge angewandt werden, ge- hört Marrubium vulgare. In den meisten Theilen des Landes, im nördlichen Attika, findet sich M. ereticum, auf den Feldern der feuchteren Niederungen M. vulgare

106 Landerer,

und auf trocknen Ebenen und Hügeln von Östgriechen- land bis zu einer Höhe von 2000 Fuss Marrubium pseu- dodietamus, falscher Diptam. Theophrast und Dioscori- des nannten diese Pflanze Prasion und schon in den ältesten Zeiten war Prasion eine bedeutende Heilpflanze. Der Name Marrubium soll nach Wittstein aus dem hebräischen Mar, bitter, und Rob, viel, stammen, mithin eine viel bitter schmeckende Pflanze bedeuten. Linne& leitet den Namen, jedoch irrig, von Maria und Urbs, Sumpfstadt, einer Stadt im ehemaligen Latium am See Fucinus, wo die Pflanze häufig: vorkommen soll, ab.

In Betreff der Heilkräfte dieser Pflanze ergiebt sich aus den alten Schriftstellern, dass dieselbe gegen Krank- heiten der Lungen im Rufe stand und dass die Salben- bereiter (Umguentarii) sich ihrer bedienten. Das Volk nennt die Pflanze Hundskraut, Skylochorton, von Chorton, Kraut, und S%ylos, Hund, weil die Hunde, wenn sie sich krank fühlen, dieselbe aufsuchen und fressen. Dieses Prasion wird im ganzen Oriente innerlich und äusserlich angewandt. Besonders sind es die beiden im ganzen Öriente so gefürchteten Krankheiten, die Sceropheln, Choi- rades genannt, die man für ansteckend hält, und die Phymatosis, Tuberculose (voöua, Tuberculum), Lungensucht, gegen welche man die Pflanze anwendet. Gegen Scro- pheln wird sie in Form von Kataplasmen gebraucht, die sich das Volk jedoch auf andere Weise bereitet. Die frischen Pflanzen werden zwischen zwei Steinen zerquetscht und die Masse in statu quo auf die Geschwülste gelegt. Um dieselbe noch wirksamer zu machen, wird etwas Raky, d.ı. schlechter Branntwein, darauf gespritzt und man fährt mit der Anwendung fort, bis die Geschwülste sich zertheilen oder in Suppuration übergehen, die man jedoch nicht mit Lanzetten oder andern schneidenden Instrumenten öffnen darf, sondern mittelst einer goldenen Nadel oder einer Fischgräte ete.. Gegen die Tubereu- lose wird unser Skylochorton in Form von Mantsuns, Electuarien, nur in sehr starken, kräftigen, concentrirten

über den Maulbeerb:ıum. 107

Abkochungen gegeben. Jedenfalls ist Marrubium eine sehr kräftige Heilpflanze und der Aufmerksamkeit der

Aerzte nicht unwerth. a

Notizen über den Maulbeerbaum ;

von

Demselben.

Die Wichtigkeit des Maulbeerbaums durch seine Blätter für die Seidenzucht ist allgemein bekannt. Der Peloponnes erhielt von dem Namen des Baumes Morea den Namen Morea. Die Hellenen nannten den Baum Sykaminos. Betreffs der Anwendung in der Medicin ist bekannt der Syrupus Mororum, der im ÖOriente dieselbe Rolle spielt wie bei uns Syr. Rubi /daei, den man hier gar nicht kennt, indem der Strauch sich nicht findet und auch cultivirt nicht gedeiht. Die ARemanentia ex Syrup. werden im ÖOriente zur Destillation eines Wassers ver- wendet, welches die Leute Moroneron nennen und das als ein grosses Heilmittel bei Kinderkrankheiten gilt. Aus den Schriften des Galenus (in libro de alimentis facult. Cap. 11.) ist zu ersehen, dass derselbe schon des Maul- beerbaumes erwähnt und Archigenes empfiehlt gegen Zahnschmerz den milchigen Saft des Maulbeerbaumes. Alle diese Anwendungen aus den ältesten hellenischen Zeiten haben sich auf die heutigen Griechen vererbt. Bei Zahnschmerzen nimmt das Landvolk seine Zuflucht zu dem Safte der Maulbeerblätter, jedoch nicht der Mo- rus albus oder nigra, sondern zu der Varietät mit grossen, schwarzen, sehr saftigen Früchten, aus denen der Syrup. Mororum bereitet wird. Diese saftigen Früchte sind so färbend, dass man es bereut, diese so gut schmeckenden kühlenden Früchte gegessen zu haben, indem Hände und Lippen so stark gefärbt werden, dass man den Farbestoff nicht mit den gewöhnlichen Waschmitteln entfernen kann. Die Reinigung der schwarzroth tingirten Organe geschieht im Öriente mit den Blättern desselben Baumes. Man

108 Landerer,

zerquetscht einige Blätter und reibt mit dem Safte die gefärbten Organe, welche im Augenblick dadurch gerei- nigt werden.

Das Holz des Mauibeerbaumes ist ein gutes Färbe- mittel, um wollene und baumwollene Stoffe damit gelb zu färben und die Rinde von den Zweigen ist in vielen Fällen auch ein Medicament gegen den Bandwurm.

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Notizen über Höhlen in Griechenland ;

von

Demselben.

In Griechenland finden sich wunderschöne Höhlen, die zu den grossartigsten Europas zu zählen sind und sich durch die Zierde ihrer Stalaktiten, die oft 5 bis 10 Ellen lang von der Decke herabhängen, auszeichnen. Eine solche wunderschöne Höhle ist auf Antiparos, einer kleinen Insel des griechischen Archipels, und Hunderte von Fremden besuchen diese nur von Hirten und einigen armen Familien bewohnte Insel dieser Höhle wegen. Um diese Stalaktiten zu erhalten, werden dieselben von den Hirten, die den Fremden zu Wegweisern dienen, ver- brecherischer Weise abgeschossen und bilden für diese ‚gewissenlosen Menschen einen Handelsartikel, indem sie nach Smyrna, Konstantinopel und Alexandrien versendet und auf den Bazars als Stalaktiten von Antiparos ver- kauft werden. In kurzer Zeit ‚wird diese prachtvolle Höhle aller ihrer Zierden beraubt sein.

Eine zweite schöne Höhle befindet sich auf der Insel Thermia, welche man Katafıki nennt, von dem Worte Katafıgion, d. i. Zufluchtsort, indem die Leute zu der Zeit, als die Inseln des griechischen Archipels von See- räubern beherrscht waren, ihre werthvollen Sachen darin zu verbergen im Stande waren. Die Phantasie des Men- schen bildete aus den Stalaktiten Ambosse mit dem Schmiede, Sessel, Vorhänge, Giebel etc. Diese Höhle ist in der That wunderschön und gut erhalten, indem sie

über ein eisenhaltiges Mineralwasser. 109

in der Nähe der Stadt Thermia liegt und unter Aufsicht steht, um diese Naturschätze zu bewahren.

Eine dritte Höhle ist die am Fusse des Parnass ge- legene Korykische Höhle, voll von Stalaktiten, eine vierte auf der Insel Makronison. Durch einen Zufall fand sich auf der Insel Tinos in der Nähe des Dorfes Exomenia eine der schönsten Höhlen vielleicht ganz Europas. In diesen Gegenden wird nämlich Marmor gebrochen und indem man sich mit dem Sprengen desselben beschäf- tigte, entstand mit einem Male eine Oeffnung, durch welche die Leute durchkriechen konnten. Sie befanden sich in einer mit den schönsten Stalaktiten verzierten Höhle, und es ist eine Pracht, diese im unveränderten Zustande zu sehen und die Natur darin zu bewundern.

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Ueber ein eisenhaltiges Mineralwasser ; von Demselben.

Auf der Insel Thermia, auch Kythnos genannt, fin- det sich eine ausgezeichnete Stahlquelle, welche Kakkabo genannt wird und eine Wärme von 420R. zeigt. Diese Quelle zeigt von ihrem Ursprunge bis wo sie sich in das Meer ergiesst, ihren Eisengehalt durch den Absatz des Eisenoxyds an allen Steinen und Gegenständen, die man in das Rinnsal des Wassers legt, deutlich an. Verliert jedoch die Quelle ihre Wärme, so ist mit einem Male auch das Eisen verschwunden und das Eisenoxydul wird als Eisenoxyd abgesetzt, so dass das Wasser in ein sali- nisches umgewandelt ist und der Patient statt eines stahl- haltigen ein salinisches Wasser gebraucht. Dass diese Erscheinung auf dem Verluste von Kohlensäure beruht, worin sich das Eisenoxydul aufgelöst findet, welches sich im nämlichen Augenblicke in Eisenoxyduloxyd umwan- delt, ist hinreichend bekannt. Wozu nützen jedoch solche Stahlquellen, solche Chalybothermen? diese wichtige Frage drängt sich mir auf, denn es handelt sich um das Wohl von Tausenden von Patienten, die nach Kythnos gehen, um auf den Rath der Aerzte die Stahlquelle des Kak- kabo zu gebrauchen, jedoch in Folge der angegebenen Erscheinung in Wirklichkeit eine salinische benutzen und mithin eine andere Wirkung sehen, wie voraus- gesetzt und erwartet wurde.

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Fr. Eur Jan

110

HEE. MWonatsbericht.

Dünnes Eisenblech.

Seiner Zeit erregte ein von Pittsburg abgesandter Brief grosses Aufsehen, der auf dünnes Eisenblech ge- schrieben war. Dieses Blech war so dünn, dass man 1000 Blätter brauchte, um 1 Zoll Dicke zu erhalten. Seit jener Zeit sind in England Bleche von noch viel grösserer Dünne erzeugt worden:

1. Auf den Marshfield-Eisenwerken ein Blatt von 110 Quadratzoll Oberfläche, 89 Grains schwer.

2. Daselbst ein eben so grosses Blatt nur 23)/, Gr. schwer, 2950 Blatt auf 1 Zoll.

3. Pontardawe walzte ein Blech, von dem man 3799 Stück zu einem Zoll Dieke brauchte.

4. Endlich gelang es dem Werkführer von Hallam & Comp. ein Eisenblatt zu erzeugen, von dem man zu 1 Zoll 4800 Stück braucht. (Berggeist.) B.

Gusseisen.

Gemische von altem und neuem Gusseisen in einem zur Hervorbringung grosser Widerstandsfähigkeit geeig- neten Verhältnisse erlangen eine noch höhere Festigkeit durch Hinzufügen einer geringen Menge, bis 2 Proe., Wolfram, durch grössere Mengen Wolfram wird das Eisen nur härter; die so erlangten. Vortheile gehen durch Um- schmelzen des Eisens nicht wieder verloren. Das deutsche Wolframerz vom Zinnwalde (wolframsaures Eisenoxydul- Manganoxydul [FeO, MnO] WO3) wirkt kräftiger als das französische, welches durch Rösten zunächst von Schwefel und Arsen gereinigt werden muss. Es genügt dann, das Erzpulver mit dem Eisen zu mengen, da die Reduction durch den Kohlenstoff des letzteren erfolgt. (Annal. de Chim. et de Phys.) Dr. Reich.

Einfluss des Wolframs auf Gusseisen. Einige schrieben die grössere Festigkeit, welche in früheren Versuchen das mit Wolfram geschmolzene Roh-

a Nutzbarmachung der Weissblechschnitzel. 111

eisen erhielt, auf Rechnung einer grösseren Reinigung, welche der Wolfram durch Entfernung von Schwefel und Phosphor bewerkstelligt haben sollte. Le Guen (Compt. rend. T. 59.) ist auf Grund nachstehend beschriebener Versuche der Ansicht, dass der Wolfram an und für sich eine grössere Zähigkeit des Eisens herbeiführe und aller- dings vorzugsweise die grösste, wenn das mit ihm ge- schmolzene Roheisen an sich unrein war.

Die Versuche wurden mit Holzkohleneisen angestellt von vortrefflicher Qualität aus der Giesserei von Nevers und Ruellee Man schmolz 1!/,, 2 bis 21/, Proc. Wolfram ein und goss aus etwa 80 Kilogrm. Cylinder unter ganz gleichen Bedingungen des Versuchs. In allen Fällen erhielt man ein Gussstück, welches in den Sprengproben eine viel grössere Widerstandsfähigkeit besass, als das beste Kanoneneisen. In der Vermuthung, dass der Wolfram vielleicht in der partiellen Kohlenentziehung seine Kraft habe, stellte man ein bis an die Grenze des Vortheilhaften gehendes weisses, halbirtes Eisen dar; aber dieses besass nie die Wiederstandsfähigkeit des mit Wolfram geschmol- zenen. Dass in dem letzteren das Wolframmetall anwesend sei, haben directe Analysen gezeigt. Die Zähigkeit wuchs in dem Gusseisen von Raveau um }, und in dem von

Ruelle um !/,. (Journ. für prakt. Chemie. Bd. 95.5.) B.

Nutzbarmachung der Weissblechschnitzel.

Die in den Klempnerwerkstätten, Knopffabriken und bei andern Gewerben abfallenden Weissblechschnitzel wurden bis jetzt als werthlos betrachtet, da die bisher vorgeschlagenen Methoden zur Nutzbarmachung derselben theils in. der Praxis grosse Schwierigkeiten boten, theils jede Rentabilität in Frage stellten. Es ist nun kürzlich J. Fuchs die Auffindung eines praktischen Verfahrens gelungen, welches allen billigen Ansprüchen genügen dürfte. Das betreffende Verfahren gründet sich auf die Eigenschaft des metallischen Eisens, bei Gegenwart von Zinn mit Salzsäure behandelt nicht eher angegriffen zu werden, als bis alles Zinn aufgelöst ist, so wie als End- resultat auf die Verwerthung des durch Zink aus der Lösung niedergeschlagenen Zinnes und des zurückblei- benden Schwarzblechs. Die zur Lösung zu verwen- dende rohe Salzsäure ist vorher, unter Zusatz von circa 6 Proc. Salpetersäure, mit dem gleichen Quantum Wasser zu mischen. Mehrfach angestellte Versuche haben im

112 Umgewöhnliche Entstehungsart von Eisenoxydoxydul.

Durchschnitt einen Gewinn von 1!/, Thlr. pro Oentner Weissblechabfälle ergeben. (Dl. für Hdl. und Gew. 1866.) B.

Methode zum Verkupfern des Gusseisens.

Dem von Weil beschriebenen Verfahren zum Ver- kupfern gusseiserner Gegenstände stellt Payen das Zeug- niss unbedingter Brauchbarkeit aus. Zur Prüfung dessel- ben wurden in einem aus Steinzeug bestehenden Gefässe 750 Grm. Seignettesalz in 4 Liter Wasser gelöst und 400 Grm. käufliches Aetznatron zusetzt. Hiermit ver- mischte man eine Lösung von 175 Grm. Kupfervitriol in 1 Liter Wasser und erhielt so ein alkalisches Kupfer- bad, welches 200 am Beaume&’schen Aräometer zeigte. Die zu verkupfernden Gegenstände wurden folgender- massen präparirt. Filtrirtes Seinewasser wurde mit eben so viel Schwefelsäure versetzt, dass die Flüssigkeit 20 B. zeigte. Die Gegenstände wurden dann 10 Minuten bis !/, Stunde darin liegen gelassen, hierauf in eine schwache Aetznatronlauge (von 10 B.) gelegt, am anderen Tage aus letzterer entfernt, mit einer Kratzbürste aus Eisen- draht gebürstet, mit dünnem Zinkdrahte umwickelt und mittelst desselben im alkalischen Kupferbade aufgehängt. Nach 1, 2 und besser nach 3tägiger Eintauchung waren die Gegenstände schön verkupfert. Mit Wasser abgespült und mit einer Kratzbürste aus Messingdraht sehr stark gebürstet, löste sich auch nicht das geringste Kupfer- plättchen ab. (Bull. de la soc. de V’encour. Chem. Centrbl. 1866. 32.) B.

Eine ungewöhnliche Entstehungsart von Eisen- oxydoxydul.

Beim Reinigen eines zur Wasserheizung dienenden Systems schmiedeeiserner Röhren, resp. beim Ab- lassen des in diesen Röhren circulirenden Wassers wurde eine nicht unbeträchtliche Menge ziemlich dicker, stein- artiger schwarzer Krusten vorgefunden, die sich von den inneren Wandungen jener Röhren abgelöst hatten. Eine damit angestellte Analyse ergab als Resultat, dass diese Krusten lediglich aus Eisenoxydoxydul bestanden; sie wurden nämlich von einem Stahlmagnet kräftig angezogen und zeigten sich hierauf sehr polarisch. Von Salzsäure wurden sie in der Wärme mit Leichtigkeit ohne Wasser-

Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens. 113

stoifgasentwickelung gelöst (Beweis von der Abwesenheit metallischen Eisens); die Lösung reagirte sowohl auf Ferrideyankalium, wie auf Rhodankalium. Ueber die räthselhafte Entstehung dieser intermediären Oxydations- stufe des Eisens in luftfreien, fortwährend mit einem und demselben Quantum Wasser völlig angefüllten Eisenröhren, wird man sicherlich dann erst entscheiden können, wenn fragliche Röhren einer speciellen Prüfung unterworfen, wenn sie dem directen Feuer ausgesetzt worden sind. Jedenfalls mahnt eine solche Corrosion schmiedeeiserner, zu Wasser- heizungen dienenden Röhren, in welchen das circulivende Wasser nicht selten eine ausserordentlich hohe Temperatur annimmt, folglich einen gewaltigen Druck auf die Wände dieser Röhren ausübt, zu grösster Vorsicht. (Böttger’s polyt. Notizbl. 1866. 12.)

Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens, von Clemens Winkler.

In neuerer Zeit ist man vielfach bemüht gewesen, ein Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens aufzufinden, welches sich auf die Ueberführung von Eisen- oxyd in Eisenoxydul gründet, also auf dem entgegen- gesetzten Principe beruhen würde, wie die früheren Me- thoden zur Bestimmung dieses Metalles, welche die Gegen- wart desselben im Zustande des Oxyduls voraussetzen. Die bis jetzt zur Erreichung dieses Zweckes in Anwen- dung gekommenen Reductionsmittel sind Zinnchlorür und Jodkalium. Die Anwendungsweisen derselben lassen aber manches noch zu wünschen übrig und trotz der torzüg- lichen Resultate, welche sie geben, haben sie sich schwierig Eingang in technische Laboratorien verschafft.

Ein dem Zinnchlorür analog wirkendes, aber weit kräftigeres Reductionsmittel für Eisenoxydsalze ist nach Clemens Winkler das Kupferchlorür. Während Zinnchlorür die Reduction des Eisenchlorids in der Kälte

nur theilweise hervorzurufen im Stande ist, bewerkstelligt

Kupferchlorür dieselbe sofort in den niedrigsten Tem- peraturen und bei jeder Verdünnung mit theoretischer Genauigkeit. Es ist deshalb für die Volumetrie des Eisens ganz geeignet.

Zur Ausführung der in Rede stehenden Titrirmethode ist nun nach Clemens Winkler Folgendes nöthig.

1. Eine Auflösung von Kupferchlorür. Man stellt sich durch Auflösen von Kupferblech in Salpeter-

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds, 1.u.2. Hft. 8

|

an AO r nn, |... Sg 114 Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Bisens.

säure eine Kupferoxydlösung dar, dampft ab, und nimmt den Rückstand in salzsäurehaltigem Wasser auf. Diese Auflösung bringt man in einen Kolben, fügt ein dem Gewicht des trocknen Kupferchlorürs ungefähr gleiches Quantum Kochsalz zu, um bei der nachherigen Reduction die Ausscheidung festen Kupferchlorürs zu vermeiden, stellt einige Streifen Kupferblech in den Kolben und erhitzt sodann zum Kochen, so lange bis der Inhalt des Kolbens fast farblos geworden ist und somit alles Kupferchlorid sich in Chlorür verwandelt hat. Hierauf wird der Kolben verkorkt, erkalten gelassen und die erhaltene Flüssigkeit mit salzsäurehaltigem Wasser so weit verdünnt, dass ein Cubikcentimeter desselben ungefähr 6 Mgrm. Eisen ent- spricht.

Um den also dargestellten Titer ohne Zersetzung zum ferneren Gebrauch aufzubewahren, füllt man ihn in eine Flasche mit dicht schliessendem Stöpsel und stellt in diese eine, vom Boden bis beinahe zum Halse derselben reichende Spirale von starkem Kupferdraht zum Schutze des Kupfer- chlorürs vor erheblicher Oxydation. Eine solche frisch bereitete Kupferchlorürlösung reducirte z. B. pro Cubik- centimeter 6 Mgrm. Eisen von Oxyd zu Oxydul; jetzt, nach 4 Monaten ist ihre Reductionsfähigkeit, geringe Schwankungen von 0,1 bis 0,2 Mgrm. Fe ausgenommen, noch immer dieselbe, obgleich die Flasche unausgesetzt im Gebrauche gewesen und sehr oft geöffnet worden ist. Zum ceurrenten Gebrauche empfiehlt der Verfasser jedoch eine kleinere Flasche mit der aus der grossen Flasche entnommenen Titerflüssigkeit zu benutzen, welche, wenn sie theilweise geleert ist, damit wieder gefüllt wird. Durch Einwirkung der Luft und der Salzsäure auf die Kupfer- spirale wird natürlich der Titer eher reicher an Kupfer- chlorür als ärmer, doch lässt er sich dann durch Zufügung von wenig Wasser leicht auf den alten Wirkungsgrad zurückführen. Mit gutem Erfolge anwendbar ist auch ohne Zweifel für diesen Fall das Verfahren von Frese- nius, welches dieser bei Aufbewahrung von Zinnchlorür- lösung in Anwendung brachte und welches in einer Ab- sperrung der oxydablen Flüssigkeit durch alkalisches pyrogallussaures Kali besteht. Die als Titer benutzte Kupferchlorürlösung darf selbst redend nicht von Tag zu Tag in der Bürette stehen bleiben. Am zweckmässigsten und richtigsten wird es für alle Fälle sein, den Wirkungs- werth des Titers zeitweilig zu bestimmen. Man hält

sich deshalb

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Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens. 115

2) Eine Eisenchloridlösung von bekanntem Gehalte vorräthig, welche man nach Fresenius durch Auflösen von 10,03 Grm. Clavierdraht, entsprechend 10,00 Grm. reinem Eisen in Salzsäure und chlorsaurem Kali und Verdünnen auf 1 Liter darstellt. Zu jeder Titer- bestimmung misst man 10 CC. dieser Normallösung ab, welche 100 Mgrm. Eisen entsprechen.

3) Um die Beendigung der Reduction mit Schärfe beobachten zu können, bedient«man sich einer Auflösung von Schwefeleyankalium in Wasser, von welcher man der zu untersuchenden Flüssigkeit wenige Tropfen zufügt und ihr dadurch die bekannte blutrothe Farbe ertheilt. Winkler verwendet gewöhnlich zu dem der Aufgabe entsprechenden Zwecke eine zehnprocentige Schwefel- eyankaliumlösung, die Gegenwart von zu viel Schwefel- cyankalium lässt die Erscheinungen undeutlicher hervor- treten.

Bei der Ausführung der volumetrischen Eisenbestim- mung mittelst Kupferchlorür selbst sind nur wenige Re- geln zu beobachten. Zunächst ist es anzurathen, die zu titrirende Eisenlösung gehörig angesäuert und in stark verdünntem Zustande unter die Bürette zu bringen. Eine Lösung, welche 100 200 Milligrm. Eisen enthält, ver- dünne man auf 500 und mehr Cubikcentimeter. Es ist dies zwar zum Gelingen der Operation nicht unbedingt nöthig, aber die Erscheinungen verlaufen weit klarer und deutlicher, als bei Anwendung concentrirter Flüssigkeiten. Beim Zusetzen der Schwefeleyankaliumlösung muss eben- falls eine gewisse Vorsicht beöbachtet werden. Es ist vollkommen hinreichend, wenn man 4—5 Tropfen der obengenannten Schwefeleyankaliumlösung zur Eisenlösung setzt; beim Zutröpfeln des Kupferchlorürs erfolgt dann das Verbleichen der rothen Farbe mit seltener Schärfe und erst, wenn alles Eisen zu Oxydul geworden ist, be- wirkt die nächste Tropfung eine bleibende, sanfte Trü- bung.

Es lag im Interesse der Wissenschaft, die durch Kupferchlorür zu Oxydul reducirte Eisenlösung mittelst Zusatz titrirten Chamäleons wieder in Oxyd überzufüh- ren, um auf diese Weise eine Controlanalyse zu erhalten. Dieses ist jedoch nicht ausführbar, da die vorhandene Rhodanwasserstoffsäure durch das übermangansaure Kali in Cyanwasserstoff und Schwefelsäure übergeführt und dadurch ein bedeutender Mehrverbrauch an Chamäleon veranlasst wird. Ebenso wirkt die in der Flüssigkeit

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116 Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens.

anwesende erhebliche Menge Chlorwasserstoffsäure zer- setzend auf das übermangansaure Kali, weshalb man nicht minder falsche Resultate erhält, wenn man der Eisenchloridlösung, statt Schwefeleyankalium, Jodkalium zusetzt, um die nach erfolgter Reduction auftretende Aus- scheidung von Kupferjodür als Indicator zu benutzen. Beim Zurücktitriren mittelst Chamäleon macht sich dann ein deutlicher Chlorgeruch bemerkbar und man erhält viel zu hohe Gehalte.

Die Gegenwart gefärbter Metallverbindungen, z. B. der Salze des Kobalts, Nickels, Kupfers u. s. w., hindert durchaus nicht die sichtbare Wahrnehmung der End- erscheinung, wenn die Flüssigkeit hinreichend verdünnt ist. Eben so wenig stört die Anwesenheit von Arsen- säure, da diese nicht durch Kupferchlorür redueirt wird. Hieraus ist ersichtlich, dass diese Methode für den Hüt- tenmann von Wichtigkeit ist, um auf die vorgeschrie- bene Weise in kurzer Zeit den Eisengehalt eines Steines, einer Speise oder eines andern Productes schnell und richtig zu erfahren.

Belege.

1) Je 10 C.C. einer Eisenchloridlösung, entsprechend 0,098 Grm. Fe, wurden mit viel concentrirter Kobalt- oder Nickelchlorürlösung versetzt und dadurch stark ge- färbt. Dieselben Versuche wurden unter Anwendung von viel Arsensäure gemacht.

1 C.C. Kupferchlorür entsprach 6,0 Milligrm. Fe.

Angewendet Verbraucht Gefunden Differenz

(Grm. Grm. a) 0,098 Fe viel CoÜl 16,3 0.C. 0,0978 Fe 0,0002 b) 0,098 Nill 16,4 0,0984 0,0004

ec) 0,098 CoClu. As05— 16,3 0,0978 0,0002 d) 0,098 NiClu. As05 16,3 0,0978 0,0002 2) 1 Grm. kobalt- und nickelhaltige Speise wurde gelöst, die Lösung verdünnt und titrirt. 1 C.C. Kupferchlorür entsprach 5,9 Mgrm. Fe. Es wurden verbraucht: a) 15,6 G.C.\ NEON N Te 9,204 Proc. Fe. Die Bestimmung durch Gewichtsanalyse ergab —= 9,210 Proc. Fe. Diese Ergebnisse geben zu ihrer Verwendung nicht allein in der Technik, sondern auch bei wissenschaft-

AD en Haltbarkeit einer sauren Lösung der arsenigen Säure. 117

lichen Untersuchungen, die beste Hoffnung. (Journ. für prakt. Chemie. Bd. 95. 7.) B.

Tellar

findet sich in Südamerika im Staate Bolivia auf dem Berge Illampu, 15,000 Fuss über dem Meere, zu 5 Proc. in einem Wismutherze. Dieses wird bergmännisch ge- wonnen, so dass auch das Tellur, ein bis jetzt höchst seltenes Metall, jetzt allgemeiner zugänglich werden wird. (Phrios. Mag.)

In geringer Menge finden sich Tellurerze zu Offen- banya, Salathna, Nagyag in Siebenbürgen, zu Schemnitz in Ungarn, auf der Sawodinsky-Grube am Altai, zu Spott- sylvanıa in Virginien vor. Aber auf der Stanislaus-Grube in Californien sind diese Erze so massenhaft, dass ein eigener Schmelzprocess darauf betrieben werden kann. Nach dem Berichte von Mathewson finden sich etwa 24 Stunden von St. Franzisco in dem Calaveras-Gebiete, zwischen dem Stanislaus River und dem Albany Hill, auf 3 Meilen Länge und 1 Meile Breite, eine grosse An- zahl Erzgänge und Lager in metamorphosirtem Schiefer. Dieser ist von mächtigen Serpentinmassen durchsetzt, welche fast alle die Mineralien enthalten, welche am Fusse des Nevada Range vorkommen. Die wichtigste Erzablagerung wird durch die Stanislaus-Mine abgebaut, wo die Erze der Hauptsache nach aus Tellurgold und Tellursilber bestehen, begleitet von goldreichem Schwe- felkies und Spuren von Bleiglanz und” Kupferkies. Nach Stetefeldt enthält das Erz der Grube hauptsächlich Sylvanit oder Schrifttellur, bestehend aus 59,6 Tellur, 25,5. Gold, 13,9 Silber, ferner geringe Mengen Tellurblei neben gediegen Gold. Bei dem grossen Werth der Erze und der Gefährlichkeit der Tellurdämpfe hat man hier. mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Amalga- mationsverfahren kann man nicht anwenden, weil das Gold meistentheils durch Tellur vererzt ist und der Ge- halt an Tellurblei störend wirkt. Dr. Reich.

Grosse Haltbarkeit einer sauren Lösung der arseni- nigen Säure.

Eine im Jahre 1857 von Wittstein bereitete salz- saure Lösung der arsenigen Säure (1 Liter), welche in einer mit Korkstöpsel verschlossenen Flasche aufbewahrt

N RR. Pa

118 Verhalten des Kupfers u. Silbers zu Säure-Auflösungen.

wurde, zur Prüfung des Chlorkalks auf seine Bleichkraft nach Gay-Lussac, erwies sich nach der Prüfung im September 1865, also nach einer Dauer von 8 Jahren, noch unverändert in seinem Gehalte an arseniger Säure.

Die Prüfung geschah auf folgende Weise. Der dritte Theil des Restes der Lösung wurde mit schwefelsaurer Magnesia und Salmiak versetzt, mit Ammoniak übersät- tigt und mit einem Glasstabe fleissig umgerührt, es trat aber selbst binnen mehren Stunden nicht die mindeste Trübung ein. Am folgenden Morgen hatten sich zwar einige leichte Flocken abgesetzt; diese waren aber keine arsensaure Ammoniak-Magnesia, sondern Magnesiahydrat, denn sie lösten sich in Salmiaklösung vollständig auf.

Die salzsaure Lösung der arsenigen Säure gehört mithin zu denjenigen Titrir-Flüssigkeiten, welche ihre ursprüngliche Beschaffenheit auf lange Zeit, vielleicht auf

immer beibehalten eine für die Massanalyse nicht un- wichtige Thatsache. (Wittst. Vierteljahrsschr. Bd. 15. 1.) EBENEN NER B.

Ueber das Verhalten des Kupfers und Silbers zu den Auflösungen der arsenigen, selenigen und phos- phorigen Säure.

Reinsch hat früher schon nachgewiesen, dass das metallische Kupfer für die schweflige Säure das em- pfindlichste Reagens ist und dass die Schwärzung des Kupfers, welche man öfters wahrnimmt, wenn dasselbe mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure gekocht wird, häufig von einem geringen Gehalt an schwefliger Säure herrührt. Diese Reaction könnte leicht zur Ver- muthung Veranlassung geben, als ob jene Säuren mit Arsenik verunreinigt seien; allein das Verhalten des durch schweflige Säure mit Schwefelkupfer überzogenen Kupfers beim Glühen in einer Glasröhre ist so bestimmt und sicher, dass eine Verwechselung des durch arsenige Säure und schweflige Säure entstandenen Beschlages ganz un- möglich ist; erstere verflüchtigt sich nämlich beim Er- hitzen des Probedrahts in einer Glasröhre vollständig als arsenige Säure und legt sich an die Wände derselben in Form eines krystallinischen Pulvers, während das Kupfer glänzend hell metallisch erscheint; der durch schweflige Säure hervorgebrachte Beschlag dagegen bleibt unver- ändert und fest auf dem Kupfer sitzen.

Reinsch hat gleichfalls früher gezeigt, dass sich

U Y 2 5 5 7 N EA A TE MR 7 SEN .\ > Ip." De erekeung von Antimon durch die Löthrohrprobe. 119

das Kupfer gegen eine mit Salzsäure angesäuerte Lösung von antimoniger Säure ganz so wie gegen die arse- nige Säure verhält. Da aber jetzt auch zuweilen Salz- säure und Schwefelsäure mit seleniger Säure verun- unreinigt vorkommen, so wurde auch das Verhalten des Kupfers gegen letztere geprüft.

Kocht man einen blanken Kupferdraht in verdünn- ter Salzsäure und setzt hierauf einen Tropfen seleniger Säure hinzu, so wird das Kupfer sogleich schwarz be- schlagen; lässt man die Flüssigkeit einige Zeit über dem Kupfer stehen, so färbt sie sich hellroth von ausgeschie- denem Selen. Bringt man hierauf den mit Selenkupfer beschlagenen Kupferdraht aus der Flüssigkeit, so blättert sich der Beschlag leicht ab; erhitzt man dann den Draht in einer Glasröhre, so erhält man einen metallisch glän- zenden schwarzen Beschlag von Selenkupfer und das Kupfer erscheint nach dem Glühen dunkelbleigrau. Ganz so verhält sich ein Silberdraht. Gegen schweflige Säure verhält sich der Silberdraht genau wie der Kupferdraht und ist ein eben so empfindliches Reagens wie letzterer auf schweflige Säure.

Bringt man in verdünnte Salzsäure ein Stück Kupfer- draht und Silberdraht, erhitzt zum Kochen und setzt nun einen Tropfen gelöster verdünnter arseniger Säure zu, so beschlägt sich das Kupfer sogleich mit Arsenik, während das Silber glänzend hell erscheint; erst nach längerem Kochen der Flüssigkeit wird das Silber mit einzelnen graulichen Arsenikflecken bedeckt. Dieses Verhalten ist sehr geeignet, um arsenige Säure und schweflige Säure in einer Flüssigkeit nachzuweisen.

Gegen Antimon verhält sich das Silber in einer mit Salzsäure angesäuerten Lösung wie gegen Arsenik.

(N. Jahrb. für Pharm. Bd. 25.) B.

Nachweisung von Antimon durch die Löthrohrprobe.

Nach E. J. Schapmann wird die Probe in einem beiderseitig offenen Glasrohre geglüht, die Stelle, an wel- cher sich das weisse Sublimat angesetzt hat, mit der Feile abgeschnitten und in einem Probirgläschen in wäs- seriger Weinsäurelösung vorsichtig erhitzt, wodurch sich wenigstens ein Theil des Sublimats löst. Dann schmilzt man eine geringe Menge zweifach-schwefelsauren Kalis mit etwas Borax gemengt auf Holzkohle in der Reduc- tionsflamme, löst die Hepar von der Kohle, bringt die-

120 Krystallisirtes Antimonoxyd und dessen Verbindungen.

selbe in ein Porcellanschälchen und benetzt sie mit eini- gen Tropfen der weinsauren Lösung des Sublimats. Die Entstehung eines orangefarbenen Niederschlages ist ein Beweis für Antimon. Arsen würde sich ebenso verhal- ten, doch ist der Niederschlag durch seine hellgelbe Farbe sofort vom Antimonniederschlage zu erkennen. (Polyt. Journ. Bd. 179.)

Ueber das krystallisirte Antimonoxyd und dessen Verbindungen.

Verbrennt man nach Terreil metallisches Antimon oder röstet man Schwefelantimon, so entsteht Antimon- oxyd nur in prismatischer Krystallform. Octaädrisches Oxyd entsteht nur bei vorsichtiger Sublimation des Anti- monoxyds in nicht oxydirenden Gasen. Behandelt man prismatisches Antimonoxyd mit Schwefelammonium, so färbt es sich schnell rothbraun und löst sich langsam auf. Dagegen bleiben die octa@ödrischen Krystalle in demsel- ben Reagens vollkommen weiss und glänzend, sobald man sie nicht vorher zu einem feinen Pulver zerrieben hat. Das prismatische Oxyd löst sich auch viel leichter in Säuren und Alkalien, als das octaödrische. Die Dich- tigkeit des ersteren bei 150 ist 3,72, die des zweiten 5,11. Damit stimmt die Dichtigkeit der natürlichen Oxyde überein, indem A. Terreil durch Versuche sich über- zeugte, dass dem natürlichen prismatischen Oxyd (aus Algier) die Dichte 3,70 und dem natürlichen octaedri- schen Oxyd (ebenfalls aus Algier) die Dichte 5,0 zu- kommt. Die krystallinischen Niederschläge, die sich aus alkalischen Lösungen des Antimonoxyds bilden, sind Ver- bindungen des letzteren mit Alkali. Terreil untersuchte ein neutrales Salz: NaO, SbO3, 6 HO und ein saures NaO, 38Sb03-+2HO. Beide Salze erschienen in kleinen oc- taöädrischen Krystallen, die Polarisationserscheinungen zei- gen. Das neutrale Salz wird durch Schwefelammonium nicht verändert, während letzteres das saure Salz augen- blicklich zersetzt und vollkommen auflöst. Die Lösung des neutralen Salzes wird durch Silberoxyd weiss gefällt, welches in verdünnter Salpetersäure löslich ist. Die Lösung des neutralen Salzes wird durch Schwefelwasser- stoff gelb gefärbt, aber nicht gefällt, wenn man sie vor- her nicht sauer gemacht hat. Eisenoxydsalze werden durch die Lösung dieses Salzes gelblich-weiss gefällt, essigsaures Bleioxyd weiss, schwefelsaures Kupferoxyd

% \ Zinkfabrikation. 121

bläulich-weiss. Alle diese Niederschläge sind in Salpe- tersäure löslich. (Compt. rend. T.62. Bull. de la Soc. chim. Chem. Centrbl. 1866. 17.) B.

Die Zinkfabrikation

ist in steter Zunahme begriffen und es werden die Rheinpro- vinz so wie Westphalen in nicht zu ferner Zeit Schlesien in dieser Hinsicht erreicht haben. Die bedeutendste Production hat die Actiengesellschaft für Zinkfabrikation in Stollberg beiAachen und in Westphalen, so wie die aus belgischen Actionären gebildete Gesellschaft Altenberg zu Moresnet bei Eupen, die jüngst bei Gelegenheit der Besprechung des sogen. neutralen Gebiets in öffentlichen Blättern ge- nannt worden ist. Auf der Zinkkütte zu Moresnet wur- den 1864 aus 605,503 Ctr. rohen Erzen 428,919 Ctr. rohes Galmei dargestellt und dann aus 82,405 Citr., die an Ort und Stelle verhüttet wurden, 33,754 Ctr. Roh- zink gewonnen. Die Gesellschaft hat Gruben in der Gegend von Bensberg erworben, die in den letzten Jah- ren stark ausgebeutet wurden. Im Jahre 1861 wurden im Kreise Mühlheim 50,244 Ctr. Bleierze und 260,298 Ctr. Zinkerze gewonnen. Im Jahre 1864 ist die Production gestiegen. Es wurden in den rechtsrheinischen Kreisen des Oberbergamtsbezirks Bonn auf 30 Gruben mit einer Gesammtbelegschaft von 2236 Arbeitern 710,867 Cir. Blende im Werthe von 361,546 Thlr. gewonnen gegen 632,002 Otr. im Werthe von 264,374 Thlr. im Jahre 1863. An dieser Production participiren vorzugsweise die Re- viere Deutz mit 367,179 Ctr. oder 51,3 Proc., Unkel mit 58,489 Ctr. oder 8,2 Proc. Bensberg gehört zum Revier Deutz und kommt die Mehrzahl der Blendebeförderung auf die Gruben der Altenberger Gesellschaft, obgleich auch die Gesellschaft Saturn in Cöln in der Nähe von Bensberg und Owerad einige Gruben hat. Die bedeu- tendste Blendebeförderung des Reviers Deutz hatten die Gruben Blücher mit 125,656 Ctr., Lüderich mit 85,711 Ctr., Berzelius mit 44,600 Otr., Apfel mit 43,060 Otr., Leopold v. Buch mit 17,307 Ctr., Washington mit 17,300 Otr., Castor und Pollux mit 11,901 Otr., Weiss mit 11,816 Ctr. Der Durchschnittswerth des Centners Blende stieg von 14 Sgr. 10,44 Pf. im Vorjahre auf 19 Sgr. 11 Pf. in 1864. (bl. für Hdl. u. Gewbe. 1866.) B.

122 Ueber das Indium.

Ueber eine natürliche Verbindung von Tinkoxyd, Ammoniumoxyd und Wasser.

Beim Auswässern einer Abtrittsgrube bemerkten die Arbeiter auf einem Ziegelsteine des Gemäuers viele glän- zende Spitzen. Der Ziegelstein hatte, da er gänzlich mit Schwefeleisen imprägnirt war, ein schwarzes Ansehen. Eine seiner Flächen war gelblich-weiss, mit grossen Kry- stallen bedeckt, welche gerade rhombische Prismen bil- deten. Beim Erhitzen entwickelten sie Wasser und Am- moniak und hinterliessen Zinkoxyd.

Die Analyse ergab nach Malaguti: berechnet

Zinkoxyd..... 48,000 = 2 ZnO 47,87 Ammoniak.... 12,55 = H?N 12,62 Wasser... 3945 —= 6HO 30,51

100,00 100,00.

Die Formei dieser Verbindung, welche Malaguti trotz mancherlei Versuchen künstlich darzustellen nicht im Stande war, würde demnach

2 ZmO, H3N, 6 HO sein. (Compt. rend. T.62. Chem. Centrbl. 1866. 87.) B.

Ueber das Indium

hat Schrötter der Wiener Akademie folgende Mit- theilungen gemacht. Die Lage der beiden charakteristi- schen Linien des Indiums wurde durch unmittelbare Ver- gleichung des Indium - Spectrums mit dem der Sonne bestimmt. Jenes wurde auf die bekannte Art mittelst der Rühmkorff’schen Inductionsspirale und eingeschalteter Leidener Flaschen erzeugt. Es stellte sich heraus, dass die prächtige blaue Indiumlinie mit keiner dunkeln Linie des Sonnenspectrums zusammenfällt, dass somit nach Kirchhoff’s scharfsinniger Deduction in der Sonnen- atmosphäre kein Indium enthalten ist. Diese blaue Linie entspricht nach der Kirchhoff’schen Bezeichnung genau der Zahl 2523. Die zweite violette Indiumlinie liegt zwischen G und H, also in dem Theile des Spectrums, der von Kirchhoff gemessen wurde; sie fällt mit einer starken Frauenhofer’schen Linie zusammen, die auch auf der Photographie des Sonnenspectruns von Ruther- furd sehr scharf ausgedrückt ist. Um die Lage dieser Linie näher zu bestimmen, wurden, nachdem die drei 60grädigen Prismen des Apparates für die Linie G (2854,8)

Ueber das Indium. 123.8

in die Minimalstellung gebracht waren, mittelst der Mikro-

meterschraube die Distanzen der drei bekannten Linien

(2670), (2574) gemessen. Hieraus ergab sich der Werth einer Umdrehung der Mikrometerschraube in Millimetern. Wurde nun in gleicher Weise von G bis zur violetten Indiumlinie und bis zu den Linien H und H! strecken- weise gemessen und immer wieder die Minimumstellung der Prismen eingehalten, so ergab sich, dass nach der Kirchhof’schen Scala der violetten Indiumlinie nahezu die Zahl 3265,8, der Linie H die Zahl 3582 und der Linie H! die Zahl 3677 entspricht. Nahe dasselbe Ver- hältniss in den Distanzen stellt sich auch heraus, wenn man die Lage der genannten Linien in der Rutherfurd- schen Photographie des Sonnenspectrums misst.

Ausser den beiden angeführten Linien waren im Spec- trum des Indiums noch eine Anzahl anderer Linien sicht- bar, die jedoch theils den Gasen der Atmosphäre, theils dem Eisen und dem Zink angehören, von denen, wie es scheint, noch Spuren in dem verwendeten Indium ent- halten waren, worüber spätere Versuche Aufschluss brin- gen werden.

Obwohl die neueste Bestimmung des Indium-Aegui- valents von ©. Winkler ziemlich genau sein dürfte, so hielt es Schötter doch für nöthig, auch noch auf einem andern Wege die Grösse desselben zu bestimmen. Er wählte hierzu das Schwefelindium. Nach seiner Ansicht zeigt das Indium die grösste Aehnlichkeit in allen seinen Beziehungen mit dem Cadmium, neben welchem es, seinem elektrischen Verhalten nach, als elektronegativ zu stehen kommt. Das Schwefelindium besitzt zur Bestim- mung des Aequivalentes die sehr günstige Eigenschaft, sich durch Chlorwasserstoff schon bei gewöhnlicher Tem- peratur unter Abscheidung von Schwefelwasserstofl voll- ständig in Indiumchlorid zu verwandeln. Dieses kann, obgleich höchst hygroskopisch, unter Beobachtung gewis- ser Bedingungen doch genau gewogen werden und über- dies lässt sich der Schwefelgehalt zur Controle genau bestimmen, indem man das entweichende Schwefelwasser- stoffgas durch eine Eisenoxydlösung leitet und die da- durch gebildete Menge des Eisenoxyduls durch Titriren bestimmt. Das Schwefelindium wird, gegen die bisheri- gen Angaben, aus jeder gehörig verdünnten und nur wenig freie Säure enthaltenden Indium- lösung durch Schwefelwasserstoff gefällt und seine Farbe ist von der des Schwefeleadmiums

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124 Indium im Ofenrauch der Zink-Röstöfen zu Juliushütte.

nicht zu unterscheiden. Die Angaben über die numerischen Bestimmungen sind noch nicht zum Ab- schlusse gelangt. (Ber. d. Wien. Akad. Journ. für prakt. Chemie. Bd. 95. 7.) B.

Ueber das Vorkommen von Indium im sogen. Öfen- rauch der Zink-Röstöfen auf Juliushütte bei oslar a. H.

Böttger erhielt vom Hüttenmeister Siegemann, Betriebsdirector der Herzogl. Braunschweigschen Julius- hütte unweit Goslar am Harz, vor Kurzem eine nicht unbedeutende (circa 200 Pfund betragende) Quantität von dem in den Schornsteinen dortiger Zink-Röstöfen sich ansammelnden Ofenrauch, einem überaus leichten, grau- schwarzen Flugstaube, in welchem nach einer vorläufig damit vorgenommenen chemischen Behandlung, spectral- analytisch deutliche Spuren von Indium erkannt werden konnten. Ausserdem liessen sich nicht unerhebliche Quan- titäten schwefligsaurer Verbindungen, desgl. Verbindun- gen von Kupfer, Eisen, Zink, Cadmium, arseniger Säure und Thallium darin nachweisen.

Um nun das Indium daraus auf eine möglichst wohlfeile Weise zu gewinnen, schlug Böttger die ver- schiedensten Wege ein und fand in der Oxalsäure ein Mittel, das vorgesteckte Ziel glücklich zu errei- chen. 6—8 Pfund ÖOfenrauch werden mit gewöhnlicher roher Salzsäure in reichlicher Menge in einer geräumi- gen Porcellanschale überschüttet und circa Y/, Stunde lang unter Umrühren damit gekocht, der ganze Inhalt der Schale sodann auf ein grosses Leinwandfilter gebracht und die durchlaufende Flüssigkeit, nach längerem ruhi- gem Stehen, nochmals durch Leinwand filtrirt, um sie möglichst klar zu erhalten. In diese stark saure Flüs- sigkeit wirft man nun eine Anzahl gewöhnliche, möglichst dicke Zinkblechtafeln, rührt von Zeit zu Zeit um und lässt so die Einwirkung des Zinks bei mittlerer Temperatur eirca 6 Stunden andauern. Nach Ablauf dieser Zeit hat die Wasserstoffgasentwickelung aufgehört, alle durch das Zink fällbaren Metalle haben sich in Ge- stalt eines sammetschwarzen Pulvers theils auf dem Bo- den der Porcellanschale, theils den Zinkblechtafeln fest

anhaftend, aus der Flüssigkeit abgeschieden. Jetzt ent-

fernt man durch Decantiren die über dem Zink stehende Flüssigkeit, sammelt das sammetschwarze, zarte Metall- pulver auf einem doppelten Papierfilter und süsst es hier

m im Ofenraue' der Zink-Röstöfen zu Juliushütte. 125

so lange mit siedendem Wasser aus, bis die ablau- fende Flüssigkeit durch Schwefelammonium nicht im Mindesten mehr auf Eisen reagirt. Hierauf kocht man das schwarze, aus Kupfer, Arsen, Cadmium, Thallium und Indium bestehende Metallpulver mit einer concentrirten Lösung gewöhnlicher käuflicher Oxalsäure, verdünnt die heisse Flüssigkeit mit einer reichlichen Menge destillirten Wassers und filtrirt. Die ablaufende, aus cadmium- und thalliumhaltigem oxalsauren Indiumoxyd bestehende Flüssigkeit ver- setzt man mit einem Ueberschuss von Aetzammoniak- flüssigkeit; der dadurch entstehende schleimige, grau- weisse Niederschlag von Indiumoxydhydrat wird einige Mal mit Ammoniakflüssigkeit ausgekocht und dann mit heissem Wasser so lange ausgesüsst, bis derselbe keine Spur der Thalliumlinie im Spectralapparate mehr zu erkennen giebt; dann erweist er sich zugleich als cadmiumfrei und lässt in diesem Zustande die intensiv blaue Indiumlinie sehr brillant hervortreten.

Sollten indess wider Erwarten dem Indiumoxyd- hydrate noch Spuren von Eisenoxyd anhaften, dann ist es nöthig, solche nach dem von ©. Winkler angegebe- nen Verfahren daraus zu entfernen, indem man das be- treffende Hydrat in Salzsäure löst, die Lösung in der Siedhitze so lange mit schwefligsaurem Natron be- handelt, bis alles Eisenoxyd in Öxydul übergeführt ist und dann die erkaltete Lösung mit frisch gefälltem koh- lensaurem Baryt, unter gleichzeitigem” Einleiten von Kohlensäure einige Minuten lang umrührt. Da der kohlensaure Baryt das Indiumoxyd aus seiner - Lösung vollkommen niederschlägt, so besteht -schliesslich der ab-

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filtrirte, mit kaltem Wasser gehörig ausgesüsste Nieder- schlag nur aus kohlensaurem Indiumoxyd und überschüs- sigem kohlensauren Baryt. Wird derselbe hierauf mit verdünnter Schwefelsäure einige Zeit lang digerirt und die von dem sich bildenden schwefelsauren Baryt abül- trirte Lösung des schwefelsauren Indiumoxyds mit Am- moniak versetzt, so gewinnt man ein chemisch reines Indiumoxydhydrat, aus welchem sich nach dem von Reich und Richter in Freiberg befolgten Verfahren das reine Metall mit Leichtigkeit darstellen lässt.

Die Nachweisung von Indium, des bisher nur in Freiberger Zinkerzen vorgefundenen und daraus gewon- nenen Metalles, in dem erwähnten, völlig werthlosen Hüt- tenproducte dürfte vielleicht den einen oder andern Che-

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126 Gewinnung des Thalliums. Reactionen des Thalliums.

miker veranlassen, noch weitere Versuche mit ähnlichen Abfällen anderer auf Verarbeitung von Zinkerzen ange- wiesener Fabriken anzustellen. Die Ausbeute des mehr- genannten Ofenrauches an Indiumoxyd ist eine nicht ganz unerhebliche, indem sich dieselbe im Durchschnitt recht gut auf U, Proc. anschlagen lässt. (Polyt. Notizbl. 1866. 12.) B.

Einfache Gewinnung des Thalliums.

Auf dem grossen Zinkvitriolwerke zur Juliushütte bei Goslar am Unterharz versiedet man eine aus Rammels- berger Kiesen gewonnene Lauge, die so reich an Thal- hium ist (in 100 Th. Lauge 0,050 Chlorthallium), dass man dieses Metall mit Leichtigkeit pfundweise daraus darstel- len kann. R.Bunsen empfiehlt hierzu folgende Methode.

Man senkt Zinkbleche in die kalte Lauge ein und schlägt auf diese Weise das Kupfer, Kadmium und Thal- lium als Metallpulver nieder, wäscht dann dasselbe mit Wasser aus und digerirt es hierauf mit Wasser, dem man von Zeit zu Zeit etwas Schwefelsäure zusetzt. Thal- lium und Kadmium. lösen sich leicht unter Wasserstoff- entwickelung auf, das Kupfer bleibt zurück. Aus der schwefelsauren Lösung fällt man schliesslich mittelst Jod- kaliums chemisch reines Jodthallium, das sich leicht durch Decantation auswaschen lässt. 1 Cubikmeter Lauge giebt 0,6 Kilogrm. Thallium. (Ann. d. Chem. u. Pharm. OXXXID. 108 111.) @.

Scott hat im Sande der Alunbai auf der Insel Wight viel Thallium gefunden, so dass dieses Metall wohl bald billiger werden wird. (Ann. de Chim. et de Phys.)

Dr. Reich.

Reactionen des Thalliums.

Ueber das Verhalten der Thalliumoxyde, des Thal- liumoxyds TIO und des Thalliumtrioxyds TIO3, zu den verschiedenen Reagentien liegen specielle Angaben von M. Hebberling vor, von denen wir hier nur folgende Reaction mittheilen wollen, welche zur Erkennung klei- ner Mengen eines Thalliumoxydsalzes die geeigneteste ist.

Jodwasserstoffsäure und lösliche Jodmetalle erzeugen in selbst sehr verdünnten Lösungen der Thalliumoxydul-

salze einen Niederschlag von Thalliumjodür, T1J; dasselbe

Ueber die Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds. 127

hat im Augenblick der Fällung eine orangegelbe Farbe, die aber schon nach wenigen Minuten oder sogleich beim Kochen rein gelb wird. Auch aus einer heiss gesättig- ten Lösung scheidet es sich beim Erkalten orangegelb ab, um bald in die gelbe Modification überzugehen. Das Jodthallium löst sich bei 160 —170 in 11676 Th., bei 1000 in 804 Th. Wasser; 98procentiger Weingeist löst noch kleinere Mengen auf. Die Reaction ist so scharf, dass eine neutrale Lösung, welche in 1 ©.C. nur 0,0000105 schwefelsaures Thalliumoxydul enthält, mit Jodkalium noch eine sichtbare Fällung giebt. Ist die Lösung sauer, so tritt nur gelbe Färbung ein; bei alkalischer Reaction erfolgt weder eine Fällung noch eine Färbung. Schwe- felwasserstoff erzeugt bei dieser Verdünnung keine sicht- bare Reaction. Obwohl das Thalliumplatinchlorid bei mittlerer Temperatur etwas schwerer löslich ist als das Thalliamjodür, so ist doch wegen der blassgelben Farbe des Platinniederschlages die Reaction mit Jodkalium em- pfindlicher und zur Erkennung kleiner Mengen eines Thalliumoxydsalzes vorzuziehen. Kin Ueberschuss von Jodkalium erhöht die Löslichkeit des Thalliumjodürs in Wasser nicht, ein grosser Ueberschuss von Jodkalium scheint sogar die Löslichkeit eher zu verringern. (Ann. der Chem. u. Pharm. OXXXIV. 11-— 23.) {

Ueber die Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds.

Die Verbindungen des Thalliumoxyds (TlO) mit Säu- ren sind schon grossentheils genauer untersucht worden, während von den Verbindungen des Thalliumhyperoxyds nur wenig bekannt ist. Einige dieser Salze hat A. Stre- cker genauer beschrieben.

Thalliumhyperoxyd —= TIO3, wurde dargestellt durch Zusatz von unterchlorigsaurem Natron zu einer Lösung von Thalliumchlorür in kohlensaurem Natron. Es ist ein brauner Niederschlag.

Schwefelsaures Salz, farblose, dünne Blättchen, lufttrocken T103, 3503 7 HO, bei 2200 getrocknet TIO3, 3S03 +. HO.

Schwefelsaures Natron-Doppelsalz Na0, SO3 -+- TIO3, 3503. Farblose Krystallnadeln.

Schwefelsaures Kali-Doppelsalz 2(KO,SO3) + T103, 2 SO3. Farblose Krystalle, welche durch Wasser oberflächlich braun werden, in verdünnter Schwefelsäure schwer löslich.

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128 Fluorthallium.

OÖxalsaures Ammoniak-Doppelsalz = H?NO, C203 + TIO3, 3C?03 +6HO. Schwerer weisser Nieder- schlag, in kaltem Wasser ganz unlöslich, beim Kochen mit Wasser unter Kohlensäureentwickelung sich auflösend. Beim Erhitzen des Salzes in der Glasröhre wird das Me- tall reducirt.

Salpetersaures Salz TlO3, 3NO5 + 6HO. Farblose, gut ausgebildete Krystalle, die durch Wasser unter Abscheidung von braunem Thalliumoxyd sogleich zerlegt werden.

Das weinsaure Salz wird durch Kochen einer Lö- sung von Weinsäure mit Thalliumhyperoxyd erhalten. Es ist krystallinisch.

Das chromsaure Salz besteht aus einem gelben Niederschlage, der sich mit Wasser zersetzt. Mit Fer- rocyankalium giebt das salpetersaure Salz einen zei- siggrünen, mit Ferrideyankalium einen gelben Nie- derschlag, beide in verdünnter Salpetersäure unlöslich.

Phosphorsaures Natron giebt in der schwefel- sauren Lösung einen schleimigen Niederschlag, der sich beim Abkochen der Flüssigkeit etwas gelb färbt.

Da sich hieraus ergiebt, dass die Verbindung T1O3, ganz wie TIO, eine entschiedene Salzbasis ist, so ist der Verf. selbst der Ansicht, dass man jenes soge- nannte Thalliumhyperoxyd besser Thalliumoxyd und das zeitherige Thalliumoxyd besser Thalliumoxydul nennen müsse. Was die Stellung des Thalliums in der Reihe der übrigen Metalle betrifft, so stimmt es in sei- nen Verbindungen mit Sauerstoff, so wie mit den Halo- genen zwar mit dem Golde überein, indessen zeigen andererseits die bekannten Analogien mit dem Blei und mit den Alkalimetallen, so wie auch wiederum die Abweichungen von allen andern Metallen, dass das Thal- lium in keine der jetzt angenommenen Familien der Me- talle eingereiht werden kann. (Ann. der Chem. u. Pharm.

CXXXV. 207—217.) G.

Das Fluorthallium

wird nach Max Buchner erhalten durch Auflösen von kohlensaurem Thalliumoxydul in wässeriger Fluor- wasserstoffsäure bis zur schwach sauren Reaction und Abdampfen der Lösung in einer Platinschale bis zur Trockne. Die Verbindung zeigt eine weisse Farbe und liefert, in Wasser gelöst und der freiwilligen Verdunstung

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Ueber Thalliumglas. 129

überlassen, zahlreiche Krystalle, die von der Mutterlauge getrennt und im Exsiccator getrocknet, folgende Eigen- schaften zeigen:

Die Krystalle sind farblos, von starkem Glasglanze, bilden Combinationen des Octaöders mit dem Hexaöder und sind in Wasser leicht löslich (1 Theil löst sich in 1%, Th. Wasser von 150C.). In Alkohol ist das Fluor- thallium nur schwer löslich. Die wässerige Lösung rea- girt alkalisch. Beim Erhitzen schmilzt das Fluor- thallium und verflüchtigt sich mit Hinterlassung einer farblosen krystallinischen Substanz. Das Sonnenlicht färbt es allmälig violett. Die Analyse ergab die Zusam- mensetzung TIF.

Gefunden. Berechnet. F 856 8,53 TI 91,42 91,47

99,98 100,00.

TIF 223.

Fluorthallium mit überschüssiger Fluorwasserstoffsäure

versetzt, hinterlässt beim Verdunsten über Schwefelsäure .

Krystalle von Fluorwasserstoff-Fluorthallium, die aus Com- binationen des Octaöders mit dem Hexaöder bestehen. Sie sind stark glänzend, luftbeständig, lösen sich in gleichem Gewicht Wasser und zerfallen über 1000C. erhitzt in HF und TIF. Ihre Zusammensetzung entspricht nach den analytischen Resultaten der Formel TIF,HF. (Journ. für prakt. Chemie. Bd. 96. Heft7. pag. 404—405.) C. Bl.

Veber Thalliumglas. Da die von Lamy dargestellten Thalliumalkoholate sich durch bedeutendes Brechungs- und Dispersions- vermögen auszeichnen, so hat Lamy jetzt versucht, im

gewöhnlichen Glase das Kali oder das Bleioxyd durch

Thalliumoxyd zu ersetzen, um auf diese Weise ein Glas mit grösserem Brechungsvermögen zu erhalten. Es ist dies vollständig gelungen. Bei dem ersten Versuche wurde aus 300 Th. Sand, 400 Th. reinem kohlensauren Thallion und 100 Th. kohlensaurem Kali ein leicht schmelzbares und leicht affinirbares Glas erhalten, aber die erkaltete Masse war nicht homogen. Die oberen Schichten im Tiegel waren weniger gelb, specifisch leichter und weniger reich

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds.1.u.2. Hft. . 9

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130 Vergiftung durch einen Bleigehalt von Mühlsteinen.

an Thallion, als die unteren. Eine zweite Probe wurde aus 300 Th. Sand, 200 Th. Mennige und 335 Th. kohlen- saurem Thallion bereitet. Das Gemenge schmolz leichter und liess sich leichter affiniren, als das vorige, das Glas war homogen und besass eine angenehme gelbe Farbe. Das spec. Gew. 4,235 und der Brechungsindex 1,71 (für den gelben Strahl) waren grösser, als bei allen bekannten Glassorten. Durch Veränderung der Thalliummenge er- hielt Lamy Glasarten, deren spec. Gew. 4,235 und 5,625 und deren Brechungsindex zwischen 1,71 und 1,965 schwankte. Aus diesen Versuchen schliesst Lamy 1) dass das Thallion das Kali besser, als Bleioxyd im Glase er- setzen kann; 2) dass das Thallion dem Glase eine gelbe Farbe ertheile; und dass 3) sich diese Eigenschaften un- zweifelhaft bei Darstellung gewisser optischer Gläser und künstlicher Edelsteine vortheilhaft verwerthen lassen wer- den. (Aus Bull. soc. chim. Ztschr. für Chemie. 1866.) B.

Vergiftung durch einen Bleigehalt von Mühlsteinen.

Maunoury und Salmon berichten über eine Ver- giftung von 300 bis 350 Personen, welche in mehren Dörfern der Umgegend von Chartres statt fand und woran 15 bis 20 dieser Personen starben. Diese Ver- giftung war durch den Genuss bleihaltigen Brod- mehls herbeigeführt worden, welches alle erkrankten Familien aus ein und derselben Mühle bezogen hatten. Die Untersuchung dieser Mühle liess auch bald die Ursache der Krankheit erkennen. An den mahlenden Flächen der Mühlsteine befinden sich nämlich je nach ihrer Qualität mehr oder weniger zahlreiche, grössere und kleinere, gru- bige Vertiefungen, welche von dem Müller ausgefüllt wer- den. In diesem Falle hatte der Müller, welcher die Mühle erst kurz vorher übernommen, zur Ausfüllung metalli- sches Blei benutzt, welches durch die Bewegung der Steine abgerieben wurde und sich dem Mehl beimengte. Die chemische Untersuchung des Brods und Mehls ergab die Gegenwart von Blei theils in metallischem Zustande, theils als kohlensaures und essigsaures Salz und zwar fanden sich ungefähr 5 Milligrm. Blei in je 500 Grm. Mehl. Nach Beseitigung des Bleies in der Mühle erlosch die Krankheit. (Der praktische Arzt.) B.

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Auffindung von Kupfer in thierischen Theilen. 131

Schlagloth für Hartlöthungen.

Ein vortreffliches Schlagioth für Hartlöthungen erhält man nach Kletzinsky, wenn man 4 Th.£Zinn und 6 Th. Wismuth zusammenschmilzt, in den heissen Metallfluss rasch 18 Th. Zink einträgt und nach erfolgtem Zusammenschmelzen 72 Th. Kupfer zusetz. Nach dem Klarschmelzen wird die Masse unter öfterem Umrühren mit einem Stahldrahte durch Eingiessen in Wasser gra- aulirt. (Bl. für Handel und Gewerbe. 1866.) B.

Chemische Untersuchung einer alten in Hindostan gefundenen Statue des Buddha.

Eine frisch blossgelegte Fläche dieser Statue, deren Alter sich auf circa 3500 Jahre schätzen lässt, zeigte eine dunkle Kupferfarbe; das spec. Gew. war 8,29. Die Analyse ergab:

Kupjer 00. 91,502 Bisen.... =... .2037, 7,591 Silber? a: 7.063 0,021 Re 0,005 Nickel Se aelsre u elWelts { S uren Mangan ......... (srbares Arsen: RE 0,079 Schwefel........ 0,510 Unauflösliches.. 0,292

100,00.

(Chem. News, No. 266. Chem. Centrbl.) B.

Ueber die Auffindung von sehr kleinen Mengen Kupfer in thierischen Theilen.

Nach den von W. Lossen ausgeführten vergleichen- den Versuchen in Folge der Arbeit von Ulex (Archiv der Pharmacie. Bd. 125. 8. 72—79), nach welcher Kupfer im Thierreiche überall vorhanden sein sollte, lassen die Angaben von Ulex als unrichtig oder mindestens als zwei- felhaft erscheinen.

Nach Lossen’s Ansicht ist Ulex dadurch zu diesem

falschen Schlusse geiangt, dass derselbe sich eines mes-

singenen Bunsenschen Brenners und eines Gestelles von Messing zu seinen Versuchen bediente, wodurch, wie Lossen durch seine Versuche sich überzeugt hat, Kupfer

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132 Bereitung von sogenanntem chromsauren Kupferoxyd.

von den Apparaten in die Asche gelangt sei. Lossen fand stets Kupfer, wenn er sich der Apparate von Messing bediente, bei Anwendung eines gläsernen Löthrohrs und eines gläsernen Brenners aber konnte kein Kupfer aufgefunden werden.

Aus Lossen’s Versuchen geht deshalb deutlich her- vor, dass bei Untersuchungen auf Kupfer in organischen Substanzen kupferne oder Kupfer enthaltende Apparate vermieden werden müssen. Ulex hat dies nicht gethan und es sind daher seine Versuche über den Kupfergehalt thierischer Substanzen völlig unbrauchbar. (Journ. für

prakt. Chemie. Bd. 96.) B. Alfenide besteht aus 59 Th. Cu, 30 Th. Zn und 10 Th. Ni mit Spuren von Eisen. (B.K. u. Gwbl.) HT

Ueber die Bereitung von sogenanntem chromsauren Kupferoxyd

giebt J. Stinde eine Methode, welche das billigste und einfachste Arbeiten zulässt. In einer grossen Stein- gut- oder Porcellanschale löse man unter Anwendung von Wärme 1 Th. doppelt chromsaures Kali in 20 Th. Wasser und gebe, wenn dasselbe gelöst ist, 2 Th. gepulverten Kupfervitriol hinzu. Man trägt Sorge, dass die Lösung des doppelt chromsauren Kalis nicht zu sehr abkühle, sondern erhalte sie während des Kupfervitriolzusatzes nahezu im Sieden, das verdampfte Wasser wird durch heisses ersetzt. Nach erfolgter Lösung des Kupfervitriols wird die Flüssigkeit mit einer concentrirten und vorher erwärmten Lösung von gewöhnlicher Soda versetzt. (1 Ge- wichtstheil Soda, 2 Th. siedendes Wasser). Die Soda- lösung wird in kleinen Portionen zu der zu fällenden Flüssigkeit gesetzt. Es entsteht sogleich bei dem Ein- giessen der Sodalösung ein brauner Niederschlag, der Anfangs wieder gelöst wird, später jedoch constant bleibt. Wenn auf Zusatz der Sodalösung kein Aufbrausen mehr erfolgt, ist die Fällung beendet. Die Schale bleibt nun kurze Zeit ruhig stehen, bis sich das chromsaure Kupfer- oxyd abgesetzt hat. Die überstehende Flüssigkeit wird mit einem kleinen Glasheber so weit wie möglich ab- genommen und der Niederschlag mit kochendem Wasser aufgerührt. Man wäscht mit siedendem Wasser behufs

Ein ergiebiges Quecksilberlager. 133

der Entfernung des durch Wechselzersetzung entstandenen schwefelsauren Kalis. Nach dreimaligem heissen Aus- waschen wird das heisse Wasser mit kaltem vertauscht. Man wäscht den Niederschlag 5—6mal aus, worauf der- selbe genügend rein ist, trocknet ihn durch gelindes Ein- dampfen zu einem dünnen Brei und versetzt diesen mit Ammponiakflüssigkeit von 0,91 spec. Gewicht.

Der Niederschlag von chromsaurem Kupferoxyd löst sich mit grosser Leichtigkeit in der Ammoniakflüssigkeit und man thut gut, nur sehr kleine Mengen des letzteren

auf einmal hinzuzufügen, da nur sehr wenig zur Lösung |

erforderlich ist und ein Ueberschuss an Ammoniak ver- mieden werden muss. Die resultirende, schön dunkel- grüne Lösung von chromsaurem Kupferoxyd- Ammoniak wird rasch durch Flanell filtrirt, auf 250 B. gebracht und in gut zu verkorkende Flaschen gefüllt. (Hamburg. Ge- werbeblatt. 1866.) B.

Bereitungsweise einer schönen grünen Kupferfarbe,

Vermischt man, nach W. Casselmann, eine siedend heisse Lösung von Kupfervitriol mit einer sie- dend heissen Lösung von essigsaurem Kali oder mit einer solchen von essigsaurem Natron, so entsteht ein basisches Kupferoxydsalz in reichlicher Menge; dasselbe ist in Wasser völlig unlöslich, anfangs von flockigem An- sehen, in kurzer Zeit indess eine fast körnige Beschaffen- heit annehmend und dann sich leicht absetzend. Es ist von hellgrüner Farbe und zeigt, wenn es getrocknet und verrieben ist, ein solches Feuer, dass es nach dem Schwein- furter Grün entschieden die schönste der unlöslichen Kupfer- verbindungen bildet, weshalb dasselbe gewiss als Farbe technische Verwendung finden wird. (Zischr. für analyt. Chemie.) {

Ein ergiebiges Quecksilberlager ist in Neu-Rhonard bei Olpe in Westphalen, Regie-

rungsbezirk Arnsberg, entdeckt worden. Es ist dort ein

seit dem Mittelalter berühmtes Kupferbergwerk, in welchem bei Bearbeitung eines Stollens auf Eisenstein das Queck- silbererz auftrat. In der Gegend finden sich reichliche Schwefelkiese; die jüngere Grauwacke wird von eigen- thümlichen Porphyren durchbrochen, die theils als Quarz- porphyr theils als Feldspathporphyr zu Tage treten; bei

won a ne ee Be re TERN ER 134 Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen Croup.

dem Quecksilberbergwerke Almaden in Spanien ist die gleiche Formation. Das Erz liegt 250 Fuss tief unter der Spitze eines Berges, der Boden ist auffallend scharlach- roth gefärbt und wird seit langer Zeit von den umwoh- nenden Leuten als Anstrichfarbe benutzt. Der Hütten- ofen ist nach pfälzischer Construction erbaut. Am 31. Januar 1865 wurden in Cöln die ersten 5000 Pfd. des bei Olpe gewonnenen Quecksilbers verkauft. Dr. Reich.

Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen Croup.

Bei einem 4jährigen, fast moribunden Kinde, bei dem mehre Aerzte nur noch die Tracheotomie als das einzige Rettungsmittel vorgeschlagen hatten, kam Schö- vers auf den Gedanken, ob nicht vorher die innere An- wendung grosser Dosen des Höllensteins durch seine die Exsudation beschränkende Wirkung am Platze wäre. Zum Schutze des Magens liess man dem Kinde vorher und gleichzeitig mit der Arznei einige Löffel Salzwasser nehmen. Die Arznei wurde in der Stärke von 1 Grm. Argent. nitric. auf 60 Grm. Ag. destill. verordnet, von der man das erste Mal 1}, Esslöffel voll und !/, Stunde darauf eben so viel gab; von da ab einen Kaffeelöffel voll alle 10 Minuten. Einige Stunden später war das Befinden der kleinen Patientin sehr geändert, sie schlief gut und wenn auch die Respiration noch sehr erschwert und croupös war, so war doch ruhige Lagerung vorhanden und der Puls von 140 auf110 gesunken. Von nun ab liess Schövers nur stündlich 10 Tropfen der Silberlösung reichen, dazwischen etwas Salzwasser trinken und das Krankenzimmer mit warmen Wasserdampf durchfeuchten. Nach zwei Tagen war der Zustand sehr befriedigend; zweimal war schwar- zer Stuhlgang mit weisslichen Flocken vermischt, erfolgt, ohne Leibschmerzen. Die Dyspno@ war fast ganz ge- schwunden, nur Lippen, Mund und Zunge waren mit einer weisslichen Membran bedeckt; aber das Verschlucken von Flüssigkeiten war ganz schmerzlos.. Nun wurde der Höllenstein ausgesetzt und nur das Salzwasser beibehalten. Das Kind bekam seinen Appetit bald wieder, die Mem- bran schälte sich bald los und innerhalb acht Tagen war totale Genesung eingetreten. (Oesterr. Ztschr. für prakt. Heilkunde.) }

= 3 =

Bothe’sches Glasversilberungsverfahren. 135

Verfälschung von Argentum nitricum fusum,

Ein von einem französischen Handelshause bezogener Höllenstein erregte durch sein dem Porcellanbisguit ähn- liches Aussehen, so wie durch eine erstaunliche Härte, die Aufmerksamkeit Andreä’s. Dieser Höllenstein war sehr weiss, zeigte keine Risse, weder der Länge noch der Quere nach und war von mattem Ansehen.

Da eine directe Bestimmung des Salpeters im ge- gebenen Falle weitläufiger und weniger genau als eine indirecte und der Silbergehalt beim Höllenstein immer den Hauptfactor bildet, so wurde aus einer 1 Grm. hal- tenden Lösung das Silber mittelst eines reinen Kupfer- streifens gefällt, der Niederschlag auf einem Tarafilter gesammelt, ausgewaschen und getrocknet. Es ergaben sich dabei 57,20 Proc. Silber statt 63,53 Proc.

57,20 Th. Silber liefern aber nur 90,03 Th. Höllenstein, derselbe war also verfälscht mit 9,37 Th. Salpeter

100.

Es enthielt also obiger Höllenstein nahezu 10 Proc. Salpeter. (Schweiz. Wochenschr. der Pharm. 1866. 19.) B.

Ueber eine Vereinfachung des Bothe’schen Glas- versilberungsverfahrens.

Nach der von Böttcher ermittelten, etwas verein- fachten Weise, lässt sich das Bothe’sche neue Versilberungs- verfahren des Glases folgendermaassen ausführen: Die Reductionsflüssigkeit erhält man dadurch, dass man 1 Drachme salpetersaures Silberoxyd (Höllenstein) in eirca 1 Unze destillirten Wassers löst und diese Lösung in eine ins heftigste Sieden gebrachte Auflösung von wein- saurem Kali-Natron, sog. Seignettesalz (48 Gran dieses Salzes und 48 Unzen destillirten Wassers) nach und nach einschüttet, das Ganze circa 5 bis 10 Minuten im Sieden erhält, dann erkalten lässt und durch weisses

Filtrirpapier fütrirt. Als Versilberungsflüssigkeit dient _

salpetersaures Silberoxyd-Ammoniak, in welcher das Ammoniak nicht vorwalten darf. Man erhält dieselbe durch Auflösen von 1 Drachme Höllenstein in eirca 1 Unze destillirten Wassers, welchem man so lange Aetzammoniak-

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136 Wassergehalt des Goldoxydhydrates.

flüssigkeit hinzufügt, bis die hierdurch entstehende Trü- bung eben wieder verschwindet, setzt alsdann 12 Un- zen destillirten Wassers hinzu und filtrirt. Will man nun ein Plan- oder Hohlglas versilbern, so vermischt man von dieser Versilberungsflüssigkeit und der erwähn- ten Reductionsflüssigkeit gleiche Raumtheile, überschüttet oder füllt in eirca !/, Zoll dicker Schicht mit diesem klaren ungefärbten Gemisch die Gläser, und schon nach Verlauf von 10 Minuten sind die Gläser mit einer spiegelglänzen- den, festhaftenden Schicht Silbers bekleidet. Wiederholt man diesen Prozess nur einmal, so erlangt die Silber- schicht eine solche Dicke, dass sie völlig undurchsichtig erscheint und nun die Rückseite derselben zum Schutz mit einem aus in Benzol gelöstem Asphalt bestehenden Firniss überzogen werden kann. (Jahr.-Ber. des phys. Ver. zu Frankfurt a. M.) B.

Prüfung von Gold- und Silbermünzen auf ihre Aechtheit.

Durch Reiben des befeuchteten Metalls mit Höllen- stein wird, wenn jenes ein unedles ist, hierbei ein schwarzer Ueberzug auf demselben erzeugt. (Jllustr. ‚Gewerbeztg.) H. Ludwig.

Ueber den Wassergehalt des Goldoxydhydrates.

Dass das Goldoxyd ein Hydrat bildet, ist zwar bekannt, aber über die Quantität des damit verbundenen Wassers existirte bisher nirgends eine Angabe, weshalb sich Wittstein veranlasst sah, diese Lücke auszufüllen. Am besten erwies sich die Darstellung des Goldoxydhy-

drates durch Versetzen einer verdünnten Lösung des,

Goldes in Königswasser mit gebrannter Magnesia im Ueber: schuss, ,— Ns stündiges gelindes Erwärmen, Sammeln des Niederschlages auf einem Filter, Auswaschen bis zur Entfernung der letzten Spur Chlor, Vertheilen des Nieder- schlags in Wasser, Behandeln mit reiner verdünnter Sal- petersäure, um die beigemengte Magnesia aufzulösen, Sammeln des Niederschlags auf einem Filter, Auswaschen und Trocknen bei gewöhnlicher Temperatur.

Aus der goldsauren Magnesia, welche noch in der Flüssigkeit enthalten ist, kann man das Gold leicht wieder gewinnen, wenn man die von dem, mit der überschüssig zugesetzten Magnesia vermengten Goldoxydhydrate, abfil-

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Platinplattirte Schalen für chemische Laboratorien. 137

trirte Flüssigkeit, incl. der Waschwässer, mit Salzsäure ansäuert und dann mit Eisenvitriollösung versetzt.

Das auf die angegebene Weise bereitete Goldoxyd- hydrat ist ein hell kastanienbraunes Pulver, das sich in Salzsäure mit der grössten Leichtigkeit löst. Bei 1000 C. verliert es, aber sehr langsam, sein Wasser und nimmt dabei eine schwarzbraune Farbe an. Dieser Wasseraustritt erfolgt ganz ruhig und nur, wenn das entwässerte Oxyd stärker erhitzt wird, geräth es rasch unter Entbindung von Sauerstoff in eine schwache Bewegung und hinterlässt dann ein zimmtbraunes Pulver von Metall, ganz ähnlich demjenigen, welches man durch Fällen der Goldlösung mit Eisenvitriol bekommt.

Zur Analyse wurden von Goldoxydhydrat, welches mehrere Stunden unter der Luftpumpe gelegen hatte, 8 Gr. so lange einer Temperatur von 1000 C. ausgesetzt, bis kein Gewichtsverlust mehr statt fand. Es hinterblieben

7,1120 Gr. Diese 7,1120 Gr. lieferten durch stärkeres

Erhitzen 6,3467 Gr. Metall. Gefunden Aequivalente Berechnet

Gold..... 79,334 1 79,420 Sauerstoff 9,566 3 9,677 Wasser.. 11,100 = 10,903 100,000, 5) 100,000.

Die Formel des Goldoxydhydrates ist also AuO3 +4

3HO. (Wittst. Vierteljahrschr. Bd. 15. 1.) B.

Platinplattirte Schalen für chemische Laboratorien.

In der Mai-Versammlung 1865 des Vereins für Ge- werbfleiss in Preussen legte Stahlschmidt eine in der Fabrik von Sy und Wagener gefertigte Kupferschale vor, welche im Innern mit Platin plattirt war und die er von den Genannten zu dem Zwecke erhalten hatte, um festzustellen, wie weit diese Fabrikate zu chemischen und technischen Operationen tauglich seien. Durch kost- _ spielige Versuche ist es nämlich nunmehr Sy und Wage- ner gelungen, platinplattirte Schalen darzustellen, welche sich durch vorzügliche Arbeit, durch Billigkeit und be- sonders durch ihre Brauchbarkeit auszeichnen. Der Preis derselben beträgt etwa !/, von dem der massiven Platin- schalen und kann noch geringer gestellt werden, wenn die Platinschicht dünner gearbeitet wird. Wenngleich es bis jetzt nur gelungen ist, einfache Schalen für chemische

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138 Platinspiegel. Bromverbindungen des Iridiums.

Laboratorien anzufertigen, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass auch grössere Gegenstände, wie Abdampf- kessel für Schwefelsäurefabriken, sich in nicht langer Zeit werden darstellen lassen. In den gefertigten Schalen können die verschiedensten Säuren in jeder beliebigen Stärke Wochen lang aufbewahrt werden, ohne dass eine Spur Kupfer aufgelöst wird. Man kann ferner die Säuren sowohl im Wasserbade, wie auch über freiem Feuer in denselben erhitzen, ja selbst concentrirte Schwefelsäure darin abdampfen, ohne dass besonders in letzterem Falle durch die hohe Temperatur das Platin sich ablöst oder das Kupfer von den Säuren angegriffen wird. (Verh. d. Ver. zur Beförd. des Gewerbfleisses in Preussen.) B.

Platinspiegel,

Im Fache der Spiegelfabrikation ist eine neue Er- scheinung aufgetaucht. Ausser der Silberspiegelfabrik haben Creswell und Tavernier bereits eine Fabrik von sehr dauerhaften und wohlfeilen Platinspiegeln in Gang gebracht. Die spiegelnde Metallfläche liegt bei dem neuen Artikel eben so wie bei dem Porcellan frei auf dem Glase, durch Einbrennen mit demselben untrennbar verbunden und bedarf keiner schützenden Glastafel. Das Einbrennen ist eine ganz leichte Arbeit: mit Lavendelöl zusammengeriebenes Chlorplatin wird mit einem Pinsel auf die Glastafel getragen und dieselbe nach dem Ein- trocknen in einer Muffel gebrannt; hiermit ist der Spiegel fertig. Zu diesen Spiegeln können alle fehlerhaften Glas- tafeln benutzt werden, wenn sie sich nur auf der einen Seite schleifen und poliren lassen. Die Dünne der Platin- schicht bringt es übrigens mit sich, dass solche Platten, obwohl sie beim Daraufsehen einen guten Spiegel abgeben, doch gegen dasLicht gehalten transparent sind und man - durch sie hindurch Alles sehen kann, ohne selbst gesehen zu werden. (Polyt. Notizbl. 1866. 15.) B.

Bromverbindungen des Iridiums.

Durch €. Birnbaum sind folgende Verbindungen des Broms mit dem Iridium bekannt geworden:

Iridiumsesquibromür Ir?Br3 +4 8agq, schei- det sich in hellolivengrünen sechsseitigen Krystallen aus, wenn man blaues Iridiumoxydhydrat mit Bromwasser- stoffsäure behandelt. Es ist leicht löslich in Wasser,

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Bronwerbindungen des Iridiums. 139

unlöslich in Alkohol und Aether. Auf Zusatz von Sal- petersäure wird die grüne Lösung des Salzes sofort blau unter Bildung von Bromid.

Wasserstoffiridiumsesgquibromür Ir2Br}3, 3HBr 4 6aqg, schiesst in stahlblauen Nadeln an, wenn die vorige Verbindung aus der Lösung von Iridiumoxyd in Bromwasserstoffsäure herauskrystallisirt ist. Die blauen Krystalle sind im durchfallenden Lichte braunroth, lösen sich mit grosser Leichtigkeit in Wasser, Alkohol und Aether und zerfliessen an der Luft rasch zu einer brau- nen Flüssigkeit, die auf Zusatz von Salpetersäure die blaue Farbe des Bromids annimmt. Die wässerige Lösung reagirt stark sauer.

Kaliumiridiumbromid = KBır, IrBr?, bekommt man durch Einwirkung von Bromkalium auf Iridiumchlorid. Undurchsichtige, stark glänzende, schwarzblaue regel- mässige Octaöder, die sich in Wasser mit prächtig blauer Farbe lösen.

Natriumiridiumbromid, NaBr, IrBr? + xHO, bei Zusammengiessen der Lösungen von Iridiumchlorid und Bromnatrium entstehend, bildet eine blaue zerfliess- liche Masse.

Ammoniumiridiumbromid, H?NBr, IrBr?, erhält man leicht durch Eintragen von Iridiumsalmiak in eine erwärmte concentrirte Lösung von Bromnatrium. Es sind schwarzblaue Octaeder.

Kaliumiridiumsesquibromür, 3KBr, Ir®Br3 + 6 HO, krystallisirt in langen, olivengrünen, lebhaft glän- zenden Nadein, verwittert an der Luft und wird dabei undurchsichtig und hellgrün.

Natriumiridiumsesquibromür, 3NaBr, Ir? Br3

24 HO, aus dunkelgrünbraunen, in einander geschich- teten Rhomboädern bestehend, verhält sich dem Kalium- salze sehr ähnlich.

Ammoniumiridiumsesquibromür, 3H#NBr, Ir2Br® 4 HO, wurde als krystallinischer Niederschlag erhalten und zeigte dasselbe Verhalten, wie die beiden vorhergehenden Verbindungen. (Annal. der Chem. u. Pharm. CXXXIL. 161— 176.)

140 Fabrikation des Stärkezuckers.

Botany - Bay- oder Grassbaum - Gummi, Gummi acroides.

Unter dem Namen Gummi acroides führen schon seit einiger Zeit die Droguisten eine Substanz, welche in klei- nen Stücken oder als grobes Pulver vorkommt, dunkel- gelb, dem Gummigutt ähnlich, von etwas adstringiren- deın und aromatischen Beigeschmack. Beim Erhitzen schmilzt es und entzündet sich unter Verbreitung des Geruchs nach Tolubalsam. Zur Darstellung von Pikrin- salpetersäure ist es sehr geeignet. Dieses Gummi wird von mehren in Australien einheimischen Bäumen, Xan- thorrhoea hastilis, X. australis und X. arborea gewonnen und neuerdings als vortreffliches Material zur Bereitung von Leuchtgas benutzt. Aus der inneren Portion der Wurzeln jener Bäume wird durch Pressen und Destil- liren ein guter Branntwein gewonnen, bei der Destil- lation hinterbleibt ein zuckeriger Rückstand. (Pharm. Journ. and Transact. Aug. 1866. II. Ser. Vol. VILL. No.2. pag. 78.) Wp.

Fabrikation des Stärkezuckers.

Man kocht nach A. Manbre das Gemenge aus ver- dünnter Schwefelsäure und Stärkemehl bei hohem Druck und einer Temperatur von 1600 C. (6 Atmosphären). Die dazu nöthigen Kessel haben die Form eines Hochdruck- kessels, sind aus starkem Eisenblech und inwendig mit Blei gefüttert. Im Kessel liegt ein durchlöchertes Dampf- leitungsrohr aus Blei. Ferner ist der Kessel mit einem Dampfabzugsrohre, mit Sicherheitsventilen, Probehähnen, Thermometer u.s. w. versehen. Man verdünnt zu dem Ende 56 Pfd. Schwefelsäure von 660B. mit 5600 Pfd. Wasser, erhitzt im Kessel auf 1000C. und verdünnt gleich- zeitig in einem Holzgefässe abermals 56 Pfd. Schwefel- säure mit 5000 Pfd. Wasser, welche man mittelst Dampf auf eine Temperatur von 300C. bringt. Letztere Flüs- sigkeit wird mit 2240 Pfd. Stärkemehl gemischt und un- ter fortwährendem Umrühren auf 380C. erhitzt. Man giesst diese Mischung nach und nach in die kochende verdünnte Schwefelsäure im Kessel und lässt während dessen durch ausströmenden Dampf die Temperatur bis 1000 C. steigen. Hierauf schliesst man den Kessel, bis die Temperatur 1600C. geworden ist und öffnet dann den Abzugshahn für den Dampf, damit Druck und Tem-

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Bildung des Stärkezuckers u. Dextrins aus der Stärke. 141

peratur eine Zeit lang constant bleiben. Man kocht so lange, bis herausgenommene Proben kein Stärkemehl in der Flüssigkeit mehr anzeigen, was meistens nach 2 bis 4 Stunden der Fall ist. Darauf zieht man das Ganze in ein hölzernes Gefäss, rührt 168 Pfd. gereinigten kohlen- sauren Kalk, der mit 100 Pfd. Wasser angerührt ist, hinzu, lässt absetzen, filtrirt durch Spitzbeutel, dampft auf 200B. ein, klärt mit Blut und Kohle, filtrirt wieder u.s.w., und erhält so vollkommen reinen Stärkezucker, der frei von bitterem und empyreumatischen Geschmack ist. (Ob auch frei von Blei?) (Mechan. Magaz. Chem. Centralbl.) B.

Ueber die Bildung des Stärkezuckers und Dextrins aus der Stärke.

Musculus stellte die Behauptung auf, dass bei der Umwandlung des Stärkemehls durch Malz nur circa 13 des Stärkemehls in Traubenzucker überginge, während der Rest in Dextrin verwandelt werde. Die Diastase des Malzes sollte auf das gebildete Dextrin ohne alle Wirkung sein. Payen hat nun durch Experimente Fol- gendes nachgewiesen. In der That ist bei der Umwand- lung des Stärkemehls durch Malz eine Dextrinbildung nicht zu vermeiden. Der gebildete Stärkezucker wider- setzt sich immer mehr der weiteren Umwandlung des Dextrins in Stärkezucker. Je nach dem Verfahren, der Temperatur u.s. w. kann man indessen durch Malz über 52 Proc. des Stärkemehls in Zucker verwandeln, bei grösserer Verdünnung mehr, als in concentrirten Lösungen. Wird nun aber dieser Stärkezucker durch Zusatz von Hefe und Gährung zerstört, so wandelt sich das rück- ständige nicht gährungsfähige Dextrin durch die Wirkung der noch vorhandenen Diastase ebenfalls in Stärkezucker um. Auf diese Weise kann der ganze Antheil Alkohol gewon- nen werden, den der Stärkemehlgehalt der Materialien theoretisch voraussetzen lässt. Man sieht hieraus, weshalb die Spritfabrikanten ihre Maische nicht durch Kochen bereiten, dagegen die Bierbrauer das Diek- und Lauter- maischkochen eingeführt haben. Im ersteren Falle soll die Diastase des Malzes bis zuletzt wirken, beim Bier dagegen zerstört werden, damit neben dem Alkohol auch unzersetztes Dextrin im Biere bleibe. (Dresi. Gewbl.)

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142 Neue Reaction auf Traubenzucker.

Neue Reaction auf Traubenzucker.

Erwärmt man nach C. D. Braun Traubenzucker- lösung mit Kali oder Natronlauge, mit Baryt oder Kalk- wasser, oder auch mit einer Lösung von kohlensaurem Natron, so erhält man in sehr concentrirten Lösungen eine eitronengelb gefärbte Flüssigkeit, die ihre Farbe beim Eintropfen von Pikrinsäurelösung und bei erneuertem Erhitzen bis zum Kochen in Tiefblutroth verwandelt. Natron- oder Kalilauge wirkt von den genannten basischen Agentien am kräftigsten.

Aus diesem Verhalten der Pikrinsäure ergiebt sich. eine sehr brauchbare Reaction zur Nachweisung der Gly- kose. Die Pikrinsäurelösung bereitet man hierzu am besten von der Stärke, dass auf 1 Th. Säure 250 Th. Wasser kommen. Man verfährt bei der Prüfung zweck- mässig in der Weise, dass man in die mit etwas Natron- lauge versetzte, auf 90°C, erhitzte Traubenzuckerlösung ein paar Tropfen Pikrinsäurelösung giebt und dann zum Kochen erhitzt. War die Traubenzuckerlösung nur eini- germassen concentrirt, so erhält man jetzt eine intensiv blutroth gefärbte Flüssigkeit, während die Farbe in ver- dünnten Traubenzuckerlösungen tiefroth erscheint. Da Rohrzucker dieses Verhalten durchaus nicht zeigt, so giebt dieses Reagens ein einfaches Mittel, um Trauben- zucker in Rübenzucker u. dergl. zu erkennen. Auch für den praktischen Arzt wird die neue Reaction von Wich- tigkeit sein, um in gegebenen Fällen zu entscheiden, ob ein fraglicher Harn zuckerhaltig sei oder nicht. Braun hatte verschiedene Male Gelegenheit, den Harn von an Diabetes mellitus Leidenden zu prüfen und erhielt unter Anwendung der Pikrinsäure eine sehr stark roth gefärbte Flüssigkeit. Fruchtzucker und Milchzucker zeigen, wie Traubenzucker, die schöne Reaction, nicht aber Rohr- zucker und Manmnit. (Zischr. für analyt. Chemie. Jahrg. 4.)

B.

Zuckerverbrauch im Zollverein. 143

Ueber ein neues Unterscheidungsmittel von Rehr- und Traubenzucker.

Zweifach Chlorkohlenstoff verhält sich gegen Rohr- zucker und Traubenzucker verschieden. Rohrzucker, mit dem Reagens einige Zeit lang in einer verschlossenen Glasröhre bis nahe an 1000 erhitzt, verändert sein An- sehen allmälig, bedeckt sich mit braunen Flecken und nimmt zuletzt eine mehr oder weniger dunkle Farbe an. Bei längerer Einwirkung erhält die Masse ein theerarti- ges schwarzes Ansehen. Traubenzucker dagegen behält bei gleicher Behandlung seine Farbe und wird selbst bei längerer Einwirkung nicht braun. J. Nickles ist der Ansicht, dass dieser Unterschied in der Einwirkung des Chlorkohlenstoffs von der Bildung einer kleinen Menge Chlorwasserstoffsäure herrührt, welche, wie Boullay gezeigt hat, den Rohrzucker leicht schwärzt. Diese Fär- bung tritt aber nicht ein, wenn man dem Rohrzucker im Glasrohre etwas Magnesia zusetzt. (Compt. rend. T.62. Chem. Centrbl. 1866. 33.) 5

Zuckerverbrauch- im Zollverein,

Um zu ermitteln, wie hoch sich die Zuckerconsumtion belaufen hat, ist von der Production an Rübenrohzucker und von der Einfuhr ausländischen Zuckers die Ausfuhr in Abzug gebracht. Die Bevölkerung ist mit den Zahlen, welche den Abrechnungen des Zollvereins zu Grunde gelegt worden sind, angegeben. Da der Nachweis, wie viel Rübenrohzucker im Zollverein gewonnen worden ist, erst vom Jahre 1840—18541 mit einiger Sicherheit zu führen gewesen, so sind auch erst von diesem Jahre ab die Ergeb- nisse berechnet worden. Nachrichtlich ist jedoch zu ver- merken, dass Dieterici die Consumtion an Colonial- zucker für 1836 auf 4,178 Pfd., für 1837 auf 3,37 Pfd., für 1838 auf 4,45 Pfd. und für 1839 auf 4,61 Pfd. pro Kopf angegeben hat. Wenngleich in diesen Jahren be- reits Production und Consumtion von Rübenzucker statt gefunden, so sind doch die Resultate derselben verhält- nissmässig noch zu unbedeutend gewesen, um auf den vorstehend berechneten Verbrauch einen nennenswerthen Einfluss ausüben zu können. Vom Jahre 1840 ab berech- net sich der Zuckerconsum im Zollverein folgender- massen.

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Zuckerverbrauch im Zollverein.

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Zucekerverbrauch im Zollverein. 145

Nach dieser Uebersicht ist die Consumtion von Zucker im Zunehmen gewesen und seit dem Jahre 1840 von 4,69 Pfd. auf 9,89 Pfd. pro Kopf im Jahre 1864, mithin im Verhältniss von 100 : 210 gestiegen. Wenn sich in einzelnen Jahren eine augenblickliche Abnahme des Ver- brauchs bemerklich gemacht hat, wie z. B. 1853, 1854, 1859, so hat solche ihren Grund hauptsächlich darin, dass die Runkelrübenernten nicht befriedigend ausgefallen waren und selbstredend weniger Rohzucker gewonnen wurde. In Folge hiervon gingen die Preise des Zuckers in die Höhe und der Consum beschränkte sich. Im Grossen und Ganzen ist aber die nachgewiesene Verbrauchszunahme eine sehr bedeutende und hauptsächlich dadurch herbei- geführt, dass der Consum des Zuckers wegen der Preis- ermässigung, welche die Concurrenz des Rübenzuckers herbeiführte, ein allgemeinerer geworden ist, als dies früher der Fall war, wo wegen der hohen Preise des Indischen Zuckers der Genuss desselben fast nur den wohlhabendern Classen der Bevölkerung erlaubt war. Während im Jahre 1836 der Centner inländischer Raifinade noch 28 30 Thaler kostete, ist der Preis gegenwärtig auf 16—18 Thir. gesunken.

Uebrigens ist aber anzunehmen, dass sich der Zucker- verbrauch noch etwas höher, als berechnet worden, gestellt hat, da die Production von Rübenzucker jedenfalls niedri- ger, als sie inWirklichkeit gewesen, berechnet wurde. Ueber- dies bestehen aber auch im Zollverein noch Stärkezucker- fabriken, die sich mit der Zubereitung von festem Zucker aus Kartoffelstärke beschäftigen und deren Fabrikate eben- falls in den Oonsum übergegangen sind. Es entzieht sich indess der Berechnung, in wie weit diese Fabrikate auf den Kopfverbrauch von Einfluss gewesen sein mögen, da die Fabrikation dieser Art von Zucker einer Versteuerung nicht unterworfen ist und die Betriebsresultate der be- treffenden Anstalten nicht bekannt geworden sind. Solche Stärkezuckerfabriken bestehen in Preussen und dem Gross- herzogthum Hessen; die Nachfrage nach ihren Fabrikaten soll im Zunehmen gewesen sein, weil das in Frankreich schon seit längerer Zeit und in grosser Ausdehnung an- gewendete Verfahren der Verbesserung des Weins durch Zusatz von Stärkezucker in neuerer Zeit auch in der Rheingegend Verbreitung gefunden hat. (Bl. für Handel und Gewerbe. 1866. 16.) B.

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1.u.2.Hft. 10

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146 Rübenzuckerfabrikation im Zollvereine von 1850— 1864.

Die Rübenzuckerfabrikation im Zollvereine in der Periode 1850 1864.

Welche Ausdehnung die Rübenzuckerfabrikation im Zollvereine erlangt hat, mögen folgende Zahlen beweisen.

Unter den Zollvereins-Staaten haben folgende Rüben- zuckerfabriken und hatten dieselben beispielsweise im Jahre 185%/.. und zehn Jahre später nachstehende Massen von rohen Rüben verarbeitet:

1859/55 1863/54

Tr I —Trr— Z Vereins- Zahl der Verwendete Zahlder Verwendete

staaten. activen Rüben. activen Rüben. Fabriken. Zolleentner. Fabriken. Zollcentner. Preussen.... 192 16,400,628 221 34,187,291 Bayern...... 6 247,126 6 422,444 Sachsen..... 4 131,968 1 80,070 Hannover... 1 142,455 Würtemberg 5 603,256 6 1,247,287 Baden... 2 988,825 1 1,144,472 Kurhessen... 3 59,137 1 17,360 Thüringen... 2 122,966 2 245,510 Braunschweig 8 634,496 14 2,424,631

Es haben also 185%,. sämmtliche Zuckerfabriken im Zollvereine 19,188,402, im Jahre 1863/,, aber 39,911,520 Zolleentner Rüben verarbeitet, oder durchschnittlich je eine Fabrik im ersten Jahre 86,434, im letzten Jahre dagegen 157,792 Ctr. Im Jahre 1863 zählte man in Oesterreich 139 Rübenzuckerfabriken, die 20,856,600 Otr. Rüben verarbeiteten. Für das Jahr 1863/,, ergiebt sich der durchschnittliche Verbrauch einer Fabrik in Preussen auf 154,694 Ctr., in Bayern auf 70,407, in Würtemberg auf 207,881, in Thüringen auf 122,755 und in Braun- schweig auf 173,188 Ctr. Rüben. Die grösste Zucker- fabrik des Zollvereins ist jene zu Waghäusel in Baden, welche in den letzteren Jahren nicht unter 1 Million Oentner Rüben verarbeitete. In den letzten 14 Jahren 1850/,, wurden im Zollvereine zusammen 379,440,811 Ctr. Rüben verarbeitet, und waren jährlich im Durchschnitt 236 Fabri- ken thätig. In den einzelnen Jahren betrug die Zahl der arbeitenden Fabriken und war deren Verbrauch fol- gender:

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Neues Verfahren der Saftgewinnung aus Runkelrüben. 147

Betriebs- Zahl der Verarbeitete Rüben jahre. activen Fabriken. Zolleentner. 1850). | 184 14,724,308 1851/,0 234 18,289,901 1852,23 238 21,717,096 1853, 227 18,469,889 1854),, 222 19,188,402 1855/,, 216 21,839,798 1856/,7 233 27,551,207 1857/,. 249 28,915,133 1858, DIN 36,668,577 18590 256 34,399,317 1860/,, 247 29,354,031 1861/,, 247 31,692,594 1862/63 247 36,719,258 1863/64 253 39,911,520

Durchschnittlich wurden demnach in obiger Zeitperiode jährlich 27,102,915 Ctr. Rüben für die Zuckerfabrikation verwendet. Man rechnet, dass 111), Ctr. Rüben einen Centner Rohzucker oder 82 Pfd. (7,13 Proc.) Raffınade geben. Somit würden im letzten Jahre 2,845,865 Zoll- centner Raffinade im Zollvereine erzeugt worden sein, die nach dem Fabrikpreise einen Werth von 85,377,000 Fl. darstellen. (In Oesterreich betrug die Production an Rübenzucker etwa 1,487,166 Zollcentner.) Der gegen- wärtige Bedarf an Zucker im Zollvereine wird durch die inländische Fabrikation gedeckt. (Dingl. polyt. Journ. Bd. 176.) B.

Neues Verfahren der Saftgewinnung aus Runkelrüben; von R, de Massy.

Der von der Rübe kommende Rübenbrei wird mit 7 Proc. Kalk gemischt auf 50 60° erhitzt, dann in ein geschlossenes konisches Gefäss, und hierauf in den eigent- lichen Saftgewinnungsapparat gebracht. Dieser besteht aus einem eisernen, vertical stehenden, durchlöcherten Blecheylinder und einem inneren, etwas engeren Öylinder, ebenfalls aus Blech. Um letzteren befindet sich ein Kautschukfutter, die inneren Wände des äusseren Oylinders sind mit Leinwand gefüttert. In den Hohlraum zwischen beiden wird der Brei mittelst Dampfdruck getrieben, der Saft dringt durch die Leinwand. Zuletzt lässt man hydro- statischen Druck zwischen dem inneren Cylinder und dem Kautschukfutter wirken, und drückt so den Brei vollkommen

10%

148 Die Fabrikation der Zuckercouleur.

aus. Der trockene Rückstand beträgt nur 11 Proc. vom Gewichte der Rüben. (Polytechn. Journ. Bd. 180. 8.396. 1866.) ER: B.

Der condensirte Rübendampfsaft (Brüdenwasser) der Dünnsaftapparate

enthält nach einer Analyse von Stammer in 10,000 Theilen: 0,14 0,16 Th. organische Substanzen, 0,05 0,02 Th. unorganische Substanzen, 0,59 1,837 Th. Ammoniak.

Die Polarisation des auf !/ygn eingedampften Wassers war O0; die Reaction deutlich sauer, wahrscheinlich von Fettsäure; hieraus dürfte der Schluss zu ziehen sein, dass der Anwendung dieses vollkommen zuckerfreien Wassers nach dem Abkühlen und allenfalls unter Zusatz von sehr geringen Mengen Kalk oder gewöhnlichem Wasser, irgend welche Bedenken nicht entgegenstehen, und dass diese Anwendung die Melassebildung erheblich vermindern werde. (Dingl. polyt. Journ. Bd. 177.) B.

Die Fabrikation der Zuckercouleur

ist bis jetzt immer noch als Geheimniss angesehen wor- den, welches nun von Assmuss aufgeschlossen worden ist. Das Wesentliche derselben besteht darin, dass man Zucker unter Zusatz von Soda, Aetznatron, Pottasche oder Aetzkali, oder, wie bei der Darstellung der Essig- couleur, von kohlensaurem Ammoniak in einem metallenen Gefäss über freiem Feuer so lange kocht, bis sich der Zucker in eine dunkelbraune, fast schwarze, aufgeblähte Masse verwandelt hat, worauf eine bestimmte Menge kochen- den Wassers allmälig zugegeben wird. Der Alkalizusatz bezweckt die Farbe kräftiger, d.h. intersiver dunkler zu machen, aber auch die kleine Menge Humussäure, die sich beim Kochen bildet, in Auflösung zu erhalten und so eine Trübung der Couleur zu verhindern. Beim Kochen kann das Feuer anfangs, damit der Zucker schneller schmilzt, ziemlich stark sein und so lange verstärkt gehal- ten werden, als der Zucker noch eine helle oder fuchsrothe Farbe zeigt; sobald er stechende graue Dämpfe zeigt, muss das Feuer gemässigt und die Masse im Kessel beständig umgerührt werden. Beim Kochen der Essigceouleur wird

Ein Oxydationsproduct des Erythrits. 149

die Masse sehr bald dunkel, ohne dass jedoch die Farbe das baldige Fertigwerden anzeigt. Man hat sich nach der Entwickelung des stechenden, grauen Dampfes zu richten; wenn dieser in ansehnlichen Wolken aufsteigt, mässigt man sofort das Feuer. Ist die Farbe fertig gekocht, so giesst man Wasser in sehr dünnem Strahl hinzu unter fortwährendem Umrühren. So viel Zucker man nimmt, so viel Couleur erhält man. Das Geheimniss der Couleurfabrikanten besteht in der Anwendung des Traubenzuckers anstatt der Raffinade, Melis etc.

Rumcouleur. Zur Bereitung derselben bringt man 1 Pfd. krystallisirtes kohlensaures Natron oder 3), Pfd. Aetznatron in den Kessel, übergiesst mit der doppelten Menge Wasser, macht unter dem Kessel Feuer an und giebt, nach Auflösung des Salzes, wobei das verdampfende Wasser nach und nach zu ersetzen ist, 30 Pfd. Trauben- zucker oder 321, Pfd. Traubenzuckersyrup zu. Nach dem Fertigkochen giesst man 71/, bis 10 Pfd. weichen heissen Wassers in feinem Strahl zu.

Essigcouleur. Zur Bereitung derselben bringt man 30 Pfund Traubenzucker oder 32V, Pfund Syrup in den Kessel, macht darunter Feuer, setzt 1!], Pfd. in der gleichen Menge Wasser- gelöstes kohlensaures Am- moniak hinzu und nach dem Fertigkochen noch 7!|, bis 10 Pfd. Wasser. (Polyt. Notizbl. 1866. 14.) B.

Ueber ein Oxydationsproduet des Erythrits.

Die Einwirkung des Sauerstoffs unter Vermittelung von Platinschwarz auf eine wässerige Lösung von Erythrit ist eine sehr heftige. Man löst am besten nach E. Sell 30 Grm. Erythrit in 250—300 Grm. Wasser und bringt die Lösung in ein Porcellangefäss, das 15— 20 Grm. Platinschwarz vermischt mit Bimstein enthält. Rührt man häufig um und ersetzt das verdampfende Wasser, so be- merkt man nach einiger Zeit, dass die Lösung stark sauer geworden ist. Man filtrirt nun, dampft das Filtrat auf die Hälfte des Volumens ein und giebt eine Lösung von basisch essigsaurem Bleioxyd, aber ja nicht im Ueber- schusse zu. Der hierdurch entstehende weisslich- gelbe Niederschlag wird ausgewaschen, durch Schwefelwasser- stoff zersetzt, die filtrirte Lösung abermals mit essigsaurem Bleioxyd gefällt und dann wie das erste Mal verfahren. Man setzt diese Operation fort, bis der Bleiniederschlag ganz- weiss erscheint. Die Lösung, die aus diesem letzten

150 Umwandlung der inactiven Weinsäure in Traubensäure.

Niederschlage durch Schwefelwasserstoff resultirt, ist An- fangs farblos, bräunt sich aber allmälig beim Eindampfen. Man setzt sie daher schliesslich unter die Luftpumpe, wobei man eine Masse langer Krystallnadeln erhält, ver- mischt mit einem dicken Syrup. Der Luft ausgesetzt verschwinden diese Krystalle bald wieder.

Die Analyse dieser Säure hat Sell keine genügenden Resultate ergeben. Die Analyse des Bleisalzes führte zu der Formel C!#H!3Pb5022, die vielleicht als basisches Salz 2(C8SH6Pb2O10) PbO,HO zu schreiben wäre. Die Formel der Säure würde dann sein 4 HO, C3H+#06 und ihre Entstehung aus dem Erythrit: C8H604, 4 HO + 40 = 2H0 + 4H0O, C5H?0$6. Oxalsäure scheint sich bei dieser Reaction nicht zu bilden. Die Salze der neuen Säure sind beinahe alle sehr löslich. (Compt. rend.

T.61. Chem. Centrbl.)

Trehala oder Tricala.

Unter diesem Namen ist im Orient eine mannaähn- liche Substanz in Gebrauch, welche das Gehäuse eines kleinen Insects, Larinus subrugosus Cart. bildet und durch den Stich desselben auf einer Syrischen Art Echinops entsteht. Eine ähnliche Substanz kommt in Indien unter dem Namen Schukhur-ool- Aschur oder Schukhur Preghal vor und zwar auf Calotropis gigantea. Sie wird gleich- falls durch ein Insect, Guttigal der Eingebornen, Larinus ursus Fabr. gebildet, dem sie als Gehäuse dient. (Pharma. Journ. and Transact. Juli 1866. 2.Ser. Vol. VIII. No. 1. ». 26.) Wp.

Ueber die Umwandlung der inactiven Weinsäure in

Traubensäure.

Destillirt man nach Dessaignes trocken inactive Weinsäure bei 2000, bis ungefähr I}, der Säure sich zu flüchtigen Producten zersetzt hat, so erhält man im Rück- stande nach langer Zeit einige Krystalle, die nichts weiter als unveränderte inactive Weinsäure sind. Man sättigt den Syrup, aus dem diese Krystalle erhalten worden sind, zur Hälfte mit Ammoniak, und gewinnt durch mehrfaches Umkrystallisiren zwei Doppelsalze. Das eine, wenig lös- liche, bildet ungefähr 1], der Masse und enthält Trauben- säure, das andere löslichere besteht aus inactiv doppelwein- saurem Ammoniak. (Bull. de la Soc. chim. Chem. Centrbl.)

Citronensäure. 151

Bereitung der Citronensäure.

Der nach England importirte concentrirte Citronensaft, weicher zur Bereitung der Citronsäure dient, enthält nach Fr. Row viel Schleim, Farbstoff und andere Unreinigkeiten, welche in den citronsauren Kalk und daraus in die Citron- säure übergehn, so dass diese eines wiederholten Umkry- stallisirens bedarf. Durch Verdünnung des concentrirten Saftes in dem Maasse, dass er etwa die Concentration des frisch gepressten hat, sollen sich die Unreinigkeiten grossentheils in Flocken abscheiden lassen.

Bei der Zersetzung des citronsauren Kalks ist ein Ueberschuss von Schwefelsäure nöthig, diese häuft sich aber in der Mutterlauge der Citronsäure nach und nach so an, dass dadurch die noch vorhandene Citronsäure gefährdet wird. Man hilft dem Uebelstande dadurch ab, dass man die Mutterlauge durch eine Schicht frischen eitronsauren Kalks filtriren lässt. (Pharmae. Journ. and Transact. 1I. Ser. Vol. VII. No. 9. March 1866. p. 466.)

Wp.

Citronensäure, ein Mittel zur Linderung der Schmerzen bei Krebsgeschwüren.

Ein im Spitale S. Maria della Scala befindlicher mit Zungenkrebs behafteter Greis wurde von Luigi Brandini behandelte. Er war von den heftigsten Schmerzen gepeinigt; kein Mittel war im Stande, sie zu beschwichtigen. Da er ein besonderes Gelüste nach sauren Dingen hatte, so bat er um eine Citrone. Der Saft dieser Frucht schien ihm sehr grosse Linderung zu verschaffen, weshalb er die nächsten Tage wieder darnach verlangte, in Folge dessen die schmerzlindernde Wirkung jeden Tag in überraschender Weise wiederkehrte. Dieser heilsame Erfolg veranlasste L. Brandini, Ver- suche mit Citronensäure anzustellen. Er liess 4Grm. krystallisirte Citronensäure in 350 Grm. Wasser auf lösen und diese Lösung als Gurgelwasser gebrauchen. Die Schmerzen liessen hierauf vollständig nach, stellten sich aber nach einiger Zeit wieder ein, um auf die wie- derholte Anwendung der erwähnten Solution neuerdings sich zu beschwichtigen. Seit einem Monate sind nicht nur die Schmerzen durch das besagte Mittel beseitigt, sondern auch die Anschwellung der Zunge ist beträcht- lich vermindert.

152 Boreitronensaure Magnesia.

Ein weiterer Versuch mit demselben Mittel wurde bei einer 73 Jahre alten Kranken gemacht, welche mit einem offenen Krebse der rechten Brustdrüse behaftet war. Die Schmerzen waren hier so heftig und anhaltend, dass die Kranke nicht einmal kurze Zeit Ruhe finden konnte. Es wurde nun Charpie, welche mit der oben angeführten Lösung getränkt war, auf das Geschwür ge- legt und der Erfolg war ein augenblicklicher, die Schmer- zen liessen nach und so oft sie wiederkehrten, (alle 6—7 Stunden) reichte die Erneuerung des Verbandes hin, sie zu beschwichtigen.

Die gleiche Lösung von Citronensäure hatte dieselbe Wirkung bei einem 19 Jahre alten Kranken, welcher am Zungenkrebs litt. Diese Thatsachen werden von mehren italienischen ärztlichen Autoritäten beglaubigt. (Lit. Beil. zum Aerztl. Intelligenzbl. Hager's Centralh.)

B.

Borcitronensaure Magnesia

wird von Dr. Becker in Mühlhausen als Mittel gegen Nierensteine und Harngries empfohlen. Nachdem er durch v. Helmont’s Beschreibung auf die Entdeckung geleitet war, dass der Ludus, das Geheimmittel des Para- celsus gegen den Stein, der Boracit sei, liess er sich Boracitsalmiak bereiten, den er 25 Jahre lang in allen Fällen von Nierenstein und Harngries mit Erfolg angewen- det hat. Das Mittel wird jedoch wegen des scharfen Ge- schmackes von Salmiak den Kranken leicht lästig. In Folge dessen liess er von den in Stassfurt in reichlicher Menge vorkommenden Boracit ein Präparat anfertigen, worin der Salmiak durch Citronensäure ersetzt wurde. Dieses hat einen mild säuerlichen Geschmack, schmeckt, mit Zucker gemischt, wie Limonadepulver und lässt sich sehr gut nehmen. Zwei Fälle, in welchen eine sehr hef- tige Nierenkolik eingetreten war, heilten überraschend schnell mit Abgang von Steinchen nach dem Gebrauch dieses Mittels. In dem einen Falle wurden täglich drei Mal eine Messerspitze voll, im anderen zweistündlich die- selbe Dosis gegeben. (Allgem. med. Üentr.-Ztg. Med. Neuigk. 1866.) B.

ED U en

Aepfelsäure aus den Fruchtzapfen von Rchus coriaria etc. 153

Darstellung der Aepfelsäure aus den Fruchtzapfen von Rhus coriaria und das verschiedene Verhalten der Gerbsäuren.

H. Reinsch stand eine grosse Menge von den Früchten des Gerbersumachs zu Gebote und er machte einen Versuch, die Aepfelsäure daraus darzustellen. Zu diesem Behufe wurden die Früchte zerrieben, mit kal- tem Wasser übergossen und vier Tage lang unter öfte- rem Umrühren damit digerirt. Die sehr saure, ange- nehm weinartig riechende Flüssigkeit wurde abgegos- sen, der Rückstand ausgepresst, einige Tage der Ruhe überlassen und dann ein Theil davon mit Bleizucker- lösung gefällt. Aus der vom Bleiniederschlage getrennten Flüssigkeit krystallisirte nach einigen Tagen eine grosse Menge schneeweisser, halbzolllanger Nadeln von äpfel- saurem Bleioxyd heraus; mit dieser Flüssigkeit wurde nun der Bleiniederschlag wiederholt aufgekocht, wobei stets fast schneeweisses äpfelsaures Bleioxyd erhalten wurde, welches auf die bekannte Weise zu Aepfelsäure verarbei- tet wurde. Reinsch ist daher der Ansicht, dass die Früchte des Gerbersumachs, da sie verhältnissmässig die grösste Menge Aepfelsäure und eine weit geringere Menge von anderen Bestandtheilen enthalten, sich ganz besonders zur Darstellung dieser Säure eignen. Bei Darstellung der Aepfelsäure, namentlich aus den Fruchtsäften der Vogelbeeren und Berberisbeeren, gelang es Reinsch niemals, ein so reines Bleisalz, als aus dem Gerbersumach zu erhalten.

Ein anderer Theil der sauren Flüssigkeit von den Früchten des Gerbersumachs wurde bei Kochhitze mit Kreide gesättigt, trotzdem diese aber im grossen Ueber- schusse angewendet wurde, konnte die Flüssigkeit nicht neutral erhalten werden, sondern reagirte fortwährend sauer; dieses rührt daher, dass die Kreide von der Gerb- säure nicht zersetzt wird. Es bietet dieses Verhalten ein bequemes Mittel dar, um die Gerbsäure von der Aepfel- säure zu trennen. Man verdampft nämlich die Flüssig- keit bis zur Krystallhaut und überlässt sie dann der Ruhe, wobei der weisse äpfelsaure Kalk auskrystallisirt, während die Mutterlauge die Gerbsäure enthält; diese schüttelt man mit starkem Alkohol, worin sie sich auflöst. Die dadurch gewonnene Gerbsäure ist ganz rein und eisen- bläuend.

In ganz ähnlicher Weise behandelte Reinsch den

154 ‚Geruch der käuflichen Gerbsäure.

Saft aus Berberisbeeren, nur mit dem Unterschiede, dass derselbe erst vergähren gelassen und von der grossen Menge ausgeschiedener Unterhefe getrennt wurde. Dabei gelang es weder aus dem Safte unmittelbar krystallisirtes äpfel- saures Bleioxyd, noch durch Behandlung mit Kreide krystallisirten äpfelsauren Kalk zu erhalten; die Gerbsäure ist eisengrünend, aber nicht so rein als aus den Früchten des Sumachs. Hierbei beobachtete Reinsch ein noch unbekanntes Verhalten der beiden Gerbsäuren, wodurch es auch möglich wird, diese, wenn sie in ein und der- selben Pflanze enthalten sein sollten, von einander zu scheiden. Bringt man nämlich zu einer sehr verdünnten Lösung von eisenbläuender Gerbsäure einige Tropfen Eisenchlorid bis zur Schwarzfärbung, setzt hierauf einige Tropfen Ammoniakliquor zu, bis die Flüssigkeit rothbraun geworden ist, und zuletzt, bis zur Uebersättigung des Ammoniaks so viel Essigsäure, so setzt sich nach wenigen Stunden das gerbsaure Eisenoxyd vollständig ab. Das- selbe kann leicht von der Flüssigkeit abfiltrirt und die Gerbsäure auch quantitativ bestimmt werden. Verfährt man in ganz ähnlicher Weise mit eisengrünenden Gerb- stoff, so bleibt die Flüssigkeit nach Zusatz der Essigsäure grün und vollkommen klar. Sind hingegen beide Gerb- stoffe in einer Flüssigkeit enthalten und man behandelt sie auf oben angegebene Weise, so setzt sich das blaue gerbsaure Eisenoxyd als Niederschlag ab, nur etwas lang- samer, während das grüne gerbsaure Eisenoxyd in der Flüs- sigkeit gelöst bleibt. Für qualitative Pflanzenuntersuchun- gen scheint dieses Verhalten der beiden Gerbsäuren von nicht geringem Werthe zu sein. (N. Jahrb. für Pharm. Bd. 25. 2.) B.

Ueber den Geruch der käuflichen Gerbsäure

theilt William Procter (in den Proceedings of the American Pharmaceutical Association, Philadelphia 1864, pag. 255— 256) Folgendes mit.

Da reine Gerbsäure eine geruchlose Substanz ist, so fragt es sich, ob die Galläpfel eine riechende Substanz enthalten, die in die käufliche Gerbsäure übergeht, oder ob der Geruch der letzteren von Unreinigkeiten des zu ihrer Darstellung benutzten Aethers herrührt?

Nach Dr. Wood (U. S. Disp.) sind die Galläpfel geruchlos.

Geruch der käuflichen Gerbsäure. 155

Pereirasagt: Galläpfel haben keinen Geruch (Zlements, pag. 323. Vol. Il. Am. Edit). Christison sagt auch: Galläpfel sind ohne Geruch. |

Dessen ungeachtet geben die zwei letzteren Autoritäten an, dass ätherisches Oel zu den Bestandtheilen der Galläpfel gehöre.

Meine eigene Untersuchung der Galläpfel ergiebt, dass sie in ganzem und trocknen Zustande nur einen schwachen Geruch zeigen, während sie in einer Büchse oder Kasten aufbewahrt werden; wenn sie hingegen ge- stossen oder gepulvert werden, so verbreiten sie einen bezeichnenden obgleich nicht sehr hervortretenden Geruch.

Wenn nun gewöhnlicher alkoholhaltiger Aether mit gepulverten Galläpfeln in Berührung kommt, muss er dieses Geruchsprinecip nebst der Gerbsäure und einen grünen oder braunen Farbstoff denselben entziehen und hinterlässt dieses Gemenge beim Abdampfen nebst ge- wissen Verunreinigungen, welche dem Aether anhingen.

Um diese Ansicht durch einen Versuch zu bekräftigen, verschaffte ich mir von Hr. Dr. Squibb reinen Aether, welcher bei freier Verdunstung nichts Riechendes hinter- liess. Derselbe wurde mit der erforderlichen Menge von Alkohol und Wasser gemischt und zum Ausziehen von gepulverten Galläpfeln benutzt. Der ätherisch alkoholische Auszug wurde in einer Schale bei gelinder Wärme ver- dunstet, bis der Aether verflüchtigt war. Der trockene, spröde Rückstand wurde zu Pulver zerrieben. Er besass eine grünliche Farbe und einen entschiedenen Geruch nach zerriebenen Galläpfeln, aber keinen Geruch nach unreinem- Aether.

Ein Theil dieser Gerbsäure wurde mit Benzin dige- rirend ausgezogen, in welcher Flüssigkeit die Gerbsäure unlöslich ist und von dem Auszuge in einer Glasschale das Benzin verdunstet; es hinterblieb ein geringer Rück- stand, welcher den charakteristischen Geruch der Gall- äpfel (the well marked odor of nutgalls) besass.

Die hieraus zu ziehende Folgerung ist, dass der Geruch der käuflichen Gerbsäure vornehmlich von dem Geruchsprincip der Galläpfel selbst herrührt, welcher von den Farbstoffen der Galläpfel begleitet wird, zuweilen wohl auch von den riechenden Verunreinigungen des Aethers. In Anbetracht der Unlöslichkeit der Gerbsäure in Benzin, können durch letzteres der Gerbsäure die genannten Riech- und Farbstoffe entzogen werden. H. Ludwig.

156 Helleborin und Helleborein.

Digitalin.

Man konnte dieses höchst giftige Alkaloid aus Digt- talis purpurea bisher bei gerichtlich-chemischen Unter- suchungen nicht mit Sicherheit nachweisen. (Man erin- nere sich der Schwierigkeiten, die in dieser Beziehung im Processe la Pommerais zu überwinden waren.) Gran- deau hat einfache und sichere Reactionen auf Digitalin gefunden. Man scheidet es zunächst durch Dialyse ab, was noch gelingt, wenn in 100 CC. Flüssigkeit nur 0,10 Grm. desselben enthalten ist. Reines Digitalin färbt sich mit concentrirter Schwefelsäure braun, wird nach einiger Zeit weinroth und auf Zusatz von Wasser augen- blicklich schmutziggrün. Beim Eindampfen einer ver- dünnten Digitalinlösung tritt mit Schwefelsäure eine je nach der Menge des Digitalins mehr oder weniger dunkle, braunrothe Färbung ein, bei sehr geringen Mengen z.B. 0,0005 Grm. eine rosa Färbung. Bromdämpfe färben mit Schwefelsäure befeuchtetes Digitalin je nach der vorhan- denen Menge vom dunkelsten Violett bis zum Malven- violett. Diese Färbung ist bei noch weniger als 0,0005 Gramm sichtbar.

Im Handel kommt nach Lefort lösliches (von Merk in Darmstadt) und unlösliches (französisches) Digitalin vor. Ersteres färbt sich mit Salzsäure weniger und langsamer grün als letzteres. Chlorwasserstoff färbt das unlösliche Digi- talin dunkelgrün, das lösliche dunkelbraun und entwickelt besonders aus letzterem den charakteristischen Digitalin- geruch. Das unlösliche erscheint unter dem Mikroskop als ein Gemenge von wenigstens zwei Substanzen. Die grüne Färbung wird durch einen flüchtigen Stoff hervor- gebracht, der beiden Digitalinsorten anhängt und ihnen den specifischen Geruch ertheilt, übrigens können beide Sorten durch Dialyse getrennt werden. (Comptes rendus.)

Dr. Reich.

Helleborin und Helleborein.

Als die wirksamen Bestandtheile in Helleborus niger L. urd Helleborus viridis L. bezeichnen A. Husemann und W. Marm& zwei Glykoside, die von ihnen Helleborin und Helleborein genannt werden.

Das Helleborein kommt viel reichlicher in der schwar- zen als in der grünen Nieswurz vor, übertrifft aber auch in letzterer an Menge beträchtlich das Helleborin. Zu seiner Darstellung wird die wässerige Abkochung der

Helleborin und Helleborein. 157

zerkleinerten Wurzeln mit Bleiessig gefällt, das Filtrat durch schwefelsaures Natron vom überschüssigen Blei befreit, durch Eindampfen stark concentrirt und dann so lange mit Gerbsäure versetzt, als noch ein Niederschlag entsteht. Dieser, stark ausgepresst, wird mit Weingeist und geschlämmter Bleiglätte angerieben; auf dem Wasser- bade ausgetrocknet, mit Weingeist ausgekocht und aus der weingeistigen Lösung wird dann durch Aether das Helleborein gefällt. Es krystallisirt in durchsichtigen, erbsengrossen, aus mikroksopischen Nadeln zusammen- gesetzten Warzen, die an der Luft rasch kreideweiss werden und ein gelblich- weisses, sehr hygroskopisches Pulver geben, besitzt einen süsslichen Geschmack, löst sich leicht in Wasser, gar nicht in Aether und ist nach der Formel C5?H44030 zusammengesetzt. Von con- eentrirter Schwefelsäure wird es mit braunrother, allmälig ins Violette übergehender Farbe gelöst.

Kocht man Helleborein mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure, so scheidet sich rasch ein schön dunkel- veilchenblauer Niederschlag aus, der nach dem Trocknen ein graugrünes, amorphes Pulver bildet. Dieses Spaltungs- product ist das Helleboretin, isi geruch- und geschmack- los, löst sich weder in Wasser, noch in Aether, aber gut und mit violetter Farbe in Weingeist. Seine Zusammen- setzung ist C23H2006; die Spaltungsgleichung

652 H44 030 0235 920 06 .- 2C22H!2O12,

Um das Helleborin zu gewinnen, kocht man die zerkleinerten Wurzeln wiederholt mit Weingeist aus, engt die Auszüge durch Destillation auf ein kleines Volumen ein und schüttelt den Rückstand wiederholt mit beträcht- lichen Quantitäten kochenden Wassers, in welchem das Helleborin bei Gegenwart von Helleborein löslich ist. Nach starkem Concentriren und Erkaltenlassen scheidet sich dann das Helleborin aus und wird durch Umkrystalli- siren aus Weingeist gereinigt. Es bildet glänzend weisse, concentrisch gruppirte Nadeln, ist, im trockenen Zustande auf die Zunge gebracht, fast geschmacklos, aber seine weingeistige Lösung schmeckt ausserordentlich scharf und verursacht an den Lippen ein viele Stunden anhal- tendes Brennen. Es ist in kaltem Wasser unlöslich und löst sich nur wenig in Aether und fetten Oelen, aber gut in kochendem Weingeist und in Chloroform. Seine Zusam- mensetzung wird durch die Formel C7?H42012 ausgedrückt. Concentrirte Schwefelsäure färbt es prachtvoll hochroth; die Reaction ist ungleich intensiver und empfindlicher, als die

158 Laserpitin.

bekannte Salicinreaction. Wasser scheidet aus dieser

Lösung einen harzartigen Körper,

das Helleboresin, ab, welcher neben Zucker aus dem Helleborin entstanden ist. Am besten gelingt die Spaltung mit syrupartiger Chlorzinklösung. Das Helle- boresin von der Formel C60H3808 stellt nach dem Trock- nen ein grauweisses, geschmackloses Pulver dar, welches

sich nicht in Wasser, nur wenig in Aether, aber gut in

kochendem Weingeist löst.

Die physiologischen Wirkungen dieser Stoffe sind folgende: Von Helleborein genügten 300 Milligr. in den Magen einer ausgewachsenen Katze gebracht zur tödtlichen Vergiftung, bei subcutaner Application war eine kleinere Dose ausreichend. Das Helleboretin übt keine sichtlicheWir- kung auf den thierischen Organismus aus. Das Helleborin ist ein starkes Narcoticum, noch energischer als das Helle-

borein. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXKXXV.55—65.) @.

er

Das Laserpitin ist ein von A. Feldmann in der Wurzel von Laserpitium latifolium L. aufgefundener Bitter- stoff, den ınan daraus durch Ausziehen mit Weingeist von 80 Proc. darstellen kann. Die reine Substanz kry- stallisirt leicht in vollkommen farblosen rhombischen Pris- men, ist geruch- und geschmacklos, in kaltem und kochen- dem Wasser unlöslich, leicht löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Terpenthinöl, Benzin und fetten Oelen. Die alkoholische Lösung reagirt neutral und schmeckt bitter; die Substanz schmilzt bei 1140 zu farblosen, ölartigen Tropfen und erstarrt wieder zu einer amorphen Masse, die später wieder krystallinisch wird. Ueber seinen Schmelzpunct erhitzt, verflüchtigt sich das Laserpitin und sublimirt unzersetzt in öligen Tropfen; es ist unlöslich in Kali-, Natron- und Ammoniak- flüssigkeit, in concentrirter Salzsäure, Salpetersäure und Essigsäure; durch concentrirte Schwefelsäure wird es mit kirschrother Farbe gelöst.

Beim Erhitzen mit Kalihydrat zerfällt das Laserpitin in Angelikasäure C10H5O? und einen alkoholartigen Kör- per, vom Verfasser Laserol = U23H2?03, genannt.

Das Laserpitin besitzt die Formel C48H36014 und die Zersetzung in Angelikasäure und Laserol erklärt sich nach der Gleichung:

648436014 1. 2HO C28H208 + 2(CiVHSO9)

Untersuchung der Aloe succotrina. 159

Das Laserpitin besitzt demnach denselben Kohlen- stoffgehalt wie Athamantin, Peucedanin und das diesem identische Imperatorin, wie es denn überhaupt in seinen allgemeinen Eigenschaften mit diesen Stoffen überein- stimmt. Bemerkenswerth ist, dass diese Substanzen sämmt- lich von botanisch nahestehenden Pflanzen aus einer natür- lichen Familie abstammen. (Annal. der Chem. und Pharm. CAXXV. 236 247.) G.

Untersuchung der Aloö succotrina.

Rochleder theilt in Folgendem die bis jetzt gewon- nenen Resultate in Kürze mit, welche ©. Czumpelik aus seiner Untersuchung der Alo& succotrina gezogen hat.

Hiernach muss die Alo& succotrin« als ein Gemenge von Substanzen angesehen werden, die in dem Safte der Aloeblätter enthalten sind, mit einer nicht geringen Quan- tität von Stoffen, die durch Zersetzung der ursprünglichen Bestandtheile entstanden sind, abgesehen von Sand, Holz- stücken und anderen Unreinigkeiten, die bald in grösserer, bald geringerer Menge zugegen sind. Zu den eigentlichen Bestandtheilen der Alo& gehört ein krystallisirbarer Stoff, der in allen seinen Eigenschaften von dem Aloin verschie- den ist. Er lässt sich aus erwärmtem, wässerigen Wein- geiste umkrystallisiren und auf diese Weise rein erhalten. Seine Natur zu erforschen muss jedoch weiteren Versuchen vorbehalten bleiben. Das Aloin ist ein zweiter Bestand- theil der Alo&, welcher bis jetzt aus der Alo& suecotrina vergeblich darzustellen versucht wurde. Die Menge des Aloins ist nicht unbedeutend und beträgt circa 1 Loth auf 11/, Pfd. Aloe Czumpelik hat es in allen im Handel vor- kommenden Sorten von Alo& succotrina aufgefunden. Er hat auch das Bromaloin von Stenhouse daraus dargestellt, so dass an der Identität dieses Aloins mit dem aus Barbados- Alo& kein Zweifel ist. Durch Behandlung einer weingeistigen Aloin-Lösung mit Salzsäure wird das Aloin zerlegt und giebt dabei ein gelbes krystallisirtesSpaltungsproduct, welches mit Alkalien dieselbe Reaction zeigt, wie die Chrysophansäure. Ein dritter Bestandtheil der Alo& ist ein schön gelbes, beim Betropfen mit Salzsäure sich blutroth färbendes Harz. Dieses wird durch Behandlung mit Alkalien in wässeriger Lösung bei erhöhter Temperatur zerlegt und giebt dabei, neben anderen, den farblosen in zolllangen Nadeln kry- stallisirten Stoff, den man erhält, wenn Alo& direct mit -Aetznatronlösung gekocht, die Flüssigkeit mit Schwefel-

160 Verhalten der Alo& zur Thierkohle.

säure gesättigt und mit Aether ausgezogen wird. Der vierte Bestandtheil endlich ist ein Gerbstoff, eine ad- stringirend schmeckende, Eisenoxydsalze schwärzende Sub- stanz, die nur in geringer Menge vorhanden ist und offenbar in Folge der leichten Veränderlichkeit zum grössten Theile im zersetzten Zustande sich unter den Stoffen befindet, welche die Aloöbestandtheile begleiten. Diese Substan- zen bleiben ungelöst zurück, wenn die Alo@ mit wenig mehr als der gleichen Gewichtsmenge von wasserfreiem Alkohol im gepulverten Zustande behandelt wird. Sie sind schwarz von Farbe und unmöglich als solche in dem Safte der Aloeblätter fertig gebildet vorhanden.

Hieran schliesst Rochleder noch eine Bemerkung, welche das Aloin betrifft. Stenhouse hat für dieses purgirende Princip, das Smith in der Barbados - Alo& entdeckte, die Formel C34 H18 014 aufgestellt. Dieser Zusammensetzung nach ist das Aloin nicht unwahrschein- lich ein Glykosid, das sich nach der Gleichung C34 413014 4H0 = C*H1006 + ClH12 012 spalten würde. Dieses C??H1!006, welches Rochleder Aloötin nennen würde, wäre homolog mit der Chrysophansäure, dem pur- girenden Stoffe der Rhabarber und das dritte Glied der Reihe, die mit dem Purpurin des Krapps beginnt:

C18 16 06 Purpurin, C20 H3 06 Chrysophansäure, C22 11006 Aloetin.

Für diese Vermuthung sprechen die Eigenschaften des von Czumpelik gefundenen Spaltungsproductes der Chry- sophansäure. (Sitz.-Der. der k. k. Gesellsch. der Wissensch. (Chem. Centrbl. 1866. 2.) B.

Verhalten der Alo& zur Thierkohle.

Bei Gelegenheit der Untersuchung des Daubitz’schen Kräuterliqueurs hat Jacobsen gefunden, dass die Alo& vollständig durch Thierkohle zurückgehalten wird, wenn man die Flüssigkeit einige Zeit unter öfterem Umrühren bei Seite gestellt hat. Das Filtrat ist farblos und schmeckt nicht mehr nach Alo&. Auf diese Weise lässt sich auch sehr gut der Zucker in dem genannten Liqueure nachweisen. Beispielsweise hat Jacobsen 3 Drachmen Aloätinctur und 1 Drehm. Zucker in 1Drchm. Wasser gelöst, zusammengegos- sen, reine Thierkohle hinzugesetzt und wie oben behandelt. Das Filtrat war farblos, schmeckte nicht mehr nach Alo& und

N RE Aloetinsäure. Chrysocyaminsäure. 161

gab nach dem Abdampfen auf dem Wasserbade genau die Drachme Zucker als weisses, süsses Pulver. (Böttger’s polyt. Notizbl.) B.

Die Aloötinsäure,

ein Oxydationsproduct der Alo@ mittelst Salpeter- säure, hat nach C. Finckh folgende Eigenschaften:

Sie besteht aus einem sattgelben amorphen Pulver, welches bei 1200 unter Abgabe von 1 Aeg. sich bräunt, wenn sie aus der Lösung des Barytsalzes in der Kälte durch verdünnte Salpetersäure abgeschieden wird. War die Lösung des Barytsalzes heiss, so erscheint sie als braune, amorphe Masse. In kaltem Wasser ist sie wenig löslich, mehr in kochendem mit purpurrother Farbe, welche auf Zusatz von Säuren in Gelb übergeht und beim Neutralisiren mit Basen wieder roth wird. In Weingeist löst sie sich leicht mit rother Farbe; auf Platinblech erhitzt verpufit sie. Ihr Geschmack ist stark bitter und kratzend. Ihre Zusammensetzung wird durch die Formel C14AH2N2O10 ausgedrückt, die sich von der Formel der Chrysaminsäure, CI H2N2O!2, einem anderen Oxydationsproduct der Alo& mittelst Salpetersäure, nur durch ein Minus von 2 unter- scheidet. Durch Kochen mit concentrirter Salpetersäure wird die Aloötinsäure auch in Chrysaminsäure übergeführt.

Die Aloetinsäure ist eine ziemlich starke Säure und treibt die Kohlensäure aus ihren Salzen aus; mit den Alkalien und Erdalkalien bildet sie in Wasser mit Purpur- farbe lösliche Salze; schwer- und zum Theil unlöslich sind die Verbindungen mit den Oxyden schwerer Metalle. (Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 236— 240.) @.

Chrysoeyaminsäure.

Diese neue Säure erhielt C. Finckh beim Eintra- gen von Chrysaminsäure in eine erwärmte Lösung von Cyankalium. In reinem Zustande liess sich die Säure nicht darstellen, aus der Analyse ihrer Salze aber ergab sich für dieselbe die Formel C18H3N3012, Die Verbin- dungen der COhrysocyaminsäure mit Natron, Kali und Ammoniak sind leicht löslich und krystallisirbar, die meisten übrigen Metallsalze sind dunkelroth gefärbte kry- stallinische Niederschläge, welche zum Theil in reinem Wasser etwas löslich, meist jedoch vollkommen unlöslich

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds.1.u.2.Hft. 11

162 Entwickelungsgeschichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen.

sind. Beim Erhitzen verpuffen sämmtliche Salze wie Schiesspulver. {Eine geringe Menge des Kalisalzes in Wasser geworfen löst sich mit intensiver dunkelviolett- rother Farbe auf. (Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 229 236.) G.

Chloranil.

Behandelt man eine alkoholische Lösung von Capalo& mit Chlor, so trennt sich die Flüssigkeit in zwei Schich- ten, wovon die obere Producte der Einwirkung von Chlor auf Alkohol enthält, während die untere aus einem orange- gelben halbflüssigen Harze besteht, welches sich in kaltem Weingeist mit rothbrauner Farbe löst, unter Abscheidung von gelblich-weissen Krystallblättchen. Diese Krystalle sind nach der Untersuchung von C©. Finckh Chloranil (1201404 (Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 241— 242.) 6.

Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte des Farbstofls in Pflanzenzellen

hat Adolf Weiss (Prof. der Botanik an der Univer- sität Lemberg) veröffentlicht. Er stellte dieselben mit den Beeren von Lycium barbarum L., Solanum Dulcamara L., Solanum capicastrum Lk., Solanum laciniatum Ait., Solanum pseudocapsicum L., den Zellen des gelben Ueber- zugs, der die Samen von Evonymus europaeus L. beklei- det, den Beeren von Capsicum baccatum, Asparagus ver- tzcillatus L. an, welche sämmtlich einen nicht gelöst auftretenden gelbrothen Farbstoff enthalten und fasst die Resultate seiner mitgetheilten und durch schöne colo- rirte Abbildungen erläuterten Beobachtungen in folgende allgemeinere Sätze zusammen:

1. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt in einer und derselben Zelle fast immer auf zwei oder mehre von einander verschiedene Weisen.

2. Sie geschieht nicht in der Weise, dass etwa die Chlorophyllkörner zuerst verschwinden und durch Neubildung sich auf einer neuen Unterlage neuer Farb- stoff erzeugt, sondern indem die Unterlage des früheren Chlorophylikorns (wohl meist Amylum) bleibt und nur das grüne Pigment, welches sich unter Einwirkung des Lichtes darauf abgelagert hatte, succesive durch alle Ab- stufungen von Gelb hindurch in den schliesslich rothgelben Farbstoff verwandelt.

Dh, N A + er Ri

' Entwickelungsgeschichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen. 163

3. Die Ursache dieser Farbenwandlung muss in einer durch die Vorgänge des Reifens der Beere veränderten Diffusionsthätigkeit der Zellen gesucht werden, ob- gleich sich derzeit über die zu Grunde liegenden chemi- schen Verhältnisse nichts angeben lässt.

4. Neben dieser bei weitem häufigsten Bildungsart kommt gewöhnlich eine zweite von ihr gänzlich verschie- dene vor, durch welche im Innern von Bläschen der Farbstoff direct aus dem Protoplasma oder richtiger aus der stickstoffhaltigen Materie im Innern derselben ent- steht.

5. Die fertigen Farbstoffgebilde erhalten später an ihren Enden meist farblose Schleimfäden, welche zwei oder mehre derselben verbinden und möglicherweise das Product einer Umwandlung sein können, welche die Unterlage (Amylum) des Farbstoffs bei und nach der Reife erfährt.

6. Schliesslich zerfallen die Farbstoffgebilde, indem ihr Pigment allmälig immer blässer und blässer wird, in ihre einzelne Theile (Unterlage und Pigment).

Weiss bedient sich in seiner Abhandlung des Aus- druckes Bläschen zur Bezeichnung eigenthümlicher Ge- bilde im Innern von Pflanzenzellen und er spricht sich über dieselben dahin aus:

Es ist sicher, dass im Innern von Zellen eine Art von Elementarorganen, Bläschen, vorkommen, die aus einer Membran und einem von ihr scharf getrennten flüssigen Inhalte bestehen, in oder aus welchem sich im Verlaufe ihres Lebens Amylum, Chlorophyll und Farbstoffe bilden können, die demnach wie die Zellen selbst eine fortschreitende Entwickelung zeigen. Ihr Unter- schied von dem, was wir Zelle nennen, dürfte kaum darin bestehen, dass sie ohne Einwirkung eines Cytoblasten sich individualisiren, jedenfalls aber, dass wir an ihnen vor der Hand keine Cellulosehülle nachweisen kön- nen, ja dass sie dieselbe höchst wahrscheinlich durchaus nicht besitzen. Generisch sind sie von unseren Zellen sicher nicht verschieden. Was den Cytoblasten be- trifft, so wird ihm ebenfalls sicher die Zellennatur zu- gesprochen werden müssen. (Sitzungsber. der k.k. Akad. der Wissensch. Math.-naturw. Cl. 50. Bd. I. Heft. I. Abth. 8.6 35.) H. Ludwig.

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SE NE RER RA 164 Ueber das Chlorophyll. |

Ueber das Chlorophyll.

Durch frühere Untersuchungen hat E. Fremy ge- zeigt, dass man das Chlorophyll durch Einwirkung von Salzsäure und Aether in einen gelben Körper Phylloxanthin und in einen blauen Phyllocyanin spalten kann. Ganz ähnlich wie Salzsäure wirken auch andere Säuren, selbst schwache, wie sich im weiteren Verlaufe seiner Unter- suchungen ergeben hat. Eine Reindarstellung der Spal- tungsproducte war aber auf diesem Wege nicht zu ermög- lichen.

Fremy studirte darauf die Einwirkung der verschie- denen Basen auf das Chlorophyll und stellte Folgendes fest.

Die Basen scheinen auf das Chlorophyll in dreifach verschiedener Weise zu wirken.

1) Die Hydrate gewisser Erdbasen, wie die Magnesia und namentlich Thonerdehydrat mit einer alkoholischen Lösung von rohem Chlorophyll geschüttelt, geben Lacke, indem sie sich mit der grünen Substanz verbinden, und lassen im Alkohol eine gelbe Substanz und namentlich auch Fett gelöst.

2) Alkoholisches Kali und Natron verhalten sich zum Chlorophyll in der Siedhitze wie die Säuren, verseifen aber gleichzeitig die Fettkörper, welche dasselbe verun- reinigen. Auf diese Weise erhält man eine grüne Flüssig- keit, in welcher man leicht die Gegenwart der beiden Spaltungsproducte nachweisen, diese Substanzen aber nur schwierig rein darstellen kann.

3) Die alkalischen Erden, wie Kalk, namentlich Baryt, verhalten sich am eigenthümlichsten gegen das Chloro- phyll. Kocht man durch Thonerde „ereinigtes Chloro- phyll eine Zeit lang mit Barythydrat, so schlägt sich das Phyloxanthin, gleichzeitig mit einem unlöslichen Baryt- salze nieder. Letzteres enthält einen zweiten Körper, den Fremy vorläufig Phyllocyaninsäure nennt. Das Chlorophyll verhält sich hiernach wie Fett, das neutrale Phylloxanthin entspricht dem Glycerin und die Phyllo- cyaninsäure würde als eine blaugrün gefärbte Fettsäure anzuseheu sein.

Nach Vollendung der Spaltung wird die Masse mit Alkohol behandelt; in diesem löst sich das Phylloxanthin und scheidet sich aus der Lösung nach seinem Verdun- sten wieder ab. Aus dem phyllocyaninsauren Baryt er- hält man durch Zersetzung mit Schwefelsäure die Phyllo- cyaninsäure. Das Phylloxanthin ist neutral, unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und Aether, krystallisirt bald

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Die Farbstoffe der Blätter. 165

in gelben Blättchen, bald in röthlichen Prismen, welche in ihrem Ansehen Aehnlichkeit mit zweifach chromsaurem Kali haben. |

Die Phyllocyaninsäure ist unlöslich in Wasser, lös- lich in Alkohol und Aether, und erhält in diesen letzteren Flüssigkeiten eine olivengrüne im reflectirten Licht braun- rothe oder violette Färbung. Alle ihre Salze sind braun oder grün; nur die Salze der Alkalien sind in Wasser löslich. Die Säure löst sich in Schwefelsäure oder Salz- säure je nach der Concentration mit grüner, röthlicher, violetter oder schön blauer Farbe, durch einen Ueber- schuss von Wasser wird die Phyllocyansäure wieder aus- geschieden. Die Existenz einer aus dem Chlorophyll ab- zuscheidenden Säure, welche durch die Einwirkung ge- wisser Agentien grüne, violette und blaue Färbung annimmt, gilt Fremy als das beachtenswertheste Factum, welches diese Untersuchung zur Kenntniss gebracht hat. (Compt. rend. T.61. Chem. Centrbl.) B.

Ueber die Farbstoffe der Blätter.

Sowohl die Blüthen als auch andere schnell sich ent- wickelnde Pflanzenorgane enthalten nach Chatin und Filhol eine Substanz (A), die sehr begierig Sauerstoff aufnimmt, sich unter dessen Einfluss verändert und die Blätter im Herbst braun färbt.

Das Chlorophyll wird durch die Wirkung des Lichtes und der Luft gelblich-braun und wird dann durch Salz- säure nicht wieder grün. Die gleichzeitige Einwirkung des Lichtes und der Luft auf das Chlorophyll wird, wie schon Fremy gezeigt hat, durch die Gegenwart von Basen begünstigt, durch Säuren dagegen erschwert; mehre derselben (Mineralsäuren) verändern es bekanntlich gänzlich.

Es ist bekannt, dass Payen aus der Cuticula der Blätter mehre fettartige Substanzen ausgezogen hat. Cha- tin und Filhol haben gefunden, dass die Oberfläche der jungen Blätter (eben so der Blumenblätter) mit einer schützenden fettartigen Materie überzogen ist, welche sich vermindert, je näher die Periode des Gelbwerdens oder des Färbens der Blätter hervortritt.

Als Chatin und Filhol grüne Blätter durch Ein- tauchen in reinen oder noch besser in ammoniakalischen Aether von der oberflächlichen Fettschicht befreiten und dann der Luft ausetzten, nahmen sie ziemlich rasch die Farbe abgestorbener Blätter an. Das Ammoniak begün-

166 Die Farbstoffe der Blätter.

stigt eben so wie die anderen Alkalien die Umwandlung der Substanz A, welche der zersetzenden Wirkung der physikalisch-chemischen Agentien nicht widerstehen kann, einmal weil sie nicht genügend durch die fettartige Firniss- schicht geschützt ist, dann aber ohne Zweifel auch, weil das Leben der Zellen durch den Aether alterirt wird. Der Sauerstoff der Luft wird dabei zu Kohlensäure. Die Blüthen erleiden dieselben Veränderungen.

Die meisten weissgestreiften Blätter färben sich nach der Einwirkung des ammoniakalischen Aethers braun, nur sehr selten bleiben welche weiss (Acer Negundo) in Folge der ausnahmsweisen Abwesenheit der Substanz A. Die Blätter mehrer Pflanzen (Malus etc.) färben sich gegen das Ende des Sommers gelb, dann roth, aber niemals zuerst roth und dann gelb. Die gelb gewordenen Blätter werden nach Behandlung mit ammoniakalischem Aether und nachherigem Auslegen an die Luft roth, indem sie Sauerstoff absorbiren. Schwefelige Säure und andere desoxydirende Mittel färben die roth gewordenen Blätter wieder gelb.

Die gelben Blätter, welche später die rothe Färbung annehmen, scheinen demnach in dem ersten Grade der Oxydation der rothen Blätter zu stehen. Bei einigen Pflanzen, wie den Aprikosenbäumen (Armeniaca), den Pappeln (Populus) werden die Blätter übrigens nur gelb, niemals roth; die Oxydation schreitet also bei diesen nicht so weit fort. Eben so verhält es sich mit den gelben Früchten von Rubus Idaeus, Prunus, Ribes etc., gegen- über den rothen Früchten, welche andere Varietäten der- selben Species hervorbringen. Das Cyanin in den Blät- tern von Pelargonium zonale und anderer Pflanzen färbt manche Blätter roth; eine andere Substanz, welche sich durch ihre Nichtfärbung im zerstreuten Lichte auszeichnet, färbt die Berberisblätter roth. Aether entzieht den Nuss- blättern (Juglans) eine farblose Substanz, welche unter den Einflüssen des Ammoniaks und der Luft eine schön violette Farbe annimmt. Diese Substanz wird während der herbstlichen Färbung zerstört; sie findet sich noch nicht in den Blättern des Frühlings.

In den Blättern und im Allgemeinen in allen kraut- artigen Theilen findet sich Quercitrin. Mit demselben kommt häufig Tannin, bisweilen Gallussäure vor, die beide mit den Eisensalzen eine Färbung geben. Neben dem Quercitrin oder auch bei dessen Abwesenheit findet man ferner das Quercetin und das Melin (Bolley, Stein).

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Ueber einige Flechtenstoffe. 167

Diese Substanzen kommen in verschiedener Menge vor, das Quercetin ist die verbreiteste, das Tannin kommt viel weniger vor, die Gallussäure ist selten. (Compt. rend. T.57. Journ. für prakt. Chrmie. Bd. 59. 6.) B.

Ueber einige Flechtenstofle.

Zur Untersuchung verwendete H. Lamparter zwei verschiedene Sorten von Koccella fuciformis, der sonst zur Bereitung von Orseille dienenden Valparaisoflechte.

Das aus der einen Flechte nach dem früher von Stenhouse angegebenen Verfahren dargestellte Chromo- gen hatte, obgleich in seinen äusseren Eigenschaften und sonstigem Verhalten dem gewöhnlichen aus diesen Flech- tenarten erhaltenen Erythrin ganz ähnlich, doch eine andere, von dem gewöhnlichen Erythrin um C?H? sich unterscheidende Zusammensetzung C??H2?020 4 2HO. Dieser Körper, als Beta-Erythrin zu bezeichnen, schmilzt schon bei 115— 1160 unter heftiger Entwickelung von Kohlensäure, während das gewöhnliche Erythrin bei 1370 schmilzt und erst über 200° erhitzt Kohlensäure entwickelt. Wird das Beta-Erythrin längere Zeit mit starkem Wein- geist gekocht, so entsteht neben Orsellinsäureäther ein neuer Körper, der wiederum in seiner chemischen Zusammensetzung von dem sonst bei dieser Behandlung erhaltenen Pikroörythrin verschieden ist und Beta- Pikroörythrin zu nennen ist. Dasselbe löst sich sehr leicht in Wasser und Alkohol, nur ganz wenig in Aether, hat eine schwach saure Reaction und giebt mit Chlorkalk eine rothe Färbung. Es hat die Formel C26H16 012, Das Beta-Pikroörythrin lässt sich durch Kochen mit Baryt- wasser, ähnlich wie das gewöhnliche Pikroörythrin, in zwei weitere Körper spalten, wovon der eine wie Orein in Aether löslich, der andere darin unlöslich ist. Diese sind das Betaorcin, C16H1004, und das Erythro- glyein, C8H!008. Das Betaorein ist leicht löslich in Wasser, Weingeist und Aether und verhält sich gegen Salpetersäure, gegen chromsaures Kali und Schwefelsäure und gegen Brom ganz wie gewöhnliches Orcin. Mit Eisen- chiorid giebt es einen fast schwarzen Niederschlag, der beim Vermischen mit Wasser violett erscheint, während gewöhnliches Orein mit Fe2Cl3 einen dunkelrothen Nieder- schlag hervorbringt. 3

Die andere Flechtensorte wurde auf dieselbe Weise behandelt, wie die erstere; das erhaltene Chromogen ver-

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a r} 168 Catechin.

hielt sich aber wie gewöhnliches Erythrin, für wel- ches der Verfasser die Strecker’sche Formel 04022020 annimmt. Das aus dem Erythrin gewonnene und durch Destillation gereinigte Orcin, C14 H804, schmilzt in wasser- freien Zustande bei 86°, siedet zwischen 286 2900 und schiesst aus wässeriger Lösung in schönen regelmässigen Krystallen an. Mit Brom geht das Orcin zwei Verbin- dungen ein: Monobromorcin, C!4H7BrO4, entsteht, wenn man zu einer wässerigen Lösung von Örcin so lange Bromwasser zusetzt, als noch kein oder ein gerin- ger Niederschlag entsteht und dann die Flüssigkeit zur Krystallisation eindampft. Es krystallisirt wasserfrei, schmilzt bei 1350 und fängt schon unter 1000 an zu sub- limiren. Tribromorcin, C!14H5Br304, erhält man, wenn man zu einer concentrirten, wässerigen Lösung von Orein so lange Brom zusetzt, als noch eine Einwirkung statt findet.

Das Erythroglycin (der Erythromannit) bildet sich neben Orcin beim Kochen von Erythrin mit Basen, nicht aber, wie Stenhouse behauptet, beim Kochen von Orsellinsäureäther mit Alkalien. Durch rauchende Salpetersäure wird das Erythroglycin in eine neue Säure übergeführt, die Erythroglycinsäure, C8SH3010, die nicht krystallisirbar ist und zu dem Erythroglyein in demselben Verhältnisse steht, wie die Glycerinsäure zum Glycerin. (Ann. der Chem. u Pharm. CXXXIV. 243— 262.)

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Ueber das Catechin.

Behufs der Darstellung des Catechins behandelte P. Schützenberger gelbes Bombay-Catechu mit kaltem Wasser, um die Catechugerbsäure zu entfernen, löste so- dann den Rückstand in siedendem Wasser, worauf sich beim Erkalten aus der filtrirten Flüssigkeit gelbes Cate- chin abschied. Reines Catechin erhält man in Nadeln, wenn man das unreine Catechin in Wasser löst, mit Blei- zuckerlösung fällt, den Niederschlag durch Schwefelwasser- stoff zerlegt und wie gewöhnlich verfährt. Es schmilzt bei 2170. Schützenberger studirte die Derivate des- selben, da die einfache Analyse des bei 1400 getrockneten . Catechins kein brauchbares Resultat ergab. Er gelangte hierbei zu Derivaten, welche Kraut und van Delden in ihrer Arbeit über das Catechin nicht erwähnt haben, aus deren Zusammensetzung aber ebenfalls keine bestimmte

Kino. Scoparin. Katanhin. 169

Formel für das Catechin ableitbar ist. (Bull. de la soc. chim. Journ. für prakt. Chem. Bd. 96. p. 266.— 268.) C. Bl.

Kino.

Da man in dieser Drogue Catechin gefunden hat, so musste man mit Wahrscheimlichkeit bei der Behandlung mit Kali auch Phloroglycin daraus erhalten.

Dies ist in der That der Fall. Hlasiwetz erklärt, unter allen bisher bekannten, Phloroglycin liefernden Materien das Kino als das wohlfeilste Material. Er fand, dass 100 Grm. Kino 92 Grm. Phloroglycin gaben. (Nach früheren Angaben nur 12 Proc.) (Annal. der Chem. und Pharm. UOXXXV. 122.) @.

Ueber das Scoparin.

Der krystallisirte Farbstoff von Spartium scoparium, mit dem uns zuerst Stenhouse bekannt machte, gehört in die Quercetingruppe. H. Hlasiwetz hat eine Probe der Substanz (4 Grm.) in derselben Weise mit Kali behandelt, wie es beim Quercitrin geschah und als Resultat der Zer- setzung Protocatechusäure und Phloroglycin er- halten, wie von diesem auch. Der Bildung dieser Ver- bindungen scheint die Entstehung eines Mittelgliedes nach Art der Quercetinsäure vorauszugehen.

Die empirische Formel von Stenhouse zu Grunde gelegt, wäre das Endresultat des Vorgangs vielleicht:

C4242202 1 100 C1?H606 + Scoparin Phloroglyein 2 C14H608 + C20?-- 4HO Protocatechusäure.

(Sitz.-Ber. der Wien. Akad. Bd.5ö5. 1866.) B.

Ueber das Ratanhin.

Der von Wittstein aus dem amerikanischen Ratan- hia-Extracte dargestellte und von ihm für Tyrosin gehal- tene farblose krystallinische Körper ist nach den Unter- suchungen von Emil Ruge nicht Tyrosin, sondern ein neuer Körper, das Ratanhin. Dasselbe wird erhalten, wenn man die Auflösung des Extractes mit Bleiessig fällt, das Filtrat mittelst Schwefelwasserstoff vom Blei befreit und bis auf ein kleines Volumen verdunstet. Nach zwölf- stündigem Stehen wird der entstandene Krystallbrei ge-

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ve Ar 2\ ET a, a Frhr 4 = Ba 7 A 7 N u ETT 170 Ratanhin,

presst und gewaschen, dann in Ammoniak und etwas kohlensaurem Ammoniak gelöst und nach dem Abfiltriren des ausgeschiedenen kohlensauren Kalks die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen. Die entstehenden Krystallbüschel des Ratanhins sind denen des Tyrosins täuschend ähnlich. Man reinigt dieselben, indem man sie von der Mutterlauge durch Pressen und Waschen befreit, in heissem Wasser löst, etwas Bleiessig hinzu- fügt, filtrirt und mit dem durch Schwefelwasserstoff ge- fällten Schwefelblei kocht, bis der Geruch nach Schwe- felwasserstoff verschwunden ist, endlich siedendheiss fil- trirt und zur Krystallisation hinstellt. Man erhält nach einiger Zeit das Ratanhin in prächtigen Drusen, deren Krystallnadeln sich leicht verfiizen. Die grösste Aus- beute, welche Ruge erhielt, betrug 1,25 Proc. Die Ra- tanhiawurzel enthielt kein Ratanhin. Dasselbe ist also wahrscheinlich ein erst im Extract entstandenes Zersetzungs- product. Die Analyse führte zu der Formel: C20H13NO6,

Es unterscheidet sich das Ratanhin vom Tyrosin nur durch ein Mehr von O?H?.

In seinem Verhalten gegen salpetersaures Quecksil- beroxyd unterscheidet sich das Ratanhin vom Tyrosin wesentlich. Eine bei 150 gesättigte Ratanhinlösung giebt nach mehrtägigem Stehen nach dem Versetzen mit eini- gen Tropfen der Lösung des Quecksilbersalzes beim Er- hitzen eine hübsch rosenrothe Färbung ohne Trübung. Eine Trübung tritt erst im geringen Grade bei längerem Kochen ein, der nach dem Erkalten entstandene Boden- satz löst sich aber beim Wiedererhitzen und scheidet sich beim Erkalten nicht stärker ab. Neu hinzugefügte Quecksilbersalzlösung bringt braunrothe Flocken darin hervor.

Ratanhin mit wenig Wasser angerieben, giebt, wenn man unter Umschütteln so viel verdünnte Salpetersäure hinzufügt, dass die Mischung noch dünnbreiförmig bleibt, beim Erwärmen eine Lösung, die beim Kochen aus einer rosenrothen in eine rubinrothe und endlich durchs Vio- lette in eine tief indigblaue Färbung übergeht. Die ver- dünnte Lösung zeigt im durchfallenden Lichte nach die- ser Manipulation eine blaue oder violette, im auffallenden Lichte eine undurchsichtige blutrothe Farbe. Ein Zusatz von concentrirter Schwefelsäure oder Salzsäure und schwa- ches Erwärmen steigert die Intensität der blauen Farbe, beim stärkeren Erhitzen tritt aber der Farbenton durch die oben genannten Nüancen wieder ins Rothe zurück.

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Anwendung der Ratanhia in der Färberi. 171

Das Ratanhin unterscheidet sich durch diese äus- serst empfindliche Reaction sehr charakteristisch vom Tyrosin.

Ruge hat folgende Verbindungen des Ratanhins dar- gestellt und näher untersucht:

1. Barytverbindung C?0H!1Ba?NO®.

2. Salzsaures Ratanhin C2HVB3NO$6, HC.

3. Ratanhinschwefelsäure = HO,C20H12NO5, S?06

(einbasische)

und zweibasische 2 HO, C20H1?NO3, S?O®.

(Journ. für prakt. Chem. Bd. 96. pag. 106—115.) C. B.

Die Anwendung der Ratanhia in der Färberei.

Neuere Versuche von Jul. Roth haben nach dem Bulletin industriel de Mulhouse nachgewiesen, dass die Ratanhia auch als Farbstoff verwandt werden kann; sie giebt ohne Beizen ziemlich solide Farben, färbt Wolle und Baumwolle und ertheilt der Seide sehr schöne und glänzende Nüancen, die man gewöhnlich mit einem Gemisch von Orseille und Krapp darstellt; die dunklen Farben auf Wolle kann man- nur mit Beizen herstellen. Sehr verschiedene Färbungen erhält man namentlich, wenn man die ursprünglichen Nüancen mit verschiedenen Sal- zen oder Beizen behandelt, wie mit doppelt-chromsaurem Kali, salpetersaurem Kupferoxyd-Ammoniak, Zinnchlorid u.a.m. Da aber die meisten Metallsalze den Farbstoff aus seinen Lösungen fällen, so darf man sie nicht beim Färben in Anwendung bringen.

Alle Versuche wurden von Roth 'mit Ratanhiawur- zeln und im luftleeren Raume dargestellten Ratanhia-Ex- tract ausgeführt; die nach andern Methoden dargestellten Extracte liefern dasselbe Resultat, sind aber weniger rein und enthalten viel unlösliche Bestandtheile. Die Rinde liefert 1, ihres Gewichtes Extract und die Wurzel Io, doch erhält man im Handel die Wurzel stets mit der Rinde bedeckt. Für die Färberei kann man eine leichte Abkochung, besser aber einen Aufguss mit Wasser von 300R. verwenden. Das Ratanhia-Extract löst sich lang- sam und nur zum Theil in kaltem Wasser, während er in kochendem Wasser und Alkohol vollständig löslich ist. Mineralsäuren fällen die Lösungen, Weinsäure, Citronen- und Essigsäure dagegen trüben dieselben nicht. (Deutsche Industr.-Zeitung.) B.

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TE Een Bun rn 1.0 00, a nd 172 Dem Alizarin isomere Verbindung aus Naphthalin.

Nachweisung der Krappverfälschung.

Nach zahlreichen Versuchen, ein sicheres Mittel zu finden, Verfälschungen des Krapps nachzuweisen, empfeh- len Pimont, Müller und Bennet folgendes Verfahren: 5 Grm. des zu untersuchenden Krapps werden mit 65 Grm. destillirten Wassers von 500 und mit 35 Grm. Alkohol be- handelt; dasselbe geschieht gleichzeitig mit reinem Krapp. Nach einer Viertelstunde filtrirt man und taucht in das Filtrat Streifen von Filtrirpapier, die man nachher trock- nen lässt. Behandelt man diese Streifen mit verschie- denen Reagentien, so entstehen Färbungen, die je nach den Verfälschungen, welche der Krapp erlitten hat, ver- schieden sind. Man kann auf diese Weise alle fremden Farbstoffe nachweisen.

Alle bis jetzt vorgekommenen Verfälschungen lassen sich durch folgende 5 Reactionen erkennen:

1) Essigsaures Kupferoxyd, erhalten durch 10 Grm. schwefelsaures Kupferoxyd, 10 Grm. essigsaures Bleioxyd, 100 Grm. Wasser;

2) Chlorzinn ;

3) 1Oprocent. Lösung von salpetersaurem Silberoxyd;

4) & £ Eisenvitriol;

5) e x krystallisirter Soda.

Man bringt diese Reagentien auf die Papierstreifen mittelst einer Art Pinsel von feinem Leinen und lässt dann die Streifen, am besten gegen Luft geschützt, trock- nen. Zur Vergleichung stellt man sich Normalscalen dar, indem man reinen Krapp mit je 10 Proc. der verschie- denen Verfälschungsmittel versetzt und diese Mischung wie angegeben behandelt; eine Beschreibung der Nüan- cen, welche die verschiedenen Zusätze geben, theilen die Verf. nicht mit. (Deutsche Industr.-Ztg.)

Ueber eine dem Alizarin isomere Verbindung aus Naphthalin.

Die von Wolff und Strecker ausgesprochene Ver- muthung, aus Naphthalin künstlich Alizarin bereiten zu können, hat sich nicht bestätigt, indem es Martius und Gries zwar gelang, aus dem Naphthalin eine Verbin- dung von der Zusammensetzung des Alizarins darzustel- len, die aber nur isomer und nicht identisch mit diesem Farbstoff ist. Diese neue Verbindung wurde als End- product einer Reihe von Umsetzungen des Dinitronaph-

Sr, N Me hi * Morindon. 2 Behandlung des Opiums mit Terpenthinöl. 173

tylalkohols erhaiten. Sie krystallisirt in gelben Nadeln oder Blättchen, welche sich sehr schwer in Wasser, leich- ter in Alkohol, sehr leicht in Aether lösen. Sie ist wie Alizarin sublimirbar. In ihrer ammoniakalischen Lösung entsteht durch Chlorbaryum keine Fällung, wodurch sie sich sofort vom Alizarin aufs Bestimmteste unterscheidet. Mit Thonerde gebeizte Baumwolle wird von der neuen Verbindung nicht, Wolle und Seide dagegen gelb gefärbt. Sie zeigt einen wohl ausgeprägten Säurecharakter und bildet mit Basen zum Theil schön krystallisirbare Salze. (Annal. der Chem. u. Pharm. CXXXIV. 375—379.) @.

Morindoen identisch mit Alızarin.

Th. Anderson erhielt im Jahre 1849 aus der Wur- zel von Morinda citrifolia, der Al-Wurzel der Hindus, welche auf Madras als Färbematerial benutzt wird, einen blassgelben, krystallinischen Körper, welchen er Morindin nannte. Durch trockne Destillation schied er daraus ein röthlich-gelbes Sublimat, welches er als Morindon bezeich- nete, ab. Rochleder erklärte später das Morindin als identisch mit der aus dem Krapp zu erhaltenden Rube- rythrinsäure und das Morindon als identisch mit deren Spaltungsproduct, dem Alizarin. Stenhouse hat nun (Journ. of the Chem. Soc. Il. 335) die Versuche Ander- son’s wiederholt und die Identität des Morindons mi, dem Alizarin nachgewiesen. Beim Kochen der gepulver- ten Morinda-Wurzel mit verdünnter Schwefelsäure wird das darin enthaltene Morindin in Alizarin umgewandelt und lässt sich aus diesem Material Letzteres weit leich- ter chemisch rein erhalten, als aus der Krappwurzel. (Der Apotheker.)

Ueber die Behandlung d des Opiums mit Terpenthinöl,

Erwärmt man, nach Gobley, Opium mit Terpen- thinöl und verdunstet die erhaltene Lösung, so erhält man voluminöse Krystalle von Narcotin. Durch diese Thatsache wird zugleich Pelletier’s Ansicht bestätigt, dass das Narcotin frei im Opium enthalten ist. (Der Apotheker.) B.

174 Mikroskopische Untersuchung der Blutflecken.

Schweinemilch.

Th. v. Gohren untersuchte Milch von einer Sau, welche, 5 Jahre alt, 9 Ferkel im Gesammtgewichte von 221), Pfund geworfen hatte. Die Milch 1., während des Geburtsactes entnommen, war dick und zähe, mit Colo- strumkügelchen, die Milch 2. wurde 6 Tage, die Milch 3. 19 Tage nach der Geburt gewonnen. Der Geschmack der Milch war nicht auffallend, die beiden letzten Pro- ben zeigten stark alkalische Reaction. Spec. Gew. von

2. war 1,0384, von 3. 1,0298. Es enthielten: 100 Th. Milch. 100 Th. Trockensubstanz. ie er are Te 12 2: a 1; 2. 8: . Wasser 2222... 70,131 80,432 89,260

Trockensubstanz 29,869 19.568 10,740 Organ. Substanz 29,019 18,855 9,873 Proteinkörper ... 15,562 12,889 5,681 52,133 65,872 52,894

ei... .: 9,529 3,138 2,821 31,973 16,063 26.256 Milchzucker..... 3,838 2,796 1,589 12,748 14,390 14,795 2 A 0,850 0,713 0,867 2,845 4,250 8,079.

Besonders auffallend ist der hohe Gehalt an Protein- körpern; im Verlaufe des Säugens wird die Milch abso- lut ärmer an Trockensubstanz, diese aber wird reicher an Zucker, Asche und dem Anschein nach auch an Pro- teinkörpern, aber ärmer an Fett. Das Schweinecolostrum ist im Vergleich zum Colostrum anderer Thiere sehr reich an Trockensubstanz (Colostrum der Kuh 16— 24, das der Eselin und der Frau 17 Proc. Trockensubstanz) und wird nur von dem der Ziege mit 35,9 Proc. übertroffen. Aus dem Gewichte der Ferkel ergab sich, dass die Sau in 24 Stunden 23/, Pfund Milch lieferte. Dabei kommen auf 1000 Grm. des Körpergewichts 12,2 Grm. Milch, während die Kuh auf dasselbe Gewicht 10,4, die Frau 22 Grm. Milch liefert. Dr. Reich.

Mikroskopische Untersuchung der Blutflecken.

Roussin wendet zu diesem Zweck eine Flüssigkeit von folgender Zusammensetzung an: Glycerin 3 Gewichts- theile, reine concentrirte Schwefelsäure 1 Theil, destillir- tes Wasser in solcher Menge, dass die Flüssigkeit die Dichtigkeit von 1,028 bei 150R. hat. Man lässt einen Tropfen dieser Flüssigkeit auf eine Glasplatte fallen, auf welche man ein Stückchen des blutbefleckten Zeuges gebracht hat und wartet nun etwa 3 Stunden. Die Flüs- sigkeit bringt man mehrmals auf den Objectivtisch unter

Chemische Beschaffenheit der Gehirnsubstanz. 175

das Mikroskop. Enthält die Flüssigkeit rothe Blutzellen, so sind sie leicht zu erkennen und zu messen. Nach Roussin beträgt ihr Durchmesser beim Mann und Weib !/194— "og Millimeter, während er bei den meisten Säuge- thieren geringer ist; so beim Hunde !/j39 M.M., beim Hasen 45 M.M., beim Schweine !/gg M.M., beim Och- sen Yıgs M.M., beim Pferde Yıgı M.M., beim Lamm Y/ogg M.M. Diese Unterschiede sind indessen wenig be- trächtlich und wenn man mögliche Irrungen berücksich- tigt, muss man zugeben, dass wenn selbst der Experte in gerichtlichen Fällen die fraglichen Blutflecken als aus Blutzellen von genau Yjag M.M. Durchmesser bestehend nachgewiesen hätte, immer noch ein Zweifel erlaubt ist, ob es wirklich menschliche Blutkörperchen seien. Hätte jedoch das Mikroskop gezeigt, dass der verdächtige Flecken Blutzellen von elliptischer Form mit einem Kern im In- nern enthält, wie sie sich im Blut der Vögel, der Fische u. s. w. finden, so könnte der Experte mit Gewissheit behaupten, dass der Flecken von menschlichem Blute nicht herrühre. (Courr. med. N. Jahrb. für Pharmae. Bd. 24. 2 u. 3.) B.

Ueber die chemische Beschaffenheit der 6ehirn- substanz.

Die Untersuchungen von Oscar Liebreich über diesen Gegenstand haben zu dem Resultate geführt, dass alle diejenigen Körper, die man als Cerebrin, Cerebrin- säure, Lecithin u.s. w. und als phosphorhaltige Fette be- zeichnete, primär im Gehirn nicht existiren. Dafür hat er die Existenz einer bisher unbekannten Substanz nach- gewiesen, die er Protagon nennt und dieselbe auf folgende Weise darstellt.

Das durch Perjection von Wasser von dem gröss- ten Theile des Blutes befreite Gehirn wird zerrieben und mit einem Gemenge von Wasser und Aether geschüttelt. Der Aether zieht Cholesterin aus, während die im Was- ser leicht löslichen Bestandtheile in das Wasser übergehen. Nach mehrmaliger Wiederholung dieser Procedur wird das rückständige Gehirn mit Weingeist von 85 Proc. bei 450 im Wasserbade behandelt und durch ein Wasser- badfilter filtrirt. Diese Lösung bringt man wieder auf eine Temperatur von 00; es scheidet sich dann ein reich- licher flockiger Niederschlag ab, der auf einem Filter gesammelt und mit kaltem Aether so lange gewaschen

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176 Chemische Beschaffenheit der Gehirnsubstane. 5;

wird, bis sich im Filtrat kein Cholesterin mehr nachwei- sen lässt. Die unter der Luftpumpe über Schwefelsäure getrocknete Masse wird mit wenig Wasser befeuchtet und in Spiritus bei 4500. gelöst. Lässt man diese Lö- sung nach nochmaliger Filtration in einem relativ gros- sen Wasserbade allmälig auf die mittlere Tagestempe- ratur abkühlen, so findet sich die Flüssigkeit durchsetzt von gleichartigen mikroskopischen Krystallen, die je nach der Menge des angewandten Spiritus ein verschiedenes Ansehen haben. Aus nicht zu concentrirten und nicht zu verdünnten Lösungen sieht man radiär gestellte feine Nadeln herauskrystallisiren; in der zu concentrirten Lö- sung sind die Nadeln gebogen und unregelmässig, in verdünnten erscheinen sie als morgensternartige Krystalle. Man kann diese Krystalle abfiltriren und zur Reinigung beliebig oft umkrystallisiren.

Das Protagon hat die complicirte Zusammensetzung C232H241N204P und stellt, aus Alkohol krystallisirt und unter der Luftpumpe getrocknet, ein leichtes, flocki- ges Pulver dar. Die aus verdünntem Weingeist krystalli- sirte Masse nimmt, bevor sie ganz wasserfrei ist, ein wachsartiges Ansehen an; in kaltem Aether und kaltem - Alkohol ist die Substanz schwer löslich, in warmem Alko- hol und Aether leichter. Das Protagon löst sich in ab- solutem Alkohol in höherer Temperatur als 550C. nicht ohne Zersetzung auf und man sieht dann in der Flüssig- keit ölige Tropfen, die auf eine eingreifende Zersetzung hindeuten und diese Lösung, so langsam man sie auch erkalten lässt, zeigt neben den ursprünglichen Krystal- len Kügelchen. Behandelt man das Protagon mit Was- ser, so quillt es ungemein stark auf und stellt eine undurchsichtige kleisterartige Masse dar. Verdünnt man mit mehr Wasser, so erhält man eine zwar klare, aber doch opalisirende Lösung. Mit concentrirten Lösungen der Salze, wie Chlorcaleium, Chlornatrium u. s. w. gekocht coagulirt es. Schon unter 1009 zersetzt es sich, schmilzt bei stärkerem Erhitzen unter Bräunung und hinterlässt eine schwer zu verbrennende Kohle.

Kocht man das Protagon 24 Stunden hindurch mit con- centrirtem Barytwasser, so zersetzt es sich in Glycerinphos- phorsäure und in eine bisher noch unbekannte Base, welche der Verfasser Neurin nennt. Letztere wird auf folgende Weise isolirt. Die durch Kohlensäure von dem über- schüssigen Baryt befreite Lösung wird mit Bleiessig ge- fällt, der Bleiniederschlag durch Schwefelwasserstoff zer-

Pökeln des Fleisches. 177

setzt, das Filtrat nach dem zur Entfernung der Essig- säure nöthigen Zusatze von Oxalsäure zur Trockne ge- bracht und die Oxalsäure durch Digeriren mit kohlen- saurem Baryt aus dem in Wasser gelösten Rückstande fortgeschafft. Das Filtrat stellt eine stark alkalisch rea- girende Flüssigkeit dar, die unter genauer Neutralisation mit Chlorwasserstoff bis zur Syrupsconsistenz eingedampft und dann mit Platinchlorid versetzt wird. Der hieraus durch Uebergiessen mit absolutem Alkohol erhaltene gelbe Niederschlag besteht aus Neurinplatinchlorid, CIOH I4NPtCI3.

Mit dem kohlensauren Baryt, der zur Entfernung der Oxalsäure zugesetzt wurde, bleibt ein anderer Theil der Zersetzungsproducte des Protagons, an Baryt gebunden, zurück. Dieses sind fette Säuren. Die Analysen zeig- ten, dass es Stearinsäure war, verunreinigt durch eine andere, nicht näher erkannte Säure.

Der Verf. spricht schliesslich die Meinung aus, dass das Protagon wahrscheinlich ein im Organismus weit verbreiteter Körper sei. Ueberall, wo von früheren Auto- ren Glycerinphosphorsäure, Oleophosphorsäure, Cerebrin u.s.w. gefunden wurden, scheint das Prota- gon im Spiele zu sein. Auch die von Virchow beob- achtete mikroskopische Formenbildung (sogen. Myelinfor- men) dürfte sich auf die Zersetzung des Protagons zurück- führen lassen. Mit Wasser befeuchtet, giebt nämlich das reine Protagon für sich schon eine Andeutung von Mye- linformen; die in Wasser unlöslichen Zersetzungsproducte bilden ölige, stark lichtbrechende Tropfen, die sich scharf abgrenzen und deren Quellungsvermögen durch das auf- genommene Protagon zu den wunderbarsten Figuren Ver- anlassung giebt. Beneke’s Behauptung, dass das Mye- lin als eine gallensaure Verbindung aufzufassen sei, ist demnach nicht richtig. (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 29 45.) G.

Beim Pökeln des Fleisches

gehen viele nahrhafte Bestandtheile desselben in die Salzlauge über und sind dann in der Regel verloren, weil diese Flüssigkeit wegen ihres hohen Gehaltes an Salz ungeniessbar ist. Nach einem früheren Vorschlage sollte man die Lauge eimndampfen und die grösste Menge des Salzes herauskrystallisiren lassen; viel besser erreicht man nach A. Whitelau die Abscheidung des Salzes durch Dialyse. Man bringt die Lauge in poröse Thon-

Arch. d.Pharm. CLXXXIL. Bds. 1. u. 2. Hft. 13

178 Conservirung von Ruuchfleich ete.

gefässe oder in beliebige Gefässe mit einem Boden aus Pergamentpapier oder thierischer Blase und hängt diese Gefässe in Bottiche, deren Wasser mehrmals erneuert wird. Nur die krystallisationsfähigen Salze treten durch diese poröse Scheidewand, während alle schleimigen, ei- weissartigen Substanzen zurückbleiben. Nach wenigen Tagen ist die Pökellauge salzfrei und kann auf Suppen- tafeln, Fleischbiscuits oder Eiweiss verarbeitet werden. Bringt man mit der Lauge zugleich das Fleisch in die porösen Gefässe, so wird dies ebenfalls von Salz befreit, verliert aber nichts von Nahrungswerth, sondern wird vielmehr durch das Wiederaufquellen der Fasern leich- ter verdaulich. Dr. Reich.

Pökeln des Fleisches mit Zucker.

Das polytechnische Centralblatt empfiehlt zu obigem Zwecke folgende Vorschrift der allgemeinen Beachtung.

Man bestreicht das Fleisch zuerst mit etwas Salpe- ter und streut dann 1/, Zoll hoch Zuckerpulver darauf; nach 5 Tagen reibt man das Fleisch mit Zucker ab und streut darauf etwas von einer Mischung aus 1 Th. Sal- peter, 3Th. Zucker und 1 Th. Salz, nach 7 Tagen reibt man das Fleisch wieder ab, streut dasselbe Gemisch wie zuletzt und nach weiteren 7 Tagen giebt man guten in- dischen Syrup auf das Fleisch, so viel es aufnimmt. Auf 15 Pfd. Fleisch reichen 1 Pfd. Zucker, U, Pfd. Salz und 4 Loth Salpeter aus. Leichtere Verdaulichkeit und fei- nerer Geschmack, besonders des Fettes, werden als Vor- züge dieses Verfahrens gerühmt. (Oesterreich. Ztschr. des Apoth.-Vereins. 1866.) B.

Ueber Conservirung von Rauchfleisch und Beseitigung bereits eingetretener Täulniss desselben.

A. Eckstein in Wien von einem Freunde aufge- ‚fordert, ihm Mittel und Rathschläge an die Hand zu geben, um mehre von ihm zur heissesten Sommer- zeit von der serbischen Grenze aus nach Oberöster- reich versandte Fässer mit Schinken, welche sämmt- lich verdorben schienen, indem bei Oeffnung der Fäs- ser ein unausstehlicher fauliger Geruch sich verbreitete, wieder in geniessbaren Zustand herzustellen, verfolgte hierzu folgende Procedur. Er liess die Schinken aus- packen, jedes Stück einzeln in frischem Wasser gut

a ;

Werth des Fleischextracts. E179

abwaschen, in rohen Holzessig eintauchen, darauf die- selben in einen hölzernen Bottich mit Zwischenlagen von Holzstückchen einschichten und so viel Holzessig aufgiessen, bis die obere Schicht ungefähr 1 Zoll hoch von der Flüssigkeit überragt war; so wurden mehre Bottiche gefüllt und gut zugedeckt. Nach 8 Tagen wur- den die Schinken aus dem Bottiche herausgenommen, jedes Stück einzeln wieder mit frischem Wasser abge- waschen und an der Luft im Schatten getrocknet. Der Erfolg war ein überaus günstiger, das Fleisch hatte sein angenehmes Aroma wieder und war beim Anschnitt ganz rosenroth und sehr saftig.

Zur Verhütung ähnlicher Calamitäten schlägt Eck- stein den damit handeltreibenden. Personen vor, im heis- sen Sommer das zur Versendung bestimmte Rauchfleisch in Pergamentpapir, welches 1 Stunde lang in heissem Holzessig eingelegt worden, einzuwickeln und dann erst zu verpacken. (Stamm’s ilustr. Zeitschr.) B.

Ueber den Werth des Fleischextraets.

J. v. Liebig legt in einem Schreiben an den Her- ausgeber der Londoner medicinischen Zeitschrift „The Lancet“ seine Ansichten über den Werth des Fleisch- extracts als Nahrungsmittel dar und stellt in Kürze die Ergebnisse seiner Untersuchungen des Fleisches, so weit sie das Fleischextract betreffen, zusammen. Das Fleisch enthält zweierlei Gruppen von Stoffen. Die erste Gruppe wird von den sogen. Eiweisskörpern und den leimgeben- den Geweben gebildet und von diesen haben Fibrin und Albumin einen höheren Nährwerth, jedoch nur in Ver- bindung mit Kreatin, Kreatinin, Sarkin, welche ausschliess- lich im Fleische vorkommen, begleitet von organischen, nicht krystallisirbaren Stoffen und von Salzen (phosphor- saurem Kali und Chlorkalium). Diese Bestandtheile der zweiten Gruppe heissen „Extractivstoffe des Fleisches“ ; ihnen verdankt die Fleischbrühe ihren Geschmack und ihre Wirksamkeit. Das Fleischextract ist nun in der That nichts Anderes, als feste Fleischbrühe, d.h. Fleich- brühe, deren Wasser durch Abdampfen entfernt wurde.

Ausser den genannten Stoffen führt das Fleisch Fett mit sich. In dem Fleischextracte ist nun aber weder Fibrin noch Albumin, eben so wenig Leim und Fett ent- halten. Die dem Fleischextracte fehlenden Eiweisskör- per können ersetzt werden durch Eiweisskörper von iden-

12%

180 Einwirkung von sılpetriger Säure auf Kreatinin.

tischer Zusammensetzung aus dem Pflanzenreiche, deren Preis um Vieles niedriger ist. Für die Extractivstoffe des Fleisches aber giebt es keinen Ersatz. Entzieht man sie dem Fleische und verbindet sie mit Eiweisskörpern vegetabilischen Ursprungs, so erhält man den vollen Nähr- werth des Fleisches. Diesen Extractivstoffen verdankt also das Fleischextract seinen Werth als Nahrungsmittel für die Bevölkerung Europas, vorausgesetzt, dass es in grossen Mengen und mit geringen Kosten in Ländern erzeugt wird, in denen das Fleisch keinen Werth hat. (Buchn. n. Repert. Bd. 15. 1866.) B.

Das Fleischextraet

von Gibert in Fray-Bentos enthält nach Fuchs: Was-

ser 10, Asche 15,5 Proc.; davon Phosphorsäure 2,76 und

Stickstoff 9,507 Proc. (Buchn.n. Repert. Bd. 14. 10.) Dr. Reich.

. Einwirkung von salpetriger Säure auf Kreatinin.

Bei Behandlung von Kreatinin mit salpetriger Säure erhielt M. Märker zwei isomere Basen von der Formel CSH8N?O4, die in ihren Eigenschaften wesentlich ver- schieden sind. Base a bildet ein blendend weisses, rauh anzufühlendes Pulver, das unter dem Mikroskop als ein Conglomerat feiner Nadeln erscheint und löst sich in kal- tem Wasser sehr schwer, in heissem leichter, in Wein- geist noch weniger als in kaltem Wasser und in Aether gar nicht. Base ß krystallisirt aus der wässerigen Lösung in schwach gelb gefärbten kugelförmigen Warzen, die in nicht zu starkem Weingeist leicht, in Aether aber nicht löslich sind. Die in Wasser unlösliche Base z schmilzt unter heftiger Reaction und bedeutender Gasentwicke- lung bei 2100 momentan zu einer farblosen Flüssigkeit, die beim Erkalten sofort erstarrt und sich durch Salz- säure leicht in zwei Theile trennen lässt, in einen lös- lichen mit basischen Eigenschaften von der Formel ClaH12N!004 und einen unlöslichen amorphen braunen ‚Körper. Die isomere Base 3 zeigt diese Eigenschaften nicht. Zum Kreatin stehen beide Basen in sehr ein- facher Beziehung, indem sie 1 At. H weniger und 1 At. N mehr als dasselbe enthalten. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXIL. 305 316.) G,

Chininähnliche Substanz im thierischen Gewebe. 181

Ueber das Vorhandensein einer dem Chinin sehr ähn- lichen fluoreseirenden Substanz in dem thierischen Gewebe; von Bence Jones.

Bei Thieren, welchen man Chinin eingegeben, lässt sich dasselbe schon nach wenigen Minuten in allen Orga- nen des Körpers nachweisen und zwar in der Art, dass man die einzelnen Theile mit verdünnter Schwefelsäure wiederholt auskocht, filtrir, mit Aetznatron neutralisirt und die Flüssigkeit mehrmals mit einem gleichen Volum Aether schüttelt. Der nach dem Verdunsten des Aethers bleibende Rückstand wird wieder in verdünnter Schwe- felsäure aufgenommen und die Menge des Chinins in der Lösung durch Vergleichung ihrer Fluorescenz mit einer Chininlösung von bestimmtem Gehalt ermittelt. Bei derarti- gen Versuchen mit Meerschweinchen erhielt Jones, als er zur Vergleichung auch die Organe eines Thieres in der- selben Weise behandelte, das kein Chinin erhalten hatte, ganz ähnliche Resultate, wie bei einem andern, dem er davon gegeben. Er bekam aus der Linse, aus der Leber, den Nieren, dem Herzen u.s.w. durch Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure Flüssigkeiten, die sich hinsicht- lich ihrer Fluorescenz nur insofern von Chininlösungen unterschieden, dass das Licht der fraglichen Substanz etwas mehr grünlich war als das des Chinins und dass ihre Wirkung auf das Spectrum etwas früher eintrat, aber an derselben Stelle zu Ende ging, wie bei diesem. Alle Reactionen, die den Alkaloiden eigenthümlich sind, mit jodhaltigem Jodkalium, mit Jodquecksilber-Jodkalium, mit Phosphormolybdänsäure, Platinchlorid und Goldchlorid traten auch mit dieser Substanz ein, so dass an dem Vor- handensein eines Alkaloids nicht mehr zu zweifeln war. Jones nennt dasselbe animalisches Chinoidin. Er hat die Menge dieses Alkaloids in verschiedenen Theilen beim Menschen und Meerschweinchen durch Vergleichung mit Chininlösungen von bestimmtem Gehalte ermittelt.

Wahrscheinlich ist das animalische Chinoidin ein Zersetzungsproduct des Albumins und in steter Bildung aus diesem in nachfolgender Oxydation begriffen. Bei dem Gebrauch von Chinin, welches sich, wie die Ver- suche beweisen, schon nach kurzer Zeit durch den gan- zen Organismus verbreitet und nach längerem Zeitraum wieder verschwindet, trägt sich vielleicht die Oxydation auf dieses über und darauf mag die Heilwirkung dessel- ben beruhen. (Pharmae. Journ. and Transact. Jul. 1866. Il. Ser. Vol. VII. No. 1. pag. 32.) Wp.

182 Pancreatin. Flüssiger Leim.

Panereatin.

Unter diesem Namen wird von englischen Aerzten die Pancreasflüssigkeit von jüngst geschlachteten Thie- ren, mit verschiedenen fetten Oelen zur Emulsion ver- arbeitet, bei Auszehrung empfohlen. (Pharm. Journ. and Transact. II. Ser. Vol. VII. No. 8. Febr. 1866. p. 405.)

7,

Wp.

Flüssiger Leim.

Nach dem „Gewerbeblatte für das Grossh. Hessen“ erhält man einen vorzüglichen flüssigen Leim, indem man 3 Theile französischen Leim in Wasser aufweicht, danach das übrig bleibende Wasser von dem gequolle- nen Leime abgiesst und denselben mit 1 Theil zugesetz- tem Wasser schmilzt. Der flüssigen Masse fügt man dann noch unter Umrühren !, Theil gereinigten Holz- essig zu und lässt sie erkalten. (Bl. für Hand. u. Gwbe. 1866. 7.) 2:

Weisser flüssiger Leim.

Flüssigen Leim, welcher ganz vorzüglich zum Lei- men aller nur denkbaren Gegenstände, selbst von Por- cellan, Glas, Perlmutter, angewendet werden kann, stellt L.Krafft, da der mit Essig oder Salpetersäure erzeugte weniger tauglich sei, auf folgende Weise dar: 3 Theile Leim, in Stücke zerschnitten, werden mit 8 Theilen Was- ser übergossen und einige Stunden stehen gelassen, so- dann !/, Theil Salzsäure und 3/, Theile Zinkvitriol zu- gesetzt und 10— 12 Stunden lang einer Temperatur von 650 700 R. ausgesetzt. Der Leim gelatinirt dann nicht mehr, wird durch Absetzenlassen, wenn nöthig, weiter gereinigt und ist zu allen Zwecken vorzüglich gut ver- wendbar. (Polyt. Notizbl. 1866. No. 17.)

Ueber den Xanthingehalt der Leber.

Von A. Almen, Professor in Upsala, wurden behufs der Darstellung des Xanthins 5 Kilogrm. gehackte und nit Glaspulver fein zerriebene Ochsenleber mit dem glei- chen Gewicht Weingeist zu einem dünnen Brei ange- rührt und einige Zeit auf dem Wasserbade gelinde er- wärmt. Darauf wurde die Flüssigkeit abgepresst und der Rüglestand noch einmal mit Wasser von etwa 800 extrabirt. Von den vereinigten Flüssigkeiten, die durch

N)

Xanthin im Harn. 183

Destillation vom Weingeist befreit waren, wurde nach dem Coliren ein Niederschlag mittelst Bleizucker her- gestellt. Derselbe hatte eine so schleimige Natur, dass er nicht abfiltrirt werden konnte; beim Erwärmen ging er in eine zähe, fest am Boden haftende Masse zusam- men. Er enthielt weder Xanthin noch Hypoxanthin. Die darüber stehende, klar abgegossene Flüssigkeit setzte beim Erhitzen auf etwa 50°C. und allmäliges Concen- triren eine von Xanthin freie, dunkle, huminartige Sub- stanz ab. Das Filtrat wurde mit Bleiessig bis zur stark alkalischen Reaction versetzt, der reichliche Niederschlag nach 22stündigem Stehen auf einem Filtrum gesammelt und gewaschen. Waschflüssigkeit und Filtrat wurden sodann mit so viel essigsaurem Quecksilberoxyd ver- mischt, dass noch eine schwach alkalische Reaction in der Flüssigkeit vorhanden blieb. Nach zwölfstündigem Stehen wurde der Niederschlag auf einem Filtrum ge- waschen. Indem nunmehr erhaltenen Filtrat konnte kein Xanthin oder Hypoxanthin mehr nachgewiesen werden. Der Blei- und Quecksilberniederschlag wurden jeder für sich in Wasser suspendirt, durch Schwefelwasserstoff zer- setzt, die Schwefelmetallniederschläge abfiltrirt und noch- mals getrennt mit Wasser ausgekocht und von Neuem abfiltrirt.. Aus beiden Filtraten schied sich beim Ein- dampfen das Xanthin in Krusten ab. Aus dem Blei- niederschlage wurden auf diese Weise 0,598 Grm., aus dem Quecksilberniederschlage 0,403 Grm. Xanthin erhal- ten. Aus 26 Kilogrm. Ochsenleber konnte Alm&n nach diesem Verfahren 6,24 Grm. Xanthin darstellen, dessen Gewicht nach dem vollkommenen Reinigen 6,0 Grm. betrug. (Journ. für prakt. Chem. Bd. 96. pag. 98 105.) ARNEIES €. Bl.

Xanthin im Harn,

E. Dürr hat im Harne, der von ihm und Andern nach Benutzung der Schwefelbäder zu Limmer bei Han- nover gelassen worden, wiederholt Xanthin gefunden; in einem Falle auch in dem Harne eines Kranken, der mit einer starken Schwefelsalbe behandelt worden war.

Die Methode zur Auffindung des Xanthins im Harne ist folgende: Man fällt den Harn mit Barytlösung aus, neutralisirt das Filtrat genau und tröpfelt Sublimatlösung zu. Entsteht sogleich ein weisser flockiger Niederschlag, so zeigt dies die Anwesenheit von Xanthin an. Nur muss man sich beim Neutralisiren vor einem Ueberschuss

N a

184 Chloroform als Reactionsmittel auf zuckerhalt. Harn.

von Säure hüten, da der weisse Niederschlag schoen in ziemlich verdünnten Säuren löslich ist. Der Zusatz von Sublimatlösung ohne vorgängige Ausfällung mit Baryt- wasser kann über die Gegenwart von Xanthin nicht ent- scheiden, da auch die Harnsäure einen ähnlichen Nieder- schlag mit Sublimat bildet. In fast jedem normalen Harn erfolgt nach längerem Stehen durch Sublimatzusatz eine weissliche Trübung und ein geringer Niederschlag. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXIV. 45 —52.) G.

Ueber Chloroform als Reactionsmittel auf zucker- haltigen Harn.

A.Cailliau versetzte 30 Grm. eines zuckerhaltigen Harns mit 15 Grm. Chloroform und schüttelte das Ge- misch heftig. Nach einiger Zeit wurde die Flüssigkeit milchig und trennte sich in zwei Schichten. Die obere war klar und beinahe farblos, die untere weiss, dicklich und gelatinös. Nach einiger Zeit wurde die obere Schicht abgehoben und in einer Porcellanschale sich selbst über- lassen. Nach Verdunstung der Flüssigkeit wurde der Inhalt der Schale syrupartig und nach einigen Tagen hat- ten sich an den Wänden kleine warzenförmige Krystalle abgesetzt, die, wie bestimmt erkannt wurde, aus Zucker bestanden und welcher in reinerem Zustande erschien, als der auf andere Weise erhaltene. (Journ. de chim. med.)

B.

Verdeckung des unangenehmen Geruchs der Schwefel- kaliumpräparate.

Ein amerikanischer Arzt, Dr. Ruschenberger, em- pfiehlt zu diesem Zweck einen geringen Zusatz von Ol. Anisi. Schon 1 Drachme des Aniswassers genüge, um den Geruch einer Lösung von 10 Gr. des Sulfurets in 1 Unze Wasser vollständig zu verdecken. In noch viel höherem Grade zeigte das reine Ol. Anisi diese Wirkung. Auch Schwefelkaliumsalben verlieren, mit etwas Ol. Anist vermischt, fast ganz ihren unangenehmen Geruch. Vee bestätigt die Richtigkeit dieser Beobachtung. (2ull. de Therapie.) B.

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EV. Literatur und Kritik.

Anleitung zur Darstellung und Prüfung chemischer und pbarmaceutischer Präparate. Ein auf eigene Erfah- rungen gegründetes, insbesondere den Apothekern gewidmetes praktisches Hülfsbuch von Dr. G. C. Wittstein. Vierte vermehrte und verbesserte Auf- lage. München 1867, Verlag von Jul. Grubert.

Dieses zuerst im Jahre 1844 erschienene Werk hat sich einer gün- stigen Aufnahme mit Recht zu erfreuen gehabt, so dass im Jahre 1850 die zweite, 1856 die dritte und 1867 die vierte Auflage erschei- nen konnte. Die Anordnung ist wesentlich dieselbe geblieben. Auf der ersten Seite sind die Mischungsgewichte oder Aequivalente der einfachen Körper, welche bei den Berechnungen zu Grunde gelegt sind, abgedruckt. Die Anordnung ist alphabetisch.

Die Vorschriften zu Acetonum, Acidum acetieum concentratum, Acid. acet. erystallisatum, A. arsenicicum, A. benzoicum und Acid. boracieum sind wesentlich die der früheren Ausgabe. Neu hinzu- gekommen ist Acidum butyrieum; die Vorschrift ist wie anfangs bei Acidum Jlacticum, d.h. Sättigung saurer Molken, welchen auf 100 'Th.s5 Tb. Milchzucker zugesetzt sind, mit krystallisirtem koh- lensauren Natron alle 1—2 Tage so lange, bis sich nach 4— 5tägi- gem Steben keine saure Reaction mehr zeigt, Zusetzen von Schwe- felsäure ohne Ueberschuss, Abdunsten auf 20 Theile und Destilla- tion unter Zersetzung mittelst concentrirter Schwefelsäure.

Aeidum carbazotieum, Kohlenstickstoffsäure, wie in früherer Auflage. Ebenso Acid. chromicum; Acid. formieicum hat einige

Abänderung erlitten. Acid. hydrochlorieum hat jetzt Stelle vor A.

hydroceyanicum und hydrofluoricum gefunden, welche beide Arti- kel unverändert geblieben sind, ebenso A. hydrojodieum und A. hydrothionicum. Acid. laeticum, A. meconicum, A. molybdaenicum hat einige Abänderung erlitten, A.nitricum keine. Acid. oxalicum ist mit Zusätzen vermehrt. Acid. phosphorieum und phosphorieum anhydricum wie früher. Acid. silieico-hydrofluoricum ist abgeän- dert. Acid. stibicum wie früher, ebenso A. suceinicum, A. sulphu- ricum purum, A. sulphurosum, A. superchloricum, A. tannicum, A. tanningenicum, A. tantalicum, A. tartaricum, A. titanicum. Es findet sich eine zweite Methode der Darstellung angegeben. Acid. uricum durch Zusatz vermehrt. Acid. valerianicum wie früher. Ebenso Acid. wolframicum.

Aconitinum ist neu eingeschaltet. Die Bereitung soll aus der Wurzel von Aconitum Napellus geschehen. Aether purus wie frü- her. Aether purus alcoholatus, Aether (purus) alcoholato ferratus, Aeth. phosphoratus wie früher. Aeth. aceticus wie früher. Ebenso Aether muriaticus, Aether muriaticus aleoholatus, Aether nitrosus, Aether nitrosus alcoholatus. Aldehydum, Alkarsinum. Alcohol

186 Literatur.

purum unverändert. Aluminium oxydatum etwas verändert. Alu- minium oxydatum sulphuricum wie früher.

Ammoniacum caustieum aquosum, einige Veränderung ist er- sichtlich. Ammonium chloratum depuratum mit Abänderung. Am- monium chloratum ferratuın wie früher, ebenso A. jodatum ohne Veränderung, A. oxydatum acetieum liquidum wie früher, A. oxy- datum carbonicum wie früher, A. oxydatum nitrieum wie früher, ebenso A. oxydatum phosphoricum. Ammonium oxydatum suceini- cum, A. oxydatum sulphurieum, A. sulphuratum liquidum, Amyg- dalinum, Amylum jodatum sämmtlich ohne wesentliche Verände- rung. Ebenso ist es bei den Vorschriften zu Anthrakokali simplex und Anthrokokali sulphuratum. Argentum purum. Argentum oxy- datum purum ist neu eingeschaltet. Argentum oxydatum aceticum wie früher, ebenso Arg. oxydat. nitrieum, Arg. oxydat. sulphuricum, Asparaginum.

Neu eingeschaltet ist Atherospermium, der wirksame Bestand- theil der Rinde des Atherosperma moschatum. Atropinum eben- falls neu aufgenommen. Aurum purum. A.sesquichloratum war frü- her aufgeführt, die gegenwärtige Auflage enthält: Aurum sesqui- chlorat. natronat. Neu aufgenommen: Aurnm jodatum, Aur. oxy- datum hydraticum. Baryum chloratum unverändert und die an- dern Barytsalze. Berberinum murjaticum, wie früher. Ebenso Beryllium oxydatum. Bismuthum oxydat. nitrie. basieum, Bism. valerianieum. Neu eingeschaltet: Bromum chloratum. Bruceinum gegen früher etwas verändert.

Cadmium oxydat. carbonicum, C.oxydat. sulphurie. und €. sul- phuratum die alten Vorschriften.

Caleium chloratum, Cale. oxydatum acetieum, Cale. oxydatum earbonieum, Calc. oxydat. sulphuric. und andere Kalksalze wie in der früheren Auflage. Neu aufgenommen ist Cale. oxydat. phos-

phoricum. Cantharidum, Vorschrift wie früher. Carbonicum sulphura- tum unverändert. Cerium oxydatum unverändert. Chininum

purum mit bemerkenswerthen Zusätzen versehen, worin die An- gabe der meisten Lehrbücher, dass das Chinin in 60 Th. Aether, so wie die Angabe von Hesse, dass es in gleichen Theilen Aether löslich sei, als nicht richtig bezeichnet wird. Neu hinzugekommen ist: Chinin. aceticum, Ch. eitrieum, Ch. ferro-eitricum. Chin. mu- riatieum die frühere Angabe. Chin. sulphurieum, die Prüfung ent- hält Abänderungen. Chin. tannieum. Chin. valerianieum, die frü- here Methode. Chlorum aquosum wie in früherer Ausgabe. Chro- mium oxydat. unverändert. Ebenso Cobaltum oxydat. phosphoric. aluminatum. Eingeschaltet ist: Coffeinum. Zur Bereitung wird grüner und schwarzer Thee empfohlen, der 1,8 bis 2 Procent Aus- beute geben soll.

Collodium. Bis auf einen kleinen Zusatz die frühere Vor-

schrift. Neu eingeschaltet ist Corydalinum. Soll aus der Wurzel dargestellt werden.

Cuprum bichloratum. €. biehlorat. ammoniatum liquidum. C. bieyanatum. C. oxydatum. C. oxydat. aceticum. Ü. oxydat. car- bonieum basieum. C. oxydat. nitrieum. _C. oxydat. sulphurieum. C. oxydat. sulphurie. ammoniatum. C. oxydulatum wie früher.

Digitalinum wie früher. Dulcamarinum.

Ergotinum offieinale, frühere Vorschrift.

Ferrum bromatum, F. chloratum, F.sesquichloratum, F. eyanat. et sesquicyanatum, F. jodatum, F. oxydat. hydraticum, F. oxydat.

FR ı

£ Literatur. : 187 rubrum, F. oxydat. acetie. liquidum, F. oxydat. eitrie. ammoniatum, dieselben Vorschriften; neu eingeschaltet ist F. oxydat. eitricum, F. oxydat. phosphoricum, F. oxydat. sulphuricum, F. oxydat. vale- rianicum, F, oxydulat. nigrum, F. oxydulat. carbonie. et saccharat., F. oxydulat. lactieum. Eingeschaltet ist: F. oxydulat. oxydat. arse- nicum. F. oxydulat. oxydat. phosphoricum. F. oxydulat. sulphuri- eum. F. sulphuratum. Sämmtliche Eisenpräparate sind bis auf geringe Zusätze unverändert aufgerommen. die als neu eingeschal- teten in praktischer Weise zu bereiten gelehrt.

Formylum chloratum, F. jodatum die bewährten Vorschriften.

Hydrargyrum purum, H. bromatum und bibromatum, H. chlo- ratum und bichloratum, H. bichlorat. ammoniatum, H. eyanatum, H. jodatum und bijodatum, H. oxydat. rubrum, H.oxydat. phospho- rieum, H. oxydat. sulphuricum, H. oxydulat. purum, H. oxydulat. aceticum, H. oxydulat. nitricum, H. oxydulat. phosphoricum, H. sul- phuratum nigrum, H. sulphurat. rubrum. Inulinum. Jodum bromatum, J. chloratum. Kalium eyanatum, K. cyanat. fusum, K. eyanat. ferrat. rubrum, K. cyanat. sulpburatum, K. fluoratum, K. fluorat. silieatum, K. jodatum. Das letztere Präparat hat bei der Prüfung einen Zusatz erhalten. Kalium oxydat. hydraticum, K.oxydat. aceticum. Eingeschaltet ist: Kalium oxydat. arsenieicum, K. oxydat. earbonieum, K. oxydat. bicarbonieum, K. oxydat. chlo- ricum, K. oxydat. chromieum neutrale, K. oxydat. nitrie. depurat., K. oxydat. oxalieum neutrale, K. oxydat. silieie. solubile, K. oxydat. stibieum acidum et neutrale, K. oxydat. sulphurieum, K. oxydat. sulphuric. acidum, K. oxydat. superchloriceum, K. oxydat. tartarie. acidum et neutrale et ammoniatum et boraxatum et ferratum et natronatum et stibiatum, K. sulphuratum. Fast sämmtliche Kali- salze sind unverändert beibehalten. Neu aufgenommen: Kussinum. Lacca e rad. Rubiae tinetorum wie früher. Lithium chloratum et earbonieum. Magnesium oxydatum purum. M. oxydatum eitriecum ist neu aufgenommen, ebenso M. oxydatum lactiecum. Manganum ehloratum, M. oxydulat. carbonicum. Neu aufgenommen: Mangan. oxydulat. lacticum. Morphinum purum et acetic. et muriaticum. Natrium. Die Natronsalze sind meist kurz abgehandelt. Neu aufgenommen ist Natrium jodatum, N.nitro-cyanatum ferratum und

N. oxydat. pyrophosphoric. ferratum liquidum. Oxyacanthinum. Palladium chloratum. Pierotoxinum. Piperinum. -—- Plati- num bichloratum et nigrum et oxydatum. Plumbum chloratum,

P. jodatum, P. oxydatum. P. oxydat. acetic. basicum, P. oxydat. nitricum, P. oxydat. oleiricum et palmitinicum s. Emplastrum Ce- russae et Lythargyri simplex, P. superoxydat. bruneum, P. oxydat. tannieum. Resina Jalapae. Salieinum. Santoninum. Stan- num chloratum liquidum, St. bichloratum, St. oxydatum, St. oxy- dulatum, St. bisulphuratum. Stibium purum, Stib. chlorat. liqui- dum, Stib. oxydatum, Stib. sulphurat. aurantiacum, die ältesten Vor- schriften, Stib. sulphurat. rubeum mit Abänderungen. Strontium chloratum, Str. oxydat. purum, Str. oxydat. earbonieum. Strych- ninum purum et nitrieum. Sulphur jodatum, Sulph. praeeipitatum. Theobrominum. Uranium oxydatum. Ureum purum et ni- trieum. Veratrinum. Yttrium oxydatum. Zincum purum, Z. ehloratum, Z. ceyanat. ferratum, Z. oxydatum, Z. oxydat. aceti- cum, Z. oxydat. sulphuricum, Z. valerianicum. Zirconium oxy- datum. meist die alten bewährten Vorschriften.

Der Herr Verfasser dieses praktischen Handbuches hat durch mancherlei vorstehend angezeigte Zusätze und Einschaltungen von

188 Literatur.

neuen Präparaten die Brauchbarkeit seines Werkes noch vermehrt und die neue Auflage wird wie die frühere sich wieder neuen Bei- fall erwerben und seine Nützlichkeit bewähren.

Dr. L. F. Bley.

Die Chinarinden der pharmakognostischen Sammlung zu Berlin. Mit 10 Tafeln Abbildungen. Von Dr. Otto Berg, Professor an der Universität Berlin. Berlin, 1865. Verlag von Rudolph Gärtner.

Bei dem allgemeinen Interesse, welches in neuester Zeit das Studium der Chinarinden gefunden hat, schien es dem Verfasser nicht unzweckmässig, die in seinen Atlanten gegebene gedrängte Bearbeitung mehr zu erweitern und für die praktische Unter- suchung umzuarbeiten. Das Material lieferte besonders die reiche Chinarindensammlung des pharmakognostischen Museums an der Universität, die im Handel vorkommenden Rinden und die von dem Hrn. Prof. Phöbus mitgetheilten anatomischen Präparate der Chinarinden von Delondre und Bouchardat. So heisst es in der Vorrede zu gedachtem Werke, welches 3 Tafeln mehr enthält als der Atlas. Sämmtliche Präparate sind in 65facher Vergrösse- rung gezeichnet.

Der pharmakognostischen Sammlung der Berliner Universität lag die vom Prof. Dr. Theodor Martius in Erlangen gemachte Sammlung zu Grunde, war aber leider sehr ungünstig aufgestellt und erst durch die sorgfältigen Bemühungen des Prof. Geh. Medi- einalraths Dr. C. G. Mitscherlich neu geordnet und vermehrt worden.

Die Droguen und chemischen Präparate befinden sich theils in 4 Wandspinden, theils in 14 aufrecht freistehenden Schränken. Bei dieser neuen Anordnung wurden aus Martius’ Sammlung nur die unechten Rinden beibehalten, die verschiedenen gebräuchlichen Handelsrinden in charakteristischen und schönen Exemplaren von der Handlung Lampe, Kaufmann & Comp. bezogen und die- ser Sammlung die Sammlung aus dem Nachlasse des Conservators Klotsch zugefügt. Diese letztere besteht aus einer sehr gut erhal- tenen Originalsammlung der Chinarinden von Pavon, einer sehr reichen Collection käuflicher Chinarinden von Howard mit eini- gen von Weddell gesammelten Rinden und ferner Rinden aus den Sammlungen von Pöppig, Warszewicz und Moritz Karsten. Auch eine von Zimmer in Frankfurt a.M. erhaltene Sammlung von Rinden, deren Alkaloidgehalt bestimmt ist, ist vorhanden.

Ueber das, was von älteren Pharmakognosten für die Kennt- niss der Chinarinden geschehen ist, spricht der Verf. sich sehr ungünstig aus. Eine bessere Belehrung datirt der Verf. von der Ergründung des anatomischen Baues der Droguen an. Die frühere Eintheilung der Rinden in graue oder braune, in gelbe und rothe verwirft Berg.

$. 8. giebt ei.e Anweisung zur Darstellung mikroskopischer Objecte. $. 9. beschäftigt sich mit der Histologie der Chinarinden. $.10. bespricht insonderheit die botanische Systematik. Weddel’s "Bestreben des Zusammenziehens in seiner Monographie wird geta- delt, doch wird eine Aufstellung der Arten nach Weddel’s An- ordnung gegeben. Zu den darin enthaltenen echten Cinchonen

Literatur. 7. 08

fügt Berg noch die als Pavon’sche in Howard’s Quinologie be- schriebenen Arten.

Im $. 11. wird Phöbus’ Arbeit über die Delondre - Bouchar- dat’schen Chinarinden als vortrefflich bezeichnet und auf dieselbe näher eingegangen. $. 12. handelt von den Chinarinden Delon- dre’s und Bouchardat’s, von welchen die Berliner Sammlung keine Probe besitzt, welche aber durch Phöbus’ Anfertigung ana- tomischer Präparate derselben gemeinnützlich gemacht sind.

$. 13. zählt sodann auf: I. Echte Chinarinden von der Gat- tung Cinchona abstammend, wovon 38 Abiheilungen gemacht sind.

$. 14. umfasst: II. Unechte Chinarinden von Arten aus der Tribus der Cinchonaceen, mit Ausnahme der Gattung Cinchona, abstammend und giebt noch eine Tabelle zur mikroskopischen Be- stimmung der bedeckten echten Chinarinde. Sodann folgt ein Re- gister. Die beigegebenen 10 Tafeln anatomischer mikroskopischer Abbildungen enthalten:

I. Cortex Cinchonae Calisayae.

II. 1. Cortex Cinchon. serobieulatae, 2. und 3. Cort. Cinchon.

laneifoliae.

II. 1. Cortex Cinchon. lancifol. (Fortsetzung), 2. Cort. Cinchon.

macrocalyeis, 3. Cort. Cinchon. cordifoliae.

IV. 1. Cortex Cinchon. Uritusingae, 2. Cort. Cinchon. hetero-

phyllae, 3. Cort. Cinehon. ruber suberosus.

V.1. Cort. Cinch. Condamineae, 2. Cort. Cinch. amygdalifol.,

3. Cort. Cinchon. micranthae. VI. 1. Cort. Cinchon. nitidae, 2. Cort. Cinehon. Chahuarguerae, 3. Cort. Cinchon. micranthae. VI. Cort. Chinae ruber durus, 1. Cort. Cinch. purpureae, 2. Cort. Cinch. Pulton, 3. Cort. Cinchon. luteae. VII. 1. Cort. Cinchon. Pelletieranae, 2. Cort. Cinchon. umbellu- liferae, 3. Cort. Cinchon. ovatae.

IX. 1. Cort. Cinehon. microphyllae, 2. Cort. Cinchon. lucumae-

foliae, 3. Cort. Cinchon. Pelletiereanae.

X. Cort. Ladenbergiae magnifoliae, 2. Cort. Naucleae Cin-

chonae.

Das vorliegende Werk beweist dieselbe Sorgfalt und Umsicht, dasselbe Bestreben, der wissenschaftlichen Pharmacie zu nützen, welche alle literarischen Unternehmungen des zu früh verstorbenen Berg auszeichnet. Es wird ein Denkmal sein, seinen Namen der Nachwelt zu erhalten. Dr. L. F. Bley.

Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten. 1867. No. II.

Actorum, novorum, academiae Caesareae Leopoldino - Carolinae germanicae naturae curiosorum. Tom. XXX]. Ets. t.: Ver- handlungen der kais. Leopoldin.-Carolin. deutschen Akademie

der Naturforscher. 32. Bd. 2. Abth. Mit 35 Taf. 4. Dres-

den. Jena, Fr. Frommann. n. 12 ,£.

Annales musei botaniei Lugduno-Batavi. Edit. Dir. Prof. F. A. G. Miquel. Tom. III. Fasc.1 et2. gr. Fol. Amstelodami. Leip- zig, F. Fleischer. In Mappe. 1. 21 ngr.

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190 Bibliographischer Anzeiger.

Archiv für Anthropologie. Zeitschrift für Naturgeschichte u. Ur- geschichte des Menschen. Red. v. A. Ecker u. L. Lindenschmidt. 3. Heft. Mit eingedr. Holzst. gr. 4. (1. Bd. $. 285— 403.) Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 11, „$.

Arznei-Taxe für das Königreich Bayern. 8. (58 S.) München, Grubert. n. 14 ngr.

Asmus, Dr. Ed., die trockne Destillation des Holzes und Verarbei- tung der durch dieselbe erhaltenen Rohproducte auf feinere, wie auf Essigsäure, Terpenthinöl ete. Mit 22 Holzschn. gr.8. Berlin, Springer’s Verl. n. 1!/, $.

Becker, Chr. Aug., das Aceton (Acetonol), der geheime Wein- geist der Adepten, Spiritus vini Lulliani s. philosophici. 2te Ausg. gr. 8. Mühlhausen. Heinrichshofen. n. 1/3 „£.

Beiche, W.Ed., der kleine Botaniker. 8. (267 S.) Langensalze, Verlagscomptoir. 18 ngr.

Bronn, Prof. Dr. H. G., die Classen und Ordnungen des Thier- reiches. 5. Bd. Gliederfüssler. Von A. Gerstäcker. 3, Lief. Lex.-8. Miteingedr. Holzschn. Leipzig, C. F. Winter. n. 1 ,£.

Correspondenzblatt des geologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Red. v. Dr. Herrick-Schäffer. 21. Jahrg. 1867. gr. 8. Regensburg, Manz in Commiss. n.n. 11/3 .£.

Deutschlands Flora oder Abbild. u. Beschreibung der daselbst wildwachs. Pflanzen. 7. Aufl. 52—62.Lief. hoch 4. Leipzig, Baensch. An. 1/2 .$.

Ebbinghaus, Dr. Jul., die Pilze und Schwämme Deutschlands. 2. Aufl. Mit 32 illum. Kpftaf. 1. Lief. 4. Leipzig, Baensch. Y,

Re elopsdie, allgemeine, der Physik. Herausg. v. G. Karsten. i9. Lief. 8. Leipzig, Voss. n. 22, ».

Flückiger, Dr. F. A., Eehibabh® der "Pharmakognosie des Pflan- zenreiches. 4. Lief. gr. 8. Berlin, Gärtner. & n. 2/3 „$.

Fuchs, Just., Breslau’s Trinkwasser. Chemische Untersuchung des Brunnenwassers. gr.8. (228.) Breslau, Morgenstern in Comm. 3 nar.

ke, Aug., Flora von Nord- und Mitteldeutschland. 8. Aufl. 8. Berlin, Wiegand & Hempel. n. 1

Goullon, Geh. Med.-Rath Dr. 1% Beschreibung der in der homöo- pathischen Pharmakopöe aufgenommenen Pflanzen. 34—37. Lief. 4. Leipzig, Baensch. & !/z $.

Graham-Otto’s ausführl. Lehrbuch der Chemie. Mit in den Text gedr. Holzst. 2.Bd. Anorgan. Chemie v. Fr. Jul. Otto. 4. Aufl. 1. Abth. 11— 13. Lief. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. & Lief. n. 1/3 $.

Handatlas sämmtlicher medie. pharmac. Gewächse od. Abbild. u. Beschreibung der offiein. Pflanzen. 4. Aufl. 2-5. Lief. gr. 8. Mit 32 col. Kpftf. Jena, Mauke. an. Yz $.

Hildebrand, Frdr., die Geschlechter-Vertheilung bei den Pflan- zen und das Gesetz der vermiedenen u. unvortheilhaften steti- gen Selbstbefruchtung. Mit 62 eingedr. Holzschn. gr.8. Leip- zig, Engelmann. 27!/g ngr.

Hofmann, Prof. A. W., Einleitung in die moderne Chemie. 3te Auflage. gr. 8. Mit eingedr. Holzschn. Braunschweig, Vie- weg & Sohn. n. 11,

Husemann, Privatdoe. Dr. Th. und Dr. A. Husemann, Hand- - buch der Toxikologie. gr. 8. Berlin, G. Reimer. Allz >:

Bibliographischer Anzeiger. 191

Jacobsen, Dr. Emil, chemisch-technisches Repertorium. Ueber- sichtliche Mittheilungen der neuesten Erfindungen, Fortschritte und Verbesserungen auf dem Gebiete der techn. u. industr. Fame n 1866. 2. Halbjahr. gr. 8. Berlin, Gärt- ner 2 .

Jäger, Dr.G., die Wunder der unsichtbaren Welt, enthüllt durch das Mikroskop. Mit eingedr. Holzschn. 5—11. Lief. Lex.-8. (S. 201—536.) Berlin, Hempel. än. !/y $.

Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik. Bec. v. Dr. N. Prings- heim. 5. Bd. 3. u. 4. Heft. Mit 29 lith. Taf. Lex.-8. Leip- zig, Engelmann. n. 5 ;$.

Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmakognosie, Phar- macie u. Toxikologie. Herausg. v. Bee u. Th. Husemann. 8. (487 8.) Göttingen, Vandenhoeck & x Ruprecht’s Verlag. n. 2 PB 12 ngr.

Jahresberichte der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden. 1865 1866. gr. 8. (140 8.) Dresden, am Ende. n. I .

Kuntze, Otto, Reform deutscher Brombeeren. Beiträge zur Kennt- niss der Eigenschaften, der Arten u. Bastarde des Genus Ru- bus. 8. (128 S.) Leipzig, Engelmann. n. 1!/3 $.

Kützing, Prof. Dr. Frdr. Traug., Tabulae phycologicae od. Abbild. der Tange. 17.Bd. gr.®. (50 Steintaf. mit 16 S. Text.) Nord- hausen, Förstemann. In Mappe & Lief. 1 .$; col. 2 £.

Laban, F. C., Garteuflora für Norddeutschland. gr. 8. (314 S.) Hamburg, "0. Meissner. 1 "PB 6 near.

Leopoldina. Amtl. Organ der kais. Leopold.- Carolin. deutschen Akademie der Naturforscher. Herausg. v. C.G. Carus. 6. Hft. 15 Nrn. gr. 4. Jena, Fr. Frommann. n.1 ,$.

Löwe, W., die Handelspflanzen, Wurzel-, Knollen-, Küchengewächse u. essbaren Schwämme. Mit 18 col. Kpftaf. 2. Aufl. 1. Lief. 4. Leipzig, Baensch. 1; $.

Miquel, F. A. G., Prolusio florae japonieae. Fasc. V. Fol. Leip- zig, Fr. Fleischer. n. 1.f 21.ngr.

Mulder, G. J., die Chemie der a etbeknenden Oele, ihre Berei- tung u. ihre technische Anwendung in Künsten u. Gewerben. Bearb. v. J. Müller. gr. 8. Berlin, Springer’s Verl. n. 12/3 $.

Müller, Dr. Ferd., das grosse illustr. Kräuterbuch. 2. Aufl. Mit 300 eingedr. Holzschn. 5. Heft. Lex.-8. Ulm, Ebner. & 1; £.

Muspratt’s theoret., prakt. u. analyt. Chemie in Anwendung auf Künste u. Gewerbe. Bearb. von Dr. F. Stohmann. Mit 1500 in den Text eingedr. Holzschn. 2. Aufl. 3. Bd. 12— 14. Lief. gr. 4. Braunschweig, Schwetschke u. Sohn. & n. 12 ngr.

Otto, F. J., Anleitung zur Ausmittelung der Gifte u. zur Erken- nung der Blutflecken bei gerichtl.-chemischen Untersuchungen. 3. Aufl. gr. 8. Braunschweig, Vieweg & Sohn. n. 2/3 »$.

Rammelsberg, C. F., Leitfaden für die qualitative chemische Analyse. 5. Aufl. gr. 8. Berlin, Lüderitz’s Verl. n. 23 8.

Regnault-Strecker’s kurzes Lehrbuch der Chemie. 2. Bd. 1. Lief. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. %3 £.

Reichenbach, Dr. Frhr. v., die odische Lohe und einige Bewe- gungserscheinungen als neu entdeckte Formen des odischen Prineips in der Natur. 8. Wien, Braumüller. n. 26 ngr.

Retorte, die. Zeitung für prakt. Pharmacie. Herausg. Hensel. 1. Jahrg. 1867. 104 Nrn. (l/a Bog.) gr. 4. Berlin, Conrad. l/ajährl. 121/, ngr.

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192 Bibliographischer Anzeiger.

Rochleder, Dr. Frdr., über Quereitrin. Lex.-8. (3 8.) Wien, Gerold’s Sohn. 11l/y ngr.

Russow, Edm., Beiträge zur Kenntniss der Torfmoose. Mit 5 Taf. gr. 8. (84 8.) Dorpat, Gläser. n. 2% »$.

Schlickum, O., der junge Chemiker. Gründliche Einführung in 2 Studium der Chemie. 3. Aufl. 16. Neuwied, Heuser. n.

Schwarz, Dr. Ed., chemische Analyse des Mineralwassers in Möd- ling bei Wien. Lex.-8. Wien, Gerolds Sohn. 2 ngr.

Stein, Prof. Dr. Fr, der Organismus der Infusionsthiere, nach eigenen Forschungen bearb. 2. Abth. Mit 16 Kupftaf. Fol. Leipzig, Engelmann. n. 22 :$.

Ule, Dr. O., ausgewählte naturwissenschaftl. Schriften. 4. Bdehn. Skizzen aus dem Gebiete der organ. Chemie. 1. u. 2. Heft. 8. (160 5.) Halle, Schwetschke. & Heft 6 ngr.

Verhandlungen der k.k. zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1866. 16. Bd. Mit 21 lith. Taf. 8. Leipzig, Brockhaus. n. 6?/3 $.

Vogt, Carl, Lehrbuch der Geologie u. Petrefaetenkunde. 3. Aufl. 1. Bd. 2. u. 3. Lief. gr. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn.

an. 138.

wilbrand Inl. u. Ferd. Wilbrand, Leitfaden für die ersten Uebungen im chemischen Laboratorium. 16. (36 S.) Neu- wied, Heuser. n. 1/6 »$-

"Wochenschrift, schweizerische, für Pharmacie. Herausg. von A. Gruner. Jahrg. 1867. 52 Nrn. Lex.-8. Schaffhausen, Brodt- mann. 1. 21 ngr.

Zeitschrift für analyt. Chemie. Herausg. v. C. Remigius Frese- nius. 6. Jahrg. 1867. 4 Hefte. gr. 8. Wiesbaden, Kreidel. 3.2.

für He gesammten Naturwissenschaften. Red. von C. Giebel u. M. Siewert. 27 30. Bd. 1867. gr. 8. Berlin, Wiegand.

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Hofbuchdruckerei der Gebr. Jänecke zu Hannover.

ARCHIV DER. PHARIACHE,

CLXXXI. Bandes drittes Heft.

2. Biographisches Denkmal.

Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer.

Es war am 28. April 1866, Nachmittags, als sich in Dresden ohne das bei dergleichen Gelegenheiten sonst übliche Gepränge nach dem Eliaskirchhofe ein Trauerzug bewegte: man geleitete die Leiche des am 26. April Morgens im halbvollendeten 74sten Lebensjahre verstor- benen Apothekers Dr. med. Friedrich Meurer zu ihrer letzten Ruhestätte. „Lasst mich so einfach wie möglich begraben!“ hatte der Verstorbene ausdrücklich gewünscht und diesem Wunsche gemäss war eben so einfach, wie sein Leben gewesen, auch sein Begräbniss.. Eine Anzahl von Denen, die den Lebenden geliebt und geehrt hatten, erwiesen dem Todten die letzte Ehre und begleiteten ihn zum Grabe. So ruhst Du denn, mein lieber Freund, im kühlen Schooss der Erde, nach welchem Du, in den beiden letzten Jahren durch Krankheit gebeugt, so manches Mal verlangt hattest: Du ruhest hier aus von einem langen thätigen Leben. Dein Geist hat sich, erlöst von den irdischen Fesseln, aufgeschwungen zu jenen lichten Räu- men, in denen wir uns, mit dieser festen Hoffnung bist Du von uns geschieden, dereinst wiederfinden werden.

Friedrich Meurer ist den 18. October 1792 ge- boren und der älteste Sohn des als Königl. sächsischer Justizamtmann in Voigtsberg am 7. Juni 1836 verstorbe- nen Gottlob Friedrich Meurer, der damals, zur Zeit der Geburt seines Sohnes, in Pretzsch als Amtsactuarius lebte. Der Vater war ein Ehrenmann im vollsten Sinne des

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bas. 3. Hft. 13

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Wortes, welchen der Sohn mit unwandelbarer Liebe ver- ehrte und dem er nachzueifern durch sein ganzes Leben bemüht war. Und Die, welche Meurer näher gestan- den haben, wissen es, mit welchem Erfolge! Jene Worte, welche der Diakonus Scherkel nach dem Tode des Va- ters sprach: „Ist irgend Einer als Mensch, Bürger und Christ das geworden, was er werden konnte, sollte und wollte, gewiss, so war es dieser im Herrn einst Lebende und nun in ihm selig Entschlafene!“ hätten auch am Grabe des Sohnes wiederholt werden können. Meurer der Sohn war gleich seinem Vater durch und durch ein Ehrenmann: er war fromm, gegen alle seine Mitmenschen mild und wohlwol- lend, und wo er irgend Noth zu lindern sah, wohlthätig bis zu den äussersten Grenzen seiner Mittel; er war überall treu und zuverlässig und ein eben so unerschüt- terlicher Freund von Recht und Wahrheit, wie entschie- dener Feind von Ungerechtigkeit und Lüge bis an sein Lebensende.

Meurer’s Leben hat sich ziemlich seltsam gestaltet. Denn der Beruf, dem Meurer anfangs unfreiwillig und ohne Neigung, nur durch die Verhältnisse gezwungen, sich gewidmet hatte, ist schliesslich seine mit aller gei- stigen Kraft und Liebe gepflegte Lebensaufgabe gewor- den und bis zum Tode geblieben, während das Fach, welches er später aus freiem Willen und eigener Neigung sich erwählte, bald wieder in Folge zwingender Verhält- nisse von ihm aufgegeben werden musste. Meurer hatte nämlich anfangs wohl Lust und Neigung zu aka- demischen Studien gehabt, war aber, da der Vater bei einem nur höchst mässigen Diensteinkommen gleichwohl für eine ziemlich starke Familie zu sorgen hatte und deshalb die zum akademischen Studium des ältesten Soh- nes erforderlichen Geldmittel nicht aufzuwenden vermochte, in Folge dessen gezwungen gewesen, in eine Apotheke als Lehrling einzutreten. Später war es ihm, wenn schon unter drückenden Verhältnissen, doch möglich geworden, die Universität zu beziehen und sich dem Studium der

Mediein zu widmen, er war auch als Doctor promotus ein paar Jahre praktisch thätig gewesen, hatte sich aber dann durch Gesundheitsrücksichten genöthigt gesehen, die ärztliche Praxis wieder aufzugeben und dafür dem pharmaceutischen Berufe sich wieder zuzuwenden. Und hierin muss man fast einen Fingerzeig der Vorsehung erkennen, von welcher Meurer auf das Gebiet der phar- maceutischen Wissenschaft zurückverwiesen worden ist, auf dem er mit einer gewissen Genialität anerkannt Gros- ses, ja so Vorzügliches geleistet hat, wie er aller mög- lichen Berechnung nach auf dem Gebiete der Medicin wohl nimmer geleistet haben würde.

Nachdem Meurer unter den Augen seiner braven Eltern und in lauterer Gottesfurcht bis zum vierzehnten Jahre eine sorgfältige Erziehung und, so gut eben die Mittel dazu in dem kleinen Städtchen Pretzsch geboten gewesen waren, den erforderlichen Schulunterricht erhal- ten hatte, verliess er 1806 das Vaterhaus, um in Leip- zig als Lehrling in die Salomonis-Apotheke einzutreten. Dort blieb er in angestrengter Thätigkeit bis zur Been- digung seiner Lehrzeit zu Ostern 1811, in welchem Jahre sein Vater von Pretzsch nach Wermsdorf als Justizamt- mann versetzt wurde. Es handelte sich jetzt für Meu- rer darum, sein weiteres Fortkommen in der Welt zu suchen. Da sich jedoch für den Augenblick keine pas- sende Gelegenheit dazu bot, so liess sich der Lehrherr Meurer’s, Wilde, gern bereit finden, den seitherigen Lehrling, den er als einen strebsamen und tüchtigen jun- gen Mann kennen und achten gelernt hatte, auch ferner noch in seiner Apotheke als Gehülfen zu behalten. Diese Stellung dauerte bis Michaelis, wo Meurer Leipzig ver- liess und in die Officin des hochverdienten Apothekers Dörfurth zu Wittenberg als Gehülfe eintrat. Dort war indessen der Aufenthalt ein nur ziemlich kurzer; denn schon im April 1812 erhielt Meurer einen ihm erwünsch- ten Anlass, sich nach Dresden zu wenden und in die Marien-Apotheke den Schauplatz seines späteren län-

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Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 195°

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196 J. Petzholdt,

geren und ausgezeichneten Wirkens als Gehülfe ein- zutreten. Hier war es, wo ihn der nach der Schlacht bei Leipzig von Seiten des interimistischen russischen Gouvernements des Königreichs Sachsen erlassene Auf- ruf zur Errichtung des „Banners der freiwilligen Sach- sen“ traf. Hatte nun Meurer schon als Lehrling in sich die patriotische Regung gefühlt, gegen die Unterdrücker seines deutschen Vaterlandes, die Franzosen, mit in den Kampf zu ziehen und damals fast nur mit Gewalt davon zurückgehalten werden können, dieser seiner Regung zu folgen, so war es ganz natürlich, dass in ihm der Auf- ruf zum Banner den freudigsten Anklang fand. Er ver- liess im December 1813 seine Stellung in der Marien- Apotheke und trat zu dem Banner.

Obschon Meurer, von der damals so Vielen ge- meinsamen heiligsten Begeisterung ergriffen, nur mit dem ernsten Vorsatze zu den Waffen geeilt war, nicht eher zu ruhen, als bis er sein deutsches Vaterland von den verhassten Unterdrückern befreit sähe, so trat doch bald ein Umstand ein, der seinen Entschluss, mit dem Ban- ner ins Feld zu ziehen, wieder wankend machen musste. Es war nämlich damals gerade ein Freund seiner Fami- lie, der Apotheker in Pretsch, kinderlos gestorben und hatte seine Wittwe in ziemlich drückenden Verhältnissen und dazu noch die Apotheke ohne alles Personal hinter- lassen. An Meurer erging der Ruf, der Wittwe in ihrer Bedrängniss beizustehen und die verwaiste Apo- theke ganz zu übernehmen. Die Bedingungen, unter denen ihm die Uebernahme angeboten wurde, waren dem Anscheine nach äusserst günstige und vortheilhafte und liessen ihn hoffen, dass er sich durch die Annahme des Anerbietens eine gesicherte Existenz für sein ganzes Le- ben würde schaffen können. Zudem durfte er auch er- warten, dnrch die Uebernahme der Apotheke die Noth, in der sich die Wittwe des Freundes seiner Familie befand, wesentlich zu lindern. Unter solchen Umständen trat an Meurer die ernste Frage heran, ob er seiner patrioti-

Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 197

schen Regung, die ihn zu dem Banner gerufen hatte, oder dem Rufe nach Pretzsch folgen solle. Der nüch- terne Verstand rieth ihm zu dem Letzteren. Mit wahr- haft schwerem Herzen entsagte Meurer seinem militai- rischen Entschlusse und ging Anfang 1814 nach Pretzsch, nachdem er für sich einen Stellvertreter im Banner ge- funden und nur mit Schwierigkeit und unter nicht ganz unerheblichen Opfern seine militairische Entlassung er- langt hatte. In Pretzsch fand er nun die Noth zwar gross, sonst aber nicht alles so, wie es ihm geschildert worden war: insbesondere war unter den Bedingungen, die man ihm im Falle der gänzlichen Uebernahme der Apotheke stellen wollte, eine, durch deren Annahme er sich lebenslänglich gebunden haben würde und auf welche er daher einzugehen sich weigerte. Dies wurde ent- scheidend dafür, dass der Entschluss, die Apotheke ganz zu übernehmen, aufgegeben werden musste. Meurer übernahm zwar die Verwaltung der Officin und arbei- tete mit rastloser Thätigkeit und mit sichtbarem Glücke an der Hebung des Geschäftes aber als im darauf folgenden Jahre die Kunde kam, dass Napoleon von Elba in Frankreich gelandet sei und in Folge dessen neue militairische Rüstungen von deutscher Seite veranstaltet wurden, gab Meurer seine Stellung in der Apotheke auf und trat, da inzwischen Pretzsch unter preussische Herrschaft gekommen war, in die preussische Landwehr ein. Als Lieutenant zog er unter dem Commando des Hauptmanns v. Eberhardt, seines späteren langjähri- gen Freundes, ins Feld. Es scheint indessen Meurer von dem Schicksale nicht bestimmt gewesen zu sein, dass er seine Waffen mit denen des verhassten Feindes messen sollte. Das Corps, dem Meurer angehörte, war kaum am Rheine angekommen, als die Nachricht von der Einnahme von Paris durch die Verbündeten und gleichzeitig mit dieser der Befehl zum Halt und zum Rückmarsch des Corps eintraf. Meurer marschirte mit zurück, wurde bei seiner Nachhausekunft einstweilen be-

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198 J. Petzholdt,

urlaubt und erhielt nach vollständig gesichertem Frieden seine ehrenvolle Entlassung vom Militairverbande.

Meurer wurde nach seiner Rückkehr aus dem Felde nun wieder Apotheker. Nachdem er zunächst in der Apo- theke zu Calau in der Niederlausitz ein Unterkommen gefunden hatte, übernahm er dann im December 1816 die Verwaltung der Apotheke zum „weissen Adler“ in Friedrichstadt-Dresden, deren Besitzer C. Fr. Gruner kurze Zeit zuvor mit Hinterlassung von einer Wittwe und vier unmündigen Söhnen gestorben war. WieMeu- rer bis an sein Lebensende die Gewohnheit hatte, alles, was er unternahm, mit einem wahrhaft seltenen und aus- dauernden Eifer und einer fast peinlichen Gewissenhaf- tigkeit anzugreifen und zu verfolgen, so unterzog er sich der ihm durch die Verwaltung der Friedrichstädter Apo- theke auferlegten Verpflichtungen in einer so vorzüglichen Weise, dass ihm ob seines damaligen redlichen Eifers und seiner Treue die Gruner’schen Erben noch jetzt ein dankbares Andenken bewahren. Die Verwaltung der Apotheke endigte zu Michaelis 1817, wo dieselbe dem Apotheker Ostfalk in Pacht gegeben wurde.

Jetzt trat Meurer’s Leben scheinbar an einen sehr wichtigen Wendepunct, wo in ihm die Pharmacie einen ihrer tüchtigsten Pfleger für die Zukunft fast verloren hätte. Schon von Jugend auf hatte Meurer nämlich in sich den Drang nach höherer wissenschaftlicher Bildung gefühlt, war aber damals wegen der beschränkten Mittel, über welche sein Vater zu verfügen hatte, davon abge- halten gewesen, sich den akademischen Studien zu wid- men. Die Neigung dazu war inzwischen geblieben, und trat jetzt gerade in verstärktem Maasse wieder hervor. Meurer fasste daher den Entschluss, dieser seiner Nei- gung doch noch zu folgen, und Medicin zu studiren.

Der Vater gab dem Entschlusse des Sohnes seine Bei-

stimmung, obschon mit nur schwerem Herzen; denn wenn er auch damals eben aus Wermsdorf in die etwas einträglichere Stelle eines Justizamtmannes von Voigts-

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Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 199

berg versetzt worden war, so reichte das neue Dienst- einkommen gleichwohl noch keineswegs dazu aus, dass er dem Sohne mehr als eine nur geringe Beihülfe zu den Kosten auf der Universität hätte gewähren können, Meurer hatte sich aber bei seiner Entschliessung auf eine sehr wesentliche Beihülfe von Seiten seines Vaters auch gar nicht besondere Rechnung gemacht: er war gegen die Seinen viel zu rücksichtsvoll, als dass er dar- an gedacht hätte, auf eine reichliche Geldhülfe von Sei- ten seines Vaters, zum Nachtheile der gesammten übrigen Familie, Anspruch zu machen. Die Beschaffung der zum Universitätsstudium erforderlichen Geldmittel machte Meu- rer überdies bei weitem geringere Sorge, als der Umstand, dass ihm die zu diesem Studium unentbehrliche wissenschaft- liche Vorbildung, namentlich in den Sprachen, mangelte Durch eisernen Fleiss brachte er es jedoch in kurzer Zeit dahin, dass er bereits 1818 auf der Universität Leipzig inseribirt werden konnte, und hoffen durfte, seine dor- tigen Studien auch mit günstigem Erfolge betreiben zu können.

Wenn schon Meurer das Glück gehabt hat, in Leip- zig so mancher Unterstützung insbesondere von der Fa- milieMangelsdorf, deren er auch nie in seinem ganzen Leben vergessen hat mit Liebe zu gedenken theilhaftig zu werden, so verdankt er doch den eigenen Entbehrungen und Anstrengungen, an die er allerdings schon von frü- her Zeit an sich hatte gewöhnen müssen, gewiss das Meiste, dass sein Aufenthalt auf der Universität ein un- gestörter und ungefährdeter blieb. Mit männlichem Ernst und einem seinen Lehrern sehr bald bemerkbaren rühmlichen Eifer verfolgte er seine medicinischen Studien, so dass er 1822 das Baccalaureats-Examen mit Auszeich- nung bestehen konnte. Unter den Professoren waren es namentlich drei Männer, die Meurer mit wahrhaft vä- terlicher Zuneigung und Theilnahme unterstützten, und welche daher auch für diesen stets und bis zu seinem letzten Athemzuge der Gegenstand der aufrichtigsten

200 J. Petzholdt,

und dankbarstenV erehrung geblieben sind: es waren dies die Professoren Ernst Heinrich Weber, F.A.B. Puchelt und Fr. Ph. Ritterich, bei welchem Letzteren Meurer fast vier Jahre lang als Famulus fungirt hat. Eine kurz nach dem Baccalaureats- Examen eingetretene schwere Krankheit, ein Halsübel, welches Meurer fast dem Tode nahe brachte, und an dessen Folgen er noch sein ganzes Leben hindurch zu leiden gehabt hat, war Ur- sache davon, dass er seine akademischen Studien nicht so bald zum völligen Abschlusse bringen konnte, als er gewünscht hätte. Erst im Januar 1826 war Meurer im Stande sich dem Examen rigorosum zu unterziehen, er bestand dasselbe überall mit den ersten Censuren und wurde im darauf folgenden Monate, nach Vertheidigung seiner Dissertation „de vitandis in praescribendo Mercurio sublimato corrosivo vitiis,“* als „Dignissimus“ zum Doctor der Medicin und Chirurgie promovirt. Hiermit wäre denn endlich das Ziel erreicht gewesen, nach welchem Meu- rer mit aller Anstrengung gestrebt hatte.

Allein der Wechsel, dem Meurer’s Leben seit- her unterworfen gewesen, war noch nicht zu Ende. Jenes Halsleiden, welches Meurer nahe an den Rand des Grabes gebracht, hatte als traurige Folge eine merk- bare Behinderung der Sprachorgane hinterlassen und dieser Umstand gab Veranlassung dazu, dass Meurer, der sich nach seiner Promotion der medicinischen Praxis gewidmet hatte, im Verkehr mit seinen Kranken sehr wesentlich sich gestört sah. So zufriedenstellend die Resultate seines ärztlichen Wirkens auch sein mochten gediegene Kenntnisse, praktische Uebung, die er sich schon vor seiner Promotion als Assistenzarzt des Professors Dr. Ritterich angeeignet hatte und ein warmes Mit- gefühl für die Leiden seiner Kranken machten ihn zu einem tüchtigen und treu sorgsamen Arzte so kam er gleichwohl mehr und mehr zur Ueberzeugung, dass jene Störung im Verkehre mit den Kranken seine ärztliche Wirksamkeit in hohem Grade beeinträchtigen müsse.

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Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 201

Und in Betracht dessen fasste er, wenn schon mit recht schwerem Herzen, doch endlich den Entschluss, die ärzt- liche Praxis, die ihm ohnehin bei einer ihm eigenthüm- lichen grossen Weichheit des Gefühles in einzelnen Fällen beschwerlich zu werden drohte, ganz wieder aufzugeben und zur Pharmacie zurückzukehren. Dem zufolge verliess er Leipzig, und wendete sich nach Dresden, wo er zu Ostern 1830 die Verwaltung der seinem seitherigen Studiengenossen, Freunde und späteren Schwager Dr. Ch. F.Sartorius eigenthümlich zugehörigen Marien-Apotheke übernahm *).

Hier in Dresden war es nun, wo Meurer endlich im 38sten Jahre seines Lebens eine bleibende Stätte und zugleich den Schauplatz eines langjährigen ausge- zeichneten pharmaceutischen Wirkens finden sollte. Na- türlich galt ihm zunächst die Verwaltung der Marien- Apotheke, die er über achtzehn Jahre lang bis zu Johannis 1848 geführt hat, als der hauptsächliche Gegenstand seiner Thätigkeit. Nächstdem waren es die Apotheken- Verhältnisse der Stadt überhaupt, in deren Interesse Meurer seine Kenntnisse und seine Arbeitskraft zu ver- werthen wusste. Hierbei ist er jedoch noch nicht stehen geblieben, sondern hat noch weit über die Grenzen der Stadt und seines sächsischen Vaterlandes hinaus einen Wirkungskreis für seine unermüdliche Strebsamkeit sich gesucht und gefunden. In den Annalen der Pharmacie wird man dessen wohl eingedenk bleiben.

Zur Zeit, wo Meurer die Verwaltung der Marien-

Apotheke übernahm, waren die Verhältnisse derselben

nichts weniger als glänzend, oder überhaupt nur annä- hernd zufriedenstellende. Seiner Energie und unermüd- lichen Thätigkeit gelang es indessen, die Apotheke bald wieder zu erneuerter Blüthe und namentlich durch seinen

*) Das Folgende grösstentheils nach den mir gütigst von den Herren Apothekern Eder und Vogel in Dresden übergebe- nen Mittheilungen.

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202 J. Petzholdt,

Ruf, den er als wissenschaftlich hervorragender Apothe- ker genoss, zu einem Höhepuncte des Ansehens zu bringen, auf welchem sie vorher kaum jemals gewesen war. Die Apo- theke ward unter Meurer’s ausgezeichneterVerwaltung eine vorzügliche und gern gesuchte Bildungsstätte vieler theo- retisch sowohl als praktisch gut unterrichteter und tüch- tiger Berufsgenossen, die, in alle Welt und bis in weite Ferne zerstreut, in Amt und Würden, noch lebhaft der für sie so segensreichen Zeit, in der sie unter Meurer's Obhut gestanden haben, mit dankbarem Sinn sich erin- nern. Als Meurer, um sich, im 56sten Lebensjahre und im Gefühle eines Nachlassens der körperlichen Kräfte, von der praktischen Thätigkeit zurückzuziehen und fer- ner meist ausschliesslich wissenschaftlichen Arbeiten zu pflegen, die Verwaltung der Apotheke seinem Schwager wieder übergab, durfte dieser sich wohl mit einigem Rechte sagen: „Eine Halde hatte ich ihm überliefert, und habe dafür eine Erzgrube von ihm zurückempfan- gen“.

Was nun Meurer’s Thätigkeit in Bezug auf die Dresdener Apothekenverhältnisse überhaupt betrifft, so hat er sich um diese, wie überall willig anerkannt ist, hauptsächlich durch Anregung collegialischen Zusammen- wirkens unter den Principalen, so wie durch Förderung wissenschaftlicher Tüchtigkeit unter den Gehülfen und Lehrlingen unbestreitbar grosse Verdienste erworben. Nicht lange nach seiner Niederlassung in Dresden gab er die Anregung dazu, dass unter den Dresdener Apothe- kern die Einrichtung monatlicher Zusammenkünfte zum Behufe collegialischer Besprechungen getroffen wurde. Bei diesen Zusammenkünften führte Meurer eine lange Reihe von Jahren hindurch den Vorsitz und that dies, nach dem ausdrücklichen Zeugnisse seiner Collegen, mit einer solchen Umsicht, Unpartheilichkeit und einem sol- chen Tacte, dass dadurch nicht nur das gute gegenseitige Einvernehmen und das erfolgreiche einmüthige Zusam- menwirken der Dresdener Apotheker in allen wichtigeren

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Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 203

Angelegenheiten herbeigeführt, befördert und erhalten

wurde, sondern in Folge dessen auch die Collegen in wirklich aufrichtiger und dankbarer Zuneigung und Hochachtung ihrem Vorsitzenden, der ihnen so gern und willig aus dem reichen Schatze seines Wissens und seiner Erfahrungen spendete und allen mit vorzüglichem Beispiele ächter Collegialität voranging, tief sich verpflich- tet fühlten. Der unter Meurer’s Leitung 1856 reorga- nisirte Verein der Dresdener Apotheker erfreute sich auch dessen kräftiger Führung bis 1864, wo Meurer in Folge öfters wiederkehrenden und andauernden körper- lichen Leidens sich abgehalten sah, den Vereinsversamm- lungen ferner beizuwohnen. Der Verein ernannte ihn bei Niederlegung des Vorsitzes, in dankbarer Änerken- nung der vielfachenV erdienste seines seitherigen Vorstandes, zum Ehrensenior eine Ehre, die Meurer freilich nicht lange geniessen sollte, da ihn.der Tod schon zwei Jahre darauf von seinem Posten abrief. War bei allen diesen Bestrebungen Meurer’s Thätigkeit zunächst und meist ausschliesslich auf die Förderung der Interessen der Prin- eipale selbst gerichtet gewesen, so hat er doch auch auf der andern Seite keineswegs unterlassen, zur Förderung der Interessen Derer, die dereinst auch einmal Principal zu werden wünschen, der Gehülfen und Lehrlinge, nach allen seinen Kräften zu wirken. Das freundschaftliche Verhältniss, in dem er zum verstorbenen Stadtbezirks- arzt Dr. Siebenhaar stand, kam ihm in recht glück- licher Weise dabei zu statten, dass es ihm möglich wurde, eine zweckmässigere und den Anforderungen der Wissen- schaft entsprechendere Gestaltung der Prüfungen, denen sich in Dresden sowohl die Lehrlinge nach Beendigung ihrer Lehrzeit, als auch die aus dem Auslande neu her- beigekommenen und in Apotheken der Stadt eingetrete- nen Gehülfen zu unterziehen haben, bei der Behörde an- zuregen und in Ausführung zu bringen. Aus lauter Liebe zur guten Sache und in der uneigennützigsten, opferfreu- digsten Weise übernahm er selbst bei diesen unter dem

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204 J. Petzholdt,

Vorsitze des Stadtbezirksarztes abgehaltenen Prüfungen den auf Chemie bezüglichen Theil, während die übrigen Prüfungsgegenstände einem der andern dresdener Apo- theker überlassen blieben. Ununterbrochen und selbst noch auf dem Krankenlager hat Meurer bis in die letz- ten Wochen seines Lebens an den Prüfungen Theil ge- nommen. Aber wenn von Meurer die wissenschaft- lichere Gestaltung der Prüfungen der ausgelernten Lehr- linge in Anregung gebracht worden war, so hatte er da- bei auch das nicht aus dem Auge gelassen, dafür Sorge zu tragen, dass die Lehrlinge während ihrer Lehrzeit eine den wissenschaftlichen Ansprüchen der Prüfungen angemessene Vorbildung sich aneignen könnten, Im Hin- blicke darauf hatte Meurer gleich nach Beginn seiner Thätigkeit in Dresden durch eigenes Beispiel den gründ- lichen Unterricht der Lehrlinge in den Apotheken der Stadt angeregt und übernahm nach Abgabe der Verwal- tung der Marien-Apotheke, auf Wunsch seiner Collegen, den vorbereitenden chemischen Unterricht der Lehrlinge der meisten Dresdener Apotheken. In diesem Unter- richte, welchen er mit einer Hingebung und Gewissen- haftigkeit, mit einem Eifer und einer Treue, mit einem Ernst und dabei mit einer Freundlichkeit und Nachsicht bei Schwachen selbst bis in die letzten Tage seines Le- bens ertheilte, die ihm bei seinen vielen Schülern ein liebevolles und dankbares Andenken gesichert haben, fand er seine Lieblingsbeschäftigung, die ihm in den meist glücklichen Erfolgen seiner Lehrerthätigkeit die reinste Freude und die schönste Belohnung gewährte. Der Eifer für seine Lehrerthätigkeit war bei Meurer so gross, dass er noch zwei Tage vor seinem Tode, trotzdem dass ihn bereits die körperlichen Schmerzen auf das Kranken- lager hingestreckt hielten, gleichwohl von seinem Lager aus den Unterricht fortsetzte und sogar noch auf den Morgen, an welchem er starb, ein paar Lehrstunden an- beraumt hatte.

Obschon man nach alledem wohl eigentlich hätte

Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 205

glauben sollen, dass dadurch Meurer’s Thätigkeit völlig erschöpft worden wäre, so war dies doch keineswegs der Fall: seine Thätigkeit hatte in den engeren Grenzen der Marien-Apotheke und der Stadt noch nicht den vollen befriedigenden Abschluss gefunden, nein, Meurer richtete seine Aufmerksamkeit noch auf ein weiteres Gebiet hinaus. Im Interesse der Hebung der pharmaceutischen Verhältnisse in Sachsen überhaupt bemühte er sich, den norddeutschen Apotheker-Verein auch auf Sachsen mit zu überpflanzen. Seine Bemühungen waren mit dem glücklichsten Erfolge gekrönt: der Anschluss der sächsischen Apotheker an den norddeutschen Verein kam 1840 zu Stande und es war hauptsächlich Meurer’s Werk, die in Folge dessen er- forderlichen Einrichtungen zu treffen, so wie seiner Obhut auch die Oberleitung des Vicedirectoriums Sachsen von der Zeit des Anschlusses an bis 1851, wo Meurer die Directorialgeschäfte und später auch die damit verbunden gewesene Cassenverwaltung aus Gesundheitsrücksichten niederlegte, zur allgemeinen Zufriedenheit übergeben war. Die grossen Verdienste, welche sich Meurer in seinem Directorial-Amte —- anfangs als Vicedirector, später als Director und zuletzt als Ehrendirector erwarb, fanden allseitige Anerkennung und diese Anerkennung ihren wür- digen Ausdruck in einer Stiftung, welche bei Gelegenheit des funfzigjährigen pharmaceutischen Jubiläums Meurer’s 1856, von den Mitgliedern des norddeutschen Apotheker- Vereins zum Zwecke der Aufstellung von Preisfragen für Lehrlinge ins Leben gerufen und mit Meurer’s Namen benannt worden ist. Meurer hat diese Stiftung bis zu seinem Tode selbst verwaltet. Ausser der Meurer- Stiftung widmete ihm der norddeutsche Apotheker-Verein „bei der Feier des Jubeltages funfzigjährigen treuen Wirkens in inniger Anerkennung und Dankbarkeit“ auch noch einen silbernen Pokal.

Fragt man nach dieser Betrachtung des gesammten pharmaceutischen Wirkens Meurer’s in den engeren so- wohl als den weiteren Grenzen, was denn wohl das haupt-

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206 J. Petzholdt,

sächliche und gemeinsame Ziel desselben gewesen sei, so ist die Antwort darauf nicht schwer. Das Heil der Pharmacie und das Wohl des Apothekerstandes waren das Ziel, worauf Meurer sein ganzes Wirken und Stre- ben gerichtet hielt, welches er aber, nach seiner wohlbe- gründeten Ueberzeugung und wie er in einer 1845 ver- fassten „Denkschrift über den Standpunct der Pharmacie* ausführlich dargethan hat, nur dadurch zu erreichen für möglich hielt, dass durch eine gediegene wissenschaftliche Bildung der Apotheker und durch eine vorzugsweise wis- senschaftliche, die Würde des Standes nicht beeinträchti- gende Behandlung der ausübenden Mediein dem drohen- den Verfalle derselben entgegengearbeitet würde. Meurer sah zu seiner grossen Betrübniss, dass dieser einzig halt- bare Grund und Boden mehr und mehr von den Apothe- kern verlassen und dafür der mercantile materielle Weg des möglichst bald und möglichst viel Erwerbens einge- schlagen werde: er missbilligte dieses Verfahren, und klagte bitter über das Fortschreiten auf solch unheilvol- lem und unwürdigen Wege, der nur zu dem traurigsten Verfalle der deutschen Pharmacie schliesslich führen müsse. Er schätzte sich deshalb auch glücklich, nach Abgabe der Verwaltung der Marien- Apotheke, nicht mehr ausübender Apotheker sein zu müssen und konnte selbst über die lange von allen Apothekern ersehnte und von Meurer insbesondere in offener und stiller Wirksamkeit angestrebte und endlich auch erlangte Vertretung der Pharmacie nie- mals zu rechter Freudigkeit kommen, weil er die Basis für das würdige Bestehen und das glückliche Aufblühen nicht in der Art und Weise dieser Vertretung gewahrt zu finden glaubte. Wenn nun auch eine solche trübe Anschauung nicht in jeder Beziehung von allen säch- sischen Apothekern getheilt worden ist, so sind diese doch in der grossen Hochachtung vor Meurer’s Streben und Wirken, so wie in der Ueberzeugung, dass Meurer den vorzüglichsten Meistern der deutschen Pharmacie beizu- zählen sei, alle einig geblieben.

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Von der Zeit, wo Meurer von der Verwaltung der Marien-Apotheke zurücktrat, beschäftigten ihn, ausser seinen Lehrstunden, fast ausschliesslich wissenschaftliche Arbei- ten, denen er schon als ausübender Apotheker einen gros- sen Theil seiner Mussestunden gewidmet hatte. Eine grosse Reihe werthvoller Abhandlungen, Aufsätze, Mit- theilungen und Recensionen aus den Fächern der Chemie und Pharmacie haben das Archiv der Pharmacie, das pharmaceutisch-chemische Centralblatt und andere fach- wissenschaftliche Journale von Meurer’s Hand aufzuwei- sen. Ueberdies ist den wissenschaftlichen Arbeiten Meu- rer’s noch das beizuzählen, was er in Dresden als Ge-

richtschemiker, so wie als Mitglied des medicinischen

Zwölfervereins und der naturwissenschaftlichen Gesell- schaft in reichem Maasse geleistet hat. Die Stelle eines Gerichtschemikers, welche Meurer bereits als ausüben- den Apotheker übertragen worden war, legte derselbe 1858 freiwillig nieder, bei welcher Gelegenheit das könig- liche Bezirksgericht nicht unterlassen konnte, „der treuen und sorgfältigen Erfüllung der Meurer dabei obgelege- nen Verpflichtungen anerkennend zu gedenken“. Der Zwölferverein, den Meurer 1833 selbst mit gestiftet hatte, zählte ihn bis zu allerletzt zu seinen Mitgliedern, so wie auch die naturwissenschaftliche Gesellschaft, die Meurer ebenfalls mit zu ihren Stiftern 1843 zu rechnen hat, seiner Theilnahme als Mitglied bis Michaelis 1865 sich erfreute.

Was schliesslich Meurer’s häusliche Verhältnisse betrifft, so ist noch zu erwähnen übrig, dass er sich 1831 mit Emilie Elisabeth, der zweiten Tochter des königl. sächsischen Landaccis-Obereinnehmers Chr. Fr. Günther in Leipzig, verheirathete: das Ehebündniss wurde am 9. Juni in der Kirche zu Pöllwitz geschlossen. Die Ehe war eine glückliche, blieb aber kinderlos. Gleich- wohl sollten Meurer, der Zeit seines Lebens ein gros- ser Kinderfreund gewesen, die Vaterfreuden nicht ganz versagt sein; denn einer der Brüder seiner Frau, welcher

Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 207

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nach Nordamerika auswanderte, hinterliess ihm seine bei- den noch in frühester Jugend stehenden Söhne zur Erzie- hung. Mit der ihm in allen Verhältnissen eigenthümlichen Gewissenhaftigkeit hat sich Meurer dieser Erziehung angenommen, wie die beiden Pflegesöhne, von denen der eine 1848 seinem Vater nach Nordamerika gefolgt ist und der andere, Medicinalrath Dr. R. B. Günther, als Medicinal-Beisitzer der Kreisdirection in Zwickau lebt, mit kindlicher Dankbarkeit bezeugen.

Meurer erlag einer mit Urämie endenden Blasen- lähmung. Auf dringendes Anrathen des Arztes hatte er 1365 in den Bädern von Teplitz Linderung seiner schmerz- haften Leiden gesucht und war auch mit der grössten Befriedigung über den überraschend glücklichen Erfolg der Cur von dort wieder zurückgekehrt; aber die Lei- den kehrten heftiger wieder und endeten erst mit seinem Tode, knapp vor der Zeit, wo er ein zweites Mal nach Teplitz zu gehen entschlossen war.

J. Petzholdt in Dresden.

Nachtrag von Dr. L. F. Bley.

In dem vorstehenden Nekrologe unseres verewigten Freundes und Collegen Dr. Fr. Meurer hat sein lang- jähriger Freund, Herr Hofrath Petzholdt in Dresden, den Charakter und die Wirksamkeit zu einem Lebens- bilde so treffend zusammengefasst, dass mir nur wenige Zeilen übrig bleiben, um Meurer’s Wirken für unsern Verein und die Pharmacie in ein noch helleres Licht zu stellen, als es von dem hochgeehrten Biographen gesche- hen konnte, dem dieser Theil der Thätigkeit Meurer’s ferner lag. Durch die Gunst des Schicksals war es mir vergönnt, die Bekanntschaft Meurer’s bald darauf zu machen, als er Mitglied des Apotheker-Vereins geworden war und zwsr durch des damaligen Oberdirectors Hof- raths Dr. Brandes Vermittelung zu Braunschweig im Hause meines Freundes, des Dr. ©. Herzog, bei Gele-

Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 209

zenheit der Reise zu der General-Versammlung des Ver- eins. Je auflallender die ganze äussere Erscheinung Meurer’s war, desto mehr wurde die Aufmerksamkeit rege durch das lebendige Interesse, welches er an den Tag legte für Alles, was Kunst und Wissenschaft betraf, insbesondere so weit diese die Pharmacie und den Apo- theker-Verein berührten. Wo es sich handelte um die Erweiterung des Vereins, die Hebung seiner Bestrebun- gen in sittlicher wie wissenschaftlicher Beziehung, also um seine Ehre und Würde, wie um seine nützliche Wirk- samkeit, war Meurer mit seinem Rathe, seiner Mitwir- kung bei der Hand. Er unterzog sich gern schwierigen und selbst unangenehmen Arbeiten, wenn er das Gute fördern konnte. So wendete er gleich nach seinem Ein- tritt seine Bemühung auf die Ausbreitung des Vereins über das ganze Königreich Sachsen, welche auch mit sichtbarem Erfolge gekrönt wurde: denn vielleicht neun Zehntheile der sächsischen Apotheker wurden Mitglieder. Er half die Kreise herstellen, die Leiter derselben, Kreis- directoren, berufen, diese Kreise zu einem Bezirke, da- mals Vicedirectorium, zusammenzufassen, dessen Leitung er, dem Wunsche des Directoriums wie der Mitglieder gemäss, gern übernahm und mit musterhafter Treue und Emsigkeit verwaltete, so lange seine körperlichen Kräfte ihm die Ausführung gestatteten. Er regte in seinem Bezirke die Kreisversammlungen an, gab Veranlassung zu Besprechung praktisch nützlicher Themata, zur Bele- bung des Eifers für die Unterstützungs-Anstalten, wie für die Betheiligung an dem wissenschaftlichen Organe des Vereins, dem Archiv der Pharmacie, in welchem er eine Reihe von interessanten und förderlichen Arbeiten nie- dergelegt hat. Wir gedenken insbesondere der folgen- den: Ueber einen verbesserten Dampfapparat für die pharmaceutischen Laboratorien. Eine Reihe von Unter- suchungen zur Ermittelung des Arsens in gerichtlichen

Fällen, wie in einzelnen Arzneimitteln. Ueber den Kupfergehalt des Oremor Tartari, den er in verschiede- Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hit. 14

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210 J. Petzholdt,

den Sorten nachwies. Ueber die Darstellung des ge- brannten Bleipflasters und des Hufelandischen präparirten Gerstenmehles.. Ueber den Erfinder der Phosphorlat- werge. Nachweisung der Verfälschung des Carmins. Das Georginenpapier als Reagens.. Darstellung des arsenfreien Magisterium Bismuthi und die Nachweisung von Arsengehalt in diesem Präparate. Versuche über die bei Anwendung des Marshschen Apparates gemachte Bemerkung, dass auch Wismuth, Schwefelarsen und Schwe- felantimon in Wasserstoff löslich seien und durch Ver- brennen desselben wieder abgeschieden werden können und Berichtigung der vorhandenen Angaben. Ueber die sogenannten Extracta pneumatica. Ueber eine Reihe von chemischen Untersuchungen medicinisch-polizeilicher Natur. Vorschrift zu einer Beize für Fussböden. Ueber den Gehalt an Arsenik in der Harzer Schwefel- säure. Prüfung der Frage: wie weit chemische Ver- unreinigung der Medicamente, Nahrungsmittel und tech- nischer Präparate nachzusehen sei? Ein Beitrag zur Lehre von den narkotischen Mitteln. Ueber Bleiglasur. Ueber das Vorkommen des Schwefels auf dem Rado- bojer Werke in Croatien. Eine Reihe chemisch-phar- maceutischer Notizen. Ueber die Anwendung des Sil- bers statt Quecksilber-Amalgam-Beleg bei Anfertigung von Spiegeln. Notiz und Warnung für Apothekergehülfen. Ueber Arsen-Antidote. Ueber die vortheilhafte Dar- stellung des reinen Jodarsens als constanter Verbindung. Die Apotheker-Gremien in Böhmen, nebst Bemerkun-

gen über die österreichischen Medicinalgesetze. Mit- theilungen aus der pharmaceutischen Praxis. Ueber die Entstehung des Castoreums. Die Darstellung des Chloroforms. Die Anwendung arsenhaltiger Farben in Wohnzimmern. Kritik eines Aufsatzes des Mersebur- ger ärztlichen Vereins. Ueber das Collodium. Gut-

achten über den ihm vom königl. sächsischen Ministe- riiım des Innern vorgelegten anderweitigen Entwurf zu einer Apothekerordnung. Zur Kenntniss des Apothe-

Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 211

kenwesens in Ungarn. Ueber das Selbstdispensiren der Aerzte. Kurze biographische Skizze des Profes- sors Dierbach in Heidelberg. Welche Verpflichtung hat der Staat zu erfüllen, damit die Apotheken und ihre Vorsteher das sind und leisten, was sie als solche sein und leisten sollen? Widerlegung einer Beurtheilung der pharmaceutischen Reform- Angelegenheiten von dem ärztlichen Standpuncte. Gute und schlimme Zeichen für die angestrebte Reform der pharmaceutischen Ange- legenheiten. Die Uebergriffe des handeltreibenden Publicums in das Recht des Apothekers, den Alleinhandel mit Medicamenten im Detail betreffend. Bericht über die Verbesserung der Lage der Apotheker in Ungarn.

Eine grosse Anzahl von Recensionen und Kritiken naturwissenschaftlicher, medicinischer und pharmaceuti- scher Natur giebt Zeügniss von des Verfassers Interesse und scharfem Urtheil, welches sich auf eine gediegene Kenntniss der wissenschaftlichen Zweige gründete, welche bei der Prüfung maassgebend waren. Ueberall aus seinen vielfachen Arbeiten leuchtete die Bestrebung, der Phar- macie zu nützen, deutlich hervor. In einer Denkschrift über den Zustand und die Verhältnisse der Pharmacie in Deutschland, welche er mit mir gemeinschaftlich her- ausgab, sprach er sich in kurzer, bündiger Weise, aber dennoch erschöpfend darüber aus, was von Seiten der Regierungen geschehen müsse, um das Institut der Apo- theken auf die beste Weise zu regeln zum Nutzen des Publicums.

Bei der letzten General-Versammlung, welche Meu- rer besuchte, der in Coburg, ward er als Mitglied in die Commission gewählt, welcher die Ausarbeitung einer Pharmacopoea Germaniae übertragen wurde. Er nahm den Antrag an, trat jedoch später zurück, da er mit Dr. Geiseler, mir und einigen andern Collegen der Ansicht war, dass zur vollgültigen An- und Aufnahme einer all- gemeinen deutschen Pharmakopöe die Zuziehung von Aerzten nothwendig sei, weil diese vorzüglich zu bestim-

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men hätten, welche Mittel aufgenommen werden sollten. Diese Ansicht gewann indess nicht die Majorität im Aus- schusse, weshalb Dr. Meurer auf die Mitherausgabe ver- zichtete.

Bis an sein Ende hat der Verewigte dem Apotheker- Vereine seine Kräfte gewidmet und stand deshalb im lebhaften schriftlichen Verkehr mit dem Oberdirector und einigen der Directoren, zu welchen seine Cassenverwal- tung ihn besonders anwies. So habe ich mit ihm vier- undzwanzig Jahre lang in Geschäftsverbindung gestanden, seine Hingebung und Treue an den Dienst der Phar- macie mit lebhaftem Dank erkannt und seine Mitwirkung und Unterstützung hat mich oftmals hinweggeholfen über die Schwierigkeiten bei den zuweilen auftauchenden For- derungen und Bestrebungen der dem jähen Fortschritte huldigenden Collegen, während wir den wahren Nutzen nur in einer behutsamen, auf wissenschaftlicher Grund- lage sich stützenden Regelung finden konnten, deren Rich- tigkeit sich in Zahlen nachweisen lässt. Meurer’s Tod hat den Verein eines seiner gediegensten Mitglieder und strebsamsten Freunde beraubt.

Sein Andenken wird aber bestehen bei allen Denen, welche sein Wirken verstanden, und im dankbaren Ge- dächtnisse erhalten bleiben. Möge es dem Vereine nie an Männern fehlen, welche wie Meurer als Muster und Vorbilder vorleuchten!

28. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- logie und praktische Pharmaeie.

Veber Chloroform;

von

Dr.C. Schacht, Apotheker in Berlin.

Der in No. 40. des VIII. Jahrganges der pharma- ceutischen Centralhalle stehende Aufsatz über die Nicht- zersetzbarkeit des Chloroforms durch Sonnenlicht, ver- anlasst mich, die Resultate meiner Untersuchungen über denselben Gegenstand mitzutheilen. Die Anregung zu den folgenden Versuchen gab mir die Lectüre des dies- jährigen Märzheftes des Archivs der Pharmacie, wo auf Seite 255 257 ein kurzes Referat erstens über einen Todesfall durch Chloroform und zweitens über eine Ab- handlung von Dr. Bartscher über schlechte Chloro- form-Narkosen gegeben wird.

Am 4. Mai d.J. begann ich meine Beobachtungen, indem ich

1) ein weisses Glas mit Glasstöpsel bis auf eine kleine

Luftblase mit 65 Grm. Chloroform füllte; 2) ein weisses Glas mit Glasstöpsel halbvoll mit 50 Gramm, und 3) ein schwarzes Glas mit Glasstöpsel halbvoll mit 50 Grm., und diese drei Flaschen neben einander dem directen Sonnenlichte aussetzte.

Das angewandte Chloroform hatte bei 180,50. ein spec. Gewicht von 1,4960, war indifferent gegen concen- trirte reine Schwefelsäure, frei von Alkohol und zeigte

214 C. Schacht,

einen constanten Siedepunct von 6700. Silbernitratlösung gab mit dem destillirten Wasser, welches mit diesem Chloroform geschüttelt war, nicht die geringste Reaction auf Chlorwasserstoffsäure. Die Prüfung des Chloroforms mit reiner concentrirter Schwefelsäure halte ich für über- flüssig, da absolut reines Chloroform mit dieser Säure geschüttelt, letztere mit der Zeit stets färbt. Zeigt das Chloroform den constanten Siedepunct von 670C. und giebt das mit demselben geschüttelte Wasser nicht die geringste Reaction mit Silbernitratlösung, so ist das Chlo- roform rein.

Am 9. Mai d.J. wurde der Inhalt sämmtlicher Fla- schen untersucht. Das in den weissen Flaschen befind- liche Chloroform roch schon deutlich nach Chlorkohlen- oxydgas und exhalirte Chlorwasserstoffgas. Destillirtes chlorfreies Wasser mit diesem Chloroform geschüttelt, gab natürlich eine starke Reaction mit Silbernitratlösung. Freies Chlor konnte mit frisch bereitetem Jodkalium- Stärkekleisterpapier nicht nachgewiesen werden. Es geht hier eine theilweise Zersetzung des Chloroforms vor nach der Formel: CHCI3 + O = COCL - HCl und zwar entstehen wenigstens in den ersten Stadien der Zersetzung nur diese beiden gasigen Producte. Un- terwirft man dieses durch Sonnenlicht theilweise zersetzte Chloroform in einem mit Wurtz’scher Röhre und einge- senktem Thermometer versehenen Kolben der Destillation, so geht dasselbe bis zum letzten Tropfen bei 670. über und man erhält dabei ein Destillat, welches wieder stark . nach Chlorkohlenoxydgas riecht und Chlorwasserstoff ent- hält. Das in dem schwarzen Glase dem directen Sonnen- lichte ausgesetzte Chloroform war unverändert geblieben.

Zerstreutes Tageslicht wirkt auf Chloroform wie di- rectes Sonnenlicht, wenn auch erst nach längerer Zeit. Jedes käufliche Chloroform enthält Spuren von Feuchtigkeit. Letztere könnten möglicher Weise zur schnelleren Zer- setzung des Chloroforms durch directes Sonnenlicht und auch durch zerstreutes Tageslicht beitragen; doch wird

über Chloroform. 215

reines Chloroform, welches, um auch die letzte Spur von Wasser zu entfernen, acht Tage mit Natrium behandelt und dann über Natrium rectificirt wurde, ganz in dersel- ben Weise zersetzt, wie das käufliche. Wie ich schon oben gesagt habe, entstehen in den ersten Stadien der Zersetzung des Chloroforms nur Chlorkohlenoxyd- gas und Ühlorwasserstoffgas; erst bei längerer Ein- wirkung des Lichtes tritt freies Chlor auf, möglicher Weise nach der Gleichung 4 (CHCL) = C?H?C]1? + CC13 + 2Cl. Die Angabe in dem Berichte des Dr. Martius (No. 30. der Berliner klinischen Wochenschrift, auch Jahresbericht, neue Folge, I. Jahrg. 1866. S. 419) dass das untersuchte Chloroform nach Chlorkohlenstoff und Chlorkohlenoxydgas roch, aber weder Chlorwasser- stoff, noch Chlor enthielt, kann ich nicht für richtig hal- ten. Auch in No. 33. derselben Wochenschrift (auch Märzheft des Archivs, 1867, S. 256; Jahresbericht I. 1867, S.420) steht ein Bericht über Beobachtungen, welche Dr. Bartscher über die Zersetzbarkeit des Chloroforms ge- macht hat. Der Autor giebt an, dass er in dem verän- derten Chloroform Salzsäure, Alkohol und Aethylenchlo- rid gefunden habe.

Den Nachweis von Aethylenchlorid im Chloroform durch eine geistige Kalilösung, wie ihn die Pharmacopoea Germaniae angiebt, halte ich für keinen sicheren, da auch reines Chloroform mit dem constanten Siedepunct von 6700, bei gewöhnlicher Temperatur eine Gasent- wickelung gab. Chloroform, welches Aethylenchlorid ent- hält, zeigt nicht den constanten Siedepunct von 670C.; der Autor hätte das veränderte Chloroform der fractio- nirten Destillation unterwerfen und dann den Theil des Destillats, welcher bei circa 800 C. überging, näher un- tersuchen sollen. Mir ist es bis jetzt nicht gelungen, in einem vor der Zersetzung durch Licht normalen, dann durch letzteres theilweise zersetzten Chloroform Alkohol oder Aethylenchlorid nachzuweisen. Auch mit nach der Vorschrift der Pharmacopoea Germaniae dar-

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216 C. Schacht,

gestellten Chloroform habe ich dieselben Versuche an- gestellt und dieselben Resultate erhalten. Rohes, von Herrn Collegen Marggraff dargestelltes Chloroform wurde so lange mit Sodalösung und destillirtem Wasser gewaschen, bis das Waschwasser völlig neutral war, dann mit trocknem Chlorcaleium mehre Tage behandelt und schliesslich abdestillirt. Das so erhaltene Chloroform hatte bei 19,50C. ein spec. Gew. von 1,4940, zeigte den eonstanten Siedepunct von 670C. und war vollständig in- different gegen Silbernitratlösung.

50 Grm. dieses Chloroforms in einer zum dritten Theil gefüllten weissen Flasche mit Glasstöpsel 24 Stun- den dem Sonnenlichte ausgesetzt, zeigten sich theilweise zersetzt. Chlorkohlenoxydgas, Chlorwasserstoff und Spu- ren von Chlor wurden nachgewiesen. Gerade dieses aus reinem Alkohol dargestellte Chloroform zeigte nach kür- zerer Zeit deutliche Zeichen seiner Zersetzung, als das käufliche Chloroform, welches ich bisher zu allen meinen Versuchen verwandt hatte. Das Resultat dieses letzten Versuches widerspricht der Angabe Städeler’s (Jahres- bericht I. 1867, Seite 328), dass sich gutes und regel- recht aus Weingeist bereitetes Chloroform durch Licht nicht zersetze. Ebenso kann ich der Angabe Städe- ler’s, dass durch Destillation eines theilweise veränder- ten Chloroforms über Kali ein normales, haltbares Chlo- roform nicht wiedererhalten werden könnte, nicht bei- stimmen. Stark durch Licht zersetztes Chloroform, wel- ches Monate lang in der Sonne hing, wurde 24 Stunden mit trocknem Kalihydrat behandelt, oft mit demselben geschüttelt und dann abdestillirt. Das Destillat hielt sich in einer schwarzen Flasche dauernd gut, in einer weis- sen Flasche dem Lichte ausgesetzt, zeigte es bald den Beginn der oft genannten Zersetzung. Die Ansicht, dass ein richtig hergestelltes reines Chloroform gegen Sonnen- licht und Tageslicht geschützt, sich nicht zersetze, theile ich vollständig mit dem Herrn Referenten (Seite 329 des Jahresberichts I. 1867) und die von demselben aufgewor-

BR über Chloroform. 217

fene Frage, „aus welchen Materialien ein so leicht zer- setzbares Chloroform hergestellt werde, ob dasselbe wah- res Chloroform sei, oder ob es nur fremde Beimischungen seien, auf deren Kosten nur allein unter allen Umständen ‚die erwähnten Zersetzungsphänomene statt finden“, kann ich nur dahin beantworten, dass reines, normales Chlo- roform mit 6700. Siedepunct sich stets zersetzen wird, sobald Licht unter Luftzutritt auf dasselbe wirken kann, Im luftleeren Raume wird reines Chloroform weder durch directes Sonnenlicht, noch durch zerstreutes Tageslicht zersetzt. Die Resultate, welche sich aus die- sen Beobachtungen über die Zersetzbarkeit des Chloro- forms ergaben, liessen mir die Ministerial-Verfügung vom 9. Juli d.J. als durchaus zutreffend erscheinen.

Zu einer Wiederholung und weiteren Ausdehnung oben beschriebener Versuche veranlasste mich der in No. 40. d. Jahrg. der pharmaceutischen Centralhalle be- findliche Aufsatz, in welchem Hager zu beweisen sucht, dass Chloroform durch Sonnenlicht nicht zersetzt werde. Schon in No. 47. und 49. des VII. Jahrganges desselben Blattes hat sich Hager über denselben Gegenstand aus- gesprochen. In No. 47. theilt Hager mit, dass sich ein Chloroform, welches beim Einkauf von guter Beschaffen- heit war und bei 179,5 C. ein spec. Gewicht von 1,4960 hatte, nach Verlauf eines Vierteljahres sich unter Ent- wickelung von Chlorwasserstoffsas zersetzt zeigte. Dass trotz Zusatz von Magnesia das Destillat den erstickenden Geruch behielt, ist sehr erklärlich, da auch das vorhan- dene Chlorkohlenoxydgas mit in die Vorlage überging. Hätte Hager das zersetzte Chloroform einer fractionir- ten Destillation unterworfen, so wäre sicherlich der ganze Inhalt des Destillationsgefässes bei 6700. übergegangen. Weiter macht Hager inNo.49. die Mittheilung von einer in Petersburg beobachteten freiwilligen Zersetzung eines Chlo- roforms; destill. Wasser mit diesem Chloroform geschüttelt, gab eine wenn auch sehr geringe Reaction mit Silbernitrat-

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218 C. Schacht,

lösung. Diese Reaction allein zeigt, dass das be- treffende Chloroform in Zersetzung begriffen war. Die Annahme Hager’'s, dass die Gegenwart von höheren Chlorsubstitutionsproducten die hauptsächlichste Ursache der freiwilligen Zersetzung des Chloroforms sei, kann ich nach den Resultaten, die mir alle meine Versuche ge- geben haben, nicht als richtig anerkennen. Ebenso we- nig seine Behauptung, dass ein hohes spec. Gewicht des Chloroforms auf diese Gegenwart schliessen liesse. Der constante Siedepunct von 670C. ist allein hier maass- gebend. Das von Hager citirte Aethylenchlorür hat bei 1600. ein spec. Gew. von 1,3250 und den Siedepunct von 850C. Die Verbindung C?HA1C1? hat bei 40,3 das spec. Gew. 1,189, die Verbindung C?H?C12 bei 00C. das spec. Gew. 1,250. Was nun schliesslich den in No. 40. des VIII. Jahrganges der pharmaceutischen Centralhalle be- findlichen Aufsatz anbetrifft, so überraschte mich der In- halt desselben so, dass ich meine Versuche sofort wieder aufnahm.

Das Chloroform, welches ich zu den folgenden Ver- suchen anwandte, hatte bei 160,5 C. ein spec. Gew. von 1,4970, bei 150C. 1,501, bei 00°C. 1,5220, zeigte einen constanten Siedepunct von 670C., war frei von Alkohol und vollständig indifferent gegen Silbernitratlösung, Am 11. October 1867 füllte ich eine circa 1 Fuss lange Ver- brennungsröhre, welche an einem Ende in eine lange Spitze ausgezogen war, bis zur Hälfte mit diesem Chlo- roform, schmolz die Spitze zu und setzte diese mit Chlo- roform und Luft gefüllte Röhre dem Sonnenlichte aus. Am 18. October öffnete ich die Röhre, das Chloroform roch nach Chlorkohlenoxydgas und gab eine schöne Re- action auf Chlorwasserstof. Am 11. October füllte ich eine zweite Röhre von derselben Länge, ebenso vorge- richtet und mit demselben Quantum desselben Chloro- forms beschickt, kochte die Röhre aus, schmolz die Spitze während des Ausströmens des Chloroformdampfes schnell zu und setzte diese nur Chloroform enthaltende Röhre

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über Chloroform. ETALI

dicht neben der ersten dem Sonnenlichte aus. Am 18ten October öffnete ich auch diese zweite Röhre; das Chlo- roform roch nicht nach COCI2, gab aber mit Silber-

nitratlösung eine äusserst geringe Reaction auf Chlor-

wasserstof. Diese Röhre war meiner Meinung nach noch nicht vollständig ausgekocht worden. Am 19. Octo- ber wiederholte ich diesen Versuch mit einer dritten Röhre, die wieder mit demselben Quantum desselben Chloroforms beschickt war und kochte dieselbe anhaltend aus. Am 24. October öffnete ich diese Röhre, das Chlo- roforın war unverändert.

Diese Versuche beweisen, dass absolut reines Chlo- roform durch Licht bei Luftzutritt zersetzt wird, d.h. unter Umständen, wie sie sich in der Praxis finden. Rei- nes Chloroform von 1,496 spec. Gew. bei 150C. und 6709 0. Siedepunct, welches in einer nur zum dritten Theil gefüllten schwarzen Flasche vom 4. Mai bis 10. October 1867 ununterbrochen dem Lichte und der Sonnenhitze ausgesetzt war, hatte sich dagegen vollständig unverän- dert erhalten. Bei Abschluss des Lichtes zersetzt sich reines Chloroform absolut nicht. Hat sich nach Ha- ger ein möglichst ausgebessertes Chloroform auch bei Abschluss des Lichtes zersetzt, so beweist dieser Ver- such gar nichts. Das angewandte Chloroform war schon in der Zersetzung begriffen, als der Versuch begann. Dass ferner Hager hauptsächlich Gewicht legt auf das spec. Gewicht, kann ich nicht für richtig halten; der constante Siedepunct ist maassgebend. Was nun die ver- schiedenen Handelssorten betrifft, welche derselbe Autor nach einer brieflichen Mittheilung hier in Berlin von den Herren Schering, Riedel und Teichgräber entnom- men hat, so möchte ich doch darauf hinweisen, dass nach Ausspruch dieser Herren jetzt alles hier consumirte Chlo- roform aus zwei sächsischen Fabriken bezogen wird.

Die von mir wiederholt angestellten Versuche zeigen, dass die Ministerial-Verfügung vom 9. Juli d. J. ihre volle Berechtigung in sich trägt. Schliesslich will ich hier

Da DE N DR Pa lt Ds al nr en Bar a a a di Be ta a 220 C. Schacht, über Chloroförms

noch anführen, dass im ersten Octoberhefte des Dingler- schen Journals ein kurzes Referat iiber Untersuchungen gegeben ist, welche J. M. Maisch „über das Verhalten des Chloroforms gegen das Licht“ ausgeführt hat. Das angewandte Chloroform hatte ein spec. Gew. von 1,492 bei 210C., war absolut frei von Säure und färbte Schwe- felsäure nicht. Das Resultat dieser Untersuchungen war folgendes:

1) Reines Chloroform von spec. Gew. 1,492 muss bei seiner Aufbewahrung vor dem Zutritte von Licht gänzlich geschützt sein.

2) Um Chloroform bei Lichtzutritt aufbewahren zu können, ohne dass es sich zersetzt, muss sein spec. Gew. verringert werden, was am besten durch Zusatz von etwa 2 Drachm. 95proc. Alkohol zu 1 Pfd. Chloroform von 1,4970 spec. Gew. geschieht. Chloroform durch Alkoholzusatz auf das spec. Gew. 1,475 gebracht, soll sich selbst bei Gegenwart von Wasser durch directes Sonnenlicht nicht zersetzen.

———

Zur Milchprüfung;;

von Dr. Julius Erdmann.

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Die Unzuverlässigkeit des bisher in Hannover und mehren andern Städten Deutschlands hauptsächlich zur Voruntersuchung der Milch angewandten Instrumentes, des Galactometers, hat mir Veranlassung gegeben, eine Reihe von Milchuntersuchungen vorzunehmen, welche vorzugsweise bezweckten, die Brauchbarkeit eines ande- ren Instruments, des Galactoskops von Vogel, nament- lich zur Voruntersuchung der Milch *) festzustellen, und wird es, glaube ich, für meine Fachgenossen von Inter- esse sein, die Resultate dieser Prüfungen, so wie die ander-

*) Zur endgültigen Untersuchung für die Behörden gewährt 5 g jedenfalls die Bestimmung sämmtlicher festen Bestandtheile grössere Sicherheit.

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J. Erdmann, zur Milchprüfung. 221

weitig bei dieser Gelegenheit gesammelten Erfahrungen in einem kurzen Berichte niedergelegt zu sehen. Das Vogel’sche Instrument ist zwar schon von verschiedenen Seiten geprüft, aber von den betreffenden Autoren von andern Gesichtspuncten aus kritisirt worden.

I. Versuche mit Normalmileh.

Zu den optischen Proben wurden 100 Cubikcentime- ter Wasser so lange mit Milch versetzt, bis eine 5 Milli- meter dicke Schicht des Gemisches die Conturen eines vom Galactoskop 12 Zoll entfernten Lichtkegels (Flamme einer Stearinkerze) nicht mehr erkennen liess. Daher geben die in nachstehender Tabelle unter der Rubrik „Galactoskop“ verzeichneten Zahlen die Cubikcentimeter an, welche an Milch verbraucht sind, um die erwähnte Menge Wasser undurchsichtig zu machen.

Zur Controle dieser Galactoskop- Prüfungen wurden die festen Bestandtheile der Milch durch Eindampfen derselben im Wasserbade durch Wägung des Rückstan- des, analytisch festgestellt.

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, liess ich es mir angelegen sein, die Milch von einer Reihe verschie- dener Kühe unter ungleichen Futterverhältnissen zu prü- fen und habe ich alle Umstände in Betracht gezogen, die in irgend einer Weise auf die Beschaffenheit der Milch influiren können. Dabei schien es mir namentlich von Wichtigkeit zu sein, die Minimalsumme der festen Bestandtheile der Milch zu bestimmen, welche bei zum Theil nahrungsarmem Stallfutter, also unter ungünstigen Verhältnissen, darin enthalten sein kann. Aus der Man- nigfaltigkeit der Verhältnisse ergiebt sich klar die Noth- wendigkeit einer längeren Versuchsreihe. Man wird dar-

nach mit um so grösserer Sicherheit in Rücksicht auf

die Menge der festen Bestandtheile eine scharfe Grenze feststellen können, über welche hinaus die Milch als verfälscht anzusehen ist.

In Betreff der Reihenfolge der Versuche habe ich in der Tabelle zuerst die Morgenmilch, dann die Mittags- milch und schliesslich die Abendmilch aufgeführt.

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keln und Strohbäckerling.

zur Milchprüfung.

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J. Erdmann,

Futter der Kuh.

keime. Strohhäckerling, Schrot, Runkelrüben und Küchen- wäsche.

Heu, Stroh, Runkelrüben, Seie.

Seie, Branntweinwäsche, Häck- sel, Runkelrüben.

Heu, Stroh und Branntwein- wäsche.

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Heu.

Runkelrüben, Roggenschrot, Oel- kuchen.

Heu, Stroh, Küchenwäsche, etwas gekochten Roggen.

Desgleichen.

Desgleichen.

Heu, Klee, Stroh und Brannt- weinwäsche.

Heu, Wäsche, Futtermehl und Runkeln.

Heu, Stroh und Runkelrüben.

Häckerling, Heu, Bohnenschrot.

Heu, Häckerling und Rleie.

Branntweinwäsche und Heu.

Seie, Oelkuchen, Roggenschrot, Heu und Stroh.

Desgleichen.

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Heu, Stroh und Küchenwäsche.

Desgleichen.

Heu, Stroh, Runkelrüben und Schrot.

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zur Milchprüfung. 225

Feste Bestand- theile

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Bemerkungen. in 100 | Rep. | Theilen. | 13,35 | 4,0 C.C 12,07 |48 Pass |68°, laeE 135... 1127 |52 | Die Kuh giebt sehr viel dünne Milch. A535 12,66 |38 12.491 4,6.,, 1449 |38 , 1126 |47 212 44 „| | 135132 , 13.80 30 12,85 | 49 | Morgen- und Mittagsmilch dieser Kuh siehe | No.3. und No. 17. | 12,98 |50 1320 |s8 „| 12,14 |52 1330-1312, 134 |39 , 11.10..5;6., 12,12 |50 235 |45 » 212 149 14,755 |30 | Die Kuh gab nur 2 Quartier Milch. 12,05 |50

| | | |

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 15

226 .J. Erdmann,

Betrachten wir das Ergebniss der 52 Versuche, so variiren die festen Bestandtheile von 11,10 Procent bis 14,75 Procent, jedoch sind diese Verschiedenheiten nicht so gross, als sie auf den ersten Blick sich darstellen, wenn man die Versuche classificirt. Von 11,10— 11,25 Proc. sind bei 52 Versuchen nur zwei Fälle vorgekom- men, dagegen von 11,25 13,80 Proc. 48, während über 13,80 Proc. ebenfalls nur zwei Fälle vorkamen.

Hieraus leuchtet ein, dass die Grenzen der festen Bestandtheile der Normal-Milch regelmässig 11,25 und 13,80 Proc. sind, mithin nur eine Schwankung von ungefähr 21}, Proc. zulassen. Mit Rücksicht auf die vorhin er- wähnten beiden, allerdings sehr vereinzelt dastehenden Fälle von 11,10 Proc. kann ich jedoch erst dann eine Milch als verfälscht ansehen, wenn die Untersuchung nur 11 Proc. feste Bestandtheile oder darunter angiebt. Als Hauptargument für die Annahme von 11,00 Proc. spricht namentlich der Versuch No. 16. Die Milch war von einer alten, sehr magern Kuh, die nur mit Stroh gefüttert wurde, entnommen und dennoch enthielt sie 11,27 Proc. feste Bestandtheile.

Haben wir nun eine Milch, die nur 11 Proc. feste Bestandtheile oder darunter enthält, also eine mit Wasser verfälschte, so berechnet sich die Menge des fälschlich beigemischten Wassers nach der aus den 52 Versuchen hervorgehenden Mittelzahl, da man hierbei die selten vor- kommenden Minimal- und Maximal-Summen offenbar nicht zu Grunde legen darf.

Es wurden im Mittel sämmtlicher Versuche 12,44 Proc. feste Bestandtheile gefunden und kann man in run- der Zahl 12 Proc. feste Bestandtheile für die Berechnung des Wassergehaltes als Norm annehmen. Die Galactoskop- Prüfungen schwanken von 2,7—6,3 C.C. Für diese Va- riationen gilt dasselbe, was vorher von den festen Be- standtheilen gesagt ist, nämlich dass regelmässig nur 3,0 bis 5,5 C.C. Milch verbraucht werden, jedoch dar- über und darunter innerhalb der Grenzen 2,7 und 6,3 C.C. vereinzelte Fälle vorkommen.

zur Michprüfung: 227

Vergleichen wir nun die optischen Proben mit den gewichtsanalytischen, so sieht man auf den ersten Blick, dass zwischen jenen und diesen keine mathematischen Relationen festzustellen sind, wenngleich im Allgemeinen die nach der Bestimmung der festen Bestandtheile schlecht sich erweisende Milch auch durch die optische Probe mit dem Galactoskop als solche erkannt wurde. Es war vorauszusehen, dass ein Instrument, welches nur auf den Fettgehalt der Milch begründet ist, also nur einen, wenngleich einen der vorzüglichsten der festen Bestand- theile beurtheilen lässt, nicht genau mit der gewichts- analytischen Prüfung stimmen kann, welche auf eine Be- rücksichtigung der sämmtlichen Bestandtheile basirt. Zum Beispiele ist bei No. 4 und 7 der Fettgehalt: vollständig gleich, es wurden 4,6 C.C. Milch zur optischen Probe verwandt, dagegen differiren die festen Bestandtheile; denn No. 4 hat 11,84 Proc. und No.7 = 12,43 Proc. Ferner sind bei No. 16 und 32 die Summen der festen Bestandtheile gleich, in beiden Fällen wurden genau 11,27 Proc. gefunden. Die Galactoskop-Prüfung ergab bei 'No.. 32 —= 5,2 C.C. und bei No. 16 = 4,0:0.63 also war der Rahmgehalt verschieden.

Es fragt sich nun, ob bei dieser allerdings nicht bedeutenden Inconvenienz das Galactoskop seine Aufgabe als praktisches Voruntersuchungs-Instrument noch erfüllen kann. Ich werde diese Frage unten bei den Versuchen aus der Praxis erörtern.

Ein Umstand, der schon früher von andern Chemikern beobachtet worden, ist mir auch aufgefallen, nämlich, dass die zuerst aus dem Euter fliessende Milch fettärmer ist, als die später ausfliessende.e Durch die Versuche No. 38, 39 und 40 wurde dieses experimental bestätigt. Die zuerst aufgefangene Milch (No. 38) ergab 4,4 C.C. nach dem Galactoskop, während die mittlere Milch (No. 39), wie aus den optischen Daten zu ersehen ist, mehr Fett enthielt und die zuletzt ausfliessende (No. 40) mit der mittleren fast gleichen Buttergehalt hatte. Auch habe

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228 J. Erdmann,

ich bestätigt gefunden, was andere Beobachter angeben, dass im Allgemeinen die Morgenmilch schlechter ist, als die Mittagsmilch und die letztere nicht so gut als die Abendmilch. Aus den Analysen der Morgenmilch be- rechnen sich im Mittel 12,03 Proc. feste Bestandtheile, aus denen der Mittagsmilch 12,60 Proc. und die Abend- milch ergab im Mittel 12,70 Proc.

Der Umstand, dass die Morgenmilch schlechter zu sein pflegt, als die Mittagsmilch und Abendmilch, so wie ferner, dass frischmelkende Kühe im Allgemeinen dünnere Milch liefern, als altmilchende ist noch nicht hinreichend erklärt. Ich glaube jedoch, dass jene Er- scheinung darin ihren Grund hat, dass in den gedachten Fällen grössere Mengen Milch secernirt werden, als sonst, dass also die Milch um so geringerer Qualität ist, je grössere Quantitäten Milch die Kuh giebt.

II. Versuche aus der Praxis.

Nachdem die Arbeiten mit Normalmilch beendet waren, schien es mir ein Haupterforderniss, zu der Praxis überzugehen, da hier ganz andere Verhältnisse in den Vordergrund treten. Die im Handel vorkom- ınende Milch ist meistens nicht von einer Kuh, es ist ein Gemisch von verschiedenen Milchsorten und ist die- selbe den mannigfaltigsten Behandlungen ausgesetzt. Theils wird die Milch mehr oder weniger abgerahmt, theils mit Wasser verdünnt und häufig geschieht sogar Beides. Wird mit der gemischten Normalmilch des Handels nichts vorgenommen, so ist leicht einzusehen, dass diese von mehren Kühen stammende Milch in Hinsicht ihres Procentgehaltes an festen Bestandtheilen dem oben für sämmtliche Versuche angegebenen mitt- ‘leren Procentgehalt sich nähert; denn man kann nach allen Erfahrungen nicht annehmen, dass eine ganze Reihe von Kühen nur sehr schlechte oder nur sehr gute Milch gebe.

Zu den Versuchen benutzte ich die Milch, wie sie den Consumenten feilgeboten wurde. Die Resultate der Analysen ordnete ich in zwei Tabellen; die eine bezieht

zur Milchprüfung. 229

sich auf die Milch, welche als unverfälscht befunden wurde, die andere enthält die Untersuchungen der ver- fälschten Milch. Beide Tabellen sind von grosser Wich- tigkeit. Die Tabelle der guten Milch wird zeigen, wie das Einschreiten der betreffenden Behörde auf die Be- schaffenheit der Handelsmilch eingewirkt hat. Die Ta- belle der schlechten Milch ist einerseits ein Prüfstein für das Galactoskop, andererseits verbreitet sie Licht über die Art und Weise der Milchfälschung.

| Schlechte Milch. Gute Milch. = | | Abnormer I :s; Se See Be E | theile | Galacto- een 2 theile Galacto- 2 | der Milch | skop. | Bestand- = der Milch skop. = | ın 7 ın 13 100 Theilen. berechnet, | = |100 Theilen. 2,2935 1140.0.0;| :-.23,67 1) 24 FI er 92|70., 19,00 2| 11.25 | 550% 1210,00. 210 -, 16,67 3.) 1150 00 Fer 1093 1100, 1,95:1] 4) Tests ee ae ee Er RR 16,25 5 12,853 |49 96152.1090.2 6,5, 9,17 6:1. ET ae 22.1090.) 62.55, 9,17 7 11,9%, 3a Br 31082, 16,0...) 9,84 8.1.1850 Se 2210.00,.1.70.-, 16,67 9 11.35. | 552% a 51,00 | 1 11,93, 485 211,00 665% re 1460 |25 12 9,50 81%, E22 90,84 12 11,25 64 13 #1:005:1.176.7:5%, 834 [13 1210 149% 14 10,90 .|63 917 114 13,00... 4305 15 DEZE TAN 17,5 [15 11,11 1 SA 16 1055.) 79 , 14,59 | 16 11.80” Da 17 1025 |65 14,59 117 1180 |43 5 18 1035 I74 13,75 [18 1320 |38 19 10,96 !58 867 [19 1225 |45 20 £1.00..:1-6.05- , 834 | 2%0 1202 |48 21 10,60: 159 11067. Kol 11,23 2 EB8 22 9092 158 17,34 | 22 12:10 "9298 23 30,697 5.1,5,9°52, 12 ,10,982 0/6228 1210 |58 24 11,49 5935 25 1254 |58

230 J. Erdmann,

Kritisiren wir zunächst die Resultate der Tabelle über schlechte Milch, so zeigt Versuch No. 1. eine Milch, die abgerahmt und mit Wasser verdünnt ist. No. 2. eine Milch, die mit Wasser verdünnt ist. No. 3. eine Milch, die sehr stark abgerahmt ist, ohne Wasserzusatz. No. 10 eine Milch, die sehr mit Wasser verdünnt ist, ohne abgerahmt zu sein. Die übrigen Milchsorten sind sämmtlich mit Wasser vermischt, oder schwach abge- rahmt. Die Frage, ob die Fälschung durch Wasserzusatz oder durch Abrahmen, oder durch Beides zusammen entstanden, lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit nur in den ganz eclatanten Fällen beantworten, in den anderen meistens vorkommenden Fällen aber ist weder durch die optische noch durch die gewichtsanalytische Prüfung auch nur annähernd sicher jene Frage zu ent- scheiden. Soll die Möglichkeit der Annahme, dass die Milch lediglich abgerahmt sei, gänzlich ausgeschlossen werden, so muss die Norm der festen Bestandtheile so sehr heruntergesetzt werden, dass die Milchcontrole voll- ständig ihre Bedeutung verliert. Nach meiner Ansicht dürfte aber jener Frage eine Wichtigkeit überall nicht beizumessen sein; denn in jedem dieser Fälle sind mit der Milch, wie sie die Natur liefert, durch positive Hand- lungen Veränderungen zum Nachtheile des Publicums vorgenommen, sei es nun durch directe Entziehung der festen Bestandtheile, sei es durch Verminderung dersel- ben in Folge Wasserzusatzes.. Der Zusatz von Wasser benachtheiligt das Publicum doch offenbar nur insofern, als dadurch die festen Bestandtheile der Milch verringert und in Folge dessen die Nahrungskraft der letzteren ver- mindert wird.

Ganz und gar dasselbe aber findet Statt bei einer directen Entziehung der nahrungskräftigen Bestand- theile durch Abrahmen.

Wenn daher das Strafwürdige bei der Versetzung der Milch mit Wasser darin liegt, dass der Nahrungs- gehalt und Werth zum Schaden der Consumenten

zur Milchprüfung. ER 231

verringert wird, so folgt daraus mit nothwendiger Conse- quenz die Strafbarkeit des Abrahmens der Milch. Das Eine steht und fällt mit dem Anderen. Sehen sich die Verkäufer genöthigt, oder ist es ihr Wille, den Consu- menten abgerahmte Milch feilzubieten, so müssen sie dieselbe als solche bezeichnen und billiger verkaufen.

Die Tabelle über die gute Milch giebt einen schla- genden Beweis, dass das Einschreiten der Behörde den Milcheonsumenten gute Dienste geleistet hat. Unter 43 Milchsorten waren 25 Sorten unverfälscht und ist unter diesen unverfälschten Milchsorten zum grössten Theil sehr gute Milch und nur ein kleiner Theil derselben steht der für die schlechte Milch angenommenen Grenze (11,00) nahe.

Erörtern wir nun im Folgenden die Frage, ob die optische Milchprüfung der praktischen Voruntersuchung die gewünschten und nöthigen Dienste leisten kann.

Aus der Tabelle der Normalmilch haben wir erse- hen, dass die optischen Prüfungen von 3,7—6,3 CC. differiren und finden, dass sich fast dasselbe Resultat bei der guten Milch in der Praxis herausstellt. Die Variationen sind hier, abgesehen von einer Ausnahme {No. 6), von 23,5 6,4 0.C.

Betrachten wir nun die optischen Proben der schlech- ten Milch, so ergiebt sich das sehr befriedigende Resul- tat, dass keine Milchsorte unter 5,8 ©.C. zur optischen Prüfung verbrauchte; denn wenn bei Untersuchungen der schlechten Milch weniger Cubikcentimeter hinrei- chend gewesen wären, um den Lichtkegel verschwinden zu machen, so würden diese Prüfungen mit den opti- schen Proben der Normalmilch in eine derartige Collision gerathen, dass das Galactoskop völlig unbrauch- bar wäre. Eine kleine Collision zwischen Normal- und abnormer Milch ist natürlich bei der eben erklärten Einseitigkeit des Instrumentes nicht zu vermeiden, jedoch bieten die leichte Handhabung und schnelle Ausführung

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232 J. Erdmann, zur Milchprüfung.

der optischen Prüfung so grosse Vortheile dar, dass jener Uebelstand dagegen verschwindet.

Wollen wir nun das Galactoskop so scharf einstel- len, dass unserer Ueberzeugung nach so leicht kein Milchfälscher nach der angenommenen Norm der festen Bestandtheile ungestraft bleibt, so ist es klar, dass ei- nige Sorten Milch, wie aus den Resultaten der Tabelle hervorgeht, durch das optische Instrument für schlecht befunden werden, die nach der Gewichtsanalyse noch gut sind. Jedenfalls ist es besser, dass Analysen verge- bens gemacht werden, als dass man bei der Galactoskop- Prüfung eine Grenze annimmt, die einen Theil der fäl- schenden Milchverkäufer ungestraft lässt.

Nach reiflicher Ueberlegung, mich stützend auf die Ergebnisse der Tabellen, halte ich es für das Beste, anzunehmen, dass die Milch bei der Voruntersuchung dann als verfälscht anzusehen ist, wenn 100 0.C. Wasser mit 5,5 C.C. Milch versetzt werden und die Conturen des Lichtkegels noch zu sehen sind. Wird hierbei genau beobachtet, so wird eine Fälschung der Milch schwerlich unentdeckt bleiben und bliebe nur die Mühe einiger vergeblichen Analysen, die man im Interesse des Publi- cums gern ausführen kann, wenn eben dadurch das an- gestrebte Ziel erreicht wird, dass ein so wichtiges Nah- rungsmittel, wie die Milch, dem Publicum unverfälscht verkauft wird.

Hannover, im Juli 1867.

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Dragendorff, Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 233

Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Institute in Dorpat. Mitgetheilt von Professor Dr. Dragendorff*).

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins.

Durch bereits früher mitgetheilte Untersuchungen war ich zu der Annahme veranlasst worden, dass das Can- tharidin mit Basen Salze zu liefern im Stande sei. Einige Versuche, die ich etwa vor anderthalb Jahren unternahm, um für diese Annahme weitere Stützpuncte zu erlangen, stellten die bezeichnete Annahme ausser Zweifel. Es gelang mir zunächst ein Natronsalz darzustellen, in dem das Verhältniss zwischen Cantharidin (Atomgewicht 98) und Basis (Atomgewicht 62) wie 2:1 war, welches dem- nach als neutrales Salz gelten konnte; und es gelang mir ferner, darüber Gewissheit zu‘ erlangen, dass durch län- geres Zusammenwirken von Üantharidin, Magnesia und Wasser in zugeschmolzenen Glasröhren ebenfalls ein Mag- nesiumsalz entstehe, in dem ein gleiches Verhältniss zwi- schen Cantharidin und Basis beobachtet wurde. In beiden Salzen fand sich ausserdem Wasser, welches selbst bei längerem Erhitzen auf 1100 C. nicht fortgeschafft werden konnte. In Folge dieser Erfahrungen veranlasste ich Herrn Magister E. Masing, sich etwas eingehender mit der Dar- stellung und Untersuchung der Salze des Cantharidins zu beschäftigen. Ich theile die Resultate der von Herrn Masing bereitwillig übernommenen Arbeit mit, nachdem derselbe sie ausführlicher in seiner Magisterdissertation **) beschrieben und vertheidigt hat.

Ausser den schon genannten Salzen war es möglich, Verbindungen aus Cantharidin mit dem Kalium, Lithium,

*) Vom Hrn. Verfasser als Separatabdruck (aus der Pharmae. Zeit- schrift für Russland, 1867, 3. Heft) mitgetheilt. D. Red.

**) „Die Verbindungen des Cantharidins mit anorganischen Basen.“ Dorpat 1866.

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BE an 2, 234 Dragendorf,

Ammonium, Calcium, Strontium, Baryum, Zink, Cadmium, Beryllium, Aluminium, Nickel, Kobalt, Kupfer, Blei, Quecksilber, Silber, Palladium, Zinn und Wismuth her- zustellen. Viele derselben sind krystallinisch; einzelne gestatteten Messungen, die unter Leitung von Professor Grewingk angestellt wurden. Die Salze des Kalium, Natrium, Lithium, Ammonium, Magnesium und Zink sind in Wasser leichter löslich, die übrigen sehr schwer lös- lich; die im Wasser löslichen Salze wirken blasenziehend, namentlich, wenn sie in solcher wässerigen Solution appli- eirt werden. Die in Wasser löslichen Salze reagiren alka- lisch. In den meisten dieser Salze fand sich das Atom- verhältniss zwischen Cantharidin und Basis wie 2:1, in allen war auch nachweisbar, dass Wasser gebunden wor- den. Sämmtlich konnten sie durch Salz- oder Salpeter- säure wieder zerlegt werden, indem allmälig alles Can- tharidin wieder als solches abgeschieden wurde. Der Wassergehalt, den man für die einzelnen Salze berechnen kann, beträgt in vielen Fällen mehr als 1 Molecul H?2O2*) in einzelnen Fällen ist er bedeutend höher, in wenigen nie- driger. Bei einigen Verbindungen, von denen mehrmals neue Proben der Analyse unterworfen wurden, fanden sich Differenzen im Wassergehalte, trotzdem allemal die be- treffenden Proben bei 1100C. getrocknet waren. Wenn man annehmen möchte, dass jedenfalls in den meisten Salzen sogenanntes Hydratwasser vorhanden, so muss man doch zugestehen, dass hier ein Fall vorhanden, in- dem die Frage: was Hydrat-, was Krystallwasser, schwer zu entscheiden ist. Die Untersuchung war ausserdem dadurch erschwert, dass ich bei dem sehr hohen Preise, zu dem das Cantharidin bezogen werden kann, nur geringe Mengen desselben diesen Untersuchungen opfern konnte, und deshalb auch zur Darstellung und Analyse der ein- zelnen Verbindungen, wenn auch das bei den Analysen ab-

»)H=1 0=8 C=6

Il

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 235

seschiedene Cantharidin immer wieder aufs Neue in Ar- beit genommen wurde, nur kleine Mengen des Materials verwendet werden konnten. Letzteres mag auch zur Er- klärung dafür dienen, wenn vorläufig nur von einzelnen der dargestellten Verbindungen Elementaranalysen ange- stellt worden. Für einzelne der Verbindungen des Can- tharidins muss ich mir eine später eventuelle Berichti- gung der gefundenen Zahlenresultate vorbehalten. Es kommt mir zunächst nur darauf an, den Beweis zu liefern, dass das Cantharidin gut charakterisirte Salze zu geben im Stande ist und dieser Beweis ist, glaube ich, ge- lungen.

Die Entstehung der Salze des Cantharidins hatte ich mir a priori so vorgestellt, dass das Cantharidin C!0H60% unter Aufnahme von 1 Mol. Wasser H?2O? zu einem Säurehydrat, dem ich den Namen Cantharidinsäure zugedacht habe, werde,. welches dann durch Austausch von H gegen Metalle und Radicale Salze bilde. Auch diesen Augenblick habe ich keine Ursache, diese Mei- nung zu ändern. Wenn ich weiter die meisten Salze so zusammengesetzt dachte, dass sie auf den Typus

H c104602 | 04 M

oder auf dessen Multipla zurückgeführt werden können, so ist es zwar nicht durchgehends gelungen, diese An- nahme als unumstösslich festzustellen, aber dieselbe scheint mir auch durchaus noch nicht widerlegt zu sein. Ich hoffe in nicht zu langer Zeit über so viel Material ver- fügen zu können, um durch Untersuchung der Ester der vermeintlichen Cantharidinsäure diese Frage ihrem Ab- schluss näher zu führen.

Wäre die von mir aufgestellte Hypothese richtig, so müsste man das Cantharidin selbst als ein dem Lactid analoges Anhydrid auffassen, die Cantharidinsäure als eine den Lactilsäuren analoge Substanz, deren nächste einato-

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236 Dragendorff,

mig einbasische Verwandte in der Angelicasäure gesucht werden könnte. Möglich, dass es gelingen könnte, zu einer Methode der künstlichen Darstellung des Canthari- dins zu gelangen, bei der die letztgenannte Säure den Aus- gangspunct bildet. Vielleicht auch, dass es dann gelingen dürfte, als wirksamen Bestandtheil des CUrotonöles einen dem Cantharidin oder der vermeintlichen Cantharidinsäure nahe verwandten, vielleicht dem einen oder der anderen homologen Stoff zu erkennen.

Obiger Hypothese entgegen steht in gewissem Grade die gemachte Erfahrung, dass die salzartigen Verbin- dungen mit stärkeren Säuren behandelt, nicht, wie man nach der Analogie der Milchsäure erwarten dürfte, Can- tharidinsäure, sondern Cantharidin als Zersetzungsproduet liefern. Allerdings entsteht mitunter bei Zerlegung einer solchen salzartigen Verbindung nicht sogleich ein Nieder- schlag, sondern es bedarf einer mehrstündigen Digestion bei etwa 40—500 um die Abscheidung zu vollenden. Immerhin hat aber, selbst vorausgesetzt, dass die Annah- me, es werde hier zunächst lösliche Cantharidinsäure ab- geschieden, die allmälig zu Wasser und Anhydrid zerfalle, die Säure eine weit geringere Beständigkeit als die Milch- säure. Das Verhalten der hypothetischen Cantharidin- säure würde demjenigen der Kohlensäure analog sein. Dass in der That das Endproduct der Einwirkung von Säuren Cantharidin(anhydrid) ist, wurde durch einen be- sonderen Versuch bestätigt. Das Kaliumsalz wurde mit Salzsäure zersetzt, der Niederschlag nach 24 stündiger Dige- stion abfiltrirt, unter der Glocke der Luftpumpe getrocknet, bis er das constante Gewicht 0,2375 Gr. besass. Er ver- lor nach längerer Einwirkung einer Temperatur von 90°C. 0,0009 Gr., beim Erwärmen auf 1000 nahm sein Gewicht um 0,0016 Gr. ab, bei 1100 0,0022 Gr., bei 1200 0,0013 Gr., bei 1300— blieb es unverändert. Es hatte der Niederschlag im Ganzen 0,0060 Gr., 2,54 d. h. etwa einfünftel Mol. Wasser abgegeben. Die später

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 237

angestellte Elementaranalyse*) des bei 1300 getrockneten Niederschlages gab 0,5140 Gr. Kohlensäure, 0,1384 Gr. Wasser d. h.

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C = 0,14018 Gr. oder 60,5529 Proc. 4

Be n01538 , Bar a

OO 0,0759 32,805 A Regnault, so wie Lavini und Sobrero, von denen 7 Analysen des Cantharidins mitgetheilt worden sind, fanden 2 Regnault Lavini u. Sobrero =

C 61,22 60,36 61,17 er

BR 6,19. —- 6,22 6,30 ;

O 32,66 33,42 32,53. B-

Auch die Krystallform des abgeschiedenen Cantharidins - 3 stimmt mit der aus spanischen Fliegen durch Lösungsmit- k tel ausgezogenen, dagegen variiren die beiden Substanzen “R

insofern etwas, als sich das aus salzartigen Verbindungen abgeschiedene Cantharidin leichter in verdünnter Kali- und Natronlauge löst, als das aus den spanischen Fliegen direct gewonnene und dass das Erstere bereits bei nie- derer Temperatur (fast genau 1300C.) sich zu verflüch- tigen beginnt. Jedenfalls lassen sich indessen diese letz- teren Differenzen auf verschiedene Dichtigkeitszustände zurückführen.

Beschreibung der einzelnen Salze.

Das Kaliumsalz wurde dargestellt durch längeres Erhitzen von 1 Gr. Canthardin mit 0,5735 Gr. reinem Kalihydrat und 80 C.C. Wasser im Dampfbade. Es dau- erte mehre Stunden, bis das Cantharidin völlig gelöst war; das in dieser Zeit verdunstete Wasser wurde von Jeit zu Zeit ersetzt. Ein zweiter Versuch, bei dem die Menge des Kalihydrates vermehrt und der Ueberschuss desselben aus dem trocknen Salzrückstande durch Aus- waschen mit starkem Alkohol entfernt wurde, gab kein so befriedigendes Resultat, da sich leicht etwas kohlen-

*) Diese und alle folgenden Elementaranalysen wurden mit chrou- saurem Bleioxyd ausgeführt.

238 Dragendorff,

saures Kali bildet, welches durch Alkohol schwierig und nur mit Verlust fortgeschafft werden kann (das neu ent- standene Kaliumsalz ist selbst in Alkohol etwas löslich). Aus diesem Grunde wurde in Zukunft stets die hier vor- liegende Verbindung durch Lösen von Cantharidin in der gerade ausreichenden Menge Kalihydrat und Wasser dar- gestellt.

Die wässerige Lösung hinterlässt beim Verdunsten im Wasserbade das Kaliumsalz als weissen strahlig krystal- linischen, etwas perlmutterglänzenden Salzrückstand, bei dem eine genaue Bestimmung der Krystallformen nicht thunlich war. Das Salz ist nicht hygroskopisch; 100 Theile Wasser von 15—200 nehmen davon 4,13 Theile auf, 100 Theile siedenden Wassers 8,87 Theile, 100 Theile Alkohol von 0,820 spec. Gew. lösen bei 15 —200 0. 0,03 Theile, ebensoviel siedender Alkohol von derselben Stärke 0,92 Theile. Aether, Chloroform lösen nur sehr geringe Mengen. Reaction der Lösung alkalisch. 0,00034 Gr. des Salzes in der hundertfachen Menge Wasser ge- löst, mittelst eines Leinwandläppchens von 1 Quad.-CUm. auf die Haut gelegt, wirkte sehr stark blasenziehend; 0,00017 Gr. in 200facher Verdünnung wirkten auf gleich grosser Fläche etwa gewöhnlichem Spanischfliegenpflaster gleich; 0,00011 Gr. in 300facher Verdünnung auf eine gleich grosse Fläche applicirt, zog noch kleine Blasen; 0,00008 Gr. in 400facher Verdünnung bewirkte unter ähn- lichen Umständen starke Hautröthung und kleine Papeln, doch keine eigentlichen Blasen; 0,00006 Gr. in 500facher Verdünnung schwache Hautröthung. Ich glaube, dass man von diesem Salze hie und da Gebrauch machen könnte, wo man an Stellen, an denen ein Spanischfliegen- pflaster schlecht zu befestigen ist, eine Blase oder Haut- röthung hervorrufen will, oder wenn man einmal eine genau bekannte Quantität Cantharidins wirken lassen wollte *).

*) Da frühere Untersuchungen (vergl. meinen zweiten Aufsatz) -

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' Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 239

Analyse I. 0,5 Gr. der Kaliamverbindung mit Salz- säure zersetzt, gaben Cantharidin 0,3085 Gr. (61,70 Procent); Chlorkalium 0,2505 Gr., also Kali 0,1583 (31,66 Procent); Wasser 0,0332 Gr. (6,64 Procent).

K ridin; 30,61 Proc. Kali; 5,84 Proc. Wasser. Analyse Il. 0,4 Gr. gaben Cantharidin 0,2398 Gr. (59,95 Proe.); Kaliumplatinchlorid 0,6114 Gr. Kali 0,1179 Gr. (29,47 Proc.), Wasser 0,0423 Gr. (10,58 Procent).

H Die Formel C10H60?2 jo: verlangt 63,55 Procent Cantha-

H Die Formel C10H602 jo1-10 verlangt 60,05 Procent K

Cantharidin, 28,92 Proc. Kali, 11,03 Proc. Wasser. Analyse Il. 0,5680 Gr. gaben Cantharidin 0,3500 Gr. (61,61 Proe.) Kaliumplatinchlorid 0,8972 Gr. 0,1731 Gr. Kali (30,49 Proc.) 0,0449 Gr. Wasser (7,90 Proe.). Die Annahme von der Existenz eines basischen Salzes ist zwar dadurch nicht völlig widerlegt, dass, wie oben

die Kaliumverbindung als geneigt zur Diffusion erwiesen hatten, so wurde der Versuch gemacht, mit Hülfe derselben das Can- tharidin aus den spanischen Fliegen abzuscheiden. Gepulverte spanische Fliegen (5 Pfd.) wurden mit (20 Pfd.) Wasser und (34 Drachmen) Kalihydrat eine Stunde lang gekocht, die brei- förmige Masse auf mehren grossen Dialysatoren vertheilt, bei 300 C. 6 Tage lang der Diaiyse unterworfen in der Weise, dass die äussere Flüssigkeit alle 12 Stunden durch reines Wasser ersetzt wurde. Die so gewonnenen Diffusate wurden auf !/ıp Volum eingedampft, mit Chlorcaleium versetzt, so lang dasselbe einen Niederschlag gab, letzterer (unreines cantharidinsaures Caleium) nach einiger Zeit abfiltrirt, mit Schwefelsäure und Aether unter häufigem Schütteln macerirt und die ätherische Lösung des Cantharidins verdunstet. Das Filtrat vom Caleium- niederschlage wurde weiter eingedampft und ebenfalls mit Schwe- felsäure und Aether behandelt. Die verschiedenen Aetherlösungen verdunstet, hinterliessen in Summa nur 0,3006 Gr. Cantbaridin, d. h. eine Menge, die viel zu gering, um diesen Weg für die praktische Gewinnung des Körpers geeignet erscheinen zu lassen.

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240 Dragendorf,

gesagt, beim Eindampfen von Cantharidin mit überschüs- siger Kalilauge ein Rückstand erlangt wird, den Alkohol inKalihydrat und das neutrale Kaliumsalz zerlegt, jeden- falls aber ist kein Grund vorhanden zu der Vermuthung, dass besondere Neigung bestehe, eine basische Kalium- verbindung zu bilden.

Ebenso konnte die Existenz eines sauren Kalium- salzes nicht dargethan werden. 0,3 Gr. des neutralen Salzes wurden in 10 C.C. Wasser gelöst, die Lösung mit 0,2 Gr. - Cantharidin in eine Glasröhre eingeschmolzen, das Ge- misch 3 Tage hindurch bei 1000 erwärmt. Das Cantha- ridin war völlig ungelöst geblieben, abfiltrirt betrug sein Gewicht 0,1973 Gr. Das Filtrat hinterliess beim Verdun- sten wieder 0,3 Gr. Rückstand.

Das Natriumsalz wurde analog der Kaliumverbin- dung dargestellt. Es war der letzteren ähnlich, undeut- lich krystallinisch, nicht hygroskopisch. 100 Theile Was- ser von 15—200C. nahmen 4,01 Theile, ebensoviel sie- dend heisses Wasser 6,92 Theile des Salzes auf. In Al- kohol ist es schwer, in Aether und Chloroform nicht löslich. Reaction alkalisch. Ein Quantum des Salzes wurde unter der Glocke der Luftpumpe ausgetrocknet, bis sein Ge- wicht constant 0,3645 Gr. blieb. Dasselbe Quantum ver- lor später auf 1000 erwärmt 0,0037 Gr., bei 1100 weitere 0,0026 Gr., in Summa 0,0063. Es muss demnach angenom- men werden, dass die geringe Menge abgegebener Feuch- tigkeit nur mechanisch anhängend gewesen.

Analyse. 0,2785 Gr. gaben mit Salzsäure zersetzt 0,1790 Gramm Cantharidin (64,27 Proc.); 0,1279 Gr. Chlor- natrium 0,0681 Gr. Natron (24,45 Proe.); 0,0314 Gr. Wasser (11,27 Proc.).

m: Die Formel C10H60? | O%4.-+-HO verlangt 66,66 Procent Na Cantharidin; 21,09 Natron; 12,24 Proc. Wasser.

Das Lithiumsalz wurde den beiden vorigen analog

dargestellt, glich ihnen auch an Ansehen. 100 Theile

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 241

Wasser von 15—209 lösen davon 3,8 Theile, ebensoviel

siedendes Wasser 5,96 Theile. Die Reaction ist alka-

lisch.

Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,3280 Cantharidin (82,00 Procent); 0,1490 Chlorlithium == 0,0526 Gr. Lithion (13,15 Proc.); Wasser 0,0194 Gr. (4,85 Proc.).

Analyse II. 0,4 Gr. gaben 0,3270 Gr. Cantharidin (81,75

Procent), 0,1445 Gr. Chlorlithium = 0,0510 Gr. Lithion (12,75 Proc.); 0,022 Wasser (5,5 Proec.). H

Die Formel C10H602 }O4 verlangt 80,31 Proc. Cantha- Li

ridin; 12,31 Proc. Lithion; 7,38 Proc. Wasser.

Das Ammoniumsalz ist äusserst unbeständig, das- selbe lässt sich in wässeriger Lösung darstellen durch Zersetzung äquivalenter Mengen von der Baryumverbin- gung und Ammoniumsulfat oder durch Lösen von Can- tharidin in überschüssiger Ammoniaktlüssigkeit bei einer Temperatur nicht über 40—500C. So wie ein Theil des Cantharidins gelöst ist, muss man die Schale mit der Flüssigkeit unter die Glocke der Luftpumpe bringen und hier so lange verweilen lassen, bis alles freie Ammoniak abgedunstet ist. Man filtrirt von überschüssigem Canthari- din ab und erhält eine alkalisch reagirende Flüssigkeit, die bei der Einwirkung von Salzsäure einen Niederschlag von Cantharidin giebt, indem zugleich Chlorammonium entsteht. Das relative Verhältniss zwischen Cantharidin und Ammoniumoxyd wurde wie 0,1100 :0,0379 (0,3254 Ammoniumplatinchlorid) gefunden. Der Rechnung nach müssten, wenn die Verbindung auf !, Mol. Ammonium- oxyd ein Mol. Cantharidin enthielte, aus 0,1479 Theilen der wasserfreien Verbindung 0,1169 Theile Cantharidin und 0,0310 Ammoniumoxyd erhalten werden, was befrie- digend mit dem Resultat der Analyse stimmt.

Wird die wässerige Lösung des auf die eine oder die andere Weise dargestellten Ammoniumsalzes eine Zeit lang im Wasserbade auf 1000 erwärmt, so wird, selbst

Arch.d. Pharm. CLXXXIl. Bds. 3. Hft. 16

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242 Dragendorff,

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wenn kein freies Ammoniak vorhanden, das Ammonium- salz zersetzt. Die so behandelt gewesene Flüssigkeit giebt dann mit Salzsäure auch nach tagelangem Stehen keinen Niederschlag von Cantharidin mehr, wird sie mit Salzsäure und Platinchlorid zur Trockne verdunstet, so bleibt ein Rückstand, aus welchem Alkohol alles zuge- setzte Platinchlorid fortnimmt, indem zugleich eine weisse krystallinische, in Alkohol ziemlich schwierig, aber auch in Wasser etwas lösliche Masse hmterbleibt. Die- selbe krystallinische Substanz hinterbleibt auch, wenn man ohne weiteren Zusatz. eine Lösung von Cantharidin in Ammoniakflüssigkeit im Wasserbade zur Trockne ver- dunstet. Diese Erfahrungen stehen mit den Angaben Thierry’s sowohl als Procter’s im Widerspruch, Der Erstere erklärt Cantharidin für unlöslich in Ammo- niak, der Letztere giebt zwar die Löslichkeit zu, bekaup- tet aber, dass die Lösung beim Verdunsten unveränder- tes Cantharidin abscheide. Vom Cantharidin ist der Rückstand schon durch seine Löslichkeit in Wasser ver- schieden, ausserdem ist er stickstoffhaltig.

Analyse. 0,25 Gr. dieser Substanz mit Natronkalk ge- glüht gaben 0,2495 Gr. Ammoniumplatinchlorid 0,01563 Gr. Stickstoff 6,25 Proc.

0,25 Gr. ebenso behandelt gaben 0,2528 Gr. Ammonium- platinchlorid 0,01584 Gr. Stickstoff = 6,33 Proc.

0,25 Gr. mit chromsaurem Bleioxyd und vorgelegtem Kupfer verbrannt gaben 0,5325 Gr. Kohlensäure und 0,1310 Grm. Wasser.

0,25 Gr. ebenso behandelt 0,5350 Gr. Kohlensäure und 0,1674 Gr. Wasser.

0,25 Gr. ebenso behandelt 0,5207 Gr. Kohlensäure und 0,1649 Gr. Wasser *) d. h.

*) Das zu den einzelnen Verbrennungen benutzte Quantum stammt von verschiedenen Darstellungen her.

Beiträge zur Kenntniss des ee! u |

1)0==0,1452 Gr. od. 58,08%). 2)C —0,1459 Gr. 0d.58,36%,.

B=8,0146:,-1,.,5,84, °H —=0,0186 2243, 0—0,0743 „29,80, O0 —0,0698 „27,91, 900157. „: ,.,6,28, N —0,0157,.,. 698%

3) C = 0,1420 Gr. oder 56,809,

BB aa

O— 0,0740 5. 29,60,

N—00157 638,

Die Formel 11 | N, die sich im Uebrigen vorläufig

C10H602 ei C10H602 a

nicht weiter motiviren Ba verlangt

C 56,34 9,

H 7045,

O 30,05

N.346,52.85

Die hier vorliegende Verbindung krystallisirt beim

Erkalten ihrer siedend heiss bereiteten wässerigen Lösung in langen seideglänzenden Krystallnadeln.. 100 Theile Wasser von 15—200 C. lösen davon 1,83 Theile; 100 Theile siedendes Wasser 3,45 Theile; 100 Theile Alko- hol *) von 15— 200 C. lösen 1,31 Theile—; 100 Theile siedenden Alkohols 1,87 Theile. In Aether und Chloroform ist diese Substanz äusserst schwer lösslich, beim Schüt- teln einer wässerigen Lösung mit diesen Flüssigkeiten, wandert die Verbindung nicht in die letztere über. Die 4 Verbindung scheint geneigt zu sein mit Wasser übersät- tigte Lösungen zu bilden. Sie reagirt sauer, wirkt stark blasenziehend. Mit Chlorbaryum, Silbernitrat, Kupfersul_ fat und Bleinitrat liefert sie Niederschläge, welche stick- | stofffrei sind und deren Krystallform derjenigen der

*) Hier und bei den später zu besprechenden Proben von dersel- ben Stärke wie derselbe zur Löslichkeitsbestimmung des Kalium- salzes benutzt wurde.

16*

244 Dragendorff,

Verbindungen der hypothetischen Cantharidinsäure mit den betreffenden Basen gleichkommt. Schon oben ist darauf hingewiesen, dass die vorliegende Verbindung auf Zusatz von Salzsäure kein Cantharidin abscheidet *). Auch wenn die mit Salzsäure versetzte Lösung mit Chlo- roform geschüttelt wird, entzieht letzteres kein Canthari- din. Kocht man eine heiss bereitete concentrirte Auflösung derselben in Wasser mit concentrirter Salzsäure etwa eine halbe Stunde lang, so bleibt dieselbe immer noch klar.

*) Ich habe gehofft, dieses Verhalten gegen Ammoniak benutzen zu können, um eine neue Methode der Darstellung des Can- tharidins zu gewinnen, bin aber auch hier leider bisher zu kei- nem günstigen Resultate gekommen. Um Anderen die Mühe zu ersparen, in dieser Richtung Versuche anzustellen, will ich die von mir gemachten Experimente kurz anführen.

1) Gröblich gepulverte Canthariden wurden mit der gleichen Menge officineller Ammoniakflüssigkeit und so viel Wasser, dass ein dünner Brei entstand, aufgekocht, dann im Wasser- bade ausgetrocknet, der Rückstand mit Wasser ausgekocht, die (übrigens sehr schleimige) Abkochung colirt, das Unlösliche noch einmal mit Wasser ausgezogen. Die wässerigen Auszüge wurden mit Salzsäure übersäuert, der Niederschlag, in dem ich Fett u. dergl., doch kein Cantharidin vermuthete, abältrirt, das Filtrat mit Kali im Ueberschuss versetzt und zur Trockne verdun- stet, die hinterbliebene Salzmasse (in der ich die Kaliumverbin- dung der Cantharidinsäure vermuthete) wieder in Wasser gelöst, mit Salzsäure übersättigt, filtrirt, mit Aether das Cantharidin aus- geschüttelt. Es wurde ziemlich reines Cantharidin erhalten, doch nur !/4 der Menge, die in den Canthariden wirklich vorhanden ist.

2) Gröblich gepulverte Canthariden wurden miteinem Gemisch von 1 Vol. offieineller Ammoniakflüssigkeit und Alkohol von 90 Pre. ausgezogen, der Auszug durch Destillation von Weingeist be- freit, die wässerige Flüssigkeit zur Trockne gebracht. Der geblie- bene Rückstand wurde in Wasser gelöst mit Salzsäure übersättigt, filtrirt, mit dem Filtrat wie oben verfahren. Ausbeute sehr gering.

3) Es wurde wie in 1) verfahren, aber der wässerige Auszug, der mit Ammoniakliquor eingetrockneten Canthariden, mit Schwefel- säure übersättigt, filtrirt und das Filtrat mit salpetrigsaurem Kali auf etwa 500 C. erwärmt. Nach 48stündigem Stehen in der Kälte wurde filtrirt, der Niederschlag getrocknet, gepulvert, mit Aether ausgezogen. Auch das Filtrat wurde mit Aether aus- geschüttelt. Die Ausbeute an Cantharidin war sehr gering. Dr.

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Beiträge zur Kenniniss des Cantharidins. 245

Erst nach mehrwöchentlichem Stehen scheidet endlich ein solches Gemisch eine geringe Menge des vorhandenen Cantharidins unlöslich ab und dann giebt Platinchlorid im Filtrate einen Niederschlag von Ammoniumplatinchlorid. Kocht man die heissgesättigte Lösung der vorliegenden Substanz unter Zusatz von Aectzkali, so entweichen am- moniakaliche Dämpfe und nach einigem Kochen, wenn die Ammoniakentwicklung nachgelassen, giebt Salzsäure einen Niederschlag von Cantharidin. Wird etwas der fraglichen Substanz mit Barytwasser in eine Glasröhre eingeschmol- zen, das Gemisch im Wasserbade erhitzt, so entsteht ein weisser Niederschlag, der stickstofffrei ist und wahrschein- lich nur das Baryumsalz der hypothetischen Cantharidin- säure enthält. Wird in eine wässerige Lösung der fraglichen Substanz salpetrige Säure eingeleitet, so scheidet die Flüs- sigkeit schon nach einigen Stunden Cantharidin ab. Die vorliegende Verbindung durch längeres Erhitzen auf 1100 Cels. völlig stickstofffrei zu machen, gelang nicht. Da- gegen beginnt die Verbindung bei wenig höherer Tempe- ratur sich als solche zu verflüchtigen.

Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass eine amidartige Verbindung vorliege. Leider haben wir bisher keine wei- teren Erfahrungen über dieselbe sammeln können und es muss späteren Untersuchungen überlassen bleiben, die Constitution dieser Substanz aufzuklären. Auf die: Ent- scheidung der Frage, ob sie die einzige amidische Sub- stanz ist, die das Cantharidin bei Einwirkung des Am- moniaks liefern kann, konnte vorläufig ebenfalls noch nicht eingegangen werden.

In praktischer Beziehung ist die amidartige Verbindung insofern beachtenswerth, als sie einmal in einem Object einer gerichtlich chemischen Untersuchung aus vorher vorhanden gewesenem Cantharidin entstehen und dieses der Beobachtung entziehen könnte. Ich habe schon in meinem vorigen Aufsatze darauf hingewiesen und will hier nachdrücklichst hervorheben, dass falls man fürch- ten müsste, die amidische Verbindung sei in einem

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246 Dragendorff,

Untersuchungsobjecte vorhanden, man durchaus die Ex- tractionsmethode mit Kalihydrat anwenden müsse.

Die Baryumverbindung konnte leicht durch Fäl- lung der Kaliumverbindung mit Jodbaryum dargestellt werden. Sie ist weiss, krystallinisch, im Wasser, Wein- geist, Aether fast unlöslich; es war nicht möglich so deutlich ausgebildete Krystallindividuen zu erzielen, dass eine Messung mit Erfolg ausgeführt werden konnte.

Analyse I. 0,4Gr. gaben 0,2010 Gr. Cantharidin (50,25 Procent); 0,2549 Gr. Baryumsulfat 0,1674 Gr. Baryt (41,85 Proc.) und 0,0316 Wasser (7,90 Proc.).

Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,2000 Gr. Cantharidin (50,00 Proc.); 0,1604 Gr. Baryumsulfat 0,1681 Gr. Baryt (42,02 Proc.); 0,031 Gr. (7,98 Proc.).

6)

.

Die Formel (C10H60?)? 03 + HO*) verlangt 52,10 Pro- Ba?

cent Cantharidin; 40,72 Proc. Baryt; 7,18 Proc. Wasser.

Die Strontiumverbindung wurde in ähnlicher Weise, wie die Baryumverbindung durch Doppelzer- setzung aus Strontiumchlorid und der Kaliumverbindung gewonnen. Sie gleicht in ihrem Aeussern und den Lös- lichkeitsverhältnissen der Baryumverbindung.

Analyse I. 0,25 Gr. gaben Cantharidin 0,1390 Gr. (55,60 Procent); Strontian (durch Glühen des Carbonates dar- gestellt) 0,0650 Gr. (26,00 Proc.); Wasser 0,0460 Gr. (18,40 Proc.).

Analyse II. 0,22 Gr. gaben Cantharidin 0,1196 Gr. (54,36 Proc.); Strontian 0,0794 Gr. (36,09 Proc.); Wasser 0,0210 Gr. (9,55 Proc.).

Diese wenig mit einander stimmenden Resultate bedür- fen weiterer Controle. H? Die Formel a jo mon hätte verlangt 59,99 r

*) Ba? 137,18. **) $2 87,68.

Procent Cantharidin; 31,74 Proc. Strontian und 8,27 Procent Wasser.

Die Caleiumverbindung wurde durch Doppelzer- setzung aus Calciumchlorid und der Kaliumverbindung gewonnen, Form und Löslichkeitsverhältnisse wie beim Baryumsalze.

Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,2670 Gr. Cantharidin (66,75 Proc.); Kalk (durch Glühen des Oxalates dar- gestellt) 0,0829 Gr. (20,725 Proc.); Wasser 0,0509 Gr, (12,525 Proc.).

Analyse ll. 0,5790 Gr. gaben 0,3786 Gr. Cantharidin (65,39 Proe.); 0,1224 Gr. Kalk (21,14 Proc.); 0,0780 Grm. Wasser (13,47 Proc.).

H2

Die Formel (C!0H602)2 | 08 + H?O?2*) verlangt 68,05 Ca?

Procent Cantharidin; 19,45 Proc. Kalk; 12,50 Proe. Wasser. Elementaranalysen mit chromsaurem Bleioxyd angestellt (Salz bei 1100 getrocknet).

0,25 Gr. gaben 0,4075 Gr. Kohlensäure u. 0,1403 Gr. Wasser

20: 058240; $ »"0:1150°.,, 0008 020 „5: 0,8308, A 0,1100) 70 d. h.

1) C=0,1111 Gr. od. 44,440, 2) C= 0,8840 Gr. od. 44,20%, I 20,01% „- ::6,24, H =0,0127. 2 5 = SABT.N MO 34,46 Ca= SIEU. 221 DL 9). 3 14,95

3) C=0,0902 Gr. oder 45,100, Hr=0/0422 7,29% 46,10%

= 2". 383;85%

Ca— 14,98,

Formel H? verlangt C 44,440), (C10H602)2 | O8 19% Dazr). O 35,55 ,

Ca 14,82

*) 022 40.

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 247

248 Dragendorff,

Das Plus von Wasserstoff, welches die Analysen er- gaben, übersteigt dasjenige Maass, welches man als Beob- achtungsfehler gelten lassen könnte, indessen ist hier zu berücksichtigen, dass die Analysen nur mit sehr geringen Mengen ausgeführt werden konnten, bei denen allerdings schon ein sehr kleines Quantum hygroskopischer Feuchtig- keit, die von chromsaurem Bleioxyd während des Mischens angezogen worden, bedeutende Differenzen verursachen kann.

Wurde das vorher bei 1100 getrocknete Calciumsalz in einem Glasrohre erhitzt, so begann zwischen 1400 und 1500 eine partielle Zersetzung, die sich durch einen ge- ringen krystallinischen Anflug (unzersetztes Cantharidin) an den kälteren Theilen des Rohres kenntlich machte. Selbst als die Hitze auf 2100 gesteigert wurde, war kein irgend wie riechendes Zersetzungsproduct entstanden und ebensowenig färbte sich das Calciumsalz dunkler. Auch bei 3000 war kein weiteres Anzeichen eingetretener Zer- setzung bemerkbar.

Eine andere Probe dieses Calciumsalzes mit über- schüssigem Natronkalk erhitzt, begann erst zwischen 2000 und 210% Entwickelung gasförmiger Zersetzungsproducte, deren Geruch demjenigen des Acetons nicht unähnlich war.

Eine dritte Probe wurde mit ameisensaurem Kalk erhitzt, die flüchtigen Zersetzungsproducte in wasserfreien, mit Ammoniak gesättigtem Aether geleitet. Aus der äthe- rischen Flüssigkeit, die anfangs milchig getrübt worden, schieden sich allmälig farblose Krystalle ab, deren wässe- rige Lösung ammoniakalische Silbersolution schon in der Kälte reducirte, deren geringe Menge aber keine weitere Untersuchung zuliess. Wenn ich glaube, dass hier ein aldehydisches Zersetzungsproduct vorliegt, so bin ich doch weit davon entfernt zu behaupten, dass dieses das der Cantharidinsäure zukommende Aldehyd sein müsse. (Durch Einwirkung von Jodwasserstoff in zugeschmolzenen Glas- röhren bei 1000 wird Cantharidin durchaus nicht verän- dert. Ebensowenig entsteht durch Einwirkung von Na-

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Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 249

triumamalgam auf das Natronsalz ein Zersetzungsproduct. Auch übermangansaures Kali in alkalischer Lösung ver- ändert das Kaliumsalz der vermeintlichen Cantharidin- säure nicht.)

Wurde die Calciumverbindung auf dem Platinblech erhitzt, so entwickelte sich ein Geruch, der am ersten mit demjenigen verglichen werden kann, welcher unter ähn- lichen Umständen aus weinsaurem Kalk frei wird.

Die Magnesiumverbindung wurde durch mehr- stündiges Erhitzen eines Gemenges von 1 Gr. Cantharidin, 0,25 Gr. reiner gebrannter Magnesia und 30 C.C. Wasser in zugeschmolzener Glaskugel bei 1000 erhalten. Schon bei oberflächlicher Betrachtung bemerkt man nach einiger Zeit, dass eine Veränderung statt gefunden, der grössere Theil der voluminösen Magnesia ist verschwunden und an ihre Stelle sind krystallinische Massen, meist klum- penförmig zusammengeballt, getreten. Ein Theil der ent- standenen Magnesiumverbindung findet sich im Wasser gelöst, der Rest des Salzes wird durch Behandlung mit frischem Wasser ebenfalls in Lösung gebracht *); die un- zersetzt gebliebene Magnesia wird abfiltrirt. Die wässerige Lösung der Magnesiumverbindung hinterlässt beim Ver- dunsten lange farblose nadel- und spiessförmige Krystalle. 1,4700 Gr. derselben, nachdem sie zuvor unter der Glocke der Luftpumpe ausgetrocknet waren, gaben bei 900 nichts ab, bei 1000 0,0014 Gr., bei 1100 noch weitere 0,0006 Gr.; im Ganzen nur 0,002 Gr. Das Salz ist in kaltem Wasser und Alkohol leichter löslich als in den siedenden Flüssig- keiten. Auch dieses Salz ist in Aether und Chloroform unlöslich zu nennen. 100 Theile Wasser von 150 bis 200 lösen 1,54 Theile, 100 Theile siedend heisses Wasser 1,16; 100 Theile kalter Alkohol von 150 bis 200 lösen 0,24 Theile, 100 Theile siedend heisser Alkohol 0,02 Theile. Die wässerige Lösung dieser Verbindung reagirt alkalisch,

*) Hiernach sind meine früheren Angaben, die sich auf vorläufige Versuche Blum’s beziehen, zu berichtigen.

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250 Dragendorff,

sie wirkt blasenziehend. Schon früher wurde beobachtet, dass die Magnesiumverbindung, wenn sie mit Oel erhitzt worden, eine blasenziehende Mischung giebt. Die Mag- nesiumverbindung ist luftbeständig, sie wird durch Kohlen- säure nicht zersetzt, erträgt das Umkystallisiren. Alkali- carbonate fällen aus der Lösung Magnesiumcarbonat,

Kupfervitriol giebt neben Magnesiumsulfat einen grün-

lichen krystallinischen Niederschlag der entsprechenden

Kupferverbindung des Cantharidins.

Analyse I. 0, Gr. gaben 0,3360 Gr. Cantharidin (67,20 Proc.); 0,2096 Gr. Pyrophosphat des Magne- siums 0,0755 Gr. Magnesia (15,10 Proe.); 0,0885 Gr. Wasser (17,70 Proe.).

Analyse II. 0,3820 Gr. gaben 0,2550 Gr. Cantharidin (66,76 Proc.); 0,0580 Gr. Magnesia (15,18 Proc.); 0,0690 Gr. Wasser (18,06 Proc.).

H2

Die Formel re 08 + 2H?O? *) verlangt 67,59 8

Procent Cantharidin; 13,79 Procent Magnesia; 18,62 Procent Wasser.

Die Zinkverbindung wurde analog der Magnesium- verbindung erhalten. Sie gleicht der letzteren im Ansehen, auch die Löslichkeitsverhältnisse sind denjenigen der Mag- nesiumverbindung analog, 100 Theile Wasser von 15 bis 200 lösen 0,41 Theile, 100 Theile siedend heisses Wasser 0,24 Theile; 100 Theile Alkohol von 15 200 lösen 0,12 Theile, 100 Theile siedend heisser Alkohol 0,04 Theile. Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,2393 Gr. Cantharidin

(59,82 Proe.); 0,1128 Gr. Zinksulfuret 0,0942 Gr. Zinkoxyd (23,55 Proc.); 0,0665 Gr. Wasser (16,63 Procent).

Analyse II. 0,2485 Gr. gaben 0,1494 Gr. Cantharidin (60,12 Proc.); 0,0702 Gr. Zinksulfuret —= 0,0586 Gr. Zinkoxyd (23,58 Proc.); 0,0405 Gr. Wasser (16,30 Procent).

*) Mg? = 24.

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Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 251

H? Die Formel (C10H50O?)?08+-2H?20?*) verlangt 61,06 Zn?

Procent Öantharidin; 22,12 Procent Zinkoxyd; 16,82 Procent Wasser.

Die Cadmiumverbindung ist äusserst schwer löslich im Wasser, es gelang deshalb nur unvollständig die Verbindung auf analoge Weise wie bei den vorigen Salzen darzustellen. Eine Einwirkung des Oxydhydrates auf Oantharidin bei Gegenwart von Wasser ist allerdings nachweisbar, weit besser gelangt man zum Ziel, wenn man die vorliegende Verbindung durch Präcipitation einer Lösung des Kaliumsalzes mit Jodcadmium bereitet. Der krystallinische Niederschlag bot keine Gelegenheit zu Mes- sungen dar. Die Analysen, die mit diesem Niederschlage angestellt wurden, kann ich. vorläufig nur mit Reserve mittheilen, sie ergaben:

Analyse I. 0,3 Gr. lieferten 0,1130 Gr. Cantharidin (37,66 Proc.); 0,1553 Gr. Cadmiumsulfuret = 0,1382 Gr. Cadmiumoxyd (46,07 Proc.); 0,0488 Gr. Wasser (16,27 Procent).

Analyse II. 0,3 Gr. lieferten 0,1140 Gr. Cantharidin (38,00 Proc. ); 0,1530 Gr. Cadmiumsulfuret —= 0,1360 Gr. Cadmiumoxyd (45,33 Proc.); 0,0500 Gr. Wasser (16,67 Procent).

Die Formel eg }0r+am2o2 **) würde verlangen 37,40 Proc. Cantharidin; 48,86 Proc. Cadmiumoxyd; 13,74 Proe. Wasser. Sollte sich diese Zusammensetzung weiter bestätigen lassen, so wäre sie um so inter- essanter, als sie für ein Salz sprechen würde, bei dem aller Wasserstoff der hypothetischen Cantharidinsäure durch Metalle ersetzt worden. In dem Zinnsalz der

*) Zn? = 65. **) Cd? 112.

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Milchsäure würde man ein Analogon dieser Verbindung erblicken können.

Die Berylliumverbindung in grösseren Mengen in derselben Weise wie die Magnesiumverbindung darzu- stellen, gelang nicht. Es wurden nur geringe Mengen des Salzes so erhalten. Auch hier trägt die geringe Lös- lichkeit des zu erwartenden Productes die Schuld, für die Darstellung dürfte der Weg der Fällung eines leicht löslichen Berylliumsalzes mit der Kaliumverbindung zu empfehlen sein. Die geringe Menge des Salzes, die wir nach der erstbezeichneten Methode erzielt haben, war farb- los, krystallinisch; 100 Theile Wasser lösen davon etwa 0,06 Theile.

Die Aluminiumverbindung wurde durch Doppel- zersetzung aus Alaun und der Kaliumverbindung bereitet- Anfangs entstand hier nur geringe Trübung, allmälig aber ein krystallinischer Niederschlag, dessen Formen deutlich ausgeprägt waren. Man erkannte sechsseitige rhombische Tafeln, deutlich entwickelt OP,» P, » Px. Der Win- kel zwischen » P und © P » 116°, woraus sich die rhombische Säule mit 520 und 1160 berechnet. (Ein Krystall fand sich beigemengt, welches als Rechteck erkannt wurde, mit einer abgebrochenen Ecke, an der die Messung 1350 ergab, was auf tetragonale Formen schliessen liesse.) Die eine Analyse, zu der das Material ausreichte, lieferte ein Resultat, welches hier nicht ver- werthet werden kann.

Eine Chromverbindung konnte in analoger Weise wie die des Aluminiums nicht erzielt werden. Tröpfelte man eine Lösung der Kaliumverbindung in eine kalt ge- sättigte Lösung von Chromalaun, so entstand an der Ein- fallstelle eine gelbe Färbung und Trübung, die beim Umschütteln wieder schwanden. Nach 24 Stunden hatte sich ein Sediment aus farblosen Krystallen und grünen Körnchen gebildet. Erstere waren reines Cantharidin, letztere enthielten kein Cantharidin. Es wäre möglich,

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 253

dass eine in Wasser lösliche Doppelverbindung des can- tharidinsauren Chrom (oxydes?) mit einem der Bestand- theile des Chromalauns existirt.

Eine Eisenverbindung konnte weder durch Prä- ceipitation aus einem Oxyd- noch aus einem Oxydulsalze gewonnen werden. In beiden Fällen (Eisenalaun und Eisenvitriol) fiel nur Oxydhydrat. Ein ähnliches Resul- tat lieferte ein Versuch mit dem Sulfat des Mangan- (oxyduls).

Die Kobaltrerbindung konnte dagegen durch Präcipitation einer Lösung des Sulfates mit der Kalium- verbindung gewonnen werden*). Es entstand ein blass- rosafarbener Niederschlag, der unter dem Mikroskop Grup- pen spiessiger und strahliger Krystalle zeigt. In Wasser ist die Verbindung sehr schwer löslich.

Analyse I. 0,1250 Gr. gaben 0,0690 Gr. Cantharidin (55,20 Proc.); 0,0356 Gr. Oxydul (29,20 Proc.); 0,0195 Grm. Wasser (15,60 Proe.).

Analyse Il. 0,25 Gr. gaben 0,1572 Gr. Cantharidin (62,88 Procent); 0,0622 Gr. Oxydul (24,88 Procent); Wasser 0,0306 Gr. (12,24 Proc.).

H2 Die Formel el 05 -+ H?2O?2**), mit der nament- 02 lich die letzte Analyse übereinstimmt, verlangt 63,89 Procent Cantharidin; 24,36 Proc. Kobaltoxydul; 11,74 Procent Wasser.

Die Nickelverbindung wurde analog der vorigen gewonnen. Sie ist blassgrün, krystallinisch, in der Form der Verbindung des Kobalts ähnelnd, doch finden sich untermischt auch tafelförmige Krystalle, die denen des Kupfersalzes gleichen. Die Verbindung ist sehr schwer löslich in Wasser.

*) Diese Verbindung sowohl, als das zur Darstellung des entsprechen- den Nickelsalzes benutzte Sulfat, als die entsprechenden Eisen- und Manganverbindungen waren durch mehrmaliges Lösen im Wasser und Präcipitation mit Alkohol von etwa anhängender freier Säure befreit.

**) 002 58,74.

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254 Dragendorff, |

Analyse I. 0,1400 Gr. gaben 0,0820 Gr. Cantharidin (58,57 Proe.); 0,0220 Gr. Oxydul (15,71 Proe.); 0,0360 Gr. Wasser (25,71 Proc.).

Analyse Il. 0,25 Gr. gaben 0,1436 Gr. Cantharidin (57,44 Procent); 0,0621 Gr. Oxydul (24,84 Procent); ‚0,0443 Gr. ee (17,72 Proc.).

Die Formel son 08 + 2H?0O2*), mit der die Ni?

zweite Analyse einigermassen stimmt, verlangt 60,36 Pre. Cantharidin; 23,00 Pre. Nickeloxydul; 16,63 Pre. Wasser. Woher die bedeutende Abweichung der ersten Analyse stammt, kann ich nicht erklären. Auffällig ist, dass die Menge des gefundenen Oxyduls so gross ist, als nach der zweiten Analyse zu urtheilen dieWassermenge sein müsste und umgekehrt die Menge des gefundenen Wassers so hoch als in der zweiten Analyse das Kobaltoxydul ge- funden worden. Dass hier ein Beobachtungsfehler vor-

liege, ist wohl wahrscheinlich. | Die Kupferverbindung entsteht auf analoge Weise beim Mischen einer Lösung des Kaliumsalzes) mit Kupfer- vitriolsolution. Die Flüssigkeit wird sogleich trübe, all- mälig wird der Niederschlag reichlicher, körnig- krystal- linisch. Bei mikroskopischer Untersuchung fanden sich tafel- und blättchenförmige Krystalle, deren Formen an diejenigen der Harnsäure erinnerten. Die später ausge- schiedenen Krystalle waren schärfer ausgeprägt. Sie er- wiesen sich als rhombische Säulen mit basischer Endfläche, durch Vorherrschen der letztern tafelförmig (vergl. Fig. )). Fig. L_ Beobachtet wurden OP, & P, & P & und

© P ©, gemessen der Winkel zwischen

2 oo P und & 1430, zwischen © P ey und Ps 1270, woraus sich die rhom- 5 B)

D bische Säule mit 74 und 1060 berechnet. 19.2) _

Die Krystalle sind matt grün - blau. 100 Theile Wasser von 15 bis 200 lösen 0,05 E).NZ 58,738.

+) Die grössere Menge der untersuchten Verbindung wurde statt aus dieser aus der Magnesiumverbindung dargestellt.

ee ee a LS BR as Bes Dre ED a Re Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 255

Theile, 100 Theile siedenden Wassers 0,25 Theile dieses Kupfersalzes.

Analyse. 0,5 der Verbindung gaben 0,2940 Gr. Can- tharidin (58,80 Proc.); 0,1690 Gr. Kupfersulfuret 0,1407 Gr. Kupferoxyd (28,14 Proc.) 0,0653 Gr. Wasser (13,06 Proc.).

H? Die Formel a 08 -- 11, H202*) würde ver- u2 langen 61,17 Proc. Cantharidin; 24,79 Proc. Kupferoxyd; 14,04 Proc. Wasser.

Mischt man eine Lösung von Kupferacetat mit einer Lösung des Kaliumsalzes, so entsteht, auch wenn die Lösungen völlig gesättigt waren, kein Niederschlag. Nach dem Eindampfen der Lösung schieden sich dunkelgrüne Krystalle ab, zwischen denen eingelagert amorphe blaue Körnchen waren. Ein Auslesen der letzteren war nicht durchzuführen. Wurde das Flüssigkeitsgemisch mit Salz- säure versetzt, so schieden sich keine Krystalle von Can- tharidin aus; auch als die Flüssigkeit mit Aether ge- schüttelt wurde, gab sie an diesen nur geringe Quantitäten von Cantharidin ab. Es scheint hier eine Doppelverbin- dung entstanden zu sein, deren eingehendes Studium um so interessanter werden könnte, als hier möglicher Weise Bedingungen vorliegen, unter denen die vermeintliche Cantharidinsäure grössere Beständigkeit, als sie für ge- wöhnlich hat, zeigt.

Die Bleiverbindung fällt als farbloser krystal- linischer Niederschlag beim Mischen einer Lösung von Bleinitrat mit dem Kaliumsalze. Die Krystalle gehören dem monoklinisehen Systeme an, man findet vorzugsweise sechsseitige Tafeln mit vorherrschendem Klinopinakoid (»P»). Vergl. umstehend Fig. II. Der Winkel zwi- schen © P und P © wurde 1340, zwischen © P

*) Cu? 63,44.

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und +P x = 1110 der Winkel zwi- schen Px und + Px» = 1150 be- stimmt.

Analyse Il. 0,4 Gr. gaben 0,1550 Gr. Cantharidin (38,75 Proc.); 0,2583 Gr. Bleisulfat 0,1902 Gr. Bleioxyd (47,55 Procent) und 0,0548 Gr. Wasser (13,70 Procent).

Analyse Il. 0,4 Gr. gaben 0,1520 Gr. Cantharidin

(38,00 Proc.); 0,2600 Gr. Bleisulfat = 0,1914 Gr. Bleioxyd (47,85 Proc.); 0,0566 Gr. Wasser (14,15 Proc.). H?

Die Formel (C1!0H602)?2 08 3H?0?*) verlangt 39,93 Pb?

Procent Cantharidin; 45,41 Proc. Bleioxyd; 14,66 Proc. Wasser.

Eine basische Bleiverbindung wurde durch Dop- pelzersetzung aus ?/3basischem Bleiacetat gewonnen; auch sie ist krystallinisch und sehr schwer löslich.

Analyse. 0,3 Gr. gaben 0,0460 Gr. Cantharidin (15,33 Procent); 0,2660 Gr. Bleisulfat 0,1958 Gr. Bleioxyd (65,27 Proc.); Wasser 0,0582 Gr. (19,40 Proc.).

Eine Quecksilberverbindung kann durch Fäl- lung einer Quecksilberchloridlösung mit dem Kaliumsalze gewonnen werden. Sie ist farblos, schwer löslich, be- steht aus büschel- und sternförmig gruppirten Krystall- nadeln, von denen einige rhombische Zuspitzung erken- nen liessen.

Versetzt man eine möglichst neutrale Lösung von Quecksilberoxydulnitrat mit einer Lösung des Kalium- salzes, so fällt ebenfalls ein farblos krystallinischer Nie- derschlag, der bald grau wird.

Die Silberverbindung wurde durch Präcipitation aus Silbernitrat gewonnen. Sie ist farblos, der anfangs

*) Pb? 206,913.

Beiträge zur Kenntniss des Cantharidins. 257

voluminöse Niederschlag wird später undeutlich krystal- linisch. Die Verbindung ist ziemlich beständig. Auf die eine bisher angestellte Analyse, der zufolge sie nicht neu- tral, sondern sauer sein würde, kant ich kein Gewicht legen. (0,5 Gr. gaben 0,2815 Gr. Cantharidin; 0,2315 Gr. Chlorsilber = 0,1871 Gr. Oxyd; 0,0314 Gr. Wasser.) Die Palladiumverbindung muss als ein recht charakteristisches Salz der vermeintlichen Cantharidin- säure bezeichnet werden, welches neben den Niederschlä- gen, welche durch Kobalt-, Nickel-, Kupfer- und Bleisalze in Lösungen der cantharidinsauren Salze hervorgebracht werden, für die Analyse Beachtung verdient. Versetzt man eine Lösung der Kaliumverbindung mit möglichst neutraler Lösung von Palladiumchlorür, so bemerkt man sofort eine Trübung, nach etwa 24 Stunden findet man

ein äusserst reichliches Netzwerk hellgelber Krystallna-

deln abgeschieden. Unter dem Mikroskop erkennt man

in dem Gewirr langer haarförmiger Krystalle einzelne

tafelförmige Krystallindividuen, die als rhombische Tafeln gedeutet werden müssen. Besonders entwickelt sind OP,

&P und »Px. Der Winkel zwischen »P und »P x

ist 1300, woraus die rhombische Säule mit 800 und

1000 folgt.

Analyse. 0,1150 Gr. liefern 0,0430 Gr. Cantharidıa (37,39 Proe.); 0,0310 Gr. Palladium 0,0357 Pal- ladiumoxydul (31,04 Proc.) und 0,0363 Gr. Wasser (31,57 Proc.).

Die Menge des Cantharidins ist etwas zu klein ge- funden für H? die Formel (C}0H60?)2 jo + 6H?02*), welche 44,10 Pd?

Procent Cantharidin 28,35 Proc. Palladiumoxydul und 27,55 Proc. Wasser verlangt. Die Zinnverbindung wurde durch Fällung einer

*) Pd2 = 106,4. Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hft. 17

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258 Dragendorff, Beiträge zur Kenntniss da ee

Lösung der Kaliumverbindung mit Zinnchlorür dargestellt. Man muss hierbei einen Ueberschuss des letzteren ver- meiden, weil der sofort entstehende Niederschlag der Zinn- verbindung durch ‘einen Ueberschuss von Zinnchlorür wieder gelöst wird. Letzteres würde die Existenz einer löslichen Doppelverbindung von Zinnchlorür mit dem can- tharidinsauren Zinnoxydoxydul wahrscheinlich machen. Die Zinnverbindung der Cantharidinsäure fällt anfangs als sehr voluminöser Niederschlag, der sich allmälig in perlmut- terglänzende Tafeln umwandelt. Letztere gestatten keine Bestimmung der Krystallform.

Analyse. 0,24 Gr. gaben 0,1210 Gr. Cantharidin (50,41 Procent); 0,0915 Gr. Zinnoxyd 0,0808 Gr. Zinnoxy- dul (33,67 Proc.); 0,0382 Gr. Wasser (15,92 Proc.).

H2 Die Formel (C10 H60?)2 | 08 + 5HO0*) verlangt 50,13 Sn?

Procent Cantharidin, 33,75 Proc. Zinnoxydul und 15,12 Procent Wasser.

Eine Wismutbverbindung wurde in geringer Menge erhalten, als Cantharidin mit Wismuthoxydhydrat und Was- ser im zugeschmolzenen Glasrohr 3 Tage lang bei 1000 erhitzt worden. Das ungebundene Cantharidin wurde später durch Chloroform vollständig fortgenommen. Unter dem Mikro- skop erwies sich die aus der Glasröhre entleerte Masse als ein Gemenge amorphen Hydrates und des Wismuth- salzes, das in achtseitigen rhombischen Tafeln mit OP, &P, ®P» und »Px vertreten war. Die stark mit einander differirenden Messungen würden annähernd auf die rhombische Säule von 60 und 1200 schliessen lassen. Die Behandlung mit Salzsäure und Chloroform lieferten

das gebunden gewesene Cantharidin.

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ih dans über die er einigungen der Arzneimittel. 259

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Ueber die Verunreinigungen der Arzneimittel. Ein Vortrag,

gehalten in der Versammlung der Apotheker des Grossherzogthums Sachsen- Weimar-Eisenach in Apolda am 10. September 1867 von Dr. Hermann Ludwig, a. Professor in Jena.

Meine Stellung als Revisor der Apotheken im Gross- herzogthume Sachsen- Weimar-Eisenach und im Fürsten- thume Reuss älterer Linie hat mir eine Reihe von Jahren hindurch (im Weimarschen seit 13 Jahren und im Reussischen seit 6 Jahren) Gelegenheit gegeben, die verschiedensten in den Apotheken vorräthigen Mittel auf ihre Güte und Reinheit zu prüfen und dabei manchmal zum Leidwesen des Apothekers ebensowohl als zu dem meinigen die verschiedensten Verunreinigungen zu ent- decken. Mit diesen neckischen Kobolden geht es aber wie mit anderen Gespenstern: sie verschwinden, sobald man ihnen scharf mit der Leuchte der Wissenschaft zu Leibe geht. Lassen Sie uns einige dieser Unholde etwas näher betrachten.

Nehmen wir vor allem das Arsen in seinen ver- schiedenen Gestalten und Verbindungen, namentlich als arsenige Säure, Arsensäure und Schwefelarsen. Für dieses giftige Metall (oder wenn man lieber will Metalloid) ist dieSchwefelsäure die Hauptquelle, mittelst welcher dasselbe in die pharmaceutisch-chemischen Präparate ge- langt. In die Schwefelsäure selbst wird das Arsen in Folge einer Anwendung des aus arsenhaltigen Schwefel- kiesen gewonnenen Schwefels, oder dieser Kiese selbst zur Schwefelsäurebereitung geführt.

Ohne mich hier auf die Reinigung der Schwefel- säure von Arsen näher einzulassen, so interessant dieses Capitel auch wäre, gebe ich hier nur an, dass bei der Prüfung dieser und anderer Säuren, namentlich der Phos-

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260 H. Ludwig,

phorsäure und ihrer Salze mittelst Schwefelwasser- stoffgas auf Arsengehalt es von Wichtigkeit ist, die Wirkung des HS längere Zeit dauern zu lassen, um die nur langsam reducirbare Arsensäure ebenfalls in Schwe- felarsen überzuführen und letzteres als gelben Nieder- schlag zu erhalten. Dass die Säuren, die man mit HS behandelt, gehörig verdünnt sein müssen, ist selbstver- ständlich, auch eine gelinde Erwärmung derselben wäh- rend des Einleitens des Gases sehr zweckmässig.

Durch Anwendung einer arsenhaltigen Schwefelsäure bei Destillation von Salzsäure gelangt das Arsen in diese Säure. Da jetzt die Essigsäure aus Holzessig durch Einwirkung von Salzsäure auf holzessigsauren Kalk ge- wonnen wird, so ist eine Verunreinigung der Essigsäure mit Arsenik keine Seltenheit; nach Chevallier und Dechamp d’Avallon enthält der käufliche Holz- essig häufig Arsenik, weil zu seiner Destillation arseni- kalische Schwefelsäure benutzt wurde. (Marquart- Lud- wig, Lehrb. d. Pharm. III. Bd. 8. 159.)

Für Salpetersäure ist die Arsenverunreinigung nicht zu fürchten, weil bei ihrer Destillation etwa vor- handenes Arsen als Arsensäure hinterbleiben wird.

Aus den Schwefelblumen und dem Stangen- schwefel, so wie aus dem Sulfur praecipitatum lässt sich das etwas vorhandene Arsensulfid durch Amoniak- flüssigkeit ausziehen. (Pharm. Germaniae, 1865. 8. 271 lässt Sulf. depuratum aus käuflichem Sulf. sublimatum durch Behandlung mit Salmiakgeist-haltigem Wasser rei- nigen.)

Hier sei eines Falles Erwähnung gethan, wo bei Uebernahme einer Apotheke der neue Besitzer einen unsignirtenKasten mit arsenhaltigem Schwefel unter dem obsoleten Gerümpel vorfand.. Man denke sich nun die Sache weiter aus, dass die dem Stangen- schwefel ähnliche Masse unter den Schwefel gerathen sei, der etwa zur Bereitung von Fassbrand-Schwefel

über die Verunreinigungen der Arzneimittel. a

diente, und die Weinvergiftung mit Arsenik wäre fertig . gewesen *).

Eine interessante Verwechselung fand ich einmal vor, wo die Holz-Büchse signirt Auripigmentum, das in der Farbe zwar ähnliche aber bedeutend dichtere Casseler-Gelb Bleioxyd-Chlorblei enthielt. (Blei- erz von Mendip—=PbCl + 2PbO hat 7,077 spec. Gew, Auripigment nur 3,48.) \

Man muss sich wohl hüten, die Anwesenheit von. Arsen im Auripigment und Realgar durch eine Vorprü-

fung auf der Kohle vor dem Löthrohr, durch einen %

etwaigen Knoblauchgeruch entdecken zu wollen, dieser tritt hier gar nicht ein, sondern wird durch den Geruch der schwefligen Säure völlig verdeckt. (In den toxikolo- gischen Briefen von Emil Winkler, Memoranda der gerichtlichen Prüfung auf Gifte, Weimar, Landes -Indu- strie-Comptoir 1852, heisst es. gleich Anfangs $. 1. Erster

Brief. Ermittelung von Arsenikvergiftung. Das beste‘ AR Reagens auf Arsenik bietet der trockne Weg dar. Arse- nikverbindungen jeder Art liefern, auf Kohle vor dm

Löthrohre behandelt, einen weissen Dampf von eigen- thümlich arsenikalischem, gewöhnlich als „knoblauchartig“ bezeichnetem Geruche).

Ueber die verschiedenen Methoden in Antimon- verbindungen die Gegenwart des Arsens nachzuwei- sen, will ich mich hier nicht verbreiten und nur erwähnen, dass die Meyer’sche Methode des Schmelzens mit salpetersaurem Natron und kohlensaurem Na- tron am besten zum Ziele füht.

Dass bei Brechweinstein der Geruch des aus der er ö Verkohlung desselben hervorgegangenen Antimonmetalles

beim Glühen im Oxydationsfeuer eine höchst empfind- liche Probe ist, weiss Jeder von uns.

*) Herr Adelbert Geheeb fand in einer Probe jenes arseni-

kalischen Schwefels 80,2 Proc. Schwefel und 19,8 Proe. Arsen, R

also auf 1 Aeq. As 19 Aegq. S. (Juli 1865.)

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262 H. Ludwig,

Ein Gegenstand grosser Sorge ist die Placirung des Arsenikschrankes in den Apotheken! Bald finde ich denselben in kühlen Gewölben, bald in der ersten Etage in der Materialkammer, bald auf dem Haus- boden. Oft ist das Kämmerchen, worin er verwahrt wird, so dunkel, dass man nichts erkennen kann. Ja ich habe es zweimal erlebt, dass der Arsenikkasten neben Kaffee, Zucker und Cichorien stand; einmal wur- den auch um denselben herum Kräuter getrocknet. So gut als Canthariden in die Flores Sambuci gelangten, weil auf demselben Kräuterboden beide neben einander getrock- net wurden, eben so leicht konnte verstäubter Arsenik unter die Kamillen gerathen. Auch auf dem Schranke für die Papierbeutel und Convoluten sah ich diesen ge- fährliehen Kasten für Arsenik aufgestellt. Er gehört allein für sich, nichts über sich, nichts unter sich und nichts unmittelbar neben sich. Will man Arsenik mit anderen Venenis in einem Schranke aufbewahren, so gehört er zu unterst.

Zu den durch solche unpassende Aufstellung des Ärse- niks veranlassten Verunreinigungen mit diesem Gifte gehört folgender Fall, der von Piron im Bulletin de la Societe de Pharmacie de Bruswelles, 2me Annee, No. 10. pag. 150 mitgetheilt und in der Sitzung dieser Gesellschaft am 13. October 1858 zur Sprache kam.

Bei Untersuchung eines verdächtigen Reisbreis (du riz au lait) fand Piron zuerst Arsenik in demselben; später bemerkte er jedoch, dass dieser Arsenik von dem bei der Analyse benutzten doppelt-kohlensauren Na- tron herstammte. Eine Commission, bestehend aus den Herren J. Laneau, J. B. Francqui und J. B. De- paire unterwarf in Folge dessen 12 Sorten Natron bi- carbonicum älterer und neuerer Fabrikation der Unter- suchung. Keine dieser Sorten enthielt Arsenik. Herr Depaire hatte ausserdem schon von 1848 bis 1858 bei gerichtlichen Untersuchungen Gelegenheit, die Reinheit von 17 Proben doppelt-kohlensauren Natrons zu consta-

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über Ri: Verunreinigungen der Arzneimittel. 263

tiren. Bei der quantitativen Bestimmung ergaben sich 30000 arseniger Säure (—=0,03 Proc. AsO3) in dem von Piron vorgelegten doppelkohlensauren Natron. Die Com- mission erklärte diese Verunreinigung für eine zufällige, vielleicht durch Sorglosigkeit oder Nachlässigkeit eines Droguisten bewirkt.

Der Phosphor und die Phosphorsäure sind auch gegenwärtig noch der Verunreinigung mit Arsen und Arsensäure sehr unterworfen. Im Betreff des Phos- phors ist mir ein von Wöhler (in den Annalen der Chem. und Pharm. 10. Heft, 1864) berichteter Fall beson- ders bemerkenswerth. Es wurden die Leichen zweier Männer ausgegraben, um der chemischen Untersuchung auf Arsenik unterworfen zu werden. Die grösste Menge des Arseniks fand sich in der zweiten Leiche, obgleich diese bereits sieben Jahre begraben lag.

Von Wichtigkeit war bei dem nur geringen Arsenik- gehalte in der Leiche des einen Mannes, der erst sechs Wochen vorher nach längerer Krankheit gestorben war, der Umstand, dass dieser Mann längere Zeit vor seinem Tode Oleum phosphoratum in Form einer Emulsion als Arznei innerlich genommen und auf-diese Weise im Gan- zen 16 Gramm Phosphor innerlich verbraucht hatte. Als nun der Phosphorvorrath in der Apotheke, von welchem jene Arznei bereitet worden war, untersucht wurde, zeigte es sich, dass er !/, Proc. Arsenik enthielt (=0,080 Gramm Arsenik in obigen 16 Grm. Phosphor.)

Hinsichtlich der Phosphorsäure und ihrer jewei- ligen Verunreinigung mit Arsenik ist mir folgender Fall erwähnenswerth. Er betraf eine Portion Acidum phospho- rieum depuratum (Acidum phosphoricum ex ossibus), welche mit HS einen dicken gelben Niederschlag lieferte. Der Herr Apotheker behauptete, es müsse solche Verunreini- gung darin bleiben und trage zur Wirksamkeit bei. Weder in der Pharmacopoea borussica edit. V. (1829), S. 128, noch im Schacht’schen Nachtrage von 1847 sei von einer Reinigung durch Schwefelwasserstoff die Rede.

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264 H. Ludwig, A Er

Da dieser Fall aber in die Zeit der Geltung der Pharm. bor. ed.V1. (1846) fiel, diese aber von ihrem Acidum sulfu- ricum crudum verlangte, dass es arsenfrei sein sollte (rejieiatur acidum, quod arsenio inquinatum est), so musste eine Phosphorsäure aus Knochenasche und roher Schwe- felsäure bereitet auch arsenfrei sein.

Hinsichtlich der anderen Verunreinigungen der Phos- phorsäure (PO3, SO3, NO3, H3N, SiO2, Al203, Fe?O3, CaO, NaO etc.) erwähne ich nur eine mir erst in diesem Sommer vorgekommene. Anstatt des specifischen Ge- wichts 1,130, zeigte diese Säure das spec. Gewicht 1,515; sie wurde durch Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd (in reinem Wasser gelösten) unmittelbar gelb gefällt und gab mit Kalilauge starken Ammoniakgeruch; mit Ammoniakflüssigkeit alkalisch gemacht, trübte sie sich nicht. Sie enthielt also saures phosphorsaures Am- moniak und mochte ein zerflossenes Acidum phosphoricum glaciale sein.

Kali arsenicosum solutum (= Solutio arsenicalis, Solutio Fowleri) der Pharm. bor. edit. VII. ist mir schon einige Male durch Algenflocken getrübt vorgekommen, zwei Mal sogar entwickelte sie deutlich Arsenwasserstoflgas- geruch. Diese leichte Verderblichkeit ist einfach eine Folge des Hinweglassens des Spiritus angelicae compo- situs aus der Mischung.

Im Speisezimmer des Gasthofes zum L. in N. fand ich die Wände desselben frisch mit Schweinfurter Grün angestrichen und bemerkte jedesmal beim Hineintreten den Arsenwasserstoffgeruch (einen ähnlichen Geruch beob- achtete man beim Oeffnen von Mineralienschränken). An einem mit Arsenik stark vergifteten und verschim- melten Brode habe ich, so wie die damaligen Mitglieder

- meines Institutes, jenen knoblauchartigen ekelhaften Ge-

ruch sehr deutlich wahrgenommen.

Der Unfug, welcher mit Schweinfurtergrün -Papier getrieben wird, ist arg: Gehe & Comp. schicken jede ihrer Preislisten in einem solchen arsenikgrünen Um-

über die Verunreinigungen der Arzneimittel. 265

schlage; aus einer sächsischen Apotheke schickte man mir Magen -Morsellen in einem mit solchem Giftgrün bekleb- ten Kästchen etc.

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit dem Antimon zu, so haben wir an der Hartnäckigkeit, mit welcher sich dasselbe den Gefässen, in denen man Antimonprä- parate bereitete, anhängt, einen Grund der Verunreinigung anderer Präparate. Häufig sind auch Namenverwechse- lungen der Grund solcher Verunreinigungen, oder auch wohl nur einfaches Vergreifen. Folgende Fälle sind mir erinnerlich: Im Standgefässe der Ofticin für Zincum oxydatum fand ich Stibium oxydatum album (Antimonium diaphoret. ablutum d. Ph. bor. ed. V.); bei näherer Nach- forschung ergab sich, dass auf der Materialkammer die Gefässe für Stibium oxyd. album. und Zine. oxyd. alb. neben einander standen, dass also beim Einfassen die Verwechselung statt gefunden hatte.

Bei einer Revision fand ich in einer Apotheke Zin- cum metallicum (ein Stück) neben mehren Stücken Sti- bium in dem Kasten signirt Stibium metallicum.

Den Tartarus boraxatus fand ich stark antimonhaltig in einer Apotheke 1863; die Ursache der Verunreinigung konnte nicht ermittelt werden.

Im Jahre 1862 hatte ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Mirus hier die chemische Untersuchung von Brause- pulver-Ingredienzien und von Erbrocherem zu führen, in der Untersuchungssache wider den Apotheker D. in S., wodurch den Genuss von citronensäurehaltigem Brausepulver aus dessen Apotheke der Gastwirth R. und der Ladendiener R. plötzlich erkrankt waren. Natrum bicarbonicum und. Himbeersaft waren rein, aber die Citronensäure war brechweinsteinhaltig; am meisten des letzteren fand ich im Grunde des gläsernen

Aufbewahrungsgefässes. Das letztere musste sonach früher er

als Aufbewahrungsgefäss für Tartarus emeticus gedient haben, war gar nicht ausgeputzt und sogleich zur Aufbe- wahrung der Citronensäure verwendet worden. Wem

FERNER 266 H. Ludwig,

diese Unsauberkeit zur Last zu legen, war nicht zu er- mitteln.

Im Jahre 1864 erhielt ich durch einen Gehülfen des Herrn H. in G. eine Probe Kali chlorieum, welches anti- monhaltig war und nach der Angabe jenes Gehülfen aus einer königl. sächsischen Apotheke stammte*).

Zinn fand ich in einem Sulfur praeeipitatum (1858), letzteres Präparat war im Zinnkessel des Dampfapparats bereitet worden.

Einen Zinngehalt der FExtractabsätze beobachtete Herr Apotheker A. Geheeb.

Eine Verwechselung des Wismuths mit Antimon, eine Unlöslichkeit des Magisterium Bismuthi in Salpetersäure ünde ich im Protokoll der Revision einer Apotheke (1852).

Hinsichtlich des Quecksilbers will ich erwähner, dass es mir mehre Male vorgekommen ist, dass grössere Quantitäten reiner Säuren, wie Salzsäure oder Schwefel- säure in mit Glasstöpseln versehenen Flaschen zugeschickt wurden, die mit weissem Leder verbunden waren, aus denen sich metallisches Quecksilber herausdrücken liess, solches Leder war sicher von Lederbeuteln genonimen worden, in denen Quecksilber gewesen war.

Dass mir auch schon Schweizerkäse (Emmenthaler) mit Quecksilberkügelchen vorgekommen ist, werden sich die Leser des Archivs erinnern; es musste durch Zer- brechen eines Thermometers in die Käsemasse gelangt sein. (Siehe Archiv d. Pharm. Pd.123. S. 168, 1865.)

Quecksilberhaltige Glas-Rührstäbe aus alten Ther- mometerröhren habe ich neuerdings abermals erhalten. Verunreinigungen derArzneimittel durch Blei gehören jetzt zu den gewöhnlichen Vorkommnissen. Einige Beispiele:

In einer Apotheke waren die Blasengeräthschaften zur Bereitung der destillirten Wässer sehr mangelhaft, namentlich das Kühlrohr, welches von bleireichem Zinn

*) Sulfur aurat. antimonii durch Einwirkung des Lichtes auf

einer Seite des Glases weiss geworden in Folge einer Oxydation, ist mir ebenfalls vorgekommen.

über die Verunreinigungen der Arzneimittel. 267

gefertigt war; in Folge dessen waren bleihaltig geworden Aqua destillata, chamomillae, foeniculi, menth. pip., cerasor. amygdal., rubi idaei. Ferner die mit bleihaltigem destillir- tem Wasser bereitete Aqua chlorata, Lig. Kali acetiei und Mueilago gummi arabiei. Spiritus formicarum war so bleireich, dass aus 6 Unzen desselben durch Fäl- lung mit verdünnter SO3, Glühen des Niederschlages mit NaO, CO? auf Kohle, Bleikügelchen erhalten werden konnten. (Sept. 1863.)

In einer anderen Apotheke war zwar das Damıpf- apparatgeräth von Zinn, aber. auf dem Ableitungsrohr für | den das destillirte Wasser liefernden Dampf des Dampf- kessels befand sich ein Hahn mit Bleiloth eingesetzt und in Folge dessen war das destillirte Wasser bleihal- tig geworden, während die aus der Destillirblase mit- telst des gut zinnernen Kühlrohres bereiteten Wässer bleifrei waren. (1860.)

Zwei Wässer, welche als käufliche in bleigelötheten Blechflaschen (von verzinntem Fisenblech) verschickt werden, sind mir schon bleihaltig vorgekommen: 1) Ag. naphae (mehre Male); 2) Ag. laurocerasi (schon 2 Mal).

Hr. Apotheker Dr. Weppen in Markoldendorf fand in Ol. Terebinth. als Bodensatz ameisensaures Bleioxyd; das Loth der Blechflaschen liefert dazu das Blei, das Terpen- thinöl die Ameisensäure.

Lig. ammonü caustic. bleihaltig, von D. und B. in Erfurt. Acidum phosphoric. bleihaltig. Acetum concentra- tum bleihaltend, ebenso Kali acetic. und Lig. ammon. acetic.

Weinsäure, Tartarus crudus und Tart. depuratus, Kali tartaricum und namentlich Tart. boraxatus und andere Weinsäure-Präparate, ferner Citronensäure sind häufig bleihaltig; oft sind es nur Spuren, welche beim Neutralisiren der mit HSwasser versetzten Lösungen mit Ammoniak an den gelbbräunlichen Färbungen erkannt werden können, die beim vorsichtigen Ansäuern mit Wein- säure nicht wieder verschwinden.

Jetzt soll manche käufliche Weinsäure unmit-

A 9. 268 H. Ludwig,

telbar ansitzende Bleitheilchen enthalten; die Kry- stallisation solcher Weinsäure hatte also wohl im Blei- gefässen statt gefunden.

Aus dem Gehalte der rohen Schwefelsäure an schwe- felsaurem Bleioxyd erklärt sich ein Gehalt der Mag- nesia sulfurica an Blei. Direct wird durch HS ein sol- cher Gehalt nicht nachgewiesen; man muss hier alkalisch machen, dann mit verdünnter HCl schwach ansäuern.

Porcellanschilder für Säuren (Salpetersäure, Salzsäure, Schwefelsäure, nicht bloss der rohen, sondern auch der reinen Säuren) fand ich mit Bleidrähten an die Hälse der Aufbewahrungsflasche gehängt; Signaturen auf Fla- schen mit Bleiweiss- oder Mennigefarbe überstri- chen; ja sogar Signaturen auf Schweinfurtergrün- Papier geschrieben und den Reagentiengläsern für HCl, NO5, H3N, SO3 vorgeklebt: ganz gedankenlose Lieb- habereien bei so ernsten Dingen.

Cochenille, welche in Wasser suspendirt für Keuch- husten der Kinder gegeben werden sollte, fand ich mit metallischem Blei verunreinigt (Durlach 1840 1841).

Magnesia usta in einem bleiglasirten Topfe im Zie- gelofen geglüht, zeigte natürlich einen Bleigehalt, viel Eisen und löste sich nur langsam in verdünnten Säuren.

Misxtura sulfurica acida zeigte einen weissen Boden- satz von schwefelsaurem Bleioxyd, weil aus Weingeist mit roher concentrirter Schwefelsäure bereitet.

Acetum concentratum enthielt Blei, in Folge dessen auch Kali aceticum und Lig. ammonii acetiei. Das Acet. conc. war wohl aus Bleizucker gefertigt worden.

In Folge einer Aufbewahrung von Bleiweiss (Cerussa) und Zythargyrum in Schubkästen, die unmittelbar über narkotischen Kräutern sich befanden, war Bleiweiss in Herba hyoscyami gelangt oder in ein anderes narkotisches Kraut.

Ammoniacum carbonieum bleihaltig. Mennigehal- tiges Opium.

Bei Revision des Bodens eines Kräuterhändlers (1859)

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‚über die Verunreinigungen der Arzneimittel. 269

hing in einem Fasse, welches früher als Bleiweissfass gedient hatte, noch Bleiweiss an den Wänden und in dem Fasse lag Semen Conü.

Bei Benutzung älterer Schubkästen und Holzbüchsen solite künftig grössere Sorgfalt auf vorhergehende Reini- gung derselben verwendet werden, als bisher, damit nicht giftige Farben, wie Bleiweiss, oder sonstige Farben, wie Berlinerblau, Englischroth u. dergl. in den Gefässen bleiben, welche nun zur Aufbewahrung von Quittenkernen, Mohnsamen, Pflastern etc. bestimmt sind.

Hier will ich auch noch der Unsitte gedenken, die Weinflaschen mit Bleischroten auszuscheuern. Mir selbst ist es vorgekommen, dass ich, ungeachtet ich solche Art der Reinigung meinen Dienstboten untersagt, in einer mit Wein gefüllten Flasche, die ich selbst aus dem Kel- ler geholt und dessen Inhalt ich bei einem Feste zu geniessen gedachte, im unteren verengten Theile der Flasche über ein Dutzend Bleischroten sitzen sah. Bei Untersuchung des darüber befindlichen Weines zeigte der- selbe einen starken Bleigehalt. Ueber den Bleigehalt der Schnupftabacke will ich schweigen, ebenso über denjenigen der Oblaten; am widerwärtigsten ist ein solcher bei den Visitenkarten der mit HS beschäftigten Uhemiker.

Kupfer. In Jena wurde im Jahre 1556 eine neue sehr zweckmässige Polizeiordnung entworfen und durch den Druck bekannt gemacht. Wie grosse Aufmerksam- keit man schon in jenen Zeiten auf die Gesundheits- und Medieinalpolizei gewendet, ersieht man auch daraus, dass bereits im Jahre 1570 bei gehaltener Visitation den Apo- thekern verboten worden, küpferne und messingerne Gefässe in der Offiein zu dulden. (Joh. Ernst Basilius Wiedeburg, Beschreibung der Stadt Jena, 1785, 2. Theil, S. 465.)

Wer von Ihnen kennt nicht die Probe der Extracte, Mellagines, Roob, Succi, Syrupe, Oxymel, Mel depuratum u.s. w. auf Kupfergehalt mittelst eines blanken Eisen-

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270 H. Ludwig,

spatels, den man in die angesäuerte wässerige Lösung der genannten Präparate steckt! Der käufliche Succeus liquiritiae enthält oft auffallend

grosse Mengen von Spänen metallischen Kupfers. So

erhielt ich von Herrn Apotheker Fiedler in Neumark solches Kupfer, von welchem er 16, Gran aus 3 Pfun- den pond. civ. Suec. liquiritiae mechanisch ausgeschieden hatte.

Durch Stossen im Messingmörser wurde der Salmiak kupfer- und zinkhaltig, durch Zerreiben im Messing- mörser die Weinsäure Cu- und zinkhaltig.

Lig. ferri chlorati fand ich kupferhaltig (1863).

Acid. aceticum kupferhaltig (1859); Acetum concen- tratum desgleichen (1858); auch Lig. ammon. acet. kupfer- haltig (1858).

Der Kupferoxydgehalt der Bleiglätte macht den Bleiessig blau.

Vom Herrn G.H. Sch. in J. wurden mir sogen. ver- goldete Pillen gezeigt, die er in einer königl. sächsischen Apotheke hatte bereiten lassen (zwischen 1847 und 1854) und welche statt mit echtem Gold mit Flittergold (geschla- genem Messing, unechtem Blattgold) überzogen waren, das seinen Glanz verloren und grün geworden war.

Dass ich gar oft den Rath ertheilen musste, die Ver- zinnung kupferner Kessel erneuern zu lassen, brauche ich wohl kaum zu erwähnen.

Zuweilen sah ich auch Flüssigkeiten durch graues Löschpapier filtriren, von welchem wir wissen, dass es neben andern Unreinigkeiten namentlich viel Kupfer enthält und bei Benutzung alter Tapeten auch Arsenik.

Herr Apotheker Geheeb in Geisa untersuchte wäh-

. rend seiner Anwesenheit in Jena als Mitglied meines In-

stituts eine verdächtig grün aussehende eingemachte saure Gurke von 4l/, Unzen Gewicht vom Seiler R. in Jena (Juni 1865) und erhielt daraus durch Behandlung mit reiner Salzsäure, chlorsaurem Kali, HS etc. eine ziem-

liche Menge reducirtes metallisches Kupfer. So viel ich

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über Ei Ver unreinigungen der An emikiel: 271:

Sn herrscht hier und da die Unsitte, Kupfermünzen in gewisse Gemüse, z. B. die Bohnen, zu legen, damit sie schön grün erscheinen. Auch ins Brod wird von gewissenlosen Bäckern Kupfervitriol gebacken (z. B. in Belgien nach den Angaben von Kuhlmann).

Zink. Weder in der Küche, noch zum Aufbewah- ren oder Messen von Nahrungsmitteln oder Arzneimitteln dürfen Zinkgefässe verwendet werden, da das Zink sich in sauren und alkalischen Flüssigkeiten leicht auflöst und seine Salze in hohem Grade brechenerregend wirken. Orfila berichtet folgenden Fall: Ein Kaufmann in Gray brauchte im Keller ein Zinkgefäss, welches etwa 40 Pfd. fasste. Eines Tages liess er mehre Stunden lang Wein darin stehen und trank ihn dann mit seiner Familie zur Mahlzeit. Kurz nachher traten bei den Gliedern der Familie heftige Kolik und Erbrechen ein, welche durch schleimige Mittel beseitigt würden. Der Wein enthielt ein Zinksalz. (Journ. de chim. med. 1838. 8.265. Orfila, Toxikologie übers. v. Krupp. Bd.2. 8.30.)

Bei einer Apothekenrevision fand ich Wollblumen in einer Zinkblechflasche aufbewahrt, welche innerdurch Oxydation ganz weiss erschien. Auch die narkotischen Kräuter Ab. Conü, Hyoscyami und Belladonnae fand ich in derselben Apotheke (1858) unpassend in Zinkblechflaschen aufbewahrt.

Apotheker Dr. Geiseler berichtet über Ermittelung des Zinkgehaltes einer in einem Zinkgefässe sauer ge- wordenen Milch. (Arch. der Pharm. 2. R. Bbd. 33. 8. 164. 1843.) |

Ueber zinkoxydhaltige Kautschuksauger ver- öffentlichte ich schon in der Weimarer Zeitung vom 19. März 1861 Folgendes: 4

„Die Zeitungen berichten jetzt über das Vorkommen zinkoxydhaltiger Kautschuksauger und verbreiten sich über die nachtheiligen Wirkungen, welche dieselben auf die Gesundheit der Kinder ausüben sollen, denen sie zur Aufnahme flüssiger Nahrung dienen. Ohne mich auf die

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272 H. Ludwig,

Wirkung derselben weiter einzulassen, will ich hier mit- theilen, dass in Jena solche Sauger im Handel vorkom- men und dass ich auch von aussen her dergleichen zur Untersuchung benutzt habe.

Warzenhütchen, angeblich aus Berlin von Robert und Reimann, zeigten ein Gewicht von 11 Grm. und hinter- liessen beim Einäschern auf dem Platinblech 47 Procent Zinkoxyd. Frische Sauger, von unbekannter Abstam- mung, durch F. L. in Greussen bezogen, hinterliessen beim Einäschern 43 bis 44 Procent Zinkoxyd. Sau- ger derselben Sorte, aber von einem nur ljährigen Kna- ben seit mehren Monaten benutzt, gaben aus dem dem Milchfläschehen aufsitzenden Theile 38 Proc. Zinkoxyd, während das Mundstück desselben Saugers nur 33 Proe. Zinkoxyd lieferte. Das Gewicht solcher Sauger beträgt gegen 7 Grm. Es leidet sonach keinen Zweifel, dass durch längere Benutzung solcher Sauger Zinkoxyd her- ausgeknetet wird und sich der Nahrung des Säuglings beimengt. Kocht man die Masse derartiger Warzenhüt- chen und Sauger mit Salpetersäure, so löst sich nur ein Theil des Zinkoxyds auf (beispielsweise von solchen, welche 44 Proc. Zinkoxyd enthielten, nur 18 Proc.); das Uebrige bleibt in dem harzartigen Oxydationsproduct hartnäckig zurück und tritt erst beim Einäschern dessel- ben hervor. Es ist deshalb zur raschen Prüfung solcher Sauger am sichersten, eine Probe davon auf einem sil- bernen Löffel zu verbrennen. Ist Zinkoxyd zugegen, so hinterbleibt dasselbe nach der Verbrennung als ein in der Hitze citrongelbes, beim Erkalten weisses schmelz- bares Pulver.‘

In den Blättern von der Saale, vom 13. August 1861, theilte ich aus der Bunzlauer Pharm. Zeitung vom 31. Juli 1861 S. 144 die Beobachtungen des Apothekers Lüb- beke aus Duisburg über Zinkoxyd- und Bleiweiss-hal- tige Kautschuksauger mit. Bei eimer Sorte enthielten 100 Theile Kautschuksauger 50 Theile eines Gemenges aus Zinkoxyd und Kreide, bei einer andern Sorte 38,

über die Verunreinigungen der Arzneimittel. 273

bei einer dritten Sorte 35 Theile Zinkoxyd und bei einer vierten 18 Theile reines kohlensaures Blei- oxyd und 28 Theile Kreide und Schwerspath. Die aus reinem Kautschuk bestehenden Mundstücke sind stets mit einer Nath oder mit zwei sichtbaren Näthen ver- sehen, zeigen durchschnitten eine glatte, braune, stets glänzende Schnittfläche, sind dünn, sehr dehnbar und elastisch, gegen das Licht gehalten braun durchscheinend und wiegen 1, höchstens 3/, Loth.

Die verfälschten zeigen nirgends eine Nath, beim Durchschnitt eine matte, graue oder weissgraue Schnittfläche, auf welcher kleine weisse Pünctchen sich unterscheiden lassen. Sie sind dicker, weniger dehn- bar, kaum elastisch, vollkommen undurchsichtig und wie- gen nie unter N, Loth, häufig 3/, Loth, so dass sie schon hiernach leicht von den echten unterschieden werden können.

Smalteblau und Ultramarin. Um Papieren einen bläulichen Schein zu geben und ihre schmutzige gelblich-weisse Farbe zu verdecken, pflegt man densel- ben irgend welche blaue Farbe zuzusetzen, so unter andern Ultramarin und Smalte. Erstere ist unschäd- lich, letztere aber enthält Kobaltoxydul und häufig etwas Arsen. Bei Filtrirpapier ist es also sehr wichtig, dass das- selbe smaltefrei sei. In einer hellblauen Smalte fanden sich 0,35 Proc. AsO3, nämlich in 1 Unze 0,112 Grm. AsO3 (1865). Beim Einäschern solcher Papiere bleiben diese beiden blauen Farben unverändert zurück. Vor einigen Jahren fand man in gewissem Hutzucker des Handels Ultramarin.

OÖ. L. Erdmann in seinem Grundriss der allge- meinen Waarenkunde (1852, Seite 91) sagt von der Smalte, dass sie von Säuren nicht verändert werde. Ich habe jedoch beobachtet, dass Säuren ihr Kobaltoxydul entziehen und dass mit Salzsäure destillirt, diese letztere arsenikhaltig übergeht.

Eisen ist ein lästiger Gast in manchen Präparaten

Arch.d. Pharm. CLXXXII, Bds. 3. Hit. 18

274 H. Ludwig,

und schleicht sich in Folge der Anwendung eiserner Geräthschaften, eisenhaltigen Papiers, der Anwendung des im Eisenmörser zerstossenen Glases etc. in die Präpa- rate ein.

So wird das Zincum chloratum, dessen Lösung durch gröblich zerstossenes Glas filtrirt werden soll, in Folge eines Eisengehaltes des Glases ganz gelb.

Widerwärtig ist die Anwesenheit des Eisenoxyds in der Magnesia usta und dem Zinkoxyd, so wie dessen Präparaten, in dem Aetzkali, im Alaun, im Sal- miak, dem er gelbe Streifen ertheilt (falls diese nicht von brenzlichen Producten, Theer etc. herrühren).

Mangangehalt färbt die Pottasche grün; dass auch Kupfer in derselben vorkommen kann, ist bekannt.

Kieselerdegehalt des Aetzkali, kohlensauren Kali, der Magnesia und kohlensauren Magnesia, des Zinkoxyds, der Bleiglätte wird nicht selten beobachtet. Hier mag eine Stelle eines Briefes meines früheren Zuhörers, des Herrn Dr. E. Pfeiffer (vom 20. Juli 1864) ihren Platz finden: „Wie Sie wissen, brachte ich den Sommer ver- gangenen Jahres als Pharmaceut im Elsass zu. Mein Principal wünschte, dass ich die eingehenden Waaren untersuchte. Wenn ich ihm dann aber Verunreinigungen nachwies, wollte er es nicht Wort haben, weil er, sich auf das Cachet des Fabrikanten verlassend, dieselben selbst nie untersuchte; obgleich ich ihm oft genug die Beweise ad oculos demonstrirte, wenn ich ihm z.B. die Bleistück- chen aus der Weinsäure, die Zinkstückchen aus dem Zinkoxyd, die Kupferstückchen aus den Extracten aus- las, wenn ich ihm sagte, dass das Extr. Taraxaci zur Hälfte Runkelrübenmelasse, oder dass das Extr. Graminis ein Gemisch mit Suecus Liquiritiae gefertigt sei; oder als Beide (mein Principal und der Gehülfe) in Verzweif- lung waren, dass ihr Bleipflaster nicht weiss werden wollte, ich ihnen zeigte, dass ihre Glätte 30 Proc. Zie- gelmehl enthielt u. s. w.“

Das Capitel über Glas- und Porcellangefässe

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ver ERENT

über die Verunreinigungen der Arzneimittel. 275

übergehe ich und will nur daran erinnern, wie unange- nehm es werden kann, wenn diese Gefässe doppelte Sehilder, ältere nicht mehr geltende und neuere gel- tende, enthalten; wie nöthig es ist, sich zu vergewissern, ob man bleihaltiges oder bleifreies Glas anwendet; die sorgfältige Trennung des gebrauchten vom ungebrauch- ten Glase; die rechtzeitige Benutzung gesch wärzter Gläser zur Aufbewahrung von Chlorwasser, Chloroform, Santonin und Chinium sulfuricum, welches im Lichte gelb wird, wie mir Herr Apotheker Müller in Fraureuth im August d.J. mittheilte und selbst zeigte, ass bestes Zimmer’sches Präparat im Sonnenlichte gelb geworden war. Schwefelsaurer Baryt (Schwerspath) im Bleiweiss ist dann nicht zu statuiren, wenn solches Bleiweiss zur Salbe oder zum Pflaster verwendet wird. Löst man solche Präparate in verdünnter heisser Salpetersäure, so bleibt der Schwerspath ungelöst am Boden liegen und das ölige Fett schwimmt über der Bleioxydlösung. Schwefelsaurer Kalk (Gyps) fand sich (1857) zu 50 Proc. in einem Sulfur praecipitatum! Wahrscheinlich hatte der Laborant verdünnte Schwefelsäure statt Salz- säure zur Fällung des Schwefelcaleciums angewendet. Kalkhaltiger Weinstein und Weinsteinpräparate. Kohlensaurer Kalk (Conchae praeparatae) statt phosphorsaurem Kalk (Cornu cervi ustum album prae- paratum) ist mir vorgekommen.

- Kalisalpeter in kleinen Mengen im Argentum ni- trieum fand mein Freund Dr. Mirus und überzeugte ich mich selbst von dessen Vorkommen. Da die Lieferanten des Präparates betheuerten, dass sie solchen Kalisalpeter nicht absichtlich hereingebracht, so bleibt nur übrig an- zunehmen, dass derselbe in Folge Anwendung kalihaltiger roher Salpetersäure zum Lösen des Silbers in den Höl- lenstein gelangte.

Kohlensaures Kali (doppelt-kohlensaures Kalı) im Jodkalium ist mir ein paar Mal vorgekommen, ja so- gar stark alkalisches Kal. jodat. (1856). 18%

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276 H. Ludwig,

Reichliches Chlorkalium im Kalisalpeter, reich- liches Chlornatrium im Natr. nitricum. Stark alka- lische, Quecksilberchlorid röthende Präparate von sogen. Kali bicarbonicum und Natrum bicarbonicum; auflälliger Weise war das billige pulverförmige Salz kohlensäure- reicher, als die theureren krystallinischen Krusten. Natrum nitricum von alkalischer Reaction. Eine Verwechselung des Natrum carbonicum siccum mit Natrum sulfuricum siccum fand ich 1856.

Kali aceticum schön schuppig krystallinisch und weiss und dennoch reich an phosphorsaurem Kali und Chorkalium; ebenso der daraus bereitete Lig. Kali acetici.

Carbo spongiae frei von Jodmetall, in Folge zu star- ken Glühens.

Schwefel- und Kohlegehalt des Ferr. pulverat. und Ferr. hydrogenio reductum.

Ag. destillata, menth. pip., chamomillae gelblich, trübe, wegen Unsauberkeit des Verstreichens der Fugen zwi- schen Helmschnabel und Kühlrohr.

Ag.sambuci essigsauer. Dass auch frische destillirte Wässer etwas Essigsäure enthalten können, so die über römischen und gemeinen Kamillenblüthen, Majoran, Car- damomen, Fenchel- und Wurmsamen abdestillirten Wäs- ser, zeigten Hautz und Wunder schon 1855. Es wäre zu prüfen, ob manche frische destillirte Wässer, nament- lich Ag. sambuei, vielleicht Aldehyd enthalten.

Lig. ammonii caustici gelblich in Folge eines Rück- haltes von brenzlichem Thieröl oder Steinkohlentheeröl.

Acetum concentratum gelblich, in Folge eines Rück- halts von brenzlichem Holztheeröl.

Lig. ammonü acetici bräunlich-gelb, weil aus brenz- lichem Salmiakgeist und brenzlichem Acet. concentratum bereitet (1863).

Lig. ammonit succinici stark alkalisch, weil anfäng- lich reich an doppeltem kohlensaurem Ammoniak in Folge einer Neutralisation bei gewöhnlicher Temperatur.

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über die Verunreinigungen der Arzneimittel. 277

Aether zu reich an Weingeist, z. B. mit einem spec. Gew. 0,765 bei 200C. anstatt 0,730.

Aether aceticus desgl., z. B. mit einem spec. Gew. 0,862 anstatt 0,900.

Chloroform reich an Weingeist; z.B. spec. Gew. —= 1,38 anstatt 1,49. (Alle drei im August 1867.)

Ag. amygdalar. amarum und Ag. laurocerasi zu arm an Blausäure wegen Aufbewahrung in allzu grossen, nicht angefüllten Gefässen.

Mel despumatum gerbsäurehaltig, weil nach Mohr’s Methode gereinigt (1860; 1850).

Mel americanum mit Bienenleichen (1863).

Gekünstelten Syrupus Violarum.

Chinium sulfuricum chinidinhaltig (1867), nach Ker- ner’s Methode geprüft.

Fette Oele und Salben ranzig.

Salben und Pflaster nicht genau gemischt, oder letztere schmutzig und streifig.

Kräuterpflaster angeschimmelt.

Extracte zu dünnflüssig oder angeschimmelt.

Wurzel- und Kräuterpulver nicht fein genug oder zusammengeballt oder ausgebleicht.

Geschnittene Wurzeln, Kräuter und Species nicht von Pulver frei.

Aromatische Species nicht gehörig verschlossen aufbewahrt.

Aetherische Oele verharzt und in der Farbe verändert.

Lycopodium amylumhaltig; Sem. anisi reich an Erd- klümpchen (zuweilen soll Sem. conit demselben beigemengt gewesen sein). ad. angelicae, Rad. levistici, Rad. tara- xac® etc. wurmstichig, Flor. verbasci braun geworden, Se- cale cornutum schimmlig oder wurmstichig, in Bacc. myr- tillorum die Maden, auf Caricae die Milben, Canthariden zerfressen u. s. w.

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278 R. Bender,

Veber die Mineralquellen zu Heppingen, Landskron und Apollinarisbrunn im Ahrthal;

von R. Bender in Coblenz.

Unter den vielen Mineralquellen des vulkanischen Eifel- gebirges, welche sämmtlich mit Ausnahme von Bertrich und Neuenahr kalte sogenannte Säuerlinge sind, verdienen erwähnt zu werden die Mineralquellen zu Heppingen, Landskron und Apollinarisbrunn.

Das Ahrthal, welches eine Meile unterhalb dem Brohl- thale in das Rheinthal ausmündet und dessen Endpunct der bekannte Basaltberg Landskrone bildet, wird durch- flossen von der Ahr. Dieser Fluss entspringt auf der hohen Eifel und mündet, nachdem er etwa 8 Meilen eines meist von schroffen Felsenwänden eingenommenen Gebir- ges durchströmt, bei Sinzig in den Rhein. Ahr- und Brohlthal sind in Bezug auf die Gebirgsformation ver- schieden, während im ersteren Grauwacke, Thonschiefer und stellenweise Basalt abwechseln, ist in letzterem vor- zugsweise Trachyttuff oder Tuffstein vertreten. Beide Thäler haben als vulkanische Producte Kohlensäure-Exha- lationen und damit in Verbindung stehende Mineralquellen mit einander gemein.

Die Mineralquellen des Ahrthales finden sich 1 bis 1Y, Meilen von der Mündung der Ahr entfernt und liegen am Fusse der 811 Fuss hohen Landskrone. Zwei von diesen Mineralquellen, die Säuerlinge Landskron und Hep- pingen, bieten schon seit Jahren den Bewohnern des Mit- telrheins ein erfrischendes Getränk. Der Apollinarisbrunn dagegen ist erst vor 14 Jahren ans Tageslicht getreten.

Die Bestandtheile, sowie der Kohlensäuregehalt der beiden älteren Mineralquellen sind häufigem Wechsel unter- worfen gewesen. Veranlassung gaben verschiedene Um- stände, besonders der sehr veränderliche Lauf und die Ueberschwemmungen der Ahr, deren Wasser sich zum

e Miveralauellen : zu en en etc. 279

Nachtheile des Mineralwassers mit dem der Quellen ver- mischte. So trat mitunter gänzliche Versumpfung ein, welcher zeitweise durch neue Fassung der Quellen vor- gebeugt wurde.

&. Bischof führte im Jahre 1828 zuerst eine Ana- Iyse des Heppinger Mineralwassers aus und fand der- selbe in 10,000 Theilen an fixen Bestandtheilen:

Kohlensaures Natron........ 9,02 Eblarnatniums; aan. es. 5,02 Schwefelsaures Natron....... 3,18 Kohlensaure Magnesia....... 2,93 Kohlensauren Kalk.......... 2,63 Eisenoxyd und Thonerde.... 0,13 Kıegelsaure Van deli 0,50 Summe der Bestandtheile 23,41

Fuervon Aosliche : ................ 17,22 ünlösliche... .......- A 6,19.

Derselbe Chemiker analysirte 1832 das in unmittel- barer Nähe befindliche Landskron - Mineralwasser und fand in 10,000 Theilen an fixen Bestandtheilen:

Kohlensaures Natron........ 8,15 Ehlamatrınn Hy Saar 4,08 Schwefelsaures Natron....... 2,41 Kohlensaure Magnesia....... 3,57 Kohlensauren Kalk.......... 2,43 Eisenoxyd und Thonerde.... 0,10 Kissekatte a Rear 0,04 Summe der Bestandtheile 20,78

Eietyon. losliche - - ..... ........ a sur 14,64 Bnlosliche „wet 6,14.

Beide Mineralquellen wurden im Jahre 1854 vonG.und C. Bischof wiederholt untersucht, dabei jedoch nur die Summe der Bestandtheile, so wie die der löslichen und un- löslichen ermittelt. In 10,000 Theilen des Heppinger Mineralwassers ergaben

280 R. Bender,

lösliche Bestandtheile,.... 6,56 unlösliche...2.22..1 2008 2,43

Summe der Bestandtheile... 8,99 In 10,000 Theilen Landskron Mineralwassers waren vorhanden: lösliche Bestandtheile..... 12,99 unlösliche. a HE 3,09

Summe der Bestandtheile... 16,08

Der Apollinarisbrunn im Ahrthale wurde auf eigen- thümliche Weise aufgefunden und sollte bald die beiden älteren Mineralwässer überflügeln.

Im Herbste 1851 wurde der Besitzer eines zwischen Heppingen und Ahrweiler gelegenen Weinberges aufmerk- sam, dass an einer Stelle die Weinstöcke kümmerlich vegetirten und abstarben, während sie ringsumher üppig wuchsen. Dieser Umstand führte zur Entdeckung einer starken Kohlensäure-Entwickelung aus der Tiefe an jener Stellee Der Grundbesitzer liess, um dieses der Vege- tation so schädliche Gas abzuleiten, einen Schacht abteu- fen, der mit einem Stollen communicirte. Dieses brachte ihn auf die Vermuthung, dass hier eine Mineralquelle vorhanden sein möchte. Verschiedene Bohrversuche lies- sen dann 1852 in einer Tiefe von 49 Fuss die Quellen des Appollinarisbrunnen auffinden, welche dort unter star- kem Getöse den Felsen in einzelnen Adern mit einer Temperatur von 15—170R. entquollen. Dieselben wur- den sehr sorgfältig gefasst und noch eine eigenthümliche Vorrichtung getroffen, um das Wasser mit seinem gan- zen Kohlensäuregehalt aus der Tiefe zu erhalten. Der tief gelegene Ursprung und die schützenden Vorrichtun- gen bewirkten denn auch, dass die Quellen von dem Einflusse der Tagewasser unberührt blieben und daher stets eine gleiche Zusammensetzung und constanten Con- centrationsgrad behielten.

Die Apollinarisquelle besitzt eine Temperatur von 15,60R. und enthält nach Dr. C..Bischof in 10,000 Theilen:

Mineralquellen zu Heppingen, Landskron, etc. 281

Kohlensaures Natron......... 12,57 Chlomatrum 2.8 22.0 4,66 Schwefelsaures Natron....... 3,00 Phosphorsaures Natron....... Is Babsalze.. „22.0 4 29.0 Be Kohlensaure Magnesia....... 4,42 Kohlensaurer Kalk.......... 0,59 Eisenoxyd und Thonerde.... 0,20 Kieselsäure.. ........... N }:) Summe der Bestandtheile 25,52 chen a ee 20,23 Balkhecherm u al RR Freie u. halbgebundene Kohlensäure 27,76 Spec. Gewicht des Wassers....... 1,00356.

Eine spectralanalytische Prüfung des abgedampften und bei 1200R. getrockneten Rückstandes des Apollinaris- Mineralwassers zeigte im Steinheil’schen Spectralapparate die Linien:

N sehr intensiv und lang 1 ER NE schwach aber deutlich sehr stark und lang DE intensiv.

Es enthielt demnach dieses Mineralwasser noch Li- thium, welches in dem Thermalwasser des in geringer Entfernung befindlichen Bades Neuenahr von Dr. F. Mohr ebenfalls nachgewiesen und quantitativ bestimmt wurde.

Die Entwickelung des kohlensauren Gases aus dem Quellenbassin in unzähligen Bläschen macht einen über- raschenden Eindruck. Es ist das Wasser vollständig mit Kohlensäure gesättigt und ergab die Prüfung des aus- strömenden Gases eine fast reine Kohlensäure, welche noch nicht 1 Proc. fremder Gase enthielt. Diese wird

wie bei dem Heilbrunner Wasser benutzt, vor der Fül-

lung in die Krüge oder Flaschen geleitet zu werden.

Der Apollonarisbrunnen wird meist als Luxusgetränk versandt, vielfach aber auch als Shi in Anwendung gebracht.

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282

III. Naturgeschichte und Pharma- kognosie.

Nachweisung des Mutterkorns im Roggen- und gemischten Weizenmehle;

von

E: Berlandt; Apotheker in Bukarest.

Es ist bekannt, dass im Brodmehl Mutterkorn oft in grossen Quantitäten vorkommt und dass in Folge des Genusses eines aus solchem Mehl gebackenen Brodes die gefährlichsten Krankheitserscheinungen auftreten. Die Fälle sind demnach nicht so selten, wo an den Chemiker die Anforderung gestellt wird, Mutterkorn in einer ge- gebenen Substanz nachzuweisen.

Die mir bisher bekannten Methoden scheinen mir aber nicht mit der gehörigen Präcision die Gegenwart des Mutterkorns nachzuweisen, da diese nur auf physi- kalische Beobachtungen gegründet sind, wie z. B. die Behandlung des Mutterkorns mit Kali causticum, wobei sich der Geruch des Propylamins entwickelt. Diese und ähnliche Kennzeichen sind meiner Meinung nach bei ge- richtlich-chemischen Untersuchungen nicht hinreichend, und so fühlte ich mich bewogen, Versuche anzustellen, um ein sicheres Reagens auf Mutterkorn zu ermitteln.

Es ist bekannte Thatsache, dass Mutterkorn mit Kali causticum behandelt, Propylamin entwickelt. Mein Plan ging nun dahin, Propylamin auf chemischem Wege sicher nachzuweisen und glaube denselben realisirt zu haben, gestützt auf folgendes Raisonnement: das Propylamin müsse sich unter dem Einflusse der Glühhitze

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L. Berlandt, Mitterkorn im a u. Wosemichle 83

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in Sumpfgas und Blausäure spalten, denn C6H9N 2C?H? 4 C?NH. Um zu diesem Ziele zu gelan- gen, gehe ich folgendermassen vor:

Ich mische 10 Centigrm. gepulvertes Mutterkorn und 99 Centigrm. Weizenmehl, setze diese Mischung mit einer Auflösung von 1 Th. Kali causticum und 6 Th. destill. Wasser zu einem dünnen Brei an und gebe diesen in einen Kolben von 3 Unzen Inhalt. Der Kolben ist mit einer rechtwinkligen Röhre verbunden, an welcher ein Chlorealeiumrohr befestigt ist, von welchem eine 5 Milli- meter weite Glasröhre ausläuft, die ich mit dem Liebig- schen Kugelapparat verbinde. Die Glasröhre lege ich in einen Verbrennungsofen von Eisenblech. Nachdem so der Apparat zusammengestellt ist, wird die Röhre indem Verbrennungsofen mit Holzkohle bis zur Rothglühhitzee gebracht, das Kölbcehen im Wasserbade durch eine halbe Stunde erhitzt, während der.mit destillirttem Wasser ge- füllte Kugelapparat durch Eiswasser gleichzeitig abge- kühlt wird. Nach Beendigung der Operation versetzte ich die Flüssigkeit aus dem Kugelapparate mit Schwefel- ammonium, dampfe im Wasserbade zur Trockne ein nnd filtrire den in wenig Wasser gelösten Rückstand.

Einige Tropfen dieses Filtrats mit etwas destillirtem Wasser gemischt, geben auf Zusatz eines Tropfens ver- dünnter Eisenchloridlösung eine blutrothe Färbung, das unzweifelhafte Zeichen der Bildung von Blausäure durch obiges Verfahren.

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Zur Kenntniss der giftigen Wirkung des Rhus toxicodendron.

Angeregt durch einen Aufsatz des Herrn Apotheker : = Stickel in Kaltennordheim im Junihefte des Archivs 1867, erlaube ich mir meinen Herren Collegen zur Be- achtung Folgendes über die Wirkung des Rhus tomicoo- dendron mitzutheilen.

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284 Zur giftigen Wirkung des Rhus toxicodendron.

Ich baute genannte Pflanze in meinem Garten und habe dieselbe mehre Jahre bindurch selbst, aber stets zur Mittagszeit geschnitten. Im Juli 1865 schnitt ich, da es am Tage ungewöhnlich heiss war, dasselbe am Abend nach Sonnenuntergang, an beiden Händen behand- schuht. Schon am folgenden Tage waren die Hand- gelenke, das der rechten Hand besonders, mit Blasen bedeckt, die sehr juckten, sich am zweiten Tage in grau- penähnliche Pusteln verwandelten, welche darauf in Eite- rung übergingen. Ich hatte Alles nieht sonderlich geach- tet, als aber am fünften Tage Röthe, Blasen und Ge- schwulst sich über Arme, Beine, Hals, Gesicht der Art verbreiteten, dass das eine Auge festgeschlossen war, wurde ich auf Anrathen des Arztes förmlich mit Eis be- legt und nahm innerlich Natr. nitricum, wo dann endlich am zehnten Tage Geschwulst und Röthe allgemach ver- schwanden, aber ein fast unerträgliches Jucken, welches nur durch Liniment. Caleis in etwas gelindert wurde, hielt noch längere Zeit an.

Dies Exanthem hatte indess auf das Allgemeinbefin- den keinen nachtheiligen Einfluss; es schmeckte Essen, Trinken, so wie die Cigarre, aber das Jucken und Bren- nen war eine Höllenpein.

Mögen also Alle, welche Khus toxicodendron. schnei- den, sich mein Erlebniss zur Warnung dienen lassen und dasselbe stets zur Mittagszeit, nie aber nach Sonnen- untergang vornehmen, wo die Ausdünstung desselben am stärksten sein soll.

285

IV. Literatur und Kritik.

Das Mikroskop in seiner Bedeutung für die Erweiterung der Naturerkenntniss, für die Entwickelung der phy- sikalischen, beschreibenden und physiologischen Wis- senschaften, wie auch für einige Zweige des bürger- lichen Lebens ete., von Paul Reinsch. Nürnberg, Verlag von J. A. Stein’s Buchhandlung. 1867.

Ueber den Zweck dieses 242 Octavseiten und 6 Figurentafeln umfassenden Werkes spricht sich der Verf. in der Vorrede folgen- dermassen aus: „Der Verf. wünscht dem gebildeten Liebhaber der Naturgeschichte, der sich an den erhabenen, an ewige Gesetze ge- ketteten Lebenserscheinungen auch im kleinsten Raume erfreut, dem sich gern ein eigenes Urtheil verschaffenden Antheilnehmer an den principiellen Fragen und Kämpfen der Gegenwart, dem der prakti- schen Nutzen von der Wissenschaft verlangt, für welche zunächst dieses Schriftchen zusammengesteHt wurde, in der Hoffnung, allen Dreien zu genügen, in kurzer übersichtlicher Form eine Darstellung der Bedeutung und der Einrichtung eines Instrumentes gegeben zu haben, welches schon in so kurzer Zeit tief in das Leben eingegrif- fen, in der Wissenschaft reformirend einen Umschwung veranlasst und die schärfere Wahrnehmung wie auch die Beweisführung ewi- ger geoffenbarter Gesetze im Kreise des organischen Lebens, dem Zweifler und Spötter gegenüber, aufinductivem Wege ermöglicht hat.“ Sonach soll das Werk also kein Lehr- oder Handbuch für Mikro- skopirende sein, wie man dem Titel nach leicht vermuthet, sondern es soll vielmehr nur zum erbaulichen und beiehrenden Studium die- nen. Die einzelnen Abschnitte sind daher mehr skizzenhaft gehal- ten .und oft ist vom eigentlichen Gegenstande sehr weit abgewichen. Was über die Entstehung, Einrichtung und den Gebrauch des Mikro- skops gesagt ist (Inhalt des I. Abschn.), kann wohl Niemandem als Leitfaden für mikroskopische Untersuchungen dienen; ebensowenig

giebt der zweite Theil eine genügende Uebersicht über die vielsei-

tige Anwendbarkeit des Mikroskops. Nur im 3. Abschnitte geht der Verf. etwas gründlicher auf die wichtigen Forschungsresultate ein,

welche durch das Mikroskop zur Erweiterung der Botanik gemacht Sa 3

worden sind und es wird damit die Hälfte des Buches ausgefüllt. Ob es dem Herrn Verf. wirklich geglückt ist, das oben mit seinen eigenen Worten angedeutete Ziel erreicht zu haben, ist allerdings schr zweifelhaft. Schon jener Satz aus der Vorrede giebt eine kleine Probe von dem im ganzen Werke herrschenden Styl; dabei ist jener Satz aber gerade einer der besseren und es könnten, wenn es nicht zu ermüdend wäre, weit merkwürdigere Beispiele von langathmigem, schwerfälligen Periodenbau aus dem Buche eitirt werden. (Pag.1 bis 2 bieten einen Satz von 37 Zeilen, worin siebenmal „Methode“, fünfmal „Wissenschaft“ ete. vorkommt; bemerkenswerth ist auch Pag. 24 von „Ausser“ anete.) Abgesehen von der durch solche Construc- tionen oft herbeigeführten Unklarheit, kommen zuweilen auch sinn-

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286 Literatur.

entstellende Fehler in der Ausdrucksweise hin und wieder auch kleine Irrthümer vor. Zu den Verstössen erster Art gehört z.B. die Bemerkung (Pag. 4), dass das Mikroskop „zur Kenntniss der mo- leeularen Zusammensetzung der anorganischen Körper* Anwendung gefunden habe (jedenfalls haben da dem Verf. die feinkörnigen oder feinkrystallinischen Mineral-Aggregate vorgeschwebt). Aehnlich ver- hält es sich auch mit folgendem Satze (Pag. 24): „Dass das Mikro- skop auch der Prüfung aller übrigen Nahrungsmittel und Getränke, z.B. des Brunnenwassers hinsichtlich der etwa in demselben befind- lichen contagiösen Thier- und Pflanzenstoffe und mineralischen Ver- unreinigungen, fähig ist. kann ich hier nur noch vorüberhehend nicht unerwähnt lassen“. Nach einer Angabe (Pag. 21) müsste man mei- nen, der Botryocephalus latus habe stets gerade 10,000 Glieder. (Bei dem Citate der Abbildung eines Entozoeneies ist wohl die Nummer verdruckt.) „Pharmakognosie und Droguenwaarenkunde“ ist ein Pleonasmus. Von den Stellen, an welchen dem Hrn. Verf. kleine Irrthümer unterlaufen sind, sollen nur einige hier kurz angedeutet werden. Nach einer sehr undeutlichen Erklärung eines Amylum- kernes heisst es (Pag. 16), dasselbe bestehe aus „Granulosesubstanz*, zwischen deren Schichten die „eigentliche Amylumsubstanz“ einge- lagert sei, welche man durch Speichel ausziehen könne. Nach Nä- geli’s Vorgange bezeichnet man aber umgekehrt gerade den Theil, den der Speichel angreift, resp. in Lösung versetzt, mit „Granulose* und den andern als Amylocellulose. Ferner sagt Herr Reinsch, es löse sich Amylum bei der Kleisterbildung und erwähnt bei der Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure nur die Bildung von Zucker und nicht die vorausgehende Entstehung von Dextrin. Die durch- schnittliche Grösse eines Stärkekorns der Kartoffel wird hier 0,038 0,019 M.M. und eines solchen von Maranta arundinacea = 0,046 0,0338 M.M. angegeben. Es ist hingegen aber bekannte Thatsache, dass die Kartoffelstärke grössere Körner zeigt, als das Arrow-root; Schlei- den giebt das Grössenverhältniss =5:3 an und damit stimmen auch die Messungen von Payen überein, wonach die Kartoffelstärkekörner einen Durchmesser von 0,185 M.M., die von M. arundin. dagegen nur bis zu 0,140 M.M. erreichen. Unrichtig ist auch die Angabe, dass bei jenen beiden Stärkesorten der Kern central angeordnet sei; er ist bei der Kartoffel sogar sehr deutlich excentrisch. Nach des Verf. Meinung (Pag. 23) kann man Fett durch Essigsäure auflösen. Pag.33 wird der Augit mit zu den Gemenggesteinen, wie Basalt u.s. w., gezählt. Die Vacuolen, welche sich namentlich in den Zellen saftiger Beeren häufig beobachten lassen, sind nicht, wie der Verf. (Pag. 55) meint, mit Luft, sondern mit einem durchsichtigeren Plasma erfüllt. Zellkerne finden sich nicht ausschliesslich in den noch der Theilung unterworfenen Zellen (Pag. 58), sondern häufig z.B. in Haaren und bei den Monocotyledonen (namentlich Orchi- deen) auch in andern ausgewachsenen Zellen. Hinsichtlich der in der Anmerkung 69 (Pag. 208) angeführten Funde von fossilen Menschenresten scheinen dem Verf. die neueren Forschungen ent- gangen zu sein, nach denen weder auf dem Neander-Schädel, als einem Höhlenfund, grosser Werth zu legen ist, noch auf die einst so be- wunderten Menschenknochen aus der Gegend von Köstritz, die, nach Prof. Liebe’s genauen Untersuchungen, als aus einem alten Be- gräbnissplatze verschwemmt sich ergeben haben. Dagegen hätten wohl die in der Gegend von Abbeville in der Kreide aufgefundenen

Menschenkiefer und die bei Schussenried vorkommenden, von Men-

schen bearbeiteten Knochen vorgeschichtlicher Thiere eine Erwäh-

nung verdient.

Lerahlr 3 287

Ueber die Lamarck’sche Transformationstheorie ereifert sich der

Verf. sehr und bemüht sich, dieselbe so absurd als möglich hinzu- stellen, Auf Darwin’s Werk blickt Herr Reinsch vollends mit

Geringschätzung herab, da dieser janur jene „pomphafte Hypothese®

„aufgewärmt“ haben soll und durch Taubenzucht zu beweisen suche. Schliesslich lässt er Lamarck „an den noch nicht trausformirten Urangverstand seiner Schüler und Nachtreter appelliren“ und spricht den Wunsch aus, dass sich seine Anhänger rückwärts (also zu Affen) transformiren möchten! Dr. Weinhold.

Leitfaden für die ersten Uebungen im chemischen Labo- ratorium. Zum Gebrauch an höheren Mittelschulen zusammengestelit von Dr. Julius Wilbrand und Dr. Ferdinand Wilbrand. Neuwied und Leipzig, J. H. Heuser’s Verlag. 1867.

Lassen wir uns vor Allem nicht durch die Titelvignette ab- schrecken, welche hoffentlich kein Beispiel eines Marsh’schen Appa- rates darstellen soll!

Die Verfasser des vorliegenden Werkchens (36 kl. Oetavseiten) beabsichtigen, dem Schüler ein Verzeichniss chemischer Experi- mente in die Hand zu geben, deren Ausführung ihn (vornehmlich

als praktisches Repetitorium für den genossenen theoretischen Unter-

richt) ein Lehrjahr hindurch allwöchentlich 2 Stunden beschäftigen soll. Zuerst werden die wichtigsten Manipulationen zur Zusam- menstellung einfacher Apparate vorgeschrieben, dann Krystallisa- tionsversuche, Anfertigung von Krystallmodellen, so wie Bestim-

mungen des spec. Gewichts und hierauf folgen dann unter 51 Num- ER;

mern die chemischen Experimente, nach den Elementen und deren wichtigsten Verbindungen geordnet. Nur in wenigen Fällen geben

die Verf. auch Anleitung zur Ausführung eines Versuchs, im All-

gemeinen überlassen sie diese so wie die Erläuterung des Vorgangs durch Formeln etc. der Thätigkeit des Lehrers. Es ist daher die Hauptaufgabe des Büchleins, in einer passenden Auswahl die Ex- perimente zu suchen, welche so getroffen sein sollte, dass dem

Schüler die charakteristischen Eigenschaften der bekanntesten Che-

mikalien, so wie die wichtigsten chemischen Vorgänge und Mani- pulationen bei Anstellung der vorgeschriebenen Versuche möglichst vollständig bekannt werden müssen. Diesem ist leider von den Verf. nicht überall Rechnung getragen worden. Es sei in dieser Beziehung hier nur Folgendes angedeutet: Bei der salpetrigen

Säure ist nur deren Entstehung durch Verbrennung des Ammoniaks

erwähnt, während doch gerade ihre Erzeugung bei der Einwirkung 3 von Salpetersäure auf Stärke (namentlich auch wegen der dabei

mit zu gewinnenden Oxalsäure) ein instructives Experiment darbie- tet. Unter No.28. „Borsäure* ist nur die Flammenfärbung an-

gegeben, während von den sonstigen Eigenthümlichkeiten dieser Säure doch wenigstens die gewiss wichtigere Reaction auf Cureuma hätte mit angegeben werden sollen. Beim Zinn (No. 45.) sind

Zinnoxyd und Zinnchlorid, so wie die sehr bemerkenswerthen redu-

eirenden Eigenschaften des Zinnchlorürs durch kein Experiment

veranschaulicht. Die Löslichkeit der Oxyde vom Blei und Zink in Kali- und Natronlauge besonders in der analytischen Chemie

von Wichtigkeit ist ganz übergangen worden. Auch beim An- timon ist das Chlorür und das Algarottpulver unberücksichtigt ge-

ER 4 te I bu > re ar N a ki tl EL:

288 er Literatur.

blieben. Dass das Gold fehlt und vom Platin nur dessen sauer- stoffübertragende Eigenschaft hervorgehoben ist, kann der Kost- spieligkeit der Versuche wegen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Recht wohl hätten für manches lehrreichere Experiment aber die chemische Harmonika, die Collodium-Luftballons ete. wegfallen können.

Die Correetheit der Ausdrucksweise lässt mehrfach auch zu wünschen übrig. Unpassend ist es z.B. einem Anfünger zu sagen, Wasserstoff werde aus Zink und Schwefelsäure, Schwefelwasserstoff aus Schwefeleisen und Schwefelsäure etc. dargestellt; das Wasser, welches hier eine Hauptrolle mit spielt, darf dabei nie unerwähnt bleiben. Ferner ist zu bemerken (zu 8.27), dass durch Ammoniak aus Eisenchloridlösung nicht „rothes Eisenoxyd“, sondern rothbrau- nes Oxydhydrat gefällt wird und dass das gefällte phosphorsaure Eisenoxyd, dessen Formel übrigens Fe?03, PO5-- 4aq ist, nicht gelblich-roth erscheint (S.20).— Um vor dem Lötlhirohre auf Kohle aus Brechweinstein eine Antimonkugel zu gewinnen, bedarf es nicht der Beihülfe von Soda, durch deren Anwendung dem Anfänger nur der chemische Vorgang verdunkelt wird. Unter Kupferwasser versteht man gewöhnlich Eisenvitriol und nicht eine Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxyd.

Inı Irmtbum sind die HH.. Verf, wenn sie meinen, dass beim Verbrennen eines Lichtes unter einer gesperrten Glocke immer ca. l/;, des Luftvolums verschwinde. Die durch die Verbrennung er- zeugte Kohlensäure nimmt bekanntlich so annähernd genau densel- den Raum ein, wie der verbrauchte Sauerstoff, dass eine Volum- verminderung aus diesem Grunde kaum bemerklich wird. Das Emporsteigen der Sperrflüssigkeit, welches die Verf. offenbar zu jener Angabe verleitet hat, rührt davon her, dass man mit der Glocke ein durch Wärme ausgedehntes Luftquantum einschliesst, nach dessen Abkühlung natürlich eine Verminderung des Volums eintritt. Endlich beruht die Angabe, dass man aus 5 Grm. Koch- salz durch Braunstein und Schwefelsäure 1500 C.C. Chlorgas erhal- ten könne, wohl auf einem Rechenfehler, denn 5 Grm. Kochsalz geben nur 3,03 Grm. Chlor = 944 C.C.

Ob diesem Werkchen in seiner jetzigen Gestalt eine mehrfache Verwendung als Lehrmittel bevorsteht, ist sehr zu bezweifeln, da ja ein jeder Lehrer der Chemie schon von selbst nach eigenem Ur- theil eine ähnliche Auswahl unter den Experimenten treffen wird und in der Hand des Schülers kann ein solckes Verzeichniss ohne tüchtige Anleitung kaum von erheblichem Nutzen sein.

Dr. Weinhold.

x Hofbuchdruckerei der Gebr. Jänscke zu Hannover,

239

Register über Band 129, 130, 131 und 132 der zweiten Reihe des Archivs der Pharmacie. Jahrgang 1867.

(Die erste Zahl zeigt den Band, die zweite die Seite an.)

I. Sachregister.

A.

Abfuhr des Düngers 129, 290. Absorptionsvermögen der . Ackererde 129, 108. Aceton, Derivate dess. 130, 165. Acidum thebolacticum 131,106. Ackererde, Absorptionsver-

mögen ders. 129, 108. Acorin, Glycosid im Kalmus

131, 214.

Aepfelsäure aus Rhus coria- ria 132, 153. Aether 129, 37. Aetherische Oele, Ausbeute 131, 1.07;

Aethylen - di - butyiencar- bonsäure 130,972.

Aethyl-Phenyl 131,2121. Agaricus albus 129, 109. Ahrthal, Mineralquellen zu Apollinarisbrunnen, Heppingen u. Landskron 132, 278. Alaun, ein normaler Bestand- iheil des Weins? 131, 241. Albumin, Verhältniss zum Ca- sein 131, 150. Albuminfäulniss 129, 265. Alfenide 132, 132. Alizarin, eine demselben iso- mere Verbindung aus Naphtha- lin 132, 172. mit Morindon identisch 132, 173.

Alkaloide, durch Amylalkohol abscheidbar 132, 39.

Alkohol, Verhalten dess. im

Thierorganismus 129, 165. Alkohole, tertiäre 130, 145. Allophansäure-Aether 130,

156.

Allylamin 131, 105. Allylen 130, 165. Alo&, ihr Verhalten zu Thier- kohle 132, 160. succotrina 132, 159. Aloäötinsäure 132, 161. Alpenpflanzen, Anordnung ders. in den Gärten 131, 53. Ameisensäure 129, 61.

Amidodiphenylimid 131, 124. Ammoniak, Einwirkung der glühenden Kohle auf dass. 131,

186. fäulnisswidrige Eigenschaften dess. 129, 267.

Ammoniakgehalt der atmo-

sphärischen Luft 130, 108. Ammoniaksalze, düngende 129, 277.

Amylalkohol, zur Darstellung u. quantitativen Bestimmung des Morphins, zur Darstellung des Strychnins, so wie zum Nachweise der Alkaloide bei gerichtlich-chemischen Analy- sen 132, 1.

Amylum liefert Krümelzucker u. Dextrin 132, 141.

AndelsbucherEisenwasser

130, 115.

Anilinfarben 131, 265.

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 19

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290 Sachregister.

Anisölzum Verdecken des üblen Geruchs der Schwefelkalium- Präparate 132, 184.

Antidot des Antimons, Arseniks u. der Blausäure 130, 143.

der Blausäure 130, 144.

Antimon, Nachweisung dess. durch die Löthrohrprobe 132,

119.

Antimonoxyd, kryst. u. dessen Verbindungen 132, 120. Apollinarisbrunn im Ahr- thal 132, 278.

Apotheker, ihr Verhältniss zu den Volksheilmitteln 130, 80. Apparat zur Entwickelung von Chlorgas von H. Sänger 129, 45. Arabin u. dess. Verhalten ge-

gen Eiweisstoffe 129, 139. Argentacetyl 130, 131. Argentum nitricum gegen

Croup 132, 134.

mit Kalinitricum verfälscht 132, 135.

Arsenige Säure, grosse Halt- barkeit ders. in saurer Lösung 132, 117.

ihr Verhalten gegen Kupfer u. Silber 13%, 118. Arsenik, Gegenmittel 130, 143. Arzneimittel, über deren Ver-

unreinigungen 132, 259. Asa foetida 131, 255. Aschenanalyse, Methode ders.

132, 88.

Aschoff, A. L. Biographie 129, 5.

E. F. Biographie 129, 1. Athmen der Blüthen 129, 109. Austernseuche 129, 169. Azobenzid 131, 136. Azodracylsäure 13151181.

B.

Badeschwämme, Gewinnung ders. 129, 168.

Baldriansäure 130, 61. Baryt, schwefelsaurer 131, 235. Baumwollensamenöl 131.

111. Beleuchtungswesen 129, 95. Benzhydrol 131, 134.

Benzo&@äther u. Brom 131, 132. Benzoinderivate 131, 133. Benzophenon 131, 134.

s

Sa, Benzoyl 131, 130. Benzpinakon 131, 135. Betaerythrin 132,5, 167% Betaorcin 132, 167.

Bewaldung der Gebirge Sn

Biographienvon A.L. Aschoff u. E. F. Aschoff 129, 1. 5. Blätter, Farbstoffe ders. 132,

165.

Blausäure, Gegenmittel 130, 143.

Blausäuregehalt der Xime- nia americana L. 131, 222. Bleikolik 129, 54. Bleivergiftung durch Mühl- steine 132, 130. Blitzableiter 129, 99. Blut, Eisengehalt 131, 152. Blutanalyse 129, 140. Blutendes Brod 132, 100 Blutflecken 129, 141. mikroskopische Untersuchung derselben 132, 174.

Blüthen, Athmen ders. 129, 109. Borax in Californien 131, 90. Boreitronensaure Magnesia

132, 152. Borsäureäther 130, 154. Botanybay-Gummi 132, 140. Botanischer Garten in Bres-

lau 129,77 Branntwein zu entfuseln 130, 152.

Brasilianische Industrieaus-

stellung 129, 46, 245. BregenzerMineralbrunnen 130, 119.

Brennstoffe, rauchverzehren- de 131, 84. Breslauer botan. Garten 129, 71.

Brod, blutendes 132, 100.

Brohlthal, Mineralquellen 131, 169..

Brom im Steinkohlenruss 131, 270.

Bromerucasäure 1310142: Bromsalze, Darstellung ders. 131, 216.

Brunnen, artesische 130, 111. Brunnenwasser von Pompeji 130, 117. Kupfer 132, 131. Butter, gelbe Farbe dess. 131, 49.

Buddha-Statue von

Sachregister.

291

©. Chlorophyll 132, 164.

Caffein, Einwirkung nasciren- ne nn He den Wasserstoffs auf a Chlorwasserstoff 130, 121. Cam her.Lö dess in Was Ch rom in Eisen u. Stahl nach- Ben A UnE 131. 119 zuweisen 131, 244.

Cämentfabrikation 131, 94. Canalisirung 129, 290. Cantharidin 152,238. ' Caproylbydrür, aus amerika-,

nischem Steinöl 131, 145. Capryl-Alkohol 131, 109. Capsafran 129, 120. Carbolsäure, von Steinkohlen-

theeröl zu unterscheiden 131,

122

Cardamomenbau in Coorg 129, 117

Carminsäure, ein Glykosid 131, 33.

Carnallit von Maman in Per-

sien 131, 239. Carotin 129, 30. Catechin 132, I68. Cerigo, Höhle auf der Insel

129, 258. Chinarinden 130, 91.

Anatomischesüberdies.130,229. Chinin, Cinchonin, Einwir- kung nascirenden Wasserstof- fes auf dies. 131, 54. Chininartige Substanz in den thierischen Geweben 132, 181.

Chinoidin, animalisches 132, 181.

Chladnit 131, 96. Chloranil 132, 162. Chlorbaryum alsMittel gegen Bildung von Kesselstein 131, 236

Chlorbenzo&säuren, isomere 131, 130.

Chlordracylsäure 131, 131.

Chlorgas, Apparat zur Ent- wiekelung dess. von H. Sän- ger 129, 45.

Chlorkohlenstoff 131, 73.

Chlorkupferlampe 129, 287,

288.

Chloroform 132, 213.

Todesfall durch dass. 129, 255. zur Nachweisung des Zuckers im Harn 132, 184. Chloroform-Narkose, schlechte 129, 256.

LIND —— (——— 77

Chromaventuringlas 131, 93. Chromsaures Kupferoxyd 132, 132. Chrysoeyaminsäure 132, 161. Cinae flores 131,228 Citronensäure bei Krebsge- schwüren zur Linderung der

Schmerzen 132. 15ER: Citronensäure zu bereiten 132, 151.

Citrus decumana, aether. Oel der Blüthen 131, 119. Cloakeninhalt, Transport dess. 129, 289. Collodiumwolle 131, 258. Condensatorstein 129, 243. Copaivabalsam 131, 254. Copal 131, 254. Coronilla varia, flüchtige

Schärfe ders. 131, 121. Cosmus-Pomade aus indischem

Pflanzenfette 129, 167. Cubeben 129, 123. afrikanische 129,120. Cubebin 129, 128. Cuprosacetyl 130, 130.

Cymol verschieden von dem sog. Cy- mol aus Campher 131, 139.

Cypresse von Tule

Cystin

D.

am Römischkümmelöl

129, 114. 129, 160.

Dampfkessel-Explosionen

129, 103.

Dehydracetsäure Deryas

Desinfeetion 129, 264. Desinfectionsmittel 132, 102.

129, 210.

Desinficirende Mittel von

Mae Dougall 129, 291. Dextrin, dessen Verhalten ge-

gen Eiweissstoffe 129, 134. und Krümelzucker aus Amy-

lum 132, Digitalin 132, 156.

Diffusion von Gasen 129, 101. Divalerylen - di- butylen- cearbonsäure

19

129, 131.

TAN

130, 68.

292

Divalerylen-di-valerian-

säure 130, 68. -Aether 130, 71. Druckfehlerberichtigungen

181, 271; Düngerfabrikation 129, 290. E.

Eau de Java anticholerique 129, 282.

Eier, Conservirung ders. durch Wasserglas 129, 134.

Eisen, Scheidung von Mangan 129, 234.

volumetrische Bestimmung dess. 132, 113. Eisenblech, dünnes 132, 110. Eisenchlorid als desinfieiren- des Mittel 129, 2722. Eisengehalt des Blutes 131, 152.

Eisenoxydoxydul, eine unge- wöhnliche Entstehungsart dess. 132, 112. Eisenoxydsaccharat, |lösli- ches, in Zuckerkapseln 131, 28. Eisentinctur, essigsaure, von Rademacher 131,5217° Eisenvitriol als Desinfections- mittel 129, 270. Eiweisskörper, ihr Verhalten gegen Arabin und Dextrin 129, 134.

Elixir de St. Hubert pour les chasseurs 129, 282. Emser Felsenquelle 130, 112. Englands Kohlenreichthum u. dessen Dauer 131, 79. Entfuselung des Branntweins

130, 152.

Erasin, ein Ersatzmittel für Benzin 131.121: Erde, Entfernung ders. von der Sonne 129, 92. Bevölkerung ders. 129, 87. Erden, essbare, in Persien 131, 28.

Erigeron canadensis, äther. Oel 131, 121.

Erythrit, Oxydationsproduct

aus dems. 132, 149. Erythroglyein 132, 168. Essentia Calydor 129, 167.

Essig auf eine Verfälschung

Sachregister.

durch Schwefelsäure zu prü- fen 130, 164. Essig zur Desinfection 129, 287. Essigsäure 129, 193. Einwirkung auf Cellulose, Stärke, Zucker, Manmnit,' Gly- koside und Farbstoffe 131, 260. Essigsaure Eisentinetur von Rademacher 131, 217. Euphorbia caracasana Boiss.,

giftig 131, 223. Evansit 131, 241. Exceremente 129, 260. Desinfection ders. 129, 292.

Extractum Carnis, angeblicher Kochsalzgehalt dess. 129, 21.

F.

Faeces 129, 260. Farbstoff, Entwickelung dess. in Pflanzenzellen 132, 162. der Blätter 132, 165. Färbung desGlases durch Kohle und Schwefel 131, 93.

Fäulniss 129, 264. des Wassers 129, 283. Feldspäthe 131, 92.

Fermente der Fäulniss 129, 267.

Fette, Rothfärben derselben 131, 114. Fibrinfäulniss 129, 265.

Fikia 129, 259. Filtration, Beschleunigung der- selben 130, 101. Fische, Metamorphose derselben 131, 149.

Tödten ders. 131, 149. Flechtenstoffe 132, 167. Fleisch 129, 147. Pökeln desselben mit Zucker 129, 146.

zu pökeln 132, 177. Fleischextraet 129, 141. 132, 179. 180.

Analyse dess. 129, 25. angeblicher Kochsalzgehalt dess. 129, 21. vom Apotheker Rauch 130, 212.

Fleischzwieback von Gail- Bordes 129, 145. Flora von Gibraltar 129, 116. Fluorthallium 132, 128.

Frankenhäuser Höhle 129, 91. Franzosenkraut 139, 116.

| Sachregister. 293

Fuchsin, Wirkung ätherischer Oele auf dasselbe 131, 118. Fucus crispus, enthält Go&-

min 131, 262. &.

Galinsogea parviflora 129,

116.

Galläpfel 129, 120.

Gallenfarbstoffe 129, 149. Galvanoplastik 131, 267. Gasanalyse 130, 221. Gasbrenner von Küp 129, 97. Gasdiffusion 129, 102. Gase, welche durch Erhitzen aus trocknen Körpern entfernt werden können 15071. Gasentwickelungs-Apparat 130, 222.

Geheimmittel 129, 8. Gehirnfäulniss 129, 266. Gehirnsubstanz 132,..179.

Gehörgang, Mittel bei acutem Katarrh dess. 129, 164. General-Rechnung des Apo- theker-Vereins in Norddeutsch- land 130, 265. Gerberlohe, gebrauchte, zur Verhütung der Fäulniss der

Exeremente 129, 282. Gerbsäuren 132, 153. Gerbsäure, Geruch der käuf-

lichen 132, 154.

zur Desinfection des Trink- wassers 129, 236. Geruchsprinecip der käuflichen Gerbsäure 132, 154. Gerüche der Pflanzen 131, 115. Gewichte, specifische 130, 219. Gibraltar, Flora von 129, 116. Glas, ‘Einfluss der Kohle und des Schwefels auf die Färbung desselben 131, 93. Glasversilberung nach Bothe 132, 135.

Glimmer von Utö und Easton 132, 82.

Glonoin-Explosion 131, 101. Glycerin, Reinigung desselben

130, 166.

Glyceerinleim 130, 167. Glycerinseife 131, 99. Glykogen der Leber 129, 151. Glykolursäure 129, 159. Go&min in Fucus erispus 131, 262.

Gold- und Silbermünzen auf ihre Aechtheit zu prüfen 132,

136.

Goldoxydhydrat, Wasserge- halt dess. 132, 136. Graphit 130, 254. Grasbaumgummi 132, 140. Grün von Guignet 131, 243.

Guachamaca, eine Giftpflanze

aus den Llanos von Venezuela 151, 224. Guignet’sches Grün 131, 243.

Gummi acroides 132, 140. Kermanisches 131, 261. Gusseisen 132, 110.

mit Wolframgehalt 132, 110. zu verkupfern

H. Haare, Mittel gegen das Aus-

fallen ders. 131, 221% Harngährung 129, 154. 157. Harnzucker - Bestimmung

- 129, 152. Hartlöthungen, Schlagloth für 132, 131.

Hecht, ein grosser 131, 150. Hefe-Fäulniss 129, 266. Heilbrunnen im Brohlthal

131, 169.

Helleborin und Helleborein 132, 156.

‚Heppinger Mineralquelle im

Ahrthale 132, 278. Höhle bei Frankenhausen 129, 91.

Höhlen in Griechenland 132, 108.

Holz zu eonserviren 131, 257. Holzgeist im Weingeist nach-

zuweisen 130,4192 Holzkohlenpulver zur Des-

infeetion 129, 278. 279. Hopfrebener Schwefelwasser 130, 115.

Hornhaut- Verdunkelun- gen durch Acidum lacticum geheilt 129, 163.

Hydrazoanilin 131, 122.

Hydrazodracylsäure 131,

131.. Hydrazosaliceylige Säure 131, 136. Hydrocarotin 129, 130. Hydrophan für Gasdiffusion

benutzbar 129, 102

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132, 11004

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I a rernle aa EL Ta an Zn ar RR a ns RR ie > 294 1. Indium 1324122;

- findet sich im Ofenrauch der

Zinkröstöfen auf Juliushütte bei Goslar am Harz 132, 124. Insektenschäden, Mittel da- gegen 129, 170. Jodkalium als Medicament u.

als Reagens 130, 122. Iridiumbromide 132, 138. K. Käsefäulniss 129, 264.

Kaffeebohnen, Erhaltung des Aromas ders. 131:.0120:

Kaffeegerbsäure, ein Glyko-

sid 131, 54. Kainit von Leopoldshall 131, 240.

Kali, kohlensaures krystallisir- tes 131, 98. Kali, schwefelsaures, Ueberfüh- rung dess. in kohlensaures Kali 131, 98.

Kaliglimmer 132, 82. Kalilauge, Darstellung reiner 131, 97.

Kaliumeiseneyanür mitKRali- und Natronsalpeter verbunden 130, 144.

Kalk als Desinfectionsmittel 129. 277.

kohlensaurer, Löslichkeit dess. in Wasser 1317235. und Holzkoblenpulver als Desinfeetionsmittel 129, 278. zur Elementaranalyse 131, 236.

Kalksuperphospbat 130, 253. Kalmus, Acorin, ein Glykosid

dess. 131, 214. Kautschuksaughütchen 131, 256.

Kesselstein, Chlorbaryum als Mittel gegen die Bildung dess. 131, 236.

Kieselsäure, chemische Con- stitution ders. 131, 91.

Kino 132, 169. Klebleinewand 129, 162. Knochenhöhle von Balve - 131, 269.

Knochenkohle, Wiederbele- bung ders. 131, 86.

Sachregister.

Kochsalz, Verflüchtigung und Zerlegung dess. durch Stein- kohlen 129, 231.

Kochsalzgehalt des Fleisch- extracts 129,.21:

Kohle, Einwirkung der glühen- den auf Ammoniak 131, 86.

Kohlenoxyd, Erkennung der Vergiftung damit 131, 88.

Zerfallen dess. in der Glüh-

hitze 131, 87. Kohlenreichthum Englands 131, 79.

Kohlensäure-Exhalationen in der Umgebung des Laacher Sees 131,762:

Kohlenstoff, Dichtigkeit dess. inseinen Verbindungen 131,73.

Kohlenstoffsäuren, einbasi- sche 129, 193.

Kohlenwasserstoffe a. Stein- kohlentheeröl 131, 248.

Erkennung derselben in Gas- gemengen 131, 249.

feste, des Steinkohlentheer- öles 131, 251.

neue 131, 147.

Kolanuss 129, 129.

Kopaivabalsam 131, 254.

Kos, Heilquellen der Insel 129,

257.

Krappverfälschung nachzu- weisen 132, 172.

Kreatinin, Einwirkung von sal-

petriger Säure auf dasselbe 132, 180.

Krebsgeschwüre, zur Linde- rung der Schmerzen ders. dient Citronensäure 132, 151.

Kreosot 131, 9. als Desinfectionsmittel 129,

281. Kreosotgas 132, 53. Kreosot-Natron 129, 282.

Krümelzucker u. Dextrin aus Amylum 132, 141. Krystalle, mikroskopische, im polarisirten Lichte 130, 217. Kupfer, Auffindung sehr klei- ner Mengen dess. im Tbier- reiche 132, 131. Verhalten dess. zu Lösungen der arsenigen, selenigen und phosphorigen Säure 132, 118. Kupferfarbe , schön grüne 132, 133.

Pr

Kupferoxyd,chromsaures 132, 132

Kupferne Statue des Buddha 132, 131.

L.

Laachersee und Kohlensäure- Exhalationen in seiner Umge- bung 131, 62.

Lachse in der Sarine 129, 171.

Laetimid 131, 107.

Laetoprotein 129, 139.

Laminaria digitata 129, 113.

Landskroner Mineralquelle

132, 278.

132, 158.

132, 182.

Laserpitin Leber enthält Xanthin

Leberthran 131, 50. Leim, flüssiger 132, 182. für Etiqueiten 129, 149. weisser flüssiger 132, 182. Leinölfirniss 131, 114. Leinölsäure 1519113:

I

Lemnos, Heilquellen 131, 70. Leuchtgas von Schwefelkohlen- stoff zu befreien 130, 164. Leueinimid 131, 109. Lithionreiche Mineralquellen 130, 117.

Lorbeeröl, ätherisches 131,118. Luft, atmosphärische, ihr Am- moniakgehalt 130, 108. Verbesserung derselb. durch Wasserverdampfung 129, 286. Luft-Untersuchungen

Luft-Verunreinigung | 291. Lupine, Keimung der gelben

131, 201.

Mi.

Magnesia, boreitronsaure 132, 152.

salzsaure u. schwefelsaure zur Desinfection 129, 276. zur Cämentbereitung 131, 96. Magnesiumlicht 129, 98. Mailänder Zahntinetur 129,167. Malzextract 129, 168. Mandelöl, Entdeckung einer Verfälschung dess. 131,110.111. Mangan, Scheidung vom Eisen 129. 234.

Mangansaures Kali 129,283.

ER Sachregister.

Marmor, künstlicher 131, 96. Marrubium 132, 105. Maulbeerbaum 132, 107. Meerestiefe 130, 119. Meerwasser, Gefrieren dess.

130, 120. Meerzwiebel 129, 116. Meggener Schwefelkieslager

130, 128.

Mehl, Mutterkorngehalt desselb. nachzuweisen 132, 282. Menschengeschlecht, Stati- stik dess. 129, 88. Menschheit, vorgeschichtliche Zeit ders. 129, 86. Menschliches Geschlecht, Ur- sprung dess. 129, 86. Merliton 131, 50. Methyldiacetsäure 129, 199. Methylen-di-Methylencarbon- säure 129, 199. Methylen-di - methylencarbon- saures Aethylen 129, 203. Methylen-di- methylensaures Methyien 129, 205. Mikroskopische Beobachtung von Präparaten nach Nägeli 130, 110. Milchanalyse 129, 138. Milchprüfung 132, 120. Milchsäure zur Heilung der Verdunkelungen der Hornhaut 129, 163. Mineralquelleam Königsstuhle bei Rhense 129, 213. Mineralquellen zu Apollina- risbrunn, Heppingen u. Lands- kron im Ahrtbale 132, 278. zu Tönnistein und Heilbrun-

nen im Brohlthale 131, 169. Mineralwasser, eisenhaltiges 132, 109.

Mineralwasser - Analysen 130, 114. Monochloraceton 130, 164.

Mononatriumglykolat auf essigsauren Glykoläther einwir- kend 130, 201.

Morindon, identisch mit Ali- zarin

Morphin, durch Amylalkohol

Mühlsteine, bleihaltige, als Ursache einer Vergiftung von 350 Personen 132, 130.

132,17. 0008 Abscheidung dess.. 132, 24°

296

Münzen von Gold oder Silber auf ihre Aechtheit zu prüfen

132, 136. Musa sapientum, schnelles Wachsthum ders. 131, 219.

Musculin-Präparate 129,148. Mutterkorn 129, 110. im Roggenmehle u. gemisch- . ten Weizenmehle nachzuwei-

sen 132, 282.

N.

Naphtalin liefert eine dem Ali- zarin ähnliche Substanz 132,172. Naphtalin- Verbindungen 131, 250.

Nardo& 129, 114. Narkotin frei im Opium und dems. durch Terpenthinöl ent- ziehbar 132, 173. Narthecium ossifragum 130, Natronhydrat, käufliches, ent- hält zuweilen Vanadin 131, 244. Natronlauge, Darstellung rei- ner 131, 97. Nematoden in Rüben 129, 169. Nickel-Kobalterz von Dob- schau 131, 33: Nitrobenzo@säure - Aether

und Brom 131.0132. Nitroglycerin 131, 100. Schädliehkeit dess. 131, 103.

Schiffsexplosion durch dass. 131, 101.

Vorsichtsmassregeln bei Be- nutzung dess. 131, 102. Nitroverbindungen 130, 136.

®. Obstmark vortheilhaft zu nu- tzen 130, 156. Obstwein- und Obstessigberei-

tung 130, 159. Oele, ätherische, Ausbeute 13i,

117. fette, Entfärbung derselben

130, 226. Prüfung ders. 131, 176. Rothfärben ders. 131, 114.

Oel, Veränderung des Oeles mit

der Zeit 131, 185. Oenanthyl-Alkoho] 131, 109. Opium

Sachregister.

wi;

Opium, Einwirkung von Ter- penthinöl auf dass. 132, 173. Entgegnung Henkel’s auf Finkh’s Mittheilungen 130, 261. Opium-Milchsäure 131, 106. Orangenblüth- und Orangen- blätter- Wasser 131, 119. Oxalsäure-Aether, Wirkung dess. auf den Harnstoff 129, 158. Oxalsäure-Aethyläther 130, 155.

Ozon, Einwirkung desselb. auf Brom- und Jodsilber 129, 107.

P.

Pankreatin 132, 182. Papier, wasserdichtes 131, 148. Pastinaca sativa 130, 224. Pergamentpapier, farbiges u.

geleimtes 131, 257. Petroleum americanum 131,

139.

Petroleumbeleuchtung 131, 147.

Petroleumquellen in Italien 131, 147. Petroleumverfälschung 131, 247.

Pflanzengerüche, Classifica- tion ders. 131, 115. Pharmakologische Notizen

132, 104. Phenol, Constitution desselben 1315214:

als Desinfeetionsmittel 129, 281.

Phenyl-Aethyl 131, 121.

Phenylin des Provisors A. Lie- ven 129, 272, 292. Phenylsäure vom Steinkoh- lentheeröl zu unterscheiden 131511222

krystallisirte 130, 77. Phosphor, Entdeckung dess. in Vergiftungsfällen 130, 129.

Phosphordämpfe, gegen ihre schädlichen Wirkungen Ter- penthinöldämpfe vorgeschlagen

130, 253.

Phosphorige Säure, ihr Ver- halten gegen Kupfer und Sil- ber 132, 118.

Phosphorit aus Spanien 130,

2 D

129, 59. | Phosphormagnesium 131,238.

Sachregister. 297

Pikrinsäure, physiologische | Redrutter Lithionquelle 130, und therapeutische Wirkungen 117. derselben 131, 123. | Regen wasser 130, 111.

Pillenmasse mit Pulvis Cube-

barum 129, 58. Pilze, Elementarorgane dersel- ben 129, 68. Plantago 131, 268. Platinplatirung für Schalen 132, 137.

Platinspiegel 132, 138.

Pökelflüssigkeit, Gewinnung der nahrhaften Theile ders. durch Dialyse 129, 146.

Pökeln des Fleisches 132, 177.

178. Pompejanisches Brunnenwas- ser 130, 117.

Portland-Cäment, englisches

Probirverfahren für denselben

131, 95.

Protagon 132, 175.

Pyrochroit 131, 245. ®:

Quecksilberlager, ergiebiges

132, 133.

Quecksilberoxyd durch Fäl- lung bereitet, Anwendung des- selben in der Augenheilkunde

129, 163.

Quecksilberrhodanür und

Quecksilberrhodanid 132, 78.

Rademacher's essigsaure Eisen- tinetur 131, 217. Radiecale, eine neue Classe zu- sammengesetzter metallhaltiger 130, 130.

Ragzalquelle 130, 116. Rapskuchen u. entöltes Raps- mehl 131, 199.

Ratanhia, ihre Anwendung in der Färberei 132, 171.

Savanilla- 129, 118. Ratanhin 132, 169. Rauchfleisch 129, 144. zu conserviren 132, 178.

Raupen auf dem Schnee 1.

Rechenschaftshahn (robinet compteur) 130, 158.

Reuther's Eisenwasser 130, 115. Rhenser Mineralquelle 129, 213. Rhodanverbindungen des Quecksilbers 132, 78. Rhone, unterirdischer See der- selben 130, 119. Rhus coriaria zur Gewinnung von Aepfelsäure 132, 153. Toxicodendron 132, 283.

Rohrzucker von Traubenzucker zu unterscheiden 132, 143. Rossbad bei Krummbach 130, 116.

Rothe Färbung mancher natür- lichen Salze verursacht durch Organismen 131, 239. Roth£ärben der Fette u. Oele 131, i14.

Rothenbrunnen im Walser- thale 130, 114. Rothes Meer, Analyse des Was- sers dess. 130, 118. Rothwein, künstlich gefärbten von natürlichem zu unterschei- den 130, 158. Rothweine zu prüfen 130, 158. Rübendampfsaft, condensir- ter 132, 148. Rüben-Nematoden 129, 169. Rübenzucker-Fabrikation im Zollverein 132, 146. Runkelrüben, Saftgewinnung daraus

S.

Saftgewinnung aus Runkel- rüben 132, 147. Salpeterkrystalle, grosse 131, 229.

Salpetersäure, rauchende 130,

109. Salpetersäuregehalt dereng- lischen Schwefelsäure 130, 109.

Salzsäure, arsenhaltige des

Handels 130, 121. Santorin, Erdbeben auf dieser Insel 129, 88. Sauerstoffgas, Darstellung

130, 104. 105. durch Pflanzen ausgehaucht 130, 107,

132, 147.

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298

Sachregister.

Sauerstoffgas, Explosion bei | Silber, Verhalten dess. zu Lö-

Darstellung dess. 130, 104. Saughütchen von Kautschuk 131, 256. Savanilla-Ratanhia 129, 118,

119. Schellacklösung 131, 255. Schiessbaumwolle, 2 neue

Arten 131, 253. - Schiesspulver aus Holzsäge- spänen 131, 258. Schlagloth für Hartlöthungen 132, 131. Schlempekohle-Fabrikation 131, 85. Steinsalzlager 131, 230. Schönheitsmilch 129, 166. Schönheitsmittel, genuesi- sches, für Damen "9, 58. Schukhur-ool-Aschur 132, 150.

Schukhur Preghal 132, 150. Schweinemilch, Analyse 131, 152. 132, 174.

Schwefel färbt die Wasserstoff- gasflamme blau 130, 125. Schwefelbestimmung in or- ganischen Substanzen 130, 103.

Schwefelkalium-Präparate, Verdeckung ihres unangeneh-

Schönebecker

men Geruchs durch Anisöl | 132, 184. Schwefelsäure 130, 128.

Schwefelsäurebildung 130, 248. Schweflige Säure, ihr Ver-

halten gegen Kupfer 132, 118. zur Desinfection 129, 286. Schwefelkohlenstoffdunst,

Schädlichkeit dess. - 131, 89. Scoparin 132, 169. Seewasser, Einwirkung dess.

auf gewisse Metalle und Legi-

rungen 130,120. Selenige Säure, ihr Verhalten gegen Kupfer u. Silber 132, 118. Seidenraupen 131, 36. Seidenraupenkrankheiten

131, 41.

Selen 130, 129. Senföl, ätherisches, Prüfung dess, 131, 104. Siegellacke 129, 57.

sungen der arsenigen, seleni- gen und phosphorigen Säure 132, 118.

Silber- und Goldmünzen auf ihre Aechtheit zu prüfen 132, 136.

Silbersalpeter, ein Mittel, um Silber- u. Goldmünzen auf ihre Aechtheit zu prüfen 132, 136. Silicononylhydrat 130, 151. Smirgel 131, 240. Soda, Prüfung der caleinirten

131, 52.

Sodafabrikation 131,231: Sodaprocess von Leblane 131, 233.

Sonnenblumenöl 131, 112.

Spectralanalyse 129, 95. Sprengöl, Wirkungen desselb. 131, 100.

Stärke, Bildung von Glykose u. Dextrin aus ders. 132, 141, Stärkezucker- Fabrikation 132, 140.

Stassfurthit 131, 98. Statue des Buddha von Kupfer 132, 131.

in Turkestan 131, 75. Steinkohlentheer als Desin- fectionsmittel 129, 281. Steinkohlentheeröl als des- infieirendes Mittel 129, 281. Kohlenwasserstoffe dess. 131,

Steinkohlen

248. 251. Steinkohlenverbrauch 131, 7.

Steinsalzlager bei Schöne- beck 131, 230.

Sternschnuppenfall im No- vember 1866 131, 66. Stickoxydul, in Ammoniak u. Salpetersäure überführbar 130,

108. Stickoxydulgas als Anaesthe- ticum 130, 110.

Straussenzucht am Cap 131,

150.

Strychnin, durch Amylalkohol abscheidbar 132, 29. Suceinaminsäure 131, 108, Sulfüre 130, 126. Syrup. Rub. Idaei 129, 162.

EEE RE EL Er ua Ba Nahe 2 EB ER Mh Re Sachregister.. a er - \0 T. Vanadingehalt des käuflichen Aetznatrons 131, 244. Tabakssaft 130, 79. 2 2 DEE Tannin, Geruchsprineip des Ver 5 = EL eh käuflichen 132.154, Sean

Telegraphen-Apparat 129, 101

Telegrapbie, der Erfinder der elektrischen 130, 260. Tellur 132: Terpenthinöl auf Opium ein- wirkend, entzieht demselben Narcotin 1823-108. Terpenthinöldämpfe gegen die schädliche Wirkung von Phosphordämpfen 130, 253. Teträthylammoniumjodür, Einwirkung dess. auf Natrium- alkoholat 130, 209. Thallium, Vorkommen 132, 126. Thalliumfluorid 132, 128. Thalliumgewinnung 132, 126. Thalliumglas 132, 129. Thalliumoxydsalze 132, 127. Tinetura Ferri acetici Rade- macheri ham 217: Tinten 129, 5b. Titansäure 131.249. Tönnissteiner Mineralquelle 131, 160.

Traubenzucker, neue Reac-

tion auf dens. 132, 142. vom Rohrzucker zu unter- scheiden 132, 143. Trehala oder Tricala 132, 150. Triäthylamin 130, 56. jan173.

Triearballylsäure 131, 105. Trichinen 129, 166.

Trithionsäure, Bildung aus

schwefligsaurem Kali 130, 251. Tsa-tsin 129, 131. Turpithwurzel 129, 122.

Tyrosin-Derivate 130, 44. U. Uebermangansaures Kali

131, 246.

Uebersaxener Eisenquelle 130, 114.

Uhrmacheröl 131,115.

Urinoirs der Pariser Omnibus 129, 277.

V.

Valeriansäure 130, 61.

in Folge Beschneidens erkrank- 129, 164. Gusseisens _ 132, 112. Versilberung von Glas nach Bothe 132, 135. Verunreinigungen der Arz- neimittel 132, 259. Volksheilmittel 130, 227. Verhältniss der Apotheker zu denselben 130, 80.

ter Weinstöcke Verkupfern 'des

ww.

Wachholderbeeren als Sur- rogat ‚für Copaivabalsam und Cubeben 129,.129.

Wachs, Nachweisung von Ver- fälschungen dess. 129, 161.

Wasser, Fäulniss dess. 120, 283.

Wasseranalysen 130, 114.

Wasserglas 131, 93.

zur Üonservirung der Eier

129, 134.

Wasserreinigung 129, 233.

Wein, enthält derselbe normal Alaun? 131, 241.

Weingeist mit Wasser 130, 153.

Weinsäure, Bleigehalt der

käuflichen 131, 198. inactive, in Traubensäure überführbar 132, 150. über die Basieität derselben 121, 186.

Weinstein gegen Zuckerharn-

ruhr 131, 263. Weinstock 129, 115. 164. Weintreber gehörig auszu-

nutzen 130, 156.

Weissblechschnitzel, Nutz- barmachung ders. 132, E11.

Weizenmehlfäulniss 129,266.

Wittstock’s Biographie 130, 193. Wolfram, dessen Einfluss auf das Gusseisen 132, 110.

Wolframsaures Natron zur

Trennung von Calcium und Magnesium 131, 232. Wuthkrankheit, Mittelgegen dieselbe

SUR TEE

129, 165. Ar

300 x“. Xanthingehalt der Leber 132, 182. des Harns 132, 183.

Xanthoxylum Ochroxylum, gel- ber Farbstoff dess. 131, 222.

Ximenia americana, Blau- säure darin 131,222: Xylol 131, 137. 2.

Zahntinetur, Mailänder 129, 167.

Zibeth 130, 246. Zinkfabrikation 132, 121.

Sachegister.

Zinkoxydammoniak 132, 122,

Zucker benimmt stinkend ge- wordenen thierischen Substan- zen ihren üblen Geruch 129,

282.

Unterschied von Rohr- und Traubenzucker 132, 143. zum Fleischpökeln 129, 146. 132, 178.

Zuckercouleur, Fabrikation

ders. 132, 148. Zuckerkapseln mit löslichem Eisenoxydsaccharat 131, 28. Zuckerverbrauch im Zollver- ein 132, 143.

Il. Literatur und Kritik.

Rtlicher Bericht über die4üste |

Versammlung deutscher Natur- forscher und Aerzte. Hanno- ver 1866. Angezeigt von E. Hallier 131, 156. Andrä, Verhandlungen des na- turhistor. Vereins der preuss. Rheinlande und Westphalens 1866. Angezeigt von Dr. Löhr 131, 268.

Berg, Otto, Die Chinarinden der pharmakognost. Sammlung zu Berlin. 1865. Angezeigt v. L. F. Bley 132, 188. Bibliographischer Anzeiger für

Pharmaceuten; von E. 1867. No. 1. 130, 189. ko.ll 131, .165: ko. II 132, 189.

Buff, H. L., Ein Blick auf die Geschichte der Chemie. Erlan- gen 1866. Angezeigt von Dr. R. Kemper 129, 181.

Grundlehren der theoretischen Chemie. Erlangen 1866. An- gezeigt von Dr. R. Kemper

129, 72.

Duflos, Adolf, Die Prüfung chemischer Arzneimittel. Bres- lau 1866. Angezeigt von Carl Bley 129, 295.

Eulenberg, Lehre von den schädlichen u. giftigen Gasen. Angezeigt von Dr. Schlienkamp

129, 189.

Flückiger, F. A., Lehrbuch der

Pharmakognosie des Pflanzen- reichs. Berlin 1867. Angezeigt von Hallier 130, 256. Hager, Manuale pharmacenuti-

cum; edit. III. Lesnae 1866. Angezeigt von Dr. H. Ludwig | 130, 168.

Desselben Werkes Vol.II. Lesnae 1866. Angezeigt von H. Lud- wig 130, 175. Muspratt, theoret., prakt. und | analyt. Chemie. 2. Aufl. 2. Bd. Angezeigt von L. F. Bley 131, 246.

Pharmacopde frangaise. Paris 1866. Angezeigt von Dr. Th. Wimmel 130, 178. Pharmacopoea helvetica, 1865. | Angezeigt von Th. Husemann 129, 183.

Rammelsberg, Leitfaden für die qualitative chemische Ana- lyse. 5. Aufl. Berlin 1867. An- gezeigt von L.F. Bley 130, 259. Reinsch, Paul, Das Mikroskop. Nürnberg bei J. A. Stein. 1867. Kritik von Dr. Weinhold 132, 285.

MoritzSeubert, Lehrbuch der gesammten Pflanzenkunde. 4te Auflage. Angezeigt v. Hallier 129, 295.

ı Schur, J. F., Enumeratio plan- tarum Transsilvaniae. Vindo- ' bonae 1866. Angezeigt von Dr. IM. J. Löhr 131, 156.

N

Autorenregister.

J.J. v. Tschudi, Reisen durch Südamerika. 2. Bd. Angezeigt von Dr. Löhr 130, 187.

Wilbrand, Dr. J. u. F. Leit- faden für die ersten Uebungen im chemischen Laboratorium. Neuwied u. Leipzig, Heuser’s Verlag. 1867. Kritik von Dr. Weinhold 132, 287.

H. Will, Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie etc.

de RE Ran Ra NE a a Typ RE DR NN 3” N EB an h) en : \ ENT, 6

N 301

Angezeigt von Dr. Geiseler 1. 129, 191.

Wittstein, @. C., Anleitung zur Darstellung und Prüfung chemischer und pharmaceuti- scher Präparate. 4. Aufl. 1867. Angezeigt von L. F. Bley 132, 185.

G.C. Wittstein, Taschenbuch

der Geheimmittellehre. Nörd- lingen 1867. Angez. von 7%. Husemann 13150162

II. Autorenregister.

A.

Agassiz, Metamorphose der Fi- sche 131, 149. Almen, A., Xanthingehalt der Leber 132, 182. Andreae, Verfälschung des Argent. nitrie. mit Kali nitrie. 132, 135.

Ansell, G. F., Diffusion von Gasen 129, 102.

Archer, über Galläpfel, Cap- safran und afrik. Cubeben 129,

120.

Artus, über Rauchfleisch 129, - 144.

Erkennung von ächtem Roth- wein 130, 158. Assmuss, Fabrikation der Zu- ekercouleur 132, 148. Atfield, über die Kolanuss 129, 12:

Barral, Bouchardatu. Bous- singault, über die düngende Wirkung der Ammoniaksalze

129, 277.

Barreswill, über Chlorwasser

130, 120.

Barrett, W.F., über die Blau- färbung der Wasserstoffgas- flamme durch Schwefel 130,125.

Bartscher, über schlechte Chlo- roform - Narkose 129, 256.

Baudot, E., Verhalten des Al- kohols im Thierorganismus 129,

160.

Baumgarten, A., Vanadinge- halt des Aetznatrons des Han- dels 131, 244.

Beane, Wiederbelebung der Knochenkohle 131, 86. Becchi, E., Borsäureäther 130, 154. Becker, boreitronensaure Mag- nesia 132, 152. Begemann, K., über Narthe- cium ossifragum 130, 242. Beilstein, F., Xylol 131, 137. —_ u. F. Schlu: n, isomere Chlor- benzoesäuren 131, 130. Bender, Laacher See 131, 62. Mineralquellen zu Heppingen, Landskron und Appollinaris- brunn im Ahrthale 132, 278. Mineralquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen im Brohl- thale 131, 169. Bennet, Müller u. Pimont, Nachweisung einer Krappver- fälschung 132, 172. Bergemann, Vorkommen von Brom im Steinkohlenruss 131,

270. Berlandt, Entfärbung fetter Oele 130, 226.

Nachweisung des Mutterkorns im Roggen- und gemischten Weizenmehle 132, 282.

Bernatzik, über Cubeben 129,

123.

über Cubebin 129, 128.

Berthelot, Mittel zur Erken- nung von Kohlenwasserstoffen in Gasgemengen 131, 249.

neue metallhaltige Radicale

130, 130.

Betoldi empfiehlt Weinstein als ein Mittel gegen Zuckerharn- ruhr 131, 263.

a MERAN SEHE IR 302

Beyer, A., Keimung der gelben Lupine 131, 201. Beyer, G., Derivate des Tyro- sins 130, 44. Bilfinger, O., Azodracylsäure ausHydrazodracylsäure131,131. Birnbaum, Bromverbindungen des Iridiums 132, 138. Björklund, 6. A., Mittheilun- gen über Flores Cinae 131, 227. Black nnd Bell wenden Terpen- thinöldämpfe gegen die nach- theilige Wirkung der Phosphor- dämpfe in Zündhölzchen - Fa- briken an 130, 253. Blas. äth. Oel der Lorbeeren 151, 118.

Bley, Biographien von A. L. Aschoff und E. F. Aschoff 129,

1, >.

Nachtrag zu dem Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer 132, 208.

Blondeau, Ch., zweineue Arten von Schiessbaumwolle 131, 259. Goemin 131, 262. Bloxam, Ch.L., qualitative Ana- lyse von in Wasser und Säuren unlöslichen Substanzen 130,102. Blumtritt, E., über die Gase, welehe durch Erhitzen aus trocknen Körpern entfernt wer- den können 130, 1: Blunt, Th. P., Phosphormagne-

sium 131, 238. Bobierre, Regenwasser - Ana- lyse 130, 111. Bodenstab, Fr. bleihaltige Weinsäure 131, 198.

Bopps Versuche über die Fäul- niss des Käses, Albumins und Fibrins 129, 264, 265.

Borsche und Fittig über Äce- ton und Allylen 130, 165.

Bothe’s Verfahren, Glas zu ver-

silbern 132,135! Böttger über Darstellung von Sauerstoffgas 130, 105. Glas zu versilbern 132, 135. Selen 130, 129. -— Vorkommen von Indium 132, 124.

Boue, Ami, Ursprung d. mensch- lichen Geschlechts 129, 86. Boussingault, Chlormagne- sium zur Conservirung des Am-

moniaks und der Phosphorsäure

im Harn 129, 276. Brandes, R., über einbasische Kohlenstoffsäure, namentlich über Essigsäure 129, 103. Brandini, Luigi, Anwendung von Citronensäure zur Linde- rung der Schmerzen bei Krebs- geschwüren 132, 151. Braun, über Nardo@ 129, 114. neue Reaction auf Trauben- zucker 132, 142. Briegel, G., Benzoyl 131, 130. hydrazosalieylige Säure 131,

136. Brodie über den Graphit 130, 254. Buchner, Max, Fluorthallium

132, 128.

Buisson, Mittel gegen die Wuth- krankheit 129, 165. Bunsen, R.. einfache Gewin- nung des Thalliums 132, 126. Busse, A., Apparat zur Ent- wickelung von Chlorgas 129, 45. Bussy, Vorkommen von Brom und Jod in manchen Kohlen-

sorten 131, 270. Buttlerow, A.,tertiäre Alkohole 130, 145.

©. Cabanes, über Desinfection 129, 281. Cahours, Athmen der Blüthen 129, 109.

Cahours und Pelouze über das amerikanische Steinöl 131, 139.

Caillou, Chloroform zur Erken- nung des Zuckers im Harn 132, 184.

Calloud, Desinfection des Men- schenkoths 129, 276. Calvert, Crace, Einwirkung des Seewassers auf Metalle 130, 120. Carlevaris, Magnesiumlicht 126, 98.

Carnochan, Stickoxydulgas als Anaestheticum 130, 110. Casselmann, Bereitung einer schön grünen Kupferfarbe 132, 133.

Prüfung fetter Oele 131, 176. Chapmann, T. Capryl- und Oenanthyl- Alkohol 131, 109.

ur: & er Ä 2” Beh Du N % > N aan . un K 5 ÄAutorenregister. 303 79 Chatin und Filhol, Farbstoff | Dragendorff,;Cantharidin 132, ei der Blätter 132, 165. 233. SR Chevallier, ist Alaun ein nor- | Dullo, Wachsverfälschung 129, maler Bestandtheil des Weins? 161.

131, 241.

Chevreul., über das Jodkalium 130, 123.

Christomanos, Erdbeben auf Santorin 129, 88. Clemens, Chlorkupferlampe 129, 287

Clo&z, Sauerstoffgas aus Pflan- zen 130, 107. Cohn, über Laminaria digitata 129, 113.

Comaille, Analyse der Mileh 129, 138, 139. Contal, Wachholderbeeren ein

A.,

Surrogat für Copaivabalsam 129, 129.

Corne und Demeaux, über Desinfection 129, 281.

Crafts und Friedel, über Si- lieium - Alkohole 130, 150. Creswell u. Tavernier, Pla- tinspiegel 132, 138. Crookes, W., Unterscheidung der Carbolsäure (Phenylsäure) vom Steinkohlentheeröll31.122. Cruse, Löslichkeit des kohlen- sauren Kalksin Wasser 131,236. Czumpelik, fiüchtige Schärfe von Coronilla varia 131, 121.

».

Dales’ Desinfeetionsmittel für Cloaken 129, 274. Daniell, Kolanuss 129, 129, Dawson,Collodiumwolle131,258. Demeaux, Desinfection 129,281. Dessaignes, Umwandlung der inactiven Weinsäure in Trau- bensäure Deumelandt,@., Xylol 131,137. Deville, H.St.Cl., Dissociation des Kohlenoxyds 131,877 Deville, H.St.Cl., künstlicher Marmor und Cäment mit Mag- nesia bereitet 131, 96. Dietrich, Eugen, über das Ver- hältniss der Apotheker zu den Volksheilmitteln 130, 80. Dietzenbacher, über rauchen- de Salpetersäure 130, 109. Dougall, Mac, desinfieirendes Mittel 129, 291, 281.

132, 150. |

Duprez, Blitzableiter 129, 99. Dürr, Xanthin in Harn 132, 183.

E.

Eckstein, A., Conservirung von Rauchfleisch und Beseitigung bereits eingetretener Fäulniss desselben 132, 128. 008

Erb, W., physiologische u. the- rapeutische Wirkungen der Pi- krinsäure 131, 123.

Erdmann, J., Derivatedes Bben- zoins 131,138

Jul., zurMilchprüfung 132,220.

Ernst, G. A., Amylumkörner in den Zellen des Stengels strauch- artiger Urticeen 131: 220.3

Blausäure in den Früchten von Ximenia americana 131, 222.

botanische Notizen aus Cara-

cas 131, 219295 gelber Farbstoff von Xantho- xylum Ochroxylum DC. 131,222. giftige Eigenschaften von Eu-

phorbia caracasana Boiss. 131, 223. i

Guachamaca, eine Giftpflanze aus den Llanos von Venezuela 131, 224. ©

Gummi von Acacia Ouyrare- ma DC. 131, 221. iüpver die Pulpa in den Früch- ten der Randia-Arten 131, 221. Scheiligkeit des Wachsthums von MusasapientumL. 131,219.

FE. 5

Facilides, Otto, Verfahrenzur

Aenderung beliebiger speeif. Gewichte in normale 130, 219

Faust, August, Acorin, ein Gly-

kosid im Kalmus 131, 214.

Darstellung von Bromsalzen 131, 216.

Rademacheıs essigsaure Eisen-

tinetur 131, 217. Feldmann, A., Laserpitin 132,

158. Filhol, Farbstoffe der Blätter 133, .165

Finckh,C., Aloetinsäure 132,161. Chloranil 132,162. 7

Chrysoeyaminsäure 132, 161. =

a Da EEE a ae

304

Finckh, C., über Opium 129, 59. Fittig, R., Aethyl-Phenyl 131, 121.

Verschiedenheit des Cymols aus Römischkümmelöl von dem sog. Cymolaus Campher 131,139. Fittig u. Borsche über Aceton und Allylen 130, 165. Fleitmann’s Methode Sauer- stoffgas darzustellen 130, 104. Flückiger, F.A., Anatomie der Chinarinden 130, 229. Forbes, Evansit 132,241. Zusammensetzung des Phos- phorits aus Spanien 130, 253. Forchhammer über mangan- saures Kali 129, 283. Fort, Klebleinewand 129, 162. Frankland u. A.W.Hofmann, Eiseuchlorid zur Desinfection 129, 272.

Fremy, E., Chlorophyll 132, 164. Fresenius, Analyse der Emser Felsenquelle 130, 112. Freycinet, de, Desinfections- mittel 129, 291. Friedel und Crafts, Silicium- haltige Alkohole 130, 150. Frisch, Kuno, Basieität derWein-

säure 131, 186. über das Kreosot 130, 9.

Nickelkobalterz von Dobschau 131, 53.

Prüfung ealeinirter Soda131,52. Fritzsche, J., feste Kohien- wasserstoffe des Steinkohlen- theeröls 131, 251: Fryer, Luftanalysen 130, 107. Fuchs, Analyse des Fleisch- extracts von Gibert aus Fray- Bentos 132, 180. Nutzbarmachung der Weiss- blechschnitzel 132,111.

G. Gail-Bordes, Fleischzwieback 129, 145. Geuther, A.,über Aether 129, 37. Einwirkung von salpetrigsau- rem Kali auf salzsaures Tri-

äthylamin 130, 56. Gibert’s Fleischextract v. Fray- Bentos 132, 180.

Glaser, C., Verbindungen des 'Naphtalins mit Brom 131, 250. Gobley, Wasser der Orangen-

a 2 2 1 ah

Autorenregister.

blätter und Orangenblüthen 131, 119.

Gobley, Wirkung des Terpen- thinöls auf Opium 132, 173. Göbel, Carnallit von Maınan in Persien und Ursache der rothen Färbung mancher natürlichen Salze in einem Gehalt an Or-

ganismen 131, 239. Gohren, Th.von, Schweinemilch 132, 174.

Göppert, Anordnung derAlpen- pflanzen in den Gärten 131, 55. über den Breslauer botani- schen Garten 129, 77. Gore, über Chlorwasserstoff 130, 121.

Gorup-Besanez, von, über die Excremente 129, 260. Götze, über einen Leviathan - W einstock 129, 115. Gräger, übermangansaures Kali 131, 246.

Darstellung reiner Aetzlaugen 131, 97.

Grandeau, Digitalin 131, 156. Greiner, Elias, über Ameisen- säure u. Baldriansäure 130, 61. Greville-Williams, C., Koh- lenwasseıstoffeaus Steinkohlen- theeröl 131, 248. Grote, R., über Cystin 129, 160. Mittel Wasser zu reinigen 129, 285.

Grouven’s Desinfeetion städti- scher Kanäle 129, 279. Grüneberg, Cämentfabrikation 131, 94.

Guignet's Grün 131, 243. Günsberg, R., Verhalten von Arabin und Dextrin gegen Ei- weisskörper 129, 134. Gurniak, P., über Kreosot- Natron 129, 282. Güterbock, Darmentleerungen von Cholerakranken 129, 263.

H. Haarhaus, A., Hydrazoanilin 131, 122. Hager, über Desinfection 129, 268, 286. Hallier, Elementarorgane der Pilze 129, 68.

Hanbury,über Ratanhin129,118. Hantz, Rechenschaftshahn 130, 158.

Hautefeuille, Titansäure 131, 245. Heeren, Darstellung von flüs- siger Glycerinseife 131, 99. Heiden, Ed., Absorptionsver-

mögen der Ackererde 129, 108. '

Heintz, W., über die Einwir- kung von salpetrigsaurem Kali aufsalzsaures Triäthylamin 131,

173. Heintzmann über Deryas 131, 131.

Helwig, überBlutflecken129,141. Henkel, über Asa foetida 131, 255.

über Capsafran, Cubeben Galläpfel 129, über Opium 130, 261. Herapath, W., Phosphornach-

weisung 130. 129. Hirschberg, über die Chlor- kupferlampe 129,288.

über Leberthran 131, 50. über Rapskuchen und entöltes Rapsmehl 131, 200. Hirzel. Rothfärben der Fette und Oele 131, 114. Hirzel, Scharfrichterei- Producte 129, 290.

Hlasiwetz, Carminsäure ein Glykosid 131, 53. Einwirkung des Oxalsäure- äthersaufden Harnstoff 129,158. Kaffeegerbsäure ein Glykosid

131, 54. Kino 132, 169. Scoparin 132, 169,

Hoffmann, H., über die Gäh- rung 129, 267. Hofmann, A. W., über Des- infectionsmittel 129, 272. 275. über den Graphit 130, 254. Löslichkeit des Kohlenkalks im Wasser 131, 236. Hoppe-Seyler, Erkennung der Vergiftung mitKohlenoxyd 131,

88.

Houzeau, arsenhaltige Salz- säure 130, 121. Howard, J.E., überChinarinden 130, 91.

Hüter, Todesfa!] durch Chloro- form 129, 255. Hughes, Telegraphen -Apparat 129, 101.

Husemann, Aug., chemische

Arch. d.Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft.

Autorenregister.

305

Natur des Carotins und Hydro- earotins 129, 30. Husemann, Aug.u.W.Marme, über Helleborin und Hellebo- rein 132, 156. 1. 3. Igelström, L. J., Pyrochroit 131, 245. Jackson, Smirgel 131, 240. Jacobsen, Verhalten der Alo& zur Thierkohle 132, 160. zur Desinfection der Exere- mente und Hager, über Desinfection 129, 269. 282. Jennet, Klärung des Wassers 129, 285. Jevons, über die Kohlenfrage 131, 79. Jones, Bence, Anwendung der Spectralanalyse 129, 95. über das Vorhandensein einer dem Chinin ähnlichen Auo- rescirenden Substanz in dem thierischen Gewebe 132, 181. Jones, G., Kalksuperphosphat 130, 253. Josch, Eduard Ritter von, Ge- rüche von Pflanzen 131, 115.

RK. Kanig, Anwendungvon Acidum lacticum zur Heilung der Ver- dunkelungen der Hornhaut 129,

163.

Karmrodt, C., Analyse des Fleischextraets 129, 25. Karsten, über Chinarinden 130,

91. Kletzinsky, Entfuselung des Branntweins 130, 152. Schlagloth für Hartlöthungen 132, 11312 Knaffl, L., weisser flüssiger Leim 132, 182. Kofler. L., Analysen von Mi- neralwässern aus dem Bregen- zer Walde 130, 114. Kohler, A. 131, 109. Kolb, J., über den Leblane’schen Sodaprocess 131, 233. Kopp, E. Theorie der Sodafa- brikation 131231 8 Koppe, Ueberführung von schwe- felsaurem Kali in kohlensaures Kali 131, 98.92

20

129, 292.20

306 Krause, W., die sogen. Geheim- mittel 129, 8. Kühn, Jul, über Mutterkorn 129, 110. Küp’s Gasbrenner 129, 97.

L.

Lamparter, Flechtenstoffe 132, 167. Lamy, Thalliumglas 132, 129.

Landerer, X., über Bleikolik

129, 54.

eisenhaltiges Mineralwasser 132, 109.

über Fikia 129, 259.

Heilquellen der Insel Kos 129, °

257.

Heilquellen auf der Insel Lemnos 131, 70. Höhle auf der Insel Cerigo 129, 258.

Höhlen in Griechenland 132, 108.

Mittel gegen das Ausfallen der Haare 131, 21: pharmakologische Notizen 132, 104. 105. 107.

über Tabakssaft 130, 79. Veränderung des Oeles mit

der Zeit 131, 185. Volksheilmittel 130, 227. über den Zibeth 130, 246.

Lea, C., Oxalsäure - Aethyläther 130, 155.

Ozon, Wirkung desselben auf Brom- u. Jodsilber 129, 107. Lefort, J.u. Robinet, Analyse des Wassers des rothen Meeres 130, 118.

Le Guen, Einfluss des Wol- frams auf Gusseisen 132, 111. Lenz, Leopold, Seidenraupen- Analysen 131, 36. Letheby, Terpenthinöldämpfe gegen die schädliche Wirkung der Phosphordämpfe 130, 253.

Levoir, über Desinfection 129,

275.

Liebig, J.v., angeblicher Koch- salzgehalt des Extractum carnis americanum 129, 21. Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen 131, 120.

über Fleischextract 129, 141. Fleischextract 132, 179.

Autorenregister.

Liebig, J.v., überSeidenraupen- Krarkheiten 131, 41. Liebreich, Oscar, Protagon im Gehirn 132, 175. Lieven’s Phenylin 129, 272.

Linnemann, E., Benzophenon

131, 134. Monochloraceton 130, 164. Lintner, Analyse derSchweine-

milch 131, 152. Löhr, blutendes Brod 132, 100. Desinfeetionsmittel 132, 102. über den Erfinder der elektri-

schen Telegraphie 130, 260. Losse, Mittel gegen Insekten-

schäden 129, 170. Lossen, Kupfer im Thierreiche 132, 131.

Ludwig, H., Notizen über die Fäulniss, so wie über Desin- feetion der Luft, des Wassers und der Exeremente 129, 260.

Essig zur Desinfection 129, 287.

gebrauchte feuchte Gerberlohe zur Verhütung des Faulens der Exeremente 129, 282.

übermangansaures Natron zer- stört den Geruch faulen Harns

129, 269.

an Herrn Prof. Julius Otto in Braunschweig 129,294. 130. 264.

über die Verunreinigung der Arzneimittel 132, (259.

MM. Malaguti, Zinkoxydammoniak 132, 122. Maly, R.L., Gallenfarbstoff 129, 149.

Manbre, A., Fabrikation des Stärkezuckers 132, 140. Mangon, Verwendung der Ex- cremente 129, 290. Maunoury undSalmon, über

Bleivergiftung, durch Mühl- steine 132, 130. Marcel, über gesalzenes Fleisch 129, 147.

Märker, M., Einwirkung von salpetriger Säure auf Kreatinin 132, 180.

Markoe, H., Lösung des Cam- phers in Wasser 131, 120. Marme&, W. u. A. Husemann über Helleborin u. Helleborein 132, 156.

Autorenregister.

Marquart, Desinfectionsmittel 132, 102.

Marquis, über Agaricus albus 129, 109.

Martius, Todesfall durch Chlo- roform 129, 255. nnd P. Griess, über Amido- diphenylimid 131, 124. Massy, R. de, Saftgewinnung aus Runkelrüben 132, 147. Mathewson, Vorkommen von Tellur 132,117: Maumene&, Dichtigkeit des Koh- lenstoffs in seinen Verbindun- gen 131, 73. über Fäulniss des Wassers 129, 283.

Mendelejeff, Verbindung des Weingeists mit Wasser 130,153. Mettenheimer, die Saughüt- chen von Kautschuck, eine Quelle chronischer Aphthen- bildung bei Kindern 131, 256. Meurer, Friedrich Dr., Nekro- log 132, 193. Meyer und Möbius, Gefrieren des Meerwassers 130, 120. Miller, J. Th., Holzgeist im Weingeist aufzufinden 130, 152. W. A, lithionreiche Mineral- quelle zu Redrutte in Corn- wallis 130, 117. Millon, E. Analyse der Milch 129, 138. 139.

über Chlorwasser 130, 120. Mills, E. S., über Nitroverbin- dungen 130, 136. Mohr, Bestimmung des Magnet- eisens in Basalten, Melaphyren 131, 276.

dialytischer Apparat 131, 270. Vorkommen von Brom im Steinkohlenruss 131, 270. Mohs,R.,Einwirkung von einfach essigsaurem Glykoläther auf Mononatriumglykolat 130, 201. Einwirkung von Natriumalko- holat auf Teträthylammonium- jodür 130, 209. Molin, ein Schutzmittel für Be- waldung der Gebirge 131, 72. Monnier, Bestimmung der or- ganischen Substanzen in den Wässern 129, 289. Moormann, ätherisches Oel von Erigeron canadensis 131, 121.

ne ie a

Ws

Moride, über Desinfeetion 129, 280. Morin, A.,Luftverbesserung 129, 286.

Mosselmann's animalischer Kalk 129, 277. Mulder, Analyse der Mineral- quelle am Königsstuhle bei Rhense 129, 213. Verflüchtigung des Kochsalzes in der Hitze und Zerlegung desselben durch Steinkohlen 129, 231.

Müller, A.. Ammoniakgehalt der atmosphärischen Luft 130, 108.

Desinfectionssystem 129, 278. 281.

über die Fäulniss der Hefe 129, 266.

Baron, über die Cypresse von Tule 129, 114. Müller, Pimont u. Bennet, Nachweisung einer Krappver-

fälschung 132,112, Musculus, Bildung von Zucker

und Dextrin aus Stärkemehl

132, 141.

N

Nägeli, über die ungleiche Ver-

theilung gelöster Stoffe in dem Wassertropfen eines mikrosko- pischen Präparates 130, 110. Naumann, Brom auf Benzo&- säureäther u. Nitrobenzo&säure- äther wirkend Nickles, Lösung des schwefel- sauren Baryts in Schwefelsäure

Ei;

307:

131,132 09

nr

SE = RENNEN EN

a 2 a

Re rise

131, 235.

Verfälschung des Mandelöls mit Aprikosenkernöl und Ent- deckung dieser Verfälschung

131, 110.

Nobel, Vorsichtsmassregeln bei

Benutzung des Nitroglycerins

131, 10 90%

Oeser, C., Allylamin 131, 105.

Otto, Prof. Jul., über H. ud

wigs Antheil an der Entdeckung

der Pentathionsäure 129, 294. 130, 263.

R., Bromerucasäure 131, 112,

308

P.

Pagenstecher und Sämisch, über Quecksilberoxyd 129, 163. Pasteur, über Fermente 129, 267.

Harngährung 129, 157. Pätsch, A., Wasserglas 131, 93. Payen, Jodkalium als Medica- ment u. als Reagens 130, 122. Kohle zur Desinfection 129, 229:

Methode von Weil zum Ver- kupfern des Gusseisens 132, 112. Umwandlung des Stärkemehls in Zucker u. Dextrin 132,141. Poinsont und Wood, An- wendung des Eisenvitriols zur Conservirung der stickstoffhal- tigen Harnbestandtheile 129, 270.

Peckolt, brasilianische Indu- strie Ausstellung von 1861 129, 46. 245.

Peligot, Bildung von Schwefel- säure 130, 248. Pelouze, über Chrom-Aventu- ringlas 131, 93.

Eisengehalt des Blutes 131, 152. über die Färbung des Glases durch Kohle und Schwefel 131, 93. über Sulfüre 130, 126. u. Cahours, über das ame- rikanische Petroleum 131, 139. Persoz, Umwandlung des Stick- oxydulgases in Ammoniak und Salpetersäure 130, 108. Pettenkofer, Maxv., über den Eisenvitriol zur Desinfection bei Cholera 129, 270. Petzholdt, J., Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer 132, 193. Phillipp, A. Unterscheidung ächter von unächten Rothwei- nen mittelst Eisenchlorid 130, 158. Philipp, J., Rhodanverbindun- gen des Quecksilbers 132, 78. Piecard, J., Filtration 130,101. Pierre, Isidor, über Desinfec- tion der Exeremente mit Eisen- vitriol 129, 270. Pimont, Müller u. Bennet,

Autorenregister,

Nachweisung einer Krappver- fälschung 132, 172. Pohlmann’sche Geheimmittel 129, 166.

Pokrowsky, Kohlenoxydvergif- tung 131, 89. Pontardawe, dünnes Eisen- blech 132, 110. Preu, S., Lactimid 131, 107.

Procter, William, Geruchsprin- eip der käuflichen Gerbsäure 132, 154.

C., Glyeerinleim

130, 167. Puschkarow’sche Flüssigkeit zur Desinfeetion 129, 272. 282.

Ramdohr, C., über Kreosotgas 132, 53.

Rammelsberg, L., Analyse der Glimmer von Utö u. Easton und Bemerkungen über die Zusammensetzung der Kali- glimmer überhaupt 132, 82. Rawlinson, über Kohlensiebe zur Luftreinigung 129, 280. Reichardt, E., Analyse eines Condensatorsteines 129, 243. Gasentwicklungs Apparat 130, 222.

Puscher,

zur Gasanalyse 130, 221. zur Methode der Aschenana- Iyse 132, 88. Scheidung des Mangans vom Eisen 129, 234. Reincke, W., Apparat zum Aufstreuen des Desinfections- pulvers 129, 278. Reinsch, H., Darstellung der Aepfelsäure aus den Frucht- zapfen von Rhus coriaria und das verschiedene Verhalten der Gerbsäuren 132,2198) Verhalten des Kupfers und Silbers zu den Lösungen der AsO3, SeO? u. PO3 132, 118. Reusch, Benutzung des Hydro- phans für Gasdiffusion 129, 102.

Reveil’s Musculin - Präparate 129, 148.

Reynold’s Nachweisung von Holzgeist im Weingeist 130,152. Rheineck, über Glykolursäure 129, 159.

Autorenregister.

Richardson, fäulnisswidrige Eigenschaften des Ammoniaks 129, 267.

Roberts Dale, über Doppel- salze aus Kaliumeisenceyanür und Salpeter 130, 144. Robin, E., Verhütung der Fäulniss. 129, 281. Robinet und Lefort, Analyse des Wassers aus dem rothen

Meere 130, 118. Rochleder, über Alo& succo- trina 132, 159. Rolleston, über Desinfection 129, 271. 287.

Roth, Jul, Anwendung der Ratanhia in der Färberei 132, 171.

Römer, F., Flora von Gibraltar 129, 116.

Roussin, Copaivabalsam 131, 254.

mikroskopische Untersuchung der Blutflecken 132, 174. Ruge, E., Ratanhin 132, 169. Runge, Carbolsäure zur Desin- fecetion 129, 281. Ruschenberger, Anisöl ver- deckt den unangenehmen Ge- ruch der Schwefelkalium- Prä- parate 132, 184.

S,

Sämisch und Pagenstecher, über Quecksilberoxyd 129, 163. Sänger, H., Apparat zur Ent- wickelung von Chlorgas 129, 45.

St. Pierre, C., Trithionsäure- bildung 130, 251. Salmon und Maunoury,

Vergiftung von 350 Personen durch Bleigehalt von Mühlstei- nen 132, 130. Saytzeff, A.. Allophansäure- Aether 130, 156. Schacht, C., über Chloroform 132, 213.

Schachtrupp, Ludwig, Amyl- alkohol zur Abscheidung des Morphins und Strychnins 132, 1. Schaffhausen, die Knochen- höhle von Balve 131, 269. Schapmann, J.E., Nachweisung von Antimon durch die Löth-

rohrprobe 132, 119.

309

Schdannow’scheDesinfections- flüssigkeit 129,,.272.7282. Scheerer empfiehlt schwefels. Eisenoxyd zur Wasserreinigung 129, 284, 285.

Th., chem. Constitution der Kieselsäure 131, 9%. Scheurer-Kestner, über Gui- gnets Grün 131, 243. Schiff, Borsäureäther 130, 154. Schlun, F. und F. Beilstein, isomere Chlorbenzo&säuren 131, 130.

Schmidt,über Tsa-tsin, 129, 132. C., Zucker als fäulnisswidri- ges Mittel 129, 282. R., Abfuhr und Verwerthung der Düngstoffe 129, 290. Schmitt, über Chlorwasser 130, 120.

Schönbein, über Harngäbrung 129, 154.

Schorlemmer, C., neue Koh- lenwasserstoffe 131, 147. Schövers, grosse Gaben von Argent. nitrie. gegen Croup. 132, 134.

Schrage, F., mikroskop. Kry-

talle.- im polarisirten Lichte 130, 217. Schroff, über Meerzwiebeln

129, 116.

Schrötter, Indium 132,122. Schuchardt, B., Sehädlichkeit des Nitroglycerins 131, 103. Schulz, Hugo, Fabrikation von

Schlempekohle 131, 85. Schulze, C. F., krystallisirte Phenylsäure 130, 77. Schultze, Schiesspulver aus Holzsägespänen 131, 258. Schür’s Desinfeetionspulver

129, 268. 278. 282. Schützenberger, Einwirkung von Essigsäure auf Cellulose, Stärke, Zucker, Mannit, Gly- koside, Farbstoffe 131, 260. P., über das Catechin 132, 168. Schwarz, Beseitigung des üblen Geruches bei der Düngerfabri-

kation 129, 290. Schwarzenbach, Verhältniss des Albumins zum Üasein 131, 150.

Scott, Vorkommen des Thal- liums 132,126.

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310

Sell, E., Oxydationsproduet aus Erythrit 132, 149. Sestini, Fausto, Bereitung von reinem Kalk 131, 236. Siemens, Fleischzwieback 129,

145.

Simpson, Chlorkohlenstoff 131, 73.

M., Triearballylsäure 131, 105.

Siret’s Desinfectionspulver 129, 272.

Smith, J.L., Analyse des Chlad- nit 131, 97, T. u. H, Acidum thebo-lac- ticum (Opium-Milchsäure) 131, 106.

Antidot gegen Blausäure, Ar- senik u. Antimon 130, 143. 144.

Sommer, E., Steinkohlenver- brauch 131, 75. Sonstadt, E. wolframsaures

Natron zur Trennung des Kalks von der Talkerde 131, 237. Sprott, über Gewinnung der Badeschwämme 129, 168. Städeler, kıystallisirtes kohlen- saures Kali 131, 98. Stahlschmidt, platinplattirte Schalen für Laboratorien 132, 137.

Stammer, Analyse des Brüden- wassers, des condensirten Rü- dampfsafts 132, 148. Stein’s u. Steinmetz’ Holz- kohlen-Kalkdeekel 129, 279. Steinbeck, A. Stassfurthit 131, 98.

Stenhouse, über Luftreinigung durch Holzkohlen - Luftfilter 129, 250.

Stickel, Carl, über Pastinaca sativa 130, 224. Stinde, J. Bereitung von soge- nanntem chromsauren Kupfer- ‚oxyd 132/132. Darstellung grosser Salpeter- krystalle 131, 229. Storer, Löslichkeit des Cam- phers in Wasser 131, 120. Strecker, die Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds 132, 127. Sullivan, Fäulniss des Weizen- mehls 129, 266. Süssenguth, Otto, Leinölsäure 131, 113.

Autorenregister.

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Sussex, Transport des Cloaken- inhalts 129, 289. Sy und Wagner, platinplattirte Schalen für Laboratorien 132, 137.

T.

Tavernier u. Creswell, Pla- tinspiegel 132, 138. Terreil, krystall. Antimonoxyd u. dessen Verbindungen 132, 120.

A. Spuren von Chrom im Eisen und Stahl nachzuweisen

131, 244. Teuchert, R., Suceinaminsäure

131, 108. Thiel, Desinfeetion 129, 290.

Thompson, Mittel, Leuchtgas von Schwefelkohlenstoff zu be- freien 130, 164.

Tieghem, van, Harngährung

129, 157.

Triquet’s Mittel gegen acuten

Katarrh des äusseren Gehör- gangs 129, 164. Tscherinoff, M., Glykogen-

gehalt der Leber 129, 151. Harnzuckerbestimmung 129, 152.

Tschermak, Feldspäthe 131, 92.

U.

Ulex’ Angaben über das Vor- kommen von Kupfer im Thier- reiche, von Lossen zurück- gewiesen 132, 131.

V.

Virchow, über Trichinen 129, 166. Vogel,A., über Entdeckung der Salpetersäure in der englischen Schwefelsäure 130, 109. Vogl, A., über die Turpithwur- 129, 122.

Oel der Blü- decumana 131, 119.

ze Vry, de, äther. then von Citrus

w, Wagener u. Sy, platinplattirte

Schalen für Laboratorien 132, 137.

Leichengeruches durch Be auane: Kali 129, 269.. Ueberführung von schwefel- saurem Kali in kohlensaures 2. Kalı 131, 98. - Wallis, Collodiumwolle 131, 259.

® 'Warhaneck, W. F., Beleuch- |

tungswesen 129, 95.

Warren, C.M., Schwefelbestim- |

mung in organ. Substanzen

R 130, 103. _ Weber, V., Wittstock’s Biogra- _Phie 130, 193.

% ET uheld; C., über die Con- stitution des Phenols 131, 1. Weiss, Ad., Entwickelung von Farbstoff in Pflanzenzellen

\ 132, 162. Weltzien, Einwirkung der glü- henden Kohle auf Ammoniak

131, 86.

Welwitsch, Copal 131, 254. Werigo, A., Azobenzid 131, 136. Whitelaw, Pökeln des Flei- sches 182,177.

A., Pökelflüssigkeit, Gewin- nung der nahrhaften Bestand-

Bofbuchdruckerei der Gebr.

., über "Enkfernung:

|

|

fornien vu Wickstädt’s Dünger Winkler, Clemens, Verfa zur volumetrischen Bestimm des Eisens i Wittstein, G. C., über Fleisch: extract 130, 212. Goldoxydhydrat 132, grosse Haltbarkeit einer ren Lösung der arsenigen S

131,

Wood, Kermanischess Gum

zZ. Zawarykin, Th.

Zeise, H., Ausbeute an äther Oelen Wirkung äther. Oele auf Fuch.

sin Zinken, Kainit

Jänecke zu Hannover,

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