Bi - ar er = .- E re u a 2 } . - - Ne En Re, . Fe 75, En En EL EEE er mu BT ER Wr = FELL LEE EEE ER un a ee ee a re ee Te a - > \ - . a : re I ER a u I a en a ER AEERTLCE za Ma aan BT Aa ne r ——- Zu A Pu: ln Fe Ze rd eu . ae 0.7 « En a ee ef PR . r A) ta. wet er ” EEE area ne ee ne af -. Fee ge dm ZUET R Ange — | N | 5 Archiv für Mikroskopische Anatomie herausgegeben von Max Schultze, Professor der Anatomie und Director des Anatomischen Instituts in Bonn. Fünfter Band. Mit 27 Tafeln und 9 Holzschnitten. Bonn. Verlag von Max Cohen & Sohn. 1869. Bonn, Druck von Carl Georgi. Inhalt. Seite Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. Von Max Schultze. Hierzu Taf. I und II Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. Von Prof. A. w r EN in Warschau. Hierzu Taf. III und IV : : 5 Beiträge zur Kenntniss des Baues und der Eitwiedeheichichte der Capillargefässe des Frosches. Von Alexander Golubew aus St. Petersburg. Hierzu Taf. V h : 4 : e : Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. Von Dr. A. Goette. Hierzu Taf. VI und VII - ; h Die Schleimhaut des Cavum laryngis. Von Prof. Dr. Hubert von Luschka aus Tübingen. Hierzu Taf. VII : Ueber ein eigenthümliches optisches Verhalten der ge Mus- kelfaser. Von Dr. C. L. Heppner aus St. Petersburg. (Aus dem In- stitut für experimentelle Pathologie in Wien.) Hierzu Taf. IX und ein Holzschnitt : n Ä 9 N Zur Histiologie der Vater- Pheinachbn en Von Dr. Paul Mi- chelson aus Königsberg i. Pr. Hierzu Taf.X . N Einige Beobachtungen über Amoeben. Von Dr. Vincenz Üzerny, As- sistent an Hofrath Prof. Billroth’s Klinik in Wien . Die Einsehmelzungs-Methode. Ein Beitrag zur mikroskopischen Technik. Von Prof. Klebs in Bern 4 : ® ; 1 > Die Injection unter messbarem Drucke. Von Dr. med. Toldt. Hierzu Taf. XI L 2 h 4 - : ) ‚ > Ueber die Geschlechtsverhältnisse von Saprolegnia monoica. Von Jo- hannes Reinke. Hierzu Taf. XII : e e Die Endigungen der Absonderungsnerven in den SneichendFünen und die Entwicklung der Epithelien. Von E. Pflüger. Hierzu Taf. XIU Fig. 1—12 k ; , e i 4 $ 4 Die Endigung der Absonderungsnerven in a Pancreas, Von E. Pflü- ger. Hierzu Taf. XII Fig, 13—16 : N : Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere, Von Dr. Schwalbe. Hierzu Taf. XIV und XV { 3 3 Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. Von Dr. G. Schwalbe. Hierzu Taf. XV,2 Fig. 1—10 I ı Zur Entwicklungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen und Gephyreen. Von A. Schneider. Hierzu Taf. XVI und 4 Holzschnitte. = 197 . 145 . 248 260 IV Inhalt. Seite Mikrographische Mittheilungen. Von Dr. Leopold Dippel. Mit 3 Holzschnitten ; R . 281 Ueber ceuticulare En Hr og von Eoiheleslien bei den Wirbelthieren. Von Franz Eilhard Schulze in Rostock. Hierzu Taf. XVII und XVII . k E 2 > 5 i . 295 Studien über die Architektonik der drosshirannd des ee IM: Von Dr. Rudolf Arndt, Privatdocenten in Greifswald. Hierzu Taf. XIX Fig. A-M . ; : i g : e : ar Axeneylinderfortsatz der Nervenzellen im a Hirn des Kalbes. Von Dr. A.Koschewnikoff aus Moskau. Hierzu Taf. XIX Fig. Lund 2. 332 Die Bindesubstanz der Drüsen. Von Franz Boll, stud med. Hierzu Taf. XX. 334 Ueber die Schichtung des Forellenkeims. Von Dr. Rieneck. Aus dem Institute für experimentelle Pathologie der Wiener Universität. Hierzu Taf. XXI Fig. 1 und 2. : B 4 ? i „356 Ueber die Gewebsveränderungen in der entre Deber Von Dr. Re v. Hüttenbrenner. Aus dem Institute für experimentelle Patho- logie der Wiener Universität, Hierzu Taf. XXI Eig.Iund I . . 367 Axencylinderfortsatz der Nervenzellen aus der Grosshirnrinde. Vorläufige Mittheilung von Dr. Al. Koschewnikoff aus Moskau. Hierzu Fig. A Taf. XXI 5 5 ; S ! s : a s 5 : . 374 Berichtigung. Von Dr. Hohl . : 5 5 - : r - 1 30 Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges bei Menschen und bei Thieren. Von Max Schultze. Hierzu Tafel XXI . F . 379 Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. Von Dr. Giovanni Saviotti aus Turin. Hierzu Tafel XXIH und XXIV Ä F . 404 Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken, Von Dr. W. Flemming in Rostock. Hierzu Taf. XXV . : 2 . 415 Die Drüsenschläuche und die Abschnürung der Graaf’schen Follikel im Eierstock. Von Dr. Fr. Plihal aus Pest. . . : ; . 445 Die Stammverwandtschaft zwischen Aseidien und Wirbelthieren. Von Prof. Kupffer in Kiel. Briefliche Mitthejlung an den Herausgeber . . 459 Ueber Radiolarien und Radiolarien-artige Rhizopoden des süssen Wassers. Von Dr. Richard Greeff, Privatdocenten in Bonn. Erster Artikel. Mit Taf. XXVI und XXVL . e : » . 464 IE die Endigung der Nerven in der Bei ehaifa Schicht der Haut. Von r. Podeopaöw aus Petersburg. Aus dem Institut für experimen- a. Pathologie in Wien. Hierzu Fig. 1 und 2 in Holzschnitt . . 506 Ueber das Verhalten der Nerven zu den glatten Muskelfasern der Frosch- harnblase. Von Dr. Tolotschinoff aus St. Petersburg. ADB dem Institut für experimentelle Pathologie in Wien . 3 . 509 Ueber die Entwickelung des fibrillären Bindegewebes. Von Dr. Wilhelm Breslauer. Aus dem Institut für experimentelle Pathologie in Wien. 512 Berichtigung . . ; ; ; : ; s 5 : - . 516 Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. Von Max Schultze. Hierzu Taf. I u. II. Die Erweiterung unserer Kenntniss der feineren Structur der Retina-Stäbchen der Wirbelthiere, welcher ich im 3, Bande dieses Archivs p. 215 eine ausführliche Darstellung gewidmet habe, ver- anlasste mich, die analogen Gebilde im Auge wirbelloser Thiere einer erneuten Untersuchung zu unterwerfen. Die Resultate meiner zunächst auf Krebse und Insecten ausgedehnten Beobachtungen !) bestätigen die Voraussetzung, dass Structuren, welche allem Anscheine nach mit dem Perceptionsvorgange der Lichtwellen in Zusammen- hang stehen, nicht auf die Wirbelthiere beschränkt vorkommen. Dass die lamellöse Structur der Zapfen- und Stäbchen-Aussenglieder der Retina der Wirbelthiere ebenso wie die geschichteten Plättchen der Sehstäbe der Krebse und Inseeten zu complicirten Reflexionsvor- gängen Veranlassung geben, kann keinem Zweifel unterliegen. Auf diesem Zurückwerfen des einfallenden Lichtes beruht zunächst das bekannte Leuchten der Augen, welches auch bei Gliederthieren vor- kommt, z. B. bei den Nachtschmetterlingen durch die von mir an- gegebene Methode sehr leicht beobachtet werden kann. Die complieirten Vorgänge im Innern eines solchen aus vielen Plättchen geschichteten reflectirenden Stabes, welche unter bestimmten Voraussetzungen zur Entstehung stehender Lichtwellen führen müssen, wie W. Zenker ausführlich gezeigt hat ?), geben unzweifelhaft aber auch Veranlas- sung zu einer bedeutenden Absorbtion ‚von Licht in der Stäbchen- substanz selbst, welche Absorbtion nach dem Gesetze der Erhaltung 1) Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Inseeten. Bonn 1868. 2) Dieses Archiv Band Ill, 1867, p. 249. M. Schultze. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5 1 2 Max Schultze: der Kraft doch in letzter Instanz nothwendige Vorbedingung zur Umwandlung der Lichtbewegung in Nervenbewegung sein wird. Hiernach und nach den Auseinandersetzungen vonZenker gewinnt die Plättchenstructur einen hohen Werth für Betrachtungen über das Wesen des Perceptionsvorganges selbst, welcher an die Stäbchen und Zapfen geknüpft sein muss sofern diese Gebilde die Endorgane der Sehnervenfasern darstellen, sei es, dass die ganzen Stäbchen aus Nervensubstanz bestehen, oder dass nur feine Nervenfasern im Innern oder auf der Oberfläche der Stäbchen verlaufen. Bei der geringen Ausdehnung, welche die Untersuchungen der perceipirenden Netzhautelemente wirbelloser Thiere bisher gewonnen haben, ist an eine Ableitung allgemeiner Gesetze noch nicht zu den- ken. Vor Allem schien mir wünschenswerth eine genauere Prüfung des Baues der Stäbehenschicht in der Retina der Mollusken, unter denen wieder die Gephalopoden und Heteropoden sich durch beson- ders entwickelte Augen auszeichnen. Ich begab mich demgemäss im April vor. Jahres nach Nizza, woselbst es mir gelang, das hin- reichende Material an lebendigen Thieren der genannten beiden Mol- luskenordnungen zu erhalten und die nachfolgenden Untersuchungen anzustellen. Die ausserordentliche Entwickelung der Netzhaut im Auge der Cephalopoden und speciell ihrer Stäbchenschicht ist seit lange bekannt. Seit Wharton Jones von Valentin, Joh. Müller, A.Krohn, Kölliker, H. Müller und anderen bestätigten Untersuchungen wissen wir, dass diese Stäbchenschicht dem Glaskörper zugekehrt ist, also die umgekehrte Lage hat als bei den Wirbelthieren. Ge- naue mikroskopische Untersuchungen der Stäbchen mit Hülfe starker Vergrösserungen und verschiedener erhärtender Flüssigkeiten stellten Hensen!!) Babuchin?) und Steinlin®) an. Auf diese Arbeiten 1) Ueber das Auge einiger Cephalopoden Leipzig 1865. (Aus dem 15. Bande der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie abgedruckt.) Hier findet sich auch die ältere Literatur vollständig angeführt. Eine vortreffliche Durch- schnittszeichnung des Auges von Nautilus von Hensen findet sich in Bronn’s von Keferstein fortgesetztem Werk »Die Klassen und Ordnungen des Thier- reichs« Mollusken Taf. 115. | 2) Eine russisch geschriebene Abhandlung von Babuchin aus dem Jahr 1864 hat Hensen in seiner Monographie p. 37 übersetzt. Ausführlicheres in der Würzburger naturwiss. Zeitschrift Bd. V, 1864, p. 125. 3) Beiträge zur Anatomie der Retina. St. Gallen 1865/6. p. 70. Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. ) werde ich unten näher eingehen, hier sei nur soviel bemerkt, dass keiner dieser Forscher einer Andeutung von Plättchenschichtung an den Stäbchen der Cephalapoden Erwähnung thut. Die von mir in Nizza lebend zur Untersuchung benutzten Thiere gehörten den Gattungen Octopus, Eledone, Sepia und Loligo an. Halbirt man die frischen Augen im Aequator oder etwas vor demselben, so fliesst der Glas- hörper, welcher dünnflüssig ist, aus, die Retina aber bleibt vollkom- men glatt an der inneren Oberfläche der hinteren Hälfte liegen und kann nun in einem Schälchen mit Serum weiteren Präparationen unterworfenswerden. Die Vorräthe von Jodserum, welche ich mit nach Nizza genommen hatte, leisteten bei denselben vortreffliche Dienste. Die Farbe, in welcher sich an solchen Präparaten die Re- tina zeigt, ist nach Arten und Individuen verschieden, bald dunkel schwarzbraun, bald blass rosenroth, je nach der bereits von früheren Beobaehtern beschriebenen verschiedenen Pigmentirung der Stäbchen- schicht. Die rosenrothe Farbe beruht auf einer diffusen Färbung der ganzen Dicke der Stäbchenschicht (Fig. 16), ist aber nur an frischen Exemplaren sichtbar, wo ihrer schon Krohn Erwähnung thut !). Mit dem Mikroskop ist sie nur an dickeren Schichten abgelöster Stäbchen erkennbar. Dieselbe kann für die Betrachtung mit blossem Auge mehr oder weniger vollständig verdeckt werden durch braun- schwarze körnige Pigmentirungen, welche sich bei manchen Arten innerhalb der Stäbchenschicht vorfinden und ihren Sitz oft unmit- telbar an der dem Glaskörper zugekehrten Oberfläche der Retina, also an dem freien Ende der Stäbehen haben, daneben aber auch die ganze Dicke der Stäbchenschicht in verschiedener Intensität ein- nehmen. Die tiefste Pigmentirung habe ich übereinstimmend mit Hensen und Andern bei Octopus vulgaris beobachtet, doch durch- aus nicht bei allen Exemplaren gleichmässig, auch nicht an allen Stellen der Retina. Fast ganz pigmentfrei und von der schönsten rosenrothen Farbe sah ich die Stäbehenschicht im Auge eines grossen Exemplars von Loligo sagittata. Bei Sepia traf ich verhältnissmässig wenig Pigment, ebenso bei Octopus macropus und Eledone, doch varüirt das Verhalten sehr, woraus die nicht vollständige Ueberein- stimmung meiner Angaben mit den bezüglichen von Hensen und 1) Nachträgliche Beobachtungen etc. in den Acta Leopoldina Bd. XIX, 2, 1842, p.44. Vergl. auch Hensen |. c. p.39: »In der frischen Retina haben sie (die Stäbchen) einen röthlich schimmernden homogenen Inhalt. « 4 Max Schultze: Babuchin sich einfach erklärt. Letzterer Forscher nimmt auch an, dass das Pigment während des Lebens in der Stäbchenschicht wandern könne. Um eine Vorstellung von dem Ansehen der frischen Üepha- lopoden Retina zu geben, bilde ich in Fig. 1 einen Durchschnitt senkrecht auf die Oberfläche der Retina von Loligo sagittata ab, den ich in Serum anfertigte, und bei etwa 150facher Vergrösserung zeichnete; a stellt die homogene Membran (Hensen) dar, welche die Retina nach innen abschliesst und von älteren Autoren limitans oder hyaloidea genannt wird, b sind die langen Stäbchen, b’ ihr äus- seres, bei allen Cephalopoden stark pigmentirtes Ende, ce sind kern- haltige Spindelzellen, welche sich’ an die Stäbchen anschliessen und bei d in ein feines Fasergewebe auflösen, in welches die Optieus- fasern e übergehen. Im Gegensatz zu diesem Bilde zeigt ein Schnitt durch die Retina von Octopus vulgaris (Fig. 24 nach einem erhär- teten Präparat) noch eine dunkel braunschwarze Pigmentzone dicht unter der homogenen Membran, und bei stärkster Pigmentirung er- strecken sich ausserdem dichte Streifen körnigen dunkelbraunen Pigmentes durch die ganze Dicke der Stäbchenschicht. Diese Gegen- sätze finden sich auch ausgedrückt in den beiden Figuren 66 und 68 der Taf. XVII von Hensens Abhandlung, Sepia und Eledone betreffend. Die rothe Farbe dieser nach Erhärtung der Retina in Müller’scher Flüssigkeit gefertigten Zeichnungen von Hensen ist durch Carminimbibition erzeugt, während die meiner Fig. 1 die na- türliche der lebenden Retina darstellt. In den Hensen’schen Abbil- dungen ist die homogene Membran nicht mit aufgenommen. Diese Haut erhält sich nur an den frischesten Präparaten in festerer Verbindung mit den Stäbchen. An den meisten auf die oben angegebene Weise geöffneten Augen von zwar noch lebenden doch schon matten Ce- phalopoden, wie man sie auf den Fischmärkten findet, wird man bei genauer Betrachtung der in Serum schwimmenden hinteren Hälfte des Bulbus, also nach Entfernung des Glaskörpers, die in Rede stehende Membran sich falten und abheben sehen, so dass es nun- mehr nur eines leichten Zuges mit der Pincette bedarf, um sie von der ganzen inneren Oberfläche der Retina im Zusammenhange zu entfernen. Ueber die Art der Verbindung dieser homogenen Mem- bran mit den Stäbchen habe ich keine über die meiner Vorgänger hinausgehende Untersuchungen angestellt. Die Verbindung lockert sich bei der ersten an den Stäbchen auftretenden Zersetzung. Diese Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. 5 äussert sich an den inneren Enden der Stäbchen durch Quellen und Hervortreten tropfenartiger Bildungen, welche Pacini und Vintsch- sau für Epithelzellen hielten, und die auch Steinlin !) wieder als solche beschreibt, freilich ohne Hensen’s richtige Angaben ?) über ihre Entstehung zu kennen, denen ich vollkommen beistimme. Die Stäbchen sind im frischen Zustande nicht zu isoliren, und dies ist der erste auffallende Unterschied, welcher dem Beobachter entgegen tritt gegenüber dem bekannten Vorkommen bei allen Wir- belthieren, bei denen die Stäbchen beim Zerzupfen der Retina gros- sentheils sofort auseinander fallen und frei in der umgebenden Flüs- sigkeit umherschwimmen. Bei den Gephalopoden sind sie zu einer zähen, parallelstreifigen Masse vereinigt, aus welcher sich erst nach eingreifenden Macerationen Pallisaden auf längere Strecke mehr oder weniger vollständig isoliren lassen. Dünne Schichten in Serum so frisch wie möglich zerzupfter Retinastückchen zeigen bei 4—500 mal. Vergrösserung ein Ansehen wie Fig. 2, welche einem Octopus mit wenig pigmentirter Retina entnommen ist, und an welcher aa die dem Glaskörper zugewandte freie Seite der noch unveränderten aber mit der homogenen Membran nicht mehr in Verbindung ste- henden Stäbchen darstellt. Man bemerkt in der röthlichen Substanz glänzende starklichtbrechende Streifen wie Fasern, von einer gewissen wechselnden Breite, und diesen parallele fadenförmige körnige Pig- mentstreifen. Alles klebt fest zusammen, lässt sich durch Druck zerquetschen aber nicht in deutliche Pallisaden trennen, welche wie die Streifung andeutet, doch offenbar vorhanden sind. Bald beginnt an der freien Fläche der Stäbchen eine Quellung, ein Austreten von kugligen tropfenförmigen Massen (Fig. 4aa), zwischen denen die starklichtbrechenden Streifen in mannigfachen Formen gebogen oder ohne scharfe Grenze in die gequollene Masse übergehend ihre Lage haben. Schon im nicht gequollenen Zustande bemerkt man bei 600 — 800 mal. Vergrösserung an einzelnen dieser stärker brechenden Streifen eine feine Querstreifung wie an Muskelfibrillen, nur viel dichter, bei beginnender Quellung und Anwendung noch stärkerer Vergrösserungen tritt diese Querstreifung sehr deutlich hervor und zeigt sich begründet in einer abwechselnden Schichtung stark glän- zender und minder glänzender Substanz. Wie Fig. 4aa zeigt, biegen 1)1.e. p. 7. 2) l. cc. p. 30. 6 Max Schultze: sich einzelne solcher Streifen, indem sie quellen, hirtenstabförmig um und lassen in dieser Form ihre Zusammensetzung aus isolirbaren Plättchen von äusserst geringer Dicke erkennen, zwischen denen die minder stark glänzende Substanz gelegen ist. Ein solcher deutlich in Scheibchen zerfallender Streifen ist in Fig. 4xx bei 1000 mal. Ver- grösserung abgebildet. Die Dicke der glänzenden Plättchen betrug hier wie in mehreren anderen Präparaten !/—!/; Mikromillimeter. Bei fortgesetzter Quellung und Zersetzung nach dem Tode geht diese Structur bald verloren, namentlich an dem freien Ende werden die Plättchen bald unkenntlich und tragen nun mit den Tropfen ge- quollener Zwischensubstanz zur Bildung der von frühern Beobachtern beschriebenen z. Th. für Zellen gehaltenen Blasen bei. Die in Rede stehenden quergestreiften Bänder, welche genau radiär und einander parallel die Stäbchenschicht durchziehen, aber eigenthümlich unsichere Grenzen zeigen, lassen sich nicht isoliren, aber es ist deutlich zu erkennen, dass sie selbst nicht pigmentirt sind, sondern dass das schwarzbraune Pigment in allen Fällen neben ihnen gelagert ist. Hier existirt eine Zwischensubstanz von grosser Weichheit, in welcher ich frisch keinerlei Structur zu erkennen ver- mochte ausser der wechselnden Menge von Pigmentkörnchen. Die Breite der quergestreiften Bänder schwankt in einem und demselben Präparat sehr, oft ist es unmöglich, sie scharf einzustellen und ihre Dieke _zu bestimmen. Doch habe ich constant bemerkt, dass die- selben bei Sepia feiner und in gegebenem Raum zahlreicher sind als bei Octopus und Loligo. Die vorderen Enden dieser Bänder an der homogenen Membran sind sehr schwer zu bestimmen, da sie sich sofort nach dem Oeffnen des Auges verändern. Einige Male habe ich geglaubt, schlingenförmige Umbiegungen, wie am aın rechten Rande von Fig. 4 gezeichnet ist, zu sehen. Die hin- teren Enden hören in einer dunkel pigmentirten Gegend wie es scheint plötzlich auf. Es existiren hiernach also in der Stäbchenschicht der Gepha- lopoden Pallisaden, Streifen oder Bänder, welche ähnlich den Aus- sengliedern der Wirbelthierstäbchen und Zapfen eine feine Quer- streifung zeigen und sich in Plättchen zerlegen lassen, welche wie Glasplatten über einander gepackt durch eine minder glänzende also das Licht schwächer brechende Masse mit einander verkittet sind. Diese Streifen durchziehen die ganze Dicke der Stäbchenschicht und sind durch eine an vielen Stellen pigmentirte Zwischensubstanz Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. 7 mit einander verklebt. Die Existenz in Plättchen zerlegbarer Sub- stanz in den Sehstäbchen ist den früheren Beobachtern der Ce- phalopodenretina unbekannt geblieben, hauptsächlich wohl, weil sie der Untersuchung im frischen Zustande weniger Zeit widmeten, als der erhärteter Augen !), welche die Plättchenschichtung der Stäb- chenschicht nicht entfernt so deutlich zeigen wie frische Präparate. Allerdings ist die Anwendung erhärtender und macerirender Flüssigkeiten von der grössten Bedeutung für die weitere Erfor- schung der Stäbchenschicht der Cephalopoden. Erst durch dieses Hülfsmittel werden wir in den Stand gesetzt, den wichtigen An- gaben von Babuchin und Hensen zu folgen, und dasjenige zu isoliren, was jene Forscher Stäbchen genannt haben, Ich bediente mich ausser der Chromsäure und dem doppelt chromsauren Kali mit dem grössten Vortheil der Oxalsäure in concentrirter oder zur Hälfte mit Serum versetzter mässiger Lösung, des Jodserum und der Ueberosmiumsäure. Der Erfolg der Einwirkung dieser Flüssig- keiten ist meist ein solcher, dass die Stäbchenschicht beim Zerzupfen in einzelne Pallisaden oder in Pallisadengruppen zerfällt. Das ist verschieden nach der Dauer der Einwirkung, aber auch nach den Gegenden der Retina und den Thierspecies. An manchen Stellen gelingt es sofort, z. B. nach '/;—1stündiger Einwirkung der Oxal- säurelösungen die Prismen der Stäbchenschicht zu isoliren, an an- deren Stellen gelingt dies nur sehr unvollständig oder gar nicht, indem immer ansehnliche Massen dieser Prismen in Zusammenhang bleiben. Durch !/,—1stündige Maceration in Oxalsäure und Serum isolirte Stäbehen und Bruchstücke von solchen stellen die Figuren 5—9 dar. Nach längerer Erhärtung der Netzhaut in 2°/, Lösung von Kali bichromieum isolirte Stäbchen finden sich Fig. 13 abgebil- det. Zusammenhängende Stäbchenmassen, die sich in sehr ver- schiedener Grösse beim Zerzupfen abspalten und nur unvollständig weiter trennen lassen, bietet besonders Octopus macropus. Solche Bruchstücke aus Kali bichromicum stellen Fig. 3 und 25 dar. End- lich finden sich in ihrer ganzen Länge und im Zusammenhang mit den äusseren Schichten der Retina isolirte Stäbchen von Octopus vulgaris in Fig. 10. Die bezeichneten Bilder sind nicht leicht zu verstehen und jeden- falls nicht ausreichend, um eine klare Vorstellung von dem zu geben, 1) Vergl. Hensen |. c. p. 39 unten, 8 Max Schultze: was man ein Stäbchen der Retina zu nennen habe. Bleiben die Pallisaden gruppenweise untereinander im Zusammenhang wie in Fig. 3 und 25, so sieht man nicht viel mehr als an der frischen Retina, d. h. stärker lichtbrechende Bänder, an denen auch im er- härteten Zustande oft mit überraschender Schärfe die feine Quer- streifung hervortritt, und eine Zwischensubstanz, welche stellenweise pigmentirt ist. Es ist kein regelmässiger Wechsel in der Anordnung dieser beiden Substanzen zu erkennen, was stärker und was schwä- cher lichtbrechend lässt sich oft so wenig deutlich von einander unterscheiden, dass Klarheit über die Reliefverhältnisse der hier vereinigten pallisadenförmigen Elemente durchaus nicht zu gewinnen ist, wieauch Hensen hervorhebt.!) Charakteristisch ist, dass diese Elemente sehr leicht in der Quere durchbrechen wie ebenfalls Hensen beobachtete, und beim Zerzupfen gern in oft sehr kleine Bruchstücke zerfallen. Bei solchen Präparaten kommt es vor, wie Fig. 25 abgebildet ist, dass aus den Bruchflächen feine Fäden her- vorragen, die von Hensen entdeckten wahrscheinlich nervösen Fasern innerhalb der Stäbchenschicht, auf die ich unten zurück- komme. Es gehört ein eigenthümlicher Macerationsgrad dazu, solche Präparate dieser Fasern zu erhalten, wie das abgebildete darstellt. Wenigstens sieht man an sonst vortrefflich erhaltenen ähnlichen Prä- paraten oft nichts von diesen Fasern. Wir wenden uns zunächst zur Betrachtung solcher Präparate, an denen eine vollständige Isolirung stäbchenartiger Gebilde statt- gefunden hat, wie sie z. B. bei Octopus vulgaris leicht zn erreichen ist. Eine grosse Zahl der hier zu isolirenden pallisadenförmigen Gebilde bietet ein Ansehn wie Fig. 13 a, b, ec, d, in welchen vier vordere, dem Glaskörper zugekehrte pigmentirte Stäbchenenden in verschiedener Lage bei 800 —1000mal. Vergr. abgebildet sind. Man sieht in a, b und e zwei starklichtbrechende, quergestreifte Rand- parthieen einen mit Pigment erfüllten centralen Raum einfassen, welcher am vorderen Ende eine Erweiterung erfährt und hier einen dicken Pigmentknopf einschliesst. Drehung dieser Gebilde um ihre Längsaxe zeigt, dass der pigmentirte Raum kein Axenkanal von kreisförmigem Querschnitt sein kann. Die Pigmentkörner liegen vielmehr in einem das Stäbchen wie ein Septum halbirenden Raum, so dass bei einer Drehung von a um beinahe 90° eine Ansicht wie 1)-1.06:09.240; er: Die Stäbchen in der Retina der Gephalopoden und Heteropoden. 9 in d entsteht. Diese Bilder erklären sich vollkommen durch Be- trachtung der in Fig. 14 abgebildeten Stäbchenquerschnitte. Zwei glänzende halbmondförmige Gebilde fassen einen vorn fast kreis- förmigen (a, b), mehr nach hinten (c) stark abgeplatteten pigmen- tirten Raum ein, auf welchen man in Fig. 13 a von der schmalen. in d von der breiten Seite blickt, in welchem also die Pigment- körnchen in Form zartester Längsstreifen angeordnet sind. Die Querstreifung ist am deutlichsten bei einer Lage des Stäb- chens, bei welchem das Licht den längsten Weg durch die bezüg- liche Substanz zurückzulegen hat (Fig. 13 a), am wenigsten deut- lich, fast ganz verschwindend bei einer Lage rechtwinklig auf jener ersten, also wie in Fig. 13 d. Diese Bilder stimmen, abgesehen von der feinen Querstreifung wesentlich überein mit dem, was uns Babuchin vom Bau der Ce- phalopodenstäbchen mitgetheilt und in den Figuren II, IV und VI seiner Tafel!) abgebildet hat. Noch grösser ist die Uebereinstim- mung dieser Babuchin’schen Abbildungen mit meinen Figg. 5, 6 und 10, welche frischen Präparaten von Octopus vulgaris entnom- men sind, die '/ Stunde in einer mit Jodserum zur Hälfte ver- dünnten concentrirten Oxalsäurelösung macerirt waren. Wir haben hier Stäbehen vor uns, welche innerhalb zweier Leisten starklicht- brechender Substanz einen pigmentirten Raum enthalten, dessen Pigment am vorderen und hinteren Ende des Stäbchens besonders reichlich abgelagert ist. Die Breite dieser stark lichtbrechenden Leisten ist nicht überall gleich, sie ändert sich mit der Drehung um seine Längsaxe an jedem einzelnen Stäbchen und ist offenbar auf einen ähnlichen Bau zurückzuführen, wie bei Fig. 13 und 14. Auch den Zusammenhang dieser Stäbchen mit den äusseren Schich- ten der Netzhaut fand ich ganz wie Babuchin in seiner Fig. I und XI abbildet. Aus jedem Stäbchen entwickelt sich an dessen äus- serem stark pigmentirten Ende eine spindelförmige Faser ungefähr von der Dicke des Stäbchens, in deren Innerem ein eiförmiger Kern liegt (Fig. 10 und 11 ce. c). Diese Fasern laufen gestreckt nebeneinander in derselben Richtung wie die Stäbchen. Jede der- selben löst sich meinen Beobachtungen zufolge an ihrem äusseren Ende in ein Bündel varicöser Fäserchen auf von äusserster Zart- 1) Würzburg. Verhandl. 1864, Bd. V, Taf. IV. Vergl. auch die Copien Babuchin’scher Zeichnungen bei Hensen Taf. XIV, Fig. 28 c. 10 Max Schultze: heit und Vergänglichkeit, welche sich bei sehr glücklicher Macera- tion und ce 1000 maliger Vergrösserung ausnehmen wie Fig. 11 d. Sie biegen nach längerem oder kürzerem Verlaufe direet in die Nervenfaserschicht der Retina um und verlieren sich hier in einem Gewirr von Nervenfibrillen. i Präparate von solcher Vollkommenheit wie die abgebildeten liessen bei hinreichend starker Vergrösserung eine feine Striche- lung der Stäbchenfaser ce wahrnehmen, so dass die Einzelfibrillen, in welche eine jede dieser letzteren bei d zerfällt, in dieser bereits vorgebildet zu existiren scheinen, und hiernach jedes Stäbchen mit einem ansehnlichen Bündel feinster Fibrillen in Verbindung steht. An der pigmentirten Stelle b verschmälern sich die Stäbchen constant und zwar durch Verschwinden der stark lichtbrechenden Streifen (Fig. 11 b). Einige Male ist es mir so vorgekommen, als wenn hier eine fein fibrilläre Masse in das Stäbchen, also in den pigmen- tirten Raum desselben einträte. Doch hat mir eine Isolirung von Fibrillen an diesem Orte nicht gelingen wollen. Die kernhaltigen Stäbchenfasern sind auch von Steinlein isolirt und Fig. 34 Taf. III. 1. e. abgebildet worden. Aber nicht alle Stäbchen der Gephalopoden zeigen denselben Bau, sie variiren in einer und derselben Retina und bei verschie- denen Arten. Die nunmehr zu beschreibenden Formen entnahm ich vorzugsweise der Retina von Octopus macropus. Die Stäbchen sind hier oft nur an ihrem äusseren Ende, also am Uebergang in die Stäbchenfasern, pigmentirt. Isolirte Stäbchen dieser Art zeigten beim Drehen um die Längsaxe häufig vier glänzende Längsleisten (Fig. 7 u. 8), welche in gleichen Entfernungen von einander her- ablaufend den Eindruck machten, als wenn das Stäbchen vierkantig mit stark vorspringenden Kanten sei.!) In einzelnen Fällen war auch hier ein Pigmentstreifen im Innern, in anderen haftete Pigment den hohlkehlenartig ausgehöhlten Seitenflächen aussen an. Die mei- sten Stäbchen wenigstens gewisser Gegenden der Retina von Octopus macropus liessen sich aber überhaupt nicht isoliren, sie hingen auch nach Anwendung derselben Macerationsmittel, welche bei Octopus vulgaris zur Isolirung führten, gruppenweise zusammen und boten 1) Dieser Ansicht zufolge und übereinstimmend mit den später zu be- schreibenden Querschnittsbildern ist das Bild der Stäbchenbruchstücke Fig. 7 u.8 am oberen Ende vervollständigt. Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. 11 ein Bild wie es oben schon beschrieben und Fig. 3 und 25 abgebil- det wurde, in welchem von einer deutlichen Wahrnehmung der Re- liefverhältnisse der einzelnen Stäbchen nicht die Rede sein konnte. Hier gab es nur ein Hülfsmittel um die Formen der so zusammen- hängenden Stäbchen zu enträthseln, nämlich die Anlegung künst- licher Querschnitte. Schon Babuchin und Hensen haben sich mit Anfertigung solcher Querschnitte beschäftigt, sind in der Deutung der auf solche Weise gewonnenen Bilder aber nicht in Ueberein- stimmung. In der That ist die Mannigfaltigkeit der Formen, welche die Vergleichung einer Reihe gut gelungener Querschnitte verschie- dener Netzhäute gibt, eine verwirrende. Als Ausgang für deren Verständniss wähle ich die bereits oben erklärte Fig. 14, welche Stäbchenquerschnitte zeigt, wie sie zu den Fig. 13 dargestellten Stäb- chen gehören. Die glänzenden halbmondförmigen Gebilde umfassen zu je zweien einen pigmentirten (in anderen Fällen einen nicht pig- mentirten) Raum, in welchem sich nach Hensen eine feine Ner- venfaser befindet, in welchen obiger Darstellung zufolge aber auch ein ganzes Bündel von Nervenfibrillen eintreten kann. Als erste Variation dieses zuerst von Babuchin beschriebenen sehr verbreiteten Typus kann der von Hensen!) und Babuchin) abgebildete gelten, wo der Querschnitt einen geschlossenen Ring darstellt, in dessen Mitte ein dickerer oder feinerer pigmentir- ter und zur Aufnahme der Nervenfaser bestimmter Canal liegt. Diese Formen erklären sich leicht durch die Annahme einer Ver- wachsung der beiden rinnenförmigen Körper an ihren Rändern. An- drerseits erhellt der Uebergang zu solchen Formen aus den Quer- schnittsbildern Fig. 15 u. 16, welche ich Octopus vulgaris entnahm. Regelmässig kreisförmige Querschnitte sind hier zwar nicht abge- bildet, aber die letzterwähnten Figuren beweisen, wie aus dem Halb- mond Fig. 14c ein Hufeisen, ein Halbring, ein winklig gebogener Körper, endlich ein vierkantiger Stab mit einem Centralkanal werden kann. Die letztgenannte Form tritt uns in eigenthümlicher Modi- fieation in Fig. 17 entgegen. Wir sehen hier Querschnitte der Stäb- chen von Octopus macropus in Osmiumsäure erhärtet. In dieser Flüssigkeit schwärzen sich diejenigen Theile der Stäbchen, welche sich frisch durch starke Lichtbrechung und Plättchenschichtung aus- 1) Taf. XVI, Fig. 52 A. 2) 1. c. Fig. V. 12 Max Schultze: zeichnen ganz analog den ebenso gebildeten Aussengliedern der Wirbelthierstäbehen. Dagegen bleibt nahezu ungefärbt der Inhalt des Centralkanals und die Zwischensubstanz zwischen den Stäbchen, so dass etwa hier liegende Pigmentkörnchen sich auf dem Querschnitt scharf auszeichnen. Ein Theil der Stäbchen der Fig. 17 schliesst sich in seiner Form an die zwei vierkantigen der Fig. 16 an, nur ist ihr Centralkanal sehr viel enger geworden, ein anderer Theil aber zeigt höchst sonderbare Verwachsungen und Veränderungen, so dass durch die untereinander verschmolzenen Stäbchen eine Gruppe ent- standen ist, in welcher Oentralkanäle und Zwischenräume zwischen den einzelnen Stäbchen nicht mehr von einander zu unterscheiden sind. Ganz ähnlich sind die Querschnitte Fig. 18 und 22, aber wieder modifieirt dadurch, dass die vierkantigen querdurchschnittenen Einzelstäbchen der Fig. 13 gar keinen Gentralkanal mehr zeigen, sondern solide Stäbe geworden sind. Dagegen tritt in diesen Figuren überzeugend hervor, dass eine stellenweise Pigmentkörnchen führende Substanz, welche wir in unseren Fig. 14—16 nur in den Stäbehenkanälen fanden, nunmehr auch in der Stäbchenzwischensubstanz ent- halten ist. Mit anderen Worten: ein rinnenförmiges Gebilde, wie es, wie Fig. 14 im Querschnitt zeigt, mit einem anderen ebensolchen zu- sammen einen Kanal umschloss, hat sich in einen viereckigen Stab mit hohlkehlenartig gestalteten Seitenflächen verwandelt, deren jede mit einer gegenüberliegenden Seitenfläche eines ähnlichen Stabes zu- sammen einen Kanal einfasst, wobei der Stab selbst im Innern aber auch noch wieder einen Kanal umschliessen kann. Verwachsen endlich diese Stäbe mit ihren Kanten miteinander, so entsteht eine mehr oder minder regelmässige Durchschnittsfigur, wie Fig. 17, 18 u. 22 an einzelnen Stellen enthalten. Hier sind nur ge- ringe Mengen benachbarter Stäbe untereinander verwachsen. Sie erklären aber doch bereits vollständig, wie es stellenweise unmöglich wird, Einzelstäbe zu isoliren und welch complicirtes Bild diese Stäb chengruppen gewähren müssen, wenn sie in ihrer natürlichen Längs- ansicht dem Beobachter vorliegen. Aber auch über grössere Strecken treten Verwachsungen der Stäbe ein, der Art, dass nunmehr ein spongiöses Gewebe mit Parallelkanälen entsteht. Diese Kanäle kön- nen im Querschnitt eine grosse Regelmässigkeit der Anordnung zei- gen, wie in Fig. 19, weichen aber an anderen Stellen von dieser Regelmässigkeit sehr ab und gewähren dann im Querschnitt ein Bild wie Fig. 20. Hier springt dann sofort in die Augen, dass jede Mög- Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. 13 lichkeit, einzelne Stäbchen zu unterscheiden, aufhört. Die Stäbchen- schicht besteht hier aus einer von zahllosen parallelen, senkrecht gegen den Glaskörper gerichteten Kanälen durchzogenen Masse, welche in Lichtbrechung und Structur der Substanz der Aussenglie- der der Wirbelthierstäbchen entspricht, d. h. aus dünnen Plättchen und - einer schwächer brechenden Zwischensubstanz geschichtet ist. Die Zusammensetzung der Stäbchenschicht ist hiernach viel mannig- faltiger, als Hensen und Babuchin auf Grund ihrer Untersuchun- gen annahmen, indem sie nur die isolirbaren, im Querschnitt oval oder kreisrund erscheinenden Stäbchen kannten. Die Zusammenset- zung der Rinde einzelner solcher Stäbchen aus zwei rinnentörmigen also im Querschnitt halbmondförmig aussehenden Gebilden hat Ba- buchin richtig erkannt. Anf vierkantige Prismen deutet seine von Hensen copirte Querschnitt-Zeichnung (Taf. XIV, 250), welche dem oben eitirten in russischer Sprache veröffentlichten Aufsatz beigegeben ist, deren Erklärung (Hensen.c.p. 38) aber einer anderen Ansicht Raum gibt. Hensen meinte nämlich, die fragliche Zeichnung und seine eigene sehr ähnliche Taf. XVI, Fig. 52B auf künstlich gesprengte Stäbchen zurückführen zu müssen (l. ec. p. 40). Wie sich in einer und derselben Retina die verschiedenen Formen vertheilen und ob hier eine wiederkehrende Form herrscht, wird Gegenstand späterer Untersuchungen sein müssen. Von der grössten Wichtigkeit ist nunmehr die Frage nach dem Inhalte der die Stäbchenschicht durchsetzenden Kanäle. Ist die Stäbchenschicht stark pigmentirt, so erfüllt körniges Pigment sowohl die Centralkanäle der isolirbaren Einzelstäbchen wie auch die Zwi- schenräume, welche in den Querschnittsbildern Fig. 17 bis 22 zwischen den durch Osmiumsäure geschwärzten Elementen sichtbar sind. Ne- ben dem Pigment befindet sich aber noch eine Inhaltsmasse auf Querschnitten erkennbar, welche in Fig. 17, 15 u. 22 gezeichnet ist, eine das Innere der Kanäle nicht vollständig ausfüllende, viel- leicht etwas geschrumpfte Masse von grosser Durchsichtigkeit und blass feinkörniger Structur. Wofür diese Substanz zu halten wage ich nicht zu entscheiden, vielleicht für Durchschnitte einer fein fibrillären Masse, von welcher wir oben bei Erläuterung der Fig. 10 annahmen, dass sie den centralen Theil der Stäbchen ausfülle. Dass Fasern im Innern der Stäbchenkanäle vorkommen, hat Hensen bewiesen (vergl. namentlich p. 42—45 seiner Arbeit). Auch ist es ihm vorgekommen, als wenn zwischen den Stäbchen Fäden 14 Max Schultze: liegen könnten, doch wendet er sich von dieser Vermuthung wieder ab. Ueber Fäden in isolirbaren Stäben, wie Fig. 10 sie darstellt, vermag ich dem oben Gesagten nichts hinzuzufügen, ich halte es für wahrscheinlich, dass ganze Bündel feiner Fibrillen, wie sie sich bei d aus den Stäbchenzellen entwickeln, so auch am entgegengesetzten Ende in die Stäbchen eintreten. Dagegen habe ich von einer Retina von Octopus macropus an vielen Stellen, wo isolirbare Stäbchen fehl- ten, aus den Kanälen der Stäbchenschicht feine Fäden hervorragen sehen und auf längere Strecken isoliren können (Fig. 25), welche in jeder Beziehung den von Hensen beschriebenen gleichen, nament- lich auch darin, dass sie von Kernen oder kernartigen Gebilden aus- gehen, welche in dem pigmentirten hinteren Ende der Stäbchen- schicht ihre Lage haben, Hensen’s Stäbchenkörnern (Fig. 25 u. 26b), Dieser Gebilde habe ich bisher bei Beschreibung der Stäbchen nicht gedacht, da von ihnen selbst an den vollständigsten isolirten Ele- menten Fig. 10 u. 11 nichts zu sehen ist. Nach Hensen würde an diesen Stäbchen das Stäbchenkorn an der pigmentirten Stelle bb liegen müssen, und es ist möglich, dass hier in dem Pigment ein solches eingeschlossen lag. Auch m Babuchin’s Figuren fehlt jede Andeutung dieses Gebildes, es bleibt aber auch da möglich, dass nur das Pigment dasselbe verdeckte. Die Hensen’schen Stäbchenkörner sind an vielen Stellen leicht darzustellen und jedenfalls sehr verbreitete Körper. Auch Steinlin thut ihrer Erwähnung als von Pigment umgebene röthliche (?) kern- haltige Zellen und bildet sie in Fig. 32 Taf. III semer oben ecitirten Abhandlung ab. Ihr Vorkommen steht mit der Anwesenheit einer eigenthümlichen membranförmigen Ausbreitung in Verbindung, welche an feinen Durchschnitten erhärteter Cephalopoden-Netzhäute leicht in Form einer feinen Linie nach aussen von dem hinteren pigmen- tirten Stäbchenende erkannt wird und welche ich in der schwach vergrösserten Darstellung eines Schnittes der Retina von Octopus vulgaris mit xx bezeichnet habe. Babuchin bildet sie Fig. Ie. Hensen Fig. 35e und an vielen anderen Stellen ab und nennt sie Grenzmembran. An den isolirten Stäbchen Fig. 10 war gar nichts von ihr zu bemerken. Auch Babuchin gibt in seiner Fig. XI, von der er ausdrücklich sagt !), dass sie »mit einer pünktlichen Genauig- keit nach der Natur aufgenommen«, nichts von dieser Membran an. 1) 1. e. p. 44. Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. 15 Ich muss es desshalb dahin gestellt sein lassen, ob sie etwa an gewissen Stellen fehle, was insofern unwahrscheinlich ist, da nach den übereinstim- men.len leicht zu bestätigenden Angaben von Babuchin undHensen und ganz in Uebereinstimmung mit den überaus genauen älteren Beob- achtungen Krohn’s !) die erhärtete Retina der Gephalopoden dieser (renzmembran folgend sich sehr leicht in ein inneres und äusseres Blatt spaltet, was auf eine tiefere Bedeutung dieser Grenze hindeutet. An- drerseits gibt die von Hen sen unternommene Untersuchung des Auges von Nautilus ?) einen Beweis, dass diese Membran-Schwankungen un- terworfen ist. Hier ist sie nämlich weiter nach aussen gerückt. Etwas Aehnliches scheint bei Loligopsis vorzukommen ®). Dadurch werden die Beziehungen der Stäbchen zu den Stäbchenzellen bei die- sen beiden zuletzt genannten Cephalopoden denjenigen ähnlich, wie ich sie in Fig. 10 abgebildet habe. Einwärts von dieser Grenzmembran (Fig. 24xx) findet sich ein heller pigmentloser Streifen. Dieser setzt sich aus den zwar theil- weise von Pigment umgebenen aber selbst pigmentlosen Stäbchen- körnern zusammen wie in Fig. 25 bei starker Vergrösserung gezeich- net ist. Die Linie xx stellt auch hier wieder die Grenzmembran dar, in welcher die oben gedachte häufig vorkommende Ablösung stattgefunden hat. Welcher Zusammenhang hier mit den äusseren Schichten der Retina statthatte, bleibt ganz dunkel. Aus der pig- mentirten Umgebung der glänzenden ovalen Körner entwickelt sich nach der Stäbchenschicht zu, ganz wie Hensen beschreibt, ein lan- ger, oft schon an der Wurzel in mehrere Fibrillen zerfallender Faden, der seine Lage unzweifelhaft in den zugleich mit mehr oder weniger Pigment gefüllten Kanälen der Stäbchenschicht nimmt, seiner Fein- heit wegen aber sowohl an Längs- als an Querschnitten schwer zu verfolgen sein dürfte. Die in Fig. 17, 18 und 22 zwischen den schwarzen Feldern gezeichnete blasse organische Substanz, welche hie und da ein dunkles Pigmentkörnchen einschliesst, wird auch die Fädenquerschnitte enthalten. Hiermit schliessen meine Beobachtungen über die Cephalopoden- Retina ab. Es geht aus denselben hervor, dass die bei den Stäbchen der Wirbelthiere vorhandene Plättchenschichtung, welche auch bei 1717 c.'Pr44 2) l. c. p. 55, Taf. XX, Fig. 84. 3) Hensen |. ce. p. 49. 16 Max Schultze: vielen Sehstäben von Gliederthieren von mir nachgewiesen ist, ebenso charakteristisch den Elementen der Stäbchenschicht der Cephalopo- den zukommt. Es findet demgemäss auch hier innerhalb der Stäbchenschicht eine Spiegelung und eine Reihe sehr complicirter Reflexionen statt, von welchen bei ähnlichen Dickenverhältnissen der Plättehen wie bei den Wirbelthierstäbchen, aus denselben Gründen wie dort gemäss den Entwickelungen von Zenker, die Bildung stehender Wellen für den Sehvorgang vielleicht die grösste Bedeu- tung hat. Natürlich wird den complieirten Hin- und Herwanderun- gen zufolge, welchen die Aetherwellen an den vielen übereinander- geschichteten Plättchen unterliegen, auch die Absorbtion verhältniss- mässig gross sein und um so grösser, je länger die Stäbchen und je geringer die Plättchendicke. Die Stäbchenlänge ist im Hinter- grunde des Auges der Cephalopoden ansehnlicher als bei irgend anderen bisher darauf untersuchten Thieren. Sie beträgt bis 0,25 Mm., die Plättchendicke mit der dazu gehörigen Zwischensubstanz unge- fähr !/;Mik. und ist in verschiedenen Theilen eines und desselben Stäbchens nicht merklich verschieden. Danach können auf die ganze Länge bis 750 Plättchen kommen. Nach der Peripherie nimmt jedes- mal die Diche der Stäbchenschicht sehr ab, wie Hensen schon aus- führt, dagegen die Plättchendieke meinen Beobachtungen zufolge keinen entsprechenden Modificationen unterliegt. Daher ist jeden- falls die Zahl der Plättchen in den kurzen Stäbchen der periphe- rischen Theile viel geringer als in den centralen. Was nun aber in der Gephalopoden - Retina ein Stäbchen zu nennen sei, der Beantwortung dieser Frage stellen sich höchst über- raschende Schwierigkeiten in den Weg. Die Substanz, welche Plättchenschichtung besitzt, scheint sich nicht in Nervenfasern fort- zusetzen, sie hört vielmehr allem Anschein nach am äusseren Ende der Stäbehenschicht scharf abgesetzt auf, während Fasern, die Hen- sen innerhalb dieser Schicht auffand,, nach diesem Forscher die Fortsetzungen der Nervenfasern des opticus darstellen. Ich habe in einer etwas anderen Weise als Hensen den Zusammenhang der Elemente der Stäbchenschicht mit den Sehnervenfasern gesehen, wo- bei zunächst unentschieden bleibt, ob die beiden Arten nebeneinander existiren, oder nur verschiedene Erscheinungen derselben Verbindung darstellen. Jedenfalls existiren nervöse Fasern in der Stäbchen- schicht neben der spiegelnden Substanz !). Nun tritt der merkwür- 1) Dass sich die von Hensen bei Nautilus und Loligopsis mitgetheilten Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und HTeteropoden. 17 dige Umstand ein, dass während an manchen Stellen der Cephalo- poden-Netzhaut eine bestimmte Menge geschichteter Spiegelsubstanz zu einer gewissen Menge Nervenfasern in eine solche Lagenbeziehung tritt, dass man beide zusammen ein Stäbchen nennen muss, an an- dern Stellen diese Relation keineswegs der Art ersichtlich ist, dass eine bestimmte Abtheilung der geschichteten Substanz zu bestimm- ten Nervenfasern gehört. Jene bildet vielmehr streckenweise conti- nuirliche Massen, in welchen parallele Kanäle ausgespart sind, wie Fig. 20 im Querschnitt zeigt, und die Kanäle enthalten die Nerven- fasern. Es sind ganze Klumpen verwachsener Stäbchen, deren Ner- venfasern aber getrennt geblieben sind. Die spiegelnde Stäbchensub- stanz bildet eine über gewisse Strecken continuirliche poröse Platte, porös durch sehr dichtstehende, rechtwinklig gegen die Oberfläche verlaufende Kanäle, und in diesen liegen die Nervenfasern. Es muss natürlich dahingestellt bleiben zu entscheiden, in wie weit durch solche Einrichtung distinete Perceptionen durch die ein- zelnen Nervenfasern vermittelt werden können. Wir kennen den Einflass der spiegelnden und absorbirenden Substanz auf die Seh- function nicht, wir wissen nur, dass diese Substanz sehr verbreitet ist und beim Menschen und bei allen Wirbelthieren in Form getrenn- ter, von Pigmentscheiden umhüllter Cylinder auftritt. Demgemäss liegt es nahe anzunehmen, dass diese Form, unter der sie bei den Wirbelthieren auftritt, die vollkommenere sei. Dass aber auch bei den Cephalopoden an jede Nervenfaser eme Einzelempfindung ge- knüpft sem könne, wollen wir nicht bestreiten, wenn auch die Lo- calisirung des Eindruckes durch die Anordnung, wie wir sie z. B. bei Octopus macropus beschrieben haben, vielleicht nicht so voll kommen erreicht worden, wie bei den Wirbelthieren. Sehr beach- tenswerth ist ferner noch der schon von Hensen hervorgehobene Umstand, dass an vielen Netzhäuten von Gephalopoden die Ner- venfasern der Stäbchenschicht direet gar kein Licht treffen kann. Ueberall, wo die inneren, dem Glaskörper zugewandten Enden der Kanäle der Stäbchenschicht mit Pigmentpfröpfen ver- stopft sind (Fig. 10, 13, 24), bleibt dem Licht nur der Weg in die geschichtete Hülle der Kanäle übrig. Die freie Fläche solcher Netz- häute bietet ein Ansehn, wie Fig. 23, welche nach emem ganz frischen Befunde mehr dem von mir in Fig. 10 abgebildeten Verhalten nähern, möchte hier noch einmal hervorzuheben sein. M. Schultze, Archiv f. mikrosk Anatomie. Bd. 5. 2, 18 Max Schultze: von einem lebenden Octopus vulgaris entnommenen Flächenabschnitt gefertigt ist. Aehnliche Bilder haben Hensen und Babuchin ge- zeichnet. Dieselben zeigen schmale helle Zonen um vollkommen un- durchsichtige Pigmentflecke. Nur durch erstere, welche den vorderen Enden der Wände der Stäbchenkanäle entsprechen, kann das Licht in die Retina gelangen. Dies Verhalten beweist, dass entweder diese Wände die pereipirende Substanz selbst enthalten, oder dass dieselben physikalische Hülfsapparate für die Uebertragung des Lichtes auf die centralen Nervenfäden darstellen. Die letztere Ansicht, nach wel- cher die geschichtete Substanz etwa eine Rolle zugetheilt erhalten hätte wie diejenigen Elemente des Gorti’schen Organes, denen die Uebertragung der Schwingungen auf die Nervenenden in der Schnecke obliegt, muss als die allein annehmbare erscheinen, sobald nach- gewiesen ist, dass die geschichtete Spiegelsubstanz nicht selbst m Continuität mit den Nervenfasern steht. Diese Continuität scheint bei den Cephalopoden in der 'That zu fehlen. Noch entscheidendere Resultate für die Beantwortung der Frage nach der Beziehung von Nervenfaser und Plättchenschichtung im den Sehstäben ergab mir die Untersuchung der percipirenden Nerven- enden im Auge der Heteropoden. Dass in der Netzhaut der Pterotrachea (Firola) stäbchenartige Elemente vorkommen, erkannte zuerst A. Krohn und erwähnt der- selben in einer dem Baue der Retina von Alciopa gewidmete Notiz !), deren Stäbchenschicht er ebenfalls entdeckte. Die Stäbchen wer- den von ihm aufrecht gegen den Glaskörper gestellte Fasern ge- nannt. Später sind dieselben gleichzeitig von Leuckart?) und G@egenbaur?) beobachtet und von letzterem auch abgebildet wor- den. Beide Forscher stimmen in ihren Angaben im Wesentlichen überein. Leuckart betont namentlich den Zusammenhang der Stäbchen mit den Sehnervenfasern, von dem er sagt: »Dass diese Stäbchen nach innen auf der Faserschicht aufsitzen, darüber kann kein Zweifel sem. Auch davon glaube ich mich mit Bestimmtheit überzeugt zu haben, dass ihre peripherischen Enden mit den blassen Sehnervenfasern zusammenhängen. Die letzteren erweitern sich ein wenig und gehen dann unmittelbar mit einer Art Quergliederung in 1) Froriep neue Notizen 1843, Bd. 25, p. 42. 2) Zoologische Untersuchungen Heft 3, 1854, p. 32. 3) Untersuchungen über Pteropoden 1855, p. 166. Zn a Die Stäbehen in der Retina der Cephalopoden und IHeteropoden. 19 die Stäbehen über.« Jedenfalls hat die ganze Bildung Leuckart sehr angezogen, indem sie ihn zu dem Ausspruch veranlasst: »Wenn irgend welche Thiere so möchten wohl vorzugsweise unsere Hetero- poden geeignet sein, die Fragen über den feineren Bau des licht- empfindenden Apparates ihrem Abschlusse entgegen zu führen.« Gegenbaur unterscheidet zwei Arten Stäbchen und gibt Abbildun- gen derselben. Die dickeren mit Pigmentanhäufungen im Innern des einen Endes scheinen die eigentlichen Stäbchen, die anderen dünneren Verbindungsglieder zwischen den Nervenfasern und Stäb- chen zu sein. Doch bleibt der Zusammenhang unklar. Kefer- stein!) gibt eine bei schwacher Vergrösserung entworfene Durch- schnittszeichnung des Auges von Firoloides, in welcher auch die Stäbehenschicht angedeutet ist, die hier sehr stark pigmentirt sein muss, Hensen ?) liefert stärker vergrösserte Abbildungen der Ele- mente der Retina von Pterotrachea nach Exemplaren, welche län- gere Zeit in liquor conservativus (Kochsalz, Alaun, Sublimat) gelegen hatten. Von ihm sind namentlich m Fig. 91 die Verbindungen von Stäbchen und Stäbchenzellen gut erhalten wiedergegeben. Wie bei den Gephalopoden so auch hier bedarf es zur Ermitte- lung des feineren Baues der Stäbchen der stärksten Vergrösserungen und der Verwendung ganz frischen Materiales. Es standen mir zwei Species zu Gebote, die grosse Pterotrachea coronata und die kleinere roth getüpfelte Pterotrachea mutica. Beim Zergliedern der Augen, deren Kleinheit eine sorgfältige Präparation der Retina nur schwer zulässt, so dass günstige Isolationen schon mehr dem Zufall zu dan- ken sind, bediente ich mich vorzugsweise des Jodserum oder der aus dem zerschnittenen gallertigen Körper der lebenden Pterotracheen auströpfelnden Parenchymflüssigkeit. Ein ganz frisches derartiges Präparat der Retina von Pterotrachea coronata stellt Taf. I Fig. 2 bei 500 maliger Vergrösserung dar. Man sieht in der Zeichnung Stäb- chen b etwas dicker und länger als Froschstäbchen, welche an ihrer Basis b‘ von braunem Pigment umgeben oder ausgefüllt sind und mit gleichgerichteten ziemlich ebenso dieken oder etwas dickeren Fasern « zusammenhängen, welche sehr fein gestrichelt oder faserig aussehen und bei d in Fibrillen zerfallen. Der direkte Zusammen- 1) Bronn’s, die Klassen und Ordnungen des Thierreiches. Mollusken Taf. 69, Fig. 3. Text p. 825. 2) 1. ce. p. 62, Taf. XXI. 20 Max Schultze: hang vom Stäbchen D und Fasern e ist durch das Pigment b’ ver- deckt. Die Stäbchen zeigen keinen sehr starken Glanz, dagegen meist eine äusserst feine Querstreifung, welche bei beginnender Quel- lung, wie sie in den angeführten Flüssigkeiten meist sehr schnell nach dem Anfertigen des Präparates eintritt, aber durch Zusatz von Kochsalz verzögert oder ganz aufgehalten werden kann, auf das deut- lichste hervortritt und ganz das Bild der Scheibenstructur wiederholt, wie wir es z. B. von den Froschstäbchen so leicht zur Anschauung erhalten können. Derartige in der Quellung begriffene und dadurch veränderte Stäbchen habe ich bei 800 maliger Vergrösserung in Fig. 3 abgebildet. Noch stärkere Quellung bewirkt hirtenstabförmige Umbiegung der Stäbchen (Fig. 4) und Krümmung der Schichten, auch Ablösung einzelner Stücke. Die Zeichnung ist so scharf und die Abblätterung der Schichten so deutlich, wie nur je ein Wirbel- thierstäbchen zeigen kann. Aber es sind nicht Scheiben, son- dern nurdünne gebogene Querfasern, welche sich hier ablösen. Dies erhellt aus einzeln herumschwimmenden Stücken macerirter Stäbchen, wie ich sie namentlich durch kurze, !/,—!/sstün- dige Behandlung der Augen mit Oxalsäure und Serum herzustellen vermochte. An solchen Präparaten sah ich Hohlkehlen oder Halb- rinnen einer fein quergestreiften Substanz von der Oberfläche der Stäbchen sich ablösen (Fig. 10), wodurch eine Masse von anderer Structur zu Tage tritt, welche mit den hinter der Stäbchenschicht gelegenen Elementen in unmittelbarem Zusammenhang steht. An den frischen nur ganz kurze Zeit macerirten Augen isoliren sich beim Zerzupfen der Retina hinter den Stäbchen ansehnlich dicke Stäbchenfasern, wie sie in Fig. 5, 6 und 7 dargestellt und mit e bezeichnet sind. Diese besitzen eine fein fibrilläre Structur, ent- halten je einen ovalen Kern, der in den abgebildeten Fasern ziem- lich nahe dem äusseren Ende liegt, und wurzeln mit diesem Ende in der Opticus- Faserschicht dd, in welcher sie in viele feine Fa- sern zerfallen. Das entgegengesetzte innere oder vordere Ende b‘ ist pigmentirt, stärker oder schwächer an verschiedenen Stellen der Retina. Hier verschmälert sich die Faser und geht in em aus isolirbaren Fibrillen bestehendes Gebilde über, welches entweder kurz abgerissen gefunden wird (Fig. 6 und 7), oder in Form eines langen Faserbündels in die Stäbchenschicht eindringt (Fig. 8 und 9), und hier von der geschichteten Rinde umgeben, wie wir sie vorhin im abgelösten Zustande kennen lernten, das Centrum eines Stäbchens Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. 21 darstellt. Fig. 9 stellt drei Stäbchenfasern mit dazu gehörigen, aber nicht in ganzer Länge erhaltenen Stäbchen dar und wird ver- ständlich, wenn wir Fig. 10 zu Hülfe nehmen und uns vorstellen, die Hohlkehlen aa dieser Figur seien ausgefüllt mit emem Faser- bündel und die quere Schichtstreifung sei dadurch dem Beobachter verdeckt. Diesem stellen sich nunmehr nur noch die seitlich von der Hohlkehle liegenden Streifen bb dar, wie in Fig.9 die mit bbbb bezeichneten. Bilder wie Fie. Ixx oder Fig. 5 oder endlich Fig. 2 würden dann zu deuten sein als Stäbchen, welche um 150° gedreht sind gegen die Fig. 9 dargestellten. So erklärt sich wenigstens ein Theil der merkwürdigen Bildun- gen, welche die angeführten Figuren darstellen. Querschnitte durch diese Stäbchen zu legen ist mir nicht gelungen. Pigmentirungen der Stäbchen am freien inneren Ende, auf welche die Gegenbaur’sche Abbildung hindeutet, sind nicht die Regel, kommen aber, wie es scheint, ähnlich wie bei den Cephalo- poden vor, und können dann auch auf längere Strecke das Stäbchen erfüllen. So habe ich einmal ein unvollständig erhaltenes Stäbchen in der Gestalt von Fig. 11 gesehen, welches noch in einer anderen Richtung als mit Rücksicht auf seine Pigmentirung Interesse bietet. Die Abbildung erinnert auffallend an die Darstellung, welche Ba- buchin von den Stäbehen der Augen von Limax gegeben hat !), nach welcher wahrscheinlich auch hier die Plättchenschichtung vor- handen ist. Die kleinere Pterotrachea mutica hat dünnere und längere Stäbchen als eoronata. Ich habe dieselben nach einem in Osmium- säurelösung eine halbe Stunde aufbewahrten Präparate abgebildet (Fig. 12), nach welchem die Verhältnisse des feineren Baues ganz denen von Pterotrachea coronata zu entsprechen scheinen, wie eine Vergleichung mit Fig.9 ergibt. Es sind abwechselnde Streifen einer geschichteten, stark lichtbrechenden, und einer blassen Substanz, welche die Stäbchenschicht zusammenzusetzen scheinen. Das Ab- blättern der geschichteten Rinde wird aber durch die Osmiumsäure nicht begünstigt, und ist von mir hier nicht beobachtet worden. Die Stäbchen sitzen in Reihen auf der homogenen Membran auf, welche sie wie bei den Cephalopoden vom Glaskörper trennt, und auf wel- 1) Sitzungsber. d. Akad. zu Wien Bd. 52, 1865, Abth.1. Ueber den Bau d. Netzhaut einiger Lungenschnecken. 22 Max Schultze: cher sich im abgelösten Zustande Spuren der Stäbchenreihen erken- nen lassen (Fig. 13 und 14 aa), wie ähnlich schon Hensen er- kannte, welcher dieser homogenen Membran zuerst Krwähnune thut. Die Beobachtungen an den Stäbchen der Heteropoden, nament- lich Pterotrachea coronata, geben hiernach der Vermuthung einen sicheren Grund, welche ich oben bei Gelegenheit der Beschreibung der CGephalopodenstäbehen Fig. 10 und 11 aussprach, dass ganze Bündel feiner Nervenfibrillen, wie sie eine Stäbchenfaser ee zusam- mensetzen, in den von geschichteter Substanz mehr oder minder vollständig umschlossenen Raum eintreten. Was bei diesen Cepha- lopodenpräparaten nur wahrscheinlich gemacht werden konnte, ist bei ganz analogen Verhältnissen der Heteropoden zur Gewissheit er- hoben. Erklärung der Tafeln I und I. Taf. I betrifft die Retina der Cephalopoden. Fig. 1. Querschnitt durch die frische Retina von Loligo sagittata in Serum; d homogene Membran, welche die Retina vom Glaskörper trennt ; b Stäbchenschicht, im Leben in dieken Schichten roth; b‘ pigmen- tirter äusserer Theil der Stäbchen; e Stäbchenfasern mit Kernen; d Uebergang derselben in die Optikusfasern; schwache Vergrösse- rung. Fig. 2. Dünner Schnitt durch die Stäbchenschicht von Octopus frisch in Serum, die homogene Membran ist bei aa abgelöst, Vergr. 500. Bruchstück der Stäbchenschicht von Octopus macropus in Kalı bi chrom. erhärtet, Verer. 500. Fig. 4. Stäbchen wie in Fig. 2, ein wenig in Serum gequollen und dadurch SS) namentlich an der freien Fläche aa verändert. Vergr.800. Plättchen- schichtung sehr deutlich, besonders an dem x x isolirt bei 1000 mal. Vergr. gezeichneten Stückchen. Fig.5 u.6. Stäbchen von Octopus vulgaris isolirt nach !/,stünd. Maceration in Oxalsäure und Serum, vordere und hintere Enden derselben pig- mentirt. Bei Fig. 6 ist ein Tropfen einer hyalinen Masse aus dem pigmentirten Innern der Stäbchen hervorgequollen. Vergr. 500. Fig. 7u.8. Stäbehenbruchstücke von Octopus vulgaris ohne Pigment und von 4kantigem Querschnitt. Fig. 9. Vorderes Ende eines Stäbchen von Octopus vulgaris. Es hat den Anschein, als wenn die feingeschichtete Rinde vorn über das Pig- ment hinausreiche. Fig. Fie. Fi 2) Fie. 10. ıölE 12. 13. 14. 15. 16. Erklärung der Tafeln I und II. 25 Stäbchen von einer sehr stark pigmentirten Retina von Octopus vul- garis nach kurzer Maceration in Oxalsäure und Serum; a vorderes, b hinteres Ende derselben. Hier ist die Verbindung mit den Stäb- chenfasern ce e erhalten, welche sich bei d in ein Gewirr feiner Fi- brillen auflösen. Vergr. 500. Die hinteren Enden dieser Stäbchen in ihrer Verbindung mit den Stäbchenfasern ce und deren Endausläufern d bei 1000mal. Vergrösse- rung gezeichnet. Abgelöste Stäbchenfasern von einem stärker erhärteten Präparate, die Fibrillen des hinteren Endes sind abgerissen. Vergr. 500. a,b, c,d vordere Stäbchenenden von Octopus vulgaris aus Kalı bi- cehromieum in verschiedenen Ansichten. Vergr. 800. a,b,e feine Durchschnitte solcher vorderer Stäbchenenden wie Fig.13, a dicht hinter dem vorderen Ende, b und e weiter nach hinten. Vergl. auch Fig. 23, die freie Fläche der Retina mit den vorder- sten Stäbchenenden darstellend. Querschnitte durch drei andere abweichend gebildete Stäbchen. Desgl. durch 6 Stäbchen. 17—22. Querschnitte durch Stäbchen, welche in Osmiumsäure erhärtet 23. 24. worden. Die im frischen Zustande stark lichtbrechende, geschich- tete Substanz hat sich schwarz gefärbt, die theilweise pigmentirten Zwischenräume enthalten eine gar nicht oder kaum gefärbte Masse; Fig. 19 und 20, welche nur untereinander verwachsene Stäbchen zeigen, sind bei 500mal., die übrigen bei 800, Fig. 21 bei 1000mal Vergrösserung gezeichnet. Flächenschnitt der pigmentirten vordern Stäbehenenden von Octopus vulgaris frisch. Durchschnitt der Retina von Octopus vulgaris von einem in Kali bichromieum erhärteten Präparate: a vordere Pigmentirung der Stäb- chen, b hintere, xx feine Grenzmembran, e Stäbchenfasern, d Opti- kusfasern; zwischen beiden letzten Schichten ein Gewirr feinster sich durchkreuzender Fibrillen, Hensen’s Balkennetz entsprechend. Schwache Vergrösserung. Hintere Enden von einer Gruppe untereinander verwachsener Stäb- chen von Octopus maeropus, bei xx, der Grenzmembran Fig. 24 ent- sprechend, abgelöst. Aus den Zwischenräumen oder Kanälen dieser Stäbchen ragen am abgebrochenen vorde ren Ende lange feine Fasern hervor. Diese, die Hensen’schen Nervenfasern der Stäbchenschicht, gehen aus Stäbchenkörnern hervor, deren eins in b isolirt gezeich- net ist. Stäbehenkörner bb mit langen Fasern, welche in der Stäbchenschicht eingeschlossen lagen. Fie. Fig. Fig. Fig. Fie. Fig. {>} Fie. Fig. Fig. © Fig. Fig. © Max Schultze: Taf. II betrifft die Retina der Heteropoden, Fig. 1—-11 Pterotrachea coronata, 12—14 Pterotrachea mutica. 1. ID Bi) 4. 3 Je) 10. 14. Aus der Retina von Pterotrachea coronata bei schwacher Vergrösse- rung von einem in Kali bichromieum kurze Zeit aufbewahrten Auge: aa homogene Membran; b Stäbchen; b’ hinteres pigmentirtes Finde derselben; e Stäbchenfasern. ketina frisch in Serum bei 500facher Vergr. Buchstaben wie vorhin. Theile der frischen, etwas gequollenen Stäbchen bei 800facher Verer. Desgl. in Serum. 5-10. Nach kurzer '/, —"/stündiger Behandlung mit Oxalsäure und Se- rum isolirte Stäbchen und Stäbchenfasern. b Stäbchen; b‘ pigmen- tirte Basis derselben: e Stäbchenfaser mit Kern. xx abeehobene geschichtete Hülle eines Stäbchens. Die geschichteten Hüllen zweier Stäbchen in der Lage. Vergr. 1000; bb die in Fie. 9 mit bbbb bezeichneten Theile, aa die Hohlkeh- len, deren eine in Fig. 9 xx umgekehrt, also von der convexen Oberfläche gezeichnet ist. Oberes Ende eines Stäbchens mit piementirtem Innern. Stäbehen von Pterotrachea mutiea mit Stäbehenfasern e nach !/;stün- dieer Behandlung in "/,°/, Osmiumsäure. Stäbehen in Verbindung mit der homogenen Membran aa. Stück der abgelösten homogenen Membran; aa Spuren der abge- lösten Stäbchen. Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. Von Prof. A. Wrzesniowski in Warschau. Hierzu Taf. III u. IV. In einer in polnischer Sprache im 35. Bande der wissenschaft- lichen Gesellschaft zu Krakau vor zwei Jahren abgedruckten Arbeit habe ich unter Anderm auch die Resultate einiger Untersuchungen über den contractilen Behälter der Infusorien, sowie über die bei manchen Arten derselben vorkommenden sogenannten stabförmigen Körperchen mitgetheilt. Da, wie ich glaube, dieselben für die Ent- scheidung einiger noch streitiger Fragen nicht ohne Bedeutung und daher für die speciellen Forscher auf diesem Gebiete von einigem Interesse sein dürften, so erlaube ich mir, dieselben einem grösseren wissenschaftlichen Publikum zur gefälligen Prüfung vorzulegen. 1. Ueber den eontractilen Behälter. Bis jetzt ist zwischen den Forschern auf dem Gebiete der Infu- sorienkunde eine Einigung noch nicht erzielt worden in Bezug auf die Frage, ob der Behälter von eigenen selbständig contractilen Wänden begrenzt ist, oder ob er eine blosse Aushöhlung im Parenchym des Körpers bildet. Dem entsprechend wird er bald als contraetile Blase, bald als pulsirender Raum, pulsirende Vacuole oder contractiler Be- hälter bezeichnet. Von den Anhängern der letztern Ansicht haben Th. v. Siebold, Stein und in neuester Zeit Schwalbe Beobach- tungen mitgetheilt, welche sehr geeignet zu sein scheinen, ihre Mei- nung nachhaltig zu unterstützen. M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 26 A. Wrzesniowski:' Nach Siebold !) kommen die pulsirenden Räume, die während der Systole gänzlich verschwinden, während der Diastole an dersel- ben Stelle des Körpers und in derselben Form und Anzahl wieder zum Vorschein, dessen ungeachtet sind sie doch nichts Anderes als einfache Aushöhlungen im Parenchym des Körpers, da bei einigen Infusorien, z. B. Trachelius lamella, Phialina vermicularis, Bursaria cordiformis u. a. bei jeder Diastole immer erst einige kleine hohle Räume zuın Vorschein kommen, die erst sich vergrössern und ge- genseitig berühren und dann erst zu einer einzigen grossen Höhle (dem contractilen Behälter) zusammenfliessen. Diese letztere Beob- achtung, welche als die beste Stütze für Siebold’s Ansicht angese- hen werden darf, ist demungeachtet der Vergessenheit anheimgefallen. Eine andere Beobachtung Siebold’s, wonach bei einem dieser In- fusorien in Folge starker Gontractionen des Körpers ein grösserer Be- hälter sich in die Länge zog und zuletzt in zwei kleine runde Räume theilte, ganz wie wenn ein Oeltropfen sich in zwei Theile ausein- anderzieht, ist schon längst von Lachmann entsprechend widerlegt worden ?). Stein, der sonst als ein eifriger Anhänger von Siebold’s Ansichten angesehen werden darf, lässt die eben erwähnten wichtigen Angaben Siebold’s unerwähnt, obwohl er einen gleichen Entste- hungsmodus des Behälters bei manchen Species beschreibt, so nament- lich ‚bei Plagiotoma (Bursaria) eordiformis, Plagiotoma blattarum, Blepharisma lateritia, Prorodon teres 3). Stein hat, wie es scheint, die wichtigste Seite des Vorganges nicht gehörig zu würdigen ge- wusst, dafür spricht wenigstens der Umstand, dass er seine Ansicht, als sei der Behälter eine wandungslose Aushöhlung des Parenchyms, nicht mit den ebenerwähnten (von ihm und Siebold beobachteten) Thatsachen zu stützen sucht, sondern sich bemüht, die Wandungs- losigkeit des Behälters mit anderen wenig überzeugenden Gründen zu beweisen %). So namentlich spricht Stein dem contractilen Be- 1) Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. $. 21. 2) Lachmann. Ueber die Organisation der Infusorien, besonders der Vorticellinen. Müller’s Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaft- liche Medicin, 1856. S. 376. 3) Stein. Organismus der Infusorienthiere nach eigenen Forschungen in systematischer Reihenfolge bearbeitet. Erste Abtheilung. Leipzig 1859. S. 90. 4) Stein. Ibid. S. 86, 90, 89. Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorieu. 27 hälter eigene Wandungen ab, weil ungeachtet ganz scharfer Umgrän- zung «des Behälters die Wandungen desselben direct nicht zu demon- striren sind; zweitens weil er im Innern des Behälters oder in dessen Kanälen fremde Organismen zu beobachten Gelegenheit gehabt hat; ferner führt Stein an, dass bisweilen der Behälter seine normale Lage ändern könne, wie bei Stylonychia Mytilus und Urostyla gran- dis, wenn er von den angehäuften Keimkugeln verschoben wird. Wenn man unbefangen alle diese Thatsachen m nähere Erwägung zieht, so muss man bekennen, dass keine von ihnen als wirklich beweisend angesehen werden kann. Die Unmöglichkeit des Nach- weises einer Membran am Behälter liefert seiner rein negativen Natur wegen keinen ausreichenden Beweis. Die Astasien und Vibrionen in. den Canälen oder im Behälter selbst können gleichfalls nicht als Beweis angeführt werden, wenn wir erwägen, dass Parasiten die membranösen Wandungen der Organe zu durchdringen vermögen. Was endlich das Verschieben des Behälters durch Keimkugeln oder andere im Parenchym eines Infusoriums befindliche feste Körper anbetrifft, so kann ich in dieser Erscheinung nichts finden, was für das Vorhandensein oder die Abwesenheit einer membranösen Wan- dung des Behälters sprechen möchte ; wollte man dieselbe verwerthen, so dürfte am Ende diese Thatsache eher zu Gunsten einer Membran sprechen, worüber übrigens weiter unten noch specieller die Rede sein wird. ‚Wenn ich nun auch nicht umhin kann, die von Stein angeführten Beweise für die Deutung des Behälters als einer ein- fachen Aushöhlung im Parenchym des Körpers als unzureichend anzu- sehen, so muss ich doch andererseits auf seine Beobachtungen hinsicht- lich der Canäle ein desto grösseres Gewicht legen, weil sie für die Abwesenheit einer Membran an den Ganälen ebenso beweisend zu sein scheinen, wie die von Siebold am Behälter angestellten Beobach- tungen. Stein giebt an), dass bei Stylonychia mytilus im Vor- dertheile des Körpers sich Flüssigkeitstropfen ansammeln, die, indem sie sich vereinigen, zur Entstehung grösserer Tropfen Anlass geben. Diese Tropfen werden durch den Zufluss von Flüssigkeit aus vorderen Körpertheilen immer grösser, um endlich als langgezogene canal- artige Flüssigkeitsströme in den Behälter überzugehen, ohne dabei immer eine und: dieselbe Bahn einzuschlagen. Da, wie ich mich l) Stein. Ibid. 8. 89. Taf. VIII. Fig. 1, 5. Taf. VII. Fig. 4. 235 A. Wrzesniowski: überzeugt habe, die Sache sich wirklich so verhält, so ist es nicht wohl möglich zu behaupten, dass die Canäle bei Stylonychia mytilus von membranösen Wandungen umgeben sind, man muss sie vielmehr, wie ich glaube, mit Stein als unmittelbar vom Parenchym umgrenzte Aushöhlung ansehen. In neuester Zeit hat auch Schwalbe!) versucht, den Behälter als eine wandungslose Aushöhlung im Körperparenchym nachzu- weisen, wobei er sich auf Beobachtungen an Stentor polymorphus, Spirostomum und Trachelius ovum stützt. Ueber das letztgenannte - Infusorium meldet er nämlich, dass seine zahlreichen Behälter mit der Körpersubstanz in langsamer Strömung streckenweise fortgeführt werden. Diese höchst interessante Beobachtung scheint mir jedoch die Abwesenheit einer Membran kaum zu beweisen, wie überhaupt eine Dislocation des Behälters in dieser Hinsicht als nichts beweisend anzusehen ist. Bei Stentor und Spirostomum, besonders deutlich bei ersterem, soll beim Eintritt der Diastole die im Gefässe enthal- tene Flüssigkeit sich langsam in das Parenchym hineinarbeiten und dasselbe auseinanderdrängen. Anfangs sendet das Parenchym (bei Stentor) noch zahlreiche Zacken und Spitzen in das Lumen hinein, welche jedoch bald theils durch selbständige Gontraetion sich zurück- ziehen, theils durch das nachdringende Wasser zurückgetrieben wer- den. In Bezug auf diese Beobachtungen, die man unstreitig als zu Gunsten der von Schwalbe vertheidigten Ansicht sprechend anzu- sehen hat, vermochte ich mir nicht durch eigene Beobachtungen eine eigene Ansicht zu verschaffen. Ich will hier aber noch einer Beobachtung Schwalbe’s Erwähnung thun. Derselbe giebt nämlich an, dass, bei Chilodon cucullus, der in einem Tropfen unter dem Deckglase längere Zeit hindurch aufbewahrt wird, die pathologische Erscheinung einer Vermehrung der contractilen Behälter auftritt, so dass Autor in einem Falle bis gegen acht Behälter gesehen hat. Ge- stützt auf eigene Beobachtung zahlreicher und ganz frisch einge- fangener Infusorien dieser Species, die ganz munter umherschwammen und begierig die vorhandenen Diatomeen verschluckten, kann ich indessen entschieden behaupten, dass contractile Behälter bei dieser Art im normalen Zustande viel zahlreicher vorkommen, als es Schwalbe glaubt, und dabei um so zahlreicher, je grösser das 1) Schwalbe. Ueber den contractilen Behälter der Infusorien. Schultze’s Archiv für mikr. Anat. Bd. II, 1866, S. 35l u. f. Me Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 29 Thier ist, dem sie angehören. So hahe ich nur fünf Behälter ge- funden bei einem kleinen 0,090 Mm. langen Exemplare, bei grossen 0,140-—-0,22 Mm. langen 'Thhieren habe ich bis 21 Behälter gesehen (Fig. 17, 18); bei ganz kleinen Formen, die dem Chilodon uneinatus Olap. Lachm. entsprechen und 0,045—0,048 Mm. lang waren, ver- mochte ich nur zwei oder drei Behälter aufzufinden. Die Beweise für die Existenz einer gesonderten contractilen Wandung am Behälter beschränken sich auf zwei Beobachtungen von Lachmann und Olaparöde. Lachmann giebt an, dass, wenn bei Spirostomum ambiguum Kügelehen von Exerementen sich durch die den contractilen Behälter umgebende dünne Schicht von Paren- chym hindurchschieben, die Wandungen des letzteren nach Innen zu hervorgedrängt werden, wobei indessen die Kügelchen niemals ın den Behälter selbst hnmeinfallen, was nach Lachmann’s Ansicht beweisen solle, dass der Behälter von einer sogar ziemlich festen Membran eingeschlossen sei !). Diese Ansicht wird noch bestärkt durch Beobachtungen, welche in dem gemeinsam von Lachmann und Claparöde herausgegebenen Werke niedergelegt sind. Diese beiden als sorgfältige Beobachter anerkannten Forscher geben an, dass an dem am hinteren Rande (des Körpers gelegenen contractilen Behälter von der unter dem Namen Enchelyodon farctus von ihnen beschriebenen Art folgende Erscheinungen wahrzunehmen sind: Sobald der Behälter sich zu contrahiren beginnt, treten auf seiner ganzen äusseren Oberfläche Tropfen einer klaren Flüssigkeit heraus, mit Ausnahme der Stelle, wo der Behälter mit der Cutieula des Körpers verwachsen ist. Die auf diese Weise von Aussen und Innen von einer durchsichtigen Flüssigkeit eingeschlossene Membran des Behälters werde deutlich sichtbar, zeige doppelte Gontouren und man werde sogar in Stand gesetzt, ihre Dicke zu messen; dieselbe beträgt ihrer Angabe nach 0,0013 Mm. Die Contraction des Behälters er- folgt nach ihrer Beschreibung nur sehr langsam und allmählig, in dem Maasse, wie dieselbe fortschreitet, wird der von den erwähnten Tropfen klarer Flüssigkeit eingeschlossene und von einer deutlichen Membran begrenzte Behälter immer kleiner ; schliesslich nachdem die Zusammenziehung des letzteren vollständig geworden ist, bleibt 1) Lachmann. Ueber die Organisation ete. Müller’s Archiv 1856, S. 343 u. fg. — Man vergleiche auch Clapar&de et Lachmann. Eitudes etc. Vol. I. p. 55, Anmkg., Taf. XI, Fig. 1. g- 30 A. Wrzesniowski: nur eine unregelmässig begrenzte mit aus dem Behälter ausgetre- tener Flüssigkeit erfüllte Vacuole übrig, während an der Stelle, wo der Behälter mit der Körperwandung verwachsen ist, ein kleines Knöpfchen zurückbleibt, bestehend aus der vollständig contrahirten Membran des Behälters. Nach einiger Zeit beginnt der Behälter, den Angaben von Claparede und Lachmann nach, sich wieder auszudehnen; an jener Stelle, wo das Knöpfchen lag, erscheint ein kleines Bläschen (une petite gonfle), ähnlich einem das Oberhäutchen berührenden Ringe. Dieser Ring nimmt allmählig an Umfang zu, bis er zuletzt den gewöhnlichen Durchmesser des Behälters erreicht, womit dann die Ausdehnung desselben vollendet ist !). Diese mit aller Bestimmtheit in einem in jeder Beziehung sehr schätzbaren Werke hingestellte Beobachtung, sowie die erwähnte Be- obachtung von Lachmann, betreffend die Festigkeit der Wandung des Behälters bei Spirostomum ambiguum, verdienen in jeder Hin- sicht volle Berücksichtigung und sind geeignet, die Ueberzeugung von der Existenz einer contractilen Membran am Behälter zu befe- stigen. Ich betrachtete dies letztere beim Beginn meiner Unter- suchungen über die Anatomie der Infusorien, zumal die Beobachtun- senSiebolds mir noch fremd waren, als eine erwiesene Thatsache, besonders nachdem ich mich mit eigenen Augen überzeugt hatte, ddass der Behälter in der That die von Lachmann beobachtete Widerstandsfähigkeit gegen den Druck der Kothballen zeige. Diese Ueberzeugung befestigte sich bei mir noch mehr, als ich bei Trache- lophyllum apiculatum Olap.-Lachm. bemerkte, dass die zwischen der Leibeswand und dem Behälter sich durchdrängenden Ballen nicht nur die Umgrenzung des letzteren nach Innen vorwölbten, sondern sogar den letzteren aus seiner gewöhnlichen Lage herausdrängten, ohne dabei indessen in das Innere des Behälters einzudringen, dass derselbe sich mithin wie eine hohle elastische Kugel verhält (Fig. 1—3). Im der Ueberzeugung, dass diese Thatsache beitragen könne zur Aufklärung der Anschauungen über den wahren Bau des Behäl- hälters, habe ich dieselben vor mehreren Jahren der Oeffentlichkeit übergeben 2). Um mich nun noch ganz bestimmt und unzweifelhaft 1) Clapar&de et Lachmann. Etudes sur les Infusoires et les Rhizo- podes. I. Vol. 8. 53, 317. 2) Wrzesniowski. Observations sur quelques Infusoires. Annales des sciences naturelles. Zoologie. 4. Serie. Tom. 16, 1862. pg. 335; tab. 9, fig. 10—12. Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 31 von der Existenz einer Membran am Behälter zu überzeugen, be- schloss ich noch das Verhalten desselben an der von Glaparede und Lachmann als das günstigste Untersuchungsobjeet angeführten Art zu untersuchen. Wenn Enchelyodon farctus in Warschaus Um- gegend auch ziemlich selten ist, so findet man dasselbe doch in aus- reichender Menge vor, um die Beobachtungen jener Forscher an einer bedeutenden Anzahl von Exemplaren zu prüfen !). Meine Beob- achtungen an diesem Infusorium haben mir nun ganz andere Resultate geliefert, als den Herren Claparede und Lachmann. Da ich die Fertigkeit der letzteren in mikroskopischen Forschungen sehr wohl zu würdigen verstehe, so habe ich nichts unterlassen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht etwa einen Fehler mir habe zu Schulden kommen lassen. Die Untersuchungen wurden an hellen Tagen im Monat Juli angestellt; das Gesichtsfeld beleuchtete ich unmittelbar mit durch transparentes mattes Papier durchtretenden Sonnenstrahlen. Ich benutzte ein Hartnacksches Mikroskop mit Immersionssystem No. 9, welches ich mit Ocularen verschiedener Stärke combinirte, um mich zu überzeugen, wie die beobachteten Phänomene bei ver- schiedener Vergrösserung (300-900) sich darstellen. Die auf diese 1) Die von Clapar&de und Lachmann (Etudes ete. Vol. I, pe. 317, tab. 17, fie. 3) gegebene Beschreibung dieser Art erlaube ich mir in folgender Weise zu vervollständigen: Enchelyodon farctus hat eine gelbliche Färbung, einen stark abgeflachten Körper, ähnlich wie Prorodon teres Ehr. Stein., und eine mit länglichen Erhabenheiten verzierte Oberfläche. Die Speiseröhre ohne harte Stäbchen, aber während der Ruhe der Länge nach gefaltet, was ich daraus erschliesse, dass die an der Speiseröhre sichtbaren Streifen vielfältig unterbrochen sind und wellig verlaufen Fig. 9, 10, und insbesondere dass diese Streifen in dem Augenblicke verschwinden, wo die Speiseröhre zur Aufnahme der Beute sich erweitert. Diese Erscheinung könnte nicht statt haben, wenn Stäbchen vorhanden wären. — Die ziemlich dicke, 0,0016 Mm. messende Ober- haut hebt sich bei Zusatz von 1 procentiger Essigsäure von dem sich stark contrahirenden Körperparenchyme ab, mit Ausnahme der Mundgegend, und bildet einen weiten, vielfach gefalteten Sack; bei Zusatz von concentrirter Säure treten in der Haut zahlreiche dunkle und feine Körnchen auf. Bei An- wendung des letzteren (concentrirten) Reagenz bleibt der contractile Behälter häufig an seiner Stelle zurück und zwar im ausgedehnten Zustande; trotzdem sieht man dabei nichts von einer denselben etwa einschliessenden Membran Fig. 16. Die Länge der bei Warschau vorkommenden Exemplare beträgt un- gefähr 0,18 Mm. 32 A. Wrzesniowski: am contractilen Behälter von Enchelyodon faretus gewonnenen Re- sultate lassen sich in Folgendem zusammenstellen. Der contractile Behälter liegt unmittelbar am hinteren Körper- rande, dicht überm After, welcher sich durch eine Einbuchtung des Körperrandes markirt (Fig. 9, 10). Der Behälter ist im ausgedehn- ten Zustande vollkommen rund und von verhältnissmässig grosser Ausdehnung. Sobald er sich zu contrahiren beginnt, erscheinen an seiner äussern Oberfläche wie feine Perlen zahlreiche Tröpfchen einer klaren Flüssigkeit (Fig. 12). Diese Tröpfchen wachsen in eben demselben Maasse, wie der Behälter sich contrahirt. Gleichzeitig reissen die dünnen aus Körperparenchym bestehenden Scheidewände, welche die Tropfen von einander absondern, an verschiedenen Stellen entzwei, in Folge dessen bei fortschreitender CGontraction des Behäl- ters immer mehr Tropfen zu gemeiusamen Vacuolen zusammenfliessen und ihre Anzahl immer mehr verringert wird (Fig. 13). Die Con- traction erfolgt anfangs sehr langsam; wenn aber der Umfang des Behälters sich etwa bis zur Hälfte vermindert hat, vollendet.sich die weitere Zusammenziehung ganz plötzlich, und an der Stelle des Be- hälters verbleiben mehrere (gewöhnlich nur zwei) längliche Tropfen oder sogenannte Vacuolen (Fig. 14). Während dieses Vorganges behält der Behälter, so lange er sichtbar ist, seinen kreisförmigen von den umgebenden Vacuolen scharf abgegrenzten Contour; trotz- dem vermochte ich selbst bei 950 facher Vergrösserung keinen dop- pelten die Existenz einer gesonderten Membran anzeigenden Contour wahrzunehmen. Diese negative Beobachtung kann indessen noch nicht als Beweis gelten gegen die Existenz einer solchen Membran. Einen entscheidenden Beweis liefert dagegen, meiner Ansicht nach, die Art und Weise der nachfolgenden Dilatation, die in folgender Weise sich vollzieht: Der in Folge der CGontraction geschwundene Behälter dehnt sich selbst nicht wieder aus, wie dies von Ulapa- r&de und Lachmann angegeben wird; man sieht hier kein Bläs- chen, welches allmählig an Umfang zunehinen soll, bis es die nor- male Grösse des Behälters erreicht; sondern der runde Behälter, welchen wir nach einiger Zeit an derselben Stelle wahrnehmen, die von seinem Vorgänger eingenommen war, kommt auf eine ganz andere Weise zu Stande. Die nach Verschwinden des früheren Be- hälters übriegebliebenen Tropfen oder Vacuolen nehmen sichtlich an Umfang zu. Die dünne Schicht von Sarcode, welche sie noch von einander scheidet, bekommt hinten an jener Stelle, wo die Vacuolen Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 33 am meisten einander genähert sind, einen Einriss, so dass beide Räume zu einem einzigen zusammenfliessen, welcher anfangs noch dnrch einen Vorsprung in zwei ungleiche Theile geschieden ist (Fig. 15). Allmählig aber zieht sich dieser Vorsprung, wie sich deutlich beobachten lässt, immer mehr zurück und schwindet in dem Körper- parenchym, während die auf diese Weise gebildete grosse Vacuole keine Spur mehr ihrer Entstehungsweise erkennen lässt, sich immer mehr abrundet und somit schliesslich wieder einen neuen Behälter darstellt, der dieselbe Stelle einnimmt, wie der frühere Behälter. Der neu gebildete Behälter beginnt nach längerer Zeit d. h. nach einigen Minuten in der vorher beschriebenen Weise sich zu contra- hiren, um nach vollendeter Contraction nicht wieder sich zu dilatiren; vielmehr entsteht ein neuer mit Flüssigkeit erfüllter Hohlraum aus den nach letzterem zurückgebliebenen Tropfen, sowie aus Flüssigkeit, welche aus dem Körperparenchym zu denselben übersickert, u. s. w. Man kann an einem und demselben Exemplare die mehrfache Wie- derholung des eben beschriebenen Vorganges beobachten. Ein ganz ähnliches Verhalten des Behälters, wie bei Enchelyo- don, beobachtete ich auch bei anderen Arten. So wurde durch Herrn stud. Leon Nowakowski meine Aufmerksamkeit auf den Behälter von Trachelophyllum apiculatum und Loxophyllum fasciola Clap. Lachm. gelenkt, welche letztere Art ich ihres cilienfreien Rückens wegen zu der von mir unterschiedenen neuen und mit dem Namen Leionata bezeichneten Gattung zähle. Indem ich aber die nähere Beschreibung dieser Gattung und ihrer Arten mir für eine andere Gelegenheit erspare, will ich hier nur dem Verhalten des Behälters bei beiden erwähnten Infusorien eine nähere Berücksichtigung ange- deihen lassen. Bei Trachelophyllum apiculatum liegt der Behälter in ähnlicher Weise wie bei Enchelyodon am hinteren Körperrande und oberhalb der Afteröffnung. Vom Behälter zieht sich bis zum Körperrande ein zwar schmaler aber deutlicher Canal (Fig 4), durch welchen Excremente nach Aussen treten; auch ergiesst sich während der Contraction des Behälters der Inhalt des letzteren durch jenen Canal nach Aussen. Man kann sich leicht davon überzeugen, indem bei jeder Contraetion des Behälters der Canal sich bedeutend erweitert und demnächst wieder verengt!). Beim Beginn der Contraction 1) Einen ähnlichen Canal fand ich bei Climacostomum virens; derselbe M. Schultze, Archiv f. mikrosk, Anatomie. Bd. 5. 3 34 A. Wrzesniowski: . kommen rings um den Behälter zahlreiche perlartige Tröpfchen zum Vorschein, die bein Fortschreiten der Contraction allmählig sich ver- grössern und mehr oder weniger mit einander zusammenfliessen (Fig. 4); bei vollendeter Contraction bleiben in Folge dessen nur noch zwei, drei (Fig. 5), zuweilen noch mehr solcher Tröpfchen übrig (Fig. 8). Nach einiger Zeit beginnen die sarkodeartigen Scheidewände zwischen den letzteren auseinander zu weichen, die Tropfen fliessen einer nach dem anderen mit einander zusammen, und bilden schliess- lich eine einzige grosse Vacuole mit unregelmässiger und veränder- licher Begrenzung, entsprechend der Anzahl von Tropfen, welche zu ihrer Bildung beigetragen haben (Fig. 6, 7, 8). Sobald die auf eine solche Weise entstandene Vacuole sich abgerundet hat, so ist damit auch der erweiterte Behälter wieder hergestellt oder »die Diastole« ist beendigt. Trotz des geringen Durchmessers des Behälters, seiner schnellen Contractionen und der ziemlich schnellen und unausgesetz- ten Bewegungen des Thieres sind die angeführten Beobachtungen dennoch leicht anzustellen; auch bedarf es dazu keiner bedeutenden Vergrösserungen !). Bei Leionata fasciola (wahrscheinlich Trachelius lamella von Siebold) bleibt nach erfolgter Contraction des Behälters nichts zu- rück; man nimmt eine Zeit lang keine Tropfen wahr. Nach Ver- fluss einiger Minuten treten indessen an Stelle des verschwundenen Behälters mehrere wasserklare Tröpfcheu auf, die mit einander zu- sammenfliessen und auf diese Weise einen neuen Behälter herstellen. Ein ähnliches Verhalten des contractilen Behälters fand ich auch bei Blepharisma lateritium Stein; ferner auch bei einer Art aus der Gattung Prorodon, die in mit faulendem Wasser erfüllten ist hier aber sehr kurz und eng. Es scheint, als ob auch bei Enchelyodon ein solcher Canal existire; wenigstens sieht man hier in der Mitte des Behäl- ters einen hellen Fleck, welcher in seinem Centrum einen dunkleren Punkt umschliesst. 1) Trachelophyllum apieulatum ist bei Warschau ziemlich häufig und findet sich in faulendem stark nach Schwefelwasserstoff riechenden Wasser. Bei einigen Exemplaren fand ich an der Körperoberfläche eine dünne körnige Schicht (Fig. 4); es war dies wahrscheinlich jene von Stein erwähnte gallert- artige Umhüllung. Die Länge der bei Warschau vorkommenden Exemplare beträgt 0,15—0,20Mm. Der Körper dieses Thieres ist ungemein contractil, so dass man dasselbe zu Steins »schnellenden Infusorien« zählen könnte (vergl. Fig. 3, 4, 5, 8). Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 35 Teichen bei Warschau ziemlich häufig ist und der Art Prorodon edentatus Olap. Lachm. zu entsprechen scheint !); und endlich bei einer grossen Nassula, die vermöge der mir zu Gebote stehenden Literatur nicht näher hat bestimmt werden können. Fügen wir zu den erwähnten Arten noch diejenigen, bei denen Siebold und Stein einen ganz ähnlichen Vorgang beobachtet haben, so werden wir die Ueberzeugung gewinnen, dass derselbe nicht als besondere Aus- nahme vereinzelt dasteht. Ich zweifle auch nicht, dass die Anzahl analoger Beobachtungen noch bedeutend grösser werden wird, so- bald man nur das Verhalten des Behälters während der Dilatation und Contraction genauer untersuchen wird. Bei einigen Infusorien findet zwar ein anderer Modus der Con- traction statt, als bei den eben erwähnten; indessen beweisen die betreffenden Erscheinungen auch hier, wenn auch weniger schlagend, dass eine contractile Membran am Behälter nicht existiren könne. Die sogenannten Ganäle schwinden nämlich bei der Diastole von ihrem Ende aus bis zu einem gewissen Punkte, an welchem sie sich in demselben Maasse erweitern; an diesem Punkte liegt der Behäl- ter, welcher vor Vollendung seiner Dilatation unregelmässige Con- touren annimmt, bis er schliesslich sich abrundet und damit seine Ausdehnung beendet. Eine derartige Entstehungsweise ist von Lie- berkühn bei Bursaria vorticella beschrieben; ich selbst beobachtete sie bei Climacostomum virens ?). — Auch Uroleptus piseis, welcher l) Die von mir beobachtete Form unterscheidet sich von Prorodon eden- tatus Clap. Lachm. (Etudes etc. Vol. I, pg. 321, tab. 18, fig. 4) durch die ver- längerte Gestalt des Kernes und den Mangel eines Bündels langer Cilien am hinteren Körperende; dieses letztere Unterscheidungsmerkmal dürfte wohl seine Bedeutung haben, während das erstere mir nicht entscheidend zu sein scheint, da die Gestalt des Kernes bei derselben Art vielfachen Modificationen unter- worfen ist; ausserdem ist bei Clapar&de und Lachmann die Darstellung des Kernes häufig fehlerhaft. 2) Wrzesniowski: Observations ete. Ann. des Sc. nat. 4 Serie, Vol. 14, pg. 329, tab. 8, fig. 1—4 bis. — In dieser Arbeit habe ich irriger Weise diese Art als neu beschrieben und Leucophrys Claparedii benannt, und ausser- dem habe ich die adoralen Wimpern bei demselben auch entlang dem rechten Rande des Peristoms gezeichnet, obschon an dieser Stelle keine anderen Cilien vorkommen, als wie die kurzen Cilien, welche auch die übrige Körperfläche bedecken. Merkwürdiger Weise haben Claparede und Lachmann den- selben Fehler begangen, welche diese Art unter dem Namen Leucophrys pa- tula beschrieben haben (Etudes etc. Vol. I, pg. 229, Taf. 12 Fig. 2). Dieser 36 A. Wrzesniowski: bisher als der Kanäle entbehrend angesehen wurde, verhält sich wäh- rend der Contraction und Dilatation des Behälters in ganz gleicher Weise, nur mit dem Unterschiede, dass der Behälter am linken Körperrande in der Nähe der Mundöffnung gelegen ist, während der erst nach Verfluss einiger Zeit nach dem Schwinden des Behälters auftretende Kanal am linken Körperrande in bedeutender Ausdeh- nung sich hinzieht. Indem dieser Kanal von beiden Enden aus nach der Stelle hin sich contrahirt, an welcher der Behälter gelegen war, und gleichzeitig an jener Stelle sich erweitert, bildet derselbe einen neuen Behälter in ganz gleicher Weise wie bei Climacostomum vi- rens (Fig. 23—27), und zwar bildet sich zunächst eine mehr oder weniger dreieckige Vacuole, die sich abrundet und dadurch zum Be- hälter wird. Die Bedeutung dieser Thatsachen für die Aufklärung der wah- ren Beschaffenheit des contractilen Behälters ist meiner Ansicht nach eine augenscheinliche. Denn wenn der bei jeder Dilatation auftre- tende contractile Behälter ein ganz neues Gebilde darstellt, das kei- neswegs identisch ist mit dem Behälter, welcher vorher sich contra- hirt hatte, so lässt sich nicht wohl annehmen, dass derselbe mit einer eigenen membranösen und contractilen Wandung versehen sei; denn man müsste alsdann gleichzeitig die ziemlich precäre Vermu- thung aufstellen, dass bei jeder Gontraction jene Wandung des frü- heren Behälters schwinde und an dem sich dilatirenden neuen Be- hälter eine solche eigene Membran sich neu bilde. Auf diese Weise finden also die von den Forschern unbeachtet gebliebenen Beobach- tungen Siebold’s am Behälter von Bursaria (Plagiotoma) cordifor- mis, Trachelius (Loxophyllum Clap. Lachm.) lamellae und Phialina vermieularis eine Bestätigung durch analoge Beobachtungen an eini- gen anderen Arten; und somit können wir auch die Schlüsse, welche Siebold aus seinen Beobachtungen gezogen hat, als vollkommen berechtigt anerkennen. Name ist unrichtig gewählt, wie dies Stein nachgewiesen hat (Sitzungs- berichte der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1860, Fe- bruar, pg. 44 u. folg.). Denselben Fehler in Betreff der Mundcilien hat auch Eberhard begangen (s. Stein, ebendaselbst, 1862, April, pg. 54). Zur Be- richtigung des von mir begangenen Fehlers füge ich hier die berichtigte Zeichnung dieser Art bei (Fig. 21). sowie auch die Zeichnung des mit 1pro- centiger Essigsäure behandelten Kernes (Fig. 22). Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 37 Enchelyodon faretus hat uns also einerseits den Beweis geliefert, dass der Behälter einer gesonderten contractilen membranösen Hülle entbehrt, und andererseits hat es uns gezeigt, dass der Behälter trotzdem eine verhältnissmässig nicht unbedeutende Festigkeit besitzt, so dass es dem Drucke der Kothballen ausgesetzt nicht nur seine Gestalt, sondern auch seine Lage in Folge dessen zu verändern im Stande ist. Bei Enchelyodon faretus ballt der Koth sich häufig zu- sammen, obschon das Thier niemals Speiseballen in seiner Speise- röhre bildet, vielmehr verschlingt es wie andere Arten, welche der Cilien an der Innenfläche ihrer Speiseröhre entbehren, nur grössere Körper, in diesem Falle lebende Infusorien. Ich habe bis jetzt noch nicht zu ermitteln vermocht, wie es geschieht, dass bei einer solchen Ernährungsweise die zur Entleerung nach Aussen bestimmten Theile sich in ähnlicher Weise zu rundlichen Massen zusammenballen, wie die in der Speiseröhre sich bildenden Speiseballen bei Infusorien, bei denen die Speiseröhre mit Cilien versehen ist; nur so viel habe ich wahrgenommen, dass dieser Vorgang sich häufig bei Infusorien wie- derholt, welche ähnliche Gewohnheiten zeigten wie Enchelyodon. So sammeln sich z. B. bei Amphileptus gigas Clap. Lachm., Gastrotricha folium mihi und selbst bei Chilodon cucullus die unverdauten Theile in Vacuolen der Sarcode und in diesem Zustande werden sie nach Aussen entleert. Bei der letzteren Art sammeln sich die kleineren Bacillarien in grösserer Menge in einem Hohlraume dicht über dem After an, während jede grössere Bacillarie ihren eigenen Hohlraum ausfüllt (Fig. 17). Derartige Vacuolen bilden keineswegs beständige Reservoire für den Koth; dies geht daraus hervor, dass sie bei der Entleerung desselben sichtlich kleiner werden und schliesslich selbst nach Aussen treten (Fig. 18), während dafür in dem Maasse, als es die Nothwendigkeit erfordert, neue an anderen Stellen gelegene Va- euolen sich bilden. Bei Enchelyodon faretus sammelt sich der Koth immer dicht über dem contractilen Behälter an, welcher ihn vom After scheidet (Fig. 9); indem nun der Koth zu dieser Oeffnung sich hinabbegiebt, findet er für seinen Durchtritt zwischen dem Be- hälter und der Körperwandung nicht ausreichenden Raum; in Folge dessen übt er auf den Behälter einen Druck aus, biegt dessen Wan- dung nach Innen vor (Fig. 10) und verschiebt sogar seitlich den ganzen Behälter aus seiner gewöhnlichen Lage in der Nähe des Afters. Trotzdem gelangt in den Behälter auch nicht das geringste Theilchen vom Kothe, welcher angelangt an der Afteröffnung all- 38 A. Wrzesniowski: mählig durch dieselbe hinaustritt (Fig. 11). Der Behälter verhält sich hier ganz ebenso, wie bei Trachelophyllum apieulatum, und da- neben treten bei diesen beiden Infusorien auch noch andere Erschei- nungen auf, die gegen die Annahme einer membranösen Wandung am contractilen Behälter sprechen. Wir müssen in Folge dessen zugestehen, dass wenn der Behälter auch keine eigene Membran . besitzt, so ist doch die seine Begrenzung bildende Wandschicht so widerstandsfähig, dass sie das Eindringen des stark andrängenden Kothballens verhindert; - diese Widerstandsfähigkeit kann indessen nicht als ein Beweis gelten für die Existenz einer besonderen von der umgebenden Sarcode unterschiedenen Membran. Sind wir nun aber einerseits zu derartigen Schlüssen gelangt, so gerathen wir doch andererseits in Verlegenheit, wenn wir versuchen, den Grund dieser Widerstandsfähigkeit zu erklären, zumal dieselbe an den schwinden- den und sich wieder neu bildenden Behältern gleichfalls stets ver- gehen und wieder neu entstehen muss. Fasst man den Behälter als einfache Aushöhlung inmitten der Sarcode auf, so wird man sich folgerichtig nachstehende Fragen zur Beantwortung vorlegen müssen: 1. Wodurch erhält die diesen Hohlraum begrenzende Wandung eine solche Festigkeit, dass sie dem Drucke von Aussen andrängender Körper widerstehen und deren Uebertritt m das Innere des Hohl- raumes verhindern kann? 2. Wie hat man sich den Mechanismus der Entleerung und Wiederanfüllung dieses Raumes vorzustellen ? 3. Weshalb bildet sich der Behälter immer an derselben Stelle? Ohne den Versuch zu wagen zur Beantwortung der letzteren Frage, deren Lösung ich vorläufig noch für unausführbar halte, glaube ich doch, dass die beiden ersteren Fragen etwa in folgender Weise zu beantworten sein dürften : Die Festigkeit der den Behälter begrenzenden Wand, welcher wir die charakteristischen Eigenschaften einer Membran nicht zu- zuerkennen vermögen, lässt sich nach dem Vorgange von Hoffmei- ster mit Rücksicht auf die Behälter oder die von ihm sogenannten Vacuolen der Zoosporen durch den höchst merkwürdigen Umstand erklären, dass die oberflächliche Schicht einer Flüssigkeit eine grössere Dichtigkeit zeigt, als wie die von ihr eingeschlossenen Theile. Wie weit dieser Unterschied der Dichtigkeit in verschiedenen Schichten von Flüssigkeit reichen kann, welche in Form von Tropfen in einer anderen Flüssigkeit suspendirt ist, mit welcher sie sich nicht mischt, das zeigen sehr schlagend die von Max Schultze und Küh- Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 39 ne ')gemachten Beobachtungen, welche angestellt waren an auf Wasser schwimmenden Oeltropfen und an in concentrirter Kochsalzlösung suspendirten und mit Jod gefärbten Tropfen von Schwefelkohlenstoff. Besondere Beachtung verdienen aber für unseren Zweck die Unter- suchungen von Kühne über das Verhalten von Eiweisstropfen in destillirtem Wasser. Derselbe Vorgang, welchen man beobachtet an einem mit Wasser in Berührung tretenden Eiweisstropfen oder an der Oberfläche einer Amoebe, welche Kühne ganz treffend mit einem solchen Tropfen vergleicht, erfolgt auch an der Peripherie des con- tractilen Behälters im Körper der Infusorien. Die mit der im Be- hälter enthaltenen Flüssigkeit in Berührung tretende Wandschicht des Behälters verdichtet sich nämlich dadurch so weit, dass sie den Eintritt des Kothballens in das Innere des letzteren zu verhindern im Stande ist; ja man könnte sogar zugeben, dass an der Oberfläche des Behälters durch eine Art von Gerinnung in ähnlicher Weise eine doppelt contourirte Membran gebildet werde, wie an der Kühne- schen Meerwasser-Amoebe ?), welche während einiger Augenblicke in süsses Wasser gesetzt war; diese Membran bildet indessen kein selb- ständiges Gebilde und schwindet leicht wieder, sobald die ihre Ent- stehung bedingende Ursache aufhört zu wirken. Diese Ursache wird auch am Behälter beseitigt, sobald derselbe sich entleert hat und seine Wandungen somit nur noch mit dem Körperparenchym in Be- rührung bleiben. In ähnlicher Weise erfolgt eine Schmelzung der Wandsehicht an der gemeinschaftlichen Berührungsstelle zweier be- nachbarter Fiweisstropfen oder auch an einem und demselben Tropfen, wenn derselbe zusammengedrückt wird und zwei Punkte der Ober- fläche sich gegenseitig berühren®). Die Bildung einer dichteren Schicht, als wie das umgebende Körperparenchym, findet auch statt an der Oberfläche von Kothballen. So nimmt bei Chilodon cucullus die den Koth enthaltende Vacuole an Umfang ab in dem Maasse, wie derselbe nach Aussen entleert wird, bis sie endlich selbst durch die weite am Rücken und am hinteren Rande des Körpers und rechts von der Körperaxe befindliche Afteröffnung hinaustritt und 1) Max Schultze: Das Protoplasma der Rhizopoden und Pflanzenzel- len. Leipzig 1863, Seite 59 u.fole.. — W Kühne: Untersuchungen über das Protoplasma und die Contractilität. Leipzig 1864. Seite 36 u. folg. 2) Kühne.a. a. O. Seite 41, Anmkg. 3) Ebendaselbst, Seite 38. 40 A. Wrzesniowski: noch längere Zeit hindurch an demselben in Form eines durchsich- tigen Bläschens hängen bleibt (Fig. 18). Wir ersehen also hieraus, dass diese Vacuole sich so darstellt, als ob sie von einer besonderen contractilen Membran eingeschlossen wäre, und doch kann ihr eine solche nicht zuerkannt werden, wenn man die Art und Weise ihrer Entstehung in Betracht zieht. Wenn wir nun also auch im Stande wären, einen doppelten Contour am Behälter nachzuweisen, so würde es doch noch zweifelhaft bleiben, ob derselbe in der That von der Anwesenheit einer besonderen Membran herrührt, welche in morpho- logischer Beziehung sich wesentlich unterscheidet von der Körper- sarcode, wie dies J. Müller, Lieberkühn, Lachmann, Clapa- rede u. A. behaupten, und zwar würde man so lange daran zwei- feln dürfen, bis es nachgewiesen würde, dass die betreffende Mem- bran eine eigene, selbständige, von der Contractilität der übrigen Sarcode unabhängige Contractilität besitzt. Wenn man nun also dem Behälter eine besondere Membran abspricht, welche die Fähigkeit besitzt, sich zu contrahiren und zu dilatiren, und somit den von ihr eingeschlossenen Behälter zu ver- engern oder zu erweitern, so muss man annehmen, dass die Systole und Diastole des letzteren bewirkt wird durch die Ausdehnung und Contraction der die umgebende Körpersubstanz bildenden Sarcode. Indem nämlich letztere sich immer mehr ausdehnt, muss sie auch den als Behälter sich darstellenden Raum schliesslich ausfüllen und somit dessen scheinbar active Contraction bewirken ; umgekehrt wird bei der Gontraction der Sarcode leicht ein Hohlraum sich bilden können, welcher mit aus der Sarcode tretender Flüssigkeit sich an- füllt. Ich bin mithin überzeugt, dass die Systole und Diastole des Behälters nur vermöge der Hoffmeister’schen auf die Imbibi- tionsfähigkeit der Sarcode bezüglichen Theorie sich erklären lässt, und zwar wird man, wenn man letztere auf den Behälter der Infu- sorien anzuwenden versucht, die ganze Erscheinung auf folgende Weise sich erklären müssen : Sobald die Sarcode eine bedeutende Menge von Wasser in sich aufgenommen und die Fähigkeit zu weiterer Wasseraufnahme be- reits eingebüsst hat, so wird ein Theil dieser Flüssigkeit, welche auch noch gewisse Stoffe gelöst enthält, in Form von Tropfen ausgeschie- den und fliesst zu dem sogenannten Behälter zusammen. Die den Behälter unmittelbar umgebende Sarcodeschicht condensirt sich und wird nach einiger Zeit für Flüssigkeit schwer durchgängig. Denm- Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 41 nächst beginnt die Imbibitionsfähigkeit der übrigen Sarcode wieder zuzunehmen. Letztere nimmt daher immer mehr Wasser auf, wel- ches mit der Nahrung von Aussen in den Körper eindringt, während die Flüssigkeit im Behälter durch die verdichtete Hülle nicht wieder so leicht in das Körperparenchym zurückdiffundiren kann. Indem nun die Sarcode in Folge der Wasseraufnahme immer mehr sich ausdehnt (aufquillt), übt sie einen immer stärker werdenden Druck auf den Behälter"aus und presst schliesslich aus letzterem die Flüs- sigkeit heraus, welche entweder durch eine besondere Oeffnung an der Körperoberfläche nach Aussen sich entleert oder auch, wie dies Stein bei einigen Infusorien annimmt, durch eine verdünnte Stelle in der Körperwand. Eine solche Entleerung nach Aussen kann, wie ich überzeugt bin, nach den Beobachtungen von Stein!) und Lach- mann ?) nicht mehr zweifelhaft sein. Auch mir ist es, wie oben bereits erwähnt, gelungen zu beobachten, dass bei Trachelophyllum apiculatum während einer jeden sogenannten Contraction des Behäl- ters eine Erweiterung des Canales statt hat, welcher vom Behälter zum After führt. — Mit der eben angeführten Theorie lässt sich, so viel ich weiss, bis jetzt nur eine Thatsache nicht in Einklang bringen: Bei Spirostomum wird nämlich während der Systole der vom Behälter vorher eingenommene Raum nicht von Sarcode aus- gefüllt, sondern die Wandungen des Behälters legen sich aneinander, gewissermassen wie die Wandungen eines schnell entleerten Darmes, wie dies auch von Stein in seinen Zeichnungen sehr getreu wieder- gegeben ist3). Sollten weitere Forschungen den Nachweis liefern, dass eine derartige Systole, welche mittelst der Hoffmeister’schen Theorie vorläufig nicht zu erklären ist, überhaupt mit der oben aufgestellten Hypothese nicht in Uebereinstimmung zu bringen sei, so müsste man die letztere allerdings vollständig fallen lassen und eine andere entsprechendere Erklärung zu geben versuchen. 2. Veber Tricehocysten. Mit Uebergehung einer specielleren Auseinandersetzung der Ansichten früherer Autoren über die Natur und den Bau der Tri- 1) Stein: Organismus etc. 1. Abtheilung. S. 87. 90. 2) Leuckart: Bericht über die Leistungen in der Naturgeschichte der niederen Thiere während des Jahres 1859. Archiv für Naturgeschichte. 1861. Bd. 2. S. 247. 3) Stein: Organismus etc. 2. Abtheilung. Taf. II. Fig. 8. 42 A. Wrzesniowski: chocysten will ich hier nur erwähnen, dass Stein das Heraustre- ten der Fäden dadurch zu erklären versucht, dass er annimmt, es werde durch die Contraetionen des Körpers die dieselben bildende weiche Masse durch in der Cuticula existirende Poren hindurch- gepresst !). Obschon ich mir nieht schmeichele, die Schwierigkeiten und Zweifel in Betreff der wahren Constitution der Trichocysten durch meine Beobachtungen endgültig beseitigen zu können, so theile ich sie doch mit, weil ich glaube, dass dieselben von geschickteren Händen wiederholt zu vielleicht noch günstigeren Resultaten zu führen geeignet sind. Was die Erklärung der im Folgenden näher zu er- wähnenden Thatsachen anbetrifft, so will ich das nur hervorheben, dass sie meinem eigenen Erachten nach für die Ansicht derer zu sprechen scheinen, weiche nach Allmans Vorgange sie für Nessel- organe anzusehen geneigt sind. Der Austritt der Fäden wurde bei meinen Versuchen stets be- wirkt durch die auf irgend eine Weise bewerkstelligte Reizung des Thieres oder durch mechanischen Druck, welcher mittelst des Deck- gläschens auf das Infusorium ausgeübt wird. Ein solcher Druck findet namentlich statt, wenn das Wasser unter dem Gläschen all- mählig verdunstet und das letztere vermöge der eigenen Schwere einen allmählig stärker werdenden Druck auf das Thier auszuüben beginnt; in solchen Fällen erfolgt bei einer gewissen Grösse des Druckes ein sehr reichlicher Austritt von Fäden aus den Tricho- cysten. Ich beobachtete dies hauptsächlich bei Paramecium aurelia, Parameeium bursaria und Ophryoglena spec. indef. Bei der Anwen- dung eines solchen Verfahrens fand ich oft Paramecium aurelia und bursaria mit völlig unversehrten Cilien und daneben den ganzen Körper mit langen, sehr dünnen, geraden und unbeweglichen Borsten wie übersäet. In anderen Fällen stiess das gequetschte und an mehreren Stellen geborstene Thier Massen von Fäden aus, die sich in seiner Umgebung anhäuften, ohne dass es trotzdem aufgehört hätte, seine kurzen Cilien zu bewegen; bei Zusatz einer ausreichen- den Wassermenge gewann das Thier die normalen Lebensbedingun- gen wieder, schwamm davon, ohne dass in der Anordnung der Cilien irgend eine Störung wahrzunehmen gewesen wäre, und liess die ausgestossenen Fäden zurück. Der Vorzug dieser Procedur, vermöge deren das Infusorium gezwungen wird, seine Trichocysten zu ent- 1) Stein: Ebendas. S. 10. Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 43 leeren, besteht hauptsächlich darin, dass die Gilien dabei keine Ver- änderungen erleiden, an ihrer Stelle verbleiben und ihre Bewegung nicht einstellen; dieselbe liefert mithin den Beweis, dass die Gilien sich nicht zu scheinbaren Trichoeystenfäden verlängern und erstere mit letzteren nicht wohl verwechselt werden können. Diese Methode hat andererseits aber wieder den Nachtheil, dass ihre Anwendung mit gewissen Schwierigkeiten verknüpft ist. Es finden sich nämlich in dem das Infusorium beherbergenden Wassertropfen stets verschie- dene Körper, wie Conferven, Bacillarien, Kleine Stücke von Wasser- pflanzen, feine Sandkörner u. dgl., welche häufig vermöge ihrer ver- hältnissmässig beträchtlichen Stärke das Deckgläschen stützen und dadurch dasselbe verhindern, bei Verdunstung des Wassers auf die der Untersuchung unterworfenen Infusorien einen Druck auszuüben. Ausserdem hängt das Gelingen des Experimentes auch noch von der grösseren oder geringeren Schnelligkeit ab, mit der das Wasser ver- dunstet, indem der Versuch misslingt, je nachdem das Thier zu schnell oder zu langsam zusammengedrückt worden ist. Einige chemische Reagentien üben auf die mit Trichocysten versehenen Infusorien einen ähnlichen Einfluss aus, wie der Druck, d.h. sie zwingen dasselbe, die Trichocystenfäden zu entleeren, sei es dass die Fäden dabei gänzlich heraustreten, sei es dass sie mit einem Ende noch in der Oberhaut stecken bleiben. Die Reagentien haben vor der vorerwähnten Methode den Vorzug, dass ihre Wirkung alsbald zur Geltung kommt und dass dieselbe weniger abhängig ist von besonderen schwer zu vermeidenden Nebenumständen ; anderer- seits haben sie aber den Nachtheil, dass sie die Cilien angreifen, wodurch Anlass zu Zweifeln und Irrthümern gegeben wird, und dass es sehr mühsam ist, eine Lösung von entsprechender Concentration durch Probiren ausfindig zu machen. Dieselbe Wirkung kann übri- gens vermittelst verschiedener Reagentien erreicht werden. So gelang es mir, die Infusorien dadurch zur Entleerung der Trichocysten zu nöthigen, dass ich zu dem dasselbe beherbergenden Wassertropfen etwas von lprocentiger Essigsäure oder sehr verdünnter Chromsäure hinzufügte. Kölliker wandte mit demselben Erfolge bei Parame- cium bursaria mässig verdünnte Chromsäure an !) und Essigsäure von 1 bis selbst 5 Procent; lprocentige Schwefelsäure dagegen und 1 bis !/sprocentige Lösung von Sublimat bei Paramecium aurelia. 1) Kölliker: Icones histiologicae. Pg. 12, Taf. I, Fig. 9, 10. 44 A. Wrzesniowskiı: Du Plessis endlich führt in seiner interessanten Abhandlung ver- schiedene in gleicher Weise wirkende Substanzen an, wie z. B. Schwe- felsäure, Citronsäure, Sublimat, Gerbsäure, Gallussäure, doppelt- kohlensaure und zweifach weinsaure Alkalien und alkalische Erden !). Die Uebelstände der beiden vorerwähnten Methoden werden vollständig vermieden bei der Anwendung von inducirten elektrischen Strömen, die ausserdem auch noch den Vortheil haben, dass sie den ganzen Vorgang der Entleerung der Trichocysten vollständig zu be- herrschen gestatten. Bei meinen damit angestellten Versuchen be- diente ich mich eines Du Bois-Reymond’schen Schlittenapparates und als Elektroden dienten mir zwei auf einer ebenen Glastafel auf- geklebte Plättehen von Blattgold in der von Kühne angegebenen Form, nur war ein wenig mehr Raum zwischen denselben gelassen, um ein grösseres Beobachtungsfeld zu gewinnen. Bisher musste ich meine damit angestellten Beobachtungen auf eine einzige Art be- schränken, nämlich auf Paramecium aurelia, welches den Inductions- strömen ausgesetzt sich folgendermassen verhielt: Wenn ich bei einem Abstande der sekundären Rolle von der primären von 4 bis 5 Centimetern den eben geschlossenen Strom sofort wieder unterbrach, so contrahirte sich das Thier mit einem Male sehr stark, obschon es aus eigenem Antriebe sich niemals so zusammenzieht, und entleerte aus allen Trichocysten sehr lange Fä- den, die in verschiedener Richtung durch einander geschoben um das Infusorium herum eine filzartige Kapsel bildeten, ähnlich wie das die Larve umgebende Gespinnst einer Seidenraupe. Nach der Unter- brechung des Stromes blieb das Thier noch eine Zeit lang unbeweg- lich liegen, bald nahm es jedoch seine natürliche Gestalt wieder an und schwamm allmählig aus dem es umgebenden Gespinnste heraus. In dem Baue des Thieres erfolgte dabei keine Störung, die unver- änderten Cilien behielten ihre Stellung, nur die Trichocysten waren spurlos verschwunden; das Paramecium war also zu einem wehrlosen Individuum geworden, wie man sie zuweilen auch natürlich vorkom- mend vorfindet 2). 1) Du Plessis: De Vaction des substances medicamenteuses sur les In- fusoires. Lausanne 1863. Pg. 12, 15, 30; Fig. 1. 2, Ausser bei Paramecium aurelia habe ich einen solchen Mangel von Trichoeysten auch bei Loxophyllum meleagris Dujardin beobachtet. Alle aus der Gegend von Warschau stammenden Exemplare der Art, die ich zu unter- Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. 45 Schwächere Ströme zeigten übrigens eine andere Wirkung. Wenn ich nämlich die secundäre Spirale bis auf 7 Gentimeter Ab- stand entfernte und den eingeleiteten Strom möglichst schnell wieder unterbrach, so entleerte sich blos ein Theil der Trichocysten, wäh- rend die übrigen unverändert blieben; wurde alsdann der Strom abermals durchgeleitet, sei es in derselben Intensität, aber während eines ein wenig längeren Zeitintervalles, oder gleichfalls nur momen- tan, aber in diesem Falle mit etwas vermehrter Intensität, so wur- den die Thiere, welche vordem sich vollkommen wieder erholt hatten, dadurch genöthigt, auch noch die ihnen verbliebenen vollen Tricho- cysten zu entleeren. Zuweilen gelang es, den Vorgang so zu regeln, dass bei der zweiten Reizung die Infusorien noch einen kleinen Rest von Trichocysten übrig behielten, welche erst bei der dritten Reizung sämmtlich ihren Inhalt entleerten. Bei denjenigen Thieren, welche nur ganz kurze Zeit hindurch sehr schwachen Strömen ausgesetzt waren, die eine Entleerung der Trichocysten zu bewirken nicht aus- reichten , erfolgte dieselbe verhältnissmässig nur langsam, so z. B. bei Paramecium aurelia bei einer gegenseitigen Entfernung beider Spiralen von 8 Centimeter, wenn der Strom nur für einen Moment geschlossen wurde. Wenn ein auf diese Weise gereiztes Thier aus- geruht hatte, d.h. wenn es zu seinen natürlichen Gewohnheiten zu- rückgekehrt war und nun ein etwas stärkerer Strom durchgeleitet wurde, d.h. bei etwa 7 Centimeter Rollenabstand, so wurde nur eine geringe Anzahl von Trichoeystenfäden ausgestossen; ausserdem blieb eine bedeutende Anzahl derselben in der Haut stecken, in Folge dessen das Thier wie mit steifen Borsten besetzt erschien, welche über die ganz unveränderten Cilien weit hervorragten. Fixirte man in derartigen Fällen aufmerksam einzelne Trichocysten, so bemerkte man zuweilen, wie aus einer oder der anderen ein Faden wie eine suchen die Gelegenheit hatte, entbehrten der Trichoeysten in den Ausbuch- tungen des Rückens (Fig. 28), während die bei dem Städtchen Gröjee vor- kommenden und im Uebrigen durch Nichts von den Warschauern unterschie- denen in jeder Ausbuchtung mehrere zu Bündeln vereinigte Trichocysten enthielten (Fig. 29). Der mögliche und natürlich vorkommende Mangel von Trichocysten, und dazu noch bei allen Exemplaren aus einer bestimmten Ge- gend, lehrt augenscheinlich, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn man dieselben als Unterscheidungsmerkmal von verschiedenen Gattungen benutzen will, wie dies z. B. von Stein geschehen ist, der übrigens die Gefahr ken- nend die möglicher Weise daraus resultirenden Fehler vermieden hat. 46 f xx > B h A. Wrzesniowski: Rakete hervorschoss, so dass mithin auch nicht der geringste Zwei- fel mehr übrig blieb in Hinsicht auf den Entstehungsort jener Fäden, sowohl derer, die wie Borsten in der Haut stecken bleiben, als auch der völlig ausgestossenen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel II und IV. Bei allen Figuren sind die analogen Theile immer mit den gleichen Buchstaben versehen worden; es bezeichnet somit Fig. Fig. o den Mund, s die Flüssigkeitstropfen, aus denen der oe den Schlund, Behälter sich bildet, a den After, n den Nucleus, v den contractilen Behälter, n‘ den Nucleolus, v’ den sich bildenden Behälter, ex den Koth. vs die Canäle, Fig. 1—8. Trachelophyllum apiculatum, Claparede - Lach- mann. 480 mal vergr. Ein im ausgestreckten Zustande dargestelltes Thier. Oberhalb des Behälters ein Kothballen (ex). Der Hinterkörper desselben Thieres; der sich herabschiebende Koth- ballen bewirkt eine Einwärtsbiegung der Wand des Behälters, wel- cher ausserdem noch aus seiner normalen Lage herausgerückt ist. Dasselbe; der Koth ist bis zum After gelangt, durch welchen er nach Aussen tritt; der wieder rund gewordene Behälter ist bedeutend nach aufwärts verschoben. Der Behälter v eines anderen Exemplares, dargestellt im Beginn der Contraction. Derselbe ist an seiner Peripherie von kleinen Tröpf- chen umgeben. Ein anderes Thier, dessen Behälter verschwunden ist; an seiner Stelle sind drei grössere Flüssigkeitstropfen (s) zurückgeblieben. Der Hinterkörper desselben Thieres; von den drei übrig gebliebenen Tropfen haben sich zwei zu einem grösseren länglichen Tropfen ver- einigt, so dass mithin nur zwei Tropfen zurückbleiben. Dasselbe; die beiden letzteren Tropfen haben sich zu einer einzigen unregelmässig ausgebuchteten Vacuole vereinigt, welche demnächst sich abrundet und somit einen neuen Behälter darstellt. Ein stark contrahirtes Thier, bei welchem nach vollendeter Zusam- menziehung des Behälters 5 Tropfen übrig geblieben sind. ig. 10. ig. 8°. Yale 16. 17. ln: ir. 19. 20. . 22. Erklärung der Abbildungen. 47 Der Hinterkörper desselben; die 5 Tropfen haben sich zu einer un- regelmässig gestalteten Vacuole vereinigt, welche darauf eine abge- rundete Form annimmt und alsdann einen neuen Behälter reprä- sentirt. Fig. 9-16. Enchelyodon farctus, Claparede-Lachmann. Ein Thier in nüchternem Zustande; der Behälter dilatirt und in normaler Lage. Vergr. 320. Ein mit Nahrungstheilen erfülltes Thier; der Behälter wird durch einen Kothballen von Oben her eingebogen. Vergr. 320, Der Hinterkörper desselben Thieres. Der bis zum After herabge- schobene Kothballen hat den zusammengedrückten Behälter seitwärts aus seiner normalen Lage verschoben. Vergr. 320. Der Hinterkörper eines anderen Thieres; der Behälter hat eben be- gonnen, sich zu contrahiren und ist von Flüssigkeitstropfen umge- ben. Vergr. 600. Dasselbe; der Behälter in einem weiteren Stadium seiner Contraction. Dasselbe; der Behälter ist verschwunden und an seiner Stelle sind zwei Vacuolen übrig geblieben. . Dasselbe; die beiden Vacuolen haben sich vereinigt und einen neuen Behälter gebildet, welcher anfangs noch unregelmässige Begrenzung zeigt. Ein mit Essigsäure behandeltes Thier; die Cuticula bildet um das- selbe eine sackartige Umhüllung. Vergr. 600. Fig. 17—20. Chilodon eucullulus, Ehr., Stein, Claparede- Lachmann. Ein von der Rückenfläche aus dargestelltes Thier; an der After- öffnung am hinteren Körperrande eine mit leeren Bacillarienpanzern erfüllte Vacuole. Vergr. 480. Dasselbe; der After weit geöffnet; daneben eine leere Vacuole, welche nach Entleerung des Kothes mit nach Aussen getreten ist. Vergr. 480. Ein Kern mit dem äusseren, aber ohne den inneren Kernkörper. Vergr. 600. Ein mit dem äusseren und inneren Kernkörper versehener Kern. Vergr. 600. Fig. 21. Climacostomum virens, Stein. Vergr. 320. Ein mit lIprocentiger Essigsäure behandelter Kern des letzteren. Vergr. 600. Fig. 23—27. Uroleptus piscis, Ehr., Stein. Vergr. 320. Ein Thier mit dilatirtem Behälter. Ein Thier mit langem schmalem Canal, der zurückgeblieben ist nach der Contraction des Behälters. . Ein Thier, dessen Canal sich bedeutend verkürzt und verbreitert hat. . Ein Thier mit noch mehr verkürztem Canal; der letztere zeigt an der Stelle, wo der Behälter liegt, eine Erweiterung. 48 Fig. . 28. 29: . 30. A. Wrzesniowski: Erklärung der Abbildungen. Ein mit lprocentigar Essigsäure behandelter Kern. Vergr. 600. Fig. 23—30. Loxophyllum meleagris, Dujardin, Stein, Clapa- rede - Lachmann. Ein in Warschau gefundenes Thier ohne Trichocysten in den Aus- buchtungen des Rückens. Vergr. 320. Ein in Grojec gefundenes Exemplar; jede Ausbuchtung am Rücken ist mit einem Bündel Trichocysten versehen. Die Seitentheile des Körpers mit fadenförmigen Trichoeysten. Vergr. 320. Der mit lprocentiger Essigsäure, mit Jodtinetur und mit Karmin- lösung behandelte Kern des letzteren Thieres. Vergr. 600. Beiträge zur Kenntniss des Baues und der Entwick- lungsgeschichte der Capillargefässe des Frosches. Von Alexander Golubew aus St. Petersburg. Hierzu Tafel V. Ich wollte die Wirkung von Inductionsschlägen auf das noch im Inneren der Capillargefässe befindliche Froschblut untersuchen. Dabei erhielt ich, was die Veränderung der Blutkörperchen betrifft, Resultate, welche von denen, die man erhält (Wiener Sitzgs.-Berichte Bd. 57, Aprilheft 1868), wenn man aus den Gefässen abgelassenes und defibrinirtes Blut untersucht, nicht in besonderer Weise ab- weichen. Bekanntlich rufen aber elektrische Schläge auch in den Wan- dungen der Capillargefässe selbst sehr merkwürdige Veränderungen hervor !). — Die letzteren fesselten bald meine ganze Aufmerksam- keit ausschliesslich und ich sah mich in Folge meiner Beobachtun- gen auch sehr bald auf ein genaueres Studium der möglichst fri- schen Capillarwand angewiesen. Da ich dabei einige bis jetzt noch nicht zureichend erörterte kigenthümlichkeiten des Baues der Capillargefässe bemerkt habe, will ich sowohl diese, als auch die Resultate der elektrischen Reizung in der vorliegenden Abhandlung auseinander setzen. Die meisten meiner Beobachtungen und Versuche wurden an der Nickhaut des Frosches angestellt. — Vergleichungsweise wurden aber auch die Mundschleimhaut, die Schwimmhaut, einige dünne l) Stricker, Sitzgs -Berichte der Wiener Akademie B. 52, p. 380—381. M. Schultze, Archiv f, mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 4 50 Alexander Golubew: Muskeln (z. B. Brustmuskeln) und solche Parthien der Haut, wo dieselbe ziemlich durchsichtig ist, wie z. B. an der inneren Seite des Kniegelenkes, besonders bei jüngeren Fröschen, als Untersuchungs- objecte benutzt und die Ueberzeugung gewonnen, dass die Capillar- gefässe an den angeführten Orten in ihrem -Bau und in ihrem Ver- halten gegen äussere Einwirkungen keinen wesentlichen Unterschied zeigen. I. Aussehen der frischen Oapillarwand. Beobachtet man unter dem Mikroskop ein Capillargefäss der Nickhaut im ganz frischen Zustande, so bemerkt man zunächst nichts Anderes, als dass das Lumen im optischen Längsschnitte beiderseits durch je einen ziemlich stark glänzenden, sehr scharf hervortreten- den Saum begrenzt ist (Fig. 1A). Diese Säume sind aber nicht über- all gleich dick, sondern zeigen ziemlich regelmässig auf einander folgende Verdickungen (Fig. 1Ad u.d’, welche allmählig und un- merklich in die dünnen Stellen der Säume (Fig. 1Ae) übergehen. Darnach kann man sich jeden solchen Saum als eine Reihe in die Länge gezogener spindelförmiger Bäuche vorstellen, die mittelst ihrer sehr verdünnten Enden mit einander verbunden sind, ohne dass man aber zwischen je zwej aufeinander folgenden in Wirklichkeit irgend eine Trennungslinie wahrnehmen könnte. Die bauchigen Verdickungen unterscheiden sich von den zwi- schen ihnen liegenden dünneren Stellen, was die optischen Eigenschaf- ten der Substanz des Saumes an jenen Stellen anbetrifft, durchaus nicht. — Der ganze Saum ist, wie gesagt, gleichmässig stark licht- brechend und glänzend. — Die Zahl jener Verdickungen ist in dem Wandsaume verschiedener Capillargefässe verschieden ; in der Regel ist in Gefässen von geringerem Durchmesser die Zahl der Verdickun- gen eine geringere. Die Mitte eines solchen Bauches finde ich 0,003 bis 0,0045 Mm. dick. | Das eben beschriebene Bild des optischen Längsschnittes kommt bei den meisten kleineren Capillaren vor. An diese schliessen sich aber grössere Capillargefässe an, welche stellenweise neben dem eigentlichen Wandsaume noch andere Gebilde von spindelförmiger Gestalt wahrnehmen lassen (Fig. 2b, Fig. 1e). Die Letzteren erscheinen den Bäuchen des Wandsaumes sehr ähnlich, sie schliessen sich aber den Zwischenräumen zwischen den spindelförmigen Verdickungen des Wandsaumes an und liegen nicht Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 51 in derselben Ebene, denn man sieht bei bestimmter Einstellung des Mikroskopes, wenn gerade der Wandsaum sehr scharf hervortritt, jene Spindelformen weniger scharf begrenzt. Durch die eben angeführten Bilder wurde ich veranlasst, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass man in jenen Bäuchen und Spindeln, die ich nunmehr unter die gemeinsame Bezeichnung der Spindelelemente zusammenfassen will, etwa diejenigen Gebilde im frischen Zustande angedeutet vor sich habe, welche nach eingrei- fenderen Methoden z. B. durch Injection von Silberlösung dargestellt, als die Zusammensetzungsstücke der Capillar-Gefässwand beschrieben wurden. Für diesen Bau der Gefässwand erlaube ich mir vorläufig zur Erläuterung der später vorzubringenden Thatsachen an das einfache Schema Fig. S zu erinnern. Stellt man sich die Gefässwand einmal nach jenem Schema zusammengesetzt vor, d.h. aus Spindel- zellen, welche abgeplattet sind und eine verlängert rautenförmige Gestalt besitzen, die ferner in der Mitte am dicksten sein mögen und gegen den Rand hin sich allmählig verdünnen sollen, so muss man in der That einen optischen Längsschnitt der Gefässe (z.B. in der Richtung g—g Fig. 8) erwarten, wie wir ihn früher beobachtet haben. Neben dem eigentlichen Wandsaume würden aber auch die verdickten centralen Theile der Elemente b’ stellenweise zur Beob- achtung kommen, jedoch mit weniger deutlichen Umrissen, da die- selben ja in einer anderen Ebene liegen müssten. Nachdem ich aber die früher angeführten Beobachtungen über den Wandsaum der Gefässe gemacht und mit dem eben be- rührten Schema verglichen hatte, lag nichts näher, als zu unter- suchen, ob man denn nicht auch an der Mantelfläche der Gefässe auch ohne Versilberung die Grenzen der supponirten Zusammen- setzungsstücke der Gefässwand so weit zur Anschauung bringen könne, um darauf eine bessere Kritik der merkwürdigen Resultate der Silberinjection selbst zu begründen. In der Bearbeitung dieser Aufgabe begriffen, sah ich mich erst bei der Untersuchung der Veränderungen, welche die Gefässwand beim längeren Liegen des Präparates unter dem Deckglase oder ‚nach der Behandlung mit elektrischen Schlägen erleidet, zu einigen wenngleich nur theilweise befriedigenden Resultaten geführt. Ich machte aber bei Gelegenheit dieser oft wiederholten Ver- suche auch noch weitere Beobachtungen über den Wandsaum der Capillarröhren selbst, so wie über Spindelelemente, welche der a) 59 Alexander Golubew: (Gefässwand von Aussen aufgelagert erscheinen und will, damit man von vornherein darauf Acht habe, diese Beobachtungen noch früher hier mittheilen. | Man findet nicht überall den Wandsaum der Capillargefässe einfach so, wie es oben beschrieben wurde. Man findet vielmehr in dem Wandsaume selbst Stellen (Fig. 1Ab), wo man einen der er- wähnten Bäuche wie durch eine Theilungslinie in zwei Hälften zer- lest sieht. In einem solchen Falle bemerkt man, dass beide Theil- stücke etwas kleiner sind, als die anderen in dem Wandsaume des- selben Gefässes befindlichen Verdickungen. Gewöhnlich liegt dabei ein äusseres Theilstück (b) mit seinem an der Theilungslinie befind- lichen Ende neben einem inneren (a) und erscheint dann an jener Stelle, wo die Theilstücke über einander greifen, der Wandsaum des Capillargefässes wie verdoppelt, während die entgegengesetzten Enden der Theilstücke für sich einen Theil des einfachen Wandsaumes aus- machen. An solchen Stellen des Wandsaumes sind also zwei Theil- stücke einer Verdickung dachziegelartig über einander geschoben. Man findet ferner auch solche Stellen an den Capillargefässen, wo zwei Spindeln, ihrer ganzen Länge nach neben einander liegend, bei der Einstellung auf den Wandsaum zum Unterschiede von dem früher angeführten Bild, wo man in verschiedenen Ebenen liegende Spindeln neben einander sah, gleich deutlich und scharf begrenzt erscheinen (Fig. 9a b), gleichsam als weiteres Entwicklungsstadium eines der früher angeführten getheilten Bäuche des Wandsaumes. Endlich findet man auch solche Gefässe, wo die äusseren Spindeln entweder schräg, oder quer gegen die der Längenaxe des Gefässes folgenden spindelförmigen Verdickungen des Wandsaumes gelagert sind, so dass bei einer bestimmten Einstellung des Mikroskopes nur (uerschnitte oder Schrägschnitte derselben gleichzeitig mit dem Wandsaume deutlich gesehen werden (Fig. 10b). Diese letzteren Ge- fässe bilden den Uebergang zu grösseren Gefässen. Betrachtet man ein solches Gefäss seiner ganzen Länge nach, so bemerkt man, dass in dem näher zu den einfachen Capillarröhren liegenden Theile des Uebergangsgefässes die querliegenden Spindeln noch selten und zerstreut sind, während in dem gegen die grösseren Gefässe hin ge-. richteten Theile diese Elemente zahlreicher werden und näher neben einander liegen. Dass stellenweise solche schief oder quer gelagerte Spindeln bis weit an die Capillaren herabreichen, glaube ich als besonders Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 53 wichtig hervorheben zu müssen. Man hat besonders an den Thei- lungswinkeln der Capillaren oft Gelegenheit sich davon zu überzeugen. II. Veränderungen, welehe im Ansehen der Gefässwand beim längeren Liegen des Präparates unter dem Deckgläschen auftreten. In welchem Sinne uns diese Veränderungen zunächst besonders interessiren werden, habe ich schon früher angeführt. Im frischen Zustande können wir, wie gesagt, an den früher beschriebenen Bäuchen des Wandsaumes und auch an den äusseren Spindeln ein ziemlich gleichmässig lichtbrechendes und glänzendes Ansehen beobachten und von einem Kerne ist dann in ihnen keine Spur zu sehen. Ein solches Bild erleidet aber sehr regelmässig eine ganz bestimmte Veränderung, wenn das Präparat mit dem Deck- gläschen bedeckt längere Zeit sich selbst überlassen unter dem Mi- kroskope liegt. — Man sieht dann, dass die Substanz der Spindel- elemente ihr gleichmässiges Ansehen verliert. Sie wird feinkörnig, die auftretenden Körnchen erscheinen glänzend und durch blasse Zwischenräume von einander getrennt. Die blassen Zwischenräume erscheinen in dem mittleren breiten Theile jedes Spindelelementes be- sonders gross; dort erscheint der Dessin des Ganzen bald etwas an- ders als in der Umgebung und jetzt macht der centrale blassere Theil, welcher aber von den etwas dunkleren peripherischen Theilen durchaus nicht scharf abgegrenzt erscheint, den Eindruck eines kern- artigen Gebildes, e Fig. 2 u. 3. (a u. b in den Figuren deuten die Lage- rung der Elemente, wie sie durch dieselben Zeichen in Fig. 1 dar- gestellt ist, an.) Diese letztere Veränderung ist nun namentlich gut zu sehen, wenn man jetzt, statt auf den Wandsaum, auf die Mantelfläche des Gefässes einzustellen sucht. Wenn einmal die besprochenen Veränderungen in der Gefäss- wand eingetreten sind, lassen sich in der letzteren aber nur stellen- weise, besonders dort, wo das Gefäss keine Blutkörperchen, sondern nur Blutplasma enthält, auch wenn man im frischen Zustande da- selbst nichts dergleichen sah, vereinzelt neben einander liegende, ver- längert rautenförmige Elemente (Fig. 3c), erkennen, welche durch schmale Zwischenräume von einander getrennt sind. Solche Felder fand ich 0,02—0,0046 Mm. lang und 0,007—0,008 Mm. breit. Seit- lich erscheinen die Gefässe dagegen, wenn einmal die angeführten 54 Alexander Golubew: Veränderungen eingetrefen sind, etwas weniger deutlich begrenzt als früher. Betrachtet man die Spindelelemente im Wandsaume, so bemerkt man, dass sich dieselben etwas verdickten und das Lumen des Ge- fässes dadurch etwas verengert erscheint. Man wird sich von dem Auftreten dieser Veränderungen leicht überzeugen und sie verdienen, wie wir sehen werden, in Bezug auf den Bau der Capillarwand un- sere volle Beachtung. Fragt man sich nach den Gründen, welche den Eintritt der beschriebenen Veränderungen bedingen, so wäre erstens an das Aus- trocknen des Präparates zu denken. Giebt man zu dem letzteren Veranlassung, so vollziehen sich während desselben in der That alle beschriebenen Veränderungen; allein es ist das nur eine der Bedin- gungen, unter welchen man jene Veränderungen eben auch beob- achten kann. Sie treten aber ebenso an solchen Präparaten ein, welche mit Blutserum oder humor aqueus reichlich befeuchtet und in einer feuchten Kammer erhalten werden. Es muss also das Ein- sperren des Präparates zwischen Objeetträger und Deckgläschen selbst näher in Betracht gezogen werden. In Bezug darauf will ich vor Allem auf die Analogie hinweisen, welche in dieser Hinsicht zwischen den Spindelelementen der Capillargefässwand und den von v. Reck- linghausen zuerst beschriebenen Spindelzellen des Froschblutes existirt. Die letzteren werden, wie ich schon an einem anderen Orte angeführt habe, nachdem ein wohlbedecktes Blutpräparat einige Zeit (ungefähr 1 Stunde) unter dem Mikroskope gelegen hat, kürzer und dicker, bis sie sich zuletzt in Kugeln mit körnigem Ansehen ver- wandeln !). Im letzteren Falle ist der Zusammenhang zwischen dem Ein- treten der Veränderung und dem Absperren des Präparates zwischen Objectträger und Deckgläschen evident, weil die Spindelzellen in ab- gelassenem Blute, welches in dünner Schichte in einem Uhrschälchen aufbewahrt wird, tagelang ihre Form erhalten. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind nun die beobachteten Ver- änderungen sowohl an jenen Spindelzellen als auch an den erwähnten Elementen der Capillargefässwand durch den vom Deckgläschen be- 1) Wiener Sitzungsberichte 1. c. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 55 wirkten intensiveren Luftabschluss und dadurch gehinderten Aus- tausch der Gase (Anhäufung von COs) bedingt. Ich muss schliesslich noch bemerken, dass man manchmal auch schon unmittelbar nach der Anfertigung der Präparate Capillarge- fässe in denselben findet (mit den kleinsten Capillaren ist das nicht selten der Fall), deren Wand nicht mehr das wenn überhaupt, so immer nur an ganz frischen Präparaten zu beobachtende homogene Ansehen zeigt, sondern schon diejenigen Erscheinungen darbietet, welche wir in vielen anderen Fällen aus jenem anfänglich homogenen Zu- stande erst unter unseren Augen sich entwickeln sehen. — Vielleicht ist hierfür noch der mechanische Eingriff bei der Präparation in Betracht zu ziehen. II. Veränderungen, welchelnductionsschläge in der Capillarwand hervorrufen. Die bisher verzeichneten Thatsachen gewinnen noch mehr an Interesse, wenn wir nunmehr die Veränderungen damit zusammen- stellen, welche elektrische Schläge an den Capillaren hervorbringen. Es sei nur vorerst noch gestattet, einige Worte über die Unter- suchungsmethode vorzubringen. Erstens habe ich bei den meisten Reizversuchen nicht mit der Tauchlinse gearbeitet, sondern nur, wo es mir nothwendig schien, meine Beobachtungen im gegebenen Falle damit controlirt. Man braucht, um die Tauchlinse einzustellen und dann die zur Beobachtung geeignete Stelle des Präparates aufzu- suchen, caeteris paribus immer mehr Zeit, als wenn man mit einem gewöhnlichen Objectiv arbeitet. Für mich war es aber besonders wichtig, rasch zu operiren, weil ich es für die Versuche mit den In- duetionsschlägen nützlich fand, den Zusatz irgend welcher Flüssigkeit zum Zwecke der Befeuchtung des Präparates gänzlich zu vermeiden. Nur die obere, dem Deckgläschen zugewendete Fläche desselben konnte ich ohne Nachtheil spärlich mit Serum oder humor aqueus benetzen. Immer ist man genöthigt, möglichst rasch die Versuche auszuführen. Ich lege auf die Einhaltung der angegebenen Regeln einiges Gewicht deswegen, weil man sich bei Befolgung derselben am leich- testen die Ueberzeugung von der Richtigkeit der vorzubringenden Thatsachen verschaffen wird. Die Veränderung, welche Inductionsschläge in der Gefässwand hervorbringen, besteht, wie ich hier vorweg kurz anführen will, 56 Alexander Golubew: gleichsam in einer rasch eintretenden und viel auffallender ausge- prägten ähnlichen Veränderung der Spindelelemente, wie diejenige ist, welche wir beim längeren Liegen freiwillig sich ausbilden sahen. Sie hervorzurufen, ist schen eine Reihe von schwächeren Induc- tionsschlägen im Stande, ich ziehe aber vor, einzelne Inductions- schläge von mittlerer Stärke anzuwenden, weil man damit die Er- scheinungen viel leichter beherrschen und die Veränderung in den Gefässen durch die Reizung mit einem Male eintreten lassen kann. Vergleichende Prüfungen zeigten mir, dass Schläge, die vom N. ischiadieus des Frosches schon im Stande sind, Zuckungen der Muskel auszulösen, noch keine merkliche Veränderung m den Spin- delelementen der Gefässe verursachen. Geht man von hier aus durch Aufschieben der secundären Spirale zu grösseren Stromstärken über, so findet man bald solche, wo ein einziger Oefinungsschlag die Veränderungen hervorruft. Der angewendete Reizapparat war ein grösserer du Bois’scher Inductions-Apparat, primäre Spirale 160 W., secundäre Spirale 6245 W. mit einem Chromsäure-Kohle-Element als Elektromotor. In der primären Spirale befand sich der Eisenkern. War der Zwischenraum zwischen den Stanniol-Electroden des Objectträgers = 2 Mm., und über die Eleetroden das frisch ausgeschnittene Gewebe gebrückt, so erhielt ich dann in der Regel bei halb aufgeschobener secundärer Spirale die nothwendige Stärke des Reizes. Unmittelbar nach einem solchen Schlage sah ich dann die Spin- delelemente der Gapillarwand namentlich in ihrer Mitte rasch dicker werden. Dieses Dickerwerden ist die Ursache, dass sich das Lumen des Gefässes mehr oder minder bedeutend verengert. lu den klein- sten Capillaren kann die Verengerung bis zum gänzlichen Verschwin- den des Lumens führen. Vergleicht man den Zwischenraum zwischen den äusseren Contouren von zwei eimander gegenüberliegenden Spin- delelementen (Fig. 1Ad—d’) vor und nach der Reizung (Fig. 1Bd —d), so bemerkt man, dass dieser Zwischenraum (also der Durch- messer des Gefässes, die Dicke seiner Wandung zugerechnet) nur wenig verändert wird und überzeugt sich bald, dass die Verengerung des Gefässlumens wesentlich von der Verdickung der Spindelbäuche in der Richtung gegen die Gefässaxe abhängig ist. Je mehr solcher Elemente an einer Stelle des Gefässes angehäuft sind, desto stärker wird an dieser Stelle das Lumen des Gefässes nach der Reizung verengert. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 57 Es wird so begreiflich, dass die Theilungswinkel der Capillaren immer am stärksten verengert werden, da eben diese Stellen beson- ders reich an verschiedenartig gelagerten Spindelelementen sind. Nicht nur die Grenzen, auch das innere Aussehen der Spindel- elemente erleidet durch die Reizung Veränderungen. Ihre Substanz verliert das frühere gleichmässige Ansehen. Man unterscheidet jetzt deutlich zweierlei verschiedene Theile: einen blassen Fleck, der den grössten centralen Theil des Elementes ausmacht (Fig. 4a) und eine glänzende stark lichtbrechende Substanz, welche theilweise als eine mehr oder minder dicke Schicht den centralen blassen Fleck um- giebt, theilweise im Innern des Letzteren in Form von Körnchen von verschiedener Grösse zerstreut erscheint (Fig. 4b). Man be- kommt jetzt von dem centralen blassen Theil, welcher durch die er- wähnte Schicht der glänzenden Substanz von der hyalinen Umgebung des ganzen Gebildes (Fig. 4c) sehr scharf abgetrennt ist, den Ein- druck eines Kernes. Es sind jetzt eben in der gereizten Wand des Gefässes diese Kerne an ihren Grenzen zu erkennen. In den Zwischen- räumen der kernähnlichen Gebilde sieht man gewöhnlich keine an- deren Contouren, nur einmal gelang es an einem Präparate der Nickhaut nach dem Elektrisiren feine dunkle Linien (Fig. 5d) zu sehen, welche man für Grenzen nebeneinander liegender und jene Kerne enthaltender Zellen hätte nehmen können. Ich habe dieses Bild, wie ich es eben unter dem Mikroskope sah, in Fig. 5 gezeichnet. Während also beim Elektrisiren die Formveränderung der in der Gefässwand ohne deutlich sichtbaren Grenzeontour aneinander ‘stos- senden Spindelelemente auftritt, findet zugleich eine eigenthümliche Umlagerung der Substanz derselben statt, welche dazu führt, dass die beschriebenen deutlich begrenzten Kerne erscheinen, und der ganze Vorgang führt dem Anscheine nach gleichsam zu einer Sonde- rung zweier verschieden lichtbrechender Substanzen. Dass das Gebilde, welches in der gereizten Gefässwand als Kern erscheint, ein schon in der unveränderten Gefässwand vorhandenes und jetzt nur sichtbar gewordenes Gebilde sei, wird Niemand, wel- cher unsere Beschreibung gelesen und die Versuche selbst wieder- holt haben wird, behaupten. ‘Das Gebilde, welches wir erst nach der Reizung als Kern wahrnehmen, und welches durch die stark lichtbrechende Substanz, welche in demselben angesammelt ist, sich auszeichnet, ist ja von solchen Dimensionen, dass es schon darum in die noch unveränderte Gefässwand eingelagert gar nicht gedacht 58 Alexander Golubew: werden kann. Der dicke Wulst, welchen wir vom Kern gebildet sehen, ist erst durch die elektrische Reizung entstanden. Und es hängt damit die sehr auffallende, von Stricker zuerst beobachtete Erscheinung der Verengerung des Gefässlumens auf Inductionsschläge zusammen, die, wie schon früher gesagt, auf die sich entwickelnde Prominenz jener Gebilde zurückzuführen ist. Ich will nun noch Näheres über das Auftreten der eben an- geführten Veränderungen angeben, und zugleich untersuchen was geschieht, wenn man das durch einmalige Reizung veränderte Prä- parat wieder sich selbst überlässt, da, wie frühere Versuche gleich- falls lehrten, die verengten Gefässe sich wieder erweitern können. Der nach einer mittelstarken Reizung erscheinende Kern hat die Form eines verlängerten Ovales mit ein wenig zugespitzten En- den (Fig. 4). Zwischen den Kernen befinden sich blasse Zwischen- räume (Fig. 4e). Untersucht man eine Stelle des Gefässes, wo keine Blutkörper- chen vorhanden sind, so sieht man deutlich, dass die Aneinander- reihung der Kerne bei ihrem ersten Erscheinen einem Bilde ent- spricht, welches auf das in Fig. 8 abgebildete Schema ungezwungen zurückgeführt werden kann. Ueberlässt man das Präparat nach der Reizung ruhig sich selbst, so bemerkt man nach einiger Zeit die folgenden Veränderun- gen der Kerne; die glänzende Substanz, welche den Saum des Ker- nes ausmacht, fängt an, sich wiederum mit der blassen Substanz zu mischen. In Folge davon verlieren die Kerne ihren scharfen Con- tour, die blassen Zwischenräume zwischen den einzelnen Kernen wer- den allmählig wieder kleiner, und so die durch das Elektrisiren her- vorgerufenen Veränderungen allmählig wieder beinahe ausgeglichen. Die Gefässwand nimmt fast ihr früheres Ansehen wieder an, obwohl ihre Substanz die frühere Gleichmässigkeit nicht mehr bekommt. Gegen ihre Mitte bleiben die Verdickungen des Wandsaumes biasser und die dort übrigbleibenden Körnchen erinnern an den Kern. Wäh- rend dieser Erholung werden die durch die Reizung verdickten Bäu- che wiederum dünner, und in Folge ihrer Verdünnung wird das Lumen des Gefässes grösser, so dass früher eingeklemmte Blutkör- perchen jetzt wiederum gelegentlich verschoben werden. Dadurch, dass die Substanz der Bäuche wieder mehr oder minder gleichmässig glänzend wird, bekommt der Wandsaum des Gefässes, welcher gleich nach dem Elektrisiren bis auf die Kerne sehr undeutlich geworden Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 59 ist (welches Undeutlichwerden auch von Stricker hervorgehoben wurde), wiederum ein Ansehen, welches dem Wandsaume des frischen Gefässes um Vieles ähnlicher ist. KReizt man jetzt wiederum, so prägen sich in den Spindelelementen wieder die früheren Verände- rungen aus, wie sie nach der ersten Reizung auftraten. Nach einer stärkeren Reizung bei einer grösseren Anzahl von Schlägen oder bei weiter aufgeschobener Secundär - Spirale, werden die erscheinenden Kerne noch kürzer und dicker, so dass sie eine ovale Form mit abgerundeten Enden annehmen (Fig. 6a), und in diesem Zustande stimmen sie völlig mit den bekannten und gewöhn- lich so dargestellten Kernen der CGapillargefässe überein. Auch aus diesem Zustande kann eine Wiederherstellung sich vollziehen. Nach wiederholter starker Reizung werden die Kerne ganz kugelig, die blassen Zwischenräume zwischen den einzelnen Kernen werden da- durch noch grösser. — Jetzt erscheinen die Kerne in der Gefässwand als mehr oder minder regelmässig zerstreute blasse Kugeln, welche im Innern einige glänzende Körnchen von verschiedener Grösse ent- halten, und von welchen jede durch einen glänzenden Saum von der glashellen Substanz getrennt ist, die den übrigen Theil der Gefäss- wandung ausmacht. Nicht alle in der Wand des Gefässes befind- lichen Spindelelemente verändern sich gleichzeitig und gleichmässig; darum kann man nach einer starken Reizung an verschiedenen Spin- delelementen alle oben beschriebenen Stadien der Veränderung zu gleicher Zeit beobachten. Ich habe die beschriebenen Vorgänge in den Fig. 5, 6und 7 zu fixiren gesucht und verweise in Bezug darauf auf die Tafelerklärung. Während die erwähnten Veränderungen an den Spindelelemen- ten der Gefässwand eintreten, bleibt, was sehr bemerkenswerth ist die Länge des Gefässes selbst unverändert, wie sich ergiebt, wenn man eine zwischen zwei Theilungswinkeln befindliche Strecke vor und nach dem Elektrisiren abmisst. — Während also nach dem Elektrisiren der Kernwulst sich allmählig ausbildet, werden die an- fänglich nur schmalen, blass und homogen aussehenden Zwischen- räume zwischen den sichtbar werdenden Kernen immer breiter und der ganze Vorgang macht den Eindruck, als ob die Substanz der sichtbar werdenden Kerne in den einzelnen spindelförmigen Territo- rien sich anfangs bis an die Grenzen der letzteren selbst ausbreiten würde. Dann aber zieht sie sich immer mehr unter gleichzeitiger Zunahme des Dickendurchmessers des Wulstes aus den peripheri- 60 Alexander Golubew: schen Theilen gegen das Centrum des Kernes hin zusammen, während eben in demselben Masse die Breite der zwischen den sich bildenden Kernwülsten übrig bleibenden blassen und glatt aussehenden Substanz wächst. Vergleiche die Tafelerklärung zur schematischen Fig. 8. An den Spindelelementen der kleinsten Capillargefässe kann man alle eben beschriebenen Erscheinungen am besten beobachten ; werden die Gefässe grösser und sind sie überdies stark mit Blutkör- perchen angefüllt, so sind die Veränderungen weniger deutlich. Die schief und quer liegenden äusseren Spindelelemente der Uebergangsgefässe (Fig. 10), auf welche früher aufmerksam gemacht wurde, zeigen nach dem Elektrisiren Veränderungen, die den eben beschriebenen ganz ähnlich sind. Der optische Querschnitt des quer liegenden Spindelelementes, welcher im frischen Zustande ein stark abgeplattetes, gleichmässig glänzendes Oval (Fig. 10b) darstellt, wird nach dem Flektrisiren rund und vergrössert sich. Der mittlere Theil des Kreises erscheint blass, enthält im Centrum einen mehr oder minder grossen glänzenden Fleck (Fig. 11a) und ist durch einen glänzenden Saum (Fig. 11b) von der peripherischen glashellen Sub- stanz abgegrenzt. Ich muss schliesslich hier erwähnen, dass auch eine Reihe von Zusatzflüssiekeiten, und zwar Müller’sche Flüssigkeit, Wasser und verdünnte Essigsäure, die Spindelelemente in der Weise verändern, dass dieselben jene innere Umlagerung ihrer Substanz erleiden, welche zur Erscheinung der später sichtbaren Kerne führt; nur sind die Veränderungen, welche solche Zusatztlüssigkeiten hervorrufen, — bleibende und in den Einzelnheiten ihres Entstehens nicht so gut zu verfolgen. | Nach den angeführten Beobachtungen und Versuchen kann Folgendes mit Sicherheit festgestellt werden : 1. In der Wand der Capillargefässe lassen sich eigenthüm- liche Spindelelemente nachweisen. 2. Diese Elemente werden durch verschiedene äussere Ein- wirkungen, elektrische, chemische, vielleicht auch mechanische, zu Formveränderungen veranlasst, in deren Folge sie dicker werden; dabei wird das Lumen des Gefässes mehr oder minder verengert in den kleinsten Gapillaren oft bis zum gänzlichen Verschwinden. Diese Formveränderung geht aber mit einer eigenthümlichen Trennung Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwiceklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 61 und örtlichen Ansammlung nur eines bestimmten Theiles der Sub- stanz der Spindelelemente einher. 3. Nach der elektrischen Reizung können diese Veränderun- gen, wenn sie eine gewisse Grenze nicht überschritten haben, nach einiger Zeit Ruhe, wiederum einigermassen ausgeglichen werden, so dass man die Veränderungen an demselben Elemente einige Male nach einander beobachten kann. Ich will jetzt die Frage erörtern, ob wir Gründe haben, an- zunehmen, dass die nach der Silberinjeetion auftretenden bekannten Linien die sichtbar gewordenen Grenzen zwischen jenen Spindelele- menten sind, welche wir, soweit es unsere Hülfsmittel eben gestat- teten, früher an der frischen Gefässwand zu verfolgen trachteten. In dieser Beziehung möchte ich zuerst erwähnen, dass nach innen von dem Wandsaum des Gefässes, in welchem wir die früher beschriebenen Vorgänge beobachten konnten, eine weitere Schicht der Capillarwand sich nicht nachweisen lässt. Man sieht das am Besten, wenn man eine Stelle beobachtet, wo in einem engeren Ge- fässe neben einer Spindel ein rothes Blutkörperchen liegt. In dem Falle sieht man entweder zwischen beiden einen schmalen blassen Zwischenraum, welcher einer dünnen Schicht des Blutplasma’s zu- zuschreiben ist, weil man ganz eben solche blasse Zwischenräume zwischen einzelnen Blutkörperchen beobachten kann und zugleich wahrnimmt, dass die Zwischenräume zwischen den Körperchen und der Gefässwand einerseits und zwischen den Blutkörperchen selbst anderseits unmittelbar zusammenhängen, oder man beobachtet, wenn das Gefäss enger ist, eine unmittelbare Berührung des Blutkörper- chens mit der Spindel. Es ist weiter zu erwägen, dass in Bezug auf Form, Grösse und Lagerung unsere Spindelelemente mit den nach der Silberinjeetion zum Vorschein kommenden Feldern sehr nahe übereinstimmen. Man hat ferner auf die letzteren als Zellen einzeln die längst gesehenen Kerne der Capillargefässe bezogen, was auch wir mit den nach un- seren Methoden sichtbar werdenden Kernen thun mussten. Die Annahme, dass die Silberlinien wirklich den Zellengrenzen entsprechen, erschiene somit wesentlich durch unsere Beobachtungen an den frischen Capillaren unterstützt. Hat man indess möglichst frische Capillaren mit Silberlösung injieirt, so muss man gewöhnlich auf ein wesentliches Argument dieser Anschauung verzichten. Denn 69 Alexander Golubew: in diesem Falle sind nur die Silberlinien und die dadurch abgegrenz- ten Felder in der That zu sehen, die Kerne der Capillaren dagegen wie bekannt und wie ich mich selbst vielfach überzeugte, in der Re- gel gar nicht zu beobachten. In dieser Beziehung ist es wichtig sich zu erinnern, dass wir früher gesehen, dass die Spindelelemente der Gefässe durch die verschiedenartigsten Einflüsse, darunter auch durch nicht indifferente Zusatztlüssigkeiten erst jene Veränderungen erleiden, welche zum Erscheinen der Kerne führen. Mit Rücksicht auf diese Beobachtung wäre nun zu untersuchen, ob die Silberlösung zum Unterschiede von anderen Zusatzflüssigkeiten, etwa so auf die Spindelelemente wirkt, dass eben die Kerne nicht sichtbar werden, oder ob, was auch denkbar wäre, die im Anfang der Silberwirkung erscheinenden Kerne durch weitere Wirkung des Silbersalzes, oder das nach der Silberinjection vorgenommene Auswaschen der Prä- parate etwa wieder unsichtbar werden. Um dem Leser die aufgeworfenen Fragen nicht als müssige erscheinen zu lassen, muss ich hier einige Beobachtungen und Ver- suche einschalten, welche ich bei Gelegenheit der vorliegenden Un- tersuchung nicht an den Gefässen, aber am Epithelium der äusseren und an jenem der inneren Oberfläche der Nickhaut der Frösche ge- macht habe. Die oberste Schicht des äusseren Epitheliums besteht bekannt- lich aus grossen Zellen, die im ganz frischen Zustande sehr deutliche Kerne zeigen. Die letzteren sind nun auch nach der Behandlung der Nickhaut mit Silberlösung ebenso deutlich zu sehen. Die dem Auge zugewendete Epithelialschicht der Nickhaut be- steht aus Zellen, in welchen ich im frischen Zustande von einem Kerne Nichts bemerken kann. Erst wenn ich die Niekhaut mit Wasser, Müller’scher Flüs- sigkeit, verdünnter Essigsäure behandelte, oder, was noch besser war, wenn ich auf die Nickhaut in analoger Weise wie auf die Ca- pillarwand Inductionsschläge einwirken liess, so-sah ich in den Zellen dieses inneren Epitheliums Veränderungen eintreten, welche denen, die in den Spindelelementen der Gefässe unter ähnlichen Bedingun- gen auftraten, sehr analog sind und auch hier zum Erscheinen der Kerne führen. Behandelte ich nun ganz frische Präparate der Niekhaut mit Silberlösung und streifte dann die innerste Epithelialschicht ab, um sei unter das Mikroskop zu bringen, so fand ich das bekannte Bild Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 63 der von den Silberlinien begrenzten Felder, die letzteren selbst mehr oder minder braun (jedenfalls viel schwächer als die begrenzenden Linien) gefärbt; sie zeigten aber, wie im frischen Zustande, — keine Kerne. Bekanntlich erscheinen sehr viele Epithelien, namentlich die der serösen Häute nach der Silberbehandlung in kernlose Felder durch die Silberlinien abgetheilt, während bei anderer Behandlung des frischen Epithelium, z. B. mit Carmin, sehr schöne Kerne in den- selben sichtbar werden. Das innere Epithel der Nickhaut, dessen oberflächlichste Schichte wir bisher betrachteten , ist ein geschichtetes, so wie das äussere, Die Zellen der tieferen Schichten des inneren Epithels, welche bei der Präparation nach der Versilberung gewöhnlich mit der ober- sten Schichte theilweise mit abgestreift werden, erscheinen von der Silberlösung nicht gefärbt, und in diesen allein findet man, wenn man das mit Silberlösung benetzte Präparat wie gewöhnlich zur Hervorrufung der Linien mit Wasser ausgewaschen hat, — Kerne, die in den Zellen der obersten Schichte, wie gesagt, nach dieser Be- handlung nicht zu sehen sind. Hat man dagegen die frische Nickhaut, vorerst mit starken Inductionsschlägen behandelt und sich überzeugt, dass dadurch in der oberflächlichen Lage des inneren Epithels die Kerne in den Zel- len zum Vorschein kamen, und versilbert man jetzt, so zeigt die folgende Untersuchung dieser Epithelialschicht, dass die Zellen jetzt auch nach dem Versilbern helle Kerne zeigen. Durch diese Versuche scheint mir für die betreffenden Epithe- lialgewebe bewiesen zu sein, dass solche Zellen, welche im frischen Zustande Kerne erkennen lassen, auch nach der Behandlung mit Silber dieselben zeigen; aber solche Zellen, welche im frischen Zu- stande keine Kerne erkennen lassen, auch nach der Behandlung mit Silber keine zeigen. Wenn man dagegen in den Zellen der letzte- ren Art die Kerne (durch Inductionsschläge z. B.) sichtbar macht, diese auch nach der Behandlung mit Silber erhalten bleiben. Die Silberlösung zerstörte weder schon von vorneherein sichtbare, noch durch Kunstgriffe (elektrische Reizung) zum Vorschein gekommene Kerne, sie verändert aber die Substanz der im frischen Zustande kernlos erscheinenden Zellen auf eine Weise, dass dabei, entgegen- gesetzt der Einwirkung der verschiedenen anderen oben erwähnten Agentien, keine Kerne sichtbar werden. 64 Alexander Golubew: Bei der Analogie, welche zwischen den Gefässspindeln und den erwähnten Epithelzellen der Niekhaut in dem Punkte herrscht, dass sie im frischen Zustande keine Kerne erkennen lassen, aber die letz- teren durch analoge Einwirkungen zum Erscheinen gebracht werden, wird es auch erlaubt sein, die Thatsachen, welche wir über die Sil- berwirkung an dem Epithelium beobachtet haben, für die Erklärung der an den Capillargefässen zu beobachtenden Erscheinungen der Silbereinwirkung zu benützen. Dann wird uns die regelmässige Abwesenheit der Gefässkerne nach der Silberinjection begreiflich und gerade sie spricht wieder dafür, dass die Silberlösung bei der Injection in unmittelbare Berührung mit den Spindelelementen kommt, und dass die letztern und Nichts anderes die Wand des Capillarroh- res bilden. — Es wird sich der eigenthümliche Erfolg der Silber- wirkung auf die frische Gefässwand übrigens auch noch directer prüfen lassen, und wir haben im Früheren genug Anhaltspunkte für diese Prüfung gefunden, nur konnte ich leider in dieser Richtung vorläufig nicht weiter arbeiten. s IV. Gefässentwicklung im Froschlarvenschwanze. Da viele Beobachtungen, welche man namentlich an sich ent- wickelnden Capillargefässen machen kann, sich sehr schwer mit der Vorstellung, dass die Gapillarwand aus nebeneinanderliegenden Zel- len zusammengesetzt ist, — vereinigen lassen; da aber andererseits meine Beobachtungen und Versuche entschieden zu Gunsten der letzteren sprachen), so wurde ich dadurch veranlasst, mich zum Studium der Entwicklung der Gefässe zu wenden. Untersuchungen, die ich an Froschlarven anstellte, meistens an den Larven der R. temporaria, deren durchsichtiger Schwanz bekanntlich ein gutes Object für Untersuchungen solcher Art darbietet, haben mich zu Resultaten geführt, welche ich im Nachfolgenden mittheilen will. 1) Trotz der im Vorstehenden enthaltenen Thatsachen, welche die zuerst auf Grund der Silberwirkung erhaltenen Anschauungen über die Zusammen- setzung der Capillarwand aus nebeneinanderliegenden Zellen wesentlich un- terstützen, wird es vorläufig gut sein, die Bausteine des Capillarrohres, an- statt Epi- oder Endothelzellen einfach Gefässspindeln zu heissen, da dieser Ausdruck nur die richtige Vorstellung von der Form und dem Fundorte die- ser Elemente involvirt und die Entstehung und die Bedeutung jener Elemente im Zusammenhange und Vergleich mit den anderen Elementartheilen des Thier- körpers erst noch sicher festgestellt werden muss. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 65 Ich untersuchte Larven von den frühesten Stadien ihrer Ent- wicklung bis zum Auftreten der hinteren Extremitäten. Kleinere Larven brachte ich von Zeit zu Zeit im Ganzen unter das Mikros- kop und untersuchte ein und dieselbe Stelle des Schwanzes, um die Entwicklung der Gefässe Schritt für Schritt verfolgen zu können. Die Gefässe erscheinen im Dorsalsaume des Schwanzes früher als im Bauchsaume. Bekanntlich geht das Erscheinen sternförmiger Gewebezellen dem Auftreten der Gefässe immer voraus. Diese That- sache ist so constant, dass sie nebst der von verschiedenen Seiten angegebenen direkten Verbindung der Fortsätze der Sternzellen mit den Wandungen der Gefässe, zur Annahme Veranlassung gegeben hat, dass eben aus miteinander in Verbindung tretenden Sternzellen sich später Gefässe entwickeln. Genauere Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die Sternzellen in keiner näheren Beziehung zu den Gefässen stehen und auch meine Beobachtungen haben mich zu der Ueberzeugung geführt, dass die einzige Art und Weise der Ge- fässentwicklung in dem Schwanze der Froschlarven die Entwicklung mittelst Gefässsprossen ist. Die Sternzellen des Gewebes sind nicht vom Anfange, aber in einem späteren Stadium der Entwicklung von einer zwischen ihnen liegenden homogenen und hyalin erscheinenden Substanz auseinander gehalten und die Gefässsprossen erscheinen nur an Stellen, wo jene Zwischensubstanz schon entwickelt ist. Sie gehen, mögen sie noch so fein und spitzig sein, weder durch die Substanz der Sternzellen hindurch, noch über die innere Grenze der Epidermiszellen hinaus. Man muss also annehmen, dass nur die zwischen den Sternzellen befindliche hyaline Substanz (Grundsub- stanz Hensen’s) jene Bedingungen, welche für das Fortsprossen der Gefässausläufer nothwendig sind, darbietet. Wie gesagt, zunächst erscheinen die Gefässe im Dorsalsaume des Schwanzes näher dem Kopf als dem Schwanzende. An einer Stelle des Dorsalsaumes bemerkt man zuerst eine viel grössere Durch- sichtigkeit und dort sieht man unterhalb der Epidermiszellen schon ganz deutlich die sternförmigen Gewebezellen. In diese mehr durch- sichtige Stelle sieht man von der undurchsichtigen Schwanzaxe her, aus der Wand eines schon vorhandenen Gefässes, welches sich an der entsprechenden Grenze als ein gelber, mit Blutkörperchen ge- wöhnlich vollgepfropfter Strang darstellt, — die Gefässsprossen hin- eindringen. — Jeder Spross (Fig. 12) ist an seiner Basis a, d.h. an der Abgangsstelle von der Gefässwand breit und dick, erst vom M. Schultze. Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. 5. 5 66 Alexander Golubew: refäss entfernt wird er mehr oder minder rasch dünner und geht schliesslich in eine immer dünner werdende Spitze über. — An der Basis zeigt der Spross eine Höhlung (Fig. 12b), die Nichts anderes als eine blindsackförmige Fortsetzung des Lumens des Muttergefässes ist, so wie der Ausläufer selbst Nichts anderes ist, als eine kegelför- mig zugespitzte Fortsetzung der Substanz der Gefässwand. Die weiteren Veränderungen, welche der in den Schwanzsaum getriebene Gefässspross erleidet, bestehen darin, dass er sich all- mählig verlängert. Die Substanz, aus welcher sein solider Theil (Fig. 12 ce) besteht, schiebt sich weiter vorwärts in der Richtung der ausgezogenen Spitze des Ausläufers, und da der Zusammenhang mit der Gefässwand erhalten bleibt, wird der dahinterliegende Trichter immer länger (vergleiche Fig. 12, 13 und 14a). — Zuerst hält der Ausläufer die Richtung von dem Muttergefässe, gerade gegen den Rand des Schwanzsaumes hin, ein. Nach einiger Zeit aber biegt er sich allmählig um und geht darnach mehr oder minder parallel dem Rande des Schwanzsaumes. Die sehr dünne Spitze ist in dem anfänglich nicht sehr durch- sichtigen Rand des Schwanzsaumes nicht sofort zu verfolgen, man ist gewöhnlich genöthiget, die Beobachtung abzubrechen, ohne dass man im Stande wäre, etwas ganz Bestimmtes über die Endigung des Ausläufers sagen zu können. Die zuerst erschienene hellere Stelle des Schwanzsaumes wird aber allmählig immer grösser und dabei immer durchsichtiger. Denn einerseits werden die hellen mit Grundsubstanz erfüllten Zwischenräume zwischen den Sternzellen immer grösser, andererseits werden die Zellen selbst, die anfangs nur wenige Fortsätze hatten, obwohl sehr langsam, doch stetig län- ger und dünner, und ziehen sich mehr und mehr in verästelte Fort- sätze aus. Verfolgt man dann den früher bemerkten Ausläufer weiter, so findet man gewöhnlich, dass er auf einen anderen solchen Ausläufer getroffen ist, und auf solche Weise die Anlage für die erste Gefässschlinge m dem Schwanzsaume gebildet wurde (Fig. 14). Fein zugespitzte Ausläufer konnte ich nie in dem Momente beobachten, wo sie einander gegenüber liegend eben im Begriffe wa- ren, sich mit einander zu vereinigen, wahrscheinlich weil die Spitzen der Ausläufer zu der Zeit, wo sie sich mit einander vereinigen, noch so dünn sind, dass sie der Beobachtung leicht entgehen. Später aber, wenn sie schon so dick geworden sind, dass ihr Gang leicht verfolgt werden kann, findet man sie schon continuirlich vereinigt. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefüsse ete. 67 - Was die Art und Weise anbetrifft, wie diese Verbindung zu Stande kommt, so Kann ich hier einige, obwohl selten zu machende Beobachtungen erwähnen, wo ich die Begrenzungslinie zwischen zwei aufeinander getroffenen und sich berührenden Gefässsprossen noch zu der Zeit ziemlich deutlich sehen konnte (Fig. 26), wo die durch die vereinigten Gefässsprossen gebildete Schlinge schon den gewöhn- lichen Durchmesser der neugebildeten Capillargefässe hatte, von zwei Seiten her hohl erschien und nur in der Mitte, wo eben die erwähnte Begrenzungslinie zu sehen war, — durch einen soliden Pfropf ge- schlossen war. Beobachtungen, wie die letztere, rechtfertigen die Annahme, dass die aufeinander getroffenen Gefässsprossen zuerst sich an einander anlegen und auf solche Weise noch einige Zeit lang neben einander fortschreiten können, dass sie aber später mit ein- ander zusammenfliessen, was gewöhnlich frühzeitig geschehen muss, und nur ausnahmsweise bis auf ein so spätes Stadium, wie Fig. 26 aufgeschoben wird. Zu der Zeit, wo man die erst gebildete Schlinge schon geschlos- sen findet, sieht man auch in den näher dem Schwanzende gelegenen Stellen des Schwanzes aus der undurchsichtigen Schwanzaxe in den Schwanzsaum die weiteren Gefässsprossen eintreten, und zwar sind sie in der Regel desto weniger entwickelt, je näher zu dem Schwanz- ende sie liegen. Jede neu gebildete Anlage für eine Gefässschlinge hat die Form eines Bogens (Fig. 14), der an seinen Fusspunkten (a und a‘) hohl ist, dessen mittlerer Theil aber einen soliden Strang darstellt. Die- ser Strang wird, der Form der Gefässsprossen entsprechend, von seinen beiden Enden (b und b’) gegen die Mitte hin allmählig dün- ner. Die Vorschiebung der Masse, die den soliden Theil der Gefäss- sprossen ausmacht, dauert auch in dem aus der Vereinigung der soliden Sprossen gebildeten soliden Strange fort. Die Masse bewegt sich von den beiden gegen das Muttergefäss gerichteten Enden (b und b‘) gegen den Schlingenbogen des Stranges hin, dadurch wird der solide Strang kürzer und in der Mitte dicker; die hohlen Endstücke der Schlinge (Fig. 14a und a‘) werden dadurch länger; sie dehnen sich ferner immer mehr aus, bis sie die gewöhn- liche Grösse eines Capillargefässes erreicht haben (also im Mittel 0,0165 Mm. Drm.). -- Nach einiger Zeit sieht man ihre Lumina nur noch durch die in der Mitte angesammelte Masse der soliden Spross- enden von einander getrennt (Fig. 24). Der Pfropf, welcher die 68 Alexander Golubew: Lumina noch trennt, wird dann im Centrum immer dünner (Fig. 25). Endlich treten die Höhlen der beiden Röhrchen in Communication. Diesen Vorgang habe ich an der auf Fig. 25 abgebildeten Schlinge so lange verfolgt, bis ein rothes Blutkörperchen aus dem Röhrchen a in das Röhrchen b durch den eben hohl gewordenen Pfropf c ob- wohl nicht ohne Mühe hindurchgegangen war. Diese Stelle ergab jetzt das Fig. 25 d gezeichnete Bild. — An der Peripherie erschien die Masse in zwei verlängert spindelförmige Körper (Fig. 25d) an- gesammelt, welche noch wie durch ein um den Mantel des Gefässes selegtes dünnes Band zusammenhingen. Die zwischen den spindel- förmigen Anhäufungen liegenden Stellen nahmen aber mit der Zeit immer mehr das durchsichtigere Ansehen der übrigen Capillarwand an, während umgekehrt die spindelförmigen Anhäufungen immer dicker und deutlicher wurden. Als schliessliches Resultat des ganzen Vorganges erschienen wie in einem Stück eines fertigen Gapillarrohres, zwei einander ge- genüberliegende spindelförmige Verdickungen der Wand (Fig. 27a, b). Die letzteren waren den Spindelelementen, welche wir in der Capil- largefässwand bei dem erwachsenen Frosche gesehen haben, ihrem Ansehen nach ganz ähnlich. Als eine weitere Beobachtung, welche man an den in der Entwick- lung begriffenen Gefässen zu machen Gelegenheit hat, muss ich noch besonders hervorheben, dass aus den in der beschriebenen Weise angelegten Gefässschlingen, gewöhnlich aus dem Theil des Schlingen- bogens, der am nächsten zu dem Rande des Schwanzsaumes liegt, ein neuer Spross heraustritt. Wie aus der vorangegangenen Beschreibung sich ergiebt, ist bei der Entwicklung der ersten Gefässschlingen im Schwanzsaume eine gewisse Regelmässigkeit in dem Verlaufe der Gefässsprossen und in der Grösse der entstehenden Schlingen zu bemerken. Das ist in späterer Zeit nicht mehr der Fall, dann koınmt es vielmehr nicht selten vor, dass entweder ein Ausläufer eine lange Strecke durchgeht, bevor er auf einen anderen trifft, oder es vereinigen sich im Gegentheil zwei dicht neben einander, aus einem und demselben Gefässe heraustretende Ausläufer sehr bald mit einander, wodurch sehr kleine Gefässschlingen entstehen, oft sogar sehr sonderbare Bilder zum Vorschein kommen, wie solche z. B. Billeter!) ab- 1) Beiträge zu der Lehre von der Entstehung der Gefässe. Inaug.-Diss. Zürich 1860, Fig. 9ab, Fig. 7a. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 69 gebildet hat. Ich habe eine Reihe der manigfaltigen Bilder, wie sie mir die Beobachtung der Gefässentwicklung im Schwanz der Frosch- larven darbot, in den Fig. 14, 15, 16, 17, 19, 22 und 23 abgebildet. Ich muss aber in Bezug darauf auch noch auf das Folgende verweisen: Wir sahen in dem Vorausgehenden bei der Gefässentwicklung vorzugsweise zwei in die Augen fallende Vorgänge, nämlich 1. das fortwährende Fortschreiten der Masse eines neu gebildeten Gefäss- spross gegen seine Spitze, und 2. die Aushöhlung desselben von der trichterförmigen Basis her. Beide Vorgänge halten weit nicht immer gleichen Schritt und davon hängen wieder eine Reihe von verschiedenen Bildern ab, welche man an einem und demselben Objecte von dem Gang der Gefäss- entwicklung fast immer neben einander beobachten kann. So er- scheint der solide Theil mancher Gefässsprossen oft sehr lang und dünn, während andere Gefässsprossen, bevor sie eine ansehnliche Länge erreichen, schon hohl werden und dann gewöhnlich mit Blut- körperchen vollgepfropft erscheinen. Im letzteren Falle kann der Gefässspross dann einen der nicht selten zu beobachtenden Blindsäcke an den Capillargefässen vorstel- len (Fig. 23b). Entspringt später aus der Wand eines solchen Blindsacks ein neuer Spross, welcher auch rasch hohl wird, und wiederholt sich ein solcher Vorgang, dann entstehen die sonderbaren Bilder, wie deren eines auf Fig. 16 abgebildet wurde. Wir wollen nun an den neugebildeten Gefässen die Substanz ihrer Wandung selbst etwas näher betrachten. Diese hat ein gleichmässig schwach glänzendes Ansehen, ist aber nicht überall gleich dick. Stellenweise ist sie sehr dünn (Fig. 19a) und durchsichtig, an an- deren Stellen zeigt sie Verdiekungen, einige derselben werden durch die früher beschriebenen Spindeln gebildet (Fig. 19b), an anderen Stellen erscheint die Verdickung in einer unregelmässigen und sehr variablen Form (Fig. 19 c); wo die Wand dünner ist, erscheint das Gefäss weiter im Lichten, wo sich aber die Masse in der Gefäss- wand mehr angesammelt hat, ist das Gefässlumen enger. Die durch ungleiche Dicke der Gefässwand verursachte Ungleich- mässigkeit des Gefässlumens wird auf dem optischen Längsschnitte desselben durch die Schlängelung des Wandsaumes des Gefässes aus- gedrückt (Fig. 19), 709 Alexander Golubew: Nach Aussen zeigen die neu gebildeten Gefässe stellenweise aus ihrer Wand heraustretende, mehr oder minder ausgezogene, zu- gespitzte Zacken (Fig. 15a und 17), welche Nichts anderes, als die Anfänge der beschriebenen Gefässausläufer sind, und deren Substanz sich von der Substanz der Gefässwand durchaus nicht unterscheidet. Hervorzuheben ist, dass bei jüngeren Larven in die Substanz der Gefässe, wie in vielen anderen embryonalen Gewebselementen, sehr viele Dotterkörnchen von verschiedener Grösse eingebettet sind, welche stellenweise in mehr oder minder grossen Haufen (Fig. 15 c und 22d) angesammelt sind. Bei älteren Larven erscheinen die Dot- terkörnchen immer seltener; man findet sie nur stellenweise in der Gefässwand oder in den spindelförmigen Verdickungen derselben, später verschwinden sie auch dort, so dass die Wandsubstanz dann wie gesagt ein ganz glattes gleichmässiges Ansehen erhält. Beobachtet man bei lebendigen Larven solche Stellen der Ge- fässwand, wo die früher angeführten unregelmässig geformten Ver- (diekungen zu sehen sind (Fig. 19c), so bemerkt man, dass daselbst die Wandsubstanz nicht unveränderlich liegen bleibt, sondern die Verdickungen zeigen in ziemlich kurzer Zeit merkliche Formverän- derungen (vergl. Fig. 19 und 20c), und man kann häufig sehen, dass diese Formenwechsel so lange fortdauern, bis sie zu der Län- genaxe des Gefässes entsprechenden spindelförmigen Massenanhäu- fungen geführt haben, an welchen dann weitere spontane Formver- änderungen nicht mehr zu beobachten sind. : Nachdem ich im Vorangehenden vorzugsweise die successiven Bilder beschrieben habe, welche sich von der ersten Anlage der Ge- fässsprossen bis zur völligen Ausbildung neuer Gapillarschlingen beobachten lassen, will ich jetzt noch Weiteres über die unmittelbar zu beobachtenden zeitlichen Vorgänge bei der Bildung der Sprossen und Schlingen anführen. Vorerst ist zu bemerken, dass das Fortschreiten der Gefäss- sprossen so langsam vor sich geht, dass es sich als ein unmittelbar mit den Augen zu verfolgender Bewegungsvorgang nicht darstellt. Die Erweiterung der trichterförmigen Basis des Ausläufers geschieht aber manchmal in der Weise, dass schon nach zweistündiger Beob- achtung eine merkliche Ausdehnung wahrgenommen werden kann. Dagegen erfolgen die Sammlung und Formveränderung der Ver- dieckungen in der Wandsubstanz so rasch, dass sie unter den Augen verfolgt werden können. Es sind also Theile der Wandsubstanz im Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 71 Stande Locomotionen auszuführen, welche denen, die wir an beweg- lichen Zellen beobachten, sehr ähnlich sind, und diese Beobachtung würde der Behauptung Stricker’s!) entsprechen, »dass die Wand des Capillargefässes aus beweglichem Protoplasma besteht«. Um diesen Gegenstand näher zu studiren, hielt ich es für sehr ange- messen, gerade an sich entwickelnden Gefässen, an welchen noch die früher besprochenen Bewegungen an der Wandsubstanz zu ver- folgen waren, zu elektrischen Reizversuchen zu schreiten. Ich liess wie früher wieder einzelne Inductionsschläge wirken. Da ich bei jüngeren Larven den ganzen Schwanz als Object benützen musste, so konnte ich die Mitreizung der Schwanzmuskeln nicht ausschlies- sen. Ihr Vorhandensein stört die Beobachtung nicht wenig, denn durch die Gontraetion wird die beobachtete Stelle aus dem Sehfelde gerückt und darum kann der unmittelbare Effeet der Reizung nicht beobachtet werden. Die Versuche zeigten mir aber bald, dass die quergestreiften Muskelfasern sehr leicht überreizt werden , so dass leicht solche Inductionsschläge gefunden werden können, auf deren ersten die Muskeln mit einer Contraction antworten, während sie bei wiederholten Schlägen ganz ruhig liegen bleiben. Es wird das schon bei solchen Stromstärken beobachtet, bei welchen ein einziger Oeffnungsschlag für die Gefässwand noch zu schwach ist, um ımmerk- liche Veränderungen in derselben hervorzubringen. Ich wendete also zuerst eine Stromstärke an, welche die Muskelfasern zu der Wieder- holung der Contraction unfähig machte und dann, wenn mir die be- merkte Stelle des Schwanzes wieder zu Gesicht kam, — was nach der Erschlaffung gewöhnlich der Fall war, — liess ich stärkere Schläge wirken, um die Veränderungen in der Gefässwand zu beobachten. Weitere Versuche stellte ich an älteren Larven, denen ein hin- reichend grosses Stück des Schwanzsaumes, in welchem sich keine Muskelfasern vorfanden, ausgeschnitten werden konnte, an. Ich erhielt über das Verhalten der Substanz der Gefässwand in beiden Fällen übereinstimmende Resultate und glaube daher berechtigt zu sein, beiden Methoden ein vollkommenes Zutrauen zu schenken. Was das Gefässlumen betrifft, so bemerkt man, dass dasselbe nach der Application der Inductionsschläge manchmal mehr oder weniger zusammenfällt. Diese Erscheinung kommt nicht selten, doch lange nicht con- 1} l.c. p. 384. 72 Alexander Golubew: stant zur Beobachtung. Manchmal beobachtet man sogar ein Wei- terwerden des Gefässes. Hatte sich ein Gefäss anfänglich verengert und dann sich selbst überlassen, allmählig wieder erweitert, so gelang es auch bei wie- derholter Anwendung starker Schläge nicht, es abermals zur Ver- engerung zu bringen. Ueber den Grund der eben erwähnten Schwankungen in der ‘Weite des Gefässes, welche über grössere Strecken hin sich ausbrei- ten, bin ich nicht ins Klare gekommen. Was die Gefässwand selbst betrifft, tritt dagegen nach der An- wendung von Inductionsschlägen eine immer in derselben Weise wie- derkehrende Veränderung der Wandsubstanz zu Tage. Sie besteht darin, dass die vorher gleichmässig und glatt erscheinende Substanz körnig wird (Fig. 18). Die auftretenden glänzenden Körnchen sind durch blasse Zwischenräume von einander getrennt. Die Substanz, in welcher die Körnchen eingesprengt erscheinen, ist blasser als die ursprüngliche glatte Gefässwandung und der Wandsaum des Gefässes darum weniger scharf gezeichnet. Die Wandsubstanz scheint aber dabei ein wenig anzuschwellen, der Wandsaum des Gefässes ist nach der Wirkung der Inductionsschläge etwas dicker. Richtet man bei derartigen Versuchen seine Aufmerksamkeit auf Gefässsprossen , so zeigen diese nach der Einwirkung der Inductionsschläge Veränderun- gen, wie die Wandsubstanz schon durchgängiger Gefässe. Die fei- neren Enden verlieren ihr glattes fadenförmiges Ansehen und werden körnig (Fig. 15a); die glänzenden Körnchen sind auch hier durch eine blasse Substanz von einander getrennt, die erstere ist von der Grundsubstanz des umgebenden Gewebes nur schwer zu unterschei- den, darum erscheint ein feiner Ausläufer, nachdem diese Verände- rung aufgetreten ist, nur durch die in Abständen neben einander aufgereihten Körner vorgezeichnet. — Nie habe ich gesehen, dass ein Sprossenende sich zu einem Klumpen zusammen-, oder in die Gefässwand hineingezogen hätte. An der Verbindungsstelle zweier Ausläufer, mag dieselbe so dünn sein wie sie will, sah ich niemals ein Auseinanderweichen der veränderten Ausläufer auf grössere Strecken, die für eine Retraction der Sprossen gegen die Mutter- gefässe hin gesprochen hätte. Sehr auffallend sind die Veränderungen, welche Inductions- schläge an solchen Stellen neu gebildeter Gefässe hervorbringen, wo sich spindelförmige Anhäufungen der Wandsubstanz befinden (Fig. 28a). Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklimgsgesch. d. Capillargefässe ete. 73 Sie sind denjenigen, die wir an den Gefässspindeln des erwachsenen Frosches beobachtet haben, sehr ähnlich. An der Stelle dieser spin- delförmigen Anhäufungen in der Wand der neu gebildeten Gefässe erscheinen auch die Kerne. — Dieselben haben dann eine fast kuge- lige Form und sind sehr gross, sie prominiren bedeutend gegen das Lumen des Gefässes und verengern dasselbe local. — Ein wesent- licher Unterschied zeigt sich aber darin, dass bei den Larven der so aufgetretene Kern, welcher gewöhnlich 1—2 glänzende Körnchen in seinem Innern enthält, an seinen beiden Enden (Fig. 25b) mehr oder minder grosse Anhäufungen von feinkörniger Substanz darbie- tet. Die letztere unterscheidet sich von der körnigen Substanz des zwischen den Kernen liegenden Theiles der Grefässwand durchaus nicht. Lässt man das Präparat nach der Application der Induc- tionsschläge einige Zeit ruhig liegen, so werden die Kerne wieder etwas länger und dünner, nach wiederholter Reizung dagegen wie- derum dicker und mehr kugelig. Die vorerwähnte Erholung ist hier aber nicht so deutlich, wie bei den Gefässspindeln des erwachsenen Frosches. Finden sich Dotter- körnchen in der Wand des gerade beobachteten Gefässes, so zeigen diese bei der Behandlung mit Inductionsschlägen keine merklichen Veränderungen. So wie wir früher bei den Gefässen der Nickhaut älterer Frösche sahen, dass die Wirkung des Wassers, der Müller’schen Flüssig- keit, verdünnter Essigsäure in der Gefässwand ähnliche Veränderun- gen hervorrufen, wie elektrische Schläge, so rufen die genannten Reagentien auch in den Gefässsprossen in den spindelförmigen An- häufungen und in der Wandsubstanz der neu gebildeten Gefässe Veränderungen hervor, welche den nach den elektrischen Schlägen auftretenden sehr ähnlich sind. Wir haben früher direct beobachtet, dass Theile der Wandsub- stanz der Gefässe in einer sichtlichen Bewegung begriffen sind, und dass die letztere bei der Bildung der Sprossen und bei der Entste- hung der spindelförmigen Verdickungen sich .betheiligt. — Diese Bewegungen gleichen denen anderer beweglicher, protoplasmatischer Massen. Jetzt sahen wir auf die Anwendung von Inductionsschlägen bestimmte Veränderungen in der Capillarwand und deren Sprossen auftreten, diese sind aber von der Art, dass sich zwischen der Wand- substanz der in Neubildung begriffenen Gefässe, diese in toto ge- 74 Alexander Golubew: nommen, und dem Protoplasma z. B. eines beweglichen amöboiden Blutkörperchens in Bezug auf das Verhalten zu Induetionsschlägen ein wichtiger Unterschied ergiebt, welcher darin besteht, dass die Fortsätze des amöboiden Körperchens nach der elektrischen Reizung sich in toto gleichsam auf das Körperchen selbst zurückziehen und in einen Klumpen sammeln, was mit den Fortsätzen der Capillar- wandsubstanz nicht der Fall ist; diese zeigen, ohne sich m toto zu verkürzen und einzuziehen, nur die oben beschriebenen partiellen Veränderungen. In Bezug auf das Austreten und Fortschreiten der Gefässsprossen sei noch erwähnt, dass man bei jüngeren Larven auch in den Gefäss- ausläufern die schon früher erwähnten Dotterkörnchen findet und beobachten kann, wie diese aus der Gefässwand, welche den Aus- läufer aussendet, in den letzteren fortgeschleppt werden. Wenn man die Neubildung der Gefässe in dem sich entwickeln- den Schwanzsaume der Froschlarven beobachtet, wird man zu vielem Nachdenken angeregt durch die auffallende Erschemung, dass die in den durchsichtigen Saum des Schwanzes eintretenden Gefässaus- läufer sichtbar einander entgegen fortschreiten, um später auf ein- ander zu treffen und Schlingen zu bilden. Es ist sehr schwer, diese merkwürdige Erscheinung auf ihre Ursachen zurückzuführen. Nichts desto weniger will ich den Ver- such machen, hier einige Momente anzuführen, welche mir für eine, wenn auch vorläufig mehr hypothetische Erklärung der besonderen Bemerkung werth erscheinen. Es wurde oben erwähnt, dass die Entstehung der Grundsub- stanz zwischen den Gewebszellen des Schwanzsaumes, dem Erscheinen (der Gefässe daselbst vorausgeht. Ohne auf die Art und Weise der Entstehung dieser Substanz ausführlicher einzugehen, seien hier einige Beobachtungen über das Bindegewebsstroma des Schwanzsaumes angeführt Die Grundsubstanz im Schwanzsaume erscheint zwischen den Zellen unter der Epidermis (die Zellen der Unterhaut, Remak’s Untersuchung über die Entwicklung der Wirbelthiere pag. 152) zu- erst in geringer Menge. Mit der Zeit nimmt diese Substanz all- mälig zu. Die Zellen des Bindegewebes haben zur Zeit, wo die Grund- substanz zuerst auftritt, schon eine unregelmässige, obwohl noch nahezu kugelige Form. Mit der Zeit aber wird ihre Form immer Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete 75 unregelmässiger und sie verwandeln sich allmälig in die bekannten Sternzellen. Zu diesen, aus der ursprünglichen Zellenanlage hervorgegange- nen Sternzellen kommen noch andere, im späteren Verlaufe der Ent- wicklung auf eine andere Weise hinzu, denn, wenn einmal die Ge- fässe in den Schwanzsaum getreten sind, sieht man aus den Gefässen amöboide Blutkörperchen heraustreten und zwar lässt sich hier der Austritt sehr gut mit allen Details verfolgen, wie mich oft wieder- holte Beobachtungen lehrten. Nachdem diese Zellen eine Strecke weit von dem Grefässe in die Grundsubstanz hineingewandert sind, zeigt sich, wenn man nur anhaltend und fleissig beobachtet, dass dieselben eine unregelmässige verlängerte. Form annehmen und stationär werden; dann strecken sie, aber sehr langsam, zugespitzte Fortsätze aus und verwandeln sich in Körper, die fortan von den Sternzellen des Gewebes nicht mehr zu unterscheiden sind. Eine Thatsache, welche ich noch ferner behandeln will, und welche ein sehr ausgezeichnetes Beispiel für die Betheiligung der amöboiden Zellen an der Gewebsbildung abgiebt. Auch rothe Blutkörperchen sah ich ins Gewebe gelangen und sich dort metamorphosiren. Es sollen aber diese Thatsachen wie gesagt, hier nur vorläufig mitgetheilt sein und ich will zu meinem eigentlichen Thema zurückkehren. . Wenn einmal die Sternzellen im Schwanzsaume vorhanden sind, und eine grössere Menge Grundsubstanz zwischen denselben sichtbar ist, so erleidet die letztere, bevor aus der Schwanzaxe Gefässsprossen in dieselbe hineintreten, noch eine weitere Veränderung: sie schwillt beträchtlich an, was sich zunächst durch das Hellerwerden der be- treffenden Stelle des Schwanzsaumes kund gibt, und erst dann ist die von Hensen gebrauchte Bezeichnung »Gallertgewebe« für das Bindegewebe des Schwanzsaumes an ihrem Platze. Diese Infiltration der Grundsubstanz geht von der in der Schwanzaxe vorhandenen Gefässschlinge (Fig. 29a) aus und schreitet langsam aber stetig vorwärts, wie es Fig. 29 schematisch darstellt. Demgemäss rückt die bogenförmige Grenze (d e g) zwischen der immer grösser werdenden helleren Stelle und dem übrigen weni- ger durchsichtigen Theile des Schwanzsaumes allmählig gegen den Rand und gegen das Ende des Schwanzes vor, wie es die punctirten Linien zeigen. — Es liegt nahe anzunehmen, dass die Schwellung 76 Alexander Golubew: der Grundsubstanz durch Aufnahme von Flüssigkeit aus dem Blute zu Stande komme, und diese Annahme findet darin eine Bestätigung, dass in der Zeit, die gerade vor das Auftreten der ersten Gefässe in dem durchsichtigen Schwanzsaume fällt, deutlich zu sehen ist, dass die Zwischenräume zwischen den Sternzellen des (ewebes in allen Richtungen desto kleiner werden, (die Durchfeuchtung der da- zwischen liegenden Grundsubstanz desto geringer wird), je weiter die Zellen von dem Gefässe a entfernt liegen. Nur unmittelbar unter der Epidermis bildet, da die Grundsubstanz weiter gegen die Oberfläche vordringt, als die Zellen, eine zellenlose Oberflächenlage eine scheinbare Ausnahme von diesem Gesetze der Vertheilung der Zellen. Es zeichnet sich aber, wie bekannt, gerade jene Oberflächenlage des Stromas durch . eine besondere Dichte aus. Von den zuletzt angeführten ‚Thatsachen kann man sich überzeugen sowohl an lebendigen Larven, wenn man den Schwanz von der Fläche aus betrachtet, als auch an Querschnitten des Schwanzes!) von in Müller’scher Flüssigkeit gehärteten Larven. Betrachtet man ferner den Schwanzsaum. zu der Zeit, wo nicht nur die Gefässe und Sternzellen, sondern auch schon die Ner- ven in ihm zu beobachten sind, so bemerkt man, sowohl bei der Untersuchung im Profile, als auch auf. Frontalschnitten des Schwan- zes das merkwürdige (zum Theil schon von Remak und später von Hensen erwähnte) Verhältniss, dass das Stroma nach den in demselben vorhandenen Einlagerungen sich in drei ungleich dicke Schichten abtheilen lässt. Bei der Beobachtung im Profile unter- scheidet man an frischen lebendigen Larven, oder noch besser, nach- dem die Larven einige Zeit in Müller’scher Flüssigkeit gelegen hatten und die Epidermis abgepinselt wurde, die äusserste Rand- schichte als eine mehr oder minder breite hyaline Platte, in welche keine Fortsätze der Sternzellen hineintreten, sondern nur die dünnen Nerven zu verfolgen sind 2). Darauf folgt nach Innen eine gewöhn- lich viel breitere Schicht. Diese enthält neben zahlreichen Nerven- verästlungen auch Sternzellen und deren Fortsätze aber keine Ge- fässe. — Die dritte noch dickere Schicht reicht von der äussersten Grenze der Gefässverbreitung bis zu der undurchsichtigen Schwanz- 1) Man sieht dieses Verhältniss z. B. an dem von Hensen (M. Schul- tze’s Arch. B. IV, 11. Heft, Taf. VIII, Fig. 1) gezeichneten Querschnitte der Froschlarven an dem Bauchsaume des Schwanzes sehr deutlich dargestellt. 7) a BL rl Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 77 axe und enthält sowohl Nerven als Sternzellen, als auch Gefässe. An Querschnitten kann man dieselben drei Schichten unterscheiden. Wenn die Larve wächst, so rücken mit der Vergrösserung der Schwanzperipherie diese Grenzen nach Aussen. Auch ihre relativen Durchmesser ändern sich dabei, so wird die der Obertläche nächste Schicht immer dünner. Wenden wir uns jetzt zur Frage, welche Ursachen liegen den eben beschriebenen Verhältnissen zu Grunde? Wir haben eben zuvor auf die Thatsachen hingewiesen, welche dafür sprechen, dass die Consistenz der Grundsubstanz gegen die Peri- pherie hin allmälig zunimmt und erinnern nur daran, (dass das Fort- schreiten der Ausläufer sowohl der Gefässe als auch der Sternzellen, der Bewegung ihrer Masse zuzuschreiben ist. Für die Grefässaus- läufer haben wir das früher gesehen. Dass auch bei der Entwick- lung der Sternzellen die Bewegung ihrer Masse in Betracht kommt, geht daraus hervor, dass einmal der Leib der in die Sternzellen sich umwandelnden Zellen mit dem Fortschreiten der Fortsätze sicht- lich kleiner wird, und dann zweitens die in den Zellen der ersten Anlage des Schwanzstromas vorhandenen Dotterkörnchen mit in die Fortsätze der daraus hervorgehenden Sternzelleu hinein geschleppt werden. Man wird sich nun, wie leicht ersichtlich ist, in dem Falle, dass 1) die Grundsubstanz, 2) die Fortsätze der Sternzellen und 3) die Gefässausläufer nicht gleichzeitig an denselben Ort des Schwanzes gelangen, sondern wie es die directe Beobachtung wirklich nach- weist, erst nach einander an denselben bestimmten Ort gelangen, vorstellen müssen, dass für die schliessliche Vertheilung der Gefäss- und Sternzellen-Ausläufer unter anderen die beiden folgenden Mo- mente mit in Betracht kommen: die wechselnde Gonsistenz der Grundsubstanz und die besondere Natur der fortschreitenden Aus- läufer. Von beiden Momenten wird die Geschwindigkeit und die Rich- tung des Fortschreitens der betreffenden Ausläufer abhängen müssen. Thatsächlich lässt sich wahrnehmen, dass die Sternzellen, deren Ausläufer sich träger verlängern und beim Zerzupfen der Präparate unter dem Mikroskope mehr Widerstand leisten als alle anderen Bestandtheile, mit Ausnahnıe der Nerven, weiter gegen die Ober- fläche des Schwanzes reichen, als die Gefässe. Die anfängliche Richtung, in welcher sich die ersten Gefässsprossen des Schwanz- 78 Alexander Golubew: saumes bewegen, geht von der Schwanzaxe gegen die Peripherie hin. In derselben Richtung folgen, wie früher gesagt wurde, ver- schieden consistente Schichten der Grundsubstanz des Schwanzstromas aufeinander. Unmittelbar an der Epidermis sei die Grundsubstanz am mei- sten consistent, weiter nach Innen werde die Grundsubstanz immer weniger consistent; so kann man sich vorstellen, dass diese innerste Schichte eben zuerst jene Consistenz erlangte, welche die Bewegung der Masse der Gefässausläufer gestattet. Es tritt jetzt ein Gefäss- ausläufer in diese Schicht der Grundsubstanz hinein. Indessen fährt die letztere von Innen nach Aussen fort zu erweichen. — Nehmen wir an, dass das Fortschreiten der Masse des Ausläufers rasch und dauernd vor sich geht, so muss der Ausläufer (Fig. 29 b) bald die Grenze erreichen, wo für den Moment die Grundsubstanz die für die Bewegung der Ausläufermasse nothwendige Erweichung noch nicht erlitten hat. — Von diesem Momente angefangen wird die Bewegung der Masse des Ausläufers von der früheren geradlinigen Richtung abweichen müssen, er wird sich bei seinem weiteren Fort- schreiten der Grenzlinie folgend umbiegen, und da wie schon oben erwähnt wurde, diese Grenzlinie (Fig. 29) immer weiter fortgeschoben wird, so muss die Bahn des Ausläufers einen Bogen darstellen, wel- cher desto mehr gekrümmt wird, je grösser die Bewegungsgeschwin- diekeit des Ausläufers im Vergleiche ınit der Geschwindigkeit der Erweichung der Grundsubstanz ist. Stellen wir uns jetzt vor, dass ein anderer Ausläufer (Fig. 29f) in die betreffende Schicht der Grundsubstanz hineintritt und verfol- gen wir den Gang dieses letzteren, so ist klar, dass das Aufeinan- dertreffen der beiden Ausläufer (b und f) früher oder später (Fig. 29 auf der Grenzlinie e) als eine Nothwendigkeit gegeben ist. Wir haben schon oben erwähnt, dass nur die ersten in den Schwanz- saum hineintretenden Gefässausläufer einige Regelmässigkeit in ihrem Fortschreiten zeigen. Demgemäss sind die durch die primä- ren Gefässschlingen gebildeten Maschen mehr oder minder gleich- mässig. Nur für diese können wir zunächst unsere Erklärung geben. Später entspringen aus den neugebildeten Gefässen stellenweise neue Ausläufer, die sich miteinander verbindend neue Gefässschlingen bilden. Es ist anzunehmen, dass auch diese Ausläufer, wie die pri- mären, in einer Schichte der Grundsubstanz fortschreiten, welche die günstigsten Bedingungen dazu darbietet. Nur werden die Verhält- nn u —— Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 79 nisse mit Zunehmen der Schlingenbildung immer complieirter und weniger durchsichtig, und sollen darum wie gesagt, im Vorherge- henden nur ganz anspruchslose Winke und Ausgangspunkte für die Erklärung einer Thatsache enthalten sein, die zu erklären bisher nicht versucht wurde. Die durch zwei sich entgegen bewegende Gefässsprossen gebil- ddete Schlinge ist im Anfange noch geraume Zeit nach der Berührung ‚der Sprossenenden in ihrem mittleren Theile solide, erst später wird sie durchgängig; wir haben das schon früher behandelt. Ich will aber hier gelegentlich darauf zurückkommen, um anzuführen, dass man, wenn man eine Froschlarve sehr lange unter dem Mikroskope beobachtet, oft die Herzthätigkeit so geschwächt sieht, dass die Blut- eireulation in den Gefässen des Schwanzsaumes aufhört, und man sieht dann häufig das neugebildete Gefässe so zusammenfallen, dass das Lumen vollständig zu verschwinden und sich das Gefäss wiederum in einen soliden Strang umzuwandeln scheint; im letzteren sind dann stellenweise den in der Gefässwand schon gesammelten Spindeln entsprechend, Knoten zu bemerken. Solche stellenweise knotig ver- diekte Stränge, in welchen nach verschiedenen äusseren Einflüssen Kerne zum Vorschene kommen, findet man fast immer, wenn man den abgeschnittenen Schwanz emer Froschlarve untersucht. Diese von den Geftässsprossen wohl zu unterscheidenden strangförmig zu- sammengefallenen neu gebildeten Gefässe, haben den Autoren, unter anderen auch Kölliker (Grewebelehre 5. Aufl. p. 633), wahrschein- lich die Veranlassung zu der Annahme gegeben, dass jene Gefässe im Schwanze der Froschlarven durch das Zusammentliessen der Ge- fässausläufer »mit spindelförmigen Zellen der Bindesubstanz des Schwanzsaumes« entstehen. Ich konnte einen solchen Modus der Bildung nie beobachten. 3ilder, wie das auf Köllikers Fig. 446 !) dargestellte erklären sich auf die eben angegebene Weise, und kommen zur Zeit der Ent- wickiung der Gefässe überhaupt keine eigentlichen spindelförmigen Zellen in der Bindesubstanz des Froschlarvenschwanzes vor, welche in der supponirten Weise mit den Gefässausläufern zusammenfliessen könnten. Ich kehre nun zum Bau der Wand des neu gebildeten Capillarrohres zurück. 2) 20. np. 632, 80 Alexander Golubew: Wir haben früher die Bildung der ersten spindelförmigen An- sammlungen in der Gefässwand verfolgt, und ausserdem an anderen Stellen Anhäufungen der Wandsubstanz von unregelmässiger Form kennen gelernt. Diese letzteren verbinden sich mit einander durch feine Brücken, welche in verschiedenen Richtungen verlaufen, wodurch ein sehr unregelmässiges Netz entsteht. Die Balken dieses Netzes sind ungleich dick und unterscheiden sich nur durch ihre geringere Durchsichtigkeit von den zwischen den Balken befindlichen Intersti- tien, welche mehr durchsichtig sind. In ganz frischem Zustande kann man nur die dicken Balken (Fig. 19e) unterscheiden, dünnere ent- gehen ob ihrer von den interstitiellen Wandtheilen wenig verschie- (denen Durchsichtigkeit der Beobachtung. Das besagte Netz tritt viel deutlicher hervor nach der Einwir- kung chemischer Agentien, z. B. des Wassers, der Müller’schen Flüssigkeit oder aber nach der Application von Inductionsschlägen, wobei die Netzbalken deutlicher körnig werden, als die Zwischen- räume zwischen denselben. Es soll ferner bier daran erinnert werden, dass man, wenn zwar nicht an den Gapillaren der Froschlarve aber an denen anderer Objecte die Erfahrung gemacht hat, dass Behandlung der Präparate mit Silberlösung in gewissen Fällen ebenfalls netzförmige Zeichnun- gen an den CGapillargefässen hervorbringt, und dass dabei die den Balken entsprechenden Stellen mit Silber stärker gefärbt erscheinen als die Zwischenräume )). Die spindelförmigen Gebilde der Gefässwand sind im neu gebil- ıleten Gefäss, wie wir schon gesehen, noch in sehr geringer Menge vor- handen Fig. 56. Sie gehen in die dazwischen liegenden dünneren Stellen der Gefässwand unmerklich über. Es ist mir leider nicht gelungen, Froschlarven mit Silber zu injieiren. Behandelte ich Stücke des abge- 1) His (M. Schultze’s Arch. B. I, Taf. XI, Fig. IV) hat ein mit Silber behandeltes Gefäss an dem ligamentum suspensorium hepatis des Meerschwein- chens abgebildet. Den oben angeführten Beobachtungen nach, glaube ich in dem Abgebildeten ein Gefäss in dem beschriebenen Stadium der Entwicklung zu sehen. Der Unterschied zwischen dem abgebildeten Gefässe und den von mir beobachteten Gefässen des Froschlarvenschwanzes besteht darin, dass das erstere viel reicher an den mit Silber stärker gefärbten Stellen ist und dass die Commwunieationsfäden zwischen diesen letzteren zahlreicher und regelmässi- ger sind als bei den Gefässen der Froschlarven. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 81 schnittenen Schwanzes mit Silberlösung, so erlitten die Spindeln, da eine unmittelbare Einwirkung der Silberlösung auf sie nicht statt- fand, schon die zum Erscheinen der Kerne führenden Veränderungen. Die deutlich begrenzten Kerne erscheinen aber dann mit einer Menge von körniger Substanz umgeben, welche letztere in die gleich- falls körnig erscheinenden und nach der Silberbehandlung sichtbaren Netzbalken übergeht Fig. 21 !). Von den bekannten in den ausge- bildeten Capillargefässen durch Silberinjection zum Vorschein kom- menden Linien konnte ich dagegen an den Capillaren der mit Silber behandelten Schwanzstücke nichts sehen ?). Wern wir nun das, was wir in den drei ersten Abschnitten über die Nickhautgefässe des Frosches angegeben haben, mit dem . vergleichen, was wir jetzt über die Entwicklung der Capillaren im Larvenschwanze beigebracht haben, so lässt sich nicht leugnen, dass es einigen Schwierigkeiten unterliegt, die an den genannten Obiecten beobachteten Bilder auf einander zu beziehen. Es drängt sich uns zuerst die Frage auf, wie die anfangs so spärlich vorhandenen Spindeln sich vermehren. Beobachtet man die Gefässe des Schwanzsaumes älterer Larven, so findet man sehr oft Bilder, wie das auf Fig. 30 dargestellte, wo man an einem Gefässe, das überhaupt nur sehr wenige Spindeln ın seiner Wand enthält, Stellen findet, wo zwei Spindeln (a b) welche in der Regel kleiner sind als die anderen, in der aus der Abbildung ersichtlichen Weise dicht neben einander liegen, so wie wir es ähn- lich früher auch an den Capillaren der Nickhaut des erwachsenen Frosches kennen lernten. — Solche Bilder weisen darauf hin, den Antheil, welchen die Theilung der erst angelegten Spindeln an der Vermehrung nimmt, ins Auge zu fassen. In der That hat man an den Gefässen solcher Larven, bei wel- chen sich schon die hinteren Extremitäten zu entwickeln anfangen, nicht selten Gelegenheit, verschiedene Stadien der Theilung der 1) His (M. Schultze’s Archiv B. I, p. 188) hat dasselbe Bild an jungen Gefässen dünner Häute der Säugethiere beobachtet. Er scheint aber nicht geneigt zu sein, die von ihm beobachtete Erscheinung in Zusammenhang mit einem bestimmten Stadium der Entwicklung des Gefässes zu bringen. 2) Kölliker (l. c. p. 634) konnte an eben sich entwickelnden Gefässen von Froschlarven die Silberlinien ebenfalls nicht darstellen. M. Schultze, Archiv f, mikrosk. Anatomie. Ld. 5. 6 82 Alexander Golubew: Spindeln zu beobachten, so ist ein Gefäss mit zwei sich theilenden Spindeln in Fig. 31 naturgetreu abgebildet. Eine grössere Spindel zeigt in ihrem mittleren breiteren Theile einen blassen schmalen Streifen und wird durch diesen Querdurchgang in zwei mehr oder minder gleiche Hälften getheilt. Beide Hälften stellen zuerst Dreiecke vor, deren breite Basen einander gegen- über liegen und durch den oben erwähnten blassen Streifen von einander getrennt sind, deren entgegengesetzt gerichtete Spitzen nichts anderes als die zugespitzten Enden der Mutterspindeln sind. Später aber fängt eine Ecke der Basis jeder Hälfte an sich in die Länge auszuziehen und zwar so, dass, wenn bei der höher liegenden Hälfte sich die linke Ecke der breiten Basis zu verlängern anfängt, sich bei der untern die rechte verlängert. (Den Anfang dieses Vor- ganges kann man in Fig. 31 an den Hälften der untern Spindel a sehen.) Dadurch nimmt die früher quer liegende blasse Theilungs- linie eine schiefe Richtung an {Fig. 31), welche mit der Zeit, wenn die beiden Hälften (resp. jungen Spindeln) auf diese Weise neben einander langsam fortwachsen, und dabei allmählig die gewöhnliche Form der Spindeln annehmen, — in eine der Längsaxe der Spindel beinahe paraleile Richtung übergeht (Fig. 30 ab). Schon zu der Zeit als die Mutterspindel durch einen quer lau- fenden kaum merklichen Streifen in zwei Hälften getheilt erscheint, verhält sich jede Hälfte in Bezug auf die elektrische Reizung, die ich an solchen Objeeten oftmals vorgenommen habe und welche ge- rade hier sehr interessant ist, ganz selbständig: in jeder Hälfte, die mehr oder minder rundlich wird, erscheint ein Kern (Fig. 32). An den Stellen, wo früher die Spitzen waren, erscheint dabei eine ge- ringe Menge von feinkörniger Substanz (Fig. 37ab). Der blasse /wischenraum zwischen den Hälften wird grösser. Nach einiger Zeit Ruhe werden die rundlichen Kerne wiederum länger und der blasse Zwischenraum verkleinert sich merklich. Nach einer neuen Reizung werden sie wiederum mehr rund. An den auf Fig. 32 ab- gebildeten Spindelhälften wurde der Versuch dreimal wiederholt. Ausser den eben beschriebenen sich evident theilenden Spindeln fand ich nicht selten Bilder, wie sie in Fig. 33 und Fig. 35a dar- gestellt sind. Ob wir es auch hier mit Theilungserscheinungen zu thun haben, konnte ich nicht mit Sicherheit ermitteln. Ich will nur bemerken, dass die Spindel a (Fig. 33) nach dem Zusatze verdünnter Essigsäure einen Kern erscheinen liess, dabei aber ihre Einkerbung beibehielt (Fig. 34a). Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe etc. 83 Dass die Theilung der zuerst angelegten Spindeln als einer jener Vorgänge angesehen werden muss, der zu den zahlreicheren Spindelelementen, wie wir sie in dem entwickelten Gefässe beobach- ten können, ‚führt, geht aus den eben angeführten Beobachtungen entschieden hervor. Ob die Theilung der erst angelegten Spindeln die einzige Vermehrungsweise ist, und ob das Auftreten der neuen Spindeln zu einer Substitution der früher an Stelle der Spindeln vorhandenen Wandsubstanz führt, oder ob die Substanz des erst an- gelegten Rohres, dessen Länge und Weite sich mit dem Auftreten der Spindeln in der Wand nicht wesentlich zu ändern scheint, als eine formbedingende Grundlage der Spindelausbreitung erhalten bleibt, lässt sich schwer entscheiden, jedoch ist das erstere wahr- scheinlicher und werden wir noch ‚später auf Beobachtungen hinwei- sen, welche dafür sprechen. Wie ich schon früher anführte, ist es mir nicht gelungen, Ca- pillargefässe von Froschlarven mit Silberlösung zu injiciren. Ich vermag daher auch nicht die Zeit zu bestimmen, wann die Silber- linien zwischen den entwickelten Spindeln der Gefässe sicher er- scheinen. — Nur auf die Angabe von Kölliker kann ich hinweisen, dass art. und vena caudalis an älteren Larven die Zellen ihrer Wand durch Höllenstein leicht erkennen lassen; ferner hat Kölliker auf seiner Fig. 426 auch Zellgrenzen aus Capillargefässen von Frosch- larven abgebildet. Dagegen muss ich hier die Thatsache anführen, dass sowohl meine eigenen Versuche mit Silberinjection der Gefässe, als auch einige Andeutungen, welche ich bei anderen Beobachtern gefunden habe, für die Annahme sprechen, dass noch bei dem erwachsenen Thiere Capillaren existiren, in deren Wand noch keine Vermehrung der Spindeln stattgefunden hat, sondern die Gefässwand in einem, früheren Entwicklungsstadien entsprechenden Zustande sich befindet. Beim Frosche (R. esculenta) gehören dahin die Gefässe des Glaskörpers des Auges. Gelungene Silberinjeetionen sind beim Frosche leicht zu erhalten. Ich bediente mich zu ihrer Herstellung einer kleinen Spritze, deren feine Kanüle durch einen kleinen Ein- schnitt von der Spitze des Ventrikels bis in den arteriellen Bulbus vorgeschoben wurde, mittelst eines Fadens wurde der Ventrikel an der Kanüle festgehalten. Das Blut und die Silberlösung flossen durch in die Vorhöfe gemachten Einschnitte ab. Auf diese Weise injieiren sich bei Fröschen immer am leichte- 84 Alexander Golubew: sten die Lungengefässe, ferner der Darm und die anderen Bauch- eingeweide. Dagegen findet man die Gefässe der Nickhaut, der pia mater, der hyaloidea u. s. w. in der Regel nicht injicirt. Diese letzteren Gefässe lassen sich dagegen mit grosser Sicher- heit injieiren, wenn man vor der Injection die grossen Gefässe vor- sichtig bloss legt und dann beiderseits die Lungenarterien unmittel- bar nach ihrem Abgange von dem Stamm der grossen Gefässe unterbindet. Zahlreiche in dieser Weise vorgenommene Injeetionen, nach welchen sich in den Capillaren der Nickhaut u. s. w. bei geeig- netem Verfahren die Silberlinien ausgezeichnet schön entwickelten, ergaben mir dagegen für die Gefässe der Hyaloidea immer das Resultat, dass dieselben mehr oder minder stark, aber gleich- mässig braun gefärbt waren; von den Silberlinien war hier nichts zu sehen; nur ein oder das andere von Silberlinien eingefasste Feld, gewöhnlich in die Länge gestreckt und mit abgerundeten Enden versehen, oder eine bald wieder unterbrochene Linie erschien ver- einzelt in der sonst wie gesagt gleichmässig braun gefärbten Wand. Was die Beobachtungen und Versuche anderer Forscher anbe- langt, welche die Thatsache zu bestätigen scheinen, so will ich auf die von Chrzonszszewsky !) abgebildeten Capillargefässe der Harnblase einer Katze aufmerksam machen. Man sehe l. c. Taf. V Fig. 2 an. Chrzonszszewsky will den Umstand, dass an den Stellen a u. b seiner Fig. die Silberzeichnungen fehlen, gerade aber an die- sen Stellen eine scheinbar structurlose Membran zum Vorschein kommt, dadurch erklären, dass die Epithelzellen, welche die innere Schicht der Gefässwand ausmachen sollen, in Folge der Ausdehnung der injieirten Harnblase auseinander geschoben sind, und dadurch die sonst unsichtbare äussere homogene Hülle der Gefässwand, welche er annimmt, zum Vorschein kommt. Indess kann man der Abbildung entnehmen, dass die Gefässe an den Stellen a u. b keine Spur von Zerrung in die Länge zeigen, und auch die auseinander geschobenen Zellen nicht gezerrt er- scheinen. 1) Virch. Arch. B. 35, Taf. V, Fig. 2. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 85 ” Im Gegentheile sieht man, dass die gegen die zellenlose Stelle des Gefässes hin gerichteten Enden der Zellen glatt und merkwürdi- ger Weise zugerundet erscheinen, während sonst die Enden der Zellen in der Gefässwand überall zugespitzt sind und weiter, dass die durch den spindellosen Zwischenraum getrennten Zellen einander entschieden nicht entsprechen (was besonders bei b auffallend ist). Endlich sieht man, dass das spindellose Wandstück, welches (durchaus nicht dünn gezeichnet ist, sondern sogar doppelt contourirt, gerade da aufhört, wo es die Zellengrenzen berührt. Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass Auerbach, Eberth!) u. A. bei ihren Silberinjeetionen an den kleinsten Ge- fässen Stellen gesehen haben, wo die Gefässwand durch eine einzige eingerollte Zelle gebildet zu sein schien; ich habe solche Bilder nicht beobachtet und möchte daher nur darauf aufmerksam machen, dass man hier zu beachten habe, ob nicht vielleicht gerade eine noch erhaltene Strecke der ursprünglichen Anlage der Capillarwand vorliegt. Nach unseren Beobachtungen an den Capillaren des entwickel- ten Frosches ist ferner erwiesen, dass die Theilung der Gefässspin- deln beim Frosche nicht auf die Larvenperiode beschränkt ist, sondern auch in den Gefässen des erwachsenen Thieres vor sich geht, wo ich diesen Vorgang (in Fig. lab und Fig. 6 A naturgetreu dargestellt) öfter direct beobachtet habe. In der hier gegebenen Darstellung der Gefässentwicklung im Schwanze der Froschlarven wurden ausschliesslich die eigentlichen Bluteapillaren berücksichtigt. Bekanntlich existirt aber in dem Froschlarvenschwanze noch eine besondere Art von Gefässen, welche zeitweise ebenfalls Blut- körperchen (auch rothe) enthalten, am öftesten dagegen nur mit einer wasserhellen Flüssigkeit gefüllt erscheinen, und welche von Kölliker und Anderen für Lymphgefässe gehalten werden. Was die Entwicklung dieser letzteren Gefässe anbetrifit, so kann ich vorläufig nur sagen, dass sie in allen wesentlichen Punkten mit jener der eigentlichen Blutcapillaren übereinstimmt. — Die Ab- bildungen Fig. 37 u. 38 gehören solchen Gefässen an. Da in dieser Abhandlung welche sich zunächst nur mit den (refässen des Frosches beschäftigte, doch gelegentlich auch auf be- 1) Würzburg. Zeitschr. B. VI, p. 29. 86 Alexander Golubew: kannt gewordene Thatsachen hingewiesen wurde, welche sich auf die Capillaren von Säugethieren beziehen und in Bau und Entwick- lung diese Gefässe jenen des Frosches analog sind, so will ich auch noch auf die Angaben hinweisen, welche His gelegentlich über die Gefässe der gelben Körper macht so wie auf dessen Abbildung (M. Schultze’s Arch. Bd. 1 Taf. X, Fig. 10a) aufmerksam machen, wo ein aus dem gelben Körper der Kuh isolirtes Gefäss dargestellt ist, dessen Zusammensetzung aus Spindelzellen, auch ohne Silber- färbung deutlich hervortrat. Zum Schlusse halte ich für meine Pflicht, dem Herrn Prof. Rollett, in dessen Laboratorium diese Arbeit gemacht wurde, meinen herzlichen Dank auszusprechen. Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 87 Fig. Fig. 1) 0: BL, Erklärung der Abbildungen auf Taf. V. Optischer Längsschnitt eines Capillargefässes der Nickhaut des Frosches Aadd'. Verdiekungen des Wandsaumes, welche den dickeren centra- len Theilen der Spindelelemente der Gefässwand entsprechen. e Dünnere Stellen des Saumes, welche den dünneren peripherischen Theilen der Spindelelemente entsprechen. b Theilung eines Spindelelementes. B Das Gefäss A nach dem Electrisiren: Verengerung des Lumens, Auf- treten der Gefässkerne. Ein Capillargefäss aus der Schwimmhaut des Frosches, nachdem das Präparat einige Zeit unter dem Mikroskope gelegen hat. c Spindel- elemente der Gefässwand von der Fläche gesehen. Ein Capillargefäss aus der Nickhaut. Das Präparat lag längere Zeit unter dem Mikroskope. e Spindelelemente von der Fläche gesehen. Ein Capillargefäss aus der Nickhaut nach elektrischer Reizung. Ver- änderung der Spindelelemente. a Centraler hblasser Theil der Spindel (Kern) mit zerstreuten glänzenden Körnchen im Innern. b Schicht der glänzenden Substanz, welche den centralen Theil umgiebt und denselben von der hyalinen Substanz der Zwischenräume c abtrennt. Kerngruppe aus einem Capillargefäss der Nickhaut nach elektrischer Reizung. Verschiedene Stadien der Umwandlung der Spindelelemente. Bei b sind die Elemente noch sehr wenig verändert. d Andeutungen der Grenzen zwischen den einzelnen Spindeln. Ein Capillargefäss aus der Niekhaut. An der linken Seite der Ge- fässwand (A) Theilung einer Spindel. An der rechten Seite der Ge- fässwand (B) die Veränderungen der Spindel nach dem Elektrisiren. Die rechte Seite (B) desselben Gefässes 25 Minuten nach der elektri- schen Reizung. Erholung der Spindelelemente. Schematische Darstellung der Capillargefässmembran. Die Pfeile g—g zeigen die Richtung des optischen Längsschnittes. Auf der linken Seite neben einander liegende Spindelelemente im frischen Zustande. c. Anfang der Umwandlung, welche zum Auftreten der Spindel der Gefässkerne führt. Auf der rechten Seite spätere Stadien dieser Um- wandlung. d Durch Silber darstellbare Grenzen zwischen einzelnen Spindelelementen. f. Theilung der Spindel. g. Nebeneinanderwachsen der Spindelhälften. Doppelte Spindel in einem Capillargefässe der Nickhaut. Uebergangsgefässe. a Eine innere längsliegende Spindel. b Aeussere querliegende Spindeln. Veränderungen der äusseren Spindeln desselben Gefässes nach dem Elektrisiren. „12. 518): Alexander Golubew: Ein aus der Wand eines fertigen Gefässes herausgetretener Gefäss- spross. a. Uebergang der soliden Basis des Sprosses in die Wand des Muttergefässes. b. Noch wenig ausgeprägte trichterförmige Erweite- rung der Basis des Sprosses. c. Solider Theil des Sprosses. . Derselbe Spross nach einiger Zeit. In Folge des Fortschreitens der Masse des Sprosses ist die Basis seines soliden Theiles von der Wand des Muttergefässes (b) mehr entfernt; darum ist der zwischen der Ba- sis des soliden Theiles und der Wand des Muttergefässes befindliche röhrenförmige Theil des Sprosses (a c) grösser geworden. . Vereinigung zweier auf einander getroffener Sprossen in eine Schlinge. . Ein neugebildetes Gefäss mit einer Zacke a (Anfang des Sprosses). c. Dotterkörnchen in der Masse schon zur Schlinge vereinigter Sprossen. . Blindsackförmige Endigung eines Capillargefässes im Schwanzsaume einer Froschlarve. . Sehr früh in den Schwanzsaum hineingetretener Gefässspross. . Veränderung der Wand eines neu gebildeten Capillargefässes nach der elektrischen Reizung. Körnig gewordene Wandsubstanz ungleich- mässig vertheilt. b. Eine Ansammlung von Dotterkörnchen. Ein neugebildetes Gefäss. b. Spindelfürmige Anhäufung der Wand- substanz. c. Ansammlungen der Wandsubstanz, welche eine unregel- mässige Form haben, und welche durch Aeste (e) sich mit einander verbindend ein undeutliches Netz bilden. 20. Die Stelle ce desselben Gefässes nach !/, Stunde Formveränderungen der Anhäufungen der Wandsubstanz. Bildung der ersten Spindeln c. , Ein Capillargefäss (einer älteren Larve) aus einem mit Silberlösung behandelten Stücke des Schwanzes. ‚25, 24, 25, 26 u. 27 Entwicklung der Gefässe in dem Schwanzsaume der Froschlarve. . Bildung der Gefässschlinge. Bei e u. d Dotterkörnchen. . Dieselbe Stelle nach 8 Stunden. Der in Folge der Verbindung der Gefässsprossen entstandene solide Strang ist kürzer (u besonders in der Mitte) und dicker geworden.: . Der sehr verkürzte und verdiekte mittlere Theil einer sich bildenden Gefässschlinge stellt noch einen soliden Pfropf dar. . Dieselbe Stelle nach 1’/, Stunde; der Pfropf ist in der Mitte schon durchgängig geworden; seine Masse sammelt sich gegen seine Peri- pherie d—d. . Endliches Resultat desselben Prozesses. In der Wand des jetzt voll- kommen durchsichtigen Gefässröhrchens zwei gegenüber liegende spindelförmige Anhäufungen a b. . Dieselbe Stelle nach der elektrischen Reizung. . Schematische Darstellung des Ganges der Anschwellung der Grund- substanz des Froschlarvenschwanzes vor dem Auftreten der Gefässe. "Beitr. z. Kenntniss d. Baues u. d. Entwicklungsgesch. d. Capillargefässe ete. 89 Fig. Fig. 30. 31. Der Schwanz von der Seite gesehen. a. In der Schwanzaxe befindliche Gefässschlinge. Die Linien ed eg stellen die allmälig fortrückende Grenze der Anschwellung der Grundsubstanz dar. b und f Die zur Bildung einer ersten Gefässschlinge aufeinander treffenden Gefäss- sprossen. Ein neugebildetes Gefäss. a b. Theilung der Spindel. Ein Gefäss im Schwanze einer Larve, die schon hintere Extremitäten hat. (Das Präparat hat einige Zeit unter dem Mikroskope gelegen.) a und b Zwei sich theilende Spindeln. d Eine Spindel in der Mantel- fläche des Gefässes undeutlich gesehen. e Zwei rothe Blutkörperchen im Innern des Gefässes. 2. Veränderungen der sich theilenden Spindeln der vorigen Figur (a b) nach elektrischer Reizung. . Capillargefässe einer älteren Larve. . Dieselbe Stelle nach dem Zusatze verdünnter Essigsäure. . Capillargefäss einer älteren Larve. . Neugebildetes Capillargefäss einer jüngeren Larve. . Lymphgefäss im Larvenschwanze. . Die Stelle a desselben Gefässes nach 10 Minuten. Berichtigung: In Fig. 20 fehlt auf der Tafel der Buchstabe e ent- sprechend e Fig. 19. In Fig. 31 sollen die Contouren der Spindel d nach oben über das darunterliegende Blutkörperchen e fortgesetzt gezeichnet sein. Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus, Von Dr. A. Goette. Hierzu Taf. VI und VII. Die folgenden Mittheilungen sollen die Grundzüge der Ent- wickelung in den Eiern und Larven des bombinator igneus darstel- len. Die Ausbildung der äussern Form konnte übergangen werden da sie durchaus mit derjenigen des Frosches übereinstimmt, welche bereits aus klassischen Arbeiten bekannt ist. Ich beschränkte mich also auf die innere Untersuchung, deren Befunde gelegentlich an entsprechenden Zuständen von rana esculenta, triton taeniatus, sa- lamandra maculata geprüft und bestätigt wurden. Daher glaube ich, dass die am bombinator igneus gefundenen Thatsachen sich di- rekt werden vergleichen lassen mit den frühern Angaben über die Entwickelung von Batrachiern, namentlich des Frosches. l. Das Ei und die Keimblätter. Seil Ich gehe von dem Zeitpunkte aus, in welchem die Furchung bereits ein chagrinartiges Aussehen der dunklen Dotteroberfläche hervorgebracht hat. In der obern Halbkugel des Eies befindet sich alsdann die Keimhöhle, beiläufig von der Gestalt einer biconvexen Linse (Fig. 1). Ihre gewölbte Decke besteht aus mehrfach geschich- teten braunen Kügelchen, welche sich durch Zwischenstufen an die erössern hellen Dotterstücke im dicken Boden der Keimhöhle an- schliessen. Während die Zellenbildung ihrer Vollendung entgegen- seht, erstreckt sich die Zone jener kleinen Elemente, welche die Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus 91 extremen Formen der obern und untern Halbkugel verbindet, ab- wärts über den Aequator hinaus (Fig. 2); noch sind aber weder an der Peripherie, noch im Innern des Dotters wirkliche Grenzen diffe- renter Theile sichtbar. Darauf bildet sich längs des untern Randes jener Zone eine sichelförmige Furche (Rusconischer After), wel- che sich unter der Oberfläche des Kies erweitert (Fig. 2,3). Sobald diese Bildung begonnen hat, sondert sich von dort aus, wo die Decke der Keimhöhle den Boden derselben berührt, die braune Rinde des Eies als unmittelbare Fortsetzung jener Decke von dem darunter- liegenden hellen Dotter ab und recht alsdann bis zum Rande des Rusconischen Afters. Die von letzterem ausgehende breite Spalte verläuft eoneentrisch mit der Oberfläche des Eies durch den weissen Dotter, sodass ein Theil desselben4hautartig an der braunen Rinde haften bleibt und nur am Rande mit der übrigen kugeligen Dotter- masse zusammenhängt (Fig. 6). Während die Rusconische Spalte sich zuerst an ihrem blinden Ende aufbläht und so zur Höhle wird, erweitert sie sich auch in der entgegengesetzten Richtung da- durch, dass ihr Dach abwärts wächst; wie denn auch der sichel- förmige Rand desselben sich zu einer Kreisfalte vervollständigt, welche sich stetig zusammenzieht. — Unterdess offenbart sich eine zweite Sonderung in der Dottermasse. In der hautartigen Decke, welche die Rusconische Spalte vom weissen Dotter abhob, lässt sich alsbald eine dickere kleinzellige Schichte, welche unmittelbar an die braune Rinde stösst und von der früher erwähnten Zone abstammt, und eine die Höhle auskleidende einfache Lage grosser weisser Dot- terzellen unterscheiden (Fig. 3). — Nunmehr ist die Decke der Rus- eonischen Höhle aus drei gesonderten Blättern zusammen- gesetzt, wovon das äussere und das mittlere gegen den Rusconischen After hin sich ansehnlich verdicken, in entgegengesetzter Richtung aber in kürzester Zeit bis auf zwei Lagen abnehmen (Fig. 4). Das innerste Blatt bleibt eine einfache Zellenlage. Bis zum Erscheinen der Rusconischen Spalte nimmt die Keim- höhle um ein Mehrfaches zu, indess die Mächtigkeit ihrer Decke sich bedeutend verringert. Sowie das blinde Ende der Rusconischen Spalte bis in die Nähe der Keimhöhle vorgedrungen , beginnt die letztere zu schwinden. Doch ziehen sich ihre Grenzen nicht allsei- tig zusammen, sondern nur dort, wo die Spalte vorrückt, indess auf der entgegengesetzten Seite der Abstand zwischen Keimhöhle und Rusconischem After unverändert bleibt (Fig. 3, 4, 5). Offenbar be- 92 A. Goette: ruht also das Schwinden der Keimhöhle darauf, dass ein Theil ihres Bodens durch jene fortschreitende Spaltung von der übrigen Masse des weissen Dotters stetig abgehoben und der Decke angefügt wird. Ist die Keimhöhle endlich ganz geschwunden, so sind die Grund- anlagen des embryonalen Körpers geschaffen (Fig. 5). Die Rusco- nische Spalte ist die Darmhöhle, ihre Decke der Rücken, ihr Boden der Bauch des Embryo. Der letztere besteht aus denselben drei Schichten, welche am Rücken unterschieden wurden und deren Sonderung von dort aus über das ganze Ei sich verbreitet. Abwei- chend ist nur die Mächtigkeit der innersten Schichte, welche am Bauche eine solide kugelige Masse darstellt, den Rest des ursprüng- lichen hellen Dotters. Jene Schichten sind die bekannten drei Keimblätter. Schematisch könnte das bisher Besprochene etwa folgender- massen dargestellt werden. Die erste morphologische Sonderung im Ei des bombinator igneus ist ein Hohlwerden der soliden Dotter- kugel; ein Theil ihrer Wand stülpt sich darauf ein, legt sich an die gegenüberliegende an, wodurch die ursprüngliche Höhle schwindet; indem endlich die Mündung der Einstülpung verwächst, sind zwei concentrische, im ihrem Umfange zusammenhängende Keimblasen entstanden. Die äussere ist das Sinnesblatt, die innere zerfällt in das mittlere Keimblatt unddas Darmblatt, welches durch eine einseitige Verdickung (Dotterkern, Drüsenkeim Remak) die Blasenform beeinträchtigt. f Weder lag es in meiner Absicht, noch gestatten es die Gren- zen dieses Aufsatzes, die ganze Litteratur über die Embryologie der Batrachier zu besprechen. In Remak’s »Untersuchungen über die Entwickelung der Wirbelthiere« sind ohnehin die ältere Werke hin- länglich berücksichtigt. Da mir überdies die neueren Arbeiten nur theilweise zur Hand waren (z. B. die Aufsätze von Stricker), so beschränke ich mich hauptsächlich auf Bemerkungen über Remak’s Angaben, welche im Wesentlichen noch anerkannt werden. In Betreff der ersten Entwickelungsvorgänge gehen Remak’s Angaben und die meinigen ziemlich auseinander. Ich hebe hier die wichtigsten Differenzen hervor. Remak behauptet, dass die braune Decke der Keimhöhle (Furchungshöhle R.) die Anlage für das obere und für das mittlere Keimblatt enthalte, dass also ausser ihrer Fort- setzung im Rücken nur noch eine einfache Zellenlage, das Darm- Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 93 blatt, vorhanden sei (a. a. O. S. 140, 181. Taf. XII Fig. 1—6). Ich habe stets jene Decke in schärfster Abgrenzung blos in das Sinnes- blatt der Rückenwand übergehen und das mittlere Keimblatt ebenso deutlich aus dem weissen Dotter entstehen sehen. — Ferner hat Remak (a. a. 0.8. 142) die Bildung der Darmhöhle richtig erkannt, aber dieselbe als zum Theil vergänglich, als blos vorläufige (primi- tive) Nahrungshöhle geschildert (a. a. O. S. 145, 159, 160). Ich werde weiterhin zeigen, dass die ganze Rusconische Höhle sich in den bleibenden Darmkanal verwandelt, also keine vergängliche oder vorläufige Bildung ist. li. Der Rücken. $2. Die im Anfange ihrer Bildung verhältnissmässig dicke Rücken- wand verliert, während sie sich verlängert, an Mächtigkeit, indem sowohl das Sinnesblatt wie das mittlere Keimblatt ihre Zellen in je zwei einfache Lagen vertheilen. Dies findet jedoch keine Anwendung auf die hintersten Theile: hier, im Rande des Rusconischen Afters, erhält sich die ursprüngliche Dicke, sodass er wulstförmig erscheint (Fig. 5). Und entsprechend der Wahrnehmung, dass die Innigkeit des Zusammenhanges von Sinnes- und Mittelblatt von vorne nach hinten zunimmt, reicht auch ihre Sonderung nur bis zum Afterwul- ste; in demselben fliessen sie zusammen (Fig. 7). So lange nun der Rusconische After ringförmig offen steht, ist diese Verschmelzung am Ende der Rückenaxe relativ breit; zieht sich jener von beiden Seiten spaltartig zusammen, so wird sie natürlich ebenfalls schmäler, leistenartig. Diese Leiste sondert sich zunächst innerhalb des mittle- ren Keimblattes gegen dasselbe ab und ist dann für die Wurzel der Chorda anzusehen, welche mit dem Sinnesblatte noch ohne Grenze zusammenhängt (Fig. 8). Die genannte Sonderung schreitet ziemlich schnell in der Rückenaxe fort und dort, wo die Keimblätter dünner und vollständig getrennt sind, ist als Fortsetzung der leisten- artigen Chordawurzel ein rundlicher Strang sichtbar, welcher über dem Kopfende der Darmhöhle sich verliert. Hier wird nämlich der helle Dotter, aus welchem die beiden untern Keimblätter hervorgehen, so dünn, dass die Zellen zur Bildung eines mittleren Keimblattes nicht vollständig reichen, und in der Mitte eine runde Lücke des letztern entsteht, wo das Sinnes- und das Darmblatt einander be- 94 A. Goette: rühren (Fig. 10). Es erhellt also, dass die Entwickelung der Chorda, an dieser Lücke angelangt, eine Grenze findet. Auf die Bildung der Chorda folgt diejenige der Anlagen des Centralnervensystems. Bei der Zusammenziehung des After- wulstes entsteht eine Rinne, welche aus dem obern Ende der After- spalte entspringt und über der Chordawurzel das Sinnesblatt ein- drückt (Fig. 8). Dass dieser winzige Anfang einer Primitivrinne eine unmittelbare Folge ist der Zusammenziehung eines kreisförmi- sen Wulstes zu Rändern einer Spalte, wird dadurch bestätigt, dass derselbe auch an der innern Seite, ferner sehr oft am entgegen- gesetzten Ende und sonst an seinem Umfange sich faltet!). Jeden- falls habe ich in der übrigen Rückenaxe vor der Bildung der Rücken- marksanlagen keine Rinne an der Oberfläche des Sinnesblattes ge- sehen. Wohl aber entsteht später und aus andern Ursachen eine solche im Anschlusse an jene unbedeutende Primitivrinne; desshalb übertrage ich auf sie die von Dursy (der Primitivstreif des Hühn- chens S. 46) für das Hühnchen im Gegensatze zur Primitivrinne eingeführte Bezeichnung Rückenrinne. — Nachdem die Primitiv- rinne erschienen, führt die darauf folgende Entwickelungsstufe zwei neue Bildungen ein: die Medullar- und die Urwirbelplatten. Die ersteren bestehen zunächst in einer Verdickung der tiefern Lage des Sinnesblattes zu beiden Seiten der Rückenaxe, worüber die ober- flächliche Lage noch unverändert hinzieht. Ein Anschwellen der die Chorda einfassenden Ränder des mittleren Keimblattes erzeugt die Urwirbelplatten. Die Verdickungen beider Blätter liegen übereinan- der, müssen also, wenn die Axengebilde im Zusammenhange bleiben, sich beiderseits über diese erheben und so die Rückenrinne bilden. — Die Besonderheiten der genannten Anlagen in den einzelnen Ab- schnitten des Rückens bedingen sich gegenseitig und sind folgende. Am Schwanzende waren die besprochenen Theile gleichsam vor- gebildet in der Primitivrinne und dem Waulste (Fig. 8). Die Enden beider Medullarplatten fliessen hier zu einer zusammen; diese ist oben eingefurcht (Primitivrinne) und ruht in einer flachen Grube, deren Wände die entsprechend gebildeten Urwirbelplatten sind, wäh- 1) Man darf sich nur nicht jene Zusammenziehung blos mit dem Ver- schwinden des Dotterpfropfes von der Körperoberfläche zusammenhängend denken; er kann äusserlich noch als runde Scheibe sichtbar bleiben, während seine Basis zusammengeschnürt ist. Untersuchungen über die Entwiekelung des bombijnator igneus. 95 rend an ihrem Boden Medullarplatte und Chorda ineinander über- gehen. Die Ablösung der Chorda an dieser Stelle geschieht viel später. — Im hintern Theile des Rückens besitzen die Me- dullarplatten einen nach unten vortretenden Bauch und verdünnen sich in der Rückenaxe, wo sie zusammenhängen (Fig. 11). Dem entsprechend enthält das mittlere Keimblatt, indem es gegen die Chorda allmählig an Mächtigkeit zunimmt, unter dem Bauche der Medullarplatten eine leichte Einsenkung und erhebt sich unmittelbar neben der Chorda zu einer mehr oder weniger ausgesprochenen Kante. Die Kanten beider Urwirbelplatten heben den dünnen Theil der Medullarplatten ins Niveau der übrigen Oberfläche; zwischen ihnen wird aber der Axentheil von der Chorda etwas tiefer fest- gehalten und es entsteht, wie schon erwähnt, die Rückenrinne. — Am Kopfende geschicht dies nicht, denn daselbst überragt die Chorda zuerst das einfassende Keimblatt mit einer dachähnlichen Erhebung, welche den darüberliegenden Theil des Sinnesblattes ein- drückt und verdünnt (Fig. 9). Die innern Seiten der Urwirbelplat- ten erreichen aber später nur die Höhe der Chorda. Mit der Ent- fernung der flachen Bäuche der Medullarplatten von der Axe ist die Kopfanschwellung der künftigen Medullarröhre angedeutet, deren vorderer Abschluss durch das Zusammenfliessen der Medullarplatten in einem Bogen um die Chordaspitze angelegt wird. Dursy hat zuerst beim Hühnchen nachgewiesen, (dass vor der Bildung der Embryonalanlage am spätern Schwanzende eine läng- liche Verdiekung (Primitivstreif) mit einer Längsrinne (Primitivrinne) erscheine, von wo aus zunächst die Chorda ihren Ursprung nehme und nach vorne hervorwachse. Auch beim Batrachier-Eie kann man ein Analogon jener Erscheinungen auffinden : jener Theil des After- wulstes, welcher die Chordawurzel und die Primitivrinne enthält, ist eben ein äusserst kurzer, mehr in die Breite, als in die Länge aus- gebildeter »Primitivstreif«e. — Diese Zustände hat Remak nicht beschrieben; seine Mittheilungen über die Entwickelung des Rückens beginnen mit den hückenwülsten (a. a. O. S. 146) . / $S3. Das Rückenmark. Die Medullarplatten entstehen durch Zellenvermehrung in der tiefern Lage des Sinnesblattes. Die aufrecht stehenden Zellen der äussern Lage nehmen daran nicht Theil und bleiben zuerst davon 96 A. Goette: unberührt. Sobald aber die Rückenrinne erschienen ist, beginnen die in ihrem Bereiche bis ungefähr zur Mitte beider Medullarplatten gelegenen Zellen beider Lagen sich zu strecken und gegen die Axe zu neigen (Fig. 11). So 'entsteht an der Oberfläche der Medullar- platten eine Scheidung der äussern Lage in ein centrales Stück, welches sich der tiefern Lage anpasst und mit ihr alsbald verschmilzt, und die peripherischen Theile, welche ihr selbstständiges epithelarti- ges Wesen behalten. Am Rande jener Verschmelzung beider Lagen wirft nun die tiefere eine Falte auf, als wenn ihrer Ausbreitung ge- gen die Axe ein Damm gesetzt wäre (Fig. 34). Diese Falte, welche aus dem peripherischen Theile der ursprünglichen Verdickung her- vorging, legt sich gegen die Axe um, und indem sie dadurch den darüberliegenden Theil der obern Lage zu einer gewölbten Decke erhebt, entsteht in gewisser Entfernung von der Medianlinie beider- seits ein Wulst (Rückenwülste Rem.). Die emporwachsenden Rückenwülste bilden die Kanten zweier nach unten offenen Flächen- winkel, deren Wände die Medullarplatten und die peripherischen Theile des Sinnesblattes sind, und welche von entsprechenden Er- hebungen der Urwirbelplatten ausgefüllt werden. Indem die Winkel stetig spitzer, die ausfüllenden Kanten schärfer werden, bewegen sich die Medullarplatten um eine gemeinsame Axe gegen einander. Die vorgewölbten Rückenwülste hindern aber ein Zusammenfallen jener; indem sie sich berühren, sind die Medullarplatten zu einer Röhre umgebildet (Medullarröhre Fig. 35). Da aber die Rücken- wülste vom epithelartigen Theile der obern Lage überzogen sind, so kann der Schluss des Rückenmarks erst erfolgen, wenn jene Theile sich von der Auskleidung der Röhre gelöst und in die Höhe gezogen haben. Weiterhin löst sich die ganze peripherische Fort- setzung des Sinnesblattes vom Rückenmarke ab und die gegenüber- stehenden Ränder verwachsen wieder zu einem gleichmässigen Blatte, der Oberhaut (Fig. 16). Der Unterschied von länglichen und runden Zellen, welcher schon in den horizontalen Medullarplatten auftrat (Fig. 11, 34, 35), erhält sich noch einige Zeit an der geschlossenen Rückenmarksröhre (Fig. 21, 12, 15). Die gestreckten Zellen bilden eine innere Schichte und stehen senkrecht zur Innenfläche des Rückenmarks; die runden umgeben sie von aussen. Wo das Rückenmark an die Urwirbel stösst, erfährt eine dünne, nach oben und unten zugeschärfte Lage seiner äussersten Zellen eine eigenthümliche Entwickelung. Die Untersuchungen über die Entwiekelung des bombinator igneus. 97 Zelleneontouren schwinden im Längsschnitte, im Querschnitte bleiben sie noch einige Zeit erhalten. Der frühere Zelleninhalt, Kerne und Dottertäfelchen, macht einem neuen Platz: nach aussen sieht die Zelle leer aus, nach innen sammelt sich in ihr eine unklare Masse, welche im Querschnitte fein punktirt, im Längsschnitte eben so fein und parallel zur Körperaxe gestreift erscheint (Fig. 45). Während diese streifige Masse zunimmt und endlich den ganzen Zellenraum erfüllt, schwinden auch die horizontalen Zellenwände, sodass die ganze Schichte zuletzt nur aus feinsten Fasern besteht (Fig. 18, 24, 27). Später breitet sie sich gegen die obere und die untere Mittel- linie des Organs aus und wird zuden Rückenmarkssträngen. — Die Nervenfasern des Rückenmarks bilden sich also auf die Weise, dass die embryonalen Zelien zu Röhren verschmelzen, in denen der ursprüngliche Zelleninhalt in feinste Fasern zerfällt; zuletzt schwin- den auch die Scheiden der Röhren, sodass alle Fasern ohne eine Spur der früheren Zellen neben einander liegen. — Die länglichen, die runden Zellen und die Fasern sind vor dem Erscheinen der Ex- tremitäten an der Larve zu gleicher Zeit sichtbar (Fig. 18). Später schwindet der Unterschied unter den Zellen des Innern und sie wer- den alle rund. — Aus der Zellenmasse oder der Anlage der grauen Substanz wachsen die Hörner in die von aussen angewachsenen Nervenwurzeln hinein. Da die Zellen der Rinde in Fasern zerfallen, bevor noch eine Rückenmarkshülle vorhanden ist, und die letztere aus deutlichen Zellen zusammengefügt erscheint, so ist dadurch schon die Annahme unmöglich gemacht, dass das Rückenmark irgend welchen Theil sei- ner Hülle selbst bilde. Ueber das Bindegewebe und die Gefässe des Rückenmarks vgl. 8 4. Remak unterscheidet neben der Rückenrinne zwei breite Fel- der und als Einfassung derselben die Wülste (a. a. 0..S. 146\. Diese seien »die Anlage des Medullarrohrs«, während im Bereiche jener zwischen den Wülsten gelegenen Felder eine dünne Verbindungshaut der Medullaranlage vorhanden sein soll, welche allmählig schwinde, wenigstens sich verschmälere (S. 147). — Offenbar beruhen diese Angaben auf äusserlicher Untersuchung ohne Zuhülfenahme der in- nern, obgleich Remak selbst eine treffliche Erhärtungsmethode er- funden hatte. Man wird in dieser Annahme bestärkt, wenn man den $ 29 (8.148) liest. Hier sucht Remak nachzuweisen, dass die m ‘ M. Schultze, Archiv f. mikrosk Anatomie. Bd. 5. 98 A, Goette: Sonderung einer einfachen Fortsetzung des Sinnesblattes und der eigentlichen Medullarsubstanz in den Wülsten dadurch entstehe, dass die Urwirbelplatten in die letztere eindringen. — Remak hat also weder die eigentlichen Medullarplatten, noch die Art ihrer Umbil- dung zur Medullarröhre richtig erkannt. Die Rückenmarksstränge sah Remak beim Hühnchen band- artig entstehen (S. 89), kannte aber ihre Umbildung aus den ur- sprünglichen Rindenzellen nicht. ‚84 Die Urwirbel. Die Urwirbelplatten entstehen im ganzen Rücken !) auf die Weise, dass in dem Rande des mittleren Keimblattes, welcher die Chorda einfasst, zwischen den zwei ursprünglichen Zellenlagen eine neue Zellenmasse sich ansammelt. „Jedenfalls kann man deutlich er- kennen, dass jene Zellenlagen wie durch einen Keil auseinander- getrieben die Rinde der Urwirbelplatten bilden (Fig. 34, 35, 16, 17). Während der Schliessung des Rückenmarks zerfallen die Urwirbel- platten senkrecht zum Rückenmarke, von vorn nach hinten fort- schreitend, in eine Reihe gleicher Stücke, welche freilich noch mit den peripherischen Theilen des mittleren Keimblattes ohne Grenzen zusammenhängen, aber doch schon als Urwirbel bezeichnet wer-, den können. Die Urwirbel haben im Querschnitte des Embryo bei- läufig eine dreieckige Gestalt und sind vorn und hinten mit ihren Nachbarn trotz der Scheidung innig verbunden und daselbst zusam- mengezogen, sodass ihre äussere, innere und untere Flächen im Allgemeinen etwas convex sind (Fig. 24, 25). Ihre Breite nimmt in demselben Maasse zu als sich der Rumpf verlängert. — Die Rinde oder Hülse des Urwirbels liegt dem Kerne dicht an; nur wo ihr äusseres und unteres Blatt zu dem noch indifferenten Reste des Keimblattes (Seitenplatten Rem.) zusammentreten, erhält sich eine kleine Lücke zwischen ihnen und dem Kerne (Fig. 16, 17). In- dem die Hülse des Urwirbels sich allmählig gegen die Seitenplatten absehnürt, wird der Urwirbel vollends gesondert und das mittlere Keimblatt ist dann in folgende Stücke vertheilt: 1. Chorda, 2. Ur- wirbel mit Kern und Hülse, 3. Seitenplatten. 1) Bis auf das Schwanzende, wo sie durch die ursprüngliche Verdiekung des mittleren Keimblattes vorgebildet sind. Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 99 Die Zellen im Kerne der Urwirbel strecken sich parallel zur Chorda und wachsen aneinander vorbei, bis sie zuletzt ein Bündel von gleich langen Stäbchen bilden, deren vordere und hintere Enden sämmtlich in den entsprechenden Grenzflächen des Urwirbels liegen und mit denjenigen der daranstossenden Bündel innig verbunden sind (Fig. 24). Während emer nicht ganz geringen Dauer besitzen die stäbehenförmigen Zellen je einen Kern, welcher genau in der Mitte liegt, sodass die Kernzonen nach einer mässigen Karmintink- tion als hochrothe Streifen erscheinen, welche die blassen Bündel von eben abwärts durchziehen. Die Bündel, in welche sich die Urwir- belkerne verwandeln, sind die Anlagen der Rumpfmuskeln; ihre Zellen werden zu je einem Muskelprimitivbündel, wie es Remak ausführlich beschrieben. Die Hülsen der Urwirbel erfahren eine mannigfaltigere Umbil- dung. Das äussere Blatt sondert sich von den Muskeln, verbin- det sich über dem Rückenmarke mit dem anderseitigen (membrana reuniens superior Rathke) und wuchert ferner zwischen Ober- haut und Seitenplatten abwärts (Fig. 12, 13, 15, 27). Daraus ent- steht das Bindegewebe der cutis und der subeutanen Theile. Indem die Muskeln später in die Höhe wachsen und mit den obern Rändern sich gegeneinander neigen, schliessen sie zwischen sich und dem Rückenmarke einen Theil jener membrana reuniens ein, welcher aber weder an der Bildung der Rückenmarkshülle, noch der Wirbelsäule theilnimmt (Fig. 13, 27, 18). — Von der Grenze des untern und innern Blattes gehen Brücken zu einem Strange, welcher sich indessen vom Darmblatte abgelöst hat und an der Chorda haftet (Axenstrang des Darmblattes, vgl. $ 10); sie umspinnen ihn später und verbinden sich dabei mit den anderseitigen (Fig. 12). Dieses Gewebe besteht gleich im Anfange seiner Entstehung aus länglichen, mit Ausläufern versehenen Zellen, welche netzförmig mit einander verbunden sind, sodass ihre weitere Umbildung zur binde- gewebigen Decke des spätern Retroperitonealraums nicht zweifelhaft bleiben kann. Dass aber die Chorda aus diesem Bindegewebe eine Scheide erhalte, konnte ich niemals sehen, da sie bis zum Erschei- nen der Wirbel keine dieckere Hülle erkennen lässt, als sie schon vor der Entwickelung jenes Bindegewebes besass und nirgends eine innige Verbindung mit der seitlichen Umgebung eingeht. Das innere Hülsenblatt bildet sich zunächst an zwei Stellen aus. Dort, wo der Urwirbel einmal mit der Chorda und dem Darm- 100 A. Goette: blatte, und andererseits mit der Chorda und dem Rückenmarke drei- seitig prismatische Lücken einschliesst (Fig. 16), verdickt sich das Hülsenblatt derartig, dass es die Gonvexität der Fläche vermehrt und die Lücken verengt (Fig. 12). Was von den letzteren zwischen den obern und zwischen den untern Bäuchen je zweier benachbarten Urwirbel übrig bleibt, wird nunmehr durch Ausbuchtungen des Rüekenmarks und des Darmblattes ausgefüllt (Fig. 24). Das ganze Blatt besteht aus Spindelzellen, welche längs der Kernzone des Muskelbündels zu einem zarten Strange und im obern Bauche zu einem spindelförmigen Körperchen sich ansammeln und verdichten (Fig. 25). So werden die Spinalganglien und -Nerven in einem Stücke innerhalb einer dünnen Membran angelegt, welche zu- erst am betreffenden Muskelbündel haftet. Indem dieselbe aber ober- und unterhalb des Rückenmarks mit ihrem Gegenüber, nach vorn und hinten mit ihren Nachbarn verschmilzt, wird sie zur röhri- gen Rückenmarkshülle (Fig. 13). Während dieses Vorgangs schmiegt sich das Ganglion dem Rückenmarke an und verwächst oben und unten mit demselben. Diese angewachsenen Zipfel ziehen sich in der Folge strangartig aus, der untere löst sich zudem bis zum Nervenstamme vom Ganglion ab und alsdann liegen die vor- dern und hintern Nervenwurzeln unverkennbar vor. — Wäh- rend die Hülle mit den Rückenmarkssträngen in Berührung steht, wird ein Zusammenhang beider "Theile angelegt, welcher bald dar- auf, wenn das Rückenmark im Wachsthum gegenüber der Hülle zurückbleibt, also zwischen beiden ein freier Raum entsteht, ersicht- lich wird. Dann erscheint nämlich das Rückenmark wie mit Sta- cheln besetzt; die nähere Untersuchung ergiebt, dass diese feinen Stacheln langausgezogene Zellen sind, welche brückenartig die binde- gewebige Hülle mit dem Rückenmarke verbinden, in das letztere eindringen und wahrscheinlich einzelne Zellen desselben zur Anpas- sung und Fortsetzung der zarten Röhre veranlassen. Denn ich sah im Anschlusse an die äussern dünnen Röhrchen, deren Abkunft durch die eingelagerten Kerne hinlänglich erklärt war, im Innern des Rückenmarks ähnliche Gebilde entstehen: zarte Röhrchen, deren Wände hier und dort durch Kerne aufgetrieben waren. Und da ich in der besprochenen Entwickelungsperiode innerhalb der feingefaser- ten Stränge verstreute Zellen antraf, welche offenbar von der cen- tralen Zellenmasse aus einwandern, so zweifle ich nicht daran, dass jene Röhrchen oder die Gapillaranlagen, ebenso wie alle übrigen Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 101 bindegewebigen Theile in der Substanz des Rückenmarks von den ursprünglichen Zellen der Medullarplatten abstammen. Die untern Bäuche des innern Hülsenblattes bilden sich zum sympathischen Nervensysteme aus, die untern Hülsen- blätter zudem zwischen Muskeln und Peritonäum gelegenen Binde- sewebe. Doch halte ich es für zweckmässiger, die Entwickelungs- geschichte dieser Theile in einen spätern Abschnitt einzuschalten, wo der ganze Retroperitonealraum besonders abgehandelt wird. Remak sagt von den Urwirbeln, dass sie »zunächst bloss die Anlage der Wirbelmuskel sind« (8. 154). Unter dem Rückenmarke sollen sie durch eine die Chorda umhüllende Membran verbunden sein, welche »die Anlage der Aorta sowie der Wirbelkörper enthält«. Ueber den Ursprung dieser Verbindung, sowie der Ganglien und Nerven theilt Remak nichts mit. Kurz, er hat die Hülsen der Ur- wirbel übersehen , also auch deren Umbildung zu Nervensubstanz und Bindegewebe nicht erkennen können. Daher rührt auch die irrige Angabe, dass die Cutis von der äussern Lage der Seiten- platten abstamme (S. 155), welche desshalb »Hautplatte« genannt wird. 85. Die Chorda. Zur Zeit, wann die Urwirbelplatten in Urwirbel zerfallen, zeigen die Zellen der Chorda im Querschnitte eine durchaus runde, im Längsschnitte eine stäbchenförmige Gestalt (Fig. 16, 21); mit andern -Worten, sie sind dünne Scheiben, welche gedrängt liegen. Ihre weitere Umwandlung beginnt vorne — wie alle Entwickelungsvorgänge im Rücken, nachdem die Grundanlagen gegeben sind — und schreitet nach hinten fort. In jeder Zelle sammelt sich eine klare Flüssig- keit an, drängt den frühern Inhalt, Kern und Dottertäfelchen, an die Wand und bläht die ganze Zelle auf (Fig. 14). Dadurch, dass die dünnen Scheiben sich in grössere Kugeln verwandeln, muss die ganze Uhorda an Länge zunehmen; und bemerkenswerth ist es, dass diese Längenzunabme genau mit dem Wachsthum des ganzen Rük- kens übereinstimmt. Da die Dottertäfelchen allmälig schwinden und die Zellmembranen mit einander verschmelzen, so besteht die Chorda endlich aus einem dünnwandigen Fächerwerke mit einem klaren, flüssigen Inhalte, welcher aber bald gallertig wird. — Die glatte Oberfläche der Ghorda wird von den nach aussen sehenden, 102 A. Goette: an den Rändern mit einander verschmolzenen Flächen der Zell- membranen gebildet. An der Innenseite dieser Hülle erhalten sich die Kerne der dazu gehörigen Zellen, während dieselben im Innern über eine gewisse Zeit hinaus nicht mehr sichtbar sind )). Kurz bevor die Extremitäten zu sprossen anfangen, bemerkt man nach innen von der Oberfläche der Uhorda statt jener spar- samen Kerne (von 0.006—0.01 mm. Durchmesser) eine dichtere Lage von länglichen Körperchen von 0.015—18 mm. Durchmesser (Fig. 19a). Sie sind äusserst zart und von homogener Beschaffen- heit, so dass sie erst nach energischer Karmintinktion als rosafar- bene Flecken auf dem ungefärbten Gallertgewebe der Chorda hervor- treten ?). Zwischen je zwei Spinalganglien, also der Grenze zweier Muskelbündel entsprechend, sammeln sich jene Körperchen und zu- gleich die gallertige Masse an und erheben die Oberfläche der Chorda zu runden Höckerchen. Anders gesagt, es treibt die Chorda an den bezeichneten Stellen kleine Sprossen, welche von den Kör- perchen mässig angefüllt sind (Fig. 32). Indem die Sprossen zwi- schen Muskeln und Rückenmarkshülle auf- und auswärts wachsen und in stumpfe Spitzen auslaufen, grenzt sich ihre Masse gegen das innere Fächerwerk der Chorda mit einer convex vorspringenden Fläche ab. Jetzt unterscheidet man an einzelnen Körperchen einen dunklen Punkt, um welchen sich ein verhältnissmässig breiter, heller Saum bildet, dessen Grenzen jedoch erst allmälig hervortreten (Fig. 19b). Indem diese Beschaffenheit der Körperchen immer allge- meiner wird, und endlich ein scharfer Contour und ein granulirtes Aussehen dazu kommen, erscheinen sie als vollkommene Zellen mit’ Membran, Kern und Kernkörperchen (Fig. 20). Zugleich zeigen 1) Da sie bei salamandra und triton noch lange nach der Entwickelung der Wirbel deutlich zu sehen sind, so entsteht die Frage, ob sie beim bombi- nator igneus nicht bloss der zunehmenden Zartheit wegen sich dem Blicke entziehen. 2) Bei salamandra und triton erscheinen sie höchst fein punktirt, waren aber eben so wenig wie beim bombinator igneus von einer Linie contourirt, sondern nur durch den Rand ihrer Substanz von der Umgebung unterschieden. Auch sah ich sie daselbst gegen das Innere der Chorda ohne irgend eine ge- meinsame Grenze je nach der verschiedenen Gestalt mehr oder weniger vor- springen, während nach aussen die ursprüngliche, unmessbar feine Chorda- hülle eine scharfe gemeinsame Grenze lieferte. Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 108 sieh Unterschiede in der Gestalt derselben. An der «anzen Ober- fläche der Chorda, also auch ihrer Spreössen und ebenso an der con- vexen Basis der letztern werden die Zellen gestreckt (Fig. 19c. 20a.), im Innern der Sprossen rundlich. Wo sie länglich, spindelförmig sind, entsteht alsbald ein gefasertes Gewebe, so dass, wenn man die früheren Stadien nicht sah, die Auffassung Platz greifen könnte, als wären jene Sprossen ausserhalb der Chorda entstanden, da sie auf einer geschlossenen, faserigen Scheide derselben aufsitzen. — Mit den Sprossen wachsen auch ihre Zellen und deren Kerne (bis zu 0.01 mm. Durchmesser), welche sieh bisweilen verpoppeln und dadurch eine Zellentheilung anzudeuten scheinen (Fig. 20). Darauf entstehen feste Kapseln um die Zellen in emem solchen Abstande, dass die dadurch neuentstandenen Körperchen einander berühren (Fig. 28a). Hierbei schrumpft die Zellenmembran, indem sie sich theils den runden Kernen 'anschmiegt und theils zusammenfällt; zuletzt scheint sie ganz zu schwinden, während zwischen den Kapseln eine beson- dere Zwischensubstanz erscheint (Fig. 28b). Nunmehr ist die knor- peliche Beschaffenheit der Sprossen oder der Anlagen der Wirbelbogen nicht zu verkennen (Fig. 43). Die Kapseln mit den Kernen der geschrumpften Zellen sind die Knorpelzellen, aus der umschliessenden undurchsichtigen Zwischensubstanz bilden sich die Knorpelkapseln. — Die Wirbelbogen sind also wirkliche Auswüchse der Chorda, hervorgegangen aus einer Zellenschichte, welche als Chordascheide aufgefasst werden kann. Nur ist fest- zuhalten, dass diese Scheide sich nicht von aussen anlegt, sondern innerhalb der ursprünglichen Chordasubstanz entsteht. Die länglichen Zellen der Chordascheide überziehen einmal die sanze Oberfläche «der rudimentären Wirbelsäule in dünner Schichte; hieraus werden wahrscheinlich die faserigen Gewebe des Periosts und der Bänder. Ferner bilden sie dickere Streifen zwischen den Basen je zweier auf einander folgender Wirbelbogen und erhalten da- selbst auch Kapseln, welche aber schmächtig sind und den einge- schlossenen Zellen dichter anliegen (Fig. 43). Dort, wo die untern Ausläufer der Spinalganglien die Grenze der spätern Wirbel andeuten, verdieken ‘sich jene Knorpelstreifen gegen das Innere der Chorda; diese Verdickungen umgreifen rasch nach auf- und abwärts den Umfang der Chorda, verbinden sich mit den anderseitigen und bilden dann dicke Ringe, welche die noch unveränderten Centraltheile der Chorda stark einschnüren (Fig. 44). Dies sind die Intervertebral- 104 A. Goette: knorpel, deren Umbildung zu den Zwischenwirbelgelenken und andern Theilen erst nach der Larvenzeit beginnt (vgl. Gegen- baur Ueber Bau und Entwickelung der Wirbelsäule bei Amphi- bien u. s. w.). Die bemerkenswerthe Thatsache, dass das gallert- erfüllte Fächerwerk der Chorda zuerst nicht im Bereiche der künf- tigen Wirbelkörper, sondern durch die Intervertebralknorpel zu- sammengeschnürt wird, hat bereits Gegenbaur beobachtet (a. a. O.). Viel später erst entstehen die Wirbelkörper, indem die Knorpelsubstanz an den Basen der Wirbelbogen sich auf- und ab- wärts und auf Kosten des innern Chordarestes auch in die Tiefe ausbreitet. Ebenso wie die Wirbelbogen aus der Chorda, sprossen auch die Gelenkfortsätze aus jenen hervor. Die länglichen freien Zellen der Oberfläche vermehren sich an einer Stelle und bilden einen kleinen Kegel (Fig. 43), in dessen Centrum die Zellen rund werden und endlich durch Entwickelung von weiten Kapseln in Knorpelelemente übergehen. Die genannten Fortsätze erscheinen zuerst verhältnissmässig hoch über den Wirbelkörpern; später wird die bleibende Stellung dadurch erreicht, dass die Wirbelbogen sich bedeutend verlängern, die Wirbelkörper an Umfang zunehmen, die Wurzeln der Fortsätze jedoch nicht von der Stelle rücken. Die hierher gehörigen Citate verschiebe ich bis zum letzten Kapitel, welches die Schädelbildung behandelt. $S6. Der Retroperitonealraum und das Uro- Genitalsystem. Indem die Seitenplatten sich von den Urwirbeln trennen, ver- binden sich ihre beiden Lagen längs der neuen Grenze zu einer Falte (Fig. 16. 17). Während diese Falten von beiden Seiten zwi- schen den Urwirbeln und dem Darmblatte stetig zwischen die Me- dianebene des Körpers vordringen (Fig. 12. 13), trennen sich die einander berührenden Flächen beider Blätter der Seitenplatten und umschliessen alsdann die Rumpfhöhle, deren Bildung aber ın der Umgebung des Herzens beginnt (siehe $ 9). Remak nennt das äussere Blatt »Hautplatte«, das innere »Darmfaserplatte«. Weil aber jenes mit der Haut nichts zu thun hat, dieses ausser seiner Theilnahme an der Bildung vieler Eingeweide gewisse Organe selbst- ständig bildet, unterscheide ich das innere Blatt als viscenales Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 105 vom äussern Parietalblatte. Dieses letztere bildet frühzeitig den Urnierengang, welcher mit seinem Mutterboden nach innen vor- rückt, so dass er bald unter den Muskeln liegt. Alsdann kann man denjenigen Theil des Parietalblattes, welcher von der Haut schräg nach innen zieht, aus Analogie mit andern Wirbelthieren Mittel- platte nennen (Fig. 13); wobei nur zu bemerken wäre, dass die- selben nicht aus der Falte der Seitenplatten hervorgegangen, son- dern ein schon früher bestandener und nur nach innen vorgerückter Theil des Parietalblattes ist. Im Uebrigen ist das letztere als An- lage des parietalen Peritonäums anzusehen, da die Gutis vom Hülsenblatte abstammt, die seitlichen und die Bauchmuskeln aber ebenso wie bei andern Wirbelthieren eine Fortsetzung der Rücken- muskeln sind. — Bevor die Falten der früheren Seitenplatten oder die innern Ränder der Mittelplatten beim steten Vorrücken gegen die Medianebene über dem Darme zusammenstossen, hat das Vis- ceralblatt in seinem oberen Theile die Bildung des übrigen Uro- Genitalsystems eingeleitet. Diese Anlage sitzt später an der Gekröse- wurzel, woraus zur Genüge erhellt, dass das Gekröse nicht aus den Mittelplatien, sondern aus dem Visceralblatte hervorgeht. Der Retroperitonealraum entsteht nun dadurch, dass die Hülsenblätter durch ihre Erzeugnisse das Gekröse mit dem Uro- Genitalsystem immer mehr von der Wirbelsäule entfernen und den neuentstandenen Raum zugleich ausfüllen. Der Urnierengang liegt bei ganz jungen Larven zwischen dem Parietalblatte und der Haut, dicht unterhalb der Urwirbel und läuft hinter den Kiemen mit einem nach vor- und rückwärts gekrümmten Ende aus. In seiner ganzen Länge entsteht der ge- nannte Gang durch eine fortlaufende Ausbuchtung des Parietal- blattes, so dass die Rinne nach innen, die convexe Wandfläche nach aussen sieht (Fig. 12. 15). In der Folge schliesst sich die Rinne zu einer Röhre, welche darauf sich vom Parietalblatte löst (Fig. 27) und am vordern Ende unter schneller Längenzunahme sich zu einem Knäuel aufwickelt. Dieser Knäuel oder der Wolff’sche Körper (nach J. Müller) soll bei gewissen andern Batrachiern durch eine Quaste vertreten sein. Am Schwanzende, wo die Seitenplatten neben dem Urnierengange ungetrennt bleiben, verbindet sich derselbe mit dem hintern Ende der Darmhöhle (Kloake). In viel späterer Zeit atrophirt der Knäuel, während der ursprünglich gestreckte Theil sich in seinem Verlaufe zu krümmen beginnt. 106 A. Goette: Sobald der Knäuel sich zu bilden angefangen, bemerkt man an dem gegenüberliegenden Visceralblatte eine Falte, welche in die noch spaltartige Rumpfhöhle vorragt und dem Urnierengange parallel ver- laufend gegen die Mitte des Rumpfes sich verliert (Fig. 15). Die Basis dieser Falte verdünnt sich alsbald zu einem kurzen Gekröse, welches zur Wurzel des unterdess gebildeten Mesenteriums hinauf- rückt; die Falte wird dadurch zu einem länglichen Körperchen, dessen Zellen so sehr den Blutkörperchen gleichen, dass man geneigt sein möchte, auf dem Querschnitte das betreffende Bild auf ein Ge- fäss zu beziehen. Erst aus der Untersuchung von verschiedenen Seiten her erhellt, dass jenes Körperchen dasselbe ist, welches schon J. Müller neben dem Wolff’schen Körper bemerkte und welches Remak nach dem Vorgange Bidders für einen Malpighischen Knäuel erklärte (a. a. O. S. 155). Später zieht sich das Organ zusammen, zeigt bisweilen einen knäuelartigen Bau, besteht aber zur Zeit, wenn das Vorderende des Urnierenganges zu schwinden beginnt, aus atrophischen Zellen ohne bestimmte Gruppirung. Durch die in der halben Körperhöhe stattfindenden Umbildun- gen des mittleren Keimblattes wird der obere Theil der Darmblatt- röhre zusammengedrückt, so dass er zwischen den noch nicht ver- einigten Mittelplatten als runde Leiste nach oben vorragt (Fig. 17. 12. 13. 15°. Zu beiden Seiten desselben zeigt sich nun eine Lücke, welche unten von der Mittelplatte, nach aussen und oben vom untern Hülsenblatte und nach innen vom Darmblatte begrenzt wird (Fig. 13). Doch nur im vordersten Abschnitte des Rumpfes sind die Lücken oder die Anlagen der Aorten getrennt; im übrigen Verlaufe fliessen sie zwischen dem Darmblatte und seinem Axenstrange zum un- paaren Aortenstamme zusammen. Vom untern Bauche des Hülsen- blattes wächst nun eine dicke Leiste als untere Einfassung der Lücke über die Mittelplatten nach innen; an dieser Leiste entlang wuchert von der schon erwähnten bindegewebigen Decke des Retroperitoneal- yaums eine Membran abwärts und umschliesst die Lücke als Gefäss- wand (Fig. 27). Doch sah ich schon vorher Blutkörperchen im Lumen, so dass an der Aorta ebenso, wie es später von andern Ge- fässen nachgewiesen werden soll, das Blut vor der Gefässwand vor- handen ist (Fig. 13). Ferner kommen die Blutzellen nicht etwa alle aus den schon vorhandenen Gefässen her, sondern entstehen zum Theil aus kurzen Fortsätzen des Axenstranges, welcher dieselben vor der Bildung der obern Gefässwand ins Lumen treibt (Fig. 14). Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 107 Ich hole jetzt die Entwickelungsgeschichte des Sympathiecus nach. Die untern Bäuche des Hülsenblattes, aus denen er entsteht (Fig. 12. 25) gleichen darin den obern, dass sie ebenfalls Ganglien bilden und auf jeder Seite der Chorda zu einem Streifen zusammen- fliessen (Fig. 33). Während jedoch die zwischen den Spinalganglien liegende Membran zur Rückenmarkshülle wird, ist in dem analogen Theile der Sympathicusanlage eine ursprüngliche Verbindung der Ganglien gegeben (Grenzstrang). Ferner sind dieselben weder in ihrer Zahl, noch in ihren Ausläufern zu den Eingeweiden so regelmässig wie die Spinalganglien. Die sympathischen Nerven gehen wie die spinalen aus länglichen Zellen hervor, welche zu einem Strange zusammentreten und sich allmälig in Fasern auflösen, wie es schon von den Nervenfasern ‘des Rückenmarks nachgewiesen wurde. — Dort, wo die Hohlvene die Gekrösewurzel erreicht, wu- chern die beiderseitigen Sympathicusanlagen abwärts und bilden durch ihre Vereinigung ein Ganglion, welches durch seine Mächtig- keit alle anderen weit übertrifft und dem Kopfende der unterdess entstandenen Geschlechtsdrüsen an Grösse gleichkommt. Von diesem Ganglion aus, welches ich für das gl. coeliacum halte, wachsen die betreffenden Nervengeflechte in das Gekröse hinein. — Die Ver- bindungen des Sympathicus mit den Rückenmarksnerven sind nach dem früher Gesagten selbstverständlich in der Anlage gegeben, da beide Nervensysteme aus einem Blatte hervorgehen (Fig. 25). Da- her bin ich der Ansicht, dass das ganze peripherische Nerven- system des Rumpfes aus einer gemeinsamen paarigen Anlage sich entwickele. Die Nieren und die Geschleehtsdrüsen entwickeln sich gemeinsam in zwei runden Leisten, welche zu beiden Seiten der Ge- krösewurzel hervorwachsend in die Rumpfhöhle vorragen (Fig. 18). Diese Leisten, welche den grösseren Theil des Rumpfes durchziehen, sondern sich bald in einen dünnern der Medianebene zunächst ge- legenen Strang und nach aussen davon in eine Reihe hinter einander liegender, solider rundlicher Körperchen !), welehe bald oval werden, so dass ihr breiteres Ende gegen die Medianebene des Körpers ge- richtet ist. Da der Urnierengang mit dem klaren, zwischen den 1) Die allererste Entwickelung dieser Körperchen habe ich nur an Sa- lamanderembryonen beobachten können. 108 A. Goette: Körperchen liegenden Gewebe verschmilzt, so wird er daselbst fest- gehalten und daher von den sich ausdehnenden Körperchen in con- vexen Bogen nach aussen gedrängt (Fig. 46). Nachdem im schmä- leren Ende jener oder der Nierenläppchen eine kleine Höhle ent- standen, sondert es sich vom innern Theile ab und wächst zu einem gewundenen Harnkanälchen aus. Die innern Stücke zerfallen in Ähnliche wurmförmige Röhrchen und in je eine kugelige Masse (Malpighischer Gefässknäuel). Die dünnen Scheidewände der ursprünglichen Nierenläppchen, welche mit dem Urnierengange ver- schmelzen, bilden sich zu den Ausführungsgängen (0.01 mm. dick) aus, die gleich in der Anlage von den dickeren Harnkanälchen (0.02 mm. dick) unterschieden sind. Die zarten Stränge, welche an der Innenseite der Nieren er- scheinen, sondern sich in zweierlei Gebilde. Das vordere Ende treibt eine Reihe runder Sprossen, welche zu den Fettanhängen aus- wachsen; der übrige Strang wird zur Geschlechtsdrüse, indem er sich verdickt und varikös wird. Dabei ist das Kopfende stets am stärksten ausgebildet, — ein länglich rundes Körperchen, welches ich sogar in seltenen Fällen von der schmächtigern Fortsetzung ab- geschnürt fand. Die Entwickelung des Urnierenganges und des benachbarten soliden Körperchens war bisher unbekannt. Zudem giebt Remak irrthümlich an, dass das letztere innerhalb der Krümmung des vor- deren Endes vom Urnierengange liege. Wenn aber auch, abgesehen davon, Wittich’s Angabe (Zeitschrift für wiss. Zool. IV, 5. 131), dass die Harnkanälchen Ausstülpungen des Urnierenganges seien, sich bestätigt hätte, so wäre die Auffassung völlig berechtigt, dass der Knäuel des Urnierenganges ein Analogon der bleibenden Harn- kanälchen und jenes Körperchen ein dazu gehöriger Malpighischer Gefässknäuel sei. Nach meinen Untersuchungen ergiebt sich aber: l. dass die Harnkanälchen und die Gefässknäuel aus einer gemein- samen und vom Urnierengange durchaus gesonderten Anlage hervor- sehen, so dass erst nachträglich eine Verbindung beider zu Stande kommt; 2. dass jene Anlage im grösseren Theile des Rumpfes aus demselben Boden hervorwächst, welcher vorne das vergängliche Kör- perchen trägt. Daher möchte ich mich der Auffassung zuneigen, dass der Knäuel des Urnierenganges kein Analogon des Harnkanäl- chens sei, sondern sich zu jenem Körperchen verhalte, wie der Untersuchungen über die Entwiekelung des bombinator igneus. 109 übrige Urnierengang zur bleibenden Niere, dass also jenes eine ru- dimentäre Nierensubstanz sei. Ob man aber daraufhin die gewun- denen Schläuche der letzteren für Harnkanälchen erklären müsse, oder bloss für einen Gefässknäuel halten könne, will ich nicht ent- scheiden. Was die Entwickelung der Geschlechtsorgane angeht, so stimme ich bis auf eine geringe Differenz mit Wittich überein. Dieser Forscher beschreibt die Sonderung der Geschlechtsdrüsen in ein diekeres Kopfende und eine dünnere Fortsetzung als eine Eigenthüm- lichkeit von bufo einereus und b. variabilis im Gegensatze zum bom- binator igneus (a. a. OÖ. S. 155); während ich gerade bei letzterem jene Form von Anfang an sehr deutlich fand. Ueber die Entwickelung der sympathischen Nerven sind bisher nur die Mittheilungen Remaks (Ueber ein selbstständiges Darm- nervensystem) bekannt geworden. Die wichtigsten Resultate der Remak’schen Untersuchungen sind: 1. es sollen die sympathischen Nerven auch der Batrachier aus mehren getrennten Anlagen ent- stehen (a. a. ©. S. 27. 28); 2. die einzelnen Nervenstämme sollen sich aus den Organen hervorbilden (S. 28); 3. die Nerven hätten sogleich bei ihrem Auftreten einen faserigen Bau und die Nerven- fasern seien verlängerte Zellen (S. 26). Ich kann keinen dieser Sätze bestätigen und glaube um so mehr mich auf meine Untersuchungen stützen zu können, da sie von den Embryonalzellen ausgehen, wäh- rend die Remak’schen mit den schon deutlich gesonderten Nerven- stämmen beginnen. Im Gegensatze zu Remak behaupte ich also: 1. Der Grenzstrang jeder Seite entwickelt sich sammt den zugehörigen Spinalnerven aus einer einzigen Anlage, nämlich aus den mit ein- ander verbundenen innern Hülsenblättern der Urwirbel; 2. von dieser Anlage aus wachsen die einzelnen Geflechte in die Organe hinein; 3. die Nerven bestehen im Anfange ihrer Entwickelung aus Spindelzellen, welche sich zu Strängen ansammeln; die Fasern bilden sich, wie ich es beim Rückenmarke verfolgte, in den röhrenförmig verschmolzenen Zellen, ähnlich wie die Fibrillen in den Muskelzellen (vgl. Remak Untersuchungen S. 154), so dass beide Gewebsformen aus dem Zerfalle der Embryonalzellen hervorgehen. 110 A. Goette: ll. Der Bauch. So Zur leichteren Uebersicht der Lage- und Gestaltveränderungen der Darmhöhle betrachte man gleich von Anfang an den Rusconi- schen After als das Schwanzende, den Dotterkern als den Bauch- theil des künftigen Thieres (Fig. 5). Im hintern Theile verläuft also die Darmhöhle als breite Spalte gerade über dem Dotterkerne; vorne krümmt sie sich über denselben abwärts, wird dabei geräumig und ist an allen Aussenwänden von einer einfachen Lage des Darm- blattes ausgekleidet. Man kann diesen Abschnitt der Darmhöhle als Vorderdarm bezeichnen. — Indem die ganze Eikugel sich streckt, die Seiten abflachen und die Rückenaxe horizontal wird, verändert sich auch die Darmhöhle dem entsprechend (Fig. 36). Ihr Rumpf- theil wird gleichfalls horizontal, schmäler und länger und sondert sich gegen den Vorderdarm deutlicher ab. An der Grenze beider Abschnitte geht die Verengerung so weit, dass die horizontale Spalte vor ihrem Uebergange in den Vorderdarm sich in eine aufrechte verwandelt (Fig. 16. 17). Zunächst wächst der hintere Rumpftheil im Bereiche des Dotterkernes, welcher sich entsprechend der äussern Form des Embryo umbildet (Fig. 37). Sobald eine gewisse und für lange Zeit ziemlich beständige Länge jenes Theils erreicht ist, nimmt der Vorderdarm an Höhe ab, dehnt sich aber zugleich mit dem Kopfe ziemlich rasch nach vorne aus. Während dieses Wachsthums erhebt sich vom Boden des Vorderdarms eine quere Leiste, bedingt dureh die darunter stattfindende Entwickelung des Herzens (Fig. 38); sie wird je höher, desto breiter und umschliesst in ihrem Innern gewissermassen eine Brusthöhle, von welcher die Bildung der übri- gen Rumpfhöhle ausgeht (Fig. 39). Da durch die Entwickelung dieses Brustraumes der vor dem- selben liegende Theil des Vorderdarms als Kopfdarm vom übrigen Darmkanale gesondert wird, so kann ich ihn nun von der Betrach- tung des Bauches ausscheiden und zu den einzelnen Abschnitten des letzteren übergehen. $8 Der Darmkanal. Bei den mannigfaltigen Lage- und Gestaltveränderungen der Darmhöhle musste die bildliche Darstellung einen wesentlichen Theil Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 111 der Erläuterung übernehmen. Zu den leitenden Abbildungen wählte ich die senkrechten Längsschnitte (Fig. 36—42); um aber die sonst nothwendig gewordene Anzahl derselben zu beschränken, wurde der von der Medianebene häufig abweichende Verlauf der Darmröhre in jener Ebene fortlaufend dargestellt. Die Ansichten der queren und horizontalen Durchschnitte sollten das Schema corrigiren. Indem die oben erwähnte Leiste in die Darmhöhle vorspringt, schafft sie gleich mehre Abtheilungen des Vorderdarms (Fig. 39. 40). Vorn begrenzt sie den Kopfdarm, nach oben verengt sie mit ihrer ganzen Breite das Darmlumen und bildet so die Speiseröhre und den Magen. Endlich ist zwischen ihrer hintern Fläche und dem Dotterkern ein BJindsack entstanden, welcher oben in den übrigen Darm einmündet; es ist dies der Ausführungsgang der Leber. Hinter dem blinden Ende dieses Leberganges erhebt sich eine Leiste des mittleren Keimblattes in den Dotterkern und scheidet so die den Lebergang auskleidende Schichte des Darmblattes von der übri- gen Dottermasse (Fig. 40—42). Im Anschlusse an diese untere Einschnürung erscheint auch eine solche am Rücken, eine Strecke weit hinter der Mündung des Leberganges; dadurch wird der Ver- lauf des Darmkanals zu einem nach unten vorspringenden Winkel gezwungen (Fig. 40. 41). Dadurch, dass die untere und seitliche Wand der Darmblattröhre im Bereiche des Winkels sich stetig ver- dünnt, dass ferner der vor demselben liegende Darmtheil mit der Lebermündung in die Schlingenbildung hineingezogen wird, — ver- wandelt sich das betreffende Darmstück in eine U-förmige Röhre, welche von der Wirbelsäule bis zur Bauchwand reicht und natür- lich ein entsprechendes Gekröse besitzt (Fig. 42). Gleich im An- fange dieser Vorgänge rückt aber der vordere Schenkel nach links, der hintere nach rechts, so «dass die Leber und die Bauchspeichel- drüse, welche im unteren Theile des vorderen Schenkels münden, den dadurch erübrigten Raum einnehmen (Fig. 42. 45). Nach Allem halte ich das beschriebene Darmstück für ein Analogon der Duo- denschlinge anderer Wirbelthiere. Während die Duodenschlinge sich entwickelt, erweitert sich die Höhle, welche nach dem Schlusse des Rusconischen Afters unter seinem Rande entstand (Afterhöhle Remak), abwärts (Fig. 40.41). Alsdann löst sich dieser hinterste, vom Rücken zum Bauche ab- fallende Darmabschaitt oder der Hinterdarm durch eine unter dem Darmlumen verlaufende Einschnürung des Darmblattes von der 12 A. Goette: Masse des Dotterkernes ab (Fig. 41. 42). Die letztere bleibt also nur noch mit demjenigen Stücke des Darmkanales im Zusammen- hange, welches den Hinterdarm mit der Duodenschlinge verbindet und allmälig eine quere Stellung annimmt. Hier schwindet der Rest (des Dotterkernes allmälig, so dass auch die letzte Ungleichheit in der Mächtigkeit des Darmblattes gehoben wird. Während der ferneren Entwickelung wird die Duodenschlinge in eine horizontale Lage gebracht, indem die Schneckenwindungen des rasch wachsenden Mittel- und Hinterdarmes sich unter die Schlinge schieben. Indem so der Darm sich auf einen engeren Raum zusammenzieht, wird die Gesammtlänge des Bauches verkürzt Zur Erläuterung dieser Lageveränderung des Darmes brauche ich wohl nur auf die schematische Figur 47 hinzuweisen. Ich habe schon erwähnt, dass nach Remak die Rusconische Höhle bis auf den vorderen Abschnitt schwinden und der eigentliche bleibende Darmkanal sich neu bilden soll (a. a. ©. S. 159. 160). Und zwar geschähe dies aut die Weise, dass die »Schlundhöhle« hinter dem Herzen sich blindsackartig erweitere und von hier aus allmälig in den Drüsenkeim (Dotterkern) vordringe, bis sie die After- höhle, welche nicht zu schwinden scheine, erreicht habe. — Mag nun das wechselnde, oft unscheinbare Darmlumen (Fig. 27) oder die später zu erwähnende Dotterschmelzung Remak getäuscht haben, jedenfalls sind seine Angaben durchaus unrichtig. Bei meiner Darstellung, wie die Rusconische Höhle des Eies sich in den Darmkanal der Larve umwandle, blieb die wichtige Frage unberührt, auf welche Weise der Dotterkern schwinde: ob seine Zellen sich nur über die innere Darmtläche vertheilen, oder ob ein Theil derselben zu anderen Zwecken verbraucht werde. Da diese Frage zum Theil in der Entwickelungsgeschichte der Gefässe ent- schieden wird, so will ich auch die andern dahin gehörigen 'That- sachen im folgenden Abschnitte behandeln. $ 9. Das Herz und die Gefässe. Die Herzbildung beginnt (wie es schon Remak beim Hühn- chen fand, a. a. ©. S. 13) mit den beiden Venenschenkeln. Im vordersten Theile des Dotterkerns und an der das mittlere Keim- blatt berührenden Fläche desselben bildet sich jederseits. eine mit kreisrunden Zellen gefüllte Rinne (Fig. 12. 15). Sowie die Rinnen Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 115 in den Boden des Vorderdarms vorgedrungen sind, werden sie zu blossen Lücken oder Spalten zwischen den beiden Keimblättern, welche von hinten her stets mit neuen Zellen angefüllt werden. Diese Lücken convergiren, stossen zusammen und bilden an dieser Stelle eine flache Höhle, deren Dach eben jene früher erwähnte Leiste ist (Fig. 30). Die Venenschenkel entstehen also dadurch, dass gewisse Dotterkernzellen an der Grenze des mittleren Keimblattes in Blut- zellen zerfallen, und dass die so geschaffenen, schon gefüllten Räume durch ähnliche Umbildung in der Umgebung sich zu kurzen Kanälen erweitern. Wo sie zusammenstossen, entwickelt sich das Herz, doch nicht ohne Zuhülfenahme eines andern Vorgangs. Am Boden der Herzhöhle bleiben nämlich beide Lagen des mittleren Keimblattes verbunden, zu beiden Seiten trennen sie sich (Fig. 30), und die so erzeugten Lücken sind eben die Anfänge des embryo- nalen Brustraums und der spätern Rumpfhöhle. Die Erweite- rung dieser Lücken bedingt nun die Ausbildung des Herzens. Denn das die drei Räume trennende Visceralblatt, seitlich von der Herz- höhle an das Darmblatt, unten an das Parietalblatt geheftet, wird durch die Höhenzunahme des Brustraums aus einem flachen Blatte in eine oben noch offene Rinne verwandelt, deren Ränder aber all- mälig verwachsen (Fig. 31). Dann ist der Herzschlauch fertig und löst sich später von der Bauchwand ab. Die Aortenbögen sind einfache Fortsetzungen des Herz- schlauchs, entstehen also und bildeu sich eben so aus. Interessanter ist die weitere Entwickelung der Venenschenkel. Sie umgürten die blindsackförmige Leberanlage (Fig. 12) und verzweigen sich dann über den Dotterkern in mächtigen Gefässen (Fig. 48). Diese sind wie ihre Wurzeln, die Venenschenkel, Vertiefungen an seiner Ober- fläche, worin die Dotterzellen in Blutzellen zerfielen; und so wird der Dotterkern im Bereiche der Duodenschlinge von aussen verzehrt, bis die durch ihn gebildete Darmauskleidung nicht mächtiger ist als an der Decke. Wenn aber auf diese Weise die Duodenschlinge durch die Dottergefässe vollendet wird, so kann der Dot- terrest, welcher am queren Darmstücke ührig bleibt, nicht eben- falls von aussen aufgezehrt werden, weil daselbst jene Gefässe feh- len. — Statt dessen bemerkte ich daselbst schon in früheren Entwickelungsperioden Risse im Dotterkerne, welche die Dotter- zellen theilweise zerstörten und in das Darmlumen mündeten ; später sah ich unregelmässige, zackige Aushöhlungen an der Innenfläche M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 8 114 A. Goette: jenes Darmstücks, zwischen denen Fetzen noch unzerstörter Dotter- zellen in das Lumen hineinragten. Desshalb glaube ich an der Schmelzung der überflüssigen Dotterkernzellen von innen her nicht zweifeln zu dürfen. Aus dem Gesagten erhellt, dass der Dotterkern des bombina- tor igneus zum Theil wenigstens einen wahren Nahrungsdotter vorstellt, welcher den Körper theils als Blut, theils als unorganisirte Substanz speist. Das Herz kennt Remak erst als vollständigen Schlauch (a. a. O0. S. 156). Dieser befände sich in einer Lücke am Boden der Schlundhöhle (Vorderdarm), welche Lücke durch Zusammenfluss der serösen Höhlen des Rumpfes entstand. — Aus meinen Fig. 12, 30, welche demselben Embryo entnommene Durchschnitte darstellen, er- giebt sich, dass vielmehr jene Lücken als Ausgangspunkt für die Rumpfhöhle zu halten seien. — Die Blutzellen sollen sich nach Re- mak in den grossen Arterien durch Ablösung von der Wand bil- den. Wenn ich auch etwas Aehnliches an der Bauchaorta fand (vgl. S 6), so war es doch zu einer Zeit, wo dieselbe noch keine selbstständige Wand besass; solche Gefässanlagen im Körper selbst scheint jedoch Remak gar nicht gekannt zu haben. Wenn ich also die, wegen mangelnder Unterscheidung der Keimblätter sehr allge- mein gehaltene Angabe Vogt’s (Untersuchungen über die Entw. d. (Geburtshelferkröte S. 69 fig.), dass das Blut sich aın Dottersacke aus den ursprünglichen Dotterzellen bilde, in der Weise weiter aus- geführt habe, dass alles Blut aus dem innersten oder untersten Keimblatte (Bauchaorta und Kiemen, siehe $ 11) und dem damit zusammenhängenden Dotterkern (Venenschenkel und Dottergefässe) ent- stehe, so befinde ich mich im vollen Gegensatze zu Remak, wel- cher sein motorisch-germinatives Blatt (mittleres Keimblatt) für die Quelle der Blutbildung hält (a. a. O. S. 157). Von einer Resorption des Dotterkerns von innen her will Remak nichts wissen (S. 161); alle Zellen jener Stelle sollen sich aus dem Haufen in eine Fläche ordnen und zum Darmepithel werden. Ich schliesse mich dagegen der alten v. Baer’schen, vielbekämpften Auffassung von Keim und Dotter insofern an, als ein Theil des innersten Keimblattes zu un- organisirter Masse aufgelöst den Embryo ebenso speist, wie der Nah- rungsdotter der Vögel. Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 115 $ 10. Die weiteren Erzeugnisse des Darmblattes. Wie der Lebergang ohne eine eigentliche Ausstülpung sich entwickelt, habe ich bereits erwähnt. Am blinden Ende wachsen Sprossen hervor, in welche trichterförmige Fortsetzungen der Höhle sich hineinziehen (Fig. 41); diese Sprossen sind die Anfänge der Leberverästelung, deren Bedeutung und Entwickelung hinlänglich bekannt sind. — Ebenso wenig mag ich die Bildungsgeschichte der Lungen und der Bauchspeicheldrüse wiederholen, da ich nichts Neues hinzuzufügen weiss (Fig. 41). Die Milz habe ich in ihrer Entwickelung nicht verfolgt; doch da ich sie beim Hühnchen als Abschnürungsprodukt des Pankreas erkannt habe (Beiträge zur Entw. des Darmkanals, $ 51), glaube ich eine solide Verdickung am Ende der Bauchspeicheldrüse des bombinator igneus auf einen ähn- lichen Vorgang beziehen zu dürfen. — Die Harnblase endlich sah ich in den frühesten Stadien als eine zweihörnige Ausstülpung der Kloake, welche später an ihrer Oberfläche traubig wird, so dass ich lebhaft an die ähnliche Entwickelung der Allantois bei Amphi- bien erinnert wurde. Bemerkenswerther erscheinen mir folgende Bildungen. Ich er- wähnte bereits den von mir so genannten Axenstrang desDarm- blattes, welcher sich von dem letztern abschnürt und zwischen Chorda und Aaorta eingezwängt wird (Fig. 17. 13. 27). Ferner ent- deekte ich, dass der Darmkanal sich in den Schwanz fortsetzt (Fig. 40. 41). Sobald die Medullarröhre sich vollständig geschlossen hat, mündet ihr Gentralkanal hinten in den noch nicht ganz ver- wachsenen Rusconischen After, und die Medullarsubstanz geht un- vermittelt in das Darmblatt über (Fig. 36. 57). Dieser ursprüng- liche Zusammenhang mag die Ursache sein, warum in der Folge, wenn der ganze Rücken in einen Schwanz auswächst, auch der hin- tere obere Zipfel des Darmkanals dort hineingezogen wird. Jeden- falls sieht man denselben als ganz ansehnliche Röhre längere Zeit hindurch im Schwanze bestehen. Durch Rückbildung geht zunächst das Lumen verloren und der solide Strang liegt alsdanu zwischen der Arterie und Vene des Schwanzes; dort sah ich ihn allmälig zu einem Gefässe werden, welches meinen weiteren Untersuchungen zu Folge nur en Lymphgefäss sein konnte. Ungefähr dort, wo das Aortenende zwei grosse Aeste zu den Anlagen der Hinterfüsse hinab- schickt, verlor sich das ansehnliche Lumen des Lymphgefässes in 116 A. Goette: den einander folgenden Querschnitten, ohne dass ich jedoch die Ein- mündung in die Vene hätte erkennen können. Die Erfahrungen über den »Schwanzdarm« brachten mich auf die Vermuthung, dass der Axenstrang des Darmblattes, welcher gleichfalls ein Stück weit in den Schwanz hineinreicht, auch in einen Theil des Lympfgefässsystems sich verwandele. Ich habe es nicht endgültig entscheiden können, doch glaube ich die Vermuthung einigermassen unterstützen zn können. Der Axenstrang, welcher bald pigmentirt erscheint, bleibt wenigstens bis zum Ende des Lar- venlebens sichtbar; aber er wird allmählig mehr oder weniger band- artig zusammengedrückt und liegt der Aortenwand dicht an. Wenn also schon die Lage und Gestalt des Axenstranges für die genannte Auffassung sprechen, so möchte nicht weniger der Umstand ins Ge- wicht fallen, dass derselbe von dem Keimblatte abstammt, welches nachweislich Blut und Lymphe bildet, und dass er selbst schon durch die ins Aortenlumen hineinragenden Fortsätze Blutkörpenchen erzeugt. Anlangend die Entwickelung der Lymphe und ihrer Gefässe, so sind bisher nur Mittheilungen über die Bildung der feinsten Zweige im spätern Larvenleben bekannt gewesen (Remak, Müll. Archiv 1850). Doch ist die Bildung der CGapillaren meiner Ansicht nach keine dem Embryonalleben eigenthümliche und erlaubt nicht einmal eine Muthmassung, von welcher Grundanlage des Eies das Lymphsystem ausgehe. IV. Der Kopf. g 11. Gewisse Umstände hielten mich ab, gerade den Kopf genauer zu untersuchen; ausser den Grundanlagen habe ich nur Einzelheiten studirt. Der Kopf umfasst Anfangs den Kopfdarm und dessen Wände. Diese sind zuerst nur ein unbestimmtes vorderes Verbindungsstück zwi- schen Rücken und Bauch, welches beiläufig die Stelle der früheren Decke der Keimhöhle einnimmt (Fig. 3. 5. 36). Beiläufig in der Mitte dieser Stelle liegt die Lücke des mittleren Keimblattes; da diese die Chordaspitze bestimmt, im Umkreise der letztern aber die Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 117 Hirnanlage erscheint, so bezeichnet jener, in der Entwickelung des Eies einzige unverrückbare Punkt zugleich den Mittelpunkt des Kopfes. — Aber selbst nachdem der Rücken sich gestreckt hat und der über die Chorda hinausgehende Theil des Hirns winklig nach unten umgebogen ist, bleiben die Grenzen des Kopfes unbestimmt. Sie werden erst festgestellt, sobald im Bereiche des künftigen Hirns die Umbildungen des mittleren Keimblattes (Urwirbel des Kopfes) und der Oberhaut (Sinnesorgane) beginnen. Sowie die vier hinter einander liegenden Hirnblasen sich als eine Fortsetzung der Medul- larröhre darstellen, so entsprechen auch die Umbildungen des mitt- leren Keimblattes im Kopfe denen des Rückens. Während die Me- dullarröhre sich schliesst, zerfallen die Urwirbelplatten des Kopfes in vier Urwirbelpaare (Fig. 21). Uebereinstimmend mit der Aufblähung des Hirnes um die Chordaspitze nimmt auch die Breite der Urwirbel des Kopfes von innen nach aussen zu, sodass sie in derselben Richtung divergiren. Das hinterste Paar bedeckt theil- weise die vorderen Urwirbel des Rumpfes, sodass die Wirbelsäule in den Hinterkopf eingekeilt und der letztere also deutlich gegen den Rücken abgesetzt erscheint. Das erste Paar krümmt sich nach vorn und unten und schliesst sich, die Basis des Vorderhirns um- kreisend, zu einem Ringe. Innerhalb dieses Ringes ist jene dünne Platte des mittleren Keimblattes ausgespannt, welche unmittelbar vor der Chorda eine Lücke enthält. An der Aussenseite des Kopfes bildet sich sehr frühe an der Grenze des ersten und zweiten Urwirbels eine Furche, welcher das Darmblatt eine Falte entgegenschickt — die erste Schlundfalte (Fig. 21. 22); diese betheiligt sich aber nicht an der Kiemenbildung und wird, wie es mir schien, beim bombinator ign. überhaupt nicht durchbrochen. Die Lage der vier übrigen, später erscheinenden Schlundfalten lässt sich nicht genau bezeichnen, da die hinteren Ur- wirbel alsdann nicht mehr so deutlich gesondert sind (Fig. 22. 23). Wahrscheinlich entsprechen sie aber den Zwischenräumen der Ur- wirbel, sodass die fünfte Falte schon wegen ihrer Lage ausserhalb der Kopfanschwellung nicht zum Kopfe, sondern zum Rumpfe gerech- net werden muss (Fig. 23). Schon während die Falten sich der Ober- fläche nähern, spalten sie sich am Rande in zwei divergirende Blät- ter, welche sich an die entsprechenden, die Falte begrenzenden Theile der Kopfwand (Kiemenbogen) anschliessen. Sobald nun die Kie- inenbogen aus- und rückwärts zu den äussern Kiemen hervorwachsen, 118 A. Goette: spalten sich die drei mittleren Schlundfalten vollends, und ihre Blätter setzen sich an der betreffenden Kiemenfläche unter der Ober- haut fort, sodass also das Darmblatt auch an den Kiemen selbst nicht fehlt. Das Kiemenblut hat dadurch für seine selbststän- dige Bildung dasselbe Substrat, wie der übrige Körper, nämlich das unterste oder innerste Keimblatt. Die Entwickelung des Mundes ist eine Wiederholung der Schlundfaltenbildung (Fig. 22.23). Gleich wie an den Seiten stülpt sich das Darmblatt auch nach vorne heraus, gerade unterhalb des durch die ersten Urwirbel gebildeten Ringes. Dieser Ausstül- pung eigenthümlich ist nur, dass sie schon vor dem Durchbruche hohl ist und sich stetig ausbreitet. Das vorderste Ende ist aber geschlossen, und ihm entgegen sinkt die Aussenwand zu einer queren Grube ein, sodass die tiefere Lage des Sinnesblattes und das Darm- blatt im gemeinsamen Boden beider Vertiefungen verschmelzen (Fig. 23). Die Ausstülpung des Darmblattes ist die Mundhöhle, welche allmählig nach vorne auswächst und zuletzt in die äussern Grube oder das zähnebewaffnete Ma ul durchbricht. Indem die inneren Mündungen der Kiemenspalten später dicht zusammen und nach hinten rücken, geht der ursprüngliche Kopfdarm, der als solcher die Mundhöhle noch nicht umfasste, in dieselbe auf. — Noch auffallen- der fand ich die Bildung der Mundhöhle in den Embryonen von sa- lamandra maculata (Fig. 29). Hier sinkt die oberflächliche Schichte der Oberhaut nur zu einer leichten Querfurche ein, an deren Boden der noch geschlossene Zipfel der Mundhöhlenstülpung anstösst, wäh- rend das tiefere Blatt unter dem Mundepithel (Darmblatt) bis in die Gegend der Zunge und bis über die Mitte des Gaumens vordringt und die Zähne erzeugt. Die Zellen dieses Blattes sah ich an Bom- binatorlarven, deren Darm noch einen Dotterrest enthielt, mit faden- förmigen Fortsätzen versehen, welche in die Cutis eindrangen. Durch die erwähnte Lücke des mittleren Keimblattes wird das Darmblatt (Schlundepithel, in die Schädelhöhle trichterförmig hinein- gezogen (Rathke) und dieses Stück später in den Hirnanhang verwandelt. Dass die Chorda sich an dieser Bildung betheilige, habe ich nicht erkennen können. Ueber die Entwickelung des Schädels kann ich nur Weniges berichten. Bevor der Knorpel auftritt, besteht die Gewebsmasse, in welcher Hirn, Sinnesorgane, Muskeln und Nerven eingebettet liegen, aus einer durchsichtigen, strukturlosen Grundsubstanz mit sparsam Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 119 eingestreuten, meist spindelförmigen und mit Fortsätzen versehenen Zellen (Fig. 26). Kurz, das Gewebe imponirt durchaus als embryo- nales Bindegewebe, wie es vor dem Erscheinen der Wirbelbogen des Rumpfes auch das Rückenmark zum Theil umgiebt (Fig. 15). Die Chorda selbst grenzt oben an das Hirn und ist seitlich von Muskeln eingefasst, welche bis in die Nähe der Chordaspitze reichen. — In der Folge wachsen entsprechend dem ersten Urwirbelpaare zwei knorpelige Wirbelbogen von der Chordaspitze aus und bilden die sogenannten Schädelbalken; sie sind zugleich die ersten Wirbel- bogen am ganzen Körper (Fig. 26). Ebenso sah ich die hintersten Kopfwirbelbogen (Hinterhauptbein) zwischen Hirn und Muskeln isolirt entstehen. Ob aber die knorpeligen Theile zwischen dem vor- deren und hinteren Paare der Kopfwirbelbogen ebenfalls getrennt auftreten, weiss ich nicht zu sagen. Später ist die ganze Schädel- basis von dem Hirnanhange bis zum ersten Halswirbel eine einzige Knorpelplatte, in deren Mitte die Chorda je weiter nach vorne, desto rascher atrophirt. Im Ganzen stimmt die Entwickelung des Schä- dels mit derjenigen der Wirbelsäule überein. Da aber durch die frühe Verschmelzung der Theile die Klarheit des Bildes beeinträch- tigt wird, so will ich noch Einiges anführen, was mir besonders da- für zu sprechen scheint, dass auch der Knorpel des Schädelgrundes aus der Chorda hervorwachse, wie es an der Wirbelsäule ausgeführt wurde. Einmal kann er nicht aus welchen andern Theilen, z.B. aus den ursprünglichen Zellen der Urwirbel entstehen; denn er wächst ganz deutlich von der Chorda aus in centrifugaler Richtung, wie es namentlich an den Schädelbalken und dem Hinterhauptbeine leicht nachweisbar ist. Die Chorda aber ist oben und aussen von Hirn und Muskeln begrenzt, zwischen denen der Knorpel als Neubildung entsteht. Ferner verläuft der ganze Process genau so wie ich es früher an den Rückenwirbeln beschrieb : es entstehen Zellen an der Chordaoberfläche, werden von Kapseln umschlossen, wobei die Mem- bran schrumpft, und zuletzt erscheint zwischen den hellen Kapseln eine undurchsichtige Zwischensubstanz. — Der ‚grössern Knorpel- masse des Schädels entsprechend fand ich auch daselbst sehr häufig eine Zellenvermehrung durch endogene Entwickelung, während ich an den Rumpfwirbeln nur einfache Zweitheilungen antraf. In dem von den Schädelbalken umschlossenen Raume (Fig. 26) bildet sich der Knorpel ganz in der beschriebenen Weise, woher aber die ersten Zellen stammen, weiss ich nicht. 120 A. Goette: Die Grundanlagen der Sinnesorgane sind bekannt; ihre weitere Entwickelung lag ausser dem Plane dieses Aufsatzes. -— Doch sei es mir gestattet, zum Schlusse. noch einer Bildung zu gedenken, welche freilich nicht zum Kopfe gehört, die aber an einer andern Stelle anzuführen ich keine Gelegenheit fand. Dicht hinter dem Ohre verdickt sich die tiefere Schichte der Oberhaut in einem läng- lichen Stücke und löst sich allmählig zu einem selbstständigen Or- gane ab. Da ich dieses Körperchen nicht hinreichend verfolgte und seine Erscheinung im unentwickelten Zustande nichts charakteristi- sches besitzt, so hätte ich es nicht erwähnt, wenn die Lage nicht an ein Organ erinnert hätte, welches bisher in seiner Entwickelung wenig bekannt ist — die Thymus. Daher hielt ich es nicht für überflüssig, die Aufmerksamkeit auf jenes unscheinbare Körperchen zu lenken. Ueber die Grundanlagen des Kopfes der Batrachier, wie der andern Wirbelthiere, finde ich nirgends Angahen, an die unmittel- bar anknüpfend ich mich kurz fassen könnte. Es sei mir daher gestattet, ohne genauere Citate auf einige prineipielle Differenzen hinzuweisen, welche zwischen meiner Auffassung der Kopfbildung und der bisher üblichen bestehen. Ich unterscheide am Kopfe, ganz analog den Theilen des Rumpfes : 1. die Oberhaut, 2. das Uentralnervensystem, 3. die Chorda, 4. Urwirbel, die sich ohne deutliche Grenze in die untern Theile des mittleren Keimblattes fortsetzen, 5. den Kopfdarm. Aus der Ober- haut entwickeln sich die Sinnesorgane, möglicherweise einschliesslich des Geschmacksorgans und ein Vorhof der Mundhöhle ). Aus dem Hirn wachsen die Riechkolben und Sehnerven hervor; aus der Chorda die Kopfwirbel, d. h. die Schädelbasis von dem Hirnanhange aus nach hinten und die Wirbelbogen, welche zu den in der Schädelbasis enthaltenen Wirbelkörpern gehören. Die vier Urwirbel bilden das übrige Kopfskelet, die Muskulatur, die Nerven und die bindegewe- bigen Theile; der Kopfdarm endlich ist die Anlage der Mundhöhle und das Darmblatt bildet das betreffende Epithel mit seinen Fort- setzungen. Das Wichtigste ist zunächst das Verhältniss von Urwir- beln und Chorda im Kopfe. Jene finde ich nirgends erwähnt, statt dessen aber Kopf-, Schlund-, Kiemen- und Sinnesplatten. Man un- 1) Nicht die eigentliche Mundhöhle, wie Remak lehrt. Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator igneus. 121 terscheidet eben einen Schlundtheil von dem eigentlichen Kopftheil, und die andern Platten scheinen als selbstständige Bildungen auf- gefasst zu werden, welche sich den innern heilen von aussen an- lagern. Aus den Figuren 21—23 geht aber hervor, dass, wenn man die sogenannten Schlundbogen und die Schlundhöhle mit ihren Er- zeugnissen sich hinwegdenkt, vom Kopfe eben nur das Hirn und die Chorda übrig bleiben, oder dass mit andern Worten die bisher unter- schiedenen Kopf- und Schlundtheile eins sind. Offenbar hat der in den Kopf eingekeilte Rückentheil, namentlich an Querschnit- ten, und später die Erweiterung des vorderen Theils des Kopfdarmes auf Kosten des zurückweichenden Kiementheils irrthümliche Deutun- gen veranlasst. — Um nun speciell auf das Wirbelsystem einzugehen, so glaube ich, dass es im Kopfe sich ebenso verhält, wieam Rumpfe: aus der Chorda bilden sich Wirbelkörper und sprossen Wirbelbogen hervor, welche die den Rumpfwirbeln analogen Theile des Schädels zusammensetzen. Ich stelle jetzt drei Ansichten meiner Vorgänger zusammen, welche drei grundverschiedene Bildungstheorien repräsen- tiren. Rathke lässt das ganze Wirbelsystem aus einer Belegmasse der Chorda hervorgehen, welche ausserhalb der letztern entsteht; Vogt sagt, jene Belegmasse sei eine aus der Chorda selbst ent- wickelte Scheide derselben, welche aber nur die Wirbelkörper bilde, während die Bogentheile mit Muskeln und Nerven eine gemeinsame Anlage hätten; Remak endlich behauptet, dass die Wirbel Er- zeugnisse der Urwirbel seien !). Ganz kann ich mit keiner der ge- nannten Anschauungen, theilweise nur mit der V ogt’schen über- einstimmen. Was die Knorpelbildung selbst anbetriit, so sucht Remak nachzuweisen (a. a. OÖ. S. 171), dass die Knorpelzellen des Kopfes wenigstens sich aus den ursprünglichen Embryonalzellen ent- wickeln. Die letztern sollen an der Schädelbasis ganz dicht bei ein- ander liegen (vgl. meine Fig. 26); der Chorda wird gar nicht erwähnt. Dagegen bemerke ich erstens, dass Remak, wie aus allen bezüg- lichen Stellen hervorgeht, höchst wahrscheinlich nur den zwischen den Schädelbalken gelegenen Theil des Schädelgrundes untersucht hat, welcher aber, wie aus meiner Darstellung ersichtlich sein möchte, gar nicht zum Wirbelsystem gehört. Ferner: die von Remak an- l) Remak’s schon erwähnte (8 4) Mittheilung über die Wirbelbildung bei den Batrachiern muss ich übergehen, weil sie für den genetischen Zusam- menhang der Theile nicht den geringsten Aufschluss giebt. 122 A. Goette: geführte Häufung der Zellen zeugt ganz klar dafür, dass er die un- tersuchten Theile nur aus der Zeit der Knorpelbildung kannte, in dem Stadium nämlich, wo der früher mit sparsamen, theilweise schon geschwänzten Bindegewebszellen bedeckte Raum bereits von den massenhaft neugebildeten Zellen bevölkert ist. Dasselbe gilt vom Kopfe wie von der Wirbelsäule: vor dem Erscheinen des Knorpels giebt es daselbst nur sparsame Binde- gewebszellen und die Knorpel entstehen nicht gleich in ihrer ganzen Ausdehnung innerhalb jenes Gewebes, sondern wachsen allmählig hinein und zwar von der Chorda aus. An den betreffenden Stellen grenzt aber dieselbe nur an die Erzeugnisse des Hülsenblattes, dura mater und Nerven. — So wird man zuletzt auf die Chorda selbst hingewiesen, und die letzte Frage ist: wie entwickelt sich die Chorda- scheide? — Darüber finde ich keine Angaben; und indem ich meine eigenen Beobachtungen überblicke, muss ich gestehen, dass ich es nicht wage, jetzt schon die Schlüsse daraus zu ziehen, welche mir die einzig möglichen scheinen. Denn wenn die eine Möglichkeit, dass die Zellen der Chordascheide aus den freien Kernen der in re- gressiver Metamorphose befindlichen ursprünglichen Chordazellen hervorgehen, schon als Wiederholung der Sehwann’schen Theorie ausgeschlossen scheint, so muss die andere, welcher gerade die That- sachen am Nachdrücklichsten das Wort zu reden scheinen, — näm- lich die Auffassung, dass die Zellen sogar ohne vorhergehende Kern- bildung durchaus selbstständig in der Grundsubstanz entstehen (vgl. $ 5), eine viel bedeutendere Unterstützung finden, als meine Unter- suchungen sie gewähren können, um als Theorie auftreten zu dürfen. _ W IS3) Untersuchungen üb. d. Entwickelung d. bombinator igneus. Erklärung der Abbildungen. Alle Objekte bis auf die in Fig. 29 und 46 abgebildeten stammen vom bombinator igneus ab. Fig. 1—5. Meridiandurchschnitte der Eier vor dem Erscheinen des Embryo: Fig. 6. Fig. = Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. 1. der gefurchte Dotter mit der Keimhöhle, 2. Beginn der Rusconi- schen Höhle (Darmhöhle), 3. Weiterentwickelung derselben, 4. Schwin- den der Keimhöhle, 5. die vollendeten Grundanlagen des Embryo. Querdurchschnitt durch die Darmhöhle. Ansicht eines Schnittes, welcher senkrecht durch die Rückenaxe im Afterwulste ausgeführt wurde. h Dieselbe Stelle aus einer etwas spätern Zeit. wo schon die Primitiv- rinne und die Chordawurzel vorhanden sind. Querschnitt in der Gegend des Kopfes. Desgl. durch die Lücke des mittleren Keimblattes. Desgl. durch die hintere Hälfte des Rückens. Querschnitt durch einen Embryo von der in Fig. 38 bezeichneten Gestalt, in der Gegend der Leberanlage ausgeführt. a. Kern des Urwirbels (Muskel), b. oberer, c. unterer Theil des innern Hülsen- blattes (Spinal-, sympathische Nerven), d. Axenstrang des Darmblat- tes (Lymphgefäss), e. äusseres Hülsenblatt (Cutis), welches über dem Rückenmarke die membr. reuniens superior Rathke bildet, g. Ver- einigung des untern und äussern Hülsenblattes (Cutis des Bauches), h. Ausstülpung des Parietalblattes (Urnierengang), i. Visceralblatt, k. Oberhaut, 1. Anlage der Venenschenkel, m. Durchschnitt des Blind- sacks des Vorderdarms (Leberanlage), n. der die Darmhöhle ein- schliessende Dotter. Von einem etwas ältern Embryo. Die membr. reuniens sup. (f) ist unterscheidbar von den über dem Rückenmarke verwachsenen innern Hülsenblättern (Rückenmarkshülle), o. die zwischen Darmblatt und Urwirbeln entstehende Lücke (Aorta). Der Axenstrang des Darmblattes von der Seite gesehen. s. Chorda, d. Axenstrang, o. Aorta, n. Darmbilatt. Die in Fig. 12 gegebene Ansicht, von einem etwas älteren Embryo. Das gekrümmte Vorderende des Urnierenganges ist so durchschnit- ten, dass zwei Lumina erscheinen; p. die Anlage des benachbarten Körperchens (Malp. Gefässknäuel Bidder-Remak), 1. Zerfall des Dotters in Blutzellen. 124 Fig. 16. ie. 17. Fig. 18. Fig. 19, Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22. Fig. 23 Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26 A. Goette: Querschnitt durch die Mitte eines Embryo von der in Fig. 37 be- zeichneten Gestalt. a. Kern des Urwirbels von der Hülse einge-- schlossen, welche in die sich abschnürenden Seitenplatten (b) über- geht. Querschnitt durch einen etwas ältern Embryo in der Nähe des Vor- derdarms; c. der sich abschnürende Axenstrang des Darmblattes. Querschnitt durch die Mitte einer Larve, deren Darm bereits die in Fig. 47 angedeutete Entwickelung erlangte. c. untere Leiste des innern Hülsenblattes (Sympathicus), h. Urnierengang, t. Anlage des Uro-Genitalsystems, o. Aorta, obeu durch den Axenstrang einge- drückt, x. vena cava. h Die Zellenbildung in der Chordascheide. a. zarte Körperchen ohne Kern und Membran, b. solche, mit entstehendem und vollendetem Kerne, c. gestreckte Form von der äussersten Oberfläche. Vollendete Zellen der Chordascheide. a. mit länglichem Kerne und geschrumpfter Membran. Horizontaler Durchschnitt des Kopfes von einem Embryo, dessen Medullarröhre in der Verwachsung begriffen ist. a. Durchschnitt des abwärts gebogenen Vorderhirns, b. der erste Urwirbel des Kopfes, c. Urwirbelplatten des Rumpfes, welche in den Hinterkopf eingekeilt sind. Horizontaler Durchschnitt durch den Kopfdarm eines beiläufig gleich alten Embryo. a. der tiefste Zipfel des Vorderhirns, b. vorderster Urwirbel, ce. der Kopfdarm mit den ersten Anzeichen der Bildung von Schlundfalten und Mundhöhle, d. äussere Furche zwischen dem ersten und zweiten Urwirbel. 3. Ein gleicher Durchschnitt durch einen Embryo, dessen äussere Kie- men (e) eben zu sprossen beginnen. a. die Anlage des Mauls, b. der Mundhöhle, ‘c. der Kopfdarm mit den Schlundfalten, d. An- lage des Kiemendeckels. Horizontaler Durchschnitt durch das Rückenmark desselben Embryo. Das Rückenmark (a) zeigt bereits eine Andeutung der Seitenstränge und ist in seiner Gestalt durch die Urwirbel bestimmt, b. die obern Bäuche des innern Hülsenblattes (Spinalganglien), ce. Kernzone der Muskelbündel, d. Oberhaut und Cutis. Zwei Urwirbel desselben Stadiums von innen gesehen; über den quer verlaufenden Muskelprimitivbündeln liegt das innere Hülsenblatt, welches bereits in eine zarte Membran (Rückenmarkshülle), das Spi- nalganglion mit dem betrefienden Nerven und den untern Bauch (Sympathicus) gesondert ist. .. Schädelbasis einer Larve, deren Darm in der Fig. 47 dargestellt ist. a. Augapfel, b. Gehörbläschen, ce. die zwischen den Schädelbalken (d) liegende dünne Platte, durch deren vor der Chordaspitze gelegene Lücke das Darmblatt in die Schädelhöhle drang (Hirnanhang). Untersuchungen über die Entwickelung des bombinator ieneus. 125 Fig. 27. Querdurchschnitt durch den hintern Rumpftheil einer Larve mit ausgebildeten äussern Kiemen; die Gefässwand der Aorta ist vollen- det, die Mittelplatten berühren sich über dem Darme. Fig. 28. Knorpelzellen aus den Anlagen der Wirbelbogen, a. ohne, b. mit Zwischensubstanz (Knorpelkapseln); schrumpfende Membranen und Reste derselben. Fig. 29. Medianschnitt durch den Kopf eines Eınbryo von salamandra macu- lata. Der dunkle Streif a, die obere Lage der Oberhaut, bezeichnet die Unterseite des Kopfes; die tiefere Lage der Oberhaut (b) dringt unter dem Epithel der Mundhöhle vor, die Anschwellungen bedeu- ten Anlagen der Zähne. Fig. 30. Querschnitt, welcher dicht vor dem in Fig. 12 abgebildeten ange- fertigt wurde. a. das Epithel des Vorderdarms (Darmblatt), b. die Anlage der Herzhöhle, e. des Brustraums, d. die sogenannten Saug- näpfe der Larve, welche aus Schleimzellen bestehen, deren Sekret die Befestigung der Larve an Pflanzen u. s. w. vermittelt. Fig. 31. Die Herzbildung in einem spätern Stadium. b. der Herzschlauch, nach oben noch offen, e. der Brustraum. Fig. 32. Die erste Anlage der Wirbelbogen. a. Sprossen der Chordascheide, b. Spinalganglien, c. die sie verbindende Membran (Rückenmarks- hülle). Fig. 33. Ein Stück des embryonalen Sympathicus nebst den angrenzenden Muskeln. Fig. 34, 355. Die Bildung der Medullarröhre. a. obere, b. tiefere Lage des Sinnesblattes; beide setzen sich in die Medullarplatte (c) fort, d. die Urwirbelplatten. Fig. 36—42 stellen die fortlaufende Entwickelung des Darmes halbschematisch dar (vgl. 8 8). Fig. 43. Ein knorpeliger Wirbelbogen. a. die Anlage des vorderen Gelenk- fortsatzes. Fig. 44. Horizontaler Durchschnitt der Wirbelsäule einer Larve, deren vor- dere Extremitäten bereits durchgebrochen waren. a. Durchschnitte der Basen der Wirbelbogen, b. Anlagen der lg. intervertebralia Fig. 45. Rückenmarksquerschnitt desselben Embryo, von weichem die Abbil- dung 15 herrührt. Die peripherischen Zellen an der Seite zerfallen in die Fasern der Seitenstränge. Fig. 46. Die Anlage der Niere aus einem Embryo von salamandra maculata. Fig. 47. Schematische Abbildung der Darmwindungen einer Larve, deren Hinterfüsse noch nieht sichtbar sind (vel. Fig. 18). "Fig. 48. Horizontaler Durchschnitt des Darmes von demselben Embryo. dem die Abbildungen 23, 24 entnommen sind. a. Brustraum, b. Darm, c.. Leberanlage, d. Dottergefässe. Die Schleimhaut des Cavum laryngis. Von Prof. Dr. Hubert v. Luschka in Tübingen. Hierzu Tafel VIN. Ungeachtet der grossen Bedeutung, welche eine genauere Kennt- niss des feineren Baues der Kehlkopfschleimhaut für die richtige Beurtheilung der mannigfaltigen von ihr ausgehenden Krankheiten des Stimmorganes haben muss, ist dieselbe doch bisher noch nicht zum Gegenstande einer auf alle ihre Substrate ausgedehnten, zu- reichenden Untersuchung gemacht worden. Aber auch die wenigen, in der Literatur niedergelegten Resultate der ihrer Textur gewid- meten selbstständigen Forschungen bieten unter sich keine volle Uebereinstimmung dar. Während z. B. H. Rheiner die Existenz irgend welcher Art von Papillen der Kehlkopfschleimhaut gänzlich in Abrede stellt, behauptet J. Henle ?), dass da, wo ein mächtiges PHasterepithelium, wie an den echten Stimmbändern sich ausbreitet, Pa- pillen in dasselbe hereinragen. Andererseits berichtet Rheiner !) von einer unter dem Epithelium ganz allgemein vorkommenden homogenen Grenzmembran, weiche dagegen von Henle unberücksichtigt gelas- sen wird. Weder über das Verhalten der an verschiedenen Orten ungleichen Anordnung der feinsten Blutgefässe, noch über die Endi- gungsweise der Nerven im Gewebe der Kehlkopfschleimhaut sind bis jetzt bestimmte Aufschlüsse ertheilt worden, überdies noch ander- weitige Eigenthümlichkeiten des feineren Baues unbeachtet geblieben. Indem wir die Ergebnisse eigener Wahrnehmungen über die Textur der Membrana mucosa laryngis zur Kenntniss bringen, können wir es nicht unterlassen, ihrer Darlegung die Anordnung und die makro-: skopischen Qualitäten der Membran vorauszuschicken. 1) Beiträge zur Histologie des Kehlkopfes. Würzburg 1852. 2) Handbuch der Eingeweidelehre. Braunschweig 1866. S. 236. Die Schleimhaut des Cavum laryngis. 127 I. Die Anordnung und die gröberen Eigenschaften der Kehlkopfschleimhaut. Die durch verschiedene Knorpelstücke sowie durch eine sie ver- bindende elastische Membran im Wesentlichen vorgezeichnete innere Architeetur des Kehlkopfes erfährt ihren Abschluss durch eine Schleim- haut, die als eigentliche, mit einer von der Nachbarschaft verschie- denen Sensibilität ausgestattete Membrana mucosa laryngis nur in- soweit angesprochen werden kann, als sie der Höhle des Kehlkopfes angehört. Es muss daher von diesem Begriffe ausgeschlossen werden die Schleimhaut, welche die der Zungenwurzel zugekehrte vordere Seite der Cartilago epiglottidis, sowie denjenigen Umfang des Larynx bis zum Rande seiner Rachenmündung verhüllt, welcher in die Höhle des Schlundkopfes hereinragt. Die Mucosa des Kehlkopf- raumes erscheint demgemäss als unmittelbare Fortsetzung der Schleim- haut des Bodens der Mundhöhle sowie des Rachens, welche unter Bildung des Randes der Pars libera epiglottidis, der Plicae aryepi- glotticae und der Incisura interarytaenoidea in jene übergehen. Die normalmässig fast überall gleichförmig gelbröthliche und nur an den unteren Stimmbändern blassgelbliche Schleimhaut der Kehlkopfhöhle bietet eine an verschiedenen Stellen zwischen !/; und 1/,o Millimeter wechselnde Dicke, sowie auch in anderer Hinsicht nicht überall die gleichen gröberen Qualitäten dar. Es ist daher ohne Zweifel für die Beurtheilung derselben förderlich, sie nach ihrem Verhalten an der vorderen und hinteren Wand, sowie an den Seiten des Cavum laryngis in gesonderte Betrachtung zu ziehen. Die Schleimhaut der vorderen Seite des Kehlkopfraumes breitet sich über der hinteren Fläche der nach abwärts allmälig schmaler werdenden Cartilago epiglottidis, sowie des Lig. thyreo- epiglotticum, ferner in der den Zusammenstoss der beiderseitigen Stimmbänder und Morgagnischen Taschen bezeichnenden Fovea cen- tralis, im weiteren Verlaufe hinter der unteren Hälfte des Winkels der Cartilago thyrevidea, hinter dem sogenannten Lig. conoideum, sowie hinter dem Bogen des Ringknorpels aus. Zwischen den Ur- sprüngen des beiderseitigen Musc. thyreo-arytaenoideus, also in der unteren Hälfte des Winkels der Cartilago thyreoidea, ist die vordere Wand auf eine schmale Spalte reduzirt, welche nach unten allmälig in eine breite Rinne übergeht. Die zwischen den vorderen Enden der wahren Stimmbänder befindliche, eine mediane Reihe von Drü- 128 Hubert v. Luschka: senmündungen zeigende, den spitzen Winkel ausfüllende Schleim- hautecommissur erscheint bei weit geöffneter Stimmritze von oben her gesehen wie eine nach hinten allmälig breiter werdende, daselbst concav endigende Falte '), welche steil nach hinten abfällt und durch- schnittlich 5 Millimeter lang ist. Diese beim Anspannen in die (Juere als Falte erscheinende Commissur ist der Ausdruck eimes stumpfwinkeligen Vorsprunges der Schleimhaut, welcher beim Ueber- gange des mittleren Kehlkopfraumes in den unteren durch die hier sich ändernde Richtung der Wandung erzeugt wird. Im ganzen Bereiche der vorderen Wand des Kehlkopfraumes ist die Schleimhaut so straff an ihre Unterlage angeheftet, dass sie weder verschoben noch in Falten gelegt werden kann. An der hinteren Seite des freien Theiles der Epiglottis, sowie auch im mitt- leren Bezirke der Pars infrahyoidea hängt dieselbe unmittelbar mit dem Perichondrium zusammen, indessen hier lateralwärts unter der Schleimhaut eine von innen nach aussen allmälig bis zu 1Ys Milli- ineter dicker werdende, hauptsächlich aus Drüsen bestehende Schichte zwischen die Mucosa und den Knorpel eingeschoben ist. Die Innenfläche der hinteren Wand des Cavum Jaryngis stellt, ohne durch irgend welche Vorsprünge oder Vertiefungen unterbrochen zu werden, vom unteren Rande der Platte des Ringknorpels an bis hinauf zur Ineisura interarytaenoidea, eine in dieser Richtung all- mälig schmaler werdende Rinne dar. Sie geht unten unmerklich, oben dagegen zwischen den medialen Rändern der vorderen Fläche der Pyramidenknorpel unter Bildung mehr oder weniger deutlicher Furchen in die Seitenwände über, welche hinter den Morgagni’schen Taschen und hinter den Stimmbändern einen Zusammenfluss der Wände aller drei Etagen des Kehikopfraumes zu einer gegen die hintere Mittellinie geneigten, nach rückwärts-auswärts gewölbten, ansteigenden Fläche erfahren, an welcher sich nur die Cartilago Wrisbergii, sowie, jedoch in geringerem Grade, der mediale Rand der vorderen Seite des Pyramidenknorpels als Reliefs erheben. An der vorderen, ausgehöhlten Seite der Platte des Ringknorpels ist die Schleimhaut völlig glatt und unverschiebbar. Die zwischen den Pyramidenknorpeln befindliche, in der Gleichgewichtslage derselben 4 Mm. breite Abtheilung des Llintergrundes der Kehlkopfshöhle besitzt 1) Vgl. V. v. Bruns, die Laryngoskopie und die laryngoskopische Chirurgie. Tübingen 1865, Atlas Tafel H. Fig. 11 und 12. Die Schleimhaut des Cavum laryngis. 129 dagegen eine Schleimhaut, welche in mehrere loneitudinale Fältchen gelest ist, die aber durch Verflachung der Rimula ausgeglichen werden. Die mit Drüsenmündungen reichlich versehene Schleimhaut steht hier überdies mit der vorderen Fläche des Muse. arytaenoideus transversus, um der Drehung der Pyramidenknorpel von aussen kein Hinderniss entgegen zu setzen, durch einen lockeren, dehnbaren Zellstoff im Zusammenhange. An den Seiten der Kehlkopfhöhle erfährt die Mucosa laryngis ihre grösste Ausbreitung, indem sie hier das innere Blatt der Plica ary-epiglottica, ferner den Ueberzug der Stimmbänder und der late- ralen Wand des unteren Kehlkopfraumes, sowie endlich die Ausklei- dung der Morgagni'schen Taschen darstellt. Das innere Blatt der gegen ihren freien, ausgeschweiften Rand zum Theil saumartig dünnen, gegen das Taschenband hin allmälig eine Dicke von 4 Mil- limeter zeigenden Plica ary-epiglottica geht mit ihrer Unterlage eine nur lockere Verbindung ein. Sie bildet mit der vorderen Wand des Cavum laryngis, soweit diese die Cartilago epiglottidis und das - Lig. thyreo-epiglotticum zur Grundlage hat, einen Flächenwinkel der von beiden Seiten her zur Bildung einer medianen Furche ten- dirt, welche in die Fovea centralis einmündet. Diese aber erscheint als die Stelle des Zusammenflusses der vorderen Enden der Stimm- bänder und Morgagnischen Taschen, welche sich demgemäss bis zur vorderen Wand der Kehlkopfhöhle erstrecken. Nach rückwärts zieht die Lamina interna der Plica ary-epiglottica über die Cartilago Wrisbergii und Santorini hinweg, um in der Höhe der Rimula in die Schleimhaut der vorderen Wand des Pharynx umzubiegen. Da nun aber weder die Stimmwände noch die Morgagni’schen Taschen das hintere Ende der Seitenbänder erreichen, findet namentlich während der Auswärtsdrehung der Pyramidenknorpel keine scharfe Abgren- zung zwischen der hinteren Wand und den Seiten der Kehlkopf- höhle statt. Mit dem den horizontalen Schenkel der Glandula Morgagnii darstellenden Drüsenwulste, welcher den hauptsächlichen Inhalt des sogenannten Taschenbandes bildet, hängt die Schleimhaut durch Zellstoff zusammen, der sich ohne scharfe Grenze zwischen die Drüsenkörner verliert. In der Morgagni’schen Tasche haftet die Mucosa ziemlich locker an der fleischigen Unterlage, ist aber nicht durchgreifend glatt, sondern insbesondere in der Gegend der beiden Enden mit flachhügeligen, kleinen Vorsprüngen versehen, welche M, Schultze’s Archiv für mikr, Anat, Bd, 5. 9 130 Hubert v. Luschka: von Drüsen herrühren. Die unteren Stimmbänder sind in ihrer ganzen Ausdehnung d. h. etwa 4 Mm. gegen die Ventrikel und eben so weit nach unten durch eine zarte, gänzlich drüsenlose Schleimhaut verhüllt, welche an ihrer Unterlage nur durch eine dünne Zellstofischichte so locker angeheftet ist, dass sie leicht ver- schoben und selbst in Fältchen erhoben werden kann. Etwa 1!/s bis 1 Mm. nach abwärts vom freien zugeschärftem Bande des unteren Stimmbandes verläuft mit ihm parallel eine Furche, welche sich gegen die Spitze des Stimmfortsatzes der Cartilago arytaenoidea verliert und als Grenze des dichter angehäuften zur Bildung jenes Bandes tendirenden und die eigentliche Chorda vocalis darstellenden elastischen Gewebes zu betrachten ist. I. Die Textur der Schleimhaut des Cavum laryneis. Unter den Bestandtheilen, welche in die Zusammensetzung der Schleimhaut des Kehlkopfraumes eingehen, hat man das Epithelium, eine subepitheliale Schicht, ein Fasergerüste, Gefässe und Nerven zu unterscheiden und in spezielle Betrachtung zu ziehen. I. Das Epithelium der Kehlkopfschleimhaut. Nachdem man früher der Kehlkopfschleimhaut in ihrer ganzen Ausbreitung ein Flimmerepithelium zugeschrieben hatte, wurde später der Nachweis geliefert, dass dies nicht durchgreifend der Fall ist. Die erste in der Literatur niedergelegte Angabe über die im Kehl- kopfe des erwachsenen Menschen gesetzmässig wechselnde Formation des Epithelium rührt von Carl Fr. Naumann !), dem Professor der Anatomie zu Lund, her. Die treffliche, wie es scheint bis jetzt in Deutschland unberücksichtigt gebliebene Schrift des genannten For- schers, welche unter Anderem auch schon den von L. Merkel auf- geführten Muse. kerato-crieoideus als »Musc. crico-thyreoideus posti- cus« auf Taf. II Fig. 6m zur Ansicht bringt, spricht sich über die nicht überall gleiche Beschaffenheit des Epitheliums der Kehl- kopfschleimhaut und namentlich darüber aus, dass dasselbe entlang dem Rande der unteren Stimmbänder durch plättchenförmige Zellen gebildet werde. Zur allgemeinen Kenntniss ist aber die wahre Beschaffenheit des Epitheliums der Kehlkopfhöhle erst durch die Arbeiten von 1) Om byggnaden af luftröhrschufvudet hos den fullväxta menniskan Lund 1851. Die Schleimhaut des Cavum laryngis. 131 Hermann Rheiner!) gelangt, nach dessen Untersuchungen der Rand des Ostium pharyngeum laryngis bis zu einer Tiefe von 4 bis 6 Mm. von einem Pflasterepithelium überschritten wird, das mit jenem der Rachentöhle continuirlich ist. Ebenso besteht das Epi- thelium der wahren Stimmbänder nach dem Zeugnisse der Erfahrung aller Beobachter an ihrem vorspringenden Rande aus grossen, platten, eckigen Zellen, welche einen etliche Millimeter breiten Streifen zu- sammensetzen. Im übrigen Kehlkopfraume wird das Epithelium hauptsächlich durch lang gezogene, gegen die Tiefe meist fadenför- mig auslaufende Flimmerzellen gebildet. Zwischen beiden Sorten von Epithelien finden allerlei Uebergangsformen statt, welche auch schon von Naumann ausführlich beschrieben und abgebildet worden sind. 2. Die subepitheliale Schichte der Kehlkopfschleimhaut. Als nächste Unterlage der tiefsten Elemente des Epitheliums wurde von H. Rheiner?), wie schon bemerkt, eine intermediäre Grenzmembran aufgeführt. Er bezeichnet dieselbe als schmalen Saum homogener, vollkommen durchsichtiger Bindesubstanz, der sich zuweilen als selbstständige Schicht förmlich abzuheben scheint, in den meisten Fällen aber mit der Grundsubstanz der unterliegenden Schleimhaut ein Gontinuum bildet und blos eine faserlose Partie derselben darstellt. Nach eigenen Wahrnehmungen kann ich diese Angaben nur auf die Schleimhaut der unteren Stimmbänder bezie- hen, an welchen allerdings eine homogene helle Grenzschichte von wechselnder Dicke sich in der Regel an das Epithelium anschliesst. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, dass bis zu diesen Qualitäten alle möglichen Uehergänge vorkommen, indem die Grenzschichte namentlich häufig eine der Oberfläche parallele Streifung oder auch eine wirkliche Zerklüftung in platte Faserzüge, ausserdem öfters die Einlagerung zellenartiger Elemente zu erkennen gibt. In der übri- gen Ausbreitung der Schleimhaut des Cavum laryngis ist mir nie eine Formation begegnet, welche als deutliche hyaline Grenzmembran hätte gedeutet werden können, vielmehr hat sich hier die fibrilläre Bindesubstanz stets bis unmittelbar an das Epithelium erstreckt. 1) Verhandlungen der physikalisch-medizinischen Gesellschaft in Würz- burg. Würzburg 1852. Bd. III. S. 222. 2) Beiträge zur Histologie des Kehlkopfes. Inauguralabhandlung. Würz- burg 1852. S. 38. 132 Hubert v. Luschka: Fast durchgreifend hört die subepitheliale Schichte mit gleich- förmiger Fläche auf, indem sie sich jenseits des Randes der Kehl- kopfmündung nur an wenigen Stellen zu Gefässpapillen erhebt, die aber auch ihrerseits in Betreff der Anzahl und Grösse unter sich nicht übereinstimmen. Sehr sparsam und kurz werden dieselben an den wahren Stimmbändern gefunden, wo sie mitunter nur als flache Hügelchen sich bemerklich machen, die im Epithelium versteckt sind. In grösserer Anzahl und viel stärkerer Ausbildung habe ich Papillen von theilweise wahrhaft zottenähnlicher Form im Hintergrunde des CGavum laryngis neben der Ineisura imterarytaenoidea ohne Ausnahme angetroffen, so dass es also jedenfalls unrichtig ist, wenn Rheiner der Kehlkopfschleimhaut jedwede Papillenbildung gänzlich abspricht. Sowohl der an den meisten Stellen der Kehlkopfschleimhaut obwaltende gänzliche Mangel einer structurlosen Grenzmembran, als auch die an den unteren Stimmbändern wechselnde Ausbildung der- selben gestattet nicht, sie als speziische und gesetzmässige subepi- theliale Bildung anzusprechen. Dagegen muss als solche eine anders beschaffene Schichte von wandelbarer Dicke erklärt werden, welche nie und nirgends fehlt. Sie besteht aus einer kurz- und feinfaseri- sen Bindesubstanz, in welche zahlreiche Formelemente anderer Art eingestreut sind. Dieselben erscheinen als grössere und kleinere zart granulirte Körperchen, an welchen sich mitunter Spuren der Ver- mehrung durch Theilung bemerklich machen. Sie bestehen aus einem deutlichen Nucleus und aus einer Protoplasmarinde, welche den Kern öfters in so dünner Schichte umschliesst, dass derselbe nackt zu sein scheint. Bei aller Constanz dieser rundlichen Proto- plasmaklümpchen ist ihre Anzahl doch wechselnd und wurde von mir an den unteren Stimmbändern in allen Fällen geringer als ander- wärts in der Schleimhaut des Kehlkopfes vorgefunden. Ihre Ver- theilung ist an kein bestimmtes Gesetz gebunden und jedenfalls ordnungslos, so dass man nur eben sagen kann, dass sie sich bis nahe an die tiefste Zellenlage des Epitheliums erstrecken und in das gröbere Fasergerüste der Mucosa nur sehr vereinzelt übergreifen. Die an zureichend feinen Durchschnitten schon ohne Anwendung von Essigsäure erkennbaren Formelemente kommen erst nach Zusatz jenes Mittels mit voller Deutlichkeit zum Vorschein und können jetzt mit Sicherheit von den Kerngebilden unterschieden werden, welche den Wänden der Capillaren und dem Perineurium der zarten Nervengeflechte angehören. Die Schleimhaut des Cavum laryngis. 133 Es dürfte kaum einem Zweifel unterliegen, dass jene an der Kehlkopfschleimhaut bisher unbeachtet gebliebene subepitheliale Zel- lenformation vollkommen mit derjenigen übereinstimmt, welche G. Burcekhard!) an der Mucosa des Harnapparates nachgewiesen hat. Der subepitheliale Zellstoff schliesst auch hier eine Anzahl von Zellen ein, die kugelig und oval geformt sind. Sie sind daselbst meist zu drei oder vier Lagen übereinandergeschichtet und ebenfalls von einander durch kurzfaseriges Bindegewebe getrennt. Burckhardt nimmt keinen Anstand, diese in einem subepi- thelialen Faserstroma enthaltenen Zellenmassen als »Matrix des Epithelium« zu erklären und ihr eine wichtige Theilnahme an den Vorgängen der Entzündung zuzuschreiben. Nachdem man mehr und mehr zur Annahme berechtigt ist, dass keine selbstständige Theilung der Epithelialzellen, überhaupt keinerlei Regeneration oder Vervielfältigung derselben aus sich stattfindet, sieht man sich ge- nöthigt, ihre Entstehung aus gewissen Einlagerungen des Stroma einzuräumen. Wenn auch die Lehre von den sogenannten »Wander- zellen« noch Manches zu wünschen übrig lässt, so glaube ich doch bis auf Weiteres auch die geschilderten Elemente der subepithelialen Faserschichte der Kehlkopfschleimhaut zu ihnen rechnen und ge- radezu als Matrix des Epithelium erklären zu müssen. 3. Das Fasergerüste der Kehlkopfschleimhaut. Ungeachtet die Abrilläre Grundlage der Mucosa laryngis sich fast durchgreifend bis zum Epithelium erstreckt, mag es doch ge- stattet sein, als »Fasergerüste im engeren Sinne« diejenige Schichte ihres Gewebes zu bezeichnen, welche jener mit der Bildung des Epithels in Beziehung stehenden Zelleneinlagerung entbehrt. Diese Beschränkung des Begriffes dürfte übrigens schon deshalb gerecht- fertigt sein, weil die ohnehin zartere, aus kurzen Zügen bestehende subepitheliale Faserung gegen die Zellen häufig sehr zurücktritt, und erst in der Richtung gegen das submucöse Gewebe ihre volle Ausprägung erfährt. Ihre der Oberfläche parallele Faserung wird zusammengesetzt durch Zellstoffbündel von exquisit wellenförmigem Verlaufe, sowie von ungemein zahlreichen, feinen, elastischen Fibril- 1) Das Epithel der ableitenden Harnwege. R. Virchow’s Archiv; für pathologische Anatomie ete. Bd. XVII. $. 9. 134 Hubert v. Luschka: len, welche gegen die Oberfläche hin sparsamer werden und in der be- kannten Weise mannigfach gekrümmt sind. Zwischen den Faserzügen und zum Theil innerhalb der Zellstoffbündel liegen spindelför- mige Körperchen, die durch Zerzupfen des Objectes frei gemacht werden können und an feinen mit Essig aufgeklärten Durchschnitten der Schleimhaut nach ihren räumlichen Beziehungen deutlich zu Tage treten. Der oblonge, fein granulirte Nucleus dieser Körper ist grösstentheils von einer so dünnen Rindenschichte umschlossen, dass sie bei flüchtiger Betrachtung zu fehlen scheint und jedenfalls nur bei starker Vergrösserung deutlich sichtbar ist. Ueber die ab- gerundeten Enden der Kerne ragt dagegen die Rinde stärker vor und setzt sich nun in fadenförmige, dunkel aber einfach contourirte Ausläufer fort, die mehr oder weniger geschlängelt sind. Diese »ge- schwänzten Bindegewebskörperchen« sind übrigens nicht auf das gröbere Fasergerüste beschränkt, sondern kommen vereinzelt auch in der subepithelialen Schichte vor, wo sie mit ihrer Längenaxe ebenfalls eine den Faserzügen folgende Richtung haben. 4. Die Blutgefässe der Kehlkopfschleimhaut. Weder hinsichtlich ihrer Menge noch auch der Anordnung nach bieten die feineren, im Gewebe der Kehlkopfschleimhaut verlaufenden Blutgefässe, deren feinste Capillarität bis unmittelbar an das Epi- thelium reicht, allenthalben die gleichen Verhältnisse dar. In der durch eine dünne Schichte eines lockeren Zellstoffes auf ihrer elasti- schen Unterlage leicht verschieb- und faltbaren Schleimhaut der unteren Stimmbänder sind die Gefässchen, wie schon aus der blass- gelben Farbe dieser Membran hervorgeht, sparsamer als anderwärts vertreten. Auch sind hier die gröberen Zweige, welche bei der laryngoskopischen Untersuchung bisweilen als rothe, durchschim- mernde Streifehen ohne Vorhandensein eines anomalen Zustandes gesehen werden, dadurch sehr bestimmt charakterisirt, dass sie einen exquisit longitudinalen, dem Zuge der Stimmbänder folgenden Verlauf nehmen. Die seitlich aus den parallel neben einander liegen- den, theilweise gabelig sich spaltenden Gefässchen hervorgehenden Zweige verbinden sich untereinander zu einem Netze, dessen Maschen verhältnissmässig weit, aber nach Form und Grösse sehr ungleich sind. An allen anderen Localitäten der Kehlkopfschleimhaut lösen sich die nach den verschiedensten Richtungen verlaufenden Blutge- fässe alsbald nach ihrem Eintritte in das Gewebe derselben zu einem Die Schleimhaut des Cavum laryngis. 135 gröberen Maschenwerke auf. Aus diesem geht ein polygonales, stellenweise sehr engmaschiges Capillarnetz hervor, dessen Bestand- theile um so feiner werden, je weiter gegen die Oberfläche hin sie ihre Ausbreitung finden. 5. Die Nerven der Kehlkopfschleimhaut. Von dem eminenten Reichthume des Gewebes der Mucosa laryngis an Nerven kann man sich sofort leicht überzeugen, wenn man Stückchen derselben nach einiger Maceration in verdünnter Salzsäure zur mikroskopischen Betrachtung bringt. Es ist nicht mit den mindesten Schwierigkeiten verbunden, zarte, zum Theil wahrhaft netzartige Geflechte darzulegen, welche das Resultat der Trennung und gegenseitigen Wiedervereinigung feiner, oft nur etliche Fasern enthaltender Zweige sind, die ein an grossen, oblongen Kernen ungemein reiches Perineurium besitzen. An dieser oder jener Stelle des Geflechtes scheidet bisweilen eine einzelne Primitivfaser aus, welche nach Bildung einer kürzeren oder längeren Schlinge zu dem- selben wieder zurückkehrt. In Ermangelung anderweitiger Ergeb- nisse seiner Untersuchungen hat sich Carl Fr. Naumann !) schliess- lich veranlasst gesehen, jene relativ gröberen Verhältnisse der Ner- venanordnung als Ausdruck ihrer Endigung im Gewebe der Schleim- haut zu erklären und in ihr demgemäss »Plexus und Ansae termi- nales« zu unterscheiden. Eine tiefer greifende mikroskopische Analyse zweckmässig vor- bereiteter Objeete belehrt jedoch darüber, dass die wahre Endigung der Nerven mittelst eigenthümlicher Organe geschieht. Es sind bir- nenähnlich geformte oder ovale durchscnittlich 0,0055 Mm. breite Körperchen, an welchen aber keine isolirbare membranöse Hülle nachzuweisen ist. Zu jedem solchen Körperchen erstreckt sich ein feiner Axencylinder, der in demselben, bald höher bald tiefer, abge- rundet und meist etwas aufgetrieben endet. Die das knopfförmige Ende des Axeneylinders umgebende, sich jedoch der fast gleichen lichtbrechenden Eigenschaft wegen von demselben nicht immer scharf abgrenzende Substanz des Körperchens zeigt sich meist ganz homogen, indem sie nur ausnahmsweise eine wechselnde Anzahl feiner Molecüle einschliesst. Unter den bis jetzt geschilderten Endigungsweisen sen- sibler Nerven bietet die von mir in der Schleimhaut des Kehlkopfes ge- I2A3..0. TafeloVI. 136 Hubert v. Luschka: Die Schleimhaut des Cavum laryngis. fundene Art die grösste Aehnlichkeit mit derjenigen dar, welche von Freyfeld-Szabadföldy !) aus der Zungenschleimhaut beschrieben worden ist. Insbesondere zeigen unsere Endorgane eine nahe Ueber- einstimmung mit den Formen, welche der genannte Autor in Fig. 4 abgebildet hat. Erklärung der Abbildungen auf Taf. VII. Feinste Gefässanordnung in der Schleimhaut der wahren Stimm- bänder. 30 Mal vergr. Capillares Blutgefässnetz der Schleimhaut d. Taschenbänder. 30Malvergr. Durchschnitt der Schleimhaut der Taschenbänder in 500maliger Vergr. a. Flimmerepithelium. b. Subepitheliale Schichte mit der die Ma- trix des Epithelium darstellenden Schichte. c. Gröberes Faserge- rüste der Schleimhaut. Durchschnitt der Schleimhaut der wahren Stimmbänder in 500maliger Vergr. a. Pflasterepithelium, dessen tiefste Schichte annähernd eylin- drisch geformte Elemente enthalten. b. Subepitheliale Schichte mit ihrer Zelleneinlagerung. c. Fasergerüste mit zahlreichen geschwänz- ten Bindegewebskörperchen. 1) R. Virchow’s Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie. Bd. XXXVIN. S. 183. Tafel IV. Ueber ein eigenthümliches optisches Verhalten der quergestreiften Muskelfaser. Von Dr. €. L. Heppner aus St. Petersburg. (Aus dem Institute für experimentelle Pathologie in Wien.) Hierzu Taf. IX und ein Holzschnitt. Seit geraumer Zeit damit beschäftigt, in dem Laboratorium des Herrn Professor Stricker die sichtbaren Veränderungen der quer- gestreiften Muskelfaser während ihrer Contraction zu studiren, wurde meine Aufmerksamkeit durch die neuerdings publieirten Forschungen ‚auf die rein morphologische Seite dieser Frage gelenkt. Die Arbeiten von W. Krause und V. Hensen haben in neuester Zeit sowohl für die Structur als Function der quergesreif- ten Muskelfaser ganz neue Gesichtspunkte aufgestellt. Auf Grund zahlreicher Controlversuche bin ich gezwungen, den von diesen Auto- ren ausgesprochenen Meinungen entgegenzutreten und halte es daher für nöthig, das Wichtigste dessen, was Krause und Hensen ge- sagt haben, als die Thesen, welche ich zu widerlegen habe, in fol- gendem mitzutheilen. | Nach Krause (Ueber den Bau der quergestreiften Muskelfaser. Zeitschr. f. rat. Med. 1868 S. 265—270) soll man bei der Flä- chenansicht in der Muskelfaser helle, flüssige isotrope Querbänder, die durch Querlinien halbirt werden und dunkle, feste, anisotrope Querbänder zu Gesicht bekommen. Auf dem Querschnitte erblickt man ein Netz von Linien, die sich ganz wie die Querlinien verhalten. Aus diesen Befunden zieht Krause folgende auf die Morphologie des Muskelbündels Bezug habende Schlüsse: Die Querlinien sind 138 Dr. C. L. Heppner: Membranen, die das Muskelrohr der Quere nach in Muskelfächer abtheilen und für je zwei aneinander gränzende Flächen derselben nur einfach vorhanden sind. Der Länge nach wird der Muskel- schlauch hingegen von einem Röhrensystem durchsetzt, dessen An- ordnung in, den auf dem Querschnitte sichtbaren netzförmigen Linien ihren Ausdruck findet. Die Hüllen der einzelnen Röhren sind an den Contactflächen nicht gemeinschaftlich, wie das bei den als Quer- linien zur Ansicht gelangenden Membranen der Fall ist, sondern es besitzt jedes Röhrchen seine selbstständigen Wandungen, die an den Contactflächen von ihren Nachbarn durch die interstitielle Flüs- sigkeit und durch Fetttröpfehen geschieden werden. Durch das In- einandergreifen der queren Muskelflächen und des longitudinalen töhrensystems wird die Muskelfaser in eine Menge wie Bienenwaben über einander gereihte Muskelkästchen zerlegt, von denen jedes eine mit seinem obern oder untern Nachbarn gemeinschaftliche Grundmembran (als Theil der Querlinie) und mehrere selbst- ständige Seitenmembranen besitzt. Der Inhalt eines Muskel- kästchens besteht aus dem festen, dasselbe nicht ganz ausfüllenden Muskelprisma und einer im oberen und untern Abschnitte des Kästchens befindlichen Flüssigkeit, der Muskelkästchenflüssig- keit. Bei der Contraction sollen die Muskelprismen sich mit ihren Basen einander nähern und die Muskelkästchenflüssigkeit von den Grund- zu den Seitenflächen des Muskelkästchens ausweichen. Hensen (Ueber ein neues Strukturverhältniss der querge- streiften Muskelfaser. Arbeiten des Kieler physiologischen Instituts 1868 S. 1 bis 26) sah an Muskeln sowohl von Wirbelthieren als von Wirbellosen eine Theilung der contractilen Substanz (Quer- scheibe), durch eine bald helle, bald dunkle feinkörnige Linie (M ittel- scheibe) in zwei Hälften. Die so getheilten Querscheiben werden durch die schwach lichtbrechende für gewöhnlich hell bei Schräg- stellung des Spiegels aber dunkel erscheinende Zwischensubstanz von einander geschieden. Bei der Untersuchung im polarisirten Licht erscheint die Querscheibe doppeltbrechend, die Mittelscheibe dagegen einfach lichtbrechend. Was die biologischen Deductionen betrifft, so stellt sich Hen- sen den Muskel als einen Apparat vor, der nach den Principien des Electromagnetismus aus kleinen, sich anziehenden Partikeln zu- sammengesetzt ist. Letztere sollen die Querscheibe zusammensetzen und durch eine, bei der gegenseitigen Attraktion stattfindenden Com- Ueber eineigenthümliches optisches Verhalten der quergestreiften Muskelfaser. 139 pression der elastischen /wischensubstanz, Verkürzung der ganzen Muskelfaser hervorbringen. Wenn wir uns vor Allem fragen, welche eigentlich die neuen Entdeckungen sind, auf welche sich Krause und Hensen stützen, so lässt sich darauf vorerst schwer eine direkte Antwort geben; denn wenn wir den Angaben dieser Autoren folgen, begeben wir uns eines ausgezeichneten Hilfsmittels der Verständigung, das ist der Unterscheidung zwischen einer einfach-brechenden Zwischensubstanz und einer doppelt-brechenden contractilen Substanz, welche Hensen wie Krause in eigenthümlicher Weise untereinander geworfen haben. — Wir wollen daher die Objecte selbst zu Rathe ziehen und von der Beobachtung geleitet, den neuen Anschauungen folgen. Die Darstellung bezieht sich ausschliesslich auf die lebenden Muskelfasern des Hydrophilus piceus. Ich habe auch die Muskeln mehrerer Wir- belthiere (Mensch, Hund, Katze, Ratte, Frosch etc.), sowie die des Flusskrebses frisch und mit Spiritus, Säuren oder Salzlösungen be- handelt, untersucht und mich überzeugt, dass sie für diesen einen Zweck nicht mehr lehren als die zuerst genannten. Die frische, nicht gequetschte und ruhende Faser des Hydro- philus-Muskels ist ein eylindrischer Strang, an dem man ohne Zusatz von Reagentien bekanntlich eine scharf markirte Theilung in quer- liegende Zonen wahrnimnit. Bei medianer oder 45° gegen den Ho- rizont geneigter Spiegelstellung bemerkt man je eine breite, matt hell aussehende Zone (Taf. IX a) auf die zu beiden Seiten eine schmälere, glänzende und hellere Zone (b) folgt; an diese reiht sich jederseits eine Linie (c), welche bei schwacher Vergrösserung als ein gleichmässiger dunkler Streifen, bei starker (800—1000) aber gra- nulirt erscheint. Aus dem Aufbau der Mu skelfaser aus diesen drei» vorläufig nur durch ihre verschiedene Lichtstärke unterschiedenen, Zonen, leuchtet ein, dass auch der grannlirte Streifen jederseits von einer hellen glänzenden Zone begrenzt ist. Diese beiden, eine dunkle Linie einschliessenden glänzenden Zonen will ich, vorläufig Hensen. folgend, zusammenfassen und kurzweg das glänzende Band nennen, — Die Contourirung dieses glänzenden Bandes ist in den meisten Fällen so scharf oder kann bei geeigneter Einstellung des Mikros- kopes so scharf gezeichnet werden, dass es in der That nicht leicht wird, sich von dem Gedanken loszusagen, man habe es hier mit einem wirklichen Gebilde zu thun. Ist man aber so glücklich, eine Muskelfaser zur Ansicht zu bekommen, welche diametral durch das 140 C. L. Heppner: Sehfeld des Mikroscopes läuft, so wird man jedesmal finden, dass, bei sich gleich bleibender Einstellung, nie alle glänzenden Bänder, die man übersehen kann, ein gleiches Verhältniss zu den sie halbi- renden dunklen Streifen haben. Hat man z. B. den in der Mitte des Sehfeldes liegenden Abschnitt der Faser so eingestellt, dass das glänzende Band von dem körnigen Streifen halbirt wird, so erschei- nen die gegen den einen oder den andern Rand des Sehfeldes lie- genden Zeichnungen so angeordnet, dass die dunkle Linie allmählig ihre Lagerung im glänzenden Bande ändert, d. h. sich gegen den einen oder andern Rand desselben hinbegiebt (Vergl. Taf. IX). Nimmt man die Abstände je zweier dunkler Streifen ins Auge, so erfährt man bald, dass sich diese nicht ändern, sondern dass die glänzenden Querbänder es sind, welche die. Verschiebung erleiden. Durch Veränderung der Einstellung kann das Verschieben des glänzenden Bandes so sehr gesteigert werden, dass es fast bis zur Mitte der matthellen Substanz gebracht werden kann, wobei es je- doch seine scharfe Contourirung einbüsst. Man kann ferner Stellen hervorbringen, wo das glänzende Band gänzlich fehlt und nur matt- helle Zonen mit granulirten Streifen abwechseln (Taf. IX a’. e‘.), kurz wo man im Sinne Rolletts (Untersuchung zur näheren Kenntniss des Baues der quergestreiften Muskelfaser. Sitzungsber. der Wiener Acad. d. Wissensch., Bd. 24. 1857. S. 292) breite Hauptsub- stanz und schmälere Zwischensubstanz-Scheiben mit einan- der wechseln sieht. Noch weit auffallender als durch die veränderte Einstellung wird das Phänomen der Wanderung des glänzenden Bandes durch Aenderung der Spiegelstellung zur Anschauung ge- bracht. Um frappante Bilder zu erhalten, leistet ein Planspiegel bessere Dienste als ein concaver und dann eignet sich Lampenlicht besser dazu als diffuses Tageslicht. Die Ortsveränderung des lichten Bandes tritt sowohl bei Drehung des Spiegels um die laterale als sagittale Horizontalaxe ein. Am auffallendsten werden aber die Wandererschemungen des glänzenden Bandes wahrgenommen, wenn man sein Präparat durch ein Mikroskop mit drehbarem Tisch unter- sucht. Je nachdem die (uerstreifung des Muskelbündels ihre Stel- lung zur Beleuchtung wechselt, ändert sich auch das Ansehen und Verhältniss des glänzenden Bandes in der so eben angegebenen Weise. An dem Querschnitt des lebenden Hydrophilusmuskels fällt ein ähnliches Verhalten, wie bei der Flächenansicht auf. Da, wo an den Grenzen der einzelnen Sarcons elements fein- mern Ueber ein eigenthümliches optisches Verhalten der quergestreiften Muskelfaser. 141 granulirte schmale Linien zu sehen sind, erscheinen neben diesen auch glänzende Streifen, die alle genannten Eigenschaften der glän- zenden Bänder aufweisen. Bei dem oben angegebenen Verfahren der Spiegelwendung und Drehung des Tisches sieht man diese Linien sich verschieben, an einem Rande eines Präparats verschwinden, um an einem andern wieder aufzutauchen. Aus dem Auseinandergesetzten ist es sofort klar, dass man bei verschiedenen Spiegelstellungen, bei verschiedenen relativen Lagen von Object und Spiegel überhaupt, bald Bilder sieht, welche bei der Flächenansicht der Muskelfaser auf ein einfaches Alterniren von hellen und dunklen, ungleich breiten Scheiben, und bald wieder auf eine Complication schliessen lassen, wie se Hensen und Krause gesehen und in so verschiedener Weise gedeutet haben. Dass nicht alle Bilder auf anatomischen Grundlagen ruhen, braucht nicht erwiesen zu werden. Der Spiegel kann den Gang der Lichtstrahlen, nicht aber den Bau des Muskels beeinflussen. Welches Bild ist nun das richtige? Welches, mit andern Worten, hat eine morphologische Grundlage? Zunächst werden wir annehmen müssen, dass der dunkle Streifen Ausdruck eines wirklichen Gebildes ist, da er bei allen Relationen zwischen Spiegel und Object unverändert bleibt. Dabei soll vor- läufig davon abstrahirt werden, was die Verschiedenheit der Einstel- lung bewirkt. Wir gehen von einer und zwar von der obersten Mantelfläche einer ruhenden Faser aus, und hier sehen wir, dass die körnigen Streifen relativ dunkel bleiben, man mag den Spiegel stellen wie man wolle. Sucht man die Faser zwischen gekreuzten Nicols auf, so stimmt nur dieser Streifen mit dem Gesichtsfelde überein; er ist dunkel, wenn das Gesichtsfeld dunkel ist und nimmt dessen Farbe an, wenn es durch eine Glimmerplatte gefärbt wird. Die granulirten Streifen sind also einfach-brechend. Alles, was zwischen ihnen liegt, erscheint bei gekreuzten Nicols hell, ist also doppelt-brechend. Doch ist auch hier eine Verschiedenheit in der Lichtintensität zu constatiren, da auch im polarisirten Lichte glän- zende Bänder gegen mattere aber noch helle Zonen abgesetzt erscheinen. Recapituliren wir das Gesagte in Kürze, so ist also ein einfach- brechender Streifen, der sich im gemeinen Lichte dunkler als seine Umgebung darstellt, das eine Stück, welches wir festhalten müssen, und, wie die Sachen liegen, festhalten können, da dieser Streifen ja 142 Dr. C. L. Heppner: mit der Querlinie Krauses, und mit der Mittelscheibe Hensens identisch ist. Diesem Streifen liegen helle, glänzende Bänder zur Seite, die bei wechselnder Spiegelstellung ihre Breite ändern und zwar von der Null aufwärts zu einer nicht gemessenen Breite. Auf diese glänzenden Bänder folgen die matten Zonen, deren Hellig- keit die Mitte hält zwischen den dunkeln Streifen und den glän- zenden Bändern. Die Breite auch dieser matten Zonen wechselt bei veränderter Spiegelstellung, aber sie wird bei dem nicht contrahirten Muskel niemals Null. Die glänzenden Bänder allein sind es also, welche bei gewisser Spiegelstellung schwinden. Wenn Jemand mit der Behauptung aufträte, diese glänzenden Bänder seien lediglich der Ausdruck totaler Reflexion, sie schwinden, wenn die Incidenz des Lichtes diese ausschliesst und sie kommen wieder und nehmen an Breite zu, mit der Zunahme des Einfalls- winkels, so könnte man ihn nicht stichhaltig widerlegen. — Denn denken wir uns in a eine Sub- stanz von kleinerem und in b und b je eine von grösserem Brechungsindex, in welche die Strahlen e und e’ mit hinrei- E | chend grossem Einfallswinkel Er von unten her eindringen, um an der Grenze von b und a total refleetirt zu werden, dann muss an jeder Seite von a eine Zone von b liegen, welche heller als der Rest erscheint, denn diese Zone wird mehrfach beleuchtet, nämlich von den einfach gebrochenen Strahlen e, den total refleetirten e und von den aus a nach b gebrochenen Strahlen. Mit derselben Behauptung könnte man das Verschwinden und die wechselnde Breite vertheidi- gen, denn die Annahme der Verschiedenheit des Brechungsindex festgehalten, muss ja dieser Wechsel eintreten mit dem Wechsel der Richtung der Lichtstrahlen. Der Versuch mit der Aenderunz in der Neigung des Spiegels und der Drehung des Tisches ist so präcise, dass man aus diesem allein auf einen Unterschied in den Brechungsindices der beiden Sub- stanzen schliesen könnte, und er ist wohl schon ein Beweis für die oben hypothetisch angeführte Behauptung. Gehen wir aber einen Schritt weiter, indem wir künstlich die Differenz der Brechungsin- dices der beiden Muskelsubstanzen ändern. Es ist das ein in der mikroskopischen Technik sehr gebräuchliches Verfahren. Lassen | | | | Ueber ein eigenthümliches optisches Verhalten der quergestreiften Muskelfaser. 143 wir ein Reagens zufliessen, welches die Muskelfaser gleichmässig infiltrirt, wie z. B. Alkohol, so ändert sich das Bild. Die glänzen- den Bänder schwinden entweder gänzlich oder erblassen wenigstens ganz bedeutend und wieder haben wir nur breite matthelle Zonen zwischen dunkeln, schmalen, feinkörnigen Streifen. Indem beide Substanzen von Alkohol durchtränkt werden, müssen die Brechungs- indices beider gegen den des Alkohols hin geändert, die Differenz somit verkleinert werden und es ist von selbst klar, warum jetzt die totale Reflexion nicht mehr in dem Grade wahrzunehmen ist, wie früher. Ich habe schon erwähnt, dass Alles, was zwischen den einfach lichtbrechenden Streifen liegt, im gekreuzten Nicol hell erscheint. Nur ist auch hier ein matterer und ein hellerer, glänzenderer Theil zu unterscheiden. Ich weiss nicht, mit welchen optischen Hilfsmit- teln man es noch erklären könnte, dass diese zwei Zonen, welche beide doppeltbrechend sein müssen, im gekreuzten Nicol verschiedene Helligkeit bieten. Zweifellos reichen die Vorgänge bei der totalen Reflexion hin, um Helligkeits-Unterschiede zu erklären. Wir können also die Muskelfaser nicht anders ansehen, als sie Brücke (Untersuchungen über den Bau der Muskelfasern mit Hülfe des polarisirten Lichtes. Denksch. d. Kais. Acad. d. Wissensch. in Wien. Bd. XV. S. 69—84. Taf. 1) gezeichnet hat: Sie ist im ruhenden Zustande zusammengesetzt aus einfachbrechenden schmalen und aus einer breiten (doppeltbrechenden, oder, um mit Rollett zu sprechen, aus einer Zwischensubstanz von geringerem und einer Hauptsubstanz von grösserem Brechungsindex. Die Mittelscheibe Hensen’s ist, sowie die Querlinie Krause’s nichts anderes als die schwächer lichtbrechende isotrope Zwischen- substanz, die Querscheibe Hensen’s (l. c., verel. Fig. 4. 5. 6., sowie S. 25) sowie die Muskelkästchenflüssigkeit Krause’s sind Produkte der Spiegelung. Das Muskelprisma Krause’s hat Hensen als Zwischensubstanz bezeichnet und es ist von selbst klar, dass hier jene Abschnitte der contractilen Substanz gemeint sind, welche nicht in den Bereich der totalen Reflexion fallen. Die Bilder, auf welche Krause und Hensen, meines Wissens zuerst, hingewiesen haben, sind also m Wirklichkeit zu sehen. Die Beobachtungen dieser beiden Forscher haben auch unsere Kennt- nisse bereichert; denn sie haben uns gelehrt, dass an den querge- streiften Muskelfasern mehr zu sehen ist, als das bekannte Schema 144 C.L.Heppner: Ueb. eineigenthüml. Verhalt. d. quergestreiften Muskelfaser. verträgt. Die Beobachtung beider Autoren stimmt auch darin über- ein, dass beide eine von einer dunklen Scheidewand getheilte Zone beschrieben haben. Die Differenz zwischen den Auffassungen beider liegt, soweit es die Beobachtung betrifft, nur darin, dass Hensen dasjenige Zwischensubstanz nennt, was Krause als den wichtigsten Bestandtheil, als Muskelprisma hinstell. In der That liegt die Wahrheit zwischen beiden Angaben; das Muskelprisma sammt der Muskelkästchenflüssigkeit Krause’s, die Zwischensubstanz und die (uerscheiben Hensen’s, sind nur auf Grundlage der Spiegelung auseinandergehalten : sie gehörten in toto der Hauptsubstanz an, sind in toto doppeltbrechend und von grösserem Brechungsindex als die dünne Zwischensubstanz-Scheibe. Erklärung der Abbildung auf Taf. IX. Muskelfaser von Hydrophylus piceus im ruhenden Zustande mit Immersions- linse Nr. 10 und Oc. Nr. 3 Hartnack auf circa 36 Cm. Distanz gezeichnet. c. Zwischensubstanz. a. und b. Hauptsubstanz. Zur Histiologie der Vater-Pacinischen Körperchen. Von Dr. Paul Michelson aus Königsberg i. Pr. (Hiezu Tafel X.) Wenngleich bereits eine sehr umfangreiche Litteratur der Hi- stiologie der Vater-Pacinischen Körperchen existirt!), so forderten dennoch die vielfach widerstreitenden Ansichten der bisherigen Beob- achter zu einer Prüfung der streitigen Punkte mit Zuhülfenahme der neuern Unsersuchungsmethoden auf. Mit Rücksicht darauf habe ich mich mit diesem Gegenstande beschäftigt und erlaube mir, im Nachstehenden die Resultate meiner im physiologischen Institut zu Königsberg unter der freundlichen Lei- tung des Herrn Dr. Gruenhagen ausgeführten Arbeiten, nachdem 1) Als die wichtigsten der neuern Schriften nenne ich nur die Arbei- ten von: Henle und Kölliker: Ueber die Pacinischen Körperchen. Zürich 1840. W. Krause: Die terminalen Körperchen der einfach sensiblen Ner- ven. Hannover 1860. Rauber: Untersuchungen über d. Vorkommen und d. Bedeutung der Vaterschen Körperchen. München 1867. Leydig: Ueber die Vaterschen Körperchen d. Taube — Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. 5. Keferstein: Nachrichten von d. Georg-Augusts Universität u. d. Kö- nigl. Gesellsch. d. Wissensch. No. 8. . Hoyer: Ein Beitr. zur Hist. d. Pac. Körperchen. Reichert u. Du Bois’ Arch. 1867 u. zur Hist. bindegewebiger Organe. Dass. Archiv. 1865. Engelmann: Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. 12. Jacubowitsch: Comptes rend. vol. 50. Ciaccio: Med, Central-Blatt Bd. 2. M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 10 146 Dr. Paul Michelson: sie in meiner Inaugural-Dissertation (Königsberg 1868) eine ausführ- lichere Besprechung gefunden haben, hier auszugsweise mitzutheilen. Ueber die Entwicklung der Vater-Pacinischen Kör- perchen finden sich in der vorhandenen Litteratur nur spärliche Angaben !). In dem Mesenterium von circa 7 CGentimeter langen Katzen- Fötus war nach meinen Beobachtungen noch keine Spur von Vater- Pacinischen Körperchen zu entdecken, dagegen fand ich in solchen von circa 9 Centimeter Länge ovale Anhäufungen von Protoblasten (embryonalen Zellen) von circa 0,0135 Mm. Länge und 0,0075 Mm. Breite, in dentlichem Zusammenhange mit den das Mesenterium durchziehenden Nervenfasern. Dieselben lagen den grössern Nerven- stämmehen dicht an und in wenigen Fällen bildeten sie auch das Ende eines solchen; unzweifelhaft müssen sie als frühe Entwicklungs- stadien der Vater-Pacinischen Körperchen gedeutet werden. Fig. I stellt ein Präparat dar, das, nachdem es 24 Stunden in Müllerscher Flüssigkeit gelegen hatte, mit Carmin imbibirt und un- ter Zusatz von A und Glycerin untersucht wurde. Wie man sich aus dieser Abbildung, in weicher a den Nerven- stamm, b die ovale Protoblasten-Anhäufung darstellt, überzeugt, so besteht die letztere aus centralen runden (1) und peripherischen spindelförmigen Protoblasten (2). — Die in Fig. I, 1 gezeichneten Gebilde bezeichne ich als Protoblasten (nach Kölliker) auf Grund der an frischen, nicht imbibirten, Präparaten gemachten Beobach- tung, dass sie in einer fein granulirten zähen Masse, wie sie eben für das Protoplasma charakteristisch ist, eingebettet liegen, und keine nachweisbare Membran besitzen. Die centralen, in mehreren Schichten über einander liegenden, rundlichen Körper haben einen grossen rundlichen Kern mit granu- lirtem Inhalt. Es ist auf ihre Aehnlichkeit mit den runden Proto- blasten des embryonalen Bindegewebes des Mesenteriums (Fig. 1, 3), deren grosse runde Kerne von einem zahlreichen, sehr feine Aus- läufer entsendenden Protoplasma umgeben sind, aber auch auf ihre Aehnlichkeit mit den Ganglienzellen des Darms aufmerksam zu nfachen. 1) Vgl. bes. Pappenheim: Compt. rend. XXIII, eit. v. W. Krause (l. c.); Gerlach: Handb. d. Gewebelehre p. 407. Mainz 1848; Hoyer: ]. c. Jahrg. 65 p- 208. Zur Histiologie der Vater-Paeinischen Körperchen. 147 Die peripherischen, spindelförmigen und ebenfalls membran- losen embryonalen Zellen (Fig. I, 2) mit ovalen Kernen von körni- gem Inhalt, welche in ihrem Aussehn vollkommen den embryonalen Bindegewebskörperchen des Mesenteriums (Fig. I, 4), sowie denen des Neurilems (Fig. I, 5) gleichen, sind offenbar zur Bildung der ersten Kapseln bestimmt; die Ausläufer der etwas regelmässiger angeordneten liegen dicht neben einander, ohne aber directe Commu- nikationen einzugehen. Wie aus Fig. I hervorgeht, konnte auf der vorliegenden Ent- wicklungsstufe noch keine Spur von der in das Vater - Pacinische Körperchen eintretenden Nervenfaser gesehen werden. Vielleicht rührt dies jedoch blos daher, dass die auf dieser Entwicklungsstufe noch nicht doppelt-kontourirte Nervenfaser durch ihre Zartheit dem Auge des Beobachters entgeht. Die Vater-Pacinischen Körperchen neugeborner Katzen glichen vollkommen denen erwachsner, nur schien der Innenkolben verhält- nissmässig breiter zu sein (ob kernhaltig, ist leider nicht untersucht worden). Die Kapseln waren weniger zahlreich (nur 6—9, während beim erwachsenen Thiere 40—60) und durch eine grössre Anzahl der sogenannten septa mit einander verbunden. Der Innenkolben des Vater - Pacinischen Körperchens, der nach Kölliker, W.Krause, Hoyer, Rauber, Keferstein aus einer Art kernhaltigen Bindegewebes, nach Engelmann aus einer Anhäufung von Markscheide bestehen, nach Leydig das ver- dickte Ende der doppelrandigen Nervenfaser darstellen soll, wird nach meinen Untersuchungen aus einer kernlosen protoplasma- artigen Substanz gebildet. Von den zarten längsgestellten (Fig. 2,a) und den rundlichen Kernen (Fig. 2, b), welche scheinbar dem Innenkolben angehören, traten die letztern zunächst nach Behandlung mit Moleschott- scher Kali - Lösung deutlicher hervor, während die erstern bereits an intakten Vater-Pacinischen Körperchen deutlich waren. Beide Arten von Kernen liessen sich nach mehrtägiger Behand- lung mit einer Lösung von concentrirter Oxal-Säure sehr schön mit Karmin imbibiren. , Die macerirende Wirkung der Oxal-Säure !) ermöglichte, bei 1) Dieselbe ist schon vor längrer Zeit von M. Schultze zur Isolation zel- liger Elemente bei gleichzeitiger Erhaltung ihrer Form empfohlen worden, So z.B. M. Schultze’s Arch. Bd. I p. 131. 148 Dr. Paul Michelson: Präparation mit sehr feinen Nadeln, ein allmähliges Abstreifen der Kapseln bis zu schliesslicher vollkommner Isolation des Innenkolbens und wurde auf diese Weise gefunden, dass der isolirte Innenkolben sich als eine durchaus kernlose Masse präsentirte. Durch das mattglänzende, feingranulirte, homogene Aussehn desselben in frischem Zustande, durch sein Vermögen, sich mit Kar- min sehr leicht zu imbibiren und durch Osmium-Säure gelblich ge- färbt zu werden, glaube ich mich berechtigt, die den’ Innenkolben constituirende Substanz als eine protoplasmaartige bezeichnen zu dürfen. Bezüglich der Terminalfaser kann ich nach meinen Unter- suchungen, gegenüber den abweichenden Ansichten von Kölliker, W. Krause, Leydig u.A., die Auffassung Virchow’s, Jacubo- witsch’s, Wagner’s, bestätigen, nach welcher die Terminalfaser nichts anders ist, als ein nackter Axencylinder. Dass dieselbe zuvörderst überhaupt die Fortsetzung der dop- peltkontourirten Nervenfaser sei, ist durch die fettige Degeneration der Terminalfaser, welche nach Durchschneidung des die betreffen- den Vater-Pacinischen Körperchen versorgenden Nerven eintritt, hin- reichend bewiesen. In einem nach dem Vorgange von W. Krause und Rauber von mir angestellten Experiment betraf die Durchschneidung den n. medianus, dessen ramus interrosseus die im Intereostalraum zwi- schen radius und ulna befindlichen Vater - Pacinischen Körperchen versorgt. Bei der, schon nach 4 Tagen vorgenommenen Obduction zeigten sich die Terminalfasern derselben bereits auf’s Unzweideu- tigste in verschiedenen Stadien der fettigen Entartung (Fig. 6 und 7). Die Angaben Rauber’s') über das Verharren der Fetttropfen ausschliesslich in der Axe des Innenkolbens und über die längliche Form derselben — Thatsachen, welche Rauber auf das Bestehen einer Membran hinzudeuten schienen, die den Tropfen nicht nur in seiner Lage erhält, sondern auch seine längliche I’orm erzwingt — diese Angaben scheinen erstens, nach meinen Untersuchungen, keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen zu dürfen. Denn, wie meine Abbildungen zeigen, fand ich, dass weder die Fetttropfen stets läng- liche Form haben, noch constant in der Axe des Innenkolbens ver- 1)1. c. p. 26. Zur Histiologie der Vater-Paeinischen Körperchen. 149 - harren; zweitens aber könnten immerhin die Fetttröpfchen eines, in einer zähflüssigen Masse degenerirten, nackten Axencylinders bezüg- lich des Platzes, den sie einnehmen, sich gerade so verhalten, als ob sie von einer Membran umschlossen wären. Dazu kommt noch, dass für die längliche Form der Tropfen in dem vom Deckgläschen auf das Präparat ausgeübten Drucke eine Erklärung zu finden wäre. Darüber, dass die Terminalfaser die Form eines platten Bandes hat, also die gleiche Gestalt, in der auch der Axencylinder gewöhn- lich auftritt, stimmen wohl die meisten Beobachter überein; auch das Verhältniss der Dicke der doppelrandigen Nervenfaser des Vater- Paeinischen Körperchens zur Dicke der Terminalfaser entspricht etwa dem gleichen Verhältniss zwischen einer Nervenprimitivfaser und ihrem Axencylinder. Die Terminaliaser theilt ferner mit dem Axen- eylinder einige wichtige mikrochemische Eigenschaften. Wie die- ser besitzt sie das Vermögen, sich sehr leicht und vollkommen mit Carmin zu imbibiren und durch Osmiumsäure gelblich gefärbt zu werden; bei Zusatz von A verbreitert sich die Terminalfaser (ebenso wie der Innenkolben) !). Ein ferneres Argument zur Begründung meiner Ansicht, dass die Terminalfaser die Beschaffenheit eines Axencylinders, also die eines soliden Bandes, und nicht eines Kanals hat, finde ich darin, dass, wenn es glücke, an einem längere Zeit mit einer concentrirten Oxalsäurelösung behandelten Vater - Pacinischen Körperchen den Innenkolben zu isoliren und dann der Quere nach zu zerreissen, man mitunter — wie dies Fig. 4 an einem mit Karmin behandelten Präparate darstellt — die Terminalfaser aus einer der beiden Hälf- ten des Innenkolbens eine Strecke weit hervorragen sieht. W. Krause, Kölliker u. A. halten die Terminalfaser für eine Fortsetzung der ganzen doppelrandigen Nervenfaser des Stiles. Weder zeigten mir aber jemals die Terminalfasern intakter. Vater-Pacinischer Körperchen, noch die meiner Isolations-Präparate doppelte Contouren 2) oder die andern bekannten Gerinnungserschei- nungen, welche so gewöhnlich an markhaltigen Nervenfasern zur 1) Diese Beobachtung steht im Gegensatz zu derjenigen Leydig’s, welcher bei A-Einwirkung die Terminalfaser auf Kosten der mattgrauen Substanz des Innenkolbens sich verbreitern sah. Zeitschr. tür wiss. Zool. p. 81. Daselbst Tafel 4. Fig. 3. 2) Vgl. dagegen Keferstein, |. c. p. 89. 150 Dr.-Paul Michelson: Beobachtung gelangen; auch wurde die Terminalfaser, selbst bei längerer Einwirkung der Osmiumsäure, nicht schwarz gefärbt, wie die markhaltige Faser des Stiels, ein Ergebniss, welches wenigstens für das Fehien einer fetthaltigen (Mark-) Schicht spricht. Die oben genannten Autoren sahen in der Terminalfaser zu- weilen einen feinen centralen Streif auftreten, den für den Axen- eylinder (nach Krause stets ein Gerinnungsproduct) zu halten sie auf Grund ihrer eben erwähnten Auffassung der Terminalfaser nicht so ganz abgeneigt sind. Ich habe jenen feinen centralen Streif ebenfalls, und zwar auch an ganz frischen Präparaten (Fig. 2) beobachtet, mit ihm pa- rallel verlaufend jedoch meist noch 3—4 andere. Wahrscheinlich ist dies die Streifung, die auch Rauber als regelmässige Anordnung der feinsten Fetttröpfehen in 4—6 parallel laufenden Reihen an der (nach Nervendurchschneidung) degenerirten Terminalfaser beschrie- ben hat. Zwanglos lassen jene feinen Streifen —- nach dem Vorgang von Remack, Joh. Müller, G. Walther, M. Schultze — sich als den optischen Ausdruck von Fibrillen auffassen, aus denen die Terminalfaser sich zusammensetzt, falls man die von mir befürwor- tete Deutung derselben acceptirt. Es ist hier der Ort zur Einschaltung folgender Beobachtung: Behandelt man Vater-Pacinische Körperchen mit Substanzen, welche Eiweisskörper schrumpfen machen, z. B. Moleschott’scher Kalilösung, so zieht sich die den Innenkolben zusammensetzende protoplasma- artige Masse mitunter von der Terminalfaser ein wenig zurück, und es wird auf diese Weise um dieselbe ein Kanal gebildet. Zuweilen glückt es auch, an Osmium-Präparaten das beschriebene Bild zu er- halten. Während in diesem Falle sowohl Terminalfaser, als Innen- kolben gelblich gefärbt erscheinen, behält der zu beiden Seiten der ersteren entstandene blasse Contour sein früheres, homogenes, helles Aussehn. Die in diesem Kanal liegende Terminalfaser (Fig. 5) kann na- türlich ebenfalls, besonders wenn sie auf Hoch- Kant gestellt ist, leicht einen die Terminalfaser durchziehenden centralen Streif vor- täuschen. Gegen die neuerdings wieder von Hoyer und Rauber ver- tretene Ansicht, die Terminalfaser sei ein noch mit der Primitiv- scheide bekleideter Axencylinder, ist u. A. geltend zu machen, er- 2 un Zur Histiologie der Vater-Paeinischen Körperchen. 151 stens, dass auch an mit Osmiumsäure oder Carmin gefärbten Isola- tions-Präparaten die Scheide, die bekanntlich bei Einwirkung jener Substanzen unverändert bleibt, nicht sichtbar gemacht werden konnte; zweitens, dass, während nach den übereinstimmenden Angaben vieler Beobachter (Eulenburg u. Landois, Schiff, Maguien, Neu- mann u. A.) die Primitivscheide der Nervenfasern des peripherischen Stumpfs eines durchschnittenen Nerven erhalten bleibt, die Termi- nalfaser nach Durchschneidung des betreffenden die Vater - Pacini- schen Körperchen versorgenden Nerven schliesslich völlig zu Grunde geht. Aus der letztgenannten Beobachtung würde übrigens — die Identität der Terminalfaser mit dem Axencylinder zugestanden — sich ergeben, dass Schiff’s Angaben über die Persistenz des Axen- cylinders nach Nervendurchschneidung, für die peripherische End- ausbreitung der Spinalnerven wenigstens, nicht zutreffen. Was die peripherische Endigung der Terminalfaser anbetrifft, so ist es mir ebensowenig als W. Krause gelungen, dieselbe in Ganglienzellen (Jacubowitsch, Ciaccio) auslaufen zu sehen. Die birnförmige Endanschwellung der Terminalfaser zeigte sich mir besonders deutlich an im Zustand fettiger Entartung (nach Nerven- durchschneidung) befindlichen Terminalfasern (Fig. 6 u. Taa). Von den Varietäten der Terminalfaser, die ich beobachtet habe, ist die in Fig. 8 abgebildete als selten und interessant zu erwäh- nen. Die Abbildung bedarf keiner weitern Erläuterung. Den Angaben älterer Autoren über die Interkapsularflüs- sigkeit ist hinzuzufügen, dass diese eine deutlich alkalische Reaction zeigt, wovon man sich am Bequemsten durch Zerreissen eines Vater-Pacinischen Körperchens auf dem Liebreich’schen, mit rother Lakmuslösung gefärbten Thonplättchen überzeugen kann. Hieraus erklärt sich vielleicht, warum es nicht gelingt, eine Imbibition der Kerne in den Kapseln der Vater-Paeinischen Körper- chen mit Karmin herbeizuführen, bevor man nicht längere Zeit Säuren auf sie hat einwirken lassen und scheint dieser Umstand geeignet, zur Unterstützung der vielfach eitirten, von Beale aufgestellten Theorie über das Zustandekommen der Karmin-Imbibition !) zu dienen. Fernerhin ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Inter- kapsularflüssigkeit, besonders die der innern Kapseln, welche von 1) How to work with the microscope. Forth Edition p. 107. $ 196. 152 Dr. Paul Michelson: zäherer Consistenz ist, als die der äussern, die Neigung besitzt, bei Zusatz von Säuren zu gerinnen. Zur Erforschung des Baues der Kapseln combinirte ich die von Hoyer angewandte Methode der Silberbehandlung mit der vor- hin beschriebenen Isolations - Methode in der Art, dass ich Vater- Pacinische Körperchen, die der Einwirkung einer einprocentigen Lösung von Arg. nitr. ausgesetzt waren, mehrere Tage lang in einer concen- trirten Oxalsäurelösung aufbewahrte. Diese Methode hatte gleich- zeitig den Vortheil, dass sie eine nachfolgende Karmin - Imbibition ermöglichte. Auf diesem Wege konnte festgestellt werden, dass Hoyer’s Angabe, die sogenannten Bindegewebskörperchen der Kapseln der Vater-Pacinischen Körperchen seien nichts anders, als die Kerne von den Kapseln angehörigen epithelartig angeordneten Zellen, eine zwei- fellos richtige ist. Jene Kerne, wo sie auf Hoch-Kant standen (vergl. Fig. 10a und besonders Fig. 11a) zeigten genau die Gestalt und Grösse der »Bindegewebskörperchen« (Fig. I e) der ältern Autoren. Nur darin kann ich mit ihrem Entdecker nicht übereinstimmen, dass die betreffenden epithelartig angeordneten Zellen der Innen- fläche der Kapseln aufliegen, vielmehr bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass aus jenen Zellen die ganze Kapselwand sich zusammensetzt. Nach meinen Untersuchungen glaube ich nämlich annehmen zu müssen, dass die Silberzeichnung sich nicht blos auf der Innenfläche der Kapseln findet (Hoyer), sondern, dass sie durch deren ganze Dicke durchgeht; hiefür spricht auch besonders ihr Verhalten gegen mechanische und chemische Eingriffe. Während die den Epithelien des Mesenteriums, der Cornea etc. entsprechenden Silberzeichnungen leicht durch den Pinsel oder durch Anwendung der caustica entfernt und von ihnen umrissene Epithelzellen isolirt werden können, gelingt dies bei der Silberzeich- nung der Kapseln des Vater-Pacimischen Körperchens, wie schon Hoyer erwähnt hat, keineswegs; sie trotzt selbst einer längern Einwirkung von 3Sprozentiger Aetzkali-Lösung, und gelingt es nicht, von einer structurlosen oder streifigen Grundlage eine von ihr diffe- rente Zellenlage durch dieses Macerations - Verfahren abzuheben. Wenn man einzelne der durch Silberlinien umgränzten Stücke der Kapsel zerzupft, so kann man stets nur kleine Fragmente herstel- Zur Histiologie der Vater-Pacinischen Körperchen. 155 len, welche 2—3 der sogenannten Epithel-Zellen enthalten und in ihrer ganzen Dicke aus diesen Zellen-Territorien bestehn. Was die nähere Beschaffenheit jener epithelartig angeordneten Zellen der Kapseln anbelangt, so haben dieselben eine gewisse Dicke; ihre Kerne liegen der innern Seite an. Wo, wie dies in seltenen Fällen vorkommt (Fig. 2d), ein Kern der äussern Fläche einer Kapsel aufliegt, ist wohl anzunehmen, dass er von der Innenfläche der nächsten äussern Kapsel sich losgelöst habe und dann auf jene herabgesunken sei. Die Kerne haben theils runde, theils ovale Form — auch solche von Biscuit-Form wurden beobachtet, einen deutlichen Contour und körnig-trüben Inhalt. An frischen, mit Jod-Serum behandelten Vater-Pacinischen Körperchen liegt, oft strahlenartig angeordnet, um die Kerne der Kapsel herum eine körnig-trübe Masse, die wohl als Rest des Zellprotoplasmas zu betrachten ist. Die Grösse der Kerne beträgt, je nach ihrer Form, ca. 0,008 bis 0,01 Mm. im Längen- und Breitendurchmesser oder ca. 0,014 Mm. im Längen- und 0,008 Mm. im Breitendurchmesser. — Im Allge- meinen entspricht jeder Zelle nur ein Kern; wo scheinbar ein ab- weichendes Verhalten stattfindet (Fig. Ilc), kann man sicher sein, dass man entweder durch die durchscheinenden Kerne eines umge- klappten Stücks der untersuchten oder durch diejenigen der nächst- untern Kapseln getäuscht wird. Keferstein, W. Krause, Kölliker u. A. stimmten be- züglich der Struktur der Kapseln darin überein, dass dieselben aus zwei Bindegewebsschichten, einer longitudinalen und einer querver- laufenden zusammengesetzt seien. Der Letztgenannte, nachdem er sich von dem Vorhandensein der Hoyer’schen Silberzeichnung über- zeugt hatte, modifieirte seine Ansicht !) nur dahin, dass auf der Innenfläche der innern longitudinalen Schicht die von ihm schon gesehenen Bindegewebskörperchen eine epithelartig zusammenhän- gende Lage bilden. Die Richtigkeit der Auffassung, als ob die Kapselwand sich aus in zwei verschiedenen Richtungen angeordneten Bindegewebsfibril- len zusammensetze, muss ich bestreiten und zwar habe ich dagegen 1) Vgl. die neueste (5te) Auflage seines Handbuchs der Gewebelehre, p- 109. 154 Dr. Paul Michelson: anzuführen: 1) die schon oben mitgetheilte Beobachtung, dass auch an Präparaten, welche wochenlang der macerirenden Wirkung einer concentrirten Oxalsäure-Lösung ausgesetzt waren, niemals die be- schriebenen epithelartig angeordneten Zellen von einer streifigen Grundlage sich abziehen liessen; 2) den Umstand, dass vermittelst des Rollet’schen, wie anderer Verfahren, ein Zerfall der Kapseln in Fibrillen sich nieht erzielen liess, wohl aber sechswöchentliche Ein- wirkung einer concentrirten Oxalsäure-Lösung einen Zerfall in Plättchen bewirkte. Die Längsfibrillen, welche von Henle und Kölliker in aus- gebreiteten Kapselfragmenten gesehen sind, halte ich für Faltungen der Kapsel-Membranen, eine Auffassung, die bereits vor über 30 Jahren von Reichert in der bekannten Bindegewebs-Controverse urgirt wurde. Das Vorhandensein einer ungemein zarten Querstrei- fung (angedeutet Fig. 2, 5.), besonders an frischen Präparaten kann jedoch kaum in Abrede gestellt werden. Allein diese ist, wie ich glaube, als der optische Ausdruck einer durch irgend welche Um- stände erfolgten örtlichen Verdichtung der Interkapsularflüssigkeit zu betrachten. Diese Verdichtungen aber sind nichts anders, als die schon erwähnten Anhäufungen von Protoplasma, die, von den Ker- nen der Kapseln ausstrahlend, oft deutlich erkennbar in die frag- liche Querstreifung übergehen. Dennoch sind die Kapseln bindegewebiger Natur, wovon man sich dadurch überzeugen kann, dass an sorgfältig aus dem umge- benden Bindegewebe freipräparirten und dann zerkochten Vater- Paeinischen Körperchen die Eigenschaften des Glutins sich nach- weisen lassen. Nach alledem wäre das die Kapseln der Vater - Pacinischen Körperchen bildende Gewebe der Klasse der Epithelia spuria (Hiss’s Endothelien) zuzurechnen. Die folgende Beobachtung sei hier noch zur Unterstützung der Behauptung hinzugefügt, dass die Interkapsularflüssigkeit Gerinnungs- vermögen besitzt. Bei allmähligem Abstreifen der Kapseln von einem mit der oben mitgetheilten combinirten Isolations- und Versilberungs- methode behandelten und mit Carmin imbibirten Vater-Pacinischen Körpershen stösst man bisweilen auf eine sehr feine Silberzeichnung, der keine Kerne angehören. Es ist kaum möglich, eine andere Er- klärung für diese Erscheinung zu finden, als die, dass die Silber- zeichnung der Kapseln einen Abdruck auf der geronnenen Interkap- Zur Histiologie der Vater-Paeinischen Körperchen. 155 sularflüssigkeit zu erzeugen vermag, und dass man es mit einem solchen Abdruck zu thun hat. Der Verlauf der Gefässe der Vater-Paeinischen Körperchen wurde in der Weise ermittelt, dass von der grössten a. meseraica aus die Gefässe der Vater-Pacinischen Körperchen des Meserteriums der Katze vermittelst konstanten Drucks mit löslichem Berliner Blau injieirt wurden. Jedes, auch das kleinste Vater-Pacinische Körperchen zeigt sich in der Art, wie Fig. 12a. es versinnlicht, von Gefässschlingen umkreist; eine feinere Schlinge (Fig. 12b.) pflegt mit dem Stiel- fortsatz bis in die nächste Nähe des Innenkolbens vorzudringen. Diese Beobachtungen stimmen mit denen Palladinos !) im Wesentlichen überein; nicht so mit denen W. Krauses?), der Ge- fässe bis in die innersten Kapseln hinein vordringen sah. Zu den Untersuchungen, deren Resultate im Vorliegenden kurz zusammengestellt sind, habe ich ausschliesslich die Vater-Pacinischen Körperchen der Katze verwandt. Dieselben gleichen bekanntlich in ihrem Bau denen des Menschen und sämmtlicher Säuger vollkommen und haben den Vorzug, dass man sie im Mesenterium, bei erwach- senen Thieren wenigstens, sehr leicht auffinden kann. Es sei mir erlaubt, noch mit wenigen Worten auf die Structur der Vater-Pacinischen Körperchen der Vögel einzugehen. Eine Anzahl von Herrn Dr. Gruenhagen angefertigter Prä- parate, deren Benutzung mir gütigst gestattet wurde, überzeugte mich, dass die Terminalfaser der Vater-Pacinischen Körperchen der Taube keineswegs ein Kanal (Leydig, Kölliker?°) ist, sondern, dass sie genau dasselbe Verhalten, wie die der Katze zeigt; beson- ders war auch an der Terminalfaser einzelner Körperchen wieder die feine Streifung vorhanden, die oben ausführlicher besprochen ist. Auch der Innenkolben der Vater-Pacinischen Körperchen der Taube gleicht durchaus dem der Katze; er besteht aus einer fein granulirten, kernlosen, mattglänzenden, eiweisshaltigen Substanz. Ebenso zeigt das System der äussern Kapseln, besonders deut- 1) Vgl. Henles Jahresbericht über d. Fortschr. d. Anat. u. Phys. im Jahre 1867. 2) Ueber d. Function d. Vat. Körp. Henles u. Pfeiffers Zeitschr. für rat. Med. Bd. XVII, p. 316. 3) Zeitschr, für wiss. Zoolog. Bd. V. 156 Dr. Paul Michelson: lich nach Oxalsäurebehandlung mit nachfolgender Carmin-Imbibition jene rundlichen, regelmässig angeordneten Kerne. Eine Silberzeich- nung auf den äussern Kapseln darzustellen, ist Herrn Dr. Gruen- hagen bisher noch nicht, oder doch nur in sehr unvollständigem (Grade gelungen. Statt des Systems der innern Kapseln ist ein fasriges Gewebe vorhanden, in welchem spärliche, mit Ausläufern versehene spindelförmige Bindegewebskörperchen eingebettet liegen ; diese finden sich, wie man namentlich an geplatzten Vater-Pacinischen Körper- chen nach Carmin-Imbibition wahrnimmt, einestheils unregelmässig in dem von den äussern Kapseln umgebenen Raume zerstreut vor, anderntheils ordnen sie sich in der nächsten Umgebung des Innen- kolbens der Art an, dass sie in parallel zu ihm gerichtetem Verlaufe ihre feinen Ausläufer in querer Richtung über ihn hinwegsenden. Auch von dieser Stelle aus fühle ich mich verpflichtet, Herrn Dr. Gruenhagen sowohl, wie Herrn Prof. v. Wittich, welcher mir mit gewohnter Liberalität die Hülfsmittel der unter seinem Directorate stehenden Anstalt, sowie seine umfangreiche Bibliothek tür die vorliegende Arbeit zur Disposition stellte, meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Erklärung der Abbildungen auf Taf. X. Fig. 1. Vater-Pacinisches Körperchen eines 9 Gentimeter langen Katzen-Foetus bei 400facher Vergrösserung unter Zusatz von Müller’scher Flüssig- . keit und nach Carmin-Imbibition untersucht. a. Nerv. b. Die die Entwickelungsstufe der V.-P.-Kr. darstellende Kernanhäufung. 1. Die centralen runden, 2. die peripherischen spin- delförmigen Protoblasten, 3. runde, 4. spindelförmige Zellen des - Mesenteriums, 5. spindelförmige Zellen des Neurilems, 6. Spindel-Zellen des Mesenteriums, welche sich in der Richtung von 2 angeordnet haben. Fig. 2. V.-P. Kr. bei 400 facher Vergrösserung. a. die scheinbar im Innenkolben liegenden ovalen Kerne, welche nichts Anderes sind, als auf Hoch-Kant stehende Kerne der inner- sten Kapseln, b. die scheinbar im Innenkolben liegenden rundlichen Kerne, die in der That ebenfalls den Kapseln angehören, c. auf Hoch-Kant stehende Kerne der Kapsel-Membranen (sog. Bindegewebs- körperchen), d. ein der konvexen Fläche der Kapsel aufliegender Kern. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. 12, Zur Histiologie der Vater-Paeinischen Körperchen. 157 Die ganze (doppelt kontourirte) Nervenfaser verläuft eine Strecke weit im Innenkolben. Stück eines nach Oxal-Säure-Behandlung und Carmin-Imbibition 1s0- lirten und der Quere nach zerrissenen Innenkolbens. Die (stärker als der Innenkolben imbibirte) Terminalfaser ragt eine Strecke weit über den Innenkolben an der Rissstelle hervor. Innenkolben nach Behandlung mit Müllerscher Flüssigkeit. 1. Terminalfaser, 2. durch Schrumpfuug der Substanz des Innen- kolbens entstandener Kanal. . 7. Terminalfasern nach Durchschneidung des zuführenden Nerven. aa. birnförmige Endanschwellung der Terminalfaser im Zustande beginnender Verfettung, bb. grössere Fett-Tröpfchen, ce. Streif, gebildet durch ein Conglomerat feiner Fett-Tröpfchen als Rest der Terminalfaser. Terminalfaser, die sich am centralen Ende des Innenkolbens in 2 Aeste spaltet. System innerer Kapseln. a. gelatinirte Interkapsular-Flüssigkeit, b. abgerissene und nach Aussen umgestülpte äusserste Kapsel, ce. ein derselben angehöriger Kern. der in der gelatinirten Interkapsular-Flüssigkeit steckenge- blieben ist. Isolirte Kapsel-Membran nach Oxal-Säure-Behandlung mit nachfol- gender Carmin-Imbibition. Das Präparat ist unter Zusatz von Glycerin untersucht. a. auf Hoch-Kant stehender Kern. . Kapsel-Membran nash Behandlung mit Arg. nitr., Oxal-Säure und Car- min-Imbibition. a. auf Hoch-Kant stehende Kerne der, der Hoyer’schen Silber- zeichnung (b) entsprechenden Zellen, ec. durchscheinende Kerne einer zweiten Kapsel-Membran, auf welche die Silber-Behandlung nicht mehr eingewirkt hat. Die Gefässe des V.-P. Kr. nach Injection mit löslichem Berliner Blau. a. Grössere. das V.-P. Kr. umkreisende, Gefäss-Schlingen, ce. Ca- pillar-Schlinge des Stiels, bei 1 in die Tiefe gehend, c. durchschei- nende Capillar-Schlingen des Mesenteriums. Einige Beobachtungen über Amoeben. Von Dr. Vinzenz Czerny, Assistent an Hofrath Prof. Billreth’s Klinik in Wien. Nachfolgende Mittheilungen sind die Resultate längerer Beob- achtungen über Amoeben, welehe ich besonders im Jahre 1567 ge- macht habe. Die Amoeben nahm ich von der Wand uud dem Boden eines Gefässes, in welchem Lemna und Sphagnum aus einem Donau- arme gezüchtet wurden. Riesige Amoeba princeps bekam ich aus einer Schüssel, in welcher Batrachiereier in jenem Stadium, wo der Larven noch mit reichem Wimperkleide bedeckt sind, sich befanden. Die Dotterplättchen, mit welchen diese sehr lebhaften Amoeben voll- gepfropft waren, schienen ihnen als sehr nahrhafte Kost gedient zu haben. Zunächst versuchte ich den Einfluss von Kochsalzlösungen auf diese Thiere. Es zeigte sich, dass die Widerstandsfähigkeit gegen dieses Reagens eine individuell verschiedene ist. Bei Zusatz von !/, procentiger Lösung ging keine Amoebe zu Grunde, aber viele nahmen momentan die Kugelform an. Bei !/; Procent starben schon viele, andere hielten mehr als 1 Procent aus; keine aber widerstand einer zweiprocentigen Lösung. Im Allgemeinen waren die trägeren Amoebenformen widerstandsfähiger als die lebhaften. Die Kugelform trat entweder sogleich ein, oder sie erfolgte erst, nachdem das Thier eine Zeit lang knollige, warzige Fortsätze her- vorgetrieben hatte. Nach einiger Zeit platzten die Amoeben häufig, wobei sich ein feinkörniger Inhalt aus dem Leibe des todten Thieres ergoss, und meist in lebhafter Molecularbewegung in der umgebenden Flüssigkeit sich zerstreute, während von dem Leibe des Thieres oft blos die äusserste Schichte wie ein zartes Säckchen zurückblieb. Das Aussehen des Inhalts spricht wohl für eine Gerinnung des- Einige Beobachtungen über Amoeben. 159 selben. Einmal sah ich ganz unzweifelhaft eine Amoebe vor dem Platzen umfangreicher werden, obwohl sie kugelig blieb. Jene grossen, oben erwähnten Amoeben zeigten auf den Zusatz selbst von schwachen Kochsalzlösungen eigenthümliche Veränderun- gen, die übrigens Kühne auch nicht unbekannt zu sein scheinen, wenigstens erwähnt er, dass oft feine Fortsätze von den Thieren nach Einwirkung von Kochsalz ausgesendet werden. Es scheint dann, als ob auf der ganzen Oberfläche äusserst zarte Wimpern wachsen. Dicht nebeneinander entstehen sehr dünne Fortsätze, die rasch länger, dann knotig werden, sich biegen und in zit- ternde Bewegung gerathen. Mitunter stossen die Thiere einzelne stärkere lange Pseudopodien aus, die sich rosenkranzförmig einschnü- ren, um sich endlich ganz abzuschnüren. Auch jene dünnen Fortsätze zerfallen in feine Körnchen, welche in lebhafte Molekularbewegung gerathen. Manchmal schiesst aus dem Körper ein tropfenförmiges Protoplasmaklümpchen hervor, das in einiger Entfernung liegen bleibt und mit der Amoebe nur durch einen kaum sichtbaren Faden verbunden ist. Letzterer Vorgang war mir um so interessanter, als ich ihn auch an frischen Glaskörperzellen eines an Chorioiditis leiden- den, enucleirten Auges sehen konnte. War der Kochsalzzusatz gering, so fingen die Amoeben ihre gewöhnliche Bewegung an, so- bald sie wieder in Wasser gebracht wurden, wobei die Vacuolen ungemein lebhaft zu spielen begannen. Ueberhaupt waren die Be- wegungen solcher Amoeben sehr lebhaft; ja einmal theilte sich sogar eine vor meinen Augen. Wenn auch dieser Vorgang schon oft genug beobachtet wurde, so lohnt es wohl der Mühe, darüber zu berichten. Ich hatte am 13. März zwei ziemlich grosse Amoeben im Ge- sichtsfelde. Die eine lag träge, flach ausgebreitet mit spärlicher Körnchenbewegung, am Objectträger, während die zweite reichliche Körnchenströmungen zeigte und sich lebhaft fortbewegte. Nach Zusatz einer !/; procentigen Kochsalzlösung wurde die Körnchenbe- wegung immer spärlicher, hörte endlich ganz auf. Dagegen wurden Pseudopodien lebhaft vorgestreckt, die sich selbst spiralig schlän- gelten. Andere Amoeben wurden von der Strömung als runde klumpen herbeigeschwenimt. Sie waren jedoch nicht mehr im con- trahirten Zustande, da ihre Vacuolen weit ausgedehnt waren. Nach einiger Zeit setzte ich wieder Brunnenwasser zu. Jene zwei Amoeben zogen die Pseudopodien ein, wurden rundlich, fingen Jedoch bald wieder an, lappenförmige Pseudopodien auszustrecken. 160 Vinzenz Czerny: Die Körnchenbewegung wurde wieder wie vor dem Kochsalzzusatze. Die lebhafte Amoebe kroch nun an die trägere, jetzt ziemlich runde Amoebe und umfloss sie derart, das ich momentan die Grenzcon- touren kaum anzugeben vermochte. Ein Ueberfliessen ihrer Sub- stanzen war jedoch nicht zu bemerken. Dann entfernte sich die lebhafte Amoebe wieder, und ruhte in Kugelgestalt wohl eine Vier- telstunde lang aus. Obwohl auch während dieser Zeit locale Gon- tractionen des Protoplasma zu sehen waren, so fing sie doch erst jetzt wieder an, lebhafter zu werden. Bald wurde sie bisquitförmig, die Verbindungsbrücke fadenförmig ausgezogen, riss endlich aus- einander. Die Amoebe hatte sich getheilt. Kerne konnte ich weder in der ursprünglichen, noch in den Theilen deutlich sehen, dagegen besass jede ihre Vacuole, die alsbald lebhaft zu spielen anfıng. Die träge Amoebe machte ihre langsamen Bewegungen nach wie vor, während die zwei jungen Amoeben lebhaft davon krochen, sich oft begegneten, ohne je wieder zusammenzufliessen. Ich beob- achtete die drei Amoeben noch längere Zeit, machte noch Reizver- suche mit Kochsalzlösung, wobei sie sich wie die Mutteramoebe ver- hielten. Ob es sich bei der der Theilung vorhergehenden innigen Berührung um eine Art Conjugation handelte, bleibt dahingestellt. Noch eine Theilung hatte ich bei einem Infusor zu beobachten Ge- legenheit. Nach einer freundlichen Mittheilung von Herrn Prof. Stein inPrag, dem ich die Skizzen mittheilte, handelte es sich um die Theilung der Podophrya fixa, einer sehr gemeinen Acimetine. Mir war der Vorgang desshalb von Interesse, weil dem einen ungestiel- ten Theilsprössling unter meinen Augen Wimpern wuchsen, während die den Acineten eigenthümlichen geknöpften Pseudopodien einge- zogen wurden, und dass er wenige Minuten nach der Theilung als lebhaft wimperndes Infusor meinen Blicken entschwand. Das Wachsen der Wimpern war ganz gleich dem Entstehen jener feinen Pseudo- podien der Amoeben nach Einwirkung einer Kochsalzlösung. Nur kam es bei letzteren nicht zu einer eigentlichen Wimperbewegung. Ich schliesse mich desshalb der Meinung an, dass auch die Wimpern der Infusorien wenigstens ihrer Entstehung nach die Bedeutung von Protoplasmafortsätzen, wenn man will von Pseudopodien constanter Form besitzen, eine Meinung, die wohl auch auf die Flimmerepi- thelien auszudehnen ist. Die folgenden Versuche machte ich, um zu erfahren, ob sich Amoeben an stärkere Kochsalzlösungen gewöh- nen, ob sie sich gleichsam in dieselben einschleichen können. Einige Beobachtungen über Amoeben. 161 Aehnliche Versuche hatte Beudant'!) schon im Jahre 1816 gemacht, um das gleichzeitige Vorkommen von Süss- und Salzwasser- eonchylien in denselben geologischen Schichten zu erklären. Nach einigen Monaten konnte er Seeschnecken (Patella, Fissurella, Buc- ceinium, Pecten) zugleich mit unseren Lymnaeus und Planorbisarten in einem Glase züchten. Seeschnecken konnte er bis an 31 Procent Kochsalz gewöhnen. Erst wenn Kristalle anschossen, starben sie 2). Auch Ehrenberg er- wähnt in seinem grossen Infusorienwerke ?), »dass sich offenbar viele Infusorien an Flüssigkeiten gewöhnen, die unter anderen Um- ständen sie tödten. Am Ausflusse der süssen Gewässer ins Meer leben viele Süsswasserthierchen im brakischen Wasser und in deut- lichem Seewasser. Giesst man aber etwas Seewasser auf dieselben Thierchen aus süssen Gewässern, so sterben sie.« Ich hielt die Amoeben in einem Uhrglase unter der Glasglocke anfangs in !/ procentiger Kochsalzlösung, in welchem etwas Sphag- num und Lemna vegetirte. Nach 24 oder 48 Stunden wechselte ich die’ Flüssigkeiten, stieg dabei meist um '/; Procent in der Con- centration derselben. Nach neun Tagen war ich bis ?/, °/o gekommen. Die noch zahlreichen Amoeben zeigen fast keine Körnchenbewegung, sind träger als die ursprünglich in der Flüssigkeit vorhandenen (Amoeba diffluens) und stecken knollige Pseudopodien vor. Sie haften auch nicht sofort am Object träger, sondern werden leicht von jeder Strömung fortgerissen. Wegen dieser eigenthümlichen Form erneuerte ich durch mehrere Tage stets das Wasser mit #/3 Procentgehalt. Dann traten auch wieder lebhafte auf nebst einer trägen zackigen Form (A. radiosa). Besonders die lebhafte Form ging sowohl in destillirtem Wasser als auch in 2 procentiger Koch- salzlösung zu Grunde. In beiden Fällen nehmen sie dabei Kugel- form an und platzen oft erst nach 10 bis 20 Minuten. Dabei be- merkt man besonders bei Wasserzusatz, dass die Amoeben, obwohl sie die Kugelgestalt beibehalten, vor dem Platzen an Volum zunehmen. Einmal stieg der Durchmesser der Kugel vor dem Platzen von 11 auf 16 Theilstücke meines Ocularmikrometers. Aber auch nach Zu- 1) Annales de Chimie II. pag. 32. 2) Vergleiche hiehergehörige Daten in Schmarda’s Handbuch der Zoologie pag. 146 und 59. 3) pag. 532. M, Schultze’s Archiv 1, mikr, Anat,. Bd, 5. 11 162 Vinzenz Czerny: satz einer stärkeren Kochsalzlösung platzen nicht alle, sondern blähen sich nach der ersten Contraction etwas auf, die Vacuole wird sichtbar und bleiben so todt. Einigemal beobachtete ich, dass bei Wasser- zusatz das Platzen der Amoebe nicht im Kugelzustande erfolgte, sondern dass sie eben einen Lappen vorzustrecken begann und dann platzte. Ich möchte behaupten, dass dieses verschiedene Verhalten gegen dasselbe Reagens durch individuelle Verschiedenheiten des Thierchens veranlasst sei, weil man Beides in demselben Gesichtsfelde bei verschiedenen Thieren sehen kann. Am 20. Tage war ich bei 1?/, Procent angelangt. Obwohl ich durch mehrere Tage bei dieser Coneentration blieb, so nahm doch die Zahl der Amoeben im Uhrglas täglich ab und am 24. Tage war keine mehr zu finden. Da ich das Verschwinden derselben dem gleichzeitigen Absterben der Wasser- pflanzen zuschrieb, so brachte ich aus einem Süsswasserbehälter mit reichlicher Amoebenbrut frische Lemna und Sphagnum in die Salz- lösung. Am nächsten Tage fanden sich schon wieder zahlreiche ganz kleine lebhafte Amoeben (vielleicht A. guttula Perty) hervor. Ein Controllversuch bestand darin, dass ich dieselben Wasserpflanzen in aus destillirtem Wasser bereitete 5/3 procentige Kochsalzlösung brachte. Am 6. Tage erst konnte ich in diesem Gefässe spärliche Amoeben finden. Daraus muss ich schliessen, dass wenigstens der grösste Theil jener jungen Amoeben eine Brut der schon acelimati- sirten war, dass aber andererseits doch einige Süsswasseramoeben oder ihre Brut den bedeutenden Concentrationswechsel ertragen haben. Ich stieg noch allmählig mit der Concentration und Konnte selbst noch bei 4 Procent, wenn auch spärliche Amoeben nachweisen. Gewöhnlich genügte ein plötzlicher Concentrationswechsel um mehr als 1 Procent, um die Thiere unter den beschriebenen Erscheinun- gen zu zerstören. Zum Schlusse theile ich noch die Beobachtung mit, dass drei Amoeben, welche vollkommen den von Auerbach!) gegebenen Zeichnungen der A.Bilimbata entsprachen, mit Hartnack’s Im- mersionslinse 10 betrachtet, an ihrer ganzen Oberfläche dichtstehende äusserst feine Zähnchen zeigten. Ich glaubte, dass die stellenweise doppelte Contour dieser trägen Thierchen durch die Profilansicht dieser Zähnchen -entstehe, wenn der Protoplasmakörper am Rande steil abfällt. Breiten sie einen ganz flachen Saum aus, so sieht 1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Einige Beobachtungen über Amoeben. 165 man blos die einfache Schichte feiner Randsäume und die doppelte Contour verschwindet. Aehnlich entsteht oft ein doppelter Contour bei den Stachelzellen und veranlasste bekanntlich mehrere Forscher, auch diesen Zellen eine doppelt contourirte Membran mit Poren- kanälen zuzuschreiben '. Es fällt somit auch für diese Amoeben- form die Annahme einer doppelteontourirten Membran weg, und (das früher unerklärte Phänomen des localen Verschwindens der dop- pelten Contouren findet eine ungezwungene Erklärung. 1) Vergl.: über das Vorkommen von Stachelzellen bei Staphyloma corneae von V. Czerny. Bericht der Wiener Augenklinik Braumüllers in Wien. 1867. pag. 193. Die Einschmelzungs-Methode, ein Beitrag zur mikroskopischen Technik. Von Prof. Klebs in Bern. Die Vorbereitung der für die mikroskopische Untersuchung be- stimmten Objecte, die Anfertigung der Präparate selbst und ihre Aufbewahrung haben in den letzten Jahren, wie bekannt, bedeutende Fortschritte gemacht, welche wesentlich zur Bereicherung unserer Kenntnisse geführt haben. Am wenigsten entwickelt sind diejenigen Methoden, welche die mechanische Seite der Technik zu verbessern bestimmt sind; die Werkzeuge sind zwar vervielfältigt worden, ohne aber den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht zu haben; um sie gehörig brauchen zu können, bedarf es meist noch mancher anderer Vorbereitung der Objecte, die »schnittfähig« gemacht werden sollen, vor Allem künstlicher Erhärtung; dann aber auch besonders bei kleinen und sehr zarten Gegenständen, ihrer Umformung, um die Handhabung zu erleichtern. Zu letzterem Zweck dient die Ein- schmelzungs-Methode, welche, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, zuerst von Heidenhain angewendet worden ist. Derselbe bediente sich concentrirter Lösungen von Gummi arabicum, später wandte Stricker Mischungen von Wachs und Oel an und diese beiden Formen sind auch die einzigen, welche in dem von letzterem herausgegebenen histologischen Sammelwerk erwähnt werden. Ich selbst habe seit 5 Jahren das Paraffin zu diesem Zwecke benutzt und ist dasselbe späterhin von einigen anderen Forschern (z. B. His) zweckmässig befunden worden. Der Werth dieser drei Methoden ist ein ziemlich beschränkter: die erste bedingt Trocknung des im- prägnirten Präparats, die beiden anderen lassen sich nur an in Die Einschmelzungs-Methode. 165 Spiritus gehärteten Präparaten mit Vortheil gebrauchen und selbst dann schmiegt sich die Masse nicht immer vollkommen der Ober- fläche des Präparats an, es bleiben Lücken, welche bei dem Anfer- tigen von Schnitten störende Bewegungen des eingeschmolzenen Gegenstandes zulassen. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, habe ich seit ungefähr einem Jahre mich des Glycerinleims bedient und in demselben eine Substanz gefunden, welche die mannigfal- tigste Anwendung auch in anderen Zweigen der anatomischen Technik finden kann. Gewöhnliche Leimgallerte ist wenig schnittfähig, da sie an dem Messer anhaftet und reisst, wie Jedermann bekannt ist von ihrer Anwendung bei der Tafel; ein Zusatz von Glycerin und Einlegen des eingeschmolzenen Gegenstandes in unsere gewöhnlichen Härtungs- flüssigkeiten beseitigt diesen Uebelstand vollständig und man erhält so Ballen von beliebiger Form, welche, mit einem Tuch angefasst, leicht und bequem fixirt und mit dem Rasirmesser oder künstli- cheren Schneideapparaten in feine Schnitte zerlegt werden können. Will man bei manchen Objeeten eine noch grössere Festigkeit, so lässt sich diese durch Korkplatten erzielen. Ich wende zum Ein- schmelzen eine concentrirte Hausenblasenlösung an, welche ich mit der Hälfte des Volums reinen Glycerins vermische. Das Einschmel- zen in diese Lösung habe ich bis jetzt nur an Objecten angewandt, welche bereits in Spiritus oder Chromsäure gelegen hatten, doch braucht der Erhärtungsprocess noch keineswegs vollendet zu sein, da das Präparat mit dem umhüllenden Glycerinleim wieder in die- selbe Flüssigkeit gebracht wird. So findet auch niemals eine Con- traction der Leimmasse statt, welche die Lage der Theile verändern würde, diese sind deutlich zu sehen und die Richtung der Schnitte kann auch bei den feinsten Objecten, z. B. der Retina, mit völliger Sicherheit vorher bestimmt werden. Die guten Eigenschaften dieses Materials beschränken sich aber nicht allein hierauf; seine überaus grosse Plastieität gestattet die Anfertigung der zartesten Abdrücke, welche das Studium feinerer Oberflächenverhältnisse erleichtern, (z. B. das Corpus eiliare, die Öptieuseintrittsstelle). Ferner ist es für das Abpräpariren der Retina im Ganzen ein unübertreffliches Mittel. Wenn man an einem durch- schnittenen und gehärteten Auge den Glaskörper entfernt hat und die Höhlung mit Glycerinleim füllt, so ist es leicht die Selera und Choroides abzuziehen. Schmilzt man diesen Ballen wiederum ein, 166 Klebs: Die Einschmelzungs-Methode. so ist die zarte Membran in natürlicher Lage fixirt und ich zweifle nicht, dass es mit Hilfe geeigneter Maschinen gelingen wird, feine Durchschnitte zu erlangen, welche vom Opticus bis zur Linse reichen. Endlich ist der Glycerinleim ein ausgezeichnetes Aufbewah- rungsmittel für Schnitt- und Zerzupfungspräparate, welche das reine Glycerin und die Harze hoffentlich verdrängen wird. Bedient man sich eines gewöhnlichen Wärmetisches, so kann man auf einem Ob- jeetträger einen Tropfen _desselben beliebig lange flüssig erhalten, um alle nöthigen Manipulationen mit den hineingelegten Stücken vorzunehmen. Das Auflegen eines Deckglases und das Umranden mit einer dünnen Lage von Damarharz in Chloroform genügt, um in der kürzesten Zeit dauerhafte Präparate herzustellen. Dieselben bieten noch den grossen Vortheil dar, dass die eingeschlossenen Ob- jecte nicht so durchsichtig werden wie in Glycerin; wahrscheinlich werden sie auch weniger leicht braun, wie in diesem. Selbst von frischen Objecten angefertigte Schnitte halten sich vollkommen gut längere Zeit, was für die Demonstration in den Vorlesungen nicht selten von grossem Werth ist. Ausserdem kann man solche Schnitte vor dem Einschmelzen sehr schnell in Chromsäure (1 p. M.) härten und erhält dann vollkommen dauerhafte Präparate. Noch manche andere Anwendung des Präparats ist möglich, jedoch wird das Erwähnte genügen, um seine Brauchbarkeit dar- zuthun. Bern, den 22. Januar 1869. Druck von Carl Georgi in Bonn, Die Injection unter messbarem Drucke. Von Dr. med. Toldt, k. k. Oberarzte und Assistenten am physiologischen Institute der Josephsakademie in Wien. Hierzu Taf. XI. Vom wesentlichsten Einflusse auf das Gelingen einer feineren Injection ist es, ob wir es in der Gewalt haben, den Druck, unter welchem die Injectionsmasse in die Gefässe einströmen soll, auf be- liebige, jedesmal genau ahmessbare Höhe zu bringen und auf der- selben durch beliebig lange Zeit zu erhalten. Dass die allgemein geübte Methode, mit der Spritze zu injieiren, diesen Anforderungen niemals vollkommen entsprechen, und man nur durch lange, Zeit und Material raubende Uebung es darin zu einer gewissen Fertigkeit bringen kann, liegt auf der Hand. Man bedenke nur, dass die Rei- bung, mit welcher der Stempel sich in der Spritze bewegt, selbst bei einem und demselben Instrumente eine sehr wechselnde, und es daher kaum möglich ist, sich über den auf den Inhalt ausgeübten Druck jedesmal nur halbwegs Rechenschaft zu geben; dass es langer Uebung bedarf, den angewendeten Druck durch längere Zeit auch nur einigermassen gleichmässig zu erhalten, dass endlich bei etwas länger dauernder Injection sich jedesmal das Gefühl der drückenden Hand abstumpfen muss, bis sie endlich erlahmt und die Arbeit auf- zugeben gezwungen ist. Fs wäre deshalb schon vortheilhafter,. fol- genden Apparat zu benützen: Als Behältnis für die Injectionsmasse dient eine Flasche mit doppelt durchbohrtem Kautschukstöpsel , in welche zwei oben umgebogene Glasröhren münden ; die eine reicht bis an den Boden der Flasche und ist mit ihrem äusseren Ende M. Schultze’s Archiv für mikr. Anat, Bd, 5. 12 168 Toldt: durch eine 60—70 Cm. lange Kautschukröhre mit der Kanüle in Verbindung; die zweite kürzere Glasröhre taucht nicht in die Injee- tionsmasse, sondern mündet dicht unter dem Stöpsel und steht am äussersten Ende mit einem luftgefüllten Kautschukballon in Verbin- dung. Durch Compression dieses letzteren könnte die Injectionsmasse in dieKanüle getrieben werden. Abgesehen davon, dass dieses Ver- fahren den Vorzug grösserer Reinlichkeit für sich hätte, würde es jedenfalls, da die inneren Widerstände des Apparates nicht verän- derlich wären, eher eine annähernde Abschätzung des angewandten Druckes gestatten. Doch ist durch dieses Verfahren nur wenig ge- wonnen, wo es sich um eine genaue Abmessung des Druckes han- delt; zudem theilt es mit der Spritze den Uebelstand, dass der In- Jieirende seine Hände nicht frei behält, um sich mit dem Öbjecte nach Erforderniss beschäftigen zu können. !) Eine andere Methode, welche neben der Beseitigung des eben angeführten Uebelstandes auch schon eine Abmessung des Druckes gestattet, wäre die, die Injectionsmasse durch ihren eigenen Druck in die Gefässe zu treiben. Es liesse sich das einfach auf die Weise erreichen, dass man die oben beschriebene Flasche in eine relativ zum Objecte erhöhte Stellung bringt, wo dann der Kautschukballon wegbleibt, und die kürzere Glasröhre frei an der Luft mündet. Na- türlich hat diese Methode nur dann eine practische Verwendbarkeit, wenn es sich um sehr niederen Druck handelt, oder wenn die In- jectionsmasse ein hohes spezifisches Gewicht besitzt, und ist dieselbe auch, wenngleich in anderer Form, bei den @Quecksilberinjeetionen mehrfach in Anwendung gekommen. Ein Nachtheil bleibt aber der, dass proportional mit dem Fortschreiten der Injection der Druck abnimmt, man müsste denn durch fortwährendes Nachgiessen von Injectionsmasse oder Höherstellen der Flasche die drückende Flüs- sigkeitssäule auf annähernd constanter Höhe erhalten. Je weiter 1) Ich kann nicht unterlassen, schon hier darauf hinzuweisen, welche Vortheile es bietet, als Behältniss für die Injeetionsmasse derartig eingerich- tete Flaschen zu benutzen. Man kann sowohl leimige als kaltflüssige Massen Wochen ja Monate lang in denselben bewahren, ohne sie der Verderbniss aus- gesetzt zu sehen, wenn man nur die Glasröhrchen mit etwas Baumwolle ver- stopft. Ist der Stöpsel einmal festgemacht, so braucht man denselben nicht wieder zu öffnen, da eine neue Füllung der Flasche einfach mittels Heberwir- kung durch das Ausflussrohr vorgenommen wird. Es sind hiedurch alle Be- dingungen grösstmöglicher Sparung, Reinlichkeit und Bequemlichkeit gegeben Die Injection unter messbarem Drucke. 169 das Behältniss der Flüssigkeit, desto weniger wird sich die Niveau- Aenderung der letzteren fühlbar machen. Um diese Methode auch für die gewöhnlichen specifisch leichten Injectionsmassen brauchbar zu machen, liess Ludwig, der sich zuerst vollständig von der Spritze emanzipirte, eine Quecksilbersäule auf die Injectionsmasse einwirken, indem er mittels eines doppelt durchbohrten Stöpsels in eine mit der Masse vollgefüllte Flasche eine lange, gerade, bis an den Boden des Gefässes reichende, und eine kurze oberhalb des Stöpsels knieförmig abgebogene Glasröhre einsetzte, und nun durch die lange, nach oben in einen Trichter aus- laufende Röhre Quecksilber eingoss. Dieses sammelte sich am Boden der Flasche an und trieb eine entsprechende Menge der Injections- masse durch die knieförmige, mit der Kanüle durch einen Kautschuk- schlauch verbundene Glasröhre unter einem Drucke aus, welcher von der Höhenverschiedenheit des Quecksilberniveaus in der Flasche einerseits und in der Röhre anderseits abhing. Da das Quecksilber in der Röhre während der Injection sank, und somit der Druck ab- nahm, wurde oberhalb des trichterförmigen Endes jener Röhre ein zweiter Trichter angebracht, welcher nach unten in einen kurzen, durch einen Quetschhahn verschliessbaren Kautschukschlauch auslief. Der Trichter wurde mit Quecksilber gefüllt, und man konnte durch Regulirung des Quetschhahns Quecksilber in dem Maasse in die Röhre nachfliessen lassen, als die Injection vorwärts ging. Durch das Herabfallen des Quecksilbers in die Röhre entstanden momentane Drucksteigerungen, deren Grösse von der Fallhöhe des Quecksilbers abhängig waren, die jedoch dann nicht in Betracht kamen, wenn die Röhre weit war, das Quecksilber nur in kleinen Tropfen nachtloss, und der Druck schon an und für sich ein hoher war. Für feine Injeetionen bei sehr niedrigem Drucke eignete sich der Apparat nicht. Schon bei einem Drucke, bei welchem die Quecksilbersäule nicht über die Flasche hinausreichte, musste, um das Quecksilber- niveau sichtbar zu machen, der ausserhalb der Flasche befindliche Theil der- Quecksilberröhre nach Art eines Manometers gebogen werden, so dass die Röhre Sförmig gekrümmt war. Der in der Flasche aufsteigende Schenkel ging oberhalb der Flasche in einen absteigenden über, der seinerseits wieder in einen zweiten aufstei- genden Schenkel auslief, in welchen das Quecksilber gegossen wurde. Die Füllung dieser Röhre mit Quecksilber war etwas umständlich. Der Ludwig’sche Apparat hatte also den grossen Vorzug vor 170 Toldt: der Spritze, dass sich der Druck besser reguliren und länger er- halten liess. Niedere Druckgrade fein abzumessen oder den Druck wirklich constant zu erhalten, erlaubte er nicht. Ausserdem hatte er einige Unbequemlichkeiten deshalb, weil die Regulirung des Queck- silbernachflusses fortwährende Aufmerksamkeit erforderte, und weil das Quecksilber mit der Injectionsmasse in directe Berührung kam, so dass es nachher wieder von derselben geschieden werden musste: eine nicht reinliche Arbeit, bei der überdiess leicht Queck- silber verstreut wurde. Der Umstand überhaupt, dass das Queck- silber immer hin- und hergegossen werden musste, führte selbst für den Vorsichtigsten leicht Quecksilberverluste herbei. Um diese Nach- theile zu beseitigen, schaltete Prof. Hering zuvörderst zwischen den Druckerzeuger und die die Injectionsmasse bergende Flasche einen Windkessel ein, d. h. er liess den Druck nicht direct auf die Injecetionsmasse wirken, sondern auf abgesperrte Luft, welche dann ihrerseits das Austreiben der Flüssigkeit besorgt. Man kann nach diesem Prineipe sich nun je nach Bedürfniss in verschiedener Weise einen Injectionsapparat improvisiren. Es sollen einige hier ihre Be- sprechung finden. Eine, in der zu Anfang beschriebenen Weise eingerichtete Flasche Fig. I A dient zur Aufnahme der Injeetionsmasse; ihr kurzes Glas- rohr steht durch eine Kautschukröhre b mit einer zweiten gleich grossen Flasche B, dem Windkessel, in Verbindung. In diese letz- tere sind mittels eines Kautschukstöpsels zwei Glasröhren einge- fügt, deren eine kürzere ce zur Verbindung mit der ersten Flasche dient, wogegen die andere sehr lange d, mit einer ÖGentimeter-Thei- lung versehen, mit ihrem unteren Ende an den Boden der Flasche reicht, und an dem oberen Ende einen Trichter trägt. Durch die- sen Trichter wird nun Quecksilber in die Flasche gegossen, wodurch, falls der Austritt der Injectionsmasse aus der ersten Flasche gehin- dert ist, sowohl der ganze Luftraum, als die Injectionsmasse eine erhöhte Spannung erhält. Die Differenz des Standes des Queck- silbers in der Flasche und in der Röhre d giebt das Maass dieses Druckes an. Wird nun der Injectionsmasse der Ausfluss gestattet, so sinkt allmählig die Spannung im Apparate, mit ihr die Queck- silbersäule und der von letzterer erzeugte Druck. Man muss des- halb in der schon erwähnten Weise Quecksilber aus dem Trichter e in die Röhre nachfliessen lassen, so dass zwischen dem Stande des Quecksilbers in der Röhre und dem in der Flasche immer an- Die Injection unter messbarem Drucke. 171 nähernd dieselbe Höhendifferenz erhalten bleibt. Behufs Heraus- nahme des Quecksilbers nach vollendeter Injection aus dem Wind- kessel muss man entweder das Kautschukrohr b abnehmen, oder man muss eine mittelst eines Stahl- oder Kautschuk-Hahnes ver- schliessbare Abflussöffnung am Boden der Flasche anbringen. Die- ses Manipuliren mit Quecksilber ist ein lästiger Uebelstand des Ap- parates. Ganz dasselbe lässt sich erreichen durch Wasserdruck, wenn man an dem Windkessel statt der Glasröhre d eine lange starke Kautschukröhre anbringt, welche mit ihrem anderen Ende an dem Boden einer Wasserflasche mündet, welch’ letztere an einer doppel- ten Rolle bis zu beliebiger Höhe aufziehbar ist. Durch die obere Oeffnung dieses Wasserbehälters wird das Wasser eingefüllt. Die Höhe der Wassersäule muss, um z. B. einer 30 Gentimeter hohen Quecksilbersäule gleich zu wirken, natürlich 30 x 13,6 = 408 Üen- timeter betragen. Die Höhenverminderung derselben im Verlaufe der Injection ist hier keine so ausgiebige, weil verhältnissmässig viel Injectionsmasse zur Kanüle ausfliessen kann, ehe in der relativ wei- ten Wassertlasche das Niveau des Wassers wesentlich sinkt. Durch weiteres Hinaufziehen lässt sich dies ausgleichen. Da nicht die ab- solute Höhe der Flüssigkeitssäule, sondern ihr Verhältniss zum Stande der Flüssigkeit im Windkessel das Maass des bestehenden Druckes abgiebt, so ist die genaue Messung des Druckes etwas umständlich. Die eben beschriebenen Vorrichtungen haben also neben anderen Unbequemlichkeiten noch den Mangel, dass sie nicht mit constantem Drucke arbeiten. Andere Methoden, die Luft zu comprimiren, als durch eine Flüssigkeitssäule, sind noch viel unvollkommener. Es würde jener Injectionsapparat hieher gehören, welcher jüngst von Stein in Vir- chow’s Archiv !) beschrieben wurde, bei welchem die Compression der Luft des Windkessels durch Zusammendrücken eines Kautschuk- ballons unter Vermittelung von Ventilen bewirkt wird. Abgesehen davon, dass das absolute Maass des Druckes, mit welchem dieser Apparat jeweilig arbeitet, nicht erkennbar ist, sinkt derselbe ebenso» wie wir diess bei den früheren Apparaten gesehen haben, allmählig mit dem Fortschreiten der Injection. Durch nachträgliches Compri- 1) Dr. 5. Th. Stein: zur Technik der Injectionen Virch. Archiv 39. Bd. 1. Heft. 172 Toldt: miren des Ballons kann man wohl dieses Sinken des Druckes wie- der corrigiren, aber nur in unzulänglicher Weise; selbst wenn man ein Manometer am Apparate anbrächte, das die jeweilige Stärke des Druckes ersichtlich machte. Ohne Manometer wäre der Apparat zu feineren Injectionen überhaupt nicht brauchbar. Es ist auch die Art und Construction der Ventile sehr massgebend, da das Oeffnen eines solchen schon an und für sich einen gewissen Druck erfordert. Betrüge dieser z. B. 6 Mm. Quecksilber, so wäre es nicht möglich, eine Steigerung des Druckes im Apparate um bloss 5 Mm. auszu- führen. Ganz illusorisch ist es endlich, durch grössere oder gerin- gere Verengerung einer Stelle des Ausflussrohres mittelst eines Hahnes den Druck reguliren zu wollen, wie Verfasser dies angiebt. Den Ausfluss der Injectionsmasse könnte man allerdings mit einem solchen Hahne reguliren, aber auch diess nur dann, wenn die Injec- tionsmasse frei, ohne Hinderniss ausflösse; sowie jedoch der Ausfluss einen Widerstand findet, wie das selbstverständlich bei jeder Injec- tion der Fall ist, gleicht sich der Druck der Flüssigkeit vor und hinter dem Hahne mehr und mehr aus, und ist der Widerstand stark genug, so wird endlich der Druck, unter welchem die Flüssig- keit hinter dem Hahne steht, ebenso gross wie vor dem Hahne sein, wie der Hahn auch gestellt sein möge. Damit während der ganzen Dauer der Injection der Druck durch den Apparat selbst constant erhalten werde, und zwar ganz unabhängig von dem schnelleren oder langsameren Ausströmen der Injeetionsmasse, hat Prof. Hering die Einrichtung getroffen, dass die die Compression bewirkende Flüssigkeit aus einer Mariotte’- schen Flasche ausfliesst, und dass die Röhre, welche zum Windkessel führt, nicht bis auf den Boden desselben reicht und unter die Flüs- sigkeit taucht. sondern dicht über dem Stöpsel nach oben umgebogen mündet, so dass die einströmende Flüssigkeit tropfenweise auf den Boden des Windkessels herabfällt und durch ihr Ansteigen in dem- selben die drückende Flüssigkeitssäule nicht geändert werden kann. Erst so wurde es möglich, mit wirklich constantem Druck zu arbeiten. Ein derartiger Apparat besteht nun aus drei ungefähr gleich grossen Glasgefässen, von denen das erste als Mariotte’sche Flasche, das zweite als Windkessel und das dritte, welches übrigens auch beliebig klein sein kann, als Behältnis für die Injectionsmasse dient !). 1) Die schematische Abbildung eines solchen Apparates zeigt Fig. II. Die Injection unter messbarem Drucke. 173 Die erste Flasche I nimmt mittels eines doppeltdurchbohrten Kaut- schukstöpsels einerseits eine kurze, oben rechtwinklig umgebogene (a), anderseits eine bis an den Boden des Gefässes reichende, län- gere, gerade, oben trichterförmig erweiterte Glasröhre b auf; letztere dient als wesentlicher Bestandtheil der Mariotte’schen Flasche und zugleich zum Einfüllen des Wassers. An der ersteren ist ein Stückchen eines Gummischlauches befestigt, das durch einen Quetsch- hahn verschlossen werden kann; ihr Zweck ist nur der, beim Ein- füllen des Wassers die Luft entweichen zu lassen; während der In- jeetion bleibt sie geschlossen. Am Boden des Gefässes ist eine Abflussröhre « angebracht, die durch einen Hahn oder Quetsch- hahn geschlossen werden kann, und an welcher ein langer, starker Kautschukschlauch k befestigt wird. Dieses Gefäss hängt an einer starken Schnur, welche (bei d und e) über zwei an der Zimmerdecke angebrachte Rollen läuft, und kann somit zu beliebiger Höhe ge- hoben werden. Die Flasche II, welche als Windkessel dient, trägt in einem doppelt durchbohrten Kautschukstöpsel zwei kurze, oben knieförmig abgebogene Glasröhren, von denen die eine f, welche zur Verbindung mit der Mariotte’schen Flasche dient, innerhalb der Flasche hakenförmig nach oben gekrümmt ist, damit nicht die com- primirte Luft nach oben in die Mariotte’sche Flasche ausweichen kann. Die andre Röhre g führt mittels eines Kautschukrohres in die zur Aufnahme der Injectionsmasse bestimmte Flasche III, welche die bereits mehrfach erwähnte Einrichtung besitzt. Ist nun die erste Flasche gefüllt und zu ganz geringer Höhe gehoben, und der Quetsch- hahn bei a geschlossen, so fliesst, wenn der Hahn bei e geöffnet wird, und die Kanüle nicht eingebunden ist, das Wasser mit gleichmäs- siger, der Höhe der Flasche entsprechender Geschwindigkeit in den Windkessel und wird aus demselben eine entsprechende Menge Luft verdrängen müssen. Da jedoch der einzige Weg hiezu in die Flasche III führt, so wird aus dieser die Injectionsmasse durch die längere Röhre aufsteigen und durch den Kautschukschlauch in die Kanüle getrieben werden. Diess wird unter der Voraussetzung, dass dem Austreten der Injectionsmasse kein Hinderniss im Wege steht, schon dann geschehen, wenn die Mariotte’sche Flasche nur so hoch steht, dass die entsprechende Wassersäule die Injeetionsmasse in der län- geren Röhre der Flasche III bis zu ihrer Umbiegungsstelle zu heben im Stande ist. So würde nun die Injectionsmasse in eben dem Maasse zur Kanüle ausfliessen, als fortwährend durch das aus der Flasche I 174 Toldt:. nachfliessende Wasser in der Flasche II Luft verdrängt wird. Stellt man nun die Mariotte’sche Flasche höher, so wird das Wasser entsprechend schneller in den Windkessel ablaufen, demgemäss auch die Injectionsmasse mit grösserer Geschwindigkeit durch die Kanüle ausfliessen. Diese Geschwindigkeit wird aber bei gleichbleibender Stellung der Flasche I constant bleiben, gleichviel, ob dieselbe viel oder wenig Wasser enthält, und ganz unabhängig davon, wie hoch schon das Wasser in dem Windkessel gestiegen ist, da die Ausfluss- öffnung des Wassers im Windkessel ja immer über dem Wasser- spiegel bleibt. Steht dem Austritte der Injeetionsmasse aus der Kanüle irgend ein Hinderniss entgegen, kann also die Luft nicht aus dem Windkessel entweichen, so wird aus der Mariotte’schen Flasche so lange Wasser mit abnehmender Geschwindigkeit ablaufen, bis die Spannung der Luft im Windkessel der drückenden Wassersäule das Gleichgewicht hält. Die Höhe dieser Säule entspricht der Höhendifferenz, zwischen der Ausflussöffnung des Wassers im Windkessel einerseits und dem unteren Ende der Röhre in der Mariotte’schen Flasche ander- seits. Die so comprimirte Luft drückt nun ihrerseits auf die In- jeetionsmasse. Wird endlich das Hinderniss überwunden, so beginnt in dem Maasse, als die Luft durch die austretende Injectionsmasse entspannt wird, das Wasser wieder aus der Mariotte’schen Flasche abzulaufen, und erhält so den Druck, unter dem die Flüssigkeit steht, fortwährend constant. Behufs der Abmessung des jeweiligen Druckes, kann man an der Wand des Zimmers, an der Stelle, wo die Aufziehschnur läuft, eine Scala anbringen, an welcher ein an der Schnur sitzender Zeiger den eben bestehenden Druck anzeigt; oder man kann den Windkessel noch mit -einem Manometer ver- sehen (M). Auf diese Weise kann man sich einen Injectionsapparat her- stellen, welcher in Bezug auf Constanz und Abmessbarkeit des Druckes nichts zu wünschen übrig lässt. Man muss jedoch, um einen starken Druck zu erzielen, ein ziemlich hohes Local zur Ver- fügung haben; denn um z. B. einen Druck von 300 Mm. Queck- silber zu erreichen, müsste das Zimmer — der Arbeitstisch zu 90 Cm. Höhe gerechnet — mindestens 5 Meter = 16 Wienerfuss hoch ‚sein. Diess beschränkt in etwas die Verwendbarkeit des Apparates. Ausserdem ist, wenn nicht etwa im Windkessel ein Manometer an- gebracht ist, das Ablesen des Druckes bei hochstehendem Zeiger Die Injection unter messbarem Drucke. 175 etwas mühsam, und ist man mit der Injeetionsarbeit immer an die Stelle gebunden, wo man den Apparat einmal eingerichtet hat. Prof. Hering construirte deshalb einen Apparat. welcher nach demselben Principe mit Quecksilber arbeitet, und welcher den ge- stellten Anforderungen bezüglich der Abmessung und Uonstanz des Druckes, wie der Bequemlichkeit und Leichtigkeit der Handhabung Genüge leistet. Er hat denselben bereits seit dem Jahre 1865 in Gebrauch. Dieser Apparat ') besteht im Wesentlichen aus zwei Glaskugeln von je S Cm. Durchmesser, deren Lichtungen mittels einer 32 Gm. langen Glasröhre in Verbindung stehen. Beide Kugeln nebst dem Rohre sind in einen Rahmen von Eisenblech eingefüst, welcher um eine, durch seinen Mittelpunkt gehende Metallaxe dreh- bar ist, und in jeder beliebigen Stellung durch eine einfache Klemm- vorrichtung fixirt werden kann. Das Ganze wird von einem, auf einem Fussbrette senkrecht stehenden Stative getragen. Die eine Glaskugel (A), nennen wir sie die Mariotte’sche Kugel, läuft an bei- den Enden eines ihrer Durchmesser in je einen Hals aus, deren einer — bei wagrechter Stellung des Apparates der untere — unter einem Winkel von 45° auf die Kugel aufgesetzt ist und zur Einfüh- rung der erwähnten Communicationsröhre (C) dient; in den anderen Hals, den oberen, welcher senkrecht auf der Kugeloberfläche steht, ist eine zweite Glasröhre eingesetzt, welche dünn ausgezogen, dicht an dem gegenüberliegenden Halse beginnt, in diametraler Richtung durch die Kugel geht, ausserhalb derselben doppelt knieförmig ge- bogen ist und einen Kautschukschlauch trägt (O), der frei mit der äusseren Luft in Verbindung steht. Die innere Oeffnung dieser Röhre ist mit einem kleinen Metallschirm versehen, oder es ist das Ende der Röhre hakenförmig umgebogen. Aus dieser Kugel fliesst das Quecksilber in die zweite Glas- kugel (B), welche wir die Windkugel nennen wollen und welche ebenfalls nach zwei diametral entgegengesetzten Richtungen in einen Hals ausläuft. Der eine Hals — bei wagrechter Stellung des Ap- parates der Obern — bildet einen Winkel von 45° auf die Kugel- Oberfläche und hat die Bestimmung, die Commnicationsröhre aufzu- nehmen, welche dicht unter dem Stöpsel hakenförmig umgebogen 1) Fig. II zeigt in schematischer Darstellung die wesentlichsten Be- standtheile desselben; in Fig. IV ist der Apparat nach. einer photographischen Abbildung gezeichnet, 176 Toldt: endet. In den zweiten Hals — den unteren — ist eine Glasröhre eingefügt, welche bis dicht an den oberen Hals reicht, aussen wieder doppelt knieförmig gebogen ist, und mittelst eines Kautschukschlauches (jedoch mit sogleich zu beschreibender Unterbrechung) in die die Injek- jeetionsmasse enthaltende Flasche mündet. Auch diese Glasröhre ist an ihrem innern Ende mit eimem Stahlplättchen gedeckt, oder einfach hakenförmig umgebogen !). Diese Kugel hat die Bestimmung, als Windkessel zu dienen; denn läuft das Quecksilber aus der druck- erzeugenden Kugel ab, so wird es in der zweiten Kugel die Luft verdrängen, oder, wenn diess gehindert ist, comprimiren, ganz in derselben Weise, wie diess bei dem früher beschriebenen mit Wasser arbeitenden Apparate in der Flasche II geschah, und es gilt daher alles dort Gesagte auch für diesen Apparat, nur dass man den Unterschied zwischen dem spezifischen Gewichte des Wassers und Quecksilbers zu berücksichtigen hat. Damit das herabfallende Queck- silber nicht in die Oeffnung der Röhre falle, durch welche die Luft entweichen soll, ist diese Oeffnung durch einen kleinen Metallschirm gedeckt oder hakenförmig umgebogen. Jener Kautschukschlauch (N), welcher von der Windkugel in die Flasche mit der Injectionsmasse, kurz gesagt, die Injectionsflasche führt, trägt am Scheitel des Statives befestigt, ein kurzes Metallröhrchen (M), welches kreuzweise in drei Schenkel ausläuft. Der eine dieser Schenkel führt in ein kurzes etwa 3 bis 4 Cm. messendes Kautschukröhrchen (S), das frei an der Luft mündet — nennen wir es das Schliessrohr. ‘Durch das Schliessen oder Oeffnen dieses Röhrchens kann man folglich die Lich- tung der Windkugel mit der äusseren Luft in Communication setzen oder von derselben abschliessen. Letzteres muss immer der Fall sein, wenn der Apparat arbeiten soll; das erstere ist jedoch nöthig, wenn man in dem Falle, als das Quecksilber aus der Mariotte’schen Kugel abgelaufen und in der Windkugel angesammelt ist, durch Umdrehen des Rahmens das Quecksilber wieder in die Mariotte’sche 1) Zu den in erster Zeit verfertigten Apparaten wurden gewöhnliche Kugelvorlagen benutzt, und es waren daher an beiden Kugeln die Tubuli sämmtlich gerade eingesetzt, und zwar die der Mariotte’schen Kugel in dia- metraler Richtung, und die der Windkugel um 90° von einander abstehend, da die Herstellung der im Texte beschriebenen Kugeln sehr lange auf sich warten liess. Es musste desshalb die Communicationsröhre zweimal stumpf- winklig gezogen werden, was bei Injectionen unter sehr schwachem Drucke leicht eine kleine Unzukömmlichkeit mit sich bringt. Die Injection unter messbarem Drucke. 177 Kugel zurückfliessen lassen will. Es ist auch ersichtlich, dass man durch das einfache Oeffnen dieses Schliessrohres in jedem Momente die Arbeit unterbrechen kann, da die gespannte Luft der Windkugel und der Spritzflasche augenblicklich sich mit der äusseren Luft in’s Gleichgewicht setzt, und daher jede Druckwirkung auf die Flüssig- keit aufhört. An jedem der beiden anderen Schenkel jenes Metall- röhrchens ist ein längerer Kautschukschlauch (P) angebracht, der an das kurze Glasrohr einer Injektionsflasche (J) befestigt wird. Es ist hiedurch die Möglichkeit gegeben, den Druck des Apparates auf zwei Injectionsflaschen wirken zu lassen, und so zwei Injectionen gleichzeitig vorzunehmen. Jede dieser drei Röhren lässt sich durch eine mittels einer Schraube (L) zu regulirende Klemmvorrichtung öffnen oder schliessen. Die Erhöhung oder Verminderung des Druckes geschieht ein- fach durch Drehung der Marriotte’schen Kugel nach auf- oder ab- wärts, und ist das Maass des Druckes, unter welchem die Injek- tionsmasse ausgetrieben wird, in Mm. Quecksilber für jede beliebige Einstellung des Apparates auf einen mit dem Rahmen der Kugeln drehbaren Metallbogen verzeichnet und kann an der vorderen Seite der Klemme abgelesen werden, mittels welcher der Kugelrahmen in jeder beliebigen Stellung zu fixiren ist. Diese Graduirung wird von dem Verfertiger des Apparates auf empirischem Wege mittels eines vorgespannten Quecksilbermanometers für jeden Apparat besonders vorgenommen. Die Menge Quecksilber, welche der Apparat enthalten muss, beträgt 3'/g Kilogramm; es wird in die Mariotte’sche Kugel einge- füllt, indem man selbe in die tiefst möglichste Lage bringt, und dann in den Kautschukschlauch, welcher von derselben ausgeht, und frei an der Luft mündet, einen Trichter einsetzt und langsam durch denselben das vorher gereinigte Quecksilber eingiesst. Die Luft entweicht dabei durch das Schliessrohr, welches daher während dieser Manipulation offen stehen muss. Ist der Apparat einmal ge- füllt, so braucht man das Quecksilber nie wieder herauszunehmen. Der hier beschriebene Apparat gestattet einen Druck bis zu 300 Mm. Selbstverständlich liesse er sich auch für einen höheren Druck einrichten. Bevor wir zur Besprechung der Anwendung des Apparates übergehen, seinoch ein Wort über die Injectionsflasche und den Wärme- apparat gesagt. Als Behältnis für die Injectionsmasse dienen Fla- 178 Toldt: schen, von einem Fassungsraume von etwa 150 bis 200 C. Cm., welche, wie bereits angeführt, in Form gewöhnlicher Spritzflaschen eingerichtet sind. Der Verschluss geschieht mittels eines vollkommen luftdiebt schliessenden, doppelt durchbohrten Kautschukstöpsels, der, wenn mit hohem Drucke gearbeitet werden soll, vorsichtshalber noch mit einem starken Bindfaden am Halse der Flasche befestigt werden muss. Ebenso muss der zu- und ausführende Kautschukschlauch mittels Bindfaden luftdicht an die betreffende Glasröhre befestigt werden, Der ausführende Schlauch trägt gut eingebunden die Ka- nüle und muss, um mit letzterer frei und bequem umgehen zu können, etwa 60 Cm. lang sein. Zweckmässig ist es, die Kanülen von verschiedenem Kaliber ein- für allemal an kurze Kautschuk- röhrchen zu befestigen, welche am anderen Ende vollkommen unter einander gleiche Metallschrauben tragen (D), mit denen sie an eine für alle passende, am ausführenden Kautschukrohre angebrachte Mutter eingeschraubt werden; es wird dadurch das Wechseln der Kanüle sehr erleichtert. Die letzteren fertigt man sich am besten aus Glas, weil man sie so von beliebiger Form und Feinheit erhält, und weil ihre Durchsichtigkeit jedes Luftbläschen sichtbar macht, welches etwa vor dem Einbinden der Kanüle in dieselbe eingesaugt worden ist. Behufs Injektion warmflüssiger Massen hat Prof. Hering fol- gende Vorrichtung im Gebrauch. Zur Aufnahme der Injectionsmasse dient ein mit heissem Wasser gefüllter Kessel (K), der an einem seitlich angebrachten Ausflussrohre einen dickwandigen, etwa 1Ys Cm. im Durchmesser haltenden Kautschukschlauch trägt. Innerhalb dieses weiten Schlauches verläuft die dünnere, aus der Injections- flasche führende Kautschukröhre, welche in dem Kessel durch eine Holländer-Schraube (V) an das Ausflussrohr der Injektionsflasche be- festigt wird. Der weite Schlauch wird durch eine Messinghülse (H) abgeschlossen, an welcher seitlich ein Ausflussrohr (E), das durch einen Quetschhahn nach Erforderniss geschlossen wird, für das Wasser angebracht ist, während das Ausflussrohr für die Injeetionsmasse in gerader Richtung dieselbe durchsetzt (F). So kann die Injections- flasche sowohl als der ausführende Schlauch fortwährend mit heissem Wasser umspült und beliebig lange Zeit warm erhalten werden. Es soll nun in Kurzem der Vorgang bei einer mit diesem Ap- parate vorzunehmenden Injection skizzirt werden. Nachdem der Apparat sorgfältig und luftdicht mit der Injec- Die Injeetion unter messbarem Drucke. 179 tionsflasche in Verbindung gesetzt ist, wird alles Quecksilber in der Mariotte’schen Kugel gesammelt, indem man, wie bereits erwähnt, derselben durch Drehung die tiefstmögliche Lage giebt, während das Schliessrohr offen steht. Nun wird der Apparat auf den gewünsch- ten Druck eingestellt, das Schliessrohr, so wie der nicht benützte Arbeitsschlauch zugeklemmt, worauf bald die Injeetionsmasse zur Kanüle austliesst. Um keine Beimengung von Luft in derselben zu erhalten, kann man die ersten Tropfen opfern. Dann wird der Kautschukschlauch in einiger Entfernung von der Kanüle mit einer gewöhnlichen Schieberpincette abgeklemmt und ist nun zum Ein- binden in das zu injieirende Gefäss bereit. Ist letzteres geschehen, so nimmt man die Klemmpincette ab, und die Injection geht vor sich. An dem tropfenweisen Ablaufen des Quecksilbers in die Wind- kugel, so wie in dem Aufsteigen von Luftbläschen durch das Queck- silber der Mariotte’schen Kugel hat man ein Kriterium für das Fortschreiten der Injection. Es ist natürlich nach der Verschieden- heit des Objectes und der Injectionsmasse der passende Druck ein sehr verschiedener, jedoch lernt man bald denselben für jedes ein- zelne Injectionsobjeet kennen. Im Allgemeinen und bei Objecten, deren Eigenthümlichkeit in dieser Beziehung man noch nicht kennt, thut man gut, mit geringem Drucke zu beginnen und je nach Er- forderniss langsam und allmählig zu steigern. Ist das Injectionsobject sehr gross und der verwendete Druck sehr stark, so kann es geschehen, dass vor Vollendung der Injection alles Quecksilber bereits aus der Mariotte’schen Kugel abgelaufen ist. In diesem Falle hat man einfach den arbeitenden Schlauch ab- zuklemmen, dann das Schliessrohr zu öffnen und den Apparat ganz umzudrehen. Ist dann alles Quecksilber wieder in die Mariotte’sche Kugel zurückgelaufen, so klemmt man das Schliessrohr zu und stellt wieder auf den früher innegehabten Druck ein. Erst wenn das Quecksilber zu fliessen aufgehört hat, also die in der Windkugel enthaltene Luft die dem Drucke entsprechende Spannung wieder besitzt, öffnet man auch den arbeitenden Schlauch. Während dieser ganzen Manipulation, die übrigens nur kurze Zeit in Anspruch nimmt, geht die Injection ihren Gang fort, da die in der Flasche abgesperrte gespannte Luft an und für sich so lange Flüssigkeit austreibt, als sie nicht mit dem entgegengesetzten Hindernisse im Gleichgewichte ist. Will man die Injection unterbrechen, so öffnet man das Schliess- rohr, oder klemmt den arbeitenden Schlauch ab, nimmt die Kanüle 180 Toldt: heraus und lässt durch einfaches in die Höheheben derselben sammt dem arbeitenden Schlauche die in letzterem noch befindliche Injec- tionsmasse in die Flasche zurückfliessen. Will man unmittelbar nach der ersten Injection noch eine zweite mit anderer Masse vornehmen, so spannt man die zweite Injections- flasche vor den zweiten Arbeitsschlauch, und öffnet dann den letz- teren, während man den ersten Schlauch abklemmt oder offen lässt, je nachdem die erste Injection fortgesetzt oder unterbrochen werden soll. Natürlich können zwei Injectionen zu gleicher Zeit nicht unter verschiedenem Drucke vor sich gehen. Es kommen nun noch einige Vorsichtsmassregeln zu besprechen, welche bei der Handhabung des Apparates eingehalten werden müs- sen, soll die Injection gut und ohne Störung zu Ende‘ geführt werden. Man untersuche von Zeit zu Zeit, ob alle Kautschukschläuche vollkommen luftdicht sind, da es manchmal vorkommen könnte, dass einer derselben durch den langen Gebrauch, oder aus welcher Ur- sache immer rissig geworden wäre. Es geschieht diess einfach auf die Weise, dass man den Apparat auf den höchsten Druck einstellt, und sämmtliche aus der arbeitenden Kugel führenden Schläuche an ihrem Ende abklemmt Ist alles in Ordnung, so muss, wenn die Luft in der Windkugel und den Schläuchen die maximale Spannung erlangt hat, das Abfliessen des Quecksilbers vollkommen aufhören. Ist diess nicht der Fall, so taucht man jenes Stück des Schlauches in welchem man den Defect vermuthet, im Wasser, wo man dann an dem Entweichen der Luftblasen genau die schadhafte Stelle er- kennt; ein solcher Schlauch müsste natürlich durch einen neuen ersetzt werden. Um die Schläuche zu schonen, halte man stets alle Klemmen offen, so lange der Apparat nicht benutzt wird. In entsprechender Weise untersucht man auch den genauen Verschluss der Injections- flasche und der etwa mit den Kanülen benutzten Schrauben; ein sanz geringer Defect an letzteren schadet zwar nicht dem Gelingen der Injection, wohl aber der dabei wünschenswerthen Reinlichkeit. Während der Injection kann man ohne Weiteres jede beliebige Steigerung des Injectionsdruckes vornehmen; will man jedoch von einem starken Drucke auf einen schwächeren übergehen, so Klemme man den arbeitenden Schlauch ab und öffne das Schliessrohr, dann erst drehe man den Apparat zurück, weil bei geschlossenem Appa- rate die noch stärker gespannte Luft in der Windkugel ganz nach Die Injeetion unter messbarem Drucke. 181 Art eines Heron’sballes, das Quecksilber durch die Communiecations- röhre plötzlich in die Mariotte’sche Kugel zurück, und von dieser durch den frei mündenden Schlauch nach aussen schleudern würde ; — Verhältnisse, welche bei näherer Bekanntschaft mit dem Apparate leicht ersichtlich sind, daher auch bei einiger Uebung dieser unan- genehme Fall nie eintreten wird. Damit aber selbst bei allenfallsiger Unachtsamkeit diess nicht vorkommen könne, ist an der Axe des Rahmens ein Zahnrad angebracht, welches nur bei offenstehendem Schliessrohr das Zurückdrehen des Apparates gestattet. Uebrigens lasse man, wenn es um ein ausgiebiges Zurücktreten des Apparates sich handelt, lieber früher alles Quecksilber aus der Mariotte’schen Kugel ablaufen. Damit aber, falls der angedeutete Unfall durch Unvorsichtigkeit doch einmal eintreten sollte, das herausgeschleuderte Quecksilber nicht verloren gehe, wird der betreffende Schlauch in ein Behältniss (G) geleitet, worin das Quecksilber aufgefangen und dann in der bereits früher erörterten Weise wieder in den Apparat gefüllt werden kann. Derselbe Unfall könnte sich auch ereignen, wenn während der Arbeit des Apparates, besonders bei sehr starkem Drucke auf andere Weise die Spannung der Luft in der Windkugel das Uebergewicht über den entsprechenden Quecksilberdruck erhielte, z. B. in Folge starker Erwärmung durch intensives Sonnenlicht, oder durch einen in unmittelbarster Nähe stehenden Wärmekessel u. dgl., welche Umstände daher Berücksichtigung erheischen. Soll der Apparat weiter transportirt werden, so muss man das Quecksilber herausnehmen. Zu diesem Zwecke ist durch den einen Hals der Windkugel noch ein zweites Glasröhrchen geführt, welches nach aussen durch einen mit Schellack eingekitteten Glasstöpsel verschlossen ist. Durch eine Spiritusflamme erweicht man den Schel- lack, während die Windkugel hoch steht und leer ist, zieht den Glasstöpsel aus und bringt dann die Windkugel in die tiefste Lage, so dass das Quecksilber in dieselbe hinab —, und durch das Röhrchen in eine untergestellte Schaale ausfliesst. Nachdem kittet man den Glasstöpsel wieder ein. Die abermalige Füllung des Apparates ge- schieht in der oben beschriebenen Weise durch den in die Mariotte’sche Kugel führenden Kautschukschlauch. 182 Fig. R: Toldt: Die Injection unter messbarem Drucke. Erklärung der Abbildungen auf Tafel X1. Schematische Darstellung eines leicht zu improvisirenden Apparates zum Jnjieiren mit Hülfe von Quecksilber und comprimirter Luft. A. Injectionsflasche. B. Windkessei. ce und ce. Kautschuk- und Glasröhre zur Verbindung beider Flaschen. d. Graduirtes Glasrohr für die drückende Quecksilbersäule. e. Triehter zum Einfüllen des Quecksilbers. '. Veffnung in dem Windkessel zur Entleerung des Quecksilbers. mit einem Quetschhahn verschlossen. 99 Fig. II. Schema eines Injecetionsapparates mit constantem Wasserdruck. Fig. 111. ig. IV. I. Mariotte’sche Flasche, a und b die eingefügten Glasröhrchen. II. Windkessel, f und g die eingefügten Glasröhrchen. III. Injectionsflasche. ce. Abflussöffnung der Mariotte’schen Flasche. K. Kautschukschlauch zur Verbindung der Mariotte’schen Flasche mit dem Windkessel. M. Manometer zur Messung des Druckes im Windkessel. ce und d. Rollen zum Aufziehen der Mariotte’schen Flasche. Schematische Darstellung der wesentlichsten Bestandtheile des He- ring’schen Injectionsapparates mit constantem Quecksilberdruck (mit 2 vorgespannten Injectionsflaschen und Wärmevorrichtung). A Mariotte’sche Kugel. B Windkugel. C Communicationsröhre. M gekreuztes Metallröhrchen. S Schliessrohr. P Arbeitende Schläuche. L Schrauben zum Abklemmen des Schliesrohres und der arbeitenden Schläuche. N Ausführendes Rohr aus der Windkugel. OÖ Ausführendes Rohr aus der Mariotte’schen Kugel in Verbindung mit G Fläschchen als Reservoir für etwa verschleudertes Quecksilber. I Injectionsflaschen. D Schraube. K Wärmekessel für Injeetionen mit warmflüssigen Massen. V Holländerschraube. E Ausflussöffnung des Wärmekessels. H Hülse zum Abschlusse des aus dem Wärmekessel führenden Schlau- ches — daneben etwas grösser gezeichnet. F Ausflussröhre für die Injeetionsmasse. E Ausflussröhre für das warme Wasser. Derselbe Injeetions-Apparat nach einer photographischen Abbildung gezeichnet. Ueber die Geschlechtsverhältnisse von Saprolegnia monoica. Von Johannes Reinke in Rostock. Hierzu Tafel XI]. Gegen Ende November d. J. theilte mir Herr Prof. F. E. Schulze den Körper einer Spinne mit, die, ins Wasser gefallen, mit einem dichten Rasen von reichlich fruchtender Saprolegnia mo- noica überzogen war; in den meisten Oogonien waren die Sporen schon ausgebildet, in einigen der Inhalt noch nicht getheilt. Auf meine Bemerkung, dass man an den Saprolegnien den bisher immer noch nicht ganz klaren Befruchtungsact der Pilze einst werde direct erweisen müssen und von welch’ hohem Interesse diess sein würde, ermunterte mich Herr Prof. Schulze nicht nur, bei dem schönen Material an die Untersuchung zu gehen, sondern stellte mir auch zu diesem Behuf auf das Liebenswürdigste alle Instrumente und Reagentien des vergleichend-anatomischen Instituts, dessen Director derselbe ist, zur freisten Verfügung, wofür ich ihm nochmals meinen Dank auszusprechen mir erlaube; ich kann demnach meine Beo- bachtungen nur als aus seinem Institute hervorgegangen ansehen. Ich benutzte bei meiner Arbeit vorwiegend ein Microscop von Mertz, welches mit Ocular 1!/g und den Systemen !/ı» und !/sı (Immersion) schöne Bilder von der beziehungsweisen Vergrösserung 360 und 770 giebt. Da der Befruchtungsvorgang im Wesentlichen schon beendet und die wenigen Nachzügler auch schneller das Versäumte nachzu- holen, als mir lieb war, sich beeilt hatten, so fürchtete ich bereits eine längere Keimungsperiode und eine Reihe ungeschlechtlicher Ge- M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. ld. 5. 13 184 J. Reinke: nerationen abwarten zu müssen, ehe ich neue günstige Objecte würde erlangen können. Vorher versuchte ich aber noch, die geschlecht- liche Generation durch Sprossenvermehrung der Thallome zu er- halten und diess gelang über Erwarten vollständig. Ich übertrug einen Theil des Rasens auf ein Stück Fettgewebe in einem Gefässe mit Wasser, und nach ein paar Tagen waren die sporentragenden Oogonien abgefallen, lagen auf dem Boden des Gefässes und das Stückchen Fett mit dichtem Saprolegnia - Rasen bekleidet, wovon einzelne Aeste schon anfıngen, Oogonien zu treiben; von Sporangien war nichts zu sehen. Als ich meine Untersuchung begann, waren mir nur Prings- heim’s Arbeiten im 23. Bande der Nova Acta über Achlya pro- lifera und im 1. und 2. Bande seiner Jahrbücher über Saprolegnia bekannt. Erst nach Vollendung derselben kam mir Hildebrand’s Abhandlung im 6. Bande der Pringsheim’schen Jahrbücher über einige von ihm neu entdeckte Species dieser Familie zu Händen. Da Hildebrand für den physiologischen Vorgang nichts wesentlich Neues beibringt, dagegen einiges von ihm Gesehene meiner Ansicht nach vollständig missdeutet, so beschränke ich mich, an dem betref- fenden Punkte darauf zurückzukommen. Wenn ich das Resultat meiner Untersuchung ziehe, so kann ich im Wesentlichen die Beobachtungen Pringsheims nur bestätigen, in einigen Punkten, darunter dem wichtigsten, erweitern. Wenn ich im Folgenden dennoch in der Kürze den ganzen Vorgang, wie ich ihn sah, wiedergebe, dabei also manches Bekannte wiederhole, so hoffe ich, diess dadurch rechtfertigen zu können, dass eine sehr sorg. fältig angestellte selbstständige Untersuchung, auch wenn sie wenig Neues zu Tage fördern sollte, durch die‘ Bestätigung des Alten auch ihren Werth für die Wissenschaft hat; überdiess ist es äusserst un- bequem, aus einer Beobachtung, die einen geschlossenen Cyelus bil- det, einzelne, z. Th. isolirt noch dazu unverständliche Puncte apho- ristisch herauszugreifen und zu beschreiben. Saprolegnia monoica bildete auf dem Fettklumpen einen dichten, etwa 1” langen Rasen, doch waren (die fruchtbaren Fäden etwas kürzer. Das Thallom besteht aus fadenförmigen, verästelten, schnell wachsenden, das Aequivalent einer Zelle darstellenden Schläu- chen; der untere Theil war wurzelartig in das Fettgewebe einge- drungen, die einzelnen Fäden hingen durch Ausläufer anastomotisch zusammen. (Fig. la.) Die Membran ist zart, glashell. Das Innere Ueber die Geschlechtsverhältnisse der Saprolegnia monoica. 185 der Fäden erfüllt zähflüssiges, hyalines Protoplasma, worin mehr oder minder zahlreiche Körnchen suspendirt eireuliren. Die Menge dieser Körnchen kann in einem einzigen Faden sehr wechseln, bald sind sie so dicht gedrängt, dass das ganze Protoplasma das Ansehen einer grobkörnigen undurchsichtigen Masse gewinnt, bald kommen sie nur sehr vereinzelt und durch beträchtliche Zwischenräume von einander getrennt längs den Thalluswänden vor, so besonders in den älteren Theilen. Die Lage der Körnchen am Mantel der cylindrischen Röhre beweist, dass das Protoplasma einem axifugalen Zuge folgt; ob derselbe durch einfache moleculare Anziehung der Membran zu erklären, oder ob er aus einer eigenthümlichen, im Protoplasma selber enthaltenen Kraft resultire, wäre höchst interessant, zu entscheiden. | In der Regel sind die Hauptstämme, wenn ich mich so aus- drücken darf, dicker als die Verzweigungen, zuweilen kommen letz- tere ihnen aber auch gleich; nach den Spitzen zu verdünnen sie sich allmälich und schliessen mit ovaler Abrundung. “JWuerwände kommen nirgends vor im Thalloın, das Protoplasma kann also von den entferntesten Zweigspitzen aus continuirlich durch die ganze Pflanze eirculiren. Kerne sind nicht sichtbar. Die Entwickelung der Oogonien ist folgende. An einer Stelle der Röhre entsteht eine leichte Ausbuchtung (Fig. 2a), die Proto- plasmakörper drängen nach diesem Puncte stärker hin, als nach andern, es entsteht hier eine heftigere Strömung. Dann sieht man diese Bucht sich zu einem kurzen Fortsatze ausstülpen; das Pro- toplasma drängt jetzt noch heftiger in denselben hinein, er verlän- gert sich schnell, indem er eigenthümliche, unmittelbar wahrnehmbare Bewegungserscheinungen zeigt, welche fast denen gleichen, die man an der Spitze von Oscillarien sieht, nur bedeutend langsamer sind: bald krümmt sich der Fortsatz nach der einen, bald nach der an- dern Seite, bald nimmt er eine leicht S förmige Gestalt an. Die Dauer dieser Erscheinung ist eine verschiedene; sie ist abhängig von der Länge des oogonialen Astes und letztere ist sehr variabel. (Fig. 2b.) Bei diesen Vorgängen kommt eine Frage in Betracht, die mir von Wichtigkeit erscheint. Man bemerkt eine stärkere Strö- mung, einen Andrang des Protoplasmas nach der Stelle des Schlauchs, wo sich der erste Anfang eines Fortsatzes bildet. Da fragt es sich nun: entweder, entsteht jene erste Ausstülpung in Folge stärkern Drucks des Protoplasmas auf einen Punct der Schlauchmembran ? 186 J. Reinke: Oder drängt das Protoplasma nach jener Stelle in Folge der ent- standenen Ausstülpung und dadurch herbeigeführten Verdünnung ? Ich neige mich nach vielfachen Beobachtungen und Erwägungen der ersteren Auffassung zu. Vor Allem spricht dafür, dass die Protoplasmakörnchen die eigenthümliche Bewegung zeigen, gewisser- massen die zu ihrer gewöhnlichen Bewegungsrichtung senkrechte einschlagen, bevor noch das Geringste oder doch nur ein Minimum von Ausstülpung zu sehen ist. Es ist höchst interessant zu be- obachten, wie die einzelnen Körnchen in Gurven, die alle nahezu parabolisch erscheinen, nach einem bestimmten Puncte der Thallus- wand hindrängen, hier an der Membran zurückprallen, langsam dem Strome folgen, dann plötzlich umkehren und ihren Angriff auf die Stelle wiederholen. Der Eindruck, den ich von dieser Erscheinung gewonnen habe, ist der, dass der Ast sich aus der Protoplasmamasse des Thallus ausstülpen will, dass die Membran eine ganz indifferente, hier nur hindernde Hülle bildet, die dem Drucke des Protoplas- ına’s weichend, vermöge ihrer Elasticität eine Aussackung bildet, und da in dem so ausgedehnten Theile derselben der Zusammenhang der Molecüle gelockert ist, gelingt es leichter, neue Molecüle aus dem Protoplasma dazwischen zu lagern und so das Wachsthum auch der Membran zu bewirken; durch die dabei auftretende heftige Span- nung werden die von mir beobachteten Nutationserscheinungen leicht erklärt. Zunächst häufen sich nun an der Spitze des Astes allmälich Pro- toplasmakörnchen an, sie strömen aus dem Hauptstamme hinein, ohne zurückzufliessen. Dabei kann der Ast gerade bleiben (Fig. 2e), oder sich krümmen (Fig. 3 und 4). Durch die starke Anhäufung und den damit zusammenhängenden Druck wird der Scheitel des Astes aufgetrieben. Diese Anschwellung geht aus der keulenförmigen allmälich in die sphärische über, ihr Inhalt verdichtet sich immer mehr und auch im übrigen Aste, dem Träger, häufen sich successive immer mehr Protoplasmakörner an, bis dieser sowohl wie die Kugel, die er jetzt trägt, gleichmässig undurchsichtig und dunkel sich von dem hyalinen Hauptstamme abhebt. Bei genauer Einstellung auf den Rand sieht man übrigens, dass auch jetzt die Protoplasmakörnchen, wenn auch in diehteren Schichten, sich an die Membran des Oogo- niums drängen, und selbst wenn das Oogonium ganz vollendet, er- scheint die Mitte desselben weniger dicht. (Fig. 5.) Von nun an fliessen keine Körnchen mehr aus dem Mutterstamm hinein, sondern UTeber die Geschlechtsverhältnisse von Saprolegnia monoica. 187 wandern in diesem selber fort. In der Kugel findet aber noch eine Verdichtung des körnigen Inhalts statt; die Körnchen des Trägers werden allmälich von ihr absorbirt, wobei dieser sich nicht wieder aus seinem Mutterschlauche füllt, sondern durchsichtig bleibt, wie jener. Nachdem der Träger so alle Körner seines Inhalts an die Kugel abgegeben, trennt sich diese plötzlich von ihm durch eine Scheidewand; das junge Oogonium ist fertig. (Fig. 5.) Dasselbe braucht sich nicht immer, wie es freilich gewöhnlich dev Fall ist, auf die kugliche Anschwellung zu beschränken; die Scheidewand umfasst auch noch hier und da einen kürzeren oder längeren Theil des Trägers. Diess ist die gewöhnliche Entstehungsweise der Oogonien. Aus- nahmsweise bilden sich Oogonien aber auch im Mutterstamm, und zwar dann nicht allein terminal, am Scheitel desselben, sondern auch, wenngleich seltener, interstitiell. Es sammeln sich Protoplasmakörner an den betreffenden Stellen zu dichter Masse an, treiben den Stamm dort kuglich auf, oder, wenn derselben besonders stark ist, füllen nur das Lumen desselben aus; die fertigen Oogonien trennen sich dann von dem übrigen Pflanzeninhalte durch eine, beziehungsweise zwei Scheidewände. . Auf ganz analoge Weise entstehen auch die Antheridien; an- fangs kleine Ausstülpungen eines Hauptastes, wachsen sie bald zu längeren oder kürzeren Aesten aus, je nachdem das Oogonium sich in der Nähe befindet oder weiter antfernt ist. (Fig. 5.) Den Oogo- nien scheinen sie von Anfang an zuzustreben; sobald sie dieselben erreicht haben, schmiegen sie sich ihnen dicht an und schwellen an der Berührungsregion keulenförmig auf. Die Protoplasmakörn- chen waren bisher in der Regel weniger zahlreich als im Haupt- ast; jetzt verdichten sich dieselben ein wenig, doch nicht entfernt in dem Masse, wie in den Oogonien, und endlich scheidet sich das keulenförmige Ende durch eine Querwand von dem erzeugenden Aste. Die Gestalt des Antheridiums ist unsymmetrisch, indem die äussere; dem Oogonium abgewandte Contour einen kleineren, die innere, dem Oogonium anliegende einen grössern Krümmungsradius zeigt. Der Scheitel ist abgerundet, so dass das ganze Antheridium als asym- metrische, auf der anlagernden Fläche sich der Oogoniumkugel pro- portional krümmende Keule erscheint. (Fig. 6.) Gleichzeitig, aber ganz unabhängig von etwaigem Einfluss der Antheridien, beginnen auch die Oogonien, nach kurzer Rast sich 188 J. Reinke: weiterzuentwickeln. Die bisher gleichmässig vertheilte, körnige Masse beginnt sich zu verdichten, und zwar um verschiedene Centra. Der Inhalt des Oogoniums zerfällt demgemäss allmälig, doch schnell, wie man leicht beobachten kann, in verdichtete, membranlose Proto- plasmakugeln, welche im sehr verschiedener Anzahl, — ich zählte 1 bis 30 —, die Hülle des Oogoniums und sich unter einander tangirend, in einer hyalinen Flüssigkeit eingebettet erscheinen. Jetzt werden auch jene eigenthümlichen Löcher, die Zugänge für die Antheridien, die Mikropylen sichtbar. Dieselben müssen zwei- felsohne während des gänzlich undurchsichtigen Stadiums der Oogo- nien, in der Hülle derselben resorbirt worden sein. Dies direct zu beobachten, ist mir nicht gelungen. Solche Bilder mit hellen Puncten, wie sie Pringsheim in Figur 3 und 4 Jahrb. I, Taf. XIX gezeich- net, habe auch ich häufig gesehen, allein nur bei Degenerations- vorgängen. Bei Entwicklungsbeobachtungen auf einem Objectträger geht manches Oogonium zu Grunde, und da sah ich dieselben stets vorher solche helle Puncte zeigen, die in einen schaumigen Zustand der ganzen Masse überführten. Und wollte man dennoch Fig. 3 als ersten Anfang der Löcherbildung gelten lassen, wie würde das Zusammengedrängtsein in die Mitte der Figur mit der auf Taf. XX dargestellten, richtigen Vertheilung der Löcher stimmen? Denn das Oogonium, folglich auch dessen Membran, sind auf Taf. XIX bereits völlig ausgewachsen, die Löcher müssten also auf der fertigen Mem- bran auseinander rücken. Die Antheridien schmiegen sich dicht an das Oogonium; wo dieselben nun über einem Loche des letzteren lagern, empfinden sie, wenn ich so sagen darf, den Mangel des Gegendrucks, und senden nun durch diese Oeffnung einen Fortsatz ins Innere des Oogoniums. Der Fortsatz, den ich Entleerungsschlauch nenne, und welcher meistens, nachdem er die Mikropyle passirt hat, ein wenig anschwillt, dringt durch den von Zellsaft erfüllten, inneren Oogoniumraum, bis an die Befruchtungskugeln, gewöhnlich zwischen dieselben hinein, wodurch er dann meistens seine Spitze dem Beobachter entzieht. Dieser Schlauch ist anfangs völlig hyalin, und mit einer ausser- ordentlich feinen, nur einfach contourirt wahrnehmbaren Membran bekleidet; dieselbe wird später am Scheitel resorbirt (Fig. 6). Der Entleerungsschlauch, welcher häufig etwas gekrümmt ist, schien mir in der Regel etwa die Länge des Oogoniumradius zu erreichen. Im Antheridium sind unterdessen eine Anzahl von Körperchen Ueber die Geschlechtsverhältnisse von Saprolegnia monoica. 189 aufgetreten, die sich vor den Protoplasmakörnchen ausser der be- trächtlicheren Grösse durch stärkeres Lichtbrechungsvermögen un- terscheiden. Zunächst treten einige feine Körnchen aus dem Antheridium in den Entleerungsschlauch, in dem Modus der gewöhnlichen Pro- toplasmabewegung; dann folgen einzelne der im Antheridium ge- bildeten, grössern, stark lichtbrechenden Körper. Schon die eigen- thümliche, anfangs freilich noch langsam rotirende Bewegung, verräth ihre Verschiedenheit von den Protoplasmakörnchen: es sind Spermatozoiden. Das Ausschlüpfen beobachtete ich in folgender Weise. In ein Oogonium, welches nur 2 Befruchtungskugeln ent- hielt, und darum besonders gut sich zur Beobachtung eignete, war ausser einem Entleerungsschlauche, welcher ziemlich horizontal, und deswegen zur Beobachtung ungeeignet, verlief, ein anderer schräge von unten eingedrungen, dem ich gerade auf den Scheitel sehen konnte. Dieser zeigte innerhalb der Contour seiner Seitenwände eine deutliche Oeffnung (Fig. 6). Nun konnte ich beobachten, wie einzelne der Spermatozoiden durch diese Oeffnung aus dem Ent- leerungsschlauch in den umgebenden Zellsaft schlüpften. Sobald sie aus dem, offenbar mit zähflüssigem Protoplasma angefüllten Schlauche getreten, zeigten sie die so eigenthümliche, unverkennbare, schwär- mende Bewegung der Spermatozoiden; auch war im Momente des Austritts, wie auch zuweilen während des Schwärmens, ihre Gilie deutlich sichtbar. Das Schwärmen dauerte fünf bis zehn Minuten; dann drangen sie langsam in das Innere der Befruchtungskugeln ein. Ich beobachtete, dass stets mehrere Spermatozoiden in eine Be- fruchtungskugel nacheinander eindrangen; es mochten etwa eine halbe bis dreiviertel Stunden zwischen dem Einschlüpfen des ersten und letzten liegen. Nach dieser Zeit vermochten die im Oogonium noch schwärmenden Spermatozoiden nicht mehr in die Befruchtungs- kugeln einzudringen, eine feine Membran hinderte sie daran. Deut- lich sah man dieselben nun zurückprallen, und lange Zeit herum- schwärmen, bis sie endlich zu Grunde gingen; gar nicht selten ge- langten sie auch durch eine der Micropylen in der Oogoniummem- bran aus dem Oogonium in das umgebende Wasser des Objectträgers. Bei diesen gelang es besonders gut, sie mittelst Jod zu tödten und ihre Form zu studiren; Fig. 7 stellt zwei Exemplare bei 1400facher Vergrösserung dar. Wenn Hildebrand (a. a. O. pag. 257) meint, er habe sich über- 190 J. Reinke: zeugt, dass die von ihm an einer Achlya gesehenen, und in Fig. 10 und 11 auf Taf. XVI gezeichneten Körperchen keine Spermatozoiden seien, sondern gewöhnliche, molecular schwingende Protoplasma- körperchen, so täuscht er sich darin offenbar. Hildebrandmuss weder stärkste Vergrösserung angewandt haben, denn da sieht man sogar wäh- rend des Schwärmens das Vorhandensein der Cilien, noch hat er sie.mit Jod behandelt, noch hat er endlich sie durch alle Stadien verfolgt, ihr Aus- und Einschlüpfen beobachtet. Ich habe die Spermatozoiden in allen von mir untersuchten Oogonien gefunden, habe auch in fast allen ihr Einschlüpfen gesehen. Das Austreten aus den Entleerungs- schläuchen sah ich nur in zwei Fällen, weil durch die Lage der Ku- geln erschwert, dort aber auf das Genaueste. Auf Seite 259 meint Hildebrand, die Bewegung der in Rede stehenden Körperchen sei identisch mit der in älteren, verletzten vegativen Schläuchen vor- kommenden. Diese Bewegung. habe ich auch gesehen und sorgfältig beachtet. Während in jüngeren, kräftig vegetirenden Aesten das Protoplasma eime eigenthümliche schiebende Bewegung zeigt, seine zähflüssige Beschaffenheit andeutend, sieht man in älteren, und zwar stets nachweisbar nicht mehr lebenskräftigen Theilen die Proto- plasmakörper nicht mehr in der erwähnten Weise sich bewegen, sondern sie zeigen die bekannten zitternden Molecularschwingungen. Vor allen Dingen deutet diess auf eine Veränderung des Proto- plasma’s hin, das aus einer sehr zähen in eine leichtbewegliche Flüs- sigkeit übergegangen ist. Dann treten auch neben den gewöhnlichen Protoplasmakörnchen etwas grössere, stark lichtbrechende, bei ober- flächlicher Betrachtung den Spermatozoiden ähnliche Körper auf, die sich aber bei genauerer Untersuchung evident als Fetttröpfchen, muthmasslich Zersetzungsprodukte des Protoplasma, herausstellen. Es ist noch übrig, zu erwähnen, wie das Einschlüpfen der Sper- matozoiden auf die Befruchtungskugeln wirkt. Das optisch wahr- nehmbare Resultat dieses Vorgangs ist dasjenige, dass in Folge der Vermischung der beiden Körper aus dem Innern der Befruchtungs- kugeln sich Cellulosemolecüle abscheiden und an der Oberfläche der- selben zu einer Membran zusammenlegen. Nach vielem Beobachten kann ich mich nur dafür entscheiden, dass diese Membran, die sich schnell beträchtlich verdickt, eine einfache sei. Dieselbe ist von vielen, ziemlich starken, radial laufenden Poren durchsetzt. Die Einfachheit der Membran wird leicht in Frage gestellt durch op- tische Bilder der Sporen, woran es scheint, als reichten die Poren Ueber die Geschlechtsverhältnisse von Saprolegnia monoica. 191 nicht bis zum Aussenrande:; bei genauer Randeinstellung gesunder Sporen überzeugt man sich aber auch hiervon. Reagentien, wie einerseits Chromsäure und Alcohol absolutus, andrerseits Schwefel- säure und Kalilösung lassen stets nur eine Membran erkennen. Endlich spricht für das Dasein einer einfachen Membran ein Vor- gang, den ich noch kurz beschreiben will. Manche Oogonien scheinen merkwürdiger Weise noch nach Vollendung der Sporen einer Veränderung fähig zu sein; ich sah nämlich eine ganze Anzahl von Oogonien, nachdem dieselben einige Zeit gelegen hatten, mit Fortsätzen versehen, die ich vorher an ihnen nicht erblickt hatte. Diese Fortsätze schienen nicht ohne Be- deutung zu sein, da einzelne der Sporen in dieselben hineintraten und sich folgendermassen veränderten (Fig. 5). Die Spore dehnt sich in der Richtung des Oogoniumfortsatzes aus, die dabei stark gespannte Membran zerreisst endlich in 2 oder 3 Stücke und der Sporeninhalt wird in Gestalt von einer sehr feinkörnigen Protoplasma- kugel frei, die sich bald in zwei bis vier Kugeln theilt. Wahrschein- lich treibt jede dieser Kugeln einen Thallusschlauch, doch habe ich diesen Vorgang noch nicht sicher genug beobachtet. Bei diesem Zer- reissungsvorgange wird es zur Gewissheit, dass die Membran — deren Poren man besonders schön an den Zerreissungslinien con- statiren kann — eine einfache sei. 192 Rig- 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig: 7 Fig. 8. J. Reinke: Ueber die Geschlechtsverhältnisse von Saprolegnia monoica. Erklärung der Tafel X. . Untere Theile von Thallusschläuchen. a Wurzeltheil, im Substrat; b freier im Wasser fluthender Theil; e Gränze des Substrats (Fett gewebe). Anfänge zu Oogonienbildungen: die Pfeile deuten die Hauptrichtung des Protoplasmastromes an. Junges, noch unentwickeltes Oogonium. Desgleichen, weiter entwickelt. Fertiges Oogonium; a ein zum Antheridium sich umbildender Ast. Fin Oogonium mit fertigen Befruchtungskugeln, Antheridien und Spermatozoiden; einer der letzteren ist durch eine Mikropyle aus dem Oogonium entschlüpft und durch Jod getödtet. Spermatozoiden. Eine in einen Oogoniumfortsatz getretene Spore, deren Inhalt nach Zerreissung der Membran sich in drei Kugeln getheilt hat. (Beendet am 20. December 1868.) Die Endigungen der Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen und die Entwicklung der Epithelien. Von E. Pflüger. Hierzu Tafel XIII. Fig. 1—12. Im Jahre 1865 habe ich die Art, wie die Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen endigen, genauer beschrieben. Diese Angaben sind bis dahin von Niemand bestätigt, von Vielen geprüft und von Allen bezweifelt worden. In Veranlassung der mir überwiesenen Bearbeitung der Speicheldrüsen im Stricker’schen Handbuche der mikroskopischen Anatomie habe ich unter Zuhülfenahme der neuerdings von Max Schultze in die mikroskopische Technik eingeführten Ueberosmiumsäure meine früheren Beobachtungen einer nochmaligen eingehenden CGontrolle unterworfen, welche nur dazu gedient hat, dieselben noch fester zu stellen. Die Ueberosmiumsäure in richtiger Anwendung hat bei der Untersuchung der Drüsen den unschätzbaren Vortheil, dass sie die markhaltigen Nerven schwarz wie Kohle färbt, ohne dass die Substanz der Drüse bei mikros- kopischen Präparaten eine merkbare Färbung annimmt. Die Nerven sehen, wenn die frische Drüse in diese Säure längere Zeit eingelegt . worden ist, wie mit schwarzer Tinte gefüllte Schläuche aus. Da sie aber in den Speicheldrüsen bis zu ihrem definitiven Ende in der Drüsenzelle von mächtigem Kaliber und stets markhaltig bleiben, so ist nichts leichter, als ihren Verlauf vollkommen klar zu legen. Aus diesem Grunde lässt sich heutigen Tages die Tragweite dieses Reagens für den Verlauf der Nervenfasern im thierischen Körper noch gar nicht ermessen. Beginnen wir mit der Betrachtung der Endorgane der Drüsen- nerven, so haben wir zunächst die Beziehungen derselben zu den »Ausführungsgängen«, den von mir sogenannten Speichelröhren, genauer zu behandeln. Diese werden von zahlreichen Zügen mark- haltiger Nervenfasern begleitet, welche in allen Dieken vorkommen. Viele dieser treten mit den Speichelröhren in die innigste Beziehung. 194 E. Pflüger: (Siehe Fig. 1 und 2.) Das Präparat 1 stammt vom Ochsen und ist frisch, bei dem anderen durch Ueberosmiumsäure-Behandlung der Nerv geschwärzt. Diese Nerven durchbohren (Fig. 1) die Mem- brana propria und lösen sich dann in sich verästelnde immer feinere Fäden auf, welche von aussen die Gylinderepithelien umspinnen, um ein noch genauer zu betrachtendes subepitheliales Netz zu bilden. Die Fasern unter der Propria sind blass, weich und machen den Eindruck von nackten Achsencylindern. Dass aber das Nervenmark diese noch eine Strecke begleitet, erkennt man an der Schwärzung der Ueberosmiumpräparate im Umkreise der Endigung dicker Primi- tivfasern. Die unter der Membrana propria verlaufenden Achseneylin- der verästeln sich in schliesslich unendlich feine varicöse Fäserchen, welche ganz dieselbe Beschaffenheit wie die Fäserchen haben, welche ihnen aus den Gylinderepithelien entgegenkommen (Fig. 4). Oft genug erkennt man, dass die letzten Ramificationen der Achsency- linder in diese Fäserchen übergehen, und dass also die Oylinderzelle das Endorgan bestimmter markhaltiger Nerven der Drüse darstellt. Oft lässt sich der Uebergang feiner und feinster markhaltiger Ner- ven in das subepitheliale Netz nachweisen (Fig. 3). Ja es gelingt sogar (Fig. 5), wenn auch selten, die Darstellung des Zusammen- hanges des markhaltigen Nerven mit den Fortsätzen der Cylinder- zelle bei vollkommener Isolation aller Theile. Hier kann man sich überzeugen, dass diese feinen Fortsätze der Zelle die direete Fort- setzung des Achseneylinders darstellen, von dem sie sich in keiner Weise unterscheiden. Zugleich bemerkt man, dass der Achsency- linder des zuführenden Nerven dicker als die fibrillären Fortsätze der Cylinderepithelien erscheint, die also Fortsetzungen der Achsency- linderfibrillen sein müssen. Nachdem der Nerv die membrana propria des Speichelrohres durchbohrt hat, gelangen die Achsencylinder ent- weder sofort zu ihrem Ende oder nachdem sie erst über längere Strecken sich unter der Propria ausgebreitet haben, so dass sie dann zwischen diesen und den fibrillären Fortsätzen der Cylinderepithelien verlaufen. Wenn man die unermessliche Menge nervöser Fibrillen unter der Membrana propria sieht, so fragt man nach dem Sinn dieses Reichthums. Nachdem ich die Gesetze des Wachsthums der Drüsen- epithelien genauer studirt hatte, ergab sich die Lösung. Wenn man die irgendwie isolirten Speichelröhren auf die pin- selartigen Fortsätze der Cylinderepithelien genauer prüft, so wird Die Endigungen der Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen ete. 195 man leicht bemerken, dass die Fäserchen an verschiedenen Speichel- röhren oder bestimmten Abschnitten desselben Rohres ein sehr ver- schiedenes Aussehen darbieten können. Gewöhnlich erscheinen sie selbst bei den stärksten Vergrösserungen als fast unmessbar feine varieöse Fibrillen. Man findet aber alle möglichen Uebergänge bis zu ziemlich dicken Fasern. In dem Maasse, als sie an Volumen zu- nehmen, verlieren sie ihr weiches, blasses Ansehen immer mehr, ge- winnen einen starken Glanz, der an dem freien der Cylinderzelle abgekehrten Ende beginnt und sich von hier mehr und mehr gegen die Ansatzstelle der Faser an der Zelle fortsetzt. Nicht selten spaltet sich das Ende der Faser mehrfach, so dass dann aus der Cylinderzelle scheinbar verästelte Fortsätze in Masse hervorgesprosst zu sein scheinen, die einen mächtigen Busch bilden, dessen Basis die kleine Cylinderzelle ist. An diesen Fasern fällt nun vor Alleın auf, dass ihr freies Ende sich knopfartig erweitert, gleichsam ein kleines Kölbchen trägt. Man sieht diese Kölbehen grösser und grösser wer- den, bis sie sich augenscheinlich als Zellenkerne charakterisiren, welche von einem spärlichen Protoplasma umgeben werden. Dieser Prozess der Kernbildung schreitet von unmessbaren Anfängen be- ginnend in der Faser gegen die COylinderzelle vor, so dass zwei, drei, ja sehr viele in einer Faser entstehen können. Die kleinen Kölbchen wachsen allmälig zu Speichelzellen aus, und es gelingt bei einiger Ausdauer nicht schwer, solche schon die Mosaik der Alveo- len bildende Epithelien durch Fortsätze noch mit der Gylinderzelle in unmittelbarem Zusammenhange zu finden. Da immer ein grosser Abschnitt des Speichelrohres von diesem Prozess der Zellbildung er- griffen wird, und da unter der Propria die mächtigen Wucherungen vor sich gehen, so wird die Wand stark verdickt, vielschichtig und pri- mär und secundär ausgestülpt, während die jungen Zellen auswach- sen und sich zur Mosaik gruppiren. Gleichzeitig wächst aber auch das Bindegewebe spaltend in die dicke Masse der Wand hinein, um durch partielle Abschnürung alveolenartige Zellen- haufen gleichsam auszustechen. Man könnte mit anderen Worten auch sagen, dass in der durch Zellenwucherung mächtig verdickten Wand des Speichelrohres sich neue Alveolen durch Spaltungsprocesse differenziiren. Mit Rücksicht auf das Verständniss dieses Vorgangs hebe ich hervor, dass die in den feinen Fortsätzen der Cylinderzellen sich neu- bildenden winzigen Kerne ohne sichtbare Betheiligung des Kernes 196 E. Pflüger: der Oylinderzelle selbst entstehen. Wenn bereits sehr viele sogar grössere junge Kerne in den Fortsätzen sich vorfinden, erscheint der Kern der Cylinderzelle immer noch wohlerhalten, kugelrund, scharf begrenzt und niemals einen Spross zeigend. Ja es kommen sehr schmale kernlose Cylinderzellen vor, in deren Fortsätzen sich doch auch Kerne entwickeln. Da die kernbildenden Fortsätze der Cylinder- zellen zu gleicher Zeit die Fortsätze des von ihnen nicht verschiedenen Achsencylinders sind, so wird es wahrscheinlich, dass die Neubildung der Kerne ein Produkt des Achsencylinders darstellt. Als einen gewichtigen Grund für meine Auffassung möchte ich noch den an- führen, dass die Fibrillen des Achsencylinders sich später direkt in Fibrillen der entwickelten Speichelzelle continuirlich fortsetzen, wie das ähnlich von Max Schultze für die Ganglienzelle beschrieben worden ist. Wir werden sogleich sehen, dass die entwickelte Spei- chelzelle eine Anschwellung des Achsencylinders ist. Da nun zu den Cylinderepithelien die feinsten Achsencylinder und Fibrillen gehen, welche mit den wuchernden Fortsätzen immerfort im Zusammenhange bleiben, und da Theile dieser Fortsätze später grosse Speichelzellen werden, welche mit kräftigen markhaltigen Fasern in Verbindung stehen, so folgt, dass mit den jungen Epithelien die zugehörigen Nerven auch bei dem erwachsenen Individuum gleichzeitig wachsen. In diese Reihe von Metamorphosen fällt eine von mir früher be- schriebene Art der Endigung markhaltiger Nerven, welche darin besteht, dass ein solcher sich plötzlich mehrmals theilt, dann erwei- tert und nun feinkörniges Protoplasma mit vielen grossen und kleinen Kernen enthält. Ich habe diese Art der Endigung der Nerven die »Proto- plasmafüsse« genannt. Wenn man, was ich zuweilen beobachtete, manche Kerne mit Fasern versehen sieht, welche man in das Innere der Nervenfaser verfolgen kann, so drängt sich in hohem Grade der Gedanke auf, dass die Drüsenzelle aus dem Nerven herauswächst. Wenden wir uns somit zu den Nervenendigungen der Alveolen, so haben wir zunächst die wichtigste zu betrachten, welche durch die markhaltigen Primitivfasern gebildet wird. Letztere verästeln sich zwischen den Alveolen auf das vielfachste, legen sich auf die Membrana propria und geben gerade da, wo sie diese durchbohren, gewöhnlich mehrere Aeste ab, welche ausserhalb derselben noch eine Strecke weiter bis zur nächsten Epithelzelle verlaufen, un dann über dieser in den Alveolus vorzudringen (Fig. 6 u. 8). Die Endigungen der Absonderungesnerven in den Speicheldrüsen ete. 197 Der Nerv schwärzt sich in Ueberosmiumsäure bis zu der Stelle, wo er durch die Propria tritt. An der Durchbohrungsstelle hört, wie es scheint, das Mark ganz plötzlich auf (Fig. 7 u. 10). Dass die Membrana propria wirklich durchbohrt wird, folgt am schlagend- sten daraus, dass sich der Zusammenhang markhaltiger oft sehr dieker Primitivfasern mit den Speichelzellen sehr leicht nachweisen lässt (Fig. 9. 10.11. 12). Hat man vollkommen isolirte Präparate vor sich (Fig. 9. 10. 11. 12), so bemerkt man, dass das Nervenmark eine Spur vor der Speichelzelle wie abgeschnitten aufhört, und dass der Nerv dem weichen Protoplasma wie angeklebt ist. Studirt man die "Insertionsstelle mit den stärksten Vergrösserungen, so gehen unend- lich feine Fibrillen aus dem Nerven hervor, die sich direkt in Fi- brillen des Protoplasma der Speichelzellen ohne bestimmte Grenzen fortsetzen. Am schönsten gewahrt man dieses Verhalten, wenn man den markhaltigen Nerven durch Quetschung seines Markes beraubt. Es hinterbleibt eine blasse, aus unendlich feinen Fibrillen zusammen- gesetzte Faser, welche sich direct in die faserige Substanz der Epi- thelzellen fortsetzen. Dieses Verhalten ist darum so wichtig, weil es die absolute Continuität und Verschmelzung von Achsencylinder und Epithel so eindringlich bezeugt. Da ich unter der Membrana propria keine durch Ueberosmiumsäure sich schwärzende Fasern ge- sehen habe, wohl aber stets an den Isolationspräparaten die Schwär- zung und das Mark bis zur Epithelzelle reichend, so muss ich schlies- sen, dass der gewöhnliche Fall bei der Alveolenendung der ist, dass der Nerv die Membrana propria durchbohrt und direkt in die darunterliegende Speichelzelle einmündet. Darum reicht auch das Mark bis zur letzten Endigung an die Zelle heran. Derjenige Theil der Speichelzelle, in welche der Nerv eindringt, ist nur wenig durch etwas lichteres Protoplasma ausgezeichnet (Fig. 11 und 12). Den Kern sah ich nicht in diesem Segmente, sondern in dem anderen, dunkler granulirten Theil. Der Nerv reisst ungemein leicht von seiner Insertionsstelle ab, die, weil sie nur aus Achsencylinderfibril- len besteht, sehr weich zu sein scheint. Meist verräth nichts nach- her die Stelle, wo er gesessen hat. Dass die markhaltigen Primi- tivfasern bald sehr fein, bald sehr dick sein können, hat jetzt nichts Befremdendes mehr, weil man weiss, dass die Epithelzellen von winzigen Knötchen mit äusserst feinen Achsencylinderfibrillen all- mälig zu stattlichen Gebilden heranwachsen. Mit ihnen wächst der Nerv, legt Mark auf, und wird stärker und stärker. 'Theils dieser 198 RE. Pflüger: Die Endieung. d. Absonderungsnerven in d. Speicheldrüsen ete. Umstand, theils die bereits erwähnten Thatsachen, dass durch Druck das Mark aus den Primitivfasern ausfliesst, während der Achsency- linder in Fibrillen sich auflöst, die sich in das Protoplasma der Spei- chelzellen einsenken, verbieten es, die letzte Form der Nervenendigung als eine besondere Form festzuhalten. Ob es auf Grund dessen gestattet ist, alle blassen Nervenendigungen, welche sich an den Alveolen vorfinden, auf die gedachte Weise zu erklären, bleibt mir zweifelhaft. Diese Untersuchungen stützen sich hauptsächlich auf die Ohr- speicheldrüse des Kaninchens, sowie auf die Unterkieferdrüse des Kaninchens und des Ochsen. Ich habe bereits vor längerer Zeit kleine den Alveolen sich an- schmiegende, mit vielen Ausläufern versehene, blasse Zellen beschrie- ben, welche sehr verschiedenartig in ihrer Grösse und der Beschaffen- heit des Kernes sich erweisen. Während ich diese Zellen für nervös ansprach, haben alle spä- teren Forscher mit Bestimmtheit sie für indifferente Gebilde erklärt, welche ein Netz bildeten und zu dem Bindegewebe gerechnet werden müssten. Eine erneute Untersuchung hat mir bei dem Kaninchen ergeben, dass diese Zellen einerseits mit Speichelzellen, andererseits mit Nervenfasern zusammenhängen. Sie gehören demgemäss nicht zu dem Bindegewebe. Wenn die bezeichneten mir widersprechenden Forscher den gedachten Zusammenhang nicht haben sehen können, so ist dies meine Schuld nicht. Von diesem Zusammenhang hängt aber Alles wegen der Deutung ab. Wegen dieses Zusammenhangs können die multipolaren Zellen nur modifieirte Epithelien oder Ner- venzellen sein. Ihrem anatomischen Charakter nach gleichen sie aber offenbar weit mehr kleinen Ganglienzellen als Epithelien. Denn Ganglienzellen haben verschiedene urtheilsfähige Forscher in ihnen seit länger vermuthet. Ihre zuweilen aber nicht immer dem Aus- sehen von Ganglienzellen nicht ganz entsprechenden Charaktere können zusammenhängen mit dem Prozess des fortwährenden Ent- stehens und Vergehens der Drüsentheile, dem auch die Nerveusub- stanz unterworfen sein muss; sie können bedingt sein durch Insulten der Präparation und Maceration. Ja zuweilen hat es mir scheinen wollen, als ob diese zarten Zellen Scheiden von der membrana pro- pria erhielten, so dass sie dann bei der Isolation hautartige Fort- sätze haben und Bindegewebszellen ähneln. Die Endigung der Absonderungsnerven in dem Pancreas. Von 5. Pflüger. Hierzu Tafel XIII. Fie. 13—16. Bei der Entdeckung der Absonderungsnerven in den Speichel- drüsen ist ein physiologisches Experiment für uns der Führer ge- wesen. Ich hatte erkannt, dass die Einwirkung der Nerven auf die Absonderung sich nicht wohl anders erklären liesse als dadurch, dass der Nerv die Drüsensubstanz, d.h. die Epithelzelle beeinflusst. Ich schloss mich nicht der Ansicht derjenigen an, welche sich vor- stellen wollten, dass die Nervenfaser die endosmotischen Eigen- schaften von Membranen zu verändern im Stande sei. Ausgehend von der natürlichsten Vorstellung, dass die Hauptimasse der Drüsen, die Epithelzelle, das eigentlich thätige Element sei, musste ich diese vom Nerven beeinflusst werden lassen. Wie ich wiederholt hervor- hob, ist es nach Allem, was wir über die Wechselbeziehung der Ner- vensubstanz und irgend einer lebendigen Zelle wissen, nicht zu be- zweifeln, dass sie die unmittelbare materielle CGontinuität voraussetzt. Dieser Satz ist abermals durch die vorhergegangenen Untersuchungen mit vollkommener Sicherheit festgestellt. Es giebt keinen Ort im Körper, wo sich die unzweifelhaft allerletzte Endigung der Nerven- faser mit solcher Evidenz nachweisen liesse, als in den Speicheldrüsen. Es handelt sich hier glücklicher Weise nicht um den Nachweis un- endlich feiner blasser Nervenfasern, es handelt sich um wahrhaft grobe Verhältnisse, und ich mag nicht glauben, dass fernerhin der wesentliche T'heil meiner Angaben auf Zweifel oder Widerspruch stossen kann. Der Fall mit den Speicheldrüsen konnte aber ein singulärer sein. Wir besitzen, wenn ich etwa die Thränendrüse ausnehme, keine M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 14 200 E. Pflüger: Beobachtungen und Experimente, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Satz ableiten liesse, dass auch die anderen Drüsen in ähnlicher Weise wie die Speicheldrüsen vom Nervensysteme beeinflusst werden. Nachdem ich die Methoden zur Demonstration der Endigung der Nerven in den Drüsen so weit ausgebildet habe, dass es mir verhältnissmässig leicht ist, an anderen Stellen sie wieder zu finden, so schien es mir von grosser Wichtigkeit, dass der ana- tomische Nachweis geliefert werde, und so dem physiologischen Experiment eine ernste Mahnung zugehe. Ich wende mich zunächst in meinen Untersuchungen zu den Drüsen, die beim Embryo aus dem innern Keimblatt hervorgehen und lege hier zuerst dasjenige vor, was ich über die Bauchspeichel- drüse ermittelt habe. Dieses, wie man bald sieht, noch ausserordentlich wenig er- forschte Organ besitzt im Allgemeinen wohl einen ähnlichen Bau, wie die Speicheldrüsen des Mundes, nur sind die Alveolen im All- gemeinen grösser, die Epithelzellen weniger scharf von einander ab- gegrenzt, und bei der Behandlung mit verdünnter Ueberosmiumsäure ebenfalls ein fibrilläres Protoplasma zeigend. Die Richtung dieser Streifung verläuft wie bei den Speicheldrüsen radiär, d. h. von der Propria nach dem Drüsenkanale zu. Was die propria betrifft, so giebt es wohl kaum eine Drüse, an welcher sich Jeder so bestimmt überzeugen kann wie hier, dass diese neuerdings wieder in Zweifel gezogene Membran als eine glashelle, durchsichtige, ziemlich derbe, wenn auch sehr dünne und structurlose Haut existirt. Man lege die Bauchspeicheldrüse eines Kaninchens während dreier Tage in wein- gelbes Jodserum. In dieser Zeit haben sich die Epithelzellen durch eine offenbar verdauende Wirkung zum grossen Theile aufgelöst, ohne dass wegen des Jods eine Spur von Fäulniss bemerkbar ist, während die Membrana propria durchaus unangegriffen geblieben ist. Noch energischer schreitet dieser Lösungsprozess der Epithelien vor, wenn man nach der Jodserummaceration die Drüse noch ein bis zwei Tage in verdünnte Chromsäure von !/so %/o legt. Jetzt sieht man die wegen der Auflösung stark verkleinerten Epithelien frei in dem weiten Sacke der Propria liegen, und ich empfehle allen Histiologen sich dieses Bild anzusehen, um für alle Zeiten die Membrana pro- pria als ein unzweifelhaftes Gebilde der Speicheldrüsen zu restituiren. Es ist natürlich eine ganz andere Frage, ob diese Haut als eine von den Drüsenzellen erzeugte Bildung anzusehen ist, wie man das früher Die Endigung der Absonderungsnerven in dem Pancreas. 201 annahm, oder ob sie zu dem Bindegewebe gezählt werden muss. Hervorheben will ich jedenfalls, dass ich an dieser beim Pancreas sich der Untersuchung so leicht darbietenden Membran keine Kerne oder irgend eine Andeutung, dass sie aus Zellen zusammengesetzt sei, habe wahrnehmen können. Das Einzige, was ich bemerkte, war, dass bei sehr starken Vergrösserungen verschwindend kleine runde Felder durch verwaschene Conturen sich gegen einander abgrenzten. Ueber die Ausführungsgänge des Pancreas vermag ich bis dahin keine neuen Thatsachen beizubringen. | Was nun die Nerven betrifft, so war ich erstaunt, mit Hülfe meiner neueren Methoden, die wesentlich in der richtigen Anwendung der Ueberosmiumsäure bestehen, einen ganz ausserordentlichen Reich- thum markhaltiger Nerven aufzufinden. Man sieht dieselben nahezu in allen Stärken, in denen Nervenprimitivfasern überhaupt vorkom- men. Bei ihrer Ausbreitung theilen sie sich sehr oft, um so mehr, je näher sie ihrer Endigung zustreben. Eine Schwann’sche Scheide habe ich auch an diesen Nerven sowie an den Speicheldrüsen des Mundes mit Bestimmtheit nicht nachweisen können. Sie sind des- halb sehr weich, leicht zerfliesslich, bilden Varicositäten und Anschwel- lungen und ähneln hierin sehr den Nervenfasern von Gehirn und Rückenmark. Auf ihrer Oberfläche sieht man an vielen Stellen doppelt conturirte Myelintropfen hervorquellen. Das Mark bildet, wenn man keine Ueberosmiumsäure anwendet, die characteristischen Gerinnungsformen; wurde aber die ganz frische Drüse in Ueberos- miumsäure eingelegt, dann bilden sich bekanntlich die Gerinnsel nicht, sondern der Nerv sieht wie frisch aus, ist doppelt conturirt. glänzend und je nach der Intensität der Wirkung des Reagens mehr oder weniger schwarz oder blauschwarz gefärbt. Die Secretionsnerven treten nun an die Alveolen heran als feine oder sehr dicke Primitivfasern, verästeln sich auf ihnen vielfach und durchbohren die Membrana propria, wobei der Nerv ebenfalls seine Markscheide fast vollkommen verlässt (Fig. 13, 14, 16). Die Durch- bohrung der Propria wird wieder am einfachsten festgestellt durch den Nachweis des Zusammenhangs einer markhaltigen Primitivfaser mit einer pancreatischen Epithelzelle (Fig. 15). Ich könnte zum Belege weitere Zeichnungen vorlegen, die aber nur gleichsam Wiederholungen des bei den Speicheldrüsen des Mundes behandelten sein würden. Ich war überrascht zu bemerken, dass der Nachweis der Nervenendigungen im Pancreas etwas leichter ist als 202 E. Pflüger: bei den Speicheldrüsen des Mundes. was wohl seinen Grund darin findet, dass die Drüsenläppchen bei den Kaninchen im Mesenterium so fein vertheilt sind und durch so lockeres Bindegewebe zusam- mengehalten werden, welches der Isolation keinen bemerkenswerthen Widerstand leistet. Wenn man Isolationspräparate herstellt, so reissen die Nervenprimitivfasern merkwürdiger Weise meist nicht glatt von der Propria ab, sondern so, dass noch ein kleiner Zipfel hängen bleibt, in welchem der Rest von Nervenmark einen kugeligen, dop- pelt conturirten, glänzenden, in Ueberosmiumsäure sich schnell schwärzenden Tropfen oder dem Alveolus aufsitzenden Knopf dar- stellt. Wenn man das Pancreas in Ueberosmiumsäure einlegt, so hat man zu bemerken, dass es Substanzen enthält. die viel schneller die Ueberosmiumsäure reduciren, als dies bei den Speicheldrüsen des Mundes der Fall ist. Um demgemäss die Färbung der Drüsen- zelle fast vollkommen auszuschliessen, muss man sich sehr ver- ddünnter Lösungen bedienen. Diese genügen zur intensiven Schwär- zung der Nervenfasern noch immer vollständig. Da ich gegenwärtig mit der Untersuchung der Nervenendi- gungen in den andern wichtigen Drüsen noch beschäftigt bin, so behalte ich mir bis zum Abschlusse meiner Forschungen vor, die ge- naue Anweisung zur Herstellung der Präparate zu geben. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIN. Fig. 1. Speichelrehr vom Ochsen mit Fndigung markhaltiger Nerven. Frisch, Veregr. 50. Fig. 2. Speichelrohr vom Ochsen. Vergr. 590. Nerv durch Ueberosmium- saure geschwärzt. Fig. 3. Speichelrohr; auf die Oberfläche des Randes eingestelltes Mikroskop. Endigungen feinster markhaltiger Nerven. Vergr. 800. Vom Ochsen. Fig. 4. Speichelrohr mit zutretendem Axencylinder. Vom Ochsen. Vergr. 590. Fig. 5. Cylinderzelle eines Speichelrohres mit zutretenden markhaltigen Ner- ven. Jodserummaceration. Vom Kaninchen. Verer. 590. 6. Endigung markhaltiger, durch Ueberosminmsäure geschwärzter Ner- ven an einem Alveolus des Ochsen. Vergr. 590. Fig. 7. Endigung eines markhaltigen Nerven mit glockenartiger Erweite- rung an einem Alveolus des Kaninchens. Verer. 590. Die Endigung der Absonderungsnerven in dem Pancreas. 203 Fig. 8. Endigung eines markhaltigen Nerven an einem Alveolus des Kanin- chens. Jodserummaceration. Vergr. 5%. Fig. 9. Endigung einer sich theilenden markhaltigen Nervenfaser in Spei- chelzellen des Ochsen. Durch Ueberosmiums. geschwärzt. Vergr. 590. Fig. 10. Endigung eines geschwärzten markhaltigen Nerven in grossen Spei- chelzellen des Ochsen. Vergr. 590. Fig. 11. Endigung eines geschwärzten, vielgetheilten, markhaltigen Nerven in drei Speichelzellen des Kaninchens. Vergr. 590. Fig. 12. Endigung eines feinen markhaltigen Nerven in kleinen Speichel- zellen des Kaninehens. Jodserummaceration. Vergr. 590. Fig. 13. Endigung geschwärzter, dicker, markhaltiger Nerven am Alveolus des Pancreas vom Kaninchen. Vergr. 590. Fig. 14. 16. Dasselbe. Vergr. 590. Fig. 15. Endigung in einer pankreatischen Epitheizelle. Vergr. 5%. NB. Alle Präparate sind von der Gl. submaxillaris, abgesehen von denen aus dem Paucreas. Nachschrift. Als diese Abhandlungen bereits abgeschlossen waren, erhielt ich durch die Güte des Verfassers eine unter Kühne gearbeitete wichtige Abhandlung über das Pancreas von PaulLan- gerhans (Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der Bauchspei- cheldrüse. Inauguraldissertation. Febr. 18. 1869. Berlin). Das We- sentlichste besteht einmal in dem Nachweise multipolarer Zellen, ‚die offenbar sehr ähnlich den von mir bei den Speicheldrüsen beschriebenen sind und welche Langerhans, da sie im Centrum des Acinus liegen, »centroacinäre Zellen« nennt. Er constatirt ihren Zusammenhang mit Epithelzellen, hält sie aber für Epithelialgebilde. Sodann weist er durch Injection mit Berlinerblau nach, dass wie bei der Leber runde feine Canäle zwischen den Plattenepithelien verlaufen. — Hier kann ich für die Speicheldrüsen des Mundes hinzufügen, dass ich einige Punkte über deren Structur Herrn Stud. Anton Ewald aus Berlin zur Untersuchung übergeben habe. An mit Berlinerblau injieirten Spei- cheldrüsen des Hundes haben wir gefunden, dass die Speichelzellen der Alveolen ganz ähnlich wie dies von der Leber bekannt ist, von blau injieirten Kanälen umsponnen werden, die feiner sind, als sie dort vorkommen. Sie communieiren direct mit dem Centralcanal und verlaufen auch unter der M. propria. Die glänzenden Striche, welche zwischen den Speichelzellen sich hinziehen, sind also wesent- 204 E. Pflüger: Die Endigung der Absonderungsnerven in dem Pancreas, lich und hauptsächlich durch ein System äusserst feiner Secretions- röhrchen bedingt. Bei den Speicheldrüsen wird es sich vielleicht festste len lassen, ob diese Röhrchen etwa Fortsetzungen der Zell- membran der Speichelzelle sind, welche das vom Protoplasma er- zeugte Secret abführen, also eigentliche Ausführungsgänge der Zelle selbst oder ob in der That diese Canälchen der Ort sind, in wel- chen die Zelle auf allen Punkten, wo sie von ihnen berührt wird, das Secret abgiebt. Mir scheint die erstere Annahme plausibler. Herr Anton Ewald wird demnächst das Genauere veröffentlichen. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbel- loser Thiere. Von Dr. & Schwalbe. Hierzu Tafel XIV und XV. Im Anschluss an meine Beobachtungen über die glatten Mus- kelfasern der Wirbelthiere theile ich in den folgenden Zeilen neue Untersuchungen über das Muskelgewebe einer grossen Anzahl von wirbellosen Thieren mit. Ein Aufenthalt in St. Vaast an der Küste der Normandie wurde vorzugsweise zu diesem Studium benutzt und setzte mich in den Stand, die verschiedensten Formen aus den vier Thierkreisen der Coelenteraten, Echinodermen, Würmer und Mol- lusken im frischen Zustande auf den feineren Bau der Muskelfasern untersuchen zu können. Von den Arbeiten früherer Forscher, welche unseren Gegenstand allgemeiner behandeln, werde ich besonders der Abhandlungen von Weissmann!) und G. Wagener?) zu gedenken haben. Weiss- mann gebührt das Verdienst über die Formverhältnisse dieser (fe- bilde bei den verschiedensten Thieren den genauesten Aufschluss ge- 1) Ueber die zwei Typen contractilen Gewebes und ihre Vertheilung in die grossen Gruppen des Thierreichs, sowie über die histologische Bedeutung ihrer Formelemente. Ztschrft. f. rat. Med. (3) Bd. 15 1862, und: Zur Histo’ jogie der Muskeln. Ibid. (3) Bd. 23. 1864. — Die erste dieser Abhandlungen werde ich der Kürze halber in den Citaten stets mit I, die zweite mit II bezeichnen. 2) Ueber die Muskelfaser der Evertebraten. Archiv von Reichert und du Bois-Reymond 1863. 206 G. Schwalbe: geben zu haben. Dazu ist in der That die von ihm vorzugsweise benutzte Kalilauge von 35 Procent ein vorzügliches Mittel, und habe ich hier den so vollständigen Mittheilungen jenes Forschers nicht viel Neues hinzuzufügen. Anders dagegen steht es mit dem feineren Bau der Muskel- gebilde. Um diesen in allen seinen Theilen zu erkennen, darf die Kalilauge nicht in Anwendung gebracht werden, wie ich schon bei einer früheren Gelegenheit !) auseinandergesetzt habe. Die Unter- lassung der Beobachtung der Muskelfasern im frischen Zustande erklärt es wohl am besten, dass Weissmann viele der hierher gehörigen Verhältnisse entgangen sind und dass er zu einer so schroften Trennung der Muskelgebilde in Muskelzellen und Muskel- primitivbündel kommt, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. AndersG. Wagener. Indem derselbe sich weniger die Unter- suchung der allgemeinen Formverhältnisse, als des feineren Baues der Muskelfasern zur Aufgabe machte, kam er zur Erkennung mancher wichtigen feineren Structurverhältnisse. Diese lehrten ihn, dass eine so schroffe Trennung der contractilen Gebilde in Muskel- zellen und Muskelprimitivbündel, wie sie W eissmann statuirt, nicht vorhanden sei, dass vielmehr Uebergänge von den einfacheren zu den complieirteren Formen existirten, welche letztere Ansicht auch Leydig?) zu theilen scheint. Ueber die Ansicht G. Wagener’s, dass die Fibrille das Primitivelement der Muskelfaser sei, werde ich nach Mittheilung meiner eigenen Beobachtungen noch mein Urtheil abzugeben haben. Nach der Arbeit von G. Wagener schien die schroffe Tren- nung der contractilen Gebilde in die beiden Weissmann’schen Typen unhaltbar geworden zu sein. Allein Weissmann stellte nun in seiner zweiten oben citirten Arbeit den Satz in den Vorder- grund, dass bei morphologischen Betrachtungen nur die Histogenese massgebend sein könne, und histogenetisch sei eine Trennung seiner beiden Typen wohl gerechtfertigt. Da ich nun meine Ansichten über das contractile Gewebe ebenso wie &. Wagener aus dem Studium 1) Beiträge zur Kenntniss der glatten Muskelfasern. Dieses Archiv Bd. IV p. 392. Durch ein Versehen ist hier die Angabe vergessen, dass eine körnige Substanz an den Kernen zuerst von Klebs erwähnt wird (Virchow’s Archiv Bd. 32. 1865). 2) Vom Bau des thierischen Körpers p. 79. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 207 des feineren Baues der Muskelfasern geschöpft habe, so hätte ich mieh zunächst hierüber zu verantworten. Ich bestreite zunächst (durchaus nicht die grosse Wichtigkeit der embryologischen Forschung für die morphologische Betrachtung. Wohl aber glaube ich bewei- sen zu können, dass weder aus Weissmann’s eigenen entwicke- lungsgeschichtlichen Arbeiten noch aus denen anderer Forscher die Berechtigung einer Trennung der Muskelfasern in Muskelzellen und Muskelprimitivbündel zu folgern sei. Denn einmal liegen für die Muskelfasern der Evertebraten nur erst spärliche embryologische Beobachtungen vor, deren Weissmann kaum gedenkt. Soviel ich weiss, beschränken sich dieselben auf die Angaben von Gegenbaur!), dass bei Helix die Muskelfasern des retractor oculi durch Verschmel- zung reihenweise hintereinander liegender spindelförmiger Zellen ent- ständen, und auf die Untersuchungen von Margo?), denen zu Folge die Muskelelemente der Mollusken ganz allgemein durch Aus- wachsen kleiner spindelförmig sich gestaltender Zellen, der soge- nannten Sarkoplasten, entstehen. Beide Forscher sind also zu ganz entgegengesetzten Resultaten gekommen und ist es demnach noch nicht gestattet, weiter gehende Folgerungen daraus zu ziehen. Ganz ähnlich steht ferner die Frage in Betreff der Entwicke- lung der »Muskelprimitivbündel« der Arthropoden und Wirbelthiere. In Betreff der Entstehung «der quergestreiften Muskelfasern der Wir- belthiere theilt Weissmann die Ansicht der hervorragendsten For- scher, dass nämlich dieselben aus einer Zelle entstehen. Man sollte nun meinen, dass diese Gebilde auch zum Muskelzellentypus gehören müssten. Höchstens könnte ınan sie den übrigen Muskelzellen mit einem Kern als mehrkernige gegenüberstellen. Allein hier weicht Weissmann von dem histogenetischen Eintheilungsprineip ab und vereinigt die Muskelfasern der Wirbelthiere offenbar des so ähnlichen Baues wegen mit den Muskelfasern der Arthropo- den zum Typus der Muskelprimitivbündel , obwohl die Arthropoden- Muskelfasern seinen eigenen Untersuchungen zu Folge durch Zu- sammenschmelzen mehrerer Zellen entstehen. Diese kurze Auseinandersetzung mag genügen zur Erkenntniss des Werthes der Weissmann’schen Eintheilung der Muskelfasern. 1) Entwickelung der Landgasteropoden. Zeitschrift f. wiss. Zool. Bd. III. 1851. 2) Ueber die Muskelfasern der Mollusken. Sitzungsb. der Wiener Aka- demie. Math unaturw. Klasse. Bd. 39. 208 G. Schwalbe: Es wird daraus zugleich ersichtlich, dass vor der Hand, ehe genaue embryologische Beobachtungen existiren, es nur der feinere Bau der Muskelfasern sein kann, der uns bei morphologischen Betrachtungen zu leiten hat. dass ferner der Streit wegen der Natur des Sarko- lemms, ob dasselbe bindegewebigen Ursprungs oder Zellmembran der Muskelfaser sei, für die Klassen der wirbellosen Thiere, ehe nicht die Entwickelung bekannt ist, nur fruchtlos sein kann. Ich habe mich deshalb in meinen Beobachtungen, die ich nunmehr folgen lasse, darauf beschränkt, die Fälle zu notiren, wo ein Sarkolemm wahrgenommen werden konnte, ohne über die Entstehung desselben in jedem einzelnen Falle Vermuthungen aufzustellen, die nicht durch Thatsachen gestützt werden. Zunächst einige Worte über die Methode der Untersuchung. Viele der unten zu schildernden feineren Structurverhältnisse sind nur an ganz frischen Muskelfasern zu erkennen. Womöglich sind dieselben ohne jede Zusatzflüssigkeit zu untersuchen. Will maneine solche anwen- den, so empfehlen sich am meisten dünne Kochsalzlösungen; jedoch kommt es hier sehr auf die Goncentration an und verhalten sich in dieser Beziehung die Muskelfasern der verschiedenen Thiere sehr verschieden. Man muss deshalb erst für jedes Thier die geeignete Concentration feststellen. Die Lösungen, die ich in Anwendung brachte, enthielten je nach der Natur der zu untersuchenden Fasern !/» bis 11; Pro- cent Chlornatrium. So bereitete Präparate werden übrigens am besten gleich untersucht, da bei längerem Liegen derselben trotz sorgfältiger Auswahl der Zusatzflüssigkeit immer Veränderungen des Objects eintreten. Zum längeren Conserviren der Muskelfasern empfehlen sich am meisten Lösungen von Kali bichromieum von. 5 bis 6 Procent. In denselben erhalten sich die feineren Structurver- hältnisse oft lange Zeit vortrefflich. Dass ich mich ausser der Be- obachtung im frischen Zustande noch der Behandlung mit den ver- schiedensten Reagentien bedient habe, um dadurch weitere Auskunft über den feineren Bau der betreffenden Muskelfasern zu erhalten, versteht sich von selbst. Auch Macerationen in dünnen Lösungen von Chromsäure oder doppelt chromsaurem Kali wurden vielfach in Anwendung gebracht. Gehen wir nunmehr zu den Ergebnissen der Untersuchung über. Coelenteraten. Von cCoelenteraten standen mir nur Arten der Gattungen Actinia und Cereus zu Gebote, deren Muskelfasern einander sehr glei- Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 209 chen. Im frischen Zustande sind dieselben schwer zu isoliren, und dies gilt besonders für die Fasern der Fussscheibe von Cereus. Sie erscheinen dann als homogene glänzende Fasern, an denen keine weiteren Structurverhältnisse wahrzunehmen sind. Nach län- gerem Liegen in Lösungen von Kali bichromicum von 3 Procent oder dünner Chromsäure gelingt es dagegen leicht, die einzelnen Muskel- fasern zu isoliren und zeigen sich dieselben dann als lange, dabei aber sehr schmale, drehrunde spindelförmige Elemente !), die an gelungenen Präparaten deutlich eine Sonderung in drei Hauptbestand- theile erkennen lassen (vergl. Fig. 1a): in einen kleinen kugel- runden Kern von 2,7 u Durchmesser, in eine den Kern umge- bende körnige Masse und in die homogene stark glänzende contrac- tile Substanz, welche den grössten Theil der spindelförmigen Zelle bildet. Der Kern liegt in der Mitte der Länge der Muskelfaser in- nerhalb einer hügligen Auftreibung, die jedoch nur aus körniger Masse gebildet wird, sodass er also hier seine Lage ganz ausserhalb der contractilen Substanz hat. Für die Existenz einer feinen mem- branartigen Umhüllung dieser Muskelzellen spricht einmal die scharfe Begrenzung des körnigen Hügels (vergl. Fig. 1a); es sprechen ferner dafür gewisse Bilder, die man auf eine Aufrollung der Muskelfasern analog der von mir bei den contractilen Faserzellen der Wirbelthiere beschriebenen beziehen muss. So kann man die in Fig. 1b abge- bildete Faser wohl nicht anders erklären, als durch die Annahme, dass sich im unteren Theile der Figur ein Längsspalt gebildet hat, dass die beiden Spaltränder dann auseinander gewichen sind, wobei an einem derselben die körnige Substanz sammt Kern sitzen. blieb. Wir erkennen an derselben Figur ferner, dass zwei runde homogene Kerne vorhanden sind, dass die körnige Substanz bedeutend abge- nommen hat, was sich durch Lösung eines Theils der Körnchen in der dünnen Macerationsflüssigkeit leicht erklärt, und dass dieser Rest der Körnchen auf einer zarten Membran aufsitzt, die in Fetzen den rechten Rand der Faser begrenzt. Die Annahme eines feinen Sarkolemms ist deshalb wohl nicht ungerechtfertigt. Während wir nun in dem oben beschriebenen Präparate von Actinia 2 Kerne auftreten sehen, finden wir bei Cereus anstatt dessen nicht selten zwei körnige Hügel, welche in geringem Abstande von 1) Die Maasse sind bei Actinia: Länge der Fasern 150—160 « (Mikro° millimeter). Breite der Fasern 1,8, bis 3,6 u. 210 G. Schwalbe: einander einseitig der contractilen Substanz aufsitzen, von denen aber nur der eine einen ovalen Kern enthält (Fig. 2a). An den meisten dureh die bereits erwähnten Methoden oder auch durch 35procentige Kalilauge isolirten Fasern sind Kern und körnige Sub- stanz nicht zu sehen; sie scheinen in keiner allzufesten Verbindung mit der eontractilen Substanz zu stehen und nach Auflösung der (dünnen gemeinsamen Membran abzufallen. Dann erhält man Bil- der, wie ich deren eines in Fig. 1c von Actinia gezeichnet habe. Solche Fasern lassen bei Cereus oft von Strecke zu Strecke An- schwellungen erkennen (Fig. 2b); letztere sind vielleicht auf par- tielle Contractionen der Muskelfasern zu beziehen. Längsstreifung sieht man an frischen Faserzellen nie. Auch durch Anwendung der verschiedensten Reagentien gelingt es nicht, Fibrillen abzuspalten. Nur die abgerissenen Enden der Muskelfasern sind zuweilen etwas ausgefasert. 5 Soweit meine eigenen Beobachtungen über die Muskelelemente der Coelenteraten. Nach den Angaben anderer Forscher, die in der Litteratur zerstreut sind, scheinen die Muskelfasern der übrigen Po- Iypen und vieler Medusen ganz analog gebaut zu sein. Ein beson- deres Interesse verdient eine Beobachtung von M. Schultze!), welche Virchow und Brücke?) bestätigten und erweiterten, der zu Folse die Muskelfasern der Schwimmscheibe von Aurelia aurita im frischen Zustande eine deutliche Querstreifung erkennen lassen. Auch Kölliker?) gedenkt einer »ziemlich deutlichen Quer- streifung« an den Faserzellen von Pelagia und Agalmopsis. Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass schon im Kreise der Coelente- raten eine höhere Differenzirung der in den meisten Fällen hier noch homogenen ceontractilen Substanz auftreten kann. Echinodermen. Als Untersuchungsmaterial dienten Ophiothrix fragilis, Astera- canthion rubens und eine unbestimmt gebliebene Art der Gattung Asteriscus, und zwar sämmtlich im frischen Zustande. Ein besonderes Interesse verdienen die Muskelfasern von Ophio- thrix fragilis, welche sich zwischen den Ambulacralwirbeln befinden 1) Ueber den Bau der Gallertscheibe der Medusen. Müller’s Archiv 1856. 2) Sitzungsberichte d. Acad. d. Wiss. z. Wien vom 15. October 1863. 3) Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre. Würzburger Ver- handlungen VIII. 1858 p. 111. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 211 und die Bewegungen der Arme vermitteln. Zerzupft man ein solches Interambulacralbündel in Y/sprocentiger Kochsalzlösung und betrach- tet sodann das Präparat mit starken Vergrösserungen, so bemerkt man zunächst, dass die sich leicht isolirenden Muskelfasern von einem deutlichen Sarcolemm umgeben sind, welches sich sehr häufig an einzelnen Stellen weit abhebt (vergl. Fig. 3). Innerhalb dessel- ben zeigen sich dann die eylindrischen 10,5 bis 14,4 u breiten con- tractilen Fasern oft seltsam gekrümmt; ihre abgerissenen Enden sind meist abgestumpft. Man erhält auf diese Weise immer nur Bruchstücke, wie die eben beschriebene, was auf eine grosse Weich- heit der contractilen Substanz hindeutet. In Betreff des Sarkolemms muss ich noch bemerken, (dass dasselbe sich zuweilen in quere Falten legt, die oft ziemlich dicht hinter einander liegen können. Dadurch kommt dann eine Art (uerstreifung zu Stande. Man kann aber keinen Augenblick zweifeln, dass die letztere auf Querfalten im Sar- colemm beruhe, wenn man die Ränder der Muskelfaser betrachtet. Es zeigen sich daselbst feine Einkerbungen des Sarkolemms, von denen aus dann die Querlinien über die Muskelfaser hinwegziehen. Es ist dies ganz der Befund, den wir beim Blutegei sehr oft erhalten. wo ein solches Verhalten auch von Heidenhain!) schon beschrie- ben wurde. Wir werden unten noch mehr derartige Fälle kennen lernen. An vielen der isolirten Muskelfaser-Bruchstücke wird dicht unter dem Sarkolemm zwischen diesem und der contractilen Substanz ein Kern deutlich °) von elliptischer Gestalt und homogenem Inhalt. zuweilen auch mit kleinem glänzenden Kernkörperchen. Eine körnige Substanz um den Kern herum ist entweder nieht vorhanden oder nur durch wenige an den Polen des Kerns aufgehäufte Körnchen vertreten. Innerhalb der Muskelfaser ist weder von Kernen noch von Körnchen etwas zu sehen. Das Hauptinteresse erregt jedoch die contractile Substanz selbst. An den oben beschriebenen gekrümmten Muskelfasern mit abgehobenen Sarkolemm ist dieselbe gewöhnlich gequollen und nur mattglänzend. Bei genauerer Betrachtung solcher Fasern wird man bald auf Liniensysteme aufmerksam, die nicht etwa quer um die Muskelfaser herum oder der Länge nach verlaufen und somit eine 1) Studien des physiologischen Instituts zu Breslau I. 1861. 2) Länge des Kerns 3,6 bis 5,5 «. Breite des Kerns 1,8 bis 2.7 u. 912 - G. Schwalbe: (Juer- oder Längsstreifung darstellen, sondern die vielmehr schräg von einer Seite der Faser zur andern hinüberziehen. Es hat den Anschein, als ob zwei sich kreuzende Systeme von Spiralfasern um den Muskelcylinder herumliefen (Fig. 3). | Es trat nun die Frage heran, wie diese Bilder zu erklären seien. Im Sarkolemm konnte die erwähnte Streifung nicht liegen, denn dies war gerade an den Stellen mit deutlichster doppelter Schrägstreifung weit abgehoben. Es musste also ein Structurver- hältniss der contractilen Substanz selbst vorliegen. Glücklicher Weise fanden sich in demselben Präparat noch andere nicht ge- quollene Muskelfasern, die das Räthsel lösten, freilich auf eine nicht erwartete überraschende Weise. Ich habe in Fig. 4 eine solche unveränderte Muskelfaser abgebildet. Man erkennt hier den Kern mit Kernkörperchen und darüber ein Stück des Sarkolemms ausge- spannt. An der ganzen übrigen Muskelfaser liegt letzteres der con- tractilen Substanz so dicht an, dass es ohne weitere Behandlung mit Reagentien nicht wahrzunehmen ist. Die contractile Substanz selbst erscheint äusserst zierlich gemustert. Bei genauerer Betrach- tung erkennt man jedoch auch hier die beiden sich schneidenden Liniensysteme wieder; dieselben erscheinen hier aber hell und die quadratischen Felder zwischen ihnen dunkel und stark lichtbrechend. Die hellen Linien bilden mit der Längsachse der Muskelfaser einen Winkel von ungefähr 45°. Sie schneiden sich unter einander unter einem rechten Winkel. Daraus ergiebt sich denn von selbst die (restalt und Anordnung der zwischen ihnen befindlichen dunklen stark lichtbrechenden Theilchen. Dieselben sind demnach quadratisch und liegen so zur Achse der Muskelfaser angeordnet, dass zwei ihrer rechten Winkel durch Linien parallel der Längsachse der Faser und die beiden anderen durch den Querdurchmesser derselben halbirt werden. Mit beiden bilden also die Seiten des Quadrats je einen Winkel von 45°. Auf diese Weise gruppiren sich die kleinen qua- diratischen Felder zu Schrägreihen an einander und man kann (leshalb wohl am passendsten eine solche Muskelfaser als eine dop- peltschräggestreifte bezeichnen. In einer jeden Schrägreihe finden sich je nach der Dicke der Faser 7 bis 12 der dunklen qua- dratischen Felder, die also hier ihre Seiten einander zukehren. In der Querrichtung der Muskelfaser kehren dieselben einander die Scheitel ihrer Winkel zu, und zählt man in einer solchen 4 bis 8° jener (Gebilde. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 213 Fragen wir nun, wie wir die eben geschilderten merkwürdigen Strueturverhältnisse aufzufassen haben, so liegt es wohl am näch- sten, daran zu denken, dass hier wie bei den quergestreiften Mus- kelfasern der Wirbelthiere und Arthropoden der contractile Theil der Muskelfaser zwei Substanzen enthält, eine einfach- und eine dop- peltbrechende, dass dieselben hier nur eine andere Anordnung zeigen, als bei jenen Thieren. Die dunklen (Quadrate entsprechen wohl unzweifelhaft der anisotropen Substanz E. Brücke’s, während die hellen Liniensysteme als aus einfach brechender Substanz gebildet anzusehen sind. Leider war es mir nicht gestattet, diese Annahme durch Untersuchung im polarisirten Lichte zu constatiren. Ich glaube aber trotzdem nicht auf Widerspruch zu stossen, wenn ich dieselbe als die natürlichste hinstelle. So hätten wir denn hier eine Anordnung der sarcous elements oder Fleischprismen kennen gelernt, wie sie weder bei Arthropoden noch bei Wirbelthieren vor- kommt. Mit schräg verschobenen Querstreifen ist dieselbe nicht zu verwechseln. In diesem Falle werden die Streifen zwischen den schräg verschobenen (uerreihen von sarcous elements breiter sein, als die Streifen isotroper Substanz zwischen den neben einander in einer Querreihe liegenden Fleischprismen selbst, während bei (den Muskelfasern von Ophiothrix beide Liniensysteme gleich breit sind. Haben wir nun einmal diese Structurverhältnisse erkannt, _ so erklären sich nun auch leicht jene Bilder von gequollenen Mus- kelfasern, die ich oben beschrieb (Fig. 3), durch die Annahme einer starken Quellung der Fleischprismen und theilweisen Auflösung der isotropen Substanz in der "/sprocentigen Kochsalzlösung. Die Fleischprismen werden im Folge davon grösser und blasser, und rücken näher an einander, weshalb dann ihre Begrenzungen als dunkle Linien erscheinen können. Die Grösse der sarcous elements von Ophiothrix ist nicht constant; es giebt Muskelfasern, wo die- selben 1,6 bis 1,5 « breit sind, während andere kaum messbare ge- wiss nicht grösser als 0,9 u gefunden werden. Wie schon diess Ver- halten darauf hindeutet, dass auch hier, wie bei den Arthropoden und Vertebraten die Fleischprismen nicht constante Gebilde sind, sondern vielmehr Gruppen doppeltbrechender Körperchen darstellen, so spricht noch vielmehr dafür die Beobachtung, dass die Winkel derselben nicht immer rechte sind, sondern dass aus dem quadra- tischen Grundriss durch Verkürzung in der Längsaxe sich ein rhom- bischer gestalten kann. In diesem Falle werden die stumpfen Winkel 214 (4. Schwalbe: durch Linien parallel der Längsachse der Muskelfaser, die spitzen durch darauf senkrechte halbirt. Vielleicht hat diese Gestaltung der sarcous elements ihren Grund in Contraetionszuständen. Leider . gelang es mir nicht, durch direkte Beobachtung noch zuckender Fasern diese Vermuthung zu bestätigen. Neben den so eben aus- führlich beschriebenen doppeltschräggestreiften Fasern findet sich nun aber eine nicht geringe Zahl anderer, die erstlich durch ihre geringere Dicke, sodann durch den Mangel einer erkennbaren Dif- ferenzirung der contractilen Substanz sich von jenen unterscheiden (Fig. 5). Ihr Querdurchmesser beträgt meist nur 3,6 bis 5,4 wu. Kern und Sarkolemm verhalten sich so, wie es bei den dickeren Fasern beschrieben wurde; nur hebt sich letzeres nicht so leicht vom contractilen Inhalt ab. Letzterer erscheint homogen und nur mattglänzend, zuweilen (Fig. 5b) etwas längsgestrichelt und an den Bruchenden ausgefasert. Uebrigens smd die m diesem Falle hervorstehenden Fäserchen auch hier durchaus unregelmässig. So- wohl diese dünnen Muskelfasern, als die dieken doppelt-schrägge- streiften rollen sich zuweilen ganz in derselben Weise auf, wie ich es früher von den glatten Muskelfasern der Wirbelthiere beschrieben habe '). In Rücksicht auf gewisse Beobachtungen am Schliessmuskel der Auster, die ich unten mittheilen werde, kann ich beide Arten . von Fasern für nicht wesentlich von einander verschieden halten, und glaube, dass man an den dünnen Muskelfasern deshalb nichts von der Schrägstreifung erkennt, weil sie durch die Zusatzflüssigkeit leichter verändert werden, als die diekeren. Ich halte demnach das ganze Bündel der Interambulacralmuskeln für zusammengesetzt aus doppelt-schräggestreiften Muskelfasern ?). Ausser den Muskelfasern von Ophiotrix habe ich noch die von Asteriscus und Asteracanthion untersucht und glaube mich wenigstens bei ersterem von der Existenz einer ähnlichen Anordnung der con- tractilen Substanz überzeugt zu haben. Die Beobachtung wird hier sehr erschwert durch die schwere Isolirbarkeit und grosse Zartheit D).lre. D.7450. 2) Auch bei anderen Ophiuren scheint ein ähnlicher Bau der contrac- tilen Substanz vorzukommen und möchte ich darauf eine Abbildung von Trinchese (Robin. Journal de Panatomie. IV. 1867. Tafel XVII. Fig. 2) von Ophiura texturata beziehen, von der es in der Figuren-Erklärung kurz heisst: substance eontractile avec des stries qui lui donnent P’aspeet d’une natte. Teber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 215 der betreffenden Elemente. Man erhält immer nur kleine Bruch- stücke. Besser gelingt die Isolirung nach Anwendung dünner Lö- sungen von Kali bichromicum; die Fasern quellen aber meist so sehr in dieser Flüssigkeit, dass sie nicht mehr als ein homogenes Gefüge erkennen lassen. Merkwürdige Formen entstehen nach die- ser Behandlung namentlich bei Asteracanthion rubens. Man erhält platte verästelte Formen, an deren Seiten mit dreieckiger Basis feine stellenweise mit Knötchen besetzte Fäserchen sitzen, sowie es Figur 6 zeigt. Womit wir es hier zu thun haben, ob mit Kunst- producten oder natürlichen Formen (verästelten Fasern mit Ner- venenden ?) kann ich nicht entscheiden. Nur will ich daran erin- nern, dass Weissmann aus der Wand der Ambulacralbläschen desselben T'hieres bandartige dünne lange, an den Enden in mehrere Spitzen ausfahrende Muskelzellen beschreibt, die vielleicht mit der von mir beschriebenen Form identisch sind. Ueber die Muskelfasern der Echiniden, Holothurien und Cri- noiden habe ich keine eigenen Erfahrungen. Das Wenige, was wir darüber sicher wissen, beschränkt sich auf die Gestalt, die nament- lich von Kölliker ') studirt wurde, nach dessen Untersuchungen die betreffenden Elemente grosse spindelförmige Zellen darstellen. In Betreff des feineren Baues der contractilen Substanz existirt eine ältere Angabe, der zu Folge die rothgelb gefärbte Muskulatur der Mundmasse der Echiniden aus deutlich quergestreiiten Faserbün- deln zusammengesetzt ist?). Endlich beschreibt Leydig°’) von Holothuria tubulosa und Echinus esculentus Muskelfasern,, deren Inhalt sich in keilförmige Stücke gesondert hat. Ich kann mich in Betreff dieser letzteren Bilder nur der Ansicht Köllikers*) an- schliessen, dass dieselben weiter nichts als im Tode oder bei der Präparation entstandene Sonderungen des Inhalts darstellen. Wir werden bei Würmern und Mollusken einen gleichen Zerfall der (Juere nach als eine häufige Erscheinung kennen lernen. Mehr Be- achtung verdient eine andere Angabe von Leydig, dass die Mus- kelfasern von Echinus ein deutliches Sarcolemm besitzen. Ber c.n. 109 ff. 2) Vergl. Bronn. Klassen und Ordnungen des Thierreichs. II. Bd. Actinozoa. p. 300. 3) Kleinere Mittheilungen zur thierischen Gewebelehre. Müller’s Archiv 1854. p. 305 und 309. ul e: p. Il. M. Schultze, Archiv f, mikrosk. Anatomie, Bd. 5. 15 316 G. Schwalbe: Man sieht also, dass es einer ganz neuen Untersuchung bedarf, um über die Muskelfasern der Echiniden und Holothurioiden end- gültig aburtheilen zu können. Zu einem solchen dürften namentlich die rothgelben Muskeln des Kauapparats von Echinus zu empfehlen sein, und zweifle ich nicht, dass man hier ganz ähnliche Struktur- verhältnisse wiederfinden wird, wie ich sie von Ophiothrix beschrie- ben habe. Dass dieselben bisher übersehen sind, liegt wohl haupt- sächlich an der grossen Zartheit der Muskelelemente der Echino- dermen, die uns Ja besonders bei den Asteriaden so störend in den Wes traten. Würmer. Bei der Darstellung der hierher gehörigen Beobachtungen halte ich es für zweckmässig, gewisse Gruppen gesondert zu besprechen, da in keinem Thierkreise so differente Formen der Muskelfasern vorkommen, wie in diesem. So kann man, wenn man absieht von den Acanthocephalen, deren Muskulatur ich nicht aus eigener An- schauung kenne, aus den Würmern rücksichtlich der feineren Struk- turverhältnisse der Muskelelemente 4 Gruppen bilden. Zur ersten gehören die Turbellarien, Cestoden und Trematoden, zur zweiten die sonst so differenten Nematoden und Hirudineen, zur dritten die Ge- phyreen, während die vierte Abtheilung durch die Borstenwürmer repräsentirt wird. l) Turbellarien, Gestoden, Trematoden. Von Turbellarien habe ich nur eine Nemertine untersucht und zwar einen gegen 6 Fuss langen Lineus longissimus, den ich Gele- genheit hatte, in St. Vaast lebendig zu beobachten. Ich kann in Betreff der Muskelfasern der Nemertinen nur die Angaben von Ke- ferstein!) bestätigen, der dieselben als bandartige homogene Fasern ohne Kern beschreibt. Arch mir gelang es nicht, mich von der Existenz eines Kernes zu überzeugen. Im frischen Zustande sind die Muskelfasern von Lineus kaum zu isoliren; man erhält nur kurze quere Bruchstücke, (die vollkommen homogen aussehen. Nach Behandlung mit Kalilauge von 35 Procent liessen sich leicht sehr schmale Fasern isoliren; ihr Querdurchmesser betrug an der brei- testen Stelle nur 2,7 u. 1) Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. XII. 1862. p. 68. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 917 Bei den übrigen Turbellarien lernten wir zuerst durch M. Sehultze!) zarte homogene kernlose Muskelfasern kennen, die sich oft netzförmig verbinden. Andere Forscher, wie Weissmann beschreiben dagegen von Planarien ?) und von Mesostomum ®) voll- ständige Muskelzellen, deren Kerne zwar an vielen Fasern nicht gefunden wurden, an anderen jedoch durch Maceration in Salpeter- säure zur Beobachtung gelangten. Mir liegt leider kein eigenes Be- obachtungsmaterial vor, um diese Frage zu entscheiden; ich möchte es aber nach dem bei Nemertinen Gefundenen für wahrscheinlicher halten, dass auch bei den anderen Turbellarien der Kern den Mus- kelelementen fehle. Soviel über die Frage nach der Existenz des Kernes. In Be- treff des feineren Baues der eontractilen Substanz der Muskeln der Nemertinen findet sich bei G. Wagener) eine Angabe, der zu Folge dieselbe stellenweise quergestreift ist. Was jener Forscher als Querstreifung bezeichnet (vergl. die Fig. 1 der Wagener’schen Arbeit) möchte ich für Verdickungen und Knickungen der Muskel- faser, entstanden durch die Einwirkung der Conservirungsflüssigkeit (Alkohol) halten. Nach meinen eigenen Beobachtungen lässt die sanz frische Muskelfaser der Nemertinen keine Sonderung in 2 optisch verschiedene Substanzen erkennen, sondern ist vollkommen homogen. 3. Wagener giebt ferner an, dass die Nemertinen-Muskeln fibrillären Zerfall zeigen. Ich kann mich hier nur der Ansicht Weissmann’s anschliessen, dass die Angaben Wagener’s sich auf unvollständig isolirte Faserbündel beziehen, wie dies bei Alko- holpräparaten nicht anders zu erwarten war. Gut isolirte Fasern zeigen keine Andeutung fibrillären Baues und zeriallen vielmehr leicht der Quere nach, wie ich schon oben erwähnt habe. An die Muskelfasern der Turbellarien schliessen sich hinsicht- lich ihres feineren Baues eng an die contractilen Fasern der Cesto- den und Trematoden, die nach den Untersuchungen von Leuckart'!) kernlose Bänder von homogenem glasartigen Aussehen und von sehr verschiedener Breite sind. Weissmann?) fand bei Taenia serrata 1) Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. 1851. p. 19. le. Ip. 94. 8).1..c. IL,.p..33: 4) 1. c. p. 213. 218 G. Schwalbe: nur in seltenen Fällen den kleinen ovalen Kern. Nach meinen allerdings nicht sehr zahlreichen Untersuchungen über diese Thier- klasse (an Taenia crassicollis und cucumerina, Polystomum integer- rimum, Distomum ceylindraceum angestellt) bin ich geneigt, auch hier die homogenen langen spindelförmigen Fasern für kernlos zu halten. Doch scheinen dieselben nicht überall so einfach gebaut _ zu sein. Eine Beobachtung an Polystomum zeigt vielmehr, dass auch hier schon Sonderungen im der contractilen Substanz auftreten können. Ich erkannte nämlich an den dickeren Ringmuskelfasern der Saugnäpfe dieses Thieres eine feine Zeichnung, bestehend in einer zarten Längsstrichelung. Zuweilen machte es den Eindruck, als ob diese kleinen in der Mitte sich verbreiternden Strichelchen regelmässig vertheilt wären in der Art, dass sie die Maschen eines Netzes darstellten, welches durch 2 unter einem sehr spitzen Winkel sich schneidende helle Liniensysteme gebildet würde. Doch war dar- über sogar bei Anwendung des Immersionssystemes Nr. 10 von Hartnack nichts Sicheres zu entscheiden. 2) Nematoden?) und Hirudineen. Die Muskelfasern dieser Thiere sind schon so oft und so genau beschrieben, dass ich mich hier auf die Besprechung einiger streitiger Verhältnisse beschränken werde. Ich stelle diese Thiere deshalb in eine Gruppe zusammen, weil ihre contractilen Elemente sich durch die Anwesenheit einer grossen Menge den Kern umschliessender »Marksubstanz« und durch eine in »Fibrillen« zerfallende Rinden- substanz charakterisiren. Für die Egel wurde letztere Ansicht von G. Wagener aufgestellt, der an Querschnitten getrockneter Muskel- fasern von Aulostoma nigrescens auf Essigsäurezusatz eine radiäre Streifung die Rindensubstanz durchsetzen sah. Er erklärt ein jedes der durch 2 Radien begrenzteh Felder, wenn ich ihn recht verstehe, für den Querschnitt eines Fibrillenbündels, obwohl er zugesteht, dass ihm weder die Isolation derselben als solcher noch der einzelnen Fi- brillen gelungen sei. Ich kann diese Beobachtung G. Wagener’s für Hirudo medicinalis bestätigen. Schon an frischen in !/sprocen- 1) Menschliche Parasiten. Bd. I. p. 168. Sl. cp. 94: 3) In Betreff der Muskelstruktur dieser Thiere vergl. besonders die Monographie der Nematoden von Auton Schneider 1866, p. 199—2U6, Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 219 tiger Kochsalzlösung untersuchten Fasern kann man sich von dem Vorhandensein der radialen Streifung der Rindenschicht an den zu- weilen dem Beobachter als Querschnitt zugewendeten abgerissenen Enden überzeugen. In nicht seltenen Fällen, besonders nach An- wendung macerivender Flüssigkeiten sieht man an diesen abgerisse- nen Enden den Radien entsprechende Spalten die contractile Sub- stanz der Länge nach ganz in solche Blätter zerlegen, wie dies von den Muskelfasern der Nematoden längst bekannt ist (Fig. 7). Doch laufen die Blätter nicht parallel der Längsachse der Faser, wie bei den Nematoden, sondern in sehr steilen Spiralen um die Marksub- - stanz herum. Davon kann man sich oft schon bei einer Längsan- sicht frischer Muskelfasern überzeugen, welche zuweilen zwei äusserst feine steile Spiralliniensysteme erkennen lassen, von denen das eine der dem Beobachter zugekehrten, das andere der entgegengesetzten Seite der contractilen Rindensubstanz angehört. Von einem weiteren Zerfall der radiär gestellten Blätter in Fibrillen, wie ihn Wagener supponirt, ist an frischen Präparaten nichts zu sehen, und muss ich dasselbe für die entsprechenden radialen Blätter der Nematoden, von denen ich Ascaris lumbricoides und mystax untersucht habe, be- haupten. Nematoden und Hirudineen zeigen also eine grosse Aehnlich- keit im feineren Bau ihrer Muskelfasern. Nur ist bei den Nema- toden die contractile Rindenschicht noch nicht in allen Fällen zu einem Rohre geschlossen, während bei Hirudo die Marksubstanz voll- ständig von der contractilen Rindensubstanz umhüllt wird. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass bei den Nematoden stets eine körnige Substanz zwischen den Radialblättern zu finden ist, während letztere bei den Hirudineen zu einer einheitlichen Rindensubstanz verschmelzen. Sehr geneigt bin ich nun, jedes einzelne Radialblatt je einer Muskelfaser der Turbellarien , Cestoden und Trematoden zu vergleichen. Bei letzteren Thieren liegen die Muskelfasern gleich- mässig ohne besondere Gruppirung in der Grundsubstanz des Kör- pers vertheilt, bei den Nematoden und Hirudineen dagegen gruppen- weise um einen Bildungsmittelpunkt, einen Kern, angeordnet. Dies scheint mir, so lange wir die Entwicklungssgeschichte der betref- fenden Gebilde nicht kennen, die natürlichste Auffassung. Schliesslich noch einige Bemerkungen über die Muskelfasern von Hirudo medicinalis. Bekanntlich erscheint hier die eontractile Rin- densubstanz im frischen zuckenden Zustande, weun man absieht von 23930 (@4. Schwalbe: den oben erwähnten schwer sichtbaren feinen Linien, vollkommen homogen. Ich möchte nun darauf aufmerksam machen, dass man an solchen frischen Fasern oft von Stelle zu Stelle, jedoch ohne tegelmässigkeit, dunklere Partieen mit verwaschenen Grenzen und von stärkerem Glanz antrifft (Fig. 5). Es entsprechen dieselben wohl verdichteten Theilen der Rindensubstanz, und glaube ich, dass Weissmann, wenn er hier von Querstreifung redet !), auch nichts Anderes damit meint, als die eben erwähnten Verhältnisse. Interessant ist das chemische Verhalten der Marksubstanz. Bekanntlich ist dieselbe sehr leicht löslich im Wasser, so dass man nach der Behandlung der Muskelfasern mit diesem Agens nur noch wenig Körnchen in derselben entdeckt. Dies veranlasste mich, die- selbe auf einen etwaigen Gehalt an Glycogen zu untersuchen, um so mehr, da dieser Körper bereits von Kühne und Bernard?) in embryonalen Muskelfasern der Wirbelthiere nachgewiesen ist. Auf Zusatz von Jod (in Jodkalium gelöst) färbte sich denn auch die Mark- substanz tiefroth, während die contractile Rindensubstanz die gelbe Farbe der Eiweisskörper annahm. Kine noch intensivere Färbung der Marksubstanz wurde erzielt durch Einlegen noch zuckender Muskeln in ein Gemisch von alkoholischer Jodlösung und concen- trirter Essigsäure. Ueberdies habe ich die Hautmuskelschläuche mehrerer Blutegel zerhackt und mit Sand fein zerrieben, mit ange- säuertem Wasser gekocht, filtrirt und das Filtrat mit Alkohol ver- setzt. Es entstand ein flockiger Niederschlag, (der sich im Wasser wieder zu einer opalisirenden Flüssigkeit löste. Die Existenz von Glyeogen scheint mir demnach in der Marksubstanz der Muskel]- fasern des Blutegels nachgewiesen, und zwar besteht die überwie- gende Menge der Körnchen aus Glycogen. 3) Gephyreen. Ueber die Muskelfasern dieser Thiere liegen nur wenig An- gaben vor. Was wir darüber wissen, verdanken wir den Forschun- 1) 1: ce AT P IST HMIERN.MD! 2) De la matiere glycogene consideree comme condition de develop- pement de certains tissus chez le foetus avant l’apparition de la fonetion glycogenique du foie. Comptes rendus. tome 48. 1859. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 221 gen von Keferstein ') und Ehlers?), denen zu Folge die con- tractilen Elemente der Sipunculiden aus sehr langen bandförmigen Fasern bestehen, welche sich sehr leicht der Länge nach spalten, von Kern und sonstigen Zellrudimenten aber nichts erkennen lassen. Nach meinen Untersuchungen, die ich an Phascolosoma elongatum anstellte, fehlt Kern und umgebende körnige Substanz durchaus nicht. Zerzupft man den Hautmuskelschlauch eines frischen Phas- eolosoma, so gelingt es nur unvollkommen, die Fasern zu isoliren. Dieselben zerfallen vielmehr sehr leicht der Quere nach in kurze eylindrische oder scheibenförmige homogene glänzende Stücke, welche innerhalb eines deutlichen Sarkolemms gelegen sind, das an den leeren Stellen einsinkt, um über den Muskelstückchen sich wieder in Höhe zu spannen. An diesen Bruchstücken ist von weiterer Struk- . tur, falls man keine Zusatzflüssigkeit angewendet hatte, meist nichts zu erkennen. Erst bei Anwendung von !,procentiger Kochsalzlö- sung treten Sonderungen ein: es wird eine zarte Längsstreifung der Muskelfasern deutlich und bei Betrachtung des Querschnitts bemerkt man auf demselben zahlreiche Punkte, welche vollkommen den Li- nien, welche die Längsstreifung verursachen, entsprechen (vergl. Fi&. 9 und 10). Noch deutlicher wird der fibrilläre Zerfall bei Be- handlung der Muskelfasern mit dünnen Chromsäurelösungen. Nach einem solchen Präparat ist Fig. 11 gezeichnet. Man beobachtet dann an den Enden der Faserbruchstücke oft ein Auseinanderweichen der einzelnen Fibrillen. An anderen Stellen zeigt die contractile Substanz eine körnige dunkle Beschaffenheit, und glaube ich, dass hier (Fig. 10 im oberen Theile) coagulirte Stellen vorliegen. Wir werden bald bei Mytilus ganz ähnliche Verhältnisse kennen lernen. An vielen Fasern solcher Präparate überzeugt man sich auch leicht von der Existenz eines Sarkolemms, das hier ganz ähnlich wie beim Blutegel quere Falten bilden und somit am Rande gekerbt erschei- nen kann, während die Contouren der in Fibrillen zerfallenen con- tractilen Substanz glatt unter ihm wegziehen (vergl. Fig. 9). Die oben beschriebene contractile Substanz bildet aber nicht den einzigen Bestandtheil der Muskelelemente der Sipunculiden. An frischen Muskelfasern gelingt es freilich wegen des eigenthümlichen Zerfalls kaum, sich von einer weiteren Differenzirung derselben zu 1) Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. XV. 1865. p. 408. 2) Ueber Priapulus. ibid. Bd. XI. 1861. p. 221. 222 (4. Schwalbe: überzeugen und auch nach Maceration in Chromsäure erhält man oft Bruchstücke, die nichts weiter zeigen, als fibrillären Zerfall. An anderen erkennt man jedoch unter günstigen Umständen einen sehr _ feinen Körnchenstrang, der sich in der Achse der eylindrischen Faser befindet und bei noch anderen zeigt derselbe eine spindelförmige Anschwellung, innerhalb welcher der ovale mit Kernkörperchen ver- sehene Kern umgeben von einer grösseren Körnchenansammlung sich befindet. Es existirt also auch hier eine Art Marksubstanz und in ihr liegt der Kern (vergl. Fig. 10). In Fig. 11 ist ein eigenthüm- licher Zerfall des Kernes in 2 Theilstücke abgebildet. Das Resultat dieser Untersuchung ist also, dass die Muskel- fasern von Phascolosoma !) aus peripherer dieker contractiler Rin- den- und centraler körniger Marksubstanz mit Kern bestehen, dass erstere im frischen Zustande vollkommen homogen ist und erst bei Einwirkung von Reagentien, aber mit grosser Leichtigkeit, in Fi- brillen zerfällt. 4) Ghaetopoden. Ueber die Muskelfasern dieser Thiere findet man, wenn man absieht von den Oligochaeten, merkwürdiger Weise nur wenig ver- vereinzelte Angaben in der Literatur, was wohl seinen Grund darin haben mag, dass sie der Mehrzahl der Forscher im frischen Zustande wenig zugänglich sind. Nach der Angabe von Schneider?) sind die Muskelelemente der borstentragenden Ringelwürmer ganz so ge- baut, wie die der cölomyaren Nematoden, also fibrilläre Platten, die radienartig zusammengruppirt eine Muskelzelle bilden. Ich kann mich nach meinen Untersuchungen dieser Ansicht nicht anschliessen. Die Muskelfasern dieser Anneliden sind vielmehr ganz analog den entsprechenden Elementen der Gephyreen gebaut, d. h. cylindrische Gebilde mit körniger Marksubstanz und Kern im Innern; sie unter- scheiden sich aber wesentlich von den letzteren dadurch, dass sie nur in seltenen Fällen fibrillären Zerfall zeigen. Von Chaetopoden standen mir in St. Vaast die verschiedensten 1) Breite dieser Fasern 27 u. 2) Ueber die Muskeln der Würmer und ihre Bedeutung für das System, Müller’s Archiv 1864. p. 591, Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 223 Formen frisch zu Gebote. Leider gestatteten mir die mangelhaften litterarischen Hülfsmittel nicht, überall die Gattung und noch we- niger die Species der untersuchten Thiere zu bestimmen. Ich muss mich daher auf die Angabe beschränken, dass ich unter anderen die eontractilen Elemente von Polynoe, Nereis. Arenicola, Cirratulus» Terebella und Sabella untersucht und im Ganzen unter ihnen eine grosse Uebereinstimmung gefunden habe. Der oben gegebenen Charakteristik zu Folge zerfällt die Mus- kelfaser der Chaetopoden in contractile Rinden- und körnige Mark- substanz. Ausserdem habe ich mich in den meisten Fällen 'von der Anwesenheit eines Sarkolemms überzeugt, so z. B. bei Arenicola und Terebella. Bei ersterem hebt es sich oft stellenweise von den iso- lirtten Muskelfasern ab. Eine grosse Uebereinstimmung zeigen ferner die Borstenwürmer in einer Eigenschaft der eontractilen Substanz, im frischen Zustande bei Isolationsversuchen in quere Stücke zu zerfallen, etwa in der Weise, wie ich es von Phascolosoma beschrieben habe. Während bei einigen dieser Zerfall leicht vollständig eintritt, zeigen andere (z. B. Terebella, Arenicola) nur den Anfang desselben, indem sich ab- wechselnd helle und dunkle Querbänder zeigen, die aber stets mit verwaschenen Grenzen ganz allmählig m einander übergehen. Die dunklen Partieen entsprechen wohl verdichteten Stellen, und würde dann der Bruch im Bereiche der hellen Stellen eintreten müssen. Die so erhaltenen Querstücke zeigen sich homogen und glänzend. Bei einigen, z. B. bei Arenicola, scheinen sie matt gelbroth gefärbt zu sein. Die so eben geschilderte Beschaffenheit der contractilen Sub- stanz macht natürlich eine Isolation der Muskelfasern auf weitere Strecken unmöglich. Leicht gelingt dieselbe dagegen nach Anwen- dung von Kali bichromieum von 2 bis 5 Procent. In den dünneren Lösungen dieses Reagens macht sich eine andere Eigenthümlichkeit der Muskelfasern bemerklich, die besonders bei Arenicola auffällt und in einer Längsspaltenbildung und von dieser aus erfolgender Aufrollung der Faser besteht. ein Verhalten, das also die Fasern der Chaetopoden mit denen anderer wirbelloser Thiere und mit den glatten Muskelfasern der Wirbelthiere theilen. Die Muskeln von Arenicola sind aber gerade besonders instructiv, weil man hier sehr schön die Entstehung der platten bandförmigen Fasern aus den cey- lindrischen durch den angegebenen Modus verfolgen kann, G. Schwalbe: [86) 10) > Bei Arenicola habe ich ferner eine Differenzirung der contrac- tilen Substanz beobachtet, ganz entsprechend der von Ophiothrix beschriebenen, also eine doppelte Schrägstreifung. Zwei Systeme heller Linien schneiden sich und schliessen in ihren Maschen dunkle rhombische Felder ein. Auch hier wird es wohl das Wahrschein- lichste sein, dass die hellen Linien aus enfachbrechender, die dunkeln Rhomben dagegen aus doppeltbrechender Substanz bestehen. Die Zeichnung der Muskelfasern von Arenicola unterscheidet sich aber (ladurch von der bei Ophiothrix beschriebenen, dass bei dem Ringel- wurm die beiden Liniensysteme sich mit der Längsachse der Mus- kelfaser unter einem spitzeren Winkel schneiden, (vergl. die sche- matische Fig. 12), also steiler verlaufen. Die dem Beobachter zu- eekehrten rhombischen Flächen der Fleischprismen haben demnach nicht 2 gleich lange Diagonalen, wie bei Ophiothrix, sondern die parallel der Längsachse der Muskelfaser verlaufende Diagonale ist beträchtlich länger, als die auf ihr senkrechte. Bei der Quellung und Aufrollung der Fasern ändert sich das Bild ganz in derselben Weise wie bei der Ophiure unter den nämlichen Bedingungen: die Fleischprismen quellen und werden blass, so dass ein Zeitpunkt kommt, wo man die Linien isotroper Substanz dunkel, die Rhomben hell sieht. An anfgerollten Fasern ist diese Zeichnung oft noch lange wahrzunehmen, wenn auch nur als äusserst zarte Linien. Auch an frischen Muskeln von Arenicola konnte ich mich trotz der Schwie- riekeit der Isolation von der Existenz der doppelten Schrägstreifung überzeugen, ebenso auch bei einer anderen leider unbestimmt ge- bliebenen Annelide. Es scheinen übrigens diese Liniensysteme bei Arenicola schon von andern gesehen zu sen. Mettenheimer') be- richtet nämlich, in einer Arbeit betitelt: »Ueber eine eigenthümliche Art von Querstreifung an den Muskeln der Anneliden«, dass er bei Arenicola piscatorum und Nereis suceinea zuweilen eine eigenthüm- liche Schrägstreifung der Muskelfasern beobachtet habe. Er unter- suchte die Muskelfasern nicht bei starker Vergrösserung und Konnte deshalb trotz seiner positiven Beobachtungen zu folgenden Resul- taten kommen: »Die Muskeln der Würmer halte ich nach wie vor für glatt; unter gewissen noch näher festzustellenden Umständen schei- nen aber an ihnen feine Streifen aufzutreten, die als der Ausdruck 1) Archiv von Reichert u. du Bois-Reymond 1860. Tleber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 295 gewisser vorübergehender Vorgänge und Zustände im Muskel zu betrachten sein möchten.« Ehe ich zur Betrachtung der Marksubstanz der Ghaetopoden- Muskelfasern übergehe, muss ich noch eines eigenthümlichen Ver- haltens der Muskelfasern von Nereis nach BehandInng mit dünnen Lösungen von Chromsäure gedenken. Man erhält bei dieser Me- thode fast nur platte Fasern, die ihre Entstehung jener schon öfter erwähnten Aufrollung verdanken. Was hier aber auffällt, ist, dass die Ränder nicht überall glatt sind, sondern dass sich von Stelle zu Stelle feine Fäserchen mit kegelförmiger Verbreiterung an sie ansetzen (vergl. Fig. 15 und 14). Zuweilen gelang es mir, solche Fasern auch von noch eylindrischen glänzenden Muskelfasern abgehen zn sehen. Das Ganze erinnert sehr an die von Asteracanthion rubens beschriebenen Bilder, und will ich die Frage offen lassen, ob man es in beiden Fällen nicht mit Endigungen feiner Nervenfäserchen zu thun habe. Was die körnige Substanz und den Kern betrifft, so kann ich mich darüber kurz fassen. Ich habe dieselben namentlich bei Are- nicola studirt und mich überzeugt, dass hier beide in der Achse liegen, dass der Kern ein deutliches Kernkörperchen enthält und dass die Körnchen des übrigens schmalen Achsenstranges zum Theil sich in Wasser lösen. In manchen Fällen schien es mir, als wenn auch Kerne auf der Oberfläche (der Faser unter dem Sarkolemm sich befänden. Bei den übrigen Borstenwürmern ist der körnige Achsenstrang meist nur gering entwickelt. Nur jene oben schon erwähnte unbestimmte Annelide mit doppelter Schrägstreifung zeigte noch besondere Verhältnisse, indem in der Marksubstanz sich nicht nur die gewöhnlichen kleinen Körnchen fanden, sondern da- neben noch viele gröbere glänzende, welche zu Gruppen vereinigt waren. Nach der eben gegebenen Schilderung der Chaetopoden-Muskeln kann wohl von einer Zusammensetzung derselben aus Fibrillen keine Rede sein. Man beobachtet zwar zuweilen eine etwas ausgefaserte Rissstelle an gequollenen Muskelfasern; aber diese Befunde sind selten den so gewöhnlichen Erscheinungen des queren Zerfalls und der Aufrollung gegenüber. Ich lassenun noch einige Beobachtungen über die Muskelfasern der Lumbrieinen folgen. Von den früheren Angaben über «ie Muskelfasern dieser Thiere 226 G. Schwalbe: will ich hier nur der Beschreibungen von Weissmann!, Lum- brieus terrestris und Nais betreffend und von Leydig?’) gedenken. Von feineren Strukturverhältnissen erwähnt ersterer nur eine zu- weilen zu beobachtende Querstreifung, welche nach ihm von Fälte- lungen des Sarkolemms herrührt. In Betreff der Lage des Kerns, ob im Oentrum der Muskelfaser oder auf der Oberfläche, ist weder aus Weissmann's Beschreibung nach Abbildungen Sicheres zu entnehmen. Nur bei Nais giebt er an, dass der Kern oft dicht am Rande der Zelle liege. Leydig äussert sich noch weniger bestimmt über die Lage des Kernes, den er nicht einmal abbildet. Er stimmt mit Weissmann in der Annahme eines deutlichen Sarkolemms überein. Bei Phreoryctes fand er eine deutlich entwickelte Mark- substanz, die bei Lumbricus jedoch kaum zu entdecken sei. Meine eigenen Untersuchungen beziehen sich auf Lumbricus terrestris. Es stimmen die Muskelfasern dieses Thieres in vielen Stücken mit denen der übrigen Chaetopoden überein. So besitzen sie, wie auch Weissmann und Leydig übereinstimmend angeben, ein deutliches Sarkolemm, das sich häufig in Querfalten legt; sie theilen ferner mit den Muskelfasern mancher Borstenwürmer die Eigenschaft, bei Isolirungsversuchen im frischen Zustande der Quere nach in kurze eylindrische Stücke zu zerfallen, bei Einwirkung quel- lender Reagentien sich aufzurollen. Nur die körnige Axensubstanz fehlt ihnen, doch ist dieser Unterschied nicht so wesentlich, da ja noch in der Familie der Lumbrieinen selbst manche Uebergänge vor- zukommen scheinen, wie denn nach Leydigs Untersuchungen die muskulösen Elemente von Phreoryctes eine solche besitzen. Ueber- (lies weist wohl die Eigenthümlichkeit der Aufrollung immer auf eine von der contractilen Substanz chemisch verschiedene Masse im Gen- trum der Faser hin, die nur optisch nicht erkennbar ist. Was aber, soviel ich jetzt beurtheilen kann, die Muskelfasern von Lumbrieus wesentlich von denen der Polychaeten unterscheidet, ist die Lage des Kerns, der, wie die Abbildungen Fig.15 und 16 zeigen, auf der Oberfläche der contractilen Substanz, nur zuweilen von wenig feinen Körnchen umgeben, aufsitzt und ein deutliches Kernkörperchen erkennen lässt. In manchen Fällen schien mir die ganze Oberfläche (ler cylindrischen Faser von einer sehr dünnen Lage äusserst fein- 1. e. 1 p.89. 2) Ueber Phreoryetes Menkeanus. Dieses Archiv. I. p. 263. ID {I Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. I körniger Masse bedeckt, was an die Beobachtung von Leydig!) erinnert, (dass bei Phreoryctes eine feinkörnige Substanz auf der Oberfläche der Muskelfasern sich finde. Von der Existenz der zahl- reichen kleinen Kerne, welche nach Leydig in jener körnigen Schicht liegen, habe ich bei Lumbriceus mich nicht überzeugen können. Zerzupit man Muskeln des Regenwurmes womöglich ohne jede fremdartige Zusatzflüssigkeit, so wird man fast immer Präparate erhalten, in denen manche Fasern, und zwar besonders die dickeren, eine doppelte Schrägstreifung ganz in der Weise wie bei Ophiothrix und Arenicola erkennen lassen. Uebrigens ist dies Verhalten hier nicht leicht zu erkennen. Man bedarf dazu starker Systeme und muss grosse Vorsicht bei der Untersuchung anwenden, da die Strei- fung sehr fein und vergänglich ist. Nach Maceration der Muskeln des Regenwurms in dünnen Chromsäurelösungen tritt hier leichter, wie bei den anderen Borsten- würmern, fibrillärer Zerfall der Muskelfasern ein (Fig. 15); doch wiederhole ich ausdrücklich, dass davon an frischen Präparaten nichts zu sehen ist, dass diese vielmehr eher Zerfall in der darauf senkrechten Richtung zeigen. Mollusken. Meine Beobachtungen über die Muskeln der Bryozoen be- schränken sich auf den grossen Retractor einiger in St. Vaast beob- achteten Arten, die nicht näher bestimmt wurden. Ich habe mich von der Existenz eines distinkten Sarkolemms überzeugt, ebenso von der Eigenthümlichkeit der Muskelfasern, leicht in quere Stück- chen zu zerfallen. (uerstreifung jedoch, wie sie Allman vom Re- tractor einiger Süsswasser-Bryozoen beschreibt, konnte ich nicht beobachten und schliesse ich mich hierin Weissmann ?°) und Nitzsche®) an, welcher letztere kürzlich sehr genaue Beobachtun- gen über sämmtliche Gewebe und namentlich auch über die Mus- kelfasern der Aleyonella fungosa veröffentlicht hat. In Betreff der 2) 1. c. p. 264. Er ce. II. p. 56. 3) Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte der phylacto- lären Süsswasserbryozoen, insbesondere von Aleyonella fungosa. Archiv von Reichert u. du Bois-Reymond 1868. p. 465 fl. 228 G. Schwalbe: Kerne überzeugt man sich bei den Bryozoen leicht, dass dieselben auf der Oberfiäche der contractilen Substanz sitzen, nicht inner- halb letzterer liegen. Im Uebrigen kann ich in Betreff der Muskel-. fasern der Moosthierchen auf die ausführliche Darstellung von Nitzsche verweisen. Tunieaten. Da mir in St. Vaast keine Salpen zu Gebote standen, so musste ich mich auf die Untersuchnng der Aseidien- Muskeln beschränken, was ich um so mehr bedauere, als eine erneute Untersuchung der Muskelfasern der Salpen, die meines Wissens nach zuerst Eschricht!) als quergestreift beschrieben hat, gewiss lohnend gewesen wäre. Die Muskelfasern der Aseidien sind sehr, einfach gebaut und erinnern sehr an die Fasern des Retractor der Bryozoen. Sie liegen bekanntlich in Bündeln zusammen und erscheinen, am lebenden Thiere beobachtet (Perophora) als vollkommen homogene glänzende etwas abgeplattete Gylinder, an denen von Kernen kaum etwas zu sehen ist. Betrachtet man jedoch ihre Grenzlinien genauer, so sieht man an einer Stelle einer jeden Faser eine leichte hüglige Erhe- bung, die sich meistens durch geringeren Glanz auszeichnet. Ich glaube, dass dieselbe den Kern enthält, den freilich als scharf con- tourirtes Gebilde sichtbar zu machen mir nicht gelungen ist. Es würde die Lage des Kernes also auch hier auf der Oberfläche der contractilen Substanz sein. Bei den grösseren Ascidien (Phallusia, Cynthia) muss man, um die Muskelfasern mit starken Vergrösserun- gen betrachten zu können, zu Zerzupfungen schreiten. Es zeigte sich dann, falls man frische Thiere zur Untersuchung benutzte, in grosser Ausdehnung ein auffallender Zerfall der Muskelfasern der (uere nach. Zugleich überzeugt man sich dabei von der Existenz eines Sarkolemms, (das ich besonders nach Behandlung mit Lösungen von Kali bichromicum sich sehr häufig in der schon öfter erwähn- ten Weise in quere Falten legen sah. Von Marksubstanz, wie sie Eschricht bei den Sa:ipen erwähnt, sowie von Querstreifung der eontractilen Substanz war in kemem Falle etwas zu erkennen. Eine eingehendere Betrachtung verdient das Herz der Ascidien. Noch n Bronns Klassen und Ordnungen des Thierreichs ?) findet 1) Anatomisch-physiologische Untersuchungen über die Salpen. Mül- ler’s Archiv. 1841. 2) Bd. III. Malacozoa. p. 142. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 229 sich die Angabe, dass das spindelförmige »durchsichtig-häutige contrac- tile elastische Herz dieser Thiere o h ne erkennbare Muskel- oder Faser- gebilde sei«, welche sonderbare Angabe um so auffallender ist, als be- kanntlich bei den Salpen dasselbe Organ aus einer einfachen Schicht quergestreifter platter Muskelbänder zusammengesetzt ist. Ganz analog verhält sich nun meinen Beobachtungen zu Folge das Herz der Aseidien. Ich wählte zur Untersuchung wieder die durchsichtige im vollen Leben zu beobachtende Perophora und fand, allerdings nur mittelst Anwendung starker Vorgrösserungen (Zeis F), dass auch hier der zarte Herzschlauch von ringförmig angeordneten Muskel- fasern umschlossen wird. Dieselben stellen platte 5,4 u breite Bän- der eigenthümlicher Art vor. Eine jede Muskelfaser zeigt an einer Stelle eine halbkugelige homogene Hervorragung nach aussen, welche die ganze Breite der Faser einnimmt und wohl unzweifelhaft als Kern anzusprechen ist. Die Muskeifaser selbst lässt von Körmnchen oder Achsenstrang keine Spur erkennen, wohl aber eine Sonderung der contractilen Substanz der Quere nach in ziemlich scharf begrenzte helle und dunkle Partieen, also eine deutliche Querstreifung. Von Längsstreifen war nichts zu sehen. Gänzlich unbekannt ist noch der feinere Bau der contractilen Elemente der Brachiopoden, und war auch mir es nicht vergönnt, diese Lücke in unserer Kenntniss der Muskelfasern auszufüllen, «da mir keines jener so interessanten Thiere zur Verfügung stand. Von Interesse ist eine Abbildung, die Hancock von den Muskelfasern des hinteren Schliessmuskels von Waldheimia ftlavescens giebt !). Es wird dort eine deutliche Querstreifung gezeichnet, die m der Existenz von gesonderten quadratischen im regelmässigen Abstande von einander die Länge der Faser durchsetzenden Gebilden ihren Grund hat. Ungleich besser bekannt sind die muskulösen Elemente der Lamellibranchier, und sind es hier besonders die Schliess- muskeln, welche sich der Aufmerksamkeit früherer Forscher zu erfreuen hatten. Von den vielen diesen Gegenstand betreffenden Angaben kann ich mich hier auf die Kritik dreier Arbeiten beschränken, die zu ganz verschiedenen Resultaten gekommen sind. Ich meine die beiden l) siehe Bronn ete. Bd. III. Tafel XXI F. 930 G. Schwalbe: schon mehrfach eitirten Arbeiten von Weissmann und G. Wage- ner und einen »Ueber die Muskelfasern der Mollusken« überschrie- benen Aufsatz von Margo!). Weissmann beschränkt sich bei der Schilderung der Muskel- fasern des Schliessmuskels auf die Gonstatirung ihrer Zellennatur und gedenkt keiner weiteren Differenzirung der contractilen Sub- stanz. Wagener findet in denselben Muskelgebilden eine mächtige Stütze für seine Ansicht, dass die Muskelfaser der wirbellosen Thiere aus Fibrillen zusammengesetzt sei. Eine »eigenthümliche Querstreifung« beschreibt er vom Schliessmuskel einer Lima; ich werde unten hierauf zurückzukommen haben. Margo endlich, dessen ausführliche Untersuchungen älter sind, als die beider genannter Forscher, kommt zu ganz anderen Resultaten. Er findet, dass die Muskelfasern des Schliessmuskels von Anodonta aus denselben zwei optisch verschiedenen Substanzen bestehen, wie sie E. Brücke zu- erst für den Insektenmuskei nachgewiesen hat. * Es bestehe eine wahre Querstreifung, beruhend auf der Anwesenheit in (Quer- reihen geordneter doppeltbrechender sarcous elements, die jedoch hier als kugelrunde gelbliche Körperchen geschildert werden. Merk- würdiger Weise übergehen sowohl G. Wagener als Weissmann bei ihrer Schilderung derselben Muskelfasern diese so positiven An- gaben von Margo gänzlich, sodass es kaum möglich ist, aus der blossen Vergleichung der Angaben dieser drei Forscher eine Meinung sich zu bilden. Leider standen mir keine Anodonten zu Gebote und musste ich mich deshalb an den Schliessmuskel anderer Mol- Iısken halten. Als Untersuchungsmaterial dienten mir Ostrea _ edulis, Mytilus edulis und Solen vagina. Ich beginne mit dem Schliessmuskel der Auster. Derselbe be- steht bekanntlich aus zwei ganz verschieden aussehenden Theilen, einem graugelben glasig-durchsichtigen und einem stark sehnig slänzenden. Von den Zoologen wurde letztere Partie unbedenklich als »band- oder sehnenartiger Theil« bezeichnet, »den Knochenbän- dern der Wirbelthiere vergleichbar« ?2). Bei den histologischen Un- tersuchungen früherer Forscher finde ich keine Angabe darüber, welcher Theil des Schliessmuskels der Bivalven als Object gedient 1) Sitzungsberickte der Wiener Academie. Math. naturw. Klasse. Bd. 39. 2, Vergl. Bronn etc. Bd, III. p. 360. Ueber den feineren Ban der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 31 habe. Dies hätte nicht vernachlässigt werden sollen, da die ganze Auffassung der feineren Struktur dieser Muskelfasern von dem ge- wählten Thiere abhängig ist. Denn während der Schliessmuskel der Auster aus jenen zwei oben kurz charakterisirten Substanzen be- steht, eine Eigenschaft, die derselbe noch ınit dem anderer Acepha- len z. B. von Anomia theilt !), giebt es Muschelthiere, deren beide Schliessmuskeln sich sowohl makroskopisch, als bei der mikrosko- pischen Untersuchung ganz so wie der sehnige Theil des Schalen- schliessers der Auster verhalten. Zu diesen gehört z. B. Mytilus edulis; der sogenannte muskulöse Theil fehlt hier vollständig, während derselbe dagegen bei anderen, wie bei Solen vagina ganz allein den grossen hinteren Schliessmuskel constituirt?). Hiernach ist es nun ganz begreiflich, dass Untersuchungen, welche z. B. ausschliesslich am Schliessmuskel von Mytilus angestellt werden, zu ganz anderen Re- sultaten führen müssen, als an Solen-Muskeln angestellte. So war ich anfangs, als ich nur die Muskelfasern von Mytilus kannte, ge- neigt, dieselben allgemein bei den Bivalven für fibrillär zu erklären, bis mich die Untersuchung von Solen und namentlich von Ostrea auf den richtigen Weg führte. Betrachten wir zunächst die feinere Struktur des sehnigen Theils des Schliessmuskels der Auster. Im ganz frischen Zustande ohne Anwendung von Zusatzflüssigkeit erscheinen die Fasern des- selben als eylindrische Gebilde von 21 bis 33 «. Breite, mit scharfer dunkler seitlicher Begrenzung und eigenthümlichem gelblichen Glanz. Die Bruchenden zeigen schon an diesen Präparaten fibrillären Zer- fall. Ueberhaupt gelang es mir hier nicht, ein Präparat herzustellen (abgesehen von Kalipräparaten), an welchem nicht fibrilläre Struktur sofort in die Augen gefallen wäre. Man mag sich .der verschie- (lensten Concentrationen von Chlornatrium-Lösungen als Zusatz- Hüssigkeit bedienen, immer wird man fibrilläre Fasern im Object antreffen (Fig. 21). Ganz ähnlich verhält sich der kleine vordere Schliessmuskel von Mytilus, während die Muskelfasern des hinteren (Fig. 23 und 24), obwohl derselbe ebenfalls das sehnige Aussehn besitzt, weniger leicht in Fibrillen zerfallen. Ja hier beobachtet man Al Bronn..l. c. 2) Den kleineren vorderen habe ich hier leider nicht untersucht, da mir in St. Vaast. wo ich Solen beobachtete, jene Eigenthümlichkeit noch nicht bekannt war. M. Schultze's Archiv für mikr, Anat, Bd, 5. 16 232 G. Schwalbe: vielmehr an ganz frisch und womöglich ohne jeglichen Zusatz unter- suchten Fasern einen leichten Zerfall in kleine hinter einander inner- halb eines Sarkolemms gelegene homogene Gylinder. Bei Zusatz von Y/»procentiger Chlornatriumlösung isolirt nehmen diese Fasern oft ein trübes feinkörniges bis feingestricheltes Aussehn an (Fig. 23), wie man dies ganz in derselben Weise auch an einigen Stellen der fibrillären Fasern der Auster beobachtet. In Rücksicht auf die gleich zu besprechende chemische Natur dieser Gebilde möchte ich jene Stellen für geronnene erklären, wofür auch der Umstand spricht, dass frisch in kochendes Wasser geworfene Fasern des sehnigen Theils der Auster dasselbe Aussehen annehmen. Eine ganz ähnliche Beschaffenheit zeigten endlich die Muskeltasern einer jungen Auster ihrer ganzen Länge nach (Fig. 18) 1). Bisher habe ich die Frage offen gelassen, ob die so eben be- schriebenen fibrillären Fasern sehniger oder muskulöser Natur seien. Für die letztere Annahme spricht nun schon der Umstand, dass bei Mytilus beide Schliessmuskeln ganz und gar aus solchen Fasern be- stehen. Es existiren hier keine anderen Muskelfasern als die fibril- lären, welche sich mikroskopisch ganz so verhalten, wie die Fasern des sehnigen Theils vom Auster-Schalenschliesser. Ganz unzweifel- haft wird die muskulöse Natur der letzteren, wenn man ihr Ver- halten gegen chemische Agentien prüft. In Essigsäure lösen sie sich, mit Jod, in Jodkalium gelöst, behandelt zeigen sie die gelbe Färbung der Eiweisskörper: durch Kochen werden sie coagulirt, wie schon vorhin bemerkt wurde; stärkere Kochsalzlösungen üben eine anffallend lösende Kraft auf die uns interessirenden Gebilde aus, sodass man aus allen diesen Reactionen wohl auf einen Myosin ähn- lichen Eiweisskörper als Hauptbestandtheil schliessen darf. Die fibrillären Fasern sind somit als wirkliche Muskelfasern anzusehen. Kine Eigenthümlichkeit derselben, die besonders an sich feinkörnig trübenden Muskelfasern von Mytilus zur Beobachtung kommt. ist noch, dass sie oft mit grosser Regelmässigkeit abwechselnd helle und dunkle @Querbänder zeigen. Dieselben haben in regelmässigen Knickungen der meist etwas abgeplatteten Muskelfasern ihren Grund. Solche Kniekungen zeigen die entsprechenden Fasern der Auster 1) An die hier abgebildete Muskelfaser setzt sich wie bei n zu erkennen ist, eine Faser mit plattenförmieem Fuss an. Vielleicht haben wir es hier mit einem Nervenende zu thun. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 233 oft ebenfalls sehr deutlich (Fig. 21). Worauf das Plattwerden der auf dem frischen Querschnitt sich deutlich als eylindrische Gebilde präsentirenden Fasern beruht, kann ich nicht sagen; Aufrollungs- formen habe ich hier nicht beobachtet. Eine Marksubstanz innerhalb der Fibrillenbündel wahrzunehmen ist mir nicht gelungen, wie auch alle früheren Forscher einer solchen nicht gedenken. Ein streitiger Punkt ist dagegen Existenz und Lage des Kerns, und will ich hier, da die früheren Forscher nicht der zwei so heterogenen Arten von Muskelfasern des Schliessmuskels geden- ken, diese Frage für beide zugleich abhandeln, zumal sich in diesem Punkte zwischen beiden kein Unterschied zeigt. Was zunächst die Zweifel G. Wageners an der Existenz des Kernes betrifft, so kann ich dieselben nicht theilen, da es mir an beiden Arten von Muskelfasern (vergl. 17, 15 und 24) gelang, einen Kern nachzu- weisen. Ueber die Lage desselben finden sich bei Weissmann!) widersprechende Angaben, indem dieser Forscher an der einen Stelle aussagt, der Kern liege in der Mitte der Muskelzelle inner- halb der contractilen Substanz, während er einige Zeilen weiter folgenden Satz hinstellt: .‚In der Profilansieht sieht man nicht selten den Kern der Zelle uhrglasförmig aufsitzen.“ Ich kann nur die letztere Lage für richtig erklären. Ueberall liegt der ellip- tische Kern der Oberfläche der contractilen Substanz auf, meist von einem Hofe körniger Substanz umgeben (Fig. 17). ein Verhalten, wie wir es bereits bei Bryozoen und Ascidien, denen ebenfalls eine Marksubstanz fehlt, kennen gelernt haben. ® Es bleibt mir nun noch übrig, die zweite Art der Muskelfasern zu beschreiben, welche den ganzen hinteren Schliessmuskel von Solen vagina und einen grossen Theil des Austerschliessmuskels zusammen- setzt. Es wurde oben gesagt, dass die Bündel dieser Muskelfasern sich schon durch eine eigenthümliche gelbe Farbe und durch ihr glasiges Aussehn von den fibrillären unterscheiden. Diese auffallende Verschiedenheit spricht sich auch im feineren Bau aus. Die betref- fenden Fasern stellen Muskelcylinder ?2) dar, die ganz nach dem Schema gebaut sind, welches ich zuerst bei Ophiothrix und sodann bei Arenicola erörtert habe: es sind doppeltschräggestreifte Fasern. Besonders Solen eignet sich zur ersten Orientirung und empfehle ich diese Muschel besonders, da man hier, ohne grosse » 1)01.:0:.1: 9.83: 2) Die Breite derselben beträgt bei Ostrea nur 6 bis 9 uw. 234 @G. Schwalbe: Vorsicht anzuwenden, sich leicht von den betreffenden Strukturver- hältnissen überzeugen kann. Es scheinen bei dieser Muschel die sarcous elements viel resistenter zu sein und lassen sich deshalb die Muskelfasern lange gut conserviren, so dass sie nach Monate langem Liegen in starken Lösungen von Kali bichromieum noch leicht jene so interessante Differenzirung der contractilen Substanz erkennen lassen. In Betreff der Grösse der sarcous elements zeigen die einzelnen Fasern von Solen beträchtliche Verschiedenheiten. Während dieselben bei einigen eine recht ansehnliche Grösse er- reichen (Fig. 17), sind andere Fasern auch noch bei Betrachtung mit Zeis System F homogen. Beobachtung mittelst eines Immer- sionssystemes von Hartnack zeigte dagegen auch an diesen Fasern doppelte Schrägstreifung, nur in einer viel feineren Weise. Diese Ver- schiedenheit der Grösse der sarcous elements spricht wieder sehr für die Ansieht Brücke's, dass dieselben zusammengesetzte Gebilde sind und aus einer grossen Zahl kleiner doppeltbrechender Körper- chen bestehen. Ausser. diesen noch wohl erhaltenen und, wie ich bemerken muss, dickeren Muskeleylindern findet man fast in jedem Präparate noch gequollene Fasern und dünnere homogene mit ausgefaserten Enden. Aufrollung der contractilen Substanz ist keine seltene Er- scheinung. Bei der Quellung verhalten sich die sarcous elements ganz ähnlich, wie bei Ophiothrix und Arenicola und kann ich in dieser Beziehung auf Fig. 17° verweisen. Ganz*analoge Verhältnisse zeigt der glasige Theil des Schliess- mnuskels der Auster (Fig. 19 und 20). Die sarcous elements sind hier aber durchschnittlich viel kleiner ') und vergänglicher. Unter einem starken Immersionssystem entdeckt man auch hier noch an vielen Fasern feine doppelte Schrägstreifung, wo man sich von der Existenz einer solchen bei Anwendung schwächerer Systeme nicht überzeugen konnte. Um jedoch bei der Auster die beschriebenen Verhältnisse beobachten zu können, bedarf es besonders vorsichtiger Behandlung des Objekts. Zusatz !/s procentiger Chlornatriumlösung erweist sich äusserst schädlich ; besser sind stärkere Solutionen von 1 Procent an. Am besten wird man aber thun, gar keine Zusatz- flüssigkeit zu gebrauchen. Am zweckmässigsten fand ich es, von frischen Muskeln feine Schnitte in der Faserrichtung anzufertigen 1) Die grösste Diagonale misst 0,8 bis 1.2 u. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 235 und diese denn ohne jeglichen Zusatz bei starker Vergrösserung zu betrachten. Dann zeigten fast alle Muskelfasern doppelte Schräg- streifung. Diess spricht wohl dafür, dass jene Fasern, welche die- selbe in Zerzupfungspräparaten nicht zeigen, als durch Einwirkung der Reagentien veränderte anzusehen sind. Oft beobachtet man dass die Schrägstreifen sich Querstreifen annähern, dass also Rhom- ben durch dieselben begrenzt werden, deren grosse Diagonale im (uerdurchmesser der Muskelfaser verläuft. In Fig. 20 habe ich eine solche Faser abgebildet, die zugleich als ein Beispiel hier nicht selten vorkommender verzweigter Muskelfasern dienen mag. Den Schliessmuskel der Auster benutzte ich auch, um frische Querschnitte jener so interessanten Fasern mittelst ‘der Gefrier- methode anzufertigen. Leider gelang es mir nicht, hier zu befrie- digenden Resultaten zu gelangen. Der (uerschnitt erschien immer homogen. Zur Controlle wurden von denselben Muskeln Längs- schnitte angefertigt. Es zeigte sich, dass auch die Oberfläche der Muskelfasern nun nicht mehr doppelt schräggestreift, sondern homogen war. Es deutet dies offenbar auf eine Zerstörung der so äusserst zarten Strukturverhältnisse durch die Kälte. Solen-Muskeln, deren sarcous elements grösser und resistenter sind, dürften sich besser zu diesem Versuch eignen. Die so bedeutende Verschiedenheit des Baues der fibrillären und doppeltschräggestreiften Muskelfasern deutet wohl auf eine ver- schiedene Function. Vergleicht man den Act des Schalenschliessens bei der Auster und Miessmuschel, so sieht man, dass bei ersterer derselbe auf Einwirkung äusserer Reize plötzlich und rasch geschieht, bei Mytilus dagegen sehr langsam und allmählig, so dass man bei offenstehenden Schalen bequem die Schliessmuskeln durchschneiden kann, ohne dass dabei, wie diess bei der Auster der Fall ist, das Messer eingeklemmt wird. Ich möchte deshalb glauben, dass die doppeltschräggestreiften Fasern der Auster mehr für plötzlich und energisch auszuführende Bewegungen eingerichtet sind, während die fibrillären Fasern vielleicht den festen Schluss besorgen, der hier nur durch andauernde Contraction zu erzielen ist. Soweit meine eigenen Beobachtungen. Es stehen damit im Widerspruch die so bestimmten Angaben von Margo über den Schliessmuskel der Anodonta. Obwohl ich nun nicht so glücklich war, die Teichmuschel selbst auf die streitigen Punkte untersuchen zu können, glaube ich doch Einiges zum Ausgleich der Differenzen 236 G. Schwalbe: beitragen zu können. Im Widerspruch mit meinen Angaben steht vor Allem, dass die sarcous elements der Mollusken-Muskelfasern rund und in Querreihen gestellt seien (vergl. besonders die Fig. 3und4 von Margo). Wichtig für die Erklärnng dieser Bilder wird die Figur 7 derselben Abhandlung. In derselben bildet Margo Muskelfasern von Octopus ab, die nach Abbildung und Beschreibung zu schliessen aus körniger Marksubstanz und contractiler Rinden- substanz bestehen. Von diesen Fasern beschreibt er nun in derselben Weise, wie bei Anodonta, sarcous elements; nur seien dieselben zuweilen mehr schräg geordnet. Vergleicht man dagegen die Fig. 7 mit der Fig. 3, so sieht man auf der Stelle, dass die sarcous elements bei Octopus ganz etwas Anderes sind, als die von Margo bei Anodonta beschriebenen, dass erstere vielmehr vollkommen die von mir beschriebene Anordnung in doppelte Schrägreihen zeigen. Oetopus hat also eine doppeltschräggestreifte contractile Substanz. Andrerseits stimmen dagegen die runden Körner des unteren Theils der Fig. 7 a sowie die runden Körner in der Achse von Fig. 7 b sowohl unter einander, als auch mit den runden „sarcous elements“ der Figuren 3 und 4 von Anodonta vollkommen überein. Die Körner der Achse bezeichnet aber Margo mit dem wohl nicht zu billigen- den Ausdruck ‚.Kernbläschen“, hält sie also hier nicht für sarcous elements. Diese Thatsachen, meine ich. lassen nun vermuthen, dass jene runden doppeltbrechenden Gebilde des Schliessmuskels von Anodonta vielleicht ähnlicher Natur sind, wie die grösseren Körnchen der Marksubstanz der Muskelfasern von Octopus. Doch kann ich natürlich ein endgültiges Urtheil nicht abgeben, bevor mir wicht Anodonta selbst als Untersuchungsobjekt vorgelegen hat. (ranz in derselben Weise nun, wie Margo doppelte Schräg- streifung von Octopus zwar abbildet, aber nicht richtig deutet, zeichnet G. Wagener die Fasern des Schliessmuskels von Lima!) mit zwei Systemen von sich schneidenden Schrägstreifen nennt aber dieses Strukturverhältniss eine ‚eigenthümliche Querstreifung“. Was endlich die Angabe von Margo betrifit, dass er zwischen den Fasern der Mollusken-Muskeln kleine spindelförmige Körper ge- füunden habe, die er als Sarkoplasten bezeichnet und aus denen er durch weiteres Wachsthum neue Muskelfasern entstehen lässt, so kann ich wenigstens die Thatsache bestätigen. Ich fand nämlich 1) 1. c. Tafel IV. Fig 7. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 237 zwischen den tibrillären Fasern des vorderen Schliessmuskels von Mytilus eigenthümliche glänzende längsgestreifte spindelförmige Kör- per, von deren Oberfläche sich zuweilen eine deutliche Membran abhob (vergl. Fig. 22). Von der Gegenwart eines Kernes konnte ich mich dagegen nicht überzeugen und finde ich auch inMargo's Figuren nichts Beweisendes dafür. Ueber die Bedeutung dieser (re- bilde kann ich vor der Hand kein Urtheil fällen. Ueber die Muskeln der Gastropoden habe ich zahlreiche Be- obachtungen angestellt und beziehen sich dieselben auf die Gattungen Patella, Chiton, Littorina, Trochus, Nassa und Helix '!). Pulmonaten und Prosobranchier verhalten sich in der Struktur ihrer Muskeln sehr ähnlich und können deshalb zusammen besprochen werden. Von früheren Forschern auf diesem (Gebiet lehrt uns Weissmann die Zellennatur dieser Muskelfasern kennen, während G. Wagener auch hier Zusammensetzung aus Fibrillen constatirt. Wichtiger sind die Angaben Anderer über das Vorkommen von (uerstreifung an den Muskelfasern der Mundmasse. Hierher gehören die Beobachtungen von Pagenstecher?) am Trochus zizyphinus und die Angabe von Keferstein im der Fortsetzung von Bronn'’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs®), sowie die Beobachtungen Gegenbaur’s*) am Retractor oculi der Helieinen. Betrachten wir zunächst die Muskeln der Mundmasse der (Gastropoden. Bei vielen Prosobranchiern, wie Patella, Chiton. Trochus und vor allen bei Littorina, zeichnen sich dieselben bekanntlich durch eine intensiv blutrothe Farbe vor den Muskeln (des Fusses aus. Bei Nassa und Helix fand ich sie dagegen nur gelbroth ge- färbt. Da im Uebrigen sich aber diese Muskeln ganz ähnlich ver- halten. so beruht die andere Färbung wahrscheinlich nur darauf, dass bei letzteren der eigenthümliche Farbstoff nur in geringerer Menge vorhanden ist. Die spektroskopische Untersuchung dieses schönen rothen Farbstoffs wird zu entscheiden haben, ob er mit 1) Von Opisthobranchiern hahe ich nur Aeolis untersucht und auch diese nieht genügend, sodass ich ihre Muskelfasern. die übrigens denen an- derer Gastropoden durchaus ähnlich zu sein scheinen. von einer näheren Be- sprechung ausschliessen muss. 2) Untersuchungen über niedere Seethiere aus Cette Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. XII. p. 306—308. 3) 1. ec. IIL:p- 899. "a Eaton 238 G. Schwalbe: Hämoglobin identisch ist. Zerzupft man nun die Muskulatur der Mundmasse, so erhält man zahlreiche eylindrische im durchfallenden Lichte gelbroth gefärbte Bündel von ansehnlicher Breite.) Sie zeigen sich von zahlreichen Längskörnerzügen durchsetzt. die das ganze Bild trüben und nur eine Zeichnung durchscheinen lassen, die auf den ersten Anblick fast den Eindruck von Querstreifung ° macht. Auf Zusatz von Essigsäure werden leicht zahlreiche ovale Kerne deutlich, die stets den Körnerzügen folgen. An frischen Präparaten gelingt es nur schlecht. diese Cylinder weiter zu zerlegen. Behandlung mit 35 procentiger Kalilauge lehrt (dagegen, dass dieselben zusammengesetzte Gebilde sind, Bündel von Muskelfasern, welche aus einer schmalen Rinden- und relativ breiten Marksubstanz bestehen, in welcher letzteren sich der ovale Kern befindet?) (Fig. 25 und 26). Um nun den feineren Bau dieser contractilen Fasern kennen zu lernen, bediente ich mich zur Isolirung der chromsauren Kali- lösungen. Die Muskelfasern isoliren sich dann ziemlich leicht, nur lösen sich in dünneren Solutionen viele der feinen Körnchen der Mark- substanz auf. Was zunächst diese betrifit, so ist ihr Aussehen bei den einzelnen Arten verschieden. Diess beruht auf einer Verschie- denheit der Körnchen in ihrem Innern. Bei Nassa habe ich diese Verhältnisse besonders genau studirt und gefunden, dass schon Be- handlung der Muskelfasern mit Essigsäure drei Arten von Körnchen unterscheiden lässt: 1) feine, die in Essigsäure löslich sind und den grössten Theil ausmachen, 2) in geringerer Menge gröbere, in Essig- säure unlösliche, mit eigenthümlichem Glanz (vielleicht Glycogen ?), und 3) gruppenweise vereinigte gelbe Körnchen, in Essigsäure eben- falls unlösliche. Letztere sind es besonders, welche bei den ver- schiedenen Gattungen in ungleicher Menge vorkommen. An Nassa schliesst sich in dieser Beziehung Helix an (Fig. 30), indem bei dieser Schnecke ebenfalls nur wenige der gelben Körnchen gruppen- weise in der Marksubstanz vertheilt liegen. Anders verhält sich dagegen die Marksubstanz der blutroth gefärbten Mundmuskeln von Littorina und anderen. Hier liegen die gelben Körner viel zahl- reicher zusammen. Besonders sind Patella und Chiton in dieser Be- 1) Bei Chiton sind dieselben z. B. 166 bis 190 ua breit. 2) Breite der Muskelfasern bei Nassa 9 bis 10 ft, bei Chiton und Patella 7 bis 8 u. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thisere. 239 ziehung zu empfehlen. Bei Patella liegen sie oft so dieht und regel- mässig, dass sie eine Art Querstreifung darstellen können, die natürlich, da sie auf die körnige Marksubstanz beschränkt ist, nichts mit einer wahren Querstreifung zu thun hat. Dennoch bezeichnet auch bei den Schnecken Margo die analogen Körner als sarcous elements, was entschieden zu Gunsten meines oben abgegebenen Urtheils spricht. Wenden wir uns nun zur Betrachtung der contractilen Rinden- substanz dieser Muskelfasern. Zerzupft man die Bündel derselben im frischen Zustande, so zeigt sich auch hier oft die Erscheinung (besonders bei Helix), dass dieselben der Quere nach innerhalb eines Sarcolemms in Scheiben oder kurze eylindrische Stücke zerfallen. Nach Isolation mittelst dünner Lösungen von Kali bichromicum er- scheinen viele Fasern fein längsstreifig und an den Bruchenden aus- gefasert. Ein deutlicher Zerfall in Fibrillen tritt jedoch nicht ein. Dagegen gelang es mir auch hier doppelte Schrägstreifung nach- zuweisen. Bei vielen Schnecken sind jedoch die Strukturverhältnisse so zarte und feine, dass dieselben bei nicht sorgfältiger Behandlung und nicht ausreichenden Systemen homogen erscheinen. So gelang es mir z.B. bei Nassa und Chiton nicht, sarcous elements zu finden, was wohl darin seinen Grund haben mag, dass ich, als ich diese Schnecken in St. Vaast untersuchte, noch nicht auf alle bei der Untersuchung anzuwendenden Vorsichtsmaassregeln aufmerksam ge- worden war. Bei Littorina und Patella ist jedoch der Nachweis ein leichter und gelingt auch nach Isolirung in dünnen Lösungen von Kali biehromicum. ‚Ja es möchte hier diese Muskeln eine nicht zu lange anhaltende Maceration in etwa 3procentigen Solutionen jener Substanz zu empfehlen sein, da sich darin die Körnchen der Mark- substanz zum grössten Theil lösen und man so Stellen erhält, wo man durch dieselben nicht mehr in der Erkenntniss der feineren Strukturverhältnisse der Rindensubstanz gestört wird. Man überzeugt sich zwar auch an frischen Präparaten leicht von dem Vorhanden- sein einer Sonderung der Rinde in zwei optisch verschiedene Substan- zen, allein es gewinnt dann oft den Anschein, als ob hier eine Quer- streifung existire, und glaube ich, dass diesem Umstande die oben erwähnten Angaben über das Vorkommen von (uerstreifung an ‚diesen Muskelfasern zususchreiben sind. Eine Betrachtung dagegen solcher Stellen, wo die Marksubstanz durchsichtig geworden ist. lehrt, dass auch hier die sarcous elements im Wesentlichen dieselbe 240 G. Schwalbe: Anordnung zeigen. wie z. Ba im Schliessmuskel der Bivalven, dass also doppelte Schrägstreifung besteht. ‚Jedoch muss ich bemerken, dass es bei den Schnecken sehr schwer hält, so schöne Präparate zu bekommen. wie z. B. von Solen. In Fig. 50 gebe ich die Ab- bildung einer Muskelfaser aus der Buccealmasse von Helix. Man erkennt in der Achse derselben den Kern und drei Haufen gröberer Körner. Die übrigen Körnchen der Marksubstanz haben sich gelöst. Besonders am oberen und unteren Ende der Figur ist die doppelte Schrägstreifung erkennbar, in der Mitte dagegen ist auf jeder Seite nur ein System von Schrägstreifen wahrzunehmen. Man muss sich hier nit diesen Bildern begnügen, da frische Muskelfasern schon wegen der Existenz der Marksubstanz noch weniger davon erkennen lassen. Von den eben beschriebenen Muskelfasern der Buccalmasse der Gastropoden unterscheiden sich nun die des Fusses m manchen Stücken. Zunächst ist bei letzteren die Marksubstanz viel schmaler und weniger scharf gegen die Rindensubstanz abgegrenzt (Fig. 27 und 29); sie ist ferner feinkörnig und enthält keine groben gelben Körner. Der Kern liegt auch hier im Centrum des Axenstranges. Eine Eigenthümlichkeit der Rindensubstanz ist, dass sie leichter, als die Muskelfasern der Mundmasse Längsstreifung zeigt (Fig. 27), Jedoch ist im frischen Zustande nichts davon zu sehen und tritt (diese Erscheinung erst auf nach Maceration in Lösungen von dop- peltchromsaurem Kali. Eine Ditferenzirung der contractilen Substanz in zwei optisch verschiedene Substanzen nachzuweisen. ist mir bis jetzt nicht gelungen. Von anderen Muskeln der Schnecken habe ich noch den Mus- eulus columellaris untersucht. Die Fasern desselben gleichen sehr denen des Fusses; nur ist der Axenstrang äusserst fein. Ich ver- weise in dieser Beziehung auf Fig. 28 von Littorina. Auf die vorstehenden Thatsachen gestützt kann ich es nun- mehr unternehmen, die Ansicht G. Wagener’s, dass die Fibrille Primitivelement der Muskelfaser sei, einer näheren Besprechung zu unterziehen. Ich muss jedoch bemerken, dass ich dabei nur auf die von mir untersuchten Thiere Rücksicht nehmen werde. In Be- treff der quergestreiften Muskelfasern der Arthropoden und Wirbel- thiere muss ich die Frage offen lassen, da ich über diese keine neuen Beobachtungen gemacht habe. So lange man die Entwicklungsgeschichte der Muskelfasern der Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirhelloser T'hiere. 241 wirbellosen Thiere nicht kennt, kann offenbar nur dann die Ansicht Wagener's eine gewisse Berechtigung haben, wenn schon an der frischen Muskelfaser Fibrillen zu demonstriren sind oder wenigstens Fibrillenbildung bei Behandlung mit verschiedenen Reagentien aus- schliesslich oder doch leichter als eine andere Veränderung eintritt. Dass diess aber bei den von mir untersuchten Thieren zum grossen Theil nicht der Fall ist, geht aus zahlreichen oben erwähnten That- sachen hervor. So zeigen die Muskelfasern der Goelenteraten. Echi- nodermen, Turbellarien, Gestoden und Trematoden keine Erscheinung. die auf Fibrillenstruktur zurückzuführen wäre. Eime leichte Aus- faserung an den Bruchenden ist doch kaum als Beweis für eine Zu- sammensetzung aus Fibrillen anzuführen. Die Muskelfasern vieler anderer Thiere (Anneliden, (Gephyreen, Mollusken) zerfallen ferner im frischen Zustande stets der Quere nach und zeigen nur nach Einwirkung von Reagentien Fibrillen, die bei vielen dieser Thiere ebenfalls undeutlich bleiben. Was endlich sehr für die Natur der Fibrillen als Kunstprodukte spricht, sind meine Beobachtungen an den doppeltschräggestreiften Muskelfasern. Hier treten Fibrillen, d.h. meist auch nur Ausfaserungen der Bruchenden, nur da auf, wo die doppelte Schrägstreifung den Eingriffen der Reagentien bereits srlegen ist, und zeigen sich immer als unregelmässige, blasse, homogene Fasern, ohne constante Breite. Diese Thatsachen genügen wohl, um eine Präexistenz von Fibrillen für den grössten Theil der von mir untersuchten Muskel- fasern in Abrede zu stellen. Nur die Muskelelemente der Nema- toden und Hirudineen, sowie die des sogenannten sehnigen Theils der Schliessmuskeln der Bivalven zeigen schon im frischen Zustande eine »fibrilläre« Anordnung mehr oder weniger deutlich. Offenbar haben wir es aber bei Nematoden und Hirudineen mehr mit radial gestellten homogenen Platten, aus denen sich die contraetile Rinden- substanz aufbaut, zu thun, als mit wirklichen Fibrillen, und wäre es gar nicht undenkbar, «dass die Entwickelungsgeschichte zeigen würde, diese Platten entständen eine jede als besondere Bildung in der Umgegend des Kernes der späteren Muskelzelle und träten erst später zur Bildung der Rindensubstanz mit ihren Flächen zusammen. Ein jedes Radialblatt wäre dann einer bloss aus contractiler Sub- stanz bestehenden Muskelfaser der niedersten Formen, z. B. der Infusorien und Turbellarien, gleichzusetzen. Will man ein solches Radialblatt eine Fibrille nennen, so muss man folgerichtig auch die 242 G. Schwalbe: ganze Muskelfaser der Turbellarien, CGestoden etc. als eine Fibrille bezeichnen. Es bleiben somit nur die Muskelfasern des faserigen Theils des Bivalven-Schliessmuskels, an denen eine fibrilläre Struktur auch schon im frischen Zustande nicht abzuleugnen ist. Offenbar kann aber diese eine Thatsache den vielen anderen Ergebnissen gegen- über nicht genügen, den Satz zu beweisen, dass die Muskelfasern der wirbellosen 'Thiere allgemein aus Fibrillen bestehen, dass die Fibrille das Primitivelement der Muskelfaser sei. Wir haben des- halb hier die Fibrillenbildung nur als eine weitere Differenzirung der contractilen Substanz anzusehen, angepasst an die eigenthüm- liche Function, einen anhaltenden Verschluss der Schalen zu bewirken. Nach Erledigung dieser Frage hätten wir uns nun nach lei- tenden Gesichtspunkten umzusehen, die geeignet sind, in des Gewirr von Formen, das wir kennen gelernt haben, Ordnung hineinzubrin- gen und uns zum Verständniss derselben zu verhelfen. Wie wir in der Einleitung gezeigt haben, lässt sich die schroffe Trennung der Muskelgebilde in Muskelzellen und Muskelprimitiv- bündel, wie sie Weissmann vorschlägt, nicht rechtfertigen, da die dafür aus der Embryologie. entnommenen Beweise nicht stichhaltig sınd und die Betrachtung der Formen vielmehr zu der von anderen Forschern, wie G. Wagener und Leydig, vertretenen Ansicht führt, dass zwischen beiden Typen der contractilen Gewebe sich Uebergangsformen finden. Wie verschieden auch im Einzelnen die Ausbildung der constituirenden Theile einer Muskelfaser sein mag, es findet sich immer derselbe Grundplan freilich in den verschieden- sten Gomplicationen. Kern, ein körniger Hof um denselben und contractile Substanz lassen sich durch die ganze Reihe der contrac- tilen Gebilde verfolgen. Nur die allerniedrigsten Formen, die kern- losen Zellen der Infusorien. Turbellarien, Oestoden und Trematoden scheinen sich diesem Schema nicht zu fügen. Ich werde jedoch unten zeigen, dass auch sie in einem innigen Zusammenhang mit den höher entwickelten Formen stehen. Man kann deshalb eine Grundform annehmen, von welcher sich alle noch so verschie- denen contractilen Gebilde ungezwungen ableiten lassen, von wel- cher aus nach divergenten Richtungen hin sich immer complicirtere Formen entwickelt haben. Meiner Ansicht nach lassen sich nun diese T'hatsachen nur verstehen, wenn man sich auf den Boden der Descendenztheorie Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 243 stellt. Nur mittelst der Darwin’schen Lehren ist es möglich, Ord- nung in das Gewirr der so ähnlichen und doch wieder so verschie- denen Formen zu bringen. Ebenso wie die verschiedenen Thier- ‘formen nach den Lehren der Descendenztheorie im genetischen Zu- sammenhang stehen, dürfen wir einen solchen auch für die Gewebe postuliren, die doch nur ein Theil des Ganzen sind, und bei jeder Abänderung der Gesammtform gewiss zunächst mit betroffen werden. 3jekennen wir uns zu Darwin’s grossartigen Lehren, die noch durch keine Thatsache widerlegt sind und in jeder neuen Erfor- schung der Formen nur eine neue Stütze finden, so ergiebt sich die Auffassung der verschiedenen Muskelgebilde als eine sehr einfache. Alle contractilen Elemente stehen in einem genetischen Connex und stammen wahrscheinlich von einer Grundform, aus der sich durch Anpassung an die verschiedenen Lebensbedingungen neue Formen gebildet haben. Gemäss den Gesetzen der Vererbung lassen sie alle noch mehr oder weniger deutlich ihren Grundtypus erkennen, wie verschieden auch die Anpassung im Speciellen auf die Ausbildung der einzelnen Theile eingewirkt haben mag. Es würde nun ein gewagtes Unternehmen sein, schon jetzt, wo erst so wenig Thierformen genau auf ihr Muskelgewebe unter- sucht sind, wo wir die Entwickelungsgeschichte desselben noch so ungenügend Kennen, gleichsam einen Stammbaum aller Muskelge- bilde construiren zu wollen, den Weg nachweisen zu wollen, auf dem die complieirteren Formen aus einfacheren entstanden seien. Ich beschränke mich deshalb nur auf einige Andeutungen in dieser Beziehung. Interessant ist die Differenzirung der contractilen Substanz. In ihrer ausgebildeten Form zeigt dieselbe deutliche räumliche Son- derung in zwei optisch verschiedene Substanzen, eine einfach- und eine doppeltbrechende. Diese Sonderung kann nach zwei verschiede- nen Richtungen auftreten und erhalten wir so die Typen der doppelt- schräggestreiften und der quergestreiften Muskelfasern. Als einen ge- ringeren Grad von Ditterenzirung können wir es ansehen, wenn doppelt brechende T'heilchen in der Muskelfaser zwar vorhanden sind, aber keine regelmässige Lagerung erkennen lassen, so dass die ganze Faser im polarisirten Lichte bunt erscheint, wie diess von E. Brücke für die glatten Muskelfasern der Wirbelthiere nachgewiesen wurde. Hier haben sich also die Disdiaklasten innerhalb der einfachbrechen- den Substanz nicht zu sarcous elements zusammengruppirt. Eine 244 G. Schwalbe: wichtige Frage ist nun: Giebt es überhaupt Muskelfasern ohne doppeltbrechende Theichen? Untersuchungen in dieser Beziehung sind meines Wissens bis jetzt nicht publieirt. Um so lieber ist es mir, hier eime derartige Beobachtung mittheilen zu können, welche Herr Professor W.Kühne gemacht hat und so gütig war, mir zur Publication zu überlassen. Derselbe untersuchte die Muskelfasern von Stentor viridis im polarisirten Lichte und fand, dass sie keine Disdiaklasten enthielten. Wahrscheinlich wird eine hierauf gerichtete Untersuchung der Muskelfasern der Turbellarien und anderer 'niederer Thiere Gleiches lehren. Aehnliche Betrachtungen lassen sich auch für die anderen 3estandtheile der Muskelfasern, die Kerne und die um dieselben befindliche körnige Substanz anstellen. Beide scheinen überall zu der embryonalen Entwicklung in direkter Beziehung zu stehen und wäre dann die körnige Substanz als Rest des embryonalen Proto- plasma. aufzufassen. Wie wir oben gesehen haben, fehlen den ein- fachsten Muskelgebilden (Infusorien, 'Turbellarien) noch beide Be- standtheile ; solche Muskelfasern bestehen nur aus contractiler Substanz. Diese Thatsache findet ihre einfache Erklärung darin, dass bei die- sen auch dem Protoplasma, in welchem sich die Fasern bildeten, die Kerne fehlen, dass also die Abscheidung der contractilen Sub- stanz ohne dieselben erfolgen musste. Wo dagegen Kerne überhaupt auftreten, sehen wir auch sofort «die Bildung der eontractilen Sub- stanz an das dieselben unmittelbar umgebende Protoplasma gebunden. Die Ausbildung der Muskelfasern hängt also wahrscheinlich zunächst von der Beschaffenheit der embryonalen Gewebe ab. Be- stehen dieselben aus deutlichen Zellenterritorien, die durch die Lage der Kerne markirt sind, so werden wir auch Muskelfasern mit Kern und Rest von embryonalem Protoplasma zu erwarten haben; wo dagegen solche Zellenterritorien nieht nachzuweisen sind, werden wir. die contractile Substanz direkt in die protoplasmatische Körper- substanz abgelagert finden. Im ersteren Falle wäre es dann wieder (denkbar, dass entweder an verschiedenen Stellen des Zellen- territoriums zugleich eine Bildung von contractiler Substanz aus Protoplasma stattfindet oder nur an einer. Dort würden dann Muskelfasern entstehen müssen, wie sie bei Nematoden und Hiru- dineen vorkommen. Geht dagegen die Bildung der contractilen Substanz nur von einer Stelle aus, so sind wieder zwei Fälle mög- lich, indem die contractile Substanz entweder den Kern und mit Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 245 ihm einen Rest der körnigen Masse umwachsen kann, sodass wir dann eine Marksubstanz erhalten, oder sich einseitig weiter ent- wickelt. Für beide Fälle liefern die in diesem Aufsatz beschriebenen Muskelgebilde Beispiele genug. Man sieht, wie sich so ungezwungen ein natürlicher Zusam- menhang zwischen (den verschiedenen Formen herstellen lässt. wie ein gemeinsamer Bildungsplan überall hindurchblickt. Man sieht aber zugleich, wie sich überall das Bedürfniss geltend macht. die embryonale Entwickelung dieser Formen genau zu kennen. Nur eine genaue Kenntniss der letzteren wird es ermöglichen, ein System der eontraetilen Substanzen zu entwerfen, ein System, welches den Weg erkennen lassen soll, den die eomplieirtesten Formen «der Muskel- faser zu durchlaufen hatten von den einfachsten Formen an bis zu ihrer definitiven Ausbildung. Amsterdam, im December 1368. 246 S G. Schwalbe: Erklärung der Abbildungen auf Taf. XIV und XV. ämmtliche Figuren sind bei einer Vergrösserung System F Ocular II eines Zeis’schen Mikroskopes gezeichnet, nur Fig. 8 und 28 bei Hartnack 10 mit Immersion. Fig. le S) [eb 1 = a | 10 13 Muskelfasern einer Actinie. Kali bichromieum 3°/,. a. Auf der spin- delförmigen contractilen Substanz in der Mitte ein von körniger Masse gebildeter Hügel mit kugeligem Kern. b. Faser mit zwei Kernen und partieller Längsspaltenbildung. c. Faser ohne Kern. Muskelfasern einer Öereus-Art. a. Kaser mit zwei körnigen Hügeln, in deren einem der Kern. b. Faser mit knotigen Anschwellungen. Chromsäure-Präparate. Doppelt schräggestreifte Muskelfaser von Ophiothrix fragilis im ge- quollenen Zustande (frisch mit Chlornatrium '/, Procent untersucht). Kern und Sarkolemm deutlich. Letzteres hebt sich stellenweise von der gekrümmten Faser ab. Doppeltschräggesreifte Muskeltaser von Ophiotrix fragilis im ganz frischen Zustande. Kern mit Kernkörperchen. Schmalere homogen erscheinende Fasern derselben Ophiothrix. b mit Ausfaserung am Bruchende. Ende einer verästelten Muskelfaser von Asteracanthion rubens. Kali bichromieum. Bei a feine stellenweis varicöse Fäserchen (Nerven?). Muskelfaser vom Blutegel.e Am unteren Ende der Figur ist die Zu- sammensetzung der contractilen Rindensubstanz aus radialen Blät- tern deutlich. Muskelfaser vom Blutegel. Zeigt Längslinien im unteren Theile als Andeutung einer Zusammensetzung aus radialen Blättern. Frisch in Chlornatrium "/, %/o. Frische Muskelfaser von Phascolosoma elongatum. Zeigt deutliche Längsstreifung. Sarkolemm in (Querfalten geleet. und 11. Muskelfasern von Phascolosoma elongatum. ÜUhromsäure- Präparate. Fibrillärer Zerfall deutlich. Kerne und körnige Mark- substanz. Schematische Zeichnung einer Muskelfaser von Arenicola. Kern in der schmalen körnigen Marksubstanz. Die breite eontractile Rinden- substanz ist doppelt schräggestreift. und 14. Muskelfasern von Nereis. Uhromsäure !/;, %. An die platt gewordenen Fasern heften sich zahlreiche kleine Fäserchen mit drei- eckiger Basis an (Nervenfäserchen ?). Fig. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. 247 15 und 16. Muskellasern des Regenwurms. Fig. 15 mit Längsstreifung. ler. BRD: 19. . 30. u Kerne mit deutlichem Kernkörperchen auf der Oberfläche der con. tractilen Substanz. Fig. 15 Chromsäure !/,o °o. Fig. 16 Osmium- säure Y, jo. Doppeltschräggestreifte Muskelfaser von Solen vagina, gequollen. sodass die isotrope Substanz dunkel, die sarcous elements hell er- scheinen. Kern mit körniger Substanz auf der Oberfläche der Faser. Muskelfaser aus dem Schliessmuskel einer jungen Auster. Contrac- tile Substanz körnig getrübt und fein gestrichelt. Bei n setzt sich eine feine Faser (Nervenfaser?) mit einer plattenförmigen Verbrei- terung an die Muskelfaser an. Doppeltschräggestreifte Faser aus dem glasigen Theile des Schliess- muskels der Auster. Ganz frisch in Chlornatrium von 1 °/, untersucht. Getheilte doppeltschräggestreifte Faser eben daher. Fibrilläre Muskelfaser aus dem sogenannten sehnigen Theile des Schliessmuskels der Auster. Ganz frisch untersucht. Spindelförmiger Körper aus dem vorderen Schliessmuskel von My- tilus edulis. Frisches Präparat. nd 24. Muskelfasern aus dem hinteren Schliessmuskel von Mytilus edulis, Fig. 24 nach Anwendung von ÖOsmiumsäure !/,; ?/,, Fig. 23 frisches Präparat. Muskelfaser aus der Mundmasse von Nassa. a im optischen Längs- schnitt. b im Querschnitt. Frische Präparate. Ebendaher. Durch Kalilauge von 35 °/, isolirt. Kerne innerhalb der Marksubstanz. Muskelfaser aus dem Fusse von Nassa. Frisches Präparat. Muskelfaser aus dem Museulus columellaris von Littorina littoralıs. Contractile Substanz längsgestreift. Marksubstanz sehr schmal. Frisch in Jodserum untersucht. (Querschnitt durch die gefrorene Fussmuskulatur von Helix. Doppelt schräggestreifte Muskelfaser aus der Muskulatur der Mund- masse von Helix. Frisches Präparat. M. Schultze, Archiv für mikr, Anat, Bd, 5. 17 Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. Von Dr. &. Schwalbe. Hierzu Tafel XV, 2, Fig. 1—10. I. Beiträge zur Kenntniss des Blutes wirbelloser Thiere. Während eines Aufenthattes in St. Vaast in der Normandie hatte ich vielfach Gelegenheit, die Sipunculide Phascolosoma elon- gatum !) zu beobachten. Mein Interesse wandte sich bald ausschliess- lich der die Leibeshöhle erfüllenden Flüssigkeit, dem Blute dieses Thieres, zu, die in ihren morphotischen Bestandtheilen so ımerkwür- dige Verhältnisse darbietet, wie sie mir bisher von wirbellosen Thieren nicht bekannt waren. Denn während man bis jetzt annahm, dass die Blutkörperchen derselben den farblosen Zellen des Blutes der höheren Thiere gleichen ?), fanden sich im Blute des Phascolosoma zwei Arten von Blutkörperchen, deren eine den bei Wirbellosen ge- wöhnlich vorkommenden farblosen protoplasmatischen Zellen gleich zu setzen ist, während die überwiegende Mehrzahl der zelligen Ele- mente des Bluts in allen wesentlichen Verhältnissen eine merkwürdige Uebereinstimmung mit den farbigen kernhaltigen Blut- körperchen der niederen Wirbelthiere zeigt. Ueber die Leibesflüssigkeit der Sipunculiden liegen schon ver- schiedene Beobachtungen vor. So haben Keferstein und Ehlers dieselbe bei Sipunculus nudus ?), Priapulus caudatus *) und Phas- 1) vergl. Keferstein, Untersuchungen über niedere Seethiere. Zeit- schrift f. wissensch. Zool. Bd. XI. p. 35 ff. 2) Kölliker. Gewebelehre. 5. Aufl. p. 629. 3) Keferstein und Ehlers. Zoologische Beiträge p. 41. 4) Ehlers. Ueber die Gattung Priapulus. Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. XI. 9.222: Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. 249 colosma elongatum !) untersucht. Sie beschreiben die uns interessi- renden Gebilde kurz als scheibenförmige oder kugelige, kernhaltige Zellen, ohne auf ihre grosse Aehnlichkeit mit den Blutkörperchen der Wirbelthiere aufmerksam zu machen. Ich halte es deshalb nicht für überflüssig, die Leibestlüssigkeit der genannten Sipunculide einer genaueren Besprechung zu unterziehen, zumal da der vorlie- gende Fall nicht der einzige derartige zu sein scheint. Wenigstens deutet wohl die kurze Bemerkung von Leydig?), dass er bei Enchy- traeus »sehr schöne und grosse ovale glattrandige Lymphkügelchen in der Leibeshöhle« gefunden habe, welche ihn sehr an »die glatt- randigen Blutkügelchen niederer Wirbelthiere« erinnert hätten °), auf analoge Verhältnisse hin. Somit ständen denn die Sipunculiden hierin nicht einzig da, und wird man gewiss, einmal auf die Sache aufmerksam geworden, auch noch bei anderen wirbellosen Thieren Aehnliches finden ®). Die eben aus dem Körper entleerte Leibesflüssigkeit des Phas- colosoma elongatum ist hell rosa oder matt grauröthlich gefärbt und in Folge ihres reichlichen Gehalts an morphotischen Elementen nicht klar und durchsichtig, sondern milchig trübe. Lässt man die Flüssigkeit einige Zeit lang an der Luft stehen, so zeigt sich eine höchst auffallende Erscheinung: sie wird allmählig dunkler und dunkler und nimmt schliesslich eine intensiv burgunderrothe Farbe an. Diese merkwürdige Farbenveränderung hätte zu einer genaue- ren Untersuchung des Farbstoffs auffordern müssen; um so mehr bedauerte ich es, am Meeresstrande vun allen zu derartigen Unter- suchungen nothwendigen Hülfsmitteln entblösst zu sein. Meine Ver- suche, durch Behandlung des Blutes mit Wasser den Farbstoff in Lösung zu bringen und vielleicht in krystallinischer Form unter dem Mikroskope erscheinen zu sehen, waren erfolglos. Es gelang mir auch auf keine andere Weise, Farbstoff-Krystalle aus dieser Flüssig- 1) Keferstein 1. c. u. Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntniss der Sipuneuliden. Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. XV. p. 412. 2) Histologie p. 451. 3) Leydig. Vom Bau des thierischen Körpers. p. 66. Anmerkung. 4) Vielleicht gehören hierher noch die von Keferstein (Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. XII p. 60 und 86) bei einer Nemertine, der Borlasia splendida, kurz erwähnten und beschriebenen gefärbten, abgeplatteten elliptischen Blutkörperchen, sowie die gefärbten scheibenförmigen Blutkörperchen der Annelide Glycera capitata (daselbst p. 105). 250 G. Schwalbe: keit zu erhalten. Bei längerem Stehen des Blutes an der Luft ver- schwindet nach und nach die schön rothe Farbe wieder und geht in ein schmutziges Braun über, offenbar ein Zeichen beginnender Zersetzung des Farbstoffs. Beim Eintrocknen endlich nimmt das sanze eine schmutziggrüne Farbe an. Uebrigens ist dies nicht das einzige Beispiel einer Farbenver- änderung des Blutes wirbelloser Thiere nach Luftzutritt. So be- obachtete Haeckel!) eine ähnliche Erscheinung am Blute von Asta- cus fluviatilis, Homola Cuvieri und Homarus vulgaris. Die Frage, ob sich aus der mit aller Vorsicht entleerten Lei- bestlüssigkeit der Sipunculiden Kochsalzkrystalle ausscheiden, welche Keferstein auf Grund von Untersuchungen an Sipunculus nudus verneint, glaube ich für Phascolosoma elongatum dahin entscheiden zu müssen, dass allerdings aus so gewonnenem Blute nicht selten ziemlich viel Chlornatrium-Krystalle erhalten werden können, was also jedenfalls auf einen beträchtlichen Gehalt des Blutes an Koch- salz hinweist. Die Frage jedoch, wie dasselbe in die Leibesflüssig- keit gelange, muss ich unentschieden lassen. Eine Gerinnung, wie sie das Blut mancher wirbellosen Thiere, z.B. das Blut des Flusskrebses ?) zeigt, wird bei Phascolosoma nicht beobachtet. Lässt man das Blut in einem Uhrgläschen längere Zeit stehen, so tritt eine Scheidung in eine obere ungefärbte, kör- perchenfreie flüssige Schicht und in einen burgunderroth gefärb- ten Bodensatz von zelligen Elementen ein. Diese Beobachtung lehrt uns zweierlei, nämlich erstens, dass der Farbstoff nicht der Flüssig- keit, sondern den zelligen Elementen anhaftet, und zweitens, dass letztere ein grosses Senkungsvermögen besitzen, also specifisch schwerer als das Serum sind. Wenden wir uns nun zur Betrachtung der morphotischen Be- standtheile. Keferstein?) führt bei Phaseolosoma elongatum ausser den scheibenförmigen kernhaltigen Blutkörperchen, die unser Hauptinteresse in Anspruch nehmen, als Bestandtheile der Leibes- flüssigkeit noch an: maulbeerförmige Klümpchen, welche aus 0,004 bis 0,006 Mm. grossen gleichmässigen Körnern bestehen , sowie 0,008 Mm. grosse fettartig glänzende Körner und endlich Eier, 1) Ueber die Gewebe des Flusskrebses. Müller’s Archiv 1857. p. 511. 2) Haeckel,. c. 3) Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XII. p. 44. Taf. IV, Fig. 9, Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. 951 = m welch’ letztere bekanntlich in allen Entwickelungsstadien in der Leibeshöhle der Sipunculiden gefunden werden. Meine Beobachtun- gen ergeben folgende Bestandtheile: 1) die scheibenförmigen Blut- körperchen (Fig. 1 bis 6); 2) zwei Arten contractiler Zellen, welche den Blutkörperchen anderer wirbelloser Thiere und den farblosen Blutkörperchen der Wirbelthiere zu vergleichen sind (Fig. 7 u. 8); 3) die von Keferstein erwähnten maulbeerförmigen Haufen glän- zender Kügelchen, deren Ursprung und Bedeutung mir nicht klar geworden ist und in Betreff welcher ich auf die Abbildung Fig. 9 verweise; 4) Haufen feinkörniger Zellen, die den Lymphkörperchen der Säugethiere sehr ähnlich sehen, aber nie einzeln vorkommen, und endlich 5) Eier in allen Entwicklungsstadien. Die unter 1 genannten scheibenförmigen Blutkörperchen bilden (die überwiegende Menge der morphotischen Bestandtheile der Lei- bestlüssigkeit. Brimet man einen Tropfen der letzteren unter das Mikroskop, so sieht man hier ein eben solches Gedränge zelliger Elemente, wie in einem T'ropfen Wirbelthierblutes. Die scheiben- förmigen Körperchen nehmen das ganze Gesichtsfeld so vollständig ein und liegen so dicht gedrängt, dass kaum ein leerer Raum zwi- schen ihnen wahrzunehmen ist und man genöthigt wird, behufs ge- nauerer Untersuchung sich der bekannten Rindfleisch’schen Me- thode zu bedienen. Wir haben es hier also mit einer Flüssigkeit zu thun, die mindestens den Zellenreichthum des Amphibienblutes auf- zuweisen hat. In ganz frisch entleertem Blute erscheint die überwiegende Mehrzahl dieser zelligen Elemente als kreisrunde, scharfcon- tourirte, scheinbar vollständig homogene und farblose Gebilde. Dass dieselben keine Kugeln sind, davon überzeugt man sich leicht, wenn man einen Flüssigkeitsstrom im Präparate anregt. Die Zellen präsentiren sich dann bald von der Fläche als Kreise, bald von der Kante als schmale elliptische Gebilde ohne centrale Depression (Fig. la u. b). Ihre wahre Gestalt ist also die einer kreisrunden Scheibe. Schon in ganz frischem Blute trifft man aber nicht selten auf elliptische Scheiben, fast von.der Gestalt der Froschblutkörper- chen (vergl. Fig. la u. Fig. 4). Was sodann schon an frischem Blute, noch mehr aber an solchem, das durch Druck des Deck- gläschens heftig insultirt wurde, auffällt, ist, dass die runden Scheiben sehr auffallende Grössendifferenzen zeigen !). Es kommen | 1) 0,0162 bis 0,0252 Mm. im Durchmesser. 252 G. Schwalbe: in demselben Tropfen kleine neben doppelt so grossen vor. Die- ses auffallende Verhalten erklärt sich leicht aus den physika- lischen Eigenschaften unserer Blutkörperchen. Sie sind sehr ela- stisch und zwar in solchem Grade, dass sie sich auf Druck des Deckgläschens oft zu grösseren unregelmässigen Gestalten ab- platten und beim Nachlassen des Druckes wieder ihre ursprüngliche Form annehmen. War der Druck zu gross, so beobachtet man Zer- fallen des Blutkörperchens meist in 2 bis 3 Stücke, und jedes der- selben kann dann wieder eine scheiben- oder kugelförmige Gestalt annehmen. Diese Gebilde stellen dann die kleinen Blutkörperchen dar, die deshalb besonders häufig in unvorsichtig behandeltem Blute sich finden. In diesem kommen dann auch nicht selten zahlreiche andere unregelmässige Formen vor: birnförmige (s. Fig. 4 b), halb- kuglige, bohnenförmige Körperchen sind hier oft zu finden. Bei der Theilung eines Blutkörperchens «durch Drücken des Deckglases und Formirung neuer kleinerer aus den Theilstücken überzeugen wir uns zugleich davon, dass von einer Zellmembran hier keine Rede sein kann. Man beobachtet bei dem Zersprengen des Körperchens keine Membranfetzen. aus denen etwa der Inhalt hervorquillt; vielmehr formiren die Theilungsprodukte sich vom Neuen zu kugelförmigen oder scheibenförmigen Gebilden, die dann eben wieder so scharf contourirt sind, wie die normalen Blutkörper- chen. Alles dies weist darauf hin, (dass wir es hier mit membran- losen elastischen Gebilden zu tnun haben etwa von der Gonsistenz der rothen Blutzellen des Frosches. Während somit die Existenz einer Membran geleugnet werden muss, verhält es sich anders mit der Frage, ob diesen scheibenför- migen Gebilden ein Kern zukomme. Im frischen Zustande ist zwar bei tlüchtiger Betrachtung nichts daran zu sehen; allein, hat man sich einmal durch Anwendung von Reagentien von der Existenz eines Kernes überzeugt, so gelingt es auch an ganz frischem Blut einen solchen als feinen matten Kreis fast innerhalb jeder der stark glänzenden scharf contourirten Blutscheiben wahrzunehmen (vergl. Fig. 1a). Eine genauere Betrachtung ergiebt, dass der Kern nicht das einzige Formelement innerhalb eines solchen Blutkörperchens ist. Man bemerkt ausserdem in jedem derselben ein kleines rundes oder elliptisches oder eckiges stark glänzendes Korn. Es liegt meist in der Nähe des Randes einer jeden Blutscheibe und, wie man sich beim Rollen derselben überzeugt, immer dieht unter ihrer Oberiläche. Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. 253 In allen von mir angewandten Reagentien, in Wasser, Alkohol, Essigsäure und Kalilauge erhielt es sich unverändert. Ueber die Bedeutung dieses so constant vorkommenden Gebildes vermag ich nichts auszusagen. Beobachtet man ein blutpräparat, das gegen Verdunstung nicht geschützt wurde, einige Zeit nach der Anfertigung, so sieht man an den meisten der scheibenförmigen Zellen charakteristische Ver- änderungen auftreten. Die am wenigsten veränderten Körperchen zeigen längs des Scheibenrandds eine leichte Kerbung (Fig. 2a), und von diesen Formen aus finden sich die mannigfachsten Ueber- gänge zu den am meisten veränderten, welche zahlreiche unregel- mässige Einbuchtungen erkennen lassen (Fig. 2b). Alles dies erin- nertsehr an die analogen Veränderungen der Säugethierblutkörperchen unter denselben bedingungen, nur dass bei letzteren die Oberfläche der Körperchen mit spitzen lFortsätzen besetzt ist, während bei Phascolosoma dieselben stumpf und unregelmässig sind. Ich stehe (demnach nicht an, auch die hier vorliegenden Veränderungen dem Eintlusse der Verdunstung zuzuschreiben und auf eine Wasserabgabe der Blutkörperchen an das umgebende Medium zu beziehen. Machen wir dagegen das letztere dünnflüssiger, so sehen wir nun an den scheibenförmigen Zellen ganz analoge Veränderungen eintreten, wie an den rothen Blutkörperchen der Säugethiere auf Wasserzusatz: die Scheiben schwellen zu regelmässigen Kugeln an, in deren Innerem nun der Kern als kugliges Gebilde meist mit ho- mogenem oder höchstens feinkörnigem Inhalte sehr deutlich erkannt wird. Neben dem Kern erscheint das oben erwähnte Körnchen sehr deutlich (vergl. Fig. 3). Dass schon ein geringer Grad der Ver- dünnung genügt, um die Blutscheiben in Kugeln zu verwandeln, beweist der Umstand, «dass bereits Zusatz einer geringen Menge sprocentiger Kochsalzlösung denselben Erfolg hat. Auch Essigsäure macht hier «die Kerne sehr deutlich (Fig. 5a bis «). Sie bewirkt anfangs in jedem Blutkörperchen einen starken körnigen Niederschlag, der bei weiterer Einwirkung dieser Säure sich jedoch schnell wieder löst. Der Grenzeontour des Blutkörper- chens erhält sich dabei so scharf wie im unveränderten Zustande; dagegen werden die Lichtbrechungsverhältnisse (des Inhalts andere, indem die Scheiben ihren Glanz verlieren. Das Verhalten der Blutscheiben gegen Kalilauge ist verschieden, je nachdem man dieselbe im concentrirten Zustande unmittelbar auf 254 G. Schwalbe: die Blutkörperchen einwirken lässt, oder sie der Wirkung verdünn- ter Kalilauge aussetzt. Im ersteren Falle behalten die Blutkörper- chen ihre Gestalt unverändert; es entsteht nur ein grobkörniger Niederschlag in ihnen. Anders gestalten sich die Erscheinungen bei Einwirkung des verdünnten Reagens. Man beobachtet in diesem Falle, dass die Blutscheibchen zuerst eckig und zwar meist drei- oder viereckig werden; dann schmelzen die spitz ausgezogenen Ecken ein, sodass nun ein kugliges bedeutend kleineres Körperchen daraus resultirt; schliesslich verblassen sie plötzlich, und es bleibt nur ein äusserst zarter Kreis mit feiner trüber Masse im Innern zurück als letzte Andeutung des Körperchens. Vom Kern ist dann nichts mehr zu sehen, während das glänzende Körnchen sich unverändert erhält. Auf Zusatz von Alkohol zum Blut von Phascolosoma entsteht ein massiger weisser Niederschlag, welcher wohl aus einem grossen (ehalt des Blutes an Eiweiss zu erklären ist. Unter dem Mikroskop sieht man dem entsprechend neben den abgeblassten Blutkörperchen reichliche Körnige Massen (Fig. 6). Wie oben erwähnt wurde, sind es die eben ausführlich be- schriebenen zelligen Elemente, welche die Flüssigkeit färben, und wurde dies auch schon von Keferstein erkannt !). Bei starken Vergrösserungen namentlich frisch entleerten Blutes erscheinen aller- dings die betreffenden Gebilde fast farblos; allein bei Anwendung eines schwachen Systems überzeugt man sich bald, dass alle scheiben- förmigen Bluttkörperchen matt gelblich tingirt sind, und dieses Gelb wird sehr deutlich, wenn man von bereits dunkel burgunderroth sewordenem Blute nimmt. | Wenden wir uns nun zur Betrachtung des zweiten Hauptbe- standtheils des Blutes, nämlich der eontractilen Zellen. Dieselben tinden sich in viel geringerer Menge und steht ihre Anzahl zur Menge der scheibenförmigen Körperchen etwa in demselben Ver- hältniss, wie die Zahl der farblosen Blutkörperchen des Frosches zu der der gefärbten desselben Thieres. Uebrigens ist dies Zahlen- verhältniss auch bei Phascolosoma durchaus kein constantes. Be- merkenswerth erschien mir die Beobachtung, dass bei kleinen Indi- viduen derselben Species die Zahl der contractilen Elemente der der scheibenförmigen Körperchen kaum nachstand. Uebrigens sind die bis jetzt hier im Allgemeinen als contractile Zahlen bezeichneten 1) l. ce. p. 44. Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. - 255 Formelemente in zwei scharf getrennte Arten zu scheiden. Die erste Art (Fig. 7) zeigt einen kugligen, körnigen Zellkörper!), der bald im Bereiche seiner ganzen Peripherie, bald nur nach einer Seite hin ziemlich starre hyaline unverästelte Fortsätze aussendet, deren Länge und Gestalt langsam wechseln. Es können diese Fort- sätze an einer Seite eingezogen werden, um an einer anderen Stelle wieder zu erscheinen ; nie aber gehen diese Veränderungen rasch von Statten. Ein runder Kern ist in einigen der betreffenden Zellen ohne Weiteres wahrzunehmen, in anderen Fällen wird er durch Reagentien deutlich und scheint in keinem Falle zu fehlen, obwohl er nicht selten selbst bei Wasserzusatz durch den körnigen Inhalt verdeckt bleibt (Fig.7c). Letztere Flüssigkeit bringt eine geringe Quellung der Grundsubstanz hervor, wobei die feinen Fort- sätze eingezogen werden und stellenweise sich ein hyaliner Saum von der körnigen Masse abhebt. Die eben beschriebenen Zellen finden sich oft zu mehreren neben einander im Gesichtstelde und zeichnen sich durch eine grosse Klebrigkeit aus. Sie bleiben gern am Objektträger oder Deckgläschen haften, sodass sie selbst bei starken Strömungen im Präparate unverändert ihren Platz behaupten und sich nur durch ihre eigenen Bewegungen langsam auf dem Glase hinschieben. Die klebrige Beschaffenheit der Oberfläche besitzt auch die zweite Art der contractilen Zellen im Blute von Phascolosoma. Auch bei diesen können wir wieder hyaline contractile Grund- substanz und eingebettete Körner unterscheiden. Die erstere Sub- stanz ist hier aber nicht zu einer Kugel zusammengeballt, aus der feine Fäden hervorragen, sondern plattenförmig ausgebreitet?) und enthält in den meisten Fällen ziemlich grosse stark glänzende Kügel- chen, die meist in einfacher Schicht innerhalb des flach ausgebrei- teten Protoplasma liegen (Fig. 8). Nach dem optischen Verhalten zu schliessen sind diese Kügelchen Fetttröpfchen, weiche Annahme um so wahrscheinlicher wird, wenn man weiss, dass Ehlers’) im Blute des verwandten Priapulus einen grossen Fettreichthum nach- gewiesen hat. Ausser diesen mit glänzenden Körnchen erfüllten 1) 0,009 bis 0,0105 mm. im Durchmesser. 2) Diese Platten können nach einer Seite hin bis 0,045 mm. lang wer- den bei einer Breite von nur 0,0054 mm. 3) Ueber die Gattung Priapulus. 1. c. 222. 256 G. Schwalbe: Platten, in denen man fast immer mehr weniger deutlich einen Kern erblickt, kommen deren nur mit spärlichen oder fast ohne jedes Körnchen vor. Die Bewegungserscheinungen sind aber bei beiden Formen dieselben. Die Platte sendet feine Spitzchen an den ver- schiedensten Stellen aus und verändert, wenn auch langsam, ihre Form zu den allerverschiedensten Gestalten (vergl. Fig. Sa bis e). Die gewöhnlichste dieser Formen ist die Fig. 3a abgebildete. Eine fernere sehr charakteristische ist Fig. Sb dargestellt. Diese lässt sich im Allgemeinen der Form eines Champagnerglases ohne Fuss vergleichen ; der zugespitzte Theil enthält keine Körner, sondern ist ganz hyalin. Zuweilen beobachtet man auch Theilungen dieser Zellen und scheinen diese gerade zur Entstehung der zuletzt er- wähnten Formen Veranlassung zu geben, indem man vor dem Reissen des verbindenden Protoplasmas dasselbe sich wie eine zähe schleimige Substanz erst zu einem feinen Faden ausziehen sieht. Was schliesslich die Bedeutung dieser beiden Arten von con- tractilen Zellen betrifft, so bin ich geneigt, dieselben als farblose Blutkörperchen aufzufassen und sie mit den farblosen Blutkörperchen der Wirbelthiere zu vergleichen. Dass sie sich wie zwei verschiedenen Gastalten präsentiren, kann nichts Auffallendes haben, da ja auch bei den Wirbelthieren ganz analoge Verhältnisse beobachtet sind. U. Eine Beobachtung über Flimmerbewegung. Eine der häufigeren Ascidien bei St. Vaast ist die interessante Perophora, deren zarte verästelte Stöckchen man überall am Ebbe- strande unter Steinen und an Algen findet. Die Kleinheit und Durch- sichtigkeit der am Ende der Aestchen stehenden Einzelthierchen macht gerade diese Ascidie zu einem besonders geeigneten Objekt, sich über den Bau dieser so interessanten T'hierklasse zu unterrichten. Als ich nun zu diesem Zweck dieselben unter dem Mikroskop be- trachtete, fiel mir alsbald eine merkwürdige Erscheinung auf, die an den lebhaft tlimmernden Kiemenspalten wahrzunehmen war. Zum besseren Verständniss derselben sei es mir jedoch gestattet, erst kurz das Flimmerepithel der betreffenden Kiemenspalten zu schildern. Eine jede Spalte des Kiemensacks einer lebenden Perophor: zeigt eine lebhafte wellenförmige Wimperbewegung, die stets nach derselben Richtung hin thätig ist und zwar an der einen Seite der Spalte hinaufgeht, um an der anderen herunter zu laufen. An solch frischen unversehrten Thieren sieht man nun die lebhaft Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. 257 schwingenden Gilien einem schmalen feinkörnigen Stratum von 0,0045 mm. Dicke aufsitzen, in welchem man jetzt keine weitere Differenzirung erkennt. Das Einzige, was man wahrnimmt, ist, dass jenes Stratum sich durch einen hellen homogenen Saum gegen die 0,0162 mm. langen Cilien abgrenzt. Hat dagegen die Flimmer- bewegung aufgehört, stehen die Haare starr, mit ihrer Spitze die Mitte der Kiemenspalte erreichend und so also einen gitterförmigen Verschluss derselben. herstellend, so erkennt man nun deutlich, dass die feinkörmige mit Basalsaum versehene Lage aus einer Schicht breiter niedriger Zellen besteht, deren jede einen elliptischen Kern ohne Kernkörperchen beherbergt. Figur 10 stellt ein Stück des be- schriebenen Wimperepithels im starren Zustande dar und macht eine genauere Beschreibung überflüssig. Die Basis dieser Flimmer- zellen grenzt aussen jedesmal an einen Blutsinus, in welchen sich zahlreiche Blutkörperchen, den Impulsen «der Herzeontraetionen fol- gend, umherbewegen. Wenn man nun eine ganz frische Perophora mit möglichster Vorsicht auf den Objektträger bringt und die Flimmerbewegung an den eben beschriebenen Kiemenspalten beobachtet, so sieht man dass bei zufälligen Erschütterungen des Arbeitstisches und Mikroskops jedesmal mit blitzähnlicher Schnelligkeit jede Spur von Cilien aus den Kiemenspalten verschwindet. Eine genauere Beobachtung er- giebt, dass sich auf dem oben beschriebenen hellen Basalsaum nun noch ein zweiter niedriger Saum befindet, aus welchem kurze Zeit nach dem Stosse sich ein Härchen nach dem anderen rasch erhebt, dass die letzteren einen Augenblick gerade ausgestreckt verharren. um sodann ihr lebhaftes Flimmerspiel von Neuem zu beginnen. Auf jede Erschütterung des Objektes, wie man sie z. B. durch Klopfen auf den Arbeitstisch am bequemsten hervorruft, legen sich also die Haare plötzlich nieder und zwar in der Richtung der nor- mal vorhandenen Cilienbewegung, verharren in diesem Zustande we- nige Secunden, um sich dann wieder gerade aufzurichten und nun erst ihre gewöhnliche Bewegung wieder zu beginnen. Man könnte meinen, dass man es hier mit einer passiven Bewegung zu thun habe, dass die Cilien vielleicht durch Flüssigkeitsströmungen in Folge der Erschütterung oder dergleichen umgelegt würden. Allein hier- gegen sprechen gewichtige Gründe. Es finden sich Kiemenspalten, auf deren einen Seite die Cilien schon starr stehen, während sie auf der anderen noch munter schwingen. Klopft man auf den Tisch, 258 G. Schwalbe: so legen sich nur die lebhaft schwingenden Wimperhaare nieder, während die anderen starr bleiben. Dass jenes Niederlegen der Wimperhaare in der That ein vitaler Act ist, geht vor Allem aus dem Umstande hervor, dass bei öfterer Wiederholung des Versuches derselbe sehr bald nur noch schlecht und auf äusserst starkes Klopfen und endlich gar nicht mehr gelingt. Dabei können aber die Cilien selbst noch ganz munter weiter schwingen. So verhalten sich die Thiere gewöhnlich am zweiten Tage der Gefangenschaft. Dagegen schlägt das Experiment nie fehl an frisch gefangenen Exemplaren, obwohl auch an diesen einige Spalten weniger empfindlich zu sein scheinen, als andere. Ist nun aber auch eine von aussen kommende Einwirkung bei diesem Experiment ausgeschlossen, so liesse sich doch noch denken, dass möglichenfalls Gebilde muskulöser Natur sich an jenem Vor- gange betheiligten. Es könnte ja auf refleetorischem Wege jener Reiz auf die Muskeln der Körperhülle übertragen werden und durch (dleren Bewegung auf eine freilich nicht näher definirbare Weise der Tetanus der Flimmerzellen, wie wir jene Erscheinung wohl nennen können, mit veranlasst werden. Diese Meinung könnte sich auch auf wirkliche Beobachtungen stützen, da man in der That bei will- kürlichen Contractionen der Tunica interna (Muskelschicht) des T'hieres zuweilen dasselbe Niederlegen der Cilien wahrnimmt, wenn nicht andrerseits plötzliche Erschütterung des Thieres, wie oben erwähnt, denselben Erfolg hätte, ohne dass eine Muskelbewegung dabei beobachtet wird. Es beweist diess also nur, dass es gleich- gültig Ist, von welcher Seite die Erschütterung kommt, ob sie von Bewegungen des Thieres ausgeht oder ausserhalb desselben ent- standen ist; in beiden Fällen tritt Tetanus der Flimmerzellen ein. An einen direkten Zusammenhang der Wimperzellen mit Muskel- fasern ist auch nicht zu denken, da an den Kiemenspalten der Ascidien bekanntlich keine muskulösen Elemente vorkommen und würde überdies in diesem Falle der Mechanismus der Erscheinung vollständig unklar bleiben. Es bleibt somit keine andere Annahme übrig, als dass entweder die Flimmerzellen selbst mechanisch reiz- bar sind, auf Erschütterung in Tetanus verfallen oder, dass feine, anatomisch bis jetzt nicht demonstrirbare Nervenfäserchen zu ihnen verlaufen, die auf reflectorischem Wege erregt einen Tetanus der betreffenden Flimmerzellen auslösen. Welche von beiden Annahmen vorzuziehen ist, kann nur auf experimentellem Wege mit Hülfs- Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. 259 mitteln, die mir in St. Vaast nicht zu Gebote standen, entschieden werden. Jedenfalls ist die Thatsache an sich interessant genug, um eine Mittheilung zu rechtfertigen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV, 2. Sämmtiiche Figuren sind bei Anwendung von System F, Ocular II eines Zeis’schen Mikroskopes gezeichnet. Fig. 1 a ie. 9 . 10. Stück des Flimmerepithels einer Kiemenspalte von Perophora im . Farbige Blutkörperchen aus dem frisch entleerten Blute von Phasco- losoma elongatum. a von der Fläche, b von der Kante gesehen. Dieselben aus eintrocknendem Blute, mit zackigen Rändern. Farbige Blutkörperchen aus verdünntem Blute. Sie sind zu Kugeln angeschwollen, der Kern ist jetzt sehr deutlich. Eigenthümliche Formen von farbigen Blutkörperchen aus frischem Blut. 5. Farbige Blutkörperchen nach Behandlung mit Essigsäure. a bei Ein- wirkung sehr verdünnter, e nach Application concentrirter Essigsäure. Blutkörperchen aus mit Alkohol behandeltem Blute. . a u. b. Kuglige körnige farblose Blutzellen mit einfachen hyalinen be- weglichen Fortsätzen aus dem frischen Blut von Phascolosoma. e nach Verdünnung des Blutes mit Wasser. . Eine zweite Art farbloser eontractiler Zellen mit Körnchen im Innern aus demselben Blute. . Eigenthümlicher Haufen glänzender Kügelehen aus demselben Blute. starren Zustande. Zur Entwickelungsgeschichte nd systematischen Stellung der Bryozoen und Gephyreen. Von A. Schneider. Hierzu Taf. XVI und 4 Holzschnitte. I. Cyphonautes. Cyphonautes wurde 1832 von Ehrenberg') entdeckt im ÖOst- seewasser, welches ihm von Kiel nach Berlin geschickt war. Ob- gleich ihm nur zwei Exemplare zu Gebote standen, hat er die Or- ganisation desselben sehr richtig erkannt. Dass ihn Ehrenberg zu den Räderthieren stellte, war vollkommen erklärlich, da man damals Wimperkreise nur bei Räderthieren kannte. Uyphonautes scheint in allen Meeren überaus häufig vorzukom- men und ist gewiss schon oft beobachtet worden, aber nur selten findet man ihn in der Litteratur erwähnt, da wahrscheinlich die meisten Forscher diesem merkwürdigen Wesen rathlos gegenüber gestanden haben. Joh. Müller?) beschrieb ihn zuerst wieder und glaubte ihn mit der Mitraria vergleichen zu können, einer Larven- form, welche er ebenfalls für äusserst räthselhaft erklärte, die er aber geneigt ist, zu den Anneliden zu rechnen. Semper?) dagegen glaubt. dass sich Gyphonautes zu einem Lamellibranchiaten entwickle und zwar, nachdem er seine Schaale abgeworfen. Aus Semper’s sehr kurzer Mittheilung lässt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, wie weit seine Ansicht auf direeter Beobachtung beruht. Obgleich 1) Abhandlungen der Acad. d. Wissenschalten zu Berlin aus d. Jahre 1833 p. 20! u. d. Infusionsthiere als vollkommene Organismen ete. pag. 395. 2) Müllers Archiv 1854. S. 94. 3) Bulletin de l’Acad. roy. d. Belgique 1867 S. 353, Zur Entwickelungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen ete. 261 bei der von mir sicher beobachteten Metamorphose die Schaale an- fangs nicht abgeworfen wird, so könnte dies doch bei andern Species von Üyphonautes vorkommen und diese Beobachtung Semper’s richtig sein. Eine Verwandlung in einen Lamellibranchiaten findet aber gewiss niemals statt. Semper’s Ansicht wurde von Glapa- rede!) mit Beifall aufgenommen. Eine Metamorphose des Gypho- nautes beobachtet er zwar nicht. aber schon sein Bau schien ihm vollständig ähnlich mit dem eines Muschelembryo. Die genannten Forscher haben die systematische Stellung, wie die definitive Gestalt des Oyphonautes nicht erkannt. er entwickelt sich vielmehr zu einem Bryozoon und zwar zu Membranipora pilosa. Zum Verständniss der Entwickelungsgeschichte wird esnöthig sein. den Bau des Gyphonautes zu schildern. Der Körper hat die Gestalt einer seitlich stark zusammengedrückten Glocke (Taf. XVI Fig. 1 und 10). Die Spitze derselben betrachte ich als das Vorderende, da sie beim Schwimmen auch immer nach vorn gerichtet ist. Im Grunde der Glocken- höhle liegt die Mundöftnung, während die Glockenhöhle selbst nur eine Art Vorhof darstellt. Die Wandung der Glocke ist die Körperwand, welche also aus 2 Blättern zusammengesetzt ist, dem äusseren und dem inneren oder Vorhofsblatt, die in dem Rande der Glockenöffnung zusammenstossen; der Körper wird nach aussen von einer, oder. wenn man will, zwei Schaalen bedeckt, welche denselben dreieckigen Umriss wie der Körper besitzen. Sie verbinden sich längs der einen Körperseite in ihrer ganzen Länge in einem Rand, den wir Schloss- rand nennen wollen. Die beiden andern Ränder der Schaale sind frei, den einen werden wir »Hinterrand«, den andern »Darmrand« nennen. Am Darmrand biegen sich die Schaalen nach der Mittel- linie des Körpers in einer scharfen Ecke um, so dass sich die Schaa- len an dieser Stelle wie Zangen berühren. Am Vorderende sind die Dreiecksspitzen der Schaalen winklich ausgeschnitten und es tritt dort der Körper in Gestalt eines Knopfes hervor, welcher mit einem Kranz von Wimpern besetzt ist, die ich aber niemals in Bewegung gesehen habe. Der Mund (Fig. 1 und 10, 0) ist gewöhnlich — durch einen Sphineter — geschlossen und öffnet sich nur auf Augenblicke. Ein enger Darm läuft gerade nach hinten, um sich noch innerhalb des Vestibulum in dem After zu öffnen (Fig. 1 und 10,a). 1) Beobachtungen über Anatomie und Entwickelungsgeschichte wirbel- loser Thiere an der Küste von Normandie. Leipzig 1862. 8. 107, 262 A. Schneider: Am Hinterende des Schlossrandes (Fig. 1 und 10,b) liegt ein kegelförmiges Organ noch in der Leibeshöhle aber stark in den Vorhof vorragend. Von der — nach vorn gerichteten — Spitze des Kegels gehen mehrere Fasern nach dem Vorderende des Thieres, um sich an eine Zellmasse anzusetzen, welche den obenerwähnten bewimperten Knopf ausfüllt. Die zuckenden Bewegungen des Ke- gels berechtigen zu der Annahme, dass diese Fasern zum Theil we- nigstens Muskeln sind. Die frei nach der Mündung des Vorhofs vorstehende Basis des Kegels ist tief ausgehöhlt und mit Wimpern besetzt. In ihrem Grunde liegt ein kurzer zungenförmiger, längere Wimpern tragender Fortsatz, welcher vorgestreckt werden kann. Die Basis des Kegels umsäumt eine Wimperschnur, deren Verlauf sich nicht mit Sicherheit verfolgen lässt. Sie umgiebt den Kegel seitlich und am Schlossrande vollständig, aber nach dem Darmrand zu biegt sie nach Innen, ob sich aber hier der Kranz schliesst oder ob die Wimpern in dem allgemeinen Wimperbesatz der Kegelbasis über- sehen, konnte ich nicht ermitteln. Die Substanz des Kegels scheint aus säulenartigen Körpern (Muskelzellen ?) zusammengesetzt. welche von dem Kegelmantel nach der Basis zu verlaufen. Eine vollständig geschlossene Wimperschnur umgiebt aber die Afteröffnung. Zunächst umsäumt sie den Rand des Vorhofs von seiner Mitte bis zum Darmrand und vereinigen sich hier hufeisen- förmig beide Seiten. In der Mitte des Vorhofrandes tritt die Wim- perschnur, indem sie gleichzeitig einen kleinen nach dem Darmrand gerichteten Wimpel bildet. in das Innere des Vorhofs, zieht mit einer gestreckt Sförmigen Windung nach vorn und wendet sich dann nach dem Darmrand, wo sie sich mit der von der andern Seite kommenden vereinigt. Das kurze Stück des Vorhofrandes zwischen dem kegelförmigen Organ und dem Wimperkranz ist ebenfalls bewimpert. Auch der Vorhof selbst ist namentlich nach dem Munde zu mit Wimpern besetzt, durch deren Spiel sich Bissen bilden, die schliesslich verschluckt werden. Das Vorhofsblatt der Leibeswand enthält quere Fasern, wahr- scheinlich Muskeln, auch sind zwischen den beiden Blättern des Leibes einzelne Fasern ausgespannt. Die Leibeswand scheins nicht gleichmässig an der Schaale angewachsen zu sein, sondern nur an gewissen Punkten, die man besonders deutlich sieht, wenn man die Schaale künstlich öffnet. Leider habe ich von diesen Anwachsstellen keine Aufzeichnungen gemacht. Eine derselben ist besonders deut- Zur Entwickelungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen etc. 263 lich auch ohne Oeffnung der Schaale, sie liegt an der vordern Um- biegung der Afterwimperschnur (Fig. 1 und 10 m). Es setzt sich dort ein Bündel von Fasern an, möglicherweise Muskelfasern. Noch ist ein räthselhaftes paarig vorhandenes Organ (Fig. 1 und 10 n) zu erwähnen, von elliptischem Umriss flach jederseits zwischen dem oben erwähnten Ansatzpunkt und dem Darmrande mit seiner Längsaxe schief zur Längsaxe des Thieres gelegen. Nach Glaparede fehlt es bei jüngeren Thieren '). Glaparede betrachtet dasselbe als einen Schliessmuskel und schreibt ihm eine entsprechende Struk- tur zu, es soll aus kurzen parallelen Säulen bestehen, deren Quer- sehnitte sich bei der Flächenansicht leicht als Kreise erkennen lassen. Ich habe mich dieser Angalen, als ich das Thier beobachtete. nicht erinnert, und bedaure das umsomehr, als mir dieses Organ sanz anders, nämlich vielmehr solid und nur von vielen feinen Kanälen durchsetzt, erschien. Spätere Beobachtungen mögen zwi- schen unsern Ansichten entscheiden. Sicher aber ist der erwähnte Ansatzpunkt m, welchen Claparede als »Nebenschliessmuskel« be- zeichnet und als gleichgebaut mit diesem grossen Organ betrachtet, (davon auffallend verschieden. Auch kann, welches auch sein Bau sein mag, dieses Organ nicht als ein Schliessmuskel wirken. Der Schliess- muskel der Muscheln geht von einer Schaale zur andern, während hier zwei durch die Vorhofshöhle getrennte Organe vorhanden sind. In der Nordsee kommen von Gyphonautes zwei, möglicher- weise drei Spezies vor. Bis jetzt gilt meine Beschreibung für alle drei, allein nun muss ich die Unterschiede dieser Species erörtern. Die kleinste Species (Fig. 1) ist offenbar identisch mit Cyphonautes compressus Ehrbg. Ihr Körper hat ungefähr die Gestalt eines gleich- seitigen Dreiecks, der Hinterrand der Schaale ist auf der Innenseite glatt. Diese Species allein ging während der Beobachtungszeit im August in eine Membranipora über. Die zweite Species (Fig. 10), welche eben so häufig als Ü. compressus vorkam, hat die Gestalt eines ungleichseitigen Dreiecks, die grösste Seite ist der Schlossrand, die kleinste der Afterrand, der Hinterrand der Schaale ist auf der Innen- seite mit Höckern besetzt, die an den beiden Ecken kleiner sind und in mehreren Reihen stehen, in dem übrigen Theile des Randes längliche Wülste bilden und in einer Reihe stehen. Diese Species sowie die folgende gingen im August niemals in ein Bryozoon über, auch nicht l) a. a. ©. Taf. XVIll. Fig. 15. M. Schultze, Archiv f. mikrosk, Anatomie. Ed. 5. 18 264 A. Schneider: im September als Herr Dr. Nitsche auf meinen Wunsch die Be- obachtungen über den Cyphonautes fortsetzte. Viel seltner als diese beiden Species kam eine dritte (Fig. 11) vor, bei der das Dreieck gleichseitig, aber am Vorderrand in gleicher Weise wie bei der zweiten mit Höckern besetzt ist. Die Umrisse dieser Species habe ich genau mit der Camera gezeichnet. Niemals habe ich beobachtet, dass die Körpergrösse so wie die Dreieckswinkel dieser Species in einer erheblichen Weise sich verändert hätten. Claparede hat zwei dieser Species, Ja vielleicht alle drei gesehen und richtig ahgebilldet, allein als Entwicklungsstufen einer einzigen Species gedeutet. Ich glaube, die eben angeführten Beobachtungen werden meinen ver- ehrten Freund wohl von der Richtigkeit meiner Ansicht überzeugen. Es gehen in den Cyphonautes während des Schwärmens aller- dings Veränderungen vor, welche die folgende Metamorphose vor- bereiten. Das von Claparede beobachtete Entstehen des schildförmi- gen Organs haben wir bereits erwähnt. Ausserdem treten allmählig Ablagerungen von Stoffen auf, welche den zuerst durchsichtigen Kör- per undurchsichtig machen; bei Cyphonautes compressus in der Gestalt von feinen Körnchen, bei den andern Species als Haufen fettartig conturirter Plättchen. Hält man solche Thiere in reinem Wasser, so werden die Stoffe aufgebraucht und der Körper wieder durch- sichtig. Auch tritt bei diesen älteren Thieren am Hinterrande eine polyedrische Zeichnung auf, welche nach Claparede von einem Epithelium des Vestibulum herrühren soll. Ich selbst bin über die Deutung derselben ungewiss geblieben. Wie wir bereits erwähnten, verwandelt sich Cyphonautes com- pressus in Membranipora pilosa. In dem ersten Stadium dieser Ver- wandelung (Fig. 2), welches ich beobachten konnte, hat der Oypho- nautes seine Gestalt bereits erheblich verändert. Der Körper stellt einen flachen viereckigen Haufen dar. Die Schaale ist aufgeklappt, und bedeckt den Körper wie ein Schild. Von den Wimperschnüren, dem Darm, überhaupt von all den oben beschriebenen Organen ist nichts mehr sichtbar. An dem Hinterende ist der Körper in zwei symmetrisch liegende Zipfel ausgezogen; es sind zwei jener Anwachs- stellen des Körpers an die Schaale, welche wir erwähnten. Am Vorderende findet sich jederseits eine kurze Einkerbung. Das Innere ist von einer scheinbar strukturlosen körnigen Masse erfüllt, in der man nur undeutlich einen oval abgegränzten Haufen unterscheiden kann. Einzelne Reste der Wimperschnur lagen noch an der Schaale. Zur Entwicklungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen. 265 Die Gestalt der Schaale bietet einen überraschenden Anblick dar. Sie hat sich nicht einfach aufgeklappt, sondern auch im Schlossrande gespalten. Die Schlossränder sind aber nicht in der Mittellinie liegen geblieben, sondern haben sich über einander ge- schoben, dass sie sich unter einem spitzen, nach vorn geöffneten Winkel, der von der Mittellinie genau halbirt wird, schneiden. Es tritt nun auch eine Eigenthümlichkeit der Schaale hervor, die man an dem freischwimmenden Cyphonautes kaum bemerkt. Wir er- wähnten bereits, dass die Schaalen sich am Darmrande zangenartig zusammenbiegen. Längs dieser Biegung tritt nun eine scharf mar- kirte, in einer regelmässigen Bogenlinie verlaufende Kante hervor. Ich habe zum bessern Verständniss (Fig. 2a) eine einzelne Schaale abgebildet. Wenn man sich zwei derselben in Papier ausschneidet und die Bogenlinien darauf zeichnet, so wird man sich durch Auf- einanderlegen derselben leichter eine Vorstellung von der Entstehung der auf den ersten Blick räthselhaften Zeichnung machen. In welcher Weise der freischwimmende Cyphonautes in das so eben beschriebene festsitzende Stadium übergeht, kann man sich ungefähr denken. Das Festsetzen wird wahrscheinlich stattfinden, so lange die Wimpern sich noch ganz oder theilweise bewegen. Denn sonst würden die Larven sich nicht, wie es sogar meist geschieht, an senkrechten Wänden festsetzen können. Es ist ferner wahr- scheinlich, dass sie sich dazu des kegelförmigen Organes bedienen, welches seiner Struktur nach recht wohl als Saugnapf wirken kann. Vielleicht ist der runde Fleck, den ich soeben als im Innern des Körpers liegend beschrieben habe, als ein Rest desselben zu betrachten. Das Oeffnen der Schaale kann allein dadurch geschehen, dass die Glocke aus ihrer platten Gestalt in eine mehr runde übergeht. Dazu werden die Muskelbänder dienen, welche von der Spitze des kegel- förmigen Saugnapfs nach der vordern Körperspitze verlaufen. Es lässt sich auch leicht denken, dass die Schaale bei diesen jedenfalls gewaltsamen Contractionen in ihrem Schlossrand zerspringt und die Stücke sich in der constanten und regelmässigen Weise über einan- derlegen. Alle diese Vorgänge verlaufen jedenfalls sehr schnell, sobald die Larve ihre Reife erlangt und den passenden Ansatzpunkt gefunden hat. Wie grosse Veränderungen der Körpergestalt das Aufklappen der Schaale hervorbringt, kann man ersehen, wenn man dies künst- lich bewerkstelligt. Die Glockenhöhle — der Vorhof — verschwin- 266 A. Schneider: det dann ganz, das kegelförmige Organ wird nach vorn bis vor die Mundöffnung gezogen. Das Fesisetzen des Uyphonautes habe ich in grossen und kleinen Gefässen, selbst in Uhrschälchen wiederholt beobachtet. Leider sind diese Züchtungsversuche mit grossen Schwierigkeiten verbunden, wie sie bei Züchtungsversuchen pelagischer Thiere sich immer wiederholen. Haben nämlich die Larven nicht bereits im freien Meere ihre vollkommne Reife erlangt, so entwickeln sie sich in der Gefangenschaft nicht weiter und man kann als Regel anneh- men, dass die Metamorphose, wenn sie überhaupt geschieht, spätestens ungefähr in der sechsten Stunde der Gefangenschaft eingetreten sein muss. Die Larven leben zwar in der Gefangenschaft noch Tage lang weiter, aber verkümmern. Ein äusseres Kennzeichen der Reife lässt sich nicht auffinden, und so geschieht es, dass nur wenige von den isolirten Larven sich festsetzen. Die spätern Stadien kann man leicht am Leben erhalten und in ihrer weitern Entwicklung verfolgen. Wenden wir uns wieder zu den thatsächlichen Beobachtungen (ler Entwicklung zurück. Der Körper des T'hieres verliert nun voll- ständig Alles, was wenigstens noch entfernt an die Larvenstruktur erinnert, er stellt eine gleichmässige zellige Scheibe dar von der Gestalt einer Ellipse, deren grosser Durchmesser quer steht. Diese Scheibe umgibt sich mit einer zarten aber deutlich doppeltconturirten Membran. Die zur Bildung dieser Membran ausgeschiedne Substanz scheint sich aber auch zugleich auf die Cyphonautesschaale zu ver- breiten. Es zeigt sich nämlich auf der Schaale ein elliptischer Ring von ähnlichen Umrissen wie die Scheibe, nur vor etwas grösseren Dimensionen, welcher sich während aller nun folgenden Metamor- phosen des Körpers erhält und auch auf der Schaale festbleibt wenn man sie loslöst. Ich betrachte ihn als die Gränzlinie einer (darauf ausgebreiteten festen durchsichtigen Substanz. Dass die Ab- sonderung derselben erst nach der Oeffnung der Schaale vor sich gehen kann, folgt daraus, dass der Ring an dem freischwimmenden Cyphonautes fehlt und dass sein Contur ohne Unterbrechung über die sich theilweise deckenden Schaalen weggeht. Diese Absonderung verkittet die beiden Schaalen unter sich und mit der darunter lie- genden Membranipora noch lange nach beendigter Entwicklune.. Die Zellscheibe ändert nun bald ihre Dimensionen, indem sie sich in der Querrichtung zusammenzieht und in der Längsrichtung ausdehnt, aber wieder einen elliptischen Umriss annimmt (Fig. 4). Zur Entwicklungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen. 267 Sobald die Scheibe diese definitive Gestalt angenommen hat, wird ihre Wand dicker und der Charakter der Bryozoenzelle tritt hervor. Die Kapsel verkalkt (Fig. 5) und nur der ovale Raum am Vorder- ende, dessen Durchmesser etwa den halben Durchmesser der Kapsel beträgt, bleibt unverkalkt. Die sogenannten Poren der Kalkwand verdienen diesen Namen nicht mit vollem Recht, es sind nur cylin- drische oder schwach kegelförmige Vertiefungen, welche von Innen her in die Wand dringen. Es ist wohl möglich, dass ihre Decke unverkalkt bleibt. Die Mundöffnung fehlt anfangs noch. Dagegen treten die Stacheln schon früh auf und durchgängig auch zwei von den Punkten, an welchen später neue Individuen knospen, von denen weiter unten die hede sein soll. Ist die Schaale so weit fertig, so treten auch im Innern weitere Veränderungen auf. Die gleichmässig den Körper erfüllende Zell- masse beginnt sich zu differenziren. Im vordern Theil unter der weichbleibenden Mundfläche werden die Zellen heller, während im Hinterende sich ein eiförmiger kleiner Zellhaufen abgränzt (Fig. 5), an dessen vorderem Pole sich auch bereits eine kleine spitz aus- laufende Höhle zeigt. Aus diesem Zellhaufen entsteht nun mit einem Male, ohne dass man Zwischenstufen bemerkt, der Tentakelkranz sowie der Darmtractus, an dem sich sogleich die drei Abtheilungen des Oesophagus, Magen und. Mastdarm unterscheiden lassen (Fig. 6). Ebenso treten die Retractoren auf. Die eben erwähnte Höhle ver- längert sich nach vorn und wird zur Tentakelscheide, Nach 48 Stunden hat sich aus dem Gyphonautes eine vollständige Membrani- pora pilosa gebildet, welche ihre Tentakel bereits vorstreckt. Dies erste Individuum beginnt auch sogleich — fast noch ehe es fertig ist — Knospen zu treiben. Es geschieht dies bei M. pilosa an vier bestimmten Punkten, welche rechts. links, und in der Mittellinie der analen und abanalen Seite liegen '). Der Knospungspunkt der rechten 1) Die von Allman für die Bryozoen eingeführten Ausdrücke »neural« und »hämal« gehen von einem Vergleiche mit den Mollusken aus. Bereits Nitsche (Reichert und Du-Bois Archiv 1868 S. 466) hat die Mängel dieser Ausdrucksweise hervorgehoben. Ich erlaube mir dafür »anal« und »abanalk vorzuschlagen. Ich nenne ferner speciell bei Membranipora pilosa die Fläche, mit welcher sie aufgewachsen, die untere, das unverkalkte mit Stacheln um- zebne Feld die obere Fläche. Die Körperwand des Thieres hat ungefähr die Gestalt eines schiefstehenden Cylinders, dessen Basen unsern Flächen entspre- 268 A, Schneider: und linken Seite (Fig. 51) wird schon bei der Bildung der Schaale an- gelegt. In einem längsgestellten elliptischen Raume bleibt die Kör- perwand unverkalkt und weich. An diesen Stellen quillt nun ein Paren- chym hervor, welches aus einer hellen Masse besteht, in der viele runde und geschwänzte Kerne oder Zellen vertheilt sind. Gleichzeitig tritt auch die Scheidewand auf, welche die Knospe von dem Stammthiere trennt. Man kann den Contur, in welcher sich dieselbe an der untern und Seitenfläche der Körperwand ansetzt, verfolgen. Sie ver- läuft auf der Seitenfläche in einiger Entfernung parallel mit der elliptischen Begränzung des Knospungspunktes (Fig. 7q), und auf der untern- Fläche ebenfalls als eine elliptisch gekrümmte Linie. Wie man sieht wird alse durch die Scheidewand ein Theil der Schaale des Stammthieres mit für die Knospe abgetrennt. Bei dem weiteren Wachsthum geht dieses Stück in die Begränzungsfläche der Knospe über, während im Anfang die Knospe scharf gegen dieselbe abge- setzt war. Die weitere Ausbildung der Körpergestalt, sowie der innern Organe verläuft an der Knospe in ganz derselben Weise, wie wir dies oben von dem Stammthiere beschrieben haben. Ja die Knospen eignen sich noch besser zur Beobachtung dieses Processes, da sie in beliebiger Menge zu Gebote stehen, so dass man die brauch- baren auswählen kann. Dies ist unumgänglich nothwendig. Denn während an einigen Knospen die Kerne deutlich als Bläschen mit Kernkörper hervortreten, erscheinen sie am andern als einfache solide Körner. Das Parenchym der Knospen erinnert sehr an Binde- substanz. Wie bei dieser kann man zweifelhaft sein, ob es aus Zell- substanz mit eingestreuten dickwandigen Kernen oder aus Zellen mit reichlicher Intercellularsubstanz besteht. Alle Gewebe bilden sich aus diesen gleichen Zellen, indem sie z. B. zur Bildung der Tentakel- krone und des Darmtractus dicht an einander treten. An den Muskelfasern, deren Entwicklung ich nicht näher‘, verfolgt habe, sieht man anfangs noch den Kern, welcher später verschwindet. Noch bevor die jungen Knospen Nahrung zu sich nehmen, findet sich im Reetum ein stark lichtbrechendes Conerement, welches Smitt!) chen, während wir an dem übrigen Theil — dem Öylindermantel — anale, abanale und laterale Seiten unterscheiden können. Ebenso glaube ich. sollte man den Aus- druck „Zelle“ für den festen Theil der Leibeswand der Bryozoen vermeiden. Ich habe in Ermanglung eines bessern den Ausdruck Körperwand oder Schasde gewählt. 1) Öfversigt af K. Vet. Acad. Förhandl. 1865. 8. 6 u. ff. Zur Entwicklungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen ete. 269 der es meines Wissens zuerst beobachtet und von Aetea truncata abgebildet hat, als Meconium bezeichnet. Indess habe ich auch an älteren Thieren einen ganz ähnlichen Körper im Rectum gefunden, so dass die Abscheidung desselben wohl fortzudauern scheint. Die Knospungsstelle der Analseite (Fig. 7a) tritt etwas später aber auch in allen Fällen auf, und bildet ebenfalls einen elliptischen aber quergestellten Raum. Der Kalk scheint zu diesem Behufe erst wieder gelöst zu werden. Die Scheidewandbildung und Differenzirung der Organe erfolgt in gleicher Weise wie bei den Seitenknospen. Beim ferneren Wachsthum tritt an der analen Knospe eine Aenderung in der Lage der Schaale des Stammes zu der der Knospe ein. Wir sahen, dass die anale Knospe auf der kugelförmig gewölbten Schaale mit einer schmalen Basis aufsitze, und da so wohl das Stammthier wie die Knospen zuerst einen elliptischen Umriss besitzen, so be- rühren sie ‚sie sich sonst nicht. Allmählig nehmen aber beide mehr einen rechteckigen Umriss an und legen sich mit ihren Rändern dicht an einander. Der Analrand des Stammthieres verliert seine Wölbung und bedeckt vielmehr den Abanalrand seiner Knospe von oben (Fig. 9), während an den Seiten Knospe und Stammthier nur neben einander liegen. Zwischen an einander liegenden Individuen scheinen übrigens durch enge Röhren offne Verbindungen zu entstehen, wie dies von andern Bryozoen bereits bekannt ist!). Alle Knospen, welche an der rechten, linken und analen Seite entstehen, wachsen gewöhnlich in derselben Richtung wie das Stammthier, alle ihre Theile sind in demselben Sinne gelagert. Nur darin findet ein Unterschied statt, dass der Magen und Mastdarm bald rechts bald links vom Oesophagus steht. Eine Regel scheint dafür nicht vorhanden. Die Knospen der abanalen Seite sind aber zum Stammthiere im entgegengesetzten Sinne gelagert und bilden auch alle neuen Knospen in diesem Sinne weiter. Die abanalen Knospen treten äusserst selten auf. Wenn sie aber auftreten, so treiben alle Individuen desselben Stockes, so weit dies möglich, abanale Knospen. Auch die lateralen Knospen können die Richtung des Wachsthums verändern, indem sie senkrecht zur Richtung des 1) Die Scheidewände der vier Knospen zeigt Fig. 8. welche zugleich in Verbindung mit Fig. 7 eine Darstellung des Baues der Membranipora pilosa giebt, und hoffentlich auch ohne nähere Beschreibung verständlich sein wird, 270 A. Schneider: Stammthieres weiter wachsen, so an der Varietät von Membranipora pilosa, welehe Smitt!) als catenularia beschreibt und abbildet. Die Knospenbildung der Bryozoen ist ein so interessantes aber auch so weites Gebiet der Forschung, dass es die volle Kraft eines Menschen in Anspruch nimmt. Da ich nicht die Absicht habe, mich für jetzt weiter darin zu vertiefen, so will ich auch nicht eine Kritik der oben erwähnten Untersuchungen von Smitt, die so weit sie die rein morphologischen Vorgänge der Engspenkiltiunz betreffen, wichtige Bereicherungen unsrer Kenntnisse enthalten. Die Knospen- bildung der Membranipora pilosa ist von ihm auch nur flüchtig berührt. Was aber den histologischen Vorgang der Knospung und die Histo- logie von Membranipora überhaupt betrifft, so glaube ich sie rich- tiger dargestellt zu haben. Noch einen Punkt in der Naturgeschichte der Membranipora pilosa muss ich aber berühren. Dieses Thier bietet, wie bereits Busk?) bemerkt und Smitt?) ausführlicher beschrieben hat, sehr viele Varietäten dar. Einmal ist die Grösse der Thiere sehr verschie- den, dann der Grad der Durchsichtigkeit und die Farbe, welche bald schwärzlich bald hellbraun bis gelb ist, bald sind, „wie schon erwähnt, an den Zellen der Knospen und der Erwachsenen die Kerne unsicht- bar, bald überraschend deutlich. Vor allen aber wechselt die Grösse und Zahl der Stacheln, welche die sogenannte Mündung der Schaale umgeben. Der unpaare Stachel, welchen der sonst so genaue Bu sk irrthümlich für ein Vibraculum erklärt, kann ganz fehlen oder von einer winzigen Grösse bis zur Länge von 2 mm. vorkommen. Die Zahl der symmetrischen Stacheln wechselt von 0—4, ja selbst die Symmetrie ist mitunter nicht vorhanden. Mitunter stehen an der Stellegeines einzigen, zwei dicht neben einander. In jeder Colonie herrscht gewöhnlich ein solcher variabler Charakter vor, und erst nach längerem Suchen findet man auch die andern Varietäten in einzelnen Individuen vertreten. Die Gesetze der Knospung habe ich nur von solchen Colonien abgeleitet, welche sich rasenartig auf Algen, Ascidien und Muschelschaalen verbreiten, sollte aber Electra verti- eillata (Lamouroux), welche freistehende Stämme bildet, nur eine Varietät von Membranipora pilosa sein, so würde auch das Knospungs- gesetz eine weitere Modification zulassen. 1) Öfvers. af kongl. Vetensk. Akad. Förhandl. 1867. Taf. XX, Fig. 49. 2) A catalogue of marine Polyzoa, II. Bd. S. 56. 3) Öfversigt af kongl. Vetensk. Akad. Förhandl. Taf. XX, Fig. 45— 49. Zur Entwickelungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen ete. 271 Ueber die früheren Zustände des Cyphonautes wissen wir nichts. Da bei den marinen Bryozoen keine Fortpflanzung durch Statoblasten sondern nur durch Eier bekannt ist, so werden die Gyphonautes wohl auch Produkte der geschlechtlichen Fortpflanzung sein. Mem- branipora pilosa ist hermaphroditisch. Obgleich im August einzelne. offenbar ältere Golonien geschlechtsreif waren, gelang es mir jedoch niemals, Embryonen zu erhalten. Es bleibt uns noch übrig, die Entwickelung der Membranipora pilosa mit der andrer Bryozoen zu vergleichen. M. pilosa besitzt. um es in Kurzem zu wiederholen, einen Embryo mit deutlich ditfe- renzirten Darmkanal, Muskeln und Vorhof. Diese Differenzirung geht verloren, es entsteht eine Zellscheibe, aus der durch eine zweite Differenzirung das Bryozoon sich bildet. Alle andern bis jetzt be- kannten Embryonen von Bryozoen haben eine kugelförmige Gestalt und keine innere Organe. Insofern sie also keine so durchgreifende Rückbildung erleiden können, unterscheidet sich ihre Entwickelung von der des Uyphonautes. Aber sobald diese Embryonen sich fest- gesetzt haben, gehen sie in eine ganz gleiche Zellscheibe über und die folgenden Entwickelungs-Stadien sind bei allen Bryozoen gleich. Die Möglichkeit bleibt auch vorhanden, dass bei dem Uebergang von dem bewimperten kugelförmigen Embryo zur Zellscheibe eine, wenn auch weniger auffallende Umbildung des Körpers stattfindet. Ovicellen habe ich bei Membranipora pilosa, obgleich ich grosse Mengen derselben untersuchte, nicht gefunden. Da auch, meines Wissens, andere Schriftsteller dieselben nicht erwähnen, so treten sie vielleicht niemals auf. Eine andere Species Membranipora Fle- mingii besitzt Ovicellen. Ihr Embryo, welchen ich selbst beobachtete, hat die gewöhnliche kugelförmige Gestalt, er liegt in der Ovicelle von einer festen dünnen Schaale umgeben. Es wäre weiter zu ver- folgen, ob das Fehlen einer eigenen Ovicelle immer mit dem Auf- treten der Cyphonautesform verbunden ist. Mitraria. Mitraria ist von Joh. Müller 1551 entdeckt worden. Trotz wiederholter Beobachtung gelang es ihm nie, ihre weitere Ent- wicklung zu verfolgen. Sie scheint äusserst selten zu sein und ist meines Wissens nur noch einmal beobachtet worden, und zwär von Claparede'), an der schottischen Küste. 1) Siebold und Kölliker Zeitschrift f£ W. Z. Bd. X. 8. 407. 972 A. Schneider: Ich fand ein Exemplar, welches zu der ersten der drei von von J. Müller !) beschriebenen Species gehörte, bei Nizza im April. Dies Exemplar zeigte auf den ersten Blick eine etwas ab- weichende Gestalt. Der Körper war unregelmässig contrahirt und an der Basis der Kegels auf der Fläche, wo Mund und After mün- den, war ein zungenförmiger Fortsatz herausgestreckt. Ich vermu- thete sofort, dass das Thier in einer Metamorphose begriffen wäre und entschloss mich, dasselbe in ein mit reinem Seewasser gefülltes Trinkglas zu setzen, in welchem es noch recht gut mit blossem Auge zu erkennen war. Ich durchmusterte nun den noch vorhan- denen Auftrieb auf das sorgfältigste, ohne dass ich ein zweites Exemplar finden konnte. Nach mehreren Stunden untersuchte ich die isolirte Mitraria wieder. Es war eine grosse Veränderung damit vorgegangen. Aus der Mitraria war ein länglicher etwas zu- gespitzter Wurm (Fig. 12) entstanden. Einige Trümmer der Leibes- wand —- vielleicht nur des Wimperkranzes -- so wie die grossen Stacheln lagen daneben. Ein gerader Darmkanal durchsetzte den Körper, sonst war an innern Organen nichts zu entdecken. Das breitere Ende des Körpers umstehen eine Anzahl — etwa 6 — ku- gelförmiger Gebilde (Tentakeln ?), welche eine grössere umschliessen. Der Körper ist nicht drehrund, sondern hat ungefähr die Gestalt eines Limax. Zu beiden Seiten der Sohle ste- hen symmetrisch in Anfangs gleichen, all- mählich etwas kleiner werdenden Abständen 10 Bündel von je 2— 3 feinen und langen Stacheln. Die symmetrisch liegenden Inser- tionspuncte der Bündel verbinden sich über den Rücken durch eine Querreihe sehr kur- zer Stäbchen oder Stacheln. Wie sollen wir uns die Entstehung des Wurmes aus der Mitraria vorstellen? Die Mitraria besitzt bekanntlich eine kegelför- mige Gestalt. Auf der Basis befinden sich Mund und Afteröffnung, welche durch ein hufeisenförmig gekrümmtes Darmrohr ver- bunden sind. Das Darmrohr besteht aus Mask en ach zwei durch die Einschränkung getrennte J. Müller. Abtheilungen , welche von Müller als 1) Müller’s Archiv 1854. 8. 88. Zur Entwickelungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen etc. 273 Schlund und Darm bezeichnet werden. Lässt man sich das Darın- rohr (e in nebenstehender Figur) ausstülpen, und von einer solchen Ausstülpung habe ich jedenfalls die erste Spur in jenen zungenförmi- gen Fortsatz gesehen, so tritt die andere Abtheilung, der Schlund Müller’s, hinein und bildet den Darm. Denken wir uns ferner die Leibeswand grösstentheils resorbirt und zum Schlusse der Mund- öffnung verwändt, so ist ein Wurm mit endständiger After gebildet. Es würde dieser Vorgang analog sein demjenigen, durch wel- chen sich die Actinotrocha zu einem Gephyreen mit gekrümmtem Darm und vorn liegender Afteröffnung ') umwandelt. Ich hielt mich umsomehr verpflichtet, diese Ansicht mitzutheilen, als es zur Prü- fung ihrer Richtigkeit nicht einmal nöthig ist, die Verwandlung zu verfolgen, Man wird bei der Untersuchung der unveränderten Mi- traria leicht entscheiden können, ob die Innenfläche des sogenannten Darmes mit Stacheln besetzt ist. Kaum aber würde jemand diese Stacheln finden, wenn er nicht vorher darauf aufmerksam gemacht worden ist. Mitraria lässt sich wohl einer Chätopodenlarve vergleichen und 1) Durch die Untersuchungen von Kowalevsky ist nunmehr nach- gewiesen. dass Actinotrocha die Larve von Phoronis Hippocrepia (Wricht The Edinburgh new Philosophical Journal Vol. IV 1856 S. 513 identisch mit Crepina gracilis van Beneden Annales d. sc. nat. IV Ser. Bd. X 1858 S. 11) ist. Es gelang Kowalevsky, die Embryonen von Phoronis, welche bereits Dyster (Transactions of The Linnean Soc. Vol. XXII 1859 >. 251) beschrieben hat, vom Ei bis zur Actinotrocha-Gestalt zu verfolgen. Ich kenne die wichtigen Untersuchungen Kowalevsky’s nur nach dem Auszuge (Me- moires d. l’Acad. d. sc. de St. Petersburg tom. X. n®. 15 Entwickelungsge- schichte der einfachen Ascidien S. 5). aber schon nach den Abbildungen der genannten Autoren ist die Identität von Phoronis mit dem von Krohn und mir aus Actinotrocha gezogenen Wurme (Reichert’s und Dubois’s Archiv 1862 5.47) vollkommen sicher. Durch die Beobachtungen von van Beneden klärt sich nun auch ein eigenthümliches Phänomen auf, welches ich von den Jungen Phoronis beschrieben hatte. Die jungen, in Gläsern aufbewahrten. Pho- ronis warfen nämlich schliesslich die Tentakelkrone ab und erhielten ein knopfförmiges Vorderende. in welchem die Blutgefässe sich durch eine ein- fache Anastomose verbinden. Dies Phänomen ist nach van Beneden rein pathologisch und tritt nur ein, wenn die Thiere in den Aquarien ungünstigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind, wenn das Wasser z. B. fault. Setzt man reichlich frisches Seewasser zu, so entwickelt sieh die Tentakelkrone von Neuem. 274 A. Schneider: zwar einer solchen mit provisorischen Stacheln (Metachaeta Clapa- rede’s). Die weitere Entwicklung geschieht aber hier nicht allmählig durch Gliederung zu einem Chätopoden, sondern plötzlich und wie wir annehmen, durch Ausstülpung eines Schlauches. Vermuthlich gehört das fertige Thier demnach zu den Gephyreen mit endstän- digem After, vielleicht zu Sternaspis; die Tentakelkrone würde dann das Hinterende hezeichnen, aber es würden noch tiefgreifende Ver- änderungen damit vorgehen. Schlussbetrachtungen. An diese Darstellung, welche mit Ausnahme der Hypothesen über die Entwickelung der Mitraria nur Beobachtungen enthält, sei es mir erlaubt, eine Reihe von Betrachtungen anzuknüpfen über die Entwickelung und systematische Stellung der Bryozoen und Gephyreen. Wie wir sahen, haben viele Forscher Gyphonautes als ein Jün- geres Entwickelungsstadium einer Muschel betrachtet. Obgleich diese Ansicht durch die vorhergehenden Untersuchungen widerlegt ist, so könnte man sie doch vielleicht in einem andern Sinne auf- recht erhalten und nämlich so. dass Cyphonautes sich zwar zu einem Bryozoon entwickelt, aber einem Muschelembryo gleicht. Es würde daraus nothwendigerweise die systematische Verwandtschaft der Bryo- zoen und Muscheln folgen. Allein ich finde, dass sie mm allen Stücken ausser in dem Besitz einer zweiklappigen Schaale verschie- den sind. Nehmen wir z. B. wit Claparcede an, dass der grosse Wimperkranz dem Velum, der kleinere dem Fuss, das elliptische räthselhafte Organ dem Schliessmuskel der Muscheln entspricht. Dann würde das Velum von Cyphonautes den After umschliessen, während es bei den Muscheln vor dem Munde liegt; der Fuss von Uyphonautes würde vor dem Munde liegen, bei den Muscheln auf der Bauchseite zwischen Mund und After; der Schliessmuskel würde nicht durch den Körper von Schaale zu Schaale gehen, also von einem Schliessmuskel wesentlich verschieden sein. Die Widersprüche werden nicht geringer, wenn man die Wimperscheibe als Velum betrachten wollte. Statt einer Muschel möchte ich für den Oyphonautes ein an- deres Object der Vergleichung vorschlagen, nämlich eine Wurmlarve, die Actinotrocha. Der eylindrische von einem geraden Darmkanal durchsetzte Körper derselben besitzt an seinem Vorderende eine Klappe wie der Schirm eines Helms oder einer Mütze. Der Raum unter dem Schirme würde dem Vestibulum entsprechen. Denken Zur Entwiekehingesgeschiente und systematischen Stellung der Bryozoen ete. 275 wir uns ferner das cv- lindrische Hinterende verkürzt bis an den Rand des Schirmes, so würde der den After umgebende Wimper- kranz in eine ähnliche Lage kommen, wie der grosse Wimperkranz (des Cyphonautes und um die Aehnlichkeit zu vervollständigen, brau- chen wir uns blos den nach dem Vestibulum zu liegenden Theil des Wimperkranzes zipfel- I. Actinotrocha schematisch ohne Tentakelkranz. förmig in das Innere ll. Aetinotrocha schematisch auf einen Cyphonau- des Vestibulum’s aus- tes reduzirt. oe Mund, a After. gezogen denken, wie III. Cyphonautes schematisch ohne den bewimper- in Fig. III. Die Schaa- lenbildung des Cypho- nautes macht, glaube ich, keine Schwierigkeit, da wir fast in jeder Klasse des Thierreichs Schaalen-Deckel-Gehäusbildungen finden. Es bliebe nur der saugnapfartige kleinere Wimperkranz als em eigen- thümliches Organ des Uyphonautes übrig. Denn die elliptischen Schilder betrachte ich als Bildungen, welche den Uebergang in die Membranipora einleiten. Dieser Vergleich einer Bryozoenlarve mit einer Wurm-, beson- ders einer Gephyreenlarve wird vielleicht paradox erscheinen. Allein ich bin der Ansicht, dass die Bryozoen zu den Gephyreen gestellt werden müssen. Dabei leitet mich keineswegs allein die Aehnlichkeit (der Aectinotrocha und des Oyphonautes, sondern die Vergleichung des baues der beiden Thiergruppen. Unter den Bryozoen selbst finden ten Saugnapt. sich offenbar sehr verschiedene Stufen der Organisation. Aber schon die am tiefsten stehenden Formen, die marinen Bryozoen, zeigen ge- wisse Merkmale, welche sie mit den Gephyreen speciell den Sipun- euliden gemein haben : die bogenförmige Krümmung des Darmkanals, das System der Retraetoren, die Tentakelkrone um den Mund. Noch schlagendere Uebereinstiimmungen zeigen sich, wenn wir die höchst 276 A. Schneider: entwickelten Bryozöen, die Lophopea (Allm.) in Betracht ziehen. Bei beiden liegt das Hirnganglion auf der analen Seite und der Mund wird von einem Nervenring umgeben; bei beiden besteht die Mus- kelschicht der Leibeswand aus einer äussern Quer- und innern Längsfaserschicht. Zwischen einem gefässlosen Sipunculiden und einem Lophopus ist kein anderer Unterschied vorhanden, als dass man bei ersteren einen Längsnervenstamm findet, ein Unterschied, der vielleicht durch Auffindung eines Längsnervenstammes bei Bryo- zoen noch beseitigt wird. Alle diese Merkmale sind zwar zum Theil schon seit Allman bekannt, sie treten aber, soweit sie die Muskeln betreffen, erst durch Nitsche’s!) Untersuchungen klar hervor. Schon Allman hat nicht umhin gekonnt, die äussere Aehn- lichkeit zwischen Phoronis — einem ächten Gephyreen — und den Bryozoen anzuerkennen, sie ist aber dem Bau nach nicht grösser und geringer, als mit allen andern Sipunculiden. Die systematische Stellung, welche wir den Bryozoen zuweisen, schliesst nicht aus, auch die Tunicaten mit ihnen zu vereinigen, wie es von vielen ausgezeichneten Zoologen geschehen ist. Ich halte die Verwandtschaft der Bryozoen mit Tunicaten nicht für bewiesen, jeden- falls für ungleich entfernter als mit den Gephyreen. Bereits früher ?) habe ich eine Gruppe gebildet, bestehend aus den Gephyreen und Acanthocephalen, die nun durch Hinzufügung der Bryozoen eine grosse Ausdehnung gewinnen würde. Ich schlage dafür den Namen Rhynchocephala vor, während die andere Gruppe der Nemathel- minthen, umfassend die Nematoidea, Gymnotoma (Polygordius), Chaetognatha (Sagitta) und Chaetopoda, den Namen Lobocephala erhalten mag. Dass die Lobocephalen in ihrem Bauplan eine fest zusammen- hängende Gruppe bilden, glaube ich durch meine Untersuchungen über die Nematoden und ihre Vergleichung mit den übrigen Loboce- phalen über allen Zweifel festgestellt zu haben. Auch die innere Verwandtschaft der Rhynchocephalen scheint mir jetzt viel offener vor Augen zu liegen als früher, wenn auch nicht so wie bei den Lobocephalen. Die Verwandtschaft der Lobocephalen mit den Rhyn- chocephalen hat schon seit Janger Zeit für sicher gegolten. Obgleich 1) Beiträge zur Anatomie ete. von Alcyonella funeosa. Reichert u. Dubois Archiv 1868. S. 465. 2) Monographie der Nematoden 8. 325. Zur Entwickelungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoenete. 277 man diese Annahme weniger durch bestimmte Charaktere als durch ein instinctives Gefühl der Aehnlichkeit, das ja aber oft das richtige trifft, stützen konnte. In der That herrscht zwischen diesen beiden Gruppen eine gewisse Uebereinstimmung in der Lagerung und Aufeinanderfolge der Muskelschichten der Leibeswand; es finden sich ferner bei einzelnen Gephyreen wie bei Thalassema und Sternas- pis ganz ähnlich gebaute retractile und bewegliche Borsten wie bei den Chätopoden. Allein in dem Bauplan der Leibeswand ist zwi- schen den Rhynchocephalen und Lobocephalen ein unläugbarer Unter- schied, der nirgends durch eine Uebergangsform vermittelt wird. Wie sollen wir uns das Verhältniss dieser beiden Gruppen denken ? Indem ich es versuchen will, diese Frage zu beantworten, muss ich die Nachsicht des Lesers in Anspruch nehmen. Eine Anzahl von Beobachtungen und Betrachtungen, welche ich selbst publizirt habe, scheint mir zu einer gewissen Ansicht hinzudrängen, die über lang oder kurz Jemand wenigstens als Vermuthung ausgesprochen haben würde. Eine solche Ansicht mag noch nicht vollkommen richtig sein, aber sie ist vielleicht ein Schritt zur vollkommenen Lösung des Problems. Ich will zunächst von einem Beispiel ausgehen. Die Geschlechts- organe mancher Hydroidpolypen treten in der Gestalt von Medusen auf. Entwickeln sich nun auch viele Medusen direct aus dem Ei, so kann man doch die Medusoiden im Allgemeinen als Geschlechts- knospen der Hydroiden betrachten. Den Medusoiden sind gleichzu- setzen alle andern Gölenteraten, welche nach dem Typus der Me- - dusoiden gebaut sind, die Anthozoa und Ctenophora. Man kann also sagen, die Cölenteraten treten auf in zwei Formen: Hydroid- formen und Medusoidformen, einer Stammform und einer Geschlechts- knospen oder Blüthenform. Zu dieser Ansicht — welche die allgemein herrschende !) nur in einer etwas andern Gestalt wiedergiebt — sind wir allerdings durch eine grosse Reihe von Beobachtungen gekommen, welche uns die Knospen vieler Medusen und die allmählige Reductiön der sessilen Geschlechtsknospen auf sehr einfache Formen gezeigt haben. Aber diese Ansicht wäre auch dann richtig, wenn nur eine einzige Medusenspecies bekannt wäre, welche auf einem Hydroidpolypen knospte. 1) Zuerst von Gegenbaur klar ausgesprochen in „Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung der Medusen und Polypen. Würz- burg 1864. 78 A, Schneider: Wiesich die Medusoiden zu den Hydroiden verhalten, so meine ich, verhalten sich die Rhynchocephalen zu den Lobocephalen. Die Rhynchocephalen sind die Geschlechtsknospen der Lobocephalen. Allerdings ist hier nur ein einziges durch alle Stadien verfolgtes Bei- spiel einer Knospung bekannt, nämlich der Phoronis an Actinotrocha. Bei Actinotrocha bildet sich auf der Medianlinie des Bauches ein nach aussen offener, nach Innen geschlossener Schlauch, welcher hervorgestülpt wird und dabei den Darmkanal der Actinotrocha nach sich zieht, während die gesammte Leibeswand der Actinotrocha resorbirt oder nur zum Schluss des Vorderendes verwandt wird. Diese Form der Knospung bringt mit Nothwendigkeit Rhynchoce- phalen mit schlingenförmig gebogenem Darm wie die Bryozoen und Sipuneuliden (Anoteroprocta Diesing) hervor. Es giebt aber eine zweite Form der Rhynchocephalen mit endstän- digem After (Baseoprocta Dies.). Ihre Knospung würde man sich in (der Weise denken müssen, wie wir dies von dem aus Mitraria hervorge- henden Wurm wahrscheinlich gemacht haben. Zu welcher unter diesen beiden Formen die Acanthocephalen gestellt werden müssen, hoffe ich bald ausführlich nachweisen zu können. Für jetzt möchte ich die- jenigen, welche eine Zusammenstellung der Acanthocephalen und Bryozoen paradox finden, auf die überraschende Aehnlichkeit hin- weisen, welche die Entwicklung der Bryozoen mit der von Leuckart geschilderten Entwickelungsweise der Echinorhynchen zeigt. Dass Mitraria gewissen Annelidlarven gleicht, wird man leicht zu- eben, Actinotrocha ist allerdings etwas abweichender gebaut, allein eine Aehnlichkeit mit Mesotrocha wird man gewiss nicht läugnen können. Der Schlauch, welcher in beiden Fällen — den Fall der Mi- traria als sicher angenommen —- hervorgestülpt und zum Leibes- schlauch der Knospe verwandt wird, liegt in der ventralen Mittel- linie und ist bei Actinotrocha nicht in Verbindung mit dem Darm, bei. Mitraria dient derselbe zugleich als Mastdarm. Dieser Unterschied erinnert uns an den Unterschied in den Ausführungsgängen der Ge- schlechtsorgane der Nematoden. Die Vagina, der Ausführungsgang der weiblichen Geschlechtsorgane liegt ganz wie der Schlauch der Actinotrocha, während der Ausführungsgang der männlichen Ge- schleehtsorgane der Mastdarm wie bei Mitraria ist. Man könnte sagen, die Anoteroprocta sind durch Hervorstülpung des weiblichen, die Baseoprocta durch Hervorstülpung des männlichen Ausführungs- ganges gebildet, kurz, die Anoteroprocta als weibliche, die Baseoprocta Zur Entwickelungsgeschichte und systematischen Stellung der Bryozoen ete. 279 als männliche Geschlechtsknospen bezeichnen. An dem männlichen Ausführungsgang der Nematoden treten jene eigenthümlichen Spieula auf; es wird deshalb zur Unterstützung dieser Analogie nicht un- wesentlich sein, dass nur bei den Baseoprocta, zwar nicht bei allen. aber doch bei Bonellia, Echiurus und Sternaspis an den Geschlechts- öffnungen sich Spieula ähnlich denen der Nematoden finden. Auch der Fall der Sphaerularia wird nun unter ein allgemeineres Gesetz gebracht — Sphaerularia ist nur eine sessile weibliche Geschlechtsknospe. Ausser den Rhynchocephalen und Medusoiden scheint mir nun auch eine dritte Thiergruppe als Geschlechtsknospen betrachtet werden zu müssen, nämlich die Rhabdocoela und Üestoidea. Allerdings ist von den Rhabdocölen die Knospung nur an den Pilidien bekannt aber bei den CGestoidea findet sie bekanntlich fast durchgängig statt. Die vollständige Uebereinstimmung des Baues der Geschlechtsorgane zwischen den Cestoden und Trematoden weist uns darauf hin, die Trematoden als die Stammform der Gestoden zu betrachten. Bei der weiteren Entwickelung der Pilidien und der Gestodenblasen findet ähnlich wie bei der von Actinotrocha und Mitraria eine Neu- bildung des Leibesschlauches statt. Es lässt sich aber noch nicht angeben, ob dieser Leibesschlauch einem, wenn auch stark verän- derten Organ des Trematodenkörpers entspricht. Für das System der Platyeiminthen und Nemathelminthen, welches ich an einem andern Ort gegeben habe, sind die Charactere ausschliesslich den Muskeln des Leibesschlauches entnommen. Die andern Organe blieben unerwähnt, weil ihre Kenntniss grössere Lücken aufweist, als die der Muskeln. Allein ich habe nicht gefun- den, dass der Bau und das Auftreten der andern Organe meinem System widerspricht. Da aber bei diesen Thieren die Anordnung der Muskeln den ganzen Bauplan des Körpers bestimmt, so ist dies System keineswegs ein künstliches. Die systematische Stellüng eines Wurmes kann man gewiss mit demselben Recht und derselben Sicherheit aus seiner Muskulatur bestimmen, wie die eines Wirbel- thieres aus seinen Knochen. Es blieb aber noch wünschenswerth, auch die Resultate der Entwickelungsgeschichte mit unserm System in Einklang zu bringen. Ich will hoffen, dass mir dies in den vor- liegenden Betrachtungen gelungen ist. M. Schultze, Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. 5 19 Fig. Fig. Fig. 4. > Fig. Fig. Fig. Erklärung der Tafel XV. Cyphonautes compressus. o Mund. a After, b saugnapfartiges Organ, m Anwachsstelle des Körpers an die Schaale, n räthselhaftes Organ, z zungenförmiger Fortsatz ausgestreckt. Vergr. 93. Derselbe kurz nachdem er sich festgesetzt hat. w Anwachsstelle des Körpers an die Schaale. Vergr. 93. Fig. 2a. Eine Schaalenhälfte. Vergr. 9. Folgendes Stadium der Zellscheibe. Vergr. 93. Folgendes Stadium der Zellscheibe. Grosse Axe längsgestellt. s Um- risse der Ausscheidung der Zellscheibe während des vorigen Sta- diums. Vergr. 93. Folgendes Stadium mit Weglassung der aufgeklappten Schaale. An- sicht von oben. h Zellhaufen, aus welchem Darmtraetus und Ten- takelkrone entstehen, 1 laterale Knospungsstelle. Vergr. 150. Folgendes Stadium. Tentakelkrone und Darmtractus gebildet. An- sicht von unten. Vergr. 150. Membranipora pilosa, Stammthier mit Knospen, von oben gesehen. a anale Knospe, ab abanale Knospungsstelle. . 1 laterale Knospungs- stelle. q Scheidewand der Knospe und des Stammthieres, o Oeffnung der Scheide und Deckel, d Deckelmuskel, p Parietalmuskel, s Ten- takelscheide. Vergr. 130. M. pilosa, Stammthier mit Hinweglassung der Knospen, nur die An- satzstellen derselben zeigend. Ansicht von unten. qq Scheidewände und Ansatzstellen der Knospen, pr. Parietovaginalmuskeln, s Tenta- kelscheide, t Tentakelkrone, oe Oesophagus, st Magen, r Mastdarm mit Coneretionen (meconium Smitt), ce After, rt Retractoren der Ten- takel. Vergr. 150. Längsschnitt einer Kolonie von M. pilosa, ss unpaare Stacheln. Vergr. 62. - . Cyphonautes 2te Species. Bezeichnung wie in Fig. 1. Vergr. 93. 11. 12. Cyphonautes 3te Species. Umriss der Schaale. Vergr. 93. Thier, welches aus der Mitraria hervorgeht. Seitliche Ansicht. Vergr. 130. Mikrographische Mittheilungen, Von Dr. Leopold Dippel. Mit 3 Holzschnitten. I. Mikroskop und Nebenapparate. Seit der erste Band meines Mikroskopes im Drucke vollendet wurde, sind einestheils von verschiedenen Deutschen Optikern man- cherlei Fortschritte in der Construktion des optischen und mecha- nischen Theiles der Mikroskope gemacht und mehrfach recht zweck- mässige neue Nebenapparate gebaut, andrerseits nach mehreren Seiten hin, namentlich auch in Bezug auf die Struktur der bekann- ten Probeobjekte, ein und die andere gewichtige, eine eingehende Besprechung beanspruchende Erfahrungen veröffentlicht worden. Aus diesen Umständen musste ich Veranlassung nehmen diesem ersten Bande (wie dies auch in der Folge, so oft Material genug dazu vorhanden ist, geschehen soll) ein Nachtragheft folgen zu lassen. Da die Aus- gabe dieses Heftchens auf Wunsch des H. Verlegers erst mit der Ausgabe der zweiten Abtheilung des zweiten Bandes geschehen soll und somit noch einige Monate auf sich warten lassen wird, so sehe ich . mich veranlasst vorläufig über Einzelnes, was für den praktischen Mikroskopiker von besonderem Interesse sein dürfte, in diesem weit verbreiteten Organe für Mikroskopie Bericht zu erstatten. Zunächst verdienen unser besonderes Interesse zwei neue, dem Hartnack’schen Systeme Nr. 18 an die Seite zu stellende, sehr starke Objektivsysteme: Das System Nr. IX von Gundlach und das System XII von Beneche. Ersteres wurde von Gundlach, dessen in jeder Beziehung ausgezeichnete, und dabei höchst billige, schwächere und stärkere neuere Systeme mir erst in letzterer Zeit in die Hände kamen, erst 282 L. Dippel: in diesem Sommer gebaut und befindet sich seit einigen Monaten ın meinem Besitze. Dasselbe besitzt nach Gundlachs Angaben eine nominelle Brennweite von '/35“, nach eigener Ermittlung von 0,74 mm., ist zur Eintauchung in Wasser bestimmt und mit Verbesserungs- einrichtung versehen. Letztere ist von höchst praktischer und für das Arbeiten mit einem so starken Systeme insofern äusserst vor- theilhafter Einrichtung, als die vordere Linse, welche ausserdem durch einen etwas vorstehenden Rand gegen mögliche Beschädigungen geschützt ist, feststeht und die hinteren gegen dieselbe bewegt wer- den. Hierdurch ist die Gefahr des bei anderer Einrichtung leicht möglichen Aufstossens oder Drückens auf das Deckglas vollständig beseitigt. Der Abstand von der Oberfläche des Deckglases ist ein verhältnissmässig grosser, und kann ich z. B. noch recht gut alle meine Deckgläser verwenden, welche ich bisher bei den Systemen X von Hartnack, FvonZeiss u. s. w. gebrauchte. Aber selbst die geringsten Unterschiede, welche sich bei diesen dünnen, ausgesuchten Deckgläschen von etwa O,lmm. mittlerer Dicke finden, verlangen, wenn bei den Strukturverhältnissen die volle Kraft des Systemes ausgenutzt werden soll, eine höchst sorgfältig ausgeführte, selbst für verschiedene Beleuchtungsverhältnisse verschiedene Correktion. Die Vergrösserungen, welche das System mit meinen Okularen l, I und IV von Hartnack gewährt, sind = 1150, 1840 und 3220, und es steigen dieselben unter Anwendung der orthoskopischen Ökulare von Belthle (wenn das System an des Letzteren grossem Stative angehracht wird) bis auf 4950 (Ok. II). Das Begrenzungsvermögen ist ganz vorzüglich schön entwickelt und lässt sich in dieser Beziehung das in meinen Händen befindliche System vollkommen den Systemen X von Hartnack, F.von Zeiss und IV von Belthle, von denen ich wunderschön zeichnende Exemplare besitze, an die Seite stellen. Die Prüfung an äusserst zarten, vollkommen senkrecht zur Längsachse der Zellen geführten Stellen von Querschnitten der Kiefer (Pinus silvestris), an den Mus- kelkörperchen vom Oberschenkelmuskel des Laufkäfers, an den trocken eingelegten Schuppen von der Unterseite des Kohlweisslings (Pieris brassicae), so wie die äusserst brillante Auflösung der Quer- streifen auf den in Balsam liegenden Schüppchen vom Distelfalter (Vanessa cardui) u. a. in die einzelnen Körperchen, aus denen sie Mikrographische Mittheilungen, 283 zusammengesetzt sind (Punkte Prof. Schif’s) liefert hierfür den schönsten Beweis '). Das Auflösungsvermögen ist sehr gesteigert. Bei günstigem Lichte wird bei centrischer Beleuchtung noch die 28. Gruppe der Nobert’schen Probeplatte gelöst. Bei gleicher Beleuchtung sehe ich die Querstreifen der Nitzschia sigmoidea (Sigmatella Nitzschil) sowohl an Präparaten aus London, als an solchen von Bourgogne in Paris, Rodig in Hamburg und Möller in Wedel, ebenso die Querstreifen der Gramma- tophora subtilissima und die Zeichnung der Surirella gemma so be- friedigend als dies bei einfacher centrischer Beleuchtung durch den Conecavspiegel überhaupt möglich sein dürfte. Schon unter diesen Liehtverhältnissen bemerkt man bei Grammatophora subtilissima die Zusammensetzung der Querstreifen aus scheinbar vierseitigen, ab- wechselnd helleren und dunkleren Feldern, und bei schiefer Beleuch- tung treten diese, sowie alle andere von Prof. Schiff zuerst ange- gebenen Strukturverhältnisse, ebenso die Zeichnung der Nitzschia sigmoidea auf das entschiedenste hervor ?). [4 1) Die hier in Betracht kommenden Schüppehen des Kohlweisslings sind nicht die von mir Seite 119 des 1. Bandes meines Mikroskopes beschriebenen, sondern die gleichmässig breiten gröber gezeichneten. Dieselben bilden ein ganz vorzügliches, sofort über Klarheit. Schärfe und Farblosigkeit des Bildes Aufschluss gebendes Probeobjekt, auf welches ich erst in vorigem Sommer durch H. Gundlach aufmerksam gemacht wurde. Dieselben werden trocken und zwar derart aufgelegt, dass man sie auf die dem Objektträger zugewen- dete Seite des Deckglases bringt. Auch in Balsam eingelegt bilden sie ein höchst brauchbares Objekt. Doch leisten hier die Schüppchen von Vanessa cardui, welche unter gut begrenzenden Systemen und bei richtiger Einstel- lung fast in einer Weise gezeichnet erscheinen, wie das in Balsam liegende Pleurosigma angulatum für die stärksten Systeme noch bessere Dienste. 2) Die Stellung der hier berührten hellen und dunkeln Vierecke wurde von Prof. Sehiff in dessen Aufsatz in diesem Archiv Bd. IH. Heft 1 nicht richtig wiedergegeben. Es ist dieselbe nicht jene des Pleurosigma angulatum, sondern jene des'Pl. attenuatum, indem die Felderchen schief gegen die Längs- achse der Kieselschale gestellt erscheinen, wodurch die leichter sichtbaren Quer- und die schwerer sichtbaren Längsstreifen, die ich schon 1861 mit Hartnack’s 10 gesehen und dem genannten Optiker beschrieben hatte, hervorgerufen werden. Die scheinbar schief sich kreuzenden Reifensysteme (ähnlich denen des Pl. angulatum, treten nur bei gewissen Beleuchtungsverhältnissen und be- stimmter Einstellung hervor und lassen sich unter gleichen Bedingungen in ähnlicher Weise auch bei Pl. attenuatum erzeugen. Ein hierfür entscheidende 284 L. Dippel: Eine wichtige und besonders hervorhebenswerthe Eigenschaft ist die, dass das Bild auch bei sehr starken Okularvergrösserungen noch ein so schönes bleibt — und darüber braucht man nur die oben genannten Probeobjekte, wie auch die Zeichnungen der Pleurosigmen zu befragen — dass sich diese vorkommenden Falles ohne Anstand gebrauchen lassen. Der Preis, 45 Thaler, ist ein so äusserst billiger, dass das System auch in dieser Beziehung der weitesten und wohl- verdienten Verbreitung fähig ist, wozu noch wesentlich der Umstand mit beitragen dürfte, dass H. Gundlach, wie er mir versicherte, jederzeit mit Freuden bereit ist die Herstellung vorzunehmen, ohne dass diese eine zu lange Zeit in Anspruch nehme. Das System XII von B&eneche, dessen übrige neuste Systeme ich ebenfalls mehrfach geprüft und namentlich in den Nummern IV, VO, IX und XI ganz vorzüglich gefunden habe, besitzt eine etwas grössere Brennweite, als das vorhergehende, nämlich (nach eigner Bestimmung) etwa 0,85 mm. und dabei einen geringeren Abstand von der Deckglasoberfläche, weshalb es sehr dünne Deckgläschen verlangt. In seiner Leistungsfähigkeit steht dasselbe dem vorigen. in jeder Beziehung so nahe, dass alles bei diesem Gesagte auch auf dasselbe Anwendung finden kann. Nurander Norbert’schen Platte konnte ich eine Prüfung nicht vornehmen, da das Deckgläschen des von mir benutzten Exemplares schon zu dick war. Das System ist gleichfalls zum Eintauchen in Wasser bestimmt und besitzt eine Verbesserungseinrichtung, bei der aber die vordere Linse verschiebbar ist. Der Preis beträgt SO Thaler. Nach Allem, was mir die eingehende Prüfung an die Hand ge- geben hat, glaube ich meine Ansicht dahin aussprechen zu dürfen. dass sich beide genannten Optiker durch die Herstellung dieser starken Combinationen, welche uns jetzt erreichbarer werden, als es bisher bei der Zurückhaltung Hartnack’s mit seiner vortrefflichen Nr. 18 der Fall war, ein Verdienst um alle die Mikroskopiker er- worben haben , welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, in die feinsten Strukturverhältnisse der Elementarorgane tiefer einzudringen. Wie für die letztgenanten Forscher die stärksten Objektivsysteme, Resultate gewährendes der Gattung Grammatophora angehörendes Object bildet die grob gezeichnete, neuerdings als Grammatophora marina bestimmte Art (Rabenhorst in brieflicher Mittheilung), welche etwa 16 Querstreifen auf 0,01 mm. besitzt, also von der früher von Bourgogne als Probeobjekt ausgege- benen Gr. marina mit 25 Querstreifen auf 0,01 mm. bedeutend verschieden ist, Mikrographische Mittheilungen. 285 so sind für die Studirenden, die praktischen Aerzte u. A. die mitt- leren Instrumente zu einem Preise von 30—50 Thalern von erheblicher Wichtigkeit. Konnte ich in meinem 1. Bande nur einzelne mittlere Mikroskope, wie das kleine Hufeisenstativ von Hartnack, das Mikroskop von Belthle, III. b. von Zeiss und II von Merz'als in dieser Beziehung höchst brauchbar empfehlen, so sind in neuerer Zeit theils neue Zusammenstellungen , theils zweckmässige Aenderungen älterer bekannter Modelle hinzugetreten, welche sämmtlich mit voll- kommenen Objektivsystemen ausgerüstet sind und denen ich einige Worte widmen zu müssen glaube. Gundlach, dessen Werkstätte ich zur Zeit alsder erste Band meines Mikroskopes vollendet wurde, noch nicht kannte, hat mehrere Zusammenstellungen gebaut, welche in hohem Maasse unsere An- erkennung verdienen. Das mittlere feste Mikroskop, von einer zum Arbeiten höchst bequemen Höhe und solidem Baue ist ein Hufeisenstativ mit ausreichend grossem, festem Objekttische. Die grobe Einstellung wird vermittelst Verschiebung des Rohres, die feinere mittelst einer den Tubus hebenden und senkenden Mikrometerschraube bewerk- stelligt, welche sich durch leichte Beweglichkeit und sicheren Gang auszeichnet. Der Beleuchtungsapparat besteht aus seitlich beweg- lichem Hohl- und Planspiegel nebst Condensator und aus drei ver- senkbaren Cylinderblendungen (ohne Schlitten), welche H. Gund- lach auf meinen Rath an die Stelle der früheren Glockenblendung hat treten lassen. Mit den Systemen I, III, V und VIIb. (letzteres mit Verbesserungseinrichtung und zum Eintauchen, von der Stärke des Hartnack’schen Immersionssystemes 10), den Okularen I, II und III und einem Okularmikrometer ausgerüstet, gewährt dieses Mikroskop Vergrösserungen von 50—1150. Der Preis beträgt 62 Thaler und wenn statt System VIIb, VII a (ohne Verbesserungs- einrichtung) genommen wird 55 Thlr. Bei der Vorzüglichkeit der Objektivsysteme und namentlich der hohen Leistungsfähigkeit des Eintauchsystems ist dieses Mikroskop im Stande, schon weitgehen- den Forderungen Genüge zu leisten. Das gleiche Stativ mit den Objektivsystemen II, V und VII a, den Okularen I und III und Okularmikrometer, sechs verschiedene 70—1150fache Vergrösserun- gen gewährend, kostet 48 Thaler, mit den Objektivsystemen I, III und V, den ÖOkularen I und Ill, Vergrösserungen 30—500fach 40 Thaler, mit den Objektivsystemen II und V, den Okularen I und III, Vergrösserungen 70—500fach 36 Thaler, 286 A L. Dippel: Eine höchst empfehlenswerthe Combination bildet das seit meh- reren Jahren neu zusammengestellte Mikroskop GC von Bö&neche. Sein mechanischer Bau ist bekannt genug, da es ein mittleres Huf- eisenstativ von der Form des bekannten grossen Oberhäuser’schen darstellt, welchem nur der drehbare Tisch fehlt. Der optische Ap- parat besteht jetzt aus den in jeder Beziehung Tüchtiges leistenden die älteren Systeme desselben Optikers weit hinter sich lassenden Objektivsystemen IV, VII und IX, den Okularen 2, 5 und 4 nebst Okularmikrometer. Die Vergrösserungen gehen von etwa 75 bis 600tach und der Preis beträgt 50 "Thaler. Das Modell D desselben Optikers ist in der neuesten Zeit voll- ständig umgearbeitet worden, indem der Tisch vergrössert und die feine Einstellung in die Tubussäule verlegt wurde, wodurch sich das- selbe in seinem sehr solid gebauten mechanischen Theile dem kleinen Hufeisenstative von Hartnack nähert. Mit den Objektiv systemen 4, 7 und 8, den Okularen 2, 3 und 4 und Okularmikro- meter ausgerüstet und um 75—500fach vergrössernd, kostet dasselbe 30 Thlr., mit den Objectivsystemen 4, 7 und 9, den Okularen 2, 3 und 4 und Okularmikrometer (eine empfehlenswerthe Zusammen- stellung) Vergrösserung bis 600fach 40 Thlr., mit den Öbjectivsy- stemen 4 und 7, den Okularen 2 und 4, Vergrösserung bis 400fach- 25 Thlr. Zeiss in Jena hat neben dem kleinen Mikroskope III b seit einigen Jahren noch ein solches IIIe eingeführt, welches ich in dem 1. Bande schon erwähnte, welches ich aber erst in neuerer Zeit näher kennen lernte. Diese Nummer dürfte sich in Bezug auf ihren mechanischen Theil manchem Mikroskopiker insofern vor der III b als eine erwünschte Vervollkommnung erweisen, als die Drehung des Tisches um seine Achse hinzugekommen ist. Dasselbe bildet ein höchst zweckmässiges Stativ und verdient bei dem nach den neuesten Abänderungen des Preisverzeichnisses sich auf eirca 45 Thlr. stellenden Preise und der vortrefflichen optischen Ausstattung mit den Systemen A und D, von denen das letztere, welches ich aus älterer, wie aus neuester Zeit kenne, an Schönheit und Schärfe des Bildes bis jetzt unübertroffen dasteht, die weiteste Verbreitung. Das Instrument erhält die Okulare 2, 3 und 4 nebst Okularmikrometer zum Einlegen und liefert, wenn das System A vollständig und blos in seiner oberen Linse frei benutzt wird, an 30, 45, 75, 115, 210, 250, 450 und 740. Wird das System F hinzugefügt, welches in neuester Zeit Mikrographische Mittheilungen. 287 bei Bewahrung aller seiner vortrefflichen andern Eigenschaften an Auflösungsvermögen bedeutend gewonnen hat, so steigt der Preis auf eirca 70 Thaler. Es bildet dann aber diese Nr. auch eine Zu- sammenstellung, welche in mechanischer, wie optischer Beziehung kaum Etwas zu wünschen liesse. Namentlich dürfte es sich auch seiner Compendiosität halber als Reisebegleiter empfehlen. Wasserlein in Berlin, welcher sich nach der Trennung von Beneche vorzugsweise mit dem Baue kleiner und billiger Mikros- kope befasste, hat sich in neuerer Zeit auch auf die Herstellung stärkerer Objektivsysteme und grösserer Stative verlegt. Ueber letztere, welche im Allgemeinen einen anzuerkennenden Fortschritt dieses Optikers bekunden, werde ich in dem erwähnten Nachtrag- hefte näher zn berichten haben, hier erwähne ich dem mir gesteck- ten Ziele gemäss nur die mittleren Mikroskope. Eine ganz empfeh- lenswerthe Zusammenstellung dieser Art bildet das Mikroskop a. 1. des Preisverzeichnisses. Es ist dies ein kleines dem Stativ D von Beneche ähnelndes Hufeisenstativ mit den Objektivsystemen 4, 7 und 8, und den Ökularen 1, 2 und 3 nebst Okularmikrometer zum Einlegen. Die Vergrösserungen gehen von 45 bis zu 600 und der Preis beträgt 30 Thaler. Ein für den praktischen Mediziner höchst zweckmässiges und empfehlenswerthes Instrument bildet desselben Optikers sogenann- tes Polarisationsmikroskop. Das Stativ ist ein kleines Hufeisen- stativ mit schmalem Objekttische. Die feine Einstellung befin- det sich an dem letzteren und wird durch einseitige Hebung der obern Platte bewerkstelligt (nach v. Mohl). Der Beleuchtungs- apparat wird von einem seitlich nicht beweglichen Hohlspiegel und einer verschiebbaren Cylinderblendung gebildet. Der optische Ap- parat besteht aus den Systemen 4 und 7 und 2 Okularen mit Oku- larmikrometer zum Einlegen. Die Bilder sind klar und gut begrenzt und die Vergrösserungen steigen von 30- bis zu 400fach. Für Un- tersuchungen in polarisirtem Lichte werden zunächst zwei Nico! sche Prismen hinzugefügt, von denen der Analysator Kreistheilung besitzt. Ferner gehören dazu ein oben und unten mit genau schliessenden, abschiebbaren Glasplatten versehenes als Saccharometer zu gebrauchendes Glasrohr und eine links- und rechtsdrehende Quarz- platte. So bietet diese Zusammenstellung ein Instrument, welches einerseits für die gewöhnlichen pathologischen Untersuchungen voll- kommen ausreichen dürfte, andererseits aber, da das Saccharometer 288 L. Dippel: schon ganz kleine Mengen von Zucker anzeigt und gemäss der am Analysator angebrachten Kreistheilung nach Prozenten bestimmen lässt, mit Vortheil bei Untersuchungen des Harnes auf seinen Zucker- gehalt verwendet werden kann. Von den in den letzten Jahren neu gebauten Nebenapparaten möchte ich vorzugsweise auf die kleine Luftpumpe für mikroskopische Zwecke und die Camera lucida mit zwei Prismen aufmerksam machen, welche beide aus der Werkstätte von Zeiss hervorgegan- gen sind. A Schraube zum Fest- schrauben an den Tisch. K Kolben. St Stiefel. R Recipient. G Glasplatte zum luftdichten Verschluss des Reeipienten. H Steuer- hahn. aa Stahlstifte zum Aufhalt des Hahnreibers (R und A dienen als Wei- ser zur Stellung des Hah- nes) Sp Spiegel. L Lu- pentrager. P Messingplatte zum Festhalten der den Reecipient von unten schliessenden Glasplatte. Erstere kann an den Arbeitstisch ange- schraubt werden (s. Fig. nebst Erklärung) und ist zunächst dazu bestimmt, aus den fertigen Präparaten, wie sie auf dem Ob- jektträger und unter Deckelas liegen, die Luft zu entfernen. Dieselbe kann aber auch ausserdem zu den mancherlei andern Zwecken benützt werden, wozu man bisher die früher von Schacht empfohlene auf Seite 265 des ersten Bandes meines Mikroskopes beschrie- bene Luftpumpe gebrauchte. Das vorliegende Instrument kann aber, letzterer gegenüber, als eine grosse Vorzüge besitzende Verbes- serung betrachtet werden; denn erstensisind durch den Steuerhahn, welcher während der Evacuation durch die freie Hand leicht ver- mittelst eines Hebels regiert werden kann, alle jene Uebelstände als beseitigt zu betrach- ten, welche die leicht verderblichen, steter Erneuerung bedürftigen Ventile mit sich bringen, und dann kann das Präparat, während es sich in dem oben und unten durch zwei starke, sonst matte, in der Mitte durchsichtige slasplatten geschlossenen Recipienten befin- det, von unten mittelst eines Planspiegels be- leuchtet und durch eine auf einem horizontal und vertikal beweglichen Arme befindliche starke Lupe fortwährend beobachtet werden. Die beigegebene Profil-Zeichnung mit deren Erklärung werden eine nähere Beschreibung Mikrographische Mittheilungen. 289 unnöthig machen und darf ich mich wohl auf einige Worte in Be- zug auf den Gebrauch beschränken. Um den Reeipienten luftdicht zu schliessen, wird der Rand desselben mit reinem Talg beschmiert und die Glastafel mit der matten Seite darauf gedrückt, wobei genau darauf zu achten ist, dass die mattgeschliffene Metallfläche in einem gleichmässigen Grau und nicht durch weisse Flecken unterbrochen erscheint, was andeuten würde, dass sich zwischen letzterer und der Glasplatte noch Luft befinde. Während nun der Kolben seine höchste Stellung einnimmt, wird der Hahn so gestellt, dass der Anschlag den Stahlstift R berührt. also der Stiefel mit dem Recipienten in Verbindung steht. Nachdem hierauf der Kolben nach abwärts gezogen ist, setzt man den Stiefel, indem man den Hahn so stellt, dass der Anschlag den Stift A be- rührt, mit der äussern Luft in Berührung und schiebt den Kolben wieder in die Höhe. Durch mehrmalige rasch aufeinanderfolgende Wiederholung dieser Manipulation wird man bald zu einem Punkte gelangen, wo die Luft wegen des schädlichen Raumes nicht mehr weiter verdünnt werden kann, ohne dass vielleicht das Präparat noch vollkommen von Luft entleert wäre. Um nun eine möglichst vollkommene Entleerung herbeizuführen, setze man den Reeipienten nicht sogleich mit dem Stiefel in Verbindung, wenn der Kolben seine höchste Stellung erreicht hat, sondern thue diess erst dann, wenn letzterer schon wieder etwa 1—2 Zoll herabgezogen ist. Um nach beendigter Arbeit wieder Luft in den Reeipienten treten zu lassen, stelle man den Kolben tief und bringe ersteren nur ganz allmälig mit dem Stiefel in Verbindung. Um eine Be- schmutzung der Glasplatte mittelst des an den Rändern befindlichen Talges zu vermeiden, entferne man diese nicht durch zur Seite Schieben, sondern lasse sie durch den Luftdruck abheben, indem man, während der Hahn die Stellung R einnimmt und der Glasplatte ein Paar Finger aufgelegt werden, den Kolben in die Höhe schiebt. Geht der Kolben nach längerem Gebrauche etwas zu leicht, so nimmt man ihn heraus (indem man die Platte losschraubt), steckt ihn in warmes Wasser von 30—40°R. und bestreicht ihn dann mit etwas reinem Talg oder Olivenöl, wobei darauf zu achten ist, dass man kein Uebermass dieser Materialien anwendet, weil dadurch leicht die feineren Luftwege verstopft und die Pumpe unbrauchbar gemacht werden könnte. Das Instrumentchen, von dessen Zweckmässigkeit ich mich 290 L. Dippel: durch längeren Gebrauch überzeugt habe, ist in eichenem Kasten ver- packtund wird sammt der Lupe um den Preis von 16 Thalern abgegeben. Die neue Camera lueida mit zwei Prismen (Preis 7 Thl.) ist nach dem Prinzipe der von mira. a. O. Seite 232 beschriebenen Nachet’schen Camera lucida gebaut. Sie besteht aus dem rechtwinkligen Prisma a, welches an der Hypothenusenfläche Papier und Bleistift spiegelt und die von diesen ausgehenden Strahlen nach dem Prisma b sendet, welches über das Okular zu stehen kommt. Letzteres muss so ge- richtet werden, dass man, während das Bild von der Bleistiftspitze von der Vorderfläche aus nach dem Auge zurückgeworfen wird, an dessen vorderem Rande vorbei das Gesichtsfeld übersehen kann und von dort aus die Stralilen des Bildes zugleich mit denen jener auf die Netzhaut gelangen. Vermittelst des Stiftes a lässt sich das die Prismen enthaltende Kästchen K höher und tiefer stellen und in der horizontalen Ebene drehen, während dasselbe mit Hilfe des Stiftes b vor- und rückwärts verschoben und in eine beliebig geneigte Lage gebracht werden kann. Durch diese verschiedenen Bewegun- gen wird es möglich gemacht, dem Zeichenapparate eine solche Stellung über dem Okulare zu geben (wobei die kreisförmige Oeff- nung über dem Prisma b über die Mitte des Okulars zu stehen kommt, der vordere Rand des Prismas also mit dem Durchmesser der Okularlinse zusammenfallen muss), dass das ganze Gesichtsfeld des Mikroskopes zusammen mit dem Bild von Bleistift und Papier deutlich übersehen werden kann, während die zeichnende Hand in der erforderlichen Entfernung von dem Fusse des Mikroskopes bleibt. Das Papier kömmt auf ein um circa 18° Grad geneigtes Zeichen- pult zu liegen, und hat man bei schwieriger zu zeichnenden Objekten Sorge dafür zu tragen, dass das erstere und das Gesichtsfeld mög- lichst gleich stark beleuchtet sind. Mikrographische Mittheilungen. 291 Diese Camera lucida zeichnet sieh vor der oben erwähnten Nachet’schen dadurch aus, dass sie — mindestens bei den schwä- cheren und mittleren Okularen — über die Ausdehnung des ganzen Gesichtsfeldes gleich gut zeichnen lässt und dass dabei die Spitze des Bleistiftes selbst schärfer erscheint, als bei der von mir seit Jahren fast allein gebrauchten Camera lueida nach Doyere und Milne Edwards von Hartnack. Ich ziehe dieselbe daher jetzt bei feinerem und schwierigerem Detail der letzteren vor und kann versichern, dass man es mittelst ihrer bei einiger Geduld bald dahin bringen wird, auch die feinsten Einzelheiten mit voller Sicherheit und Genauigkeit nachzuziehen. Zum Schlusse will ich Freunde der Algen und namentlich der einzel- ligen nach auf den » Algensucher« (Pr. 1Y/. Thlr.) von Zeiss aufmerksam machen, da sich derselbe bei der Einsammlung der genannten Or- ganismen, namentlich wenn es sich um ein vorläufiges Bestimmen am Fundorte, resp. um das Aussuchen bestimmter Arten etc. han- delt, bei 120facher, die Querstreifer der Hipparchiaschuppen zei- gender Vergrösserung, als sehr brauchbar und handlich erweist. II. Mikroskopische Präparate. In neuerer Zeit haben ©. Rodig in Hamburg und J. D. Möller in Wedel (Holstein) sich mit der Anfertigung ausgedehnterer Samm- lungen mikroskopischer Präparate aus verschiedenen Gebieten der Zoologie und Botanik zu befassen angefangen. Da mir Gelegenheit geboten war, zahlreiche Präparate verschiedener Art aus beiden In- stituten zu prüfen, und ich die Ueberzeugung gewonnen habe, dass beide Firmen das Interesse und die nachhaltigste Unterstützung der Mikroskopiker verdienen, so komme ich gerne dem Wunsche des Herrn Herausgebers nach, über deren Leistungen kurzen Bericht zu erstatten. Das allgemeinste Interesse dürften wohl diejenigen Objekte in An- spruch nehmen, welche zur Prüfung der Auflösungsfähigkeit der Mikroskope dienen. Hier ist es zunächst die Diatomeen-Probe- platte von Möller, welche, indem sie eine grosse Anzahl der be- kannten Probeobjekte aufengem Raume zusammengefasst enthält, durch ihre Bequemlichkeit für den Gebrauch, wie durch ihre äusserst sorgfältige und höchst gelungene Ausführung unsere volle Beach- tung und Anerkennung verdient. Dieselbe enthält folgende, in Be- zug auf die Schwierigkeit der Auflösung in annähernd stufenweise 292 L. Dippel: aufsteigender Reihe geordnete Probeobjekte zu je einem Exemplare in Balsam eingelegt: 1. Triceratium Favus. 2. Pinnularia nobilis. 3. Navicula Lyra var. 4. Navicula Lyra. 5. Pinnularia interrupta var. 6. Stauroneis Phoenicenteron. 7. Grammatophora marina !). Ss. Pleurosigma balticum. 9. Pleurosigma acuminatum. 10. Nitzschia amphioxys. 11. Pleurosigma angulatum. 12. Grammatophora oceanica subtilissima (?) ?). 3. Surirella Gemma (für die Querstreifen). 14. Nitzschia sigmoidea. 15. Pleurosigma Fasciola var. 16. Surirella Gemma (für die Längsstreifen). 17. Cymatopleura elliptica. 15. Navicula crassinervis Frustulia, saxonica Rbh. 19. Nitzschia curvula. 20. Amphipleura pellucida. - Die einzelnen Kieselschalen sind sehr sorgfältig präparirt und ausgewählt, so dass die Zeichnungen in möglichster Klarheit hervor- treten. Dieselben sind durch passende Zwischenräume geschieden so in eine Längsreihe geordnet, dass, wenn die Probeplatte der Vor- derseite des Objekttisches parallel liegt, die in Betracht kommenden Liniensysteme rechtwinklig zu den von der Seite her einfallenden schiefen Lichtstrahlen gerichtet sind. Das Objekt lässt sich also auch ohne weitere Umstände bei solchen Mikroskopen benützen, welchen der drehbare Objekttisch fehlt. Die Deckglasdicke — nach Möller’s Angabe !/ıs Mm. — ist so gewählt, dass die Probeplatte die Anwendung der stärksten Vergrösserungen gestat- tet. Da manche Probeobjekte das Einlegen in Balsam nicht gut vertragen, wenn sie ihren Platz in der Reihe genau einnehmen sollen, so ist H. Möller, wie ich andrerseits in Erfahrung gebracht | 1) Diese Art ist nicht die aus den Bourgogne’schen Präparaten bekannte, sondern eine weit gröber gezeichnete. 2) Ist die frühere Gr. marina. Mikrographische Mittheilungen. 293 habe, gerne bereit, die Platte gegen eine unbedeutende Preiserhöhung so einzurichten, dass die trocken eingelegten Probeobjekte auch in dieser Präparationsweise in einer zweiten Reihe vertreten sind. Neben der arrangirten Probeplatte führt Möller auch die übrigen gebräuchlichsten Probeobjekte, jede Art besonders, theils trocken, theils in Balsam eingelegt. Auch diese Präparate zeichnen sich gleich denen von C. Rodig in Hamburg durch höchst saubere Ausführung und gute Präparation der Kieselschale aus und können ihren Platz recht wohl neben den von Bourgogne in Paris behaupten. Für diejenigen, welche sich speeieller mit dem systematischen Studium der Diatomeen zu befassen wünschen, hat Möller die im im höchsten Grade bewunderungswürdige Diatomeen-Typen- platte angefertigt. von der zwei verschiedene Ausgaben zu haben sind. Die eine vollständigere enthält auf dem Raume von 5 Mm. Breite und 3%, Mm. Länge 104 Gattungen in 370 Arten, einzelne der letzteren in verschiedener Ansicht, so dass 400 Präparate vor- handen sind, die andere kleinere umfasst 66 Gattungen mit 100 Arten, alle genau bestimmt. Die Gruppirung ist höchst übersicht- lich nach den verschiedenen Familien vorgenommen. An die Typenplatten schliessen sich diejenigen Diatomeenprä- parate an, in denen entweder nur eine Art enthalten oder vorherr- schend ist, oder welche eine grössere Zahl von bestimmten Oertlich- keiten einschliessen. Beide Arten von Präparaten finden sich in den Sammlungen von Rodig wie von Möller in schöner Ausführung vertreten; doch ist, nach den in meinen Händen befindlichen Preis- verzeichnissen, von denen das Rodig’sche .allerdings schon älter ist, während das Möller’sche vom Dezember 1868 datirt, die An- zahl der Arten -—- von einzelnen Arten 116, von zusammengehöri- gen Arten bestimmter Fundorte 23 — bei letzterem grösser, als bei ersterem. Die zoologischen Präparate, von denen mir eine Reihe verschie- dener Arten aus beiden Instituten vorgelegen hat, eignen sich bei ihrer höchst sorgfältigen und sauberen Ausführung namentlich zu Unterrichtszwecken. Von höheren Thieren liefert Rodig eine Reihe hübscher Injektions- und pathologischer Präparate, Zahn- und Knochenschliffe, Blutkörperchen vom Menschen und Frosch, Möller Zahn- und Hornschliffe, Wollarten und Haare, Erden, Fischschuppen u. dgl. Am reichlichsten sind’ die Objekte aus der Klasse der Insekten vertreten, welche theils einzelne kleine Insekten 294 L. Dippel: und deren Larven, theils gewisse Körpertheile, Auge, Füsse, Rüssel u. dgl. enthalten. Auch aus den übrigen finden sich mancherlei be- achtenswerthe Gegenstände, namentlich möchte ich auf die Schnecken- zungenpräparate, die Schnecken- und Muschelschliffe,, die Quer- schliffe von Seeigelstacheln‘, die Präparate von Protozoen und Schwämmen Möller’s, auf die Kalkkörperchenpräparate von Holo- thurien und Korallen, endlich auf die sehr gelungenen Trichinen- präparate von Rodig und von Möller aufmerksam machen. Sehr reich sind bei beiden Instituten die pharmakognostischen Präparate vertreten (je 144 Stück), welche nach den betreffenden rühmlichst anerkannten Werken von weiland Prof. Dr. ©. Berg in Berlin zusammengestellt sind. Wer einmal erfahren hat, wie schwer hier Einzelheiten zugänglich sind und welche Mühe es kostet, von manchen Gegenständen dieser Kategorie klare und untadelhafte, in grösserer Ausdehnung zusammenhängende und gleichmässige über- sichtliche Präparate zu gewinnen, der wird beiden Präparatoren seine Anerkennung nicht versagen für die Vollkommenheit, in welcher die einzelnen Objekte hergestellt sind. Auch die übrigen botanischen Präparate, namentlich die Schnitte einheimischer Hölzer sind für Unterrichts-Zwecke, sowie zur all- gemeinen Orientirung in den betreffenden Gebieten wohl geeignet, obgleich sie für das Studium feiner histiologischer Einzelheiten die Schnitte aus freier Hand nicht zu ersetzen vermögen. Eine besondere Erwähnung verdienen endlich noch die Präparate fossiler Hölzer von Möller, welche grösstentheils in allen drei Schliffen, Querschliff, Radialschliff und Sekantenschliff vorhanden und ganz vortrefflich ausgeführt sind. Ueber cuticulare Bildungen und Verhornung von Epithelzellen bei den Wirbelthieren. Von Franz Eilhard Schulze in Rostock. Hierzu Taf. XVII und XVII. An vielen Epithellagen markirt sich mehr oder minder deut- lich eine besondere äussere Grenzschicht. Dieselbe kann entweder dadurch entstehen, dass die oberen Zellen eines geschichteten Epi- thels durch gewisse, mit dem Schwinden des Protoplasma verbun- dene Veränderungen zu derben, Keratinreichen Massen werden, ver- hornen; oder dadurch, dass die die Oberfläche erreichenden Zellen, ohne ihr Protoplasma zu verlieren, eigenthümliche Grenzsäume bilden, welche, mit den Seitenkanten zusammenstossend, ziemlich continuirliche Decken darstellen. Formationen der letzteren Art bezeichnen wir als cuticulare. Beide Bildungen in ihren mannichfachen Variationen, sowie in ihrer Verbreitung bei den Wirbelthieren kennen zu lernen, war der Zweck einer Arbeit, deren Haupt-Resultate ich hier mittheile. Zunächst habe ich die Epidermis untersucht. Ohne auf die im Wesentlichen bekannten Verhältnisse der Hornschicht mit ihren man- nichfachen, zum Theil sehr complieirten Haar-, Nagel-, Horn-, Feder-, Stachel-, Schilder- und Schuppenbildungen bei Säugern, Vögeln und Reptilien näher einzugehen, will ich nur daran erinnern, dass wir es dabei überall mit mehr oder minder festen, vielgeschichteten Massen verhornter Epithelzellen zu thun haben, welche Lagen entweder durch stete Anhäufung neu verhornender Zellen beständig wachsen oder periodisch abgestossen und durch neue Massen gleicher Art wieder ersetzt werden. Wahre Cuticularbildungen kommen in der Epidermis M. Schultze, Archiv f, mikrosk. Anatomie, Bd. 5. 20 296 F. E. Schulze: der drei oberen Wirbelthierelassen nicht vor. Wenn man die aus dünnen structurlosen Schüppchen bestehende Decklage des Haar- schaftes Cuticula genannt hat, so ist das nach der strengeren Auf- fassung des Begriffes Cuticula verkehrt, weil es keinem Zweifel unter- liegt, dass das Haaroberhäutchen aus vollständig verhornten Zellen zusammengesetzt ist. Bei den auf Lungenathmung angewiesenen Amphibien, also bei den erwachsenen Batrachiern, Salamandrinen und Cöcilien wird ebenfalls der ganze Körper von einer äussersten Hornschicht umschlossen, welche indessen von der bei den höheren Ulassen gefundenen darin abweicht, dass sie nicht aus hochgeschichteten Zellenmassen, sondern aus einer einzigen oder aus zwei übereinanderliegenden Lagen verhornter Zellen besteht. Nur an ganz bestimmten circumscripten Stellen finden sich bei einigen Amphibien auch vielschichtige Hornlagen, so z. B. in den Hornschwielen, welche an der Unterseite der Füsse mancher Batrachier, besonders entwickelt bei Pelobatos fuscus, aber auch bei Rana und anderen vorkommen. Beı den mit glatter Körperober- fläche versehenen Amphibien besteht die Hornschicht ganz und gar aus ebenen, dünnen, hellen und fast structurlosen Platten, welche mit ihren Seitenkanten genau aneinanderliegen und so fest verklebt sind, dass sie sich in grossen zusammenhängenden Lamellen ablösen lassen und auch bei der periodischen Häutung als solche abgestossen werden. Diese äusserste Lage flacher verhornter Zellen, welche wohl von unsern gewöhnlichen Fröschen und Tritonen allgemein bekannt sein dürfte, kann zuweilen cuticularen Chitinlamellen, wie sie die Körperoberlläche vieler Wirbellosen decken, sehr ähnlich werden. Auch ist sie hier und da in diesem Sinne gedeutet und als eine Cuticula beschrieben worden. So spricht Leydig bei der Schil- derung der Epidermis von Coeecilia annulata!) von einer »deut- lichen Cuticula, welche als homogene Haut die äussersten Zellen überdeckt, dabei aber von letzteren durch Abdruck eine zellige Zeich- nung, natürlich ohne Kern, beibehält.« Durch Untersuchung der Epidermis von drei wohlconservirten Coecilien, welche mir von Herrn Prof. Peters in Berlin gütigst überlassen waren, Coecilia lum- bricoidea, Siphonops annulatus und Epierium glutinosum, bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass die äusserste Epidermisdecke der Coe- 1) Leydig. Ueber die Schleichenlurche. Zeitschr. für wissensch. Zoo- logie, B. XVIO. p. 284. Ueber euticulare Bildungen u. Verhornung v. Epithelzellen bei Wirbelthieren. 297 eilien nur aus verhornten Epithelzellen gebildet wird. Wäre die von Leydig erwähnte, leicht wahrzunehmende Zeichnung an der meist membranartig zusammenhängenden, oft in grader Linie durch- reissenden, sehr häufig aber auch in einzelne polygonale Stücke zerfallenden, hellen Grenzlamelle wirklich nur der Abdruck von den Elementen der nächst unteren Zellenlage, so müssten die Grenzcon- turen und Kerne dieser unterliegenden Zellen doch den betreffenden Linien und dunkeln Flecken der von Leydig als Cuticula ange- sprochenen obersten Lage genau entsprechen. Wenn man aber diese Grenzlage so zerzupft, dass an einzelnen Fetzen noch die unmittel- bar unterliegenden Zellen hängen bleiben, so überzeugt man sich, dass dies nicht der Fall ist (conf. Taf. XVII, Fig. 1). Auch lässt sich an den gefalteten Stücken erkennen, dass die lauter poly- ädrische Abtheilungen umgrenzenden Linien die scheinbar homogene Membran in ihrer ganzen Dicke durchsetzen, also nicht blosse Ab- drücke an der Unterseite derselben sein können. Nicht bei allen Amphibien stellen die verhornten äusseren Epidermiszellen so ebene, zu gleichmässig dicken Lamellen verbundene Platten dar, wie bei den glatthäutigen Fröschen und den Coeeilien, vielmehr finden sich sehr verschiedenartige Formen und Verbindungsweisen bei den mit Rauhigkeiten der Haut versehenen Arten. Schon unsere Wasser- salamander (Triton taeniatus und cristatus) werfen bei der Häutung einen zusammenhängenden Mantel ab, der zwar zum grössten Theil nur aus einer Lage flacher polyödrischer Elemente mit stärker licht- brechenden Kernresten in der Mitte besteht, aber doch hier und da (be- sonders zahlreich am Kopfende) etwas grössere, in der Mitte dickere, kernlose Platten zeigt, welche sich halbkuglig nach aussen vorwölben und in ihrer hellen durchscheinenden verhornten Grundmasse nur noch zuweilen einige bräunliche Körnchen als einzigen Ueberrest des geschwundenen Zelleninhaltes enthalten (Taf. XVII, Fig.2 und 3). Aehn- liche ausgebauchte Hornzellen von beträchtlicher Dicke und dunkel- bräunlicher Pigmentirung finden sich zahlreich in der äussersten hor- nigen Epidermisschicht der grösseren Krötenarten, wo sie auch in Gruppen zur Bedeckung kleiner Buckel und Stachel zusammentreten. Manche interessante Eigenthümlichkeiten weist die Hornschicht der Epidermis von Pipa dorsigera auf. Schon die zwischen den mannich- fachen Erhebungen befindlichen flachen Regionen der Oberhant be- sitzen eine Decklage von verhornten Zellen, welche sehr auffallend von den bisher betrachteten abweichen. Während nämlich die Unter- 298 F. E. Schulze: seite jedes dieser zu einer continuirlichen Schicht sich seitlich anein- anderlegenden, polygonalen Elemente durchaus eben ist, ragen von der Mittelpartie der in ihrem Randtheile ebenfalls flachen Ober- seite mehrere dicht nebeneinanderstehende, auch wohl durch eine gemeinsame Basis verbundene, finger- oder kegelförmige Erhaben- heiten von verschiedener Höhe empor, welche auf Taf. XVII in Fig. 6 in der Seitenansicht, in Fig. 4 und 5 von oben gesehen dargestellt sind. Bevor ich das wahre Wesen dieser sonderbaren Aufsätze er- kannt hatte, hielt ich sie für dem Organismus fremde Verunreini- gungen, aber die regelmässige stets auf den mittleren Theil jeder einzelnen Epithelzelle beschränkte Stellung sowie ihr constantes Vor- kommen auf den Zellen machten mich schon beim Betrachten der abgelösten Hornlage von der Fläche stutzig. In der an feinen Durch- schnitten gewonnenen Seitenansicht liess sich denn auch der con- tinuirliche Zusammenhang jener papillären Erhebungen mit der zu- gehörigen Basalplatte deutlich erkennen. Gewöhnlich sind beide Theile völlig structurlos, hell und durchscheinend, nur zuweilen lässt sich in der Mitte.noch etwas körnige Masse oder selbst das Rudi- ment eines Kernes erkennen. Aehnliche Bildungen habe ich im Epithel der sogenannten Dau- mendrüse der brünstigen Männchen von Rana gefunden. Hier be- steht die äusserste Zellenlage aus ziemlich dicken, durch und durch homogenen, hellen Platten, deren jede auf der freien Aussenseite mit kleinen rundlichen Papillen dicht besetzt ist (Taf. XVII, Fig. 9), welche indessen bedeutend niedriger als die bei Pipa beschriebenen, und alle ziemlich gleich hoch sind. Ueber die Art und Weise, wie beim Verhornungsprocesse solche papillären Erhabenheiten entstan- den sein können, scheint mir das Aussehen der unterliegenden, also bei der nächsten Häutung zur Aussenschicht werdenden Zellenlage bedeutungsvoll. Dieselbe erschien an Durchschnitten des Daumen- drüsenepithels eines brünstigen Männchen von Rana esculenta aus grossen, hohen, polyödrischen Zellen gebildet, deren unterer, der Outis zugewandter Theil eine homogene stark lichtbrechende Masse ge- worden war, also schon der Verhornung anheimgefallen zu sein schien, während in der Mitte noch der helle bläschenförmige Kern mit kör- nigem Hofe erhalten war, und der äussere Zellentheil noch dasselbe körnigstreifige Aussehen zeigte, wie die unterliegenden Epithelzellen. Es ist demnach wohl denkbar, dass nach dem Abwerfen der obersten deckenden Zellenlage diese zunächst noch weichen oberen Partien der Ueber cutieulare Bildungen u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 299 dann freiliegenden folgenden Zellen zu einem papillären Besatz der schon zu derben Hornstücken umgewandelten unteren Theile zusam- menschrumpfen und dann auch vollends verhornen. Auf den niedrigen hügelförmigen Vorsprüngen der Haut von Pipa tragen die verhornten oberen Epithelzellen glatt begrenzte, rund- lich buckelförmige Erhabenheiten und zwar jede Zelle nur eine ein- zige, welche sich von dem mittleren Theile der am Rande flachen Basalplatte bald flach hügelartig, bald mehr kegelförmig erhebt (Taf. XVII, Fig. 5). Häufig findet sich unter diesen kleinen Buckeln noch etwas körniges Pigment, zuweilen auch noch das Rudiment eines Kernes, welches auf die Entstehung des ganzen Gebildes aus einer Zelle hinweist. Eine gleichmässigere Plattenform nehmen die Hornzellen auf den mehr stachelförmigen Hautfortsätzen desselben Thieres an, doch bildet auch hier jede einzelne Zelle noch einen kleinen, höcker- artigen Vorsprung, sodass selten die Oberfläche solcher Spitzkegel (Taf. XVII, Fig. 4) ganz glatt erscheint. An den grösseren meistens flachen Hauthöckern von Pıpa sind die mit etwas concaven Unter- flächen auf den entsprechend gewölbten Zellen der zweiten Lage auf- liegenden Hornzellen oft so gleichmässig lichtbrechend und homogen (Taf. XVII, Fig. 7), dass man sich zu der Auffassung verleiten lassen könnte, als ob hier cuticulare Bildungen vorlägen. Aber abgesehen davon, dass nicht immer eine solche verhornte Platte gerade über einer Zelle der unteren Lage liegt, finden sich gewöhnlich in nächster Nähe auch solche Hornzellen, welche ebenso wie die unmittelbar darunterliegenden, noch unverhornten Zellen Anhäufungen körnigen Pigmentes in der Mitte zeigen (Taf. XVII, Fig. 8). Solche Pigmentan- häufungen aber pflegen nur um den Kern von Epithelzellen vorzukom- men und werden jedenfalls nicht in Cutieularsäumen erwartet werden dürfen. Während bei den durch Lungen athmenden Amphibien im er- wachsenen Zustande der Thiere die Epidermis ihre äussere Begren- zung stets durch eine oder wenige Lagen verhornter Zellen er- hält, kommt bei den Kiemen tragenden Larven derselben Thiere der Abschluss der Oberhaut nach Aussen durch eine von den äussersten Zellen gebildete cuticulare Grenzschicht zu Stande. Die an der Aussenseite der Epidermisdeckzellen nach dem Abwerfen der Flim- merbaare in der späteren Larvenzeit vorhandenen euticularen Säume wurden schon von Remak beobachtet und sind neuerdings von % 300 F. E. Schulze: . Eberth an Larven von Bombinator igneus !) näher studirt. Der- selbe erkannte an diesen Grenzsäumen bei der Flächenansicht »eine verhältnissmässig grobe Punktirung, herrührend von glänzenden, rundlichen, kleineren und grösseren Körnern, welche durch ein Netz feiner dunkler Septa von einander getrennt werden.« Jene schein- baren Körner erwiesen sich in der Seitenansicht isolirter Zellen als die noch etwas über die Oberfläche vorragenden oberen knopfartigen Anschwellungen solider glänzender Stäbchen, welche nach unten zu von ihrem glänzenden Aussehen mehr und mehr verlieren und ohne scharfe Begrenzung bleiben. An den mit Müller’scher Lösung isolirten äussersten Epi- dermiszellen grosser Larven von Rana esculenta und Pelobates fuscus habe ich im Wesentlichen denselben Bau der Cuticularsäume gefunden, wie ihn Eberth für Bombinator beschreibt; nur fehlten hier den glänzenden Körperchen die nach abwärts gehenden stäbchen- artigen Verlängerungen; vielmehr erschienen sie auch am unteren Ende gleichmässig abgerundet und zeigten meistens eine länglich eiförmige Gestalt. Bei den grössten, schon mit Hinterbeinen verse- henen Larven lagen sie locker in nischenartigen, nach aussen öffnen- den Hohlräumen, welche seitlich von den Balken eines netzförmigen - Leistengitters umschlossen, sich fast bis an die untere Grenze des sanzen Culicularsaumes erstreckten und mit abgerundetem Grunde blind endigten. Bei starkem Herumwerfen der Epidermiszellen fielen zuweilen diese Körperchen aus ihren Nischen sämmtlich oder theilweise heraus, so dass sie vollständig isolirt (Taf. XVIII, Fig. 25) neben den entleerten Zellen (Taf. XVIII, Fig. 22 und 24) zur Ansicht kamen. Ebensowenig wie bei den Batrachierlarven scheinen die äusser- sten Epidermiszellen bei den perennibranchiaten Amphibien zu ver- hornen. Auch hier wird wohl ein Cuticularsaum die schützende Decke bilden. Wenigstens konnte ich bei verschiedenen in Spiritus gut conservirten Exemplaren von Proteus anguineus in den betref- fenden Grenzzellen einen feinkörnigen Inhalt mit hellem bläschenför- migem Kerne sowie einen, wenngleich dünnen, stark lichtbrechenden, hyalinen, äusseren Grenzsaum wahrnehmen. Auch waren die Zellen sämmtlich mit den Seitenrändern in der Weise genau aneinander gelagert, dass ihre völlig glatten Grenzsäume seitlich grade zusam- mentreffend eine continuirliche ebene Aussenfläche darstellten. 1) Dieses Archiv. Bd. II, pag. 498. Ueber euticulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 301 Die Epidermis der Fische findet, wie ich schon früher !) nach- gewiesen habe, ihren Abschluss nach aussen ganz allgemein (mit Ausnahme gewisser eircumscripter Körperstellen z. B. der Lippen des Störes und der Bauchkante von Petromyzon, und abgesehen von den Becherzellen) durch eine cuticulare Decklage, gebildet aus mo- saikartig’ sich aneinanderlegenden stark lichtbrechenden platten Grenz- säumen der Äussersten Epithelzellen. Diese Säume zeigen bei eini- gen Arten, besonders deutlich bei Petromyzon, zahlreiche Poren ?), welche bei der Flächenansicht als dunkle Punkte, bei der Seiten- ansicht als die ganze Dicke der Platten senkrecht durchsetzende Linien erscheinen (l. c. p. 144 Taf. VIII, Fig, 1). Indessen kommen in der Epidermis gewisser Fische noch andere und zwar ganz eigenthümliche Cuticularbildungen vor. Bei der Un- tersuchung einer besonders gut in Spiritus conservirten Epidermis von Hippocampus brevirostris erstaunte ich, auf der ganzen äusseren Oberfläche einen dichten Besatz von Gebilden zu finden, deren auf- fallende, mannigfach variirende Formen man nicht treffender schil- dern kann, als indem man sie mit dem Flammenkegel einer Kerze vergleicht. Wie eine solche Flamme bald breit und niedrig erscheint, bald hoch und schmal sich dehnt, bald unten, bald in der Mitte den grössten Dickendurchmesser besitzt, bald in eine kurze, bald wieder in eine lange feine Spitze sich auszieht, so finden sich hier alle möglichen Formen von der kurzen diekbäuchigen bis zur schlan- ken langgestreckten mit den verschiedensten Combinationen in der Lage des stärksten Durchmessers, in der Formation, der unteren Abrundung, der oberen Spitze u. s. w. vertreten. Isolirt man durch sorgfältiges Zerzupfen die betreffenden Ele- mente in grosser Anzahl und aus den verschiedensten Körpergegen- den, so stellt es sich bald heraus, dass alle, wie mannigfach sie auch sonst differiren, stets aus zwei wesentlich verschiedenen, typi- schen Theilen bestehen, von denen der eine, obere, wie eine Kappe dem anderen, welchen wir den Körper nennen wollen, aufsitzt und von demselben leicht abgehoben werden kann. Die Form des Kör- pers, mit dessen Beschreibung wir zweckmässig beginnen, gleicht durchaus der eines Pilzes. Auf einem ziemlich breiten, nach oben 1) Epithel- und Drüsen-Zellen. Dieses Archiv Bd. II, p. 137. 2) Zuerst vonLeuckart (Verh. der phys.-medie. Gesellschaft in Würz- burg 1856. Bd. 7. p. 193) erkannt. 302 F. E. Schultze: zu halsartig eingeschnürten rundlichen Stiel sitzt ein an der Ober- fläche mehr oder weniger hochgewölbter, bisweilen selbst stumpf kegelförmiger, drehrunder Kopftheil, welcher häufig auf der Spitze wiederum eine centrale dellenförmige Impression und an der Unter- seite der überragenden Randpartie eine seichte Rinne zeigt (Taf. XVII, Fig. 3—17). Während die Oberfläche des Kopfes und Halses, so- wie die Seitenfläche des unteren, als Fuss zu bezeichnenden Stiel- theiles glatt begrenzt sind, ragen von der unteren, im Ganzen quer- abgestuzten Seite des letzteren unregelmässig zackige Fortsätze nach abwärts (Fig. 9). Die Proportionen der verschiedenen Theile des Körpers können ebenso wie die absolute Grösse desselben so- wohl in dem nämlichen Epidermisstückchen als auch nach den ver- schiedenen Körperregionen mannichfach wechseln, insoferne an eini- gen Stellen, wie z. B. auf den Flossen, nur kleine, an andern, wie an den Seiten des Rumpfes, besonders grosse Körper gefunden wer- den, in gewissen Gegenden, z. B. am Rumpf, vorwiegend breite und niedrige, in andern (Schwanz) vorwiegend schmale und hohe Kopf- theile vorkommen. An dem Hals- und Fusstheile lässt sich eine bei starken Vergrösserungen deutlich doppelt conturirt erscheinende Membran erkennen, welche zwar noch auf die concave Unterseite des Kopfes übergeht, aber nicht über dessen scharfen Seitenrand weiter hinauf verfolgt werden kann, so dass also die convexe Ober- seite des Kopfes einer besonderen Membran entbehrt; wenigstens sah ich hier auch bei den stärksten Vergrösserungen stets nur einen einfachen Randcontur. Die feinkörnige Inhaltsmasse des ganzen Körpers lässt häufig eine eigenthümliche Streifung erkennen, welche in dem Stile weniger ausgesprochen ist, in dem Kopftheile aber sehr deutlich hervortritt. Es scheint, als ob ein Bündel paralleler Körn- chenreihen oder körniger Fasern aus dem untern Theile durch den Hals senkrecht emporziehe und in dem plötzlich erweiterten oberen, dem Kopftheile, büschelförmig auseinanderfahre (Taf. XVIIL, Fig. 8 und 9; 11—17). Doch pflegt diese strahligköfnige Masse nicht ganz bis an die obere convexe Grenze vorzudringen, vielmehr geht sie allmälig in eine gleichmässiger und stärker lichtbrechende Rand- schicht über. In Mitten der körnigen Masse, gewöhnlich im Hals- theile, oft aber auch weiter hinauf, im Kopftheile, findet sich stets ein rundlicher, heller, bläschenförmiger Kern mit verhältnissmässig grossem, oft an der Seite gelegenen, stark lichtbrechenden Kern- körperchen. Ueber cutieulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 303 Wenn demnach die Zellennatur des ganzen Gebildes ausser Zwei- fe] ist, so fragt es sich: in welcher Beziehung steht zu dieser Epi- thelzelle der stets mit ihr verbundene kappenartige Aufsatz? Der Erörterung einer solchen Frage musste selbstverständlich eine gründ- liche Untersuchung dieses Theiles selbst vorausgehen. Die grosse Mehrzahl aller Kappentheile zeigte bei Hippocampus brevirostris in ziemlicher Uebereinstimmung folgenden Bau. Ein aus hyaliner starklichtbrechender Substanz bestehender Mantel von ziemlich gleichmässiger Dicke bildet den äusseren Theil. Derselbe läuft nach oben in eine Spitze aus und sitzt mit einem von der Innenseite zuge- schärften kreisförmigen unteren Rande dem äusseren Randtheile des gewölbten Kopfstückes so auf, dass er erst an dem scharfen äusseren und unteren Rande dieses Kopfstückes also grade da authört, wo nach der obigen Beschreibung die den unteren Zellentheil umschliessende Membran beginnt. Von der oberen Partie jener äusseren Kappen- hülle ragen mehrere (2—6), concentrisch in einander geschachtelte, dünne membranöse Cylindermäntel von derselben hyalinen stark- lichtbrechenden Masse wie die zuerst beschriebene Hülle nach ab- wärts bis auf die gewölbte obere Fläche des Körpers herab. In der Axe des ganzen Kappentheiles befindet sich ein aus weniger stark lichtbrechender, aber ebenfalls hyaliner Substanz bestehender solider Cylinder, welcher, oben in die Spitze der Kappe übergehend, unten auf der dellenartigen centralen Vertiefung des Kopfes wurzelt. Es war nicht ganz leicht, die zuletzt geschilderten Verhältnisse, beson- ders das Vorhandensein und den Bau jener concentrisch gelagerten, dürnen Cylindermäntel, die sich zwischen der äusseren Hülle und dem centralen Cylinder finden, sicher festzustellen. In der Seiten- ansicht bemerkt man nämlich zwischen Hülle und axialem Strange jederseits nur mehrere doppelt conturirte, durch hellere Partien ge- trennte dunkle Längsstreifen. Dass dies die optischen Längsschnitte concentrisch gelagerter Cylindermäntel seien, konnte man zwar nach der Flächenansicht der ganzen Epidermis, wobei sich concentrische Dop- pellinien zwischen dem optischen Durchschnitte des Mantels und des Mittelstückes, wenngleich undeutlich, erkennen liessen (Taf. XVII, Fig. 18), zwar vermuthen, aber doch nicht sicher behaupten. Erst als es mir gelang, einerseits die einzelnen Lamellen abzublättern und andrerseits dünne Querschnitte des ganzen Kappentheiles zu ge- winnen, war jeder Zweifel beseitigt. An einem solchen Querschnitte (Taf. XVII, Fig. 19 und 20) kann man sich, zumal wenn man ihn 304 F. E. Schulze: langsam auf dem Objectträger herumwälzt, hinlänglich von dem Vorhandensein und der Lagerung der erwähnten Cylindermantel- lamellen überzeugen. An den von mir untersuchten, in Spiritus und in Müller’scher Lösung conservirten Fischen erschienen diese Lamellen niemals glatt, sondern stets unregelmässig verbogen und geknittert, so dass sie sich trotz der breiten Zwischenräume hier und da berührten. Während sich bei den breiteren Kappen von diesen ineinandergeschachtelten Häuten bis zu 6 finden, werden sie bei den schmaleren Formen sparsamer und liegen auch dichter zu- sammen (Taf. XVII, Fig. 11 und 13), ja können sogar vollständig feh- len, so dass die Mantelschicht ganz nahe an den axialen Cylinder heranrückt. Zwischen den bisher allein berücksichtigten grösseren Kappen von etwa 0,008 Mm. Länge kommen nun unregelmässig zer- streut (auf den Flossen ausschliesslich) bei Weitem kleinere (Taf. XVII, Fig. 3—8 und 18) bis zu 0,002 Mm. Höhe herab vor, an denen ge- wöhnlich die Zwischenlamellen nur undeutlich erkannt werden und bei den niedrigsten Formen ganz fehlen. Hier besteht denn oft die ganze Kappe aus einem flachen, dem zugehörigen Zellenkörper deckelartig aufliegenden hyalinen Stücke (Taf. XVIII, Fig. 3). Da man nun in dem letzteren Falle keinen Augenblick im Zweifel sein wird, dass man es mit einer euticularen Deckelschicht zu thun hat, so folgt, dass man auch die übrigen complieirter ge- bauten Kappen, welche sich an diese einfachsten und wahrscheinlich jüngsten Formen in continuirlicher Reihe anschliessen, ebenso deuten muss. Es gehört demnach jede einzelne Kappe als cuticularer Aufsatz zu dem untenstehenden Zellenkörper, und dürfte sich für beide zusammen der nach der Form gewählte Name Flammen- zelle empfehlen. Da man wohl annehmen muss, dass die Vergrösserung der Kappen beim Wachsthum durch Anlagerung neuer Substanz an ihre Unterseite von der convexen Oberfläche des Zellenkörpers aus ge- schieht, so haben wir den oberen Theil der äusseren Hülle, also die Spitze der ganzen Kappe als den ältesten Theil, die mittleren und unteren Partien aber, also vornehmlich das untere Ende des cen- tralen Axenstranges als zuletzt entstanden anzusehen. Die Bildung der in einander geschachtelten röhrenartigen Zwischenmäntel wird man sich dadurch vorstellen können, dass man sich das Wachsthum dieses centralen Oylinderstückes als im Verhältniss zu den anderen Theilen spät und schnell erfolgend denkt. Dabei mussten dann die Ueber eutieulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 305 anfänglich schwach gewölbten schichtenweise übereinander gelagerten Lamellen durch die schnelle Erhebung des centralen Theiles so lang ausgezogen werden, dass sie Röhrenform annahmen und darauf nur noch durch Apposition neuen Bildungsmateriales an den unteren Rändern sich einfach verlängernd fortwuchsen. Wäre das ganze Wachsthum der Kappen nur durch gleich- mässige Apposition immer neuer Schichten von der ganzen con- vexen Oberfläche des Kopftheiles des Zellenkörpers erfolgt, so müsste eine Schichtung parallel dieser Zellenkopfoberfläche durch die ganze Kappe der ausgewachsenen Flammenzelle sich erkennen lassen. Dies ist in der That der Fall bei den Flammenzellen einer anderen Hip- pocampus-Species, H. longirostris, wo der axiale Cylinder und die ihn umschliessenden lamellösen Röhren gänzlich fehlen und statt dessen die eben angedeutete Schichtung sich findet (Taf. XVIIL, Fig. 14 und 15). Bemerkenswerth erscheint es, dass sowohl bei dieser wie bei einer dritten Species, H. comes, wo die Kappen als vollständig solide, structurlose Aufsätze erscheinen (Fig. 16), die an dem Kopf- theile der Flammenzellenkörper von H. brevirostris so allgemein gefundene, obere dellenartige Vertiefung fehlt, welche dort dem axialen Cylinder als Wurzelstelle diente. Bei H. longirostris und comes fand ich übrigens die Kappen nie von der Breite, wie sie an den entsprechenden Theilen bei H. brevirostris vorkommt. Auch die Kopftheile der Flammenzellen erscheinen bei H. longirostris nicht so breit, wie bei H. brevir., sondern mehr hoch kegelförmig ge- staltet (Taf. XVII, Fig. 14 und 15) und enthielten regelmässig den bei der letzteren Species gewöhnlich im Halstheile angetroffenen Zellen- kern. Eine Anzahl ringförmig an der Aussenfläche der Flammen- zellenkappen quer herumlaufender zarter Furchen, welche bei H. brevirostris und longirostris nur hier und da andeutungsweise wahr- zunehmen waren, fanden sich an den Kappen von H. comes stärker entwickelt (Taf. XVIII, Fig. 16). Die flachen polygonalen Zellen der äussersten Epidermisschicht, welche noch zwischen den Flammenzellen liegen, unterscheiden sich nicht wesentlich von den bei andern Fischen gefundenen. Dieselben zeigen sehr deutlich einen dünnen vollständig ebenen, plattenförmi- gen Cuticularsaum, welcher von zahlreichen feinen Poren durchsetzt ist, die in bogenförmigen parallelen Reihen angeordnet zu sein schei- nen (Taf. XVII, Fig. 1). An die Flammenzellen lagern sie sich so an, dass sie deren Hals- 306 FE. E. Schultze: theil seitlich decken und mit dem Rande ihres cuticularen Saumes an den unteren Kappenrand anstossen (Taf. XVIIL, Fig. 11, 12 und 17). Es ragen demnach die senkrecht gegen die Körperoberfläche des Thieres gerichteten Flammenzellen mit ihrem Kappen- und Kopftheil vollständig frei aus der Epidermis hervor, während das untere Ende zwischen die polyedrischen Zellen der mittleren Lagen hinabreicht, und hier mit den eigenthümlichen zackigen Fortsätzen gleichsam wurzelt. Die Art ihrer Vertheilung sowie die Häufigkeit ihres Vor- kommens richtet sich ebenso wie die Form und Entwicklung einiger- massen nach der Körpergegend. Am dichtesten stehend fand ich sie im Allgemeinen auf dem Schwanze von Hippocampus brevi- rostris, wo sich die Kappentheile oft berühren und die Hälse nur 1—2 Zellenbreiten von einander entfernt sind; weniger dicht, aber wegen der grösseren Breite der Kappen dennoch hier und dort an- einanderstossend, kommen sie auf dem Rumpfe (Taf. XVII, Fig. 17 und 18), am Weitesten auseinandergerückt auf den Flossen (besonders in der Nähe des freien Randes) vor. Merkwürdig ist es, dass sich Bildungen der beschriebenen Art durchaus nur beider Gattung Hippocampus finden. Weder bei andern Lophobranchiern, noch bei den in der Bildung des Hautpan- zers ähnlichen Plectognathen, noch bei irgend einem anderen der von mir untersuchten Fische habe ich Fiammenzellen in der Epi- dermis angetroffen. Das Epithel der Mundhöhle gleicht bei Säugethieren und Vögeln sehr der Epidermis. Ebenso wie dort entstehen auch hier durch massenhafte Anhäufung und festes Verkleben der äusseren verhornten Zellen derbe Decklagen, Platten, Stacheln u. s. w., als deren grossartigstes Beispiel wohl die vom Gaumen herabhängenden faserigen Hornplatten der Walfische angeführt werden kann. Bei den Reptilien finden sich an gewissen Stellen Cuticularsäume auf den obersten Zellen, wie ich sie schon irüher (Epithel- und Drüsenzellen p. 173 und Taf. IX, Fig. 9), von der Zunge einer Schildkröte be- schrieben habe, während daneben andere Partien mit flimmertragen- den und wieder andere mit verhornten Zellen gedeckt sind. Die letztere Form der Bedeckung zeigt z. B. die Zunge der Schlangen und Saurier und habe ich an den äussersten Zellen der Hornlage auf den feinen Zungenspitzen von Coluber natrix einen ähnlichen Besatz von zahlreichen dicht nebeneinander stehenden kleinen Höckern auf der Aussenfläche wahrgenommen, wie er oben Ueber euticulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 307 an den äussersten Zellen des Epithels beschrieben wurde, welches die sog. Daumendrüsen der Froschmännchen deckt. Auch bei den Amphibien finden sich in der Mundhöhle alle drei Formen der Epi- thelbegrenzung. Am verbreitetsten ist hier wohl die Bedeckung durch Flimmerzellen, doch habe ich auch bei Pipa (Taf. II, Fig. 26) und wie schon in der früheren Arbeit (Epithel- und Drüsenzellen, p. 171 und Taf. IX, Fig. 3) geschildert ist, bei Triton mit einfachem hya- linen Cuticularsaume versehene Zellen in der äussersten Grenz- schicht des Zungenepithels gefunden. Der Verdacht, dass dies etwa Flimmerepithelzellen gewesen seien, welche durch die Präparation die Cilien verloren haben könnten, widerlegt sich durch die eigenthüm- lichen kegelförmigen oder selbst kolbigen Auswüchse, welche diese Deckel bei Tritonen sowohl an ganz frisch in Speichel untersuchten als an in Müller’scher Lösung macerirten Zungenepithelien häufig zeigten (Taf. XVIII, Fig. 27. b, c). Mit besonderem Interesse habe ich die Hornbildungen studirt, welche an einzelnen ganz bestimmten Stellen in der Amphibienmund- höhle vorkommen. Zunächst gehören hierher die als provisorische und rein epitheliale Gebilde bekannten Zähne der Froschlarven. Kölliker nennt zwar die kleineren Zähne cuticulare !), und nur die grösseren durch Verhornung entstandene Bildungen (Gewebelehre p. 53 und 54); nach meinen eigenen Beobachtungen muss ich indes- sen für alle den letzteren Entstehungsmodus annehmen. Während die Hauptzähne der Froschlarven als ein paar derbe, stumpfwinklig nach der Fläche gebogene Hornscheiden knorpelig gestützten Querwülsten des Ober- und Unterkiefers aufliegen, finden sich auf seitlichen, den Lippenwülsten angehörigen Papillen Reihen feiner Stifte, welche man wohl als Nebenzähne bezeichnen kann. Diese Nebenzähne, mit denen wir uns zunächst beschäftigen wollen, ragen mit etwas nach hinten gerichteten, schwach gebogenen äus- seren Enden frei aus dem geschichteten Plattenepithel der Papillen hervor. An solchen senkrechten Durchschnitten des ganzen Epithel- lagers, welche einen einzelnen Stift in der Seitenansicht zeigen (Taf. XVII, Fig. 12), erkennt man deutlich, wie der freie, hornartig 1) Die in den Würzb. Verh. 1857 Bd. VIII. Taf. III. Fig. 32 von Köl- liker gegebenen Abbildungen scheinen mir gerade für die Verhornung bewei- send zu sein, da ja mit der zunehmenden Entwicklung dieser ersten zunächst noch einzelligen Zähnchenanlage das Protoplasma immer mehr schwindet. 308 F. E. Schulze: durchscheinende und dunkelbraun gefärbte, äussere Theil des Zähn- chens nach unten zu mit einer zunächst noch ähnlich gebildeten, aber weniger dunkeln Fortsetzung in eine continuirliche, bis auf die bindegewebige Grundlage hinabreichende Reihe von Zellen über- geht, welche sich durch Grösse, Form und Inhalt vor den übrigen Elementen dieses Epithels auszeichnen. Nur am untersten Ende der ganzen Reihe finden sich, dem Papillenstroma unmittelbar aufsitzend, ein paar kleine unregelmässig rundliche, wenig scharf umgrenzte körnige Zellen, welche von den benachbarten gewöhnlichen Epithel- zellen wenig differiren. Doch schon die nächstobern, platt kuchen- förmigen und bedeutend grösseren Glieder dieser Zellenreihe markiren sich durch scharfe und glatte membranöse Begrenzung, hellen, leicht körnig getrübten Inhalt und klare, quergelagerte, bläschen- föürmige Kerne mit grossen, glänzenden Kernkörperchen. Weiter hinauf verändern diese Zellen, an Grösse noch etwas zunehmend, insofern ihre Form, als sie sich kappenartig nach der Fläche bie- gen, die Convexität nach oben kehrend. Dabei kommt aber die höchste Wölbung nicht sowohl in der Mitte als in der Nähe des hinteren Randes zu liegen und findet gleichzeitig eine Abplattung von vorn und oben her Statt, so dass die einzelnen Elemente Aehn- lichkeit mit schräg abgeschnittenen Tüten erhalten, auch wohl ihrer ganzen Anordnung nach einer Reihe in einander gesteckter Pan- toffeln gleichen (Taf. XVII, Fig. 12). Die Kerne, welche zunächst etwas mehr nach der Vorderseite hingedrängt werden, verschwinden weiter hinauf vollständig unter gleichzeitiger Verhornung und Bräunung der Zellen, welche am oberen Ende der Zähnchen zu derben, structurlosen - Hornschüppchen werden. Die Form dieser vollständig verhornten Zellen scheint bei den verschiedenen Batrachierarten sehr zu diffe- riren; während sie bei Larven von Pelobates fuscus platte, glatt abgerundete Ränder zeigen (Taf. XVII, Fig. 12), sind sie bei Larven von Rana esculenta an den krallenartig umgebogenen platten Enden mit kleinen, eigenthümlich gestalteten Zacken versehen (Taf. XVL, Bie-.15): Der scharfe obere Rand jedes Hauptzahnes wird von einer ein- zigen Reihe von Stiftchen gebildet, welche sich seitlich so dicht an- einanderlegen, dass sie eine zusammenhängende wallartige Zahnkrone bilden. Jedes einzelne dieser Stiftchen besteht auch hier aus einer nach hinten übergebogenen Zellenreihe, deren Biegung aber, wie man an jedem senkrechten Durchschnitt, der eine Seitenansicht er- Ueber euticulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 309 möglicht (Taf. XVII, Fig. 11), sieht, keine ganz gleichmässige, sondern eine mehr hakenförmige, mit unterem gebogenen und oberem graden Ende ist. Der Character der eine solche Reihe zusammensetzenden Zel- len ändert sich von unten nach oben zu in ähnlicher Weise wie bei den Nebenzähnen. Während die untersten nicht wesentlich von den benachbarten gewöhnlichen Epithelzellen verschieden sind, zeichnen sich die nächstoberen durch Grösse, Plattenform, hellen Inhalt und quergelagerten Kern aus. Weiter hinauf bekommen sie eine nach oben convexe Flächenbiegung, wobei die Kerne mit dem umgeben- den körnigen Protoplasma mehr nach dem vorderen Rande zu rücken. Bald verwandelt sich diese zunächst einfach rundliche Wölbung in eine mehr tütenförmige Ausbauchung, welche aber centrai bleibt, so dass die Spitzen dieser ineinandergesteckten Tüten stets den Mitteltheilen der Zellen entsprechen. Mit der nach oben stetig zunehmenden Ver- hornung werden die Kerne der Zellen allmälig undeutlicher und ver- schwinden schliesslich ganz. Was den Hauptzähnen der Froschlarven eine so grosse Festigkeit gewährt, ist der Umstand, dass sich die obere Zellenschicht des wallartigen Epithellagers, in welchem sie stecken, vor und hinter ihnen zu einer derben, sich an sie selbst anlegenden und fest mit ihnen verschmelzenden Horndecke um- wandelt, die ebenso wie die äussersten Enden der Stifte durch braun- schwarze Färbung sich markirt, und aus ganz flachen vollständig verhornten Schüppchen besteht. In der Fig. 11 auf Taf. XVII ist die äussere Grenze einer solchen Horndecke durch dunkle Linien angegeben. Auch bei erwachsenen Amphibien können Hornzähne vorkommen; wenigstens habe ich in der Mundhöhle von Pipa dorsigera mehrere hintereinanderstehende Reihen kleiner spitzer, etwas schräge nach hinten geneigter, aber ziemlich gerader Zähnchen der Art gefunden, von denen in Fig. 14 auf Taf. XVII zwei in seitlicher Ansicht dargestellt sind. Etwa an der Grenze des unteren und mittleren Dritttheiles der ganzen Epithelhöhe folgen auf die Stachel- und Riff-Zellen ge- wöhnlicher Formation senkrechte Reihen von erst niedrig kegelför- migen, nach oben zu höheren, endlich tütenartig gebildeten, in ein- ander steckenden Zellen, von denen die ein oder zwei obersten nicht mehr das den übrigen zukommende körnige Aussehen und den run- den bläschenförmigen Kern zeigen, sondern (vornehmlich die äusserste) gleichmässig hell durchscheinend und stark lichtbrechend, also ver- hornt erscheinen. 310 F. E. Schultze: Während bei den Fischen die Mundhöhle im Allgemeinen die nämliche Epithelbekleidung wie die äussere Haut besitzt, also mit Zellen gedeckt ist, welche cuticulare Säume tragen, kommen doch auch hier wie in der Epidermis nicht selten bestimmte Stellen vor, welche mit Horndecken versehen sind. Dahin gehören die Horn- zähne in der Mundhöhle von Petromyzon, welche aus sehr compac- ten, stellenweise hochgeschichteten Lagen heller, fest verleimter, ver- hornter Epithelzellen bestehen, deren jede noch eine kleine centrale Lücke besitzt, gefüllt mit wenig körniger Masse (Taf. XVII, Fig. 10). Interessant ist die eigenthümliche Weise, wie sich diese Hornzähne seitlich gegen das umgebende, mit Cuticula tragenden Zellen gedeckte Epithellager absetzen. An senkrechten Durchschnitten einer solchen Grenzregion (Taf. XVII, Fig. 10) lässt sich leicht erkennen, dass der dünne äussere Rand der Hornschicht unter die oberste Zellenlage der umgebenden Epithelpartie mehrere Zellenbreiten weit eindringt, um hier als stark und gleichmässig lichtbrechende, helle Platte mit oberer glatter Begrenzung mitten im Epithellager zu enden. Die Oesophagus-Innenfläche ist bei den niederen Wirbel- thieren mit einer Flimmerepitheldecke, bei den höheren mit einer geschichteten Decklage verhornender, meistens der Abreibung unter- worfener Zellen versehen. Die eigenthümlichen Oylinderepithelzellen auf derMageninnen- fläche, bei denen die obere Mündung durch eine weiche Masse verlegt wird, habe ich an einem anderen Orte (Epithel- und Drüsen- zellen p. 174 und Taf. X, Fig. 1—15) bereits ausführlich beschrie- ben und abgebildet. Dass einer solchen weichen Grenzschicht an der Aussenseite einer Magenepithelzelle der morphologische Werth eines Cuti- cularsaumes zukommt, wird um so wahrscheinlicher, als wir mit ihr ohne Zwang die halbweichen Deckschichten auf den oben beschrie- benen Zungenepithelzellen von Tritonen vergleichen können, und diese wieder den Grenzsäumen der Dünn- und Dickdarmepithelien, sowie den Outikularschichten nahe stehen, die auf den äussersten Zellen der Fischepidermis vorkommen. An denFlimmerzellen wird wohl der bekannte, stark licht- brechende Grenzsaum, welcher den Zellenkörper nach oben abschliesst, und durch porenartige Lücken wahrscheinlich die Cilien durchtreten lässt, als eine cuticulare Schicht aufzufassen sein. So verschieden nun auch die besprochenen Cutieularbildungen Ueber cutieulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 311 nach Form, Struetur, Consistenz und Lichtbrechungsvermögen er- scheinen, stimmen doch alle darin überein, dass sie stets an einer bestimmt begrenzten Stelle der Zellenoberfläche dem mehr oder min- der körnigen Zelleninhalte unmittelbar aufliegen, so «dass, wenn die Zelle im Uebrigen von einer Membran umschlossen wird, diese nur bis an den Seitenrand des cuticularen Deckstückes heranreicht, oder sich mit ihm verbindet. Die Cutieula steht also an Stelle der Zellmembran, ist wie diese ein Umwandlungs- oder Ausscheidungs- produkt des Protoplasma, und ihr morphologisch gleichwerthig, so wesentlich sie sich in physikalischer und chemischer Beziehung von ihr unterscheiden kann. Dass übrigens auch euticulare Bildungen in ihrer chemischen Constitution mit Zellmembranen oder deren Umwandlungsprodukten, wie wir sie in den Hornschuppen vor uns haben, nahe übereinstimmen können, scheint aus einer Reihe von mikrochemischen Reactionen hervorzugehen, welche mir die ceuticu- laren Kappen von Hippocampus brevirostris lieferten. Während dieselben in kochender Kalilauge sich unter vorauf- gehender Quellung langsam lösten, wurden sie von kalter, concen- trirter Schwefelsäure nur wenig, von Essigsäure, Salzsäure und Sal- petersäure gar nicht angegriffen, verhielten sich also wie verhornte Zellen. Demnach wird wohl die chemische Untersuchung in zweifel- haften Fällen keinen Aufschluss darüber geben können, ob eutieu- lare oder Horn-Bildungen vorliegen. Nachtrag. Der vorstehende Aufsatz war bereits seit einem Monate an den Herausgeber dieses Archives abgesandt, als mir eine Arbeit von F. Leydig (Ueber Organe eines sechsten Sinnes, in den Nova Acta acad. Leopold. Carol. Bd. XXXIV) zu Gesicht kam, worin einige der von mir oben geschilderten Oberhautbildungen ebenfalls bespro- chen aber zum Theil abweichend gedeutet werden. Leydig nennt l. ec. p. 21 die äusserste helle Lage der Oberhaut erwachse- ner Tritonen Cuticula und lässt die kleinen Höcker der Ober- fläche aus je einer grösseren Epidermiszelle und einem auflie- genden verdickten, breiten, glänzenden Cuticularsaume bestehen. Nach meiner oben, entwickelten und begründeten Auffassung besteht die äusserste helle Schicht der Epidermis erwachsener Tritonen und Batrachier nicht aus einem Cuticularsaume sondern aus einer Lage verhornter Zellen. Ferner nennt Leydig (l.c. p. 21) die »Kiefer- M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 21 312 F. E. Schulze: platten und Hornzähne« der Larven von Fröschen und Kröten: »Cutieularabscheidungenc«. Ich habe oben ausführlich dieGründe dargelegt für meine Behauptung, dass jene beiden Bildungen aus verhornten Epithelzellen bestehen und keine cutieularen Bildungen sind. Auch die in die Drüsenausführungsgänge von der äussersten hellen Epidermisschicht hmabragenden hellen Röhren kann ich nicht, wie Leydig (l. c. p. 22) für Outicularfortsätze halten, sondern finde, dass sie aus verhornten Zellen bestehen. Auf p. 19 derselben Arbeit liest man Folgendes : »Die Schleim- zellen oder einzelligen Drüsen in der Epidermis und dem Epithel der Wirbelthiere habe ich in neuerer Zeit nicht mehr untersucht, mit um so grösserem Interesse aber die eben erschienene Arbeit von F. E. Schulze, Epithel- und Drüsenzellen, im Archiv für mikros- kopische Anatomie Bd. III, in die Hand genommen. Ich zolle der- selben meine volle Anerkennung, trotzdem der Verfasser sich be- müht, meine Beobachtungen, durch welche doch zuerst die Organe bekannt und richtig gedeutet wurden, möglichst in den Hintergrund zu drängen, um alles Licht auf seine Beobachtungen wirken zu lassen.« Mit tiefem Bedauern lese ich diese Beschuldigung von einem Manne, dessen wissenschaftliche Arbeiten ich stets mit Bewunderung studirte, und den ich als einen der Hauptbegründer der vergleichen- den Histiologie hoch zu verehren nie aufhören werde. Ich überlasse es dem Urtheile der Fachgenossen zu entscheiden, ob ich die vor meinen Untersuchungen publieirten Beobachtungen Leydig’s über Becher- oder Schleimzellen dadurch »möglichst in den Hintergrund gedrängt habe«, dass ich diejenigen beiden Stellen aus seinen Arbei- ten, an welchen er sich am Genauesteu und Eingehendsten über die Form und Funetion jener Gebilde (aus der Fischoberhaut) ausge- sprochen hat, auf p. 145, Bd. III dieses Archiv’s ziemlich zu Anfang meiner Arbeit, vollständig und wörtlich anführte, und einige Zeilen vorher angab: »Elemente der Art scheinen in der Fischhaut zuerst von Leydig gesehen zu sein.« Letzteres kann doch nur so viel heissen, dass vor Leydig kein Anderer diese Gebilde in der Fisch- haut gesehen zu haben scheint. Ich glaubte aber die Möglichkeit nicht ausschliessen zu können, dass so auffallende und leicht zu sehende Bildungen, wie die Becherzellen in der Fischhaut, nicht schon vor Leydig von diesem oder jenem Beobachter sollten gesehen sein; und ich musste mich ausserdem wegen der hier am Orte Ueber euticeulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 313 schwer zu erlangenden Litteraturübersicht, besonders der älteren und fremdländischen Litteratur, mit einiger Vorsicht ausdrücken. Ob jene auffallenden Zellen in den unteren Schichten der Epi- dermis von Proteus, den ich in Spiritusexemplaren untersuchte, und der mir nicht zugänglichen Landsalamanderlarven, auf welche Leydig früher aufmerksam gemacht hat und auf welche er sich jetzt beruft, wirklich zu den Becherzellen zu rechnen seien, war mir zwei- felhaft; ich glaubte daher einstweilen diese Gebilde noch ausser Acht lassen zu müssen, bis mir die Gelegenheit würde, sie an le- benden Thieren zu studiren. Was endlich die Becherzellen im Darmkanal angeht, so schei- nen mir die, wie ich auch jetzt noch behaupten muss, nicht sehr bestimmten und eingehenden Angaben und Beschreibungen, welche Leydigaufp. 310 seiner Histologie (1857) giebt, ebenso wie die weit früher, schon im Jahre 1843, publicirten ähnlichen Beobachtungen von Gruby und Delafond (CGomptes rendus Bd. XVI p. 1194) und einiger anderer Autoren, welche die Becherzellen am genannten Orte schon vor Leydig gesehen hatten, nicht so viel Berücksich- tigung zu verdienen als die präciseren, wenn auch nicht immer rich- tigen Darstellungen von Henle, Letzerich und anderen. Uebrigens muss ich mich wundern, dass Leydig selbst bei solchen Ansprüchen an die Aufmerksamkeit anderer Forscher, bei der Besprechung der becherförmigen Organe der Fische (l. ce. p. 16 und 17) meine in diesem Archive Bd. III p. 153 gegebene Darstellung und Deutung derselben als Geschmacksorgane völlig ignorirt. Noch habe ich einige kleine Missverständnisse zu berich- tigen, welche Leydig bei der Lectüre meiner Arbeit: »Ueber die Nervenendigung in den sogenannten Schleimkanälen der Fische und über entsprechende Organe der durch Kiemen athmenden Amphi- bien« (Archiv für Anat. und Phys. 1861) begegnet sind. Aus meiner Darstellung der Seitenorgane bei den Tritonlarven, welche folgender- massen beginnt: »An den den Schleimkanälen der Fische entspre- chenden Stellen zeigen sich bei den Tritonlarven dieselben zelligen Hügel, die wir dort kennen gelernt haben. Auch sie bestehen aus einer bindegewebigen Grundlage und einer dieselbe bedeckenden Schicht von in frühester Jugend rundlichen, später zu länglichen Cylindern werdenden Zellen« entnimmt Leydig, dass ich in den Seitenorga- nen nicht wesentlich epidermoidale Gebilde sehe. Ich hoffe, dass 314 F. E. Schulze: nicht jeder Leser diesen Eindruck wird erhalten haben. Wahrschein- lich hat mein Ausdruck Grundlage zu dem Irrthume Leydig’s Veranlassung gegeben. Bei der Beschreibung der ganzen Seiten- organe glaubte ich auch die kleinen Hügel des bindegewebigen Ou- tisstromas nicht‘unberücksichtigt lassen zu dürfen, auf welchen die aus cylindrischen Epithelzellen zum grössten Theile gebildeten Or- gane aufsitzen, wie ein solcher Hügel von Leydig selbst in seiner Fig. 16 abgebildet ist; und nannte diesen Cutishügel einfach die Grundlage für das aufliegende, natürlich. epitheliale Gebilde. Die Hohlräume, welche sich in meiner Zeichnung um die Sei- tenorgane im umgebenden Epithel angedeutet finden, habe ich da- mals einfach so abgebildet, wie sie sich in dem Präparat, welches ich zeichnete, mir, vielleicht bei unzweckmässiger Einstellung, grade darstellten, ohne dass ich mich zu jener Zeit eingehender mit den- selben beschäftigt hätte. Welche Darstellung des feineren Baues der Seitenorgane bei den Amphibienlarven, die von Leydig oder die meinige, die rich- tige ist, werden weitere Untersuchungen lehren. Erklärung der Abbildungen auf Taf. XVII und XVIll. Tara vl. Fig. 1. Ein Stückchen der obersten Epidermiszellenlage von Epierium glu- tinosum, mit vier anhängenden Zellen der zweiten Lage. 400/1. Fig. 2. Bei der Häutnng abgestossene äusserste Epidermiszellenlage vom Kopfe eines Triton taeniatus. 200/1. Fig. 3. Optischer Durchschnitt einer solchen Zellenlage. 200/1. 4. Aeusserste Epidermiszellenlage vom Kopfe einer Pipa dorsigera. 400/1. Fig. 5. Aeusserste Epidermiszellenlage der Unterseite eines Vorderfusses von . Piga dorsigera. 400/1. 2 Fig. 6. Optischer Durchschnitt der äussersten Zellenlage einer flachen Epi- ‘ dermisregion von der Unterseite des Vorderfusses von Pipa dorsi- gera. 400/1. Fig. 7. Durchschnitt durch einen flachen grösseren Epidermishöcker an der Seite des Rumpfes von Pipa dorsigera. Die äusserste verhornte Zel- lenlage ist etwas abgehoben. 400/1. Fig. 8. Die beiden äussersten Zellenlagen einer ähnlichen Epidermispartie, wie sie in Fig. 7 dargestellt sind. Hier die Zellen pigmentirt. 400/1. Ueber cutieulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen b. d. Wirbelthieren. 315 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 9. 10. 13. 14. id 5 9: ll} le 212, BR #16. A Senkrechter Durchschnitt durch die Epidermis zweier Papillen der Daumendrüse eines in Spiritus conservirten brünstigen Männchens von Rana esculenta. 400/1. Senkrechter Durchschnitt durch die Randpartie eines Hornzahnes und das umgebende Epithel, aus der Mundhöhle von Petromyzon fluv. 300/1. . Senkrechter Durchschnitt durch den Hauptzahn einer 20 Mm. langen Rana esculenta Larve. Seitenansicht eines Stiftehens. 400/1. Senkrechter Durchschnitt durch das Epithel einer Nebenzähne tra- genden Lippenpapille von einer grossen Pelobates fuscus Larve. 400 1. Nebenzähne einer 30 Mm. langen Larve von Rana esculenta, in der Ansicht von hinten. 400/1. Seitenansicht zweier Hornzähne aus der Mundhöhle einer Pipa dor- sigera. 400/1. Taf. XVIII Flächenansicht einiger flachen Epidermiszellen der äussersten Lage, von Hippocampus brevirostris. 500/1. Seitenansicht einer solchen Zelle. 500/1. Ganz niedrige Flammenzelle von der Rückenflosse eines Hippocam- pus brevirostris. 400/1. Niedrige Flammenzelle, ebendaher. 400/1. Abgelöste Kappe einer solchen Zelle. 400/1. Flammenzelle von der Basis der Rückenflosse eines Hippocampus brevirostris. 400/1. . 7 und 8. Kleine Flammenzellen von der Seite des Rumpfes eines Hip- pocampus brevirostris. 400/1. Isolirter Körper einer grossen und breiten Flammenzelle von der Seite des Rumpfes einer Hippocampus brevirostris. 400/1. Isolirte Kappe einer grossen und breiten Flammenzelle von der Seite des Rumpfes eines Hippocampus brevirostris. 400/1. Senkrechter Durchschnitt durch die Epidermis der Seite des Schwan- zes von Hippocampus brevirostris mit einer schmalen und langen Flammenzelle. 400/1. Senkrechter Durchschnitt durch die Epidermis der Seite des Rumpfes von Hippocampus brevirostris mit einer breiten Flammenzelle. 400/1. Eine hohe, schmale Flammenzelle von der Unterseite des Schwanzes eines Hippocampus brevirostris. 400/1. . 14 und 15. Senkrechte Durchschnitte durch die Epidermis der Rücken- seite des Rumpfes von Hippocampus longirostris, mit je einer Flam- menzelle. 400/1. Isolirte Flammenzelle aus der Epidermis von Hippocampus comes. 400/1. Senkrechter Durchschnitt durch die Epidermis der Seite des Rumpfes von Hippocampus brevirostris. 400/l. In der unteren Partie des Epithels finden sich einzelne gleichmässig und stark 316 F.E.Schulze: Ueber cutieulare Bildung u. Verhornung v. Epithelzellen ete. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27T. lichtbrechende Klümpchen von fettähnlichem Aussehen, welche sich in- dessen in Aether nicht lösen. Diese bald ganz rundlichen, bald mit, unregelmässig gestalteten kurzen Aesten versehenen Klümpchen scheinen nach Art der Fetttropfen in Zellen eingeschlossen zu sein. Oft sah ich sie von deutlicher Membran umgeben und dieser bis- weilen einen platten Kern innen anliegen. Flächenansicht eines Stückchens von der Epidermis der Seite des Rumpfes eines Hippocampus brevirostris. 400/1. Dünner Querschnitt einer breiten Flammenzellen-Kappe von Hippo- campus brevirostris, von der Fläche gesehen. 400/1. Derselbe Schnitt, von der Seite gesehen. 400/1. Flächenansicht von oben auf eine Zelle der äussersten Epidermis- lage von einer grossen in Spiritus conservirten Pelobates fuscus Larve. 500/1. Man sieht in den Maschen des Cutieularsaumes die stark lichtbrechenden rundlichen Körperchen. Flächenansicht einer ähnlichen Zelle, ebendaher, aus deren Cuticular- saum die kleinen stark lichtbrechenden Körperchen herausgefallen sind. 500/1. Seitenansicht einer ähnlichen Zelle, ebendaher. Die Körperchen sind in dem Cuticularsaume sichtbar. 500/1. Seitenansicht einer Zelle aus der äussersten Epidermisschicht einer in Müller’scher Lösung conservirten grossen Larve von Rana esculenta. 500/1. Die Körperchen sind aus den Lücken des Cuti- cularsaumes herausgefallen. Freie aus den Nischen des Cuticularsaumes einer äussersten Epider- miszelle herausgefallene, eiförmige, stark lichtbrechende Körper- chen. Von einer grossen in Müller’scher Lösung conservirten Larve von Rana esculenta. 500/1. Epithelzellen aus der Mundhöhle von Pipa dorsigera. 400/1. Epithelzellen von der Zunge eines Triton taeniatus, in Müller’scher Lösung erhärtet. 300/1. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. Von Dr. Rudolf Arndt, Privatdocenten in Greifswald. Hierzu Tafel XIX, Fig. A—M. III. Die auf den nachstehenden Seiten mitgetheilten Untersuchungen sind zwar nicht wie die früheren vornehmlich am menschlichen (e- hirne und unter blosser Zuhülfenahme von Thiergehirnen gemacht worden, sondern die letzteren haben ausschliesslich ihnen zu Grunde gelegen. Doch stimmen ihre Resultate so vollkommen mit denen der ersteren überein, dass ich es nicht ungerechtfertigt finde, sie unter demselben Titel mitzutheilen. Sie betreffen die Entwickelung der centralen Ganglienkörper und die Bedeutung der körnig-faserigen Substanz, zwei Gegenstände, die, soviel briefliche und mündliche Auseinandersetzungen mich inzwischen belehrt haben, in der Art und Weise, wie ich sie im vorigen Bande des Archivs darzustellen ver- suchte, manchen Anstoss erregt haben und noch weiter erregen dürften. Und doch war ich meinem Dafürhalten nach ausser Stande es anders zu thun. Meine Beobachtungen zwangen mich zu den Annahmen, zu welchen ich gekommen, und die gegenwärtig gang und gäben Anschauungen von der Entwickelung der Gewebe wider- sprachen ihnen. Ich vermochte das Dilemma, in das ich gerathen war, nicht zu lösen, liess deshalb die Sache vorläufig auf sich beruhen und begnügte mich, unbekümmert um bestimmte histiogenetische Grundsätze, mit der einfachen Beschreibung des Gesehenen. Wie dieses weiter zu verwerthen sei, das musste der Zukunft und er- 318 R. Arndt: neuten Studien überlassen bleiben. , Gab doch das Mitgetheilte ohne- dies schon mannigfache Aufschlüsse über die noch immer so räth- selhaften Gebilde der Centralorgane, und war damit doch immer auch ein Schritt vorwärts in der Erkenntniss, derselben gethan. Ich elaube, man wird mir das letztere auch gern einräumen, wenn man die Arbeiten Max Schultze’s!) über die Strukturelemente des Nervensystems, welche kurz vorher erschienen waren und gleichsam im Voraus viele Angaben bestätigten, mit demselben vergleicht, zumal wenn man von einigen Deutungen, in denen ich weiter als er ge- sangen bin, absieht. Nichtsdestoweniger blieb ich mir bewusst, dass es nöthig sei, Gesichtspunkte ausfindig zu machen, welche ge- statteten, die anscheinend so fremdartigen Vorgänge auf allge- mein gültige Grundsätze zurückzuführen; und sobald mir von wirklich massgebender Seite Zweifel und Bedenken gegen meine Aus- lassungen zugingen, war ich doppelt bemüht, sie zu finden. Dass dies nur auf dem Wege der Beobachtung an der Hand der Ent- wickelungsgeschichte geschehen könne, konnte kaum einem Zweifel unterworfen sein. Ich richtete mir deshalb eine Kaninchenzucht ein und untersuchte die Gehirne dieser Thiere von ihrem ersten Lebens- tage an bis dahin, wo ich meinen Zweck erreicht zu haben glaubte. Behufs dieser Untersuchungen wurde dem rasch getödteten Thiere das Gehirn mit dem obersten T'heile des Rückenmarkes ent- nommen, dieses sofort in Jodserum gelegt und unmittelbar darauf in demselben zerzupft der mikroskopischen Besichtigung unterworfen. Das Jodserum war zum Theil ganz frisch und von sehr geringem Jodgehalte, zum Theil schon älter und stärker mit Jod versetzt, die Farbe des ersteren blass weingelb, die des letzteren leicht braun, wie Sherry. Es kam zur Anwendung in der gewöhnlichen Zimmer-' temperatur von 16—18°C. und einer Erwärmung bis auf 36°C. Letzteres geschah um einer zu raschen Abkühlung vorzubeugen und einer etwaigen Gerinnung durch Kälte möglichst entgegen zu wirken. Zur vollständigeren Durchführung dieser Absicht wurden auch die Objektträger erwärmt und die Untersuchung auf erwärmtem Ob- jeckttische vorgenommen. Die Vergrösserung, der ich bei diesen Untersuchungen selbst mich bediente, war eine der stärksten, die 1) Max Schultze. Observationes de structura cellular. fibrar. nervear. Bonnae 1868 und über die Strukturelemente d. Nervensyst. in Strickers Handbuch d. Lehre v. d. Geweb. Leipzig 1868. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 319 überhaupt existiren, Noberts System 6 & l’immers. in Verbindung mit Hartnacks Ocular 5 und 4, eine Vergrösserung, welche das erste Mal das 1000fache, das zweite Mal das 1550fache beträgt. Die Bilder, welche ich zu sehen bekam, unterschieden sich von früher gesehenen, zu deren Herstellung differentere Zusatzflüssigkeiten gedient hatten, wenigstens in den charakteristischen Eigenschaften gar nicht. Ebenso konnte ich keine wesentlichen Verschiedenheiten an den Bildern wahrnehinen, die mit frischerem oder älterem, schwach oder stark jodhaltigem Serum, kalt oder erwärmt, sofort oder erst am anderen Tage hergerichtet worden waren. Der Einfluss der ver- schiedensten gebräuchlichen Agentien, der Zeit, des Wechsels der Temperatur scheint sich aus diesem Grunde bei dem uns beschäf- tigenden Gegenstande hauptsächlich darauf zu beschränken, die vor- handenen Bildungen schärfer hervortreten zu machen, keinesweges aber so oft und leicht zu freien Gerinnungen zu führen, als man vielfach annimmt. Welchen Einfluss das Erlöschen des Lebens, der Zutritt der Luft hat, das ist noch eine zu beantwortende Frage. Darf man aber aus analogen Verhältnissen schliessen, so wird derselbe kaum als ein bedeutender anzusehen sein. Was man daher von einigen Seiten bis vor kurzer Zeit noch als Gerinnungsprodukte bezeichnen zu müssen glaubte, insbesondere die Formationen der körnig-faserigen Substanz, das lässt sich sonach auch aus diesen Beobachtungen wieder als präexistirende Gebilde erkennen. Das aus feinsten Fäden gebildete sogenannte Reisernetz in all den ver- schiedenen Modificationen und Umbildungen, welche ich zu beschreiben mich bemüht habe, eingebettet in eine körnig-gallertige Masse, ist schon in lebenden Wesen vorhanden und nur die Körnchen vielleicht, welche denselben anhaften, sind als postmortale Gerinnungen anzu- sprechen. Doch sage ich nur vielleicht, — ich will die Mög- lichkeit eines solchen Vorganges nicht ausschliessen — Verhältnisse aber, die wir noch kennen lernen werden, sprechen viel eher für das Gegentheil. Ausserdem kann man als neuen Beweis für die Präexistenz des fraglichen Reisernetzes noch das Stärker- Werden seiner Glieder betrachten. Wenn man nämlich von Tag zu Tage das Gehirn von Kaninchen desselben Wurfes untersucht, findet man in der grauen Substanz desselben am ersten Tage nur Spuren von Fadenbildungen. Stärker treten dieselben jedoch schon am zweiten, noch stärker am dritten Tage hervor. Während man am ersten Tage in vielen Fällen 320 R. Arndt: noch zweifelhaft sein konnte, ob man es mit wirklichen Fäden oder nur mit fadenartigen Anordnungen der Molekule zu thun habe, kann man es vom dritten Tage ab nicht mehr sein. Noch später wird aller Zweifel dadurch benommen, dass die Fäden sich zu ganz be- stimmten Körpern, zu Ganglienkörpern und Nervenfasern anordnen und in denselben eine Stärke und Deutlichkeit erreichen, dass die gewiegtesten Histiologen sie nicht mehr in Frage stellen. Untersucht man nämlich das Gehirn eines neugeborenen, erst wenige Stunden alten Kaninchens in der angegebenen Weise, so findet man seine graue Substanz, gleichgültig woher sie stammt, ob aus dem Gross- oder Kleinhirn, aus dem Pes hippocampi oder den Pedenculis cerebri, aus Kernen zusammengesetzt, welche in eine körnig-gallertige Masse eingelagert sind. Die Kerne sind von ver- schiedener Grösse, und, durch Verbiegung öfters unregelmässig, scharf und einfach gerandet. Zuweilen jedoch scheint der Rand auch durch zwei Linien gebildet zu werden. Es hängt diese Er- scheinung aber blos von der Einstellung ab und kann deshalb durch das Verschieben des Tubus beseitigt werden. Der Schärfe des Ran- des wird dadurch kein Eintrag gethan, sondern sie wird im Gegen- theil eher erhöht. Diese letztere Einstellung dürfte deshalb als die genaueste angesehen werden müssen, und ich möchte auf sie um so mehr hingewiesen haben, als in Bezug auf die Frage von der Kern- membran sie nicht ohne Wichtigkeit ist. Durch sie erklärt es sich, dass Jolly den doppelten Kernkontour auch an solchen Kernen fort- bestehen sah, die aus den Ganglienkörpern herausgerissen waren, ohne dass man die hyaline Umhüllung zu Hülfe zu nehmen braucht, deren häufige Anwesenheit ich nachgewiesen habe !). Die Kernsubstanz erscheint matt perlgrau, äusserst feinkörnig. In ihrem Inneren finden sich drei, vier auch fünf grössere Körper- chen eingesenkt, die eine kreisförmige Gestalt darbieten, hell glänzen, für gewöhnlich farblos sind, bei gewissen Einstellungen aber bläu- lich-grün, bei anderen mehr bräunlich schillern. Es sind wahre Kernkörperchen und die Gebilde, welche bei schwächeren Vergrös- serungen als blosse Punkte erscheinen und zu der Annahme geführt haben, dass sie nur der Oberfläche des Kernes angehören ?). Die Kernoberfläche ist von einer zarten, durchsichtigen, an- 1) D. Arch. Bd. IV. p. 467. 2) D. Arch. Bd. IV. p. 443. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 321 scheinend homogenen Masse bedeckt, die sich allseitig ausbreitet und in Folge von VerstümmeJung ganz unregelmässige Formen zeigt. Bei genauerer Besichtigung findet man indessen, dass in derselben kleine Körnchen und höchst feine, zarte Fäden dicht an einander gedrängt liegen. Letztere scheinen mit den Körnchen in Zusam- menhang zu stehen, häufig gradezu von ihnen auszugehen. Nachher kreuzen sie sich vielfach in ihrem Verlaufe und überziehen auf diese Weise die Kerne wie mit einem feinen unregelmässigen Netzwerke. Die kleinen Körnchen erscheinen dunkel, fast schwarz oder hell glänzend, bisweilen ebenfalls bläulich-grün oder mehr bräunlich schillernd. (Vergl. Fig. A. 1. 4. 5.) Wenn man losgerissene Theile dieser körnig-faserigen Masse besichtigt, so sieht man die Körnchen in ihnen in ganz bestimmter Weise angeordnet. Sie erscheinen wie an verzweigte Fäden ange- heftet, lassen indessen in den meisten Fällen nichts Bestimmtes er- kennen. Betrachtet man die einzeln oder zu zwei, drei und noch mehr herumtreibenden Körnchen, die bei den angewandten starken Vergrösserungen, zumal bei abgedämpftem Lichte ich im Gegensatze zu früher recht häufig sah und meist in stark zitternder Bewegung fand, so zeigen sich dieselben als lichte Kreise, von einem zarten, matten Hofe umgeben und gewöhnlich durch feine Fäden unter ein- ander verbunden. Diese Fäden sind am freien Rande als feine Spitzen und zwischen den Körnchen als dunklere Striche zu sehen. Nicht selten scheinen sie aber auch ganz zu fehlen und die Verbin- dung zwischen den einzelnen Körnchen sich nur durch die Verkle- bung ihrer Höfe zu machen. (Fig. C.) Untersucht man das Gehirn eines Kaninchens am zweiten Lebenstage, so trifft man auf dieselben Bilder. Doch ist es mir vorgekommen, als ob viele Gebilde sich deutlicher präsentirten, weil sie derber und fester geworden. Natürlich kann das aber auch der reine Zufall sein und ganz allein auf individueller Entwickelung beruhen. Die körnig-faserige Masse scheint an vielen Kernen fester anzuhaften, an einzelnen nach einer bestimmten Richtung hin sich vorwiegend zu entwickeln und daher zapfenartige Verlängerungen der Kerne zu bilden. (Fig. A. 2. 3. 4.) In der Masse selbst sind hie und da ganz deutliche Fasern zu erkennen. Dieselben sind ausserordentlich blass und zart, von den Körnchen mehr oder we- niger dicht bedeckt; sie verzweigen sich vielfach (Fig. B. 1. 2.), scheinen aber andererseits sich zu stärkeren auch wieder zu sam- 322 R. Arndt: meln Fig. B. 3). Ob diese Fasern aus den feinen Fäden hervorge- gangen sind, welche von den einzelnen Körnchen ausstrahlen ? 6 Bei einem vier Tage alten Kaninchen findet man die erwähnten Vorgänge noch weiter gediehen. Im Stirnhirn zeigen verschiedene Kerne ein auffaliendes Verhalten. Die Fäserchen der sie umgeben- den Masse nehmen nach einer Richtung hin einen mehr paralellen Verlauf an, sie nähernsich dabei und bilden deutliche Zapfen oder Haken. (Fig. D. 1. 2. 3. 4.) Hie und da gelingt es, die Zapfen dünner und dünner werden und sich in unregelmässige körnig-faserige Masse verlieren resp. auflösen zu sehen. (Fig. D.5.) Die Körnchen scheinen sich dabei von den Fäserchen abzulösen und zwischen denselben ein- zulagern. Ab und an stösst man auf sich bildende Nervenfasern. Die Elemente der körnig-faserigen Substanz legen ‚sich zu breiteren faserartigen Gebilden zusammen (Fig. G), die feinsten Fäden ver- schmelzen untereinander, die Körnchen sondern sich von ihnen und liegen den neu entstandenen Bändern auf. Einige von ihnen ver- grössern sich auffallend, vielleicht durch das Zusammenfliessen mehrerer, und treten als grössere glänzende Kügelchen ziemlich stark hervor. (Fig E. und F.) Während dieses Vorganges lösen die entstandenen Nervenfasern sich von den Kernen, aus deren Um- hüllungmasse sie sich gebildet haben, ebenfalls ab, und diese letz- teren liegen nunmehr frei da. Sie sind kleiner als die zuerst be- trachteten, an denen es zur Bildung von Zapfen und Haken kam, sie sind glatt und unterscheiden sich dadurch nicht unerheblich von ihnen. Der beschriebene Process ist nicht überall gleichmässig vor- gerückt. Er ist im Pes hippocampi und in den Peduneulis cerebri vielfach weiter; im kleinen Gehirne dagegen schreitet er im Gegen- satz zum Menschen nicht so rasch vor, sondern hält ziemlich gleichen Schritt mit dem im grossen Gehirne. Bei einem sechs Tage alten Kaninchen und noch mehr bei einem achttägigen lassen alle Veränderungen sich noch deutlicher übersehen. Die Kerne der grauen Substanz sind mit derberen Fa- serbildungen bedeckt. Die Fäserchen, deutlich verzweigt, sitzen der Kernoberfläche, wie es scheint, rechtwinklig auf, verflechten sich vielfach unter einander und bilden stellenweise einen ziemlich dichten Filz. In abgerissenen und gut ausgebreiteten Stücken sind die Fäserchen in sehr bestimmter Weise zu sehen; ja sie lassen bis- weilen sogar zwei Ränder erkennen, haben also eine gewisse Breite Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 323 erlangt. (Fig. I. 1. 2.) Auch die Körnchen scheinen grösser gewor- den zu sein, zeigen im Uebrigen aber das angegebene Verhalten. Die Kerne mit Zapfen- und Hakenbildungen haben an Zahl zuge- nommen. Man trifft sie jetzt allerwege, während man früher sie doch recht sehr suchen musste. Viele Kerne zeigen jetzt sogar mehrere Zapfen, einer davon hat sich aber übermächtig entwickelt und schweifartig verlängert. In allen Zapfen ist eine deutliche Längsfaserung zu sehen und die Faserung scheint unter einander Verbindungen einzugehen. Denn sowohl um den Kern herum, als über denselben hinweg sieht man die Fäserchen aus einem Zapfen in den anderen streben. Man kann nicht mehr zweifeln, dass man es mit sich entwickelnden Ganglienkörpern zu thun habe. Je deutlicher die Form des Ganglienkörpers geworden, je mehr sich die eigenthümliche Faserung desselben herausgestellt hat, desto mehr löst er sich aus der ihn umgebenden körnig-faserigen Sub- stanz heraus und desto seltener zeigt sein Kern noch mehr als ein Kernkörperchen. Letzteres aber ist ungleich grösser als jedes ein- zelne der früheren Kernkörperchen und darum wahrscheinlich durch das Zusammentreten dieser entstanden. (Fig. H. 1—5.) Auch jetzt noch sind alle diese Bildungen im Pes hippocampi und den an der Basis gelegenen Hirntheilen weiter vorgeschritten, haben aber nichts destoweniger doch noch nicht ihre Vollendung erlangt. (Fig. K. 1-3.) Vollständig entwickelte Ganglienkörper habe ich erst am elften Tage in der Hirnrinde des Kaninchens gefunden. Die sämmt- lichen Zapfen sind zu deutlichen Fortsätzen geworden und die Textur hat die Verhältnisse angenommen, wie sie Max Schultze') von den Ganglienkörpern beschrieben hat. (Fig. 4.) Die unvollstän- dige Faserung ist in eine continuirliche übergegangen, d. h. man sieht nicht blos mehr einzelne Striche, welche eine bestimmte Ver- laufsrichtung einhalten, sondern deutliche weit zu verfolgende Fi- brillen sind entstanden, welche aus dem Ganglienkörper in die Fortsätze, oder aus einem Fortsatz in den anderen hinziehen und zwischen sich die Körnchen liegen haben. Die Körnchen können deshalb nicht wohl als blosse Gerinnungsprodukte aufgefasst werden. Ihr stets gleiches Verhalten, ob sie in der körnig-faserigen Substanz vorkommen, oder ob sie in Ganglienkörpern oder endlich in Axen- cylindern ?2) vorkommen, spricht zu sehr dagegen und macht ihre 2) ’a. a. 0% 2) Vergl. Max Schultze a. a. 0. 324 R. Arndt: Präexistenz ebenso wahrscheinlich, wie die der Fäden, denen sie an- haften. Berücksichtigt man aber die Ganglienkörper aus der Hirn- rinde älterer Kaninchen, so ergiebt sich, dass der von Anfang an stärker entwickelte Fortsatz dem Hauptfortsatze oder Axencylinder- fortsatze entspricht, die übrigen dagegen zu verästelten oder cen- tralen Fortsätzen werden. Mit jedem Tage weiter mehrt sich die Zahl der Ganglienkörper, vermindert sich die Zahl der ursprünglich vorhandenen Kerne und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass dies nicht mit der Umwandlung derselben in die ersteren Zusammen- hängen sollte !). Wir hätten somit auch aus diesen Beobachtungen zu entneh- men, was zu anderen Zeiten uns die Beobachtungen am menschlichen Gehirne ergeben haben: Die Kerne mit der sie umgebenden körnig-faseri- gen Substanz, der Neuroglia der Autoren, dem Reiser- netze Bessers, wie sie sich im Gehirne des Neugebore- nen und schon des Foetus finden, sind der Boden, aus dem alle späteren nervösen Gebilde der Gentraltheile, sowohl dieGanglienkörper als auch die Nervenfasern, hervorgehen. Ganglienkörper und Nervenfaser aber entstehen, indem die Fäden jener Substanz sich stär- ker entwickeln, mit einander verschmelzen undFasern bilden, welche durch die centralenFortsätze des Gang- lienkörpers in diesem selbst sich sammeln und durch den peripheren unter Umständen?) innig verbunden in den Axencylinder einer Nervenfaser übergehen. Die centralen Fortsätze jedoch wurzeln in der körnig- faserigen Masse, aus der sich alles gebildet hat, und die als ein in bestimmter Richtung reizungsfähiges Gewebe zu betrachten ist. Ueber diese Sätze hinaus war in dem letzten Artikel) ich nicht gekommen, und ich muss anerkennen, dass, so lange man bei ihnen stehen bleibt, alle geschilderten Vorgänge vollständig ausserhalb der Zellular-Metamorphose zu stehen scheinen. Allein das ist in der 1) Ueber die Entstehung centraler Ganglienkörper aus Kernen, welche in eine molekuläre Masse eingebettet sind, vergl. Henle und Merkel in Zeitschr. f. rat. Med. Bd. XXXIV. Heft 1. p. 80. 2) Vergl. hierüber dies. Arch. Bd. IV. pag. 502 u. 510. 3) ibid. pag. 512. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 325 That nur Schein. Ganglienkörper wie Nervenfasern entwickeln sich aus Zellen, aber ebensowenig wie die letzteren noch als Zellen zu betrachten sind, sind es auch die ersteren. Ihnen kommen daher auch keine selbstständigen, speecifisch cellulären Leistungen zu, son- dern sie können nur Leiter sein. Ein Rückblick auf das Gesagte wird uns diess zeigen. In der grauen Substanz des Gehirnes eines neugeborenen Ka- ninchens fanden wir nur Kerne, eingehüllt in eine gallertige, zum Theil körnig-faserige Masse. Das Nämliche findet sich beim neu- geborenen Menschen. Diese Kerne mit ihrer Umhüllung haben wir als Zellen anzusehen, als Zellen mit einem schon zu bestimmten Zwecken modifieirten Protoplasma. Woher diese Zellen stammen, in welchem Verhältnisse sie zu den spindelförmigen Embryonal-Zellen stehen, welche beim Menschen vor ihnen da sind, das muss ich für jetzt dahingestellt sein lassen. Genug, wir haben es mit ihnen als Zellen zu thun, deren Protoplasma in der Entwickelung zu anderen Formationen begriffen ist. Dass ich diesem Umstande früher nicht Rechnung getragen habe, sondern, trotzdem mir Striekers'!) und Schweigger- Seidels?) Einwendungen gegen Bessers?°) Auseinandersetzungen über die Histiogenese der nervösen Gebilde in den Öentraltheilen be- kannt waren, dennoch die betreffenden Objekte für schon höhere Entwickelungsstufen von Zellen, für Derivate derselben gehalten und deshalb gegen ihre Zellennatur mich ausgesprochen habe, wenn die- ses Letztere auch mit aller Reserve geschehen, ist ein Fehler. Ich erkenne ihn bereitwilligst an und halte deshalb für überflüssig, ihn erst noch durch die Gründe zu entschuldigen, welche zu ihm mich verleitet haben. Ich kann das um so mehr, als er auf die Beob- achtungen und die Schlüsse, welche ich aus ihnen zog, von gar kei- nem Einfluss war, sondern mich blos verhinderte, die körnig-faserige Substanz, als terminales Fasernetz, in der Bedeutung zu würdigen, von der ich gegenwärtig glaube, dass sie ihr beizulegen sei. Welche ist dies nun? — Die beschriebene Umhüllung der Kerne der grauen Substanz haben wir also als ein sich modificirendes Pro- ]) 8. Strieker. Histogenetika. Wiener med. Wochenschrft. 1866. Nr. 93. 2) Schweigger-Seidel in Canstatts Jahresber. für 1866. Bd. 1. p. 29, 3) L. Besser. Zur Histogenese d. nerv. Elementartheile in d. Cen- tralorg. u. s. w. Arch. f. pathol. Anat. ete. Bd. XXXVI. » 326 R. Arndt: toplasma anzusehen. Die Modification desselben wird von Tag zu Tag stärker. Die Fäden und Körnchen nehmen in ihm mehr und mehr zu und nehmen zugleich bestimmte Lagerungsverhältnisse an. Dadurch entsteht die später exquisit körnig-faserige Substanz, das terminale Fasernetz, dadurch entstehen die Ganglienkörper und die Nervenfasern. Ich habe früher !) nachzuweisen gesucht, dass das Wachs- thum der Hirnrinde allein durch Zunahme der körnig-faserigen Substanz geschehe. Das modifieirte Protoplasma dehnt sich also räumlich aus, es wächst, und es wächst wie das jeder anderen Zelle. Allein während an seiner Peripherie auf der einmal) erlangten Stufe der Modification es stehen bleibt, keine weiteren Veränderungen eingeht, verdichtet es sich in dem centralen Theile, um den Kern herum, durch stärkere Wucherung seiner Fäden und das Verschmelzen derselben zu Fasern, zum Ganglienkörper und seinen Fortsätzen. Je weiter die Fasern des Ganglienkörpers und der Fortsätze sich entwickeln, je solider sie werden, desto mehr treten sie aus dem Zusammenhange mit dem übrigen Protoplasma heraus; schliesslich haben sich Ganglienkörper und Axencylinderfortsatz von ihm vollständig gelöst — einzelne Fä- serchen mögen in Zusammenhang bleiben und dann Verbindungen des Ganglienkörpers mit der körnig-faserigen Substanz herstellen, wie sie Frommann?) beschreibt, — und nur die centralen Fort- sätze, nachdem sie sich mehr und mehr aufgelöst haben, stehen noch durch ihre feinsten Endigungen mit ihm in inniger Beziehung. In ähnlicher Weise entstehen auch die Nervenfasern. Das Protoplama der Zellen, aus denen sie sich bilden, wächst hier nur nicht allseitig, sondern verlängert sich lediglich nach zwei Richtun- gen 3). Die Protoplasmafäden verschmelzen zum Axencylinder, die Körnchen sitzen dem erst entstandenen Axencylinder auf oder liegen zwischen seinen Fibrillen. Nachdem die Faserbildung des Axencylinders erfolgt ist, die Fasern *) eine gewisse Festigkeit gewonnen haben, lösen sie sich von den Kernen ab, und diese liegen frei ihnen zur Seite. Die Bildung des Axencylinders scheint darum immer seitlich vom Kerne zu erfolgen. Nur ausnahmsweise scheint sie auch einmal um den Kern 1) Dies. Arch. Bd. IV. p. 521. 2) Frommann. Ueber d. Färbung d. Binde- und Nervensubst. d. Rückenmarkes durch Argent. nitrie. u. s. w. Arch. für path. Anat. ete. Bd. XXXI 3) Dies. Arch. Bd. IV. pag. 498 — 499. 4) Ueber die Fasern des Axencylinders siehe Max Schultze a. a. O. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 397 herum vor sich zugehen. Die Fasern legen sich in diesem Falle nicht zu dem soliden Bande zusammen, sondern umstricken den Kern, wie bei der Bildung der Ganglienkörper. Es liegt dann der Kern im Axencylinder frei da, treibt diesen gewissermassen aus einander und bildet die sogenannten bipolaren oder spindelförmigen Ganglienzellen, welche ab und zu in den Verlauf einer Nerven- faser eingeschaltet sind. Es sind dieselben darum in der That nichts anderes, als Anschwellungen des Axencylinders, wie es Max Schultze !) und Leydig?) behauptet haben. Die spindelförmigen Ganglienkörper aus den hinteren Rückenmarkshörnern, der Substantia nigra der Hirnstiele, dem Corpus dentatum des kleinen Gehirnes, wenn sie überhaupt den Namen noch verdienen, sind dagegen ganz andere Gebilde. Das sind wirkliche Ganglienkörper, Concentrations- oder Zerstreuungspunkte für eine Summe von Erregungen. Was aus den Körnchen wird, welche dem neu entstandenen Axencylinder noch anhaften, was ebenso aus einigen anderen zur Faserbildung des Axencylinders nicht verwandten Theilen des Pro- toplasmas wird (vergl. Fig. E u. F), muss dahingestellt bleiben. Die Axencylinder selbst aber, welche, wie ich dargethan zu haben glaube, von verschiedenen Zellen gebildet werden, verschmelzen unter einander und verschmelzen schliesslich auch mit dem Axen- eylinderfortsatze eines Ganglienkörpers, ‚der ihnen entgegen wächst. Und so entsteht, wo er überhaupt vorhanden ist, aller Wahrschein- keit nach allein auf diese Weise der Zusammenhang zwischen ihm und dem Axencylinder einer Nervenfaser, nicht aber, wie man früher angenommen hat, dadurch, dass die Nervenfasern einfach aus den Nervenzellen auswachsen. Wir sehen demnach auch hieraus, dass die centralen Ganglien- körper keine Zellen sind, zum Mindesten nicht in dem Sinne des Wortes, in dem es schlechthin genommen wird. Sie sind zwar, wie schon hervorgehoben, aus Zellen hervorgegangen, aber nicht, indem die ganze Zelle in siesich umwandelte, sondern indem nur ihr eentralster Theil dazu verbraucht wurde. Ich habe sie als Convolute von Fa- sern bezeichnet, welche in der Hirnrinde einerseits in einem reizungs- 1) Max Schultze. Observ. de retinae struct. penitior. Bonnae 1859. Ueber die Structurelemente des Nervensyst. in S. Strieker’s Handbuch d. Gewebelehre. Leipzig 1868. p. 134. 2) Leydig. Vom Bau d. thier. Körpers. Tübingen 1864. p. 93. M. Schultze, Archiv f. mikr. Anatomie, Bd. 5 22 328 «R. Arndt: fähigen Gewebe wurzeln, andererseits sich zum Axenceylinder einer Nervenfaser verdichten, im Hirnstocke und Rückenmark dieses Ver- halten bewahren und ausserdem noch wahrscheinlich Verbindungen mit anderen Ganglienkörpern eingehen, weshalb sie denn auch als Sammel- oder Zerstreuungsplätze einer Summe von Erregungen zu betrachten seien. Max Schultze!t) hält sie auf Grund ihrer ex- quisit fibrillären Struktur mehr für Durchgangspunkte bereits gebil- deter, wie als Ursprungsheerde bis dahin nicht existirender Nerven- fibrillen und hält es für denkbar, dass ein wirkliches Ende von Fibrillen im Gehirn und Rückenmarke gar nicht existire, dass alle Fibrillen an der Peripherie entspringen, die Ganglien- körper also nur durchsetzen. Ferner weist er nach, dass an Ganglienkörpern der vorderen Rückenmarkshörner durchaus nicht alle Primitivfibrillen dazu bestimmt sein können, nur dem Axency- linderfortsatze zugeführt zu werden, sondern dass ein Theil derselben auf dem Wege der verästelten Fortsätze nach anderen Richtungen weiter ziehe. Die Ganglienkörper erscheinen ihm daher als Kno- tenpunkte zahlloser, aus den verschiedensten Richtungen stammen- der Einzelfibrillen, deren ein aus (diesen gesammeltes Bündel als Axencylinder zu einer Faser zusammengefasst und mit Markscheide umgeben, sofort peripherisch verläuft, die anderen unbekannte Wege ziehen. Ich finde hierin eine so grosse Uebereinstimmung, wie sie kaum grösser gedacht werden kann, zumal wenn man berücksichtigt, dass dieselbe auf ganz verschiedenem Wege erzielt worden ist. Etwas anders dagegen liegt die Sache in Bezug auf weitere Verhältnisse. Max Schultze hält an der Zellennatur der in Rede stehenden Gebilde fest, welche ich geglaubt habe aufgeben zu müs- sen, wobei ich mich allerdings mehr durch physiologische als histio- logische Gesichtspunkte habe leiten lassen. Ich bin dadurch mit dem verehrten Autor in Widerspruch gerathen, glaube indessen auf Grund der obigen Untersuchungen diesen doch auch und zwar nicht gerade zum kleinsten Theile lösen zu können. Max Schultze ist nämlich geneigt, die interfibrilläre Substanz der Ganglienkörper für einen Ueberrest des embryonalen Protoplasmas zu halten, durch dessen Thätigkeit die Fibrillen differenzirt wurden, und von dem möglicherweise in der unmittelbaren Umgebung des Kernes eine 1) Max Schultze. Ueber d. Structurelemente d. Nervensystems in Strieker’s Handbuch d. Gewebelehre pag. 133 u. ff. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 329 grössere Menge und in einer der embryonalen Bedeutung verwandteren Funktion persistirt. Dass in Betreff des ersteren Theiles dieses Satzes meine Auffassungen mit denen des genannten Autors wieder wesent- lich zusammenfallen, glaube ich bedarf keines besonderen Nachweises. Nur habe ich die Entstehung der Fibrillen aus schon präformirten Fäden dieses Protoplasmas zu erklären gesucht und für den persisti- renden Rest desselben allein die körnige Masse gelassen. Ob ich dabei Richtiges getroffen habe, oder in einen Irrthum gerathen bin, muss die Zukunft lehren. Was aber den zweiten Theil desselben Satzes anlangt, so glaube ich, dass das fragliche Protoplasma, das den Kern in grösserer Menge umgeben soll, auch bereits gefunden ist. Fasst man nämlich die an Chromsäure-Präparaten hyalin er- scheinende Masse, welche beinahe in allen grösseren Ganglienkör- pern den Kern umschliesst, nicht wie ich es gethan habe, als eine Weiterentwickelung des Protoplasmas auf, als eine Metamorphose der Fäden desselben, sondern giebt man ihm die Deutung, welche sie bereits von Hensen !) erhalten hat, und sieht sie als den Rest des ursprünglich vorhandenen, nicht modifieirten Protoplasmas an, so ist auch da völlige Uebereinstimmung erzielt. Freilich wären manche Dinge, wie die cylinderförmigen Bildungen der hyalinen Masse, die Fäden, welche Hensen wahrgenommen hat, ihr Mangel an Körn- chen, so weit ich die Sache bis jetzt übersehe, nicht erklärt; allein es sind dies auch so subtile Verhältnisse, dass man nicht erwarten kann, sie mit einem Male vollständig aufzudecken. Um so mehr tritt da die Frage in den Vordergrund: Warum sollen die Ganglienkörper keine Zellen sein? Die Antwort ergiebt sich aus dem, was ich schon zu öfterem ausgesprochen habe, weil sie einmal ihrem Baue nach nicht sowohl für Träger oder Er- reger einer specifischen Leistung gelten können, als vielmehr als blosse Durchgangspunkte für dieselben, und das andere Mal, weil ihrer Entwickelung nach ich sie nur für Theile einer Zelle anzu- sehen mich gezwungen fühle, die im Uebrigen noch weiter existirt. Als Nervenzelle des Gentralorganes eines Erwachsenen glaube ich nämlich der vorausgegangenen Schilderung gemäss den Ganglien- körper sammt seinen centralen Fortsätzen und dem Theile von kör- nig-faseriger Substanz begreifen zu müssen, welche genetisch mit ihm in Zusammenhang steht. Ob wir dieselben aber jemals unver- 1) Vergl. hierüber dies. Arch. Bd. IV. pag. 467. 330 R. Arndt: sehrt kennen lernen werden, ist fraglich, ja im höchsten Grade un- wahrscheinlich. Sie existirt vielleicht gar nicht mehr für sich allein, obwohl das noch recht gut denkbar ist, sondern sie ist wahrschein- lich mit benachbarten Partien so vollständig verschmolzen, durch ihre feinsten Fäden mit ihnen so innig verwebt, dass sie zusammen nur noch eine einzige, ihrer Entstehung nach absolut untrennbare Masse bilden. Allein ist dieses der Fall, dann müssen wir auch folgerich- tig die interganglionäre körnig-faserige Substanz, das terminale Fasernetz, wie es im Erwachsenen sich er- weist, als ein zusammengeflossenes, zu bestimmten Zwecken modifieirtes Protoplasma, als ein reizungs- fähiges Gewebe betrachten, das der eigentliche Träger aller centralen Vorgänge ist. Wie dem nun aber auch sei, immerhin sehen wir, dass einige wenige und für den Augenblick unwesentliche Punkte abgerechnet, im grossen Ganzen die Zellular-Metamorphose auch für die von mir gegebene Darstellung der Entwickelung des Nervengewebes aufrecht erhalten werden kann, und dass, so fremdartig und absonderlich die Entwickelungsgeschichte desselben für den ersten Augenblick erschienen sein mag, sie dennoch vollständig unter die Gesichts- punkte fällt, welche durch jene gewonnen worden sind. Die sche- matische Zeichnung, welche unter M. ich für die Hirnrinde ent- worfen habe, und in der das um die Ganglienkörper herum liegende, zur körnig-faserigen Substanz gewordene Protoplasma bei 1. noch gesondert, bei 2. aber gänzlich verschmolzen gedacht ist, hoffe ich, wird darüber zu völliger Verständigung führen. Erklärung der Figuren auf Taf. XIX. Sämmtliche Figuren sind gezeichnet nach einer Vergrösserung, welche bei ausgezogenem Tubus eines Hartnack’schen Instrumentes Noberts System 6 & l’immers. in Verbindung mit Ocular 3 und 4 giebt. Bei den ein- zelnen Figuren ist deshalb nur die Nummer des Oculars angegeben. Dje Ver- grösserung beträgt in dem einen Falle das 1000fache, in dem andern das 1530fache, die Sehweite 28 Cm. Fig. A. 1. 2. 3. 4. 5. Kerne mit anhaftender körnig-faseriger Substanz aus dem Stirntheile eines zwei Tage alten Kaninchens. Kerne mit meh- reren Kernkörperchen und mit anscheinend geschwänzten der Ober- fläche aufliegenden Körnchen versehen. Die körnig-faserige Substanz, Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Studien über die Architektonik der Grosshirnrinde des Menschen. 331 M. dendritisch verzweigt, ist bei 1. noch unregelmässig vertheilt, bei 2, 3, 4 nach einer Seite hin stärker entwickelt. 5. Ein sehr grosser Kern. Auf allen Kernen fadenförmige Bildungen. Ocul. 3. Körnig-faserige Substanz aus dem Stirntheile eines zwei Tage alten Kaninchens. Ocul. 4. Körnig-faserige Substanz aus dem Stirntheile eines zwei Tage alten Kaninchens. Ocul. 4. 1. 2. 3. 4. 5. Kerne aus der grauen Substanz des Stirntheiles eines vier Tage alten Kaninchens. Entwickelung von Ganglienkörpern aus denselben. Oecul. 3. 1. 2. Bildung von Nervenfasern aus dem Stirntheile des Hirnes eines vier Tage alten Kaninchens. Die Kerne haben sich schon gelöst. Sie sind kleiner als die der Ganglienkörper. Ocul. 3. Nervenfaser aus dem Pedunculus cerebri eines vier Tage alten Ka- ninchens. Ocul. 3. Nervenfaser ebendaher. Ocul. 4. 1. 2.3.4.5. Kerne und sich bildende Ganglienkörper , aus dem Stirn- und Hinterhauptstheile des Gehirnes eines acht Tage alten Ka- ninchens. Ocul. 3. Körnig-faserige Substanz eines acht Tage alten Kaninchens. Bei 1 Fäden dünn, ohne deutliche CGontouren, bei 2. schwach aber deutlich eontourirt. Ocul. 4. Ganglienkörper aus dem Pes Hippocampi eines acht Tage alten Ka- ninchens. 1. und 2. mit Kernen, in denen nur ein Kernkörperchen 3. mit einem Kerne, in welchem noch drei Kernkörperchen sichtbar sind. Letztere sind scheinbar verbunden. Ocul. 3. Ganglienkörper aus dem Stirnhirn eines elf Tage alten Kaninchens, Oeul. 3. Schematische Darstellung des Verhältnisses der Ganglienkörper der Hirnrinde zu dem terminalen Fasernetze derselben. Die centralen Fortsätze lösen sich in das letztere auf. und dieses kann gedacht werden entweder als eine Anhäufung noch gesonderter Protoplasma- theile, wie bei 1. oder als eine völlige Verschmelzung derselben wie bei 2. Die Spitzenfortsätze der Ganglienkörper gehen in Nervenfa- sern über, nur bei a und b tritt eine Verschmächtigung derselben ein, wie sie einer scheinbaren Auflösung in körnig-faserige Substanz . voranzugehen pflegt. Bei c. eine Nervenfaser unterbrochen durch eine sogenannte bipolare Ganglienzelle. Die helleren Ringe um die Kerne, die sich hin und wieder nach dem Spitzenfortsatze schweif- artig verlängern, dürfen als der Ausdruck einer vom übrigen Gang- lienkörper differenten Masse, des Restes des unveränderten Proto- plasma angesehen werden. Axencylinderfortsatz der Nervenzellen im kleinen Hirn des Kalbes. 1 Von Dr. A, Koschennikoff aus Moskau. Hiezu Taf. XIX Fig. 1 und 2. Vor zwei Jahren in Würzburg bei Untersuchungen über die Structur des kleinen Hirns ist es mir gelungen, den Uebergang des Axencylinderfortsatzes in eine markhaltige Nervenfaser zu beobach- ten und dadurch die Deiters’sche Meinung über diesen Gegenstand | zu bestätigen. Ich hatte die Absicht, diese Untersuchungen fortzu- setzen; aber andere Beschäftigungen haben mich bis jetzt daran ver- hindert. Nachdem noch Niemand ausser Deiters, so viel ich weiss, diesen Uebergang beschrieben hat, so halte ich es nicht für über- flüssig, diese Beobachtung kurz zu veröffentlichen, bis ich später Ge- legenheit finden werde, wieder zu diesem Gegenstande zurückzukehren. Die grossen Nervenzellen im kleinen Hirn liegen bekanntlich in einer Reihe zwischen der Körnerschicht und der oberflächlichsten Schichte der grauen Substanz. Alle diese Zellen sind nach dem- selben Typus geschaffen: sie haben ovale Körper mit grossem Kern; vom Körper gehen zwei Fortsätze ab, der dickere nach der Peri- pherie, der dünnere durch die Körnerschichte zum Centrum. Der dickere Fortsatz hat das gewöhnliche Aussehen der Protoplasmafort- sätze (Deiters), theilt sich bald gewöhnlich in zwei Zweige, von denen jeder sich wieder verästelt u. s. w., so dass er einen grossen Baum bildet, welcher sich in der peripherischen Schichte der grauen Substanz verbreitet. Ihr weiteres Schicksal ist bis heute ganz un- bekannt. Der andere zum Centrum gehende Fortsatz ist homogen, hat hyalines Aussehen, und Deiters hat ganz Recht gehabt, ihn mit den Axencylinderfortsätzen der Rückenmarksnervenzellen zu identificiren '). Wie es scheint, hat er auch den Uebergang dieses Fortsatzes in eine markhaltige Nervenfaser beobachtet, aber leider fehlten in seinem Manuscripte genauere Beschreibungen und Abbil- dungen hierüber. Durch die Maceration des ganz frischen noch warmen Kalbhirns in verdünnter Lösung von chromsaurem Kali 1) Untersuchungen über Gehirn und Rückenmark des Menschen und der Säugethiere. 1865. Vorwort von Max Schultze p. XII. m ——— en Axencylinderfortsatz der Nervenzellen im kleinen Hirn des Kalbes. 333 (nach Deiters), während 24 bis 48 Stunden und dann durch sorg- fältiges Zerzupfen konnte ich diesen Fortsatz in grosser Ausdehnung verfolgen (0,190 bis 0,2831 Mm., bei der Grösse des Zellenkörpers 0,045 Mm). Zwei Mal ist es mir gelungen, den zweifellosen Ueber- gang des Fortsatzes in eine markhaltige Nervenfaser zu beobachten. Die Herren Professoren von Recklinghausen und Kölliker haben sich von dieser Thatsache überzeugt, und ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, ihnen meinen herzlichen Dank- für ihre Unterstützung in meinen damaligen Arbeiten auszusprechen. Der helle Fortsatz kommt aus dem Zelleninhalt heraus; eine Verbindung dessen mit dem Kern habe ich nie wahrnehmen können. In einiger Distanz vom Zellenkörper verschmälert er sich bedeutend, was schon Deiters bemerkt hat das ist der Grund, warum man gewöhn- lich Nervenzellen mit kurzen Axencylinderfortsätzen bekommt: denn an der verschmälerten Stelle reisst der Fortsatz sehr leicht entzwei. Auf seinem weitern centripetalen Verlaufe wird er wieder dicker und später geht er in eine markhaltige Nervenfaser über. Diesen Uebergang beschreibt Deiters folgender Weise: »Er (Axencylinder- fortsatz) bleibt ungefähr so lange wie der Durchmesser der Zellen selbst, oft auch noch länger ganz nackt mit vollkommen glatten Contouren, dann verschmälert er sich etwas und von seiner engsten Stelle aus entwickelt sich zugespitzt die vollständig dunkelcontou- rirte Nervenfaser«. In den von mir beobachteten Fällen geschah dieser Uebergang in grösserer Distanz vom Zellenkörper, so wie es die Figuren darstellen. Dieser Fortsatz behielt auf der weiten von mir isolirten Strecke überall dieselbe Beschaffenheit, nur manchmal habe ich an ihm Varicositäten gesehen. Ich habe niemals eine Ver- ästlung desselben bemerkt und also auch niemals Verbindungen mit den Körnern der rostfarbenen Schichte beobachtet. München 1869, 5. Februar. Erklärung der Abbildungen auf Taf. XIX, Fig. I, 2. Zwei Nervenzellen aus dem kleinen Hirn des Kalbes. a. Zellenkörper. b. Bekannter Protoplasmafortsatz. c. Axencylinderfortsatz. d. Stelle, wo er sich verschmälert. e. Uebergangsstelle des Axencylinderfortsatzes in eine doppelt con- tourirte Nervenfaser. Die Bindesubstanz der Drüsen. Von Franz Boll, stud. med. Hierzu Taf. XX. In einer Arbeit: »Ueber den Bau der Thränendrüse« !) habe ich für die Thränendrüsen und die Speicheldrüsen einiger Säuge- thiere den Nachweis eines in Parenchym dieser Organe sehr weit verbreiteten Netzes areolärer Bindegewebszellen geführt. Ich habe in einer Reihe von Untersuchungen, welche auf dem Berliner patho- logisch-anatomischen Institut angestellt wurden, dieses Thema noch weiter verfolgt und bin, theils indem ich eine grössere Anzahl ver- schiedener Drüsen in den Kreis meiner Untersuchungen zog, theils indem ich neben den Macerationsmethoden, auf deren etwas einsei- tiger Anwendung fast ganz allein die in meiner ersten Publication niedergelegten Resultate beruhten, eine Reihe von Erhärtungsme- thoden anwandte, jetzt zu einem gewissen Abschlusse gelangt. Wäh- rend zur Zeit meiner ersten Publication die geringe Ausdehnung meiner Untersuchung jede Verallgemeinerung der Resultate mit Nothwendigkeit ausschloss, glaube ich jetzt in Besitz eines hinrei- chenden Beobachtungsmaterials zu sein, um wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit histiologische Folgerungen mehr allgemeiner Art aus demselben ziehen zu dürfen. Die Methoden, welche ich zur Erhärtung der zu untersuchen- den Drüsen benutzte, wurden der Controle wegen an jeder unter- suchten Drüse fast stets neben einander angewandt. Von jeder Drüse legte ich einige etwa erbsengrosse Stückchen in Osmiumsäure von !/s °/,, und gleichzeitig grössere Stücke in Kali bichromicum von 2°), und in Spiritus. Die nach den beiden letzten Methoden erhaltenen Schnitte wurden mit grösstem Vortheil durch Carmin 1) Archiv für mikroskop. Anatomie, IV, p. 146. Die Bindesubstanz der Drüsen. 335 tingirt und kann ich ebenso wie Heidenhain') die Klarheit und Schärfe der auf diese Weise behandelten Alkoholpräparate nicht ge- nug loben. Wenden wir uns jetzt dazu, die Anatomie der einzelnen Drüsen darzustellen, wie sie an der Hand der oben erwähnten erhärtenden Methoden, combinirt mit Isolation in Jodserum und Kalilauge von 331/3 %/., ermittelt wurde. Als den Typus einer ganzen wichtigen Reihe von Drüsen wollen wir die Submaxillaris des Kaninchens voranstellen. Für diese wie für die ganze Reihe der nach demselben Plan gebauten Drüsen hat sich die Erhärtung in Osmiumsäure von allen als die beste Methode bewährt. Fig. 1 stellt einen auf diese Weise gewonnenen feinen Durchschnitt dar. Die einzelnen Alveolen liegen in unmittelbarer Nähe neben einander, mitunter durch feine Capillargefässe getrennt. Interstitielles fibrilläres Bindegewebe kommt in der ganzen Drüse uns in Gestalt von feinen Adventitialzügen der Nerven- und Gefäss- stämmchen vor, welche sich allerdings noch an Aesten von sehr feinem Kaliber nachweisen lassen. Die in den Alveolen gelegenen Drüsenepithelien sind von mittleren Dimensionen, rundlich polygonal und fast durchgängig gleich an Grösse und Gestalt. Sie zeigen alle einen deutlichen runden Kern ohne nachweisbare einzelne Kern- körperchen. Das Protoplasma ist dunkel und körnig. Mikroche- mische Reactionen weisen demselben einen grossen Reichthum an Eiweissstoffen zu. So färben sich bei der Osmiummethode die Zel- len schnell und energisch gleichmässig braun und imbibiren sich auch aus schwächeren Carminlösungen sehr schnell und sehr intensiv dun- kelroth. Die Contouren zwischen den einzelnen Epithelzellen, an denen eine besondere Membran nicht nachzuweisen ist, erscheinen zum grossen Theil einfach und zart. Daneben finden sich jedoch zwischen vielen Epithelzellen breitere, von einem deutlichen doppel- ten Contour begränzte, ziemlich stark glänzende Zwischenräume. Anfangs war ich geneigt, dieselben für sich zwischen die einzelnen Epithelien hinein erstreckende Verästelungen des Lumens der Al- veolen zu halten, die entweder physiologisch schon inter vitam vor- handen wären, oder erst durch die Wirkung des Reagens und eine Retraction der einzelnen Epithelien zwischen denselben entstandene spaltförmige Lücken darstellten. Bald jedoch überzeugte ich mich von der Unrichtigkeit dieser Ansicht und muss wenigstens die über- 1) Studien des physiol. Instituts zu Breslau. IV. 1868. p. 7. 336 E. Boll: wiegende Mehrzahl derselben jetzt als solide zwischen den einzelnen Zellen gelegene faserartige Gebilde in Anspruch nehmen. An den Rändern der Präparate, besonders dann, wenn dieselben leicht mit einem feinen Pinsel behandelt worden waren, sah ich mitunter diese feinen, glänzenden Fasern frei hervorstehen. Bei näherer Betrachtung ergab sich, dass diese feinen inner- halb der Alveolen sich verästelnden Fasern und Bälkchen stets von der Wand des Alveolus selber ausgingen und continuirliche Fort- setzungen der die einzelnen Alveolen trennenden Septa darstellten. Auf Schnittpräparaten erscheinen die einzelnen unmittelbar neben einander liegenden Alveolen durch ganz gleiche, nur etwas stärkere Balken getrennt, wie wir sie zwischen den einzelnen Epithelien des Alveolus sehen. Sehr häufig, besonders in den Fällen, wo ein Ca- pillarrohr zwischen zwei Alveolen verläuft, ist an denselben gar kein besonderer Gränzceontour mehr wahrzunehmen, sondern die Epithe- lien scheinen unmittelbar der Gefässwand anzuliegen. Häufig zeigen die zwischen den Alveolen verlaufenden etwas diekeren Balken, be- sonders an den Stellen, wo drei Alveolen zusammenstossen, eine kernhaltige Verdickung. Hat man den Schnitt nicht von ganz idealer Feinheit gefer- tigt, sondern etwa so, dass die Dicke desselben dem Durchmesser eines Alveolus entspricht, so sieht man bei wechselnder Einstellung ganz deutlich, wie die Oberfläche der Alveolen von einem feinen Netz von Fasern und Bälkchen förmlich umsponnen ist, wie diese Fasern und Bälkchen aus der Verästelung platter sternförmiger Zellen hervorgehen, welche ebenfalls der Wölbung der Aveolen auf- liegen. Es ist mir gelungen nachzuweisen, dass diese platten Zel- len, welche man an etwas dickeren Schnitten den Alveolen aufliegen sieht, ganz identisch sind mit den kernhaltigen Anschwellungen, welche man an dünnen Schnitten in den interalveolären Balken findet. Wenigstens besteht zwischen den interalveolären Balken und ihren Verästelungen und zwischen den Ausläufern der sternförmigen Zellen ein reiches System von Anastomosen. Die Verästelungen beider zeigen genau dieselben Charaktere, dieselben Dimensionen, dieselben höchst charakteristischen feinen ungefähr dreieckigen An- schwellungen an den Theilungsstellen. Auch ist es klar, dass die platten, von der Fläche aus gesehen breiten Zellen im Durchschnitt ganz den kernhaltigen Anschwellungen der interalveolären Balken gleichen müssen. Die Bindesubstanz der Drüsen. 337 Schon in meiner ersten Abhandlung habe ich nachgewiesen, dass . mittelst der Isolationsmethoden zusammenhängende Netze reich ver- ästelter und vielfach mit einander anastomosirender Zellen aus dieser Drüse dargestellt werden können. Ich brauche hier nur auf die dort gegebene Darstellung zu verweisen, und es ist wohl überflüs- sig, noch darauf aufmerksam zu machen, wie sich hier die Befunde der Isolationsmethoden und der Schnittpräparate einander ergänzen. Die aus der Combination beider Methoden gewonnenen Resul- tate lassen sich folgendermaassen zusammenfassen. Es existirt in der Drüse ein ausserordentlich reiches Netz von Zellen, deren sehr vielfach verästelte Ausläufer zahllose Anastomosen eingehen. Dieses ganze System ist, wenn ich mich so ausdrücken darf, in Kugel- schaalen angeordnet; es liegt in den Zwischenräumen eines Systems unregelmässig kugeliger und eiförmiger, mit Drüsenepithelien ange- füllter Räume, der Alveolen, welche es begränzt. Die Zellen selber sind platt; ihre reichen, ebenfalls platten Ausläufer bilden um die Alveolen eine korbartige Umhüllung von ziemlicher Dichtigkeit; wenigstens erscheint bei jedem Durchschnitt durch die Drüse die Mehrzahl der Alveolen von diesen Ausläufern begränzt. In der Mehrzahl der Fälle liegt nur eine einfache Wand zwischen zwei benachbarten Alveolen, da meist die Alveolen sich derartig an einander schmiegen, dass gar keine Interstitien zwischen denselben vorhanden sind. Ein und dasselbe Stück des areolären Gewebes bildet also einen Theil der korbartigen Umhüllung des einen wie des anderen Alveolus. Wo jedoch zwei Alveolen sich nicht unmit- telbar berühren, wo irgend ein anderes Organ, ein Capillarrohr, ein Gefäss- oder Nervenstämmchen mit seinem bindegewebigen Adven- titialzuge zwischen denselben liegt, da bildet sich um jeden einzelnen Alveolus eine eigene korbartige Umhüllung heraus. Die Zellen selbst liegen stets auf und zwischen den Alveolen, ebenso die stärkeren Ausläufer derselben. Die aus der weiteren Theilung und Verästelung derselben hervorgehenden feinsten Aus- läufer und Bälkchen dringen in das Innere des Alveolus zwischen die einzelnen Epithelien ein und verästeln sich und anastomosiren dort mit einander. Der Gegensatz dieses interalveolären Netzes gegen die stärkeren interalveolären Balken und Zellen mit ihren Ausläufern ist doch stets ziemlich scharf ausgeprägt, wenn ersteres auch nur aus der fortschreitend sich verfeinernden Verästelung der letzteren sich entwickelt. Ob nicht auch in der interalveolären 338 F. Boll: Verästelung zwischen den Epithelien selber sternförmige Zellen liegen können, will ich jetzt noch mit Sicherheit nicht entscheiden. Durch- schnittspräparate lassen mitunter eine ähnliche Deutung zu. Ganz eng schliesst sich an die Submaxillaris des Kaninchen die Thränendrüse der Säugethiere an, von denen ich Kalb, Schaf und Schwein genauer untersucht habe. Die menschliche Thränen- drüse unterscheidet sich von: denen der genannten Thiere sehr we- sentlich und erfordert eine besondere Besprechung. Auf Durchschnitten erscheinen die Zellen des secernirenden Parenchyms der genannten Drüsen ganz ebenso wie die der Kaninchen- Submaxillaris rundlich polygonal, sehr protoplasmareich und zeigen stets einen deutlichen runden Kern. Für das Studium der Netze des spongiösen Bindegewebes sind diese Drüsen viel geeigne- tere Objeete wie die zuerst betrachtete Kaninchen-Submaxillaris, in der die Balken des Netzes am feinsten bleiben. In den Thränen- drüsen der genannten Thiere zeigen dagegen alle Theile desselben, Zellen wie Balken, ein bedeutend stärkeres Kaliber. Schon in meiner ersten Abhandlung babe ich verschiedene Formen derselben, die ich mittelst Maceration in Jodserum aus der Thränendrüse des Kalbes isolirte, dargestellt und brauche daher bloss auf die Abbil- dungen zu verweisen. In allen drei Drüsen zeigen die Zellenkörper, welche bei dem Kaninchen ebenfalls abgeplattet erscheinen, ziemlich mächtige Dimensionen. Wenn der Durchmesser der Zellen, welcher senkrecht auf der Wölbung der Alveolen steht, auch stets kleiner ist wie der Flächendurchmesser der der Wölbung der Alveolen auf- liegenden Zelien, so kann doch von einer eigentlichen Abplattung nicht die Rede sein. Im Durchschnittspräparat erscheinen diese Zellen als mehr oder minder breite, die Wölbung der Alveolen um- sreifende kernhaltige Sicheln bis Viertel- und Halbmonde. Jeder Alveolus zeigt auf dem Durchschnitt wenigstens eine solche seiner Wölbung anliegende Sichel und an etwas dicker ausgefallenen Schnitten von Osmiumpräparaten kann man sich sehr leicht von der Richtigkeit der Auffassung überzeugen, welche ich bis jetzt allein nach Isolationspräparaten aufgestellt hatte, dass nämlich die Zellen durch platte, bandartige Ausläufer in Verbindung stehen und so eine Art durchbrochenen Flechtwerks zwischen den Alveolen bilden, sodass jeder einzelne Alveolus gleichsam in einer korbartigen durch- brochenen Umhüllung ruht. Diese Verhältnisse sind hier so deut- lich, dass das Studium des Netzwerks, welches hier gleichsam in Die Bindesubstanz der Drüsen. 339 typischer Form auftritt, am naturgemässesten von diesen Drüsen ausgeht. Das alleinige Studium der Submaxillaris des Kaninchen vermag von den Verhältnissen dieses Netzes nur sehr ungenügende Vorstellungen zu geben. Man versteht den Bau jener Drüse erst dann, wenn man sich bereits die ausgeprägteren Formen, in denen dies Netz in den Thränendrüsen auftritt, zur Anschauung gebracht hat. Von dem Zellenleibe geht durch allmälige Verschmälerung eine Anzahl von Fortsätzen aus, welche alle mehr oder weniger abgeplattet sind, bald mehr bandförmig, bald breiter, schaufelförmig erscheinend in den Zwischenräumen zwischen den einzelnen Alveolen verlaufen und für jeden Alveolus eine korbartige Umhüllung her- geben, indem sie mit den entgegenkommenden Ausläufern anderer Zellen ziemlich mächtige und breite Anastomosen eingehen. An Isolationspräparaten sieht man mitunter auch, wie von diesen brei- teren abgeplatteten Fortsätzen um vieles feinere Ausläufer abgehen. Dieselben dienen jedoch bereits nicht mehr zur Umhüllung des Alveolus, sondern dringen zwischen die einzelnen Zellen desselben selber ein und bilden dort ein intraalveoläres Netz. An Durchschnitts- präparaten sowie an Schnitten durch eine frische und kurze Zeit mit geringen Mengen verdünnter Chromsäure behandelte Drüse sieht man sehr gut zwischen den einzelnen Epithelien des Alveolus feine glänzende Reiser sich verästeln, deren continuirlicher Zusammenhang mit dem den Alveolus umhüllenden Netzwerk, welches auf Durch- schnitten als ein den grössten Theil des Alveolus umschliessenden dopppelten Contour erscheint, besonders leicht an Osmiumpräpara- ten nachzuweisen gelingt. Als Typus und als Ausgangspunct des Studiums einer Reihe von Drüsen, die von den soeben betrachteten, der Kaninchen-Sub- maxillaris und der Thränendrüse der Säugethiere, sehr wesentlich verschieden ist, möge uns die Submaxillaris des Hundes dienen. Auch in dieser Drüse (Fig. 2) zeigt das areoläre Netz eine sehr hohe Entwickelung. Zellen und Balken desselben sind ungefähr von dem Kaliber, wie sie sich in der Thränendrüse des Kalbes finden, welches unter den genannten Thieren die höchste Stufe der Ent- wickelung dieser Bildungen repräsentirt. Dagegen zeigen die Drü- senepithelien selber eine von den bis jetzt betrachteten Drüsen durchaus verschiedene Beschaffenheit. Besonders an in Alkohol er- härteten und nachher mit Carmin tingirten Präparaten tritt diese Eigen- thümlichkeit ganz vortrefflich hervor. Anstatt der rundlich polygo- 340 R.2Bollk nalen mit einem runden Kern versehenen protoplasmareichen, in Carmin wie in Osmium leicht und intensiv sich färbenden Zellen sehen wir hier auf Durchschnittspräparaten in den Maschen des areolären Balkenwerkes von protoplasmahaltigen Zellen eigentlich keine Spur. Die Alveolen erscheinen von einer homogenen, stets ungefärbt bleibenden hellen durchsichtigen Masse angefüllt, aus welcher das tingirte areoläre Netz sich mit wunderbarer Deutlich- keit hervorhebt, in welcher wir aber von einfachen Contouren, welche die Gränzen der einzelnen Drüsenepithelien gegen einander darstellen sollten, keine Spur sehen. Die Kerne der Epithelien sind allerdings vorhanden. Wir finden gewöhnlich fast unmittelbar an die Wand des Alveolus angedrückt eine Reihe von Kernen, deren unregel- mässige, geschrumpfte CGontouren uns lehren, — was wir bereits aus dem gänzlichen Ausbleiben der Protoplasma-Reaktionen hätten erschliessen können, — dass wir hier bereits nicht mehr mit lebens- kräftigen sondern schon in irgend einer Weise degenerirten oder metamorphosirten Zellen zu thun haben. In der That ist dies der Fall. Es ist als unzweifelhaft anzu- sehen, dass in eimer Reihe von Drüsen, als deren Typus wir die Submaxillaris des Hundes aufgestellt haben, die secernirenden Epi- thelien constant eine Schleimmetamorphose eingehen. Es scheint dies bei allen Drüsen ausnahmslos der Fall zu sein, deren Secret Schleim in irgendwie erheblicheren Mengen enthält. Henle!) ge- bührt das Verdienst, jene beiden in ihrem mikroskopischen und physiologisch-chemischen Verhalten so durchgreifend verschiedenen Drüsenformen zuerst scharf von einauder getrennt und die letzteren Formen unter dem Namen der Schleimdrüsen zusammengefasst zu haben. In der allerneuesten Zeit ist eine gewaltige Erweiterung unserer Kenntnisse dieser Verhältnisse durch Heidenhain ge- schehen. In einer Untersuchung, die als ein Muster einer experi- mentell-histiologischen dienen kann ?), hat er nachgewiesen, dass die Veränderungen, welche die Submaxillaris des Hundes, deren Secret ganz ausserordentlich reich an Schleim ist, durch anhaltende Rei- zung der Chorda tympani erleidet, darin bestehen, dass an die Stelle der hellen, bereits zu Schleim metamorphosirten Zellen lebens- kräftige Protoplasmazellen treten, sodass eine Drüse, die nach an- haltender Reizung ausgeschnitten und untersucht wurde, nicht mehr 1) Eingeweidelehre S. 66. 2) Studien des physiol. Instituts zu Breslau. 1868. IV, 1. Die Bindesubstanz der Drüsen. 341 das Bild der Fig. 2 mit den klaren, hellen Schleinzellen zeigt, sondern viel eher an die Unterkieferdrüse des Kaninchen mit ihren Protoplasmazellen erinnert. Ich habe den Heidenhain’schen Versuch auf denı hiesigen physiologischen Institut mehrere Male stets mit demselben positiven Erfolge wiederholt und kann die Beobachtungen (dieses Forschers daher nur bestätigen. Es spricht vieles dafür, dass, wenn wir die Chorda reizen und so im Zeitraum einer bis weniger Stunden sämmtliche Schleimzellen der Hunde-Submaxillaris durch lebenskräftige Protoplasmazellen er- setzen, dass wir dann Nichts weiter thun, als dass wir in einen ge- ringfügigen Zeitraum einen Vorgang zusammendrängen, der physio- logisch sich ganz ebenso, nur während einer bedeutend längeren Zeit vollzieht, dass die stetige secretorische Thätigkeit der Drüse eben nur in einer Schleimmetamorphose der lebenskräftigen, proto- plasmareichen Secretionszellen und einem Nachrücken der letzteren aus einer uns bis jetzt unbekannten Matrix besteht. Giannuzzi!), der zuerst unter den Auspicien von Ludwig der Anatomie der Submaxillaris des Hundes ein eingehenderes Stu- dium widmete, ist der Entdecker eines eigenthümlichen Gebildes, welches sich constant in dieser Drüse findet und welchem er der Ge- stalt wegen, in der es am liebsten aufzutreten pflegt, den Namen der Lunula oder des Möndchens beigelegt hat. Heidenhain gebührt das Verdienst, dasselbe zuerst genauer beschrieben und seinen hohen physiologischen Werth erkannt zu haben. Am Umfange eines jeden Alveolus finden sich stets eine bis mehrere Stellen, deren stark körniges Ansehen sie von den hellen die Hauptmasse des Alveolus bildenden Schleimzellen sehr leicht unterscheiden lässt. Am öftersten erscheinen sie als den Alveolus umgreifende mehr oder minder dicke Sicheln. Auch eine stumpf-kegelförmige oder trapezoide Gestalt findet sich nicht selten und beim Durchmustern einer grossen Reihe von Präparaten fällt es nicht schwer, eine grosse Menge der ver- schiedensten Formen zusammenzustellen. Fig.2 ist im Stande, eine annähernde Vorstellung dieser so wechselnden Formverhältnisse zu geben. Wie Heidenhain überzeugend nachgewiesen hat und 1) Berichte der Kön. Sächs. Ges. d. Wiss. Math.-phys. Cl. Sitzung vom 27. Nov. 1865. 342 F. Boll: ich nach meinen Untersuchungen durchaus bestätigen kann, bestehen diese Lunulae aus Anhäufungen einer meist nur beschränkten Anzahl nicht sehr grosser kugeliger, membranloser, sehr protoplasmareicher Zellen. In einigen seltenen Fällen nehmen diese Randzellen in dem Maasse die Ueberhand, dass die Hälfte des Alveolus von ihnen ein- genommen wird. Diese Randzelien gleichen in allen Stücken so vollständig den Zellen, welche nach längerer Reizung der Chorda und dem Verschwinden der Schleimzellen sich ganz allein in der Submaxillaris des Hundes vorfinden, dass wir Grund haben anzu- nehmen, dass die lebenskräftigen Randzellen den Nachwuchs und die Matrix der centralen in der Auflösung begriffenen Schleimzellen darstellen. Indem wir die Chorda reizen, beschleunigen wir das Nachrücken der Randzellen, während die Schleimmetamorphose mit demselben offenbar nicht gleichen Schritt zu halten vermag und wir nach Ausstossung sämmtlicher klaren Schleimzellen die ganzen Alveolen mit Randzellen angefüllt erblicken. Zwischen diesem Ex- trem und den fast nur Schleimzellen enthaltenden Alveolen stehen die verschiedenartigsten Formen, bald grössere bald kleinere Com- plexe der Randzellen, in der Mitte, welche den verschiedensten phy- siologischen Zuständen der Alveolen, einer grösseren oder geringeren Intensität der Schleimsecretion entsprechen. Ich benutze diese Gelegenheit, um noch ganz ausdrücklich eine in meiner früheren Arbeit ausgesprochene Vermuthung in Bezug auf die Deutung der Lunula als irrig zu bezeichnen. Ich hatte die diebindegewe- bigen Körbe um die einzelnen Alveolen der Thränendrüse bildenden areolären Zellen, deren Durchschnitte besonders in der Lacrymalis des Kalbes als mächtige, die Rundung der Alveolen umgreifende Sicheln erscheinen, mit den Giannuzzischen Möndchen identifieirt. Jetzt habe ich mich ganz entschieden von der Irrigkeit dieser Ansicht überzeugt. Die von Heidenhain für diesen Zweck angegebene Methode der Carmintinction lässt daran keinen Augenblick zweifeln. Man sieht an diesen Präparaten sehr deutlich, wie in der Hunde- Submaxillaris neben den Giannuzischen Lunulae als ein ganz differentes, wenn auch in manchen Stücken sehr ähnliches Element die sichelföürmigen Durchschnitte der Zellen, welche das areoläre Netz zusammensetzen, vorkommen. Ein Blick auf Fig. 2 zeigt meh- rere dieser Zellen gerade im Durchschnitt ‘getroffen, wodurch in ein- zelnen Fällen eine nicht geringe äussere Aehnlichkeit mit den Möndchen herbeigeführt wird, von denen sich diese Sicheln jedoch durch den Die Bindesubstanz der Drüsen. 343 stets einfachen Kern, sowie durch das eigenthümlich glatte Aussehen stets mit Leichtigkeit unterscheiden lassen. Bei der Anwendung anderer Methoden, z. B. der sonst so vorzüglichen Erhärtung in Ösmiumsäure ist die Sache lange nicht so einfach. Hier, wo die zahlreichen Kerne sowie die körnige Beschaffenheit der echten Lu- nulae lange nicht so gut hervortreten, wie an den mit Carmin tingirten Alkoholpräparaten, ist man oft in Zweifel, ob man eine dunkelbraun. gefärbte sichelförmige Stelle des Präparats als eine echte Lunula oder nur als einen Durchschnitt einer Zelle des peri- alveolären Netzes zu deuten hat. Derartige Schwierigkeiten kommen besonders deshalb häufiger vor, weil alle Elemente des areolären Netzes, Zellen wie Ausläufer in der Hunde-Submaxillaris eine ganz bedeutende Entwickelung zeigen. Das Studium desselben wird besonders auch noch durch den Umstand erleichtert, dass die Zwischenräme des Netzes nicht wie bei der erst betrachteten Gruppe von Drüsen durch protoplasma- reiche Zellen, welche bei den meisten Methoden die gleiche Far- benreaction geben, sondern zum grössten Theil mit Schleim ausgefüllt sind, welcher, vollkommen ungefärbt bleibend, die Ele- mente des Netzes sich ganz prächtig markiren lässt. Wie ein Blick auf die Abbildung lehrt, treten besonders die intraalveolären Ver- ästelungen dieses Netzes mit ausserordentlicher Deutlichkeit hervor. Nur ein ganz kleiner Theil dieser Verästelung kann auf eine etwa eingetretene Färbung der von Giannuzzi durch Injection darge- stellten zwischen die einzelnen bereits in der Schleimmetamorphose begriffienen Epithelien sich bineinerstreckende Anhänge der Aus- führungsgänge zurückgeführt werden. Ein Blick auf Fig. 2 oder besser noch auf das so leicht herzustellende Präparat — denn ich habe in der Zeichnung die Mannigfaltigkeit der Verästelung nur theilweise wiederzugeben vermocht — zeigt uns einen solchen Reich- thum und gleichzeitig eine solche Unregelmässigkeit der Verästelung, dass wir, wenn wir dies Bild mit Injeetionspräparaten der Alveolen vergleichen , schlechterdings mit den intraalveolären Verästelungen der Ausführungsgänge nicht auskommen können, sondern neben diesen — deren Tinction durch unsere Methode allerdings möglich aber keineswegs bewiesen ist — immer noch ein solides Netz feinster Bindegewebsbälkchen anzunehmen uns genöthigt sehen. Zum Ueber- fluss zeigen die freien Ränder der Durchschnitte, an denen gewöhnlich einzelne Bälkchen des Netzes frei hervorragen, die solide Beschaffenheit M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 23 344 F. Boll: und die von der Verästelung der Ausführungsgänge unabhängige, selbstständige Natur dieser Verästelung. Dieses feine intraalveoläre Netz sieht man am Umfange der Alveolen deutlich ausgehen und entspringen von den stärkeren Balken des die Alveolen umhüllenden Korbes spongiösen Bin- degewebes, ganz so, wie wir es bereits an der Submaxillaris des Kaninchen und an den Thränendrüsen erörterten. Diese Balken und besonders die auf dem Durchschnitt sichelförmigen Anschwel- lungen derselben sind Heidenhain nicht entgangen, ebensowenig wie die Möglichkeit einer Verwechselung derselben mit den echten (Giannuzzischen Möndchen. Dagegen kann ich mich mit seiner Erklärung von dem Zustandekommen dieser »falschen Möndchen« nicht ganz zufrieden geben. Wie man sich an Isolationspräparaten mit Leichtigkeit zu überzeugen vermag, besitzen die centralen Schleimzeilen ziemlich starke Fortsätze, welche gewöhnlich in der Nähe des Kernes von der Zelle abgehen und sich wie der Kern leicht durch Carmin färben. Dies ist richtig und auch ich habe aus der Submaxillaris des Hundes Zellenformen isoliren können, die ganz mit den Heidenhain’schen Abbildungen und, was die Form anbelangt, auch mit den früher von mir aus der Thränendrüse dar- gestellten Zellen übereinstimmen. Auch die Beobachtung Heiden- hain’s kann ich — wie alle in seinem Buche enthaltenen positiven Angaben — nur bestätigen, dass die sich aneinander legenden tin- girten Fortsätze der dem Umfange der Alveolen anliegenden Zellen zusammen mit den ebenfalls dunkelroth gefärbten Kernen rothe Streifen längs des Randes derselben hervorbringen. Aber ich muss entschieden bestreiten, dass dieses Factum allein zur Erklärung der Bilder, die wir am Umfange der Alveolen wahrnehmen, genügt. Vielmehr lässt sich in den meisten Fällen mit Sicherheit nach aussen von den dunkelroth tingirten wandständigen Kernen und Zellaus- läufern noch ein deutlicher den Alveolus nach aussen begränzender doppelter Contour nachweisen, der, wenn man ihn weiter verfolgt, häufig zu einer breiteren kernhaltigen Sichel anschwillt und von dem man nach dem Innern des Alveolus die intraalveolären Netze ausgehen sieht. Die Anhäufungen der protoplasmareichen Rand- zellen, die Lunulae erscheinen auf dem Durchschnitt gewöhnlich von Balken dieses Netzes förmlich umrahmt. Jeden Zweifel an der Existenz des areolären Netzes heben endlich Macerationspräparate, die am besten durch Jodserum dar- Die Bindesubstanz der Drüsen. 345 gestellt werden. Fig. 3 stellt einen sehr gut erhaltenen Korb um einen Acinus dar. Das intraalveoläre Netz ist nicht mehr vorhanden. Die feinen Fortsätze scheinen abgebrochen zu sein. Doch sieht man an anderen Präparaten wie z. B. Fig. 4 von einer multipolaren Zelle Fortsätze von einer Feinheit ausgehen, welche den Dimensionen der Bälkchen des intraalveolären Netzes durchaus entspricht. Die Heidenhain’schen Versuche haben mit Evidenz bewiesen, dass unter dem Einfluss der Nervenreizung eine enorme Vermehrung der Randzellen eintritt. Heidenhain vermuthet, dass diese Ver- mehrung aus der Wucherung und Theilung der Elemente der Lu- nula hervorgeht. Mir schwebte noch eine andere Möglichkeit der Herkunft dieser Randzellen vor: die Einwanderung aus dem Bindegewebe oder viel- mehr aus den Blutgefässen, in der Weise, dass durch Reizung vaso- motorischer Nerven eine massenhafte Auswanderung der Lymph- körperchen aus den Gefässen angeregt werde. Ich machte die Beobachtung, dass in jeder Hunde-Submaxillaris sich stets in den Interstitien zwischen den einzelnen Alveolen nicht seltene Lymph- körperchen nachweisen lassen, und war besonders erstaunt, zu finden, dass in der gereizten Drüse die relative Anzahl dieser interalveo- lären Lymphkörperchen stets beträchtlich vermehrt war. Ich suchte der Lösung dieser Frage durch das Experiment näher zu kommen, indem ich den Hunden, 1—3 Stunden bevor ich die Reizung der Drüse machte, fein zertheilten Zinnober in die Jugularvene injicirte. Ich rechnete darauf, dass die farblosen Blutkörperchen, wie in den bekannten v. Recklinghausen’schen Versuchen die Zinnober- körnchen aufzehren und im Falle der Auswanderung hierdurch leicht zu erkennen sein würden. Dieser Versuch, der bis jetzt allerdings nur zweimal angestellt wurde, hat jedoch nur ein negatives Resultat ergeben. Keine einzige der neugebildeten Zellen enthielt ein Zin- noberkorn. Ich gedenke jedoch den Versuch mit einigen Abänderungen noch zu wiederholen und werde seiner Zeit darüber Bericht erstatten. An die Submaxillaris des Hundes schliessen sich die Unterkie- ferdrüsen des Meerschweinchens und des Menschen unmittelbar an, wenn sie auch zuerst einen ziemlich in die Augen fallenden Unter- schied zeigen. Die Secrete beider Drüsen enthalten Schleim in nicht unbeträchtlicher Menge und auch hier wird ganz, wie in der Sub- maxillaris des Hundes durch die nach der Heidenhain’schen Methode mikroskopisch so sehr leicht nachweisbare Schleimme- 346 F. Boll: tamorphose der die Alveolen ausfüllenden Zellen dieser Stoff be- reitet. Fertigt man mehrere Durchschnitte der Submaxillaris des Meer- schweins und behandelt sie nach der Heidenhain’schen Methode, so wird man auf Flächenschnitten von etwa einer Quadratlinie die Alveolen in der schönsten Schleimmetamorphose erblicken. Die Al- veolen erscheinen von einem dunkelroth gefärbten Saum umgeben, zeigen in ihrem Innern ein ebenfalls roth gefärbtes feines Netz, welches z. Th. durch die Tinction der Grenzen der einzelnen Epi- thelien, z. Th. durch die intraalveoläre Verästelung, deren Existenz mir übrigens in dieser Drüse nicht so evident zu demonstriren ge- lang, wie in der Submaxillaris des Hundes, bedingt sein mag. Der breite, stets sehr intensiv gefärbte Saum, welcher die einzelnen Al- veolen umgiebt, beruht nur zum geringsten Theil auf der Tinetion der Elemente des den Alveolus umgebenden Zellenkorbes. Derselbe zeigt vielmehr in dieser Drüse eine ganz schwache Entwickelung, ganz wie in der Submaxillaris des Kaninchens. Nur mit Mühe kann man an diesem Objekt das Vorhandensein der sehr abgeplat- teten und feinen Zellen constatiren. Sichelformen kommen hier be- reits gar nicht vor, sondern die kernhaltigen Anschwellungen bleiben stets nur sehr rudimentär. Der breite Saum entsteht zum grössten Theil durch die Tinetion der der Alveolarwand unmittelbar anlie- ‘genden unregelmässig ovalen, meist etwas geschrumpften Kerne der schleimig degenerirten Zellen, besonders aber durch das Moment, auf welches Heidenhain in der Hunde-Submaxillaris diese Erscheinung ganz allein zurückführen wollte, und welches gerade in dieser Drüse am meisten in den Vordergrund tritt, die lebhafte Carmintinction der der Alveolarwand unmittelbar anliegenden Fortsätze der schlei- mig degenerirten Drüsenzellen. Durch Isolationspräparate überzeugt man sich gerade an dieser Drüse besonders leicht davon, dass in der nächsten Nähe des unregelmässig ovalen Zellkernes von der Zelle ein glänzender in Carmin sehr leicht sich färbender Fortsatz ausgeht. Diese Fortsätze legen sich an der Alveolarwand zusammen neben- und dachziegelförmig übereinander und nur an ganz schwach tingirten Schnitten vermag man diese Verhältnisse noch deutlich zu übersehen. Sobald die Tinetion — und das geschieht sehr leicht — etwas intensiver ist, scheint ein dunkelrother ziemlich breiter dop- pelter Contour den ganzen Alveolus zu umgeben, der sich nicht mehr in seine einzelnen Constituenten, die Zellausläufer und die Die Bindesubstanz der Drüsen. 347 Zellkerne sowie die nicht immer auf dem Durchschnitt erscheinen- den platten sternförmigen Zellen mit ihren Ausläufern auflösen lässt, sondern der zu einem ganz homogenen breiten Bande verschmolzen ist. Was diese Bilder von der Hunde-Submaxillaris schon auf den ersten Blick wesentlich unterscheidet, ist der Umstand, dass alle Alveolen des Präparats ganz gleichmässig schleimig degenerirt sind. Die Lunulae, die Complexe von Randzellen, welche bald mehr bald minder bedeutend, den Alveolen der Hundedrüse die verschiedenar- tigsten Gestalten geben und die verschiedenartigsten physiologischen Zustände der einzelnen Alveolen, ihre grössere und geringere Lei- stungsfähigkeit repräsentiren, fehlen diesen Bildern gewöhnlich gänz- lich. Innerhalb vieler Dutzende neben einander liegender Alveolen kann oft keine einzige protoplasmahaltige lebenskräftige Zelle nach- - gewiesen werden. Einen noch merkwürdigeren Unterschied von der Hunde-Sub- maxillaris wird man bemerken, wenn man nicht einige wenige, sondern eine ganze Menge von Durchschnitten aus dieser Drüse durchmustert. Man wird dann ganze grosse Regionen der Drüse antreffen, die ein durchaus verschiedenes Bild geben, ganze Schnitte, in denen man keine einzige schleimig metamorphosirte Zelle nach- zuweisen vermag, sondern die durchweg das Bild der Kaninchen-Sub- maxillaris oder der Thränendrüse oder der Hunde-Submaxillaris nach der Reizung gewähren. Auch an diesen Stellen lässt sich das feine Zellennetz nachweisen. Die Dimensionen desselben unterscheiden sich in Nichts von denen, welche in den schleimig degenerirten Par- tien vorkommen. Ich habe mit grosser Geduld ganze Drüsen durch- mustert und nur in den seltensten Fällen Uebergangsformen zwischen den total schleimig degenerirten und den meist bedeutend kleineren mit lebenskräftigen Zellen angefüllten Alveolen nachweisen können, woraus ich schliesse, dass in dieser Drüse die Schleimmetamorphose gleich die ganzen Alveolen betrifft, und dass es für dieselben dann keine Regeneration durch eonstanten mit der Schleimmetamorphose gleichen Schritt haltenden Nachwuchs von der Lunula her giebt, son- dern dass stets eine Neubildung der ganzen Alveolen, über deren Modus ich allerdings nicht einmal Vermuthungen zu hegen wage, die schleimig degenerirten Partien der Drüse ersetzen muss. Ungefähr in der Mitte zwischen der Submaxillaris des Meer- schweins und des Hundes steht die Drüse des Menschen (Fig. 5), die ich leider frühestens erst 24 Stunden nach dem Tode der Leiche 348 F. Boll: entnehmen konnte. Die grosse Mehrzahl der Alveolen ist mit pro- toplasmatischen sehr grob granulirten Zellen angefüllt, deren Kerne meist sehr schwer sichtbar sind. Daneben finden sich meist in Partieen zusammenliegend Alveolen, deren Grösse die der gewöhnlichen um das 3—4fache übertrifft und die gewöhnlich gänzlich mit schleim- degenerirten Zellen angefüllt sind. Doch lassen sich mitunter auch in diesen Alveolen noch mehrere protoplasmatische Zellen nachwei- sen, sodass ich nicht entscheiden will, ob für diese Drüse ein Ver- sehen der ganzen Alveolen und ein Ersatz durch vollständig neuge- bildete oder ob innerhalb derselben Alveolen ein Vergehen und ein Ersatz der einzelnen Epithelien stattfindet. Das areoläre Gerüst schliesst sich, was Kaliber und Modus der Verästelung betrifft, sehr genau — wie die Abbildung zeigt — an das der Hunde-Submaxil- laris an. Allen den bis jetzt betrachteten Drüsen kommt neben dem eigentlichen secernirenden Parenchym der Alveolen noch ein System mit Cylinderepithel ausgekleideter Ausführungsgänge zu, welches besonders in der Kaninchen-Submaxillaris eine sehr hohe Entwicke- lung zeigt, jedoch keiner der bis jetzt betrachteten Drüsen, wie die Abbildungen zeigen, völlig abgeht. Die Streifung der der bindege- webigen Grundlage zugekehrten Zellenenden, welche Henle !) zuerst erwähnt und deren Natur dann Pflüger?) ausführlicher erörtert hat, konnte ich in jeder Drüse mit Leichtigkeit nachweisen. Auch für das Pankreas, auf dessen vielfach complieirte ana- tomische Verhältnisse ich hier nicht weiter eingehen will, kann ich das Vorhandensein des spongiös bindegewebigen Netzwerkes constatiren, welches sich besonders beim Hunde und Menschen leicht nachweisen lässt, während es beim Meerschwein und Kaninchen eine bedeutend schwächere Entwickelung zeigt. Es findet sich in dieser Drüse nicht so sehr die regelmässig korbartige Anordnung des Netzwerks, wie in den bisher betrachteten Drüsen, sondern die durch Maceration dargestellten Systeme anastomosirender Zellen zeigen die verschie- denartigsten Formen als mehr oder minder unvollständige Umhül- lungen der verschiedenartigsten Hohlräume. Beim Kaninchen und Meerschweinchen zeigt das intraalveoläre Netz nur eine sehr geringe 1) Eingeweidelehre S. 53 Fig. 31. 2) Die Endigungen der Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen. 1866. 8. 33. Die Bindesubstanz der Drüsen. 349 Entwickelung. In Schleimdegeneration begriffene Secretionszellen habe ich im Pankreas niemals angetroffen, und dürfte diese That- sache dafür sprechen, dass das Secret der Bauchspeicheldrüse kein Mucin enthalte, eine Frage, die bis jetzt noch nicht mit genügender Sicherheit entschieden ist !). Während das Pankreas schon eine gewisse Lockerung in der korbartigen Anordnung des Netzwerkes zeigt, finden wir in der Leber von derselben bereits schon gar keine Spur mehr vor. In den Le- bern aller untersuchten Thiere ist das Netz anastomosirender Zellen und Bälkchen durchgehend gleichmässig angeordnet. Ein bestimm- tes (Gesetz, ein bestimmtes Bestreben in der Anordnung der Hohl- räume lässt sich hier nicht mehr wahrnehmen. Am günstigsten ist für die Darstellung dieses Zellennetzes die in Osmium erhärtete Leber des Frosches. Meine Resultate stimmen wesentlich mit denen von Eberth?) überein. Entfernt man durch vorsichtiges Auspinseln feiner Schnitte die grossen kubischen bis polyedrischen Leberzellen, so erhält man neben dem Netz der theils mit Blutkörperchen gefüllten, theils zusammengefallenen Capillaren ein deutliches Netz anastomosirender areolärer Bindegewebszellen. Die Zellen selbst sind ziemlich gross, mit grossen runden körnigen Kernen ausgestattet. Die unmittelbar von der Zelle ausgehenden Fortsätze zeigen ein ziemlich starkes Kaliber, sind häufig abgeplat- tet und sind durch eine feine Längsstreifung ausgezeichnet. Um den Kern herum findet sich eine leichte protoplasmatische Granu- lirung, in welche glänzende feine Körper eingesprengt sind, welche sich auch mitunter bis in die Fortsätze hineinerstrecken, entweder Pigmentkörnchen oder fettartiger Natur, da sie nach der Osmium- behandlung dunkelschwarz aussehen und sich von den gleichen Körnchen im Innern der Leberzellen nicht unterscheiden lassen. Die Verbindung der einzelnen Zellen geschieht durch ein System äusserst feiner Balken. Die Leberzellen liegen ohne irgend bestimmte Regelmässigkeit in den Maschenräumen des Netzes. Mittelst derselben Methode lassen sich auch aus der Leber des Meerschweinchens die Balkennetze recht gut darstellen. Fig. 6 ist einem erwachsenem Thiere entnommen und zeigt im Leberparenchym neben den Blutcapillaren das Netz der feinen Bälkchen recht deut- 1) Kühne, Physiol. Chemie. S. 155. 2) Virchow’s Archiv XXXIX. 350 F. Boll: lich. Um noch Kerne an den Knotenpunkten des Netzes und die Zusammensetzung desselben aus Zellen deutlich nachweisen zu kön- nen, muss man ganz junge Thiere auswählen. Ebenso lässt sich in der normalen Leber des erwachsenen Menschen (Fig. 7) sehr wohl das Netz der feinen Bälkchen, welches oft eine Anordnung der Leberzellen in Längsreihen bedingt, aber nur in sehr seltenen Fällen die Zusammensetzung desselben aus Kernen nachweisen. Auch hier muss man auf die Jugendzustände oder — noch bequemer — auf die granulär atrophischen s. g. eir- rhotischen Zustände der Leber zurückgreifen. Das reiche Gontingent besonders von Säuferlebern, welches die Charite dem pathologischen Institut stellt, ermöglichte die Ausdehnung der Untersuchung auf eine ganz bedeutende Anzabl. Neben der Entwickelung echten fibril- lären Bindegewebes finden sich in derartigen Lebern die Balken des Netzes stets ungewöhnlich verdickt, deutlich fibrillär, häufig sogar in eigenthümlicher Weise bis zur äussersten Feinheit ausgefasert. An den Knotenpunkten des Netzes sind die Zellkerne mit grosser Leichtigkeit nachzuweisen. Das (Fig. 5) gezeichnete Präparat zeigt die gewöhnliche Gombination der granulären Atrophie mit Fettleber — die einzelnen Leberzellen sind alle mehr oder weniger stark mit Fett infiltrirt. Auch der Niere fehlt unser areoläres Gerüst nicht. Ein Durch- schnitt durch die Marksubstanz einer in Kali bichromicum erhärteten Niere vom Meerschwein, welches Untersuchungsobjekt ich sehr em- pfehlen kann (Fig. 9), zeigt die Harnkanälchen an Längs- und Quer- schnitten stets von einem deutlichen gewöhnlich etwas glänzenden, doppelt contourirten Saum umgeben. Verfolgt man diesen Saum, sosieht man, dass gar nicht selten spindelförmige kernhaltige Anschwellungen desselben vorkommen. Fertigt man die Schnitte etwas dicker und tingirt sie mit Carmin, so gelingt es leicht, wenigstens an einzelnen Stellen des Präparats, sowohl um die gewundenen (Fig. 10) wie um die geraden Harnkanälchen (Fig. 11) platte, aus kernhaltigen ana- stomosirenden Zellen zusammengesetzte durchbrochene Scheiden darzustellen, welche die ganze Tubuli in ziemlicher Vollständigkeit umhüllen. Die Zellen variiren sehr in Grösse, Form und in der Anzahl der abgehenden Aeste. Ein bestimmter durchgreifender Unterschied zwischen der Bekleidung der Tubuli contorti und der recti war nicht nachzuweisen. Fortsätze in das Innere des Tubulus zwischen die einzelnen Epithelien, welehe dem intraalveolären Netz Die Bindesubstanz der Drüsen. 351 der acinösen Drüsen entsprechen würden, existiren nicht. Doch finden sich Verbindungen und Anastomosen zwischen den einzelnen Scheiden benachbarter Harnkanälchen häufig, welche bei der Tren- nung der Theile nach Maceration in Kali bichromicum jedoch sehr leicht abzureissen pflegen , sodass die peritubulären Scheiden einen durchaus selbstständigen Eindruck machen und kaum Spuren von nach aussen eingegangenen Verbindungen und Anastomosen zeigen. Ganz ähnlich verhält sich das Bindegewebe in der Niere des neu- geborenen Menschen. Zum Schluss will ich noch des Baues der menschlichen Thrä- nendrüse gedenken, welcher sehr bedeutend von dem der oben ein- gehend erörterten Thränendrüsen der Säugethiere abweicht. Ich verweise statt einer weitläufigen Beschreibung am besten auf Fig. 12, welche von der Feinheit der hier vorliegenden Verhältnisse jedoch nur ein sehr unvollständiges Bild zu geben vermag. Was vor allem auffällt, sind die grossen Distanzen der auf dem Durchschnitt kugeligen Alveolen. Zu beiden Seiten der, wie es scheint, in dieser Drüse besonders reichlich vorhandenen Capillaren, welche ungefähr in der Mitte der Interstitien zwischen je zwei Alveolen verlaufen und nie oder nur selten die Wand eines Alveolus unmittelbar berühren, liegen lange Reihen von Lymphkörperchen, sodass das Bild ganz den Eindruck macht, als ob die Bluteapillaren in perivasculären Lymphräumen verliefen. Von dem Inhalt der Alveolen ist es für gewöhnlich schwer, sich eine deut- liche Vorstellung zu machen; an den Rändern des Präparats sieht man jedoch, dass die Zellen des Alveolus von ganz ungewöhnlicher Kleinheit sind und sich eigentlich durch Nichts von den zwischen den Alveolen so reichlich vorhandenen Lymphkörperchen unterschei- den. Diese Zellen werden in Alveolen zusammengehalten wiederum durch das einfach spongiöse Bindegewebe, welches jedoch in dieser Drüse eine solche Feinheit der Verästelung und ein so abweichendes Aussehen darbietet, wie bis jetzt in keiner Drüse auch nur annä- hernd zur Beobachtung gelangte. Bei einer anderen Gelegenheit gedenke ich eingehender auf diese Verhältnisse zurückzukommen. Werfen wir jetzt einen vergleichenden Rückblick auf das ganze Gebiet der soeben behandelten Thatsachen, so haben wir vor allem das wichtige Factum zu registriren, dass in keiner einzigen der untersuchten Drüsen, so verschieden sie nach Function und Anord- nung der Elemente auch sein mögen, jene eigenthümliche Form des 352 F. Boll: Bindegewebes fehlt, welche zuerst durch die Untersuchungen von His und Billroth aus den Lymphdrüsen bekannt geworden ist, und die wir am besten wohl als spongiöses Bindegewebe bezeichnen. Wir sehen, wie dieses Gewebe, welches nach der De- finition von Rollet'!) von aus Zellen ausgewachsenen Netzen und Balken gebildet wird, in allen untersuchten Drüsen die Stütze für die Masse der secernirenden Elemente hergiebt, wie die letzteren in grösseren oder kleineren Hohlräumen und Maschen dieses (Gerüstes ruhen. So ist das ganze Parenchyms der Leber von einem gleich- mässig vertheilten Balkennetz durchzogen, welches den secernirenden klementen als stützendes Gerüst dient. Diese Function gestaltet sich aber um so complicirter, je verwickelter und ausgebildeter die Configuration der Drüse erscheint, wenn die secernirenden Elemente sich in Röhren oder Träubchenform anordnen. In allen diesen Fällen finden wir, dass dieses Gewebe eine stützende, meist ziemlich starke Umhüllung der einzelnen Alveolen hergiebt, welche in der Form eines durchbrochenen Korbes erscheint und häufig noch in das Innere zwischen die einzelnen den Hohlraum ausfüllenden secernirenden Elemente, feine Fortsätze hineinschickt. Das Korbgeflecht kann in den ver- schiedenen Drüsen die verschiedensten Formen annehmen, bald aus dünnen Balken gebildet und exquisit weitmaschig erscheinen, bald aus breiteren Bändern bestehen und räumlich fast ebensoviel Ma- schenwerk wie Maschen (Hohlräume) darbieten. Man hat sich gewöhnt, in jeder Drüse gleichsam stillschweigend die Existenz einer Membrana propria anzunehmen, einer structur- losen glashellen Haut, die überall und ganz continuirlich die Epi- thelmassen gegen das interstitielle Gewebe abgrenzt. Nur für die Leber ist schon seit geraumer Zeit der Glaube an die Existenz einer solehen Haut erschüttert worden, und nahm diese Drüse daher ge- wissermassen eine exceptionelle Stellung ein. Ueber die Histiologie der Membrana propria selbst kerschen sehr wenig bestimmte Vor- stellungen. Sollen wir sie uns als das Product einer euticularen Ausscheidung vorstellen, welche die Epithelzellen nach der bindege- webigen Grundlage hin geliefert haben, oder ist sie eine verdichtete zu einer homogenen Lamelle verschmolzene Lage feinfibrillären Bindegewebes? Besteht sie vielleicht aus einer einfachen Lage ganz 1) Stricker, Gewebelehre. S. 46. Die Bindesubstanz der Drüsen. 353 abgeplatteter verschmolzener Zellen und würde die Silberbehandlung vielleicht auch diese Haut, wie die homogen geglaubte Gapillarwand histiologisch auflösen? Für die Beantwortung dieser und anderer Fragen finden sich gleich wenig Anhaltspunkte, weil man über die Membrana propria in der That nicht viel mehr wusste, als wie sich aus dem Nachweis eines blossen doppelten CGontours, der das Drüsenparenchyms gegen das interstitielle Gewebe begränzte, ent- nehmen liess. Unsere Untersuchungen haben uns gelehrt, dass in einer Reihe von Fällen dieser doppelte Contour keineswegs stets ein continuir- licher, dass die äussere Begränzung der Alveolen gegen das um- gebende interstitielle Gewebe der Drüsen stets eine mehr oder minder unvollständige ist. Wir haben nachgewiesen, dass in vielen Fällen dieser doppelte Contour nur ein Bild darstellt, unter welchem uns ein korbartig angeordnetes System spongiösen Bindegewebes entgegentritt. Für die Speichel- und Thränendrüsen möchte ich hier die Behauptung aufstellen, dass ausser diesen durchbrochenen Körben eine Membrana propria im Sinne der Lehrbücher nicht existirt. Wenigstens wäre ich sehr in Verlegenheit, wo ich neben diesen Körben, die in das Innere der Alveolen ihre Fortsätze ent- senden und ebenso nach aussen mit den Umhüllungen anderer be- nachbarter Alveolen Verbindungen und Anastomosen eingehen, noch einer structurlosen glashellen Haut ihren Platz anweisen sollten, — ganz abgesehen davon, dass die durchbrochenen Körbe vollständig zur Erklärung der sich uns darbietenden Bilder genügen. Anders liegt die Sache an der Niere, wo, wie wir oben ge- sehen haben, die aus spongiösem Bindegewebe gebildeten Zellen keine Fortsätze in das Innere der Tubuli entsenden. Behandelt man die Niere eines Meerschweinchens ein- bis zweimal 24 Stunden mit Holzessig in einem Grade der Verdünnung, welcher macerirend wirkt — bestimmte Grade der Verdünnung sind bei einem so wech- selnden Präparat nicht anzugeben —, so löst sich, wie es scheint, das gesammte interstitielle Gewebe der Niere auf und man kann die Harnkanälchen mitunter in ausserordentlicher Länge iso- liren. Bemerkenswerth ist nun, dass an derartigen Präparaten nichts von den peritubulären Scheiden mehr zu sehen ist, sondern dass die Kanälchen ganz glatt homogen und dabei doch stets dop- pelt contourirt erscheinen. An den Bruchstellen der Kanälchen sieht man häufig eine feine continuirliche blasse Haut, die den Tu- 354 F. Boll: bulus umhüllt, deutlich hervorstehen. Kerne oder Zellenreste habe ich bis jetzt an derselben noch nicht nachzuweisen vermocht. Für diese Drüse wenigstens müssen wir an der Ansicht festhalten, dass sich zwischen das Epithelrohr und die dasselbe umgebende Scheide noch eine echte Membrana propria im Sinne der Lehrbücher ein- schiebt, über deren Histiogenese und histiologische Beziehungen zu der ihr aufsitzenden Epithellage sowie zu den sie einschliessenden spongiös bindegewebigen Scheiden uns erst weitere Untersuchungen Aufklärung verschaffen müssen. Berlin, 8. März 1869. Die Bindesubstanz der Drüsen. 355 Erklärung der Abbildungen auf Taf. XX. Die römischen Ziffern zeigen die Nummern der Hartnack’schen ÖObjective, Fig. 1. IX, 2. Fig.2. IX, 2. Fig.3. RX, 2. Fig. 4. IX, 2. Fig. 5. IX, 2. Fig. 6. IX, 2, kıp. 7. IX, 3. Fig.8. IX. 2. Fig. 9. IX, 2. Fig. 10. IX. 2. Fig. 11. IX, 2. Fig. 12. IX. 2. die arabischen die der Oculare an. Durchschnitt durch die in Osmium erhärtete Submaxillaris des Kaninchen. Durchschnitt durch die nach Heidenhain’s Methode behan- delte Submaxillaris des Hundes. Ein durch Maceration in Jodserum isolirt dargestellter Drüsen- korb aus der Submaxillaris des Hundes. Mit den Epithelien sind auch die intraalveolären Fortsätze und Verästelungen des Drüsenkorkes herausgefallen. Aus derselben Drüse. Eine durch Maceration in Jodserum iso- lirte sternförmige Zelle des Drüsenkorbes. der noch die feinsten intraalveolären Verästelungen anhaften. Durchschnitt durch die in Osmium gehärtete Submaxillaris des Menschen. Theilweise ausgepinselter Durchschnitt aus der in Osminm ge- härteten Leber des Meerschweinchens. Aus der normalen menschlichen Leber mit Osmium behandelt, Gruppen der Leberzellen in Maschen eines feinen Balkennetzes. Schnitt durch die granulär atrophische Fettleber des Mencchen. Im Osmium erhärtet und theilweise ausgepinselt. Schnitt durch die in Kali bichromicum erhärtete Niere des Meerschweinchens. Gewundenes Harnkanälchen aus derselben Niere. Die bindege- webige Scheide ist durch Carmintinetion sehr schön hervorge- treten. Die Kerne der Nierenepithelien sind nicht gezeichnet, um das Bild nicht zu verwirren. 1 Gerades Harnkanälchen derselben Niere in derselben Weise be- handelt. Schnitt durch die in Osmium erhärtete Thränendrüse des Menschen. Ueber die Schichtung des Forellenkeims. Von Dr. Rieneck. Aus dem Institute für experimentelle Pathologie der Wiener Universität. Hierzu Taf. XXT, Fig. I u. 2. Unsere Kenntnisse über den Keim der Knochenfische sind weit- aus mangelhafter, als jene über den Batrachier- und Vogelkeim. Trotz der Gunst der Verhältnisse sind die Fischeier noch nicht auf Durchschnitten studirt worden. Zwei Abbildungen !) von solchen aus dem abgefurchten Forellenkeime bilden die einzige Ausbeute, welche auf diesem Gebiete mit Hülfe des gerade hier so wichtigen technischen Hülfsmittels an die Oeffentlichkeit gelangt sind. Auf diesen Durchschnitten wurde von Stricker die Existenz einer Furchungshöhle und einer darüber hingespannten zweiblättrigen Keimhaut dargethan, und somit die kurz vorher von Lereboullet ?) für das Hechtei gemachte Aussage auch für das Forellenei bestätigt. Ich sprach eben von der (Gunst der Verhältnisse und ich muss wohl auseinandersetzen, worin diese bestehen. Durch die künstliche Befruchtung haben wir ein Mittel in Händen, die Entwicklung vom Anfange an zu studiren. Zumal Forelleneier in Eiswasser noch ziemlich gut fortkommen, ist uns dadurch ein Material geboten, welches an Langsamkeit des Entwicklungsganges kaum etwas zu wünschen lässt. Die Leichtigkeit, mit der solche Eier in grossen (Juantitäten zu züchten sind, und der Umstand endlich, dass man an jedem Ei, bevor es getödtet wird, dessen Entwicklungshöhe be- 1) In Strieker’s Untersuchungen über die Entwicklung der Bach- forelle. Wiener Sitzgsber. Bd. L 1 Mai 1865. 2) Nouvelles recherches et Annales des sciences naturel: Zool. Il, 1864. Dr. Rieneck: Ueber die Schichtung des Forellenkeims. 357 stimmen kann ohne den Gang der Entwicklung zu unterbrechen, sind gleichfalls nicht gering anzuschlagen. Mehr als alle die genannten Verhältnisse wiegt aber die Kleinheit der Eier. Sie lassen sich so leicht in grossem Ueberschusse von Chromsäure aufbewahren ; von den nach wenigen Tagen gehärteten Eiern lassen sich die starren Hüllen so leicht abziehen, die nackten Kügelchen ferner halbiren und einbetten, dass eigentlich alle Anforderungen erfüllt sind, welche man stellen muss, um mit Aussicht auf Erfolg topographische Studien anzustellen. Freilich muss man dabei voraussetzen, dass die Topo- sraphie an in Chromsäure erhärteten Eiern noch einen Werth be- sitze. Wer häufig genug lebende Gewebe in verdünnte Chrom- säure geworfen hat um sie nach einigen Tagen auf Durchschnitten zu untersuchen, kommt allerdings zu der Ueberzeugung, dass das genannte Reagens von ausserordentlichem Werthe ist. Es ist aber schon oft genug auf die Gefahr aufmerksam gemacht worden, welche in der Aufbewahrung in Chromsäure liege und ich will daher den- jenigen, welche sich dieser bequemen Methode verschliessen, nicht mit einer Behauptung entgegen treten, die sich ohne viel Worte sehr schwer beweisen lässt. Ich werde Durchschnitte von Chromsäure- präparaten schildern, und die Schlüsse nur begründen durch so hervorragende Merkmale, wie sie durch das Reagens nicht geschaffen werden können. Das Interesse, welches wir dem Fischkeime entgegen tragen können, reicht weiter als bis an den Gesichtspunkt einer Bereiche- rung unserer vergleichenden embryologischen Kenntnisse. Der Fischkeim lässt sich bekanntlich mit dem Vogelkeime in- sofern analogisiren, als in beiden ein Nahrungsdotter vorhanden ist. Nun sind wir in der letzten Zeit durch His!) darüber belehrt wor- den, dass der Leib des Vogelembryo sein Material aus zwei ver- schiedenen Quellen bezieht, einmal aus dem gefurchten Keime und dann aus dem sogenannten weissen Dotter, etwas stärker aus- gedrückt: dass Blut und Bindegewebe des jugendlichen Thieres nur mütterliche Beigabe sind. Peremeschko?) hat allerdings schon auf die vorläufigen Mittheilungen von His und gegen dessen Auf- fassung Einsprache erhoben und darauf hingewiesen, dass auf dem 1) Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes. Leip- zig 1868. 2) Wiener Sitzgsber. K. Bd. VII. Abtheil. I, Märzheft 1868. 358 Dr. Rieneck: Grunde der Dotterhöhle grosse Formelemente vorkommen, die in den Embryonalleib einwandern, dass es aber nicht erwiesen ist, ob diese Formelemente Bestandtheile des weissen Dotters, oder Reste des gefurchten Keimes sind. Peremeschko hat auch schon darauf hingewiesen, welche Bedeutung in dem von His produeirten Aus- spruche liegt, dass ein Theil des Embryo aus nicht befruchteten und aus nicht gefurchten Bestandtheilen des Eies entstehen soll, aus Bestandtheilen, von welchen wir nicht einmal wissen, ob sie aus organisirter Materie zusammengesetzt sind. Neuerdings hat Wal- deyer !) gegen die eben besprochene Aussage von His in dem Sinne Peremeschko’s Einsprache erhoben. Waldeyer kommt gleich- falls zu dem Zweifel, ob die sogenannten Formelemente des weissen Dotters nicht auch Reste des gefurchten Keimes wären. Anderer- seits bespricht Kuppfer ?) wieder Zellen des Fischeies, welche nicht aus den Furchungszellen hervorgehen, sondern auf dem Wege der »freien Zellenbildung« entstehen. In Rücksicht auf diesen Stand- punkt der Frage muss uns also das Fischei in hohem Grade inter- essiren, denn hier lässt sich ein weisser Dotter von einem gelben nicht unterscheiden. Hier kommen im Dotter keine Formelemente vor, über deren Organisation oder Nichtorganisation gestritten wird. In Anbetracht also der Analogie des Fischeies mit dem Vogelei, in Anbetracht dieser eben auseinandergesetzten Beschaffenheit des Nahrungsdotters der Erstern, war es dringend gerathen, dem Auf- bau des Keimes mit Zuhülfenahme von Durchschnitten zu folgen. Bei einem negativen Ergebnisse, wenn sich bei den Fischeiern ein den sogenannten Parablasten von His analoges Gebilde nicht aufweisen liesse, mochte die ganze Frage zwar wenig gefördert wer- den; denn die Theilung des Keims in Parablast und Archiblast ist sicher nicht vertreten bei den Säugethieren, nicht vertreten bei den Amphibien, und was könnte es beweisen, wenn sie auch bei den Fischen nicht vorhanden ist. Und was endlich die positive Behaup- tung einer freien Zellbildung betrifft, so wissen wir, wie schwer es ist, dagegen mit negativen Befunden zu kämpfen. Hingegen war von einer positiven Antwort im Sinne Peremeschko-Waldeyer zu erwarten, dass eine der einschneidendsten Lehren der Entwicklungs- 1) Zeitschrift f. rationelle Mediein 1869. 2) Dieses Archiv, Bd.I, p. 218. Ueber die Schichtung des Forellenkeims. 359 geschichte, dass nämlich der Embryo aus dem befruchteten Keime und nur aus diesem stamme, aufrecht erhalten bleibe. Die Untersuchung des Fischkeims war übrigens noch aus an- dern Gründen geboten. Wenn wir die verschiedenen Arbeiten, welche in den letzten Jahren über die Schichtung des Vogelkeims von Hensen, Dursy, His, Peremeschko und endlich auch von Waldeyer durch- blicken, müssen wir diese Frage als in der ärgsten Zerfahrenheit begriffen ansehen. Ich will hier nicht noch einmal alle die An- schauungen der genannten Forscher wiederholen: sie sind ohnehin in den letzten Jahren häufig genug wieder aufgezählt worden, ich will nur daran anknüpfen, was die allerletzte Controverse ergiebt, dass nämlich His aus dem obern Keimblatte Remak’s auch die Muskelplatte entstehen lässt, während Peremeschko und Wal- ‚deyer sich wieder auf den Standpunkt Remak’s stellen. Während ferner His das untere Keimblatt aus dem obern entstehen lässt und in diesem unteren wenigstens einen Theil dessen sucht, was Remak im mittleren Keimblatte gesucht hatte, behauptet Peremeschko, dass das eigentliche mittlere Keimblatt zwischen zwei vorhandenen einwandere, dass also das ursprüngliche untere, wie immer die Ent- stehungsweise gedeutet werden mag, nur die Bedeutung des Drüsen- blattes habe. Eingehende Kenner des Vogelkeims können sich nicht verheh- len, dass ein grosser Theil der Widersprüche dadurch begründet ist, dass die Entwickelungsstadien des Vogelkeims bei regelrecht einge- leiteter Brütung zu rasch auf einander folgen, dass man also nicht leicht hinreichend viel gleichartige Stufen bekommt, um bei dem immerhin schwierig zu handhabenden Materiale eine ausreichende Kritik anlegen zu können. Bei den Fischeiern liegen die Sachen anders; hier kann man aus den schon angeführten Gründen die Uebergangszustände mit viel grösserer Sicherheit verfolgen. Indem ich mich nun an mein Objekt wende, will ich die Fur- chung nicht weiter in Betracht ziehen, sondern an die Zeit anknüp- fen, um welche diese vollendet ist. Der Keim des Forelleneies stellt hier einen Kuchen dar, der mit näherungsweise ebener Basis in einer leichten Vertiefung des Nahrungsdotters ruht und mit abgeplatteter sphärischer Oberfläche an die Dotterhülle grenzt. Die oberflächlich- ste Lage von Zellen ist schon zu einer Schicht angeordnet, so dass man im Sinne Reichert’s von einer fertigen Umhüllungshaut M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 24 360 Dr. Rieneck: sprechen könnte. Die übrigen Zellen des ganzen Kuchens oder Hü- gels sind lose neben einander gelagert, ohne dass eine bestimmte Anordnung zu erkennen wäre. Einige von den Zellen zeichnen sich durch einen besonders stark gelblichen Inhalt aus. Wenn man näher zusieht, so ergiebt es sich bald, dass dieser Inhalt den gelblichen Körpern ähnlich ist, welche im Nahrungsdotter angetroffen werden. Es legt also dieser Befund die Vermuthung nahe, dass die Zellen des Keims gewisse Formbestandtheile des Nahrungsdotters in sich aufnehmen. Sehr häufig trifft man mit solchen Partikelchen ge- füllte Zellen an der Basis des Hügels; nicht selten aber deren einige auch höher oben an. In dem erstgenannten Falle liegt die Erklärung der oben angedeuteten Vermuthung ziemlich auf der Hand. Die ausserordentlich weichen embryonalen Zellen können die Formbestandtheile des Dotters, auf welchem sie aufliegen, gewiss olıne weiteres in sich aufnehmen. Schwieriger ist nur die Deutung, wie jene Keimzellen, welche von dem Dotter weiter entfernt nach oben liegen, zu ihrem Inhalte kommen. Es blieb uns hier die Alter- native offen, dass entweder die Zellen selbst innerhalb des Keims im Laufe mehrerer Entwicklungstage nicht an einer und derselben Stelle liegen bleiben, also beispielsweise sich erst aın Boden des Nahrungsdotters mit gelben Körpern sättigen und dann in die Höhe kriechen, oder aber, dass die Formpartikeln des Dotters in irgend einer mechanischen Weise in den Keim hineingedrückt und dort von den Formelementen gefressen werden. Immerhin deutet uns der Befund das mögliche Verhältniss zwischen Keim und Nahrungsdotter an, es deutet uns an, wie das ohne Gefässsystem, ohne Darmkanal, ohne irgend welchen besondern Apparat eingerichtete Thier, welches wir Keim nennen, aus der Unterlage, auf welcher es ruht, seine Nahrung bezieht. Im weitern Verlaufe der Entwicklung wandelt sich der dicke Kuchen zu einer platten Scheibe um, der Keim greift nunmehr über einen etwas grösseren Abschnitt des Nahrungsdotters hinüber, darauf erkennt man auf dem Durchschnitte, dass sein Durchmesser, seine Dicke geringer geworden ist. Dabei ist je- doch zu beachten, dass mit dieser Ausbreitung eine Sonderung zwi- schen Peripherie und Centrum vor sich geht. Die Peripherie bleibt nämlich auf der Unterlage aufruhend, während das Centrum von der Unterlage allmählig abgehoben wird. Der peripherisch auf- sitzende Theil bildet nun einen Ring, in welchem der centrale über- gespannte Theil, wie das Feil in dem Trommelringe sitzt. Um diese Er Er “ Ueber die Schichtung des Forellenkeims. 361 Zeit sind die Formelemente, welche den central über die beginnende Höhle gespannten Theil bedecken, schon so angeordnet, dass man auf die zukünftige Bedeutung des Blattes mit Sicherheit schliessen kann. Die oberflächlichen Zellenschichten sind schon abgeplattet und bilden förmlich eine Reihe von Pflasterepithel, während die tieferen Lagen sich mehr ceylindrisch anordnen. Es ist dies an- näherungsweise dasselbe Verhältniss, wie es von Stricker bei den Batrachiern geschildert wurde. Bekanntlich wurde von ihm das sensorielle Blatt Remak’s in zwei Abtheilungen geschieden, indem er hervorhob, dass sich daselbst jene Zellenlage, welche die äussere zellige Bedeckung bildet, durchaus isolirt und mit anderen Merk- malen versehen, von einer tiefer liegenden für die Nervengebilde bestimmten Anlage unterscheiden lässt. Auch hat Stricker schon an einem anderen Orte hervorgehoben, dass diese Scheidung bei den Fischen noch viel distincter ist, als bei den Batrachiern, dass sich daselbst die oberflächlichsten für die Epithelialgebilde allein bestimm- ten Zellen zu Platten anordnen, die sich an in Chromsäure erhär- teten Präparaten nicht selten in ganzen Fetzen abheben. An dem frühen Stadium, welches uns hier entgegentritt, ist also schon die Sonderung des Remak’schen äussern Keimblattes in zwei Lagen, in ein äusseres Hornblatt im engeren Sinne und eine tiefere Nerven- anlage geschieden. Ein weiteres Blatt existirt aber in dieser Gegend, also in dem grössten Theile der Embryonalanlage nicht und kann auch hier gar nicht gesucht werden; der Embryo wird eben nicht im Centrum, sondern nur an einem Punkte des peripheren Ringes angelegt und dieser grösste, das Centrum bildende Abschnitt wird zu nichts Anderem verwendet, als zur Bildung einer Kappe, welche allmählig den ganzen Dotter umwächst, später das bekannte Dotter- säckchen des neugeborenen Fisches bildet und in welchem von vorn- herein nichts Anderes angelegt ist, als das Analogon der oberen Schichte des Remak’schen äusseren oder sensoriellen Keimblattes. Ich habe schon oben angeführt, dass der centrale Theil des Keimblattes über einer eben beginnenden Höhle liegt, und hier ist wohl der Ort, wo ich betonen muss, dass ich mich auf Durch- schnitte aus gehärteten Präparaten beziehe. Denn in der letzten Publication auf diesem Gebiete !) betont Kuppfer, dass er diese Höhle nicht gesehen hat. Ich selbst muss diese Aussage für 1) Kuppferllc. 362 Dr. Rieneck: das Forellenei insofern unterstützen, als es mir auch hier nicht gelang, am frischen unverletzten Keim eine Höhle zu erken- nen. Es ist aber die erste Regel in der mikroskopischen Tech- nik, Höhlen die nicht ohne Hülfsmittel zu erkennen sind, auf Durchschnitten zu prüfen, und zu diesem Zwecke muss der sonst zerfliessliche Keim gehärtet werden. Merkwürdiger Weise stimmt aber nun diese auf Schnitten sichtbare Höhle mit den Verhältnissen des Vogelkeims in seltener Weise überein, und spielt in dieser Höhle ein ganzer Akt des entwicklungsgeschichtlichen Dramas ab, so dass ich mich auf sie beziehen muss, immerhin aber unter der Angabe, dass sie auf Chromsäurepräparaten gesehen wurde. ‚Auf dem Boden dieser Höhle nun. sind einzelne lose neben einander gelegene Formelemente anzutreffen, die bald zu zweien, bald zu dreien über einander als locker hingeworfene granulirte Klümpchen liegen und nicht selten bis an die über die Höhle ge- spannte Decke heranreichen, also wirkliche subgerminale Fortsätze ausmachen. Diese Fortsätze sind aus grösseren Zellen zusammen- gesetzt, als die oberflächlichsten Lagen, als die Lagen des Remak’- schen sensoriellen Blattes. Stricker !) hat schon für die Batrachier mit grosser Bestimmtheit darauf hingewiesen, dass die Zellen, welche die Anlage des sensoriellen Blattes ausmachen und oberflächlich liegen, kleiner sind als alle anderen central gelegenen. Diese wären grösser, weil die Furchung in ihnen noch nicht so weit fortgeschrit- ten ist. Auch bestünde ihr Inhalt aus Dotterplättchen, welche noch wenig verändert sind. In neuester Zeit weist Waldeyer darauf hin, dass die subgerminalen Fortsätze des Vogelkeims aus grösseren Zellen bestehen und ich kann diese Aussage aus eigener Beobach- tung bestätigen. Es muss uns also die Analogie, welche jetzt zwi- schen dem Keime des Vogeleies, dem des Fischeies und dem Ba- trachierei in die Augen sticht, zum Vergleiche auffordern. In dem einen wie in dem andern Falle sind die oberflächlichsten Zellen die kleinsten, und das sind jene, welche zur Anlage des sen- soriellen Blattes dienen. Die grossen Formelemente der Batrachier- eier sind noch nicht weit genug vorgeschrittene Furchungselemente, und die Elemente, welche von dem sensoriellen Blatte des Fischkeims auf Durchschnitten als subgerminale Fortsätze in die Höhle hinein- ragen und auch auf dem Boden derselben angetroffen werden, sind Inc: Ueber die Schichtung des Forellenkeims. 363 ihre Analoga. Die oberen Zellen des Keims ordnen sich zu einem zweischichtigen sensoriellen Blatte an, die unteren schreiten in der Furchung nicht so rasch vorwärts, fallen erst theilweise auf den Boden der Höhle herab, und dadurch wird die untere Partie des Keims unregelmässig begrenzt, dadurch kommen auf dem Durch- schnitte die Bilder von Fortsätzen zu Tage. Endlich fällt auch der Rest von grossen Zellen herab, und wir haben nun die complete Analogie mit dem Batrachierei. In der Mitte eine Höhle, darüber die kleineren Zellen als sensorielles Blatt, und darunter die grossen Zellen für den Rest des Embryonalleibes.. Stricker hat gezeigt, dass diese grossen Zellen im Batrachierei an den Ort ihrer Bestim- mung wandern, und die Sachen verhalten sich genau so im Fischei. An dem Orte, wo diese grossen Zellen jetzt liegen, werden sie spä- ter nicht mehr angetroffen, während sich Zellen desselben Aussehens allmählig an der Peripherie ansammeln. Ja man kann die Wande- rungsspur verfolgen, von den central am Boden neben einander liegenden bis zu den an der Peripherie compact angesammelten Zellen. Die Zellen, von denen hier die Rede ist, stehen durchaus in derselben relativen Lage zum Nahrungsdotter, wie jene Zellen, welche man auf dem weissen Dotter im Vogelei antrifft, und welche Pere- meschko zuerst abgebildet hat. Beim Vogelei kann eben, wie früher hervorgehoben wurde, darüber gestritten werden, ob diese Zellen aus dem weissen Dotter oder vom Keime herrühren, und es muss darüber gestritten werden, sobald ein Forscher mit der posi- tiven Behauptung auftritt, dass diese Zellen wirklich dem weissen Dotter angehören. Im Fischei aber kann darüber nicht gestritten werden, denn diese jungen Zellen, welche auf dem Boden der Höhle gefunden werden, können aus dem Dotter nur auf dem Wege der freien Bildung entstehen, weil eben in diesem Dotter überhaupt keine organisirten Formelemente vorhanden waren, und einer solchen Annahme kann man Angesichts der oben erörterten Verhältnisse füglich nicht huldigen. Für den Fischkeim werden wir also die Begriffe Parablast und Archiblast ad acta legen und uns einfach an die Thatsache halten, dass sich an den Stellen, wo sich der Keim vom Dotter abhebt, un- ter einer mehrschichtigen Oberlage kleiner Zellen d. i. unter dem sensoriellen Blatte eine Summe von grossen Zellen vorfindet, welche 364 Dr. Rieneck: später an die Peripherie rücken, um dort in bestimmter Weise ver- wendet zu werden. Bevor ich zur Betrachtung der peripherischen Theile übergehe, soll noch die Frage ventilirt werden, ob diese grossen Zellen aus den obigen Schichten herausgewachsen sein können, ob wir also ein Recht haben, uns wenigstens in dieser einen Beziehung an His anzuschliessen. Eine übersichtliche Betrachtung der frühen Lebens- zustände im Thierreiche überhaupt lässt eine solche Anschauung durchaus verwerflich erscheinen. Die Formelemente des eben ent- stehenden Thieres gehen bekanntlich aus einer grossen Mutterzelle hervor, und es gehört mit zum Wesen der fortschreitenden Entwick- lung, dass die Tochterzelle immer kleiner wird bis zu einer gewissen Grenze, über die es nicht hinausgeht. Es ist nunmehr bei den Ba- trachiern mit aller Schärfe erwiesen, dass die grossen Zellen, welche sich im Centrum des Eies oder in der sogenannten centralen Dotter- masse vorfinden, solche Bestandtheile der Mutterzellen sind, welche in der Tochtererzeugung noch nicht weit vorgeschritten sind. Darüber sind die Meinungen einig. Es ist allgemein angenommen worden, dass die Furchung vom oberen Pol gegen den unteren her- ab fortschreitet und dass die am wenigsten gefurchten grössten Formelemente im Centrum liegen bleiben. Es ist also hier der Weg gezeigt, in welcher Weise das Verhältniss von den grossen Form- elementen zu den kleinen im Keime aufzufassen ist. Es wäre durch- aus verkehrt, anzunehmen, dass die grossen Zellen Töchter der kleinen sind, es kann nur das Umgekehrte der Fall sein. Die klei- nen gehen aus den grossen hervor, und als sicheres Merkmal für diese Aussage gilt der Umstand, dass die grossen Formelemente auch noch die grossen aus dem ursprünglichen Ei herrührenden Dotterplättchen tragen, während die kleinen Zellen schon fein gra- nulirt erscheinen. An der Hand dieser Erfahrungen können wir nun die Verhältnisse im Fischkeime gleichfalls nicht anders deuten, als dass die tiefer liegenden Zellen, resp. die subgerminalen Fort- sätze nichts Anderes sind, als die tiefsten Partieen des gefurchten Keims, welche in der Furchung noch nicht so weit vorgeschritten sind, als die oben gelegenen, und wenn Jemand mit der Behauptung auftritt, dass diese grossen Formelemente aus den kleinen oberen hervorgewachsen seien, so liegt es wenigstens an ihm, diese Be- hauptung zu beweisen. Es ist schon früher hervorgehoben worden, dass der Keim an Ueber die Schichtung des Forellenkeims. 365 der Stelle, wo er im Dotter aufliegt, d. i. an der Peripherie dicker ist, als in dem centralen T'heile, welcher über eine Höhle hingespannt ist. In diesem centralen Theile sieht man, wenigstens so lange, als eine Höhle besteht, wie gleichfalls schon erwähnt wurde, nicht mehr als zwei Schichten, welche beide zusammen dem Remak’schen sen- soriellen Blatte entsprechen und zwar eine obere plattzellige und eine untere mehrschichtige, zum Theil pallisadenartig angeordnete, mit Rissen und Anhängseln an seiner unteren, dem Boden zugekehr- ten Fläche. Unter diesen liegt die Höhlung, auf deren Boden die grossen Formelemente anzutreffen sind. Geht man nun von diesem centralen Theile gegen die Peripherie hin, so kann man einmal der Fortsetzung des centralen Keimblattes- folgen, d. i. der aus zwei Lagen zusammengesetzten, dem Remak’schen sensoriellen Blatte analogen Schichte, unter welcher eine aus etwas grösseren Form- elementen bestehende Schichte liegt, deren Continuität gleichfalls bis gegen das Centrum hin verfolgt werden kann. Diese Continuität verläuft aber über die auf dem Boden der Höhle hingestreuten grossen Formelemente. Man sieht förmlich den Keim da, wo er in der Peripherie auf dem Dotter aufliegt, in zwei Strahlen auslaufen, deren oberer die centrale Decke der Dotterhöhle, deren unterer die eben erwähnten grossen Formelemente sind. Der Embryo legt sich aber nur an einer Stelle dieser peripheren Verdickung an und es ist daher auch nur eine bestimmte Stelle der Peripherie des Keim- blattes, wo sich die Verdickung bedeutender geltend macht und wo jetzt schon die Scheidung jener Zellen, welche unter dem Remak’- schen sensoriellen Blatte liegen, in ein dickeres oberes und in ein dünneres einzelliges unteres Blatt geltend macht, kurz wir kommen auch hier wiederum auf den Zustand, der uns mit Remak sagen lässt: es ist ein unteres Drüsenblatt, ein mittleres dickeres motori- sches Blatt und ein oberes sensorielles Blatt vorhanden, nur ist das obere in demselben Sinne, wie es Stricker für die Batrachier dar- gethan hat, auch hier bei den Fischen in ein eigenes oberflächliches Horn- und in ein tieferes pallisadenartig angelegtes Nervenblatt geschieden. Wollen wir übrigens mit noch grösserer Strenge vor- gehen, wollen wir den Blättern keine Namen beilegen, welche sich auf zukünftige Vorgänge beziehen, so können wir doch festhalten, dass zwei Hauptlagen da sind, deren obere aus kleineren, und deren untere aus grösseren aus einem entlegenen Orte hergewanderten Elementen gefügt ist. Das obere wie das untere Blatt aber lässt 366 Dr. Rieneck: Ueber die Schichtung des Forellenkeims. zwei Lagen erkennen. Mit der bisherigen Beschreibung zweier Blätter (Lereboullet, Stricker) ist also nur das obere aus kleineren Zellen bestehende bekannt geworden. Es ist, ich muss das in Rück- sicht auf die vielen Missverständnisse noch einmal hervorheben, nur das Analogon dessen, was Remak sensorielles Blatt genannt hat. Die zweite untere Lage grosser Zellen war bisher nicht bekannt. Diese ist nur in der Peripherie anzutreffen, und macht den Rest der ganzen Embryonalanlage aus. Erklärung der Abbildungen Fig. I u. 2 auf Taf. XXI. Fig. 1. Durchschnitt aus dem gefurchten Forellenkeim. Die oberen Zellen a sind bereits zu einer Reihe geordnet. Der Rest b liegt noch unge- ordnet neben einander. a Dotter. e Lücken in demselben an in Ter- pentin aufbewahrten Präparaten. Fig. 2. Der Keim liegt über einer Höhle h. Auf dem Boden derselben die Wanderzellen c, welche continuirlich übergehen in die tieferen Lagen der peripheren Verdickung, der eigentlichen Rückenanlage b. er 'UVeber die Gewebsveränderungen in der entzün- deten Leber. Von Dr. And. v. Hüttenbrenner. Aus dem Institute für experimentelle Pathologie der Wiener Universität. Hierzu, Taf. XXT, Kıg. I u. II. Die Schlüsse, zu welchen Holm!) in seinen Untersuchungen über die traumatische Leberentzündung gelangt ist, sind nach- träglich von Koster ?) und von Josef?) bestritten worden. Die Angaben Holms gipfeln zunächst in dem positiven Ausspruche, dass die Leberzellen durch ein Trauma zu Fettkörnchenzellen wer- den und dass sich diese rings um einen fremden Körper strecken, in Fasern umgestalten, so dass aus den Körnchenzellen Körnchen- fasern werden und dass diese es sind, welche in die Lebernarbe über- gehen. Ferner führt Holm an, dass da, wo eine in die Leber ein- gesteckte Nadel Leberzellen trifft, die Erkrankung intensiver sei, als da, wo sie auf Bindegewebe stösst. Indem er ferner von der Kerntheilung in den Leberzellen spricht, reiht er daran die Aussage, dass aus den mehrkernigen Leberzellen die kleinen Zellen (Granulationszellen) ab- zuleiten seien, fügt aber hinzu, »dass er nicht im Stande gewesen sei, verfolgen zu können, auf welche Art die jungen Zellen frei wurden. Ihr Vorkommen in mehr. oder weniger dichten Haufen, wie man diese bisweilen findet, spricht vielleicht etwas zu Gunsten dieser An- 1) Wiener Sitzungsberichte Bd. LV II. Abth. Märzheft 1867. 2) Centralblatt 1868 N. 2. 3) Ueber den Einfluss chemischer und mechanischer Reize auf das Lebergewebe Inaugural-Dissert. Berlin 1868. 368 Dr. v. Hüttenbrenner: nahme.« Für ihren Ursprung aus Bindegewebszellen konnte er gar keinen sichern Anhaltspunkt finden. (Gegen diesen letzten Theil der Holm’schen Aussage wendet sich Koster, indem er auf Grundlage der inzwischen bekannt gewordenen neuen Eiterungstheorie auch die Eiterkörperchen in der Leber als farblose Blutkörperchen anspricht. Die auf die Eiterbildung: bezüglichen Angaben Holm’s sowohl wie Kosters sind nicht mehr wie Wiederklänge der herrschenden Ansichten. Zur Zeit der Holm’schen Publication war die Eiterung aus Parenchymzellen auf der Tagesordnung, während zur Zeit der Koster’schen Publication die emigrirten Blutkörperchen an die Reihe kamen. So leitete Holm den Eiter aus mehrkernigen Leberzellen, Koster aber aus Zellen ab, welche durch die Gefässe wandern. Holm giebt aber zu, dass er die Entstehung des Eiters nicht direkt verfolgen konnte und Koster führt das zwar nicht namentlich an, aber es versteht sich wohl von selbst. Wenn man übrigens den Untersuchungen von Holm und Koster nachgeht, so ergiebt es sich bald, dass der letztere einen andern Process vor sich hatte, als der erstere. Auf dem Wege, den Holm eingeschlagen hat, bekommt man eine kaum bemerkbare Eiterung, es herrscht da die Faserbildung vor, während Koster von Prozessen spricht, wo die Eiterung überwiegend ist. Anders steht die Sache mit den positiven Angaben Holms. Diesen wurde mit eben so positive Aussagen entgegengetreten. Josef behauptet geradezu, es sei nicht richtig, dass aus den Leberzellen Fasern werden, die Leberzellen gehen vielmehr zu Grunde und die Fasern der spätern Narbe wachsen aus dem Bindegewebe entfernter liegender Acini her. Josef hat ganze Reihen von Thieren gleichzeitig verletzt und gefunden, wie von einem entfernter liegenden Acinus von Tag zu Tag eine Säule von jungen Elementen bis zum Stifte vordrang, und wie man eines schönen Tages da schon Bindegewebsfasern gewahrt, wo man Tags zuvor aneinandergereihte Spindelzellen constatiren konnte. Wie das angestellt werden muss, um an einem mikrosko- pischen Objecte da Bindegewebe zu finden, wo Tags vorher Spin- delzellen zu constatiren waren, sagt uns Verfasser nicht. Eine solche Aussage setzt voraus, dass eine bestimmte Leberstelle mikros- kopisch untersucht werden kann, ohne sie aus dem Zusammenhange mit dem lebenden Thiere zu reissen. Dieser Voraussetzung ist aber init den jetzigen Hilfsmitteln bekanntlich nicht nachzukommen. Noch Ueber die Gewebsveränderungen in der entzündeten Leber. 369 eine positive Angabe setzt Josef der Holm’schen Arbeit entgegen. Holm behauptet, die Leberzellen ordnen sich rings um eine einge- steckte Nadel schichtweise an und Josef behauptet, die Leberzellen gehen rings um den Stift zu Grunde. Er hat nämlich ein mit Kupferdraht umwickeltes Stäbchen in die Kaninchenleber gesteckt, nach 48 Stunden den Draht herausgezogen, die an dem Draht haf- tenden Partieen untersucht und gefunden, dass die Leberzellen zerfallen. Bei Licht betrachtet steht es mit dieser Aussage nicht besser, wie mit jener über die Geschichte des Bindegewebes. Um sich zu überzeugen, dass die Leberzellen rings um den Stift zerfallen, muss aus der bezüglichen Stelle des gehärteten Organs ein Schnitt gemacht werden und auf dem Schnitte muss sich der Detritus ergeben. Das hat aber Josef nicht gethan. Er hat frisches Lebergewebe heraus- gerissen und zwar ein solches, welches durch den Entzündungspro- zess verändert wurde. Welches sind aber da die Charaktere, auf die sich der Schluss »Zerfall« gründet. Etwa dass die Zellen zer- rissen waren, oder dass Fettkörnchen gefunden wurden? Wem diese Funde noch massgebend sind, der braucht nur einen solchen Draht durch embryonales Gewebe zu führen und zu untersuchen, was da wohl haften bleibt. Wie man sieht, ist der striete Beweis des Zer- falles der Leberzellen ebensowenig geführt, als die Genese der Narbe sicher gestellt ist. Wenn indess den gegen Holm erhobenen Einwürfen die Be- weiskraft fehlt, so ist damit für Holm nichts bewiesen und es mochte wohl der Mühe lohnen, seine interessanten Funde nochmals zu prüfen. Ich habe daher diese Arbeit wieder aufgenommen und bin, was die Leberzellen betrifft, zu solchen beweiskräftigen Resul- taten gelangt, dass ich diese Arbeit zum Gegenstande vorliegender Mittheilung machen kann. Ich habe in die Kaninchenleber nach den Angaben Holm’s eine Nadel eingesteckt, das Thier nach 12 Stunden getödtet, die Leber in CrO; geworfen, Durchschnitte ge- macht und auf derart verfertigten Präparaten die Umgebung des Stichkanals studirt. Schon nach 12 Stunden findet man rings um die Nadel spindelförmige, schichtweise angelagerte Elemente. Es lag also, wegen der Kürze der Krankheitsdauer nahe, zu schliessen, dass die concentrischen Elemente Leberzellen sind. Der Beweis für diesen Ausspruch lässt sich aber mit unwiderleglicher Schärfe füh- ren. Es musste mir auffallen, dass die Spindelzellen so rasch, 370 Dr. v Hüttenbrenner: schon nach 12 Stunden entstanden und ich konnte mich daher dem Gedanken nicht verschliessen, dass das nächste Motiv der Streckung ein mechanisches sei, dass die weichen Leberzellen durch die eingestossene Nadel zu Spindeln gestreckt werden. Ein einfacher Versuch musste diese Vermuthung klar legen. Ich er- öffnete die Bauchhöhle eines lebenden Thieres, schnitt demselben ein Stück Leber aus, stiess in das ausgeschnittene Stück eine Nadel ein und warf es in CrO,. Aus diesem erhärteten Stücke bereitete ich Durchschnitte und siehe da, rings um den Stichkanal sahen wir die Elemente, die Leberzellen nämlich, spindelförmig und schichtweise gelagert. Diesem Versuche gegenüber werden wohl alle andern gegnerischen Angaben weichen müssen. In der ausge- schnittenen Leber können es nicht farblose Blutkörperchen sein, welche mit aller Schnelligkeit an die Nadel heranwanderten, um so an die Stelle der zu rasch zerfallenen Leberzellen einen concen- trischen Ring zu bilden. Wenn man also ringsum Stichkanäle, welche an der ausgeschnittenen Leber gemacht werden, ferner ringsum Stichkanäle aus Lebern, die 12 Stunden nach der Verletzung in Verbindung mit dem Thiere gelassen wurden, wenn man dann am 3. und 4. und 6. Tage immer wieder die concentrische Schichtung rings um die Kanäle antrifft, so wird wohl nicht weiter bezweifelt werden können, dass wir es im ersten und zweiten und letzten Falle mit Leberzellen zu thun haben. Holm behauptete, aus diesen spindelförmigen Zellen gehen Fasern hervor, und ich muss auf Grundlage dieser Reihe von Be- obachtungen seine Behauptung unterstützen und nur das besonders interessante Verhältniss hervorheben, dass die erste Anregung, welche auf die Leberzellen wirkt, eine mechanische Zerrung ist, dass diese ursprünglich zu Spindelzellen gedehnt werden und aus solchen in Fasern übergehen. Nunmehr erklärt sich auch die merkwür- dige Angabe von Holm, dass nur da, wo die Nadel an Leberzel- ien vorbeiging, dieselben stark verändert werden, dass aber das Bindegewebe durch den Reiz nicht so sehr affıcirt wird. Das derbere Bindegewebe wurde eben durch die eingestochene Nadel nicht in derselben Weise mechanisch verändert, wie die weichen Leberzellen und somit ist auch der Unterschied in den Erscheinungen erklärt !). 1) Die Bemerkung Josef’s, dass er nicht wisse, wie Holm es ange- fangen habe, nur Leberzellen und nicht auch Bindegewebe zu verletzen, stützt Ueber die Gewebsveränderungen in der entzündeten Leber. 371 Bei der Verletzung der Leber durch eine Nadel ist die Eite- rung, wie schon erwähnt wurde, eine sehr geringe, es sind nur spärliche Formelemente zwischen den Leberzellen, die wohl als Eiterkörperchen angesprochen werden können. Anders steht aber die Sache, wenn man die Leber durch NH; reizt, wenn man z. B. auf Schnittflächen der blosgelegten Leber verdünnte NH;3lösungen bringt. Hier kommt es zu einer starken Eiterung, und zwar findet man dann auf Durchschnitten massenhafte wie Eiterkörper ausse- hende Zellen rings um die Gefässe gelagert und zwar nicht nur in der Umgebung der Läppchen sondern auch im Centrum des Läpp- chens selbst. Hier also haben wir es mit der von Koster beschrie- benen Eiterung zu thun. Bei der eben erwähnten Art des Eingriffs kommt es nicht zur Bildung von Spindelzellen, mit Ausnahme jener Stellen, wo grosse Blutextravasate stattfinden und es ist dadurch neuerdings der Beweis geliefert, welche Bewandniss es mit den spin- delförmigen Leberzellen hat. Was nun die Entstehung dieser rings um die Gefässe gehäuf- ten Elemente betrifft, so liegt nur ein Anhaltspunkt vor, auf den sich die Aussage stützen kann und der ist die eben genannte An- ordnung rings um die Gefässe. Diese Anordnung legt die Vermu- thung nahe, dass die Körperchen aus den Gefässen kommen. Der Zinnoberversuch ist hier durchaus werthlos. In der Leber sammelt sich ein Theil des in das Blut gespritzten Zinnobers wegen des ver- langsamten Kreislaufes.. An Stellen nun, wo eine Verletzung statt- gefunden hat, folgt Hyperämie und Exsudation von Flüssigkeit und mit dieser wird Zinnober zwischen die Leberzellen und auch in die- selben getragen. Reitz hatte schon mit Hülfe des so wichtig gewordenen Mittels der Zinnoberinjeetion den alten Satz »ubi stimnlus, ibi affluxus« neuerdings ad oculos demonstrirt. Ich kann nach Versuchen an der Leber seine Angaben nur unterstützen. Denn an entzündeten Lebern findet man Zinnober zwischen den Leberzellen, in denselben, ja selbst in Kernen derselben. Was soll es’ da beweisen, wenn neben den Leberzellen auch amöboide Zellen gefunden werden, welche Zinnober führen. Ich muss also der topographischen Anordnung sich wahrscheinlich auf einen Irrthum im Lesen, denn Holm hat so etwas gar nicht behauptet, er führt nur an, dass er sich bei seinen Untersuchungen resp. Schnitten hauptsächlich an das Innere der Läppchen gehalten habe. 372 Dr. v. Hüttenbrenner: (dieser amöboiden Zellen mehr Gewicht beilegen, als dem Zinnober- gehalte. Bei der eben besprochenen Versuchsreihe leitete mich auch die Erinnerung an Bilder, welche ich aus krankhaft veränderten Men- schenlebern gewonnen hatte und die theilweise auffällig für die von Holm vertheidigte Faserbildung aus Zellen sprachen. Ich gebe in Fig. I die Abbildung eines darauf bezüglichen Prä- parates aus der Umgebung eines faustgrossen Abscesses des rechten Leberlappens vom Menschen. Die Wand des Abscesses war aus feingestricktem zarten Bindegewebe gebaut. Zwischen dem umge- benden Gewebe fanden sich zahlreiche kleine Zellen, über deren Abstammung ich Nichts aussagen kann. Dann fanden sich Gruppen kleiner Zellen, wo die äusseren Grenzen der Gruppen an die Con- figuration von Leberzellen erinnerten, dann der Lage nach den Leber- zellenbalken entsprechende kleine Zellen mit Gallenpigment ver- sehen und endlich sah man spindelförmige Elemente (Fig. I) angren- zend an wenig veränderte Leberzellenbalken. Der Beweis des Ueberganges der letztgenannten Elemente in die ersteren ist aus solchen Bildern auch nicht geführt; aber sie sind in Rücksicht auf den oben geführten Beweis immerhin sehr beachtenswerth. Ich gebe ferner in Fig. II die Abbildung eines Präparats aus einer Menschenleber, die nach der makroskopischen Erscheinung als eirrhotisch bezeichnet werden musste. Hier sieht man eine Leber- zellengruppe oder mehrere derselben von einem kernreichen faserigen (sewebe umschlossen. Die Wucherung dieses Gewebes beginnt an den Pfortaderästen und schreitet längs der Verzweigungen derselben fort. Injeetionspräparate lassen wenigstens eine solche Ausbreitung des Processes deutlich verfolgen. In diesem Falle kommt also die Hauptmasse des neugebildeten Fasergewebes wahrscheinlich nicht aus Leberzellen, doch lässt sich nicht verkennen, dass auch hier Leber- zellen mit spitzen Ausläufern vorkommen. Ich erwähne endlich noch jene derben fahlgelben Knoten in den Lebern syphilitischer Individuen, weil hier die verschiedenartige Genese verschiedener Schichten der Knoten auf Durchschnitten über- aus nahe gelegt wird. Die äusserste Schichte besteht aus evidenten Leberzellen, die theilweise gestreckt sind. Die zweite Schichte be- steht aus einem von vielen kleinen Zellen durchsetzten Fasergewebe, und im Centrum endlich liegen fettkörnchenhaltige Eiterzellen. Wenn man nun die Grenze zwischen gesundem und krankem Gewebe durch- Ueber die Gewebsveränderungen in der entzündeten Leber. 373 mustert, so findet man, dass grössere wie kleinere Gefässe von kleinen rundlichen Zellen umgeben sind, ferner auffällig viele Kerne in den Gefässwänden selbst. Es ist also aus diesem Befunde nahe gelegt die Gewebe, welche den Knoten zusammensetzen aus den Leberzellen sowohl wie aus Formelementen abzuleiten, welche ent- weder aus dem Blute stammen oder doch zu den Gefässwänden in Beziehung stehen. Axencylinderfortsatz der Nervenzellen aus der Grosshirnrinde. Vorläufige Mittheilung von Dr. Al. Koschennikoff aus Moscau. Hierzu Fig. A. Taf. XXI. Vor Kurzem hatte ich Gelegenheit, das Gehirn eines 27 Jahr alten Mannes zu untersuchen, welcher nach einer starken Kopfver- letzung durch einen herabtallenden Stein an eitriger Meningitis, Ge- hirnabscess und nachfolgender Pyämie zu Grunde gegangen war. In dem rechten Stirnlappen fand sich diffuse Eiterung, welche nicht allzu tief in die Gehirnsubstanz eindrang. In der Umgebung der Eiterung war die graue Substanz der Gehirnrinde stark erweicht; kleine Stücke derselben liessen sich nach 24stündiger Maceration in sehr verdünnter Lösung von doppeltchromsaurem Kali sehr leicht zerzupfen. Bei der mikroskopischen Untersuchung fanden sich die . Nervenzellen ziemlich gut erhalten, nur ihr Protoplasma war stark körnig und ausser den gewöhnlichen Pigmentkörnern liessen sich noch viele andere Körner, dem Aussehen nach wahrscheinlich Fett- molecüle darin sehen. Die Hauptsache aber war, dass Nervenzellen mit sehr langen Fortsätzen isolirt werden konnten, wahrscheinlich in Folge der krankhaften Erweichungen der Neuroglia. Diese Be- schaffenheit gab mir die Hoffnung, vielleicht einen Axencylinderfort- satz an diesen Zellen zu finden, was, so viel ich weiss, bis jetzt noch Niemandem gelingen wollte. Bekanntlich hat Dr. Rud. Arndt die Vermuthung ausgesprochen, dass der Spitzenfortsatz der pyra- midenähnlichen Nervenzellen Axencylinderfortsatz sei; das ist aber, meiner Meinung nach, nicht wahrscheinlich; denn ich habe schon ER Axeneylinderfortsatz der Nervenzellen aus der Grosshirnrinde. 375 früher häufig beobachtet, dass dieser Fortsatz sich verästelt, was bei einem Axencylinderfortsatz sonst nicht der Fall ist. Er musste also, wenn überhaupt ein solcher existirt, von dem Basaltheile der Zelle ausgehen. Ich war zu dieser Annahme durch meine früheren Untersuchungen berechtigt, und es schien mir wahr- scheinlich, dass der mittlere Fortsatz es sei, wie dies auch M ey- nert vorausgesetzt hat. Nach langem Suchen zwischen obener- wähnten Nervenzellen ist es mir endlich gelungen, eine Nervenzelle zu finden, deren einerFortsatz zweifellos in eine doppelt- contourirte Nervenfaser überging. Es war eine der gröss- ten pyramidenähnlichen Zellen, welche in diesem Theile des Gehirns bekanntlich in den tieferen Schichten der Rinde liegen ; ihr Körper mass 0,075 Mm. Länge und 0,022 Mm. Basalbreite. Ihr peripheri- scher Theil ging allmählig sich verjüngend in den Spitzenfortsatz über, der in diesem Falle 0.187 Mm. lang und ebenso körnig wie der Zellenkörper war; auf der Grenze zwischen ihm und dem Zel- lenkörper theilte sich ein kleiner Ast ab; weiter oben konnte man noch zwei ähnliche kleine Aestchen bemerken. Von der Basis der Zelle kamen fünf Fortsätze gegen das Centrum des Gehirns ge- richtet; vier von ihnen hatten körniges Aussehen und theilten sich ziemlich bald in feine Aestchen. Der fünfte aber, welcher von der Mitte der Basis ausging und 0,151 Mm. lang war, verästelte sich nicht; am Anfang war er auch etwas körnig, dann aber hatte er ein mehr homogenes Aussehen und in einiger Distanz (0,099 Mm.) von dem Zellenkörper bedeckte er sich mit einem Myelinlager. An dieser Stelle, welche 0,030 Mm. lang war, sah er wie eine gewöhn- liche markhaltige Nervenfaser aus (doppelte Contouren, charakteri- stischer Glanz und bei gewisser Stellung des Tubus dunkle Ränder); vor dieser Stelle war der Fortsatz etwas varicös; in seinem weiteren Verlaufe wieder ohne Myelin und hatte das Aussehen von einem nackten Axencylinder. Daraus kann man schliessen, vorausgesetzt, dass das keine Anomalie war, 1) dass wenigstens einige Nervenzellen der Grosshirn- rinde nach dem Typus der Rückenmarkszellen gebaut sind, d.h. auch einen Fortsatz haben, welcher von mehr homogenem Aussehen sich nicht verästelt und in eine doppeltcontourirte Nervenfaser über- geht; 2) dass dieser Fortsatz von der Basis der Zelle ausgeht, also nach dem Centrum des Gehirns gerichtet ist, wie das auch bei den Zellen des kleinen Hirns der Fall ist. 376 Al. Koschennikoff: Axencylinderforts. d. Nervenz, aus d. Grosshirnrinde. Von der Richtigkeit dieser Beobachtung konnte auch Herr Doctor Kollmann sich überzeugen, und ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit ihm meinen besten Dank auszusprechen. München 1869, April 24. Erklärung der Abbildung. A. Nervenzelle aus der Rinde des Stirnlappens. Hartnack. Syst. N. 8, ocul. 3, a. Zellenkörper. b. Axencylinderfortsatz. c. Uebergangsstelle in eine markhaltige Nervenfaser. Berichtigung. Von Dr. Hohil. Im II. Bande des Jahrgangs 1866 dieses Archivs und in mei- ner Monographie über Neubildungen der Zahnpulpa (Halle 1868, Pteffer). habe ich eine Beobachtung über das Vorkommen von Kno- chenkörperchen mit eigenthümlichen Kapseln in der Zahnpulpa mit- getheilt, welche zu berichtigen ich mich genöthigt sehe. Ich habe bereits an jenen Stellen auf die ausserordentliche Aehnlichkeit der fraglichen Gebilde mit Pilanzenzellen hingewiesen. Jetzt hat essich nun unzweifelhaft herausgestellt, dass jene umkapselten Knochen- körperchen nichts anderes als Steinzellen der Birne sind. Wie früher angegeben, fanden sich die fraglichen Zellen mitten im Pulpa- gewebe cariöser Zähne vor, wohin sie nur durch die Mastikation gelangt sein können und bleibt es dabei merkwürdig, dass ihr Ein- dringen in das Gewebe weder Schmerzen verursacht, noch auch eine Entzündung hervorgerufen hat, was offenbar dem atrophischen Zu- stande des Pulpagewebes zugeschrieben werden muss. Ferner wa- ren die Zellen so stark inkrustirt, dass ihre Structur durchaus nicht zu erkennen war und erst nach Zusatz von Salzsäure unter Ent- wickelung von Luftblasen sichtbar wurde. Die täuschende Aehn- lichkeit mit Knochenkörperchen lassen im Vereine mit den angege- benen Umständen einen Irrthum wohl verzeihlich erscheinen, um so mehr, da auch die versuchte Cellulosereaction vollständig ohne Erfolg von mir angewendet worden war. > | Er ZZ ar 114 1 Be Op 1% taR 1. (ro sro Hreftos - 4 vw Mi‘ ih Zuilydo u au BITIET- aRATER uber 3b ob N sn Tv ue Burn uhral f JEW ZE “ RR. TEr NT BO ; su Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges bei Menschen und bei Thieren. Von Max Schulitze. Hierzu Tafel XXI. Sehen ist Umwandlung derjenigen Bewegung, auf welcher das Licht beruht, in eine andere Bewegung, welche wir Nervenlei- tung nennen. Um die Umsetzung der einen Bewegung in die andere zu vermitteln, sind besondere Vorrichtungen nöthig, und diese haben wir an denjenigen Stellen des Auges zu suchen, wo die Sehnerven- fasern endigen. Hier müssen die Schwingungen des Lichtäthers mit den Nervenfasern in eine solche Berührung kommen und eine solche Form annehmen, dass ihre Absorption eine Bewegung im Nerven einleitet, mit anderen Worten dass sie die Nervenfasern reizen, und zwar je nach ihrer Länge (Farbe) verschieden, wie sich dies in der Farbenperception ausdrückt. Die Endigung findet statt bei den Wirbelthieren und dem Menschen in einer Schicht der Netz- haut, welche die Stäbchen und Zapfen enthält, diese letzteren stehen selbst mit den Nervenfasern in Verbindung und von einem Theile jedes derselben, dem sogenannten Aussengliede, haben wir Ursache anzunehmen, dass es den gesuchten Apparat darstelle, vermittelst dessen die Umwandlung von Lichtbewegung in Nerven- bewegung geschieht. Dieser Theil stellt einen cylindrischen oder conischen Stab dar, gebildet aus einer durchsichtigen Substanz von sehr starkem Lichtbrechungsvermögen, welche Substanz aber nicht homogen ist, sondern aus abwechselnden Scheibchen zweier ver- schiedener Substanzen zusammengesetzt ist, welche sich unter An- M, Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. 5, 26 380 Max Schultze: derem durch ihr Quellungsvermögen von einander unterscheiden. !) Stark liehtbrechende Scheibehen von weniger als !/s Mikromillimeter (0,0005 mm.) Durchmesser, in ihrer Zahl nach der Länge der Stäbchen schwankend, sind durch mindestens ebenso dünne Schich- ten einer Kittsubstanz zusammengehalten. Unter Anwendung pas- sender Flüssigkeiten gelingt eine Ablösung der Plättchen, also eine sehr vollständige Auflockerung oder Auflösung der Kittsubstanz ohne Veränderung des Flächendurchmessers der Scheibchen, viel- leicht auch ohne Quellung in die Dicke. Jedenfalls berechtigt der unzweifelhaft vorhandene bedeutende Unterschied in dem Quellungs- vermögen zu der Annahme eines Unterschiedes auch im Brechungs- index beider Substanzen, der Plättchen- und der Kittsubstanz. ?) 1) Vergl. meinen Aufsatz: „Ueber Stäbchen und Zapfen der Retina‘ ın diesem Archiv Bd. III. 1867. S. 215. 2) Dass viele Aussenglieder der Stäbchen im ganz frischen Zustande in humor aqueus oder Glaskörperflüssigkeit antersucht die Querstreifung nicht erkennen lassen, welche andere. bei denen eben die ersten Grade der Quellung eingetreten zu sein scheinen, so deutlich zeigen, hat zu der Annahme Ver- anlassung gegeben, dass die Differenzirung in Plättchen eine Leichenerschei- nung sei und im Leben gar nicht existire. Wer mit starken Vergrösserungen die Veränderungen beobachtet, welche ganz frische Stäbchen, zumal die grossen der Amphibien, in Glaskörperflüssigkeit allmählig eingehen, und wie verschiedene Reagenzien auf dieselben einwirken, wird zwar für die Regel- mässigkeit des Auftretens der lamellösen Structur und die Ablösung von Plättchen eine andere plausible Erklärung meines Erachtens nicht zu geben vermögen als die, dass die Differenzirung im Leben vorhanden sein müsse, wenn sie auch erst durch Quellungen sichtbar werde. Denn welche Analogie wäre anzuführen für das Auftreten der haarscharfen feinen Querstreifung, deren Regelmässigkeit an die unserer Diatomeen-Probeobjecte erinnert und für die Ablösung von Scheibchen durch Gerinnungsprocesse oder wie man solche im Leben nicht vorhandene erst im Tode auftretende Gewebsveränderungen sonst nennen wollte. Aber immerhin bleibt die Frage zu beantworten, wie kommt es, dass ein grosser Theil der ganz frisch untersuchten Stäbchen in der- selben Zusatzflüssigkeit, in welcher der lamellöse Bau nach kurzer Zeit deutlich hervortritt, anfangs keine Andeutung desselben zeigt. Nach meiner Ueberzeugung ist der Grund davon allein darin zu finden, dass die Plättchen im frischen Stäbchen so dünn sind, dass unsere Mikroskope zur Erkennung ihrer Grenzlinien nicht ausreichen. dass dies vielmehr erst möglich ist, wenn durch Quellung entweder die Zwischensubstanz oder das Plättchen selbst einen grösseren Diekendurchmesser angenommen hat. Diese Ansicht wird sich Jedem aufdrängen, der frische Stäbchen (etwa vom F rosch) bei den stärksten Vergrösserungen abwechselnd bei centrischer und bei schiefer Beleuchtung Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 381 Existirt ein solcher, so stellt das Aussenglied für die mehr oder weniger genau in der Richtung seiner Längsaxe einfallenden Licht- strahlen einen stark reflectirend wirkenden Apparat dar entspre- chend einem Satz Glasplatten, welche durch dünne Luftschichten von einander getrennt sind. Wir haben Ursache anzunehmen, dass allein auf dieser Reflexion das Leuchten der Augen beruht in allen den Fällen, wo wie beim Menschen ein Tapetum, eine refleetirend wir- kende Chorioidschicht nicht existirt. Ein grosser Theil des einfal- lenden Lichtes gelangt aber im Auge zur Absorption. Eine solche findet statt in allen durchsichtigen Augenmedien, aber in keinem derselben voraussichtlich so stark wie in den aus zahlreichen dün- nen Plättchen geschichteten Aussengliedern der Stäbchen und Zapfen, in denen das Licht an den spiegelnden Flächen tausendfach hin ‚und her geworfen wird. Kann Empfindung von Licht nur auf vorgängige Absorption folgen, wie nach dem Gesetz der Erhaltung der Kraft angenommen werden muss, so ist die Plättchenstructur der Aussenglieder, welche die Absorption begünstigt, unzweifelhaft von grosser Bedeutung für den vorausgesetzten Zweck dieses Thei- les des Sehapparates. Noch nach einer andern Richtung hin aber scheint die Plätt- chenstructur von Bedeutung für den Vorgang der Lichtempfindung. Die Abstände der spiegelnden Flächen in den Aussengliedern von einander sind nach den vorhandenen Messungen jedenfalls nicht grösser als die Länge der Lichtwellen in den verschiedenen sicht- betrachtet, und wie bei den schwierigsten Diatomeen-Probeobjecten (etwa Nitschia oder Frustulia saxonica) mit Hülfe eines drehbaren Objecttisches eine zur Erkennung von Querlinien möglichst günstige Einfallsrichtung des Lichtes aufsucht. Bei solcher BehandInng beobachtet man an vielen Stäbchen bei schiefer Beleuchtung eine feine Querstreifung, haarscharf und in durchaus gleichen Abständen gezogen, die etwa 0,3 Mik. betragen, also die Grenze der überhaupt erkennbaren Linien-Abstände erreichen. Nach und nach wird die Streifung auch für centrisches Licht wahrnehmbar weil gröber, endlich mit deutlich erkennbarer nicht unansehnlicher Verlängerung des Stäbchens tritt Zerklüftung in der Richtung der Querlinien und Abspaltung ein. Diese Er- scheinungen erklären sich vollständig aus der Annahme, dass die Dieke der Plättehen wie der Kittsubstanz im Leben weniger als 0,3 Mik. betrage und demnach die Grenzen derselben für unsere Mikroskope nicht wahrnehmbar seien. Mit den ersten Spuren von Quellung nimmt der Durchmesser einer der beiden Substanzen zu, die Streifung wird uns sichtbar zuerst für schiefes Licht, dann auch für centrisch einfallendes. 382 Max Schultze: baren Theilen des Specetrums. Bei verschiedenen Thieren, verschie- denen Methoden, und beeinflusst durch begonnene Quellung fallen die Maasse etwas verschieden, jedenfalls eher zu gross als zu klein aus, die Schwankungen in den bisherigen Angaben halten sich zwi- schen 0,3—0,8 Mikromillimeter, d. i. ungefähr die Länge der Licht- wellen vom violetten bis zum rothen Theil des Spectrums. Dieser Umstand hat Dr. W. Zenker in Berlin veranlasst, einer Vorstel- lung Raum zu geben über die Art der Umwandlung der Lichtwellen innerhalb der Stäbchenaussenglieder, welche in bestimmterer Weise » den Weg bezeichnet, wie jene das Licht behufs Umwandlung in Nervenleitung verarbeiten, als in dem ziemlich vagen Begriff der Absorption ausgedrückt liegt, und welche vornehmlich für die Far- benperception die Grundlage einer mechanischen Theorie bietet. !) W. Zenker geht von dem Gedanken aus, dass bei jeder Reflexion von Licht, wie bei jeder Reflexion transversaler Schwingungen über- haupt, stehende Wellen entstehen müssen. Für das Licht wird dabei natürlich vorausgesetzt, dass (wie Fizeau wahrscheinlich gemacht hat) eine gewisse hintereinander folgende Zahl von Schwingungen in der- selben Ebene stattfinde, mit andern Worten, dass das gewöhn- liche Licht zusammengesetzt sei aus in den verschiedensten Ebenen schwingendem polarisirten, so etwa das hintereinander 50,000 Schwingungen in der einen, audere 50,000 in einer benachbarten, und wieder 50,000 in einer dritten Ebene u. s. f. schwingen. Das Licht, welches in die geschichteten Aussenglieder eintritt, so schliesst Zenker, wird in demjenigen Theile, d. h. derjenigen Farbe, deren Wellenlänge’ in einer bestimmten Beziehung zu dem Abstande der spiegelnden Flächen steht, in stehende Wellen verwandelt und da dieser Wellenform eine grössere mechanische Kraft mit Rücksicht auf locale Reizung, tetanisirende Wirkung, zugeschrieben werden darf, als den laufenden Wellen, so soll dieser in stehende Wellen verwandelte Theil allein oder vorzugsweise zur Wirkung auf die Nervensubstanz kommen. Zur Umwandlung der Jaufenden in stehende Wellen gehört ein Abstand der spiegelnden Flächen von '/s oder einem Vielfachen von !/, der Länge der laufenden Wellen, welche Abstände wir dem Öbigen zufolge in den Aussengliedern annehmen dürfen. Dieselben liegen meist unter 0,5 Mik. 1) Versuch ein. Theorie der Farbenperception. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. IH. p. 249. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 383 Jedenfalls spielt auch hier wieder die Absorption eine grosse Rolle. Sei es nun, dass diese allein, oder dass die Bildung stehender Wellen die Hauptsache in der Function der Aussenglieder sei, jeden- falls liess sich erwarten, dass wenn die geschichteten Stäbe wirklich der gesuchte Hülfsapparat sind zur Umwandlung von Lichtbewe- sung in Nervenbewegung, dieselben nicht nur den Wirbelthieren zu- kommen, sondern die Enden aller Sehnerven in der gesammten Thierreihe auszeichnen würden. In meinen »Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Inseceten, Bonn 1868« habe ich den Nachweis geliefert, dass solche geschichtete Stäbe einen sehr wesentlichen Theil des Sehapparates auch der Glieder- thiere ausmachen. Meine an der Küste des Mittelmeeres fortge- setzten Untersuchungen haben ein ganz allgemeines Vorkommen derselben bei allen darauf untersuchten Gliederthieren des Meeres, bei Decapoden und Stomatopoden, bei denen auch Steinlin diese Stäbe beschreibt, bei Amphipoden und Isopoden ergeben. Bei den Mollusken, deren vollkommenste Augen, die der Cephalopoden, wir zumal durch Hensen’s Untersuchungen genau kennen, waren noch keine geschichteten Stäbe bekannt. Ich habe dieselben bei Cephalopoden und Heteropoden in ausserordentlicher Vollkommen- heit entwickelt angetroffen !). Die genannten Mollusken erlaubten auch eine sehr befriedi- gende und bei andern Thieren bisher nicht gewonnene Einsicht in das Verhältniss der Nerven-Endfäserchen zu den geschichteten Stäben, ein Fortschritt, der durch die Untersuchungen Hensen’s angebahnt, doch erst jetzt mit der Auffindung der Plättchenstructur seine volle Bedeutung entfalten kann. Die Stäbchenschicht der Cephalopoden und Heteropoden setzt sich aus dreierlei verschiedenen Elementen zusammen, erstens aus den lamellös geschichteten Stäben, nach Bau und Lichtbrechung entsprechend den Aussengliedern der Wirbelthierstäbchen, zweitens aus feinsten Nervenfibrillen, welche von jenen lamellösen Stäben mehr oder weniger vollständig umgeben werden oder ihnen dicht anliegen, und drittens aus körnigem Pigment von dunkel braun- schwarzer Farbe, in seiner Menge sehr variirend. Die Art des Nebeneinanderseins dieser dreierlei Elemente und ihre Verbindung 1) „Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden.“ Dieses Archiv Bd. V p. 1. 384 Max Schultze: mit einander ist bei den genannten Thieren manchen Verschieden- heiten unterworfen. Dennoch lässt sich nicht verkennen, dass etwas Gesetzliches, allgemein Wiederkehrendes in dem Verhältniss dersel-. ben zu einander existirt und dies ist: die lamellös geschich- tete Substanz steht nicht in Continuität mit den Ner- venfibrillen, diese verlaufen entweder in einem rings geschlossenen Canal der ersteren oder liegen der Ober- fläche derselben an. Die lamellöse Stäbchensubstanz bildet entweder solide Pallisaden, dann betten sich die Nervenfasern in hohlkehlenartigen Furchen der Oberfläche derselben, oder sie stellt einen im Querschnitt viertelmondförmigen Stab dar, dann liegen die Nervenfasern in der Uoncavität wieder der Oberfläche an, oder die lamellöse Substanz wird zu einem hohlen Stabe, der viertelmond- förmige Querschnitt vervollständigt sich zu einem Ringe, dann liegen Nervenfasern im Innern des Stabes. Auch können viele Stäbe mit hohlkehlenartigen Furchen an der Oberfläche, mit den Leisten zwi- schen den Hohlkehlen aneinanderstossend, zusammenwachsen, dann liegen die Nervenfasern wieder in geschlossenen Röhren der lamel- lösen Substanz, welche letztere dann nicht mehr in einzelne Stäbe trennbar ist. Wo körniges dunkles Pigment in der Stäb- chenschicht enthalten ist, liegt dasselbe ebenfalls in den Ganälen und Furchen der lamellösen Pallisaden oder Halbrinnen, und hüllt streckenweis die Ner- venfibrillen ein, oder begleitet sie. Bei manchen Arten sind die letztere bergenden Canäle gegen den Glaskörper mit Pig- ment vollständig verstopft, so dass das Licht die Nervenendfasern nicht direct, sondern nur auf dem Wege der lamellösen Substanz treffen kann. Was sich aus dieser Anordnung für die physiologische Bedeu- tung der Bestandtheile ergiebt, ist einfach. Die lamellöse Substanz in Form von Stäben, Halbrinnen etc. ist dem Lichte stets zugäng- lich, nie von Pigment bedeckt oder durchsetzt, wird also durchstrahlt. Die lamellöse Structur bedingt höchst complicirte, für den Sehakt wahrscheinlich fundamental wichtige Reflexionen, und vermittelt eine bedeutende Absorption. Die Nervenprimitivfibrillen, die Endfasern des Sehnerven, liegen der innern oder äussern Oberfläche der geschichteten Stäbe an, enden vielleicht schliesslich in ihrer Substanz, sind jedenfalls der Einwirkung der durch die la- mellöse Substanz veränderten Lichtwirkung ausgesetzt. Dunkles Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 385 Pigment endlich begleitet an vielen Stellen diese Nervenfasern, was für die Isolirung derselben und die Absorption überflüssigen Lichtes von Wichtigkeit sein muss. Der Umstand endlich, dass bei vielen Gephalopoden die die Nervenfasern umschliessenden Canäle gegen den Glaskörper von dunklem Pigment vollkommen ausgefüllt sind, so dass kein Lichtstrahl diese Fasern direct treffen kann, das Licht vielmehr nur auf dem Wege der lamellösen Substanz auf die Nervenfasern einwirken kann, weist uns mit unwider- leglicher Sicherheit darauf hin, dass wir auf dem richtigen Wege sind, wenn wir jeder Betrachtung über die Einwirkung des Lichtes auf die Nervenfasern die Frage nach der Veränderung des Lichtes in der lamellösen Substanz zu Grunde legen. Von dieser Klarheit der anatomischen und physiologischen Ver- hältnisse sticht in betrübender Weise ab, was wir von der Beziehung der Nervenfasern zu den geschichteten Stäben der Wirbelthiere und des Menschen wissen. Die Beziehung der Nervenendfäserchen der Netzhaut zu den lamellösen Stäben wird von verschiedenen Forschern auf verschiedene Weise aufgefasst, eine Uebereinstimmung hat sich nicht erzielen lassen, aus dem Stande der Sache lässt sich vielmehr mit einiger Sicherheit entnehmen, dass die wahren End- verhältnisse der Sehnervenfasern gradezu noch unbekannt sind. Aber wie die Auffindung der geschichteten Stäbe bei den Wirbel- losen von den Befunden bei den Wirbelthieren aus erfolgt war, so liess sich hoffen, dass die bei den Mollusken entdeckte Beziehung der Nervenfasern zu der lamellösen Substanz wieder die Grundlage zu neuen Entdeckuugen bei den Wirbelthieren abgeben werde. Denn besteht bei den Cephalopoden und Heteropoden, wie nunmehr nach- gewiesen ist, ein solches Verhältniss, dass die Nervenendfasern im Innern oder auf der Oberfläche der geschichteten Stäbe verlaufen, als isolirbare Fibrillen, denen zugleich das Pigment der Stäbchen- schicht folgt, so ist wieder zu erwarten, dass dies Verhältniss im Wesentlichen auch bei den übrigen Thieren in gleicher Weise ob- walten werde. Hiermit ist der Gesichtspunkt bezeichnet, von wel- chem aus ich eine neue Untersuchung der Stäbchen und Zapfen der Wirbelthier-Retina unternahm. Natürlich war hier in erster Linie die streitige Angelegenheit mit dem sogenannten Ritter’schen Faden in’s Reine zu bringen. Es ist von mehreren Forschern, zuerst bestimmter von Rit- ter an Wirbelthierstäbchen je eine Centralfaser beschrieben und als 386 Max Schultze: das eigentliche Nervenende bezeichnet worden. !) Krause konnte diese Centralfaser nur im Innengliede erkennen und liess dieselbe an einem das Ende des letzteren einnehmenden Körper, seinem Optikus-Ellipsoid endigen. Mit dem von mir geführten Nachweis der lamellösen Struktur der Aussenglieder, durch welche die letztern ihrer Function nach wesentlich als Reflexionsorgane bezeichnet sind, musste die Ansicht, dsss das Nervenende im Innengliede lagere, auf den ersten Blick sehr annehmbar erscheinen. Betrachtungen aber, wie sie W. Zenker anstellte, denen zufolge die Dicke der Lamellen der Aussenglieder oder der Abstand der spiegelnden Flächen von einander mit einer eigenthümlichen, die Perception ermöglicherden Verarbeitung der Lichtwellen zusammenhänge, mussten es wieder wahrscheinlicher machen, dass die Nervensubstanz bis in die Aussen- glieder hineinreiche. Da ich mich von der Existenz der sogenannten Ritter’schen Fasern in den Aussengliedern nicht zu überzeugen vermochte, dagegen eine Continuität der Substanz von Innen- und Aussengliedern wenigstens an der Oberfläche beider bestimmt erkannte, hielt ich es für das Wahrscheinlichste, dass die Grund- masse der ganzen Aussenglieder nervös sei, in welche die stär- ker lichtbrechenden Plättchen, wie etwa die Disdiaclasten-Schei- ben der quergestreiften Muskelfaser eingelagert seien. ?) Dagegen hält Hensen an der Existenz der centralen Faser der Aussenglie- der fest. 3) Hensen’s Angaben lauten sehr bestimmt, und es liegt auf der Hand, dass falls die anatomische Untersuchung mit ihnen ab- schliesst, durch sie die gesuchte Analogie zwischen Mollusken- und Wirbelthier-Netzhaut in der Hauptsache hergestellt ist. Nur in einem Punkte fehlt die Uebereinstimmung, sind bei den Wirbelthie- ren Stäbchencanäle mit Nervenfibrillen vorhanden, wie Hensen an- nimmt, so enthalten dieselben doch niemals Pigment, wie dies bei den Gephalopoden der Fall ist. Allerdings sind bei letzteren grosse Schwankungen in dem Pigmentgehalte dieser Canäle zu beobachten, aber bei Wirbelthieren kommt bei keiner der bisher untersuchten 1) Die Geschichte dieser Fasern entwickelt ausführlich Hensen in Virchow’s Archiv Bd. 39, p. 484. 2) Archiv f. mikr. Anatomie Bd. III, p. 222, 242. 3) Virchow’s Archiv etc. Bd. XXXIX. p. 486. Vergl. auch dieses Archiv Bd. IV. p. 347. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 387 Arten, weder bei den niedersten Fischen und Amphibien, noch bei den höchstentwickelten Säugethieren auch nur die geringste Spur von Pigment im Innern der Stäbchen vor. Die Untersuchung der Stäbchen im frischen Zustande gewährt, wie alle bezüglichen Beobachter zugeben, keinen vollkommen ge- nügenden Aufschluss. Auch die neuesten ausgezeichneten stärksten Linsensysteme von Hartnack und Gundlach haben mich nicht weiter gebracht, als dass sich in mir die Ueberzeugung befestigte, dass die mir zu Gebote stehenden Mittel zum Nachweise der Axen- fasern nicht ausreichen. Der Gegenstand ist der Art, dass Meinungs- verschiedenheiten über die Deutung der nur bei ungewöhnlich star- ken Vergrösserungen zu erhaltenden Bilder sehr erklärlich sind. Offenbar reichen die bisherigen Methoden nicht aus, und es bleibt nichts übrig, als sich nach neuen umzusehen. In der Untersuchung der CGephalopodenstäbchen hatte sich mir die Anfertigung von Querschnitten sehr nützlich erwiesen. Es lag auf der Hand, dass diese Methode zunächst auf die dicken Stäbchen der Amphibien angewandt auch über die fraglichen Axencanäle Auf- schluss geben konnte. Mit Hülfe der stärkeren, 1—2 procentigen Lösungen der Ueberosmiumsäure gelingt es, die Aussenglieder der Froschstäbchen in unveränderter Gestalt zu erhärten und zugleich schwarz zu färben. Querschnitte durch solche Stäbchen mussten den Axencanal als hellen Fleck umgeben von dunklem Rande zeigen, wie solche Bilder bei Cephalopodenstäbchen von mir "gezeichnet sind. Die Anfertigung der Querschnitte gelang mir mit Hülfe der Ein- bettung in Paraffin und der Anwendung des mir von Prof. His empfohlenen von ihm bei seinen embryologischen Arbeiten benutzten Schneideapparates. !) Ich habe auf solche Weise die Stäbchen des Frosches in Scheiben zerlegt, welche die Untersuchung mit einer 1500—2000 mal. Vergrösserung zuliessen. Auch in den dünnsten Schnitten noch schwärzlich gefärbt durch die vorhergegangene Be- handlung mit Ueberosmiumsäure hätten dieselben einen Axencanal oder deren mehrere, wenn solche vorhanden wären, deutlich zeigen müssen. Statt dessen boten alle das Bild vollkommen homogener, undurchbohrter Scheiben. Aber da die zur Einbettung in Paraffin nothwendige Entwässerung des Präparats und das Einschliessen der 1) Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes. 1868, p=181. 388 Max Schultze: Schnitte in Balsam Veränderungen im Volumen und in der Licht- brechung erzeugt, welche der vollen Beweiskraft der Schnitte Eintrag thun konnten, verliess ich die sehr mühsame Methode gern, als ich bemerkte, dass die Aussenglieder von Stäbchen, welche kurze Zeit in Ueberosmiumsäure ohne Quellung und in ihrer Form ganz unverändert erhärtet sind, beim Zerzupfen des be- treffenden Retina-Abschnittes in Wasser theilweise in Scheibchen zerfallen, welche einzeln, wie Blutscheibehen, in der Flüssigkeit schwimmend ein ganz vorzügliches Präparat für die stärksten Ver- grösserungen abgeben. Die grössten derartigen Scheibchen erhielt ich von unseren einheimischen Tritonen. Ich legte die frisch aus dem eben abge- schnittenen Kopf enucleirten Augen ungeöffnet in eine lprocentige Osmiumsäurelösung und begann die Untersuchung nach 12 bis 24 Stunden, indem ich den Bulbus in Wasser abspülte, öffnete und einzelne Stücke der Retina in Wasser fein zerzupfte. Bei dieser Manipulation gewinnt man meist eine grosse Zahl abgesprengter Scheiben (Fig. 1), dickere und dünnere, von denen die dünnsten z. Th. nur von einem einzigen Elementarplättchen, die dickeren aus Gruppen solcher Plättchen gebildet sind. Die Stäbchen der Tritonen haben verhältnissmässig kurze, sehr dicke Aussenglieder (Fig. 2), auf deren Oberfläche sich die parallelen Längsstreifen sehr scharf markiren, welche ich an Fröschen, Tritonen, Salamander und Hecht zuerst beschrieb, und welche Hensen beim Frosch genauer unter- sucht und vorzüglich schön abgebildet hat.) Es sind Leisten der Oberfläche, welche in der Richtung der Längsaxe oder den Anfang einer langgezogenen Spirale beschreibend von einem Ende des Aus- sengliedes bis zum anderen verlaufen und bei conischer Gestalt des letzteren, wie sie bei den Tritonen nicht bloss den kleinen Zapfen- sondern auch den grossen Stäbchen-Aussengliedern zukommt, gegen das Chorioid-Ende convergirend zusammenlaufen. Das Relief ist im frischen Zustande, bevor Quellung, Streckung und Plättchenzerfall eintritt, am besten zu sehen, erhält sich aber in den angeführten Lösungen von Ueberosmiumsäure meist unverändert. In gleicher Weise zeigen die Crenelirung der Oberfläche die abgesprengten Plättchen, und geben verglichen mit den Durchmessern frischer Stäbchen den sicheren Beweis, dass die Dimensionen durch den 1) Virchow’s Archiv, Bd. 39, Tafel XII, Fig. 7. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 389 Einfluss der Ueberosmiumsäure nicht verändert sind. Meines Er- achtens sind die in Rede stehenden Präparate in ihrer Conservirung untadelhaft, so dass ich sie in keiner Beziehung für angreifbar halte nit Rücksicht auf die Entscheidung der Frage nach der Existenz des gesuchten Axencanals. Die abgesprengsten Plättchen sind meist annähernd kreisförmig begrenzt und zeigen eine ringsum ziemlich gleichmässige Creneli- rung, gebildet durch dicht nebeneinander liegende halbkreisförmig begrenzte Vorsprünge, deren Zahl bei den dicksten Aussengliedern von Triton eristatus 24—30 beträgt, bei dünneren auf 16—20 her- absinkt. Die Zwischenräume zwischen den Vorsprüngen sind entwe- der spitzwinkelig begrenzt oder in der Tiefe etwas abgerundet. Bei dem starken Lichtbrechungsvermögen der Stäbchensubstanz, welche sich auch an den in Wasser schwimmenden abgesprengten Plättchen geltend macht und um so mehr hervortritt, je dicker das Scheib- chen, d. h. je länger der abgesprengte Stäbchentheil ist, dem man auf den Querschnitt sieht, erscheint der crenelirte Rand stark glän- zend, und durch Heben und Senken des Tubus kann man an dicke- ren Scheiben leicht helle Lichtpunkte zur Wahrnehmung bringen, welche von den Crenelirungen des Randes erzeugt werden. An deu dünnsten Plättchen tritt diese Lichterscheinung mehr zurück. Hen- sen bildet die Lichtpunkte an den von ihm gezeichneten optischen Quer- und Schrägschnitten (l. e. Fig. 7, A, B) vom Froschstäbchen ab, als wenn sie den Querschnitten von Fasern entsprechen. An den dünnsten abgesprengten Plättchen ist eine Begrenzung von dreh- runden Fasern nicht zu erkennen, vielmehr sieht man die Substanz der Vorsprünge unmerklich in die Substanz des Plättchen-Innern übergehen, doch scheint die Rindenschicht das Licht ein wenig stär- ker zu brechen als das Innere. Dieses letztere nun zeigt sich vollkommen homogen, ohne jede Spur körniger Einlagerung, ohne die geringste Lücke, welche der Ausdruck eines querdurchschnittenen Canales sein könnte. Die je nach der Dicke der Scheiben mehr oder minder intensiv vorhandene bläulich-schwarze Osmiumfärbung ist über die ganze Fläche gleichmässig’ entwickelt. Dagegen treten in manchen Plättchen Andeutungen einer radiären Zerklüftung auf, welche von den Zwischenräumen zwischen den Leisten der Oberfläche ausgehen und mehr oder weniger tief in das Innere hineinreichen, auch von verschiedenen Seiten her im Centrum oder an einer etwas excen- 390 Max Schultze: trisch gelegenen Stelle zusammentreffen und selbst zu dem Ausfal- len von Kreisausschnitten führen können (Fig. 1, b). Diese Neigung zu radiärem Zerfall erklärt nunmehr auch die bei beginnender Quel- lung frischer Stäbchen manchmal auftretenden von mir früher be- schriebenen Längsspalten und Schlitze der Oberfläche. ') Die ungemein klaren Bilder der erwähnten Plättchen der Stäbchen von Tritonen gestatten meines Erachtens keinen Zweifel darüber, dass die Stäbchen Axencanäle mit Nervenfasern nicht enthalten. Vollkommen gleiche nur etwas kleinere Scheibehen erhält man von den Froschstäbchen (Fig. 1A). Die Crenelirung der Oberfläche, die radiäre Zerklüftung, die Homogenität des Innern ist an den dünnsten, kaum noch schwärzlich gefärbten Plättchen am besten zu erkennen. Die Abbildung zeigt wie die von den Tri- tonenstäbchen, dass manche Abweichungen von der regelmässig eylindrischen Gestalt vorkommen. Der Querschnitt kann eiförmig, halbmondförmig, drei- oder viereckig mit abgerundeten Ecken sein. Häufig kommt in der Kreisscheibe ein einspringender Winkel vor (Fig. 1x), dessen Begrenzung auch wieder feine Crenelirung zeigt, so dass derselbe nicht mit den radiären Zerklüftungen, die erst durch das Reagenz entstehen und glatte Ränder haben, zu verglei- chen ist. Auch die Stäbe der Säugethiere und des Menschen geben nach kurzer Erhärtung in concentrirten Lösungen von Ueberosmium- säure ähnliche Präparate. Sie zerbrechen theilweise bei der Präpa- ration in kurze Stücke und dünne Plättchen, welche meist mit star- ker Molecularbewegungs in der Flüssigkeit umherschwimmen. Ich habe solche vom Meerschweinchen in Fig. 1 B. abgebildet, wie sie bei 1000 — 1500maliger Vergrösserungen erscheinen. Ihre meist kreisförmige Begrenzung zeigt sich nicht vollkommen glatt, sondern ein wenig rauh, wie mit Körnchen oder Zäckchen besetzt, was dem erenelirten Rande der Amphibienstäbchen zu entsprechen scheint, ihr Inneres ist, soweit die Kleinheit des Objectes zu erkennen er- laubt, homogen. Die frischen Stäbchen der Säugethiere in situ von den Chorioid-Enden aus betrachtet zeigen einen zuerst von mir, später von Hensen besprochenen dunklen Fleck im Centrum, dessen Deutung mir zweifelhaft blieb, den Hensen für den Aus- druck eines Centralcanales oder einer Uentralfaser zu halten geneigt ist. Die abgesprengten Stücke der in Ueberosmiumsäure wohl con- 1) Dieses Archiv, Bd. II. Tafel XII. Fig. 11, g, p. 246. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 391 servirten Stäbchen zeigen, wenn sie dünne Scheibchen darstellen, Nichts von diesem scharfumschriebenen Fleck der Querfläche. An dickeren Scheibchen habe ich beim Heben und Senken des Tubus hie und da einen verwaschenen hellen oder dunkeln Fleck bemerkt, und beim Umlegen des Stäbchen-Abschnittes auf die Seite eine Wölbung der Quertläche gesehen, welche die Ursache des bald hell bald dunkel aussehenden Fleckes abgeben musste. An der Querfläche mancher dickeren Scheiben sah ich auch einen dem Bilde im frischen Zustande, wo man durch die ganze Länge des Stäbchens hindurchsieht, gleichenden dunkeln Fleck. Wodurch derselbe erzeugt wird, muss ich unentschieden lassen. Das Bild ist so klein, dass mir eine befriedigende Erklärung vor der Hand nicht möglich erscheint. Da dieser dunkle Fleck nur an dickeren Scheiben vor- kommt, an dünnen fehlt, bin ich geneigt, ihn auf Lichtbrechungs- verhältnisse zurückzuführen, welche mit der Plättchenstructur zu- sammenhängen mögen. Einen Canal im Centrum des Stäbchens möchte ich aus dem etwas unsicheren Bilde schon deshalb nicht erschliessen, weil die Amphibienstäbe, bei denen die Grösse des Öbjectes eine ganz befriedigende Untersuchung zulässt, einen solchen Canal oder eine eingeschlossene Nervenfaser dem Obigen zufolge nicht erkennen lassen. Nach den oben geschilderten Resultaten meiner Untersuchun- sen über die Retina der Gephalopoden wurde ich mit meinen wei- teren Nachforschungen nach den Nervenendfäserchen der Retina bei den Wirbelthieren an die öussere Oberfläche der Stäbchen und Zapfen verwiesen. Hierbei drängte sich mir zunächst die Er- innerung auf, dass ich vor längerer Zeit bei Untersuchung der Re- tina eines Axolotl, deren ich 1567 mehrere Exemplare lebend von Paris mitgebracht hatte, eine deutliche Längsstreifung auf der Ober- fläche auch der Innenglieder der Stäbchen bemerkt hatte, welche eine Fortsetzung der leistenförmigen Streifen auf der Ober- fläche der Aussenglieder zu bilden schienen. Aehnliches erwähnt Hensen einmal beim Frosch gesehen zu haben. ') Zugleich richtete sich meine Aufmerksamkeit jetzt mit vermehrter Spannung auf die Bedeutung der eigenthümlichen kurzen feinen Fäserchen, welche ich aus der limitans externa zwischen die Stäbchen und Zapfen hin- ausragend, zumal bei Vögeln gesehen und gezeichnet hatte, ?) die 1) Virchow’s Archiv Bd. 39. p. 489. 2) Archiv für mikr. Anatomie. Bd. I, Taf. XI, Fig. 13. 392 Max Schultze: mir neuerdings auch bei Untersuchung eines frischen menschlichen Auges aufgefallen waren (Fig. 3). Ich suchte nach Methoden die Stäbchenschicht noch vollkommener wie bisher zu conserviren, um mit voller Sicherheit ein Urtheil zu gewinnen darüber, ob isolirbare zu den Stäbchen und Zapfen in bestimmte Beziehungen tretende Fäserchen zwischen denselben und auf ihrer äusseren Oberfläche verlaufen. Bei dieser Untersuchung hatte ich wohl zu berücksichti- gen, dass eine gewisse Art feinster Fasern zwischen den Stäbchen und Zapfen bereits bekannt sei, welche das gesuchte nervöse Faser- system sicher nicht darstellt. Es sind dies die von mir beschriebe- nen haarfeinen Ausläufer der der Chorioides anliegenden Retina- Pigmentzellen (vulgo Pigmentepithel der Chorioides), welche z. Th. pigmenthaltig 7. Th. pigmentfrei wie ein Busch feinster Wimper- haare zwischen die Stäbchen und Zapfen eingreifen, dieselben in eine Art Scheide einfassen und in der Lage erhalten, und durch ihren Pigmentgehalt natürlich zugleich für die Perceptionsvorgänge von einander isoliren. !) Die gewünschte vollkommene CGonservirung der Stäbchen und Zapfen gelang mir bei fortgesetzten Versuchen mittelst der Ueber- osmiumsäure in einer so befriedigenden Weise, dass ich auf diesem Gebiete nunmehr alles erreicht zu haben glaube, was überhaupt zu erreichen ist. Es kommt darauf an, nicht nur die Formen, son- dern auch die Durchsichtigkeit und Lichtbrechungsverhältnisse der Innen- und Aussenglieder unverändert wie im Leben zu erhalten, und die Theile zu erhärten, ohne körnige Gerinnungen zu erzeugen oder zuzulassen, wie sie spontan sofort nach dem Tode auftreten. Daher ist natürlich die vollkommenste Frische der einzulegenden Präparate nothwendige Bedingung. Für den Menschen ist mir die Erfüllung derselben nur gelungen durch den gütigen Beistand meines Collegen des Professor Saemisch und des Assi- stenten an der chir. Klinik Dr. von Mosengeil, welche mir erste- rer das enucleirte Auge eines Mannes, dem ein Steinsplitter partielle Ablösung der Netzhaut erzeugt hatte, letzterer den gesunden Bulbüs einer Person übermittelte, bei welcher ein Krebs des Oberkiefers (die Wegnahme des Auges nöthig machte. Beide Augen kamen warm in meine Hände und zeigten ersteres eine theilweise, letzteres eine in allen Theilen durchaus gesunde Retina. Die wässerige Lösung l) Archiv f. mikr. A. Bd. II, Tf. XI Fig. 14 u. 15, Taf. XIV. Fig. 96. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 393 der Ueberosmiumsäure ist am besten in concentrirter Form d. h. etwa 2 /, trockene Säure enthaltend, anzuwenden, wenn die Aussen- glieder gegen Quellung geschützt sein sollen. Und auch in dieser Concentration bringe ich nicht die abgelöste Retina in die Lösung, sondern lasse das Auge ungeöffnet, muss aber vor dem Einlegen die Sclera entfeınen, was ich gewöhnlich bis etwas über den Aequa- tor des Bulbus hinaus thue, den vordern Theil mit der Cornea in situ lassend. Die Ueberosmiumsäure wirkt nicht in die Tiefe und nur bei sehr dünner Sclera und bei Augen kleinerer Thiere erhär- ten die Stäbchen im Innern des unpräparirt eingelegten Auges in der gewünschten Weise. Schon nach wenigen Stunden ist das Prä- parat zur Untersuchung geeignet und wird nunmehr nach dem Auswaschen der in hohem Grade lästig auf die Respirationsorgane wirkenden Ueberosmiumsäure in Wasser unter das Mikroskop ge- bracht. Das Präparat verändert sich jetzt nicht mehr durch Quel- lung, kann aber auch unbeschadet mehrere Tage in der Säure liegen bleiben, was sich für den nicht gleich zur Untersuchung verwandten Rest des Präparates empfiehlt. Nach einigen Tagen aber nimmt man das Auge definitiv aus der Lösung und bewahrt es nach län- gerem Auswaschen in Wasser, in Spiritus oder in reinem Glycerin auf. Die schnelle Einwirkung der Ueberosmiumsäure, welche schon nach ganz kurzer Zeit die Isolirung der mässig erhärteten Elemen- tartheile zulässt, ist neben den übrigen ein nicht hoch genug zu schätzender Vortheil dieser Substanz. Ein Vergleich mit ihrer Hülfe dargestellter Itetinapräparate mit anderen durch Chromsäure, dop- pelt chromsaurem Kali oder Müller’scher Flüssigkeit erhärteter wird, sowie es sich um die Untersuchung elementarer Structuren mittelst sehr starker Vergrösserungen handelt, Jedem den ungeheu- ren Vorzug der Ueberosmiumsäure-Präparate lehren. An Präparaten menschlicher Retina, welche auf die ange- gebene Weise dargestellt sind, isoliren sich beim Zerzupfen kleiner Stücke leicht dünne Plättchen der äusseren Körnerschicht mit limi- tans externa und Stäbchen und Zapfen. Wählt man zur Unter- suchung derselben eine lichtstarke 800-—1000fache Vergrösserung, wie sie mittelst der Immersionslinsen zu erreichen ist, so bemerkt man oft an Stellen wo über der limitans externa Stäbchen oder Zapfen ausgefallen sind, einen dichten Besatz kurzer feiner Fäser- chen wie Wimperhaare hervorragen, alle von fast genau gleicher Länge. Die limitans selbst bietet an solchen Präparaten ein höchst 394 Max Schultze: merkwürdiges bis dahin unbeachtet gebliebenes Aussehen. Die bei schwächerer Vergrösserung und an dickern Schnitten continuirlich aussehende Linie zeigt sich nämlich zusammengesetzt aus einer ein- fachen Reihe feiner glänzender Punkte, von welchen die erwähnten frei vorstehenden Fäserchen ausgehen (Fig. 4 u. 5). Wo die Stäb- chen und Zapfen in situ erhalten sind, bemerkt man eine eigen- thümliche Beziehung der Punkte zu den Basen der Stäbchen und Zapfen, der Art nämlich, dass sie sich hier jedesmal an den Rän- dern zusammendrängen. So entsteht hier für die schwächere Ver- grösserung das Bild, wie ich es früher gezeichnet habe !), nämlich das Ansehen eines glänzenden Kornes am rechten und linken Rande jeden Stäbchens und Zapfens. Dies erklärt sich aus der Seitenan- sicht der in einem Kreise um die Basis jedes dieser letzteren ste- ‚henden Punkte. Die Flächenansichten der limitans externa zeigen denn auch auf das deutlichste die Kreise selbst, grösser für die Basis eines Zapfens, kleiner für die der Stäbchen, erstere etwa aus 40, letztere aus S bis 10 Punkten bestehend (Fig. 6). Das Innere dieser Kreise, welches dem Körper der Stäbchen und Zapfen ent- spricht, wo sie breit der limitans aufsitzen, ist frei von jeder Punktirung. Natürlich war ich nach diesen Befunden bestrebt, das Ver- hältniss der frei aus den Punkten wie aus Löchern der limitans externa hervorragend gesehenen Fäserchen zu den Stäbchen und Zapfen selbst auszumitteln. Dies glückte bei Anwendung schie- fen Lichtes in durchaus befriedigender Weise. Alle gut erhalte- nen Zapfenkörper oder Innenglieder der Zapfen lassen nämlich auf ihrer Oberfläche eine ausserordentlich feine, haarscharf gezeichnete Streifung erkennen, deren Anfang in die Punkte der limitans ex- terna fällt, deren Linien am dicksten Theil des Zapfens am weite- sten von einander abstehen und gegen die Spitze zusammenlaufen. Diese Streifung beruht auf den mit der Oberfläche der Zapfen verbundenen feinen Fäserchen, welche aus den Punkten (Löchern) der limitans externa austreten. Dies wird direct bewiesen durch eine Vergleichung isolirter, von der limitans externa abgelöster Zapfen, wie sie in jedem Zerzupfungs- präparat immer in grosser Menge umherschwimmen (Fig. 7, 8, 9, 10), mit solchen Stellen der limitans, wo Zapfen abgelöst sind. 1) Archiv f. mikr. A. Bd. II. Taf. X, Fig. 1 u. 2 aa. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 395 Aus letzterer ragen feine Fäserchen hervor, wie oben angegeben wurde, alle von geringer und gleicher Länge, an Zahl den Punkten der limitans entsprechend, erstere, die abgelösten Zapfen, zeigen alle die erwähnte Streifung, aber meistens nicht von ihrer Basis son- dern erst von einer Stelle an, deren Abstand von der basalen Fläche genau der Länge der gewöhnlich auf der limitans sitzenbleibenden Fäserchen entspricht. Unzweifelhaft sind die aus der limitans her- vorragenden isolirbaren Fäserchen dieselben, welche im weiteren Verlaufe auf der Oberfläche des Zapfenkörpers festwach- sen, und mit ihm verbunden bleiben. Die Entfernung dieser Fäserchen von einander auf der Zapfen- oberfläche ist so gering, dass etwa 40—50 im Umkreise eines Jeden Zapfens Platz haben. Mit Hülfe des schiefen Lichtes und der Im- mersionssysteme 15 von Hartnack oder IX von Gundlach sind sie haarscharf deutlich zu machen und zu zählen, natürlich bei der Rundung der flaschenförmigen Zapfenkörper nur auf eine gewisse Strecke. Hier konnte ich mehrfach 14—16 Einzellinien zählen. Ihre Entfernung von einander ist an der dicksten Stelle des Zapfens kaum grösser als 0,0004 mm., d. h. 0,4 Mik., kommt also der Enfernung der Streifen mancher der schwierigsten Probeobjecte (z. B. Nitzschia linearis) gleich. Nicht alle Zapfen der menschlichen Netzhaut haben die gleiche Gestalt und Dicke. In der Gegend der Peripherie der Netzhaut finde ich die Zapfenkörper kürzer und dicker (Fig. 5) als im Aequator (Fig. 4) und im Hintergrunde des Auges. Sehr schlank und viel dünner werden bekanntlich die Zapfen am gelben Fleck. Bei Zapfen aller dieser verschiedenen Gegenden ist es mir gelungen, die feine Streifung der Oberfläche deutlich zu sehen. Die Streifen stehen am weitesten voneinander bei den dicksten, am engsten bei einander an den Zapfen des gelben Fleckes. Ich muss es aber dahingestellt sein lassen, ob die Zahl der Streifen auf diesen Zapfen verschiedener Di- mensionen dieselbe bleibt. An den dünnsten Zapfen der macula lutea und fovea centralis habe ich überhaupt Streifung nicht mehr erkennen können. Die Streifung ist nicht immer genau der Längsaxe des Zapfen- körpers parallel, ich habe häufig Zapfen gesehen, deren Oberfläche in der Richtung einer langgezogenen Spirale gestreift war (Fig. 4z, Fig. 8), ähnlich dem Verhalten an den Aussengliedern der Frosch- und Tritonen-Stäbchen. M, Schultze. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5, 27 396 Max Schultze: Dass die Streifung nur die Oberfläche des Zapfenkörpers ein- nimmt, und nicht auf Faserung auch des Zapten-Innern beruht, ist am isolirten Zapfen mit voller Deutlichkeit wahrzunehmen. Ueber- zeugend in dieser Richtung ist auch das Bild, welches man erhält bei Flächenansichten der limitans externa, sei es dass die Za- pfen abgelöst sind, oder noch festsitzen. Die Flächenansichten zeigen, wie erwähnt, in Kreisen angeordnete feine Punkte, welche diesel- ben sind, aus denen wir die feinen Fäserchen hervortreten saben. Der Durchmesser der grösseren dieser Kreise entspricht den Zapfen- körpern, deren Inneres auch bei dieser Ansicht immer homogen aus- sieht, während an der Peripherie die Punktirung mit der grössten Schärfe hervortritt und eine Zählung zulässt. An solchen Präparaten bemerkt man zahlreiche kleinere punktirte Kreise zwischen den grösseren, es sind dies die Quer- schnitte der Stäbchen-Basis (Fig. 6). Auch diese Kreise sind zu- sammengesetzt aus einer gewissen, wie es scheint in allen Theilen der Retina sich wesentlich gleichbleibenden Zahl von Punkten, die ich auf 8—12 schätze. Wie bei den Zapfen entsprechen diese Punkte Durchtrittsstellen von Fäserchen, welche wie bei den Zapfen auf der Oberfläche der sogenannten Innenglieder verlaufen. Bei gu- ter Conservirung und Anwendung klarer 1000—1500 mal. Vergrös- serungen lässt sich nämlich auf der Oberfläche anch aller Stäbchen- Innenglieder eine parallele Streifung erkennen, welche bis dahin der Beobachtung entgangen war. Die Streifung verläuft entweder der Axe parallel oder häufig in langgezogener Spirale um das Innenglied (Fig. 5, 12). Bei den an Zerzupfungs-Präparaten oft vorkommenden Verbiegungen der Innenglieder lässt sich, zumal wenn die Aussen- glieder abgefallen sind, sehr leicht ein (uerschnittsbild in verschie- denen Höhen gewinnen. An solchen sieht man wieder, wie bei den Zapfen, die Fasern auf das deutlichste nur die Oberfläche einneh- mend, nie in der Substanz des Innengliedes selbst. Endlich lösen sich auch hier die Fäserchen an der Basis manchmal in Verbindung mit der limitans externa ab. Auch sah ich Innenglieder, welche in der Mitte durchgerissen waren, an denen die Fasern der Oberfläche eine Strecke weit frei über die Rissstelle hinausragten (Fig. 13y). Die Selbstständigkeit der Fasern ist demgemäss unzweifelhaft. Sie lassen sich aber noch weiter bis auf die Aussenglieder verfolgen. Die Frage, wie die in Rede stehenden feinen Fasern, welche die limitans externa durchbrechen und auf der Oberfläche der Stäb- Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 397 chen und Zapfen liegen, sich in ihrem weitern Verlaufe zu den A us- sengliedern verhalten, musste von der höchsten Wichtigkeit er- scheinen. Denn wenn, wie gemäss den Befunden bei den Cephalo- poden und Heteropoden in hohem Grade wahrscheinlich ist, die fei- nen Fäserchen die Endausläufer der Sehnervenfasern sind, und die Aussenglieder nach den oben angestellten Betrachtungen Organe dar- stellen, in welchen die Bewegung, auf welcher das Licht beruht, die zur Umwandlung in Nervenleitung, also zur Reizung der Sehnerven- fasern nöthige und möglichst günstige Form annehmen soll; so kommt Alles darauf an, das Verhalten beider zu einander, so weit das Mikroskop darüber Aufschluss zu geben vermag, genau kennen zu lernen. Bei den Zapfen der menschlichen Netzhaut sind die Fasern der Oberfläche so zahlreich, dass an dem verschmälerten Ende (des Innengliedes, an welches das Aussenglied sich ansetzt, und zu wel- chem die Fäserchen convergirend zusammenlaufen, die Einzelfä- serchen zu einer continuirlichen Hülle verschmolzen zu sein schei- nen. Bekanntlich löst sich bei Präparationen der Retina gewöhnlich ein Theil der Aussenglieder ab. Ein anderer Theil, wenn auch noch so gut conservirt, bricht in der Quere ab oder zerfällt in Plättchen und haftet dann nur noch theilweise am Innengliede. Den Zapfen- aussengliedern kommt die Neigung zum lamellösen Zerfall in noch viel höherem Grade zu als denen der Stäbchen. Die grosse Mannig- faltigkeit im Conservirungszustande der Zapfenaussenglieder meiner menschlichen Retina-Präparate hat mir eine Menge Bilder vor Au- gen geführt, welche auf das Ueberzeugendste beweisen, dass aus der faserigen Hülle desInnengliedeseine zarte conische Röhre hervorgeht, innerhalb welcher die starklichtbre- chende Substanz des Aussengliedes lagert (vergl. besonders Fig. 7, 8, 9, 10, 142“, ferner Fig. 17 vom Falken). Ist bei den Zapfen wegen des geringen Dicken-Durchmessers der Aussenglieder und der grossen Zahl auf ihre Oberfläche über- tretender Fasern eine Wahrnehmung der einzelnen vorläufig nicht möglich, so stellt sich an den Stäbchen das Verhältniss günstiger heraus. An Stäbchen, deren Aussenglied abgefallen war, sah ich fast regelmässig eine verschwindend durchsichtige kurze röhrenar- tige Verlängerung des Innengliedes über die Stelle hinaus, wo sich das Aussenglied abgelöst hatte (Fig. 4s‘, 135‘). Diese Verlängerung bestand aus den S—12 Oberflächeniasern, welche eine kurze Strecke 398 Max Schultze: frei über das conservirte Innenglied hinausragten, einen Faserkorb bildend, aus welchem das Aussenglied herausgefallen war. Dies be- weist, dass die Fasern der Oberfläche des Innengliedes sich wenig- stens noch auf eine kurze Strecke isolirbar auf das Aussenglied fort- setzen. Aussenglieder, welche abgefallen sind, zeigen dann weiter eine grade oder spirale Längsstreifung, ganz ähnlich wie die Innen- glieder, und im Zusammenhang conservirte Aussen- und Innenglie- der lassen erkennen, dass die Streifung der ersteren eine Fort- setzung der Streifung der letzteren ist. Durch diese Beobachtungen ist denn auch die Art der Ver- bindung von Innen- und Aussengliedern genügend erklärt. Beide hängen wesentlich durch die Rindenfasern unter einander zusammen. Sind diese zerrissen oder zerstört, wie dies durch geringe Gewalten, Quellung etc. geschieht, so fallen die Aussenglieder ab. Sehr deutlich ist an den in Ueberosmiumsäure conservirten Stäbchen des Menschen zu beobachten, dass die Fasern der Ober- fläche des Innengliedes etwas näher zusammenrücken, bevor sie auf das Aussenglied übertreten. Letzteres ist, wie schon H. Müller be- obachtete, etwas dünner als das Innenglied (Fig. 14). Eine Frage von der grössten Wichtigkeit ist die, wie sich die Fasern, welche aus der limitans externa hervortreten und auf die Oberfläche der Stäbchen und Zapfen sich auflegen, innerhalb der äusseren Körnerschicht verhalten. An die kreisförmig stehen- den Punkte der limitans, aus denen die Fäserchen nach aussen her- vorgehen, schliesst sich stets nach innen an die verbreiterte Ansatz- stelle der Stäbchen- oder Zapfenfaser (Fig. 5, 11, 14). Das Bild, wie ich es früher für den Zusammenhang gezeichnet habe, ist ge- nau richtig. Man hat nur der an der limitans sich verbreiternden Stäbchenfaser eine Summe isolirt hervortretender, die limitans für sich durchbohrender Fibrillen hinzuzufügen, welche sich der Basis des Innengliedes anlegen, dieses umfassend, so ist die Uebereinstim- mung mit den neuen Beobachtungen vorhanden. Da ich nun wei- ter mit Hülfe der starken Vergrösserungen mich neuerdings über- zeugt habe, dass die Stäbchenfasern in der äussern Körnerschicht immerhin noch eine solche Dicke besitzen, dass die Annahme einer Zusammensetzung derselben aus je S—12 Primitivfibrillen möglich erscheint, für die Zapfenfasern aber ihre Zusammensetzung aus einer grössern Zahl feinster Fibrillen bereits früher von mir aus ihrem feinstreifigen Aussehen erschlossen worden ist, so liegt die Annah- Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 399 me nahe, dass die neu entdeckten auf der Oberfläche der Stäbchen und Zapfen verlaufenden Fasern aus einer Theilung der be- kannten Stäbehen und Zapfenfasern hervorgehen. Anderer- seits sprechen manche meiner Beobachtungen zumal bei Thieren da- für, dass die in Rede stehenden feinsten Fasern innerhalb der äus- seren Körnerschicht selbstständig verlaufen. Dann würde,die in der Stäbchenschicht von mir beschriebene Complication, bestehend in der Verbindung der Stäbe und Zapfen mit auf ihrer Oberfläche ver- laufenden Nervenfasern, auch für die äussere Körnerschicht Geltung haben, und die Analogie der äusseren Schichten der Retina (der mu- sivischen nach’ Henle) mit denjenigen Epithelien der Sinnesorgane hergestellt sein, in welchen nicht nervöse Epithelzellen mit Nerven- fibrillen abwechseln (Nase, Zunge, Haut, Ohr). Bei dieser Annahme würde dann auch die durch H. Müller u. A. constatirte Persistenz der Stäbchen und Zapfen bei Atrophie des Sehnerven bei Menschen, welche Krause bei Thieren nach Durchschneidung des nervus op- ticus bestätigte, eine Erklärung finden, indem der centrale, 'bis- her allein bekannte Theil der Endorgane der Sehnervenfasern er- halten bleiben könnte, auch wenn die Nervenfäserchen der Hülle schwänden ). Was hier von dem Fasersysteme an der Oberfläche der Stäb- 1) Meine Beobachtungen geben nur unvollständige Auskunft über den Verbleib der in Rede stehenden Fäserchen innerhalb der äusseren Körner- schicht. Sie sprechen z. Th. für einen selbstständigen Verlauf derselben, un- abhängig von den bisher bekannten Stäbchen- und Zapfenfasern. Bei Anwen- dung des schiefen Lichtes und Vergrösserungen, welche über 1000 gehen, tauchen innerhalb der äusseren Körnerschicht feine Strichelungen auf, welche auf feinste Fäserchen deuten. Aber auch die Zapfenfasern sind fibrillär zu- sammengesetzt, und die Varikositäten derselben, welche ich an den Zapfen- fasern des gelben Fleckes jetzt von Neuem auf das Deutlichste gesehen und von einem Auge Fig. lla, von einem anderen Fig. 11A gezeichnet habe, las- sen zunächst keinen Zweifel bei mir aufkommen, dass es Nervenfasern nach Art der Axeneylinder seien, mit denen wir es hier zu thun haben. Die abweichen- de Zusammensetzung der äusseren Körnerschicht bei vielen Wirbelthieren, auf welche ich in meiner Arbeit im 2. Bande dieses Archivs an vielen Stellen aufmerksam gemacht habe, würde Anhaltspunkte genug bieten, der von mir schon früher einmal vertheidigten Ansicht, welche neuerdings Krause zu der seinigen gemacht hat, zuzustimmen, dass die dicken Zapfenfasern z. B. der Tritonen Fig. 26, und ebenso vieler anderer Thiere nicht nervös, sondern erst von feinsten Nervenfasern umgeben seien. 400 Max Schultze: chen und Zapfen des Menschen berichtet worden, habe ich im Wesentlichen in gleicher Weise an den entsprechenden Elementen der Netzhaut der Säugethiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische beobachtet (man vergleiche unten die Figurenerklärung). Die Haupt- sache ist, dass überall die dreifache Zusammensetzung der pereipi- renden Schicht aus 1) lamellösen Stäben, 2) feinsten sie umhüllen- den Fasern (Nervenendfäserchen) und 3) Pigment in Form von Schei- den um die Stäbe und Nervenfasern vorkommt, und dass dadurch die bisher fehlende Uebereinstimmung im Bau der pereipirenden Schicht der wirbellosen und der Wirbelthiere bis ins Feinste nach- gewiesen ist. Hiermit eröffnet sich denn auch die Aussicht auf eine das Sehen aller Thiere in gleicher Weise erläuternde Betrachtung. Gemäss den im Anfang dargelegten Sätzen würden die Grundzüge einer solchen gegeben sein in dem Nachweis der Verbindung lamel- lös geschichteter Hülfs- und Uebertragungsapparate mit anliegenden oder eingeschlossenen feinsten Nervenfasern, zu denen dann noch das umhüllende und störendes Licht absorbirende Pigment hinzukäme. Im Einzelnen bleibt freilich der anatomischen Forschung noch ein sehr weites Feld übrig. Leider reichen vor der Hand unsere Mi- kroskope nicht so weit, um die vielen sich neu aufdrängenden Fra- gen nach den näheren Beziehungen der Nervenfasern zu den Plätt- chen der Stäbe und Zapfen, und nach den immer nur erst ober- flächlich bekannten Schichtungsverhältnissen der Aussenglieder schon jetzt erledigen zu können. Den vereinten Bemühungen der Optiker und Mikroskopiker wird jedoch hoffentlich auch hier noch mancher Schritt vorwärts gelingen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXM. Bei sämmtlichen Figuren bedeuten a äussere Körnerschicht, l limitans externa, s’ Stäbchen-Innenglied, s’ Stäbchen-Aussenglied, z' Zapfen-Innenglied (Zapfenkörper). z' Zapfen-Aussenglied (Zapfenstäbchen). Sämmtliche Figuren sind, wenn nichts Besonderes angegeben ist, bei 1000—1500maliger Vergrösserung gezeichnet. Eig,-1. D » » D» Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 401 Scheibehen von den Aussengliedern der Stäbe von Triton eristatus nach Erhärtung in Osmiumsäure abgesprengt und von der Fläche ge- sehen, y schief gelagert. Die dieksten Scheiben sind fast undurch- sichtig schwarz, die dünnsten farblos, die meisten sind annähernd kreisrund, manche oval, andere viereckig oder dreieckig mit abgerun- deten Ecken, halbmondförmig oder unregelmässig ausgerandet. Ein- springende Winkel wie bei x kommen nicht selten vor. a. Scheibehen bei 2000mal. Vergröss. gezeichnet; b. ein solches, an welchem von einer oberen Schicht ein Kreisaus- schnitt ausgefallen ist, während die untere Schicht an diesem Verlust nicht theilgenommen hat. Fig. 1A. Scheiben von Froschstäbehen von ganz ähnlichen Gestalten wie bei Triton, nur etwas kleiner. Fig. 1B. Scheiben der Stäbchen vom Meerschweinchen. Fig. 2. D » Fig. 3. Aussenglied von Triton eristatus frisch in Serum. a. Stäbchen von Triton eristatus nach kurzer Einwirkung von Ös- miumsäure: a kernhaltiger Theil desselben in der äusseren Körnerschicht; im Innenglied s‘ eine Combination von zwei das Licht verschieden brechenden und in Osmiumsäure sich verschie- den färbenden Substanzen in Form einer biconvexen und einer planconcaven Linse. Erstere passt genau in die Concavität letz- terer, nimmt aber nicht die ganze Breite (Dicke) des Innenglie- des ein. Sie ist isolirbar. b. Zapfen derselben Retina. Statt der wunderbaren Doppellinse findet sich bei den Zapfen nur eine planconvexe, parabolisch gekrümmte Linse im Innenglied. (Vergl. über diese von Krause früher Optikus-Ellipsoid genannte, von mir als linsenförmige Körper bezeichneten Gebilde dieses Archivs Bd. III, pag. 220. Dieselben kommen bei sehr vielen Thieren vor, scheinen aber Säugethieren und Menschen zu fehlen. Offenbar üben dieselben einen sehr wesentlichen Einfluss aus auf den Gang der Licht- strahlen, bevor dieselben in das Aussenglied eintreten.) ec. und d. Zwillingszapfen von Triton cristatus. In diesen besitzt nur die eine Abtheilung den linsenförmigen Körper. Die Grenze zwischen Aussenglied und Innenglied fällt bei diesen Zwillings- zapfen nie in eine Ebene, vielmehr liegt die Grenze bei dem Theil mit linsenförmigem Körper stets weiter rückwärts. Stäbchen und Theil der äusseren Körnerschicht von einem in schwäche- rer Osmiumsäure-Lösung conservirten menschlichen Auge, die Aussen- glieder sind geschrumpft. aber die feinen über die limitans externa hin- ausragenden Fäserchen, deren Verhältniss zu den Stäbehen und Za- pfen bis dahin unbekannt blieb, sind hier sichtbar. Vergröss. 500. Stäbchen und Zapfen der menschl. Retina in Verbindung mit einem 402 Fig. Fig. 6. Max Schultze: Theile der äusseren Körnerschicht, aus der limitans externa ragen feine Fäserchen hervor, stellenweise isolirt, stellenweise auf der Ober- fläche der Stäbchen und Zapfen-Innenglieder. Auf der Oberfläche des Zapfen z verlaufen diese in der Richtung einer langgezogenen Spirale. Dasselbe aus einem mehr peripherischen Theile der Retina, die Aus- senglieder fehlen hier sämmtlich. Flächenansicht der limitans externa vom Menschen. Die Punkte sind die Durchtrittsstellen der Fäserchen. Fig. 7, 8, 9, 10. Abgelöste Zapfen der menschlichen Retina bei 2000mal. Ver- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 1. grösserung. Die Faserung der Oberfläche ist an der Basis nur so- weit erhalten, als die Fasern nicht auf der limitans ext. sitzen zu bleiben pflegen. Aus der Oberfläche des verschmälerten Zapfenendes erhebt sich ein zartes Rohr, in dessen Innerem das Aussenglied ein- geschlossen liegt; von diesem letzteren ist in Fig. 7 nur noch ein kleiner Rest, wenige Plättchen der Spitze, erhalten; in Fig. 8 ist mehr von dem Aussenglied zu sehen: in Fig. 9 hat sich dasselbe als Gan- zes abgelöst, ist aber in der Scheide sitzen geblieben, aber aus der ursprünglichen Lage auch in sofern verschoben, als es dem Beobach- ter seine Basis zukehrt, folglich verkürzt gesehen wird; in Fig. 10 fehlt das Aussenglied ganz. Zwei Zapfen der Umgegend des gelben Fleckes und ein Stäbchen in Ver- bindung mit den bekannten sehr langen Zapfenfasern dieser Gegend. a’ ebensolche Zapfenfasern mit exquisiten spindelförmigen Varikositäten. 11A. Zapfen aus der Gegend des gelben Fleckes von einem anderen, 12. 13. 14. in weniger concentrirter Osmiumsäure conservirten menschlichen Auge mit langer, sehr entwickelte Varikositäten zeigenden Zapfen- faser bei 400facher Vergr. Zwei Stäbchen der menschl. Retina mit den Oberflächenfasern auch auf den Aussengliedern, deren eins nur in einem kurzen Stückchen erhalten, dann abgebrochen ist. Ueber die Bruchstelle ragen feine Fäserchen hinaus. Stäbchen-Innenglieder ebendaher, in Verbindung mit einem Theil der äusseren Körnerschicht; s aufgebogen, so dass die Oberflächenfasern im Querschnitt gesehen werden; s‘ die Fäserchen ragen an der Stelle, wo das Aussenglied abgelöst ist, frei hervor; y das Innenglied ist ‘ durchgerissen, die Fäserchen der Oberfläche lassen sich eine Strecke weit frei über die Rissstelle verfolgen. Stäbchen und Zapfen vom Menschen ungefähr aus der Gegend des Aequators des Auges, in ihrem Grössenverhältniss zu einander und mit den Aussengliedern, von denen das des Zapfens, wie auch an den besteonservirten Präparaten fast immer zu sehen, in Plättchen zerfallen, das des Stäbchens noch in vollem inneren Zusammenhange ist. Die Ebene, in welchem die Innenglieder in die Aus- Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges. 403 sengliederübergehen, ist, wiehier gezeichnet, so durch- weg, bei denZapfen mehr nach vorn gelegen als bei den Stäbchen. Auch hier ist an der Basis des Zapfens ein Theil der Fäserchen abgeplatzt, wie man dies sehr häufig sieht. Stäbchen vom Schaaf mit einem Theile der äusseren Körnerschicht. Die feinen Fasern der Oberfläche sind, wo das Aussenglied abgebrochen, eine Strecke frei sichtbar. Stäbehen vom Meerschweinchen, über die limitans externa ] ragen Bündel feiner Fäserchen; z’ vielleicht ein Zapfeninnenglied, wenig ver- schieden von dem der Stäbchen. Von der Retina des Falken (faleo buteo). Die Zapfen z zeigen die feine aus der äusseren Körnerschicht a aufsteigende Faserung. Aus derselben entwickelt sich eine die Aussenglieder z’ einhüllende Scheide. Erstere sind in Plättchen zerfallen, welche in Gruppen zusammen- hängend und aus der Lage geschoben sehr auffallende Anordnungen zeigen. zz Zwillingszapfen. Von Stäbchen sind in s‘ drei Innenglie- der dargestellt, um den eigenthümlichen Apparat zu zeigen. welcher das äussere Ende des Innengliedes einnimmt und nach Art einer Lin- sencombination, wie bei Triton (Fig. 2), einen Einfluss auf den Gang der Lichtstrahlen auszuüben bestimmt scheint. Es sind zwei getrennte Körper, einer grösser, ähnlich der parabolisch gekrümmten Linse in den Zapfen, aber an der Kuppe abgestutzt durch eine Concavität, in welche sich ein kleiner kugliger oder conischer Körper einfügt. An dem in s’ dargestellten Stücke eines Aussengliedes hängen oberfläch- lich ovale Pigmentkörper in Längsreihen an. Diese Anordnung ist an Stäbchen, die ohne jede Spur von Quellung und in Zusammenhang mit der Pigmentscheide erhärtet sind, bei Vögeln und beim Frosch sehr deutlich ausgesprochen. Es macht ganz den Eindruck, als wenn die Pigmentkörnchen-Reihen den Furchen der Oberfläche der Aussen- glieder sich anschlössen, in denen vermuthlich auch die feinen Ner- venfasern liegen, welche vom Innenglied auf das Aussenglied über- treten. Stäbchen und Zapfen der Taube. Die Föserchen, welche aus der Ii- mitans externa hinausragen, sind grösstentheils von der Oberfläche der Zapfen z’ abgeplatzt, die Streifung auf dem übrigen Theile der Zapfen ist nicht deutlich ausgeprägt. Im Stäbcheninnenglied s’ ist wieder die Linsencombination sichtbar. Huhn. Zapfen mit kugligem gefärbtem Fetttropfen und mit längs- ovaler Linse, Stäbchen s’ und s‘‘ mit der schon in Fig. 17 beschrie- benen Linsencombination. In dem ohne Aussenglied gezeichneten Stäbchen ist die vordere kugelförmige Linse isolirt dargestellt, sie hatte sich von_der hinteren abgehoben. Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. Von ‘Dr. Giovanni Saviotti aus Turin. Hierzu Tafel XXIII und XXIV. ; Herr Doctor Langerhans in Berlin hat in seiner Inaugu- ral-Dissertation von Neuem die Aufmerksamkeit der Mikroskopiker auf das Pancreas gelenkt, indem derselbe ganz neue, bisher unbe- kannte anatomische Einrichtungen auffand. Einer Einladung des Herrn Professor Kölliker entsprechend unternahm ich unter seiner Leitung in seinem Laboratorium eine Reihe von Untersuchungen üher den Ursprung und den Bau der Ausführungsgänge des Pancreas, deren Ergebniss zum Theil eine Bestätigung der Befunde von Langerhans, zum Theil eine solche Erweiterung derselben war, dass eine bedeutende Aehnlichkeit im feineren Bau dieser Drüse und der Leber sich ergab. — Meine Untersuehungen wurden hauptsächlich am Pancreas des Kaninchens angestellt, welches wegen seiner Abplattung und seines lockeren Baues für solche Untersuchungen ungemein gün- stig ist. Wiederholte Injektionen haben mir auch gezeigt, dass junge Thiere für solche Untersuchungen günstiger sind, und habe ich mich daher vorzüglich an solche gehalten. Das Pancreas der Ratte steht in seiner gröberen anatomischen Einrichtung demjenigen des Kaninchens nahe, und habe ich desshalb auch einige Injektionen desselben versucht; dieselben ergaben mir jedoch keine ganz genü- genden Resultate, was vielleicht zum Theil dem Umstande zuge- schrieben werden darf, dass die Thiere ganz ausgewachsen waren. Bei jungen Ratten ist der Hauptgang des Pancreas zu klein, um eine Kanüle in denselben einführen zu können. Im Uebrigen be- Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. 405 merke ich noch, dass bei der Ratte der pancreatische Gang schon in einiger Entfernung vom Duodenum mit dem Gallengang sich verbindet, und desshalb die Injektion, bei einigermassen ausgebildeten Thieren, ohne grosse Schwierigkeit von dem gemeinschaftlichen Gange sich bewerkstelligen lässt. Ich versuchte auch einige Einspritzungen beim Frosche, indem ich die Injektionsmasse in den Zwölffingerdarm einspritzte, nachdem ich denselben über und unter der Einmündung des pancreatischen Ganges unterbunden hatte. Es fielen jedoch alle diese Injektionen negativ aus, obschon ich bei denselben durch Einlegen der Thiere in warmes Wasser und vorherige Vergiftung derselben durch Cyan- kalium oder durch Curare, eine möglichste Lähmung der Darm- muskulatur herbeizuführen versucht hatte. Das Pancreas des Hundes, sowie derjenigen Thiere, bei denen dieses Organ in grösserer Dicke auftritt, ergab mir keine ganz er- wünschten Resultate. Man wolle übrigens nicht vergessen, dass die Bauchspeicheldrüse des Hundes zwei Ausführungsgänge hat, die im Innern der Drüse untereinander zusammenhängen und vor der In- jektion einen derselben unterbinden, wozu der obere, kleinere besser sich eignet. Bei einem Hunde fehlte der obere Gang, dagegen fand sich ein anderer, mässig entwickelter nahe am unteren Hauptgange, der seine gewöhnliche Stelle einnahm. Als Injektionsmasse benutzte ich lösliches Berliner Blau nach Brücke’s Methode dargestellt, bitte jedoch zu beachten, dass ich dasselbe durch alkalische Flüssigkeiten und somit auch durch den pancreatischen Saft entfärbt. Diese Entfärbung tritt bei Ein- spritzungen auch im Innern der Drüse, vor Allem in den kleineren und kleinsten Drüsengängen ein, und erscheinen daher häufig Drü- senläppchen als gar nicht gefüllt, welche vollkommen gut aufgegan- gen sind. Da Essigsäure die Farbe des Berliner Blau vollkommen wieder herstellt, so behandelte ich die injieirten Bauchspeicheldrüsen in folgender Weise. Zuerst legte ich dieselben in Alkohol absolu- tus, dem einige Tropfen Essigsäure beigesetzt waren, und liess es ein oder zwei Tage in dieser Flüssigkeit. Nachher schnitt ich dasselbe in Stückchen und legte diese in gleiche Theile destillirtes Wasser und Essigsäure, welche Mischung nicht nur die Farbe des Berliner Blau wieder herstellt, sondern auch die weitere Zerlegung der Drüsentheilchen in die einzelnen Läppchen begünstigt. Die Injektionen wurden theils mit einer gewöhnlichen Spritze, 406 Giovanni Saviotti: theils und vor Allem mit dem Apparate von Hering angestellt, und hebe ich hervor, dass nur bei einem geringen und gleichmässi- gen Drucke gute Resultate sich erzielen lassen. Mit dem Hering’- schen Apparate war ich am glücklichsten bei einem Drucke, der zwischen 15 und 30 Mm. Quecksilber schwankte, doch bildeten sich auch in diesem Falle, trotz aller Vorsicht, mit grosser Leich- tigkeit Extravasate, und gelang es mir nie, ein Pancreas in allen seinen Theilen so rein und vollkommen zu füllen, wie diess z. B. bei den Gallencapillaren möglich ist. Wenn man ein injieirtes Pancreas bei kleinen Vergrösserungen betrachtet, so fällt vor Allem die eigenthümliche Verästelung der Hauptgänge in die Augen. Dieselbe geschieht so, dass in jedem Abschnitte der Drüse von einem die Mitte desselben durchziehenden Hauptstamme allerwärts viele kleine Aeste unter nahezu rechtem Winkel abgehen. Diese entsenden wiederum kleinere Aeste ebenfalls unter rechtem Winkel und indem diess noch mehrmals sich wiederholt, gelangt man end- lich zu den kleinsten Gängen der Drüsenläppchen selbst. Der Hauptgang selbst gelangt durch spitzwinkelige Theilungen zu allen Hauptabschnitten des Organes und endet überall mit Theilungen, die fast unter rechtem Winkel statthaben. Diese Art der Verthei- lung der Hauptgänge des Pancreas des Kaninchens unterscheidet sich von derjenigen der Gänge der Speicheldrüsen. Bei diesen findet sich nämlich eine gewöhnliche, baumförmige Verästelung der Kanäle in der Art, dass dieselben auf lange Strecken einen ziemlich gleich- mässigen Durchmesser bewahren und erst in der Nähe ihres letzten Endes auf einmal in ein ganzes Büschel kleiner Aestchen ausgehen, von denen jedes zu einem oder einigen wenigen Läppchen sich be- gibt, ein Verhalten, das ich am ausgesprochensten in der Öhrspei- cheldrüse des Hundes antraf. Von besonderem Interesse ist nun die Kenntniss des Ursprunges der Drüsengänge in den Läppchen des Pancreas selbst. Man glaubte bisher, dass die Zellen eines Läppchens ein Bläschen bilden, dessen Hohlraum der Anfang des Ausführungsganges sei. Langerhans fand jedoch bei seinen Injektionen, dass von dem genannten Central- kanale aus Fortsetzungen zwischen die Drüsenzellen hineingehen und bis zur membrana propria des Drüsenbläschens sich erstrecken, Ausläufer, welche er wegen der Form, die sie bei Injektionen an- nahmen, mit dem Namen birnförmig bezeichnet. Es fiel mir nicht swcher, diese von Langerhans gefundene Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. 407 Anordnung zu bestätigen, ich fand jedoch ausserdem in sehr vielen, ja ich kann sagen im grössten Theile der Drüsenbläschen, dass die peripherischen Enden der von Langerhans entdeckten Ausläufer mit Kanälchen im Zusammenhange stehen, welche dicht an der Membrana propria längs der Zellenränder verlaufen und benach- barte radiäre Kanälchen (so will ich die von Langerhans be- schriebenen Ausläufer nennen) schlingenförmig verbinden. (Fig. 1. 2A, 2B.) s Da nun ferner die radiären Kanälchen immer nach mehreren Seiten mit ihren Nachbarn durch solche Schlingen sich verbinden, so entsteht an der Oberfläche der Drüsenläppchen ein Netz feiner Kanälchen, das in seinen Maschen immer je eine Drüsenzelle zeigt. (Fig. 3. 4.) Es steht somit jede Drüsenzelle des Pancreas nicht nur mit einer Fläche, wie man bisher glaubte, sondern mit vielen, wenn auch kleinen Flächen, mit den Anfängen der Ausführungs- gänge in Verbindung, und zeigt daher das Pancreas ganz ähnliche Einrichtungen, wie diejenigen sind, die man in der neueren Zeit für die Leber aufgefunden hat. — Kennt man einmal von Injektionen her die erwähnten ober- flächlichen Anastomosen der feinsten pancreatischen Gänge, so ist es äusserst leicht, dieselben auch in nicht eingespritzten Läppchen zu erkennen, wenigstens was das Pancreas des Kaninchens betrifft; es zeigen sich nämlich an dünnen, unter das Mikroskop gebrachten Stückchen der Drüsenläppchen, längs der Zellerränder, welche in der Nähe der Membrana propria sich befinden, helle, glänzende Streifen, : welche den Eindruck von Zwischenräumen zwischen den Zellen machen, welche nichts Anderes als die besprochenen Drüsenkanäl- chen sind. Der Beweis hierfür ist durch die Untersuchung theil- weise injieirter Läppchen leicht zu führen, indem an solchen der Zusammenhang injieirter Kanälchen mit den erwähnten Streifen an vielen Orten wahrzunehmen ist. (Fig. 4.) Der Durchmesser der radiären Kanälchen und derer, die das oberflächliche Netz der Drüsenbläschen bilden, beträgt im Pancreas des Kaninchens 0,002 Mm. -— 0,003 Mm. Dieselben scheinen ein- fach Lücken zwischen denselben zu sein, wenigstens ist es mir nicht gelungen, irgend eine Thatsache aufzufinden, die auf die An- wesenheit einer Membran gedeutet hätte. Es stellt sich somit auch in dieser Beziehung eine Uebereinstimmung mit den Gallen- capillaren heraus. Ich will jedoch nicht versäumen, hier noch einen 408 Giovanni Saviotti: Unterschied zwischen der Leber und dem Pancreas hervorzuheben. Während nämlich bei der Leber die Gallencapillaren stets nur an den einander zugewandten Flächen der Zellen verlaufen, scheinen die entsprechenden Kanälchen im Pancreas den Rändern der Zellen zu folgen und gelangen so hier an der Oberfläche der Läppchen näher an die umspinnenden Blutgefässe heran, als es bei der Leber der Fall ist. Findet sich das beschriebene Netz von Drüsenkanälchen in allen Läppchen des Pancreas? Gibt es wirklich in allen Drüsen- läppchen einen centralen Kanal, wie er im Vorigen angenommen wurde? Welches endlich sind die Beziehungen zwischen dem feinen Netz und den Drüsengängen ausserhalb der Läppchen? In der grössten Mehrzahl der Läppchen erscheint das be- schriebene Netz so deutlich, dass m Betreff seiner Anwesenheit keine Zweifel möglich sind. In einigen Drüsenbläschen jedoch sieht man nur die radiären, von Langerhans beschriebenen Kanälchen und ist es nicht möglich, schleifenförmige Verbindungen derselben nachzuweisen. Es ist nicht leicht zu entscheiden, ob dieses Ver- halten von einer besonderen Anordnung oder einer unvollkommenen Injektion herrührt, wenn man jedoch bedenkt, dass in manchen Fällen die radiären Kanälchen stark birnförmig ausgeweitet sind, ohne dass peripherische Schlingen sich finden, fühlt man sich ver- anlasst anzunehmen, dass es sich in diesen Fällen um eine beson- dere, aber regelrechte Anordnung handle. Es scheinen mir somit zweierlei Ursprungsweisen der pancreatischen Gänge vorzukommen, eine viel häufigere und sehr leicht nachzuweisende mit Netzen und eine viel seltenere und wohl noch weiter zu untersuchende mit freien Endigungen. Die Verbindung der feinsten Kanälchen mit dem Ausführungs- gange der Drüsenkanälchen scheint in einer doppelten Weise zu Stande zu kommen. In vielen Fällen ist es sowohl an injieirten Präparaten als an solchen, die mit Müller’scher Flüssigkeit be- handelt wurden, nicht schwierig, die Anwesenheit eines centralen Kanales aufzuweisen, in den die peripherischen Netze durch die radiären Kanälchen von Langerhans einmünden. In gewissen Läppchen jedoch ist es unmöglich einen solchen Binnenraum nach- zuweisen. Hier sieht man einen kleinen Gang, der an einem Drü- senbläschen angelangt sich sofort mit dem oberflächlichen Netz ver- bindet, und fehlen dann auch die Fortsetzungen des Netzes in das Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. 409 Innere oder die sogenannten radiären Kanälchen. (Fig. 5.) Es findet sich diese Anordnung in Drüsenläppchen von besonderer Form, von denen die einen klein und rundlich, die andern lang und schmal sind; noch andere endlich bestehen einfach aus zwei über- einanderliegenden Zellenlagen ohne Zwischenraum. Vielleicht sind diese Drüsenbläschen, die, wie man sieht von der Form, die man gemeinhin als die typische ansieht, sehr wesentlich abweichen, un- vollkommen ausgebildet und gewissermassen auf embryonalem Stand- punkte befindliche. In Berücksichtigung der Aehniichkeit des Baues zwischen dem Pancreas und den Speicheldrüsen unternahm ich auch einige In- jektionen bei den letzteren, deren Ergebnisse jedoch nicht gerade sehr befriedigend waren. Einzig und allein in der Ohrspeicheldrüse des Hundes gelang mir der Nachweis äusserst feiner, radiärer Aus- läufer, welche vom centralen Kanale der Drüsenbläschen aus zwischen die Zellen sich einsenkten, dagegen war ich nicht im Stande, ein vollständiges Netzwerk aufzufinden. Hier ist der Ort zu bemerken, dass Pflüger m einem Nachtrage zu seiner Abhand- lung über die Nerven der Speicheldrüsen und des Pancreas (dieses Arch. Bd. V, p. 203) erwähnt, dass Ewald eine ähnliche Anordnung der jeinsten Drüsenkanäle „efunden habe, wie sie in der Leber sich finde, welcher Aeusserung zu Folge ähnliche Verhältnisse hier vor- zukommen scheinen, wie ich sie im Pancreas des Kaninchens wahr- nahm. Wie gesagt gelang mir bei meinen Injektionen ein solcher Nachweis nicht, doch kann ich beifügen, dass ich an den Läppchen der Unterkieferdrüse des Kaninchens, welche in sehr verdünnter Ösmiumsäure gelegen hatten, zwischen den Drüsenzellen dieselben hellen, glänzenden Striche auffand, welche beim Pancreas als feinste Kanälchen gedeutet wurden. In welcher Beziehung stehen die Ausführungsgänge zu den Drüsenbläschen des Pancreas und wie ist ihr Bau? Bisher nahm man an, dass die Wandungen des Kanales unmittelbar in diejenigen des Drüsenbläschens sich fortsetzen und dass dieses aus grösseren, jener aus kleineren polygonalen Zellen bestehe. Langerhans hat jedoch auch in dieser Beziehung Neues gebracht un beschreibt im Innern der Läppchen besondere Zellen unter dem Namen der »centroacinaeren«, die er geneigt ist zu den Ausführungs- gängen in Beziehung zu bringen, ohne die Art und Weise der Ver- bindung beider ganz genau zu beschreiben. Nach meinen Unter- 410 Giovanni Saviotti: suchungen sind diese Zellen, deren Anwesenheit nicht schwer zu bestätigen ist, in der That die ersten Anfänge der gröberen Aus- führungsgänge und haben die Bestimmung, die Verbindung dieser mit den eigentlichen Drüsenbläschen zu vermitteln. Für die Untersuchung der centroacinaeren Zellen erweist sich die Müller’sche Flüssigkeit von ganz erstaunlichem Nutzen, dage- gen ist die verdünnte Essigsäure, welche im Allgemeinen zur Iso- lirung der Epithelien so nützlich erscheint, wenig brauchbar. Eine Mischung von gleichen Theilen Essigsäure und Wasser fand ich sehr dienlich zur Darstellung der Drüsenzellen des Pancreas des Hundes; bei der Bauchspeicheldrüse des Kaninchens dagegen zeigte diese Flüssigkeit nicht dieselbe Wirkung. Von den caustischen Alkalien sah ich keine besonderen Wirkungen, sehr verdünnte .Os- miumsäure dagegen war für das Studium der Drüsenbläschen der Speicheldrüsen namentlich brauchbar, leistete dagegen nichts Beson- deres für die centroacinaeren Zellen. Die Müller’sche Flüssigkeit wirkt sehr schnell auf das Pan- creas des Kaninchens und fand ich eine Maceration von 6 bis 8 bis 10 Stunden am geeignetsten, um die centroacinaeren Zellen und die feinsten Ausführungsgänge in ihren gegenseitigen Beziehungen darzustellen, dagegen wirkte ein längeres Liegenlassen der Theile in genannter Flüssigkeit in der Regel nicht mehr günstig. Zerzupft man mit Nadeln ein Stückchen eines in Müller’scher Flüssigkeit macerirten Pancreas, so findet man theils viele ganz isolirte Drüsenzellen, theils andere, welche noch ihre natürlichen Verbindungen bewahrt haben und grössere oder kleinere Fragmente von Drüsenbläschen, ja selbst ganze solche Gebilde darstellen; diese Drüsenzellen sind im Allgemeinen polygonal, doch ziemlich wechselnd in der Form und enthalten einen grossen, runden, körnigen Kern; ebenso ist auch das Protoplasma der Zellen granulirt, dagegen‘ fand ich bei jüngeren Kaninchen keine Fetttröpfehen in den Zellen. In solchen Präparaten findet man auch manchmal die Drüsenzellen so untereinander verbunden, dass sie wie einen Querschnitt eines kleinsten Läppchens darstellen, und in solchen Fällen umgeben die- selben dann zu 5 oder 6 ringförmig einen Raum, der offenbar nichts Anderes als der Centralraum des Läppchens ist. (Fig. 6. 7.) In solchen Präparaten kommen endlich auch die centroacinaeren Zellen von Langerhans zur Beobachtung. Manchmal findet man Läppchen, in denen eine oder mehrere solche Zellen ganz im Innern Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. 411 enthalten sind (Fig. 8, 10, 12); häufiger jedoch stecken diese spin- delförmigen Elemente nur zur Hälfte in dem Drüsenbläschen und ragen mit einer Spitze frei heraus (Fig. 9. 11); noch häufiger endlich sieht man solche Zellen an der einen Seite von einigen wenigen Drüsenzellen umgeben, an der anderen frei. (Fig. 11. 12.) Solche Anordnungen finden sich, weil entweder die Drüsenzellen an der einen Seite sich abgelöst haben oder eine centroacinaere Zelle mit zwei Bläschen in Verbindung stand. Einige Male sah ich auch eine grosse solche Zelle mit je einem Fortsatze in ein Drüsenbläs- chen eintreten, während ein dritter Fortsatz frei hervorstand, in welchem Falle natürlich die Bläschen unmittelbar an einander grenzten. Die centroacinaeren Zellen sind im Allgemeinen spindelförmig und haben zwei Fortsätze (Fig. 17); es finden sich aber auch Zellen mit drei Ausläufern (Fig. 15) und in einzelnen Fällen geben die Hauptfortsätze noch kleinere Ausläufer ab. Von den zwei Hauptfortsätzen der Spindelzellen ragt einer in das Innere eines Drüsenbläschens und legt sich an die Drüsenzellen an, so dass man wie bemerkt nicht selten eine, zwei oder drei Drüsenzellen findet, die mit demselben zusammenhängen (Fig. 13. 14. 15. 16); der an- dere Fortsatz ist kürzer, breiter und mehr abgeplattet und steht häufig mit anderen Zellen in Verbindung, die ganz dieselben Cha- raktere wie die centroacinaeren Zellen haben. Die genannten Zellen besitzen einen grossen, ovalen, gleichartigen, jedoch inder Mitte mit einigen feinen Granulationen versehenen Kern, in dessen Gegend die Zelle am dicksten ist und eine mehr oder weniger ausgesprochene Auftreibung besitzt. Das Protoplasma der Zellen ist ebenfalls klar und zeigt nur in der Nähe des Kerns einige feine Körnchen. In den Drüsenbläschen, in denen zwei oder drei Öentralzellen enthalten sind, sowie in den Fällen, in denen die centralen Zellen zweier benachbarter Bläschen sich an einander legen, sieht man bei genauerer Betrachtung die Zellen so angeordnet, dass sie wie einen feinen Kanal zu begrenzen scheinen. Noch in anderen Präparaten gelingt es, die centralen Zellen im Zusammenhang mit anderen ganz ausserhalb der Bläschen gelegenen ähnlichen Zellen zu treffen, welche genau mit denen übereinstimmen, die das Epithel der fein- sten Gänge bilden. Diese Gänge, von denen an mit Müller’scher Flüssigkeit behandelten Präparaten sehr leicht grössere und kleinere Bruchstücke zur Anschauung kommen, bestehen aus spindelförmigen M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Rd. 5." 98 412 Giovanni Saviotti: Zellen mit ovalem Kern, die mit ihrem längeren Durchmesser der Längsachse des Kanales paralell laufen. (Fig. 20, 21, 22.) Die abgeplatteten Fortsätze dieser Zellen verbinden sich unter einander nach Art anderer Epithelien und die sehr grossen Kerne bewirken solche Hervorragung, dass die Aussenfläche dieser Kanäle wie höckerig erscheint. Es ergibt sich somit aus diesen Erfahrungen, dass die centro- acinaeren Zellen von Langerhans nichts Anderes als die Anfänge der grösseren Drüsengänge sind und dieselben mit den Drüsenbläs- chen in Verbindung setzen. Verfolgt man die besprochenen Drüsengänge gegen die grössern Kanäle zu, so findet man, dass sie sich nach und nach vereinigend glattere und regelmässigere Umrisse annehmen; ihre Epithelzellen verkürzen sich und werden vieleckig ohne jedoch vorläufig eine ganz bestimmte Form anzunehmen, ja einige derselben zeigen noch Fortsätze, welche die Verbindung dieser Elemente unter einander inniger machen. In Müller’scher Flüssigkeit lösen sie sich nach 36 . bis 48 Stunden von einander und zeigen dann scharfe Contouren, einen hellen Inhalt von schwach gelblicher Färbung und matt glän- zendem Aussehen, und einen runden gleichartigen Kern. Gegen die grösseren Gänge zu verlängern sich die genannten, polygonalen Zellen nach und nach in der Richtung des Querdurch- messers der Gänge und werden endlich zu einem echten Cylinder- epithel. Als äussere Begrenzung besitzen die Ausführungsgänge eine bindegewebige Haut, welche an den grösseren Kanälen nach Einwirkung von Essigsäure kleine verlängerte Kerne zeigt. Die Epithelzellen der Ausführungsgänge der Speicheldrüsen zeigen nach der Maceration in Müller’scher Flüssigkeit ein eigenthümliches Aussehen; dieselben isoliren sich in ganzen Reihen und zeigen dann den nach innen vom Kern befindlichen Theil glatt, während der äus- sere Abschnitt pinselförmig in Fibrillen zerspalten ist, welche selbst nicht selten in den oberflächlichen Zellentheilen über den Kern hin- aus nach innen sich an’s andere Ende der Zellen erstrecken. Ganz dasselbe Ansehen, nur weniger ausgesprochen, habe ich auch an den Epithelzellen der pancreatischen Gänge des Hundes gefunden, es war mir aber nicht möglich, im Pancreas des Kaninchens derartiges zu finden. Zum Schlusse erwähne ich noch gewisser kleiner, poly- gonaler, homogener und glänzender (von Langerhans im Pan- creas des Kaninchens) aufgefundener Zellen mit rundlichem Kern, Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. 413 von denen derselbe keine Deutung gab; auch ich beobachtete solche Zellen nach 24—48stündiger Behandlung des Pancreas mit Mül- ler’scher Flüssigkeit, überzeugte mich jedoch, dass dieselben die nämlichen Eigenschaften besitzen, wie die Uebergangsepithelien der kleinen Ausführungsgänge. Ich bin daher überzeugt, dass ein Theil, wo nicht alle diese Zellen, nichts Anderes sind, als das Epithel der Gänge zweiter Ordnung, um so mehr als ich dieselben auch zu halben und ganzen Kanälen vereinigt fand. — Zum Schlusse meiner Mittheilung erlaube ich mir, dem Herrn Prof. Kölliker für seine freundliche Unterstützung meinen herz- lichsten Dank auszudrücken. Nachtrag. Seit Herr Prof. Kölliker die Freundlichkeit hatte, die Ergeb- nisse meiner Untersuchungen der physikalisch-medizinischen Gesell- schaft von Würzburg in ihrer Sitzung vom 22. Mai mitzutheilen (siehe neue Würzburger Zeitung, No.159, 11. Juni 1869), ist mir ein Bericht meines Landsmanns und Freundes Giannuzzi zu Gesicht gekommen, den derselbe am 31.Mai der Pariser Akademie vorgelegt hat. Giannuzzi hat das Pancreas des Hundes mit Hülfe des Lud- wig’schen Apparates unter einem Druck von 9—10 Cm. eingespritzt, und seinen Angaben zufolge ein Netz von feinsten Drüsenkanälchen gefüllt, welches mit dem von mir beobachteten identisch zu sein scheint. Bezüglich der Frage, ob die pancreatischen Bläschen eine Hülle besitzen, kann ich nicht mit Giannuzzi übereinstimmen, der eine solche vollständig leugnet; indem ich im Pancreas der Ratte (Fig. 23), des Hundes und auch des Kaninchens, obgleich hier we- niger entwickelt, ganz bestimmt eine Umhüllungsmembran wahrge- nommen habe. Dieselbe erschien homogen, zeigte jedoch hie und da Kerne, und besteht wahrscheinlich aus sternförmigen Zellen, ähn- lich denen, welche Kölliker und Boll in den Speicheldrüsen, und Kölliker auch in der Niere und Leber als Umhüllung der Drüsenelemente gesehen haben. 414 Giovanni Saviotti: Untersuchungen etc. Erklärung der Abbildungen auf Taf. XXI und XXIV. Die Figuren 1—22 beziehen sich auf das Pancreas des Kaninchens; die Fig. 23 auf das Pancreas der Ratte. Fig. 1—5 sind 320mal, Fig. 6—22 430mal vergrössert. Fig. 1. 2A. 2B. Feinste Drüsengänge einiger Drüsenbläschen mit Berliner Blau injieirt; a grösserer Ausführungsgang; b Hauptkanal eines Drü- senbläschens Die mit c bezeichneten feineren Gänge liessen sich nicht mit Sicherheit als im Inneren von Drüsenbläschen befindlich erkennen. Drüsenbläschen mit dem peripherischen Netz von Drüsenkanälchen, welches in seinen Maschen je eine Drüsenzelle enthält. Ein ähnliches Drüsenbläschen unvollkommen injieirt, an dem leere Drüsenkanälchen als helle Striche wahrzunehmen sind. . Zwei injieirte Drüsenbläschen ohne Centralkanal, bei denen das peri- pherische Netz unmittelbar in den Ausführungsgang a übergeht. . 7. Segmente von Drüsenbläschen, in denen der Centralkanal sicht- bar ist. Fragmente eines Drüsenbläschens mit einer centroacinaeren Zelle. Stückchen eines Drüsenläppchens mit einer theilweise hervorragen- den centroacinaeren Zelle. . Drüsenbläschen im scheinbaren Querschnitte mit einer centroacinae- ren Zelle. . 12. Drüsenbläschen mit mehreren centroacinaeren Zellen; bei Fig. 11 gehört eine solche Zelle einem benachbarten Läppchen an. . 14. 15. 16. Centroacinaere Zellen in ihrer Verbindung mit Drüsen- zellen. .18. 19. Centroacinaere Zellen isolirt mit zwei und drei Fortsätzen. . 21. 22. Fragmente kleinster freier Ausführungsgänge. . Ein Drüsenbläschen des Pancreas der Ratte mit Müller’scher Flüs- sigkeit behandelt; 320mal vergrössert; a Umhüllungsmembran; b Drü- senzellen, die meisten sind herausgefallen. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. Von Dr. W. Flemming in Rostock. Hierzu Taf. XXV. Wenn man einer lebenden Pfahlmuschel ein Stück von dem ausgezackten hinteren Mantelrand abschneidet, welchen das Thier bei geöffneten Schalen frei ins Wasser hinausstreckt, und wenn man dasselbe in Seewasser bei einer nur 100—150facher Vergrösserung betrachtet: so sieht man zwischen den lebhaft schlagenden Flim- merhaaren der eylindrischen Epithelzellen eine beträchtliche Anzahl starrer, glänzender Spitzen hervorstehen, die Enden der Wimpern durchschnittlich um deren Hälfte überragend und an ihrer Bewe- gung keinen, höchstens einmal einen geringen passiven Antheil nehmend. Diese Gebilde sind, soweit sie eben geschildert wurden, nichts Neues; zwar habe ich ihr Vorkommen bei Lamellibranchiaten noch nirgends erwähnt gefunden 1), bei anderen Mollusken aber sind sie schon vor längerer Zeit Gegenstand kurzer Beachtung gewesen. Claparede erwähnte schon 1857 (Müll. Arch. p. 115 u. 130) eigen- thümliche starre Borsten an den Fühlern von Neritina fluviatilis, 1) Leydig gedenkt einmal in seinem Lehrbuch d. Histologie, p. 102 in der Erklärung der Fig. 52, »längerer und kürzerer Cilien« an der Haut von Cyclas cornea. Die Figur könnte an das hier Beschriebene erinnern; da Leydig selbst aber nur von Cilien spricht und sie mit den im gleichen Werk beschriebenen Borsten bei Limnaeus nicht in Beziehung bringt, so darf ich wohl nicht vermuthen, dass hier etwas, unserem Object Analoges zu Grunde lag. 416 Flemming: welche länger als die Cilien der übrigen Leibesfläche, unbeweglich, und oft an der Spitze wie zerfasert erscheinen, welche er den von Max Schultze bei Turbellarien entdeckten Stacheln ähnlich fand und entweder als Selbstvertheidigungs- oder als Tastorgane betrach- ten zu können glaubt. Etwa gleichzeitig beschrieb Leydig (Lehrb. der Hist. 1857, p. 106) an den Tentakeln und dem Fussrand von Lymnaeus stagnalis zwischen den Cilien voxkommende Borsten, unbe- weglich, hell, dicker und ungefähr gleich lang, wie jene. Bei diesen vereinzelten Notizen über die fraglichen Gebilde ist es bis auf die neueste Zeit geblieben, bis zuerst Franz Boll in seinen »Beitr. zur vgl. Histiol. des Molluskentypus« (dies. Arch. 1869, Supplement p. 47 ff.) das allgemeine und sehr ausgedehnte Vorkom- men derartiger Spitzen auf der Leibesfläche der Cephalophoren und Cephalopoden ermittelt hat. Er stellt über ihre Verbreitung fest, dass sie an den functionell differenzirten, besonders den zum Tasten dienenden Leibestheilen wie Fühlern, Armen, vorderen Mantel- und Fussrändern weit zahlreicher stehen als auf der Haut der übrigen Körpermasse. Er nennt sie Borstenhaare und beschreibt sie (p. 49, Figg. 27, 25, 33) als solide, schlanke Spitzen oder Haare, welche, wie sich am Fühler von Aplysia feststellen liess, biegsam und passiv beweg- lich sind, und welche mit einer allmählich verbreiterten Basis auf der Cuticula zu stehen scheinen, in der That aber dieselbe durch- boren. Der Autor bedauert, dass grosse Schwierigkeiten sich, na- mentlich am frischen Object, der Verfolgung dieser Gebilde in die Tiefe entgegenstellen; doch ist es ihm einmal durch Isolation gelun- gen, bei Arion ater ein derartiges Borstenhaar direct in eine spindel- förmige, noch zwischen den indifferenten Epithelzellen sitzende Zelle übergehen zu sehen (Fig. 28). Den Zusammenhang dieser Zelle mit Nervenfasern glaubt Boll, aus der Analogie mit den borsten- tragenden Zellen im Gehörorgan der Heteropoden schliessen zu dür- fen, an welchen er diesen Zusammenhang direct nachgewiesen hat. Uebrigens schliesst er, dass die Borstenhaare mit hoher Wahrschein- lichkeit die Vermittler des Tast- und Gefühlssinnes darstellen. Was aus der bisherigen Literatur noch zu bemerken bleibt, wird passender an anderem Ort angeführt werden. Dass die »Borstenhaare« der kopftragenden Weichthiere, von deren Literatur eben die Rede war, völlig dem entsprechen was im Eingang von der Pfahlmuschel erwähnt wurde; dies wird schwerlich Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 417 Jemandem zweifelhaft bleiben, der sie an beiden Orten genau ver- gleicht. Leider waren mir die Objecte, nach denen Boll gezeich- net hat, z. Th. (wie Aplysia, Octopus) nicht zugänglich, um auch hier die Identität festzustellen. Doch die von Glaparede und Leydig erwähnten Borsten bei Lymnaeus und Neritina, welche Boll selbst mit den von ihm beschriebenen identifieirt, kann ich mit völliger Sicherheit als Analogon derjenigen ansprechen, welche ich bei acephalen Mollusken sowohl, wie bei einer Reihe von Cepha- lophoren unten beschreiben werde. — Ich wollte dies deswegen vor- anschicken, weil meine Schilderung einigermassen von der der bis- herigen Beobachter abweichen wird, und weil ich deshalb gleich dem Einwand begegnen möchte, als hätte ich etwas Andersartiges vor mir gehabt. Betrachtet man nämlich eine der oben geschilderten Spitzen bei Mytilus — oder auch am abgeschnittenen Fühler einer beliebi- gen Wasserschnecke, z.B. Planorbis — mit einem stärkeren System (Hartnack imm. IX reicht schon in Verbindung mit Oc. I meistens aus): so fällt es bei vielen sofort, und bei gutem Licht und passen- der Zuhülfenahme schräger Beleuchtung bei den meisten auf (Fig. 1, 8, 130. a), dass sie keine soliden Borsten sind, sondern aus einer Anzahl aneinanderliegender feiner Härchen bestehen. Bei Einigen klaffen diese Härchen schon am überlebenden Object der Art aus- einander, dass sich dies ohne weiteres demonstrirt; bei andern, wo sie eng aneinanderruhen, kann man es besonders durch genaue Be- trachtung der Spitze ermitteln, an welcher einzelne Härchen fast immer weiter, als andere, hervorragen; einige kreuzen sich auch wohl schräg mit den übrigen. Auch an solchen Spitzen, die überhaupt sehr fein, und wo dies alles minder deutlich ist, spricht sich die Zusam- mensetzung derselben bei stärkerenVergrösserungen durch eine Längs- streifung aus. Endlich aber kann man fast immer durch Zusatz eines Tropfens schwacher wässeriger Jodlösung, welche zugleich die Flimmerbewegung mit einem Schlag tödtet, erreichen, dass die Här- chen, unter Aufgeben ihrer geradlinigen Starrheit, etwas auseinan- derklaffen (Fig. 7) und so selber ihre Mehrfachheit darthun. Lenkt man das Auge vom freien Rande der Mantelzacke — oder des Fühlers — weiter zurück auf das Object hinauf, um sich den Anblick der Borstenhaare oder Haarbündel, wie ich sie jetzt lieber nennen will, von oben, im optischen Querschnitt zu verschaf- fen: so sieht man — natürlich muss das Deckglas dabei hoch ge- 418 Flemming: stützt und das Object nicht gedrückt sein — bei ganz hoher Ein- stellung, nachdem man über die feinen schwingenden Pünktchen heraufgerückt ist, welche die Querschnitte der Cilien darstellen, eine Anzahl glänzender, scharfbegrenzter Kreischen, deren einige, wie von dem Wimperspiel ein wenig mitbewegt, träge hin- und her- schwingen: die optischen Querschnitte unserer Haarbündel. Und mit stärkerer Vergrösserung, oft schon mit Hartnack IX imm., 3, gelingt es diese Kreischen weiter in eine Anzahl von Pünktchen zu zerlegen, welche wieder den Querschnitten der einzelnen Haare entsprechen (Fig.9 vom Planorbis vortex, Fig.2 von Dreissenia). Es ist vielleicht anzunehmen, dass die früheren Beobachter dieser Objecte dieselben niemals mit einer stärkeren Vergrösserung genauer untersucht haben, sonst würde ihnen wohl bereits die Mehr- fachheit der Härchen aufgefallen sein. Claparede bemerkt in dieser Beziehung a. a. O. nur, dass »die Borsten manchmal an der Spitze wie zerfasert, ähnlich wie die oft zerfaserten Schleppfüsse bei Stylonychien erscheinen. Diese Beschaffenheit führte auf die Ver- muthung, ob nicht diese dicken, spitzen Borsten aus zusammenge- backenen dünneren Flimmereilien entstandene Truggebilde seien. Niemals aber konnte ein Bild gewonnen werden, das für diese An- sicht zu sprechen schien, und es musste angenommen werden, dass die mitunter zerzausten Spitzen gewisser Borsten irgend eine Ver- letzung erlitten hatten.« — Ich finde es nirgends so leicht wie bei Neritina, die einzelnen Haare, aus welchen die hier äusserst starken, borstenartigen Bündel bestehen, zu erkennen; sie lassen sich schon bei 180facher Vergrösserung (Hartn. VII, 1) deutlich sondern (Fig. 4 und 5). — F. Boll giebt in Fig. 32 a. a. O. eine Abbildung des Fühlers von Carinaria, in welcher er denselben mit »Bündeln stei- fer Borstenhaare« besetzt darstellt. Wenn, wie ich nach der Ab- bildung vermuthen möchte, diese Bündel den bei Neritina u. a. Vor- kommenden, hier abgehandelten conform sind, so würde ich mich für die hier gegebene Darstellung erwünschter Weise bereits auf jene Figur Boll’s berufen können. Da jedoch dieser Forscher bei allen übrigen Mollusken nur einzelner starrer Haare Erwähnung thut, und da ich selbst keine Carinaria untersuchen konnte, so darf ich nicht entscheiden ob nicht die Borstenbündel dieses Thiers vielleicht etwas Anderes, Eigenartiges darstellen und darf nicht mehr als jene Vermuthung wagen. Zu viel weiterer Aufklärung über die Natur der Gebilde, wel- Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 419 chen die Haarbündel aufsitzen, wird man am frischen Objeet nicht gelangen. Einzig das lässt sich öfter noch sehen, dass vom Fusse zwei, eine anscheinend kolbige Figur einschliessende Contoure in das Epithellager hineinziehen, und dass diese Stelle bei gewisser Einstellung etwas hervorglänzt. Aber zwischen der dichten Phalanx der noch dazu meist pigmenthaltigen Epithelien vermag auch die grösste Aufmerksamkeit nichts mehr über die Form des Dinges, das dort liegen mag, zu enträthseln. Wäre der Weg zu weiterer Ermittlung hiemit abgeschnitten, und die Zusammensetzung der Borsten aus mehreren Haaren das Einzige, was sich dem bisher Bekannten hinzusetzen liesse : so bliebe einfach dies Factum zu notiren und es würde in der That, im voll- sten Sinne des Worts, ein haarspaltendes Beginnen sein, wollte man demselben besondere Wichtigkeit beimessen und auch nur so viel, wie hier geschehen, darüber abhandeln. Aber es knüpfen sich daran weitere morphologische Eigenthümlichkeiten, welche aufs Ueberra- schendste ins Auge springen, wenn man die »indifferenten« Epithe- lien von dem Grundgewebe entfernt und nur die Gebilde, welche die Haarbündel tragen, darauf sitzend erhält. Dieser , vielleicht etwas ideal klingenden Anforderung lässt sich durch passende Macerationsmethoden Genüge thun. Das Mittel, welches mir bei einigen Weichthieren die vorzüglichsten, bei ande- ren freilich nur sehr mässige Erfolge lieferte, und für dessen Em- pfehlung ich deshalb mit Jedem, der Molluskenepithel studiren will, grossen Dank an F. Boll (1. c. p. 39) schulde — ist das zweifach chromsaure Kali, das für die Isolation der Zellen wie für die schönste Erhaltung ihrer Form zuweilen wahrhaft prachtvolle Resultate giebt. Die Objecte, an welchen man mit diesem Reagens ganz sicher geht, und welche ich Jedem zunächst empfehle, der sich aus eigner Anschauung mit dem unten Beschriebenen bekannt mächen will — sind jedoch nur die Elatobranchier des Süsswassers, vor Allem die Najaden und Unioniden, auch Cyclas und Tichogonia. Man kann zur Isolation ihres Epithels, und mit grossem Vortheil für die Er- haltung der Zellformen, noch weit stärkere Lösungen als die von Boll empfohlene 1°/,tige anwenden: 4 bis selbst 6°/,; bei den schwächeren ist die Einwirkungsweise bei einer gewissen Zeitdauer der Maceration zwar die gleiche, dieser Zeitpunkt will aber sehr genau abgepasst sein und wird er überschritten, so erweichen die Zellen zu sehr. — Man überzeugt sich bei diesen Versuchen sehr 420 Flemming: bald von dem Zutreffenden des Princips, das Max Schultze in seinen »Untersuchungen über den Bau der Nasenschleimhaut« (p. 85) empfiehlt: verhältnissmässig grosse Stücke einzulegen, um dadurch ein der Erhaltung feiner Formen günstiges Mischungsverhältniss von Colloid- und Crystalloid-Substanzen zu erzielen. Oft erhält man, wenn man eine ganze Muschel von 2—4” Länge in ca. 3 Unzen Flüssigkeit legt, nach 4—8 Tagen die schönsten Erfolge. Zuweilen macht sich die Maceration auch rascher; bestimmte Regeln sind für Isolationsbestrebungen ja leider überhaupt kaum aufzustellen und vieles Probiren bleibt Hauptsache. — Gewöhnliche Müller’- sche Lösung leistet Aehnliches, wie das reine Kali bichromicum, in Bezug auf die Maceration, aber nicht Gleiches für die schöne Er- haltung der Zellen. Es mag gestattet sein, von anderen Mollusken, bei denen die Isolation auf grössere Schwierigkeiten stösst, vor der Hand abzu- sehen und zunächst das zu schildern, was wir bei einer der genann- ten Süsswassermuscheln uns durch jenes Nelahen ziemlich mühe- los vor Augen führen können. Nehmen wir zum Object eine der zahlreichen Papillen, welche bei den Najaden und Unioniden den hinteren Mantelrand, um den »falschen Sipho« her, bei Tichogonia die Oeffnung des Sipho beklei- den, z. B. eine Mantelpapille von Anodonta piscinalis, und betrach- ten wir sie zunächst lebend abgeschnitten. Sie gewährt uns fast ganz das Bild, das die Fig. 2 von Tichogonia (Dreissenia) polymor- pha zeigt; nur dass bei Anodonta die Cylinderepithelien kurze Wim- pern tragen und stark braun pigmentirt sind. Zwischen denselben starren eine Menge jener glänzenden Spitzchen hervor, die hier kür- er, dicker sind wie bei Mytilus edulis, und besonders leicht sich aus mehreren Haaren zusammengesetzt kundgeben. Die Bündel sind hier oft so breit, dass ich anfangs glaubte, in ihnen die Enden von becherförmigen Organen vor mir zu haben, wie sie Boll in der Haut mehrerer Mollusken schildert, bis mich die Isolation eines anderen belehrte. Es ist noch zu bemerken, dass nicht bei jedem Thier und auch nicht an allen Papillen desselben Thiers die Bündel gleich zahl- reich und gleich lang sind, manchmal sehr kurz und stumpf — wie abgenutzt — erscheinen. Auf einigen Papillen von Tichogonia, doch nie auf allen oder nur vielen desselben Thiers, fehlen sie ganz. Der optische Querschnitt des Bündels zeigt sich, bei der Dicke des- Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 421 selben und der Einzelhaare, besonders deutlich aus Pünktchen zu- sammengesetzt. Schneiden wir nun die Papille statt von der lebenden, von der macerirten Teichmuschel. — Eine gute Maceration für unsern Zweck ist dann erreicht, wenn kein Zerzupfen mehr Noth thut, sondern durch schonendere mechanische Einwirkung schon das Epithel aus- einanderstäubt. Trägt man eine so macerirte Papille vorsichtig mit spitzer Scheere ab, wälzt sie ein paar Male in einem Tropfen der Lösung, überträgt sie mit dem Messer einige Male in einen frischen Tropfen und lässt dann leicht das Deckglas darüber fallen: so hat man damit meist die gelockerten Cylinderzellen entfernt, die fester- haftenden Epithelialelemente noch in situ behalten, und bekommt ein Bild, wie es in Fig. 12 gezeichnet ist. Aus dem Gewebe der Papille ragt ein Wald eigenthümlicher Gebilde hervor, die schon durch ihre geringere Grösse sich sofort als etwas von den cylindrischen Flimmerzellen Verschiedenes dar- stellen. Es sind langgestreckte, glänzende Cylinder, im Querschnitt rund oder leicht oval, viele fadenartig dünn, bis unter 0,004 mm. Dicke herab; sie verdicken sich gegen ihr Ende allmählich, einige plötzlicher, zu einem Köpfchen, das bald mehr langgestreckte, bald mehr kurze Spindelgestalt hat; doch die Spindel läuft am Ende nicht spitz aus, sondern endet wie glatt in einer Ebene abgeschnitten, und hier trägt dieselbe eine wechselnde Anzahl glänzender Härchen, durchaus entsprechend den Haarbündeln, die wir aus dem Epithel der lebenden Papille ragen sahen. Wollte man Letzteres noch bezweifeln, so braucht man nur statt einer ganz »abgestäubten« — wie ich wohl kurz sagen darf —, eine halbmacerirte Papille zu betrachten, an der die Wimperepithe- lien grossentheils noch festsitzen (Fig. 11), und sie mit dem Bild des lebenden zu confrontiren. Man sieht hier die eben beschriebenen Gebilde halb isolirt zwischen den Epithelien und erkennt in ihnen die unzweifelhaften Träger der Haarbündel, welche an gut conser- virten Präparaten, wie es das gezeichnete war, noch zum Theil fest an einander liegen und völlig so aussehen, wie die starren Haar- bündel an der frischen Papille. Es könnte freilich fast scheinen, als sei die Zahl der Köpfchen mit den Haarspitzen am macerirten Object grösser, als die der Haar- bündel am frischen; aber dies erscheint nicht mehr so, wenn man erwägt, dass man am letzteren nur die Spitzen deutlich hat, wel- 422 Flemming: che das Profil der Papille überragen; während am ersteren, durch das Wegfallen der Epithelien, eine grössere Anzahl vorher verdeck- ter zu Gesicht kommen muss. Klopft man mit der Nadel auf das Deckglas, so schwingen und flottiren die Köpfchen an ihren Stielen, von den entstandenen Strömungen geschaukelt, hin und her und brechen theilweise ab; und durch anhaltendes Klopfen, durch öfteres, leichtes Fallenlassen des Deckglases oder durch vorsichtiges Zerzupfen kann man das Ge- wirr von Stielen auf der Papille hinreichend lichten, um auch über den unteren Theil der Zellen — denn Zellen sind es, wie sich er- geben wird — ins Klare zu kommen, indem man jetzt einzelne der- selben ganz isolirt vor Augen erhält (Fig. 12) '). Man sieht, dass der Stiel nach unten zu einem, bei guter Er- haltung länglich zwiebelförmigen Gebilde aufsitzt, das aus dem Bin- degewebe der Papille etwas vorragt, — denn von einer differenzir- ten Cutis kann man hier nicht reden —; das Epithel sitzt un- mittelbar auf dem muskelhaltigen gallertigen Bindegewebe, welches die Papille, wie den ganzen Mantel constituirt. Jene Zwiebel hat einen augenfälligen, grossen Kern, in dem meist ein grösseres Kern- körperchen und an dessen Umfang noch eine Anzahl kleinerer, glän- zender Körner zu erkennen ist. Bei schlechter Conservation, oft auch schon bei solcher, wo Köpfchen, Stiel und Haare gut erhal- ten sind, ist die Zwiebel geschrumpft oder gequollen, ‘von mehr un- ° regelmässiger, eckiger Gestalt, immer aber der Kern deutlich. Ob und wie sich das Ding weiter in die Tiefe fortsetzt, das lässt die Opacität des Gewebes, seine zahlreichen Bindegewebskerne, Muskeln etc. zwar nicht in situ sehen; aber durch vorsichtige, wei- tere Isolation gelingt es öfters, ein ganzes solches Ding so hervor- gezerrt zu bekommen, dass es noch an dem Grundgewebe festhängt (Fig. 12 u. A.). Hier zeigt sich nun, dass sich der zwiebelförmige Fusstheil der Zelle in einen feinen Faden fortsetzt, der sich oft, ohne zu reissen, lang aus dem Gewebe hervorziehen lässt. Ich be- merke gleich, dass diese Behauptung nicht etwa auf vereinzelte, 1) Die Fig. 12, welche einer so behandelten Papille entspricht, habe ich gleichwohl, um zuviele Zeichnungen zu vermeiden, schon der letzten Be- schreibung zum Geleit gegeben: sie entspricht ihr in so fern nicht ganz, als man ohne weitere Isolation durch Klopfen, Zerzupfen etc. nicht so viel Zellen ganz frei isolirt sehen würde, wie sie hier gezeichnet sind. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 423 sondern auf vielfach gewonnene Präparate sicher begründet ist. Aller- dings könnte es misslich scheinen, an dem so bearbeiteten Object unter dem Gewirre der vielen, noch anhaftenden Zellen und den Fädchen, daran sie hängen, einen Faden so deutlich zu verfolgen, wie er in der Fig. gezeichnet ist. Und doch ist dies leicht: man braucht nur sanft auf das Deckglas zu klopfen, und die Zelle schwingt an ihrem Faden der Art hin und her, dass an der Mitbewegung des letzteren der Zusammenhang völlig deutlich wird. Noch mehr: die Zelle zerrt bei fortgesetztem Klopfen durch ihr Flottiren den Faden immer wei- ter heraus, und man kann ihn auf diese schonende Weise bis zur Länge von über 0,08 mm. darstellen, bis er einmal abreisst. Nachdem man sich so, noch halb in situ, von diesem Verhal- ten überzeugt hat, kann man es sich bequemer machen und braucht nur an einem vorsichtig zerzupften Präparat die herumschwimmen- den Zellen zu durchmustern: man findet unter ihnen, neben einer Menge abgebrochner Köpfchen, eine Anzahl solcher, die noch mit Stiel und Fusstheil zusammenhängen und darunter wieder manche, die am letzteren noch ein kürzeres oder längeres Ende des Fadens hängen haben (Fig. 20 u. A.). Sieht man von letzterem ab, so hat das ganze Ding Aehnlich- keit in der Form mit einem am Stielende kolbig verdickten Pinsel, und ich will es daher, zum Unterschied von den übrigen Zellen der Oberhaut, im Folgenden als »pinselförmige Zelle« bezeichnen. Ein Blick auf jene, auf die noch anhaftenden oder in der Flüs- sigkeit schwimmenden Flimmerepithelien, genügt, um ihre Verschie- denheit von den pinselförmigen Zellen darzuthun. Sie sind alle grös- ser als die grössten unter diesen; sie führen vor ihrem Kern oder um denselben braunes Pigment, während in diesen keins, oder nur wenige Körnchen sich finden. Die Flimmerzellen haben einen blas- sen, bei dieser Behandlungsweise undeutlich gewordenen Kern, die Pinselzellen einen mit glänzenden Körnchen gefüllten, scharf her- vortretenden; jene zeigen am Fussende die von Boll treffend ge- zeichneten (a. a. O. Fig. 34, 35, 23 u. a., meine Fig. 12, 20 i, p), ästigen Ausläufer ihres Protoplasma, nie läuft dieses Ende, wie bei den Pinselzellen, nach vorheriger Kernanschwellung in einen langen fadenartigen Fortsatz aus. Vor allem aber wird der Unterschied hier, bei den Süsswasserbivalven, dadurch prägnant, dass bei dem gleichen Macerationsgrad, wo die Pinselzellen gut erhalten, scharf und glänzend sich zeigen, die Flimmerzellen trübe, etwas gequollen 424 Flemming: erscheinen; ihr vorderes Ende mit dem Cuticularsaum rundlich her- vorgebaucht, statt wie bei den Pinselzellen glatt abgeschnitten; und die Wimpern ganz abgefallen oder körnig, verschlungen, zerknittert und zerzaust, während bei den Pinseln die Härchen glatt und starr erhalten sind !). Die Figg. (11, 12, 20 a—k u. a.) sollen versuchen, dies Verhalten möglichst treu darzustellen. Bei andern Süsswassermuscheln, wie Tichogonia, wo an den Siphopapillen den Oylinderepithelien die Wimpern fehlen, ist der Unterschied dadurch noch augenfälliger gegeben: es gibt hier über- haupt keine andern haartragenden Gebilde im Epithel, als die Pin- selzellen (vgl. Fig. 2 und 3). — Mit dem Allen wird, hoffe ich, ge- nügend der Verdacht abgeschnitten sein, dass ich mich etwa einer Verwechselung mit Flimmerepithelien schuldig gemacht hätte. — Ich werde am Bequemsten thun, hier gleich anzuschliessen , was sich bei den bisher besprochenen Lamellibranchiern über den feineren Bau unserer Zellen noch ermitteln liess; denn bei anderen Mollusken verhalten sich dieselben sehr ähnlich, und ich kann, bei deren unten zu gebender Beschreibung, mich dann kürzer fassen. — Bei Anodonta piscinalis und anat!na, wie durchaus ähnlich bei Unio tumidus, finden sich die grössesten Pinselzellen unter allen hier un- tersuchten Mollusken, und sie variiren zugleich hier am meisten in ihrer Grösse und der Länge der Stiele. Die Länge der Zelle vom Fuss der Haare bis zum Ansatz des Fadens an den Fusstheil be- trägst von 0,025 bis selbst 0,070 mm., wo sie sehr lang ist, kommt immer die grösseste Länge auf den Stiel; die des Köpfchens, wo es abgesetzt erscheint, ca 0,006—0,009 mm., die Dicke desselben von 0,0020—0,0045 mm. Die Dicke des Stiels schwankt zwischen 0,001 und 0,003 mm.; der Kern ist fast immer elliptisch, bis 0,007 mm. lang. Der feine Faden, an dem die Zelle hängt, konnte bis auf 0,08 mm. Länge isolirt werden. Er ist oft fast bis zum Unmess- baren dünn, sicher kaum je über 0,0015 mm. dick; doch zeigt er häufig kleine, bald mehr, bald weniger regelmässige Anschwellungen, die freilich bei seiner Feinheit überhaupt fast punktförmig erscheinen. Da die Länge der Flimmerepithelien nicht über 0,03 mm. be- trägt, manche Pinselzellen aber länger sind, und ihre Haarbündel während des Lebens doch alle im Niveau mit dem Cuticularsaum 1) Bei schlechten Macerationen trifft man natürlich auch Pinselzellen, deren Härchen gleichfalls abgefallen sind. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 425 hervorstehen; so wird man annehmen müssen, dass nicht alle die Kerne der letzteren im Epithel liegen, sondern viele tiefer im Bin- degewebe stecken. Die Härchen, welche nach der Behandlung mit chromsaurem Kali selten mehr aneinanderliegend, sondern divergirend erscheinen, überragen das Zellenende um 0,005—0,008 mm. Dieses in einer Ebene abfallende Zellenende hat dort, wo die Haare es verlassen, einen etwas auswärts gekrempten, glänzenden Saum (Fig. 19, a, 1), welcher einem Cuticularsaum zu entsprechen scheint — er liegt ja auch mit der Cuticulardecke der übrigen Epithelien in einer Ebene. Er wird von den Haaren durchbohrt, wie man bei stärkster Vergr. — eine Gundlach ’sche Tauchlinse Nr. IX, die ich durch Herrn Prof. Schulze’s Güte benutzen konnte, leistete an einem Hart- nack’schen Stativ und mit dessen Ocular I sehr gute Dienste — ganz sicher constatirt; auch differenziren sich die Haare deutlich eine Strecke weit in die Zelle hinein, wie das von den Cilien der Flimmerzellen (Eberth, Marchi, Boll) ebenfalls mitgetheilt wird‘ Es macht manchmal den Eindruck, als sei das Köpfchen hohl, wie eine Glocke, aus welcher das Haarbündel, dem Schwengel entspre- chend, hervorstehe; doch mit Sicherheit konnte ich das nirgends feststellen. Am deutlichsten markirt sich das Hineintreten der Haare an Präparaten, welche nach geschehener Abstäubung des Epithels in Osmiumsäure von 1 p. mill. gelegt waren, bis sie dunkelbraun aussahen: obwohl dabei das Protoplasma durch Schrumpfung ver- unstaltet, der Stiel oft schraubenförmig gewunden aussieht (Fig. 19 g,h). Ein Kern wird in dem Köpfchen nie, auch nicht auf Essig- säurezusatz sichtbar; nur manchmal zeigt sich (Fig. 19 b, f) um die hineindringenden Füsse der Härchen herum etwas körnige Masse, gleich als läge dort um diese her noch irgend ein differenzirtes, axia- les Gebilde; doch kann ich nicht entscheiden, wie viel von dieser Erscheinung künstlich durch das Macerationsmittel hervorgebracht sein mag. Sonst ist die Substanz des Köpfchens und Stiels an Ka- lipräparaten gleichmässig lichtbrechend, hie und da blasse Körnchen enthaltend; in einigen Zellen finden sich (Fig. 19 b, d) im Köpfchen, öfter nur äusserlich anhaftend, ‘oder auch vor dem Kern einige dunk- lere Pigmentkörner. — Die weiteren Körnchen, welche um den Kern herum, zum Theil noch in dessen Substanz zu liegen scheinen — bei scharfer Einstellung auf den Nucleolus sieht man wenigstens immer auch Einige derselben scharf — sind jedenfalls keine Farb- 426 Flemming: stoffmoleküle, sie stellen sich glänzend und ungefärbt dar. — Ob vom Kern aus irgend ein differenzirter, axialer Theil sich nach vorn fortsetzt und im Köpfchen dann in die Haare übergeht, vermag ich nicht zu entscheiden; deutlich zu sehen ist Nichts der Art, und eben- sowenig lassen sich die Haare sehr weit gegen den Kern zu, nie- mals durch den ganzen Stiel hindurch gesondert verfolgen. — Es bleibt immer möglich, dass wir es hier mit einem, eine Fortsetzung des Kerns bildenden Axengebilde, das dann nur von einer Art Pro- toplasmamantel umhüllt wäre, zu thun haben; jedenfalls konnte dies nicht optisch festgestellt werden und ebenso möglich bleibt, dass vor dem Kern das Zellprotoplasma homogen ist und sich erst in den Köpfchen zu den Haaren differenzirt. Der feine Faden inserirt sich nicht immer grade an der un- tersten Spitze der Fusszwiebel, sondern oft seitlich (Fig. 19e,f). Zu- weilen erschien es (Fig. 19a), als setze er sich durch das Proto- plasma des unteren Zellenendes bis an den Kern oder gar in den- selben hinein fort, doch will ich darüber Nichts mit Sicherheit aus- sagen: das Protoplasma um den Kern — oder wenn eine Membran vorhanden sein sollte, diese — ist an diesen Macerationspräparaten meistens etwas geschrumpft und gefaltet, und es kann bei der Zart- heit der Objecte und bei den starken und lichtraubenden Vergrös- serungen, welche man zur Enthüllung ihres Details anwenden muss, leicht eine solche Fältelung einen Fortsatz der Faser vortäuschen. Feinere Strukturverhältnisse an dem Faden selbst wahrzuneh- men, war mit den mir zu Gebote stehenden optischen Mitteln nicht möglich. Diese Zellen kommen nun nicht bloss auf den Papillen des Mantels und der Siphonen vor, welche bisher unsere Objecte bilde- ten; nur finden sie sich hier und am hinteren Mantelrande bei Wei- tem am zahlreichsten. Schon spärlicher trifft man sie — das Gleiche giltauch für die unten zu besprechenden Seemuscheln — in der Umge- bung der Kloake, am vorderen Theil des Mantelrandes, auf den Mundlappen, noch minder häufig am Fuss — wo ich ihr Vorkom- men jedoch bei Mytilus, Tichogonia und Mya truncata sicher con- statiren konnte — endlich auch an der Innenfläche des Mantels. Hier, wie an der Hauptmasse des Fusses, in der Umgebung des Mundes, wo überhaupt die Präparation schwieriger ist, habe ich noch nicht jede Stelle der Epitheldecke durchsuchen können. Eigenthümlich ist das Verhalten an den Kiemen. Auf den Die haaretragenden Sinneszellen in- der Oberhaut der Mollusken. 427 Flächen der Kiemenblätter, wo deren Stäbchen ihre Reihen von eigen- artigen Flimmerzellen tragen, trifit man keine Spur von pinselför- migen Zellen. Aber am freien unteren Rand der Kiemenblätter, wo die Stäbchen an ihren kolbigen Endanschwellungen die Rinne führen, in welcher entlang ein constanter Wasserstrom gegen den Mund gewim- pert wird: hier findet man bei Tichogonia, Mytilus, Mya u. A. auf vielen der kolbigen Stäbchenenden je eins, oder mehrere sehr lange, schlanke Haarbündel frei in jenen Wasserstrom hinausragen (Fig. 6). Am dichtesten stehen sie auch hier gegen das hintere Ende der Kiemen zu. An ihnen lässt sich nun sehr deutlich sehen, was Boll einmal auch an den Borstenhaaren am Fühler von Aplysia beobach- tet hat: dass sie biegsam sind und durch den Wimperschlag mitbewegt werden können. Diese schlanken Bündel eng zusammenliegender Härchen nämlich schwingen und tanzen ab und zu auf das Lebhaf- teste, so lange die Wimperung um sie her im Gange ist, wobei sich von Zeit zu Zeit ein einzelnes Härchen seitlich loszweigt und da- mit schon kundgiebt, dass man eben kein solides Borstenhaar, son- dern ein Bündel vor sich hat; Jodzusatz lehrt dies übrigens hier aufs Augenfälligste (vel. Fig. 7). — An eine Eigenbewegung ist da- bei sicher nicht zu denken; das Schwingen macht durchaus den Ein- druck eines passiven Herumgeschleudertwerdens durch das, in seiner Lebhaftigkeit wechselnde Wimperspiel; wenn dieses auf eine Zeit lang schwächer wird, so stehen auch die Haarbündel so lange still und starr. Auch am Mantelrand von Mytilus kann man Aehnliches, doch minder ausgesprochen, beobachten; es ist eben die Flimmer- bewegung an keinem Ort in der Molluskenhaut so energisch, wie an den Kiemen, und dies erklärt die Erscheinung. Bei Unio sind die Haarbündel an diesen Stellen der Kiemen ebenso vorhanden, aber minder lang, sie sehen hier grade so aus, wie an den Mantelpapillen. Bei Anodonta werden sie wohl gleich- falls dort zu finden sein, verstecken sich aber in den langen Wim- pern so, dass ich sie noch nicht ermitteln konnte. Nicht so leicht, wie bei den Lameliibranchiaten des Süsswas- sers, ist die Isolation der pinselförmigen Zellen bei anderen Mollus- ken. Ich habe über das Wechselnde der Macerationserfolge hin- reichend trübe Erfahrungen gemacht, um zu wissen, wie sehr sie von Zufälligkeiten abhängen können; da es mir aber sowohl bei den See-Bivalven, als bei den Cephalophoren des See- und Süsswassers und den Landschnecken nie gelungen ist mit denselben Lösungen, M.Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. 5. 29 428 Flemming: bei gleichen Bedingungen wie: Einwirkungszeit, Verhältniss des Ein- gelegten zur Flüssigkeitsmasse, und bei wahrlich vielen Versuchen — gleich schöne Resultate mit Kali bichromieum zu erzielen wie bei den Süsswassermuscheln, so muss ieh dies wohl auf eine im Objeet liegende Ursache schieben. Es scheint, dass eme sehr dichte Flim- merdecke, oder ein sehr starker Cuticularsaum dieser Art der Ma- ceration hemmend entgegentritt; da Beides sich bei den Seemuscheln, den Prosobranchiern und Schnecken zu finden pflegt, so darf man vielleicht hier die Ursache suchen. Boll’s Empfehlung des ein- proventigen Kali bichrom. für die Epithelien der Gephalophoren ist zwar durchaus gerechtfertigt, insoweit es sich darum handelt, das Epithel abzuheben. und durch sorgfältiges Zerzupfen gut erhaltene Zellen daraus zu isoliren; aber letzteres Verfahren ist für unsern Zweck zu summarisch, auch die vorsichtigste Zerzupfung reisst die Pinselzellen mit ab und maltraitirt sie so, dass von einer überzeu- genden Beobachtung in situ kaum die Rede sein kann. Eben so wenig nützten mir die andern von Boll: empfohlenen Reagentien ; die kalt concentrirte Oxalsäure, welcne nach dessen Angaben zu ener- gisch macerirt, härtete mir im Gegentheil das Gewebe und liess, bei der verschiedensten Einwirkungszeit, das Epithel ungelockert. Die Mischung der Oxalsäure mit Jodserum macerirte freilich, erhielt aber die Zellenformen sehr mangelhaft, noch mehr war das bei reinem Jodserum der Fall. Nicht besser halfen mir andre Mittel, Mole- scehott’sche Kalilösung, Jodserum-Glycerin, die M.Schultze’schen schwachen Chromsäurelösungen u. a. m. — Die besten und die ein- zigen wahrhaft schönen Erfolge hatte ich mit einer Mischung von Jodserum und Müller’scher Lösung, oder gleich gut mit 2°/sigem Kali bichromicum, welche ich der Anregung des Hrn. Prof. F. E. Schulze verdanke, und in dem Verhältniss von 6 Th. Jodserum zu 4 Th. Kali bichrom., bis zu halb und halb hinauf, am Besten fand; die Erfolge schwanken unter völlig unberechenbaren Einflüssen zu sehr, als dass sich engere Grenzen stecken liessen. — Da man, Dank dem Jodserum, hier schon Colloidstoffe in der Flüssigkeit hat, so braucht man dafür nicht erst durch Einlegen grösserer Stücke zu sorgen und kann bequemer Weise kleine abgeschnittene Theile wie Fühler, Papillen, für sich maceriren. Die erforderliche Einwir- kungszeit schwankt zwischen 8 bis selbst 36 und mehr Stunden, und man muss sich hier noch mehr, wie bei den meisten Isolations- versuchen, manches vergebliche Probiren gefallen lassen. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 429 Dafür belohnt aber der Erfolg; denn man erhält durch dieses Verfahren bei Elatobranchiern, wie Gephalophoren, an den Orten, wo man im Leben die Haarbündel antrifft, wieder die Träger der- selben in Gestalt von pinselförmigen Zellen isolirt, ganz denen ent- sprechend, welche wir oben bei den Süsswassermuscheln kennen ge- lernt haben. Freilich erzielt man seltener so vollendet schöne CGon- servationen, wie bei diesen mit Kali bichromicum ; die Zellen wer- den durch das Jodserumgemisch leichter verstümmelt, verquollen, und ihre Härchen bleiben nicht immer erhalten. Wo dies alles aber noch in erwünschtem Zustand blieb, sind die Epithelien doch nicht so leicht, wie dort, abzustäuben und man muss etwas mit der Nadel oder der Glasspitze nachhelfen, was für unsern Zweck grosse Vor- sicht erfordert. Doch wie gesagt, die Resultate sind völlig genü- gend. Kine Mantelzacke von Mytilus oder ein Fühler von Planor- bis sind die Objecte, an denen ich sie immer noch am Leichtesten gewonnen habe. Bei Mytilus edulis finden sich die pinselförmigen Zellen (Fig. 15) ganz ähnlich in der Körperdecke verbreitet, wie bei den Najaden und Unioniden; den Mantelrandpapillen dieser Muscheln entsprechen hier, als häufigster Fundort jener Zellen, wie ja auch morphologisch, die zahlreichen Zacken des ganzen hinteren Mantelrandes, an denen wir ihren Haarspitzen schon im Eingang begegneten. Die Zellen sind hier kleiner, wie bei jenen Muscheln, wie das auch bei den übrigen Epithelzellen je an entsprechenden Orten der Fall’ist; das Köpfchen, das sich meistens mit starker Anschwellung hervorhebt und mehr kegelförmige Gestalt hat, ist selten über 0,0025 mm. diek oder über 0,0035 mm. lang, die Haare sind fast überall länger und meist feiner, wie bei den Süsswasserbivalven; die Stiele dünn und die Kerne gewöhnlich kleiner. Pigment fand ich nur selten und wenig am Kern, manchmal ein paar Körnchen dem Stiel oder Köpfchen äus- serlich anhaftend. Aus der Zahl der Siphoniden konnte ich nur Mya truncata ge- nauer untersuchen, welche bezüglich der übrigen Hautstellen, nichts vom Gesagten Abweichendes bietend, einzig am Sipho em eigen- thümliches Verhalten zeigt. Am Ende um die Kiemenöffnung des- selben stehen eine Menge flimmerloser, nur schwach pigmentirter und sehr stark contractiler Papillen, welche bei ausgestrecktem Sipho sich weit hervorschieben und, wie tastend, im Wasser umherlangen. Da sie den gleichen Papillen der kurz-siphonigen Muscheln (Dreis- 430 Flemming: sensia, Fig. 2) sehr ähnlich sind, so war ich um so mehr erstaunt, an ihnen nicht nur im contrahirten Zustand, sondern auch im aus- gestreckten (eine kleine Mya lässt sıch ganz gut lebend unter dem Mikroskop beobachten) keine Spur von Haarbündeln oder sonstigen Spitzen den glatten Cuticularsaum überragen zu sehen. Die Isola- tion, welche hier äusserst schwer und nur mit fast reinem Jodserum, dem wenige Tropfen Kal. bichrom. zugesetzt sind, zu machen war, zeigte gleichwohl zwischen den Gylinderepithelien ganz ähnliche Ge- bilde, wie die beschriebenen Pinselzellen — nur dass ihnen die Här- chen fehlen (Fig. 15). Es ist zwar wohl möglich, dass ganz kurze Haarspitzen, welche den Cuticularsaum im Leben nicht überragen, aus dem Köpfchen vorstehen mögen, derartiges liess sich aber bei der hier nothwendigen, energischen Maceration nicht erhalten und nur mänchmal zeigte sich an der Endfläche des Köpfehens etwas verschwommene, vielleicht nur hervorgequollene Masse. Da Mya übrigens ihren Sipho oft förmlich in Schlamm oder Sand hinein- steckt, so würden längere Haarspitzen diesen Insulten leicht zum Opfer fallen. Bei Tellina scheint es sich ähnlich zu verhalten. Indem ich mich jetzt zu den cephalophoren Mollusken wende, zwingen mich leider die Lücken meines Materials , mehrere Ordnungen derselben, die Pteropoden, Opisthobranchier und Heteropoden zu überspringen und gleich bei den Prosobranchiern anzulangen. Trotz dieses Sprunges finden wir unsere Zellen hier in einer Form wieder, welche der bei den Acephalen beschriebenen bis zum Verwechseln ähnlich ist. Von dem Verhalten der Haarbündel im Leben und ihrer Zusammensetzung kann man sich nirgends so leicht überzeugen, wie an dem abgeschnittenen Fühler einer Neritina fluviatilis (Fig. 4 und 5) ') oder Paludina impura. Die Zellen, welche man als deren Trä- 1) Claparede (a.a.O.p. 130) lässt es unentschieden, ob die Borsten am Neritinenfühler bei gewöhnlichem Zustande zurückgezogen bleiben und erst bei-contrahirtem hervorgestossen werden. — Lässt man eine kleine Neritina in einem Wassertropfen an eine dünne Glasplatte kriechen, so kann man sie, Schale nach unten, bequem in den Focus des Mikroskops bringen und sieht, wenn sie die Fühler einmal nicht stark bewegt, sehr deutlich, dass auch bei längster Ausstreckung derselben die Haarbündel gerade so hervorstarren, wie während der Contraction. — Die Fühler sind flimmerlos, wie Claparede mit Recht gerenüber Moquin-Tandon angiebt; nur zuweilen finden sich, nicht bei jedem Thier, am Fuss der Fühler kleine flimmernde Inseln, deren Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 431 ger mit dem Jodserumgemisch darstellt, zeigen sich durchaus den früher beschriebenen entsprechend; nur manchmal wie am Füh- ler von Neritina (Fig. 20 p) sind sie von mehr gedrungener, fast flaschenförmiger Gestalt — von einer Verwechselung mit Flimmer- zellen kann hier deshalb nicht die Rede sein, weil (s. Anm. p. 430) an diesem Orte keine Flimmern vorkommen. Bei andern Thieren , wie Paludina vivipara und impura, Litorina litorea und Rissoa, nähern sich die Zellen in ihrer Gestalt noch mehr den bei Mytilus beschriebenen. Ganz Gleiches finden wir wieder bei den Wasserpulmonaten. Eine der zwerghaften Planorbis-Arten (z. B. vortex) ist mit das schönste Objeet, um am ganz in den Focus gebrachten Thier oder am abeeschnittenen Kopf die Haarbündel der Fühler während des Lebens zu betrachten (Fig. 8, 9). Sie sind nicht so massig wie bei Neritina, aber trotz ihrer Dünne lässt sich auch noch hier bei ge- nauer Einstellung, die Zusammensetzung des optischen Querschnit- tes aus Pünktchen darthun und von der Spitze an, bei successiv tieferer Einstellung, nach unten verfolgen. Die Fühler und Mantel- ränder der Planorbis-Arten (corneus, marginatus, carinatus, vortex) sind besonders reich an Borstenbündeln. Doch nahezu so häufig findet man sie auch bei Lymnaeus stagnalis (Fig. 15) und ovatus, Physa hypnorum und fontinalis und anderen im Wasser lebenden Lun- genschnecken. Bei manchen, und zwar besonders bei alten Indivi- duen von Lymnaeus, Planorbis, auch Paludina zeigen sich die Bündel übrigens besonders kurz und abgestutzt, so dass man sie zwischen den längern Flimmern nur mit Mühe entdeckt. Sie ver- bergen sich deshalb, wenn die Flimmerbewegung still steht oder durch Reagentien sistirt ist, ganz zwischen den Wimpern; so lange aber diese noch schlagen, markiren sie sich sehr deutlich durch ihre Ruhe und man kann an ihren Spitzen, wenn sie ab und zu von Flimmern unverdeckt sind (Fig. 13), sehr gut ihre Zusammen- gesetztheit sehen. Zugleich will ich aber mit Rücksicht auf Fig. 13 bemerken, dass am Fühler von Lymnaeus nicht immer die dort gezeichneten Flimmerhaare zu finden sind, sondern öfter auf grös- seren Strecken seiner Oberfläche fehlen, welche dann nur von den Cilien aber stets weit kürzer sind, als die Haarbündel; Aehnliches hat Boll von Ancylus lacustris mitgetheilt. 452 Flemming: kurzen, stumpfen starren Haarbündeln überragt werden. Die For- men der Pinselzellen bei den genannten Schnecken weichen so we- nig von dem früher Geschilderten ab, dass ich auf die Figg. (10, 14, 21) verweisen kann. Zu bemerken bleibt nur, namentlich für Lymnaeus, dass die Stiele hier öfter eine sehr bedeutende Länge zeigen, indem sie an Macerationspräparaten sich bis auf 0,03 Mm. lang darstellen ; so dass die Kerne hier jedenfalls oft tief im Gewebe stecken. Die Verbreitung an der Oberfläche des Gephalophorenkörpers ist, wie es Boll in Bezug auf die Borstenhaare durchaus zutreffend angiebt, der Art, dass man die Pinselzellen überall am dichtesten stehend an dessen Fühlern antrifft, demnächst am vorderen Mantel- rand, besonders an den lappenartigen Anhängen bei einigen Vor- derkiemern, und vorderen (auch dem seitlichen und hinteren) Fuss- rand, minder dicht gestellt am Kopf und auch an der Fusssohle. Damit soll nicht gesagt sein, dass sie an anderen, freien Stellen der Haut, z.B. an den Seitenflächen des Fusses, ganz fehlen. Ihr Vor- kommen bindet sich auch bei den Pulmonaten nicht etwa an die Anwesenheit von Flimmerepithel, auch an flimmerlosen Stellen, wie am hinteren Fussrand von Physa fontinalis, haben sie ihren Platz. An den Fuss- und Mantelrändern der landbewohnenden und amphibischen Schnecken — Limax agrestis, Arion ater, Suceinea amphibia und verschiedene Helix-Arten sind die von mir untersuch- ten — scheinen die Verhältnisse ganz dem zu entsprechen, was bei den Wassermollusken Statt hat. Die starren Spitzen, die man hier am frisch abgeschnittenen, in Jodserum untersuchten Object antrifit, stehen nur etwas seltener wie bei jenen, sind sehr kurz und meistens so fein, dass es in der That sehr guten Lichtes, sehr sorgfältiger Benutzung desselben und stärkster Systeme bedarf, um sich ihre Zusammensetzung aus mehreren, meist eng aneinanderlie- senden Härchen vor Augen zu führen (Fig. 16). Die Maceration, welche hier sehr viel Widerstand findet, hat mir noch keine Pinselzelle mit erhaltenen Härchen gezeigt, wohl aber Stiele mit daranhängen- den Köpfchen ohne Haare; und ich zweifle nicht, dass die Letzteren nur dem Macerationsmittel zum Opfer gefallen waren, weil ich unter den isolirten Epithelien sonst durchaus keine finden konnte, welche sich als mögliche Träger der Haarbündel irgendwie kenn- zeichneten. Anders als an diesen Körpertheilen, welche fortwährend mit Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 433 einer feuchten Schleimdecke überzogen, sich unter sehr ähnlichen Verhältnissen befinden wie die haarbündeltragenden Theile der Wasserpulmonaten, verhält es sich an den einstülpbaren Fühlern und Ommatophoren der luftlebigen Gastropoden. An ihnen, wenn man sie, frisch in Jodserum betrachtet, wird der dicke Cuticular- saum der cylindrischen, unbewimperten Epithelzellen auch nicht durch eine einzige Haarspitze überragt, und ebenso wenig lässt sich zwischen dem Epithel, sei es an den Seiten oder an der vor- dern knopfartigen Anschwellung die am obern Fühler das Auge trägt, im frischen Zustand irgend etwas erkennen, das man als eine Sinueszelle ansprechen könnte. — Und dennoch ergiebt ein anhal- tendes, fünf Tage und mehr erforderndes Maceriren in dem Jod- serumgemisch, dem gewöhnlich noch etwas vorsichtige mechanische Bearbeitung zu Hülfe kommen muss, dass sich zwischen diesem Epithel, und zwar besonders an jenem vorderen Knöpfchen, eine Menge kleiner Gebilde versteckt hält von so grosser morphologi- scher Aehnlichkeit mit den Pinselzellen, dass ihr Anblick sofort an diese erinnern muss (Fig. 17, 19, 21). Nur tragen sie hier, wie an den Siphopapillen vom Mya, keine Härchen ; sie sind sehr klein — die Dicke des Köpfchens beträgt im Mittel nur 0,0015 Mm.; und dessen Form ist dadurch eigenthümlich, dass es nach vorn stark eingeschnürt ist und sich erst ganz am vorderen Ende wieder zu einer breiten Endscheibe verdickt; das Ganze ähnelt in der Form also einer langen, henkellosen Vase mit kurzem und dünnem Halse (Fig. 17, 21). In der Axe des Köpfchens konnte bei manchen derselben (Fig. 21) ein etwas anders, als die übrige Masse, lichtbrechender Streif unterschie- den werden, welcher jedenfalls nicht auf eine Längsfaltung der pe- ripherischen Schicht zu schieben ist, denn er zeigt sich bei der mittleren Einstellung, bei welcher die Randcontoure des Köpfehens am Schärfsten dastehen, auch am deutlichsten. Man könnte nun etwa daran denken, dass man es hier mit zusammengefallenen Becherzellen zu thun haben möchte. Becher- zellen kommen allerdings in diesem Epithel vor; und es ist durch Eimer (Ueber Becherzellen. Virch. Arch. Bd. 42) nachgewiesen» dass die Becher bei Wirbelthieren eine Art Vasengestalt haben. Jedoch einmal scheint sich an den Bechern der Molluskenhaut diese Form nicht wiederzufinden; sodann spricht gegen jene Auffassung schon die Winzigkeit der fraglichen Gebilde, und endlich könnte man dann. doch erwarten, wenigstens in einigen noch Spuren der 434 _ Flemming: glänzenden körnigen Masse anzutreffen, welche sonst die Becher an- füllt; das ist nie der Fall. Der starke Nervenstamm, welcher in den Helieidenfühler läuft, schwillt bekanntlich, am oberen Fühler nach Abgabe des Nerv. opti- cus, in dem Endknopfe zu einem Ganglion an. In dessen Periphe- rie findet sich, schon dicht unter den Füssen der Fpithelzellen lie- gend, eine Menge jener kleinen spindelförmigen Ganlienzellen, wie sie Leydig (Ztschr. f. wiss. Zool. 1851, p. 325) von Carimania be- schrieb, welche sich mit ihren Ausläufern durch Zerzupfen leicht darstellen lassen (Fig. 19, 1). Die peripherischen Ausläufer treten nun, oft nach nochmaliger Kernanschwellung, ins Epithel hinein '); reisst man ein Stück des noch zusammenhängenden Cylinderepithels ab, so sieht man zwischen den Füssen seiner Zellen diese abgerisse- nen Ausläufer als ziemlich lange Fasern hervorhängen (Fig. 19, 2). Und wenn man an einem macerirten Fühler die Cylinder entfernt, und das freigelegte Gewebe leicht mit der Nadel angerissen hat, so findet man aus dem letzteren eine Anzahl der spindelförmigen Nerven- zellen mit ihren, länger oder kürzer abgerissenen Ausläufern, heraus- ragen — unddaneben und dazwischen noch einige der Köpfchen, mit ihrem Stiele einer spindelförmigen Zelle aufsitzend, welche jenen Spin- deln durchaus gleich sieht (Fig. 17). Es sind nicht viele derartige Prä- parate, welche mir bisher gelangen, denn die Köpfchen reissen sehr leicht ab; aber die gewonnenen genügen mir völlig um mich über- zeugt zu halten, dass die ins Epithel tretenden Nervenfasern hier alle in diesen Gebilden endigen. Es zeigt sich auch die Zahl der abgerissen herumschwimmenden Köpfchen an solchen Präparaten durchaus gross genug um der Zahl der Nervenfasern zu entspre- chen, welche zwischen die Cylinderzellen hineinlaufen. Hoffentlich werden andere Methoden mir noch strietere Beweise in die Hand geben. Wir haben im Obigen das Vorkommen der pinselförmigen Zellen in der Oberhaut der Mollusken von den Acephalen an, bis 1) Keferstein in Bronn’s: Klassen und Ordnungen der Weichthiere, p. 2102; »diese Nerven lassen sich vielfach zertheilt bis zum Cylinderepithel der Tentakelspitze verfolgen und bisweilen schien uns, als ob sie dort noch eine kleine Zelle in ihren Verlauf aufnehmen und dann in einen feinen Faden auslaufen. « Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 435 hinauf zu den Pulmonaten, constatiren können. Da sie sich bei so weit im System auseinanderstehenden Weichthieren so durchaus ähnlich zeigen, so halte ich den Schluss nicht für zu kühn, dass sowohl bei den niederen Ordnungen der Cephalophoren, als auch bei den Cephalopoden gleiche Verhältnisse obwalten werden. Wie es sich bei den tiefer stehenden Acephalen verhält, darüber wage ich noch keine Vermuthungen !). Der arme Strand von Warne- münde hat mich bezüglich all dieser Ordnungen bisher ohne Ma- terial gelassen. Was sind nun diese Zellen, und welcher Funetion dienen sie? Von den Flimmerzellen sind sie verschieden; eine andere Art von Wimperepithel können sie nicht darstellen, weil ihre Härchen eben nicht wimpern, sondern starr sind. Es wäre höchstens die Annahme möglich, dass sie etwa junge Flimmer-Zellen seien ; man könnte sie allenfalls machen mit einseitiger Berücksichtigung des Verhaltens bei Najaden und Unioniden, wo die Pinselzellen stark in ihrer Grösse und Länge differiren, und die grössesten sich darin den kleinsten unter den Flimmerzellen nähern. Doch diese Annahme würde zu grossen Ungereimtheiten führen. Will man sich auch wirklich denken, dass solche junge etwa aus der Tiefe nachgewach- sene Flimmerzellen ihre Wimpern, nachdem sie die Oberfläche er- reicht haben, eine Zeit lang noch still und starr stehen lassen; so wäre es doch sehr wunderbar, dass diese ruhenden Wimpern an vielen Orten länger,'an andern gleich lang, am dritten kürzer sein sollten als die Cilien des umstehenden Epithels. Ferner müssten unsere Zellen dann doch überall gleich verbreitet sein, wo sich wim- perndes Epithel zeigt, und nicht an Fühlern, Mantelrändern u. s. w. weit häufiger als anderswo; und vor Allem, sie müssten doch dort, 1) Nur die Bryozoen (Aleyonella fungosa) habe ich mit in Untersuchung gezogen. Alecyonella trägt allerdings an den Tentakeln, zwischen deren Flim- mern an der Innenseite und an der nackten Aussenseite, starre Haare, welche bereits von Nitzsche (in Reichert u. du Bois-Reymond Arch. 1868. p. 489 ff.) snd: an der Innenseite stehen sie in Bündeln von 2—6, an der Aussenseite treu beschrieben scheinen sie einzeln zu sein. Sie sind übrigens länger und auch feiner, als die Haare der Pinselzellen bei den höheren Mollusken zu sein pflegen. Es ist mir bisher nicht möglich gewesen, die Zellen, denen sie auf- sitzen, bei Aleyonella zu jsoliren, der Art, dass sie erhalten blieben; und ich will daher kein Urtheil abgeben, ob wir es hier mit den Pinselzellen analogen Gebilden zu thun haben. 436 Flemming: wo ein flimmerloses Cylinderepithel steht, ganz fehlen oder haarlos sein, hätten also z.B. am Fühler von Neritina, am hinteren Fussrand von Physa, an den Siphopapillen von Dreissenia nichts zu suchen, wo wir sie gleichwohl in eclatant behaarter Form antreffen. — Man sieht, es wird nichts übrig bleiben als auch jene Annahme zu den unmöglichen zu verweisen, und die pinselförmigen Zellen als eigen- artige Epithelgebilde anzusprechen. Dann aber habe ich auch allen Grund, sie als Neuroepithelien aufzufassen. Wenn schon die früheren Beobachter der »Borsten- haare« in diesen Nervenendigungen vermuthet haben, so ist man jetzt um so mehr dazu berechtigt, wenn man die Gestalt der Zellen und ihren Zusammenhang mit einem feinen, tief aus dem Gewebe kom- menden Faden in Betracht zieht. Ein ähnlicher Zusammenhang mit der Gewebstiefe ist bisher von keinen anderen, als von Nerven- epithelien bekannt — abgesehen von Becherzellen, von denen hier nicht die Rede sein kann. Dass nun der Faden eine Nervenfaser, sei es Primitivfibrille oder Fibrillenbündel, darstellt, das kann ich freilich nicht beweisen. Er zeigt, wie gesagt wurde, an Präparaten, die mit Kali bichrom. und Osmium behandelt wurden, häufig mehr oder weniger regelmässige , knötchenförmige Anschwellungen, das Gleiche was bei derselben Behandlung öfter an den Nervenfasern der CGentren und peripherischen Stränge der Mollusken beobachtet wird; das giebt auch schon Buchholz in seiner grossen Arbeit (üb. d. Bau des Centralnervensystems der Süsswassermollusken. Müll. Arch. 1863) von den feinsten Fasern der Centren an. Regelmässige spindelförmige Varicositäten konnte ich an Molluskennervenfasern bisher nirgends herstellen. Ich weiss wohl, dass eine unregelmäs- sige Varicosität kein Beweis- für die nervöse Natur eines Fadens sein kann, wollte aber hiermit constatiren, dass regelmässige wahr- scheinlich hier überhaupt nicht zu verlangen sind. Es musste versucht werden, am frischen Gewebe und an Schnitt- präparaten über den Zusammenhang mit Nerven Näheres zu ermit- teln. Aber die feinen pheripherischen Nervenfassern der Mollusken sind sehr blass; man wird sie am überlebenden Object nur bei sehr durchsichtigen Thieren, wie Carinaria, verfolgen können, und solche standen mir nicht zu Gebot. Da den Molluskennerven ausserdem das Mark und selbst die Schwann’sche Scheide fehlt, so versagt auch die Färbung durch Osmium ihren Dienst. Die Osmiumsäure, von Boll für die Herstellung von Schnitten mit grossem Recht empfohlen, leistet Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 437 Unvergleichliches in der Härtung sowohl des Epithel- als des Bin- degewebes der Mollusken ; aber auch die feinsten Schnitte, die sich durch ihre Hülfe anfertigen lassen, demonstriren nichts Sicheres über unsere Frage. Die Epithelien sind an solchen Präparaten zwar ganz erhalten, aber immer in ihrer Form so weit alterirt, dass sich über ihre feinere Beschaffenheit nicht viel ermitteln lässt; auch Boll, welcher (p. 55) an einem Osmiumpräparat von Arion zwei Borstenhaare mit in den Schnitt bekam, giebt selbst an, dass er über ihr Verhältniss zu den epithelialen Elementen nicht ins Klare kommen konnte. So ging es mir auch. Und die feineren Aestchen der peripherischen Nerven markiren sich an solchen Präparaten sehr wenig. Man sieht zwar eine Menge feiner Fasern ans Epithel hinanlaufen, welche wohl Nervenfasern sein könnten, wie und wo sie aber enden, das lässt sich mit Sicherheit nicht ausfindig machen. Ebenso wenig hat mir die Goldmethode bei den Molluskennerven bis jetzt überzeugende Erfolge gegeben. — Ich hoffe mit diesen Bearbeitungsweisen noch bessere Resultate zu erreichen, hoffe aber auch, dass inzwischen das auf anderem Weg Ermittelte genügen wird, um die Deutung der Pinselzellen als Neuroepithelien zu rechtferti- gen. Wenigstens scheint es mir leichter diese Annahme zu machen, als im anderen Fall die Frage zu beantworten: Was sie denn sonst sein sollen? Ich halte mich auch nach allem Obigen einigermassen berechtigt, überall da wo in der Molluskenoberfläche starre Haarbündel, oder selbst solche »Borstenhaare«, deren Zusammengesetztheit sich nicht sicher erkennen liesse, gefunden sind oder sich noch finden werden: überall dort Zellen der hier beschriebenen Art als ihre Träger vor- aussetzen. h Im Wege stände mir dabei freilich jenes, nach eigener Angabe, einzige Resultat von Boll (a. a.0. p.55, Fig. 28), wo aller- dings von Arion ater ein ganz solides Borstenhaar darstellt ist, das direet die Spitze einer vorn verjüngten Epithelzelle bildet. Ich kann nicht beabsichtigen, eine Angabe dieses Forschers in Zweifel zu ziehen ; ich halte für möglich, dass jene Abbildung einer etwas her- vorgezerrten Pinselzelle entsprechen mag, von welcher das Köpfchen abgebrochen war: — wie solche mir selbst anfangs oft das Bild einer »borstenhaartragenden Zelle« vorgetäuscht haben (vgl. z. B. meine Fig. 18 und Fig. 10z); aber ich kann dies nur vermuthen, nicht behaupten. Es mögen bei Arion, &s mögen vielleicht noch 438 Flemming: anderswo Sinnesepithelien vorkommen, welche in einfache Borsten enden; ich kann nur sagen, dass mir bisher bei sorgfältigstem Su- chen keines aufgestossen ist, und dass sie dann, den mehrhaarigen Sinneszellen gegenüber, eine sehr schwache Minorität bilden müssten. In dem Epithel der Körperstellen, wo man den Haarbündeln begegnet, hat mir vielfaches Suchen ausser ihnen fast keine ande- ren Zellgebilde vor Augen geführt, welche man aus irgend einem Grunde für Neuroepithelien halten könnte ’). Ich sage fast keine; denn man trifft am lebenden Objeet manchmal vereinzelte sehr feine Haare, entweder scheinbar einzeln, oder zu zwei bis vier stehend; sie sind immer sehr lang, beweglich durch die Flim- merströmung, und dünn bis fast zur Unsichtbarkeit, und gleichen sehr den Härchen an den Tentakeln der Bryozoen, deren oben p- 435 in der Anmerkung Erwähnung geschah. Ich fand sie bisher an einzelnen (durchaus nicht allen) der hinteren Mantelpapillen von Anodonta, wo denn auf je einer Papille immer nur ein solches Haar zu stehen scheint, und am Mantelrand von Mytilus ; die isolirte Dar- stellung der Zellen, denen sie aufsitzen mögen, gelang mir noch nicht, und ich will es nicht entscheiden, ob diese zu den pinselför- migen Zellen gehören mögen —- deren Härchen allerdings auch in der Dicke und Länge schwanken — oder ob sie eigenartige Zel- len, und in diesem Fall wohl auch Sinneszellen sind. Dann ist. ihre Zahl aber jedenfalls verschwindend klein gegenüber Jenen. — Sonst hat man eben im Epithel hier nur indifferente Cylinder- 1) Ich gedenke hier nieht näher der von Boll (a. a. O. p.50 u. a.) beschriebenen becherfö zmigen Sinnesorgane, einmal weil sie nach dessen Beschreibung etwas, von dem Object dieser Abhandlung durchaus Ver- schiedenes darstellen, und dann auch, weil ich sie bis jetzt nirgends gefun- den habe. Boll giebt an, dass sich an den Tentakeln, dem Mantelrand, der Umgebung des Mundes bei vielen Mollusken zwischen gewöhnlichen Epithelien Lücken finden, die Breite einer indifferenten Epithelzelle meist etwas über- treffend, aus denen eine Menge kurzer glänzender Spitzen hervorragen. So stellt er sie uns auch in seinen Zeichnungen dar und giebt in denselben die Contoure der Zellenbündel, aus welchen das Organ bestehe, durch das Epithel hindurch aufs deutlichste an. Die Zeichnungen beziehen sich übrigens alle nur auf Opisthobranchier und Heteropoden, deren ich keine beobachten konnte. An den betreffenden Körpertheilen aller der hier untersuchten Ce- phalophoren (ebenso bei den Acephalen) vermochte ich noch durchaus Nichts aufzufinden, was der oben efttirten Darstellung entsprochen hätte. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 439 oder Flimmerzellen, Becherzellen — die übrigens an den Fühlern und Papillen,. auch den freien Rändern der Mäntel seltener sind wie an anderen Stellen — und dazwischen, in einer Anzahl, von wel- cher die Abbildungen einen Begriff geben können, die Zellen mit den starren Haarbündeln. Wenn also die Körpertheile, an welchen das so ist, besonders stark für eine Art der Sinneswahrnehmung befähigt sind, so liegt der Schluss sehr nahe, dass wir in diesen Zellen die Organe derselben vor uns haben. Und wenn ich danach in ihnen die Endzellen der Tastnerven vermuthe, so scheint mir das nicht sehr gewagt mit Hinblick auf die Voraussetzungen, welche schon früher, ohne die Kenntniss dieser Endgebilde, über die Function der Körpertheile gemacht worden sind, an welchen sie sich finden. Man hat allgemein die Fühler und Tentakeln, nächstdem die Mantel- und Fussränder der Cepha- lophoren, man hat die Papillen der Siphonen und Mäntel, die Mund- lappen und Füsse der Acephalen theils vermuthungsweise, theils auch mit Sicherheit als Träger des Tastsinnes aufgefasst !), und gewiss mit Recht, Dass die Vorderkiemer und Wasserschnecken z. B. mit ihren Fühlern tasten, d. h. sich durch mechanische Be- rührung Eindrücke zu verschaffen suchen, wird bei der Beobach- tung der lebenden Thiere nicht zweifelhaft bleiben. Bei den La- mellibranchiaten aber sind gerade die Theile des Mantels, des Sipho, der Kiemen, welche dem eintretenden Strom des Athemwassers und dem von den Kiemen zum Mund ziehenden Nahrungsstrom Stirn bieten, die Hauptsitze unserer Sinneszellen, deren Haarpinsel mit den im Wasser suspendirten Körpern jeden Augenblick in Berüh- rung kommen müssen. Berührt man die ausgestreckten Siphopa- pillen des lebenden Thieres, oder lässt einen grössern Körper ge- gen sie anschwimmen, so löst dieser Reiz meistens sofortiges Schlies- sen der Schaie aus. — Auch haben schon die früheren Beobachter der Borstenhaare, Claparede, Leydig und Boll, mit grosser Wahrscheinlichkeit in denselben Vermittler des Tast- und Gefühls- sinnes vermuthet. Wenn ich trotzdem die pinselförmigen Zellen in der Ueberschrift nicht mit dem Namen von Tastzellen versehen habe, so unterblieb das, weil ich den strieten Beweis für diese ihre Natur eben nicht 1) Ich verweise auf die bezüglichen Ausführungen Bronn’s und Ke- ferstein’s in Bronn’s: Klassen und Ordnungen der Weichthiere. 440 Flemmine: führen könnte, und weil noch ein anderes Bedenken im Wege steht. Für alle anderen Sinne hat die neuere Forschung das Vorhanden- sein terminaler, dem Epithelgewebe angehörender Endnervenzellen als durchgehendes Princip festgestellt; nur der Tastsinn ist darin bisher zu kurz gekommen, so sehr man für ihn a priori Gleiches vermuthen müsste. Noch wird vielfach angenommen, dass die End- organe seiner Nerven meist unter der Haut im Bindegewebe liegen, wenn auch für viele niedere Thiere (Arthropoden, Würmer) durch Leydig’s und Anderer Forschungen die Lage von solchen in der äusseren Körperdecke selbst so gut wie erwiesen wurde. Erst in neuerer Zeit hat Langerhans (Virch. Arch. 43) über das Vor- handensein von Endzellen der Tastnerven in der menschlichen Haut, im Rete Malpighii, Kunde gegeben. Aber eine so wesentliche Stütze ich darin für meine Ansicht finden kann, ich würde immer den Ein- wurf nicht ganz zu entkräften vermögen, dass die hier behandelten Ge- bilde etwa ebensogut Riechzellen, Geschmackszellen !), Perceptions- mittel für den Wellensinn oder Organe irgend eines sechsten oder siebenten Sinnes sein könnten, dessen sich die Mollusken uns unbe- wusst noch erfreuen mögen. Ob für die Gebilde, welche im Fühlerepithel der Landschnecken beschrieben wurden, ebenfalls der Name von Tastzellen Berechtigung haben kann, darüber erlaube ich mir noch kein endgültiges Urtheil. Die Fühler, untere und auch die oberen neben ihrer Eigenschaft als Ommatophoren — sind von den meisten Seiten als Tastorgane be- trachtet worden, von Einigen sind ihnen freilich auch andere Func- tionen untergelegt (Geruchsorgane, Moquin-Tandon). Man kann sich jeden Augenblick überzeugen, dass die Landschnecken mit ihren kleinen Fühlern — mit den grossen weit seltener — Gegenstände berühren; diese Berührungen geschehen aber einmal in grossen Pau- sen — zwischendurch suchen die Fühler in der freien Luft herum —, und sie sind ferner ganz momentan, — gleich nach erfolgtem Contact zieht die Schnecke blitzschnell den Fühler zurück, sie sucht sich 1) Das Geruchsorgan der Pulmonaten ist allerdings mit hoher Wahr- scheinlichkeit in dem von Semper (Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. 8 p. 366) ent- deckten und nach ihm benannten Organ zu suchen. und als Geschmacksor- gane kann man mit Boll die von ihm bei Cephalophoren gefundenen becher- förmigen Organe ansprechen. Wenn sich das durchgreifende Vorkommen beider, oder analoger Dinge, bei allen Mollusken feststellen lässt, so würde das eine weitere Stütze für die Deutung der Pinselzellen als Tastzellen abgeben. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 441 durchaus nicht durch wiederholte und längere Berührung einen Ein- druck des Objects zu erwerben — jedenfalls eine eigenthümliche Weise zu tasten. Es wird endlich nahe liegen, auch jene Borsten in vergleichende Betrachtung zu ziehen, welche bei Würmern, Infusorien und andern niedern Thieren auf der Haut gefunden und zu denen die »Borsten- haare« der Mollusken schon von ihren ersten Entdeckern in Paral- lele gebracht sind. Als wahrscheinliche Tastorgane mögen sie dies gewiss verdienen; ob auch morphologisch, das scheint minder an- nehmbar. Bei den Mollusken haben wir eine Decke von Epithel- zellen über die ganze Leibesfläche, und darunter eben eigene, indi- viduelle Zellen, welche die Haare tragen; bei jenen Thieren, wo die Borsten beobachtet wurden, wird wenigstens nach allem bisher Auf- gestellten eine homogene Protoplasmadecke des ganzen Körpers an- genommen, welche, wenn überhaupt in einzelne Theilchen, doch nicht in wahre Zellen differenzirt zu sein scheint. Ich habe die Borsten bis- her bei einigen Planarien, Naiden und bei Stentor polymorphus ge- nauer untersucht. Noch konnte nirgends ein Getheiltsein dieser kleinen, feinen Stacheln constatirt werden; übrigens muss hier zur Vermeidung des Druckes das Deckglas so hoch gestützt werden, dass das Arbeiten mit starken Immersionslinsen von kurzer Focaldistanz sehr schwierig wird. Stein vertritt in seinem grossen Infusorien- werk die Auffassung, dass die Borsten bei Stentor polymorphus nur aus dem Körper hervorgetriebene und wieder einziehbare Protoplas- mafäden seien; dies würde ihrer Homologie mit den Haarbündeln der Mollusken einen noch stärkeren Stoss geben. Es wollte mir freilich immer scheinen, als ob die Stacheln bei Stentor stets nur bei einer bestimmten Drehung des fortwährend rotirenden Thierchens, und dann immer eine ganze Reihe zugleich, zum Vorschein kamen, und zwar immer in derselben Länge und Zahl, wie man sie das letzte Mal gesehen hatte; danach darf man vielleicht ebenso gut annehmen, dass sie perennirende Vorsprünge seien und nur in be- stimmten Längsreihen angeordnet am Körper vorkommen. Ich darf schliesslich wohl diese Stelle benutzen, um Herrn Prof. F. E. Schulze für seine freundliche, bereitwillige Unterstützung bei dieser, wie bei andern Untersuchungen meinen wärmsten Dank zu sagen; so wenig ich auch damit von der Erkenntlichkeit abtragen kann, die ich meinem lieben Lehrer immer schulden werde. Es bleibt über die Epithelien der Mollusken, namentlich der 442 Flemming: Acephalen, noch viel zu ermitteln. Bei ferneren Arbeiten auf diesem Gebiet hoffe ich dann, über das Vorkommen der hier behandelten Zellen auch bei den noch nicht berücksichtigten Ordnungen Sicheres feststellen zu können. Rostock, d. 3. Juli 1869. Erklärung der Abbildungen auf Taf. XXV. Das braune Pigment der Epithelien ist überall schwarz angegeben. z. B. in Fig. 11, 20 b. Ueberall. wo sie stehen, bedeuten die Buchstaben: Rio. Fig. 4. h — Haarbündel, ce — Cilien. e — Flimmer- oder Cylinderepithelzellen, cu — Cuticularsaum. Ein Stück hinterer Mantelrand von Mytilus edulis, lebend abgeschnitten in Seewasser. Hartnack Syst. IX a imm., Oe. 1. (Im Folgenden bedeutet die römische Zahl stets das Hartnack’sche System, die arabische das gleiche Ocular.) Bei b eine Becherzelle, Spitze einer Papille des unteren Sipho von Tichogonia polymorpha, lebend abgeschnitten in Wasser. Dje Zeichnung ist eine Combination aus verschiedenen Einstellungen. indem die Haarbündel h! bei Ein- stellung auf den Umriss, die bei h? bei etwas höherer, die bei h? bei höchster. im optischen Querschnitt copirt, die Epithelien überall gleich deutlich angegeben sind. Damit man nicht etwa in den op- tischen Querschnitten die Ausdrücke von Becherzellen argwöhnt, be- merke ich, dass die Einstellung bei ihrer Zeichnung so hoch war, dass man von der Epithelmosaik gar nichts mehr sah. IX imm. 1. Ein Stück vom Umriss einer gleichen Papille derselben Muschel, nach- dem sie in Kali bichromicum (3°/,, 7 Tage lang) macerirt und die Cylinderzellen abgestäubt waren. Drei derselben sitzen noch daran neben vier Pinselzellen. IX imm. 1. Fühler von Neritina fluviatilis, lebend abgeschnitten in Wasser, Einstellung auf den Umriss. Es sind ausser den Haarbündeln nur die Falten, in die sich der Fühler gelegt, und die durchschimmernden Muskeln m etc. angedeutet. VII, 1. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken. 443 10. IR 12. 13. 14. 15. 16. 7. 18. 19. Ein Stück Umriss derselben Fühlerspitze mit IX imm. 1. Unteres Ende eines Kiemenstäbchens von Mytilus edulis, in der Längsaxe des Kiemenblattes gesehen, mit der Rinne r. Bei c,, c, sind die seitlichen Flimmerreihen angedeutet. Zwei von den 5 Haarbün- deln in passiver Mitbewegung. VII, 2. Gllien und Haarbündel desselben Kiemenstäbchens, nach Zusatz von etwas wässriger Jodlösung. VII, 3. Fühlerspitze eines kleinen Planorbis vortex, ganzer Kopf lebend abgeschnitten unter gestütztem Deckglas. (Der Fühler war dabei ganz lang ausgestreckt geblieben.) Einstellung auf den Umriss, k Kalkkörper im Gewebe, m durchschimmernde Muskeln, Gefässe, Bin- degewebsnetze. VII, 3. Dasselbe Objeet von oben, bei ganz hoher Einstellung, c optische Quer- und Schrägschnitte der Flimmercilien, h der Haarbündel. G und- lach imm. IX, Hartnack Oe. 1. eingeschobener Tubus. Derselbe Fühler, nach 20stündiger Maceration in Jodserum, 6 Th. zu Kal. bichrom. 2°/, 4 Th., abgestäubt. Wimpern der Epithelzelle et- was verquollen. z eine Pinselzelle mit abgerissnem Köpfchen. IX imm. 3. Papille des hinteren Mantelendes von Anodonta piscinalis, in Kalı bichrom. 4°/, macerirt und halb abgestäubt, das Epithel eben im Auseinanderfallen. An den Epithelzellen e sind theilweis die Wimpern zerstört, theils erhalten. IX imm. 1. Gleiche Papille vom selben Object, ganz abgestäubt und etwas durch Klopfen aufs Deckglas bearbeitet. IX imm., 1. Lymnaeus stagnalis, Fühlerrand mit drei Haarbündeln zwischen den Wimpern. X imm. 1. Derselbe Fühler nach Maceration in dem Jodserumgemisch abgestäubt, isolirte Sinneszellen. IX imm. 3. Mya truncata, Papille des Siphonenendes, mit ganz schwachem Jodserumgemisch macerirt. IX imm. 2. Helix hortensis, vorderer Fussrand frisch abgeschnitten in Jod- serum mit drei kurzen stumpfen Haarbündeln. Gundlach IX imm., Hartnack 1, eing. Tubus. Helix nemoralis, Knopf des unteren Fühlers, in dem Jodserum- gemisch 6 Tage macerirt und leicht zerzupft. Eins der Köpfchen k mit dem Stiel einer spindelförmigen Zelle aufsitzend. IX imm. 2. (S. gleich Fig. 19, 21.) Mytilus edulis, Mantelzacke, in dem Jodserumgemisch 1 Tag ma- cerirt und abgestäubt. IX imm. 3. Helix hortensis, vom unteren Fühler: 1) 2 Nervenzellen aus der Peripherie des Ganglion herausgezupft mit anhängenden Fasern, IX imm. 3. 2) ein Fetzen im Zusammenhang abgerissner Epithelien, zwischen denen unten Fasern heraushängen, IX imm, 1. _M, Schultze. Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. 5. 30 444 Flemming: Die haaretragenden Sinneszellen ete. Fig. 20. Isolirte Sinneszellen und Epithelien. a—l. Anodonta piscinalis; von den Mantelpapillen. a, b zwei der kürzesten und dicksten, die vorkamen (häufigste Form die von d). b, d enthalten etwas Pigment. 1 verschiedene Formen der Köpfchen. k, i Flimmerzellen. a—f und k mit Kali bichrom., g—i ausserdem mit Osmium !/;oo0. behandelt. abeghik bei IX imm., 4, d IX imm., 3, e £ IX imm. 1. In a bedeutet: 1 Rand, 2 Köpfchen, 3 Stiel, 4 Fusstheil mit dem Kern, 5 Faser. m. 3 Pinselzellen von Tichogonia polymorpha und eine Epithelzelle, «@ 8 y vom Mundlappen IX imm. 1, d vom Sipho IX imm. 2. n. Zwei abgerissne Köpfchen und eine Flimmerzelle vom Fühler von Lymnaeus ovatus. Macerationspräparat. IX imm. 4. o. Zwei pinselförmige Zellen vom vorderen Mantelrand von Pla- norbis marginatus, Macerationspräparat. IX imm. 3. & p- Drei Pinselzellen und eine Cylinderzelle vom Fühler von Neri- tina fluviatilis, Macerationspräparat. IX imm. 2. q. Zwei Pinselzellen und zwei Flimmerzellen vom Mundfühler von Anodonta anatina, Macerationspräparat, vor der Abstäubung carminisirt, IX imm. 2. | Fig. 21. Isolirte Köpfchen vom unteren Fühler von Helix hortensis, Gund- | lach IX imm., Hartn. 1. A Je nr Zu u Re en a eu ee Separatabdruck aus M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie Bd. 6. 1869. Die Drüsenschläuche und die Abschnürung der Graaf’schen Follikel im Eierstock. Von Dr. Fr. Plihal aus Pest. Zum Studium der Eier und Graaf’schen Follikel wird ein gutes und leicht zu habendes Material von jungen Kaninchen ge- liefert, deren frische Ovarien einige Stunden lang der zimmerwarmen Luft ausgesetzt, einschrumpfen ; worauf sich mit scharfem Rasirmes- ser feine Schnitte leicht anfertigen lassen, die in einer schwachen Lösung der Müller’schen Flüssigkeit untersucht werden können. Ein auf die Oberfläche vertikal gerichteter Schnitt zeigt, dass die Follikel von der Peripherie gegen das Gentrum an Grösse immer mehr und mehr zunehmen, die Bestandtheile in verschiedenen Ent- wicklungsstadien klar darstellend. Nur frische Ovarien werden bei dieser Methode recht schöne Bilder geben, zur Aufbewahrung jedoch sind die Eierstöcke von dem Hunde und der Katze viel tauglicher; diese liefern erhärtet jene schönen Carmin tingirten Schnitte, wel- che schon von Pflüger !) und von Schrön?) vielfach gepriesen wurden. Die Entwickelung der Eier und Graaf’schen Follikel finden wir in dem klassischen Werke Pflüger’s meisterhaft geschildert ; und obgleich seine Angaben von mehreren Forschern: Borsenkow°), 1) Pflüger: Ueber die Eierstöcke der Säugethiere und desMenschen. Leizig. 1863. 2) Schrön: Zeitschrift für wiss. Zoologie, XII Bd. S. 409 » » Untersuchungen von Molesehott Bd. IX. S. 102 und 209. 3) Borsenkow: Würzbg. naturw. Zeitschr. Bd. IV. S. 56. 446 Hr. -Biihal: Spiegelberg!), His), Letzerich®), Langhans*) und haupt- sächlich von Kölliker 5) Bestätigung fanden: glaube ich doch nichts unnützliches zu leisten, wenn ich diese Arbeit mittheile, welche in gewisser Richtung die bis heut zu Tage veröffentlichten Studien zu ergänzen sucht, indem sie die Entwicklung der ÖOvarien von den embryonalen bis zum reifen Alter in ihren Hauptentwicklungsstadien verfolgt. — Aus dem embryonalen Alter untersuchte ich vorzüglich Kalbs- ovarien (20 an der Zahl. Die Länge der Embryonen schwankte zwischen 14—60 emt., die der Ovarien 5—1l mm. In Bezug auf die Gestalt entsprechen sie gleichgrossen Bohnen mit glatter Ober- fläche und breit gedrückten Rändern. Der Hilus bildet eine läng- liche, dem Nabel einer Bohne ähnliche, tiefgehöhlte Spalte. Die Wände dieser Spalte werden von dem Parenchym gebildet, welches sich an dieser Stelle mundähnlich vertieft. Zwischen den Lippen befindet sich in der Tiefe das die Gefässe einhüllende Gewebe, über welches sich die Fortsetzung der Lippen rindenförmig wölbt. Diese zwei Lagen des Eierstocks, nämlich die Rinden- und Marksubstanz oder das Parenchym und das Hilusstroma (His), pflegen in diesem Stadium bei etwas stärkerem Drucke und besonders nach Wasser- zusatz sich leicht von einander zu trennen, was die Gewinnung fei- ner Schnitte in hohem Masse erschwert. Den Gegenstand meiner Untersuchung bildeten zum grössten Theil frische Ovarien, deren Schnitte ich in Amnioswasser, humor aqueus und Müller’scher Flüssigkeit untersuchte. Auch habe ich mit gutem Erfolg Ovarien einige Tage lang in letzterem Fluidum leicht erhärtet und die gewonnenen Schnitte mit carminsaurem Am- moniak getränkt und in Glycerin untersucht. I. Das mikroskopische Bild ist verschieden nach dem Alter des Embryos. Das jüngste Ovarium von einem 14 emt. langen Kalbs- 1) Spiegelberg: Virch. Archiv Bd. XXX. S. 466. 2) His: Arch. f. mikr. Anat. 1865 I Bd. S. 151. 3) Letzerich: Unters. aus d. phys. Labor. zu Bonn von Pflüger. 1865. 4) Langhans: Virch. Archiv Bd. XXXVII. S. 543. 5) Kölliker: Handb. der Gewebelehre 1867. 548—555. Die Drüsenschläuche u. d. Abschnür. d. Graafschen Follikel i. Eierstock. 447 embryo im ganz frischen Zustande untersucht, zeigte hauptsächlich Zellenbildungen welche, im Gefässnetz hier mehr geordnet da in kleineren oder grösseren Gruppen locker eingestreut, zwischen weni- gem Bindegewebe gelagert waren. Gegen die Oberfläche hängen die Zellen locker zusammen, tiefer gegen den Hilus zu sitzen sie dicht neben einander. Es zeigen sich hier drei Formen von Zellen- bildungen und zwar: grössere, feinkörnige, milchglasähnliche Kugeln von 10—12 mik. Durchmesser, welche hier und da zwei bis vier Kerne von 9—10 mik. enthalten, deren jede ein bis zwei Kernkörperchen von 2 mik. besitzt, anderswo zeigen sich die Kerne isolirt und in grös- serer Zahl Gruppen bildend. Die dritte Form der Zellenbildungen sind hier fein, dort grob punktirte Zellen von 4—6 mik. Durchmesser. Die grösseren, milchglasähnlichen, feinkörnigen Kugeln sind die von einer zarten äusseren Membran umkleideten Dotter, die in ihnen befindlichen, hie und da isolirt liegenden Kerne aber Keimbläschen mit dem Keimflecke; die grobkörnigen kleinen Zellenelemente end- lich Epithelien, die Bestandtheile der sogenannten Membrana gra- nulosa. Diese Zellenbildungen kann man jedoch nur an frischen Prä- paraten deutlich wahrnehmen, damit man von ihrer Anordnung eine klare Uebersicht bekömmt ist es aber dennoch nöthig, die betref- fenden Ovarien einige Tage in oben erwähnter Flüssigkeit zu här- ten. Dann trifft man auf feinen Schnitten Schläuche, die in ein grosskerniges, aber sehr fein gestreiftes Bindegewebe zwischen den Gefässen eingelagert sind. Letztere verlaufen häufig korkzieherähn- lich, anderswo sich in mehreren Richtungen verästelnd. In Bezug auf die Schläuche und ihren Inhalt zeigte sich folgendes: Die Schläuche sind bald engere, bald weitere, hie und da un- regelmässig ausgebuchtete Gebilde, welche bald in grader Richtung gegen den Hilus streben, bald gebogene von dem zelligen Inhalt stel lenweise in verschiedenem Grade ausgedehnte Kränze vorstellen, welche sich vielfach kreuzen. Die Schläuche, welche gegen den Hi- lus zu die ganze Parenchymschicht auszufüllen scheinen, lassen an verschiedenen Stellen ganz kurze von dem Mutterschlauch getrennte Theilstücke sehen, welche alle Eigenschaften der langen Mutter- schläuche theilen und eine berechtigte Schlussfolgerung zur weiteren Vertheilung derselben zulassen. Was den Inhalt der Schläuche anbelangt, muss ich hier um alle Täuschungen und falsche Consequenzen dem Forscher zu er- 448 ter) Birke: sparen, besonders hervorheben, dass zum Nachweis der in Rede ste- henden Binnengebilde gute Mikroskope und feine Schnitte erforder- lich sind, ohne diese Bedingungen kann man leicht unter den extre- men Vorstellungen schwankend zu einem falschen Resultate kom- men. Diesen Anforderungen entsprechend, wird man in den Schläu- chen zweierlei Zellen unterscheiden können, nämlich die sich zur Wand anschmiegenden, gegen äussere Einwirkungen im Minimum Widerstand leistenden, plattgedrückten, runden, mehrkernigen Epi- thelzellen, welche stellenweise in einander übergehen und so ein ho- mogenes Band bilden, anderswo aber schärfer contourirt die charak- teristischen Gebilde des Eierstocks, die Eier, umgeben. Ob die geschilderten Zellen an einer wirklichen Membran auf- sitzen, kann ich vorläufig nicht entscheiden. Bei den erhärteten Präparaten sieht man von den Bestand- theilen der Eier am deutlichsten das Keimbläschen mit dem Keim- flecke, von der Dottermasse kann man in diesem Alter schwer ein klares Bild erhalten. Die Keimbläschen zeigen eine homogen-glän- zende Substanz, welche den stark lichtbrechenden, stellenweise sehr in die Augen fallenden Keimfleck sehen lässt. Ausser den Schläuchen fand ich bei Ovarien dieses Alters keine Eisäckchen. Nach dieser kurzen Schilderung des objectiven Befundes wollen wir uns zu der näheren Betrachtung der erwähnten Gebilde wenden und die Ansichten über den Ursprung und die Bedeutung derselben durchmustern. Die zwei Hauptbestandtheile der Schläuche, nämlich die Epi- thelzellen und die Eier scheinen nach den Forschungen Pflüger’s )), Huschke’s und His auch zweierlei Ursprungs zu sein. Nach den Schlussfolgerungen Pflüger’s stammen die Eier aus den Wuche- rungen des Peritonealepithels; dabei lässt er das Peritoneum aus einer einzigen Epithelialschicht bestehen und erklärt sie für eine Drüse. Obgleich auch ich die das Ovarium umgebende Hülle aus grobpunktirten Epithelzellen bestehend fand, bin ich doch der Mei- nung, dass es sehr gewagt wäre, aus diesem Befund bei Kalbsova- rien aus der Zeit nach der Geburt (Pfl.) auf eine schon in dem frühesten Embryonalalter statthabende Metamorphose der hinein- gelangten Peritonealzellen zu schliessen, und es ist nur von ferneren 1) Pflüger l. c. p. 31-36. Die Drüsenschläuche u. d. Abschnür. d. Graafschen Follikel i. Bierstock. 449 embryologischen Studien in dieser Beziehung ein massgebendes Re- sultat zu erwarten. Huschke !) leitet den Inhalt der Schläuche von dem Epithel der Eileiter ab. Zu diesem Gedanken führte ihn der Befund Meckel’s, dass die Trompeten in einer früheren em- bryonalen Periode den Eierstock umfassen und sich erst später da- von ablösen, von dieser Zeit an zeigt das Ovarium Acini ohne Aus- führungsgänge. Die Forschungen von His?), welche er an kleinen Säugethier- und Hühnerembryonen angestellt, lassen den Schluss zu, »dass das Parenchym der Sexualdrüsen aus den Wolff’schen Kanälen entsteht, während die Hülle der früheren Umgrenzung eines Theiles des Wolff’schen Körpers entspricht, und das Hilusstroma mit seinen Gefässen aus einem Malpighi’schen Knäuel entsteht. In der ersten Anlage gestaltet sich das Verhältniss von Knäuel und Kanälen ähnlich, wie in den Urnieren selbst. Jenes treibt diese spangenartig vor sich her und kommt nun zunächst in Berührung mit der einen Wand, welche blasser wird und sich abplattet, wäh- rend die abgekehrte Wand stärker sich entwickelt. Aus letzterer sehen durch Wucherung die Stränge (Pf. Schläuche) der Eizellen hervor.« Woher die Bestandtheile der Membrana granulosa, die Epithel- zellen der Schläuche? Diese Frage beschäftigt schon seit langer Zeit die Forscher und eben die richtige Auseinandersetzung des Zel- lenursprunges bildet den Kern, um welche sich die Entstehung der Follikel dreht. Hier wollen wir nur auf die Arbeiten Schrön’s und Pflüger’s hinweisen. Schrön?) macht nach seinen von Katzen- ovarien gewonnenen schönen Schnitten den Schluss, dass die Mem- brana granulosa von den modifieirten Bindegewebszellen herrühre, und obwohl er nur zwei Eier frei im Bindegewebe liegend fand, so ist er doch der Auffassung geneigt, dass die Umsäumung derselben von Bindegewebszellen bei der Entwicklung der Follikel der gewöhn- liche Vorgang sei. His*) hat seine Untersuchungen an Präparaten angestellt, welche seit längerer Zeit in chromsaurem Kali und Al- kohol gelegen waren, bei diesen war es ihm unmöglich, den Vor- gang zu verfolgen. Nach Pflüger ’) geht die Membrana granulosa 1) Huschke Eingeweidelehre p. 450. 2) Arch. für mikr. Anatomie I Bd. 1865 p. 158. IPLFT: 4) 1. c. p. 156. 5) l. ec. p. 61—64. 450 Fr. Plihäl: aus kleinzelligen Bildungen hervor, welche bei Kälbern schon ur- sprünglich sich in den Schläuchen befinden, bei der Katze aber an- fangs nur am Grund der Eischläuche liegen. Ich fand bei dem er- wähnten Fail den ganzen Schlauch von Epithel bekleidet, welche aber in geringem Grad widerstandsfähig und bei der Erhärtung leicht einer auffallenden Einschrumpfung unterworfen sind, so dass sie sich verschmälern und mit einander zu verschmelzen scheinen; wie man das auch bei Ovarien säugender Kälber und Hunde nicht selten beobachtet. Um die Abstammung der Bestandtheile der Schläuche richtig anzugeben, fehlen mir weitere embryologische objective Befunde. Wenn man mit Hypothesen zufrieden sein könnte, so würde ich meine Auffassung nach den Forschungen von His dahin formuliren, dass die Epithelzellen (beim Kalb und Kind) schon in der frühesten em- bryonalen Periode die Auskleidung der emporgewölbten Kanäle bilden. Die Structur der Ovarien würde hiernach in diesem Zeit- alter mit der der Parovarien vollständig übereinstimmen, die be- kanntlich auch bei Erwachsenen aus einer gewissen Zahl vom Hilus pinselförmig in den Fledermausflügel ausstrahlender Kanäle beste- hen, welche mit einer einfachen Lage blasser, rundlicher oder cy- lindrischer, flimmernder Zellen bekleidet sind. Erst nach der Ab- schnürung der Knäuel von dem Wolff’schen Körper wird von der umfassenden Hülle eine zellenreiche Membran geliefert, welche als Brutstätte von solchen zelligen Bildungen zu betrachten ist, die nach der Einwanderung in mit Epithel bekleidete Kanäle den Charakter der Eier annehmen. Auch will ich nur ganz kurz andeuten, dass mich zu diesem Wahrscheinlichkeitsschluss der Umstand geführt hatte, dass die Schläuche stellenweise mit ihrer Basis der Hülle des Ova- riums zugekehrt und mit Keimbläschen gänzlich gefüllt sind. Je näher man zum Hilus kommt, desto mehr verengern und verlieren sich die Schläuche. Weitere embryologische Studien müssen dar- thun, ob die Eier in einer bestimmten, sehr frühen embryonalen Periode den höchsten Grad ihrer Vermehrung rasch erreichen und alsdann die fernere Vermehrung aufhört. Die allgemein anerkannte bedeutende Verminderung der Eier in der späteren Altersperiode weist ja sogar mit der grössten Wahrscheinlichkeit darauf, dass später eine grosse Zahl der Eier zu Grunde geht. Ob die, Vermehrung derselben in der frühen Periode durch Theilung und Knospung statt- Die Drüsenschläuche u. d. Abschnür. d. Graafschen Follikel i. Eierstock. 451 findet, will man nach den Angaben Pflüger’s bejahen, doch har- ren die hierfür vorgebrachten Motive weiterer Bestätigung. Nach diesen Auseinandersetzungen will ich meine Betrachtun- gen im Specielleren nach den einzelnen Altersstadien der Embryonen auseinandersetzen. II. Bei einem 24 cmt. langen Kalbsembryo besteht das Pa- renchym hauptsächlich aus vielfach ausgebuchteten Schläuchen, welche Keimbläschen und runde, bald auch abgeplattete Epithelzellen ent- halten. Des zarten Gefüges halber lassen die erwähnten Bestand- theile wenig deutliche Bilder sehen, die in Glycerin aufbewahrt we- gen der starken Aufhellung an Deutlichkeit viel einbüssen. Die schär- fer contourirten Schläuche stellen meistens Theilstücke des ursprüng- lichen Schlauches vor, welche an Grösse sehr verschieden und als Uebergänge zu den mit sehr schmaler Epithelialschicht umsäumten primordialen Eisäckchen aufzufassen sind, welche an Zahl gegen den Hilus wahrnehmbar zunehmen. Beim Vergleich der feingranulirten Keimbläschen mit dem übrigen Inhalt der Schläuche zeigen sie einen bestimmteren Charakter, welcher die Unterscheidung der genannten Gebilde bedeutend erleichtert. Stellenweise sieht man Gruppen von Epithelzellen, welche von mehreren Schläuchen und Primordialfollikeln herrühren, und als arti- ficielle Bildungen, beim Schneiden und Ausbreiten der Präparate hervorgerufen, zu betrachten sind. Das feinfibrilläre Bindegewebe mit seinen schön geformten Ker- nen bildet zwischen den Schläuchen und primordialen Eisäckchen bald engere, bald weitere Balken, die die genannten specifischen Bil- dungen von einander trennen. III. Bei der Untersuchung des Eierstocks von einem 31 emt. langen Kalbsembryo fallen sogleich schwarze Körner auf, welche nicht nur die Corticalzone reich durchsetzen, sondern bis zum Hilus reichen. und die Gewinnung recht deutlicher Bilder erschweren. Das Pa- renchym besteht wesentlich aus dicht gedrängten Schläuchen, die hier breiter, dort enger beginnen, Ausbuchtungen und Einschnürungen zeigen und in ein feinfibrilläres Bindegewebe mit flachen, langgezo- genen Kernen eingebettet sind. Die Schläuche haben an Länge zu-, an Breite abgenommen, und ihr Verhalten zu den Bindegewebsbal- ken deutet auf den Vorgang hin, welcher bei der Theilung der Schläu- 452 FirHPlihäl: che obwaltet. Bei der näheren Betrachtuug sieht man die engeren Schläuche Netze bilden, welche die verschiedensten Windungen machen und von schmalen Bindegewebsbalken umgeben sind, deren Fibrillen longitudinal verlaufen und spärliche Kreuzungen zeigen. Zahlreicher sind die weiteren, aber kurzen Schläuche, die an manchen Stellen neue Beweise liefern für den scharfen Beobachtungssinn Pflüger ’s. Es zeigen sich nämlich in diesen Schlauchtheilen Eier, welche schon von einer Lage Epithels umgeben, das letzte Stadium der Abschnü- rung der Eisäckchen darbieten. Die noch relativ spärlich vorhan- denen Eisäckchen deuten darauf hin, dass der Abschnürungsprocess nur wenig vorgeschritten ist. An den abgesonderten Eisäckchen nimmt man gewisse Veränderungen wahr, welche sich besonders auf die Membrana granulosa beziehen und in der Anordnung der sie bildenden Zellen bestehen. Die Membrara granulosa, welche als Hof den Dotter umgibt, ist entweder nur an einer Stelle oder an zwei gegenüber liegenden Polen bedeutend schmäler. Dies Verhalten der Epithelzellen zeigt auf eine Altersverschiedenheit derselben hin, wel- che durch den von Pflüger !) näher geschilderten Abschnürungs- modus der Primordialfollikel gegeben wird. Allerdings ist der Um- stand einer Erwähnung werth, dass die querdurchschnittenen engen Schläuche ähnliche Figuren darstellen, wie die abgeschnürten Ei- säckchen, und die Unterscheidung derselben von einander bietet beinahe unüberwindliche Schwierigkeiten dar. Es könnte vielleicht die mehr längliche Gestalt der schiefgetroffenen Schläuche den rich- tigen Weg zeigen, aber da müssen wir nicht vergessen, dass auch beim Ausbreiten der Schnitte die Eisäckchen solche Formverände- rungen annehmen können. Ausser den Eier enthaltenden, mit Epithel ausgekleideten Schläuchen und abgeschnürten Eisäckchen sieht man Schläuche (Stränge) und Follikel (Zellengruppen), die blos Epithelzellen ent- halten, deren Bedeutung ich mir einer späteren Besprechung vor- behalte. Um das dunkle Aussehen der Schnitte, welches von den oben erwähnten Körnern herrührt, zu vermindern, gibt es nur einen Aus- weg, nämlich die Anfertigung möglichst feiner Schnitte. Dass bei Bearbeitung junger Embryonen ein jeder einiges Lehrgeld zahlen muss, braucht kaum erwähnt zu werden. Bessere Schnitte gewinnt 1) Pflüger |. c. p. 6-14. Die Drüsenschläuche u. d. Abschnür. d. Graafschen Follikel i. Eierstock. 453 man von im Alter vorgerückten Embryonen, bei welchen das Binde- gewebe mehr an Festigkeit, zugenommen hat, ohne jene Derbheit zu besitzen, welche späterhin der Anfertigung zweckmässiger Präparate so hinderlich ist. IV. Die von einem 42 emt. langen Kalbsembryo gewonnenen Ovarien zeigen Schläuche mit sehr deutlichen Keimbläschen, welche in immenser Zahl vorhanden und von kleineren, mehrere schwarze Pünkt- chen zeigenden Zellen umgeben sind. Ausser den zahlreich vorhan- denen Schläuchen sieht man kurze, nur spärliche Keimbläschen darbietende, von den grösseren Schläuchen abgelöste Theilstücke und auch kleine Eisäckchen mit einer Schicht Epithel ausgeklei- det. Einige derselben haben eine feigenähnliche Gestalt. Bei den Theilungsvorgängen sind mehrere schwer zu verfolgende Umstände von Wichtigkeit, welche für die Beurtheilung des Alters des Embryo werthvolle Aufschlüsse geben können. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft gibt nämlich das Ovarium des Embryo einen Anblick, welcher von den erwähnten Bildern bedeutend .ab- weicht. Statt der weiten Schläuche bemerkt man hie und da enge von grosszelligem Epithel ausgefüllte Stränge und Follikel, welche in ihrer Mitte kein einziges Ovulum sehen lassen. Diese Bilder bie- ten, abgesehen von den mit glatten Muskelfasern umgebenen Gefäs- sen, viele Achnlichkeit mit den Kanälen des Parovariums und in manchen Fällen könnte eine solche Täuschung bei embryonalen Ge- bilden vorkommen. Diese befinden sich aber nicht nur in den dem Parovarium nächsten Partien, sondern man findet sie auch in der Corticalzone. Diesen Umstand zu erklären, muss ich darauf hin- weisen, dass in den anfangs geschilderten Schläuchen Keimbläschen von immenser Zahl vorhanden waren, so dass der Nachweis des Epi- thels manchmal sehr schwierig wird. Dies Verhältniss lässt keine andere Deutung zu, als dass die Epithelzellen in den verlängerten, ausgebuchteten und verschmälerten Schläuchen sich späterhin be- deutend vermehren, und die Schläuche und Follikel ganz ausfüllen. Hierbei sind entweder die Eier zu Grunde gegangen, oder die Ver- mehrung der Schläuche, d. h. die Abschnürung derselben geschah auf eine solche Art, dass sie keine Ovula erhielten (Schlauchknos- pen Pf... Ich war auch bemüht, diese Bilder als Kunstprodukte zu deuten, welche durch Verlust der Eier beim Präpariren entstan- den waren; da aber die eilosen Stränge und Zellengruppen in man- 454 Er)Piıkal: chen Ovarien zahlreich sind, in anderen gänzlich fehlen, da ferner die artificiell-eilosen Follikel in ihrer Mitte meistens eine Höhle zei- gen: kann die gedachte Erklärung keine richtige sein. In einigen Strängen und Zellengruppen war es mir möglich, von Epithel be- deckte Eier zu erkennen, anderswo waren sie so klein, dass sie nur schwer von den anderen Zellen unterscheidbar waren. Hienach bin ich geneigt, diese Bildungen in manchen Fällen als zufällige Bilder zu erklären, in andern aber bleibt die Erklärung noch immer schwie- rig. Die Vermuthung Kölliker’s '), dass die Ovula durch den Abschnürungsprocess aufgebraucht werden und in den Eisäckchen enthalten sind, scheint mir desswegen nicht gerechtfertigt, weil die Ovula von Anfang an viel zahlreicher sind. Eierstöcke, die in der Cortical- und Subcorticalzone ausschliesslich solche Gebilde enthalten, kamen mir nie vor. Der Umstand, dass sie hauptsächlich in den dem Hilus näher gelegenen Partien und späterhin im Säugling und im Kindesalter in der Corticalzone nur selten gefunden werden, scheint darauf hinzuweisen, dass diese Stränge und Zellengruppen höchst wahrscheinlich als Fehler primae formationis zu betrachten sind. Die Annahme, dass diese Zellengruppen mit der Zeit von ein- wandernden Ovulis bewohnt werden können, scheint mir doch wohl zu problematisch. V. In Ovarien von 49 emt. langen Embryonen haben die Epi- thelialzellen an Grösse und Zahl bedeutend zugenommen und sind von schönster Kugelform. Man findet sie stellenweise in Schläuchen und Gruppen, welche bei gehöriger Einstellung jedoch auch ganz deutliche Eier zeigen. Die Cortical- und Subcorticalzone zeigt nur wenige schmälere Schläuche, die zu Abschnürungen am besten ge- eignet scheinen; — ausser diesen findet man fertige Eisäckchen, welche an Grösse ziemlich mit einander übereinstimmen und dieser Identität wegen darauf hinweisen, dass der Theilungsvorgang bei den engeren Schläuchen in kurzen Zeiträumen vor sich geht. Die Ei- säckchen, Schläuche und Zellengruppen sind beinahe gleichmässig im Parenchym zerstreut und nur durch schmälere Bindegewebsbal- ken und Blutgefässe von einander getrennt. VI. Die schönste Anordnung der primordialen Eisäckchen 1) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1867. p- 558. Die Drüsenschläuche u. d. Abschnür. d. Graafschen Follikel i. Eierstock. 455 geben Schnitte, die von fötalen Ovarien der letzten Schwangerschafts- monate gewonnen sind, bei welchen das Bindegewebe etwas von sei- nem embryonalen Charakter eingebüsst hat. Die Eisäckchen lassen hier ganz klar ihre Bestandtheile sehen und besonders fällt der Dotter auf, der als breiter Saum das Keimbläschen umgibt. Wie oben angedeutet, schmiegt sich das Keimbläschen sowohl in den Schläuchen, als auch in den primordialen Eisäckchen der jüngeren Embryonen fast gänzlich an die Wand an, und wird nur bei vor- geschrittener Entwicklung durch den Dotter von derselben getrennt. Dies graduelle Breitwerden des Dotters schreitet bis zu einer ge- wissen Reifungsperiode vor und bestimmt die Grösse des Ovulums, welche aber auch dann noch bedeutende Unterschiede zeigt. In den schon sehr seltenen Schläuchen scheinen die Eier durch die reich- liche Dottermasse zusammengehalten, welche dieselbe brückenförmig verbindet, auch noch nach dem Abschnüren nicht selten als ein Fort- satz zwischen den Epithelzellen gelagert ist und diese von einander trennt, so dass der Follikel als eine gestielte Birne erscheint. Der Stiel zeigt manchmal eine bedeutende Länge und ist von einem ein- fachen Ausströmen der Dottermasse leicht zu unterscheiden. VII. Den Theil der Beobachtungen, welche Pflüger an frischen Schnitten bei Ovarien von geschlachteten Kälbern gewonnen hat, habe ich nach diesen viel Zeit raubenden Forschungen mit geringer Mühe bestätigen können. Ich war einige Male so glücklich, hier Schläuche zu finden, besonders ähnlich dem auf Taf. I Fig. 3 gezeich- neten. Die Pole der Follikel bieten sich in überraschender Deut- lichkeit dar. | Övarien von Kälbern aus dem Säuglingsalter untersuchte ich nur einige Mal sowohl im frischen Zustande, als in Müller’scher Flüssig- keit erhärtet, und kann versichern, dass man bei erhärteten Prä- paraten an günstigen Schnitten Schläuche trifft. Ich bekam so das von Pflüger in Tafel II Fig. 7 gezeichnete Bild. Die Auffindung von Schläuchen ist hier mehr eine Glückssache, denn die Entwick- lung des Ovariums ist in der Säuglingsperiode bei diesen Thieren viel weiter vorgeschritten, als bei Kindern gleichen Alters. VII. Ovarien menschlicher Embryonen sind mir keine zuge- kommen. Untersuchungen aus diesem Alter haben wir nur von Kölliker und His. 456 Er.'Plihal: Kölliker !) fand bei einem fünfmonatlichen Embryo Drüsen- stränge in allen Tiefen der Drüsenzone, doch war in den tiefsten Lagen derselben auch schon eine gewisse geringere Zahl von Eisäck- chen abgeschnürt. Im sechsten Monate zeigte sich die Drüsenzone deutlich in zwei Lagen, von denen die innere ganz gesonderte und in Sonderung begriffene Eisäckchen, die äussere Drüsenstränge ent- hielt. Im siebenten Monate hatte sich die Zone mit gebildeten und in Bildung begriffenen Eisäckchen sehr ausgebreitet und betrug nun den grössten Theil der Drüsensubstanz. His?) hat die Övarien eines menschlichen Fötus aus der zwei- ten Schwangerschaftshälfte nntersucht. Er spricht nur von Zellen- gruppen ... von zelligen Anlagen, welche dicht unter der Oberfläche des Eierstocks auftreten; eigentliche Drüsenschläuche, wie sie Köl- liker beschreibt, scheint er nicht gesehen zu haben, welcher Um- stand vielleicht in der Erhärtung seine Erklärung findet. Weitere Angaben besitzen wir aus dem Säuglingsalter ausser von Spiegelberg und Langhans, die nur Epithelzellenstränge gesehen haben, von Letzerich, der bei einem zwei Wochen alten in dem siebenten Schwangerschaftsmonate geborenen Säuglinge in den Schläuchen auch Eier wahrgenommen hat. An diese Angaben schliesst sich meine Untersuchung an. Ich fand bei einem zwei wöchentlichen im achten Monate geborenen Kinde ein längliches, schmales, an vielen Stellen eingekerbtes Ovarium, welches, obwohl im Wasser etwas aufgeweicht und schlaff geworden, bei der Untersuchung im frischen Zustande zahlreiche Theilstücke von Schläuchen zeigte, die meistens mit gleichförmigen Zellen ge- füllt erschienen und hie und da spärliche, jedoch deutlich wahrnehm- bare Eier enthielten. Nebenbei fanden sich auch zahlreiche, mit schmaler Epithelialschicht umsäumte mikroskopische Follikel. Es sind mir auch einige gestielte Follikel vorgekommen. Ausser diesem habe ich vier Ovarien aus dem ersten Jahre und zwei aus dem siebenten untersucht. Die Befunde zeigen nichts Besonderes, und da diese in Bezug auf die Entwicklung der Follikel mit den Kalbsovarien übereinstimmen, so will ich hier nur ganz kurz die angetroffenen Bilder skizziren. In dem Präparat von einem Säuglingsovarium sah ich sehr 1): 1. 0.”e. 'p.' 594. 2) Hıs more Die Drüsenschläuche u. d. Abschnür. d. Graafschen Follikel i. Eierstock. 457 deutlich mehrere von der Oberfläche gegen den Hilus gerichtete Schläuche, welche mit Epithelzellen ausgekleidet waren und in ihrer Mitte deutliche Eier zeigten. Zahlreiche Eisäckchen sind im ganzen Parenchym gleichmässig zerstreut und nur durch enge Bindegewebs- balken isolirt. Die Eierstöcke von den beinahe einjährigen Kindern zeigten ausser den gruppirten Eisäckchen selten einige der besprochenen Stränge und. Zellengruppen. Die von einem 7jährigen Mädchen herrührenden Ovarien zei- gen ein mehr entwickeltes Bindegewebe und Follikel in einzelnen Gruppen. Die Follikel sind beinahe gleichgross und lassen ihre Be- standtheile sehr deutlich sehen. Ueberall sieht man deutlich die Ovula, und wo sie bei der Präparirung ausgefallen sind, bleibt ein heller Raum mit der Membrana granulosa umsäumt zurück. An einem Schnitt fand ich einen mit Epithelzellen gefüllten Strang, wel- cher dicht unter der Hülle anfıng und gegen den Hilus eine gabel- förmige Verzweigung darbot. Die hier mitgetheilten Befunde von Kalbs- und Kindsovarien liefern den unbestreitbaren Beweis, dass die Schläuche bei jungen Embryonen mit wenig Mühe beobachtet werden können, und das Auffinden derselben bei Kälbern und bei Kindern im Säuglingsalter und aus den ersten Jahren mehr reiner Zufall ist. Doch will ich hier bemerken, dass obwohl die Ovarien von der Oberfläche bis zum Hilus die verschiedensten Entwicklungsstadien darbieten, man doch in diesen Zeitperioden die Corticalzone hauptsächlich mit mikros- ‚kopischen Follikeln besetzt findet. Ob in späterem Alter auch bei erwachsenen Thieren und Men- schen gewisse Entwicklungsstadien vorkommen, welche auf die Ent- stehung mikroskopischer Follikel durch Abschnürungsvorgänge hin- deuten, kann ich mit eigenen Befunden nicht völlig bestätigen. Wohl untersuchte ich im Rokitansky schen Laboratorium unter der Leitung Biesiadecki’s ein Ovarium von einem 18jährigen Weib, aus welchem ich eine Bildung erhielt, welche von Biesia- decki als Drüsenschlauch erklärt wurde, eine Ansicht, die um so glaubwürdiger erscheint, als es mir bei aller Mühe unmöglich war, von demselben und in vielen anderen Ovarien eine ähnliche Bildung zu finden. 458 Fr. Plihäl: Die Drüsenschläuche etc. Es ist wohl höchst wahrscheinlich, dass Schlauchbildungen, deren Abschnürung zu Eisäckchen ohnehin nicht an bestimmte Zeit- perioden gebunden ist, in ihren ferneren Entwicklungen längere Zeit aufgehalten werden und nur mit der Zeit einen weiteren Fortschritt machen. Da von Pflüger solche Drüsenschläuche bei erwachsenen Thieren gefunden sind, ist es zweifellos, dass sie auch beim Men- schen vorkommen können, aber das Auffinden scheint Sache des Zu- falls zu sein und nur durch weit ausgedehnte mühevolle Forschungen constatirt werden zu müssen. Die Herleitung der Schläuche oder der mikroskopischen Eisäck- chen durch Verlängerung und Theilung älterer Follikel ist keines- falls gerechtfertigt. Zeichnungen, die Kölliker !)in seinem Hand- buche gibt und die ich bei den nach der anfangs erwähnten Methode vorbereiteten Ovarien junger Kaninchen mehrmals fand, halte ich für Kunstprodukte, von der Richtung und Ausbreitung der Schnitte verursacht. Zu den Angaben von Klebs ?) und Quincke?°), welche Keim- bläschen mit zwei und drei Keimflecken fanden, muss ich bemerken, dass bei jungen Hunden Keimbläschen mit zwei und drei Keimflecken überwiegend sind; dass ferner in den Follikeln (eigentlich diesen ganz identisch scheinenden querdurchschnittenen Schläuchen) meh- rere Eier vorkommen und ich bei einem Kalbssäugling sechszehn zählbare Keimbläschen sah: woraus hervorgeht, dass man weder nach den in Mehrzahl vorhandenen Keimflecken, noch von mehr- fachen Keimbläschen oder Eiern in einem Follikel oder einem Fol- likel ähnlichen Gebilde sich berechtigt fühlen kann, auf die Entste- hungsart der Follikel zu schliessen, nur die Abschnürung von den aus der frühesten embryonalen Periode herstammenden Schlauch- gebilden ist erwiesen. Schliesslich sage ich dem Herrn Prof. von Recklinghausen für die bei dieser Arbeit mir erwiesene gütige Unterstützung mei- nen innigsten Dank. Würzburg, den 18. April 1869. 1) Kölliker l. c. p. 559. 2) Klebs in Virch. Arch. XXI S. 362. XXVIII S. 301. 3) Quincke in Zeitschr. f. wiss. Zool. XII S. 483. Die Stammverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbelthieren. Von Prof. Kupffer in Kiel. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber !). Sie kennen die Arbeit von Kowalevsky über die Entwicke- lung der einfachen Ascidien, die Thatsachen an’s Licht brachte, welche, wie Nichts Anderes vorher, geeignet sind, die Kluft zwischen Vertebraten und Evertebraten zu überbrücken und der Lehre vom phylogenetischen Zusammerhange anscheinend weit auseinanderste- hender Kreise positive Grundlagen zu verleihen. Da, mit Ausnahme von Haeckel, sich, so weit mir bekannt, Niemand zur Sache ge- äussert hat, scheint das Vertrauen nicht allgemein gewesen zu sein, mit dem man die Leistung aufgenommen. Ich bekenne, selbst nicht zu den Gläubigen gehört zu haben. Um so mehr drängt es mich, es auszusprechen, dass ich durch fortlaufende Beobachtungen wäh- rend dieses Sommers an der in der Kieler Bucht einheimischen Phallusia canina (Asc. canina Zool. Danic.) vollständig bekehrt wor- den bin. Die erste Phase der Entwickelung, die Bildung der frei- schwimmenden Larve aus dem Ei zeigt die Grundzüge der Wirbel- 1) Ich freue mich hier anführen zu können, dass ich während eines Ferienaufenthaltes am Kieler Hafen Gelegenheit hatte, von Professor Kupffer unterwiesen, zahlreiche auf verschiedenen Entwickelungsstufen befindliche Eier von Phallusia canina zu untersuchen, und einen grossen Theil der hier beschriebenen merkwürdigen Thatsachen aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Max Schultze, M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5, 31 460 Kupffer: thierentwickelung in elementarer Klarheit, so dass die Beobachtung etwas geradezu Ueberwältigendes hat. Das Thier das mir zu Gebote stand, scheint keines von den gewesen zu sein, an denen Kowa- levsky arbeitete; abgesehn davon, dass er die erste Entwickelungs- phase nach Phall. mamillata darstellt, ist seine Ph. intestinalis Linn. wohl nicht mit der canina OÖ. F. Müll. zu identificiren. Ich schliesse das unter Anderm daraus, dass er von den sonderbaren Anhängen der Eihaut bei den von ihm benutzten Arten sagt, sie fielen bald ab, während die analogen Bildungen bei unserer Art, characteristische einzellige Zotten, bis zum Ausschlüpfen der Larve an der Eihaut in regelmässiger Anordnung haften, so dass die geleerten Eihäute stets noch an den Anhängen kenntlich sind. Die Grundzüge der Entwickelung sind aber dieselben, wie Sie aus dem Folgenden entnehmen werden: das reife Ei besteht inner- halb des Eileiters aus der röthlich braunen Dotterkugel, der zarten Eihaut und den dieser letztern ansitzenden Bildungen, nämlich an der Innenfläche einer einfachen Lage kleiner gelblicher Zellen und aus- sen einer regelmässig mit den Basen aneinander schliessenden Schicht von langen stumpf kegelförmigen Zotten. Beide Bildungen entstehen bereits innerhalb des Ovariums. Die gelben Zellen treten während der Entwicklung in nähere Beziehung zum Embryo und bilden mit einer Gallertschicht, die zwischen denselben und dem Embryo auf- tritt den Mantel. Der Mantel ist also eine persistirende Eihülle, die im Ovarium gebildet wird und bezieht keine Elemente aus dem Dotter. — Die Befruchtung des Dotters erfolgt im Freien, nachdem das Ei gelegt ist. Eine Furchungshöhle zeigt sich deutlich, sobald etwa 32 Furchungskugeln da sind; gegen das Ende des Furchungs- processes kann ich sie aber nicht mehr sehn, sie scheint mir schliess- lich durch die vermehrten Furchungskugeln gefüllt zu werden, so dass ich ihre Persistenz als Leibeshöhle, d. h. als schmalen Spalt zwischen Oberhaut und Darmanlage nicht für erwiesen ansehn kann. Die Bildung des Darmschlauchs sehe ich ganz, wie Kowalevsky es schildert, sich vollziehen: der kugelförmige gefurchte Dotter stülpt sich becherförmig ein, die Höhle des Bechers wird zum Darmsack, an seiner Wand grenzt sich die äusserste, einfache Lage von Zellen durch einen Spalt von der tiefern ab, als Anlage der Oberhaut; die innerste Schicht wird zur Darmwand. Zwischen dieser und der Ober- haut liegt, wenn der Becher etwa Halbkugelform hat, noch eine dritte Schicht, wie ich an meinem Objecte deutlich unterscheiden kann. Die Stammverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbelthieren. 461 Der halbkuglige Becher strebt nun wieder zur Kugel- form, indem er seine Mündung verengt, die sich später ganz schliesst. Bevor dieser Schluss erfolgt ist, hat sich das Nerven- system als spindelförmige Höhle gebildet und die Anlage des Schwan- zes setzt sich von dem Körpertheil, der Darmhöhle und Nerven- höhle enthält, ab. Ich unterlasse es hier Ihnen die Einzelnheiten über den ersten Anfang der Bildung des Nervensystems auseinander- zusetzen, mir istesnicht ganz klar, ob die Oberhaut dabei eine Rolle spielt oder nicht. Ueberhaupt bietet dieser Moment der Beobach- tung die grössten Schwierigkeiten, weil die Lumina der Höhlen jetzt enge sind, die Anlagen sich zusammendrängen und der Zusammen- hang der Zellen noch zu locker ist um einen Druck auf das Deck- blatt zu ertragen. — Um so klarer erscheint Alles bald darauf, wenn der Embryo Birnform angenommen hat. Er liegt dann in einer Ebene gekrümmt im Ei, an der convexen Seite findet sich im Körpertheil, unmittelbar unter der Oberhaut die spindelförmige Nervenhöhle, von selbstständiger Wand umgeben; darunter liegt der durch die röthliche Färbung seiner Zellen ausgezeichnete Darm- schlauch, gegenwärtig ohne Oefinung. Die aus einer Doppelreihe viereckiger Zellen bestehende Chorda, von den noch runden Mus- kelzellen umgeben, ragt ein wenig in den Körpertheil hinein, so dass ihre verlängerte Axe zwischen Nervenhöhle und Darmsack hindurch- gehen würde. Man kann sich kein schöneres Modell eines Wirbel- thierembryo’s denken: an der convexen Seite, oberhalb der Axe, das Nervenrohr, nach der concaven Seite, unterhalb der Axe das Visceralrohr, der Gegensatz von dorsal und ventral liegt so schema- tisch klar vor, dassich schwerlich der Uebertreibung geziehn werden dürfte, wenn ich sage, der Anblick muss auf Jeden, der zweifelnd herantritt, überwältigend wirken! Ohne das Detail im Fortgang der progressiven Entwicklung in solcher flüchtigen Mittheilung Ihnen darlegen zu wollen, mag nur über das Nervensystem noch Einiges gesagt werden. Ich weiche hier von Kowalevsky ab, jedoch in einem Sinne, der seine Auf- fassung nur erweitert. An unserm Thier bildet sich die spindelför- mige Nervenröhre nicht blos zu der annähernd sphärischen Blase um, wie er sie beschreibt und zeichnet, die auf einspringenden Wül- sten die beiden absonderlichen Sinnesapparate enthält — von denen übrigens einer durchaus anders gestaltet ist, als bei Ph. mamillata — sondern es erstreckt sich von der Blase aus nach 462 Kupffer: hinten in den Schwanz hinein ein derber Nervenstrang, der einen feinen in die Höhle der Blase sich öffnenden Centralkanal enthält. Dieser Strang schiebt sich mit seinem Hinterende zwischen die Muskeln des Schwanzes, so dass sich die Grenze da verwischt. — Das Vorderende der Chorda befindet sich also thatsächlich, nicht blos in der ideellen Verlängerung, unterhalb des Centralnervensystems. Es ist ein blasiger vorderer und ein strangförmiger hinterer Theil an dem letztern zu unterscheiden. So ist es auf der Höhe der progessiven Entwicklung an der ausgeschlüpften freibeweglichen Larve zu sehn. Mittlerweile haben sich auch die beiden Oefinungen des Darmschlauchs gebildet, indem die Oberhaut kegelförmig nach innen wuchert, bis zur Verschmel- zung mit der Darmwand, in der Axe der Wucherung erscheint dann ein Kanal. Der Mantel schliesst aber beide Oeffnungen noch lange. — Mit Ausnahme der dorsalen Seite, wo das Nervensystem einer- seits dem Darmschlauch, andererseits der Oberhaut enge‘anliegt, ent- fernt sich im Uebrigen die Oberhaut von der Darmwand, d. h. es entsteht eine geräumigere Leibeshöhle, die nun eine sich stetig ver- mehrende Menge kleiner rundlicher Zellen enthält. Damit ist der Höhepunkt der Entwicklung in dieser Richtung erreicht und es beginnt nun die zweite Phase, die, vom Standpunkte der Stammesentwicklung aus, regressive. Eingeleitet wird dieselbe durch’eine Periode der Ruhe, nachdem die freischwimmende Larve sich in der schon mehrfach beschriebenen Weise angeheftet hat. Wäh- rend derselben verkümmern die Chorda, die Stammesmuskulatur und die Oberhaut des Schwanzes vollständig, indem sie auf einen kugligen Haufen zusammenschnurren und verfetten; das Nervensystem leitet die Rückbildung wenigstens ein, erhält sich aber länger in ähnlichen Umrissen, als es vorher besass, wenn auch stetig an Volumen abnehmend. So lange noch ein Rest der Organe des Schwanzes zu sehn ist, erblickt man auch noch einen fadenförmigen Strang des Nervensystems dahin ziehn, der die frühere Beziehung zwischen diesem und der Schwanzmuskulatur andeutet. — Der Kie- mendarmschlauch macht nicht wesentliche Fortschritte, denn schon bei der freischwimmenden Larve war der Kiemensack deutlich vom Darm abgesetzt und es hatte sich die Anlage der Flimmerrinne bereits früh ausgeprägt, ohne aber Flimmern zu zeigen. Was wäh- rend dieses Ruhezustandes, den die Abwesenheit jeglicher Bewegung characterisirt, ausgebildet wird, das ist das Herz, Die Stammverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbelthieren. 463 das aus einer Gruppe jener kleinen runden Zellen innerhalb der Leibeshöhle entsteht, während der Rest derselben an Zahl zuneh- mend sich zu amöboiden Zellen gestaltet, die durch die beginnenden Pulsationen des Herzens in Bewegung gesetzt werden. Es sind die Blutkörperchen oder richtiger Lymphkörperchen, die Leibeshöhle ist ein Lymphraum. Mit der beginnenden Action des Herzens bricht die Ruheperiode, ein wahrer Puppenzustand, ab, der Kiemensack erweitert sich, die Rinne an seiner Wand erhält Flimmercilien, die Eingangs- und Auswurfsöffnung durchbrechen den Mantel und damit tritt denn auch die äussere Form der Ascidie mehr hervor. So viel vorläufig über diese Dinge. Ich denke Ihnen noch im Laufe der Ferien die eingehende Darstellung für das Archiv zu übersenden. Ueber Radiolarien und Radiolarien-artige Rhizo- poden des süssen Wassers. Von Dr. Richard Greeff, Privatdocenten in Bonn. Erster Artikel. Mit Taf. XXVI und XXVI. Es ist eine sehr in die Augen fallende Erscheinung, dass einerseits zwischen der Meeresfauna und der des süssen Wassers eine grosse Uebereinstimmung bezüglich des Baues und der Lebensweise einiger Thiergruppen herrscht und andrerseits eine ebenso grosse Verschie- denheit, ja dass ganze Klassen und Ordnungen der Meerthiere im süssen Wasser gar keine, sehr spärliche oder endlich nur höchst zweifelhafte Vertreter finden. Im Allgemeinen kann man für diese Erscheinung den unendlich grösseren Formenreichthum des Meeres geltend machen. Sein gewaltiges Revier genügt einer fast unbe- schränkten Zahl und Manniefaltigkeit der Formen und Individuen und bietet neu auftretenden Bedürfnissen und Lebensbedingungen immer neue Befriedigung. Ausserdem ist der allseitigen Verbreitung, Mischung und Kreuzung nicht bloss keine Schranke gestellt, son- dern dieselbe wird theils auf passivem Wege durch die täglichen mächtigen Bewegungen des Meeres, durch seine zeitweise auftre- tenden oder stetigen Strömungen u. $. w., theils durch die nach allen Richtungen ungehinderten aktiven Wanderungen der Wasserthiere ununterbrochen befördert. Die Bewohner des süssen Wassers sind in dieser Beziehung bei der natürlichen Züchtung zurückgeblieben. Ihre verhälteissmässig kleinen und abgegrenzten Bezirke, in Verbindung mit den darin ge- botenen gleichförmigen und einfachen Lebensbedingungen gestatteten und gestatten immer nur einer beschränkten Anzahl von Individuen ee; . Greeff: Ueb. Radioarien u. Radiol.-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 465 und Formen Raum und Nahrung und treten auf der anderen Seite auch durch die erschwerten oder versperrten Verbindungsstrassen der weiteren Verbreitungsfähigkeit hinderlich in den Weg. Hier- durch aber ist dem Variiren, d. h. der Entwicklung einer grös- seren Mannigfaltigkeit der Lebensformen eine beständige Schranke entgegengestellt, die ausserdem noch durch die häufige Vernichtung reichen Thierlebens durch Austrocknung der Gewässer u. S. w. ver- grössert wird. Unter diesen Umständen bleibt es immerhin eine interessante und für die Erforschung der Bildungswege der thierischen Formenwelt in mancher Beziehung nicht unwichtige Aufgabe, die Verbindungsfäden zwischen jenen beiden Revieren so viel wie möglich dennoch herzu- stellen, d. h. in unserem Falle die anscheinend der Meeresfauna eigen- thümlichen Typen, wenn auch nur oft die Fusstapfen derselben, im süssen Wasser nachzuweisen. Zu jenen Organismen-Gruppen nun die bisher nur gewissermas- sen jene Fusstapfen im Süsswasser haben auffinden lassen, gehört auch die im Meere so vielgestaltige Rhizopodengruppe. Bloss von den nackten Rhizopoden, den sogenannten Amöben, und den einschaligen, den Monothalamien, findet sich eine beschränkte Anzahl im süssen Wasser wieder, während von denkalkschaligen Polythalamien, die sowohl als fossile Meeresfauna durch ihre Mächtigkeit in Erstaunen setzen, als sie auch als noch lebende Or- ganismen in fast allen Meeren unter den mannigfaltigsten Ge- stalten und in ungeheuern Massen verbreitet sind, bisher kein einziger Repräsentant aus dem süssen Wasser bekannt geworden ist. Fast ebenso verhält es sich mit den in manchen, namentlich den südlichen Meeren, an Formen und Farben so überaus reichen Radiolarien. Schon mehrfach indessen hat man versucht, zwi- schen den letzteren und einigen Süsswasser-Rhizopoden Verbin- dungen anzuknüpfen ohne bisher zu einem befriedigenden Resul- tate gekommen zu sein. Es dürfte desshalb nicht unwillkommen sein, diese Verbindung hier befestigt zu sehen und im Folgenden eine Reihe von zum Theil bisher unbeschriebenen Organismen des süssen Wassers kennen zu lernen, die entweder den Radiolarien sehr nahe stehen oder die man ohne Bedenken denselben anschlies- sen kann. Der Grund, wesshalb die meisten derselben, und gerade die charakteristischen, trotz der vielfachen und gründlichen Erforschung der mikroskopischen Süsswasserfauna während der letzten Decen- 466 Greeff: nien, der Beobachtung entgangen sind, mag einentheils in dem sel- tenen und, wie es scheint, an gewisse lokale Bedingungen geknüpf- ten Vorkommen liegen, anderntheils in der sehr geringen Grösse. Ich bin sehr geneigt zu glauben, dass unter Berücksichtigung dieser Momente bei weiterer Nachforschung sich der hierher gehörige Kreis in nicht langer Zeit bedeutend erweitern lasse. Insbesondere aber möchte sich, wie ich glaube, bei diesen Untersuchungen ein sehr ergiebiges Feld zu Ermittelungen über manche bisher noch dunkel gebliebene Punkte des Baues und vor Allem der Entwicklung der Radiolarien bieten. Die Verhältnisse sind hier viel einfacher und übersichtlicher, der längeren ungestörten Beobachtung leichter zu- gänglich und gewinnen gerade durch die merkwürdigen Ueber- gangsformen ein erhöhtes und fruchtbares Interesse. In erster Linie gehören zu diesen Uebergangsformen die A cti- nophryen des süssen Wassers, die bekanntlich bisher hauptsäch- lich zu jenen Versuchen, eine Verbindung mit den Radiolarien zu finden, gedient haben. Den ersten Hinweiss hierauf gaben die schönen Beobachtungen von M. Schultze über den Bau von Acti- nophrys (Actinosphaerium) Eichhornii. Später sind diese Versuche sowohl an den Actinophryen als an den damit verwandten aber be- reits abgezweigten Rhizopoden von Carter, Cienkowski, Archer, Haeckel, Greeff, Focke u.s.w. und schliesslich von Kölliker und Grenacher wiederholt und erweitert worden. Ich beabsich- tige die eigentlichen Actinophryen im Anschluss an diese Mitthei- lungen ausführlicher zu behandeln und verspare bis dahin sowohl die erforderlichen Betrachtungen über die bereits ziemlich reichhal- tig, namentlich von Actinophrys Eichhornii, sol, oculata etc. vorlie- genden Beobachtungen !), wie die Resultate meiner eignen Unter- suchungen. Doch werden wir gleich unten bei dem ersten der von uns beschriebenen Rhizopoden, der Clathrulina elegans, sowie auch später Gelegenheit finden, einige allgemeine Gesichtspunkte für die morphologischen Homologieen mit den Radiolarien zu erörtern und 1) Sowohl die über die Actinophryen bisher gewonnenen Beobachtun- gen wie die hier vorgelegten, sind bereits von mir mitgetheilt worden: in der allgemeinen Sitzung der niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde vom 7. Juni 1869. Siehe die Sitzungsberichte im 26. Bd. S. 82. Daselbst wurden auch schon die beiden hierher gehörigen lithographirten Tafeln vorgelegt. | Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers 467 zu begründen und hierbei auch auf einige bezüglich der Actino- phryen gemachten Beobachtungen Rücksicht nehmen müssen. Olathrulina elegans Cienkowski. Taf. XXVI. Fig. 1-7. Unter diesem Namen gab vor zwei Jahren Cienkowski!') eine vortreffliche auf sorgfältige Beobachtung gestützte Beschrei- bung eines von ihm entdeckten sehr merkwürdigen Rhizopoden, der frei in einer kugeligen Gitterschale wohnte und durch die weiten Oefinungen der Letzteren seine feinen Pseudopodien strahlenförmig nach aussen streckte. Das Gehäuse selbst sass auf einem langen Stiele, der wiederum an fremden Gegenständen oder an den Gitter- stäben eines anderen Individuums befestigt war. Cienkowski stellte die Clathrulina als besondere Gattung zu den Actinophryen, deutete aber zu gleicher Zeit auf die in der- selben möglicher Weise hervortretende Verwandtschaft mit den Ra- diolarien hin. Er fand das Thierchen zuerst in Petersburg und später auch in Deutschland (Dresden, Franzensbad). In demselben Jahre und zwar dem Datum nach früher finden wir eine kurze Notiz von Archer?) über einen Rhizopoden, der allem Anscheine nach identisch mit Clathrulina sein möchte. Der- selbe wird als eine Actinophrys bezeichnet, die in einer durch- löcherte Kugel wohne und durch die Oeffnungen derselben seine Pseu- dopodien nach aussen strecke. Durch diese Eigenschaften, wenn man von den »gelben Zellen« absehen wolle, sei eine grosse Verwandt- schaft dieses Rhizopoden mit den Radiolarien und zwar zunächst mit den Ethmosphaeriden ausgesprochen. Auch E. Haeckel giebt an die Clathrulina bei Jena beobachtet zu haben und stellt dieselbe zu den Monothalamien unter die Acyt- 1) Dieses Archiv Bd. III. 1867. S. 311. Taf. XVII. 2) Quarterly Journal of microscopical science Vol. VII. 1867. S. 295. Würde es festgestellt werden können, dass, wie zu vermuthen ist, der von Archer beobachtete stiellose Rhizopode mit der Clathrulina von Cien- kowski übereinstimmt, so wurde jenem natürlich die Priorität der Publi- kation zuertheilt werden müssen. 468 Greeff: tarien !). Ich habe meinerseits seitdem manche Zeit und Mühe auf die Auffindung dieses interessanten aber äusserst seltenen Geschöpfes verwandt bis es mir endlich geglückt ist desselben in einem stehen- den Gewässer in der Nähe von Bonn habhaft zu werden. Es sei mir gestattet über die lokalen Verhältnisse dieses Fundortes die mir in mehr wie einer Hinsicht namentlich auch für das Vorkommen der später beschriebenen Thiere bemerkenswerth zu sein scheinen, einige Worte mitzutheilen. An einem meist mit niedrigen Eichen bewaldeten Abhang liegen mehrere kleine Sümpfe, die von Erlen so dicht überwölbt sind, dass die Lichtstrahlen nur sehr spärlich einzudringen vermögen. Fast alle diese Sumpfbecken stehen durch schmale Wasserstrassen mit einander in Verbindung oder sind von Inseln mit Baumgruppen un- terbrochen. Der Grund ist ein mooriger und mit faulenden Blättern und Pflanzentheilen tief bedeckt, so dass hierdurch und durch den von dem Abhang über das Eichenlaub herabströmenden Regen das Wasser eine Madeira-Wein- bis tief ambra-braune Färbung angenom- men hat. Bloss in einem einzigen dieser Becken fand ich die Cla- thrulina. Ich habe die andern, namentlich die benachbarten, die mit dem ersteren in direkter Verbindung standen, auf’s sorgfältigste untersucht, aber niemals auch nur eine Spur davon aufgefunden. Kaum würde man eine anscheinend grössere Gleichheit der Lebens- bedingungen finden als für die Bewohner dieser sämmtlichen Wasser- becken, und doch eine so einseitige und scharfe Begrenzung des Ver- breitungsbezirkes. Man könnte freilich einwenden, dass dennoch in den anderen Becken die ohnehin seltene Clathrulina lebte, nur dass sie nicht hat aufgefunden werden können. Indessen steht diese Er- fahrung durchaus nicht vereinzelt da und sie mag in dieser Bezie- hung bloss als Beispiel für viele angeführt werden. Es kommen, wie ich hier hervorheben möchte, in solchen Fällen ohne Zweifel noch besondere Lebensbedingungen zur Wirkung, die der Beobachtung schwer zugänglich sind und sich in engen Grenzen lokalisiren. Um indessen zur näheren Betrachtung unserer Clathrulina zu- rückzukehren, so ist das auffallendste Merkmal derselben und das, was sie zunächst mit der hier zu behandelnden Rhizopoden-Gruppe verknüpft, das von ihr bewohnte Gittergehäuse. Dasselbe stellt eine meist birnförmige, häufig fast kugelige Schale dar, die allseitig 1) Monographie der Moneren. Jenaische Zeitschr. f. Med. u. Naturw. IV. Bd. 8. 127. u Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 469 von rundlichen oder abgerundeten polygonalen und verhältnissmässig weiten Oeffnungen durchbrochen ist (Fig. 1 u.2). Das diese Oeffnun- gen bildende und überall fest und continuirlich zusammengefügte Gitterwerk ist nicht von cylindrischen soliden Stäben gebildet, sondern von solchen, die auswärts rinnenförmig ausgehöhlt sind (Fig. 5). Eine zweite ebenfalls sehr merkwürdige Eigenthümlich- keit dieses Gehäuses ist, dass dasselbe nicht frei ist, sondern auf einem feinen röhrenförmigen ungefähr 2—3 Mm. langem und den einzelnen Stäben des Gitters an Dicke gleichen Stiele sitzt, der sich wiederum seinerseits mit seinem hinteren Ende an fremde Gegenstände oder an den Gitterstäben eines anderen Indivi- duums befestigt und zwar in der Regel mit einigen kurzen wur- zelartigen oder gabelig auseinandergehenden Ausläufern (Fig 1 u. 6). So sehen wir oft, dass auf den Gitterstäben eines Individuums eine ganze Gesellschaft von anderen im Umkreise radienartig sich ange- setzt hat (Fig. 2). Auf den letzteren sitzen oft noch wiederum neue Individuen, so dass sich auf diese Weise eine fächer- oder büschel- förmige Colonie von Clathrulinen, nach oben immer breiter werdend, aufbauen kann. Diese Neigung zur Colonien-Bildung ist sehr merk- würdig und wir werden unten auf dieselbe noch mit einigen Bemer- kungen zurückkommen. Die dritte für uns ganz besonders beachtenswerthe Eigenthüm- lichkeit der Clathrulina ist, dass beides Gehäuse, und Stiel, aus Kieselerde gebildet sind, was durch die Untersuchung von Cienkowski bereits wahrscheinlich gemacht worden ist. Con- centrirte Schwefelsäure bewirkt bei längerer Einwirkung keine Ver- ändernng resp. Lösung dieser Gebilde, ebenso wenig werden diesel- ben durch Glühen zerstört. Zerdrückt man eine der oben beschrie- benen Büschelkolonien unter dem Deckglase, so empfindet und ver- nimmt man ein Knistern, das uns unzweideutig zu der Vorstellung der festen glasartigen Beschaffenheit der zerdrückten oder viel- mehr zerbrochenen Gebilde führt. Dieselbe Ueberzeugung giebt uns die nähere mikroskopische Betrachtung der hierdurch erzeugten Bruchstücke. Der von diesem Gehäuse eingeschlossene Rhizopode wird von Cienkowski als ein in allen Punkten mit einer Actinophrys über- einstimmender bezeichnet. Indessen ergeben sich bei näherem Ver- gleich mit den uns bisher bekannten eigentlichen Actinophryen, vor- nemlich Actinophrys Eichhornii und Sol, einige Unterschiede. Der 470 Greeff: Körper der letzteren ist an seinem äussern Umfange abgerundet und im Allgemeinen springt bloss die contractile Blase über die Peri- pherie vor. Von diesem bald mehr scheibenförmigen (A. Eichh.), bald mehr kugeligen (A. Sol) Körperumfang treten die einzelnen Pseudopodien strahlenartig nach allen Richtungen aus, meist einzeln und sich isolirt haltend, im Ganzen aber mit nur geringer Neigung zur Verschmelzung und Anastomosenbildung und namentlich zur Verzweigung nach der Spitze zu. Clathrulina hingegen hat eine an seinem äusseren Umfang lap- pige Gestalt, hauptsächlich hervorgebracht durch die mit breiter Basis hervortretenden Pseudopodien, die sich sowohl hier am Grunde oft mehrfach als auch zuweilen an der Spitze theilen und ausser- dem häufig untereinander Anastomosen bilden. Ferner zeigt uns der Protoplasmakörper von Act. Eichhornii und Sol einen durchweg bla- sigen Bau, während Clathrulina bloss einige nicht zusammenhän- gende in dem Körper unregelmässig zerstreute Vacuolen (Fig. 7) wahrnehmen lässt, die, den Contractionen des Protoplasmas folgend, bald hier bald dorthin wandern und zuweilen sogar in die Basis der Pseudopodien und über diese hinaus von den letzteren um- schlossen nach aussen treten (Fig. 7). Ebenso fehlt der Clathrulina elegans eine contractile Blase. Cienkowski berichtet indessen von einer Varietät der Cl. elegans, deren Gehäuse beträchtlich kleiner und zarter ist, im übrigen aber mit der letzteren überein- stimmt. In einem wesentlichen Punkte weicht diese Varietät aber von der Hauptart ab, nämlich dadurch, dass sie ausser den auch ihr zukommenden Vacuolen einen an der Peripherie gelegenen pul- sirenden Hohlraum besitzt. Ich habe diese Varietät auch einigemale gesehen, aber leider nur das leere Gehäuse derselben, kann also aus eigener Anschauung über die interessante Beobach- tung nichts anführen. Was den übrigen Bau von Cl. elegans betrifft, so stimmen meine Beobachtungen mit denen Cienkowki’s im Wesentlichen überein. Innerhalb des ausgewachsenen und dann braungefäb- ten Gitterhauses ist die Beschaffenheit des Protoplasmakörpers und dessen Inhaltstheile nur undeutlich zu erkennen. Man muss zu dieser Prüfung die ganz jungen Thiere wählen, deren Gehäuse eben in der Bildung begriffen ist oder erst als zartes glasartig-durch- sichtiges Gitterwerk den jungen Rhizopoden umschlossen hat (Fig. 6). An solchen Exemplaren erkennt man, dass das Protoplasma eine Be lasse So Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 471 reichliche Menge kleiner und grösserer, dunkelglänzender Körnchen enthält, die sowohl im Innern umhergetrieben werden, als sie auch an dem Umfange der Pseudopodien mit nach aussen treten und dort in ziemlich lebhafter Bewegung auf- und abwandern. Bei günstigen, durchsichtigen Exemplaren habe ich auch die fast bei allen Actinophryen vorkommende Zusammensetzung der Pseudopo- dien in Axen- und Rindensubstanz deutlich wahrgenommen und in den meisten Fällen auch die Axenfäden bis ins Innere verfolgen können, indessen wegen des die Einsicht störenden Gehäuses nie- mals so weit als bei Actinophrys Eichhornii, Sol u. s. w. Ausser den bereits oben erwähnten der Zahl nach wechseln- den Vacuolen, befindet sich nun noch und wie es scheint constant ein bläschenartiger Kern im Innern des Protoplasma’s. Der- selbe ist indessen in der Regel schwer zu sehen, namentlich durch die Gitter des braunen Gesäuses hindurch, und man muss ihn dess- halb, wie auch Cienkowski bemerkt, in den jungen Individuen mit noch farbloser durchsichtiger Schale aufsuchen. Aber auch hier ist er erst nach sorgfältiger Untersuchung zu erkennen, da er fast ebenso blass ist wie die ihn oft umgebenden Vacuolen. Erst durch Zusatz von Essigsäure wird er dunkler granulirt und tritt sodann deutlicher hervor. Ich habe mich vielfach bemüht, die Beschaffen- heit dieser Kernsubstanz, die für die Natur und Stellung unseres Rhizopoden, wie wir unten sehen werden, von wesentlichem Interesse ist, bezüglich ihrer genaueren histologischen Struktur vermittelst starker Vergrösserung zu prüfen, namentlich auch auf eine mög- liche Verbindung mit den Axenfäden der Pseudopodien. Das mir zu Gebote stehende und allein hierfür zu benutzende Material an jungen durchsichtigen Exemplaren ist indessen bisher so gering ge- wesen, dass ich bei der ohnehin an lebenden Thieren in diesem Punkte schwierigen Untersuchung kein sicheres Urtheil erlangt habe. Zuweilen sieht man noch neben diesen Bestandtheilen einige lebhaft braunroth gefärbte Körner im Innern, von denen ich nicht weiss, ob ich ihnen eine besondere Bedeutung beilegen soll, nament- lich da sie nicht constant sind und auch nicht mit den übrigen Körnern über die Peripherie nach aussen treten. Die Fortpflanzung der Clathrulina findet, wie uns bereits die schönen Beobachtungen Cienkowski’s lehren, auf zweifache Weise statt, nämlich erstens durch Theilung und zweitens durch Cystenbildung. 472 Greeff: Die Theiluug erfolgt innerhalb des Gehäuses durch Abschnü- rung in zwei Hälften. Der eine Theilungssprössling schiebt sich bald nachher durch eine der Gitteröffnungen nach aussen, durch- lebt hier ein kurzes, einige Stunden anhaltendes, Stadium eines freien Actinophrys-artigen Rhizopoden, um demnächst unter Aus- scheidung von Stiel und Schale sich festzusetzen und so in eine vollkommene Clathrulina zu verwandeln. Die zweite Art der Fortpflanzung geschieht durch Embryo- nen-Bildung. Es bilden sich zunächst durch fortgesetzte Zwei- theilung innerhalb des Gehäuses mehrere (ich zählte bis zu 10 in einem Individuum)-Sprösslinge, die sich mit einer festen Schale um- geben und so als kugelige Cysten einige Monate bis zur Zeit des Ausschlüpfens in ihrem gemeinschaftlichen Entstehungsort blei- ben. Dann schlüpfen die Jungen aus ihren Cysten, schieben sich wie die direkten Theilungssprösslinge durch das Gitter hindurch, um in Gestalt von eiförmigen Embryonen vermittelst Wimperbewe- gung einige Stunden umherzuschwärmen, worauf wieder ein kurzes freies Actinophrys-Stadium folgt, das mit Ausscheidung von Stiel und Gehäuse endigt. Ich habe die hier angeführten Thatsachen wie sie von Cien- kowski Schritt vor Schritt verfolgt und ausführlich beschrieben worden sind, wegen des mir nur spärlich zu Theil gewordenen Ma- terials nicht in derselben Ausdehnung wiederholen können. Doch habe ich die wesentlichsten Momente beider Fortpflanzungsarten, so- wohl der direkten Theilung wie der Cystenbildung, aufs deutlichste und zu wiederholten Malen beobachtet und kann für die letztere noch hinzufügen, dass die von den Embryonen gebildete Cyste eine grosse Resistenz gegen Reagentien besitzt, so dass ich versucht bin sie ebenfalls für eine Kieselhülle zu halten, und dass ferner die Oberfläche derselben mit feinen und kurzen Stacheln rundum besetzt ist (Fig. 4). Die Embryonen sind gleich nach der Theilung, oder so lange sie noch in ihren Cysten sind, rund, haben einen körnigen Inhalt und lassen im Centrum einen verhältnissmässig grossen blas- sen Kern erkennen (Fig. 3). Wenn wir nun auf den Bau und die Lebenserscheinungen un- serer Clathrulina einen Rückblick werfen, um eine Ansicht über die Stellung dieses Rhizopoden im System zu gewinnen, so scheint sich uns alsbald ein willkommner Wegweiser in dem zierlichen aus Kieselerde gebildeten Gitterhaus, das derselbe bewohnt, zu bieten. Würde man Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 473 wohl, wenn man dieses Gehäuse, namentlich unbewohnt und ohne Stiel, im Meere oder im fossilen Zustande anträfe, einen Augenblick Anstand nehmen, dasselbe als zu den eigentlichen Polycystinen gehörig anzusehen? Wohl ebensowenig als man dasselbe ohne Be- denken der Haeckel’schen Familie der Ethmosphaeriden und zwar zunächst der Gattung Heliosphaera anschliessen würde, unter welcher es bezüglich der Art Heliosphaera inermis sehr nahe stehen würde. Bei näherer Betrachtung der Skelettheile unserer Süsswasser- form indessen tritt uns in dem hier vorhandenen Stiel, mit dem sich die einzelnen Gehäuse an fremden Gegenständen oder an Gitter- stäben eines anderen Individuums befestigen, eine Eigenthüm- lichkeit entgegen, die wir mit den bisher bekannten fast ausschliess- lich pelagischen, d. h. frei an der Oberfläche des Wassers um- herschwimmenden Radiolarien des Meeres schwer zu vereinigen ver- mögen. Indessen würde dieser Differenzpunkt in der äusseren Le- bensweise selbstredend keine ernstliche Scheidung bewirken können, sondern wir würden im Gegensatz zu den pelagischen auch solche Radiolarien kennen gelernt haben, die als ausgebildete Individuen keiner selbstständigen Lokomotion mehr fähig, d.h. festsitzend sind. Dem äussern Skelet nach können wir also unsere Clathrulina un- bedenklich den Radiolarien anschliessen. Es fragt sich nun, und das ist ohne Zweifel die wichtigste Frage, wie sich der Bewohner dieses Radiolarien-Hauses zu jenem Anschluss verhält. Die wichtigsten Eigenthümlichkeiten der Radio- larien resp. des Weichkörpers derselben, die sie von allen übrigen Rhizopoden bisher getrennt gehalten haben, sind bekanntlich die Centralkapsel und die sogenannten gelben Zellen. Allein bloss die erstere bildet den gewissermassen souveränen Charakter, der die Radiolarien über alle andern Rhizopoden erhebt und sie von ihnen scheidet während die gelben Zellen der ganzen Familie der Acanthometriden fehlen und auch sonst wohl in sehr wechselnder oft verschwindend geringer Anzahl vorhanden sein könnnen. Es liegt bis jetzt bloss eine einzige Beobachtung über einen als marine Radiolarie beschriebenen Rhizopoden vor, bei dem eine Centralkapsel und mit ihr auch eine Binnenblase vermisst wurde, nämlich bei der von A. Stuart aufgefundenen Coscinosphaera ci- losa '). Doch kann man einerseits gegen die Radiolarien-Natur 1) Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. XXVI. 1866. S. 328. Taf. XVII. 474 Greeff: dieses kalkschaligen offenbar den Foraminiferen weit näher stehen- den Wesens !) gerechte Bedenken erheben und andererseits legt der Verfasser selbst über den von ihm behaupteten Mangel einer Central- kapsel keine Sicherheit an den Tag, da er angiebt bloss während eines ganz besonderen Stadiums seine Coscinosphaera beobachtet zu haben, nämlich während der Theilung und zugleich gesteht, dass zu anderen Zeiten jene vermissten Gebilde möglicher Weise vorhan- den sein könnten. Ich glaube daher, dass man bis auf Weiteres von der Verwerthung dieser Beobachtungen in obigem Sinne abzu- sehen genöthigt ist, und somit der Centralkapsel ihren ursprüngli- chen wichtigen systematischen Charakter belassen muss. Betrachten wir nun den Weichkörper unserer Ülathrulina be- züglich dieser Gebilde und der Radiolarien-Verwandtschaft überhaupt, so können wir denselben im Allgemeinen, als Protoplasma-Körper in den Eigenschaften wir ihn oben kennen gelernt, wohl ohne Bedenken einen Radiolarien-ähnlichen nennen. Nach dem einen Haupt- charakter des Radiolarien-Körpers aber den gelben Zellen werden wir uns bei Clathrulina vergeblich umsehen, da ich vor der Hand weit entfernt bin, in den nicht einmal constanten braunrothen Körnern eine Anknüpfung hierfür zu sehen. Ebenso wenig werden wir voraussicht- lich im Stande sein, ein histologisch so differenzirtes Gebilde, wie die Centralkapsel bei den meisten Radiolarien sich darstellt, in seinem ganzen Umfange, hier wieder zu finden. Wir haben bei Clathrulina statt dessen bloss den im Inneren gelegenen Kern, der vor der Hand bloss als ein bläschenförmiges blasses Gebilde ohne besondere Diffe- renzirung erkannt worden ist. Indessen müssen wir zunächst be- rücksichtigen, dass wir uns hier sehr kleinen und einfachen Orga- 1) Einen ähnlichen der Coscinosphaera sehr nahe stehenden Rhizopo- den habe ich selbst vor einigen Jahren in der Nordsee aufgefunden, und hierüber auch bereits Mittheilung gemacht (Verhandlungen des naturhistor. Vereins von Rheinland und Westphalen, 26. Bd. Sitzungsberichte $.82). Das Gehäuse stellt eine mehr oder minder kugelige Schale dar, deren Oberfläche mit feinen und kurzen Kalknadeln ganz besetzt ist. Die Kapsel besitzt ringsum mehrere rundliche Oeffnungen, durch welche die verhältnissmässig dicken Pseudopodien wie lange stäbchenartige Fortsätze hervorgestreckt wer- den. Ich stehe selbstredend nicht an, diesen Rhizopoden zu den kalkscha- ligen Foraminiferen (Monothalamien) zu stellen. Eine merkwürdige Abwei- chung sind die grossen Oeffnungen mit den entsprechenden breiten stäbchen- förmigen Pseudopodien. P. eb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 475 nismen gegenüber befinden, die, wie wir bereits früher ausgesprochen haben, in morphologischer Hinsicht gegen die verhältnissmässig hoch ausgebildeten Radiolarien des Meeres weit zurückgeblieben sind. Wir können desshalb auch dort nur einfache Bildungen an Stelle der Organe beanspruchen, die hier bereits eine grössere Differenzi- rung erlangt haben. Es scheint somit consequent, wenn man nicht nach morphologisch durchaus aequivalenten Organen sucht, sondern nach Anfängen derselben oder solchen Gebilden, die in un- serm Falle gewissen wesentlichen Theilen der Centralkapsel entspre- chen. Unter allen den mannigfachen Inhaltstheilen der Centralkapsel möchte wohl der Kern des Kerns, die im Centrum der Kapsel gele- gene Binnenblase, obgleich dieselbe von Haeckel nicht zu den constant aufgefundenen Gebilden der Radiolarien aufgeführt wird, derjenige Theil sein, der sich morphologisch am naturgemässe- sten an das centrale Bläschen der Clathrulina und vieler anderer hierhergehörigen Organismen anschliessen lässt. Es sind Anzeichen vorhanden, dass auch die physiologischen Eigenschaften dieser beiden Gebilde einander nahe stehen. E. Haeckel spricht in seinem Ra- diolarien-Werke von einer sehr deutlichen strahligen Anordnung der feinen Körnchen der Binnenblase und führt mehrere Beobachtungen vor, dass die Membran der Binnenblase in vielen Fällen von Po- renkanälen rings durchsetzt ist ?). Ebenso sah er die Membranen der Centralkapseln von Thalassicolla nucleata und pelagica von sehr dichten feinen parallelen Strichen durchsetzt, von denen ihm wahrscheinlich ist, dass sie auf feine Porenkanäle zu be- ziehen seien. In der neueren Zeit nun hat Schneider weitere sehr inter- essante Beobachtungen an Thalassicolla nucleata gemacht !), aus denen hervorzugehen scheint, dass die Centralkapsel mit ihrem In- halte der wesentlichste Theil des ganzen Radiolarienkörpers und der bisherigen Annahme entgegen, die extracapsuläre Sarkode an physiologischem Werth übertrifft, ja dass die letztere von der er- steren ausgeschieden wird. Aber nicht bloss die extracapsuläre Sarkode sah Schneider aus der Centralkapsel sich erneuern, son- dern durch die Porenkanäle derselben, und das ist für uns von 1) E. Haeckel: die Radiolarien S. 82. 2) Reichert’s und Du Bois Reymond’s Archiv f. Anat. und Physiologie 1867. S. 509. M, Schultze. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 32 476 Greeff: besonderer Wichtigkeit die Pseudopodien nach aussen hervortreten. Die Pseudopodien oder vielmehr die Axenfäden derselben sind also das Produkt der intracapsulären Sarkode. Aus welchen Gebilden des Centralcapselinhaltes aber diese Axenfäden hervorstrahlen ist durch die Untersuchung bisher nicht festgestellt. Es liegt indessen sehr nahe, wenn man die oben angeführte von E. Haeckel beob- achtete Struktur der Binnenblase von Thalassicolla nucleata berück- sichtigt und namentlich auch die von ihm gegebenen sehr charak- teristischen Abbildungen !) betrachtet, dass gerade dieses Gebilde der primäre Entstehungsort der Pseudopodien ist. Die Porenkanäle der Binnenblase und der Centralkapsel würden somit als die Durch- schrittsöffnungen für diese Axenfäden nach aussen und zwar zu- nächst in die extracapsuläre Sarkode anzusehen sein. Wenden wir uns nun, diese Verhältnisse, die allerdings durch die Beobachtung noch einer näheren Feststellung bedürfen, im Auge behaltend, wieder zu der Betrachtung unserer Süsswasserformen, so finden wir hier bereits eine ganze Reihe von Thatsachen vorliegen, die uns in jenen Beziehungen verbindende Gesichtspunkte mit den Radiolarien bieten. M. Schultze fand, dass die Pseudopodien von Actinophrys Eichhornii gerade wie bei den Radiolarien aus einer weicheren beweglicheren Rindensubstanz und einem festen hyalinen Axenfaden bestehen ?). Der letztere dringe aus dem Innern des Thierkörpers hervor und zwar von der Oberfläche der Mark- oder Kernsubstanz, wo er sich in den Alveolen derselben verliere. Acti- nophrys Eichhornii bildet indessen in sofern eine Abweichung von den hier zum Vergleich genommenen monozoen Radiolarien, als dieselbe kein einfaches kernartiges Bläschen enthält, sondern eine verhältnissmässig grosse Anzahl derselben, die in der sogenann- ten Markschicht zerstreut liegen und auf die ich bereits bei einer früheren Gelegenheit als auf die möglichen Centra der zu einer Radiolarien- Colonie vereinigten Individuen aufmerksam gemacht habe ®). Auch das Verhältniss der Axenfäden ist hier ein anderes, wie ich später zeigen werde. 1) Radiolarien Taf. III. Fig. 1. Haeckel wirft in Bezug hierauf selbst bereits die Frage auf (S. 75) ob die Binnenblase nicht »als ein Sarkode-Cen- trum, als Ausgangspunkt der strahlenden Fadenmasse« zu betrachten sei. 2) Das Protoplasma der Rhizopoden 8. 29. 3) Ueber Actinophrys Eichhornii und einen neuen Süsswasser-Rhizopo- den u.s.w. M. Schultze’s Archiv f. mikr. Anat. Bd. III. S. 396. Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden des süssen Wassers. 477 Vor Kurzem nun hat weiter G. W. Focke!) sehr werthvolle Beobachtungen über »schalenlose Radiolarien des süssen Wassers« veröffentlicht, die uns eigentlich zum erstenmale mit Organismen aus dem süssen Wasser bekannt machen, bei denen den Üentral- kapseln der Radiolarien offenbar homaloge Gebilde erkannt wor- den sind. Es sind dieses namentlich die in den Mittheilungen Focke’s unter Nr.I. Fig. 1a—h beschriebenen und abgebildeten aber nicht benannten Formen. Die Pseudopodien treten hier eben- falls direkt von den grünen Kugeln (Centralkapseln) aus, so dass anzunehmen ist, dass dieselben mit Porenkanälen durchsetzt sind; auch beobachtete bereits Focke im Innern ein »vacuolenartiges Bläschen«, über dessen weitere Beschaffenheit und mögliche Ver- bindung mit den Pseudopodien indessen keine Beobachtungen mit- getheilt werden. Ein wesentlicher Fortschritt in dieser Richtung ist ferner neuerdings angebahnt worden, durch eine sehr interessante von Kölliker an Actionophrys sol gewonnene Beobachtung, die von Grenacher weiter ausgeführt und ausführlich beschrieben wor- den ist ?). Die Axenfäden treten hiernach bis an das im Innern des Thieres gelegene centrale Bläschen und endigen auf der Ober- fläche desselben. Auf diese für unsere Frage sehr bemerkenswerthe Beobachtung hin und auf die Vermuthung, dass dieses Bläschen mit einer eignen Membran versehen sei, die von den aus dem Innern des erstern hervortretenden Pseudopodien durchbohrt werde (Poren- kanäle), wird dieses Gebilde nicht ohne Berechtigung bereits als Centralkapsel in Anspruch genommen. Mir selbst ist seit langer Zeit, d. h. seit ich vor einigen Jahren die genauere Untersuchung über diese Organismen zuerst vornahm, die doppelte Zusammensetzung der Pseudopodien so wie das Vor- handensein einer centralen Kernsubstanz bei fast allen von mir untersuchten Actinophryen und den damit verwandten Formen be- 1) Zeitschr. f. wiss. Zool. XVIII. Bd. 1868. S. 343. Taf. XXV. Die dort Nr. II. Fig. 1a—d beschriebene Rhizopodenform kann indessen den Radio- larien nicht angeschlossen werden, da die nadelförmigen Fortsätze auf der Schale keine Pseudopodien sind, sondern starre nadelförmige Gebilde. Wir werden unten bei Acanthocystis auf diese Form noch zurückkommen. 2) Verhandlungen der Würzburger phys. med. Gesellsch. N. F. I. Bd. 1869. Die Beobachtungen Grenacher’s an Acanthocystis turfacea (viridis) werden wir ebenfalls unten bei Beschreibung dieses Rhizopoden berücksichtigen. 478 Greeff: kannt, und ich habe ebenso bei den meisten derselben die Axen- fäden bis in das Innere des Körpers und, wo eine solche nachge- wiesen werden konnte, bis in die Nähe der centralen Kernsubstanz verfolgen können !), wie wir das bei einer anderen Gelegenheit noch genauer erörtern werden. Obgleich nun bei unserer Clathrulina jenes Verhältniss bis jetzt noch nicht mit vollständiger Sicherheit hat festgestellt werden können, so ist mir doch nach den bereits auch über diese Form vorliegenden Beobachtungen ausser Zweifel, dass auch hier der bläs- chenartige Kern im Innern des Protoplasmakörpers dieselbe Rolle übernimmt, nämlich als Ausstrahlungsheerd der Pseudopodien, und es drängt sich dabei noch einmäl die Frage auf, ob man be- rechtigt ist, dasselbe als Homologon der ganzen Centralkapsel auf- zufassen oder was mir vor der Hand nach den obigen Bemerkun- gen naturgemässer erscheint, als dasjenige der Binnenblase. Wir werden später noch Radiolarien des süssen Wassers kennen lernen, denen zum Unterschied hiervon ein Homologon einer vollständigen Centralkapsel zukommt. Wir haben nun noch einer anderen früher schon mehremale erwähnten sehr merkwürdigen Eigenthümlichkeit der Clathrulina zu gedenken, nämlich dass dieselbe neben der Eigenschaft des Fest- sitzens auf einem Stiele zu gleicher Zeit einen gesellschaftlichen Charakter oder, wie wir das gleich noch werden zu begründen su- chen, eine sehr hervortretende Neigung zur Kolonienbildung offenbart. Untersucht man mit Vorsicht, um nicht durch zu grosse Erschütterungen die verbundenen Individuen von einander zu tren- nen, die Algen oder den Bodensatz eines Gewässers, in dem sich Clathrulinen befinden, so wird man in den meisten Fällen solche finden, die in der oben (S. 469) beschriebenen Weise mehr oder minder büschelartig zusammenhängen (vgl. Fig. 2). Hier und dort sieht man auch Einzel-Individuen, aber auch an den meisten dieser letzteren wird man bei genauerer Prüfung die Reste der abgebro- chenen Stiele erkennen können. Kann man nun aber, so müssen wir zunächst fragen, diese Art des Zusammenhangs als Coloniebildung in Anspruch nehmen ? In sofern man bei einer Colonie eine direkt in die Augen fallende Arbeitstheilung der innig miteinan der ver- 1) Ich habe auch hierüber schon früher Mittheilung gemacht. Siehe oben S. 466. Anm. 1. Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 479 bundenen Individuen, eine Vielheit mit einheitlichem Charakter und Ziel und somit eine grössere oder geringere physiologische und mor- phologische Abhängigkeit der Einzelthiere von einander voraussetzt, wird es uns schwer werden ein Colonienrecht in diesem Sinne bei unserer Clathrulina nachzuweisen. Indessen finden wir von dem ausgesprochenen Polymorphismus bei den Hydromedusen (Siphonopho- ren) abwärts eine so grosse Mannigfaltigkeit in der Art und Weise der Verbindung ' bis zum vollständigen Einzel-Individuum, dass wir bei genauerer Ueberlegung oft nicht wissen, wo das eine aufhört und das andere anfängt. So kann man z.B. Bedenken tragen Vor- ticellenbüschel im obigen Sinne eine Colonie zu nennen. Die Ein- zelthiere eines Carchesium-Bäumchens haben anscheinend in den we- sentlichsten morphologischen und physiologischen Beziehungen eine vollständige Selbstständigkeit und sind auch den stets solitären Vorticella-Thieren durchaus ähnlich, so dass beide, von ihrem Boden losgelöst kaum von einander zu unterscheiden sind. Doch die Car- chesium-Individuen verbindet auf dem Stocke eine gemeinschaftliche Muskelthätigkeit, der jedes Einzelthier im Sinne des Ganzen ge- horcht. Die von den Einzelthieren ferner gleichzeitig geäusserte Wimperbewegung erzeugt einen kräftigen Strudel, der durch mas- senhafte Nahrungszufuhr u. s. w. der ganzen Colonie zum Vortheil gereicht. Und wie verhält es sich mit der Vertheilung der ge- schlechtlichen Funktionen und der Fortpflanzung? Durch die schö- nen Untersuchungen Stein’s sind uns hierfür neue interessante Gesichtspunkte eröffnet, die die Vermuthung, dass auch in Rücksicht auf die Fortpflanzung eine Arbeitstheilung stattfindet, sehr nahe legt. Wie würde man sich ferner, wenn wir zu noch niedrigeren Organismen steigen, einer Gruppe jener wunderbaren Bacillaria pa- radoxa gegenüber zu verhalten haben? Wir sehen hier, wie durch die Thätigkeit der einzelnen Individuen eine für Diatomeen stau- nenswerthe Lebhaftigkeit der Bewegung des Ganzen hervorgebracht wird. Anscheinend lose mit einander verbunden, so dass man oft glaubt die ganze Schaar werde mit Leichtigkeit nach rechts und links auseinanderfahren , weichen sie doch niemals von einander und ohne Zweifel findet auch hier noch andere Arbeitstheilung mit einheitlichem Ziele statt, wie bloss die der Bewegung. So liessen sich noch eine grosse Anzahl anderer Beispiele aus der niederen Thierwelt, namentlich unter den Infusorien (Flagella- ten) Würmern, Räderthieren, Mollusken u. s. w. anführen, die alle 480 Greeff: die grosse Mannigfaltiskeit des Verbundenseins aber mit dem mehr oder minder ausgeprägten Charakter der Colonie- Bildung doku- mentiren. Um nun zu unserer Clathrulina zurückzukehren, so haben wir hier ebenfalls anscheinend eine rein äusserliche Verbindung, die fast einem Parasitismus ähnlich sieht. Das eine Individuum sitzt mit seinem starren kieseligen Stiel unbeweglich an den Gitterstäben des anderen. Aber muss hier nicht die oben erwähnte ungewöhn- liche Häufigkeit dieser gesellschaftlichen Form auffallen? Einen Anhaltspunkt für diese Erscheinung scheinen mir die Fortpflan- zungsverhältnisse zu bieten. Wir haben oben gesehen, dass eine zweifache Zeugung stattfindet, einmal durch Zweitheilung, dann durch Bildung von anfangs encystirten später ausschwärmenden Embryonen. Ohne Zweifel aber kommen bei der letzteren Zeugungs- art andere befruchtende Einflüsse zur Wirkung als bei der ersteren. Wenn wir durch die Beobachtung dieselben auch noch nicht direkt nachweisen können, so liegt doch der Gedanke daran sehr nahe, namentlich in Rücksicht auf die überraschenden Thatsachen, die uns über die geschlechtliche Zeugung anderer Protozoen bekannt geworden sind! Unter dieser Voraussetzung der nothwendigen be- fruchtenden Einwirkung der Clathrulinen untereinander liesse sich für die Häufigkeit des stockartigen Zusammenlebens eine genügende Erklärung finden. Da nämlich dieselben nicht im Stande sind den einmal mit ihrem starren Kieselstiel erwählten Standpunkt wieder zu verlassen, so müssen sie um eine derartige gegenseitige Einwirkung ausüben zu können, nahe zu- sammenleben, und hierzu bietet sich den durch Zweitheilung entstandenen nur einer geringen Bewegung fähigen Actinophrys-ar- tigen Individuen die einfachste Gelegenheit dadurch, dass sie sich nach dem Hervortreten aus den Oeffnungen des Gehäuses an den ihnen zu- nächst liegenden Gitterstäben ihres Mutterbodens ansetzen. Aus dieser Colonie von Theilungssprösslingen würde nun nach Ablauf der unge- schlechtlichen Vermehrung, die Embryonenbildung durch geschlecht- liche Zeugung der Coloniebewohner untereinander hervorgehen. Die Embryonen schwärmen aber weiter fort als die Theilungssprösslinge und bilden die Grundlage resp. der ersten und untersten Individuen für neue Stöcke. — Wenn wir nun noch einmal zum Schlusse auf die Stellung der Clathrulina im Systeme zurückkommen wollen, so handelt es Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 481 sich, wie mir scheint, nur noch um definitive Feststellung der Be- deutung des kernartigen Binnenbläschens, das, wie wir oben aus- führlich erörtert, dem entsprechenden Gebilde der Radiolarien, näm- lich der Binnenblase, vorläufig mit einigem Grund sich anschliessen lässt. Im Uebrigen aber stimmt das Thierchen, wie man zugeben wird, sehr auffallend mit den Radiolarien und zwar den eigent- lichen Polyceystinen überein. Ich nehme daher keinen Anstand, diese Form, wie bereits oben angedeutet, als besondere Gattung vorläufig der Haeckel’schen Familie der Gitterkugel-Radiolarien (Ethmosphae- rida) und zwar der Familie der Heliosphaeriden anzuschliessen. Acanthocystis viridis Ehrbg. Carter. Taf. XXVI. Fig. 8-17. Das von Ehrenberg !) als Actinophrys viridis, von Perty?), Clapar&de und Lachmann 3) als Actinophrys brevieirrmis be- schriebene Thierchen ist höchst wahrscheinlich identisch mit unserer oben genannten Acanthocystis viridis. Allen jenen Forschern ist indessen ein sehr wesentlicher Charakter und somit die wahre Natur dieses Geschöpfes entgangen. Sie sahen die sämmtlichen sehr zahl- reichen von dem Körperumfang ausstrahlenden Fortsätze als Pseu- dopodien der Sarkode an. Doch beschrieben die beiden letzteren be- reits zwei Arten dieser Fortsätze kürzere von ungefähr dem halben Durchmesser des Körpers und längere sehr feine. Erst Carter) erkannte, dass die kürzeren Strahlen starre an der Spitze gegabelte Nadeln seien, und dass zwischen diesen erst die weit längeren beweglichen Sarkodefäden hervorträten. Er nannte das von ihm eigentlich neu aufgefundene Thier Acanthocystis tur- facea°). In der neueren Zeit ist wahrscheinlich dieselbe Form 1) Abhandlungen der Akad. der Wissensch. zu Berlin 1833 und: die Infusionsthiere als vollk. Organismen S. 304, Taf. XXXI. Fig. VIL Ehren- berg spricht die Vermuthung aus, dass dasselbe Thierchen bereits früher von Schrank (Fauna boica III. 2. p. 93. 1803) unter dem Namen Trichoda chaetophora beschrieben worden sei. 2) Zur Kenntniss der kleinsten Lebensformen S. 157. Taf. VIII. Fig. 7. 3) Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes I. Vol. S. 450. 4) The Annals and Mag. of nat. hist. Vol. XII. 1863. p. 263. u. Vol. XII. 1864. p. 36. Pl. II. Fig. 25. 5) Wir haben hier der Einfachheit wegen die von Grenacher aus 482 Greeff: auch von Archer !) gesehen worden, aber wie es scheint, auf Grund flüchtiger Beobachtung und in Folge dessen mangelhaften Vergleiches mit der Carter’schen Beschreibung unter dem neuen Namen Raphidiaphrys viridis vorgeführt worden. Endlich sind vor Kurzem sehr werthvolle Beobachtungen über unser Thierchen von H.Grenacher ?) veröffentlicht worden. Indes- sen muss ich zunächst ein Versehen berichtigen, das Eingangs seiner Mittheilung Platz gefunden hat. Während er nämlich, wie mir scheint, ohne genügenden Grund an der Identität der von ihm gefundenen Form mit Carter’s Acanthocystis turfacea zweifelt, glaubt er, Focke?°) habe die nämliche Art, als er selbst, beobachtet, wenigstens stimme eine Abbildung und einiges aus seiner Beschreibung dafür, während sich dagegen aus der vaugenscheinlich sehr schematisirten Randpar- thie« wenig entnehmen liesse. Diese Angaben fussen auf irrthüm- lichen Voraussetzungen, da die Beschreibung Focke’s im Allge- meinen sehr wohl auf das von ihm beobachtete Thier passt, nur ist das letztere ein wesentlich verschiedenes von der Grenacher allein bekannt gewordenen Acanthocystis. Diese von Focke unter Nr. I. Fig. 3a—c beschriebene Rhizopodenform, die ich ebenfalls kenne, und die ich zum näheren Verständniss Belonophora viridis nennen will, unterscheidet sich von Acanthocystis viridis dadurch, dass ihr Körper nicht mit an der Endspitze gegabelten Kieselnadeln umstellt ist, sondern mit sehr kurzen kaum den dritten Theil des Körperdurchmessers haltenden feinen zugespitzten starren Stacheln, die aber weder kieselig noch Sarkodefortsätze sind. Die Bewegung geschieht vielmehr durch amöbenartige, finger- oder lappenförmige Fortsätze, die aus grösseren Oeffnungen der häutigen Schale her- vortreten. Dieser Rhizopode kann desshalb auch der Radiolarien- Gruppe nicht angeschlossen werden, sondern bildet eine eigenthüm- liche Fornı der Monothalamien, auf die ich bei einer andern Gele- genheit zurückkommen werde. dem Carter’schen Genus- und dem Ehrenberg’schen Speciesnamen zusammen- gesetzte Bezeichnung Ac. viridis adoptirt, ohne indessen damit zwischen A. viridis und turfacea einen Artunterschied bezeichnen zu wollen. Ausserdem ist mir die Bedeutung des Carter’schen Speciesnamens »turfacea« unver- ständlich. 1) Quarterly Journal of microsc. science Vol. VII. 1867. p. 178. 2) Zeitschrift f. wiss. Zool. XIX. Bd. 8.288. Taf. 2. Fig. 25. 3) Zeitschrift f. wiss. Zool. XVII. Bd. S. 343. Taf. 25. we Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 482 Der Körper von Acanthocystis viridis (Taf. XXVI. Fig. 8) nun ist im ruhenden Zustande’kugelig, häufig dicht mit grünen Körnern ertüllt, so dass hierdurch die anderen Inhaltstheile ohne Compression ver- borgen bleiben, und hat einen Durchmesser bis zu 0,1 Mm. Von dieser grünen Kugel starrt ringsum dicht aneinandergedrängt ein Kranz radiärer nadelförmiger Fortsätze, die einen glasartigen ins Bläuliche spielenden Glanz zeigen, aber erst bei aufmerksamer Betrachtung vermittelst einer guten 3—400fachen, leichter bei einer stärke- ren Vergrösserung, im Detail zu erkennen sind. Wir finden; dann drei verschiedene Arten von Fortsätzen, zwei davon sind starre Kieselgebilde, die dritte besteht aus zarten zwischen den ersteren sich lang hervorschiebenden Sarkodefäden. Von den Kieselstacheln sind die längeren (Fig. 8 u. Fig. 9u.s. w.) schon von Carter ge- sehen und in ihren Eigenthümlichkeiten richtig erkannt worden. Sie stellen feine, hohle Kieselstäbehen oder Cylinder dar, die nach aussen mit einer kleinen Gabel endigen (Fig. 8, 9u.s. w.) und mit einem nach innen gebogenen Plättchen auf dem Thierkörper fest- sitzen. Sie sind die bei weitem zahlreichsten und bilden eigentlich den oben erwähnten Stachelkranz.‘ Ihre Länge beträgt ungefähr zwei Dritttheil des Körperdurchmessers, bald etwas mehr, bald weniger, je nachdem der Körper kleiner oder mehr contrahirt oder grösser und durch ein Deckglas comprimirt und ausgebreitet ist. Die anderen Kieselstacheln sind kaum halb so lang wie die ersteren, sehr dünn aber mit einer weit grösseren Endgabelung (Fig.8b u. Fig. 13d) versehen. Sie sind weit weniger zahlreich wie die grösseren und man findet sie erst bei genauer Durchmuste- rung mit starker Vergrösserung, da sie bei ihrer Kleinheit auch meistens zwischen den grösseren Stacheln versteckt liegen. Sie sind desshalb von Carter übersehen aber von Grenacher beschrieben worden. Alle diese Gebilde bestehen, wie bereits durch Carter wahrscheinlich gemacht worden ist, und wovon ich mich aufs ge- wisseste überzeugt habe (durch concentrirte SO? und Glühen) aus Kieselerde, sind, was namentlich bei den grösseren mit Leichtig- keit zu constatiren ist, von einem feinen Längskanal durchzogen und sitzen, wie die Stacheln eines Seeigels, in mehr oder minder radialer Richtung vermittelst eines runden gebogenen Plättchens der Oberfläche des Thierkörpers auf. Eine sehr merkwürdige Er- scheinung ist nun, die bereits Carter beobachtete, dass dieselben ebenfalls wie Seeigelstacheln hin und her bewegt werden können 484 Greeff: und auf diese Weise zur Lokomotion dienen. Wir werden auf diese Erscheinung unten noch einmal zurückkommen. Zwischen diesen starren Stacheln treten nun noch zehr zarte blasse Sarkodestrahlen aus dem Körper hervor, meist nur we- nige, zuweilen mehr, aber immer in nur verschwindend geringer An- zahl gegen die der Stacheln. Sie sind in der Regel 1—2mal so lang wie jene, tentakelartig ausgestreckt und gewöhnlich in lebhafter Be- wegung, indem sie bald verlängert, bald verkürzt werden. Hierbei sieht man denn auch die schon;oft beschriebenen tropfen- oder perl- schnurartigen Anschwellungen, die an den Pseudopodien auf- und niederlaufen und dadurch einen festeren Axenfaden mit einer den- selben umhüllenden beweglicheren- Rindenschicht erkennen lassen. Niemals habe ich unter diesen Pseudopodien Anastomosen oder Ver- schmelzungen noch irgend welche Verzweigungen wahrgenommen, sondern immer nur solitäre Strahlen. Die Art und Weise des Durchtritts dieser Pseudopodien aus dem Körper giebt uns Veranlassung auf den letztern selbst über- zugehen und zwar zunächst die Frage zu stellen, umschliesst eine eigne Membran resp. Kapsel den inneren Protoplasmakörper? Car- ter bejaht diese Frage und schreibt seiner Acanthocystis einen biegsamen Panzer (Corica flexible) zu, Grenacher glaubt, dass das innere Protoplasma zwar nicht durch eine differenzirte Mem- bran, wohl aber durch eine nicht unbeträchtlich verdichtete Rinden- schicht abgegrenzt sei, so dass er sich genöthigt sieht, um eine Verbindung nach aussen herzustellen, Poren in dieser Rinde zum Durchtritt der Pseudopodien anzunehmen. Ich meinerseits habe keine bestimmte Anzeichen finden können die mit Sicherheit eine besonders abgegrenzte und erhärtete Rindenschicht, oder was doch wohl dasselbe sagen will, eine Membran bekunden, wohl aber meh- rere die auf die Abwesenheit einer solchen schliessen lassen. Ich stütze mich dabei auf eine Beobachtung, die ich namentlich an Jüngeren Individuen häufiger gemacht habe, dass nämlich die Ober- fläche sich zuweilen an der einen oder anderen Stelle zum Durchtritt eines kräftigen Protoplasmastromes öffnet (Fig. 13 u. 14) und dann wieder vollkommen schliesst. Aber auch bei den ausgewachsenen Individuen entstehen zeitweise solche wechselnde Oeffnungen theils um’ grüne Körner (Fig. 12) und andere Inhaltstheile nach aussen zu schaffen, theils um ebenfalls mehr oder minder breite lappige und fingerförmige Sarkodefortsätze hervortreten zu lassen, mit denen zz Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 485 dann oft längere Zeit amöbenartige Bewegungen ausgeführt werden. (Fig. 13). Später werden dieselben wieder eingezogen um entweder lange gar nicht oder an anderen Stellen wieder hervorzutreten (Fig. 19). In derselben Weise strömt auch oft körniges Protoplasma hervor, das dann die Stacheln einzeln oder bündelweise umhüllt und an denselben auf- und nieder läuft, wie die Rindensärkode an den Axenfäden der Pseudopodien (Fig. 18 u. 19). Wir werden auf diese sehr auffallenden Bewegungserscheinungen später noch einmal zurückkommen. Betrachtet man ferner mit einer starken Vergrösserung die äusserste Lage der Oberfläche, so sieht man hier eine verhältniss- mässig lebhafte Strömung der durch das Protoplasma vertheilten Körner und Körnchen, nirgendwo aber das Bild einer festen unbe- weglichen Decke oder Grenze und ebensowenig besondere Oeffnun- gen zum Durchtritt der Pseudopodien. Ich glaube daher, dass die anscheinend oft so feste Rinde lediglich dadurch hervorgebracht wird, dass die in dem vielleicht etwas dichteren peripherischen Pro- toplasma sitzenden Fussplättchen der Stacheln sich eng und mit einer gewissen Regelmässigkeit an einander legen, wovon man sich auch bei demmit Kalilauge durchsichtig gemachten, aber sonst un- verletzten Thiere leicht überzeugt. Jedoch umgiebt sich unser Thierchen zu gewissen Zeiten mit einer doppelten Kapsel, einer innern und äussern und zwar bei der von mir beobachteten Encystirung, die wir unten beschreiben werden. Unter der Oberfläche liegt zunächst eine mit lebhaft bewegten Körnchen erfüllte Protoplasmaschicht, auf der nach innen zu bei den meisten Thieren eine solche Menge von dicht aneinander gedrängten grünen Körnern folgt (Fig. 8), dass ohne Compression in der Regel nichts Weiteres von den übrigen Inhaltstheilen wahrzunehmen ist. Diese grünen Körner (Fig 10, 11 u. 17b) sind bald mehr rund, bald oval und lassen, namentlich die grösseren, im Innern zuweilen einige kleine dunkelglänzende Körnchen erkennen. Sie sind von einer sehr festen und resistenten Beschaffenheit und weichen weder der Essigsäure noch kalter Kalilauge. Erst die concentrirte Schwefel- säure löst sie. Neben diesen grünen Körnern sind ganz ähnliche blasse, matt glänzende, fast wie Amylumkörner aussehende, meist etwas grössere vorhanden, entweder rundlich oder noch häufiger dreieckig mit abgerundeten Ecken (Fig. 11, 17a u.s.w.). Carter 486 Greeff: beschreibt sie ebenfalls neben den grünen Körnern, Grenacher aber scheint sie übersehen und wie wenigstens die Abbildung glau- ben lässt, für die von ihm erwähnten Vacuolen genommen zu haben. Sie sind in allen wesentlichen Eigenschaften, abgesehen von der Färbung, mit den grünen Körnern so übereinstimmend, dass ich sie ausser Zweifel für zusammengehörig halte. Es liegt nun sehr nahe die grünen Körner für Chlorophylikörner zu halten, wie dieses be- reits von Carter geschehen, der ausserdem die blassen für Amy- lumkörner hält. Indessen lässt sich der Nachweis hierfür nicht führen, wenigstens ist weder in dem einen noch in dem andern durch Jod eine Cellulose- oder Amylum-artige Substanz nachzuwei- sen. Wir werden später bei Erörterung des Encystirungsprozesses auf diese Gebilde, namentlich auf ihre mögliche Beziehung zur Fort- pflanzung noch zurückkommen. An fernern Inhaltstheilen trifft man nun fast constant meh- rere Protoplasmablasen oder sogenannte Vacuolen in wechselnder Anzahl und Grösse. Carter bezeichnet dieselben als contractile Blasen, mit denen sie in ihrem Aeussern allerdings viele Aehn- lichkeit haben. Ich meinerseits habe in Folge dessen viele Mühe darauf verwandt über diesen sehr wichtigen Punkt Sicherheit zu erlangen, indessen ist es mir niemals, trotz noch so langer Beob- achtung, gelungen irgend eine Pulsation an den sämmtlichen Blasen, von denen ich bei mehreren Individuen alle nach einander geprüft habe, zu bemerken. Wohl aber habe ich mit dem im Innern stets um- herwogenden Protoplasma eine häufige Orts- und durch Compressio- nen auch Form-Veränderungen dieser Blasen wahrgenommen, wobei, wie es mir schien, zuweilen neue Blasen hervorquollen und andere langsam verschwanden. Sehr deutlich sieht man diese Neigung des ganzen Protoplasmas zur Blasenbildung, wenn man eins der grös- seren Exemplare durch Druck zersprengt. Man hat dann eine grosse Anzahl von Kugeln vor sich, die oft noch wieder kleinere Blasen oder eins oder einige der oben erwähnten grünen und blassen Kör- ner einschliessen (Fig. 11). Ausser diesen augenscheinlich blossen Protoplasmatropfen trifft man aber auch noch sehr häufig Blasen, die ein kernartiges Gebilde in sich einschliessen und dann den voll- ständigen Anblick von Zellen gewähren; unter diesen, den letztern, erkennt man fast stets eine grössere Blase mit einer verhältniss- mässig ebenfalls beträchlichen soliden Kernmasse, die auf Zusatz von Essigsäure dunkel granulirt. Ohne Zweifel ist aber diesem Gebilde Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 487 noch eine besondere Bedeutung zuzuschreiben (Fig. 12). Ich habe lange geglaubt, es sei dies der Ausgangspunkt der vom Centrum des Thierkörpers ausgehenden von Grenacher zuerst beschriebe- nen eigenthümlichen Erscheinung, die darin besteht, dass anscheinend von einem sehr kleinen centralen punktförmi- genBläschen aus feine Strahlen sternförmig nach allen Richtungen austreten. Grenacher beschreibt eine unregelmäs- sig gestaltete sternförmige Höhle, welche diese Strahlen umgrenzt. Ich glaube, dass eine doppelte Umgrenzung vorhanden ist, erstlich ein kleinerer zarter Kreis um den ausstrahlenden Punkt und um diesen eine weitere Contour bald kreisförmig, bald mehr oder minder eingebuchtet. Der letztere ist wohl die Grenze der vonGrenacher beschriebenen Höhle, die ich indessen niemals so scharf contourirt gesehen habe, wie derselbe sie abbildet. Es schien mir nun, die oben beschriebenen grossen Blasen mit grossem Kern seien die diesen Contouren entsprechenden Gebilde, bin indessen hierin wieder zwei- felhaft geworden. Die Untersuchung ist bei der Kleinheit des gan- zen Objektes mit grossen Schwierigkeiten verbunden, da man das fragliche strahlenförmige Gebilde nicht zu isoliren vermag. Erstlich verschwindet die sternförmige Zeichnung aus sehr naheliegenden Gründen, (da sie bloss Protoplasmafäden darstellt), wenn man das Objekt zerreisst oder durch Compression sprengt und dann wird durch Zusatz von Essigsäure zu dem unverletzten Thiere der Inhalt so stark und schnell verdunkelt, dass hierdurch wiederum dem Streben, die Contouren im Auge zu behalten, ein grosses Hinderniss erwächst. Besser ist mir die Verfolgung der Strahlen vom Mittelpunkte nach der Peripherie geglückt, da ich in zahlreichen Fällen mit vollständiger Sicherheit dieselben bis unter die Oberfläche des Thierkörpers verfolgt und auch die direkte Fortsetzung dersel- ben über die Oberfläche hinaus in die ausgestreckten Pseudopo- dien wahrgenommen habe. Die Beobachtung wird hier durch die am äusseren Rande dazwischen tretenden Basalplättchen der Stacheln und durch die letztern selbst wiederum etwas unsicher, jedoch bei der im Ganzen geringen Anzahl der ausgestreckten Pseu- dopodien und der isolirten Haltung derselben, lässt sich leichter die Verbindung mit den einzelnen Strahlen ins Auge fassen und in einigen dieser Fälle glaube ich mich ganz zweifellos von dem direk- ten Uebertritt der inneren Strahlenfäden in die äusseren Pseudo- 488 Greeff: podien überzeugt zu haben. So viel steht fest, dass diese Strahlen von dem oben beschriebenen centralen fast punktförmigen Bläschen aus den ganzen Thierkörper bis zur Oberfläche durchsetzen. Gre- nacher hat bereits die sehr nahe liegende Meinung ausgesprochen, dass diese aus dem Centrum des Thierkörpers austretenden Strah- len die Axenfäden der nach aussen tretenden Pseudopodien seien. Diese Meinung findet durch obige Beobachtung eine wesentliche Be- festigung und handelt es sich nur noch darum, die centralen Ver- hältnisse, d. h. die Wurzeln dieser Axenfäden genau festzustellen. Ich hoffe demnächst hierüber so wie über einige andere unten zu erwähnende Lücken in der Lebensgeschichte von Acanthocystis ge- nügenden Aufschluss geben zu können. Was die Fortpflanzungsverhältnisse betrifft, so findet zunächst eine direkte Zweitheilung des ganzen Thieres statt, die unter meinen Augen sich vollzogen hat und zwar in der Weise, dass die anfängliche ovale Form in eine biscuitartige überging, die allmählich immer tiefere Einbuchtungen annahm und schliess- lich mit dem Abschnüren der beiden durchaus gleichen Hälften endigte. Sodann habe ich über einen höchst merkwürdigen Encysti- rungsprozess zu berichten. Man trifft zuweilen auf Individuen von Acanthocystis, bei denen der gesammte Körperinhalt sich ku- gelig nach innen zusammengezogen hat (Fig. 15,c) und nach aussen von einem breiten hellen Saum umschlossen wird (Fig. 15,a). Auf der Oberfläche dieses Saumes stehen noch die gegabelten Stacheln ganz in derselben Weise, wie wir sie oben beschrieben !) haben. Zwischen diesen Stacheln sieht man aber niemals Pseudopodien oder sonstige Sarkodetheile ausgestreckt, sondern das äussere Le- ben ist vollständig erloschen. Die Oberfläche dieses Saumes wird vielmehr durch eine zarte und glashelle aber starre und undurchdring- liche Kieselhülle gebildet, in oder unter welcher die Fussplättchen der Stacheln festsitzen. Geht man nun wieder zur Betrachtung des innern Thierkörpers, so findet man bei stärkerer Vergrösserung denselben ausser der weit abstehenden eben erwähnten Kapsel noch von einer direkt anliegenden hyalinen Hülle umsäumt (b), die in- dessen nicht kieseliger, sondern organischer Natur zu sein scheint. 1) Bei der die encystirte Acanthocystis darstellenden Fig. 15 sind die äusseren Stacheln der Kürze wegen nur angedeutet. Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 489 Auf diese zweifache Einkapselung folgt nun die im unverletzten Zustande durchaus undurchsichtige dunkle Thierkugel, die bloss in der Mitte einige grüne Körner durchschimmern lässt. Setzt man zu diesem Objekt concentrirte Aetzkalilösung, so wird dasselbe auf- gehellt und man sieht dann die Oberfläche des innern Körpers durch ein anscheinend sehr zierliches Gittergehäuse gebildet (Fig. 16). Ich habe dieses längere Zeit für eine besondere Gitterkugel gehalten, indessen ist dasselbe, so täuschend es auch hervortritt, nur schein- bar, und wird nur dadurch vorgespiegelt, dass sich eine grosse Menge blasser fester Körner in regelmässiger Anordnung an der Oberfläche fest aneinandergelegt hat. Diese Körner sind dieselben, die wir bereits oben neben den ihnen ähnlichen grünen Körnern kennen gelernt haben. Hier aber ist die Zahl der blassen Körner bei weitem überwiegend gegen die der grünen und zwar stets in der Anordnung, dass die blassen alle nach aussen gedrängt sind und die grünen bloss im Centrum des Körpers von den erstern rings umhüllt liegen. Durch allmählichen Druck und schliessliches Spren- gen des Körpers kann man sich von allen diesen Verhältnissen aufs Deutlichste überzeugen. Es ist wohl ausser Zweifel, dass dieser ganze Encystirungs- prozess zu der Lebensgeschichte unseres Thierchens in wichtiger Beziehung steht, und liegt es natürlich nahe, einen Modus der Fortpflanzung hierin zu vermuthen. Ich vermag indessen hierüber vor der Hand nichts Sicheres zu berichten. Häufig und lange habe ich die oben beschriebenen Objekte isolirt beobachtet, ohne bisher eine freiwillige Oeffnung der Cysten und Austreten von Embryonen oder dergl. wahrgenommen zu haben. Ebensowenig habe ich eine Weiterentwickelung der grösseren blassen oder grünen Körner aus- serhalb des Thierkörpers constatiren können. Neben der Acanthocystis viridis kommt nun noch sehr häufig eine durchaus blasse Form vor, die ich zur Unterscheidung Acanthocystis pallida nennen will (Taf. XXVLU. Fig. 19). Ich weiss nicht ob die- selbe als besondere Art oder als Varietät gelten kann. Die zunächst in die Augen fallende Verschiedenheit der grünen Form gegenüber, ist die vollständige Farblosigkeit, indem statt der grünen Körner bloss blasse im Innern des Körpers und, wie es scheint, jeder Zeit enthalten sind. Ausserdem zeichnet sich A. pallida durch eine con- stant grössere Länge der kurzgegabelten Hauptstacheln und eine weit beträchtlichere Anzahl der kürzeren und weitgegabelten Stacheln aus. 490 Greeff: Hierzu kommt, dass sich neben den Basalplättchen der Stacheln ‘noch besondere stäbchenartige Deckstücke in mehr oder minder tangentia- ler oder etwas gebogener Richtung über die Oberfläche lagern. Die A. pallida eignet sich wegen ihrer Durchsichtigkeit weit besser zur Untersuchung des inneren Baues als A. viridis. Werfen wir nun noch einmal einen Rückblick auf Acantho- cystis viridis und pallida, so finden wir wiederum manche Anzeichen, die uns auf eine Verwandtschaft dieser Organismen mit den Radio- larien hinleiten. Namentlich in Rücksicht auf das äussere Kiesel- skelet und die zwischen den Stacheln sich ausstreckenden Pseudo- podien, die mit ihren festen und resistenten Axenfäden aus dem Innern des Thierkörpers und zwar scheinbar aus einem hier im Centrum gelegenen, der Öentralkapsel oder Binnenblase ähnlichen Gebilde hervortreten, brauchen wir wohl kaum anzustehen, diese Formen direkt zu den Radiolarien und, zwar wie mir scheint in die Nähe der Acanthometriden zu stellen. Wie verhält es sich aber ferner mit den grünen und blassen Körnern und, vielleicht in* Verbindung hiermit, dem Encystirungsprozess? Diese Eneystirung, die wir schon bei Clathrulina nur in veränderter Form angetroffen haben, steht den Radiolarien nach den bisherigen Beobachtungen fern. Indessen, abgesehen davon, dass wir über die Fortpflanzung der Radiolarien des Meeres bisher fast vollständig im Dunkeln sind und ferner das Vorkommen eines solchen Prozesses allein im Ue- brigen verwandte Thiere wohl schwerlich von einander zu trennen vermöchte, so können wir denselben auch wie mir scheint als eine durch die Lebensweise im süssen Wasser hervorgerufene und bedingte Eigenthümlichkeit, mit andern Worten als eine besondere Anpassung an diese Lebensweise ansehen, wie wir sie ja bei den Süsswasserbewohnern, namentlich den Protozoen, in grosser Verbrei- tung antrefien. Wie sind nun aber die hiermit zusammenhängenden grünen und blassen Körner, die wohl ohne Zweifel eine hervorragende Rolle im Leben unserer Thiere spielen, zu deuten ? wie ferner die eigenthümlichen wechselnden Vacuolen-Bildungen, dann die offenbar zelligen Gebilde, die Strömungserscheinungen des Protoplasma’s na- mentlich das selbstständige Oeffnen der Oberfläche des Thierkörpers zu amöbenartigen Bewegungen und dann wiederum das vollständige Schliessen dieser Oeffnungen u.s. w.? Treten hier nicht zu gleicher Zeit Anklänge an die Spongien hervor. > ; Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 491 Alle diese Fragen aber können erst mit Erfolg beantwortet wer- den, wenn wir noch weitere Thatsachen über den Bau und die Lebenserscheinungen, namentlich aber über die Entwicklung ken- nen gelernt haben. Den beiden oben beschriebenen Formen von Acanthocystis will ich hier zunächst noch zwei andere anschliessen, von denen ich je- doch nicht bestimmt weiss, ob ich sie als besondere Arten ansehen soll, die aber in gewisser Hinsicht ein hervortretendes Interesse bieten. Die eine davon (Taf. XXVI. Fig. 35) ist ganz ohne Skelettheile. Der eigentliche Körper stellt eine Kugel dar, die mit glänzenden, smaragd- grünen Körnern und einem hellen feinkörnigen Protoplasma, in dem dunkelglänzenden Körnchen zerstreut sind, erfüllt ist. Im Centrum ist ein blasses kernartiges Gebilde gelagert, das indessen erst durch Compression oder auf Zusatz sehr verdünnter Essigsäure (stärkere verdunkelt zusehr) deutlicher hervortritt. Die äussere Umgrenzung ist eine ziemlich scharfe, so dass es den Anschein hat, als sei dieselbe durch eine besondere Hülle gebildet. Doch findet eine ziemlich lebhafte Verbindung von innen nach aussen statt, so dass also entweder Oeff- nungen in der Hülle, sofern eine vorhanden, sein müssen, oder es fehlt überhaupt eine Grenzmembran. Rund um diesen eigentlichen Körper zieht sich ein verhältnissmässig breiter heller und fein- körniger Sarkodesaum, der von sehr zarten direkt aus dem Körper ausstrahlenden Pseudopodien durchsetzt ist. Dieser Sarkodesaum zeigt eine ziemlich lebhafte Strömung und zieht sich an den ein- zelnen Pseudopodien noch eine kurze Strecke zipfelartig hinauf, so dass hierdurch eine sehr zierlich sternförmige Figur entsteht (siehe Figur 35). Ausserdem treten einzelne dunkele Körnchen fortwäh- rend auf die Pseudopodien über und wandern hier sehr lebhaft auf und ab. Ich bin, wie schon bemerkt, nicht sicher, ob ich dieses Thierchen als einen Jugendzustand von Acanthocystis viridis betrachten soll oder als eine besondere Thierform. In beiden Fällen ist dasselbe indessen nicht ohne Interesse für uns, da die Radiolarienähnlichkeit dieser Form eine sehr auffallende ist. Man könnte versucht sein den ganzen eigentlichen Thierkörper als Centralkapsel und den äusseren Sar- kodegürtel als extra-capsuläre Sarkode aufzufassen, welche durch die aus der Centralkapsel hervorstrahlenden Pseudopodien durchsetzt wird. Indessen fehlt hierfür noch die genauere Feststellung der Art und Weise der Umgrenzung dieses Körpers, die ich, da mir nur M, Schultze, Archiv f. mikrosk, Anatomie. Bd. 5. 33 492 Greeff: ein paar Mal diese Form zu Gesicht gekommen ist und bei der gros- sen Kleinheit und Zartheit des ganzen Objektes bisher ehe habe ausführen können. Die andere Form (Fig. 18) schliesst sich schon mehr direkt an Acanthocystis viridis an, bietet indessen ebenfalls einige sehr interes- sante Eigenthümlichkeiten. Sie besitzt dieselben stäbchenartigen, ra- dial gestellten, an der Spitze kurzgegabelten Stacheln, aber es fehlen die kurzen weitgegabelten. Diese grösseren Stacheln sitzen nun nicht wie bei A. viridis und pallida mit einem Basalplättchen auf der Oberfläche, sondern sie tauchen mit ihrem hinteren Ende in den als äussere Umgrenzung des Thierkörpers vorhandenen glashellen Saum und dringen in das Innere ein, wo sie sich wegen der hier massenhaft angehäuften grünen Körner der Beobachtung entziehen. Durch Druck resp. Sprengung des Thierkörpers treten sie hervor, und man sieht dann am hinteren Ende ein ähnliches aber sehr kleines Fussplättchen wie bei A. viridis. Ausser diesen Stacheln finden sich nun noch zweierlei Strahlen um den Thierkörper gestellt, die einen davon sind die uns bereits bei A. viridis bekannt gewordenen langen Pseudopodien, die anderen äusserst zarte Fäden, die mehr oder minder dichte nach aussen divergirende Büschel bilden und so die Stacheln, zuweilen auch die Pseudopodien, umhüllen. Es sind wohl ohne Zweifel Sarkodefäden, die neben den einzelnen Pseudopodien höchst sonderbarer Weise in dieser Büschelform aus dem Innern entwickelt werden. Ausserdem zieht sich wiederum ein breiter meist sternförmiger Sarkodesaum um den ganzen Thierkörper in ähnlicher Weise wie bei der vorigen Form. Innerhalb dieses ebenfalls strömenden Gürtels wandern nun mehrere grünlich gefärbte Körner, die aber auf den ersten Blick bezüglich der Grösse gegen die in dem Innern des Körpers ent- haltenen beträchtlich zurückstehen. Untersucht man aber ver- mittelst Druck genauer, so findet man, dass zwischen den grössern Körnern viele kleinere, den äussern ähnliche, vorhanden sind. Der Versuch diese grünen Körner mit den gelben Zellen der Radiolarien in Verbindung zu bringen liegt natürlich sehr nahe, wird aber so lange keinen Erfolg haben, als man nicht über die Genese und Funktion beider Gebilde mehr unterrichtet ist. Wir werden unten noch einige sehr merkwürdige Beobachtungen über anschei- nend den gelben Zellen entsprechende Gebilde kennen lernen, die uns dieser Frage noch näher bringen, ohne dass wir indessen eine Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 493 Entscheidung wagen dürften, namentlich da uns die vergleichenden Beobachtungen an den Radiolarien des Meeres fehlen. Ich habe bei der in Rede stehenden Form noch einer anderen Schwierigkeit zu gedenken, die uns schon bei der vorigen (Fig. 35) entgegen trat, nämlich des Verhältnisses der äusseren Umhüllung zum Thierkörper. Wir finden hier, wie bereits oben erwähnt, die Oberfläche nicht mit den Fussplättchen der Stacheln besetzt, sondern ein heller zarter Saum zieht sich um die grüne Körnermasse. Wird dieselbe von einer besondern Rinde resp. Membran begrenzt oder bildet sie bloss eine äussere Sarkode-Schicht festerer Consistenz als die Innensubstanz, wie wir dieses Verhältniss bei vielen Amöben finden? Im ersteren Falle müssten zum Durchtritt der Sarkode und grünen Körner, Oefinungen vorhanden sein, die ich indessen nicht wahr- genommen habe und wir würden uns dann derselben räthselhaften Erscheinung wie bei der vorigen Form gegenüber sehen, dass wir nämlich die ganze Kugel als CGentralkapsel und die srömende stern- förmige Aussen-Sarkode als extracapsuläre Sarkode ansehen könn- ten. Der zweite Fall ist mir jedoch hier der wahrscheinlichere, nämlich dass bloss eine Sarkode-Schicht von fester Consistenz den Körper umhüllt und in der die zum Austritt der Innensubstanz nö- thigen Oefinungen sich immer von Neuem erzeugen und wieder schliessen. Acanthocystis spinifera nov. Spec. Fig. 20—23. Mit diesem Namen bezeichne ich eine Form, die ungefähr nur die Hälfte der Grösse von A. viridis und pallida, also eirca 0,04 Mm. Durchmesser, erreicht und sich von diesen, sowie auch von der vor- hergehenden zunächst durch die Beschaffenheit des Kieselskelets unterscheidet, das aus sehr feinen einfach zugespitzten aber auch radial gestellten Nadeln (Fig. 20 u. 21c Fig.23 e) besteht, welche ebenfalls mit feinen Fussplättchen auf der Oberfiäche des Thierkör- pers festsitzen. Zwischen diesen Nadeln, den einzigen des ganzen Skelets, sieht man, ebenso wie bei A. viridis, die hier noch feineren Pseudopodien nach aussen treten (Fig. 20 d Fig. 23 f). Der Innen- raum enthält zuvörderst ein in der Regel central gelegenes verhält- nissmässig grosses kernartiges Gebilde (Fig. 20, 21 u. 22a, siehe auch Fig. 23), das beim lebenden T'hiere einer mit heller Flüssigkeit 494 Greeff: erfüllten Blase gleicht, auf Zusatz von Essigsäure aber eine Anzahl von unregelmässig gestalteten Körnern hervortreten lässt. Eine Ver- bindung der äusserst feinen Pseudopodien mit diesem Gebilde glaube ich häufig wahrgenommen zu haben, konnte aber wegen der über den ganzen Körper sich legenden sehr ähnlichen Nadeln keine Ge- wissheit erlangen. Die bei A. viridis und pallida beschriebene vom Centrum ausgehende strahlenförmige Figur habe ich bei dieser Form nicht gesehen. Der übrige Innenraum zwischen Kern und Oberfläche wird von einem feinkörnigen Protoplasma ausgefüllt, in welchem ähnliche Kör- per eingebettet liegen wie die grünen und blassen Körner bei A. viridis und pallida, nur mit dem Unterschiede, dass die gefärbten hier, statt grün, intensiv gelb sind. Dieselben sind indessen in sehr wechselnder Menge bei den verschiedenen Individuen vorhanden, oft scheinen sie ganz zu fehlen, oft findet man nur wenige oder nur eins und in diesem Falle scheinbar grösser (Fig. 20 u. 21 b), häufig aber ist eine ziemlich reichliche Menge vorhanden (Fig. 23). Diese ganze Inhaltsmasse befindet sich in langsam aber beständig wogender oder rotirender Bewegung um ihren Mittelpunkt die cen- trale Blase, und, was für uns von ganz besonderem Interesse ist, durchbricht auch zeitweise die Oberfläche, um eine der gelben Kör- ner nach aussen zu schaffen (Fig. 23 b). Im nächsten Augenblicke aber schliesst sich die Oeffnung wieder vollkommen, ohne dass man eine Spur davon an der betreffenden Stelle wieder zu erkennen ver- mag. Dieselbe Beobachtung habe ich, wie früher erwähnt, auch bei A. viridis gemacht, hier aber mit besonderer Klarheit und bei einem Objekte, das nicht dem geringsten Deckglas-Druck ausgesetzt war, so dass also die Oeffnung, wie auch sonst der ganze Vorgang aufs unzweideutigste zeigte, eine durchaus spontan gebildete war. Die aus dem Innern ausgetretenen Körner bleiben eine Zeitlang im Umkreise des Thierchens an den Nadeln oder Pseudopodien desselben hangen, wandern auch wohl an den letzteren auf und nieder oder von einem zum andern, aber treten nach meiner Beobachtung nicht wieder in den Thierkörper zurück. Welches ist die Bedeutung und das weitere Schicksal dieser Körner ? Diese Frage drängt sich hier wieder wie früher für die diesen offenbar homologen Gebilde von A. viridis und pallida und den anderen Formen, in den Vordergrund. Was ich darüber durch unmittelbare Beobachtung habe feststellen können, ist, dass einige Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 495 dieser Körner zuweilen von einem hyalinen Hof umgeben waren (Fig.23 d). Eine direkte Weiterentwicklung der unter meinen Au- gen aus dem Thierkörper in der obigen Weise ausgestossenen Körner habe ich nicht finden können. Nun schliesst sich aber hieran eine Reihe anderer sehr merk- würdiger Beobachtungen, bei denen ich sehr versucht bin sie mit den obigen in Zusammenhang zu bringen. Dieselben gelben Körner mit hyalinem Hof oder vielmehr von einer hyalinen Blase umschlossen, fanden sich auch häufig isolirt in denselben Gläsern, meistentheils aber grösser und von ovaler Form (Fig. 24). Bei weiterer Nachforschung fand ich einige noch grössere, die zu meinem nicht geringen Er- staunen an den beiden Längspolen der ovalen Blase jederseits einen strahlenförmigen Büschel feiner Fäden hervortreten lies- sen, die ich alsbald als sehr bewegliche Pseudopodien erkannte, womit verhältnissmässig sehr lebhafte Ortsveränderungen bewirkt wurden. Ferner fand sich neben dem von der Blase eingeschlosse- nen glänzend gelben Körper auch noch dem Letzteren anliegend ein ganz heller runder Körper, ungefähr von derselben Grösse und Gestalt (Fig. 27,a. Fig. 28), mit meistens noch einem weiteren sehr kleinen und hellen Centrum. Ausserdem traten noch innerhalb der Blase hin und wieder einige dunkel glänzende kleine Körnchen hervor (Fig. 28), und hin und wieder auch eine grössere oder ge- ringere Menge feinkörniger Substanz. Das waren im wesentlichen die sichtbaren Eigenschaften dieser merkwürdigen Körper. Bei weiterer sorgfältiger Durchmusterung des mir zu Gebote ste- henden Materiales fanden sich neben den einzelnen eben beschrie- benen Körpern auch drei, vier (Fig. 25) fest miteinander ver- bundenen und schliesslich auch ganze Gruppen von 20 bis 50 und darüber (Fig. 29). Die letzteren stellten mehr oder minder kugelige Complexe dar, die nach allen Richtungen feine Pseudopodien aus- strahlten und auf diese Weise wiederum eine auffallende Actino- phrys-Aehnlichkeit zur Schau trugen. Die äusserst zahlreichen zar- ten Pseudopodien waren indessen nicht gleichmässig radiär gestellt, sondern traten nach allen Richtungen aus, hier und dort auch in einzelnen divergirenden Büscheln, die sich mit benachbarten kreuzten. Hierdurch konnte bald festgestellt werden, dass die ein- zelnen Körper der Gruppe ganz in derselben Weise, wie wir das oben bei den solitären gesehen, jeder für sich Büschel von Pseudopodien hervorschickten. Auch im Uebrigen konnte ich die vollständige 496 Greeff: Uebereinstimmung der solitären wie der gruppenweise zusammen- hängenden Körper constatiren. So weit reichen meine Beobachtungen für die uns hier vorlie- genden Körper. Trotz aller darauf verwandten Mühe ist es mir bisher nicht gelungen eine Weiterentwickelung der solitären Körper, die ohne Zweifel die am weitesten fortgeschrittenen sind, direkt wahrzunehmen. Hingegen glaube ich in einem anderen Falle, wo ich ähnliche Gebilde in scheinbarem Zusammenhang mit den eigentlichen Actinophryen fand, einen Uebergang jener in einen Actinophrys- ähnlichen Zustand bemerkt zu haben, worauf wir in einem folgenden Artikel spezieller zurückkommen werden. Für uns handelt es sich zunächst darum, ob die oben beschriebenen Gebilde, sowohl die solitären wie die zu Gruppen verbundenen in genetischem Zusammenhang mit den gelben Körnern von Acanthocystis spinifera stehen, oder ob dieselben in den Entwickelungskreis anderer For- men gehören oder endlich selbstständige Organismen sind. Zur Beantwortung der ersten Frage ist noch eine wesentliche Lücke vor- handen, nämlich die Verfolgung der einfachen, von einem hyalinen Hof umschlossenen, Körner bis zu den, wenn auch sehr ähnlichen aber schon viel difierenzirteren Körpern mit zweifachen strahlenför- migen Pseudopodienbüscheln, einem besonderen kernartigen Gebilde neben dem von der gemeinschaftlichen Blase eingeschlossenen gel- ben Körper u.s. w. Ebenso wenig bin ich im Stande die zweite Frage zu beantworten, da mir keine anderen Formen bekannt sind, mit denen ich die fraglichen Gebilde in Verbindung setzen könnte. Was endlich den dritten Punkt betrifit, so träte uns hierbei die in- teressante Möglichkeit von vielleicht polyzoen Radiolarien - artigen Organismen nahe, die, noch auf einer sehr niedrigen Stufe stehend, bloss aus Centralkapseln zusammengesetzt seien. Allein die Beob- achtung tritt hier in ihr volles Recht und ihr müssen wir die hoffentlich nicht lang verzögerte Entscheidung über die interessanten Fragen anheimgeben. Astrodisculus minutus nov. gen. et nov. spec. Fig. 30. Mit dem Genus-Namen Astrodisculus bezeichne ich eine eigen- thümliche Form, von der ich mehrere sehr kleine Arten aufgefun- b= Dr Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 497 den habe, die wohl alle dem Radiolarientypus direkt anzuschliessen sind. Der hauptsächliche äussere Charakter ist, dass sich um den eigentlichen Thierkörper ein heller breiter Gürtel gelegt, der mich anfangs veranlasste, diese Form meiner früher beschriebenen Gat- tung Amphizonella !) nahe zu bringen. Die weitere Untersuchung belehrte mich aber, dass der hier in Rede stehende äussere Gürtel aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine sehr zarte poröse oder mit bestimmten feinen Oefinungen versehene Kieselkapsel gebildet ist, da dieselbe durch die verschiedensten Reagentien, selbst auf Zusatz von Schwefelsäure nicht verschwindet, sondern stets als ein heller zarter Ring sich erhält. Durch diese poröse Hülle treten nicht bloss die Pseudopodien nach aussen, sondern auch grössere Körner und Körperchen vermögen dieselbe zu durchschreiten, so dass ich geneigt bin anzunehmen, die Hülle enthalte auch einzelne grössere Oefinungen oder sei zum Theil aus weicher permeabler organischer Substanz gebildet. Der Zwischenraum zwischen der äusseren Kapsel und dem eigentlichen Thierkörper ist durch eine feinkörnige Sarkode ausgefüllt. Die oben mit A. minutus benannte Art zeichnet sich durch eine graubraune Färbung des eigentlichen Körpers aus (Fig. 30) und enthielt in den Exemplaren, ‘die ich aufgefunden, neben einem aus dem Centrum durchschimmernden centralen kugeligen Gebilde mehrere runde oder ovale scharf begrenzte Körper, über deren Be- deutung ich nichts mitzutheilen vermag. Die äusserst feinen Pseu- dopodien liessen sich hier, wie bei den übrigen Arten, durch den äusseren Protoplasmaring mit Leichtigkeit bis an und auch in den . Körper verfolgen. Das Thierchen besitzt einen Durchmesser von nur 0,03 Mm. Astrodiseulus ruber Greeft. Fig. 31. Astrodisculus ruber gehört bezüglich der Radiolarienverwandt- schaft zu den hervortretendsten Formen. Auf den ersten Blick fällt alsbald die verhältnissmässig grosse rothe Kugel im Innern des Körpers in die Augen, die schon sofort sehr deutlich auf eine 1) Ueber einige in der Erde lebende Amöben und andere Rhizopoden. M. Schultze’s Arch. f. mikr. Anat. Bd.II. S. 323. Taf. XVIII. Fig. 12—15. 498 Greeff: Homologie mit der Centralkapsel der Radiolarien hinweist. Die Hülle dieser Kugel ist sehr resistent und der Innenraum derselben scheint zum grössten Theile mit einer feinkörnigen rothgefärbten Substanz ausgefüllt zu sein. Ein besonders centrales Bläschen oder kernartiges Gebilde konnte ich nicht in derselben erkennen, was möglicherweise darin seinen Grund haben mag, dass der im Innern angehäufte rothe Farbstoff keinen genauen Einblick erlaubt, der durch Zusatz von Reagentien noch mehr erschwert wird. Eine voll- ständige Isolirung aus den umgebenden Sand- und Schlammtheil- chen zur demnächstigen vorsichtigen Compression gehört aber bei der Winzigkeit des Thierchens zu den grössten Schwierigkeiten und in den meisten Fällen geht das mühsam zur Beobachtung gebrachte Ob- jekt darüber verloren. Um diese Kugel zieht sich zunächst wieder eine Sarkodeschicht, die theils sehr feine rothe Körnchen enthält, theils grössere Körner von leuchtendem Roth, die alle untereinander in Aussehen und Grösse gleich sind. Von dieser Sarkodeschicht treten die ziemlich zahlreichen sehr feinen Pseudopodien die äussere poröse Rinde durchbrechend nach aussen; aber nicht bloss diese, sondern die grösseren rothen Körner wandern gleichfalls einzeln mit, um sich an den Pseudopodien eine Zeit lang umherzutreiben. Es muss besonderes Gewicht darauf gelegt werden‘, dass diese Körner keineswegs identisch mit den in der Rindenschicht der Pseudopodien in der Regel suspendirten und an den letztern auf- und niederlaufenden Körnchen sind, sondern dass dieselben durch- aus selbstständige einzelne den inneren grösseren Körnern entspre- chende Gebilde sind. Ich glaube nicht anstehen zu dürfen diesel- ben, trotzdem sie beträchtlich kleiner sind, mit den oben bei Acan- thocystis kennen gelernten grünen Körnern in Verbindung zu brin- gen und in diesem Falle tritt uns die mögliche Homologie mit den gelben Zellen der Radiolarien auch hier wiederum nahe. Die Bewegung des Thierchens vermittelst seiner, wie bemerkt, ziemlich zahlreichen, aber erst bei einer circa 300fachen Vergrösserung gut erkennbaren Pseudopodien, ist eine lebhaft rotirende, so dass man oft Mühe hat, durch Nachschieben des Objektträgers denselben zu folgen. Die Grösse des Körpers beträgt nur 0,03—0,04 Mm. im Durchmesser. Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 499 Ich schliesse hier noch einen anderen in Fig. 34 dargestellten Rhizopoden an, der mir einigemal begegnete und den ich anfangs für ein Entwickelungsstadium des eben beschriebenen A. ruber zu halten geneigt war, der aber doch wohl eine Form für sich dar- stellen mag. Der runde ziemlich scharf umgrenzte Körper liess kein centrales Gebilde im obigen Sinne erkennen, sondern ein paar rothe, aber im Verhältniss zu der vorhergehenden Art kleine und nicht central gelegene Kugeln und ausserdem, wie bei der vorigen Art, eine Anzahl rother Körner, die aus dem Innern auch in die äussere Sarkodeschicht wanderten. Dieselbe strömte in ziemlich breiter Zone und in lebhafter Bewegung um den Körper, ohne in- dessen lange und feine Pseudopodien zu bilden. Vielmehr waren dieselben kurz, unregelmässig, sich alsbald verzweigend und Ana- stomosen bildend, so dass nur eine unregelmässig sternförmige Figur hervortrat und der eigentliche Actinophrystypus in dieser Hinsicht unvollkommen oder nur stellenweise zum Ausdruck gelangte. Durch- messer 0,035 Mm. Astrodisculus flavescens Greeff. Fig. 32 und 32a. Im Innern der intensiv gelb gefärbten Sarkode liegen mehrere braunroth gefärbte Körper von verschiedener Grösse und Gestalt. Das Centrum wird von einer hyalinen verhältnissmässig grossen Blase eingenommen, die nach Zusatz von Essigsäure sich verdun- kelt und mit einer scharfen Grenze umgiebt und dann im Innern kleine Körnchen erkennen lässt, die namentlich rund um die Innen- wand kranzartig anliegen. Das Verhalten der Pseudopodien und der äussern Hülle wie bei den beiden vorigen Arten. Die Grösse des Körpers beträgt circa 0,03 Mm. Durchmesser. Astrodisculus flavo-capsulatus Greefi. Fig. 33 und 33a. Wie bei A. ruber eine rothe, so tritt hier mitten im Centrum des Thierkörpers eine gelbe Kugel hervor und um so schärfer und auffallender, da dieselbe das einzig gefärbte Gebilde des ganzen Thier- körpers ist. Wie dort, so brauchen wir auch hier wohl nicht an- 500 Greeff: zustehen, dieses Gebilde als Homologon der Centralkapsel in Anspruch zu nehmen. Eine sehr interessante Beobachtung an diesem Thierchen war, dass ich an einem der aufgefundenen Exemplare die gelbe Kapsel an einer Stelle geöffnet fand, und zwar wie es schien durchaus spon- tan, da das ganze Objekt sonst unverletzt war und auch keinerlei Druck stattgefunden hatte. Aus der Oefinung war ein Theil des Kapselinhaltes mit diesem noch zusammenhängend (Fig.23a) aus- geflossen als ein kleiner Strom zähflüssiger Masse, in der kleine Körn- chen suspendirt waren. Um die gelbe Kapsel zieht sich ein Hof feinkörniger heller Sarkode, deren äusserer Rand aber hier abweichend von den vori- sen von einer feinen Strichelung umzogen ist, die in sehr auffal- lender Weise an die Fussscheibchen der Stacheln von Acanthocystis erinnert. Ich habe indessen nicht feststellen können, ob ausser den vielfach ausstrahlenden sehr feinen Pseudopodien Kieselnadeln auf diesen kleinen Plättchen stehen, die jedenfalls, wenn sie vorhanden, von sehr grosser Feinheit sein müssten. Der Durchmesser des Körpers beträgt nur circa 0,025 Mm. Astrodisculus radians Greeff. Fig. 36 und 36a. Ich stelle diese Art vorläufig noch unter die Gattung Astro- disculus, obgleich sie sich durch einige besondere Eigenthümlichkei- ten im äussern und innern Bau von derselben entfernt. Zu den Er- steren gehört, dass die äussere poröse Kieselhülle noch durch radial vom Körperumfang bis zur inneren Hüllenwand tretende Kiesel- stäbchen oder Nadeln gestützt ist (Fig. 36), und zu den zweiten, dass der Körper mehrere Centralkapsel-artige Gebilde im Innern enthält. Dieselben liegen dicht aneinander und treten auf Zusatz von Essigsäure als granulirte kuglige Körper aus dem Innern her- vor. Ich habe nur zwei Exemplare dieser Form auffinden können. Bei dem einen waren zwei jener Kugeln (Fig. 36), bei dem anderen drei vorhanden (Fig. 36a). Ob dieselben als Theilungsprodukte oder als eine constante Vielzahl der Centralkapseln aufzufassen sind und in letzterem Falle mit den polyzoen Radiolarien einen Vergleich ge- statten, wage ich bei dem geringfügigen Beobachtungsmaterial nicht Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 501 zu entscheiden. Ausser diesen drei Kugeln enthielt das körnige Protoplasma des Innenraums noch ein oder zwei grössere hellgrüne und mehrere kleine braunrothe Körper. Körperdurchmesser 0,03 Mm. Hyalolampe fenestrata nov. gen. et nov. spec. Fig. 37. Diese höchst interessante und charakteristische Form ist von einer sehr zierlichen Kieselschale umgeben, die wie aus einzelnen aneinander gelegten Glaskügelchen gebildet zu sein scheint. Auf den ersten Blick glaubte ich ein alveoläres schaumiges Sarkodenetz vor mir zu haben, überzeugte mich aber schon durch die Betrach- tung der Contouren bald, dass dasselbe von ersterem Gefüge war. Die weitere Untersuchung zeigte, dass weder Essigsäure noch Kali, noch selbst Schwefelsäure das Gitterhaus zu zerstören vermochten, und so zweifle ich nicht, dass dasselbe aus Kieselerde besteht und wir somit wiederum in dieser Form eine hinsichtlich der Radiolarien- Verwandtschaft sehr beachtenswerthe Form vor uns haben, die sich am leichtesten wohl, wie die Clathrulina, den Ethmosphaeriden nähern lässt. Der von diesem Gittergehäuse eingeschlossene rothbraun ge- färbte Sarkodekörper umschliesst ein gegen die vorhergehenden For- men verhältnissmässig kleines kernartiges Gebilde und enthält ne- ben mehreren rothbraunen Körpern viele kleine Körner. Die durch die Gitteröffnungen hervortretenden Pseudopodien sind, wie bei den vorigen, sehr fein. Die meist rotirende Bewegung ist lebhaft. Durch- messer sammt der Gitterschale circa 0,04 Mm. Die vorstehenden Mittheilungen möge man, wie bereits Ein- gangs derselben erwähnt, nur als einen ersten Versuch ansehen, einige den Radiolarien nahe stehende Rhizopodenformen vorzufüh- ren und hierbei den einen oder anderen allgemeinen Gesichtspunkt zur Sprache zu bringen, unter denen vielleicht eine festere systema- tische Verbindung dieser Formen mit den im Meere lebenden be- werkstelligt werden kann. Man wird zu gleicher Zeit aus diesen Beobachtungen ersehen, dass die mikroskopische Süsswasserfauna 502 Greeff: noch weit davon entfernt ist für unsere Kenntnisse erschöpft zu sein, und dass uns namentlich in Rücksicht auf die hier behandelten Organismen noch ein reiches und vielleicht für beide, für die Meeres- wie Süsswasserformen, fruchtbares Feld der Beobachtung vorliegt. In einem folgenden Artikel gedenke ich nun zunächst einige Details über Bau und Entwickelung der oben beschriebenen und einiger anderer Formen mitzutheilen und sodann auch auf die eigent- lichen Actinophryen näher einzugehen, die den Radiolarien auch aus andern, als den oben angeführten Gründen, weit näher zu ste- hen scheinen, als man bisher geglaubt hat. we 30.4 Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 503 Fig. 1. ”„ Fig. E10 ulle 2. 1 Erklärung der Abbildungen auf Taf. XXVI u. XXVIL. Taf. XXVL Fig. 1—7 indl. Clathrulina elegans. Ein einzelnes lebendes Individuum mit Gitterhaus und Stiel in 300— 400facher Vergrösserung. Eine Gruppe von vieren, von denen drei radienartig auf den Git- terstäben des ersten sitzen. 60—70fache Vergrösserung. a ein Gehäuse mit fünf in Oysten eingeschlossenen Embryonen Bo Er „ zehn ® in jedem Gehäuse ein lebendes Individuum. Ein Embryo vor der Eneystirung. 320malige Vergrösserung. Eine ausgebildetete mit feinen Stacheln (Kieselerde) besetzte Uyste 320malige Vergrösserung. Das auswärts rinnenförmig ausgehöhlte Gitterwerk des Gehäuses bei 600facher Vergrösserung. Ein junges Individuum mit erst kurz vorher gebildeter noch zarter und ungefärbter Schale. 320fache Vergrösserung. Der Protoplasmakörper von Clathrulina mit den in demselben um- herwandernden Vacuolen. 320fache Vergrösserung. Fig. 8 bis 17 incl. Acanthocystis viridis. Lebende Acanthocystis viridis bei 320facher Vergrösserung. a. Grössere, kurz gegabelte Kieselstacheln bei denen man jedoch in der seitlichen Lage die Gabel nicht sieht. b. Kürzere und dünnere aber weiter gegabelte Kieselstacheln. c. Pseudopodien. Ein einzelner grösserer Kieselstachel bei 400facher Vergrösserung. Eine Darstellung der an der Oberfläche des Thieres zeitweise spon- tan entstehenden Oeffnungen zum Durchlass der grünen Körner, a. Ein grünes Korn im Begriff durch die Oeffnung nach aussen zu treten. b. Ein vorausgegangenes. c. Ein solches, das bereits von einer hyalinen Hülle umgeben ist. 300malige Vergrösserung. Ein durch Druck gesprengtes Individuum mit den nach aussen ge- tretenen Protoplasma-Kugeln und Blasen und den im Innern zum grössten Theil zurückgebliebenen grünen und blassen festen Kör- nern. 300malige Vergrösserung. 504 Fig.12. „1% KrM. „td. „16. 217 Fig. 18. a, Fig. 20. ON „ 22. „28. Greeff: Hyaline Blase mit eingeschlossenem granulirtem Körper aus dem Innern des Körpers (Centralkapsel. 600malige Vergrösserung. Ein junges Individuum, aus dessen spontan gebildeter Oeffnung der durch die Fussscheiben der Stacheln gebildeten Körperrinde das Protoplasma zu amöbenartigen Bewegungen aus dem Innern her- vortritt und zwar theils in lappen- und fingerförmigen Fortsätzen (a), theils in langen kräftigen Pseudopodien (b). c. Die längeren, d. die kürzeren Kieselstacheln. 320malige Vergrösserung. Ebenfalls ein junges Individuum mit zwei einander entgegenge- setzten Oeffnungen, aus welchen beiden je ein starker spitz zulaufen- der Sarkodefortsatz hervortritt. Die Stacheln sind nicht ausgeführt. 320malige Vergrösserung. Ein encystirtes Individuum. a. Aeussere kieselige Kapsel. b. In- nere organische Kapsel. c. Der Thierkörper. Die Stacheln auf der äusseren Kapsel a sind in der Zeichnung nur angedeutet. 320ma- lige Vergrösserung. Der encystirte Körper durch Druck sichtbar gemacht. Die Körner liegen so eng und regelmässig an der Oberfläche zusammen, dass der Anschein einesGitterwerkes entsteht. 600fache Vergrösserung. a. blasse und b grüne Körner. 600malige Vergrösserung. Tafel XXVL. Eine der Acanthocystis nahestehende Form (siehe Text S. 492) bei 320facher Vergrösserung. Acanthocystis ypallida. a. Längere, b. kürzere Kieselstacheln, c. Pseudopodien. d. Ausgetretene, um die und zwischen den Stacheln fortlaufende, körnige Sarkode. e. Lappenförmige, mehr hyaline Fort- sätze. 320fache Vergrösserung. Figur 20—23 incl.: Acanthocystis spinifera. 300—400fache Vergrösserung. Ein kleineres Individuum mit im Umkreise cireulirender körniger Sarkode und einem gelben Körper im Innern. c. Kieselnadeln. d. Pseu- dopodien. Dasselbe nach Behandlung mit Essigsäure. a. Centrale Blase mit durch die Gerinnung hervorgetretenen Körnern. b. Unveränderter gelber Körper. c. Kieselnadeln. Ohne gelbe Körper mit einem excentrisch gelegenen Kerngebilde (a). Mit vielen gelben Körpern, die durch eine zeitweise in der Rinde sich bildende Oeffnung nach aussen treten. a. Centrale Blase. b. Oeffinung an der Oberfläche mit einem durchtretenden gelben Korn. c. Ein solches, das an einem äusseren Sarkodefaden hängt. d. Mit einer hyalinen Hülle umgeben. Fe s Malz Ueb. Radiolarien u. Radiolarien-artige Rhizopoden d. süssen Wassers. 505 Figur 24—29. 600fache Vergrösserung. Fig. 24. Ein ähnlicher gelber Körper mit hyaliner Hülle, vom Thierkörper entfernt aufgefunden. „25. Eine Gruppe von Vieren mit ausgestrekten Pseudopodien. 26, 27 u. 28. Einzelne grössere mit zwei von entgegengesetzten Seiten hervortretenden strahlenförmigen Büscheln von Pseudopodien. Fig. 27. a. Besonderes kernartiges Bläschen neben dem gelben Körper im Innern. „29. Ein ganzer Complex solcher Körper mit ausgestreckten Pseudo- podien. „ 30. Astrodisculus minutus ol: er ruber | 320fache Vergrösserung. 3.892, e flavescens „ 32a. Centrales kernartiges Gebilde nach Zusatz von Essigsäure. 600fache Vergrösserung. Figur 33—37. 320fache Vergrösserung. Fig. 33. Astrodisculus flavo-capsulatus. ‚„ 33a. Centrale Kapsel mit ausfliessendem Inhalte 34. Entwickelungsstadium von A. ruber (?) - 35. Entwickelungsform von Acanthocystis viridis (?) „ ” „ 36. Astrodisculus radians.. a. Aeussere Kapsel mit den an die innere Wand vom Körper radienartig gestellten Kiesel (?) stäbchen. „ 36a. A. radians mit drei granulirten Kugeln im Innern, auf Zusatz von Essigsäure. „ 37. Hyalolampe fenestrata. a. Aeussere Gitterschale.. b. Thierkörper. c. Pseudopodien. Ueber die Endigung der Nerven in der epithelialen Schicht der Haut. Von Dr. Podcopa@w aus Petersburg. Aus dem Institut für experimentelle Pathologie in Wien. Hierzu Fig. 1 und 2 in Holzschnitt. Ich bin mit Zuhilfenahme der von Conheim angegebenen Vergoldungsmethode an eine Prüfung der Arbeit von Langerhans gegangen, und habe die Nervenendigung, respective die Nervenendaus- breitung in dem Rete Malpighii untersucht. An der Haut des Menschen konnte ich aber nicht so befriedigende Bilder hervorrufen, dass ich mir über so feine Verhältnisse ein Urtheil erlauben dürfte. Ich habe keine hinreichend frischen Hautstücke bekommen können, als es nöthig ist, um die Goldmethode mit gutem Erfolge anzuwen- den; namentlich konnte ich die feinen Fäden zwischen den Zellen des Rete nicht recht deutlich machen. Ich versuchte es daher mit der Haut von Thieren hauptsächlich aus dem Grunde, weil ich da mit frischen Stücken nach Belieben experimentiren konnte. Am günstigsten gestaltete sich die Haut des Kaninchens. Die- selbe ist so dünn, dass sie sich zu den Versuchen besonders eignet. Mein Verfahren war folgendes: ich schnitt kleine Stücke der Haut, nachdem diese zuvor kurz geschoren worden, dem lebenden, oder eben getödteten Thiere aus, entfernte das Unterhautzellgewebe und legte die Stücke entweder unmittelbar in !/, %/ige Goldlösung, oder aber erst in mit Essigsäure schwach angesäuertes Wasser, liess sie da einige Minuten und legte sie dann in die Goldlösung. Hier liess ich die Stücke zwei bis drei Stunden und behandelte sie dann nach ers Podcopaöw: Ueb.d. Endigung d. Nerven i.d. epithelial. Schicht d. Haut. 50 der bekannten von Conheim angegebenen Methode. Am zweiten oder dritten Tage untersuchte ich die Präparate auf senkrechten und Flachschnitten in Glycerin. Der Grad der Färbung ist an verschiedenen Hautstellen ver- schieden und ich nehme daher nur die dunkelvioletten Stellen, da sich diese zur Untersuchung am besten eignen. Ueber den Eintritt der Nerven aus dem Unterhautzellgewebe in die Cutis, über Gefässe, Haarbälge, Drüsen und Muskeln weiss ich aus meiner Vergoldungsmethode zu dem Bekannten nichts hin- zuzufügen. Ich habe mein Hauptaugenmerk auf das subepitheliale Nervennetz gewendet, und auf die Beschreibung dieses will ich mich beschränken. Ich werde mich zunächst nur auf Flachschnitte be- ziehen, da diese für das Studium des Netzes und Ueberganges der Nerven in das Rete am geeignetsten sind. Ich legte die Schnitte mit der Hornschicht nach abwärts, und konnte mich so mit Hilfe der Stellschraube über die verschiedenen Tiefen der Gebilde orien- tiren, welche sich nun an gefärbten Stücken auf das Schönste prä- sentiren. Man sieht da die in den Fig. 1 und 2 abgebildeten verästigten Beide Figuren sind nach Flachschnitten aus der vergoldeten Kaninchen- haut gezeichnet. Die mit n bezeichneten Stränge sind subepithelial. n in Fig. I ist eine knotenförmige Anschwellung eines solchen Stranges. Die dunkelgezeichneten sternförmigen Körper sind die Analoga der von Langerhans beschriebenen und für Nervenelemente gehaltenen Gebilde. Ihre Ausläufer erstrecken sich theils zwischen die Zellen, theils laufen sie über Zellen hinweg. Die mit r bezeichneten Stellen entsprechen Nervenfäden im Rete Malpighii. M, Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 5. 54 508 Podeopa&w: Ueb. d. Endigune d. Nerven i. d. epithelial. Schicht d. Haut. Körper, offenbar die Analoga der Gebilde, welche Langerhans in der menschlichen Haut gesehen und beschrieben hat; sie liegen zwischen den Zellen des Rete und stehen einerseits mit dem Netze unterhalb des Rete in Verbindung. Von ihnen ziehen feine, aber durch ihre dunkle Färbung schwarz markirte Fäden, welche zwischen den Epithelialzellen und auf ihrer Oberfläche wieder Netze zu bil- den pflegen. Das subepitheliale Nervennetz besteht aus langen mark- losen Fasern, denen nur seitlich Kerne eingelagert sind. Bei schrägen und verticalen Schnitten der Haut kann man die gefärbten Körper im Rete gleichfalls sehen, doch lässt sich ihr Zu- sammenhang mit dem Nerven schwer erkennen. Es gelang mir aber auch, auf solchen Schnitten feine Nervenfasern zu sehen, welche in das Rete eintreten, sofort oder, nachdem sie eine kurze Strecke der Hautoberfläche entlang gelaufen sind, schräg in die Höhe streben, um zwischen Rete und Hornschicht zu enden; einige von diesen Fa- sern verzweigen sich noch und andere zeigen knopfförmige Anschwel- lung. Ich kann aber nicht behaupten, dass diese die Endigung der Nerven darstellen; denn man sieht mit stärkeren Vergrösserungen grösstentheils noch eine Fortsetzung des Fädchens über die; An- schwellung hinaus. Dieses feinste Fädchen entzog sich meiner Be- obachtung. Was die Haarbälge betrifft, so sah ich, dass aus Nervennetzen, welche den Bulbus umspinnen, feine Fasern ausgehen und bis zur äusseren Wurzelscheide reichen, wie es auch Langerhans beim Menschen beobachtet hat. In der Wurzelscheide sieht man dunkle Körper und feine Fädchen zwischen den Zellen; doch gelang es mir hier nicht, einen directen Zusammenhang dieser Fädchen mit Ner- ven zu sehen. Die auf diese Weise erkannte Thatsache des Ueberganges und der Vertheilung der Nerven in der epithelialen Schicht der Cutis dürfte, wie mir scheint, dienlich sein zur Erklärung einiger physio- logischen und pathologischen Erscheinungen in den Hautfunctionen. Wien, 10. Juli 1869. n »’% u En Ueber das Verhalten der Nerven zu den glatten Muskelfasern der Froschharnblase. Von Dr. Tolotschinoff aus St. Petersburg. Aus dem Institute für experimentelle Pathologie in Wien. Die Froschharnblase bildet ein sehr geeignetes Object, um die in neuerer Zeit lebhaft besprochenen Beziehungen der Nerven zu den glatten Muskelfasern zu studiren. Ich wählte vorzugsweise junge Individuen von Rana temporaria aus, weil bei ihnen die Blase dünner und die einzelnen zu Bündeln angeordneten Muskelfasern nicht so dicht aneinander gedrängt sind, als bei rana escul. und da- her viel leichter einer gründlichen Durchmusterung unterzogen wer- den können. Schneidet man die lebende Blase eines solchen Exem- plars aus dem Körper aus, so contrahirt sie sich sehr lebhaft und bildet dadurch Falten, welche der Untersuchung hinderlich sind. Um dies zu vermeiden, schob ich ein gekrümmtes Glasrohr in die Kloa- ke des Thieres und dehnte die Blase durch Einblasen von Luft mög- lichst stark aus. Die ausgedehnte Blase bepinselte ich solange mit Y/a°/siger Lösung von Goldchlorid, bis die Muskelbündel weiss zu werden begannen. Nach diesem Zeichen ihres Absterbens waren die störenden Contractionen nicht mehr zu fürchten. Gewöhnlich ge- nügte eine Zeitdauer von 10 Minuten, um diese Erscheinung her- vorzubringen. Alsdann schnitt ich die Blase aus dem Becken aus, brachte sie während weiterer 10 Minuten in eine gleich starke Lö- sung von Goldchlorid und dann in schwach angesäuertes Wasser und liess sie da drei Tage lang liegen. Während dieser Zeit färbte sich die Blase gewöhnlich dunkel violett. Dann spannte ich sie auf einer geeigne- ten Unterlage auf, entfernte mittelst Pinseln das Schleimhaut-Epithel und brachte einzelne Stücke in Glycerin auf das Objectglas. Sehr vor- 510 Tolotscehinoff: theilhafte Bilder gewährten mir solche Blasenstücke, welche ich nach der Behandlung mit Goldchlorid in Carmin inbibirte. Es werden dadurch die Muskelelemente rosafarben, während die Nervenfasern ihre dunkelviolette Farbe beibehalten und sich dadurch von ersteren schärfer absetzen. Die Muskeln der Blase ordnen sich zu grösseren und kleineren Bündeln, bilden, indem sie sich vielfach kreuzen, Maschen, durch welche übrigens noch einzelne, zuweilen verästigte Fasern durchge- steckt sind. Durch die Maschen hindurch ziehen die Blutgefässe und Nerven. Die letzteren erscheinen an mehreren Stellen als kleine Stämmchen, lösen sich bald in Fasern auf, welche sich ihrerseits dichotomisch theilen, häufig mit benachbarten Fasern anastomosiren und dadurch grössere und kleinere Maschen bilden. Die grösseren Maschen umspinnen die Muskeln, während die kleineren unter dem Epithel der Schleimhaut und demjenigen des Peritorium gelegen sind. Da uns hier nur die Beziehungen der Nerven zu den Muskel- fasern interessiren, so lassen wir ihr Verhalten zu den Gefässen und Epithelien ganz ausser Acht. Die oben erwähnten mehrgestaltigen Nervenmaschen verlaufen entweder parallel den analog angeordneten Muskelbündeln oder kreu- zen sich mit ihnen. Häufig sieht man Nerven von zwei entgegen- gesetzten Richtungen an die Muskelbündel herantreten und dann mit ihnen parallel verlaufen; zuweilen auch wieder abtreten, ohne mit ihnen eine sichtbare Beziehung einzugehen. Diejenigen Nerven aber, welche auf den Muskelfasern verbleiben, theilen sich dichoto- misch und stellen so feinste Fädchen dar, welche ein sehr verschie- denes Verhalten zeigen. Ich sah dieselben über und unter dem Kerne in verschiedener Richtung hinwegziehen; jedoch konnte ich niemals Bilder sehen, wie sie Arnold!) in seiner bezüglichen Arbeit abbildet. Häufig sah ich diese feinsten Nervenfädchen dicht an den Contour eines Kernes angedrängt und sich da der Beobach- tung entziehen; ein Verhalten, das mich veranlassen könnte, hier eine Endigung der Nervenfibrille an der Seite des Kernes zu ver- muthen, wenn ich nicht bestimmt gesehen hätte, wie jene Fibrillen unter Umständen weiter gehen, um sich auf oder zwischen den Mus- kelfasern zu verlieren, so dass ich mir über ihre wirkliche Endigungs- weise bis jetzt keine klare Vorstellung zu machen im Stande bin. 1) Strieker, Handbuch der Gewebelehre. Ueber d. Verhalt. d. Nerven z. d. glatten Muskelfas. d. Froschharnblase. 511 Schliesslich will ich noch erwähnen, dass ich ausser den be- reits bekannten Kernanschwellungen im Verlaufe und an den Thei- lungsstellen der Nervenfasern noch Ganglienzellen mit grossen Ker- nen beobachtet habe, welche den Nervenstämmchen angelagert waren. Ueber die Entwickelung des fibrillären Bindegewebes. Von Dr. Wilhelm Breslauer. Aus dem Institute für experimentelle Pathologie in Wien. Die Frage nach der Entwicklung des fibrillären Bindegewebes war in neuester Zeit wieder Gegenstand lebhafter Erörterung und ist in verschiedener Weise beantwortet worden. Obersteiner !) lässt in seiner Arbeit »über Entwicklung und Wachsthum der Sehne«, letztere bei ganz jungen Embryonen aus zahlreichen enge an einander liegenden Zellen mit deutlichem Kern und Kernkörperchen bestehen. Von zwei entgegengesetzten Punkten dieser Zellen sollen parallel der Richtung der Sehne zwei Fortsätze ausgehen, die noch die körnige Structur des Protoplasmas besitzen. Nach Obersteiner zeigen diese Fortsätze weder Zerspaltung noch Theilung, und er behauptet, dass sich aus diesen Fortsätzen und nicht aus der Intercellularsubstanz die Sehnenfasern entwickeln. Kusnetzoff?) lässt ebenfalls die Bindegewebsfibrillen aus den Fort- sätzen der Zellen entstehen, die sich während ihres Wachsthums dichotomisch theilen, dabei dünner werden und dann als Bindege- websfibrillen weiter wachsen. Aus der Intercellularsubstanz hat er nie etwas entstehen sehen, er kennt ihre Bedeutung nicht, er weiss nur, dass sie allmälig abnimmt, und vermuthet, dass die Kittsub- stanz des entwickelten Bindegewebes Residuen der embryonalen Zwischensubstanz sei. Das Ansehen der letzteren nahm jedoch be- deutend zu, seitdem Rollett ®) das Entstehen der Bindegewebsfibrillen 1) Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. 56 p. 165. 2) Sitzungsberichte der Wiener Akademie Bd. 56 p. 251. Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Cutis. 3) Strieker’s Handbuch der Lehre von den Geweben, ae 1868. p. 62. und folg. . ol Wilhelm Breslauer: Ueber die Entwicklung d. fibrillären Bindegewebes. 513 neuerdings unabhängig von den zelligen Elementen aus der Inter- cellularsubstanz geschehen lässt. Rollett ist zu diesen Resultaten durch Untersuchung des Mesenteriums von menschlichen und Thier- embryonen gekommen, wo er das Auftreten feiner, geschlängelter, ausser jedem Zusammenhang mit den zelligen Elementen stehender Fäserchen in der homogenen Intercellularsubstanz beobachtet hat. Diese Fäserchen, von glattem Contour und wellenförmiger Biegung, nehmen an Menge immer zu, treten zu Bündeln zusammen, welche mit zunehmendem Alter immer dicker werden und dann das fibril- läre Bindegewebe darstellen. Ich habe bei meinen Untersuchungen zehn Tage alte Hühner- embryonen, bis 15 Otm. lange Schweinsembryonen, verschieden lange Rindsembryonen, von denen die von 5!/s Ctm. Länge die günstigsten waren, und endlich 1—2!/s Ctm. lange Kaninchenembryonen benutzt. Die Embryonen wurden in verdünnter Lösung von doppelt chrom- saurem Kali aufbewahrt, und die bereiteten Zupfpräparate wurden ebenfalls in einer verdünnten Lösung dieses Mediums aufbewahrt. Bei dieser Einschliessungsmethode erhielten sich die Objecte noch am längsten unverändert, obgleich sie auch da nach 10—12 Tagen be- deutend an Klarheit einbüssten. Das embryonale Gewebe der Cutis besteht nach der Aufbewah- rung in doppelt chromsaurem Kali, in seinen frühesten Stadien, aus Zellen von runder Form, deren Protoplasma vollkommen homogen, glänzend, schwach lichtbrechend ist, und die einen runden, deutlich unterscheidbaren, in seiner Masse ebenfalls homogenen, glänzenden Kern einschliessen. Die nächste Veränderung, welche mir an diesen jungen Zellen auffiel, war das Auftreten von Körnchen im Proto- plasma, und im geringeren Grade im Kern der Zelle, so dass diese zuletzt ein körniges Ansehen bieten. Hat die Zelle einmal diese Beschaffenheit angenommen, so ist sie auch nicht mehr rund, son- dern ist gestreckt; es gehen von der Umgebung des Kernes Fort- sätze nach zwei entgegengesetzten, oder auch nach mehreren Rich- tungen aus, während der Kern selbst eine ovale Gestalt annimmt. Die Form der Zellen ist nichts weniger als typisch, denn man fin- det oft zwei, drei und vier Fortsätze, die auf einem unregelmässigen Protoplasmaleib aufsitzen. In der Cutis ist die dichotomische Thei- lung der Zellen besonders auffallend, was Kusnetzoff veranlasst hat, das Entstehen des wellenföürmigen Gewebes durch Theilung anzu- nehmen. Man sieht in der That von denselben sehr feine Fäden 514 Wilhelm Breslauer: auslaufen; allein es ist mir nie gelungen, aus der Theilung hervor- gegangene, deutlich wellenförmig gewundene Fibrillen zu konstatiren. Andererseits habe ich Zellen gesehen, deren Fortsätze als ein Bün- del feinster wellenförmig angeordneter Fibrillen definirt werden konn- ten. Am günstigsten gestalteten sich hier Präparate von 10 Tage alten Hühnerembryonen, namentlich aus der tieferen Lage der Outis. Man findet hier nebst Zellen der verschiedensten Form die genann- ten Bilder mit wellenförmig fibrillärer Structur der Fortsätze. In der Mitte einer solchen gestreckten Zelle liegt ein ovaler Kern von feinkörnigem Ansehen, der den Zellenleib etwas hervorwölbt. Dieser Kern ist umgeben von grob und fein granulirtem Protoplasma, das sich gegen die Fortsätze hin immer mehr verschmächtigt; letztere selbst haben ein streifiges Ansehen und zerfahren an ihrem Ende in ein Büschel feinster divergenter Fäserchen, die mit der Immer- sionslinse betrachtet, noch nicht den glatten Contour des entwickel- ten Bindegewebes, sondern ein sehr feinkörniges Ansehen bieten. Ihre wellenförmige Anordnung lässt aber schon zweifellos auf ihren Charakter als Bindegewebsfibrillen schliessen. Die Weiterbildung der Fasern scheint nun, wie schon Schwann!) behauptet, von dem Ende her gegen den Kern der Zelle immer fortzuschreiten, bis man endlich Bilder bekommt, wo die Fortsätze in ihrer ganzen Länge Bündel von Bindegewebsfibrillen darstellen, die einen ovalen Kern einschliessen. Eine Täuschung ist hier insofern möglich, als der Kern dem Bündel von Fibrillen nur aufliegen kann, also nicht ihm seibst angehört. Vor dieser Täuschung wird man sich leicht schützen, wenn man durch leise Verschiebung, oder durch Druck auf das Deck- glas Lageveränderungen vornimmt. Die besten hierauf bezüglichen Präparate erhielt ich von 5'/s Gtm. langen Rindsembryonen und 10 Ctm. langen Schweinsembryonen. | Der Bau des Bindegewebes der Nabelschnur ist von dem der Cutis schon für oberflächliche Betrachtung durch das Ueberwiegen der Intercellularsubstanz verschieden. Die zelligen Elemente neh- men ebenfalls die Spindelform an, erreichen eine weit grössere Länge als die Elemente der Cutis, und was sie von letzteren namentlich unterscheidet ist, dass eine dichotomische Theilung der Fortsätze nicht beobachtet wird. Die Form der Zellen ist konstant, denn es 1) Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung ete. von Dr. Theodor Schwann p. 137. „ im, Ueber die Entwicklung des fibrillären Bindegewebes. 515 gehen immer nach zwei entgegengesetzten Richtungen Fortsätze aus, die eine grosse Feinheit erlangen. Wählt man zur Untersuchung Nabelschnüre von 5'/; Ctm. langen Rindsembryonen, so bekommt man Bilder, die keinen Zweifel aufkommen lassen, dass auch in der Nabelschnur die Fibrillenbildung durch eine Auflaserung der Zellen- fortsätze zu Fasern vor sich gehe. Man fand hier z. B. einen ova- len Kern, der in der Richtung seiner Längsaxe zwei Fortsätze aus- schickte, von denen der eine nur für körnige Protoplasmamasse ge- halten werden konnte, während der andere, ein streifiges Ansehen darbietend, mit der Immersionslinse deutlich Fibrillen unterscheiden liess. Parallel mit diesen Fortsätzen und dicht anliegend war entwickel- tes Bindegewebe, welches sich durch die regelmässig wellenförmige An- ordnung von dem feinkörnigen Aussehen der streifigen Zellfortsätze unterschied. An solchen Präparaten, wo man entwickeltes neben embryonalem Bindegewebe bekömmt, fällt auf, dass im ersteren die Kerne in den Bündeln gänzlich fehlen. Man kann hier entweder ein Zugrundegehen der Kerne, ein Zerfallen mit nachträglicher Re- sorption annehmen, oder dass die Kerne vorhanden, jedoch nicht sichtbar seien. Weit günstiger für die Untersuchung als Cutis und Nabelschnur ist ein in dieser Richtung bisher noch nicht untersuchtes Gewebe, das ist das Schleimgewebe aus der 'Trommelhöhle von 10 tm. lan- gen Schweinsembryonen. Ueber die Entwicklung der Fibrillen be- kommt man hier sehr schöne, und verhältnissmässig am leichtesten darstellbare gute Zupfpräparate. Von den Zellen dieses Gewebes gehen regelmässig Fortsätze nach zwei entgegengesetzten Richtungen aus, an denen wie bei der Nabelschnur und im Gegensatz zur Cutis die dichotomische Thei- lung vollkommen in den Hintergrund tritt, deren Zerfahren zu Fi- brillen dagegen bis zur Evidenz nachgewiesen werden kann. Man kann hier den Process vom Beginn des fibrillären Zerfalls der Zell- fortsätze bis zum vollständig entwickelten Bindegewebe verfolgen. Neben Zellen, deren Fortsätze an ihrem Ende die beschriebene Ver- änderung eingehen, bekömmt man an guten Präparaten Bilder von Bündeln deutlicher Fibrillen, die einen Kern von ovaler Form ein- schliessen. Diese Fibrillen unterscheiden sich wesentlich von den entwickelten Bindegewebsfibrillen durch ihren feinkörnigen Bau und das Fehlen der typischen Anordnung. Mit der zunehmenden Ent- wicklung nehmen sie den Charakter des Bindegewebes immer mehr 516 Wilhelm Breslauer: Ueber die Entwicklung d. fibrillären Bindegewebes. an, und haben sie ihre vollkommene Entwicklung erreicht, so wird auch der Kern vermisst. — Ausser den beschriebenen Geweben habe ich auch Fascien un- tersucht, besonders häufig die fascia cruralis von verschiedenen Em- bryonen. Die Resultate weitläufig auseinanderzusetzen, ist nicht nöthig, da sie im Wesentlichen mit den zuletzt beschriebenen über- einstimmen. Ich glaube demgemäss, an die ursprüngliche Auffassung von Schwann, und in geläutertem Sinne an die Anschauungen von Max Schultze, Babuchin und an jene aus der Brücke’schen Schule hervorgegangenen Arbeiten von Obersteiner und Kusnet- zoff anknüpfen zu müssen. Ich glaube aus meinen Bildern streng- stens deduziren zu dürfen, dass die Zellfortsätze embryonaler Bin- degewebskörperchen zu fibrillärem Gewebe zerfallen. Dass neben solchen Vorgängen auch eine dichotomische Theilung vorkommt, muss ich gleichfalls bestätigen, nur habe ich den Uebergang solcher Fortsätze in fibrilläres Gewebe nicht beobachtet. Was schliesslich die Entstehung des letzteren aus der Intercellularsubstanz betrifft, so konnte ich mir über den Vorgang keine Anschauung verschaffen, und ich kann eine solche Bildung eben so wenig behaupten als bestreiten. Berichtigung. Auf pag. 332 und 374 des vorigen Heftes lies in den Ueberschriften Koschewnikoff statt Koschennikoft. B RETTEN SEEN Da Ts ERIESHENELACLUTRTTULLBEITFNALATIEEN Kr Lupe 5 RE ü HAAN ÄBBBLMASSMMImAAih en nn na nn en N ER mikroskon. Anatomie. Ba.V. _ Wagenschicber se. \ | ' | \\ | \ HEUT. \ m | | Aha Ikaaıal AN A Schke de Mrsesranserk der. hr Ar rn Ya Se hi Jul! t DEREN R : , IQ N \ N 3 en ER \\ \N \ Archiv f mikroskon: Anatomie. Ba.V. AHLEN NG Wagenschicher 0 a Du wer Nczeer ee EN ala Du ud 4 u BB U Zu zu 5, DE uw Lu I Ku 2 | ad 1 Bm nn a una a ed / a 1 a 2 Ile N 5 FETTE Wie r ne . \ .. Archio f mikroskon: Anatomie: BaN. Ba ar ir A en lee Walelele, 30800 Ai nl ze Taf: MM. Archiv f. mikroskon. Anatomie. BAY. 5 N © / \ © Dr In > 187, 4 BR, ax { > \ \ AD » I | in! | Wagenschieber sc. | | | 24 ee 0 a ne a Zt a aD Lith. Anstıv.d.G.Bach, Leipzig, an ä m — u 8 — Piz 1 \ ! Lith. Anst.v.d.d.Bach ‚ Leipuf. Archiv fmikroskop. Anatomie ba)! Tafıl. & 9 ; —ı Lith.Ans .v.J.G. Bach, Leipzıß. no) pzi$ r Archw ( mikroskop Anatomie. bdV T. Reinke at nat del. Taf 24 Taf AM. = = r N natemie. Ba] iv f. 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Ein Beitrag zur mikroskopischen Technik. Vou-Prof. Klehssmebern - 7%, 5 A. 8 er ee Von dem „Archiv für Mikroskopische Anatomie“ erscheinen jährlich vier Hefte, welche einen Band bilden. Der Preis der Hefte richtet sich nach deren Umfang. | Die Herren Mitarbeiter, welche ersucht werden, ihre . Beiträge gefl. direct an den Herrn Herausgeber zu sen- den, erhalten 25 Separatabzüge in Umschlag geheftet. Die Verlagshandlung Max Cohen & Sohn in Bonn. Eben verliess die Presse: Beiträge zur vergleichenden Histiologie des Molluskentypus von Franz Boll. Mit 67 Figuren auf 4 Tafeln. Preis 2 Thlr. (Erschien gleichzeitig als Supplement zum Archiv für mikroskop. Anatomie.) Max Cohen & Sohn in Bonn. Bei August Hirschwald in Berlin erschien so eben: (und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden.) Handbuch der Pathologischen Anatomie. Von Dr. E. Klebs, 0. ö. Professor d. pathol. Anat. u. d. allg. Pathol. a. d. Universität zu Bern. Zweite Lieferung: Darmkanal, Leber. Mit 54 Holzschnitten. gr. 8. geh. Preis: 2 Thlr. Einladung zum Abonnement auf den zweiten Jahrgang. Der Naturforscher. Wochenblatt zur Verbreitung der Fortschritte in den Naturwissenschaften. Für Gebildete aller Berufsklassen. In Wochennummern vierteljährlich 1 Thlr. Prospect mit Auszug aus dem Inhalt des ersten Jahrganges, nach den einzelnen Fächern geordnet, liefert jede Buchhandlung. Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung in berlin. . Im Verlage von Max Cohen & Sohn m Bonn ist eben vollständig er- schienen: Archiv für die gesammte Physiologie des Menschen und der Thiere. Herausgegeben von Dr. E. F. W. Pflüger, Ord. Oeffentl. Professor der Physiologie an der Universität und Director des Physiologischen Institutes in Bonn. Erster Jahrgang. Mit 10 Tafeln und 22 Holzschnitten. Preis 6 Thlr. 20 Sgr. Inhalt: Die Mechanik der Gehörknöchelchen und des Trommelfells. Von H. Helmholtz. Ueber die Ursache der Athembewegungen, sowie der Dispno& und Apno&. Von E. Pflüger. Ueber den Einfluss des N. vagus auf die Athembewegungen. Von R. Burkart. Untersuchungen über die physio- logische Wirkung der Fleischbrühe. Vorläufige Mittheilung von Dr. E.Kem- merich. Untersuchungen über die physiologischen Wirkungen der compri- mirten Luft. Von Dr. med. P. L. Panum, Prof. der Physiologie in Kopen- hagen. Ueber die Unempfindlichkeit der vorderen Rückenmarkstränge für die elektrische Reizung. Von Dr. Sigmund Mayer. Ueber den zeitlichen Ver- lauf der negativen Schwankung des Nervenstroms. Von Dr. J. Bernstein. Mit 3 Tafeln. Warum stört in den Magen gelangende Galle den Verdauungs- process? Von R. Burkart. Ueber die vasomotorischen -Wirkungen des Nervus vagus, laryngeus und sympathicus. Von Hermann Aubert und Gustav Roever in Rostock. Ueber verstärkte Wirkung unipolarer Induc- tion durch Influenz. Von F. Wilh. Zahn, stud. med. Aus dem physiologi- schen Institut von Herrn Geh. Rath Prof. Helmholtz zu Heidelberg. Unter- suchungen über Gallenpigmente. Von Dr. Max Jaffe. Aus dem chemischen Laboratorium der medicinischen Klinik zu Königsberg. Ueber die Geschwin- digkeit der Oxydationsprocesse im arteriellen Blutstrom. Von E. Pflüger. Ueber anomale Farbenempfindungen und die physiologischen Grundfarben. Von W. Preyer. Zur Physiologie des Nervus vagus. Von F. C. Donders. Ueber den Einfluss der Säuren auf die Gase des Blutes. Von E. Pflüger und N. Zuntz. Ueber einige neue subjektive Gesichtserscheinungen. Von Sigmund Exner, studios. med. Aus dem physiolog. Laborat. des Herrn Geh. Rath H. Helmholtz zu Heidelberg. Ueber einige Eigenschaften des Hä- moglobins-und des Methämoglobins. Von W. Preyer. Untersuchungen über Pfeilgifte. Von G. Valentin. Mikrochemische Untersuchungen der rothen Blutkörperchen. Von S. Strieker, Bemerkungen zu dem Aufsatze »Ueber die vasomotorischen Wirkungen des Nervus vagus, laryngeus und sympathi- cus von Hermann Aubert und Gustav Roever in Rostock.« Von Dr. J.Bern- stein. Ueber das Blut und die Suspensionsflüssigkeiten. Von Alexis Schklarewsky. Untersuchungen über die Wirkung starker Vagusreizung auf den Herzschlag. Von J. N. Czermak. Untersuchungen im Mikro- spectrum. Von 8. Stricker. Zur Extravasation der weissen Blutkörper- chen. Von Alexis Schklarewsky. Die Gase des Speichels. Von E. Pflüger. EN | für | | | | | Mikroskopische Anatomie herausgegeben Max Schultze, Professor der Anatomie und Director des Anatomischen Instituts in Bonn. Fünfter Band. Drittes Heft. Mit 5 Tafeln. Bonn, Verlag von Max Cohen & Sohn. 1869. Inhalt. Ueber euticulare Bildungen und Verhornung von Epithelzellen bei den Wirbelthieren. Von Franz Eilhard Schulze in Rostock. Hierzu Tafel XVII und XVII R Studien über die Architektonik der Geoschanesade des) Monschef II. Von Dr. Rudolf Arndt, Privatdocenten in Greifswald. Hierzu Tafel XIX, Fig. A—M ; E Axencylinderfortsatz der Nervenzellen im ee Hirn a Kalle vor Dr. A. Koschennikoff aus Moskau. Hierzu Taf. XIX Fig. 1u.2 Die Bindesubstanz der Drüsen. Von Franz Boll, stud. med. Hierzu Taf. XX Ueber die Schichtung des Forellenkeims. Von Dr. Rieneck. Aus dem Institute für experimentelle Pathologie der Wiener Universität. Hierzu Taf. XXI, Fig. 1 u. 2. ; : ! Ueber die Gewebsveränderungen in der entzündeten Leber. Von Dr. Anal v.Hüttenbrenner. Aus dem Institute für experimentelle Patho- logie der Wiener Universität. Hierzu Taf. XXI, Fig. Iu.II. Axencylinderfortsatz der Nervenzellen aus der Grosshirnrinde. Vorläufige Mittheilung von.Dr. Al. Koschennikoff aus Moskau. Hierzu Fig. A. Taf. XXI ; Berichtigung. Von Dr. Hohl. Seite. 295 317 332 334 356 367 374 377 Von dem „Archiv für Mikroskopische Anatomie“ erscheinen jährlich vier Hefte, welche einen Band bilden. Der Preis der Hefte richtet sich nach deren Umfang. Die Herren Mitarbeiter, welche ersucht werden, ihre Beiträge gefl. direct an den Herrn Herausgeber zu sen- den, erhalten 25 Separatabzüge in Umschlag geheftet. Die Verlagshandlung Max Cohen & Sohn in Bonn. Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. (Zu beziehen durch jede Buchhandlung.) Das Mikroskop und seine Anwendung. von Dr Leopold Dippel. Zweiter Theil: Erste Abtheilung: Anwendung des Mikroskopes auf die Histiologie der Gewächse. - Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen und 8 lithographirten Tafeln. gr. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 4 Thir. Lehrbuch der Chemie für den Unterricht auf Universitäten, technischen Lehranstalten und für das Selbststudium bearbeitet von Dr. E. F. v. Gorup-Besanez. In drei Bänden. Zweiter Band: Organische Chemie. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. Dritte, mit besonderer Berücksichtigung der neueren Theorien vollständig umgearbeitete und verbesserte Auflage. gr. 8. Fein Velinpapier. geh. Erschienen sind bis jetzt erste bis dritte Lieferung. Preis a Lieferung 1 Thlr. ? N für Mikroskopische Anatomie il herausgegeben | von | Max Schultze, Professor der Anatomie und Director des Anatomischen Instituts e in Bonn. | Fünfter Band. Viertes Heft. Mit 6 Tafeln und 2 Holzschnitten. Bonn, Verlag von Max Cohen & Sohn. 0 1869. Inhalt. Seite. “Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges bei Menschen und bei Thieren. Von Max Schultze. Hierzu Tafel XXN . 2 . 379 Untersuchungen über den feineren Bau des Pancreas. Von Dr. Giovanni Saviotti aus Turin. Hierzu Tafel XXIII und XXIV R f . 404 Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken, Von Dr. W. Flemming in Rostock. Hierzu Taf. XXV . i , . 415 Die Drüsenschläuche und die Abschnürung der Graaf’schen Follikel im Eierstock. Von Dr. Fr. Plihäl aus Pest. : ; 5 & . 445 Die Stammverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbelthieren. Von Prof. Kupffer in Kiel. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber . . 459 Ueber Radiolarien und Radiolarien-artige Rhizopoden des süssen Wassers. Von Dr. Richard Greeff, Privatdocenten in Bonn. Erster Artikel. Mit Taf. XXVI und XXVI . | : e ; . 464 Ueber die Endigung der Nerven in der ilhelialen Schicht der Haut. Von Dr. Podcopa&öw aus Petersburg. Aus dem Institut für experimen- telle Pathologie in Wien. Hierzu Fig. 1 und 2 in Holzschnitt . . 506 Ueber das Verhalten der Nerven zu den glatten Muskelfasern der Frosch- harnblase. Von Dr. Tolotschinoff aus St. Petersburg. Aus dem Institut für experimentelle Pathologie in Wien . : . 509 Ueber die Entwickelung des fibrillären Bindegewebes. Von Dr. an Breslauer. Aus demInstitut für experimentelle Pathologie in Wien. 512 Berichtigung i A s £ \ 5 s ! : . 516 Von dem „Archiv für Mikroskopische Anatomie“ erscheinen jährlich vier Hefte, welche einen Band bilden. Der Preis der Hefte richtet sich nach deren Umfang. Die Herren Mitarbeiter, welche ersucht werden, ihre Beiträge gefl. direct an den Herrn Herausgeber zu sen- den, erhalten 25 Separatabzüge in Umschlag geheftet. Die Verlagshandlung Max Cohen & Sohn in Bonn. Bei August Hirschwald in Berlin erschien so eben: (durch alle Buchhandlungen zu beziehen) ELECTRICITÄTS-LEHRE fur Mediciner. Vom Prof. Dr. I. ROSENTHAL. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 55 Holzschnitten. 8. 1869. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Leipzig. (Zu beziehen durch jede Buchhandlung.) Die Photographie als Hilfsmittel mikroskopischer Forschung. Nach dem Französischen von Dr. A. Moitessier, Professor an der Ecole normale zu Cluny. Mit Autorisation des Verfassers deutsch bearbeitet und durch zahlreiche Zusätze erweitert von‘ Dr. Berthold Benecke | in Königsberg i. Pr. Mit 88 in den Text eingedruckten Holzstichen u. zwei photographischen Tafeln. gr. 8. Fein Velinpapier. geh. Vollständig in zwei Abtheilungen. Preis a 1 Thlr. } Die Hirnwindungen des Menschen nach eigenen Untersuchungen insbesondere über die Entwickelung derselben beim Fötus und mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Aerzte. Dargestellt von Alexander Ecker, Professor der Anatomie und vergleichenden Anatomie an der Universität Freiburg Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. 8. Fein Velinpapier. geb. Preis 20 Sgr. Serials ny- © 5 3 ge} Te E Fr ei en aa Dr N 5 ee a a ae En en De en 2 > en - 2 1 - £ = u NT 8 Ser ri a en ae ke mer RE pe RT al x en ne E N ans > Be ” “ un en rg SE age na ann a Da fs