ARCHIV | für die K KSenntniß Siebenbürgens | Vorzeit und Gegenwart. | Ju Verbindung mit mehreren Mitarbeitern, und in zwangloſen Heften herausgegeben bon 8 3 Schuller, eek am Gymnaſium A. E. in e 1 n Ehren⸗Mitglied der Berliner ee u SAID Sprache. he 1. Band 1. Heft. 10 Sermannſtadt 1840. | Martin Edlen v. Hochmeiſter'ſche Buchhandlung. 2. 757. Die Aufgabe, welche ſich dieſe Zeitſchriſt geſtellt hat, iſt durch den Titel derſelben genügend bezeichnet. Mit Umgeh- ung alles desjenigen, was feiner Natur nach ein rein locas les Intereſſe hat, ſoll das Archiv alles aufnehmen, was ge⸗ eignet iſt, das Gemälde der Vergangenheit und Gegenwart Siebenbürgens zu ergänzen oder zu berichtigen. Je umfaſſender nun aber die Aufgabe des Archiv's iſt, deſto lebhafter iſt auch das Gefühl des Herausgebers, daß ſeine Kräfte bei weitem nicht ausreichen, um dieſelbe allſeitig und genügend zu löſen. Er verbindet daher mit dieſer Anzeige zugleich die Bitte an alle Freunde der Vaterlands⸗ kunde um ihre gefällige Mitwirkung. Mit dem wärmſten Danke wird derſelbe jeden zweckmäßigen Beitrag aufnehmen und auf Verlangen anftändig honoriren. Seiner äußern Anlage nach wird jedes Heft des Archi⸗ ves aus zwei Abtheilungen beſtehen. Die erſtere oll Abhand⸗ lungen und Darſtellungen, welche Gegenſtände des bezeichne⸗ ten Gebietes erörtern und behandeln, und ihrem Umfange nach nicht geeignet ſind als ſelbſtſtändige Werke zu erſcheinen, enthalten. Die zweite Abtheilung ſoll intereſſante Urkunden, Briefe, und andere kleine ſchriftliche Denkmähler der Vorzeit, welche zur Aufhellung der Vergangenheit Siebenbürgens die— nen, theils aus dem Originale, theils aber auch aus Werken, welche durch ihre Seltenheit, oder durch Koſtbarkeit nur eis nem ſehr beſchränkten Kreiſe von Leſern zugänglich ſind, mit den nöthigen Einleitungen und Bemerkungen ausgeſtattet, zur allgemeinen Kenntniß der Freunde vaterländiſcher Studien bringen. Der Herausgeber. Den Verlag dieſer Zeitſchrift hat die unterzeichnete Buch⸗ handlung übernommen. Jedes Heft von 10—12 Bogen koſtet im Pränumerations-Preis (d. h. bei baarer Vorausbezahlung) fl. 1. 12. E. M. Nach erfolgter Ausgabe eines jeden Heftes erliſcht dieſer Preis, und es tritt dann auch für die beftell» ten aber unbezahlten Exemplare der höhere . bon fl. 1. 50 kr. C. M. ein. Hermannſtadt den 24. Mai 1840. Martin Edlen v. Sochmeiſter ſche Buchhandlung. Archiv Kenntniß von Siebenbürgens Vorzeit und Gegenwart. In Verbindung mit mehreren Mitarbeitern, und in | zwanglofen Heften herausgegeben . von G. &, Schuller N Profeſſor am Gymnaſium A. E. in Hermannſtadt, f und Ehren-Mitglied der Berliner Geſellſchaft 1 für deutſche Sprache. 1. Band. Hermannſtadt 1841. Martin Edlen v. Hochmeiſter'ſche Buchhandlung. Dem Hochwohlgebornen Herrn Rofeph Vedeus v. Schar berg, Seiner k. k. Apoſtoliſchen Majeſtät wirklichen Hofrath, k. Siebenbürgiſchen geheimen Guber⸗ nialrath, und Oberlandescommiſſär im Großfür⸗ ſtenthume Siebenbürgen in tiefſter Hochachtung gewidmet von dem Herausgeber. * 1 * 4 = ya M N n f 2 | TR 2 . 9 1611 Wer 8 we a de AN che Vorrede. Der gegenwärtige Standpunkt der Siebenbür— giſchen Landes- und Geſchichtskunde iſt ſchon ſo oft dargeſtellt worden, daß es wohl höchſt uͤberflüßig und vielleicht ſelbſt anmaßend wäre, dasjenige hier wiederholen zu wollen, was ungleich würdigere und vollgültigere Stimmen, als die meinige, bedauernd und wünſchend längſt ausgeſprochen. Natur und Leben und Geſchichte unſers Vaterlandes ſind rei— che Minen für den emſigen Forſcher; allein fo we— niges von den werthvollen Schätzen iſt noch zu Ta— ge gefördert, und ſo tief gehend ſind die Adern, welche ſie bergen, daß die Zeit wohl ſehr ferne liegt, in welcher der Bau derſelben unfruchtbar, und die Mühen deſſelben danklos ſein werden. Bei dieſer Beſchaffenheit des vaterländiſchen Wiſſens befinden ſich aber auch die Forſcher und Schriftſteller auf dem weiten und überreichen Ge— biete deſſelben in einer Lage, welche, je nachdem der Standpunkt ihrer Betrachtung gewählt wird, glücklich oder unglücklich genannt werden kann. Glücklich, weil jedes belohnte Forſchen zum geiſti— gen Lebensglücke des Forſchers gehört, auf dieſem Gebiete aber dieſer Lohn ſelten ausbleibt, und weil jeder nicht ganz mißlungene Beitrag zur Kunde des Vaterlandes nach feiner Gegenwart und Vergan— genheit des Dankes der Vaterlandsfreunde und des wohlthätigen Einflußes auf die Förderung var terländiſcher Studien gewiß iſt; unglücklich dage— gen nicht nur, weil er oft auf Lücken ſtößt, die er nicht auszufüllen, auf Hinderniſſe des tiefern und ganz erſchöpfenden Eindringens, welche er allein zu entfernen unvermögend iſt, ſondern auch, weil manche Leſer gewohnt ſind, überall das Vollendete zu erwarten, während die angeſtrengteſte Forſchung oft nur Verſuche und mangelhafte Skizzen zu bie— ten im Stande iſt, das Bewußtſein aber, nicht al— len Forderungen genügen zu können immer etwas unangenehmes hat; andere dagegen, von dem Wah— ne befangen, es ſei beſſer zuzuwarten, bis der Mor— gen der möglichen Vollendung tage, jede literari— ſche Erſcheinung, welche die entgegengeſetzte Anſicht hervorgerufen hat, mit der Lauge ſcharfer Kritik übergießen, oder wohl gar dem redlichſten und unſchul— digſten Streben gehäſſige Tendenzen unterlegen. Als ob in Siebenbürgen die Entwickelung der Wiſ— ſenſchaft eine naturwidrige Ausnahme machen, und das Syſtem der Vaterlandskunde nach allen Be— ziehungen und Richtungen möglich ſein werde, be— vor die ſämmtlichen Beſtandtheile uud Bruchſtücke deſſelben zuſammengetragen ſind. Gewiß, wenn irgend eine Erwartung in dem Reiche der Wiſſenſchaft, ſo müßte dieſe als ein nichtiger und gehaltloſer Traum bezeichnet werden. Und ſo übergibt denn der Herausgeber, von dieſer Ueberzeugung geleitet, und durch den Gedanken er— muthigt, daß alle billig urtheilenden Leſer ſie thei— len, die Arbeiten derjenigen Herren Verfaſſer, wel- che ſo gütig waren ihn zu dem Unternehmen auf⸗ * zumuntern, und ihm ihre thätigſte Mitwirkung zu— zuſichern, und ſeine eignen Verſuche über einzelne Gegenſtände der Vaterlandskunde der Oeffentlich— lichkeit. Die ſiebenbürgiſche Quartalſchrift, die ſie— benbürgiſchen Provinzialblätter, die Tranſilvania, Zeitſchriften von gleicher Tendenz, ſind willkommene Erſcheinungen am Horizonte der deutſchen vater— ländiſchen Literatur geweſen, und in der neueſten Zeit hat die von dem gründlichſten Geſchichtsfor— ſcher des Vaterlandes, H. Grafen Joſeph Kemeny beforgte Herausgabe „deutſcher Fundgruben zur Ge—⸗ ſchichte Siebenbürgens“ bei allen Geſchichtsfrenn— den den Wunſch erregt, daß es dem unermüdet thätigen Forſcher gefallen möge, das verdienſtvolle Unternehmen recht bald fortzuſetzen. Vielleicht iſt die Hoffnung nicht täuſcheud, daß auch dieſer erſte und die, ſo Gott will, ſpäter nachfolgenden Bände des neu gegründeten Archivs nicht unwillkommen ſein werden. | Ich wüßte nicht, was ich in dieſe Vorrede noch aufzunehmen hätte, als den ehrfurchts vollſten Dank an alle diejenigen, welche mich bisher bei dem Unternehmen durch Rath und That unterſtützt ha- ben, und die Bitte an ſie ſelbſt, mir dieſe Unter⸗ ſtützung auch künftighin nicht verſagen zu wollen, und an alle Forſcher auf dem reichen Gebiete der Kunde von Siebenbürgens Vorzeit und Gegenwart, eine Aufgabe durch ihre Mitwirkung zu fördern, Nahe nur durch den Anſchluß vieler gelöſt werden ann. Hermannſtadt am 22. Februar 1841. Der Herausgeber. Inhaltsverzeichniß. Seite. Die ſiebenbürgiſche Steuergeſetzgebung 2 a 1 Die Mongolen in Siebenbürgen. Vom Wicca ge 24 Die antiken Münzen, eine Quelle der ältern We ai Siebenbürgens. Von M. Ackner. . 8 69 Ueber die Eigenheiten der ſiebenbürgiſch— ſächſiſchen Mund⸗ art, und ihr . zur eee Sprache. Vom Herausgeber.. . 1 Apologie J. K. Eder's. Von J. Betten 131 Originalien zur Hi a im 16ten Joh | hundert . 154 Die deutſchen Ritter im emed e Seranöfchen 161 Kritiſche Beiträge zur Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels in 55 vor der . Von M. Reſchner . 4 } . 263 Die antiken Münzen u. ſ. w. K&ortfegung) 297 Reiſebericht über einen Theil der ſüdlichen e Kiel che Siebenbürgen von der kleinen Walachei en aus dem Jahre 1838. Von M. Ackner 332 Die ſiebenbuͤrgiſche Stenergeſetzgebung. — — Die Verrichtungen, welche bei jeder Steuer vorkommen, find 1. der Aufſchlag, 2. die Auftheilung, 3. die Einhe⸗ bung, 4. die Verwendung und 5. die Verrechnung der Steuer. Jede derſelben ſoll in der folgenden Abhandlung einzeln in einem beſondern Abſchnitt beleuchtet werden. Weil aber für Siebenbürgen mit dem Zeitpunkt, wo ſich das Land in den Schutz des Hanfes Oeſterreich begab, in jes der Hinſicht eine neue Aera begann, und die ältern das Steuerweſen betreffenden Geſetze durch neuere Verträge, Geſetze und das Herkommen ſo verändert worden ſind, daß ſie in ſehr wenigen Punkten mehr Geltung haben, und bei veränderten Umſtänden für die dermaligen Zeiten nicht mehr anwendbar ſind; ſo hat man für überflüßig erachtet, in dem geſchichtlichen Theil biele Arbeit über das Jahr 1690 zuruͤckzugehen. 1. Von dem Aufſchlag der Steuer. Nachdem die Stände von Siebenbürgen ſammt ih⸗ rem Fürſten Michael Apaffi die Oberhoheit des Kaiſers Leopold I. glorwürdigen Andenkens anerkannt hatten, der erſtgenannte Fürſt aber bald darauf geſtorben war; ſo wurde in dem, dieſem Fürſtenthum durch den . als deſſen Schullers Archiv I, 1. 2 Schutzherrn ertheilten, und noch immer als Staatsgrund— geſetz geltenden Diplom vom Aten Dezember 1691 im 12. Punkt feſtgeſetzt, daß das Land in Friedenszeiten 50,000 Thaler (von welchen jeder einen und einen halben Gulden galt), zu Zeiten eines gegen Ungarn oder Siebenbürgen gerichteten Krieges aber 400,000 Gulden, den Werth der gelieferten Naturalien mitgerechnet, entrichten ſolle. Weil aber der Krieg mit der Pforte nicht nur in dieſem, ſon— dern auch in den nächſten acht Jahren ununterbrochen fort— dauerte, ſo wurde gleich mit Einhebung der größern Steuer von 400,000 Gulden der Anfang gemacht, ja ſchon in den nächſten Jahren darauf noch viel größere Summen ver— langt und eingeſammelt, welche gegen Ende des XVII. Jahrhunderts bis auf eine Million ſtiegen. Doch konnten dieſe Summen ſelten ganz eingehoben, und faſt alle Jahre mußten bedeutende Theile davon nachgeſehen werden. So blieb es auch während der Rakocziſchen Unruhen bis zur Herſtellung des Friedens im Jahr 1711. Doch mußte au— ßer der Militärcontribution auch zur Beſoldung einiger Landesbeamten und Beſtreitung anderer Landesbedürfniſſe noch ein beſonderer Aufſchlag gemacht werden, welcher den Namen extraordinarium Quantum Provinciae erhielt. Um nun dieſen Fond gehörig zu dotiren, wurden die au— ßerordentlichen Bedürfniſſe des Landes zu Anfang jedes Jahres berechnet, und dann der erforderliche Betrag zwar zugleich mit dem Militärquantum, jedoch in abgeſonder— ten Summen aufgeſchlagen und ausgeſchrieben. Die erſte ſichere Anzeige eines ſolchen Aufſchlags findet ſich in dem Landtagsbeſchluß vom J. 1696, wo im I2ten Artikel jeder Porte außer der Militärcontribution noch 30 ungariſche Gulden angerechnet wurden; die ganze Summe dieſes Auf— ſchlags aber belief ſich ſchon im Jahr 1710 über 65,000 Gulden. In den nächſten zwanzig Jahren ſchwankte die Mi— litärcontribution zwiſchen 700,000 und 500,000 fl. und betrug nach Umſtänden bald mehr bald weniger; dieſe Sum— men aber wurden gewöhnlich alle Jahre durch die königl. 3 Landtagscommiſſäre von den auf dem Landtag verſam— melten Ständen verlangt, dann in der Regel etwas ge— mildert, und endlich durch die Stände bewilligt. Die au— ßerordentlichen Provinzialauflageu aber, welche, wie geſagt, gleichfalls auf dem Landtag feſtgeſetzt wurden, beliefen ſich während dieſem Zeitraum in manchen Jahren ſchon auf mehr als 100,000 fl. Vom J. 1731 bis 1750 wurde ſowohl das Milttär: als auch das Provinzialquantum wieder etwas erhöhet und verändert; wozu beſonders auch der Umſtand beitrug, daß die ſogenannten partes reapplieatae, nemlich die Komi- tate Mittelßolnok und Kraßna ſammt dem Kövarer Di: ſtrikt, welche in Folge des am 27ten Oktober 1687 durch den Herzog von Lothringen mit dem Fürſten M. Apaffi und den Ständen von Siebenbürgen geſchloſſenen Vertrags, von jener Zeit an ihre Steuer nach Ungarn zahlten, nun aber in Gemäßheit eines Reſcriptes des Kaiſers Carl VI. vom 31ten December 1732 auch in Anſehung der Contribution wieder mit Siebenbürgen vereinigt wurden. In Folge dieſer Veränderung wurde nun vom Jahr 1733 angefangen auch die Steuer der erwähnten partium reapplicatarum mit 30,000 fl. zu dem gewöhnlichen Mi⸗ litärquantum Siebenbürgens von 500,000 fl. hinzugeſchla⸗ gen, von Seiten des Hofes aber wurden gewöhnlich alle Jahre noch 57,806 fl. 30 kr. nachgefordert, welche auch bewilligt und eingehoben wurden; dazu kamen manchmal noch außerordentliche Subſidien. Als aber die Stände im J. 1742 in der Reihe ih⸗ rer übrigen, der höchſtſeligen Kaiſerin Maria Thereſia durch eine Deputation vorgelegten Bitten und Beſchwerden auch das Anſuchen vorbrachten, daß dem Land nicht mehr als das diplomatiſche Contributionsquantum auferlegt werden möge; ſo wurde ihnen darauf die Antwort ertheilt: ſo wie das diplomatiſche Quantum bis dahin nicht im Brauch ge— weſen ſey, fo könne es auch künftig nicht beobachtet wer: den, ſondern die Stände würden ſelbſt einſehen, daß bei den damaligen Kriegszeiten mehr geleiſtet werden müſſe. 1* 1 Zu dem ſeit mehreren Jahren gleichſam ſtabilen Mi— litärquantum kam im J. 1745 abermals die Steuer des unlängſt mit Siebenbürgen vereinigten Theiles des Zaran— der Komitats mit 9940 fl. 35 kr. Außerdem wurde aber auch das gewöhnliche Quantum durch Uebereinkunft mit den Ständen auf 600,000 fl. erhöhet, und überdas wur— den noch unter beſondern Titeln verſchiedene Zuſchüße ver⸗ langt und bewilligt, welche endlich im Jahr 1749 in eine Hauptſumme von . . fl. 721,832. 35 kr. zuſammengeſchmolzen wurden; nach⸗ dem aber der Zarander Comitat im folgenden Jahr einem Nachlaß von fl. 2,799. — kr. erhielt, ſo mußte dieſe Summe auch vom Quantum des ganzen Landes abgeſchlagen, und ſolches auf . . fl. 719,033. 35 kr. herabgeſetzt werden. Und dabei blieb es auch dis zum Jahr 1760, ſo zwar, daß die obige Summe nach dem bisheri— gen Gebrauch alle Jahre auf den Landtagen von den Stän⸗ den verlangt und bewilligt wurde. Das zu außerordentlichen Landesbedürfniſſen erforder- liche Provincialquantum aber betrug auch in dieſem Zeit— raum gewöhnlich mehr als 100,000 fl. und ſtieg manch⸗ mal ſogar beinahe auf 200, 000 fl. Im Jahre 1760 kam zu dem obigen Militärquan⸗ tum noch eine neue Geldabgabe. Schon mehrmals hatten nemlich die Stände den Wunſch geäußert, jene Laſten, welch bloß diejenigen Kreiſe und Ortſchaften trafen, die entweder Militäreinquartierung hatten, oder an der Land— ſtraße lagen, namentlich die Quartiere für die Officiere, den Service fürs einquartierte Militär, die Graſung im Som— mer, die Verabreichung von Brennholz und Kerzen, die Vorſpannsleiſtungen u. ſ. w., durch Vergütung und Relui⸗ tion auf alle Steuerpflichtigen im Lande zu vertheilen, und dabei, wie billig, auch die zufällig nicht betheiligten Kreiſe und Ortſchaften ins Mitleid zu ziehen. In dieſer Abſicht waren nicht nur Pläne entworfen und Verordnungen er⸗ laſſen, ſondern ſchon ſeit mehreren Jahren zur Vergütung 5 des Service in den Städten und Schlößern, und der Vor— ſpann beträchtliche Aufſchläge aufs ganze Land gemacht, oder aus dem Provincialfond bewilligt worden. Hiezu kam aber nun in den damaligen Kriegszeiten noch der Umſtand, daß ſehr wenig Militär im Land war, und dieſes folglich un— ter den obigen Titeln, und an den, dem innliegenden Mi— litär zu verabreichenden ſogenannten Fleiſch- oder Gratis— kreuzern, ſehr wenig zu entrichten und zu leiſten hatte; ſo— mit in dieſer Hinſicht eine bedeutende Erleichterung genoß. Um demnach den obigen Wunſch des Landes zu realiſiren, wurde den Ständen von Allerhöchſten Orten der Antrag gemacht, die ſogenannten Fleiſch- oder Gratiskreuzer, die unentgeltliche Verabreichung des Service, die Vorſpanns— leiſtung, die Graſung und das Heu in den Sommermo— naten, und die Militärrecognitionen mit einer runden Sum— me von 160,000 fl. zu reluiren; wozu ſich denn auch die auf dem Landtage verſammelten Stände willig finden lie— ßen. Weil ſich aber ergab, daß die Kräfte des damaligen Provincialfondes nicht einmal zu Beſtreitung der demſel— ben ohnehin anklebenden Ausgaben zureichten, ſo wurde erſt nur ein Theil, und dann nachträglich die ganze obige Summe durch eine beſondere Repartition, im Verhältniß der gewöhnlichen Militärcontribution, in der Art auf die Kreiſe eingetheilt, daß, im Falle nach Beſtreitung der un— umgänglich nöthigen Ausgaben etwas in ihrem Domeſtical— fond übrig bliebe, ſie dieſen Ueberſchnß zur Deckung des auf ſie fallenden Antheils an der obigen Reluitionsſumme verwenden, den Mehrbedarf aber, welcher aus jenem Fond nicht beſtritten werden könnte, durch Subrepartition unter die Contribuenten herbeiſchaffen könnten; welche Maaßregel auch von Allerhöchſten Orten gebilligt wurde. Einen neuen Zuwachs erhielten die Laſten des Landes in demſelben Jahre dadurch, daß die zur Erhaltung der adeligen Leibgarde von Siebenbuͤrgen geforderte Beiſteuer von 20,000 fl. mit Allerhöchſter Bewilligung eben ſo, wie die obige Reluitionsſumme, auf ſämmtliche Kreiſe ausge— ſchrieben und repartirt wurde. 6 Dieſem zu Folge contribuirte alſo Siebenbürgen i Jahr 1761: als gewöhnliches Militärquantum fl. 719,033. 25 kr. An den Provincialfond 168,482. 9 kr. Zur Ablöſung des Service und an⸗ fl derer Militärpräſtationen .. fl. 160,000. — kr. fl fl 3 Für die ungriſche Nobelgarde 20,000. — kr. Zuſammen fl. 1,067,515. 34 kr. Hiezu kam dann noch der Aufſchlag in den verſchiedenen Kreiſen für den Domeſticalfond mit . . fl. 172,911. 15 kr. Somit betrug die Totalſumme der Abgaben fl. 1,240,426. 49 kr. Nachdem hierauf das ſchon ſeit 10 Jahren beſtehende Mi⸗ litärquantum von. fl. 719,033. 25 kr. und die Reluition des Service mit fl. 160,000. — kr. Zuſammen fl. 879,033. 25 kr. im 5ten Punkt des Landesregulaments vom Jahr 1759 (welches jedoch erſt im Jahr 1761 publicirt wurde) als gewöhnliche Schuldigkeit des Landes angeführt worden war, ſo wurde nun auch für überflüßig erachtet, dieſe Summe jährlich neuerdings von den Ständen zu verlangen. Zum Erſtenmal unterblieb dieſe Forderung im J. 1761, in der Folge aber konnte ſie um ſo weniger ſtatt haben, da von dieſem Jahr angefangen bis zum Jahr 1790 keine Land⸗ tage mehr gehalten wurden. Als endlich im Jahr 1791 die Stände wieder auf einem Landtag verſammelt wurden, ſo machten ſie zwar, in der Reihe der übrigen vorgeſchlagenen Artikel, und na— mentlich im 49. bis 52. Artikel den Antrag, das im Leos poldiniſchen Diplom feſtgeſetzte Militärquantum wieder her— zuſtellen, das, was darüber zu Kriegsbedürfniſſen erforder— lich ſey, von einem Jahr zum andern auf den Landtagen von den Ständen zu verlangen, und den Provincial- und Domeſticalfond von dem Militärquantum wieder abzuſon⸗ dern, und ernannten im 92. Artikel eine Deputation zur 7 Unterſuchung des Contributionsweſens; darauf geruhten aber Se. Majeſtät der Kaiſer Franz mit Allerhöchſtem Refeript vom 26ten May 1792 im 23ten Punkt zu entſchließen: „Nachdem durch den beſtättigten 30ten Artikel ſchon dafür „geſorgt ſey, daß das Contributionsquantum außer dem „Landtag nicht erhöhet werden ſolle, dieſes Quantum aber „der Erforderniß angemeſſen werden müſſe, fo könne das „vor einem Jahrhundert (wo auch die öffentlichen Bedürf— „niſſe geringer, der Mangel des Geldes viel größer, und „im Verhältniß auch die Kräfte der Contribuenten und der „Ertrag der Güter geringer geweſen ſeyen) nach den da— „maligen Zeitumſtänden feſtgeſetzte Quantum unmöglich „für ewige Zeiten als normalmäßig feſtgeſetzt werden. Denn „die Richtſchnur für den Steuerbetrag müſſe das gegen—⸗ „ wärtige, und nicht dasjenige Bedürfniß ſeyn, welches vor „einem Jahrhundert ſtatt gefunden habe.“ Aus welchen Gründen denn Se. Majeſtät auch die erwähnten Artikel nicht zu beſtättigen, ſondern die dießfällige Allerhöchſte Ent— ſchließung auf jenen Zeitpunkt, wo, nach reifer Prüfung der Ausarbeitung der ſyſtematiſchen Deputation, der Ent— wurf zu einem neuen Contributionsſyſtem vorgelegt werden würde, zu verſchieben, zugleich aber anzuordnen geruhte, daß inzwischen, bis das neue Contributionsſyſtem beſtättigt werden würde, in dem dermaligen keine Veränderungen vorgenommen, ſondern die ganze Gebahrung der Contribu— tion und der Provincialcaſſe bei der bisherigen Gepflogen— heit belaſſen werden ſolle. Die in dieſer Angelegenheit darauf in den Landtagen von den Jahren 1792, 1794 unb. 1810 weiter gepfloge— nen Verhandlungen ſind aus den Landtagsprotokollen zu bekannt, als daß es nöthig waͤre, dieſelben hier weitläufig anzuführen; nur ſo viel ſey zu erwähnen geſtattet, daß dieſelben bis noch zu keinem Reſultat geführt haben, und daß die zur Ausarbeitung eines neuen Contributionsſy— ſtems niedergeſetzte Commiſſion ſich zwar dieſes Auftrags entledigt hat, dieſe Arbeit aber noch nicht der Prüfung des Landtages unterzogen worden iſt. 8 Am Schluß dieſes Abſchnittes aber ſey es nun noch erlaubt zu bemerken, daß im ten Punkt des Landesregu— laments vom Jahr 1759, welches auf dem Landtag 1761 publicirt und angenommen worden iſt, demnach ohne Zwei— fel Geſetzeskraft beſitzt und als eine neue Uebereinkunft des Landesfürſten mit den Ständen über die Erhaltung der Kriegsmacht zu betrachten kommt, die dermalige erhöhte Militärcontribution (ohne Beſchränkung auf einen gewiſſen Zeitraum) feſtgeſetzt wurde, und daß folglich die Regierung fortan keine Urſache hatte, dießfalls mit den Ständen alle Jahre neue Verhandlungen zu pflegen. Dagegen aber muß es das Land dankbar anerkennen, daß in dem langen Zeitz raum von beinahe 80 Jahren, während welchem in andern Ländern, und namentlich auch in dem benachbarten König— reich Ungarn die Steuern auf das Doppelte erhöhet wor— den ſind, kein höheres Militärquantum von demſelben ver— langt worden iſt. Hat ſich gleichwohl die Contribution wäh— rend dieſer Zeit im Ganzen vermehrt, ſo iſt dieſes bloß dem zunehmenden Wohlſtand der Contribuenten zuzuſchrei— ben, und das Land hat um ſo weniger Urſache ſich dar— über zu beklagen, da alle eingehenden Gelder, welche das Militärquantum überſteigen, bloß zu Landesbedürfniſſen vers wendet werden. Uebrigens ſind allerdings, beſonders in neuern Zeiten, manche neue Abgaben von Seiten der Regierung ohne Mitwirkung der Stände eingeführt worden; allein der Lanz desfürſt hat von dieſen gar keinen Nutzen, ſondern ſie wa— ren von Anfang zu beſondern Zwecken beſtimmt, und wer— den ebenfalls nur zum Wohl des Landes verwendet. Solche Abgaben ſind z. B. folgende: a) Die Sidorialtare, welche von den Nichtunirten mit 3 kr. von jedem Hausvater erhoben, und zur Beſoldung des nichtunirten Biſchofs und einiger andern Conſiſtorialbe— amten und dgl. verwendet wird. p) Die Arrha, welche früher zu 5 pCt. von den Beſoldun— gen der Beamten abgezogen wurde, aber ſchon längſt aufgehoben worden iſt. 9 e) Der Commercialfond, zu welchem dermalen bloß von wandernden Comödianten, Seiltänzern, Taſchenſpielern und den Maskenbällen kleine Taxen erhoben, und dann zur Beförderung der Künſte, des Handels und der In— duſtrie verwendet werden. q) Die Copulations- oder Vaccinationstaxe zu 20 Kreu— zern von jedem Brautpaar, wovon die Aerzte, welche die Kuhpockenimpfung beſorgen, Tag- und Reiſegelder erhalten. e) Die Billardtaxe, welche urſprünglich dazu beſtimmt war, den aus dem Gefängniß zu Szamosujvar heim— kehrenden Arreſtanten kleine Reiſegelder zu geben; der—⸗ malen aber als purus proventus für den Contribu⸗ tionsfond erhoben wird; u. ſ. w. II. Von der Auftheilung der Steuer. Schon ſeit den ältern Zeiten wurde die Contribution auch in Siebenbürgen, ſo wie noch heute in Ungarn, nach Porten aufgetheilt, von welchen jede Nation eine gewiſſe Anzahl übernehmen mußte; die weitere Vertheilung auf Kreiſe und Ortſchaften blieb dann jeder einzelnen Nation und Jurisdiction überlaſſen. Allein ſo wie die Zahl der Porten im Ganzen, ſo war auch die einer jeden einzel— nen Nation zufallende Anzahl derſelben nicht genau beſtimmt, ſondern es wurden einer Nation bald einige hundert Por— ten zugeſetzt, bald einer andern abgenommen, und da dieſe Auftheilung weder auf einer verläßlichen Conſcription, noch auf einer andern haltbaren Grundlage beruhte, ſondern nur nach Gutdünken veranſtaltet wurde; ſo waren auch die Por— ten bloß eine ideale Theilungszahl, und dieſes ganze Ver: fahren gewährte keinen richtigen Maaßſtab oder Schlüſſel zur Vertheilung des jedesmaligen Steuerquantums, ließ der Willkühr und Partheilichkeit freien Spielraum, verſchaffte den Betheiligten keine Beruhigung, und veranlaßte daher 10 bei jeder Gelegenheit Zank und Streit zwiſchen den ver: ſchiedenen Nationen und Kreiſen. Nachdem aber Sieben: bürgen ſich dem Hauſe Oeſterreich unterworfen hatte, ſo wurde zwiſchen den 3 Nationen unterm 21ten Juli 1692 die bekannte Accorda eingegangen, welche unterm 7ten April 1693 auch die Allerhöchſte Beſtättigung des Kaiſers Leo— pold I. erhielt. Vermöge dieſer Uebereinkunft übernahmen die alten Siebenbürger Komitate (mit Ausſchluß der par— tes reapplicatae, welche damals nach Ungarn contribuir⸗ ten) 1000, die Stadt Väsärhely 25, und die ſächſiſche Nation mit den Nationalgütern 1400 Porten. Doch hatte auch dieſe Uebereinkunft nicht lange Beſtand. Schon in den Jahren 1698 und 1699, dann 1703, 1713 und 1721 fanden neue Vertheilungen der Porten ſtatt, und wurden neue Connumerationen oder Conſcriptionen angeordnet; al⸗ lein mit den erſtern waren die Sachſen nicht zufrieden, die letztern aber kamen entweder gar nicht zu Stande, oder entſprachen dem Zweck und den Erwartungen nicht. Wiewohl indeſſen die andern zwei Nationen die Befchwer: den der Sachſen über die unverhältnißmäßige Vertheilung der Porten und ihre übermäßige Bebürdung zu Gunſten jener auf dem Landtag 1726 zu widerlegen ſuchten; ſo fanden ſich dieſe doch genöthigt, ihre Zuflucht zum Aller⸗ höchſten Hof zu nehmen, von wo im Jahr 1727 eine neue Conſcription, bei welcher auch Militärcommiſſäre mit⸗ wirken ſollten, angeordnet wurde. Die Stände ſuchten je— doch die frühere Conſeription zu berichtigen, und fo kam denn im Jahr 1730 eine neue Uebereinkunft zu Stande, vermög welcher das ganze Quantum in 100 Calculos oder Looſe vertheilt, und ſodann hievon 37 den alten ſie— benbürgiſchen Komitaten, 17 den Szeklern, 38 den Sach— fen und 8 den Tanalortſchaften zugetheilt wurden. Im Jahr 1737 wurde neuerdings von Hof angeordnet, daß eine neue Conſcription vorgenommen, und die den Con— ſeriptoren zu ertheilende Inſtruction unterlegt werden ſolle; ſtatt deſſen wurde aber im Jahr 1740 abermals eine Ue⸗ bereinkunft getroffen, welche von der frühern nur darin ab— wich, daß ſowohl den Sachſen als auch den Taxalortſchaf— ten ein Calculus abgenommen wurde, welche beide Cal- euli auf außerordentlichem Wege eingebracht werden ſoll— ten. Dieſe Repartition wurde dann auch von Allerhöchſten Orten gut geheißen. Bald entſtanden indeſſen neue Strei— tigkeiten, und nachdem ſich die Nationen nicht vereinigen konnten, fo wollten die Ungarn und Szekler eine Deputa— tion nach Hof ſchicken. Hierüber wurde im Jahr 1747 ein Beſchluß gefaßt, 1748 die Abgeordneten gewählt und na⸗ mentlich bei Hof angemeldet. Aus der Zahl der Gewähl— ten wurden ſodann von Allerhöchſten Orten Deputirte ers nannt, und zugleich die Anordnung getroffen, daß denſel— ben in ihrer Inſtruction unbeſchränkte Vollmacht ertheilt werden ſolle; worauf ſie denn ihre Reiſe wirklich antraten. Die mit denſelben in Wien gepflogenen Verhandlungen hatten zum Reſultate, daß im Jahr 1750 gewiſſe Grund⸗ ſätze vorgeſchrieben wurden, nach welchen eine genaue Con⸗ ſeription und Claſſification des ganzen Fürſtenthumes, ſo wie ſeiner Einwohner und ihres ſteuerbaren Vermögens vorgenommen werden ſollte. Nachdem hierauf die angeordnete Conſcription und Claſſification beendigt, durch die zu dieſem Zweck unter der Aufſicht des k. Guberniums aufgeſtellte Directivcom— miſſion geprüft, und dann der Allerhöchſten Einſicht unter: breitet worden war, ſo wurde ferner eine Norm vorgeſchrie— ben, welcher gemäß jeder Contribuent nach Verſchiedenheit ſeines Standes und ſeiner Verhältniſſe, und nach dem Maaß ſeines Vermögens und ſeiner Kräfte beſteuert werden ſollte. Steuerbare Gegenſtände waren nach dieſer Norm: der Kopf des Contribuenten und deſſen Vermögen, wozu die aus der Ausſaat erzeugten Früchte, dann Heu, Wein, Vieh, ferner die Privateinkünfte aus Gärten, Mühlen, Stampfen und Branntweinkeſſeln, und endlich Gewerbe und Handel gerechnet wurden. Die Sachſen aber wurden bei dieſer Gelegenheit unter dem Vorwand, daß ihre Allodial— einkünfte zu Beſtreitung ihrer innern Bedürfniſſe hinrei— chend ſeyen, und ſie zu dieſem Ende keinen Aufſchlag zu machen brauchten, (was ſich jedoch bei dem damaligen Zu; ſtande der Allodialcaſſen nicht bewährte) von ihrem Ver— mögen um ein Drittheil, und vom Kopf, durchgängig um 20 kr. höher, als die übrigen zwei Nationen belegt. Dieſes neue Contributionsſyſtem wurde darauf im Jahr 1754 auf dem im Monat October abgehaltenen Landtag von den Ständen angenommen, ſodann, in Gemaͤßheit der darin enthaltenen Vorſchriften, ſchon mit Ende desſelben Jahres die Confrontation der Domefticalconfeription mit dem damaligen Vermögensſtande der Contribuenten vorge— nommen, und endlich durch die Directivcommiſſion jedes Individuum nach einem ſolchen Maaßſtab beſteuert, daß die ganze Maſſe der einzuhebenden Contribution das Militär— quantum um einige tauſend Gulden überſtieg; ein Ueber— ſchuß, welcher zur Erleichterung der durch Elementarereig— niſſe beſchädigten Ortſchaften beſtimmt wurde. Da aber außer dem Militärquantum auch zur Be— ſtreitung der außerordentlichen Bedürfniſſe, ſowohl des Lanz des im Ganzen, als auch der einzelnen Kreiſe, noch Geld— mittel erforderlich waren; fo wurde, um dieſe aufzubrin— gen, im Jahr 1757 vom Hof geſtattet, noch jedem Con⸗ tributionsgulden 20 kr. zuzuſetzen, wovon 7 kr. zu den Ausgaben des ganzen Landes in die Provincialcaſſa einflies ßen, 13 kr. hingegen für die Bedürfniſſe der einzelnen Kreiſe in den Domeſticalcaſſen zurückbehalten werden ſoll— ten. Und fo entſtand denn das heutige Contributionsſy— ſtem, vermög welchem nicht mehr, wie früher, das erfor— derliche Steuerquantum ſtufenweiſe auf die Nationen, Krei— ſe, Ortſchaften und Individuen aufgetheilt, ſondern die ein— zelnen Steuerquoten der Contribuenten geſammelt, und zu einem Ganzen verbunden werden, welches denn das jähr— lichen Steuerquantum bildet. Hieraus entſteht nun freilich die unangenehme Folge, daß bei dem wechſelnden Ver— mögensſtand der Contribuenten der einzubringende Steuer— betrag nie im Voraus ganz genau beſtimmt werden, ſon— dern natürlich bald größer, bald geringer ausfallen muß. Dagegen aber gewährt dieſe Methode durch die gleichmä— ßigere Auftheilung der Laſten, durch die Sicherung der ſteuerpflichtigen Individuen gegen übermäßige Bebürdung, durch die gleichförmige Beſteurung aller Contribuenten glei— cher Kategorie in dem ganzen Lande, und dadurch, daß jedes Individuum immer nur im Verhältniß feines wirk— lichen Vermögens contribuirt, auch große und unverkenn— bare Vortheile; und durch die Vorſicht, daß gleich bei der erſten Beſetzung der ſteuerbaren Gegenſtände auf einen klei—⸗ nen Ueberfluß Bedacht genommen wurde, iſt auch dafür ſattſam geſorgt worden, daß das Steuerquantum nicht zu klein ausfällt. Dabei iſt der Einwurf, daß bei dieſem Steuerſyſtem, ſelbſt wenn das Bedürfniß geringer würde, die Steuer dennoch, ohne Verwirrung zu verurſachen, nicht herabge— ſetzt werden könne, ſondern unverändert fortbeſtehen müſſe, nur ſcheinbar. Denn, ſo wie in andern Staaten, könnten nemlich auch in Siebenbürgen diejenigen Steuerſätze von einzelnen Subjecten und Objecten (3. B. die Kopfſteuer, Viehſteuer u. ſ. w., welche allenfalls zu hoch befunden würs den, in dem Verhältniß, in welchem die ganze Steuer das jeweilige Bedürfniß überſteigt, herabgeſetzt und ſo bemeſſen werden, daß durch den ganzen Ertrag der Steuern gerade nur der Bedarf gedeckt würde. Nachdem nun die Regierung durch den günſtigen Er— folg der erſten Ausſchreibung von der Ausführbarkeit des erwähnten neuen Steyerſyſtems, welches gewöhnlich unter dem Namen des Bethleniſchen bekannt iſt, überzeugt wor— den war; ſo wurde von Allerhöchſten Orten angeordnet: daß dieſes Syſtem zur weitern Probe und Beobachtung der allenfalls obwaltenden Mängel bis zu Ende des Jah—⸗ res 1757 ununterbrochen in Kraft bleiben ſollte. Da aber einerſeits die Stände darüber, daß das Vieh nach dem damaligen Contributionsſyſtem zu hoch beſteuert ſey, ſchon mehrmals Klagen vorgebracht und gebeten hatten, die Vieh⸗ ſteuer zu vermindern, und den dadurch enſtehenden Abfall andern Gegenſtänden aufzulegen, andererſeits aber der Er— folg bewies, daß die auferlegte ordentliche Steuer zu Ber 14 ſtreitung der vermehrten Auslagen des Landes nicht hinreis chend ſey, und daß folglich außer derſelben jährlich unter verſchiedenen Titeln neue Auflagen gemacht werden müß— ten, wodurch nicht nur die Verrechnung und Ueberſicht ers ſchwert, ſondern auch allerley Unordnungen und Unterſchleife veranlaßt würden; fo wurden im Jahr 1762 einige Vers änderungen im bisherigen Contributionsſyſtem vorgenom— men, und namentlich die Häuſertaxe und Güterſteuer aufs gehoben, das Vieh geringer, der Ertrag der Aecker dage— gen ſtärker beſteuert, und endlich die Kopftaxe erhöht und für Leute gleicher Condition im ganzen Lande gleichgeſtellt; wodurch die Contribution abermals einen namhaften Zus wachs erhielt, und ſo vermehrt wurde, daß der bisherige Aufſchlag von 20 kr. auf jeden Gulden des ordentlichen Steuerquantums entbehrlich war, weil die Contribution ſchon an ſich nicht nur zur Deckung des Militärquantums, ſon— dern auch zur Beſtreitung aller Provincial- und Domeſti— calauslagen zureichte. Da ferner hinfort die Contribution nur unter einem einzigen Titel ausgeſchrieben und einge— hoben wurde, ſo erfolgte im Zuſammenhang mit den obi— gen Veränderungen auch die Allerhöchſte Anordnung, daß die Domeſticalcaſſen aufgehoben, alle Contributionsgelder aus ſämmtlichen Kreiſen in die Provincialcaſſa geſammelt, und auch alle Ausgaben durch das k. Gubernium von dort angewieſen werden ſollen; eine Anordnung, durch welche eigentlich die Provincialcaſſa in ihrer heutigen Geſtalt, als allgemeiner ſiebenbürgiſcher Contributionsfond, in Leben ge— rufen wurde. Die im vorhergehenden Jahre im Contributionsſyſtem eingeführten Veränderungen wurden auch im J. 1763 mit einigen Zuſätzen bei Kräften gelaſſen; namentlich wurde in den Städten wieder eine verminderte Häuſertaxe einge— führt, und auch die Unbegüterten mit einer geringen Kopf— oder Protectionaltaxe belegt. Dieſes Syſtem hieß das Bue⸗ cowiſche. Die letzte große Umgeſtaltung erhielt das Steuerwe⸗ ſen im J. 1769 durch Einführung des noch beſtehenden, 15 ſogenannten Bruckenthaliſchen Contributionsſyſtems; wels ches im ganzen Lande ſo bekannt iſt, daß es überflüͤßig wäre darüber hier weiter etwas zu ſagen. Auch dieſes neue Syſtem wurde wieder dergeſtalt für eine Periode von 6 Jahren eingeführt, daß darin nur durch den Tod der Contribuenten, oder durch merkliche Verän— derungen im Vermögensſtand oder dem Beſitz der Grund— ſtücke Aenderungen eintreten ſollten. Indeſſen blieb es nach Verfluß der feſtgeſetzten 6 Jahre in voller Kraft; denn die angetragenen Veränderungen kamen nie zu Stande, und mit einigen kleinen und unweſentlichen Zuſätzen und Modificationen dient dasſelbe auch heute noch als Richt⸗ ſchnur bei Beſtimmung und Einhebung der Steuer. Nur wurde auf Anſuchen der Stände auf dem Landtag des Jahres 1791 von Allerhöchſten Orten geſtattet, in den Con⸗ tributionstabellen, ſtatt Jochen von Aeckern und Wieſen, und Achteln von Weingärten, den Ertrag von Grund und Boden in Kübeln, Fuhren Heu und Eimern Wein an⸗ zuſetzen. Das neue Contributionsſyſtem aber, deſſen Ausarbei⸗ tung der in Folge des 64ten Landtagsartikels vom Jahr 1791 zuſammengeſetzten Landſtändiſchen Deputation über⸗ tragen wurde, ift zwar von derſelben im Jahr 1795 ent⸗ worfen, aber von den Ständen auf dem Landtag der Prüs fung noch nicht unterzogen worden. Aus dem Vorhergehenden muß übrigens deutlich ein⸗ leuchten, daß die Abſchaffung der dermaligen Art der Bes ſteuerung, und die Wiederherſtellung der Auftheilung der Contribution nach Porten wieder zu einer Menge Strei— tigkeiten Veranlaſſung geben, die Erleichterung der Stär— kern, und Bedrückung der Schwächern mit ſich bringen, und zu ſonſtigen Klagen Veranlaſſung geben würde. Vorzüglich würde aber dadurch gewiß abermals ein Zankapfel zwiſchen die Nationen geworfen werden, welches für das Land die traurigſten Folgen haben könnte. 16 III. Von der Einhebung der Con⸗ tribution. Die Einſammlung der Steuern von den Contribuen— ten wurde von jeher durch beſondere Kreisbeamte beſorgt. Die Kriegscontribution oder das Quantum Militare wurde in ältern Zeiten größtentheils durch das Militär ſelbſt in Gemäßheit der ihnen von dem Landescommiſſariate gege— benen Anweiſungen von den Kreiſen erhoben, und nur in ſo weit die durch die einzelnen Kreiſe zu entrichtenden Quoten für das Militär an Ort und Stelle nicht erfor— derlich waren, wurde der Ueberſchuß in die allgemeine Lan— descaſſa eingeliefert. — Auch das Extraordinarium Quan- tum Provineiae wurde in die Landescaffa geſammelt; die Domeſticalaufſchläge aber wurden in den Kreiſen behalten. Nachdem in der Folge im Jahr 1745 das neue Contri— butionsſyſtem eingeführt worden war, ſo wurden auch in allen Kreiſen kön. Perceptoren angeſtellt, welche ihre Erz nennung von Hof und Beſoldung aus dem Contributions⸗ fonde erhalten. Die Verwaltung der Landescaſſa aber wurde ſchon ſeit den älteſten Zeiten einem oder zwei Generalpercepto— ren anvertraut, welche dem Oberlandescommiſſär unterge— ordnet waren, und es auch heute noch ſind. Nachdem aber die Domeſticalcaſſen im Jahr 1762 aufgehoben worden find, und in Gemäßheit des Buccomis ſchen Contributionsſyſtems alle Steuern nur unter einem gemeinſchaftlichen Titel ausgeſchrieben und aufgeſchlagen werden, fo werden nun ſowohl das ordinarium Quan- tum militare und das extraordinarium Quantum Pro- vinciae, als auch die frühern Domeſticalaufſchläge auf einmal erhoben, und in die allgemeine Provincialcaſſa abs geliefert. 17 IV. Von der Verwendung der Con⸗ tribution. Das Quantum militare, als der bei weitem größere Theil der Siebenbürgiſchen Contribution, iſt ſchon ſeit An- fang der öſterreichiſchen Regierung in Siebenbürgen un— mittelbar an die Kriegscaſſa, oder das Militär abgeliefert, und von dort zur Erhaltung der Kriegsmacht verwendet worden, ohne daß die Stände jemals von dieſer Verwen— dung Kenntniß genommen hätten. Da das Quantum provineiae faſt alle Jahre nach Maßgabe der eben erforderlichen Ausgaben beſtimmt, aus— geſchrieben und erhoben wurde; ſo konnte dasſelbe auch nur zu jenen Ausgaben verwendet werden, wozu es beſtimmt war. Derlei Ausgaben waren z. B. die Beſoldungen eini— ger Gubernialbeamten, der Hofkanzlei und des Landescom— miſſariats, ſo wie verſchiedene Ausgaben und Discretionen für das Militär, dann Beiträge zum Bau der Carlsbur— ger Feſtung, und verſchiedene andere außerordentliche Aus— gaben, wozu die Stände ihre Einwilligung ertheilt hatten. Nachdem aber im Jahr 1754 durch das neue Con- tributionsſyſtem eine Veränderung in Aufſchlag des Pro— vincialquantums eingetreten war, und dasſelbe nun nicht mehr alle Jahre nach dem eben erforderlichen Geldbedarf ausgeſchrieben, ſondern durch den Aufſchlag von 7 Kreuzer auf jeden Contributionsgulden erhoben wurde; ſo ergab ſich in dieſem Fonde manchmal ein Ueberſchuß, worüber die Regierung anfangs mit Einwilligung der Stände, ſpäter aber, nachdem vom Jahr 1761 angefangen keine Landtage mehr gehalten wurden, bloß nach eigner reiflicher Ueberle— gung zum Wohl des Landes und zur Beförderung der öf— fentlichen Verwaltung disponirte; ſo z. B. wurde gleich bei Errichtung der Gränzmiliz im Jahr 1763 angeordnet, daß zur Beſtreitung der für dieſelbe erforderlichen Laſten aus der Schullers Archiv I, 1. 2 18 Provinciakaffa jährlich 170,000 fl. an den Gränzfond beigeſteuert werden ſollten; ſo wurde die Zahl der Beam— ten beim kön. Gubernium und andern Dicafterien mehr⸗ malen vermehrt und ihre Beſoldung erhöht; ſo wurden drei juridiſchen Profeſſoren beim k. Lyceum zu Klauſenburg Gehalte aus der Provincialcaſſa angewieſen; ſo wurden die Landesbeſchäler aufgeſtellt, dem Waiſenhaus in Her— mannſtadt, den Normalſchulen, den Urſuliner Nonnen Zus ſchüße aus derſelben Caſſa bewilligt, dann verſchiedene An— ſtalten errichtet, Stipendien für Studierende angewieſen u.f.w. Die Beurtheilung aber der Frage, ob und in wie weit die der Provincialcaſſa nach und nach bloß durch Verord— nungen ohne Mitwirkung der Stände aufgebürdeten Aus⸗ gaben beibehalten werden ſollten, wurde gleichfalls der, im Landtag vom Jahr 1791 angeordneten, ſtändiſchen Depu⸗ tation übertragen, deren Elaborat noch immer ſeiner Erle— digung durch die Stände harret. Die in jedem Kreis zu Beſtreitung der Localbedürf— niſſe erhobenen beſondern Abgaben, welche den Domefticalz fond bildeten, wurden vorzüglich zu den mit der Militär einquartierung verknüpften Ausgaben, dann zur Deckung der Koſten der Komitats- und Stuhlscongregationen, ferner der Beſoldungen der Kreisbeamten und endlich der Diäten der Landtagsdeputirten verwendet. Nachdem aber im Jahr 1754 durch das neue Con⸗ tributionsſyſtem auch der Domefticalfond in den Kreiſen eine Umgeſtaltung erfuhr, indem nicht mehr, wie bisher, in jedem Kreiſe nach Maßgabe der Localbedürfniſſe beſondere Aufſchläge gemacht werden durften, ſondern zu dieſem Zweck nach jedem Contributionsgulden noch 13 Kreuzer erhoben werden ſollten; ſo ergab es ſich, daß in einigen Kreiſen die Zuflüße fuͤr den Domeſticalfond zu groß, in andern hingegen zu gering ausfielen. Um demnach dieſes Mißver— hältniß zu beſeitigen, wurde im Jahr 1762 die ſchon er⸗ wähnte Anordnung getroffen, daß einerſeits die bisherigen Domeſticalcaſſen, oder der ſogenannte 13 Kreuzerfond den Kreiſen abgenommen und in die allgemeine Provincialcaſſe 19 eingezogen, andererſeits aber künftig die Koſten zu den Do— meſticalbedürfniſſen eines jeden Kreiſes und jeder Commu— nität durch das k. Gubernium eben auch von dort ange— wieſen werden ſollten. Von dieſer Zeit an wurden nun auch alle Verwal— tungskoſten und andere Ausgaben für die Komitate und Szeklerſtühle aus der allgemeinen Provincialcaſſe beſtritten; den ſächſiſchen Kreiſen und den Taralorefchaften hingegen wurden zur Beſoldung ihrer Beamten Pauſchbeträge oder ſogenannte Dimensa salarialia ausgeworfen, welche von den k. Perceptoren nicht unmittelbar den einzelnen Beam— ten ausgezahlt, ſondern in einer Totalſumme in die betref— fenden Allodialcaſſen übertragen werden. So blieb nun der Stand der Dinge eine lange Reihe von Jahren; nachdem aber im Jahr 1790 die auf dem Landtag verſammelten Stände in der Reihe der übrigen, der Allerhöchſten Beſtätigung unterbreiteten Beſchlüße im 52ten Artikel den Antrag gemacht hatten, daß den Kreiſen und Taxalortſchaften der Domeſtical- oder 13 Kreuzerfond wieder zu ihrer Dispoſition zurückgeſtellt werden ſollte, ſo fanden Ihre Majeſtät zwar für gut, dieſen Artikel vor der Hand noch nicht zu beſtätigen, geruhten jedoch mit Aller— höchſtem Reſcript vom 26ten May 1792 allergnädigſt zu bewilligen, daß der Domeſticalfond unter der Bedingung, daß dadurch weder in der Provincialcaſſa ein Deficit ent— ſtehe, noch- den Contribuenten eine neue Laſt zuwachſe, von dem Contributionalfond getrennt, und den Kreiſen, ſammt den darauf radicirten Ausgaben mit dem Iten November 1792 zurückgeſtellt werden dürfe. Da es ſich aber ergab, daß der Domeſticalfond in den Szekler Stühlen Haromßek, Cſik und Aranyos, dann iu den reapplicirten Comitaten und dem Fogaraſcher Di— ſtrikt zur Beſtreitung der auf denſelben haftenden Aus— lagen nicht zureiche; ſo machten die Stände den weitern Antrag, daß dieſer Abgang bei den erſteren einſtweilen, bis die Szeklermiliz in ihren geſetzmäßigen Stand zurück geſetzt werden könnte, aus der Contribution der Grenzer 2 20 erſetzt, für das erſte Jahr aber durch die Komitate und die ſächſiſche Nation in gleichen Theilen vorgeſchoſſen, in den reapplicirten Komitaten hingegen bis zur weitern Nez gulirung der Contribution, und der Perſonal- und Sala⸗ rialſtände durch die Beamten geduldig ertragen werden ſolle. Da ſich aber gegen dieſe Anträge bei Hof verſchiedene Anz ſtände ergaben, und zur Aufklärung derſelben neue Aus— künfte verlangt und Fragen geſtellt wurden, dieſe aber noch nicht genügend gelöſet worden find, fo konnten auch die Doz meſticalfonds den einzelnen Gerichtsbarkeiten nicht zurück— gegeben werden, ſondern find noch immer mit der Provinz cialcaſſa vereinigt. 1 Von der Verrechnung der Con⸗ tribution. Da das Militärquantum immer in einer Pauſchſum— me von dem Lande verlangt, bewilligt und abgeliefert wur⸗ de, ſo konnten auch die Stände keine Rechnung über die Verwendung desſelben verlangen, und hatten auch kein In⸗ tereſſe dieſes zu thun, da daſſelbe ſchon im Voraus feine Beſtimmung hatte, und ſie weder mehr noch weniger ga— ben, als ſie bewilligt hatten. 2 Die Verwaltung des extraordinarium Quantum pro- vinciae war von jeher dem Generalperceptor unter Auf— ſicht des Oberlandescommiſſariats anvertraut, welche den Landesſtänden von Jahr zu Jahr über Einnahmen und Aus: gaben auf dem Landtag Rechnung legen mußten. Nach⸗ dem aber zu Anfang des vorigen Jahrhunderts wegen der Rakocziſchen Unruhen mehrere Jahre hindurch kein Land⸗ tag gehalten werden konnte, und die Verwaltung des Lan⸗ des während dieſer Zeit dem Gubernium allein oblag, die- ſes aber in Ausmaaß und Auftheilung der Aufſchläge, und Verwendung der eingeſammelten Gelder, willkürlich zu Werke — 21 gegangen, und dadurch zu Klagen Veranlaſſung gegeben zu haben ſcheint, fo wurde im Jahr 1709 von Allerhöch⸗ ſten Orten angeordnet, daß über die Nothwendigkeit und Größe der außerordentlichen Aufſchläge immer vorläufig Bericht nach Hof erſtattet und die Allerhöchſte Genehmi— gung dazu eingeholt, dann aber über die Verwendung des Provincialquantums ſowohl den Ständen, als, im Fall es nöthig wäre, auch dem Hof Rechnung gelegt werden ſolle. Als aber demungeachtet über die außerordentlichen Provin— cialaufſchläge und deren Verwendung einige Jahre hindurch keine Ausweiſe eingeſendet worden waren, ſo erfolgte in den Jahren 1721 und 1722 der wiederholte Befehl, das Landescommiſſariat ſolle vor erfolgter Allerhöchſter Geneh— migung der Aufſchläge auf Anweiſungen und Verordnun⸗ gen der Landesſtelle unter ſchwerer Verantwortung nicht das mindeſte daraus verwenden; in Folge deſſen denn die verlangten Ausweiſe dem Hof jährlich eingeſendet, zugleich aber auch den Ständen über Verwendung dieſes Fonds Rechnung gelegt wurde, ſo daß dieſe beſtändig in genauer Kenntniß von dem Stand desſelben erhalten wurden. Als aber im Jahr 1754 das neue Contributionsſyſtem einge— führt worden war, und der Provincialfond dadurch eine völlige Umgeſtaltung erfahren hatte, fo wurde ſchon im Jahr 1759 durch ein Hofreſcript die Anordnung getroffen, daß das Landescommiſſariat den Ständen alle Jahre Aus: weiſe über die aus dem Provincialfond beſtrittenen Aus— gaben vorlegen ſolle. Nachdem aber einerſeits vom Jahr 1761 angefangen keine Landtage mehr gehalten, und andererſeits im Jahr 1762 die bis dahin abgeſonderten drei verſchiedenen Fonds, nämlich: das Quantum militare, das Quantum provin- eiae und der Domeſticalfond mit einander vereinigt wur⸗ den, ſo konnte auch den Ständen keine beſondere Rech— nung mehr über Verwaltung des Provincialfonds vorge— legt werden, ſondern derſelbe wird nun mit den andern Fonds zuſammen in der allgemeinen Provincialcaſſa durch den Generalperceptor und deſſen Gehülfen verwaltet und 22 verrechnet; dieſe Rechnungen aber werden unter Auffiche des kön. Guberniums durch die Landesbuchhaltung geprüft und berichtigt, und dann die Ausweiſe über die Verwen— dung der Contributionsgelder dem Allerhöchſten Hof zur Einſicht vorgelegt. Der Domeſticalfond wurde in älteren Zeiten bloß durch die Kreisbeamten und Marcalcongregationen verwaltet und nach ihrem Gutdünken verwendet. Als aber Klagen darüber vorkamen, daß einige Be— amten unter dem Titel öffentlicher Laſten zu ihrem eigenen Nutzen viel mehr aufſchlügen und erhöben, als nöthig ſei, ſo wurde von Allerhöchſten Orten wiederholt befohlen, daß fümmeliche Kreisbeamten über alle, ſowohl ordentliche als außerordentliche Aufſchläge von Jahr zu Jahr genaue ſchrift— liche Rechnungen legen, und dieſe nach Hof eingeſendet werden ſollten. Doch blieb dieſe weiſe Maßregel noch lange ohne Erfolg, da Niemand da war, welcher die Rechnun— gen prüfen ſollte, bis endlich nach vielfältigen Verhandlun— gen die Landesbuchhaltung errichtet, und mit dieſem Ge— ſchäft beauftragt wurde. Uebrigens aber ging die Abſicht augenſcheinlich blos dahin, die Willkür der Beamten zu beſchräuken, nicht aber den Kreiſen ſelbſt das Recht, über ihre Domeſticalcaſſen zu verfügen zu benehmen; ja auch nachdem, bei Einführung des neuen Contributionsſyſtems im Jahr 1754 die Domeſticalfonds neu organiſirt, und zu ihrer ſtabilen Dotation der ſchon oft erwähnte Aufſchlag von 13 Kreuzer auf jeden Kontributionsgulden eingeführt wurde, ſo blieb die Dispoſition darüber den Kreis- oder Ortscommunitäten unbenommen; nur ſollten ſie über die Verwendung Rechnung legen. Nachdem aber, wie ſchon geſagt, im J. 1762 auch der Domeſticalfond mit den beiden obenbenannten Landes— fonds vereinigt wurde, ſo wird derſelbe auch mit denſelben zuſammen verwaltet und verrechnet. Will man unterſuchen, aus welcher Urſache die Re— gierung auf die Verrechnung des Provincial- und Dome— ſticalfondes Einfluß zu nehmen, und von dem Reſultat 23 derſelben Kenntniß zu erhalten wünſchte, fo wird man fin: den, daß die Abſicht derſelben blos dahin ging, unnöthige Bebürdungen der Contribuenten und unrechtmäßige Er— preſſungen zu verhüten, der Verſplitterung und Vergeu— dung der öffentlichen Gelder vorzubeugen, Unterſchleife zu beſeitigen, zu entdecken und zu beſtrafen, und mit einem Wort der Willkür bei Verwaltung der obgenannten Fonds zu ſteuern; und bei reifer Erwägung der damaligen Um⸗ ſtände und der beſtehenden Mangelhaftigkeit des Rechnungs- weſens muß man geſtehen, daß die von Allerhöchſten Or— ten angeordneten Maßregeln höchſt nöthig waren, und für den Wohlſtand der Contribuenten, ſo wie nicht minder für die richtige Gebahrung der betreffenden Fonds und Caſſen die wohlthätigſten Folgen hatten, und auch noch haben. Was endlich die Art der Verrechnung der Provincial⸗ fonds durch die Steuereinnehmer und die Provincialcaſſa⸗ verwalter, dann der Prüfung dieſer Rechnungen durch die Landesbuchhaltung anbelangt, ſo iſt ſelbe gewiß ſo genau, als möglich, und die Stände könnten in dieſer Hinſicht nur noch den Wunſch hegen: daß über die von dem Lande eingeſammelten Kontributionsgelder, dann die Verwendung derſelben dem Landtag von Zeit zu Zeit zweckmäßig ver⸗ faßte Rechnungsausweiſe vorgelegt werden möchten. Die Mongolen in Siebenbürgen. Daß die Mongolen oder Tartaren, jenes den Hun— nen nahe verwandte Volk, welches im 13ten Jahrhundert aus Aſien in Europa einfiel, und die öſtlichen Länder die— ſes Welttheils verödete, auch Siebenbürgen heimgeſucht ha— ben, iſt bekannt genug. Nicht unintereſſant dürfte es aber vielleicht ſein, was Urkunden und gleichzeitige Schriftfteller darüber berichten, zuſammenzuſtellen, und daraus ein Bild des Vaterlandes in jener bangen Zeit zu eniwerfen. Wir verſuchen dieſes in der nachſtehenden Abhandlung mit ge: fliſſentlicher Umgehung alles desjenigen, was nicht unmikz telbaren Bezug darauf hat, und ſchon längſt in andern Werken erzählt worden iſt '). Hauptquelle für dieſen Theil der vaterländiſchen Ge— ſchichte iſt jedenfalls der Canonicus Roger von Großwar— dein, nicht bloß Zeitgenoſſe der Begebenheiten, ſondern, wie wir ſehen werden, unwillkürlicher Begleiter einer Mon— golenhorde auf ihren Raubzügen, und wie durch ein Wun⸗ der ihrem Schwerte oder der Sclaverei in den Steppen von Aſien entronnen. Schmucklos und einfach, dabei aber lebhaft und rührend, beſchreibt er, was er geſehen und er— fahren, und in welchem Zuſtande er Siebenbürgen gefun— 1) Vgl. beſonders Fr. Raumer Geſchichte der Hohenſtaufen B. 4. S. 66 ff. u. a. m. 25 den 2). Dagegen war der Archidiaconus Thomas von Spa: latro, obgleich der Zeit nach den Ereigniſſen eben ſo nahe, wie Roger, viel zu weit entfernt, als daß wir in ſeinem Werke 3) Aufſchlüße über das Schickſal dieſes Landes er: warten könnten. Das Mongolenheer hatte ſich auf ſeinem Zuge aus Rußland in die weſtlicheren Länder in mehrere Horden ger theilt. Unter ihrem Häuptlinge Cadan überſchritt die eine derſelben im Frühling des Jahres 1241 *) die nördliche 2) M. Rogerii Hungari Varadiensis Capituli Ganoniei miserabile carmen, s. historia super destruetione regni Hungariae temporibus Belae IV. regis per Tartaros facta. Bei Schwandtner seriptores rerum Hungaricarum Tom. 1. p 292 ff. Vienn. 1746. fol, Vgl. über ihn Thomae Archidiaconi Spalatensis hist. Salonitana ap. Schwandtner Ie. Tom. II. cap. 48. G. Jer. Haner de scriptoribus rerum Hungarica- rum. Vienn. 1774. 8. p. 22 u. d. m. Seine Erzählung iſt übrigens nicht ein Gedicht, ſondern Proſa. 3) S. A 4) Der Einbruch der Tartaren in Ungarn erfolgte um Oſtern . nm. 2. 1241. Thom. Roger und Schreiben Belas an Gregor IX. bei Fejer IV. 1. 214. Es iſt kein Grund vorhanden, die Invaſion Siebenbürgens, wie Eder ad Felmer. 18 ver» muthet, ſchon an das Ende 1240 zu ſetzen. Aus Polen hatten ſie ſich im Spätjahre 1240 zurückgezogen, und waren erſt zu Anfange des Jahres 1241 mit berdoppel⸗ ter Macht und Wuth zurückgekehrt. Raumer S. 79. Den Caydan, Batus jüngern Bruder, nennt auch Thomas, ohne aber Siebenbürgens dabei zu erwähnen. Das Chro- nicon austriac. bei Freher 1. 457 ſetzt die Einnahme von Rodna auf das Oſterfeſt 1241 (51. März) und Al⸗ bericus bei Katona V. 951 läßt einen Theil der Tartaren von dem comes ultrasilvanus am mäotiſchen See () geſchlagen werden. Daß der Palatin an der Grenze von Ungarn von ihnen gefchlagen wurde, ſagt Roger 16. Wors auf beruht aber die Nachricht, daß die Sachſen unter ihrem Grafen Lantenek auch dabei geweſen ſeien, Neu⸗ geboren Geſchichte von Siebenbürgen S. 85? Eben fo wenig läßt ſich auch Feßlers (Geſchichte der Ungarn II. 518) Behauptung, daß eine zweite Horde unter Baidar (Ro— gers Bochetor) durch den Oitoſer Paß eingedrungen fei, aus Roger erweiſen. 26 Grenze Siebenbürgens in der Gegend, wo der Borgoer Paß nach der Bukowina führt. Die Verhaue, welche Kö— nig Bela wahrſcheinlich auch hier in den Waldungen hatte errichten laſſen 5), vermochten es nicht den Strom aufzu— halten; tauſende von Mongolen, welche als Wegbahner dem Heere vorangezogen, räumten jedes Hinderniß, wel— ches eine noch rohe Vertheidigungskunſt ausgeſonnen hatte, hinweg. Rodna erfuhr zuerſt ihre Schrecken. Wenige Stun⸗ den weit von den Quellen des Szomos, da wo das Kuh— horn, eine der höchſten Spitzen dieſes Zweiges der Kar— pathen, ſein Haupt in die Wolken hebt, hatten deutſche Einwanderer die Wälder gelichtet «), reiche Silbergruben eröffnet, und dieſen Ort angelegt 7). Ob fie mit zu den zahlreichen Colonien gehörten, welche Geiſa II. um die Mitte des 12. Jahrhunderts nach Siebenbürgen berufen, läßt ſich unmöglich entſcheiden; über der Herkunft der ber deutenden Gruppe von Anſiedlern in dem Norden von Sie— benbürgen liegt ein undurchdringliches Dunkel. Gewiß aber 5) Caesis ingentibus silvis longas fieri feeit indagi- nes, obstruens transiectis arboribus universa lo- ca, quae ad transeundum faeilia videbantur. Thom. archid. e. 38 habebant quadraginta millia securi- geros , qui praeibant exereitum, silvas caedentes, vias struentes et omnia offendicula ab ingressibus removentes. Ibid. 6) Es gibt in Deutſchland viele Ortsnamen, in denen fich das hochdeutſche Reut, niederſächſiſch Rode, findet, und es erhellt daraus, daß die Gegend, wo ſolche Derter lies gen, durch Ausreutung von Wäldern urbar gemacht wor⸗ den ſei. Adelung Wörterbuch: Reut. Auch in flandriſchen Urkunden erſcheint ein pagus Rodanensis oder Rodi- nensis. Warnkönig flandr. Staats- und Rechtsgeſchichte. Tübingen 1855 ff. Band 1. 96. 7) Caden. . pervenit ad divitem Rudanam , inter ma- gnos montes positam Theutonicorum villam, regis argentifodinam Roger. I. e. 502. Ghronie. Austriac. bei Freher. 1. 457. Aber der Chroniſt verwechfelt Cu: maner und Mongolen und den Cadan mit dem Kuthen. 27 ift es, daß Nodna damals ſchon eine ſtarke Bevölkerung hatte und reich war ). a An der Spitze der Coloniſten ſtand der Graf (Comes) Ariſtaldus, nach der Verfaſſung der Deutſchen in Sieben— bürgen ihr oberſter Richter im Frieden und der Anführer ihres Banners im Kriege »). Auf die Nachricht von der Annäherung der wilden Horden zogen die wehrhaften Be— wohner des Ortes ihnen in die Waldgebirge entgegen; wie Leonidas einſt in den Thermopylen die Myriaden des Kerz res, fo hofften fie in den unwegſamen Schluchten den Feind aufzuhalten, und zur Umkehr zu nöthigen. Cadans ver— ſtellte Flucht täuſchte ſie; froh das drohende Ungewitter beſchworen zu haben, kehrten ſie in die Heimath zurück, und überließen ſich bei Feſtgelagen der Freude über den eingebildeten Sieg m0). Wie ſchnell wurde der Jubel geſtört! Die Tartaren wandten ſich um, und kamen ungehindert in das Thal herab 11). Durch keine Bollwerke geſchützt, ergab ſich 8) In qua morabatur innumera populi multitudo. Ro- er. I. c. Unter die reichften Familien des Ortes ge— hörten die beiden Familien Rotho und Brendlin. Sie erſcheinen in einer Urkunde von 1268 bei Fejer IV. 3. 480 und Brendelins Sohn Hench (Heinz, Heinrich) iſt 1279 ‚‚reetor castri Budensis.““ Fejer y. 2. 547. 9) Vgl. über die Bedeutung von „Comes“ Schlözer Ge— ſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen. Göttingen 1795. 8. S. 575. Die Verpflichtung der Comes im Felde, das Banner ſeines Bezirks anzuführen, iſt deutlich ausgeſpro— chen in der Verleihung der Königsrichterwürde von Groß— ſchenk an Johann von Morgondal 1505 „ eum praeser- „tim, heißt es jener Urkunde „ipse Judex noster non „‚solum jura reddere, sed etiam exercitum illius „sedis, eui praeest, ducere sit obligatus.** 10) Inebriari vino, prout T'heutonicorum furia exigit, inceperunt. Roger. Lurch eine ähnliche Lift nahm Ca⸗ dan auch das Schloß von Großwardein. Roger e. 54. 11) Es war Mongolenſitte, nach ſcheinbarer Flucht einer wei⸗ ter vorwärts geſtellten Abtheilung mit friſcher Mannſchaft einzubrechen und den Feind zu umringen. Raumer do. Beiſpiele dieſer Kriegsliſt gibt Roger mehrere. 28 Rodna ), ohne den Verſuch zweckloſer Vertheidigung zu wagen. Sei es nun, daß die unblutige Einnahme des Or— tes die Wuth des Siegers beſänftigte, oder daß Cadan ſich einen Schein von Milde geben wollte **) und die Schonung der Bewohner ſeinem Intereſſe gemäßer fand: Rodna's Bevölkerung wurde von ihm in Schutz genom—⸗ men, Ariſtaldus aber verpflichtet mit 600 auserleſenen deut— ſchen Kriegern dem Sieger auf ſeinem Zuge nach Ungarn zu folgen *). So verſtärkt wandte ſich Cadan nach Uns garn, wo bereits andere Horden eingedrungen waren, und erſchien plötzlich vor Großwardein 5). Als paſſende Epi⸗ 12) Cum fossata, muros, et munitiones aliquas non haberent, villam ex multis partibus intraverunt. Roger l. e Die Burg, welche die Urkunde von 1268 erwähnt, mochte wohl erſt nach dem Abzuge der Mon⸗ golen erbaut worden fein. Ueberhaupt war die Anlegung von Burgen auch in Ungarn eine natürliche Folge jener Kataſtrophe. Daß aber die Sachſen in Siebenbürgen ſich hinter dem Bollwerke ihrer Ortſchaften geſchützt, wie Eder de initiis 81 annimmt, iſt diplomatiſch fo wenig erwie— fen, daß aus Rogers Erzählung vielmehr das Gegentheil hervorgeht. S. unten Anm. 25. Die Befeſtigung der Kir— chen durch Ringmauern und Gräben iſt erweislich viel ſpätern Urſprungs Eder ad Felmer 66; eigentliche Bur— gen aber waren im Sachſenlande niemals genug, um die ganze Bevölkerung ſchützen zu können. 13) Cadan in probitate melior dicebatur. Roger e. 19. Auch Thomas e. 57. erzählt, daß die Tartaren anfangs das Menſchenleben mehr gefchont hätten. 14) Cadan sub sua protectione villa recepta, Aristal- dum comitem villae cum electis sexcentis armatis Theutonieis suis militibus associavit sibi, venire cum eis ineipiens eitra silvas. Roger c. 20. Daß mit dem Ausdrucke „eitra silvas““ Ungarn gemeint fei, zeigt ſchon der Gegenſatz „ultra silvas““ daſ. e. 40. Die Namen Siebenbürgens Transsilvania, Ultrasil- vania, ſind grade von den Waldgebirgen, welche das Land don Ungarn ſcheiden, genommen. Vgl. Reschner de praediis p. 40. 15) Per silvas et nemora, rupes et praecipitia, prope 29 ſode ſchalten wir hier die Schickſale Rogers, zum Theil uns feiner eignen Worte bedienend, ein. Was einem Mens ſchen ſeltſames begegnet, das iſt nach Jahrhunderten noch den gefühlvollen Leſern werthvoll und rührend, und das Schickſal des unglücklichen Geiſtlichen war ſo genau mit dem Zuge der Mongolen verwebt, daß ſein Bericht von ſelbſt zum Bilde der Schrecken deſſelben werden mußte. Die offene Stadt fiel bald in die Hände der Mon— golen; das Schloß ward erſtürmt, die Domkirche, in wel— che ſich viele Bewohner geflüchtet hatten, angezündet, die Gräber aufgewühlt, alle Heiligthümer zertrümmert, der größte Theil der Bevölkerung nach frevelhafter Mißhandlung nie— dergemetzelt «), die Umgegend von Großwardein binnen wenigen Tagen in eine menſchenleere, durch Leichengeſtank verpeſtete Wüſte verwandelt. Roger hatte ſich vor dem Falle des Schloßes, deſſen Feſtungswerken er wenig traute, zuerſt in die Wälder, und darauf mit vielen andern Bewohnern jener Gegend auf eine Inſel im Körös, die man in der Eile befeſtigt, ge— rettet. Von hier ſchlich er ſich, als die Tartaren ſich nä herten, von einem Wegweiſer und einem Diener begleitet, in der Nacht fort, um das acht Meilen davon entfernte Waradinum eivitatem subito advenerunt. Roger 34. Genauer beſtimmt der Chroniſt den Weg nicht. Vielleicht ging er durch die „porta Mezes““ Thwroez II. 49. 16) Tot scelera de mulieribus patrarunt, ut tutius sit subticere, ne homines ad nequissima instruantur. Roger 34. Das kannibaliſche Verfahren dieſer Unmens ſchen ſchildert Thomas. Sie trieben, um nur ein Beifpiel anzuführen, Weiber, Kinder und Greiſe zuſammen, ſetz⸗ ten ſie entkleidet in lange Reihen, nöthigten ſie die Arme in die Höhe zu heben, und durchſtachen ſie dann. Beſon⸗ ders wütheten die tartariſchen Weiber gegen die ſchönern ihres Geſchlechts aus Eiferſucht mit ausgeſuchter Graus ſamkeit; die häßlichern wurden nach abgeſchnittener Naſe zu Sclabinen gemacht, die Kinder unter dem Hohnge— lächter der Alten von mongoliſchen Knaben mit Knütteln, welche ſie von ihren Müttern erhielten, erſchlagen. 30 Tſanad am Maros zu erreichen. Die ganze Nacht waren ſie geritten, am Morgen erblickten ſie die Stadt, erfuhren aber zugleich von den Flüchtlingen, daß ſie Tages vorher von einer andern Horde eingenommen und zerſtört worden, und die ganze Umgegend von Mongolen durchſchwärmt ſei. In einer Grube verſteckt erwartete Roger nun den An- bruch der Nacht, und kehrte dann beſchämt auf die Inſel zurück. Immer drohender wurde die Gefahr; das nahe deut— ſche Dorf war von den Tartaren beſetzt, auf der Inſel keine Sicherheit mehr. Roger war mit einem einzigen Die— ner geblieben, die übrigen waren geflohen und hatten al— les, was er an Geld und an Kleidern gehabt, mit ſich genommen. In dieſer verzweifelten Lage verließ Roger mit ſeinem Diener und zwei Knaben ſeines Verwalters den unſichern Zufluchtsort, und verſteckte ſich in einem nahen Walde. Bald darauf drangen die Tartaren wirklich auf die Inſel, metzelten alles nieder und ſchleppten fort, was ſie vorfanden. „Ein Flüchtling, ſo erzählt er, zog ich bettelnd durch die Wälder, aller Hilfe beraubt: kaum daß mir, wen ich einſt reich beſchenkt hatte, ein Almoſen reichte. So von Hunger und Durſt gefoltert, war ich genöthigt, nachts auf die Inſel zu gehen, dort die Leichname umzuwenden, um verſcharrtes Mehl und Fleiſch oder ſonſt etwas Genießba— res zu finden. In der Nacht trug ich den Fund tief in die Waldung. . Ich mußte Höhlen auffinden, oder Gru ben machen, oder hohle Bäume ſuchen, um mich darin zu verbergen; denn wie Hunde, welche Haſen und Eber aufſpüren, durchſtörten ſie das dichte Dorngeſträuch, die finſtern Wälder, die Tiefe der Waſſer und das Innerſte der Einöden.“ Durch betrügliche Zuſicherungen gelang es den Tar— taren die geflüchteten Bewohner der Gegend aus ihren Schlupfwinkeln hervorzulocken. Eine große Strecke des Lan— des bevölkerte ſich wieder; jedes Dorf wählte ſich einen Vorſteher aus den Tartaren oder aus denjenigen Landsleu— ten, welche an dem wüſten Treiben derſelben Gefallen ges 31 funden und ſich angeſchloſſen hatten. Die Ernte kam; die Feldfrüchte wurden eingeſammelt, durch die ſchmachvollſte Demüthigung und entwürdigende Opfer die Ruhe erhalten. Roger diente einem Ungarn als Knecht. Sobald die Mongolen aber mit Vorräthen für den nahenden Winter verſehen waren, ſchlachteten fie die wehr⸗ loſen Bewohner ohne Erbarmen ab. Als Werkzeuge wa— ren ſie ihnen nützlich geweſen; nun ihr Zweck erreicht war, entledigten ſie ſich der läſtigen Verzehrer. Die Lage, in welche Roger ſich begeben, rettete ihm das Leben, machte ihn aber zum unwillkürlichen Begleiter ſeiner Feinde auf ihren Raubzügen. Sengend und mordend wälzte ſich die Horde weiter weſtlich. Keine Feder aber würde im Stande ſein, Ungarns Elend nach der verhängnißvollen Niederlage des Königs Bela am Sajo zu ſchildern. Aller Widerſtand war ge— brochen, die Kräfte vom Schrecken gelähmt, der König auf der Flucht, die bürgerliche Ordnung aufgelöſt und zerfal— len. Nach allen Richtungen verbreiteten ſich die häßlichen Würger, und drangen während des ſtrengen Winters über die gefrornen Flüße auch in die Gegenden, welche bisher die Natur geſchützt hatte; der größte Theil von Ungarn ward unter ihren Händen zur menſchenleeren Wüſte, wo Schaaren von Wölfen herumirrten, und die verpeſtete Luft verheerende Seuchen entwickelte. Der Tod des Großchans Octai rettete endlich Europa. Cadan hatte ſich in der Verfolgung des unglücklichen Kö— nigs nach den ſüdlichen Theilen des Reiches begeben, und kehrte durch Bulgarien zurück 17). Der zurückgelaſſene Theil ſeiner Horde wandte ſich auf die Nachricht von je— nem Ereigniſſe, welches die Chane der Mongolen zur Heim— kehr beſtimmte 18), gegen Siebenbürgen. 17) Roger c. 58 im Weſen übereinſtimmend mit Thomas c. 595 nur iſt dieſer in der Erzählung von Begebenheiten, deren Schauplatz ihm näher lag, ausführlicher und genauer. 18) Majorum regum de mandato incepimus per depo- pulatam terram retrocedere. Roger go. 32 Dieſes Land war bisher, den kleinen Theil ausgenom— men, welchen Cadans Heer auf ſeinem Durchzuge nach Ungarn berührte, von jener Geißel der Menſchheit nicht heimgeſucht worden. Wenigſtens laſſen Rogers hieher ge— hörige Worte nach allen Regeln der Auslegung keine an— dere Erklärung zu 1). Auf die hievon abweichende Nachricht des entfernten Archidiaconus Thomas 2°), können wir natürlich kein gro— ßes Gewicht legen; die Annahme eines frühern Einbruches jener Mongolenhorde aber in Siebenbürgen, welche nach Rogers Erzählung unter Bochetor über den Sereth ging, und die Moldau beſetzte 2), iſt nicht mehr als eine Muth⸗ maßung *), weil die Verheerung der öſtlichen Gegenden Siebenbürgens, auf welche wir unten zurückkommen wer— den, ebenſo gut auf dem Rückzuge der Mongolen, der 19) Retrocedendo paulatim pervenimus ultra silvas, ubi remanserat populi multitudo , et erant ibi post eorum transitum eastra plurima praeparata. Schon durch dieſe Verbindung wird jene Auslegung beftättigt. Wo die Mongolen hauſten, da fehlte es an Muße und Leuten, um Burgen zu bauen. Dazu kommt, daß rema- nere bei Roger, wenn er das Wort von Menſchen braucht, immer heißt: übrig bleiben, am Leben bleiben. So z.B. c. 57. illi quidem solum modo remanserant, qui inter mortuos . „ se Occultare valuerunt, dann e. 58. quindecim de tota remanserunt ciyitate, u. ſ.w. und Roger e. 40. ſelbſt ſagt: terram conspeximus a Tartarıs desolatam, quam non destruxerunt ve- niendo. Bei dem Ausdrucke populi multitudo können wir daher nicht an Mongolen, ſondern bloß an die Be⸗ wohner des Landes denken. 20) Tartarorum exereitus, depopulata omni regione Transsilvana, caesis ac fugatis Ungaris ex trans- danubialibus oris, eomposuerunt se in loeis illis etc. c. 57. Hieraus find denn auch die Angaben der Chroniſten bei Benkö Transsilv. ed. 2. Tom. I. p. 151 zu berichtigen. 21) Fluvium, qui Zerech dieitur, transeuntes, perve- nerunt ad terram episcopi Gumanorum. Roger 20. 22) Sie findet ſich unter andern bei Katona 5. 931. 33 nach Roger durch jenen Theil des Landes ging *?), er— folgt ſein kann. Durch die Ereigniſſe des vorigen Jahres und das traurige Schickſal der Nachbaren in Ungarn geſchreckt, hat— ten die Bewohner Siebenbürgens ſich durch die Anlegung von Burgen zu ſichern geſucht *). Welche Bollwerke die: ſem Zeitraume ihre Entſtehung verdankten, darüber ſchweigt die Geſchichte; wir haben aber gewiß nicht ſowohl an ei— gentliche gemauerte Feſtungen, als vielmehr an hölzerne Blockhäuſer, wie ſie einſt die deutſchen Ritter im Burzen— lande gegen die wilden Cumaner gebaut **), zu denken. Jene Burgen, deren Andenken zum Theil in Ruinen, zum Theil bloß in Urkunden fortlebt, ſind gewiß nicht das Werk eines einzigen Jahres, am wenigſten aber jener langen Pe— riode, wo am Abende vielleicht ſchon das Gebäude, wel— ches man am Morgen begonnen, unentbehrlich ſein konnte, ſie ſind das planmäßige und mühſame Werk früherer oder ſpäterer Jahrhunderte ). 25) Cum exirent Hungariam, Cumaniam intrare coepe- runt. Roger 40. 24) Et erant ibi post eorum (Tartarorum) transitum ca- stra plurima praeparata Roger l. c. 25) Schlözer Geſch. der Deutſchen in Siebenbürgen 312. 26) Die Unterſuchung und Beſchreibung der zahlreichen Burg⸗ trümmer im Lande iſt eine noch nicht gelöſte, für den Alterthumsforſcher intereſſante Aufgabe. In uralte, vor- mongoliſche Zeit gehören außer denen im Burzenlande Schlözer 517 die Burgen St. Lelek (f. unten Anm. 34) und ,„‚Waarheghy‘‘ „ad reprimendos paganos et Pichenetos per Siculos ab olim ex iussu divorum regum bene meritorum exstructum‘‘ mit dem in derſelben Urkunde des Woiwoden Andreas von 1354 er wähnten „propugnaculum Zechelneez‘‘ und Balva- nyos im Seklerlande Benkö Mileovia 1. 81. Dürften wir annehmen, daß wenigſtens einige der Burgen im Sach⸗ ſenlande nach der Sitte jenes Zeitalters zum Schutze der Coloniſten erbaut worden ſeien, ſo würden auch dieſe ei— ner ſehr frühen Zeit angehören. Schullers Archiv J. 1. 3 34 Was die Bewohner Siebenbürgens in düſterer Vor— ahnung beſorgt, das erfolgte frühe genug. Jenes furchtbare Gewitter, deſſen Wüthen ſie bisher nur aus der Ferne ver— nommen, entlud ſich wahrſcheinlich im Sommer 1242 über ihren Häuptern. Nur wenige Burgen waren ſtark genug zu erfolgreichem Widerſtande; die meiſten fielen; das Land wurde von den Tartaren überſchwemmt, und auf ihrem Rückzuge zur entvölkerten Wüſte gemacht »). In dieſem Zuſtande fand es Roger, als er den Mongolen entron— nen war. Unter einem natürlichen Vorwande hatte er ſich in den Grenzwaldungen der Moldau von dem Troſſe entfernt, und ſeitwärts vom Wege begeben. Entſchloſſen einen Verſuch der Rettung zu wagen, legte er ſich in eine vom Waſſer gewaſchene Vertiefung, und ließ ſich von dem Diener, der ihm gefolgt war, mit Zweigen und Blättern bedecken. Auf dieſelbe Art verbarg ſich dieſer in einiger Entfernung von dem Herrn. Zwei volle Tage lagen ſie in dieſen Gräben; am dritten nöthigte ſie der Hunger ſelbſt auf die Gefahr hin, wieder in die Hände der Tartaren zu fallen, hervor— zukriechen. Die Vorſehung hatte ihre Rettung beſchloſſen. Ohne einen Tartaren zu treffen, aber erſchöpft durch Hun— ger und Anſtrengung, erreichten ſie den Saum des Waldes. „„O Jammer! ſchreibt Roger 23), wir durchwander— ten nun eine entvölkerte, menſchenleere Gegend, welche die Tartaren auf ihrem Marſche verheert hatten. Die Glocken thürme der Kirchen waren die Zeichen, welche uns von Ort zu Ort leiteten. Lauch, Zwiebel, und was ſonſt in den Gärten der Bauern übrig geblieben, waren Leckerbiſſen für uns; gewöhnlich aber ſtillten wir mit Kräutern und Wur— zeln den Hunger. — Endlich am achten Tage erreichten wir Weißenburg (Carlsburg), wo wir aber außer den Kno— chen und Häuptern der Erſchlagenen, und den mit Blut beſpritzten Trümmern von Kirchen und Paläſten nichts fan— . 27) Terram totaliter oecuparunt, et eam procedentes desolatam et vacuam reliquerunt. Roger 40. 28) e. 40. 35 den. — Zehn Meilen davon war am Walde ein Dorf Frata genannt ), und vier Meilen von dieſem in der Wal— dung ein hoher Berg mit einem Felsgipſel. Auf dieſen hatte ſich eine große Menge von Männern und Weibern geflüchtet; mit Thränen der Freude nahmen ſie uns auf, und ließen ſich unſere Drangfale erzählen. Sie reichten uns ein ſchwarzes Brot aus einem Gemenge von Mehl und geriebener Eichenrinde gebacken — nie haben mir Sem— mel fo wohl geſchmeckt.“ Immer beſorgt, ob nicht eine zweite Horde aus Un— garn nachfolgen werde, blieben ſie uͤber einen Monat in dieſem Schlupfwinkel, und wagten ſich nur von Zeit zu Zeit heraus, um in den zerſtörten Dörfern Lebensmittel zu ſuchen; erſt auf die Nachricht von der Rückkehr des Kö— nigs nach Ungarn kehrten ſie in ihre verödete Heimath zurück 6). Hier endigt Roger ſeine Erzählung. Wir fügen ihr bei, was ſich aus Urkunden über die Mongolenverwüſtung und deren Folgen für Siebenbürgen ermitteln läßt. Zwar die allgemeine Lage des Landes iſt bereits in den Bildern, welche Thomas und Roger uns von Ungarn geben, zur Genüge gezeichnet. Die Mongolen bleiben ſich— überall gleich, und es gibt nichts einförmigeres, als den Zu— ſtand verödeter Länder. Wie das unglückliche Nachbarland, ſo wurde auch Siebenbürgen ausgeraubt und durch Feuer und Schwert verheert, und viele Bewohner deſſelben in die Sclaverei fortgeſchleppt. Wie dort und überall, wo jene Scheuſale gehauſt hatten, ſo drangen auch hier Schaaren von Wölfen in die leichenbedeckten Dörfer ein, und Hun— gersnoth und Seuchen rafften noch tauſende, die ſich ge— rettet hatten, hinweg 51). ö 29) Das Dorf eriftirt noch und liegt im Koloſer Comitate Hemeny notitia historico - diplomatiea archivi et litteralium Capituli Albensis. Cib. 1856. 8. p. go. 50) Roger |. e. 51) Raumer 4. 85. Thomas c. 40. Was Szegedi decreta regum Hungariae p. 297 von den Sachſen ſagt: tem- 3 * 36 Darum find aber die wenigen bis jetzt bekannten di— plomatiſchen Spuren des Mongoleneinfalles in Siebenbür— gen für den Forſcher doch immer ſehr werthvoll. Denn nicht nur laſſen uns die einzelnen Puncte, welche fie bes zeichnen, wenn wir Rogers Erzählung damit combiniren, die Richtung, die ſie genommen, errathen; ſondern wir erfahren daraus auch, welche Anſtalten Regierung und Volk getroffen, um jene Wunden zu heilen, und das Land für die Zukunft ſicher zu ſtellen ). Von den Ortſchaften und Gegenden, deren Zerſtörung in Urkunden den Mongolen zugeſchrieben wird, heben wir beſonders hervor, die Güter des Siebenbürger Bisthums, die Abteien von Kolosmonoſtor und von Kerz 5), den Bezirk von Zek ) und die Burg St. Lelek in Haromßek. Erwägen wir nemlich, daß Roger, nachdem er ſich befreit hatte, zuerſt nach Carlsburg gelangte, und betrachten dann die geographiſche Lage der bezeichneten Oerter; ſo werden wir zu der Annahme berechtigt, daß die Mongolen aus Un— garn an der Maros herauf nach Siebenbürgen gekommen, und ſich wahrſcheinlich in der Gegend von Carlsburg in zwei Horden getheilt haben, von denen die eine über Clau— ſenburg und Biſtriz nach der heutigen Bukowina hinaus— ging, die andere aber in öſtlicher Richtung die ſüdlichen Theile des Sachſenlandes durchzog, und in dem Thale des pori servientes, post modicam resistentiam, Tar- taris se subdidere, sieque urbes et colonias suas pene indemnes servavere, iſt aus der Luft gegriffen. 32) Nur ſehr weniges berührt Eder ad Felmer. 18. f. 35) Ueber die Zerſtörung von Weißenburg und die Verödung der Güter des Capitels vgl. Szeredai series episco- porum p. 15. f. Hemeny p. 20. Zerſtörung der Ab⸗ teien von Kolosmonoſtor Eder ad Felmer. 19. und von Kerz, Schlözer 50. Das Kloſter, Sasvar, welches ebenfalls von den Tartaren zerſtört worden war, lag wohl „zin episcopatu Transsilvano‘‘ Fejer IV. 2.67. aber nicht in Siebenbürgen, fondern im Ugotſaer Comitate in Ungaru, welcher zum Sprengel des ſiebenbürgiſchen Bis ſchofs gehörte. Eder ad Felmer. 22. 37 Altflußes hinausgehend, durch das Burzen- und Szeklerland in die Moldau zurückkehrte. Und ſo mögen denn dieſe Theile des Landes auch verhältnißmäßig weit mehr gelitten haben, als das Innere deſſelben, wohin vielleicht nur einzelne ſtrei— fende Parteien gelangten. Eine ſchwere Aufgabe hatte Bela IV. nach ſeiner Rückkehr unter dieſen Umſtänden zu löſen: wie Camillus einſt nach der Einäſcherung Roms durch die Gallier Rom neu gegründet, ſo war auch er durch ſeine Stellung be— rufen, das zerſtörte Gebäude der bürgerlichen Geſellſchaft wieder aufzuführen. Was er und ſeine Nachfolger für die— ſen Zweck in Ungarn gethan, übergehen wir hier, und be— ſchränken uns bloß auf die Anſtalten, die er dafuͤr in Sie— benbürgen getroffen. Schon im Jahre 1242 wurde Laurentius in das Land geſchickt, mit der ausgedehnten Vollmacht die zerſtreuten Ueberreſte der Bevölkerung zu ſammeln, und im Namen des Königs alle Maßregeln zu ergreifen, welche die Um— ſtände nothwendig machen würden 35). Die Verleihung einiger Landſtrecken an die deutſchen Brüder Lentenek und 34) „Terram Zék . . . inter terras Olaborum de Hirtz, Saxonum de Barassu et terrasSieulorum de Sebus existentem““ Urk. Belas IV. bei Benkö Transsilva- nia 1. 446. ed. 2. castrum nostrum regale Zenth Leleukh in confiniis terrae Sieulorum . . superio- ribus annis per Tartarorum rabiem. . destructum. Urf. von 1251 in dem diplom. Anhange Nr. 1. 55) „Ut populos nostros recolligeret, et ea, quae si- bi viderentur in terra illa nobis et regno nostro utilia, vice nostra et autoritate ordinaret.““ Urk. Belas von 1245 vollſtändig bei Fejer IV. 1. 275, im Auszuge bei Eder ad Felmer. 18. Ob dieſer Ladislaus identiſch ſei mit dem Ladislaus f. Kemeny, welcher ſpäter vom König gegen feinen Sohn Stephan nach Sie- benbürgen geſchickt, dieſen in Feketehalam (Schwarz⸗ burg bei Zeiden) belagerte, Fejer IV. 5. 410, und dar- auf Palatin von Ungarn war, daſ. 466 vgl. mit 420 und 457, iſt ſchwer zu entſcheiden. 33 Hermann für geleiſtete Kriegsdienſte 6) iſt die erſte ſichere diplomatiſche Spur der Thätigkeit dieſes Mannes während ſeiner Anweſenheit in Siebenbürgen. Die Bevölkerung des Landes war zuſammengeſchmol— zen; es war natürlich, daß der König alles aufbot, den bedeutenden Menſchenverluſt zu erſetzen. Einladungen wur— den überallhin erlaſſen, und zahlreiche Anſiedler folgten un: ter vortheilhaften Bedingen dem Rufe des Königs 1). Von ſelbſt leitet uns dieſe Thatſache zunächſt auf die intereſſante Frage, ob nach der Mongolenverwüſtung neue Einwanderungen deutſcher Coloniſten in Siebenbürgen ſtatt gefunden haben? Sie iſt bisher nirgends ausführlich erör— tert worden; wir glauben ſie aber unbedenklich bejahen zu müſſen. 56) Daß Lentenek Graf der ſächſiſchen Nation geweſen, folgt aus dem Beiſatze „Comes““ noch nicht, wie ſchon ungr. Magaz. 2. 275 richtig bemerkt wird. Und ſo beruht denn die oben, Anm. 4. erwähnte Behauptung auf der Ver— bindung einer nicht erweislichen Annahme mit der ver— dächtigen Nachricht eines vom Schauplatz der Begeben— heiten entfernten Chroniſten. Vgl. die erwähnte Urkunde des Königs, worin er dieſe Schenkung beſtätigt. Es geht daraus hervor, daß Laurentius damals (sexto Calendas . Februarii) am Hofe war. 57) Quod cum pridem regnum nostrum permissione Divina Tartari invasissent, et sua barbarica feri- tate vastavissent, regnicolis in mage, parte vel peremtis, vel abductis, et Hungaria ante plena populo, multis in loeis in solitudinem esset red- acta, de cunctis mundi partibus homines tam a- gricolas, quam milites ad repopulandum terras de- populatas, et habitatoribus vacuatas, edieto regio studuimus eonvocare: venientibus itaque ad voca- tionem nostram causa habitandi regnum nostrum, dedimus et assignavimus terras et possessiones, et aliquibus reditus, unieuique prout status sui exi- gentia requirebat. Fejer IV. 5. 459. In derſelben Abſicht unterhandelte Bela auch mit dem Präceptor der Johanniter Rembold, Fejer IV. 1. 448 und ſchenkte die— ſem Orden den Severiner Banat, daſ. und Schlözer 554. ff. 39 Allerdings finden wir uns, wenn von einer Vermeh— rung der ſchon vorhandenen großen Colonien durch ſpätere Nachwanderer die Rede iſt, faft ganz auf den ſchwanken— den Boden von Vermuthungen und Hypotheſen verſetzt; die Urkunden erwähnen nichts davon. Allein dieſes Schwei— gen kann die Annahme bedeutender, durch die Mongolen— verwüſtung veranlaßter Nachwanderungen aus Deutſchland nicht entkräften. In dem unter dem Namen der libertas Cibiniensis bekannten Colonialrecht der Anſiedler in der Hermannſtädter Provinz, und in der Verfaſſung der übri— gen damals mit jener noch nicht organiſch verbundenen An— ſiedlergruppen waren die Bedingungen der Anſiedlung auch für die Zukunft feſtgeſtellt: ſie waren Verträge, die für jeden galten, der in dieſe Genoſſenſchaft trat, und ihrem Inhalte nach vortheilhaft genug, um im 13ten Jahrhun— dert die nämliche Wirkung hervorzubringen, welche ſie im 12ten geäußert. Wozu hätte es alſo neuer Verträge be— durft! Wenn aber die Chroniſten davon nichts melden, ſo dürfen wir dabei niemals vergeſſen, daß auch ihre Anga— ben über die Einwanderungen im 12ten Jahrhundert ſehr unvollſtändig ſind, und daß ſie von mancher Colonie gar nichts wiſſen, die doch thatſächlich vorhanden iſt. Ueber— haupt endlich widerſtreitet es nicht nur allen Analogien, ſondern ſelbſt urkundlichen Zeugniſſen, die Bevölkerung des Sachſenlandes in einem gegebenen Zeitmomente abzuſchlie— ßen 58), und es gibt außerdem Erſcheinungen in der Spra— che, und in dem übrigen Leben der Deutſchen in Sieben— bürgen, welche uns den Gedanken einer Verſchmelzung ſpä— terer Elemente mit früher vorhandnen faſt aufnöthigen; nur würde durch die Nachweiſung derſelben dieſer Aufſatz ungebührlich verlängert werden. Mit welchem Rechte wol— len wir alſo für die ſächſiſchen Colonien in Siebenbürgen das nicht gelten laſſen, was alle Intereſſen derſelben nach der Kataſtrophe von 1242 zur Nothwendigkeit machten! Noch gewiſſer iſt es, daß nach der Mongolenverwüſtung 38) Vergl. diplom. Anh. Nr. 2. 40 neue Anſiedelungen von Deutſchen im Lande gemacht wur— den. Gerade auf der Straße, welche wir jenen Horden an— weiſen zu müſſen glaubten, erſcheinen nämlich bald darauf kleinere Colonien, deren früheres Daſein ſich nicht erweiſen läßt. Wir verſuchen es die diplomatiſchen Spuren derſel— ben zu verfolgen, und aus ihnen die Umriſſe ihrer älteſten Geſchichte zu zeichnen. In die Zahl dieſer neu angeſiedelten Coloniſten ſchei— nen allerdings jene von Deesvar 3°) an dem Zufammenz fluße des großen und kleinen Szamos im innern Szolno— ker Comitate zu gehören. Wenigſtens ſagt Herzog Ste— phan in der Beſtätigung ihrer Freiheiten vom Jahre 1261 ausdrücklich, ſie hätten dieſe und das ihnen angewieſene Gebiet von ſeinem Vater Bela erhalten. Daß ſie Deutſche geweſen, iſt zwar nirgends geſagt; kann aber aus der Aehn— lichkeit der ihnen bewilligten Rechte mit jenen anderer deut— ſcher Colonien in Siebenbürgen mit Sicherheit geſchloſſen werden *°). 39) Hospites de Déésvär petentes, ut libertatem a Be- la. . patre nostro concessam et metas terrarum eis- dem donatarum.... dignaremur confirmare. Vergl. diplom. Anh. Nr. 5. Wer war aber der Erney Banus Transsilvanıae, don welchem. fie ebenfalls einen Freis brief hatten, den ihnen Stephan in demſelben Jahre be— ſtätigte? Beide Urkunden finden ſich in der reichen Ur— kundenſammlung des H. Hofſekretärs L. v. Noſenfeld, welcher mir es erlauben wird, bei dieſer Gelegenheit für die Liberalität, womit er mir die Benützung feiner werth— vollen Collectaneen freigab, ihm öffentlich meinen wärm⸗ ſten Dank abzuſtatten. Was ich daraus entlehne, werde ich fortan der Kürze wegen bloß durch ein beigefügtes R. bezeichnen. Ein „Herney Banus““ erſcheint auch in der Geſchichte des Aufſtandes von Stephan gegen ſeinen Va— ter Bela IV. Fejer V. 2. 97. 40) Namentlich aus der eignen vom Woiwoden unabhängigen Gerichtsbarkeit, der Befreiung vom descensus (wie bei Chrapundorf, Karako und Nams. Schlözer 290) der Mauth freiheit, und der Verpflichtung zur Heeresfolge „„iuxta libertatem de Zathmär.““ 41 Die Colonie blühte zumal durch den Handel mit dem in den Gruben des nahen Deeſakna gehauenen Salze auf dem Szamosfluße ſchnell auf, und wurde von den Köni— gen fortwährend begünſtigt. Aus ihr ging ſpäter der jetzige Taxalort Dees hervor; von der deutſchen Bevölkerung iſt keine Spur mehr vorhanden 5). ö Als neu angeſiedelt ſind ferner füglich auch jene au— ßerhalb des eigentlichen Sachſenlandes gelegenen Ortſchaf— ten zu betrachten, deren noch übrige dünne Bevölkerung nach der Mongolenverheerung gerade in der Abſicht grö— ßere Freiheiten und Rechte erhielt, damit dieſe erweiterte Begünſtigung zur Einwanderung einlade. Auch fallen die darauf ſich beziehenden Privilegien in der That zu nahe an jene Epoche, und ſprechen außerdem jenen Zweck viel zu beſtimmt aus, als daß wir nicht einen urſächlichen Zu— ſammenhang zwiſchen der Verödung des Landes durch die Tartaren und der ſpätern Erſcheinung einer bedeutenden deutſchen Bevölkerung in denſelben vermuthen dürften. In die Reihe dieſer Ortſchaften glauben wir zunächſt Clauſenburg ſetzen zu dürfen. Dieſen Ort verſtehen wir nämlich unter dem in Belas Freibriefe von 1246, wo— durch er den Anſiedlern auf den durch die Mongolen ver— ödeten Gütern des Biſchofs, um ſie wieder zu bevölkern, ausgedehntere Freiheiten ertheilt, erwähnten „Colu de Co- mitatu Culusiensi“ 2), und nehmen an, daß die Bi— 41) 1551 erſcheint der Woiwode Thomas als Comes der An» ſiedler von Deesvar; 1474 befreit fie K. Matthias „ab omni taxa extraordinaria et contributione genera- lit“ 1478 derſelbe „ab ingressu quorumlibet exer- eituum““ und 1555 unterfagt Ferdinand I. dem Woiwo⸗ den Andreas Bathor jeden Eingriff in ihre Rechte. RN. 42) Abgedruckt bei Szeredai series 14 ff. Statt Holu ift wohl, nicht wie Cornides bei Fejer IV. 1. 416 meint, „„Golou““ (Gyalu) ſondern höchſt wahrſcheinlich Holus zu leſen. Das jetzige Kolos in demſelben Comitate finde ich eben ſo wenig, als Gyalu in dem Verzeichniß der biſchöflichen Güter von 1282 daf. 22 f Auch die Abtei nennt Honorius III. 1222 „b. Mariae de Glus.‘‘ Fe- jer III. 1 386 f. 42 ſchöfe bereits vor der Schenkung durch Stephan V. vom Jahre 1275 ein Recht auf dieſen vielleicht der Abtei ge— hörenden Ort behauptet haben. Das feindſelige Verhältniß der Biſchöfe und Aebte, durch die Exemtion dieſer von der geiſtlichen Gerichtsbarkeit der erſtern veranlaßt, unterſtützt dieſe Vermuthung. Hatte doch Biſchof Wilhelm zu An— fang des 13ten Jahrhunderts den Abt und zwei Mönche gefangen geſetzt, ſich des Kloſters bemächtigt und die Pri— vilegien deſſelben theils verbrannt, theils ins Waſſer ge— worfen +3). Solche Willkür lag fo ſehr in dem Geiſte des Mittelalters, daß die Könige manchmal getäuſcht, Verlei— hungen machten, die fie ſpäter widerrufen mußten **), und ſogar die Macht kräftiger Regenten reichte nicht immer hin, die Entſcheidung des Rechts durchzuführen * 5). Gehen wir nun von dieſer nicht unwahrſcheinlichen Vorausſetzung aus, ſo folgt daraus auch, daß der größte Theil der Bewohner des Ortes, welchen Stephan V. die erſten Privilegien gab ), ſich nach der Mongolenverwü— ſtung angeſiedelt habe. Daß aber lange Zeit Deutſche, wo 45) ſ. das Fragment der darauf ſich beziehenden Urkunde in dem angehängten Urkundenb. Nr. 4. Derſelbe Biſchof, welcher die geiſtlichen Verhältniſſe der deutſchen Ritter im Burzenlande zu regeln verſuchte, Schlözer 515. Aehn⸗ liches wiederholte ſich auch ſpäter. So klagte 1542 der Cuſtos des Kloſters, daß Biſchof Andreas, ein ſehr ge— waltthätiger Prälat, Szeredai notit. 47 series 82 f., demſelben „quasdam possesiones, deeimas, molen- dina, feneta, silvas et alia jura““ entriffen. Szere- dai ser. 80. 44) Geſchichte der terra Gyumurd im Urkundenbuche 155. 45) Beſonders charakteriſtiſch ift der Fall mit der Burg „82. Mihälyköve.“ Biſchof Andreas hatte fie widerrechtlich an ſich gebracht, Szeredai notit 47. Schon nach feinem Tode aber galt fie für Eigenthum des Capitels und Lud— wig I. befahl 1557 dem Woiwoden, der fie als Bruder des Biſchofs beſetzt hatte, ſie auszuliefern, daſ. Allein — erſt 1521 kam das Capitel wieder in ihren Beſitz. R. sa aber leider nicht mitgetheilt von Eder ad elmer. 82. — 46 — 43 nicht die ausſchließende, fo doch die an Zahl überwiegende Bevölkerung deſſelben gebildet haben, kann unmöglich ge— läugnet werden. Die Grundzüge ihrer Verfaſſung waren offenbar aus dem deutſchen Colonialrechte genommen, der Appellationszug ihrer Proceſſe ging, nachdem Sigmund Clauſenburg 1405 zur Stadt erhoben, auf ſeinen Befehl über Biſtriz nach Hermannſtadt, und ſie ſelbſt ſuchten ihre Anſprüche auf Zollfreiheit 1480 durch die Berufung auf das den Deutſchen von König Andreas II. 1224 ertheilte Privilegium geltend zu machen *). 47) Vgl. Eder de priseis incolis urbis Holosvariensis in dem Anhange zu Chr. Schesaei ruinae Pannonicae ©. 212 ff. Wenn dieſer verdienſtvolle Schriftſteller daf. S. 217 behauptet, die Biſchöfe würden ſich nach der ſeind— ſeligen Erhebung der Sachſen gegen das Domcapitel im Jahre 1277 wohl gehütet haben, die Zahl der deutſchen Anſiedler in Clauſenburg zu vermehren; ſo wagen wir es dieſer Meinung zu widerſprechen. Allerdings erſcheint in der Urkunde Ladislaus IV. von 1282, welche dieſen Aufſtand erwähnt, in der Zahl der entvölkerten Güter des Biſchofs auch die „villa Hulusvär.“ Allein durch die Worte der Urkunde „hostili persecutione Saxo- num et diversarum guerrarum regni nostri, nobis in tenera aetate constitutis““ iſt augenſcheinlich eine doppelte Urſache jener Entvölkerung angedeutet. Nun iſt es aber an und für ſich unwahrſcheinlich, daß der Auf— ſtand eines Theiles der Sachſen, Eder ad Felmer. 27, deſſen Veranlaſſung ſchon Eder 1. e. vermuthet, und He- meny p. 25 deutlich ansgeſprochen hat, ſich bis in das entlegene Clauſenburg erſtreckt habe; der Bericht des Ca— nonicus Saulus vom Jahre 130g über ihr Wüthen in Carlsburg erwähnt keine Silbe davon; und der Ausdruck „„universorum populorum praedialium per caedem et rabiem Saxonum““ in der Urkunde des K. Ladis⸗ laus von 1278 muß nicht ängſtlich gepreßt werden. An innern Unruhen fehlte es unter der Negierung Ladislaus des Cumaners, „jenes verwahrloſten und halbverrückten Caligula,“ Hormayr und Mednyansky hiſt. Taſchenbuch 1820 ©. 135, fo wenig, daß der König ſelbſt 1285 er— klärt, fein Reich fei dadurch „destruetum et vastatum““ Fejer V. 5. 157 f., und der Zuſtand Siebenbürgens war hiedurch, und durch den Einfall des Woiwoden der Wa— 41 Ob die Deutſchen auf dem biſchöflichen Gute Enyed in dieſelbe Claſſe von Einwandrern gehören, deren Anſie— delung entweder ganz oder theilweiſe durch die Mongolen— verwüſtung veranlaßt worden, kann aus dem wenigen, was aus früherer Zeit von ihnen bekannt iſt, nicht entſchieden werden. Allerdings liegt der Ort in dem damals verödeten Thale der Maros. Ungleich deutlicher ſind die Verhältniſſe der beiden deutſchen Colonien Winz und Borgberg in je— ner Periode 3). Es mag fein, daß ihre Gründung in eine frühere Zeit zurückfällt „»); allein das Privilegium, wel— ches ihnen der Woiwode Laurentius 1248 ertheilte 5°), erſcheint nicht ſowohl als Beſtätigung, fondern vielmehr als eine Erweiterung der früheren Rechte, deren Zweck die ver— minderte Bevölkerung durch neue Begünſtigungen der Ein— wanderer zu mehren, Stephan V. 1265 deutlich genug ausſpricht *). Erwägen wir nun aber, daß jene ausge: dehnteren Freiheiten den Coloniſten in Winz und Borg— berg von demſelben Woiwoden gegeben wurden, welchen Bela IV. nach der Mongolenverwüſtung mit großen Voll— machten in das Land geſchickt hatte: ſo iſt es ganz natür— lich, dieſe beiden Begebenheiten in eine cauſale Verbindung zu bringen. lachei Lythen, Engel Geſchichte der Walachei 147, und beſonders Fejer V. 5. 274 f., verworren und traurig. Uebrigens hatten ja nicht die Unterthanen von den Gü— tern des Biſchofs rebellirt, und die Güter und Rechte desſelben wurden häufig genug auch von den Ungarn ans getaſtet, vgl. Szered. ser. 26 ff. not. 59. 62 u. ſ. w., fo daß die Geiſtlichkeit nicht Urſache hatte, den Sachſen allein zu grollen. 48) Jetzt Alvinz oder Alsovinz und Borberek, bloß durch die Maros von einander getrennt, daher ſie in Urkunden auch oft als ein einziger Ort angeführt werden. Darauf ſcheinen wenigſtens die Worte: terras, quas ab antiquo . . se tenuisse asseruerunt, in der Urkunde Stephans V. von 1265 zu deuten. R. 50) Im Auszuge bei Eder ad Felmer. 85. 51) Ut iidem hospites nostri de cetero congregentur et congregati facilius commorentur. — 49 45 Die Verleihung von neuen und wahrſcheinlich erwei— terten Privilegien an die durch die Tartaren verwüſtete und entvölkerte Ciſterzienſerabtei Kerz glauben wir mit Recht aus demſelben Geſichtspuncte betrachten zu müſſen: auch hier ſcheint die Ertheilung der libertas Cibiniensis an die Anſiedler auf den Gütern derſelben den unmittelbaren Zweck gehabt zu haben, den ſchwachen Ueberreſt ihrer Be— völkerung durch neue Einwauderer zu vermehren 5). Faſſen wir alle dieſe Momente zuſammen, ſo iſt die Annahme einer durch die Mongolenverheerung veranlaßten und von den ungriſchen Königen begünſtigten Nachwan— derung deutſcher Coloniſten in der That höchſt wahrſchein— lich, und wir zweifeln gar nicht, daß ſie auf die Stufe hiſtoriſcher Gewißheit erhoben werden könnte, wenn nicht die meiſten urkundlichen Denkmähler des 13ten Jahrhun— derts verloren, und manche der noch übrigen vielleicht noch unbekannt wären. Wird denn für Siebenbürgen der Tag niemals anbrechen, wo eine Geſellſchaft mit vereinter unb geregelter Kraft das Land durchforſcht, die Quellen ſeiner Geſchichte öffnet, und aus ihnen das Räthſel ſeiner kaum noch zur matten Dämmerung erhellten Vergangenheit lö— ſet? Jede Provinz des öſterreichiſchen Kaiſerſtaates, unter deſſen mildem Scepter Siebenbürgen endlich ausruht von den ſchweren Ungewittern, die ſeit der Völkerwanderung mit kurzen Unterbrechungen über den Hauptern feiner Ber wohner ſich entladen — jede Provinz dieſes großen Völ— kerbundes hat ſeine Geſchichte; wann werden wir die Stimme dieſer ernſten Lehrerin wahrer Vaterlandsliebe vernehmen? — Auf die Angaben walachiſcher Chroniken geſtützt, hat Engel behauptet, daß unter der Regierung Ladislaus IV. eine Menge Walachen nach Siebenbürgen eingewandert, 52) Stephans Urkunde von 1264 gibt Reschner de prae- diis praedialibusque Andreani Cib, 1824. 8. p. 46. daſelbſt p. 48 ff. auch die Urkunde Carl Roberts von 1529, worin das Rechtsgebiet der Abteigü grührli beftimmt wird. chtsg güter ausführlich 46 bald darauf aber wieder über die Alpen zurückgegangen ſei 53). Bloß der Vollſtändigkeit wegen muß dieſe Be— hauptung hier berührt werden; denn mit den Anſtalten, welche von Bela IV. und ſeinen Nachfolgern getroffen wurden, um die von den Mongolen dem Lande geſchlage— nen Wunden zu heilen, ſteht jene Einwanderung in keiner erweislichen Beziehung, und wir ſind eher geneigt, ſie mit der ſchon erwähnten Occupation des Landes durch Lythen, welche längere Zeit gedauert haben ſoll, in Verbindung zu denken 4). Eine Kataſtrophe, welche fo wie die Mongolenver— wüſtung, das ungriſche Staatsgebäude ganz erſchütter— te, mußte natürlich auch in dem Grundbeſitze ſeiner Be— wohner eine bedeutende Umwälzung hervorbringen. Wei— te Gebietsſtrecken, bis dahin bevölkert und angebaut , waren durch die Horden der Mongolen entvölkert und verödet 55); andere hatten ihre Beſitzer verloren **). Auz ßerdem war durch den Verluſt der Privilegien der Grund— beſitz und das geſammte Rechtsgebiet vieler phyſiſcher und moraliſcher Perſonen unſicher geworden °7), und es fehlte nicht an Gewaltigen, welche die allgemeine Verwirrung be— nützten, um Eingriffe in fremde Rechte zu wagen, und, 55) J. Chr. Engel Geſchichte der Moldau und Walachei, B. 1. S. 147. Vgl. Eder ad Felmer, 55. 8 54) Aliquam partem de regno nostro ultra alpes exi- stentem pro se oceuparat et proventus illius par- tis nobis pertinentes, nullis ammonitionibus red- dere eurabat. Fejer V. 5. 274. f. 55) Quum quaedam terrae ad castrum Neogradiense pertinentes — per saevitiam dirae nationis Tarta- rorum habitatoribus omnibus earundem interem- tis, vacuae remansissent et desolatae. Fejer IV. 2. 55. daſ. 425. 5 56) Interfecto Mohur per impetum Tartarorum et ne- otibus eiusdem in eaptivitatem ductis. Fejer IV. 1. 342. daſ. 455. 57) So z. B. Peſt, Fejer IV. 1. 526. Karpfen, daſ. 529. u. a. m. 47 was herrenlos oder zweifelhaft ſchien, als gute Beute ſich anzueignen 58). f Neue Schenkungen, zumal an Familien, deren Glie— der in jener verhängnißvollen Zeit, wo die Bande des ſtaats— bürgerlichen Gehorſams ſich löſten, den unglücklichen König nicht verlaffen hatten, Unterſuchung der zweifelhaft gewor— denen und von andern angemaßten Rechte, und Erneuung der verlornen Privilegien waren die durch die Umſtände ge— botenen Mittel, wodurch Bela IV. die geſetzliche Ordnung wieder herzuſtellen bemüht war ). So wenig wir zweifeln dürfen, daß Siebenbürgens gleiches Loos auch ähnliche Umwälzungen und Verwirrun— gen in der Rechtslage ſeiner Bewohner hervorgebracht ha— ben werde: fo unbedeutend find die bis jetzt bekannten di— plomatiſchen Spuren zum Belege jener Behauptung. Zus nächſt verdient hier die Vermuthung von Szegedi eine ge— nauere Erwägung, daß ein Theil der Szekler, zumal aus dem Stuhle Kezdi, nach der Mongolenverwüſtung in dem entvölkerten Theile des Thordaer Comitates am Fluße Aras nyos zur Vertheidigung jener Gegenden angeſiedelt wor— den ſei 66). | Allerdings wird aus der oben angegebenen wahrſchein— lichen Richtung des Mongolenzuges die Verödung jener Gegenden des Landes ſehr begreiflich. Eben ſo geht auch aus der Urkunde des K. Ladislaus IV. von 1289 hervor, daß der genannte Bezirk früher zum Thordaer Comitate gehört habe und den Seklern zuerſt von Stephan V. ge— 58) Quidam, quod mirantes accepimus, regnum ipsum praesentibus Tartaris et post illorum recessum ho- stiliter invaserunt, ſchreibt Innocens IV. 1245. Fe- jer IV. 1. 502. Sohauſte ein gewiſſer „Fuleus““ auf den Gütern des Graner Erzbiſchofs „peius ipso tempare turbinis Tartarorum.““ Fejer IV 1. 401 ff. Er war Caſtellan von Fülek, und trotzte ſelbſt des Königs Vor— ladung. ibid. 59) Vgl. Fejer IV. 1. und 2. 60) Szegedi deereta regum IIungar. 298. 48 ſchenkt worden ſei 61). So erhält denn wirklich die oben erwähnte Hypotheſe einen hohen Grad von Wahrſcheinlich— keit, ohne indeſſen, ſo lange nicht die eigentlichen Motive dieſer Verleihung aus Stephans Diplome bekannt ſind, auf vollſtändige Glaubwürdigkeit Anſpruch machen zu können. Aus dem nämlichen Geſichtspunete einer aller diplo— matiſchen Begründung ermangelnden und vielleicht ganz unwahrſcheinlichen Hypotheſe muß auch die andere Behaup— tung deſſelben Gelehrten, daß viele Sachſen damals auf die verödeten Güter des ungriſchen Adels eingewandert ſeien, betrachtet werden 2). Von einem Ueberſchuße der Bevölkerung des deutſchen Bodens, welcher geneigt gewe— ſen wäre, ſelbſt mit augenſcheinlicher Rechtsverminderung ſeine Wohnſitze zu verändern, konnte damals nicht die Re— de ſein; der Mongolenzug war nicht eine Jahre lang wäh— rende Bedrängniß ), welche die Sachſen hätte bewegen können, ſich in die innern, durch ihre Entfernung von der großen Heerſtraße jener Horden mehr geſicherten Theile des Landes zu retten, ſondern er rauſchte, wie ein verhee— rendes Ungewitter, ſchnell vorüber. Außerdem iſt eine Art von Widerſpruch in der Annahme Szegedi's, daß das Sach— fenland beinahe ganz verſchont geblieben ſei, mit jener Ber hauptung, und es fehlt nicht an diplomatiſchen Spuren, welche uns veranlaffen, dergleichen Anſiedelungen theils in ſpätere Zeiten zu verſetzen, theils aber auch jenes Phäno— men auf eine ganz andere Art zu erklären. Mit Uebergehung von Lebels lächerlichen Mährchen über die Veränderungen, welche die Mongolenverwüſtung in der Vertheilung der Bevölkerung der Gegeud von Her- 61) Terram castri nostri Thorda Aranyos, vel etiam iuxta fluvios Aranyos et Maros existentem, quam primo idem d. rex Stephanus iisdem Siculis con- tulerat. Fejer V. 5. 452. ff. im Auszuge erwähnt von Eder ad Felmer. 20. 62) Szegedi l. e. 297 f. 65) Die Nachricht der Chroniſten von einem mehrjährigen Auf⸗ enthalte der Tartaren im Lande hat keinen Grund. 40 mannſtadt hervorgebracht haben foll „*), wenden wir uns nun zur Erörterung desjenigen, was ſich diplomatiſch er— weiſen läßt. Wir haben ſchon oben die vorzüglichſten Puncte bezeichnet, deren Verwüſtung ausdrücklich den Tartaren zu: geſchrieben wird, und der Belehnung von Hermann und Lentenek mit Gütern im Dobokger Comitat gedacht. So bleibt uns denn zunächſt die Unterſuchung über die „ter— ra Zeél“ übrig, welche Bela IV. 1252, nachdem fie durch die Mongolen verwüſtet, und durch den Tod ihres Be— ſitzers, des Sachſen Fulkun, an die Krone zurückgefallen war, dem Szekler Vincentius ſchenkte „*), eine Erörte— rung, welche dadurch an Intereſſe gewinnt, daß jene Ver—⸗ leihung zur Erläuterung einer ſchwierigen Stelle des An— dreaniſchen Freibriefes benützt „*), und daraus eine Ver— änderung der öſtlichen Grenze des Sachſenlandes nach dem Einfalle der Mongolen gefolgert worden iſt. Die topographiſche Beſtimmung dieſer Gebietsſtrecke hat große Schwierigkeiten, obgleich aus der Schenkungs— urkunde deutlich genug hervorgeht, daß fie an dem Alt— fluße, und zwar in der Nähe des Burzen- und Szekler⸗ landes geſucht werden müſſe 6). 64) I. Lebel de oppido Thalmus carmen historieum, Ed. Seivert. Cibin. 1779. 8., und Seivert Nachrichten von Siebenbürgiſchen Gelehrten und ihren Schriften. S. 269. fr. 65) Terram Zek, quae quondam Saxonis Fulkun fue- rat, sed per devastationem Tartarorum vacua et huabitatoribus carens remanserat. Die Urkunde gibt Henkö Transsilvania 1. 446. Fejer IV. 5. 147. u. a. m. 66) „Quod universus populus incipiens a Varas usque in Boralt cum terra Siculorum terrae Sebus et terra Daraus unus sit populus.“ Denn terrae und nicht terra Sebus, wie die meiſten Abdrücke des An⸗ dreanums haben, iſt die richtige Lesart. Eder de init. 182. 67) Inter terras Olahorum de Hirtz, Saxonum de Ba- rassu et terras Siculorum de Sebus existentem. Als Grenze wird unter andern auch der Altfluß Benkö I. e. genannt. ö Schullers Archiv J. 1. 4 50 Mit dem Ausdrucke fefter Ueberzeugung findet Benks, welchem wir die erſte Bekanntmachung jenes Diplomes ver— danken, ſie in dem jetzt zum Oberalbenſer Comitate gehö— rigen Bezirke von Hidveg und Arapatak 3), und muß dann natürlich auch das in der Urkunde als Grenze an— geführte Gebiet der Walachen von Kerz (terras Olaho- rum de Rirtz) in die Umgebung von Bölön verſetzen, durch eine Annahme, welche ſelbſt dann von dem Vorwurfe der Willkürlichkeit kaum frei geſprochen werden kann, wenn wir unter jenen Ländereien der Walachen die ganze ehe— malige silva Blacorum et Bissenorum, und nicht, wie doch der Wortſinn der Urkunde zu fordern ſcheint, bloß jenen Theil derſelben, welchen K. Andreas II. 1222 der Kerzer Abtei verliehen hatte „), verſtehen. Die flüchtigſte Anſicht einer Karte belehrt uns, daß wir nach jener An— ſicht entweder die Grenzen dieſes Diſtrietes ungebührlich weit hinaufrücken, oder aber der terra Zek eine viel grö— ßere Ausdehnung, als Benkö und Bethlen, geben müſſen. Wahrſcheinlicher dürfte es daher fein, mit Reſchner 7°) das Gebiet von Zek, ohne eine genauere topographiſche Be⸗ ſtimmung deſſelben zu wagen, in die obern Theile des je— tzigen Fogaraſcher Diſtrictes zu verſetzen. Je ungewiſſer nun aber die Lage dieſer Strecke erſcheint; deſto unſicherer iſt die Annahme, daß Bela IV. durch die Verleihung der- 68) Der genealogiſche Zuſammenhang der gräflichen Familie Nemes, welche Hidveg beſitzt (vgl. Bethlen geſchicht⸗ liche Darſtellung des deutſchen Ordens in Siebenbür⸗ gen. Wien 1852. 8. S. 45) und die Uebereinſtimmung des als Grenze angeführten Berges Vekul mit dem Namen eines Berges bei Erösd, Vecſel führten ihn auf dieſe Erklärnng. Benkös Anſicht theilt auch Graf Bethlen a. a. O. S. 45, nur daß dieſer meint, die ter- ra Zek dürfe wohl früher zum Gebiete des deutſchen Ordens im Burzenlande gehört haben, und ſei nach der Vertreibung deſſelben in Fulknns — vielleicht eines aus⸗ getretenen Ordensbruders — Hände gekommen. 69) Die Urkunde von 1222 gibt Fejer III. 1. 399. Aus ihr geht hervor, daß dieſes Gebiet zwiſchen den Bächen Arpas und Herch — wie weit alſo von Hidveg ! — lag. 70) Reschner de praediis p. 28 f. 51 ſelben an den Szekler Vincentius entweder felbft die Grenz zen des Sachſenlandes vermindert 1), oder wenigſtens eine ſchon früher durch einen ſächſiſchen Dynaſten Fulkun ges ſchehene Verengung derſelben fortdauernd gemacht habe. Denn wohin wir fie immer verſetzen mögen, fo folgt dar: aus, daß ihr Grundherr ein Sachſe geweſen, noch nicht, daß ſie zum Sachſenlande gehört habe. Wurden doch in demſelben 13ten Jahrhundert und ſpäter ſächſiſche Familien mit adeligen Gütern belehnt, und ſo gut der König An— dreas 1222 einen Theil der silva Blacorum der Kerzer Abtei verliehen; ſo gut konnte er oder einer ſeiner Vor— gänger vor dem Jahre 1224 einen andern Theil deſſelben an Fulkun oder deſſen Vorfahren geſchenkt haben. Laſtet denn nicht Willkür und Unrecht genug auf dem Mittelal⸗ ter in Siebenbürgen, daß wir jede Begebenheit, nachdem wir oft ſelbſt erſt ihr ein befremdendes Aeußeres geliehen haben, ſofort von dem Standpuncte des Fauſtrechtes be— trachten müſſen? Dazu iſt es auch durchaus noch nicht ausgemacht, daß die terra Sebus, wovon Andreas II. 1224 einen Theil 52) mit dem Sachſenlande vereinigte, das Szeklerland Sepſi bezeichne. Alle Gründe, welche au— ßer dem mittelalterlichen Namen jenes Landes „ Sebus “ für jene beliebte Annahme angeführt werden können, ſind wenig bedeutend, und jener Hauptgrund ſelbſt verliert ſehr viel von ſeinem nöthigenden Gewichte, ſobald wir erwägen, daß eben ſo gut auch die Gegend von Mühlbach, dieſe Stadt ſelbſt, und der Fluß, an welchem ſie liegt, ehemals 71) Schlözer 568. Denn die Annahme dieſes Schriftſtellers, daß jene Strecke, nachdem ſie die Mongolen zur Einöde gemacht, als herrenloſes Gebiet an den Staat zurückge⸗ fallen ſei, iſt mit dem Begriffe eines Geſammtlehens, un- ter welchen das Sachſenland geſtellt werden muß, vgl. Tranſſilbania 2. 1. 57. ganz unvereinbar. 72) So erklären wir nach Schlözers Vorgange S. 568 die oben Anm. 72 angeführte Stelle des Andreanums. Wäre das Ganze dabei gemeint, fo ſtünde wohl: terra Sicu- Rae de Sebus oder irgend ein anderer ähnlicher Aus⸗ ruck. 4* 1 52 den Namen Sebus geführt haben 72). Auch ſcheint ſogar eine diplomatiſche Spur darauf zu leiten, daß unter den Bewohnern dieſer Gegend im 13ten Jahrhundert auch Szekler geweſen «), und offenbar konnte Andreas das Ges biet derſelben aus ähnlichen Gründen mit der deutſchen Co⸗ lonie verbinden, aus welchen er der gewöhnlichen Annah⸗ me zufolge den Szeklerbezirk Sepſi damit vereinigt haben ſoll; zumal da dieſer Theil der Landesgrenze nun durch die deutſchen Anſiedler, deren Berufung jedenfalls auch ei— nen militäriſchen Zweck hatte 5), gedeckt ſchien. Was uns gegen jene Vorſtellung einnimmt, iſt die Gewohnheit die grenzhütenden Szekler **) ſchon in den früheſten Zeiten 75) „Plebanos de terra Sebus.““ Urkunde von 1205 (oder 1503 Hemeny notit, 25) bei Szeredai notit. 5, und daf. 34, wo auch die dazu gehörigen Plebanien genannt ſind; „plebanus de Sebus daſ. 17 in eivitate Sebus““ und „iuxta fluvium Sebus““ Urkunde von 1545 N. immer in Verbindungen, welche jeden Zweifel unmöglich machen. Jetzt noch heißt Mühlbach unge. Szäsz-Sebes, wal. Sebes, woraus durch Umlautung und Anfügung der lateiniſchen Endung das ſpäter in den Urkunden vor⸗ kommende Sabesus entftanden iſt. An Mühlbach dachte wirklich auch Heldmann bei Schlözer 567 in der Erklä⸗ rung jener Stelle. 74) Urkundenb. Nr. 6. 75) Schlözer 605 ff. 76) Die Ableitung des Namens Sieulus bon szekällo .eu- stos, eireitor, Pray annales 588, iſt nämlich jeden⸗ falls viel natürlicher, als alle übrigen von Engel, Eder u. a. verſuchten Ableitungen. Vgl. Eder ad Schesaeum 62. Die Verwandlung aber von Seituli in Sieuli, um durch dieſe etymologiſche Taſchenſpielerei ſie zu Hunnen zu machen, Decret. tripart. III. 4. p. 21 ff. iſt fo willkührlich, daß ſie gar keine Beachtung verdient. Aus welcher Periode ſtammen ihre Freiheiten und Vorrechte? Sind fie urſprünglich? Benkö imag. 52 f. Transsilv. 1. 408. In Ungarn erhob Stephan V. 1272 die „sagit- tarıos de Wagh““ (gewiß identiſch mit den „Sieulis de Wagh““ Fejer IV. 5. 547) „eum terris suis in numerum servientium regalium et coetum nobilium regni.“ Ibid. V. 1. 18. 53 nur in den Gegenden zu ſuchen, wo ſie ſpäter erſcheinen, und darum auch lieber eine theilweiſe, durch nichts erwies ſene Rückwanderung derſelben an den Aranyos zu behaup— ten, als eine Vorſtellung aufzugeben, welche ſo lange in die Reihe hiſtoriſcher Vorurtheile geſetzt werden muß, als nicht der wiſſenſchaftliche Beweis ihrer Wahrheit geführt werden kann. Aus der Nebeneinanderſtellung der terra Siculorum terrae Sebus mit der terra Daraus folgt gewiß nicht, daß ſie auch räumlich neben einander lagen, weil darin bloß die politiſche Vereinigung jener beiden Strecken mit dem Sachſenlande ausgeſprochen wird 77); dieſe aber, wie weit jene Gebietstheile auch immer aus einander fein moch⸗ ten, in der Sprache kaum anders bezeichnet werden konnte “s). Daß Bela IV. bei der allgemeinen Reſtauration ſei— nes verödeten Reiches Unterhandlungen mit den Johannis tern angeknünft habe, iſt bereits oben erwähnt worden “). So wenig nun aber bezweifelt werden kann, daß er auch dem deutſchen Orden 1244 eine Schenkung gemacht, wels che daſſelbe Bemühen, die Bevölkerung des Reiches zu ver— mehren, veranlaßt haben mag 3), fo find doch die Grün— 77) Benkös Erklärung Transsilv. 1. 444 welcher usque in Boralt cum terra Sieulorum terrae Sebus zuſam⸗ men conſtruirt und erclufiv faßt, widerftreitet allen Ge= fegen der Auslegungskunſt, und ift ſchon von Schlözer 567 gerügt worden. 78) Oder iſt es vielleicht ſprachwidrig zu ſagen: Broos und Reps — wir wählen abſichtlich die diametralen Endpuncte des Sachſenlandes — haben gleiche Verfaſſung? Wie in aller Welt ſoll denn die beziehungsweiſe Gleichheit des verſchiedenartigen anders ausgedrückt werden! 79) f. oben Anm. 37. 60) Terras Hezteley et Suk ad castrum nostrum Hiten- se, et terram Zela ad castrum Zulgaguriense per- tinentes — unum mansum situm in villa Scymey. Urk. bei Fejer IV. 1. 515 f., und mit Abweichungen in den Ortsnamen (Hetzeley, Flitense, Stumey) bei Bethlen a. a. O. 104 ff. In Ketzeley glaubt Bethlen 57. entweder das Dorf Hetsed, Hetse, wal. Hetzel, 54 de, aus welchen Graf Bethlen die ihm überwieſenen Län— dereien nach Siebenbürgen verſetzt hat, nicht ſchlagend ge— nug, um deſſen Annahme vollkommen zu rechtfertigen. Wir übergehen ähnliche Schenkungen, bei denen es, wenn fie gleich durch die Mongolenverödung veranlaßt wor— den zu ſein ſcheinen, doch zweifelhaft iſt, ob die verliehe— nen Güter in Siebenbürgen zu ſuchen ſeien *), und be: ſchränken uns, die erſte Pflicht des Geſchichtsforſchers er— wägend, auf die diplomatiſch begründeten Thatſachen. Dahin gehört nun allerdings, ſobald wir das in der Urkunde angegebne Motiv der Verarmung mit dem Um— ftande in Verbindung ſetzen, daß die biſchöflichen Güter durch die Mongolen vorzüglich verödet worden waren, die Schenkung der Salzgruben von Thorda an das Alben— fer Capitel von Bela IV. 1269 32), von Ladislaus dem Cumaner 1276 beſtätigt ). oder aber Heletzel, in Suk die Dörfer Pelsö Also und Nemes-Suk bei Klaufenburg, im castrum flitense aber magyar Leta zu erkennen; die übrigen Ortsnamen wagt er nicht zu beſtimmen. Der Vollſtändigkeit wegen mußte dieſes hier berührt werden; übrigens ſehlt noch eine kritiſche Geſchichte des deutſchen Ordens in Sieben— benbürgen. 31) Dahin gehört z. B. die Verleihung der terra Nazwod, welche die Urkunde „vacuam et inbabitatam‘‘ nennt, durch den Herzog Stephan von Siebenbürgen 1264. Fe- jer IV. 3. 202. Die Namensähnlichkeit iſt noch kein ge⸗ nügender Grund hiſtoriſcher Behauptungen, und daraus, daß ſpäter ein castrum Valko im Koloſer Comitate vorkommt, ſolgt noch nicht, daß auch in dem genannten Diplome dieſes, und nicht vielmehr Valko in Croatien (jetzt Valpo) gemeint ſei. 82) Urkundenb. Nr. 7. 85) Szeredai notit. 9 f. Einen Wald bei „Turda““ und die Hälfte der k. Gefälle aus den Salinen in loco, qui dieitur hungarice „Aranyos““ hatte Geiſa I. 1075 der Benedictinerabtei bei Gran geſchenkt. Fejer II. 428 ff. und dieſe beklagte ſich 1256, daß fie nach der Ver— nichtung ihrer Privilegien durch die Tartaren auch „in parte Transsilvana tributum salium eirea Aranyos habitum“ eingebüßt habe. Kejer IV. 2. 405 ff. | | 35 Ebendahin mag vielleicht auch die Verleihung einiger verödeten Strecken an Jula durch Herzog Stephan von Siebenbürgen zu rechnen ſein; nur iſt die topographiſche Beſtimmung derſelben unmöglich 3). Vieler Grundbeſitz war durch die Vernichtung der Privilegien, worauf ſeine Rechtmäßigkeit beruhte, unſicher, oder auch während jener Periode vollſtändiger Anarchie von unrechtmäßigen Händen uſurpirt worden. Durch eigene Be— vollmächtigte ließ daher Bela IV. in dem ganzen Reiche namentlich den Zuſtand der Krondomänen unterſuchen, und was die Willkür davon an ſich geriſſen hatte, zu— rückfordern 8°). Eine diplomatiſche Spur gewaltſamer Anmaßung frem— der Beſitzrechte in Siebenbürgen, iſt bereits oben nachge— wieſen worden 16). Gleiches Schickſal hatte die reiche Be⸗ nedictinerabtei von Kolosmonoſtor erfahren. Die Kloſterge— bäude waren zerſtört, ihre Güter und Rechte in fremden Händen, die k. Urkunden darüber verbrannt, die meiſten Mönche gemordet; erſt im Jahre 1263 ſtellte ſie Bela IV. wieder her, erneute ihr Privilegium, und befahl eine neue Aufnahme ihres geſammten urſprünglichen Rechtsgebietes ! “). Nur ſcheint des Königs Wille in jener wirren Zeit zum Schutze der Abtei nicht auf lange ausgereicht zu haben; denn ſchon 1283 verlangte der Abt Paul eine wiederholte T i 84) Quasdam terras udvarnicorum nostrorum in Trans- silvanıs partibus existentes legitimis suis incolis carentes: Wiz, Munora, Hassach et alias ad di- etos udvarnıcos nostros ın illis partibus pertinen- tes. Fejer IV. 5. 158 f. Oder follen wir dabei an Mo- nora und Häsäg denken? 85) Cum post recessum Tartarorum pro revocandis iu- ribus eastrorum indebite occupatis per totum reg- num nostrum diversos iudices misissemus. Urkunde von 1256 bei Fejer IV. 2. 588. ogl. 458 f. 86) Anm. 45. 87) Die Urkunde, von Eder ad Felmer. 19. erwähnt, ſ. bei Haprinai Hungaria diplomatic. Tom, I. p. 38. Fe- jer IV. 5. 108. 56 Grenzbeſtimmung für die Güter derfelben s), und die alte Spannung mit den Biſchöfen von Siebenbürgen dauerte auch im 14. Jahrhundert fort 9). Die fernern Schickſale des gleichfalls durch die Mon— golen verödeten Kloſters Gyerd Monoſtor find nicht bekannt; die Unterſuchungen über die Ciſtercienſerabtei von Egres gehören aber, obſchon dieſe daſſelbe Loos gehabt hatte ), nicht hieher, weil der Sitz derſelben höchſt wahrſcheinlich nicht in Siebenbürgen, ſondern in Ungarn geſucht wer— den muß. wir auch hier zu den Hypotheſen, welche die vermutheten Lücken der diplomatiſchen Geſchichte ausfüllen ſollen. Die Behauptung Reſchners, daß ein Theil des Fo— garafcher Diſtrictes nach der Mongolenverwüſtung in fremde, meiſt walachiſche Hände gekommen, hat allerdings nach dem, was oben geſagt worden iſt, viele Wahrſcheinlich— keit »»). Wir geben es gerne zu, daß jenes verhängniß⸗ volle Ereigniß auch für den Beſitzſtand in Siebenbürgen Folgen haben mochte, die wir mehr nur ahnen, als urs 88) f. die Urkunde des K. Ladislaus bei Fejer V. 5. 152, und den Bericht des Carlsburger Capitels, daſ. 155 ff. 89) Namentlich klagte der Abt Johann bei der K. Eliſabeth, welche das Klofter in ihren Schutz genommen hatte, Frid- valsky reg. Ung. Marian. p. 76, über Eingriffe des Bifhofs Andreas in feine Rechte. Szeredai ser. 80 f. 90) Eine Geſchichte dieſer damals befeſtigten (eastrum mu- nitum) Abtei fehlt. Nach Roger 1. c. lag fie zwiſchen Arad und Tſanad. Ruinen des Egreſer Schloßes ſind in der Arader Geſpanſchaft. Es iſt nicht einzuſehen, warum wir dem Berichte des Wardeiner Geiſtlichen nicht trauen ſollten. In Siebenbürgen finden ſich zwar mehrere glei— che Ortsnamen; aber keine Spur von dem Daſein einer Abtei in einem derſelben. Ebenſo wenig kann endlich daraus, daß die vier Dörfer „Monora, Chanad, villa Abbatis et Soristen““ zur Abtei gehörten, mit vollſtän⸗ diger Sicherheit geſchloſſen werden, daß ihr Sitz im Lande geweſen ſei. 91) Reschner J. Cc. p. 28. vgl, oben Anm. 55. 54. Von dem Gebiete beglaubigter Thatſachen kommen e 57 kundlich darlegen können, und daß namentlich jene allge— meine Erſchütterung aller Grundlagen der bürgerlichen Ord— nung, welche der Einfall der Tartaren bewirkte, die Los— trennung mancher Theile des Sachſenlandes von dem ver— faſſungsmäßigen Verbande, in welchem die Beſitzer derſel— ben bis dahin mit den Sachſen geftanden hatten, erleich— terte. So lange indeſſen weder die urſprüngliche Contigui⸗ tät des den Sachſen verliehenen Gebietes, noch der Um: fang jener im 13ten Jahrhundert vielleicht ſtattgefundenen Abreißungen von demſelben diplomatiſch nachgewieſen wer— den können: wird auch der beſonnene Geſchichtsforſcher ſich forgfältig hüten, mehr oder weniger unſichere Vermu⸗ thungen weiter zu verfolgen. Worauf Szegedi die Behauptung geſtützt, daß Bela nach ſeiner Rückkehr den Sachſen in Siebenbürgen die von feinem Vater verliehenen Privilegien beſtätigt habe ? =), iſt unbekannt. In der Einleitung zu der Alteften Beſtätigung des Andreaniſchen Freibriefes, an welchen er offenbar ge⸗ dacht hat, von Carl Robert 1317 iſt von einem Diplom des K. Bela ſo wenig die Rede, daß wir, die Sitte je— ner Zeit, alle vorangegangenen Beſtätigungen den ſpätern entweder wörtlich einzuverleiben, oder doch wenigſtens in denſelben aufzuzählen, erwägend, dann annehmen müßten, zu Anfang des 14. Jahrhunderts ſei nicht nur das Ori— ginal des K. Andreas II., ſondern auch Belas Erneue— rung deſſelben nicht mehr vorhanden geweſen. Eine andere, nicht ganz hieher gehörige Frage iſt es übrigens, wann jez nes Original verloren ſei, und wir geſtehen aufrichtig, daß eine ſtreng grammatiſche Interpretation allerdings aus der Einleitung von Carls Beſtätigung Veranlaſſung nehmen 92) Gonfirmavit Bela, ex exilio maritimo redux, pri- vilegia Saxonum, ab Andrea patre suo concessa, sed solum generaliter. Vide M. Rogerium et alios, In Roger ftcht keine Silbe davon; wer die „alii““ find, auf die ſich der gelehrte Verfaſſer beruft, iſt ſchwer zu entſcheiden. 58 könnte, die Zeit jenes Verluſtes vielleicht in ſehr frühe Zeit zurück zu verſetzen »). Das Bedürfniß die Grenzen und das Innere des Reiches durch die Vermehrung der wenigen damals vor: handenen Bollwerke zu ſchützen, war bei der Ueberſchwem—⸗ mung des ſchwach vertheidigten Landes durch die Mongo— len ſehr fühlbar geworden, und um ſo dringender, als die Gefahr, von ihren im ſüdlichen Rußland gelagerten Hor— den aufs neue heimgeſucht zu werden, fortdauerte. Der König ſäumte nicht Anftalten zur Befriedigung deſſelben zu treffen. Neue Burgen wurden auf feinen Befehl er— baut ), Verleihungen von Krongütern an den Adel für 95) „Exhibuerunt nobis quandam chartam tenorem, ut dixerunt, privilegii super libertate ipsorum con- feeti continentem.““ bei Eder de init. 179. Ob tenor gerade der wörtliche Inhalt der frühern Urkunde, wie z. B. Fejer III. 1. 194., oder gleichbedeutend ſei mit „series libertatis““ wie in Belas Erneuung des ver— lornen Freibriefes von Peſt und Ofen von 1244, bei Schlözer 295. Fejer IV. 1. 526, wird durch den Beiſat: ut dixerunt, um fo zweifelhafter, als ähnliche Ausdrü⸗ cke bei der Beſtätigung verlorner Privilegien häufig ge⸗ nug vorkommen. So z. B. bei Meſchen 1619 „quoniam ab eisdem eivibus et hospitibus Musnensibus id constanter asseri nobis relatum sit u. ſ. w. bei Regen 1555 exhibitae sunt nobis ., binae literae.. continentes in se certa et literalia et viva homi- num voce facta testimonia super nonnullis eorum eivium libertatibus . . .. Eine weitere Durchführung dieſes in rechtlicher Hinſicht völlig gleichgültigen, für den Geſchichtſchreiber aber nicht unintereſſanten Gegenſtandes gehört an einen andern Ort. 94) Gonsideratis perielitationibus ae eonfusionibus, | quae fuimus perpessi per insultus Tartarorum... | in locis fortibus ac inexpugnabilibus incepimus post nostram reversionem munitiones et fortalitia construere pro defensione populi et certitudine | nostri status. Urk. von 1256 bei Fejer IV. 2. 574 f. | inter alia castra defensioni regni congrua in mon- 5 | 4 te Pesthiensi eastrum quoddam exstrui feeimus. | Ibid. 454. | | I 59 dieſen Zweck gemacht *), und einzelnen Gliedern deſſel— ben die Erlaubniß ſich durch die Befeſtigung ihrer Wohn: ſitze ſicher zu ſtellen ? «), ertheilt. Wir haben ſchon oben die Erbauung der Rodnaer Burg in eine nicht unwahrſcheinliche Verbindung mit dem Einfalle der Mongolen in Siebenbürgen geſetzt 7). Es war natürlich, daß die unglücklichen Bewohner jenes Or— tes nach den Erfahrungen, welche fie damals gemacht hat— ten, auf die Anlegung eines Bollwerkes dachten, deſſen Mauern ihnen für die Zukunft einen wirkſamern Schutz gewähren konnten, und daß K. Bela ſelbſt dieſem Theil der Grenze des Landes dieſelbe Aufmerkſamkeit zuwandte, mit welcher er dem Woiwoden Ladislaus die ungeſäumte Herſtellung des durch die Mongolen zerſtörten Schloſſes St. Lelek im Szeklerlande zur Pflicht machte s). Eben ſo finden wir auch die Biſchöfe bemüht, der Gefahr der Wiederkehr einer Verheerung, wie ſie im Jahre 1242 ihre Güter betroffen hatte, fo gut fie konnten, zu begeg— nen. Für dieſen Zweck überließ das Domkapitel 1268 dem Biſchof Petrus einen Berg in dem Walde Fylesd, um darauf auf eigene Koſten eine Burg zu bauen, die aber nach feinem Abgang an jenes zurückfallen ſollte ““). 95) Loca quaedem munitionibus apta, communi Baro- num nostrorum consilio, fidelibus nostris nosse et posse aedificandi habentibus, regia auctoritate du- ximus conferenda Hejer J. c. 50. 96) Dedimus et auetoritatem ipsi Lamberto episcopo (Agriensi) . . . castrum aedificandi. Urkunde von 1248 bei Fejer 1. e. 1g. 8 97) Anm. 12. Daß Rodna zerſtört worden ſei, iſt zwar nir⸗ gends geſagt, aber ſehr wahrſcheinlich. Eine ſpätere Ver⸗ ödung des durch ſeine Lage ſo häufig gefährdeten Ortes, welche der Woiwode Stibor erwähnt (eivitatem Rod- na, quam penitus personaliter accedentes inveni- mus desolatam. Urf, von 1412) gehört nicht hieher. 98) Urk. Nr. 1. und oben Anm. 26. 99) Urk. bei Szeredai series episcopor. p. 20. Ohne Zwei» fel iſt dieſe Burg das castrum 82. Mihälyköve (oben Anm. 45.) 60 Alle dieſe Thatſachen find urkundlich beglaubigt; fehr wahrſcheinlich aber iſt es, daß viele von den zahlreichen Burgen, welche bereits im vierzehnten Jahrhundert erſchie— nen, ihren erſten Urſprung denſelben Rückſichten verdanken, und die Veranlaſſung ihrer Gründung in dem Gefühle der unzureichenden Vertheidigungsmittel des Landes, welches die Greuel der erſten Mongolenverwüſtung ſo lebhaft rege ge— macht hatten, geſucht werden muß. Es iſt hier nicht der Ort in die tiefere Unterſuchung eines eben fo intereſſanten als ſchwierigen " °°) Gegenſtan⸗ des einzugehen. Wir beſchränken uns auf die Bemerkung, daß jene Burgen, wie in Ungarn ſo auch in Siebenbür— gen, theils öffentliche, theils Privatburgen waren "°*), und auf die namentliche Anführung derjenigen, welche wir in Urkunden des genannten Zeitabſchnittes finden, ohne übri— gens die Vollſtändigkeit dieſer Angabe behaupten zu wollen. Als Woiwodalburgen, d. h. als ſolche Burgen, von deren Gütern der Woiwode die Einkünfte mit der Ver— pflichtung bezog, jene Schlöſſer im Vertheidigungsſtande zu erhalten, finden wir in Urkunden des 1Aten Jahrhun⸗ derts genannt: Cſicſo, Balvanyos, Leta, Küküllövar und Deva 9 100) Die Zeit der Erbauung läßt ſich höchſt ſelten, wie z. B. bei der auf Ludwigs Befehl erbauten Burg Landskron, genauer beſtimmen. 101) Vgl. über das Burgenweſen in Ungarn beſonders Pie— ringers Banderien B. 2. S. 1. ff. 102) Vgl. Szeredai series p. 98. Uebrigens war dieſe Be- ſtimmung einzelner Burgen nicht feſt. Vaivodae more hactenus observato arces Deva et Görgen in offi- cii sui sublevationem habeant. Instructio Ferdi- nandi bei Engel Geſchichte des ungr. Reiches B. II. Görgen beſaß der Woiwode als Szeklergraf (eastrum ad honorem Comitis Sieulorum nostrorum pertinens, Urkunde von 1426); beide Schlöſſer hatte Ladislaus II. 1455 dem Helden Johann Hunyad „pro triumphis de Turea relatis“ verliehen. Cſicſo im innern Szolnoker Comitate kommt ſchon 1321 in der Geſchichte der Auf— lehnung des Woiwoden Ladislaus gegen den König Carl | | | 61 Außer den ſchon genannten öffentlichen Burgen, zu denen in jener Periode auch Udvord (Udvarhely) zu rech— nen iſt 3), finden wir Privatburgen, ſei es nun, daß fie von den Gutsbeſitzern zum Schutze erbaut, oder von den Königen an Familien verliehen worden waren 1). Die Erwägung der Verhältniſſe des Landes im Mittelalter macht es begreiflich, warum die Zahl dieſer Bollwerke grade in Siebenbürgen ſich im Laufe der Zeit bedeutend vermehrte s). Sie wurden, wie ſchon die häufigen Ruiz nen beweiſen, zumal im 15. Jahrhundert, durch die im⸗ mer mehr ſteigende Türkengefahr ſo ſehr unentbehrlich, daß ſelbſt die Geſetzgebung des Reiches manchmal ausnahms⸗ weiſe ihren Fortbeſtand duldete ), wie ſehr auch oft Robert, und ſpäter oft genug in der Geſchichte von Sie⸗ benbürgen vor. Balbanyos, daſelbſt gelegen, erſcheint ſchon 1529 (Beke castellanus de Balvanus magn. viri Deseu Vaivodae Transsilvanı) und ſpielt eben⸗ falls eine nicht unbedeutende Rolle. So kommen auch Leta im Thordaer, Kükülövar im Küküllöer, und Deva im ” Hunyader Comitate vor; Deva ſchon 1275. R. und Ui⸗ war 1559 in einer Capitularurkunde, wie mir der gelehrte Schlauf berſichert. ö 105), „Castrum nostrum Udvord““ in einer Urkunde Wen⸗ zels von 1501. R. 104) Solche Burgen durften ohne Erlaubniß des Landesherrn f nicht errichtet werden, ein Geſetz, welches nicht ſelten übertreten wurde. Pieringer 2. 50. Kovachich'supplem. 2. 18. Auch in Siebenbürgen galt natürlich dieſes Ver⸗ bot. So erlaubte z. B. Matthias Corvinus 1475, den Johann Gereb von Wingarth an der beabſichtigten Er⸗ bauung eines „eastellum s. fortalitium“ in Fogaras zu hindern, und Wladislaus IL. unterfagte dem Johann Horvath 1511, jedoch ohne Erfolg, den Bau eines Schloſ— ſes in Wingarth. 105) Aus Urkunden laſſen ſich, die Burgen das Sachſenlan— des nicht mitgerechnet, gegen 70 castra nachweiſen. 106) Omnia fortalitia .. in partibus.. Transsilvanis.. relinquantur voluntati Nobilium, wurde nach dem Tode Wladislaus J. beſchloſſen. Kovachich I. c. 17. durch ihre Beſitzer die Rechtslage der Umgebung gefähr⸗ det war ). In die Reihe dieſer Burgen gehören Almas und Sebes (Sebesvar) im Koloſer Comitate, Hinczavar in Ha— romßek, das ſchon erwähnte Ketskes, Egurvar (wo?) und Salko (Salyko) im Oberalbenſer Comitate 18). In die Reihe der Privatburgen müſſen endlich auch, ob ſie gleich ganzen Gemeinheiten gehörten, die Burgen des Sachſenlandes geſetzt werden. Von jenen des Burzenlandes iſt ſchon oben geſprochen worden; unter den übrigen mö— gen wohl manche auf Veranlaſſung des Mongoleneinfalles aufgebaut, oder wenigſtens ſtärker befeſtigt worden ſein. Indeſſen iſt die älteſte Geſchichte derſelben ſo dunkel, daß wir in einer Abhandlung, welche ſich zunächſt auf urfunds lich vorliegende Thatſachen beſchränkt, uns jeder weitern Vermuthung darüber enthalten, und dieſen ſchwierigen Ge⸗ genſtand einer eigenen monographiſchen Unterſuchung über: laſſen. 107) Pieringer I. e. 50. und die auf dieſen Gegenſtand be⸗ züglichen Reichsgeſetze im Corpus Juris Hungariei. Ein ſolches Raubneſt war im 15. Jahrhundert beſonders das alte (es findet ſich ſchon 1275) Schloß Hetskes im Als benſer Comitate geworden; daher Wladislaus II. 1512. deſſen Zerſtörung befahl „ne eastrum hoe porro quo- que latronum ‚spelunca et fugitivorum receptacu- lum esse possit.““ Das eine Beiſpiel genüge hier, um zu beweiſen, daß es auch in Siebenbürgen an den guer- res priveés nicht fehlte, welche die Geſchichte des Mittelalters ſchänden. 108) Ludwig J. verlieh es 1570 dem Georg Bebek (ac in to- talibus praediis Bormezö et Gohänyı locoque ve- teris euiusdam areis Hinezavär) Urfunde von 1595. Uivär „eastrum Vaivodae 1347“ „magistrum Jo- hannem dietum Nakas Castellanum de Egurvär.““ Salko erſcheint zuerft während der Bürgerkriege zu An⸗ fang der Regierung Carl Roberts, und wurde von dieſem Könige dem Sohne Conrads von Talmatſch, Johann, ge⸗ nommen, und dem Woiwoden Thomas verliehen. Urkun de von 1524. R. 0 63 Nur einzelne, oft lückenhafte Umriſſe zu einem Ge— maͤlde des erſten Mongoleneinfalles in Siebenbürgen haben wir zu geben vermocht. Vielleicht aber reichen ſie hin, daß daraus der denkende Forſcher, die Lücken ausfülle, und das düſtere Bild jenes traurigen Zeitabſchnittes ergänze. Was hier geliefert worden iſt, bleibt immer nur ein Verſuch, deſſen Verfaſſer ſich hinreichend belohnt hält, wenn ihm die Ehre wird, ſachverſtändigen Leſern, wenn auch nicht zu gefallen, doch wenigſtens nicht zu mißfallen. 64 | Diplomatiſcher Anhang. ti 1. Ba ete. Magistro Laurentio Wayvodae nostro Partium Ultrasilvanarum et Comiti de Walko Salu- tem cum favore, Cum intelligamus castrum nostrum regale Zenth Leleukh in confiniis terrae Siculorum partium nostrarum Ultrasilvanarum positum , superio- ribus annis per Tartarorum rabiem Regnum nostrum devastantium nonnihil concussatum et destructum es- se, neque ab eo tempore restauratum haberi, hine vi Regii nostri muneris, quo huie Regno nostro sub- jectisque nobis populis eorundemque saluti superin- vigilare tenemur, fidelitati Tuae harum serie firmis- sime mandamus et praecipimus, ut castrum Zenth Leleukh ab antiquissimis-iam temporibus in salutem et tutamen populorum nostrorum Terrae Ultrasilva- nae in ipsis «onfiniis olim exstructum, sine mora re- stitui reaedificarique faciatis, constituendisque eor- sum castellanis fidelem custodiam castri serio com- mittatis, ne ex incuria Vestra aut eorum detrimen- tum aliquod Regno nostro ex confiniis inferatur. Se- cus ne facias. Datum anno Domini 1251 nono Idus Januarii , regni autem nostri XVto. Aus der Urkundenſammlung des H. Grafen Joſeph E Hemeny. 2. Nos Ubaldus Tummels, Caspar Hennel et Pe- trus de Rewel ceterique cives Jurati civitatis de Bi- stricia memoriae damus ... quod inter Blacos de villa Petri et Teutones, ad praedium Hussalseiff in eir- culo villarum de Bistricia habitum advenas ... dis- cordium exortum fuerat; quod dirimendum . a.. 65 Rege Ludovico pro nune inter felieissimos. . . . Lares nostros commorante, nobis commissum est: Teuto- nes advenae querelam ponunt, Blacos de villa S. Pe- tri silvam alpestrem. . .. quam Comes Bistriciensis ex territorio Blacorum evulsam praedio sibi pro ex- struenda villa assignato adiecisset, cedere non vel- le.... Blaci aegre ferunt, ut territorium suum ultra mille annos possessum dissipetur....id etiam aegre ferunt, quod Teutones villam non illue, ubi olim fuisse et e ruderibus videre esset, prope villam Sol- na, sed in continenti villae suae locare velint aequum esse invenimus . .. silva haee maneat penes villam Blacorum . . Teutonica vero s. Germanica eolonia , si se absque silva alpestri subsistere non posse putaret, conferat se ad praedium Valtera, ibi- que villam suam collocet ... . Bistric. VII. f. Corp. Christi 1366. Im Auszuge aus der ae ern des H. Hof⸗ kammerſecretärs L. v. Roſenfeld. 3. Stephanus D. gr. rex primogenitus illustris Re- gis Hungariae, Dux Transilvanus . . . . Quod acce- dentes ad nostram praesentiam hospites de Desvar etentes, ut libertatem a Bela .. patre nostro. . et metas terrarum eisdem donatarum , dignaremur .. confirmare . . . ut a Judicio et Jurisdietione Voivoda- rum, Comitum de Zonuk ac Jobbagionum Castri pe- nitus sint exemti, nee in eadem villa descensum ha- bere .. possint, sed in loco Castri descendant Omnia Judicia in eadem villa exorta et causas ex- traneorum.... villicus ipsorum et judices ., debeant determinabiliter judieare, in ipsa libertate, quam hospites nostri de Szolokh et de Szathmär .. . ad usum servitii nobis exhibendi tot et tantos sales ad fluvium Zamos deferre possint, quot .. hospites de Deesakna....adiieimus etiam, quod de tributo Voi- vodatus Comitatus de Zonuk ac etiam Comitum Ca— Schullers Archiv I. 1. 3 66 merae nostrae in terra et aqua medium tributum da- re teneantur, sales vero hiemales, si quos .. com- paraverint , usque octavas b. Georgii Mart. tam in aqua quam in terra liberam habeant deferendi s. ven- dendi facultatem .. . D. per manus M. Benedieti prae- positi Zebeuiensis aulae nostrae Vicecancellarii a. 1261. Stephanus. dux Transilv...hospites de Desvar liberas Erney Bani quondam Transilvaniae super li- bertate eorundem ... exhibuerunt petentes, . ut ipsam libertatem.. . dignaremur confirmare .. sed quia se- ries ipsarum literarum erat inutilis, de verbo ad ver- bum secribi non fecimus , sed sententiam ejusdem du- ximus inserendam. Quarum quidem sententia talis est: Qnod .. a iurisdietione Comitum de Zonuk, Curia- lium Comitum et Jobbagionum eiusdem Castri peni- tus sint exemti..iudicet eosdem villicus ipsorum . causas quas commode non posset terminare, nostro relinquat judicio...similiter etiam causas extraneo- rum . . . idem villicus valeat iudicare et non alius. Item iuxta libertatem de Zoloch et Zathmär .. no- biscum exercituare tenebuntur .. Datnm per manus M. Benedicti Praepositi Scibiniensis aulae nostrae Vicecancellarii a. 1261. Aus der Beſtätigungsurk. Karl Roberts von 1510 in der v. Roſenfeldiſchen Sammlung. 4. i Honorius. episcopo Vaciensi et Abbati Egriensi Cenadiensis dioecesis et Praeposito Vaciensi. — Gra- vem..abbatis et Conventus Monasterii b. Mariae vir- ginis de Glus recepimus questionem, quod, eum Monasterium ipsum, quod ad nos nullo medio per- tinet, non solum Apostolicae sedis sed etiam rega- libus fuisset privilegiis communitum, bonae memo- riae W. episcopus Albensis , sequens tyrannidem A. praedecessoris sui, qui olim destructo eodem mona- sterio L. antecessorem ipsius Abbatis crudeliter cap- tivarat, eundem Abbatem et duos ex fratribus suis 67 una eum R. I. A. et B. Canonieis Albensibus et qui- busdam aliis .. cepit immaniter, et eis traditis eu- stodiae carcerali, supradietum monasterium violen- ter aggrediens privilegium ipsi ab Apostolica sede indultum igne combussit, et eius regale privilegium aqua delevit. Unde cum Abbas et Conventus prae- fati amissis privilegiis ab iniuriatorum suorum ca- lumniis nequiverunt se postmodum tueri, monaste- rium ipsum, quod bonorum temporalium ubertate floruerat , ad tantam inopiam est deductum, quod fratres ibi Domino servientes sufficientiam panis ha- bere non poterant ... famuli episcopi memorati et Canonicorum Albenssum suae paupertatis residuum in superfluis comessationibus consumserunt .... Der Papſt ordnet die Unterſuchung an. Laterani XI. Cal. Ju- Iii Pontificatus nostri anno sexto. Aus Fejer God. diplom. Hungariae III. 1. 386. 5. Ladislaus. . .. . Quod Nicolaus et Andreas Co- mites filii Andreae de Gyiou ad nostram accedentes praesentiam quandam terram Gomord vocatam iuxta fluvium Marus existentem , hospitibus de Korokon per D. regem Stephanum carissimum patrem nostrum collatam, quam quidem progenitorum suorum here- ditariam esse et fuisse asserunt, et olim ab eisdem alienatam a Nobis humiliter supplicando reddi et re- stitui postularunt. Verum quia Nos ipsam terram ex veridica relatione comperimns progenitorum eorun- dem Nicolai et Andreae Comitum esse et fuisse hereditatem ab antiquo etab eisdem esse alienatam... praedietam terram Gomord vocatam eisdem N. et A, Comitibus et suis heredibus heredumque suorum suc- cessoribus . .. non obstantibus literis s. privilegiis ipsius D. regis Stephani aut d. regis Belae avi no- stri serenissimi per praedictos hospites habitis et ob- tentis reddimus et restituimus perpetuo possidendam et habendam, ita ut eaedem literae s. Privilegia, si 5 68 per dietos hospites in lueem dedücta fuerint, iuri- bus careant et vigore ae nullius sint penitus firmi- tatis.... Datum per manus ven, Patris Gregorii D. gr. spiscopi Chanadiensis aulae Nostrae Vieecancel- larii Dilecti et fidelis Nostri a. d. 1289. 14 Novem- bris Regni autem Nostri anno decimo octavo. Aus der v. Roſenfeldiſchen Sammlung. Kurz vorher hatte der König die bisherigen Beſitzer in ihrem Rechte beſtätigt. ſ. die Urk. von 1289 bei Fejer Tom. VII. supplement. Vol. II. p. 216. 6. Fassio perennalis Stephani, Dominici et Miko- nis filiorum Benchench de genere Siculorum . coram Capitulo Albensi .. vi cuius....terram suam Sothe- luk ex collatione Stephani regis impetratam, atque intra vicinitates terrarum Iwanche Jobbagionis Ca- stri Albensis Transilvani juxta Morisium, nee non Saxonum de Romosz et de Waras, item Galmar, Egidii f. Leustathii ac villae Gyog sitam...pro 20. marcis fini argenti Danieli et Salamoni Comitibus filiis Cheel de Kelnuk eorumque successoribus ,.. vendiderunt. 1291. Aus der v. Kofenfeldifhen Sammlung. 7. Nos Bela. quod visa paupertate Capituli Tran- silvanae ecel. donavimus eidem ex novo salisfodi- nam — — Thorda liberam et exemtam ab omnibus Officialibus nostris et ab omnibus Vaivodis ae Of. ficialibus eorundem, relaxavimus insuper eidem Ca- pitulo omnem Collectam regiam a populis suis pro tempore quovis provenientem perpetuo, et inconeus- se promittentes, ut quandocunque praesentes nobis fuerint reportatae, Privilegium Nostrum super eis- dem donationibus ipsi Capitulo conce — — D. Budae in octavis Georgii Mart. 1269. Aus der Sammlung des Grafen Joſeph Remény bei Fejer suppl. IV. p. 155. f Die antiken Münzen ; eine Quelle der Altern Geſchichte Siebenbuͤrgens. 101 — 275 nach Chr. Als vorhandene Quelle zur Bearbeitung der ſieben⸗ bürgiſchen Geſchichte, beſonders der römiſch-daeiſchen Epo⸗ che, muß nothwendig auch die große Anzahl römiſcher alz ter Münzen berückſichtiget werden, obſchon Siebenbürgen nicht ganz Dacien, ſondern nur einen bedeutenden Theil deſſelben umfaßte. Die Römer beſaßen, wie bekannt, keine Druckereien, vermittelſt welcher ihre Staatsmerkwürdigkeiten und die Groß⸗ thaten der Cäſaren zur ſchnellern Publicität gelangten; aber dieſen Mangel erſetzte auf eine vorzügliche Weiſe die Stem— pelſchneidekunſt. Ihre Erzeugniſſe, die gangbaren Münzen Gugleich Schauſtücke), und die Medaillen (zugleich curſi⸗ rendes Geld), waren zugleich welthiſtoriſche Denkmahle, und behaupteten durch ihren edlen Charakter einen wichtigen mo— raliſchen und politiſchen Werth. Die Münze kam täglich faſt in die Hand eines Jeden, wie unter den vornehmſten Ständen, ſo bei dem gemeinen Haufen. Schon Kinder lernten mit dem äußern Werthe des immer benöthigten Geldes zugleich die darauf geprägten Hauptmomente der Geſchichte des Vaterlandes kennen, und wenn der Vater, bemerkt ſchon Schlichtegroll, ſeinem wißbegierigen, nach dem Sinne der Abbildung forſchenden Sohne die von ihm ſelbſt erlebten, oder aus dem Munde ſeines eigenen Vaters ge— hörten Thaten des Volkes und die Verdienſte des Fürſten 70 erzählte, — wie mußte dadurch der ſchlummernde Funke des Patriotismus geweckt und belebt werden! — Noch ein- flußreicher auf die Männerwelt mußte die Beſchaffenheit und Einrichtung des gewöhnlichen Geldes, nicht nur zur Kenntniß der Nationalgeſchichte, ſondern auch zur Beför⸗ derung wahrer, auf Thatſachen gegründeter Vaterlandsliebe, und eines vernünftigen Nationalſtolzes ſein. Die Einrich- tung trug viel, wenn nicht das Meiſte, zur Einheit des Ganz | zen, zum Muthe des Einzelnen, zur Begeiſterung der Les gionen, zur Entwickelung des Heldenvolkes bei. | Da demnach die eingeführte Einrichtung der Münze ſo tief in das Weſen des Römerthums einzugreifen ſcheint, und auf den für den Umlauf beſtimmten Geldſtücken, na- mentlich auf jenen der Kaiſer, die merkwürdigſten Vorfälle ihrer Geſchichte und Regierung beharrlich und in einer ges wiſſen Ordnung pragmatiſcher Folge abgebildet ſind, ſo dürfte es wohl der Mühe lohnen, zu unterſuchen und zu zeigen, in wieferne man dieſe alten Geldſtücke als Quelle benützen, und daraus bei der Ausarbeitung der ſiebenbürgi- ſchen alten Geſchichte, beſonders der römiſch-daciſchen Epo— che, einſchließlich von Trajan bis Aurelian, ſchöpfen könne und dürfe. Zwar umfaßte, wie ſchon geſagt, Siebenbür— gen blos einen Theil Daciens; allein dieſer Theil war der wichtigſte, denn in ihm war die Hauptſtadt und der Mit— telpunct der Verwaltung. Meines Wiſſens iſt bis jetzt keine Arbeit im Drucke erſchienen, die ſich die antiken römiſchen Münzen als Quelle für die ältere daciſche Geſchichte darzuſtellen, zur Aufgabe gemacht hätte, außer jenem kleinen Anhange: Dacia in numis antiquis, der bei Gelegenheit einer pro loco ver— theidigten Diſſertation in Hermannſtadt zur Publieität gez kommen iſt *); und der, wie in der kurzen Vorrede der Verfaſſer ſelbſt erklärt, nur in einem unvollſtändigen Ent: wurfe einiger ſummariſcher flüchtiger Züge beſteht, und bei *) De Romanorum in Dacia Coloniis dissertatio. Aut. Joanne Filtsch.. 1808. NY 71 welchem allerdings zu wünſchen übrig bleibt, daß die Anz ordnung, wie bei dem kritiſchen Eckhel, nach ſtrengerer chro— nologiſcher Zeitfolge und nicht, wie in den numismatiſchen Werken Banduri's und Mediobarb's, nach dem Werthe des Metalls gemacht worden wäre. Doch muß ich frei beken— nen, daß bei dem Anblick jenes ſchätzbaren Anhanges ſchon der trefflich gewählte Titel für mich anlockend war, und zuerſt den Gedanken weckte, die Sache noch einmal aufzu— nehmen, und nach Maßgabe meiner Kräfte zu bearbeiten. Einen Verſuch der Art liefert der nachfolgende Aufſatz. Der hier zu erörternde Zeitraum der alten Geſchichte unſers Vaterlandes beginnt mit Kaiſer Trajan, dem erſten römiſchen Eroberer, Coloniſirer und Schutzherrn Daciens. 1. M. Ulpius Trajanus. Bei Trajans Ernennung, im October 97 nach Chriſti Geburt, zum Cäſar und Thronerben, und nach erfolgtem Ableben Nerva's, im Anfang des Jahres 98 nach Chr. Geb. zum Auguſtus, ſtand derſelbe in Germanien am Nie— derrhein zu Cöln (Colonia Agrippina), erſchien erſt am Schluße des folgenden Jahres (99 n. Chr. G.) in Rom, wurde vom Senate als Vater des Vaterlandes begrüßt und allgemein mit dem Namen des Beſten, Optimi, empfangen. Nachdem Trajan ſich hier bewillkommnet, dem Volke die gebräuchlichen Ehrengaben ), dem Militär feine Ge— ſchenke geſpendet, und die innern Reichs angelegenheiten beis gelegt oder geordnet hatte, ſo war es ſein Erſtes, die äu— ßere Stellung Roms gegen die Nachbarländer zu berichti— gen. Vorzüglich fiel fein Blick auf den Dakerkönig Der cebalus, deſſen anwachſende Macht und ſtolzes Betragen ) Das beftätigt folgende Münze: IMP. GAES. NERV A. TRAIAN, AVG. GERM. P. M. TRP. X. GONG. PR. C08. II. P. P. S. C. Trajan mit der Toga bekleidet auf einer Bühne ſitzend, Geſchenke austheilend; einige Fi⸗ guren leiſten ihm dazu Beiſtand. R. 1. Vail l. Mas. Caes. 72 den neuen Kaiſer bewogen, nicht nur den jährlichen Tribut, der ihm ſeit Domitians Zeiten gegeben werden mußte, zu verweigern, ſondern auch die dadurch dem Römervolk zus gezogene Schmach auszulöſchen. Trajan zog gegen die Da— cier zu Felde. Im September 100 n. Chr. hielt Plinius im Namen des Senats und Reichs, als Consul suffe- etus, die berühmte Lobrede auf den Kaiſer, in der jedoch keine Erwähnung eines bevorſtehenden daciſchen Krieges geſchieht, ſo daß dieſer alſo nur zu Anfang des folgenden Jahres 101 n. Chr. beginnen konnte. Bei den angeführten und anzuführenden Thatſachen und Zeitbeſtimmungen folge ich namentlich Eckheln ), wel: cher bekanntlich die verſchiedenen Quellen darüber, ſowohl aus den Angaben unverfälſchter Münzen ſelbſt, als auch zuverläßiger Annaliſten und Inſchriften ſchöpfend, mit un- gemeinem Fleiße und kritiſcher Schärfe beleuchtet angibt. Seinem Vorgange folgend ſetze ich die doppelte Zeit— rechnung, von der Erbauung der Stadt Rom (V. C.) und Chriſti Geburt (P. C.) mit den jederzeitigen Conſuln, über die angeführten Münzen. Dieſe ordnen ſich dann ſofort, je nachdem die Zahl des Tribunats, des Conſulats, der Imperatur, der Ehrennamen, des Pontifex Maximus, des Pater Patriae und ähnlicher Auszeichnungen, mit der gegebenen Zeitrechnung in Uebereinſtimmung gebracht wer— den können. V. G. 854. P. C. 101. TR. P. IV. V. COS. IV. P. M. P. P. GERM. IMP. II. Traiano Aug. IV. Sex. Articuleio Paeto Cos. Zu Anfang dieſes Jahres beginnt ohne Zweifel der erſte daciſche Krieg; jedoch führt Trajan, wenigſtens auf den vorhandenen Münzen, noch nicht den Titel des Daci- cus, eben fo wenig als im nächſtfolgenden Jahre. 1. IMP. CAES. NERVA. TRAIAN. AVG. GERM. Trajans Haupt mit dem Lorbeerkranz. — *) Doctrina numorum veterum. I- VIII. u 73 P. M. TR. P. COS. III. P. P. Der Hercules herwärts gekehrt auf einem Fußgeſtelle ſtehend, in der Rechten die Keule, in der Linken die Löwenhaut halten; AV. und AR. im Deudenehalichen Mufeum. 2. Dieſelbe Münze in Hinſicht der Inſchrift und des Typus; doch ohne Baſis des Hercules. 3. Eine ähnliche; aber Mars ſchreitend, in der Rech⸗ ten die Lanze, in der Linken ein Tropäum über der Achſel haltend. 4. Eine ähnliche; aber die Victoria gehend, mit der R. den Lorbeerkranz, in der L. einen Palmzweig haltend. 5. Die gleiche; aber die Siegesgöttin herwärts ge— kehrt, ſtehend mit dem Lorbeerkranz und Palm- zweig. 6. Dieſelbe; aber die Siegesgöttin auf dem Vorder— theil eines Schiffes ſtehend, ebenſo geſchmückt. 7. Dieſelbe, aber die Victoria in der R. mit der 5 Schale am Altare opfernd, in der Linken einen Palmzweig tragend. 8. Dieſelbe, aber die Victoria ſitzend, in der R. ei⸗ ne Opferſchale, in der L. den Palmzweig. Q. Mus. Bruck, 9. Diefelbe ; aber die ſtehende und auf einen Schild etwas aufzeichnende Siegesgöttin. AR. M. B. 10. IMP. CAES. NERVA, TRAIAN. AV, GERM. P. M. der Kopf mit dem Lorbeer. TR. P. COS. IIII. P. P. S. C. Der Kriegsgott ſchrei⸗ tend, in der R. den Speer, in der L. ein Tropäum auf der Schulter. K. 1. M. B. 11. Eine ähnliche; aber eine ſitzende weibliche Figur, in der R. eine Schale, vor dem Altare opfernd, in der L. ein doppeltes Füllhorn. . 1. M. B. 12. Dieſelbe; aber in der R. einen Zweig, in der L. einen Palmaſt. R. 1. M. B. 13. Dieſelbe, aber die Victoria ſtehend, in der R. den Lorbeerkranz, in der L. einen Palmzweig. . 2. M. B. 7 14. Die nämliche, aber die Triumphirerin mit dem Schilde, worauf: S. P. Q. R. geſchrieben iſt, dahinſchwebend. K. 2. M. B. 4 15. Eine ähnliche; aber der Kopf des Kaiſers mit der Strahlenkrone, und auf der Kehrſeite eine ſitzende weibliche Figur, mit der Lanze. X. 2. M. Caes. N Die Münzen mit der Inſchrift gleichen Inhaltes und mit ähnlichen mehr oder weniger abweichenden Typen, kom— men ſehr häufig vor. Doch mögen die zu dem voran be— zeichneten Jahre angeführten genügen, indem ich blos ei— nige Andeutungen der ſchon an ſich leicht erklärbaren Sculp— turen noch hinzufüge. Die 1. zeigt auf der Revers den auf einem Piedeſtal erhöheten Schutzgott des ulpiſchen Hauſes. Die 2. den vom Geſtell herunter geſtiegenen Heros mit ſinnvoller Beziehung auf den rieſenmäßigen Anfang des er— ſten daciſchen Krieges, im vierten Conſulate Trajans. Die 3. 4. 5. verkünden den Römern einen glücklichen, von den Göttern ſelbſt begünſtigten Erfolg des begonnenen Feld— zugs. Aus 6. erkennt man vortheilhafte Gefechte zu Schiffe oder an den Ufern des Donauſtromes. 7. 8. erinnern an Dank- und vielleicht auch an jene Todtenopfer, die Trajan auf dem dazu errichteten Altar zu Ehren der in dieſen Schlachten Gefallenen jährlich zu bringen befahl *). 9. die Victoria verzeichnet entſcheidende Siege. 10. bis 15. be⸗ ziehen ſich bei dem erſten daciſchen Kriege ſämmtlich auf günſtige und ſiegreiche Erfolge, auf den geſunden Zuſtand und Ueberfluß an Lebensmitteln, überhaupt auf das durch die Fürſorge des Kaiſers herbeigeführte Wohlbefinden der Legionen, und die deshalb ſtattgefundenen Dankopfer. ess F. C. 10 5 TR. P. V. VI. COS. IV. P. M. P. P. GERM. IMP. II. III. C. Sosio Seneeione III. L. Lieinio Sura Cos. Forſetzung des begonnenen daciſchen Krieges. ** * 1 „) Dio 68. 8. 75 Die für das vorhergehende Jahr beſchriebenen Mün— zen, die blos das IIII. Conſulat, ohne Zahlangade der Tribunitia Potestas, enthalten, haben auch auf dieſes Jahr Bezug, und mögen wohl theilweiſe, nach dem rei— chen Wechſel der Thatſachen zu ſchließen, auch in ihm ge— prägt worden ſein. 9 V. C. 856. P. C. 103. TR. P. VI. VII. COS. IV. DES. V. P. M. P. P. GE RM. IMP. III. IV. Suburano III. P. Horatio Marcello Cos. Anfang mit: DACICVS. Nachdem Sarmizegethuſa, die alte daciſche Haupt: ſtadt, erobert, ein großer Theil des Reiches durch unglück— liche Treffen entweder erſchüttert oder ſchon verloren war, und der König Decebalus ſelbſt ſich in eine Lage gedrängt befand, wo er ſich ferner behaupten zu können verzweifeln mußte, ſo flehte er um Frieden, welchen er von dem Sie— ger nur unter harten Bedingungen erhielt ). — Trajan feiert den erſten Triumph, zwar noch außerhalb Rom, über ein bisher unbezwungenes Volk, und bekommt den Zuna⸗ men: der Daciſche **); anfangs jedoch nur noch bei der ſieggekrönten Armee. So nur laſſen ſich die Widerſprüche einigermaſſen heben, und die zweideutigen Zeitfolgen berichtigen; denn die Münze konnte man weder im Voraus, noch während der Ereigniſſe prägen, erſt viel ſpäter kam es dazu, wenn oft ſchon ſich das Tribunat, das Conſulat und eben ſo an— dere Ehrennamen vervielfältigt, und Veränderung erlitten hatten. 16. IMP. CA ES. NERVA T RAIAN. AVG. GERM. P. M. TR, P. VI. Trajans Haupt mit dem Lor⸗ beerkranz. IMP. III, COS, IIII. DES. V. P. P. S. C. Eine ſitzende weibliche Geſtalt in der R. einen Lorbeerkranz, in der L. eine Lanze. X. 1. 2. Mus. Caes. *) Dio L. LXVIII. 9. 10. ) Plin. epist. 4. Hb. VIII. Dio. 76 17. IMP. CAES. NERVA. TRATAN. AVG.GERM, Das Haupt mit dem Lorbeerkranz. DACI CVS. COS. IIII. P. P. Die Victoria auf dem Vor— dertheil eines Schiffes ſtehend, in der R. den Lorbeerkranz, in der L. einen Palmzweig. AR. M. C. | 18. Eine ähnliche, aber mit dem ſtehenden Herkules. 19. IMP. CAES. NERVA. T RAIAN. AVG GERM. DACICVS. P. M. Kopf mit dem Lorbeerkranz. TR. P. VII. IMP. IIII. COS. III. DES. V. S. C. Die ge⸗ helmte Göttin Roma, auf einem Bruſtharniſch ſitzend, ſtre— cket die Rechte gegen die das Knie beugende Dacia aus, daneben ſteht der Imperator mit dem Feldherrenmantel, in der L. eine Lanze haltend. X. 1. Vaill. 20. Eine gleiche, jedoch ſitzt die Roma auf einem Tropäum, vor welchem der Imperator mit der Linken auf einen das Knie beugenden Daker die Lanze erhebt. Fabrettus fide Vaill. p. 275. 21. Eine ähnliche, aber die Siegesgöttin tritt mit dem rechten Fuße auf die Erdkugel, mit der rechten Hand eine Krone, mit der Linken ein Tropäum. Fabrett. ex Mus. Cosp. p. 275. Für die römiſche Geſchichte und Chronologie ſind die angeführten Münzen dieſes Jahres von großer Wichtigkeit. Hiedurch iſt nämlich klar erwieſen, daß Trajan nicht am Anfange des Jahres 103 n. C., oder 856 v. Erb. R. ſondern erſt im folgenden, 104 n. C. das V. Conſulat übernahm, indem mit der Trib. Potestas VII., welche er Anfang Novembers erhielt, das Cos. IV. DES. V. in Ver⸗ bindung iſt. Trajan zählte zu Ende Septembers 855 v. C. 102 n. C. das Tribunat VI. und war nach einer befanns ten Inſchrift ) damals IMP. II. Bis in den Sept. des J. 856 v. C. oder 103 n. C. wurde er, während der Dauer dieſer Trib. Potest. zweimal als Imperator ausgerufen, kehrte in der Zeit nach Rom zurück, und ward für das folgende Jahr als Conſul V. deſignirt, und damals prägte *) Gruterus p. 177, 2. et 190. 5. 77 man die 16. Münze mit TR. P. VI. IMP. nn. COS. IIII. DES. V. Dann hielt er in Rom den ſolennen er— ften daciſchen Triumphzug, empfing den Namen: Dacicus, und bald ſchlug man die Münze Num. 17. und 18. mit: DACICVS, COS. IIII. Das VII. Tribunat trat er mit Ende Septembers an, und in den Zeitraum dieſes Mo— nates und des nächſtfolgenden Decembers gehören: 19. 20. 21. mit: TR. P. VII. IMP. IIII. COS. IIII. DES. V. mit dem beſtändigen Zuſatze des Daciſchen. Dieſen klaren chronologiſchen Angaben auf den Münzen widerſprechen nun zwar die römiſchen Faſti. Indeſſen iſt es leicht zu entſchei⸗ den, wem mehr Glauben beigemeſſen werden dürfe, ob den übereinſtimmenden Nachrichten der Annaliſten ſpäterer Jah— re, die durch fehlerhafte Abſchriften mancherlei Verfälſchun⸗ gen erlitten, oder den öffentlichen gleichzeitigen Monumen⸗ ten, zu welchen beſonders auch die curſirenden Münzen ge— hörten, und die in dem ruhigen und treuen Schoße der Erde keinen Veränderungen unterliegen konnten. V. C. 857. P. C. 104. IR. P. VII. VIII. COS. V. P. M. P. P. GERM. DAC. IMP. III, Trajano Aug. V. L. Appio Maximo II. Cos. Man ſah ein, Decebalus habe von dem vorigen Kriege in dem Gedränge der Umſtände durch jenen fußfällig er— flehten Frieden nur wieder zu Athem kommen, aus der ger genwärtigen großen Gefahr, ſo wie aus der Noth wieder— holter Schläge, ſich retten, und nur erholen wollen. Er wird angeklagt und überwieſen, daß er ſich an die einge— gangenen Friedensverträge gar nicht kehre, ſondern Alles aufbiete zu einem neuen viel ernſthaftern Kampfe. Daher wird Decebalus vom römiſchen Senate als Feind des Staates angeklagt und als ſolcher betrachtet, und Trajan übernimmt perſönlich im V. Conſulate die Leitung des Feld— zuges wider ihn. So wie aber überhaupt die Münzen, die während Trajans Regierung geſchlagen wurden, ungemein häufig find, fo iſt inſonderheit die Zahl mit der Präge des fünf- 78 ten Conſulats ſehr groß, und es iſt kaum abzuſehen, wel- chem von den acht in dem fünften Conſulate verfloſſenen Jahren die Münzen deſſelben zuzueignen ſind. 22. IMP. CAES. NERVA. T RAIAN. AVG. GERM. DACICVS. P. M. Das Haupt des Kaiſers mit dem Lorbeerkranz. Auf den ehernen 2. Größe mit der Strahlenkrone. TR; P. VII. IMP. III. COS. v. P. P. S. C. Die gehelmte, auf Waffen ſitzende, und in der Linken einen Speer hal— tende Göttin Roma übergibt dem mit der Toga bekleideten daneben ſtehenden Imperator eine kleine Siegesgöttin. K. 1. Aus dem V. Conſulate und VII. Tribunate und aus IMP. IIII. geht hervor, daß dieſe und ähnliche Münzen vom Anfange Januars bis Ende Octobers dieſes Jahres geprägt worden ſind. 23. IMP. CAES. NERVA TRAIAN AVG. GERM. DACICVS. P. M. Das Haupt des Kaiſers mit dem Lorbeerkranz. CONGIAR, SECVND, COS, v. der gewöhnliche Typus des Congiariums. K. 1. Mus. Farn, Vaill. Von dieſem zweiten Congiarium d. i. der zweiten Aus- theilung von Getreide, Wein, Oel, Geld u. ſ. w. unter die Bürger, thun die Hiſtoriker keine Erwähnung; auch entz hält die Münze, außer dem, hinſichtlich der Jahre ſo un- beſtimmten fünften Conſulate, nichts. Doch iſt die Münze dieſem Jahre beizuzählen, weil der Kaiſerkopf dieſelbe Um— ſchrift hat, wie auf den vorhergehenden Münzen dieſes und des zu Ende gehenden vorigen Jahres. Die Verſchie⸗ denheit dieſer Kopfaufſchrift in der Präge der Münzen, die aus dem fünften Conſulat tiefer unten vorkommen wer— den, wird erweiſen, daß ſie füglicher ſpätern Jahren an- zureihen ſind. . | 24. IMP. CAES. NERVA. TRAIAN AVG. GERM. Trajans Kopf mit dem Lorbeerkranz. ) DACICVS, COS, V. P. P. Eine trauernde Frau, als das Sinnbild Daciens, anf einem vaterländiſchen Schilde ſitzend; daneben das gekrümmte daciſche Schwert. AV. M. C. 79 25. Eine ähnliche, jedoch die Siegesgöttin vorwärts wandelnd, und ein Q. M. C. 26. IMP. CAES. NERVATRAIAN. AVG. GERM, DACICVS. Das Haupt mit dem Lorbeerkr. P. M. TR. P. COS. V. P. P. Der Imperator auf dem vier⸗ ſpännigen Triumphwagen, in der R. einen Zweig, in der L. einen Scepter. AV. M. C. 27. Eine gleiche, aber der im Feldherrnmantel ſte⸗ h hende Imperator, der in der R. eine Lanze, in der L. ein Parazonium (kurzes Schwert) hält, wird von der daneben befindlichen Victoria ge- krönt. AR. M. C. N g 28. Dieſelbe Münze, aber die Siegesgöttin tritt auf das Vordertheil eines Schiffes, und hält in der Re. einen Lorbeer, in der L. eine Palme. AR. M. C. 29. Dieſelbe, aber der ſchreitende Mars, in der R. eine Lanze, in der L. ein Tropäum über der Schul⸗ A e. RREN | 30. Dieſelbe, aber eine weibliche Figur ſitzt trauernd auf einem daciſchen Schilde; darunter der gebo— gene vaterländiſche Säbel. AR. M. G. 31. Dieſelbe, aber die nämliche weibliche Figur ſitzt trauernd neben einem Tropäum. AR. M. C. Auch dieſe Münzen, deren verſchiedenartiger Typus auf die daciſchen Kriege und vorläufig errungenen kleinern Siege anſpielet, gehören dieſem Jahre an, indem ſich aus dem vorigen Jahre gleiche ſilberne und goldene Stücke, blos mit veränderter Zahl des Conſulates, finden. Auf der Kehrſeite der Münzen, welche darnach geſchlagen wurden, und in der Folge vorkommen, fehlt der Titel des Optimi Prineipis niemals. Die Münze 26. wurde auf Trajans erſten daciſchen Triumphzug, den er mit dem Lorbeerkranz und Conſularſcepter in Händen feierte, geſchlagen, entwe⸗ der zu Ehren dieſes Conſulates, das er damals bekleidete, oder wenigſtens nachher zum Andenken deſſelben ). Die *) Fabretti de Columna Traiani IX. 509. so weiter unten vorkommende Münze, Nr. 84. mit dem blo⸗ ßen Lorbeer oder Zweig in der R. bezieht ſich nothwendig auf den von der Conſularwürde getrennten zweiten daci— ſchen Triumphzug. V. C. 358. P. C. 105. TR. P. VIII. IX. COS. V. P. M. P. P. GERM. DACIMP.IIII. Ti. Julio Candido II. A. Quadrato II. Cos. Ohnfehlbar beginnt in dieſem Jahre auf der Vorder— ſeite die Umſchrift des Kaiſers dedicationsmäßig, und auf der Avers der Titel: Optimus Princeps , welcher ihm von dem Senate früher ſchon, wie bereits erwähnt, ertheilt ſein mag, aber jetzt erſt auf den Münzen vorkommt. — Wäh- tend der Kaiſer im Felde gegen den Feind die rühmlich⸗ ſten Thaten verrichtete, und ihn der großartige Bau der Donaubrücke vollauf beſchäftigte, ſcheint man auch in Rom und im Senate gewetteifert zu haben, dem hochgefeierten Fürſten zu huldigen, und ſeine Großthaten nicht nur an— zuerkennen und zu verherrlichen, ſondern auch durch den ſinnig gewählten Stempel auf dem allgemein gangbaren Gelde zu verewigen. Es gibt eine faſt unüberſehbare An— zahl von Prägen und Beiſchriften dieſer Art von bronze— nen Münzen, mit den Buchſtaben 8. C. (Senatus Con- sulto), welche auf Befehl und unter Aufſicht des Senats geſchlagen wurden, und welche ſich ebenſo durch Eleganz der Sculptur, als dnrch edle Kürze und Klarheit der Auf— ſchrift auszeichnen. | Nachdem die fteinerne Brücke über den Iſterſtrom ausgebauet war, rückte Trajan mit ſeinen Legionen hinein nach Dacien, ſchlug in blutigen Treffen auf allen Seiten den Feind, und eroberte ſiegreich das ganze Königreich. Nach dem Verluſte der Reſidenz und des Reiches ſtürzte fich | Decebalus in fein eigenes Schwert. Die unter der Strell | und in Berghöhlen verborgenen königlichen Schätze wur⸗ den entdeckt. | Diefes find die Hauptmomente des gegenwärtigen, und vielleicht zum Theil auch des nächſtfolgenden Jahres, welche die Geſchichte und die kunſtvollen halb erhobenen — 81 Abbildungen auf der Trajanſäule aufbewahrt haben. Man— ches bleibt indeſſen von undurchdringlichem Dunkel umzo— gen und kann aus Mangel an ausführlichen hiſtoriſchen Nachrichten nicht erhellt und erörtert werden. Jedoch ge— ben die Münzen aus dieſem Zeitalter aufklärende Winke, und viele individuelle höchſt intereſſante Züge, beſonders zur Beleuchtung des zweiten dacifchen Krieges, find uns in denſelben aufbewahrt. N Eine Auswahl aus der großen Menge hieher gehö— render Münzen, welche ich theils in der eigenen, theils in der bedeutenden B. Bruckenthaliſchen Sammlung, theils, und am meiſten, in Eckhels Catalog des berühmten kai— ſerlichen Wiener Münzkabinets, und der Doctrina numo- rum veterum finde, mag einigermaßen als Beleg für die aufgeſtellte Behauptung gelten. A. 32. IMP. T RAIANO. AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. Der Kaiſerkopf mit dem Lorbeerkranz. COS. V. P. P. S. P. O. R. OPTIMO PRINC. Der auf recht ſtehende Hercules gießt mit der Rechten ein Gefäß über die lodernde Flamme eines Altares aus, und hält mit der Linken die Keule und die Löwenhaut. AV. M. C. 33. Dieſelbe Münze, jedoch ein Adler auf dem Blitze ſtehend. AV. M. C. x 34. Dieſelbe, aber Jupiter ſitzend, in der R. eine kleine Siegesgöttin, in der L. eine Lanze. AV. und AR. M. C. 35. Eine gleiche, aber mit dem Symbol der Hoff— nung. AR. M C. 36. Eine ähnliche, aber ein vorwärts ſchreitender Krie— ger, in der R. die kleine Siegesgöttin, in der L. ein Tropäum. AR. M. C. 37. Dieſelbe, aber die ſtehende, gehelmte Roma, in der R. die Victoriola, in der L. eine Lanze tra⸗ gend. AR. 38. Dieſelbe, aber die Siegesgöttin ſtehend, in der R. den Lorbeer, in der L. den Palmzweig, und auf daciſche Schilder ſich ſtützend. AR. Schullers Archib I. 1. 6 82 39. Die ähnliche, aber die Victoria auf dem Schild, welcher an einen 1 geheftet iſt, ſchrei⸗ bend: DACICA, AR. G. B. 40. IMP. CAES. NERVAE. 1 AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. COS. V. P. P. Der Kopf mit dem Lorbeerkranz. S. P. Q. R. OPTIMO PRINCIPI. S. C. Ein Brücken⸗ bogen von beiden Seiten mit Thürmen befeſtigt; unten auf den Wellen ein Schifflein. K. 1. M. C. 41. Eine ähnliche, aber der Imperator ſchleudert mit der Rechten auf einen Dacier die Lanze. 42. Wie der Buchſtabe B. (d. h. Typus und In⸗ ſchrift der Advers.) ARAB. ADO. S. P. Q. R. OPTIMO PRINCIPI. S. C. Eine weibliche Figur ſtehend, mit der R. einen Zweig, mit der L. ein dünnes Rohr haltend, vor den Füßen der Vo— gel Strauß, auf einigen kommt auch manchmal das Ka— meel vor. X. 1. M. C. 43. Wie B. VIA TRAIANA, S. C. Eine auf der Erde ſitzende Frau hält ihre Rechte über ein Wagenrad, die Linke über einen Felſen. K. 1. M. C. 44. Wie bei 4. DANVVIVS. COS. V. P. P. S. P. O. R. OPTIMO PRINC. Der liegende Flußgott hält die rechte Hand über ein Schiff, mit der linken Hand lehnt er ſich über eine Urne, aus wel— cher Waſſer ſtrömt. AR. M. B. — Zu dieſer kann man auch die folgende nehmen: N 45. Wie B. DANVVIVS. COS, V. P. P. S. P. O. R. OPTIMO PRIN- CIPI, Der Flußgott in der linken Hand ein Rohr hal— tend, mit der Rechten den Nacken der liegenden Dacia niederhaltend, und mit dem rechten Fuße ihr auf die Hüfte kniend. X. 1. C. 46. IMP. TRAIANO, AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. COS. V. P. P. Das Haupt mit dem Lorbeerkranz. 83 8. P. O. R. OPTIMO. PRINCIPI Die trauernde Dacia auf das er geſtützt; unten das gebogene daciſche Schwert. 47. 48. 49. der R. die Lanze haltend, mit der L. den Schild 50. 51. > 2 andere, halb angekleidete männliche Geſtalt aufrecht ſtehend, in der R. eine Schale haltend, am Altare opfernd, in der L. das Füllhorn. Eine gleiche, aber eine weibliche Figur, ſtehend, in der R. Aehren, in der L. das Füllhorn hal— tend, hier ein Scheffel, aus welchem Fruchtäh— ren hervorftehen, dort das Vordertheil eines Schif⸗ fes ſichtbar. Eine andere, aber ein Kriegsmann ſtehend, in angreifend, welchen eine kniende Figur hält. AR. M. C. Eine andere, aber der Soldat ſtehend, mit der R. die Lanze, mit der L. den Schild haltend. Wie B. S. P. Q. R. OPTIMO. PRINCIPI. S. C. Hercules na⸗ ckend und ſtehend ſchüttet mit der R. über einem brennen den Altar ein Geſchirr aus, mit der L. die Keule, auf dem rechten Arm die Löwenhaut tragend. K. 1. M. C. Bei den nachfolgenden Münzen iſt die Aufſchrift an beiden Seiten immer die nämliche, aber der Typns ver— ſchieden, 52. 53. wie folget: Eine weibliche Figur, in der R. eine kleine Sie— gesgöttin, in der L. die Lanze haltend, auf Waf— fen ſitzend, mit dem rechten Fuße einen Helm, mit dem linken den Kopf eines Daciers tretend. &. 1. Der mit der Toga bekleidete Imperator ſteht mit einer andern Figur auf der Bühne; unten ſind vier gleichfalls mit der Toga angekleidete Män— ner, ihre Hände erhebend; zurück ſtehn zwei Obe— lisken; daneben eine auf dem Boden liegende menſchliche Geſtalt. E. 1. M. C. Der mit der Toga bekleidete auf einem Piedeſtal ſtehende Trajan, welchen eine heranfliegende Vic— 6* Sa koria kröͤnet, hält in der R. einen Zweig, in der L. eine Lanze, unten heben zwei Knaben die Hän⸗ de gegen ihn empor, und an beiden Seiten des Fußgeſtells iſt ein Adler. K. 1. M. C. Ein Tropaum, vor welchem die trauernde Dacia über vaterländiſchen Waffen ſteht. K. 1. M. G. Die Victoria hält über dem Rumpfe eines Palm— baums einen Schild, mit der Aufſchrift: VIC. DAC. K. 1. 2. (bei einigen der Kaiſerkopf auch mit der Strahlenkrone). Eine ſitzende und den Schlangenſtab in der R. haltende Frau, gegen welche ein das Knie nie— derbeugender Dacier die Hände erhebt. K. 1. 58. Eine weibliche Figur einen Zweig haltend. E. 1. 59. Eine ſtehende, mit der R. eine kleine Siegesgöt— tin, mit der L. eine Lanze haltende Militärper—⸗ ſon, gegen welche ein auf ſeine Knie gebeugter Dacier die Hände erhebet. E. 1. 2. . Ein herwärtsgekehrter Dacier, kniend. K. 1. Eine ſtehende Frau hält in der R. einen Zweig, in der L. ein Füllhorn und tritt mit dem rechten Fuße auf das Haupt eines Daciers. X. 1. 2. Ein Bruſtharniſch. K. 2. Die Herkuleskeule mit der Löwenhaut. &. 2. 4. Eine ſtehende weibliche Figur zündet mit hinge— haltener Fackel die dacifhen Waffen an; mit der L. ein Füllhorn haltend. K. 2. Daciſche Waffengattungen. Die vorwärts ſchwebende Siegesgöttin hält in der R. einen Oelzweig, in der L. einen Palmzweig. 9 2. Das Bild der Aequitas. Drei ſenkrecht in die Erde geſetzte militäriſche Feldzeichen. Eine ſitzende, in der R. eine Schale haltende Frau nährt eine am Altare heraufſteigende Schlan⸗ ge. K. 2. 8 85 70. Einfaches Tropäum. 71. Der wandelnde Kriegsgott, in der R. die Lanze, in der L. ein Tropäum über der Achſel haltend. 72. Wie C. S. P. Q. R. OPTIMO PRINCIPI. Eine ſtehende Frau hält in der R. den Zweig, in der L. das Füllhorn, und tritt mit dem rechten Fuße auf den Kopf eines Daciers. AR. M. B. 73. Eine andere, aber ein Tropäum aus daciſchen Waffen zuſammengeſetzt. AR. M. B. 74. Eine andere, aber der Dacier ſitzt gebeugt neben einem Tropäum. AR. M. B. 75. Eine andere, aber eine ſitzende Frau übergibt mit der R. den Zweig einem auf den Knien liegenden Dacier, und hält in der L. eine Lanze. AR. M. B. 76. Wie der Buchſtabe 4. DAC. CAP. COS. V. P. P. S. P. O. R. OP TIMO PRINC. Eine trauernde Frau, Daciens Genius, ſitzt auf daciſchen Waffen. AR. M. B. f 77. Eine andere, aber dieſelbe weibliche Geſtalt, die Dacia, ſitzt mit rückwärts gebundenen Händen auf vaterländiſchen Waffengattungen. AR. M. B. 78. Andere, aber der gefangene Dacier ſteht unter daciſchen Waffenrüſtungen. AR. M. B. 79. Wie 4. PAX. COS. V. P. R. S. P. O. R. OPTIMO PRINC. Eine weibliche Geſtalt ſetzt mit hingehaltener brennender Fackel daciſche Waffen in Flammen,; mit der L. ein Füll⸗ horn haltend. AR. M. B. 80. Wie 4. PIETAS. COS. V. P. P. S. P. O. R. OPTIMO PRINC. Eine verſchleierte Frau bei den Waffen ſtehend, in der R. eine Schale und in der L. einen Scepter haltend. AR. 81 AARIA, Mit dem Typus einer unter Kriegstrophäen ſitzen— den Frau *) *) Vaill, in numis Col. Philippi sen. 86 Es geht aus den ſinnbildlichen Darftellungen und prä: ciſen Aufſchriften voranſtehender Münzen deutlich hervor, welche Vorbereitung und Zurüſtungen bei dem zweiten da— ciſchen Feldzuge ſtattfanden, welche Vorſicht und Klugheit inſonderheit Trajan hiebei bewies, und welcher Ruhm, wel— che Siege endlich die Kraftanſtrengungen und Heldentha— ten des Imperators und ſeiner Legionen krönten; und es ſcheint kaum eine Erläuterung darüber nöthig. Immerhin dürften jedoch, des Zuſammenhanges und der Ueberſicht wegen, kurze Andeutungen nicht überflüßig ſein. Num. 32. opfert Trajan vor dem brennenden Altare den unſterbli— chen Göttern unter dem Sinnbilde des römiſchen Hercu— les. — Noch hält (33. 34.) Roms Adler ſitzend den Blitz— ſtrahl feſt; noch ruhet in Jupiters Hand Lanze und Sieg, und der mit Opfern und der Verehrung der erhabenen und mächtigen Götter angefangene zweite daciſche Krieg läßt auch (Num. 35.) auf einen günſtigen Ausgang hoffen. — Num. 36. bis 39. rechtfertigen die genährte Hoffnung. — Num. 58. deutet insbeſondere auf milde und gütige Bez handlung der Ueberwundenen von Seiten der Ueberwinder. — Num. 40. 41. erinnert an den Bau und die Vollendung der merkwürdigen Brücke über den Donauſtrom, und an den Uebergang mit der Armee über dieſelbe. — Num. 42. Während Trajan in Dacien im zweiten Feldzuge großen Ruhm einerntete, eroberte A. Cornelius Palma, Syriens Statthalter, den an Peträa gränzenden Theil Arabiens und ſchuf ihn zur römiſchen Provinz um; und ſo kommt dieſe Münze mit der Präge: Arabiae adquisitae in die Reihe der Münzen mit: Daciae Victae ). — Auch der berühmte und größte europäifche Fluß, der Danubius, verdiente wohl auf dieſen Münzen (Num. 44. und 45.) dargeſtellt zu werden, nicht nur als Zeuge der außerordentlichen Zurü— ſtungen zu dem dacifchen Kriege und der in der Nähe, ſelbſt an den Ufern, vorgefallenen Schlachten, ſondern auch, weil man nur erſt nach deſſen Ueberſchreitung in das ) Dio L. LXVIII. 14. j | 87 feindliche Gebiet mit Nachdruck eindringen konnte. Es ſcheint der Danubius, der auf der Revers der zweiten Münze 45. als Flußgott mit Macht die Dacia zu Boden donnert, nicht geringen Antheil an der Unterjochung des Kö— nigreichs gehabt zu haben. In der That beweiſet eine Sins ſchrift ), welche der flaviſch-möſiſchen Flottille Erwäh—⸗ nung thut, daß in Möſien, folglich auf dem Iſterſtrome, gegen die Ueberfälle der Barbaren ein Geſchwader ſtatio— nirt geweſen ſei. Vor Allen hat Trajan ſich durch dieſen Fluß, über welchen er eine ſteinerne Brücke bauete, den größten Ruhm erworben, indem Alles, was der Kaiſer ſonſt gethan, durch dieſes Wunderwerk, nach Dio's Be— hauptung, übertroffen wurde. — Num. 46. Der trauernde Genius des Dakerlandes ahnet ſchon das verhängnißvolle Schickſal, das ihm bevorſtehet. — Num. 48. Dieſe Münze gibt Nachricht über die Zufuhr des Proviantes für die rö— miſche Armee vermittelſt der Kriegsflotte des Flavius. — 52. 55. 57. 59. 60. Hiedurch find die äußerſt häufigen auf allen Seiten vorgefallenen für die Dacier unglücklichen kleinern Treffen bezeichnet. — 47. 51. 69. SO. Götterver⸗ ehrungen der Römer nach dem Uebergange über den gro— ßen Strom; den Unſterblichen erwieſene Huldigungen und gethane Gelübde vor und nach den Schlachten; vorzüg— lich auch Dankopfer für die allgemein erhaltene Geſund— heit und das ungetrübte Wohlſein der Legionen und ihres Feldherrn, nach den glücklich erfochtenen und für die Rö— mer minder, als für die Barbaren, blutigen Siege. — 49. 50. 58. 61. bis 63. und 65. bis 68. deuten auf milde und gerechte Behandlung der Gefangenen von Seiten der Sieger, auf Waffenſtillſtand und inzwiſchen gepflogene Friedensverhandlungen. — 70. bis 75. Der Dacier letzte Kraftanſtrengung wird von dem römiſchen Mars zertreten, und das ganze Volk unterwirft ſich der unwiderſtehlichen Macht des ſieggewohnten, menſchenfreundlichen Heros, und führt die Eroberung von ganz Dacien herbei, welches 76. *) Gruter. p. 575. 88 77. 78. evident beweiſen. Dieſe, und beſonders die erſten während des zweiten daciſchen Feldzuges geſchlagenen Mün— zen, thun eigentlich die gänzliche Eroberung des dacifchen Gebietes dar, eine Thatſache, welche auf den geprägten Münzen des erſten Feldzuges nicht vorkommt, wo der Kö— nig zwar aufs Haupt geſchlagen, ihm das Königthum je— doch, obſchon unter harten Bedingungen, überlaſſen blieb. Jetzt erſt erſcheinen die Stempel mit DAC. CAP. wie es in der That total erobert worden war. Nach der Un— terwerfung, und nachdem man die daciſchen Waffen und Kriegsrüſtungen den Flammen übergeben hatte, ward zu— gleich der Friede unterzeichnet, und die vollſtändige allge— meine Ruhe hergeſtellt und immermehr begründet, Dank— opfer den Göttern dargebracht, Vorkehrungen zum Be— ſten des Landes getroffen, und das geſegnete Füllhorn da— ciſcher Reichthümer fing wieder an ſich über ſeine Gefilde, nun aber unter dem Schutze des römiſchen Adlers, zu erz gießen. — Num. 81. Zu Ehren des Dakerſiegeshelden wahr: ſcheinlich in einer Rom ergebenen griechifhen Stadt ger ſchlagen. — Dieſe kurzen Bemerkungen und wenigen Folgerungen aus den voranſtehenden Münzen, ſchienen mir weder ganz überflüßig, noch zu gewagt; ſie ergeben ſich, beim erſten Anſchauen der ſymboliſchen Sculpturen und beigeſetzten In—⸗ ſchriften derſelben, wie von ſelbſt. — V. C. 859. P. C. 106. TR. P. IX. X. COS. V. P. M. P. P. GER. DAC. IMP. V. L. Ceionio Commodo Vero, L. Tutio Cereali Cos. Trajan kehrt aus dem zweiten Feldzuge nach Rom zurück und triumphirt zum zweitenmal *) über die Dacier 82. IMP. CAES. NERVAE TRAIANO. AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. COS. V. P. P. Des Kaiſers Haupt mit dem Lorbeerkr. S. P. O. R. OPTIMO PRINCIPI, S. C. Die Victoria ſetzt aus daciſchen Waffengattungen ein Siegesdenkmal zu— ſammen. K. 1. *) Plin. L. VIII. epist. 4. 89 83. Aehnliche andere, aber der ſtehende, in der R. den Blitz, in der L. eine Lanze haltende Impe⸗ rator wird von der daneben ſtehenden Sieges— göttin gekrönt. K. 1. 2. 84. Eine andere, aber Trajan auf dem vierſpännigen Triumphwagen, in der rechten Hand einen Zweig oder Kranz haltend. A. 1. 85. Andere, aber ein prachtvoller Triumphbogen, am Frontiſpicium mit der Inſchrift: I. O. M. — . 2. M. C. und M. B. Und fo führen uns Trajans Siege in feinem fünf ten Conſulate und in der zweiten daciſchen Expedition un? fehlbar in die gehörige und ununterbrochene Reihenfolge der Jahre ein. Es mußten natürlich auf heldenmüthige Tha— ten glänzende Siege, auf Heldenmuth und Siege der herr lichſte Lohn der Triumphe, Trophäen und Triumphbogen erfolgen; unter allen Belohnungen, ſagte ſchon der röm. Cicero ſeinem Römer, iſt der größte Lohn in dem unſterb— lichen Ruhme, den wir bei der Nachwelt zurücklaſſen, be— gründet. f V. C. 860. P. C. 107. | TR. P. X. XI. COS. V. P. M. P. P. GER. DAC. IMP. V. L. Lieinio Sura III. Sosio Senecione IV. COS. Aus Mangel an hiſtoriſchen Nachrichten aus dieſem Jahre hat man nichts Beſtimmtes auch in Hinſicht des eroberten Daciens. Auch laſſen die Münzen im Ungewiſſen. | V. C. 861. 862. P. C. 108. 109. DR. P. XI. XII. XIII. COS. V. P. M. P. P. GERM. DAC. IMP. VI. 5 App. Annio Trebonio Gallo, M. Atilio Metilio Bradua Cos. A. Corn. Palma II. C. Calvisio Tullo II. Cos. Daſſelbe gilt, bis nicht etwa der Zufall und das Glück bei den geſchichtlichen und archäologiſch-numismati— ſchen Forſchungen zu neuen Entdeckungen führen werden — wozu man die Hoffnung durchaus nicht ſinken laffen darf — auch von dieſen zwei Jahren. 90 V. C. 865. P. C. 110. TR. P. XIII. XIV. COS. V. P. M. P. P. GER M. DAC. IMP. VI. Ser. Salvidieno Orfito, M. Paeducaeo Priseino cos. Die reichen Goldgruben Daciens. 86. IMP. CAES. TRAIAN. AVG. GER. DAC. Trajans Haupt mit dem Lorbeerkranz. METALLI. VLPIANI. Eine ſtehende weibliche Figur, in der R. die Wage, in der L. das Füllhorn. K. 3. M. C. Obgleich die angegebene Münze kein Conſulat, kein Tribunat zeigt, ſo ſcheint ſie doch unter das ſehr unbe— ſtimmte fünfte Conſulat Trajans zu gehören; und ich glaube dieſelbe eben hier um ſo weniger übergehen zu dürfen, je mehr von dem Betrieb der Metallgruben Siebenbürgens und des Banates nicht nur die alten Schriftſteller Zeugniß geben, ſondern auch die unverkennbaren römiſchen Spuren noch da find, und außerdem die vielen darauf ſich bezie- henden Inſchriften das Geſagte noch mehr bekräftigen. Noch immer iſt in den genannten Ländern der Bergbau im Flor; und daß beſonders Siebenbürgen bedeutende Goldminen, vielleicht weniger Silber, dagegen aber Ueber— fluß an Kupfer, Eiſen und andern Metallen hat, und daß ſelbſt alle größern und kleinern Flüße, faſt ohne Ausnah— me, Goldſand führen, iſt dem Siebenbürger und vaterlän— diſchen Naturforſcher wohl bekannt. V.. 86 Pe 108: | TR. P. XIV. XV. COS. v. DES. VI. P. M. P. P. GERM. DAC. IMP. VI. Calpurnio Pisone, M. Veltio Balano Cos. Auch über die Begebenheiten dieſes Jahres beobach— ten die Annalen und die Geſchichtſchreiber, beſonders was unſer Land betrifft, fortwährend tiefes Stillſchweigen. Je⸗ doch haben wir aus dieſer Zeit beſtimmte Münzen, welche die ewig denkwürdigen Thaten Trajans aus beiden großen Feldzügen gegen die Dacier immerfort in Erinnerung ru— fen und zu erneuern ſuchen. 91 Su. IMP. TRAIANO. AVG. GER. DA. P. M. TR. P. COS. V. DES. VI. Trajans Haupt mit dem Lorbeerkranz. AET. AVG. Mit dieſer Aufſchrift iſt ſehr gewöhnlich die Pietas, oder die Vesta, oder eine Siegesgöttin auf den Schild aufzeichnend: DAC I CA., auf einigen mit dem Zuſatze: S8. P. Q. R. OPTIMO, PRINCIPI. oder auch mit ähnlichen auf Dacien ſich beziehenden Typen abgebildet, welche bereits vorgekommen ſind, und um nicht eines und daſſelbe zu wiederholen, jetzt übergangen werden. AR. M. C. und M. B. V. C. 865. P. C. 112. TR. P. XV. XVI. COS. VI. P. M. P. P. GERM. DAC. IMP. VI. Trajano Aug. VI. T. Sextio Africano Cos. Trajan tritt in dieſem Jahr als Conſul VI. auf. Außerdem liefern die römiſchen Jahrbücher nichts Gewiſ— ſes, wohl aber die Münzen. Zwar finden die Wiederho⸗ lungen bekannter Ereigniſſe aus dem V. Conſulate auch in dieſem VI. Statt; aber es kommen denn doch jetzt erſt Thatſachen von größter Wichtigkeit auf denſelben vor, de— ren früher nicht Erwähnung geſchah, wie die Folge zeigen wird. Zu den ſchon bekannten kann man folgende rechnen: A. 88. IMP. TRAIANO AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. COS. VI. P. P. Trajanskopf mit dem Lorbeer, auf den goldenen und ſilbernen Stücken. B. 89. IMP. CAES.NERVAE.TRAIANO.AVG GER. DAC. P. M. TR. P. COS. VI. P. P. Das Kaiſer⸗ haupt mit dem Lorbeerkranz auf den bronzenen I., mit der Strahlenkrone auf R. 2. 90. Wie A. auf andern auch wie B. LIM. TAL. A vA. TRATANA. | S. P. O. R. OPpTIM O PRINCIPI, Mit entſprechenden Typen, ſo wie ARAB. . I TR PIET' 1 fie ſchon zum Theil im V. Con⸗ VEST A | ſulate aufgeführt und angedeutet VIA. TRAIANA worden find. AV. AR. . 1. 2. 92 Zu denen im VI. Conſulat zuerſt vorkommenden, die beſonders in Hinſicht Daciens für uns ungemein wichtig ſind, zählt man folgende: 91. Wie B. DACIA. AVGVST. PROVINCIA. S. C. Eine weibliche Geſtalt, den Genius Daciens darſtellend, ruht mit inlän— diſchem Hute, — ähnlich der gewöhnlichen phrygiſchen Mü— tze, — auf einem Gebirge; in der rechten Hand Kornäh— ähren, in der linken Hand eine Feldfahne; neben ihr auf dem Felſen ſitzen zugleich zwei Kinder, von welchen das eine Aehren, das andere eine Weintraube hält. . 1. 2. M. B. Der Fels, auf welchem die Dacia ſitzend ruhet, deu— tet auf unſer gebirgiges Land, welches Dio ) und Pli— nius **) als ſolches beſchrieben haben, und Statius ***) ſchlechthin nur die Höhe, das Gebirge, nennt. Auch Florus läßt die Dacier „in ihren Gebirgen“ wohnen!). Die Wein⸗ traube und die Fruchtähren zeigen auf die natürliche Frucht- barkeit des ſiebenbuͤrgiſchen Bodens. In dieſem Jahre alſo kommt das eroberte Dacien auf Münzen als kaiſerliche Provinz vor. Daß unſer Land wirklich einen Theil, und zwar einen Haupttheil einer römi— ſchen Provinz ausmachte, erhellet nicht nur aus den über- einſtimmenden Nachrichten mehrerer Geſchichtſchreiber!“““), ſondern auch aus viel ſpäter, im Lande ſelbſt unter dem Kaiſer Philippus bis in die Zeiten Galliens, in ununter— brochener Reihe geprägten Münzen, welche ſämmtlich auf der Kehrſeite Dacien als Provinz bezeichnen. Ferner geht durch die zuletzt angeführte Münze deutlich hervor, daß Dacien nur erſt nach Verfluß von elf oder zwölf Jahren, vom Anfang des römiſch-daciſcheu erſten Krieges 101 n. Chriſti Geb. gerechnet, nachdem der Friede und die allge— meine Ruhe hergeſtellt, und die Coloniſten gehörig vertheilt „) Dio L. LXVIII. 8. **) Plin. L. 8. epist. 4. ) Stat. V. 80. “*) L. IV. Cap. XII. 4%) Dio, Eutropius, Victor, Suidas und mehrere Andere. 93 waren, zu einer förmlichen Provinz eingerichtet worden fein mag. Es war endlich eine kaiſerliche Provinz — Augu- sti Provincia — das heißt eine Provinz, welche die Kai⸗ ſer ſelbſt durch eigene Legaten — Legatus Augusti, Le- gatus Propraetore — verwalteten und mit Legionen bes ſetzten. Seit Auguſts Zeiten nämlich war es im Brauche, daß man die friedlichen und von Feinden weniger gefähr- deten Provinzen dem Senate und Volke zur Verwaltung überließ, hingegen die wichtigern, wegen ihres innern Reich⸗ thums von mehreren Gefahren bedrohten, oder den Ein— fällen der Barbaren häufiger ausgeſetzten Provinzen die Kaiſer ſich vorbehielten. Daß dieſes letztere während der römiſchen Epoche mit unſerm Vaterlande der Fall war, iſt durch die vielen im Lande gefundenen und auf Dacien ſich beziehenden Münzen der erſten und letzten Decennien der genannten Epoche bis zum Ueberfluße erweislich. Die Prätorenſtelle verwaltete in Dacien unter Trajan M. Scaurianus ); von den Legionen ließ dieſer Kaiſer zur Beſatzung der Provinz die XIII. Gemina genannte; ſpäter erſt kam noch eine zweite, die V. oder macedoni— ſche herein. | V. C. 866. P. C. 113. TR. P. XVI. XVII. COS. VI. P. M. P. P. GFRM. DAC. IMP. VI. Lucio Publicio Celso II. L. Clodio Crispino Cos. Zu Ende dieſes oder mit Anfang des folgenden Jah— res wurde Trajans marmorne hohe Säule ausgefertigt und vom Senat und Volke der Römer geweihet, wie dieſes die über dem Eingang in dieſe Säule ſtehende Inſchrift darz thut“). Eine Abbildung davon in nuce liefern die in dies ſem und den nächſtfolgenden Jahren geſchlagenen Münzen. *) Seiv. Inſchr. Num. V. „ SENATVS. POPVLVSQ. ROMANVS. IMP. CAE- SARI. DIVI. NERVAE. F. NERVAE TRAIANO. AVG. GERM. DAC ICO. PONTIF. MAXIMO. TRI. POT. XVII. IMP. VI. COS. VI. P. P. AD DE- CLARANDVM. QVANTAE ALTITVDINIS. MONS, ET. LOCVS. TANTIS operiBVS, SIT EGESTVS. 94 92. Wie A., auf andern wie B. (ſiehe das nächſt vorhergehende Jahr.) Ss. P. Q. R. OPTIMO. PRINCIPI, (auf den ehernen mit dem Zuſatze: 8. C.). Die marmorne weiße Säule, auf der Spitze mit Kaiſer Trajans bronzener coloſſaler Statue. Darunter in halb erhobener Arbeit und in ſpi— ralförmiger Windung die wichtigſten Begebenheiten des doppelten daciſchen Kriegszuges in genialer Sculptur. Veen Til, TR. P. XVII. XVIII. COS. VI. P. M. P. P. GERM. DAC. IMP. VI. Q. Ninnio Ilasta, P. Manlio Vopisco Cos. In dieſem Jahre 1 die Münzen mit den um des Kaiſers Bruſtbild geſetzten Worten: Optimo Augusto an, und im Revers hört die Inſchrift mit: Optimo Prineipi auf, wie dieſes ſchon Eckhel bemerkt hat “) | 93. IMP. TRAIANO OPTIMO AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. Der Kopf mit dem Lorbeerkranz. AV. und AR. COS. VI. P. P. S. P. O. R. Das ar der ſpiralförmigen Säule, und andere Typen. AR. M. 94. IMP. CAES. NER, e OPTIMO, AVG. GER. DAC. Das Haupt mit dem Lor— beer. AV. und AR. PM. TR. P. COS. VI. P. P. S. P. O. R. Die Abbil⸗ dung der Schneckenſäule Trajans und andere Typen. AV. und AR. Im Zuſammenhange mit obigen ſtehn die Münzen, die man im angeſetzten Jahre zur Weihe und zum An— denken des Forum Traiani, der Basilica Ulpia, und des vergötterten Nerva, ſeines adoptiven, und Trajans, ſei— nes natürlichen Vaters, auf ausdrücklichen Befehl des Kai— ſers ſchlug; welches auch daraus erhellt, daß dieſe Art Münzen beinahe immer aus edlem Metalle geprägt, und „) Eekh. Doetr. Num. Vol. VI. p. 448. 95 die Kopfumſchrift nicht im Dativ, dedicationsmäßig, fonz dern im Casus rectus, und mit Weglaſſung des Optimi erſcheint. 95. IMP. TRAIANVS, AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. COS. VI. P. P. Das Haupt mit dem Lorbeerkranz. FORVM. TRAIANI. Ein herrliches mit unvergleichlichen Statuen, Säulen und Siegeszeichen prangendes Gebäu— de. — Die Pracht des Forums beurkunden die elegante— ſten Prägen, und die Zeugniſſe des A. Gellius ), Pau— ſanias **), Ammians ***) und mehrerer Anderer. Erſterer gibt eine darunter geſtandene Inſchrift an: EX MANV- BIEIS, d. i. aus der eroberten Beute des daciſchen Krieges. 96. Die nämliche Antica. BASILICA VLPIA. Ein prächtiger Säulengang mit Statuen und Büſten geziert, in welchem wahrſcheinlich auch die koſtbare Bibliotheca Ulpia ****) untergebracht war. Dieſe Baſilica machte einen Theil des Forum Tra- jani aus, ebenſo wie die Columna Traiani. 97. Dieſelbe Avers. DIVI. NERVA. ET, TRAIANVS. PAT. Nerva's Haupt mit dem Lorbeerkranz, und Trajans, des Vaters, Kopf unz bekränzt. AV. und AR. M. C. Es ſcheint, Trajan habe vor der Vollendung jener großen Werke, und bevor er ſie eingeweihet geſehen, Rom nicht verlaſſen wollen. Erſt nachdem ein Theil des quiri— naliſchen Berges, um Raum für die Wunderwerke zu ger winnen, abgegraben worden war, die Rieſenſäule zum Ruh— me des Kaiſers vom Senate und Volke aufgebauet und geweihet, und als Trajan ſelbſt zur Vollendung des maje— ſtätiſchen Forums und der Baſilica die letzte Hand ange— legt, daſſelbe geweihet, und zugleich bei dieſer Weihe ſeine Aeltern durch göttliche Ehre verherrlicht, und endlich gol— „) Noet. Att. L. XIII. e. 24. *#) L. V. e. 12. % L. XVI. % Flav. Vopiscus in vita Taeiti. 96 dene und filberne Geldſtücke, welche Alles dieſes in den ſchönſten Sculpturen enthielten, reichlich unter das Volk vertheilt hatte, ging er wieder ins Feld, in den beab— ſichtigten parthiſchen Kampf. Bei dieſer Gelegenheit ſcheint ohne Zweifel das CONGIARIVM. TERT IVM. ſtatt gefunden zu haben, gleihfam des Kaiſers Abſchied von om. 98. IMP. CAES. NE R. N RAIANO.OPTIMO. AVG. GER. DAC. Das Haupt mit dem Lorbeerkranz. AV. und AR. PROFECTIO, AVGVS TI. Trajan zu Pferde, in der R. die Lanze, mit einer vorangehenden und drei nachfolgenden kriegeriſchen Geſtalten. AV. M. C. Von Dacien wendet Trajan ſeinen Blick nach den großen unermeßlichen Reichen Aſiens, wo neue Siege ſei⸗ ner warten und friſche Lorbeeren für ihn grünen. Für das kleine Europa, beſonders für unſer Dacien, hat jetzt all ſein Sinnen und Denken aufgehört. Doch waren durch ihn die daciſchen Angelegenheiten dergeſtalt angeordnet, und in Allem ſolche Vorkehrungen getroffen, daß die neue Pro— vinz bald zu einem bedeutenden Flor gedeihen mußte. Die Fortſetzung folgt im ten Hefte. Ueber die Eigenheiten der ſiebenbuͤrgiſch-ſaͤchſiſchen Mundart und ihr Verhältniß zur bochdeutjchen Sprache. Mundart, Dialect, nennen wir die eigenthümliche Geſtalt, welche eine Sprache in dem Munde einzelner Zwei— ge eines Volksſtammes annimmt. So wie überall das Ber fondere dem Allgemeinen vorangeht, und dieſes erſt durch Reflection und Abſtraction des Verſtandes hinzukommt; ſo auch in der Sprache. Die Mundarten der deutſchen Sprache find daher viel älter, als das ſogenannte Hoch: deutſche, welches erſt ſpäter durch vorgeſchrittene Geiſtes— bildung einzelner ſich auf eine Art und Weiſe, deren wei— tere Entwickelung nicht hieher gehört, aus ihnen herausbil— dete. Bei der Unterſuchung einzelner Dialecte erſcheint jedoch überall, wo nicht ganz beſondere Zwecke erreicht wer— den ſollen, mit Recht dieſes als die allgemeine und feſte Regel der Vergleichung, und iſt daher auch in der folgen— den Abhandlung zum Grunde gelegt worden. Siebenbürgiſch-ſächſiſche Mundart nenne ich hier ins— beſondere die Mundart der deutſchen Sprache, welche ſich in dem Munde der um die Mitte des 12. und zu Anz fange des 13. Jahrhundertes von ungariſchen Königen in dem ſuͤdlichen Theile Siebenbürgens angeſiedelten deutſchen Koloniften bis auf unſre Zeiten forterhalten hat 1). Durch 1) Die Mundart der Deutſchen des Biſtritzer Bezirkes bleibt, da ſie aus bedeutenden Gründen als ein ſelbſtſtändiger Dialect angeſehen werden muß, von den Grenzen dieſer Unterſuchung ansgeſchloſſen. Schullers Archiv J. 1. 7 98 welche Veranlaſſung fie zu der Benennung der ſächſiſchen Sprache, wie ſie gemeinhin genannt wird, gelangt ſei, iſt vor der Hand voͤllig gleichgültig, und hängt mit der Un— terſuchung zuſammen, ob der Name des Völkchens, wel— ches fie redet, fein Geſchlechtsgame geweſen, ob er viel— leicht von der altdeutſchen Benennung der Anſiedler: Sass, Sasse, entlehnt ſei, oder vielmehr alle Deutſchen überhaupt damals von den Ungarn damit bezeichnet worden 2). Daß ſie aber Mundart der deutſchen Sprache genannt werden müße, wird ſelbſt dem Fremden, wie auffallend ihm auch ihre Töne anfangs ſein müſſen, ſofort augenſcheinlich, wenn er wahrnimmt, wie jedes ſächſiſche Kind ohne den minde— ſten Unterricht im Stande iſt, hochdeutſche Wörter feines Ideenkreiſes in ſein Mutteridiom, und umgekehrt dieſes in hochdeutſche Redeweiſe zu überſetzen. Um das Verhältniß dieſer Mundart zur hochdeutſchen Sprache ſyſtematiſch nachzuweiſen, iſt es nicht undienlich, von dem allgemein gültigen Unterſchiede zwiſchen Form und Materie einer Sprache auszugehen, und dann in bei— derlei Hinſicht das ſiebenbürgiſche Idiom mit jener zu vergleichen. Unter Materie oder Stoff einer Sprache verſtehen wir überhaupt den Inbegriff ihrer Begriffszeichen (Wörter), unter Form derſelben dagegen die geſetzmäßige Art und Weiſe, wie ſie dieſelbe zur Bezeichnung der verſchiedenen Beziehungen der Begriffe hörbar verſchieden geſtaltet (Bau 2) In den älteſten Urkunden führen die deutſchen Anſiedler in Siebenbürgen die Namen Flandrenses, Teutoniei Ultrasilvani. Der Name Sachſen erſcheint ſpäter und iſt nach Schlözer p. 172 bei den Finnen allgemeine Be— nennung der Deutſchen. Unwahrſcheinlich iſt es nicht, daß, wie bei jenen, ſo auch bei den Ungarn die nahe Berührung, in welche ſie zuerſt mit dem Stamme der Sachſen kamen, eine Verwechſelung des Ganzen mit ei⸗ nem Theile deſſelben veranlaßte. Aehnliche Verwechſe— lungen hat außer Schlözer angeführt Arndt über den Ur— ſprung und die verſchiedenartige Verwandtſchaft der eu— ropäiſchen Sprachen. p. 251. . ² AAA . 99 der Sprache). So wie eine Sprache in dem Grade ſich der durchgängigen Selbſtändigkeit nähert, in welchem ſie nach beiden Elementen von andern abweichet; ſo muß auch alle Aehnlichkeit oder Verwandſchaft verſchiedner Sprachen nach dem Grade ihrer Uebereinſtimmung in beiderlei Hin— ſicht beurtheilt werden. Wenden wir dieſe allgemeinen Sätze auf die ſächſi— ſche Mundart, und ihr Verhältniß zur deutſchen Sprache an, ſo ergibt ſich zuvörderſt der unbeſtreitbare, ſchon oben angedeutete Satz, daß beide nach Stoff und Form we— ſentlich übereinſtimmen, und der Name einer befondern Sprache ihr ſelbſt in dem beſchränktern Sinne nicht zu— kommen kann, in welchem wir z. B. die holländiſche und engliſche Sprache ungeachtet ihres verwandten Baues und ihres Reichthumes an germaniſchen Wurzeln der deutſchen als ſelbſtändige Ganze entgegen zu ſtellen gewohnt ſind. Ihrem ganzen Weſen nach kann ſie nicht als fortlebender Dialect einer urſprünglichen, längſt in verſchiedne Formen zerſplitterten, und nur in dieſen Trümmern erkennbaren germaniſchen; ſondern nur als Mundart der in den man: nichfachſten Redeweiſen über ganz Deutſchland verbreiteten deutſchen Sprache richtig gefaßt und beurtheilt werden. Bei weitem der größte Theil ihres Wortvorrathes erſcheint oft ohne die mindeſte phonetifche Veränderung, wie z. B. Menſch, Uhr, Waſſer und dgl. in denſelben urſprünglichen und abgeleiteten Bedeutungen wieder; die Geſetze der Bil— dung abgeleiteter Wörter aus ihren Wurzeln ſind mit un— bedeutenden Ausnahmen dieſelben, und überhaupt ihr ge— ſammter Organismus in der Abänderung der Redetheile dem Organismus der hochdeutſchen Sprache weſentlich gleich und verwandt. Rechnen wir hiezu noch die deutſche Auffaſſung der Welt und des Lebens, wie ſich dieſelbe in den verſchiednen Wendungen der Rede, den bildlichen Aus— drücken und den Sprüchwörtern des Völkchens zu erken— nen gibt; ſo iſt das obige Urtheil vollkommen beſtätigt, und die Wahrnehmung, daß der Deutſche in Siebenbür— gen in gewiſſer Hinſicht eine doppelte Mutterſprache hat, 7*⁴ 100 | wird uns nicht weiter als unerklärlich oder auffallend ber fremden. Darf ich aus dem Geſagten eine hiſtoriſche Folge— rung ziehen, ſo finde ich darin eine vollgültige Widerle— gung einer ehemals beliebten Anſicht, welche in den Sie— benbürger Deutſchen nicht Anſiedler des 12. Jahrhunderts, ſondern, aller urkundlichen Geſchichte zum Trotze, unbe— zweifelte Abkömmlinge der Gothen erblickte *). Ich will ebenſo wenig den Aufenthalt gothiſcher Stämme in Da— cien leugnen, als die Möglichkeit bezweifeln, daß nach dem Abzuge derſelben viele Volksgenoſſen daſelbſt zurück blie— ben; muß aber die Schwierigkeiten, welche ſich auf ſprach— lichem Gebiete bei jener Hypotheſe ergeben, ſchlechthin für unuͤberwindlich erklären. Die Abweichung der ſächſiſchen Sprache von der gothiſchen, von welcher die Ulfilaniſche Bibelüberſetzung höchſt bedeutende Ueberreſte erhalten hat, iſt viel zu bedeutend und zu auffallend, als daß jene an und für ſich ſchon gewagte Annahme in derſelben die min- deſte Rechtfertigung finden könnte „). So wie in Spanien die gothiſche Sprache durch ihre Vermiſchung mit der la— teiniſchen und mit der Urſprache des Landes eine ganz ei— genthümliche Geſtalt angenommen: ſo mußte dieſes auch in Siebenbürgen wenigſtens bis zu der Zeit geſchehen, wo die Weisheit ungriſcher Könige es für rathſam gefunden, dieſe angeblichen Gothen durch eigne Geſetze von den übri— gen Völkern Siebenbürgens zu iſoliren. Jedenfalls aber würde ſelbſt in dem Falle, wenn die dreimalbeglückten auf dem Tummelplatze verſchiedner Völker die Reinheit der Sprache erhalten hätten *), die ſächſiſche Mundart dann 5) Eine Hypotheſe, welche ſchon der geiſtvolle Schlözer p. 508 unter die Unfacta zählet. 4) Vgl. deutſche Grammatik von Jacob Grimm. Erſter Theil. Göttingen 181g. 5) Im vollen Ernſte hat neuerlich ein lächerlicher Eigendün— kel behauptet, der Römerſtolz habe die Vorfahren der Walachen oder Rumunen vor aller Berührung mit bar— bariſchen Völkern, und dadurch auch die lateiniſche Spra— che derſelben vor aller Vermengung mit Fremdwörtern r 101 dem oben geſagten zufolge in einem ganz andern Ver— bältniffe zur hochdeutſchen ſtehen, als wir dies früher ge— funden; wir müßten dann, um die weſentliche Ueberein— ſtimmung beider begreiflich zu finden, durch einen neuen Machtſpruch die gothiſche Sprache ganz in die Redeart ſpäterer deutſcher Ankömmlinge aufgehen laſſen ). Wir ſtellen dieſer Hypotheſe des Gothenthums und eines allmähligen Uebergangs Ulfilaniſcher Sprache in ſäch— ſiſche Mundart die für den Sprachforſcher nicht uninter— eſſante Behauptung entgegen, daß dieſe ſeit dem Iten Jahrhundert ſich nur wenig verändert habe, und darum mit vollem Rechte unter die älteſten noch vorhandenen Denkmähler der deutſchen Sprache gezaͤhlt werden müſſe. Schon die Erwägung der geographiſchen Lage der deut— ſchen Koloniſten in Siebenbürgen macht dieſe Annahme mehr als wahrſcheinlich. Von dem Stamme frühzeitig los— getrennt, und in eine Gegend verpflanzt, die durch Völker andrer Zungen von feiner Heimath geſchieden war, ent behrte dieſes Völkchen fortan jenes lebendigen und allge⸗ meinen Verkehrcs mit feinen Geſchlechtsgenoſſen, wodurch der Erfahrung und der Natur der Sache zufolge mund— artliche Verſchiedenheiten endlich mehr und mehr in einanz der verfließen, und die Sprache ſelbſt ſich fortwährend glättet und abrundet. So, auf ſich ſelbſt gewieſen und mit dem Mutterlande faſt allein durch die deutſche Litteratur in einer mehr ſtummen, als lebendigen und das lebende Wort unmittelbar ergreifenden Berührung, blieb die ur⸗ ſprüngliche Mundart im Ganzen bloß den langſamen Ein— ſicher geſtellt. Warum bewahrt dieſer Talisman, wenn er ſolche Wunderkraft in ſich hat, ihre Nachkommen nicht vor Behauptungen, wodurch ſie ſich allen Gebildeten lä— cherlich machen? 6) Ob die Anſiedler des 12. Jahrhunderts nicht zerſtreute Ueberreſte germaniſcher Stämme in ihren neuen Wohn— ſitzen vorfanden, iſt eine andre Frage, deren genügende Beantwortung tiefer gehende Unterſuchungen vorausſetzt und vielleicht ſpäter einmal in diefen Beiträgen behan— delt werden dürfte. 102 wirkungen fortſchreitender Bildung unterworfen, und konnte nur da eine weſentliche und durchgreifende Veränderung erfahren, wo dieſe entweder an ſich ſtärker waren, oder durch andre zufällige Umſtände verſtärkt wurden. Wir ſtü— ten hierauf die Vermuthung, daß eine ſolche tiefer ge: hende Veränderung vorzüglich der Dialect des alten Mit— telpunktes der Kolonien und des langjährigen Sitzes der Landesregierung Hermannſtadt beſonders ſeit der Zeit er— fahren, wo Siebenbürgen an das Kaiſerhaus Oeſterreich gelangte, und ein bedeutender Theil der Adminiſtration von ausländiſchen Deutſchen geführt wurde, ohne dadurch den andern Städten der Sachſen zu nahe treten, und ihre Sprache einer Erſtarrung in den urſprünglichen Formen beſchuldigen zu wollen. Wir wiſſen es wohl, daß es auf dem Gebiete des geiſtigen Lebens und ſeiner Erſcheinung, wohin wir die Sprache zählen, keinen abſoluten Stillſtand gibt; allein wir wiſſen es auch, daß die Sprachen der Völker ein Heiligthum ſind, welches ſie mit ängſtlicher Sorgfalt hüten, daß neue Wörter und neue Wortformen die Maſſen des Volkes ebenſo ſchwer, wie neue Ideen, durchdringen, und daß endlich ſelbſt der gebildete Theil deſſelben überall, beſonders in mündlicher Mittheilung, die Eigenheiten des Dialectes nur mit der äußerſten Mühe, und ſelten mit vollem Glücke verläugnet. Aus dem über Veränderung der Sprache geſagten läßt ſich zum Theile auch ein Phänomen erklären, welches ich bloß deswegen berühre, weil darauf geſtützt viele mei- ner Landsleute jetzt noch verſchiedne ſächſiſche Dialecte an— nehmen, und auf dieſe Meinung wohl gar eine Hypotheſe von genetiſcher Verſchiedenheit der erſten Koloniſten künſt— lich aufbauen. Ich meine jene mannichfachen Schattirun— gen und Abweichungen der Mundart, die wir in dem gan— zen Sachſenlande antreffen. Wir haben allen Grund an— zunehmen, daß ein guter Theil derſelben urſprünglich ſei, weil alle Urſachen, wodurch ſich die Sprache gleichſam in— dividualiſirt, mit ihrer erſten Entſtehung zu wirken begin— nen, und darum bis zu der Zeit, wo die Vorfahren der 103 Sachſen ihre Heirach verließen, ſchon durch Jahrhun— derte fortgewirkt hatten, und es iſt vielleicht nicht zu ge— wagt, wenn wir gerade aus dieſer ſtarken Individualiſirung der ſächſiſchen Mundart auf ihre weſentliche Identität mit dem urſprünglichen Idiome zurückſchließen. Ueberall, auf theoretiſchem wie auf practiſchem Boden, liegt das Fort— ſchreiten in der Unterordnung der Individualität unter all— gemein gültige Sätze, und wird nur in dem Grade er— kennbar, als wir die Allgemeinheit gewiſſer Regeln wahr— nehmen. Wenn aber in der Folgezeit der Dialect ſich wei— ter nüancirte und immer buntſcheckiger wurde, ſo mag ein Hauptgrund davon wohl freilich auch in den verſchiedenen Beziehungen geſucht werden, in welchen einzelne Gegen— den zu den Plätzen ſtanden, wo der urſprüngliche Dialect die meiſten Modificationen erlitten. Darum finden wir eine gewiſſe Verſchiedenheit der Mundart ſchon unter den Be— wohnern der Städte, nach Maßgabe ihrer Bildung und ihres Verkehres mit dem Auslande, und während in ihren nähern Umgebungen auch das Beſtreben verfeinerter Spra— che in äußerſt mannichfachen Erſcheinungen ſich kund gibt 7), begegnet uns in den entferntern Bezirken ein alterthümli— cher Typus der Rede, deſſen Töne und Wörter ſelbſt dem eingebornen Sachſen oft auffallend klingen 3). Alle dieſe Verſchiedenheiten aber erſcheinen uns bei näherer Beleuch— 7) Daß bei dieſer Nachahmungsſucht der gebildeten Stände oft lächerliche Mißgriffe gemacht werden, und mit man⸗ chen Wörtern ſchiefe oder ganz falſche Begriffe verbun— den werden, verſteht ſich von ſelbſt. Marchande-mode- wohl gar Méchante-modehändlerinen habe ich ſelbſt in Städten oft gehört; Obriſt nennt der Bauer oft jeden Officier; Parisol (parasol) braucht mancher ſtatt Klei— nigkeit, und dgl. Sich befehlen, was man auf dem Lan⸗ de häufig ſtatt ſich empfehlen hört, ließe ſich wohl noch vertheidigen. Wie wenige meiner Landsleute dürften z. B. das Wort Horandi Lärm, Braelft Hochzeit verſtehen, welche in einigen Ortſchaften des Großſchenker und Schäßburger Stuhles noch gebräuchlich ſind. co — 104 tung als bloße Varietäten, die uns ebenſo wenig berechti— gen mehrere Grunddialecte anzunehmen, als z. B. der Bos tanifer jede Pflanzenindividualität zu einer beſondern Art ſtempelt. Wer dieſes aber gleichwohl thut, der ſehe dann ſelbſt zu, wie er ſich aus dem Labyrinthe, in das er noth— wendig gerathen muß, herausfinden mag. Iſt die weſentliche Identität der Mundart der heuti— gen Sachſen mit dem Idiome ihrer Vorfahren ſchon mehr als wahrſcheinlich: fo müſſen wir andrerſeits auch die Rein⸗ heit derfelben von Gebilden nichtdeutſcher Sprachen behaup— ten. So wie fie nämlich geographiſch von ihrem Mutter lande abgeſchieden ſind, ſo waren ſie in politiſcher Hinſicht durch das ausſchließende Bürgerrecht auf ihrem Grund und Boden von den Völkern, die ihr Gebiet umgaben, ſo ſcharf getrennt, daß eine Vermiſchung mit ihnen, und eine dadurch bedingte Vermengung der Sprachen nicht füg- lich ſtattfinden konnte. Man mag mit gutem Grunde die Aufhebung dieſes Rechtes durch den unſterblichen Kaiſer Joſeph II. loben; ſeine Verleihung an die junge Kolonie wird der denkende Forſcher, auch abgeſehen von allen übri— gen Gründen, ſchon darum rechtfertigen, weil ſie das ſicher— ſte Mittel war, die Aufklärung, welche dieſe nach Sieben— bürgen gebracht, mitten unter den an Zahl überlegenen, damals noch halb barbariſchen Völkern, zum Segen des Landes zu ſchirmen, und der Freund ſeiner Mutterſprache wird ihr ganz beſonders die durch ſechs Jahrhunderte ge— rettete Selbſtändigkeit derſelben verdanken. Denn dazu trug ſie gewiß viel mehr bei, als die lange Zeit hindurch den Nachbaren überlegene Geiſtescultur der Einwanderer, wel— che, fremder Begriffe nicht bedürftig, auch fremden Zei— chens ohne Mühe entbehrten: iſt doch an den Grenzen der Kolonie, wo der Verkehr mit den Fremden lebhafter war, die ſächſiſche Mundart an manchen Orten mit vielen an— dern Zeichen der Nationalität längſt untergegangen ?), und 9) z. B. in der uralten deutſchen Kolonie Rams (Romos). 80 haben die Bewohner mancher urſprünglich ſächſiſchen Dörfer, welche zum Comitate gehören, walachiſche Klei— 105 erſcheinen ſelbſt im Innern des Landes, wo die Anſiede— lungen der Walachen zahlreicher wurden, manche rumuni— ſche Wörter, mit deutſchem Gewande umkleidet, in dem Munde der ſächſiſchen Bauern 1). Wenden wir uns nun von dieſen allgemeinen Anſich— ten zur nähern Characteriſtik der ſächſiſchen Mundart, ſo iſt es zuvörderſt unverkennbar, daß ſie dem niederſächſi— ſchen Dialecte, und durch dieſen der ſaſſiſchen, frieſiſchen oder altſächſiſchen, holländiſchen und engliſchen Sprache am meiſten verwandt iſt, ohne jedoch ein völlig getreues Nachbild einer von dieſen genannt werden zu können. Die Wahrheit dieſer Behauptung, mit welcher die urkundliche Geſchichte der Kolonie vollkommen übereinſtimmt 11), wird ſich theils aus den ſpäter zu gebenden Sprachproben, theils aber aus der nun folgenden Aufzählung der vorzüglichſten Eigenthümlichkeiten dieſes Dialectes in formaler und ma— terieller Hinſicht ergeben. Ich beginne dieſe Aufzählung mit wenigen allgemei— nen Bemerkungen über die Lautverhältniſſe der ſächſiſchen Mundart; ein erſchöpfendes Syſtem derſelben wird ohne— hin kein billiger Leſer erwarten. An und für ſich ſchon iſt es nämlich unmöglich, die Differenzen mundartlicher Lautbildung von hochdeutſcher Sprache auf feſte, allgemein geltende Regeln zurückzuführen. So wie die feinere Schrift— ſprache jedes kultivirten Volkes, fo hat ſich auch die hoch— deutſche Sprache im Laufe der Zeiten aus den Dialecten nicht nach objectiven Principien herausgebildet, ſondern die dung angenommen und ihre Sprache ſo ſehr mit wala⸗ chiſchen und ungriſchen Wörtern vermiſcht, daß ihr deut— ſcher Charakter kaum noch erkennbar geblieben. 10) Die Wörter oprinn hemmen, opetschinn hindern, quälen, daike Amme u. ſ. w. find walachiſchen Urſprunges, wer— den aber auf dem Lande ſehr haufig von den Deutſchen gebraucht. 11) Es genügt hier auf die alte urkundliche Benennung der- ſelben: Flandrenses, und auf die Unterſuchungen Schlö— zers in ſeiner Geſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen, Göttingen 1795, zu verweiſen. | 106 | | Formen aus ihnen herausgehoben, welche theils dem nicht immer in deutlich beſtimmte Begriffe auflösbaren, und ſubjectiv verſchiedenen äſthetiſchen Gefühle am meiſten zus ſagten, theils für das Bedürfniß einer ſcharfen und an- ſtändigen Ideenbezeichnung vorzüglich genügend erſchienen, und dann, meiſt durch das empfehlende Anſehen eines berühmten Schriftſtellers begünſtigt, in der Umgangsfpras che der Gebildeten, ſo wie in der gewählteren Schreibart, gewöhnlich wurden ). Hiezu kommt, daß beſonders die Vocale proteusartige Weſen find 8), in beſtändiger Um- wandlung begriffen, und in dem Munde des Volkes ſo mannichfach nüancirt, daß die Menge der vorhandenen Tonzeichen zur Darſtellung dieſer Schattirungen eben fo wenig ausreichet, als dieſe ſelbſt durch ſcharf trennende Regeln ſich bezeichnen laſſen. Aus dieſen Gründen nun wird eine Charakteriſtik des phonetiſchen Theiles jeder Mund— art ſich immer bloß auf einige wenige, relativ allgemeine Sätze beſchränken, oder, wenn ſie alles erſchöpfen will, ein Heer von Regeln aufſtellen müſſen, von denen die mei— ſten, wie etwa die Regeln der engliſchen Ausſprache, in dem Schwalle vorfindlicher Ausnahmen untergehen. Dem Geſagten zufolge wird es uns nicht befremden, wenn wir in der ſächſiſchen Mundart Wörter finden, de— ren Ausſprache ſo wenig feſt iſt, daß ſie mehrere Glieder der Vocalenreihe durchlaufen, wie z. B. Schaaſter, Schau— ſter, Schoſter, hochdeutſch Schuſter; Goas, Gois, Guis, hochd. Gans. In Beziehung auf die übrigen Eigenthüm— lichkeiten derſelben in der Vocaliſirung der Wörter dürften die nachfolgenden Bemerkungen für eine allgemeine Anſicht der Sprache vielleicht ausreichend befunden werden: 12) Wie viele Wörter hat namentlich Klopſtock und Voß, nachdem fie bis dahin bloß in der mundartlicheu Spra— che gebräuchlich geweſen, in den feineren Kreis hochdeut— ſcher Redeweiſe eingeführt! 15) Vgl. K. F. Becker das Wort in feiner organiſchen Ver⸗ wandlung. Frankfurt a. M. 1855. 8. p. 65. 107 1. Der Dialect iſt reich an ſogenannten getrübten Vocalen und Miſchlauten. So trübt ſich das a und ungleich häufiger das e der Stammfilben durch ein vorklingendes i, das o theils durch Ver— ſchmelzung mit a, wodurch es einen breiten, or— thographiſch nur durch eine willkürliche Bezeich— nung (etwa s oder oa) erkennbaren Ton erhält, theils durch den Vorſchlag des u ), theils end— lich, ſo wie das u durch ein vorklingendes oder aber anlautendes i. 2. Neben den getrübten Wortformen erſcheinen in der Sprache häufig auch Formen mit reiner Vocal— bildung, ohne daß jedoch für dieſen Wechſel ein allgemeines Geſetz nachgewieſen werden kann. 3. Der Diphthong au erſcheint in der Sprache der Burzenländer häufig, wo die hochdeutſche Sprache u oder u, (beſonders mit unmittelbar folgendem s) die Mundart der andern Bezirke dagegen o oder 6 hat „*); au, ei, eu werden nur höchſt ſelten rein gehört, indem ſtatt des erſten der Miſchlaut ou, ſtatt des letzten aber theils e oder i, theils ei in ſelbſtändiger ſchneller Verbindung der beiden Vocale gewöhnlich find 6). Ich kann dieſe wenigen Bemerkungen über die Selbſt— lauter unſerer Mundart unmöglich beſchließen, ohne dar— aus eine Regel für die Orthographie ſächſiſcher Wörter ab— zuleiten, von welcher ich ſelbſt bei künftigen Spracherläu— terungen aus dem Grunde Gebrauch machen werde, weil 14) Das Vorkommen der reinen Formen mit gedehntem o neben den getrübten in der Mehrheit von Fällen beweiſt, daß o und nicht e durch Vorſchlag des u getrübt wor- den, dgl. woossen, wuossen, wachſen, los, luos, todt, verloren u. ſ. w. daher auch die Schreibung ſolcher Wör— ter mit ue ungenau genannt werden muß. 15) z. B. Bauss, ſonſt Boss, Buße; baussen, ſonſt bös- e dae et ſonſ ö 16) 3. B. hochd. Feuer, burzenl. Fyr, ſonſt Feur, Feir; reeich, ſächſ. rech. ! dar, 108 ich fie für die einfachſte und richtigſte halte. Da in den meiſten Fällen die reinen Vocale und Diphthongen neben den getrübten und neben den Miſchlauten vorkommen, und die Nüancirungen derſelben in den einzelnen Bezirken wech— fen, fo kann eine feſte Baſis für die Schreibart ſolcher Wörter bloß dadurch gewonnen werden, daß wir uns dus bei des reinen Vocales und des reinen Diphthonges be— dienen, und feine verſchiedne Ausſprache dem Leſer uͤberlaſ— ſen, anſtatt, wie bisher wohl häufig geſchehen, durch die orthographiſche Darſtellung einer individualiſirten Mund— art dem übrigen Theile der Sprachgenoſſen ſchwer ver— ſtändlich zu werden. Schreiben wir z. B. immerhin Scheuer; für den Fremden hat die Beſonderheit der Vocaliſirung kaum ein untergeordnetes Intereſſe; der Sachſe aber wird es um ſo leichter als identiſch mit ſeinem individualiſirten Scheir oder Schir leſen, als die reine Form in der Re— gel dem Hochdeutſchen näher liegt, und die eben hiedurch leicht gewonnene Regel der Lauttrübung ihn auch in den wenigen denkbaren Fällen vor jedem Mißgriffe bewahret. Beide aber werden durch die bei Anwendung dieſer ortho⸗ graphiſchen Regel entſtehenden ſcheinbaren Willkürlichkeiten in der Ausſprache eines und deſſelben Vocales um ſo we— niger befremdet werden, wenn ſie ſich erinnern, welche ver— ſchiedne Töne ſchon die deutſche und franzöſiſche, vorzüg— lich aber die engliſche Sprache durch daſſelbe Vocalzeichen orthographiſch bezeichnet. a Auf einem feſtern Boden findet ſich der Sprachfor— ſcher, wenn er die Verhältniſſe der Conſonanten der füche ſiſchen Mundart zu denen der hochdeutſchen Sprache un— terſuchet, ſo daß es ihm auf dieſem Gebiete wohl möglich wird, die meiſten Abweichungen derſelben unter allgemeine Regeln zu bringen. Alles hieher gehörige erſcheint entwe— der als Schwächung, oder als Verſtarkung der Mitlauter, und läßt ſich nach dieſer Eintheilung ſyſtematiſch und voll⸗ ſtändig überſehen; die Fälle der Verwechſelung von Con— ſonanten verſchiedner Organe werden, weil ſie bloß aus— nahmsweiſe vorkommen, und an und für ſich ſchon auf— 109 llender find, in der Sammlung von ſaͤchſiſchen Idiotis— en ihre Erläuterung finden. Als Lautſchwächung müſſen wir zuvörderſt es bettach⸗ ten, wenn die ſächſiſche Mundart das b am Schluße der Stammſylben durchgängig mit dem weichern Lippenlaute w vertauſcht, und dadurch Wortformen wie ſchreiwen, gro— wen ſtatt ſchreiben, graben erhält, eine Eigenheit, die uns auch in der engliſchen, holländiſchen und niederſächſiſchen Sprache (vgl. z. B. engliſch live, niederſächſiſch leven, ſächſ. leven, leben; holländ. druif, niederſächſ. druve, burzenländ. drow, Traube) ſehr häufig begegnet. Zu den wenigen Ausnahmen von dieſer Regel gehören einzelne Wör— ter, die entweder in doppelter Form fortleben, wie Zwib⸗ bel neben Zwiwwel, Zweiwel, hochdeutſch Zwiebel, oder aber ihren jüngern Urſprung gerade durch dieſe Abweichung und überdieß noch dadurch verrathen, daß ſie in landſchaft⸗ licher Sprache nicht vorkommen, wie: laben, ſchieben 1). Bedenklicher iſt es, den Uebergang des harten t und th am Anfange und am Ende der Wortſtämme in das gelindre d als Regel feſtſtellen, und alle abweichenden For⸗ men als anomal bezeichnen zu wollen, weil an und für ſich ſchon bei der großen toniſchen Nähe beider Mitlauter ihre Verwechſelung in der Ausſprache ſo leicht iſt, und das nämliche Schwanken auch in der niederſächſiſchen Mund⸗ art nicht nur bei Fremdwörtern, wie Ton, Taback, ſondern auch bei einheimiſchen ftatt findet ). Immer aber kann die Behauptung einer Vorliebe beider Mundarten für das gelindere d durch eine bedeutende Anzahl fo gebildeter Wör— ter geſtützt werden, und auch in den Abweichungen bleibt eine gewiſſe Uebereinſtimmung unverkennbar. — —— ͤ—— 17) Niederſ. laven. Die verwandte Lautfchwächung des f in findet ſich mehr nur ausnahmsweiſe in deiwel, Teu⸗ fel, Zweiwel und der dazu gehörigen Wortreihe. 18) Vgl. ſächſ. tasch, niederſ. tas ke, holl. tasch , Taſchez | tiasig, niederſ. taesig, zahm, kleinlaut; ſaͤchſ. torren, F niederf. toorn, toren, Thurm, u. ſ. w. ſächſ. und | niederf. treden, treten u. f. w. | 110 Als regelmäßig erſcheint endlich in der ſiebenbürgiſch⸗ ſächſiſchen Mundart die Erweichung des k in g in der Ableitungsendung keit der Hauptwörter, während dieſelbe Erweichung des auslautenden ch ſich bloß in einigen Plu— ralbildungen, wie Bach (Buch) plur. Bäger u.f.w. findet. Ein ähnliches Beſtreben, dieſem Kehlhauche auszuwei— chen entdecken wir auch in den Fällen, welche füglich unz ter folgenden Bemerkungen zuſammengefaßt werden können: 1. Wo in der hochdeutſchen Sprache ein zum Wort— ſtamme gehöriges s oder z dem ch unmittelbar folgt, wird dieſes gleichfalls in s verwandelt oder geht in das hauchloſe k über z. B. seess, ſechs, wooss, Wachs, Fuss, Fuchs, Uss, Ochs, Wills, Wichs, schlukkzen ſchluchzen. | 2. Vor der Subſtantivendung keit verfließt ch, ſo wie das ihm verwandten g zugleich mit dem k in, den weichen Mitlauter g z. B. Reechtleget, Rechtlichkeit, Matteget, Mattigkeit. 3. Die hochdeutſche Diminutivendung chen lautet nach f und Wes und lin der ſächſiſchen Mundart ken, während ſie nach Vocalen und den übri- gen Konfonanten den gehauchten — aan ſtaben behält. Anſtatt des zuſammengeſetzten und darum härteren oberdeutſchen pf, welches die ſiebenbürgiſch-ſächſiſche Mund- art ebenſo wenig, als die niederſächſiſche kennt, wechfeln. am Anfange der Wortſtämme die einfachen Beſtandcheile dieſes Doppellautes p oder k, und erſcheinen manchmal ſelbſt in dem nämlichen Worte nebeneinander ); im Aus⸗ laute der Wortſtämme aber wird pf durchgängig, ſo wie im eee durch p vertreten 29. | 19) Vgl. Butzenläub⸗ paard (niederf. peerd) ſonſt faard Pferd, ploonz, floonz Pflanze. Dagegen bloß farr , niederf. parr Pfarrer, fell, niederf. piel Pfeil, plach, niederſ. plag Pflug u. ſ w 20) 3 B. stamp, ſtumpf, appel, Apfel, hoppen, hüpfen, u. ſ. w. 111 Wir wenden uns nun zu der Unterſuchung derjeni— gen Eigenthümlichkeiten der ſiebenbürgiſch-ſächſiſchen Mund— art, welche aus Lautverſtärkung hervorgehen, und müſſen uns der Natur der Sache gemäß, weil es uns vor der Hand bloß um die Zeichnung eines allgemeinen Umriſſes der Sprache zu thun iſt, auch hier wieder auf die Erz wähnung deſſen beſchränken, was ſich durch allgemeinere Geltung von ſelbſt als Regel ankündigt ="). A Aus dieſem Grunde verdient hier zunächſt die im Bur— zenlande vorkommende Härtung des w nach ſch und z, inwieweit ſie allerdings als eine Art der Verſtärkung des Anlautes betrachtet werden muß, und in einer bedeuten⸗ den Mehrheit von Fällen erſcheint 2), angeführt zu werden. In dieſelbe Reihe von Lautverſtärkungen gehört ferner auch das naſale n 35), welches in der ſiebenbürgiſch-ſäch⸗ ſiſchen Mundart in folgenden Fällen erſcheint: | 1. häufig in Wortſtämmen auf ein, ſächſ. eng mit pbhalblautem e z. B. Wein, Weng; Schwein, S⸗echweng; ſcheinen, schengen u. ſ. w. 2). 2. In der Mehrzahl der Wortſtämme auf end, ind, und, z. B. Ende, Engd, finden, kengden, ge⸗ fund, gesangd ). In den Stämmen auf and tritt es ein, ſobald ſie den Umlaut erhalten z. B. a Hand, Hoand, Hände, Haengd, u. ſ. w. ECE'bbendahin müſſen wird endlich auch die Verſtärkung des auslautenden t durch ein vorklingendes k rechnen. Wir 21) Die wenigen Fälle, in denen vom Standpuncte der hoch⸗ deutſchen Sprache aus, der Anlaut oder Auslaut einzel⸗ ner Wörter als verſtärkt erſcheint, werden füglicher in einem Idiotikon der ſächſiſchen Mundart erörtert. 22) 3. B. speng Schwein, 2zpien zween u. ſ. w. 25) Ich bediene mich dieſes von ſranzöſiſchen Grammatikern entlehnten Ausdruckes, um die dem eng in dem deutſchen Worte Gang, lang u. ſ. w. analoge Ausſprache des n zu bezeichnen. N 24) Ueber die emphatiſchen Formen der poſſeſſiven Fürwörter, welche hiedurch entſtehen, ſiehe unten. 25) Ausnahme: rund, rond. 112 finden fie regelmäßig nach den Diphthongen au, eu und ei in Stammſilben z. B. Kraut, Hrokt, Leute, Lekt, Scheit, Schektz im Burzenlande auch häufig nach u z. B. Hut, Haekt, Mutter, Maekter u. ſ. w. Ich beſchließe dieſe Unterſuchung der phonetiſchen Ber: hältniſſe der ſiebenbürgiſch-ſächſiſchen Mundart mit der be— ſcheidnen Bemerkung, daß ich von der anmaßenden Be— hauptung einer durchgängigen Erſchöpfung des Gegenſtan— des durchaus entfernt bin. Iſt aber irren überhaupt menſch⸗ lich, und der Menſch ſelbſt, nach dem naiven Sprichworte unſerer Bauern, ein Fehler, ſo dürfte es wohl auf einem Gebiete, wo es zur Zeit noch an einer ſyſtematiſchen Durchforſchung gänzlich fehlt, um ſo leichter zu entſchul⸗ digen ſein, als die Veranlaſſungen dazu für den, welcher ſich die Bahn überall erſt brechen muß, häufiger ſind. Dieſelbe Nachſicht billig urtheilender Leſer muß ich mir auch für den nun folgenden Verſuch, die grammatiſchen Bezie⸗ hungen meiner Mundart zur hochdeutſchen Sprache zu entwickeln, erbitten. Es iſt nicht meine Abſicht eine ſieben— bürgiſch⸗ſächſiſche Sprachlehre zu entwerfen — wozu ſollte ſie auch einer Sprache, die nicht geſchrieben wird — wohl aber wünſche ich auch in dieſer Hinſicht die Sprachfor— ſcher auf einen bisher kaum beachteten Theil des deutſchen Sprachenſchatzes aufmerkſam zu machen, meinen Sprach— genoſſen aber durch eine genauere Entwickelung der zahl— reichen mundartlichen Abweichungen von gebildeter deutſcher Redeweiſe zu beweiſen, wie widerſinnig es ſei, in unſern Schulen, wo buchſtäblich tauſende von Stunden an die Erlernung des Lateins gewandt werden, die deutſche Gram— matik aus dem nichtsſagenden Grunde bei Seite zu ſetzen, weil dieſe ſich ja von ſelbſt erlerne. Der Deutſche lernt feine. Sprache grammatiſch; wie lange wollen denn wir, deren Dialect ſeit Jahrhunderten in ſeiner Entwickelung ftille geſtanden, im Wahne, der Sachſe brauche nicht erſt deutſch zu lernen, uns, ſobald wir die Feder ergreifen oder den Mund öffnen, mit unſern Idiotismen von jedem ge- bildeten Deutſchen auslachen laſſen? | 9 ö | N 113 Die Abweichung in dem beſtimmten Artikel ift fo un: bedeutend, daß eine ausführliche Erörterung derſelben ganz unnöthig ſcheinet. Es genügt, die niederſächſiſche Form des Neutrums det und die Abſchleifung des d in der Dativ: form dem nach Präpoſitionen, und des n vor Conſonan— ten (mit Ausnahme von d, t, 2) in minder genauer Sprachweiſe anzuführen 25); bedeutendere Eigenheiten der Vokaliſirung werden tiefer unten bei der Lehre von den Fürwörtern erwähnt werden. ' Bezeichnend aber ift es in Beziehung auf den unbe: ſtimmten Artikel ein, eine, ein, daß unſere Mundart ihn von dem Zahlworte der Einheit nicht, wie im Hochdeut— ſchen, durch die Betonung, ſondern durch eigne Formen un: terſcheidet, wie aus der folgenden Zuſammenſtellung bei- der erhellet. Artikel. m. if n. nom: e, en,; en, e, en gen. es, er, es dat. em, er, em acc. en, en, e, en Zahlwort. m. * n. nom. ie, ieng 27) ien, ieng ie, ieng ?°) gen. ennes, enner, ennes dat. ennem, enner, ennem acc. ennen, ien, ieng ie, ieng 2). Des genauen Zuſammenhanges wegen, welcher zwi— ſchen dem beſtimmten Artikel und dem Pronomen hinſicht⸗ 26) Aehnliches hat die mittelhochdeutſche Sprache. Grimm 355. So auch ſchweizeriſch em, im, am. Stalder 1. 54. 27) Außer der Verbindung: enner. Aehnlich ſind die Formen N der gen Artikels in der ſchweiz. Mundart. Stal⸗ ee 1 28) Außer der Verbindung: iengd. 29) Ueber den Wechfel der Doppelformen im Gebrauche ent ſcheidet die Euphonie. Schullers Archiv I, 1. 1 114 lich ihrer Bedeutung ſtatt findet, ſchicke ich die Bemerkun⸗ gen über die Pronomina unſerer Mundart der Entwicke- lung ihrer Subſtantivdeclination voraus. Außer dem in der hochdeutſchen Sprache gewöhnli— chen Mittel, den emphatiſchen Gebrauch der Fürwörter durch toniſchen Nachdruck und dadurch bewirkte Schärfung oder Dehnung des Vokals erkennbar zu machen, bedient ſich die ſiebenbürgiſch⸗ſächſiſche Mundart für dieſen Zweck auch einiger beſondern Wortbildungen. Hiedurch und durch die landſchaftlichen Schattirungen der Ausſprache erhält ſie theils gleichbedeutende, theils emphatiſch verſchiedne Doppelformen. Namentlich erſcheinen: 1. Bei dem perſönlichen Fürworte die Doppelformen: te, taa (du); e, hee, hie (er); se, sae (fie); et, aett (es); mer, mir (wir); er, ir (ihr); es, aas (uns); e (en) aennen, aenne (ihnen) u. a. m. de⸗ ren letztere emphatiſch ſind. 2. Bei dem poſſeſſiven Pronomen neben der verftümz melten und gewöhnlich nachdrucksloſen Form: me, de, se (mein, dein, ſein) die Formen: meng, deng, seng, ) welche vor Vokalen und h, vor d, t, z, und als Prädikat gebraucht werden. | 3. Neben dem demonſtrativen deer (f. dae) die Form die 3), und neben dem Neutrum deſſelben det die in ihrer Bedeutung oft mit dem Neutr. von jener zuſammenfallende Form doat 2). N 4. Neben dem interrogativen weer, beſonders land— ſchaftlich, wie ). Eben dahin gehören auch die 30) Vgl. die engl. Doppelformen my, mine, thy, thine. Die ſächſiſchen Formen aenner, aerrir (ihr) find ihrem Weſen nach verſchieden und gehören offenbar mit den holländiſchen Genitiven des Perſonalpronomens (by) hun- ner und haarer zuſammen. Vgl. Grimm 286. 31) Altfächf. thie. Grimm 298. niederf, die zum Unterſchied vom Art. de. Grimm 305. 32) Engl. that jener. 35) Altſ. huie, angelf. hwa, engl. hwo, holl. wie. Grimm 310 und 312. 115 Doppelformen : wel ) für den Nominat. Sing. und Plur. aller Geſchlechter, und weller, wel, welt (welcher, welche, welches), von denen die ers ſtere vor Subſtantiven erſcheint, die letztern aber außer dieſer Verbindung gebraucht werden. Mit Uebergehung unbedeutender Abweichungen des Dialectes in der Declination der Fürwörter beſchränke ich mich auf die Anführung der wichtigſten Fälle, wo theils in einzelnen Formen, theils aber im Gebrauche derſelben eine beachtungswerthe Verſchiedenheit ſtatt findet. Ich rechne dahin zunächſt die verſtümmelte Form des poffeffiven Fürwortes: aas, oas (unſer). Sie findet ſich unverändert für alle Geſchlechter im Singular und Plural, und erhält in der Declination die gewöhnlichen Endungen mit durchgängiger Ausſtoßung des r im Masculinum und Neutrum des Singulars 3). Die Formen weesseng, f. weeraerr, deesseng und deeraerr, ſchon durch die Schärfung der letzten Sylbe verdächtig, ſind augenſcheinlich nicht die reinen Genitive des interrogativen weer und des demonſtrativen deer und die; ſondern aus der Verſchmelzung derſelben mit dem poſſeſſiven seng und aerr entſtanden. Dies erhellt theils aus der durchgängigen Nachſetzung des Poſſeſſivs hinter Genitive, wenn ſie dem regierenden Subſtantiv vorange— hen ), theils aus der Auflöſung jener Verbindungen bei dem Demonſtrativum in ihre genannten Elemente, ſo— bald die wechſelnde Conſtruction einen andern Caſus des Poſſeſſivs nothwendig macht 7). 34) Altengl. whylo, niederſ. welk, wol, osnabrück. wel Grimm 312. ſchw. wele, welher. Stalder 1. 45. In dieſelbe Reihe gehört das pronominale ſächſ. Adverb woll wie. 57) z. B. deer aerre Goorten, deren oder derer Garten; 8 * 116 Die ſächſiſchen Formen genner (vor Subſt. ge, gen) f. gen, n. gent 8) (vor Subſt. ge, gen) bieten außer die⸗ ſer phonetiſchen Abweichung von der hochdeutſchen Spra— che durchaus nichts bemerkenswerthes dar. Der relative Gebrauch des beſtimmten Artikels, wel— chen unſere Mundart mit den meiſten übrigen deutſchen Dialecten gemein hat, iſt bereits angeführt worden. Cha⸗ racteriſtiſch aber iſt es, daß fie, hierin ſich an das alt und mittelhochdeutſche, und an das altſächſiſche genau anſchlie⸗ ßend 3), außer dieſem kein anderes Relativ beſitzt, wahr rend die ihr verwandte niederſächſiſche Sprache auch die Interrogativen wie, wat und well in relativer Bedeu: tung anwendet *°). a Die ſächſiſche Form em des unbeſtimmten Fürwortes liegt toniſch und orthographiſch offenbar dem franz. on (altfr. hom) und engl. one näher, als dem hochdeutſchen man. Die Fürwörter aekklich,, ikklich und aedrig, je⸗ der, von denen das erſte ſich genau an das althochdeutſche ingelich , igelich , niederf. igelik, hochdeutſch jeglich, an⸗ ſchließt, die andere, meines Wiſſens, nur entferntere Ver— wandte hat „), werden regelmäßig nur in der Verbin⸗ dung mit dem unmittelbar darauf folgenden Zahlworte der Einheit gebraucht * =). dees sengem Hous deſſen Haufe. Ob die hochdeutſchen Formen deſſen und derer, welche Grimm 384 — 85 aus einer fehlerhaften Anwendung der Adjectivdeclination auf den Artikel erklärt, nicht gleichen Urſprung haben könn⸗ ten? War ihre Bildung einmal durch das Zuſammen— wachſen von Demonſtr. und Poſſeſſ. unkenntlich; fo moch te dann freilich durch die falſche Anwendung der Analo— gie der von der Mitte des 15. Jahrhunderts nicht vor findliche Dativ: denen, entſtehen. 38) Niederſ. gen, gene, gen. hochd. jener. 59) Grimm 509. 40)‘ Grimm 508. bloß das ſächſ. wat, was, wechſelt als Re⸗ lativ im Gebrauche mit doat. 5 41 Weſterwäld. iders, aeders jeder. Schmidt 76. oberd. 42) Analog iſt niederſ. ider een, engl. every one ſchwed. — jederer. Grimm 318. 117 Mit Uebergehung einiger wenig abweichenden und zum Theil erſt ſpäter in den Dialect aufgenommenen For⸗ men ), wenden wir uns nun zur Unterſuchung der Reihe von unbeſtimmten Fürwörtern: emmest jemand, nemmest niemand, ichen einer, nichen keiner, aest etwas, naest nichts **). Das ſächſiſche emmest jemand, welches adjectiviſch declinirt, und unwillkürlich an das altnord. ymiss, ymist, varius, diversus, erinnert, finden wir in einzelnen niederſ. Mundarten wieder 5). Aus deſſen Verſchmelzung mit der alten Negation ne s) bildet ſich das gleichfalls niederf. nemmest ). Ichen einiger, und nichen keiner, decli— niren in der alten Form der Subſtantive, und finden ihre Erklärung in der hochdeutſchen Sprache 5). Die indecliz eweli en, franz. chacun jedermann. So werden auch munch (manch) und soll oder sotch regelmäßig mit dem Zahlworte der Einheit verbunden. Pleonaſtiſch iſt e sol- lien, e sollenner ein ſolch ein, ein ſolch einer, engl. such a one. 45) Dahin rechne ich namentlich das hie und da wohl ſtatt des mundartlichen nichen gehörte kie, kien (kein, kei⸗ ne). Bemerkenswerth iſt es, daß die Form lein ſtatt des frühern nechein, enchein ſich vor dem 15. Jahrhun⸗ derte nirgends ſicher findet. Grimm 527. Affectation der höhern Stände im Ausdrucke, und ſclaviſches Anſchmie⸗ gen an das Hochdeutſche im Kanzelvortrage find die beis den Hauptwege, auf denen ſolche Wörter, jedenfalls ſtö⸗ rend für die ſelbſtändige Einheit der Mundart, ſich ein- ſchleichen. 44) Die Abweichung des wahrſcheinlich erſt ſpäter in den Dialect aufgenommenen jeed, außer der Verbindung m. jeeder, . jeed, n. jeedet von dem hochd. jeder, jede, jedes iſt offenbar höchſt gering. 45) Grimm 314. weſterw. oeimes, imes. Schmidt 127. hen⸗ neb. imst. Reinwald 75. 46) Grimm 328 f. 47) noeime, neime, neimes, naemes, nimmst u. ſ. w. Schmidt 124. Dagegen ſchweiz. naimer jemand, naimis, ‘ namis etwas. Stalder II. 250. Ueber den Wechſel poſi⸗ tiber und negativer Bedeutung ſ. Grimm 3256 ff. 48) Altſ. nigen, mittelhochd. nichein, nechein, niechein althochd. ethes, eddes, mittelhochd. ets, neuhochd. et, mundartlich ez 5) zurückgeführt werden. Alle Subſtantive der ſiebenbürgiſch-ſächſiſchen Mund: art decliniren theils nach der alten, theils nach der neuen Form *) und bis auf einzelne Abweichungen ) ſtim⸗ men die in der hochdeutſchen Sprache vorkommenden Wör— ter derſelben auch in der Art der Declination mit den Re— geln und Ausnahmen jener Sprache genau überein. So decliniren auch ſämmtliche Feminina bloß im Plurale. Die u. ſ. w. urſprünglich bejahender Bedeutung. Nach Grimm a. a. O. wäre dann das unſerm ichen entſprechende enchein durch die Abſtreifung der mit der Negation ne verwechſelten Partikel noh, nohh entftanden. Oder iſt vielleicht ichen, enchein ein Ueberreſt des Goth. ain shun , ullus 9 f 49) Altd. uit, ützet, brem. icht, ichts. Reinw. 75. etwas. Naest, weſterw. nischt, neuscht. Schmidt 124. henneb. niss „ neist Reinw. 109. 50) Grimm 319. 51) In der alten Form hat bekanntlich der Gen. Sing. die Endung es, der Dativ e; in dem Plural der Dativ en, die übrigen Caſus e oder er. In der neuen Form dage— gen haben alle Caſus des Ging. und Plur. (mit Aus» nahme des Nom. Sing.) en. Becker a. a. O. 175. 52) Dahin gehören zunächſt diejenigen hochd. Subllantive , deren in der Mundart verändertes Geſchlecht auch eine Veränderung der Declinationsart bedingt z. B. back n. die Backe, boach f. der Bach, oorden. die Art, schurz n. die Schürze u. a. m. Abweichungen bei unveränder— tem Geſchlechte find z. B. angst, aengsten, brokt Braut, brokten, graft Gruft, gräften, klaft Kluft, klaften, schag; Schuh, schagen, nühd Noth, nühden, | saa Sau, saaen. Dagegen bleiben auch im Plur. in der alten Form: nohber Nachbar, nöhber, aengd Ende, aengder, aak Ecke, aaker, stroch Strauch, ströch, gevatter, gevaeter, hemd, hemder ; andere decli— niren ganz nach der neuen Form, wie: daaw Dieb, hunn Hahn, schwunn Schwan. Aehnliche Schwankun⸗ kungen haben auch andere Mundarten. Grimm 185 und ſelbſt der hochd. Sprachgebrauch. Becker 179 und 181. 118 nabeln aest etwas und naest nichts „) müſſen auf das in Zuſammenſetzungen mit wer, was u. ſ. w. vorkommende 119 weſentlichen mundartlichen Verſchiedenheiten können wir füg— lich in folgenden Regeln zuſammenfaſſen: 1. 2. Das auslautende e wird in allen Formen des Sing. und Plur. abgeſtreift ). Schwankender iſt die Mundart in Hinſicht des auslautenden n. Indeſſen zeigt ſich die Neigung, es abzuwerfen ſo vorherrſchend, daß es ſich faſt nur vor Vocalen, vor d, t, z, und am Ende der Sätze behauptet ). Der Genitiv der alten Declination verliert im Sing. ſein Kennzeichen, ſo oft er in Verbindung mit dem darauf folgenden poſſeſſiven Pronomen dem regierenden Worte vorangeht, und bleibt bloß durch Artikel uud Pronomen kennbar 5). Männliche und neutrale Pluralbildungen auf er finden ſich in unſerer Mundart viel häufiger, als in der hochdeutſchen Sprache, und erſcheinen, be⸗ ſonders in dem Munde der Bauern, ſelbſt bei Wörtern auf er ). Aeußerſt ſelten dagegen wird 55) Schon im althochd. finden wir den Nom. Sing. und Plur. der Neutra alter Form gleich. Grimm 42 ff. Weis ter ſchon geht die hochd. Sprache in der Auslaſſung des e. Becker 176. und völlig ähnlich iſt der unſern hierin die rheiniſche Mundart. Grimm 184. f ? 54) Bgl. Grimm 185. Stalder 1. 54 f. 55) In der öſterr. Volksſprache wird auf ähnliche Art der 56) poſſeſſive Genitiv des Subſtantivs durch den Dativ und das beigefügte Poſſeſſivpronomen ausgedrückt. Becker 557. Die weiteſte Ausdehnung hat dieſe althochd. Form Grimm 44. in der rheiniſchen, heſſiſchen und thüringiſchen Mund⸗ art. Grimm 186. Die Diminutivendung en hat im Plur. regelmäßig er ftatt en. Auffallend find Formen, wie uew- weler Uebel, glieser Geleiſe, feurer Feuer, meesserer, Meſſer, geweesser Gewächſe, gesaengder Geſinde. Bei einigen Wörtern ſchwankt bekanntlich auch der hochd. Sprachgebrauch. Becker 180. Dagegen wurm plur. woerm (mittelhochd. wuerme Grimm go) kaengd Kinder (mit- telhochd. kind. Grimm 97). Der Sing. von oaer Eier fehlt in unſerer Mundart ganz. 120 die Pluralendung en Wörtern auf en angehängt z. B. Haaten Kette, Kaatenen, 5. Die Umlautung zur Bildung des Plurals hat in der ſächſiſchen Mundart augenſcheinlich eine wei— tere Ausdehnung, als im Hochdeutſchen, indem ſie außer der Schwächung der Vocale a, o und u in ä, 6, ü auch die völlige Umwandelung derz ſelben in verſchiedne Vocale und Diphthonge bes | greifet ). Bei den mannichfaltigen Schattirun⸗ gen der Grundlaute aber in der Ausſprache und bei der häufigen Vermengung nicht zuſammen gehöriger Formen 8) iſt die Aufſtellung allge: meiner Geſetze der Umlautung unmöglich, und es genügt die Bemerkung, daß dieſe, bis auf ein- zelne Ausnahmen 5°), ſich bei allen den Sub: ſtantiven findet, bei denen die hochdeutſche Spra⸗ che ſich derſelben zur Bildung des Plurals be— dienet. i 6. Die Eigennamen von Perſonen erſcheinen niemals ohne Artikel, und werden im Singular nicht de⸗ cliniet; im Plurale folgen ſie insgeſammt der neuen Form. 30 Abweichungen in dem Geſchlechte einzelner Haupt⸗ wörter werden in dem Idiotikon aufgeführt werden. 57) z. B. san Sohn plur. sün, vooter Vater, vaater, vaeter; goorten Garten, gaarten, gaerten ; huund, hoand Hand, plur. hoingd, haingd, haengd. Eben⸗ dahin mag auch die Verflachung des i in ſeinen Neben⸗ vocal e gerechnet werden, z. B. bien Bein, plur. ben- ner; nicht aber die bloße Langziehung des a z. B. ap- pe! Apfel, plur. aapel, aepel. 58) z. B. Wülf neben Wölf Wölfe, deren erſtes zu dem vor— rg Wuulf Wolf, das zweite zu dem hochd. Wolf gehört. 59) 3. B. daag Tag, plur. daag, daeg; woogen Wagen plur. waagen, waegen. Formen wie hunnen, schwun- nen Hähne, Schwäne von hung, schwunn, ſind mit⸗ telhochd. Grimm 100. 121 Die Declination und Motion der Adjective folgt mit wenigen Abweichungen der hochdeutſchen Sprache. Die Ab⸗ ſtreifung des auslautenden e unden iſt ſchon berührt wor: den. Die Kennzeichen des Masculinums (er) und des Neu trums (et) erſcheinen nur im Vocativ, und nach dem uns beſtimmten Artikel, wenn in dem letzten Falle das Adjec— tiv ohne Subſtantiv ſteht ). Im Plural declinirt das Adjectiv in Verbindung mit dem Subſtantiv ſtark, auz ßerdem aber ſchwach 1). Die Comparation bietet außer den ſeltnen Formen veller, velst mehr, meiſt (ſt. mie, miest) durchaus nichts beachtenswerthes dar. Wie in der hochdeutſchen Sprache, ſo unterſcheiden wir auch in der ſiebenbürgiſch-ſächſiſchen Mundart alte, neue, und unregelmäßige Conjugation ), und finden die Uebereinſtimmung beider in der Anwendung der genannten Formen bis auf einzelne Abweichungen 63) vollſtändig. 60) z. B. woorm warm, Voc. woormer, woormet und außer der Verbindung e woormer, e woormet. Aus⸗ nahmsweiſe findet ſich die Auslaſſung der Geſchlechtsen⸗ dung ſchon im Gothiſchen. Grimm 190. häufiger im Alt⸗ hochd. daſ. 200. durchgängig im Plattdeutfchen, und Nie⸗ derländiſchen Grimm 221. Fälle, wo das Adjectiv ohne Artikel ſteht, gehören, unter der ausgeſprochnen Beſchrän⸗ kung, unter diefelbe Regel. 61) z. B. de woorm oder woorm stuwwen (Stuben) Gen. der woormer oder woormer stuwwen. Dagegen de oormen oder oormen die Armen oder Arme. 62) Die erſte conjugirt durch Ablautung d. h. durch innere Veränderung des Wortes, und bildet das Prät. Partic. auf en z. B. binde, band, gebunden; die zweite mittels der Endungen ete und et z. B. leite, leitete, geleitet; die dritte durch die Anwendung beider Mittel z. B. bringe, brachte, gebracht. Grimm 546. Becker 152. 65) Die Angabe der Conjugation rein mundartlicher Zeitwör- ter ſ. im Idiotikon. Von den übrigen conjugiren gegen den hochdeutſchen, ſelbſt auch oft ſchwankenden Sprach» gebrauch, in der neuen Form: froogen , fragen, moh- len, pingere, schieben, schaennen ſchinden (Part. auch geschannen) schwuerren ſchwüren, schrouwen ſchrauben, weewen weben. Von flaehn fliehen habe ich Imperf. und Prät. nie gehört. Schleifen hat in der 122 Bedeutender find die Verſchiedenheiten, welche in der Bildung der einzelnen Conjugationsformen ſtatt finden. Wir glauben in den folgenden Sätzen die wichtigſten der— ſelben — alle Beſonderheiten des Dialectes zu erſchöpfen iſt eben ſo unmöglich, als zwecklos — erörtert zu haben: 1. Die erſte Perſon des Präſ. Judic. lautet Durchs gängig der Infinitivform gleich: eine Eigenheit, welche unſere Mundart mit der engliſchen Spra— che gemein hat, und deren Spuren ſich auch in dem Alt- und Mittelhochdeutſchen, fo wie in eins zelnen Mundarten der deutſchen Sprache finden *). Eine Ausnahme von dieſem Sprachgeſetze ma— chen bloß die Hilfsverba: dürfen, können, mögen, Bedeutung zerren im Prät. geschleift, in der Bedeu⸗ tung ſchärfen aber gesehlaeffen. Zwiſchen alter und neuer Form ſchwanken, bei neuem Imperf. die Partic. von be- klemmen, von kiesen wählen, reechen rächen, verwaer- ren verwirren; vou spoalden ſpalten, foalden falten erſcheinen auch Imperf. spaald, faald. Dagegen haben die alte Form bedaeden bedeuten, bedidd, bedidden; benegden beneiden, benidd, benidden (mittelhochd. neit, niten Grimm 516) bekleiwen bekleiben, bekliww, bekliwwen ; enzaengen anzünden, enzong, enzan- gen; grengen greinen, grinn, gegrinnen; Kreischen, krieseb, gekraeschen; gegen geigen, gig, gegi- gen. Bei daengen dingen, koan kauen, roan reuen wechſeln alte und neue Form: dong, kie, rie, ge- dangen, gekaen, geraen neben daengt, koat u ſ.w. (fo auch althochd. chou, rou Grimm 465). Unregelmä⸗ fig find außer den aus dem Hochd. bekannten: biegen, buugt, gebuugt; leegen legen, loogt, geloogt; melden, moald, gemoalt; niegen neigen, nuugt, genuugt ; schuedden ſchütten, schatt, geschatt ; stellen, stoald, gestoalt. Dagegen kann die bloße Umlautung im Imperf. nicht hieher gerechnet werden, weil häufig ſchon im Präf. doppelte Formen wechſeln z. B. saazen und saezen, Imp. satzt. Braan, braen, brennen, hat mit Ausſtoßung des a neue Form: braat, braet , gebraat, gebraet. 64) Grimm 472. 476. 520. 595. 65) 66) 123 müſſen, ſollen, wollen, fein, deren Präſens mit dem Hochdeutſchen im Weſen vollkommen über— einſtimmt 65). Die Auslaſſung des halblauten e findet nicht nur durchgängig am Ende des Wortes, ſondern auch in den Perſonenendungen eſt und et, ſelbſt in den Fällen ſtatt, wo die hochdeutſche Sprache aus Rückſicht auf Wohlklang und Deutlichkeit die vol— len Formen bildet. Dadurch entſtehen in der Con— jugation gleichlautende Formen, deren eigentliche Bedeutung nur aus dem Zuſammenhange erkannt werden kann 56). 3. Das auslautende n wird vor Conſonanten (aus— genommen d, t, z) überall abgeſtreift. 4. Das auslautende h des Wortſtammes verhärtet ſich im Imperf. zu g in den Wörtern: drohn tragen, haehn hauen, loahn liegen, geschaehn geſchehen, schlohn ſchlagen, saehn ſehen, zaehn ziehen; alſo: drag, haeg, loag, geschoag, b Spuren der alten, von Becker 145. vorausgeſetzten, dem ſpätern Präſens gleichen Imperfectform jener Wörter („ſein““ ausgenommen) vermuthe ich in den ſächſ. Im⸗ perf. wuul, suul, 3. Sing. wuuld, suuld. Verwandt ift das ſchwed. skola, wille Grimm 529. Vgl. Grimm 470. ff. 519. Namentlich werden auf dieſe Art in der Conjugation neuer Form die 5. Perſ. des Sing. Präf. mit der 2. des Plur. und mit der 1. und 5. Sing. Imperf. und mit dem Plur. Imperat. gleichlaus tend z. B. liedt von lieden leiten: leitet, leitete. Da nun ferner die Perſonalendung et der 2. Perſ. Plur. Imperf. an die verkürzte Form angeſetzt wird, und ihr e demſelben Geſetze folgt: ſo wird auch dieſe Perſon der 1. Sing. phonetiſch gleich. Bei den Wörtern, deren Stamm mit f, ſch, ft oder z ſchließet, wird überdies noch die 2. und 3. Perf. Sing. Präſ. dadurch gleich, fo daß z. B. die Form kast heißen kann; faſteſt, faſtet, faſtete, faſtetet. In der Conjugation alter Form werden hiedurch nach d und et die 1. und 5. Perf. Sing. und die 2. Plur. Imperf einander gleich z. B. ridd ritt, rittet. 124 schlag, soag, zug 7). Dieſe härtere Form erhält ſich auch in den 2. und 3. Perſonen des Prüf. geschekst, geschekt ‚ sekst, sekt, zechst, zecht und in den Imperativen: droag, schloag, saech, zech, und den Part. geleegen, ge- zuegen, Dagegen wird das nafale ng in den Wörtern, wo g nicht zum Stamme gehört, in dem Imperf. der alten Conjugation in das wur⸗ zelhafte n zurückverwandelt z. B. faengden fin- den foand; grengen greinen grinn, und das im Präſ. oft durch Synkope verſchwundene m unden tritt wieder ein z. B. kunn kommen, koam; nehn nehmen, noahm. So auch geen, geben, goaw. In verlaesen, verlieren, fraesen, frie⸗ ren, geht im Imperf. und Part. s in r über: ver- lurr, frurr, verlüren, gefrüren. Fehn fan⸗ gen, hehn, hängen, hangen, haben im Imperf. feng, heng 68). 5. Das reduplicative ge — wird darchgängig zur Bil— dung des Part. Prät. gebraucht. Ausnahmen find, meines Wiſſens: kunn gekommen, fangden ger funden, broocht gebracht, troofen getroffen. 6. Die Imperativbildung hat außer den beiden For— men: gong, stoand $?) gehe, ſtehe nichts be⸗ merkbares. 7. Das Präſ. Part. hat die altdeutſche Endung and 7°) mit durchgängiger Abſtoßung des d, wor 67) Der Uebergang von h in g, wodurch zugleich die Ortho— graphie dieſer Wörter gerechtfertigt wird, hat nichts be⸗ fremdendes, und findet ſich nicht nur im Althochd. Grimm 1 Bay auch beſonders in oberd. Mundarten (f. Ade⸗ ung H.). 68) Althochd. flang, hiang von fahan, hahan. Grimm 450. 69) Von der alten Form gangen, standen; goth. gagg Grimm 450. stand daſ. 420. althochd. gane, gang 450. stant 464. mittelhochd. ganch , gench 515. 70) Grimm 624. 125 durch die Ausgänge ann, feiner aenn, entſtehen. In den ſeltnern Formen wie saezzaenner, ſitzend u. ſ. w. iſt der althochd. Nomin, anter 71) uns verkennbar. 8. Abweichende, mundartliche Formen der Hilfswör— ter ſein und haben ſind: aes iſt, se, sen ſind, woos u. ſ. w. war u. ſ. w. neben woor u. ſ. w. geweest geweſen, baes neben soa ſey; hunn haben, hoot habet, haww habe, hast hatteſt, haest hätteſt, gehoot gehabt. Mit Uebergehung der ſogenannten Partikeln, deren Abweichungen wir aus dem Grunde dem Wörterbuche über— laſſen, weil ſie bloß in einzelnen veralteten Wortformen | beſtehen *), wenden wir uns ſofort zur Unterſuchung der ſyntactiſchen Regeln unſerer Mundart. Ihre Uebereinſtim— mung mit der hochdeutſchen Sprache in dieſer Hinſicht er⸗ ſcheint aber in der That ſo vollſtändig, daß durch dieſe Bemerkung der Gegenſtand beinahe erſchöpft wird. Zwar mögen die künſtlichen Perioden und alle übrigen Feinhei— ten einer vollendeten ſtyliſtiſchen Darſtellung der Mundart zuwider ſeyn: Gebilde abſtracter Reflection behalten für das ſinnliche Leben und folglich auch für die Sprache des Volkes immer etwas fremdartiges; allein der Gliederbau einzelner Sätze hat ſo wenig heterogenes, daß eine wört— lich treue Ueberſetzung derſelben wohl durch einzelne nicht mundartliche Wörter und Formen, niemals aber durch die 71) 3. B. sitzanter Grimm 62g. 72) Die durch Zuſammenziehung der Adverbien da, hier, her, hin, mit Präpoſitionen oder mit her und hin gebildeten Pronominalformen erſcheinen nicht vollſtändig. Die feh⸗ lenden werden theils durch veraltete Wörter z. B. woor, wohin, door dahin. Becker 217. theils durch die Auflö⸗ ſung jener Verbindung in ihre Beſtandtheile verſetzt z. B. ze wat wozu u. ſ. w. Dagegen haben wir ähnliche Zuſammenſetzungen durch die Verbindung des pronomi⸗ nalen Adverbs duert dort mit Präpof. und Adb. z. B. dertaenn darinnen, dertuewen oben u. ſ. w. 126 Conſtruction unverſtändlich werden kann *). Denn ſelbſt einzelne abweichende Wortfügungen, in Fällen, worin ſich der hochdeutſche Sprachgebrauch feſt geſtellt hat, liegen der Mundart ſo nahe, und gehören ſo weſentlich zu dem Ent— wickelungsgange derſelben, daß auch der Ungebildete da— durch von ſelbſt auf ihren richtigen Sinn geleitet wird 75). Daß unſere Mundart den von dem nachfolgenden Subſtantiv regirten Genitiv durch das poſſeſſive Prono— men verſtärke, iſt ſchon oben bemerkt, und der Einfluß die— ſer Eigenheit auf die Declination angegeben worden. Die— ſelbe Abſtoßung der Caſusendung des Singulars findet ſich bei allen Wörtern, welche als bloße Titel oder Verwandt— ſchaftsbenennungen den Eigennamen vorgeſetzt werden; nur daß, gegen den hochdeutſchen Sprachgebrauch, der Artikel nicht fehlen und der Eigenname nicht declinirt werden darf 7°). Ueberhaupt verräth die ſächſiſche Mundart ein unverkennbares Streben die häufigen Genitive zu vermei- den. Sie erreicht dieſen Zweck theils durch den erwei— terten Gebrauch des Dativs zur Bezeichnung des Be— 75) In dieſem Sinne muß denn auch die allerdings richtige Kegel, alle Reden, welche ſächſiſch vorgetragen werden ſollen, auch ſächſiſch zu denken, gefaßt werden. Nicht nur verbietet ſie die Wahl von Wörtern, welche die Mundart nicht kennt, oder auch das adlerartige Fliegen des Red— ners in Höhen, wo er den Zuhörern ais ein kaum bemerk— barer Punet erſcheint; ſondern fie gebietet ganz dorzüg⸗ lich, in der geſammten Einkleidung der Ideen dem Ge— nius der Sprache zu opfern, und alle nicht ſächſiſchen Wendungen des Ausdruckes ſorgfältig zu vermeiden. Wie ſchwer dies ſei, lehrt die gemeinſte Erfahrung. Im Steis gen verunglückt kein Luftſegler, wohl aber im Fallen. 74) Wie nahe iſt z. B. der hochd. Ausdruck: ſich einer Sa⸗ che erinnern, dem mundartlichen: ſich auf eine Sache er⸗ innern. Auf etwas vergeſſen, ſindet ſich wohl, obſchon nicht correct, auch in der Schriftſprache. 75) 3. B. des Graf B. se goorten Graf B. Garten. Auch die hochd. Sprache declinirt ſolche Formwörter nicht; läßt aber den Artikel weg z. B. die Regierung Kaiſer Karls oder: Kaiſer Karls Regierung Becker 217. 127 fißes 6), theils aber durch die Anwendung der Exponen⸗ ten des Genitivverhältniſſes in Fällen, wo die hochdeutſche Sprache entweder noch ſchwankt, oder ſich beſtimmt gegen dieſelben entſchieden hat 77). 5 Aehnliche Abweichungen entſtehen durch die Vertau— ſchung der im Hochdeutſchen gewöhnlichen Exponenten ei— nes Verhältniſſes mit andern, wie z. B. ſich auf, anſtatt ſich an etwas erinnern; fie find jedoch bei den mannich⸗ fachen Schwankungen des Dialectes und der Hauptſprache in dieſer Hinſicht von keinem Intereſſe 7°). Den Gebrauch des Conjunctiv vermeidet unſere Mund— art regelmäßig und erſetzt ihn nach Umſtänden, theils durch Formen des Indicativs, theils durch den Conditionalis, theils durch den Gebrauch modaliſcher Hilfswörter: kön— nen, ſollen, dürfen u. ſ. w. *»). Intereſſant iſt in der letzten Hinſicht in der Sprache des Burzenlandes die bei der periphraſtiſchen Conjugation mit „ſollen“ regelmäßige 76) So namentlich bei dem Zeitwort ſein. Der Sachſe fragt: Wem, nicht: weſſen iſt das Buch, und antwortet für die erſte und zweite Perſon durch das poſſeſſive Pronomen, für die dritte Perſon immer durch den Dativ. 77) So iſt namentlich der Gebrauch der Präpoſ. von, den Beſchränkungen der hochdeutſchen Sprache, da wo fie den Genitiv umſchreibt (Exponenten des Genitivs nennt Becker ſehr richtig dergleichen Ausdrücke) Becker 514. nicht unter⸗ worfen. Bei Zeitwörtern erſcheinen oft Präpoſitionen ſtatt des Genitivs z. B. gewohnt mit der Arbeit, ſich über etwas erbarmen, ſeltner der Accufativ z. B. Geld bes nöthigt, nichts Gutes bewußt. 78) Aeußerſt ſelten dagegen wechſeln die Caſus. Koſten und lehren haben regelmäßig (vgl. Becker 357); getrauen ges wöhnlich den Accufativ der Perſon. . 79) Die niederdeutſche Mundart hat ebenfalls keinen Con⸗ junctiv. Becker 500. und auch die hochdeutſche Sprache gebraucht oft nach abſoluten Zeitformen in dem Neben⸗ fage anſtatt des Eonjunctiv den Conditionalis (Imperf. Plusquamperf. und die beiden mit „würde“ gebildeten Fu⸗ tura des Conjunctips) Becker 299. 128 Vertauſchung des Präſ. Infin. mit deſſen Präteritum z. B. ich ſollte gefallen fein, anſtatt: ich wäre gefallen, ich ſollte fallen 9). a Wir gehen nun zur Unterſuchung des materiellen Theiles der ſiebenbürgiſch-ſächſiſchen Mundart über. Unſere Abſicht hiebei iſt ein allgemeines Charakterbild derſelben zu entwerfen, und nicht nur der künftigen Bearbeitung eines Idiotikons derſelben feſte Grenzen zu ſtecken, ſondern auch die unbeſtimmten Erwartungen mancher Freunde davon auf deutliche Begriffe zurückzuführen. Idiotiſch oder mundartlich müſſen wir auf unſerm Standpuncte eigentlich jedes ſächſiſche Wort nennen, wel- ches in der hochdeutſchen Sprache entweder gar nicht, oder doch nur ausnahmsweiſe erſcheinet. Da nun aber das einz zelne Wort theils objectiv, als Ganzes von Lauten, theils ſubjectiv, als Vorſtellung (Bedeutung des Wortes) gefaßt werden kann: ſo erhält der Begriff des Idiotiſchen hie— durch einen ſehr weiten Umfang, indem dann offenbar nicht nur alle Abweichungen der Bedeutung, ſondern auch alle phonetiſchen Verſchiedenheiten der Wörter darunter gehö— ren. In dieſer Ausdehnung kann nur das Idiom einer todten Sprache, deren Denkmähler ein abgeſchloſſenes Gan— zes bilden und zugleich in den claſſichen Schriften der Proſa einen feſten Maßſtab für die Auffaſſung des mund— artlichen enthalten, erſchöpft werden; lebende Sprachen, wie alles organiſche Leben, in unabläßigem Werden bes griffen, verfchmähen dieſe Behandlung. Hier muß ſich der Forſcher ſelbſt beſchränken und alle Wörter ausſchließen, welche ſich entweder bloß durch andere Vocale vom hoch— deutſchen entfernen, oder aber die Conſonanten nach allge— meinern Geſetzen der Mundart vertauſchen. f ö | | | 80) Unrichtig auf keinen Fall. Nicht der Act des Fallens u. ſ. w. ſondern der daraus hervorgegangne Zuſtand ſoll bezeichnet werden. Daranf deutet auch der identiſche hochdeutſche Ausdruck: ich wäre gefallen, ich hätte ge— ſchrieben u. ſ. w. 129 Daß eine ähnliche Beſchränkung in Hinſicht der Bedeu: tung der Wörter nicht ſtatt finden dürfe, verſteht ſich von felbft. Denn auch abgeſehen davon, daß die Geſchichte eines Wortes dann erſt vollſtändig gegeben werden kann, wenn alle Bedeu— tungen deſſelben, als ihre Thatſachen, bekannt ſind: ſo iſt dieſe Kenntniß ſeines mundartlichen Gebrauches zugleich ein weſentliches Mittel die geiſtige Individualität eines Volkes und den Standpunct ſeiner Bildung zu erkunden. Allein ſelbſt nach dieſen nothwendigen Ausſcheidungen bleibt die Menge mundartlicher Wörter in unſerer Sprache immer noch ſehr beträchtlich. Dahin gehören zunächſt alle Wörter, welche in der hochdeutſchen Sprache entweder ganz fehlen, oder bloß als organiſche Beſtandtheile anderer Wortbildungen erſcheinens ). Es liegt in der Natur der Sache, daß gerade die Anzahl ſolcher Wörter höchſt bedeutend ſeyn werde. Als Volksſprache iſt jede Mundart der unmittelbaren Anſchau— ung näher, und trennt daher die Unterſchiede und Abſtu— fungen der ſinnlichen Eindrücke ſorgfältig durch beſondere Bezeichnungen 2). Je mehr dagegen der denkende Ver: ſtand ſich ausbildet, und das äſthetiſche Gefühl ſich ver— feinert, deſto mehr wird ſich die Anzahl ſolcher Wörter vermindern. Von der abſtrahirenden Reflection wenig be— achtet, fließen die Beſonderheiten der ſinnlichen Anſchau— ung in allgemeinen Begriffen zuſammen, und das feinere Gefühl verſtößt Alles, wodurch ihm der Sinn für Wohl⸗ klang, Anſtand, Schönheit und Sittlichkeit beleidigt erſchei⸗ net, ſo daß durch das Zuſammenwirken beider Urſachen ganze Wortreihen in der gebildeten Sprache entweder völ— lig abſterben, oder wenigſtens die Selbſtändigkeit ihres Le— bens verlieren. Mundartliche Wörter dieſer Claſſe ſind dann unüberſetzbar in hochdeutſche Sprache; wir find aber bez rechtigt fie fo lange für organiſche Bildungen der hoch— deutſchen Sprache zu betrachten, als wir ihre Wurzeln in 65 z. B. ageloand Spinne, schlievern ſchmeicheln u.a.m. ſ. das Idiotikon. 82) Die zahlreichen onomatopoetiſchen Wörter gehören hieher. Schullers Archiv I, 1. 9 130 andern Heften und Zweigen ihres weithin ſchattenden Stam— mes antreffen, während die eigenthümlichen Fremdwörter als unorganiſche Auswüchſe des Dialectes erſcheinen. Idiotiſch müſſen wir ferner die zahlreiche Klaſſe der— jenigen Wörter der ſächſiſchen Mundart nennen, welche zwar in der hochdeutſchen Sprache fortleben, deren Iden— tität aber entweder durch individuelle phonetiſche Geſtal— tung 53), oder durch die Verſchiedenheit des grammati⸗ ſchen Weſens 29), oder endlich durch Abweichungen in der Bedeutung *) mehr oder weniger unkennbar geworden iſt. Auf einem höhern Standpuncte der Betrachtung läßt ſich zwar auch jede einem Volkszweige eigenthümliche Anz ſicht der Welt und des Lebens, inſoweit ſich dieſelbe in Bildern und ſprüchwörtlichen Redensarten ausgeprägt hat, als Idiotismus der Mundart auffaſſen. So intereſſant aber auch dieſer Gegenſtand in pſychologiſcher Hinſicht fein mag: fo ſteht er doch mit der grammatiſchen und etymologiſchen Zergliederung unſers Dialectes nur in einem entfernten Zuſam— menhange. Und ſo ſchließe ich denn dieſe Abhandlung mit der Bitte um nachſichtige Beurtheilung meines Verſuches, das Ver⸗ hältniß der ſiebenbürgiſchen Mundart zur hochdeutſchen Spra⸗ che auf Grundſätze zurückzuführen, und mit dem Horaziſchen: — — — si quid novisti rectius istis, Candidus imperti , si non, his utere mecum. 85) z. B. barbes barfuß von Fuß, f. foss. Alle Conſonan⸗ ten veränderungen, die ſich nicht als Geſetz der Mundart ankündigen, gehören hieher. 84) Hieher gehören namentlich Verſchiedenheiten im Genus und Numerus der Subſtantiba z. B. de boach der Bach, gesaengder als Plur. von gesaengd Geſinde; Ver⸗ ſchiedenheiten im Genus der Verba u.ſ. w. f. das Idiotikon. 85) Hieher rechnen wir die Fälle, wo entweder die geſammte Bedeutung eines mundartlichen Wortes dem Sinne des hochdeutſchen bei weſentlicher Gleichheit des äußern We— ſens bloß verwandt iſt z. B. schien (hochd, ſchön) fein, oder wo einzelne mundartliche Bedeutungen deſſelben in der Bedeutungsreihe des hochdeutſchen Wortes fehlen, z. B. baan, (bauen) bereiſen. Apologie J. K. Eder's, veranlaßt durch die: „Nachleſe auf dem Felde der ungariſchen und fie- benbuͤrgiſchen Geſchichte, nach authentiſchen bis jetzt unbekannten oder unbenuͤtzten Quellen und Urkunden bearbeitet von A. K.“ Kronſtadt. Götts Buchdruckerei 1840. gr. 8. VII. u. 59 S. 40 kr. C. M. Es iſt eine heilige Pflicht des Freundes, den ver— ſtorbenen Freund gegen Vorwürfe zu vertheidigen, welchen er ſelbſt zu antworten nicht vermag, beſonders wenn dieſe Vorwürfe in leidenſchaftlicher und inhumaner Weiſe dahin abzwecken, den wohlerworbenen Ruf des Dahingeſchiedenen zu vernichten, und ihn als Schriftſteller und Ehrenmann vor den Augen der Mit⸗ und Nachwelt herabzuwürdigen. Dieſe Pflicht nöthigt den Verfaſſer des gegenwärtigen Auf— ſatzes, das erſte Fragment der oben angezeigten „Nachleſe““ einer nähern Prüfung zu würdigen, und vor dem litera— riſchen Publikum, welches nun einmal zum Richter in die⸗ ſer Streitſache aufgerufen iſt, gründlich zu unterſuchen, ob Herr A. K. in ſeiner Nachleſe lauter fruchtbare Aehren, oder nicht vielmehr eine bedeutende Menge unnützer Treſpe und giftigen Lolchs geſammelt habe. EChpe ich auf die Prüfung des innern Gehaltes dieſes Aufſatzes eingehe, muß ich mir vorher einige allgemeine Bemerkungen über die Art erlauben, auf welche der Verf. des Fragmentes ſeinen Gegner behandelt. Es iſt leider in neuern Zeiten wieder ziemlich all— gemein Sitte geworden, in literariſchen Streitigkeiten die 9* Humanitaͤt und Urbanität gänzlich bei Seite zu ſetzen, welche den Schriftſteller, der ſchon als ſolcher auf einen Platz unter den Höhergebildeten Anſpruch macht, nie ver— laſſen ſollen, und in Hohn und Anzüglichkeiten die Haupt⸗ waffe gegen den Gegner zu ſuchen. Beſonders iſt dieß der Fall, wenn ein novus homo, als der ſich Hr. A. K. ſelbſt bekennt, im litterariſchen Turnier ſeine Lanze gegen einen ſchon lange vor den Kampfrichtern als ebenbürtig aner— kannten Wappenſchild erhebt. — Mit Indignation muß es jeden rechtlichen Mann erfüllen, wenn er einen literari- ſchen Tiro gegen einen Mann, wie Eder, deſſen Ver— dienſte um die kritiſche Bearbeitung unſerer Landesgeſchich— te ſo allgemein anerkannt ſind, die Anklagen erheben hört: „er ſei anmaßend und abſprechend (S. 2.), ſein angeblich kritiſches Werk enthalte Irrthümer und Bosheiten, und ſeine ſchiefe Beurtheilung verrathe mehr Animoſität als Unkenntniß (S. 2.) er ſehe mit ſchwarzgallichten Augen (S. 4.) er wolle durch ein parteiiſches Urtheil Leicht⸗ gläubige beſtechen (S. 5.) er handle ſchändlich und niederträchtig (S. 7.) u.ſ.w. u. ſ. w.“ — Sind dieß wohl Ausdrücke, die, ich will nicht ſagen, ein Schrift⸗ ſteller, ſondern nur irgend Jemand, der einigermaßen auf Bildung Anſpruch macht, ſich gegen einen Mann erlau— ben darf, der nicht nur als Schriftſteller einen lange be— gründeten Ruf genießt, ſondern der auch (wie dieß vorzüg— lich Eders im ungariſchen National-Muſeum aufbewahrte adversaria unwiderſprechlich darthun) ſtets redlich nach Wahrheit ſtrebte, nie vorgefaßten Meinungen huldigte, und bereitwillig jede gründliche Berichtigung ſeiner Urtheile auf— nahm. — Möge Hr. A. K. in künftigen Schriften dieſer fo eben gerügten Unſitte der Zeit entſagen, und ſtatt In— vectiven lieber gründliche Urtheile zu Tage fördern, damit er bei einer Claſſification feiner literariſchen Erzeugniſſe nicht unter die „Pamphletſchreiber“ eingereiht werde. Daß aber die Behauptungen und Urtheile, welche Hr. A. K. niederſchrieb, nichts weniger als gegründet ſeien, 133 daß der Vorwurf der Animoſität, Unkenntniß, ſchiefen Be: urtheilung auf ihn ſelbſt zurückfalle, werde ich nun ans Licht zu ſetzen ſuchen. | Der Hauptgegenſtand des Gift und Galle ſprühen— den Angriffs in den Fragmenten iſt in Eders bekanntem Anhange zu Felmers ſiebenbürgiſcher Geſchichte der Ab— ſchnitt: „Litera e“ (S. 256— 261). Hr. A. K. glaubt: „daß dieſer Abſchnitt früher als ſeine Schrift geleſen zu „werden verdiene, obgleich er dieſe Vorleſung auch entz „behrlich zu machen getrachtet habe.“ — Dieß letztere iſt jedoch keineswegs der Fall. Man muß nothwendig den Ab- ſchnitt in Eders Werk vor dem Aufſatze in den Fragmen— ten leſen; denn nur indem man dieſen Abſchnitt einer uns parteiiſchen Prüfung würdigt, kommt man zur Kenntniß, 806 Hr. A. K. Edern gar nicht verſtanden habe. Eder ſagt gleich am Eingange des mehrerwähnten Abſchnittes, daß er von dem Zuſtande der Wiſſenſchaften während des von ihm behandelten Zeitraumes nicht in liter arhiſtoriſcher, ſondern in ſtaatlicher Rück— ſicht ſpreche. Er erklärt, daß in der Literargeſchichte wohl allerdings von Matthias Corvinus Verdienſten um die Wiſſenſchaften die Rede ſein könne, daß dieſe aber in ſtaatlicher Hinſicht für die Aufklärung und Bildung des Volkes wirkungslos waren. Hören wir nun, was ein an⸗ erkannt kompetenter Richter über wiſſenſchaftliche Bildung, Heeren, über den Zuſtand der Wiſſenſchaften in Uns garn unter Matthias Corvin, faſt gleichzeitig mit Edern ſchrieb: „Unter den Ländern Europas, in welchen die claſ⸗ z ſiſche Literatur ſich einer günſtigen Aufnahme im fünf⸗ „zehnten Jahrhunderte zu erfreuen hatte, ſteht, nach Ita⸗ sten, Ungarn faſt oben an; es gibt aber auch einen auf- zfallenden Beweis, daß durch noch fo glänzende Anſtal— „teen, die eine Regierung machen läßt, ſobald man da- zobei, ſtatt von unten anzufangen, und die niedern Schu: „len zu verbeſſern, das Werk von oben beginnt, eine N as zztion ſich nicht umſchaffen, durch Academien und Bi⸗ 134 „bliotheken ſich nicht aufklären läßt!“ ). Wenn zwei grund: liche Forſcher in weit entfernten Gegenden, beinahe gleich— zeitig über ein Factum das nämliche Urtheil fällen, hat dieſes Urtheil doch gewiß die Vermuthung der Wahrheit für ſich! — Aber, auch ältere Schriftſteller ſtimmen mit dieſem Urtheile überein. Schröckh, ein geborner Ungar, mit der Geſchichte ſeines Vaterlandes genau bekannt, deſ— ſen hiſtoriſche Arbeiten allgemein als gründlich und unpar— teiiſch anerkannt find, ſagt: „Das erſte, was er (Mat— „„thias) that, war die Errichtung einer hohen Schule — —. „„Wiſſenſchaften und Künſte durch eine Geſellſchaft von „Gelehrten zu einer gewiſſen Reife in einem Lande bear— „beiten zu laſſen, wo es noch an den Anfangsgründen der „„Wiſſenſchaften und Künſte, ſelbſt an einem merklichen „Triebe der Einwohner zu denſelben mangelt, heißt bei— „nahe die natürliche Ordnung umkehren, und ſich ſelbſt an „der Erreichung feiner Abſicht hindern“ =). Eder hatte auch keineswegs die, ihm von A. K. fälſch⸗ lich aufgebürdete Abſicht, die italieniſchen Gelehrten jener glänzenden Periode, deren wiſſenſchaftliche Verdienſte er ſehr wohl kannte, herabzuwürdigen. Er nannte nicht die italieniſchen Gelehrten am Hofe K. Matthias in der von A. K. falſch verſtandenen Stelle (S 257.) Hofnarren, Zwerge, oder Affen; er ſagte blos, daß ſie, gleich dieſen, damals für den Luxus der Höfe unentbehrlichen Geſchoͤ— pfen, weſentlich zur Oſtentation an den Hof gezogen wur— den; und der Vorwurf, der (S. 256.) den Italienern ſei- ner Zeit mit den Worten Tubero's gemacht wird, gilt kei— neswegs den Gelehrten, ſondern den Abentheurern jener Nation, die allenthalben dem Glanze der Höfe folgten, und allerdings in die Klaſſe jener Paraſiten gehörten, wel— che Lucian ſchon vor anderthalb Jahrtauſenden mit ſchar— fem Witze geißelt. | 1) Heeren Geſchichte des Studiums der claſſiſchen Lite⸗ ratur. 2. Band. Göttingen 1801. S. 16g. 2) Schröckh allgemeine Biographie. B. VI. S. 84. 135 Daß aber Matthias Luxus und Oſtentation an fei- nem Hofe auf jede Art befördern mußte, geht wohl uns widerſprechlich aus ſeiner individuellen Lage hervor. Durch Zwang und offenbare Gewalt aus der Mitte der Nation auf den Thron gehoben, und deswegen von den Optima— ten (wie uns die Geſchichte beweiſt) ſtets mit ſcheelen Au— gen angeſehen, mußte er nothwendig mit der Kraft ſeiner perſönlichen Vorzüge auch den höchſt möglichen äußern Glanz verbinden, um dem Volke zu imponiren, und feine Gegner niederzuhalten. Er mußte Lobredner ſeiner Thaten und Eigenſchaften durch Ehrenbezeugungen und königliche Munificenz an ſich ziehen, um in jener Zeit, wo die Macht der Intelligenz immer mehrere Ausdehnung gewann, ſich an den Beſitzern derſelben wirkſame Bundesgenoſſen zu erwerben. — Eben der Hauptmackel, der ſich durch Mat— thias ganzes Regentenleben als ſchwarzer Faden hindurch zieht, der Umſtand, daß er ein Uſurpator im vollen Sin⸗ ne des Wortes war, iſt auch die Urſache, daß feine aus gezeichneten perſönlichen Eigenſchaften nur wenig für das wahre und dauernde Wohl des Staates wirkten. — Dieß Verhältniß verurſachte während ſeiner Regierung zahlreiche innere Unruhen, durch diejenigen erregt, welche einen aus ihrer Mitte emporgeſtiegenen König nicht wohl vertragen konnten; dieß Verhältniß ſetzte ihn in feindliche Beziehun⸗ gen gegen ſeine Nachbarn und führte die Nothwendigkeit herbei, daß er ſein militäriſches Talent, ſeine Streikräfte, ohne weſentlichen Nutzen für ſein Reich, gegen dieſelben vergeuden mußte, ſtatt ſich mit ganzer Macht dem Vor— dringen des wahren Reichsfeindes von Oſten her zu wis derſetzen; dieß Verhältniß nöthigte ihn, einen bedeutenden Theil feiner Einkünfte auf Glanz und Pracht ſeines Ho— fes und feiner. nächſten Umgebungen zu wenden, um da— durch die Augen ſeiner Unterthanen und der Auswärtigen zu blenden, und für den dunkeln Flecken der Ufurpation unempfänglich zu machen. — So lange er lebte, glückte es ihm, durch überwiegende Geiſteskraft, durch eiſerne Stren— ge, durch Kriegskunde und Tapferkeit, die ſchon klaffenden 136 Fugen des erſchütterten Staatsgebäudes zuſammen zu hal— ten; als aher nach feinem Tode der ſchwache Vladislav den Thron beſtiegen hatte, da war mit Matthias Kraft und Glanz des Thrones und Reichs, die nur von ſeiner Perſönlichkeit, nicht von innerer Staatskraft ausgingen, unwiderbringlich dahin geſchwunden, und es zeigte ſich deut— lich, daß ſchon unter ihm der Verfall des Reichs begon— nen habe, und nur durch ſeine überwiegende Perſönlichkeit verſchleiert worden war. N Ich weiß, daß mich dieſe Behauptung in den Augen der enthuſiaſtiſchen Anhänger Corvins zum Ketzer ſtempeln wird; aber ich muß freimüthig bekennen, daß ſelbe die Frucht mehr als dreißigjähriger vorurtheilsfreier Studien der ungariſch-ſiebenbürgiſchen Geſchichte iſt. Matthias eig— ne Worte bürgen mir aber auch für die Richtigkeit dieſer Anſicht; denn kann ein Reich wohl blühend und im Sur nern kräftig genannt werden, von welchem ein Regent, wie Matthias ſelbſt, öffentlich noch in den letzten Jahren ſeiner Regierung ſagt: „Sed dum rebus vacamus, dum „successus nostros urgemus, dum fortunam, simul- „que victoriam prosequimur, magna interea propter „longam absentiam nostram homicidarum,, furum, „latronum, praedonum, falsariorum, incendiario- „rum et similium sceleratorum oritur in regno mul- „titudo, ita ut non viator, nee frater a fra- „tre, nec hospes ab hospite tutus es- „set 3). Ein Land, von welchem in öffentlicher Urkunde der König und die verſammelten Reichsſtände in dieſer Art ſprechen, kann wohl unmöglich für den Sitz der Kul— tur und wiſſenſchaftlichen Bildung gehalten werden, wenn gleich der Regent ſelbſt die Wiſſenſchaften kannte, ſchätzte und liebte, eine Eigenſchaft; die Niemand, am wenigſten Eder, an Matthias verkennt, wie ſeine eignen Worte (S. 256.) beweiſen, wo er jedoch dieſes Lob des Königs dahin verweiſt, wohin es gehört, nämlich in die Literargeſchichte. 5) Matthiae I. Decretum VI. sive majus de anno 1486. Exord. . 11. 137 Hr. A. K. will (S. 4.) dem Tubero die Glaub: würdigkeit abſprechen, weil er kein gleichzeitiger Schrift ſteller geweſen. Tubero lebte aber in der letzten Hälfte des fünfzehnten und der erſten des ſechzehnten Jahrhunderts, gehört alſo allerdings zu den gleichzeitigen Schriftſtellern wie ſchon der Titel ſeines Werks beweiſt, welches die Ge— ſchichte der Jahre 1490 bis 1522 umfaßt (Commenta- rii de rebus, quae temporibus — — gestae sunt). Für feine Glaubwürdigkeit genüge es, die Zeugniſſe Ha: ners und Bels anzuführen. Erſterer ſagt von ihm: „seriptor is est elegans et candidus, sique com- „missos ex linguae hungaricae ignorantia errores „exceperis, scriptorum rerum hungaricarum nulli „secundus““ 3). Letzterer: „Adprobat se lectoribus fida „quadam et simplici rerum gestarum narratione“ — und weiter: „Fateri nobis necesse est, nihil Tubero- „nem totis libris XI., quibus commentaria sua ab- „solvi voluit, omisisse, quod ad boni historici offi- „eium pertinere cum ipse existimabat, tum optare „potuerunt lectores““ 5). Ebenſo nennt ihn auch Bo x⸗ horn „accuratissimum prudentissimumque seripto- „rem“! 6). — Hat Hr. A. K. dieſe Zeugniſſe nicht gele⸗ ſen, oder abſichtlich verſchwiegen. Im erſtern Falle ſteht es um ſeine kritiſche Gelehrſamkeit, im zweiten um ſeine Wahrheitsliebe übel. Hr. A. K. wagt ſich nun (S. 6.) auf ein Feld, deſſen Bearbeitung er ganz und gar nicht gewachſen iſt, indem er von der Literaturgeſchichte Italiens ſpuͤſcht; denn er kennt, wie es ſcheint, die Hauptwerke über dieſetbe gar nicht, ſonſt würde er wohl, ſtatt eines obſcuren Claremun— dus einen Tiraboschi, oder, wenn ihm Italiens Sprache vielleicht unbekannt iſt, einen Jagemann, Eichhorn, Hee— 4) Haner de seriptoribus rerum hungaricarum et trans- silvanıcarum adversarıa. Viennae 1774. p. 112. 5) Belii praefatio in Tuberonis commentaria. Schwandt- ner Seriptores rerum hungaric. Ed. in Fol. T. II. 6) Czwittinger specimen Hung. lit. P. 392. 138 ren, Bouterwek u. ſ. w. angeführt, und ſich mitunter vor handgreiflichen Irrthümern bewahrt haben, deren einige in der Folge werden berichtigt werden. — Um zu beurthei— len, wie ſchlecht Hr. A. K. die von ihm angeführten Schriftſteller verſtehe, braucht man nur (©. 8.) die Stel: le: „Man wird durch Hülfe“ bis „Gelehrſam— keit liebten und unterſtützten“ zu leſen, und man wird ſich genöthigt finden, den jungen Schriftfteller zu bedauern, der für ſeine Behauptungen aus Roscoe's trefflichem Werke nichts Beſſeres zu excerpiren wußte. Den Galeottus Martius unter den hiſtoriſchen No: tabilitäten zu nennen (S. 9.) verräth wenig hiſtoriſche Kri— tik. Ein Anekdotenſammler iſt noch lange kein Geſchicht— ſchreiber, und mehrere der von ihm erzählten Hiſtörchen ſprechen, nach geſunden Begriffen, eben nicht zum Lobe des Gefeierten. Aus Zueignungsſchriften auf die Vorzüge des Mä— | cens zu ſchließen, iſt allewegs eine mißliche Sache. Hät— ten wir für Matthias perſönliche Vorzüge nur das Zeug— niß der an ihn gerichteten Dedicationen, ſo würde es um die Glaubwürdigkeit derſelben ſchlecht ſtehen, ſo wie man überhaupt bei den meiſten der durch Hrn. A. K. angeführ⸗ ten Lobredner dieſes Fürſten vieles auf die Rechnung der von Matthias bezogenen Beſoldungen und erhaltenen Ge— ſchenke ſtellen muß; denn die Muſenſöhne des fünfzehnten Jahrhunderts waren in der Regel eben ſo wenig, als jene des neunzehnten, unempfindlich für klingende Beweggründe. Des Corteſius Schrift iſt ein Lobgedicht, alſo in ge— ſchichtlicher Hinſicht kein glaubwürdiges Zeugniß. Daß die Florentiner Gelehrten durch Ugoletti ange- | eifert wurden, dem Könige ihre Werke zuzuſchicken, ift | leicht erklärbar. Ugoletti ging, im Auftrage des Königs, nach Italien, Manuſcripte für die Ofner Bibliothek auf— zukaufen und copiren zu laſſen. Daß er dabei Matthias Prachtliebe und Freigebigkeit gegen Gelehrte ſattſam ge— rühmt haben mag, iſt nicht zu bezweifeln. Daß mußte Zu: eignungen, lobpreiſende Zuſchriften und Gedichte in Menge 139 hervorlocken, und Matthias mag wohl oft im Stillen ge— lächelt haben, wenn er die weihrauchdampfenden Epiſteln von Leuten las, die ihn und ſein Land kaum dem Namen nach kannten. Vom Bonfin ſagt Hr. A. K. (S. 18.) „er ſchrieb mehrere Jahre nach des Königs Tode.“ Bonfin wurde aber bekanntlich von Matthias ſelbſt mit einem anſehnli⸗ chen Jahresgehalte angeſtellt, um die Geſchichte Ungarns zu ſchreiben, und begann dieſe Arbeit noch während der letzten Lebensjahre des Königs, führte auch ſelbe nur bis zum Jahre 1495 fort. Ueber feine von Hrn. A. K. ge rühmte Unparteilichkeit äußert ſich der bewährte Geſchichts⸗ forſcher Schröckh folgendermaſſen: „Es hat das Anſehen, „daß er ſich zu ſehr auf ſein Gedächtniß und auf münd⸗ „liche Berichte verlaſſen, die Hauptquellen, die ihm offen „ſtanden, zu nachläſſig beſucht habe. Beſonders leuchtet „feine Verſchönerungsſucht hervor. — — Ob er gleich bis- „weilen unparteiiſch zu ſchreiben verſucht, fo thut man „ihm doch nicht unrecht, wenn man ihn einen geſchickten „Schmeichler gegen den König und fein Haus nennt“ 7). Ranzani kam erſt im Jahre 1488 als Geſandter König Ferdinands von Neapel nach Ungarn, und lernte den König in der Zeit ſeiner Hinfälligkeit kennen, als be⸗ reits körperliche Gebrechen ſeinen emporſtrebenden Geiſt ges lähmt hatten. Seine Grabrede ift ein Panegyrikus; in ei⸗ nem Panegyrikns ward ja aber ſelbſt noch das Lob eines Trajans übertrieben, und Matthias war doch bei allen ſei— nen hervorragenden Eigenſchaften noch bei weitem kein Tra⸗ jan. Wie gering übrigens die hiſtoriſche Glaubwürdigkeit Ranzani's ſei, hat der gelehrte Altorfer Profeſſor Schwarz in einer eignen Abhandlung: Dr. Godofredi Schwarz recensio critica epitomes rerum Ungaricarum, auctore Petro Ranzano Siculo. Lemgoviae 1774. U. gezeigt. Wir kommen nun zu den fremden Gelehrten, die, ohne je ſelbſt in Ungarn geweſen zu ſein und den König 7) Schrökh allgemeine Biographie. B. VI. S. 245. 246. 110 perſönlich zu kennen, ihm in lobpreiſenden Zuſchriften ein- zelne Werke widmeten. 5 Die Reihen derſelben eröffnet bei Hrn. A. K. A n⸗ gelus Politianus. Aber ſtatt über dieſen Schriftſtel— ler, wie es bei einer kritiſchen Bearbeitung wohl mit Recht erwartet werden ſollte, die erſten Quellen, einen Menken 3), Seraſſi '), Tiraboschi n), zu leſen und aus⸗ zubeuten, iſt ſein Gewährsmann der obſcure, von Fehlern aller Art wimmelnde Claremundus, ein wenig bekannter unkritiſcher Compilator aus dem Anfange des achtzehnten Jahrhunderts. Daher rühren wahrſcheinlich die mannigfal⸗ tigen falſchen Angaben des Hrn. A. K. — Politian hieß nämlich mit feinem Familiennamen weder Bassus, noch Petit, ſondern Ambrogini, oder abgekürzt Cini; er be— diente ſich desſelben aber nie bei ſeinen ſchriftſtelleriſchen Arbeiten. — Politian war ferner nicht ein Anhänger der platoniſchen, ſondern der ariſtoteliſchen Philoſophie und darüber mit Marſilius Ficinus im gelehrten Streite *). Ueber ſeine von Hrn. A. K. gerühmte Uneigennützigkeit und Unparteilichkeit ſpricht ſich Heeren, der die Quellen ge— nau würdigte folgendermaſſen aus: „Er vernachläßigte, „wie ſein Briefwechſel zeigt, keine Gelegenheit ſich an „Große, beſonders an Fürſten, anzuſchließen, er erwartete „dieſelbe nicht blos, ſondern kam ihr auch öfter zuvor, ins „dem er der erſte war, der an fie ſchrieb, um ihnen ſei— „ne Dienſte anzubieten (Epist. IX. 1. ad Matth. Corv.), „ohne ſich durch diejenigen Bedenklichkeiten irre machen „zu laſſen, die den Mann von Gefühl, der bei ähnlichen „Fällen fo leicht ſich zu compromittiren fürchtet, von ähn⸗ 8) O. Menke, historia vitae et in litteras meritorum Angeli Politiani ortu Ambrogini. Lipsiae 1756. 4. 9) Serassi la vita di Angelo Poliziano. 1756. 8. 10) Tiraboschi storia de la letteratura italiana. Vol. VI. p. 555. ff. 11) Beweiſe dafür liefern die im zehnten Buche der Brief⸗ | Politians enthaltenen Briefe an Marſilius Ficinus. 141 „lichen Schritten zurückhalten können. Auch ſelbſt in ſei— „nem Verhältniſſe mit Lorenzo von Medici ſieht man aus „mehreren Bitten, die er an ihn that, daß das moralifche „Gefühl bei ihm weniger fein, als das äſthetiſche war“ 12). — Politian hat übrigens keineswegs die litterariſchen Schä— tze K. Matthias perſönlich geſehen, wie Hr. A. K. (S. 18.) aus ſeinen Epigrammen auf die corviniſche Bibliothek ſchließt, indem er Italien nie verließ. Marſilius Ficinus, bei dem Hr. A. K. ungleich kürzer verweilt, war allerdings ein weit ehrenwertherer Cha— rakter, als der leidenſchaftliche, ehrſüchtige Politian, und ſeine Dedicationen und Briefe an K. Matthias ſind ge— wiß aus reinerer Quelle gefloſſen. Allein ſie ſind nur eh— rende Zeugniſſe für des Königs perſönliche wiſſenſchaftli— che Bildung, keineswegs für jene ſeines Reiches, und ſo— mit kann ich die weitern Anführungen dieſer Art, und die Beſchreibung der corvinianiſchen Codices (S. 19 — 25.) füglich mit Stillſchweigen übergehen, da dieſelben über die wiſſenſchaftliche Bildung des ungariſchen Reiches ganz und gar kein Licht verbreiten, um die von S. 26 an gegebene Schilderung des Zuſtandes der Literarur in Ungarn etz was näher zu zergliedern. Daß K. Matthias ſelbſt die Wiſſenſchaften kannte und ſchätzte, daß er ſie auch in ſeinem Reiche zu verbrei— ten ſuchte, wird jeder Kenner der Regierungsgeſchichte die⸗ ſes Königs Hrn. A. K. gerne einräumen. Es iſt aber eben fo wahr, daß Matthias hiezu den richtigen Weg nicht eins ſchlug, daß er (freilich eben fo, wie die meiſten gleichzei— tigen Regierungen, die für Beförderung wiſſenſchaftlicher Kenntniſſe thätig fein wollten) gänzlich überſah, Volksbil⸗ dung müſſe, wenn fie feften Grund faffen ſolle, von un⸗ ten begonnen werden; daß er, ſeinem Hange zur Pracht und Oſtentation folgend, Academien, gelehrte Geſellſchaf— ten, eine Bibliothek mit übermäßigem Aufwande errichtete, die als ephemere, auf keiner gediegenen Baſis ruhende 12) Heerens Geſchichte der Philologie 11. 252. 142 Erſcheinungen, mit dem Tode ihres Beſchützers auch wie⸗ der zu Grunde gingen. — So überlebte ihn die Acade- mia Istropolitana zu Preßburg nur kurze Zeit; feine Bi⸗ bliothek wurde ſchon unter feinem Nachfolger geplündert und zerſtreut; die hohen Schulen zu Ofen und Fünfkir⸗ chen haben uns in jenen Zeiträumen keinen ausgezeichne⸗ ten Zögling geliefert, deſſen Name mit dauerndem Ruhr me auf die Nachwelt übergegangen wäre. — Von den vie⸗ len einheimiſchen Schulen, von deren Frequenz Hr. A. K. (S. 26.) ſpricht, und die unter Matthias Regierung ber ftanden haben follen, habe ich aber bisher noch keine Spur auffinden können. Die deutſchen Colonien in Ungarn und Siebenbürgen beſaßen zu dieſer Zeit wohl allein im gan⸗ zen Reiche Volksſchulen, wenn gleich in mangelhaftem Zu⸗ ſtande; aber dieſe waren ihr eigenes Werk, und wir fin⸗ den in den geſchichtlichen Denkmalen jener Zeit keine Spur, daß ſie das Auge des Königs auf ſich gezogen, oder ſeine Unterſtützung genoſſen hätten. Daß übrigens, trotz den Bemühungen des Königs und einiger andern ausgezeichneten Männer, worunter bez ſonders die beiden Vitez zu nennen ſind, wiſſenſchaftliche Cultur zu jener Zeit in Ungarn keinen ſoliden, feſten Fuß gefaßt hatte, dafür liefert die Thatſache den Beweis, daß alle jene Ungarn, welche ſich durch Gelehrſamkeit und wiſ⸗ ſenſchaftliche Bildung auszeichneten, dieſe auf auswärtigen Lehranſtalten erworben hatten. Hr. A. K. liefert dafür durch feinen Auszug aus Lochers Speculum academicum (S. 36 — 38.) den ſprechendſten Beweis. Würden wohl die Ungarn in ſolcher Menge die Wiener Univerſität be— zogen haben, daß ſie daſelbſt ſchon ſeit der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts eine eigene academiſche Nation bildeten, wenn ſie in ihrem eigenen Vaterlande die erfor— derlichen wiſſenſchaftlichen Anſtalten gefunden hätten? Hr. A. K. tadelt (S. 27.) den fleißigen Sammler Wallaszky, daß er fo wenige ungariſche Gelehrtennamen aus dem fünfzehnten Jahrhundert angeführt habe, und thut ſich nicht wenig darauf zu Gute, dieſes Verzeichniß 113 . (S. 29— 40.) mit 102 Namen zu vermehren. Wir wol⸗ len doch dieſe Vermehrung einer kleinen Sichtung unterz werfen. Nr. 1 bis 47 ſind Mitglieder des Pauliner Or— dens, aus Eggerers Annalen excerpirt. Dieſer Orden, asce— tiſcher Abgeſchloſſenheit und Beſchaulichkeit geweiht, hat ſich nie im Reiche der Gelehrſamkeit berühmt gemacht. Auch find unter den 47 Namen viele, von denen keines⸗ wegs erwieſen iſt, daß ſie, auch nur der Geburt nach, Ungarn angehörten. Mit welcher Kritik aber Hr. A. K. bei ſeiner dießfälligen Auswahl vorgegangen, zeigt gleich Nr. 1. — Er macht hier den ehrlichen Frater Hektor, der morborum curator (alſo Krankenpfleger, oder Kranken— hausverwalter) geweſen, friſchweg zu einem gelehrten Arz— te, und wundert ſich ſehr, daß Weszpremi in ſeinen Bio— graphien ungriſcher Aerzte deſſelben nicht erwähnt. Uebri⸗ gens ſind die Ordensgenerale, welche ſämmtlich in dieſem Verzeichniſſe erſcheinen, wohl dem bei weitem größten Theile nach weder geborne Ungarn, noch weniger aber in Ungarn gebildet, noch haben ſich Documente ihrer Gelehrſamkeit erhalten, und Abſchreiber (Nr. 14.), Bildhauer (Nr. 28. 33.), Maler (Nr. 38.), Orgelſpieler (Nr. 35.) wird wohl Niemand unter die Gelehrten rechnen. Hr. A. K. erklärt es (S. 35.) für ganz einerlei, ob ein Gelehrter im In- oder Auslande ſeine Bildung erhal⸗ ten habe, wenn er ſelbe nur zum Nutzen feines Vaterlan— des anwendet. — Aber gerade für ſeine Behauptung iſt dieß nicht einerlei, vielmehr ein ſchlagender Beweis gegen die— ſelbe. Denn die Söhne eines Landes, in welchem die Wiſ— ſenſchaften wirklich blühen, werden ihre gelehrte Bildung wohl zuvörderſt im Vaterlande ſuchen, und wären dieſe wirklich in Ungarn einheimiſch geweſen, ſo würde Mat⸗ thias zur Beſetzung der Lehrerſtellen an ſeinen Acade— mien, zu Vorſtehern feiner Bibliothek ungariſche Gelehrte gefunden, und nicht dieſe Stellen, ſo wie ſelbſt jene eines Reichshiſtoriographen, mit Ausländern beſetzt haben. Unter den von Nr. 45. bis 102. angeführten Na⸗ men der Prokuratoren der ungariſchen Nation an der Wie— 144 ner Univerſität (aus Lochers Speculum acalemicum) ge hört der einzige in der Literaturgeſchichte berühmte Name, Kaſpar Urſinus Velius, Ungarn weder durch Geburt noch Ausbildung an. Urfinus, war, wie ſich Hr. A. K. aus Jö⸗ chers Gelehrtenlexicon überzeugen kann, 1493 zu Schweid— niz in Schleſien (nicht zu Schemniz in Ungarn) geboren, und erhielt feine gelehrte Bildung auf den Uni— verſitäten Italiens. Aus dem Vorgeſagten erhellt wohl von ſelbſt, daß die ungariſche Gelehrtenrepublik durch Hrn. A. K's. Ent— deckungen eben keine fruchtbare Vergrößerung erhalten habe. Hr. A. K. meint (S. 41.) zwei ignorante Magnaten können keinen Anhaltspunct geben, um den Zuſtand der wiſſenſchaͤftlichen Bildung eines Landes zu beurtheilen. Wenn aber in einem Lande die erſten Reichsbaronen nicht fähig ſind, ihren Namen zu unterſchreiben, und es ſich nicht zur Schande rechnen, daß dieſes in öffentlichen Urkunden ans geführt werde, ſo iſt dieß wohl allerdings ein ſchlagender Beweis für den armſeligen Zuſtand der wiſſenſchaftlichen Bildung. — Das angeführte Teſtament des Bauers Sipos beweiſt noch gar nicht, daß Sipos des Leſens und Schrei— bens kundig war. — Uebrigens hat Eder das 3 1te Kapitel des Galeotto ganz richtig und ohne Rabuliſterei gedeutet. Es war nicht ſelten, daß ein Biſchof leſen konnte, aber die verſammelten Magnaten fanden es lächerlich, daß er ſich mit Leſen beſchäftigte (ein Beweis, wie wenig wiſ— ſenſchaſecliche Bildung bei ihnen galt), und wurden darüber von dem Könige zurecht gewieſen. Hr. A. K. gibt (S. 42.) ſelbſt zu, daß Matthias der Aſtrologie ergeben, und voll Vorurtheile geweſen. War nun dieß bei dem Könige ſelbſt der Fall, der gewiß an Kenntniſſen einer der Ausgezeichnetſten in ſeinem Reiche geweſen, wie muß es erſt um die Uebrigen ausgeſehen har ben? — Sagte doch Matthias ſelbſt auf dem Reichstage zu Erlau (1468) zu den Verſammelten: „Was für eine „Ruhe kann ein Ungar haben, als eine träge, unangeneh— „me Muße? Ueberlegt nur, welches eure Künſte und Be— 145 fihäftigungen ſind. Ganz Ungarn iſt in drei Gattungen „bon Menſchen abgetheilt. Die eine, welche Gott geweiht „iſt, hat ſich der Religion ergeben; die zweite dem Kriegs: „weſen; die dritte dem Ackerbau. Ihr bekümmert euch „nicht um die Bearbeitung verſchiedener Wiſſenſchaften, „um mancherlei Künſte und um den Handel. Die meiz zſten von euch tragen die Waffen, und wenn ihr alſo nicht „Kriegsdienſte thut, ſo könnt ihr nicht auf eine würdige „Art leben.“ — Spricht wohl ein König ſo zu den Er— ſten eines Volkes, unter welchen Wiſſenſchaft, Kunſt und ſittliche Bildung blühn? Die Erhebung des Abſchreibers der Geſchichte Bon— fins in den Adelſtand iſt wohl allerdings ein Beweis, daß ſelbſt die mechaniſche Fertigkeit des kalligraphiſchen Ab— ſchreibens damals in Ungarn eine Seltenheit war; ob aber die beiden genannten Kalligraphen aus den Pauliner Or- den Ungaren, und in Ungarn gebildet waren, hat Hr. A. K. noch zu beweiſen. Mit der weitläufigen Anpreiſung Pelbarts (S. 43.) iſt Hr. A. K. ein paar Jahrhunderte zu ſpät gekommen. Dieſer ascetiſche Vielſchreiber iſt und bleibt vergeſſen, und ſeine Werke haben nur als typographiſche Seltenheit für Bibliophilen und — Bibliomanen einen Werth. Auguſtin aus Olmütz (S. 45.) war weder ein Un; gar, noch in Ungarn gebildet. — Der Biſchof Thurzo ers hielt feine litterariſche Bildung in Deutſchland und Ita⸗ lien. — Verböczi gehört einer ſpätern Periode an. — Hie— ronimus Balbi war ein Wälſchtyroler und in Italien ge— bildet. — Wolfhardt bildete ſich in Wien und lebte dort. — Ueberhaupt zeigt der ganze Schluß des erſten Fragments, daß alle diejenigen Männer, welche Hr. A. K. anführt, theils ſelbſt Ausländer von Geburt waren, alle aber ihre literariſche Bildung im Auslande erhielten. Dieß iſt ein um ſo ſchlagenderer Beweis für die Richtigkeit der An— ſicht Eders, da er aus dem Munde ſeines Gegners ſelbſt kommt. Schullers Archiv I. 1. 10 146 Wenn wir nun alles, was bisher über das erſte Frag⸗ ment des Hr. A. K. geſagt worden iſt, zuſammen faſſen, fo dürfte ſich wohl für jeden unparteiiſchen Leſer das Ne: ſultat ergeben, daß Hr. A. K. die Beſchuldigungen gegen Eder, welche feine inhumanen, beleidigenden Ausdrücke ge— gen dieſen hochverdienten Mann begründen ſollten, keines⸗ wegs erwieſen habe, daß vielmehr ſeine Beweiſe gegen ihn ſelbſt ſprechen. Möge er in Zukunft gründlicher arz beiten, und ſich durch den pruritus seribendi nicht fo leicht verführen laſſen das horaziſche: nonum prematur in annum, zu vergeſſen. Der ganze Angriff auf Eders Verdienſte läßt ſich übrigens zum Schluße am beſten mit Bürgers Worten würdigen: | ia Wenn dich die Läſterzunge ſticht, So laß dir dieß zum Troſte ſagen: Die ſchlechten Früchte ſind es nicht, Woran die Weſpen nagen. J. Benigni. (Eine Beurtheilung des zweiten Fragments wird, ſo⸗ bald das zweite Heft der Nachleſe erſchienen iſt, zugleich mit der Recenſion deſſelben folgen.) x Selbſtbiographie des 8 Grafen der ſächſiſchen Nation Valentin Seraphin. Vila Valentini Seraphim Senioris, Bona conscien- ia absque fraude et dolo ab eodem conscripta Anno 1636 die 20. Augusli. e sum Megyesini die 2. Septemb. 1579 Domino Valentino Seraphim Senatore ejus Civitatis Patre et Magaretha Roth matre existentibus , qui me a puero educarunt in Scholis, et vix quindeeim an- norum celebrem famam Francisci Schirmeri secutus Coronam, ubi aliquamdiu moratus, tandem Claudio- polam profectus, partim apud Jesuitas partim apud Arianos tempus contrivi, inde anno 1508. missus in Germanianı Pragae in Bohemia restiti, ac inde Pe- stilentia invalescente Viennam perveni, unde Anno 1599. in initio Augusti, ab Rudolpho Imperatore Germanico Malaspina Nuncio Summi Pontificis pro- ficiscenti ad Andream Bathoreum Cardinalem Prin- ecipem Transylvaniae adjunetus , Albam Juliam ubi inerebresceutibus rumoribus de ingressu Michaelis Woywodae in Transylvaniam cum quodam Italo Ro- mano et Schunkabunk Coronensi , obviam missi , offendinue Waiwodam venientem cum instructis a- eiebus non ita procul a Fogaras, a quo jussi retu- limus pedem Fogarassinum, ubi in oppido pranden- 1) Aus der im Nationalarchive enthaltenen unbezweifelten Urſchrift des Verfaſſers mitgetheilt von H. Provincial— notarius Hintz. Vgl. die kurzen Notizen über Seraphin von Seivert in Windiſch ungr. Mag. 105 S. 162. 148 tem convenimus et commissa exposuimus, Sunka= bunkio remisso Coronam me cum soeio retinuit, at castra eodem die ad Ker z posuit, ibique in proprio tentorio solus mecum collocutus per interpretem Ste- phanum Halmagi et circa vesperem remisit in Castra Cardinalis ad Cibinium, comitatum ducentorum Cur— tanorum ab Castenholtz licentiavi, et postquam ascen- dissem montem reperi ibidem vigilias excubias fa- cientes, qui obviam mihi interrogarunt quis sim, et ubi inaudiverunt me Castra Cardinalis petere, comitatu addito, ea nocte circa horam primam no- etis perveni in tentorium Cardinalis, qui omnino ha- bitum Cardinalatus mutabat in secularem , atque sic postera die svasu D. A. quorundam et D. Alberti Huet castra transfert versus Selembergh, Ea die quo eonfligebatur Sanctis Simoni et Judae dicato mane Cibinio, cum praefato Legato, Woyvodae obviam contendimus, pacem tractaturi. Verum eo cum per- venissimus, vidimus jam Vayvodam acies disponere, velitationes fieri ,„ nihilominus Vayvodam jam diu sequebamur donec nee retro nee ante abire possemus, interea conscenso equo et relicto Legato, inter pu- gnantes acies viam mihi qnaesivi Cibinium versus, ubi relicto equo una cum Joanne Renero Civitatem ingressus sum. Tertia post die memet adjunxi Vay- vodae et vehor in ipsius Rehda , quam non ita pri- dem eidem Rudolphus Imperator cum sex Bo&micis equis dono miserat, et pervenio incolumis Albam Juliam ab hominibus vacuam, Inde adjunctus Petro Ermeny per postam perveni cum eodem Pilsnam Bo- hemiae ad Imperatorem, qui propter grassantem pestem Praga illuc se transtulerat, a quo donatus denuo remittor Viennam ad interrupta studia, donec tandem A, 1605. Commissario Krausenekio adjunetus Secretarius, in Transylvaniam perveni, donee Bocz- kaius Germanos in finibus Ungariae per haidones confoderet, ubi inter primos fuga elapsus, tardio- 149 res ad Rocomos intercepti , ad unum omnes truci- dati sunt, nobis ab ripa ad Tokaium prospectanti- bus. Ego cum viginti millibus Tallerorum magna difficultate elapsus Viennam perveni et pecuniam me- eum habitam Camerae Caesareae restitui, ubi non ita de pecuniae restitutione, quam de mea salute so- lieiti fuerant. Inde statim Pragam profectus filii Ru- dolphi Imperatoris, Matthiae nempe praefectus fa- etus Ratisbonam profectus, ubi in magno honore habitus, tandem post semi Anni revolutionem, vale- dicens peregrinatus sum, donee reversus in Album Aulicorum familiarium Caesareorum ascitus et ad- seriptus fui, quia Rudolphus et Matthias Caesares mea opera in multis ita usi sunt, ut intra unius Anni revolutionem prope mille miliaria, ut meum itine- rarium probe demonstrat milliaria 005. itinerando perfeci, et Anno 1608. in patriam reversus, Nota- riatum Megiensem suscipio, et duco Uxorum Agnet- tam filiam R. D. Michaelis Elisii Pastoris Nagiczü- riensis, cum eadem vix anni curriculum complevi, dum interea Batthoreus Cibinium dolo occupat, et spoliata domo nostra nltra sex mille florenos meae Pecuniae auffert, qua injuria motus et commisera- tione Urbis Cibinianae, Sigismundo Forgacz, cum exercitu venienti obviam profeetus, statim Anonae Praefectus procuravi pro utrisque castris Hungari- eis et Wallachicis vietualia , ae Decimarum per Tran- sylvaniam Arendator constitutus , duas sedes obivi, interim Cibinio relicto Waywoda et Forgach, Me- giessinum, Segesvarinum ultimo per Siculiam.per- venimus Coronam, inque Campo isto per aliquot dies perseverantes, accepimus nova de adventu Tur- carum in Auxilium Bathorei, ego cum fugientibus fugio per Wallachiam Transalpinam, in Moldoviam, donec tandem per integros 13 dies in alpibus ober- rantes absque pane et sale equina carne vescendo tandem opera quorundam pastorum denuo in Molda- 150 viam perducimur, jam tormentis bellicis caeterisque armis amissis. Postquam in Suthawa per octiduum eorpora refecissemus, per Poloniam progressi veni- mus Cassoviam, vix ibi curato aliquantisper corpo- re, mittor Viennam per postam ad Imperatorem Mat- thiam , ubi nuptiae Caesareae celebrabantur et ego exhibita relatione rerum gestarum in illa expeditio- ne, et habita narratione apud Caesarem, Electores ibi praesentes, absentium autem Legationes, reten- tus sum in Aula Caesarea, et bis missus in Polo- niam ad Regem Warsowiam, bis ad Electorem Sa- xoniae modernum, reversus et pertaesus tot labori- bus, constitui redire in Transylvaniam, iam enim Betlenius moderabatur Patriae habenas, ibi ut me- met insinuarem seripsi literas Praga, quos Andreas Doeij interceptas Caesari transmiserat, igitur hone- stae custodiae mancipatus , donec innocentia mea cognita ab Caesare opime donato mihi et Tricesi- mam Szöleösiensem contulit, unde cum maximo meo damno per rebellantes Betlenianos amotus et spolia- tus, hine cogor vagari per incertas sedes donec adseitus per Dominum Paulum Ludoviei tune Con- sulem Cibiniensem , Notarii vices subeo anno 162). quo etiam secundam duxi Uxorem eirca 17. Septemb, Catharinam filiam Cireumspecti Matthiae Reyser reli- ctam viduam quondam Joannis Scheer, ex qua mihi nati filius Stepbanus et filia Margareta, quae no- no ortus sui die decessit. 1626. fio Judex Regius Mereuriensis et 1028. penultima februarii Notaria- tum subeo Cibiniensem. Anna 16314. 2. Martii ex No- tario electus sum in Consulem eodem anno, et 2. Junii inauguror in Judiceem Regium Cibiniensem , et gero Consulatum, Judicatum et Notariatum simul, usque diem 21. Julii ejusdem anni 1636 in Castris al Reresztes positis sub tentoriis, indignus, in Nu- merum Consiliariorum IIIustrissimi Prineipis adsei— tus, ubique variis fortunae motibus, ietibnsque agi- . nitas vanitatum et omnia varietas, praeter amare 151 tatus cum Salamone bona conseientia pronuneio: va- Deum et ei soli servire haec tam vere seribo quam vere aeternam salutem sitio. — Das Leben, Handel und Wandel Valentini Seraphin Simonis. Ich bin geboren anno 1579 zu Medwiſch vom wei⸗ fen herrn Vanlentino Seraphin Rhatgeſchwornen, u. Marz garetha Seraphin alias Rotth meinen leiblichen Eltern von welch ich zur Schuel gehalten undt bald in meiner Ju— gendt dem h. Francisco Schirmert kegen Cronen nachgeſchi⸗ ket worden, von danen bin ich kegen Nößen den herrn Gallum Rhormanum anzuhören, von Nößner ſchuel bin ich nach Klaußenburg gezogen theyllß untter den Jeſuitis, theyllß untter den Arianis ſtudiret, und anno 1595 durch Ungaren undt Polen Schleſien biß in Bömen gelanget. Zu Praga ein Zeyft auffenthalten, nacher wegen der Peſt durch Meyren in Oſterreich auff Wienen zu verreyſſen ger nöttiget, aldo ich den curſum Philoſophiä abſolvirt, aber interea im Jar 1599, mit dem Legato a latere in Sie⸗ benbürgen deſtiniert, alß wier nach Weyßenburg zum Cardi— nalen gelanget, iſt die Bottſchaft kommen, das der Mir hali Wayda ſich ſtark rüſtet auff Sybenbürgen, wurden de⸗ rohalber ich, ein Römiſcher ablegatus und ein Schunken⸗ bunk von Cronſtadt dem Wayda entkegen expetyert, innen, wenß möglich, von feinem Proposito abzuwenden, aber umb ſuneſt, denn er uns diſſeit Schirkanyen begegnet mit ſeinem gantzen Heer, undt haben erſt zu Fogars mit Im geredet, da er den Schunkabunk zurück gelaſſen, mich aber und den Römer mit ſich genommen und bey kertz von ſich gelaſſen mit einer ſtarken comitiva kurtanern biß kegen Ca⸗ ſtenholtz, da wier nit weytt davon die Cardinaliſche ſchild— wacht antroffen, und von dero umb mitte nacht biß bey die Hermannſtadt ins Cardinals gezelt bracht wurden. Den andern Tag, nach verhörter unſer Verrichtungen, iſt der 152 Cardinal ober die Stad gezogen, und Simonis Jude die ſchlacht verlohren, darinnen ich geweßen undt ſambt dem kriegs volk bis auff Weyſſenburg gelanget, von Weyßen⸗ burgh bin ich neben dem Ermeny Peter abgefertigt vom Mihaly Wayda bey den Römiſchen keyßer Rudolphum, welchen wier oberhalb Prag in der Stadt Pilsna antrof— fen. von dannen ich abermall zurük kommen und zu Wien meine ſtudien continuiert biß anno 1603, da ich dem Herz ren commißario Kraußenek zue einem Secretario bin zue gegeben worden undt in Sybenbürgeu blieben biß der Bocs— kai die Teutſchen nit weytt von Wardein niederhauette, auß welcher nachteliger ſchlacht ich mit den forderſten auß⸗ gerißen unverletzt kegen Tokay ankommen bin, undt von dem Uffer zugeſchauet, wie die hinderſten unſers Heres nidergeſchoßen und gehauen worden. von Tokay hab ich mich eyllens kegen Teutſchland begeben und glüklichen zu Wien undt Prag angelandet, aldo ich des keyßers zwiner Söne Preceptor worden undt zu einem keyſerligen diener angenomen bin, undt von Regenſpurg keyßerliche Söne ver: laſſendt mich in Sybenbürgen begeben und anno 1608 Notarius zu Medwiſch meine erſte frau genomen Agne— tam herrn Eliſy Pfarrherrn zu großſcheurn leibliche Toch— ter davon mier mein Son Valentinus geboren, und alß ich Jer etwa ein Jar bey gewonet, iſt der Batthori Ga bor in die Stad kommen, von welches unäartig leben ich bewogen, mich bey den Forgach zu begeben, mit welchem ich auch veriaget durch Wallachey, Moldau, und demnach vill Roßfleiſch geſſen hatten durch Polen in Ungerland ankommen, und ich kegen kaſſau mich gemacht, von dans nen ich alßpaldt auff der Poſt kegen Wien verſchikett wor: den, aldo ich recht auff des keyßers Mathiä Hochzeytt an⸗ troffen und die relationem eingeben, und auch ſelber müſ— ſen anzeigen wie ſich alle ſachen in dem krig verlauffen hatten. Bin aber woll bey keyßerlich Hoff geblieben, da ich zweymall zum Polniſchen König und auch zweymall bey den Curfürſten auß Saxen bin geſchickett worden. Da ich diſſer viller wanderſchafft mied, mich in mein Vatter⸗ 153 land zu ruhe wolt begeben, ſchriebe ich ein brieff an den Fürſten Betlen Gabor, welchen Andreas Doci Capitan zu Zattmar auffgefangen, undt damit bey keyßerlicher Maye— ſtät mich in unglük bringen wöllen, bin abermal von Zö— lös nach Wien gezogen mich zu verantwortten, da hatt man dem Doci mehr glaubet alß mier, und mich in areſt gezogen vaſt ein halbes Jar, bis das der Keyßer und ſein Rhätt meine unſchuld beherziget, mich auß dem areſto be— folen heraußen zu gehen, welches ich nit gewölt ſo lang der keyßer mier nit hatt fl. 200 geſchiket, und daneben das Treyſſig zu Zölös, welches ein ſchöns einkommen iſt, conferiret. Aldo ich nach kleiner Zeytt mich auffgemacht und ſalb (2) fer dienern zu Roß in die hermanſtadt gelanget, von danen ich alßbald bey den Fürſten müßen, welcher ſich eben gevaſt macht wider den keyßer zu kriegen, in wel— ches außzug mein hauß u. dreyßig außgeplündert zum Zö— lös, alle Diener veriaget waren, biß ich heim kam. da ich mich dann auch müßen verholen halten etwa bey fierzehn Tage auß Furcht der Heydukken. Diſſem allem nach bin ich zur rechentſchafft nach Caſſau verreyſſet, da ich dan daſſelbige, waß mier zu Zölös wekgeraubet war worden, auß dem meinigen der keyßerlichen Camer hab müſſen erz ſtatten. Von Caſſau zog ich auf Sybenbürgen zue, biß ich letzlich anno 1624 vom Herr Paul Ludwich Bürger: meiſter der Hermannſtadt, das Notariat zu vertretten ge— ruffen wardt welches ich gethan undt eben 1624 gehey— rath undt eine andre Frau Catharinam keißerin genomen, mit welcher ich ein Sunn Stephanum undt ein Mägdel Magaretha gezeiget, und eben bald darnach zu einem Kö— nigsrichter kegen Reyßmark geruffen 1626. Undt Anno 1628 im Februario zu einem Stadtſchreiber in die Her— manſtadt beruffen, biß Anno 1634 ich den 2ten Marty zu einem Burgermeiſter der hermanſtadt erwellet und eben in diſſem Jar im Junio confirmiert zum Königsrichter amptt und hab miteinander das Burgermeiſter, Königs- richter amptt und Notariat getragen biß auff den 21. July. Originalien zur Geſchichte Siebenbürgens im 16ten Jahrhundert.“) (Oyvar 30. Jänner 1552.) Bericht des Caſtaldo an Kai— ſer Ferdinand über den dort gefundenen Nachlaß des Martinuzzi. Dum Cibinii essem castellanique arcis hujus sd me venissent, eam cum omnibus in ipsa existen- tibus reddituri, deliberavi me ipsum hue transferre, ut et arcis possessionem acciperem, et quaecungne in illa essent viderem, sicut aliis meis inde Maie- statem Vestram monui , et si () quamvis non admodum bene valerem, veni, quod fuit 5 dierum iter, et cum Tordae reperierim Battor Andream ad me ve- nientem mecum redire feci ut negotio huic interes- set, et sic hodie non solum in ejus praesentia sed etiam vicarii Albensis, Judieis Colosvariensis et 2 argentariorum quos inde mecum data opera adduxi, nee non secretarii Cnaisel, 2 aliorum quondam Fra- tris Georgii sc. Gasparis et Emeriei, Capitanei Ul- *) Aus F. B. v. Buchholtz Geſchichte der Regierung Ferdi- nand des Erſten. Wien 1851—58. 9 Bände gr. 8. einem für das Studium der Geſchichte Siebenbürgens in der genannten Periode durch den Reichthum an bisher nicht bekannten Actenſtücken unſchätbaren Werke. 155 loae, Commissarii Azeves et aliorum aperuimus ho- stium et Capsas in quibus pretiosiores res recondi- tae esse debebant et quae sigillo dieti quondam fra- tris Georgii firmatae erant. Verum longe me fefel- lit spes, nil enim aliud repertum fuit nisi quatuor mille et quingenta vel eirca Marchae argenti in vir- gis, mille monetae antiquae auri cum impressione Lysimachi, ponderis 2 ducatorum vel circa pro sin- gula, mille floreni in pecuniis, quidam lapides cum venis aureis, et aliquae aliae parvi momenti res, quarum notam Maiestati Vestrae transmittam quam eitius, una cum descriptione ingeniorum quae de- cem sunt, et inter illa unum ex majoribus, ac mu- nicionum et caeterorum omnium, Verum miror et stupefactus remaneo quomodo hie tam pauca reperta sint respectu multorum quae Fama erat hic asser- vata esse, nec dubitare possum quin ‚castellani isti majorem forsan partem sustulerint, sed cum id de Praesenti non constet, praesentiumque rerum status non requirat, ut convenientibus modis veritas elici- atur, usque ad opportuniora tempora dissimulandum esse censeo, — Lysimacos et lapides aureos, quae tamquam rariores et speciosae res servandae sunt si sie eidem videbitur, Maiestati Vestrae transmittam, argentum vero aut hie aut Zibini asservari curabo donee ab ipsa quoque mihi ordinabitur quid de illo faciendum sit. Verum mihi videretur in pecunia eu- dendum esse et ex illa rebus necessariis subvenien- dum. Oyvar penult, Jan. 1552, (1552) Bericht des Caſtaldo an K. Ferdinand über die Habſucht und Indisziplin der Soldaten. Seripsi Maiestati Vestrae me magis timere a gen- tibus istis quam a Tureis et sie nune replieo, nullo enim adhuc modo potui componere istas peditum eohortes. Et quando investigavi tumultus autores, 156 ut eos exemplariter castigarem, reperii fuisse ipsos- met capitaneos, et ex officialibus aliquos, et si ali- quam parvam pecuniarum summam pro quotidianis necessitatibus occultare volo, ipsimet quibus illarum cura pertinet, statim eam militibus publicant, qua autem intentione hoc faciant nescio discernere, sed aut eo ut et ipsi cum militibus persolvantur, aut ut modum abeundi isto modo procurent, sicuti gene- raliter omnes cupiunt. Super omnes autem mihi mo- lestae sunt gentes Fabii a Schenac (Schönaich) quas nil profuit integre persolvere, imo etiam plus quam debebatur dare, quia cum numerum 800 non exce- dant, voluerunt solutionem 1400 abs que lustratione, quod non moleste tulissem dumodo cum hoc quieti remansissent, sed post multa facinora hie impune patrata cum eos ad Passum Devae et ad demolien- dum castellum illud quod Turcae construebant, mi- sissem , tam crudeliter se habuerunt ubicunque, ut populi malint servi Turcarum fieri quam ipsos domi habere, oceidunt enim absque nullo respectu rusti- cos, omnem eorum substantiam diripiunt, domos di- ruunt, et denique omne crudelitatis genus exercere student. Nec tantum potui dietum eorum capitaneum rogare, hortari, et omnibus modis possibilihus sua- dere, quin indies pejus semper se habeant. Nune nulla de causa passum illum Devae dereliquerunt, et huc redeunt ad quid nescio, quia nil mihi seri- pserunt, sed dubito ad coneitandos reliquos pedites ad tumultum , sperantes forsan isto modo posse ab- ire, quia post amissionem illius eorum partis , quae in Hungaria occubuit semper inviti hic manserunt, verum utinam a prineipio abiissent, cum isto modo nune ultimum exitium nostrum futuri sint, ad quod ignoro penitus quam ulterius provisionem adhibere, nist expectare quemcunque finem Deus rebus no- stris nobis dare voluerit. Haec Maiestati Vestrae scri- bo, non quod praeterea sperem inde remedium sed 157 ut intelligat, quo in termino constituti simus et si vixerimus sciat quemque juxta ejus merita tractare, (Colosmonoſtor 16. Juni 1552.) Bericht des Caſtaldo an Erzherzog Maximilian über den Aufſtand der Szek⸗ ler und die gefahrvolle Lage der Dinge in Sieben⸗ bürgen. ö Serenissime Rex Dne Due gratiosissime. Seripsi die- bus praeteritis Serenitati Vestrae qualiter Siculi , in- ter coeteros, graviter ferebant, capitulum in Poso- niensi conventu conclusum de restituendis bonis, quae per notam infidelitatis tenebantur, et quamvis ego verbis et suasionibus eos quietos reddere labo- raverim, etiam antequam id mihi Serenitas Vestra mandasset, eis promittendo dare operam, quod M. S8. rei huie aliquam haberet considerationem , et eos aliquo modo compensaret, prorogando etiam termi- num quantum ipsi petierunt. Tamen nil profuit, quia Thomas Mibail, fratris Georgii affinis, occasione ista arrepta, eos talliter sollicitavit , ut omnes arma cCaceperint in tanto numero, quod numquam tam uni- tos fuisse dicant, et veniunt una cum Transalpino Vaivoda ac Turcis ab illa parte, Moldavus ab alia eum Tartaris et hine Mahmet Bassa cum Beglierbe- go, ut omnes uno tempore in nos irruant, qui qua- lem resistentiam facere possimus, jam nimis Sere- nitati Vestrae notum esse debebit; nam paucas gen- tes istas tempestive unire impossibile est, et ubi etiam fieri posset, confinia omnino praesidiis denu- data manerent, et si prius aliquid spei in Siculorum auxilio, qui unam ex tribus partibus defenderent, constitueramus quid faciamus nunc, quum cum ho- stibus contra nos conspiraverunt? Profecto nullum amplius rebus istis video remedium; quod ego fa- cere possum est, hine non abire, sed hie in servi- tio Dei et Serenitatis Vestrae occumbere et sie fa- M 158 cere, decrevi, Si possibile esset, ut Itali pedites et Germani cataphracti in tempore adessent, supplica- rem Serenitatem Vestram ut eos solicitare faceret, sed, absque pecunlüs , quanto plures gentes vene- rint , tanto pejus erit. Proh dolor quotiens ista praesentiens Maiestatem Vestram supplicavi ut op- portune et tempestive provideret, sed discordia et obstinatio principum cristianorum communi hosti com- moditatem super eosmet grassandi praebet. Nescio quid amplius dicam, Deus altissimus sit pro Sere- nitate Vestra. Ex Colosmonostor 16. Juni 1552. (Torda 11. Juli 1552.) Bericht des Caſtaldo an Maris milian über die Zerſtörung eines Theils der Stadt Colosvar durch die zuchtloſen Soldaten. Meminisse potest S. V. quid multis ante diebus de gentibus istis comitis ab Elfenstein ei perseripse- rim, quae dum Debrecenii hospitarentur tam erude- liter se habebant, ut multo facilius ipsi quam Tur- cae ac Tartari regnum vastare et in desperationem compellare possent, Scripsi enim quod cum inde discederent veniebant inmultvati sicut semper fue- runt postquam e Vienna recesserunt, Nune video et clarissime nosco quod ea firma intentione venerunt ut magis nune Maiestati Suae et Serenitati Vestrae essent contrarii quam fuerint Madelburgenses et alii _ Marchionis Alberti Brandenburgensis, et regni istius jacturam quantocius accelerarent, sicque eis e voto contigit, Nam cum Colosvarium pervenissent ubi eos una cum quibusdam nobilibus expectabamus, ut ho- stibus obviam iremus , nil profuit eis dono multa vi- etualia dedisse, et subsidium 6000 florenorum, in- dicando et certificando, quod Capitaneus Stephanus est in itinere cum solutionis residuo, quin talem non tumultum sed potius conspirationem fecerint, ut nullo modo inde abstrahi potucrint, nee possint do- 159 nee eivitatem illam expugnaverint et pecunias omnes quas petunt habuerint, facturi deinde quid eis vi- debitur, quod judicio meo erit, reverti si poterunt in Germaniam et bombardos ae munitiones omnes una cum regno isto perdere; sie agendo ut num- quam amplius gentes Serenitatis Vestrae cum isto- rum voluntate huc introduci possint, quia nune ei- vitatem illam quae totius regni pulcherrima est, e montibus illi imminentibus bombardis quassant et oppugnant; qua de causa regnicolae, quorum multi ex praeeipuis ibi res et familias habent, in tanta desperatione et rabie sunt, quod nescio an cum il- lorum omnium morte, si trucidare possent, contenti fierent. Nee mihi prodest rationibus eos vincere velle, quia major ipsorum pars, quae illius erga nos est voluntatis, quam Serenitati Vestrae jam in- dicavi, eas auscultare non vult. Ego solum et in manibus ipsorum me reperio; Andreas Batori de vi- ta sua dubitat, ego vero non de mea, posteaquam eo compulsus sum ut illam estimare non debeam, videns uno tempore mihi deficere omne id quod pro defensione regni, gentium, et personae meae quod minimum omnium est oportebat. P. S. Dum elaudere presentes vellem superve- nerunt nuntii indicantes Germanos jam quasi mediam eivitatis partem diruisse, et incessanter sequi cum omnibus bombardis quas habent, unde nobiles isti spretis omnibns verbis et consiliis meis jam ad istos pergunt. Miseram ad ipsos, multos nuncios qui ut tandem placarentur persuaderent, ostenderentque pro- ximam et manifestam eorum et regni pernitiem, nil proficere potuerunt, Si juvare crederem libentissime inter utrosque meam personam objicerem, sed video rem irreparabilem esse denique concludunt omnes, etiam proprii eorum capitanei, nunquam fuisse tam dissolutas et magis pertinaces ac bestiales gentes, quas nec manifesta eorum perditio a malefaciendo 160 terrere potest. Misi aliquas gentes, quae contineant rusticos, quorum maxima quantitas jam sicut audio super illos confluit, ne ad manus veniant, quia for- san cum se in extremo discrimine videant, ad pe- nitentiam reducentur, quod Deus faxit, sed parum spero. (Ferner: es geſchähen oceisiones et vulnera multa cum amissione multorum equorum, bombar- das et munitiones vehendo qui a rustieis et aliis subtracti fuerunt etc.) In demſelben Verlage wird erſcheinen: Bedeus v. Schaarberg hiſtoriſch⸗genealogiſch-ſtatiſti⸗ ſcher Atlas zur Ueberſicht der Geſchichte des ungriſchen Reiches, feiner Nebenländ er und der angränzenden Staa⸗ ten und Provinzen. 5 Lieferungen. Imperial⸗Folio. Sub⸗ ſeript. Preis für jede Lief. mit ec aa ar de f Früher ſind bey uns erſchienen: | Ballmann, Joh. Mich., über die jetzige Sraatsperfafiung Siebenbürgens. 8. M. 10 kr. Benkö imago inelytae in Transsilvania nationis Si- N eulieae historic politica. 8. ER Berg. Siter , Job, „ vindieiae constitutionum et r nationis in Transsilvania Saxonicae ibertatumque et praerogativarum in iisdem fun- datarum. 8. 15 Xr. Bethlen, Wolfg. Com., historia de rebus Transsil- 2 vanieis. 6 Tom. 8. maj. fl. 5. 20. Eder, J. C., de initiis juribusque primaevis Sa- - .xonum Transsilvanorum commentatio, 4to fl. 1. 36. Felmer, Mart. » primae lineae historiae Transsil- i vaniae antiqui, medii et recentioris aevi. Acces- serunt observationes eriticae. Opera J. 12 Eder. 3 . 1. 30. Haner de seriptoribus rerum Hungaric. et Trans- 1 silv. saeculi XVII. svo 1798. fl. 1. 20. He Fr. Xav., (Biſchof von Dulcinea) Beyträge zur daciſchen Geſchichte. Nebſt lithogr. Abbildung einiger gl, due, Monumente des 1 Auf 0. Sen f. “ 9 Sprachlehre. 8. a. endes 153265 in ungar. Sprach r. Folio. i v dee Sie enbürgifche (hiſtoriſch⸗ aan phiſch) 5 Band artalſchrift, Siebenbürgiſche (hiſtoriſch⸗ Da) 7 Bde. 8. ler, Joh. Carl, Mein Leben, kritiſch 1 j 5 meiner Schreibfeder. Ein eee gr. 8. 9 85 geh. Schuller, J. K., Umriſſe und kritiſche Studien zur Geſchichte Siebenbürgens. Mit beſonderer Berück⸗ ſichtigung der 1 der deutſchen Coloniſten im Lande. 1s Heft gr. 8. geb. rl. Seriptores rerum Transsilvaniearum. Tom. I. contin : Schesaei ruinae Panonicae 4-to 1797. fl. 1. 30. Tom. II. contin: Ambrosii Simigiani histo- ria rerum Ungaricar, et Transsilvaniearum. Vol. I. 4-to 1800. fl. 1. 30. Tom. III. contin: Ambrosii Simigiani hi- storia rerum Ungaricar. et Transsilvanicar, Vol. II. 4-to. Statuten, oder eigen Landrecht der Sachſen in Sie⸗ benbürgen. 4. 30 kr. Verfaſſungszuſtand, der, der Sächſiſchen Nation in Siebenbürgen nach ihren verſchiedenen Ver⸗ hältniſſen et und aus bewährten 1 bewieſen. 8 Wolff, Andr., Beiträge zu einer statistic biſtori⸗ DR Beſchreibung des Fürſtenthums Moldau. 2 Bd & 8. fl. 1. 30. Inhalt des 1. Heftes: Die ſiebenbürgiſche Steuergeſetzgebung. Die Mongolen in Siebenbürgen, vom Herausgeber eh gie antifen Münzen, eine Quelle der ältern Geſchichte Siebenbürgens, von M. Ackner. leber die Eigenheiten der ſiebenbürgiſch⸗ ſächſiſchen Mundart, und ihr Verhältniß zur hochdeutſchen Sprache. vom Herausgeber. Apologie J. K. Eder's. von J. Benigni. Selbſtbiographie des Grafen der ſächſiſchen Nation Valentin Seraphin. Originalien zur Geſchichte Siebenbürgens im a6ten Jahrhundert. v. Hochmeister'sche Buchdruckerey. — pee... on Ber ud 1 21 1 2 79 £ 27 Arch td für die 8 Siebenbürgens Vorzeit und Gegenwart. | In Verbindung mit mehreren Mitarbeitern, und in 9 zwangloſen Heften herausgegeben von 5. . Schuller, | | Profeſſor am Gymnaſium A. C. in Hermannſtadt, 1 und Ehren⸗Mitglied der Berliner Geſellſchaft „ für deutſche Sprache. 1 1. Band 2. Heft. E Hermannſtadt 1841. Marlin n b. Hochmeiſter'ſche Buchhandlung. Be v. Hochmeister’sche Buchdrucherei. In derſelben Buchhandlung find zu haben: (Preiſe in Conv. Mze.) e Joh. Karl, Handbuch des ſächſiſchen em Ballmann, Joh. Fa „ über die jetzige Staatsverfaſſung Siebenbürgens. 8 10 kr. Benkö imago n in Transsilvania nationis Si- eulicae historie politica. 8. 16 xr Bergleiter , Joh., vindieiae eonstitutionum et privilegiorum nationis in Transsilvania Saxonicae libertatumque et praerogativarum in jisdem fun- datarum. 8. 15 xr. Bethlen, Wolfg. Com., ‚historia de rebus Transsil- vanieis. 6 Tom. 8. maj. fl. 5. 20. Eder, J. C., de initiis juribusque primaevis Sa- xonum Transsilvanorum commentatio. 4to fl. 1. 36. elmer, Mart., primae lineae historiae Transsil- vaniae antiqui, medii et recentioris aevi. Acces-. serunt observationes criticae. Opera J. G. Eder, fl. 1. 30. Gedichte in ſiebenbürgiſch⸗ ſächſiſcher Mundart. Geſammelt und erläutert von J. K. Schuller gr.g. Hermannftadt 1841. Fr. Aug. Credner. Zum Beſten der am 4. Oktober 1840 Abgebrannten in Biſtritz. ord. Papier 36 kr. fein Papier fl. 1. 20 kr. Haner de seriptoribus rerum Hungarie. et Trans- iv. saeculi XVII. 8vo 1798. fl. 1. 20. Heu „Ir, Xav., (Biſchof von Dulcinea) Beyträge zur daeiſchen Geſchichte. Nebſt lithogr. Abbildung einiger „ merkwür get Monumente des Alterthums. Auf f Tafeln. Te N 1. 1% Lebrecht, Mich. „ Verſuch einer e deibue des 1 fürſtenthums Siebenbürgen. ꝛte Aufl. 8. o kr. Marienburg, Luc. Joſ., e 18 Groß in thums Siebenbürgen. 2 Bde. 8 fl. 1 161 Die denfichen Nitter im Jur zenlaude. Zu den intereſſanteſten Epiſoden der Geſchichte Sie— benbürgens gehört ohne Zweifel die Geſchichte der deutſchen Ritter im Burzenlande. An ſich ſchon iſt es ein natürli⸗ cher Wunſch des denkenden Geſchichtsfreundes, die erſten Anfänge und die früheſten Schickſale jenes merkwürdigen Ordens kennen zu lernen, welchen die Vorſehung dazu bes dimm hatte, das Chriſtenthum und die Keime deutſcher Civiliſation an die Küſten der Oſtſee zu verpflanzen, und der Gründer eines noch fortbeſtehenden, durch Intelligenz und Macht gleich ausgezeichneten europäiſchen Staates zu werden. Die überraſchende Neuheit einer lange nicht ge— kannten Begebenheit, der Zuſammenhang derſelben mit der Coloniſation eines Theiles von Siebenbürgen, das meteor—⸗ wage ſchnelle Verſchwinden des Ordens aus unſerm Va— terlande, und das räthſelhafte Halbdunkel, welches noch im⸗ mer auf einzelnen Momenten dieſer Geſchichte ruht, ſind ganz vorzüglich geeignet, jenes allgemeine Intereſſe zu ſtei⸗ gern, und jedem Verſuche zur Aufhellung derſelben die Gunſt zahlreicher Leſer zur verſchaffen. 1 Der nehmliche Geiſt, welchem die beiden geiſtlichen Ritterorden der Johanniter und der Templer während der Kreuzzüge ihren Urſprung verdankten, ſchuf in dem zwölf⸗ ten Jahrhunderte auch den Orden der deutſchen Ritter. Ein Hospital, von einem frommen Deutſchen in Jeruſa⸗ lem zur Aufnahme erkrankter deutſcher 1 gegründet, Schullers Archib 1. 2. 162 und unter den Schutz der heil. Jungfrau Maria geftelle , war die erſte Grundlage zum Baue deſſelben. Allein früh— zeitig ſchon erweiterten die „Brüder des h. Mari- enſpitals in Jeruſalem“ ihre Thätigkeit über die urſprüngliche Aufgabe der Krankenpflege hinaus, und zogen die gewaffnete Vertheidigung des heil. Landes mit in den Kreis ihrer Pflichten. Nur deutſche Pilger wurden in die— ſen Verein aufgenommen; er ſelbſt aber ſtand anfangs unter der Aufſicht des Großmeiſters des Johanniterordens. Da faßte Kaiſer Friedrich's des Rothbarts Sohn, Herzog Friedrich von Schwaben, ein bewundernder Augen- zeuge der Hingebung, womit ſich die Brüder in dem La- ger von Accon (St. Jean d' Acre, im Alterthume Ptole— mais) dem ſchweren Berufe anſtrengender Krankenpflege widmeten, die Idee, ihren Verein zu einem befondern felb- ſtändigen Orden zu erheben. Pabſt Clemens III. und Kai⸗ ſer Heinrich VI. beſtätigten 1191 den neuen Orden der deutſchen Brüder der Kirche der h. Maria zu Jeruſalem ), und Heinrich Walpot von Baſſenheim wurde der erſte Hochmeiſter deſſelben. Accon fiel in die Hände der Chriſten; dagegen aber ſchien die Wiedergewinnung des 1187 durch Saladin er? oberten Jeruſalem unmöglich. Daher beſchloß Walpot ſei⸗ nem Orden in Accon eine feſte Heimath zu verſchaffen, und baute daſelbſt das deutſche Haus. Seitdem hießen nun die Ordensbrüder gemeinhin die Ritter vom deutſchen Haus ſe, oder auch in Beziehung auf ihre älteſte Heimath die Ritter oder Brüder des deutſchen Hauſes zu Jeruſalem 2), — 1) Fratres theutonici eeelesiae s. Mariae Jerusalemi- tanae nennt ſie Pabſt Clemens III. in der erſten ſie betreffenden Bulle. 2) Gruciferi , fratres hospitalis oder domus S. Mariae Teutonicorum Jerosolymitani u. f. w. wohl auch hospitalarii 8. Mariae Teutonicorum z. B. in eis ner Bulle Honorius III. bei Fejer Codex diplomatie. regni Hungariae III. 2. 55. und hospitalarii ſchlecht⸗ hin z. B. in Urk. 19. des angehängten Urkundenbuch es. 163 So wie ehemals in die Brüderſchaft des h. Marien⸗ ſpitals, aus welcher der Orden hervorgegangen war: ſo durften auch in die Ritterbrüderſchaft des Ordens nur Männer deutſcher Geburt, und von freiem und edlem Stamme aufgenommen werden. Keuſchheit, Armuth und Gehorſam waren die Grundgeſetze derſelben; ein weißer Mantel mit dem ſchwarzen Kreuze bildete das Ordens— kleid ), ein weißes Schild mit einem ſchwarzen Kreuze das Wappen, die Mutter Chriſti auf einem Eſel ſitzend, auf ihrem Arme das Jeſuskind, vor beiden Joſeph mit dem Wanderſtabe das Thier leitend, und dem Sterne folgend, der vor ihnen hergeht, das erſte Siegel des Ordens. So wie aber ſeine Beſtimmung ſich zwiſchen Krieg und den Pflichten chriſtlicher Mildthätigkeit theilte, ſo war auch die Lebensweiſe der Ordensritter in erſterer Beziehung nach den Regeln der Tempelherren, und in letzterer nach jenen der Johanniter geordnet. Eben dieſer Natur des Ordens gemäß bildete ſich frühzeitig ſchon der Unterſchied der Ordensglieder in zwei Klaſſen aus, deren eine im Kampfe für des h. Landes Schutz fromme Verdienſte und ritterlichen Ruhm ſuchte, während die andere ſich in der Stille des häuslichen Gemaches mit der Krankenpflege bez ſchäftigte. Erſt ſpäter erhielt der Orden die Erlaubniß auch eine dritte Klaſſe, die der Prieſterbrüder, in feine Mitte aufnehmen zu dürfen. Unter dem Namen der Halb⸗ brüder endlich durften Männer aus jedem Stande, ohne gerade an ſämmtliche ſtrenge Verpflichtungen, Gelübde, Regeln und Geſetze gebunden zu ſein, oder in dem In— 5) In dem fpäter mit den Templern entftandenen Streite des Ordens über dieſe Kleidung befahl Innocenz IM. daß die deutſchen Ritter ſich einer von jener der Tem— pelherren abweichenden Tuchgattung bedienen ſollten, vgl. Joh. Voigt Geſchichte Preußens von den älteſten Zeiten bis zum Untergange der Herrfchaft des deutſchen Ordens. Königsberg 1827 ff. B. 2. S. 66. aus welchem claſſi⸗ ſchen Werke auch dieſe einleitenden Notizen über den deutſchen Orden entlehnt ſind. 11° 164 nern der Ordenshäuſer mit den eigentlichen Ordensbrüdern zuſammenleben zu müſſen, in den Verband des Ordens eintreten, ſobald ſie die Verpflichtung übernahmen, überall nach Kräften für das Intereſſe deſſelben zu wirken. Durch dieſe Einrichtung verzweigte ſich der Orden über alle Stän: de und Rangordnungen der Geſellſchaft; denn die Halb— brüder lebten zum Theil in ihren weltlichen Verhältniſſen fort, unterſchieden ſich jedoch durch das Ordenskleid von geiſtlicher Farbe, und durch das Zeichen des halben Kreuzes. Je mehr der Orden erſtarkte, und vereint mit den Johannitern und Templern den Kern der Macht bildete, welche Paläſtina den Chriſten erhalten ſollte, deſto größer war die Bemühung ihm eine ſeiner hohen Beſtimmung entſprechende Macht zu geben. Während daher die Päbſte die Rechte deſſelben durch viele Privilegien erweiterten, wetteiferten zugleich Fürſten und Adel in Schenkungen an denfelben, und bald hatte er beinahe in allen Ländern Eu⸗ ropas zahlreiche Beſitzungen. | Auch in dem Königreiche Ungarn erhielt der Orden der deutſchen Ritter frühzeitig bedeutenden Grundbeſitz. Zwar muß die Angabe, daß ſchon 1192 ein Ordenshaus in Siebenbürgen geweſen ſei, für unrichtig erklärt wer⸗ den „); gewiß aber iſt es, daß gleich im Anfange des 4) In episcopatu ultrasilvano: nova domus Teutoni- corum in Borsa ultra montes nivium, debet came- rae pro censu unam marcam auri. (Et nota, quod ipsa domus octavo anno pontificatus D. Honorii Papae III. coepit fieri censualis). Gentii Gamera- rii lib. censuum romanae sedıs bei Muratori anti- quitat. medii aevi V. 874. und bei Fejer Codex di- plomatieus Hungariae Tom. II. 282, im Auszuge bei Feßler Geſchichte der Ungarn und ihrer Landſaſſen 11. 242. Was wollen aber Feßlers Worte: „zu Borſa jenſeits dem Gnit-Gebirge in Siebenbürgen?“ Die Angabe des Jahres, in welchem der Orden in Siebenbürgen der päbſt⸗ lichen Kammer zinsbar geworden, iſt richtig, ſ. Urk. Nr. 15, Wie konnte aber das Ordenshaus ſchon 1192 Zins. pflichtig ſein, wenn es dieſes erſt 1224 wurde? Wahr⸗ ſcheinlich find hier in ein 1192 derferiigtes Regiſter ſpä⸗ 165 dreizehnten Jahrhundertes König Andreas II. fie in fein Reich aufnahm. Im Jahre 1211 verlieh er nehmlich dem Orden eine Gebietsſtrecke, welche in den dahin gehörenden Urkunden durch die Namen „terra Borza“ oder „Bur- za,“ meiſt mit der nähern Beſtimmung „ultra silvas versus Cumanos“ bezeichnet wird ). D tere Daten nachträglich aufgenommen worden. Wenn En» gel Geſchichte der Walachei S. 141. und Geſchichte von Ungarn 1. S. 275. behauptet, König Emrich habe 1198 deutſche Ritter nach Ungarn berufen: fo hat er dieſe mit den Tempelherren verwechfelt, deren Privilegien Emrich in jenem Jahre beſtätigte. Vgl. Fejer 11. S. 529. f. Das Original der Vergabungsurkunde iſt nicht bekannt. Urkundenb. 1. enthält einen Abdruck des im Königsber⸗ ger geheimen Archive aufbewahrten, und durch Herrn Ar⸗ chivsdirector und Profeſſor Voigt an H. Senator Trauſch in Kronſtadt abſchriftlich mitgetheilten Transſumtes, mit Angabe der Varianten der andern Abdrücke. Die That⸗ ſache der Anſiedelung der deutſchen Ritter in Siebenbür— gen iſt übrigens lange unbekannt geweſen. Eine Andeu— tung gibt, wenn ich nicht irre, zuerſt Pray in ſeinem Spe- eimen hierarchiae Hungaricae. Poson. et Gassov. 1776. 4. Tom. Il. 8. 252. f. Einige darauf bezügliche Urkunden machte bekannt Hatona hist. eritie. Tom. V. Seibert in Windiſch ungr. Magazin IV. S. 211. ff. und nach ihm Draudt in Quartalſchr. III. 194. ff. Aus dieſen Urkunden verſuchte zunächſt Schlözer eine Geſchich— te der deutſchen Ritter im Burzenlande zuſammenzuſtel— len, in ſeiner Geſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen ©. 310. ff. Ihm folgte J. Chr. v. Engel in der Ge⸗ ſchichte der Moldau und Walachei. Halle 1804. 4. B. 1. S. 142 ff. der jedoch, wie ſchon oben Anm. 4. bemerkt worden iſt, die Schenkung dem König Emrich zuſchreibt. In der neueſten Zeit hat Alexis Graf von Bethlen eine geſchichtliche Darſtellung des deutſchen Ordens in Sie⸗ benbürgen, Wien 1851, 8. geſchrieben, ohne aber dabei noch alle diejenigen Urkunden benützt zu haben, welche Fejer in dem dritten Bande feines Codex diplomati- eus aus dem vaticaniſchen Archive mitgetheilt hat. Sehr werthvolle Notizen für den Geſchichtsſchreiber gibt auch Voigt im zweiten Bande der bereits genannten Geſchich⸗ te von Preußen, ſo daß nun allerdings viele Lücken die⸗ ſer Geſchichte ausgefüllt werden können. 166 Ueberwiegende Gründe rechtfertigen es, wenn wir dieſe terra Borza nicht, wie Katona wollte, in der Marma— ros „), fondern in Siebenbürgen, und zwar namentlich in jener Hochebne ſuchen, welche, durch eine Bergkette von dem Fogaraſcher Diſtricte getrennt, zwiſchen dieſem, dem Szeklerlande, und der Walachei liegt, und in der Spra— che des Volkes heute noch unter dem Namen des Bur— zenlandes von Siebenbürgen unterſchieden wird. Wird dieſe Annahme ſchon dadurch gerechtfertigt, daß die urkundliche Topographie des vom Könige dem deut— ſchen Orden verliehenen Gebietes, indem ſie daſſelbe „ultra silvas‘“ verſetzet, ſich eines Ausdruckes bedienet, welcher in dem ungriſchen Mittelalter häufig zur Bezeichnung Sie— benbürgens gebraucht wird 7): fo laſſen auch die in der 6) Katon. histor. eritic. regum Hungariae V. 175. Aus ßerdem findet ſich eine terra Boza in Slavonien, Fe- jer III. 1. 287. und terra Bozen im Preßburger Co⸗ mitat ib. III 2. 475. 7) So nicht nur bei Roger miserabile carmen cap. 40. in Schwandtner scriptor. rer. Hung. Tom, I. ſon⸗ dern auch in Urkunden, z. B. possessionem Szeplak (bei Regen) „ultra silvas““ constitutam. Urk. von 1228 bei Fejer III. 2. 12g. ff. Voivoda eonstitutus „ultra silvas““ Urk. von 1206 bei Schlözer 290. par- tes „ultrasilvanse““ Fejer III. 1. 270. identiſch mit partes transilvanae, Transilvania u. ſ. w. Ueber den Grund jenes Namens vgl. J. Reschner de praediis praedialibusque Andreani. Cibin. 1824. 8. S. 40. Daß darin eine Beziehung auf das Waldgebirge Meßes im Szolnoker Comitate liege, durch welche die „porta Mezesina“ nach Siebenbürgen führte, folgt wohl aus den Worten einer Urkunde von 1248: D. Vaivoda di- xisset, quod causae huie semet immittere neque- at, quum dictae possessiones extra , portam Meze- vinam, e adeoque extra autoritatis sune Vayvodalis ambitum sitae esse comperiantur. Fejer VII 4. 99. f. In derfelben Beziehung werden die Kaufleute von Ka— ſchau 1578 durch den Beiſatz: „ah ista parte silvae‘‘ von den ſiebenbürgiſchen unterſchieden. Irrig wird Quar⸗ talſchr. II. 426 der Ausdruck „wdra silvas“ auf den Zeidner Wald im Burzenlande bezogen. f 167 Schenkungsurkunde angegebenen Gränzpuncte kaum eine andere und ſicherere Beziehung, als die auf das Burzen— land, zu. Denn nicht nur erſcheint grade dieſer Theil von Siebenbürgen durchgängig unter dem Namen „terra Bor- za“ und ähnlichen 2); ſondern, wie ſehr auch die Schreib— art vieler in den Verleihungsurkunden erſcheinenden Orts— namen durch Unachtſamkeit oder Unwiſſenheit der Abfchreiz ber ſchwanket, fo iſt doch bei allen Entſtellungen die Aehn⸗ lichkeit der meiſten mit ſpätern, oder jetzt noch fortlebenden Benennungen des Burzenlandes unverkennbar. Das Gewicht dieſer Gründe wird dadurch noch be— deutend vermehrt, daß die urkundlichen Grenzen jenes Ger bietes in den meiſten Puncten mit denen des Burzenlan⸗ des übereinſtimmen. Wie damals, ſo ſcheidet noch heute der Altfluß von Apatza unweit Miklosvar ), bis unweit 8) z. B. distrietus terrae Bareza, Barcia ete. Verſchie— dene Ableitungen der Namen Burze, Borze find ver» ſucht worden, dgl. Chorographie von Burzenland in Duars talſchr. IV. 106 f. Aus den Urkunden geht hervor, daß derſelbe bei der Einwanderung der deutſchen Ritter ſchon vorhanden war, und ſo iſt es denn begreiflich, daß man dabei an die „Burier“ des Ptolemäus, ja ſogar an das bei Eutrop. VI. 10. nach einer höchſt wahrſcheinlich ver⸗ dorbenen Lesart vorkommende „Burziao““ gedacht hat. Näher liegt vielleicht „Bonta,“ durch welches man nach Jornandes Getie. cap. 12. nach Gepidien — ſo hieß damals Siebenbürgen — gelangte. Uebrigens iſt aber jede Zurückführung des Namens auf deutſche Wur⸗ zeln, ſo lange der germaniſche Urſprung deſſelben nicht feſt ſteht, rein problematiſch. Vielleicht iſt er kumaniſchen Urſprungs. Wenigſtens erſcheint in einer Urkunde Gre⸗ gors IX. von 1227 bei Fejer III. 2. 109 f. ein kuma⸗ niſcher „prineeps Bort.“ 9) ſ. Urk. Nr. 1. „Indagines Nicolai“! waren wohl Ver» haue bei Miklosvar (lat. Villa Nicolai), nach der Sit⸗ te jener Zeit gegen die Kumaner angelegt. Dieſe Bedeu⸗ tung hat das Wort indagines nicht nur bei Thomas Sa- lonitanus, fondern auch in einer Urkunde Bela's IV. von 1226 bei Fejer III. 2. 87 ff. (ad ineidendas 42 dagines) und das. 191 ad ineidendas indagines id est 168 von Tartlau daſſelbe von dem benachbarten Szeklerlande; die Quellen des Tömös und der Burze fallen genau auf feine ſüdliche Gränze *), und das Burzenland bildet in der That, ſo wie die Urkunden jener Zeit angeben, eine von Bergen umſchloſſene und bloß gegen Norden fortge— ſetzte Ebene 1). So natürlich und ungezwungen daher bei dieſer An— nahme die Vergleichung der topographiſchen Beſtimmun⸗ gen des Mittelalters mit denen der Gegenwart wird: eben ſo unmöglich iſt dieſe im Gegentheil, ſobald wir mit Ben⸗ kö, Szeredai, und Fejer nicht das Burzenland, ſondern das öſtlich daran grenzende Gebiet von Boza als Gegen: ſtand der Andreaniſchen Schenkung betrachten ). Auf die hin und wieder erſcheinende Variante „Boza“e ſtatt „Borza“ läßt ſich offenbar nichts bauen; die in jener Ge— gend vorhandenen Ruinen beweiſen ſelbſt dann, wenn wir es zugeben wollen, daß ſie ihren Urſprung dem deutſchen Orden verdanken, wohl eher, daß dieſer nach jener Seite ſich ausgebreitet, als daß er dort ſeine erſten Wohnplätze gehabt habe, und die aus den Urkunden erweisliche Lage des Ordensgebietes zwiſchen dem Szeklerlande und dem Genu.“ Daher „indagines regni Urk. bon 1256 bei Bärdossy supplement. analectorum terrae Scepus. 81. Und fo folgt denn aus den Urkunden des Ordens eben nicht mit Nothwendigkeit, daß Miklosvar und die beiden Burgen Almage und Noisgiant, deren indagi- nes gleichfalls als Grenzpuncte genannt werden, zum Gebiete des Ordens gehört haben. Jene Verhaue mögen wir uns wohl am natürlichften auf dem Höhenzuge ans gelegt denken, welcher das Burzenland von dem Fogara⸗ ſcher Diſtrikte ſcheidet. 10) Vgl. die Varianten von Urk. Nr. 1. 11) Montes nivium complectuntur eandem terram. Urk. von 1211. N 12) Benkö Milcovia I. 100. Szeredai series episcopo- rum Transilvaniae 8. beide übrigens die deutſchen Kits 0% mit den Tempelherren verwechſelnd. Fejer 11. pro- og. p. 7. 169 Fogaraſcher Diſtricte ) paßt in der That nicht auf den Bezirk von Boza, ſondern bloß auf das Burzenland. Wenn nun aber gleichwohl eine mathematiſch genaue Nachweiſung jedes in der Schenkungsurkunde des Königs Andreas angegebenen Grenzpunctes nicht überall möglich iſt, ſo darf dieſes eben ſo wenig befremden, als daß der damalige Umfang des Burzenlandes, ſoweit er diplomatiſch mit Wahrſcheinlichkeit beſtimmt werden kann, mit der heu⸗ tigen Ausdehnung deſſelben nicht gerade in allen Puncten übereinſtimmt. Nach der gewöhnlichen Annahme erkennen wir in dem „castrum Almage“ das Dorf Halmagy an dem Altfluß; getrauen uns aber bei der ſo ſehr verſchie— denen Schreibung des Namens der zweiten Burg *), deren Verhaue als Grenze genannt ſind, nicht die Iden⸗ tität derſelben mit dem Dorfe Galt im Repſer Stuhle am Altfluß zu behaupten. Setzen wir damit die Unſicherheit des Grundbeſitzes in Siebenbürgen während des Mittelal— ters in Verbindung, ſo mögen wir wohl im allgemeinen zugeben, daß das Burzenland zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts vielleicht bis nahe an den Altfluß gereicht habe, ohne aber die Linie, welche es von den andern Theis len Siebenbürgens getrennt, genau beſtimmen zu wollen. Jedenfalls wird dieſelbe ſich von dem Höhenzuge, welcher das Burzenland jetzt von dem Repſer Stuhle und von 15) Nullum tributum debeant persolvere, cum transie- rint per terram Siculorum aut per terınm Blaccorum. Urk. von 1222. Daß der Fogaraſcher Diftrift jedenfalls zu dieſer „terra Blaccorum gehörte, habe ich in den Umriſſen und kritiſchen Studien zur Geſchichte von Sie⸗ benbürgen, Heft 1. S. 79 nachgewieſen. 14) Noilgiant, Noisgiant, Noialt, Voilgard Uebrigens verdient die mir don dem H. Pfarrer Nefchner in Tal⸗ matſch mündlich mitgetheilte Anſicht, daß Noialt viel⸗ leicht durch „Neugalt“ zu erklären, und bei dieſem Na⸗ men wirklich an das genannte Dorf zu denken ſei, aller⸗ dings einige Berückſichtigung. Spuren einer alten Burg finden ſich bei dem Dorfe. 170 32 . Diſtrikte ſcheidet, nicht weit entfernt ha— en Hag. Weit ſchwieriger, als die Abgrenzung der Landſtrecke, welche König Andreas dem deutſchen Orden verlieh, wird die Beantwortung der Frage nach dem damaligen Zu— ſtande derſelben. Die Urkunden nennen ſie unbewohnt und durch die Einfälle kumaniſcher Horden verödet 16). Nun dürfen wir allerdings die Ausdrücke der Urkunde nicht ſo ſehr preſſen, daß wir gerade jede menſchliche Seele aus dem Lande wegdenken. Dagegen führt aber auch jeder Verſuch, über den Wortinhalt der vorhandenen Urkunden hinauszu— gehen, ſo leicht in die Irrgänge unwirthbarer Hypotheſen, daß es vernünftiger ſcheint dieſer Gefahr auszuweichen. Immerhin mögen ſich alſo vielleicht ſpärliche Ueberreſte älterer Bewohner daſelbſt befunden haben; urkundlich feſt ſteht nur der Satz, daß die Kumaner der Krone von Un— garn den Beſitz des Burzenlandes ſtreitig machten 17). 15) Wäre der Altfluß von Halmagy an aufwärts Gränze ge⸗ weſen, ſo würde dieſes vielleicht in der Urkunde von 1211 auf ähnliche Art angegeben worden fein, wie von Mi⸗ flosvar an in den Worten: ‚‚ascendendo per Alt.. Urkundlich gewiß iſt es übrigens, daß die weſtlich von dem Perfanyer Berg gelegenen Dörfer Perou, Gritt, Perſany und Sarkany ehemals zum Burzenlande gehörs ten. Marienburg Geographie von Siebenbürgen 11. 365. 16) Desertam et inhabitatam. Urk. von 1211. impetu pa- ganorum, per quos hactenus vasta et drserta per- mansit. Urk. von 1225. Daß dabei an die Kumaner zu denken ſei, unterliegt keinem Zweifel. Auf ähnliche Art ſchreibt Ladislaus 1454 vom Burzenland: quomodo ei- vitas ipsa (Kronſtadt) in ultimis finibus et terminis regni nostri Hungariei et terrae Bareza vocatae foret situata , ac paganis, Tureis et alüs infidelibus _ valde existeret convicinata, quam saepe saepius 1 dem Turci in manu fortissima et hostili invasione op- primere et cupere conati ezistunt, Quartalſchr. VII. 289. So ſchenkte auch Friedrich von Pettau dem Orden 1222 einen Landſtrich „Vacuam et inhabitatam ‚* den er den Ungarn entriſſen. Fejer 1II. 1. 561. 17) Daher: in terra — quam vacuam et inhabitatam ex 171 Erwägen wir dieſes, ſo verliert auch die Verſetzung deutſcher Ritter in jene Gegenden das befremdende, was ſie bei dem erſten Anblicke hat, und die Beweggründe, welche den König dazu vermochten, liegen nahe genug vor. Seit der Mitte des zwölften Jahrhunderts ſehen wir die Könige von Ungarn mit dem Plane beſchäftigt, die Gren— zen Siebenbürgens überall da, wo ſie von den nomadiſchen Völkerhorden der benachbarten Donauländer gefährdet wa— ren, zu ſichern. Von dieſer Idee geleitet hatte Geiſa II. eine bedeutende Anzahl deutſcher Coloniſten in das Land verpflanzt 13), und was Andreas 1211 that, das erſcheint in der That nur als eine weitere Fortſetzung deſſelben groß— artigen Planes. Da wo die Natur weniger feſte Boll— werke unzugänglicher Felsgebirge gethürmt hat, ſollte der Orden, deſſen kriegeriſcher Geiſt ſich längſt in den Käm— pfen des Morgenlandes bewährt hatte, feine Banner auf— pflanzen, die Grenze des Reiches mit kräftigem Arme hü— ten, die fruchtbaren Ebnen des Burzenlandes den Kuma— nern entreißen, bevölkern und anbauen, und ihren Beſitz der Krone ſichern „). Religiöſe Motive, wie fie in dem frommen Glauben jener Zeit, und in der Begeiſterung für alle Inſtitute lagen, welche die Rettung des faſt ver⸗ lornen heiligen Landes bezweckten, mögen auf das Gemüth des Königs mit eingewirkt haben o); die verwandtſchaft⸗ liche Verbindung, in welcher König Andreas zu dem Land— grafen Hermann von Thüringen dem großen Gönner des damaligen Ordensmeiſters Hermann von Salza, durch die Verlobung ſeiner Tochter Eliſabeth mit des Landgrafen Sohne Ludwig ſtand, mochte dazu beitragen, daß er ge— regia donatione, imo potius proprio sanguine adepti sunt. Urf. von 1215. 18) vgl. Umriſſe u. ſ. w. 1. Heft ©. 85. 19) dgl. Die Einleitung der Urk. von 1211. in terra, quam eis ad custodiondum confinium eontulimus. Urkunde von 1212. 20) dgl. Die Einl. der Urk. von 1211. 172 rade den deutſchen Orden begimftigee ="); jeden- falls aber können wir nach dem deutlichen Zeugniſſe der Urkunden die letzten Beweggründe nur in den oben ſchon | angeführten Maximen der Politik ſuchen. Der Orden nahm die Schenkung an, und wurde durch des Königs Bevollmächtigten in den Beſitz des ihm angewieſenen Gebietes eingeführt 22). Denn obgleich die Aufgabe, welche er dadurch erhielt, außerhalb ſeiner ur- sprünglichen Beſtimmung lag; fo war fie doch mit feinem Zwecke vereinbar, und konnte ihm in feiner damaligen La⸗ ge nur willkommen ſein. Längſt ſchon hatte ſich ja der Gedanke der Kreuzzüge, welchem die drei geiſtlichen Rit⸗ terorden der Templer, der Johanniter, und der deutſchen Ritter ihre Entſtehung verdankten, in die verwandte Idee der Bekämpfung des Heidenthums und der Ausbreitung des chriſtlichen Glaubens erweitert. Oeffnete ſich nun aber für die Verfolgung dieſes Zweckes dem deutſchen Orden in dem Kampfe gegen die heidniſchen Kumaner ein unab- ſehbares Feld der Thätigkeit, ſo ſchloß ſich daran auch die Hoffnung, der in Paläſtina immer mehr wankenden Or⸗ densmacht in Europa eine breite Unterlage und eine kräf— tige Stütze zu geben. Und wer getraut ſich endlich zu be— haupten, daß der Plan eines eigenen Ordensſtaates, wel— chen die deutſchen Ritter ſpäter an der Oſtſee mit ſeltener Beharrlichkeit ausführten, nicht damals ſchon in dem tie⸗ 21) Hermann von Salza aus Thüringen. Voigt II. 68 ff. Daß die Schenkungsurkunde zur Zeit jener Verlobung ausgeſtellt worden ſei, vermuthet Bethlen 19. 22) — per Pristaldum nostrum Fekete Juno, bei Fejer Secatae Juna. Iſt der Name durch Johannes Fekete, oder mit Fejer durch Fekete Jura zu erklären? Pri- staldi (bon dem ungr. Perestöldö) apparitores regis v. Palatini, vel comitis castri vel alius cuiuspiam iudieis — ad locum finiendae eausae missi id da- bant operam, ut sententia tudieis integre legiti- meque firiretur, Hollär hist. iurisque publiei He- 115 * amoenitates. Vindob. 1783. 8. Tom. p. 58. 173 fen Geiſte Hermanns von Salza keimte, und ob nicht das Burzenland für dieſen das fein ſollte, was das Culmer— land und die erſten Ordensburgen Vogelſang und Neſſau für Preußen geworden ſind? Die ſpätere Geſchichte erlaubt es ſolche Vermuthungen zu wagen. In der Abſicht des Königes lag es jedoch nicht, das Burzenland durch die Verleihung an den deutſchen Orden von dem Reiche zu trennen, und ſich der Gebietshoheit zu Gunſten deſſelben zu begeben. Nicht nur die oberrich— terliche Gewalt behielt ſich Andreas vor; ſondern auch der halbe Ertrag der etwa im Lande zu eröffnenden Gold» und Silbergruben ſollte der Krone zufallen. Innerhalb dieſer Schranken aber war dem Orden ein weiter Spielraum frei— er Thätigkeit und ſelbſtändiger Geſtaltung aller ſocialen Einrichtungen gelaſſen. Die Unabhängigkeit von dem ſie⸗ benbürgiſchen Woiwoden, die Befreiung von der Laſt ſei— ner Bewirthung, die Freiheit von allen Steuern und Ab— gaben an die Krone, die Befugniß Märkte einzurichten und Marktzölle zu erheben, die Verwaltung des Landes ſelbſt zu ordnen, und zum Schutze gegen die Kumaner hölzerne Burgen und Städte zu bauen ), waren Vor⸗ rechte, deren umſichtige Benützung dem Orden ein ſchnel—⸗ les Aufblühen des neuen Gebietes, und dadurch eine be> deutende Vermehrung ſeiner Macht verhießen. Alles bisher Geſagte liegt urkundlich vor. Deſto ſchwie⸗ riger iſt dagegen die Beantwortung einer Reihe von Fra⸗ gen, welche ſich an die angegebnen Thatſachen ſchließen. ie groß war die Anzahl der einwandernden Ritter? war es die Macht der Idee und des Glaubens allein, von wel⸗ cher ein kleines Häuflein von Ordensbrüdern die Behaup- tung des Landes vertrauend hoffte, oder ſtützten ſie dieſe Zuverſicht zugleich auf Coloniſten, die ſie im Lande an⸗ ſiedelten? Und war dieſes letzte der Fall, woher kamen dieſe Einzöglinge, und welches waren die Bedingungen, unter denen ſie ſich anpflanzten? Alles ſpricht für eine 25) Urk. Nr. 1. 174 frühzeitige Colonifirung des Landes durch fremde Anſied— ler 25); wir ziehen es jedoch vor, die intereſſante Unterz ſuchung eines Gegenſtandes, deſſen Erörterung faſt nur auf das analoge Verfahren des Ordens in Preußen, und auf behutſame Rückſchlüße und Combinationen aus ſpätern That⸗ ſachen gebaut werden kann, zum Gegenſtand einer eignen Abhandlung zu machen. Die Vertheidigung der neuen Erwerbung gegen die fortdauernden Einfälle der benachbarten Kumaner war die erſte Aufgabe, deren Löſung den Orden beſchäftigte; die Anlegung von Burgen an ſolchen Puncten des Landes, welche durch ihre Lage das flache Land beherrſchten, und durch ihre natürliche Beſchaffenheit ſich zu Bollwerken eig— neten, war daher feine nächſte Arbeit! Wie er ſpäter in Preuſſen gleich in den erſten Jahren ſeines Auftretens dicht außer den Grenzen des ihm geſchenkten Culmerlan— des die beiden Ordensburgen Vogelſang und Neſſau anz legte 25): fo überſchritt er auch in Siebenbürgen ſofort nach der Beſetzung des Burzenlandes die Grenze des Tart— lauer Baches, und baute jenſeits deſſelben, und ſchon 1212 ſtand die „Kreuzburg“ 26) vollendet da. Allerdings wa⸗ 24) Populus ibi habitans. Urk. 1212. si „Hungaros“ vel „Siculos“ ad eam terram „zransire‘“‘ eontigerit, Urk. 1215. Die Andeutungen in ſpätern Urkunden gehö⸗ ren nicht hieher. Nach Preußen zogen die deutſchen Nit⸗ ter cum armigeris et equis pluribus. dgl. Dusburg bei Voigt a. a. O. 182. u. Lucas David daſ. fand in allen Schriften, daß des „reiſigen Volkes“ nicht mehr als „hundert“ geweſen ſeyn ſollte. 25) Voigt a. a. O. 191. Erſt 1250 beſtätigte Conrad von Ma⸗ ſovien den Rittern den Beſitz von Neſſau. 26) Kreuzburg, in der Beſtätigungsurkunde von 1212 „Crue- purg,““ nach Seiverts Vermuthung unge. Magaz. IV. 216 das Schloß auf der Zinne bei Kronſtadt. Engel a. a. O. 145 fest fie unweit Keißd und Kloßdorf, und meint, in der Urkunde von 1211 ſei ſie aus Verſehen nicht ge⸗ nannt worden. Richtiger verſetzt ſie Draudt Quartalſchr. 3. 215 an die Stelle des unweit Tartlau im Oberalben— fer Komitate gelegenen Dorfes Nyen, welches jetzt noch 175 ren die Ritter dadurch aus der ihnen angewieſenen Rechts⸗ ſphäre hinausgetreten, und hatten einen Schritt gethan, welcher den Schein eigenmächtiger Willkür auf ſie werfen konnte. Allein ſei es nun, daß dem Könige ſelbſt die Zweckmäßigkeit einer Maßregel einleuchtete, wodurch die Aufmerkſamkeit der Feinde von dem Innern des Landes abgelenkt wurde, oder daß die jugendliche Begeiſterung des Ordens, welche ihm die Ausſicht auf eine bedeutende Erweiterung ſeines Reiches eröffnete, ihn freute; er beſtä— tigte ihm den Beſitz der neuen Burg und der um dieſelbe gelegenen Wieſen 27). In dieſelbe Periode ſcheint auch die Gründung der vier andern Ordensburgen, deren eine Urkunde Gregors IX. vom Jahre 1232 gedenket, geſetzt werden zu müſſen, oh⸗ ne daß wir aber im Stande ſind die Zeit ihrer Erbau— ung genau zu beſtimmen 2). Der häufige Kampf mit kumaniſchen Horden, und die Coloniſirung des Landes mach⸗ ten die frühe Anlegung von Bollwerken nothwendig, wels che die feindliche Kraft brechen, und den Anſiedlern Schutz und Zuflucht gewähren konnten. n deutſch Kreuzburg genannt wird. Bethlen a. a. O. 45. Denſelben Namen führte auch eine Ordensburg in Preuss ſen. Voigt 402. 27) Castrum, quod Kruczburg nominatur, quod eruei- feri de Borza de novo construxerunt, eum pratis eirca illud castrum adjacentibus, eontuli eisdem eruciferis de Borza in perpetuum. Urk. Nr. 5 Ouinque castra fortia instruendo, Ur. Nr. 25 Aus dem Zuſammenhang der Urkunde geht deutlich hervor, daß die Erbauung dieſer fünf Burgen, unter welchen Krenz⸗ burg mitbegriffen iſt, vor die erſte Entzweiung des Or⸗ dens mit dem Könige geſetzt werden muß. Was Marien⸗ burg Quartalſchr. VII. 257 über ihre Erbauung vermu⸗ tbet , beruht auf der Annahme eines allmäligen Vor⸗ rückens des Ordens im Burzenlande, eine Vorausſetzung, welche mit den Worten der Urkunde von 1211 „qui (pristaldus) praedictam terram perambulavit , et eam ad verbum Michaelis Vaivodae certzs metis cir- cumsignatam ipsis assignavit, im Widerſpruche ſteht. 28 — 176 Weniger Schwierigkeit ſchien die Beſtimmung der Lage jener Ordensburgen zu haben. Wo ſchriftliche Denk⸗ mäler fehlten, da ſind die Geſchichtsforſcher dem ſtum⸗ men Zeugniſſe der Ruinen, welche die Höhen des Bur— zenlandes ſchmücken, gefolgt, und haben entweder M a: rienburg, die Heldenburg bei Krizba, die Schwarz⸗ burg bei Zeiden, und die Törzburg an der Grenze der Walachei als jene Schlöſſer des deutſchen Ordens be— zeichnet *), oder aber, indem fie auch die andern Maus ertrümmer des Burzenlandes als Denkmäler der deut— ſchen Ritter betrachten *), ſich einer genauern Erklärung der oben erwähnten Urkunde enthalten. Wir wollen den Zuſammenhang vieler Bauwerke des Burzenlandes mit den Ereigniſſen des dreizehnten Jahr⸗ hunderts nicht läugnen; dagegen aber erſcheint uns jede Hervorhebung einer oder der andern Ruine ſo lange als willkürlich und unkritiſch, als ſie nicht durch objective Gründe geſtützt wird. Wir glauben aber dieſe Gründe in der Thatſache zu finden, daß einige Burgen des Ordens bloß den Zweck der Vertheidigung hatten, andere dagegen zugleich Mittelpunkte der Verwaltung eines dazu gewieſe— nen Gebietes waren *). Gehen wir davon aus, und vers binden wir damit die von ſelbſt ſich darbietende Annahme, Auf ähnliche Art läßt Engel a. a. O. 142 die Ritter von ſeiner Kreuzburg (ſ. oben Anm. 26) an den Altfluß vorrücken, hier Verſchanzungen auf dem Königshügel (Kirälyhalma) anlegen, und dann den Fluß überſchreiten. 29) ſo namentlich Bethlen 44. ff. a 30) ſo Marienburg Geogr. 2. 342. Dahin gehören außer den genannten noch die Ruinen auf dem Kapellenberg und auf dem Geſprengberg bei Kronſtadt, das Ro⸗ ſenauer Bergſchloß, und die Eulenburg an der Burze. Früher Quartalſchr. 7. 257 erklärte er Marienburg, das Roſenauer Bergſchloß, die zerſtörten Feſten auf dem Kapellenberg und dem Geſprengberg bei Kronſtadt, und die Kreuzburg für die fünf Or⸗ densburgen. 51) Voigt Geſchichte von Preußen. B. 6. S. 625. 628. 177 daß die politiſche Organiſation des Landes den Orden gleich anfangs beſchäftigen mußte, und daß die von ihm gemach— ten Einrichtungen nach ſeinem Abzuge in veränderter Form wahrſcheinlich fortdauerten: ſo glauben wir in den Ruinen der Kreuzburg, des Kapellenberges, des Roſenauer Schloſ— ſes, der Schwarzburg, und der Marienburg die Ueberreſte der erſten Ordensburgen zu erkennen, deren Komthure zu— gleich die Verwaltung des Burzenlandes geleitet haben mögen. Bei dieſer Anſicht allein wird die höhere Gerichts— barkeit, in deren Beſitz wir ſpäter Kronſtadt, Tartlau, Zei⸗ den, Roſenau und Marienburg finden, und die übergeord— nete Stellung einiger derſelben zu den umliegenden Dör— fern begreiflich ). ’ So entwickelte der Orden der deutſchen Ritter gleich anfangs an den äußerſten Enden der ungriſchen Monar— chie jene energiſche Thätigkeit, welche überall, wo er auf: trat, ſein Wirken bezeichnete, und ſchnell und ſchön blühte die neue Pflanzung auf, und ein viel verſprechendes Le— ben erwachte in dem durch ſeine Waffen vertheidigten und durch verſtändige Inſtitutionen geordneten Burzenlande. Was noch fehlte, das war die genaue Bezeichnung der politiſchen Stellung des Ordens. Nur in allgemeinen Ausdrücken hatte die Vergabungsurkunde die Beziehung deſſelben zur Krone und zu des Königs Statthalter in Siebenbürgen geordnet; wie weit aber feine rechtlichen Be— fugniſſe innerhalb der negativ beſtimmten Gränzen reichen, nach welchen Grundſätzen die Wechſelwirkung des Ordens mit den andern Nationen des Landes geregelt werden, und 32) Alle üben auch die peinliche Gerichtsbarkeit aus. Neu⸗ ſtadt und Wolkendorf appelliren nach Roſenau; Helsdorf, Rothbach, Nußbach nach Marienburg; Weidenbach, Pe⸗ tersberg, Brenndorf und Honigberg unmittelbar nach Kronſtadt. Quartalſchr. VII. 297. Die zu Tartlau und Beiden gehörigen Ortſchaften find vielleicht ſpäter davon getrennt worden. Daß aber im Burzenland mehrere Or— denshäuſer waren, iſt urkundlich erwieſen. In der Bulle des Pabſtes 1226. Urk. Nr. 21. erſcheint praeceptor domorum ipsius hospitalis. Schullers Archib I, 2. 12 178 in welchem Berhältniffe er zu dem ſiebenbürgiſchen Biſchof ſtehen ſollte, das war nirgends beſtimmt. Und ſo war denn auch die ganze Zukunft deſſelben von der Auslegung einer Urkunde abhängig, deren Inhalt eine verſchiedene Deutung und Anwendung nicht ausſchloß. Geiſtig gefaßt, erlaubte ſie allerdings jede mögliche Begünſtigung der Ritter; ſobald aber eine feindſelige Stim— mung bei dem todten Buchſtaben derſelben ſtehen blieb, und von der Annahme ausging, was dem Orden in dem Verleihungsdiplome nicht ausdrücklich eingeräumt worden ſei, das dürfe als verboten betrachtet werden: ſo konnte dieſelbe Urkunde dazu benützt werden, ihn überall in ſeiner Thätigkeit zu lähmen und zu behindern. Ein Verſuch dazu ſcheint gleich anfangs gemacht worden zu ſeyn. Von der Art und Weiſe, wie die in dem Mittelalter fo häufige Einwechſelung der verfallenen Mün⸗ zen *) auf dem Ordensgebiete geſchehen ſolle, war in dem Vertrage mit dem Könige keine beſondere Erwähnung geſchehen. Indeſſen mochten die Ritter wohl erwarten, von dem läſtigen Beſuche der königl. Umwechsler, welche meiſt Juden waren, und bei der Beſtimmung des für die neue Münze zu zahlenden Aufgeldes willkürlich verfuhren ), verſchont zu bleiben. Dafür ſprach nicht nur das gewöhn— 33) vgl. über dieſen Gegenſtand Schlözer a. a. O. 578 und z Transſilvania B. 5. 1. 5. ff. In Ungarn geſchah dieſe Umprägung, revolutivo novae monetae , fractio ınone- tue, damals jährlich einmal, in Polen und Schlefien gar dreimal. Voigt B. 6. 655. 34) Erſt 1222 mußte der König in der berühmten goldenen Bulle verſprechen: Comites Gamerae, Monetarü... Ismaelitae et Judaei fieri non possint. Ueber das Aufs geld vgl. Transſilbania a. a. O. 7. ff. Eine Regel für die Beſtimmung deſſelben fand wohl ſtatt, Transſilvania 7. f. offenbar aber war in der Anwendung des Geſetzes, welches zwiſchen abgeſchliffenen und nicht abgenützten Münzen unterſchied, der willkürlichen Beurtheilung hab⸗ ſüchtiger Wechsler ein weites Feld eröffnet. Ausdrücke, wie: Numulariorum v. monetariorum concussiones et molestias non formident , und ähnliche, welche in Ur⸗ 1709 liche Colonialrecht des Zeitalters **), ſondern auch die Be: fugniß ſelbſteigener Verwaltung, welche der König dem Orden zugeſichert hatte. Gleichwohl wurde ihnen dieſe Ber günſtigung ſtreitig gemacht, und erſt durch ein neues Ge— ſuch an den König erhielt der Landmeiſter des Burzenlan— des 1212 das Recht, die für ſeine Provinz erforderliche Geldſumme von den königlichen Wechslern zu übernehmen, und den Umtauſch ſelbſt beforgen zu laſſen 6). Die geiſtlichen Verhältniſſe der neuen Anſiedelung ordnete Biſchof Wilhelm von Siebenbürgen. Auf ihre Bitte ſchenkte er den Rittern 1213 die Zehnten von allen Ein- wohnern des Burzenlandes, mit Ausnahme der Ungarn und Szekler, die ſich dort anbauen würden, geſtattete ih⸗ nen die Einſetzung von Prieſtern, behielt ſich aber das Präſentationsrecht, die geiſtliche Criminalgerichts barkeit, und das Recht der Bewirthung, wenn er das Ordensgebiet be— ſuchen werde, vor *). Honorius III. beſtätigte dieſe Ans ordnung 38), Ah kunden vorkommen, beweiſen, in welcher Art fie ihr Ge» ſchäft betreiben mochten. 55) dgl. Schlözer a. a. O. 576. ff. Dieſelbe Begünſtigung erhielten meiſt auch die biſchöflichen Güter, z. B. Fünf⸗ kirchen ſchon 1190. Fejer II. 252 ff. Und fo dürften denn die erſten Spuren des Geldumwechſels nicht erſt un⸗ ter Andreas II. wie Engel Geſch. von Ung. 1.292. u. Trans⸗ ſilvania a. a. O. S. 5. angenommen wird, vorkommen. 36) Urk. Nr. 2. 57) Urk. Nr. 4. und die Anm. dazu. Erſt im Jahre 1215 er⸗ hielt der deutſche Orden vom Pabſte Innocens III. die Zehntfreiheit der durch Ordensbrüder ſelbſt, oder auf ihre Koſten angebauten Beſitzungen. Voigt a. a. O. 81. Für die Entſcheidung der Frage über die Zehntpflichtigkeit der Szekler iſt die von Eder ad Felmeri hist. Transilv. 49 überſehene Stelle der Urkunde: quodsi .. Sieulos ad dietam terram transire contigerit, nobis et eccl. nostrae in decimis debeant respondere nicht unwichtig. Auch ift daraus die Angabe Schlözers 219 daß die Szekler erſt 1224 unter dieſem Namen erſchei⸗ nen, zu berichtigen. 38) Urk. Nr. 5. 12* 180 Bis hieher reicht die beglaubigte Geſchichte des deut ſchen Ordens im Burzenlande. Mit dem Jahre 1213 aber hören alle diplomatiſchen Belege derſelben auf, und der Geſchichtsforſcher ſieht feine Erwartung, die Lebensent- wickelung der neuen Colonie Schritt für Schritt verfolgen, und jede Behauptung mit dem Zeugniſſe gleichzeitiger Denkmähler bewähren zu können, getäuſcht; erſt mit dem Jahre 1222 beginnt die verſiegte Quelle wieder zu fließen ). In dieſer unwillkommenen Lage müſſen wir denn auch den Faden ruhig abfließender Erzählung der Begebenhei— ten unterbrechen, und weil wir außer Stande ſind, den Gang und die Aufeinanderfolge der Ereigniſſe chronolo— giſch genau anzugeben, alles, was ſich darüber vermuthen läßt, an die kritiſche Unterſuchung der einzigen Thatſache, welche ſich deutlich herausſtellt, anknüpfen. Es iſt dieſes die Entzweiung des Königs mit dem Orden, und die Wi— derrufung der Schenkung des Burzenlandes, die wir aus einer Urkunde von 1222 erfahren * >). Wie ſehr auch die feindſelige Stimmung Andreas II. gegen denſelben Orden, deſſen Verdienſte um die Siche— rung der öſtlichen Grenze des Reiches er ſelbſt eingeſehen und dankbar anerkannt hatte, anfangs befremdet: fo find darum doch die Veranlaſſungen derſelben nicht ſo dunkel, als einige Gelehrte geglaubt haben „*); vielmehr meinen 59) Daß Urkunden verloren, oder wenigſtens noch nicht be⸗ kannt geworden find, lehrt theils die genaue Verglei⸗ chung der Urkunde von 1222 (Nr. 6.) in welcher Be⸗ günſtigungen des Ordens durch den König erwähnt wer⸗ den, welche vor jenes Jahr geſetzt werden müſſen; theils iſt es mehr als wahrſcheinlich, daß des Königs ſpäteres Benehmen gegen die Ordensritter ſchriftliche Verhand⸗ lungen mit dem Pabſte zur Folge gehabt haben werde. Ob dieſe Urkunden aber nicht vielleicht irgendwo in Ar⸗ chiven verborgen liegen, läßt ſich nicht beſtimmen. 40) ira nostra contra eos provocata eo tempore, guo terram saepe dictam eis praeceperamus auferri. vgl. Urk. Nr. 6. 41) Namentlich Schlözer 317 und Voigt 125. 181 wir, die hauptſächlichſten Erklärungsgründe davon in der allgemeinen Lage des Reiches, in der Stellung der Par— teien gegen einander, und in dem Charakter des Königs ſuchen zu müſſen. Wie tief die Macht des Königthums durch die Ver⸗ ſchenkung von Domänen und Krongefällen an Geiſtlich— keit und Adel geſunken war, iſt aus der Geſchichte von Ungarn bekannt genug. Die innere Entzweiung des Arpa⸗ diſchen Hauſes, herbeigeführt und genährt durch den Man⸗ gel eines Erbfolggeſetzes, hatte dieſe verderbliche Freigebig⸗ keit für die Könige zu einer Art von Nothwendigkeit ge⸗ macht, um mächtige Gegner dadurch auf ihre Seite zu ziehen, daß fie die glänzenden Verheißungen ihrer Neben⸗ buhler gleichſam überboten. König Andreas II. war am wenigſten geeignet, die gefährliche Bahn ſeiner Vorfahren zu verlaſſen und den Anmaßungen feiner Baronen entgegen zu treten. Mochte er auch das Beſſere einſehen, ſo fehlte ihm doch jene be⸗ harrliche Willenskraft, durch welche das Gelingen durch— greifender Maßregeln überall bedingt iſt, und es mangelte feiner Regierung durchaus das Gepräge männlicher Selb- ſtändigkeit ). Die Verſchleuderung der Krongüter begann aufs neue *?), und die Abweſenheit des Königs auf dem 42) Naib genug geſteht der König ſelbſt 1221 in dem Wie⸗ dereinſetzungsdiplom des Herzogs Benedict in einen Theil feiner Güter: nos post mortem fratris nostri, licet et maiora iam dictus Benedictus dux nobis exhi- buerit, rerum tamen variatis eventibus, sicut fre- quentius magnatum animos ad diversitates sensuum contingit alterari, ei graves existentes ipsum ewilio destinavimus et eundem universis possessionibus spo- liavimus. Fejer III. 1. 317. 45) Dum quorundam prineipum nostrorum consilio ter- rae nostrae statum ab antiquis illibate eonserva- tum alterantes castra, comitatus, terras et ceteros opulentis Hungariae proventus in perpetuas heredi- tates nostris Baronibus et militibus distribuimus , ſchreibt Andreas 1218. Fejer III. 1. 255. 182 erfolglofen Kreuzzuge von 1217 wurde von den Gewalt: habern zur völligen Plünderung der Krone mißbraucht **). Und dieſem factiſchen Zuſtande mußte der ohnmächtige Kö— nig bald darauf durch einen förmlichen Eid, keine Schen⸗ kung widerrufen zu wollen, den Stempel des Rechts auf— drücken 5). An der Spitze der zahlreichen Gegner dieſer Maß⸗ regeln ftand des Königs eigner Sohn Bela, gegen den Willen des Vaters zum jüngern König von Ungarn ges krönt „). Um ihn ſammelte ſich der Kleinadel und die Gemeinfreien, deren Rechte durch die übermäßige Verei⸗ cherung einzelner begünſtigter Familien gleichmäßig bedroht waren. Es iſt hier nicht der Ort, den Einfluß zu entwickeln, welchen die angedeuteten Verhältniſſe auf die Ausbildung der ungriſchen Staatsverfaſſung, und namentlich auf die berühmte goldne Bulle des Königs Andreas II. vom Jah⸗ re 1222, als die Grundlage derſelben, gehabt haben. Für die Schickſale des deutſchen Ordens in Siebenbürgen aber konnte der Plan, den der jüngere König Bela mit eners giſcher Kraft verfolgte, leicht verhängnißvoll werden. Sei⸗ ne Abſicht ging nämlich nicht bloß darauf, die weitere 44) Quum in Hungariam pervenimus, modo Hungariam, sed tantum angariatam et dissipatam et cunctis ftci proventibus spoliatam reperimus, ita videlicet, quod nee debita, quibus in nostrae peregrinationis iti- nere fuimus obligati, persolvere, nee usque ad “ quindecim annorum spatium regnum nostrum pri- stino statu poterimus reformare, Schreiben des Kö— nigs an den Pabſt Honorius III. bei Fejer III. 1. 251 vgl. daf. 269 f. woraus denn Thurocz e. 62: rever- susque in Hungariam — regnum suum reinvenit in prospero statu, zu berichtigen iſt. 45) Schreiben des Pabſtes 1220 bei Fejer III. 1. 294. 46) Gonspiratores et machinatores, qui propter regni seissuram filium nostrum, nobis viventibus et nolen- tibus, in regem sibi praeficere vel coronare atten- taverint. Schreiben Andreas II. an Innocens III. bei Fejer III. 1. 165. | | 183 Schwächung des Throns zu verhindern, ſondern auch alle diejenigen Krongüter, welche ſeit der Thronbeſteigung Kö— nig Emrichs durch Gewalt geraubt, oder aber durch zweck— loſe Freigebigkeit der Könige verſchenkt worden waren!“), wieder einzuziehen ). Der König mußte ſich den For: derungen des Sohnes fügen; der Pabſt entband ihn von dem mit dem Krönungseide nicht vereinbaren Eidſchwur “ ); ein Gerichtshof zur Unterſuchung der Rechtstitel des Gü⸗ terbeſitzers wurde niedergeſetzt, und die Ausführung der kühnen Maßregel, welche der Mitregent verlangte, ſofort begonnen. N Nun gehörte zwar an und für ſich die Verſchenkung einer Wüſte zur Urbarmachung und Vertheidigung am al— lerwenigſten in die Reihe unnützer Verſchleuderungen des Krongutes, und ſelbſt die Partei des Thronfolgers hatte nicht des Königs Recht Domänen zu verſchenken beſtrit⸗ 47) Per inoffieiosas munificentias et liberalitates im- mensas. Urk. Andreas II. 1250. bei Fejer III. 2. 205. anderwärts: inutiles et superfluae donationes, guae a perpetuitates nuncupantur. Fejer III. 9.255 48) Regnum nostrum in eum statum, in quo fuerat tempore felicis memoriae Belae III regis antecesso- ris nostri reducendo, ſchreibt Bela IV. 1257. Fejer IV. 1. 72. Vgl. damit Roger. de destructione regni Hung. per Tartaros facta Cap. IV. bei Sebwandt- ner seriptores rerum hungarie. Tom. 1. Wir haben keinen Grund anzunehmen, daß Belag erſt ſpäter dieſen Gedanken gefaßt habe. Eine Beſchränkung der Güter⸗ einziehungen war, wenn nicht der ganze Beſitzſtand er⸗ ſchüttert werden ſollte, nothwendig, und während des Krieges zwiſchen Emrich und ſeinem Bruder Andreas war allerdings aus leicht begreiflichen Gründen mit den Kronrechten ſehr übel gewirthſchaftet worden. 49) Quum teneatur et in sua coronatione iuraverit iura regni sui et honorem coronae illibate conservare , il- lieitum profeeto fuit , si praestitit de non revocundis huiusmodi alienationibus iuramentum, et propterea enitus non servandum. Schreiben Honorius III. an den Erzbiſchof von Colocſa 1220. bei Fejer III. 1. 294. 184 ten, ſondern bloß eine weiſe Beſchränkung in der Aus⸗ übung deſſelben gefordert 5). Sobald dagegen von der Fortdauer des durch jene Verleihung begründeten Verhält⸗ niſſes die Rede war, ſo fehlte es den mächtigen Feinden, die der kühn aufſtrebende Orden, wie überall ſonſt, ſo auch in Ungarn hatte, und an deren Spitze die eignen Söhne des Königs ſtanden 5), allerdings nicht an Grün⸗ den, um die Vergabung des Burzenlandes als dem In⸗ tereſſe des Reichs gefährlich zu bezeichnen, und daher auch die Anwendung des von dem Thronfolger ausgeſprochenen Principes, welches die Aufhebung aller nutzloſen Schen⸗ kungen gebot, auf das Ordensgebiet zu verlangen. Nicht nur war ja der unmittelbare Zweck der Verleihung er⸗ reicht, das verödete Gebiet angebaut, bevölkert, und durch feſte Burgen gegen die Verheerungen der Kumaner ge⸗ ſchirmt; ſondern auch das Benehmen der deutſchen Ritter ſelbſt war geeignet Beſorgniſſe einzuflößen, und Schritte zu entſchuldigen, welche die Geſchichte außerdem für un⸗ klug erklären, und mit dem Vorwurfe des Undanks brands marken müßte 5). nnn 50) Daher wurden auch nach dem Tode Andreas II. als Bela IV. ſeinen Plan mit aller Strenge verfolgte, diejenigen Schen⸗ kungen aufs neue beſtätigt, bei deren Unterſuchung ſich ein Rechtstitel des Verdienſtes herausſtellte, mochten ſie auch von Emrich oder Andreas herrühren, vgl. Fejer IV. I. 71. f. Ueber das Verleihungsrecht von Domänen vgl. J. G. Eder de initiis iuribusque primaevis Saxonum Transsilvanorum. Viennae 1792. 4. p. 90. ff. 51) Nil aliud asseverans, ſchreibt Gregor IX. 1254. von König Andreas II., nisi restitutio ipsius pro eo, quod magna est, suis filüs et Baronibus displice- ret. Ueberhaupt erſcheint überall in den Verhandlungen über dieſen Gegenſtand der König bloß als Werkzeug ſeiner Räthe, von denen ſpäter einige auch mit Namen genannt werden. 52) Mit der von Bela beabſichtigten Reform hat ſchon En⸗ gel Geſch. der Walachei 145 und Bethlen a. a. O. 29. den Widerruf der Schenkung des Burzenlandes in Ver⸗ bindung gedacht, ohne aber die Behauptung diplomatiſch zu begründen. 185 In der That hatten nämlich die deutſchen Ritter ſich nicht genau innerhalb der Grenze des Rechtsgebietes, wel— che ihnen der Vertrag vom Jahre 1211 abmarkte, ge⸗ halten, und dadurch ihren Gegnern gefährliche Blößen ge: geben. Wir haben ſchon oben die Erbauung der Kreuz— burg aus dieſem Geſichtspunkte betrachtet. Wie aber das Beſitzrecht jener erſten Ordensburg erſt ſpäter anerkannt wurde, ſo war der Orden auf ähnliche Art auch in den Genuß anderer Rechte gekommen. Unzweifelhaft iſt dies bei der Erbauung gemauerter Burgen und Städte 53), wahrſcheinlich bei der Erweiterung des Ordensgebietes uber den Bezirk von Kreuzburg bis an die Grenze der Wala— chei ), und von den Quellen der Burze gegen die Do— 55) Der erſte Theil der Urkunde von 1222 enthält eine faſt wörtliche, und dem Inhalt nach völlig gleiche Wieder⸗ holung jener von 1211 Wenn daher anſtatt: eastra et urbes ligneas hier die Worte castra et urbes Zapideas erſcheinen, fo müſſen wir dieſe Aenderung daraus erklä⸗ ren, daß der König nun anerkannte, was der Orden ſchon gethan hatte. So thöricht waren die Ritter gewiß nicht, zwei Arbeiten aus einer zu machen. 54) Usque ad terminos productorum, heißt es in den ge» wöhnlichen Abdrücken bei Dreger u. a. m. In dem Vi- dimus des röm. Königs Rudolf über dieſe Urkunde ſteht aber, wie mir der H. geh. Archivsdirector Voigt in Kö⸗ nigsberg ſchreibt: ad terminos prodnicorum. Erxwägen wir nun, daß im dreizehnten Jahrhundert die Walachei Brodinia (in Gumania et Brodinia terra illi vicina Urk. von 1227 bei Fejer III. 2. 111.) und die Wala⸗ chen felbft Brodniei heißen (regnum Hungariae, qua- si ovile sepibus, sit diversis infidelium generibus eircumseptum , utpote Ruthenorum, Gumanorum, Brodnicorum a parte orientis Urf. von 1254. bei Fe- jer IV. 2. 219) und daß überdieß in einer ſiebenb. Ur⸗ kunde von 1225. bei Fejer III. 1. 399 eine terra bo- rotnik gerade auf dem Gebiete erſcheint, welches 1224 terra blaccorum et byssenorum heißt, fo müſſen wir uns für jene Lesart entſcheiden, und zugleich iſt die in dem Texte gegebene Erklärung der Stelle gerechtfertigt. nau hin 5). Und fo wie ferner das Verbot der weitern Anſiedelung von Bewohnern Siebenbürgens im Burzen⸗ lande der Beſtätigung deſſen, was der Orden bis dahin in dieſer Hinſicht gethan hatte, ſich anſchließt; ſo leitet auch die Erwägung ſpäterer Thatſachen auf die Vermu⸗ thung, daß der König dem Orden 1222 die Prägung der Münzen gerade deswegen verbot 5°), weil dieſer ſich da— mals ſchon dieſes Recht angemaßt hatte. Und ſo gab denn allerdings das freie Walten des Ordens im Burzenlande, und das unvorſichtige Beneh⸗ men, welches er ſich erlaubte, ſeinen Gegnern um ſo mehr Stoff, ihn am Hofe zu verdächtigen, und deſſen Beibe— haltung als ſchädlich darzuſtellen, je mächtiger er ſeit 1211 durch fortgeſetzte Eroberungen geworden war 57). Vielleicht, daß auch eine perſönliche Verſtimmung des Königs gegen den Orden ihn für die Rathſchläge feiner Umgebung empfänglicher machte. Gewiß iſt es wenigſtens, daß auf dem Kreuzzuge Andreas II. der Ordensmeiſter Hermann von Salza nebſt den Seinen und den Tempel-⸗ herren ſich nach dem vergeblichen Sturm auf den Berg 55) f. die Urk. 6. Die Analogie des Verfahrens mit Kreuzs burg führt auf dieſe Annahme. Wie ließen ſich ſonſt auch die vielen nachträglichen Verleihungen erklären? Wenn der Pabſt aber ſpäter ſchreibt, der König habe dem Or— den erſt bei der Reſtitution 1222. pro recompensatio- ne damnorum ultra montes nivium partem Guma- niae gefchenft ; fo geht das Gegentheil aus der erwähn⸗ ten Urk. deutlich hervor. 56) ſ. die Urk. 6. Bei den Ahospitibus terrae nostrae per- tinentibus kann füglich nur an die ſeit Geifa II. in Sie⸗ benbürgen angeſiedelten Deutſchen gedacht werden. Und ſo wirft denn dieſe Urkunde auch einiges Licht auf die früheſte Geſchichte derſelben. Ihrer Rechte verluftig (quod penitus a sua libertate exeidissent, klagten ſie 1224 dem König) wanderte ein Theil derſelben in das Bur— zenland aus, um hier unter dem Schutze des deutſchen Ordens ein beſſeres Loos zu erhalten. 57) ſ. oben Anm. 54. Wie weit ſich aber das Ordensgebiet gegen die Donau hin ausdehnte, läßt ſich nicht beſtimmen. Tabor bei Accon (St. Jean d’Acre) von dem Könige ge: trennt, und die Befeſtigung der Pilgrimsburg (castrum peregrinorum) unternommen hatte 53), und nach der Rückkehr aus Paläſtina überhäuft Andreas II. den Jo⸗ hanniterorden mit Gnadenerweiſungen, während des deut: ſchen Ordens gar nicht gedacht wird 5). Wie die Motive des Zerwürfniſſes zwiſchen Andreas II. und dem deutſchen Orden bloß durch Combination mehrerer Thatſachen erſchloſſen werden können, ſo läßt ſich auch die Zeit, in welcher er zuerſt gegen den Orden auftrat, und die Art und Weiſe eines Verfahrens, welches die Urkunde nur in allgemeinen Ausdrücken andeutet »), nicht mit Sicherheit beſtimmen „). Für das Jahr 1221 ſpricht indeſſen nicht allein die diplomatiſch erweisliche Thatſache, daß in jenem Jahre förmliche Gerichtshöfe zur Unterſuchung des Güter⸗ beſitzes und zur Ausführung der beſchloſſenen Reformen deſſelben niedergeſetzt wurden 5); ſondern auch das Still⸗ 58) Voigt a. a. O. 87. 59) dgl. die Urkunden bei Fejer III. 1. 255. ff. und die Lob⸗ ſprüche, die der König darin jenem Orden ertheilt. Dem Templerorden ſchenkt Andreas 1219. für deſſen Unterſtü⸗ bung auf dem Kreuzzuge eine Landſtrecke in Croatien. Fiejèr III. 1. 272. ff. 60) ſ. oben Anm. 40. 61) Schlözer 519. Anm. 15. bleibt bei der Vermuthung ei⸗ ner Entzweiung des Königs mit dem Orden ftehen. Beth⸗ len 29. nennt das Jahr 1221. nach dem Vorgange von Engel Geſch. v. Ungarn 1. 306. 62) Außer dem ſchon von Engel 1. e. angeführten und bei L Fejer III. 1. 551. gegebenen Belege, verweiſen wir noch auf Fejer 1. e. 551. wo ausdrücklich die Worte: e Hungariae disposuisset iudicare de _ perpetuitatibus vorkommen. Die Vergleichung mit der von Engel ange⸗ führten Urkunde, wo das Jahr 1221 genannt iſt, läßt uns auch bei dieſer das fehlende Datum mit großer Wahr⸗ ſcheinlichkeit ergänzen. Daß aber damals Bela „Herzog von Siebenbürgen“ geweſen, Bethlen 29. läßt ſich um ſo weniger erweifen, da Neuca, Fejer III. 1. 320 und . J. Petri ibid. 525, als Woiwoden erwähnt werden. ) 188 ſchweigen des Pabſtes darüber in der ſeinem Legaten Acon— tius am 3. December jenes Jahres ertheilten Inſtruc⸗ tion 2). Wie hätte Honorius III. gerade in der Zeit, wo er ſich es zum Ziele geſetzt zu haben ſchien, die deut: ſche Ritterverbrüderung auf jede Weiſe mehr empor zu he— ben ), der Pabſt, welcher ſpäter, wie wir bald ſehen werden, ſich auch in Ungarn des Ordens fo kräftig an: nahm, die Entziehung des Burzenlandes unberührt laſſen können „ wenn er um jenen Schritt des Königs gewußt hätte? Wahrſcheinlich alſo erſt gegen Ende des Jahres hatte Andreas II. ſeine Schenkung widerrufen und — viel⸗ leicht dem Woiwoden von Siebenbürgen die Ausführung ſeines Willens übertragen. Wahrſcheinlich war aber, wie ſchon der Ausdruck „praeceperamus“ in der oft erwähn⸗ ten Urkunde ſchließen läßt, der Befehl noch gar nicht zur Ausführung gekommen, als ihn der König ſchon zurüͤck⸗ nahm, und den Orden im Jahre 1222 wieder einſetzte. Was dieſen plötzlichen Wechſel der Maßregeln be⸗ wirkt hatte, darüber läßt uns die Geſchichte im Dunkeln. Sobald wir indeſſen annehmen, daß der König, welcher das Colonialſyſtem überall begünſtigte, und die Verdienſte des Ordens um das Reich wohl erkannte „), jene feind⸗ lichen Schritte nicht aus eigenem Entſchluße, ſondern durch ſeine Umgebung genöthigt, gethan hatte, und daß die Par⸗ tei des jüngern Königes dem päbſtlichen Willen in Be— zug auf den deutſchen Orden ſich fügte, um ſo die Zu— ſtimmung des Pabſtes für die Verfaſſungsreform, die ſie gerade damals bezweckte, deſto ſicherer zu erhalten: ſo wird uns alles begreiflich. 65) Laterani III. non. Decembris anno VI, bei Fejer III. 1. 350. der Legat ſollte gegen die Patarener auftreten, nnd außerdem die kirchlichen Verhältniſſe in Ungarn ordnen. 64) Voigt a. a. O. 100 ff. 65) Für das erſte ſpricht zumal die Regulirung der Geiſani⸗ ſchen Coloniſteu 1224. (dgl. Schlözer) für das letztere der Schluß der Urkunde von 1222. 189 Höchſt wahrſcheinlich ſtand alſo die Wiedereinſetzung der deutſchen Ritter in alle ihnen entzogenen Rechte und ihre Entſchädigung mit der Ausſöhnung, welche im Jahre 1222 durch päbſtliche Vermittelung zwiſchen Andreas II. und Bela zu Stande kam, in unmittelbarer Verbindung 5), und mag fie nun vor, oder nach der Ausfertigung der gol- denen Bulle erfolgt ſeyn, ſo müſſen wir den 19. Artikel dieſes berühmten organiſchen Reichsgeſetzes, in welchem die Rechte aller Coloniſten gewährleiſtet werden *), zugleich als eine geſetzliche Garantie der Rechtslage des deutſchen Ordens im Reiche betrachten. i Durch eine neue Urkunde ordnete der König ſofort die Verhältniſſe des Ordens. In den ehrenvollſten Aus⸗ drücken beſtätigte er dem Hochmeiſter Hermann von Salza den Beſitz des 1211 verliehenen Burzenlandes und aller Eroberungen, welche die Ritter ſeither im ſiegreichen Kamz pfe mit den Kumanern gemacht hatten 52). Alle damals erhaltenen Freiheiten wurden den Rittern zurück gegeben; ſie erhielten das Recht, jährlich 12 Schiffsladungen Salz aus den Gruben des Landes zu beziehen, auf dem Ma— ros und Altfluße dieſes Salz zum Verkaufe auszuführen ), 66) Bethlen ſchreibt die Wiedereinſetzung des Ordens der Verwendung des Landgrafen Ludwig von Thüringen, welcher im October 1222 ſeinen Schwiegervater beſuchte, | zu. Allein konnte wohl die Fürſprache des Eidams den König beſtimmen, gegen diejenigen aufzutreten, in deren Gewalt er ſich befand? 67) similiter et hospites cuiuscungue nationis secundum libertatem ab initio eis eoncessam teneantur, Ueber den diplomatiſchen Sinn des Wortes libertas vgl. meis ne Umriſſe und krit. Studien zur Geſchichte von Sie⸗ benbürgen. Heft 1. S. 76. 68) Urk. Nr. 6. und oben Anm. 54. 69) Dies iſt wohl der richtige Sinn der von Schlözer 318 und von Voigt 126 anders ausgelegten Stelle. Am näch⸗ ften ſteht dieſer Anſicht die Erklärung Bethlens 32, Al- na bedeutet in der ungr. Sprache jede Salzgrube. Auf ähnliche Art erhielten viele Kirchen und Klöfter aus den kön. Gruben ein Quantum von Salz, welches ſie dann 190 und auf der Rückfahrt freien Waarenhandel zu treiben, außerdem Mauthfreiheit im Lande der Szekler und der Walachen 7°), die Befugniß Vermächtniſſe anzunehmen; als Entſchädigung endlich für den Verluſt, welchen ſie während der Dauer der königlichen Ungnade erlitten, über⸗ ließ ihnen Andreas den Ertrag des Geldumſatzes; behielt ſich jedoch die Verleihung des Münzrechtes vor, und uns terſagte ihnen die weitere Anſiedelung von Auswanderern aus ſeinem Gebiete. Und ſo war denn das Gewitter, welches über dem Haupte des Ordens geſchwebt, und feine Pflanzung bez droht hatte, vorübergezogen, ohne ſich zu entladen; kräfti⸗ ger als früher ſtand er im Burzenlande da. Was er als unbewohntes Gebiet übernommen hatte, das war nun an⸗ gebaut und bevölkert; die Keime der Civiliſation, die er an die Oſtgrenze des ungriſchen Reiches ausgeſtreut hatte, waren nun aufgegangen und fingen an Früchte zu tragen; ſein Beſitzthum war wiederholt anerkannt, ſeine Rechte und Freiheiten erweitert und gewährleiſtet, und dem Hoch— meiſter des Ordens Hermann von Salza ſelbſt der könig— liche Schutz der Colonie zugeſagt worden. Dazu kam, daß die geſammte Stellung des Ordens in den letzten Jahren durch eine Reihe von Privilegien des päbſtlichen Stuhls immer mehr Feſtigkeit und Unabhängigkeit, und die Macht bis zu einem beſtimmten Termin deponiren mußten, und, wenn es ihnen bis dahin die k. Salzſchaffer (Salinarii) nicht zu den feſtgeſetzten Preiſen abnahmen, felbft zu be⸗ liebigen Preiſen verkaufen durften. ſ. Urkunde des Kö— nigs Andreas II. von 1255. bei Fejer III. 2. 519 ff. und den Johannitern in Margate erlaubte Andreas II. 1217. quatenus sales suos ubicunque locorum re— gni nostri voluerint, exceptis confiniis, libere et absolute sine omni tributo venditioni possint expo- nere, et alienare iuxta eorum propriam volunta- tem, Fejer III. 1. 241. f 70) Per terram Blaccorum. Ueber den Sinn dieſes Aus⸗ druckes. ſ. die Anm. 15. EEE. EEE — — 191 deſſelben durch das oben ſchon berührte Inſtitut der Halb⸗ brüder eine immer zunehmende Verſtärkung erhalten hatte. Mit der lebhafteſten Freude vernahm Honorius III. dieſen Umſchwung in der Lage der Ordensbrüder im Bur⸗ zenlande, und beſtätigte am 19. December 1222 die Wie⸗ dereinſetzung derſelben, welche er als eine verdiente Aner⸗ kennung ihrer Verdienſte, und ein für die Chriſtenheit ſe⸗ gensvolles Ereigniß betrachtete 1). In der That war ja die Ausführung der großen Ideen, welche den Pabſt ge— rade damals beſchäftigten, vorzüglich von dem Schickſale dieſer Verbrüderung abhängig. Für die Ausbreitung des Chriſtenthums in Kumanien war die benachbarte Ordens⸗ macht die natürlichſte Stütze, und kam der Kreuzzug, den Honorius, damals vereint mit Hermann von Salza, bei Kaiſer Friedrich II. angelegentlich betrieb, zu Stande; ſo hatte die Erfahrung früherer Zeiten gelehrt, daß das Glück in den Kämpfen mit den Ungläubigen zumeiſt auf der ſte⸗ henden Kriegsmacht der geiſtlichen Ritterorden beruhe *). Mit dem Anfang des Jahres 1223 beginnt eine neue Periode der Geſchichte der deutſchen Ritter in Siebenbür⸗ gen, durch den Reichthum an urkundlich begründeten That— ſachen, die raſche Aufeinanderfolge, und eine tragiſche Wen⸗ dung der Ereigniſſe bezeichnet. Von der Höhe der Macht, die er durch die lange Anſtrengung erſtiegen hatte, ſehen wir den Orden ſchnell herabſtürzen und von der Bühne verſchwinden, die er eine Zeit lang durch den Glanz feiz ner Thaten erhellt hat. Wer wird das Unerwartete dieſes Falles läugnen? Allein fo unerſchütterlich feſt auch die Or- densmacht in dem Jahre 1222 gegründet zu ſeyn ſchien; ſo waren die Gegner derſelben nur beſchwichtigt, nicht ver⸗ ſöhnt geweſen, und wir werden bald ſehen, daß gerade die Mittel, welche der Orden ergriff, um feine Stellung zu be— haupten, feinen Fall herbeiführten. 5 71) Urk. Nr. 7. Eis ad meritum, nobis ad gaudium, et toti populo christiano provenit ad profeetum ſchrieb er an den Biſchof von Siebenbürgen. Urk. g. 72) Voigt 122 f. 192 Was zunächſt Mißvergnügen erregte, das waren die geiſtlichen Verhältniſſe der deutſchen Ritter. Auf den Grund früherer Bullen, wodurch der Orden von der biſchöflichen Gewalt eximirt und unmittelbar unter den Pabſt geſtellt worden war, hatte Honorius, wenige Tage nach der Be— ſtätigung der neuen Schenkung des Königs, auf Anſuchen des Ordens dem Biſchof von Erlau befohlen, in ſeinem Namen der Geiſtlichkeit des Burzenlandes auf ſo lange ei— nen Dechanten zu ſetzen, bis die vermehrte Bevölkerung des Landes die Ernennung eines Biſchofs nothwendig ma⸗ chen würde 73). Mit dieſer Anordnung war aber der neue Biſchof Raynald von Siebenbürgen *“) durchaus nicht zu⸗ frieden. Eiferſüchtig auf die Rechte ſeines Stuhles, wollte er die biſchöfliche Gewalt, welche fein Vorgänger, Biſchof Wilhelm, wahrſcheinlich in der Ordenscolonie geübt hatte, nicht nur nicht aufgeben, ſondern auch alles, was dieſer davon abgetreten hatte, zurücknehmen. Ohne ſich daher an die Exemtionsbullen des Oberhauptes der Kirche zu keh— ren, berief er die Geiſtlichen des Burzenlandes zu feinen Synoden, forderte von ihnen und von den Laien die Zehn— ten und andere biſchöfliche Gerechtſame, und ſprach über die Widerſpenſtigen ſofort Bann und Interdict aus. Klagend wandte ſich der Orden nach Rom. Da er⸗ ließ Honorius drohende Schreiben an den Biſchof und an den Erzbiſchof Thomas von Gran. Von dem Thau ſeiner Gnade getränkt, ſchrieb er an Raynald, ſei das Ordens— 75) 2. Idus Januarii Pontifie. anno VII. Urk. Nr. 8. 74) Raynald (bei Fejer III. 1. 445. und bei Szeredai se- ries epise. Trans. 9. Bernhard, fonft überall Ray- naldus, Reginaldus, Reynoldus, Rynaldus) ein Sie⸗ benbürger, vormals Probſt von Wardein, war 1222 zum Biſchof gewählt worden. Da ſein Metropolit, der Erzbi⸗ ſchof von Eolocfa, wegen eines Fehlers, den der Gewähl⸗ te im Auge hatte, Anſtand nahm, die Wahl zu beſtäti⸗ gen, ſo ſchickte er ihn nach Rom, ſich dem Pabſte zu zeigen, bei welchem König und Königin ſich für ihn ver⸗ wandten. Honorius genehmigte die Wahl 5. Jun. 1222. Fejer III. 1. 585 1 193 haus unter ſeiner Regierung, wie ein Baum, in die Höhe gewachſen, und er liebe es ſo vorzüglich, daß er die un— würdige Beläſtigung deſſelben nicht geduldig ertragen kön— ne. Er befehle ihm daher Interdiet und Bann augen— blicklich zu widerrufen, und fortan ſich aller Eingriffe zu enthalten, damit weder der Orden zu neuen Klagen, noch er ſelbſt zu härtern Verweiſen genöthigt werde 7°). Dem Erzbiſchof von Gran aber befahl der Pabſt, die Bann— ſprüche des Biſchofs gegen die Bewohner des Burzenlan— des, wofern er ſie nicht zurücknehmen wolle, als unbefugte Acte für null und nichtig zu erklären 7°). Und fo wurde nun die kirchliche Verfaſſung der Rittercolonie dem päbſt— lichen Befehle gemäß geordnet. Der Dechant wurde von dem Biſchof von Waizen ernannt, und von dem Pabſte als ihm unmittelbar unterworfenes geiſtliches Oberhaupt des Burzenlandes beſtätigt 77). Raynald mochte ſich vielleicht gefügt haben, obgleich der Erzbiſchof von Gran, der den Befehl des Pabſtes voll— ſtrecken ſollte, indeſſen wahrſcheinlich geſtorben war 7°). Erinnern wir uns aber daran, wie jene Stellung des Or: dens die Geiſtlichkeit überall gegen denſelben aufregte, und wie namentlich damals ſich die Biſchöfe Ungarns jeder 75) Laterani 11. Idus Dec. anno VIII. (1225) Urk. Nr. g. 76) Later. Idib. Decembr. anno VIII. (1225) Urk. Nr. 10. 7/7) Later. IV. Nonas Aprilis anno VIII. (1224) Urk. Nr. 11. 78) Wenn Fejer III. 2. 28. behauptet, der erzbiſchöfliche Stuhl ſei von 1225 bis 1225 erledigt geweſen, ſo irrt er. Allerdings heißt es in der Unterſchrift einer Urkunde von 1224 Fejer III. 1. 445 „vacante sede Strigo- niensi;““ dagegen aber in einer andern von demſelben Jahre bei Fejer III. 1. 458. „Thoma Strigoniensi.“ Dieſer Thomas, vom Erlauer Bisthum zum Erzbiſchof befördert ſ. Urk. 14. bekleidete dieſe Würde nur kurze Zeit (dgl. Urk. 8. wo er, zu Anfang des Jahres 1225, noch als Biſchof von Erlau erſcheint) und ſtarb entweder zu Ende des Jahres 1224 oder anfangs 1225. Der Pabſt ſchreibt VII. Id. Martii 1225, fein Tod ſei ihm „nu- per“ gemeldet worden, Fejer III. 2. 30. h Schullers Archiv J. 2. 13 194 Exemtion von ihrer Gerichtsbarkeit und der Errichtung neuer Bisthümer beharrlich widerſetzten: ſo dürfen wir wohl mit Grund annehmen, daß das Verfahren des Pab—⸗ ſtes auch in Ungarn die Geiſtlichkeit gegen den Orden er— bitterte, und namentlich Raynald ſeinen ganzen Einfluß, den er als Günſtling des Königs und der Königin am Hofe beſaß, daran gewandt haben werde, den Orden zu ſtürzen. So wie nun aber die geiſtliche Verfaſſung des Or— dens ihn mit einem großen Theile des Clerus entzweite: ſo war es anderſeits auch ſeine wachſende Macht, welche nicht nur die Eiferſucht neidiſcher Großen nährte, ſondern wohl auch in ſolchen Männern Beſorgniſſe erregen mod) te, welche, frei von kleinlicher Leidenſchaft, bloß die Zukunft des Reiches erwogen. In ihre Rechte wieder eingeſetzt, hatten die Ritter ſofort in Kumanien eine Burg gebaut, und die Macht der Kumaner durch einen entſcheidenden Sieg, unter den Mauern des neuen Bollwerks erkämpft, gebrochen 7). Das Schickſal der Länder, welche ſich am linken Ufer des Donauſtromes bis an das ſchwarze Meer erſtrecken, lag nun in des Ordens Händen, und im— mer mehr wurde es bemerkbar, daß fie die Alpen des Bur— zenlandes darum überſchritten hatten, um das Ordensge— biet ſo weit auszudehnen, als ihnen eine Bedingung des Vertrages geftattete, welche ſelbſt ſchon auf großartige Ent— würfe des Ordens hindeutete. Wo war aber dann die Bürgſchaft, daß die übermächtigen Vaſallen die Lehns- pflicht der Treue niemals vergeſſen würden? 79) Urk. 17. Die nähere topographiſche Beſtimmung dieſer Burg ſcheint unmöglich. Voigt a. a. O. S. 145 denkt dabei nach dem Vorgange von Engel Geſch. der Moldau und Walachei 1. 145 und 145 an das castrum Seve- rini (826 rény). Allerdings ſcheint der Beiſatz „ultra montes nivium““ da dieſe montes vorzugsweiſe auf die Grenzgebirge Siebenbürgens zu beziehen ſind, in jene Gegenden zu weiſen; doch iſt, wie Engel ſelbſt geſteht, alles nur Vermuthung. 195 Hermann von Salza ſah die Säulen bedroht, auf denen die Ordensmacht, nachdem ſie in Paläſtina gebrochen war, fortan ruhen ſollte. Des Königs Schutz war un— kräftig und hatte ſich ſchon als unzuverläßig erwieſen, des Thronfolgers Geſinnungen waren den Intereſſen des Or— dens abgeneigt, und dieſer ſelbſt, je mehr er ſich hob, de— ſto mehr bei den Machthabern überall ein Gegenſtand der Eiferſucht und der Befürchtung. Das Aufblühen der Or; denscolonien war durch dieſe Unſicherheit der Verhältniſſe geſtört, die Einwanderungen hörten auf — wer baute fein Haus auch gerne auf vulcaniſchen Boden? Da that Hermann von Salza, der zu Anfang des Jahres 1224 aus dem Morgenlande zurück gekehrt war, und im März jenes Jahres ſich in Rom befand e), um das Beſitzthum ſeines Ordens zu retten, einen Schritt, wodurch die ſtaatsrechtliche Beziehung der Ritter im Bur— zenlande zum Könige durchaus verändert wurde. Er ſtellte dem Pabſte vor, wie ſehr die gegenwärtigen Verhältniſſe das Gedeihen der Drdenspflanzung hinderten, und bat ihn, daß er das Land, welches die Ritter vom Könige von Un— garn als eine Wüſte erhalten, und mit großen Opfern ſich geſichert hätten, in das Eigenthumsrecht des apoſtoliſchen Stuhles aufnehme 51); als Zeichen der Anerkennung der päbſtlichen Oberlehnsherrlichkeit wolle der Orden jährlich zwei Mark Goldes entrichten. Sobald das Ordensgebiet unter die ausſchließliche Herrſchaft des päbſtlichen Stuh— les geſtellt ſei, würden die Anſiedelungen häufiger werden, und die Bevölkerung der weiten, aber immer noch men— 80) Voigt a. a. O. 158 ff. 81) Ut terram Bozae et ultra montes nivium, quam — vastam usque ad proxima tempora et desertam lar- gitione carissimi in Christo filii nostri, Andreae Ungarorum Regis illustris, adepti esse noscimini, et noviter inhabitare coepistis, ipsorum pagano- rum impetu non sine multo personarum vestrarum diserimine refrenato , in ius et proprirtatem apvsto=. ‚licae Sedis recipere dignaremur, |. die Urk. Nr. 15. 13” 196 ſchenarmen Landſtrecke zum Schrecken der Heiden, zur Si: cherheit der Gläubigen, und zum großen Gewinn für das heil. Land ſich mehren 52). Für den Orden von jeher begeiſtert, gewährte Ho— norius die Bitte des Hochmeiſters, und erklärte das Or— densgebiet für ein Eigenthum des h. Petrus, welches für ewige Zeiten unter dem ausſchließenden Schutz und Schirm des päbſtlichen Stuhles ſtehe *). Zugleich ſchärfte er auch der Geiſtlichkeit ein, daß kein Erzbiſchof oder Biſchof ſich unterſtehen ſolle, in dem Ordenslande, deſſen einziges geiſt— liches Oberhaupt der Pabſt ſei, Gerichtsbarkeit auszuüben, oder ohne beſondere Vollmacht des pabſtlichen Stuhles Bann und Interdict zu verkündigen. Der von dem ehe— maligen Biſchof von Erlau eingeſetzte Dechant habe die geiſtlichen Angelegenheiten zu beſorgen, und da, wo die Vollmacht ſeines Amtes nicht ausreiche, ſich an einen be— liebigen Biſchof zu wenden, bis das Land ſelbſt bei ver— mehrter Bevölkerung einen Biſchof erhalten werde 39). Ein eigener Ordensſtaat ſtand nun an der öſtlichen Grenze 82) Fideles libentius transibunt in eius coloniam , si eam viderint apostolicae Sedi esse speciali ditione subieetam. 85) Praefatam terram in zus et proprietatem b. Petri suscipimus et eam sub speciali apostolicae Sedis protectione ac defensione perpetuis temporibus permanere saneimus. — Later. 11. Cal. Maii anno VIII. (1224). Daß damit nicht geiftliche Unterordnung, ſondern Losreißung von Ungarn, und Lehnsabhängigkeit von dem päbſtlichen Stuhle gemeint war, geht nicht nur aus dem Zuſammenhange der genannten Bulle ſelbſt, ſondern auch aus den parallelen Ausſprüchen des Pab— ſtes hervor. Apostolico privilegio statuimus eam nulli, nisi romano pontifici subiacere, ſchteibt Hono— rius 1225. Urk. Nr. 17. Weniger beſtimmt ſchreibt Gre- gor IX. 1251. terra, eis per apost. Sedem eonfir- mata ae sub eius protecetione suseepta. Urk. Nr. 25. 84) Urk. Nr. 14. Das fehlende Datum kann wohl leicht er— gänzt werden: der geſammte Inhalt zeigt, daß ſie zu— gleich mit der Bulle an den Orden ausgefertigt wurde. 197 des ungriſchen Reiches da, und die Macht, auf die er ſich ſtützte, ſchien ſtark genug, um ihn ſchützen zu können. Wir wollen es zugeben, daß die Rückſicht der Selbſt— erhaltung dem Orden dieſes Benehmen empfahl, daß au— ßerdem auch die Zwecke deſſelben eine Stellung erheiſchen mochten, worin er, ungehemmt durch die weltliche Macht, ſich frei bewegen und fortbilden konnte, und daß Hono— rius III. theils durch die Idee feiner Wurde ſich verpflich— tet glaubte, ihm dieſe Stellung ohne Rückſicht auf beſte— hende Verhältniſſe anzuweiſen, theils aber auch das un— umſchränkte Verfügungsrecht des Ordens über ſein Land aus dem Begriffe einer Schenkung folgerte 85). Beden—⸗ ken wir aber, daß das Eigenthumsrecht der Krone auf den den Rittern verliehenen Boden in allen Verträgen mit dem Orden anerkannt worden war, und daß ihre Rechtsſphäre, ſo groß fie auch war, doch nirgends die Befugniß ent— hielt, ein vertragsmäßig gegründetes Verhältniß einſeitig aufzuheben, und ſich für unabhängig zu erklären, und daß Bela's Partei eben damals die Reformen mit neuer Kraft, und ſelbſt ohne Schonung der geiſtlichen Güter betrieb ©): ſo darf es uns nicht befremden zu ſehen, daß man am Hofe des Königs das Recht des römiſchen Stuhls, über die königliche Schenkung zu verfügen, beſtritt, und ſo ge— rade das, was die Ritter gethan hatten, um ſich ihren 85) Terram Bozae . . donasti; unde terram ipsam sub apost. Sedis protectione suscepimus etc. 1229. Urk. Nr. 17. 86) Vgl. Schreiben des Pabſtes an Bela Id. Jul. anno IX. bei Fejer III. 2. 47. (Urk. Nr. 18.) und in Bezug auf die geiſtlichen Güter Urk. Bela's 1250. bei Fejer 1. e. 215. Um dieſelbe Zeit verloren auch die Tempelherr en ihre Beſitzungen in Slavonien, und zwar, wie ſich Her— zog Coloman bei dem Pabſte rechtfertigte: non sua autoritate, sed potius . Bela illustris regis Hun- gariae, fratris sul. Vgl. Schreiben Gregors IX. 1227. bei Fejer III. 2. 112. f. Doch wurden die Templer 1251. wieder eingeſetzt. S. die Neſtitutionsurkunde Co» lomans bei Fejer J. e. 251. ff. 198 Feinden für immer zu entziehen, dieſen die Waffen in die Hände gab, den König gegen fie einzunehmen, und ihren Sturz zu beſchleunigen. War daher das Verhältniß zwiſchen dem Hof und den Ordensrittern ſchon früher geſpannt geweſen, ſo wurde es durch ihre Unterwerfung unter den päbſtlichen Stuhl noch viel gereizter, und der König neigte ſich immer mehr auf die Seite ihrer Gegner 27). Beide Parteien klagten in Rom: die Ritter über Neckereien und Bedrückungen, der König über eigenmächtige Erweiterung des dem Or— den angewieſenen Gebietes 38). Die Vermittelungsverſuche des Pabſtes blieben ohne Erfolg; der König rückte in das Burzenland ein, verjagte die Ritter aus einer Ordensburg mit bewaffneter Macht 3), und forderte die Ritter unter 87) Daß die Entſcheidung des Pabſtes über das Burzenland erbittert hatte, geht aus dem Schreiben des Honorius II. Id. Jun. an. IX. (1225) Urk. Nr. 17. deutlich hervor. 08) Egressi fines possessionum a te sibi concessarum intuitu pietatis quasdam ex tuis possessionibus oceuparant. Zur Erläuterung ſchreibt derſelbe Pabſt ſpäter: Quod cum in quadam parte regni sui ho- spitalariis S. Mariae Teutonicorum terram ad tri= ginta duntaxat aratra charitatis intuitu liberaliter contulisset, iidem .. multo amplius occupavere de terra in parte praedicta. ©. Urk. Nr. 19. Wo dies geſchehen war, läßt ſich durchaus nicht beftimmen. Vielleicht bei Kreuzburg, wo ihnen der König die umlie⸗ genden Wieſen geſchenkt, und dann ſpäter die Gränzen der Schenkung, aber nur gegen die Valachei hin, er— weitert hatte. 89) ſ. Urkunde 17. Eine genaue Zeitbeſtimmung der Bege— benheiten iſt, da Urkunden fehlen, nicht möglich. Wahr: ſcheinlich hatte ſchon der Cuſtos der Oroder Probſtei, der im Februar 1225 von Rom abreiſte (vgl. Schreiben des Pabſtes XV. Cal. Martii anno IX. bei Fejer III. 2. 27) in Sachen des Ordens unterhandelt. Die Beſetz⸗ ung des Burzenlandes aber durch den König mag im Frühling 1225 geſchehen ſeyn; zuper querelam eorun- dem recepimus ſchreibt Honorius 14. Junius des ge— nannten Jahres. 199 Drohungen zur Räumung des Burzenlandes auf, indem er ſelbſt den päbſtlichen Befehlen an den Orden dieſen Sinn unterzulegen bemüht war. Ohne ſich einſchüchtern zu laſſen, erklärte der Präceptor des Ordens, daß er ohne die ausdrückliche Genehmigung des Pabſtes oder des Or— densmeiſters durchaus nicht weichen werde. In Tivoli, wo er damals wegen unruhiger Auftritte in Rom ſich aufhielt *°), vernahm Honorius III. die Ge⸗ fahr, in welcher der Orden im Burzenlande ſchwebte. So— fort bot er alles auf, den Sturm zu beſchwichtigen. Wäh— rend er die Ritter über den Muth, welchen ſie den An— forderungen des Königs entgegen geſetzt, lobte, und ihnen feinen Schutz zuſagte *), verwies er dem Könige in ſcho— nenden Ausdrücken ſein Benehmen, zu welchem er wohl nur durch ſchlechte Einflüſterungen böswilliger Rathgeber, welche die blühenden Beſitzungen des Ordens an ſich reis ßen wollten, verleiket worden ſei. Allerdings, ſo ſtellte er ihm vor, habe er dem Orden viel gegeben; wie wenig aber im Verhältniß zu dem, was Gott ihm geſchenkt ha⸗ be. Nur was er dem Herrn gegeben, das werde im Tode ihm nachfolgen, und ſo möge er denn dieſe Gaben nicht vermindern, ſondern, den Rath des Ewigen beherzigend, ſich da Schätze ſammeln, wo ſie weder Roſt und Motten verzehren, noch Diebe ausgraben und ſtehlen. Daher mahne er denn auch den König, bei dem klaren Sinne und der gefunden Auslegung der frühern Bulle ſtehen zu bleiben ? ), und die Ritter fürder im friedlichen Beſitze des durch die Schenkungsurkunde abgegrenzten Gebietes zu laſſen und kräftig zu ſchützen, die beſetzte Burg zurückzugeben, und ſie für die erlittenen Verluſte und Kränkungen zu entſchä— digen. Sei es aber wahr, daß die Ritter Land beſetzt, was ihnen nicht gehöre, ſo ſollte ihm dieſes zurückgeſtellt 90) Voigt a. a. O. S. 148. 91) Urk. Nr. 15. 92) Praefatas literas nostras secundum sanum intello- ctum superius expressum, aceipiens. Vgl. Url, 17. 0 200 werden. Für dieſen Zweck habe er auch den Aebten der Ciſtercienſerklöſter von Lilienfeld, Kerz, und Egres den Be— fehl ertheilt, die Lage der Sache an Ort und Stelle zu unterſuchen, und nach Rom zur vollſtändigen Beilegung dieſer Angelegenheit zu berichten. Er ſtelle es dem Könige frei, durch beigegebene Bevollmächtigte in die Unterſuchung Einſicht zu nehmen 53). So wie er die Beſchwerden des Ordens nicht gleichgültig anhören könne, ſo wolle er auch die Rechte des von ihm innig geliebten Königs ungekränkt erhalten. Dem apoſtoliſchen Legaten trug der Pabſt auf, dem König die Bulle durch einen zuverläſſigen Bevollmäch— tigten zuzuſtellen, und ihn zur Erfüllung ihres Inhaltes anzuhalten; woferne er ſich aber hartnäckig zeige, ſo ſolle er ihm ankündigen, daß der Pabſt die Ritter in ihrer ge⸗ rechten Sache nicht verlaſſen werde, und bei aller Geneigt— heit ſich dem Könige willfährig zu beze gen, doch nicht ei⸗ nen Menſchen gegen Gott beguͤnſtigen dürfe ?*). In dem Burzenlande angelangt, überzeugten ſich die Ciſtercienſeräbte ſehr bald, daß an eine friedliche Ausglei— chung kaum mehr zu denken ſei. In den gehäſſigſten Ver— gleichungen ſchilderte ihnen die Erbitterung der Gegner den Undank, womit der Orden dem Kenig gelohnt habe. Anz derſeits waren aber auch die Ritter ſelbſt ſo wenig zur Nachgiebigkeit geneigt, daß ſie von den bei dem Einzuge in das Reich übernommenen Verpflichtungen, in Bezug auf die Münze und andere Punkte, nichts mehr wiſſen wollten, und dem Könige vor dem päbſtlichen Bevollmäch— tigten erklärten, daß ſie lieber im Kampfe fallen, als zu— 95) Si tibi videris expedire, tuos mittas nuneios eum eisdem, investigationis huiusmodi seriem inspe- eturos. Daß Hermann von Salza 1224 ſelbſt in Ungarn geweſen ſei und mit Andreas unterhandelt habe, läßt ſich, wie ſchon Voigt a. a. O. 144 bemerkt hat, diplomatiſch nicht darthun. Des Pabſtes Schreiben an die Aebte ſ. Urk. Nr. 16. und an den König Urk. Nr I a, 94) Tybure II. Id. Junii anno IX. Urk. 17. b. 201 rückgeben wollten, was er von ihnen verlange v'). Es war augenſcheinlich, daß der Orden ſeine Stellung zur Krone durch die Schritte, die er in dem vorigen Jahre gethan hatte, als aufgehoben betrachtete, und die Aufforderung des Königs zur Rückkehr in dies frühere Verhältniß als einen Angriff auf das erhaltene Recht der Selbſtändigkeit anſah, und die gegenſeitigen Neckereien zwiſchen den Leu— ten des Königs und des Ordens ließen einen offenen Bruch zwiſchen beiden beſorgen. Noch gab indeſſen Honorius die Hoffnung, dem deut— ſchen Orden das Burzenland und den eroberten Theil von Kumanien zu erhalten, nicht ganz auf. Der König ſelbſt war ja von ſeinem Befehle an den Orden, das Land zu räumen, zurückgekommen, und bei aller Empfindlichkeit über den Trotz der Ritter beſchränkte er ſich in der neuen Be— ſchwerde an den Pabſt, die der Cuſtos der Oroder Abtei Florentius zugleich mit dem Berichte der Aebte überbracht hatte, nur auf das Verlangen, daß ihnen jede Ueberſchrei— tung des durch ſeine Freigebigkeit eingeräumten Rechtsge— bietes unterſagt werde ). Aufgebracht über die Anmaßungen der Ritter, än— derte nun auch Honorius ſeine Sprache, und trat nach— drücklich gegen ſie auf. Sofort ſtellte er nehmlich die von den Aebten geführte Unterſuchung ein, und befahl 1. Sep: tember 1225 den Biſchöfen von Wardein und von Raab, ſich an Ort und Stelle auf dem kürzeſten Wege (sum- matim) von der Lage der Dinge zu überzeugen, und die Ritter durch die Anwendung geiſtlicher Cenſur, und ohne Geſtattung der Appellation zur Beachtung der in der Schen— kungsurkunde beſtimmten Grenzen, und zur Erfüllung der 95) A nopnullis asseritur, quod tanquam ignis in sinu, mus in pera, et serpens in giemio, qui hospites suos male remunerant, sint eidem regi hospita- larii supra dieti, ſ. Urk. Nr. 1g. 96) Vgl. Urk. Nr. 19. und über die Zeitfolge der Begeben⸗ heiten das Schreiben des Pabſtes an den König XIII. Cal. Mart. anno X. (1226) Urk. Nr. 21. 202 übernommenen Verbindlichkeiten zu nöthigen »»). Von dem Eigenthumsrecht des apoſtoliſchen Stuhles auf das Or— densgebiet geſchah nicht die leiſeſte Erwähnung, und auch das Benehmen des Königs wurde ſo wenig getadelt, daß dieſer vielmehr als ein Wohlthäter des Ordens bezeichnet wurde, den jener durch Undank gekränkt habe 3). Während aber der Pabſt dieſe Maßregeln anordnete, hatte ſich die Lage der Dinge in Siebenbürgen gänzlich ge— ändert. Sei es nun, daß der König dem Drängen der Gegenpartei nachgegeben, oder aber, daß bei der ſchon vorhandenen Spannung der Gemüther irgend ein unbe- kannter Zwiſchenfall alle Verhandlungen plötzlich unterbro— chen, und zu raſcher That getrieben hatte: in dem Mo— mente, wo der Pabſt die neue Unterſuchung anbefahl, hatte der König, ehe noch die Ciſtercienſeräbte ihr Geſchäft be— endigt, die deutſchen Ritter bereits aus dem Burzenlande vertrieben ). 97) Reate Cal. Sept. anno X. Urk. Nr. 19. Der Pabſt ſelbſt nennt dieſes Schreiben ſpäter: asperas literas — quantum ad exaggerationem culpae, quae fratri- bus imponebatur eisdem. Urk. 21. 98) Quos non dedeceat, äußert ſich Honorius über die Rits ter, aspere contra benefactorem suum super benefi- eiis eius procedere, nedum eidem iniuriam vel gravamen inferre, ac pro bono retribuere sibi malum, 99) Sine causa nostras ad praefatos episcopos impe- trasti literas, eum prius ipsos (d. i. die Ritter) non solum terris, quas illos extra saepe dietos termi- nos occupasse dicebas, verum etiam bis, quas eis donaveras, pendente praedietorum abbatum relatione, pro tuae voluntatis officio spoliasses. Urk. Nr. 21. Bethlen 59. ſetzt nach dem Essai sur l'histoire de 9 Ordre J'eutonique par un Chevalier del’Ordre die Vertreibung des Ordens etwa in den Junius 1225. Die Unbekanntſchaft ſpäter aufgefundener Urkunden, aus wel⸗ chen die Zeitbeſtimmung geſchöpfe werden muß, hat dies ſen Irrthum veranlaßt. Am erſten September wußte der Pabſt noch nichts von der Verweiſung der Ritter. S. Urk. Nr. 19. Da nun dieſe aber damals bereits verwie— « 203 Wenige Tage, nachdem Honorius des Königs Abge— ordneten Florentius in die Heimath entlaſſen, erſchien der Präceptor der Ordenshäuſer mit der Nachricht von dieſem Ereigniſſe in Rom. Doppelt empfindlich war der Schlag für den greiſen Pabſt in dem Augenblicke, wo der Ab— ſchluß des Vertrages von St. Germano mit Kaiſer Frie— drich II. ſein Gemüth mit der lebhafteſten Freude erfüll— te e). Was er mit ſo vieler Anſtrengung erſtrebt hatte, das war nun durch dieſen Tractat erreicht worden. Feier—⸗ lich hatte Friedrich die endliche Ausführung des lange ge— lobten Kreuzzuges zugeſagt — da ſah Honorius das Ge— bäude des Ordens, auf deſſen Begeiſterung und Macht die Hoffnung eines glücklichen Ausganges vorzüglich ruhte, gerade in feinen Grundpfeilern erſchüttert und umgeſtürzt. Wie ſchmerzlich er aber auch dieſe Schwächung der Ordensmacht empfand, ſo konnte er doch bei der damali— gen Lage der Dinge einen Widerruf der über die deutſchen— Ritter ſchon verhängten Landesverweiſung, und die Wie— dereinſetzung in das ihnen abgenommene Land nicht er— warten. Die Aufregung gegen den Orden war zu groß, und, wie der Pabſt ſelbſt anerkannt hatte, von dieſem ſelbſt mit verſchuldet, und das Uebergewicht der Partei, welche aus Mißgunſt oder aus Furcht die Entfernung der Ritter forderte, am Hofe ſo ſtark, daß ein rückſichtsloſes Auftre— ten zu Gunſten der deutſchen Ritter bei der ohnehin hie und da laut werdenden Eiferſucht auf den Reichthum der Geiſtlichkeit leicht ſeines Zweckes verfehlen, zugleich aber wichtigere Intereſſen der Kirche gefährden konnte. Und ſo begnügte ſich denn Honorius damit, dem Könige ſein Verfahren gegen die Ritter mehr im Tone ſchonenden Ernſtes, als mit dem vollen Nachdrucke ſtren— ſen waren, und der Orden wohl ſicher das Geſchehene ſofort dem Pabſt gemeldet haben wird, ſo haben wir die Vertreibung in den Auguſt 1225 zu ſetzen. Benkös Ans nahme, Mile. I. 104. daß der Orden nicht ganz verwies ſen worden ſei, iſt nicht begründet genug. 100) Abgeſchloſſen im Julius 1225. 204 ger Drohung zu verweiſen. Er ſchäme ſich, ſo ſchreibt er ), ihm fo oft mit Bitten geſchmeichelt, und ihn fo oft auf die Belohnungen der Frommen und die Strafen der Böſen verwieſen zu haben, da er, gleichgültig gegen Furcht und Hoffnung, die Ordensbrüder mit unverſöhnli— chem Haß verfolge, und ſeinen Ruf und ſein Heil ver— achte. Und doch könne und dürfe er die Beſchwerden des Ordens nicht unberückſichtigt laſſen, ſondern ſei verpflichtet, die Brüder theils wegen ihres Gelübdes, theils aber vor— züglich aus Rückſicht auf das h. Land, deſſen Dienſte ſie ſich ganz gewidmet, zu vertheidigen. Darum bitte, ermah- ne und beſchwöre er den König, wohl zu bedenken, daß er das dem Orden verliehene Land nicht Menſchen, ſon⸗ dern Gott gegeben habe, die Ritter zurückzurufen, und ih— nen ihr Gebiet nach den bezeichneten Grenzen wieder zu übergeben, damit er Gott, deſſen Ungnade er ſich durch ſein Verfahren zugezogen, verſöhne, und ihn ſelbſt nicht zur Strenge nöthige. Denn wie ſehr er auch den König zu ſchonen wünſche, fo könne er doch weder die Ordens— brüder in ihrer gerechten Sache verlaſſen, noch ruhig zu— geben, daß dem h. Lande eine fo große Unterſtützung ent⸗ zogen werde. In demſelben Tone ſchrieb der Pabſt zu Anfange des folgenden Jahres an den König 2). Nachdem er die Ges ſchichte des Streites mit dem Orden kurz dargeſtellt, und den König darüber getadelt, daß er die Ritter während der Unterſuchung des Landes verwieſen, ermahnte er ihn, ſich nicht durch die giftigen Rathſchläge böswilliger Nei— der nach dem Beſitze des Landes lüſtern machen zu laſſen, welches durch unermeßliche Anſtrengungen der Ordensbrü— der emporgekommen ſei, ſondern den Rittern ihr Eigen— thum wieder zurückzugeben. „Wiſſe,“ fährt der Pabſt fort, „daß es nicht unſere Abſicht iſt, durch erfolgloſe „Bitten mehr Worte in dieſer Sache zu verlieren, ſon— ——— 101) Reate VI. Cal. Nov. anno X. Urk. Nr. 20. 102) Laterani XIII. Cal. Martii anno X. Urk. Nr. 21. 205 „dern daß wir die Brüder auf das wirkſamſte in ihrem „Rechte unterſtützen werden, da wir ihre ſchwere Krän— „kung und den S aden für das heil. Land nicht länger „überſehen können. Uebrigens wolle es Deine Hoheit nicht „verdrießen, daß der Ordensmeiſter Hermann nicht per— „eſönlich bei dir erſchienen iſt. Er hatte die Abſicht dieſes zu thun; allein einige Angelegenheiten der Kirche und „des Reiches, zu deren Verhandlung wir ſeiner Thätig— „keit und feiner Umſicht bedürfen, haben uns bewogen, „ihn hier zu behalten. Und ſo erſuchen wir denn Deine „Hoheit, daß unſere Bitte bei Dir feine Stelle vertreie.“ Die Königin erſuchte der Pabſt, ſich bei ihrem Ge— mahl für die Ritter zu verwenden, und der Biſchof Ro— bert von Wesprim erhielt den Befehl, zugleich mit dem Probſte von Stuhlweißenburg den König in Gegenwart der Erzbiſchöfe und Biſchöfe des Reiches zum Vollzuge der päbſtlichen Ermahnungen anzuhalten, und über den Er— folg ihres Schrittes ſofort nach Rom zu berichten » 3). So ließ Honorius kein Mittel unverſucht, um den Orden zu retten; allein alle Bemühungen waren vergeb— lich. Unter den Baronen des Reichs war zumal der neue Palatin Dionys ein entſchiedener Feind der Geiſtlichkeit und der religiöſen Orden, und von Bela, welchem der Kö⸗ nig ausgedehnte Vollmacht zur Einziehung überflüßiger Schenkungen gegeben hatte ), ließ ſich am wenigſten erwarten, daß er die Geſuche desjenigen Ordens um Wie— dereinſetzung unterſtützen werde, deſſen Entfernung er wahr— ſcheinlich mit betrieben hatte. 105) Urk. Nr. 22. und Nr. 25. 104) Universas inutiles et superfluas donationes Be- lae regi nostra auctoritate commisimus revocan- das, concessa eidem a nobis in hac parte plenitu- dine potestatis. Urk. Andr. II. 1250. Fejer III. 2. 204. f. Daß aber Bela ſeit 1226 die Verwaltung Sie- benbürgens und Ungarns bis an die Theiß übernommen, wie Feßler B. 2. 461 behauptet, oder nach Bethlens Ausdruck 40. Siebenbürgen zur Apanage beſeſſen habe, läßt ſich urkundlich nicht erweiſen. Auch der Ausdruck 206 Während aber der Orden in Ungarn feine Beſitzun— gen verlor, eröffnete ſich im Norden Europas ein neues Feld für ſeine Thätigkeit. Dort war an den Ufern der Weichſel der Bernhardinermönch Chriſtian unter dem Schu— tze des Herzogs Conrad von Maſovien unter den Preu— ßen als Prediger des Chriſtenthums aufgetreten, und hatte im Kulmerlande ein Bisthum geſtiftet. Die junge Pflan— zung war gefährlich bedroht, Conrad nicht mächtig genug, ſie zu ſchirmen; ein Kreuzheer hatte nur vorübergehende Sicherheit gewährt, und der von Chriſtian geſtiftete Rit— terorden von Dobrin war durch wilde Preußen faſt ganze lich vertilgt worden. In dieſer Gefahr rieth der Biſchof dem Herzog, den Orden, deſſen Thaten und Schickſale im ungriſchen Reiz che ihm wohl bekannt fein mochten, zum Schutze des Bis— thums im Kulmerlande, und zur Wehr der Grenzen ſei— nes eigenen Herzogthums herbeizurufen. Der Herzog ging in den Vorſchlag ein; eine Geſandtſchaft ging zu Anfange des Jahres 1226 an den Hochmeiſter nach Italien; Un— terhandlungen wurden eingeleitet, und Conrad ſchenkte dem Orden die Länder Kulm und Löbau ſammt allem, was er fortan den Ungläubigen entreißen werde, mit Verzicht auf alles Eigenthum und Recht darauf für ſich und ſeine Nachfolger. Kaiſer und Pabſt gaben ihre Einwilligung, und 1228 erſchien eine Anzahl von Rittern unter Hermann von Balk in jenem Lande. Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß vorzüglich die letzten Ereigniſſe in Ungarn den Hochmeiſter zur Annah— me jenes Antrages beſtimmten. Was an den Karpathen und an der Donau nicht gelungen war, die Gründung der Ordensmacht im Abendlande durch großen Länderbeſitz, das „‚positi in Transsilvanis partibus,““ deſſen ſich Bela 1251 bedient, Urk. bei Fejer III. 2. 255. bezieht ſich, wie der Zuſammenhang lehrt, blos auf ſeine Anweſen⸗ heit in Siebenbürgen zum Vollzug des königlichen Be— fehles, nicht aber, wie Eder ad elmer. 17 vermuthet, auf königliche Gewalt überhaupt im Lande. 207 konnte an der Weichfel und an den Kuften der Oftfee er— reicht werden, und indem der Verluſt des Burzenlandes die bedeutenden Kräfte, welche die Behauptung und Er— weiterung dieſes Ordenslandes erfordert hatte, frei machte, gab er dem Hochmeiſter die Mittel zur Ausführung jenes Planes ). Und fo ift denn der Sturz des Ordens in Siebenbürgen die Bedingung geweſen, welche ihm die Gründung ſeiner Macht an der Oſtſee möglich gemacht hat, und ein an ſich ſcheinbar wenig bedeutendes Ereig— niß hat durch ſeine großartigen Folgen eine welthiſtoriſche Bedeutung erhalten. So ſehr aber auch die Behauptung und Erweiterung des neuen Ordensgebietes die Thätigkeit der Ritter in Ans ſpruch nahm: ſo gab doch Hermann von Salza darum die Anſprüche auf das Burzenland immer noch nicht auf, und beſchwerte ſich wiederholt bei dem Pabſte über die Wegnahme eines Landes, deſſen Befeſtigung und Anbau ihm große Opfer an Geld und Blut gekoſtet habe 1s). Der neue Pabſt Gregor IX. unterſtützte angelegent— lich ſein Geſuch. Wie ſein Vorgänger Honorius III. ber zeugte er ſich überall als Gönner und Beſchützer des Or— dens, und wenn er die Wiedereinführung deſſelben wün— ſchte, ſo mochte ihn dazu außerdem noch die Sorge für das Chriſtenthum in Kumanien beſtimmen. Hier hatten die Keime deſſelben, bei deren Pflanzung der Orden wahrſcheinlich mit thätig geweſen war, immer tiefere Wurzel geſchlagen; ein großer Theil des Volkes hatte ſich taufen laſſen 1); der Erzbiſchof Robert von Gran war zum päbſtlichen Legaten in Kumanien und Bro— dinien ernannt ) und von Bela ſelbſt in das Land 105) Voigt a. a. O. 164 f. 106) ſ. Urk. Nr. 25. 107) Quin etiam quidam ex illis dietis fratribus se dedentes cum uxoribus et parvulis ad baptismi gra- tiam convolarunt. Urk. Nr. 25. 108) In Cumania et Brodinia terra illi vieina, de cuius 208 eingeführt , ein Kumanerbisthum geſtiftet, und der Prior der Dominicaner in Ungarn Theodorich zum Bi— ſchof ernannt worden 1e). Wer konnte das Beſtehen des großen Werkes an der Grenze des Heidenthums und un— ter einem Volk, das kaum noch die unterſte Stufe der Civiliſation erſtiegen hatte, ſicherer verbürgen, als gerade der Orden, der ſeine Macht in der Bändigung des wil— den Nomadenvolkes ſchon fo oft bewieſen hatte, und zu deſſen Verpflichtungen der Kampf gegen den Unglauben gehörte? Wiederholte Bitten und Aufforderungen des Pabſtes an den König und deſſen Sohn Bela, den Orden wieder in das Reich aufzunehmen, waren indeſſen eben ſo er— folglos geblieben n), als die neue Verwendung für den Orden vom Jahre 1231 keinen Erfolg hatte. Zwar hatte der König Hoffnungen gemacht, und den Hochmeiſter Herz mann von Salza an ſeinen Hof eingeladen, um mit ihm zu unterhandeln 2). Allein Andreas vermochte nichts entis eonversione speratur. Schreiben Gregors IX. an den Erzb. 1227 bei Fejer III. 2. 10g ff. 109) Ut pro Cumanis eonvertendis eum v. fratre no- stro — Strig. Archiep. Apost. Sedis Legato ter- ram illorum intraveris. Schreiben Gregors IX. an i Bela 1229 bei Fejer III. 2. 151 f. 110) Schreiben Gregors an den Prior der Dominicaner 1229 bei Vejer III. 2. 154. Die weitere Erörterung eines fo ſchwierigen Gegenſtandes, als die Geſchichte des Kumaners bisthums, und des damit verwandten oder vielleicht iden⸗ tiſchen Milcover Bisthumes iſt, gehört nicht hieher. 111) Nos postmodum pl/ures tibi affectuosas preces et mo- nita diligentia direximus. Urk. Nr. 25. 112) Idem magister ad praesentiam tuam in spe vocatus, accedens frustratus rediit, ſchreibt Gregor IX. 1251 an den König, Urk. Nr. 25 eben ſo 1252 Urk. Nr. 26. und 1254. Urk. Nr. 27. Nach dieſen Stellen kann Her⸗ manns Reiſe nur nach der Vertreibung der Ritter er- folgt ſein, und es ſcheint beinahe, als ob des Pabſtes Schreiben vom Jahre 1251 bald nach des Hochmeiſters Nückkehr aus Ungarn, als eine Folge neuer Beſchwerden 209 gegen den beharrlichen Widerſpruch feiner Söhne und der Baronen des Reichs, denen das Beſitzthum des Ordens zu groß dünkte ); fein Schwager, der Patriarch Ber: thold von Aquileja, ſuchte ihn gegen den Pabſt einzuneh- men 1), und wie wäre überhaupt bei der damaligen Verwirrung im Reiche an eine parteiloſe und ruhige Be— urtheilung des Streites zu denken geweſen? Eine günfti- gere Wendung feiner Angelegenheit konnte der Orden in- deſſen vielleicht erwarten, als der König die Conſtitution von 1222 aufs neue beſchworen hatte. Wer immerhin, ſo war in einem Zuſatzartikel dieſes neuen Staatsgrund— vertrages feſtgeſetzt worden, ſeit dem ſiebzehnten Regie— rungsjahre des Königs ohne Recht und Gericht Güter verloren habe, dem ſolle der Raub vollſtändig zurückgege- ben werden 115). Das Geſetz konnte zum Vortheil der deutſchen Rit— ter ausgelegt werden. Nicht nur war ja die nächſte Ab- ſicht deſſelben, die Zurückgabe vieler geiſtlicher Güter, wel— che eingezogen worden waren, zu erwirken; ſondern der deſſelben erlaſſen worden ſei. Dann fiele die Keife in das Jahr 1250 oder 1231. Im December 1230 war Her⸗ mann in Deutſchland. Voigt a. a. O. 215. Der von Voigt a. a. O. 144 erhobene Zweifel, ob in den Bullen des Pabſtes die Erzählung ſtreng chronologiſch geordnet, und ob es daher nicht möglich ſei, daß der Hochmeiſter ſchon 1224 in Ungarn geweſen, hat, wie mir ſcheint, we⸗ nig Gewicht. Wie hätte Honorius in der ſcharfen Bulle wegen der Entziehung des Burzenlandes Hermanns vom König veranlaßte, und doch erfolgloſe Reiſe ver⸗ ſchweigen können! Außerdem aber iſt es auch natürlicher anzunehmen, daß jener Verſuch, den König durch die perſönliche Anweſenheit des Hochmeiſters, da er ſeiner Natur nach den meiſten Nachdruck haben müßte, auch der letzte in der Reihe der andern geweſen fein werde. 115) Siehe Urk. 27. 114) Fejer III. 2. 170 ff. 115) Fejer III. 2. 256. si qui per nos, vel per filios . nostros vel per quoscunque post idem tempus, seilicet XVII. annum regni nostri, sunt spoliati, plene restituantur. Schullers Archib I. 2. „ 14 .- 210 Orden hatte auch in der That das Burzenland nicht durch einen förmlichen Spruch verloren, ſondern war während der Unterſuchung mit Gewalt daraus vertrieben worden, und konnte auf den Grund des angeführten Artikels, wenn auch nicht gerade augenblickliche Reſtitution, ſo doch die Wiederaufnahme der damals durch factiſche Entſcheidung unterbrochenen Sache verlangen. f f Inzwiſchen wurde aber an die Erfüllung deſſen, was der König zugeſagt hatte, ſo wenig gedacht, daß der Erzbi— ſchof Robert von Gran zu Anfang der Faſtenzeit 1232 das geſammte Reich im Namen des Pabſtes mit dem In— terdicte belegte, und den Palatin Dionys und einige an— dere von des Königs Räthen excommunicirte 1). Aus⸗ drücklich nennt er auch die Wegnahme von Gütern, welche Kirchen und Ordenshäuſer durch königliche Privilegien er— halten hätten, unter den Urſachen dieſes Schrittes 17). Mit dem wehmüthigſten Sendſchreiben ſandte nun | Andreas II. den Heermeiſter der Johanniter in Ungarn und Slavonien Rembald, den Raaber Obergeſpan Si— mon, und den Reichspalatin Dionys nach Rom, und bat den Pabſt, zur Löſung der Wirren einen Legaten in das Reich zu ſchicken s). Sofort fertigte Gregor IX. den Biſchof Jakob von Paleſtrina *) als Legaten nach Un⸗ garn ab mit der Vollmacht, den Streit zwiſchen dem Kö— nig, der Geiſtlichkeit und dem Volke zu ſchlichten 3e). 116) Das Interdict bei Fejer III. 2. 295 ff. 117) Multae possessiones, reditus et benefieia, quae per privilegia regalia ecelesiae et domus religiosae possidebant, per malitiam Saracenorum, per ini- quas suggestiones Constliariorum D. regis domibus religiosis et ecelesiis sunt subtracta. Fejerl,e. 296. 118) Nos et regnum per solemnes nuneios petivimus per legatum nostrae provineiae subvenire. Gchrei- ben des Königs 1255. bei Fejer III. 2. 526. f. 119) Feßler II. 471 f. 120) In dem Schreiben an den Erzb. von Gran Reate XI. Cal. Augusti anno VI. (1252) bei Fejer III. 2. 302. kündigt er dieſem die Abſendung eines Legaten an. Dieſem trug er nun auch die Angelegenheiten des deutſchen Ordens auf, nachdem er zuvor, wie es ſcheint, die Bir ſchöfe von Krakau und von Cujavien zur weitern Ver handlung bevollmaͤchtigt hatte. Er ſolle, fo ſchreibt er dem Legaten, den König und ſeinen Sohn Bela dazu verhal— ten, dem Orden das Burzenland und den ſpäter verlie⸗ henen Theil von Kumanien zurückzugeben, und ihn für die erlittenen, Verluſte und Kränkungen zu entſchädigen. Wollen ſich aber die beiden Könige den Mahnungen nicht fügen, fo ſolle er Kläger und Beklagte vorladen, verneb- men und die Sache durch einen Vergleich in der Art ent— ſcheiden, daß das Gebiet des Königs nicht angetaſtet werde. Sei eine ſolche Uebereinkunft nicht möglich, ſo habe er den Prozeß nach Rom zu ſchicken, und beiden Parteien einen Termin zur Vernehmung der päbſtlichen Entſchei— dung zu beſtimmen 121). In dem Beregher Walde ſchwor der König 1233 einen feierlichen Eid in die Hände des Cardinallegaten, die Juden und Ismaeliten aus dem Staatsdienſte zu ent— fernen, den Kirchen die ihnen entzogenen Salzeinkünfte zu— rückzugeben und ſie für den erlittenen Verluſt mit 10,000 Mark zu entſchädigen, ſich aller weitern Eingriffe in die geiſtliche Gerichtsbarkeit zu enthalten, die Geiſtlichkeit nicht zu beſteuern, und die Privilegien derſelben aufrecht zu er— halten ). Die Sache des deutſchen Ordens wird nir— gends ausdrücklich erwähnt; die vom Pabſte anbefohlene Unterſuchung war nicht zu Stande gekommen; der König war unerbittlich, und eben fo wenig geneigt, das Burzen— land den Rittern zurückzugeben, als die Bedingungen des Beregher Vertrags zu erfüllen. Noch gab indeſſen Hermann von Salza nicht alle Hoffnung auf, ſeinen Orden durch den Einfluß des Pab— 121) Anagniae II. Cal. Sept. anno VI. Urk. Nr. 26. 122) Die Urkunde gibt Fejer III. 2. 519. Bela und einige andere Große des Reichs, welche bei dem Abſchluße die- ſes Eoncordates zugegen waren, leiſteten den Eid zu— gleich. Fejer 1. e. 328. . ö 14 212 ſtes in die entzogenen Rechte und Beſitzungen wieder ein— geführt zu ſehen, und bewirkte es, daß Gregor IX. 1234 einen neuen Verſuch dazu machte. Des Königs Schwager Berthold, Patriarch von Aquileja, und der Erzbiſchof Ro— bert von Gran erhielten den Auftrag, den König und ſei— nen Sohn Bela zur unverzüglichen Wiedereinſetzung und Entſchädigung des Ordens aufzufordern, und wofern ſie ſich deſſen weigerten, die Sache zu unterſuchen, und bin— nen neun Monaten nach dem Empfang des päbſtlichen Befehles zur endlichen Entſcheidung nach Rom zu ſchicken. Den Erfolg dieſer Anordnungen zu ſichern, geſtattete ih— nen der Pabſt die Anwendung kirchlicher Strafen, mit Ausnahme des Bannes und Interdietes, welche fie ohne beſondere Vollmacht des Pabſtes nicht ausſprechen dürf— ten 3). Es iſt dies der letzte bekannte Verſuch des päbſtlichen Stuhles zu Gunſten des Ordens. Wir zweifeln indeſſen, daß dieſe Unterſuchung jemals zu Stande gekommen; we⸗ nigſtens iſt bis jetzt keine diplomatiſche Spur derſelben aufgefunden worden. — Die Gegenpartei der deutſchen Rit— ter am Hofe Andreas II. war mächtig genug ſie zu ver— eiteln; Bela hatte den Pabſt durch die dem Legaten Ja— kob von Paleſtrina gegebene Zuſicherung, das neue Ku— manerbisthum zu dotiren, günſtiger für ſich geſtimmt, und Gregor IX. mochte es wohl nicht gerathen finden, ihn in dem Augenblicke, wo er ſich der Sache des Chriſtenthums und dem Intereſſe des päbſtlichen Stuhles ſo ſehr geneigt zeigte, durch die nachdrückliche Betreibung einer Sache, deren günſtiger Ausgang kaum zu erwarten war, zu er— bittern. Andererſeits aber wurden die Kräfte des Ordens durch die hartnäckigen Kämpfe mit den Preußen ſo ſehr in Anſpruch genommen, daß ſeine Vorſteher es vielleicht ſelbſt für zweckmäßiger hielten, ihre Anſprüche auf Lände— reien, deren Behauptung ein zahlreiches Kriegsheer erfor— derte, ſinken zu laſſen, als durch die Zerſplitterung ihrer 123) Urk. Nr 27. 213 Macht die Erreichung des glänzenden Zieles, welches fie an der Weichſel verfolgten, zu gefährden. So viel iſt wenigſtens gewiß, daß die Spannung zwiſchen dem Or— den und Bela, der nach dem Tode ſeines Vaters 1235 den ungariſchen Thron beſtieg, ganz aufhörte, und dieſer den deutſchen Rittern 1244 unter der ehrenvollen Erwäh⸗ nung ihrer Verdienſte, bedeutende Ländereien in einer ans dern Gegend des ungriſchen Reiches verlieh. Allein es liegt außer unſerer Aufgabe die Geſchichte des Ordens in Ungarn weiter zu verfolgen. Wir unterlaſſen es daher auch, die Frage, was der Orden außerhalb des Burzenlandes beſeſſen habe, zu erörtern, und gedenken in einer zweiten Abhandlung über die Denkmähler ſeiner Anweſenheit im Lande uns zu verbreiten. 214 Urkundenbuch zur Geſchichte der deutſchen Ritter im Burzenlande. 1. e praesentes litteras inspecturis Phyl- lippus miseratione divina Firmianus Episcopus ) apostolicae sedis legatus Salutem in Domino. Teno- rem Cujusdam scripturae sicut in quodam Quaterno eontineri perspeximus, sic de verbo ad verbum fe- eimus praesentibus annotari. Qui talis est 2). In no- mine sanctae trinitatis et individuae unitatis. An- dreas, dei gratia, Hungariae , Dalmaciae , Croaciae, Ramae, Serviae, Galliciae, Lodomeriaeque rex in 1) Philipp, Biſchof von Firma, zum päbſtlichen Legaten in Ungarn ernannt von Nicolaus III. 22. Sept. 1278 En⸗ gel I. 415. Das Transſumt befindet ſich im Königsber— ger geheimen Archiv, und iſt vom Jahre 1279. Die nun folgende Vergabungsurkunde ſ. im Ungr. Mag. B. IV. S. 219 aus der unten Nr. 24 mitgetheilten Bulle Gregors IX.; daraus dann bei Bethlen S. 70 und bei Fejer III. I. 106. Den bloßen Inhalt gibt Schlözer 512. Die Recherches n. ſ. w. von de Wal, worin die Ur: kunde nach Voigt II. 85. auch erwähnt wird, und Dreger Codex Pomeraniae, worin auch einige Urkunden ab⸗ gedruckt ſind, habe ich nicht erhalten können. Da die Urkunden nicht unmittelbar aus den Originalen entnom— men ſind, und die Orthographie in den verſchiedenen Ab— drücken ſchwankt, ſo habe ich dieſe durchgängig da, wo dies ohne Nachtheil geſchehen durfte, moderniſirt. 2 — u 215 perpetuum, Inter regalis excellentiae insignia, qui- g bus recolendae ?) memoriae antecessorum nostrorum recolenda memoria insignitur, istud excellentius ac commendabilius prae ceteris invenitur, commendan- dis hospitibus largioris liberalitatis dextram porri- gere, quorum eonversatio et ulilis esse regno dis- eernitur, et oratio deo commendabilis esse reperi- tur, Hine est, quod piae recordationis parentum no- strorum vestigia pio desiderio amplectentes et ae- | ternae vitae bravium cum eis post praesentem cur- sum apprehendere cupientes , Cruciferis de hospitali sanctae Mariae Teutonicorum, quod quondam =) fuit in Jerusalem, sed modo peccatis exigenlibus situm est in Accaron , earitatis intuitu, quandam terram Borza nomine ultra silvas versus Cumanos, licet de- sertam, et inhabitatam, contulimus paeifice inhabi- tandam et in perpetuum libere possidendam; ut et regnum per conversationem eorum propagatum di- latetur, et eleemosyna nostra per orationem eorum ad remedium animae nostrae et parentum nostrorum coram summo deo deportetur. Praeterea eis conces- simus, quod si aurum vel argentum ibi in praedi- eta terra Borza inventum fuerit, una pars ad fiseum pertinebit, reliqua ad eos devolvetur. "Insuper libe- ra fora 5), et tributa fororum terrae ejusdem ) eis totaliter indulsimus, et ad munimen regni con- tra Cumanos castra lignea, et urbes ligneas con- struere eis permisimus: Statuimus etiam, quod nul- 3) Recondendae. Ungr. Mag. Bethlen Recolendae. Fejeèr. 4) Quandoque. Ungr. Mag. Bethlen. Fejer. 5) Aehnlich: omnia fora eorum inter ipsos sine tribw- tis praeeipimus observari , im Pribil. der Sachſen bon 1224. Oft wurde nur ein Theil des Marktgeldes ge⸗ ſchenkt, und die andern „ad ius regis““ behalten. Vgl. Fejer II. 245. \ 6) Eiusdem terrae Ungr. Mag. Bethlen. Terrae eius- dem. Fejer. \ 216 Jus Woiwoda super eos descensum habeat, liberos denarios , et pondera 7) eis remisimus, et ab omni exactione immunes, et liberos eos esse permisimus, nullius iudieio sive iurisdietioni, nisi solius regis |n subjaceant. Judicem inter se eligentes super se con- |: stituant. Nos vero praemissos Cruciferos in posses- |! sionem supra dictae terrae Borza per Pristaldum nostrum Jura ?) nomine iussimus introduei, qui prae- dictam terram perambulavit, et eam ad verbum Mi- chael Woivodae ), certis metis circumsignatam ipsis assignavit. Prima vero meta huius terrae in- ‚eipit de indaginibus castri Almage et procedit, us- que ad indagines castri Noilgiant '°), et inde pro- greditur usque ad indagines Nicolai, ubi aqua de- lluit, quae vocatur Alt, et sic ascendendo per Alt usque ) ubi Tertillon ) cadit in Alt, et iterum vadit usque ad ortum ejusdem Tertillonis, et ab ortu aquae , quae Tinis 13) vocatur , progreditur usque ad effluxum aquae, quae Borza vocatur, de- inde sicut montes nivium complectuntur eandem ter- ram, tendit usque Almagiam; terra vero haee tota, sicuti praedieti montes et flumina eam 1) eircum- eunt, vocatur Borza. Licet autem istud, quodquod caritatis gessimus intuitu, apud eum, qui caritas - est, nulla celet temporum oblivio, nos tamen ad cautelam in posterum praesentem eleemosynam sigilli .— © — 7) Die Freiſaſſen zahlten liberos denarios und pondera, Transſilbania B. III. H. 1. S. 14. 8) Fecate Juno. Ungr. Mag. Bethlen. Secatae Juna (Fe- kete Jura p) Fejer, 9) Michaelis Ungr. Mag. Bethlen. Fejer. 10) Noisgiant Fejer. 0 11) Alt gude. Fejèr, augenſcheinlich Schreib- oder Druck⸗ fehler, wie dergleichen in dem ſo werthvollen Werke nicht ſelten vorkommen. 0 2) Tortilion. Ungr. Mag. Bethl. Fortillou. Fejer. 15) Timis. Ungr. M. Bethl. Tirnis. Fejer. 14) Ipsam. Ungr. M. Bethl. Fej. 217 nostri iussimus corroborari testimonio, Data per mar nus Magistri Thomae, Aulae regiae Cancellarii, et Wesprimiensis praepositi. Anno ab incarnatione Do- mini MCCXI. Venerabili Johanne, Strigoniensi Ar- chiepiscopo, Reverendo Berchtholdo ') Colocensi Electo et Bano existentibus ; Calano quinque eccler siensi, Bolezlao Waciensi, Gothardo Zagrabiensi » Petro Gevriensi , Roberto Wesprimiensi, eceler siis felieiter gubernantibus. Porth Palatino et Musu- nunensi comite , Michaele Woivoda existentibus » Petro Bachiensi, Jula Budrigiensi, Banchone Bi- thoriensi, et Curiali Comite Reginae, Nicolao Ro- ‚soviansi 17) comitatus tenentibus, regni nostri anno Septimo. 2. Andreas ) dei gratia, Ungarie, Dalmatiae, Croatiae, Ramae, Serviae, Galliciae, Lodomeriae- 15) Bertholdo U. M. B. F. Berthold von Andechs und Meran, König Andreas II. Schwager, ein junger un⸗ unterrichteter Mann, durch päbſtliche Dispenſation Erz⸗ biſchof von Colocſa, und ſeit 1209 zugleich Ban von Eroatien. 16) Jeuriensi U. M. B. Bei Fejer: Boleslao Vaciensi, Catapano Agriensi, Simone Waradiensi, Deside- rio Cenadiensi, Wilhelmo Transsilvano, Petro Geuriensi, Roberto Wesprimiensi ecclesias felici- ter gubernantibus. Wahrſcheinlich glaubte ein Abfchrei- ber die Reihe der Bifchöfe aus andern Urkunden des Jahres 1211 wo ſie in derſelben Ordnung genannt wer— den, ergänzen zu müſſen. 17) Poth. U. M. B. Poch. F. Budrugiensi U. M. B. F. Banchone Bichariensi. U. M. B. Wankone Bikorien- si, qui et Curialis Comes est reginao. F. ftatt Nieo- lao Rosoviansi lefen: Marcello Keweiensi et Curiali Comite. U. M. B. Remeiensi, qui et Curialis Comes est. F. dann folgt in allen: Nicola Posoniensi u. ſ. w. ) Aus der durch H. Senator Trauſch veranlaßten, und mir gütigſt mitgetheilten Eopie einiger Urkunden des Königs» 218 que Rex in perpetuum. Amplioris beneficium liber- tatis a regia liberalitate congrue merentur percipe- re, qui se regiae mansuetudini sponte sua subii- ciunt; et quorum labor regno commodum et oratio assidua pie ereditur vitam perpetuam obtinere. Fa- vorabili itaque desiderio fratris Theodoriei Cruci- feri Hospitalis Sanctae Mariae de Acchoron z), quod °) quondam fuit in Jerusalem, regio favore condescen- dentes, sibi et fratribus constitutis in terra ultra sylvas, quam eis ad custodiendum confinium ibi con- tulimus, talem et tantam concessimus libertatem. Quod nullus monetariorum ultra sylvas terram eo- rum intret, vel praesumat eos in aliquo molestare, sed dicto fratri Theodorico, et sibi succedentibus tantum dent numularii de nova moneta pro argento, quod sufficiat populo ibi conversanti. Et ne populus ibi habitans ab eis in aliquo gravetur. Dietus fra- ter Theodoricus, vel quicunque Magister in loco eius fuerit, pro argento illo dictis numulariis sa- tisfacere et respondere teneatur, eo quod ipsi in confinio illo tanquam novella plantatio sunt positi, et assiduos Cumanorum patientes insultus, se pro regno tanquam firmum propugnaculum de die in diem morti opponere non formident. Et ut eis illud ra- tum et firmum permaneat, praesentem paginam sibi jussimus sigilli nostri karaetere insigniri, Datum berger Archivs. Voran ſtehen die Worte: Hoe (d. i. Rr. 1.) est privilegium donationis terrae de Borza. Aliud privilegium de libertate eiusdem terrae de Borza. Die Abſchriften ſind alſo wahrſcheinlich aus dem großen Privilegienbuche des Ordens genommen wor— den. Dieſelbe Urk. gibt auch U. M. IV. 222. aus der ſchon erwähnten Bulle Gregors IX. in welcher fie un⸗ mittelbar auf Nr. 1. folgt, dann Bethl. 74. Fejer III. 1. 116. im Auszuge Schlözer 315. . 2) Acaron U, M. B. F. 5) Oude. U. M. B. F. | | | 219 per manus Thomae, Albensis Praepositi, et totius Ungariae Cancellarii. Anno ab incarnatione domini Me. CC2, XII2. Venerabili Johanne Strigoniensi ar- chiepiscopo. Reverendo Berchtholdo Colocensi ar- chiepiscopo *), et ceteris testibus in privilegio su- prascriptis. Regni nostri anno octavo. Ego s) An- dreas dei gratia Rex notum facio omnibus litteras praesentes videntibus. Quod castrum , quod Crus- burch nominatur , quod Cruciferi de Borza de no- no construxerunt, cum pratis circa illud castrum adjacentibus, contuli eisdem Cruciferis de Borza in perpetuum. Unde distriete praecipio omnibus. Qua- tenus nullus praesumat de cetero dictos Cruciferos super dicto castro et pratis prohibere vel molesta- re. Datum Laterani ). Ita invenitur de verbo ad verbum in registro domini Georgi papae. Anno quin- to Capitulo LVIIII®. Qui haec supra scripta de verbo ad verbum sub sua Bulla exemplata voluit favorabiliter corfirmare. 4) Bertholdo Golociensi Arehiepiscopo et Woivoda. U. M. F. dann: Calano Quinque ecclesiensi, Cata- pano Agriensi , Willelmo Transilvano , Roberto Wesprimiensi ecclesias feliciter gubernantibus , Bano (Banco F.) Palatino et Posoniensi Comite, Martino Bano existentibus, Jula Baachiensi et Curiali Comite, Andrea Budrigiensi (Budrugiensi F.) Micha Biehoriensi (Mikone Bihoriensi) Gomi- tibus. Regni nostri Anno VIIl-vo. U. M. B. F. 5) Das folgende gibt nur Seivert U. M. IV. 225. Bethlen, Schlözer und Fejer geben die Urkunde als ein befonde- res Actenſtück, was ſie wohl auch war, in der Form, wie ſie in Nr. 5. abgedruckt iſt. Bethlen folgt dem Sei⸗ vertiſchen Abdruck wörtlich; Fejer ſchließt mit den Wor— ten: de Borza in perpetuum. 6) Datum Laterani ut supra Pontificatus nostri anno V-o. Ungr. Mag. 220 3. Ego ') Andreas, dei gratia, Hungariae Rex, notum facio omnibus litteras praesentes videntibus, quod castrum , quod Kruczburg (Kreuzburg)) nomi- natur, quod Cruciferi de Borza de novo construxe- runt, cum pratis circa illud castrum adjacentibus, contuli eisdem Cruciferis de Borza in perpetuum. +. W. Dei gratia :), Transsilvanus episcopus, uni- versis, ad quos litterae praesentes pervenerint, sa- lutem in vero salutari. Quoniam viros religiosos, et soli Deo militantes, in amplexu caritatis, sicut justum est et honestum, regere volumus et fovere, ideo iustis postulationibus fratrum hospitalis 8. Ma- riae in Jerusalem de domo Teutonicorum annuentes in terra, quae Borza nuncupatur ?), quam vacuam, et inhabitatam ex regia 3) donatione, imo potius proprio sanguine, adepti sunt, et a *) quotidianis paganorum defendunt incursibus, se omnibus peri- eulis subiicientes; ab universis ejusdem terrae in- colis, praesentibus et futuris, liberam pereipiendi 1) S. Anm. 5. zu Urk. 2. In der Bulle Gregors IX. von 1251 (Urk. 24.) unmittelbar nach Nr. 2. g 1) Aus Fejer Tom. III. 1. p. 145 f. Meines Wiſſens zu⸗ erſt abgedruckt in Pray Specimen Hierarchiae Hun- garicae part. II. pag. 255. ohne Angabe der Quelle, dann aus Pray bei Szeredai series episcoporum Trans. p. 6. f. Hatona V. 171. und Bethlen 77. f. Eingeſchal⸗ tet iſt die Urk. auch der Beſtätigungsbulle des Pabſtes Honorius III. Urk. 5. — W. (Wilesmus s. Wilhelmus). B. et den Biſchof Wilhelm vergl. Quartalſchrift 1. 199. f. 2) Nominatur. Szered. 5) Regis. Pray, Szer. und die Trauſch'ſche Copie. J) e. B. 221 decimas, eiusdem 5) fratribus, de consensu capi- tuli nostri, concessimus facultatem, eo tamen ex- cepto: quod si Hungaros ) vel Siculos ad dietam terram transire contigerit, nobis et ecclesiae no- strae in deeimis teneantur respondere. Institutiones etiam Sacerdotum in Ecclesiis, in eadem terra ae- diſieandis, praesentatione tamen coram ultrasilvano 7) episcopo facienda , libere concedentes; ita tamen, quod praenominati fratres nobis et successoribus nostris, si nos ad partes illas contingeret declina- re, cum justo et canonico equitaturarum numero, debitam exhibeant procurationem. Caussarum etiam ®) eriminalium , maxime earum, quae ad sacerdotum pertinent depositionem 9), nobis iurisdictionem pe- nitus relinquentes. Actum publice, anno verbi Incar- nati MCCXIII. praesentibus, Domino Bertoldo, Co- locensi Archiepiscopo ; Rollando, praeposito Buden- si; Nicolao Comite, filio ) Borezy, Orbatio Co- mite, et aliis quam pluribus; praesentibus etiam Ca- nonieis Albensibus: Ruberto nn), Cantore; Aegidio, bene; Magistro Rogero, Archidiacono 12); Hugone, Archidiacono; Esau, Domini Transsilva- niensis 3) Episcopi Yeonomo ), 5) eisdem, B. Pray. Szer. und die Tr. Copie. 6) Ungaros. Tr. Copie. 7) Eorum Ultrasilvano. B. Pray. Szer. und Tr. C. 8) Etiam fehlt. B. N 9) Dispositionem. Szer. offenbar fehlerhaft. Die dispo- sitio sacerdotum war ja nicht causa eriminalis. In der Beſtätigungsbulle (Urk. Rr. 5.) des Pabſtes: quae ad destitutionem pertinent sacerdotum. 10) Filio fehlt. Szer. 11) Roberto. Tr. E. 12) Magistro Rogero Archid. fehlt. B. 15) Transilvani. Tr. €. 14) Yeonomo et ceteris. Tr. C. Den Schluß der Urkunde, welchen bloß die Tr. C. hat, ſiehe Urk. 5. 222 3 Honorius ') episcopus servus servorum dei Di- lectis filiis. Magistro et fratribus Hospitalis sanctae Mariae Teutonicorum Jerosolimitan. Salutem et apo- stolicam benedietionem. Cum a nobis petitur, quod iustum et honestum tam vigor aequitatis, quam or- do exegit rationis, ut id per solieitudinem offieii nostri ad debitum perducatur effeectum. Cum igitur venerabilis frater noster W, Ultrasilvanus episcopus considerans pericula et labores, quos terram de Bur- za vacuam et inhabitatam vobis a carissimo in Chri- sto filio nostro Andrea Rege Ungarorum IIlustri, ad cuius dominium pertinere dinoseitur, regia li- bertate (liberalitate?) collatam, defendendo a Paga- norum incursibus sustinetis, deeimas ipsius terrae ab eius incolis tam futuris quam praesentibus ex- | solvendas nee non et Ecclesias aedificandas ibidem domui vestrae de consensu Capituli sui concesserit, decimis Ungarorum et Siculorum si eos ad dietam terram transire contingeret et praesentatione a vo- bis de presbyteris instituendis in ipsis Ecclesiis fa- cienda, nee non iurisdietione caussarum criminalium, quae ad destitutionem pertinent sacerdotum, Procu- ratione quoque iuxta formam canonicam moderata, si eum ad partes illas venire contingeret, sibi ae suis successoribus reservatis, nos vestris iustis pre- 1) Aus der erwähnten Abſchrift des H. Senators Trauſch; das Original im Königsberger geheimen Archiv Schieb— lade 1. Nr. 5. Voigt a. a. O. 86. Befremdend iſt es jedenfalls, daß die Beſtätigung einer dem Orden bereits 1215 gemachten Conceſſion des ſiebenbürgiſchen Biſchofs erſt im zweiten Regierungsjahre des Honorius, alſo, da dieſer den päbſtlichen Stuhl im Julius (18. Jul.) des Jahres 1216 beſtiegen, erſt im April 1218 erfolgte. Iſt vielleicht das Datum eines der beiden Documente un— richtig? Fejer III. 1. 266. gibt bloß den Inhalt der Urk. an. — eibus ineclinati, concessionem ipsam, sicut pie et provide facta est, et in ipsius Episcopi litteris su- per hoc factis plenius continetur, auctoritate apo- stolica confirmamus et praesentis scripti patrocinio eommunimus . quorum tenorem ad majorem firmita- tem jussimus de verbo ad verbum praesentibus an- notari. (f. Urk. Nr. 4.) Nulli z) ergo omnino homi- num liceat hane paginam nostrae confirmationis in- fkringere vel ei ausu temerario contraire, Si quis au- tem hoc attemptare praesumserit, indignationem omni— potentis dei et Beatorum Petri et Pauli apostolo- rum eius se noverit incursurum. Datum Lateran, XIII. Ral. Maii, Pontificatus nostri anno secundo, 6. Rudolphus ') dei gratia Romanorum rex sem- per Augustus universis Christi fidelibus praesentes litteras inspecturis gratiam suam et omne bonum. 2) Vgl. Anm. 14. zu Urk. 4. 1) Aus der Copie des H. Senators Trauſch, mit den mir von H. Geheimen Archivsdirector und Profeſſor Voigt in Königsberg gütigſt mitgetheilten Berichtigungen des Textes. Das hier abgedruckte „Vidimus“ des Kaiſers Rudolph befindet ſich im Königsberger geheimen Archive Schiebl. 29. daſelbſt auch ein Transſumt der Urkunde für den König Bela, und ein anderes vom Jahre 1517, welches Thomas archiepiscopus Strigoniensis ad instantiam honesti fratris Wernhardi commendato- ris domus Theutonicorum de Wienna verſfertigte, Voigt a. a. O. 127. Wo iſt aber das Original, welches Eder (vgl. Fejer III. 1. 574) und Schlözer 516 auch daſelbſt vermuthete? Voigt gedenkt des Originals nir- gends. Die von Bethlen mitgetheilte deutſche Ueberſchrift iſt aus dem alten Drdenscopiarium, und von Dreger zu— erſt bekannt gemacht worden. Abgedruckt iſt die Urkunde bei Dreger LVI. dann nach einer Copie dieſes Abdruk⸗ kes in Quartalſchr. III. 195 ff. Bethlen 79 ff. Fejer III. 1. 570 ff. Den Inhalt gibt Schlözer 316 ff. 224 Ad universorum tam praesentium quam futurorum notitiam volumus pervenire, quod nos vidimus et audivimus litteras Incliti Andreae Regis Ungariae illustris, non cancellatas, non abolitas, nee in ali- qua sua parte vitiatas, cum vera bulla aurea prae- fati domini regis Ungariae et filo serico integro bullatas et signatas, quarum tenor talis est: In nomine sanctae et individuae trinitatis, An- dreas, Dei-gratia Hungariae, Dalmatiae, Croatiae Ramae, Serviae, Galiciae, Lodomeriaeque Rex in perpetuum. Inter regalis excellentiae insignia, qui- bus recolendae memoriae antecessorum nostrorum recolenda memoria insignitur 2), illud excellentius et commendabilius prae ceteris invenitur, commen-. dandis hospitibus largioris liberalitatis ®) dexteram porrigere; quorum conversatio et-utilis regno di- noseitur, et oratio Deo esse commendabilis repe- ritur. Hine est, quod piae recordationis parentum nostrorum vestigia pio desiderio amplectentes, et aeterne vitae bravium =) cum eis post praesentis vi- tae cursum apprehendere cupientes, Hermanno , Ma- gistro religiosae fraternitatis hospitalis sanctae Ma- riae Teutonicorum Jerosolymitani 5), eiusque fra- tribus tam praesentibus, quam futuris caritatis in- tuitu quandam terra Burza nomine, ultra sylvas, versus Cumanos, licet desertam et inhabitatam , con- tulimus paeifice inhabitandam, et in perpetuum li- bere possidendam, ut et ) regnum per conversa- tionem eorum propagatum dilatetur, et eleemosyna nostra per orationem eorum ad remedium animae 2) Quibns recolenda memoria antecessorum nostro- rum insignitur. Quartalſchr. Bethl. Fejer. 3) Hospitalitatis. Quartalſchr. B. F. oratio fehlt in al- len Abdrücken. 4) bremium. Quart. B. premium. F. 5) Hierosolimitane. Qu. B. F. quandaın fehlt überall. 6) et ut. Qu. B. F. 225 nostrae, et parentum nostrorum coram summo Deo deportetur. Praeterea eis concessimus , quodsi au- rum vel argentum in praedicta terra Burza inven- tum fuerit, media pars ad fiscum regium per ma- nus fratrum deportetur, reliqua ad eosdem 7) de- volvatur. Insuper libera fora, et tributa fororum ejusdem terrae eis totaliter indulsimus, et ad muni- men ®) regni contra Cumanos castra et urbes lapi- deas construere eos permisimus , ut et inimieis Christi resistere valeant, et personae nostrae, et he- redibus nostris, legitime “) nobis succedentibus ad coronam , ad honorem pateant, et munimen. Statui- mus etiam, quod nullus Woyvoda super eos descen- sum habeat; liberos denarios, et pondera eis remi- simus, et ab omni exactione et collecta eos esse permisimus liberos et immunes. Nullius judieio, sive jurisdietioni, nisi solius regis, subjaceant. Ju- dices 1) iidem fratres super eorum populum con- stituant, Nos vero praemissos fratres in possessio- nem praedictae terrae Burza iussimus introduei ), qui praedietam terram perambulavit, et eam ad ver- bum Michaelis Woyvodae certis metis circumsigna- tam ipsis assignavit. Prima vero meta hujus terrae ineipit de indaginibus castri Almaye 12), et proce- dit ) usque ad indagines castri Noialt, et inde progreditur usque ad indagines Nycolai, ubi aqua defluit, quae vocatur Alt, et sic ascendit 1) per ) ad eos. F, ) omne munimen. Quart. B. F. 9) legitime fehlt. Qu. B. F. 10) iudicem. Qu. B. F. 11) per Pristaldum nostrum Fataletum (Jataletum. Qu- Fecate Juna nomine. B.) nomine, jussimus in- troduei. Qu. B. F. 12) Almagie. Qu. B. de indaginibus castri Noialt et inde progreditur usque ad indagines Nicolai. F. 15) precedit. Qu. usque fehlt. Qu. B. 14) ascenditur. Qu. B. F. Schullers Archib I. 2. 15 226 Alt usque uhi Tartelowe cadit in Alt. Addidimus etiam postmodum eisdem fratribus conferentes ca- strum, quod Cruceburg ) nominatur, quod fra- tres praedicti de novo construxerant 1), cum pra- tis circa illud adjacentibus, et a fine terrae Cruce- burg, terram, quae vadit usque ad terminos Prod- nicorum '?) et ab Indaginibus almaye ), in parte altera vadit usque ad ortum aquae , quae vocalur Burza, et inde progreditur usque ad Danubium, eujus donationis postmodum factae a nobis fratribus memoratis Pristaldum dedimus Ypochz Banum ). Concessimus etiam eisdem fratribus, quod super flu- vium Alt sex naves, et super fluvium Mors 2°) sex alias naves habeant liberas, per totum regnum no- strum sales deferentes in descendendo , nee non alias res in ascendendo referentes, et salifodinas , quae Akana 2) vocantur, sufficientes ad illas duo- decim naves, libere ubicunque voluerint, eisdem concessimus in perpetuum. Item concessimus , quod nullum tributum debeant persolvere, nec populi eo- rum, cum transierint per terram Siculorum aut per terram Blacorum, homines quoque nune 22) terram inhabitantes praedietam ad eorundem fratrum servi- tium „ et domus eorum utilitatem, sine requisitione liberos dimisimus, ita ut si aliqui de cetero de no- stris hominibus vel hospitibus terrae nostrae perti- nentibus , ad ipsos transmigraverint, statim, cum ad notitiam fratrum ex veritate pervenerit, eos, qui sic intraverint, expellant, et hi, (sic?) qui eos in- 15) Crutzeburg. Qu. B. F. 16) construxerunt. Qu. F. 17) Produetorum, Qu. B. F. und Schlözers Anm. 318. 18) Almage. Qu. B. Almaye. F. 19) Ypochzbanum, Qu. B. 20) Morus. F. 21) Al kana. Qu. 22) nune quoque. Qu. F. 227 troduxerint, in manus regis vel nunciorum ejus tra- dent 2°), Quicunque etiam *) in regno nostro con- stitutus proprietatem suam *) memoratis fratribus pro eleemosyna dare voluerit, de nostra munificen- tia liberam habeat facultatem, et ipsam donationis nostrae gratiam, ut libera permaneat nostro privi- legio, perpetuo confirmamus. Praeterea talem ac tantam eisdem fratribus concessimus libertatem, quod nullus monetariorum ultra sylvas terram eorum in- tret, vel praesumat eos in aliquo molestare, et ipsum jus, et utilitatem, quam in terra ipsorum. percipere deberemus de nova moneta, totaliter eis- dem fratribus indulsimus, quia 26) ira nostra con- tra eos provocata eo tempore, cum terram saepe- dictam eis praeceperamus auferri, fuerant non mo- dieum damnificati, quam restaurationem facimus eo, quod in confinio 27) illo tamquam plantatio nuvella sint positi, et assiduos paganorum patientes insul- tus, se pro regno tamquam firmum propugnaculum. de die in diem morti opponere non formidant, Ve- rum tamen nullam potestatem habeant cudendi quam- eunque monetam sine regis licentia speciali. Do- mum autem seu hospitale fratrum eorundem cum omnibus posessionibus et bonis suis, quae in prae- sentiagum legitime habere cognoscuntur, aut in fu- turum praestante deo, juste poterit *®°) adipisci , sub nostra protectione suseipimus, statuentes, ut perpetuis futuris temporibus sub regia tutela et de- fensione consistant, Et ut, istud eis ratum perma- neat, atque firmum, praesentem paginam sibi jussi- 25) tradentur. Qu. B. F. 24) Quicunque autem. Qu. B. F. 25) suam fehlt bei F. 26) quando. Qu. B. F. 27) ipsi conflnio. Qu. ipsi in eonfinio. B. F. 28) poterint. Qu. B. F. 15* 228 mus bullae nostrae aureae charactere insigniri. Da- tum per manus Cleti, Aulae regiae Cancellarii, Agri- ensis praepositi. Anno ab incarnatione domini Milla. CC2. XXII2. Venerabili Johanne Strigoniensi , Ugri- no Colocensi , Archiepiscopis. Desiderio Chenadi- ensi, Ruberto Wesprimiensi, Stephano 2) Zagra- biensi, Thoma Agriensi, Alexandro Waradiensi , Cosma Geuriensi , Bartholomeo Quinqueecelesiensi, Briccio Vaciensi Episcopis, Electo (P) ultra sylvam 9) existentibus. Theodoro filio Weeich Palatino, Pausa, filio Nane Curiali, Nicolao Bachiensi, Tiburtio Ro- soniensi, Helia Bichoriensi , Martino, filio Michae- lis, novi castri militibus *) existentibus, et aliis multis Comitatus tenentibus. Regni nostri anno XVII2, In cujus visionis nostrae et auditionis testimonium praesens scriptum Majestatis nostrae sigillo duxi- mus roborandum. Datum Winae Idus Martii, Indi- etione VIII-va Anno domini Ma. CCS. LXXX2®. Re- gni vero nostri Anno septimo, 7. Honorius 1) Episcopus, servus servorum Dei, dilectis filiis, Magistro et fratribus domus sanetae Mariae Teutonicorum Hierosolymitanae salutem et apostolicam benedictionem. Quum a nobis petitur, quod iustum est et honestum, tam vigor aequalitatis 29) Stephano Zagr. Thoma Agr. Alexandro Warad. i fehlt. Qu. F. f 5 50) eitra sylvam Qu. B. Raynaldo electo ultra syl- vam. F. f. oben Anm. 74. 31) wer find dieſe milites novi castri ? 1) Aus Fejer III. 1. 422. ff. wo aber die irrige Jahrzahl 1225 ſteht. Vgl. oben Anm. 1. zu Urk. 5. Abgedruckt auch bei Bethlen 85 ff., wo derſelbe Fehler iſt; das Ori— ginal iſt im Königsb. geh. Archiv, Schieblade 1. Nr. 17. Voigt a. a. O. 127. 229 (aequitatis) quam ordo exigit rationis, ut id per solicitudinem offieii nostri ad debitum perdueatur effectum. Sane in privilegiis carissimi in Christo filii nostri, Regis Hungarorum illustris, perspexi- mus inter cetera contineri, quod ipse quandam ter- ram, nomine Burszam 2), tune desertam et inhabi- tatam, vobis donavit intuitu pietatis perpetuo libere possidendam; concedendo nihilominus vobis, ut si aurum vel argentum terrae contingeret reperiri °), una pars ad regni fiscum +) pertineat, reliqua vero pars vestris usibus deputetur; libera quoque fora et tributa fororum eiusdem terrae totaliter vobis in- dulsit; liberos denarios et pondera nihilominus re- mittendo et reddendo, vos ab omni exactione libe- ros et immunes, ac statuendo, quod nulli Wayvo- dae super vos liceat habere descensum, ipsam quo- que terram 5) certis distinxit limitibus, sive metis: quarum prima incipit ab indaginibus Castri Voilgard et inde progreditur usque ad indagines Nicolii °), ubi aqua defluit, quae vocatur Ald, (Aluta, Olt) et sic ascendendo per Ald usque Szerzylon 1) ca- dit in Ald, et iterum vadit usque ad ortum ejusdem Zereyllon, et ab ortu aquae, quae Zymis ?) voca- tur, progreditur usque ad effluxum aquae, quae dieitur Borsza ), et deinde, sicut montes nivium — 2) Burtza. B. 3) ut si aurum vel argentum im praedieta terra eon- tigerit reperiri. ®. 4) ad Regium fiscum. B. 5) Insuper quoque terram. B. 6) quarum prima ineipit ab indaginibus castri Alma- ge et procedit usque ad indagines castri Noilgiat et inde progreditur usque ad indagines Nieolai. B. So auch, wie mir H. Archivsdirector Voigt ſchreibt, im Original; nur ftatt Noilgiat I. Noilgiant. 7) Tortillon. B. Im Original: Tertillou. V. 8) Timis. B. Im Original: Tunis. V. 9) Bureza. B. Im Otig. Borss. V. 230 terram complectuntur eandem, usque ad Almagiam se extendit. Addidit etiam postmodum idem Rex donationi praedictae Castrum, quod Cutebure 1 nominatur, de novo construetum a vobis, eum pra- tis adjacentibus circa illud; nee non a termino ipsius eastri terram quandam, qua procedit usque ad ter- minos Blacorum ), et ab indaginibus Almagiae 2) in parte altera protenditur 23), usque ad aquae or- tum, quae Bursa vocatur, et inde ad Danubium usque procedit. Concessit etiam vobis, ut super fluvium nomine Ald sex naves, et totidem super fluvium nomine Mors (Maros) liberas habeatis, per totum regnum ejus salem descendendo ferentes, et referentes res alias ascendendo , salis fodinas etiam, quae Acana (Akna) vocantur, sufficientes ad prae- dietas duodecim naves, libere ubicunque volueritis, vobis regia liberalitate concessit, concedendo, ut nullum teneamini praestare tributum, nec etiam ho- mines vestri, cum per Siculorum terram transierint, aut Valachorum ). Ad haec homines, qui ter- ram ipsam inhabitant ), quando dieta donatio fa- cta fuit vobis et domui vestrae , liberos sine requi- sitione dimisit expresse '°), ut si quis 11) de bo- minibus eius aut hospitibus terrae suae ad vos de cetero transmigraverint, eos exinde, quam cito ad notitiam vestram pervenerit 13), expellatis. Adiecit insuper, ut quilibet in regno eius, qui proprieta- tem suam vobis in eleemosynam voluerit elargiri, 10) Grutzeburg. B Im Orig. Cuzeburg. V. 11) Blearorum bei F. iſt wohl Druckfehler. Produetorum. B. Im; Original ſteht: Prodnicorum. V. 12) Almage. B. Im Orig. Almaie. V. e 13) protenduntur. B. Im Orig protenditur. V. 14) Blachorum. B. und das Original. V. ) inhabitabant. B. 16) ex presso. B. 17) si aliqui. B. 18) pervenerint. B. id faciendi habeat liberam facultatem ; ea etiam vos concessit libertate gaudere, ut nullus Monetariorum ultra sylvas terram vestram intrare , vel vos in ali- quo molestare praesumat, totum ius et utilitatem, quam in terra vestra debebat percipere , vobis to- taliter indulgendo et conferendo ; specialiter ) in recompensationem damnorum, quae perpessi fveri- tis 2, quando eius ira contra vos provocata prae- dietam terram vobis praecepit auferri ; ac etiam ideo, quod in regni confinio positi frequentes pa ganorum sustinetis insultus; vos pro regno morti tamquam firmum propugnaculum opponentes ); verum tamen nullam potestatem habeatis cudendi quameunque monetam absque regis licentia speciali. Nos ergo vestris iustis precibus benignum imperti- entes assensum, praedictas terras cum libertatibus et immunitatibus suis, sicut eas iuste ac pacifice possidetis, et in privilegiis dieti regis plenius con- tinetur, vobis et domui vestrae auctoritate aposto- lica confirmamus et praesentis scripti patrocinio communimus. Nulli ergo omnino hominum liceat hane paginam nostrae confirmationis infringere, vel ei ausu temerario contraire. Si quis autem hoc at- tentare praesumserit, indignationem omnipotentis Dei, et Beatorum Petri et Pauli, Apostolorum ejus se noverit incursurum. Datum Laterani XIIII. Kal. Januarii, Pontificatus nostri anno septimo, 8. Honorius ) = — — Epis copo Agriensi — Sa- lutem et Apostolicam benedictionem. Magister et fra- 19) id pensando speeialiter. B. 20) fuistis. B. 21) preponentes. B. 1) Aus Fejer III. 1. 405. vgl. Schmitth, Epise. Agri- ens. I. 126. Hatona V. 405. Schlözer 321, Bethlen 89 f. Biſchof von Erlau war Thomas. Pray I. e. I. 205. wes domus 8. Mariae Teutonicorum sua nobis pe- titione monstrarunt, quod in terra, quae dicitur Boza, quam noviter inhabitare coeperunt, impetu Paganorum , per quos hactenus vasta et deserta per- mansit, non sine ipsorum multo discrimine refre- nato, est iam non parvus numerus Clericorum. Un- de cum terra ipsa juxta indulgentias eorum Ordini ab Apostolica sede concessas, praeter Romanum pon- tificem non habeat episcopum, vel praelatum, sup- plicarunt, ut praefatis Clericis provideremus archi- presbyterum , vel decanum, ad quem possint habere recursum, pro :) quaestionibus emergentibus inter eos, donec ipsius terrae populus in tantum , annu- ente Domino, augmentetur, quod eis de proprio possit episcopo provideri. Ideoque fraternitati tuae per Apostolica scripta mandamus, quatenus idoneam personam, tibi ab ipsis fratribus praesentatam ‚vice _ nostra in Archipresbiterum vel Decanum praeficias Glericis antedictis. Datum Laterani II. Idus Janua- zii, Pontificatus nostri anno VII, 9. Honorius ') — Episcopo Ultrasylvano — Quod dilecti filii — Magister, et fratres domus S. Mariae Teutonicorum terram Bozae et ultra montes nivium, propter paganorum insultus vastam usque ad proxi- ma tempora , et desertam, noviter inhabitare coe- perunt, ipsorum paganorum impetu non sine multo discrimine refrenato, eis ad meritum, nobis ad gau- dium, et toti populo Christiano provenit ad profe- tum, propter quod ipsi fratres et inhabitatores ter- rae praedictae non sunt lacessendi iniuriis, sed be- 2) super. B. Haton. Schlöz. ) Aus Fejer III. 1. 420 ff. Biſchof von Siebenbürgen war der ſchon erwähnte Raynald. Den Inhalt der Bulle gibt Schlözer 525 u. a. m. neficiis confovendi, quatenus numerus fidelium, ter- ram ipsam inhabitantium, ad paganorum terrorem , et Christianitatis subsidium feliciter augeatur. Cum autem terra ipsa secundum indulgentias dietis fra- tribus ab apostolica eoncessas, nullum praeter ro- manum Pontificem Episcopum habeant, vel praela- tum, Tu, sicut eorum nobis conquestio patefecit, in ea tibi iurisdietionem indebitam usurpare con- tendens, Presbiteros et Clericos ipsius terrae ad synodum tuam vocas, et tam ab eis, quam a laicis decimas et alia Episcopalia iura niteris extorquere; in eos, si tuae non satisfaciunt voluntati, interdieti et excommunicationis sententias de facto, cum de iure nequeas, proferendo. Nolentes igitur aliquate- nus sustinere, quod iidem fratres indebite praeser- tim contra notras indulgentias molestentur , frater- nitati tuae per Apostolica scripta firmiter praecipi- endo mandamus, quatenus , si quas forte de facto in Clericos, vel alios habitatores ipsius terrae sen- tentias protulisti, eas de facto quoque non differens revocare, ab eorum gravamine taliter conquiescas, quod nee ipsi iustam habeant conquerendi materiam, nec nos tibi durius seribere compellamur; qui do- mum eorundem fratrum sie rore nostrae gratiae ri- gavimus, ut eam de humili statu ad altum tempore nostro provectam plantationem non incongrue ap- pellare possimus; illam ea praerogativa diligimus earitatis, quod ejus indigna gravamina non posse- mus in patientia tolerare. Noveris autem nos Vene- rabili fratri nostro, Strigoniensi Archiepiscopo, man- davisse, ut nisi iuxta mandatum nostrum curaveris revocare sententias, si quas in saepedictos incolas praetulisti , ipse illas tanquam a non suo iudice pro- mulgatas, denunciet, nullas esse. Datum Laterani II. Idus Decembris anno octavo. ö 234 10. Honorius ) — Archiepiscopo Strigoniensi — Quod dilecti filii — usque Praelatum. Venerabilis frater noster — Episcopus Ultrasylvanus sicut eo- rum conquestio nobis patefecit, in ea sibi iurisdi- etionem — molestentur ; dieto Episcopo dedimus in mandatis, ut siquas — tolerare. Ideoque fraternitati Tuae per Apostolica scripta mandamus, quatenus, nisi dietus Episcopus iuxta mandatum nostrum cu- raverit revocare sententias, si quas in saepedictos incolas promulgavit, Tu illas, tanquam a non suo iudice promulgatas, denunties nullas esse. Datum Laterani Idibus Decembris , Anno octavo, 11. Honorius :) — Archipresbitero terrae Bozae, et ultra montes nivium, Gerentes de clero et populo terrae Bozae, et ultra montes nivium, tamquam de spiritualibus sedis Apostolicae filiis, curam et soli- citudinem specialem, te ipsis praefici fecimus in Archipresbiterum et rectorem, ut quum praeter Ro- manum Pontificem alium praelatum non habeant, ad te possint habere recursum pro quaetionibus emer- gentibus inter eos, aliisque articulis, qui auctorita- tem seu iurisdictionem ecclesiasticam exigere vide- buntur, et tuo poterunt ministerio expediri. Ut au- tem commissam tibi solicitudinem liberius et utilius valeas exercere, corrigendi eorum excessus, et ma- xime Clericorum, ac rebelles districtione canonica compescendi tibi auctoritate praedicta concedimus 1) Aus Fejer III. 1. 424. Erzbiſchof war Thomas. Die von Fejer ausgelaſſenen, und durch — bezeichneten Stel⸗ len ſind ohne Mühe aus Urk. 9. zu ergänzen. 1) Aus Fejer III. 1. 455. 235 potestatem. Tu ergo ea modeste ac prudenter uta- ris, referendo ad nos, si quae forsan emerserint, quae majorem indaginem requirere videantur, Nulli ergo etc. — Datum Laterani IV. Non, Aprilis anno - octavo, 12. Honorius 1) — Archipresbitero et Clero, ac populo terrae Bozae, et ultra montes nivium. — Quantam de vobis geramus solicitudinem, et quanto affectu ad inerementum vestrum , ac tranquillitatem et commodum intendamus, ex eo potestis colligere manifeste, quod vos et terram vestram in jus et proprietatem Ecclesiae Romanae suscepimus, et non- ’ nullis libertatibus curavimus communiri , sicut Apo- stolicae litterae, quas super his dilectis filiis, — Magistro et fratribus hospitalis S. Mariae T'eutoni- corum Jerosolymitani, Dominis dietae terrae con- cessimus, vos potuerunt plenius edocere. Monemus igitur Universitatem vestram, et hortamur in Do- mino, per Apostolica scripta vobis mandantes, qua- tenus, sicut Ecclesiae Romanae filii speciales, de gratia nostra et favore securi, his, quae ad divini nominis cultum et dilatationem pertinent populi Christiani, tota solicitudine , toto studio intenden- tes, inter vos servetis vineulum mutuae caritatis et pacis, per quam et parvae res crescunt, et magnae in sua magnitudine conservantur. Cum autem ali- quae inter vos quaestiones emerserint, quae aucto- ritatem Ecelesiasticam iudieciumve requirant, ad Ar- chipresbiterum vestrum, quem ad hoc ipsum prae- fici fecimus , recurratis, ut quaestionibus istis per solicitudinem eius concordia, iudiciove sopitis pax et tranquillitas Vestra ineoncussa servetur. Unde ı) Aus Fejer III. 1. 455 f. 236 volumus, et vobis injungimus auetoritate praeseri- pta, ut eidem Archipresbitero, cui corrigendi ex- cessus omnium Vestrum, et specialiter Clericorum , concessimus potestatem, tanquam Pastori Vestro , reverentiam congruam exhibentes, salubribus moni- tis, et mandatis ipsius intendatis et obediatis hu- militer et devote, Datum ut supra. Laterani V. Ral. Maji anno octavo. 13. Honorius ) — — — dilectis filiis — — — magistro et fratribus hospitalis S. Mariae Teutoni- corum Jerosolymitani Salutem. Grata Deo et homi- nibus Ordinis Vestri religio promeretur, ut vestris favorabilibus desideriis favorabiliter annuamus ;qua- tenus ejusdem Ordinis nova plantatio eo felicius in- erementa suscipiat, quo largius fuerit rore Aposto- licae gratiae irrigata. Petistis, ut terram Bozae, et ultra montes nivium, quam propter paganorum insultus vastam usque ad proxima tempora, et de- sertam largitione carissimi in Christo filii nostri, Andreae Ungarorum regis illustris, adepti esse no- seimini, et noviter inhabitare coepistis, ipsorum paganorum impetu non sine multo personarum ve- strarum discrimine refrenato, in ius et proprietatem apostolicae sedis recipere dignaremur, asserentes, quod fideles libentius transibunt in eius coloniam, si eam viderint apostolicae sedi esse speciali ditio- ne subjectam, sicque fiet ut terra, quae lata et spa- tiosa cultoribus indiget, facile populetur, et nume- rus habitantium in eadem ad ipsorum Paganorum terrorem , et securitatem fidelium , atque ad utilita- ı) Aus Fejer III. 4. 459. ff. Außerdem abgedruckt bei Ha- ton. V. 560 ff. aus Raynald. annal. ad ann. 1224. bei Schlözer 321 f. und bei Bethlen gu f. 237 tem non modicam terrae sanetae, felieiter augeatur. Vestris ergo piis precibus benignius annuentes, praefatam terram in ius et proprietatem B. Petri sus- eipimus, et eam sub speciali apostolicae sedis pro- tectione ac defensione perpetuis temporibus perma- nere sancimus, Ad haec eum eadem terra secundum *indulgentias, vobis ab apostolica sede concessas, nullum praeter Romanum Pontificem habeat Episco- pum, vel praelatum; praemissa auctoritate distri- etius inhibemus, ne quis Archiepiscopus vel Episco- pus in terram ipsam vel incolas eius interdieti vel excommunicationis sententiam sine speciali auctori- tate apostolicae sedis promulgare praesumat, vel iurisdictionem quamlibet exercere; sed ad Archi- presbiterum, quem per Venerabilem fratrem no- strum, — Strigoniensem Archiepiscopum, tune Epis- copum Agriensem, praefici fecimus ipsi terrae, ha- beat clerus ejusdem populusque reversus pro quae- stionibus emergentibus inter eos, aliisque articulis, qui ecclesiasticam auctoritatem, iurisdictionemve re- quirunt, et possunt per alium quam Episcopum, expediri. Ea vero, quae desiderant pontificalis di- gnitatis officium, utputa, crisma, oleum sanctum, Ordinationes Clericorum et .dedicationes Ecclesia- rum, seu altarium, a quocunque malueritis Episco- po, apostolicae sedis communionem et gratiam ob- tinentes, quousque ipsius terrae populus, divina fa- vente gratia, sic fuerit augmentatus, ut dignum sit, proprium ei Episcopum ‚provideri —. In reco- gnitionem autem Dominii, et perceptae a sede apo- stolica libertatis, duas marcas auri, quas voluntate spontanea obtulistis, nobis unam et fratribus aliam, in festo resurrectionis dominicae, annis singulis per- solvetis. Nulli ergo — — Datum Laterani II. Ral, Maii Pontificatus nostri anno VIII. 238 14. Honorius ') — Archiepp. et Episcopp. per Un- gariam constitutis ete. Dilectorum filiorum Magistri et fratrum Hospitalis S. Mariae Peut. Jerosolimita- nae deo et hominibus grata religio promeretur, ut suis favorabilibus desideriis favorabiliter annuamus. Quatenus eiusdem ordinis nova plantatio eo felieius inerementa suscipiat, quam largius fuerit rore apo- stolicae gratiae irrigata, Petierunt siquidem iidem Magister et fratres, ut terram de Borza et ultra montes nivium, quam propter paganorum insultus vastam usque ad proxima tempora et desertam lar- gilione carissimi in Christo filii nostri Andreae re- gis Ungariae illustris adepti esse noscuntur et no- viter inhabitare coeperant, ipsorum paganorum im- petu non sine multo personarum suarum discrimine refrenato, in ius et proprietatem ap. sedis recipere dignaremur, asserentes, quod fideles libentius trans- ibunt in eius coloniam, si eam viderint apost. Se- dis esse speciali ditioni subiectam , sieque stet 2) (9) ut terra, quae lata et spatiosa cultoribus indiget, facile populetur et numerus habitantium in eadem ad ipsorum paganorum terrorem et securitatem fide- lium atque ad utilitatem non modicam terrae sanctae feliciter augeatur. Ipsorum ergo M. et fratrum piis precibus benignius annuentes praefatam terram in ius et proprietatem b. Petri suscipimus et eam sub speciali Ap. Sedis protectione ac defensione perpe- tuis temporibus permanere sancimus. Ad haec cum eadem terra secundum indulgentias ipsis fratribus ab ap. Sede concessas nullum praeter Romanum Pon- 1) Aus der Eopie des H. Senators Trauſch. Ein Transſumt befindet ſich in dem Königsberger geh. Archiv, Schiebl. 29. Voigt a. a. O. 128. ö 2) stet; ſoll wohl heißen: fiet, vgl. Urk. 15. 1 239 tificem habeat episcopum vel palatinum ) (P) distri- etius duximus inhibendum, ne quis archiepiscopus in terram ipsam vel incolas eius interdicti vel ex- communicationis sententiam sine speciali auctoritate Ap. Sedis promulgare praesumat, vel iurisdictionem quamlibet exercere, sed arebipresbyterum, quem per venerabilem fratrem nostrum Strigoniensem ar- chiepiscopum, tune episcopum Agriensem, praefiei fecimus ipsi terrae, habeat Clerus eiusdem popu- lusque recursus, pro gnaestionibus emergentibus in- ter eos aliis articulis, qui ecel. auctoritatem iuris- dictionemye requirunt, et possunt per alium quam episcopum expediri; ea vero, quae desiderant pon- tificalis dignitatis officium, utputa erisma, oleum sanctum „ ordinationes Clericorum et consecrationes ecelesiarum seu altarium, a quocunque maluerint, recipietis (?) episcopo, ab ap. Sede communionem et gratiam obtinente, quousque ipsius terrae popu- lus divina favente gratia sic fuerit augmentatus, ut dignum sit ei proprium episcopum provideri. Ideo- que fraternitatem vestram solicitandam duximus et monendam per Ap. vobis scripta mandantes, quatenus -dietos fratres vel ipsius terrae incolas contra no- strae constitutionis et inhibitionis tenorem nullate- nus molestetis, quin imo ipsos habentes specialiter pro Sedis Ap. reverentia propensius commendatos, eum pro clericorum ordinationibus et aliis, quae ad pontificale spectant offieium, ab eis requisiti fueri- tis, benigne ipsorum iustis postulationibus annuatis, ut et ipsi possint de bono in melius favore vestro adiuti proficere, nosque caritatem vestram debea- mus in domino commendare, Dat. Laterani. Ita in- venitur in Regestro D. Honorii papae III. anno VIII vo Martinus. 5) palatinum; ſoll wohl heißen: praelatum, vgl. Urk. 15. 15. * Honorius ) — Praeceptori et Fratribus Domus Sanctae Mariae Teutonicorum in Borza consistentis — Recepimus litteras, quas super gravaminibus at- que minis vobis a Carissimo in Christo filio nostro, illustri rege Hungariae , illatis vestra nobis disere- tio destinavit, virtutis vestrae constantiam in Domi- no commendantes, quod, sicut egedem litterae con- tinebant, cum nec litteris sub obedientiae iugo pro nullis minis sive terroribus terram demitteretis eandem sine nostra vel Magistri Vestri licentia spe- ciali. Noveritis autem nos ipsi Regi, et aliis no- stras super hoc litteras destinasse, quales vidimus expedire; ac Deo auctore ita providere curabimus, quod non oportebit vos dimittere terram ipsam , sed eam tenebitis cum favore et benevolentia dicti Re- gis. Vos ergo, sieut viri prudentes, terram ipsam domui Vestrae regia liberalitate donatam, et a sede Apostolica confirmatam , solita diligentia conserve- tis, securi de nostra et Apostolicae sedis gratia, et favore. Datum Tybure. IV, Idus Junii. An, nono. 16. Honorius ) — de Lineweld — de Rercz , et de Egris, Abbatibus Patavien. Ultrasylvanae, et Ce- nadiensis Dioeces. Dolemus, quoties audimus (ut infra — furantur). Unde praenominatum regem ro- gandum duximus, monemus, ac obsecrandum in Do- mino Jesu Christo, ut hoc prudenter attendens (ut infra — per eosdem). Ideoque Discretionibus Ve- stris per Apostolica seripta mandamus, quatenus ad 1) Aus Fejer III. 2. 41. f. 1) Aus Fejer III. 2. 42. Die durch — angedeuteten Lücken ſind aus Urk. Nr. 17. zu ergänzen. — 241 loca ipsa personaliter accedentes, limites, in prae- fato privilegio dieti Regis expressos, curetis inspi- cere diligenter, et si videritis, ipsos fratres aliquid extra eosdem terminos temere occupasse, nostra eis auctoritate iniungere procuretis, ut et ea praefato regi libere restituant sine mora; et quidquid inve- neritis super praemissis ct feceritis, nobis fideliter relaturi, ut si quid remanserit quaestionis, nostrae provisionis studio sopiatur. — Ad hoc mandavimus regi, ut et vos praedicta libere investigare permit- tat, et suos cum Vestris mittat nuntios, si sibi vi- debitur expedire, investigationis huiusmodi seriem inspecturos , certus, quod sicut injusta saepe dietorum fratrum gravamina sustinere in patientia nolumus; sic iura eius illaesa sibi volumus conser- vare; cum eumdem tamquam egregium et catholi- eum Prineipem habeamus in visceribus caritatis, Quod si non omnes — Datum ut supra. 17. a. Honorius ') — Illustri Regi Hungariae — Do- lemus, quoties audimus, te aliquid facere, quod famae tuae obviet et saluti, desiderantes, ut sem- per facias, per quae Deo et hominibus debeas com- placere. In 2) tuis siquidem privilegiis perspeximus eontineri, quod terram Bozae, aut ultra montes ni- vium, fratribus domus Teutonicorum regia liberali- tate donasti, unde terram ipsam sub Apostolicae se- dis protectione suscepimus, et libertate donavimus speciali; adeo, ut Apostolico privilegio statuimus eam nulli, nisi Romano Pontifici subiacere , quate- H Aus zen III. 2. 43. f. 2) bon: In tuis u. ſ. w. angefangen auch bei Bethlen 4 ff. bei Haton. V. 465 f. Benkö Milkov. I. 101. Pr annal. reg. Hung. I. 229. und im Auszuge bei Schlö⸗ zer 324 f. Schullers Archiv I. 2. 16 242 nus eadem colonis eitius impleretur, suumque me- ritum eo altius surgeret, quo donum tuum terrae sanctae uberius proveniret. Frequenter 2) autem ipsorum fratrum recipimus querimoniam, quod ipsos super terra eadem inquietas, et frequenter tibi su- per hoc direximus seripta nostra rogantes et exhor- tantes, ut super hoc ab eorum inquietatione desi- steres, quin imo sicut honori tuo expedit et saluti, ipsos pro reverentia Divina et nostra defenderes et foveres. Nuper autem querelam eorumdem recepi- mus continentem, quod in quorumdam malignorum instinetu terram ipsam in grandi et gravi equitum multitudine intravisti , adeoque gravasti fratres ipsos, et eorum homines exactionibus, ac expensis, quod eis damnificatis ad valentiam mille marcarum et ul- tra, terram ipsam, quam cum multo personarum et rerum dispendio populaverant, eis et ipsi terrae sanctae paene penitus inutilem reddidisti, quoddam quoque castrum, quod ultra montes nivium multis construxerant laboribus et expensis, occupasti, pro- videntiam (?), fratribus eorum ab eodem eieetis, et quum homines tui quosdam fratres et homines eo- rumdem occiderint, quosdam vulneraverint, et quos- dam carceri mancipaverint, tu ab eis humiliter re- quisitus, ut super his satisfieri faceres , querimonias eorum et preces penitus obaudisti. Denique cum ex parte tua fuisset propositum coram nobis, quod ipsi fratres liberalitatis tuae beneficio non contenti, sed egressi fines possessionum a te sibi concessarum in- tuitu pietatis, quasdam ex tuis possessionibus occu- parant, Nosque per litteras nostras mandavissemus eisdem, ut cum eos non deceat invadere aliena, et ipsas possessiones tuae Celsitudini restituerent, et 5) von Frequenter bis Profecto non deberes ausgelaſſen bei Bethlen und den andern Anm. 2. erwähnten Schrift⸗ ſtellern. Die Varianten ſind ganz ohne Bedeutung. 243 ab occupatione aliorum bonorum tuorum de cetero abstinerent, tu, quod intelleximus,, de possessioni- bus illis, quas dicebantur extra concessarum sibi terminos oecupasse, nitens retorquere ad illas, quas illis, imo Deo, pia liberalitate donasti, et quae ipsorum domus sunt, ad preees tuas auctoritate Apo- postolica confirmatae, praecepisti eisdem, ut terras ipsas, sicut iam diximus, a te sibi donatas intuitu pietatis, et a sede Apostolica confirmatas, tibi con- tinuo resignarent, eis, nisi tuae jussioni parerent, gravia comminando. Profecto non deberes sic pro- sequi dona tua, quin imo terram ipsam, quasi plan- tam tuam, beneficiis rigare continuis et non huius- modi oppressionibus et iniuriis tuae liberalitatis me- ritum apud Deum et homines denigrare, Quamquam haee nequaquam clementiae tuae imputanda eredamus, sed potius pravis suggestionibus malignorum, qui videntes praefatam terram per immensum dictorum fratrum studium profecisse , ac eius cupidine vene- nosis suasionibus te accendunt, non attendentes , quod nihil veraciter retinent, nisi quod pia libera- litate donatur. Magna quidem sunt, quae dedisti fra- tribus antedictis, sed certe, si devota meditatione pensaveris, quam multa et magna contulit tibi divi- nae immensitas largitatis, non magna reputabis, quae pie pro eius honore et amore dedisti; sed potius cogitabis, te nunquam posse digna Deo retribuere pro omnibus, quae retribuit ipse tibi; cogitabis et :), quia cum scriptum sit: quod sua defunctos opera subsequantur, ea sola, quae Domino dederis, Ubi post vitae praesentis exitum remanebunt; et sic non studebis, quae Deo dedisti, minuere, sed au- gere, ac sequi doctrinam evangelicam suadentem , ut studeas in coelo tibi thesaurizare thesauros, ubi nec aerugo, nee tinea demolitur, et ubi fures non J) etiam bei den andern. 16* 244 effodiunt, nee furantur. Rogamus igitur Serenitatem tuam, monemus, obsecramus in Domino Jesu Chri- sto, quatenus hoc prudenter attendens, et praefatas litteras nostras secundum sanum intelleetum, supe- rius expressum, aceipiens, dietos fratres super ter- ra pie a te sibi donata, de cetero non molestes, sed eam pacifice sibi dimittens, secundum limites in privilegio tuae donationis expressos, praedicto castro eis libere restituto, et satisfaciens, ac satis- fieri faciens de damnis et iniuriis per te, ac tuos eisdem hactenus irrogatis; sie eos, tum in aliis iu- stitiis suis, tum specialiter in terra praedieta rega- lis potentiae brachio protegas et defendas, quod in terra viventium gratam recipere debeas retributio- nem a Deo, qui nee bonum irremuneratum , nee ma- lum aliquod deserit impunitum 5). Porro, si verum est dictos fratres aliquas possessiones tuas extra concessos sibi tibi (?) terminos ocecupasse,volumus, sie- ut et eis mandavimus per litteras supra dietas, ut tibi restituant omnia, quae extra ipsos terminos oc- cupata esse constiterit per eosdem. Unde dilectis filiis — de Lineweld — de Herz — de Egris — Abbatibus Passaviensis, Ultrasylvanae, et Cenadien- sis Dioecesis per nostras damus litteras in manda- tis, ut ad loca ipsa personaliter accedentes, limites in praefato privilegio tuo expressos inspiciant dili- genter; et si viderint ipsos fratres aliquid extra eosdem terminos temere occupasse, nostra eis au- ctoritate iniungant, ut ea tibi libere restituant, sine mora; quidquid invenerint super praemissis et fe- cerint, nobis fideliter relaturi; ut, si quid reman- serit quaestionis, nostrae provisionis studio sopia- tur. Tu ergo et ipsos praedicta libere investigare permittas , et, si tibi videris expedire, tuos mittas nuntios cum eisdem, investigationis huiusmodi se- 5) Das folgende gibt nur Fejer. 245 riem inspecturos, certus, quod sicut iniusta saepe dietorum gravamina fratrum sustinere in patientia nolumus, sic iura tua illaesa tibi volumus conser- vare: cum te tanquam egregium et catholicum Prin- eipem habeamus in visceribus charitatis, Datum Ty- buri. II. Idus Junii, anno IX. 17. b. Honorius ) — Episcopo Portuensi, Ap. Sedis Legato — Qualiter scribamus charissimo in Christo filio nostro — Illustri Regi Hungariae super grava- minibus, quae dilectis filiis, fratribus domus S. Ma- riae Teutonicorum in terra Borzae ac ultra montes nivium dieitur intulisse , tenor literarum, quas super hoc ei dirigimus, te plenius edocebit. (Quocirca fraternitati Tuae per Apostolica scripta mandamus, quatenus literas nostras exponi facias per fidelem nuntium ipsi regi, et istum ad facienda ea, quae coutinentur in illis, moneas efficaciter et inducas; et si se in hoc durum ultra quam deceat , exhibue- rit, eidem denuneiare procures, quod nullo modo deesse poterimus in sua iustitia fratribus ante di- etis, quia quantumcunque regiae deferre sublimitati velimus, non debemus tamen homini deferre contra deum. D. Tybure II. Id. Junii anno IX. 18. Honorius ) — — Illustri viro Belae, iuveni Regi. — Intelleeto iam dudum, quod carissimus in Christo filius noster, illustris Rex Ungariae, pater tuus, alienationes quasdam fecerat in praeiudicium regni sui, et contra regis honorem; nos super hoe ı) Aus Fejer III. 2. 47. ı) Aus Fejer III. 2. 47. außerdem bei Pray annal. I. 250. 246 paterna affectione consulere cupientes, eidem regi dirigimus scripta nostra, ut alienationes praedictas, non obstante iuramento, si quod fecit de non revo- candis eisdem, studeat revocare. Quia, quum tenea- tur, et in coronatione sua juraverit etiam, jura re- gui sui et honorem coronae illibata servare illicitum profecto fuit, si praestitit de non revocandis alie- nationibus huiusmodi , iuramentum , et propterea pe- nitus non servandum. (Juocirca serenitatem tuam monemus, et hortamur attente, quatenus in ea regni parte, quam ex ordinatione Patris tui habes, alie- nationes easdem revocare procures, iuramento de ipsis non revocandis, a patre tuo, vel a te prae- stito, non obstante. Quin potius de iuratione incau- ta condignam poenitentiam agere non omittas. Da- tum Reate, idib. Julii. Pontificatus nostri anno IX. 19. Honorius 1) — Varadiensi et Geuriensi Epis- copis — Detestabile semper est ingratitudinis vitium, quo quis accepti beneficii et Benefactoris sui pariter obliviseitur, cum ad antidota quilibet naturaliter ob- ligetur. Verum ea ingratitudo detestabilior dignosei- tur, cum quis non solum non est memor illius, a quo se novit bencficium recepisse , sed malum ei pro bono retribuit, et odium pro amore. Conquerente sane charissimo in Christo filio nostro A. illustri rege Hungariae per dilectum filium Ma. Florentium, Custodem Orodiensem, nnneium suum, nobis inno- wit: quod cum in quadam parte regni sui Hospi- talariis S. Mariae Teutonicorum, terram ad triginta duntaxat aratra charitatis intuitu liberaliter contulis- set, iidem liberalitate ipsius ac gratia non contenti, 1) Aus Fejer III. 2. 55 f. Biſchof von Großwardein war Alexander, von Raab Gregorius. Pray a. a. O. 247 multo amplius occupavere de terra in parte praedi- eta, ipso contendentes invito ‚armata manu, quod oc- cuparunt, taliter retinere, prout praesentatae nobis quorundam Abbatum Cistereiensis Ordinis litterae declararunt, in quorum praesentia quidam ex hospi- talariis ipsis responderunt eidem regi occupata hu- militer repetenti, quod in pugna propter hoc potius mori vellent, quam restituere illa sibi; sed nee hoc contenti, homines eius capiunt, indebitis eos ex- actionibus aggravantes, et aliis ipsi modis innume- ris iniuriosi existentes plurimum et molesti, ac con- ditiones ab eodem rege super moneta ipsius , et qui- busdam aliis articulis eis impositas, cum Hungariam intraverant, servare nolentes; propter quod a non- nullis asseritur, quod tanquam ignis in sinu, mus in pera, et serpens in gremio, qui hospites suos male remunerant, sint eidem regi Hospitalarii supra dieti. Praefatus itaque rex devote plurimum postu- lavit a nobis, ut eosdem Hospitalarios liberalitate ipsius quadam tenus etiam abutentes, pro tantae in- gratitudinis vitio se reddiderunt indignos, mandare- mus esse contentos, et ab usurpatione qualibet co- hiberi. Cum autem religiosi viri, qui propria per- fectionis amore contemnunt, aliena non debent usur- pare, nec sunt, quos non dedeceat aspere contra benefactorem suum super beneficiis ejus procedere, ne dum eidem iniuriam vel gravamen inferre, ac pro bono retribuere sibi malum , et indignum exi- stat, quod quis sentiat ex sua liberalitate iacturam: fraternitati Vestrae per Apostolica seripta manda- mus, quatenus ad locum personaliter accedentes, in- quisita super his summatim veritate, praenominatos hospitalarios, ut concessis eis in regia donatione terminis sint contenti, et easdem conditiones obser- vent, per censuras ecclesiasticas, appellatione re- mota, cogatis; cum eodem rege insuper, ut contra liberalitatem suam non veniat, nihilominus facien- 248 tes; non obstantibus litteris ad — Lilienwelt, de Egris et de Kere Abbates a sede Apostolica impetratis, Quod si non omnes — Datum Reate. Kal. Septem- bris Anno X, 20. Honorius ) — Regi Hungariae. — Jam memi- nisse vix possumus numerum litterarum, quas pro dileetis filiis, fratribus domus S. Mariae Teutonico- rum tuae Serenitati recolimus destinasse, obsecran- tes, ut eis pacifice dimitteres terram Borzae, ac) ultra montes nivium, quam 3) eis regia liberalitate donasti , sicut privilegia tua, nobis exhibita, et a nobis ad tuam instantiam confirmata , manifeste de- clarant. Et ecce dolentes audivimus, quod tu non solum non destitisti eos super terram molestare praedi- ctam ), quam non sine multo rerum et persona- rum dispendio eripuerunt pro magna parte de mani- bus paganorum, verum etiam ipsos de regno tuo non sine gravi Apostolicae sedis iniuria et offensa divina, tuaeque famae ac salutis periculo eieecisti. Certe piget et pudet totiens tibi precum nostrarum porrigere blandimenta , totiensque tuis auribus in- culcare piorum praemia, et supplicia impiorum , cum nee spe praemiorum illectus,, nee supplieiorum metu deterritus, nostris salutaribus monitis et precibus acquiescas ; quin imo persequeris ) quia odio inexecrabili *) fratres ipsos, non tam nostras mo- . 1) Aus der Copie des Herrn Senators Trauſch. Fejer III. 2. 58. f. b 2) et. F. 3) quas. F. 4) terra praedieta. F. 5) prosequaris quasi. F. 6) inexorabili. P. 249 nitiones et preces contra famam “) ac salutem pro- priam contemnendo. Et tamen, quia nee possumus, nee debemus indigna ®) eorundem fratrum dissimu— lare gravamina, quos tenemur defendere, ac fovere, tum suae religionis obtentu, tum respectu speciali- ter terrae Sanctae, cuius obsequio se totaliter de- voverunt; adhuc pro eis cogimur preces preeibus, et exhortationes exhortationibus cumulare pro ipso- rum quiete, ac tua salute nihilominus satagentes. Rogamus igitur Serenitatem tuam, monemus, et ob- secramus in Domino Jesu Christo, quatenus pruden- ter attendas ?), quod praefatam terram non dedisti hominibus, imo sed Deo, a quo habes non solum tua, sed etiam 1) temetipsum, fratres ipsos in re- gnum tuum non differas revocare , restituens, ac re- stitui eis faciens integre omnia bona sua, dictamque terram eis pacifice ac quiete dimittas secundum li- mites in ipsis tuis 11) privilegiis designatos; et ita eis satisfacias de damnis et injuriis irrogatis, quod Dominum *:), cuius offensam ex hoc absque dubio ineurristi, digna possis satisfactione placare; nos- que aliter contra te procedere non cogamur, qui quandocunque 3) tuae deferre sublimitati volumus ), ad ultimum tamen deesse non poterimus in sua ju- stitia fratribus saepe dictis, nec dissimulare tantum detrimentum subsidii terrae sanctae; cum non sit de- ferendum homini contra Deum, nee tibi ipsi expe- diat, ut in hoc tibi articulo deferatur ; sed potius 7) quam famam ac. F. 8) indigne. F. 9) attendens. F. 10) sed fehlt. F. 11) tuis fehlt. F. 12) Deum. F. 15) quantumeunque. F. iq) velimus. F. 250 ut ab iniuria huiusmodi compescaris, Datum ete. ! 9 Ita invenitur de verbo ad verbum in Regestro Ho- norii papae III. Anno MX. Martinus. 21. Honorius 1) — Illustri Regi Hungariae, — Si- cut Serenitati tuae iam multoties litteris nostris in- sinuasse recolimus, inspectis privilegiis tuis, Jiqui- do continentibus, te terram Bozae, ac ultra montes nivium dileetis filiis, fratribus domus hospitalis S. Mariae Teutonicorum, regia liberalitate donasse; terram ipsam ad precum tuarum constantiam sub Apo- stolicae sedis protectione suscepimus, eamque liber- tate donavimus speciali, statuendo eam nulli, nisi romano Pontifiei subiacere, quatenus eadem per hoc colonis eitius impleretur, et tuae largitionis meri- tum eo altius surgeret, quo pium munificentiae tuae donum terrae sanctae, cuius obsequiis dieti fratres se totaliter devoverunt, uberius proveniret, Deinde post multas vexationes et molestias, quas super di- cta terra dicebaris ipsis fratribus irrogasse , super quibus tibi multoties direximus scripta nostra, te demum nostris auribus intimante, quod ipsi fratres fines possessionum, a te sibi concessarum, egressi, quasdam ex tuis possessionibus occuparunt; cum per litteras nostras mandassemus eisdem , ut ipsas possessiones tuae Celsitudini restituerent, et ab oc- cupatione aliorum bonorum tuorum de cetero absti- nerent, Tu, quod intelleximus, de possessionibus illis, quas dicebantur extra concessarum sibi termi- nos OCcupasse, nitens retorquere ad illas, quas eis pia liberalitate donasti, et quae, ut diximus, eis ad preces tuas sunt auctoritate apostolica confirma- 15) Datum Reate VI Cal. Novembr. anno deeimo. F. 1) Aus Fejer III. 2. 74. f. ö 251 tae, praecepisti eisdem, ut terram ipsam a te, prout iam diximus, sibi donatam intuitu pietatis, et a se- de Apostolica eonfirmatam , tibi continuo resignarent, eis, nisi tuae iussioni parerent, gravia comminando. His itaque ad audientiam nostram ipsorum fratrum insinuatione perlatis, nos honori et saluti tuae, ac iuri dietorum fratrum volentes, prout ad nostrum spectat officium, providere , eireumspeetionem tuam per litteras nostras monere, ac hortari studuimus diligenter, ut prudenter attendens, quod nibil in tuto reponitur, nisi quod pia liberalitate donatur, ac praefatas litteras nostras secundum sanum intel lectum superius expressum aceipiens, dietos fratres non molestares ulterius super terra sibi a te pia li- beralitate donata, sed eam pacifice sibi dimitteres secundum limites in privilegio tuae donationis ex- pressos, ac restituto eis quodam castro, quo spo- liasse dieebaris eosdem | satisfaceres eis, et satis- fieri faceres de damnis aliis, et iniuriis per te, aC tuos eisdem hactenus irrogatis; ipsis etiam fratri- bus per nostras dedimus litteras in mandatis , ut tibi restituerent universa, quae invenirentur extra prae- fatos limites occupasse ; ac ne huiusmodi eontentio posset amplius invalescere, — de Linewelt, et — de Egris, et — de Kerch Abbatibus dedimus in man- datis, ut ad loca ipsa personaliter accedentes, di- ligenter inspieerent limites antedietos; et si vide- rent ipsos fratres aliqua extra eosdem terminos, seu limites oceupasse , ipsis auctoritate nostra iniunge- rent, ut ea tibi restituerent sine mora, quidquid super his invenirent , et facerent, fideliter nobis re- laturi. Tuae quoque seripsimus Celsitudini, ut per- mitteres ipsos Abbates libere investigare praedicta, et si tibi expedire videres, nuncios tuos mitteres eum eisdem , investigationis huiusmodi seriem in- specturos, Videat igitur regia circumspectio,, utrum pendente investigatione et relatione huiusmodi de- 252 „ buerit aliquid a te, vel ab ipsis fratribus renovari. Certe te nobis interim denuo intimante, quod ipsi fratres tuae liberalitatis gratia non contenti, multa de tuis temere occuparant, et tibi ea repetenti re- sponderant, quod in pugna propter hoc potius mori vellent, quam restituere illa tibi; nos moti graviter contra praesumtionem huiusmodi, ad venerabiles fra- tres nostros — Varadiensem et — Geuriensem Epi- scopos asperas valde direximus litteras contra eos, asperas inquam, quantum ad exaggerationem culpae, quae fratribus imponebatur eisdem, non quantum ad mandati formam, quae et rationabilis est et justa; ita ut, sicut nee per alias, quas, ut supra diximus, nisus es ad sensum alienum retorquere, ita nec per illas sane intelleetas, materiam habeas fatigandi fra- tres ipsos super terris sibi, imo verius Deo a tua liberalitate donatis, sed recuperandi duntaxat, si quas forte extra praedictos terminos temere invaserunt. Sine ea vero contra fratres nos commovisti praedi- ctos, et sine causa nostras ad praefatos Episcopos impetrasti litteras, cum prius ipsos non solum ter- ris, quas illos extra saepe dietos terminos occupas- se dicebas; verum etiam his, quas eis donaveras, pendente praedictorum Abbatum relatione, pro tuae voluntatis arbitrio spoliasses , sicut nobis eorum con- questio postmodum patefecit; ex eo colligimus, quod Praeceptor domorum ipsius Hospitalis, quae intra supra dieta consistunt, secundo vel tertio die, quo nuncjius tuus a nobis Jicentiam ad te redeundi rece- perat, ad nostram venit praesentiam, spoliatus ter- ra, prout dicebat, eadem, et ab ea cum fratribus suis violenter eiectus. Sicut ergo tuam alias paterno affectu monuimus providentiam, ita nune monemus et hortamur attentius, ac obsecramus in Domino Je- su Christo, quatenus spretis pravis suggestionibus malignorum, qui videntes praefatam terram per im- mensum fratrum dictorum studium profeecisse, ad 253 eius cupidinem venenosis svasionibus te accendunt, Fratres ipsos in regnum tuum non differas revocare, ace eis restituens, et restitui faciens integre omnia bona sua, dietamque terram pacifice ipsis et quiete dimittens, secundum limites in ipsis tuis privilegiis designatos, sic eis satisfacias de damnis et injuriis irrogatis, quod Deum, euius offensam ex hoc pro- ceul dubio nosceris ineurisse, digna possis satisfa- 4 etione placare, ac ei acceptum reddere munus tuum, a quo habes non solum omnia bona tua, sed et te- metipsum, sciens, quod nisi hac vice exaudire eu- raveris, non est nostri propositi ulterius verba per- dere super negotio huiusmodi, te monendo, sed prout ratio postulaverit, assistere in iustitia sua fra- tribus saepe dietis, cum tantam eorum injuriam, et detrimentum subsidii terrae sanctae dissimulare am- plius nequeamns. Non autem moleste ferat tua Su- blimitas, quod dilectus filius frater Hermannus, Ma- gister domus praedietae, ad tuam praesentiam non accedit, quando quidem id facere voluit, sed pro- pter quaedam negotia Eeclesiae, ac imperii, ad quae tractanda industriam et sollicitudinem eius esse vi- dimus necessariam, ipsum duximus retinendum; Se- renitatem tuam attente rogantes, ut eius absentiam apud Celsitudinem Tuam suppleant preces nostrae, Datum Laterani XIII. Kal, Martii, Anno X. 22. Honorius) — Episcopo Wesprimiensi, et — U Praeposito Albensi, Wesprimiensis Dioecesis — Si- cut charissimo in Christo filio nostro — Illustri re- i Hungariae, iam multoties litteris nostris insinu- asse recolimus, inspectis privilegiis ejus, liquido 5 ) Aus Fejer III. 2. 78. f. Biſchof von Weßprim war Ro⸗ bert. Pray. d. d. O. * 254 continentibus, ipsum terram Bozae (ut supra — ne- queamus; verbis competenter mutatis) quo circa Di- seretioni Vestrae per Apostolica scripta mandamus, quatenus regem ipsum, Archiepiscopis et Episcopis ipsius regni praesentibus, ad ea, quae praemisi- mus, facienda monere, prudenter et efficaeiter in- ducere studeatis; quod inde feceritis, ac responsio- nem ipsius nobis quanto ocyus fideliter rescripturi. Datum ut supra. Honorius 1) — Reginae Hungariae — Speran- tes, quod preces nostras velis efficaciter exaudire, praesertim in his, quae manifestam continent pieta- tem, et ad salutem charissimi in Christo filii nostri A. Illustris regis Hungariae , viri tui, et tuam non est dubium pertinere; Serenitatem tuam attente ro- gandam duximus et hortamur, quatenus diligenter et efficaciter ipsum regem inducas, ut iuxta preces et exhortationes nostras dilectis filiis, Fratribus do- mus Sanctae Mariae Teutonicorum restituant terras et alia universa, quae per ipsum Regem, vel nun- cios eius sunt eisdem ablata, et satisfaciens eis, et satisfieri faciens de damnis et injuriis irrogatis, ita ipsos divino, et nostro intuitu foveat, protegat et defendat, quod divinam ex hoc mereatur specia- liter gratiam; et nos, qui ad ultimum non poteri- mus dietis fratribus in sua deesse iustitia, aliter procedere non eogamur. Taliter autem exaudias pre- ces nostras, quod gratum habere possimus, et ad exaudiendas tuas, Cum oportuerit, reddamur merito proniores. Datum Laterani XIII. Kal, Martii. Anno X. 1) Aus Fejer III. 2. 79 f. 24. an Gregorius ) — A. Illustri Regi Hungariae — Ne super privilegiis, quae dilectis filiis — Magi- stro et Fratribus domus Hospitalis S. Mariae Teu- tonicorum Jerosolymitani , de terra Bortzae conces- sit regia Celsitudo, valeat dubitationis serupulus suboriri, ipsa inspici fecimus diligenter, eorumque tenorem de verbo ad verbum praesentibus annota- tum, sub bulla nostra tibi duximus destinandum, Qui est talis: In nomine (vide ad annum 1211 et 1212) ). Unde distriete praecipio omnibus, quatenus nullus praesumat de cetero dictos Cruciferos super dieto castro, et pratis prohibere, vel molestare. Datum Laterani sexto Halendas Maii, Pontificatus nostri anno V. 25. Gregorius) — A. Illustri Regi Hungariae. — Etsi nihil praestare possumus Domino, nisi sua, qui dispositionis propriae beneplacitum omnibus, quod sunt et habent, gratis impendit; possumus tamen sibi gratificari de suo his, qui ejus obsequio sunt adseripti, gratiam exhibendo; certi, quod dum eis temporalia ministramus, nobis comparamus aeterna. Unde non aestuare quis debeat haesitare tali redde- re ereditori, qui se pro redditis constituens debito- rem, semper retribuit potiora; sed quisque secun- dum Sapientis consilium dare debeat Altissimo se- eundum donatum ipsius; ut eui multum est, tribuat abundanter, ne parce seminans parce et metat. Qna- re in largitionibus immensitas optime est emensura- 1) Aus Fejer III. 2. 245. Ungr. Mag. IV. 219. Schlö⸗ er 326. 2) Vgl. Urk. 2. Anm. 1. 1) Aus Fejer III. 2. 246. ff. er Ber Pr 256 * 5 ta; his praeserlim, qui a Domino recepisse noscun- tur immensa, Verum si quispiam pie data contraria poenitudine detrectaret, quasi serio divinam provo- caret offensam , et contra se corda hominum etlabia commoveret, iam rem alienam invito Domino con- trectando. Sane dilecti filii 2) — Magister et Fra- tres domus hospitalis Sanctae Mariae Teutonicorum Jerosolymitani , humili nobis et instanti conquestione monstrarunt: Quod cum 3) tu eorum domui terram Bozae pia liberalitate donasses, sicut in privilegiis tuis perspeximus plenius contineri: ipsi pro colenda et munienda terra eadem, per quam Cumanis multi- plieiter regnum Hungariae perturbantibus , frequens introitus et exitus habebatur, numerosam pecuniam expenderunt, ibi cum multo labore, ac proprii ef- fusione eruoris quinque castra fortia instruendo; sed licet tu eis terram abstulisses eandem, ipsam tan- dem restituisti postmodum, ut debebas *) ; quin etiam pro recompensatione damnorum ipsi partem Cumaniae ultra montem nivium contulisti; in qua cum dieti Magister et Fratres castrum munitissimum constru- xissent, Cumani perterriti et dolentes ademptam sibi ingressus et exitus facultatem, congregata ingenti multitudine bellatorum, fratres inibi commorantes hostiliter aggressi fuerunt; sed Domino propitiante 2) Dileeti filii u. ſ. w. Anfang der faft wörtlich gleichlau⸗ tenden, nnd darum auch hier nicht beſonders abgedruck⸗ ten Bulle des Pabſtes an Bela. Vollſtändig gibt ſie aus Dreger Bethlen 97 ff., das Original befindet ſich im Königsberger geh. Archiv, Schieblade 2. Nr. 18. Voigt 228. Der Eingang lautet: Gregorius etc. carissimo in Christo filio Belae primogenito carissimi in Chr. filii Andreae illustris regis Ungariae salutem et ap. benedictionem. 3) Cum carissimus in Chr. f. noster A. illustris rex Ungariae, in der Bulle an Bela. donasset B. an Bela. 4) licet idem rex — abstulisset — restituit — debe- bat. B. an Bela. 4 257 devicti , eonfusi, et reversi destiterunt. Quin etiam quidam ex illis dielis fratribus se dedentes, cum uxoribus et parvulis ad Baptismi gratiam convola- runt. Tu vero 5 terram ipsam ingrediens, cultam- que prospiciens, Fratres de terra, eis per Aposto- licam Sedem confirmata, ac sub eius protectione suscepta, per violentiam expulisti, non absque Ro- manae Ecclesiae iniuria manifesta, cum eadem terra nullum, praeter Romanum Pontificem , habeat Epi- scopum vel Praelatum ; eidem Ecclesiae duas mar- eas auri pro censu solveret annuatim. Et quamvis ©) piae memoriae H. Papa, Praedecessor noster, ac nos postmodum plures tibi affectuosas preces, et monita diligentia direxerimus, ut eis terram ipsam liberaliter redderes, nequaquam tamen fuimus exau- diti; quin potius idem Magister ad praesentiam tuam in spe vocatus, accedens, frustratus rediit, fatigatus multis laboribus et expensis, alias domo sua pro- pter hoc attrita variis et enormibus detrimentis. Ne igitur inexorabilis videaris, si, quod absit, sedu- etus pravis suggestionibus malignorum, reddere re- nuas, quod non “) potes salva conscientia retinere, Serenitatem regiam ®) rogamus, monemus et horta- mur in Domino, in remissionem tibi peecaminum “) iniungentes, quatenus conscientiae et famae tuae sa- lubriter consulens, cum peccatum minime remitla- tur, nisi restituatur ablatum, eisdem Magistro et Fratribus restituas terram ipsam, de damnis et ir- rogatis iniuriis satisfactionem congruam impenden- do; ita quod veritati verax existens, te illi reddas 5) At rex praedictus — expulit violenter, quam tu detines non absque ete. 6) Et quamvis pluries tam praedieto patri tuo quam tibi affeetuosas — redderitis (redderetis). 7) quae non B. an Bela. 8) Serenitatem tuam. B. an Bela. 9) tuorum peceaminum. B. an Bela. Schullers Archib I. 2. 17 258 placidum et acceptum , qui acceptos provehit in sa- lutem, et nos tibi constituamur exinde non immerito debitores. Datum Laterani II. Kal, Maii. Pontifica- tus nostri anno V. (in der Bulle an Bela: VI. Kal. Maii ete.). 26. Gregorius ) — — dilecto filio — — Electo Penestrinensi , apostolicae sedis legato ete. Dileeti filii , magister et fratres hospitalis sanetae Mariae Teutonicorum, humili nobis et instanti conquestione monstrarunt, quod, quum carissimus in Christo fili us noster Andreas, Ungariae Rex illustris, eorum domui terram Borze 2) pia liberalitate donasset, si- cut in ipsius privilegio, aurea bulla munito, plene conspeximus conlineri, ipsi pro colenda et munien- da terra eadem 5), per quam Cumanis regnum Hun- gariae multipliciter perturbantibus frequens introitus et exitus habebatur, numerosam pecunjam expende- rent, ibi cum multo labore et proprii effusione eru- oris quinque castra fortia construendo. Sed licet idem rex eis terram abstulisset eandem, ipsam tan- dem restituit, ut debebat; quin etiam pro recom- pensatione damnorum ipsis ultra montes nivium par- tem contulit Cumaniae. In qua quum dieti magister et fratres castrum munitissimum construxissent, Cu- mani perterriti et dolentes, ademtam sibi ingressus et egressus facultatem, congregata ingenti multitu- dine bellatorum , fratres inibi commorantes hostili- 1) Aus der Eopie des Herrn Senators Trauſch. Voran ge— hen die Worte: Item literae apostolicae ad Eleetum Penestrinensem, apostolieae sedis legatum super terram (sie?) de Borza. Vgl. Haton, V. Bethlen 100. ff. Fejer III. 2. 503. ff. 2) Burze. B. F. 3) illa. F. 259 ter aggressi ſuerunt, sed Domino propitiante devi- eti, confusi, et reveriti destiterunt; quin etiam qui- dam ex illis, dietis fratribus se reddentes, cum uxo- ribus et parvulis ad Baptismi gratiam convolarunt, At rex praedictus, terram ipsam ingrediens , cultam- que perspiciens ), fratres de terra, eis per sedem Apostolicam confirmata, et sub eius protectione su- scepta , expulit violenter , non absque Romanae ec- elesiae iniuria manifesta; quum eadem terra nullum, praeter Romanum Pontificem , habens episcopum vel praelatum , eidem Eeclesiae censualis existat. Et quamvis piae memoriae H. papa, praedecessor no- ster, ac nos postmodum pluries praedicto regi affe- etuosas preces et monita diligentia direxerimus, ut eis liberaliter redderet terram ipsam, nequaquam tamen fuimus exauditi; quin potius idem magister ad praesentiam regis in spe vocatus, accedens fru- stratus rediit, multis fatigatus laboribus et expen- sis, alias domo sua propter hoc attrita variis et enor- mibus detrimentis. Quare idem magister et fratres suppliciter flagitarunt, ut, cum rex, seductus sug- gestionibus malignorum,, inexorabilis videatur, nihil aliud asseverans, nisi quod restitutio ipsius terrae pro eo, quod magna est, suis filiis et Baronibus displiceret , faceremus sibi iustitiam exhibere. Ne igitur videamur deferre homini contra Deum, cui est contra omnes homines deferendum, diseretioni tuae, de cuius circumspectiöne plenam in Domino fidu- ciam obtinemus, per apostolica scripta mandamus, quatenus eundem Regem, et Belam, filium eius, ut conquerentibus restituant terram ipsam , de damnis illatis , et irrogatis iniuriis satisfactionem congruam impendendo , prudenter efficaciter °) moneas et in- ducas. Quod si forte monitis non acquieverint, tu 4) prospieiens. B. 5) prudenter et efficaciter. B. F. 17* 260 partibus convocatis, audias causam; et, si de ipsa- rum voluntate processerit, debito fine decidas; fa- ciens (quod decreveris, per censuram Ecelesiasti- cam firmiter observari) ). Proviso, ne in terram ipsius Regis 7) — — speciale; alioquin causam re- mittas ad nos sufficienter instructam , praefigentes partibus terminum competentem, quo nostro se con- spectui repraesentent, iustam, auctore Domino, sen- tentiam recepturae. Testes autem, qui fuer int nomi - nati, si se gratia, odio, vel timore subtraxerint; censura simili, appellatione cessante, cogatis veri- tati testimonium perhibere ; non obstantibus litteris super his ad — — — Cracoviensem et Cuiaviensem Episcopos a sede apostolica impetratis. Datum Ana- gniae II. Ralend. Septembris, Pontificatus nostri an- no VI. 2). 27. Gregorius ) — Patriarchae Aquileensi, — et A. Episcopo Strigoniensi — Dilecti filii, Magister et Fratres Hospitalis S. Mariae Teutonicorum humili nobis et instanti conquestione monstrarunt : quod cum Charissimus in Christo filius noster A. Hunga. 6) Die eingeklammerten Worte find in der Copie durch ein etc. angedeutet. Ich gebe fie aus dem Abdrucke bei Fejer. 7) Was nach „Regis““ folgt und im Texte durch Klammern bezeichnet iſt, deutet die Copie durch die bloßen Anfangs⸗ wörter der Sätze, und wiederholte ete. an. Vollſtändig gibt den Text Fejer ; die bezeichnete Lücke zwiſchen nipsius regis““ und „speciale “ iſt aus Urk. 27. wo die nehmliche Clauſel vollſtändig vorkommt, leicht zu er⸗ gänzen. . 8) In — Copie bloß: Datum etc. dann: Ita invenitur de verbo ad verbum in Registro domini Gregorii Papae IX. Anno VI. Gapitulo CC. LXXXXII. Mar- tinus. Data Wiennae anno ab incarnatione domini Millesimo Ducentesimo Septuagesimo Nono. Quin- to Halendis Januarii. 1) Aus Fejer III. 2. 3g4. 261 riae Rex illustris eorum domui terram Borzae pia liberalitate donasset, sicut in ipsius privilegio au- rea bulla munito plene perspeximus contineri , ipsi pro colenda et munienda terra eadem, per quam Cu- manis Regnum Hungariae multiplieiter perturbanti- bus frequens introitus et exitus habebatur, numero- sam pecuniam expenderunt, ibi cum multo labore, et proprii effusione eruoris quinque castra fortia ex- struendo. Sed licet idem Rex eisdem terram abstu- lisset, eandem jipsam tandem restituit, ut debebat; quin etiam pro recompensatione damnorum ipsis ul- tra montes nivium partem contulit Cumaniae, in qua cum iidem Magister et fratres castrum munitissimum construxissent, Cumani perterriti, et dolentes, ad- emtam sibi ingressus et exitus facultatem, congre- gata ingenti multitudine bellatorum, Fratres inibi commorantes hostiliter aggressi fuerunt; sed Domi- no propitiante devieti, confusi et reveriti destite- runt, quin etiam quidam ex illis dietis fratribus se reddentes, cum uxoribus et parvulis ad Baptismi gratiam convolarunt, At rex praedictus, terram ipsam ingrediens , cultamque prospieiens, fratres de terra, eis per Sedem Apostolicam confirmata, et sub eius protectione suscepta, expulit violenter, non absque Romanae Ecclesiae iniuria manifesta, cum eadem terra nullum praeter Romanum Pontificem habens Epi- scopum, vel Praelatum, eidem Ecclesiae censualis existat. Et quamvis piae memoriae H. Papa, Prae- decessor noster, ac nos postmodum pluries praedi- eto Regi affectuosas preces et monita diligentia di- rexerimus, ut eis liberaliter redderet terram ipsam, nequaquam tamen fuimus exauditi; quin potius ipse Magister ad praesentiam regis in spe vocatus , ac- cedens frustratus rediit, fatigatus multis laboribus et expensis, alias domo sua propter hoc attrita va- riis et enormibus detrimentis. Quare idem Magister et fratres suppliciter flagitarunt, ut cum Rex sedu- etus suggestionibus malignorum inexorabilis videa- tur, nil aliud asseverans, nisi restitutio ipsius pro eo, quod magna est, suis filiis et Baronibus displi- ceret, faceremus sibi iustitiam exhiberi. Ne igitur videamur deferre homini contra Deum, cui est con- tra omnes homines deferendum, Fraternitati Vestrae, de quorum eircumspeetione plenam in Domino fidu- ciam obtinemus, per apostolica seripta in virtute obedientiae praecipiendo mandamus, quatenus eum- dem regem, et Belam, filium eius, ut conquerenti- bus restituant terram ipsam, de damnis illatis et ir- rogatis iniuriis satisfactionem congruam impendendo, sublato dilationis obstaculo, moneatis prudenter, et efficaciter inducatis. Quod si monitis non acquieve- rit, partibus convocatis audiatis causam , et si de ipsorum voluntate processerit, fine debito termine- tis, facientes , quod decreveritis, per censuras ec- elesiasticas firmiter observari, proviso, ne in ter- ram ipsius regis excommunicationis vel interdieti sententiam proferatis, nisi mandatum super hoc re- ceperitis a nobis speciale, Alioquin infra novem men- ses post susceptionem praesentium eam remittatis ad nos sufficienter instructam , et nihilominus, quod vos de hujusmodi — natura negotii nostis, plene nobis et fideliter exponatis, Praefigentes partibus terminum competentem, quo per procuratores idoneos et suf- ficienter instructos nostro se conspectui repraesen- tent, justam, auctore Domino, sententiam receptu- rae. Testes autem, non obstantibus litteris, super his ad Venerabiles Fratres nostros — Cracoviensem — Cuiaviensem Episcopos, seu dilectum filium no- strum — Praenestinum electum , tune in partibus illis fungentem legationis officio, a sede Apostolica im- petratis, de constitutione de duabus dietis edita in coneilio generali. Datum Perusii V. idus Octobris, Pontificatus nostri anno octavo, 263 Kritiſche Beiträge zur Wirdengefhidhte Hermannſtädter Capitels in Siebenbürgen, vor der Reformation. Von M. RN. Vorwort. Die Kirchengeſchichte Siebenbürgens vom XI. bis zum XVI. Jahrhundert vermißt man, fo wie die poli— tiſche Geſchichte dieſes Zeitraumes, noch immer in unſerer vaterländiſchen Literatur. Einzelne bekannte Data und Facta, die zur Aufhellung der Geſchichte dieſes Zeitraumes dienen könnten, leuchten zwar als einzelne Glanzpunkte hervor, allein noch find fie immer nicht geeignet, das fie umſchwe— bende Dunkel nur einigermaßen zu erhellen. Denn es ſind ihrer noch zu wenige an das Licht gezogen worden, und die Lücken zwiſchen ihnen ſind noch gar zu groß, um einen gehörigen Zuſammenhang derſelben ausmitteln, und den Far den der Geſchichte ununterbrochen fortſpinnen zu können. Zu dem Allem kömmt noch, daß die einzelnen ſo iſolirt da— ſtehenden geſchichtlichen Data und Facta, die wir bereits 264 haben, oft fo eneftelle, fo mißdeutet und am unrechten Orte angebracht erſcheinen, daß man an ihrer Richtigkeit nicht ſelten zweifeln muß, und 'senn diefes auch nicht bei allen der Fall iſt, man doch oft in Verlegenheit kommt, wie ſie für die wahre Geſchichte eigentlich zu benützen ſein möch— ten. Darum eben kann man noch immer nicht zu einem erfreulichen Ueberblicke der Geſchichte jenes dunkeln Zeit raumes gelangen. Wie mit der alten Kirchengeſchichte Siebenbürgens vor der Reformation im Allgemeinen, ſo verhält es ſich auch im Einzelnen mit jener der einzelnen Nationen des Landes, namentlich der Sächſiſchen Nation, und insbeſon⸗ dere der einzelnen Theile derſelben z. B. mit der Kirchen— geſchichte des Hermannſtädter Capitels. — Die ſes in vielen noch unbeleuchteten Rückſichten höchſt merk— würdige Hermannſtädter Capitel hat ſchon dadurch in der Literatur eine gewiſſe Celebrität erlangt, daß es unter allen Sächſiſchen Capiteln, ſo viel ich weiß, allein eine eigene ziemlich auseinandergeſetzte Reformationsgeſchichte beſitzt :), noch mehr aber dadurch, daß auch über die 1) Oas wichtigſte Werkchen, welches hierüber noch in frühern Zeiten erſchien, iſt: Oltardus (Andr.) Goneio solen- nis et extraordinaria complectens initia et pro- gressum Reformationis primae Eeelesiarum Saxo- nicarum in Sede Cibiniensi, in Transylvanıa con- stitutarum etc. Gibinii Transylvaniae 1650. 4. aus welchem die ſpätern Schriftfteller des XVII. u. XVIII. Jahrhunderts ihre Nachrichten über die Neformationsge- ſchichte des Hermannſtädter Capitels gewöhnlich zu ſchö⸗ pfen pflegten. Neuer und vorzüglicher aber iſt: Seivert Goh.) Beiträge zur Religionsgeſchichte bon Hermannſtadt in Siebenbürgen von den Jahren 1521 — 1546. — Dieſer Aufſatz befindet ſich in: Ungriſches Magazin, oder Bei⸗ träge zur Ungriſchen Geſchichte, Geographie, Naturwif- ſenſchaft ꝛc. IV. Band. Preßburg 1787. 8. S. 154— 211. Noch neuer iſt das ſehr verdienſtliche Werkchen: Schul- fer (Joh Gar.) Historia eritica Reformationis Ec- clesiarum V. Gapituli Cibiniensis, Prolusio pri- 265 noch ältern innern geiftlichen Angelegenheiten dieſes Ca⸗ pitels, vor allen andern ſächſiſchen Capiteln in Siebenbür⸗ gen, am meiſten von verſchiedenen Gelehrten der früheren Jahrhunderte geſchrieben worden iſt. Damit man ſich aber einen Begriff machen könne, wie es in der Literatur der alten vaterländiſchen Geſchichte überhaupt noch ausſieht, ſo betrachte man nur die Kirchengeſchichte des Hermanns ſtädter Capitels. Nimmt man alles, was darüber bekannt und geſchrieben worden iſt, zuſammen, ſo iſt man doch nicht einmal ſoweit darin gekommen, um mit Sicherheit beſtimmen zu können: „wer vor der Reformation eigent⸗ lich der Prälat oder das geiſtliche Oberhaupt des Capitels geweſen ſei.!“ — Denn bald nennt man in dieſer Hinſicht den Dechanten des Hermannſtädter Capitels, ſo wie er es in den übrigen Sächſiſchen Capiteln zu ſein ſchien, bald den Her mannſtädter Probſt (Praepositus Eeclesiae St. Ladislai de Cibinio), bald den Milk o⸗ ver Biſchof, bald den Erzbiſchof von Gran, manchmal auch den Pabſt ſelbſt; ja man könnte ſogar zum Ueberfluße die Behauptung aufſtellen, daß das Her: mannſtädter Capitel vor der Reformation eigentlich gar kein dergleichen unmittelbares geiſtliches Oberhaupt, oder wenigſtens keinen ſolchen Prälaten gehabt habe, wie ihn das Alterthum für die übrige Chriſtenheit bezeichnet. ö Was aber bei allen dieſen verſchiedenen Anſichten noch das Sonderbarſte iſt, iſt der Umſtand, daß Jeder, der einer oder der andern dieſer Meinungen beitritt, feine Be—⸗ hauptung urkundlich zu erweiſen und zu erhärten im Stande iſt, und alſo Jeder, wenn man es ſo nehmen will, Recht haben kann. Wie ſehr dieſer einzige Umſtand die wahre Geſchichte dieſes Capitels erſchwere, ja faſt unmög⸗ ma origines restauratae doctrinae ad eladem usque Mohäcsensem enarrans ete. Cibinii 1819. 8. Als das allerneuefte verdient hier genannt zu werden: Moeckesch (Frid.) Historia Reformationis Capituli Cibiniensis inde ab anno 1526. usque ad annum 1545 suceineta, Cibinii 1834. 8. 266 lich mache, iſt wohl leicht einzuſehn. Die hauptſächlichſte Urſache hievon ſcheint darin zu liegen, daß jeder frühere Forſcher, von einem gewiſſen geſchichtlichen Vorurtheile ſchon beherrſcht, über dieſe Gegenſtände aburtheilte. Denn ſo lange man dieſe vorgenannten und ähnliche Erſcheinungen in der Geſchichte dieſes Capitels nur nach angenommenen Principien beurtheilen, und ihre Darſtellung durchführen will, nicht aber den einfachen, vorliegenden Thatbeſtand ſo nimmt, wie er ſich im Alterthum darbietet; ſo lange man ferner den tiefer liegenden Grund und die Urſachen jeder Erſcheinung nicht auffindet und aufdeckt; ſo lange man endlich die Zeitperioden, in denen jene Erſcheinungen vorkommen, nicht ſtrenge von einander trennt, und alle mög lichen Umſtände, unter denen ſie einſt Statt fanden, ges nauer als bisher erwäget: ſo lange wird man ſich, wie bisher von den größten Forſchern der Ungriſchen Geſchichte geſchehen iſt, auch in Zukunft vergebens bemühen, jemals mit der alten Kirchengeſchichte dieſes Hermannſtädter Ca⸗ pitels ins Reine zu kommen. Niemand hat ſich wohl tiefer, aber ebenſo, wie ſeine Vorgänger, mit wenigem Glück und Erfolge in das dunkle Labyrinth der ältern Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels hineingewagt, als der um die vaterländiſche Ge— ſchichte überhaupt höchſt verdiente Joſeph Benkö, namentz lich in ſeiner Milkovia 2). In dieſem gelehrten Werke hat der Verfaſſer nicht nur die bis noch vollſtändigſte Kirchen- geſchichte und Chorographie Siebenbürgens, beſonders aber die älteſte Geſchichte des Hermannſtädter und Burzenlän— der Capitels, die ausſchließlich zur Milkover Diöceſe einſt gerechnet wurden, zu liefern geſucht, ſondern auch Alles, was über dieſen Gegenſtand damals in gedrukten Werken bekannt war, und für ſein Thema geeignet ſchien, mit un— ermüdetem Fleiße geſammelt, und dadurch ſein Werk zu 2) Benkö (Jos.) Milkovia sive antiqui Episcopatus Milkoviensis per terram Transylvanicam, maxima Dioeceseos suae parte, olim exporrecti explana- tio etc. Viennae. 1781. 8. Tom. II. 267 einer wahren Fundgrube für die Siebenbürgiſche Kirchen— geſchichte gemacht. Allein da der gelehrte Verfaſſer fuͤr die Geſchichte des Hermannſtädter Capitels ohne alle Aus— wahl geſammelt, und Wahres und Zweifelhaftes, ja offen bar Unrichtiges, leider oft ſo zuſammengeſtellt hat, daß viele an ſich ſchon verwickelte geſchichtliche Gegenſtände beſonders dadurch, daß der Verfaſſer den am allerwenig⸗ ſten dazu geeigneten Milkover Biſchof zum Prälaten des Hermannſtädter Capitels erheben wollte, noch ſchwieriger gemacht worden ſind: ſo geſchah es, daß er nothwendiger Weiſe, von einem falſchen Princip ausgehend, bei der Ausführung dieſes Planes in ſeiner Milkovia die ältere wahre Geſchichte dieſes Capitels durchaus verfehlen und entſtellen mußte, und man darf ſich daher eben nicht wun⸗ dern, wenn der gelehrte Schlözer in ſeinen krit. Sammlungen zur Geſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen Seite 500 ſo weit gehet, Benkö's Milkovia für eine gegen die geiſtlichen Rechte der Sachſen abzielende Erdichtung anzuſehen. Bei alle dem iſt jedoch das belobte Werk für jeden Forſcher der Kirchengeſchichte Siebenbürgens unentbehrlich, und wird daher auch mir bei einigen meiner nachfolgenden Abhand— lungen über das Hermannſtädter Capitel zur Grundlage dienen. Seit Benkö's Zeiten hat ſich, ſoviel ich weiß, mit dieſen Gegenftänden kein Schriftſteller ernſtlich befaſſet, vielmehr wiederholt man auch heut zu Tage, wenn man eben davon ſprechen muß, alte angenommene Meinungen, die ſich zwar nicht mit einander vereinigen laſſen, wohl aber ſo ziemlich mehr oder weniger darauf hinaus laufen: daß der noch im XII. Jahrhundert bald nach der Ankunft der Sachſen in Siebenbürgen in Hermannſtadt eingeſetzte Probſt mehrere Dechanten Sächſiſcher Capitel, und namentlich den Dechanten des Hermannſtädter Capitels, als untergeord— nete Aufſeher über die einzelnen Eccleſien dieſer Capitel, unter ſich gehabt habe; daß dieſer Probſt eigentlich unter den Milkover Biſchof gehöret, und dieſer Biſchof unter dem Erzbiſchofe von Gran geſtanden habe. Dieſe und mehrere ähnliche Meinungen, wie fie auch in Benkö's Mil: kovia größtentheils vorkommen, und hin und wieder in neuern Zeiten manchmal wieder aufgefriſcht werden, ſind allerdings der allgemeinen kirchlichen Verfaſſung Ungarns ganz angemeſſen; nur Schade daß ihre Richtigkeit ſich in der Geſchichte des H. Capitels nicht nachweiſen läßt, und ſie meiſtentheils, wie an ſeinem Orte gezeigt werden ſoll, weiter nichts als leere, aus Mangel an hinlänglicher Kenntniß des Gegenſtandes von einigen früheren Gelehr⸗ ten aufgeſtellte Hypotheſen ſind. * Da ich nun über mehrere Gegenſtände der ältern Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels einige nä⸗ here Aufſchlüße, als bisher geſchehen, geben zu können glau⸗ be, und dieſer literariſche Gewinn vielen Freunden der va⸗ terländiſchen Geſchichte nicht unwillkommen ſein möchte; da aber auch leicht einzuſehen iſt, daß jener gordiſche Kno— ten, der die dunkle Vorzeit umſchließt, mit einem einzigen Machtſtreiche nicht gelöſet werden könne, — und mir die Wahl frei ſteht, entweder die einzelnen frühern irrigen Meinungen über die kirchlichen Verhältniſſe des Hermann⸗ ſtädter Capitels kritiſch zu beleuchten, — was allerdings ein ſehr verdienſtliches, aber auch ein vor der Hand bei zu wenigen Vorarbeiten noch faſt unmögliches, oder doch wenigſtens ein ſehr weitläufiges Unternehmen ſein würde — oder aber eine ganz neue Bahn für die Geſchichte zu bre— chen, und anſtatt alte Meinungen nothdürftig zu widerle⸗ gen, lieber neue Quellen für die Geſchichte zu öffnen; ſo halte ich es für zweckmäßiger, das Letztere zu ergreifen, und will daher in dieſen Beiträgen, nur in ſoweit es unums gänglich nöthig iſt, auf die frühern Hypotheſen Rückſicht nehmen, deſto ſorgfältiger aber die reinen Quellen der Ge⸗ ſchichte aufſuchen und anzeigen, und aus dieſen eine Reihe von Abhandlungen über einzelne Gegenſtände aus dem Ge— biete der alten Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capi—⸗ tels, und auch die nöthigen Materialien dazu, ſo weit ich es im Stande ſein werde, liefern, die, in ihrer Verbindung fi) gegenſeitig erklärend, zuletzt einen nicht ganz undeut⸗ 269 lichen Ueberblick über das Ganze der ältern Kirchenge— ſchichte des Capitels, gewähren und dieſe jedenfalls fördern dürften. Die einzelnen Abhandlungen, die ich demnach in die⸗ ſes vaterländiſch-literäriſche Archiv gelegentlich einzurücken Willens bin, ſind namentlich folgende: 1. bo 8 * 12. Die Dechanten des Hermannſtädter Capitels vor der Reformation, ſo vielen derſelben ich auf die Spur kommen konnte. „Ueber die älteſte Haupt⸗ oder Parochialkirche zu Herz mannſtadt. Ueber die Hermannſtädter Probſtei de St. Ladislao. . Ueber die Zehentgeſchichte des Hermannſtädter Capi— tels vor der Reformation. . Ueber die Bulligeros. Ueber die Milkover Diöcefe. „Ueber die beabſichtigte Vereinigung der Milkover Diö⸗ ceſe mit dem Graner Erzbisthum. . Ueber einige innere Urſachen, warum in Siebenbür⸗ gen die Reformation im Hermannſtädter Capitel ih⸗ ren Anfang nehmen mußte. . Ueber die Kerzer Abtei. 10. 11. Ueber die Egreſer Abtei. Ueber einige andere Klöſter und Convente im Um: fange des Hermannſtädter Capitels — und endlich mehrere kleinere Abhandlungen verwandten In⸗ halts, die zur Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Kapitels vor der Reformation gehören. Es find dieſes, wie man leicht ſieht, lauter Gegen- ‚fände, die meiſtentheils auch bisher zwar nicht ganz un⸗ berührt geblieben, wohl aber noch immer nicht in ihr ge⸗ höriges Licht geſtellt worden ſind. Dechanten des Hermannſtaͤdter Kapitels vor der Reformation. Verzeichniſſe der Prälaten hat man ſtets für weſentliche Stücke der Kirchengeſchichte ihrer Diöceſen angeſehn, und daher finden wir in der Literatur auch viele dieſer Art Verzeichniſſe faſt von allen Prälaten des Un— gariſchen Reiches. So kann und darf demnach auch in der Kirchengeſchichte des Hermannſtädter Capitels ein Ver— zeichniß der Dechanten deſſelben um ſo weniger fehlen, da dieſe Dechanten jedenfalls die Hauptrolle im Kapitel ſpielten, und ohne einen Dechanten ein Sächſiſches Capi— tel gar nicht denkbar iſt, mithin dieſe Würde auch vor der Reformation eine nothwendige, wichtige, und die höchſte Würde im Sächſiſchen Clerus, und namentlich auch im H. Capitel von jeher war. Dem ohngeachtet iſt mir in der vaterländiſchen Literatur nirgends ein Verzeichniß der Dechanten des Hermannſtädter Capitels vorgekommen 5). 3) Der ſelige Sei vert in feinen vortrefflichen, für die va⸗ terländiſche Literatur unſchätzbaren Werke: Nachrichten von Siebenbürgiſchen Gelehrten und ihren Schriften. Preßburg 1785. 8. S. 424 erwähnt zwar einer Abhand⸗ lung: De Abbatia Herzensi und de Decanis Gibi— niensibus eorumque praerogativis, welche Georg Soterius AA. LL. et Phil, Magist. Pfarrer in Stol⸗ zenburg und von 1762 — 1765 duch Dechant des Her— mannſtädter Capitels noch als Syndicus im Capitel mit vielem Beifalle vorgeleſen habe; allein da dieſe Abhand- lung der Nachwelt unbekannt geblieben iſt, und ſelbſt Seivert ſie nicht geſehen hat, ſo läßt ſich auch nicht ent— ſcheiden, ob ſie einige dieſer Dechanten vor oder nach der Reformation namhaft gemacht, oder ein Verzeichniß derſelben geliefert habe. 271 Der felige Pfarrer Joh. Seivert der ſich um die va: terländiſche, und beſonders die ſaͤchſiſche Nationalgeſchichte ganz ausgezeichnete Verdienſte erworben, hat uns zwar un— ter andern ſchätzbaren Werken auch mehrere höchſt müh— ſam zuſammengetragene Verzeichniſſe geliefert z. B. 1. Ein Verzeichniß der Katholiſchen Biſchöfe Sieben- bürgens „). 2. Verzeichniß der Grafen der Sächſiſchen Nation in Siebenbürgen ). 3. Verzeichniß der Provinzial-Bürgermeiſter zu Her— mannſtadt „). 4. Verzeichniß der Superintendenten der Augsburgiſchen Confeſſionsverwandten in Siebenbürgen *). 5. Verzeichniß der Hermannſtädter Sächſiſchen Stadt: pfarrer 8). 0 4) Seivert (Joh.) weiland Pfarrers in der Evang. Gemein⸗— de zu Hammersdorf, unweit Hermannſtadt, Entwurf der Siebenbürgiſchen Katholiſchen Biſchöfe zu Weißen⸗ burg. — Er befindet ſich in der Siebenbürgiſchen Quar⸗ talſchrift. 1. Jahrgang. Hermannſtadt 1790. 8. S. 171 bis 208. 249— 282. 3545 —576. 5) Die Grafen der Sächſiſcheu Nation und Hermannſtädti⸗ ſchen Königsrichter im Großfürſtenthume Siebenbürgen, entworfen bon J. S. (Joh. Seivert) — Befindet ſich im Ungriſchen Magazin. Band II. S. 261502 und Band III. S. 129—165. 595—432. 6) Die Provinzial⸗Bürgermeiſter in Hermannſtadt im Groß⸗ fürſtenthume Siebenbürgen von J. S. (Joh. Seivert) — Befindet ſich in Sieb. Quartalſchr. 2. Jahrg. Herm. 1791. S. 154—206. 255—506. 516—552. — und iſt auch als ein eigenes Werkchen 1792 bei Hochmeiſter in Hermann⸗ ſtadt erſchienen. | 7) Skizze der Superintendenten Augsburgiſcher Confeſſion im Großfürſtenthum Siebenbürgen. In Sieb. Quartalſchr. B. 11. S. 1—55. — Iſt auch ein eigenes für ſich beſte⸗ hendes Werkchen unter dem Titel: Kurze Geſchichte der Superintendenten Augsburgiſcher Confeſſion im Groß⸗ fürſtenthum Siebenbürgen, bei M. v. Hochmeiſter 1792 8. erſchienen. 8) Die Sächſiſchen Stadipfarrer zu Hermannſtadt, entwor⸗ fen von Joh. Seivert. Hermannſtadt. 1777. 8 9 272 6. Sogar Verzeichniſſe der in jeder Gemeinde des je— tzigen Hermannſtädter Capitels ſeit 1327 geweſenen Pfarrer ). ö Jedoch an einem Verzeichniſſe der Dechanten des Herz mannſtädter Capitels, — welches er, ein Mitglied dieſes Capitels, als ein willkommenes ihm nahe liegendes Ihe: ma, bei der Menge der Materialien, die ihm für die Säch⸗ ſiſche Nationalgeſchichte überhaupt, und die Kirchengeſchichte insbeſondere, zu Gebote ſtanden, vielleicht noch am vollſtän⸗ digſten hätte liefern können, — hat Seivert meines Wil | ſens nie gearbeitet, und ſich vielmehr bloß damit begnüget, im letztgedachten Verzeichniſſe der Pfarrer des Hermann⸗ ſtädter Capitels bei einigen gelegentlich, gleichſam nur im Vorbeigehn, es anzumerken, wenn irgend einer dieſer Pfar⸗ rer zugleich auch Dechant geweſen. Was den gelehrten Seivert wohl an der Bearbeitung eines Aufſatzes über die Dechanten des Hermannſtädter Ca⸗ pitels gehindert habe, weiß man nicht; vielleicht aber war es der Umſtand, daß er über die eigentliche Stellung des Hermannſtädter Dechanten noch zweifelhaft, über den Her⸗ mannſtädter Probſt ganz ungewiß, und mit dem Milkover Biſchofe durchaus nicht im Reinen war, wie dieſes meh⸗ rere Aeußerungen darüber in feinen genannten geſchichtli⸗ chen Aufſätzen, und auch Benkö's Milkovia zeigen, indem nämlich Benkö das meiſte, was er in dieſem Werke über das Hermannſtädter Capitel geſagt hat, und nicht aus be⸗ reits früher gedruckten und bekannten Werken ſchöpfen konn⸗ te, hauptſächlich den Mittheilungen unſers, wenn gleich nicht genannten, Seiverts zu verdanken hat. — Dem allem un⸗ geachtet iſt dennoch dasjenige, was Seivert zu einem Ver⸗ zeichniſſe der Dechanten des Hermannſtädter Capitels in jenem letztgedachten Verzeichniſſe der Pfarrer einzelner Ge— 9) Chronologiſches Verzeichniß der Pfarrer des Hermann⸗ ſtädter Capitels, ſeit dem Jahre 1527 bis auf gegenwär⸗ tige Zeit. — Befindet ſich in den Siebenbürgiſchen Pro⸗ pinzialblättern 2. Band. Hermannſtadt 1807 S. 105-155. 195— 220, 5. Band ebend. 1808. S. 121. 273 meinden deſſelben mitgetheilt hat, noch das einzige und da⸗ her auch das beſte, was wir über dieſen Gegenſtand Lite⸗ räriſches beſitzen, und wird mir daher bei allen feinen Män⸗ geln zum Leitfaden meiner Beiträge zu dieſem Thema die— nen; um ſo mehr, da es, wie geſagt, ſonſt keine andere Vorarbeiten hiezu gibt, und ich überzeugt bin, daß Seivert ſeine mitgetheilten Nachrichten aus den beſten, wenn gleich mir zum Theil unbekannten Quellen geſchöpft habe. Dieſem meinem Verzeichniſſe der Dechanten des Herz mannſtädter Capitels finde ich für unumgänglich nöthig ei⸗ nige allgemeine Bemerkungen vorauszuſchicken, die ſowohl dieſem Verſuche, als auch allen nachfolgenden oben er: wähnten Abhandlungen über die Kirchengeſchichte des Her— mannſtädter Capitels als Einleitung dienen können. Sie betreffen nehmlich folgende Gegenſtände: A. Etwas über die eigentliche Bedeutung der in der Siebenbuͤrgiſch-ſächſiſchen Kirchengeſchichte ſehr häufig vorkommenden Worte: Capitulum, Capitu- lares, Decanus und Decanatus im Allgemeinen genommen. B. Ueber die Diszeſen, zu welchen die ſächſiſchen Capitel in Siebenbürgen , und namentlich das Her⸗ mannſtädter Capitel gehörte. C: Einige Umriſſe der älteſten Grund verfaſſung der Hermannſtädter Provinz, folglich auch der einzel— nen Sächſiſchen Capitel derſelben, und namentlich des Hermannſtädter Capitels. D. Einige Andeutungen über die politiſchen Ver ä n⸗ derungen, welche die ehemalige Grundverfaſſung der Hermannſtädter Provinz einſt erlitten, ohne die kirchlichen Verhältniſſe und Inſtitutionen derſelben im mindeſten zu berühren. E. Ueber die eigenliche Bedeutung der Worte: Capitu- lum, Capitulares, Decanus und Decanatus in der Sächſiſchen Kirchengeſchichte insbeſondere oder im Ein⸗ zelnen genommen. Schullers Archib 1. 2. 18 274 F. Ueber die Schwierigkeiten ein vollſtändiges Verzeichniß der Dechanten des Hermannſtädter Ca— pitels vor der Reformation zu liefern. Wie auf den erſten Anblick dieſer ſechs Abſchnitte kir— chen⸗hiſtoriſcher Gegenſtände zu erſehen iſt, können dieſe Erz örterungen, die ich zunächſt als eine Art Einleitung zu den Dechanten bezeichne, auch als einzelne für ſich beſtehende Themata und Abhandlungen gewiſſermaßen betrachtet wer— den. Um alſo dem Uebelſtande vorzubeugen, der mögli— cher Weiſe daraus entſtehn könnte, wenn ich zuerſt dieſe Abhandlungen vorausſchicken, dann das nackte Verzeichniß der Dechanten nachfolgen laſſen, und endlich die parerga anhängen wollte; ſo will ich lieber auch dieſes Verzeichniß der Dechanten gleichfalls in ſechs Abſchnitte theilen, und jedem derſelben eine der genannten Abhandlungen voran— ſchicken. A. Etwas uͤber die eigentliche Bedeutung der in der Siebenbuͤrgiſch⸗ſaͤchſiſchen Kirchengeſchichte ſehr häufig vorkommenden Woͤrter: Capitulum , Capitulares, Decanus und Decanatus im All⸗ gemeinen genpmmen, Es ift hier bereits mehrmals von Sächſiſchen Capi⸗ teln und Dechanten die Rede geweſen; in welchem Sinne aber dieſe Ausdrücke in der Sächſiſchen Kirchengeſchichte gebraucht werden, darüber iſt noch keine Erklärung gegeben worden. Daß Ungarn, fo wie alle Staaten der abendlän⸗ diſchen Chriſtenheit, in kirchlicher Hinſicht in Erzbisthü— mer, Bisthümer, Abteien, Probſteien u. ſ. w. im Alters thum eingetheilt war, und es gegenwärtig zum Theile noch iſt, wird wohl allgemein bekannt ſein. Capitulum heißt hier jedes Collegium Presbiterorum, Ganonicorum irgend einer Cathedralkirche, — Capitularis iſt jeder 275 Domherr oder jedes Mitglied dieſes Capitels — De- canus, ſo wie Praepositus, Cantor, Custos u. ſ. w. find beſondere Titel beſonderer Würden und Aemter, die ein— zelne Domherrn oder Capitulares an einer ſolchen Cathe— dralkirche bekleiden. Der Ausdruck Decanatus kommt hier im Alterthume höchſt ſelten vor, kann aber nichts anders, als die Würde oder das Amt eines Dechanten an einer Cathedralkirche bezeichnen. Andere hievon ganz abweichende Bedeutungen haben dieſe genannten Wörter in der Siebenbürgiſch-ſächſiſchen Kirchengeſchichte hauptſächlich aus dem Grunde, weil die politiſche Verfaſſung der Sachſen in Siebenbürgen, und befonders jene der ehemaligen Hermannſtädter Provinz ih: ren Geyſaiſchen Grundinſtitutionen gemäß ganz abweichend von der Verfaſſung der übrigen Ungriſchen Comitate des Landes war, die kirchliche Verfaſſung der Sachſen aber, dieſer ihrer bürgerlichen ganz gleich geſtellt, mit der Un— griſchen Kirchenverfaſſung auch keine Aehnlichkeit hatte, und weil es überhaupt auf dem Gebiete der Sachſen in Siebenbürgen weder biſchöfliche noch ſonſt Cathedral— kirchen und folglich auch keine Canoniei irgendwo gab ne). Es konnten demnach bei ſo bewandten Umſtänden jene fraglichen Ausdrücke: Capitulum, Capitulares, Deca- nus und Decanatus, die, wie geſagt, in der Sächſiſchen Kirchengeſchichte demohngeachtet ſehr häufig vorkommen, 10) Um jedem Mißverftande vorzubeugen, muß erinnert wer— den, daß vor der Reformation wohl mehrere Pfarrer des Hermannſtädter Capitels auch Canonici waren. So 3. B. finden ſich bei Seivert: die Sächſ. Stadtpfarrer. S. 5 und 7 zwei Plebane zu Hermannftadt als Cano⸗ nici angegeben: Antonius 1446. Canonicus an der Al⸗ benſer Cathedrale, und Martinus Huet, Canonicus zu Großwardein. Dergleichen Canonici an auswärtigen Ec⸗ cleſien, ja auch Biſchöfe in partibus, ſind zu verſchiede⸗ nen Zeiten noch viele andere Plebane des Hermannſtäd— ter Capitels geweſen, niemals aber an inländiſchen Säch⸗ ſiſchen Cathedralkirchen, deren es im Sachſenlande nie— mals und nirgends gegeben hat. ’ 18* / 276 bei den abweichenden kirchlichen Verhältniſſen der Sachſen in jener oben beſtimmten Bedeutung durchaus keine An— wendung finden. Das Land der Ungarn und Szekler in Siebenbürgen war der Regel nach in mehrere geiſtliche Kreiſe oder Spren— gel, Archidiaconate, eingetheilt, welche von allem Anbeginn zur Siebenbürger Diözefe gehörten und die Albenſer biſchöfliche Kirche zur Cathedrale hatten. Das Land der Sachſen, oder beſſer die einzelnen kleinen Sächſiſchen Pro— vinzen (Provinciae, Comitatus oder Partes regni Hun- gariae ultrasilvanae saxonicales) deren es in Sieben⸗ bürgen der Zahl nach vier gab, die in politiſcher, geo— graphiſcher und kirchlicher Hinſicht von den übrigen par— tibus ultrasilvanis durchaus getrennt erſcheinen, waren zwar auch in mehrere geiſtliche Kreiſe oder Sprengel ein— getheilt; allein dieſe beſtanden nicht nur unabhängig von einander, und jeder ſelbſtändig für ſich, ſondern auch uns abhängig von den Archidiaconaten des Landes; ja fie ger hörten urſprünglich und anfänglich auch nicht einmal zur Siebenbürger, um ſo weniger zu irgend einer andern bi— ſchöflichen Diözeſe des Ungariſchen Reiches, ſondern fie waren in der Vorzeit ſogenannte exemte geiſtliche Kreiſe, und gehörten als ſolche ihrer Natur nach ausſchließlich und unmittelbar in spiritualibus nur unter die Oberauf— ſicht des Erzbiſchofs von Gran, als des immerwährenden Primas Regni Hungariae, — Zu welcher Zeit, wie, und auf welche Art und Weiſe die meiſten dieſer exemten geiſt— lichen Kreiſe des Sachſenlandes zur Siebenbürger Dioözeſe gekommen ſind, wird an ſeinem Orte geſagt werden. Dieſe exemten geiſtlichen Sprengel des Sachſenlan— des in Siebenbürgen hatten weder im Lande noch außer halb deſſelben eine Cathedrale. Innerhalb ihrer eis genen Grenzen konnte gleichfalls, ihren Grundinſtitutionen gemäß — die weiter unten auseinander geſetzt werden fol len — nie und nimmermehr eine Cathedralkirche entſtehen; es konnte alſo auch niemals Canonici einer Sächſiſchen Kir— che geben, und folglich jene Wörter in der oben bezeich— 277 ? neten Bedeutung in der Sächſiſchen Kirchengeſchichte nie: mals gebraucht werden. Vielmehr heißt im Bereiche des Sachſenlandes Capitulum eigentlich nichts anders, als ein für ſich beſtehender geiſtlicher Sprengel des Sachſenlandes, Capitularis jeder Pfarrer, deſſen Eccleſie zu einem ſolchen Capitel oder geiſtlichen Kreiſe gehörte. Und weil der je— desmalige Archipresbiter, (wie ihn eine Urkunde von 1223 nennt) den ſich dieſe Capitulares zum Vorſteher ihres Ga: pitels aus ihrem Mittel ſelbſt wählten, ausſchließlich De- eanus hieß, fo wurde ein ſolches Capitulum oder ein fol- cher geiſtlicher Sprengel, dem ein Decanus vorſtand 11), auch Decanatus genannt. Capitulum und Decanatus find daher, in fo fern dieſe Ausdrücke einen kirchlichen Spren⸗ gel oder geiſtlichen Jurisdictions⸗ oder Inſpectionskreis des Sachſenlandes bezeichnen, ganz gleichbedeutend, und kom— men in der Sächſiſchen Kirchengeſchichte meiſtens unter die: ſer Bedeutung vor. Einige andere Nebenbegriffe jedoch, die beide Ausdrücke mit ſich führen, will ich weiter unten im fünften Abſchnitte anführen, wo ich Gelegenheit nehmen werde, dieſen Gegenſtand ſo viel als möglich erſchöpfend zu erledigen, und bemerke hier nur noch ſchließlich, daß es dieſer Art Sächſiſche Capitel oder Decanate, zu denen auch das Hermannſtädter gehörte, in Siebenbürgen der Zahl nach einſt XVI. gegeben, und noch gegenwärtig eben fo viel gibt 2). Ihre Namen, die Zahl und die Namen 11) Es gab vor und nach der Reformation, und gibt auch gegenwärtig mehrere Sächſtſche geiſtliche Sprengel, de— nen kein Dechant unmittelbar vorſteht, ſondern bloß ein Offieialis oder Surrogatus offieii decanalis; daher nennt man dieſe Kreiſe auch nicht Capitula ſondern Surrogatiae , und fie erſcheinen als pertinentiae zu ih⸗ rem betreffenden Hauptcapitel oder Decanate, 12) Von den frühern vor der Reformation beſtandenen XVI. Sächſiſchen Capiteln oder Decanaten in Siebenbürgen ift eines: Capitulum oder Decanatus de Spring (Ge- ſpreng) — welches den am linken Ufer des Marosflußes gelegenen Theil des Unteralbenſer Comitates größtentheils umfaßte, und in den erſten Decennien des XIV. Jahrhun⸗ 278 der einzelnen Ortſchaften, die urſprünglich zu jedem dieſer Sächſiſchen Capitel gehörten, zu erforſchen, fällt antiqua— riſchen Unterſuchungen anheim, die vor der Hand außer dem Bereiche dieſer Beiträge liegen; den heutigen Beſtand dieſer XVI Capitel aber — die übrigens durch die Länge der Zeit ſehr zuſammengeſchmolzen find, und an geogra— phiſchem Umfange vieles verloren haben — findet man in mehreren zur Kirchengeſchichte gehörigen Werken, wie auch namentlich in vorgedachter Milkovia Benkö's im II. Bde. Seite 93. und im II. Bande von Seite 210 sqyg. an⸗ gegeben. derts durch die Streitigkeiten mit dem Siebenbürger Bi- ſchofe berüchtigt wurde, — ſeit undenklichen Zeiten faſt ganz eingegangen. Seine Ueberreſte bilden heut zu Tage die zum Unterwälder Capitel gehörige Zeckeſcher (Szekäser) Surrogatie. — Ein zweites Capitel, nehmlich das ſogenannte Kiralyer (Hiräly Némethi, Baiers⸗ dorf im Biſtritzer Diſtriet) iſt im XV. Jahrh. dem eigent⸗ lichen Biſtritzer Capitel einverleibt worden. — Hin⸗ gegen erſcheint jetzt das ehemalige Hermannſtädter Capi⸗ tel nach den drei Sächſiſchen Stühlen, die es einſt um⸗ faßte, in den neuern Geſchichtscompendien in drei Ca⸗ pitel getheilt und dargeſtellt, ſo daß es heut zu Tage ebenfalls, wie vorhin, der Zahl nach XVI. Sächſiſche Ca⸗ pitel in Siebenbürgen gibt. i A Zählt man aber die Benennungen, unter denen die Sächſiſchen Eapitel zu verſchiedenen Zeiten des Alter⸗ thums und in verſchiedenen Urkunden vorkommen; fo wird man wohl mehr als zwanzig ehemalige Sächſiſche Capitel in Siebenbürgen nachweiſen können. Allein die ſes kommt theils daher, weil manches Capitel unter zwei bis drei verſchiedenen Namen erſcheint — je nach dem Hauptorte des Kreiſes, oder nach der Eccleſie deſſelben Ortes, bisweilen auch nur nach dem zeitweiligen Aufenthalte des Dechanten — theils daher, weil oft auch bloße Sur— rogatien unrichtiger Weiſe als Capitula angeführt wer⸗ den. Dieſe verſchiedenen Namen der Sächſiſchen Capitel jedoch mitzutheilen iſt hier ohne bedeutende Abſchweifung vom gegebenen Thema nicht wohl möglich. 279 Die Dechanten des Hermannſtaͤdter Kapitels. 1150 (?) — 1279. unbekannt. 1280 9) NICOLAUS, Pfarrer in Stolzenburg. — Seivert in Siebenb. Prov. Blättern 11. 130. gibt zwar die⸗ ſes Jahr nicht beſtimmt an, ſetzt aber die Decanal— würde dieſes Pfarrers in die Zwiſchenzeit von 1279 bis 1299. Da nun aber Nicolaus vom Jahr 1282 bis 1299 Pfarrer in Stolzenburg nicht ſein konnte, ſondern der zunächſt folgende Dechant es war, ſo bleibt für dieſen Nicolaus nur die Zwiſchenzeit von 1279— 1281 übrig, und, weil er nur in dieſer Zeit Pfarrer in Stolzenburg ſein konnte, ſo habe ich auch fein Dechantenamt hypothetiſch auf das Jahr 1280 (2), als das mittelſte, zu ſetzen erachtet. 1282 REUVNALDUSVN, Plebanus de Stolchunbercht, Decanus eee 1) Cibiniensis. Dieſer De⸗ chant und Pfarrer in Stolzenburg, welches letztere we: nigſtens er eine lange Zeit hindurch war, fehlt als folder im obgenannten Seivert ſchen Verzeichniſſe der Pfarrer dieſes Ortes. Uniuersis presentes litteras inspecturis. Lodo— merius miseratione diuina archiepiscopus Strigonien- sis eiusdemque loci Comes perpetuus. Salutem in largitore Salutis. Ad vniuersitatis vestrae noticiam tenore ‚preseneium volumus pervenire, Quod dilectus in domino filius REYNALDVS plebanus de Stolchun- berchi, Decanus prouincie Zibiniensis nomine suo et vice omnium plebanorum sui decanatus ad pre- senciam nostram accedens , originale priuilegiorum domini Philippi, archiepiscopi predecessoris nostri 15) Die Unrichtigkeit dieſes Ausdruckes wird an feinem Orte gerüget werden. 280 felicis recordationis sub Sigillo Religiosiorum viro- rum fratris Petri, vicary domus predicatorum et to- eius Conuentus eorundem de Zybinio, nobis exi- buit cum instancia supplicando, ut predietum origi- nale, confectum super quibusdam articulis, predi- ctis decano et plebanis ab eodem Phylippo archiepi- scopo concessis de gracia speeiali dignaremur no- stro priuilegio facere confirmari. Nos igitur petieio- nem ipsius decani considerantes non a racionis tra- mite discordare, sed congruam et consonam equi- tati . paternaliter admisimus cum effectu . tenores predictorum priuilegiorum presentibus litteris inseri facientes. Quorum quidem priuilegiorum huiusmodi sunt tenores. Phylippus miseracione diuina Sancte Strigoniensis ecclesie archiepiscopus aule Regis can- cellarius.. — — — Datum Strigonii . anno domini Me, CCe, Sexagessimo . IIII. Intrante Maio die Sex- to. Nos autem Sigillo et litteris predietorum fratrum predicatorum super ratihabitione intro seriptorum pre- dietorum priuilegiorum plenam fidem seu eredenciam adhibentes tenores eorundem priuilegiorum in pu- blicam formam presencium litterarum de uerbo ad uerbum translatas auctorizamus et confirmamus ac presentis scripti patricinio communimus. Incuius rei memoriam presentes litteras concessimus Sigilli no- stri munimine roboratas. Datum Strigonii anno do- mini Me. CG. LXXX>, secundo . quinto die Saneti Nicolai confessoris, Justum Indultum est redactum in publicum instrumentum per Michaelem Tabri pu- blicum notarium. Ex autographo. 1283 — 1301. unbekannt. 1302. WALBRVNVS, Decanus Cibiniensis. In wel⸗ cher Gemeinde des Hermannſtädter Capitels diefer Dez chant damals Pfarrer geweſen ſei, läßt ſich nicht er⸗ rathen. Sein Name kommt bei Stolzenburg vor. Daß Walbrunus aber hier 1302 Pfarrer geweſen, 281 wie Seivert am angeführten Orte behauptet, iſt ganz unrichtig. Denn zu dieſer Zeit und auch ſpäter lebte noch jener Magister Raynaldus als Pfarrer von Stolzenburg, wie dieſes ein an ihn gerichtetes Schrei⸗ ben des Cardinals Gentilis vom Jahr 1309 bezeu— get 4). Walbrunus mag daher 1302 an einem an⸗ dern Orte, den die Urkunde nicht nennt, Pfarrer ge: weben, und nur nach dem Tode Reynalds nach Stol— zenburg verſetzt worden fein, ein Umſtand, wodurch Seivert wahrſcheinlich zur obigen Behauptung ver— leitet wurde. Universitas prouincialium sedis Cybiniensis et ad ipsos pertinencium, vniuersis christi fidelibus qui- bus presentes ostenduntur salutem in eo qui est omni- um bonorum retributor. Cum memorie nouercatur oblivio dignum est, ut acta temporaliter et gesta testimonio scripturarum fuleiantur, proinde ad vni- uersorum noticiam tam presencium quam futurorum harum literarum serie volumus peruenire, quod cum plebania Beate Marie Virginis de Castenholz per- mortem plebani ipsorum ibidem de jure vaqasset, et de facto populi et plebizani eiusdem ville pari vo- to concordantes, et tamquam patroni, de electione futuri plebani pertractantes, in personam fily nomine Petri Comitis Danyelis de eadem nullo discordante concordarunt et in vnum conuenerunt quod eundem Petrum suum in plebanum elegerunt, quem post hu- iusmodi concordem et vniformem electionem tam- quam filium obediencie viro honorabili domino WAL- BRVNO Decano Cybiniensi presentauerunt, suppli- cando, vt ipsum Petrum ad eandem plebaniam con- firmare dignaretur quem Petrum Dominus Decanus conspexit in nimia iuuenili etate esse constitutum , ait, quod juxta canonicas sanxiones eandem pleba- 14) Abgedruft bei Fejer Codex diplom. Hungariae Tom, VIII. Vol. 5. pag. 42—45. 282 niam tam in puerili etate non posset retinere neque posset confirmari, sed illi bene reciperent plebanias et confirmationes qui in tanta matura etate essent eonstituti qui ſa tempore suarum confirmacionum infra reuolueionem annualem in summum sacerdocy hono- ris gradum legittime valerent promoveri. Tandem premissus Dominus Decanus ad nostras humilimas peticiones inelinatus eundem Petrum coram Dominis et confratribus sui ipsius capituli Cybiniensis ad eandem plebaniam de Castenholz confirmavit, tali namque vinculo mediante quod decetero in eapitulo . Cybiniensi nunquam alicui puero non abili neque ha- benti etatem plebaniam recipiendi plebania nulla de- beret dari neque confirmacio deprecari, quod inquam vinculum assumpsimus et promisimus in filios filio- rum nostrorum et perpetue observare et tenere, et quod prehabitus tenor ratus gratus et irrefragabilis perhenniter perseueret, In cuius rei memoriam per- petuamque firmitatem , presentes conscribi fecimus et nostri pendentis sigilli munimine roborari. Datum Proxima tereia feria ante festum Beati Michaelis ar- changeli, anno Domini, Millesimo, trecentesimo, secundo. Ex autographo. 1303-1321. unbekannt. , 1322. WALBRUNUS, Decanus, plebanus de Stol- ezenberg. Wahrſcheinlich der vorige. Ob er aber von 1302 bis 1322 ununterbrochen Dechant geweſen, iſt vor der Hand nicht erweislich. Bei Seivert J. o. kommt er unter dieſem Jahr nicht vor. Excellentissimo domino suo KHarolo dei gracia regi Ungarie WALBRVNVS Decanus plebanus de Stolezenberg totumque Gapiiulum Cibiniense et vni- uersitas Saxonum prouincie Cibiniensis et ad eosdem pertinencium fidelium eiusdem humilium cum oratio- nibus in domino tam debitis quam deuotis perpetue fidelitatis obsequium indefessum. Gelsitudinis uestre 283 Regales literas priuilegiatas super libertatibus Ab- batis et conuentus Monasterii beate Marie in Berez ac possessionum eorundem obtentas in eongregatione nostra generali coram nobis publicatas reuerencia qua tenemur legi fecimus subseriptum in se conti- nentes tenorem: Harolus dei gracia Ungarie, Dal- macie, Croacie, Rame, Seruie, Galiecie, Lodome- rie, Comanie, Bulgarieque Rex. — — — (Sequuntur literae privilegiales Karoli Regis Hungariae — quas Fejer : Cod. dipl. Hung. Pom. VIII. Vol, II. pag. 328 — 336. vulgavit — super libertatibus Abbatiae Cisterciensis Ordinis B. Mariae Virg. de Candelis siue de Herez eodem anno 1322. emanatae) —— — datum per manus disereti viri magistri Johannis Pre- positi ecelesie Albensis aule nostre Vicecancellarii et archidiaconi de Kükülew dilecti et fidelis nostri anno domini Millessimo trecentessimo vigessimo se- eundo, quarto Halendas Februarii Regni autem no- stri similiter vigessimo secundo, Et nos quidem pretactum tenorem diligenter perspectum , et omnium sui parti perfectum inuen- tum de uerbo ad uerbum transcriptum presentibus et insertum regie Maiestatis vestre conspectui sub nota fidelitatis debite nostris sub sigillis humiliter duximus offerendum, Datum in Cibinio sabbato in- fra octauas Assumtionis Marie virginis gloriose. E Copiis synchronis literarum privilegialium Sigis- mundi Regis Hungariae a. 1418. pro Abba- tia de Rercz emanatarum. 1323 — 1326. unbekannt. 1327. NICOLAUS, Decanus Cibiniensis, Plebanus de Villa Epponis. Dieſes Dechanten, als Pfarrers in Neppendorf, erwähnt Seivert nicht nur in ſeinem Verzeichniſſe der Ortspfarrer 1. e. p. 115. ſondern auch in ſeinen Stadtpfarrern p. 4. b Nos NICOLAVS Decanus Cibiniensis Plebanus de Villa Epponis, significamus quibus expedit prae- 284 sencium per tenorem, Quod cum dominus Gotferdus, plebanus de Schellenberch dominum Joannem pleba- num de Helta, pro quibusdam decimis infra erectas Metas populorum de Helta exerescentibus coram.No- bis ordine Judieiario inpugnasset , partibus hineinde Multipliciter disceptantibus, tandem Dominus Got— ferdus tanquam homo Bonus conscientiam Suam per- ornans taliter loquebatur, Dominus de Helta de duo- bus Vnum eligat quod propono, aut ipse Quadra- ginta Viros de plebe mea eligat quorum Juramento et testimonio probem meas esse decimas supradictas, aut ego Viginti uiros de plebe sua eligam quorum Juramento probabit ipsas deeimas esse suas, Cum igitur dominus Johannes Plebanus de Helta per Vi- ginti personas, quas dominus Gotferdus de Schel- lemberch in Helta elegerat praedictas deeimas suas esse probare assumpsisset et termino sibi super hoc assignato ipsas Viginti personas nominatim per do- minum de Schallemberch electas cum aliis quam plu- rimis Honestis Viris de Helta coram Nobis in Ci- binio vt assumpserat statuisset et ipsi altari appro- pinquantes se pro ipsis deeimis ad Juramentum Vna- nimiter iniecissent Saepedictus dominus de Schellen- berch uidens ipsorum constantiam inmobilem ad iu- randum, ipsorum Juramenta ad proborum Virorum instantiam non recepit, Igitur cum Nobis et confra- tribus nostris Subscriptis, Videlicet domino Henri- co, plebano Cibiniensi domino Chomadro (Chon- rado) de Salisfodio, domino Ludouico de Ruffomon- te, Domino Petro de Calheim (Talheim) domino Jo- anne de Castenholez, et aliis pluribus probis viris, Nobis tune in Judicio assidentibus ipsas deeimas ad Plebanum de Helta pertinere evidentissime sit pro- batum, ipsas praefato Plebano de Helta et omnibus suis suecessoribus, auctoritate qua fungimur statui- mus, perpetue possidendas domino de Schellenberch et suis Successoribus, perpetuum Sileneium impo- 285 nentes ne ipsi supradietum dominum Joannem de Helta Vel suos successores in futuris temporibus ra- tione dietarum decimarum possint Vel Valeant ali- qualiter inpugnare, in cuius Rei testimonium, Si- gillum Nostrum, Vna cum Sigillo Capituli Cibinien- sis duximus appendendum, Datum in Cibinio Anno Domini Millessimo Trecentessimo Vigessimo Septi- mo, in festo Sancti Mauricii, Soceiorumque eius. Ex autographo literarum Confirmationalium Chri- stophori Bathori de Somlio Waiuodae Tran: silvaniae a. 1578. 1328 — 1335. unbekannt. 1336. WALBRUNUS, Decanus Zybiniensis, pleba- nus de Stolchunberk. Ob es derſelbe ift, der 1302 ſchon und 1322 Dechant war, bleibt unentſchieden. Seivert J. e. p. 130 hält ihn mit jenem von 1302 für eine und dieſelbe Perſon. Walbrunus lebte noch im Jahr 1344, ob als Dechant oder bloß als Pfar— rer, kann nicht beſtimmt werden. In dieſem letztge— dachten Jahre ließ er ſich einen Ablaßbrief auf 40 Tage, den er 1342 für eine „Allen Heiligen“ ge: widmete Capelle in Stolzenburg erhalten, vom Erz: biſchofe von Gran beſtätigen. Chanadius, dei et apostolice sedis gracia, Ar- chiepiscopus Strigoniensis, locique eiusdem Comes perpetuus. Omnibus christi fidelibus preseneium no- ticiam habituris, salutem in domino, benediccione cum paterna, Inter arduas, sollicitudinis nostre pre- lature curas, Illud precipue angit cor nostrum, et precordia nostre consideracionis pungit, et com- mouet, ut ecclesiarum dei status, nobis subiectus , insollencium temeritatibus exagitatus, nee non re- giminis tempore, sui releuaminis, suscipere valeret inerementum. Ad hoc enim, diuine pietatis clemen- eia, super specula, nos prouexit Culminis Pastora- tus: vt ecclesias dei in pacis puleritudine, et sui honoris ineremento, foveamus, et ubi earum statum 286 usu Sacrilego , prophana temeritas, inpugnaret, Ibi si non temporalis, saltem spiritualis gladius, pro- cederet ad vindietam, Hine est, quod Honorabiles, et discreti viri Carissimi in christo filii nostri uni- uersitates videlicet plebanorum Zybiniensium et de Brasso per sollempnes nuncios eorum, videlicet di- scretos viros, dominos WALBRVNVM Decanum Cy- biniensem, et plebanum de Stolchenberk,, ac Micha- elem Decanum de Brasso, nee non plebanum de Co- rona , et eciam vigore suarum literarum, sue com- munitatis Sigillis consignatarum , querulosas suas sup- plicaciones, nostris auribus eo modo propalarunt, Quomodo quidam ymmo plurimi, ipsius parlis Ha- bitatores, sua propria lucra sectantes, in preiudi- cium Status ecclesiastici , temporalibus non contenti, spiritualibus se immiscere, in contemtum diuini no- minis, et derogamen sue proprie salutis, nullatenus, formidarent. Spiritualia enim Judicia, sub examine Judiey secularis , disscernerentur; ymmo in vsum at- traxissent, Sacerdotum eciam decedeneium, bona ra- perent, et in suos vsus seculares , convertere non cessarent. Nee ipsi sacerdotes decedentes, in vita vel in morte, cuiquam legandi, haberent, faculta- tem, Tales eciam, in plebanos, et rectores cure animarum suarum, in locis plurimis, elligere essent assueti, qui annos discrecionis, et tempus legitimum non haberent, Nec parochialium populorum, sue cu- re ereditorum, animarum saluti, succurrere valerent - remedio opportuno, Nee eceiam ecclesiastica sacra- menta, digne impertire. Essent eciam plurimi pre- dictorum plebanorum, et eeclesiarum rectorum, ipsi- us partis, bonorum operum contumeliosi! qui, dum ydem plebani, et ecclesiarum Rectores, salutari re- medio, animarum suarum , consulere intendentes , aliqua pia opera, ad laudem ecclesie sancte, eter- norum contemplacione premiorum, et honorem ipsi- us Crucifixi, qui, proprii sui cruoris nece lapsum 287 humani generis vindicavit; disponere stabilirent, ver- bis, eorum aut factis, velut bonorum operum In- uidi, reprehendentes non permitterent, ipsum bo- num eorum proprium consumpmare ! Adhuc eciam, dum in ipsis partibus, pro legitima, et euidenti causa, per superiorem, generale imponeretur, in- terdietum , Religiosi seruare non eurarent; et sepis- sime ydem Religiosi, excederent, limites Juris Can- nonici contra plebanos, ecelesiarum, vel Rectores, perhocque, status ecclesiasticus, in suis libertatibus, plurimum vacillaret. Quidam eciam in plebanum uel Viearium , reeiperentur, non habentes dimissorias, uel formatas. In quorum personis, ambiguitas ge- neraretur utrum in ipsius Sacerdoty gradum essent per saltum promoti, vel legitime ordinati. Volentes igitur, premissis querulosis supplicacionibus ipso- rum, remedio 'accurrere salutari, ne amplius, talia, in derogamen ecclesiastice libertatis inualescant, sta- tuimus ut nullus nobilium , Comitum , Judicum , vel aliorum, quocunque nomine censeantur, ad Judieia spiritualia, ad forumque ecclesiasticum pertinentia, se intromittere audeat vel presumat. Sed omnes cause spirituales, per plebanos, vel ecclesiarum Rectores, quibus, de Jure competunt, Judicentur. Cum ea, que sunt Cesaris Cesari, et que dei, deo abdican- da fore, ewangelice concinant sanceiones. Quibus- libet Juribus , Archiepiscopatui Strigoniensi, con- gruere debentibus , nobis, et nostris in posterum successoribus , salve , illese, quoquam temporis suc- eessiuo currieulo, reseruatis. Nec eciam, aliqua bo- na, seu res, quorumlibet plebanorum, seu sacer- dotum, in vita vel in morte, quispiam rapere au- deat, aut in suum proprium usum deputare, Ipsi enim sacerdotes, vel plebani, de suis bonis, con- sensu sui superioris interveniente, de bonis suis in extremis liberam , testamentariam eondendi disposicio- nem, babeant faeultatem , preter bona , ecelesie sue de Jure debeneia pertinere ! Annnuimus eciam, quod patroni, et populi parochiales, neminem, annos di- serecionis non habentem, in plebanum, vel Reetorem, aliquarum ecelesiarum, elligere audeant ullo modo, nisi optenta, a nobis dispensacione speciali. Tales enim, in rectoratum ecelesiarum eligantur, qui infra annum, in gradum sacerdoty , legitime possunt pro- moueri. Indignus enim fore censetur, regimini presi- dere aliorum, qui regimine indiget ceterorum; nec eciam ea, que, ad laudem, uel honorem dei uiuen- tis, aut eeelesie, bona, per prenominatos plebanos, et ecelesiarum Rectores, speculatiua contemplaeione salutis, ordinantur, quispiam, uerbis, uel factis, aut reprehensionibus, audeat violare, Cum pie acta, et salubriter disposita, eterne compensacionis, bra- uium, sortiri dinoscantur. Et hee omnia, aut que- uis singula premissorum, perpetua durabilitate, uo- lumus obseruari. Si qui uero in premissis, uel sin- gulis premissorum, secus facere attemptauerit, per omnes plebanos, et ecelesiarum rectores, ipsius par- tis, ecelesiasticam per censuram, nostra auctoritate mediante, ex nune, uigore presentium, eis attribu- ta, constringantur , donec debita satisfactione, se emendent. Volumus eciam, ut ubicunque, in ipsis partibus, per superiorem, uel ex causa euidenti ge- nerale ecclesiasticum materia (9) interdietum imposi- tum, quibuslibet imponetur , Religiosi euiuscunque ordinis existant, cessent a diwinis cum plebanis . et ipsum interdietum firmiter observetur! Preterea, si exempti Religiosi , in locis non exemptis obmittendo seruare statutum Juris Cannonici , contra sacerdotes excesserint, Decanus Cybiniensis, iuxtaipsorum Re- ligiosorum, excessuum qualitatem in eos uindietam exercere possit, in loco non exempto. Juris tamen tramite observato. Nec eciam quispiam in plebanum, uel vicarium, assumpmi valeat, nisi suis dimissorys, et formatis, decano Cybiniensi, primitus presentatis! 289 In cuius rei memoriam perpetuamque stabilitatem pre- sentes concessimus nostras literas priuilegiales, pen- dentis Sigilli nostri munimine roboratas. Datum Stri- gony in festo beati Andree apostoli. Anno Domini M. mo ER XXX. mo Sexto. nig ö Ex autographo. 1337 — 1348. unbekannt. 1349. CHRISTIANUS, Decanus Cybiniensis pleba- nus de Magno Acre Diefes Pfarrers in Groß ſcheuern erwähnt auch Seivert 1. e. p. 133. Nos CHRISTIAN VS, Decanus Cy biniensis ple- banus de Magno Horreo Judex, et vicarius reue- rendi in ‚Christo, patris domini archiepiscopi Strigo- niensis Totumque eapitulum Cybiniense. Memorie eommendantes significamus vniuersis quibus expedit presencium per tenorem. Quod vir Honorabilis do- minus Stephanus plebanus de Helta ad presenciam nostri iudicii venit, et coram infraseriptis viris ydo- neis Judicio assidentibus confratribus nostris Johan- ne plebano de villa humperti domino Petro plebano de Hanbach, domino Johanne plebano de Alezina, domino Helwico plebano de Insula Christiani suas querimonias proposuit contra Dominum Goblinum plebanum de Schellenberg, Eomodo, Quod idem do- minus Goblinus ab illo tempore quod Heltam venis- set pro plebano, sibi de quodam territorio perti- nenti in Heltam, et ecclesie sue ibidem deeimas con- tra deum, et iusticiam , et contra jus commune de- duxisset, et recepisset, quod inquam territorium est situm inter aquam Schebs vocatam, et alium locum qui Steynrech appellatur, vbi plures eciam mete ere- ete sunt eireumqvaque, quas decimas nominati ter- ritorii ipse dominus Stephanus probauit esse sue ec- elesie in Helta per decretalem illam Cum contingat, bi dieit, quod percepcio decimarum ad parochia- les Reclesias de Jure communi pertineat, et contra Jus commune nee priuilegium nee prescripcio. pos- Schullers Archiv I. 2. 290 a sit allegari, et de Jure communi premisse decime pertinent ad dictam suam Ecclesiam in Helta, cum homines de Helta colant agros ipsius territorii, et longo tempore antea coluissent, et ipsi homines pre- diales ipsius territorii sint sui parochiani, et eum ipse dominus Stephanus eisdem suis parochianis (sie) administrat ecclesiastica sacramenta , ideo nullus ab ipsis temporalia exigat, qui spiritualia non mini- strat, et praediales decime de Jure.communi debent dari illi ecclesie in cuius territorio predia sunt sita et inveniuntur, verbi gracia, Predia dant deeimas vbi sunt homines vbi sunt sacra, Pereipiunt pecudes ubi nocte cubant et aluntur, Item per Jura vniuer- sorum prouincialium in Cibinium pertinencium, pro- bauit ipsas decimas ad ecclesiam in Heltam pertine- re, Eomodo, quia Jura ipsorum prouincialium talia sunt, quod vbicunque mete inter ipsos fuerint ere- ete, illue et decime secuntur (?) , quo territorium ipsa- rum metarum erectarum dinoscitur pertinere, Cum hoc ipsi prouinciales pro Jure communi habent et consuetudine, quod ubicunque in villis suis erigunt metas et faciunt, ibi et plebani percipiunt decimas, Cum sit Jus canonicum et Ciuile in probacionibus supratactis ipsius domini Stephani, Ob id uero ipse dominus Stephanus supplicauit ac postulauit secun- dum dictas probaciones sibi fieri iusticie complemen- tum, Cuius domini Stephani sepedietas probaciones per omnia justas judicauimus et rite et racionabili- ter productas considerantes, Premisso domino Ste- phano et dicte ecclesie sue, et omnibus aliis pleba- nis post ipsum venientibus in ipsam Heltam, pre- missas decimas perpetue pleno Jure adiudicauimus dare et seruire, contradictione qualibet non obstan- te, ipsi vero domino Goblino et ecclesie sue, et omnibus aliis plebanis successoribus suis preseneium vigore perpetuum sileneium imponimus deeimis pro eisdem, Ad maiorem supratacte adiudicaeionis nostre * 291 memoriam, plenioremque firmitatem presentes literas cum appensione sigillorum nostrorum videlicet si- gillo decanatus Cybiniensis, et sigillo premissi Ca- pituli Cybiniensis fecimus communiri. Datum et actum in Cybinio proxima tercia feria post festum beatorum martirum viti et Modesti, Anno incarna- eionis domini Millesimo CCCsimo Quadragesimo nono. Ex autographo, 1350. unbekannt. Wahrſcheinlich bekleidet in dieſem Jahr die Dechantenwürde entweder der zuvorgenannte Chri⸗ ſtianus oder der nachfolgende: 1351. NICOLAUS, plebanus in Parvo Horreo et Decanus Cibiniensis. Seivert J. e. p. 124. erwähnt zwar dieſes Dechanten unter den Pfarrern dieſer Ge⸗ meinde Kleinſcheuern, gibt aber kein beſtimmtes Jahr ſeiner Amtsführung an. IN nomine domini amen. Anno Incarnacionis eiusdem Millesimo CCC Quinquagesimo primo In- diecione quarta Pontificatus sanctissimi in Christo patris ac domini domini Clementis pape sexti anno decimo XXIIII die mensis octobris Hora nona vel quasi Nona In Cybinio in Ecelesia parrochiali que est in laudem virginis gloriose Marie Matris Christi Constructa in gradu ante summum altare in Choro situm dedicatum In honore virginis intacte suprascri- pte quod existit In presencia mea Notary et Testi- um subscriptorum Ibique quodam modo Conuenien- tibus Honorabilibus viris et discretis Quatuor seili- cet dominis et plebanis Ecclesiarum Capituli Cybi- niensis In sede residentibus Cybiniensi cum plena voce omnium dominorum et plebanorum jam dicte sedis vt veris et legittimis arbitris parte ex vna Qua- tuor vero dominis et plebanis sedis Schenk Etiam Capituli Cybiniensis dyocesis Strigoniensis Nomine et vice omnium dominorum et plebanorum sedis iam dicte Tanquam arbitris Canonice Creatis parte ex al- tera (Juasdam Constituciones pro Honore et viilitate 19? 292 Capituli Cybiniensis iugiter obseruabiles et semper irreuocabiles ordinauerunt et Constituerunt, quarum Constitutionum, Prima est ista, Si aliquis ad presenciam de- cani Cytatus fuerit et conuictus in Causa succubue- rit, Et satisfacere non Curauerit Tune idem Con- uietus siue reus debet amoneri vt Infra octiduum actori satisfacere non obtardet Cui monitioni si reus non pareret ipsam Cum effectu prosequendo Illico Cum Tota sua familia domestica uel inquilina su- spendatur Ecelesie ab ingressu Et si animo indura- to non satisfaciendo actori in pena suspensionis per octo dierum sequentium spatium reus aut conuictus vt prescriptum est obdormiret quod absit Protinus uinculo excommunicacionis innodetur Si uero ob- stinanti et Ceruice preoposo (9) in dieta excommu- nicatione reus actori non satisfaciendo per Tridu- um — — prohoraret (?) Continuo Ecelesiasticum debet poni interdictum et Cessari a Diuinis Hoctamen se- eluso si sacerdos ad sanguinis lederetur effusionem Tune absque omni interuallo Cessandum est a diui- nis et statim ecclesiasticum poni interdictum Secunda autem conditionem (sic) est ista Si ali- quis Citare voluerit partem aduersam quod decanus pro sigillo non plus nisi Tres nouos banales mone- te Consuete exposcat uel requirat quos III. banales reus si in Causa suceubuerit actori soluere Tenea- tur Sed si aliquis dominorum plebanorum de Capi- tulo Cybiniensi eguerit sigilli decani gratis decanus et sine pecunia largiatur eidem pro partis aduerse Citacione Tertia conditio est ista si aliquem liti Ceden- tem contingat facere Juramentum ad euadendum par- tem Agentem Domino decano non plus nisi viginti banales soluere Teneatur si autem duo Jurarent Tune pro quolibet iuramento decanus recipiat XX banales et sic erunt de duobus Juramentis banales XL Sed 293 si vltra Tres. aut quatuor uel quinque . uel sex uel plures quoteunque essent vnius cause gratia Jura- re contingeret et opporteret Decanus nil nisi Ferto- nem antiquorum banalium siue Fertonem argenti ex- torqueat et exposcat. 4 Ouarta Conditio est ista si post obitum alicu- ius plebani Capituli sepedicti in Ecelesiam vacantem alter per decanum vt consuetudo terre — — docet et priuilegia Testantur fuerit inuestiendus De pran- dio quod inuestitus facere tenetur nichil diriuetur decano parcialiter sed iuxta valorem Ecclesie col- late recepta pecunia pro vsu Capituli iam reserue- tur Communi dicti Cybiniensis prout consulunt do- mini de Capitulo seniores et diseretiores, Est vero conditio "Quinta, quod nullus uendat sue Eeclesie deci- mas futuras et non deseruitas sed deseruitas si pla- cet vendat quilibet dominorum de Capitulo supra- seripto cum seitu Tamen decani Cybiniensis Cuius Decani iam nominati literas habeat emptor Testimo- niales et recognitorias quas si non haberet literas emptio frustratoria sit et nulla Et si humanitus quod in vendente euenerit seilicet in exsolutione debiti Carnis vniuerse Cum iuxta dietum pauli Civitatem manentem non haberemus in hoe mundo emens ni- ebil in huiusmodi possit solueione ab successore quip- piam repetere nec repetendi habere facultatem Hoc Tamen addito quod pro satisfactione Talis litere Te- stimonialis et sigilli appressione in uenditione Deei- marum vt premissum est Decanus sine omni recla- matione Dimidium fertonem argenti vel antiquorum banalium sit percepturus et repetiturus, Conditio autem Sexta est ista si aliquis eitatus per decanum indebite aggrauaretur uel Citanti iuris non fieret - Gomplementum Ex Pune pars quecunque se per de- = canum pro Tune sentiret aggravatam ad Capitulum 294 seu dominos appellet Cibinienses Contra Judicis gra- uamen Indebitum exeipiendo ut ibi visis . . tis partis utriusque domini de capitulo id quod decre- verint parti utrique iudicent ad plenariam in quam partes stent contente Jurisdictionem Quod eeiam de- canus nullibi Judicet Etiam si aliquis In sede Schenk wel in sede Löskirchen in tempore succedenti elige- retur nisi in Ecclesia Cybiniensi ubi singulis Ter- tiis ſeriis ante altare beate virginis ad minus eum duobus assessoribus qui sint duo domini de Capitu- lo Cybiniensi iudicare et cum solempnitate Judieium Celebrare non obmittat Nee aliquam ferat senten- tiam Contra aliquem nisi de assessorum Consensu et si quam ferret sententiam decanus aliquis sine Certo scitu assessorum plenoque consensu hec sen- tentia frustratoria friuola irreputabilis sit quoque nulla, Sepiima quoque Conditio hee quod queeunque vel quotienscunque alique fiunt conuocationes ad ca pitulum sepedictum generale quod non nisi duo do- mini de sede Schenk quoscunque aly domini eius- dem sedis decreuerint mittendos venire et Capitulo interesse sint astricti nisi sit grandis causa vel in eleccione decani, Octava Conditio siue constitueio est quod in collectione Census prepositi quilibet debeat dare finum argentum iuxta sue ecclesie valorem in qua noseitur residere Collectori autem nihil ex toto dare pro ali- quo munere uel laboris recompensa Teneatur aliquis plebanorum sed ipse Collector a Censu quatuor do- morum sue ecelesie soluendo sit pro suo labore qui- tus et solutus pro sui laboris mercede qua totali, Nona et ultima est hee Quod pro satisfaceione Cimitery in aliquo homicidio a parentibus et relictis oceisi nichil repetere habeat decanus nee plebanus cuius oceisus extitit plebizanus sed a homicida et suis predicta satisfaccio scilicet pro Cimiterio est } 295 repetenda suaque bona mobilia uel immobilia proinde arrestanda et occupanda quousque decano et plebano satisfactum fuisse dinoscatur. Cum ergo ea que fiunt in Tempore simul vt labitur tempus elabescant Nos arbitri predicti incon- textu seilicet numero presentem (P). . . scriptio- nem (Pp) per Johannem Notarium publicum infra- scriptum publicari fecimus et in formam publieam mandauimus redigi per eundem et pro maiori Cau- tela sigillo nostro Cibiniensi Communiri Actum et Datum Anno Indictione Pontificatus Mense, Die Hora loco quibus supra Presentibus Dominis Domino sci- licet NICOLAO plebano in paruo horreo et Deca- no Cybiniensi domino Johanne dominoque Arnoldo plebanis in alcznonio et villa epponis diocis strigo- niensis Testibus ad prescripta vocatis Et ego Johannes Johannis de Linda publicus au- toritate imperiali Notarius hiis omnibus prout supra leguntur presens interfui et rogatus scri- psi et in hanc publicam formam redegi nomine que meo et signo sweto signaui in Testimoni- um omnium premissorum sub sigillo Capituli Cybiniensis presentibus Testibus supra Notatis. Ex autographo. 1352 — 1358. unbefannt. 1359. NICOLAUS, Decanus Capituli Cibiniensis nec non plebanus de Parvo Horreo, Höchſt wahrſchein⸗ lich iſt es der vorige, der auch möglicherweife von 1351 — 1359 Dechant geweſen ſeyn kann. In nomine domini amen. Nos NICOLAVS, De- canus Capituli Czybiniensis nec non plebanus in paruo horreo vna Cum fratribus in eodem Capitulo existentibus pertenorem presentis litere publice pro- - testamur tam presentibus quam futuris quibus expe- dit vniuersis, quod Reuerendus vir — — Dnus Ab- bas dekerz (de Herz) inpersona sui conuentus vni- uersitatem plebis dezektat (de Szakadät) aloquebatur 206 et Citando ipsos in presenciam nostram vt ‚Coram nobis in jure racione cuiusdam territorii compare- rent, verumptamen dominus abbas coram nobis pro- posuit loquendo quod literis ac instrumentis Rega- libus eundem velle (probare ?) quod predictum ter- ritorium pro quo lis vertebatur adelaustrum domus Hercz vero jure pertinere dignosceretur. pro hys vero racionibus per dominum Abbatem factis domi- no Abbati ac suis fratribus et parti aduerse videli- cet vniuersitati de zektat terminum assignamus com- petentem vt dominus abbas cum suis fratribus me- diantibus literis regalibus coram probarent inteneio- nem. Cumque inassignato termino ambe partes com- paruerunt dominus vero Abbas literis neque racioni- bus ostendebat suam intencionem vt quemadmodum susceperat vna cum suis fratribus probaturam Idee christi nomine inuocato cum eonsilio fratrum de Ca- pitulo Ego Nicolaus Decanus Capituli ezebeniensis absoluimus vniuersitatem plebis de zektat ab abbate et a suo conuentu et inconsequentibus vniuersitatem plebis dezektat ratione territorii pro quo lis uerte- batur absolutas (?) litera presenti pronunciamus Testes sunt dominus — — plebanus de helta , dominus — — plebanus deinsula ac döminus — — plebanus de Schel- lenberg et quam plures viri fide digni inter sacer- dotes et inter prouinciales In cuius rei euideneiam presens scriptum sigillo nostri Capituli fideliter jus- simus roborari datum anno domini Mülle°. CCCe,LIX Ex 3 1360 — 1363. unbekannt. 297 * Die antiken Münzen, eine Quelle der altern Geſchichte Siebenbuͤrgens. | 102 275 nach Chr. 1 (Fortſezung) IL, P. Aelius Hadrianus. Je fruchtbarer Trajans Münzen für die Geſchichte des alten Daciens find, und je zahlreicher fie in dieſer Hinz ſicht vorkommen, deſto ſeltener und ſteriler erſcheinen die unmittelbar auf unſer Vaterland ſich beziehenden Geldprä— gen Hadrians, welcher durch Vermittelung der Kaiſerin, Plotina, Trajans Thronfolger wurde. Trajan zog andere Männer von ausgezeichnetern Talenten und Verdienſten ſeiner Schweſter Marciana's Tochtermann vor, und konnte ſich nicht entſchließen, obgleich entblößt von nähern Anver— wandten, ihn zu ſeinem Nachfolger in der Regierung zu beſtimmen. Eine Thatſache, die den Hadrian tief ſchmer— zen, und zur Geringſchätzung der Eroberungen, die unſtrei— tig die Grundlage des trajaniſchen Ruhms bildeten, reizen mochte. Erklärbar iſt ſchon daher jene Seltenheit, bei der übrigens zahlloſen Menge anderer hadrianiſcher Münzen, die hier im Lande noch immer aller Orten ausgegraben werden; erklärbar vorzüglich auch aus dem Grunde, weil der neue Kaiſer den gefeierten daciſchen Helden und deſſen unſterblichen Ruhm, auch nur von ferne zu erreichen vers zweifelnd, beneidete. Wenigſtens wollte er, bald nach fei— nem Regierungsantritt, die Provinz, deren Behauptung unbeſchreibliche Mühe und Anſtrengung koſtete, aber auch unübertreffbare Talente entwickelte und ausgezeichnete Cele— 298 brität zur Folge hatte, wieder fahren laſſen; ſo wie er Tra⸗ jans bewundernswürdigſtes Werk, die ſteinerne Donaubrüs cke, wirklich abtragen und zerſtören ließ. Indeſſen ſuchte Hadrian, der Regent von ſchlimmen und guten Eigen- ſchaften, wie fein Biograph ihn darſtellt ), durch feine unternommenen Reiſen in faſt alle Provinzen des großen römiſchen Staates mit raſtloſem Eifer wohlthätig zu wir⸗ ken und ſich Verdienſte zu verſchaffen. Die zahllos dieß— falls geſchlagenen Münzen mit ihren eigenthümlichen At tributen, wodurch ſich die Provinzen von einander unter ſcheiden, ſind eben ſo ſchön als Kunſtwerk betrachtet, als unterrichtend für die Geſchichte. Nach Spartians Erzählung von dieſen Reiſen, ſchickte Hadrian ſeine Armee, — nach der beobachteten Reihefolge des Annaliſten zu urtheilen — im Jahre 119 n. Chr. Geb., gegen die tumultuariſchen, Aufſtand erregenden Sarmaten und Alanen, und folgte ſelbſt bis Möſien nach, ſetzte den Martius Turbo, den bisherigen Statthalter von Maurita⸗ nien, vor der Hand über Pannonien und Dacien, nach ihm aber den Cn. Papirius Aelius über Dacien allein **) und legte dieſe Unruhen, die an den Grenzen der Provinz Dacien ſtatt fanden, bei. In näherm Zuſammenhange ſcheinen dieſe geſchichtlich bekannten Thatſachen zu ſtehen mit den nachfolgenden in dieſer Zeit, oder nachher und wenigſtens zum Andenken an dieſe Begebenheit geſchlagenen Münzen: 1. HADRIANVS. AVG. COS. III. P. P. Hadri⸗ ans Kopf, bald mit dem Lorbeerkranz, bald ohne allen Kranz, auf AV. AR. K. 1. 2. ADVENTVI. MOESIAE. S. C. Ein Altar, an deſſen einer Seite der Imperator, auf der andern Moeſiens Ge— nius ſtehen, in der R. eine Schale, in der L. etwas uns beſtimmbares haltend. R. 1. M. C. *) Spartian. in Hadriano, Dio. %) Seiverti Inser. Nro. LXX. und Nro. XIII.“ 299 2. Dieſelbe Advers. EXERC. MOESIACVS, Der Kaiſer zu Pferde, hält an die Legionen eine Rede. K. 1. Vaill. Wenn Hadrian als Regent je Dacien bereiſete, ſo konnte es nur bei dieſer Gelegenheit geſchehen fein, wo er mit der Armee an den Ufern der Donau, in Moefien ſtand, und durch den erregten Aufſtand der Sarmaten und Alanen Veranlaſſung hatte den Boden Daciens, an deſ⸗ ſen Grenzen er ſich befand, zu betreten, und die dort in ihrem angewieſenen Standlager ſtehenden Legionen anzure⸗ den und zu muſtern. 3. Die nämliche Adv. DACIA. S. C. Eine über einem Felſen ſitzende Sable Geſtalt, den Genius Daciens vorſtellend, hält in der R. eine Seldfahne, in der L. einen krummen daciſchen Säbel. 4. Dieſelbe Adv. DACIA. S. C. Eine auf einem Berge ſi gend ruhende Frau, in der R. den Legionzadler, in der L. einen Zweig. einn; Die nämliche Adv. EXERGITYS. DACICVS. — Auf andern auch nur EXER. und EXERG. DAC. oder DACICVS — S. C. Der Sm; perator auf dem Pferde ſitzend, hält mit empor gehobener Rechten an die drei vor ihm ſtehenden Soldaten eine Rede. K. 1. M. B. Noch während der beiden daciſchen Kriege war, nach der Bemerkung feiner Biographen ), Hadrian unter ſei⸗ nem Vorgänger, Trajan, zweimal ganz beſtimmt in Da⸗ cien. Bei dem erſten Feldzuge befand er ſich im Gefolge des Kaiſers und, als Anverwandter, in deſſen unmittelba⸗ rer Nähe. Im zweiten daciſchen Kriege begleitete er als Oberſter der erſten Legion — der minerviſchen — denſel⸗ ben, that ſich hervor, erwarb ſich Achtung durch viele rühm⸗ liche Thaten, und wurde mit dem Edelſteine, einem Dias 95 Dio, und Spartian. in Hadriano 23. Md. 300 manten, den Trajan noch von dem Nerva erhalten , bes ſchenkt, und überhaupt zu ausgezeichnetern Ehrenſtellen er— hoben. Hadrians Erſcheinen in der Mitte Daciens zum drittenmal iſt höchſt wahrſcheinlich, obſchon weder durch Angaben der Annaliſten, noch aus den ſinnbildlichen Scul— pturen und Beiſchriften der numismatiſchen Schätze aus dieſer Zeit, bis noch ſtreng erweislich, falls nicht die zu— letzt angeführte Münze dafür Zeugniß geben kann. a m Allgemeinen können auch noch die folgenden Mün⸗ zen auf Dacien bezogen werden; welches eine bei Wetzel im Hunyader Comitat ausgegrabene Inſchrift unterſtützt ?). 6. IMP. CAESAR. TRAIANVS. HADRIANVS, AVG. P. M. TR. P. COS. III. Hadrians Kopf mit dem Lorbeerkranz auf den . 1. mit der Strahlenkrone auf den P. 2. RESTITVTORI. ORBIS. TERRARVM. S. C. Der mit der Toga bekleidete und ſtehende Imperator ſucht eine ihr Knie beugende weibliche Geſtalt, welche den Kopf mit einem Thurme bedeckt hat, und in der L. eine Kugel hält, zu erheben. K. 1. M. C. 7. Dieſelbe Adv. 5 4 LOCVPLETATORI. ORBIS. TERRARVM. Der Sim: perator ſitzt auf einer Bühne, neben ihm ſteht die Libera— lität, welche aus dem Füllhorn auf zwei unten ſtehende Bürger Schätze herabſtrömen läßt. K. 1. M. C In näherer und ausdrücklicher Beziehung auf Da— cien ſtehet hingegen folgende eherne Münze Hadrians: a 8. HADRIANVS. AVG. COS, II. P. P. Hadrians . Bild mit dem Lorbeerkranz. RESTITVTORI. DACIAE. Den Typus von dieſer Münze hat Mediobarbus, der ſie allein nur anführt, nicht ange— geben. Da es die einzige angefuͤhrte iſt, ſo muß man mit Recht ihre Echtheit, bis eine gleiche, entweder aus andern numismatiſchen Sammlungen, oder durch Ausgrabung ent— deckte, dieſelbe beſtätiget, in Zweifel ziehen. „) Seiv. Inser. No. X. 301 * Es gibt demnach, außer andern, wie ſchon aus den oben angeführten Stempeln abzunehmen iſt, vier Gattun⸗ gen dieſer in der That ſchönen und unterrichtenden Mün⸗ zen, die größten Theils von Bronze, folglich auf Befehl des Senates geſchlagen, und überhaupt ſehr häufig auch in Siebenbürgen gefunden und allgemein verbreitet ſind. Dieſe beziehen ſich ſämmtlich auf Hadrians im Umfang des coloſſaliſchen Reichs unternommene Reiſen, auf welche derſelbe die meiſte Zeit ſeines Lebens verwendete, vielen Reiſebeſchwerlichkeiten und Entbehrungen ſich unterwarf, aber zugleich auch von Allem ſelbſt Einſicht nahm und ſich über⸗ zeugte, Ordnung ſchaffte und Wohlthat. Aus der erſten Claſſe (4.) dieſer Münzen, welche die ſinnbildliche Darſtellung der Länder, Städte, Flüße, wohin Hadrian reiſete, enthalten, beſitzen wir ſelbſt in Privat⸗ ſammlungen einige. Aber die aus der zweiten (J.), wo die Freude über des Kaiſers Ankunft — ADVENT VS. AVG. — ausgedrückt wird, mangelt uns noch zur Zeit. Eine aus der dritten Claſſe (7. 8.), welche die allegoriſche Vorſtel⸗ lung der Gutthaten, womit der Kaiſer den bedrängten Provinzen beiſtand und aufhalf, darthut, ſchenkt uns Me⸗ diobarbus. Das Daſein und Beſitzthum eines auf Dacien Bezug habenden Exemplars aus der vierten Claſſe (2. 5.) endlich, welches in Siebenbürgen häufig vorkommt, und ſich auf die in den verſchiedenen Provinzen vertheilten Legio- nen und Cohorten beziehet, die der Kaiſer zu ihrer Pflicht ermahnte und fort und fort in den Waffen übte, wird wohl Niemand weder ſtreitig machen, noch deſſen Aecht— heit verdächtigen. 1 0 * III. Antoninus Pius. Antonin, Hadrians adoptirter Nachfolger, einer der würdigſten und beliebteſten Regenten in der Weltgeſchichte, verdiente nicht nur durch raſtloſe Thätigkeit, unbeſtechliche Gerechtigkeitsliebe und ſeinen menſchenfreundlichen Wunſch, die ganze Welt glücklich zu machen, ſondern auch durch 302 fein frommes unfträfliches Leben überhaupt, ſchon beim Ans tritt der Regierung den Beinamen des Frommen (Pius), Nach einer Inſchrift aus Epheſus, die Muratori bekannt macht, führt er die Namen ſeiner beiderſeitigen Aeltern: T. Aurelius Fulvus Bonjonius Arrius Antoninus; und ſehr gewöhnlich auf den erſten Prägen des unter ihm gang— baren Geldes: T. Aelius Hadrianus Antoninus. Er regierte 23 Jahre von 138 bis 161 nach Chriſti Geb. mit gro: ßem Ruhme. Da die Ausbeute der Münzen Antonins mit Bezie— hung auf die alte Geſchichte Siebenbürgens oder Daciens ſehr klein iſt, und ſich bis noch, meines Wiſſens, blos auf eine oder zwei, wenig von einander abweichende Prägen, beſchränkt, ſo will ich wenigſtens die zweifache Zeitrech— nung, von Erb. der Stadt Rom und Chriſti Geburt mit den Conſuln bemerken, und darunter die in dieſes Jahr nothwendig hingehörenden zwei Geldſtücke anſetzen. Weh . n 9 TR. P. II. COS. II. DES. III. P. M. IMP. II. Viel⸗ leicht auch der Anfang von P. P. Antonino Pio Aug. II. C. Bruttio Praesente II. Cos. Nach dem Capitolin nahm vom Senate Antonin den Ehrennamen des Vaters des Vaterlandes, nachdem er zus vor ihn ausſchlug, endlich mit den Aeußerungen des größ- ten Dankes während des zweiten Conſulats und des zwei⸗ ten Tribunates an, welches durch ſeine Münzen dargethan werden kann. Vorher noch und auch bald darauf ſcheinen die nachfolgenden, mit einer großen Menge ähnlicher auf die verſchiedenen Provinzen ſich beziehender Münzen, ge— ſchlagen worden zu ſein. 1. ANTONINVS. AVG. PIVS. P. P. Antonins Kopf mit dem Lorbeerkranz; auf andern auch ohne allen Schmuck. DACIA. COS. II. S. C. Eine ſtehende weibliche Geſtalt, in der R. eine Hügelreihe (monticuli), in der L. eine Feldfahne haltend. K. 1. (Vaill. Theop.) 2. Die nämliche Vorderſeite. COS. II. S. C. DACIA. Eine weibliche Figur ſtehend, in der R. einen umgewendeten Helm, in der L. eine Fahne (labarum) . Beinahe jede römiſche Provinz — ſelbſt befreundete, fremde Reiche nicht ausgenommen, — zeigen nach dieſer Art auf dem gangbaren Gelde den Genius des Landes vorgeſtellt, der eine Krone oder ein Käſtchen darreicht; mit dem dazu geſetzten Namen der Provinz oder des Reichs, und zugleich mit den ihnen eigenthümlichen Attributen. Noch unter den alten Griechen wars Sitte, Mächti⸗ gen, denen man entweder aus Zuneigung oder aus Furcht huldigen wollte, goldene Kronen darzubringen. Der Ge⸗ brauch war einträglich, und fand auch bei den Römern Eingang. Die Geſchichte erwähnt oft der goldenen Kronen, die von den Städten und Völkern den römiſchen Feld⸗ herrn, noch mehr den römiſchen Kaiſern bei außerordent⸗ lichen Begebenheiten — Adoptionen, Thronbeſteigungen, Siegen, und bei Empfang irgend eines neuen Ehrenna⸗ mens — überreicht wurden. Die Anfangs willkürliche Gabe verwandelte ſich in ein Zwangsgeſchenk, und unterſchied ſich vom ſchuldigen Tribut blos durch einen feinern Namen, welches den Provinzen zuletzt ſehr läſtig fiel, beſonders da es Regenten gab, wie Commodus Caracalla und Elagabal, die bei den geringfügigſten Vorfällen auf Verehrungen der Art Anſpruch machten. Die Gaben beſtanden übrigens nicht immer in wirk⸗ lichen Kronen, ſondern eben ſo oft in gemünztem oder un⸗ gemünztem edeln Metalle — Krongold, aurum corona- rium genannt —, das in Kiſtchen oder Gefäßen verſchloſ— ſen von den Abgeſandten überreicht wurde. Bei Antonins Regierungsantritt erſcheinen die Abge⸗ ſandten der Provinzen mit den goldenen Kronen. Daß die Abgeordneten unſers Daciens nicht zurückgeblieben ſind, beweiſen oben ſtehende Münzen. Nach Capitolin “) erließ * *) Gapitolin, in Antonino, Pio 35. 304 nach dem Beiſpiele Hadrians, feines Vorgängers, der gü⸗ tige Kaiſer dieſes Geſchenk Italien ganz, den Provinzen zur Hälfte. * * 0 Auf der Kehrſeite der erſten Münze ſtreckt die weib— liche Figur die rechte Hand aus, nach Eckhels Erklärung: mit der Strahlenkrone. Die zweite enthält ein mit dem Krongolde verſchloſſenes Kapſel. Nur dieſe, und keine an— dere Beziehung auf eroberte Provinzen oder gedemüthigte Völker konnten demnach die angegebenen Münzen haben. Denn obgleich Antonin, nach Spartian ), Aufſtände der Britten, Germanen, Dacier, und anderer durch ſeine Ge— nerale dämpfte, ſo waren doch ſämmtliche Provinzen unter ſeiner langen Regierung im blühendſten Wohlſtande und im Frieden. Eine Ausnahme in dieſer Hinſicht macht die einzige Münze, die auf ein beſiegtes Volk, die angeführ⸗ ten Britten, BRITANNIA, deutet, wie auch der Typus der Victoria deutlich es beweiſet. Der Legat, Lollius Ur— bicus, überwand fie **). b Nach gefundenen Inſchriften verwalteten unter der Regierung Antonins, des Frommen, als Legaten und Pro— prätoren die dacifche Provinz: Ruſtrius Sulpitianus, C. Clodius, M. Statius Priscus, L. Annius Italicus, und Surrianus ). 17 . Hier hören nun, zwiſchen Antoninus Pius und Sep⸗ timus Severus, zwei der ausgezeichneteſten Regenten, die ſich unmittelbar auf Dacien beziehenden Münzen gänzlich auf. 5 Des Zuſammenhanges wegen dürfte es aber nicht über- flüßig ſein, die Reihenfolge der Kaiſer ferner zu beobachten, und Einiges, beſonders was Dacien betrifft, und was ges lehrte Zeitgenoſſen in dieſer Hinſicht aufzeichneten, wenn gleich nur als Bruchſtück, beizufügen. Es folge demnach der Trefflichſte der Antoninen, Marc. Aurel. *) Spartian. % Eckh. VII. p. 14. Doctr. num. %) Seiv. inser. rom, No. XIV. XV. XVII. XIX. XX. 305 IV. Aurelius Antoninus. (der Philoſoph.) Im Jahre 161 nach Chriſti Geb. beſtieg er den rö— miſchen Thron, zu dem ihn Antoninus Pius, noch auf Veranlaſſung Hadrians, wegen feiner ausgezeichneten Ei— genſchaften, ſowohl in Hinſicht der Herzensgüte, als auch der Gelehrſamkeit, auserkor und adoptirte. Seine großen wiſſenſchaftlichen Einſichten — er glänzte ſelbſt als Schrift— ſteller — erwarben ihm den ehrenvollen Beinamen des Weltweiſen. Es find von ihm noch zwölf Bücher es zaurov (an ſich ſelbſt) übrig. Den Commodus — L. Aurel. Be: rus — feinen auch vermittelſt Adoption erlangten Bru— der, nahm er zum Mitregenten an. Die erſte Aufſchrift ſeiner Münzen war: AVRELIVS CAESAR AVG. PII. F. Als Auguſtus ſelbſt: IMP. CAES. M. AVREL AN- - TONINV AVG. Hiezu kamen die Titel der überwunde— nen Völker: ARMENIACVS, PARTHICVS MAXIM VS; 2 einigen ſeltenen: MEDICVS. von den beſiegten Me— dern, und endlich: GERMANICVS, SARMATICVS. Von Marc Aurel iſt bis jetzt keine unter ſeiner Re— gierung geſchlagene Münze, mit unmittelbarer Beziehung auf Dacien, vorgekommen; obgleich er mit den an der Donau wohnendeu unruhigen ſarmatiſchen Völkerſchaften, den Jazygen, Markomannen, Quaden u. a. lange und bei— nahe die ganze Zeit ſeiner Regierung blutige Kriege führte, und bei Demüthigung derſelben und den Verträgen und Frie— densſchlüſſen, beſtändig mit beſonderer Hinſicht auf Dacien verfuhr. ni Nach Dio, dem nahen Zeitverwandten, ſchloßen eis nige dieſer daciſchen Nachbarvölker mit ihm Bündniſſe, er— hielten Unterſtützung an Geld, und ſahen ſich, im Bunde mit Rom, ermächtigt einen angränzenden Dynaſten, Tar— bus, der in Dacien einfiel, Brandſchatzung forderte, und im Weigerungsfalle ſie mit förmlichem Kriege bedrohte, von ihren Grenzen abzuwehren. Andere bekamen Ländereien in Dacien. Den Jazygen erlaubte er innerhalb Dacien mit den Rorolanern Handel zu treiben, wozu ſie doch in Schullers Archiv I. 2. 20 306 jedem Falle beim Statthalter die Erlaubniß nachſuchen ſollten ). Clemens wird in dieſer Zeit als Statthalter Daciens erwähnt *). Früher mochte Pertinax, der nach— malige Kaiſer, dieſen Poſten bekleidet haben ). Im Jahre 161 nach Chriſti Geb. als Marc. Aurel das dritte, und Verus das zweite Conſulat zählten, nennt eine bei Karlsburg aus den Trümmern Apuleums ausge— grabene Inſchrift den Publius Furius Saturninus als Proprätor und deſignirten Conſul, obſchon die Fasti con- sulares die letztere Würde verſchweigen. Später, 166 nach Chr. G. nach der Rückkehr des Verus aus dem parthiſchen Feldzuge, als beide Kaiſer über die Parther triumphirten, verwaltete der verdienftvolle Prä— fect der XIII. Legion, C. Rutilius Cocles, als kaiſerlicher Legat und Proprätor die Provinz. Derſelbe war wegen energiſcher Verwendung bei der daciſchen Expedition mit der heiligen Mauerkrone geſchmückt worden ““). Noch ſpäter, während Marc. Aurels Alleinherrſchaft, und als Verus bereits unter die Götter gezählt ward, kommt Quirinus Frontonicus, der Sohn des M. Claudius Ti. als Leg. Aug. und Propätor Daciens und Obermöſiens auf einem noch unedirten in Bretteli bei Herrn v. Balint eingemauerten Marmor vor. Die weiße marmorne Tafel, von etwa vier Schuh Höhe und drei Schuh Breite, iſt gleichſam in einem ſteinernen ſchönen Rahmen eingefaßt, und enthält folgende, vor fünf Jahren im Hatzeger Thale in Varhely ausgegrabene und gut erhaltene, zu Anfang Sept. 1838 treu copirte merkwürdige Inſchrift: M. CL. TI. FILIO. QVIRIN FRONTONICO. LEG. AVG. PR. PR. TRIVM. DAC. ET. MOES. SVP. COMITI. DIVI VERI? AVG. DONAT, *) Dio Cass. 71. 19. War * 71. 12. ***) Gapitolin. in vita Pertin. 6% Seiv, Inser. XLI. 307 DONIS, MILIT. BELLO. ARMEN. ET. PARTH, AB. IMP. ANTONIN. AVG. ET. A. DIVO. VERO. AVGVST. GORON. MVRAL. ITEM. VALAR. ITEM. CLASSIC. ITEM. AVREA, ITEM. HAST. PVRIS. IIII. ITEM. VEXILL. CVRATOR. OPER. LOCORVMQ, PVBLIC. LEG. LEG. MIN.. LEG, LEG. XI. CL. PRAETORLI, AEDILI. CVRVLI. ABACTIS, SENATVS. QVAESTORI. VRBANO. DECEMVIRO. ST. LTIBVS IVDICANDIS (stantibus litibus iudicandis.) COL. VLP. TRAIAN. AVG. DAC. SARMͤIZ. PAT RONO. FORTISSIM. DVCI. AMPLISSIM, PRAESIDI. Die Aftinger , Koſtuboken (Coisstobocae) ), Dan: kringer und andere kleinere von Dacien wenig entfernte Volksſtämme blickten lüſtern nach dem üppigen Boden und auf die durch römiſche Induſtrie geöffneten Salzkammern der Provinz. Doch dieſes find Bruchſtücke, die uns die Geſchichte und die Inſcriptionen aufbewahrten; aber keine Präge ir— gend einer Münze gibt Licht über Dacien unter Marcus Aurelius. V. Commodus, Marc Aurels und Fauſtinens ausgearteter Sohn N kehrte, nach dem Hinſcheiden feines unſterblichen Vaters in Vindobona, nach Rom zurück; und ſtatt die Siege über die gedemüthigten Quaden und Marcomannen und ihre Bun— desgenoſſen, die Hermonduren und Sarmaten, fortzuſetzen, und dieſelben völlig zu unterjochen, ging er mit ihnen Frie— „) Muratorius p. 1039. 3. ) Dio Cass. 72 20* . 308 densverträge ein, nahm auf dem linken Donauufer die rö— miſchen Beſatzungen der feſten Plätze weg, und ergab ſich, den Rath und die Zurechtweiſung der ihm von ſeinem Vater beigegebenen würdigſten Senatoren verachtend, wil— der Luft und Schwelgerei, die in Tollſinn und Mordſucht ausartete. Von ſeinem Tollſinne kommen ſogar Beweiſe auf Münzen vor. Und wenn ihm noch eine Menge Ue— berläufer und Gefangene zurückgeſtellt, ſelbſt Hilfstruppen von den Feinden oder Barbaren ertheilt wurden, ferner dieſe ſich verpflichteten mit ihren Wohnſitzen und Viehtrif— ten vierzig Stadien weit in ihrem Lande, wo es an Da— cien gränzte, zurückzuziehen; wenn es ſeinem Feldherrn Sabinian endlich gelang, zwölftauſend der an Dacien gränzenden Burrier, die ihr Land verlaſſen hatten, um den andern zu Hilfe zu eilen, durch das Verſprechen, ih— nen in unſerm Dacien ein, Stück Landes einzuräumen, von ihrem Vorhaben abzubringen, ſo war Alles dieſes blos als eine Rückwirkung der weiſen Anordnungen ſeines Va— ters und der ihm von demſelben beigegebenen Staatsmän— ner anzuſehen. Zwar bekam Commodus nach der Hand wieder Kriege, deren Führung er ſeinen Generalen auf— trug, namentlich auch mit den jenſeits Dacien wohnen— den Sarmaten, und wobei Albin und Pescennius Niger, die nachherigen Gegenkaiſer des Sept. Severus, ſich gro- ßen Ruhm erwarben 5). Aber er ſelbſt überließ in der Folge Dacien ſeinem Schickſal, und gab es dadurch dem Angriffe der Barbaren gänzlich preis. Auch ſcheinen die Provin— cialen, während er ſo lebte, ſeit längerer Zeit ein unter ihm unabhängiges Benehmen gegen Rom behauptet zu haben ). Dieſe und ähnliche Zeugniſſe der Geſchichte werden durch keine numismatiſchen Data paralleliſirt, falls nicht die vom Niger und Albin gedämpften germaniſchen, pan— noniſchen und daciſchen Volksaufſtände in mittelbarem Zu— *) Dio Cass. 72, 8. % Lamprid. pag. 64. Ald. 309 ſammenhange mit dem Siege über die jenſeits Dacien wohnenden Nationen (die Sarmaten bei dem Lamprid) ſtehen. Die folgende könnte etwa die ſich hierauf beziehen— de, im oder vor dem fünften Tribunat geſchlagene Mün— e ſein: g L. AVREL. COMMO DVS. AVG. GERM. SARM. TR. P. IIII. Der Kopf mit dem Lorberkranz. IMP. III. COS. II. P. P. Die Siegesgöttin auf dem vierfpannigen Wagen. R. m. m. Mus. Alban. Anfangs hatte Commodus dieſe Beinamen (GERN. SARM.) mit feinem Vater gemein, ließ fie dann weg. Im Jahre 179 oder 180 nach Chriſti Geb. erſcheinen ſie wieder und wahrſcheinlich auf Anlaß jenes Sieges. Des Commodus Aufſchrift auf Münzen iſt übrigens ſehr ver— änderlich. Bald führte er den Vornamen Lucius, bald Mar— cus; die gewöhnlichen Namen waren: Aelius Aurelius An— toninus Pius Felix Aug. und von den überwundenen Ger: manen, Sarmaten und Britanniern: GERM. SARM. BRITANN. VI. P. Helvius Pertinar. Des Commodus beſſerer Nachfolger, Pertinax, war zwar ein Mann von niederer Abkunft, doch von gediege— nem Charakter. Schon Marc Aurel erkannte feine Talen— te, nahm bei verſchiedenen Staatsämtern ſie in Anſpruch, und wußte feine Verdienſte, auch bei falſchen Anklagen, die ſich gegen ihn erhuben, zu würdigen. Auch in Dacien, in unſerm Vaterlande, iſt unter ihm Pertinax als ange— ſtellter Staatsbeamter zweimal zu verſchiedenen Zeiten ge— weſen. Einmal ward er von der germaniſchen Flotte hieher verſetzt und, bald verdächtigt, abgerufen ). Nach Beile— gung des caſſianiſchen Aufſtandes in Syrien kam er wie— der an die Donau, und zum zweitenmal nach Dacien, dem er als Statthalter vorſtand. Und ſo wurde er durch *) Capitolin p. 68. Ald. 310 feine Verdienſte immer höher geſtellt, bis er endlich zur höchſten Staatswürde gelangte, welche er leider nur 87 Tage behauptete. Sein nächſter Zeitverwandter, der Au— gen⸗ und Ohrenzeuge Dio Caſſius, hat ihm in ſeiner Ge— ſchichte “) ein unvergeßliches Denkmal geſtiftet. Unter Pertinax kurzer Staatsverwaltung konnte wohl kaum eine Erwähnung rückſichtlich Daciens auf Münzen ſtattfinden. Ebenſo wenig während Julians noch kürzerer verſteigerungsweiſe erkaufter Oberherrſchaft. Wegen der ſehr kurzen Regentſchaft dieſer Kaiſer, des Pertinax und Julians, ſind die Münzen derſelben, außer den ehernen dritter Größe, ſämmtlich von größter Seltenheit und von hohem Werthe. VII. L. Septimius Severus. Nach der unverdienten Ermordung des Pertinax er— hoben bei Carnuntum deſſen treuen Anhänger und ihren Befehlshaber, Sept. Severus, einen africaniſchen Abkömm— ling die pannoniſchen Armeen, gegen den verachteten Ju— lian, zum Kaiſer. Er rückte ſofort mit Heeresmacht auf Rom zu, und nach Beſeitigung Julians, und auch vom Senate als Kaiſer beſtätiget, wendete er ſich, nachdem er Britanniens Statthalter, den Albin, zum Cäſar ernannte, gegen ſeinen gefährlichſten Nebenbuhler, den Pescennius Niger; doch, nach der Vernichtung dieſes, auch jenen wie— der von der Regierung verdrängend. | Die ihm bei feiner Erhebung zur Oberherrſchaft anz hänglichen Legionen ließ Sept. Severus ſchon in ſeinem erſten Regierungsjahre auf die Münzen ſetzen, nicht nur dadurch ihnen ſeine Erkenntlichkeit und Achtung zu erwei— ſen, ſondern ſie in der Treue noch mehr zu befeſtigen. Die zwei in Dacien ſtationirten Legionen, die V. und XIII., wie es die nachfolgenden Münzen bezeugen, erfreu— eten ſich gleichfalls dieſer Auszeichnung, indem ſie dem ) 74, 5. 311 S. Severus mit zum Throne verholfen, und auch Beiſtand erſt gegen Julian, und dann gegen den Niger leiſteten. Ein aus den Ruinen von Sarmizegethuſa ausge: grabener Inſchriftſtein zeigt den L. Annius Fabianus un— ter Sept. Severus als Statthalter Daciens; auch erſcheint derſelbe im Jahre 201 n. C. G. mit M. Nonius Mu— cianus in den Conſular-Faſten als Conſul *). Ich ſetze, wie gewöhnlich, mit Eckhel die damaligen Conſuln und die beſtimmte Zeit der doppelten Zeitrech— nung, in der die genannten Münzen unfehlbar geſchlagen wurden, und darunter die Münzen ſelbſt, an. i. a, F. . 193. TR. 0, 00S, DEN II. IN, I. . Sosio Falcone, C. Julio Erucio Cos. 1. IMP. CAE. L. SEP. SEV. PERT, AVG. Der Kopf mit dem Lorbeerkranz auf den goldenen und ſilbernen, mit der Strahlenkrone auf den bronze— nen Münzen. 2. LEG. XIII. GEM. TR. P. COS. Der Legionsadler zwi: ſchen zwei militäriſchen Feldzeichen. AR. M. C. 2. Dieſelbe Adverſe. LEG. V. MAC. TR. P. COS. Der nämliche Typus. AR. M. C. Es folgt hier nun, von Sept. Severus bis auf den Kaiſer Julius Philippus den ältern hinunter eine zweite noch größere Lücke der auf unſer Dacien bezüglichen Mün— zen, als ſchon oben ſtattfand, und die zu ergänzen es bis noch nicht gelang, und wahrſcheinlich, wegen gänzli— chem Mangel an Prägen der Art, auch nie gelingeu wird, Aus geſchichtlichen Daten indeſſen, um den traurigen Wech— ſel guter und ſchlimmer Regenten wenigſtens zu berühren, und die fortlaufende Ordnung der römiſchen Kaiſer aus dieſer Zeitperiode nicht zu unterbrechen, glauben wir das Nöthige mit Hinſicht auf Dacien, obgleich blos fragmen— tenweiſe, wie auch oben geſchehen, anmerken zu muffen. *) Seiv. Inser. Nro. XLIV. XXVIII. 212 VIII. Marcus Aurelius Antoninus Pius (Earacalla). Als erſtgeborner Sohn (geboren zu Lugdunum in Gal— lien 188 n. C. G.) des noch nicht zur Regierung gelang— ten Sept. Severus, Statthalters in Gallien, und der Ju— lig Domna, führte er in der Kindheit den Namen Baſ— ſianus, ſo wie ſein jüngerer Bruder den Namen Geta. Und nachdem ſein Vater den kaiſerlichen Thron gewon— nen, und aus Meſopotannien herausziehend gegen den letz— ten Nebenbuhler, Albin, die Waffen kehrte, erhob er den Baſſian im Jahr Chriſti 196 bei Viminatium zum Cä— ſar, und gab ihm, aus Achtung der zu der Zeit ſo be— liebten Antoninen, die oben angeſetzten, auf ſeinen Münzen oft vorkommenden Namen. Als Kaiſer ward er gemeinhin nur Caracalla, von einer Art galliſcher Kleidung, die er trug, genannt. Die vom Vater entweder mitempfangenen oder angeerbten Namen des Parthicus Maximus und Bri— tannicus vermehrte er zwar, wie es auf einigen Stücken feines Geldes erſichtlich iſt, mit dem Ehrentitel: Germani- cus, wegen ſeiner vorgeblichen Siege über dieſe auf der linken Stromſeite der Donau wohnenden tapfern Völker; aber fie kamen ihn theuer zu ſtehen. Er leerte die Schatz— kammer durch tributartige Verſendungen des edlen und rei— nen Metalles an die übermächtigen Feinde, und durch Ver— ſchwendung großer Summen an feine Soldaten dergeſtalt aus, daß er genöthiget ward im römiſchen Reiche falſche Münzen in Umlauf zu ſetzen. Daher die Menge Denare und Quinare aus ſeiner Zeit, welche jetzt noch auch bei uns ſehr häufig gefunden werden, und gewöhnlich vom ſchlechteſten Silber ſind. Von Roms Bürgern verachtet, noch mehr gepeiniget durch die grauſe Erinnerung an die vollbrachte Unthat, nahm ſich der Brudermörder vor, nach dem Beiſpiele Ha— drians alle Provinzen des römiſchen Reichs zu durchzie— hen. Selbſt auf Münzen werden einige Reiſen angezeigt. Nach Spartian hielt er ſich einige Zeit auch in Dacien auf ), welches zugleich mehrere unedirte ſchöne Inſchrift⸗ ſteine von blankem Marmor, die man hier ausgrub, zu beweiſen ſcheinen. Von hier reiſete er durch Thracien nach dem Orient, und überließ Dacien feinem Schickſale “), deſſen Statthalterſchaft um dieſe Zeit Caſtinus, ein dem Regenten ergebener und muthiger Mann, verwaltete“). Antonin kam von dieſer Reiſe nicht mehr zurück, indem er auf dem Wege von Edeſſa nach Carrhä, auf Anſtif⸗ ten Macrinus, des Gardegenerals, vom Tul. Martial ver— wundet, und von zwei Oberſten der Leibwache vollends ge— tödtet ward. IX. M. Opelius Macrinus. 9 Diadumenianus. Macrin, ein Maure aus Africa, von unbekannten Aeltern herſtammend, ward noch unter Sept. Severus zu verſchiedenen Aemtern verwendet. Von deſſen Sohne, dem Antonin (Caracalla), zum Generalen der Leibwache ernannt, folgte er dem Getödteten in der Regierung, und er—⸗ klärte ſeinen Sohn, Diadumenian, zum Mitregenten. Macrin zog ſich durch eine ſtrengere Kriegszucht, die er ausübte, und noch mehr dadurch, nach Dio's Zeug— niß, Tadel zu, daß er einigen von geringem Verdienſte und Herkommen zu ſchnell Conſularrang ertheilte, und ſie dann ſogleich zu Statthaltern in den Provinzen erhob. Dieſes war der Fall namentlich mit Marcius Agrippa und Decius Triccianus, indem er jenen erſt über Pannonien, dann über Dacien, dieſen über Pannonien zum Statt— halter ſetzte, hingegen die bisherigen angeſehenen Männer, den Sabin und Caſtinus, von ihren Oberbefehlshaberſtel— len abrief *). *) 89. 6. Ald. e **) Dio Cass. 77, 16. Er?) Ku, 78, 13. 4 un) — 78, 13. + 314 Während feiner kurzen Regierungszeit legte er, außer andern auswärtigen, auch die entſtandenen daciſchen Kriegs— händel bei. Macrin beſänftigte die Dacringer „), die in einigen Gegenden Daciens plündernd eingefallen waren, und die Feindſeligkeiten fortzuſetzen Miene machten, da— durch, daß er ihnen die Geißeln, die ſie dem Antonin, ſeinem Vorgänger, zur Verſicherung ihrer Bundestreue hatten geben müſſen, zurück gab **). X. M. Aurelius Antoninus, (Elagabalus). Macrin wurde durch Weiberliſt, nach kaum vierzehn | monatlicher Regentſchaft, (im Junius 218 n. C) geſtürzt. Ihm folgte Elagabal, ein Knabe von vierzehn Jahren, welcher ſowohl den Namen der Antoninen, als auch den römiſchen Thron ſchändete. — Möſa genoß als Schwefter | Domnas den täglichen Umgang des Kaiſerhauſes, bis Mas crin, die Obergewalt an ſich reißend, fie in den Privat- ſtand nach Emeſa zu gehen nöthigte. Hier ſtand der reich dotirte prächtige Tempel des Sonnengottes, Heliogabals, deſſen Opferdienſt ihre beiden Töchterſöhne als Prieſter be- ſorgten. Des Hoflebens gewohnt, mit feinen Verhältniſ— ſen und geheimen Ränken bekannt, ſehnte ſie ſich darnach zurück, und ſann, wie ſie das verlorne Glück wieder er— langen möchte; die zunehmende Abneigung der Soldaten gegen Macrin benützend, gab ſie ihren Enkel, Elagabal, als einen natürlichen Abkömmling aus dem verſtohlenen Umgange des Caracalls mit ihrer Tochter Soämias an, und bahnte ihm ſo den Weg zur höchſten Gewalt. Aber Möſa, Elagabals Großmutter, ſahe nur zu bald ein, dieſe Regierung könne wegen der täglichen Ausgeburten von Thorheiten nicht von Beſtand fein, und vermittelte, daß ) Nach Reimarus Muthmaſſung, anftatt der im Text ſtehen⸗ den Dacier, die doch in ihr eigenes Land nicht eingefal— len ſein können. ) Dio Caſſ. 78, 27. 315 ihr zweiter Enkel, Mammäas Sohn Baſſianus ) oder Alexianus ), adoptirt und zum Cäſar ernannt ward. Doch bald gereuete den Elagabal die eingegangene Ado— ption, da er ſahe, wie die Liebe der Soldaten ſich jenem zuwendete, und er machte Verſuche ihn aus dem Leben zu ſchaffen, wodurch er die prätorianiſche Leibwache, die jenem ſchon ganz ergeben, dergeſtalt aufbrachte, daß ſie ihn mit ſeiner Mutter Soämias tödteten, durch die Stadt ſchleif— ten und in die Tyber warfen. So beſchloß dieſer Kaiſer ſein unzüchtiges und in jeder Hinſicht ausſchweifendes Le— ben mit achtzehn, und ſeine Thronentehrung mit drei Jah— ren und neun Monaten. Während einem ſolchen Lebenswandel des Kaiſers, welchen, wie Dio Caſſius ihn ſchildert *), jeder edle Römer verabſcheuen mußte, und wo der Hochherzige von allen Staatsgeſchäften, beſonders vom kaiſerlichen Hofe, ſich entfernte, gibt uns die Geſchichte und Münze keine Aus— kunft über die Angelegenheiten der daciſchen Provinz. Wahr: ſcheinlich verachteten Roms Befehle auch in dieſer Zeitpe— riode, wie unter der Regierung des Commodus und Ca— racalls, die ſich ſelbſt überlaſſenen und gegen den Andrang der Barbaren auch ſelbſt behauptenden, mächtigen daciſchen Statthalter. Als opfernder Prieſter des Sonnengottes, vor einem Altar ſtehend, mit dem Sternbild, kommt Elagabal häufig auf den vielen in Siebenbürgen gefundenen ſilber— nen Münzen vor. XI. M. Aurelius Alexander Severus. | Nach der Entthronung und verdienten Vernichtung Heliogabals kam deſſen zum Sohne adoptirter Vetter, ein ausnehmend ſchöner, ſittſamer Jüngling von 14 Jah— ren, und mit feiner griechiſcher Bildung, an das Staats— ) nach Dio Caſſ. **) nach Herodian. ) 79 1. — 316 ruder. Er war der Sohn eines Syrers, Geſſius Mar: cianus, den er in der Kindheit verlor, und der Julia Mammäa, in der phöniciſchen Stadt Acra geboren. Bei ſeiner Jugend wählte er, auf Anrathen ſeiner Mutter und Großmutter, nicht nur verſtändige Männer zu ſeinen Ge— ſellſchaftern, ſondern nahm auch ſechzehn der würdigſten Senatoren zu Reichsgehilfen, ohne deren Gutachten er nichts that. Daher feine dreizehnjahrige Regierungszeit viele rühmliche und unvergleichliche Thaten, die er ſowohl in Rom, als auch bei den auswärtigen kriegeriſchen Unter— nehmungen verrichtete, auszeichnen. Aber er fiel ſchon im 27. Lebensjahre (im März 235 n. C.), ein Opfer ſeiner verbeſſerten ſtrengen Kriegszucht, welche bei den unter ſei— nen Vorgängern an Müßiggang und Ueppigkeit gewöhnten Legionen Mißvergnügen erregte, das insgeheim genährt und geſteigert ward durch Maximinus, ſeinen Nachfolger. Wenn man den Jul. Cäſar abrechnet, deſſen unbe— gränzter Ehrgeiz ſein Lebensende beſchleunigte, und den Pertinax, deſſen Unglück als Folge einer ungebührlichen Kargheit erſcheint; ſo ſtirbt Alexander als der erſte gute römiſche Kaiſer eines unnatürlichen Todes; und dieſes muß man allerdings den verdorbenen Zeiten unter Heliogabalus zuſchreiben, ſo wie das Schickſal des Pertinax als eine un— ausbleibliche Nachwirkung der verderbten Zeiten unter Com— modus Regierung betrachten. Die Münzen des Alexander Severus, vorzüglich die ehernen und ſilbernen Stücke, werden in Siebenbürgen ſehr häufig ausgegraben. Er führt auf denſelben gewöhnlich die Namen: IMP. C. M. AVR. SEV. ALEXAND. AVG. XII. C. Julius Verus Maximinus. C. Jul. Verus Maximus. Maximinus, der Nachfolger und mittelbare Mörder Alexanders, hatte zum Vater einen Gothen, eine Alanin zur Mutter; von gemeinem und niederm Herkommen aus Thracien, brachte er im Hirtenleben ſeine erſte Jugend zu. 317 Durch Körperſtärke alle Andere übertreffend, ging er nach Rom, wo der damalige Kaiſer, Sept. Sever, ſeine rie— ſenmäßige Größe und ungewöhnlichen phyſiſchen Kräfte mit Bewunderung bemerkte, und ihm Kriegsdienſte zu nehmen anrieth. Unter ihm und ſeinem Sohne Antonin (Caracalla), unter Elagabal und Alexander Sever, ward er wegen ſei— ner ungemeinen Brauchbarkeit und Erfahrung im Kriegs— dienſte bis zu den höchſten Stellen, verſchiedene Militär— ſtufen zuvor erſteigend, befördert. Schon unter Sept. Se— verus war er als Auguſtallegat mit Proprätorenrang in - unferm Dacien, welches eine noch ungedruckte Inſchrift bez weiſet, die ich felbft im Dr. Gräf'ſchen Garten zu Karls: burg copirt habe. Der Inhalt dieſer Inſchrift des altarz förmigen Steines, welcher aus einer Art Muſchelmarmor beſtehet, iſt folgender: | NVMINIB A - - SEVEVERI ET - - - ANTONINI | E A DEAE. DIANAR. C. IVLIVS MAXIMINVS. LEGATVS. AVGG. j PR. PR. | Nach ANTONINI, wie es noch einige Spuren da: von anzudeuten ſcheinen, folgten: P. SEPT. GETAE. CAES. PONT. allein dieſes wurde mit Fleiß ausradirt. : Eine andere Inſchrift bezeugt, was die Geſchichte und Münzen verſchweigen, daß er als Kaiſer die Sarmaten und Dacier, welche letztere wahrſcheinlich ſich wieder un: abhängig von Rom betrugen, mit Krieg überzog, und durch verſchiedene Treffen die vorgelegten Bedingungen einzugehn zwang, und ſich dadurch die Namen Sarmaticus Maxi- mus, und Dacicus Maximus, erwarb. Dieſe Thatſache gibt die Aufſchrift einer bei Eſſek in Ungarn gefundenen röm. Meilenſäule an: 318 IMP. CAES. C. IVL. VERVS. MAXIMI NVS. P. F. AVG. P. M. TRIB. POTEST, BIS. IMP. III. COS. PRO COS. P. P. ET. C. IVL. VERVS. MAXI MVS NOBILISSIMVS. CAEsS. FIL. AVG. N. DAC. ICI. GERM. SAR. IMP. MAXIMI AB, AQ. MM. CLX. ) Indeſſen wenn auch die Geſchichte, und inſonderheit Capitolin und Herodian, von ſeinem Feldzuge gegen die Dacier und Sarmaten ſchweigen, ſo berichten doch auch ſie ſo viel, daß Maximinus im Sinne gehabt, dieſelben und alle barbariſchen Nationen bis an die Nordſee zu un— terjochen, und daß er es auch vollführt haben würde, wenn nicht fein Schickſal ihn übereilt hätte “). Aber fo wie er die höchſte Gewalt an ſich riß, verlor er ſie wieder. Den Sohn C. Julius Verus Maximus Cäſar — auf den Mün— zen kommt er ſo vor — traf mit ſeinem Vater gleiches Loos: er fiel, als Princeps Juventutis (Kronprinz), vor Aquileja mit ihm. Der Begleiter ſeines Vaters im Felde, führte er auf ſeinen Münzen auch die Ehrennamen des Germanicus, und nach einer Inſchrift bei Gruterus“ ), auch Sarmaticus und Dacicus, XIII. M. Antonius Gordianus III. Den ſehr jungen Gordian, den dritten dieſes Namens und Enkel des ältern Gordianus Africanus, ernannte das Kriegsvolk zum Cäſar, während der Senat zwei Kaiſer, den Pupien und Balbin, beſtimmte. Dieſe wurden bald *) Schönwisner Iter Rom. per Pann. p. 67. *) Gapitolin. in Maximino patre. En) P: 158, 6. 319 umgebracht, und der Thron dem vom Senate ebenfo hoch— geſchätzten, als von den Armeen ungemein geliebten Jüng⸗ linge Gordian, aufbehalten. Doch fiel dieſer allgemein ge⸗ ehrte junge Kaiſer, welcher nur vier Jahre mit Hülfe feiz nes weiſen Schwiegervaters Miſitheus ſo löblich regierte, durch Hinterliſt des Gardegeneralen Philippus, eines Ara— bers, der ſich nach ihm auf den römiſchen Thron ſchwang. V. C. 995. P. C. 20. TR. P. III. COS. DES. II. P. M. P. P. PIVS. FELIX. Sabino II., Venusto Cos. Es iſt wahrſcheinlich, daß Gordian in dieſem Jahre das bis dahin unbedeutende Viminatium, wegen feiner be= quemen Lage an der Donau, vergrößerte, befeſtigte und mit römiſchen Coloniſten bevölkerte, welche Vorſicht und Vor— kehrungen wegen der häufigen Einfälle der angränzenden Barbaren nöthig waren. Eine Münze Gordians, welche bier in Viminatium, in Ober-Möſien — dem jetzigen Ram in Servien — mit der gewöhnlichen Zahl der Jahre von I— III. geſchlagen wurde, findet ſich ſehr häufig in Sie— e benbürgen. 1. IMP. CAES. M. ANT. GORDIANVS. AVG. Gordians Haupt mit dem Lorbeerkranz. P. M. S. COL. VIM. (Provinciae Moesiae Superio- ris COLonia VIMinacium) AN. I. bis IIII. Eine weib⸗ liche Figur ſtehend zwiſchen einem Stier und Löwen. K. 1. Merkwürdig iſt außerdem in unſerm alten Dacien der Fund goldener gordianiſcher Münzen, die jedoch in Hin— ſicht der Sculptur, des Typus und der Art der Buchſtaben und Aufſchrift von einer rohen Hand zeugen. Ungewöhn— lich iſt dabei Gordians Haupt mit der Strahlenkrone, wie es ſonſt auf Goldſtücken nicht vorkommt, und das Gewicht derſelben, das weder unter dieſen Münzen ſelbſt, noch mit ö dem Gewichte der Goldmünzen dieſer Zeit übereinſtimmt. Der Umſtand ſcheint zu beweiſen, daß dieſes Geld kaum in einer römiſchen Provinz, viel weniger zu Rom geſchla— gen worden iſt, ſondern wahrſcheinlich von irgend einem “u 320 angränzenden nichtrömiſchen Volke, das weder Rückſicht auf die Geſetze des Schönen nahm, noch die Regeln des römiſchen Münzweſens kannte und zu beobachten im Stan: de war. Man weiß, daß die Gothen um Caracalls Zeit die römiſchen Provinzen überfielen *), daß die Carpen während der kurzen Regierung Balbins und Pupiens ge— gen die Möſier kämpften, die Scythen das an der Iſter— mündung gelegene Iſtrus zerſtörten *); und daß auf feiz nem Feldzuge durch Thracien nach dem Orient ſelbſt Gor— dian mit den Alanen kämpfte). Möglich, daß dieſen Völkern damals, nothgedrungen durch eingegangene Frie— densverträge, in Möſien oder Dacien Ländereien überlaſſen wurden, welches ſpäterhin öfterer geſchah “), und daß dieſelben, einigen Beweis von Ergebenheit an Tag legend, den mit der Strahlenkrone gekrönten Kaiſerkopf auf ihren Goldſtücken prägten. Dieſe Vermuthung wird dadurch un— terſtützt und beinahe zur Gewißheit erhoben, daß dieſe Art Münze nur in dem alten Dacien, welches jene Völkerſtäm— me unaufhörlich umſchwärmten, und vorzüglich in dem Theile, welchen das heutige Siebenbürgen in ſich faßt, ger funden wird. Aus dieſem Grunde hat das kaiſerliche Ka- binet in Wien, und auch das Baron Bruckenthaliſche in Hermannſtadt an dieſer und ähnlichen barbariſchen Münzen Ueberfluß. Die Anſchaffung und der Ankauf derſelben iſt wegen der Nähe der Fundorte bequem und leicht. Daſſel— be gilt bei einigen unten vorkommenden goldenen Münzen Philipps des ältern, und Sponſians. Ich entnehme aus Eckhels Doctrina Numorum Vet. die Beſchreibung einer derſelben und füge die zur Sache gehörige hier bei: | 2. IMP. GORDIANVS. PIVS. FELT. AVG. Der Kopf des Kaiſers mit der Strahlenkrone. *) Spartian Caracall. c. 10. **) Capitolin, c. 16. * * * — 26 . 34. a ] Auch früher ſchon unter Marc Aurel. Dio Eaff. 321 MLETHRM. PROPVGNATOEN. PII. Der Kriegsgott gehend, in der Rechten die Lanze, in der Linken das Schild. AV. m. m. Am Gewichte: 6 Drachmen und 10 Gran. Mus. Caes. 3. Eine ähnliche, von 4 Drachmen (Mus, de France). XIV. M. Jul. Philippus. M. Otacilia Severa. M. Jul. Philipp. der Juͤngere. V. C. 997. 998. P. Chr. 244. 245. TR. P. COS. DES. P. M. P. P. Peregrino, Aemilio Philippo Aug. Junio Titiano Cos. | Im Anfang diefes erſten Jahres, nach der unver— dienten Ermordung Gordians, kehrte Philipp — auch der Araber, nach ſeinem Geburtsland, genannt — von der Be und vom Senate zum Regenten erhoben, aus Per: ſien nach Rom zurück. Zuvor noch ernannte er ſeinen Sohn Philipp zum Cäſar, und ſchloß mit dem perſiſchen Könige Sapor Friede und zugleich ein Freundſchafts— bündniß, welches die auf dieſe Begebenheiten geſchlagenen und mit den römiſchen Annalen genau zuſammenſtimmen— den Münzen hinlänglich darthun *). Im zweiten angeſetzten Jahre begann der Krieg mit den Carpen, einem ſeythiſchen oder gothiſchen Volke, wel— ches die an den Iſter angränzenden römiſchen Provinzen, am meiſten Dacien, einem Strome gleich überſchwemmte und beunruhigte. Dieſe zwang Philipp in verſchiedenen Treffen zum Frieden. Wie lange indeſſen dieſer Feldzug gegen die Carpen gedauert hat, iſt nicht ganz beſtimmt, er muß jedoch in dieſes und in die nächſtfolgenden zwei Jahre geſetzt werden. *) Eckh. 7. 320. 321. Schullers Archib I. 2. 21 322 V. C. 999. P. Chr. 240. TR. P. III. COS. DES. II. P. M. P. P. Praesente, Albino Cos. Ohne Zweifel 2 0 auch in dem Laufe dieſes Jah⸗ res, wie ſchon erinnert, die carpiſche Expedition fort. V. C. 1000. P. C. 2uz. TR. P. IV. COS. II. DES, III. P. M. P. P. Philippo Aug. patre II., Philippo Aug. Filio Cos. 1. Dac. Epochaljahr. Der ältere Philipp erklärt im tauſendſten Jahre, nach Roms Erbauung, ſeinen Sohn, den jüngern Philipp, zum Mitregenten, mit dem zugetheilten Tribunate. Den Sieg und Triumph über Germanen und Carpen haben nach— folgende, wegen des nähern Zuſammenhangs hier ange— führte, Münzen uns erhalten: 1. IMP. PHILIPPVS. AVG. Der Kopf des Kai⸗ ſers mit dem Lorbeerkranz auf den bronzenen 1. 2.; mit der Strahlenkrone auf den ſilbernen. VICTORIA CARPICA. Die Victoria gehend. AR. (Mus. Caes.) 6 2. CONCORDIA. AVGVSTO RVM. Die neben ein: ander geſetzten Häupter, Philipps des Vaters, mit dem Lorbeerkranz, und der Kaiſerin Stacilia, und gegenüber der belorbeerte Kopf des Sohnes. GERM. MAX, CARPICI. MAX. unten III. ET. II. COS, Ein Triumphwagen, über welchem von der einen Seite die Siegesgöttin, von der andern der Kriegsgott in der Luft ſchweben und den beiden auf den Wagen ſteigenden Im— peratoren die Hand reichen. Am Boden ſitzen zwei Gefan— gene. R. M. M. (Mus. Alban.) Durch dieſe ſchönen Münzen wird man belehrt, daß Philipp mit ſeinem Sohne nicht nur mit den Carpen, ſon- dern auch mit den Germanen den Kampf beſtanden, und wegen dem Siege über beide Völkerſchaften, auch beide Vater und Sohn, Germanicus Maximus und Carpicus Maximus genannt wurden. Daß die Dacier insbeſondere durch bie Angriff und Ueberfälle der Carpen viel gelitten haben, beſtätiget auch ein zu Karlsburg entdeckter Marmor mit einer Inſchrift, welche der von den Carpen befreite G. Valerius dem Serapis ſetzte ). Hieraus geht mit ziem⸗ licher Gewißheit hervor — und darin ſtimmen die meiſten gelehrten Forſcher überein —, daß in dieſem Jahre, dem dritten Regierungsjahre Philipps, Dacien von den Fein⸗ den gänzlich gereinigt und befreit, auf einige Zeit wieder Ruhe erlangte, und, nachdem auch ſeine innern Angelegen⸗ heiten geordnet waren, zugleich mit der tauſendjährigen Säcularfeier von Erbauung der Stadt Rom's, ſeine neue Epochalzeit, wie's einige Jahre früher unter Gordian dem Iten mit dem zur Colonie erhobenen Viminatium ſtatt⸗ fand, begann, und ſofort ſeine Jahre zu zählen anfing, deren Zahlen es auf die in unſerm Lande ſelbſt geſchlage— nen Münzen hinſetzet. Dieſe Münzen, die ohne Widerre⸗ de in Dacien geprägt wurden, will ich jetzt ſämmtlich an⸗ führen und zwar ſo, wie ich bereits begonnen habe, und wie es die auf denſelben kenntliche Reihenfolge der Jahr⸗ zahlen mit der ihnen entſprechenden Jahrangabe von der Erb. Roms und Chriſtus Geb. erfordert, nach einander beſchreiben. 5 Zuerſt folgen die Münzen Philipps, ſeiner Gemahlin Otacilia und ſeines Sohnes Philipps und dann noch eini⸗ ger oben bei Gordian bereits erwähnte barbariſche Geld— ſtücke, deren Prägung wahrſcheinlich auch in dieſe Zeit fällt. 3. IMP. M. IVL. PHILIPPVS. AVG. Das Bruſt⸗ bild Philipps, des ältern, mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA DACIA. AN. I. Der Genius Daciens, bedeckt mit dem vaterländiſchen Hute, welcher der phrygi— ſchen Mütze gleicht, zwiſchen dem Adler und Löwen ſte— hend; in der Rechten das daciſche gekrümmte Schwert, in der Linken eine Feldfahne mit der Aufſchrift: D. F. (Dacia felix) haltend. K. 1. (M. C.) „) Gruter. p. 85. 9. ? 21 324 14. Dieſelbe — und von der Art eine große Anzahl — mit der Strahlenkrone. A. 2. 5. 5. Dieſelbe Umſchrift des Kopfes, der jedoch mit dem Lorbeer bekränzt iſt. PROVINCIA DACIA. AN. I. Eine ſtehende weibliche Figur mit zweimal geſchürztem Kleide, das aber doch her⸗ ab bis über die Füße geht, und dem krummen daciſchen Säbel, neben einer in den Boden aufgeſtellten und mit V. bezeichneten Fahne, darunter ein Adler mit einem Kranz im Schnabel; in der Linken eine Fahne mit der Aufſchrift: XIII. unten ein gegen die Figur ſchreitender Löwe. E. 1 (B. M. und in der eignen Sammlung.) 6. Eine ähnliche, jedoch mit ſitzender weiblicher Fi— gur. K. 1. B. M. 7. MARCIA OTACILIA SEVERA, AVG. Das Bruſtbild der Kaiſerin. PROVICIA (ſtatt PROVINCIA) DACIA. AN. I. Der vaterländiſche Genius zwiſchen dem Adler und dem Löwen ſtehend, mit dem gewöhnlichen daciſchen Schwerte in der R. in der L. die Fahne mit D. F. (Dacia felix) be zeichnet. K. 1. 8. M. IVL. PHILIPPVS. CAES. Das Haupt Phi⸗ lipps des jüngern, aber ohne Kranz und Krone. PROVINCIA DACIA. AN. I. Der Typus iſt wie bei den vorhergehenden. . 1. 9. Eine gleiche, doch &. 3. 10. Dieſelbe Advers. Die nämliche Aufſchrift. Eine ſtehende weibliche Geſtalt mit den auf den Fahnen wie oben eingezeichneten Legions— zahlen V. und XIII. 11. Die nämliche Adv. Dieſelbe Aufſchrift. Eine ſitzende weibliche Geſtalt mit der Mütze bedeckt, und mit den auf den Fahnen rechts V. und XIII. links eingezeichneten Legionszahlen. Rechts un— ten ſteht der Adler im Schnabel mit dem Kranze, zur inken der Löwe. K. 2. Aus meiner Sammlung. | 325 V. C. 1001. P. C. 248. TR. P. V. COS. III. PM. P. P. Philippo Aug. patre III. Philippo Aug. filio II. Cos. II. Dac. Epochaljahr. 12. IMP. M. IVL. PHILIPPVS. AVG. Philipps Bruſtbild der Kopf mit dem Lorbeer. PROVINCIA. DACIA. AN. II. Der Typus wie Num. 5. . 1. M. B. 13. Eine andere, aber mit der Strahlenkrone. A. 5. 14. MARCIA. OTACILIA. SEVERA. AVG. Ihr Bruſtbild. Dieſelbe Be A. 1. 15. M. IVL. PHILIPPVS. CAES, Der bloße Kopf 91 jüngern Philippus. Die nämliche Aufſchrift, der Typus wie Num. 1. K. i. 16. Dieſelbe Adv. Die gleiche Aufſchrift, der Typus wie Num. 5., jedoch ſitzt die weibliche Figur oder die Dacia. R. 1. V. C. 1002. P. C. 29. TR, P. VI 00S III P., M. TP. Marco Aemilio II., Junio Aquilino Cos. III. Dac. Epochaljahr. 17. M. IVL. PHILIPPVS. AVG. Der mit dem Lorbeer bekränzte Kopf des ältern Philipp. PROVIN CIA. DACIA, AN. III. Die ce wie bei Num. 5. 18. M. IVL. PHILIPPVS. AVG. Der Kopf des jüngern Philipp mit dem Lorbeerkranz. Dieſelbe Advers. * 19. PHILIPHVS. PIVS. AVGG. Ein Frauenkopf mit beflügeltem Helme bedeckt! ENTTLOICKCSS, Ein ſtille ftehender Krieger, in der R. eine Lanze, in der L. eine Kugel haltend. Von dieſer * 326 Art ſind zwei goldene Exemplare im kaiſerl. Muſeum, von welchen das eine über drei kaiſ. Goldſtücke, das andere etz was weniger am Gewichte hat. a * 20. IMP. SPONSIANI. Ein bartloſer männlicher Kopf mit der Strahlenkrone. 0 C. AVG. Eine Saule, worauf eine Statue ſteht, in der R. eine Lanze haltend, am Fußgeſtell der Columne ragen zwei Kornähren hervor; daneben ſteht hier ein mit der Toga bekleideter Mann etwas Unbekanntes haltend, dort ein Aus gur mit dem Lituus. AV. (Mus. Caes. und Bruck.) Mit den zwei zuletzt angeführten goldenen Münzen hat es die nämliche Bewandtniß, wie mit der oben erwähn⸗ ten gordianiſchen. Die Vorderſeite bei Num. 19. iſt übri⸗ gens von einer Conſularmünze, die Kehrſeite von einer Münze Philipps des jüngern entnommen. Bei Num. 20. erſcheint alles noch auffallender. Die Geſchichte ſagt, meines Wiſſens, nichts von einem Impe⸗ rator Sponsianus. Die Sculptur daran zeigt von einem niedern Grad der Kunſt; das Gewicht überſteigt um vie— les die gewöhnlichen röm. Kaiſermünzen. Inſchrift und Typus der Advers ſind von den Denaren des C. Minu⸗ cius Augurinus abgenommen. Aus allem dieſem muß man ſchließen, daß dieſes Geld von keinem Römer, der den röm. Thron ſich anmaßte und die höchſte Würde affectirte, herrühre; er hätte fonft auch die Münze nach römiſcher Art zu prägen affectirt, und die gebräuchlichen Typen — wie es bei allen Uſurpatoren und Gegenkaiſern der Fall iſt —, nicht jene von Münzen drei Jahrhunderte rück— wärts, aus den Zeiten der Republik, geborgt. Bemer— kenswerth iſts, daß dieſe und ähnliche Münzen nur ſo weit gefunden werden, wie weit das alte Dacien ſich erſtreckt; daher man ſie vergeblich in fremden Muſeen ſucht; blos in den Münzſammlungen des öſterreichiſchen Kaiſerſtaates, namentlich in Wien und Hermannſtadt, wird man ſie ſehen. 327 XV. Trajanus Decius. Herennia Etruscilla. Herennius Etruscus. Auf welche Art Decius, aus Bubalien, einem firmi- ſchen Flecken (in Niederungarn), herſtammend, zu der glän⸗ zenden Höhe ſich emporſchwang, iſt nicht bekannt. Wohl mochte er, wie gewöhnlich, im Kriegsdienſte ſich ausgezeich⸗ net, und dadurch des vorigen Kaiſers Gunſt und Zu— trauen in ſolchem Grade gewonnen haben, daß ihn die Wahl, den vom Marinus in Möſien, Pannonien, und vielleicht auch in Dacien erregten Aufruhr der Legionen zu dämpfen, vor allen Andern traf. Aber bei ſeinem Er— ſcheinen im Angeſichte der Armeen ward er ſelbſt zum Imperator ausgerufen; und bei Verona, wo die Heere Philipps und Decius ſich begegneten, geſchah der ent⸗ ſcheidende Schlag der vergeltenden Nemeſis. V. C. 1002. P. C. 249 PR. P. CS. 08. H. P. M. P. P. M. Aemiliano II., Iunio Aquilino Cos. III. Dac. Jahr. Nach der Beſiegung Philipps zu Anfang des Herbſt— monates bei Verona, behauptete Decius als Kaiſer ſich, ernannte ſeinen Sohn, Herennius Etruscus, zum Cäſar und ſendete ihn ſogleich nach dem von den Gothen hart bedrängten Illyrien voraus, folgte bald nach, erfocht die glänzendſten Siege über die Feinde, beſchützte gegen Un— fälle oder befreite von den unaufhörlichen Ueberſchwem— mungen dieſer zahlreichen mächtigen Völker die Donau— provinzen, unter welchen Dacien mitbegriffen war, und erwarb ſich überhaupt großen Ruhm. Dacien nennt ihn ſeinen Erretter, Wiederherſteller und Beglücker, welches Inſchrif— ten auf Marmortafeln und weiter unten angegebenen Mün— zen mit DACIA, DACIA CAPTA ; PROVINCIA DACIA , DACIA FELIX, beweiſen. Eine Inſchrift gibt 328 Seivert ). Die Urſache dieſer außerordentlichen Zunei— gung und Vorliebe des Decius für dieſe Provinzen: Illy— rien, Ober- und Unterpannonien, und Dacien, und die in denſelben befindlichen Legionen, iſt gar nicht verborgen. Von ihnen ward er zuerſt zum Kaiſer ausgerufen, und ih— rer Anhänglichkeit und Tapferkeit hatte er den Sieg über Philipp zu verdanken. Ihnen brachte er jetzt die größten Opfer der Dankbarkeit. Für ſie wagte und gab er Leben und Thron — freilich nicht ohne. Verdacht der Verrätherei des Trebonius Gallus. Er und Herennius fielen in Thra— cien bei Abricium im Treffen gegen die Gothen. Die unter Philipp begonnene daciſche Jahresrechnung wird unter Decius fortgeſetzt. Und da das dritte Epochal— jahr auf den daciſchen Colonialmünzen Philipps noch uns beendigt blieb, ſo erſcheint daſſelbe Jahr auf dem in un— ſerm Vaterlande geprägten römiſchen Gelde auch während der Regierung des Decius wieder. Daſſelbe iſt in der Folge der Fall wieder mit dem V. dac. Jahre, dem letzten des Decius und dem erſten des Treb. Gallus. Daher denn von beiden viele mit V. bezeichnete Münzen vorkommen. 1. IMP. TRAIANVS. DECIVS. AVG. Das Bild des Kaiſers mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA. DACIA. AN. III. Der aufrecht ſtehende vaterländiſche Genius mit dem krummen daciſchen Säbel, neben einer in den Boden geſetzten und mit der römiſchen Zahl V. bezeichneten Kriegsfahne, und darunter mit einem Adler, in der Linken eine Fahne mit der Aufſchrift: XIII.“ unten ein Löwe. R. 1. V. G. 1003. P. C. 250. F nr M. . Decio Aug. II. Annio Grato Cos. IIII. Dac. Jahr. Die kriegeriſchen Unternehmungen gegen die Gothen werden fortgeſetzt. Beſtimmte Münzen für dieſes Jahr, außer denen im Lande ſelbſt geſchlagenen, fehlen. „) Seiv. inser. Nr. XXXVII. 329 2. IMP. TRATANVS. DECIOS. (ftatt DECIVS). „6 Das Haupt mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA. DACIA. AN. III. Typus, wie bei Num- mer. 1. &. 1. 3. Q. HER. ER. DEC. CAES. Der Kopf ohne Lobeer und Strahlenkrone. PROVINCIA. DACIA. AN. IIII. Ein Genius im va⸗ terländiſchen Schmucke ſtehend, in der R. die Fahne mit V., in der L. eine Fahne mit XIII. bezeichnet. Hier der Löwe, dort der Adler einen Lorbeerkranz im Schnabel hal— tend. K. 2. Bandur, num. V. C. 1004. P. C. 251. TB. B. 111.008. HH. oi Decio Aug. III., Q. Herennio Etrusco Caes. Cos. V. Dac. Jahr. Die oben angeführte Inſchrift mit dem zweiten Tri— bunate und zweiten Conſulate entſpricht dieſem Jahre. Die in Dacien geſchlagenen und dem angeſetzten Jahre correſpondirenden Münzen des Decius, feiner Gemahlin Etruscilla, und ſeines Sohnes Herennius Etruscus will ich zuerſt hier aufzeichnen, und dann jene, deren Zeit, wenn fie geprägt worden, nicht fo beſtimmt ift, die aber im— merhin für Dacien von Wichtigkeit ſind, beifügen. Zuerſt unſere daciſchen Geldſtücke: 4. IMP. TRAIANVS. DECIVS. AVG. Das Bild des Kaiſers mit dem Lorbeerkranz. PROVINCIA. DACIA. AN. V. Die Dacia in einer weib— lichen Geſtalt mit langem Gewand bekleidet, ſtehend zwi—⸗ ſchen dem Adler und Löwen, in der R. eiuen Zweig, in der L. einen Scepter haltend. . 1. | 5. HER. ETRVSCILLA. AVG. Das Bruſtbild der Kaiſerin. Die nämliche Kehrſeite wie Num. 3. K. 1.) 6. O. HER. ETR. DEC. CAES. Der bloße Kopf des Herennius bis auf die Schultern. *) Editus a Frölich 4. Tent. p. 135. 330 PROVINCIA. DACIA. AN. V. Die weibliche Geſtalt im vaterländiſchen Gewande ſtehend, und in der R. die Fahne mit V. in der L. die Fahne mit XIII. bezeichnet, haltend; vor den Füßen hier der Löwe, dort der Adler mit dem Lorbeerkranze im Schnabel. K. 2. (Band. num.). * ’ Außer diefen Colonialmünzen, die in Siebenbürgen ſehr häufig ausgegraben werden, hat man, wie geſagt, vom Decius auch noch viele andere auf Dacien, Illyrien und die beiden Pannonien Bezug habenden Prägen, die Eckhel unter die numos vagos rechnet, und von welchen die hier her gehörigen angeführt werden ſollen. — Der Kürze we— gen mögen die von einander abweichenden Adverſen hier gleich voran ſtehen, damit man ſich in der Folge darauf beziehen kann. IMP. TRAIANVS. DECIVS. AVG. IMP. C. M. Q. TRAIANVS. DECIVS. AVG. IMP. CAE. TRA. DEC. oder DECIVS. AVG. IMP. CAES. C. MESS. Q. DECIO. TRAl. AVG. oder TRAI. Q. DECIO. AVG. Der Kopf mit dem Lorbeerkranz auf goldenen, ſilber⸗ nen Quinarien und ehernen 1. 2. 3.; mit der Strahlenkrone auf den ſilbernen und metallenen Münzen erſter Größe, und X. 2. 7. Wie die Buchſtaben b. und d. DACIA. Eine Frauengeſtalt ſtehend, in der Rechten eine Lanze haltend, mit einem auf deren Spitze geſetzten Eſels⸗ kopfe. AV. AR. Q. X. 1. 2. (Mus. Caes.) 8. Dieſelbe, aber mit einer Kriegsfahne. 9. Wie b. DACIA. FELIX. Die Datia in weiblicher Geſtalt, in der R. ein militäriſches Feldzeichen. AV. AR. K. 1. 2. M. C. 10. Wie b. DACIA. CAP TA. Derſelbe Typus. — Die eben angezeig⸗ te Münze deutet auf eine Wiedereroberung Daciens, wel⸗ che den Verluſt deſſelben vorausſetzt, der allerdings, bei dem er immer zunehmenden Andrange der barbariſchen Völkerbe— wegungen, und während der Zeit, wo Decius die Legionen aus den Provinzen nahm und bei Verona concentrirte, ſtattfinden konnte. Allein Eckhel ſetzt in die Richtigkeit der Leſeart dieſer Münze des Mediobarbus Zweifel. 11. Wie b. GEN. ILLVRICI. Ein halb entkleideter Genius ſtehend, in der R. eine Schale, in der L. das Füllhorn. AR. &. 1. M. C 12. Wie d. EXERCITVS. INLVRICVS, S. C. Eine weibliche Figur ſtehend, in der R. und Linken eine Kriegsfahne haltend. . 1. M. C. 13. Wie a. b. e. PANNONIAE. Zwei weibliche Geſtalten mit umſchleier⸗ ten, von einander gekehrten Häuptern. Jede erhebt die Rechte neben einer militäriſchen Fahne. — Auf andern iſt zwiſchen den zwei ſtehenden, ihre Rechte erhebenden weiblichen Figu⸗ ren eine Fahne aufgepflanzt. Auf noch andern hält die nämliche weibliche Perſon in der R. einen Helm und in der L. die Fahne. Dieſe angeführten Provinzen ſind es alſo namentlich, welche Decius mit äußerſter Anſtrengung, entweder den Drangſalen, in die ſie die anſtrömenden Barbaren verſetz⸗ ten, entriß, oder heldenmüthig vertheidigte, und Alles that, was die auf dritthalb Jahre beſchränkte Zeit ſeiner Ober⸗ berrſchaft für ſie zu thun erlaubte. Schluß folgt.) Heifebericht über einen Theil der ſüdlichen Karpathen, welche Siebenbürgen von der kleinen Walachei trennen, ans dem Jahre 1838. Schon längſt hegte Berichterſtatter den Wunſch die ſüdlichen Felshöhen, welche Siebenbürgen von der kleinen Walachei trennen, als Liebhaber wiſſenſchaftlicher Forſchun— gen zu betreten. In dem täglichen Genuße derſelben, den fein Wohnort ihm gewährt, hatte ſich ihr Reiz nicht er- ſchöpft. Vielmehr blieb der Anblick der Landſchaft vom heiz mathlichen Hügel, der die unvergleichliche Ausſicht gegen die Gränzgebirge, die mit Dörfern beſäete Hermannſtädter Ebene, und die Karpathenverzweigung bis Kronſtadt und Mühlbach hin, beherrſcht, fortwährend ſchön und neu und ſteigerte jenen Wunſch, bis endlich ein Reiſeplan entwor— fen, der Tag zur Exkurſion vorbereitet und feſtgeſetzt, und ſein Sohn zum Reiſebegleiter gewählt wurde. Zufällig ſchloß ſich ein Dritter, eifriger Anhänger von Prießnitz und ſeiner Kurart durch kaltes Waſſer, mit an. 5 Man wartete das wachſende, zu der unbekannten Reiſe in die Hochgebirge unentbehrliche Mondlicht ab; legte am Vorabende des Ausfluges, außer der von hohen Orten er— theilten Vollmacht und offenen Ordre, den nöthigen Appa— rat zum Schreiben und Zeichnen, die Magnetnadel mit der Waſſerwage, Sonnenzeiger und Polhöhe, den Thermometer, ein kleines Fernrohr, die Loupe, den Quadranten, welcher zugleich, bei Sonnenſchein, die Stunden angibt, eine geo— graphiſche Karte dieſer Gegend, mit Zollſtab, Wachslicht und Zündmaſchine, in einen waſſerdichten Torniſter zuſammen. 333 Ein lederner Queerſack empfing die zum Wechſeln bes ſtimmte Kleidung und Wäſche, mit der manchmal ſchwer zu vermiſſenden Zugabe von Nadeln, Zwirn und Spagat; ein zweiter den Nahrungsvorrath. Drei kleinere geognoſti— ſche Hämmer, ein größerer Schlägel, ein blecherner Löffel, eine Holzart und ein großes krummes Meſſer, ähnlich eis nem altdaciſchen Schwerte, wählte der Naturforſcher zur Mitnahme. Letztere konnten im Nothfall auch zu Verthei— digungswaffen dienen. Der ſchildähnliche Goldwäſchertrog, in den vorkommenden Flüſſen und Waſſerriſſen Waſchver— ſuche anzuſtellen, und eine kupferne Rinne, den Waſſer— ſtrahl der Gebirgsquellen zu concentriren und zu meſſen, kam hinzu. Endlich quartirten ein zum Zuſammenfalten ſich bequemender lederner Becher, dann ein breitgepreßter glä— ſerner, und drei Sackmeſſer ſich in die Taſchen ein. A ͤlſo gerüſtet fand den 24ten Auguſt 1838, bei dem Eintritt der Sonne in das Sternbild der himmliſchen Jung⸗ frau, mit dem eigenen beſpannten Wagen die Abfahrt von dem bezeichneten Punkte ſtatt, und wendete ſich, begleitet von einigen Familienmitgliedern, in der Richtung nach dem ſächſiſchen Gebirgsorte Michelsberg, welches man in zwei Stunden erreichte. Vermittelſt commiſſariatiſcher Anweiſung erſchienen bald von der fetten Weide des nahen Götzenberges ſtattli— che Reitpferde, welche Nachmittags geſattelt und bepackt die Reiſenden aufnahmen, und, nach einem herzlichen Lebewohl von den zurückkehrenden Geliebten, dem voraneilenden Füh— rer, einem Michelsberger Sachſen, am kryſtallhellen Bach hinauf nachfolgten. Die über Michelsberg kegelförmig em— porragende alte Burg, der ſogenannte halbe Stein, — ein aus Knochenbreccie beſtehender, merkwürdiger Obelisk, der ſich von der ſenkrechten Linie 45° gegen Oſten ſenkt, — waren bald hinter dem Rücken; ebenſo die Teufelskuppe, — ein hoher Fels, der den Herunterſturz jeden Augenblick droht, — und der „ganze Stein“ — der eine ungeheure Wand bildende Gneisfels. Der Silberbach ſtürzt ſeine klaren Wel— len vom Götzenberg rauſchend herunter; und der bis hie— 334 her von Felſen eingeengte, immer ſtaͤrker ſich erhebende Thal: grund weitet ſich nun plötzlich, und führt den Pfad eine Strecke auf ſanft geebneter Fläche, bis an ein mit Buchen⸗ wäldern beſetztes, ſteil hinanſteigendes Gebirge, deſſen Er— klimmung einige Anſtrengung koſtet; aber ſobald man aus dieſem Gebirgswalde heraus die ſich über ihm ausbreiten⸗ den Wieſen, den Roſengarten der Heltauer, erreicht, ſo lohnt ſich die Mühe durch die ferne, ſchöne Ausſicht in die Hermannſtädter Umgebung, noch mehr durch den Blick in die Tiefe, wo das romantiſche Zoodthal mit den zerſtreuten Hütten von Ruu Szaduluy unter den hoch aufgethürmten Felsmaſſen des nahen Presbe ſich ausdehnet und von al⸗ len Seiten mit ſteilen gigantiſchen Gneis- und Granitge⸗ birgen dergeſtalt eingeſchloſſen iſt, daß es eine Unmöglich—⸗ keit iſt, mit dem Wagen hinein zu fahren. Man befand ſich in gleicher Höhe mit der Rieſenburg, oder mit den grauen auf der Spitze des Götzenberges befindlichen Schloßs ruinen, die auf eine uralte Zeit zurück zu weiſen ſcheinen. Aber die vom überraſchendſten Anblick auf dieſem Punkte Gefeſſelten mahnte die ſinkende Sonne zum Aufbruch. Nach einem Labetrunk aus der reichen, kalten Felsquelle, die na— he am Sattel hervorſprudelt, ſtieg man den jähen Pfad durch ſchlanke Birken hinunter, und kam in der Nacht in Ruu Szaduluj an. | Die Beſtellung der Reiſepferde für den kommenden Morgen fand einige Schwierigkeit, indem der walachiſche Beamte die ſchriftliche Anweiſung vom Resinarer Dorfs— notar und Hannen vermißte und verlangte. Alles andere galt ihm nichts, und man hatte Muͤhe es ihm begreiflich zu machen, daß es auch größere Herren gäbe, als der Re— sinarer Ortsrichter. Ein junger walachiſcher Geiſtlicher ſetzte ihm endlich den Kopf zurechte und bot ſelbſt gaſtfreundlich feine Wohnung zum Nachtquartier an. Nach dem Abends eſſen ward der mit friſchem Heu halbangefüllte, offene Schoppen dem Lager im Zimmer mit den kleinen Fenſtern und dumpfen Luft vorgezogen. 335 Ein vorüberziehender Regen, der auf das mit Schin⸗ deln gedeckte Heuſchoppendach niederſchlug, weckte die Schla⸗ fenden den 25ten Auguſt frühe auf. Mit den Reitroſſen verzog es ſich; denn ſie wurden von den hohen Gebirgen herunter gebracht, und fo gewann man Zeit ſich im Orte umzuſehen. ! Anfänge der Waſſerheilart am Zoodfluße. Ein kranker, ungriſcher Edelmann war hier in Ruu Szaduluj ſchon ſeit einigen Monaten in der Waſſerkur, und zwar in der Behandlung des mitreiſenden Hydropa— then, und auch bereits, nach der Behauptung beider, des Patienten und Helfers, auf dem Wege der Geneſung. Erz ſterer bewillkommnete die Angelangten gleich Abends, und begrüßte dieſelben in der Frühe, froh des ſeltenen Zuſpru— ches ſolcher Gäſte in feiner Abgeſchiedenheit von der gebils deten Welt, und in der Einſamkeit, wo er auſſer dem Ge— nuße der Milch, recht eigentlich bei Waſſer und Brod lebte; zudem täglich mehrmals kalt badete, welches mit anzuſchauen der Prießnitzianer Veranlaſſung gab. Es war am 25. Auguſt noch frühe Morgens, und recht kalt, als derſelbe bis zum Zoodfluß hinab zu gehen vorſchlug. Der Vorſchlag fand Gehör und ward beifäallig angenommen, und längs einem klaren Bächlein dem Vorangehenden in die Nähe eines ſeitwärts gelegenen Bauernhofes nachge— folgt, wo eine Art Schleuße den Bach ſperrend bis auf 5 Schuh anſchwellte. Hier trat unverhofft, in eine weiße, große Decke gehüllt, der eben erwähnte Edelmann hervor, ſchritt an das Baſſin, warf die wollene Bedeckung von ſich, und ſtürzte entblößt in das eiskalte Element alſo bin; ein, daß über ihm die Wellen zuſammenſchlugen; wuſch hurtig ſich Kopf, Bruſt, Mund, Arme und rieb alle Ge— * lenke, tauchte unter und ſetzte dieſes Verfahren einige Mi— nuten fort, ſprang raſch aus dem Waſſer, warf die weiße Decke wieder um, und verfügte ſich eilig in die nahe Hütte. Die Sturzbäder, oder Douchen, welche derſelbe zur Ab— 336 wechſelung gebrauchte, find am nämlichen Bach, jedoch höher im Gebirge. Am Zoodfluß angekommen, ward auch hier eine Spur der Waſſer-Heilart bemerkt. Am Ufer der rauſchenden Fluthen ſaß mit wunden Füßen eine alte Wa— lachin und machte ſich auf frühere Anordnung des Hydro— pathen mit kaltem Waſſer Umſchläge. Dieſe Leidende fah freundlich und dankbar ihren Wohlthäter an. Denn die großen Wunden begannen ſich verkleinernd zu heilen. Inzwiſchen kamen die beſtellten Reitpferde herbei. Auch Herr v. R' — der ganz auf dem Wege der Geneſung begriffene Ungar — erſchien im ſchwarzen Atila; darunter blos Hemd und Unterziehhoſe, die Sackuhr an ſeidener Schnur, in der Rechten einen tüchtigen Stock, in der Lin: ken ein großes gehenkeltes Waſſerglas tragend, und bereit die Weiterreiſenden eine Strecke Weges zu begleiten. Der— ſelbe, ſchon ziemlich mit der Umgebuug von Ruu Szadu- luj bekannt, machte aufmerkſam auf die von alten Wala— chen erzählten Nachrichten von Einbrüchen der Türken und auf die vom Presbe herauf an den Gebirgsabhängen noch kenntlichen Spuren ihrer Lagerungen; zeigte zugleich mehrere bei ſeinen Wanderungen entdeckte köſtliche Quellen, wel— che derſelbe zum Schöpfen einrichtete. An einer der ent— fernteſten, die von Baumlaub beſchattet, unter mächtigen Felsklüften perlend hervorquoll, wurde zum Abſchied ge— ſchöpft und getrunken. Der ungriſche Begleiter kehrte um, nachblickend den längs dem Fluße ins Hochgebirge hinzie— henden Deutſchen. Noch hatten ſich die von einander zerſtreuten Woh— nungen dieſes ausgedehnten Dorfes — es mag wohl über eine deutſche Meile deſſen Länge betragen — nicht been— digt; noch erblickte man auf ihren nahen Wieſen und in ihren Höfen beſchäftigte Männer, und hin und herge— hende Weiber, die während dem Gehen durchs Feld am Rocken, den ſie ſeitwärts unter dem Gürtel befeſtigen, wei— ße Wolle ſpinnen, als das ſchöne Zoodthal gegen Weſten ſich allmählig anfing zu beengen. Die Quarz- und Gneis⸗ geſchiebe in dem ſehr klaren Strome wurden größer, der 337 Fall der Wellen erhöhter, rauſchender, bis der unvergleich— liche ſchöne Thalgrund dem Auge ganz ſich zu verſchließen ſcheint. Ein Buchenwald hebt an ſich auszubreiten. Der Pfad führt links an der Gebirgslehne bald hoch hinauf und bald wieder bis zum Zoodfluß herab. Ein ungeheurer Fels, aus dem Thalgrunde betrachtet, beſtehend aus Glimmer— ſchiefer, grauweißem Quarz und Gneis, erhebt ſich ſenkrecht und bildet eine auf der andern Seite des Flußes gegen Mittag gekehrte gigantiſche Wand, die luftige Wohnung horſtender Falken und Adler. Des Zoodes klarer Wellen— ſchlag bricht ſich kochend am Fuße der Steinwand und ſtürzt ſchäumend vorbei. Im Vordergrunde öffnet ſich ein wei— ter gegen Oſten ſtark abgedachter, von Bäumen gelichteter Platz, in deſſen Mitte eine niedere Hütte mit einem klei— nen Gemüſegarten ſichtbar wird. Aufſteigender bläulicher Rauch und bellende Hunde kündeten Feuer und Menſchen an. Es war die italieniſche Familie, welche im Heltauer Gebirge den Holzſchlag beſorgt. Ein herannahender Regen bewog die Hinanſteigenden dem Obdach zuzueilen und deſ— ſen Vorübergehn abzuwarten. Unterdeſſen trat die Mittag— ſtunde ein, und gewährte jene in dieſen Gebirgen, und na— mentlich bei dem ſiebenbürgiſchen Hirtenvolke, tägliche Nah— rung. Ein aus dem goldgelben Mehle des türkiſchen Kor— nes geſottener und zubereiteter, dampfender Brei, Milch und Käſe, wurden geſpeiſet. Den Nachtiſch zierte eine Schüſſel voll Himbeeren, welche jetzt in voller Reife ſtan— den. Der Regen hielt ein, und der Zug begann durch eben gefällte alte Buchen. Der ſchmale Weg führte jetzt über De 3 den waſſerreichern rechten Zoodarm, etliche hundert Schritte von ſeiner Vereinigung mit dem linken Arm, hinauf in hohe, dunkle Buchenwälder, höher und immer höher, bis die Buche ſeltener, die Tanne häufiger und herrſchend ward, und jene ſich ganz verlor. Von den Alpenpflanzen blüh— ten noch viele, beſonders Carolina acaulis, Bruckenthals purpurne Menzieſie, die Telekia und andere mehr. Man kam auf einem erhabenen Puncte, in einen ver— hauenen Tannenwald an, in welchem mehrere niedere Schä— 22 Schullers Archiv I. 2. ferhütten und Viehſtälle waren, bei welchen gemolken und Käſe gemacht wurde. Die ſchwarzen Tannenwälder ſtan— den nun größer und dichter da, und der Weg, der verfolgt werden mußte, führte fortwährend bergauf und bergab. Halb verbrannte oder ausgedorrte Bäume, mit gefallenen langmächtigen Fichten, verſperrten öfters den ſteilen, ſchma— len und ſchlechten Pfad, daß nur unter beſtändigem Durch⸗ kriechen, Ueberſteigen und Durchhauen, weiter zu kommen und das Offene zu erreichen war. Dieſer Gebirgstheil ge— hört ſchon, wie die Hirten vorgaben, zu den ſächſiſchen Nationalgütern. Nun zog der Weg ſich an einem Gebirgsrücken vor— bei, der an manchen Plätzen mit genießbaren röthlichen Preuſſelbeeren (Vaceinium vitis idea), deren Strauch mit der Heidelbeerſtaude (Vaccinium Myrtillus) Aehnlichkeit hat, wie überſäet war, gegen den Negovan Marie, eröff⸗ nete zugleich dem Auge die ſüdöſtliche Ausſicht tief in die Gebirge und Gebirgsſchluchten, deren Nordſeiten noch große Plätze von perennirendem Schnee, unter welchem die Quel⸗ len der bei der Rothenthurmer Kontumaz im Altfluß mün⸗ denden kleinen Lotra entſpringen, zeigten, und deſſen Weiße blendend leuchtete. Der Weg läuft weiter über hohe, ſteile Berge, an welchen ſich jedoch auf beiden Seiten die ſchön— ſten Wieſen hinabziehen, mit weidenden Kühe- und Schaf⸗ herden bevölkert. Daß man der Region der Wolken nä⸗ her gekommen ſei, bewieſen die von unten aufſteigenden und die Reiſenden einhüllenden Nebel; ein heftiger Weſt— wind trieb fie mit Macht. Aber ſchwarzes Gewölk folgte nach, mit anhaltendem Regenguße, dem unwillkommen⸗ ſten Begleiter. Eine Schäferhütte (Stinna) nahm unter dem Gipfel des Negovan Marie, noch zu guter Zeit, die tüchtig durchnäßten Gäſte gaſtfreundlich auf. Das Hirs tenhaus mochte fünf Klaftern in der Länge und ungefähr acht Schuh in der Breite betragen. Aus ſtarken Fichten— bäumen zuſammengefügt, mit Tannenrinden bedeckt, be— ftand es aus zwei Abtheilungen, einem Milch-, Käfer und Wollmagazin, und einem Menſchenbehälter von eigenthüm— . 339 licher Beſchaffenheit und Aufräumung. Der Boden konnte nicht ganz planirt werden, wegen der unzerſtörbaren Spi— tzen des Gneisgebirges, die hier und da hervorragten. Ue— ber der Mitte, der Lange nach, ruhte klafterhoch auf Säu— len ein breiter mächtiger Balken, ſtatt des obern Bodens. Unter dem brannte ein ſtarkes, faſt acht Schuh langes, Feuer, und wurde wacker unterhalten. An Holz gebricht es nicht. Auf dem erwähnten Balken, — Architrab möchte man ihn lieber nennen — lagen verſchiedene Koch- und Hausgeräthſchaften, und auch durchnäßte Kleidungsſtücke zum Trocknen. Unter dem ruſſigen Dach hingen geräucherte Schöpſenſchlegel, getrocknete Rippenſtücke, und ganze Zie— genſeiten, dann aufgeſpannte Lämmerfelle, Schaf- und Zie— genhäute, endlich ein blutiger Reſt eines dem Bären in der vergangenen Nacht abgejagten Schafes, auf dem die Spuren der ſcharfen Klauen am durchlöcherten Rücken noch ſichtbar waren. Etwa 15 Menſchen — drei Deutſche und zwölf walachiſche Hirten — ſaßen in zwei Reihen getheilt am Feuer, wärmten, trockneten und räucherten ſich. Der Ben Weſtwind, in die Spalten und offenen Schoppen hinein— dringend, tobte unbändig in den Flammen. So ſah es hier aus. Und hier waren Küche, Speiſezimmer, Conver— ſationsſaal und Schlafgemach vereiniget. Nachdem die ge— wöhnliche Nahrung zubereitet, der Hunger geſtillt, wurden bis zum Einſchlafen den horchenden Ankömmlingen Bären— geſchichten mitgetheilt. Davon ſchien am merkwürdigſten, was ein alter Schafhirte von dem Muthe und der Kraft des Bären erzählte. „Der ließe, ſagte der Hirte, ſelten ſich ſo den Raub, wie der in vergangener Nacht, abjagen, behaupte vielmehr ihn mit Kühnheit, indem er von Men— ſchen und Hunden gehetzt, langſam mit der Beute fort— ziehe; und wenn ihm die Hunde zu nahe auf den Leib gingen, hebe er das gewürgte Schaf in die Höhe und werfe es eine gute Strecke vor ſich weg, ſchleudere mit den vor— dern Pfoten große abgebrochene Holzſtücke rückwärts auf ſeine Verfolger. Manchmal ſeinen Fang mit einem Fuße gleichſam umarmend, werfe der erzürnte mit dem andern 22 340 ergriffene Steine hinter ſich, bis er feinen Fraß brummend in die tiefere Wildniß in die Sicherheit geſchleppt habe.“ Unter ſolchen und ähnlichen Geſchichten, und nachdem man ſich auf über den felſigten Boden ausgebreitete Schaf— felle in ſeinen Kleidern hingelegt hatte, ſchlummerte man ein, und ſchlief vielleicht ſüßer als mancher Schwelger in ſeinem Flaumbette. Gegen zwei Uhr, nach Mitternacht, entftand urplötzlich entſetzliches Geheul und vielſtimmiges Hundegebell. Alle Hirten ſprangen mit Kolben und Aex— ten verſehen hinaus, und ſchrieen aus voller Kehle, daß die Gebirge wiederhallten. Das fürchterliche Raubthier hatte den ihm entriſſenen Raub zu reclamiren neue Verſuche ger macht, ward jedoch, durch die Menge der Hunde — viel— leicht vierzig an der Zahl, die fünfhundert Schafe und Ziegen hüteten — und den muthigen Widerſtand der Hir— ten, davon abgehalten. Der ſüße Schlummer war indeſ— ſen verſcheucht. Der Himmel hatte ſich ausgeheitert, der zunehmende Mond tauchte unter; des nördlichen Himmels ſchönſtes Geſtirn, der Orion, ſtand über dem weſtlichen Horizont, bald ſtieg auch der hellſtrahlende Morgenſtern, die himmliſche Venus, den Tagesanbruch verkündigend, her— auf. Es war kalt, — 1 R. Eis und friſcher Schnee ber deckten die Höhen. Der Pfad führte am 26. Auguſt von dem Negovan Marie auf den Negovan Mile, wo ein Militärcommando die Reiſepäſſe abforderte, und bei dem Durchſehn der ho— hen Ordre ſich unwillkürlich bewogen fand, einen Mann zur Begleitung bis auf das nächſte Commando, Stephlesch— tye, zu ertheilen, was zugleich die gute Folge hatte, daß ſodann immer in dieſer Gränze von Poſten zu Poſten ein Bewaffneter uns begleitete. Hinter dieſem erſten von den Wanderern erreichten Militärgränzpoſten, im entblößten und halb verwitterten Glimmerſchiefer, über den man hinauf fteigen muß, kommen Staurolith und Granaten, theils ein: gewachſen theils als loſes Gerölle, ſehr häufig vor. Der militäriſche Begleiter, ein der Gegend kundiger Mann, wußte die Benennung jeder Gebirgskuppe, jeder EL BEE r 341 Schlucht, alle Verzweigungen der Haupt- und Nebenquelle der Flüſſe, und überhaupt auf die an ihn geſtellten Fra— gen richtige und befriedigende Auskunft zu geben, welches den Forſchenden um ſo willkommener ſein mußte, je frem— der und unbekannter der von Ruu Szaduluj mitgekommene Wegweiſer in und mit der Gegend zu werden anfing. Man ſtieg nun ſüdwärts ſteil hinan, kam in einen niedrigen ausgebreiteten Wald des in einander verwachſe— nen Krummholzbaumes, durch welchen mehrere hundert Schritte ein breiter Weg hindurch gegangen zu ſein ſcheint jetzt aber mit Geröll überzogen und ſchwer zu erklimmen iſt. Die gewonnene Hochebene enthielt noch den friſchen Schnee des vorhergehenden Tages, der jedoch am Son— nenſtrahl bald ſchmolz. In dieſem Zwerggehölz der Kie— ferart ſahe man auf allen Seiten große Plätze ausgeſtor— benen Krummholzes, entweder eine natürliche Folge der Al— tersſchwäche, oder eines außerordentlichen Grades der Kälte des zuletzt verſtrichenen Winters. Der neue Wegweiſer ſchritt wacker durch die aufgehäuften Trümmer des hier vorherrſchenden Glimmerſchiefers, wendete an einer jähen Gebirgsſeite, die gegen Norden gekehrt war, über bewegli— che Felsſtücke bis zu einer ſtarken Nebenquelle des Zood— flußes hinab, wo man die Becher ergriff, ſchöpfte und trank, und von nun an ſelten eine Quelle des ſchmackhaften Waſ— ſers ungekoſtet ließ. Dieſe Quelle ſprudelt aus dem Urge— ſtein hervor und rauſcht über die Felſen ſchäumend hinun— ter. Die Stärke des Waſſerſtrahls, am Beginn der Quelle, beträgt zwei Zoll und die Temperatur X 2° R. Ueber der bemerkten Quelle breitet ſich Krummholz aus, dazwiſchen lag noch alter Schnee, auf den Seiten Wacholderbeergeſträuch. Widrige Regenſchauer mit Schnee untermiſcht droh— ten den heitern Muth der Reiſenden bisweilen zu unterdrü— cken; aber milder Sonnenſchein begünſtigte dieſelben und der Anblick der herrlichen Tannenwälder und der an ihrem Rande wild blühenden Blumen ließ dann doch auch bald wieder die Strenge und das Unangenehme des Wechſels der Witterung vergeſſen und ſtimmte zu froher Heiterkeit. 342 Durch dunkle Fichtenwaldung ließ man ſich nun all— gemach bis zum Hauptarme und den noch eine Sägemühle treibenden Quellen des Zoodbaches hinunter, deſſen äußerſt klare Wellen über grauliches Gneis- und weißes Quarzge⸗ ſtein raſch hinwegfluthen. Die Brettermühle gehört nach Kakova und der Theil des Gebirges dem Szelister Stuhl. Das ſchöne, herrliche Waſſer, der aromatiſche Duft des Tannengehölzes, die anmuthige Lage der Mühle, und der ſich ausheiternde blaue Aether, nahmen die Reiſenden eine Weile in Anſpruch — und nach einem kurzen Ruhepunkte, den man ſich auf dieſem eliſäiſchen Platze gönnte, gedieh von hier, binnen etwa einer Stunde, nach einem mäßigen Hin— aufſteigen, der wenig gebahnte Fahrweg bis zu dem be⸗ reits erwähnten Stephleschtye, einem zweiten Militärcom— mando, und der Waſſerſcheide zwiſchen dem Zood- und dem Schebesfluße. Zwei faſt parallellaufende, bedeutende Gebirgszüge, die jene Flüße von einander trennen, werden hier durch einen Rieſendamm, Kurmeture Stephilestilor, verbunden, nämlich der Gebirgszug gegen Süden, der Presba, Galbid, Negovan, Szereesinul und andere bis an die walachiſche Gränze hinſtreifende Gebirge; und die Linie gegen Norden, vom Götzenberg, Onsstitor, bis Fro- moase, und Fata Skilmul hin. N | Lauf des Lotra-, Eibin:, Zood⸗ und Schebesflufies. Merkwürdig iſt dieſer acht Stunden ſüdweſtlich von Hermannſtadt entlegene Punct nicht blos wegen der nahen Quellen des Zood- und Schebesflußes, ſondern auch we— gen des faſt eben ſo nahen Urſprungs des Cibins und der Lotra, welche letztere ihre Quellen auf der mittägigen und ſchon walachiſchen Seite hat, und durch einen Theil der kleinen Walachei fließend, zwiſchen Projen und Kosia von dem Altfluß aufgenommen wird. 19 I Der Cibin dagegen entſpringt aus zwei von einander ziemlich entfernten Teichen, dem Jezur mare, und Jezur mike, auf dem ſchon genannten Gebirgsrücken Fromoase, 343 nimmt ſeinen Weg — vorzüglich der größere Cibinsarm, deſſen Lauf Berichterſtatter durchaus kennt, indem er den— ſelben von den Quellen bis zu ſeiner Ausmündung in den Alt, wiewohl zu verſchiedenen Zeiten, verfolgt hat — durch Urgebirge, über wilde und ſteile Abhänge von Fels zu Fels, und durch enge, düſtre Schluchten, die lange ſeinen Lauf verbergen bis in den Großauer Holzſchlag, wo er einen Abſatz macht, und eine Strecke ſanfter ſtrömet; dann wie: der mit zunehmendem Falle über ungeheure Steinmaſſen des Granits, Gneißes und Glimmerſchiefers, — ſeltener des Hornblende- und Urthonſchiefers — oft zwiſchen ſenk— rechten hohen Felſenwänden eingeengt, wie durch Thore, ſtürzt. Ueberhaupt bildet der Fluß von hier bis zu ſeiner Vereinigung mit dem kleinen Cibin maleriſche, für den Land: ſchaftszeichner ſehr intereſſante Anſichten, und von welchen zwei beſonders bemerkenswerth ſind. Die erſtere, näher dem erwähnten Holzſchlage, ſtellt den Gebirgsfluß dar, wie er von zwei zuſammen ſtrebenden Granitwänden eingepreßt und hingeleitet wird auf eine kleine, ſeiner Größe und ju— gendlichen Kraft nicht entſprechende Pforte — Poorte von den Walachen genannt — welche überdieß durch einen vorgeſchobenen gigantiſchen Felsblock gleichſam geſperrt, den hervordringenden Waſſerſtrahl in zwei Theile ſpaltet. Die zweite großartigere Anſicht, näher der Vereini— gung der beiden Cibinarme, zeigt, beiläufig zwei Stunden vom erſten Dorfe, Gurareu, entfernt einen Waſſerfall von einer Höhe, die fünf bis ſechs Klaftern, in einem Abſatze, betragen mag, und einen fortwährenden Staubregen ver— urſacht. Die aufgethürmten Steinmaſſen, der in ein gro⸗ ßes Baſſin ſchäumend und mit Getöſe ſtürzende Waſſer— ſtrahl, ſo wie die ganze wild ſchöne Umgebung, bieten den herrlichſten Anblick dar. Auch von hier fällt das Waſſer des großen Cibins wie über Stufen ungeſtüm hinab. Erſt vom Zuſammenfluße der beiden Cibinarme breitet ſich ein Thalgrund aus, in dem ein mit dem Wagen zu befahren: der Weg heraufführt, und daneben die Fluthen, zwar mit minder ſtarkem Falle, doch immer ſchnellem Laufe, hinab 344 eilen, nach dem am Gebirgsfuße gelegenen Dorfe Gura- reu, welches ihnen aus der Wildniß den Ausgang geſtat— tet, und den Eintritt in das ungemein ſchöne und frucht— bare, Hermannſtädter Thal öffnet. Nachdem der Cibinfluß, die von Menſchen ſelten betretenen rauhen Pfade der Urge— birge und Hochwälder in unendlichen Krümmungen ewig fliehend in die cultivirte freie Ebene hineingeſchritten, nimmt derſelbe noch einen Gebirgsbach und mehrere kleinere und größere Bäche auf. Eilf Orte, worunter die erſte der ſäch— ſiſchen und ſiebenbürgiſchen Städte ſich befindet, bevölkern ſeine lieblichen Ufer, von Gurareu an einen vier geographi— ſche Meilen betragenden Bogen beſchreibend, und eine Menge Fruchtmühlen und andere Werke in Bewegung ſetzend, bis zu ſeiner Mündung in den Altſtrom. Bei Orlat, der Stabs— ſtation des erſten Walachen Gränz-Infanterie-Regiments, empfängt er den mit dem Szelister vereinigten Sibieler- bach; tränkt Großau; bei Neppendorf begegnet ihm der von Poplaka herkommende, zwar waſſerarme, aber Titan— und Rutil⸗Körner, Granaten und Rubinenſand und wahr— ſcheinlich auch Gold führende Graben; unter Hermannſtadt, welchem der Fluß den lateiniſchen, ungriſchen und walachi— ſchen Namen — Cibinium, N. Szeben, Sibie — ertheilt, nimmt derſelbe den Reiß- und Krummbach auf; oberhalb Hammersdorf den, wegen der Menge foſſiler Ueberreſte des Mamuths, Rhinozeros, Biſambüffels und anderer urwelt— lichen Knochen und Zähne, ausgezeichneten Vinzelgraben; unterhalb Schellenberg den Schebesbach, wovon ein Theil ſchon von Resinar aus nach der Stadt geleitet wird und den mit dem Michelsberger vereinigten Heltauer Bach. Nach— dem der Cibin Bongart bewäſſert, unter Moichen den Harrbach mitführt, das Gebiet von Westen befruchtet und ſich über Talmäts, die Nagelflue durchbrechend, mit den kla— ren Wellen des Zoodflußes vermiſcht hat, ſo fließt er eine Viertelſtunde ruhiger, ausgebreiteter, und wird endlich, nach— dem ſich die alten Burgruinen von der Landeskrone in ſei— ner klaren Fluth abſpiegeln, vom Altſtrom, im Angeſichte 345 des gegenüber liegenden, wegen feiner verſteinerten Conchy— lien ) merkwürdigen Dorfes, Portschescht, verſchlungen. Hinſichtlich des erwähnten Zood- und Schebesflußes muß bemerkt werden, daß die Lage der Quellen und die Richtung der beiden Gebirgsflüße in der ſiebenbürgiſchen Quartalſchrift V. 1. p. 85. unrichtig angegeben ſind. Der Zoodfluß nimmt ſeinen Urſprung nicht auf der weſtlichen, ſondern an der öſtlichen Seite und verfolgt in der nämli— chen Richtung gegen Morgen, durch das Heltauer Gebiet, von Ruu Szaduluj über Zood (Szad) bis unter Talmatſch ſein Ziel. Sein Bett, und die ſich daneben erhebenden Seitenwände und Pyramiden, deren Baſis er in ſchnellem Lauf mit ſeinen Wellen beſpült, beſtehen größten Theils aus Gneis; jedoch tiefer, von Ruu Szaduluj hinunter, und beſonders in der Nähe des Dorfes, welches mit dem Fluße gleichen Namen trägt, aus Glimmerſchiefer mit ein— gewachſenen Granaten und Staurolithen — letztere oft mit „Zwillingskryſtallen — und Lagern von grasgrünem Strahl— ſteine. Der Glimmerſchiefer wechſellagert häufig mit Horn— blendeſchiefer, welcher manchmal Loumontit (diatomer Ku— phonſpath, Mohs) in unregelmäßigen und mit dem Gebirgs— geſtein verwachſenen Gangtrümmern in Druſenräumen und Spalten enthält. *) Dieſe Verſteinerungen ſcheinen die nachbarlichen Gränzen der Kreide und des Grobkalkes zu bezeichnen. Aus der Kreide: Spuren größerer Saurier (Monitor ), Ueberbleibſel von Fi— ſchen; Molusciten und Echinodermen: Orthoceratiten, Tur— riliten, Ellipſoliten, Lenticuliten, Serpuliten, Heliciten, Paz telliten, Lepas, Myaciten, Veneriten, Oſtraciten, Chamiten, Echiniten, Encriniten, Coralliten, Eſchariten, Fungiten, Ma- dreporiten, Milleporiten, Turbiporiten, Alcyoniten u. a. m.; und aus dem Grobkalke: Numuliten, Milioliten, Conus, Murex, Fuſus, Turbo, Monodonta, Trochus, Ampullaria, Paludina, Lymnäus, Helix, Patella, Oſtrea u. a. m.; von Zoophyten: Madreporen, Aſträen, Fungien, Turbinolia, Ovuliten, Lunuliten, Orbiculiten, Alveoliten u. a. m. Einige der genannten ſind blos Steinkerne. 346 Eine Erwähnung verdient hier noch der dem Glim— merſchiefer eingelagerte, theils weiße, theils blaulich graue Urkalkſtein, den der Fluß durchbrochen hat, und welcher am Rothenthurm, hinter Boitza, wieder in blendender Weiße (manchmal mit eingeſchloſſenen, ſchichtenweiſen, ſmaragdgrü— nen Glimmerblättchen) zu Tage geht, und von da weſtlich am Fuße der Urgebirge und denſelben aufgelagert, bis in die Gegend von Deva, eine Linie von 10 geographiſchen Meilen, einnimmt. Vorzüglich mächtig, ſtellenweiſe mit cos then und ſchwarzen Adern, tritt die erwähnte Felsart hin— ter Resinar und Poplaka hervor, weißen und honiggelben Arragonit, als untergeordnetes, fremdartiges Lager, um— ſchließend; ſo auch hinter Orlat, Großpold und Kelling; bei V. Hunyäad und Nändor, wo indeſſen dieſer Kalk von weißer Farbe, theils als mehr ſelbſtändig, theils als ſehr hohes und mächtiges Gebirge ſich behauptend, darſtellt. Bei der obigen Bemerkung über die unrichtige An— gabe der Quellenlage und Richtung des Zoodlaufes in je— ner Zeitſchrift — wenn es nicht zu viel wird von den Mün⸗ dungen der Flüſſe bis zum drittenmal zu ihrem Urſprung zurückzukehren — wurde daſſelbe ſchon auch von den Sche— besquellen beiläufig erwähnt. Denn auch dieſelben entſprin⸗ gen nicht auf der öſtlichen, ſondern auf der ganz entgegen⸗ geſetzten, weſtlichen Berglehne, und führen zuerſt den Na— men Ruul Feti, und erſt weiterhin, in der Richtung nach Weſten, gegen Piatra Alba, von wo aus der Fluß bald ſich wendet, und direct auf Norden geht, die Benennung des Schebesflußes oder Mühlbachs. Durch Felſen bahnt er fi feinen Weg und windet ſich durch tiefe dunkle Thal- gründe; nimmt dann feinen Lauf über Sugäg , Käpol- na, Läz, Szäsztsor, Petersdorf, Mühlbach, Langendorf und fällt endlich, bei Varadgya, in den Maroſchſtrom. Von Sugäg, und noch weiter hinauf, angefangen bis Läz her: ab, ſcheint der Glimmerſchiefer vorzuherrſchen, und ſetzt ſich manchmal in großen Maſſen den Wellen des Flußes entgegen; aber am linken Ufer des Mühlbaches, etwas feits wärts oberhalb Kapolna, muß ein mit weißen Feldſpath⸗ 347 kryſtallen auf hellgruͤnem Grunde gezeichneter Hornſtein— porphyr in Geſellſchaft des Glimmerſchiefers als eine Merk— würdigkeit im Urgebirge angegeben werden. Von Szäsz- tsor, das durch feine foſſilen Conchylien ), deren es ganze Felſen⸗ und Hügelreihen enthält, merkwürdig iſt, tritt der Fluß, auch Goldſand mit ſich führend, in die offene Mas roſchfläche hinaus. Von der KurmetureStephilestilor ſenkt fich der breite, doch nicht tief eingeſchnittene Thalgrund im Ganzen merk— lich. Die gegen Süden gekehrte grasreiche Seite der Fro- moase, an welcher über ſaftige fette Triften — von Wer gen und Fußpfaden find gar keine Spuren — die Reifens den hinabſtiegen, iſt ſehr quellenreich, und die Gegend in einem weiten Umkreis von Tannenwaldungen, entweder durch angelegtes Feuer oder von Sturmwinden, gelichtet. Es ſoll dieſer Gebirgszug, namentlich von Piatra Alba gegen Süd— weſten, häufig von ſchrecklichen Sturmwinden heimgeſucht werden, wodurch nicht nur die Wälder ſehr leiden, ſondern auch, wie erzählt wird, öfters Herden und Menſchen gro- ßen Schaden nehmen. Zahlloſe Stämme entwurzelter Forſte von ſchwarzen Fichtenwäldern lagen ſämmtlich nach einer und derſelben Richtung gegen Süden von dem orkanähn— lichen Nordſturm niedergenorfen. Andere Theile der Schwarz— wälder wurden abgebrannt, wahrſcheinlich von den Hirten, um die wilden Thiere zu verſcheuchen und die Weideplätze zu vergrößern. Als Beweis der Austilgung durchs Feuer, ſtehn noch viele angebrannte, vertrocknete Baumſtämme da; viele ſind ordnungslos durcheinander gefallen; alle hat ſchon die Zeit ſo gebleicht, daß ſie weißen, marmornen Säulen gleichen. Doch reifen ſie dem Moder und ihrer nahen Auf— löſung, von den Menſchen ungenützt, entgegen. 7 0 Die Conchylien gehören vorzüglich aus der Oolith- und Krei⸗ de ⸗pPeriode zu den fogenannten Goſauſchichten: Nerineen, Bucciniten, Turbiniten, Voluciten, Turriliten u. a. m. 348 Piatra Alba. Dieſe Wälderverwüſtungen kann man vorzüglich von dem auf einer Anhöhe befindlichen Militär-Commando, Piatra Alba, welcher Platz die Ausſicht in die Gegenden ringsherum ziemlich beherrſcht, beobachten. Mit dem militäriſchen Gränzpoſten iſt zugleich eine Contumaz⸗Anſtalt, welche in zwei Reinigungsdienern und einem Contraſchen beſteht, verbunden. b Piatra Alba führt ſeinen Namen wahrſcheinlich von den hier häufig vorkommenden milchweißen Quarzfelſen, welche von dem aus Holz errichteten Commando und Con— tumazhauſe, in ſüdlicher Richtung, an einem Gebirgsab— hang, vorzüglich ſchön erſcheinen, mitunter auch Turmalin und ſchwarze, große Schörlkryſtalle enthalten. Wenn man dieſen mittägigen, ſeltener beſuchten Kar— pathentheil Siebenbürgens betritt, und im Vorüberwandeln hier Tyrols und des Schweizerhochlandes vielgeprieſene, mit ſaftvollen Kräutern üppig wuchernde Weidungen, und die reichen, klaren Quellen des ſchmackhafteſten Waſſers wie— der zu ſehen und zu treffen wähnt, ſo kann man den Wunſch nicht unterdrücken, dieſe grasreichen Hochebenen und dieſe mit kryſtallhellen Bächen bewäſſerten, fetten Thäler von deutſchen Stämmen, wenigſtens von fleißigen Händen und deutſcher Induſtrie coloniſirt zu ſehFn. Im hohen Som— mer — Junius, Julius und Auguſt — bemerkt man zwar auf den Höhen oder in entfernten Gründen hier und dort eine weidende Herde mit ihren Hirten, und einige Schä— ferhütten, die jedoch ſchon mit Ende Auguſts oder Anfang Septembers wüſte und leer zurück bleiben, indem die Her— den von den Gebirgen herunter getrieben werden. Ganz menſchenleer und wie ausgeſtorben ſind von der Zeit an dieſe Gegenden. Von Piatra Alba, wo die Reiſenden eine ſehr gaſt— freundliche Aufnahme gefunden hatten, kamen zwei auf den Vulcan hinfuͤhrende Wege in Vorſchlag: einerſeits über Silimoj und Smide mika, andrerſeits über Pojana Mueri 4 349 und Capra. Man wählte den letztern und kürzern Pfad, der einen Theil des walachiſchen Gebietes (von Piatra Al- ba bis Pojana Mueri) durchſchnitt. Der Aufbruch zur weitern Reiſe fand am 27. Auguſt, in Begleitung eines Soldaten von dieſem Gränz-Com— mando Statt. Die aus den Gebirgen herbeigebrachten Reit— pferde waren jung, ſtark und muthig; die Sättel und das Reitzeug von der ſchlechteſten Art, und in Ermangelung des Zaumes, nur ein Halfter. Es ging wacker vorwärts; zuerſt ſüdlich über einen ungeſtümen rauſchenden Arm des Schebesflußes, den kryſtallhellen Orleas. Nahe unter dem Uebergange wird derſelbe durch hingelegte lange Stämme von Fichten alſo geſchwellt, daß er den Reinigungsteich bildet, welchen das von der walachiſchen Seite herüber— kommende Vieh jeder Art einzeln und herdenweiſe durch— baden muß, um ſomit auf ſiebenbürgiſchem Boden gerei— nigt erſcheinen zu können. Aus dieſer Waſſerreinigungs— ſchwemme windet ſich dann der Pfad ſüdweſtlich, an ei— nem ſteilen Gebirgsrücken, über große weiße Quarzbruch— ſtücke, die von der Höhe herunter ſtürzten, und jene vor— erwähnten dunkeln, auf dem hellen Grunde hervorſtechenden Kryſtalle enthalten, bis zum Anfange einer Hochebene, und dem kaiſerlichen Gränzadler, mühſam empor. — Dieſes, der kleinen Walachei zugehörende Gebiet, bildet hier eine förmliche Landgränzzunge, welche die ſiebenbürgiſche Gränz— linie durchbricht, und die übrigens ziemlich beobachtete Gränz— arondirung, dem Großfürſtenthum zum Nachtheil, ſtört. Einige der beſten Hutweiden werden ihm dadurch unna— türlich entzogen. Und namentlich eine ausgezeichnet breite und lange Hochebene, welche erſt fernhin gegen Weſten, in welcher Richtung die Reiſenden ihren Weg verfolgten, ſich ſanft abzudachen beginnt. Weidungen von ähnlicher Ausdehnung dürften ſchwerlich mehrere in dieſen Gebirgen vorkommen. Sie ward binnen einer Stunde durchritten bis zu jener Abdachung, wo am Abhang ein zugedeckter Brunnen des beſten Quellwaſſers dem Wanderer entgegen: ſprudelt. Außer einer iſolirten Schäferhütte, wo man ſich, 350 indem hier keine Spur von Wegen kennbar iſt, Aber die einzuſchlagende Richtung nach dem vorgeſteckten Ziele von den noch anweſenden Hirten belehren ließ, war nichts ſichtbar. Bei einer zweiten größern, faſt ſieben Viertelſtunden von dieſer entfernten Scäferhücte , oder Stinna, follten friſche Pferde genommen werden; allein der Roßwechſel kam nicht zu Stande. Die muthigen, hier frei graſenden Pferde benützten, im vollen Gefühl ihrer Stärke und ſchnel— len Füße, die Freiheit, und die Annäherung des rufenden und ſchmeichelnden Bezähmers nicht abwartend noch ach—⸗ tend zerſtreuten ſie ſich in die weiten Räume, flüchteten in dunkle Forſte. Während einem vorüberziehenden Streif— regen hielt man ſich unter dem Obdache der gewonnenen Schäferhütte ruhig. Um ein großes, knatterndes Feuer was ren Stühle und Bänke im Kreiſe herumgeſtellt. Die wa— ren eigener Art: einfüßige, zweifüßige, drei- und vierfüßige Sitze. Die Stühlfüße waren nicht durch Vorherbohren eingeſetzt, ſondern natürlich herausgewachſene Aeſte. Der zweifüßige Stuhl hatte einen Schweif, der zwiſchen den horizontalen Seitenbalken der Hütte eingeklemmt war. Die zum Sitzen bequemſten ſchienen die 18 Zoll hoch quer durchſägten und im Durchmeſſer 10 Zoll dicken Fichten zu fein, hier eine beliebte Sophaart. Jeder nahm feinen Ruhe⸗ platz ein, zuerſt die jüngern Walachen und Deutſchen. Zuletzt ließ ſich auch der Aelteſte von den Reiſenden, nach— dem er die Jahresringe auf dem Durchſchnitte feines ftarz ken Fichtenſtammes überzählt hatte, nieder. Der Eigen⸗ thümer der Hütte und Inhaber einer großen Schafherde, ſo wie auch mehrerer ſchöner Roſſe, kam herbei, brachte zwar keine Reitpferde, aber Milch und Käſe und Palukes im Ueberfluße, und bewirthete recht fleißig ſeine Gäſte. Mittlerweile zertheilten ſich die Nebel. Durch graue Wolken brachen Sonnenſtrahlen, und der hölzerne Qua— drant, nachdem man den Strahl mit den Dioptern auf— fing, ſchlug ſeine kleine Perle am Senkblei gegen die nach— mittägige Zweiſtundenlinie an. Unter der Jagd mit den TR. 351 wilden Roſſen, hatten die ermüdeten ſich wieder erholt. Sie thaten nun auf der weitern Reiſe, wie vorher, ihre Dienſte. Auf Pojana Mueri mußte, weil der Abend her— annahte, Nachtquartier gemacht werden. Die Entfernung dieſer beiden Gränzwachen von einander dürfte wohl acht bis neun Stunden betragen. Die Gegend iſt bisher durch die ausgebreiteten Grasflächen, ſowohl auf den Höhen, als auch auf den Abdachungen der Gebirge, ſehr einförmig; durch zunehmende Waldung, bei dem Hinunterſteigen von den Plateaus, wild und rauh, manchmal ſehr unbequem zum Durchkommen. Dammerde und üppig wuchernder Wie— ſengrund und Tannenwälder verhüllen zwar dem Forſcher auf weite Strecken das Mineralreich; aber ein Hohlweg windet ſich durch dichten Tannenwald jäh hinab. Den verfolgt man, wiewohl mit Unbequemlichkeit, wegen ſtaffel— ähnlicher Unebenheiten des Bodens und der über den Weg ragenden und die Hüte abſtreifenden Aeſte des Nadelhols zes. Denſelben Weg nimmt, wie es ſcheint, ein bei häu— figen Regengüſſen fich bildender Sturzbach; denn er iſt wie ausgewaſchen, und von Erde, und jetzt auch von Näſſe, ſo befreit, daß der Granit von vorne herein gleichſam auf— geſchloſſen, unter den entblößten Wurzeln des Waldes, un: unterbrochen bis in die Tiefe, wo er ſich unter der Damm⸗ erde wieder verliert, in ziemlicher Ausdehnung beobachtet werden kann. Selbſt aus dieſer beſchränkten Entblößung des Urgeſteins kann man auf deſſen Mächtigkeit — auf die etwa 80 Klaftern betragende Höhe, welche ganz ab— geplattet, und auf deſſen Breite von ſanften Umriſſen — ſchließen. Die Mengtheile der Felsart beſtehn aus grob— körnigem, ſchön fleiſchrothem Feldſpathe, welcher, wie ge— 5 wöhnlich, vorherrſcht, aus graulich weißem Quarze, der geringer, und aus ſilberweißem Glimmer, der in gering— ſter Quantität vorhanden iſt. Uebrigens ift das Geſtein theilweiſe an der Oberfläche bereits an verſchiedenen Orten zerſetzt. 2 * * 352 Pojana Mueri. Aus dem ſchauerlichen Dunkel des Tannenwaldes herz ausgeſchritten, bemerkt man ſchon aus der Ferne einen of- fenen Platz, und die Gränzwache auf und abgehend. Rings um mit hohen Palliſaden umſchloſſen, ſteht das militäri— ſche Wachthaus auf einem erhabenen Gebirgsſattel, welcher von zwei Seiten weit entfernte Ausſichten beherrſcht, von den zwei andern Seiten jedoch — ſüdlich und nordöſtlich — mit ſteilen Gebirgswänden gedeckt iſt. Gegen Mittag ſenkt ſich ein dichtbewaldeter Thalgrund tief hinab, und führt ein rauſchendes Gewäſſer der Lotra zu. Gegen Weſten, wo der Bergrücken noch ſteiler abfällt, öffnet ſich in bes deutender Tiefe der waldreiche Anfang des Schylthales mit ſeinen mannigfaltigen verzweigten Zuflüſſen und Quellen des ungriſchen Schylflußes. Im Hintergrunde, doch mehr nördlich, erhebt über die andern Gebirge ſich der rieſige Potru, welcher angeblich alte Schanzen und weitläufige Erdwälle tragen ſoll. Eine andere Gebirgserhöhung, Grua- pa genannt, welche in Geſtalt eines Grabhügels — daher auch walachiſche Name deſſelben — ſticht aus den ſüdweſt— lichen Felſenkämmen hervor. Die Mannſchaft von dieſem Commando waren in— duſtrielle Singer, hatten bald die Friſt ihrer Gränzhuth er— füllt, und warteten mit dem letzten Auguſt ſehnlich auf ihre Ablöſung, nachdem fie die einſamen Tage auf der Gebirgs- höhe gewerbthätig benützt hatten. Ein ſchöner Vorrath von kleinen Holzartefacten, beſtehend in zierlich geſchnitzten Spinnrocken, Spindeln, Lädchen, Käſtchen mit Schiebfä⸗ chern und andern Kleinigkeiten, welche die verheiratheten Männer ihren Weibern und Kindern mitzunehmen beab— ſichtigten, beurkundeten ihre lobenswerthe Gewerbsthätigkeit. Das Innere des Wachthauſes empfahl ſoldatiſche Ordnung und Reinlichkeit. Eine bretterne Britſche nahm zwei Drit— theile der Wohnung ein, und der offene Kamin, mit einem friſch angemachten, tüchtigen Feuer, erleuchtete den fenſter— loſen Raum. Die auf den Gebirgen gewöhnliche Hirtenkoſt, 353 zum bevorſtehenden Nachtmahl, lieferte die nächſte Schä— ferei; Forellen der ungriſche Schyl. Erinnerungswerth iſt endlich noch eine aus grünen Tannenzweigen von Paul Worworia ſchuppenartig zuſammengelegte, elaſtiſche Schlaf⸗ matte, welche den Müden, nach einem in naſſer Witterung zugebrachten neblichten Tage, ſo wohl that. Den 28. Auguſt blitzte der erſte Sonnenſtrahl, bei wolkenfreiem Himmel, über die ſich im Oſten aufthürmen— den und waldumkränzten Gebirge, hervor. Aber unten, auf der entgegengeſetzten Seite, breitete ſich über das Schyl⸗ thal ein großes Nebelmeer aus, nicht unähnlich den Zür— cher und Luzerner Seen in der Schweiz und welche Er— ſcheinung, nach der Angabe der Soldaten, einen ſchönen Tag, das heißt, wenn die Nebel ſich nicht erhüben, ver— kündete. So war es. Die Nebel und Wolken zertheilten ſich und verſchwanden, und der ſchönſte und ſonnigſte Tag beglückte die Naturforſcher. Bis zur Herbeiſchaffung der Roſſe wurden bei der nächſten, etliche hundert Schritte entfernten lebendigen Quelle, welche dem Commando das ſchmackhafteſte Trinkwaſſer reicht, und über zerſetzten Glim— merſchiefer dem Lotra zufließt, Waſchverſuche angeſtellt, jedoch ohne Ergebniß. So viel man auf der einen Seite die ſteilen Anhö— hen bis zur anmuthigen Pojana Mueri (Frauenwieſe) hin: unter geſtiegen war, ſo viel ſtieg man auf der andern von derſelben wieder hinan, ohne jedoch den Gipfel zu gewin— nen, und wendete der Weg an der Nachtſeite des Gebirges rechts immer allmählig höher ſteigend bis zum Plateau. Etliche Stunden dauerte der Pfad hier ſofort, blos mit der Ausſicht auf die hervorragenden Kuppen des Potru, und Gruapa, zu welchen nun auch die ſchroffen Kämme des Paringul (auch Parangu) ſich geſellten. Und von nun an hatten dieſelben die Reiſenden ſtets zu Begleitern, ſelbſt auf dem Weg durch das Schylthal verlor man ihre An— ſicht ſelten aus den Augen. Jetzt wechſelte der Pfad, zog ſich bald an der mit— ; ternächtlichen, bald uber den Rücken an der mittägigen Seite, . Ber Archib 1. 2. 23 3 — 2 5 r 354 bald ganz oben auf der Fläche des Gebirges; und kaum hatte man ſich auf einem ſchmalen Fußſteig über ſteile Anhöhen und loſes Gerölle hinunter gelaſſen, als ſchon eine andere, von ſchauerlichen Abgründen umgebene, noch ſtei— lere Felsmaſſe ſich aufthürmte, bis endlich der Gebirgszug einen großen Abſatz macht, an dem ein über ſpitzige Fel— ſenſtaffeln ſchlecht gebahnter Weg ſich ſchräg niederwärts windet und den ſchönen Bergſattel, Capra, erreicht. Capra. Auf der Capra — Ziege in wal. Sprache — iſt ein militäriſcher Gränzwachtpoſten aufgeſtellt, der fünfte, den die Naturforſcher begrüßten, und deſſen Mannſchaft vor ſeinem mit Paliſaden umgebenen Commandohauſe die Her— unterſteigenden noch oben am Gipfel des Gebirges bemerk— te, bei der Ankunft auf ſoldatiſche Weiſe in Empfang nahm, und bei dem Umwechſeln der Pferde thätig an die Hand ging. Bis das geſchahe, gewann man Zeit, ſich zu erholen, und an dem großartigen Anblick des nahen Pa- ringu, der ſeine ſchroffen Kämme bis in die Region der Wolken aufgethürmt hat, wahrhaft zu laben. Derſelbe ſcheint zwar von dem Gebirge, wo die Beobachter ſtanden, ſo wenig entfernt zu ſein, daß man dafür hält, mit ei— nem Menſchen, der drüben ſtünde, ſprechen zu können. Aber ungeheuer tief iſt der Abgrund, der ſie trennt, und mit außerordentlicher Steile und Schroffheit ſtrebt aus dem bewaldeten dunkeln Abgrund hoch empor der genannte Pa— ringu, deſſen zackige Spitzen, von altem und recentem Schnee bedeckt, in einer Kette von Morgen nach Abend hin laufen. Von ſeiner Hälfte herab beginnt gedrängt zu— ſammenſtehender Schwarzwald, der abwärts an Dichtigkeit zunimmt und unten mit Birken und andern Holzarten ge— miſcht iſt. Die Bäche, welche den ſogenannten Schyvetz bilden, fallen mit Ungeſtümm, und in Staub ſich auflö— ſend, über mächtige Felſenabſätze hinab in die tiefen dich— teſten Wälder, woſelbſt der durch das Laub der Bäume ſichtbare weiße Schaum noch feinen Lauf verräth. 355 Der Paringu blickt auch hinſichtlich feiner relativen Höhe ſtolz auf ſeine nähern und entferntern Brüder herab; und ſcheint ſogar mit dem Retgesat, wenn er ihn nicht übertrifft, an Höhe zu wetteifern. Und wenn diefer , nach einigen Angaben barometriſcher Meſſungen 7800 Wiener Fuß über der nächſten Meeresfläche erhaben iſt, ſo dürfte wohl die abſolute Höhe des erhabenſten Kammes von jenem 8000 Fuß betragen. 0 Es lag im Reiſeplan dieſes Gebirge zu erſteigen, um in einem Theile deſſelben — Hoaste lui Russ und Pia- tra Zigata — das Vorkommen des Serpentins und Ke— rolits auf Ort und Stelle zu beobachten; allein der fri— ſche Schnee, der zwei Tage vorher gefallen, und die obe— ren Theile der Felſen bedeckte, vereitelte das Unternehmen. Die mehr genannte Capra gehört übrigens zu den grasreichſten und ſchönſten Hochebenen dieſes Gebirgszuges, welcher gegen Mitternacht unter einem geringen Winkel ſanft hinabſinkt, und gegen Mittag jäh abfällt, am meiſten je⸗ doch durch den majeſtätiſchen Paringu gehoben, an Reiz gewinnt. Auch wird ſie nicht nur durch den militäriſchen Wachtpoſten belebt, ſondern nicht minder durch einige Schä— ferhütten, deren Schaf- und Ziegenherden, Rinder und Pfer⸗ de, zerſtreut umher weiden. Von den letztern wurden ei— nige für die Angekommenen eingefangen, geſattelt und be—⸗ packt und ſofort die Abreiſe beſchleunigt, indem dieſelbe am ſüdlichen Rande der beſchriebenen Ebene längs einem ſehr ſteilen Abhange bis in das nächſte walachiſche Dorf, Pe- trilla, unternommen ward. Gegen den Abhang zu ſahe man auf ihren Berg- und Waldwieſen die männliche for wohl als auch die weibliche Bevölkerung des benannten Wohnortes, Petrilla, in voller Heuerndte begriffen. Einige mäheten erſt, andere trockneten das Gras ab, noch andere führten Heu und brachten den Vorrath auf Bäume, die ſie vorher fünf und ſechs Schuh über der Erde abſtutzten, ( wahrſcheinlich damit er nicht vom Vieh erreicht werden könnte), in ſpitzige, kegelförmige Schober zuſammen. Mit dieſer Nahrung wird im Winter das herbeigetriebene Horn— a 23 * 356 vieh auf Ort und Stelle gefüttert; und das ſchon wegen der Schwierigkeit des Hinunterführens und noch mehr we— gen des Viehdüngers, welcher den zukünftigen Graswuchs begünſtiget. An der Stirne der Capra öffnet ſich unn die Aus⸗ ſicht und es entfaltet ſich, in einem Theile des Schyltha⸗ les, eine ungemein ſchöne Landſchaft. Dieſe begränzen ge— gen Nordoſten faft ſenkrechte, an ihrem Scheitel waldum—⸗ kränzte Felſen; gegen Süden, zwar erſt nur ſanft erſtei⸗ gende, grasreiche, dann aber immer höher ſich erhebende, mit Wald bewachſene Berge, über welche der Paringu hervorragt. Von ihm ſtürzt, wie bereits erwähnt, aus fel— ſigen, dunkeln Gründen ins Freie der ungeſtüme Schy⸗ vetz, und ſchlängelt ſich jetzt ruhiger in der Ebene, bis er ſich mit den aus den entgegengeſetzten ſchroffen Kalkfelswänden hervordringenden Zuflüſſen vereinigt und den ungriſchen Schyl bildet und vergrößert. Am Fuße des Capra-Gebirges überraſchte eine dop— pelte Merkwürdigkeit einerſeits den Alterthumsforſcher und andererſeits den Naturforſcher. Zuerſt erblickt jener auf einer großen, grünen gegen Abend hinziehenden Fläche un— zählbare, runde Vertiefungen, deren jede einzeln — bei⸗ läufig aus der Entfernung zu ſchließen — zwei Klaftern durchſchnittlich haben mag, und die von dem linken Ufer des mehr berührten Schyvetz, am Rande der Berge, weit hinab verbreitet ſind. Dieſen ähnliche werden auch auf andern mäßigen Anhöhen der Schyler Gegend, namentlich zwiſchen Lupeny uud dem Vulkaner Paße, und das manch— mal in Geſellſchaft kleiner Hügel, bemerkt. Befragt man die nächſten Anwohner über die Bedeutung dieſer vielen Löcher in der Erde, ſo ſind ſie gar nicht im Stande Aus— kunft darüber zu geben. Die unregelmäßigen Gruben ſchei⸗ nen indeſſen unſtreitig auf einen Lagerplatz irgend eines kriegeriſchen Volkes hinzudeuten, welches dieſen zum Lager ganz geeigneten Ort — derſelbe wird von der Seite und im Rücken von hohen Bergen und in der Fronte vom Fluße gedeckt — auswählte. Mit Recht ſchließt man jedoch 4 * 357 maus den vorhandenen Spuren auf die noch wenig gere— gelte Kriegskunſt einer barbariſchen Macht, welche hier zu ihrer Zeit und nach ihrer Art campirte. Möglich, daß dieſe Ueberbleibſel aus der Zeit der Türkenkriege herrühren, in welcher bekanntlich eine Abtheilung des türkiſchen Hee— res über den Vulkaner Paß ſtuͤrmte und bis in das Ha— tzeger Thal vordrang. Möglich auch, daß dieſelben einer noch weit entferntern Zeit angehören. Zweitens bemerkt unten beim Herunterſteigen, gegen Mitternacht, vom erſten Bauernhofe etliche hundert Schritte rechts, der Mineralog einen kleinen Bach, der ein Koh— lenflötz, wahrſcheinlich von großer Ausdehnung, und an— ſcheinend von mehreren Schuhen Mächtigkeit, oberflächlich von Süden nach Norden, durchſchnitten hat. Weiter un— ten im Bache kommen viele Bruchſtücke von verhärtetem Mergel und Schieferthon, welche verſchiedenartige Conchy— lien und Spuren von Pflanzenabdrüden enthalten, vor, und die aus dem Geſteine, das die Sohle des Kohlen— flötzes formirt, hervorgekommen ſein mögen. Die Decke beſteht aus dünnen Mergelſchichten. Der angegebene Bach ergießt ſich, durch blumenreiche Wieſen ſchlängelnd, in den ungriſchen Schyl, in welchem, durch Waſchverſuche und mikroskopiſche Unterſuchung des Schylſandes und Schlam— mes, mit Quarz vermiſchte Rutil- und Titankörner — die gewöhnlichen Begleiter des Goldſandes — entdeckt wurden. In Petrilla, dem erſten walachiſchen Dörfchen im Schylthal, welches man erreichte, wurde Halt gemacht, um friſche Roſſe zu nehmen. Die Wohnhütten mit ihren Höfen, Gärten und Wieſen, liegen ſehr zerſtreut, theils längs, theils unfern von den Ufern des genannten Flußes, und bilden nirgends eine ordentliche Gaſſe. Daher man denn auch, wiewohl viele Orte an den beiden Schylflüſſen — 18 an der Zahl — angeführt werden, nicht wiſſen kann, wo einer und der andere anfängt und aufhört. Iſolirte hölzerne Kirchen und Bethäuschen, mit einem kleinen ſchorn— ſteinähnlichen Thürmchen auf der Firſt, in welchem das Glöcklein hängt, können wohl, wenn dieſelben nicht als 358 Wohnhütten von den Fremden überſehen werden, manch— mal anzeigen, wo der Ort liegt und begonnen hat. Man ſuchte die Wohnung des Dorfrichters auf, und fand nur deſſen Frau mit zwei kleinen Kindern zu Hauſe. Der Mann und die meiſten Dorfsbewohner ſammt ihrem Viehe und ihren Pferden wären, hieß es, auf dem Ge— birge beim Heumachen, durch welches der Weg geführt hatte. Es ward hingeſchickt, auf den kommenden Morgen drei Pferde herunter zu führen. Der Tag neigte ſich und die Reiſenden hatten in der Hütte des Abweſenden auf Einladung der Hausfrau ſich bereits einquartirt. Obſchon dieſe Wohnung einem Beamten zugehörte, und von denen der übrigen Dorfsbewohner ſich auszeichnen ſollte, fo war. ſie doch nur aus Holz von horizontal auf einander ge— legten Balken zuſammengefügt, mit einem Dach von Schin> deln, welches zugleich über den ſchmalen Gang reichte, der ſich längs der Seite, wo der Eingang iſt, hinzog. Das Wohnzimmer, deſſen Boden nicht gebrettert, ſondern aus feſtgeſchlagener Erde, deſſen Decke aus in einander geſcho— benen Brettern beſtand, war ziemlich weit, aber für große Leute zu niedrig. Die zwei oder drei länglichten in die Quere gelegten Fenſter, welche ſtatt des Glaſes, durchſich— tige Blaſenüberzüge hatten, ließen nur ein ſchwaches Däm— merlicht hineinfallen. Das Feuer wurde auf der Erde an— gemacht; ein Mantel von Lehm führte, den Rauch auf: fangend, unter das Dach. Die nahe Lehnbank bei dem lo: dernden Feuer hielt man für das Beſte; ſie war immer beſetzt. Ein großer Weberſtuhl mit dazu gehörigem Has⸗ pel, nahm den größten Theil der Stube ein. Noch ſtieß daran eine ſchmale, fenſterloſe Nebenkammer, deren halb geöffnete Thür ſehen ließ, wie Manches über und unter einz ander lag; überhaupt leuchtete aus dem Ganzen, weder die größte Ordnung, noch die ausgeſuchteſte Reinlichkeit her— vor, obſchon man ſich von den Bienen, welche vor den Zimmerfenſtern in Stöcken ſtanden, ein gutes Beiſpiel hatte nehmen können. Doch nahe an die Bienen gränzte der Ziegen- und Schweinſtall; denn neben der Bienenzucht 359 wird hier auch die der Ziegen und Schweine mit Vor: theil betrieben. Eigenthümlich find die Bienenkörbe: aus— gehöhlte zwei bis dritthalb Schuh hohe, quer abgeſägte und oben zugemachte Fichtenſtämme, ſtanden in der Reihe neben einander. Mit Blumenſtaub und Honig ſchwer be— laden, kam noch ſpät Abends aus dem Felde das Volk der Bienen heim, und arbeitete behaglich ſummend für des lan— gen Winters Mahl. Morgens, mit dem erſten Sonnen— ſtrahl ſchoßen ſie gleich Pfeilen nach allen Richtungen, vorzüglich in die bethaueten, blumenreichen Fluren des un— griſchen Schylflußes hinunter. Ihrem Fluge nach ritt man den 29. Auguſt, zwar nicht mit gleicher Schnelligkeit, doch im vollen Genuße durch die ausgebreiteten Blumenteppi— che, welche noch in dieſen köſtlichen Auen eben jetzt prang— ten, ſo wie in den Monaten des hohen Sommers. An mehreren Stellen, ſelbſt an den entferntern beiden Thalſeiten des ungriſchen Schylgrundes, deſſen Breite durch— aus ziemlich beträchtlich iſt, ſind Steinkohlen, welche ſich, indem man den Schyvetz durchſetzend bald näher bald ab— ſeits vom linken Flußufer hinreitet, durch ihre ſchwarze Färbung dem Kenner verrathen. Einer Art Sandſtein, welche in mäßigen Hügelreihen den Urgebirgen ſich anla— gert, ſind die Kohlen, wie es ſcheint, untergeordnet. Oft bildet dieſer Sandſtein, wo der Fluß ihm begegnet, hohe, ſenkrechte Ufer, welches, wie es in der Folge bemerkt wer— den ſoll, noch öfterer im Flußbett des walachiſchen Schyls der Fall iſt, woſelbſt die Steinkohlen noch viel häufiger angetroffen werden. Gegen die mittägige Gränze des Unter-Albenſer Co— mitates fängt das ſchöne Thal des ungriſchen Schyls mit aufthürmenden Quarzfelſen ſich an zu verſchließen. Jedoch ein reitzenderes und weit größeres liegt, ſobald er über den Fluß durch einen Hohlweg die Höhe hinangeſtiegen iſt, vor den überraſchten Blicken des Reiſenden. Der walachiſche Schylfluß entſpringt aus dem weſt— lichen banatiſchen und walachiſchen Gränzgebirge und rauſcht von Weſten gegen Oſten mit ſtarkem Falle, und über große 360 Felsſtücke heran, und vereinigt fich hier mit dem ungri— ſchen, ſtrömt gemeinſchaftlich mit ihm, die ſüdliche Gebirgs— kette durchbrechend, über Tergo-Syl, Motru, unter Kra- iova in die Donau. Berichtigung. Die Vereinigung der beiden Schylflüße und der von ihr nahe Felſendurchbruch finden über eine deutſche Meile vom ſogenannten Vulkaner Paße entfernt ſtatt, und der Durchbruch nicht, wie man lieſt, dicht am Paße. Aus den ſiebenbürgiſchen Erdbeſchreibungen bekommt man nämlich hievon eine irrige Vorſtellung, indem man, nach ihren Angaben, dafür halten muß, daß, wie beim Rothenthur— mer Engpaß, an den Ufern des Altflußes, ſo hier, an den Ufern des vereinigten Schylflußes, der Weg bei dem Vul— kaner Paß in das Nachbarland hineingehen müſſe. Das wäre allerdings, wenn man wollte, aber ernſtlich wollte, zu bewerkſtelligen, und dann unſtreitig der kürzeſte und be- quemſte Weg durch die kleine Walachei an die Donau, und auch vor Allem in comerzieller Hinſicht für die Hu— nyader Geſpannſchaft, vielleicht für den ganzen weſtlichen Theil Siebenbürgens, von unberechenbarem Nutzen. Doch eine fahrbare Straße an den Ufern und Felſenwänden des vereinigten Schyls durch den mächtigen Gneis- und Gra— nitzug der Karpathenverzweigung zu bauen, und die Na— turhinderniſſe dabei zu bekämpfen, erfordert feſten Willen, vereinigte Kraft und königliche Unterſtützung. Gegenwärtig von jenem erweckten fehlerhaften Begriffe über die Lage des Paſſes irre geleitet, ſuchten die forſchenden Blicke den jetzt ganz nahen in jeder Niederung und Bergſchlucht, nur dort nicht, wo er wirklich war: auf dem erhabenen Vor— ſprung, am Fuße des Gebirges, Vulkan, wo ſteil hinauf die Straße in die Walachei hinüber führt; und wo gleich anfänglich neben dem Wege von beiden Seiten die aus Stein und Kalk gemauerten, mit Schornſteinen — wel— ches im Schylthal ſonſt nirgends der Fall iſt — verſehenen 361 Wohngebäude des königlichen Dreißigſt- und Kontumatz⸗ amtes, und des militäriſchen Commandos ſtehen, und wo— zu noch ein Gaſthof und einige andere Behauſungen und Nebengebäude gerechnet werden können. Alles dieſes iſt ein regelmäßiges Viereck, deſſen Seiten zum Theil noch aus unvollendetem Mauerwerke beſtehen, eingeſchloſſen. Ganz unten im Thale rauſcht der walachiſche Schyl vorüber, mit offener Ausſicht gegen Abend, von wo er kommt, und ge— gen Morgen, wohin er ſich wendet. Die Hauptperſonen, welche in den erwähnten Gebäuden wohnen, ſind ein kö— niglicher Dreißiger und Controlor, ein Kontumatz-Director (ein Doctor Medicinae), und ein k. Gränzofficier, mit einem Militär-Commando, den Paß zu ſichern und die Gränzeordonspoſten zu beſetzen und zu überwachen. Der Commandant, zufällig ein naher Anverwandter des reiſen— den Naturforſchers, und durch des Letzteren unerwartete Ankunft nicht wenig überraſcht, gab freudig Quartier, und gewährte die gewünſchteſte Aushilfe bei den in der Umge— bung unternommenen und zu unternehmenden Excurſionen. Noch zeitig genug hier angekommen, konnte der Reſt des Tages zu dem Beſuche des nächſten, in den ſiebenbür⸗ giſchen Geographien angeführten Steinkohlenlagers benützt werden. Daſſelbe iſt eine halbe Stunde vom Paſſe entle— gen. Ein langer ſchwankender Steg von Holz führt von dem rechten auf das linke Schylufer; dann geht der Pfad rechts am Abhange eines Sandſteinberges, und lenkt bald hinein in ein Seitenth al, aus dem mit ſchnellem Lauf ein Bach, den man überſetzen muß, dem nahen Schylfluß zu— eilt. Nachdem man den Bach durchſchritten, ſieht man auch gleich die geſuchte Kohle. Sie wird erkannt, von Weitem ſchon, durch ihre ſchwarze Farbe, und liegt hier mehrere Klaftern lang und breit aufgedeckt, einen ſteilen Abhang bilder”, ungemein bequem und leicht zum Abbauen. Bis jetzt noch wird dieſelbe blos von einigen wenigen Schylthälern benützt, welche nach Hatzeg Früchte einkau⸗ fen gehen, und um nicht mit den leeren Wagen oder Pfer— den auf den Markt hin zu ziehen, manchmal eine Ladung i Kohlen mit nehmen und an daſige Eiſenſchmiede abſetzen. 362 Die Schichtung konnte wegen Kürze der Zeit und auch weil der Berg, außer dem Aufgedeckten, mit üppi—⸗ gem Graswuchs, Waldung und Strauchwerk überzogen iſt, nicht genau genug beobachtet werden. Die Höhe des Flötzes beträgt indeſſen über dreißig Schuhe; jedoch ſind die Steinkohlenlager, bei fünf bis acht Schuh Mächtigkeit, durch übereinander liegende dünne Schichten des Schiefer— thons und auch röthlichen Eiſenſteins getrennt. Die Sohle iſt unſichtbar, doch wahrſcheinlich aus Sandſtein, wie er hier häufig vorkommt, beſtehend. Die Decke bilden dünne Lager des Schieferthons, welcher oberflächlich in gelben Thon übergeht. Von Pflanzenabdrücken konnte man in der Eile nichts entdecken. Berg Vulkan kein Vulkan. Den 30. Auguſt kamen die noch am vorigen Abend für die Geſellſchaft zur Beſteigung des Berges Vulkan beſtellten Reitroſſe frühe vor dem Commandohauſe an, von wo aus die Exkurſion unternommen wurde. Der Weg hin— auf durch einen Buchenwald muß einmal, wie es ſcheint, in beſſerm Stande, wohl auch zum Fahren mit Wagen, wovon nicht undeutliche Merkmale vorhanden ſind, einge— richtet geweſen ſein. Jetzt dürfte die Wagenfahrt unbequem ausfallen. Leichter iſt das Fortkommen zu Pferde. Der Abhang von den Wohnungen an iſt anfänglich ziemlich ſanft; aber gegen die Mitte des Berges wird er ſteiler. Der ominöſe Name des Gebirges hatte verurſacht, daß man ihn nicht ohne einige Spannung hinanſtieg. Man glaubte jüngere und ältere Produkte maſſiver oder pluto— niſcher Gebilde anzutreffen; überzeugte ſich jedoch bald, daß der Felſenberg am Paße Vulkan kein Vulkan ſei, und nicht die geringſte Spur weder eines thätigen noch eines erlo— ſchenen Feuerberges an ſich trage. Das Geſtein der Ur— gebirge tritt auf. Der Urthon⸗ und der Glimmerſchiefer, mit Granaten, der Urkalk, der Quarz u. ſ. f. Vom hö⸗ heren militäriſchen Gränzwachtpoſten hinauf gibt es Stellen, wo man das Uebergehn des Glimmerſchiefers in den Ur— thonſchiefer beobachten kann, und umgekehrt; andere Stel: len, wo man ungewiß wird, ob man ihn zum erſtern oder letztern Geſtein zählen ſoll, oder zu beiden. Dieſer Thon— ſchiefer, beinahe ſenkrecht geſchichtet, mit glatter, glänzender Oberfläche und dunkeler Färbung, läßt in ſehr feine Blätt— chen ſich theilen. Noch weiter hinauf leuchtet eben ſo ge— ſchichtet, und zwar dem Glimmerſchiefer eingelagert, wei— ßer, kryſtalliniſcher Kalk hervor. Ganz oben auf der Schei— tellinie des Gebirges, wo der kaiſerliche öſterreichiſche Dop— peladler aufgepflanzt ſteht, liegt in ungeheuren Trümmern von Moos überzogenes weißes Quarzgeſtein zerſtreut um— her. Sobald der Wanderer dieſes erreicht hat, wird er durch eine Fernausſicht in die kleine Walachei, welche vor ſeinen Blicken wie eine Landcharte ſich aufrollt, überraſcht. Viele Ortſchaften, beſonders Tirguſchyl und der ſich hin— durch windende vereinigte Schylfluß, ſo wie auch andere Flüße, werden weit hinweg geſehen. In der Gegend von Czernetz, mehrſeitigen Verſi— cherungen zu Folge, und auch in andern Richtungen, nach Behauptung der Begleiter, ſoll man bei reiner Luft den. glänzenden Spiegel des Donauſtroms gewahr werden. Das traf jedoch gegenwärtig, der Anwendung eines kleinen Fern— rohrs ungeachtet, nicht ein, indem der Luftkreis am fernen Horizont nicht heiter genug war. Es iſt auffallend, von dieſem Standpunkte betrachtet, wie tief das Nachbarland, deſſen Bergketten immer nie— driger, und gegen den alten Iſter ſich ganz zu verflächen ſcheinen, im Vergleich mit Siebenbürgen liegt, wo mäd- tig und ſchauerlich wild die Gebirge ſich emporthürmen und gar keine Ausſicht ins ebene Land der freundlichen Heimath geſtatten. 0 Das ſiebenbürgiſche Gränzwachthaus iſt auf der Nord: ſeite des Gebirges, Vulkan, eine gute Viertelſtunde vom Gränzadler, entfernt. Faſt eben fo weit iſt auf der entge⸗ gengeſetzten Seite von demſelben das walachiſche Gränz— Commandohaus hingeſetzt. An beiden läuft die Länder ver⸗ bindende Straße dicht vorüber. 364 Den Schauenden wehete ein heftiger Norwind an die Seite. Sie ſuchten Schutz gegen ihn in einer nahen Fel— ſengrotte, wo ſie ſich niederſetzten, ohne die ſchöne Ausſicht in das fremde Land zu verlieren. Einer von der Geſell— ſchaft öffnete inzwiſchen, da es ſchon Mittag war, eine andere, wenn ſchon beſchränktere, doch auch willkommene, Ausſicht — in ſeinen Torniſter, aus dem ſich ein mitge— brachtes, kaltes Eſſen entfaltete. Der Wind brauſte immer ungeſtümer, und eine Menge Stöcche zeigte ſich zuerſt in langer Linie, dann zuſammengedrängt, aus Siebenbür— gen angekommen, kämpfte, über die zerklüfteten Felſenko— loſſe des Straßagebirges ſich erhebend, mit der Kraft des Windes, und zog, nachdem ſie die himmelanſtrebenden Hö— hen überwunden, die Luft mit den Flügeln freudig ſchla— gend, nach dem mildern, fernen Süden hin. Erquickt durch doppelten Genuß, verließ man die Fels— kluft und Jeder erhob ſich auf ſein Roß, und kehrte, um noch eine Kalkſteinhöhle, und ein Conchylienlager zu beſu— chen, zum Commandantenhaus zurück. Beide ſind von demſelben, am Schyl aufwärts, nicht mehr als eine halbe Stunde längs einem waſſerreichen Waldbach, der von dem Straßagebirge herunterrauſcht, entfernet. Der Waldbach mündet in den walachiſchen Schylfluß. Nahe der Mün— dung kommen im rechten Bachufer, welches ſteil zu einer beträchtlichen Höhe hinan ſteigt, in einem ſandigen und thonigen Boden ſchon an der Oberfläche, und in ſehr zer: brechlichem Zuſtande, die Conchylien vor. Gräbt man tie— fer, ſo findet man dieſelben in einer härtern Sandſtein- ſchichte. Aus dieſem ſind auch die Verſteinerungen, nach— dem er ſich an der Oberfläche zerſetzt hat, herausgefallen ). Am nämlichen Bach, eine Strecke hinauf, wird die Gegend waldigt und wild. Schattige Buchen halten einen maleriſchen Felſen mit einem intereſſanten Waſſerfalle dem herannahenden Forſcher fo lange verborgen, bis das Getöſe ) Cerithien, Pectiniten, Pholaditen, Pmiten; Steinkerne von Mytuliten, Telliniten, Turbiniten, Myociten u. m. a. 365 der ſtürzenden Fluth ihn ihm verräth, und bei dem nahen Zutritt nur mit Ueberraſchung erblicken läßt. Zwiſchen ho— hen Ufern ſtürzt die ganze Waſſermaſſe des Gebirgsſtro— mes eine Höhe von 24 Schuhen, in einem einzigen Abſatz, herab. Es rollt der Schwall in der Untiefe lange in ko— chender Geſtalt, und ſtrömt durch die großen Felsſtücke hinweg. Noch mehr wird dieſer kräftige Waſſerſtrahl durch die weißen, röthlich geaderten Kalkfelſen, welche drüber ra— gen und an den Seiten ſtehen, gehoben und verſchönert. Ueber dem Waſſerfalle, am linken Ufer des Waldba— ches, ſteigt man zur Höhle, welche den hier unerwarteten Namen der Bellona trägt. Bevor man ihre mit vielem Strauchwerk verwachſene Oeffnung erreicht, muß man über N Baumſtämme und Felfen klettern. Der Eingang der Höhle iſt bequem; jedoch im Verfolg wird dieſelbe abwechſelnd bald weit und hoch, bald eng und niedrig. Der Boden beſteht aus einem friſchen Lettenniederſchlag, zum Beweiſe, daß noch immer Waſſer durch die Höhlung ſtrömt; und das vielleicht im Frühjahr, während dem Schmelzen des Gebirgſchnees, oder bei langen und ſtarken Regengüßen. Jetzt war ſie trocken. Gegen den Ausgang iſt die Decke mit weichem Kalke, der ſogenannten Mondmilch (verdickter ſaurer Milch nicht unähnlich) zolldick beſchlagen. In den tiefern verzweigten Theilen enthält ſie die gewöhnlichen Stallagmiten und Stallaktiten, unter welchen ſich durchs ſichtige, lange Röhrchen, gleich Federkielen, auszeichnen. Auffallend iſt der Name der römiſchen Kriegsgöttin, Bel- lona, welchen die bezeichnete Kalkhöhle führt, aber un— erklärbar. Den 31. Auguſt hatte der Scheitel des Straßagebir— ges in düſtre Nebel ſich eingehüllt, welches in dieſem Thal, wie es verlautet, als Vorbedeutung eines regneriſchen Ta— ges gilt, und leider eintraf. Schon am Vorabend war der Reiſeplan entworfen, die Reitpferde beſtellt, und in der Frühe gleich durch die Güte des Dreißigers auf die ſe— henswürdigſten Sachen aufmerkſam gemacht, fand der Aus: flug in Begleitung eines Gränzſoldaten Statt. 366 Barbeteny, Lupeny, Urikany, Kimpylujnak und Oslea waren die am rechten und linken Ufer des walachi— ſchen Schyls, flußaufwärts zu berührenden Orte. Die von dem erſten Dorfe uicht fern gelegenen Conchylien, find be— reits oben erwähnt worden. Im nahen Wieſengrund des zweiten Ortes zeigen ſich ähnliche, runde Vertiefungen, wie die ſchon oben bemerkten, am Ufer des Schyvetz, bei Pe- trilla. Von Lupeny fließt der Schyl langſamer und bil⸗ det ſelbſt eine breite Waſſerfläche, die man hindurch reiten muß, um das niedere linke Ufer zu gewinnen, das die Fortſetzung des Weges geſtattet. Am verlaſſenen rechten Ufer erheben ſich ſenkrecht abgeſchnittene Sandſteinfelſen, die weit am Fluß hinauf fortſetzen und im ruhig ſtrömen⸗ den Waſſer ſich abſpiegeln, aber den Weg auf der Seite zu verfolgen nicht erlauben. Steinkohle. Die häufigen Spuren des Steinkohlenflötzes werden ſowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des walachiſchen Schyls, ſchon im Vorübergehn, bemerkt. Selbſt das Schylbett enthält große, losgeriſſene Bruchſtücke der ſchönſten Kohle von Zentnerſchwere, und von cubiſcher und rhomboidaler Geſtalt, welche theils zwiſchen andern Quarz— und Gneisgeſchieben im Waſſer, theils, durch die Kraft der Wellen auf die nächſten Thalwieſen herausgewälzt, in die Augen fallen. Nahe bei der vom Fluße hergebrachten Steinkohlenmaſſe hatte das Zelt mit ſeiner Schmiede zu- fällig ein Zigeuner aufgeſchlagen, und bearbeitete mit ei— nem nackten, kleinen Geſellen, unter ſchnellen Hammerſchlä— gen, rothglühendes Eiſen. Die Kohle hatte der Feuerar⸗ beiter nicht aus dem nahen Mineralreiche, das ihm ſie hier überflüßig und bequem zur Hand bot, genommen, ſondern aus dem entfernten Buchenwalde, woſelbſt der grüne Stamm erſt gefällt, geſpalten, zuſammen gelegt, gebrannt, und weit getragen werden mußte, bevor ſie zur Feuerung, und das in zehnfach größerer Menge, als die Mineralkohle, zugelegt 367 werden mußte. Daß die harzige Steinkohle ungleich ftärz kere und anhaltendere Hitze gibt, als die friſch zubereitete Holzkohle, bei übrigens gleicher Anwendung des Stoffes, iſt genugſam bekannt. Es ward die Frage an den No— maden geſtellt: warum er nicht die erſtere, bei weitem beſ— ſere benütze, und mit der ſchlechtern ſich abmühe? Den Kopf ſchüttelnd und mit der Hand die Stirne berührend, ant⸗ wortete derſelbe: „doare Capu“ — der Kopf thue ihm von der Mineralkohle wehe. Man ertheilte die Belehrung, um letzterer die Schwefeltheile und den bituminöſen Geruch zu benehmen, dieſelbe nur abzuſchwefeln, welches er im Meiler, wie beim Brennen der Holzkohle, bewerkſtelligen könne. Es ſcheint aber auch in der That der Dampf, den die Steinkohle beim Brennen verurſacht, der Geſundheit bei weitem nicht ſo nachtheilig zu ſein, als man glaubt; wenigſtens nicht ſchädlicher, als der von den recenten Koh⸗ len, beſonders in großen Oefen und geräumigen Wohnuns gen, und unter freiem Himmel. Durch den Luftzug kann der Schädlichkeit und Unbequemlichkeit des widrigen, bitu⸗ minöſen Dunſtes und Geruchs ganz abgeholfen werden. Sehr merkwürdig iſt bei dem Dorfe, Urikany, das Steinkohlenflötz. Im linken Flußufer gehet es zu Tage. Sei⸗ nes Daches, und wahrſcheinlich des größtes Theiles ſeiner Mächtigkeit, durch höher geſtiegene Waſſerfluthen beraubt, geht jetzt nahe am Rande des Schylufers der Fahrweg über dem untern Reſte des Flötzes hinweg. Noch mag un— gefähr zwei Klaftern Höhe dieſer Reſt betragen, der je— doch mit Sandſteinen, welche gegen die Sohle häufiger und ſtärker werden, wechſellagert. Der Sandſtein, von Ei: ſen impregnirt, wird gegen die Teufe merklich dunkelbrau— ner an Farbe. Die Wellen des durch häufige Regengüße angeſchwellten Flußes untergruben das Kohlenlager und führten große Theile fort; aber ſeitdem der Stand des Waſſers plötzlich wieder geſunken, und, wie es ſcheint, die Sohle des Flötzes entblößt hat, ſieht man in dünnen Koh— lenlagern nicht ſowohl die Pflanzenabdrücke, als vielmehr, wie es wirklich der Fall iſt, die unſerm Klima fremden 368 Gewächſe ſelbſt, vorzüglich großer Schilfe und Bambus⸗ arten und anderer Gattungen koloſſaler Blätter, doch höchſt zerbrechlich, wie die Kohle, wenn ſie in dünnen Lagen iſt. Auch fanden ſich in einer untern Schichte foſſile Flußmu— ſcheln von verſchiedener Art ). Die glücklichen Entdecker des Steinkohlenflötzes ſchlu— gen von jeder Art Handſtücke und brachten ſie unter das hohle Flußufer zuſammen, um dieſelben bei der Rückkehr aufzuheben und mitzunehmen. Im militäriſchen Commanz dohaus auf dem Vulkaner Page ſelbſt hatte man von vers ſchiedenen andern Lagern bereits ſchöne Exemplare zum Mit: nehmen niedergelegt. . Die Steinkohle wird von Mohs in die harzige und harzloſe getheilt. Die Species der harzigen Steinkohle, wel— che ſowohl hier am eben erwähnten Orte, nächſt Urikany, als auch im Schylthal überhaupt, und zwar oft in ſehr mächtigen Flötzen, wie bereits erinnert, vorkommt, begreift bekanntlich die Werneriſche Braunkohle und Schwarzkohle in ſich. Dieſe beiden Gattungen, mehr noch die vielen Unterarten, in die fie, nach der gebräuchlichſten Termino— logie, eingetheilt werden, ſind wegen der geringen Abän— derung ſchwer zu unterſcheiden. „Für jene find Farbe, Struk— tur und der mit der letztern zuſammenhängende Glanz faſt das Einzige — behaupten die meiſten Orictognoſten — wor— an man ſich zu halten habe.“ Faſſet man die mannigfaltigen mineralogiſchen Be— ſchreibungen der harzigen Steinkohle zuſammen, ſo führen ſie zu folgendem Reſultate: „daß nämlich die Farbe der Braunkohle ins Braune falle, und die Varietäten wenigſtens noch Spuren von Holztextur beſitzen, wenn ſie nicht erdig, oder in einem dem Erdigen nahen Zuſtande ſind; daß hingegen die Farbe der ſchwarzen Kohle rein ſchwarz ſei, oder wenigſtens nicht ins Braune falle, und von Holztextur gar nichts verrathe; daß ferner die Arten der Braunkohle: das bituminöſe Holz *) Planorben, Helix, Mya, Cyrena u. a. 369 ſich durch feine Holztextur, durch feinen nicht deutlich muſch— ligen Querbruch, und durch den Mangel an Glanz auf demſelben auszeichne, die Erdkohle durch ihre zerreib— liche Conſiſtenz, die Moorkohle durch Mangel an Holztextur, durch ihre häufige Zerklüftung, und durch den geringen Glanz auf dem vollkommen muſchligen Bruche, die gemeine Braunkohle aber dadurch auszeichne, daß ſie bei häufig noch wahrnehmbarer Holztextur die mei— ſte Feſtigkeit und gewöhnlich bedeutendere Grade des Glan— zes auf dem mehr oder weniger vollkommen muſchligen Bruche beſitze. Daß ferner ihr am nächſten, aus der Gat— tung der Schwarzkohle, die Pechkohle von ſam— metſchwarzer, zuweilen ins Braunliche fallender Farbe, mit nach allen Richtungen groß und vollkommen muſchli— gem Bruche und ſtarkem Glanze, ſtehe; daß die Schie— ferkohle, fo wie alle folgenden, eine Art der Schwarz— kohle ſei, von mehr und weniger grobſchiefriger Struktur, die als eine Zuſammenſetzung ſchaliger Zuſammenſetzungs— ſtücke, und nicht als Bruch erſcheine; daß die Blätter kohle eine ähnliche, nur viel feinere, deutliche Zuſammen— ſetzung habe, und bei der Grobkohle eben dieſe Art der Zuſammenſetzung, nur weniger deutlich, als bei der Schie— ferkohle, und dem Körnigen ſich nähernd, Statt zu finden ſcheine. Daß endlich die Cannelkohle, ohne ſichtbare Zuſammenſetzung, mit nach allen Richtungen groß und flachmuſchligem Bruche, geringem Glanz im Bruche, wo— durch ſie ſich von der Pechkohle unterſcheide, und im An— ſehn der ausgezeichneten Moorkohle am nächſten komme, obwohl der Unterſchied im ſpecifiſchen Gewichte beider faſt der größte ſei.“ f Alle dieſe oben beſchriebenen Arten, beſonders aber die der Schwarzkohle, ſind durch mannigfaltige Uebergänge ver— bunden, und bei manchen in den häufigen Steinkohlenflö— tzen des weitläufigen Schylthales vorkommenden Varietä— ten bleibt man oft in der That zweifelhaft, ob ſie zu ei— ner oder der andern Art zu zählen ſind. Abgeſehn indeſ— ſen von den verſchiedenartigſten Schattirungen der Mine— Schullers Archiv I. 2. 24 370 ralkohle der beiderfeitigen Ufer und Nebenthäler der zwei Schylflüße aus dem merkwürdigen Schylthale, können die— ſelben hinſichtlich ihrer naturhiſtoriſchen Eigenſchaften im Allgemeinen kurz alſo charakteriſirt werden. Geſtalt: unre— gelmäßig. Bruch: muſchlig bis uneben. Glanz: Fettglanz. Farbe: ſchwarz, ſelten ins Braune, noch ſeltener — und das blos in einigen erdigen Varietäten — ins Graue fal— lend. Strich: unverändert. Härte = 1. 0. bis 2. 5. Ei⸗ genthümliches Gewicht — 1. 271, Schwarzkohle; 1. 423, Cannelkohle. Nach den eigens angeſtellten Proben beſtehet die Schy— ler Steinkohle aus Bitumen und Kohle, wie gewöhnlich, in abwechſelndem Verhältniſſe. Die bei den Verſuchen ger brauchte iſt leicht entzuͤndbar und brennt mit blauer, grün— licher Flamme, und mit einem pikanten, ſtark bituminöſen Kohlengeruche. Nachdem dieſelbe auf glühende vegetabili— ſche Kohlen gelegt wird, erweicht fie ſich und ſchmilzt, bes vor ſie noch in Flamme geräth. Bei dem Verbrennen und Einäſchern hinterläßt ſie einen geringen, faſt unbemerkbaren Rückſtand. So viel über das Detail und die Varietäten der harzigen Mineralkohle überhaupt, und insbeſondere der Schyler Steinkohle, deren Identität mit der bituminöſen Kohle ſo wie mit den Lagerungsverhältniſſen anderer Stein— kohlengebirge nicht zu verkennen iſt. Benutzung der harzigen Steinkohlen. Außer anderm kann die Feuerung mit derſelben in Leinbleichen, Vitriol-, Alaun⸗, Salz⸗ und Salpeterſiedereien, in Kalk- und Zie— gelbrennereien, in Töpfer- und Porcellanfabriken, in Glas— und Kupferhütten, zum Verſchmelzen der Eiſen- und an⸗ derer Erze, bei der Dampfſchifffahrt und den Eiſenbahnen mit großer Erfparung an Zeit, Mühe und Koſten, bes zweckt werden. Doch iſt die glückliche Benützung der Stein— kohle in England, Holland und andern induſtriellen Staa— ten zu bekannt, als daß eine weitläufige Empfehlung der— ſelben nöthig wäre; und dieſe dürfte auch noch zur Zeit in Siebenbürgen, dem Waldlande, wenig fruchten, ja ganz erfolglos bleiben, bis der drückende Holzmangel einmal als 371 Lehrmeiſter auftreten und nachdrücklicher gebieten wird, als es die wohlmeinende Rede des reiſenden Naturforſchers vermochte. Sandſtein. Die Vorberge, die den Sandſtein in den Thalern der beiden Schylflüße conſtituiren, ſind augenfällig dem Gneiſe und Glimmerſchiefer, welche ſich hinter jenen zu be— deutenden Höhen empor thürmen, parallel angelagert. Die Kohle iſt dem Sandſteine unterordnet, indem dieſer gewöhn— lich die Decke, wie geſagt, bildet; doch ſind die Kohlen— flöge ihm auch öfters eingelagert, oder wechſellagern mit ihm. Zwar glaubt man beim Eintritt in das Schylthal ſich in eine Tertiäre-Molaſſe-Formation verſetzt, und ſelbſt die beim Hermannſtädter Filialſtuhlsorte, Talmatſch, am Tage liegenden, und in der Tranſilvania Bd. 2. Heft 2. beſchriebenen Umriſſe der Nagelflue wieder zu bemerken; aber ſobald man dieſes Flußgebiet, der Länge nach durch— wandernd, genauer betrachtet hat, ſo ſcheint vielmehr in dieſer Sandſteinbildung der ſogenannte Quaderſandſtein ſich zu charakteriſiren; wo nämlich die Berge zum Theil abge— rundete Formen haben und flache Thäler einſchließen, theils durch kleine Kuppen ſich auszeichnen, durch ſchmale, ſpitzige Rücken und groteske Klippen, und durch das Zerſchnittene, Zerriſſene, das Steile der Abhänge, welches vorzüglich längs den Ufern des walachiſchen Schylflußes ſtatt findet. Dieſe Felsart iſt meiſt weißgrau, mit thonigem Bindemittel, bald feſter, bald lockerer, oft durch größere Quarzkörner con— glomeratartig, zuweilen eiſenſchüßig. Theilweiſe geht ſie in lockern Sand über. Organiſche Reſte, und zwar Schaal— thiere, konnten wegen Kürze der Zeit nur auf zwei Stel— len, bei den bereits erwähnten Orten, Barbeteny und Pe- trilla, beobachtet werden. Die auffallendſten Geſtalten bil— det der Sandſtein von Urikany hinauf: zuerſt ſtunden— weit ſich erſtreckende Felsmauer; dann thürmt er, angelehnt an die Urgebirge, ſich hoch auf in feſtungsähnlichen Formen, 245 — 372 von welchen große, ſenkrecht abgelöſete Maſſen im Thale zerſtreut umherliegen. Von denſelben zeichnet ein viele hun— dert Centner ſchwerer, regelmäßiger Cubus ſich aus. Auf eigene Weiſe hat in einem durch ſolche Ablöſungen ent— ſtandenen und gegen Regen und Wind ſchützenden Raum eine Zigeunerfamilie ſich eingeniſtet, welche behaglich aus dem vom Rauch geſchwärzten Quartier auf die unten in der grünen Fläche dem Regen und Sturm bloßgeſtellten, befreundeten Zeltbewohner hinunterſchaut. Die Gegend von Urikany bis Kimpylujnak ift aus— nehmend ſchön und reizend; aber einſam und, ein Paar zerſtreute Hütten mit ihren Bewohnern und die bemerkten Nomaden und Trogloditen ausgenommen, ganz menſchen— leer. Die Herden weiden auf entfernten Gebirgen. Die tiefe Stille der anmuthigen Landſchaft wird blos durch das Rauſchen der Gewäſſer des Schyls und feiner Zuflüße, und den Lärm der hier und dort angebrachten Klapperwerke klei— ner Fruchtmühlen unterbrochen. Die Einrichtung der Mühl— maſchine iſt ſehr einfach. Dieſelbe Axe, an der ſich das Waſſerrad mit ſeinem ſtrahlenartig eingeſetzten und waſſer— fangenden Löffeln horizontal dreht, ſetzt auch den die Kör— ner in Mehl verwandelnden ſphäriſchen Stein in ſchnelle Bewegung. Obſchon das Schylthal in ſeinen weitläufigen Grün— den einen fetten Boden hat, wozu die Verwitterung der Steinkohlen nicht wenig beitragen mag, fo läßt wahrſchein— lich die zu hohe Lage deſſelben einen gedeihlichen Acker— bau — wenigſtens des Weitzens und türkiſchen Kornes — nicht zu. Doch ſtand unter dem Dorfe, Urikany, am erſten September ein kleines Weitzenfeld, deſſen Zeitigung Sonnewärme bedurfte und deſſen Aerndte noch weit ent— fernt zu ſein ſchien. Zum Erſatz für den Mangel an Ge— treide hat hier die Natur außer dem ſchmackhaften, ſüßen Waſſer der Ströme und vielen Waldbächen, grasreiche Weiden auf den Bergen und die unvergleichlichſten Wie— ſenteppiche in den Niederungen ausgebreitet, und wahr— ſcheinlich noch viel größere Schätze in dem Schoße der 6 373 Felſen verborgen, von welchen, außer den bereits beſchrie— benen Steinkohlen, der Talkſchiefer und Serpentin bemerkt werden muß, dann der verſchiedenartige Marmor, vorzüglich der mit rothen und blauen Adern, und der weiße, feinkör— nige, dem pentiliſchen faft gleichkommende Statuen-Mar— mor, ferner der Thonſchiefer, welcher von dem Glimmer— ſchiefer in verſchiedenen Abſtufungen bis zum ſchwarzen Dachſchiefer und Tafelſchiefer übergeht, endlich der Gra— phit und Schwefel- oder Eiſenkies, welcher nicht unwahr— ſcheinlich entweder ſelbſt edle Metalle, Silber und Gold enthält, oder als Vorläufer und Begleiter derſelben hier angeſehn werden kann. In Rimpylujnak , wo die Erſtreckung des walachi— ſchen Schylthales von hohen Gebirgen und Waldern bes gränzt und anſcheinend geſchloſſen wird, angekommen, ge— boten unwillkommener Regenguß, und die hinter Felſen ſinkende Sonne bald Obdach und Nachtsguartier zu ſuchen. Man ritt durch die klaren Wellen des Flußes, und erſtieg deſſen rechtes, hohes Ufer, von dem ſich die Wieſe des Mehessas ausbreitet, auf welcher eine Kühherde weidete, zugleich aber auch eine hölzerne Hütte mit em— porſteigendem bläulichem Rauche die durchnäßten Reiter einlud, und ſie in ihrem Innern durch deren Eigenthümer hier unerwartete Gaſtfreundlichkeit erfahren ließ. Auch ward die Thatſache, ſo wie es ſich bereits vor— her in den Gebirgen und beim Eintritt ins Schylgebiet erwieſen, auf das neue hier bewährt, daß nicht blos die Schyler Ziegen und Schafe, ſondern auch die Schyler Kühe. ausnehmend fette Milch, und das im Ueberfluße abwerfen. Es iſt dieſes, wie es ſcheint, eine Wirkung der vortreff— lichen Eigenſchaften des Waſſers und der nahrhaften und gewürzreichen Kräuter der Viehweiden. Der an den Schyl— bewohnern durchwegs bemerkte Wohlſtand rührt wenigſtens unſtreitig von dem gedeihlichen Viehſtande her. Am erſten September fand der beabſichtigte Ritt nach Oslea und zu den Skoks ſtatt. Von den Gebirgs— wegen, die man bisher zurückgelegt hatte, iſt dieſer, das 374 heißt von Kimpylujnak bis Oslea, der beſchwerlichſte, und auch gefährlichſte, und wurde es durch den aus den Wol— ken ſtrömenden Regen noch mehr. Der walachiſche Schyl theilt ſich hier in zwei Aeſte; dazwiſchen erhebt ſich ein großes Gebirge, welches gegen Süd vom größern, und gegen Nord vom kleinern Arme umfloſſen wird. So hoch der Felſenpfad hinauf führte, fo tief gings bis an den großen Arm des Schylflußes hin⸗ unter, an deſſen linkem Ufer das hölzerne Commandohaus, Oslea genannt, mit ſeinem militäriſchen Gränzwachtpoſten ſtand. Die Mannſchaft kommt aus dem Hatzeger Thale und ſcheint hier ein höchſt einſames, müßiges Leben zu führen. Der Vorſatz die als ſehr merkwürdig und als ein großartiges Naturſchauſpiel zwiſchen hohen Kalkfelſen anz geprieſenen, zwei Stunden entfernten Skoks (walachiſch: Rinnen) zu beſuchen, blieb wegen der ungünſtigen Bitte: rung unausgeführt. Man kehrte ſchleunig wieder zurück, damit man nicht durch die Gebirgsbäche, die von dem un— aufhörlich aus den Wolken ſtürzenden Regen anſchwollen, in Waſſersgefahr gerathe; und zum zweitenmale empfing in ſeiner kleinen Hütte mit einem erwärmenden Feuer die durchbadeten Gäſte der gaſtfreundliche Andree. Die auf der Weide zerſtreuten Melkkühe wurden herbeigetrieben und gemolken, und ſogleich wieder durch Darreichung warmer Milch die gehemmte Transſpiration der Frierenden her— geſtellt. Nach kurzer Erholung von der ſechsſtündigen, nicht wenig ermüdenden und gefährlichen Gebirgsreiſe, und er— quickt durch die Wirkung des Feuers und der Milch, wur— den einige der oben berührten Foſſilien ſofort aufgeſucht. Die goldglänzenden hexaedriſchen Kryſtalle erregten frühe ſchon die Aufmerkſamkeit ihres nahen Anwohners und Grund— eigenthümers, welcher ſich von den Forſchenden gern als Führer zu der ihm wohl bekannten, nur drei Viertelſtun— den entfernten Lagerſtätte brauchen ließ. Das Bett eines Waldbaches — Neagra in der Gegend genannt — wel— ches um die erwähnte Wieſe bis in den nahen Fluß geht, 375 iſt von feiner Mündung in den Schyl, eine gute Strecke gegen Süd, zwanzig Minuten hinauf ganz waſſerleer; je— doch mit mannigfaltigem kleinerm und größerm Gerölle dunkeln Thonſchiefers und weißen Kalkes erfüllt, und hie und da mit Geſchieben, an welchen der Schwefelkies in dicht zuſammen gedrängten Hexaedern glänzt. In Eile gings über dieſe hinweg, bis an die Stelle, wo der her— anrauſchende Bach, zwiſchen den Felſenſpalten verſchlungen, in einen Steppenfluß ſich verwandelte. Vom Waſſerſtru⸗ del hinauf behauptet der Bach ſein Bett vollſtändig, und das rechte, ſteile Bachufer mußte mit aller Anſtrengung erklimmt werden, worauf ein dichter Himbeerenwald, mit einer Menge der ſchönſten rothen Beeren, die Hinanſtei— genden empfing und kaum durchkommen ließ. Auch wur— den die reifen Himbeeren ſelbſt eine Urſache der Säumniß. Doch mit den Händen die erquickende Frucht in den Mund ſammelnd, ſchritten die Wanderer auf und vorwärts, bis end⸗ lich der von ſeiner Weiße leuchtende Marmorfels ſichtbar aus rauher Wildniß ſich erhob. Hinter dieſem Kalkfels, um welchen ein kaum erklimmbarer Ziegenſteig führt, ſenkt ſich der jähe Pfad über ein Graphitlager hinab in das Flußbett, wo der dunkle, mit häufigem Schwefelkies im⸗ pregnirte Thonſchiefer quer durch die Wellen ſtreicht und auf der andern Seite ein hohes Ufer bildet. Die Kraft des Waſſers hat nicht nur dieſen Thonſchiefer, ſondern auch den angränzenden hohen Kalkfelſen durchbrochen, und bei letzterm auffallende Formen veranlaßt. Die Zerſetzung des Schwefelkieſes und Graphits geben den Ufern und dem Geſteine im Bett ein ſchwarzes Anſehn. Daher mag wohl auch die walachiſche Benennung des Baches Neagre (ſchwarz) herſtammen. Uebrigens konnten die Lagerungsverhältniſſe höchſt unvollſtändig und blos in der Nähe des Flußbettes, wo die Fluthen anſpielten und den Fels entblößten, beob— achtet werden. Das Uebrige iſt mit fetter Dammerde be— deckt und von Wald und üppig wucherndem Strauchwerk wild verwachſen. Mit den aus dieſen Lagern geſchlagenen Handſtücken verſehen, ſtieg man hinunter zu den geſattelten 376 und bepackten Roſſen. Jeder ſetze fi ſich auf ſeinen Gaul, und jetzt gings über den Schyl, und auf deſſen linkem Ufer zurück dem Vulkaner Paſſe zu, der jedoch wegen einbrechender Nacht nicht erreicht werden konnte. In Uri- kany gebot das erloſchene Tageslicht Nachtquartier zu ſu— chen, und, wie's war, das gefundene anzunehmen. Denn ſchon hatte die Dämmerung die Mineralienſammler ge— täuſcht, indem fie die Stelle, wo man die köſtlichen Hand: ſtücke aus dem Kohlenflötz zum Mitnehmen verborgen, verfehlten, und die intereſſanten Stücke unwiederbringlich zurückzulaſſen ſich bemüßiget ſahen. Der Schluß folgt im nächſten Hefte. 5 U, 97 Molnar, Joh., deutſch⸗walachiſche Sprachlehre. 8. fl. 1. Pia desideria für Ungarn. (Abdruck aus der allgem. Wein 1840.) gr. 4. 1840. geh. 24 kr. Protocolle des Siebenbürger Landtags a (in ungar. Sprache) 501 Bogen. gr. Folio, Provin e Siebenbürgiſche (hiſtoriſch-geogra⸗ phiſch) 5 Bände 8 ; 0 fl. 3 1.9 5. 30. n Siebenbürgiſche (hiſtoriſch⸗ eee . einiger Normal⸗Verordnungen für 5 | benbürgen. 1—5. Band 4. geh. fl. 2 25 4ter Band 4. 1841 geh. 48 kr. Schuller, Joh. Carl, Mein Leben, kritiſch bearbeitet von meiner Schreibfeder. Ein Ferienſcherz. gr.. 1859. ee. 8 kr. — Umtifje und kritiſche Studien zur Geſchichte Siebenbür⸗ gens. Mit beſonderer Berückſichtigung der Geſchichte der deutſchen Coloniſten im Lande. ı8 Heft gr.. geh. fl. 1. — Das Lied vom Pfarrer. Parodie auf Schillers „Lied von der Glocke.“ 2te umgearbeitete Aufl. gr. S. 1841. 10 kr. Seriptores rerum Transsilvaniearum. Tom. I. con- tin: Schesaei ruinae Panonicae 4-to0 1797. fl. 1. 30. — Tom. II. eontin: Ambrosii Simigiani historia re- rum Ungaricar. et Transsilvanicarum, Vol. I. 4-to 10800. fl. 1. 30. — Tom. III. contig: r si Simigiani historia rerum Hebeln et ier. Vol. II. 4- äh fl. taten, oder eigen Landrecht det Sachſen in N gen. 4. Verfaſſungszuſtand, der, der Sächſiſchen Nation in Sie⸗ benbürgen nach ihren verſchiedenen Verhältniſſen = trachtet und aus bewährten Urkunden bewieſen. 8. 24 kr. Wolff, Andr., Beiträge zu einer ſtatiſtiſch⸗hiſtoriſchen Be⸗ ſchreibung des Fürſtenthums Moldau. Zwei 1 2 a „ 1. 90. Inhalt des 2. Heftes: Die deutſchen Ritter im no. Vom Heraus: geber. Kritiſche Beiträge zur Kirchengeſchichte des Hermann⸗ ſtädter Capitels in Siebenbürgen, vor der Refor⸗ mation. Von M. Reſchner. Die antiken Münzen u. ſ. w. (Fortſetzung). Reiſebericht über einen Theil der ſüdlichen Karpathen, welche Siebenbürgen von der kleinen Walachei tren⸗ nen, aus dem Jahre 1838. Von M. Ackner.