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Hertwig in Berlin, v. la Valette St. George in Bonn und W. Waldeyer in Berlin. Fortsetzung von Max Schultze’s Archiv für mikroskopische Anatomie. Achtundvierzigster Band. Mit 35 Tafeln und 50 Figuren im Text. Bonn Verlag von Friedrich Cohen 1897. h ErT A a a B BETEN ir i ‘ e ya Ex FR h j - Inhalt. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen von Salamandra maculosa. Von Dr. Friedrich Meves. (Aus dem anatomischen Institut in Kiel.) Hierzu Tafel I—-V Der feinere Bau der Selachier-Retina. Von Ludwig Neumayer, Assistent für Histiologie an der anatomischen Anstalt in München. Mit 25 Figuren im Text Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre am Aufbau des Samenfadens bei Säugethieren. Von Carl Niessing. (Aus dem pathologischen Institut in Halle a. S.) Hierzu Tatel Bad VILLH ee en ea el er Durehschneidungsversuche am Nervus Glossopharyngeus. Von Dr. med. Semi Meyer. (Aus dem Il. anatomischen Institut der Berliner Universität.) v Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. Von Cand. med. Siegmund Schumacher. (Aus dem histologischen Insti- tut in Wien.) Hierzu Tafel VIII Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Ei- zelle. Von J. JanoSik, Professor an der k. k. böhm. Uni- versität in Prag. Hierzu Tafel IX Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. Von K. Kostanecki und M. Siedleeki. (Aus dem anato- mischen Institut der Jagellonischen Universität in Krakau.) Hierzu Tafel X und XI Einige Bemerkungen über die Neuroglia und Neurogliafärbung. Von Dr. Bernhard Pollack. (Aus dem I. anatomischen Institut zu Berlin.) Die interstitiellen Zellen des Hodens und ihre physiologische Be- deutung. Von Julius Plato. (Aus dem II. anatomischen Institut zu Berlin.) Hierzu Tafel XTI Seite 33 ach 145 169 151 2S0 IV Inhalt. Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen in den Epithel- zellen der Schilddrüse. Von Dr. Gino Galeotti, Assi- stenten. (Laboratorium für allgemeine Pathologie an der kön. Universität Florenz. Direktor Prof. A. Lustig.) Hierzu Tafel XIII Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen im Entenschnabel. Von Dr. Ladislaus Szymonowicez, Privat- docent an der Universität Krakau. (Aus dem Il. anato- mischen Institut zu Berlin.) Hierzu Tafel XIV ... Ueber die Regeneration des Schleimepithels des Magendarm- kanales bei den Amphibien. Von Dr. C. Sacerdotti, 1. Assistenten am Institute für allgemeine Pathologie der k. Universität zu@Burin. FrHlierzu DateloXxV X. . ee Ueber den Einfluss des Lichts auf die Pigmentirung der Sala- manderlarve. Von W. Flemming, Prof. in Kiel Helminthologische Mittheilungen. Von Dr. v. Linstow in Göttingen: Hierzu Tafel XVI una XVII . . „ez Studien über die Schilddrüse. II. Von Dr. Alfred Kohn, Assistenten am histologischen Institut der deutschen Uni- versität in Prag. (Aus dem histologischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. Dr. Sig- mund Mayer.), Hierzu ‚Tafel XYIIT . . . ‚Zee Untersuchungen über die menschliche Oberhaut und ihre Anhangs- gebilde mit besonderer Rücksicht auf die Verhornung. Von Dr. Hans Rabl, Assistenten aın histologischen Institut in. "Wien... ‚Hierzu Date XIV RX u XRT 0% Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz des | Rückenmarks beim Neugeborenen und über die Mittelzellen. Von Dr. P. Argutinsky, Professor der Kinderheilkunde in Kasan. (Aus dem I. anatomischen Institut in Berlin.) Hierzu Tafel RAU 22 DE ee N Die Befruchtung des Tritoneneies. Von L. Michaelis, cand. med. (Aus dem II. anatomischen Institut in Berlin.) Mit 22. Bieuren “im ikexte 2 Sur: Zur Mechanik der Eiablage bei Rana fusca. II. Mittheilung. Von M. Nussbaum. Hierzu Tafel XXIII Zur feineren Struktur der Hirnrinde und über die funktionelle Bedeutung der Nervenzellenfortsätze. Von Docenten Dr. Karl Schaffer, Ordinarius der Abtheilung. (Aus dem histologischen Laboratorium der Nervenabtheilung des haupt- Seite 305 329 Inhalt. städt. Siechenhauses „Elisabeth“ zu Budapest.) Hierzu Tafel XXIV und XXV Zur Struktur der Kerne in den Spinndrüsen der Raupen. Von Dr. Friedrich Meves. (Aus dem anatomischen Institut in Kiel.) Hierzu Tafel XXVI Ueber die Form der Schilddrüsen-Follikel des Menschen. Von J. J. Streiff, cand. med. (Aus dem anatomischen Institut der Universität Zürich.) Hierzu Tafel XXVII Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung bei Prosthe- ceraeus vittatus. VonDr. A. v.Klinekowström, Privatdocent an der Universität zu Stockholm. (Aus dem zootomischen ' Institut der Universität zu Stockholm.) Hierzu Tafel XXVIII US XXIX und3 Figuren im Text ....., Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels der Cyelo- stomen. Von F.K. Studnicka. Hierzu Tafel XXX u. XXXI. Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. Von Dr. Camillo Poli, Privatdocent an der Universität zu Genua. (Aus dem Laboratorium der Genueser Universität für Ana- tomie und normale Histologie. Direktor Prof. P. Lachi.) Hierzu Tafel XXXII u. XXXII Bemerkung zu der Arbeit von Dr. Carl Niessing über „Die Be- theiligung von Centralkörper und Sphäre am Aufbau des Samenfadens bei Säugethieren.“ Von Dr. med. E. Ballo- witz, a.-o. Professor und Prosektor in Greifswald Weitere Bemerkungen über den Einfluss von Lieht und Tempera- tur auf die Färbung der Salamanderlarve. Von W. Flem- ming, Prgfessor in Kiel Die Leydig’sche Zwischensubstanz des Hodens. Eine historische Nouztrt Von. Bestieda, Nenn ee ang V Seite 550 *5 or. 644 686 690 692 (Aus dem anatomischen Institut in Kiel.) Ueber die Entwicklung der männlichen Ge- schlechtszellen von Salamandra maculosa. Von Dr. Friedrich Meves. Hierzu Tafel I—V. I. Ueber Eintheilung und Zahl der Zellgenerationen. Seit den Arbeiten van Beneden’s und O. Hertwig’s theilt man die Entwicklung der Geschlechtszellen allgemein in drei Perioden ein: 1. eine Vermehrungsperiode, während welcher sich die Ursamen- bezw. Ureizellen durch eine verschieden grosse Zahl von mitotischen Theilungen vermehren ; 2. eine Wachsthumsperiode, in welcher die durch wieder- holte Theilung kleiner gewordenen Zellen mehr oder minder stark heranwachsen ; 3. eine keifungsperiode, in welcher sie zwei mitotische Theilungen erleiden, zwischen denen ein Ruhestadium des Kerns ausfällt. Die männlichen Samenzellen machen nach Ablauf der zweiten Theilung komplieirte histologische Veränderungen durch, durch welehe sie in Spermatozoen umgewandelt werden. Bei meinen Untersuchungen am Salamanderhoden musste ich mir sehr bald die Frage stellen, ob und in welcher Weise diese Eintheilung auch auf die Zellgenerationen desselben An- wendung finden kann. Flemming giebt in seiner im Jahre 1887 erschienenen Arbeit (15) von der Zellvermehrung im Salamanderhoden fol- gendes Bild. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 1l W Friedrich Meves: Die Mitose erfolgt hier nach zwei verschiedenen Typen, welche als homöotypische und heterotypische Theilungsform unterschieden werden. . Pie frühesten Zelltheilungsschübe, die man im Frühling trifft, folgen der homöotypischen Form; sie führen zur Bildung der Sperma- tocysten. In den Cysten wachsen die Zellen zur ersten Generation der Spermatocyten heran, welche mit wenigen Ausnahmen die heterotypische Theilungsform aufweisen. Eine erste Tochtergeneration dieser grossen Zellen, durch entsprechend geringere Grösse kenntlich, behält die he- terotypische Form vorwiegend bei, aber es tritt in ihr daneben in er- heblichem Maasse die homöotypische auf. Noch mehr ist dies der Fall bei der drittfolgenden abermals kleineren Generation, wo die beiden Formen sich ziemlich die Waage halten. Die Tochterzellen dieser dritten Generation wandeln sich in Spermatozoen um. Als Anomalien beschrieb ferner Flemming ausser Mitosen mit auffallend kurzen Segmenten solche, bei welchen die Chromosomen in Gruppen von vier Kügelchen auftreten. In der Folgezeit fand man nun, dass der Anordnung des Chromatins zu Vierergruppen bei den Theilungen der Reifungs- periode als einem normalen Vorkommniss eine ausgedehnte Ver- breitung zukommt. Es sprach darauf zuerst Haecker (18), ohne eigene Untersuchungen am Salamander angestellt zu haben, die Vermuthung aus, dass das von Flemming beschriebene Auftreten von Vierergruppen im Salamanderhoden als normaler Vorgang in die Reifungsphase einzureihen sei. Zu demselben Resultat kam vom Rath (42) auf Grund eigener Wahrnehmungen. vom Rath giebt an, dass ausser den drei Generationen Flemming’s noch eine vierte und im unmittelbaren Anschluss an diese noch zwei weitere Generationen auftreten, durch welche eine Reduction des Chromatins im Weissmann schen Sinne bewerkstelligt wird. Aus dem Dyaster der vierten Generation gehen nämlich Vierer- gruppen hervor, welche durch die beiden folgenden Theilungen ge- viertelt werden. Eine Konsequenz dieser Auffassung ist es, wenn vom Rath, wie schon Haeker, sämmtliche Zellgenerationen, welcher derjenigen, in welcher die Vierergruppen auftreten, vorhergehen, als Ursamenzellen bezeichnet. Ich habe mich durch meine Untersuchungen davon über- zeugt, dass die vom Rath'sche Darstellung irrthümlich ist; aber auch die frühere von Flemming gegebene Beschreibung trifft, was die Zahl der Generationen der Spermatocyten anlangt, nicht zu, wie dies auch Flemming nach Verfolgung meiner Untersuchung zugiebt. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete.. 3 Der Salamanderhoden (Fig. 1) setzt sich, wie schon wieder- holt beschrieben ist, aus mehreren hinter einander gelegenen Lappen zusammen, welche je nach der Jahreszeit und dem je- weiligen Entwicklungszustand des Spermas bezw. der sperma- bildenden Zellen verschiedene Grösse, Gestalt und Farbe be- sitzen. Betrachten wir einen Salamanderhoden aus der zweiten Hälfte des Juli (Fig. 1) oder der ersten Hälfte des August, so besteht derselbe aus einem vorderen grossen Lappen (b, ce) von durchscheinend grauer Farbe und einem oder zwei hinteren kleineren, weisslich grauen bezw. hellweissen Lappen (d). Nach dem Kopf zu zieht sich der vordere graue Lappen in einen ebenfalls grauen Zipfel (a) aus. Ein Strang von gleicher Farbe (e) schliesst sich meistens caudalwärts an den hintersten Lappen an, gegen welchen er scharf abgesetzt ist. Auf dieses Organ sind die Sexualelemente in folgender Weise vertheilt. Die hinteren weissen Lappen (d) enthalten reife Spermatozoen. Der vordere graue Lappen dagegen beherbergt die samenbildenden Zellen, welche sich um diese Jahreszeit in regster Theilung befinden. In dem vorderen Zipfel (a) von grauer Farbe finden wir, von Bindegewebe umgeben, grosse ei- ähnliche Zellen, Spermatogonien, welche durch eine ununter- brochene Entwicklungsreihe in die kleineren Zellen des Lappens übergehen ; ebenfalls Spermatogonien, gewöhnlich in reichlicheres Bindegewebe eingebettet, sind im dem hinteren Zipfel (e) ent- halten. Im folgenden wollen wir jetzt den Entwieklungsgang einer Spermatogonie zunächst einmal kurz ins Auge fassen. Durch die Theilungen derselben werden eine Zeit lang nur gleichwerthige Tochterzellen gebildet, die sich jede mit einer von den sog. Follikelzellen (Randzellen vom Rath’s) gebildeten Umhüllung umgeben. Die chromatischen Figuren der Mitose dieser Zellen zeigen keine Unterschiede gegenüber den gewöhnlichen Mitosen ; die Zahl der Schleifen beträgt 24 vor Eintritt der Längs- spaltung. An der Basis des Zipfels beginnen nun die durch wieder- holte Theilungen bereits kleiner gewordenen Zellen vielfach eine Zusammenlagerung in Nestern (Fig. 2) zu zeigen, welche durch stärkere Bindegewebszüge von einander abgegrenzt sind. In 4 Friedrich Meves: dem Centrum dieser Nester beginnt gewöhnlich sehr bald ein Hohlraum aufzutreten. Jede einzelne Zelle ist zunächst noch von ihrer von Rand- zellen gebildeten Umhüllung umgeben. In der Folge theilt sie sich nun innerhalb dieser Umhüllung viele Male hinter einander, ohne dass sich die Tochterzellen ihrerseits mit einer solchen Haut umgeben; sämmtliche Zellen bleiben vielmehr innerhalb der Umhüllung der Mutterzelle liegen. Auf diese Weise entstehen durch immer wiederholte Thei- lung schliesslich Cysten (Fig. 3) (Spermatocysten von v. la Valette, in der Parthie b des vorderen Lappens gelegen), in deren Wand fünf bis sechs und mehr Zellschichten über einander gelagert sind. Eine Anzahl solcher Spermatocysten sind zu einem dick- wandigen Bläschen mit kleinem centralen Hohlraum (Fig. 3) zu- sammengelagert. Und aus lauter derartigen Bläschen, welche durch wenig Bindegewebe von einander getrennt sind, setzt sich die Parthie b des vorderen Lappens des Salamanderhodens zu- sammen. Es ist also nicht statthaft, hier von Kanälen zu sprechen, wie es die Autoren vielfach thun. In der That findet man niemals Bilder, welche man auf Längsschnitte von Kanälen be- ziehen könnte. Sämmtliche Abkömmlinge einer Mutterzelle, welehe inner- halb einer Cyste zusammenliegen, wurden von v. la Valette ursprünglich (49) als Spermatocyten bezeichnet. Da diese Be- nennung aber heutzutage allgemein erst auf die Samenzellen vom Stadium der Wachsthumsperiode an Anwendung findet, werden wir die Zellen der Spermatocyste in diesem Stadium zunächst noch als Spermatogonien bezeichnen müssen und zwar will ich sie gegenüber den grossen Zellen, welche in dem Zipfel enthalten sind, „kleine“ Spermatogonien !) nennen. In der That sind sie der Hauptsache nach nur durch ihre geringere Grösse von den in dem Zipfel enthaltenen grossen 1) Als „Spermatogonien mittlerer Grösse“ bezeichne ich im fol- genden solche Zellen, welche eben vor dem Eintritt in die Cysten- bildung steben, und die Zellen von Cysten, welche nicht mehr als zwei bis drei Zellenlagen überein ander enthalten. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 5 Zellen zu unterscheiden, gleichen ihnen aber durchaus z. B. mit Bezug auf das Aussehen der Kerne. Auch die ehromatischen Figuren der Mitose dieser kleinen Zellen unterscheiden sich nicht von denjenigen der grossen. Die Theilung derselben erfolgt nicht, wie es Flemming an- genommen hatte, auf dem Wege der homöotypischen Mitose ; die Sehleifenzahl beträgt vielmehr hier wie in den grossen Sperma- togonien schon 24 vor Eintritt der Längsspaltung. Auf diese Periode folgt ein Ruhestadium, der Wachsthums- periode OÖ. Hertwig’s entsprechend, während dessen die Zellen mehr oder minder stark heranwachsen, und unten zu beschrei- bende Veränderungen in der Kernstructur, welche bei diesem Objeet bisher noch keine Beschreibung gefunden haben, vor sich gehen. Die Zellen treten darauf unter Vorbereitungen zur Mitose in die Reifungsperiode ein. Es folgen weiterhin (im Abschnitt e des vorderen Lappens) die Reifungstheilungen selbst, von denen ich zwei Generationen annehme, von denen die erste sich hetero- typisch, die zweite sich homöotypisch theilt, so dass sich also jede Form der Mitose mit einer Reifungstheilung deckt. Für meine Ansicht, dass nur zwei Generationen von Zellen vorliegen, kann ich mich zunächst auf die analogen Verhältnisse anderer Thiere berufen. Ueberall in der Spermatogenese Wirbel- loser treten, wie wir in neuerer Zeit erfahren haben, nach Ab- lauf der Ruheperiode zwei Reifungstheilungen auf; ebenso nach Moore (34) bei Elasmobranchiern. Es wäre sonderbar, wenn der Salamander nach dieser Richtung hin eine Ausnahme bilden sollte. Dies Verhalten bei anderen Thieren war zur Zeit von Flemming’s Arbeit (13, 1887) noch nieht bekannt; und er hat hauptsächlich aus der verschiedenen Grösse der Zellgenera- tionen geschlossen, dass es drei solche Generationen gäbe. Diese Grössenunterschiede bestehen ohne Zweifel; aber sie sind doch in dem Grade schwankend, dass man jenen Schluss nicht aus ihnen zu ziehen braucht; sie gestatten vielmehr, soviel ich finde und wie es auch Flemming anerkemnt, völlig die An- nahme, dass auch hier nur zwei Generationen auftreten. Dass zunächst die sich heterotypisch theilenden Zellen ver- schiedene Grösse haben, wie Flemming beschreibt, ist gewiss 6 Friedrich Meves: richtig; aber diese Grössenverschiedenheit erklärt sich unge- zwungen daraus, dass die Zellen während der Ruheperiode ver- schieden stark heranwachsen. Die Zellen der letzten Generation der kleinen Spermatogonien messen im Durchschnitt ca. 20 u. Während der Wachsthumsperiode und der Vorbereitung zur ersten Reifungstheilung nehmen sie so stark an Grösse zu, dass sie im Stadium des engen Knäuels meistens bereits einen Durch- messer von 28—30 u haben. Jedoch wird dieses Maass nicht immer erreicht, wenn auch kleinere Knäuelformen der heterotypen Form nach meinen Beobachtungen selten sind. Dagegen kommen Cysten mit grösseren Zellen häufig vor. Der Zellendurchmesser kann in dem genannten Stadium bis zu 33—40 u betragen. Dass letzteres Grössenstadium aber nicht stets durchlaufen wird, ist andererseits sicher. Dazu beobachtet man diese grossen Zellen einmal nicht häufig genug; sodann kann man schon An- fang oder Mitte Juli Cysten finden, in welchen enge und lockere Knäuel und die daran sich anschliessenden Tonnenformen ver- einigt sind, welche sämmtliech Mittelgrösse aufweisen. Da es sich um Hoden aus dem Anfang der Periode der Zelltheilungen han- delt, erscheint es ziemlich ausgeschlossen, dass hier schon eine erste grössere Generation heterotypisch sich theilender Zellen vor- hergegangen sein sollte. Andererseits können auch die Zellen nach Ablauf des Ruhe- stadiums in Mitose treten, noch bevor sie das Durchschnittsmaass von eirca 30 u erreicht haben; jedoch kommt letzteres, wie schon gesagt, nach meinen Beobachtungen nur selten vor. Jedenfalls ergiebt sich aus dem Gesagten, dass es nicht ge- rechtferigt ist, allein auf Grund der verschiedenen Grösse ver- schiedene Generationen heterotypisch sich theilender Zellen an- zunehmen. Je nachdem nun aber die Zellen der ersten Reifungstheilung verschieden gross sind, werden es auch die der II. sein; daher erklärt sich denn weiterhin die Annahme Flemming’s, dass homöotype Theilungen in zwei Generationen (Il. und III.) auf- treten. Nach Flemming kommt diese letztere Theilungsform übrigens, wenn auch nur ausnahmsweise, schon in der ersten Generation vor. Diese Angabe rührt aber daher, dass Flemming homöotype Theilungen mit heterotypischen in einer Cyste zu- Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen etc. 7 sammen beobachtete, und dass er weiterhin annahm, dass sämmt- liche Zellen einer Uyste stets ein und derselben Generation an- gehören. Von dieser im allgemeinen zutreffenden Regel gibt es jedoch Ausnahmen und zwar ebenda, wo man heterotype und homöotype Theilungen in einer Cyste nebeneinander findet. In diesen Fällen wird man nämlich stets die Formen der homöotypen Theilung kleiner finden als die entsprechenden Stadien der heterotypen Theilung. Allein schon dadurch wird es wahrscheinlich, dass diejenigen Zellen, welche sich homöotypisch theilen, Tochterzellen der heterotypen Form sind. Auch kann man zuweilen sämmt- liche auf einander folgende Stadien, Tonnen- und Tochterspireme der heterotypen Form, Mutterspireme und folgende Stadien der homöotypen Theilung in einer Oyste nebeneinander antreffen. Nach alledem scheint mir kein Grund gegen die Annahme zu bestehen, dass es bei Salamandra nur zwei Reifungstheilungen giebt, mit welcher zugleich die Homologie mit dem Verhalten bei Wirbellosen und bei Elasmobranchiern (s. oben) in erfreu- licher Weise hergestellt wird. Auf Grund meiner Darstellung muss ich auch mit der be- reits referirten Meinung vom Rath’s in Widerspruch treten, nach welcher ausser den drei von Flemming angenommenen Generationen noch eine vierte und im unmittelbaren Anschluss an diese noch zwei weitere Generationen auftreten sollen. Die Irrthümlichkeit dieser Annahmen werde ich weiter unten bei Besprechung der „Vierergruppen“ erweisen. Nach der zweiten homöotypisch verlaufenden Reifungs- theilung machen nun die „Spermatiden“ diejenigen histologischen Veränderungen durch, durch welche sie in Spermatozoen über- geführt werden. Und zwar machen sie sie innerhalb der Sper- matocysten durch; von diesen findet sich eine Anzahl in einer von Bindegewebe umgebenen Kapsel vereinigt, welche letztere aus einem ursprünglichen, diekwandigen Bläschen, wie in Fig. 3, her- vorgegangen ist, indem der centrale Hohlraum desselben in Folge des Wachsthums der Zellen allmählich, meist schon während der Wachsthumsperiode, verstrichen ist. In welcher Weise diese (zunächst geschlossenen) Kapseln schliesslich mit den Ausführungs- gängen des Hodens in Verbindung treten, muss einer speciellen Untersuchung vorbehalten bleiben. 8 Friedrich Meves: Im folgenden will ich nun nacheinander die verschiedenen Generationen der Samenzellen und ihre Veränderungen im Lauf der Entwicklung im einzelnen besprechen. II. Die Vermehrungsperiode. 1. Die Spermatogonien im Zustand der Ruhe. a) Grosse Spermatogonien. Die grossen Formen der Spermatogonien, welche hauptsäch- lich in dem vorderen dünnen Zipfel des Hodens enthalten sind, haben mir bereits wiederholt als Gegenstand cellularer Unter- suchungen gedient. Was die Structur ihrer Kerne anlangt, so war ich über diesen Punkt bei früherer Gelegenheit nicht völlig ins Klare gekommen. Ich habe damals das Aussehen der Kernstructur beschrieben, so wie sie sich in den Zellen des Zipfels bei Fixirung mit stark osmiumsäurehaltigem Flemming schen oder Hermann schen Gemisch präsentirt, dabei aber bemerkt, dass ich es „bis auf weiteres dahin gestellt sein lassen wolle, ob die bei dieser Be- handlung sichtbar gemachten Structuren den natürlichen Verhält- nissen völlig entsprechen“. Nach meiner damaligen Beschreibung besteht die Kernstructur aus mehrfachen Chromatinbrocken, die in keinem Zusammenhang mit- einander stehen, einem oder mehreren grossen, gewöhnlich von einem hellen Hof umgebenen Nucleolen und im übrigen aus einer diffus färbbaren Substanz von gleichmässigem oder mehr oder weniger fein granulirtem Aussehen, welche letztere ich damals für Linin hielt, „wel- ches die Hauptmasse des Kerns auszumachen scheint“. Auf Grund sofort mitzutheilender Beobachtungen und nach- dem über die Wirkung der Chromosmiumessigsäure auf Zellkerne eine Discussion zwischen Flemming (16) und Rawitz (45) stattgefunden hat, möchte ich jetzt diese gleichmässig fein- körnige Beschaffenheit der Kerngrundsubstanz auf Ausfällungen im Kernsaft zurückführen, durch welche das eigentliche Lininge- rüst verdeckt und unsichtbar gemacht wird. Derartige Ausfällungen entstehen, wie Flemming (zuletzt in 16) ausgeführt hat, in Folge der Wirkung der Osmiumsäure in den Zellen der peripheren Parthien des Hodens. Die Kerne der Spermatogonien, welehe in dem dünnen Zipfel enthalten sind, sind dieser Osmiumwirkung "besonders ausgesetzt: sie scheinen Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 9 übrigens für derartige Ausfällungen besonders disponirt zn sein, da sie dieselben auch bei Anwendung anderer Fixirungsmittel, wie Chromessigsäure, Sublimat, Sublimatessig, Zenker ’'sche Lösung zeigen. Wesentlich andere Bilder der Kernstructur bieten aber (nach Fixirung mit Flemming’schem oder Hermann’schem Gemisch) solche grosse Spermatogonien dar, welche man in den centralen Parthien der grossen Lappen im Bindegewebe zwischen den Sper- matocysten vereinzelt antrifft. In diesen Zellen (Fig. 4) zeigen die Kerne, deren Structur den natürlichen Verhältnissen, wie ich glauben möchte, mehr ent- spricht, mehrfache Chromatinbrocken und von ihnen ausgehend Lininfäden, welche die Chromatinbrocken unter einander in Zu- sammenhang setzen, während der übrige Kerninhalt hell aussieht. In den Kernen, die ich früher (30) und hier in Fig.5 abgebildet habe, ist das Lininnetzwerk und z. Th. wohl auch das Chromatin durch Niederschläge im Kernsaft verdeckt; diese Niederschläge sind es, welche den Kernen das feingranulirte bez. gleichmässig diffuse Aussehen geben. Was die Structur der Sphäre in den grossen Spermato- gonien anlangt, so kann ich meine frühern Angaben der Haupt- sache nach nur wiederholen. Darnach besitzen die Sphären eine deutliche (zuweilen durch- brochen aussehende) Umhüllungsmembran; im übrigen sehen sie ent- weder homogen aus oder lassen zwei Zonen, eine innere und eine äussere, erkennen, welche ich damals den von van Beneden (3) bei Ascaris beschriebenen Zonen an die Seite gesetzt habe!. Bezüglich genauerer Angaben erlaube ich mir auf 30, pag. 120 u. folg., zu verweisen. An dieser Stelle gebe ich zwei neue Abbildungen. Die eine, Fig. 4, zeigt eine Sphäre mit deutlicher Aussenmembran, aber ohne Trennung in zwei Zonen. Das Sphäreninnere sieht aber nicht homogen aus, sondern lässt eine körnig-fädige Beschaffenheit er- kennen, wie ich es in letzter Zeit häufig gefunden habe. Die Centralkörper sind scharf durch Eisenhämatoxylin dargestellt. Die andere Abbildung, Fig. 5, betrifft eine grosse zwei- kernige Zelle mit grosser Sphäre, welche letztere eine deutliche 1) Die Richtigkeit dieses Vergleiches ist mir neuerdings aus ver- schiedenen Gründen sehr zweifelhaft geworden. 10 Friedrich Meves Innenzone zeigt, die von ziemlich voluminösen, z. Th. unscharf abgesetzten Körnern gebildet wird. Die umgebende Aussenzone ist nicht, wie ich sie früher (30) stets gesehen und beschrieben habe, homogen, sondern besitzt gleichfalls eine körnige Beschaffen- heit. Centralkörper sind nicht zu erkennen. Rawitz (44) hat der von mir gegebenen Beschreibung der Sphäre in mehreren Punkten widersprochen; jedoch erklärt sich der grösste Theil der von ihm konstatirten Differenzen daraus, dass Rawitz bei seiner Untersuchung die Ruhestadien der Spermatocyten vor sich gehabt hat, während meiner Darstellung die grossen Sper- matogonien zu Grunde lagen, wie ich nicht glaube im Zweifel ge- lassen zu haben. Drüner (11) giebt von der Sphäre der letzteren Zellen eine Be- schreibung, die sich offenbar an M. Heidenhain's Darstellung der Leucocytensphäre (21) anlehnt. Drüner konnte in einzelnen Fällen die die Sphäre unigebende Strahlung bis an die Centralkörper ver- folgen; die „Sphärenhülle“, welche gewöhnlich als Membran imponirt, liess sich. in ein concentrisches Mierosomenstratum (M. Heidenhain) auflösen. Zwei Abbildungen, die vom Rath in seiner letzten Arbeit ge- geben hat (43, Fig. 35 u. 38), zeigen ebenfalls die Sphärenmembran als concentrisches Mierosomenstratum und innerhalb derselben eine schön strahlige Anordnung um einen innern das Centrosom umge- benden Theil. Gegenüber diesen Abbildungen Drüner’s und vomRath's stelle ich fest, dass ich innerhalb der Sphären ruhender Spermato- gonien eine radiäre Anordnung niemals beobachtet habe; nach meinen Präparaten muss ich vielmehr das Vorkommen der letz- teren überhaupt bezweifeln und die Abbildungen Drüner’'s und vom Rath’s, welche einen strahligen Bau des Sphäreninnern zeigen, für schematisirt halten. Hinsichtlich der von mir früher beschriebenen Metamorphose der Sphäre halte ich gleichfalls die gegebene Darstellung gegen- über abweichenden Angaben von Nicolas (35), vom Rath (45 und van der Strieht (48) in allen Punkten aufrecht. Ich könnte jetzt bessere Abbildungen beibringen, als es mir damals möglich war; jedoch will ich, ehe ich an eine neue Darstellung gehe, versuchen, über das Verhalten der Centralkörper bei diesem Vorgang Klarheit zu bekommen. In meiner ersten Mittheilung (28) beschrieb ich, dass in den Zellen mit polymorphen Kernen sich ein scharf contourirter ‚heller Körper, welcher unzweifelhaft eine intaete Sphäre ist, nicht findet, Ueber die Entwieklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 11 sondern statt dessen eine dunkle körnige Masse, welche den Kern ganz oder theilweise umlagert. Ich beobachtete im Frühjahr, wo die Kernpolymorphie zurückgeht, eine Konsolidirung dieser Körner- massen zu einer Sphäre und nahm umgekehrt an, dass sie aus dieser bei Eintritt der Kernpolymorphie hervorgegangen seien. Dieser Beschreibung, die von Benda (4) (und neuerdings auch von Henneguy (23)) bestätigt wurde, traten Nicolas (35) und vom Rath (42) entgegen, indem sie angaben, in den Zellen mit polymorphen Kernen neben dem Körnerkranz eine intaete Sphäre aufgefunden zu haben. Die von mir beschriebenen Körner- massen erklärte Nicolas für Ernährungsmaterial der Zelle, wäh- rend vom Rath sie für Degenerationsprodukte hielt. Ich habe darauf in einer folgenden Arbeit (30) die Ent- stehung der Körmermassen aus der Sphäre durch Fragmentation der letzteren genau verfolgt und die Unterschiede der Sphäre in den Zellen mit rundem Kern gegenüber einem Körper, welcher in Zellen mit polymorphem Kern neben dem Körmerkranz zu finden ist, eingehend dargelegt. Letzteren Körper haben Nicolas und vom Rath für identisch mit der Sphäre in Zellen mit rundem Kern gehalten; bezüglich der sehr erheblichen Unterschiede beider Gebilde erlaube ich mir auf 30 (pag. 32—35) zu verweisen. vom Rath will nun in einer neuesten Publikation (43) zwar einerseits nicht bestreiten, „dass die Bilder, welche Meves von seiner Sphärenmetamorphose gegeben hat, richtig sind“, wenn er auch bezweifelt, dass sie in der richtigen Reihenfolge gruppirt seien. Trotzdem tritt er von neuem mit der Behauptung auf, es könne nicht der geringste Zweifel darüber sein, dass die Körper, welche sich neben den polymorphen Kernen mit Körnerhaufen finden, identisch seien mit jenen. bei runden Kernen; nnd die Sphärennatur derselben könne gar nicht bestritten werden. Diese wiederholte Behauptung vom Rath’s wird nun da- durch verständlich, dass vom Rath, der in seiner ersten Arbeit (42) eine gut konservirte Sphäre in einer Spermatogonie mit rundem Kern anscheinend überhaupt nicht zu Gesicht bekommen hat, auch in einer zweiten Publikation (43) noch nicht zu einer richtigen Auffassung der Sphären gelangt ist. Unter den Figuren der Tafel VIII und IX seiner ersten Arbeit (42), soweit sie Spermatogonien des erwachsenen Salamanders oder Zellen aus der Genitalanlage von Larven betreffen, kann ich mit einer Aus- 12 | Friedrich Meves: nahme überhaupt keine Abbildung finden, in welcher ich nach meiner Kenntniss dieser Gebilde eine Sphäre wiederzuerkennen vermöchte; die Ausnahme betrifft das Band, welches in Fig. 10 Taf. VIII abgebildet ist, und welches nach vom Rath eine Bestätigung der von mir als Amitose beschriebenen Kernein- schnürung mit Ringform der Sphäre darstellt. Die Figg. 38 u. 35 Taf. III der letzten Arbeit (43) vom Rath’s aber, welehen offenbar Sphären zu Grunde liegen, sind einmal, wie schon ge- sagt, stark schematisirt; ausserdem aber unrichtig aufgefasst, indem nur ein innerer das Centrosom umgebender Theil, von welehem bei vom Rath nach allen Seiten Strahlen ausgehen (meiner Innenzone entsprechend) als Sphäre (vergl. die Figuren- bezeichnung) gedeutet wird; die Umhüllungsmembran dagegen wird als eoncentrisches Mierosomenstratum bezeichnet und mit- sammt derjenigen Zone, welche zwischen dem „Mierosomen- stratum“ und dem mit sph bezeichneten Innenkörper liegt (meiner „Aussenzone“), der Zellsubstanz zugerechnet. Nur auf diese Weise vermag vom Rath eine Identität zwischen der intaeten Sphäre und dem Körper, welcher sich in Zellen mit polymorphem Kern neben dem Körnerkranz findet, herauszubekommen; ich bitte hier- für seine Fig. 38 mit seiner Fig. 34 und 41 zu vergleichen. Selbst unter der Voraussetzung aber, dass die Sphäre der Spermatogonien, wie die M. Heidenhain’sche Leueoeytensphäre gebaut sein sollte, nach deren Vorbild vom Rath seine Abbil- dungen 38 und 35 meiner Ansicht nach schematisirt hat, so kann doch nicht der allergeringste Zweifel obwalten darüber, dass man den ganzen von dem „Mierosomenstratum® vom Rath’s um- gebenen Körper als Sphäre auffassen müsste; dann aber erkennt man auch an den vom Rath’schen Abbildungen sofort, dass der Körper in den Zellen mit polymorphem Kern und Körner- kranz nicht mit den Sphären der Figg. 38 und 35 vom Rath’'s identisch ist. Ob dieser Körper überhaupt etwas mit der Sphäre zu thun hat, erscheint mir wenigstens sehr fraglich !); jedoch habe ich die Möglichkeit offen gelassen und sogar (30, pag. 133) Beob- 1) Der Beschreibung vom Raths’s, nach welcher Centralkörper in ihm nachzuweisen sind, vermag ich einstweilen keinen Glauben zu schenken. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 13 achtungen beschrieben, nach denen es scheint, dass ein gleicher oder ähnlicher Körper am Aufbau der sich reconstituirenden Sphäre theilnehmen kann. Dadurch wird jedoch die Richtig- keit meiner Behauptung, dass dieser Körper von der Sphäre in den Zellen mit rundem Kern gänzlich verschieden ist, nicht im geringsten beeinträchtigt. Van der Stricht (48) konnte die von mir bei Sala- mandra maculosa beschriebene Fragmentation der Sphäre bei Salamandra atra zwar nicht auffinden, stimmt jedoch wenigstens darin mit mir überein, dass bei Eintritt der Kernpolymorphie Veränderungen mit der Sphäre vor sich gehen. In den Zellen mit rundem Kern beschreibt er das Vorhandensein einer beson- deren körnigen Zone um die Sphäre, welche sich bei Eintritt der Kernpolymorphie verbreitert und um den Kern ausbreitet, während die Sphäre zugleich voluminöser, kompakter und beinahe homogen wird. Van der Striceht betrachtet offenbar in Zellen mit polymorphem Kern und Körnerkranz denselben Körper als Sphäre, welehen auch Nicolas und vom Rath dafür angesehen haben; jedoch giebt er gegenüber vom Rath wenigstens zu, dass der fragliche Körper ein ganz anderes Aussehen hat als die Sphäre in den Zellen mit rundem Kern. Was im Uebrigen die von van der Stricht gegebene Darstellung der Sphärenmetamorphose anlangt, so ist dieselbe, vorausgesetzt, dass nicht bei Salamandra atra besondere Verhält- nisse vorliegen, schon deshalb unzutreffend, weil bei Salamandra maculosa von der regelmässigen Existenz einer besonderen kör- nigen Zone um die Sphäre nicht die Rede sein kann; dass, wenn auch nur selten, Körnermassen in der Umgebung der Sphäre vor- kommen, darauf habe ich schon in 28 und 30 hingewiesen. b) Kleine Spermatogonien. Die Kerne der kleinen Spermatogonien (Fig. 31—35) sind anscheinend chromatinreicher, aber im übrigen ebenso gebaut, wie diejenigen der grossen. Ihre Form ist niemals polymorph, sondern stets rund. Wie bei den grossen Spermatogonien, so bieten auch in diesen kleinen Zellen die Sphären je nach der Jahreszeit einenWechsel in ihrer Erscheinung, wenn auch in anderer Weise als in diesen, dar. 14 Friedrieh Meves: Stellt man sich die Aufgabe, an einem Sommerhoden (Juni, Juli) die Sphäre durch die aufeinanderfolgenden Generationen der Spermatogonien zu verfolgen, so beobachtet man, dass sie, Je mehr man sich den kleinsten Formen nähert, um so undeut- licher abgegrenzt erscheint. Bald nach dem Beginn der Öysten- bildung fängt der für die Sphären der grossen Zellen so charak- teristische scharfe Randcontour an unbestimmt zu werden (Fig 31). In den kleineren und kleinsten Spermatogonien (Fig. 33—B5) sind die Centralkörper nur von einer etwas dichtern Substanz umgeben; bei diesen Zellen ist es kaum noch möglich, von einer Sphäre zu sprechen. Untersucht man dagegen einen Winterhoden, so findet man hier in den kleineren und kleinsten Spermatogonien (Fig. 32) wohl konsolidirte und gegen die umgebende Zellensubstanz deutlich abgesetzte Sphären. Das Verhalten der Sphären in den kleinen Zellen ist also zeitlich in gewisser Weise demjenigen in den grossen entgegen- gesetzt. In letzteren beobachtet man der Hauptsache nach nur während der Sommermonate konsolidirte Sphären ; während der ührigen Jahreszeit sind sie deconstituirt. In den kleinen Spermatogonien dagegen findet sich während des Sommers in der Umgebung der Centralkörper nur eine diehtere Anhäufung von Substanz, aber keine deutlich abge- grenzte Sphäre; eine solche ist nur während der Wintermonate vorhanden. Das Verhalten der Sphärensubstanz in den letzteren Zellen während des Sommers ist meiner Ansicht nach damit in Zu- sammenhang zu bringen, dass die Spermatogonien sich mit Eim- tritt dieser Jahreszeit von Beginn der Cystenbildung an viele Male schnell hintereinander theilen. Während der Kern nach einer jedesmaligen Mitose verhältnissmässig rasch zur Ruhe zu- rückkehrt, scheinen die Theilungsintervalle zu kurz zu sein, um eine Reconstitution der Sphäre, welche bei diesen kleinen Zellen *) eben nur langsam vor sich geht, zu Stande kommen zu lassen. Oder auch es soll die für den Wiederaufbau der 1) Bei den grossen Spermatogonien ist der scharfe Contour der Sphären meistens schon wieder ausgebildet, bevor noch das Chroma- tingerüst der Tochterkerne völlig zur Ruhe zurückgekehrt ist. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 15 Sphäre nöthige Kraft gespart werden, da eine neue Mitose un- mittelbar bevorsteht. Jedenfalls findet eine Reconstitution der Sphäre während des Sommers zwischen je zwei Theilungen nicht statt. Wenn dagegen die kleinen Spermatogonien, wie in den Winterhoden, lange im Ruhezustand verharren, hat die „speei- fische Substanz“, welche die Sphäre ausmacht, Zeit, sich um die Centralkörper zu arrangiren; es bilden sich konsolidirte Sphären mit deutlicher Umhüllungsmembran aus. Ebenso entstehen, wie wir sehen werden, deutlich abgesetzte Sphären dann, wenn die kleinen Spermatogonien in das Ruhestadium der Spermatocyten übergehen. | Hinsichtlich des letzteren Punktes (verschiedenes Aussehen der Sphären in den Spermatogonien und Zellen der Wachsthumsperiode) sind ganz neuerdings auch Beobachtungen von Moore (34) bei Elas- mobranchiern mitgetheilt worden. Moore findet, dass in den ruhenden Spermatogonien (cells of the first spermatogenetie period) die Cen- tralkörper von einer einfachen Strahblung!), aber kaum von irgend- welcher archoplasmatischen Substanz umgeben sind. - Beim Uebergang in die Wachsthumsperiode tritt dann eine deutliche Sphäre auf: „In the eytoplasm the conversion from the first to the second spermatogenetic period is marked by a gradual increase in the small dark zone about the eentrosomes, until it eventually attains the dimensions of a veri table spermatic Nebenkern or archoplasm.“ Die im den Fig. 33—55, auf welche ich oben bereits wieder- holt verwiesen habe, abgebildeten Verbindungen der kleinen Spermatogonien unter einander will ich noch nicht hier, sondern erst im folgenden Kapitel im Anschluss an die Mitose besprechen. 2. Die Spermatogonien während der Theilung. a) Prophasen und Metaphasen. Da ich über das Verhalten des Chromatins während der Theilung neue Beobachtungen nicht mitzutheilen habe, beginne ich sofort mit der Sphäre. Letztere liegt in den ruhenden Zellen gewöhnlich in Kugelform frei neben dem Kern in der Zellsubstanz. In den Stadien des Spirems dagegen ist sie der Kernoberfläche angelagert (Fig. 6, 9); meistens schmiegt sie sich dieser dieht in Form einer Scheibe an, welche in der Seiten- 1) Davon ist allerdings in seiner Fig. 2 ebensowenig zu sehen wie in meinen Figg. 33—55. 16 Friedrich Meves: ansicht und im optischen Querschnitt als ein Band erscheint (Fig. 6). Die der Zellwand zugekehrte Seite der Sphäre ist mit dieser durch eine bis an die Zellperipherie reichende Strahlung verbunden, welche auf die Sphäre als ganzes gerichtet ist. Innerhalb der Sphäre liegen die beiden Centralkörper zunächst noch dieht neben einander. Erst in einem nächsten Stadium beginnen sie innerhalb der Sphäre auseinander zu rücken. Die Konstatirung einer Spindel zwischen ihnen ist in den allerfrühsten Stadien sehr schwer und häufig nicht möglich; in andern Fällen erkennt man zwischen den Centralkörpern einen spindelförmigen lichten Raum (Fig. 6), an dessen Grenze gegen die umgebende Sphären- substanz zwei äusserst feine Fädchen die Centralkörper unter- einander verbinden. Während die Centralkörper auseinander rücken, erhält sich die Sphärenmembran zunächst noch intact (Fig. 6). Die Strahlen der Zellsubstanz gehen auch jetzt noch nicht bis an die Central- körper heran, sondern sind nur bis zur Peripherie der Sphäre verfolgbar. Dagegen sehe ich häufig innerhalb der letzteren von den Centralkörpern aus vereinzelte Radiärfasern an die Um- hüllungsmembran herantreten. In den grossen Spermatogonien tritt darauf zuerst an der- jenigen Stelle, wo die Sphäre dem Kern anliegt, ein Schwund der Kernmembran ein (Fig. 9); gleichzeitig oder etwas später schwindet auch der scharfe Contour der Sphäre zuerst an der dem Kern zugewandten Seite. Gewöhnlich erst im einem fol- genden Stadium wird er auch an der übrigen Peripherie der Sphäre unsichtbar; die Strahlung der Zellsubstanz tritt dann in direete Verbindung mit den Spindelpolen (Fig. 10). ‘Bei den Spermatogonien mittlerer Grösse (Fig. 7, 8), die noch nieht oder eben erst in Cystenbildung eingetreten sind, wird die Abgrenzung der ganzen Sphäre früher, noch vor dem Sehwund der Kernmembran undeutlich; die Fasern der Zellsubstanz treten an die Centralkörper heran; die junge Spindel liegt schon früh in der Zellsubstanz. In den Ruhestadien der kleinen Spermatogonien (Fig. 33 bis 35) des Sommers ist, wie ich oben beschrieben habe, eine abgegrenzte Sphäre überhaupt nicht vorhanden. Die Central- Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 17 körper finden sich inmitten einer dunklern Anhäufung, welche neben dem Kern gelegen ist. Im Anfang der Mitose wandern sie nun, indem sie durch eine Strahlung mit der Zellperipherie in Verbindung treten, auf den Kern zu, bis sie auf die Membran desselben stossen; zu gleicher Zeit beginnen sie sich von ein- ander zu entfernen. In den kleinen Spermatogonien und in denen mittlerer Grösse, von denen es leicht ist, sich eine grössere Anzahl von Anfangsstadien der Mitose zu Gesicht zu bringen, konstatire ich, dass die Längsaxe der jungen Spindel zum Kern im Beginn der Theilung die verschiedensten Lagen einnehmen kann (Fig. 6—8). Mit dem stärkeren Wachsthum scheint sie jedoch schliesslich meistens in eine zur Kernoberfläche tangentiale Lage zu gelangen. Eine Darstellung der Zelltheilung der Spermatogonien des Salamanders ist kürzlich von Drüner (11) gegeben worden. In dieser Arbeit, welche die Mechanik der Mitose eingehend behan- delt, wird zuerst ausführlich die wichtige Rolle erörtert, welche die Centralspindel in mechanischer Beziehung spielt. Die Centralspindel hat nach Drüner die Bedeutung eines Stütz- organs, indem sie die Pole gegen den Zug der Mantelfasern von ein- ander abspannt; und zwar sind es in erster Linie die im Verlauf der Monasterentwicklung und von da bis zum Dyvasterstadium sich voll- ziehenden Gestaltsveränderungen der Centralspindel, welche auf eine derartige Bedeutung schliessen lassen. Ebenfalls den Polfasern kommt nach Drüner eine stützende Funktion zu; ihre Bedeutung beruht darin, dass sie durch ihr Wachs- thum die Pole gegen die Zellmembran verschieben. Hinsichtlich der Rolle der Centralspindel stimme ich mit Drüner der Hauptsache nach vollständig überein; nur darin kann ich ihm nicht beipflichten, wenn er sagt, dass sie schon von ihrem ersten Entstehen an die Aufgabe hat, welche er ihr zu- schreibt, nämlich die Chromosomen gegen den Zug der Mantel- fasern abzustemmen. Für die behauptete Stemmwirkung der Polstrahlen hat Drüner allerdings selbst stichhaltige Beweise nicht beigebracht; was er als Beweis anführt, beruht auf unrichtiger Beobachtung (vgl. Flemming) (17). Jedoch sehe ich mich im Stande, bei Besprechung der Spermatocytentheilungen, deren Mechanik ich eingehend studirt habe, eine grössere Zahl neuer Thatsachen bei- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 2 18 Friedrich Meves: zubringen, die nur auf Grund einer solchen Stemmwirkung zu verstehen sind. Im Einzelnen aber muss ich der von Drüner gegebenen Darstellung der Zelltheilung in mehr als einem Punkte, hier zu- nächst mit Bezug auf die Anfangsstadien der Mitose, entgegen- treten. Die Schilderung Drüner’s bezieht sich auf kleinere Formen der Spermatogonien (sog. „spermatogonienähnliche Zellen“ Drüner’s), theils auf solche, welche noch nicht m die Cystenbildung eingetreten sind, theils auf die Zellen von Cysten, deren Wand nicht mehr als drei Zellenlagen überein- ander enthält. In diesen Zellen liegen nach Drüner die Centralkörper im An- fang der Mitose frei in der Zellsubstanz in einer erheblichen Entfernung von einander, umgeben von einer nach allen Seiten gleichmässig ent- wickelten Strahlung, deren Radien kleiner sind als die halbe Entfer- nung der beiden Centralkörper von einander und in diesen Stadien noch nicht die Zellperipherie erreichen; trotz der erheblichen Entfer- nung der Centralkörper von einander ist noch immer keine Spur einer Centralspindelanlage zu erkennen, wie sie bei den späteren von Her- mann (24) untersuchten Generationen der Geschlechtszellen auftritt, in denen nach Drüner die Fasern der Centralspindel zuerst gebildet werden, noch bevor es zu einer allgemein nach allen Seiten gleich- mässig entwickelten Strahlung!) kommt. In einem nächsten Stadium kommt es dann unter diesen von den Centralkörpern abgehenden und nach allen Richtungen hin ganz glei- chen?) Strahlen zur Differenzirung von Mantelfasern und Central- spindelfasern. Die Centralspindel entsteht dadurch, dass zwei ursprünglich ge- trennte, je einem Pol angehörige Fasern im Winkel aufeinander treffen und sich mit einander in Bogenform vereinigen. Und zwar verlaufen sie nicht gestreckt, sondern nach der Kernseite stark gebogen. Ihr Verlauf folgt der Richtung, in welcher die Centraikörper ausweichen würden, wenn sie dem Zug der an die Chromosomen festgehefteten Fasern nachgäben. Was nun zunächst die Centralspindel anlangt, so finde ich 1) Diese Angabe Drüner’s ist unrichtig, wie man sich an meinen Abbildungen 52—54 von Spermatocyten, die in Mitose treten, schon hier überzeugen möge; in Fig. 52 liegt gewiss das jüngste Sta- dium einer Centralspindel (secundären Centrodesmose, M. Heidenhain) vor; es ist aber bereits um die Centralkörper eine mächtige bis an die Zellperipherie gehende Strahlung vorhanden. 2) Vergl, hierzu die Anmerkung 1) auf pag. 47. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 19 im Gegensatz zu Drüner häufig trotz sehr geringer Entfernung der Centralkörper von einander bereits deutliche Spindeln (Figg. 6—9). Die Fasern derselben verlaufen in diesen ersten Stadien ziemlich gestreckt und fast symmetrisch zur Verbindungs- linie beider Centralkörper, niemals aber in der Weise nach der Kernseite hin gebogen, wie Drüner (11) beschreibt und in seiner Fig. 10 abbildet. Drüner sieht entsprechend seinen Beobachtungen eine Funktion der Centralspindel von ihrem ersten Entstehen an darin, dass sie die Pole gegen den Zug der Mantelfasern von einander abspannt. Meiner Ansicht nach wirkt dagegen die junge Central- spindel zunächst einzig auf eine Entfernung der beiden Central- körper von einander; auf welche Weise die letzteren zuerst von einander weg bewegt werden, ist aus der Drüner’schen Dar- stellung nicht zu ersehen, worauf bereits Boveri (7) hinge- wiesen hat. Eine Stützung der Pole gegen den Zug der Mantel- fasern leistet die junge Spindel erst in einem folgenden Stadium, in welchem sie gewöhnlich ihre Gestalt in der Weise ändert, dass sich (Flemming) die Spindelhälften mit ihren Basen schräg gegen den Kern wenden. Diese Gestalt hat (Drüner) in der einseitigen Belastung der Spindel, welche aber nun erst eingetreten ist, ihren Grund. In dem Maasse, wie die Chromosomen um die Spindel herum gezogen werden, ändert sich dann ihre Form weiter so, dass schliesslich die Verbindungslinie der Centralkörper wieder zur Symmetrieaxe der Spindel wird. Was weiterhin die Polstrahlung betrifft, so ist dieselbe nach Drüner im Beginn der Mitose schwach ausgebildet und erreicht nach ihm erst die Membran, nachdem die Centralspindel sehr stark, nach Drüner’s Figuren beinahe bis auf ihre Länge im Mutterstern, herangewachsen ist; von da an nehmen ihre Fasern nach seiner Schilderung weiter, bis das Stadium des Muttersterns erreicht ist, kontinuirlich an Länge zu. Diese Angaben Drüner’s, auf welchen seine Ansicht von der stemmenden Funktion der Polfasern beruht, sind bereits von Flemming (17) als wnrichtig kritisirt worden. Ich begnüge mich an dieser Stelle. mit einem Hinweis auf meine Figg. 6—10, welche zeigen, dass die Polstrahlung von vornherein mit der Zell- peripherie in Verbindung steht, und dass ihre-Fasern in den 20 Friedrich Meves: Stadien der Figg. 9 u. 10 zum Theil mindestens ebenso lang, zum Theil sogar länger als im Stadium des Muttersterns bezw. der Metakinese (Fig. 11) sind. Nichts desto weniger stimme ich theoretisch mit Drüner darin überein, dass ich den Polfasern, auf bestimmten Stadien der Mitose wenigstens, eine stemmende Funktion zuschreibe; ge- rade für diejenigen Stadien allerdings, für welche Drüner sie behauptet hat, kann ich sie am wenigsten erweisen. Die aus- führliche Erörterung über diesen Gegenstand will ich bis auf die Besprechung der Spermatocytentheilungen verschieben. Hinsichtlich der nächstfolgenden Stadien der Mitose der Spermatogonien beschränke ieh mich darauf, von dem Stadium der Metakinese (Fig. 11) eine Abbildung zu geben, um die Ent- wieklung der Spindel in diesem Stadium zu zeigen, und fahre dann mit einer Besprechung der Ana- und Telophasen fort. b) Anaphasen und Telophasen. oa) Grosse Spermatogonien. Nachdem die Trennung der Chromosomen vollendet ist, folet (Drüner) eine Geradestreckung der Centralspindelfasern, welche vom Stadium des beginnenden Monasters an bis zu dem der Metakinese eine immer stärkere Biegung angenommen haben; dann beginnt nach Drüner (11) eine regressive Entwicklung des gesammten Strahlensystems. Dieser letztere Satz ist, wie sich uns bei der Untersuchung hier zunächst der Spermatogonien, später auch der Spermatoeyten des Salamanderhodens ergeben wird, in mehr als einer Hinsicht unzutreffend. Das Wachsthum der Centralspindelfasern hat mit der Tren- nung der Chromosomen noch keineswegs ihr Ende erreicht. Im Gegentheil, die Fasern nehmen noch weiterhin (Figg. 11—13) erheblich an Länge zu und zwar in den grossen Spermatogonien so stark, dass sie schliesslich mehr als das doppelte derjenigen Länge, welche sie im Stadium der Metakinese (Fig. 11) hatten, erreichen. Schliesslieh ist das gesammte Fadenwerk der Zell- substanz zum Aufbau der Spindel herangezogen. In Folge dieses starken Wachsthums der Spindelfasern, welche als Stützen Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 21 (Drüner) wirken, entfernen sich die Pole mehr und mehr von einander. Die ganze Zelle streckt sieh in die Länge, jedoch nicht in demselben Maasse, wie die Spindelfasern wachsen, sodass diese schliesslich einen stark geschlängelten Verlauf zwischen den Polen annehmen. In der Fig. 12 biegen sie, sobald sie auf die aequatoriale Kernseite gelangt sind, stark, grösstentheils fast rechtwinklig, von der Spindelachse ab, um schliesslich, nachdem sie in die Nähe der Zellperipherie gekommen sind, in einen zur Spindelachse ungefähr parallelen Verlauf überzugehen. Dass die Pole nach dem Stadium des Muttersterns noch wandern, ist zuerst von Boveri (6) bei Ascaris beobachtet worden; neuerdings auch von M. Heidenhain (21) bei Leuco- eyten. M. Heidenhain nimmt zur Erklärung dieser Wan- derung der Pole eine Verkürzung der Polfäden an; „beim Leueo- eyten“, sagt er, „stehen schliesslich die beiden Pole so stark excentrisch, dass nothwendig eine besondere Erregung, ein physio- logischer Kontractionszustand der den eönes antipodes van Be- neden’s entsprechenden Polradien angenommen werden muss, um diese Erscheinung ursächlich zu erklären.“ Für das vorliegende Object scheint es mir näherliegend, hierfür wie für die in den Anaphasen besonders bemerkbar werdende Längsstreckung der Zelle in allererster Linie die Ver- hältnisse der Centralspindel verantwortlich zu machen. Und zwar kann man bei der Wanderung der Pole, welche nach der erfolgten Trennung der Chromosomen erfolgt, bei den grossen Spermatogonien ebenso wie bei den Spermatocyten, bei welchen die Verhältnisse ungefähr die gleichen sind, zwei Weg- strecken unterscheiden: eine Anfangsstrecke, welche dadurch zurückgelegt wird, dass (Drüner) die gespannten Fasern nach oder mit der Trennung der Chromosomen sich gerade strecken; diese Streckung zeigen die Spindelfasern der Fig. 58 der hetero- typischen Theilung im Vergleich mit Fig. 57; und eine zweite Strecke, welche durch ein weiteres Wachsthum der Central- spindelfasern zurückgelegt wird. Gegen den Schluss dieser zweiten Wegstrecke beginnen die Fasern sich besonders in den grossen Spermatogonien wieder stark zu biegen, weil die Zell- membran ihrem sehr beträchtlichen Längenwachsthum Wider- stände entgegensetzt. 22 Friedrich Meves: Mit den Polen werden die Chromosomen, welche mit den Centralkörpern durch die kontrahirten Mantelfasern in Verbin- dung stehen, zunächst durch Zug peripherwärts bewegt; später, nachdem die Kernmembran sich gebildet hat (wobei es regel- mässig zur Bildung von Ringkernen kommt), wird durch die Faser- kegel der Centralspindel ein Druck vom Aequator aus auf die Tochterkerne ausgeübt. Die in den grossen Spermatogonien besonders mächtige Entwicklung der Spindelfasern nach dem Stadium der Metakinese hat auch auf die Gestaltung der Tochterkerne Einfluss. Bei den meisten Objeeten sind, soweit mir bekannt ist, die Chromosomen im Dyasterstadium mit ihrer Längsaxe annähernd parallel zur Spindelaxe gestellt; in den vorliegenden Zellen aber bilden sie mit dieser in den Stadien des Doppelsternes regelmässig einen Winkel; zuweilen stehen sie sogar senkrecht zur Spindel- axe. Diese Lagerung rührt offenbar daher, dass die Schleifenden durch die Faserkegel von der Spindelaxe abgedrängt werden, während die Schleifenwinkel noch durch die kontrahirten Mantel- fasern mit dem Pol in Verbindung stehen. Aus dieser Lagerung der Chromosomen zur Spindelaxe resultirt auch die oft stark abgeplattete oder convex-concave Gestalt der Tochterkerne; die letztere Form, bei welcher die Concavität des Kernes dem Aequator zugekehrt ist, ist bereits frühern Untersuchern (Bellonei (1), Moore (35)) aufgefallen. In einem folgenden Stadium beginnt die Zelltheilung mit dem Auftreten einer Ringfurche. Ein, Zwischenkörperchen ist in den grossen Spermatogonien entweder überhaupt nicht nach- weisbar oder von einer im Verhältniss zur Zellengrösse ausser- ordentlichen Kleinheit (Fig. 14). Meistens laufen nur wenige Fasern in ihm zusammen, während die übrigen von der aequa- torialen Seite des Tochterkerns aus in radiärer Richtung aus- einandergehen. Gewöhnlich noch während des Verlaufs der Zelleinschnürung geben die Spindelpole und Tochterkerne ihre stark periphere Stellung auf und nähern sich wieder mehr der Zellmitte (Fig. 14). Dies wird dadurch ermöglicht, dass eine Kontraction der Central- spindelfasern eintritt, welche vor Vollendung der Zelleinschnürung direkt, nach Beendigung derselben aber theils durch das Zwischen- Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen etc. 23 körperchen zusammenhängen, theils, wie ich mir vorstelle, eine Insertion an der neugebildeten Zellwand gewonnen hahen. Durch den Zug der sich kontrahirenden Spindelfasern werden die Centralkörper, welche mit diesen noch immer in Verbindung sind, aequatorialwärts bewegt; die Kerne, welche vorher in gedrängter Lage waren, folgen dorthin, wo Platz entsteht. Dass eine Kontraction der Spindelfasern thatsächlich ein- getreten ist, erkennt man unter anderm aus dem mehr gestreckten Verlauf derselben. Sodann hat sich um die Centralkörper Substanz angesammelt, welche augenscheinlich noch nieht so dicht wie diejenige der völlig rekonstituirten Sphäre und gewöhnlich durch einen Körnerkranz gegen die umgebende Zellsubstanz abge- grenzt ist. Die Kontraction der Centralspindelfasern ist aber meiner An- sicht nach nicht das einzige Moment, durch welches die aequato- rialwärts gerichtete Bewegung der Centralkörper bedingt wird. In den Figuren 14, 17 sieht man, dass die Centralkörper bezw. die im Beginn der Rekonstitution stehenden Sphären durch eine starke Polstrahlung mit der Zellperipherie in Verbindung stehen. Mit Bezug auf diese Strahlung fragt es sich zunächst, ob ihre Fasern identisch sind mit denjenigen, welche im Stadium des Muttersterns von den Polen ausgingen; es wäre denkbar, dass diese letzteren nach einem vorübergehenden Kontractionszustand Jetzt wieder gedehnt werden. Nach meiner Ansicht kann es jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass es sich hier um eine Neubildung handelt. In den letzten Stadien des Dyasters der grossen Spermatogonien ist für so starke Polstrahlungen, wie man sie in den folgenden Telophasen antreffen kann, auch in kontrahirtem Zustand kein Raum vorhanden. Man vergleiche ausserdem die Massenverhält- nisse zwischen den nach Abschluss der Mitose restirenden Central- spindelfasern und der Polstrahlung, wie sie sich in den Figg. 25, 26 zeigen; man erkennt, dass die letztere sich offenbar auf Kosten der Spindelfasern aufgebaut hat. Bei den mittleren und kleinen Formen der Spermatogonien (Figg. 25, 26, 36, 37) ist ferner die Polstrahlung der Telophasen, wie wir sehen werden, ihrem Verlauf nach gänzlich von derjenigen, welehe im Monaster- stadium von den Polen ausgeht, verschieden. In den Sperma- 24 Friedrich Meves: toeyten schliesslich schwindet, wie ich vorausschieken will, die Polstrahlung in den Anaphasen überhaupt vollständig, um in den Telophasen von neuem aufzutreten. Nach alledem muss ich auch für die Polstrahlung der Figg. 14, 17 annehmen, dass es sich hier gegenüber dem Stadium der Figg. 12, 13 um eine Neubildung handelt. Es fragt sich nun weiter, welches die Bedeutung dieser Strahlung ist. Durch Kontraction können ihre Fasern nicht wirken, weil sich Central- körper und Sphären mehr und mehr von der Zellperipherie ent- fernen. Wenn ihnen überhaupt eine Wirkung zugeschrieben werden soll, kann es meiner Ansicht nach nur eine stemmende sein, durch welche sie ‘die sich kontrahirenden Spindelfasern unterstützen. Striete Beweise für eine derartige Bedeutung, wie ich sie für die Polstrahlungen in den Telophasen der Sperma- tocyten in Händen habe, kann ich allerdings hier nicht bei- bringen. In den folgenden Stadien macht die Rekonstitution der Sphären weitere Fortschritte. Die Sphären bekommen ein kompakteres Aussehen und bilden die für den Ruhezustand charakteristische scharfe membranartige Begrenzung wieder aus (Figg. 15, 16). Die Gestalten der rekonstituirten Sphären und ihre Lage zu den Ringkernen habe ich bereits an anderer Stelle (29) aus- führlich beschrieben, sodass ich mich hier auf eine kurze Reka- pitulation des dort Gesagten beschränken kann. Die rekonstituirte Sphäre liegt auf der polaren Seite ent- weder ganz ausserhalb des Kernrings dem Innenraum desselben gegenüber oder vor dem Kernring so, dass sie mit einer Kuppe in diesen hineinragt. In demselben Lageverhältniss zum Ring- kern findet man aber auch die Sphären auf den aequatorialen Kernseiten zu beiden Seiten der neugebildeten Zellmembran. Ferner kommen häufig Fälle vor, wo die Hauptmasse der Sphäre entweder auf der polaren oder auch auf der aequatorialen (Fig. 16, obere Zelle) Kernseite liegt und in diese einen Fort- satz hineinsendet, der bezw. aequatorial- oder polwärts gerichtet ist. In noch andern Fällen, besonders bei grossem Kernloch, liegt die Sphäre ganz in diesem. Was die Entstehung der verschiedenen Gestalten und Lagever- hältnisse anlangt, so habe ich ebenfalls schon an früherer Stelle (29) Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 25 meine Ansicht dahin ausgesprochen, dass die in Form eines Theiles der Strahlungen ausgebreitete Sphärensubstanz, indem sie sich wieder ansammelt, sofort bei ihrer Vereinigung zu Gebilden konfluirt, welche in der beschriebenen Weise verschieden gestaltet sind. Als Bedingun- gen, unter welchen die eine oder die andere Gestalt und Lage der Sphäre zu Stande kommt, habe ich die geringere oder grössere Weite des Kernlochs, die Lage des Centralkörpers, die Gestalt und Ausdehnung der Strahlungen namhaft gemacht. Mit Bezug auf das Zustandekommen solcher Bilder, wo man runde Sphären auf den aequatorialen Kernseiten findet, nahm ich neben einer möglichen Drehung der gesammten Theilungsfigur, auf welche ich unten zurückkomme, damals an, dass ein Stadium vorausgeht, in welchem die Hauptmasse der Sphäre auf der aequatorialen Kernseite liegt und einen polwärts gerichteten Fortsatz in dieses sendet (Fig. 16, obere Zelle), und dass die Sphäre dann bei Abrundung zur Kugel, indem der Fortsatz zur Hauptmasse einbezogen wird, auf der aequa- torialen Kernseite oder am Gegenpolfeld zu liegen kommt. Die Annahme einer in dieser Weise erfolgenden Abrundung soleher Sphärenformen rechtfertigt sich dadurch, dass bei ruhenden Ringkernen, welche die Mitose längere Zeit überstanden haben, sodass ihre Zusammengehörigkeit mit einem anderen Kern nicht mehr zu er- kennen ist, die Sphäre in der überwiegenden Anzahl der Fälle in Kugelform vor dem Kernloch liegt. Ich habe nun seitdem mehrfach konstatiren können, dass eine kugelige Sphäre von Anfang an in aequatorialer Lagerung entstehen kann, indem nämlich das Microcentrum stärker aequa- torialwärts wandert als der Kern und auf diese Weise schliess- lich durch das Kernloch hindurch auf die aequatoriale Seite des letzteren gelangt (Fig. 14, Fig. 15, untere Zelle). Ein Fall einer solchen Durchwanderung ist in Fig. 14 abgebildet. Von besonderem Interesse wegen des Verhaltens der Sphären- substanz sind solche abnorm verlaufenden Fälle, in denen die Zelltheilung ausbleibt; eine Reihe derartiger Fälle sind in den Figg. 17—24 wiedergegeben. Fig. 17 zeigt eine solche Zelle noch im Stadium des Dipirems. Die Spindelpole und Kerne haben ihre stark periphere Stellung aufgegeben; die ganze Zelle hat sich wieder abgerundet. Die Oeffnungen der Ringkerne sind von den im Beginn der Rekonstitution stehenden Sphären ausgefüllt. Beide Sphären sind noch durch die bogenförmig verlaufenden Spindelfasern unter einander, durch die Polstrahlungen mit der Zellperipherie verbunden. 26 Friedrich Meves: Kommt es jetzt bald zu einer aequatorialen Trennung der Spindelfasern, mögen Bilder, wie in Fig. 18 entstehen; die Sphären bleiben, indem sie ihre scharfe Begrenzung wieder aus- bilden, an Ort nnd Stelle, d. h. in den Oeffnungen der Ringkerne, liegen. Gesetzt aber, dass die Spindelfasern sich nicht trennen, sondern sich stärker kontrahiren oder dass sie sich von vorn- herein stärker kontrahirt haben, so können die Tochtersphären aus dem Kernloch heraus dislocirt werden und auf den aequa- torialen Kernseiten neben einander zu liegen kommen (Fig. 19) In andern Fällen, in denen es nicht zu einer aequatorialen Zertrennung der Spindelfasern gekommen ist, sind die beiden Tochtersphären zu einer einheitlichen Masse mit einander ver- schmolzen. Man findet Bilder, wo die beiden Ringkerne auf einen von der Sphärensubstanz gebildeten Stab, wie zwei Räder auf ihre Axe, aufgesteckt sind (Figg. 20, 21). In Fig. 21 zeigt dieser Stab zwischen den beiden Kernen in der Mitte eine Anschwellung. In der Fig. 22 hat sich die Masse der Sphärensubstanz zu einem Oval abgerundet, während in Fig. 24 eine einzige grosse kugelige Sphäre zwischen den Kernen, an den Gegenpolseiten beider, liegt. Mit Bezug auf diese letzteren Fälle ist es sehr wahrscheinlich, dass die Sphäre nicht gleich von vornherein in ovaler oder Kugel- form, sondern zunächst in einer ähnlichen Gestalt wie in Fig. 20 oder 21 entstand und sich erst nachträglich abgerundet hat. In Fig. 23 ist die Oeffnung des obern Tochterkerns noch von Sphären- substanz erfüllt, während sie sich aus derjenigen des untern her- ausgezogen hat. ß) Abweichende Telophasen in einem Theil der grossen Spermatogonien und bes. solehen mittlerer Grösse. In einer Anzahl der Tochterzellen, besonders häufig in den- Jenigen der Spermatogonien mittlerer Grösse, wandern die Central- körper und Sphären nicht, wie in den bisher beschriebenen Fällen, in den Telophasen einfach aequatorialwärts, sondern es finden eigen- thümliche Verschiebungen derselben statt, welche von Drehungen der Tochterkerne begleitet werden (Figg. 25—29). Letztere Vor- gänge sind das am meisten in die Augen fallende; jedoch stelle ich die Centralkörperverschiebungen in den Vordergrund, einmal, weil sie die Drehungen der Tochterkerne meines Er- Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 27 achtens secundär im Gefolge haben, sodann, weil sie, wie ich glaube, als Uebergänge aufzufassen sind, welche von dem in den Telophasen der grossen Spermatogonien gewöhnlichen Verhalten des Microcentrums zu demjenigen überleiten, welches in den kleinen Spermatogonien und den Spermatocyten befolgt wird. Die Drehungen der Tochterringkerne fallen, wie gesagt, am meisten auf. Die Ebenen derselben liegen nach Ablauf der eigent- lichen Mitose zunächst parallel der neugebildeten Zellwand, be- ginnen dann aber bald mit letzterer einen Winkel zu bilden, welcher schliesslich bis zu 90° betragen kann (Figg. 25>—29). In (29) habe ich es sogar als möglich zugelassen, dass die Drehung noch weiter geht, so dass schliesslich die ursprünglich aequatoriale Kernseite zur Polseite wird. Im Verlaufe der Drehung findet häufig eine excentrische Verlagerung des Kernlochs statt (Figg. 27—29); diejenige Seite des Kernrings, welche sich der Theilungsebene nähert, wird mehr oder minder stark verschmälert; nicht selten wird sie zu einer dünnen Brücke ausgezerrt (Fig. 30), von der es nicht ausge- schlossen erscheint, dass sie zuweilen ganz durchreisst. In der Zellsubstanz vollziehen sich währenddessen folgende Vorgänge. Indem die Centralkörper, welche mit dem Zwischenkörper- chen noch durch Spindelfasern in Verbindung stehen, nach Ablauf der eigentlichen Mitose aequatorialwärts zurückweichen, bildet sich um sie eine starke Polstrahlung aus. Die Fasern dieser Strahlung ändern in der Folge ihr Insertionsfeld; sie setzen (Figg. 25, 26) näher der Theilungsebene, in Fig. 26 ganz an den linken Seiten der Zellen an; ausserdem fallen sie m diesen Stadien durch ihre bedeutende Länge auf. Es unterliegt nun für mich keinem Zweifel, dass die Aus- bildung dieser Strahlen die Centralkörperverschiebung und die Drehungen der Tochterkerne im Gefolge hat. Ueber ihre Wir- kungsweise vermag ich allerdings leider keine Auskunft zu geben, da meine Beobachtungen dieser Vorgänge noch zu unvollständig sind; jedoch muss ich die Annahme, dass die Strahlen sich kon- trahiren, sehr unwahrscheinlich finden, besonders auch mit Rück- sicht auf die Wahrnehmungen, die ich mit Bezug auf die Wirkungs- weise der Polstrahlungen in den Telophasen der Spermatocyten gemacht habe. 28 Friedrich Meves: Die Drehungen der Tochterkerne kommen meines Erachtens dadurch zu Stande, dass ein Druck auf die eine Seite des Kern- rings ausgeübt wird, in Folge dessen sich diese letztere der Theilungsebene nähert; die dabei so häufig stattfindende excen- trische Verlagerung des Kernlochs hat darin ihren Grund, dass die Masse des Kerns, indem sie der Bewegung Widerstand ent- gegensetzt, von den Strahlen gleichsam durchzogen wird. Endstadien derartiger Processe sind in den Figg. 27—29 dargestellt. Die Sphären, welehe durch Konfluenz der Sphären- substanz entstehen, können sehr verschieden gestaltet sein. In den Figg. 27, 28 werden die Oeffnungen der Ringkerne von un- gefähr kegelförmigen Gebilden ausgefüllt. In anderen Fällen (Fig. 29, linke Zelle; Fig. 30) sammelt sich die Sphärensubstanz so an, dass die eine zu einer dünnen Brücke verschmälerte Seite des Ringkerns ganz von ihr umlagert wird. Auf diese Weise entstehen Ringkerne mit Ringsphären }). rn) Kleine Spermatosonien. Die Anaphasen der kleinen Spermatogonien unterscheiden sich von denjenigen der grossen besonders dadurch, dass kein so starkes Wachsthum der Centralspindelfasern wie in diesen stattfin- det, und dass die Tochterkerne niemals Ring-, sondern stets Kugelform haben. In den Telophasen dieser Zellen finden Wanderungen der Centralkörper um die Tochterkerne bis in die Nähe der neu- 1) Es erhebt sich hier wohl die Frage, ob die von mir in meiner ersten Mittheilung (28) als Amitosen beschriebenen Kerneinschnürungen mit Ringform der Sphären etwa Seitenansichten derartiger Bilder, wie z. B. Fig. 30, sein könnten. Demgegenüber betone ich, dass es sich bei den Fällen, die meiner damaligen Beschreibung zu Grunde lagen, nicht um Ringkerne, sondern sicher um einfach hantelförmige Kerne handelt, deren Einschnürungsstelle von einem in sich zurücklaufenden Strang von Sphärensubstanz umgeben ist. Wie diese letzteren Bilder im Anschluss an eine Mitose entstanden sein könnten, vermag ich, wenigstens bisher, nicht abzusehen. Wenn ich dagegen weiter (in 29) gesagt habe, dass bei Ring- kernen auch Ringformen der Sphären vorkommen, die zu einer Amitose in Beziehung stehen, so bezog sich diese Angabe allerdings zum Theil auf Bilder, die auch in der eben hier beschriebenen Weise im Anschluss an eine Mitose entstanden sein können. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 29 gebildeten Zellwand statt. Bei den eben unter ß geschilderten Verschiebungen der Mierocentren, welche mit Drehungen der Toch- terkerne einhergehen, handelt es sich meiner Ansicht nach im Prin- eip um dieselben Vorgänge; jedoch ist in den klemen Spermatogo- nien ein ganz anderer Verlauf der Verschiebung dadurch möglich, dass die Centralkörper hier in Folge des Auftretens der Kermn- membran ihren Zusammenhang mit den Spindelfasern sehr bald vollständig verlieren; in Folge dessen braucht die Masse des Kerns bei der Centralkörperverschiebung nicht mitbewegt zu wer- den. Da die Centralkörper ferner nicht mehr im Bereich der Chromosomen, sondern ganz auf der polaren Seite des Kerns liegen, können die Radien der Polstrahlung in einer für die Be- wegung vortheilhafteren Weise angeordnet werden. Dieselben Vorgänge, wie in den kleinen Spermatogonien, spielen sich in den Spermatocyten ab, wo ich sie und ihre Me- chanik ausführlich beschreiben und illustriren werde. Die hier von den kleinen Spermatogonien zu gebende kurze Schilderung will ich sofort mit dem Stadium der Figur 36 be- ginnen, in welcher die Centralkörper dicht unter der Zellperi- pherie angetroffen werden, umgeben von einer starken Strahlung, welche nach allen Seiten schirmartig über den Kern herüberzieht. Dieser Strahlenschirm ist in der Fig. 36 in einem durch den Centralkörper gelegten optischen Querschnitt, in Fig. 37 in Flächenansicht dargestellt. Von dieser Strahlung umgeben verschieben sich dann die Centralkörper um den Kern herum, bis sie auf die Seite der neugebildeten Zellwand gelangen. Soviel ich feststellen kann, wandern sie zunächst in verschiedener Richtung vom Pol weg; denn nur ausnahmsweise trifft man in einem durch die Spindel- axe gelegten Schnitt beide Centralkörper an. Fig. 33 (obere Zelle) zeigt das Mierocentrum in einer Lage, welche zwischen der Anfangs- und Endlage ungefähr in der Mitte steht. In den ruhenden Tochterzellen findet man die Centralkörper zu Seiten der neugebildeten Zellwand, gewöhnlich an symmetrischen Stellen, neben dem Zwischenkörperchen und auf einer Linie mit diesem (Fig. 33). Von dem letzteren aus erstrecken sich die Stümpfe der Centralspindel in die Anhäufung von Zellsubstanz, in welcher die Centralkörper liegen, hinein. Scharf abgegrenzte Sphären wer- 30 Friedrich Meves: den, wie ich oben beschrieben habe, in diesen Zellen nach Ab- lauf der Mitose nieht gebildet. In andern Fällen liegen die Centralkörper nicht symme- trisch zu einander, sondern ihre Verbindungslinie bildet einen Winkel von e. 45° mit der neugebildeten Zellwand; das Miero- centrum der einen Zelle liegt dem Kern der andern Zelle gegen- über. Die Spindelstümpfe sind auch in diesen Fällen gewöhnlich auf die Micerocentren zu gerichtet. Solche dureh Centralspindelstümpfe vermittelte Verbindun- gen finden sich nun nicht nur zwischen je zwei Zellen, welche sich zuletzt mitotisch getheilt haben (Fig. 33), sondern die von einer ersten Theilung übrig gebliebenen Stümpfe können während einer und mehrerer folgenden Theilungen persistiren (Fig. 34, 35). Für diese Thatsache finden sich schon Belege bei Carnoy (10, Taf. V, Fig. 19%). Bolles Lee (5) hat dieselben neuer- dings ebenfalls in Spermatocyten von Helix beobachtet und ausser- dem gefunden, dass die restirenden Spindelstümpfe mit einander zu einem intercellularen Band „Zellkoppel* von (Zimmermann (50)) verschmelzen können. Etwas derartiges ist nun zwar bei meinem Object nicht zu beobachten; dagegen ist ein anderer Umstand sehr bemerkens- werth und für die Entstehung später zu beschreibender Verhält- nisse wichtig: dass nämlich, wenn in eine Zelle mehrere Central- spindelstümpfe hineinragen, gewöhnlich bestimmte Lagebeziehun- gen zwischen diesen und dem Mierocentrum vorhanden sind; sämmtliche Spindelstümpfe pflegen um das Mierocentrum grup- pirt zu sein und in die Anhäufung von Zellsubstanz, in welcher die Centralkörper liegen, sich hineinzuerstrecken. Zur Illustration des Gesagten mögen die Figg. 34, 35 dienen. In Fig. 34 ist eine Zellkette abgebildet, wie man sie auf dem Querschnitt durch eine Cyste an der Wand derselben finden kann. In den sämmtlichen Zellen liegen die Centralkörper auf denselben, gewöhnlich dem Cystenmittelpunkt zugekehrten Sei- ten der Kerne. In den Wänden, zwischen zwei benachbarten Zellen, findet sich auf der Verbindungslinie ihrer Mierocentren jedesmal ein Zwischenkörperchen oder sein unscheinbar gewor- denes Residuum; von diesem aus strahlen nach jeder Seite hin Fasern in die Anhäufung von Zellsubstanz hinein, in welcher die Centralkörper liegen. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 31 In einem Sehnitt, der parallel der Cystenwand (also in der Richtung des Pfeils in Fig. 34, senkrecht zur Ebene der Tafel) gelegt ist, kann man zuweilen konstatiren, dass derartige durch Centralspindelstümpfe vermittelte Zusammenhänge unter den Mi- erocentren der Zellen, welche der Cystenwand anliegen, nicht nur, wie Fig. 54 zeigt, in einer, sondern in mehreren Richtungen (Fig. 35) vorhanden sind. Ausserdem können die Zellen, welche der Cystenwand anliegen, ebenfalls durch Centralspindelstümpfe mit Zellen zusammenhängen, welche dem Centrum der Cyste näher liegen. Diese Verhältnisse haben sich offenbar folgendermaassen ent- wickelt. Wir gehen von einem Tochterzellenpaar (a und a,) aus und nehmen an, dass die eine der beiden Zellen (a,) von neuem in Theilung tritt. Sollen die Tochterzellen (b und 5,) mit der übrig bleibenden Zelle (a) in einer Reihe liegen, dann muss die Axe der neuen Theilung (von 5b und 5,) in Verlängerung der frü- hern Theilungsaxe (von a und a,) liegen. Indem nun die Central- körper in den Telophasen der Theilung von b und b, ihre Wan- derung antreten, auf welcher sie schliesslich an die Seite des Zwischenkörperchens und an Stellen gelangen, die symmetrisch zur neugebildeten Zellmembran liegen, entsteht ein Tochterzellen- paar, welches in Bezug auf die gegenseitige Lagerung zwischen Kernen, Microcentren und dem Zwischenkörper mit a und a, völlig übereinstimmt. Der Centralspindelstumpf der ersten Theilung (von a und a,) persistirt und ragt in die eine der neugebildeten Tochterzellen b hinein; und zwar ist er auf das Microcentrum von 5b zu gerichtet, was dadurch möglich ist, dass letzteres genau an derselben Stelle liegt, wo dasjenige von a, lag. Denken wir uns nun, dass die mittlere (b) der drei Zellen, deren Mierocentren und Kernmitten in einer Ebene (x) liegen, sich. so theilt, dass die Theilungsaxe senkrecht zu dieser Ebene (x) zu liegen kommt, und dass sich nach Ablauf der Mitose in den Tochterzellen dieselben Verhältnisse wie in db und 5, wieder aus- bilden, so sind jetzt auf das Mierocentrum der an Stelle von b liegenden Zelle drei Centralspindelstümpfe zu gerichtet. Diese Lagerungsverhältnisse zwischen den Mierocentren und Centralspindelstümpfen sind für die Entstehung der unten zu be- schreibenden Sphärenbrücken maassgebend. 32 Friedrich Meves: III. Die Wachsthumsperiode. Die Kernstructur der kleinen Spermatogonien besteht aus groben rundlichen oder eckigen Chromatinklumpen und einem Lininfadenwerk. Beim Uebergang in das Ruhestadium beginnen nun die Chromatinklumpen ein zackiges Aussehen anzunehmen, augenscheinlich, indem die von ihnen abgehenden Lininstränge sich mit Chromatin beladen. Es erscheint ein ausserordentlich dichtes Chromatingerüst, das sich aus unregelmässig geformten Knoten und dünnern Bälkchen zusammensetzt (Fig. 40—43). Derartige Bilder treten in der Entwicklung der Samenzellen zum ersten Male auf; in ihnen haben wir die Ruhestadien der Sperma- tocyten vor uns. Gleichzeitig gehen im Zellleib in der Umgebung der Cen- tralkörper bemerkenswerthe Aenderungen vor sich. In den kleinen Spermatogonien des Sommers ist eine abgegrenzte Sphäre nieht vorhanden ; die Centralkörper lagen in einer dichtern Anhäufung neben dem Kern. Beim Uebergang in die Wachsthumsperiode sammelt sich nun in der Umgebung des Mierocentrums mehr und mehr „speeifische“ Substanz an, welche sich schliesslich zu einer gegen die umgebende Zellsubstanz scharf abgesetzten Sphäre konsolidirt (Fig. 40, 41). Die Sphären in den Zellen der Wachsthumsperiode haben gewöhnlich eine kreisförmige oder ovale, seltener eine mehr läng- liche Gestalt. An manchen von ihnen ist, von den Centralkörpern abge- sehen, von Differenzirungen im Innern nichts wahrzunehmen ; sie erscheinen vielmehr durch und durch homogen. So fand sie Rawitz (44) stets bei Anwendung einer von ihm angegebenen besondern Färbungsmethode (Fixirung mit Flemming ’schem Gemisch, Tinktion mit Safranin nach Vorbehandlung der Schnitte mit Tannin-Breehweinstein). Ich vermag dagegen an vielen Sphären (Fig. 40, 41) deutlich zu unterscheiden : 1. eine äusserste membranartige Umhüllungsschicht; 2. eine nach innen folgende gewöhnlich helle „Aussenzone*; 3. eine innerste die Centralkörper direkt umgebende Zone („Innenzone*). Was zunächst die Umhüllungsschicht anlangt, so ist sie von bedeutender Dieke; ihr Durchmesser beträgt zuweilen bei- nahe ein Viertel des Sphärenradius. Nicht dieker ist die nach Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 33 innen folgende Zone, welche, wie ich denke, der „Aussenzone“ der Spermatogoniensphären an die Seite zu setzen ist. Die Innenzone, deren Durchmesser ungefähr dem halben Sphärendurehmesser gleichkommt, hebt sich entweder durch stärkere Färbung als dunkleres Scheibehen gegen die umgebende Rindenzone ab oder aber sie kann, wenn eine Färbungsdifferenz nicht vorhanden ist, durch eine Contourline von dieser abge- grenzt sein. Wiederholt, wie z. B. auch in dem in Fig. 41 abgebildeten Fall, vermochte ich zu konstatiren, dass Innenzone und Umhül- lungsschicht dureh Bälkchen, welche von der Innenzone in ra- diärer Richtung ausgehend die Aussenzone durchsetzen, mit ein- ander in Verbindung stehen können. Andere Sphären lassen zwar eine Umhüllungsmembran, aber nicht zwei differente Zonen im Innern erkennen. Letzteres sieht entweder gleichmässig aus oder besteht aus einer hellen Sub- stanz, die von dunklern Körnern durchsetzt wird. Diese verschiedenen Bilder vom Sphäreninnern sind meines Erachtens nur zum geringsten Theil auf Fixirungs- und Färbungs- differenzen zurückzuführen; sie repräsentiren vielmehr wahrschein- lich verschiedene physiologische Zustände der Sphären. Was die Centralkörper anlangt, so werden diese in weit mehr als der Hälfte doppelt angetroffen (Fig. 40—47); sie sind es höchstwahrscheinlich in allen Fällen. Rawitz, welcher (44) angiebt, dass das Centrosoma konstant nur in der Einzahl vor- handen sei, hat offenbar mit Hilfe der von ihm benutzten Fär- bungsmethode Verklumpungen der beiden Centralkörper zu einer einheitlichen Masse erhalten. Von dem Vorhandensein einer Substanzbrücke zwischen den beiden Üentralkörpern (primären Centrodesmose, M. Heiden- hain) habe ich mich im den Zellen des Salamanderhodens bis- her ebenso wenig wie in denjenigen des Sesambeins des Frosches (31) überzeugen können, ohne deswegen ihr Vorkommen bei Leuco- cyten und andern Zellen bestreiten zu wollen. Die Zeilsubstanz zeigt in diesen Zellen niemals, wie so häufig in den grossen Spermatogonien, eine radiäre, sondern eher eine konzentrische Anordnung zur Sphäre (Rawitz); in manchen Präparaten finde ich, dass das Fadenwerk, wie Rawitz be- schreibt, in der Nachbarschaft der Sphäre diehter angehäuft ist. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 3 34 Friedrich Meves: In einigen Fällen zeigt sich die Sphäre von eigenthümlichen Gebilden durchsetzt, welche sich nach Fixirung mit Osmiumge- mischen bei Anwendung der Eisenhämatoxylinmethode intensiv schwarz färben. Es finden sich neben den Centralkörpern um diese herum Stäbe oder Fäden in verschiedener Anzahl und regellos vertheilt (Figg. 42, 45, 46, 47). Häufig sind sie zu lang, als dass sie ganz innerhalb der Sphäre Platz hätten; sie ragen dann mit einem oder auch beiden Enden aus dieser heraus. Zu- weilen liegen sie auch ganz ausserhalb derselben, aber dann stets in der unmittelbarsten Nachbarschaft an ihrer Peripherie. Mit Rücksicht auf die Deutung dieser Fäden wäre zunächst im Hinblick auf ihr immerhin nur vereinzeltes Vorkommen zu erwägen, ob es sich nicht vielleicht um cellulare Einschlüsse handelt, die zufällig in der Sphäre Platz gefunden haben. Da- gegen spricht aber, dass diese Gebilde niemals auch nur in einiger Entfernung von der Sphäre in der Zellsubstanz anzutreffen sind. Sie müssen also doch wohl als etwas zur Sphäre zugehöriges angesehen werden. Möglicherweise sind die hier beschriebenen Stäbe analoge Bildungen, wie die bei Helix von Platner (37), Prenant (38) und Hermann (24) beobachteten Nebenkernstäbe und die von dem letzteren Autor bei Proteus gefundenen Archoplasmaschleifen. Allerdings sind die Stabgebilde in den Spermatocyten des Sala- manders von denjenigen bei Helix und Proteus dadurch unter- schieden, dass die letzteren in jeder Zelle untereinander gleich gross sind, konstant und stets im derselben oder annähernd glei- chen Anzahl auftreten. Wenn es jedoch richtig ist, dass die Nebenkernstäbe bez. Archoplasmaschleifen als rudimentäre Bildungen (rudimentäre Chromosomen, R. Hertwig (26), M. Heidenhain (21)) auf- zufassen sind, so würde sich dadurch die Inkonstanz ihres Vor- kommens und die Unregelmässigkeit hinsichtlich ihrer Grösse und Zahl beim Salamander zur Genüge erklären. Bereits an anderer Stelle (30, pag. 174) habe ich kurz mitgetheilt, dass die Sphären der Spermatocyten häufig durch deutliche Brücken mit einander in Zusammenhang stehen. Und zwar beobachtet man, wie ich beschrieben habe, nicht nur Ver- bindungen zwischen den Sphären zweier neben einander liegender Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen etc. 35 Zellen, sondern man kann vielfach wahrnehmen, dass die Attractions- sphäre einer Zelle mit denjenigen von zwei (Fig. 40) oder drei angrenzenden Zellen verknüpft ist; jede dieser letzteren Sphären kann ihrerseits wieder durch Stränge in direktem Konnex mit den Sphären von ein oder zwei Nachbarzellen stehen. Diese Beobachtungen sind von Rawitz (44) bestätigt, eine Erklärung für das Zustandekommen der Sphärenbrücken ist von ihm jedoch nicht gegeben worden. Ich selbst suchte mir in meiner frühern Arbeit (30) zunächst die Entstehung eines Zusammenhanges zwischen zwei Sphären dadurch zu erklären, dass ich annahm, dass die Sphären mit den persistirenden Spindelresten verschmelzen. Diese Annahme war, wie der Leser sehen wird, richtig, wenn auch der Modus, wie ich mir damals die Vereinigung von Sphäre und Spindelrest dachte, sich mir als irrthümlich herausgestellt hat. Die Entstehung dieser Brücken datirt sich in letzter Linie auf die Theilungen der Vermehrungsperiode zurück. In den kleinen Spermatogonien stellen sich im Lauf der aufeinander folgenden Mitosen Verbindungen der Zellen untereinander durch Centralspindelstümpfe her, wie es die Figg. 33—35 zeigen. Die Spindelstümpfe ragen in die diehtere Substanzanhäufung hinein, in welcher die Microcentren liegen; wie dieses Lagever- hältniss zu Stande kommt, habe ich oben geschildert. Beim Eintritt in die Wachsthumsperiode findet nun eine Konsolidirung der Sphären statt, wie ich weiterhin pag. 32 beschrieben habe. Indem an dieser Konsolidirung auch die Centralspindelstümpfe theil nehmen, kommt es zur Bildung der Sphärenbrücken. Noch in den Zellen der Wachsthumsperiode kann man da, wo die Verbindungsbrücke zweier benachbarter Zellen die Membran zwischen ihnen durchsetzt, zuweilen bei Anwendung der Eisen-Hämatoxylinmethode ein oder mehrere schwarz gefärbte Körnchen (vgl. z. B. Fig. 44) antreffen, welche Residuen des Zwischenkörpers darstellen ; meistens ist allerdings an dieser Stelle nichts besonderes wahrzunehmen. Bei meiner erstmaligen Beschreibung hielt ich es für möglich, dass meine Befunde über Sphärenbrücken Analoga hätten in Beobach- tungen, die Platner (36) bei gewissen Lepidopteren (Pygaera buce- phala) und bei Helix, Prenant (38) bei diesem letzteren Thier und bei Arion gemacht haben. Beobachtungen von Zimmermann (50), die ebenfalls bei Helix erhoben wurden, waren mir damals noch nicht bekannt. 36 Friedrich Meves: Es handelt sich nämlich bei den Befunden Platner’s und Prenant’s um einen homogen aussehenden Körper, der mit dem gleichen Element der Nachbarzellen in direeter Verbindung steht. Beide Autoren sahen Zellen, welche mit drei benachbarten in dieser Weise zusammenhingen. Nach Zimmermann können sogar alle Zellen einer Spermatogemme durch einen protoplasmatischen Strang („Zellkoppel“) vereinigt sein. Während nun Platner nicht geneigt war, den Körper als Nebenkern zu deuten, war Prenant der Ansicht, dass es sich doch wohl um einen solchen handele. Zimmermann sprach sich über die Natur der von ihm sog. Zellkoppel nicht aus. Die Entstehung dieser Zellverbindungen bei Helix ist nun neuer- dings von Bolles Lee (5) untersucht worden. Nach ihm gehen sie aus der regressiven Metamorphose des zwischen den Tochterkernen befindlichen Theiles der Centralspindelfasern hervor. Die Reste der eingeschnürten Spindel, welche vom Zwischenkörper aus in die Leiber der Tochterzellen hineinragen, persistiren und formen sich in dichte, homogen aussehende Körper um, welche die Tochterzellen miteinander vereinigen. Diese Körper sind, wie Bolles Lee in Bestätigung von Plat- ner’s Angaben gegenüber Prenant hervorhebt, zur Seite des Neben- kerns in den Zellen vorhanden und haben also mit diesem oder einer Sphäre nichts zu thun. Die mehrfachen Verbindungen von Zellen untereinander werden durch Ketten von derartigen Spindelstümpfen hergestellt, welche in folgender Weise miteinander in Zusammenhang treten: Von zwei durch ein Band miteinander vereinigten Tochterzellen a und a, tritt die eine a, von neuem in Mitose; die Tochterzellen von a, seien b und d,. Von den Spindelstümpfen der ersten Theilung (von a und a,) ragt der eine in die nicht getheilte Zelle a; der andere er- hält sich während der Theilung der Zelle a, (in b und 5,). Wenn nun diese Theilung im rechten Winkel zu der ersten vor sich geht, wird der in die sich theilende Zelle hineinragende Spindelstumpf in Folge der Einschnürung des Zellleibes gegen die Axe der achromatischen Figur gezogen. Dort kann er sich mit der neuen Spindel begegnen und mit ihr verschmelzen. Auf diese Weise kann es zur Entstehung eines „zusammengesetzten Spindelrestes“ kommen. Nach Rückkehr der Zellen zum Ruhestand hängt die Zelle a durch eine Brücke von Spindelsubstanz durch b mit db, (bez. durch b, mit b) zusammen. Es handelt sich also nach der Beschreibung von Bolles Lee bei den Verbindungsbrücken der Spermatocyten von Helix um etwas ganz anderes als bei meinem Öbjeet. Bei Helix treten die Spindel- stümpfe direct miteinander in Zusammenhang, während sie es in den Spermatocyten des Salamanders durch Vermittelung der Sphären thun; beim Salamander existiren „Sphärenbrücken“, für deren Genese die oben pag. 29—31 beschriebenen Verhältnisse maassgebend sind. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 37 Dass aber diese Sphärenbrücken in ihrem Vorkommen nicht allein auf die Spermatocyten des Salamanders beschränkt sind, habe ieh bereits selbst feststellen können, indem es mir gelang, sie auch im Ovarium von Salamanderlarven bei den Ureiern auf- zufinden (Fig. 39). Auch hat Henneguy (23) ganz neuerdings in seinen ausge- zeichneten Lecons sur la cellule eine Abbildung (Fig. 286) gegeben, nach welcher mir in den Spermatocyten von Caleoptenus italicus Aehn- liches vorzukommen scheint. Henneguy gibt allerdings seinen Beobachtungen eine gleiche, wenn auch nicht so ins einzelne gehende Auslegung, wie sie Bolles Lee für die „Zellkoppel“ bei Helix gibt. e IV. Die Reifungsperiode. 1. Die erste heterotypisch verlaufende Reifungstheilung. Nach Ablauf der Wachsthumsperiode beginnt die Zelle in die erste Reifungstheilung einzutreten. Das Chromatingerüst des Kerns gewinnt mehr und mehr ein gleichmässiges Aussehen, in- dem die Knoten verschwinden und der Umfang der Chromatin- balken sich ausgleicht. Schliesslich haben wir einen ausser- ordentlich engen feinfädigen Knäuel und damit das erste Stadium der ersten Reifungstheilung vor uns (Fig. 44). In der Kernstructur liegen Nucleolen, welche aber in der Regel nicht sichtbar sind, da sie durch das Chromatingerüst ver- deckt werden. Jedoch entstehen häufig bei Anwendung der ver- schiedensten Fixirungen um sie herum Hohlräume, welche schon bei schwachen Vergrösserungen als helle Flecke auffallen. Bei genauem Zusehen erkennt man dann in der Mitte dieser Hohl- räume oder ihrer Wand irgendwo anliegend, die kleinen Nucleolen. Diese engen feinfädigen Knäuel lockern sich nun immer mehr auf, bis aus ihnen schliesslich die zuerst von Flemming (13) beschriebenen diekfädigen Knäuel (Figg. 45, 47—49) hervor- gehen, die (Flemming) aus „dicken Strängen bestehen, welche in ziemlich gleichen Abständen und im ganzen in leicht gewun- dener Form angeordnet sind“. Von besonderem Interesse sind die Form- und Lagever- änderungen, welche die Sphären erleiden, während sich die eben beschriebenen Umänderungen des Chromatingerüstes vollziehen. Gewöhnlich im Stadium des Ueberganges vom engen zum loekern Knäuel, häufig jedoch schon früher, beginnen sie unregel- 38 Friedrich Meves: mässig gelappte Formen anzunehmen. Sie bestehen jetzt meist aus einer eentralen helleren Parthie, in weleher die Centralkörper gelegen sind, und einer dunklern Randzone (Figg. 43). Weiterhin scheint nun der Durchmesser der Sphären zu wachsen, ihre Substanz sich aufzulockern. Sie gehen dann in verschiedene Bestandtheile gleichsam auseinander, indem sie, bez. ihre dunklen Randzonen, in eine Anzahl verschieden grosser homogen aussehender Brocken zerfallen, die jedoch z. T. durch Stränge von derselben Substanz mit einander in Zusammenhang bleiben (Figg. 44—47). Indem die Sphären die geschilderten Veränderungen er- leiden, zeigt ihre Substanz zugleich das Bestreben, sich an den Kern anzulegen und sich an diesem mehr und mehr abzuplatten (Figg. 47, 48, 49); jedoch wird sie an der Ausführung anschei- nend vielfach eine Zeitlang durch die oben beschriebenen Ver- bindungen (Sphärenbrücken) gehindert. In dem Stadium des lockern Knäuels finden sich jedoch Centralkörper und Sphärensubstanz regelmässig in einer so starken Anlagerung an den Kern, dass es schwierig ist, sie über- haupt noch nachzuweisen. Um sie dennoch aufzufinden, sucht man sich am besten solche Kerne auf, welche so liegen (Fig. 49), dass sie eine deutliche Polfeldanordnung der Chromatinfäden zeigen. An der Stelle des Polfeldes findet man dann meistens ganz in der Nähe des Kerns die Centralkörper und ausserdem ein schmales der Kernmembran dicht angeschmiegtes Band oder eine Reihe Brocken von Sphärensubstanz. | Die Zellsubstanz zeigt in diesem Stadium die bereits von Flemming beschriebene deutliche eoncentrische Anordnung um den Kern. Wir begleiten jetzt die Spermatocyte weiter auf ihrem Weg durch die erste Reifungstheilung. Was das Verhalten des Chromatins bei der heterotypischen Mitose betrifft, so ist dasselbe von Flemming (13) so eingehend untersucht worden, dass ich mich hier auf eine kurze Rekapi- tulation der Flemming’schen Beschreibung beschränken kann. Ich verweile länger nur bei Punkten, wo ich einiges neue mit- zutheilen habe, z. B. bei der Art der Anheftung der Chromosomen Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 39 an die Spindel. Lage- und Formveränderungen des Kerns, die im 3eginn der heterotypischen Theilung zu beobachten sind, bespreche ich weiter unten zusammen mit der achromatischen Figur. In einem Stadium, das sich an die Fig. 49 anschliesst, glätten sich die rauhen Stränge des Knäuels aus; zugleich wird die Längsspaltung der Fäden zuerst sichtbar (Fig. 50). Weiterhin wird im Gegensatz zur gewöhnlichen Mitose auch die völlige Längstrennung der Spalthälften sehr bald vollzogen. In einem folgenden Stadium, bis zu welchem eine Verkürzung und Verdiekung der Fäden eingetreten ist, vermag man zuerst deutlich zu konstatiren, dass getrennte Segmente vorhanden sind. Und zwar gehen nicht wie bei den Theilungen der Spermato- gonien 24, sondern nur 12 Fadenabschnitte aus dem Chromatin- gerüst der Spermatocyte hervor. Auffallend ist mir dabei ein von Flemming hier noch nicht notirter Umstand, nämlich, dass die Chromatinelemente recht häufig von ganz verschiedener Grösse sind, so, dass von den Segmenten einer Mitose das eine nur ein halb oder ein drittel so gross ist wie ein anderes. Ganz deutlich wird diese Grössenverschiedenheit erst im Stadium der Tonne, (Figg. 56, 57), wenn die chromatischen Elemente an die Spindel herangezogen sind. In der Regel besitzen die Chromatindoppelsegmente keine freien Enden, sondern haben vielmehr die Form von Reifen, mag dies nun daher kommen (Flemming), dass sie sich bei der Längsspaltung an diesen Stellen gleich nicht völlig von einander getrennt haben oder dass die zunächst getrennten Enden nach- träglich wieder verklebt sind. In einem nächsten Stadium tritt Schwund der Kernmembran ein. Die Chromatinelemente sammeln sich zunächst an der Stelle des Gegenpolfeldes an; weiterhin werden sie über die seitlich entstandene Centralspindel herübergezogen. Noch im Beginn dieses letzteren Processes (Fig. 55) konstatire ich häufig das Vor- handensein von Lininbrücken zwischen den chromatischen Ele- menten, wie sie auch Reinke(46) bei Gewebszellen in den Stadien zwischen Knäuel nnd Metakinese beobachtet hat und denen er für die Mechanik der Mitose Wichtigkeit zuschreibt. Allmählich werden nun die chromatischen Schlingen den Reifen der Spindel „entsprechend gerichtet, sodass ein chroma- tischer Fadenzug an einer achromatischen Faser entlang zu liegen 40 Friedrich Meves: kommt. Schliesslich erhält die chromatische Figur die Form einer Tonne, deren Längsreifen von den chromatischen Strängen gebildet werden‘. Dabei wird jeder Reif so über die Spindel geschlungen, dass je ein Secundärfaden auf eine Polseite gezogen wird, also die Mitte jedes derselben zu der Stelle der polaren Umkniekung wird, die Verbindungsstelle der Fadenenden aber in den Aequator zu liegen kommt. Ueber die Art, wie die Anheftung der Chromosomen an die Spindel im einzelnen vor sich geht, macht Flemming keine genaueren Angaben. In Bezug auf diesen Punkt haben Bret- land Farmer und Moore (9) neuerdings von Lilien und Triton Beobachtungen mitgetheilt. Jedoch weichen die Bilder, welche die englischen Autoren hier erhalten haben, von dem, was ich gleich unten beim Sala- mander beschreiben werde, einigermaassen ab. Nach Bretland Farmer undMoore biegt sich der chroma- tische Reif zunächst in der Mitte durch, sodass seine beiden Enden einander genähert werden und nimmt dann eine solche Lage zur Spindel ein, dass die beiden genäherten Enden nach aussen zeigen, während die Mitte der Spindel anliegt. Die Schwesterfäden sind zunächst noch nicht separirt; bei den Lilien ist die Aneinanderlagerung sogar so eng, dass der Spalt zwischen den Schwesterfäden keineswegs leicht zu entdecken ist. Die Trennung derselben erfolgt erst in einem nächsten Stadium, in welchem sie nach den Polen hin auseinandergezogen werden. Dabei wird das Lumen des Reifens allmählich eröffnet in der Weise, dass zunächst noch zwei abstehende Fortsätze jederseits zurückbleiben, welche nach den eng- lischen Autoren die von Flemming beschriebenen, aber nicht er- klärten aequatorialen Anschwellungen repräsentiren. Nachdem die Chromosomen weiter in der Richtung der Spindelaxe auseinander ge- zogen sind, trennen sich schliesslich die Tochterelemente durch einen an diesen Stellen auftretenden Querspalt. Die abweichenden Bilder, welche man beim Salamander beobachtet, erklären sich daraus, dass hier nicht nur die Längs- spaltung, sondern auch (ef. Flemming) eine völlige Längstrennung der Schwesterfäden bereits sehr früh, im Knäuelstadium, vollzogen wird. In Folge dessen werden beim Salamander die Mitten der Secundärfäden nicht erst, wie bei Lilien und Triton und wie die Schleifenwinkel bei der gewöhnlichen Mitose, an der Spindelmitte Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 41 zusammen eingestellt, sondern sie können (und thun dies auch wirklich), sobald sich eine Zugwirkung an ihnen geltend macht, von Anfang an jede ihren eigenen Weg polwärts verfolgen; die übrigen Theile der Reifen folgen dabei zunächst nur insoweit, als es ihr Zusammenhang mit dem Angriffspunkt nothwendig macht (Fig. 55). Die Chromatinschlingen erleiden also bei ihrer Anheftung an die Spindel Umformungen (Fig. 55), welche einen Schluss über ihre Konsistenz erlauben: sie müssen aus einer in sich sehr nachgiebigen Masse bestehen, weil sie sonst, wenn an einem Punkt ein Zug ansetzt, nicht sofort ihre Gestalt ändern, sondern vielmehr zunächst, ohne sich umzuformen, folgen würden. Die Umformungen selbst fallen je nach der Lage der Chro- matinreifen zur Spindelaxe verschieden aus; sämtliche Lagemög- lichkeiten lassen sich auf drei typische Fälle zurückführen. Als ersten Fall bespreche ich denjenigen, dass die Chromo- somen in einer Ebene senkrecht zur Axe der jungen Spindel und paratangential zu ihr liegen. In diesem Fall werden die Chro- matinschlingen sehr rasch so umgeformt, dass die Strecken zwischen den Angriffspunkten der Zugfasern die Gestalt je eines Bogens annehmen, dessen Concavität der Spindel‘ zugekehrt ist. Die Mitten der beiden Bögen, welche zunächst noch von einander entfernt sind, nähern sich immer mehr, bis sie schliesslich an einander zu liegen kommen. Man kann eine Vorstellung über die Art und Weise, wie diese Umformung vor sich geht, am leichtesten bekommen, wenn man eine lockere Fadenschlinge so vor sich hin legt, dass das Lumen einen schmalen Spalt bildet, dann die Mitten der Längs- seiten fasst und sie senkrecht zur Spaltriehtung nach rechts uud links oben auseinanderzieht. Liegt dagegen die Längsaxe des Chromatinreifens in einer durch die Spindelaxe gelegten Ebene und parallel dieser Axe, so entstehen in der Seitenansicht Figuren, wie man sie er- hält, wenn man in einem % die gleichgerichteten Schenkel mit einander verbindet; dieselben Bilder kommen zu Stande, wenn man eine Fadenschlinge vor sich von rechts nach links auf den Tisch legt, die Mitten fasst und nach rechts und links vorn aus- einanderzieht. Der dritte typische Fall ist derjenige, dass der chromatische 42 Friedrich Meves: Reif senkrecht zur Spindelaxe und in derselben Ebene wie diese liegt; dann wird das der Spindelaxe zunächst ‚liegende Stück des Chromosoms von der Spindelaxe ab umgeklappt;- weiterhin ist der Verlauf ähnlich wie in dem zuerst beschriebenen Fall. Nicht immer greifen die Zugfasern, wie ich es bei der obigen Beschreibung angenommen habe, an den Mitten der Seeundärfäden, sondern häufig an Punkten seitlich der Mitte an (vergl. auch Bretland Farmer und Moore). In diesem Fall werden die kürzern Strecken zwischen den Angriffspunkten der Zugfasern zuerst angespannt. Im Stadium der Tonnenform sind von Flemming (13) „äquatoriale Anschwellungen“ beschrieben worden ; sie stellen nach ihm theils einfache Verdiekungen der Chromatinreifen dar, theils sind es je zwei Knöpfchen, die nach entgegengesetzten Seiten des Fadens vorragen. Im letzteren Fall erscheint manchmal in der Mitte eine helle Stelle. Die von Bretland Farmer und Moore für die Ent- stehung dieser Anschwellungen gegebene Erklärung habe ich oben referirt. Danach wird, nach der Einstellung des Chromatinreifens, dessen Spalthälften zunächst dicht an einander liegen, das Lumen desselben von der Mitte nach den Enden zu allmählich eröffnet; die abstehenden Elügel, die dabei zunächst noch zurückbleiben, sollen eben die von Flemming beschriebenen äquatorialen Anschwel- lungen darstellen. . Bei der heterotypischen Theilung im Salamanderhoden erfolgt nun aber der Regel nach sehr früh gänzliche Längstrennung der Spalthälften. Nur ausnahmsweise bleiben die Enden der Schwesterfäden auf ein grösseres Stück seitlich verschmolzen; dann kommen (Fig. 57, links) die von den englischen Autoren beschriebenen abstehenden Flügel zu Stande. Die äquatorialen Anschwellungen, wie sie Flemming be- schrieben hat, entstehen aber meines Erachtens in etwas anderer Weise, dadurch, dass erst in Stadien, wie Fig. 55, wenn die Mitten der Fäden bereits polwärts gewandert sind, die bis dahin noch nicht fest verbundenen Fadenenden seitlich mit einander konglutiniren. Nachdem die ehromatischen Reifen sich zur Tonnenform Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 43 angeordnet haben, findet in den folgenden Stadien die Trennung derselben im Aequator statt; sie verdünnen sich zunächst in der Mitte und reissen schliesslich ganz durch. In dem folgenden Dyasterstadium tritt dann die von Flem- ming beschriebene Längsspaltung auf (an meinen Figg. 58, 59 zu konstatiren), welche als Vorbereitung für die zweite Reifungs- theilung aufzufassen ist. Letztere erfolgt jedoch nieht unmittelbar; sondern die Kerne treten zunächst in eim Dispiremstadium ein, in welchem ihre Chromatinfäden das dieser Phase entsprechende rauhe Aussehen wieder annehmen. Die im Dyaster aufgetretene Längsspaltung der Fäden wird dabei wieder völlig undeutlich. Nachdem wir das Chromatin in seinem Verhalten durch die erste Reifungstheilung verfolgt haben, wenden wir uns nun- mehr den Centralkörpern und der Sphäre zu, welche wir in dem Stadium der Fig. 49 verlassen haben. In einem folgenden Stadium (Fig. 50), während dessen die Chromatinfäden des Kerns ihr rauhes Aussehen verlieren, beginnt um die Oentralkörper eine Strahlung aufzutreten, deren Radien immer mehr an Länge und Deutlichkeit zunehmen. Offenbar in Folge des Auftretens dieser Strahlung werden die Centralkörper verlagert; sie bestreben sich eine mehr centrale Lage in der Zelle einzunehmen, wobei der Kern, welcher in Fig. 49 die Mitte der Zelle einnahm, peripherwärts verdrängt wird. Die in einem frühern Stadium dem Kern dieht angelagerte Sphärensubstanz bildet, wenn die Strahlung zunächst auftritt, ge- wöhnlieh einen mützenförmigen Aufsatz auf den Kern. Wenn die von den Centralkörpern ausgehenden Radien länger werden, liegen Brocken von Sphärensubstanz regellos vertheilt zwischen diesen. Oder aber sie sind auf einen kegelförmigen Raum be- schränkt, der sich an die Centralkörper anschliesst ; andere Male wird nur die Basis eines derartigen Raumes von der Sphärensubstanz (Fig. 51) emgenommen. Ueberblickt man die Veränderungen, welche die Sphäre der Wachsthumsperiode im Beginn der ersten Reifungstheilung erleidet, so handelt es sich hier der Hauptsache nach augen- scheinlich um einen Zerfall, weleher aber der von mir in den grossen Spermatogonien beobachteten Sphärenfragmentation schon 44 Friedrich Meves: deshalb nicht parallel gesetzt werden darf!), weil diese letztere zu einer Mitose in gar keiner Beziehung steht. Die pag. 37, 38 geschilderten Vorgänge, welche sich an der Sphäre der Sperma- tocyten abspielen, bezwecken meines Erachtens hauptsächlich, die Centralkörper beim Eintritt der Mitose von der umgebenden Sphärensubstanz zu befreien, damit sie in direete Verbindung mit den Fäden der Zellsubstanz treten können. Wie ich hier vorausschicken will, sind bis in das Stadium der Fig. 54 und auch noch über dieses hinaus die aus der Sphäre hervor- gegangenen Brocken leicht nachweisbar; was nach Ablauf der Pro- phasen aus ihnen wird, ob sie vollständig zerfallen oder in unterscheid- barer Form persistiren, weiss ich einstweilen nicht; ich möchte es jedoch für möglich halten. dass die zuerst von Flemming beschriebenen Körper, welche in den Anaphasen zwischen den Spindelfasern sichtbar sind?) („Centralspindelkörperchen“ v. Kostanecki’s) (27), wenigstens theilweise Brocken von Sphärensubstanz darstellen; theilweise mögen es, wie Moore (34) meint, Chromatinüberbleibsel (debris of the nuclear chromatin) sein, die nicht am Aufbau der Chromosomen theil genommen haben. Die Centralkörper beginnen bald nach dem Auftreten der Strahlung sich von einander zu entfernen. In Fig. 52 haben sie den Abstand, welchen sie während der Zellenruhe einhalten, bereits überschritten. In diesem Stadium gelang es mir zuerst, eine Verbindung in Gestalt feiner Fädchen, welche die junge Centralspindel repräsentiren, zwischen ihnen wahrzu- nehmen. Die Figg. 51, 53, 54 zeigen die Centralkörper bereits deutlich von einander entfernt. Anfangs, wenn die Strahlung um die Centralkörper eben erst aufgetreten ist, bildet ihre Verbindungslinie häufig mit der Kernmembran einen Winkel, welcher sogar zunächst noch bis zu 90%, betragen kann (Fig. 50); im weitern Verlauf der Mitose pflegt sich aber dieses Verhältniss sehr bald zu ändern. In den spätern Stadien liegen die Centralkörper regelmässig beide der Membran des Kerns unmittelbar an. Während die geschilderten Veränderungen in der Zell- substanz vor sich gehen, hat sich der Kern mehr und mehr aus seiner centralen Lage fort an die Peripherie der Zelle be- 1) Vergl. dagegen die Beobachtungen über das Auftreten von Körnermassen bei der Mitose der grossen Spermatogonien 30 pag. 161. 2) In den Spermatocyten finde ich derartige Körper im Stadium - der Tonnenform an der Peripherie der Spindel (Fig. 57). j 8 Ueber die Entwieklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 45 geben. Zunächst behält er noch seine runde Form bei; bald aber wird er in der Riehtung der frühern Zellenaxe zusammengedrückt, sodass er in der Seitenansicht oval erscheint (Fig. 52). Schliess- lich hat er sich vielfach mit einem grossen Theil seines Um- fangs der Zellperipherie angepasst; diejenige Seite aber, auf weleher die Centralkörper liegen, ist häufig entweder ganz ab- geplattet oder zeigt sogar in der Mitte eine deutliche Einbuch- tung (Fig. 53, 54). Sämmtliche eben geschilderten Verlagerungen von Miero- centrum und Kern bin ich geneigt, auf eine Propulsion der Strahlen, die von den Centralkörpern ausgehen, zurückzuführen. Die Lage, welche die Sphärensubstanz in den Figg. 50—54 einnimmt, erkläre ich mir daraus, dass sie, während Central- körper und Kern verschoben werden, mehr oder weniger an Ort und Stelle liegen bleibt. M. Heidenhain (21) erklärt die Einstellung des Micro- centrums beim ruhenden Leucocyten als Folge einer Fibrillen- spannung auf Grund des von ihm sog. Spannungsgesetzes '); dieses selbe Gesetz ist auch während des Ablaufes der Mitose wirksam. Nehme ich aber mit Flemming (17) an, dass im Stadium der Fig. 50 Strahlen zwischen den Centralkörpern und der Zellperipherie aus vorhandenen Strueturen zunächst geprägt sind, so haben diese Radien, wenn ich danach die Figg. 52—54 be- trachte, offenbar an -Länge zugenommen. Dieses Wachsthum 1) Das Microcentrum steht durch die „organischen Radien“ in Verbindung mit der Zellperipherie. Diese Radien befinden sich in einem Zustand der Spannung. Da sie ursprünglich die gleiche abso- lute Länge haben (Identitätsprineip), würde, wenn man den Kern aus der Zelle herausnehmen könnte, das Microcentrum sich nach Ausgleich aller Spannungsdifferenzen in die Mitte derselben einstellen. „Durch das Dazwischentreten des Kerns aber wird es dem Mierocentrum un- möglich gemacht, die ihm zukommende centrale Stellung wirklich einzu- nehmen. Dajedoch die in derNähe desKerns vorbeilaufenden organischen Radien gegenüber ihrer mittleren Länge in einem Zustande sehr starker Dehnung befindlich sind, so wird das Microcentrum, soweit es nur irgend möglich ist, in der Richtung gegen das Centrum der Zelle herabgezogen.“ Mithin ergiebt sich, „dass die excentrische Lage des Kerns eine Folge der Druckwirkung der organischen Radien ist; der Kern sucht unter allen Umständen in der Richtung der grössten inter- filaren Räume peripheriewärts auszuweichen“. 46 Friedrich Meves: der Radien kann ich sehr wohl mit der Vorstellung einer von ihnen ausgeübten Propulsion, nicht aber mit derjenigen einer permanenten Spannung vereinigen. Auf jeden Fall ist aber die Entstehung von Dellen, wie sie hier so häufig an einem vorher völlig runden Kern auftreten, durch das Heidenhain’sche Prineip nicht zu erklären (vergl. auch Drüner (11) und Boveri (7)); wie ich Heidenhain gegenüber ausdrücklich bemerken möchte, handelt es sich um wirkliche Dellen, nicht um sattelförmige Einbuchtungen der Kernmembran. Diese Dellen können, so weit ich sehe, nur dadurch entstehen, dass die junge Centralspindel in Folge des Längenwachsthums der Polstrahlungen in den Kern hineinge- drückt wird. Wenn sich trotzdem schon in diesen Stadien die Central- körper von einander entfernen, so dürfte diese Erscheinung auf die Entstehung der Centralspindel, deren Fasern die Central- körper auseinanderstemmen, zurückzuführen sein. Im Prineip stimmt die hier entwickelte Anschauung über die Wirkung der Polstrahlung mit der Drüner’schen überein. Drüner (11) beschreibt jedoch für die Spermatogonien, dass die Centralkörper sich beim Beginn der Mitose zunächst entfernen und die Fasern der Pol- strahlung erst in einem verhältnissmässig sehr späten Stadium (Spindel noch viel länger als in meiner Figur 55) auf die Zellmembran stossen und erst von da an orientirend wirken. Diese Angaben beruhen aber offenbar auf unzulänglich fixirten Präparaten. Bei den Spermato- gonien sowohl wie bei den Spermatocyten ‚stehen die Fasern der Polstrahlung vom ersten Anfang der Mitose an mit der Zellperipherie in Verbindung; gerade in den frühesten Stadien (Fig. 50—54) ist mir bei den Spermatocyten eine Stemmwirkung der Strahlen unzweifelhaft, während sie für die folgenden Stadien meiner Meinung nach noch nicht (cf. unten) als erwiesen gelten kann. In einem nächsten Stadium findet nun zunächst an der- jenigen Stelle, wo die junge Centralspindel der Kernmembran anliegt, ein Schwund der letzteren statt. Die Chromosomen treten mit den Gentralkörpern durch die Mantelfasern in Verbindung, welche (Flemming (14)) aus dem Liningerüst des Kerns ent- stehen, indem das lockere Lininstrangwerk sich zwischen Cen- tralkörpern und Chromosomen zu soliden Fasern anordnet. Diese Fasern wachsen nun in die Länge und bewirken nach meiner Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 47 Vorstellung in einem nächsten Stadium durch Stemmwirkung !) eine Anhäufung der Chromosomen an der Gegenpolseite; in einem darauffolgenden Stadium kontrahiren sie sich und ziehen die Chromosomen um die Spindel herum. Nach Hermann (24) setzen sich die Pole mit den Chromo- somen durch die Mantelfasern erst in Zusammenhang, wenn die Spin- del mehr als das Doppelte ihrer Länge in meiner Figur 54 erreicht hat und zwar konstant mit einem Pol?) zuerst. Ich finde dagegen, dass häufig schon gleich nach Schwund der Kernmembran, wenn die Spindel nur wenig länger ist als in Fig. 54, Verbindungen mit den Chromosomen und zwar nicht selten bereits mit beiden Polen vor- handen sind. Wenn auch sicher noch bei verhältnissmässig stark herangewachsenen Spindeln, wie in Hermann’s Fig. 6, eine Verbin- dung mit nur einem Pol existiren kann, so will es mir doch nicht scheinen, als ob konstant oder auch nur in der Mehrzahl der Fälle eine Verbindung mit dem einen Pol zuerst eintrete. Die auf Fig. 54 folgenden Stadien der jungen Spindel sind von Flemming und Hermann eingehend beschrieben und ab- gebildet worden, so dass ich dieselben hier füglich übergehen kann. Hinsichtlich der Gestaltsänderungen der Spindel bis zum Stadium der Tonne gilt das auf pag. 19 Gesagte. Zunächst ist noch gewöhnlich eine deutliche Polarstrablung vorhanden, wie es die Fig. 8 und 9 Hermann’s (24) und meine Figur 55 zeigen. Je mehr wir uns aber der fertigen Tonnenform nähern, um so mehr wird die Polstrahlung in diesen Zellen undeutlich, bis sie schliesslich im Tonnenstadium selbst meistens bis auf wenige Fäserchen verschwunden ist. Der bereits von Flemming (17) angefochtene Satz Drüner’s: „Alle Polstrahlen verlängern sich und erreichen im Monaster- stadium ihre grösste Länge und stärkste Ausbildung“ stimmt 1) Nach Drüner, welcher die Anhäufung der Chromosomen an der Gegenpolseite ebenfalls durch eine Stemmwirkung der spätern Mantelfasern zu Stande kommen lässt, wachsen diese von den Central- körpern gleichzeitig mit den Pol- und Centralspindelfasern aus; sie sollen morphologisch und physiologisch den letzteren gleich sein. Da- bei wird aber übersehen, dass die Pol- und Spindelfasern (auch in den Spermatogonien) schon vor den Mantelfasern vorhanden sind, und dass die letzteren nach Flemming’s Entdeckung (14) aus dem Linin- gerüst des Kerns hervorgehen. 2) Vergl. auch Flemming 14, pag. 710. 48 Friedrich Meves: also auch für die heterotypische Theilung nicht mit den that- sächlichen Befunden. Die Stadien, welche auf die Fig. 55 folgen, sind diejenigen, für welehe Drüner auf eine Stemmwirkung der Polstrahlen geschlossen hat, allerdings auf die eben erwähnte unrichtige Voraussetzung hin, dass die Polstrahlen sich bis zum Stadium des Monasters verlängern. Drüner giebt von ihrer Wirkung in diesen Stadien folgende Schilderung. „Mit der durch das Wachsthum der Centralspindel bedingten Entfernung der Pole von einander, die mit der Ausbildung der Pol- strahlung einhergeht, werden die Pole so lange der Zellmembran ge- nähert, bis ihre Strahlen auf dieselbe treffen; und von nun an muss nothwendiger Weise von denselben ein ihrer Festigkeit entsprechender Druck auf dieselbe ausgeübt werden. Dies ist wenigstens das gewöhn- liche Verhalten. Daraus folgt, dass sie entweder die Zellmembran aus- buchten oder sich auseinander spreizen müssen, wenn sie sich nicht biegen; oder endlich die Pole müssen ausweichen, und zwar in der Rich- tung der Diagonale des Parallelogramms der auf sie wirksamen Kräfte, der sich verlängernden Centralspindel von der einen, und der Polstrahlen von der anderen Seite. Dies findet auch in der Mehrzahl der Fälle statt. Ein Ausweichen der Pole kann aber nur so lange stattfinden, bis in der Richtung des Ausweichens sich ihnen eine dem Druck der zwischen Membran und Centrum wirkenden Polstrahlen gleiche Kraft entgegenstellt, bis also nach der Seite hin, nach welcher die Pole wandern, auch die Polstrahlen die Membran treffen und nun von allen Seiten her auf die Pole gleiche Kräfte wirksam sind. Dann liegt die Spindelaxe in einer durch die Mitte der Zelle gehenden Linie.“ Diese Darstellung Drüner’s ist von Flemming (17) da- hin kritisirt worden, dass nicht eine Verlängerung, sondern viel- mehr ein Kürzerwerden der Polstrahlen bis zum Stadium des Muttersterns erfolge und deshalb eine „ziehende Mitwirkung“ derselben bei der Mitose nicht ausgeschlossen erscheine. Ich halte auf Grund der oben beschriebenen Beobachtungen eine Stemmwirkung der Polradien in den Stadien der Figg. 50 —54 für erwiesen. Daraus würde jedoch noch nicht mit Nothwendig- keit hervorgehen, dass sie auch während der folgenden Stadien stemmen; sie könnten sich verhalten, wie die Mantelfasern, welche auch erst stemmend wirken und sich dann kontrahiren. Anderer- seits braucht auch das stattfindende Kürzerwerden nicht noth- wendig auf einer Kontraktion zu beruhen, könnte vielmehr darin seinen Grund haben, dass die Polstrahlen mit dem Wachsthum der Spindel zunächst an ihren Enden resorbirt werden. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 49 Eine endgültige Entscheidung über die Wirkung der Pol- strahlen in den auf die Fig. 54 folgenden Stadien möchte ich auf die mir bisher vorliegenden Beobachtungen hin noch nicht treffen; jedoch neige ich dazu, ihnen mit Drüner eine „expan- sive* Wirkung auch während dieser Stadien zuzuschreiben, und zwar einmal auf Grund der Thatsache hin, dass häufig schon vor dem Stadium der Tonnenform in Fällen, wo die Pole noch von der Zellperipherie ziemlich entfernt liegen, eine Längs- streekung der Zelle zu beobachten ist, die meiner Meinung nach nicht auf die Kontraction bestimmter Gruppen von Polstrahlen zurückgeführt werden kann; ferner auf Grund einer zufälligen Beobachtung, die ich in Fig. 60 abgebildet habe. Im allge- meinen sind die Polstrahlen, wie gesagt, bis zum Stadium der Tonnenform bis auf wenige Fäserchen verschwunden. Im Fig. 60 dagegen hat sich an dem einen Pol bis ins Dyasterstadium hin- ein ein starkes in der Verlängerung der Spindelaxe abgehendes Faserbündel erhalten, welches die Zellmembran vor sich herge- trieben und in Form eines spitz endigenden Divertikels aus- gebuchtet hat. Vom Stadium der Tonnenform an ist die Polstrahlung, wenn überhaupt noch vorhanden, jedenfalls so unbedeutend, dass sie für die weitere Entfernung der beiden Pole nicht mehr in Betracht kommt; diese wird vielmehr allein durch das Wachsthum der Centralspindelfasern bewirkt. Indem diese Fasern in die Länge wachsen, werden die an der Oberfläche der Spindel liegenden Mantelfasern mit den zwischen ihnen eingeschalteten Chromosomen mehr und mehr angespannt. Die chromatischen Reifen verdünnen sich zunächst in der Mitte und reissen schliesslich ganz durch. In der Regel scheint diese aequatoriale Verdünnung und Zerreissung der Chromosomen verhältnissmässig leieht und bald zu erfolgen. Anderenfalls müssten stark bauchige Spindeln, wie in Fig. 57, verhältnissmässig häufiger zu finden sein. Zur Ent- stehung letzterer Formen muss es nämlich stets dann kommen, wenn die Spindelfasern stark in die Länge wachsen!), ohne dass die Chromosomen überhaupt oder entsprechend nachgeben. 1) Vergl. hierzu Drüner 11 pag. 289. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 4 50 Friedrich Meves: Unter dieser Voraussetzung bleibt nämlich die Oberfläche des Spindelkörpers die gleiche oder ändert sich nur wenig, während das Volumen in Folge des Wachsthums der Spindelfasern stark zunimmt. Der Spindelkörper ist daher gezwungen, sich der Kugelgestalt zu nähern, da ja die Kugel derjenige Körper ist, welcher bei kleinster Oberfläche das grösste Volumen besitzt. Die Spindel nimmt also eine stärker bauchige Form an. Aendert sich die Oberfläche zunächst überhaupt nicht oder nicht über einen bestimmten Grad hinaus, so muss es dabei zu einer gegenseitigen Annäherung der beiden Pole kommen; ob letzteres in Fig. 57 stattgefunden hat, d. h. also, ob diesem Stadium ein solches, wie das der Fig. 56 vorausgegangen ist, in welchem die Centralkörper weiter von einander entfernt waren, lässt sich allerdings nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Ein Bauchigwerden der Centralspindel und zugleich eine Annäherung der beiden Pole würde auch dann stattfinden, wenn in dem Stadium der Fig. 56 eine stärkere Kontraktion der Mantelfasern!) eintritt. Unter dieser Bedingung hat sich nämlich der Spindelkörper einer klemern Oberfläche anzupassen und wird daher gleichfalls genöthigt, sich der Kugelgestalt zu nähern. In wie weit eine eintretende stärkere Kontraetion der Mantelfasern bei der Entstehung stärker bauchiger Spindelformen thatsächlich mit- wirkt, weiss ich nicht; jedenfalls findet ein kontinuirliches Wachs- thum der Spindelfasern im Lauf der Mitose statt und dieses allein genügt unter der Bedingung, dass die Oberfläche der Spindel sich nieht oder nicht entsprechend vergrössert, um die Formveränderungen derselben zu erklären. Obige Erörterungen über die Ursachen der Gestaltsänderung der Spindel gelten in gleicher Weise wie für die Tonnenform der heterotypen Theilung auch für den Mutterstern der gewöhn- lichen Mitose. ‚, Beide Stadien gleichen einander in mechanischer 3eziehung; beide sind sie durch grosse Häufigkeit ausgezeichnet; die Tonnenform ist ebenso wie der Mutterstern ein lang an- dauerndes Stadium, „welches (Drüner) äusserlich den Eindruck der Ruhe macht, während dessen aber die innere Spannung stetig zunimmt“. Nachdem die Chromosomen im Aequator getrennt und nach 1) Vergl. Drüner 11 pag. 289. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 51 den Polen auseinandergerückt sind, findet zunächst eine Gerade- streekung der Spindelfasern und gleichzeitig eine Kontraetion der in Spannung gehaltenen Mantelfasern (ef. Drüner) statt (Fig. 58); dann erfolgt hier in den Spermatocyten ebenso wie in den grossen Spermatogonien, wenn auch nicht ganz in demselben Maasse wie in diesen, ein weiteres starkes Wachsthum der Spindel- fasern (Figg. 59—61), in Folge dessen die Zelle sich stark in der Richtung der Spindelaxe in die Länge streckt. Eine Kon- traction von Polfasern für diese in den Anaphasen auftretende Längsstreckung verantwortlich zu machen, wie es Heidenhain für die Leukoeyten will, ist bei diesem Objeet nicht angängig, weil derartige Fasern in diesen Stadien überhaupt nicht existiren. Die Spindelfasern fallen in diesen Stadien (Fig. 59) in der Regel durch ihr rauhes Aussehen auf. Sie sind mit Körnern und Fädehen besetzt; man kann vielfach konstatiren, dass Quer- verbindungen zwischen den einzelnen Fasern vorhanden sind. In einem nächsten Stadium (Fig. 61) beginnt die Theilung des Zellleibes damit, dass am Aequator zuerst einseitig (Flem- ming) eine Einschnürungsfurche auftritt. Dadurch werden die peripheren Spindelfasern halbirt; es sind dies augenscheimlich die Fasern, welche in Fig. 62 in jeder Tochterzelle sich in radiärer Richtung von der aequatorialen Seite des Kerms aus bis an die Zellperipherie erstrecken. Die mittleren Spindelfasern dagegen verlaufen ununter- brochen von Zelle zu Zelle und zwar ziemlich gestreckt zwischen den beiden Tochterkernen (Fig. 62). Offenbar haben sie sich gegenüber einem vorhergehenden Stadium (Fig. 61) kontrahirt. Diese Kontraction der Spindelfasern geht in der Folge (Fig. 63) weiter; zugleich treten an ihnen aequatoriale Differenzirungen in Gestalt kleiner Knötchen auf, welche mit dem Fortgang der Zelleinschnürung dadurch, dass die Spindelfasern mehr und mehr im Aequator zusammengefasst werden, zum Zwischenkörperchen mit einander verschmelzen (Figg. 64, 65). Die Centralkörper ') lagen in den Stadien der Figg. 59—62 ganz in der Nähe der Zellperipherie. In Folge der Kontraction der Centralspindelfasern, mit welchen sie zunächst noch in Ver- bindung stehen, werden sie einander genähert und zwar gewöhn- 1) Bereits im Tonnenstadium findet gewöhnlich eine Verdoppe- lung der Centralkörper statt. 52 Friedrich Meves: lich so stark, dass sie schliesslich in einem ziemlich beträcht- lichen Abstand von der Zellperipherie liegen (Fig. 63). Während ihrer gegenseitigen Annäherung beginnt um sie herum eine Strahlung aufzutreten, deren Radien. bogenförmig über den Kern herüberlaufen. Zwischen diesem Strahlensehirm und dder Zellperipherie liegt in diesem Stadium gewöhnlich ein auf dem Querschnitt halbmondförmiger Raum (nicht immer so gross wie in den Figg. 63 und 64), in den zuweilen einige Strahlen sich erstrecken (Fig. 63), der aber meistens von kurzen, welligen Fädehen erfüllt ist (Fig. 64). In Fig. 64 sieht es ausserdem so aus, als ob von den im Zwischenkörperchen zusammengefassten Spindelfasern die peri- pheren in den von den Centralkörpern ausgehenden Strahlen- schirm übergehen und auf diese Weise eine Verbindung zwischen Pol und Zwischenkörperchen um den Kern herum herstellen. Dieses Verhalten erinnert mich an eine von Moore (34) ge- sebene Beschreibung, nach welcher in Hoden von Elasmobranchiern im Dyasterstadium eine Differenzirung der Spindelfasern in eine innere und äussere Faserscheide (outer and inner fibrous sheath) stattfindet; von diesen erstreckt sich die äussere zwischen den Aussen- rändern der Chromatinringe; die innere geht durch sie hindurch zu den Centrosomen. Von einem folgenden Stadium heisst es dann: „Ihe chromatie rings now gradually lose their original connection with the outer spindle-fibres, which begin to bulge out and pass round them to the poles.“ In einem folgenden Stadium (Fig. 65) wird die Chromatin- masse nicht mehr von den Spindelfasern durchsetzt, sondern diese hören auf der äquatorialen Kernseite plötzlich auf. Ebenso existirt auch die Verbindung mit dem Pol durch die Mantelfa- sern nicht mehr. Die Chromatinmasse des Tochterkerns liegt in einem hellen wahrscheinlich von Flüssigkeit erfüllten Raum, also in einer Vaeuole. Die Centralkörper liegen in diesem Stadium (Fig. 65) wieder regelmässig dieht unter der Zellperipherie; der in dem Stadium der Fig. 65, 64 häufig vorhandene halbmondförmige Raum pol- wärts von dem Strahlensehirm ist verschwunden. Dies ist teils darauf zurückzuführen, dass die Zellen sich in ihrer Form dem von den Centralkörpern ausgehenden Strahlen- schirm angepasst haben, indem sie sich senkrecht zur Spindelaxe in die Länge streekten; zum Theil hat es darin seinen Grund, Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 53 dass die Centralkörper wieder begonnen haben, sich von einan- der zu entfernen. Beide Erscheinungen, die Anpassung der Zelle an den Strahlenschirm und die Wanderung der Centralkörper ‚erkläre ich mir als Folge des Wachsthums der von den Central- körpern ausgehenden Strahlen, welche zwischen den Centralkörpern und ihrem Insertionspunkt an der Zellperipherie sich verlängern. Dieses Wachsthum der Polstrahlung geht offenbar (in die- sen wie auch noch in den folgenden Stadien) auf Kosten der Spindelfasern vor sich, deren Masse sich mehr und mehr reduzirt. In einem folgenden Stadium, das durch die Fig. 66 reprä- sentirt wird, ziehen die von den Centralkörpern ausgehenden Strahlen nicht mehr bogenförmig über den Kern herüber, sondern haben einen gestreckten Verlauf. Die ganze Strahlung hat jetzt die Form eines Kegelmantels, während sie in den vorhergehen- den Stadien diejenige eines aufgespannten Regenschirmes hatte. Ihre Fasern sind durch ihre ausserordentliche Stärke auffallend. Sie sind hier wie in der ganzen folgenden Phase von einer ähn- lichen, rauhen Beschaffenheit, wie ich es für die Spindelfasern im Stadium der Fig. 59 beschrieben habe. Zur Erklärung der Streckung der Radien, welche von dem Stadium der Fig. 65 bis zu demjenigen der Fig. 66 eingetreten ist, eine Kontraction anzunehmen, ist nicht angängig. Denn er- stens haben sich die Centralkörper in Fig. 66 noch weiter von der neugebildeteu Zellmembran entfernt; zweitens haben sich die Tochterzellen in der Weise umgeformt, dass sie zu den Seiten der neugebildeten Zellmembran (besonders links) konvex vorge- trieben sind. Diese Erscheinungen sind nicht durch Kontraetion zu erklären; sie müssen meines Erachtens auf einer mit Streckung einhergehenden Steifung der in dem vorhergehenden Stadium ge- bogen verlaufenden Strahlen beruhen. In der Folge verschieben sich nun die Pole, während der Centralspindelstumpf immer unansehnlicher wird, an der Peripherie der Zelle dicht unter ihrer Wand entlang, gewöhnlich so lange, bis die Verbindungslinie zwischen Oentralkörper und Mittelpunkt des Kernes der neugebildeten Zellmembran ungefähr parallel liegt !) (Figg.67— 70); häufig liegen die Centralkörper schliesslich an Stellen, welche zur Theilungsebene ungefähr symmetrisch sind (Fig. 70). 1) Die Drehung des Micerocentrums um den Kern beträgt dann also e. 90°; sie schwankt zwischen e. 450 und 135°. 54 Friedrich Meves: Die Centralkörper sind auf jeder Stelle ihres Weges von Strahlung umgeben. Und -zwar hat es, wenn wir die Endstadien ins Auge fassen, den Anschein, als ob der von ihnen ausgehende Strahlenkegel als ganzes eine Ortsveränderung erleidet. In Fig. 66 fällt die Axe des Strahlenkegels mit der frühern Spindelaxe zu- sammen, in den Endstadien dagegen (Figg. 68, 70) bildet sie mit dieser gewöhnlich einen rechten oder annähernd rechten Winkel. Suchen wir über die mechanischen Verhältnisse, welche diese Wanderung der Centralkörper bedingen, Klarheit zu be- kommen, so ist es zunächst offenbar, dass eine Kontraection der sämmtlichen Radien, die im Stadium der Fig. 66 von den Centralkörpern ausgehen, nicht in Frage kommen kann. Denn die Centralkörper schieben sich bei ihrer Wanderung unter der Zellmembran entlang; wenn wirklich sämmtliche von ihnen aus- gehende Radien kontraetil wären, müssten sie sich gegen das Centrum der Zelle zu bewegen; jedenfalls könnten sie in den Endstadien des Processes nicht Lagen, wie sie die Figg. 68, 70 zeigen, einnehmen. Auch eine Kontraction derjenigen Hälfte des Strahlenkegels, welche im Fall einer Zusammenziehung in der Bewegungsrichtung der Centralkörper zieht, kann nicht die erste Rolle spielen. In Fig. 69 hat sich das Mierocentrum offenbar von seiner Ausgangs- stelle aus nach links bewegt; die Hauptmasse der Strahlen geht aber nach rechts ab. Für eine mechanische Erklärung dieser Bewegungen drängen sich vielmehr aueh hier ähnliche Vorstellungen auf, wie sie zu- erst Drüner für die Wirkungsweise wachsender Radien ent- wickelt hat und wie sie im Vorstehenden bereits wiederholt Ver- wendung gefunden haben. Die Bewegung der Pole ist auf Wachsthumerscheinungen zurückzuführen. , Die Centralkörper werden in Folge des Längen- wachsthums bestimmter Strahlen, durch welche sie mit der Zell- peripherie in Verbindung stehen, verschoben; es ist die „Pro- pulsionskraft“ (Boveri) (7), („Expansionskraft* Drüner (11)) dieser Strahlen, welche die Bewegung der Mierocentren hervorbringt. Fassen wir zunächst die Figg. 77—79 der homöotypischen Form, bei welcher die Verhältnisse im Prineip die gleichen sind, wie bei der heterotypischen Theilung, ins Auge! In den Figg. 78, 79 ist eine zusammenliegende Parthie der von den Central- Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 595 körpern ausgehenden Strahlen in die Länge gewachsen; ausser- dem ist der Kegelmantel an dieser Stelle durch Ausbildung neuer Strahlen verdickt. Die Radien sind mit ihrem einen Ende an der Zellperipherie befestigt; man sieht sie direet an dieser inseriren. Das andere von den Centralkörpern gebildete Ende ist frei und beweglich. Indem die Radien sich verlängern, werden die Centralkörper durch das zwischen ihnen und der Insertion der Strahlen an der Zell- peripherie stattfindende Wachsthum längs der Peripherie fortbewegt. Zugleich aber wird in Folge des Längenwachsthums der Strahlen ein Druck auf die Zellwand ausgeübt, in Folge dessen der Zellleib sich in der Richtung der Strahlen mehr oder minder stark in die Länge streckt (Figg. 79, 80). Gleich nach erfolgter Abschnürung (auch noch in 77) haben die Tochterzellen runde Formen. In den Figg. 79, 80 sind sie dagegen aufs Deutlichste im der Richtung der längsten von den Centralkörpern abgehenden Strahlen in die Länge gestreckt. Diese Gestaltsveränderungen der Tochterzellen liefern mir einen, soweit ich sehe, unanfechtbaren Beweis, dass ich mit meiner Annahme einer stemmenden Wirkung der von den Üentralkörpern aus- gehenden Strahlen auf dem richtigen Wege bin. Die Bewegung der Centralkörper von der Polstelle weg erfolgt anscheinend zunächst in beliebiger Richtung. In den beiden Tochterzellen liegen dementsprechend die von den Miero-- centren ausgehenden Radien, welche von dem Längenwachsthum betroffen werden, nur sehr selten in derselben Ebene. In Folge dessen erfolgt auch die durch das Längenwachsthum der Strahlen bedingte Streckung der Tochterzellen gewöhnlich in zwei Rich- tungen, welche mit einander einen Winkel bilden, wie dies die Figg. 68, 79, 80, 81 ohne weiteres zeigen; in den Figg. 79, 80 haben sich die obern Zellen in der Ebene der Tafel in die Länge gestreckt; die untern aber offenbar in einer Ebene, welche mit derjenigen der Tafel einen Winkel bildet. In der Fig. 79 der homöotypischen Theilung reichen Strahlen mit ihren Ansatzpunkten ziemlich hoch an der rechten Seite der Zelle hinauf. Die Fig. 69 der heterotypischen Mitose repräsentirt nun ein weiteres Stadium, welches sich, was die Centralkörper- verschiebung anlangt, an dasjenige der Fig. 79 angeschlossen haben könnte. 56 FriedrichMeves: Strahlen, welche die rechte untere Ecke der Zelle über den Kern herüber mit den Centralkörpern in Verbindung setzen, fehlen hier. Dagegen sind zwischen dem Mierocentrum und Punkten der Zellperipherie, welche, diesem näher, zwischen ihm und den Insertionspunkten der zuerst in die Länge gewachsenen Radien liegen, neue Strahlen ausgebildet. Diese neu gebildeten Fasern übernehmen offenbar die Funktion der zuerst in die Länge ge- wachsenen, welche entbehrlich und daher wieder resorbirt werden. Ich unterlasse es nicht, auch hier auf die auffallende Gestaltsver- änderung hinzuweisen, welche die Zelle in Fig. 69 in Folge der Ausbildung dieses Strahlenbündels erlitten hat. In der Regel erfolgt, besonders bei der heterotypischen Theilung, die Ausbildung soleher neuer Strahlen, noch bevor es zu einer so starken Gestaltsveränderung der Tochterzelle, wie in Fig. 79 gekommen ist; man trifft in den Telophasen der hetero- typischen Mitose selten so starke Gestaltsveränderungen der Zellen, wie sie die Figg. 79, 30 der homöotypischen Reihe zeigen; wenngleich eine Streekung der Zellform in der Riehtung der am meisten in die Länge gewachsenen Fasern auch hier in der Regel sehr deutlich ist, wie z. B. in dem in Fig. 69 abgebildeten Fall. Die übrigen Parthien des Strahlenschirmes, welche nicht in die Länge wachsen, scheinen während der Verschiebung der Centralkörper ihre Insertion wenig zu ändern. Welche Rolle sie bei diesem Vorgang spielen mögen, weiss ich nieht; man könnte denken, dass sie auf irgend eine Weise die Verschiebung modi- fieiren. Unter der Annahme, dass das Strahlenbündel, welches in Fig. 69 von den Centralkörpern nach rechts oben abgeht, sich über einem andern Faserbündel ausgebildet hat, welches die rechte untere Ecke der Zelle mit den Centralkörpern in Verbindung . setzte und welches in diesem Stadium bereits resorbirt ist, hat sich das Mierocentrum in Fig. 69 von der Polstelle aus zu dem Platz, welchen es jetzt einnimmt, in der Ebene des Schnittes hinbewegt. Es zeigt sich nun aber, dass die Wanderung der Central- körper der Regel nach keineswegs vom Anfang bis zum Ende in einer einzigen durch die frühere Spindelaxe gelegten Ebene verläuft. Wenn dies der Fall wäre, müsste man stets in einem durch die Spindelaxe gelegten Schnitt, wenn überhaupt in ihm Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 57 ein Mierocentrum auf seiner Wanderung angetroffen wird, finden, dass das stärkste von ihm ausgehende Strahlenbündel in der Ebene des Sehnitts an der Stelle des Pols über den Tochterkern hinwegzieht. Betrachten wir aber z. B. die obere Tochterzelle der Fig. 81, welche sich nieht wie die untere Zelle in der Schnittebene in die Länge gestreckt hat, sondern in einer Ebene, welche zu dieser ungefähr senkrecht steht. Hier liegt das längste von den Central- körpern abgehende Faserbündel nicht in der Schnittebene, sondern erstreckt sich aus dieser heraus und zwar unter den Kern hin. Das Microcentrum, welches bereits in der Nähe der neugebildeten Zellwand liegt, wird in dieser Zelle also offenbar weiter ver- schoben in einer Ebene, die zu der neugebildeten Zellwand ganz oder nahezu parallel steht. Daraus geht hervor, dass es augenscheinlich nicht genügt, dass die Centralkörper der neugebildeten Zellwand einfach ge- nähert werden; sie müssen auch noch an einer bestimmten Stelle ihr gegenüber zu liegen kommen. Bei den Mitosen der kleinen Spermatogonien finden wir die Centralkörper am Schluss der Wanderung in der Regel an Stellen, welche zur neugebildeten Zellwand ganz oder annähernd symme- trisch gelegen sind; ebenso liegen sie auch in den in den Figg. 70, 82 abgebildeten Endstadien der heterotypischen und homöotypischen Theilung. Wenn aber diese Bedingung erreicht werden soll, muss die Bewegung des Centralkörpers, welche zunächst in einer beliebigen Riehtung vom Pol weg erfolgte, später offenbar durch das Längen- wachsthum von Strahlen, welche nach einer andern Seite hin von dem Centralkörper abgehen, korrigirt werden. Wenn man die eben geschilderten Vorgänge bei der Central- körperverschiebung überbliekt, muss es auffallen, dass so starke Strahlenbündel überhaupt ausgebildet werden, um so winzige Ge- bilde, wie die Centralkörper, von der Stelle zu bewegen, von denen nicht angenommen werden kann, dass sie einen irgendwie erheblichen Widerstand leisten. Zur Erklärung dieser Thatsache muss man einmal bedenken, dass die Strahlen, indem sie in die Länge wachsen, meistens nur mit einem Theil ihrer „Propulsions- kraft“ auf die Centralkörperverschiebung wirken; zweitens dass die Widerstandsfähigkeit der Zellwand gegenüber den stemmenden 58 Friedrieh Meves: Strahlen augenscheinlich nur ausserordentlich gering ist; diese beiden Umstände zusammen sind es, welche die Ausbildung starker Strahlenbündel erforderlich machen. In einem auf die Figur 70 folgenden Stadium wird die von den Mierocentren ausgehende Strahlung zuerst undeutlich, um schliesslich ganz zu verschwinden. Die Centralkörper bleiben zunächst noch dicht unter der Zellperipherie liegen). Weiterhin rücken sie dann auf das Öentrum der Zelle zu. In der obern Tochterzelle der Figur 71 liegt das Mierocentrum in der Nähe des Kerns, umgeben von homogen aussehenden Brocken von Sphärensubstanz, wie sie sich schon in Fig. 70 in der Nähe der Centralkörper angesammelt hatten. Die Filarsubstanz hat ein unregelmässig welliges Aussehen; irgend eine bestimmte Anord- nung um die Centralkörper ist nicht zu konstatiren. Im folgenden will ich zusammenfassen, was über Ver- lagerung der Centralkörper, bezw. Sphären nach Ablauf der Mitose bisher bekannt geworden ist. Dahingehende Beobachtungen sind zuerst im Jahre 1893 gleich- zeitig ausser von mir selbst (29) von Moore (33), Benda (4) und M. Heidenhain (20) beschrieben worden. Moore (33) und ich (29) haben unabhängig von einander in Tochterzellen der Genitalanlage der Salamanderlarve, bzw. der Sper- matogonien des erwachsenen Thieres die Sphären auf den äquatorialen Kernseiten aufgefunden. Nach Moore (33) beginnen in den Sexualzellen der noch nicht differenzirten Genitallage von Salamanderlarven die Centralkörper nach Ablauf der Mitose sich zunächst zu nähern, wobei sie in die axiale Bucht oder Durchbohrung des Kerns tiefer hineinrücken.. In dieser Lage vermochte Moore sie allerdings nicht nachzuweisen; „for the axial bay or perforation in which they ought to exist is filled by astral radiations, which present the appearence ofhaving been sucked in after them“. In einem nächsten Stadium verlassen dann die Cen- tralkörper diesen Platz an der polaren Seite des Kerns: „they reappear immediately, creeping up the cones of fibres which remain directed towards the concavities of the horseshoe-shaped daughther-nuclei.“ Sie wandern dann um die äussere Peripherie des Kerns herum und treten secundär mit der Hauptmasse des Archoplasmas in Verbindung, welche durch Verschmelzung der Spindelfasern auf der äquatorialen Kernseite entstanden ist. 1) Eine Abbildung dieses Stadiums ist leider nicht gegeben wor- den; ich werde dieselbe in einer folgenden Arbeit nachtragen. Ueber die Entwieklung der männlichen Geschlechtszellen etc. 59 Ich habe in meiner Arbeit über die Entstehung ringförmiger Kerne (29), welehe etwas später als diejenige Moore’s erschienen, aber unabhängig!) von ihr entstanden ist, auf Grund von Beobachtungen an den grossen Spermatogonien des Salamanders der Beschreibung Moore's widersprochen. In denjenigen Fällen, wo ich damals kugelige Sphären zu beiden Seiten der neugebildeten Zellmembran fand, handelte es sich um Zellen mit Ringkernen. Die Hauptmasse der Sphäre hat sich in diesen Fällen auf der äquatorialen Kernseite angelegt; von dieser geht zunächst noch ein polwärts gerichteter Fortsatz ab. Indem später dieser Fortsatz zur äquatorialen Hauptmasse einbezogen wird, kommen kugelige Sphären am Gegenpolfeld zu liegen. Ausserdem hielt ich die Entstehung derartiger Lagerungsverhältnisse durch „Drehungen der Theilungsfigur“ für möglich. Benda gab gleichzeitig (4, 1395) an, dass in den Spermatocyten des Salamanderhodens beim Uebergang des Dyasters in das Dispirem ein Durchschlüpfen des Spindelpoles durch die Chromatinmasse erfolge, so dass sich der Pol zwischen Chromatin und Zwischenkörperchen lagert. Ich habe eine derartige Durchwanderung des Microcentrums in den Telophasen der grossen Spermatogonien selbst beschrieben; in den Spermatoeyten, bei welchen Benda angiebt, sie beobachtet zu haben, findet jedoch nichts der Art statt; das Verhalten des Microcen- trums ist hier vielmehr ein ganz anderes, wie ich oben geschildert habe. M. Heidenhain theilte gleichzeitig (20, 18595) kurz mit, dass bei Lymphzellen am Ende der Mitose „eine Wanderung der Astrosphäre um den Kern herum“ eintritt. 1894 (21) beschrieb derselbe ausführlich unter der Bezeichnung „Telophase“, welche oben wiederholt Verwendung gefunden hat, eine Phase der Mitose, in welcher Bewegungen von Microcentrum und Kern (Telokinesen) vor sich gehen. Am Ende der Anaphase stehen bei Leukocyten das Microcentrum peripher und der Kern central; in der Zellenruhe dagegen liegt das Microcentrum central und der Kern peripher. Die Bewegungen, welche nach Ablauf der Anaphase ein- treten, führen dazu, die charakteristische Ruhelage von Microcentrum und Kern herzustellen, Im einzelnen fallen diese Bewegungen verschiedenartig aus. „Entweder weicht der Kern von seiner Anfangsstellung an gerechnet im Sinne der Zellenaxe an die entgegengesetzte Wand der Zelle aus und das Microcentrum folgt ihm nach, oder der Kern verharrt im Wesentlichen an seinem ursprünglichen Ort und das Microcentrum wandert um 180° um den Kern herum, oder schliesslich das Micro- centrum wandert um einen beliebigen Winkel um den Kern herum, der seinerseits während dessen seitlich bis zu verschiedenem Grade aus- weicht, so jedoch, dass schliesslich die Mitte des Kernes, Microcentrum 1) Hierfür kann ich mich auf Flemming 15, pag. 107 Anm, berufen. 60 Friedrich Meves: und Zellenmitte, auf eine Gerade, die Zellenaxe, zu liegen kommen, wobei der Kern peripher und das Microcentrum central steht.“ M. Heidenhain (22) legt vor allem Werth darauf, dass ihm die „prineipielle Bedeutung“ dieser Bewegungen zuerst klar geworden sei und zwar auf Grund solcher Betrachtungen, die unter dem Gesichts- punkt des Spannungsgesetzes angestellt wurden. Das Spannungsgesetz (cf. p. 45 Anm.) ist nach Heidenhain auch während des Ablaufs der Mitose wirksam. Durch die Theilung des Mierocentrums wird die während der Zellenruhe vorhandene Gleich- gewichtslage gestört, indem nun die eine Hälfte der organischen Ra- dien mit dem einen, die andere mit dem andern Pol in Verbindung steht. Die Tochterradiärsysteme streben einer neuen Gleichgewichts- lage zu. Dieser letzteren entspricht die Stellung des Spindelpoles im Monasterstadium. Nach diesem Stadium in den Anaphasen tritt dann eine Wanderung der Pole ein, welche ihren Grund in einer physio- logischen Verkürzung der Polfäden hat. Die am Ende der Anaphasen stattfindenden Telokinesen des Mierocentrums haben ihre Ursache ledig- lich in dem möglichst weit fortgeführten Ausgleich der Spannungs- unterschiede der organischen Radien, nach dessen Zustandekommen erst wieder die Ruhelage des Mitoms erreicht ist; sie werden wesent- lich durch eine Verlängerung der Polfädengruppe und durch eine Ver- kürzung der am meisten über den Kern hinweg gedehnten Fäden be- wirkt. Der verschiedene Gang der mitotischen Schlussbewegungen wird durch verschieden grosse Widerstände des Kernes bestimmt. Aus den oben von mir mitgetheilten Beobachtungen geht nun hervor, dass ein Spannungsgesetz, wie es M. Heidenhain für die Leukoeyten aufstellt, für die Zellen des Salamanderhodens keine Gültigkeit haben kann. Was speziell die Telophasen der Spermatocyten anlangt, so würden nach M. Heidenhain die 3 Sb Strahlen, welche die Telokinese des Mierocentrums bewirken, mit denjenigen identisch sein müssen, welche in den Stadien der Figg. 50—55 von den Centralkörpern ausgehen. Wir haben aber gesehen, dass die Polstrahlung der Figg. 54, 55 schon im Stadium der Tonnenform bis auf wenige Fäserchen verschwunden ist. Dass die Strahlen, welche in den Figg. 65— 70 von den Oentralkörpern ausgehen, Neubildungen sind, daran kann nicht der geringste Zweifel obwalten. Davon abgesehen findet, wie ich gezeigt habe, die Bewegung des Mierocentrums in den Telophasen der Spermatocyten nieht in der Weise statt, wie es der Fall sein müsste, wenn die von den Centralkörpern ausgehenden Radien contractil wären. Die Central- körper schieben sieh vielmehr unter der Zellperipherie entlang, wofür wir die bedingenden Ursachen oben kennen gelernt haben. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 61 Hinsichtlich der von Heidenhain gegebenen Darstellung der Telokinese aber schliesse ich mich der Kritik Prenant's (40) an, welcher sagt: „En dehors de la constatation des positions variables oceupees par les mierocentres dans les nombreuses cellules qu’il a examindes, Heidenhain n’apporte aucun fait positif A l’appui de la ımigration, et le m&canisme quil suppose n’a aucune base objective et n’est represente que par les flöches qui indiquent dans ses sch&mas le sens de la migration.“ Prenant (40) hat in Tochterzellen aus dem Hoden des Scolo- penders nicht nur die Wanderung der Centralkörper, sondern auch, und dieses schon in einer frühern Arbeit (39), ein Structurverhältniss beobachtet, welches ihm geeignet scheint, über die Art und Weise des Mechanismus der Wanderung Aufschluss zu geben. Nach ihm setzt sich der Spindelrest in jeder der Tochterzellen in ein dunkles Band fort, welches sich in einer der Zellen auf die linke, in der andern auf die rechte Kernseite erstreckt. Weiter verlängert es sich von der linken bezw. rechten Seite über die Polstelle des Kerns, um sich schliesslich auf der entgegengesetzten rechten bezw. linken Seite ent- weder zu verlieren oder sogar bis zum Ausgangspunkt zurückzukehren, indem es auf diese Weise den Kern mit einem fast vollständigen Ringe umgiebt. Prenant macht nun darauf aufmerksam, dass, wenn die Mierocentren in jeder Tochterzelle bei ihrer Bewegung um den Kern den Weg verfolgen, der durch das den Kern umgebende Band vorgezeichnet ist, sie dann schliesslich genau in diejenige Stellung kommen, welche sie am Schluss der Telokinese einnehmen. Moore (34) beschreibt, dass in Hoden von Elasmobranchiern nach Abschluss der Mitose die Centralkörper über die Oberfläche des Kerns entlang einer Furche aequatorialwärts wandern; wenn sie einen Punkt mitten zwischen der polaren und aequatorialen Kernoberfläche erreicht haben, bewegen sie sich von der Kernmembran fort gegen die Zellperipherie zu. 2. Die zweite, homöotypisch verlaufende Reifungstheilung. Die zweite homöotypisch verlaufende Reifungstheilung schliesst sich an die erste heterotypische an, ohne dass ein eigent- liches Ruhestadium des Kerns durchlaufen würde, sondern dieser tritt aus dem Dispiremstadium von neuem in Mitose. Indem sich die chromatischen Fäden auflockern, wird zunächst die im Dyaster der heterotypen Form aufgetretene Längsspaltung, welehe während des folgenden Dispiremstadiums undeutlich geworden war, von neuem wieder sichtbar. Während der ersten Entwicklungsstadien der jungen Spindel liegen die Schwesterfäden jedoch meist noch völlig aneinander (Fig 72). Weiter aber ergiebt sich als ein Unterschied gegen- 62 Friedrich Meves: über der heterotypischen Mitose, „dass an den Segmenten nicht auf längere Dauer die Enden der Spaltfäden verschmelzen und zusammenhängende Schlingen entstehen, sondern dass die Spalt- fäden rasch völlig getrennt werden“, noch bevor dieselben im Aequator der Spindel eingestellt sind. In diesem finden wir die 24 Segmenthälften regelmässig bereits völlig der Länge nach von einander separirt (Fig. 73). In der Aequatorialgegend ver- verweilen sie dann nach ihrer weitern Entfernung von einander noch längere Zeit, ehe sie sich zu den Tochtersternen ordnen (Fig. 74). Diese frühzeitige völlige Längstrennung der Schwesterfäden von einander, ist bereits von Flemming (13) beschrieben und als ein Hauptkennzeichen der homöotypischen Mitose hinge- stellt worden. Es fragt sich nun aber, wie sich unter solchen Umständen der Theilungsmechanismus gestaltet; würde jeder Zu- sammenhang zwischen den Spalthälften fehlen, so würde ihre Ein- stellung in die Aequatorialebene überhaupt nicht möglich sein. A In der That zeigt sich, dass die der Länge nach völlig getrennten Schwesterfäden noch durch einen achromatischen Faden (eine Lininfaser) verbunden sind, welche sich von Schlei- fenwinkel zu Schleifenwinkel herüberspannt (Figg. 73, 74). Aus- nahmsweise ist noch ein zweiter derartiger Faden zwischen zwei einander gegenüberliegenden Punkten der Schwestersegmente vorhanden. Diese Fäden werden nun im Verlauf der Mitose zuerst an- gespannt und später gedehnt. Dadurch erklärt es sich, wie die Spalthälften, trotzdem sie der Länge nach völlig getrennt sind, dennoch in den Aequator der Spindel eingestellt werden und nach ihrer weitern Entfernung von einander noch längere Zeit in dessen Nähe verharren können. Man könnte daran denken, die hier beschriebenen Fäden, welche bei der homöotypen Mitose die Tochterehromosomen ver- binden, den von van Beneden (3) und Boveri (6) bei Ascaris beschriebenen ‚Verbindungsfäden (filaments r&unissants) analog zu setzen. Sie unterscheiden sich jedoch von den letzteren dadurch, dass sie nicht die auseinanderweichenden Enden, sondern die Schleifenwinkel der Tochterelemente verbinden und dass sie eine hervorragende mechanische Bedeutung besitzen, welche für die filaments r&unissants wenigstens nicht klar zu Tage liegt. ur er Ueber die Entwieklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 63 Die Anaphasen der homöotypen Mitose sind (Flemming) mit Bezug auf das Verhalten des Chromatins denen der hetero- typischen ähnlich mit Ausnahme davon, dass die zweite Längs- spaltung hier fehlt. Was das Mierocentrum und die Sphäre anlangt, so ist hier zunächst zu erwähnen, dass es zwischen der ersten und zweiten Reifungstheilung nicht zur Rekonstitution einer kompakten Sphäre, wie sie in der Fig. 41 vorliegt, kommt. Man findet statt dessen eine verschieden grosse Zahl homogen aussehender Ballen und Brocken von Sphärensubstanz, neben oder zwischen welchen die Centralkörper liegen. Mit Bezug auf die achromatische Figur der Mitose kann ich mich kurz fassen, da ihr Verhalten mit demjenigen bei der heterotypischen Theilung ziemlich genau übereinstimmt. Im Be- ginn der Mitose rücken die Centralkörper, indem sie durch eine Strahlung mit der Zellperipherie in Verbindung treten auf den Kern zu; hinsichtlich der folgenden Stadien ist als Abweichung von der heterotypischen Theilung zu bemerken, dass die Central- spindel häufig bereits sehr beträchtlich herangewachsen ist, bevor es zur Auflösung der Kernmembran kommt. Die weiteren Stadien bieten nichts abweichendes; jedoch ist das in den Anaphasen erfolgende Wachsthum der Centralspindelfasern verhältnissmässig viel stärker als bei der heterotypischen Mitose (Figg. 75, 76). Die Ausbildung des Strahlenschirmes um die Centralkörper und die Verschiebung der letzteren in den Telophasen verlaufen in diesen Zellen ebenso wie dort; die Gestaltsänderungen der Zellen in der Richtung der längsten von den Centralkörpern ausgehen- den Strahlen sind besonders ausgesprochen. Fig. 82 stellt ein Endstadium der Centralkörperverschiebung nach Abschluss der homöotypen Mitose dar, in welchem die Microcentren annähernd symmetrisch zur neugebildeten Zellmembran liegen; das weitere Verhalten der Centralkörper in der „Spermatide* werde ich in einer folgenden Arbeit auseinandersetzen!). 1) Vergl. übrigens hierzu die Anmerkung auf pag. 70. 64 Friedrieh Meves: V. Zur Reductionsfrage im Salamanderhoden. Gemäss der Beschreibung, welche ich oben von dem Ver- lauf der Reifungstheilungen im Salamanderhoden gegeben habe, ist hier für eine Reductionstheilung im Weissmann’schen Sinne ebenso wenig Platz wie nach Brauer (8) bei Ascaris und nach Moore (34) bei Elasmobranchiern. Beide Theilungen, die hetero- typische sowohl wie die homöotypische sind, wie es schon die Flemming’sche Darstellung (13) zeigt, Aequationstheilungen ; in beiden werden gleiehwerthige („identische“) Chromosomen auf die Pole vertheilt. Was zunächst die heterotypische Mitose anlangt, so habe ich im Anfang eine Zeitlang geglaubt, an die Möglichkeit denken zu müssen, dass hier eine Reductionstheilung vorliegt: indem näm- lich die an den Enden mit einander verklebten Doppelfäden, ohne eine Umformung zu erleiden, so über die Spindel gezogen würden, dass die verklebten Fadenenden im Stadium der Tonnenform den Polen zunächst zu liegen kämen. Eine genaue Verfolgung der Anheftung der Chromosomen an die Spindel hat mir jedoch die Richtigkeit der Flemming- schen Beschreibung völlig bestätigt, nach welcher die.durch die Längsspaltung entstandenen Schwesterfäden auf die beiden Pole vertheilt werden. Beweisend ist in dieser Hinsicht z. B. die Fig. 55, in weleher an mehreren Fädenpaaren die Endverklebung der Fäden ausgeblieben ist; man erkennt ohne weiteres, dass nicht diese Enden, sondern die Mitten der Schwesterfäden es sind, welehe zu den Stellen der polaren Umkniekungen werden. Die Tochterschleifen der heterotypischen Mitose zeigen nun bereits im Dyaster die von Flemming entdeckte zweite Längs- spaltung, welche jetzt allgemein als Vorbereitung für die nächst- folgende Mitose aufgefasst wird. Diese Längsspaltung wird im folgenden Spiremstadium zu- nächst wieder undeutlich, tritt dann aber aufs neue beim Eintritt in die zweite Reifungstheilung hervor, durch welche die Schwester- fäden auf die beiden Pole vertheilt werden. Die zweite homöo- typisch verlaufende Reifungstheilung ist also ebenfalls eine Ae- quationstheilung. Wir können demnach beim Salamander, wie bei Ascaris (Brauer) und Elasmobranchiern (Moore) höchstens davon Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 65 sprechen, dass in den Theilungen der Reifungsperiode (in Folge des Ausfalls eines Ruhestadiums zwischen ihnen) eine Herab- setzung der Chromatinmasse erfolgt). Dem steht die bereits oben kurz referirte Beschreibung vom Rath’s (42) entgegen, nach welcher im Salamanderhoden eine echte Reduction im Weissmann ’'schen Sinne vorhanden sein soll, welche an die hier auftretenden, zuerst von Flemming (13) beschriebenen Vierer geknüpft ist. Flemming hat Gruppen von zu vieren angeordneten Chromatinkugeln nur in einem Hodenlappen in vier Cysten beob- achtet und, wie schon angeführt, als Anomalien beschrieben; hinsichtlich ihrer Entstehung sagt er, dass in den bezüglichen Cysten keine Figuren zu finden waren, welche man als zuge- hörige Knäuel oder Asterformen hätte in Anspruch nehmen können, In einer der Cysten aber fanden sich unmittelbar neben Figuren der beschriebenen Art Mitosen von der gewöhnlichen homöoty- pischen Form und noch mehrere solche daneben, den Metaphasen entsprechend. „Ich möchte denken“, sagt Flemming, „dass die abnormen Theilungen aus derartigen Formen aberrirt haben. Was aus ihnen wird, weiss ich noch nicht, da die Cysten keine Stadien enthalten, die als letzte Anaphasen hieraus anzusprechen wären“. 1) In (50) habe ich Beobachtungen beschrieben, nach welchen in Frühjahrshoden aus dem Kern der grossen Spermatogonien Chro- matin eliminirt wird, welches zum Theil zum Aufbau der Sphäre Ver- wendung findet. Mit Bezug auf diese Vorgänge habe ich damals die Vermuthung ausgesprochen, dass ihnen unter anderm vielleicht für die der Reifung vorangehende Zahlenverminderung der Chromatin- elemente Bedeutung zukommt. Jedoch habe ich eine Elimination von Chromatin nur in den grossen Spermatogonien, in welchen im Spät- sommer die Sphäre sich fragmentirt und die Kerne polymorph werden, beobachtet, nicht aber in den mittleren und kleinen Formen derselben. In diesen letzteren beträgt aber, wie ich festgestellt habe, die Schlei- fenzahl ebenso wie in den grossen Spermatogonien, 24. Die Zahl 12 tritt erst nach Ablauf der Wachsthumsperiode in den Spermatocyten auf. Daraus geht hervor, dass die von mir geschilderte Chromatin- elimination nicht für die Herabsetzung der Chromosomenzahl in den Spermatocyten verantwortlich gemacht werden kann; diese letztere dürfte vielmehr entsprechend der allgemeinen Annahme in dem „Aus- fall einer Quertheilung bei der Segmentirung eines kontinuirlichen Knäuels“ (Rückert) ihren Grund haben. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 5 66 Friedrich Meves: Haecker (18) sprach nun, wie oben erwähnt, zuerst ver- muthungsweise aus, dass die von Flemming beobachteten Vierer- gruppen als normale Vorgänge in die Reifungsperiode hineinge- hören. Diese Vermuthung fand vom Rath durch seine Unter- suchungen (42) bestätigt. Nach vom Rath tritt nach den drei Generationen der Sperma- tocyten Flemming’s zunächst eine vierte grosszellige auf, deren Zellen sogar diejenigen der ersten Generation an Grösse wesentlich übertreffen und daher leicht kenntlich sind. Vom Rath nimmt an, dass zwischen der dritten Generation Flemming’s und dieser vierten Generation eine längere Ruhephase eintritt, während welcher die Zellen, die durch die schnell aufeinander folgenden Theilungen an Grösse wesentlich einge- büsst haben, sich wieder erholen und wachsen. In seiner Fig. 4 Taf. VII bildet vom Rath (42) eine grosse Zelle, die nach ihm zu dieser vierten Generation gehört, mit grossem Kern „im typischen Ruhezustand“ ab. Die Theilungen der Zellen dieser vierten Generation verlaufen nun in der Hauptsache „nach dem Schema der heterotypen Variante“, weichen jedoch von dieser in folgendem Punkte ab. Wenn bei der Metakinese im Aequator der Durchbruch der 12 Ringe stattgefunden hat und die Schleifen nach den beiden Polen der Spindel angezogen werden, bemerkt man zunächst eine Verdiekung der Schleifen. Im Dyaster findet dann die secundäre Längsspaltung der Schleifen statt und diese 24 Schleifen wandeln sich durch Verkür- zung jedes Schleifenschenkels auf Kugelform und Durchbruch an der Umknickungsstelle in 48 Kugelchromosomen oder 12 Gruppen von je vier Kugeln um. Ein Dispirem und nachfolgendes Ruhestadium des Kernes bleibt nun nach vom Rath vollständig aus. In einem gleich darauf fol- senden Stadium treffen wir vielmehr die Vierergruppen „in einer eigenthümlichen Umordnung in einer Spindelfigur“ an. Vom Rath bildet eine bereits fertige Spindel ab, über welche die Vierergruppen unregelmässig verstreut sind. Während Flemming ein ähnliches Bild als eine Metakinese ansieht und glaubt, dass die Gruppen die Tendenz hätten, sich nach den Polen zu begeben, nimmt vom Rath umgekehrt an, dass die Vierergruppen jetzt erst in die Aequatorialebene rücken. Vom Rath hat häufig Bilder vor Augen gehabt, „in welchen die Vierergruppen derart im Aequator standen, dass aus jeder Gruppe zwei Kugeln nach dem einen Pol der Spindel und die beiden anderen nach dem anderen Pol gerichtet waren“. Bei dem nunmehr erfolgen- den Auseinanderrücken der beiden Platten nach den Polen der Spindel werden die Vierergruppen in zwei Zweiergruppen zerlegt und jeder Tochterkern erhält 24 Chromosomen und 12 Zweiergruppen. Da nun auf diese (fünfte) Theilung sofort eine zweite (sechste) mit Ueber- springen des bläschenförmigen Ruhezustandes des Kernes erfolgt und zwar senkrecht auf die erste Theilungsebene, werden jetzt die 12 Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 67 Paarlinge von einander separirt und jeder Tochterkern erhält somit 12 Chromosomen. Da also vom Rath diese Vierertheilungen als die Theilungen der Reifungsperiode ansieht, glaubt er die vorhergehenden Zellgene- rationen, nach ihm vier an der Zahl, als Ursamenzellen zur Vermeh- rungsperiode rechnen zu müssen. Eine Ruhe- und Wachsthumsphase fällt im Salamanderhoden überhaupt aus, indem die Dyasteren der vierten Generation, aus welchen sich die Vierer bilden, sofort in die erste Reifungstheilung, also aus der Vermehrungsperiode gleich in die Reifungsperiode, eintreten. Ich habe mich nun durch meine Untersuchungen von der gänz- lichen Unrichtigkeit der vom Rath’schen Darstellung überzeugt. Die Beschreibung, welche ich selbst von der Entwicklung der Geschlechtszellen des Salamanders gegeben habe, steht durch- aus mit dem, was wir von anderen Thieren her kennen, im Ein- klang. Ich habe zunächst das Vorhandensein einer typischen Wachsthumsperiode, allerdings an anderer Stelle, als an derjenigen, wo sie vom Rath gesucht hat, nachgewiesen. Die Existenz einer vierten (vom Rath) heterotypisch sich theilenden Generation kann ich ebensowenig als diejenige zweier darauf folgender Gene- rationen, in welchen Vierergruppen auftreten, anerkennen; denn, wie ich oben auseinandergesetzt habe, und wie es nach meinen Untersuchungen auch Flemming annimmt, treten nach Ablauf der Wachsthumsperiode überhaupt nur zwei Generationen von Spermatocyten auf. Was zunächst die vierte Generation vom Rath’s anlangt, so handelt es sich bei seiner Fig. 4, welche das Ruhestadium derselben darstellen soll, um nichts als um eine wahrscheinlich m der Peripherie des Hodens gelegene grosse Spermatocyte, deren Kern die speeifische Osmiumwirkung zeigt; das Kerngerüst ist nahezu unkenntlich geworden, während dagegen die Nucleolen deutlich hervortreten. Eine so veränderte Zelle hat vom Rath als das Ruhestadium einer besonderen vierten Generation abgebildet. Ich will jedoch zunächst davon absehen, dass die vierte Generation vom Rath’s überhaupt nicht existirt, und seine weiteren Angaben über die Entstehung der Vierergruppen und ihre Viertheilung in zwei folgenden Generationen prüfen. Nach vom Rath sollen die Vierergruppen zuerst im An- schluss an eine heterotype Theilung sieh bilden. Hiergegen ist zunächst zu bemerken, dass sie m dem von Flemming beobach- 68 Friedrich Meves: teten Fall aus der Aequatorialplatte einer homöotypen Mitose durch Anschwellung des Schleifenschenkels auf Kugelform hervorgingen; diese Art der Entstehung habe ich wiederholt bestätigen können. Andrerseits ist bereits von Flemming eine nach dem Plan der heterotypischen Theilung aufzufassende Tonnenform ‚,‚mit auffallend kurzen Segmenten“ dadurch entstanden, dass die Chro- matinreifen sich stark verkürzt und verdickt haben, beschrieben worden. In den Dyasteren derselben kann, was Flemming nicht beschreibt, was ich aber vom Rath bestätigen kann, noch eine weitere Verkürzung und Verdickung der Schleifenschenkel bis auf Kugelform und Durchbruch an der Umknickungsstelle zu Stande kommen. Flemming hat auch in Dyasteren mit kur- zen Segmenten Längsspaltung gesehen; wenn die Schleifenschen- kel zu Kugeln angeschwollen sind, mögen hierdurch, wie es vom Rath beschreibt, Gruppen von je vier Kugeln entstehen. Jedenfalls besteht aber zunächst die Thatsache, welche nicht in die vom Rath’sche Darstellung passt, dass auch aus den Metaphasen der homöotypen Theilung Vierer entstehen können. Jedoch will ich von diesen letzteren absehen und zunächst nur die Vierergruppen, welche aus dem Dyaster der heterotypen Mitose hervorgehen, ins Auge fassen. Nach vom Rath gehören dieselben in den Entwicklungseyelus der Samenzellen hinein. Wenn das wirklich der Fall wäre, müsste man sie viel häufiger finden. Man trifft diese aber ebenso wie diejenigen, welche aus homöotypischen Figuren sich ableiten, zu keiner Jahreszeit an- ders als selten (vergl. Flemming) und, wenn überhaupt, stets nur in vereinzelten Cysten an. Nach vom Rath sollen diese Vierer, welche aus dem Dya- ster einer heterotypischen Generation hervorgehen, durch zwei fol- sende Theilungen geviertelt werden. Flemming lässt allerdings die Möglichkeit zu, dass die Mitosen mit kurzen Segmenten nor- male Theilungen im Gefolge haben. Jedoch müsste dies dann offen- bar eine homöotype Theilung sein. Ich habe wenigstens niemals im Salamanderhoden Prophasen einer Mitose beobachtet, bei welcher die Chromatinelemente Kugelform gehabt hätten. Toch- terkerne mit kugeligen Chromatinkörpern, aus aberrirenden, theils heterotypen theils homöotypen, Theilungen hervorgegangen, sind mir dagegen häufig zu Gesicht gekommen. Niemals aber habe ich Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 69 konstatiren können, dass diese Tochterkerne auch nur eine einzige neue Mitose eingehen, während die Dyasteren der „vierten Genera- tion“ vom Rath’s nach ihm noch zwei (!) Theilungen durchmachen. Nach meinen Beobachtungen verfallen vielmehr die Töchter sämmtlieher Mitosen, deren Chromatinelemente Anschwellung der Sehleifensehenkel auf Kugelform zeigen, mehr oder weniger rasch der Degeneration. Man kann häufig beobachten, dass, während noch derartige Mitosen in einer Cyste ablaufen, ein anderer Theil der Zellen, welcher die Theilung gerade überstanden hat, bereits in Degeneration übergegangen ist. Als Anomalien geben sich diese Mitosen übrigens auch schon durch ihre überaus häufige Pluripolarität und die verschiedene Grösse der Tochterzellen und Tochterkerne zu erkennen und da- durch, dass eine Theilung des Zellleibes häufig ausbleibt, so dass mehrkernige Zellen entstehen. Gewiss kommen auch bei hetero- typischen und homöotypischen Mitosen, deren Chromatin normale Formen zeigt, pluripolare Theilungen vor. Aber bei diesen sind sie sehr selten, während sie bei denjenigen Mitosen, die in Vierer übergehen, ganz gewöhnlich sind. Nach alledem kann ich nicht anerkennen, dass Mitosen mit zu vieren angeordneten Chromatinkugeln in den Entwicklungs- cyelus der Samenzellen des Salamanders hineingehören. Es fragt sich aber doch, ob diesen Theilungen nicht viel- leicht noch eine tiefere Bedeutung als diejenige blosser Anomalien zukommt. Hieran glaube ich allerdings denken zu müssen, nach- dem Vierergruppenbildung, und zwar als Einleitung zu. einer echten Reduetionstheilung im Sinne Weismann’s, durch vom Rath (41), Haecker (19), Rückert (47) u. a. bei verschie- denen Thieren festgestellt worden ist. Meiner Ansicht nach wäre zu erwägen, ob die jetzt nur noch als Anomalien im Salamander- hoden auftretenden Vierer vielleicht Bedeutung auf früheren Stu- fen phylogenetischer Entwicklung besessen haben, im Laufe der letzteren aber vielleicht gegen eine andere Art der Reifungsthei- lung aufgegeben sind. In dieser Beziehung stehen die Viererbildungen im Salaman- derhoden anscheinend auf annähernd derselben Stufe mit eigen- thümlichen mitotischen Processen, die ich in jungen eben erst in die Wachsthumsperiode eingetretenen Ovocyten von Salaman- derlarven (32) beschrieben habe; Processe, die mit Vierergruppen- 70 Friedrich Meves: bildung durch Längsspaltung der Chromosomen und darauf fol- gender Querspaltung einhergingen und mit Degeneration der Ovo- cyte endigten. VI. Ueber das Verhalten des Verbindungsstücks des reifen Samenfadens bei der Eisenhämatoxylin- färbung. Die auf die zweite Reifungstheilung folgende Entwicklung der Geschlechtszellen, die Umwandlung der Spermatiden in Sper- matozoen gedenke ich in einer folgenden Abhandlung darzule- gen. An dieser Stelle möchte ich nur noch zu der Darstellung R. Fiek's (12) über das Verhalten des Verbindungsstücks des reifen Samenfadens bei der Eisenhämatoxylinfärbung eine An- merkung machen. R. Fick hat beschrieben, dass bei Anwendung dieser Me- thode beim Axolotl das ganze Verbindungsstück sich intensiv schwarz färbt. Er hat versucht, „durch weitere Differenzirung zur Darstellung feinerer Details im Verbindungsstück etwa eines oder mehrerer Centrosomen zu gelangen“, aber er erhielt „nur eine unregelmässige, meist allerdings von aussen nach innen und von vorn nach hinten fortschreitende totale Entfärbung“ desselben. Zunächst wird nach seiner Schilderung das Verbindungsstück dünner, dann konisch mit vorderer Spitze, oder aber die Entfär- bung geht in der Mitte schneller vor sich, dann entstehen bis- euitähnliche Formen ete. und schliesslich ist das ganze Verbin- dungsstück entfärbt. Ich habe die sämmtlichen von Fick beschriebenen Bilder gleichfalls erhalten, finde jedoch, dass beim Salamander eine an der Grenze zwischen Verbindungsstück und Schwanz liegende Partie stets noch einige Zeit, nachdem das übrige Verbindungs- stück farblos geworden ist, der Entfärbung widersteht, sodass ich denken möchte, dass hier eine besonders beschaffene Stelle des- selben, meiner Ansicht nach der ringförmige Körper Hermann’s, vorliegt !). 1) Was die von Hermann sog. „chromatischen Bestandtheile des Nebenkörpers“ in den Spermatiden des Salamanders anlangt, so habe ich nach Niederschrift dieser Arbeit bezüglich ihrer Herkunft feststellen können, dass sie sich von den beiden Centralkörpern der Spermatide direet ableiten. Der eine Centralkörper erfährt ein kolossales Wachs- Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 71 Untersuchungsmethode. Zur Fixirung habe ich vorzugsweise das von Hermann em- pfohlene Gemisch von Platinchlorid, Osmiumsäure und Eisessig ange- wandt; ausserdem Flemming'sches Gemisch, Sublimat- Eisessig, Zenker’sche Lösung; letztere hat mir bei den grossen Spermato- gonien einige Male recht gute Resultate ergeben. In den Osmiumge- mischen wurden die Objecte meist 1—2 Monate belassen und dann häufig noch in toto mit rohem Holzessig weiter behandelt. Einbettung in Paraffin. Aufkleben mit Eiweiss, kombinirt mit Wasser. VonFärbungsmethoden benutzteich hauptsächlich dieFlemming- sche Dreifachbehandlung und die Eisenhämatoxylinmethode nach M. Heidenhain; letztere für das Studium der kleinen Spermato- gonien und Spermatocyten fast ausschliesslich; wobei ich die Vorbe- handlung mit schwefelsaurem Eisenammonoxyd an dem mit Osmium- gemischen fixirten Material meist bis auf 6 Stunden ausdehnte; Fär- bung mit wässerigem Hämatoxylin v. 1/,%/, 12—18 Stunden. Literatur-Verzeichniss. 1. 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Letzteres lässt jedenfalls nicht, wie Hermann angiebt, die „undulirende Membran“ aus sich hervorgehen, sondern dürfte sich in den spätern Stadien der Sperma- tozoenentwicklung dem „Mittelstück“ dicht anlagern und mit ihm ver- schmelzen. 20. Friedrich Meves: Centrosomen und Verwandtes. Verh. d. phys.-med. Ges. zu Würz- bure, N. FE. Bd. 29, 189. Brauer, A., Die Spermatogenese von Ascaris megalocephala. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 42, 1893. Bretland Farmer, J. und Moore, J. E. S., On the essential Similarities existing between the heterotype nuclear Divisions in Animals and Plants. Anat. Anz. Bd. 11, 1895. Carnoy, J. B., La eytodierese chez les Arthropodes. La cellule, t. I, 1885. Drüner L., Studien über den Mechanismus der Zelltheilung Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. 29, N. F. 22, 1894. 2. Fick, R.,, Ueber die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 56, 1893. Flemming, W., Neue Beiträge zur Kenntniss der Zelle. Theil I. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 29, 1887. 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Diejenigen der folgenden drei Tafeln, Fig. 31—82, sind dagegen mit Zeiss’. Apochro- mat 2 mm (Apert. 1,40) und Ocular 8 (Tubuslänge 17,5 em, Projection auf Objecttischhöhe) gezeichnet; sie sind daher stärker als die ersteren (Fig. 4—30) vergrössert. Sämmtliche Figuren (mit Ausnahme der Fig. 39, aus dem Genitalstrang einer ausgewachsenen weiblichen Larve) be- treffen Zellen aus dem Hoden des erwachsenen Salamanders. Tafel I. Fig. 1. Hoden von Salamandra maculosa, von Ende Juli, nach Fixirung mit Flemming’'schem Gemisch. 21/, malige Lupenvergrösse- rung. In den Zipfeln a und e sind die grossen Spermatogo- nien, in der Parthie b des vorderen Lappens die kleinen Sper- matogonien, in c die Spermatocyten enthalten. Die Lappen d beherbergen reife Spermatozoen. Spermatogonien mittlerer Grösse nach Beginn der Cysten- bildung. Zeiss’ System D, Ocular 1. Projection auf den Ar- beitstischh Hermann'’sches Gem., Eisenhäm. Fig. 3. Spermatocysten, mit kleinen Spermatogonien erfüllt, zu einem dickwandigen Bläschen (Cyste) zusammengelagert. Vergrösse- rung wie bei Fig. 2; dieselbe Färbung. Fig. 4. Grosse Spermatogonie aus der Parthie ce des vorderen Lappens (Bindegewebe zwischen den Cysten). Der Kern zeigt mehr- fache Chromatinbrocken und ein Lininnetzwerk; im Uebrigen ein helles Innere. Sphäre mit deutlicher Umhüllungsmembran, ohne Trennung in zwei Zonen; lässt eine fädig-netzige Be- schaffenheit des Innern erkennen. Centralkörper doppelt. Hermann'sches Gem., Eisenhäm. Fig. 5. Grosse zweikernige Spermatogonie aus dem vorderen Zipfel a des Hodens. Kerninneres durch Niederschläge im Kernsaft diffus färbbar geworden. Grosse Sphäre mit mehrfach unter- = 3 to Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Oo Fig. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 75 brochener (durchlöcherter) Umhüllungsmembran und mit Aussen- und Innenzone. Letztere von voluminösen Körpern erfüllt; Centralkörper dazwischen nicht erkennbar. Auch die Aussen- zone ist nicht homogen, sondern von körnigem Aussehen. Hermann'’sches Gem., Holzessig, Dreifachbehandlung nach Flemming. — Auf der Versammlung der anatomischen Ge- sellschaft in Berlin 1896 demonstrirt. Grosse Spermatogonie im Stadium des Spirems. Sphäre in Scheibenform der Kernmembran angelagert. Strahlung der Zellsubstanz, auf die Sphäre als Ganzes gerichtet. Central- körper im Innern der Sphäre auseinanderrückend, durch ein- zelne Fäserchen mit der Sphärenmembran in Verbindung stehend. Die Längsaxe der jungen Spindel bildet einen Win- kel mit der Kernmembran. Hermann'sches Gem., Eisenhäm. 7, 8. Spermatogonien nach Beginn der Cystenbildung. Her- /# 8. mann'sches Gem., Holzessig, Eisenhäm. Sphärenmembran grösstentheils geschwunden. Strahlige An- ordnung der Zellsubstanz. Längsaxe der jungen Spindel steht annähernd senkrecht zur Kernmembran. Spindel stark gewachsen; trotzdem steht ihre Längsaxe (aus- nahmsweise) noch senkrecht zur Kernmembran. 9—24. Grosse Spermatogonien. 3 10. br ht Centralspindel im Innern der Sphäre. Sphärenmembran nur erst auf der den Chromosomen zugewandten Seite geschwun- den. Mantelfasern. Strahlung in der Zellsubstanz auf die Sphäre als Ganzes gerichtet, noch nicht bis an die Central- körper verfolgbar. Hermann’sches Gem., Safranin, Dela- field’sches Häm. Strahlung der Zellsubstanz in directe Verbindung mit den Centralkörpern getreten. Nur ein Centralkörper im Schnitt. Sphärensubstanz an der Peripherie der Spindel. Hermann- sches Gem., Holzessig, Dreifachbehandlg. Mutterstern (Uebergang zur Metakinese) einer grossen Sper- matogonie, abgebildet, um die Entwicklung der Spindel in diesem Stadium zu zeigen. Zenker’s Gem. Färbung mit Biondi’scher Lösung nach Drüner (11). 13. Uebergänge vom Dyaster zum Dispirem. Centralspindel- fasern im Vergleich mit Fig. 11 stark gewachsen. Pole und Tochterkerne in stark peripherer Lagerung. Zelle in 13 stark in die Länge gestreckt. Behandlung bei 12 wie bei 11; bei 13 Hermann’sches Gem., Safranin, Gentiana, Gram’'sche Jodjodkalibehandlung. g. 14—24. Tochterringkerne in der in (29) beschriebenen Weise aus Mitose hervorgegangen. Telophase einer Tochterzelle. Untere Hälfte des Ringkerns. Centralkörper haben ihre stark periphere Stellung (Fig. 12, 13) aufgegeben und sind durch das Kernloch hindurch, also stär- 76 Fig. 15. Fig. 16. Friedrich Meves: ker als der Kern, äquatorialwärts gewandert. Ein Theil der Centralspindelfasern im Zwischenkörperchen zusammengefasst. Ein von der Hauptmasse abgesprengtes Chromosom liegt auf der äquatorialen Kernseite zwischen den Spindelfasern und ist hier zu einem selbständigen kleinen Kernchen geworden. Hermann'sches Gem., Holzessig, Eisenhäm. Ringkerne, Tochterknäuelform. Einstellung auf die Mitte des Kernlochs. In der unteren Zelle sind die Centralkörper stär- ker als der Kern äquatorialwärts gewandert, sodass die Sphäre von vornherein (ohne dass ein Stadium wie Fig. 16, obere Zelle, vorherging) auf der äquatorialen Kernseite entstanden ist. In der oberen Zelle liegt die Sphäre im Kernloch. Her- mann’sches Gem., Holzessig, Dreifachbehandlung. Tafel II. Ringkerne; Chromatin im Begriff zum Ruhestand zurückzu- kehren. In der oberen Zelle sieht man den Ringkern von der Kante; Hauptmasse der Sphäre auf der äquatorialen Kern- seite vor dem Kernloch liegend und einen polwärts gerich- teten Fortsatz in dieses hineinsendend. Unterer Ringkern gedreht und daher von der Fläche gesehen; Kernloch durch ein kleines Scheibchen (den optischen Querschnitt eines Sphären- fortsatzes) ausgefüllt. Hermann'’sches Gem., Beizung mit Kalium hypermanganie., Safranin. Fig. 17—24. Abweichungen vom gewöhnlichen Verlauf der Mitose; Text pag. 25, 26. In den Fig. 17-19 ist die Theilung des Zellleibes, in den Fig. 20—24 auch diejenige der Sphäre aus- geblieben. . Dispirem. Tochtersphären und -kerne haben ihre stark peri- phere Lage aufgegeben. Zellform rund. Sphären noch nicht völlig rekonstituirt, durch einen Körnerkranz gegen die um- gebende Zellsubstanz abgegrenzt; füllen die Oeffnungen der Ringkerne aus und sind durch die Fasern der kontrahirten Centralspindel miteinander, dureh die Polstrahlung mit der Zellperipherie verbunden. Hermann'’sches Gem., Safranin, Delafield’'sches Häm. Fig. 18—24. Das Chromatin der Tochterkerne, welches in sämmtlichen Fig. 18. Fig. 19. Figuren zum Ruhezustand zurückgekehrt war, ist in den Zeichnungen nicht wiedergegeben worden. Sphären völlig rekonstituirt, die Oeffnungen der Ringkerne ausfüllend. Hermann’sches Gem., Dreifachbehandlung. Sphären aus den Oeffnungen der Tochterkerne auf die äqua- torialen Kernseiten herausgerückt. Zenker’s Lös., Färbung mit Biondi’scher Lös. nach Drüner, Fie. 20—24. Sphärensubstanz ungetheilt geblieben. 5 I 5 5 Fig. 20, 21. Sphäre von der Form eines Stabes, auf welchen die beiden Ringkerne wie zwei Räder auf ihre Axe ausgestreckt sind. Di nn A a Fig. Fig. Fig. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 77 99 23. . 24. . 25, won: 180) —] 29. In Fig. 21 zeigt dieser Stab in der Mitte zwischen den beiden Kernen eine Anschwellung. Hermann ’sches Gem., Holzessig, Dreifachbehandlung. Sphäre zu einem auf dem Längsschnitt ovalen Gebilde abge- rundet. Hermann'sches Gem., Dreifachbehandlung. Sphäre zwischen den Tochterkernen liegend, in das Loch des oberen einen dicken Fortsatz hineinsendend. Hermann ’sches Gem., Holzessig, Dreifachbehandlung. Sphäre in Kugelform zwischen den Tochterringkernen an den Gegenpolseiten beider. Hermann'’sches Gem., Dreifachbe- handlung. . 25—30. Besonderheiten der Telophasen, wie sie in einem Theil der grossen Spermatogonien und besonders derjenigen mitt- lerer Grösse zu beobachten sind, Tochterringkerne. 26. Spermatogonien mittlerer Grösse. Hermann’sches Gem., Eisenhäm. Oberer Tochterkern so weit gedreht, dass seine Ebene mit der neugebildeten Zellwand einen Winkel von ungefähr 45° bildet. Kern von der Kante gesehen. Starke Polstrahlung, nach links oben abgehend. . Ringkerne so weit gedreht, dass ihre Ebenen mit der neuge- bildeten Zellwand einen Winkel von 90° bilden; von der Kante gesehen. Centralkörper, im Kernloch gelegen, stehen einer- seits durch Spindelfasern mit dem Zwischenkörperchen, anderer- seits durch eine Polstrahlung von auffallender Länge und Stärke mit den linken Seiten der Tochterzellen in Verbindung. 28. Grosse Spermatogonien. Hermann'’sches Gem., Safranin, Gentiana, Gram’sche Jodjodkalibehandlung. Ringkerne, um ce. 450 gedreht, von der Kante gesehen. Chro- matin zum Ruhezustand zurückgekehrt, in der Zeichnung nicht wiedergegeben. Die der neugebildeten Zellwand zunächst liegende Seite der Kernringe verdünnt. Sphären die Kern- löcher ausfüllend. Ringkerne um 90° gedreht, im Stadium des Dispirems, von der Fläche gesehen. Kernlöcher nach der Seite der neuge- bildeten Zellwand hin excentrisch verlagert; von den kegel- förmigen Sphären ausgefüllt. Kegelbasis derselben in der oberen Zelle nach unten, in der unteren dem Beschauer zu- gekehrt. Residuen des Zwischenkörperchens und Central- spindelreste. Ringkerne, um 900 gedreht, von der Fläche gesehen. Chro- matingerüst zur Ruhe zurückgekehrt. Kernloch stark ex- centrisch nach der neugebildeten Zellwand hin verlagert. Die dieser letzteren zunächst liegende dünne Seite des Kern- ringes wird in der linken Zelle ganz von der rekonstituirten Sphäre umlagert: Ringkern mit Ringsphäre. In der rechten Zelle war das Verhältniss der Sphäre zum Kernring nicht 18 Fig. 30. Friedrich Meves: klar zu erkennen. Zwischenkörperchen. Hermann'’sches Gem., Holzessig, Eisenhäm. Grosse Spermatogonie. Ringkern, dessen &dine Seite zu einer dünnen Brücke ausgezogen ist, welche durch die Sphäre hin- durchbohrt. Centralkörper in der Sphäre dargestellt. Be- handlung wie bei 29. Tafel III. Sämmtliche Abbildungen der folgenden drei Tafeln (mit Aus- nahme von Fig. 39, Hermann'sches Gem., Safranin, Gentiana, Gram- sche Jodjodkalibehandlung) sind nach Präparaten gezeichnet, welche mit Hermann’schem Gemisch fixirt und, zum Theil nach vorheriger Holzessigbehandlung, nach der EisenhämatoxylinmethodevonM.Heiden- hain gefärbt waren. Fig. 31. Fig. 33. Fig. 34. Fig. 36. Spermatogonie mittlerer Grösse kurz nach Beginn der Cysten- bildung; aus einem Sommerhoden (Juli). Sphäre undeutlich abgegrenzt. Kleine Spermatogonie aus einem Winterhoden (Februar), Sphäre scharf konturirt, aus Innenzone, Aussenzone und Umhüllungsmembran bestehend. Zwei Tochterzellen (Spermatogonien mittlerer Grösse, nach Beginn der Cystenbildung); Chromatingerüst des Kerns voll- ständig zur Ruhe zurückgekehrt. Centralkörper an zwei Stellen symmetrisch zur neugebildeten Zellwand einander gegenüber liegend. In dieser findet sich auf der Verbindungs- linie der Centralkörper (oder vielmehr etwas nach oben davon) die Stelle des Zwischenkörperchens, von welchem aus die Reste der Spindelstümpfe sich auf die Centralkörper zu erstrecken. Eine der Cystenwand anliegende Reihe von vier Zellen, in welchen die Centralkörper sämmtlich auf derselben (oberen, dem Cysteninnern zugekehrten) Seite der Kerne liegen. In den Wänden zwischen den Zellen, auf der Verbindungslinie ihrer Microcentren, finden sich die Residuen der Zwischen- körperchen, von welchen aus (wie in voriger Figur) Stränge (restirende Spindelstümpfe) auf die Centralkörper zu ziehen. Sphären nicht abgrenzbar. . Der Schnitt ist parallel der Cystenwand geführt (in der Rich- tung des Pfeils in Fig. 34, senkrecht zur Ebene der Tafel). Man erkennt, dass die Zellen nicht nur in einer, sondern in mehreren Richtungen durch Spindelstümpfe unter einander zusammenhängen und dass diese auf die Microcentren zu gerichtet sind. Dispiremstadium einer kleinen Spermatogonie. Nach Ablauf der Mitose hat sich um die Centralkörper eine Strahlung aus- gebildet, welche schirmförmig über die Tochterkerne herüber- Fig. Fig. Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 79 38. . 40. . 41. ..42. . 48. . 4. ..46. zieht. Diese Strahlenschirme sind, bei Einstellung auf die Centralkörper, im optischen Querschnitt dargestellt. Dispirem «einer kleinen Spermatogonie. Eine Tochterzelle, in der Ansicht vom Pol aus. Flächenbild des von den Central- körpern ausgehenden Strahlenschirms. Dispiremstadium einer kleinen Spermatogonie. Telokinese des Mierocentrums; dasselbe ist bis in die Nähe der neuge- bildeten Zellwand und des Zwischenkörperchens gelangt. Drei Ureier aus der Genitalanlage einer ausgewachsenen weiblichen Salamanderlarve. Sphären durch deutliche Stränge mit einander in Zusammenhang stehend. Centralkörper inner- halb der Sphären nicht dargestellt. Hermann’sches Gemisch, Safranin, Gentiana, Gram’sche Jodjodkalibehandlung. . 40—43. Zellen der Wachsthumsperiode. Ueber das Chromatinge- rüst der Kerne ist Text pag. 32 nachzusehen. Drei Zellen. Die Sphären (in den beiden nach rechts liegenden Zellen im Schnitt) scharf abgegrenzt, durch „Sphärenbrücken“ mit einander zusammenhängend. Ueber die Entstehung der letzteren vergl. Text pag. 34, 35. Zonen der Sphären. Innen-, Aussenzone und Umhüllungsschicht der Sphäre. Zwischen Innen- und Aussenzone radiäre Bälkchen. Text pag.32. Sphäre von einer Anzahl unregelmässig angeordneter, durch Eisenhämatoxylin intensiv schwarz gefärbter Stäbe („Neben- kernstäbe“, „Archoplasmaschleifen“ ?) durchsetzt. Text pag. 34. Drei Zellen, deren Sphären durch Brücken in Verbindung stehen; in der mittleren Zelle nur die Sphäre im Schnitt. Sphären ein helles Innere, in welchem die Centralkörper liegen, und eine dunkle, unregelmässig konturirte Randzone zeigend. g. 44—70. Erste, heterotypisch verlaufende Reifungstheilung. Fig. 44 bis 49 Knäuelstadien derselben. Enger feinfädiger Knäuel. Sphäre aus heller Mitte, in welcher die Centralkörper liegen, und einer dunklen Randpartie be- stehend, welche in Brocken zerfallen ist, die zum Theil noch unter einander zusammenhängen; durch zwei feine Fädchen (Spindelreste) mit den in der Zellwand gelegenen Residuen des Zwischenkörperchens (zwei geschwärzten Körnern) verbunden. . 45-49. Kerne im Stadium des lockeren Knäuels. r. AS. fo} Sphäre von Stäben durchsetzt, welche durch Eisenhämatoxylin intensiv schwarz gefärbt sind; im übrigen ähnlich, wie in voriger Figur. Kern nicht im Schnitt; Sphäre in eine Anzahl von Brocken zerfallen, die zum Theil noch durch dünnere Stränge in Zu- sammenhang stehen. Ansicht einer ähnlichen Sphäre von oben, wie sie in der rechten Zelle der Fig. 47 in der Seiten- ansicht dargestellt ist. Sphärensubstanz durch Fädchen (Spindelreste) oben und unten mit der Zellwand verbunden. Stabgebilde wie in Fig. 42 und 45. 80 Fig. AT: . 48, . 50. . 54. Friedrieh Meves: Tafel IV. Zwei Zellen mit Sphären wie in voriger Figur, deren Substanz im Begriff ist, sich an den Kern anzulagern. In beiden Zellen Schiefschnitte von Stäben, die durch Eisenhämatoxylin schwarz gefärbt sind. Die rechte Zelle stand nicht nur mit der linken, sondern auch noch mit zwei anderen (nicht gezeichneten) Zellen durch „Sphärenbrücken“ in Zusammenhang. 49. Sphärensubstanz dem Kern dicht angelagert. Concentrische Anordnung der Filarsubstanz um den Kern. In Fig. 49 Pol- feldanordnung der Uhromosomen. . 50-54. Fernere Stadien der heterotypischen Mitose. Spaltung und weitere Auflockerung der Chromatinfäden. Um die Centralkörper ist eine Strahlung aufgetreten, in Folge dessen der Kern, welcher in den Fig. 48, 49 die Mitte der Zelle einnahm, peripheriewärts verlagert ist. Die Central- körper haben den für das Stadium der Zellenruhe characte- ristischen Abstand noch nicht überschritten ; von einer Spindel ist noch keine Spur zu erkennen. Die Centralkörper liegen so, dass ihre Verbindung einen rechten Winkel mit der Kern- membran bildet. Brocken von Sphärensubstanz zwischen den von den Centralkörpern ausgehenden Strahlen. . Centralkörper bereits weiter entfernt, als in der folgenden Fig. 52. Abbildung nur gegeben, um die Lagerung der Sphärensubstanz zu zeigen, welche hier die Basis eines Kegels bildet, an dessen Spitze die Centralkörper liegen. . 52—54. Die in Fig. 50 von den Centralkörpern ausgehenden Strahlen sind stark in die Länge gewachsen, in Folge dessen der Kern noch weiter verlagert ist und Gestaltsveränderungen an ihm aufgetreten sind. . Erstes Stadium einer jungen Centralspindel. . 58. Die Kernmembran zeigt auf der oberen Seite eine starke Ein- buchtung (im Microscop als deutliche Delle zu erkennen!). In dieser Einbuchtung liegt die junge Centralspindel. Kernmembran auf der oberen Seite eingebuchtet. Central- spindel gewachsen; linker Pol derselben bereits durch Mantel- fasern mit Chromatinelementen verbunden. . Kernmembran geschwunden. Umformung der Chromatinreifen. Beschreibung pag. 40—42. . Tonnenform der heterotypischen Mitose. Nur vier Chromatin- elemente gezeichnet; diese ungleich gross. Um die Pole kaum eine Spur von Strahlung vorhanden. . Stark bauchige Tonnenform. Die Centralkörper liegen ein- ander näher als in Fig. 56. Nur drei Chromatinelemente ge- zeichnet. Text pag. 49, 50. . Chromatinelemente (nur drei gezeichnet) im Aequator getrennt. An der rechten Seite der Spindel liegt ein Reifen, dessen eines (besonders langes) Schenkelpaar noch im Aequator zu- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Ueber die Entwieklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 81 59. ie. . 62. 64. 66. ht. . 68. sammenhaftet. Zweite Längsspaltung. Schlankere Form der Centralspindel. Doppelstern der heterotypischen Mitose. Rauhes Aussehen der Spindelfasern (Text pag. 51); diese sind gegenüber Fig. 58 stark gewachsen. . Ebenso. Während in der Regel die Polstrahlung schon bis zum Stadium der Fig. 56 verschwindet, ist hier am oberen Pol ein starkes Faserbündel übrig geblieben, welches die Zellwand in Form eines spitz endigenden Divertikels ausgebuchtet hat. Doppelstern. Centralkörper dicht unter der Zellperipherie. Zelleinschnürung an der linken Seite beginnend. Zelleinschnürung weiter fortgeschritten. Die centralen Spin- delfasern ununterbrochen zwischen den Polen verlaufend; die peripheren in einer im Ganzen radiären Richtung von den äquatorialen Seiten der Tochterkerne ausgehend. Tafel V. . 63—71. Telophasen der heterotypischen Mitose. . 63. Centralkörper einander genähert, in einiger Entfernung von der Zellperipherie. Um sie herum ist eine starke Polstrahlung. aufgetreten, welche in den vorhergehenden Stadien nicht vor- handen war. Aequatoriale Verdickungen der Spindelfasern. Lage der Centralkörper wie in Fig. 63. Die von ihnen aus- gehenden Strahlen in Form eines Regenschirms angeordnet; polwärts von diesem ein von welligen Fädchen erfüllter halb- mondförmiger Raum. Von den Spindelfasern, welche im Aequator enger zusammengefasst sind, gehen einzelne, in der oberen Zelle rechts, in der unteren links, in den von den Centralkörpern ausgehenden Strahlenschirm über. . Centralkörper wieder weiter von einander und der neugebil- deten Zellwand entfernt als in den vorigen Figuren, dicht unter der Zellperipherie liegend. Tochterzellen senkrecht zur früheren Spindelaxe in die Länge gestreckt. Tochterkerne in einer Vacuole. Centralkörper noch weiter von einander entfernt als in Fig. 65. Die von ihnen ausgehenden Strahlen verlaufen nicht mehr bogenförmig, sondern gestreckt. Zellen an den linken Seiten konvex vorgebuchtet. Centralkörperverschiebung in einer Tochterzelle. Centralkör- per, von Strahlenschirm umgeben, links von der Polstelle liegend. Centralkörperverschiebung, wahrscheinlich ihrem Ende nahe. Centralkörper auf entgegengesetzten Seiten der beiden Tochter- kerne, bereits so weit verschoben, dass ihre Verbindung mit dem Mittelpunkt des Kerns der neugebildeten Zellwand pa- rallel liegt. Zu beachten die auf dem Schnitt verschiedene Gestalt der beiden Tochterzellen. — Fig. 67 und 68 wurden Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 6 82 .. 69. 1. 120% „Tl: er . 74. ig. 70. 126. rtl: 179; 7 Friedrich Meves: auf der Versammlung der anatomischen Gesellschaft in Berlin 1896 demonstrirt. Centralkörperverschiebung in einer Tochterzelle. Centralkörper links von der Polstelle liegend; starkes Strahlenbündel nach rechts hin über den Tochterkern hinwegziehend. Gestalts- änderung der Tochterzelle. Vorläufiges Endstadium der Centralkörperverschiebung. Cen- tralkörper befinden sich an zwei Stellen, welche ungefähr sym- metrisch zur neugebildeten Zellmembran gelegen sind; in ihrer Nähe homogen aussehende Brocken von Sphärensubstanz. Zellen senkrecht zur früheren Spindelaxe in die Länge ge- streckt. Ein an Fig. 70 sich anschliessendes Stadium (Zwischenstadium zwischen erster und zweiter Reifungstheilung). In beiden Zellen Brocken von Sphärensubstanz rechts neben den Kernen. Cen- tralkörper nur in der oberen Zelle sichtbar, aus ihrer peri- pheren Lage in Fig. 70 auf das Centrum der Zelle zugerückt. Unregelmässig wellige Anordnung der Filarsubstanz. . 72—82. Zweite, homöotypisch verlaufende Reifungstheilung. 76 o Prophase der homöotypischen Mitose bald nach Schwund der Kernmembran. Chromatinschleifen gespalten; paralleler Ver- lauf der Spalthälften. Von den sämmtlichen Fädenpaaren nur zwei gezeichnet. Chromatinelemente im Aequator einer Spindel eingestellt. Spalt- hälften getrennt. Verbindungsfäden zwischen den Schleifen- winkeln. Spalthälften noch weiter von einander entfernt als in voriger Figur. Verbindungsfäden zwischen den Schleifenwinkeln. Doppelstern der homöotypischen Mitose. Centralspindelfasern gegenüber Fig. 73 u. 74 gewachsen. Ebenso. Centralspindelfasern noch weiter gewachsen. Zelle stark in die Länge gestreckt. Doppelstern; Stadium bald nach erfolgter Zelltheilung. Strah- lenschirm um die Centralkörper. Tochterzellen rund. . 78—82. Centralkörperverschiebungen nach Ablauf der Mitose. TE: oO Eine Parthie des von den Centralkörpern abgehenden Strahlen- schirms (linksliegend) in die Länge gewachsen. Centralkörper dicht unter der Zellperipherie. 80. In den oberen Tochterzellen beider Abbildungen ist ein nach rechts hin von den Centralkörpern abgehendes Strahlen- bündel in die Länge gewachsen. (In Fig. 80 Centralkörper selbst nicht deutlich erkennbar.) Zellen in Richtung der Strah- lenbündel gestreckt. Untere Tochterzellen zeigen eine auf dem Schnitt von derjenigen der oberen gänzlich verschiedene Gestalt. In der unteren Tochterzelle der Fig. 80 Quer- und Schiefschnitte von Strahlen, welche hier offenbar in einer Ueber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen ete. 83 Richtung senkrecht zur Ebene der Tafel von den Central- körpern ausgehen. Fig. Sl. Centralkörper werden in der unteren Tochterzelle in der Ebene der Tafel, in der oberen in einer Ebene senkrecht dazu ver- schoben. Tochterzellen in entsprechender Weise in zwei zu einander senkrechten Richtungen gestreckt. Text pag. 56, 57. Fig. 82. Vorläufiges Endstadium der Centralkörperverschiebung; Sta- dium wie dasjenige der Fig. 70 der heterotypischen Mitose. Centralkörper an zwei Stellen, welche ungefähr symmetrisch zur neugebildeten Zellmembran gelegen sind. Der feinere Bau der Selachier-Retina. Von Ludwig Neumayer, Assistent für Histiologie an der anatomischen Anstalt in München. Mit 25 Figuren im Text. Im verflossenen Jahre publieirte S. Ramön y Cajal (1) in der Zeitschrift „La Cellule“ eine umfassende Untersuchung über die Retina der Wirbelthiere, in welcher der spanische Forscher an der Hand der neueren Untersuchungsmethoden eine erschöpfende Darstellung der feineren Structurverhältnisse sowie zahlreiche Details zur Phylogenie der Retina sämmtlicher Wirbelthierklassen unter Ausschluss der Selachier mittheilt. Mir war im Laufe des vorigen Frühjahres der von der kg. bayr. Regierung zu vergebende Arbeitsplatz an der zoologischen Station zu Neapel überwiesen worden und damit von dieser Seite in liberalster Weise Gelegenheit geboten, unter anderem auch Material zur Untersuchung der Selachier-Retina zu erhalten. Meine Untersuchungen konnten fast auf alle im Golfe von Neapel vorkommenden Species der Plagiostomen ausgedehnt werden und zwar wurden vornehmlich Exemplare aus den Fami- lien der Mustelinae, Seylliidae, Torpedinidae und Rajidae bearbeitet. Nach dem Vorgange Cajal's, der in seiner oben erwähnten Arbeit sich der Methylenblaufärbung sowie der Chromosmium- silberimprägnation bediente, versuchte ich ebenfalls beide Methoden 84 Ludwig Neumayer: zur Anwendung zu bringen, musste mich aber nach einigen absolut negativen Versuchen mit dem Methylenblau ausschliesslich auf die Metallimprägnation beschränken, die mir denn auch mit einigen unwesentlichen Modificationen vollauf befriedigende Resultate er- gab. Zur Orientirung in der Schichtung und zur Controle der mit der oben erwähnten Methode erhaltenen Resultate wurden auch Präparate mit Hämalaun und Carmin tingirt. Zur Bezeichnung der Schichten der Plagiostomen-Retina konnten ohne weiteres die von Cajal gebrauchten Namen ver- wendet werden, die, wie ©. hervorhebt, das Gute haben, dass sie nicht von vornherein ein Vorurtheil über den Ursprung oder die Funktion der retinalen Elemente erwecken. Die Schichten sollen daher wie folgt benannt werden: I. Epithel- oder Pigmentschichte. II. Schicht der Stäbchen- und Zapfen-Zellen. III. Schicht der Körner der Sehzellen. IV. Aeussere plexiforme Schichte. V. Schicht der horizontalen Zellen. VI. Schicht der bipolaren Zellen. VII. Schicht der amakrinen Zellen. VII. Innere plexiforme Schicht. IX. Ganglienzellenschicht. X. Opticusfaserschicht. Die Membrana limitans interna und externa zähle ich mit Cajal nicht als unabhängige Zonen, sondern sie werden als in Beziehung zu den Müller ’schen Stützfasern stehend, zu diesen gerechnet und mit denselben behandelt werden. I. Epithel- oder Pigmentschicht. Die Membrana pigmenti zeigt an Präparaten, die mit Subli- mat oder Zenker’scher Flüssigkeit fixirt wurden, eine durch- schnittliche Dieke von 10 « und wird gebildet aus einer ein- fachen Reihe etwa 10—15 u breiter Zellen, deren Innenseite in fingerförmige Fortsätze ausgezogen ist, welche sich zwischen die Aussenglieder der Stäbchen- und Zapfen-Zellen einschieben. Diese Verhältnisse kommen durch die Golgi’sche Methode oft sehr schön zur Anschauung. Man sieht nämlich die Zellen der Pigment- schicht hellgelb tingirt und ihre ebenfalls gelblich gefärbten Fortsätze zwischen die dunkelbraun oder schwarz gefärbten Der feinere Bau der Selachier-Retina. 85 Aussenglieder des Neuroepithels eindringen. Der Kern dieser Zellen ist gross, chromatinreich und wie bei den höheren Wirbel- thieren mehr nach aussen gelagert. Bei den von mir unter- suchten Präparaten finde ich das Pigment in Form zahlreicher, kleiner schwarzbrauner Kügelchen, welche gegen die Innenzone zu gelagert sind; auch zwischen den Aussengliedern der Stäb- chen und Zapfen finden sich vereinzelt Pigmentkörner, die von den Pigmentzellen aus in deren Fortsätze eingewandert zu sein scheinen. Die Anlagerung der Aussenglieder der Stäbchen- und Zapfen- Zellen an die Zellen der Pigmentschichte ist eine sehr innige, da bei Lostrennung des Pigmentepithels von der Retina sehr häufig die Aussenglieder der Stäbchen- und Zapfen-Zellen sich von den Innengliedern trennen und mit der Epithelschichte zusammen- hängend gefunden werden. II. Schicht der Sehzellen und III. deren Körner. Die Länge der Aussen- und Innenglieder der Stäbehen-Zellen beträgt im Mittel bei den Plagiostomen 40 u. Die Aussenglieder übertreffen die Innenglieder bedeutend an Länge und zwar, wie W. Krause (2) richtig angibt, um das Dreifache. Die Neuroepithelsehicht wurde vor W. Müller als nur aus einer einzigen Art von Zellelementen, den Stäbchen-Zellen, bestehend erklärt. Erst durch die Untersuchungen W. Krause’s wurde mit Sicherheit erwiesen, dass das Vorkommen einer einzigen Art von Sehzellenstäbehen bei den Haien kein allgemeines ist, was W. Müller (5) selbst für die Retina von Mustelus nachweist, die wenigstens in den vorderen Abschnitten zweierlei Elemente besitzt. Mit der Chromsilbermethode nun können die von W.Müller und nach ihm namentlich durch W. Krause bestätigten und er- weiterten Befunde dahin präeisirt werden, dass die Sehzellenschicht bei den Plagiostomen ebenso wie bei allen Vertebraten als aus Stäb- chen- und Zapfen-Zellen zusammengesetzt zu betrachten ist, wozu noch keulenförmige Fortsätze gewisser bipolarer Zellen kommen: die nach ihrem Entdecker benannten Landolt’schen (6) Keulen. Die Stäbchen aller von mir untersuchten Selachier präsen- tiren sich bei Färbung mit der Golgi’schen Methode als schlanke, in ihrem äusseren Theile geradlinig verlaufende Gebilde, welche in der Regel am Aussen- und Innenglied je eine deutlich erkenn- bare Verdickung aufweisen. Die erstere (Fig. 1 und 2a) ist nicht 86 Ludwig Neumayer: immer zu beobachten und entspricht der zwischen den Fortsätzen des Pigmentepithels eingelagerten Parthie des Stäbchens; die zweite, innere Verdiekung (Fig. 1 und 25), welche constant gefunden wird, zeigt eine ellipsoide oder mehr kugelförmige Configuration und enthält nach W. Krause (2) ein grobkörniges Stäbehenellipsoid. Die Stäbehenkörner (Fig. 1 und 2c), nach innen von der Membrana limitans externa gelegen, färben sich mit der ange- wandten Methode hellgelb oder kaffeebraun, während das die- selben umgebende Protoplasma dunkler tingirt wird. Die Stäbchen- Zellen erscheinen an derjenigen Stelle, an welcher die Körner liegen, kugelig aufgetrieben oder spindelförmig verdickt. 120 2) € ER } Fig. 9, Ras; 1. Stäbchen-Zelle von Seyllium fe) Stäbchen-Zelleausder Retina canicula. a Aussenglied, b In- von Mustelus laevis. a Aus- senglied, d Innenglied, e Stäb- chenkorn (der Kern ist im Präparat hellbraun gefärbt), d Knopfförmige Endigung der Stäbchenfaser. nenglied, ce Stäbchenkorn (der Kern ist wie bei Fig. 1 hellbraun tingirt), d Endi- gung des Stäbchenfadensmit basal entspringenden Seiten- ästen e. Ein interessantes Verhalten zeigen die Stäbehenfüsse. Wie aus den Untersuchungen Cajal’s (1) über die Retina der Wirbelthiere bekannt ist, finden sich bei den Fröschen und Vögeln an den Füssen der Stäbehen-Zellen mehrere kurze, divergente Ausläufer, welche in der äusseren Oberfläche der darunter liegenden Schichte frei enden. Dieselbe Erschemung zeigen bei den Plagiostomen zwar nicht alle Stäbchen-Zellen, wohl aber kann dieselbe an ungefähr der Hälfte beobachtet werden. Bei der einen Form findet sich das innere Ende der Stäbchen-Zelle in der bekannten, auch beim Mensehen beobachteten Weise einfach kugelig verdickt (Fig. 1d). Der feinere Bau der Selachier-Retina. 87 Die zweite Stäbchen-Zellenart (Fig. 2) weist ebenfalls eine dasselbe gegen Innen absehliessende Verdiekung auf, welehe eine annähernd dreieckige Form mit nach aussen gekehrter Spitze hat; von der gegen die äussere plexiforme Schicht geriehteten Basis entspringen zwei bis drei sich noch mehrfach theilende Aestehen (Fig. 2e), die sich an der Bildung dieser Schichte be- theiligen. Die Zapfen-Zellen (Fig. 3) sind etwa um ein Drittel kürzer als die Stäbehen-Zellen und haben ein diekes, plumpes Aussenglied (Fig. 3 a), das theils gerade, theils wenig gebogen verläuft. Aussen- und Innenglied sind nicht scharf voneinander zu trennen; in der Regel ist letzteres bei der Golgi’schen Färbung nur durch die allmählich zunehmende Verbreiterung zu er- kennen. Der Kern (Fig. 5b) der Zapfen- Zellen liegt nach innen von der Membrana limitans externa, an diese unmittelbar an- grenzend und ist meist durch eine hellere, kaffeebraune Färbung erkenntlich. Die Zapfenfaser (Fig. 3c) verläuft gleichför- mig diek nach innen oder verbreitert sich gegen das Ende kolbenförmig. Die Endi- gung erfolgt in der plexiformen Schichte mit einem aus wenigen Aestchen gebil- deten Telodendrion (Fig. 3d), welches Fig. 3 sich horizontal ausbreitet und freie Endi- Zapfen Zeleausf Betina s von Seyllium canicula. gung aufweist. a Aussenglied, b Innen- : an ne & glied; schraffirt ist der Auch bei den Plagiostomen kann man B Ä b aufsteigender Fortsatz, nerschichte, theils erscheint er auch nach , absteigender Fortsatz, aussen, in die äussere plexiforme Zone dbasale Ausläufer, e Aus- 2 ke : ne läufer des aufsteigenden verschoben, in einigen wenigen Fällen und / des absteirenden konnte ich denselben auch in der Schichte Fortsatzes. der amakrinen Zellen beobachten. Derselbe hat eine ei- oder spindelförmige Gestalt und besitzt einen grossen, meist unter Einwirkung der Golgi’schen Methode kaffeebraun tingirten Kern, während der denselben umschliessende schmale Protoplasmasaum die gewohnte schwarze Färbung aufweist. Von den beiden Polen des Zellleibes entspringt oppositipol je ein Fortsatz: ein aufsteigender und ein absteigender. Der aufsteigende, chorioidalwärts gerichtete Fortsatz hat je nach Lage des Zellkörpers (Figg. 7 und 8a) verschiedene Länge. Er imprägnirt sich entweder als feiner, schlanker, mit einigen wenigen Varicositäten versehener Ausläufer; mitunter er- scheint er auch als diekerer Stamm. Nach innen von der Mem- brana limitans externa zeigt sich meist eine spindelförmige Ver- diekung des aufsteigenden Astes, wodurch es den Anschein be- kommt, als ob ein doppelter Kolben vorhanden wäre. Die Endi- gung des aufsteigenden Fortsatzes erfolgt entweder direct an der Membrana limitans externa oder dieselbe wird noch um weniges — etwa !/, der Stäbehenhöhe — überschritten. Die Verlaufsrichtung ist wenig gekrümmt, um eine Anpassung der Faser an die Gebilde der verschiedenen Schichten zu ermöglichen. 94 Ludwig Neumayer: Fortsätze werden abgegeben in der äusseren plexiformen Schichte und zwar beiderseits in gleicher Höhe. Dieselben verbreiten sich, eine spärliche Verästelung bildend, und enden frei. Die Mehrzahl dieser Fäserchen hat horizontalen Verlauf, nur einige wenige sieht man diese Richtung ändern und sich nach aussen, gegen die äussere Körnerzone, zuwenden. Auch unmittelbar nach dem Ursprung gibt der aufsteigende Fortsatz oft schon Seitenäste ab, welche den eben geschilderten in Jeder Hinsicht gleichen (Fig. Te). Die absteigenden Fort- sätze weisen mehrfache Varicositäten auf und verlaufen wie die nach oben ziehenden in leichten Krümmungen. Sie durchziehen die immere Körnerschichte und bilden in verschiedenen Höhen der inneren plexiformen Zone ein Telodendrion. Auch sie geben, meist noch in unmittelbarer Nähe des Zellkörpers, ein Paar in gleicher Höhe entspringende Seitenästehen ab. Meist beobachtet man nur ein Paar solcher Fortsätze, doch finden sich auch bi- polare Zellen dieser Art, von deren absteigendem Fortsatze jeder- seits zwei oder drei Seitenäste abgehen und die sich in ver- schiedenen Höhen der amakrinen Zellschichte und der inneren plexiformen Zone verbreiten (Fig. 8d u. f). Ausser den eben beschriebenen charakteristischen bipolaren Zellen finden sich auch die bei den höheren Wirbel- thieren beobachteten zwei Formen der bipolaren Elemente: 1. diebipolaren Zellen für die Zapfen-Zellen oder die kleinen bipo- laren Zellen (Fig. 9), 2. die bipolaren Zellen für die Stäbchen-Zellen oder die riesigen bipolaren Zellen (Fig. 10 u. 11). Diese bipolaren Zellen der Selachier weisen Fig. 9. im wesentlichen dieselben morpholo- re nn gischen Eigenschaften auf, wie sie durch tina von Raja asterias. a die Untersuchungen namentlich von Do- Kern, D aufsteigender, e oje] und Cajal für die Retina der absteigender Fortsatz, d basale Verästelung. höheren Vertebraten bekannt sind. Der Kern dieser Zellen liegt in der innern Körnerschicht oder an deren Grenze, hat eine ei- oder bohnenförmige Gestalt und hebt sich vielfach stark durch seine hellere Färbung von dem ihn um- gebenden, schwarz tingirten Protoplasmasaum ab (Fig. 10, 11 a). Der feinere Bau der Selachier-Retina. 95 Nach :aussen von dem Zellleib entspringt der dieke, gerade oder wenig gewunden verlaufende aufsteigende Fortsatz (Fig. 10, 11), welcher mit seinen Endverzweigungen in Contiguität mit den Stäbehen-Zellen tritt. Während seines Laufes gibt derselbe niemals Seitenäste ab; in der äusseren plexiformen Schichte verbreitet sich der Stamm bei den einen Zellen zu einer blumenkelchartigen Verdiekung (Fig. 10c). Von dieser entspringen in gleicher Höhe mehrere dieke Seitenäste, welche während ihres horizontalen d Sud Fig. 11. Fig. 10. Bipolare Zellen für die Stäbchen-Zellen aus der Retina von Seyllium canicula. a Kern, b aufsteigender Fortsatz, e blumenkelchartige Ver- dickung des aufsteigenden Fortsatzes, d basale Endverästelung, e ab- steigender Fortsatz. Verlaufes eine grosse Anzahl kleiner, dieker Fortsätze abgeben, die gegen die äussere Körnerschichte zu emporstreben und die kugelförmigen oder mit Endbüscheln versehenen Stäbchenfüsse, frei endigend, umschliessen. Durch die oben erwähnten kelch- artigen Verdiekungen der aufsteigenden Fortsätze werden jene unten eingehender zu schildernden Einkniekungen der Müller- schen Stützfasern in der äusseren plexiformen Schicht bedingt, wie eine solche in Fig. 24b abgebildet ist. Eime zweite Art dieser Zellen hat einen gleichmässig dieken aufsteigenden Fort- satz, von dessen nicht verdiektem Ende die Dendriten in der oben beschriebenen Weise ausgehen (Fig. 11 5). Die absteigenden Fortsätze (Fig. 10, 11e) der bipolaren Stäbehenzellen sind den aufsteigenden ähnlich. Sie entspringen den letzteren gegenüber vom unteren Pole des Zellleibes und verlaufen wenig gekrümmt 96 Ludwig Neumayer: durch den inneren Theil der inneren Körnerschichte und endigen in der inneren plexiformen Schickte. Hier bildet die Faser ein konisches Fussstück, von dessen nach innen gekehrter Basis seit- lich kurze und wenig verzweigte Fortsätze (Fig. 10, 11d) ab- gehen. Aber nicht alle bipolaren Zellen enden erst in der inneren plexiformen Zone; viele derselben bilden bereits ein Telodendrion in den unteren Parthien der Schichte der bipolaren Zellen, ja in dieser selbst. Diese nach innen zu verkürzten bipolaren Zellen scheinen mit Ganglienzellen in Beziehung zu treten, welche nach aussen gegen die innere Körnerzone zu verlagert gefunden werden — versprengte Ganglienzellen (siehe Schema der Selachier-Retina pag. 98). Die kleinen bipolaren Zellen (Fig. 9) oder die bipolaren Zellen der Zapfen-Zellen konnte ich bei den Plagiostomen nur in wenigen Fällen genügend imprägnirt erhalten. Sie haben einen in der Schiehte der bipolaren Zellen gelegenen kugeligen oder ovalen Zellleib (Fig. Sa), von welchem oppositopal zwei Fort- sätze ausgehen, welche im Vergleich zu denen der Stäbchen- Zellen-Bipolaren bedeutend schlanker erscheinen. Der äussere Fortsatz (Fig. 9b) bildet in der äusseren plexiformen Schicht eine flache Endverästelung mit freien Enden, welche mit den ähnlich gebauten Füssen der Zapfen in Contiguität tritt. Diese hori- zontalen Telodendrien der aufsteigenden Fasern treten immer mit nur je einem Zapfenfuss in Beziehung, während die bipolaren Zellen der Stäbehen-Zellen eine ganze Gruppe dieser — ich kann konnte deren bis 10 zählen —- vereinigen. Der absteigende Fortsatz (Fig. 9e) der kleinen bipolaren Zellen verläuft ebenfalls etwas geschlängelt, verdickt sich am Ende kolbig und bildet hier ein spärlich verzweigtes Endbüschel (Fig. 9d), dessen kurze, plumpe Aeste im inneren Theil der inneren Körnerschichte und in der plexiformen Zone enden. Nun erübrigt noch eine eigenthümliche Zellform zu be- schreiben, welehe ich in der Weise, wie Figur 12 zeigt, in der Schichte der bipolaren Zellen, namentlich von Pristiurus melanostomus, sehr schön imprägnirt fand. Ich halte dieselben identisch mit denjenigen Zellen, welche Cajal bei den Teleo- stiern als sternförmige Zellen mit kleinem Körper beschreibt. Er fand dieselben in der Schicht der Spongioblasten und etwas über Der feinere Bau der Selachier-Retina. 97 denselben gelegen und hält sie für eine besondere Art von reti- nalen Elementen. Es sind bei den Teleostiern kleine, etwa 6 bis 10 u grosse, sternförmige, dreieckige oder rundliche Zellen, deren Körper eine grosse Anzahl Fortsätze aussendet; Cajal unter- scheidet unter denselben aufsteigende, absteigende und horizontale. Ich brauche dieser Beschreibung Cajal’s der betr. Zellen bei den Teleostiern wenig hinzuzufügen, um dieselben Elemente bei den Selachiern zu charakterisiren. Von einem abge- rundeten oder vieleckigen Zellleibe entspringen meist 7 bis 10 schlanke Fortsätze, welche ich über die Zone der bipolaren Zellen nur selten hinaus- treten sah. Diese Ausläufer weisen während ihres geschlängelten Verlau- fes an einigen Stellen Varicositäten auf, geben aber niemals Seitenäste he mise Tal AN ab. Im Gegensatz zu Cajal, der Zonederbipolaren Zellen von geneigt ist, den aufsteigenden Fort- Fristiurus melanostomus. sätzen dieser Nervenzellen den Charakter von Achseneylindern, den absteigenden mehr den von Protoplasmafortsätzen zuzusprechen, konnte ich keinen der mir zu Gesicht gekommenen Ausläufer dieser Zellen bei den Plagiostomen als Neuriten erkennen, woraus sich vielleicht ihre Einreihung unter das System der retinalen Stütz- elemente ergeben würde. VII. Schieht der amakrinen Zellen. Von amakrinen Zellen sind dureh die Forschungen Dogiel’s (8) sowie Cajal’s bei den vier oberen Wirbelthierklassen zwei Kategorien bekannt: Zellen wirklich nervöser Natur mit ausge- bildetem Neuriten und Zellen ohne einen solchen, die sogenannten Spongioblasten von W. Müller. Von den ersteren konnte ich bei den Haien und Rochen keine mit Bestimmtheit finden. Zwar schien es, als ob von einigen in dieser Zone liegenden Zellen ein Neurit abgehe und sich den darunter gelegenen Theilen der Retina zuwende, doch musste der Entscheid zweifelhaft bleiben, da die hier in meinen Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 7 LudwigNeumayer 98 an. len. f fl u Schema der Selachier-Retina. a Müller’sche Stützfasern, b Stäbchen-Zellen innen knopfförmig endend, ce Stäbehen-Zellen mit am inneren Ende entspringenden Seitenästen, d bipolare Zellen für die Stäbchen-Zellen, e Horizontalzelle, f bipolare Zelle mit Landolt’scher Keule, g bipolare Zellen für die Zapfen-Zellen, } Zapfen-Zelleu, ö horizontale Zelle, k Zelle der Schieht der ama- krinen Zellen, ! Zelle der inneren Zone der Schicht der amakrinen Zellen, m diffuse Ganglienzelle, n Horizontalzelle, o stern- förmige Zelle in der Zone der bipolaren Zellen, p amakrine Zelle, q Ganglienzelle, r diffuse Ganglienzelle, s, £, y amakrine Zellen, u, w, x Ganglienzellen, ® in der Tiefe liegende amakrine Zelle, z nach aussen verlagerte Ganglienzelle, m. Il. e. mem- embrana limitans externa, m. l.i. membrana limitans interna. Der feinere Bau der Selachier-Retina. 99 Präparaten sich zahlreich findenden Niederschläge sowie vor allem die vielfach verzweigten Müller ’schen Stützfasern das Bild ausserordentlich schwer entziffern lassen. Andererseits scheint ihr Vorkommen auch bei den Teleostiern in Frage gestellt, denn Cajal erwähnt, dass es ihm trotz aller Mühe nicht gelang, diese Zellen bei den Cyprinoiden und Pereiden zu färben. Leichter imprägnirten sich hingegen die eigentlichen ama- krinen Zellen oder Spongioblasten Müller’'s und zwar vor allem die amakrinen Schichtenzellen. ’ Die amakrinen Zellen werden, je nachdem dieselben ihre Endverästelungen in den verschiedenen Höhen der inneren plexi- formen Schiehte abgeben, bei den höheren Wirbelthieren in fünf Arten eingetheilt. Bei den Knochenfischen wie auch bei den Säugethieren ist es, wie Cajal hervorhebt, schwer, die Endi- gung in fünf Höhen der inneren plexiformen Schichte nachzu- weisen, da dieselben hier sehr nahe aneinander liegen und die innerste, fünfte Zone mehr oder weniger redueirt zu sein scheint; so kommt es, dass also im wesentlichen nur vier Zonen genau von einander getrennt werden können. Bei den Haien konnte ich nach Durchsicht der mir zur Verfügung stehenden Präparate nur drei Etagen schärfer differen- —— —- Fig. 13. Zelle der amakrinen Schicht aus der Retina von Raja asterias. zirt erkennen und theilen sich hier also die Zellen in solche, welche in der äussersten oder ersten, in der zweiten und in der dritten oder innersten Unterschicht vorkommen. In der ersten Unterschicht finden sich Zellen (Fig. 13), welehe von einem spindelförmigen Zellleib oppositopol zwei Fortsätze abgeben, die eine horizontale Richtung einschlagen und wenige Seitenäste aussenden. Sehr häufig sieht man diese Ausläufer gegen das Ende hin sich gabelförmig thei- len ; ihre Endigung erfolgt frei. Diese Zellen schienen in der ersten Unterschichte wenig zahlreich vorzukommen; häufiger fand ich dieselben an der Grenze zwischen innerer plexiformer Zone und den Ganglienzellen, in einigen Fällen auch in diese Zone hinein verlagert. 100 Ludwig Neumayer: Eine zweite Zellform, ebenfalls in der ersten Unterschicht ge- legen und von Cajal auch bei den Knochenfischen beschrieben, hat einen halbmond- oder bohnenförmigen Zellkörper mit nach Fig. 14. Zelle der amakrinen Schicht aus der Retina von Scyllium canicula. aussen gekehrter Convexität. Von der nach innen gekehrten Seite entspringen eine Reihe feinerer, divergirender Aeste, die, ohne sich weiterhin zu theilen, horizontal oder gegen Innen strahlenförmig verlaufen (Fig. 14). Die Nervenelemente (Fig. 15) der zweiten Unterschicht haben bei den Plagiostomen einen kolben- oder birnförmigen Fig. 15. Zelle der amakrinen Schicht aus der Retina von Raja asterias. Körper mit nach aussen gerichteter Basis. Von dem sich nach innen zu verjüngenden Zellleibe geht der ein- zige, mächtige Fortsatz aus, der etwa bis zur Mitte der inneren plexiformen Zone zieht und sich hier T-förmig theilt. Diese Theiläste verlaufen nun geradlinig eine Strecke horizontal und geben zwei oder drei seitliche Aus- läufer ab, die frei endigen. In der dritten Unterschicht fand ich Zellen, welche den eben beschrie- benen fast vollkommen gleichen; ihr birnförmiger Zellleib ist etwas nach innen verschoben, so dass derselbe bereits innerhalb der dichten Verzwei- sungen der äusseren Parthien der inneren plexiformen Schicht zu liegen kommt. Von diesen Zellen entspringt ein einziger, sich allmählich verjüngender Fortsatz, Der feinere Bau der Selachier-Retina. 101 welcher sich in der unteren Region der plexiformen Zone in zwei Aeste theilt. Diese haben einen horizontalen Verlauf, endigen spitz auslaufend und bilden die dritte Unterschicht der bespro- chenen Zone. Zu den sogenannten diffusen amakrinen Zellen, d. h. Zellen, welche in allen Höhen der plexiformen Zone Seitenäste abgeben, gehört die in Fig. 16 abgebildete Form. Der Zell- körper gleicht den amakrinen»Schich- tenzellen; der nach innen gerichtete Fortsatz verjüngt sich allmählich und giebt in verschiedenen Höhen Neben- äste ab, die frei endigen. In engster Beziehung mit den Telodendrien der amakrinen Zellen stehen die Dendriten der Ganglien- Fig. 16. E ’ 43 » : Zelle der amakrinen Schicht zellen, wodurch die nun zu bespre- „us der Retina von Pristiu- chende Region gebildet wird. rus melanostomus. VIII. Innere plexiforme Schichte. Die innere plexiforme Schichte setzt sich zusammen: 1. aus den Endverzweigungen der glaskörperwärts ge- wendeten Fortsätze der amakrinen Zellen, welche in drei ver- schiedenen Höhen endigen, sowie den diffusen Spongioblasten ; 2. aus den nach aussen strebenden Dendriten der Ganglien- zellen ; 3. den zahlreichen Verästelungen der Müller schen Stütz- fasern und 4. den büschelförmigen Endverästelungen der bipolaren Zellen für die Zapfen- wie die Stäbchen-Zellen. Es wird also diese Schichte im wesentlichen nur von einem Geflechte von Nervenfasern gebildet, welche von Zellen benach- barter Zonen stammen und hier enden. IX. Ganglienzellenschicht. Die Schicht der Ganglienzellen ist bei den Plagiostomen, worauf bereits Vintschgau (9) bei den Rochen aufmerksam machte, keine scharf begrenzte Zone, sondern ist sowohl von 102 Ludwig Neumayer: der darüberliegenden plexiformen Schiechte wie auch von den Nervenfasern schwer abzugrenzen. Es finden sich nämlich viele Ganglienzellen nach aussen verlagert in das plexiforme Faser- geflecht eingestreut, wie auch zwischen den Nervenfasern gelegene Zellen, welche ohne Zweifel den Ganglienzellen zuzurechnen und oft auch noch an der inneren Grenze der Nervenfaserschicht zu finden sind. Auf diese Erscheinung dürfte die Beobachtung Leydig’s zurückzuführen sein, dass bei den Rochen und Haien auf die Nerven-Faser- schichte noch eine Lage kleiner Zellen folgt, die, wie er vermuthet, im Zusammenhange mit den Nervenfasern stehen. Die Gan- glienzellen der Plagiostomen zer- fallen nach der Verbreitungsweise, welche deren Dendriten zeigen, in 4 Kategorien: 1. in Zellen, deren proto- plasmatische Fortsätze nur eine Schichte der inneren plexiformen Zone bilden (cellulas monoestra- tificadas von R. y Cajal) und 2. ın Zellen, welche in meh- reren Höhen Ausläufer abgeben Fig. 17. \ h: Zellen der Ganglienzellschichte (cell. poliestratificadas) ; von Seyllium canicula (cell. 3. Zellen, deren Dendriten monoestratificad. Cajal's). : er S sich diffus in der ganzen inneren plexiformen Schichte verbreiten (cell. diffusas) ; 4. Zellen, deren Dendriten nicht in die plexiforme Zone eintreten, sondern ihr Verbreitungsgebiet in der Schicht der Ganglienzellen und Nervenfasern finden. Am leichtesten imprägnirten sich die Formen der ersten Kategorie. Die Dendriten dieser Zellen verzweigen sich konform den drei Unterschiehten der plexiformen Zone und können diese Ganglienzellen daher in drei Arten eingetheilt werden: 1. Zellen der ersten Unterschiehte. Es sind dies kugel- oder halbkugelförmige Zellen (Fig. 17) von mittlerer Grösse, welche von einem Hauptstamme aus an der äusseren Grenze der inneren plexiformen Schichte 2 bis 6 horizontale Fortsätze ent- senden, von denen eine grössere Anzahl Nebenäste ausgehen, Der feinere Bau der Selachier-Retina. 103 welche mit den ihnen gegenüber liegenden Telodendrien gewisser amakriner Zellen oder mit den inneren Endbäumchen von bipo- laren Zellen in Kontakt treten. Von dem nach innen gekehrten Theile der Zelle oder von deren Seiten nimmt ein feiner, meist mit zahlreichen Varicositäten be- setzter Neurit seinen Ursprung, der ohne Collateralen abzugeben in die Tiefe geht. Fig. 18. Eig, 19. Zelle der Ganglienzellschichte von Zellen der Ganglienzellschichte Raja asterias (cell. polyestratificad. von Seyllium canieula (cell. mo- Eaals); noestratificad. Cajal's). 2. Die Zellen der zweiten Unterschichte gleichen den eben beschriebenen in jeder Hinsicht; »ur ist der die Seitenäste ab- gebende Prinzipaldendrit etwas verkürzt, so dass die von dem- selben abgegebenen Nebendendriten etwa in halber Höhe der inneren plexiformen Zone ihr Verbreitungsgebiet finden. In der zweiten Unterschicht beobachtete ich Zellkörper (Figur 18), welche den inneren Endverästelungen der mit Landolt’schen Keulen versehenen bipolaren Zellen gegenüber- liegen; diese geben keine aufsteigenden Dendriten ab, haben einen birnförmigen Zellleib, welcher einen nach innen gerichteten Prinzipaldendriten entsendet, von dem eine grössere Anzahl viel- fach verzweigter Nebendendriten sowie der Neurit entspringt. Letz- terer wendet sich im Bogen der Nervenfaserschichte zu, ohne Col- lateralen abzugeben. In der dritten Unterschicht finden sich Ganglienzellen (Fig. 19) von birnförmiger oder halbkugeliger Gestalt, die in den meisten Fällen innerhalb der Nervenfasern 104 Ludwig Neumayer: liegen. Von ihnen entspringen 2—3 Fortsätze dendritischer Natur mit vorwiegend horizontalem Verlauf. Der Neurit zieht von dem gegen den Glaskörper gekehrten Theil dieser Zellen ausgehend im Bogen gegen die Membrana limitans interna und kann in der Nervenfaserschichte auf weite Strecken hin verfolgt werden. Von „mehrschichtigen Ganglienzellen“ konnte ich nur eine einzige Form finden. Es sind das grosse, multipolare Ganglien- zellen (Fig. 20) mit 4—6 Dendriten, von denen der eine sich Fig. 20. Multipolare Ganglienzelle aus der Retina von Seyllium canicula (cell. polyestratificad. Cajal’s). nach aussen wendet und namentlich in zwei verschiedenen Höhen, nämlich in der 2. und 3. Unterschichte, horizontale Seitenäste abgiebt. Die übrigen von der Zelle entspringenden Dendriten verzweigen sich in der Ganglienzellen- und Nervenfaserschichte, wo sie nach längerem oder kürzerem Laufe frei endigen. Der Neurit wendet sich unter mehrfachen Knickungen nach innen gegen die Membrana limitans interna; er giebt keine Collateralen ab, ist aber vielfach varieös verdickt. Diffuse Ganglienzellen sind in Fig. 21 und Fig. 22 dar- gestellt. Der Zellleib ist ausserordentlich variabel geformt. Von Fig. 21. Fig. 22. Diffuse Ganglienzellen aus der Retina von Pristiurus melanostomus (cell. diff. Cajal’s). demselben entspringen eine grosse Zahl mächtiger Dendriten — 7—10. Sie haben hauptsächlich eine horizontale Verlaufsrichtung und geben zahlreiche aufsteigende Seitenäste ab. Diese proto- plasmatischen Fortsätze gehören sowohl der Schichte der Ganglien- zellen als auch der plexiformen Zone an; einige derselben wenden Der feinere Bau der Selachier-Retina. 105 sich auch nach innen und endigen in der Nervenfaserschichte. Der Neurit der diffusen Ganglienzellen entspringt direct aus dem Zellleibe wie auch zuweilen von einem der Dendriten. Während seines vielfach gewundenen Verlaufes giebt er einige wenige Collateralen ab und zieht dann im Bogen zur Nervenfaserschichte. In Fig. 23 ist eine jener Zellen der Ganglienzellen- schichte abgebildet, welche hier theils in der äusseren oder auch in den inneren Regionen gefunden werden. Diese Zellen haben —— Fig. 23. Zelle aus der Ganglienzellschichte oder Nervenfaserschichte ohne Neurit. eine spindel- oder birnförmige Gestalt; von den Seiten entspringen zwei Aeste, die den Charakter von Dendriten aufweisen und nach längerem Verlauf frei endigen. Einen Neuriten konnte ich an keiner dieser Zellen erkennen und ist daher auch ihre Bedeutung nicht erklärlich. Am wahrscheinlichsten. erscheint mir, dass es sich hier um Zellen handelt, welche hierher aus der innern plexi- formen Schiehte verlagert sind, in der ja, wie oben geschildert wurde, ähnliche Elemente vorkommen. X. Nervenfaserschichte. Die Nervenfasern bilden in der Retina der Selachier ein etwa 25u dickes Stratum, in welchem vielfach Ganglienzellen eingestreut liegen. Die Fasern bilden ein ausserordentlich dichtes Flechtwerk sich kreuzender und parallel verlaufender feiner Fäden, welche an vielen Stellen varieös verdickt sind. Theilungen einer Nervenfaser in zwei Aeste konnte ich in der Weise, wie es von Kallius (10) an mit Methylenblau gefärbten Präparaten von ‚ der Säugethier-Retina, sowie früher schon von Gerlach (11) und Kuhnt (12) angegeben wurde, nicht sehen. Auch möchte ich an dieser Stelle hervorheben, dass es mir nicht möglich war, frei in der Netzhaut der Selachier endigende Nervenfasern zu finden, wie das Cajalin seinen Untersuchungen über die Wirbel- thierretina angiebt. Ebenso wieKallius bei Säugethieren gelang es mir auch bei den Rochen und Haien sowohl an der Eintrittsstelle des Sehnerven -als auch in diesem selbst Neurogliazellen nachzuweisen, welche voll- kommen den Charakter von Spinnenzellen aufweisen und die unten bei den Stützelementen eingehender besprochen werden sollen. 106 Ludwig Neumayer: XI. Müller’sche Stützfasern und Neurogliazellen. Die Müller’schen Stützfasern färben sich mit der Chrom- silbermethode sehr leieht und nehmen dabei einen braunrothen Ton an, während der Kern heller tingirt erscheint. Der Kern kann in der Stützfaser verschieden hoch ’ gefunden werden, entweder übereinstimmend mit den höheren Wirbelthierklassen in der innern Körnerschichte oder er kann, wie ich in einigen Fällen beobachten konnte, bei den Plagiostomen auch in die innere plexiforme Schichte verschoben sein. Im Niveau der amakrinen Zellen theilt sich die Müller’sche Faser in eine Anzahl ab- steigender Aeste, welche allmählieh diver- girend die innere plexiforme Zone, die Sehiehte der Ganglienzellen und Nerven- fasern durchziehen. An ihrem Ende haben die Fasern eine konische Verdiekung und bilden durch ihre Fussplatten die Membrana limitans interna. Einige dieser absteigenden Verzweigungen erreichen jedoch nicht die innerste Grenze der Retina, sondern enden, allmählich sich verjüngend, frei in einer der drei inneren Zonen. Diese basalen Aeste der Müller’schen Stützfasern geben zuweilen während ihres Verlaufes kurze Fortsätze ab; sie finden sich jedoch bei den Plagiostomen = nicht in der grossen Zahl wie das Cajal Fig. 24. ; : ‚ Müller’sche Stützfaser [ r - = e a : bei den Teleostiern nachweisen konnte. Der „us der Retina von aufsteigende Fortsatz der Stützfaser ver- Seyllium canieula. «a läuft en Seren lesifon Kern, d Knickung, her- äuft geradlinig bis zur äusseren plexifor- Yorgerufen durch ge. men Schichte. In der inneren Körnerzone wisse bipolare Zellen- treten auch bei den Selachiern jene charakteristischen Impres- sionen an den Fasern auf, die durch die Anlagerung der Zellkörper der bipolaren Zellen bedingt sind und den Stütz- fe) fasern an dieser Stelle einen bienenwabenartigen Charakter verleihen. In der äusseren plexiformen Schichte zeigen viele der Stützfasern eine Kniekung, die, wie bereits oben hervor- Der feinere Bau der Selachier-Retina. 107 gehoben wurde, von den verbreiterten Enden gewisser bipolarer Zellen hervorgerufen wird. In diesem Abschnitte ihres Verlaufes geben die Müller’schen Fasern keine Seitenäste ab. In der Zone der äusseren Körner folgt wie in der inneren Körnerschichte wieder ein lamellöser Bau der Faser zur Aufnahme der Körner der Stäbehen und Zapfen. Nach aussen schliessen diese radiären Stützelemente wie bei den höheren Wirbelthieren mit einem so- genannten Faserkorb ab, in welchen die Innenglieder der Stäb- chen und Zapfen eingelagert sind. Die Neurogliazellen, welche, wie oben bei der Beschreibung der Nervenfaserschichte hervorgehoben wurde, nur im Nervus optieus imprägnirt erhalten werden konnten, gleichen den im Centralnervensystem vorkommenden Gebilden der höheren Verte- braten in jeder Hinsicht. Sie finden sich bei den von mir unter- suchten Elasmobranchierspecies namentlich an der Stelle des Op- tieuseintrittes, wo sie zwischen den einzelnen Nervenfaserbündeln gelagert ein dichtes Netz zu bilden scheinen. Allgemeine Schlüsse. Die hier mitgetheilten Beobachtungen über den feineren Bau der Netzhaut der Plagiostomen lehren, dass dieses Organ im wesentlichen denselben Bau aufweist, wie er bei den Am- phibien und einem Theil der höheren Vertebraten angetroffen wird, sich von der Retina der Teleostier aber deutlich unter- scheidet. Zunächst sind es vom Neuroepithel die Stäbchen-Zellen, welche bei den Plagiostomen im Vergleich zu denselben Elementen der Knochenfische einen anderen Bau zeigen. Bei den Teleostiern, wie auch bei den Nachtvögeln und Säugethieren haben die Stäbehen- Zellen einen gemeinschaftlichen Charakter: ihre Endigung erfolgt in der äusseren plexiformen Schichte mit einer knopfförmigen Anschwellung. Anders gestaltet sich dieses Verhältniss bei den Tagvögeln, den Fröschen und, wie oben dargelegt wurde, bei den Haien. Bei diesen, wie bei den beiden ersteren Thiergat- tungen tritt eine Abweichung im Baue der erwähnten Elemente in der Weise auf, dass bei den Tagvögeln und den Fröschen von der kleinen konischen Endanschwellung aller Stäbchen-Zellen horizontale Ausläufer ausgehen, die sich in derselben Weise auch 108 Ludwig Neumayer: bei den Haien und Rochen, zwar nicht bei allen, aber bei einer grossen Anzahl von Stäbchen-Zellen finden. Ein ähnliches Verhalten konnte A. S. Dogiel (15) in Jüngster Zeit unter Anwendung der Methylenblaufärbung auch beim Menschen konstatiren; es gelang ihm an einer ganz frischen menschlichen Netzhaut der Nachweis, dass nicht nur vom Rande der kolbigen Anschwellung, mit welcher die Zapfenfüsse endigen, sondern auch von einigen Stäbchenfüssen feine, variecöse Fäden ausgehen. Die zweite Gattung der pereipirenden Netzhautelemente, die Zapfen-Zellen, gleichen im wesentlichen denen der Teleostier ; Zwillingszapfen-Zellen, wie sie von H. Müller (4) bei den Te- leostiern beschrieben wurden, konnte ich bei den von mir untersuchten Species der Haie nicht finden. Die Innenglieder der Zapfen-Zellen der Plagiostomen dringen mit ihren Endver- zweigungen häufig bis zur inneren Grenze der äusseren plexiformen Schiehte vor und gleichen in dieser Hinsicht denselben Gebilden der höheren Wirbelthiere, bei welchen von Cajal ein ähnliches Verhalten konstatirt wurde. Nach den Darlegungen Cajal’s besteht eine direkte Be- ziehung zwischen dem Volumen und der Anzahl der horizontalen Zellen einerseits und der Dünnheit und Massenhaftigkeit der Stäbehen-Zellen andererseits. Aus den Untersuchungen Cajal’s folgt, dass den Säugethieren und Knochenfischen, welche schlanke und zahlreiche Stäbehen-Zellen aufweisen, ganz ausserordentlich entwiekelte Horizontalzellen in grosser Zahl entsprechen, bei den Fröschen, Reptilien und Vögeln hingegen, bei welchen die Stäbehen-Zellen fehlen oder weniger zahlreich sind, die Hori- zontalzellen weniger zahlreich und minder ausgebildet erscheinen. Diese letztere Erscheinung gilt nun auch für die Plagiostomen. Wir sehen bei denselben mächtige und wenig zahlreiche Stäb- chen-Zellen im Vereine mit zwar grossen, aber, soviel aus meinen Präparaten zu ersehen war, wenig zahlreichen horizontalen Zellen auftreten. Ein wesentliches Moment zu einer Scheidung der Plagiostomen- Retina von der der Teleostier ist dureh das Auftreten gewisser bipo- larer Zellen gegeben, der sogenannten inneren bipolaren Zellen Cajal’s, denen wir hier, soweit bis jetzt bekannt, zum ersten- male begegnen. Wie bei Schilderung der Zone der bipolaren Zellen erwähnt wurde, verdanken wir die Entdeckung dieser Der feinere Bau der Selachier-Retina. 109 Elemente Laudolt(6), welcher dieselben zunächst bei den Am- phibien beobachtete. A. S. Dogiel (14) beschreibt ähnliche Formen bei den Ganoiden, bei Triton erist. und auch beim Menschen. Nach den Untersuchungen Cajal’s über die Retina der Wirbel- thiere scheint es sicher zu sein, dass Landolt'sche Keulen- zellen — innere bipolare Zellen Cajal's— bei den Knochenfischen nicht vorkommen; in grosser Zahl finden sie sich bei den Batra- chiern, weniger zahlreich bei den Reptilien und in geringster Anzahl bei den Vögeln. Beim Menschen gelang es A. S. Dogiel (15), mittelst der Methylenblaumethode intraepitheliale Fäden darzu- stellen, welche entweder von bipolaren Zellen: oder von subepi- thelialen Nervenzellen aus ihren Ursprung nehmen, zwischen den Fäserchen und den Innengliedern der Stäbchen- und Zapfen-Zellen mehr weniger gewunden verlaufen und bis an die Membrana limitans externa verfolgt werden können; in deren Niveau enden sie häufig mit einer varieösen Anschwellung; diese intraepithelialen Fasern Dogiel’s beim Menschen entsprechen in gewissem Grade den keulenförmigen Fortsätzen der Landolt’schen Zellen bei den Haien, Amphibien, Reptilien nnd Vögeln. Hieraus ergiebt sich, dass bei allen Wirbelthieren — wenn wir den Nachweis der bipolaren Keulenzellen mit Methylenblau beim Menschen als gesichert betrachten — mit Ausnahme der Knochenfische innere bipolare Zellen vorkommen. In der Retina der Amphibien, Reptilien und "Vögel sind, wie aus M. Schultze’s (16) eingehenden Untersuchungen über die Anatomie und Physiologie der Retina hervorgeht, die Neuro- epithelien nicht im gleichen Zahlenverhältniss vorhanden, sondern dieses ist jeweils zu Gunsten der einen oder andern Art der pereipirenden Elemente verschoben; ja bei einigen Thieren, der Eidechse z. B., fehlen bekanntlich die Stäbehen vollkommen. Nur bei den Säugethieren und den Knochenfischen sind Stäbehen- und Zapfen-Zellen in annähernd gleichem Verhältniss zu finden, worauf gestützt M. Schultze die Retina der Säugethiere mit der der Knochenfische am meisten übereinstimmend erklärte. Es gilt als feststehende Thatsache, dass die Stäbchen-Zellen speciell die Empfindungen des Lichts wie auch gemeinschaftlich mit den Zapfen-Zellen den Raumsinn d.h. also quantitative Licht- empfindungen zu vermitteln vermögen, während die Zapfen-Zellen allein neben der Perception des Raumsinnes diejenige der Farben 110 Ludwig Neumayer: ermöglichen, also im wesentlichen auf qualitativ verschiedene Lichtreize reagiren. | Ueberall da nun, wo das Zahlenverhältniss zwischen Stäb- chen- und Zapfen-Zellen zu Gunsten der einen oder andern Form variirt, werden in der Retina jene bipolaren Zellen mit Landolt- schen Keulen gefunden und zwar scheinen sie sowohl für die Zapfen- wie die Stäbchen-Zellen gewissermaassen als deren Ersatz im Raume einzutreten. Es liegt nahe, in diesen Elementen auch diejenigen Glieder der Retina zu vermuthen, welche auch in funetioneller Hinsicht für Stäbehen- oder Zapfen-Zellen eintreten: Sie würden also bei Selachiern, Ganoiden, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugethieren die Perception quantitativer oder quali- tativer Lichtreize neben den Stäbehen- oder Zapfen-Zellen über- nehmen, je nachdem die eine oder andere Art der pereipirenden Elemente an Zahl zurücksteht oder vorwiegt. Literatur. 1. S. Ramöny Cajal, La retine des vertebres. La Cellule. Tome IX. 1893. Deutsche Uebersetzung von Dr, R. Greeff, Wiesbaden. Bergmann’s Verlag 1894. 2. Krause, W., Die Retina. II. Die Retina der Fische. Internatio- nale Monatschrift für Anatomie und Physiologie. Vol. III. 1886 und Vol. IV. 1889. 3. Leydig, F. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte der Rochen und Haie. Leipzig. 1852. 4. Müller, H., Anatomisch-physiologische Untersuchungen über die Retina bei Menschen und Wirbelthieren. 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Die brauchbarsten Präparate lieferten das Hermannn’sche Gemisch (aus Platinchlorid-Osmiumessigsäure), sowie zwei von meinem Bruder kürzlich angegebene Gemische). Zum Vergleich wurde auch gesättigte wässerige Sublimatlösung verwendet. Die Stücke wurden wie üblich weiter behandelt, in Paraffın eingebettet und in feine Schnitte von 3—4 u zerlegt. Die Aufklebung geschah mit destillirtem Wasser, die Färbung mit Eisen-Hämatoxylin, wobei meistens eine Vorfärbung mit Bordeaux (auch mit Anilinblau) vorausging und zwar nach den Angaben von M. Heidenhain?. Ausserdem benutzte ich auch die Safranin-Orange-Gentiana-Färbung nach Reinke?). Die Bordeaux-Eisen-Hämatoxylin-Färbungen gaben für den vorliegenden Zweck weitaus die besten und brauchbarsten Resultate. Sie sind zwar von M. Heidenhain nur für Sublimatfixirungen empfohlen und verwendet worden, doch ist man sehr wohl im Stande, sie durch entsprechende Abänderung mit Vortheil auch nach den oben genannten Fixirungsmitteln in Anwendung zu bringen und typische Farbreaktionen zu erzielen. Von Linsen standen mir vortreffliche Oel-Immersionen von Zeiss, Hartnack und Leitz 1,50 Ap. zur Verfügung. Die Zeichnun- sen wurden möglichst sorgfältig mit Hülfe des Abbe’schen Zeichenapparates von mir angefertigt. Das Material stammt zum grössten Theil aus dem Laboratorium des Herrn Geheimrath Eberth in Halle, der mich in freundlichster Weise unterstüzt hat, wofür ich ihm meinen herzlichsten Dank ausspreche. Während fast alle Zellen des thierischen Körpers durch ihre Theilung wiederum Zellen desselben Charakters und Aus- sehens erzeugen, so dass nur eine Vergrösserung oder eine Ver- 1) G. Niessing, Zellenstudien. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 46. I. Platinchlorid 10%), Lösung II. Platinchlorid 10°/, Lösung 25 Theile 25 Theile Osmium 2°, Lösung 20 ,, Osmium 2°, Lösung 20 ,, Eisessig 03 5, Eisessig 05. ...5, Ag. dest. 502 Sublimat, cone. wässr. Lösung 303 ;; 100 Theile 100 Theile 2) M. Heidenhain, Neue Untersuchungen über die Central- körper u.s. w. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 43, 1894. 3) Reinke, Zellstudien, ebenda Bd. 44. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre ete. 113 Jüngung des früheren Zellenbestandes stattfindet, ist es beim Epithel der Samenkanälchen der Säugethiere ganz anders. Es ist eine Eigenthümlichkeit derselben, dass die verschiedenen Zellenlagen einen verschiedenen Werth haben. Sie bestehen aus Stammzellen, Mutterzellen und Tochterzellen (Spermatogonien, Spermatocyten, Spermatiden) so zwar, dass Mutterzellen und Tochterzellen aus den Stammzellen hervorgehen. Die Stamm- zellen (Spermatogonien) liegen an der Kanälchenwand, auf sie folgen weiter nach innen die Mutterzellen (Spermatocyten) und die Tochterzellen (Spermatiden). Oft fehlt eine von diesen Lagen; sie sind gewöhnlich von so verschiedenem Aussehen, dass man sie sofort von einander unterscheiden kann. Da nun die Tochterzellen dureh Theilung der Mutterzellen entstehen, so sind wir hier in der günstigen Lage, den Charakter dieser beiden mit einander vergleichen zu können, namentlich hinsichtlich derjenigen Organe und besonderen Bestandtheile, welche im Zellplasma liegen. Der Habitus dieser einzelnen Zellarten ist schon so oft und genau beschrieben worden, dass ich dies zu wiederholen für überflüssig halte. Meine Zeichnungen werden zur Genüge beweisen, dass ich mich über die Natur derselben nicht im Zweifel befunden habe. Meerschweinchen. In den Mutterzellen des Meerschweinchenhodens ist schon bei oberflächlicher Untersuchung ein kugliger oder elipsoider Körper auffallend, welcher neben dem Kern im Zellplasma seine Lage hat. Sein Durchmesser beträgt etwa ein Viertel des Kerndurch- messers, sein Inneres ist meist in eine dunklere Rinden- und eine hellere Markschicht gesondert. Im der letzteren ist ein schwarz gefärbtes Körnehen mit einer oft bis in das Protoplasma reichen- den Fibrillenstrahlung zu finden (Fig. 1—35). Durch diese Merk- male ist der Körper sofort als Sphäre mit dem Centrosom kennt- lich. Für meine Zwecke hätte ich keine Veranlassung genommen, den feineren Bau der Sphäre zu studiren, zumal dieselbe ja von einer Anzahl Autoren ganz ähnlich geschildert worden ist. Allein gewisse Befunde, die ich an günstig gefärbten Präparaten machte, waren mir anfangs so räthselhaft, dass sie mich nöthigten, durch Herstellung dünnster Schnitte und bester Differenzirung mir über den Bau der Sphäre Aufklärung zu verschaffen. Und nun stellte es sich heraus, dass ich es gerade mit einem sehr geeigneten Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 8 114 CarlNiessing: Objekte zu thun hatte. Es liessen sich, namentlich im Meer- schweincehenhoden, alle nur wünschenswerthen Einzelheiten im Bau der Sphäre sowie des Mikrocentrums (M. Heidenhain) aufdecken. Bei genügender Differenzirung erwies sich das schwarze Korn im Innern der Sphäre als eine Verklumpungs- figur der Centralkörpergruppe. Die letztere tritt in sehr ver- schiedener Gestalt auf, sowohl hinsichtlich ihrer äusseren Form als auch hinsichtlich der Anzahl der einzelnen Centralkörper. Gewöhnlich besteht die Centralkörpergruppe aus zwei oder drei Centrosomen. Ihre Färbung sowohl als ihre Grösse wechselt in derselben Gruppe. Es erscheint mir aber gewagt, aus den ge- ringen Unterschieden in der Grösse und Färbung, welche meistens nur unter Anwendung aller technischen Hülfsmittel zu konstatiren sind, weitgehende Schlüsse zu ziehen. Dennoch muss ich Einzelnes hervorheben, was mir besonders auffiel. Ich will hierzu bemerken, dass sich die folgende Darstellung nicht auf Zellen bezieht, die sich im Ruhezustande befinden, es kommen vielmehr fast aus- nahmlos Zellen in Betracht, welche bereits die Zeichen einer bevorstehenden Mitose an sich haben; sie stehen alle in einem mehr oder minder entwickelten Spiremstadium. Die Oentral- körpergruppe wie die Sphäre verhalten sich in diesen Zellen so, als wenn noch ein vollständiger Ruhezustand bestände. In den meisten Fällen, in denen sich dies überhaupt mit Sicherheit fest- stellen lässt, sind nur 2 Centralkörper zu finden; ihre Entfernung von einander wechselt sehr, sie erscheinen in der Regel sehr intensiv schwarz gefärbt und scharf begrenzt. Selten finde ich zwischen ihnen eine dünne, dunkel gefärbte gerade Linie als Verbindungsbrücke ausgespannt. Eine seitliche Ausbiegung dieser Brücke, wie sie M. Heidenhain gefunden hat und als deren Ursache er vermuthungsweise angiebt, dass in dieser Brücke noch ein drittes Centrosom vorhanden sein müsse, welches nur eher seine Farbe abgegeben habe, ist mir nicht vor Augen ge- kommen. Anders verhält sich aber die Sache, wenn wirklich drei Centralkörper vorhanden sind. Hier konnte ich allerdings gewöhnlich feststellen, dass einer von ihnen etwas kleiner, und ihre Lage in Form eines Dreiecks angeordnet war, nie aber in einer geraden Linie. Ungleich häufiger kamen bei der Anwesen- heit von drei Öentralkörpern gefärbte Substanzverbindungen zwischen ihnen zur Beobachtung; entweder waren alle drei Centrosomen in Die Betheiligung von .Centralkörper und Sphäre ete. 115 gemeinsame Verbindung gebracht oder es ging nur von dem kleineren nach den beiden anderen je eine Substanzbrücke (Fig. 4 u. 5). Alle diese Verhältnisse wurden bereits von M. Heidenhain (l. e.) in derselben Weise geschildert und ihre Be- deutung klarzulegen versucht. Indessen scheint es noch gewagt, der Farbenreaktion in Anbetracht der Kleinheit der Dinge einen solehen Werth beizulegen. Es ist doch sehr zweifelhaft und ein auch von Heidenhain noch nieht gelöstes Problem, ob jene Substanzbrücken, die er mit dem Namen „primäre Centrodesmose“ belegt hat, wirklich die Uranlage der Centralspindel darstellen. Drüner!) hat ja in der ausführlichsten Weise eine ganz andere Möglichkeit für die Entstehung der Centralspindel zu begründen versucht. Er behauptet, dass in dem Ruhezustande und im An- fangsstadium der Theilung keinerlei Verbindung zwischen den Centrosomen existire und dass die Centralspindel erst dadurch hergestellt werde, dass von den Centrosomen nach allen Seiten, also auch zu dem anderen Centrosom Protoplasmafibrillen ausge- sendet werden. Aus meiner eigenen Erfahrnng an anderem Materiale weiss ich aber, dass die kleinsten auffindbaren Central- spindeln, welche im Verhältniss kaum grösser sind als jene Sub- stanzbrücken, ein ganz anderes Aussehen haben, sie stellen sich als vollständig ungefärbte helle spindelförmige Verbindungen zwischen den Centrosomen dar. Es würde mich hier zu weit führen, wenn ich die Gründe dafür und dawider erwägen wollte oder eine vollkommene Erklärung für die aufgefundenen That- sachen zu geben mich bemühte; das liegt durchaus nicht im Plan dieser Arbeit. Wenn man der Farbenreaktion vertrauen darf, so müsste noch für eine weitere Thatsache eine Erklärung gesucht werden. Die Eisenfarbe bleibt nämlich häufig in einem gewissen Maasse in dem ganzen Bezirk zurück, welchen ich im Eingange als Ver- klumpungsfigur nach dem Vorgange Heidenhain’s bezeichnet habe. Die Centralkörper und Substanzbrücken liegen dann in einer grau aussehenden Masse, welche sie rings umgiebt, einge- bettet (Fig. 5). Nach der Färbung zu urtheilen, könnte man wohl kaum umhin, in dieser grauen Masse einen besonderen Stoff 1) L. Drüner, Studien über den Mechanismus der Zelltheilung. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. 29. N. F. 22. 116 CarlNiessinge: zu erblicken. v. Lenhossek!) hat ähnliche Beobachtungen an den Spinalganglienzellen des Frosches gemacht und ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass jene Masse, welche sein aus fein- sten Körnchen bestehendes Centrosom enthält, eine Zwischen- substanz (Centrodesmose?) sei, welche mit dem Centrosom ein einheitliches Gebilde, das Centrosom oder das Mikrocentrum Heidenhain’s darstelle. Wie sofort ersichtlich, liegen die Verhältnisse aber in den Mutterzellen des Meerschweinchenhodens ganz anders. Ich halte mich für berechtigt zu behaupten, dass meine Befunde zu einer anderen Auffassung nöthigen, welche ich kurz folgendermaassen kennzeichne: Beim Meerschweinchen ent- halten die Sphären der Samenmutterzellen im beginnenden Spirem- stadium 2—3 Oentrosomen (vielleicht auch mehr), welche häufig durch gefärbte Substanzbrücken („primäre Centrodesmosen“, Heidenhain) zu einen Ganzen verbunden sind und dann ein Mikrocentrum (Heidenhain) bilden. Das Mikrocentrum selbst wird von einer geringen Menge einer besonders differenzirbaren Substanzmasse eingeschlossen. Auch die Mark- und Rindenschicht der Sphäre enthüllt uns einen feineren Bau, sobald man die Präparate in geeigneter Weise herrichtet. Ohne Schwierigkeit lässt sich dann beob- achten, dass von dem Mikrocentrum als Mittelpunkt aus eine Menge feinster radiär gestellter Protoplasmafibrillen die Sphäre durchsetzen und, soweit dies erkennbar, in gerader Linie über die Grenzen derselben hinaus sich in das Protoplasma erstrecken. Die Fibrillen stellen sich dem Auge selbst bei starker Ver- grösserung nur als zarteste Linien dar, an denen eine feinere Structur bei den angewendeten Färbungsmitteln nicht erkennbar ist. Nur im gewissen Abständen vom Mikrocentrum, vor- nehmlich in dem Bezirk, welchen ich zuerst als Rindenschicht bezeichnet habe, ist bei genügender Differenzirung regel- mässig das sogenannte van Beneden’sche Körnerstratum sieht- bar zu machen, oft mit einer Deutlichkeit, dass eine Zählung der Körner in dem jeweiligen optischen Querschnitt der Kugel- schale, welehe das Stratum bildet, leicht gelingt. Die Körner des Stratums finde ich in der bekannten Form und Anordnung, 1) M. v. Lenhossek, Centrosom und Sphäre in den Spinal- ganglienzellen des Frosches. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 46. 189. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre ete. UN länglich und mit ihrer Längsachse, in deren Fortsetzung zu beiden Seiten die Fibrillenstrahlen verlaufen, nach dem Mikro- eentrum gerichtet. Die gegenseitige Lage der Körner ist der- artig, dass sie deutlich erkennbare Zwischenräume zwischen sich lassen, welche etwas weniger als ihrem eigenen Diekendurch- messer entsprechen. An günstig gefärbten!) Objekten ist aber nicht nur das eine Körnerstratum vorhanden, sondern gewöhnlich zwischen diesem und dem Mikrocentrum noch ein oder zwei scharf von einander gesonderte eoncentrisch angeordnete Körner- lagen (Fig. 5 u. 6). Ebenso lassen sich ausserhalb des Sphären- bezirkes in derselben optischen Ebene concentrische Kreise auf- finden, welche aus deutlich erkennbaren Körnern bestehen (Fig. 5 u. 6). Die Anzahl dieser Körnerkreise schwankt, bald beträgt ihre Gesammtzahl innerhalb und ausserhalb der Sphäre nur zwei, häufig aber mehr; einmal habe ich acht solcher Körner- kreise gezählt. Diese Körnerlagen sind im Allgemeinen concen- trisch zu dem Mikrocentrum angeordnet, doch fand ich auch mehrmals, dass ein solches Körnerstratum rings um den Kern lief. Es ist auffallend, dass nicht alle Körnerkreise den gleichen Bau aufweisen, wie dies bereits auch von anderen Beobachtern beschrieben worden ist, in dem Sinne, dass die Körnerlagen zwar ihrem Wesen nach gleich sind, dass sie aber durch die Verschiedenheit der Grösse sowie der Farbe und des räumlichen Abstandes der Körner ein verschiedenes Aussehen erhalten. Durch welche Umstände dieses Verhalten der Körner verursacht wird, entzieht sich natürlich der direkten Beobachtung. Wenn man den Fibrillen eine Contractilität zuschreibt, so kann man es ja für den Ausdruck verschiedener Contractionszustände ein- zelner concentrisch gelegener Abschnitte der radiären Fibrillen halten, welche Ansicht M. Heidenhain vertritt. Durch diese Befunde allein (vgl. dazu Fig. 6) könnte man verleitet werden den Sphärenbegriff zu streichen und unter Sphäre einfach den durch das am stärksten (van Beneden’sche) imponirende Körnerstratum abgegrenzten Bezirk der Fibrillenradien verstehen. Dies ist aber meine Auffassung von der Sache, die ich durch 1) Es ist dies sowohl bei der Bordeaux-Eisen-Hämatoxylin- als auch bei der von Reinke im Eingange erwähnten Färbungs-Methode erkennbar. 118 CarlNiessing: die Untersuchung dieses Materials gewonnen, nicht. Ich denke dafür auch genügende Beweise zu haben. Wie ich schon oben bemerkte, haben mich gewisse Befunde an den Sphären zum eingehenden Studium derselben veranlasst; es war dies das Vorhandensein scharf gefärbter, scheinbar regellos in der wohl- begrenzten Sphäre liegender Körnchen. Diese höchst auffallende Thatsache, welehe in manchen Samenkanälchen bei fast allen Mutterzellen zu eonstatiren war (Fig. 7) und sich in ähnlicher Weise auch bei den Tochterzellen vorfand, war mir zuerst ganz unerklärlich. Als ich dann durch feinere Differenzirung dünnster Sehnitte zu einem Einblick in die Structurverhältnisse gelangte, wurde mir dieses Räthsel gelöst. Die scheinbar zerstreut liegen- den Körnchen sind nichts anderes als die Flächenansicht eines oder mehrerer Körnerstrata, die innerhalb der Sphäre liegen. Es stellt sich nämlich heraus, dass das Erscheinen der Körnerstrata in der Sphäre nicht eine einfache differentielle Auf- lösung der sonst als homogen erscheinenden Sphäre ist (so dass man also die homogenen Sphären gewissermaassen als Verklum- pungsfiguren der Körnerstrata mitsammt den Fibrillenstrahlen zu halten hätte), sondern vielmehr diese und eine interfilare Sphären- substanz nebeneinander bestehen. In den betreffenden Mutter- zellen sind anf das deutlichste folgende Einzelheiten zu erkennen: neben dem Kern liegt die Sphäre (glatt begrenzt), in derselben ist eine dunkler gefärbte Rindenschieht und eine hellere Mark- schieht vorhanden, in deren Mitte man die zuweilen durch Sub- stanzbrücken verbundenen Üentralkörper in der geringen grauen Substanzmenge eingebettet vorfindet. Die Sphäre sowohl wie auch zum Theil das Zellplasma ist von deutlich sichtbaren cen- trirten Fibrillen durchsetzt. In der Rindenschieht — und dies ist der springende Punkt — liegt ein schönes, scharf und dunkler als die Rindensubstanz gefärbtes Körnerstratum (vergl. Fig. 5). Wenn man die Linse ganz langsam hebt oder senkt, bekommt man auch bei solehen Sphären deutlich die Erscheinung der regellos zerstreuten Sphärenkörnchen zu Gesicht als Flächenan- sicht des Körnerstratums. Ich brauche wohl nicht ausdrücklich hinzuzufügen, dass man bei dieser Manipulation allmählich kleinere Körnerkreise in die optische Ebene einstellt bis schliesslich die Körner des am höchsten oder am tiefsten liegenden Sphärenab- schnittes flächenhaft angeordnet erscheinen. Diese Beobachtungen Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 119 scheinen mir ausserordentlich wichtig zusein. Meves!) hat sich zwar bemüht, an verschiedenen Objekten nachzuweisen, dass die Schiehtung nicht dureh Einschaltung der Strata zustande kommt, und Rawitz?) hat sogar versucht den Nachweis zu führen, dass die Sphäre in den ruhenden Hodenzellen des gefleckten Salaman- ders überhaupt nicht geschichtet, sondern homogen ist. Beide betonen aber, dass ihre Beobachtungen nur für ruhende Zellen Geltung haben. Die von mir untersuchten Mutterzellen des Meerschweinchenhodens sind nun aber bereits in den Beginn der Spirembildung eingetreten, und es könnte auf den ersten Blick gewagt erscheinen, sie mit den Objekten von Meves, Rawitz oder v. Lenhossek überhaupt in Vergleich zu stellen. Allein ich meine, dass die von mir beschriebenen Sphären trotz der sichtbaren Veränderung des Kerns doch noch als im Ruhezu- stande verharrend anzusehen sind, da sie durchaus keinerlei ab- weichendes Verhalten gegen sonst beschriebene ruhende Sphären bekunden. Ich halte es für möglich, dass auch bei den Objekten der genannten Autoren durch geeignete Färbungen feinere Diffe- renzirungen der Sphäre möglich sein möchten. Ich behaupte also, was mein Bruder (l. e.) auch schon zu beweisen versucht hat, dass die Sphäre nicht ein durch das van Beneden ’sche Körnerstratum abgegrenzter, sonst aber mit dem übrigen Zell- plasma gleichwerthiger Bezirk der Fibrillenstrahlung ist, son- dern besondere gegen das übrige Zellplasma verschiedene färbe- risch darstellbare Interfilarsubstanzen enthält, welchen, wie ich bei den Tochterzellen noch nachzuweisen suchen werde, sogar nach Loslösung von der Filarsubstanz noch gewisse Kräfte innewohnen. Die vorstehenden Angaben über die Centralkörper und Sphären in den Samenmutterzellen gründen sich auf die Beob- achtung und Durchforschung eines grossen Zellenmaterials. Sie erschöpfen nun zwar bei weitem nicht alles, was über diese Dinge noch gesagt werden könnte, ich halte aber hier eine Be- schränkung für geboten. 1) Meves, Ueber die Zellen des Sesambeins in der Achillessehne des Frosches und über ihre Centralkörper. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 45. 189. 2) Rawitz, Centrosoma und Attractionsshphäre in der ruhenden Zelle des Salamanderhodens. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 44. 189. 120 Carl Niessinse: Ehe ich nun zu den Theilungsprodukten der Mutterzellen übergehe, muss ich erwähnen, dass sich im Zellplasma der Mutterzellen noch ein anderer Körper befindet, dessen Bedeutung hinsichtlich seiner Herkunft mir nicht klar geworden ist, welcher aber in den Tochterzellen wiederkehrt und schliesslich in letzteren eine so bedeutsame Rolle spielt, dass ich es für nöthig halte, alle aufihn bezüglichen Thatsachen. soweit mir das möglich ist, hier festzustellen. Es ist dies ein gewöhnlich sich dunkel fär- bender Körper von wechselnder, meist aber rundlicher oder elipsoider Gestalt; seine Grösse kommt etwa der eines Nucleolus derselben Zelle gleich. Eine feinere Structur ist an demselben in den Mutterzellen wegen seiner dunklen Färbung nicht zu er- kennen. Seine Lage ist eine ganz unbeständige. Hermann!) hat diesen Körper zuerst genauer beschrieben und ihn in seiner Fig. 530 dargestellt. Nach seiner Ansicht bildet dieser dunkle zusammen mit einem grösseren blassen Körper den sogen. Neben- kern. Nach meinen Untersuchungen kann ich Hermann’s Befunde nicht anders erklären als in der Weise, dass sein grösserer blasser Körper die — von ihm nicht erkannte — Sphäre und der kleinere dunkle der eben von mir beschriebene dunkle Körper ist. Die beiden Körper haben keineswegs, wie Hermann ausdrücklich angiebt, eine stets nachbarliche Lage, sondern sie sind sehr oft durch einen grösseren Zwischenraum von einander getrennt. Auf weitere Eigenthümlichkeiten des dunklen Neben- körpers komme ich noch ausführlicher bei der Ratte und Maus zu sprechen. Toehterzellen (Spermatiden). Da im Säugethierhoden die Tochterzellen durch Theilung aus den Mutterzellen entstehen, so ist es natürlich, dass wir bei ihnen im allgemeinen die charakteristischen Eigenschaften der Mutterzellen wiederfinden. Es ist von vornherein anzunehmen, dass der nach der Thei- lung eintretende Ruhezustand nur von kurzer Dauer ist. Gleich- wohl findet man Kanälchenquerschnitte, in welchen die Tochter- zellen noch gar keine erkennbaren Fortschritte in der Verwandlung 1) Hermann, Beiträge zur Histologie des Hodens. Arch. £. mikrosk. Anat. Bd. 34. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 121 zum Samenfaden gemacht haben. Beim Meerschweinchen zeigen die Kerne solcher Tochterzellen ein deutliches Chromatingerüst mit einem oder mehreren Nucleoden!?). Die Sphäre tritt bei den Tochterzellen mit derselben Deut- lichkeit hervor, wie bei den Mutterzellen. Sie bildet hier den- selben scharf abgegrenzten rundlichen oder ovalen Körper. Auch sind die Centralkörper in der gleichen Anzahl zwei bis drei vor- handen; letzteres war allerdings äusserst selten zu constatiren. Ueberhaupt ist die Sphäre genau wie in den Mutterzellen ge- baut. Die Centralkörper sind, sobald ihre Lage eine solche Be- obachtung erlaubt, öfters durch deutliche Oentrodesmosen mit einander verbunden. Von dem Mikrocentrum gehen zarte Fibrillen- strahlen aus mit einem in der Randschicht der Sphäre gelegenen Mikrosomenstratum, sie weichen jedoch darin von den Sphären der Mutterzellen ab, dass eine Rinden- und Markschicht nicht besonders hervortritt. Benda?°) hat die Sphäre in den Tochter- zellen gleichfalls gefunden, ohne jedoch feinere Einzelheiten, so das Vorbandensein von Üentralkörpern und einer Fibrillen- strahlung, beigebracht zu haben. Wenn nun in meinen Präpa- raten eine Mark- und Rindenschicht der Tochterzellensphäre nicht augenfällig ist, so bin ich doch der Meinung, dass auch hier wie in den Mutterzellen innerhalb der Sphäre eine besondere von dem übrigen Zellplasma verschiedene interfilare Substanz vorhanden ist, wofür ich noch stützende Beweise beibringen werde. In dem Zustande der Ruhe verharren die Tochterzellen oder Spermatiden nicht lange, sondern es beginnt bald ihre Um- wandlung, welche mit der Fertigstellung in Samenfäden endet. 1) In den Nucleolen ist fast regelmässig ein kleines, stark licht- brechendes, hellrubinrothes Körperchen zu beobachten, welches na- mentlich dann schön hervortritt, wenn die Eisen-Hämatoxylinfarbe etwas mehr ausgezogen worden ist. Aus dieser Thatsache, die ich auch an anderen Objekten feststellen konnte, darf ich wohl entnehmen, dass die Nucleolen nicht als einfache structurlose Gebilde aufzufassen sind. Hierbei kann ich frühere Beobachtungen, so auch die von M. Heiden- hain (Kern und Protoplasma, Festschr. für A. v. Kölliker) bestätigen, dass die Nucleolen als rundliche Körper immer innerhalb des Kern- gerüstes eingelagert sind. 2) C. Benda, Ueber die Histiogenese des Sauropsidensperma- tozoons. Ergänzungsheft zum Anat. Anz. Jahrg. VII. 1892, 122 CarlNiessing: Die ersten Veränderungen machen sich in der Lage und dem Bau der Sphäre bemerkbar. Sie tritt in nähere Beziehung zum Kern und ist vom Beginn der ersten Veränderungen an stets dem Kern anliegend zu finden. In der Sphäre selbst vollziehen sich in fortlaufender Reihenfolge eime Anzahl interessanter Pro- cesse. Die regelmässige Anordnung des Mikrosomenstratums verschwindet. Aus den feinen Körnchen entstehen grössere, runde, dunkel und scharf gefärbte Kügelehen. Im derselben Weise verändert sich auch das Mikrocentrum (Centralkörper- gruppe). Anstatt mehrerer Centralkörper ist nur noch ein ein- ziges den veränderten Mikrosomen gleichendes Kügelchen vor- handen, von dem nur selten noch Fibrillenstrahlen in radiärer Richtung, jedenfalls aber immer nur bis zu einem Mikrosomen, auslaufen. Ausserhalb der Sphäre ist keine Strahlung mehr be- merkbar (vergl. Figg. 9 u. 10). Die Sphäre hat, abgesehen von den Mikrosomenkügelchen, eine gleichmässige homogene graue Färbung angenommen. Da die Mikrosomenkügelchen weder einen gleichen Abstand vom Mikrocentrum, noch eine gleiche Grösse untereinander innehalten, so ist in den Sphären, welche keine Fibrillenstrahlung mehr aufweisen, kaum noch zu ent- scheiden, welches von den Kügelchen die Centralkörpergruppe enthält. Der überraschende Vorgang, der sich abgespielt hat, dürfte wohl in der einfachsten Weise so gedeutet werden, dass die Substanz der centrirten Fibrillen innerhalb der Sphäre in die Mikrosomen des Stratums der Rindenschicht einbezogen worden ist. Auf diese Weise liesse sich wenigstens die Vergrösserung der Mikrosomen sowie auch ihr unregelmässiger Abstand vom Mikrocentrum aufs einfachste erklären. Die Verwandlung schreitet nun in der Sphäre in der Weise weiter fort, dass eine eentri- petale Bewegung und gleichzeitige Verschmelzung des ehemaligen Mikrosomenstratums und der mit einbezogenen Fibrillenmasse angestrebt wird. Als unwiderlegliche Beweise dafür erscheint mir die grosse Menge von Tochterzellen, welche innerhalb eines Kanälchenquerschnittes alle möglichen Stufen des bezeichneten Verwandlungsprinzips zur Schau tragen. Der Vorgang vollzieht sich also in der Weise, dass die Körnehen oder Kügelchen an Zahl abnehmen und sich durch Verschmelzung mit einander zu wenigen grösseren vereinigen (vergl. Fig. 11). Je geringer ihre Zahl, desto grösser erscheint ihr Volumen, bis sie schliesslich zu Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 123 einem grossen Korn zusammengeflossen sind. Sobald diese centri- petale Bewegung sich ihrem Ende nähert, also bei Anwesenheit nur noch 2 oder 3 grösserer Kügelchen in der Sphäre, tritt in ihr eine Veränderung ein. Es bildet sich um die 2 oder 3 Kügelchen herum je ein glasheller, sie kugelschalenartig umge- bender Körper, welcher seinerseits wieder von der homogenen Sphäre umschlossen wird (Fig. 11); nach meiner Ansicht sind jetzt nur noch die interfilaren Substanzen der Sphäre in der homogenen Masse enthalten. Woher der glashelle Körper seinen Ursprung nimmt, ist nur vermuthungsweise zu sagen. Es giebt zwei Möglichkeiten seiner Entstehung; er ist entweder eine Ab- scheidung der Kügelchen oder der homogenen Sphärenmasse. Ich würde mich für die letztere Möglichkeit entscheiden, da ich bei der Beobachtung den Eindruck gewonnen habe, dass die homogene graue Sphärensubstanz in demselben Maasse abnimmt, in welchem eine Zunahme der glashellen Kugelschalen zu be- merken ist. Hat die Vereinigung der Kügelchen zu einem grossen Korn stattgefunden, so sind auch die glashellen Körper zu einem einzigen verschmolzen. Dieser ist nun von einer deut- lich sich färbenden, dünnen Membran umgeben, welcher der homogene Theil der Sphärensubstanz gewöhnlich seitlich in polyedrischer Gestalt anliegt. Das Korn in dem glashellen Körper liegt oft noch nieht dieht am Kern, sondern tritt durch einen fadenförmigen Fortsatz mit demselben in Verbindung. Es hat dabei eine ovale oder längliche Form und ist mit seiner Längsaxe nach dem Kern gerichtet (Fig. 12). Der fadenförmige Fortsatz verkürzt sich bald und bringt dadurch das dunkle Korn in innige und dauernde Vereinigung mit dem Kern. In dieser Zeit zeigt der Kern noch keine Spuren einer Veränderung. Die Sammlung der Mikrosomen samt den früher centrirten Fi- brillen innerhalb der Sphäre und der Centralkörper zu einer an- scheinend gleichmässigen Masse, dem dunklen Korn, ist jetzt zum Abschluss gebracht. Ich nenne diesen Körper, weil er aus Substanzen des Mitoms entstanden ist, Mitosom. Von der Sphäre sind gewisse Theile der interfilaren Substanzen abge- sondert und liegen, als nicht mehr zum Aufbau des Samenfadens verwendbar, zum Abscheiden bereit, während andere von ihr stammende Theile in Form des glashellen Körpers und seines Häutchens sich um das Mitosom gesammelt haben. 124 CarlNiessing: Nunmehr tritt die Tochterzelle in eine Reihe anderer Ver- änderungen ein, welche einerseits die völlige Anpassung der von der Sphäre zum Aufbau des Samenfadens zu verwendenden Theile an den Kern zum Zwecke hat, andererseits die Bildung des eigentlichen Fadens am entgegengesetzten Kernpole erstrebt unter gleichzeitiger Verwandlung der Kernmasse selbst. Durch die dauernde Fixirung der Sphäre am Kern wird ihm eine blei- bende Polarität ertheilt in der Weise, dass an der Anheftungs- stelle der Sphärensubstanzen der vordere und an dem entgegen- gesetzten Theile des Kerns der hintere Pol entsteht. Da die Bewegungen des Samenfadens mit dem Kopf voran geschehen und da, wie sich zeigen wird, der Kernpol, an dem sich die Sphäre befindet, zum vordersten Theil des Kopfes wird, so halte ich die Unterscheidung eines vorderen. und hinteren Kernpoles für eine richtige und zweckmässige. Bevor am hinteren Kernpol irgendwelche Veränderungen in die Erscheinung treten, vollziehen sich am vorderen noch weitere Umwandlungen. Der Kern plattet sich an dieser Stelle etwas ab, das Mitosom legt sich fest an diese Abplattung an, während die von vornherein ja nicht gleichartige Substanz des Mitosoms sich in zwei Theile sondert, in eine innere, mit Eisen- hämatoxylin schwarz sich färbende und eine äussere, heller ge- färbte Masse. Die schwarze Substanz wird von der helleren kappenartig umschlossen, das Ganze umgiebt der glashelle Körper kugelschalenartig von einer zarten Hülle begrenzt, an der noch die Sphärenreste als hellgrauer Körper hängen (Fig. 13). Dieses gesammte Gebilde (mit Ausnahme der abscheidenden Sphären- reste), welches am vorderen Kernpol sitzt, ist während der weiteren Verwandlung in einem bis zu einer gewissen Grenze fortdauernden Wachsthume begriffen mit dem Ziele, durch all- mählige Abplattung und theilweise Ueberwachsung des Kerns zur späteren Kopfkappe und zum sogenannten Spitzenknopf des Samenfadens zu werden. Der dunkle Theil des Mitosoms wächst ziemlich beträcht- lich und legt sich flach an den Kern an. Ebenso nimmt die Masse des helleren Theils des Mitosoms unter gleichzeitiger Los- lösung von dem dunkleren Theil zu. Er legt sich mit seiner konvexen Fläche an die Membran des glashellen Körpers an. Der letztere ist dadurch verdrängt worden und. hat sich mitsammt Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 125 seiner Membran an der vorderen Hälfte des Kerns zu einer dünnen Schicht ausgebreitet. Der nicht zur Verwendung kom- mende Sphärenrest trennt sich jetzt von dem glashellen Körper; er wandert später, seine Gestalt behaltend, allmählich längs des Kerns nach dem hinteren Theil der Zelle und nimmt an der weiteren Entwicklung des Samenfadens keinen Antheil (Fig. 14). Um diese Zeit vollziehen sich die ersten bemerkbaren Ver- änderungen innerhalb des Kerns und am hinteren Kernpol. Von den Nuceleolen ist im Kern bald nichts mehr nachzuweisen, das Kerngerüst ist noch sichtbar, das Chromatin hat sich aber theil- weise mehr an die Kernwand zurückgezogen und die Kernhaut namentlich am hinteren Pole verstärkt, wenigstens muss man das aus dem färberischen Verhalten schliessen. Hier muss ich einfügen, dass ich bei den Tochterzellen des Meerschweinchen- hodens einen mehr oder weniger dunkel gefärbten Körper mit wechselnder Lage im Zellplasma gefunden habe, welcher, wie ich meine, identisch mit dem von Benda (l. ce.) in den Sper- matiden beschriebenen und benannten „ehromatoiden Nebenkörper“ ist. Seine Gestalt und seine Eigenschaften sind wenig charak- teristisch. Ich halte denselben für einen Abkömmling jenes dunklen, im Zellplasma befindlichen Nebenkörpers, den ich in den Mutterzellen gefunden habe. Die Bedeutung und das Schick- sal dieses Körpers in den Tochterzellen des Meerschweinchen- hodens zu ergründen, ist mir nicht gelungen. Ich enthalte mich deshalb an dieser Stelle auch jeder Vermuthung darüber. Ich denke aber, dass meine Befunde bei der Ratte und Maus ge- statten, gewisse Schlüsse auch für das Meerschweinchen zu ziehen. Zu derselben Zeit, wo die eben bemerkte Kernmembran- verdiekung am hinteren Pole stattfindet, ist beim Meerschwein- chen zum ersten Male an dieser Stelle ein feines, kurzes Fädchen zu bemerken, welches an der Kernmembran seinen Ursprung nimmt. ‚Ich halte dies für die erste Anlage des Achsenfadens (Fig. 15). Der Achsenfaden verlängert sich ziemlich rasch und zeigt an der Ansatzstelle am Kern eine geringe Verdiekung. Durch diesen Befund muss man annehmen, dass der Achsenfaden aus Bestandtheilen des Kerngerüstes hervorgeht. Die Färbung könnte zu der Meinung führen, dass hier hauptsächlich Chroma- tintheilchen an der Bildung des Achsenfadens betheiligt sind. 126 Carl Niessing: Allein die nachgewiesene fibrilläre Structur des Fadens nöthigt vielmehr zu der Annahme, dass hauptsächlich die elastischen Bestandtheile des Kerngerüstes, also das Linin, zur Bildung des Fadens verwendet werden. Nach unseren heutigen Kenntnissen haben wir doch die elastische Substanz des Kerns in dem Linin- gerüst zu suchen, welches bei den Theilungsvorgängen in der Zelle die träge Masse des Chromatins bewegt. Die Angaben Hermann’s (l.e.), nach welehen der Achsenfaden aus einem am hinteren Kernpol eingewanderten dunklen Körperchen, dem dunklen Abschnitt seines Nebenkerns, entstehen soll, kann ich nicht bestätigen. Genaueres hierüber werde ich bei der Ratte und Maus bringen. So oft man beim Meerschweinchen einen dunklen Nebenkörper beobachten kann, liegt er wohl in der Nähe des hinteren Kernpoles, aber nicht am Kern oder im Kern selbst, wie Hermann es bei der Maus zeichnet. Der Achsenfaden entspringt also direkt aus dem Kern, und zwar ist er schon angelegt, während der Kern sich noch vollständig im Zellleib befindet (Fig. 15). Ich möchte auch hierauf einiges Gewicht legen, da das erste Auftreten des Achsenfadens immer erst angegeben wird, wenn der Kern schon zum Theil aus dem ’Zellleib herausgerückt ist (vergl. auch die Figg. 24 u. 25 von der Ratte). Gleich nach der Anlage des Achsenfadens erscheint auch die sogen. Schwanzblase. Man neigt im allgemeinen der Ansicht zu, dass die Schwanzblase durch Hervorwölbung oder Ablösung der Kernmembran entstünde, und neuerdings hat Bühler!) auch noch diese Ansicht vertreten und eine Erklä- rung für die Entstehung der Blase gegeben. Er meint, dass durch eine Contraction des chromatischen Kerngerüstes der Kernsaft nach aussen entweicht und dadurch die Schwanzblase zu Stande käme. Ich bin nicht im Stande, eine bessere Er- klärung für die Entstehung der Blase zu geben, muss aber aus- drücklich bemerken, dass ich im Kern keinerlei Merkmale für die Contraction des Chromatins finde, dass auch nach meinen Wahrnehmungen der Kern dabei keinerlei Volumensverminderung erfahren hat. Beim Meerschweinchen habe ich diese Schwanz- blase des öfteren als einen hinten offenen Schlauch gefunden 1) Bühler, Spermatogenese bei Bufo vulgaris. Anat. Anzeiger. Ergänzungsheft zum Jahrg. X. 1895. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre ete. 127 (Figg. 16 u. 17) und nicht als geschlossene Blase. Wenn dieser Befund der Wirklichkeit entspricht, so würde ich dieser Ab- weichung doch keine besondere Bedeutung beimessen. Mit der Bildung der Schwanzblase ist nun ein Zustand erreicht, den ich der besseren Uebersicht wegen noch einmal kurz schildern will. Der Kern mit etwas verdiekter Wandung zeigt noch immer ein mässiges Gerüst ohne Nucleolen. In der Mitte der noch stärker verdiekten, dem himteren Pol zugehörigen Kernwand entspringt der bereits ziemlich lange Achsenfaden mit einer kleinen Verdiekung. In seinem Anfangstheil ist er um- schlossen von einem weiten, kurzen Schlauch, weleher mit einem runden Querschnitt an den Kern ansetzt. Am vorderen Kernpol liegt der dunkle Theil des Mitosoms linsenförmig flach auf und darauf gestülpt der hellere Theil desselben in Gestalt eines stumpfen Kegels. Das Mitosom sowie der Kern wird fast bis zum Ansatz der Schwanzblase von dem glashellen Körper mit seinem Häutehen überzogen, welcher jedoch nur noch an den Seitenwänden des Kerns als dünne Lamelle erkennbar ist (Fig. 16). In diesem Stadium wird der Kern durch gewisse Kräfte mit seinem vorderen Pole aus der Zelle herausgedrängt und im weiteren Verlauf der Verwandlung fast vollständig ausgestossen. Der abgeschiedene Sphärenrest ist dabei als rundlicher Körper stets im Zellleibe hinter dem Kern zu finden'). Jetzt ist die Anlage der wichtigsten Theile des Samenfadens erreicht. Aus dem Kern wird der eigentliche Kopf, aus den beiden Theilen des Mitosoms der Spitzenknopf, aus dem glashellen Körper mit dem Häutchen die Kopfkappe. Die Schwanzblase wird zur späteren Bekleidung des Verbindungsstückes des Schwanzfadens. Die weitere Verwandlung hat hauptsächlich noch den Zweck, die einzelnen Substanzen soweit umzubilden, dass sie die Form, Elastieität und Widerstandsfähigkeit des fertigen Samenfadens erreichen. Ungefähr um diese Zeit der Verwandlungsvorgänge (Fig. 16) ist innerhalb der Schwanzblase ein dem Achsenfaden ganz lose 1) Ich habe es leider verabsäumt, in diesen Stadien vom Meer- schweinchen den Zellleib vollständig auszuzeichnen und muss deshalb in Betreff der Lage dieses Körpers auf die entsprechenden Figg. von der Ratte und Maus verweisen. 128 CarlNiessing: aufsitzender dunkel und scharf färbbarer Ring bemerkbar, dessen Entstehung mir bis jetzt räthselhaft geblieben ist. Vermuthungs- weise kann man mehrere Möglichkeiten aussprechen. Man könnte ihn ebenso gut direkt vom Kern als von der Schwanzblase, oder auch von dem chromatoiden Nebenkörper ableiten. Trotz sorg- fältigster Durchforschung meiner Präparate habe. ich für keine dieser Möglichkeiten beim Meerschweinchen eine substantielle Unterlage finden können. Die weiteren Metamorphosen des Kerns mit seinen An- hängen bieten wenig Interessantes und sind bereits häufig und genau beschrieben worden. Ich will mich deshalb möglichst kurz fassen. Während der aus den beiden Mitosomtheilen be- stehende Kegel sich ziemlich scharf zuspitzt, gestaltet sich der Kern in demselben Sinne um und nimmt gleichfalls eine konische Form an (Fig. 17). Sein Gerüst verschwindet allmählich, indem die Chromatinbälkehen immer dünner werden. Aus dem hinteren, von der Schwanzblase begrenzten Kerntheile hat sich ein kurzer Zapfen, nach welchem sich ehromatische Substanzen des Kerns zu- sammengezogen haben, mit dem Achsenfaden als Anhang hervor- gewölbt. Der Kern ist schon zum grössten Theile aus der Zelle herausgedrängt, deren Grenzschieht dort an den Kern anzusetzen scheint, wo der Ueberzug des glashellen Körpers mit seinem Häutehen am Kern endigt. Die Zelle bildet gewissermaassen noch einen Schutz für die am hinteren Pole gelegenen Theile des Kerns. Mit der völligen Homogenisirung des Inneren nimmt der Kern eine platte Gestalt an (Figg. 15a, 18b). Die beiden Theile des Mitosoms bilden sich zum Spitzenknopf um und legen sich sichelförmig über die vordere Kopfhälfte, überzogen von dem Häutchen und dem glashellen Körper, welche sieh in die sogenannte Kopfkappe verwandeln. Die Schwanzblase verlän- gert sich zu einer hyalinen Röhre, aus der die spätere Beklei- dung des „Verbindungsstückes“ entsteht. Der Ring ist am Achsen- faden entlang geglitten und bildet den Abschluss der Röhre. Der Zapfen am hinteren Kernpol hat sich zu einem Knöpfchen verdichtet, aus welchem der Achsenfaden entspringt (Fig. 19). Der Faden ist scharf gefärbt in der hyalimen Röhre sichtbar. Er verläuft in gleicher Stärke bis zum Ring und eine kleine Strecke darüber hinaus, von wo mit einem Absatz eine deutliche Verdiekung eintritt, welche sich auf ein langes Stück ausdehnt. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 129 Wir haben nun einen unreifen Samenfaden vor uns. Bei der späteren Verwandlung verschwindet der nackte Theil des Achsen- fadens zwischen Verbindungs- und Hauptstück wieder. Jensen!) hat bereits bei der Ratte das gleiche Verhältniss gefunden. Er sah am Ende des Verbindungsstückes eine Scheibe und hinter dieser ein kleines Stückehen des Achsenfadens entblösst. Ich meine nicht fehlzugehen, wenn ich den von mir beschriebenen Ring der Scheibe gleichsetze. Der Zellleib hat sich jetzt von dem unreifen Samenfaden getrennt. Vor der Reifung tritt noch im Verlauf des Verbin- dungsstückes die Bildung einer Spirale auf, wie ich beobachten konnte, allmählich wachsend. Es war mir aber nicht möglich zu erkennen, ob die Spirale innerhalb der hyalinen Röhre ge- legen war, oder ob diese selbst sich in die Spirale verwandelt hatte. Sie umschliesst den Faden anfangs locker und legt sich später immer fester um ihn, bis sie schliesslich nicht mehr er- kennbar ist, und an ihrer Stelle eine glatte, homogene Beklei- dung des Verbindungsstückes erscheint. Es kam mir bei meinen Untersuchungen darauf an, den Nachweis der Centralkörper und Sphäre in den Hodenzellen der Säugethiere und ihre Verwendung beim Aufbau des Samenfadens zu erbringen; und ich bin der Meinung, dass mir dieser Nach- weis durch die Vorführung einer lückenlosen Serie von Verwand- lungsstadien gelungen ist. Ich habe gezeigt, dass die Sphäre in den Mutter- und Tochterzellen mit Sicherheit nachweisbar ist, ich habe ferner gezeigt, dass die Centralkörpergruppe sammt dem (van Beneden’schen) Mikrosomenstratum und gewissen Fibrillentheilen des Mitoms in den Spitzenknopf und gewisse andere Bestandtheile der Sphäre zur Kopfkappe der Spermie umgewandelt werden. Bei meiner, wie ich glaube, unzweideuti- gen Beweisführung könnte ich es mir wohl versagen, noch speciell auf die entgegenstehenden Ansichten, so auch auf dieHermanns über die Entstehung des Spitzenknopfs und der Kopfkappe ein- zugehen, zumal die wenn auch kurzen Angaben Benda’s (l. e.) darüber mit den meinigen übereinstimmen. Da jedoch Hermann bei seiner Untersuchung zum Theil dasselbe Material benutzt hat 1) Jensen, Untersuchungen über die Samenkörper der Säuge- thiere, Vögel und Amphibien. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. XXX. 1887. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 9 130 CarlNiessing: wie ich, so werde ich weiter unten kurz auf seine Ansichten über die Entstehung dieser Dinge eingehen. Ich bin nun bei meinen Untersuchungen, wie ich gezeigt habe, zu dem interessanten Er- sehniss gelangt, dass das Centrosom und gewisse Sphärenbestand- theile sich an den vorderen Pol des Samenfadenkopfes anheften. Wenn diese Thatsache mit gewissen Befunden anderer Autoren in Widerspruch tritt, so glaube ich doch annehmen zu können, dass dieser nur ein scheinbarer ist. Es ist in der neuesten Zeit verschiedentlich, namentlich auch von R. Fick!) und Boveri?) auf das Ausdrücklichste hervorgehoben und auch nachgewiesen worden, dass sich nach dem Eindringen der Spermie in das Ei an deren hinteren Pol des Kopfes eine Strahlensphäre ent- wickle, dass mithin an dieser Stelle auch das Uentrosom gelegen sein müsse. Hierbei ist aber in Betracht zu ziehen, dass jene Forseher ihre Befunde nicht bei Säugethieren gemacht haben und es sehr wohl möglich ist, dass bei Amphibien und niederen Thieren das Centrosom oder die Centralkörpergruppe der samen- bildenden Zellen an den hinteren Kernpol tritt. Darauf scheinen mir die Befunde Hermann’s (l. e.) bei Salamandra maculata hinzudeuten, welche zeigen, dass sämmtliche Nebenkörper in den Spermatiden sich an dem hinteren Kermpole gruppiren bezw. sich mit demselben verbinden. Ich finde daher in den Angaben Fick’s und Boveri’s keinen Widerspruch zu meinen Ergeb- nissen. Wenn dagegen Sobotta°) sich für das Mäuse-Ei in Bezug auf die oben eitirte Arbeit von R. Fiek dahin äussert, dass wohl auch bei der Maus das Centrosom in dem Mittelstück des Samenfadens zu vermuthen sei (8. 65), so kann ich nach meinen Untersuchungen dem nicht zustimmen. Sobotta hat dies aller- dings nur als Vermuthung ausgesprochen, da er die Herkunft des Centrosoms vom Samenfaden im Ei nicht direkt beobachten konnte. Wie ieh noch zeigen werde, befindet sieh das Centro- 1) R. Fick, Ueber die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 56. 1893. 2) Boveri, Ueber das Verhalten der Centrosomen bei der Be- fruchtung des Seeigeleies nebst allgemeinen Bemerkungen über Cen- trosomen und Verwandtes. Verhandl. der phys.-med. Gesellsch. in Würzburg. 29. Bd. (N. F.) 189. 3) J. Sobotta, Die Befruchtung und Furchung des Eies der aus. Arch. f. mierose. Anat. Bd. 45. 189. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre ete. 131 som auch bei dem Samenfaden der Maus am vorderen Pole des Kopfes und nicht etwa im Mittelstück oder am hinteren Kopfpeol. EE Verfolgt man die Bildung der Spermie, so drängt sich un- willkürlich die Frage auf, welche Stoffe bzw. Bestandtheile der Kern zur Bildung des Schwanzfadens und seiner Theile hergibt und welche Kermtheile zum Kopf selber werden. Bei Betrach- tung der mitotischen Vorgänge ist es augenscheinlich, dass die chromatischen Substanzen des Kerns dessen wichtigste Theile darstellen, und wir können von vornherein annehmen, dass diese in dem Kopf des Samenfadens (Spermie) enthalten sein werden, da dieser ja dazu bestimmt ist, im kleinsten Raume die wichtig- sten Theile der männlichen Geschlechtszelle zum Ei zu trans- portiren. Aus anderen Untersuchungen, worunter namentlich sich . auch die M. Heidenhain’s befinden, ist uns die Structur des Chromatins bekannt. Wir wissen, dass das Chromatin aus Oxy- und Basichromatin in Gestalt kleinster Kügelehen in den Linin- strängen eingelagert ist und dass mithin nur dem Linin elastische Eigenschaften zukommen können. Benutzen wir diese Kenntnisse, so werden wir zu der Annahme geführt, dass die elastischen Bestandtheile des Samenfadens aus dem Linin hervorgegangen sind. Als solche elastische Bestandtheile sehe ich die Fibrillen, in die sich der Schwanzfaden zerlegen lässt, sowie die Spirale des Verbindungstückes an. Es sei mir gestattet, hieran einige Erwägungen zu knüpfen, durch welche Ursachen die Bewegung des Fadens der Spermie hervorgebracht wird. Ich stelle mir vor, dass der Faden aus zweierlei elastischen Substanzen besteht, aus den Fibrillen, denen eine Biegungselastieität zukommt, und aus der Spirale des Verbindungstückes, der ich eine Contraetilität zuschreibe. Durch die Oontractionen wird die Länge der Spirale verkürzt und dadurch — eine Befestigung ihrer beiden Enden an den Achsenfibrillen vorausgesetzt — eine Drehung des Fadens um seine Längsachse sowie eine Biegung desselben im Verbin- dungstück erzeugt. Hört die Contraction auf, so schnellen die Achsenfibrillen in ihre gerade Lage zurück. Soll nun eine Vor- wärtsbewegung erreicht werden, so muss die Contraction lang- samer vor sich gehen als die Geraderichtung der Fibrillen er- folgt, da nur auf diese Weise ein Abstossen in einer Flüssigkeit mit dem Effect der Vorwärtsbewegung möglich ist. Es muss 132 CarlNiessing: dabei als zweiter Faktor, die Grösse und die damit gegebene Trägheit des Kopfes hinzutreten. Er ist nicht im Stande, die 3ewegungen mit derselben Schnelligkeit mitzumachen wie der Faden, weshalb die Bewegung hauptsächlich auf den Faden übertragen wird. Eine Bewegung der Spermie nach vorn ist nur denkbar in der angegebenen Weise, sie ist nicht denkbar durch eine gleichmässige Schwingung der Geissel nach beiden Seiten. Wir haben hier ganz ähnliche Vorgänge wie bei den Flimmerhaaren. Auch hier geschieht eine Biegung nach einer Seite und ein darauf folgendes kräftiges Geradeschnellen der Härchen ; dadurch nur ist ein Fortstossen in der Nähe befindlicher Körper möglich. Bei langsameren Bewegungen der Spermie kann man mit Sicherheit beobachten, dass eine Biegung, also active Bewegung, nur im Verbindungsstück stattfindet, was zur - Bestätigung meiner Annahme dient. Der Effekt wird also durch zwei Momente hervorgebracht, durch die Contraetion der Spirale wird eine Biegung der Geissel erzeugt und nach deren Aufhören durch die Elastieität der Fadenfibrillen eine schnelle Gerade- richtung. Ich habe noch eine, Thatsache zu erwähnen, welcher von den meisten Autoren, die über diesen Gegenstand gearbeitet haben, keine Beachtung geschenkt worden ist. Es handelt sieh um den blassen Körper, den ich als Sphärenrest bezeichnet habe. Er geht nach den Angaben fast aller Autoren mit dem Zellleibe zu Grunde. Ich habe an diesem Körper einige Eigenthümlich- keiten zu entdecken vermocht, welche mir den Gedanken nahe legten, dass er, bevor er zu Grunde geht, noch eine wich- tige Rolle zu spielen hat. Ich habe gezeigt, dass dieser Körper in einem gewissen Stadium der Metamorphose sich nach dem hinteren Theil der Zelle begiebt und dass alsbald darnach der Kern mit dem vorderen Pol aus der Zelle herausgedrängt wird. An geeigneten Stellen des Präparats macht dieser Körper, wenn er sich hinter den Kern begeben hat, wieder den Eindruck einer Sphäre. Man findet ihn rundlich, in semem Inneren oft ein blass gefärbtes Körnchen, von welchem mitunter eine blasse Strahlung ausgeht. Ich bin nun durchaus nicht der Meinung, dass dass Körnchen ein echtes Centrosom ist. Man könnte sich aber vorstellen, dass dieser Körper, welcher Substanzen der Sphäre enthält, vom Beginn seiner Abscheidung an immer noch o Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 13: mit einem Theil des eentrirten Mitoms in Verbindung geblieben ist. Man kann sich ferner denken, dass den Substanzen dieses Körpers immer noch gewisse Kräfte innewohnen, welche ihn ehe- mals befähigten, sich um das echte Centrosom zu gruppiren. Wir würden dann mit diesen Voraussetzungen zu der Vermuthung geführt werden, dass jener Körper durch Contraetion der mit ihm in Verbindung gebliebenen Mitomreste nach dem hinteren Theil des Zellleibes gezogen worden ist. Hier machen sich nun in ihm sofort jene centrirenden Kräfte geltend und erzeugen von neuem ein mehr oder weniger ausgebildetes, radiäres Mitom, in welches der Kern, wie M. Heidenhain sich das denkt, jetzt hineingeschoben ist. Verdünnt sich nun die vordere Zellwand unter gleichzeitiger Contraction des neuen Fibrillensystems, so muss, wie M. Heidenhain dies für die rothen Blutkörperchen ausgeführt hat, eine Ausstossung des Kerns am vorderen Zellpol stattfinden. So gewagt auch diese Annahme scheinen mag, so ist sie doch im Stande, mit einiger Wahrscheinlichkeit die bisher unerklärliche Ausstossung des Kerns mechanisch denkbar zu machen. Durch das Wachsthum des Achsenfadens kann sie jedenfalls nicht erfolgen, da dieser an der hinteren Zellwand keinen Widerstand findet, sondern sie einfach durchdringt. Wenn ich für meine Hypothese beweisende Momente anführen soll, so sind sie in dem bereits geschilderten Verhalten des blassen Körpers gegeben. Jene Fibrillenstrahlung, die von seinem Öen- trum ausgeht, ist zwar sehr wenig in die Augen fallend, doch glaube ich, mich mit einiger Sicherheit von deren Vorhandensein überzeugt zu haben. Ist meine Vermuthung richtig, was sich wohl schwerlich strikte nachweisen lassen wird, so würde auch hiermit die von meimem Bruder (l. e.) ausgesprochene und von mir gleichfalls aufgestellte Behauptung, dass die „Sphäre“ in ihren interfilaren Räumen besondere vom übrigen Zellplasma verschiedene Stoffe enthalte, denen sogar noch Kräfte innewohnen können, eine wesentliche Stütze finden. Ratte und Maus. Gewisse Einzelheiten in den Befunden und die schliessliche eigenthümliche Kopfform der Samenfäden von Ratte und Maus nöthigen mich, die Entwieklung der Samenfäden dieser beiden Thiere in einem besonderen Abschnitte zu beschreiben. Es wird mir 134 CarlNiessing: dabei erlaubt sein, mich möglichst kurz zu fassen, um nieht durch unnöthige Wiederholungen weitschweifig zu werden. Ich kann schon von vornherein bemerken, dass sich hier mutatis mutandis in Bezug auf die Betheiligung von Centrosom und Sphäre dieselben Ergebnisse zeigen, wie beim Meerschweinchen. Dagegen bin ich in der Lage, über den ehromatoiden Nebenkörper bessere, wenn auch, wie mir scheint, immer noch nicht genügende Angaben machen zu können. Die Sphäre ist in den Mutterzellen der Ratte und Maus wie beim Meerschweinchen leicht nachweisbar und zeigt denselben Bau. Ich habe nur eine Abbildung davon gegeben (Fig. 21), ohne dabei auf die feinsten Details Rücksicht genommen zu haben. In den Tochterzellen der Ratte und Maus ist es viel schwerer, die Sphäre in ihrer unveränderten Gestalt nachzu- weisen. Dass sich aber hier mit derselben die gleichen Vorgänge abspielen, wie beim Meerschweinchen, zeigt ein Blick auf die Figuren 22, 23 und 34. Auffällig und besonders zu bemerken ist, dass hier das Mitosom sich als einfaches, rundliches Korn darstellt, während beim Meerschweinchen es sich in einen helleren und dunkleren Abschnitt sondert. Auch hier scheidet sich ein Sphärenrest als blasser Körper ab. Der glashelle Körper mit seinem Häutchen breitet sich unter gleichzeitiger Abflachung des Mitosoms über die vordere Kernhälfte aus u. s. w. (Fig. 23, 24 u. 55). Da ich in dem Mäusehoden dasselbe Objekt vor mir habe, welches Hermann (Beiträge zur Histologie des Hodens |]. e.) zu seinen Untersuchungen benutzt hat, so muss ich einen Widerspruch feststellen zwischen seinen und meinen Befunden. Hermann beschreibt in den Spermatiden der Maus ausser einem halbmond- förmigen Körperchen, das nach ihm die Kopfkappe und den Spitzenknopf bildet, einen Nebenkern. Als Nebenkern bezeichnet Hermann zwei stets getrennte, dieht nebeneinander liegende, rundliche Gebilde von ungleicher Grösse und Färbung im Proto- plasma. Nach seiner Schilderung und seinen Zeichnungen muss ich annehmen, dass ihm das Mitosom mit dem glashellen Körper entgangen und sein halbmondförmiger Körper, das von mir als Sphärenrest beschriebene Gebilde ist, welches ja oft halbmond- förmig gestaltet ist. Seine Angaben betreffs des Nebenkerns sind aber mit Benda’s und meinen Befunden nicht in Ueber- einstimmung zu bringen, da er zwei Körper, Benda und ich Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre ete, 155 aber nur einen (den „ehromatoiden Nebenkörper“) gefunden haben. Ich habe zwar öfters in diesem eine dunklere und eine hellere Hälfte unterscheiden können, doch glaube ich nicht, dass durch diesen Befund eine Erklärung für die abweichende Darstellung Hermann’s gegeben ist. Man vergleiche dazu seine Figg. 35 u. 36. Den Vorgang am vorderen Kernpol schildert Hermann folgendermaassen: „Das halbmondförmige Körperchen, das wir in inniger Nachbarschaft in der ausgebildeten Samenzelle liegen fanden, verschmilzt, sich verbreiternd, und zu einer Kugelschale sich umbildend, vollständig mit der peripheren (der vorderen d. Verf.) Kernhälfte und bedeckt dieselbe als ein kappenförmiges Gebilde, es stellt die von v. Brunn sogenannte Kopfkappe dar. Aus einer an dem peripheren Kernpole auftretenden partiellen Verdiekung dieser Kopfkappe entwickelt sich dann der Spitzen- knopf u. s. w.“ Wie ich gezeigt habe, verhält es sich damit ganz anders. Der halbmondförmige Körper (Sphärenrest) betheiligt sich nieht am Aufbau des Samenfadens, während die scheinbare partielle Verdiekung der Kernmembran durch den glashellen Körper und sein Häutchen gebildet wird. Der Spitzenknopf aber entsteht aus dem Mitosom (Figg. 22—24 u. 34 u. 55). Wenden wir uns nun zum hinteren Kernpol. Ich konnte bei der Ratte und Maus feststellen, was mir beim Meerschweinchen nicht möglich war, dass der chromatoide Nebenkörper etwa zur Zeit der beginnenden Achsenfaden- und Schwanzblasenbildung gewöhnlich am hinteren Kernpol zu finden ist. Seine Gestalt wechselt sehr, man findet ihn rundlich, länglich, eckig; es sind dies vielleicht Uebergangsformen einer fortdauernden Verwandlung. Dieser Körper dringt nun nicht, wie es Hermann angiebt, in den hintern Kernpol ein, sondern er bleibt getrennt vom Kern und zerfällt in zwei oder drei Kügelehen, welche oft noch dureh Verbindungsbrücken mit einander zuzammenhängen. Ehe aber dieser Zerfall eintritt, ist gewöhnlich schon der als dünnes Fäd- chen aus dem hinteren Kernpol hervorwachsende Achsenfaden vorhanden sowie die Schwanzblase; neben dem Achsenfaden liegt der chromatoide Nebenkörper* (Figg.24—27 u. 55). Hermann äussert sich hierüber folgendermaassen auf Seite 84: „An meinen Präparaten aber konnte ich nachweisen, dass der gefärbte Be- standtheil derselben (der Nebenkernabschnitte d. Verf.) in den Kern eindringt, und von ihm sehen wir denn in diesem Stadium 136 Carl:Niessing: als erste Andeutung des Geisselfadens der Spermatozoen ein feines, kurzes, sich rasch verlängerndes Fädchen auswachsen,“ und auf Seite 85: „Nach der: ganzen Sachlage aber kann ich mich so- wohl bei Salamandra als auch ganz besonders bei der Maus des Eindruckes nieht erwehren, dass der Achsenfaden aus dem färb- baren, in den Kern eindringenden Bestandtheil des Nebenkernes der Spermatiden auswächst.“ Ich meine Hermann direkt da- dureh widerlegen zu können, dass ich Stadien vorführe, welche den chromatoiden Nebenkörper neben dem bereits gebildeten Achsenfaden zeigen. Wenn seine Darstellung richtig wäre, dürfte bei angelegtem Achsenfaden der dunkle Nebenkörper nicht mehr ausserhalb des Kerns zu sehen sein. Es kommt noch dazu, dass ich den Achsenfaden bereits in einem früheren Stadium als Her- mann gesehen habe. Hermann stützt sieh zugleich auf seine Befunde bei Salamandra und kommt zu dem Schluss, welchen ich als einen seiner hauptsächlichsten Ergebnisse ansehe, dass der Achsenfaden das Erzeugniss eines zur Zeit im Zellplasma befindlichen Nebenkörpers sei, und glaubt damit die Behauptungen und die Beweisführung meines Bruders!) schlagend widerlegt zu haben. Ich habe die Entstehung des Samenfadens bei Sala- mandra nicht genügend studiert, um mir über dieses Objekt ein Urtheil erlauben zu können. Ich habe aber schon oben ausge- führt, dass möglicherweise bei Salamandra die Sphäre am hinteren Kernpol und nicht wie bei den Säugern am vorderen sich ansetze, und dass dadurch dieses Objekt bezüglich dieser Dinge gar nicht zum Vergleich herangezogen werden dürfe. Bei den von mir untersuchten Thieren finde ich bis jetzt keine andere Möglichkeit für die Entstehung des Achsenfadens, als die aus dem Kern und kann deshalb die Hermann’'sche Darstellung nicht für richtig halten. Eine kleine dunkel gefärbte Verdiekung ist zwar auch bei der Ratte und Maus an der Ursprungsstelle des Achsenfadens zu finden, sie ist aber nicht abgrenzbar und nicht für einen ein- gedrungenen Körper anzusehen. Die Contouren der Schwanzblase sind sehr oft nieht genau zu verfolgen, namentlich ist auch bei der Ratte und Maus häufig nicht 1) G. Niessing, Untersuchungen über die Entwicklung und den feinsten Bau der Samenfäden einiger Säugethiere. Verhandl. d. phys.- med. Gesellschaft zu Würzburg. N. F. XXII. Bd. Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 137 zu sagen, ob die Blase geschlossen ist, bzw. von welchem Zeitpunkte ab sie nicht mehr geschlossen ist; man findet sie in der ersten Zeit ihres Auftretens ebenso oft geschlossen wie offen. Durch welche Wirkungen das Eindringen des ehromatoiden Nebenkörpers in die Schwanzblase hervorgebracht wird, entzieht sieh vorläufig der Beobachtung und ist auch nicht vermuthungsweise anzugeben. In der Schwanzblase erleidet der ehromatoide Nebenkörper einen Zerfall in einzelne Stücke, welehe häufig noch durch dünne Brücken miteinander verbunden und um den Achsenfaden gruppirt sind (Figg. 25 und 35). Noch in ziemlich späten Stadien der Verwandlung sind die Theilpro- dukte des ehromatoiden Nebenkörpers in der Schwanzblase zu finden, abwechselnd in der Anzahl von 1—3 (Figg. 31 u. 32). In der Zeit, in welcher der chromatoide Nebenkörper in der Schwanzblase zu finden ist, nimmt der Kern allmählich eekige Formen an, welche als Uebergänge zu einer dreikantigen Gestalt desselben aufzufassen sind (Fig. 26). Zur Erreichung der späteren Hakenform des Spermienkopfes macht sich auch gleich- zeitig ein ungleichmässiges Längenwachsthum der einzelnen Kanten bemerkbar, wie es schon Hermann beschrieben hat (Figg. 28, 29 u. 36a). Hermann schildert hierbei das Auftreten eines Chromatinbalkens im Kern, dies trifft auch zu und ist bei Safranin- Gentianafärbungen schön zu beobachten. Er befindet sich aber im Irrthum, wenn er diesen Chromatinbalken für identisch hält mit der von meinem Bruder beim Stier beschriebenen Chromatinplatte, aus welcher ein Zäpfehen mit dem Achsenfaden hervorwächst. Die Chromatinplatte meines Bruders ist vielmehr gleichzusetzen der ehromatinreicheren hinteren Kernwand bei Ratte und Maus. Die allmähliche weitere Verwandlung des Mitosoms zum Spitzen- knopf und des glashellen Körpers mit seinem Häutchen zur Kopf- kappe ist an der Hand meiner Abbildungen und nach vorausge- gangener Schilderung beim Meerschweinchen leicht zu verfolgen. Das Mitosom (Spitzenknopf) bildet sich zu einem an der konkaven Seite der Spitze liegenden Stäbchen um (Figg. 29, 33). Erst bei ausgesprochener Krümmung des Kerns zum Haken wird der Nachweis der Kopfkappe schwieriger. Die Krümmung und Drei- kantigkeit des Kopfes bringt in verschiedenen Ansichten sehr ver- schiedene Bilder hervor, welche natürlich jedesmal richtig auf- gefasst werden müssen. So ist z. B. die schräg im Kopf ver- 138 CarlNiessing: laufende Linie in Fig. 29 als eine über oder unter der Papier- ebene liegende Kante des Kopfes anzusehen. Die Schwanzblase bildet sich bei der Ratte und Maus gleichfalls zu einer eylindrischen Röhre um. Von jetzt ab ist leider nichts Bestimmtes mehr über die Theile des ehromatoiden Nebenkörpers und ihr endgültiges Schicksal auszumachen. Benda bringt nun den chromatoiden Nebenkörper in Beziehung zu der später sich bildenden Spirale. Mir ist es nicht gelungen, solche Beziehungen festzustellen. Vielleicht könnte man hier den ring- förmigen Körper, den ich beim Meerschweinchen gefunden habe, zum Vergleich heranziehen. Allein die morphologische Verschieden- heit der beiden Körper macht eine solche Parallele wenig wahr- scheinlich. Es könnte ja bei der Ratte und Maus ausser dem chroma- toiden Nebenkörper noch ein Ring bestehen, der mir bei der Untersuchung entgangen wäre. So wenig erfolgreich meine Be- mühungen auch über den endlichen Verbleib des ehromatoiden Nebenkörpers sein mögen, so glaube ich aber das wenigstens als sicheres Ergebnis hinstellen zu können, dass aus ihm nicht der „Achsenfaden“ ensteht. Jensen (l. e.) beschreibt beim Samenfaden der Ratte eine Spirale und an deren Ende eine Schlussplatte. Ich habe die Spiralen bei Ratte und Maus in Schnittpräparaten und auch bei frischen Samenfäden aus dem Hoden und vereinzelt aus dem Nebenhoden gefunden, die fixirt und gefärbt wurden (vergl. Fig. 37, Samenfaden von der Maus). Hier ist nun bei der dunklen Färbung eine Schlussplatte nicht erkennbar, dagegen die Spirale schön zu sehen. Durch Heben und Senken der Linse konnte mit aller Sicherheit der Gang der Windungen er- kannt werden, ebenso dass innerhalb derselben ein Strang, der Achsenfaden, verläuft. Das Ende der Spirale ist zu einer homo- genen «dunklen Masse verschmolzen, in welcher man vielleicht den Rest eines Ueberzuges der Spirale erblicken kann. Hinter derselben ist der Achsenfaden eine kleine Strecke unbe- kleidet. Der abgebildete Samenfaden mit Spirale entstammt einem Präparate, zu welchem das Material aus dem Nebenhoden entnommen wurde. Die ungeheure Mehrzahl der Samenfäden aus diesem Organ lässt jedoch keine Spirale mehr erkennen. Gleichwohl nehme ich an, dass die Anordnung der Substanzen, die die Bekleidung des Verbindungsstückes bilden, in Gestalt Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre ete. 139 D einer Spirale erhalten bleibt, wobei ich an die oben gegebenen Ausführungen über die Bewegung des Samenfadens erinnere. Es ist aber schwer zu verstehen, warum erst eine Spirale ge- bildet wird, wenn sie gleich darauf in eine homogene structur- lose Masse umgewandelt werden soll. Ich komme zum Schluss und will an einer Abbildung eines reifen Samenfadens der Maus noch einmal zeigen, wie sich hier die einzelnen Bestandtheile der Zelle und des Kerns gruppirt und zu einer bleibenden Gestalt geformt haben. Ich habe die Maus deshalb als Objekt gewählt, weil am reifen Samen- faden derselben sich manches leichter demonstriren lässt. Bei der Ratte verhalten sich die Bestandtheile des Kopfes ebenso wie bei der Maus. Bei der Maus stellt sich der Spitzenknopf als Stäbehen dar mit intensiv schwarzer Färbung, welches Jensen bei der Ratte Hakenstäbehen genannt hat. Es befindet sich am vordersten Ende des Kopfes und ist das Produkt des Mitosoms. Der Spitzenknopf sowie ein Theil des Kopfes (ganz ähnlich wie beim Meerschweinchen) ist überzogen von der ziem- lich eng anliegenden Kopfkappe, die an der konvexen Kante des Kopfes weiter herabreicht als an der konkaven (Fig. 38). Die Kopfkappe ist, wie ich gezeigt habe, aus dem glashellen Körper und seinem Häutchen entstanden, der Kopf aus dem Kern. Ausserdem habe ich bei der Maus noch folgende feinere Structurverhältnisse beobachten können. Die Grenze der Kopf- kappe ist deutlich markirt. An der konkaven Seite ist hinter derselben ein kleiner Ausschnitt sichtbar. Er wird gebildet von dem hinteren Contour der Kopfkappe und der vorderen Kante des an dieser Stelle sich verjüngenden eigentlichen Kopfes. Hieraus erklärt sich auch die heller gefärbte Stelle des Kopfes an der konkaven Seite des Hakenstäbehens, dort befindet sich nämlich nicht mehr der eigentliche Kopf, sondern Kopfkappe. Was den Faden anlangt, so besteht der Theil desselben, welcher sich zwischen Kopf und Verbindungsstück befindet, aus zwei Abschnitten; der kurze Abschnitt dieht hinter dem Kopf, färbt sich gar nicht und ist wohl als nackter Achsenfaden aufzufassen, der folgende Abschnitt ist etwas dieker und färbbar und dürfte dem Jensen’schen Knöpfehen des Achsenfadens entsprechen. Als das hauptsächlichste und wichtigsteEr- sebniss der vorstehenden Untersuchungen hat 140 CarlNiessing: sich also herausgestellt, dass bei den von mir untersuchten Säugethieren: 1. Das Centrosom mit gewissen Sphärentheilen in den Samenfaden aufgenommen wird und sich an das vorderste Ende des Samenfadenkopfesals Spitzenknopf ansetzt. 2. Gewisse andere Sphärentheile zur Kopf- kappe umgewandelt werden, und 3. Der Achsenfaden nicht aus dem ehroma- toiden Nebenkörper hervorgeht, sondern aus dem Kern. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VI und VII. Die Vergrösserung der Figuren beträgt nach direkter Messung 2400 mit Ausnahme der Figuren 17—20, welche eine Vergrösserung von 1700 haben. Meerschweinchen. Fig. 1. Mutterzelle (Spermatocyte) im Spiremstadium. Sphäre mit Mark- und Rindenzone In der Mitte der Sphäre die Ver- klumpungsfigur der Centralkörper. Mutterzelle; nur ein Theil derselben gezeichnet. Sphäre wie Fig. 1. Von der Verklumpungsfigur der Centralkörper gehen mehrere radiäre Strahlen aus. Fig. 3. Mutterzelle. Sphäre wie Fig. 2. Die Strahlung bis ins Proto- plasma zu verfolgen. Zwei dunkle Körperchen neben dem Kern. Der Kern nur leicht angetönt. Fig. 4. Mutterzelle. Sphäre dunkel gefärbt mit drei Centralkörpern, die durch Substanzbrücken (Heidenhaän’s Centrodesmosen) verbunden sind. Strahlung hier nicht bemerkbar. Kern nicht im grössten Durchmesser getroffen; sein Inhalt nur leicht an- getönt. Fig. 5. Mutterzelle; sehr dünner Schnitt. Sphäre mit Mark- und Rin- denzone. In der Mitte der Sphäre 3 Centralkörper mit Sub- stanzbrücken in einer grauen Substanz liegend. Zahlreiche radiäre Fibrillen mit Körnern in der Rindenzone (van Bene- den’sches Körnerstratum). Ausserhalb der Sphäre ein grosses concentrisches Stratum um den Kern gehend. Der Kern nur leicht angetönt. Fig. 6. Mutterzelle. Zwei Centralkörper und fünf eoncentrische Strata, wovon drei in der Sphäre liegen. Eine grosse Anzahl radiärer & 2 XD Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre etc. 141 Fibrillen. Neben dem Kern ein dunkler Nebenkörper. Der Kern nur leicht angetönt. Fig. 7. Mutterzelle mit Sphäre und Flächenansicht des Körnerstratums in derselben. Kern nicht ausgezeichnet. Fig. 8. Tochterzelle (Spermatide). Sphäre (halb zerstört) mit zwei Centralkörpern, radiärer Strahlung und Körnerstratum. Fig. 9. Desgl. Sphäre homogen, mit einem Centralkörper, von dem mehrere Strahlen ausgehen; an ihren Enden sitzen einige Körner des Körnerstratums. Fig. 10. Desgl. Sphäre homogen, Strahlen nicht mehr erkennbar. Die Körner des Stratums vergrössert; innerhalb der Sphäre kreis- förmig angeordnet. Nebenkörper sichtbar. Fig. 11. Desgl. Vereinigung der Körner innerhalb der Sphäre zu zwei grossen Körnern; daneben noch ein drittes kleineres; die beiden grossen von dem glashellen Körper umgeben. Fig. 12. Vereinigung des Körnerstratums und Centrosoms zu einem länglichen Korn (Mitosom), um dasselbe der glashelle Körper mit einer Membran, anhängend der Sphärenrest. Neben dem Kern ein Nebenkörper. Fig. 13—19. Fortlaufende Verwandlungsreihe der Tochterzelle bis zum ausgebildeten Samenfaden. Fig. 13. Scheidung des Mitosoms (dunkles Korn) in einen helleren und dunkleren Abschnitt; glasheller Körper und Sphärenrest wie Fig. 12. Fig. 14. Lostrennung des Sphärenrestes vom glashellen Körper. Fig. 15. Erstes Erscheinen des Achsenfadens. Fig. 16. Herausrücken des Kernes aus der Zelle und Bildung der Schwanzblase sowie desringförmigen Körpers am Achsenfaden. Fig. 17. Bildung des Zapfens in der Schwanzblase. Fig. 18a. Abplattung des Kopfes. Fig. 15b. Dasselbe Stadium von der Kante gesehen. Fig. 19. Unreifer Samenfaden. Cylindrische Röhre mit dem Ring an ihrem Ende, Fig. 20. Ausgebildeter Samenfaden (aus dem Nebenhoden). Ratte. Fig. 21. Mutterzelle. Sphäre mit Mark- und Rindenschicht, Centrosom mit Strahlung. Zwei Nebenkörper. Fig. 22. Tochterzelle. Mitosom mit glashellem Körper und Sphären- rest. Chromatoider Nebenkörper im Protoplasma. Fig. 23—33. Umwandlungsformen der Tochterzellen. Fig. 23. Mitosom mit flacheın glashellen Körper, darüber der Sphärenrest. Fig. 24. Abflachung des Mitosoms, Ausbreitung des glashellen Körpers über die vordere Kernhälfte. Der Sphärenrest bereitet sich zum Ablösen vor. Erscheinen des Achsenfadens und der Schwanzblase. Der chromatoide Nebenkörper in der Schwanz- blase. 142 CarlNiessing: Die Betheiligung von Centralkörper u. Sphäre ete. Fig. 25. Zerfall des chromatoiden Nebenkörpers und Gruppirung seiner Theile um den Achsenfaden. Fig. 26. Eekige Form des Kerns. Sphärenrest hinter dem Kern im Zellleibe. Fig. 27. Tochterzelle nicht ausgezeichnet. Deutliche geschlossene Schwanzblase mit dem chromatoiden Nebenkörper, sein Zer- fall angedeutet. Fig. 28. Umformung des Kerns zum Haken; in seinem Inneren der Chromatinbalken. Mitosom in der Figur nicht sichtbar. Fig. 29. Das Mitosom als kurzes Stäbchen (Spitzenknopf). Nur ein Theil der Kopfkappe sichtbar. Fig. 30. Mitosom (als Spitzenknopf) an der Spitze sichtbar, daran sich schliessend der optische Querschnitt der Kopfkappe im Innern der Chromatinbalken. Die Fig. ist halb von der Kante gesehen. Fig. 31. Ein unreifer Kopf mit Kopfkappe. Die Schwanzblase scharf markirt, in ihr ein Theil des: chromatoiden Nebenkörpers. Fig. 32 wie Fig. 31 mit anhängendem Zellleib. Sphärenrest. Fig. 33. Samenfaden aus dem Hoden, Schnittpräparat. Mitosom oder Spitzenknopf als sogenanntes Hakenstäbchen (Jensen) vorn an der konkaven Kante des Kopfes. Kopfkappe nur erkenn- bar durch ihren querverlaufenden Contour am hinteren Theil des Kopfes. Maus. Fig. 34. Tochterzelle. Mitosom mit glashellem Körper und Sphären- rest. Chromatoider Nebenkörper. Fig. 35. Verwandelte Tochterzelle. Mitosom und Kopfkappe (zum Theil) erkennbar. Achsenfaden, zerfallener chromatoider Neben- körper in der Schwanzblase. Chromatinbalken im Kern. Sphärenrest im Zellleib. Fig. 36a. Desgl. Mitosom als Spitzenknopf erkennbar. Chromatinbalken . 36 &. 37. Samenfaden aus dem Nebenhoden mit Spirale. Kopf nicht . 38. schräg verlaufend. Sphärenrest. b Desgl. wie Fig. 36a von der Kante gesehen. Sphärenrest. ausgezeichnet. Samenfaden aus dem Nebenhoden. Mitosom als Hakenstäbchen sichtbar. Kopfkappe. 143 (Aus dem II. anatomischen Institut der Berliner Universität). Durchschneidungsversuche am Nervus Glosso- pharyngeus. Von Dr. med. Semi Meyer. Ueber das Verhalten der Neuroepithelien nach Durch- schneidung der Nerven besteht in der Literatur eine Meinungs- verschiedenheit. Das günstigste Objekt für die Prüfung der Frage ist die Papilla foliata des Kaninchens, die ausschliesslich vom Nervus Glosso -pharyngeus versorgt wird. Während nun mehrere ältere Experimentatoren übereinstimmend einen Schwund der Geschmacksknospen nach Durchschneidung der Nerven ge- funden hatten, stellte Baginsky diesen Befund in Frage. Als dann vor kurzem von Sandmeyer wieder die ältere An- schauung vertheidigt wurde, nahm ich auf Anregung von Herrn Dr. Baginsky im Laboratorium von Herrn Prof. Hertwig den Versuch wieder auf, denn mir schien eine genauere histo- logische Untersuchung etwa eintretender Veränderung sehr wünschenswerth gegenüber dem Fehlen aller Angaben über die Art und Weise, wie die Geschmacksknospen verschwinden, in der Arbeit von Sandmeyer. Im folgenden will ich jedoch nur die wichtigsten Ergeb- nisse meiner Untersuchung zusammenfassen, und verweise die- jenigen Leser, die für die Frage ein weitergehendes Interesse haben, auf meine Inaug.-Dissert. (Dissert. bei der Berliner med. Fac. 1896), in der ich die Veränderungen im Epithel eingehend beschrieben habe. Dieselben setzten sofort nach der Durchschneidung des Nerven ein und waren bereits nach 30 Stunden so weit fort- geschritten, dass an den Schnitten die veränderte Papille von der normalen zu unterscheiden war. Und zwar war am Fusse der Knospen eine Wucherung der Zellen eingetreten, die die 144 Semi Meyer: Abgrenzung der Knospen gegen das Epithel zu verwischen begann. Bis zum zweiten Tage nach der Operation war aus dieser Wucherung eine ununterbrochene Reihe von grossen Epithelzellen hervorgegangen, die dem Septum anlag, wäh- rend sich normalerweise die Knospen bis dicht an das Binde- gewebe erstrecken. Zugieich war auch die seitliche Abgrenzung der Knospen sehr viel undeutlicher geworden, und ausserdem be- gann sich das Epithel aus der Tiefe der Falten über die Pori der untersten Knospenreihe hinwegzuschieben. Indem die angedeu- teten drei Vorgänge, das Wuchern der Zellen am Fusse der Knospen, das allmähliche Undeutlicherwerden der seitlichen Be- srenzung der Knospen und das Hinüberschieben des Platten- epithels aus der Tiefe der Furchen, in den nächsten Tagen zu- sehend Fortschritte machten, waren schon am siebenten Tage nur noch spärliche Reste der Geschmacksknospen erhalten, die sich aber auch nur durch die Querstellung einiger Zellen zu er- kennen gaben, und von der normalen scharfen Abgrenzung nichts zeigten. Ich hebe noch besonders hervor, dass Degenerationserschei- nungen an den Zellen der Knospen nie zu sehen waren, vielmehr gingen sie nur allmählich in dem Plattenepithel auf. In den ersten Tagen entstand dadurch ein unregelmässigeres Epithel, indem zwischen die sich abplattenden Elemente grössere einge- schaltet wurden. Im weiteren verschwand auch die Unregel- mässigkeit, und am 12. Tage fand ich das Epithel in ein ganz gewöhnliches Plattenepithel umgewandelt. Zugleich hatte sich eine weitere Veränderung eingeleitet, es wucherte nämlich das Epithel in der Tiefe der Furchen mehr als normal und begann allmählich die Furchen auszufüllen, so dass am 16. Tage an der Stelle der seitlichsten Furchen nur noch eine geringe Ver- tiefung übrig war, die nach der Mitte der Papille zu allerdings grösser wurde. Es geht also aus dem Studium der histologischen Ver- änderungen hervor, dass die Zellen der Geschmacksknospen nicht zu Grunde gehen, sondern sich in gewöhnliche Epithelzellen umwandeln. In Bezug auf die Frage, wie dieser Vorgang zu erklären ist, erinnere ich an eine Arbeit von Szymonowiez!), 1) Arch. für mikr. Anat. Bd. 45. S. 624. Durcehschneidungsversuche am Nervus Glossopharyngeus. 145 in der er nachwies, dass die Neuroepithelien sich aus der Masse der Epithelzellen dadurch herausdifferenziren, dass sich der Nerv an sie heranlegt. Verschwindet nun der Einfluss des Nerven, der die Funetion und damit die Form der Zelle bestimmte, so werden wir uns sehr wohl vorstellen können, dass dann die Differenzirung in der Form wieder aufgegeben wird und die Zelle zu dem wird, was sie ohne den Nerveneinfluss war. Die Nervendurchschneidung allein kann natürlich nieht in so kurzer Zeit das Verschwinden der Zellen verursachen, ausserdem habe ich gefunden, dass nur das peripherische Ende des Nerven ent- artete, woraus in Uebereinstimmung mit den neueren histolo- gischen Befunden sich ergiebt, dass die Verbindung des Nerven mit den Sinneszellen nur die indireete durch Contact ist, während das trophische Centrum cerebralwärts gelegen sein muss. (Aus dem histologischen Institut in Wien.) Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. Von stud. med. Siegmund Schumacher. Hierzu Tafel VII. Zu dieser Mittheilung bewog mich eine Arbeit von Rawitz!), der von mesenterialen Lymphdrüsen des Macacus ceynomolgus so aussergewöhnliche Befunde beschreibt, dass es mir von Inter- esse zu sein schien, das Thema noch einmal aufzugreifen und nachzuprüfen. Vor Allem sei erwähnt, dass mir leider keine Lymph- drüsen von Macacus eynomolgus zur Verfügung standen, wohl 1) Rawitz, „Ueber die Zellen in den Lymphdrüsen von Macacus ceynomolgus“. Dies Archiv Bd. 45, 1895. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 10 146 Siesmund Schumacher: aber solehe von Macacus rhesus. Es braucht kaum hervorge- hoben zu werden, dass bei zwei so nahe verwandten Arten, wie es Macacus eynomolgus und Macacus rhesus sind, tiefgrei- fende Unterschiede im Baue der Lymphdrüsen nicht vorausge- setzt werden dürfen. Rawitz scheint nur wenige Lymphdrüsen untersucht zu haben und schliesst vom Aussehen dieser auf das Bild aller mesenterialen Lymphdrüsen bei Macacus eynomolgus. Die Lymphdrüsen zeigen aber, wovon ich mich nach Untersuchung eines reichlichen Materials überzeugen konnte, bei Macacus vielleicht m noch höherem Grade als bei anderen Thieren, ein sehr wechselndes Verhalten. Nicht nur die mesenterialen Lymphdrüsen zweier Individuen derselben Art, sondern auch die Lymphdrüsen eines und desselben Thieres ergeben oft voll- ständig verschiedene Befunde; bedingt durch die verschiedenen Aufgaben, die die einzelnen Drüsen zu bestimmter Zeit zu er- füllen haben. Natürlich müssen ausserdem die Lebensverhält- nisse des Thieres, Ernährung, Alter u. s. w. einen Einfluss. auf das Verhalten der Lymphdrüsen ausüben. Jedenfalls sind die Lymphdrüsen einem steten Wechsel ihrer morphologischen Elemente unterworfen, wofür schon die Inkonstanz des Vorkommens der Keimcentren spricht. Gulland!) spricht den Gedanken aus, dass im ausge- wachsenen Thiere dieselbe Wechselreihe in der Entwicklung der Lymphdrüsen vor sich gehe wie im Embryo. Stiles?) sagt, dass die axillaren Lymphdrüsen in grosser Anzahl während der Lactation entstehen und nach derselben wieder degeneriren. Gulland nennt solche Lymphdrüsen, die im erwachsenen Thiere nur bei besonderen Anlässen auftreten und dann wieder verschwinden, „tertiäre“. Zacharow?°) findet die Umwandlung der Lymphdrüsen in Fett und Bindegewebe als gewöhnlichste Alterserscheinung. 1) Gulland, „The development oflymphatie glands“, Journal of Pathol. and Bacteriol., Edinb. and London 1894. 2) Stiles „The Surgical Anatomy of the Breast and Axillary Lympathie Glands“, Edinb. Med. Journ. 1892. 5) Zacharow, „Zur Frage über die Veränderungen der Lymph- drüsen im Greisenalter“. Dissertation. St. Petersburg 1891. Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 147 Es müssen sich daher fehlerhafte Anschauungen ergeben, wenn man bei Organen, die kein konstantes Bild aufweisen, von wenigen beobachteten Fällen auf die Allgemeinheit schliesst. Es liegt daher die Vermuthung nahe, dass Rawitz nur wenige Lymphdrüsen untersucht hat. Behandlung. Von Macacus rhesus konnte ich von zwei Thieren Lymph- drüsen untersuchen. Dieselben wurden lebenswarm theils in Flemming’scher Lösung, theils in Pikrinsäure-Sublimat ge- härtet, in Paraffin oder Oelloidin eingebettet und nach verschie- denen Färbemethoden gefärbt. Die Schnitte aus Pikrinsäure- Sublimat mit Hämalaun und Eosin; nach Mann (Reaction auf Bindegewebe): mit Methylblau und Eosin; nach van Gieson: mit Delafield’schem Hämatoxylin und Pikrinsäure -Säurefuchsin. Die Schnitte aus Flemming'’scher Lösung mit Safranin und nach Rawitz’ adjektiver Methode: mit Tannin-Brechwein- stein-Safranin. Erwähnen muss ich, dass ich mit letzterer Färbungsart, trotz wiederholter Versuche, keine befriedigenden Resultate erzielte. Allgemeines Bild der Lymphdrüsen des Macacus. Rawitz spricht die Ansicht aus, dass in der Rindenparthie der Lymphdrüsen bei Macacus Rindenknoten und infolge dessen auch Keimeentren fehlen. Er beschreibt die Rindensubstanz als gleichmässig punktirte Organparthie, die nur von einigen durch Gefässdurchsehnitte verursachte Lücken unterbrochen wird und sich in unregelmässigen Umrissen gegen die Marksubstanz abgrenzt. Nach diesem Befunde urtheilt Rawitz, dass die mesenterialen Lymphdrüsen von Macacus ceynomolgus einem Rindenknoten der Lymphdrüse eines anderen Säugethieres gleich- werthig sei und sagt weiter: „.. .. Man muss dann, wenn diese Auffassung zu Recht besteht — und ich sehe vorläufig nichts, was sie unhaltbar zu machen geeignet wäre die ganze hier noch als Marksubstanz bezeichnete Parthie, als Secundärknötchen im Sinne Flemming’s und den mit Rinde bezeichneten Absehnitt als gleicehwerthig der durch dunklere Färbung sich auszeichnenden 148 Siegmund Schumacher: Rinde der Follikel anderer Lymphdrüsen, als Keimlager im Sinne Brücke’s ansprechen.“ Es wäre ja möglich, ja es ist sogar wahrscheinlich, dass bei Macacus wirklich Lymphdrüsen vorkommen, die nur aus einem Rindenfollikel bestehen ; ebenso gut wie Gulland in der Achselhöhle neben den gewöhnlichen Lymphdrüsen sehr kleine (1—2 mm im Durchmesser) fand, welche nur aus einem einzigen Lymphfollikel bestehen und von einem unverzweigten Lymph- sinus umgeben sind. Es bestände also kein so grosser Unterschied zwischen den Lymphdrüsen des Macacus und den sonst beschriebenen, wenn man auch annehmen könnte, dass die von Rawitz be- schriebenen Lymphdrüsen wirklich nur einem Rindenfollikel mit Keimcentrum entsprächen. Vergleicht man aber die Abbildung und Beschreibung der Drüsen in der Rawitz’schen Arbeit mit einem gewöhnlichen Rindenfollikel mit Keimeentrum, so kommt man zur Einsicht, (dass grosse Unterschiede zwischen beiden Vergleichsobjekten bestehen, welche wohl geeignet sind ohne weiteres die Rawitz- sche Auffassung unhaltbar zu machen. Die von Rawitz be- schriebene Drüse unterscheidet sich von einem gewöhnlichen tindenfollikel mit Sekundärknötchen in folgenden Punkten : 1. Scheint die Grösse der abgebildeten Lymphdrüse, wenn auch weder Vergrösserung, noch Maass angegeben ist, so weit man aus den Dimensionen der Zellen, die nur als feine Punkte erscheinen, schliessen kann, viel zu bedeutend, um einem ein- zigen Rindenknoten entsprechen zu können. 2. Besteht das angebliche Keimeentrum aus einem Reti- eulum, in dem freie Riesenzellen mit 5—7 Kernen liegen, die 3—5 mal grösser als die protoplasmareichen Zellen sind, was in einem wirklichen Keimeentrum niemals vorkommt. 3. Dadurch, dass die Lymphoeyten der Rindensubstanz gegen das angebliche Keimcentrum durch eine ausgezackte, theil- weise unterbrochene Begrenzungslinie absetzen, im Gegensatze zu den Befunden an wirklichen Keimeentren. Aus diesen Gründen glaube ich den Befund von Rawitz so deuten zu dürfen, dass derselbe Lymphdrüsen im Stadium der Ruhe, respektive der Degeneration, mit Rinden und Mark- substanz vor sich hatte. Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 149 Dieselbe Ansicht spricht Saxer!) in einer Anmerkung seiner eben erschienenen grossen Arbeit „über Entwicklung und Bau der normalen Lymphdrüsen ete.* aus, von weleher ich erst kurz vor Beendigung meiner Untersuchungen Einsicht nehmen konnte. Eine ähnliche Lymphdrüse, wie die von Rawitz beschrie- bene, habe ich in der Nähe des Ureters von Macacus gefunden. Allerdings waren noch einige Andeutungen von „Sekundärknöt- chen“ vorhanden; ich vermeide den Ausdruck „Keimecentren“, da in diesem Falle sicher die morphologische Bezeichnung besser als die physiologische am Platze ist, denn die helleren, rund- lichen Parthien in den Rindenknoten zeigen keine Regenerations-, sondern die deutlichsten Degenerations-Erscheinungen. Eine andere, mesenteriale, Lymphdrüse bildete gerade das Gegentheil der vorerwähnten; schon makroskopisch waren an der ganzen Oberfläche, regelmässig vertheilt, deutliche knötchen- artige, annähernd kreisförmig begrenzte Erhebungen sichtbar (Fig. 1). Der mikroskopische Befund rechtfertigte den makro- skopischen: ein Rindenknoten neben dem anderen mit sehr schön ausgebildeten Keimcentren (Fig. 2). Sekundärknötchen (Keimeentren). In allen von mir untersuchten Lymphdrüsen fanden sich, wenn auch, wie oben erwähnt, manchmal nur andeutungsweise Sekundärknötehen. In den meisten Fällen lassen sich an den Rindenknoten die drei gewöhnlich beschriebenen Schichten unter- scheiden ; zu innerst das helle Keimeentrum, dann ein dunklerer Ring mit sehr dieht stehenden Lymphoeyten und die äusserste, wieder etwas hellere, breite Zone, in welcher die Lymphoeyten weniger gedrängt angeordnet erscheinen. In der Mehrzahl der untersuchten Lymphdrüsen wird der Sekundärknoten dargestellt von den „theilungsreifen“ Zellen, Zellen mit grösserem Protoplas- maleib, mit grossen, hellen „vesiculären“ Zellkernen und deut- lichen Kernkörperchen. In vielen Keimeentren fanden sich zahlreiche Mitosen, in 1) Saxer, „Ueber Entwicklung und Bau der normalen Lymph- drüsen etc“. Anatomische Hefte 19./20. I. Abth. 1896. 150 Siegmund Schumacher: einem derselben konnte ich an einem Schnitte deren 15 zählen. Nach genauer Prüfung traf ich in jeder untersuchten Lymph- drüse Mitosen an, wenn auch nicht immer im Sekundärknötchen, so doch in protoplasmareichen Retieulumzellen. Rawitz hebt hervor keine einzige Mitose gefunden zu haben — nur einmal san er eine Zelle, welche einen amitotisch sich theilenden Kern besass. Auf Grund dieser Beobachtung lässt er den Flemming’schen Satz: „Die Lymphknoten sind jrutstätten der Neubildung von Lymphzellen auf dem Wege indirekter Theilung“, für die von ihm untersuchten Lymphdrüsen des Macacus nicht gelten. Unter „Irrthum vorbehalten“ spricht er die Ansicht aus, dass ausschliesslich durch den Zerfall von Riesenzellen körperliche Elemente dem Lymphstrom zugeführt werden, nicht aber durch Theilung von Lymphzellen. Nach meinen Untersuchungen gilt der Flemming sche Satz, solange es sich nieht um degenerirende, respektive ruhende Drüsen handelt, so gut wie für die Lymphdrüsen anderer Thiere, auch für die des Macacus, wie es ja von vornherein nicht anders zu erwarten ist. Wie schon oben erwähnt zeigen nicht alle Sekundärknöt- chen Regenerations-, sondern manche auch Degenerations-Vor- gänge. Zunächst fällt in manchen derselben der ausserordent- liche Reichthum von grobfaserigem Bindegewebe auf. Dass diese Bindegewebsanhäufungen einzig und allein auf die Wan- dungen von Blutgefässen zu beziehen wären, welehe nach Gulland bei reichlichem Vorhandensein so verlaufen, dass ihre Endschlingen im Centrum angeheftet sind und von einem feinfaserigen und feinmaschigen. Bindegewebe gestützt werden, lässt sich nicht annehmen, da man reichliches Bindegewebe in Sekundärknoten findet, welche nur äusserst spärlich Capillaren besitzen. In einem späteren Degenerationsstadium erschemt das Sekundär- knötehen nicht mehr hell infolge der theilungsreifen Zellen mit ihren hellen Kernen, sondern infolge einer fast homogenen Masse, die deren Stelle einnimmt und nur durch stark tingible Kernreste, Reste rother Blutkörperchen, Pigmentkörnchen, grössere Pigment-Schollen und feinste Fasern unterbrochen wird (Fig. 3). Jedenfalls findet an solehen Stellen Zellzerfall, und _wahr- scheinlich eine hyaline Degeneration des Bindegewebes statt, wofür auch die Ergebnisse der van Gieson’schen Färbung, Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 151 bei der sich die degenerirten Parthien roth färben, sprechen würden. In anderen Sekundärknoten sieht man neben der homogenen, degenerirten Substanz noch normale Zellen des Keimcentrums. Die Degeneration scheint häufig in den eentralen Gefässen des Sekundärknötehens zu beginnen; die Gefäss-Endothelkerne vergrössern sich, lösen sich theilweise von der Gefässwandung ab, die Gefässwand wird immer breiter durch Anlagerung neuer Bindegewebsschichten und bildet schliesslich eine fast homogene Masse, in der nur mehr eine Andeutung der faserigen Struktur zu erkennen ist (Fig. 4). Für den bei dieser Degeneration zu- gleich stattfindenden Zellzerfall spricht das ‚Vorkommen der Kernreste in den degenerirten Massen. Erwähnen möchte ich noch, dass es sich in den von mir beobachteten Fällen nieht um eine krankhafte Veränderung ge- handelt haben kann, da das Thier, von dem diese Drüsen stammen, vollständig gesund war. Auf Grund dieser Beobachtungen lässt sich behaupten, dass die Sekundärknötehen nieht nur Brutstätten von Lymphzellen sind, sondern wenigstens zeitweise auch Stätten der Degeneration und des Unterganges von Zellen bilden. Heidenhain,i,De,Bruy.ne,\Hoyer, Gulland?), Demoor?) und andere halten Flemming 's tingible Körper für Reste degenerirter Leucoeytenkerne. Da dieselben nach der Angabe Flemming’s an die Keimcentren gebunden sein sollen, so würde auch ihr Vorkommen in den Sekundärknötchen auf einen Zellzerfall schliessen lassen. Es wäre daran zu denken, dass Zellen, welche im Sekundärknötchen zerstört werden, theil- weise als Nahrungsmaterial für die sich theilenden Zellen dienen können. Die Markstränge scheinen in den Lymphdrüsen des Macacus äusserst spärlich zu sein, mitunter beschränken sie sich auf eine schmale Scheide von Lymphzellen, die eoncentrisch um die Gefässe angeordnet sind. 1) Gulland, „The Nature and Varieties of Leucoeytes“. Re- ports of the Lab. of. Roy. Coll. Physie. Edinb. Vol. III. 1891. 2) Demoor, „Recherches sur la structure du Tissu retieule“. Archives de Biologie 189. 152 Siegmund Schumacher: Retieulum und Phagocyten. Ueber das Retienlum des adenoiden Gewebes herrschen zwei verschiedene Ansichten. Die Anhänger der einen sagen, das Reticulum besteht aus Zellen, die mit Ausläufern anastomosiren. Die Anhänger der anderen Ansicht lassen das Reticulnm aus Bindegewebsfasern bestehen, denen Zellen nur angelagert sind, sowie dies beim fibrillären Bindegewebe der Fall ist. Mall!) sieht in dem Retieulum ein Fasergewebe besonderer Art, das sich sowohl vom leimgebenden als elastischen unter- scheide. Den Uebergang zwischen den beiden Hauptansichten bilden jene Autoren, welche nur in der embryonalen, oder jugendlichen Drüse zelliges Reticulum annehmen. Von den neueren Autoren werden verschiedene Standpunkte vertreten. Demoor findet immer, auch bei Lymphdrüsen sehr alter Thiere, das Retieulum zellig. Czermack?), der die Ergebnisse der Hoyer schen Trypsin-Verdauungsversuche einfach darauf zurückführt, dass das Protoplasma der Zellen verdaut wurde und die Kerne heraus- fielen, giebt die Möglichkeit der Umwandlung des zelligen Reti- culums im ein faseriges zu. Gulland betrachtet das Retieulum der Lymphdrüsen als Abkömmling eines gewöhnlichen, fibrillären Bindegewebes, das durch Leueoeyten-Einwanderung aufgefasert wurde und wird daher schon durch seine Entwicklungstheorie zu der Annahme eines faserigen und nicht zelligen Reticulums geführt. Saxer tritt mit voller Bestimmtheit für das zellige Reti- eulum ein und widerlegt die Ansicht Gulland'’s. Meine Beobachtungen über das Reticulum in den Lymph- drüsen des Macacus ergeben so verschiedene Befunde, dass man 1) Mall, „Das reticulirte Gewebe und seine Beziehungen zu den Bindegewebsfibrillen“. Abhandl. der math. phys. Classe der kgl. Sächs. (resellsch. der Wissensch. 1891. 2) Czermack, „Einige Ergebnisse über die Entwicklung, Zu- sammenhang und Funktion der Lymphknötchen der Darmwand“. Dies Archiv, Bd. 42. 1894. Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 153 unwillkürlich zum Gedanken einer fortwährenden Bildung und Rückbildung der Lymphdrüsen gezwungen wird. Nur in einem Punkte stimmt das Retieulum aller von mir untersuchten Drüsen überein, es ist stets zellig; wenigstens ausser- halb der Rindenknoten. Wie weit diese Behauptung auch für das Retieulum der Rindenknoten gilt, lässt sich schwer ent- scheiden ; es wäre ja möglich, dass hier das Reticulum that- sächlieh nur aus Fasern bestände, denen Zellen angelagert sind. Es könnte hier eine vollständige Umwandlung der Zellen in Bindegewebe stattgefunden haben — eine „Fibroplasia completa“ nach Czermack. Insbesondere erregen jene Stellen Zweifel über die zellige Natur des Retieculum im Sekundärknötchen, welche, wie schon früher erwähnt, grosse Massen anscheinend fihrillären Bindegewebes mit verhältnissmässig wenig Kernen auf- weisen. In anderen Rindenknoten scheint das Reticulum in direktem Zusammenhange mit Zellen zu stehen. In den meisten Lymphdrüsen füllt ein zelliges Gewebe die Zwischenräume zwischen den benachbarten Rindenknoten oft auf grosse Strecken so vollständig aus, dass kein Raum für die Lymphbahnen in der Rindensubstanz übrig bleibt. Nur der Rand-Sinus zeigt sich manchmal in grösserer Ausdehnung (Fig. 5, ”S). Dieses Gewebe bildet compacte Zellmassen und wird streekenweise durch keine Lücke unterbrochen (Fig. 5, Z). Erst gegen das Innere der Marksubstanz löst sich das geschlossene Gewebe in Zellbalken auf und lässt zwischen diesen zahlreiche Lymphbahnen frei (Fig.5, R). Ich will dieses Gewebe der Ein- fachheit halber „Zwischengewebe“ nennen. Die Bezeichnung Retieulum scheint für dieses Gewebe nicht mehr passend zu sein; denn Retieulum bedeutet doch Netzehen. Hier handelt es sich aber um geschlossene Zellmassen ; erst nachdem sich das Zwischengewebe aufgefasert hat, kann man von Reticulum sprechen. Auch lässt sich dieses Gewebe nicht mit dem Balken- gewebe direkt vergleichen, welches in den mesenterialen Lymph- drüsen der Wiederkäuer die Lymphbahnen durchsetzt. Da es in gewissem Sinne die Charaktere und die physiologische Bedeu- tung des Trabekulargewebes und des Balkengewebes der typischen Lymphbahnen in sich vereinigt, lässt sich dieses Zwischenge- webe weder der einen noch der anderen dieser Gewebeformen zuweisen. 154 Siegmund Schumacher: Die Zellen, welche dieses Zwischengewebe zusammensetzen, sind protoplasmareich und stehen nicht mit gegenseitigen Aus- läufern in Continuität, sondern nur in Contiguität; sie lagern sieh epithelartig an einander an (Fig. 6). Ihre Form erscheint meist unregelmässig polygonal; häufig finden sich aber Ueber- gänge zu abgerundeten Formen. Die Zellkerne sind gross, meist rund oder oval, seltener unregelmässig geformt; sie erscheinen im Vergleiche zu den Lymphocytenkernen hell, epitheloid und erinnern sehr an die Kerne der theilungsreifen Zellen des Keim- eentrums. Gewöhnlich zeigen sie ein deutliches, mitunter auch zwei Kernkörperehen. Manche dieser protoplasmareichen Zwischenge- webszellen enthalten Lymphocyten, andere rothe Blutkörper- chen. Wiederholt sah ich Mitosen dieser Zellen. In anderen Drüsen erscheint das Zwischengewebe aus spindelförmigen, langgestreckten Zellen gebildet, füllt aber wieder- um den ganzen Raum zwischen den Rindenknoten aus; fasert sich gegen die Marksubstanz in typische Retieulumzellen mit feinen anastomosirenden Ausläufern auf (Fig. 8), oder geht in breitere Zellreihen über. Bei allen länglichen Zellen erscheint der Zellkern in der Richtung der Längsachse der Zellen ge- streckt. Durch das Vorhandensein dieses Zwischengewebes und das Fehlen eigentlicher Trabekel unterscheiden sich die Lymph- drüsen des Macaeus sehr wesentlich von den gewöhnlich als Typus beschriebenen mesenterialen Lymphdrüsen des Ochsen, so dass es berechtigt schiene zwei verschiedene Typen der Lymphdrüsen aufzustellen. 1. Tv p-uss. (Entsprechend den mesenterialen Lymphdrüsen der Wiederkäuer.) Zwischen den KRindenknoten Lymphsinuse, in diese ragen fibril- lär bindegewebige Trabekel hinein, welche feine Fasern gegen die be- nachbarten Rindenknoten senden. Kein Zwischengewebe. Reticulum der Lymphbahnen fa- serig, von Endothelzellen bedeckt. aus- I. Typus. (Entsprechend den Lymphdrüsen des Menschen, des Affen, der Katze US W2)) Zwischen den Rindenknoten keine Lymphsinuse, der diesen entsprechende Raum ausgefüllt durch ein Zwischengewebe, eigent- liche Trabekel fehlen fast ganz. Reticulum der Lymphbahnen zellig. Die strittige Frage über die Beschaffenheit des Retieulums der Rindenknoten und Markstränge — des eigentlichen adenoiden Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 155 Gewebes — lasse ich offen stehen, da ich, wie früher erwähnt, nicht im Stande bin, hierüber etwas Sicheres auszusagen. Bei einer vergleichshalber untersuchten Lymphdrüse der Katze fand ich ebenfalls das Zwischengewebe aus protoplas- mareiehen Zellen bestehen, an manchen Stellen aber schon einen Uebergang desselben in einen fibrillär bindegewebigen Trabekel (Fig. 7). Chiewitz!) sah in den Lymphdrüsen eines menschlichen Embryo Häutehen mit blassen Kernen, die sich in Verbindung mit einem Fadennetz befanden, und sagt: „An mehreren Stellen konnte ich deutlich wahrnehmen wie die Häutchen nicht dem Fadennetz einfach auflagern, sondern sich mit ihnen in Continui- tät befinden, als wären die Fasern durch eine theilweise Um- bildung der Zellen hervorgegangen.“ Saxer bestätigt den Befund, der, wie er sagt, von Sertoli und namentlich Chiewitz für die embryonalen Lymphdrüsen, von vielen anderen für erwachsene normale und pathologische ‚erhoben wurde, dass die Zellen des Retieculum, namentlich in den Lymphbahnen, eine ganz ausserordentliche Flächenausdeh- nung erreiehen können, so dass sie wie Häutchen oder Mem- branen ausgespannt erscheinen. Er widerlegt die Ansicht Klein s, dass das Retieculum überhaupt immer ein Wabenwerk von Mem- branen darstelle, und dass das gewöhnlich zur Anschauung kommende Faserwerk einen Durchschnitt von Membranen darstelle. Nach meiner Ansicht kann es sich in dem von mir be- schriebenen Zwischengewebe nicht um Häutchen oder Membranen handeln, sondern um nach allen Raumrichtungen ziemlich gleich entwickelte Zellm&ssen und Zellbalken. Da man nicht annehmen kann, dass alle Membranen parallel flächenhaft ausgebreitet sind, so müsste man allenthalben Querschnitte der Membranen sehen, was ich aber nieht bestätigen kann. Wären es wirklich parallel ausgespannte Membranen, so wäre es sehr sonderbar, dass diese Membranen so dicht übereinanderliegen, dass man auf jedem Schnitte eine zu Gesichte bekäme. Einen Zusammen- hang des fibrillären mit dem retieulären Bindegewebe, oder mit dem Zwischengewebe glaube ich bestätigen zu können. 1) Chiewitz, „Zur Anatomie einiger Lymphdrüsen im er- wachsenen und foetalen Zustande“. Dies Archiv 1881. 156 Siegmund Schumacher: In der Lymphdrüse eimer Katze sah ich einen fibrillären Trabekel zwischen zwei Rindenknoten in die Lymphbahn hinein- ragen (Fig. 7); von ihm aus gingen einige Fasern in den benach- barten Follikel, der sich offenbar infolge von Schrumpfung etwas abgehoben hatte. Der Hauptstrang erschien deutlich längsge- streift und zeigte mehrere abgeplattete, sich sehr dunkel färbende Kerne. Im weiteren Verlaufe gegen die Marksubstanz fasert sich der Trabekel immer mehr und mehr auf, zunächst in läng- liche Zellen mit länglichen, schon helleren Kernen ; weiter nach innen werden die Zellen immer breiter, womit auch ein Breiter- werden des ganzen Stranges bedingt ist; das fibrilläre Bindege- webe ist in ein Zwischengewebe übergegangen (Fig. 7 Z). Die Zellkerne sind mehr rund und hell, viele Zellen werden rund- lich, der Zellzusammenhang scheint sich zu lockern, einige Zellen enthalten Pigment, viele in grossen Mengen Lymphoeyten. Der Zusammenhang dieser Phagocyten mit dem Bindegewebe ist unverkennbar. Es scheinen sich Retieulumzellen in Phago- ceyten umwandeln zu können, oder umgekehrt Phagocyten in Retieulumzellen. Ganz ähnliche Uebergangsbilder von einem mehr fibrillären Bindegewebe in ein protoplasmareiches und von einem protoplasma- reichen in ein protoplasmaärmeres mit femen Ausläufern sah ich wiederholt bei Macacus. Ich will nun etwas näher auf die Phagocyten eingehen, da sie gerade bei Macacus ein besonderes Interesse darbieten. Den von Rawitz gebrauchten Ausdruck „Riesenzellen“ will ich vermeiden, da er leicht zu Verwechslung dieser Phagoeyten mit embryonalen Riesenzellen blutbildender Organe, oder mit den Megacaryocyten des Knochenmarks führen könnte, mit denen die von mir zu beschreibenden Zellen nichts gemein haben, und weil ich mit dem Namen auch zugleich die von mir den Zellen bei- gelegte Funktion bezeichnen möchte. Obwohl einige Unterschiede zwischen den von Rawitz beschriebenen Riesenzellen und den von mir beobachteten Phago- eyten vorhanden sind, so kann man doch kaum daran zweifeln, dass wir analoge Elemente beobachtet haben; der Hauptunter- schied liegt nur in der Auffassung ihrer Funktion. Besonders schön konnte ich diese Phagocyten in einer kleinen Lymphdrüse in der Nähe des Ureters von Macacus be- Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 157 obachten. Markstränge und Rindenknoten fehlen fast ganz, die Lymphbahnen sind ausserordentlich weit, das Retieulum sehr spärlich, in den Maschen desselben, mit Ausnahme der Phago- eyten, wenig zellige Elemente. Die Lymphdrüse scheint — um mich des Ausdruckes von Czermack zu bedienen — „wie von der Natur ausgepinselt“. Auffallend ist nur wieder, dass andere Lymphdrüsen desselben Thieres keineswegs wie ausge- pinselt, sondern im Gegentheil sehr zellreich erscheinen. Auf jedem Schnitte der vorerwähnten zellarmen Drüse findet sich eine grosse Anzahl von Phagocyten, von denen die Mehrzahl vollgepfropft mit rothen Blutkörperchen erscheint (Fig. 8). Dass die eingeschlossenen Gebilde zum grössten Theil wirklich rothe Blutkörperehen sind, steht ausser jedem Zweifel. Sie färben sich bei Hämalaun-Eosin-Färbung genau so roth, wie die rothen Blutkörperehen in den Gefässen, bei van Gieson’scher Färbung ebenfalls charakteristisch gelb. Einige von ihnen zeigen noch deutliche bieoncave Gestalt, die meisten sind aber kugelig. Sind sie sehr zahlreich in einer Zelle enthalten, so erscheinen sie an verschiedenen Seiten durch den gegenseitigen Druck abgeplattet. Die Zahl der eingeschlossenen rothen Blut- körperchen kann eime ausserordentlich grosse sein, in einem Phagoeyten zählte ich deren über zwanzig; in anderen Fällen findet man nur eines oder zwei in einer Zelle. Frei in den Lymphbahnen liegen rothe Blutkörperchen in mässiger Anzahl, aber alle sehr gut erhalten. Die Gestalt der Phagocyten ist gewöhnlich rund, manche sind unregelmässig gestaltet und zeigen deutliche Ausläufer, (Fig. 10), welche mitunter direkt mit Ausläufern von Retieulum- zellen in Verbindung stehen (Fig. 11). Ihr Protoplasma erscheint fein granulirt. Die meisten enthalten einen Kern, manche auch zwei, sehr selten sah ich drei oder mehrerere Kerne in einer Zelle. Die Zellkerne entsprechen genau den Kernen der protoplas- mareichen Bindegewebszellen, nur in den zerfallenden Phagoeyten zeigen sie verschiedene Degenerationszustände. Normalerweise sind sie meist oval oder rund, mitunter auch unregelmässig, zwerchsackförmig ete. gestaltet. Sie enthalten ein, seltener zwei deutliche Kernkörperchen. Rawitz spricht diese für Chromatinbrocken an, weil sie sich bei seiner adjektiven Färbemethode gelb färben. 158 Siegmund Schumacher: Ich muss sie entschieden für Kernkörperchen ansehen, da sie sich, ausser in sehr stark gefärbten Präparaten, wo sie dunkel erscheinen, mit Eosin roth färben. Die Phagocyten sind Omnivoren. Ausser den rothen Blut- körperchen enthalten sie polymorphkernige Leucoeyten, Lympho- eytenkerne und Kernreste in den verschiedensten Degenerations- stadien. Häufig trifft man runde, kleine Körperehen, die sich sehr intensiv violet färben, aber stets bedeutend kleiner sind als die Lymphocytenkerne, also auch kleiner als die von Rawitz beschriebenen „homogenen Körper“, meist eines bis drei in einer Zelle. Ich halte sie für Kernreste und identisch den Flemming- schen „tingiblen Körpern“. Oft kann man im einer einzigen Zelle die verschiedenen eingeschlossenen Bestandtheile wahr- nehmen (Fig. 12 u. 10). Nach Rawitz enthalten die Riesenzellen 5—7 Kerne, seltener einen oder zwei. Die Beschreibung derselben stimmt genau mit meinem Befunde der Phagocytenkerne. Als einen Degenerationsvorgang der Riesenzellen erwähnt Rawitz die Bildung „homogener Körperchen®. „. . . Der Leib der Riesenzellen, welche homogene Körperchen enthalten, erscheint gewissermassen durchlöchert, und in den Löchern, oder vielleicht richtiger Blasen, liegen die betreffenden Körperchen. Die Körperchen sind ganz homogene, scharf eontourirte Ge- bilde ; sie sind nieht mit rothen Blutkörperchen zu verwechseln.“ Die Beweisgründe, welche Rawitz aufführt, dass diese homogenen Körper keine rothen Blutkörperchen sein können, sind folgende: 1. Stimmt ihre Grösse nicht mit der der rothen Blutkörper- chen, sie sind etwas zu klein. 2. Fehlen stets die Dellen. 3. Gelangen sie massenhaft in die Lymphbahn. „.. . Die homogenen Körper aber trifft man massenhaft zwischen der körnig geronnenen Lymphe ; und auch in den Gefässen haben sie meist ihre kugelige Gestalt bewahrt und nur hie und da ist durch die infolge der Gerinnung der Lymphe eingetretene Schrumpfung und durch die damit bewirkte Compression die Gestalt eine mehr flache.“ Dass diese Gebilde sich durch Gestalt und Verhalten von Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 159 den tingiblen Körpern Flemming’s unterscheiden, giebt Rawitz selbst zu, trotzdem hält er sie denselben gleichwerthig. Was den ersten und zweiten Punkt betrifft, dass die Grösse nicht mit der rother Blutkörperehen, oder nur mit der der kleinsten beim Affen vorkommenden rothen Blutkörperehen, wie Rawitz selbst zugiebt, übereinstimmt, und dass die fraglichen Gebilde dellenlos sind, lässt sich folgendes erwidern: Es ist sehr leicht möglich, dass die rothen Blutkörperchen bevor sie zerfallen eine kugelige Gestalt annehmen; ist dies der Fall, so muss mit dieser Formänderung zugleich eine Abnahme des grössten Durch- messers eintreten. Ich sah, wie ja schon bemerkt, wiederholt in den Phagocyten neben den runden, kleineren rothen Blut- körperehen noch solche mit deutlichen Dellen; ebenso zeigten sie in den Lymphbahnen der Drüse stets deutlich die charak- teristische Gestalt der rothen Blutkörper. Auf den dritten Punkt kann ich nur erwidern, dass ich wohl in den Lymphbahnen, nie aber in Lymphgefässen ausser- halb der Lymphdrüsen rothe Blutkörperchen gesehen habe; — sollte nicht etwa eine Verwechslung der Lymphgefässe mit Venen stattgefunden haben? — Dass aber infolge der Gerinnung der Lymphe und der dadurch eingetretenen Compression runde Körper sich in flache verwandeln könnten, scheint mir wenig wahrscheinlich, da doch die Compression m der Regel von allen Seiten gleichmässig wirken wird, und so höchstens aus grösseren runden Körpern, kleinere runde, oder an vielen Seiten abge- flachte, polygonale, infolge des Angedrücktwerdens an benach- barte Körper, entstehen können. Dass die rothen Blutkörperchei, so wie es Rawitz be- schreibt, scheinbar in Blasen liegen, kann ich in einigen Fällen bestätigen, möglicherweise ist dies die Folge einer natürlichen Schrumpfung der Blutkörperchen nach ihrer Aufnahme; ausser- dem scheint die adjektive Färbungsmethode, so viel ich gesehen habe, sehr geeignet, Schrumpfungsvorgänge einzuleiten. Es drängt sich die Frage auf, ob die rothen Blutkörperchen in diesen Zellen gebildet, oder zerstört werden. Betrachtet man unbefangen nur das vorliegende Objekt, so würde man eher daran denken, dass eine Bildung von rothen Blutkörperchen stattfindet, als eine Zerstörung derselben. Man findet nämlich einzelne Zellen, die mit rothen Blut- 160 Siegmund Schumacher: körperchen überladen sind, geplatzt, die Blutkörperchen ragen über die Zelle hinaus, die Zellumrisse sind vollkommen unbe- stimmt, das Protoplasma in einen körnigen Detritus zerfallen (Fig. 13) oder nur mehr in Form von spärlichen, faserförmigen Resten erhalten, in denen sich noch der Kern befindet; die rothen Blutkörperchen werden frei (Fig. 14); häufig zerfällt auch der Zellkern (Fig. 13). Es kann sich in solehen Fällen nur um eine Ueberfüllung des Phagoeyten mit rothen Blutkörperchen handeln, er ist nicht im Stande eine solche Menge zu verdauen und geht selbst daran zu Grunde. Die freigewordenen rothen Blutkörperchen müssen von anderen Phagocyten aufgezehrt werden. Kultsehitzky') stellt eine Hypothese über die Bildung der rothen Blutkörperchen innerhab Iymphoider Elemente auf, er nimmt die Schleieher’sche „karyokinetische Masse“ zu Hülfe und lässt die rothen Blutkörperchen sich aus dieser Masse differenziren, nach aussen dringen, das Protoplasma der Mutter- zellen unter Vacuolen und Gasbildung zu Grunde gehen. Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, dass diese Theorie für unsere heutigen Begriffe nicht mehr annehmbar erscheint, da soviel feststeht, dass rothe Blutkörperchen sich nur aus kern- haltigen Vorstufen entwickeln. In diesem Sinne sehen Löwit?), Gibson?) Grünberg), Saxer, letzterer aber nur im em- bryonalen Leben, die Lymphdrüsen als Brutstätten von rothen Blutkörperchen an. Nie konnte ich, weder freie noch in Phagocyten einge- schlossene Erythroblasten finden; es ist daher nicht möglich, dass besprochene Riesenzellen die Bildungsstätten rother Blutkörperchen 1) Kultschitzky, „Die Entstehung der rothen Blutkörperchen bei Säugethieren“. Arbeiten der Naturforscher - Gesellschaft in Char- kow. Bd. XV. 2) Löwit, „Ueber die Bildung weisser und rother Blutkörperchen“. Sitzungsberichte der Wiener Akad. Nat. Cl. Abth. III. Bd. 88. Ferner: „Die Umwandlung der Erythroblasten in rothe Blutkörpercher“ ; eben- dort Bd. 9. 3) Gibson, „The blood-forming organs and blood formation.“ Journal of anat. and physiology. Vol. XX. 1886. 4) Grünberg, „Experimentelle Untersuchungen über die Rege- neration der Blutkörperchen in den Lymphdrüsen“ Inaug.-Dissert. Dorpat 1891. Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 161 sind, wenngleich Rawitz gefunden hat, dass diese in den Riesenzellen gebildeten „homogenen Körper“ die einzigen morpho- tischen Elemente sind, die — nach seinen Präparaten — in den Kreislauf übertreten. Nach meinen Präparaten treten nicht diese „homogenen Körper“, die ich mit rothen Blutkörperchen identifieire in die Blutbahn über, wohl aber Lymphzellen, wofür die zahlreichen Mitosen in manchen Lymphdrüsen sprechen. Hoyer!) fand rothe Blutkörperchen haltige Zellen in mesenterialen Lymphdrüsen nach vorausgegangenem Blutergusse am Darm, öfter fand er auch solche vereinzelt in Lymphdrüsen normaler Thiere. Grünberg fand mit rothen Blutkörperchen vollgepfropfte Phagocyten in reichlichstem Maasse nach Milzexstirpation, nie aber in Lymphdrüsen normaler Thiere. Gulland?) sagt, dass in den „Macrophagen“ hauptsäch- lich nach Blutkörperchen zerstörenden Giften rothe Blutkörper- chen vorkommen. Dass es sich in den von mir beobachteten Fällen um eine Zerstörung von rothen Blutkörperchen handelt, geht daraus her- vor, dass man in manchen Phagocyten nicht mehr die Grenzen der einzelnen Blutkörperchen unterscheiden kann (Fig. 11u.8 beizr). Der Zellinhalt bildet eine rothe, schollige Masse. Ferner, dass man in anderen Lymphdrüsen ganze Parthien des Retieulums und der noch vorhandenen Phagoeyten mit gelbbraunem Pigment erfüllt sieht, dessen Herkunft wohl auf zerfallene rothe Blut- körperehen zu beziehen ist. Das Retieulum erscheint in diesen Fällen in den Rinden- parthien aus mehr länglichen Zellen gebildet, in den centralen Parthien aus protoplasmareicheren sternförmig verästelten Zellen und zeigt deutlich körnige Struktur, so dass man hier nie von einem faserigen Reticulum sprechen könnte. Das Auftreten von Pigment im Reticulum sieht Frey?) 1) Hoyer, „Beiträge zur Kenntniss der Lymphdrüsen“. Dies Archiv Bd. 34. 2) Gulland, „The Nature and Varieties of Leucocytes“. Rep. Lab. Roy. Coll. Phys. Edin. Vol. III. 3) Frey, „Zur Anatomie der Lymphdrüsen“. A. d. Vierteljahrs- schrift. der nat. Gesellschaft in Zürich. Jahrg. V. 1861. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 ei 162 Siegmund Schumacher: als eine Alterserscheinung an. Demoor!) kann diese Angabe nicht bestätigen. Die Phagocyten dieser Lymphdrüsen zeigen meist runde, seltener unregelmässige Gestalt und scheinen sich auch hier manchmal mit Protoplasmafortsätzen mit dem Retieulum in Ver- bindung zu setzen. Auch sie enthalten Pigment; es liegt häufig in helleren kugeligen Stellen, Vacuolen, in Form von feinen selben Körnehen, während das Pigment der Retieulumzellen viel sröber und dunkler braungelb gefärbt erscheint. Die Vacuolen sind häufig so gross, dass nur ein Protoplasmasaum übrig bleibt, und der Kern flach gedrückt erscheint (Fig. 15 u. 16). Auch dieser Saum kann verschwinden, so dass nur mehr der Kern, der ebenfalls Degenerations-Erscheinungen aufweist, und die gelbe körnige Masse der Pigmentvacuole übrig bleibt (Fig. 17a). Sehr häufig findet man in diesen Pigmentvacuolen der Phagocyten, schmale, meist gerade Stäbchen, welche sich mit Eosin genau so wie die rothen Blutkörperchen färben. Ihre Länge schwankt ausserordentlich; die kleinsten sind gerade noch bei starker Vergrösserung sichtbar, während andere die sanze Breite der Zellen durchsetzen. Die Enden sind fast immer scharf zugespitzt und häufig sieht man an einer Seite eine Doppelspitze. Sie lassen keinerlei Struktur erkennen, sie er- scheinen völlig homogen (Fig. 17 u. 18). Neben diesen Stäbehen finden sich im manchen Phagocyten noch mit Eosin färbbare Körnchen gerade so wie in eosino- philen Zellen, nur dass sie in den Phagocyten nie die Zelle ganz erfüllen. Die Anordnung der Stäbchen lässt keinen bestimmten Typus erkennen, manchmal scheinen sie sich annähernd krystall- drusenartig zu lagern. An einigen Stellen sah ich Stäbehen auch ausserhalb von Zellen liegen, sie scheinen in solchen Fällen von einer spindelförmigen hellen Kapsel eingeschlossen zu sein; in ihrer Nähe liegen häufig, ebenfalls ausserhalb der Zellen mit Sosin sich färbende körnige Massen. Bizozzero und Torre?) erwähnen, dass bei Vögeln 1) Demoor, „Recherches sur la structure du tissu retieule“. Archives de Biologie, Tome XIII. Fase. I. 189. 9) Bizozzero und Torre, „Ueber die Blutbildung bei Vögeln“, Centralblatt für medie. Wissenschaften 1880. No. 40. Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 163 besondere Lymphzellen, sowohl im Knochenmark als auch im Blute vorkommen, die in ihrem Protoplasma zahlreiche ovale, oder stäbehenförmige, an beiden Enden gewöhnlich zugespitzte Körperchen enthalten, sprechen sich aber nicht weiter über ihre Bedeutung oder Herkunft aus. Schwarze!) identifieirt die von Bizozzero und Torre beschriebenen stäbchenhaltigen Zellen mit den gewöhnlichen eosinophilen Zellen, nachdem schon Ehrlich hervorgehoben hat, dass in eosinophilen Zellen Ein- schlüsse auch in Stäbehenform vorkommen. Dass es sich in den von mir beobachteten Fällen um keine eosinophilen Zellen handelt, braucht nicht weiter erörtert zu werden, da die Phagocyten sich sowohl durch ihren Kern als auch ihre Grösse auf das deutlichste von den gewöhnlichen eosinophilen Zellen unterscheiden. Ausserdem sieht man nie in den typischen eosinophilen Zellen des Macacus stäbchenförmige Einsehlüsse, sondern stets nur Körner. Reinke?) beschreibt krystalloide Einschlüsse in den inter- stitiellen Zellen des menschlichen Hodens. Dieselben sollen be- sonders schön sichtbar sein nach Anwendung der Heidenhain- schen Hämatoxylinfärbung. Meist liegen sie in Zellen, sind in der Regel länglich mit stumpfwinkeligen oder abgerundeten Enden. Sehr häufig sind sie krumm und gebogen. Gewöhnlich übertreffen sie den Zellkern an Länge und kommen auch ausser- halb der Zellen vor. In Hodenpräparaten von einem 28jährigen Mann fand ich ebenfalls die beschriebenen Krystalloide in ziemlich grosser Anzahl. Im allgemeinen sind sie grösser als die von mir ge- fundenen Gebilde und unterscheiden sich von diesen namentlich dureh die abgestumpften Enden, während die meisten von mir beobachteten Stäbchen zugespitzt erscheinen. Auffallend ist die Farbenübereinstimmung. Die Krystalloide der interstitiellen Hodenzellen erscheinen bei Hämalaun-Eosin- Färbung genau so roth gefärbt wie die Einschlüsse der Phago- eyten in den Lymphdrüsen des Macacus: Bei freiliegenden 1)Sehwarze, „Ueber stäbchenhaltige Lymphzellen bei Vögeln“. Centralblatt für medie. Wissenschaften 1850. No. 49. 2) Reinke, „Ueber krystalloide Bildungen in den interstitiellen Zellen des menschlichen Hodens“. Dies Archiv 47. Bd. I. Heft. 164 Siegmund Schumacher: Krystalloiden in dem interstitiellen Gewebe des Hodens sieht man ebenfalls einen helleren Hof um dieselben, jedoch nicht mit derselben Deutlichkeit wie bei freiliegenden Stäbehen in den Lymphdrüsen. Die grosse Aehnlichkeit der beiden Vergleichsobjekte macht die Annahme wahrscheinlich, dass auch die besprochenen Ein- schlüsse der Phagocyten Krystalloide sind. Hierfür würde ihre homogene Beschaffenheit, das meist starre Aussehen die winke- ligen Enden und die zweifache Spitze an einer Seite, was an Zwillingsbildung erinnert, sprechen. Mit Bestimmtheit kann ich das nach dem von mir untersuchten Material nicht behaupten ; es wäre ja möglich, dass die fraglichen Gebilde irgend welche in Zellen eingeschlossene Mieroorganismen sind. Demoor berichtet über die Theilnahme von Riesenzellen an der Bildung des Reticulums der Lymphdrüsen. Die Riesen- zellen schicken Protoplasmaausläufer aus, die sich mit dem Reti- culum in Verbindung setzen. Diese Riesenzellen mit ihren charakteristisch tiefgelappten Kernen kommen nur bei jugendlichen Individuen vor. Eine ähnliche Rolle legt er den Megacaryoeyten der Milz bei; ebenso wie Van der Stricht, der alle Riesenzellen der blutbildenden Organe in Verbindung mit dem Reticulum treten lässt. Wie schon erwähnt, handelt es sich in den von mir beob- achteten Phagoeyten um andere Gebilde, als um Megacaryoeyten, was schon ein Blick auf das Aussehen der Zellkerne lehrt. Özermack sagt, dass man im Zusammenhange mit dem Retieulum Zellen sieht, die sich von Lymphocyten nur durch grösseren Protoplasmareichthum unterscheiden. Er scheint aber diesen Zusammenhang als sehr lockeren aufzufassen, da er fol- sende Worte gebraucht: „.. . wenn jemand sagt, dass es ein Lymphoeyt ist, welcher nicht im organischen Zusammenhang mit dem Retieulum steht, sondern die Verrichtung der Phago- eytose ausübt, oder nur einen Retieulumfaden als Bewegungs- stütze benutzt, so will ich vorläufig diese Behauptung nieht be- streiten.“ Den Zusammenhang der Phagocyten mit dem Reticulum glaube ich folgendermaassen deuten zu müssen: Tritt an eine protoplasmareiche Zelle des Reticulums, respek- tive an eine Zwischengewebszelle, ein rothes Blutkörperchen, Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 165 oder ein anderer Fremdkörper heran, so reagirt auf diesen Reiz das Protoplasma mit einer amöboiden Bewegung, um den Körper aufzunehmen; die Reticulumzelle kann sich bei dieser Gelegenheit aus dem, wie es scheint, nicht besonders festen Zellverbande losreissen und nun runde Form annehmen. Es wäre nach dieser Auffassung der Phagoeyt eine modifi- eirte Retieulumzelle. Einzelne Phagocyten zerfallen nach der Aufnahme von Fremdkörpern, namentlich solche, die sehr viele rothe Blutkörperchen aufgenommen haben, ihr Kern wird hell, die Kernmembran schwindet, schliesslich sieht man nur mehr feine Körnehen an seiner Stelle, das Protoplasma wird grob- körnig und zerfällt. Andere Phagocyten scheinen sich zu er- halten, dieselben dürften sich nach vollbrachter Phagocytose wieder in Retieulumzellen umwandeln ; sie schieken Ausläufer aus, setzen sich mit benachbarten Retieulumzellen in Verbindung und sind so selbst wieder zu Retieulumzellen geworden. Für diese An- nahme spricht auch das Vorkommen des reichlichen Pigmentes in dem Reticulum mancher Drüsen. Schwierigkeiten in der Beobachtung des ganzen Verlaufes der Phagocytose verursacht die sich allenthalben äussernde Perio- dieität der Drüsenfunktion. In der einen Drüse findet man das ganze Retieulum und Zwischengewebe aus protoplasmareichsten Zellen bestehend; ziemlich zahlreiche :rothe Blutkörperchen in den engen Lymph- bahnen, fast keine Phagocyten, aber Mitosen in Sekundärknötchen und Reticulumzellen. In der anderen das Retieulum feinfaserig, protoplasmaarm, mit plattgedrückten Kernen, eine ausserordentliche Menge von Phagocyten vollgepfropft mit rothen Blutkörperchen, sehr weite Lymphbahnen mit mässiger Anzahl freier rother Blutkörperchen ; die ganze Drüse zellarm, Mitosen nur ganz ausnahmsweise, Sekundärknötchen degenerirend. In einer Dritten, die Lymphbahnen eng, das Retieulum und Zwischengewebe aus mehr spindelförmigen Zellen gebildet, grosse Strecken des Reticulums erfüllt mit gelbbraunem Pigment, daneben freie Phagocyten mit Pigmentvacuolen und stäbchen- förmigen Einschlüssen; sehr zahlreiche schön ausgebildete Sekun- därknötchen mit reichlichen Mitosen; u. s. w. Dass auf das Aussehen des Retieulums der Druck in den 166 Siegmund Schumacher: Lymphbahnen von Einfluss sein muss, ist höchst einleuchtend. Bei hohem Drucke erweitern sich die Lymphbahnen, die Retieulum- zellen werden gezerrt, die Ausläufer zart, die Kerne zusammen- gepresst und daher dunkel. Das Gegentheil wird bei geringem Drucke in den Lymphbahnen eintreten. Eine Frage wäre noch zu beantworten : Auf welche Weise gelangen die rothen Blutkörperchen in die Lymphbahn ? Nach den mir vorliegenden Präparaten kann ich keinen sicheren Aufschluss hierüber geben, es ist möglich, dass ich eben keine Drüse im Zeitpunkte des Uebertrittes der Blut- körperchen in die Lymphbahn getroffen habe. Um noch mit einigen Worten auf die Rawitz’sche Arbeit zurückzukommen, muss ich erwähnen, dass es mir nieht möglich war Attractionssphären in den „protoplasmareichen Zellen“ zu finden, da ich, wie schon bemerkt, keine guten Erfolge mit der adjeetiven Färbung erzielte; daher bin ich nicht in der Lage, irgend etwas über ihr Verhalten auszusagen. Von den verschiedenen Zellformen vermisst Rawitz in den Lymphdrüsen des Macacus „Körnchenhaltige Zellen“. Ich habe dieselben in Form von eosinophilen Zellen in verschiedenen Lymphdrüsen des Macacus, mitunter in reichlicher Menge, gefunden. Ergebnisse. 1. Das Reticulum der Lymphdrüsen kann aus epitheloid aneinandergelagerten, polygonalen, protoplasmareichen Zellen be- stehen und kompacte Massen bilden, welche den ganzen Raum zwischen den Rindenfollikeln ausfüllen = Zwischengewebe. 2. In den Lymphdrüsen des Macacus findet eine Zerstörung von rothen Blutkörperchen durch Phagocytose statt. 3. Die Phagocyten sind modificirte Reticulum- zellen. 4. In vielen Phagocyten findet man stäbchenförmige Ein- schlüsse, höchst wahrscheinlich sind es Krystalloide. 5. Manche Sekundärknötchen zeigen keine Regenerations-, sondern Degenerationsvorgänge. 6. Die Lymphdrüsen des Macacus sind wie bei allen anderen Thieren „Brutstätten der Neubildung von Lymph- zellen auf dem Wege indirekter Theilung“. Ueber die Lymphdrüsen des Macacus rhesus. 167 Zum Sehlusse sei es mir noch gestattet, den innigsten Dank meinen hoehverehrten Lehrern, Herrn Hofrath Professor von Ebner und Herrn Professor Schaffer für die mir in reichlichstem Masse zugewandte Unterstützung mit Rath und That auszusprechen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VIL. Sämmtliche Abbildungen, mit Ausnahme von Figur 1, wurden mit der Camera entworfen. i Fig. 1. Mesenteriale Lymphdrüse des Macacus rhesus, Oberflächen- ansicht; die sichtbaren rundlichen Erhebungen entsprechen den Rindenknoten. 6/1. Schnitt aus derselben Lymphdrüse. Zahlreiche Sekundär- knötchen = KC in der Rindensubstanz. 12/.. Fig. 3. Degenerirendes Sekundärknötchen aus einer Lymphdrüse am - Ureter des Macacus. P=Pigment, KR=Kernreste, rB= Rest einesrothen Blutkörperchens, RK = Reticulumzellkern. %°/,. Fig. 4. Degenerirtes Gefäss im Sekundärknötchen, aus derselben Drüse wie Fig. 3. EX = Gefässendothelkern, RX = Retieulum- zellkern. 33/,. Fig. 5. Aus einer mesenterialen Lymphdrüse des Macacus. Der Raum zwischen den zwei Rindenknoten ausgefüllt von einem ge- schlossenen Gewebe, Zwischengewebe=Z, das sich gegen die Marksubstanz in ein Reticulum = R auffasert. K= Kapsel, RS = Randsinus, dS=dunklere Zellschicht um das Keim- centrum, XC = Keimcentrum, M = Markstränge. '%/.. Fig. 6. Zwischengewebe sich in Zellbalken auflösend. Grosse, poly- gonale, epitheloid aneinander gelagerte Zellen. rB = rothes Blutkörperchen, Z = Lymphoeyt. 5B/,. Fig. 7. Aus einer mesenterialen Lymphdrüse der Katze. Ein fibril- lärer Trabekel = Tr zwischen zwei Rindenfollikel = RF, fasert sich in ein Zwischengewebe auf=Z, dessen Zellen im weiteren Verlaufe sich in Phagocyten = Ph umwandeln. ?%/.. Fig. 8. Retieculum mit rothen Blutkörperchen haltigen Phagoecyten. Aus einer Lymphdrüse am Ureter des Macacus. zPh= zer- fallender Phagocyt, die rothen Blutkörperchen werden frei, zr = zerfallende rothe Blutkörperchen, R= Retieulumzellen, pL = polymorphkerniger Leucoeyt. 3%/,. Fig. 9. Phagocyt mit rothen Blutkörperchen und zwei Zellkernen. KK= Kernkörperchen. H8/,. Fig. 10. Phagocyt mit Ausläufern mit 2 degenerirenden Zellkernen = (0je) 180) 168 Siesmund Schumacher: Ueber die Lymphdrüsen ete. dar. 13. 14. — zK, 2 eingeschlossenen, in ihrer Gestalt veränderten Lympho- eytenkernen = _LXK, 3 rothen Blutkörperchen, von denen eines in einer Vacuole = V liegt. 1180/.. Phagocyt in Verbindung mit Reticulumzellen = R, zK = zer- fallender Kern, zr = zerfallendes rothes Butkörperchen. 1050/,. Phagocyt mit einem rothen Blutkörperchen, mit 2 polymorph- kernigen Leucocytenkernen = pL und einem „tingiblen Körper“ =tK. 1%0/.. Zerfallender Phagoceyt mit Ausläufer. zA = zerfallender Kern, PR = Protoplasmarest. 1180). Zerfallender Phagocyt mit faserförmigem Protoplasmarest ER 15 u. 16. Phagocyten mit Pigmentvacuolen = PV, und flachge- drückten Kernen = K, Pr — Protoplasmarest. 770/.. g. 17 u. 18. Phagocyten mit stäbchenförmigen Einschlüssen (=Krystal- loiden) = St, Pr = Protoplasma (in Fig. 17a ist keines mehr vorhanden), PV = Pigmentvacuole. 1180/,. 169 Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. Von J. Janosik, Professor an der k. k. böhm. Universität in Prag. Hierzu Tafel IX. Vor einigen Jahren habe ich in Kürze meine Befunde publi- eirt!) über das Verhalten der Eizelle in atrophirenden Follikeln bei jungen Säugethieren. Es betrafen meine Untersuchungen besonders Meerschweinchen. Aus Anlass des Referates von Sobotta in Virchow’s Jahresbericht für das Jahr 1895 S. 97 sehe ich mich veranlasst jene meine Befunde, um nieht missver- standen zu werden, an dieser Stelle zu besprechen und auch noch mancher später gemachten Beobachtungen Erwähnung zu thun. Nach Flemming befasste sich mit der Atrophie der Ovarialfollikel beim Menschen und verschiedenen Säugethieren Schottländer?). Nach den Angaben beider genannten Autoren kommt die Chromatolysis nur bei jüngeren Follikeln vor, nicht mehr aber bei jenen Follikeln, welche der Reife nahe sind, bei denen schon um das Eichen herum die Corona gebildet wurde. Flemming?) giebt ferner an, dass er diesen Process bei erwachsenen Kaninchen beobachten konnte und meint, dass derselbe nur bei erwachsenen Thieren vorkäme. Nach meinen Untersuchungen kann ich angeben, dass die Chromatolysis in den Granulosazellen am häufigsten bei unreifen Follikeln vorkommt, dass man aber auch bei reifen Follikeln eine solche nachweisen 1) Janosik: Atrofie folikulü ete. Berichte der böhm. Akademie, Prag. 1893, mit französischem Resume. Kurzes Referat in Bibliographie anatomique. Vol. I. Pag. 90, 189. 2) Sehottländer: Beitrag zur Kenntniss der Follikelatresie etc. Arch. f. mikr. Anat. Vol. 37, 1891 und Vol. 41, 1893. 3) Flemming: Ueber die Bildung von Richtungsfig. ete. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1885. Archiv f. mikrosk, Anat. Bd. 48 12 170 J. Janosık: kann. Dieser Vorgang ist normal ebenso verbreitet bei jungen wie bei erwachsenen Thieren, ja er kommt bei jüngeren Thieren noch desshalb in grösserem Maasse vor, weil bei diesen eine viel grössere Zahl von Follikeln untergeht. Bei näherer Betrachtung dieses Vorganges kann man sich vielfach von den Angaben über den Gang der Follikelatresie genannter Autoren überzeugen, dass sie in der That der Wirklichkeit entsprechen, man kann aber auch noch finden, dass viele der Follikelepithelzellen in Zellen sich umwandeln, welche ganz das Aussehen von Leucocyten haben, oder dass die Follikelepithelzellen Zellen solchen Cha- rakters wie die Leucocyten produeiren. Hiermit ergänze ich meine in dieser Beziehung früher gemachte Angabe !)l. Dass die Epithelien in einem solehen genetischen Konnexe zu den Leuco- cyten stehen, kann man vielfach auch an anderen Stellen sehen. Ich erinnere nur an die Bildung des Thymus, an die Vorgänge in den Tonsillen und den Zungenbalgdrüsen, in verschiedenen Drüsen (Pankreas Lewaschew) u.a. Schottländer selbst bemerkt: „... sind dem wntergehenden Epithel Zellen anderer Herkunft und zwar Wanderzellen beigemischt . . .* Die Angabe, dass die Granulosazellen bei der Follikelatresie in Leucocyten sich umwandeln, hat bereits Scehulin?) gemacht; man muss hier aber darauf aufmerksam machen, dass Schulin die Granulosazellen von den Stromazellen des Ovariums oder aus derselben Quelle wie diese ableitet. Fragt man, zu welcher Zeit die meisten Follikel unter- gehen, so kann im Allgemeinen angegeben werden, dass es die Zeit der Trächtigkeit bei den Thieren ist, zu welcher die meisten Follikel normaler Weise untergehen. Es gelangen zum Anfange der Brunstzeit bei jedem Thiere sehr viele Follikel zur Entwick- lung und man kann alle Phasen dieser Entwicklung in einem und demselben Ovarium antreffen. Mit dem Eintritt der Träch- tigkeit tritt auch die Involutionsperiode für jene Follikel auf, welche nicht geborsten im Ovarium zurückgeblieben sind. Be- merkt muss ferner noch werden, dass bei jüngeren Thieren zu 1) JanoSik: Zur Histologie der Ovarium. Sitzungsberichte der k. Akademie. Wien 1887. 2) Schulin: Zur Morphol. des Ovariums. Arch. f. mikr. Anat. Vol. 19. 1881. Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. 171 dieser Periode mehr Follikel gebildet werden und somit auch später mehr derselben in einem und demselben Ovarium unter- gehen müssen. Gerade in dieser Epoche habe ich m den Ovarien junger Thiere gefunden, dass manche Eizellen bevor sie atrophiren noch Theilungen eingehen, und zwar nicht nur in ihren Kernen, sondern auch Theilungen des Zellkörpers erkennen lassen. Neben diesen Theilungen kommen vielfach auch Fragmentirungen des Zellleibes vor, auf welchen Vorgang schon von Pflüger her verschiedene Autoren bei verschiedenen Wirbelthieren aufmerksam gemacht haben. So finde ich bei Sehulin(l. e.) in der Fig. Tab ge- theilte Eichen mit Plasmafragmenten, von denen Schulin sagt: „Im Ovarium einer halbwüchsigen weissen Ratte fand ich durch Zerzupfen zwei Eier mit mehrfach getheiltem Dotter und noch erhaltenem und getheiltem Keimbläschen.“ — „In den grösseren Furchungskugeln fanden sich fast stets mehrere Keimbläschen von sehr verschiedener Grösse.“ Er erinnert an die von Hensen gemachte Beobachtung über die Veränderungen der Eizelle nach längerem Aufenthalte im Uterus. Hensen fand bei einem Kaninchen im abgetrennten Uterushorn an 100 Eichen, deren Protoplasma, wenigstens bei einigen, in 2—8 Segmente getheilt war. Interessant ist die Notiz von Grusdew!) zu dieser An- gabe. Neuestens besprieht Henneguy?) die Veränderungen an der Eizelle in manchen untergehenden Follikeln, behandelt weiter die Fragmentirung der Eizelle bei verschiedenen Säuge- thieren, und giebt an, dass die Theilstücke der Eizelle entweder mit einem Kern angetroffen werden oder ohne denselben. Er konnte keine Eichen auffinden in den ersten Stadien der Theilung, obwohl er Anklänge an dieselbe vorgefunden hat, da die Figuren 11, 15 u. 25 seiner Abhandlung ihm dafür zu sprechen scheinen. Henneguy deutet dann den ganzen Vorgang mit folgendem Satze: „On peut considerer la fragmentation de lovule .... comme un commencement de developpement parthönogenesique“, obwohl er früher angeführt hat: „La fragmentation des ovules des Mammiferes en voie de regression ne peut &tre assimilee 1) Grusdew: Versuche über die künstl. Befruchtung von Kanincheneiern. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1896. 2) Henneguy: Recherches sur l’Atresie des Follieules ete. Journ. de l’Anat. et de la Physiol. Vol. 30. 1894. 1 J. Janosik: A la segmentation veritable qui s’obserye apres la fecondation*“. In den späteren Stadien der Theilung des Eichens ist der Vor- gang immer von einer ganz anderen Art, als die normale Segmenta- tion. Aus dem Gesagten geht hervor, dass Henneguy weit davon entfernt ist, an eine Parthenogenesis in dem Sinne zu denken, wie man aus dem Referate Sobotta’s entnehmen könnte. Auch ich spreche in keiner Stelle meiner Abhandlung sowohl, wie in dem beigefügten Resume von einer parthenogenetischen Ent- wieklung unbefruchteter Eier bei den Säugethieren. In letzter Zeit befasste sich mit der Forschung über parthe- nogenetische Furchung des Hühnereies Barfurtht). Dieser Autor kommt unter Anderem zu dem Schlusse, dass die Segmen- tirung des Plasmas bei unbefruchteten Hühnereiern nicht als parthenogenetische Furchung aufzufassen sei, daihre Produkte keine Kerne besitzen und keine echten Zellen sind. Der ganze Vorgang sei nach Barfurth als lediglich durch physikalisch-chemische Kräfte herbeigeführt zu betrachten. Da nun dieser Autor an Hühnereiern und besonders an virgi- nalen Hühnereiern gearbeitet hatte, so kann man für dieses Object seinen Folgerungen beistimmen. Neuestens kommt nun Grusdew (l. e.) auch zu dem Schlusse: „Man kann heutzutage kaum zweifeln, dass eine parthe- nogenetische Furchung der Eier bei Säugethieren nie stattfindet. Sieist wenigstens bisher von keinem Forscher beobachtet worden.“ Was nun meine Beobachtungen anbelangt, so will ich in Fol- sendem die Beschreibung einiger Befunde an Eichen in Ovarien verschiedener Säugethiere geben. Dass man in Eichen in Follikeln, welche auf verschiedener Höhe der Entwicklung stehen, mehrere Kerne vorfindet, ist von verschiedenen Autoren beobachtet und abgebildet worden. Wenn man solche Eichen mit zwei Kernen in jungen Follikeln auffindet, so kann man immer noch auf die Nähe jener Periode schliessen, in welcher die Epithelzellen, die zu Eizellen werden, sich viel- fach durch Theilung vermehrten, und man könnte noch diese Theilung des Kernes der Eizelle, weleher dann die Theilung des Eiplasmas nicht mehr folgt, vielleicht in dem Sinne auffassen, 1) Barfurth: Versuche über die parth. Furchung des Hühner- eies. Arch. f. Entwicklungsmechanik. Vol. II. 1896. Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. 173 dass der Kern noch genug Lebensfähigkeit bewahrt hat, so dass er noch die eine oder die andere Phase der Theilung sozusagen als Fortsetzung des früher bestehenden Zustandes, nämlich der Zelltheilung, durchlaufen konnte. Diese Deutung ist schon schwerer, aber noch immerhin zulässig bei jenen Eichen mit zwei Kernen in weit entwickelten Follikeln. Man kann aber aus solehen Befunden zumindest den Schluss ziehen, dass der Eikern auch in weit oder ganz entwickelten Follikeln die Fähigkeit besitzt sich zu theilen. Die Vermehrung der Kerne in der Eizelle findet man aber viel häufiger in jüngeren als in etwas älteren oder weit ent- wickelten Follikeln. In diesen findet man häufiger, dass der Eikern in eine Spindel verwandelt ist, an welcher man die An- ordnung der chromatischen sowie der achromatischen Fäden vor- finden kann. Die ganze Kernspindel liegt in diesen Fällen fast immer dicht an der Peripherie des Eichens, senkreeht zur Ober- fläche. Auf diesen Umstand hat bereits Flemming aufmerk- sam gemacht. Es bleibt bei vielen Eichen bei diesem Vorkomm- niss; sie zerfallen früher, als dass sie zur weiteren Stufe ihrer Lebensäusserung gelangen könnten. Man findet aber auch Eichen, welche einen höheren Grad der Entwicklung erreicht haben, wie man in der beigefügten Fig. 1 Taf. IX sehen kann. Diese Figur zeigt uns ein Ei mit einem bereits gebildeten klei- neren Segmente, welehem man, wenn man es in dieser Stellung und Lage in der Tuba aufinden würde, sicher den Namen und die Bedeutung eines Richtungskörperchens beilegen möchte. Der Körper dieses Gebildes hat absolut dasselbe Aussehen wie das Plasma der Eizelle, er enthält chromatische Kernsubstanz, welche bei näherer Betrachtung in Form von ziemlich dieken kurzen Schleifen angeordnet sich zeigt. Um dieses Gebilde herum kann man auch einen schmalen lichten Hof nachweisen. Von ganz demselben Aussehen ist auch die zurückgebliebene Kernsubstanz und es entspricht das Ganze eigentlich im Wesent- lichen jenen Bildern, welche verschiedene Autoren bei normal reifenden Eichen beschreiben oder auch bei bereits befruchteten (vergl. z. B. die Fig. 12 von Sobotta!), wenn man sich nur den Spermakern wegdenkt). 1) Sobotta: Die Befruchtung und Furchung etc. Arch. f. mikr. Anat. Vol. 45. 189. 174 JuNamlo SsmiRE N Die Kerne der Granulosazellen des Follikels, in welchen sich dieses Eichen befand, waren an verschiedenen Stellen von dem Zerfall der chromatischen Substanz ergriffen. Der Follikel selbst war soweit entwickelt, dass man denselben für reif er- klären könnte. Die Granulosazellen um das Eichen zeigten deutlich eine radiäre Anordnung, die sogenannte Corona. Das Ovarium, aus welchem dieses Präparat gemacht ist, stammt von einem trächtigen, jungen Kaninchen, bei welchem die im Uterus vorgefundenen Embryonen nahe der Austragezeit waren; sie hatten eine Länge von 9,5 em. In der Fig. 2 Taf. IX findet sich ein Eichen aus einem ziemlich grossen Follikel aus dem Ovarium eines trächtigen, Jungen Meer- schweinchens. Der Follikel ist nur etwas kleiner als man reife Follikel bei diesen Thieren vorfindet, die Zellen des Cumulus zeigen aber doch eine stellenweise radiäre Anordnung. Die Gra- nulosazellen sind an jenem dem Cumulus entgegengesetzten Pole von der Chromatolysis ergriffen und man findet zwischen ihnen leucoeytenartige Zellen. Die Eizelle selbst besitzt noch eine schwache Membrana pellucida. Da aber diese Membran im frischen, lebendigen Zustande weich ist und die zugeschriebene derbe Beschaffenheit erst in Folge der einwirkenden Reagentien erlangt, so ist leicht denkbar, dass sie auch bei diesen Eichen im frischen Zustande einen breiteren Hof bildete, als es am kon- servirten Präparate zu sehen ist. Weil man aber bei Eichen, welche einen noch höheren Grad der Segmentirung zeigen, diese Membran immer schwinden sieht, dagegen aber dieselbe immer derber vorfindet in jenen Fällen, wo das Eichen in toto sozusagen zusammenschrumpft, oder wo dasselbe eine Art Fragmentirung eingeht, so glaube ich berechtigt zu sem annehmen zu können, dass dieser Schwund der Membrana pellueida mit wirkliche n!Theilungien) des. Eichens Ainır send einemphysiologischenKonnexe steht. Auch bei dem normaler Weise befruchteten und sich entwickelndem Eichen in der Tuba schwindet diese Membran wohl erst in späteren Stadien, als welche hier im Betracht kommen. Sobotta findet, bei der Maus bei S—16 Segmenten keine „Zona“ mehr. Die Eizelle selbst hat in diesem meinem Falle offenbar eine Theilung durchgemacht, aus welcher zwei Segmente resultiren. Das kleinere Segment ist zwar ziemlich gross im Vergleich zu dem zweiten Segmente, der Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. 175 eigentlichen Eizelle; würde man aber ein so verändertes Eichen in der Tuba auffinden, so würde man sicher dazu geneigt sein, dieses Segment für ein Richtungskörperchen anzusehen, umso- mehr, als man in dem grösseren Segmente eine schön ausgebil- dete Kernspindel vorfindet, als würde sich die Eizelle zur Bildung eines zweiten Richtungskörperchen vorbereiten. Die Kernsubstanz in dem kleinen Segmente zeigt ein ähnliches Aussehen, wie jene des Riehtungskörperehens in der erwähnten Figur 12 der Ab- handlung von Sobotta. Es ist auch anderweitig vielfach be- kannt, dass die Kernsubstanz der Richtungskörperchen im ver- schiedener Weise sozusagen zerfliesst und sie kann desshalb bei vorgeschritteneren Stadien der normalen Burchung gar nicht mehr nachgewiesen werden. An dieses Stadium reiht sich ein Eichen, welches ich aus einem weit über die Oberfläche des Ovariums reichenden Follikel (ebenfalls von einem trächtigen Meerschweinchen) durch einen Schnitt bei lebenswarmem, soeben dem Thiere entnommenem Organe erhielt. Dieses Eichen besass eine schön entwickelte Corona und wurde am erwärmten Objeettisch im Liquor follieuli selbst untersucht. Das von einer Membrana pellueida umschlos- sene Eichen war bereits in mehrere Theilstücke zerlegt; ich sage „zerlegt“, weil ich nicht angeben kann, ob in den einzelnen Theilstücken Kerne vorhanden waren oder nicht, ob es sich also um eine Segmentirung oder eine Fragmentirung handelte. Ich konnte ein grösseres und einige kleinere Theilstücke hier sehen, welche stark granulirt waren und in denen ich zwar keinen Kern, aber etwas in der Art von Vacuolen nachweisen konnte. Kurz: das Eichen hatte ein Aussehen, welches mich ganz und gar gleich beim ersten Anblick an den Holzschnitt III von. Rein!) erinnerte. Bemerkenswerth ist die bei dieser Gelegenheit von Rein gemachte Angabe, dass in diesem Falle zwar Spermato- zoen in der Tube, aber keines in der Nähe des Eichens vor- gefunden wurde. Rein spricht bei diesem Eichen vom „Vor- handensein von 4 Körpern, die gar nicht von Richtungskörperehen unterschieden werden konnten“, und bemerkt ferner, dass Coste und Bischoff beim Kaninchen 5 Richtungskörperehen nach- 1) Rein: Beiträge zur Kenntniss der Befruchtungserscheinungen etc. Arch. f. mikrosk. Anat. Vol. 22. 1883. 176 J. Jan osik: gewiesen haben. Es ist sicher, dass es sich in diesen Fällen um eine Fragmentirung der Eizelle gehandelt haben muss. In der Fig.3 Taf. IX sieht man ein weiteres Stadium der Thei- lung der Eizelle im Follikel aus demselben Ovarium wie Fig. 2. Der Follikel ist weit in der Atresie vorgeschritten, es sind aber noch ganze Lagen von Granulosazellen zu sehen, welche in ver- schiedenem Grade der ehromatolytischen Veränderung angetroffen werden. Ferner kann man noch in ziemlicher Ausdehnung den Hohlraum für den Liquor follieuli nachweisen, in welchem nun- mehr viele der veränderten Granulosazellen lose herumliegen. Um die Eizelle herum kann keine Membrana pellueida mehr nachgewiesen werden und es liegt das Eichen frei von einigen Zellen umgeben im Liquor follieuli. Man sieht, dass dasselbe in zwei gleiche Segmente getheilt ist, von denen, besonders von dem einen, noch Theile in die angrenzenden Schnitte gefallen sind. Jedes dieser Segmente besitzt einen runden, wohlbegrenzten Kern, dessen Substanz ein Kermnetz oder Schwammstruetur zeigt, mit eingelagerten grösseren Kügelehen von chromatischer Substanz, den Nucleolen. Der Zellleib ist granulirt und erscheint stärker gefärbt im Vergleich mit Eichen aus jüngeren, normal aussehenden Follikeln. Neben diesen zwei grossen Segmenten sind hier noch zwei kleine Segmente vorhanden, von welchen das eine die färb- bare Kernsubstanz zu einem etwas unregelmässigen Klümpcehen zu- sammengezogen enthält, wogegen in dem anderen (in der Figur indem oberen) noch die Form eines etwas zusammengeschrumpften Kernes zu sehen ist. Diese Figur entspricht ganz jener, welche Assheton!) in seiner Figur 4 wiedergibt und für ein normal sich entwiekelndes Eichen nach regelrechter Befruchtung ansieht. Es fehlt bei meiner Figur nur die Membrana pellueida, welche Assheton aber auch schon etwas verdünnter zeichnet, als in jüngeren Stadien. In der Figur 4 kann man nun ein Eichen sehen, welches neben zwei kleinen Theilstücken, in denen die chromatische Sub- stanz ganz diffus im Plasma zerstreut zu liegen scheint (man kann wenigstens dieselbe an keiner Stelle mehr angehäuft vorfinden), noch drei Segmente aufweist. In dem abgebildeten Schnitte ist ein grosses Segment zu sehen mit einem deutlichen, scharf be- 1) Assheton: A reinvestigation into the early stages of the development of the rabbit. Quarterly Journ. of microse. sc. 1894. Vol. 87. Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. 177 srenzten Kern, in welchem man einen Nucleolus nachweisen kann, welcher sich intensiv gefärbt hat. Dann ist hier eines der beiden kleineren Segmente zu sehen und ein Theil des zweiten kleineren Segmentes, der andere Theil dieses Segmentes befindet sich im nächsten Schnitte, welcher in der Figur 5 wiedergegeben ist. In dieser Figur sieht man nun den Kern des in Figur 4 nur zum Theil getroffenen Segmentes. Die Kerne der beiden kleineren Segmente erscheinen scharf begrenzt, färben sich aber nur ganz schwach. Eine Membrana pellueida ist nicht mehr vorhanden. Wenn man ein solehes Eichen in der Tube auffinden möchte, so würde man von einer inaequalen Furchung sprechen, bei welcher aus den beiden ursprünglichen Segmenten der Figur 3 das eine sich bereits weiter getheilt hat, das andere aber noch nicht. Neben diesen drei Segmenten mit Kernen sind hier noch die zwei kleinen Theilstücke, welche man für Richtungskörperchen an- sehen könnte. Solche Befunde sind vielfach an befruchteten, normal sich entwickelnden Eichen beschrieben worden. Der Follikel, in welchem dieses Ei sich befindet, ist fast ganz atre- sisch, es bleibt nur ein kleiner Hohlraum um das Eichen herum übrig. Neben diesen Stufen der Theilung habe ich auch noch wei- tere auffinden können. In der Figur 6 ist ein Eichen abge- bildet, welches in viele untereinander fast ganz gleiche Segmente getheilt ist. Dass man hier von einer Theilung und nicht nur von einer Fragmentirung sprechen kaun, das rechtfertigt mir der Umstand, dass ich in den Segmenten Kerne vorfinde. Dieselben sind scharf begrenzt, färben sich aber schwach. Zwischen den einzelnen Segmenten ist ein kleiner, spaltförmiger Hohlraum wie eine Art von einer Furchungshöhle. Diesen Spalt ausgenommen entspräche diese Figur jener von Sobotta (Taf. VI Fig. 50). Die Segmente auf der linken Seite der Figur sind zum Theil in den folgenden Schnitt gefallen und auch ihre Kerne. Neben solehen Eichen mit fast untereinander ganz gleichen Segmenten finde ich auch solche mit ungleichen, wie aus der Figur T zu sehen ist. Das Eichen, von dem diese Figur stammt, ähnelt ganz der Figur 29 der Abhandlung von Sobotta. Beide in Figur 6 und 7 abgebildete Eichen liegen in Follikeln, welche noch einen ziemlich grossen mit Liquor gefüllten Hohlraum zeigen. Neben diesen hier ausführlicher besprochenen Befunden, 178 3. Janosik: könnte ich noch aus verschiedenen Ovarien eine ganze Reihe auf verschiedener Höhe der Theilung stehenden Eichen aufführen, neben welchen auch wahre Fragmentirungen angetroffen werden. Mitunter trifft man auch auf Eizellen, welche in mehrere ungleiche Theile zertheilt sind, in denen man in einigen Kerne nachweisen kann, in anderen nicht. Die kernhaltigen sind zumeist die grösseren Theilstücke. Bemerkenswerth ist, dass in jenen Ova- rien, in denen ich wirkliche Theilungen nachweisen konnte, jene Atrophie der Eizelle, bei welchen die Membrana pellueida er- halten bleibt und von welcher verschiedene Autoren berichten und ich selbst seiner Zeit!) ebenfalls meine Beobachtungen ver- öffentlicht habe, fast gar nicht angetroffen wird. Wie nun diese Theilungen der Eizelle im Ovarium vor sich gehen, kann ich nicht näher angeben, muss hier aber bemerken, dass ich in meinen diesbezüglichen Präparaten bei der weiteren Theilung keine Kernspindeln vorfinde Es ist das um so auf- fälliger, als ich in den Anfangsstadien sehr viel Eichen mit Kern- spindeln sehen kann. Was nun die Ursache anbelangt, warum die oben beschrie- benen Theilungen gerade bei jungen Thieren angetroffen werden, so habe ich die Vermuthung ausgesprochen, dass das vielleicht mit jenem Befunde zusammenhängt, den ich fast bei allen Eichen in diesen Ovarien die Gelegenheit hatte zu machen, nämlich dass in allen ein ziemlich deutlicher Nebenkern nachgewiesen werden kann. In der Figur 8, welche ich meiner oben angeführten Arbeit im Lichtdruck beigegeben habe, kann man einen jungen Follikel sehen, in welchem im Eichen neben dem Hauptkerne ein deutlicher Nebenkern zu sehen ist. Henneguy, welcher auch diesen Punkt berührt, meint, dass in dem Nebenkerne hier die Ursache nicht liegen kann, da derselbe wohl bei jungen Eichen angetroffen wird, bei Eichen aber in weit entwickelten Follikeln nicht mehr nachzuweisen ist. Ich habe nun diese Ovarien, von denen ich Serienschnitte besitze, auch in dieser Hinsicht durehgesucht und finde, dass hier auch im ganz ent- wickelten Folliken in der Eizelle dieses Gebilde, welches ich als den Nebenkern ansehe, angetroffen wird. In der Figur 8 ist ein Eichen gezeichnet, bei welchem die Stellung der dem Eichen an- 1) l. e. sub 4. Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. 179 liegenden Granulosazellen schon selbst beweist, dass dasselbe einem weit entwickelten Follikel entnommen sein muss und man findet in diesem Eiehen dennoch einen Nebenkern, welcher dicht dem Kerne anliegt. Ich bemerke nur, dass dieses keine Ausnahme ist, da ich dieses Gebilde fast in allen Eichen nachweisen kann. Es kommt vor, dass es nicht in demselben Schnitte liegt wie der Hauptkern, dann kann ich es aber in den angrenzenden Schnitten finden. Anklänge an diese eben besprochenen Theilungen habe ich, zwar nicht in einer so kompleten Serie, vorläufig noch bei der Katze und Fledermaus vorgefunden; Mäuseovarien habe ich von jungen Thieren noch nieht in einer grösseren Anzahl zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Ich habe ferner bei meinen Objecten gefunden, dass die Eizelle, mag sie sich theilen oder fragmentiren oder schollig zer- fallen, immer zu Grunde geht, ich will aber nicht behaupten, dass der Ausgang immer ein soleher sein muss. Man könnte vielleicht gelegentlich bei pathologischen Befunden die eben mit- getheilten Beobachtungen mit in Betracht ziehen. Aus dem eben Vorgeführten folgt: 1. Die Eizelle kann im Ovarium durch regel- rechten Process die Richtungskörpercehen oder denselben ganz gleichende Gebilde liefern. Die- ses geschieht am häufigsten bei jungen Thieren, kann aber auch in Ovarien älterer Thiere vorge- funden werden. 2. Nach der Bildung dieser Gebilde kann die Eizelleim Ovarium, also ohne jede Befruehtung, noch weiter sich theilen, wobei die aus der Thei- lung resultirenden Segmente Kerne enthalten. 3. Dieser Process der Theilung kann bis zur Bildung einer grösseren Anzahl von Segmenten führen, welehe alle Kerne besitzen und unterein- ander fast ganz gleich sein können, oder 4. eskann die Theilungaber auehzurBildung von Segmenten führen, welehe untereinander un- gleich gross sind, die aber alle Kerne besitzen und somit den Charakter von Zellen haben. 5. Nebendiesen wirklichen Theilungen kom- 180 Jejsamlosuikı: men auch vielfach nur Fragmentirungen derEi- zelle vor (welehen Vorgang man besonders bei älteren Thieren vorfindet) oder es kann auch die Eizelle „schollig zerfallen“. 6. Mit derfortschreitenden Theilung der Ei- zelle gehtauch dieMembrana pellueidaverloren, wiees bei der normalen Entwicklung nach der stattgefundenen Befruchtung in der Tuba ge- schieht (Sobotta bei der Maus). Es gehört meiner Meinung nach nicht in das Reich der Unmöglichkeiten, ja es ist eigentlich sehr wahrscheinlich, dass ein Eichen, wenn es in die Tube gelangt und auch nicht befruchtet wurde, dass es dieselben Phasen der anfänglichen Furchungs- stadien durchlaufen kann ebenso, wie wenn es im Ovarium zu- rückgehalten worden wäre. Ich behaupte es nicht und habe es nicht behauptet, da ich durch wirkliche Befunde nicht beweisen kann, dass ein solches ausgetretenes Eichen wirklich diese Phasen ohne Befruchtung durchmacht, ich meine nur, dass man beim Studium der ersten Furchungsstadien leicht auch solche Eichen mit bekommen könnte und dieselben dann auch in den normalen Gang der Theilung von befruchteten Eichen einschalten könnte. Ich will auch weiter nicht darauf eingehen, wie man diese Befunde mit den verschiedenen Theorien über die Bedeutung der Riehtungskörperchen in Einklang bringen sollte, wo nach der Bildung von Richtungskörperehen oder wenigstens diesen gleichenden Gebilden, die Eizelle dennoch die Möglichkeit be- sitzt sich weiter zu theilen. Es ist leicht, die diesbezüglichen Deduktionen zu machen. Ich möchte hier nur noch auf die Abhandlung von Morgan!), sowie auch auf die zu dieser Arbeit gemachte Bemerkung von Roux aufmerksam machen, um darauf hinweisen zu können, von wie grosser Tragweite auch ziemlich geringe Modifikationen der Lebensverhältnisse der Zelle für die morphologischen Befunde sind, die gelegentlich gemacht werden. Man muss doch, will man der Wahrheit näher treten, auch auf solehe nicht gewöhnliche (ich will nicht sagen abnormale, 1) Morgan: The production of artificial astrophaeres. Arch. für Entw#eklungsmech. Vol. 3. 1896. Die Atrophie der Follikel und ein seltsames Verhalten der Eizelle. 181 lieber abweichende) Befunde sein Augenmerk richten, und die- selben in den Kreis der Beobachtungen ziehen. Alle Figuren sind projieirt mit: Reichert Hartapochromat 4 m/m. Oecular Ill., Details sind eingezeichnet mit Reichert Objectiv 8a. Fig. 1. Ein Eichen aus einem reifen oder der Reife nahen Follikel aus dem ÖOvarium eines jungen, trächtigen Kaninchens. (Länge der Embryonen 9.5 cm). Fig. 2—8 sind aus einem und demselben Ovarium eines jungen, träch- tigen Meerschweinchens. (Aus dem anatomischen Institut der Jagellonischen Universität inKrakau.) Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma'). Von K. Kostanecki und M. Siediecki. Hierzu Tafel X und XI. Die Untersuchungen über die Befruchtung des Eies von Ascaris megalocephala haben eine epochemachende Rolle in der eytologischen Literatur gespielt. Die Arbeiten von van Beneden und Boveri über dieses Objekt haben nicht nur einen mäch- tigen Umschwung in unseren Vorstellungen von der Befruchtung 1) Vorgetragen in der Sitzung der mathematisch-naturwissenschaft- lichen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Krakau vom 4. März 1596 sowie während der Versammlung der Anatomischen Gesellschaft in Berlin am 20. April 1896, woselbst die entsprechenden Präparate demonstrirt wurden. 182 K. Kostaneceki und M. Siedlecki: hervorgerufen, sondern sie haben auch einen bedeutenden Ein- fluss auf die Begriffe über den Bau der Zelle und den Meehanis- mus der Zelltheilung überhaupt ausgeübt, sie haben den Impuls zu mancher hervorragenden Untersuchung und zu manchen be- deutenden Errungenschaften gegeben, die seit dem Erscheinen dieser Arbeiten im Jahre 1884—1888 erzielt worden sind. Wäh- rend sich aber der Einfluss der Kenntnisse über den Befruch- tungsvorgang bei Ascaris megalocephala in allen neueren Zell- studien wiederspiegelt, haben umgekehrt die an anderen Objekten gewonnenen Vorstellungen in keiner Weise auf die Beurtheilung der Zellstruetur des befruchteten Ascariseies zurückgewirkt. Und so war es denn unausbleiblich, dass der Augenblick kommen musste, wo sich entweder die Nothwendigkeit einer genaueren Prüfung der im befruchteten Ei von Ascaris megalocephala auf- tretenden Structuren ergeben musste, oder aber, wie dies leicht erklärlich ist, sich in manchen Punkten ein schroffer Gegensatz zwischen den vor mehr als 8 Jahren an Ascaris megalocephala gewonnenen Resultaten und den neueren Ergebnissen der Zell- forschung ergeben musste. Ersteres ist bisher nicht geschehen, dagegen hat letzteres eimen recht prägnanten Ausdruck in der Polemik zwischen M. Heidenhain und Boveri gefunden. M. Heidenhain hat auf Grund seiner Studien an Leucoeyten von Wirbelthieren, die mit einer äusserst subtilen Untersuchungs- methode ausgeführt sind, manche anregenden und neuen Vor- stellungen in die Lehre von dem Bau des Zellleibes und von der Mechanik der Mitose gebracht, dabei aber den von Boveriim die Wissenschaft eingeführten Begriff des Archoplasma sowie seine Vorstellung von den Centralkörpern (Centrosomen) in man- cher Hinsicht angefochten. In seiner Antwort erhält Boveri seine sämmtlichen früheren an Ascaris gewonnenen Resultate auf- recht und spricht den von M. Heidenhain vertretenen An- schauungen bezüglich des Baues des Protoplasma, bezüglich der Centrosomen u. Ss. w. die Berechtigung auf allgemeine Geltung entschieden ab. Bei dieser in der Form sehr scharfen Discussion musste es sofort auffallen, dass die Grundlage für die Untersuchungen der beiden Autoren ein grundverschiedenes Untersuchungsobjekt ab- gab und dass auch die angewandten Methoden absolut verschieden waren. Jeber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 185 Während Boveri sich auf Beobachtung der Vorgänge in hoch differenzirten Zellen, nämlich den Eizellen, stützte, dienten M. Heidenhain die Leucocyten „das Prototyp der Metazoen- zelle* als Ausgangspunkt seiner Auffassungen über die Zellstructur. Sodann behandelten die Arbeiten Boveris den complieirten und besonderen Vorgang der Befruchtung, während Heidenhain die Leucoeyten vor allem im Zustande der Ruhe und im An- schluss daran während der Mitose studirte. — Boveri unter- suchte die befrüchteten Eier in toto, Heidenhain sein Ob- jekt an feinen Schnitten von nur Du Dieke, — Boveri hat dabei verhältnissmässig (natürlich vom Standpunkte der jetzigen, nicht der damaligen Technik) einfache Fixirungs- und Färbungs- methoden angewandt, während M. Heidenhain zu seinen Re- sultaten „durch bewundernswerthe Sorgfalt mikroskopischer Fein- arbeit sowie durch Ausbildung eines höchst werthvollen tech- nischen Verfahrens“, wie Boveri selbst sich ausdrückt, gelangt ist. — Aber auch diese von Heidenhain ausgearbeitete Technik, die Boveri in seiner letzten Arbeit für befruchtete Seeigeleier angewandt hat, hat ihm Resultate ergeben, die von denen Heidenhains ganz beträchtlich abzuweichen, dagegen mit den früher bei Ascaris gewonnenen Bildern übereinzustimmen schienen. In den Arbeiten der beiden Forscher sind die wichtigsten Probleme der Cytologie berührt, und jeder, der in diesem Gebiet arbeitet, wird seit diesen Publiecationen nicht umhin können, bei jeder Zelluntersuchung zu den daselbst berührten Fragen Stellung zu nehmen. Ein je grösserer Kreis von Fachgenossen dies thut, Je umfangreicher ihr Untersuchungsmaterial und je genauer die Untersuchungsmethoden, je präciser und je entschiedener der von ihnen vertretene Standpunkt formulirt wird, desto eher dürfen wir hoffen, eine einheitliche und allgemeingültige „Theorie“ der Zellstruectur, der Mechanik der Mitose sowie des Befruchtungs- vorganges erreichen zu können. Da wir eine grössere Summe von Beobachtungen an ru- henden und mitotisch sich theilenden Zellen und zwar gerade derjenigen sowohl, die M. Heidenhain als Grundlage zu seinen Untersuchungen dienten, nämlich den Leucoeyten (Sied- lecki), als auch manchen anderen Gewebszellen, sodann an rei- fenden und befruchteten sowie sich furchenden Eiern vom Seeigel 184 K. Kostaneeki undM. Siedlecki: (Kostanecki), ferner von Physa fontinalis (Kostaneceki und Wierzejski) hatten, so beabsichtigten wir, an dem Material eine Besprechung allgemeinerer Probleme der Zellstruetur zu ge- ben; aber vom ersten Augenhlick sahen wir ein, dass eine er- spriessliche Besprechung und eine eventuelle Lösung der Fragen nicht zu erzielen ist, ohne Erfüllung der ersten, wir möchten sagen, Pflicht, nämlich ohne eine eingehende, mit den Hülfsmitteln der neueren histologischen Technik vorgenommene Nachunter- suchung der im befruchteten Ei von Ascaris megalocephala wahr- nehmbaren Zellstructuren. Bei dieser Nachuntersuchung hat sich eine Reihe von Thatsachen ergeben, so dass es uns zweekmässig schien, die Ergebnisse der Untersuchung an diesem klassischen Objekt als besonderen Abschnitt vorangehen zu lassen, während wir die allgemeineren daraus sich ergebenden Folgerungen unter Heranziehung von anderem Untersuchungsmaterial folgen lassen. I. Theil. Die im befruchteten Ei von Ascaris megalocephala wahr- nehmbaren Zellstrueturen. Untersuchungsmethode. Nach den verschiedensten Vorversuchen bedienten wir uns zur Untersuchung der befruchteten Eier und der Furchungszellen von Ascaris megalocephala vor allem der nachfolgenden Fixirungs- methoden: 1. Sublimat heiss in physiologischer Kochsalzlösung bis zur Sättigung gelöst und abgekühlt. 2. Einer Mischung von Sublimat und HNO,—3°/,ää. 3. Lösung von gleichen Volumtheilen Sublimat, HNO ,—3°/, (oder Eisessig) und Alkohol absolutus. 4. Reine 3°/, Salpetersäure, und endlich 5. Pikrin-Essig- säure nach Boveri. Bei allen den Fixirungsflüssigkeiten war das Verfahren ein und dasselbe. Die möglichst rasch, aus lebenden und frischen Thieren auspräparirten Eileiter wurden in toto oder (seltener) in Stücke zertheilt, auf 24 Stunden in Flüssigkeit eingelegt, dann in Alkohol von 30 oder 50°), resp. 70°, je nach dem Fixirungsmittel übertragen. Falls die Fixirung mit Sublimat ge- schah, wurden dem Alkohol kleine Mengen Jodtinktur zugesetzt. Dann wurden die Stücke in Alkohol von steigender Concentra- PB Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 185 tion (50-—70-—90—95°/,), dann in Alkohol absolutus auf je 24 Stunden übertragen. Die Objekte, die in toto gefärbt und in Glycerin unter- sucht werden sollten, kehrten nun wiederum durch die Alkohole verschiedener Coneentration in Alkohol von 30°, zurück und wurden sodann in die Farbstofflösung gebracht. Aus dieser kamen sie in stark mit Wasser verdünntes Glycerin (mit oder ohne kleine Mengen eines protoplasmatischen Farbstoffes), das allmählich verdunstete und sich so eoncentrirte. Nach einigen Tagen erst sind die Präparate gut aufgehellt und können aufbe- wahrt werden. Viel mehr Schwierigkeiten bietet die Einbettung der Eier in Paraffin: Aus Alkohol absolutus kamen die Präparate in ein Gemenge von !/, Volumtheil Chloroform mit ?/, Alkohol abs., dann ?/, Chloroform, !/, Alkohol und endlich reines Chloroform. In dem Chloroform, in dem sich die vollen Eileiter befanden, liessen wir nun kleine Stückchen von Paraffın (48°C. schmelzbar) sich kalt auflösen, bis wir zu einer kalt koncertrirten Lösung von Chloroform-paraffin gelangen. Dann stellten wir die Gläser mit den Objekten in Teinperatur von ungefähr 30°C. (z. B. auf die obere Fläche des Termostates, der auf 48° regulirt war) und gaben wiederum Paraffinstickehen hinzu, bis zur Concen- tration. Dabei muss man aber beachten, dass sich das Paraffın stets mit Chloroform gut menge. Dann liessen wir die Temperatur auf 40° allmählich steigen und übertrugen die Objekte in Chloro- formparaffin ää, nach einigen Stunden bei steigender Temperatur in ein Gemenge von ?/, Paraffin und !/, Chloroform und endlich in Paraffin von 48°, dann in ein Gemenge von zwei bei 48° und 52° schmelzbaren Paraffinsorten, worauf sie eingebettet wurden. Hierbei muss man beachten, dass die Eier nicht länger als höchstens 8 Stunden der Temperatur über 35° ausgesetzt werden, sonst treten starke Schrumpfungen ein. Die grössten Schwierigkeiten bietet bei der Einbettung die harte und dicke Zona pellueida der Eier, die bei verunglückten Präparaten sich so stark zusammenzieht, dass sie eine Hohlkugel bildet. Kleine Zusammenziehungen schaden den Eiern nicht. Die eingebetteten Eier sind kleiner als die in toto in Glycerin aufbewahrten. Dies beruht einerseits auf einer sehr leichten und sehr gleich- mässigen Zusammenziehung des in Wärme eingebetteten Zell- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 13 186 K. Kostaneekı undM. Siedlecki: leibes, andererseits darauf, dass die Präparate in Glycerin leicht und auch ganz gleichmässig aufquellen. Weder die gleichmässige geringe Zusammenziehung des Zellleibes noch eine leichte Quel- lung in Glycerin beeinträchtigt jedoch den Werth des Bildes im Geringsten. Gut eingebettete Präparate kann man mit Leichtig- keit in Serienschnitte von Su zerlegen; zum Theil fertigten wir Jedoch absichtlich, um grössere Theile des Zellleibes auf einem Sehnitt zu erhalten, Schnitte von 8--10 u an. — Die mit Wasser auf dem Objektträger aufgeklebten Präparate haben wir mit verschiedenen Methoden gefärbt. Die besten Resultate für unseren Zweck gab die Färbung mit Hämatoxylin-Eisenlack nach Heiden- hain mit vorhergehender Vorfärbung mit Bordeaux. An gut vorgefärbten und sorgfältig differenzirten Bordeaux-Eisen-Häma- toxylinpräparaten war die Färbung der Uentrosomen ganz distinet spezifisch. Es nalımen, abgesehen von den Chromosomen, keine anderen Körnchen im Zellleibe die schwarze Farbe an. Zur Färbung der Protoplasmastrueturen bedienten wir uns ausser der obigen Methode noch der Ehrlich-Biondischen 3-Far- benmischung (angesäuert oder mit ein paar Tropfen Jodtinktur) oder einer schwachen Lösung von Eosin-Orange (12 Stunden), die nach vorhergehender Kernfärbung angewandt wurde. Die in toto aufbewahrten Präparate waren vornehmlich mit Böhmer-Hansen’'schem Hämatoxylin gefärbt; hierbei erzielten wir eine gute Protoplasmafärbung durch Aufbewahrung in sehr schwacher Eosin - Orange -Glycerin Lösung. Ganz vorzügliche Bilder lieferte auch die Tinktion mit „Kernschwarz“. Nicht nur das Chromatin, sondern auch die Centrosomen waren sehr schön sichtbar und auch das Protoplasma gewann einen grauen Ton, der die radiäre Anordnung des Mitoms vorzüglich hervortreten liess; ein kleiner Zusatz von Eosin-Glycerin hob dieselbe noch mehr hervor. Untersucht wurden die Präparate mit Zeiss Apochromat. Homog. Immers. 2,00 mm 1,350. Ocular 4, 6, 8; gezeichnet wurden die Schnittbilder!) mit Ocular 6, die Eier in toto mit Oeular 4 vermittelst des Zeichenapparates. 1) Unter den beigegebenen Figuren ist nur in Fig. 18—25 der Farbenton wiedergegeben, den die Bilder unter dem Mikroskop geben. In anderen Figuren dagegen wurde, um die Herstellungskosten der Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 187 Wenn wir auch die Besprechung der an Ascaris megaloce- phala gewonnenen Resultate hier vorangehen lassen, so möchten wir doch von vorne herein bemerken, dass wir nicht eine ein- gehende Beschreibung und Erörterung des ganzen Reifungs- und Befruchtungsvorganges bei Ascaris zu liefern gedenken, der ja in so vielen Arbeiten eine umfangreiche Besprechung erfahren hat, sondern wir wollen lediglich die Structur des Zellleibes und die Erörterung der diesbezüglichen gerade in der neuesten Zeit aufgeworfenen Fragen und Controversen eytologischer Natur im Auge behalten. Deswegen haben wir hier auch die betreffenden Zellstrueturen erst von dem Augenblick an näher untersucht, wo der eigentliche Befruchtungsvorgang als solcher abgeschlossen ist (vergl. darüber unten) und die gewöhnliche Mitose im befruch- teten Ei. beginnt. Dem Reifungs- und Befruchtungsprocess selbst beabsichtigen wir eventuell besondere Bemerkungen zu widmen, hier möchten wir nur hervorheben, dass der eigentliche Befruchtungsprocess, d. h. das Eindringen des Samenfadens, Wanderung desselben gegen die Eimitte, Entwickelung des protoplasmatischen Hofs und dann Lagerung desselben vor dem Spermakern im besten Einklange steht mit dem, was wir bei anderen Thieren kennen; Ja die Verhältnisse scheinen uns hier sogar in gewisser Hinsicht einen primitiveren Zustand aufzuweisen, indem der Spermakern nicht als „nackter“ Kern in die Eizelle gelangt, sondern eine starke und deutliche protoplasmatische Hülle aufweist, woraus sieh einige Eigenthümlichkeiten in den Anfangsstadien erklären. Tafeln nicht übermässig zu erhöhen, eine Farbe angewandt. In der speciellen Figurenerklärung ist bei jeder Figur die Färbung des Prä- parats angegeben, Bei der Demonstration der Präparate während der Versammlung der anatomischen Gesellschaft haben wir auch eine Reihe von dies- bezüglichen Photographien demonstrirt, die ganz ähnliche Bilder gaben, wie die Photographien v. Erlangers. Derartige Photographien sind sehr wohl im Stande, die Glaubwürdigkeit mancher Angaben und Einzelheiten der Zeichnungen zu erhöhen. Aber gerade für die Ent- scheidung der subtileren Fragen — und auf diese kommt es ja am meisten an — haben Photographien trotz allem doch nur eine be- dingte Bedeutung, da sie die feinsten fürs Auge sichtbaren Details doch nicht wiedergeben können. Wir haben daher auf Reproduktion der Photographien hier verzichtet, um die Tafelzahl nicht übermässig zu erhöhen. 188 K. Kostanecki undM. Siedlecki: Auch fernerhin erfolgt die Annäherung der Geschlechts- kerne, die unterdessen die gleiche Bläschenform angenommen haben, ganz typisch, und es tritt das Stadium ein, wo der dem Spermakern vorangehende Protoplasmahof genau die gleiche Lage zum Ei- wie zum Spermakern, die unterdessen in jeder Beziehung unter einander gleich geworden und von einander überhaupt nicht mehr zu unterscheiden sind, gewonnen hat. — Von dem Augenblick ab, wo der protoplasmatische Hof das gleiche Ver- hältniss zum Ei- wie zum Spermakern gewonnen hat, halten wir den Befruchtungsprocess als solchen für abgeschlossen!). Von dem Augenblick ab werden sich im befruchteten Ascaris - Ei Processe abspielen, die sich durch nichts von einer typischen Mitose unterscheiden. Die Grenze zwischen dem eigentlichen Befruchtungsprocess und der sich sodann im befruchteten Ei abspielenden Mitose er- scheint sogar bei Ascaris viel schärfer, als bei anderen Objekten. Es tritt nämlich nach definitiver Annäherung der Geschlechts- kerne (wobei jedoch ihre gegenseitige Lage individuell sehr ver- schieden sein kann) an dem zwischen ihnen gelegenen protoplas- matischen Hof eine Veränderung auf, die in ähnlicher Weise bei anderen Thieren beobachtet worden ist und kürzlich bei Physa fontinalis von dem einen von uns genau verfolgt wurde?). Der 1) Der eine von uns hat dies für den Befruchtungsvorgang bei der Physe näher ausgeführt. Dort erscheint der protoplasmatische Hof deutlich strahlig — diese Strahlen stammen aus dem Verbindungs- stück des Samenfadens, wachsen aber sodann auf Kosten des Proto- plasmas des Eies, das sie fortwährend assimiliren. „Durch diese Assi- milation werden schliesslich auch diejenigen Protoplamafäden (oder das Protoplasmanetz) dem Spermacentrosoma zugewendet, welche die Verbindung mit dem Kerngerüst des Eikerns herstellen, während eine solche Verbindung zwischen der Strahlung und dem Spermakern von vorne herein bestand.“ 2) Bei Physa theilt sich die Spermastrahlung sehr früh in zwei Theile, die beiden Strahlenkugeln erreichen sehr früh ihren Bestimmungs- ort, die Copulationsebene; dann erst tritt ein längeres Stadium ein, wo die Vorkerne zu mächtigen Blasen anwachsen, und während der Zeit schwinden die um die beiden Centren gruppirten Strahlensysteme, die früher mächtig den ganzen Zellleib durchsetzten, fast spurlos, so dass es nur an besonders günstig geführten und an besonders günstig ge- färbten Schnitten möglich ist, kümmerliche Ueberreste davon aufzufinden, wobei auch die früher viel bedeutenderen Centralkörper nur als kleine Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 189 protoplasmatische Hot verkleinert sich allmählich, während unter- dessen die Kerne in ihrem Inneren als Vorbereitungsstadium die charakteristischen wohlbekannten Veränderungen durchmachen. Erst gegen Ende derselben tritt der protoplasmatische Hof wieder mit voller Deutlichkeit hervor. Ebenso wie bei der Physe dürfen wir auch hier annehmen, dass, solange der protoplasmatische Hof die Aufgabe hat, das Spermacentrosoma und den Spermakern dem Eikern zu nähern, solange in ihm der thätige Zustand, die physiologische Erregung herrscht, auch die morphologische Differzirung aufs deutlichste wahrzunehmen ist. Nachdem aber der Zweck erreicht ist, tritt das Vorbereitungsstadium der Kerne ein, wo Bewegungsvorgänge im Protoplasmagerüst nicht stattfinden. Während der Zeit also, wo die Thätigkeit des Protoplasma nicht in Anspruch genommen wird, vertheilt es sich wieder im Zellleib, um dann wiederum, wenn die Kerne ihr Vorbereitungsstadium durchgemacht haben, und wenn dem Protoplasma wiederum die thätige Rolle zufällt, histologisch differenzirt hervorzutreten. Wir müssen also im Gegensatz zu van Beneden und Herla und im Anschluss an Boveri sowie Erlanger aufs bestimmteste hervorheben, dass wir den protoplasmatischen Hof, der dem Spermakern voran- geht und denjenigen, der dann zwischen den beiden Furchungs- kernen erscheint, für ein und dasselbe Gebilde, für identisch halten; mit anderen Worten, dass wir die Centrosomen der ersten Furchungsspindel, die aus dem im Inneren dieses protoplasma- tischen Hofs enthaltenen Centrosoma durch Zweitheilung ent- standen sind, vom Spermatozoon ableiten sowie die achromatische Figur der ganzen Furchungsspindel als unter dem Einfluss des Körnchen erhalten bleiben. Nachdem die Kerne ins Knäuelstadium übergegangen sind, tritt dann die Strahlung wieder mächtig hervor. Also ist zwischen dem Vorgang bei der Physe und zwischen dem ana- logen Vorgang bei Ascaris ein Unterschied nur in der Aufeinanderfolge. Bei der Physe tritt zunächst Zweitheilung der Strahlung ein, dann, nachdem der Bestimmungsort durch die Strahlencentra erreicht ist, tritt die Verkleinerung derselben ein, weil die Kerne das Vorbereitungs- stadium zur Mitose durchmachen müssen — bei Ascaris umgekehrt machen die Kerne ihr Vorbereitungsstadium durch, während der proto- plasmatische Hof noch ungetheilt ist. An dem Wesen dieses Vorganges ändert dies nichts. 190 K. Kostaneeki undM. Siedlecki: vom Samenfaden eingeführten Protoplasma entstanden auffassen!). — Wenn nun gegen Ende des Vorbereitungsstadiums der Kerne der protoplasmatische Hof, der auf Durehsehnitten rund, in Wirk- lichkeit also kugelig ist und sich allmählich im das protoplasma- tische Netz zwischen den Vacuolen des Zellleibes verliert, an Grösse und Deutlichkeit wieder zunimmt, sieht man in seiner Mitte, an Eisen-Hämatoxylinpräparaten das Centrosoma als ein ausserordentlich kleines schwarzes Körnchen (vergl. Fig. 18 u. 19). Dann tritt die Theilung des Centralkörpers ein (Fig. 1, 2). Die- selbe ruft anfangs keine besonderen Veränderungen im proto- plasmatischen Hof hervor, sobald aber die Entfernung zwischen den Centrosomen etwas bedeutender gewoıden ist, wird auch eine Zweitheilung des protoplasmatischen Hofs eingeleitet (Fig. 3, 20). Dieses Stadium, wo nur ein Centrosoma vorhanden ist, und, was damit einhergeht, nur ein dichter protoplasmatischer Hof, und die darauf erst allmählich erfolgende Zweitheilung mit allen Zwischenstufen scheint van Beneden übersehen zu haben, wenn er sagt: „Les deux spheres apparaissent simultanement. Si parfois on eroit nen avoir quune cela depend de la position relative des deux organes relativement A lobservateur.“ Die Unter- suchung der befruchteten Eier in toto mag Veranlassuung zu dieser Auffassung gegeben haben — wir glauben berechtigt zu sein, Schnittserien für viel beweisender zu halten. Wie oben hervorgehoben und wie aus einer ganzen Anzahl von Arbeiten bekannt ist, kann die definitive Lage, welche die beiden Geschlechtskerne gegen einander einnehmen, eine sehr verschiedene sein, bisweilen sehr weit von einander entfernt (Fig. 1, ebenso war es in 2, Fig. 20), können sie ein andermal sehr nahe liegen (Fig. 4, 185) und sich mit einer grösseren oder kleineren Fläche berühren (Fig. 3, 5), Ja selbst, wenn auch seltener, mit ein- ander verschmelzn, so dass ein meist hufeisenförmiger Furchungs- kern (Fig. 19) entsteht. Die Lage des protoplasmatischen Hofs den Kernen gegenüber ist eine typische, aber nur so lange der 1) Van Beneden giebt von seinen spheres attractives an: „Nous ne pouvons rien dire de certain quant A leur origine. Nous inelinons cependant en nous fondant sur certaines images ou les spheres paraissent exister au voisinage du pronucl&us femelle, encore peu eloigne du second globule polaire qu’elles deviennent, de la seconde figure pseudokaryokinetique“ — Herla lässt die Frage offen. ref in Dust Me ee er ee a un Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 191 protoplasmatische Hof eimfach ist und nur ein Centrosoma in seinem Inneren enthält. Wenn man sich die Mittelpunkte der Kerne durch eine gerade Linie verbunden denkt, und vom Centro- soma auf diese Grade ein Loth fällt, so wird die Verbindungs- linie der Kernmittelpunkte von der Senkrechten halbirt (in Fällen wie Figur 18, 19, wenn gleich grosse Theile der beiden Geschlechts- kerne im Schnitt getroffen sind, ist dieses Verhältniss besonders schön sichtbar). Sobald aber das Uentrosoma sich getheilt hat und die beiden Theilhälften ihre Wanderung beginnen, hört dieses typische Verhältniss der Centrosomen sammt den proto- plasmatischen Höfen auf eine Zeit lang auf, indem die Centro- somen in den verschiedensten Ebenen und Richtungen die Kerne umkreisen können (vergl. Fig. 1, 2, 3, 4, 5, 20). Sobald aber die Pole ihre definitive Lage eingenommen -haben, ist ihre Lage den beiden Vorkernen gegenüber, wie bereits van Beneden und Neyt, Erlanger u. a. hervorgehoben haben, eine constante. In dieser Beziehung widersprechen sich die Angaben von van Beneden und Boveri. Van Beneden, der die Attraetionssphäre stets doppelt sieht, gibt über ihre Lage den Vorkernen gegenüber an: „Ces deux spheres prennent alors une position determinde vis-a-vis des pronueleus. Elles se trouvent alors au contact immediate de ces elements, dans l’&cartement qu'ils laissent entre eux. La droite reunissant les corpuseules centraux eroise perpendieulairement celle par laquelle on peut r&unir les centres des pronucl&us“. Diese Angabe können wir nun fürs dieentrische Stadium, solange die Wanderung der beiden Pole dauert, ebenso wie Boveri, nicht bestätigen. Wenn aber Boveri angibt, „dass bis zur Auflösung der Kerne weder irgend ein morphologischer Zusammenhang, noch die geringste Spur einer Gesetzmässigkeit der gegenseitigen Lage zwischen den Kernen und der beschriebenen Struetur der Zellsubstanz besteht“, so glauben wir für das monocentrische Stadium eine solche Gesetzmässigkeit mit voller Sicherheit feststellen zu können. Von dem Augenblick, wo die beiden Uentrosomen sich von einander zu entfernen beginnen, lässt sich zwischen ihnen eine deutliche Verbindung (Centrodesmose) wahrnehmen. Dieselbe er- scheint an den mit protoplasmatischen Farbstoffen behandelten Präparaten als ein dunklerer Streifen (Fig. 1, 2), an Präparaten, an denen das Protoplasma nicht gefärbt ist, als hellerer Streifen. 192 K. Kostaneeki und M. Siedlecki: Anfangs ist dieser Streifen mehr einheitlich gebaut, auch im ganzen Verlauf mehr einheitlich breit (Fig. 1, 2), bald aber fängt er an, sich etwas auszubuchten und löst sich dabei in eine Reihe von Fäden auf, die das Bild einer typischen Centralspindel liefern (Fig. 3, 20). Die Beobachtung also, die van Beneden an Eiern in toto bezüglich der Attractionssphäre gemacht hat, „Elles sont peu eeartces Tune de l'autre au debut et parfois, sinon toujours, des fibrilles reunissent un A l’autre leurs corpuseules centraux“, können wir völlig auf Grund von Durchschnittsbildern bestätigen. Auch Boveri, der m den weiteren Stadien die Existenz von Pol zu Pol durehgängiger ununterbrochener Fasern nicht zugibt, erwähnt für die Anfangsstadien, dass in den Furchungszellen die Centrosomen „durch. ein deutliches Fädchen noch in unzweifel- hafter Verbindung stehen.“ Je mehr die beiden Controsomen sich von einander ent- fernen, desto deutlicher wird die Centralspindel und weist dabei alle Eigenschaften auf, die wir an der Centralspindel von anderen Zellen her kennen. Diese Centralspindel ist sowohl in dem befruchteten Ei in ganz typischer Form zu sehen, als auch in den analogen Stadien in den Furchungszellen (vergl. Fig. 7). Wir möchten hier hervorheben, dass die Vorgänge im proto- plasmatischen Zellleibe des bereits befruchteten Eis ganz die gleichen sind wie in den Furchungszellen, und zwar den beiden ersten Furehungszellen oder einer der späteren. Der einzige Unterschied zwischen der Mitose im befruchteten Ei und derjenigen in einer beliebigen Furchungszelle wird dadurch hervorgerufen, dass an- statt eines einheitlichen Kerns zwei Kerne vorhanden sind; dieser Unterschied kann also nur.in den Prophasen eine Modifieation des- jenigen Theils der achromatischen Figur hervorrufen, der durch die zu den Chromosomen hinziehenden Zugfasern dargestellt wird, — ein bezüglich der Mechanik u. s. w. so unbedeutender Unter- schied, dass er hier nicht stets wieder betont zu werden braucht. Und deswegen wollen wir im folgenden die Zellstrueturen im be- fruchteten Ei und in den Furchungszellen gemeinsam besprechen und unsere Behauptungen mit Bildern, die den beiden Zellenarten entnommen sind, illustriren. Auch Boveri erklärt im Anbetracht dieser völligen Uebereinstimmung, nachdem er in den Furchungs- zellen das Auseinanderweichen der ÜCentrosomen erwähnt hat: a N Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 193 „Die weitere Entwieklung ist nun so völlig identisch mit der für das Ei beschriebenen, dass eine ins Einzelne gehende Darstellung überflüssig ist.“ Muttersternstadium. Wir geben hier zunächst eine Beschreibung dieses Stadiuns, während wir die Besprechung und histologische Analyse der Zwischenstadien erst dann folgen lassen. Das Muttersternstadium bietet ein sehr verschiedenes Bild dar je nach der Methode, die zur Anfertigung des Präparats diente. Gleichgültig, welehe Fixirungsmethode auch angewandt wurde, wenn aber nur die Färbung mit Hämatoxylin-Eisenalaun vorge- nommen wurde, zeigten sich an den beiden Polen typische ein- fache schwarze Centralkörper. Ihre Grösse schwankte etwas Je nach dem Extraetionsgrade, immer aber nur in geringen Grenzen, welehe aus den Figuren zu ersehen sind. Vor allem aber hängt die Grösse der schwarz gefärbten Centrosomen davon ab, ob die Präparate mit Bordeaux vorgefärbt sind oder nicht. Wenn die Präparate ohne jede Vorfärbung mit Hämatoxylin- Eisenalaun behandelt werden, sind die Centrosomen stets grösser — offenbar färben sich geringe Theile der an das Centrosoma inserirenden Strahlen mit. Der Centralkörper erscheint einheitlich schwarz, eine weitere Struetur lässt sich m ihm nieht mehr erkennen — bei dieser Färbung nicht, was keineswegs aus- schliesst, dass andere Methoden, die eventuell weniger intensive, trotzdem aber speeifische und distinete Färbung liefern können, vielleicht in Zukunft geeignet sein können, noch genauere Structurdetails in den Centrosomen aufzudecken. Um diese Centralkörper gruppirten sich mächtige Strahlen- systeme, die ebenso wie bei jeder Mitose in drei Theile getheilt werden können: 1) in die Zug- oder Mantelfasern, die von den beiden Polkörperchen zu den Chromosomen gehen. Diese ziehen in mächtigen Zügen von beiden Seiten her zu den ge- bogenen Chromatin-Schleifen, ganze Bündel davon strahlen gegen dieselben büschelartig aus und inseriren sich an ihnen der ganzen Länge nach (Fig. 9, 10, 21, 24, 25). Je nachdem die Schleifen ge- troffen sind, gewinnen wir ein anderes Bild dieser Zugfasern. Wenn wir die Schleife in ihrer ganzen Länge ausgebreitet vor uns haben (wie z. B. Fig. 21, 24), so sehen wir einen völligen 194 K. Kostaneeki und M. Siedlecki: Strahlenfächer vom Centrosoma gegen dieselbe ziehen, wenn die Chromatinschleife dagegen so gestellt ist, dass sie mit ihrem freien Ende gegen den Beobachter zu gewendet ist und daher verkürzt gesehen wird, so haben wir geradezu ein ganzes kom- paktes Strahlenbündel, das vom Centralkörper gegen dieselbe zieht. An Präparaten, die mit protoplasmatischen Farbstoffen behandelt wurden (an Eisen- Hämatoxylinpräparaten mit Bordeaux oder Anilinblau vorgefärbt oder mit Eosin nachgefärbt, oder an Biondi- Präparaten mit Rubin gefärbt), gibt dies ein prachtvolles Bild, dessen Schönheit die nach solehen Präparaten gezeichneten Figuren kaum wiederzuspiegeln im Stande sind (Fig. 9, 10, 25). Diese Zugfasern heben sich sehr deutlich von den übrigen Strahlungen des Zellleibes ab. Dies wird durch verschiedene Um- stände hervorgerufen; zunächst dadurch, dass die einzelnen Fi- brillen dieker und mächtiger sind, als die übrigen Polstrahlen, dann dadurch, dass sie ebenso wie dies in neuerer Zeit auch für andere Zellen festgestellt wurde, in ihrer ganzen Ausdehnung mehr sleichmässig homogen sind, während die übrige Strahlung ihren mierosomalen Bau stets bis zu gewissem Grade beibehält; schliess- lich dadurch, dass sie infolge ihrer gleichmässigen Anordnung und ihrer Convergenz gegen den Centralkörper ein viel einheitlicheres und auffallenderes Totalbild liefern, was namentlich an Bildern wie Fig. 9, 10, 25 besonders auffällt '). 2) Die Centralspindelfasern. Die Existenz der- selben lässt sich nicht an jedem beliebigen Präparate beweisen, da sie meist von den mächtigen Zugfasern sowie den Polstrahlen verdeckt werden. Ihre Existenz liesse sich zunächst aus den vor- hergehenden Stadien ableiten, wo sie im befruchteten Ei, sowie in den Furchungszellen so ungemein deutlich zwischen den beiden Polkörpern sich ausspannten (Fig. 7, 8, 20), sodann aus den Stadien der Metakinese, wo sie wiederum zwischen den Chromosomen- figuren zum Vorschein kommen (Fig. 12, 13, 22, 25). Aber auch ein direkter Beweis für ihre Existenz lässt sich im Mutterstern- stadium aus günstig ausgefallenen Schnitten aufs bestimmteste er- 1) Der Stellung der Chromatinschleifen gegen den Beobachter zu glaube ich auch vor allem es zuschreiben zu müssen, wenn van Beneden sagt: „A cöte des oeufs montrant tres distinetement le fuseau achromatique, il en est d’autres oü ses limites sont si peu mar- qu6es quiil se conlond avee l’aster, dont il constitue un secteur“ Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma, 19 bringen, wie wir von Erlanger gegenüber hervorheben wollen. Wir haben nämlich zahlreiche Figuren, wo die Schnitte so ge- fallen sind, dass die Chromatinschleifen fast ganz, sowohl von unten wie oben weggesehnitten sind. Der Schnitt geht aber durch die beiden Pole hindurch und, da fast das ganze Feld zwischen den beiden Polen von Chromatinschleifen frei ist, so kann man in ihm aufs Deutlichste die Fäden der zwischen den Polkörpern ausgebreiteten Centralspindel sehen, die zum Theil mehr grade, zum Theil in Bogenform, bisweilen auch geschlängelt verlaufen. Ja, die Chromatinschleifen brauchen sogar nicht ganz wegge- schnitten zu sein, es genügt, wenn nur ein grösserer Theil der- selben entfernt ist, da man bei den Protoplasmafärbungen dann die gefärbten Fibrillen oberhalb oder unterhalb der Chromatin- schleifen bei Hebung und Senkung des Tubus aufs Genaueste verfolgen kann. Die Existenz dieser Fäden, die ununterbrochen von Pol zu Pol verlaufen, hat Boveri in seiner Ascaris-Arbeit geleugnet; van Beneden hat sie aufs Deutlichste von Anfang der Mitose an verfolgt: „Cependant toutes les fibrilles ne s’inserent pas aux anses chromatiques; un certain nombre de ces elements relient entre eux les deux eentres de la figure diecentrique. Au debut de la mitose, alors que les deux spheres attractives se trouvent d’un meme eöte du noyau, au voisinage l’une de l’autre, les centres des sphöres sont mavifestement relies entre eux par des fibrilles.“ Dasselbe gibt er für die Furchungskugeln an. Ebenso Herla: „J’ai pu de m&me facilement constater que certaines fibrilles passent direetement d’un pöle A l’autre sans s’imserir aux el&ments chro- matiques.“ 3) Die Polstrahlung. Diese geht von dem Central- körper aus und beherrscht den ganzen Zellleib. Sie ist deutlich bis an die periphere Grenzschieht des Protoplasma zu verfolgen, so dass die T'hatsache, dass die Grenzschicht der Zelle von ihr erreicht wird, hier mit grösster Sicherheit festzustellen ist. Diese Strahlen gehen nach allen Seiten aus, so dass nur der Sector der Strahlenkugel, den der vom Polkörper ausgehende, die Zug- fasern und die eine Hälfte der Centralspindel umfassende Strahlen- kegel einnimmt, von Polstrahlen frei bleibt. Diejenigen Polstrahlen, welche den Zugfasern am nächsten liegen, ziehen gegen den Aequator hin. Hier unterscheidet sich das Bild sehr, je nachdem 196 K. Kostanecki und M. Siedlecki: wir frühere oder spätere Muttersternstadien vor uns sehen. An- fangs nämlich überschreiten die von dem einen Polkörper aus- gehenden Polstrahlen beträchtlich die Aequatorialebene, so dass sie gegen die Peripherie der anderen Kugelhälfte der Zelle hin- ziehen. Ganze Bündel von Fasern sieht man sich demnach im Aequator rings herum durchschneiden und kreuzen (Fig. 9, 10, 25). Und je früher das Muttersternstadium ist, desto grösser ist der nach dem Zellinneren (also gegen die Chromatinfigur und das Centrum der Zelle zu) offene Winkel. Allmählich wird das Gebiet, in dem die Strahlen sich schneiden, immer kleiner, wobei auch der Winkel, unter dem sie sich schneiden, sich verkleinert (Fig. 24). Während der Metakinese sieht man gewöhnlich die Strahlen von beiden Seiten her im Aequator enden (Fig.12,13,14,15,22,25)}). Der Verlauf der Strahlen in weiterer Entfernung vom Pol- körper wird etwas modifizirt durch die Ansammlung von grossen Vaecuolen, die stets den Leib der Eizelle durchsetzen. Durch die stets in die Peripherie der Zelle verdrängten Vacuolen werden die Strahlen gezwungen, bisweilen einen etwas bogigen oder ge- schlängelten Verlauf zu nehmen, sie verlaufen in den mit kleinen Körnehen erfüllten Wänden der Vacuolen. Dieser Thatsache sowohl als auch dem Umstande, wie dies auf Verlauf der Proto- plasmastrahlen einwirken muss, hat der eine von uns kürzlich bei Physa fontinalis eine Besprechung gewidmet, wo ganz dieselben Verhältnisse uns entgegentreten. Das Verhalten dieser Vacuolen oder, sagen wir, hellen Kugeln, welche im Ei in eolossaler Masse zu sehen sind, ist für die Structur des Zellleibes des Ascaris-Ei von fundamentaler Bedeutung: Die Vacuolen verhalten sich ganz ebenso wie etwa grosse Deutoplasma- körner, also z. B. grosse Dotterschollen sich verhalten würden, d.h. sie liegen stets zwischen dem eigentlichen Protoplasma; — von dem Augenblicke also, wo das Protoplasma typisch radiär um den Pol, resp. um die Pole der mitotischen Figur sich ordnet, liegen die Vacuolen interradiär, und je dichter und je zahlreicher die Protoplasmafäden werden, desto weniger Platz finden sie an 1) Diesen Thatsachen, die von prineipieller Bedeutung für die Mechanik der Mitose, vor allem für die Theilung des Zellleibes sind, gedenkt der eine von uns besondere eingehendere Bemerkungen zu widmen. Hier sei die Thatsache selbst blos hervorgehoben. Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 197 der Stelle, gegen welehe die Strahlen convergiren, also um den Polkörper herum, sondern müssen gegen die Peripherie der Zelle ausweichen. Denke man sich statt der grossen Vacuolen grosse Dotterschollen, so wird ganz dasselbe typische Verhalten sich darbieten. Dadurch kommt nun aber ein ganz bedeutender Unterschied zwischen dem Theil des Zellleibes um die Centralkörper herum und dem peripheren, Vacuolen enthaltenden Theile heraus. Dieser Unterschied ist äusserst auffallend und charakteristisch — wir weisen hier einfach auf denselben hin — später werden wir diesen Thatsachen eingehendere Bemerkungen widmen müssen, da wir sehen werden, dass man auf Grund dieser Thatsachen fundamentale Begriffe für die Zellstruetur hat statuiren zu müssen geglaubt, denen wir um so weniger allgemeine Bedeutung zuschreiben können, als die dazu führenden Thatsachen Zellen entnommen sind, die infolge der Ansammlung einer grossen Menge deuto- plasmatischer Massen abweichende Bilder zu liefern scheinen, die sieh aber leicht aus allgemein gültigen Gesetzen über das Ver- halten der Deutoplasmamassen (— wir können es einfach Gesetz der interfilaren, interradiären Lage deutoplasmatischer Massen nennen) herleiten lassen. Besondere Aufmerksamkeit haben wir dem Verhalten der Strahlen in dem von Vaeuolen freien Theile des Zellleibes und hier vor allem wiederum in der unmittelbaren Umgebung der Centralkörper zugewendet. Wir sehen hier auf Schnitten einen an Strahlen äusserst reichhaltigen Kranz — (in Wirklichkeit also eine Kugel, eine förmliche Strahlensonne) — um das Centrosoma als Mittelpunkt sruppirt. Je näher dem Uentrosoma, desto dichter sind die Strahlen; erst in einiger Entfernung divergiren sie mehr und es entstehen dadurch regelmässige interradiäre Räume. In diesen interfilaren Räumen sieht man nun feine, äusserst feine Körnchen liegen, eben dieselben Körnehen, die wir oben bereits die Zwischenräume zwischen den Vacuolen zugleich mit den Fibrillen ausfüllen sahen. Ein bestimmter Bezirk im Umkreis um die Centrosomen herum, da wo die Strahlen sehr dicht bei einander liegen, bleibt nun aber auch von diesen Körnchen frei, sie finden dort, da die interfilaren Räume minimal sind, überhaupt keinen Platz und da- durch erhalten wir in unmittelbarer Umgebung um das Uentrosoma 198 K. Kostanecki und M. Siedlecki: herum einen hellen, körnehenfreien Hof. Wir sehen nun an Prä- paraten, die mit protoplasmatischen Farbstoffen gefärbt wurden (Bordeaux, Eosin, Fuchsin), diesen helleren Hof fein radiär ge- streift, die Strahlen streben alle auf das Centrosoma hin zu. Dieser hellere Hof wird noch durch einen Umstand besonders verdeut- licht: Die Protoplasmafibrillen im Ascaris-Ei, ebenso wie in den -Furchungszellen sind sehr exquisit mierosomal gebaut, die Miero- somen sind durch feinere dünne Fäden unteremander verbunden. Wie nun bei vielen anderen Zellen, so sieht man auch bei Ascaris die ersten Microsomen, die in einem bestimmten Abstand, und zwar für alle Fäden in fast genau demselben Abstand auftreten, besonders stark hervortreten. Der Abstand zwischen dem Centro- soma und dem ersten Mierosomenstratum ist bedeutend grösser, als zwischen je zwei von all den folgenden Microsomen. Dieser aus besonders starken Micerosomen gebildete Kranz (in Wirklich- keit Kugelschale) liegt gerade an der Grenze zwischen dem körnchenfreien und dem körnchenenthaltenden Theile des Zell- leibes. Das mikroskopische Bild kann hier recht verschieden aus- sehen, je nachdem die Fixirungsmethode (und die Färbungsmethode) die Strahlung weniger oder mehr verdeutlicht. Es sei hier näm- lich hervorgehoben, dass nicht alle Fixirungsmittel die Strahlung mit derselben Deutlichkeit und Schärfe hervortreten lassen. Während die Strahlung an Sublimatpräparaten zart und wenig auffällig er- scheint, heben andere Fixirungsmethoden (eine Mischung von Sublimat mit Eisessig und Alcohol, sodann von Sublimat-Alkohol, und Salpetersäure, Salpetersäure allein) die Strahlung trefflich hervor. Wenn man bei solchen Präparaten noch zudem protoplas- matische Farbstoffe angewandt hat, so wird man von der Fülle und von der Deutlichkeit der Strahlen geradezu überrascht. Kurzum ergibt sich aus dem Geschilderten, dass der een- trale, von Vacuolen freie Umkreis um die Uentrosomen herum zunächst einen helleren, radiär gestreiften, völlig körnchenlosen Hof aufweist, während er im Uebrigen ein strahliges, dabei aber noch granulirtes Aussehen haben muss; beides, Granulation und Strahlung setzt sich zwischen die Vacuolen fort. In der Strahlenkugel lassen sich noch ausserhalb des ersten, den helleren strahligen Hof umgrenzenden Microsomenstratums bestimmte eoncentrisch sich abgrenzende Bezirke, wenn auch sehr zart, unterscheiden. Die Ursache ihres Auftretens erklärt sich aus Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 199 der oben bereits hervorgehobenen Thatsache, dass die um den Centralkörper angeordneten protoplasmatischen Strahlen einen mikrosomalen Bau haben; da die Mikrosomen in regelmässigen und an allen Fäden in den gleichen Abständen liegen, so resultirt daraus das bekannte Bild der coneentrischen Kreise, ähnlich wie es von Heidenhain für Leueoeyten beschrieben wurde. Die eingehendste Betrachtung haben wir der Frage gewidmet, wie weit die Strahlen nach dem Centralkörper hin zu verfolgen sind, da wir der Feststellung dieser Thatsache angesichts der in der letzten Zeit berührten Fragen die grösste Tragweite zuschreiben mussten. Eine genaue Prüfung dünner Schnitte, an denen die Strahlung besonders gut hervortrat, führte uns zu der Erkennt- niss, dass die Strahlen direkt bis an den schwarz gefärbten Centralkörper herantreten — ein helleres Gebiet, welches etwa die Strahlenkugel von dem Centralkörper theilte, existirt nieht. Wir verweisen auf die beigefügten Figuren 1—25, die gerade in Bezug auf diesen Punkt mit besonderer Sorgfalt ausgeführt sind; man sieht in ihnen die Fibrillen der Strahlen mit der grössten Deut- lichkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Uentralkörper. Prophasen. Wir haben oben bereits die Zweitheilung des Centrosomas, die Theilung des einheitlichen Protoplasmahofs und die Entstehung der Centralspindel erwähnt. Sobald nun die Scheidung in die beiden Höfe sich vollzogen hat, kann man auch gewöhnlich sehr deutlich wahrnehmen, dass die protoplasmatischen Höfe strahlig erscheinen und dass über den protoplasmatischen Hof hinaus Strahlen hinausgehen, die zwischen die Vacuolen in der Umgebung des protoplasmatischen Hofs ihren Weg nehmen (Fig. 3, 4, 20). Ein je weiteres Stadium der Entfernung der Centren wir vor uns haben, desto deutlicher tritt die Strahlung hervor (Fig. 5, 7, 8). Und auch innerhalb des protoplasmatischen Hofes tritt die Strahlung allmählich mit immer grösserer Deutlichkeit hervor, so dass wir Strahlen und dazwischen eine körnige, interfilar, interradiär gelegene Masse unterscheiden können (Fig. 5,4,5,20). Je weiter die Entwicklung fortgeschritten ist, desto weiter tritt die Körnelung in den Hinter- grund, die strahlige Struktur dagegen in den Vordergrund, wo- bei die Strahlen nicht nur zahlreicher, sondern auch deutlicher, dieker, voluminöser, mächtiger werden. 200 K. Kostanecki undM. Siedlecki: Von den weiteren Entwicklungsstadien aus zurückbetrachtet lässt nun aber der anfangs körnig aussehende protoplasmatische Hof in den Anfangsstadien nur eine Deutung zu: es müssen in ihm enthalten sein: 1) eine Substanz, aus der die immer deut- licher hervortretenden Fäden sich histologisch herausdifferenziren und 2) die körnige Masse, die alle die gleichen Merkmale und Eigenthümlichkeiten zeigt, wie die zwischen den Vacuolen wahr- nehmbaren Körnehen, die wir also nieht anders auffassen können, als für kleine Dotterkörnehen. Diese Dotterkörnchen verdecken uns die typische Structur der rein protoplasmatischen Theile. Dass aber diese von Anfang an radiär angeordnet sind, lässt sich aus der Stellung der Dotterkörnchen erschliessen, die in Reihen con- eentrisch um die Centralkörper angeordnet sind (Fig. 18, 19). Wir glauben deshalb, dass, wenn kurze Zeit später die Strah- lung innerhalb des protoplasmatischen Hofs (oder der protoplas- matischen Höfe) auftritt, sie nur als eine Verdeutlichung der jetzt bereits vorhandenen Protoplasmastructur gedeutet werden Kann. Das stark körnige Bild aber, das uns anfangs der protoplasmatische Hof bietet, ist sicherlich auch noch darauf zurückzuführen, dass die protoplasmatischen Fäden, wie oben hervorgehoben, einen deutlichen mierosomalen Bau haben. Wie wir oben gesehen haben, ist dieser mierosomale Bau auch später, wo die Fäden während der weiteren Stadien der Mitose mehr angespannt sind und dadurch, wie dies auch für andere Zellarten bekannt ist, einen mehr einheitlichen Bau auf- weisen, doch deutlich sichtbar, — in den Anfangsphasen nun sind die Mierosomen deutlicher, die Verbindungsfäden dagegen nur äusserst schwer zu erkennen. In dieser Auffassung werden wir noch bestärkt durch Be- trachtung der Entwieklung der achromatischen Figur in den Furchungszellen. Nach erfolgter Durehschnürung des Zellleibes sieht man um dennachHeidenhain’s Methode intensiv schwarz gefärbten Centralkörper eine deutliche Strahlung, zwischen der in einem geringen Abstande vom Centralkörper die kleinen Dottermassen, in weiterer Entfernung die grossen Vacuolen interradiär zu sehen sind (Fig. 16, 25). Diese Strahlung wird allmählieh undeutlicher, ebenso, wie dies bei jeder Mitose zu geschehen pflegt; die Ansammlung der SEE Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 201 körnigen Masse in unmittelbarer Umgebung der Centrosomen und die mehr periphere Lage der grossen Vacuolen bleibt bestehen. Wenn nun der Centralkörper sich geteilt hat und die beiden Hälften sich zu entfernen beginnen, kann man hier an den Fur- chungszellen viel früher schon, als im befruchteten Ei die Strah- lung um das Centrosoma wahrnehmen (Fig. 7). Auch die höchst- wahrscheinlich durch eoncentrische Mikrosomenstrata der proto- plasmatischen Fäden hervorgerufene Erscheinung der eoncentrischen Kreise lässt sich bisweilen in frühen Stadien bereits wahrnehmen. Metakinese. Während des Stadiums des Muttersterns sahen wir sämmt- liche Theile der Strahlenfigur in voller Blüthe. Gegen Ende des- selben sahen wir die Polstrahlen, die gegen den Aequator hin ziehen, immer weniger die Aequatorialebene überschreiten, immer weniger die anderseitigen Strahlen kreuzen. Bei Beginn der Meta- kinese, wenn die Tochterelemente der Chromosomen sich etwas zu entfernen beginnen, sehen wir meist die Strahlen in der Aequa- torialebene enden (Fig. 12, 13, 14, 15,22, 25); kleine Variationen, die auf individuelle Verschiedenheiten der Schnelligkeit, mit der die Mitose verläuft, zurückgeführt werden müssen, kommen hier natürlich öfters vor (vergl. Fig.11). Sodann tritt bekanntlich weiter- hin während der Zeit, wo die Chromatintochterschleifen gegen die beiden Pole hingeführt werden, eine Einschnürung des Zell- leibes und gleichzeitig eine Dehnung desselben in der Längsachse ein (Fig. 12—15). Wenn nun vor der Zellleibseinschnürung das Stadium eintritt, wo sämmtliche nach dem Aequator hinziehende Strahlen wirklich in demselben enden, wo also der Aequator be- reits exact die beiden Zellhälften, die sich in die beiden Tochter- zellen umwandeln sollen, scheidet, haben die gegen die Aequatorial- ebene hinziehenden Strahlen nicht alle dieselbe Länge. Diejenigen, welche gegen die Peripherie des Aequatorialkreises ziehen, sind die längsten von allen, sie müssen einen längeren Weg zurück- legen, als diejenigen, welche mehr gegen das Centrum der Zelle, gegen die chromatische Figur hinziehen. Diese Strahlen sind in diesem Stadium sogar die längsten von allen Polstrahlen, sie sind im Verhältniss zu allen anderen Strahlen gedehnt. Die Deh- nung wird noch sicherlich dadurch erhöht, und weniger leicht ausgeglichen, dass gegen die Peripherie hin interfilar die mächtigen Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 14 302 K. Kostanecki und MM. Siedlecki: Vaecuolen liegen, so dass bisweilen die Strahlen in Folge dessen sogar etwas gekrümmt verlaufen. Diese Ungleichheit der Strahlen bildet sich allmählich heraus, ebenso bildet sie sich allmählich zurück. Im Augenblick der eben erfolgenden Zelleinschnürung sieht man dieses starke Strahlenbündel meist bogig nach einwärts gedrängt (Fig. 12—14). Dieser Bogen gleicht sich bald aus und allmählich gewinnen im Verlauf der Zellleibseinschnürung die „or- ganischen Radien* der beiden Tochterzellen ihre gleiche Länge wieder; die Dehnung der nach der Peripherie des Aequators hinziehenden Strahlen hört völlig auf (Fig. 15, 16, 22). In diesen Stadien haben wir nun eine Thatsache kennen gelernt, der wir eine weitgehende prinzipielle Bedeutung zu- schreiben müssen. Diese betrifft die Gestalt der Centrosomen während derselben. Während nämlich in allen vorhergehenden Stadien und im Stadium des Muttersterns die Centrosomen im mikroskopischen Bilde stets rund, also in Wirklichkeit kugelig sind, erscheinen sie unmittelbar vor der Einschnürung des Zellleibes, sodann, wenn während der Einschnürung der Verlauf der Strahlen bogenförmig sich gestaltet, länglich, und zwar in der Richtung derjenigen von ihnen ausgehenden Strahlenbündel, für die wir soeben die grösste Länge und somit den höchsten Grad der Dehnung (relativ) fest- gestellt haben. Man kann auf Schnitten, die mit Hämatoxylin- Eisenalaun behandelt sind — gleichgültig ob protoplasmatische Farbstoffe vorher oder nachher oder überhaupt nicht angewendet sind — an den Polen, an Stelle der sonst runden Centrosomen feine schwarze Striche wahrnehmen. Es hängt nur von dem Grade, bis zu welchem die Präparate in Eisenalaun differenzirt wurden, ab, ob diese schwarzen Striche etwas stärker, dicker, wie in Figur 12, 13, 14 oder schwächer, dünner ausfallen (Fig. 22, 24, 25), sie sind aber stets, auch wenn sie noch so zart und fein sind, so deutlich und charakteristisch, dass sie dem Be- obachter sofort auffallen müssen. Am lehrreichsten sind natürlich die Bilder, wo das Protoplasma (mit Bordeaux, Eosin, Fuchsin u. s. w.) gefärbt ist, weil dann in der That die Centrosomen allein gefärbt erscheinen; bei Präparaten, die nicht vorgefärbt sind, erscheinen die Striche stets dieker und grösser, was wir darauf zurückführen zu müssen glauben, dass die eentralen Theile der an das Centro- soma inserirenden Radien den Farbstoff festhalten; dadurch er- Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 203 scheinen diese Stäbe (im mikroskopischen Bilde!) sogar bisweilen nach der einen oder anderen Richtung wie etwas verbogen, was an Präparaten, die mit protoplasmatischen Farbstoffen vorbe- handelt waren, nicht vorkommt. Diese Formveränderung der Uen- tralkörper in diesem Stadium ist nicht etwa eine zufällige oder nur ab und zu wahrnehmbare Erscheinung, sondern sie tritt ganz regelmässig, fast ausnahmslos während der Metakinese auf, so- wohl im befruchteten Ei, als auch in den Furchungszellen. Diese Abplattung der Centralkörper ist weiterhin in diesem Stadium stets wahrzunehmen, gleichgültig wie der Schnitt gefallen sein mag; wenn man sich also aus den Schnitten das wirkliche Bild reconstruirt, gelangt man zu der Vorstellung, dass die Central- körper in diesem Stadium die Form von platten, rundlichen Scheiben haben müssen, und zwar gewinnt man den Eindruck, dass die Centrosomen zu diesen Plättehen von runder Scheiben- form durch den Zug der rings herum im Kreise an sie heran- tretenden Strahlen, und zwar derjenigen, welche im Verhältniss zu anderen Polstrahlen gedehnt sind, ausgezogen wurden. Während wir uns weitergehende Schlussfolgerungen, die uns diese Formveränderung der Centrosomen in diesem Stadium zu machen erlaubt, oder zu denen sie uns vielmehr zwingt, für einen besonderen Abschnitt vorbehalten, wollen wir hier auf die Figuren, welche eine kleine Auswahl von Tausenden solcher Fälle bieten, hinweisen (Fig. 12—14, 22, 24, 25). Sobald die Einschnürung des Zellleibes weiter fortgeschritten ist, sobald sich nach und nach die anfängliche Aequatorialebene zu dem, die periphere Zone der Tochterzellen vervollständigenden Kugelab- schnitt, der die Abplattung bisweilen längere Zeit behalten kann, umgewandelt hat, hört — wie erwähnt — die Dehnung der seitlichen Polstrahlen und der eventuelle bogige Verlauf derselben auf; durch Verschiebungen in diesem neuentstehenden Theile der Zelloberfläche wird ihr peripherer Insertionspunkt derartig verlegt, dass sie dadurch wiederum geradlinig verlaufen. Sobald dies geschehen ist, hört aber auch die Abplattung der Üentro- somen sofort auf, sie kehren zu ihrer runden, dem nunmehr von allen Seiten gleichmässig auf sie einwirkenden Zug der contrae- tilen Protoplasmafäden entsprechenden Gestalt zurück (Fig. 15), so dass im Stadium, wo die beiden Tochterzellen sich völlig abgeschnürt haben, die Centrosomen niemals anders im mikro- 204 K. Kostanecki und M. Siedleeki: skopischen Bilde, als typisch rund (also in Wirklichkeit kugelig) erscheinen (Fig. 16, 23). Natürlich kann man bei Durch- musterung der Tausende von Bildern ähnlicher Art, die uns vor- lagen, leicht zwischen der anfänglich runden Form und zwischen dem Maximum der Abplattung zu ganz unglaublich dünnen Scheibehen (vergl. Fig. 22), dann wiederum der Wiederkehr zur runden Form, alle möglichen Zwischenstufen in der Form der Centralkörper finden, die aber stets dem auch histologisch wahr- nehmbaren Dehnungsgrade der betreffenden Strahlenbündel ent- spricht. Während der Metakinese sieht man zwischen den sich von einander entfernenden Chromatinfiguren eontinuirliche, im Aequator ununterbrochene Fäden (Fig. 12, 15, 25) zum Vorschein kommen. Wir halten sie für die Fäden der Centralspindel, der wir oben bereits einige Bemerkungen gewidmet haben. Dass diese Ver- bindungsfäden etwa aus dem Linin der Chromatinschleifen aus- gesponnen werden, wie es gerade für Ascaris von van Beneden!), Boveri, Herla beschrieben wurde (filaments de r&union, Ver- bindungsfäden), müssen wir mit Bestimmtheit in Abrede stellen. Die Prüfung dünner Sehnitte beweist uns, dass sie davon völlig unabhängig sind, wir haben hier vielmehr ein typisches Ver- halten der Centralspindel, wie es aus zahlreichen Untersuchungen an anderen Zellen bekannt ist. Auch die weiteren Schicksale dieses Theils der Central- spindel sind die gleichen: sie wird in der Mitte des Zellleibes in ein dünnes Bündel zusammengefasst (Fig. 23); in dieser ein- geschnürten Stelle kommt es, wie wir v. Erlanger gegenüber hervorheben wollen, durch Verdiekung der Centralspindelfasern im Aequator zur Entwicklung eines, wenn auch wenig deutlich ausgeprägten Zwischenkörpers, der erst schwindet, als sich zwischen den Tochterzellen eine für die Furchungszellen des Ascaris-Eies sehr charakteristische Zwischenhöhle zu bilden an- 1) Van Beneden meint: „il s’agit d’un stroma achromatique abandonn& par la chromatine“. Herla: „Nous sommes fort tente de leur attribuer comme van Beneden une origine nucldaire et meme chromosomique si l’on peut ainsi s’exprimer.“ Aehnlich Boveri, nur mit dem Unterschied, dass er nach seinen Präparaten sogar „diese Verbindung nicht allein zwischen den Schleifenenden, sondern zwischen allen Abschnitten je zweier Schleifen“ annimmt. Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 205 fängt (schr deutlich in Fig. 24, 25 zwischen den Furchungszellen zu sehen), einer Zwischenhöhle, die noch typischer bei anderen Thiergruppen, z. B. Mollusken, entwickelt ist und die bei Ascaris bisher wenig Beachtung gefunden hat; sie wurde von van Bene- den zuerst gesehen, hat aber eine — unser Auffassung nach — nicht genügende Deutung als „un el&ment nouveau“, das er „lentille &quatoriale“ nennt, erfahren. — Die Thatsache, die Herla erwähnt „La lentille equatoriale se laisse distinguer dans ces preparations par son homogeneite, mais ne fixe aucun des colorants dont je me suis servi“, erklärt sich eben daraus, dass sie eine Höhle ist, deren flüssiger Inhalt durch die einwirkenden Reagentien, dann durch das Medium, in dem die Zellen unter- sucht werden, also Glycerin oder Balsam einfach verdrängt wird und deshalb niemals an Präparaten besonders sichtbar sein kann. Erlanger deutet das Gebilde richtig als einen Hohl- raum zwischen den Blastomeren. ' Nach erfolgter Durchschnürung des Zellleibes und Ab- schnürung der beiden Tochterzellen (wiederum gleichgültig, ob es sich um die Tochterzellen der Eizelle oder einer der Furchungs- kugeln handelt) wird, wie nach jeder mitotischen Theilung, die Strahlung allmählich schwächer; zunächst verwischt sich aber ganz stufenweise der periphere Theil, der zwischen den Vacuolen sich erstreckte, dann allmählich die auf den Centralkörper gerich- teten Fadenenden. Während die Fäden hier almählich schwächer werden, erscheint eine immer grössere Zahl von körnigen Ele- menten, die wir wiederum als die „anschwellenden“ Microsomen der Protoplasmafäden sowie die vorhin schon wahrnehmbaren kleinen Deutoplasmakörnchen ansprechen müssen. Der Gegen- satz zwischen dem peripheren Haupttheil des Zellleibes, der vorwiegend von grossen Vacuolen erfüllt ist, und zwischen dem kleinen, nur von kleinen Deutoplasmakörnchen erfüllten proto- plasmatischen Hof bleibt aber bestehen, selbst dann noch, als die Tochterkerne soweit umgeändert sind, dass sie die Form der „ruhenden“ Kerne angenommen haben. Mit einem Wort: wir haben das Bild, das vollkommen demjenigen gleicht, das wir be- reits als Ausgangspunkt für die Entstehung der zweipoligen, achromatischen Figur kennen gelernt und analysirt haben. Es tritt hier also ganz dasselbe ein, was nach jeder Mitose (also auch bei befruchteten Eiern) stets eintritt: Das Strahlen- 206 K. Kostaneeki und M. Siedlecki: system wird undeutlich und das Mitom kehrt zu seiner für ruhende Zellen charakteristischen Structur zurück, wo es schwer zu entscheiden ist, ob die mikrosomalen Fäden ihre Selbstständig- keit bewahren oder in netzförmiger Anordnung unter einander in Verbindung treten. II. Allgemeiner Theil. Wir haben im Vorhergehenden ans nur auf die Schilderung der thatsächlichen Befunde, die wir unseren Präparaten ent- nehmen konnten, beschränkt, wir haben eingehendere Discussion derselben und eine eingehendere Erörterung der diesbezüglichen in der eytologischen Literatur herrschenden Controversen absicht- lich vermieden. Gesetzt den Fall, dass die genauere Zellstructur im be- {ruchteten Ei und in den Furchungszellen von Ascaris "megaloce- phala bisher noch nicht genauer geprüft worden wäre, so könnten wir uns auf Grund der im Vorhergehenden beschriebenen Bilder darauf beschränken, die grosse Uebereinstimmung, welche zwischen unseren Beobachtungen und den bei anderen Zellen während der Mitose beschriebenen Bildern herrscht, hervorzuheben. Wir könnten geradezu die mitotischen Figuren von Ascaris als ein ausgezeichnetes, klassisches Objekt hinstellen, das wenige seinesgleichen haben dürfte, falls es darauf ankommt, abgesehen von den Chromosomen noch die Polkörperchen, die Zugfasern- kegel, die Centralspindel in allen ihren Stadien und vor allem die Polstrahlung in mächtiger Entwicklung sowie das Verhält- niss der Deutoplasmamassen zu derselben in typischer Form zu sehen. Doch ebenso sehr, wie sich unsere Beobachtungen den in letzter Zeit für andere Zellen beschriebenen Bildern nähern, weichen sie in einigen Punkten von den Beschreibungen ab, die in der Literatur zum Theil für Ascaris megalocephala vorliegen; nimmt ja doch Ascaris megalocephala in der eytologischen Lite- ratur bisher gewissermaassen eine Sonderstellung ein. Von den zahlreichen Arbeiten, welche unser Objekt be- treffen, beschäftigen sich die meisten entweder mehr mit Pro- blemen, die unter den speciellen Begriff der Befruchtung fallen (Annäherung, Lage der Geschlechtskerne etc.) oder aber sie w 0) e >) ler) Fig. K. Kostanecki und M. Siedlecki: 14. Alcohol abs. Subl. Eisessig. Eisen-Hämatoxylin. Eine von den drei ersten Furchungskugeln. . 15. Alc. abs. Subl. Eisessig. Bordeaux-Eisen-Hämatoxylin. Eine von den drei ersten Furchungskugeln. 16. Ale. abs. Sublim. Eisessig. Fisen-Hämatoxylin. Stadium von vier Furchungskugeln. 17. Ale. abs. Sublimat. Eisessig. Eisen - Hämatoxylin. Stadium von vier Furchungskugeln. Drei Furchungskugeln so ange- schnitten, dass nur ihre Polkörper nebst Strahlung zu sehen sind. 18—25. Alec. abs. Sublimat. Eisessig. Bordeaux-Eisen-Hämatoxylin. In den Zeichnungen sind die einzelnen Theile in der Farbe wiedergegeben, in welcher sie im mikroskopischen Bilde er- schienen. 18. Befruchtetes Ei mit einfachem protoplasmatischen Hof und einfachem Centralkörper. 19. Befruchtetes Ei. Die beiden Geschlechtskerne zu einem ge- meinsamen Furchungskerne verschmolzen. . 20, 21 und 22, Befruchtete Eier. . 23. Die beiden ersten Furchungskugeln. ‚. 24. Die beiden ersten Furchungskugeln. . 25. Die beiden ersten Furchungskugeln. . 26, 27, 28, 29, 30, 31. Nach Eiern in toto gezeichnet. Sublimat. Böhmersches Hämatoxylin. Glycerin. Zeiss. Homog. Immers. 2,00, 1,30. Oc. 4. . 32, 33, 34, 35. Ascaris megalocephala. Nach Eiern in toto ge- zeichnet. Alcoh. abs. Sublim. Eisessig. Böhmersches Hämatox. Glycerin. Zeiss. Apochr. homog. Immers. 2,00, 1,00. Oe. 4. .. 36—47. Physa fontinalis. Schnittpräparate. Salpetersäure. Eisen- Hämatoxylin. Entworfen mit Seibert. Apochrom. homog. Immersion 2,00—1,30. Oc. 4. Die Details untersucht mit Zeiss Apochr. homog. Immers. 2,00— 1,30. Oe. 4 und 6. . 36. Befruchtetes Ei. Die zum inneren Pol der zweiten Richtungs- spindel zugehörige Strahlung mit Mikrosphäre und Central- körper. Die Strahlen deutlich mikrosomal. '. 37. Befruchtetes Ei. Die zum inneren Pol der zweiten Richtungs- spindel zugehörige Strahlung mit Mikrosphäre und Central- körper. . 38a. Befruchtetes Ei. Die zum inneren Pol der zweiten Richtungs- spindel zugehörige Strahlung mit Mikrosphäre und Central- körper. Die Strahlen verlaufen zum Theil gebogen. 3Sb. Ein Stück desselben Präparats unter stärkerer Vergrösserung. (Zeiss Apochr. homog. Immers. 2,00—1,30. Oecul. 8). '. 39. Befruchtetes Ei. Die zum inneren Pol der ersten Richtungs- spindel zugehörige Strahlung mit Mikrosphäre und zwei Centrosomen. Ausserdem die Chromosomen des betreffenden Diasters. Ueber das Verhältniss der Centrosomen zum Protoplasma. 273 Fig. 40. Fig. .41. Fig. 47. Reeonstructionsbild. Befruchtetes Ei mit erstem Richtungs- körper, zweiter Richtungsspindel im Muttersternstadium. Am inneren Pol Mikrosphäre, die einfache Spermastrahlung vom Spermakern entfernt. Reeonstructionsbild. Befruchtetes Ei mit erstem Richtungs- körper, zweiter Richtungsspindel (die Chromosomen im Mutter- sternstadium nicht eingezeichnet). An beiden Polen Mikro- sphäre, Spermastrahlung mit zwei Centrosomen, welche durch eine minimale Centralspindel verbunden sind. Die Strahlen der Richtungsspindel sowie der Spermastrahlen sind deutlich mikrosomal. . Befruchtetes Ei. Reconstructionsbild. Erste Richtungsspindel. Die Spermastrahlung weit vom Spermakern entfernt. Zwei Centrosomen mit deutlicher Centralspindel. . Befruchtetes Ei. Nach einem Schnitt gezeichnet. Oben innerer Pol der zweiten Richtungsspindel mit Mikrosphäre um den Centralkörper. Unten Spermastrahlung mit einfachem Central- körper. Reconstructionsbild. Befruchtetes Ei. Die beiden Geschlechts- kerne berühren sich. Doppelte Strahlung. Befruchtetes Ei. Nach einem Schnitt gezeichnet. Spermakern mit dem einen Pol der doppelten Strahlung. . Nach einem Sehnitt gezeichnet. Die beiden Geschlechtskerne berühren sich. In der Kopulationsebene zu beiden Seiten der Geschlechtskerne minimale Strahlung mit winzigen Cen- tralkörpern. Oben zwei Richtungskörper. Fünf Furchungskugeln von Physa fontinalis im Blastulastadium. Böhmer’sches Hämotoxylin. In den drei grösseren Zellen neben dem Kern Strahlung, in der mittleren Zelle einfach, in den beiden seitlichen doppelt. Fig. 48 und 49. Leukocyten aus der Iymphatischen Randschicht der Leber von Salamandra maculosa. Sublimat mit Salpetersäure. Bordeaux-Eisen-Hämatox. Zeiss. Apochr. homog. Inmmers. 2,00, 1,30. Entworfen mit Ocular 12. Untersucht mit Ocular 6. . Leukocyt aus der Milz von Proteus. Sublimat mit Salpeter- säure. Bordeaux-Eisen-Hämatox. Zeiss. Apochr. homog. Im- mers. 2,00, 1,30. Entworfen mit Ocular 12. Untersucht mit Oecular 6. (Aus dem I. anatomischen Institut (Prof. Waldeyer) zu Berlin.) Einige Bemerkungen über die Neuroglia und Neurogliafärbung. Von Dr. Bernhard Pollack. Als im November 1895 Carl Weigert’s Werk über die Neuroglia!) erschien, war es klar, dass dasselbe allseitig die grösste Aufmerksamkeit erregen musste, nicht allen wegen des Namens des Autors, nicht allein wegen des Umstandes, dass es bekannt war, mit welch’ heissem Bemühen Weigert sieben lange Jahre allein der einen Aufgabe gewidmet, sondern haupt- sächlich deshalb, weil die Neuroglia ein Schmerzenskind der Anatomen und Neurologen darstellte, über dessen Bau, Wesen und Funktion positiv befriedigende Ergebnisse bisher nicht ge- zeitigt worden waren. Dass viele Interessenten nunmehr an der Hand der Wei- gert schen Ergebnisse in eine Prüfung der so interessanten Frage eintraten, war nur natürlich, was indessen verwunderlich erschei- nen kann, ist der Uıinstand, dass nach mehr als °/, Jahren noch keine weitere Arbeit, die an Weigert anschliesst, publieirt worden ist. Für dieses in unserer so schnell publieirenden Epoche gewiss bemerkenswerthe Factum sind wohl aber gewichtige Gründe nicht allzu schwer zu finden. Die Vorbedingung zur An- wendung der Färbungsmethode: das menschliche Material, ist stets nur unter besonders günstigen Umständen frisch zu erhalten, und nur an ganz frischem Material ist ein guter Erfolg zu er- zielen; 16 Stunden post mortem dürfte die Grenze für die Erreiech- 1) Beiträge zur Kenntniss der normalen menschlichen Neuroglia von Prof. Dr. C. Weigert. Frankfurt a. M. In Commission bei M. Diesterweg. Einige Bemerkungen über die Neuroglia und Neurogliafärbung. 275 barkeit guter Färbungsresultate sein; diese Empfindlichkeit der normalen Neuroglia ist uns bereits mehr oder minder seit Virehow’’s Entdeckung bekannt. Für das Nervensystem der Thiere, welehe man zu Experimenten benutzen könnte, ist die Methode noch nicht gut anwendbar, hauptsächlich jedoch dürfte es noch die Schwierigkeit der „der mathematischen Sicherheit“ noch entbehrenden Methode sein, welche in Betracht kommt, und in der That werden wohl darin die Ansichten überein- stimmen, dass es in der Färbetechnik wenig andere, ebenso schwere Methoden gibt. Hat man nun bei jeder einzelnen der vielen Etappen reich- lich Gelegenheit zu straucheln, so erscheint es andererseits um so bewunderungswerther, wie Weigert seine Methode in ihrer grossen Complieirtheit Schritt für Schritt durch zielbewussteste Experimente und Ueberlegungen unabhängig eigentlich vom glücklichen Zufall abgerungen und combinirt hat. Nachdem nun Weigert lange Jahre an seine Arbeit verwandte, darf er wohl auch verlangen, dass jüngere Kräfte wenigstens wochen- oder monatelang sich um die Nachprüfung, um Aneignung der Tech- nik bemühten, und wer sich nicht durch die anfangs wohl jedem beschiedenen Misserfolge, die hier besonders viele Ursachen haben können, abschrecken liess, erzielte wohl auch endlich doch Resultate und Bilder, welche den schönen Zeiehnungen beinahe gleichen, die das Werk von des Autors eigner Hand sehmücken. Für jede Färbung des Nervensystems muss man ja besondere Studien machen; aber es gewährte mir auch Freude, im Laufe von Wochen und Monaten allmählich immer mehr und mehr meine Präparate sich vervollkommnen zu sehen. Die nicht genug zu schätzende Bedeutung der neuen Me- thode liegt meiner Ansicht nach darin, dass sie für die Patho- logie gesucht und gefunden wurde. Dies ist nach mehreren Richtungen hin bedeutsam; denn erstens erweitern wir dadurch unsere Kenntniss und Erkenntniss des Wesens der betreffenden pathologischen Vorgänge, von denen wir bisher entweder sehr mangelhafte oder (nach Weigert’s Ergebnissen) falsche Vor- stellungen hatten. Zweitens ergänzen wir an der Hand patho- logischer Befunde auch die Kenntniss der normalen Gestaltung und Anordnung. Drittens vermehren wir unsere Kenntniss der physiologischen Bedeutung und Viertens erweist sich die W ei- 276 Bernhard Pollaeck: gert’'sche Methode sicherer und zuverlässiger gerade dort, wo es sich um die Darstellung pathologisch vermehrter Substanz handelt. Zu Punkt II eine Erklärung: Was normaler Weise vor- handen ist oder vorhanden sein soll, das vermögen wir dann am sichersten zu controlliren, wenn wir die Figuration bei krank- haften Processen mit den als regulär betrachteten eompariren. Eine einseitig rein anatomische Prüfung führt nur zu oft zu Ergebnissen, welehe durchaus nicht der Wahrheit zu entsprechen brauchen; es wäre ja merkwürdig, wenn z. B. ein Anatom er- klären wollte, dass ihn das Leid der Physiologen und Pathologen nicht rühre, welche eben eine andere Figuration annehmen mussten als er sie nachweise, und dass der Kliniker sich einfach mit den rein normal-anatomischen Befunden abfinden müsse, Da haben denn manche Färbungsmethoden gründlich Wandel ge- schaffen, und gerade erst durch gewisse Postulate der Pathologen und Kliniker, welche sich als logisch und nothwendig ergaben, gelangte man zu richtigerer Kenntniss der normalen Architeetonik. Es genügt wohl hier nur beispielsweise daran zu erinnern, welche neuen Aufschlüsse unser Wissen bei dem Centralnervensystem der für pathologische Veränderungen so unvergleichlich wichtigen, elassischen Weigert’schen Markscheidenfärbung und der Marchi’schen Methode verdankt. Und wenn beispielsweise der Ophthalmologe und Physiologe für den Nervus optieus ungekreuzte Fasern und sogar Bündel supponiren muss, so wird die normale Anatomie mit ihren nega- tiven Befunden dies auf Grund der bisherigen Methoden nicht mit Sicherheit abstreiten dürfen. Ein ferneres wichtiges Moment der Weigert’schen Neu- rogliafärbung liegt nun darin, dass sie inelectiver Weise färbt und dasjenige, worauf es ankommt, positiv darstellt, zwei Punkte, welche bei so vielen anderen Tinetionen nicht erfüllt werden. Durch diese Eigenschaften nun steht die Methode in wohl- thuendem Gegensatz zu der sonst so vorzüglichen Golgi-Cajal'- schen, aber auch noch durch andere, die Färbung wie die Er- gebnisse betreffende. Golgi’s Methode ist bislang nur für Thiere und haupt- sächlich embryonales Gewebe, — Weigert’s für den Menschen an- wendbar. Einige Bemerkungen über die Neuroglia und Neurogliafärbung. 277 Golgi färbt nur emige Zellen, — Weigert alle Kerne und Fasern. Golgi stellt nur die Form und Verzweigung mittelst seiner Deekfarbe dar und ergibt durch letztere eine Silhouette, ein ver- srössertes Trugbild, — Weigert zeigt die natürliche Form und Grösse und auch den Inhalt des Kernes. Golgi unterscheidet nur Zellen mit Fortsätzen, — Weigert weist den Zellleib resp. -Kern als völlig differenzirt von dem Hauptbestandtheil, den Fasern, nach. Golgi färbt ausser der Neuroglia auch das nervöse Ge- webe, Weigert nur die Neuroglia (wenigstens in der be- treffenden Farbe), und hieraus erklärt sich auch die Folgerung, dass Golgi-Cajal wie die meisten Anatomen der Neuroglia eine nervöse Function zuschreibt, während Weigert dies (wie Ran- vier) absolut leugnet. Dieser letztere Punkt der Funetion und Bedeutung ist nun wohl derjenige, um den sich die Hauptfrage: „nervös“ oder „nieht nervös“, dreht. Was freilich Weigert zur Stütze seiner Ansicht beibringt, scheint so schlagend und zwingend, dass es wenigstens durch die Gegenbeweise oder richtiger Hypo- thesen Ramön y Cajal’s!) nicht erschüttert werden kann. Weigert und mit ihm viele Pathologen fassen die Neuroglia als eine „Stützsubstanz“ auf; nach der Anhäufung um den Central- canal und peripher unter der Pia mater der Medulla spinalis, also an zwei innen resp. aussen frei liegenden Stellen kann man auch an eine Schutzvorrichtung denken. Cajalnun, welcher energisch für die activ nervöse Function seiner „Neuroglia- zellen“ eintritt, äusserst sich dahin, dass er es als „trivial* und „unnütz“ bezeichnen müsse, der Neuroglia die Rolle einer Stütz- substanz zu vindieiren. Was aber setzt er dafür ein? Er trennt zu- nächst die Glia der weissen von der grauen Substanz ab und sagt dann, dass er sich die Neuroglia der grauen Substanz als einen „Isolir- und Schaltapparat der Nervenströme“ vorstelle. Diese „Nerven- ströme* müssen wir doch wohl in „leitenden Fasern“, also den Axencylindern, annehmen. Werfen wir nun einen Blick auf Cajal’s Hypothese, welche selbst kaum im ersten Momente etwas Blen- dendes oder Electrisirendes haben kann. 1) Ramön y Cajal im Archiv f. Anat. u. Physiol. 1895 p. 374 ff, 978 BernhardPollack: Wenn ich die Bezeichnung „Isolirapparat für Nervenströme‘“‘ richtig verstehe, so. stellt sich Cajal das etwa so vor, wie in einer eleetrischen Leitung die Leitungsdrähte (Axencylinder) um- geben sind von Isolirdrähten (Neuroglia). (Von den Markscheiden wollen wir hier ganz absehen.) Er nimmt also einen physiolo- gischen Causalnexus, bestimmte Beziehungen zwischen beiden an. Stellen wir uns nun vor: Axeneylinder sind zu Grunde ge- gangen, also ihre „Leitung“ wäre geschwunden, sie sind ausser Action gesetzt und daher der Atrophie verfallen: dann braucht auch nichts zu existiren, was eine gar nicht mehr bestehende Leitung isolirte, die Neuroglia hätte danach ihre Berechtigung verloren, müsste nun nach dem Grundgesetz der Pathologie, dass Unthätigkeit=Tod ist, auch schwinden. Was jedoch geschieht in Wirkliehkeit? Die Nervenmasse ist geschwunden, aber die Neuro- glia wuchert und zwar raumausfüllend in der Richtung der Fasern, welche verloren gegangen sind; das dürfte niemals der Fall sein, wenn durch den Tod der Nervenfasern auch der „active Isolir- apparat“ seine Berechtigung eingebüsst hätte. Auch die Frage, ob die Neuroglia ein nervöses oder nicht nervöses Gewebe sei, scheint hiermit gelöst; denn hat man sonst je gehört, dass ver- loren gegangenes, nervöses Gewebe des Centralnervensystems er- setzt wurde durch ein histogenetisch verschiedenes und funetionell auch activ nervöses ? Das Weigert'sche Gesetz, dass wenn eine Nervenzelle oder -faser von einer Noxe getroffen wird und regressive Verände- rungen erleidet, dann die umgebende Glia progressive Alteration erfährt, scheint nunmehr unanfechtbar und sichergestellt, und dieses Gesetz verdanken wir der Methode der Neurogliafärbung. Was diese Färbung selbst betrifft, so ist es sehr wichtig, alle Proceduren möglichst ohne Unterbrechung und genau in vorgeschriebener Weise zu machen: die Logik der einzelnen Färbungsphasen ist eine bewundernswerthe und je mehr man herum experimentirt, desto schlechter werden die Resultate; warnen möchte ich besonders davor, die Schnitte in Alcohol zu legen, denn die Färbung der so ausserordentlich empfindliehen Neuro- glia misslingt dadurch fast völlig. Dass das Material möglichst frisch sein muss, ist, wie schon oben bemerkt, hier noch mehr als bei anderen Methoden geboten. Eine Merkwürdigkeit freilich, welehe mir auffiel, sei hier erwähnt. Ich war in der Lage, u. A. Einige Bemerkungen über die Neuroglia und Neurogliafärbung. 279 auch überlebendes menschliches Material zu benutzen, nämlich resecirte Optieusstücke, welche ich Herrn Geh. Ratlı Schweigger verdanke. Ich habe an diesem ganz frischen Material, welches im Moment seiner Gewinnung direet in Formol resp. die Kupfer- ehromalaunessigsäure-Lösung kam, bisher keine irgendwie brauch- bare Färbung erzielen können. Hierfür vermag ich noch keine beweisenden Gründe beizubringen und ich behalte mir vor, dies nach noch weiteren Nachprüfungen zu thun. Ueber den Werth und die bisherigen Grenzen der Methode ist bereits das kritischste Urtheil gefällt: von Weigert selbst, welcher mit klarster Selbstkritik eigentlich schon alles gesagt hat, was sich dabei sagen lässt. In einem kleinen Punkte aber möchte ich noch etwas erwähnen. Bei einem Falle von Syringo- myelie versuchte ich die Neurogliamethode, nachdem das Rücken- mark bereits fast 5 Jahre in 2°/, Kal. biehrom. Fixirung verweilt; trotz dieser unvorschriftsmässigen Vorbehandlung wurde eine schöne Darstellung der in den zerstörten Goll'schen Strängen sewucherten Glia erzielt (die proliferirten Gliafasern stellten sich auf dem Querschnitt als Punkte dar und von Gliakernen war so gut wie nichts zu sehen); diese hier noch erzielte Färbung deutet vielleicht darauf hin, dass die „pathologische“ Neuroglia weit widerstandsfähiger und leichter färbbar ist, als die normale. Freilich kommt ein wesentlicher Factor hinzu, das ist die massen- hafte Anhäufung der Faserbündel, und wir wissen ja, dass die Fär- bung um so leichter gelingt, je grösser die Anzahl der zusammen- liegenden, zu färbenden Elemente ist — ein neuer Beweis für den Werth dieser „pathologischen“ Färbung. Erwähnt sei endlich noch, dass ich in einem Falle von Kachexie bei einem alten Manne eine sehr starke Vermehrung der Neuroglia in den ganzen Hintersträngen beobachtete. Dass im Uebrigen das eine oder andere noch vollkommener in der Methode werden dürfte, z. B. die Sicherheit der Tinetion und ihre Haltbarkeit, ist richtig; nach meinen bisherigen Erfahrungen will es mir aber scheinen, als ob die Anwendung einer „doppelten Methode“ (nach dem Vorgange Cajal’s bei der Golgi’schen Me- thode) hier Abhülfe schaffe; die normalen Präparate, welche ich nach dem. Schneiden ein zweites Mal auf 2—3 Tage in die Kupferchromalaun-Flüssigkeit gebracht und dann erst redueirt hatte, sind wenigstens meine besten, und sie haben sich auch noch 980 Bernhard Pollack: Einige Bemerkungen über die Neuroglia etc. jetzt nach 5 Monaten gut gehalten. Auch dient ein doppeltes Färben zur Vervollkommnung der Resultate ebenso, wie es Weigert schon selbst bei seiner von ihm modifieirten Markschei- denfärbung angegeben. Angesichts des Umstandes aber, dass wir des Thierexperi- mentes nicht entrathen können, da wir ja am Menschen keine Versuche mit experimenteller Degeneration anstellen können, er- scheint mir die Anwendbarkeit auf das thierische Nervensystem als das nächste Postulat dieser hochbedeutsamen Methode. Berlin, den 20. Juli 1896. (Aus dem II. anatomischen Institut zu Berlin.) Die interstitiellen Zellen des Hodens und ihre physiologische Bedeutung. Von Julius Plato. Hierzu Tafel XI. Angeregt durch ein Präparat vom Testikel des Ebers, wel- ches ich der Güte des Herrn Proseetor Dr. Martin Heiden- hain, Privatdocenten zu Würzburg, verdankte, entschloss ich mich im Wintersemester 1894—95 zu dem Versuche, die Frage nach der Bedeutung der unter den widersprechendsten Angaben in der Litteratur und den Lehrbüchern behandelten sog. Zwischen- substanz mit Hülfe neuerer Methoden der Entscheidung näher zu bringen. — Mit den ersten Vorarbeiten beschäftigt, wurde ich durch äussere Umstände an der Fortsetzung meiner Studien verhindert, die ich erst ein Jahr später, um Weihnachten 95, im II. anatomischen Institute zu Berlin wieder aufnehmen konnte. Julius Plato: Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 281 Meiner ursprünglichen Absicht entsprechend, verschaffte ich mir aus dem hiesigen Centralviehhofe unter allen Vorsichtsmaass- regeln Schweineembryonen aus allen Entwicklungsstadien. Allein so leicht dieses Material zu beschaffen war, so wenig entsprach es den Anforderungen an Frische, die ich in Anbetracht meines Arbeitsplanes, der mir die Perspektive auf cellularhistologische Studien eröffnete, an dasselbe stellen musste. — So wählte ich denn ein schwieriger zu beschaffendes, aber genauer kontrollir- bares Material, den Testikel des Katers, der hinsichtlich der Mächtigkeit seiner Zwischensubstanz etwa an dritter Stelle in der Reihe der Säuger steht. Meine Untersuchungen sind nun keineswegs beendigt, und ich möchte den vorliegenden Blättern mehr den Charakter einer ersten Mittheilung, als den einer in allen Theilen abgeschlossenen Arbeit geben. — Bevor ich jedoch an die Mittheilung von Be- funden gehe, die einiges Licht in das Dunkel der angeregten Frage zu werfen geeignet zu sein scheinen, sei mir eine kurze Besprechung der einschlägigen Litteratur gestattet. Entdeckt wurden die interstitiellen Zellen beim Menscheı von Koelliker (1), der sie der Gruppe der bindegewebigen Ele- mente zuzählt. Sehr genau hat sie Henle (2) beschrieben, der sie nicht für bindegewebige Elemente hält, sich jedoch über die Natur oder Bedeutung derselben nicht klar geworden ist. Einige Jahre später erschien das Lehrbuch Leydig's (3), der die interstitielle Substanz zum ersten Male zum Gegenstand einer vergleichend-anatomischen Studie machte. Leydig findet bei allen untersuchten Säugethieren im Bindegewebe zwischen den Samenkanälchen „eine zellenartige Masse,“ welche bei einigen Thieren die Samenkanälchen selbst von allen Seiten umgiebt, während sie bei anderen weniger stark entwickelt ist. — Er hält diese Elemente für fett- und pigmenthaltige Binde- substanzzellen. Ludwig und Tomsa (4) lassen die Lymphbahnen zwischen den interstitiellen Zellen entstehen und bemerken zur Natur dieser Elemente dann nur ganz kurz: Es „gehen von den Adventitien der Blutgefässe zahlreiche fibrilläre Fortsätze ab . . . die Anschwellungen, welche die Fibrillen zeigen, müssen auf dieselbe Weise wie oben gedeutet werden, als Stücke von schief Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 19 989 Julims Plato: abgeschnittenen Gefässwänden und als eingelagerte zellenartige Körper“. Ebner (5) bespricht ebenfalls die Beziehungen der Zwischensubstanz zu den Blutgefässen beim Hund, dem Kater, dem Kaninchen und dem Menschen. Er beschreibt die Zellen als von unregelmässiger, polygonaler Form, mit scharf eonturir- tem Kerne und einem deutlichen Kernehen, und namentlich bei alten Individuen sehr pigmentreichem Inhalt. Er schliesst sich im übrigen der Ansicht Koelliker’s undLeydig’s an, „dass diese Zellengruppen eine besondere Art von Bindegewebe darstellen. Hofmeister (6) spricht von Zellen „epithelialen Charak- ters“, die unabhängig seien von der Richtung der Blutgefässe. —- Von hohem Interesse sind die entwicklungsgeschichtlichen An- gaben dieses Autors, welcher bei einem 4monatlichen Menschen- foetus ?/, des ganzen Parenchyms von der interstitiellen Substanz eingenommen fand. Später schwindet dieselbe nach seinen An- gaben, bis sie bei einem Sjährigen Knaben nur etwa !/,, des Volums beträgt, um in der Periode der Geschlechtsreife eine erneute Vermehrung zu erfahren. Beim 24 Jahre alten Manne ist die Zwischensubstanz stark entwickelt und die Zellen ent- halten meist Fett und Pigment. — Das Fett fehlt nach Angabe dieses Autors selten. — Ausserdem glaubt Hofmeister inner- halb ein und derselben Zelle ein antagonistisches Verhalten zwischen Fett und Pigment konstatiren zu können und denkt an genetische Beziehungen zwischen beiden Substanzen. Der Ver- fasser untersuchte dann noch eine Anzahl Säugethiere und fand „bei zahlreichen Verschiedenheiten in morphologischen Eigenschaf- ten und Anordnung der Zwischenzellen allenthalben übereinstim- mende chemische Reaktionen“. In keinem funktionirenden Hoden seiner Untersuchungsreihe fehlte das Fett der interstitiellen Zellen. — Bezüglich der Natur dieser Elemente steht Hofmeister auf dem Standpunkte Kölliker's, Leydig's und Ebner ’'s, ja er glaubt sogar alle Uebergangsformen zwischen fixen Bindege- webszellen und typischen interstitiellen Zellen nachweisen zu können. Nur beim Eber und beim Hengst sollen die beiden Gewebsarten unvermittelt nebeneinander bestehen. Mihalkowiez (7) empfiehlt zu Untersuchungen der Zwischensubstanz den Katerhoden. Er findet dort die Substanz in Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 283 Form von „Drüsengängen* und glaubt, dass wie beim Kater, so bei allen Thieren das eigentlich Charakteristische der Zwischen- zellen das Fett sei, welches er selbst noch im Hoden eines ganz ausgehungerten Hundes erhalten findet. Ganz isolirt mit seiner Ansicht steht Harwey (8), wel- cher in den interstitiellen Zellen nervöse Gebilde, „ein eigen- thümliches, ausserordentlich reichhaltiges Beispiel von mit Zellen versehenen, kernhaltigen vasomotorischen Nervenfasern“ sieht. Waldeyer’s (9) Bezeichnung als „Plasmazellen“, welche besonders gerne Fett, theils in grossen, theils in kleinen Tropfen aufnehmen, fand dagegen eine allgemeinere Aufnahme in die Lehrbücher. Jedoch finden wir in einer neueren Arbeit dieses Autors (10) die Erklärung, dass die interstitiellen Zellen weder mit den Mastzellen Ehrlich’s noch mit den Plasmazellen Unna’s identisch seien, vielmehr eine besondere Zellenart darstellen. In einer im Jahre 1879 erschienenen ausführlichen Arbeit Jacobson’s (11), der auch die vorstehenden Literaturangaben z. Th. entnommen sind, finden wir dann noch die interessante Angabe, dass bei pathologischen Zuständen beim Hunde die interstitielle Substanz bis zum Verschwinden der Kanälchen ver- mehrt sei. Die folgenden Jahre haben unsere Kenntnisse von der Be- deutung der Zwischensubstanz kaum wesentlich bereichert. In einer langen Reihe gerade in den 80er Jahren erschienener Ar- beiten über die Entwicklung des Urogenitalsystems glaubten eine Anzahl von Autoren Anhaltspunkte genug zu finden, den alten widersprechenden Ansichten über die bindegewebige, peritheliale oder gar nervöse Natur besagter Zellen noch eine neue hinzu- zufügen, dass nämlich die interstitiellen Zellen nichts anderes seien, als Rudimente eines embryonalen Organs. — Diese Ansicht verdient, wie ich, gestützt auf die Meinung eines neueren Autors (Hansemann |. ce.) glaube, nur die Bezeichnung einer unwahr- scheinlichen Hypothese, selbst vom Standpunkte der damaligen Zeit aus. — Einer Hypothese, da kein Autor diesen Ursprung zu beweisen vermochte, einer unwahrscheinlichen Hypothese, da sich wohl schwerlich ein rudimentäres Organ so innig und gleich- mässig in ein funktionirendes einschalten möchte, und ausserdem die nicht widerlegten Angaben Hofmeister’s über die Ver- 984 Julius Plato: mehrung der Substanz im funktionirenden Hoden gegenüber dem ruhenden, die Bezeichnung als rudimentäres Organ schon damals als vollständig unhaltbar erscheinen lassen konnte. Auch Nagels (12) Angabe, dass die interstitiellen Zellen erst bei einem 10 em langen menschlichen Embryo auftreten, würde mit obiger Auffassung nicht in Einklang zu bringen sein. Es schien mir nun im höchsten Grade wahrscheinlich, dass ein Organ, welches in den verschiedenen Entwicklungs- und Funktionsstadien des Hodens ein so verschiedenes Aussehen dar- bietet, zu der spezifischen Funktion dieser Drüse, der Bildung des Samens, in einer engeren Beziehung stehen müsse, als bisher angenommen wurde, und dass die in der Literatur zerstreut aufzufindenden widersprechenden Angaben über Anhäufung, Aus- sehen und Inhalt der interstitiellen Zellen bei ein und demselben Thiere eben darauf zurückzuführen seien, dass den verschiedenen Autoren bald in voller Funktion begriffene, bald nicht oder wenig funktionirende Hoden vorgelegen haben. Ich war schon zu bestimmten Resultaten gelangt, als mir zwei neuere Arbeiten über meinen Gegenstand zugänglich wurden, die mich in meiner Auflassung nur bestärken konnten. Hansemann (13) machte die interessante Entdeckung, dass der Hoden des Murmelthieres bei ruhender Spermatogenese im Zustande des Winterschlafes keine intertistielle Zellen zeigt, während ein sich sehr wild gebärdendes Thier 2 Monate nach Beendigung des Winterschlafes in der thätigen Drüse die inter- stitielle Substanz in einer an ein grosszelliges Sarkom erinnern- den Mächtigkeit aufweist. — Während die interstitiellen Zellen im funktionierenden Hoden des normalen Menschen nach den Angaben dieses Autors kaum aufzufinden sein sollen, konstatiert er eine Vermehrung bei Tubereulose, Krebscachexie und syphi- litischer Kachexie, „ohne sonstige Betheiligung des Hodens,* und eine Vermehrung höchsten Grades bei pernieiöser Anämie und bei einem Potator. Nach einer längeren Erörterung über die Bedeutung dieser Zellen für die Geschwulstbildung, kommt der Verfasser dann zu dem Schlusse, dass wir in denselben ein be- stimmtes Organ mit veränderlicher physiologischer Funktion zu sehen haben. Reinke (14) untersuchte den Hoden eines 25jährigen Hin- gerichteten und fand dort — im Gegensatze zu den Angaben Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 285 Hansemann's — eine reichlich entwickelte Zwischensubstanz, ähnlich wie sie Henle (a. a. OÖ.) beschreibt. Der Verfasser stellt mit der Weigert’schen Fibrinfärbung m Alecoholpräpa- raten „in den interstitiellen Zellen eme grosse Menge von intensiv färbbaren Körpern“ dar, „die grosse Aehnlichkeit mit Krystallen haben“. Er bezeichnet sie als „eiweissartige Krystalloide“, die in allen kräftigen Hoden mit Spermabildung anzutreffen seien, dagegen vermisst werden bei einem l5järigen Jungen und einem 6öjährigen Manne, deren Hoden keine Spermatogenese zeigen. Der Verfasser glaubt, dass dieser Befund „vielleicht in Zukunft im Stande sein wird, auf die richtige Spur zu führen“. Um meinen Untersuchungen keine allzu breite Basis zu geben, beschränkte ich mich vorerst im wesentlichen auf das Studium des funktionirenden Katerhodens und richtete mein Augenmerk vor allem auf den wesentlichen Inhalt der Zwischen- zellen, auf das von allen Autoren übereinstimmender Weise in denselben angetroffene Fett. Das für meine Zwecke beste Fixationsmittel fand ich in dem Hermann’schen Platin-Osmiumgemisch (1 /, Platinchlorid 15, 2°/, Osmiumsäure 4, Eisessig 1 Th.), welches ich in folgender Weise verwende: Dem chloroformirten, noch lebenden Thiere spalte ich das Scrotum, befreie den Hoden von den ihn umgeben- den Hüllen bis auf die derbe Albuginea und bis an den Leisten- kanal heran, so dass ersterer frei an dem Samenstrange aus der Bauchhöhle heraushängt, lege an der höchsten Stelle eine feste Ligatur um den Samenstrang und injieire darauf mit der Pra- vazspritze unter mässigem Drucke 1—2 cem Hermann’sche Flüssigkeit schräg unter die Albuginea an einer möglichst tief ge- legenen Stelle. — Sofort gewinnt der Hoden eine harte Consi- stenz. Ich schneide ihn darauf dieht unterhalb der Ligatur ab, theile ihn mit einem scharfen Rasiermesser in eine obere und eine untere Hälfte und lege diese in nicht zu wenig Hermann- sche Flüssigkeit. Dort lasse ich die Stücke 3 Tage lang und wasche sie dann 24 Stunden in fliessendem Wasser gründlich aus. Hierauf kommen sie in Alcohol von allmählich steigender Coneentration. Im 70 oder 80°/, Aleohol ziehe ich mit äusserster Vorsicht und so, dass ich das Präparat stets unter Spiritus halte, die Albuginea ab, wobei ich mein Augenmerk vorzüglich darauf richte, dass ich einerseits die Hodensubstanz nieht durch Druck 286 Juli ws BTatıo: beschädige hierbei leistet mir bei der oberen Hälfte der Fu- nieulus spermaticus, bei der unteren der Kopf des Nebenhodens eine vorzügliche Handhabe andererseits aber auf der Innen- seite der abgezogenen Albuginea möglichst wenig schwarze Punkte oder Stränge erhalte, welche aus durch Osmium geschwärzten interstitiellen Zellen bestehen. — Darauf Weiterbehandlung in Aleohol 95°/,, Alcohol abs., Aleohol-Chloroform aa, Chloroform, Chloroform-Paraffin, je 24 Stunden, und schliesslieh 1 Stunde in weichem und 2 Stunden in hartem Paraffin. Nun fertige ich von der Durchschnittsfläche in der ganzen Dieke des Hodens 5—10u dieke Serienschnitte an, breite sie vorsichtig über der Flamme aus und klebe sie mit Eiweiss-Glycerin auf. Endlich löse ich das Paraffin in Xylol und schliesse das Präparat in Xylol-Canadabalsam ein. Auf diese Weise behandelte Stücke zeigen allerdings vor ihrem Einschlusse in Paraffin an der Durchschnittsfläche eine leichte trichterförmige Einziehung, so dass die ersten — übrigens besten — Schnitte die centralen Theile des Hodens noch nicht treffen, im übrigen jedoch liefert dieses Verfahren ganz vorzüg- liche Resultate. — Bei der gewöhnlichen Fixationsmethode sind wir nämlich genöthigt, zwischen zwei Uebeln zu entscheiden. Fixiren wir den Hoden in toto, so erhalten wir nur einige Zell- lagen unter der Albuginea gut conservirt, schneiden wir den Hoden dagegen in Stücke, so dürfen wir die auf diese Weise gewonnenen mikroskopischen Bilder nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse im Leben übertragen, da durch den Druck der Albu- ginea beim ersten Einschnitt die eigentliche Drüsensubstanz her- vorquillt, und so die einzelnen Theile gegen einander verschoben werden. Mit der Injektionsmethode jedoch erhalten wir fast ganz glatte Schnittflächen, die Dislokation der einzelnen Ele- mente ist vermieden, und wir gewinnen ein brauchbares Bild aus allen Theilen. Injektionspräparate mit Zenker’scher Flüssigkeit geben weniger gute, aber immerhin noch ganz brauchbare Re- sultate. Betrachten wir nun ein auf die vorstehend angegebene Weise erhaltenes Präparat des Katerhodens bei schwacher Ver- srösserung (Fig. 1), so fällt uns vor allem der Wechsel zwischen ganz dunklen und ganz hellen Parthien auf. Die hellen Par- thien entsprechen den Durchschnitten der Tubuli, die dunklen Die interstitiellen Zellen des Hodens etc. 957 bilden bald ein die Zwischenräume der Tubuli ausfüllendes Netz mit verdickten Knotenpunkten, bald legen sie sich m Form von Halbmonden, Strängen oder Nestern der Wandung der Kanälchen dieht an. Sie haben meistens ein feinkörniges Aussehen, jedoch kommen auch Stellen vor, an denen diese Körnchen zu conflu- iren scheinen. Zuweilen hebt sich von dem schwarzen Unter- grunde ein heller Kreis mit einem dunklen Punkte in der Mitte ab. Diese dunkleren Parthien sind wiederum durchzogen von bald mehr bald weniger breiten, helleren Strängen, Gefässen und bindegewebigen Zügen. Ein ganz anderes Bild bieten die mit Zenker’scher Flüssig- keit fixirten und nach der Heidenhain’schen Eisenalaun- Hämatoxylinmethode gefärbten Präparate (Fig. 2). An Stelle der schwarzen Züge finden wir hier Stränge und Nester grosser, bald mehr bald weniger gegen einander abgeplatteter und deut- lich begrenzter Zellen, mit einem oder mehreren, meistens ex- centrisch gelegenen runden, bläschenförmigen Kernen. Der Kern selbst zeigt in der Regel einen grossen Nucleolus und von diesem gegen eine peripherische Chromatinschieht radiär ausstrahlende, und in der Oberfläche des Kernes verlaufende zarte Chromatin- bälkchen. Das reichlich vorhandene Protoplasma hat einen typischen Bau. Die Hauptmasse finden wir in der Regel an der dem Centrum der Zelle zugekehrten Seite des randständigen Kernes, und von dieser ausstrahlend durch Querzüge verbundene protoplasmatische Radien. — Das ganze Bild ladet förmlich zu eytomechanischen Studien im Sinne Martin Heidenhains ein, jedoch gelang es mir trotz eifrigen Suchens nicht, in einem der öfters in der diehtesten Anhäufung des Protoplasmas anzutreffen- den Körnehen ein typisches Centrosoma zu entdecken. Auch kam mir bei meinem Objekte niemals eine indirekte Zelltheilung in der Zwischensubstanz zu Gesicht. — Diese Zellen sind bei weitem am zahlreichsten in der interstitiellen Substanz vertreten; es finden sich jedoch nicht gerade selten auch Elemente, welche im grossen und _ ganzen den eben beschriebenen sehr ähnlich sehen, sich jedoch durch eine geringere Grösse, ein stärker tingirbares und weniger in Maschen angeordnetes Protoplasma und einen mehr central ge- lesenen Kern auszeichnen, welcher sich nach der Heidenhain- schen Methode diffus färbt und nur noch mit Mühe ein dunkler sefärbtes Körnchen als Nueleolus erkennen lässt. Während wir 288 I) uTRurs@plkartor: hier vielleicht ein früheres Entwicklungsstadium der typischen interstitiellen Zellen vor uns haben, finden wir in geringerer An- zahl noch Elemente, welche in regressiver Metamorphose begriffen zu sein scheinen. Diese Zellen übertreffen an Grösse die zu- letzt beschriebenen um das Doppelte und zeigen innerhalb ver- schwommener Zellgrenzen ein aus dünnen Bälkchen bestehendes, weitmaschiges Protoplasmanetz mit einer excentrisch gelegenen Protoplasma-Anhäufung, ohne deutlich nachweisbaren Kern. Bezüglich der Natur der im allgemeinen sehr deutlichen Zellgrenzen brauche ich nur auf die Arbeit von Ludwig und Tom sa hinzuweisen, welche zwischen den einzelnen interstitiellen Zellen die Lymphbahnen beginnen lassen. Ich kann für den Katerhoden diesen Befund bestätigen. Mittels Einstichinjektion von chinesischer Tusche unter die Albuginea gelang es mir leicht, diese Lymphspalten an einzelnen Stellen injieirt zu erhalten. Machte ich die Injeetion intra vitam und liess das Thier einige Stunden leben, so fand ich auch vereinzelte Tuschekörnchen in den interstitiellen Zellen selbst. Die oben geschilderten, eigen- thümliehen, schwammartigen Protoplasmastrukturen erregen zu- nächst den Verdacht, unter dem Einflusse der Zenker’schen Flüssigkeit entstandene Kunstprodukte zu sein. Dieser Verdacht ist insofern erklärlich, als wir nur höchst selten mit dieser Flüssigkeit Präparate erhalten, in denen nicht die interstitielle Substanz sowohl in sich selbst zerklüftet, als auch durch weite arteficielle Spalträume von der Wandung der Kanälchen getrennt wäre, was doch in letzter Instanz auf eine Schrumpfung der Elemente zurückzuführen ist. — Dass aber diese Protoplasma- strukturen nicht unter dem Einflusse der Fixation entstehen, viel- mehr «den lebenden Zellen im typischer Weise zu eigen sind, das beweisen die Hermann’schen Präparate. Wenn wir hier die durch Osmium hervorgerufene Schwärzung durch Behandlung der Schnitte mit Wasserstoffsuperoxyd beseitigen, so finden wir nun an Stelle der schwarzen Züge und Nester die typischen inter- stitiellen Zellen, wie sie uns die Zenker-Heidenhain'schen Bilder zeigen, und in den Protoplasmalücken nunmehr farblose Körner, die in osmirtem Zustande das oben geschilderte schwarz- körnige Aussehen der interstitiellen Substanz bedingten. — Die erwähnten helleren Kreise auf dunklem Grunde entsprechen den Kernen der beschriebenen kleineren Elemente, und wo die en Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 289 schwarzen Körner dort diehter liegen und fast zu konfluiren scheinen, finden wir hier die grossen Zellen mit dem weitmaschigen Protoplasmanetz und den verschwommenen Zellgrenzen. Die Frage nach der ehemischen Constitution der eingelagerten Körner will ich hier nicht erörtern, und obgleich ich eine genaue chemische Analyse derselben für sehr wünschenswerth halte, sie, den Angaben der älteren Literatur folgend, als Fettkörner be- zeichnen. Eine Darstellung derselben auf die von Reinke (a. a. 0.) angegebene Weise ist mir nicht gelungen und möchte ich sie also auch nieht für identisch erklären mit den von diesem Autor beschriebenen Krystalloiden. Wir sahen, dass die Fettkörner im funktionirenden Hoden des Katers in einer solehen Menge auftreten, dass sie in osmirtem Zustande sowohl den Bau der einzelnen Zellen, als die Struktur der ganzen Zwischensubstanz verdecken. — Fügen wir noch hinzu, dass das Verhältniss beim noch nicht funktionirenden Hoden, sowie bei alten Thieren ein anderes ist, so erscheint die Vermuthung gerechtfertigt, dass wir über die Bedeutung der Zellen nicht mehr im unklaren wären, wofern wir nur über die Verwendung ihres wesentlichen Inhaltes etwas Näheres wüssten. Form, Grösse und Intensität der Schwärzung mit Osmium schwanken bei den Fettkörnern innerhalb weiter Grenzen. Die runde Grundform tritt selten rem in die Erscheinung, da die Körner sich in ihrer grossen Masse in einen verhältnissmässig engen Raum theilen müssen. Am meisten finden wir innerhalb der Zellen rund ovale oder gegen einander abgeplattete, oder aber an einer oder mehreren Seiten mit buckelförmigen Hervor- treibungen versehene Formen. Von diesen bis zu den eckigen und langgestreckten finden sich alle Uebergänge. Auch einge- schnürte Körner kommen vor, gehören aber zu den Seltenheiten. Die Körner können in der Grösse der grossen oben be- schriebenen Zellen auftreten, in der Regel aber erreichen sie nicht einmal die Grösse der Zellkerne und kommen schliesslich auch in der Grösse der Nucleolen vor. Die Intensität der Schwärzung mit Osmium hat die ver- schiedensten Grade. Vom tiefsten Deckschwarz bis zur leichtesten Bräunung finden sich alle Schattirungen. Selbst die einzelnen Körner sind zuweilen an einer Seite dunkler als an der andern. Auffallend ist ferner, dass bei der allmählichen Entfärbung, der 290 Julius Plato: diese Präparate leider alle anheimfallen, einzelne Körner bevor- zugt werden, während andere in unmittelbarer Nähe noch lange Zeit ihre tiefe Farbe behalten. Suchen wir uns nun über die Beziehungen der interstitiellen Substanz zu den Drüsentubuli klar zu werden. — Die Tubuli erscheinen auf dem Querschnitte in der Regel von doppelten Contouren begrenzt, an welche sich nach aussen unmittelbar die interstitiellen Zellen mit ihrem reichen Fettgehalte anlegen. — Betrachten wir die Grenzeontouren unter starker Vergrösserung, so sehen wir, dass die Wandung der Tubuli keine in sich ge- schlossene Membran ist, als welche sie den älteren Autoren im- ponirte, dass sie vielmehr Lücken und Spalten aufweist, welche das Innere der Tubuli mit den interstitiellen Räumen verbinden. Ja man kann in Anbetracht der oft nieht unbeträchtlichen Dicke der aus mehreren Lagen von Bindegewebsfibrillen gebildeten Wandungen, wie ich glaube von „Kanälchen“ reden, und werde ich diese meines Wissens bisher noch nicht in ihrer Bedeutung erkannten Gebilde fortan mit diesem Namen hier bezeichnen. In Fig. 4a sehen wir eine besonders schöne Stelle. Bei k sind die rechts und links ganz scharfen Contouren der Wandung eines Tubulus in einer Breite, welche ungefähr dem Durchmesser eines Kernes der interstitiellen Zellen entspricht, unterbrochen, und wir finden dort eine helle Masse mit Andeutungen einer gegen das Lumen der Tubuli convergirenden Streifung. Die seitliche Begrenzung dieses Kanälchens wird durch zwei scharfe, im selben Sinne convergirende Linien gebildet, welche sich bis tief in die anliegenden interstitiellen Zellen hinein verfolgen lassen, und in dem von ihnen begrenzten, im Innern des Tubulus ge- legenen verjüngten Raume ein abgestumpft keilförmiges, mit seit- lichen Einschürungen versehenes Fettkorn enthalten. — Kurz und gut, wir haben hier einen sich aus der interstiellen Substanz in das Innere des Tubulus senkenden Trichter vor uns, der die Wandung des Tubulus durehbohrt, und in’dessen breiter Oeffnung und engerer Mündung sich Fetttropfen finden. Der Triehter be- findet sich hier an einer ganz typischen Stelle, in dem Fusse einer Sertolischen Zelle. Es beweist dies sowohl die an das innere Fettkorn sich gegen das Lumen des Tubulus anschliessende parallelstreifige Substanz, als vor allem die Betrachtung des nächsten Schnittes der Serie, der in Fig. 4b dargestellt ist. Hier Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 291 sieht man an der entsprechenden Stelle nichts mehr von einem Kanälchen, das die Wandung des Tubulus durchbohrt, und nur die etwas helleren Contouren der letzteren deuten darauf hin, dass sie hier vielleicht nieht in der ganzen Dieke des Schnittes vorhanden ist. An Stelle des grossen keilförmigen Fetttropfens sehen wir hier den breiten Fuss der Sertolischen Zelle, und in demselben einige kleine Fetttröpfehen, deren Form und Anord- nung darauf hinweisen, dass sie ursprünglich mit dem grossen Fetttropfen im vorigen Schnitte zusammen hingen und durch das Messer von demselben abgetrennt worden sind. Die interstitielle Substanz ist hier in etwas grösserer Ausdehnung getroffen und die Lage des grossen bläschenförmigen Kernes beweist die obige Behauptung, dass der die Wandung durchbohrende Triehter in der interstitiellen Zelle selbst und nieht etwa in den Saftlücken der interstitiellen Substanz oder sonstwo seinen Ursprung nimnit. Ich suchte nun in meinen Präparaten nach ähnliehen Be- funden und entdeckte an einer ganzen Reihe entsprechender Stellen in der Wandung der Tubuli Lücken, die stets zu in der Nähe liegenden Fettkörnehen Beziehungen zu haben schienen. Bald lagen diese Fetttropfen diebt vor den Kanälchen in den interstitiellen Zellen, bald lagen sie im Tubulus am anderen Ende des Kanälchens, in den meisten Fällen jedoch fand ich sie noch ganz oder theilweise in dem Kanälchen selbst (Fig. 7). Haben wir es hier nieht mit Kunstprodukten zu thun? — Von den vielen und gründlichen Autoren, welche bisher mit den- selben Reagentien und Hülfsmitteln dasselbe Objekt, wenn auch zu anderen Zwecken, bearbeiteten, hat keiner auf derartige Be- funde aufmerksam gemacht oder sie gar abgebildet, es sei denn, dass mir die diesbezüglichen Angaben entgangen wären, was ich jedoch nicht glaube. Von keiner Drüse ferner sind analoge Thatsachen bekannt. — Und trotzdem glaube ich für die Riehtig- keit meiner Deutung der Präparate mit voller Sicherheit eintreten zu können, denn ich halte es für nieht wohl denkbar, dass das Messer, sei es auf dem Hin- oder Rückwege ein Fettkorn aus den interstitiellen Zellen herausheben, in eine typische Form bringen und unter scharf begrenzter Verletzung der Wandung der Tubuli gerade in den Fuss der Sertolischen Zelle niederlegen sollte, ohne dass auch die nächstliegenden Parthien desselben Sehnittes und die entsprechenden Parthien an den nächsten 292 I mul us EI atto: Sehnitten derselben Serie durch dieselbe Stelle des Messers in ähnlicher Weise beschädigt werden müssten. Auch müsste man den Fettkörmern dann eine Unnachgiebigkeit gegen das Messer, Ja eine fast elastische Consistenz zuschreiben, die sie gewiss nicht besitzen, und schliesslich müssten die Fettkörnehen in ihrer Lage von der Sehnittriehtung bestimmt werden. Von alle dem ist nichts zu bemerken. — Eine zweite Gelegenheit zur Bildung von Kunstprodukten bietet das Aufkleben der Schnitte. Es kommt in der That bei diesem Objekte trotz der grössten Sorg- falt bei der Behandlung nicht selten vor, dass sich gerade die Randparthien der Tubuli mit der anstossenden interstitiellen Sub- stanz in einer schmalen Falte umlegen oder über einander schieben und so zu verkehrten Beobachtungen Anlass geben könnten. — Allein derartige Stellen sind leicht an den die Dieke des Schnittes übertreffenden Niveaudifferenzen der einzelnen Körner und Zellen- bestandtheile zu erkennen, und ich habe es mir zur Pflicht ge- macht, in jedem einzelnen Falle erst mit den stärksten Oeularen und mit ausgezogenem Tubus auf zu grosse Niveaudifferenzen zu fahnden, bevor ich die betreffende Stelle als beweisend aner- kenne. Nach Ausschaltung der Möglichkeit, dass wir es mit Kunst- produkten zu thun haben, fragt es sich nun, ob durch diese Ka- näle eine Strömung von Fettkörnehen stattfindet, und wenn dies der Fall ist, in welcher Riehtung. — Für die Entscheidung der ersten Frage fehlt mir leider eine exakte Methode, allein ich glaube nicht, dass man mir den Vorwurf allzu kühner Schlüsse wird machen können, wenn ich aus der Thatsache, dass wir die Fettkörnchen bald vor, bald ganz oder theilweise in den Kanäl- chen finden, eine Bejahung dieser Frage abstrahire. Da eine Reihe von Injektions-Versuchen, die ich behufs Entscheidung der zweiten Frage, nach der Richtung der Fett- körnehenströmung anstellte, keine absolut beweisenden Resultate ergab, so suchte ich über diese Verhältnisse mit Hülfe der Ent- wicklungsgeschichte und der vergleichenden Anatomie Aufklärung zu erlangen. Die Entwicklungsgeschichte des Katerhodens, auf die ich in einer späteren Arbeit ausführlicher einzugehen gedenke, lehrte mich vor allem die Thatsache, dass die Fettkörnehen zuerst in den interstitiellen Zellen, und zwar bereits in einem sehr frühen Die interstitiellen Zellen des Hodens etc. 293 Stadium auftreten, in welchem die letzteren noch durch breite bindegewebige Lamellen von der Wandung der Tubuli getrennt sind, und eine direkte Communication zwischen diesen und den interstitiellen Zellen nieht nachweisbar ist. Auch findet man in den Tubuli selbst zu dieser Zeit keine Fetttropfen. Mit zunehmen- dem Wachsthum des Hodens legen sich dann die interstitiellen Zellen immer enger an die Wand der Tubuli an. Die Entwick- lungsgeschichte der interstitiellen Substanz spricht also für eine aus derselben gegen das Lumen der Tubuli gerichteten Fett- körnchenströmung. Abgesehen von einer Bestätigung der mir aus der Litteratur bekannten Thatsache, dass alle bisher daraufhin untersuchten Hoden fetthaltige interstitielle Zellen besitzen, fand ich in meinen vergleichend-anatomischen Untersuchungen eine Reihe von An- haltspunkten nicht nur für die Richtungsbestimmung der Fett- körnchenströmung, sondern auch für die Erkenntniss der Bedeutung dieser Strömungen für die Physiologie der Spermatogenese. Ich möchte an dieser Stelle auf eine eingehende Darstellung dieser Verhältnisse verzichten, und nur ein Objekt zur Vergleichung heranziehen, den Mäusehoden. — Ich fixirte die Drüse in toto ohne Einstich in Hermann’scher Flüssigkeit, behandelte sie dann weiter wie den Katerhoden, ohne jedoch die Albuginea abzuziehen, und zerlegte sie schliesslich in Serienschnitte von 5—10u Dieke. Das Bild ist ein wesentlich anderes, als das des Katerhodens! Wie Figur 3 zeigt, ist die Zwischensubstanz hier nur in ganz geringem Grade ausgebildet, indem in den von den Tubuli freigelassenen rautenförmigen und von Bogenlinien begrenzten Räumen nur einige ein bedeutend feiner vertheiltes Fett enthaltenden interstitiellen Zellen anzutreffen sind. Im übrigen legen sich die abgeplatteten Wandungen und Windungen der Tubuli unmittelbar an- einander an. Dagegen fällt uns sofort sowohl die im ganzen stärkere Osmiumtinktion des Epithels, als auch eine in dem meisten Tu- buli vorhandene ziemlich dichte Randzone schwarzer Fettkörn- chen auf. Diese im Inneren der Tubuli gelegenen Fettkörner sind von einer Reihe von Autoren zum Gegenstande eingehender Untersuchungen gemacht worden. Brown (bei Ebner) hebt hervor, dass zu der Zeit, wo die jungen Spermatozoen sich mit den Sertolischen Zellen ver- 994 Julius Plato: binden, um die Kerne der letzten grosse Kugeln zu finden seien, die sich mit Osmium schwarz färben, und glaubt, dass diese Kugeln z. Th. den Zweck der Ernährung einer neuen Sper- matozoengruppe haben, wenn auch die stützende Funktion der Sertolischen Zelle die Hauptsache sei. Ebner (15) beschreibt in seinen Spermatoblasten dann eine Fettkömchenströmung, deren verschiedene Stadien stets mit ganz bestimmten Stadien der Spermatogenese zusammentreffen. Es war mir leider nicht möglich, die ganze Litteratur der letzten acht Jahre über die Spermatogenese zu berücksichtigen und ich muss mich bezüglich der Fettkörnehenströmung mit einer Kritik der Ebner’schen Anschauungen begnügen. Ebner beginnt seine sich auf den Rattehoden beziehende Beschreibung folgendermaassen: Zur Zeit der Reifung der Samen- fäden sieht man die Protoplasmalappen, welche jedem derselben anhängen, ein immer stärker körniges Aussehen gewinnen, und an Präparaten aus Flemming’s Gemisch bräunen sich diese Lappen erst mehr diffus, später aber färben sich deutlich einzelne Körnehen schwarz, welche erst zahlreich und klein, später aber weniger zahlreich, aber grösser und tiefschwarz erscheinen. Ebner findet die Fetttropfen dann zunächst zwischen den Köpfen der abgestossenen Samenfäden, später in einer Zone zwischen den ins Centrum gelangten Spermatozoen und den nach aussen von ihnen liegenden Samenzellen. In diesem Stadium sollen die Fussplatten der Sertolischen Zellen vollständig frei von Fett, und „keine einzige durch Osmium geschwärzte Kugel“ in denselben zu bemerken sein. Darauf lässt Ebner die Fettkörnchen von dem Centrum der Tubuli in den Fuss der Sertolischen Zellen wandern und von dort aus wieder in gelöstem Zustande die Wanderung in die Protoplasmalappen beginnen. Ebner geht bei dem Studium dieser Fettkörnchenströmung offenbar von einem nicht gut gewählten Punkte aus, und die Folge davon ist, dass er sich am Schlusse seiner Betrachtung in Verlegenheit sieht bei der Beantwortung der allerdings sehr berechtigten Frage: Wie kommen denn bei der Bildung der ersten Spermatozoen die Fettropfen in die Protoplasmalappen ? Wenn man nun nicht die meiner Ansicht nach absurde Annahme machen will, dass die in den Sertolischen Zellen offenbar nach ganz bestimmten Gesetzen strömenden Körner ganz Be Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 995 zufällige, bedeutungslose Gebilde sind, so bleiben nur zwei Mög- liehkeiten übrig. Entweder sie stellen bei der Spermatogenese nieht verbrauchtes Material dar, welches auf dem gewöhnlichen Wege der Ermährung der Gewebe in die Protoplasmalappen gelangt und nun dort als überflüssig ausgeschieden wird, oder aber es repräsentirt einen für die Bildung der Samenfäden unentbehrliehen Nährstoff, der ganz oder theilweise verbraucht wird. Wenn nun die Körnehenströmung wirklich nur zwischen der Fussplatte der Sertolischen Zelle und dem Centrum der Tubuli als Grenzpunkten sieh abspielte, so müsste bei Annahme der ersten Möglichkeit alsbald eine kolossale Anhäufung unver- brauchter Stoffe in den Fussplatten eintreten, während sich bei Annahme der zweiten Möglichkeit ebenso bald gänzlicher Mangel des notwendigen Nährstoffes einstellen würde. Ebner sieht nun in dem Fette einen Nährstoff für die Spermatozoen und kommt naturgemäss zu dem Schlusse, dass die Ergänzung des verbrauchten Materials in den Fussplatten der Sertolischen Zellen stattfinden müsse. Bestärkt wird er darin noch durch die Beobachtung, dass die kurz nach der Bildung der Spermatoblasten in den Fussplatten auftretenden Fettkörner bedeutend grösser sind, als die nach der Reifung der vorigen Spermatozoengeneration in das Innere des Tubulus abge- stossenen. Ich theile den Standpunkt Ebner ’s und dies um so eher, als ich in Hermann'’schen Präparaten des Hundehodens eigen- thümliche, im der Axe der reifenden Spermatozoen gelegene, mit einem durch Osmium geschwärzten Fettmantel. versehene Hohl- eylinder antraf. (Fig. 8). Im grossen und ganzen kann ich auch die Schilderung Ebner’s von der Körnehenströmung bei meinen Präparaten von der Maus bestätigen, und möchte mich nur bezüglich der fettre- sorbirenden Funktion der Fussplatten auf einen extremeren Standpunkt stellen. Wenn ich auch nicht leugnen kann, dass Bilder, wie Ebner sie beschreibt, vorkommen, in denen sämmt- liches Fett in dem Lumen der Tubuli angetroffen wird, und „auch nicht eine einzige durch Osmium geschwärzte Kugel“ in den Füssen der Spermatoblasten zu bemerken ist, so finde ich doch nicht .selten Stellen, wo von einer erfolgten Rückwanderung des Fettes noch nicht die Rede sein kann, und sich trotzdem 296 Julius Plato: schon eine Randzone schwarzer Tropfen neu gebildet hat. Spä- ter erst setzt die Rückwanderung des central gelegenen Fettes ein, welcher Vorgang gar keine Aehnlichkeit mit der central gerichteten Fettströmung hat. Was diese letztere anbetrifft, so glaube ich nicht, dass sich bei ihr das Fett in absolut gelöstem Zustande befindet, vielmehr finde ich in ganz frischen Präparaten an Stellen, welche der direkten Einwirkuug des Osmiums aus- gesetzt waren, allerfeinste Körnchen zu zarten Reihen angeord- net, welche das in der Fussplatte gelegene Fett mit dem in den Protoplasmalappen bereits ausgeschiedenen verbinden. Während ich es im Gegensatze zu Ebner für bewiesen erachte, dass in Wirklichkeit ein unverbrauchter Theil des an- fangs in der Fussplatte gelegenen Fettes in den Protoplasma- lappen ausgeschieden wird, vermisse ich also jeden beweisenden Umstand, dass das in die Protoplasmalappen einmal ausgeschie- dene Fett nach seiner Rückwanderung denselben Weg noch einmal nimmt. Um mich nicht zu sehr von meinem eigentlichen Gegen- stande zu entfernen, möchte ich hier, soweit als möglich unter Vermeidung theoretischer Erörterungen, meine Auffassung von den Fettkörnchenströmungen in den Sertolischen Zellen der Maus präeisiren, und ich wähle mir zum gedachten Ausgangspunkt die Verhältnisse bei der Bildung der ersten Spermatozoenpruppe überhaupt, wie dieselben auf Grund der Erscheinungen bei den späteren Produktionen mit logischer Nothwendigkeit vorausgesetzt werden müssen. Sobald die Kerne der ersten Spermatiden das Centrum ihrer Zellen zu verlassen beginnen, sammeln sich in dem Fusse der Sertolischen Zelle zahlreiche kleinste Fettkörnchen an (ef. Fig. 6e), welche konfluiren und mehr oder weniger grosse Kugeln und un- regelmässig gestaltete Körner bilden. Diese Körner geben schon bald feinste Theile ihrer Substanz an das Protoplasma der Ser- tolischen Zellen ab, und die Kerne der Spermatiden haben kaum eine exeentrische Lage eingenommen, als auch schon in den protoplasmatischen Theilen derselben die ersten feinen Fetttröpf- chen auftreten, die übrigens auch in der ganzen Länge der jetzt sehr schmalen Sertolischen Zelle angetroffen werden. Sind nun die Spermatidenkerne ganz in das peripherische Ende ihrer nunmehr gestreekten Zellen gerückt und haben bereits eine längliche und m Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 297 zugespitzte Form erhalten, so scheinen zwar die Tröpfehen in den Protoplasmalappen verschwunden zu sein, in Wirklichkeit sind sie nur von der mittlerweile eingetretenen diffusen Bräunung derselben verdeekt und lassen sich bei genauem Zusehen noch nachweisen. Die Fetttropfen in den Fussplatten zeigen in diesem Stadium kaum eine wesentliche Verminderung ihrer Substanz. Sobald nun die Bildung der nächsten Spermatidengruppe beginnt (Fig. 6a), finden wir eine nicht unbeträchtliche Ansammlung von Fett in den Fussplatten, und nun können wir Schritt für Schritt ver- folgen, wie die Körmnchen in den Protoplasmalappen erst deut- licher, dann grösser werden, schliesslich sich einander nähern und aus 10—20 Körnchen bestehende äusserst zierliche Rosetten bilden (Fig. 6b). Parallel hiermit konstatiren wir das allmähliche Verschwinden des Fettes aus den Fussplatten und ein Vorrücken der reifenden Spermatozoen gegen die Peripherie des Tubulus. Indem nun neue Spermatogonien ihrer Theilung entgegen wach- sen und der ganze Epithelbelag höher wird, gelangen — sei es durch aktive, sei es durch passive Bewegungen — die Sperma- tozoen in das Lumen der Tubuli, und wir finden dort zwischen ihren Köpfen eigenthümliche, durch Osmium schwach gebräunte und einige tiefschwarze Fettkörnchen enthaltende Kugeln von etwas geringerer Grösse als die Spermatidenkerne. Wir erken- nen in diesen Kugeln sofort die veränderten Protoplasmalappen der früheren Stadien (Fig. 6c).. Während nun kurz vorher alles Fett aus den Fussplatten verschwunden war, sammeln sich dort um diese Zeit in der Regel schon wieder einige Fetttropfen an, ohne dass irgend eine Beziehung derselben zu den im Centrum der Tubuli gelegenen matten Kugeln mit ihrem Inhalte an Fett zu erkennen wäre. Die Rückwanderung dieser Kugeln beginnt etwas später und ich möchte in derselben überhaupt einen Vor- gang von geringerer Bedeutung sehen. Jedenfalls wäre die An- nahme, dass diese Kugeln in die abführenden Lymphwege aus- geschieden werden, viel rationeller, als die ebenso wenig bewie- sene Behauptung Ebner’s, dass die in das Lumen ausgeschiede- nen Fettkörner den Weg durch die Sertolische Zelle in der- selben Richtung zum zweiten Male machen. Auch die Thatsache dass sich im Nebenhoden sowohl wie im vas deferens mit fein- sten Fettkörnchen angefüllte Kugeln finden, die hier vielleicht auch nährende Funktion haben, scheint mir eher dafür als da- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 20 298 Julius Plato: gegen zu sprechen, dass die rückwandernden Fetttropfen aus un- brauchbarem Material bestehen. Und schliesslich darf Ebner nicht vergessen, dass wohl Fett, nicht aber solche Protoplasma- kugeln in den Sertolischen Zellen gegen das Lumen zuströmen. Bevor er also die Fetttropfen die Reise zum zweiten Male machen lässt, muss er sie von den Protoplasmakugeln trennen, mit wel- chen sie sehr eng verbunden zu sein scheinen. Ich will hier die sich mir aufdrängende Frage nicht weiter verfolgen, warum sich denn überhaupt die reifenden Spermatozoen mit einem Ueberschuss an brauchbarem Material beladen könnten, der später unverbraucht wieder abgeschieden werden muss, sondern nur bemerken, dass ich aus Gründen, welche aus der oben gegebenen Schilderung der Fettkörnehenströmung klar ersichtlich sind, in der von Brown und Ebner den Sertolischen Zellen mehr als neben- sächlich zugestandenen Funktion der Resorption von geformtem Fett aus dem nährenden Gewebssafte, gerade die specifische und im höchsten Grade wesentliche Funktion dieser Zellen sehe. — Für mieh hat die Annahme am meisten Wahrscheinlichkeit, dass sämmtliches zur Ernährung einer jeden reifenden Spermatozoen- gruppe nothwendige Fett in jedem einzelnen Falle von der Sertolischen Zelle — und zwar nicht im Ueberschusse — re- sorbirt, und ein nicht brauchbarer Bestandtheil desselben, von anderer chemischer Constitution, in das Lumen des Tubulus ausgeschieden und mitsammt anderen Verbrauchsprodukten ge- löst in die abführenden Lymphwege ausgeschieden wird. Ein geringer Rest brauchbaren Materials begleitet den Samen auf seinem weiten Wege durch Nebenhode und vas deferens. Die zu Gunsten der Deutlichkeit etwas schematisierten Figure 6a—c stellen einige wichtige Stadien der Spermato- genese bei der Maus mit den zugehörigen Phasen der Fettkörn- chenströmungen dar, wie sie aus einer grösseren Anzahl beobach- ter Stellen als die Regel erkannt worden sind. Die Erklärung der Zeichnungen ist in den vorstehenden Auseinandersetzungen enthalten, und ich möchte hier nur nochmals darauf aufmerksam machen, dass zu einer Zeit, wo die Spermatidenkerne noch kaum den Rand ihrer Zellen erreicht haben, sowie kurz vor der Theilung der Spermatogonien eine besonders starke Resorption von Fett in den Fussplatten stattfindet oder eben stattgefunden hat. Kehren wir nun nach dieser Abschweifung wieder zum Die interstitiellen Zellen des Hodens etc. 299 Katerhoden, dem eigentlichen Gegenstande unserer Betrachtungen zurück, so finden wir hier eine ähnliche Fettkörnehenströmung. Wie Figur 5a zeigt, sehen wir auch hier in den protoplasma- tischen Theilen der Spermatiden, deren Kerne kaum noch gegen den Rand der Zellen gerückt sind, eine äusserst zierliche Ver- theilung feinster Fettkörmechen. In einem späteren Stadium sind dieselben wie beim Mäusehoden durch eine dunklere diffuse Färbung der Protoplasmalappen verdeckt (Fig. 5b), um schliess- lich (Fig. 5e) bei der Abstossung der reifen Spermatozoen mit diesen in das Lumen der Tubuli ausgeschieden zu werden. Während wir aber beim Mäusehoden ein diesen Vorgängen parallel gehendes Verschwinden von Fett in der Randzone ver- folgen können, fehlt, wie schon früher hervorgehoben, diese Randzone beim Kater vollständig, und die einzige Anhäufung srösserer Fettmengen finden wir in den hier ungleich mächtiger als bei der Maus entwickelten interstitiellen Zellen. Legt uns nun schon die vergleichende Erkenntniss dieser Thatsachen die Vermuthung sehr nahe, dass wie bei der Maus das in das Lumen ausgeschiedene Fett aus der Randzone stammt, so analoger Weise die im Inneren der Tubuli beim Katerhoden liegenden Fettröpfehen in ihrem Ursprunge auf das Fett der interstitiellen Zellen zurückzuführen sind, so wird diese Vermuthung zu der in diesen Dingen überhaupt möglichen Gewissheit durch den Nachweis der oben bereits flüchtig beschrie- benen Kanäle und einer durch dieselben stattfindenden Strömung von Fett. Diese die Wandung der Tubuli durehbohrenden und die interstitiellen Zellen mit den Sertolischen verbindenden Kanäle treten nun keineswegs immer mit der Deutlichkeit in die Er- scheinung, wie sie in Fig. 4a und de genau nach der Natur dargestellt sind. Sie werden überhaupt nur selten in ihrer ganzen Länge angetroffen in Schnitten, welche senkrecht zur Längsaxe der Tubuli geführt sind, woraus ich den Schluss ziehe, dass sie in der Regel mit ihrem Inhalte an Fett keine direkte Fortsetzung der Sertolischen Zellen bilden, sondern zu der Längsaxe derselben in einem stumpfen Winkel geneigt sind. Am leichtesten finden wir die Kanälchen in den Stadien der Spermatogenese, in wel- chen wir bei der Maus die grössten Ansammlungen von Fett in den Fussplatten konstatierten. Sie sind alsdann meistens mit 300 Juliws Plato: Fett gefüllt und fallen uns an Stellen,. welche schräg zur Axe der Tubuli geschnitten sind, als bald mehr, bald weniger zuge- spitzte, längliche, mit helleren Contouren versehene, mehr oder minder dunkel gefärbte Bälkchen auf, welche die zu beiden Seiten scharfen Contouren der Wandungen unterbrechen. In der Figur 7 habe ich eine Anzahl derartiger Kanälchen wieder- gegeben, welche wohl keines weiteren Commentares bedürfen. Ich legte mir nun die Frage vor: Entstehen diese Kanäl- chen in jedem einzelnen Falle der Durchwanderung eines Fett- tropfens, oder sind es präformirte Gebilde, und wann treten dieselben zum ersten Male auf? Während ich diese letzte Frage völlig unentschieden lassen muss, möchte ich mich doch für die präformirte Natur dieser Ge- bilde entscheiden. Zunächst bestimmen mich dazu Befunde, wie sie Fig. 4a und 5 e zeigen. Wenn sich die Kanälchen erst unter dem Drucke des durch irgend welche ehemischen oder mecha- nischen Momente in Bewegung gesetzten Fettkörnchens in jedem einzelnen Falle bilden sollten, so müssten sie sich meiner Ansicht nach auch sofort wieder zuziehen, sobald das Fettkörnchen in das Innere des Tubulus gelangt ist. Fig. 4a und 5 e jedoch zeigen das Gegentheil. Zweitens aber finde ich auch an Stellen, welche vollständig frei von Fett sind, Lücken in der Wandung der Tubuli, welehe mit den fetthaltigen Kanälchen grosse Aehn- lichkeit haben. Schliesslich fallen, wenn auch in geringem Grade, eigen- thümlich geschlängelte Substanzdefekte ins Gewicht, welche ich — gewiss nicht als der erste — des öfteren in den Fussplatten der Sertolischen Zellen fand, und die ich in einigen Fällen durch die Wandung der Tubuli hindurch in die interstitiellen Räume hinein verfolgen konnte, ohne dass sich in unmittelbarer Nähe Fett befunden hätte. Einmal auf diese Verhältnisse beim Katerhoden aufmerksam geworden, glaube ich, trotz der äussersten Feinheit der Struk- turen, auch beim Mäusehoden Stellen gefunden zu haben, welche mir einen Uebertritt von geformtem Fett aus den interstitiellen Zellen in die Tubuli zu beweisen scheinen. Während wir dies beim Kater als die Regel bezeichnen können, müssen wir die Fetttröpfehenbildung bei der Maus in die Füsse der Sertolischen Zellen verlegen, und hiermit scheint mir Des N En un se aan u Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 301 das bei der Maus viel stärkere hervortreten der Fusskerne in Einklang zu stehen. Ueberhaupt kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass wir in den Fusskernen und den Kernen der interstitiellen Zellen funktionell verwandte Gebilde zu sehen haben. Oder sollte z. B. beim Kater nicht nur das Fett, sondern die ganze Zelle mit dem Kerne in das Innere der Tubuli wandern? Dafür könnte allenfalls Fig. 4 sprechen, in welcher wir im äusse- ren Ende des Kanälchens ein gegen das Lumen zugespitztes, abge- schnittenes Stück eines Kernes sehen, sowie die merkwürdigen Form- und Lageveränderungen der Fusskerne, welche, nach den von vielen Autoren gegebenen Abbildungen, zuweilen aus der Wand der Tubuli gleichsam herauszuwachsen scheinen. Mehr als eine Anregung zu einer Prüfung dieser Fragen soll in diesen Zeilen nicht liegen. Für den Katerhoden möchte ich eine Wande- rung der Zellen für unwahrscheinlich halten, da die Kanäle in der Regel hierfür zu klein sind und ich in der funktionirenden Drüse eine die auswandernden Zellen ergänzende Neu-Entstehung aus fixen Bindegewebszellen, wie ich sie für den sich entwiekeln- den Hoden demnächst zu beschreiben gedenke, kaum nachweisen kann, und Mitosen niemals zur Beobachtung kamen. Allerdings will ich die Möglichkeit einer direkten Kerntheilung nieht ohne weiteres von der Hand weisen. Zellen mit 2 Kernen finden sich nicht allzu selten. Wenn wir nun zum Schlusse den unsern vorliegenden Aus- einandersetzungen zu Grunde liegenden Gedankengang kurz zu- sammenfassen, so sahen wir uns durch merkwürdige Befunde von Kanälchen, welche zu Fettströmungen im Katerhoden Beziehungen zu haben schienen, veranlasst, uns über die Bedeutung des Fettes für die Spermatogenese überhaupt zu orientiren. Auf Grund der Befunde beim Mäusehoden, kamen wir dann in Uebereinstimmung mit der Ansicht namhafter Autoren zu der Ueberzeugung, dass das Fett ein Nährmaterial für die reifenden Spermatozoen dar- ‘stelle und zu diesem Zwecke in bestimmten Stadien der Sper- matogenese in einer von der Wand der Tubuli gegen das Lumen derselben gerichteten Strömung begriffen sei. Während wir aber bei der Maus eine im Inneren des Tubuli gelegene peripherische Fettzone als Ausgangspunkt dieser Strömung bezeichnen konnten, sahen wir uns bei dem Fehlen dieser Randzone im Katerhoden bei diesem Objekte genöthigt, die auch hier vorhandene Fettkörnchen- 302 ukliuisaEallariror strömung in ihrem Ursprunge auf das im Gegensatz zu den Ver- hältnissen bei der Maus hier stark entwickelte interstitielle Fett- lager zurückzuführen. Hier nun wurden die in ihrer Aechtheit von uns selbst anfangs angezweifelten Kanäle zu einem theore- tischen Postulate, und es gelang uns nun leicht, sie gerade in denjenigen Stadien der Spermatogenese beim Kater aufzufinden, in denen wir bei der Maus eine vermehrte Anhäufung von Fett in den Fussplatten fanden. Diese Art der Darstellung entspricht auch dem thatsäch- lichen Gange meiner Untersuchungen. Während also frühere Autoren sich mit der Beschreibung der interstitiellen Substanz beenügten, oder sich hinsichtlich ihrer Bedeutung in Vermuthungen ergingen, die auf der breiten Basis anatomischer und physiologischer Möglichkeiten ruhten, glaube ich in den interstitiellen Zellen, des Katerhodens wenigstens, ein Organ sehen zu dürfen, welches das für die Ernährung der rei- fenden Samenfäden nöthige Fett resorbirt und aufspeichert, und halte für den wichtigsten Befund die beschriebenen Kanäle, welehe die aufgespeicherten Vorräthe dem Orte ihrer Bestimmung ent- gegenführen. Wenn wir nun in den interstitiellen Zellen überhaupt ein für die Spermatogenese wichtiges trophisches Hülfsorgan sehen müssen, worüber ja erst weitere Untersuchungen die Entscheidung bringen können, inwieweit sind dann die in der Literatur zer- streuten Angaben in diesem Sinne zu verwerthen ? Auf jeden Fall spricht Hofmeister’s (5) Angabe von einer Vermehrung der interstitiellen Substanz im funktionirenden Hoden gegenüber dem ruhenden, für unsere Auffassung. Es spricht ferner dafür die interessante Beobachtung Hansemann’s beim Murmel- thier (l. e.). Im übrigen jedoch müssen wir alle älteren Beobach- tungen mit äusserster Vorsicht aufnehmen, da auf die physiolo- gische Veränderlichkeit des Organs bisher zu wenig Rücksicht genommen wurde und vor allem die Begriffe einer Vermehrung oder Verminderung der Zwischensubstanz sehr relative sind, in- dem zum Beispiel eine Vermehrung derselben sowohl auf einen noch mangelhaften Entwicklungsgrad der Tubuli in embryonalen- und Jugendzuständen des Individuums, als auch auf eine wirk- liche Vermehrung der Elemente unter Volumzunahme des ganzen Hodens und schliesslich auf eine Rückbildung der Tubuli bei Die interstitiellen Zellen des Hodens etc. 303 pathologischen und vielleicht auch senilen Zuständen zurückge- führt werden kann. Nicht einmal über einen so wichtigen Punkt, wie die Betheiligung der Zwischensubstanz an dem Aufbau des normalen, funktionirenden Menschenhodens herrscht Ueberein- stimmung unter den Autoren. Hansemann findet die Substanz beim 24 Jahre alten Manne kaum mehr auf, während Reinke sie — in Uebereinstimmung mit Henle — bei einem 25jährigen Manne in mächtiger Entwickelung sieht. Doch darüber in einer folgenden Mittheilung mehr. Es ist mir ein Bedürfniss, dem Direktor des Instituts, Herrn Prof. O0. Hertwig, für das meiner Arbeit entgegengebrachte Interesse und die Förderung meiner Bestrebungen, sowie Herrn Privatdozenten Dr. Rudolf Krause für die Liebenswürdigkeit seines Rathes in allen Fragen der Technik, und seiner Hülfe bei einer nicht geringen Anzahl von Versuchen, auch an dieser Stelle meinen herzlichen Dank abzustatten. Literatur- Verzeichniss. 1. Kölliker, Mikroskopische Anatomie oder Gewebelehre desMenschen. Bd. II. Leipzig 1854. 2. Henle, Handbuch der systematischen Anatomie 2. Aufl. Bd. II. Braunschweig. 3. Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankfurt a. M. 1857. 4. Ludwig u. Tomsa, Die Lymphwege des Hodens. Sitzungsber. d. math.-naturw. BER der k. Acad. der Wissenschaften. Bd. XLVI. Wien 1862. 5. Striecker’s Handbuch der Gewebelehre. a 1871. 6. Hofmeister, Untersuchungen über die Zwischensubstanz im Hoden der Säugethiere. Sitzungsbericht d. math.-naturw. Klasse d. k. Akademie d. Wissensch. Bd, LXV. Abth. III. Wien 1872. 7. Mihalkowicz, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Hodens. Arbeiten aus d. phys. Anstalt zu Leipzig. Herausgegeb. v. Ludwig. Leipzig 1874. 8. Harwey, Ueber die Zwischensubstanz der Hoden. Centralblatt f£. d. med. Wissenschaft. 1875. Nr. 30. 9. Waldeyer, Ueber Bindegewebszellen. Arch. f, mikr. Anat. Bd. 11. 10. Derselbe, Sitzungsberichte der Berliner Akademie. Sitzung vom 11. Juli 189. 304 Julius Plato: Die interstitiellen Zellen des Hodens ete. 11. A. Jacobson, Zur path. Histologie der traumatischen Hodenent- zündung. Virch. Arch. Bd. 75. 2. W. Nagel, Ueber die Entwicklung des Urogenitalsystems beim Menschen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 34. 13. D. Hansemann, Ueber die sog. Zwischenzellen des Hodens und deren Bedeutung bei path. Veränderungen. Virch. Arch. 189. Bd. 142. 14. Fr. Reinke, Beiträge zur Histologie des Menschen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXXVII. 1896. 15. v. Ebner, Zur Spermatogenese bei den Säugethieren. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 31. 1888. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII. Sämmtliche Abbildungen sind in ihren Umrissen mit Hülfe des Ahbe’schen Zeichenapparates in der Höhe des Objekttisches entworfen. Fig. 1—3 sind gezeichnet mit Zeiss DD und Ocular 2, und darauf um die Hälfte verkleinert worden. Fig. 4—8 sind mit Zeiss. Homog. Immersion Y/j und Ocul. 2 gezeichnet und in natürlicher Grösse wieder gegeben. Fig. 1. Schnitt durch den Hoden eines Katers. Die dunklen Partien stellen die interstitielle Substanz dar. Hermann. Fig. 2. Schnitt durch den Hoden eines Katers. Der Epithelbelag ist fortgelassen. Zenker-Heidenhain. — Die grossen inter- stitiellen Zellen. Fig. 3. Hoden der Maus. Hermann. Schwach entwickelte interst. Substanz, dagegen Fettrandzone. Fig. 4a. Katerhoden. Hermann. Bei X grosses Kanälchen mit keil- förmigem Fettkorn. Fig. 4b. Nächster Schnitt der Serie, Reste des Fettkorns. Fig. 5a—ec. Katerhoden. Hermann. Die verschiedenen Stadien der Fettkörnehenströmungen beim Kater. Kanälchen in der Wan- dung der Tubuli. Fig. 6a—ec. Mäusehoden. Hermann. Die verschiedenen Stadien der Fettkörnchenströmungen bei der Maus. Fig. 7. Einige Kanälehen ohne den zugehörigen Epithelbelag. Fig. 8. Spermatozoen vom Hund mit Fetteylindern. 305 (Laboratorium für allgemeine Pathologie an der Kön. Universität Florenz. Direktor Prof. A. Lustig.) Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserschei- nungen in den Epithelzellen der Schilddrüse. Von Dr. @ino Galeotti, Assistenten. Hierzu Tafel XII. Zahlreiche Untersuchungen haben bereits mit Sicherheit festgestellt, dass das Corpus thyreoideum eine echte Drüse ist, in welcher Sekretionsvorgänge stattfinden, denen vollkommen ähnlich, welche in anderen Drüsen des Organismus vor sich gehen. Die Wichtigkeit dieses Organs für die allgemeine Oeko- nomie und für den regelmässigen Vorgang des Stoffwechsels ist gegenwärtig durch zahllose Experimente, durch die Exstir- pation, durch die Verpflanzung der Drüse und durch die Inoku- lation der Schilddrüsensäfte sicher nachgewiesen. Was die Erklärung der Funktion dieser Drüse betrifft, so liegen zwei Hypothesen vor: entweder stellt die Schilddrüse ein Exkretionsorgan dar, entzieht also dem Blute gewisse schäd- liche Stoffwechselprodukte, verändert oder zerstört sie, oder sie sondert eine Substanz ab, welche als Antitoxin gegen die toxischen Produkte des Stoffwechsels wirkt, welche sich im Blute vor- finden, und deren weitere Zersetzung veranlasst, so dass sie weniger schädlich, oder durch die echten Sekretionsorgane leichter eliminirbar werden. Diese zweite Hypothese scheint die natür- lichste. Jedenfalls hat mich die Idee, die Funktion der Schild- drüse müsse in Beziehung zu der Gegenwart toxischer Produkte im Kreislaufe stehen, und die Zunahme dieser Stoffe müsse die Funktion der Drüse anregen, dazu veranlasst, den Mechanismus dieser Funktion auf die jetzt zu beschreibende Weise zu stu- diren. Auf diesem Wege waren mir Wyss, Andersson, 306 Gino Galeotti: und Hürthle vorausgegangen, deren Versuche ich in der Folge anzuführen Gelegenheit haben werde. Die sehr reiche Bibliographie über die Sehilddrüse ist aus- führlich in verschiedenen Veröffentlichungen niedergelegt, von denen ich nur, als die neuesten und vollständigsten, die von Masorin (1), Farmaneck und Hascowec (2) und die von Ewald (3) anzuführen brauche. Alle bibliographischen Ausführungen von meiner Seite werden dadurch überflüssig, und ich behalte mir nur vor, die Autoren zu eitiren, die in letzter Zeit ihre Untersuchungen über diesen Gegenstand veröffentlicht haben. Ich habe die Sekretionsprozesse der Schilddrüse nur vom eytologischen Gesichtspunkte aus studirt und mich nur mit den feinen Veränderungen beschäftigt, welche im Kern und im Cyto- plasma der secernirenden Epithelien vor sich gehen. Ich habe mich einer Färbungsmethode bedient, welche speciell zu diesem Zwecke bestimmt ist, und über die ich in zwei früheren S. 312 eitirten Arbeiten ausführlich gesprochen habe. Ich halte es daher für über- flüssig, hier die Beschreibung zu wiederholen und will nur er- wähnen, dass dabei das Cytoplasma, das Karyoplasma und andere acidophile Elemente der Zelle graugrün, die basophilen Elemente mit Ausnahme des Nucleins lebhaft grün, das Nuclein, die chromatische Membran des Kerns und die Zellkörnehen fuchsinroth gefärbt werden. Ich bemerke ferner, das die Fär- bung gewisser Substanzen durch saures Fuchsin nicht von einer chemischen Verwandtschaft dieser Substanzen mit dem Fuchsin, sondern von deren physischem Zustande, ihrer Dicke und Kom- paktheit abhängt. Hier muss ich noch darauf aufmerksam machen, dass, wenn ich bisweilen bei der Beschreibung der von mir gemachten Be- obachtungen mich des Ausdrucks „fuchsinophil* bediene, dies nur zur Vereinfachung der Beschreibung geschieht, und nicht, weil ich eine Wahlverwandtschaft der sich mit saurem Fuchsin färbenden Körper mit diesem Farbstoff annähme. In der Schilddrüse färbt sich das Cytoplasma und das Karyoplasma der Follikel-Epithelien graugrün, wie ich schon sagte. Unter den transitorischen Elementen, deren Gegenwart also mit der Funktionsthätigkeit der Zelle in Beziehung steht, finden sich einige im Allgemeinen ziemlich kleine Körnchen, die Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 907 sieh mit Fuchsin färben, und andere, grobe Körnchen, die aci- dophile Reaktion zeigen und sich gleichförmig graugrün färben. Auf dieselbe Weise färbt sich die die Follikel anfüllende Colloid- substanz. Als Versuchsthier wählte ich die Schildkröte (Emys euro- paea), und zwar aus einem Grunde von durchschlagender Wichtig- keit, weil nämlich die die Sehilddrüsen-Alveolen auskleidenden Epithelien bei diesem Thier sehr gross sind. Ausserdem sind diese Schildkröten sehr widerstandsfähig und ertragen mit Leichtig- keit die schwersten Operationen; auch für toxische Substanzen im Allgemeinen sind sie wenig empfindlich. Von der oben genannten Idee über die Funktion der Schild- drüse ausgehend injieirte ich einigen Schildkröten verschiedene Substanzen, welche man als toxische Produkte des Stoffwechsels betrachten kann. Die Injektionen wurden (mit den in destillirtem Wasser aufgelösten Stoffen) unmittelbar in die Bauchhöhle mit einer Pravaz 'schen Spritze ausgeführt. Anderen Schildkröten injieirte ich die organischen Säfte von Schildkröten, die vor einiger Zeit der Exstirpation der Schilddrüse unterworfen worden waren. Hier will ieh noch einige Worte über die Art der Ausführung dieser Operation hinzufügen, welehe man sehr leicht und schnell verrichten kann, ohne dass das Thier dabei nur einen Tropfen Bluts verliert '). Ich durchbohrte das Schild mit einer Trepankrone von 17 mm Durchmesser, indem ich die Spitze längs der Mittellinie und genau in der Mitte des dritten Schuppenpaares einsetzte. Ich nahm die Scheibe von Hornsubstanz weg und durchschnitt mit der Schere die dünne Muskelschicht; dann zog ein Assistent den Kopf und die Vorderbeine nach oben und aussen. Hierauf zeigte sich unter einer dünnen, aponeurotischen Membran die Sehilddrüse, an der Stelle der Gabelung der grossen Herzgefässe liegend. Mit zwei feinen Pincetten zerriss ich die Membran, entblösste die Drüse und isolirte sie, immer mit der Spitze des Instruments, von den grossen Gefässen, indem ich die kleinen, zu ihr tretenden Gefässe zerquetschte, ehe ich sie zerriss. Auf 1) Ueber die Thyreoidektomie bei niederen Thieren vergl. Christiani (4). 308 Gino Galeotti: diese Weise konnte ich, den Gebrauch der Scheere vermeidend, jeden Blutverlust verhüten. Dann brachte ich die Scheibe wieder an ihren Platz, belegte sie mit ein wenig Watte und schloss die Wunde mit Siegellack. Nun gehe ieh zur ausführlichen Beschreibung meiner Ex- perimente über. Beschreibung der Experimente. Schildkröte A, Gewicht 400 gr. Am 22. Apr. 1895 In- jektion einer einprocentigen Harnstofflösung. Am 22. eine weitere, ähnliche Einspritzung. Am 23. dritte Injektion; am 24. Töd- tung. Nichts bemerkenswerthes bei der Sektion. Schildkröte A,, Gewicht 420 gr. Injektion der einprocen- tigen Harnstofflösung auf folgende Weise: Am 22. Apr. 2 cem, am 23..3cem, am 24. 4cem, am 26., 27., 28.,29, 30.) jedes- mal 5eem. Am 2. Mai 6cem. Am 7. Mai wurde sie getödtet, als sie im Sterben lag. Nichts bemerkenswerthes bei der Sektion. Die Schilddrüse ist nicht vergrössert. Schildkröte B, Gewicht 410 gr. Am 20. März Injektion einer einprocentigen Lösung von Leucin. Am 21. 2cem. Am 24. Tödtung des Thieres. Nichts bemerkenswerthes bei der Sektion. Schilddrüse ein wenig vergrössert. Schildkröte ©, Gewicht 395 gr. Am 28. Mai Injektion von 3 cem einer einprocentigen Kreatinlösung. Am 27. zweite, gleiche Einspritzung. Am 30. dritte von 2cem. Am 31. Tödtung. Nichts bemerkenswerthes bei der Sektion. Schilddrüse ein wenig vergrössert. Schildkröte D, Gewicht 385gr. Am 26. März Injektion von 2cem einer einprocentigen Lösung von Glyeocholsäure. Am 27. dasselbe, am 28. 3eem. Am 29. Tödtung des Thieres. Die Schilddrüse ist merklich vergrössert. Schildkröte Z&, Gewicht 405 gr. Sie wird ebenso behandelt, wie die vorige, aber mit Taurocholsäure. Auch hier ist die Schilddrüse vergrössert. Schildkröte F\, Gewicht 390 gr. Injektion einer einpro- centigen Lösung von Harnsäure in folgenden Mengen: am 25. Apr.2cem, am 26. 3cem, am 27. 4ccm, am 28., 29. und 30. 5eem, am 1. und 2. Mai 5ceem, am 3. wird sie getödtet. Sie zeigt deutliches Oedem unter der Haut des Halses und der Hinter- Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 309 beine. In der Bauchhöhle viel seröse Flüssigkeit. Die Schild- drüse ist nicht vergrössert. Schildkröte #,, Gewicht 410gr. Am 2. Mai Injektion der- selben Harnsäurelösung in der Menge von 2cem. Am 3. gleiche Injektion. Am 4. Einspritzung von 3cem. Am 5. Tödtung. Nichts bemerkenswerthes bei der Sektion. Schildkröte @, Gewicht 4350 gr. Am 21. März Injektion von 2cem einer einprozentigen Lösung von Xanthin. Am 22. und 23. weitere solche Einspritzungen. Am 24. Tödtung. Nichts auffallendes bei der Sektion. Schildkröte 4, Gewicht 395 gr. Am 22. April Injektion von 1 cem einer 25procentigen Lösung von salzsaurem Neurin. Am 25. 2ccm. Am 24. ist das Thier am Sterben. Nichts be- sonderes bei der Sektion; Schilddrüse nicht vergrössert. Schildkröte X, Gewicht 400gr. Erhält 20 Tage lang Einspritzungen von 2—5 eem normalen Menschenurins. Sie stirbt und zeigt bei der Sektion Oedem und Erguss in die Bauchhöhle. Die Schilddrüse ist nicht vergrössert. Schildkröte /, Gewicht 590 gr. Erhält am 25. April eine Injektion von 5 cem frischer Ochsengalle. 24 Stunden darauf ist sie sterbend. Bei der Sektion findet sich sehr reichliches Serum in der Bauch- und Pleurahöhle. Die Leber ist vergrössert. Die Schilddrüse ist dreimal grösser, als im Normalzustande und sieht aus wie eine Blase voll durchscheinender Flüssigkeit. Schildkröte M, Gewicht 420 gr. Am 21. April wird nach der angegebenen Methode die Hälfte der Schilddrüse exstirpirt. Das ausgeschnittene Stück wird sogleich fixirt (M,). Am 22. In- Jektion von 4 cem frischer Ochsengalle. Am 23. ist sie sterbend. Bei der Sektion finden sich dieselben Zustände, wie bei dem vorhergehenden Experimente. Die zurückgebliebene Hälfte der Drüse hat keine Blutung veranlasst. Die Oberfläche des Schnittes ist mit dünnem Coagulum bedeckt. Diese Hälfte ist stark ver- grössert. Sie wird sogleich fixirt (M,). Schildkröte N, Gewicht 375 gr. Ich erwärme im Marienbade 15 Minuten lang bis zum Kochen ein wenig Blut- serum vom Ochsen in vorgerücktem Fäulnisszustande und filtrire. Am 1. März injieire ich dieser Schildkröte 3 cem davon, am 2. und 3. ebensoviel. Am 4. tödte ich sie. Nichts bemerkens- werthes bei der Sektion. Die Schilddrüse ist nicht vergrössert, 310 Gino Galeotti: Die Eingeweide dieses Thieres werden fein zerrieben und in wenig Wasser bei einer Temperatur von 14—16° der Fäulniss überlassen. Sehildkröte O, Gewicht 380 gr. Ich filtrire die so- eben besprochene Flüssigkeit durch Leinwand. Am 8. März in- Jjieire ich 5 eem davon dieser Schildkröte. Am 10. ist sie ster- bend. Nichts bemerkenswerthes bei der Autopsie. Die Schild- drüse ist nicht vergrössert. Experiment P. Ich führe die Thyreoidektomie an einer normalen Schildkröte aus. Keine Blutung; das Thier hält sich viele Tage lang unbeweglich ohne auffallende - Erscheinungen zu zeigen. Nach 16 Tagen zeigt sich Oedem am Halse, sodass das Thier den Kopf nieht m den Panzer zurückziehen kann. Dann erscheinen Koöntrakturen der Vorderbeine. Diese sind nach aussen gestreckt, und es gehört eine gewisse Anstrengung dazu, um sie wieder in ihre natürliche Lage zu bringen; sobald man sie sich selbst überlässt, kehren sie in die erste Stellung zurück. Ich nehme nun das zur Verschliessung der Oefinung im Panzer wieder eingesetzte Scheibehen heraus, und es fliesst viel gelbliches Serum aus, welches ich sorgfältig sammle. leh ziehe das Herz heraus, welches ich öffne, um das Blut ausfliessen zu lassen, welches ich mit dem genannten Serum mische. Bei der Sektion überzeuge ich mich, dass die Operation keine Blutung veranlasst hat; die Eingeweide sind reich an Wasser. Ich inji- eire nun die Mischung von Blut und Wasser einer anderen Schildkröte von 410 gr Gewicht in der Menge von D cem, am folgenden Tage 2 cem, und 3 Tage darauf tödte ieh diese Schildkröte. Nichts bemerkenswerthes bei der Sektion. Die Schilddrüse ist nicht vergrössert. Experiment Q. Ich exstirpire einer starken, normalen Schild- kröte die Schilddrüse. Nach 20 Tagen zeigt sie Oedem und bewegt sich fast nicht mehr. Ich tödte sie und entnehme ihr die Eingeweide, die ich fein zerreibe und 12 Stunden lang in wenig Wasser stehen lasse. Ich filtrire dann dureh Leinwand und drücke stark aus. Ich injieire 5 cem dieser Flüssigkeit einer 420 gr schweren Schildkröte. Am folgenden Tage eine zweite, gleiche Einspritzung. Nach 24 Stunden tödte ich das Thier. Nichts besonderes bei der Sektion — die Schilddrüse ist nicht vergrössert. Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 311 Experiment R. Schildkröte von 385 gr Gewicht. Ich in- jieire ihr 2 egr Pilocarpin, in wenig Wasser gelöst. Nach einer Stunde hat das Thier eine Flüssigkeit aus der Kloake aus- gestossen; aus dem Maule und den Nasenlöchern fliesst reich- licher Schaum. Nach 14 Stunden wird sie getödtet. Nichts auffallendes bei der Sektion; Schilddrüse nicht vergrössert. Experiment $8. Im verflossenen Jahre, als ich diese Ver- suche kaum begonnen hatte, entwickelte sich in einer kleinen Gruppe von Schildkröten, die ich besass, eine Epidemie. Fast alle diese Thiere starben in kurzer Zeit und zeigten in ihrem Blute einen Mikroorganismus, von dem ich Kulturen anlegte, ohne ihn genau bestimmen zu können. Vielleicht handelte es sich um den Hydrophilus fuscus. Ich unterbrach damals meine Experimente, entnahm aber einigen an der Infektion gestorbenen Thieren die Schilddrüse und behandelte sie auf die gewöhnliche Weise mit der Absicht, in diesem so günstigen Falle den Ein- fluss der Infektion auf die Funktion der Drüse zu untersuchen. Leider verlor jedoch das Bakterium durch die Kultur seine Virulenz, und diese Studien mussten unterbrochen werden. Ich werde also jetzt hier nur von den mikroskopischen Beobachtungen sprechen können, die ich an jenen Schilddrüsen gemacht habe, welche eines natürlichen Todes gestorbenen Thieren entnommen und in ganz frischem Zustand fixirt worden waren. Ich beginne mit der Beschreibung der Erscheinungen, wel- che in den Epithelien der Schilddrüse vor sich gehen und be- trachte zuerst die Zellen von Drüsen solcher Thiere, denen keine Injektion gemacht worden war. Wenn die Thätigkeit der Schild- drüse wirklich mit der Gegenwart von toxischen Stoffwechsel- produkten im Kreislauf in Beziehung steht und sie von ihnen gereizt wird, so begreift man leicht, dass diese Drüse auch bei den in normalen Verhältnissen lebenden Thieren in einem Zustand von mittlerer Funktionsthätigkeit begriffen sein muss, denn diese Stoff- wechselprodukte werden fortwährend im Organismus hervorge- bracht und ausgeschieden. Die Autoren, welche die Sekretions- erscheinungen dieses Organs studirt haben, stimmen in der An- nahme einer solchen fortdauernden, mässigen Sekretion überein, und auch meine Beobachtungen bestätigen diese Thatsache. Aber, wie es auch in vielen anderen Drüsen der Fall ist, nicht alle Zellen sind zu gleicher Zeit in Thätigkeit. Auch oberflächliche 312 Gino Galeotti: Beobachtung genügt, um zu beweisen, dass im Allgemeinen in der normalen Schilddrüse nur die Epithelien einiger Follikel sich in Sekretionsthätigkeit befinden und oft sind nieht einmal alle Zellen eines Follikels in diesem Zustande, sondern bisweilen nur die einer Wand, oder auch nur einige vereinzelte Elemente. Es scheint also in der Funktionsthätigkeit der Schilddrüse eine Ab- wechselung von Perioden der Thätigkeit und der Ruhe für die einzelnen Gegenden der Drüse einzutreten. Diese Erscheinung ist dem Studium der Sekretionsvorgänge sehr günstig, denn man kann so an demselben Präparate alle ihre verschiedenen Perioden beobachten, ja sogar sehr oft an dem- selben Follikel. Ich will nur einige Worte über den Bau der Epithelzellen sagen, welche die Follikel auskleiden. Ilre Höhe schwankt bei der Schildkröte zwischen 18 und 24 u, ihre Breite zwischen 8 und 12 u. Ihr runder Kern hat 6—10 u Durchmesser; er liest immer in der Basalgegend der Zelle, ausgenommen in be- sonderen Fällen von Degeneration, von denen ich zuletzt sprechen werde. Das Cytoplasma dieser Zellen ist, frisch beobachtet, homogen; nach der Fixirung nimmt es das charakteristische Aussehen des homogenen, coagulirten Protoplasma an, und man sieht in ihm weder Fibrillen, noch protoplasmatische Stränge. Ich habe auch niemals einen Saum oder eine Flimmerfaser (wie Andersson angiebt) an der Seite wahrnehmen können, welche frei nach der Follikelhöhle gerichtet ist. Der Kern hat eine dünne, ehromatische Membran, er enthält oft eine einzige Chro- matinmasse (Nuclein) in centraler Lage, bisweilen ist diese in zwei kleine Schollen getheilt, welche immer nahe bei einander bleiben. Im Kerne sieht man auch die Körnehen, von denen ich jetzt sprechen will. Bei der Beobachtung der Sekretions- erscheinungen der Schilddrüse habe ich natürlich die von Tram- busti und mir bei unserem Studium über die Zellenthätigkeit er- haltenen Resultate beachtet). 1) Trambusti, Contributo allo studio della fisiologia della cellula (Partieipazione del nucleo alla funzione di seerezione). Lo Sperimentale. Sezione di Biologia. A. XLIX. f. II. 189. Galeotti, Sulle granulazioni cellulari nei carcinosis. Il Poli- elinico. Vol. II. M fa 8. 189. Galeotti, Ueber die Granulationen in den Zellen, Internat, Monatsschr. f. Anat. u. Phys. Bd. XI. H. 10. 1895. Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen ete. 313 Zum Theil war es der Zweck meiner Arbeit, zu unter- suchen, ob der Mechanismus der Sekretion der Schilddrüsen- epithelien mit dem der anderen von uns studirten Drüsenzellen übereinstimmte, oder davon abwiche. Hier folgen nun in kurzen Worten die Resultate meiner Beobachtungen. Man findet häufig in Präparaten von der normalen Schilddrüse ganze Follikel mit Epithelien ausgekleidet, deren Kern mit Körn- chen gefüllt ist, die mit Fuchsin gefärbt und von gleicher Grösse sind (Fig. 1). Im Cytoplasma dieser Zellen sieht man kein rothes Körnchen noch ein anderes Element der Sekretion. In anderen Zellen kann man dann diese endonuclearen Körnchen ihre Auswanderung aus dem Kern beginnen sehen. Einige er- scheinen ganz in die chromatische Membran eingeschlossen, an- dere dem Kern sehr nahe, andere entfernen sich von ihm, indem sie einer Richtung folgen, welche der Längsaxe der Zelle ent- spricht (s. Fig. 2). Oft vergrössern sich diese Körnchen auf ihrem Wege durch das Cytoplasma und sind bisweilen in der Nähe der freien Seite der Zelle viel grösser, als die, welche man im Kerne oder in der Mitte des Cytoplasmas sieht; dann liegen sie oft in kleinen Höhlungen des Cytoplasmas (siehe Figur 2). An der freien Seite der Zelle befreien sie sich von Cytoplasma und fallen in die Follikelhöhle, wo sie sich auflösen. Wenn man diese Resultate mit den an anderen Drüsen (Pankreas, Giftdrüse des Spelerpes, Magendrüsen von Spelerpes) gemachten Beobachtungen vergleicht, sieht man, dass sie einander vollkom- men entsprechen. Aber auch in den Schilddrüsenzellen von Schildkröten, die sich in normalem Zustande befanden, habe ich noch andere Ele- mente gesehen. Diese bestehen in kleinen runden Schollen, welche sich grün färben, ganz wie Colloidsubstanz. Ihr Durchmesser kann zwischen !/, und 5u wechseln. In sehr vielen Zellen fehlen sie, in anderen sieht man nur eine, in andern drei oder vier. Sie liegen an verschiedenen Stellen des Cytoplasmas, bisweilen nahe am Kern (Fig. 5), bisweilen nahe am Austritt an der freien Seite Trambusti, Contributo allo studio della fisiopatologia della cellula epatica. Estratto delle „Ricerche fatte nel Laboratorio di anatomia normale della R. universitä di Roma ed in altri Laboratorii biologici. Vol. V. f. 2. 1896. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 21 314 Gino Galeotti: der Zelle (Fig. 4). Was die Entstehungsart dieser Elemente be- trifft, die man ohne Zweifel für identisch erklären kann mit dem chromophilen Thyreoidalsekret Andersson's (5, 8. 203 und 204) und mit den Colloidtropfen, welche Hürthle (6) in den den Hauptzellen Langendorf's entsprechenden Zellen beschreibt, so kann ich folgendes sagen. Ich hatte zuerst geglaubt, sie ent- ständen durch einen ähnlichen Mechanismus, wie z.B. in den Pankreaszellen die so genannten Nebenkerne, seien also eben- falls Elemente von endonucleärem Ursprung, gingen ebenfalls aus dem Kerne in das Cytoplasma über, vergrösserten und verviel- fältigten sich; aber dieser Hypothese stand die Thatsache ent- gegen, dass man niemals innerhalb des Kerns dergleichen acido- phile Elemente zu sehen bekommt. Ich dachte auch, sie könnten durch Umbildung der schon beschriebenen rothen Körnchen ent- stehen, wie es z. B. in den Schleimdrüsen der Fall ist, aber auch diese Hypothese war unbefriedigend, denn ich habe niemals Ueber- gangsstadien von den rothen zu den grünen Körnchen finden können (was in den Schleimzellen deutlich ist), und dann weil, wenn eine Umbildung der ursprünglichen, sekretorischen, fuchsi- nophilen Körnchen stattfindet, diese Umbildung weit vom Kerme vor sich geht, wenn das fuchsinophile Körnchen schon angefangen hat, einen bedeutenden Theil des CUytoplasmas zu durchziehen. Im gegenwärtigen Falle kann man dagegen leicht beobachten, dass die grünen Tröpfchen sich an verschiedenen Stellen des Cytoplasmas bilden, meistens aber in der Nähe des Kerns, als an der Stelle, von der sie entsprungen sind, dass sie wachsen und wahrscheinlich nicht eher aus der Zelle ausgestossen werden, als bis sie ein gewisses Volumen erreicht haben. Es ist zweifellos, und auch die angeführten Autoren nehmen es einstimmig an, dass diese Elemente Sekretionsprodukte sind. Da nun auch die Produktion der fuchsinophilen Körnchen nach einem Typus zu Stande kömmt, welcher ohne Zweifel einen Sekretionsvorgang darstellt, so vermuthete ich schon bei meinen ersten Beobachtungen, in den Zellen der Schilddrüse fänden zwei verschiedene!) von einander unabhängige Sekretionsprocesse statt, 1) Andersson beobachtete in den Schilddrüsenzellen pilocar- pinisirter Hunde die Bildung von zwei verschiedenen Sekretstoffen : den einen in der Gestalt von färbbaren Körnchen (ehromatophiles Sekret), und einen andern, flüssigen, in Vakuolen enthaltenen (chro- Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen ete. 315 wodurch zwei, solange sie im Zellkörper verweilten, durch ihre verschiedene Färbbarkeit von einander unterscheidbare Substanzen entständen. Nach ihrem Austritt aus der Zelle lösten sie sich auf und mischten sich mit einander, um jenes Sekret von unbe- kannter Natur zu bilden, welches unter dem Namen „Colloidsub- stanz“ bekannt ist. Die Erscheinung einer doppelten Sekretion innerhalb derselben Zelle war für mich nicht neu, denn ich hatte Gelegenheit, sie in verschiedenen Drüsenzellen festzustellen, wie ich in der oben angeführten Arbeit beschrieben habe. Die folgenden Beobachtungen, welche ich an den Schild- drüsen von Thieren nach Einspritzung der verschiedenen, oben angeführten Substanzen gemacht habe, bekräftigen meine ange- gebene Ansicht. Ich halte es für ‚nöthig, hier mit wenig Worten die in Jedem einzelnen Falle gemachten mikroskopischen Beobachtungen anzuführen. A,. Keine bemerkenswerthen Unterschiede zwischen diesen Präparaten und denen von der normalen Drüse. A,. Follikel nicht vergrössert. — Die Colloidsubstanz, von normaler Dichte, füllt die Follikel fast genau aus. — Epithelien normal. — Keine Vakuolen. — In fast allen Zellen ein oder höch- stens zwei hyaline, grün gefärbte Tröpfehen. — Fast nichts von fuchsinophilen Körnchen, weder im Cytoplasma, noch im Kern. 5. Follikel ein wenig grösser, als im Normalzustande und oft durch Anhäufung von Colloidsubstanz ausgedehnt. Diese scheint von normaler Konsistenz zu sein, aber ihre Menge ist offenbar vermehrt. In einigen Follikeln sind die Epithelien ein wenig abgeplattet, wie zusammengedrückt durch die Substanz, welche die Follikel erfüllt. Die Epithelien sind übrigens über- matophobes Sekret). Er glaubt (S. 216), diese beiden so verschie- denen Substanzen hätten auch eine verschiedene physiologische Be- deutung; die chromophilen Körnchen seien das Resultat einer Thätig- keit des Cytoplasmas und könnten die Bedeutung von Cymogen- körnchen haben, wie man sie in den Zellen des Pankreas und der Darmschleimhaut findet. Auch Hürthle beschreibt zwei Sekretions- mechanismen; in dem einen Falle bildeten sich im Protoplasma die Tröpfehen von Colloidsubstanz, in dem anderen fiele das Protoplasma selbst einer echten Colloiddegeneration anheim. Hürthle ist der Meinung, diese zweite Sekretionsart habe für den Chemismus der Drüse eine von der ersteren verschiedene Bedeutung. 316 Gino Galeotti: all normal, ihre Kerne zeigen keine Unregelmässigkeit und ent- halten keine fuchsinophilen Körnchen. Im Cytoplasma sieht man weder fuchsinophile Körnchen, noch Vakuolen. In fast allen Zellen finden sich dagegen viele hyaline, grün gefärbte Tröpfehen von verschiedener Grösse. Einige von ihnen kann man in dem Augenblick sehen, in welchem sie in Begriff sind, aus dem Cy- toplasma auszutreten. Diese hyalinen Kügelchen liegen zwischen dem Kern und der freien Oberfläche der Zelle (Fig. 6). ©. Das allgemeine Aussehen der Follikel ist von denen der normalen Schilddrüse nicht verschieden. Bei starker Ver- grösserung zeigen sie sich reich an rothen Körnchen; von diesen sind diejenigen am grössten, welche vom Kern am weitesten ent- fernt sind. Auch im Kerne kann man viele fuchsinophile Körnchen sehen. In den Epithelien vieler Follikel findet man rothe Körn- chen nur im Kerne, während sie im Cytoplasma fast ganz fehlen. In vielen Zellen, aber nicht in allen, erblickt man auch einen oder zwei hyaline, grüne Tropfen von ungefähr !/;u Durchmesser; ihre Grösse ist dieselbe in allen Zellen, in denen sie sich finden. D. Die Colloidsubstanz ist ziemlich sparsam in den Fol- likeln, so dass fast immer ein merklicher Raum zwischen dieser Substanz und der Epithel-Auskleidung vorhanden ist. Sie scheint auch dichter, als gewöhnlich. Die Epithelialzellen erscheinen der Länge nach etwas vergrössert, aber ohne Anzeichen von Degene- ration. In fast allen Follikeln ist das Cytoplasma voll fuchsino- philer Körnchen von gleichmässiger Grösse. Auch die Kerne zeigen deren einige. In keiner Zelle sieht man die gewöhnlichen grünen, hyalinen Tropfen (Fig. 7). E. In diesen Präparaten wiederholt sich mit überraschender Aehnlichkeit das Bild, welches mir die Schilddrüse der vorher- gehenden Schildkröte darbot. F,. Follikel normal. Die Colloidsubstanz ist nicht vermehrt. Die Epithelien zeigen keine Alterationen. Man sieht in ihnen nur sehr wenige rothe Körnchen, und diese nicht in allen Zellen. Andere Zellen zeigen ein oder zwei grüne Tröpfchen von gleich- förmiger Grösse, meistens in der Nähe des freien Randes der Zelle liegend. F,. Kein bemerkbarer Unterschied zwischen diesen Prä- paraten und denen von der normalen Schilddrüse. @G. Ich kann für dieses Experiment wiederholen, was ich Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 317 bei Experiment © gesagt habe. Auch in der Schilddrüse der so behandelten Schildkröte sah man sehr viele fuchsinophile Körnchen und einen oder zwei hyaline Tropfen; aber letztere nicht in allen Zellen (Fig. 8). H. Follikel ein wenig vergrössert, aber die Colloidsubstanz füllt sie nicht ganz an. Die Epithelien sind von normalem Aus- sehen und zeigen oft Erscheinungen von vermehrter Sekretion; besonders die Produktion der hyalinen, acidophilen Substanz hat zugenommen, denn in sehr vielen Zellen sieht man 3—6 Tropfen von verschiedener Grösse. Dagegen sind die durch Fuchsin ge- färbten Körnchen sowohl im Kem als im Cytoplasma ziemlich selten. K. Die Follikel sind von normaler Grösse. Die Colloid- substanz füllt im allgemeinen nicht den ganzen Follikel aus, sondern es bleiben mehr oder weniger breite Räume zwischen ihr und der Epithelialauskleidung. Die Epithelien haben der Länge nach ein wenig zugenommen und bieten an manchen Stellen Zeichen von Degeneration dar, be- sonders darin bestehend, dass das Uytoplasma wie geschwollen, heller, und bisweilen von kleinen Vakuolen durchsetzt erscheint. Einige Kerne zeigen unregelmässigen Umriss und Diffusion der chromatischen Substanz. Es findet eine auffallende Zunahme der sekretorichen Erscheinungen statt, bestehend zumal in reichlicher Produktion der grünen, hyalinen Substanz, von der man fast in allen Zellen verschieden grosse, aber niemals sehr grosse Tropfen findet (Fig. 9). Die Kerne sind oft voll fuchsinophiler Körnchen, dagegen sieht man deren wenige im Oystoplasma, und wenn dies überhaupt vorkömmt, in isolirten Zellgruppen. L. Die Follikel sind ausserordentlich erweitert, und daher haben ihre Durchschnitte entschieden polygonale Formen ange- nommen. Die Menge der Colloidsubstanz ist nieht vermehrt, darum bemerkt man zwischen ihr und der Epithelialauskleidung weite Räume, die während des Lebens des Thieres mit Flüssig- keit gefüllt sein mussten. So erklärt sich das makroskopische Aussehen der dunklen Schilddrüse, die ich beschrieben und mit einer Blase voll durchscheinender Flüssigkeit verglichen habe. Diese Flüssigkeit, welche m den Follikeln vorhanden war, darf man wahrscheinlich nicht als von vermehrter Sekretion der Epi- thelialzellen herrührend betrachten, denn die Epithelien zeigen 318 Gino Galeotti: keine von jenen Erscheinungen, welche für alle zur Produktion ziemlich flüssiger Sekrete bestimmter Zellen charakteristisch sind; vielleicht ist sie durch die Lymphräume oder durch die Inter- cellularräume eingedrungen !). Die Auskleidungsepithelien sind ein wenig abgeplattet, bieten aber kein Zeichen von Degeneration dar. Ihr Cytoplasma ent- hält eine ausserordentliche Menge von rothen, kleinen, gleich- förmigen Körnchen. Diese sind besonders reichlich in den seit- lichen Theilen der Zellen, sparsam dagegen in den zentralen 1) In Bezug auf die Untersuchungen, welche das Vorhandensein einer Beziehung zwischen der Gegenwart von Gallenstoffen im Blut und der Thätigkeit der Schilddrüse nachgewiesen haben, erinnere ich hier an folgendes: Hürthle (6) beobachtete, dass bei durch Unterbin- dung des Ductus choledochus ikterisch gemachten Hunden die Schilddrüse stark vergrössert war; bei der mikroskopischen Untersuchung fand er bedeutende Erhöhung der Sekretionsvorgänge. Dieselbe Wirkung erhielt er bei dem durch Toluendiamin hervorgerufenen leterus. Er glaubt, die in der Galle enthaltenen Stoffe könnten die Schildrüse zu ungewöhnlich starker Sekretion anregen. Er sagt auch, diese seine Experimente würden den Ausgangspunkt für Untersuchungen bilden, welche Substanzen es sind, welche die Schilddrüse in physiologischen und pathologischen Zuständen zur Sekretion anregen. Müller wiederholte den ersten Versuch Hürthle’s an Hunden und Katzen, und fand, dass bei Katzen keine Vermehrung der Sekre- tion stattfindet; bei Hunden sah er die Drüse vergrössert, den Inhalt der Follikel vermehrt kurz, das Bild eines Colloidkropfs in leichtem Grade. Dieser Autor hatte nur an zwei Hunden experimentirt und wollte daher nicht mit Sicherheit schliessen, dass diese Vermehrung der Funktionsthätigkeit der Schilddrüse von dem Reiz der im Blut der Versuchshunde umlaufenden Galle herrühre, oder ob es sich nicht um einen leichten, von selbst entstandenen Kropf handele, wie man ihn bei Hunden nicht selten antrifft. Ich halte es auch für zweckmässig, die Beschreibung vollständig anzuführen, welche eben dieser Autor (S. 155) von dem mikroskopischen Bilde giebt, das die Schilddrüse zweier Hunde nach Unterbindung der Gallengänge darbot: „Ich konnte in den Follikelzellen keiner der beiden Drüsen coiloidähnliche Tropfen, wie sie Hürthle beschrieben hat, auffinden. Hier und dort sah man in den sehr dünnen Schnitten (6—8 u) nach Behandlung mit Flemming’scher Lösung im Proto- plasma ganz feine, schwarze Punkte; dem Follikelinhalt ähnlich gefärbte Substanz liess sich im Zellinhalt nicht nachweisen.“ Offenbar stimmt diese Beschreibung mit den auch von mir be- obachteten Erscheinungen überein. Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 319 Theilen. Man sieht ihrer auch eine mässige Zahl zwischen dem Kern und der Membrana propria. Auch die Kerne enthalten eine mässige Anzahl. Die grünen, hyalinen Tröpfehen fehlen ganz (Fig. 10). M,. Man sieht das gewöhnliche Bild der normalen Schild- drüse, das heisst, man findet Zellengruppen in verschiedenen Sekretionszuständen, bald mit den rothen Körnchen, bald mit den grünen Tropfen. M,. Dasselbe Bild, wie das bei Schildkröte Z beschriebene. N. Follikel vergrössert und fast genau mit Colloidsubstanz angefüllt. Diese scheint weniger konsistent als gewöhnlich. Die Epithelien zeigen keine Degenerationszustände. Sie enthalten ‚zahlreiche rothe Körnchen, viel grösser, als in normalen Fällen, die sich auch im Kerne und in allen Theilen des Cytoplasmas vorfinden. Wenige Zellen enthalten einen oder zwei hyaline Tropfen, in jedem Falle von ungefähr gleicher Grösse (Fig. 13). O0. Follikel nieht vergrössert. Zwischen der Colloidsub- stanz und der Epithel-Auskleidung finden sich nicht grosse Räume. Die Colloidsubstanz ist konsistenter, als normal. Nicht in allen Follikeln befinden sich alle Zellen in vermehrter Sekretion; die- jenigen, in denen es der Fall ist, zeigen im Allgemeinen folgendes Aussehen: Man sieht zahlreiche rothe Körnchen, sowohl im Kern, als im Cytoplasma; an den letzteren sieht man deutlich, dass sie viel grösser sind, als die an der freien Oberfläche der Zelle liegenden. Eimige von diesen grossen Körnchen sieht man schon reif in der Zelle selbst. Ausserdem bemerkt man mitten im Cytoplasma, ganz nahe am Kern, einen grossen (3—4u) grünen hyalinen Tropfen, seltener deren zwei (Fig. 11 und 12). Es ist auffallend, dass die Vermehrung der Produktion der fuchsinophilen Körnehen immer von dem Auftreten dieses grossen hyalinen Tropfens begleitet ist. P&@Q. In den von diesen Experimenten stammenden Prä- paraten traf ich keine Thatsachen an, die mir eine grössere Inten- sität der Sekretionserscheinungen der einzelnen Zellen bewiesen. Das von den Epithelien dieser Schilddrüsen gelieferte Bild war ungefähr dem der normalen Schilddrüse gleich. Man konnte Jedoch eine Zunahme der Sekretionsthätigkeit bemerken, indem 320 Gino Galeotti: man die Zellen häufiger im Thätigkeitszustande fand, als in nor- malen Fällen. R. Die Follikel sind ein wenig ausgedehnt, während die Colloidsubstanz nicht besonders vermehrt ist; es finden sich daher ziemlich breite Räume der Colloidsubstanz und die Epithel-Aus- kleidung. Die Epitheiien zeigen die gewöhnliche Form, sind aber doch ein wenig breiter als die Norm und stehen dicht beisammen, als wenn sie sich gegenseitig komprimirten. Eine Eigenthümlich- keit, welche sogleich in die Augen fällt, ist ihre verminderte Färbbarkeit. Das Cytoplasma ist sehr hell und man sieht in ihm bisweilen zahlreiche kleine Vakuolen. Auch der Kern ist ziemlich hell, die Kernmembran wenig deutlich, der Inhalt wenig färbbar und fast ganz homogen, die chromatische Masse ist ange- schwollen. Unter den Sekretionserscheinungen ist folgende die wichtigste: man sieht zahlreiche Gruppen von Zellen, in denen nahe an der freien Oberfläche sich eine kleine Gruppe von fuchsi- nophilen Körnchen von gleichförmiger Grösse findet (Fig. 15). Bisweilen sind einige von ihnen im Begriff, aus dem Protoplasma der Zelle in die Höhle des Follikels auszutreten. In anderen Fällen sieht man emige Körnchen im mittleren Theile der Zelle wie im Begriff, sich nach der genannten freien Oberfläche zu begeben. Uebrigens bemerkt man in keiner Zelle endonucleäre, fuchsinophile Körnchen, und ebensowenig habe ich jemals hyaline Tropfen in irgend einer Zelle gesehen. Bei der Beobachtung einer grossen Zahl von Zellen habe ich mich überzeugt, dass durch die Wirkung des Pilocarpins die fuchsino- philen Körnchen weder vermehrt noch vergrössert werden, dass aber die normaler Weise im Kern und im Cytoplasma der Schild- drüsenepithelien vorhandenen an dem am meisten peripherischen Theile der Zelle versammelt sind und aus ihr auszutreten streben. Kurz, ich glaube, dass das Pilocarpin die Schilddrüsenzelle nicht zur Vermehrung ihrer Sekretionsprodukte angeregt hat, sondern nur zur schnelleren Elimination der im Augenblicke der Ver- giftung mit diesem Alkaloid schon vorhandenen. Dies steht in Zusammenhang mit der Thatsache, dass in Folge dieser Ver- giftung grössere Wassermengen das Cytoplasma : durchflossen haben müssen, was aus dem hydropischen Zustande dieser Epi- thelien (Anschwellung, geringere Färbbarkeit des Protoplasmas, Gegenwart von Vacuolen) und aus der anzunehmenden Gegen- Fe Beitrag zur Kenntniss des Sekretionserscheinungen ete. 321 wart von reichlicher Flüssigkeit in den Follikeln hervorgeht. Wie bekannt, vermehrt das Pilocarpin in der That bei den Sekretionen das Mengenverhältniss des Wassers !). S. Die Follikel sind nieht vergrössert, noch ist die Colloid- substanz reichlicher. Die Epithelien zeigen keine Degenerations- erscheinungen und man kann in ihnen die verschiedenen Phasen beider Sekretionsprozesse wahrnehmen. In einigen Zellen sieht man viele fuchsinophile Körnchen, von denen die am grössten sind, welche in der Nähe der freien Oberfläche liegen (Fig. 14). In anderen befinden sich viele fuchsinopbile Körnehen in Cytoplasma und in Kernen, in ersteren auch ein oder zwei Tropfen grüner, hyaliner Substanz. In anderen sieht man ausser den rothen Körnchen mitten im Cyto- plasma einen grossen Tropfen derselben hyalinen Substanz. Ueber die Resultate dieser meimer Experimente kann man, wie mir scheint, folgende Betrachtungen anstellen. Der Ver- gleich zwischen den Präparaten von der Schilddrüse normaler Schildkröten mit den von den Drüsen solcher Thiere herstam- menden, die Injektionen einiger stickstoffhaltigen Substanzen erhalten hatten, welche als toxische Produkte des Stoffwechsels oder der Fäulniss zu betrachten sind, beweist offenbar, dass diese Substanzen fähig sind, die Epithelien der Schilddrüse zu stär- kerer Sekretion anzuregen, als im Normalzustande. Die Stoff- wechselprodukte, welche im Organismus in ungefähr gleichen Mengen hervorgebracht werden, sind wahrscheinlich die ge- wohnten Reize, die die Schilddrüse in einem Zustande von mässiger Funktionsthätigkeit erhalten; wenn aus irgend einem Grunde die Menge dieser Substanzen im Kreislaufe zunimmt, wachsen auch die Sekretionsvorgänge, und vielleicht besteht innerhalb gewisser Grenzen ein gewisses Verhältniss zwischen beiden, das ich aber bis jetzt nicht habe nachweisen können. 1) Wyss [eitirt bei Andersson (5)] fand, dass das Pilocarpin bei Hunden und Katzen zu übermässiger Sekretion anzuregen ver- mag, wie es auch bei den Schleimdrüsen durch dieses Alkaloid ge- schieht. Andersson setzte die Untersuchungen von Wyss fort und behauptet ebenfalls, dass das Pilocarpin fähig ist, die Schilddrüse zur Sekretion auzuregen, besonders zur Produktion von chromophobem Sekret, denn in den Schilddrüsenzellen pilocarpinisirter Thiere fand er die grössten und zahlreichsten Vakuolen. 322 Gino Galeotti: Ferner haben diese meine Untersuchungen das bestätigt, was die Beobachtung der Präparate von normalen Schilddrüsen mich hatte vermuthen lassen, dass nämlich in den secerniren- den Epithelien die Ausscheidung zweier verschiedenen Stoffe durch zwei verschiedene Mechanismen vor sich geht. Die eine Substanz wird mit demselben Mechanismus hervorgebracht, mit dem die Sekretionserscheinungen in den Zellen der Enzyme erzeugenden Drüsen auftraten. Dies sind die fuchsinophilen Körnchen von endonucleärem Ursprung, welche sich bei dem Durchgange durch das Cytoplasma vergrössern und in die Drüsenhöhle ergiessen, ohne ihre Färbbarkeit durch Fuchsin zu verlieren. Die andere, keine basophilen Eigenschaften besitzende Substanz bildet sich unmittelbar im Cytoplasma in der Gestalt hyaliner Tropfen von verschiedener Grösse, welche dann auch in die Drüsenhöhle aus- treten. Ich füge noch hinzu, dass sich unter den secernirten Stoffen keine Flüssigkeiten zu befinden scheinen, wie es doch bei einigen Drüsenzellen der Fall ist, und was sich dann durch die Bildung von Vakuolen zu erkennen giebt; denn man sieht fast niemals Vakuolen innerhalb des Cytoplasmas, und wenn sie vorhanden sind, haben sie wahrscheinlich degenerativen Ursprung. Bei der Vergiftung durch Pilocarpin stellen diese Vakuolen viel- leicht, wie ich schon andeutete, einen Hydrops der Zelle dar. Auch in dem Falle reichlichen Auftretens von Wasser in den Follikeln, wie es bei der Vergiftung mit Galle stattfindet, zeigt sich keine Vakuolisation im Cytoplasma. Aber die interessanteste Thatsache, welche bei meinen Ex- perimenten ans Licht gekommen ist, war die, dass einige toxische Substanzen die Produktion des einen Sekretionsstoffes angeregt haben, andere die des anderen, und noch andere endlich die Absonderung beider zugleich. Diese Thatsache beweist, dass in der That in den Epithelien zwei von einander unabhängige Sekretions-Mechanismen vorhanden sind, die einem verschiedenen physiologischen Zwecke dienen. Den allgemeinen Gesetzen der Zweckmässigkeit und Ausgleichung gemäss, welche alle Organismen beherrschen, ist es natürlich, daran zu denken (wenn die Sekrete der Schilddrüse in der That, wie es wahrscheinlich ist, eine antagonistische Wirkung gegen die Stoffwechselprodukte ausüben), dass die Gegenwart gewisser Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 323 soleher Produkte die Schilddrüse gerade zur Absonderung des- jenigen Sekrets anregt, welches ihnen entgegenwirken soll). Aus dem Gesichtspunkte dieser Idee könnten hinreichend zahlreiche Experimente über die so dunkle Frage nach dem Chemismus der Schilddrüse Licht verbreiten, und man könnte z. B. erforschen, welche Gruppen von toxischen Substanzen zur Absonderung des einen oder des anderen Sekrets anregen und die chemische Verbindung zwischen diesen Erscheinungen auf- klären. Meine in dieser Beziehung allzu unvollständigen Versuche er- lauben mir nicht, eine Hypothese aufzustellen, ich begnüge mich damit, die von mir beobachteten Erscheinungen festzustellen. Die einfachsten Produkte des Stoffwechsels, wie Harnstoff und Harnsäure regen, auch in starker Dosis injizirt, die Schild- drüse nicht zu einer viel stärkeren Sekretion an, als die normale. Diese Substanzen sind wahrscheinlich für sich allein unfähig, die Thyreoidea überhaupt zur Sekretion zu stimuliren, denn nach Injektion kleiner Mengen tritt keine Vermehrung des Sekrets ein (Exp. A, und F,), und dies geschieht nach mehrfach wieder- holten Einspritzungen (Exp. A, und F,), wenn, vielleicht durch den Zustand chronischer, urämischer Vergiftung in der Schild- kröte andere toxische Substanzen von endogenem Ursprung auf- treten. Eine Vermehrung der Produktion der mit Fuchsin färb- baren Körnchen wurde hervorgebracht durch Injektion von Galle und Gallensäure allein (Exp. D, E, L, M), dagegen erfolgte Zunahme der hyalinen Tropfen durch Einspritzung von Leuein, menschlichem Urin und salzsaurem Neurin (Exp. B, H, K), Die Sekretion beider Produkte nahm zu durch die Infektion mit Hydrophilus fuseus und durch Injektion von Creatin, Xanthin und fauligen Substanzen (Exp. S, €, @, O, N). In diesem letzteren Falle hatte ich offenbar ein Gemisch verschiedener Substanzen 1) Tarner (S. 565) glaubt, der Kropf rühre von Hypersekre- tion der Schilddrüse her, welche durch im Organismus eirkulirende Gifte stimulirt werde, und da er gesehen hat, dass in gewissen Fällen der Inhalt der Follikel andere Eigenschaften besitzt als die, welche das Sekret der Schilddrüsenfollikel bei anderen strumösen Individuen aufweist, so glaubt er, dass in beiden Fällen eine Funktionssteigerung mit gleichzeitiger qualitativer Veränderung des Sekrets der Thyreoidea unter dem Einfluss verschiedener Gifte stattfinde. 324 Gino Galeotti: in den Kreislauf eingeführt, daher ist es leicht erklärlich, dass Vermehrung beider Sekretionsprodukte eintrat. Von geringerer Bedeutung waren die Exp. N und A. In der That erwartete ich wichtigere Resultate davon. Man muss jedoch bedenken, dass bei den Schildkröten, bei denen der Stoffwechsel so wenig kräftig ist, die Menge der toxischen Sub- stanzen, die sich nach Exstirpation der Schilddrüse im Blute anhäufen können, von geringer Bedeutung sein muss. Wie schon gesagt, blieben viele Thiere nach der Operation ziemlich lange am Leben. Und wenn bei den der Thyreoidea beraubten Sehildkröten, von denen ich bei der Beschreibung der Experi- mente gesprochen habe, auch eine hinreichende Anhäufung von giftigem Material stattfand, um die Intoxikationserscheinungen deutlich zu machen, so begreift man leicht, dass bei Injektion nur eines Theils des Bluts und der organischen Säfte in andere Schildkröten, dureh diese kleine Menge in letzteren keine bemer- kenswerthe Vermehrung der Sekretion hervorgebracht wurde. Von meinem Willen unabhängige Gründe hinderten mich, an der Schildkröte das Blut von Säugethieren zu versuchen, welehe Zeichen von schwerer Intoxikation in Folge der mangeln- den Funktion der Schildrüse darboten, aber ich beabsichtige, auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Ich muss noch etwas über eine andere Beobachtung hinzu- fügen, die mir bisweilen in einigen Zellen der Schilddrüse auf- gefallen ist. Ich meine die vollständige Umbildung dieser Ele- mente in eine hyaline, homogene Substanz, welche sich färbt wie die Colloidsubstanz der Follikel. Handelt es sich in diesen Fällen um übermässige Produktion der einen der von diesen Epithelien ausgeschiedenen Substanzen (die sich grün färbende Substanz), oder um eine Degenerationserscheinung der Epithel- zellen? Diese Frage, welche sehr wichtig ist, sowohl in Bezug auf die Erklärung der Sckretionsvorgänge in der normalen Schilddrüse, als auf die Fragen nach der Bildung des Kropfes, ist von verschiedenen Autoren verschieden beantwortet worden!). 1) Bekanntlich hat Langendorf den Namen Colloidzellen solchen Zellen der Schilddrüse beigelegt, welche sich ziemlich häufig an den Wänden der Follikel vorfanden und homogenes, hyalines Proto- plasma und dieselbe mikrochemische Reaktion aufwiesen, wie die Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 325 Ich für mein Theil kann darüber nur folgendes sagen: Zellen, deren Cytoplasma zum grösseren oder geringe- ren Theil in hyaline, homogene Substanz verwandelt ist, finden sich in meinen Präparaten ziemlich selten; man muss bisweilen mehrere Regionen durchsuchen, ehe man einige davon findet. Sie sind fast niemals vereinzelt, sondern zu Gruppen von drei oder vier verbunden; bisweilen, aber ziemlich selten, zeigen alle Zellen einer Follikelwand dieses hyaline, homogene Aussehen. Man findet sie niecbt häufiger in Schilddrüsen, die zu stärkerer Sekretion angeregt worden sind; wenn in diesen bisweilen das Cytoplasma fast ganz von zahlreichen, grossen, grünen Tropfen eingenommen wird, so hat dies mit der echten homogenen Um- bildung, von der hier die Rede ist, nichts zu thun. Colloidsubstanz. Er sah ferner das Zusammenfliessen der Elemente, welche diese Eigenschaften darboten und hielt diesen Vorgang für eine Rückbildungserscheinung und für das Resultat einer Thätig- keit des Protoplasmas. Hürthle (l. ec.) ist der Meinung, diese Colloid- zellen entständen durch Anhäufung einer ausserordentlichen Menge von Colloidsubstanz in den Maschen des Protoplasmas. Sie würden dann durch vollständige Colloidmetamorphose ihres Protoplasınas (Schmelzung des Epithels) zu Grunde gehen, und, wie ich schon an- deutete, ein anderes Sekretionsprodukt bilden, als das, welches durch den Mechanismus der Bildung der kleinen Colloidtropfen in Cytoplasma entsteht. Reinbach (8) behauptet, im Struma bilde sich der grösste Theil der Colloidsubstanz auf andere Weise, als in der normalen Schilddrüse (durch Sekretion), nämlich durch Degeneration der Epithel- zellen der Follikel, welche bei diesem Vorgange ein besonderes Aus- sehen annähmen (Siegelringzellen). Andersson (l. e. S. 209) widerspricht in dieser Beziehung der Ansicht Langendorf’s und drückt sich so aus: „Nach meinen Er- fahrungen sind also die Colloidzellen nicht die secernirenden Elemente des Schilddrüsenepithels, sondern sie stellen Stadien der im Absterben begriffenen Follikelzellen dar.“ Er sagt, an diesen Zellen beginne die Colloidmetamorphose im Cytoplasma, und gleichzeitig erschienen Degenerationsvorgänge im Kerne, bestehend in Unregelmässigkeit des Umrisses und chromatoly- tischen Erscheinungen im Innern. Müller (9) sagt, auch an der Bildung der Colloidsubstanz des Kropfes nehme der Sekretionsvorgang Theil. Man kann jedoch auch die Bildung von Colloidzellen beobachten, und dann wird dieser Vor- gang als eine zufällige Degenerationserscheinung betrachtet, wie man sie auch in den normalen Drüsen wiederfinden kann, 336 Gino Galeotti: Die hyaline Umbildung beginnt gewöhnlich im Basaltheile der Zelle zwischen der Membrana propria und dem Kern und ver- breitet sich nach und nach, indem sie den Kerm nach deren freier Seite hindrängt. Im einigen Fällen, wenn die Zelle voll- ständig umgewandelt ist, nimmt der Kern eine vollständige Randstellung ein (Fig. 16). Dagegen erscheinen bei der Sekre- tion der grün gefärbten Substanz die Tröpfehen zwischen dem Kern und dem freien Rande, und bei der Zunahme drängen sie den Kern vielmehr nach der Basis der Zelle. Der Kern dieser Zellen zeigt auch Degenerationserschei- nungen, bestehend besonders aus Unregelmässigkeit des Umrisses, stärkerer Färbbarkeit des ganzen Karyoplasmas und Verschwin- den der Körnchen. Aus allen diesen Gründen glaube ich die Ansicht Müller’s annehmen zu können, um die Natur dieser Metamorphose dieser Schilddrüsenepithelien zu erklären. Vielleicht dass in einigen, durch häufige kurz auf einander folgende Sekretionsvorgänge erschöpften Zellen, Degenerations- erscheinungen auftreten, wodurch das Cytoplasma sich in eine homogene, hyaline Substanz verwandeln kann, von der wir jedoch nicht wissen, ob sie mit der Colloidsubstanz identisch ist, oder nicht. Dies ist der Fall, wie Müller sagt, in manchen Sekre- tionszellen, besonders in Schleimdrüsen und würde einfach ein Zeichen des Alters dieser Zellen darstellen. Diese Idee könnte auch durch die Beobachtung bestätigt werden, dass die Degeneration im Allgemeinen mehr kleine Gruppen von Epithelien, als einzelne Zellen betrifft, und wie ich schon sagte, sind es bei der normalen Sekretion immer Zellengruppen, bisweilen alle einer Follikelwand aufsitzend, die gleichzeitig in Funktion getreten sind, sodass die Perioden der Thätigkeit und der Ruhe bei mehreren neben einander liegenden Zellen auf gleiche Weise abwechseln. Ob nun diese vereinzelten Degenerationserscheinungen eine besondere Wichtigkeit für die Bildung der Colloidsubstanz in der in normaler oder übermässiger Thätigkeit begriffenen Schilddrüse haben, kann ich nicht entscheiden. Soviel ist gewiss, dass in der Mehrzahl der Follikel sich die Colloidsubstanz ohne den Ein- fluss solcher Degenerationserscheinungen, durch die blosse Sekre- tionsthätigkeit der Epithelien bildet, welche ihre Wände auskleiden. Florenz, im Mai 1896. Beitrag zur Kenntniss der Sekretionserscheinungen etc. 327 Literatur. 1. Masorin, Apercus g@neraux sur la physiologie du corps thyreoide. Revue de questions scientifiques. Bruxelles Avril 1894. Ref. Revue neurol. 1894. Nr. 9. 2. Farmaneck u. Haskowec, Beitrag zur Lehre über die Funktion der Schilddrüse. Wien, Hölder 1896. 3. Ewald, Die Erkrankungen der Schilddrüse und Cretinismus. Wien, Hölder 185%. 4. Cristiani, Effets de la Thyroideetomie chez les reptiles. Arch. de phys. norm. et path. 1895. A. 27. p. 356. 5. Andersson, Zur Kenntniss der Morphologie der Schilddrüse. Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgeschichte 1894. 6. Hürthle, Beiträge zur Kenntniss der Sekretionsvorgänge in der Schilddrüse Pflüger’s Arch. 1894. Bd. 56. S. 1. 7. Tarner, Beiträge zur pathologischen Anatomie des Morbus Base- dowii mit besonderer Berücksichtigung der Struma. Virchow’s Archiv. 1896. S. 509. Bd. 143. H. 3. 8.. Reinbach, Ueber die Bildung des Colloids in Strumen. Ziegler’s Beiträge. Bd. XII. 3. H. p. 596. 1894. 9. Müller, Beiträge zur Histologie der normalen und erkrankten Schilddrüse. Ziegler’s Beiträge XIX. 1. H. 1896. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIII. Die Fig. 1—5 und 16 stellen Epithelzellen der Thyreoidea von der normalen Schildkröte dar. Auch die anderen stellen Epithelzellen von Schilddrüsen von Schildkröten dar, welchen Injektionen verschie- dener Substanzen gemacht worden waren, wie im Texte erklärt ist. Die Beobachtungen wurden mit einem Mikroskop von Reichert ge- macht. Apochr. Obj. hom. Imm. mm, Kompensationsoculare 6, 8. 12. Um in den Zeiehnungen die Verhältnisse der verschiedenen Elemente festzuhalten, führte man mittelst des Mikrometeroculars die Messung der Länge und Breite des Oytoplasmas der gewählten Zelle, des Durch- messers des Kerns und der grünen, hyalinen Tropfen aus. Diese Dimensionen wurden dann auf das Papier übertragen im Verhältniss von 1:2000. Fig. 1. Zahlreiche fuchsinophile Körnchen innerhalb des Kerns. Vor- bereitung der Zelle zur Sekretionsthätigkeit. Fig. 2. Eine Zelle während eines nicht sehr kräftigen Sekretionsvor- ganges. Einige Körnchen sind im Begriff, aus dem Kerne in 328 Fig. 3. = 17 Di = Fig. 11 Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. ig. 10. Gino Galeotti: Beitrag zur Kenntniss etc. das Cytoplasma auszutreten. Andere liegen in verschiedenen Gegenden des Cytoplasmas. Die am meisten peripherischen sind die grössten und liegen in kleinen, runden Höhlen. Erscheinen von drei kleinen, hyalinen, acidophilen Tropfen ausserhalb des Kerns, aber an ihm festhaftend. Wenige fuchsinophile Körnchen innerhalb und ausserhalb des Kerns. Eine Zelle in ähnlichem Zustand, wie die vorigen. Die hya- linen Tropfen sind jedoch zahlreicher. Zelle, welche den Uebergang fuchsinophiler Körnchen aus dem Kern in das Cytoplasma zeigt. Zelle von der Schildkröte B. Zunahme der Sekretion der hya- linen, acidophilen Substanz. Das Cytoplasma ist voll grüner Kügelchen von verschiedener Grösse. Zelle von Schildkröte D. Vermehrte Produktion von fuchsino- philen Körncehen. Das Cytoplasma ist ganz voll dieser gleich- mässig grossen Körnchen. Zelle von Schildkröte @. Auffallende Menge fuchsinophiler Körnchen und hyaliner Substanz im Cytoplasma. Zelle von Schildkröte X. Vermehrte Produktion der hyalinen Substanz. Zelle von Schildkröte Z. Vermehrte Produktion fuchsinophiler Körnchen. Keine hyaline Scholle. u. 12. Zelle von Schildkröte ©. Die am meisten peripherischen fuchsinophilen Körnchen sind grösser, als die andern. In der Mitte der Zelle, nahe am Kern, eine einzige hyaline Scholle von bedeutender Grösse. Zelle von Schildkröte N. Vermehrte Produktion rother Körn- chen. Doch ist auch eine Scholle von hyaliner Substanz vor- handen. Zellen von Schildkröte $S. Eine Gruppe von wenigen, sehr grossen Körnchen in dem vom Kerne entferntesten Theile des Cytoplasmas. Zellen von Schildkröte R. Protoplasma homogen, hell. Kern ebenfalls hell. In einer Zelle eine kleine Gruppe von Körn- chen im Begriff, aus der freien Seite auszutreten, in der an- dern eine Körnchengruppe in der Mitte des Protoplasmas und eine Reihe von gleichen Körnchen zwischen dieser Gruppe und dem Kern. Man bemerkt das Streben der Körnchen, den Zellkörper in der Richtung seiner Längsachse zu durchziehen. Zwei Zellen aus der Gl. thyreoidea einer normalen Schildkröte, welche zwei verschiedene Stadien von (Colloid ?) Degeneration zeigen; in der einen Zelle ist die degenerative Metamorphose unvollständig und hat nur den basalen Theil der Zelle be- troffen; in der anderen ist fast das ganze Cytoplasma dege- nerirt, und der Kern ist im Begriff, aus der Zelle ausgestossen zu werden. 329 (Aus dem II. anatomischen Institute zu Berlin.) Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen im Entenschnabel. Von Dr. Ladislaus Szymonowiecz, Privatdocent an der Universität Krakau. Hierzu Tafel XIV. Die Literatur über den Bau der Nervenendigungen im Entenschnabel und hauptsächlich der Grandry’schen Körper- chen ist im Laufe der Jahre sehr umfangreich geworden. Die in den letzten Jahren erschienenen Abhandlungen bringen neue Thatsachen bei, welche mit den früheren Erfahrungen im Wider- spruche stehen. Auch bezüglich der Entwicklung dieser Nerven- endigungen begegnen wir in der Literatur zwei Anschauungen, welehe sich widersprechen, ja sogar sich gegenseitig ausschlies- sen. Seit einer Reihe von Jahren mit Untersuchungen über den Bau der Nervenendigungen beschäftigt, schien es mir von dem höchsten Interesse, auch diese Frage mit unseren neuesten Methoden einer gründlichen Bearbeitung zu unterziehen. Material und Methode. Bei den vorliegenden Untersuchungen verwendete ich bloss eine Entengattung, nämlich die Hausente, und zwar kamen so- wohl erwachsene als junge Thiere (3- und Stägige) zur Unter- suehung. Zum Studium der Entwicklung der Nervenendigungen musste ich Enteneier im Brutofen bei 38° C. ausbrüten. Da Enteneier ein äusserst zartes Material bilden, ist es erklärlich, dass kaum die Hälfte das nöthige Alter erreichte, die. übrigen Embryonen gingen in den Eiern schon in früheren Stadien zu Grunde. Um bei der Entwicklung alle nöthigen Uebergangsstadien zu erhalten, musste ich eine ganze Reihe von Embryonen und namentlich vom .15. bis zum 28. Tage verwenden. ID DD Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 330 Ladislaus Szymonowicez: Zur Fixirung des embryonalen Materials diente mir haupt- sächlich Osmiumsäure und Pikrinsublimateisessig'), dagegen be- diente ich mich bei erwachsenen und jungen Thieren verschieden- artigster Fixirungsflüssigkeiten wie: 1°/, Osmiumsäure, Flem- ming’scher und Hermann’scher Flüssigkeit, Mischung von Sublimat und Osmiumsäure (12 Theile gesättigte + 2 Theile 2°/, Lösung), gesättigter Sublimatlösung in physiologischer Koch- salzlösung ohne oder mit Zugabe von 1°/, Essigsäure, Pikrin- sublimateisessig, Zenker’scher und Müller’scher Flüssigkeit, 3°/, Salpetersäure, absoluten und 70°/, Alkohols. Indem ich so- dann .das derart fixirte Material auf die bekannte Art durch progressiv stärkeren Alkohol brachte (beziehungsweise nach vor- ausgegangenem Auswaschen in fliessendem Wasser), bettete ich dasselbe in Paraffin oder Celloidin ein. Das so vorbereitete Material färbte ich theils mittelst Car- min, Hämatoxylin, Vesuvin, Safranin, theils nach der M. Heiden- hain’schen Methode (Eisenalaunhämatoxylin) mit oder ohne Vor- färbung in Bordeaux, schliesslich bediente ich mich auch der Weigert’schen Fibrinfärbungsmethode. Die M. Heidenhain’- sche Methode und die gewöhnliche Färbung in schwachen Lösun- gen von Hämatoxylin nach Böhmer geben die besten Bilder des Zellenbaues. Ueberdies wendete ich spezielle zur Färbung von Nerven dienende Methoden an. Ich führe hier vor allem Ranvier’s Goldmethode an (8 Theile 1°/, Goldehloridlösung + 2 Theile Ameisensäure nach vorherigem Kochen). Diese Methode gibt sehr distinete Bilder sowohl der beiden Arten der Endigungen in den Nervenkörperchen, als auch der freien Nerven- endigungen, besonders wenn störende Niederschläge oder eine zu starke Mitfärbung anderer Gewebe in den Schnitten in !/,%o Cyankaliumlösung gelöst werden. Die Schnitte werden dann sorgfältig in Wasser gewässert, dann in Alkohol entwässert und in Canadabalsam montirt. Solche bereits seit 5 Jahren von mir aufbewahrte Präparate haben von ihrer ursprünglichen Schönheit nichts eingebüsst. Leider kann diese Methode zur Färbung von Nervenendigungen bei Embryonen wegen der ausserordentlichen Zartheit dieses Materials nicht angewendet werden. Von derartigem Material gibt jedoch die Färbung mittelst Methylenblau vorzügliche Resul- Du 1) Wässr. cone. Pikrinsäurelösung 250, cone. Sublimatlösung 250, Aqu. dest, 500, Eisessig 12 cem. Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 331 tate. Diese Methode wendete ich auf folgende Weise an: Mit- telst eines Rasirmessers machte ich dünne Flächenschnitte (gegen !/,—1 mm dick) von der Wachshaut am Oberschnabel oder von der Schleimhaut des unteren Schnabels und färbte dieselbe auf dem Objektträger in einer schwachen Lösung von Methylenblau in 0,5°/, Kochsalzlösung, indem ich das Fortschreiten der Fär- bung bei schwacher Vergrösserung kontrollirte. Nach Ablauf von eirca 3—4 Viertelstunden, als die Färbung schon ausreichend war, fixirte ich dieselben in der Bethe’schen Mischung, indem ich darin die Präparate 16 bis 20 Stunden in Eis oder Schnee beliess. Oefters wendete ich eine reine 10°/, Lösung von molyb- dänsaurem Ammonium ohne Zugabe von Wasserstofisuperoxyd und Salzsäure, mit sehr gutem Erfolge an. Nach Ablauf dieser Zeit spülte ich die Stückchen 2 Stunden hindurch im fliessenden Wasser aus und brachte dieselben nach kurzer Alkohol- und Xylolbehandlung in Paraffın. Die Alkohole müssen gehörig ab- gekühlt werden, damit sie die Präparate nicht entfärben. Die Schnitte färbte ich mit Alaunkarmin oder Vesuvin nach. Diese Methode leistet ausserordentlich gute Dienste, wenn man berück- sichtigt, dass man an dünnen Schnitten mit Immersion das Ver- hältniss des Endes der Nervenfaser zur Umgebung untersuchen kann, nachdem man vorher die Kerne und Grenzen der um- gebenden Zellen in Contrastfarben dargestellt hat. Die mittelst dieser Methode angefertigten Präparate übertreffen alle anderen an Schönheit und Klarheit des Bildes. Das gleichzeitige Mit- färben des Bindegewebes und der elastischen Fasern beziehungs- weise Gefässe und einiger Zellen findet nur bei minder gelungenen Präparaten statt und im schlimmsten Falle lässt sich auch hier die Nervenfaser von anderen mitgefärbten Elementen unterscheiden. Ich muss meine Verwunderung aussprechen, dass diese so ausge- zeichnete Methode bisher so wenig Verbreitung gefunden hat, wie dies aus den, in der letzten Zeit auf dem Gebiete der Neu- rologie veröffentlichten Abhandlungen zu ersehen ist. Ich beginne mit der Beschreibung der Einzelheiten, welche an den Nervenendigungen ausgewachsener Thiere wahrzunehmen sind. A. Grandry’sche Körperchen. Es ist überflüssig, dass ich mich in eine weitläufige Dar- stellung der Ansichten über den Bau der Grandry schen Kör- perehen einlasse. Den diesfälligen Bericht kann der Leser in 332 Ladislaus Szymonowicz: der letzten Abhandlung Geberg’s über diesen Gegenstand fin- den. Ich werde den Bau dieser Körperchen so, wie derselbe auf Grund meiner Präparate sich darstellt, beschreiben und mich nur bei strittigen Fragen und neuen Einzelheiten länger aufhalten. Was die Lage dieser Endgebilde betrifft, haben bereits ältere Autoren darauf aufmerksam gemacht, dass die Grandry- schen Körperchen in den mehr äusseren Schichten des binde- sewebigen Theiles der Haut, manchmal dicht unter der Epider- mis liegen, jedoch immer durch eine Schicht Bindegewebe von der Oberhaut geschieden sind. Sie sind immer mit ihrer Tastscheibe parallel zu der äusseren Fläche der Haut gelagert. Die Gestalt der Grandry 'schen Körperchen ist im der Regel kugelig oder ovoid, wenn das Körperchen aus einer grösseren Anzahl von Zellen besteht. Bezüglich der Grösse der Grandry schen Körperchen finden wir bedeutende Unterschiede; in meinen Präparaten schwankt dieselbe von SX14 u bis 40x50 u. Die Hauptbestandtheile eines vollkommen entwickelten Grandry schen Körperchens sind folgende: Die bindegewebige Hülle, die Tastzellen (Deckzelien) und die Tastscheibe. Indem ich an die Beschreibung dieser Bestandtheile herantrete, beginne ich mit den Tastzellen. Ihre Zahl beträgt 1—5. Wenn auch einige Autoren ihre Zahl auf 7 beziffern, ist es mir nie gelungen, bei der erwachsenen Ente Körperchen mit so zahlreichen Tast- zellen zu finden. Von den einzelligen Körperchen wird später die Rede sein. Am häufigsten finden sich die zweizelligen Körperchen. . Die aus 5 zusammengesetzten sind etwas seltener und aus 4 und 5 Zellen zusammengesetzte Körperchen trifft man nur ausnahmsweise an. Die Deekzellen in zweizelligen Körperchen sind fast halb- kugelförmig und erinnern an runde Laibe Brot. Diese Zellen sind mit ihren planen oder etras concaven Flächen gegen ein- ander gekehrt, während die convexen Flächen nach aussen ge- wendet sind. Bei den aus mehreren Zellen zusammengesetzten Körperchen smd die an Polen derselben liegenden Zellen den Zellen der zweizelligen Körperchen vollkommen ähnlich mit dem einzigen Unterschiede, dass sie gewöhnlich flacher sind. Die zwischen jenen gelegenen Zellen sind scheibenförmig und liegen mit ihren planen Flächen den gleichen Flächen der an den Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 333 Polen liegenden Zellen an. Gewöhnlich sind die Zellen in den aus mehreren Zellen bestehenden Körperchen eine über der an- deren so gelagert, wie eine Geldrolle. Neben dieser typischen Lagerung kommt es jedoch manchmal vor, dass eine oder zwei Zellen nieht in derselben Achse liegen, wie die anderen und indem sie im Längsschnitt des Körperchens eine mehr oder weniger keilförmige Gestalt annehmen, drängen sie sich gleichsam zwischen die anderen Zellen ein (Fig. 5, 17 u. 26). Wie sich dies aus dem bereits oben angegebenen Grössenverhältnisse der Körperchen ergiebt, zeigen die Zellen bezüglich der Grösse ebenfalls bedeu- tende Unterschiede. Das Plasma der Tastzellen zeichnet sich durch eine ausserordentliche Zartheit aus, denn bei Verwendung ungeeigneter Fixationsflüssigkeiten z. B. Alkohol, Sublimat, sieht man, dass die Zellen eine bedeutende Gestaltveränderung, welche sie dem wasserreichen und schrumpfbaren Plasma verdanken, erleiden. An solehen Präparaten gewahrt man rings um die Zellen Spalten, welehe offenbar ein Kunstprodukt darstellen. Die Tastzelle besitzt emen, im Verhältniss zu ihrer Grösse, kleinen Kern (Fig. 1—8). Derselbe ist gewöhnlich rundlich, bläschen- artig, mit einer deutlichen Kernmembran und enthält 1, 2 oder mehrere Kernkörperehen. Der Kern liegt im mittleren Theile der Zelle, gewöhnlich nahe an der planen oder eonvexen Ober- fläche der Zelle; er ist manchmal sogar gegen die Peripherie so vorgeschoben, dass er eine Ausbuchtung der Zellenwand bewirkt. An der Oberfläche der Zellen sieht man eine diehtere, dunkler gefärbte Grenzschicht, die den Contour der Zellen scharf hervortreten lässt. Indem ich mit einer eingehenden Beschreibung der Deck- zellen beginne, will ich als Beispiel ein zweizelliges Körperehen anführen. An dem zur Nervenscheibe senkrechten Längsschnitt eines solchen Körperchens, welcher also auch senkrecht zur Oberfläche der Haut geführt werden muss, bemerken wir inner- halb des Plasmas der Zelle einen charakteristischen, ziemlich verwiekelten Bau (Fig. 1, 2, 3, 4, 5, TD). Derselbe stellt sich in dem mittleren und in den peripheren Theilen der Zelle ver- schieden dar, so dass wir in der Zelle drei mehr oder weniger gleiche Felder bemerken, von denen die zwei peripheren den- selben Bau besitzen. Dies ist auch natürlich, weil die beiden peripheren Theile dadurch entstanden sind, dass derselbe Ring zweimal durchschnitten wurde. In dem dunkler sich färbenden, 334 Ladislaus Szymonowicz: mittleren Theile, dieht an dem Kern, bemerken wir von einer Breitseite der Zelle zur anderen verlaufende Streifen. Dieselben sind bogenförmig, eigentlich hyperbolisch und mit ihrer Con- vexität dem Kerne zugewendet. Diese bogenförmigen Fasern färben sich stark mit Protoplasmafarbstoffen und lassen den zwischen ihnen liegenden Raum ungefärbt, wodurch das Bild der Streifung entsteht. Wir sind gewöhnlich im Stande, 4—8 dieser hyperbolischen Fasern auf jeder Seite zu unterscheiden. Die zwischen den Fasern liegenden Räume sind ungefähr von derselben Dieke wie die Fasern. In einer Anzahl von Zellen berühren sich die beiden dem Centrum zunächst liegenden Fasern im Punkte der grössten Convexität mehr oder weniger in gleicher Entfernung von der planen und convexen Oberfläche der Zelle, wenn nicht an dieser Stelle der Kern liegt (Fig. 1, 2, 3). Ober- halb und unterhalb der Berührungsstelle liegt ein von concaven Flächen eingeschlossener dreieckiger Raum. Man könnte diese Figur mit einer Sanduhr im optischen Längsschnitt vergleichen: der Hals, welcher den Sand durchlässt, entspricht mehr oder weniger der Stelle, an welcher die Fasern zusammentreffen, da- gegen das der Nervenscheibe zugekehrte obere und das untere, dem Bindegewebe zugewendete Dreieck den beiden Sandbehältern. In einem dieser Reservoire und zwar in unserem Beispiele in jenem, welches der Nervenscheibe zugewendet ist, liegt der Kern (Fig. 2). Der Kern ist in diesem Falle gewöhnlich deformirt und ist dem Raum angepasst, welche die Fasern frei lassen, hat somit im Schnitt annähernd die Gestalt eines Dreieckes. Das zweite kernlose Reservoir der Sanduhr, welches in unserem Bei- spiele dem Bindegewebe zugewendet ist, hat einen ganz anderen Bau: Wir bemerken in ihm einige Fasern, welche parallel zu jenen verlaufen, welche die Wände des Sandbehälters bilden. Wenn der Kern der eonvexen Oberfläche der Zelle näher liegt, ändert sich die Sachlage nur insofern, dass er einen anderen Behälter der Sanduhr ausfüllt, während der Behälter, welcher der Nervenscheibe zugekehrt ist, das eben beschriebene Bild darstellt (Fig. 2, 3). Die Sache verhält sich ganz anders, wenn der Kern im Centrum, in einer mehr oder weniger gleichen Entfernung von der planen und convexen Seite der Zelle liegt (Fig. 1). Er hindert in diesem Falle die Fasern an den Stellen der grössten Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 335 Convexität zusammenzutreffen. Dies kommt fast ausschliesslich bei mehr platten Zellen vor, welche sich in mehr als zweizelligen Körperchen finden. Dagegen finden wir bei zweizelligen Kör- perchen, welche uns‘ bei dieser Beschreibung zur Grundlage dienten, den Kern gewöhnlich zur planen oder convexen Ober- fläche der Zelle verschoben. Diese Verschiebung des Kernes scheint die Wirkung einer gewissen Kraft zu sein, welche die convexen Fasern auf den Kern ausüben. In einigen Fällen be- merken wir sogar gleichsam eine Spur des Weges, welchen der Kern gegen die Aussenfläche zurücklegte. Auch in den Fällen, in welchen die Deckzelle platt ist und der Kern im Centrum liegt, finden wir gleichsam den Beweis für diesen Einfluss der bogenförmigen Fasern auf den Kern. Der Kern ist in diesen Fällen oft länglich, so als ob er von beiden Seiten zusammen- gedrückt wäre, so dass er mit beiden Polen die planen Seiten der Tastzelle berühren kann. Bei starker Vergrösserung sehen wir, dass die Fasern Varieositäten aufweisen und durch interfilare Räume oft sehr dünne Fibrillen ziehen, welche die aneinander grenzenden Fasern verbinden. Ausserdem sehen wir in dem Raume, welcher dureh die Fasern nicht ausgefüllt ist und ohne Zusammenhang mit den- selben, am häufigsten zwischen dem Kerne und der planen oder convexen Wand der Zelle Gruppen von lichtbrechenden Körnchen, welehe mittelst Hämatoxylin und Eisenalaun sich intensiv schwarz färben (Fig. 1—4). Wir gehen nun über zur Beschreibung der Seitentheile. An den, wie oben angegeben, geführten Schnitte sind dieselben bedeutend heller, färben sich schwächer als der mittlere Theil und zeigen keinen so ausgeprägten Bau; wir bemerken darin bedeutend feinere Fasern als in der Mitte, welche vom oberen Theile der Seitenwand der Zelle ausgehend gegen die Bogen, welche den mittleren Theil bilden, verlaufen, wo sie abbiegen, einen Bogen mit einem sehr kurzen Radius bilden, und zu der- selben Wand, jedoch zu ihrem unteren Theile zurückkehren. Sie verlaufen somit in der Form einer Parabel. Man kann kaum einige dieser Fasern an jeder Seite unterscheiden. Sie lassen zwischen sich grosse freie Räume übrig und verlaufen mehr oder weniger parallel, so dass eine Faser die andere zu um- fassen scheint (Fig. 1, 2, 3). 336 Ladislaus Szymonowicez: Das Bild dieser Theile ist umso mehr verwischt, als zwischen diesen Fäserchen sieh zahlreiche Fibrillen befmden, welche die- selben unter einander verbinden, so dass wir oft den Eindruck eines netzartigen Baues erhalten. Ganz anders stellt sieh das Bild einer quer durchsehnittenen Zelle dar, weleher Schnitt, wie leicht erklärlich, keine der langen Wände der Zelle, sondern bloss ihre kurzen Seitenwände trifft. Eine so durehschnittene Zelle hat eine ungefähr kreisförmige Gestalt (Fig. 6, 8). Der Kern liegt,. wenn der Schnitt ihn trat, im Centrum. In der Zelle müssen wir zwei ungleichartig sich darstel- lende Theile unterscheiden. Der eine bildet das Centrum der Zelle, der andere umfasst dasselbe ringförmig. Der letztere ist heller als der mittlere Theil und enthält sehr feime, vom Centrum gegen die Peripherie radiär ausstrahlende Fäserchen, welche unter einander mittelst zahlreicher, sehr feiner Fibrillen anastomosiren. Der mittlere Theil besteht aus eoncentrischen Kreisen in der Zahl von 4—8 und mehreren, welche gegenseitig ungefähr um ihre eigene Dicke von einander abstehen. Dieselben bestehen aus zahlreichen Körnehen, welche bei den durch die Mitte der Zelle geführten Schnitten sehr dieht neben einander gelagert sind, so dass man wirklich nicht in der Lage ist, dieselben zu trennen, während bei Schnitten, welche die Zelle näher der oberen oder unteren Fläche treffen, die Zwischenräume zwischen den Körnchen grösser sind, so dass man nicht einen zusammenhängenden Ring, sondern eine Reihe in eoncentrischen Kreisen gelagerter Körnchen erhält. Dieses verschiedenartige Bild, welches die Sehnitte in verschie- denen Höhen der Zelle darbieten, macht uns das Bild der hyper- bolischen Fasern, welche wir am Längsschnitt der Zelle be- merkten, verständlich ; denn nimmt man den Längsschnitt allein zur Grundlage, so könnte man im Zweifel sein, ob die oben be- schriebenen hyperbolischen Linien das Bild der so verlaufenden Fasern darstellen, oder ob dieselben den Durchschnitt von La- mellen bilden, welehe die Gestalt einer Sanduhr haben, und eoncentrisch gelagert sind. Der Querschnitt belehrt uns hin- gegen, dass wir es hier mit Fäserchen zu thun haben, welche von der oberen zur unteren Fläche der Zelle bogenförmig ver- laufen und welche an der engsten Stelle der Sanduhr, also ge- Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen ete. 337 wöhnlich in der Mitte der Zelle so dieht neben eimander ge- lagert sind, dass sie einen zusammenhängenden Ring vortäuschen; dagegen müssen natürlich dort, wo dieselbe Menge früher dicht gelagerter Fasern sich in einem grösseren Raume ausbreitet, die Abstände zwischen denselben, in dem Masse, als sie sich dem oberen oder unteren Theile der Zelle nähern, immer grösser werden. In dem äussern Theile der Zelle, welcher wie bereits er- wähnt, den inneren Theil ringförmig umfasst, lässt sich das Bild des Längsschnittes mit dem des Querschnittes leicht in Einklang bringen. Im ersteren bemerkten wir Fäserchen, welche quer und mehr horizontal als vertical verliefen und zwischen denselben ein Netz. Dieselben Fasern treffen wir selbstver- ständlich im Horizontalschnitt im längeren oder kürzeren Verlaufe an und zwischen denselben natürlich ein gleiches Netz. Solehe Bilder bemerkte ich vor allem an den mit Sublimat, Sublimatessigsäure, Pikrinsublimatessigsäure, Zenker’scher Flüs- sigkeit und molybdänsaurem Ammonium fixirten Präparaten und der nachfolgenden Färbung mittelst der M. Heidenhain’schen Methode; die Streifen erscheinen sodann bedeutend stärker tingirt als der übrige Theil des Plasmas und nehmen eine blau-schwarze Farbe an. Bei der Verwendung von Flüssigkeiten, welche eher die Aufquellung als die Schrumpfung des Plasmas bewirken (Osmiumgemische), ist das oben beschriebene Bild zwar auch sichtbar, aber der Unterschied zwischen dem inneren und äusseren Theile der Zelle und der feinere Bau derselben tritt minder deutlich hervor. Einige Autoren bemerkten diese Streifung gar nicht und leugnen deren Existenz (Key und Retzius und Izquierdo). Dostojewsky sagt, dass die Streifung aus ununterbrochenen Strichen oder Fäserchen besteht, dagegen stellen Merkel und Kultsehizky die Behauptung auf, dass die Streifung dadurch zu Stande kommt, dass sich die Körnchen in Längsreihen an- einanderlegen. Kultscehizky bemerkt in den Grandry’schen Körper- chen neben den Tastzellen die von ihm sogenannten „wand- ständigen Zellen“. Diese Zellen unterscheiden sich nach der Ansicht dieses Autors dadurch, dass sie keine Streifung besitzen; das Plasma ist grobkörnig und färbt sich mittelst Osmiumsäure 338 Ladislaus Szymonowiez: dunkel. Der Kern ist kleiner als der der Deckzellen. Diese Zellen liegen an den Polen des Körperchens, in welchem man manchmal sogar zwei bemerkt. Das Verhältniss dieser Zellen zur Nervenscheibe soll dasselbe sein, wie das der gewöhnlichen Tastzellen. Aehnliche Zellen sieht man wirklich manchmal in einigen Körperchen, man sollte sie jedoch nicht für Zellen anderer Art halten, sondern es ist wahrscheinlich, dass es sich hier nur um verschiedene physiologische Zustände handelt, sei es Passivität, sei es physiologische Degeneration oder endlich in der Ent- wicklung zurückgebliebene Deckzellen. Bei genauerer Betrach- tung der Präparate bemerkt man nämlich den Uebergang von den durch Kultsehizky beschriebenen Zellen bis zu den vollkommen typischen Deckzellen mit ihrer charakteristischen Streifung. Wie bereits erwähnt, ist das Grandry’sche Körperchen von einer Hülle (Kapsel) umgeben; dieselbe besteht aus Bündeln von Bindegewebsfibrillen und zwischen denselben liegenden Zellen. Die Bindegewebsbündel bilden in der unmittelbaren Nähe des Nervenkörperchens ein zartes Geflecht. Zwischen den Bündeln liegen ovoide oder platte Bindegewebszellen. Die innere Fläche der Hülle ist mit einer Schieht von Endothelzellen austapezirt, wovon man sich überzeugen kann, wenn man bloss den äusseren Theil der Deckzelle sammt der dieselben bedeckenden Schicht des Endothels abschneidet. Es handelt sich hier um platte Zellen mit grossen Kernen. Zwischen den einzelnen Deckzellen befindet sich als Vor- sprung der Kapsel eine ringförmige Leiste, welche sich zwischen dieselbe in der Ausdehnung von ungefähr !/, des Durchmessers der Zelle einschiebt, vergleichbar der Scheibenblende des ge- wöhnlichen Mikroskops. Diese Leiste, welche wir mit Hesse Scheibenring nennen wollen, wird natürlich durch die innere Schieht der Kapsel gebildet (Fig. 1—4, T). Man sieht öfters den Kern der Endothelzelle zwischen die Ränder der Tastzellen eindringen. Hiervon kann man sich an den zur Oberfläche der Haut parallelen Sehnitten am besten überzeugen. An solchen Schnitten sieht man innerhalb des Scheibenringes einige Kerne, die zu Zellen gehören, welche sich von den Zellen der inneren Schicht der Kapsel gar nicht unterscheiden. Eine radiäre Streifung Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen ete. 339 dieser Leiste konnte ich an einem solehen Schnitt niemals be- merken und bin der Ansicht, dass dieselbe, welche Hesse be- schreibt und abbildet, auf die Streifung des Plasmas im peripheren Theile der Tastzelle, welche sammt dem Scheibenring abge- schnitten ist und dieht oberhalb oder unterhalb desselben liegt, zurückgeführt werden muss. In jedes Grandry’sche Körperchen dringt eine mark- haltige Nervenfaser ein, deren Achseneylinder, indem er während des Durchtrittes durch die Kapsel seine Hüllen verliert, in die Nervenscheibe (Endscheibe, Tastscheibe) übergeht. Die Henle- sche Scheide geht in das Bindegewebe der Kapsel über, dagegen nehmen die Mark- und Schwann’sche Scheide gewöhnlich ihr Ende beim Eintritt der Nervenfaser in die Kapsel. Die Nervenfaser tritt gewöhnlich in der Ebene des Scheiben- ringes an das Grandry sche Körperchen heran, und es ent- steht so in dem Scheibenringe ein Schlitz und in der Zelle selbst ein Eindruck für die eintretende Nervenfaser (Fig. 8). Tritt dagegen die Nervenfaser in das Körperchen oberhalb oder unter- halb des Scheibenringes ein, so verläuft sie in diesem Falle zwischen der Aussenfläche der Zelle und der Kapsel und indem sie zwischen zwei sich berührende Innenflächen der Deckzellen eindringt, geht sie über in die Endscheibe. An die letztere tritt der Achseneylinder gewöhnlich von der Seite heran. Die Tastscheibe liegt immer zwischen zwei Tastzellen, sodass in mehrzelligen Körperchen die Zahl der Tastscheiben nach der Formel von Ranvier immer um eins geringer ist als die der Deckzellen. Diese Regel trifft einmal nicht zu bei den einzelligen Körperchen, ferner nicht in den Fällen, in denen sich eine Tastzelle keilförmig zwischen zwei andere einschiebt (Fig. 5). Die Tastscheibe spaltet sich dann an dieser Zelle, so dass wir dann z. B. in einem vierzelligen Körperchen eine einfache und eine Zwillingstastscheibe haben. Die Nervenscheibe eines jeden, aus zwei Zellen zusammen- . gesetzten Körperchens steht mit dem Achsenceylinder in einem unmittelbaren Zusammenhange, indem sie dessen scheibenförmig plattgedrücktes Ende bildet. Besteht das Körperchen aus mehr als zwei Zellen, so kann sich das Verhältniss der Nervenfaser zur Tastscheibe auf zweierlei Art gestalten. Ent- weder theilt sich der Achseneylinder vor dem Eindringen in 340 Ladislaus Szymonowiez: die Kapsel in eine der Zahl der Scheiben entsprechende Zahl der Fasern, von denen jede die Kapsel durchdringt und gegen ihre Scheibe verläuft oder der Achseneylinder geht in eine Scheibe über, welche ihrerseits einen Spross treibt, welcher um die Nachbarzelle herumlaufend von der Seite her in die folgende Scheibe eintritt. Manchmal bemerkt man so- gar, dass eine Scheibe, welche in der Mitte eines aus vier Zellen bestehenden Körperchens liegt, zwei Sprossen treibt, von denen einer gegen die obere, der andere dagegen gegen die untere Scheibe abbiegt. Dieselbe (mittlere) Scheibe steht hier ausserdem in einem unmittelbaren Zusammenhange mit dem Achsencylinder (Fig. 10). In dem aus mehr als 3 Zellen zu- sammengesetzten Körperchen sind diese beiden Arten am häu- figsten derart combinirt, dass die zu vier Scheiben verlaufende Nervenfaser sich ausserhalb der Kapsel in zwei Fasern theilt, welche in 2 Scheiben eindringen, die zwei anderen dagegen werden durch Fasern versorgt, welche von benachbarten Scheiben stammen (Fig 14). Wir sehen somit, dass die Nervenscheibe nicht in jedem Falle die letzte Endigung der Nervenfaser darstellt, insofern als eine Faser nach Bildung emer ersten Scheibe dieselbe wieder verlässt und als verbindende Faser (Communieationsfaser) sich wieder zwischen zwei andere Deckzellen begibt, um daselbst eine neue Scheibe als letzte Endigung zu bilden. Wenn man jedoch den Standpunkt aufrecht erhält, dass die Nervenscheibe die Nervenendigung bilde, muss zugegeben werden, dass in diesem Falle eine Endigung drei Zellen versorgt und dass die ver- bindende Faser kein Achsencylinder, mit welchem sie bloss bei oberflächlicher Betrachtung der Gestalt nach übereinstimmt, sondern eine verschmälerte Nervenscheibe ist. Für diese An- nahme spricht vor allem der Umstand, dass die verbindende Faser, wie bereits Kultschizky darauf aufmerksam machte und was auch ich bestätigen kann, manchmal eher die Gestalt eines Bandes als eines Fadens hat. Ferner dürften dafür jene Gebilde sprechen, welehe wir oben als Zwillingsscheiben be- schrieben haben. Man kann annehmen, dass die letzteren den Uebergang zu zwei ausgebildeten und mittelst eines flachen Bandes beziehungsweise Fadens mit einander verbundenen Scheiben bilden. Es ist dies eine nicht ganz ungerechtfertigte Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 341 Annahme. An embryonalen Präparaten, denen wir später einen besonderen Abschnitt widmen wollen, sehen wird häufig, dass die Nervenfaser sich zwischen den Tastzellen schlängelt und im diesem ganzen Raume als Nervenendigung gelten muss. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehen diese Theile der Faser, welche zwischen den planen Wänden der Zellen liegen, in Scheiben über, indem sie die Rolle von Endapparaten übernehmen, während der übrige Theil der Nervenendigung, in dieser Beziehung un- thätig, zwischen jenen als verbindende Faser vermittelt. Ich bemerkte nie, dass die Nervenscheibe in zusammenge- setzten Körperchen zwischen der Zelle und der Kapsel liegt, dieselbe war immer von beiden Seiten von Tastzellen umgeben (einzellige Körperchen selbstverständlich ausgenommen). Da- gegen bemerkte ich einmal, dass in einem aus vier Zellen zu- sammengesetzten Körperchen zwischen der zweiten und dritten Tastzelle die Nervenscheibe fehlte und dass eine Anastomose die von einander durch zwei Tastzellen getrennten Scheiben verband (Fig. 16). Die Tastscheibe ist immer mehr oder weniger rund oder oval, manchmal etwas eckig (Fig. 9—13). Am Längsschnitt des Körperchens, beim Querschnitt der Scheibe, stellt sich die- selbe als eine dünne Spindel dar, was dafür spricht, dass die Scheibe im mittleren Theile etwas dieker, gegen die Peripherie dagegen dünner ist: (Fig. 1, 2, 3, 4 D). Die Nervenscheibe ist dieker als der zwischen die Tastzellen eindringende Scheiben- ring und der letztere stellt gleichsam einen Rahmen für die End- scheibe dar. Der feinere Bau der Nervenscheibe lässt sich studiren an vergoldeten oder mit Methylenblau gefärbten Präparaten. Be- trachten wir zunächst die vergoldeten Präparate, so bemerken wir, dass der mittlere Theil der Nervenscheibe dunkler violett- braun gefärbt ist als der periphere Abschnitt derselben, mit Aus- nahme eines kleinen Theiles, weleher immer in der Mitte der Scheibe liegt und der Lage nach, dem in der benachbarten Deck- zelle gelegenen Kerne vollkommen entspricht (Fig. 9, 10, 12). Wenn wir berücksichtigen, dass, um einen zur Scheibe parallelen Sehnitt zu erhalten, wir immer einen bedeutenden T'heil der Deckzelle abschneiden, deren concentrisch gestreiftes Plasma rings um den Kern dunkler gefärbt ist, während der Kern selbst 342 LadislausSzymonowicz: hell bleibt, so werden wir uns über das obige Bild nicht wundern, denn die derart abgeschnittene Tastzelle leuchtet durch die End- scheibe durch. Bei der Durchsicht zahlreicher Präparate hatte ich öfters den Eindruck, dass die Unterschiede in der Intensität der Färbung nicht ausschliesslich von dem Durchleuchten der in verschiedenen Punkten verschieden gefärbten Deckzelle herrühren, sondern dass die Ursache davon auch in der Scheibe selbst liegt, deren ringförmiger oberhalb des uns bereits bekannten mittleren Theiles der Deckzelle gelegener Theil stärker gefärbt ist, als der mittlere Theil. Von der Richtigkeit dieser Annahme konnte ich mich vor allem an Präparaten überzeugen, in welchen der Schnitt parallel zur Scheibe geführt war, jedoch eine Hälfte derselben oberhalb der Zelle durch das Messer abgeschnitten war (Fig. 12). Wenn wir diese Präparate betrachten, sehen wir, dass ein Theil der Deckzelle und die Hälfte des Kernes von der Scheibe bedeekt sind, die andere Hälfte dagegen, über welcher die Scheibe abgeschnitten war, völlig frei liegt. In Folge dessen treffen wir den Kern in der freien Hälfte hell ge- färbt, in dem mit der Scheibe bedeckten Theile etwas dunkler. Die mittlere Partie der Tastzelle ist in dem freien, durch die Scheibe nicht bedeckten Theile etwas dunkler gefärbt als der Kern, dagegen erscheint die Scheibe oberhalb des Restes dieses ınittleren Theiles auffallend dunkel. Man könnte annehmen, dass diese Färbung gleich ist der Summe des Farbentons, in welehem sich der nackte mittlere Theil der Zelle darstellt und des Farben- tons der ganzen Scheibe, welchen wir oberhalb des Kermnes, natürlich in dem bedeekten Theile sehen können. Man hat jedoch den Eindruck, dass die Färbung der Scheibe oberhalb des inneren Theiles der Zelle bedeutend dunkler ist als dies der Summe dieser beiden Farbentöne entsprechen könnte, so dass ich ge- neigt bin anzunehmen, dass die Ursache dieser dunklen Färbung in der Scheibe selbst liegt. Ausserdem müssen wir berücksich- tigen, dass die Ursache der so grossen Verschiedenheit der Farbentöne in dem Unterschiede der Dieke der Scheibe nicht liegen kann, weil man sich aus den Längsschnitten mit Leichtig- keit überzeugt, dass der oberhalb des Kernes liegende Theil der Scheibe in der Regel nieht dünner ist als der Rest. Diese Annahme könnte uns nur in dem Falle täuschen, wenn wir an- nehmen, dass in dem oben beschriebenen Falle die Scheibe in Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 343 ihrer Mitte durch die Kerne der beiden Tastzellen von oben und unten eingebuchtet ist. Ich gestehe zu und eine genauere Be- sehreibung der Tastscheibe wird es noch besser aufklären, dass in diesem Falle der unmittelbar oberhalb des Kernes liegende Theil der Tastscheibe etwas schwächer gefärbt werden könnte. Wenn wir die Scheibe von oben betrachten, sehen wir sehr genau, dass der Achseneylinder, indem er sich in der Nerven- scheibe ausbreitet, gleichzeitig Fibrillenbündel in dieselbe ent- sendet, welche sich theilen und fächerförmig innerhalb derselben ausbreiten. Diese Fibrillen dringen vom Punkte des Eintrittes des Achsenceylinders gegen die Peripherie der Scheibe vor (Fig. 9, 13). An vergoldeten Präparaten ist es schwierig, diese Fibrillen bis zur Peripherie zu verfolgen, weil sie oft nahe der- selben gewöhnlich undeutlich werden. Manchmal bemerkt man, dass die Fibrillen an der Stelle, welche den Kernen der Deckzellen entspricht, ausweichen und einen seiner Form entsprechenden Bezirk frei lassen. In diesem Mangel an Fibrillen oberhalb des Kernes könnte man die Ursache der schwächeren Färbung dieses Theiles der Scheibe suchen. Es ist möglich, dass ein solches Verhalten der Fibrillen in der Scheibe in den Fällen vorkommt, in welchen der Keım die Scheibe einbuchtet und sie an dieser Stelle dünner macht. Wenn die Scheibe die Communications- faser zur Nachbarscheibe abgiebt, laufen die Fibrillenbündel wieder zusammen, um in diese Faser einzutreten (Fig. 11). Aehnliche Bilder zeigen die mit Methylenblau gefärbten Präparate (Fig. 15) mit dem einzigen Unterschiede, dass wir hier oft den Verlauf der Fäserchen bis zur Peripherie scharf beobachten können, wo sie oft netzartige Verbindungen bilden. An der letzteren gewahrt man auch häufig kleine Unebenheiten und feine Höckerchen, welche ihre Entstehung wahrschemlich den hier auslaufenden Fasern verdanken, beziehungsweise als Folge der Schrumpfung des sich hier anheftenden Scheibenrings zu betrachten sind (Fig. 9, 13). An den mit Methylenblau gefärbten quer durchschnittenen Nervenscheiben sieht man dunkel gefärbte, quer, schräg oder längs durchschnittene Fibrillen. Den Längsverlauf derselben sieht man ganz besonders schön dann, wenn der Schnitt durch den eintretenden Achseneylinder geführt ist. Die Fibrillen ver- laufen dann dureh die Mitte der Scheibe vom Eintritt des Nerven 344 Ladislaus Szymonowicz: gegen den entgegengesetzten Rand der Scheibe. An solchen Präparaten sieht man diese verschieden durchschnittene Fibrillen- bündel vorwiegend die Mitte «der Spindel einnehmen, während die den Tastzellen benachbarten Ränder der Spindel mehr homogen erscheinen und aus Interfibrillärsubstanz bestehen. An Präparaten, welche mit Sublimat, Osmiumsäure und anderen Fixirungsflüssigkeiten behandelt waren, sieht man an denselben Durchschnitten ein dem oben beschriebenen ganz entsprechendes Bild. Die Mitte der Spindel wird von Punkten, kürzeren oder längeren Fasern eingenommen, welche quer, schräg, eventuell längs durchschnittenen Fibrillenbündeln entsprechen. Soviel über den Bau der Nervenscheiben, wie sie sich in meinen Präparaten darstellt. Ich lasse einige Worte über die Ansichten verschie- dener Autoren über die Structur der Endscheibe folgen. Dostojewsky beschreibt die innerhalb der Scheibe eon- eentrisch gelagerten Reihen von Körnchen. Diese eoncentrische Streifung rührt wahrscheinlich her von dem durchscheinenden mittleren Theile der Deckzelle. Dieser Irrthum ist umso auf- fallender, als derselbe Verfasser die concentrische Steifung des centralen Theiles der Tastzelle sah und beschrieb. Geberg erhielt mittelst der Methylenblaumethode Bilder, welche ich auf Grund meiner Präparate als das Ergebniss einer unvollständigen Färbung oder einer theilweisen Entfärbung während der Nachbehandlung betrachten muss. Er sah nämlich innerhalb der Endscheibe immer bloss einige Fäserchen, welche sich manch- mal theilten, wieder vereinigten und radiär gegen den Rand der Tastscheibe vordrangen, um schliesslich in die Zacken des Scheiben- randes frei auszulaufen. In meinen Präparaten sah ich eine viel grössere Anzahl radiär gegen den Umfang zu verlaufender Fibrillen, so dass ich keineswegs Geberg beistimmen kann, dass die schwächer sich färbende interfibrilläre Substanz über die Fibrillen in solehem Grade überwiegt. Die Methylenblaumethode wandte auch Dogiel an, doch kann ieh keineswegs seine Ansicht über den Bau der Endscheibe theilen. Ich konnte nämlich nie bemerken, dass ein aus dem Achseneylinder austretendes Fibrillenbündelchen in zwei Theile zerfalle, um den Scheibenrand ringförmig zu umfassen. In einer sehr grossen Anzahl von Präparaten, welche ich zu den ver- schiedensten Zeiten gefärbt habe, habe ich auch nicht einmal Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen ete. 345 die eoncentrische Streifung des Scheibenrandes bemerken können, obwohl ich manchmal den Rand etwas intensiver gefärbt fand, als die Mitte. Gehen wir jetzt über zur Feststellung des Verhältnisses der Nervenscheibe zu den Deckzellen. An sorgfältig fixirten und nachbehandelten Präparaten, sowie bei Anwendung der Gold- und Methylenblaumethode bemerkt man, dass die Ränder der Deckzellen ausserhalb des Scheibenrandes sich einander nähern und dass bloss der von aussen zwischen dieselben eindringende dünne Scheibenring sie von einander trennt. Zwischen der Scheibe und den Zellen bestehen sehr deutliche Grenzen, so dass wir gegenwärtig nicht annehmen können, dass zwischen den- selben eine unmittelbare organische Verbindung besteht. Es ereignet sich öfters, dass an den mit Methylenblau gefärbten Präparaten in Folge der nachfolgenden schnellen Entwässerung die Zellen der Schrumpfung unterliegen und in diesem Falle zeigen sowohl die von einer oder beiden Zellen abstehende Scheibe als auch die Zellen selbst vollkommen glatte Ränder und liefern den Beweis, dass es dabei zu keiner Continuitäts- trennung kaın, weil die genannten Gebilde einfach mit einander „per eontiguitatem“ verbunden waren. Da der Durchmesser der Nervenscheibe immer kleiner ist als der Durchmesser der Deck- zelle, so ist es leicht zu begreifen, dass die erstere immer von allen Seiten von den Nachbarzellen bedeckt ist. Ich bemerkte die Nervenscheibe nie zwischen der Kapsel und der Zelle (mit Ausnahme der einzelligen Körperchen), sah auch nie, dass die Nervenscheibe die Grenzen der Zellen, zwischen welchen sie liegt, übersehritt und der Kapsel anlag. Wenn wir an den mit guten Plasmafixirungsflüssigkeiten conservirten Präparaten dieGrandry- schen Körperehen in Längsschnitten beobachten, sehen wir, dass der centrale, die uns bekannte Streifung darstellende Theil dieser Zellen genau so weit reicht, als die Ränder der Tastscheibe (Fig. 1, 2, 3, 4, 7, 8). Wenn man diese Bilder betrachtet und dieses Verhalten des gestreiften Theiles in der Zelle zur Nerven- scheibe sieht, kommt man unwillkürlich auf den Gedanken, dass dieses morphologische Verhältniss der Ausdruck eines gegen- seitigen physiologischen Verhältnisses dieser Gebilde ist. Da wir aber einerseits über das Verhältniss der Struetur zur Funktion überhaupt bisher sehr dürftig unterrichtet sind, andererseits aber Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 48 25 346 Ladislaus Szymonowiez: die Structur der Tastzelle, wie wir gesehen haben, im höchsten Grade schwer zu deuten ist, wie nicht minder das Wesen der Funktion dieser Zellen unklar ist, so wäre es wohl verfrüht, aus diesem Verhältniss weitgehende Schlüsse zu ziehen. Die Entscheidung dieser interessanten Frage muss der Zukunft vor- behalten werden; es sind auch hierzu ganz specielle Untersuchungen nothwendig, welche ich in allernächster Zukunft vorzunehmen beabsichtige. Hiermit sind wir mit der Beschreibung der typischen Grandry'schen Körperchen zu Ende. Es erübrigt uns einige Worte über den Bau und die Bedeutung solcher Körperchen zu sagen, die merkwürdigerweise nur aus einer Tastzelle bestehen und ziemlich selten im Entenschnabel neben mehrzelligen Formen vorkommen. Diese Zellen sind im allgemeinen kleiner, als die der gewöhnlichen Grandry schen Körperchen. Was den Bau dieser Zellen anbelangt, so haben wir nach dem oben über die Tastzellen gesagten beinahe nichts mehr hinzuzufügen. Wir sehen dieselbe, wiewohl oft weniger ausgeprägte Strei- fung, dieselbe Bindegewebshülle, dasselbe Verhältniss zwischen der Zelle und der Tastscheibe, welche letztere immer von unten an die Zelle grenzt. Dieser Umstand erinnert wohl an das Ver- halten der Nervenendigung gegenüber der Tastzelle im Merkel- schen Tastkörperchen. Es ist schwer zu entscheiden, wie diese Körperchen zu deuten sind. Ob dieselben in der Bildung begriffene oder auf- gehaltene oder im Gegentheil in Degeneration befindliche oder schliesslich vollkommene Gebilde sind, welche den zwei- oder mehrzelligen Körperchen ganz gleich stehen, darauf lässt sich eine auf sicheren Grundlagen basirende Antwort nicht geben. Zwar halten Merkel und nach ihm Izquierdo, Dosto- jewsky, Kultsehizky und andere diese einzelligen Körper- chen für junge Grandry’sche Körperchen und Uebergangsform zwischen den Merkel’schen und den typischen Grandry'’schen Körperchen, ich kann jedoch auf Grund meiner eigenen Er- fahrungen die Ansicht nicht theilen, dass man irgendwie die Merkel’schen und Grandry'schen Körperchen in eine Gruppe vereinigen könnte. Die typischen Merkel’schen Körperchen in der Sehweinschnauze haben bezüglich der Zellenstruetur nicht die geringste Aehnlichkeit mit den ein-, zwei- oder mehr- zelligen Körperehen im Entenschnabel. Dort findet man keine Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen ete. 347 Spur einer Streifung innerhalb des Plasmas, der Kern ist im Verhältniss zur Zelle bedeutend grösser als hier. Gemeinschaft- lich für beide Formen ist nur das Verhalten der Zelle zur Nervenendigung. Wenn schon diese morphologischen Rücksichten es nicht gestatten, gleich Merkel diese beiden Formen der Nervenendigungen in eine Gruppe zusammenzufassen und gleich diesem Autor die einen für genetisch verwandte und sozusagen auf einer höheren Entwicklungsstufe stehende anzusprechen, so beweist die Betrachtung der Entstehung der einen und der anderen unzweifelhaft, dass eine solche Zusammenfassung der- selben unthunlich ist; denn meine über die Entwicklung dieser Gebilde angestellten Untersuchungen beweisen, dass die Zellen, welche in diesen beiden Arten von Körperchen sich finden, nicht von derselben Gruppe der Gewebe herrühren, wie ich dies in dem letzten Theile dieser Arbeit näher ausführen werde. B. Die Herbst’schen Körperchen. Neben den Grandry’schen Körperchen finden wir im Bindegewebe des Entenschnabels eine andere Form der Nerven- endigung, welche unter dem Namen der Herbst’schen Körper- chen bekannt ist. Dieselben liegen gewöhnlich in tieferen Schichten des Bindegewebes als die Grandry'’schen Körperchen, wiewohl man sie manchmal auch in der Nähe der Epidermis antrifft. Es sind dies ovoide Gebilde mit einem Längsdurchmesser von 120—160 u und einem Querdurchmesser von 70—95 u. Der erstere liegt immer parallel zur Oberfläche der Haut. Sie bestehen aus zwei Theilen; der eine, centrale enthält den Achsen- eylinder und seine nächste Umgebung, nämlich die protoplasma- tische Scheide und zwei an dieser Scheide liegende Reihen von Zellen, die wir Tastzellen nennen werden, dagegen besteht der periphere Theil aus mehreren bindegewebigen Lamellen, welche concentrisch um den inneren Theil gelagert sind (Fig. 18, 19). Der Nerv, dessen Ende den inneren und wesentlichen Theil des Herbst’schen Körperchens bildet, durehdringt mit der Schwann- schen und der Markscheide den äusseren lamellösen Theil des Nervenkörperchens und verliert erst an der inneren Grenze des- selben das Myelin, die Sehwann’sche Scheide dagegen dringt zu den die Plasmascheide deckenden Zellen vor. Die Henle- sche Scheide geht in die bindegewebige Hülle des Nerven- körperchens über. Indem der Achseneylinder in die plasmatische 348 Ladislaus Szymonowiez: Scheide eintritt, nimmt er etwas an Dicke zu (Fig. 19), läuft geradlinig in der Längsachse des Körperchens und bildet schliess- lich eine keulen- oder knopfförmige Anschwellung. Es ist auch in Gold- und Methylenblaupräparaten selbst schwer am Achsen- cylinder einen faserigen Bau zn erkennen. An Goldpräparaten wird gewöhnlich die äussere Schicht des Achseneylinders stärker und der axiale Theil schwächer gefärbt. Die Endanschwellung erscheint immer sehr intensiv gefärbt und enthält gewöhnlich stark gefärbte Körnehen. Die Aussenfläche der Endanschwellung zeigt öfters Unebenheiten. Der ganze Achsencylinder ist sammt dem Endknopf von der Stelle an, in welcher er die Hüllen ver- liert, von einer plasmatischen Scheide umgeben, die gewöhnlich nicht dicker ist, als der Achseneylinder. Diese Scheide er- scheint immer völlig homogen und innerhalb derselben liegt der Achseneylinder wie ein Finger im Handschuh. Längs der beiden gegenüber liegenden Ränder dieser Scheide, sagen wir rechts und links (Fig. 18, 19), liegt eine Reihe von 6--10 Zellen. An dem verdickten Ende ist die Anzahl der Zellen grösser als unten; wir finden deren nämlich 3—5 rings um die Endverdiekung herum gelagert. In den Zellen treten die Kerne in den Vorder- grund, so dass es den Eindruck macht, als würden zwei Reihen Kerne auf der Scheide liegen. Erst an entsprechend (am besten nach der Heidenhainschen Methode) gefärbten Präparaten sehen wir, dass diese Kerne von einer dünnen Protoplasmaschicht umgeben sind. Die Zellen sind flach und umkleiden in zusammen- hängender Schicht den Achsencylinder. Die Kerne dieser Zellen sind im Verhältniss zur Menge ihres Plasmas sehr gross, ovoid, bläschenartig mit deutlicher Kernmembran und enthalten sehr wenig Chromatin. An vergoldeten oder mit Hämatoxylin ge- färbten Präparaten bemerken wir immer, dass der Rand des Kernes von der an die protoplasmatische Hülle grenzenden Seite bedeutend stärker gefärbt ist (Fig. 19). Die Kerne schmiegen sich der protoplasmatischen Hülle so eng an, dass sie dieselbe etwas nach innen einbuchten. In Rücksicht auf den obigen Befund könnte einmal die Möglichkeit vorliegen, dass es sich um gefärbte Kittsubstanz handelt, da es eine bekannte 'Thatsache ist, dass sich sowohl mit Gold, wie auch mit Hämatoxylin die Kittleisten der Epithe- lien intensiv färben. Eine andere Möglichkeit wäre die, dass es sich hier um die Ansammlung von Chromatin dicht an Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen ete. 349 der Kernmembran handelte. Wir haben ja gesehen, dass das Chromatin sonst in diesen Kernen nur minimal vorhanden ist. Endlich wäre noch eine Annahme nicht von der Hand zu weisen, nämlich dass hier nicht die Grenze zwischen der Zelle und der Scheide, nicht das Chromatin des Kernes, sondern das in einer sehr dünnen Schicht zwischen dem Kern und der Scheide liegende Plasma der Zelle gefärbt wird und speziell sich von dem schwach färbenden Theil abhebt. Es ist schliesslich auch möglich, dass die plasmatische Hülle im der nächsten Nachbarschaft der Deck- zellen einen compacteren Bau zeigt, was vielleicht mit der Ein- buchtung durch den Kern im Zusammenhang steht. Welche von diesen verschiedenen Annahmen die richtige ist, vermag ich zur Zeit noch nicht zu entscheiden. Manchmal bemerken wir an mittelst Methylenblau gefärbten und molybdänsaurem Ammonium fixirten, sodann mit Alaunkarmin nachgefärbten Präparaten inner- halb der Plasmascheide mit Karmin stärker sich färbende Streifen, welche vom Achseneylinder gegen den oben beschriebenen, stärker gefärbten Rand der Zelle oder des Kernes verlaufen (Fig. 20). Diese Streifen sind in der Nähe des Achseneylinders dünn und verbreitern sich nach und nach, je näher sie an die Deckzelle herantreten. Wenn wir die mit Sublimat oder anderen Flüssig- keiten fixirten und nach der Heidenhain'schen Methode ge- färbten Herbst schen Körperehen senkrecht zur Längsachse schneiden, lässt sich manchmal innerhalb der Plasmascheide eine sternförmige Figur erblicken, welche vielleicht von den Streifen des stärker gefärbten Plasma herrührt, welche Streifen vom Achseneylinder gegen die Oberfläche der Plasmascheide verlaufen. Welche Bedeutung diese Streifen haben, möchte ich heute noch kein bestimmtes Urtheil abgeben, denn dieselben sind sehr un- deutlich und treten nicht in jedem Präparate auf. Wenn wir jedoch das Verhältniss der in zwei Reihen ge- lagerten Tastzellen zum Achseneylinder in Betracht ziehen, drängt sich der Gedanke auf, dass die Plasmascheide gleichsam eine vermittelnde Substanz bei der Verbindung dieser beiden Gebilde darstellt, gleichsam eine Kittsubstanz, welche die Tastzellen mit dem Achseneylinder verbindet. Ob die durch diese Kittsubstanz verlaufenden Streifen nicht etwa Communicationswege darstellen und nicht eine zu diesem Zwecke differenzirte Substanz bilden, kann bei der Benutzung der gegenwärtigen Untersuchungsmittel kaum entschieden werden. . 390 Ladislaus Szymonowiez: 3ei dem Studium dieser beiden Zellreihen werden wir un- willkürlich zu einem Vergleich mit den Merkel’schen Tastzellen geführt; obgleich diese beiden Gebilde genetisch vollständig ver- schieden sind, zeigen sich in ihrem Bau und namentlich in dem Verhalten des Kernes und des Plasmas eine auffallende Aehnlich- keit, so dass sich der Gedanke aufdrängt, dass die beiden Zellreihen im Herbst’schen Körperchen dieselbe Rolle spielen, wie die Zellen im Merkel’schen Körpercehen. So viel über den Bau des inneren Theiles. Die Beschreibung des äusseren Theiles können wir kurz erledigen, denn ich habe zu den Ergebnissen der sehr erschöpfenden Untersuchungen von Key und Retzius nichts zuzufügen. Der- selbe besteht aus zahlreichen, eoncentrisch gelagerten bindege- webigen Lamellen mit ziemlich spärlichen platten Zellen, welehe häufiger in den peripherischen Lamellen vorkommen. Die näher am Centrum liegenden Lamellen stellen sich an dünnen Längs- schnitten dar, als wären sie aus zahlreichen Körnchen zusammen- gesetzt, welche querdurchsehnittenen eireulär verlaufenden Fasern des Bindegewebes ihren Ursprung verdanken. Das ganze Herbst- sche Körperehen ist von aussen mit einem zur Cutis gehörigen Bindegewebe umgeben, welches um dasselbe eine Hülle bildet. Es wäre noch zuzufügen, dass man auch im äusseren Theil des Körperchens Zellen findet, welehe ganz denselben Bau wie die Tastzellen zeigen und zu beiden Seiten der mit der Sehwann'schen und Markscheide eintretenden Faser liegen können. Ich möchte noch ausdrücklich bemerken, dass dieselben ausserhalb der Sehwann’schen Scheide liegen und mit der- selben in keinem Zusammenhange stehen. Von der Henle’schen Scheide, wie Carrie&re behauptet, kann hier überhaupt nicht die Rede sein, da dieselbe ja gar nieht in das Körperchen eintritt. C. Freie Nervenendigungen. Ausser diesen zwei in besonderen Körperchen geformten Nervenendigungen innerhalb der Cutis fmden wir innerhalb der Epidermis freie, sogenannte intraepitheliale Nervenendigungen. Die myelinhaltigen Nervenfasern verlaufen zur Epidermis gewöhnlich wellenförmig, bilden manchmal mit den, zu den Grandry’schen und Herbst’schen Körperchen verlaufenden Fasern, weitmaschige Geflechte, verlieren, indem sie in die Epi- Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen ete. 351 dermis eintreten, ihre Hüllen und gelangen als nackte Achsen- eylinder zwischen die Zellen. Hier verlaufen sie gewöhnlich ziekzackförmig, verästeln sich hie und da, biegen manchmal nach rückwärts zur Cutis um und endigen schliesslich, im Stratum granulosum angelangt, zwischen den Zellen dieser Schicht oder etwas tiefer, indem sie am Ende oft eine knopfförmige Ver- diekung bilden. Im ganzen Verlaufe innerhalb der Epidermis sieht man constant Varicocitäten, manchmal sogar in ziemlich regelmässigen Abständen. Solche Bilder geben uns nur die Gold- präparate; dagegen liefert die Methylenblaumethode selten brauch- bare Präparate. Neben diesen freien Nervenendigungen innerhalb der Epi- dermis bemerkte ich an Gold- sowie an Methylenblaupräparaten baumförmige Verzweigungen im oberen Theile der Cutis un- mittelbar unter der Epidermis. Dieselben enden frei an der Grenze von Epidermis und Cutis und entsprechen vollständig den Endigungen, welche ich in der Schweinschnauze beschrieben habe). D. Die Entwicklung der Nervenendigungen. Wir haben bis jetzt die ausgebildeten Formen der Nerven- endigungen im Entenschnabel und das gegenseitige Verhältniss der Nervenfaser zu den Zellen, welche einen Bestandtheil dieser Körperchen bilden, betrachtet. Wenn man die Entwickelung dieser eomplieirten Gebilde kennen lernen und hierdurch den Ursprung der Zellen der Nervenkörperchen richtig beurtheilen will, muss man seine Aufmerksamkeit richten auf Stadien, in welchen man die erste Verbindung der späteren Bestandtheile des Nervenkörperchens studiren kann. Zu diesem Zwecke musste ich Enten vom 15. Bebrütungstage an durch alle nachfolgenden Tage bis zum Auskriechen und sodann junge Thiere vom 3. und 5. Tage untersuchen. Die ersten Anfänge der Entwicklung der Nervenendigungen bemerkte ich am 18. Tage der Bebrütung. Bei noch jüngeren Embryonen reichen die Nervenfasern noch nicht bis zu den oberen Thheilen der Cutis und innerhalb des embryonalen Bindegewebes sind wir nicht im Stande irgend wie differenzirte Zellen zu unterscheiden, welche den Anlagen der l) Szymonowiez, Beiträge zur Kenntniss der Nervenendigun- gen in Hautgebilden. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXXV. 1895. 352 Ladislaus Szymonowiez: Nervenkörperchen entsprechen könnten. Ich muss jedoch be- merken, dass Enteneier, sie mögen künstlich im Brutofen oder durch eine Ente oder Henne ausgebrütet worden sein, unge- achtet der gemeinsamen äusseren Bedingungen, sich nicht gleich- mässig entwickeln, so dass manchmal ein Ei des 18. Tages be- züglich der Entwicklung einem anderen vom 19. Tage entspricht. Ich werde das, die Entwicklung der Nervenendigungen in den einzelnen Tagen betreffende, mikroskopische Bild weiter unten beschreiben. Die instructivsten Bilder für den Verlauf und das Ver- halten der Nervenfasern lieferten die mittelst Methylenblau ge- färbten Präparate, für den Bau und das Verhalten der Tast- zellen die gleichen, jedoch mittelst Vesuvin nachgefärbten, so wie die mittelst Pikrinsublimateisessig fixirten und nach M. Heiden- hain’scher Methode gefärbten Präparate. Der Entenschnabel muss als ein ausgezeichnetes Material zum Studium der Ent- wicklungsphasen der Tastkörperchen angesehen werden, weil er Jedweder Hautpapillen entbehrt und deshalb die Grenze zwischen Cutis und Epidermis glatt und scharf hervortritt. Das mikro- skopische Bild ist klar, und ist jeder Fehler in derıDeutung der Lage der sich bildenden Körperchen ausgeschlossen. 18. und 19. Tag: Die Nervenfasern treten in den oberen Theil der Cutis ein, verzweigen sich unweit von der Epidermis und umflechten mit ihren Ausläufern die Bindegewebszellen. Die mit diesen Zweigen umflochtenen Zellen bilden Gruppen, welche sich von der Umgebung dadurch unterscheiden, dass ihre Kerne, wiewohl nach Grösse und Structur unverändert, etwas diehter an einander liegen und dass sich oft nach der Heiden- hain’schen Methode das Plasma grau färbt, was darauf hinweist, dass sich dasselbe zu differenziren beginnt. 20. Tag: Das Endgeflecht der Nervenfaser ist etwas dichter, von den Hauptzweigen laufen ziemlich viele, sehr dünne Nervenfäserchen aus, welche ein reichlicheres Geflecht bilden. Das mittelst der Heidenhain’schen Methode sich grau fär- bende Plasma der Zellen hat an Menge zugenommen und er- scheint körnig. 21. Tag: Die Nervenfasern bilden in gleicher Entfernung von der Epidermis baumartige Verzweigungen. Diese End- bäumchen verästeln sich horizontal, indem sie zur Oberfläche der Haut parallel laufende Geflechte bilden (Fig. 21, 22). Hie- Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 353 und da sieht man Fasern, welehe einer Theilung nieht unter- liegen, zur Höhe der Verzweigungen anderer Fasern vordringen und parallel zur Hautoberfläche abbiegen. An diesem abge- bogenen Stückchen sieht man sehr feme und kurze, mehr weniger senkrecht zu ihm gelagerte Ausläufer. — Wir sehen zum ersten Mal Nervenendigungen verschiedenen Charakters. In letzteren müssen wir, wie wir sehen werden, die ersten Anfänge der Herbst’schen Körperehen suchen, in den ersteren stark ver- zweigten Endigungen dagegen in der Entwicklung begriffene Grandry'sche Körperchen. 22. Tag: Ich habe keine weiteren nennenswerthen Aende- rungen bemerkt (Fig. 25 zeigt die Reaction der Zellen auf die Heidenhain’'sche Methode, von unten tritt eine Nervenfaser heran). 23. Tag: Die Nervenfasern bilden, wie früher, Endgeflechte. Um die Fasern, welehe wir als den Anfang der Herbst’schen Körperchen betrachteten, lagern sich hie und da Zellen, welche sich von der Umgebung dadurch unterscheiden, dass sie etwas grösser und ihre Kerne stärker gefärbt sind. Die sehr feinen Seitenfasern, welche wir am 21. Tage sahen, konnte ich auch hier bemerken, obwohl nicht so reichlich. Stellenweise sieht man im Verlaufe der Verzweigungen Verdiekungen, welehe man als Anfänge der Tastscheiben betrachten muss (Fig. 23, 24). Die Zellen innerhalb der Verzweigungen sind etwas grösser und das Plasma färbt sich nach der Heidenhain’schen Methode grau. 24. Tag: Die Verzweigungen erscheinen minder dicht, da die feinen Seitenästehen verschwunden sind. Die zurückge- bliebenen stärkeren Aestehen liegen vorwiegend horizontal und parallel zur Hautoberfläche und wir bemerken in diesem Stadium zum ersten Mal, dass die Faser durch die Verflachung zwischen den Zellen, an welche sie von unten und oben grenzt, die Form einer Scheibe annimmt. Die Zellen, welche an die verflachten Nervenendigungen grenzen, werden grösser und erinnern immer lebhafter an definitive Tastzellen (Fig. 26). Um die Nerven- fasern, welche wir als in Entwicklung begriffene Herbst’sche Endigungen deuteten, lagert sich rings herum eine Reihe von stark sich färbenden Zellen, welche von zwei bis drei Reihen von dicht nebeneinander liegenden Zellen umgeben sind. Die letz- teren zeigen die Merkmale gewöhnlicher Bindegewebszellen (Fig. 27). 25.—28. Tag: Die Entwicklung hat keine wesentliche 354 Ladislaus Szymonowiez: Fortschritte gemacht. Die Grandry’schen Deckzellen sind viel grösser geworden und die Tastscheiben sind den definitiven ganz ähnlich (Fig. 17). Um die Grandry schen Körperchen bildet sich eine Bindegewebshüllee Wenn die Deckzellen ein aus 5, 6 und 7 Zellen bestehendes Conglomerat bilden, wächst das Bindegewebe zwischen die Deckzellen hinein und theilt auf diese Weise dieses Conglomerat in 2, 3 oder mehr difinitive Körperchen, welche von nun an aus 3, 2 oder sogar einer Zelle bestehen. 3 Tage nach dem Auskriechen: Die’Grandey schen Deckzellen besitzen ein mit M. Heidenhain’scher Methode grau sich färbendes und eine Streifung aufweisendes Plasma. Im Herbst’schen Körperchen lässt sich in diesem Stadium eine unbedeutende keulenförmige Verdiekung des Axen- eylinders nachweisen, die Plasmascheide ist schon stark ausgebildet und die vorher in drei Schichten liegenden Zellen haben an Zahl zugenommen, sind ganz plattgedrückt und wie die Blätter einer Rosenknospe aneinandergelagert. Diese Zellen sind im Begriffe mehrere Schichten concentrischer Lamellen zu bilden. Es ist also ersichtlich, dass sich der Bau dieser Körperehen in diesem Stadium der definitiven Form schon bedeutend genähert hat (Fig. 28). Es ist wahrscheinlich, dass die Zahl der Nervenkörperchen im Entenschnabel am Ende des embryonalen Lebens nicht ge- ringer ist, wie die beim ausgewachsenen Thiere, sie sind im embryonalen Leben viel dichter neben einander gelagert und rücken später während .des Wachsthums des Thieres in Folge der Zunahme des sie umgebenden Bindegewebes einfach aus- einander. Dass sich Nervenkörperchen noch im postembryonalen Leben bilden, erscheint mir nicht plausibel und ich muss aus- drücklich betonen, dass ich dieselbe im Embryonalleben immer alle auf gleicher Entwieklungsstufe fand. Man muss deshalb annehmen, dass sich die Anlagen für alle Körperchen zu der- selben Zeit bilden. Auf Grund dieser Untersuchungen komme ich zu folgenden Schlüssen: | I. Die Tastzellen der Grandry’schen und Herbst’schen Nervenkörperchen sind bindegewe- bigen Ursprungs. ' Ueber den Bau und die Entwicklung der Nervenendigungen etc. 355 Ich habe nämlich nie eine Verbindung zwischen den zu Deckzellen sich differenzirenden Zellhäufehen mit der Epidermis gesehen. Ich habe auch nie Epidermisfortsätze sich in die Cutis einstülpen und abschnüren bemerkt, wie dies Izquierdo, Asp und Schenk!) behaupten. Die Epidermis: ist gegen die Cutis immer scharf abgegrenzt und die sich differenzirenden Zellhäuf- chen liegen gewöhnlich in einer gewissen Entfernung von der Epidermis. Es lässt sich zwar nicht leugnen, dass dieselben manchmal auch dieht unter der Epidermis zu treffen sind, doch ist auch in diesen Fällen eine ausgesprochene Grenze zwischen ihnen und der Epidermis zu sehen. Hierin befinde ich mich also im Widerspruche mit Merkel, Izquierdo, Asp und Schenk, welehe den epithelialen Ursprung dieser Zellen annehmen, und theile die Ansicht W. Krause’s über den bindegewebigen Ursprung derselben. Merkel will bei ganz jungen Enten in den tieferen Schichten der Epidermis Zellen gesehen haben, welche den von demselben Autor in der Schweinschnauze ent- deekten ganz ähnlich waren. Da er nach diesen Gebilden bei erwachsenen Thieren vergeblich suchte, stellt er die Behauptung auf, dass dieselben die Anlage der späteren Grandry’schen Zellen seien. Kultscehieky ist derselben Meinung wie Merkel. Ich konnte die Merkel’schen Körperchen weder bei Embryonen, noch bei jungen und erwachsenen Enten finden und muss deshalb diesen Auseinandersetzungen entgegentreten. I. Die Differenzirung der Bindegewebs- zellen zu Tastzellen der Grandry’schen und Herbst- schen Körperchen erfolgt unter dem Einfluss der Nervenfaser. Dafür spricht vor allem das zeitliche Verhältniss zwischen dem Einwachsen der Nervenfaser in die Cutis und dem Er- scheinen der Zellhäufehen, die sich zu differenziren beginnen. In frühen Entwicklungsstadien, wo die Nervenfasern noch nicht in die Cutis hineingelangt sind, finden wir entschieden keine Spur von Differenzirung. Diese tritt erst auf, wenn die Nerven- fasern ihre Endverzweigungen gebildet haben. Es muss also den Nervenfasern die Fähigkeit zugesprochen werden, constant gewisse zu specifischer Differenzirung führende Veränderungen in den Bindegewebszellen hervorrufen zu können. Nun aber 1) Lehrbuch der Embryologie des Menschen etc. II. Auflage 1896. 356 Ladislaus Szymonowicez: steht die Sache nicht so einfach, und soweit ich aus meinen Präparaten schliessen darf, haben wir es hier mit einer com- plieirten Funktion der Endverzweigungen der Nervenfaser zu thun. Denn auf dem ganzen Wege, welchen die wachsende Nervenfaser als solche in der Cutis zurücklegt, sehen wir keine Spur von Differenzirung, obwohl diese Fasern unmittelbar an die Bindegewebszellen grenzt. Erst zur Zeit, wo die Nerven- faser ihr Wachsthum vollendet hat und mit ihren feinsten End- verzweigungen eine Gruppe von Bindegewebszellen umgiebt, sehen wir in denselben die ersten unzweideutigen Spuren einer specifischen Differenzirung auftreten. Auf Grund meiner Prä- parate bin ich zu der Hypothese gelangt, dass diese feinsten Endverzweigungen, welche wir am 21.—23. Tage der Entwicklung gesehen haben, eine specielle Vorrichtung darstellen, welcher die Aufgabe obliegt, mit den Bindegewebszellen auf einer möglichst grossen Fläche in unmittelbaren Contact zu treten und in den- selben durch einen besonderen nervösen Reiz eine Veränderung der Form und Struetur zu Stande zu bringen, welche die Zellen befähigt, die Funktion der Tastzellen zu übernehmen. Für diese Hypothese scheint auch der eigenthümliche Umstand zu sprechen, dass diese Endverzweigungen, sobald die Differenzirung ziem- lich stark ausgeprägt ist, also etwa am 23. Tage, spurlos ver- schwinden. Ihre kurze Existenz fällt also eben nit der Differen- zirung zusammen und man ist wohl zur Annahme berechtigt, (dass wir es hier nicht mit einem zufälligen zeitlichen Verhältniss, sondern mit einem Causalnexus zu thun haben. Auf diese Weise wird es uns auch klar, weshalb die, die Cutis einfach durch- querenden, daselbst aber nie Endverzweigungen bildenden intra- epithelialen Nervenfasern auf die Bindegewebszellen keimen zur Differenzirung führenden Einfluss auszuüben im Stande sind. Die Ditferenzirung, welche in späteren Grandry schen und Herbst- schen Tastzellen zu Stande kommt, beruht auf quantitativen und qualitativen Veränderungen des Zellplasmas. Dass die in Differenzirung begriffenen Zellhäufchen aus dichter als sonst in der Cutis gelagerten Zellen bestehen, kann zwei Gründe haben. Es ist nämlich wahrscheinlich, dass in diesen Gruppen die Zellen einer regen Theilung unterliegen (vielleicht auch unter dem Einfluss eines von den Endverzweigungen ausgehenden Reizes) und zweitens wird hier das interstitielle Gewebe nur spärlich ge- bildet. Ueber den Bau und die Entwieklung der Nexvenendigungen etc. 357 II. Auf Grund unserer Betrachtungen müssen wir entschieden den grossen Unterschied der Merkel’schen Körperchengegenüber denGrandry- schen betonen, und das Unterbringen dieser hete- rogenen Gebilde in eine Gruppe als unzulässig Smkl.ä rien. Erstere sind, wie meine Untersuchungen zeigten, epithelialen, letztere bindegewebigen. Ursprungs. Sie sind also von einander nicht nur *histoloeisch, sondern, was besonders hervorzuheben ist, histogenetisch verschieden. Alle von mir untersuchten Tastkörperchen lassen sich also ungezwungen in zwei Gruppen unterbringen: in solche, deren Tastzellen epithelialen und solche, deren Tastzellen bindege- webigen Ursprungs sind. Zur ersten Gruppe gehören die Merkel- schen Körperchen, zur zweiten die ein-, zwei- und mehrzelligen Grandry schen und die Herbst’schen Körperchen. Schliesslich erfülle ich die angenehme Pflicht, dem Herrn Professor Dr. O. Hertwig meinen herzlichsten Dank dafür auszusprechen, dass er mir die Mittel seines Institutes zur Ver- fügung stellte und gern mit Ratlı zur Seite stand. Die Literatur findet der Leser in der Geberg'schen und Dogiel’schen Arbeit sehr ausführlich angegeben (Internationale Monatschrift für Anat. u. Physiol. 1395, pag. 205, und Archiv für Anat. u. Physiol. 1891, pag. 182), deshalb verweisen wir den Leser, um Wiederholungen zu vermeiden, auf diese Abhandlungen. Berlin, 12..Juli 1896, Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIV. Alle Abbildungen wurden mit der Zeiss’schen homogen. Immer- sion I/js, Apert. 1,25 bei Anwendung des Oberhäuser’'schen Zeichen- apparates gezeichnet. Sodann wurden die Zeichnungen 1—6 auf ?/s, die Zeichnungen 18 und 19 auf !/;, und die übrigen Zeichnungen auf die Hälfte der früheren Grösse vom Lithographen verkleinert, so dass die Fig. 1-6 einer lin. Vergrösserung von ca. 640, die Fig. 18 u. 19 einer Vergrösserung von ca. 320 und die übrigen Figuren einer Ver- grösserung von ca. 480 entsprechen. 358 Ladislaus$zymonowiez: Ueber den Bau u. die Entwicklung ete. Fig. 1—5. Grandry'’sche Körperchen einer erwachsenen Ente im Längs- schnitt (siehe Text). Sie sind nach den Präparaten gezeichnet, welche mit M. Heidenhain’scher Methode gefärbt waren. Fig. 1, 2, 3 nach Fixirung mit Sublimat-Eisessig, Fig. 4 mit Zenker’scher Flüssigkeit, Fig. 5 mit Pikrinsublimateisessig. 6. Dasselbe im Querschnitt (Pikrinsublimateisessig, M. Heiden- hain). . 7 u. 8. Methylenblaufärbung, Fixirung nach Bethe, Nachfärbung mit Alauncarmin. . 7. Längsschnitt. . . 8. Querschnitt. Die Kerne sind von einer blassen Zone um- geben infolge der Schrumpfung des Kernes nach der Nach- behandlung mit Alkohol und Xylol. 9—12. Verschiedene Formen der Tastscheiben nach Färbung mit Goldmethode. Fig. 10. Die Tastscheibe entsendet 2 dünne Communicationsfasern;; zwischen ihnen (rechts) tritt der faserige Achseneylinder in die Tastscheibe ein. » 11. Die Tastscheibe entsendet eine Communicationsfaser zur unten liegenden Scheibe (siehe Text). . 12 siehe Text pag. 341. '. 13. Tastscheibe nach der Methylenblaufärbung. 14, 15, 16. Verschiedene Formen der Grandry 'schen Körperchen. Verschiedenes Verhalten der Nervenfaser zu den Tastscheiben bei der erwachsenen Ente. -. 17. Grandry’sche Körperchen, bei einem 28 tägigen Entenembryo. In ein Körperchen treten ausnahmsweise 2 Nervenfasern ein und vereinigen sich in einer Tastscheibe. -, 18, 19. Herbst’sche Körperchen. Fig. 18. Methylenblau, Bethe, Alauncarmin. Fig. 19. Goldchlorid. -, 20. Der innere Theil eines Herbst’schen Körperchens. Man be- merkt stärker gefärbte Streifen vom Achsencylinder zu den Kernen verlaufen. '. 21—28. Entwicklung der Nervenkörperchen. 5) 5 u. 28. Nach der M. Heidenhain’schen Methode. 5. Nach Pikrinsublimateisessig, Fig. 23 nach Zenker’scher Flüssig- keit. Die anderen Figuren nach der Methylenblaufärbung, einige nachgefärbt mit Alauncarmin. . 21, 22. Von einem 21tägigen Embryo. '. 23, 24. Von einem 23tägigen Embryo. . 25. 22tägiger Embryo. '. 26, 27. Von einem 24tägigen Embryo. '. 28. Von einer 3tägigen Ente. Näheres siehe Text. 359 Ueber die Regeneration des Schleimepithels des Magendarmkanales bei den Amphibien. Von Dr. C. Sacerdotti, 1. Assistenten am Institute für allgemeine Pathologie der k. Universität zu Turin. Hierzu Tafel XV. In meiner 1894 erschienenen Arbeit!) habe ich die Ent- wicklung der Schleimzellen des Magendarmkanales der Säuge- thiere während des intrauterinen Lebens studirt. Meine Unter- suchungen hatte ich an Rinderföten vorgenommen und es gelang mir nachzuweisen, dass die Differenzirung der Schleimzellen im intrauterinen Leben schon sehr früh stattfindet (schon beim 3,5 em langen Rinderfötus findet sich eine erste Andeutung von Schleim- bildung) und dass, wie Bizzozero?) es für die ausgewach- senen Thiere nachgewiesen hat, so auch beim Fötus die Schleim- zellen in karyokinetischer Theilung begriffen erscheinen, wenn sie schon Schleim enthalten. Es war dies ein weiterer Beitrag zur Ergänzung der vielen von Bizzozero veröffentlichten, in denen dieser die Speeifieität der Schleimzellen des Magendarm- kanales nachzuweisen sucht. Nun hat aber Bizzozero in seinen Untersuchungen auf eine noch ungelöste Frage hingewiesen, ob nämlich bei den Amphibien die Schleimzellen aus schon speeifieirten Elementen oder aus indifferenten Zellen entstehen. In der Beschreibung, die Bizzozero von dem Darme des Tritons giebt, drückt er sich wie folgt aus?): „Ich habe nicht feststellen können, ob 1) ©. Saecerdotti, Ueber die Entwicklung der Schleimzellen des Magendarmkanales. Int. Monatsschr. f. Anat. u. Phys. 1894, Bd. XI, Hft. 12 und Archives ital. de biologie tome XXIII, fasc. I—-I. 2) G. Bizzozero, Ueber die schlauchförm. Drüsen des Magen- darmkanales etc. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. XXXIH, XL, XLH. 3) G. Bizzozero, Ueber die schlauchförm. Drüsen des Magen- darmkanales etc. II. Mittheil. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. XL, pag. 370, 360 C-Saveraotti: etwa zwei Mitosenarten existirten, d. h. eine für die Protoplasma- zellen, die andere für die Schleimzellen. Doch habe ich auf diesen Punkt nicht in besonderer Weise mein Augenmerk ge- richtet.“ Der Zweck meiner Untersuchungen, deren Resultate ich hier darlege, war nur der, diese Lücke auszufüllen. Auch bei diesen Untersuchungen befolgte ich, wie bei den oben erwähnten, die Methode, dass ich ganz frische Stücke in Hermann’'scher Flüssigkeit fixirte und mit Hämatoxylin und Safranin färbte, mit nachfolgendem Auswaschen in mit Salzsäure versetztem Alkohol. Bei Anwendung dieser Methode treten die durch das Safranin roth gefärbten Mitosen deutlich hervor und erscheint constant und ausschliesslich die Schleimsubstanz durch das Hämatoxylin violett gefärbt. Die Präparate, die man auf diese Weise erhält, sind so anschaulich und demonstrativ, dass es vollständig unnöthig ist, zu anderen Mitteln zu greifen, wie solehe, namentlich in letzter Zeit, zur specifischen Färbung des Schleimes in grosser Menge empfohlen wurden. Meine Untersuchungen führte ich am Oesophagus und Magen des Frosches und am hinteren Darmabschnitte des Tritons aus. Oesophagus und Magen des Frosches. Beim Frosche geht der Schlundkopf ohne deutlich markirte Grenzlinie in den sehr kurzen Oesophagus über; eine deutliche Grenzlinie besteht auch zwischen diesem und dem Magensacke nicht. Auf den Anfang des Magens deutet nur eine leichte Ver- engerung und Einknickung der Röhre auf der linken Seite hin. Bei der mikroskopischen Untersuchung constatirt man, dass auch bezüglich der Anordnung und der gegenseitigen Beziehungen der einzelnen Elemente keine deutlichen Grenzen zwischen Oeso- phagus und Magen bestehen. Bekanntlich sind in der Oesophagusschleimhaut zahlreiche grosse Traubendrüsen vorhanden, die in ihrem Baue den Speichel- drüsen der höheren Wirbelthiere gleichen. Diese Drüsen be- stehen aus Elementen von verschiedener Natur, nämlich theils aus Zellen mit kömigem Protoplasma, in welchem zwischen ganz kleinen Körnehen auch grosse, mit Osmiumsäure sich schwarz färbende vorkommen, theils aus Zellen mit hellem, bei den in Hermann'scher Flüssigkeit fixirten und mit Hämatoxylin be- handelten Stücken sich leicht violettblau färbendem, d.h. schlei- Ueber die Regeneration des Schleimepithels ete. 361 migem Inhalt. Es ist hier nicht meine Aufgabe, auf die Struktur- und funktionellen Besonderheiten dieser Drüsen näher einzugeben ; ich habe sie nnr erwähnen müssen, weil die Schleimzellen, die sie enthalten, wie wir sehen werden, nieht mit den Schleimzellen des Auskleidungsepithels, die allein uns hier interessiren, zu ver- wechseln sind. Das den Oesophagus auskleidende Epithel gehört zur Klasse der Cylinderepithelien und besteht bekanntlich aus zwei Zellen- arten: aus Flimmerepithelzellen und aus becherförmigen Sehleim- zellen. Diese letzteren enthalten gewöhnlich das Sekretionsprodukt, das fast den ganzen Zellkörper einnimmt, sodass der Kern gegen die Basis der Zelle gedrängt wird und becher- oder kegelförmig erscheint. Näher dem Magen zu weisen sowohl die Drüsen als das Bekleidungsepithel graduirte Modifikationen auf. Die Drüsen werden zahlreicher und gleichzeitig kleiner, bewohnen jedoch immer beide Epithelarten; das Schleimepithel nimmt stets den der Mündung zunächst gelegenen Drüsenabschnitt ein. Diese Drüsen, die nur aus wenigen, in einer Art Ausführungsgang zu- sammenfliessenden Tubuli bestehen, sind so zahlreich, dass sie auf der Grenze zwischen Magen und Oesophagus eine fortlaufende Schieht bilden. In dieser Gegend besteht das Auskleidungs- epithel immer noch aus Flimmer- und Schleimzellen, doch haben diese letzteren im allgemeinen ein anderes Aussehen als die Zellen des vorderen Oesophagusabschnittes; ihr Seeret dehnt die Theca nicht derart aus, dass der Ken gegen die Basis der Zelle gedrückt wird, weshalb denn auch der Kern in diesen Zellen oval erscheint und diese den Schleimepithelzellen des Frosch- und Tritondarmes ähnlich sind, sich nur insofern von ihnen unterscheidend, als zwischen Theca und Kern in der Regel der nieht Schleim enthaltende und von Bizzozero!) Schalt- stück genannte Abschnitt des Zellenkörpers fehlt (Fig. 1a). Das Auskleidungsepithel bildet keine so fortlaufende Schieht mehr wie im vorderen Abschnitte, da es häufig durch die Mündungen der Drüsen unterbrochen wird, in deren Epithel es sich unmerk- lich fortsetzt. 1) G.Bizzozero, Ueber die schlauchförm. Drüsen des Magen- darmkanales ete. II. u. III. Mittheil. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. XL u. XLIl. Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 48 24 362 OSaecerdotti: Noch näher dem Magen zu sind die Drüsen noch kleiner und einfacher und bilden nur noch Tubuli, deren tiefer Abschnitt aus granulösen Zellen besteht, während der gegen die Mündung gelegene Schleimzellen aufweist. Gleichzeitig hat im Ausklei- «dungsepithel die Zahl der Flimmerzellen allmählich abgenommen, nur hier und da finden sich noch einige wenige zerstreut. Auch das Schleimepithel hat sein Aussehen geändert und selbst die Gesammteonfiguration eines Schleimhautschnittes erscheint der Modifikation der Drüsen entsprechend verändert. Immer weiter vorschreitend, trifft man zuletzt reinste schlauch- förmige Drüsen an, von denen nur einige wenige Schleimepithel gegen die Mündung zu aufweisen, und im Auskleidungsepithel finden sich absolut keine Flimmerzellen mehr, sondern nur noch Sehleimzellen, welche eine einzige sehr regelmässige Schieht bilden, die die freie Oberfläche der Magenhöhle und die Grüb- chen, in welche einzeln oder zu zweien oder dreien gruppirt die Drüsen münden, auskleidet. Diese Anordnung setzt sich durch die ganze Magenhöhle hindurch bis zum Pylorus fort. Wir werden uns nun mit der Zellenregeneration beschäftigen und beginnen beim Oesophagus. Bezüglich des Auskleidungsepithels des Oesophagus konnte ich feststellen, dass beim vollkommen entwickelten, wenn auch (durchaus nicht ausgewachsenen Thiere, die Regeneration eine sehr langsame ist; denn auch bei Thieren, die in anderen Re- gionen des Magendarmkanales sehr zahlreiche Mitosen aufwiesen, fand ich in dieser Region nur wenige in karyokinetischer Thei- lung begriffene Zellen. Immerhin konnte ich feststellen, dass (die Regeneration durch Theilung von Zellen, die sich zwischen ausgewachsenen Elementen befmden und mit ihrem Ende ge- wöhnlieh nicht die freie Oberfläche erreichen, erfolgt; ferner beobachtete ich — und dies ist bezüglich dessen, was ich mir vorgenommen hatte zu erforschen, von grösserem Interesse —, dass zweiArten vonMitosen vorkommen, nämlich eine Mitose heller Zellen, aus. denen sieh dann die Flimmerzellen, und eine Mitose schleimhal- tiger: Zellen, aus denen sich die Becherzellen entwickeln. Im dieser Hinsicht waren von ganz besonderem Interesse die Präparate, die ich aus dem Abschnitt zwischen Ueber die Regeneration des Schleimepithels ete. 363 Oesophagus und eigentlichem Magen hergestellt hatte, in denen die granulöse Struktur des Schleimes vollständig erhalten blieb und die Schleimkörnehen einiger in Mitosis begriffenen Zellen innig mit den Chromatinfäden vermischt erschienen, wie dies’ aus Fig. 1b zu ersehen ist. Was den Magen anbetrifft, so ist das Epithel der Grüb- chen und das mit diesem in Zusammenhang stehende, die freie Oberfläche auskleidende dem die freie Oberfläche des Magens bei den Säugethieren auskleidenden schleimabsondernden Cylinder- epithel sehr ähnlich; die in ihm enthaltene Schleimsubstanz_ er- fährt in Stücken, die inHermann'scher Flüssigkeit gehärtet worden, durch das Hämatoxylin eine intensive Färbung und hat nicht jenes ausgeprägt granulöse Aussehen wie der Schleim der Zellen des dem Oesophagus zunächst gelegenen Abschnittes. Die in Rede stelienden Zellen haben, je nachdem sie am Grunde des Grübschens oder an der freien Oberfläche gelegen sind, eine verschiedene Gestalt; doch lässt sich leicht erkennen, dass diese Modifikationen wesentlich auf eine topographische Anpassung zurückzuführen sind. Denn am Grunde der Grübehen haben sie die Form einer abgestutzten Pyramide, mit der Basis dem Binde- gewebe zugekehrt, etwas weiter oben nehmen sie das Aussehen eines Prisma an, auf der freien Oberfläche endlich haben sie die Form einer Pyramide, mit der Spitze dem Bindegewebe zu- gekehrt, und vom Grunde des Grübehens nach oben vorschreitend erscheinen sie immer länger; bezüglich aller anderen Merkmale sind sie als einander durchaus ähnliche Elemente zu betrachten. Sie enthalten einen ovalen Kern, der ungefähr das Centrum der Zelle einnimmt; was sodann den Zellenkörper anbetrifft, so be- steht der Abschnitt zwischen dem Kern und dem Bindegewebe der Schleimhaut aus einem homogenen Protoplasma, während der Abschnitt zwischen dem Kern und der freien Oberfläche von dem schon erwähnten Sehleimklümpehen eingenommen wird; die Theeca, die den Schleim enthält, hat eine sehr regelmässige, nahezu halbkugelförmige Gestalt, und der Schleim scheimt sich etwas nach aussen vorzuwölben, sodass auf dem Schnitte, wie aus Fig. 2 hervorgeht, die Zellenreihe im Profil regelmässig gezackt erscheint. Was nun die Regeneration dieser Elemente anbetrifft, so sind es zwei Fragen, die wir zu lösen haben: sind die Ersatzzellen 364 GC. Saederdotti: indifferente oder schon funktionirende Zellen? — wo finden sich die Entwicklungsformen ? — Bezüglich der ersteren Frage habe ich festgestellt, dass die neuen Zellen stets aus der karyokinetischen Theilung schon Scehleim ent- haltender Zellen hervorgehen. Solche in Mitosis be- griffene Zellen finden sich bei manchen Thieren in grosser Menge, wie z. B. bei dem Thiere, von dem mein in Fig. 2a treu wieder- gegebenes Präparat herstammt. In solchen Fällen, in denen man bei mittelmässiger Vergrösserung 6—7 und mehr in Mitosis begriffene Cylinderepithelzellen in emem Gesichtsfelde sehen kann, habe ich unter diesen nie Zellen angetroffen, die keinen Schleim enthielten. Bezüglich der zweiten Frage konnte ich mich überzeugen, wie übrigens auch aus Fig. 2 hervorgeht, dass auch beim Frosche, wie Bizzozerot) es beim Hunde beschrieben hat, die meistenCylinder-Mitosen wirklich im tiefsten Theile der Magengrübchen angetroffen werden. Uebrigens werden nicht selten, be- sonders bei Thieren, bei denen die Regeneration eine sehr leb- hafte ist, in Mitosis begriffene Schleimzellen auch im oberfläch- lichen Epithel angetroffen. Diese Elemente erscheinen kugelrund und sind zwischen zwei ausgewachsenen Zellen gelegen. Es muss also angenommen werden, dass zwischen den aus- gewachsenen EpithelzellenauchjungeElemente, wirkliche Ersatzzellen vorkommen, die jedoch stets Schleim enthalten. Bei dem Thiere, das mir die an Schleimzellen - Mitosen reichsten Präparate lieferte, kamen Mitosen, obschon in viel ge- ringerer Zahl, auch im granulösen Epithel der Magendrüsen vor (Fig. 2e). Diese Mitosen fanden sich in der Regel gegen den tiefsten Theil der Drüse hin, einige aber auch in deren oberem Theile; ich kann deshalb nicht sagen, ob in der Drüse selbst eine feste Stelle als Bildungscentrum existirt, um so mehr als, wie zu beachten ist, gewisse Drüsen nur aus wenigen Elementen bestehen. Ob sieh auch beim ausgewachsenen Thiere die Drüsen- zellen noch reprodueiren, habe ich nieht weiter. erforscht, da mich dieses auf ein anderes Forschungsgebiet geführt haben 1) G.Bizzozero, Ueber die schlauchförm. Drüsen des Magen- darmkanales. 1I. Mittheil. Archiv f. mikroskop. Anatomie Bd. XL. Ueber die Regeneration des Schleimepithels ete. 365 würde. Immerhin habe ich diesen Befund erwähnen zu müssen geglaubt, da der Nachweis, (dass neben in Mitosis befindlichen Sehleimzellen auch sich vermehrende nicht schleimbereitende Zellen vorkommen, nieht ohne Interesse ist. Bei Beschreibung des Epithels der Oesophagus- und Magen- drüsen habe ich auf die Anwesenheit von Zellen hingewiesen, die ein Sekret enthalten, das sich durch seine charakteristische Färbung bei Behandlung mit Hämatoxylin nach vorausgegangener Härtung in Hermann'scher Flüssigkeit als schleimartiges offenbart. Ich glaube ausschliessen zu können, dass zwischen diesen Elementen und den ebenfalls schleimhaltigen Zellen, welche die Magengrübchen und die freie Oberfläche auskleiden, irgend welche genetische Beziehungen bestehen, wie man es wegen der zwischen ihnen bestehenden Lagebeziehungen annehmen könnte. Und zwar werde ich durch mehrere Gründe hierzu bestimmt. Vor allem sind die Schleimzellen in den Drüsen grösser als die mehr an der Oberfläche gelegenen Cylinderzellen, und es liesse sich schwer begreifen, wie junge Formen grösser sein können als ausgewachsene; sodann nimmt beim Drüsenepithel das Secretions- produkt die ganze Zelle ein, während beim Auskleidungsepithel die Schleimsubstanz nur das äussere Drittel des Zellenkörpers einnimmt. Ferner besteht ein grosser Unterschied zwischen ihnen bezüglich der Natur dieses Sekretionsproduktes; denn der Schleim des Auskleidungsepithels färbt sich intensiv mit Hämatoxylın und nimmt eine veilchenblau-graue Farbe an, während der Schleim der Drüsen, mit Hämatoxylin behandelt, eine durchaus hell- violette Farbe annimmt). Endlich, und dies scheint mir der entscheidende Beweisgrund, traf ich bei den Schleimzellen der Drüsen nie Mitosen an, während ich solche bei den Zellen des tiefsten Theiles der Magengrübchen, die mir hinsichtlich der Form und der Natur des Sekretionsproduktes den die freie Ober- fläche auskleidenden Zellen durchaus ähnlich erschienen, in sehr zahlreicher Menge fand. 1) Bekanntlich werden unter dem Namen „Schleim“ chemisch nicht genau bestimmte und nur in gewissen Merkmalen mit einander übereinstimmende Substanzen beschrieben. 366 C. Sacerdotti: Darm des Tritons. Beim Triton habe ich meine Untersuchungen am Darme vorgenommen, und zwar besonders an dessen hinterem Abschnitt, nahe der Cloake, denn beim Darme dieses Amphibiums sind die Beziehungen zwischen den verschiedenen Epithelarten sehr ein- gehend von Bizzozero beschrieben worden. Eben deshalb werde ich mich bei der Beschreibung meiner Befunde sehr kurz fassen. Die von Bizzozero beschriebenen Besonderheiten in Form und Anordnung des protoplasmatischen und des Schleim- epithels habe ich vollauf bestätigen können und habe konstatirt, (dass eben in den in das Bindegewebe der Darmsehleimhaut ein- dringenden epithelialen Zapfen karyokinetische Theilungen sehr häufig sind, wie denn auch jene ein kleines Klümpchen Sehleim- substanz enthaltenden Zellenformen von Bizzozero richtig als junge Schleimzellen gedeutet worden waren. Der Hauptzweck meiner Untersuchungen war nun der, festzustellen, ob diese Jungen Elemente sich mit Schleim versehen, nachdem sie die produktive Thätigkeit eingestellt haben oder ob sie auch, nach- dem sie funktionirende Zellen geworden sind, noch fortfahren sich zu reprodueiren. Ich heftete meine Aufmerksamkeit also besonders auf diese Zapfen und konstatirte, dass wirklich häufig sehr schöne karyokinetische Formen von schon Schleimkörnchen enthaltenden Zellen an- getroffen werden, besonders wenn man den Darm eines Jungen, im Frühling gefangenen Thieres untersucht. Unter diesen Bedingungen gewahrt man sowohl in den Protoplasma- als in den Schleimzellen sehr zahlreiche Kerntheilungen. Der Schleim der Darmzellen beim Triton zeigt, wie schon Bizzozero beschrieb, eine ausgeprägt granulöse Struktur, und zwar ganz besonders in den in Entwicklung stehenden Zellenformen, die sich in den oben erwähnten Zapfen finden. Nun wohl, diese körnige Structur, die sich auch in den inHermann'scher Flüssigkeit gehärteten Präparaten ganz deutlich erhält, kann als sicherer Fingerzeig gelten, dass die im Theilung begriffene Zelle wirklich eine Schleim- zelle ist, da absolut ausgeschlossen werden kann, das das Schleim- klümpchen einer anderen Zelle angehöre, weil man, ebenso wie ich es bereits beim Oesophagus- und Magenepithel des Frosches Ueber die Regeneration des Schleimepithels ete. 367 beschrieb, auch hier die Schleimkörnehen mit den ehromatischen Schleifen der Kerne vermischt sieht (Fig. 3 a). Aus den Untersuchungen Bizzozero's am Darme des Tritons geht jedoch hervor, dass nicht alle Entwicklungsformen der Epithelzellen sich in den oben erwähnten besonderen Zellen- nestern vereinigt finden. In vielen Regionen des Darmes, in den zwischen den Falten der Schleimhaut gelegenen Fornices ist das Epithel geschichtet, sodass zwischen den tiefen Enden der mit dem anderen Ende die freie Oberfläche erreichenden Cylinder- zellen andere Zellen gelegen sind, wirkliche Ersatzzellen, oft in so zahlreicher Menge, dass sie eine ununterbrochene Schicht bilden. Unter diesen hat Bizzozero Zellen wahrgenommen, die ein kleines Schleimklümpehen enthalten und also in Ent- wicklung stehende Schleimzellen sind; auch hat er zahlreiche Protoplasmazellen - Mitosen beobachtet. Ich traf nun auch unter diesen Elementen mehrere schleimhaltige karyokinetische Figuren an. Die in Fig. 4a dargestellte Zelle gehört einem Präparate an, in welchem ich — in von 5—Tu dieken Serien- Schnitten — die in Theilung begriffene Zelle auf drei Schnitten verfolgen konnte, und ich sah, dass in allen drei Schnitten neben dem Kerne das Schleimklümpchen sich fand; also auch in diesem Falle stand es fest, dass der Schleim der untersuchten Zelle angehörte. Normalenweise entwickeln sich also.die Schleimzellen des Darmes des Tritons durch Vermehrung junger, schon Schleim absondernder und entweder zwischen den Ersatzzellen der treten Epithelschicht oder in besonderen ins Schleimhautbindegewebeeindringenden Epithel- zapfen gelegener Zellen. Ausnahmsweise können die Schleimzellen aber auch aus Elementen, die bereits das Aussehen von ausgewachsenen Zellen erlangt haben und schon gegen das Darmlumen vorgerückt sind, hervorgehen. In Fig.5 z. B. habe ich eine Zelle dargestellt, deren Kern sich in Mitosis befindet und in ein grosses Schleimklümpehen getaucht ist. Wie gesagt, geschieht dies jedoch nur ausnahmsweise; denn in meinen zahl- reichen Präparaten, in deren Schleimzellen Karyokinesen in den Epithelzapfen und den tiefen Epithelschiehten sehr häufig waren, trafichSchleimzellen-Mitose im oberfläch- 368 C. Saeerdotti: lichen Epithel nur einmal an, und zwar in der hier treu wiedergegebenen Zelle. Diese, wir können wohl sagen, Anomalie erklärt sieh meiner Ansicht nach, da es sich um ein Thier handelt, bei welchem die Wucherungsthätigkeit des Darm- epithels eine sehr grosse war, dadurch, dass individuell bedeutend entwickelte, aber der Regenerationsthätigkeit noch nicht verlustig segangene Zellen, von den anderen in den Epithelzapfen ent- standenen Zellen gedrängt, bereits die Oberfläche erreicht hatten. Diese Ausnahme findet übrigens ihr Seitenstück in den von Bizzozero, ebenfalls beim Triton, beschriebenen seltenen Mi- tosen oberflächlicher Protoplasmazellen. Aus den Untersuchungen, deren Resultat ich hier mitge- theilt habe, scheint mir hervorzugehen, dass auch bei den Am- phibien, wenigstens in den von mir untersuchten Theilen (Oeso- phagus und Magen des Frosches, Darm des Tritons) die Schleim- zellen des Magendarmkanales aus Elementen, die bereits die Funktion der Schleimabsonderung erlangt haben, hervorgehen, und dass ihr Bildungseentrum, wie das des nicht schleimabson- ddernden Epithels sich in den tiefen Schiehten findet, aus denen dann die neugebildeten Zellen gegen die freie Oberfläche vor- rücken, welehes Vorrücken bedingt wird einerseits durch die Absehuppung des alten oberflächlichen Epithels, andererseits da- durch, dass die jungen Elemente durch andere noch jüngere, die nach und nach unter ihnen entstehen, weiter gedrängt werden. Diese meine Untersuchungen bestätigen also von neuem die beiden, bereits im meiner oben eitirten Arbeit über den Darm (des Embryos von mir als richtig anerkannten Bizzozero’schen Fundamentalsätze, dass die Schleimzellen des Magen- darmkanales wirklich specifische Elemente sind nnd dass die Darmepithelien in der Regel nicht dort entstehen, wo wir sie antreffen, wenn sie vollkommen entwickelt sind. Ueber die Regeneration des Schleimepithels ete. 369 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV. Die Zeichnungen wurden mittelst der Abbe’schen Zeichen- apparate ausgeführt. — Mikroskop von Zeiss. Fig. 1. Epithel von dem zwischen Oesophagus und Magen gelegenen Darmabschnitte eines Frosches. — a ausgewachsene Schleim- zellen, — b in Mitosis stehende Schleimzelle, — c helle Zelle, deren Kern sehr reich an Chromatin erscheint (erstes Stadium der Mitose). Ob. E, Oc. II, 390. Fig. 2. Magenschleimhaut vom Frosche, in weiter Entfernung vom Oesophagus. a Mitosen von Zellen des schleimbereitenden Cylinderepithels, — b Mitose in einer granulösen Drüsenzelle. Ob. D, -Oe. 11.2404: Fig. 5. Schleimhaut vom hinteren Darmabschvritte des Tritons. — a Schleimzellen-Mitose in einem Epithelzapfen, — b ausge- wachsene Schleimzelle. Ob. D, Oec. II, 240d. Fig. 4 Schleimhaut vom hinteren Darmabschnitte des Tritons. — a Mitose einer Schleimzelle der tiefen Epithellagen, — b aus- gewachsene Schleimzellen. Ob. D, Oec. II, 240d. Fig. 5. Schleimhaut vom hinteren Darmabschnitte des Tritons. — a Mitose einer Schleimzelle des oberflächlichen Epithels, — b Epithelzapfen, — e Mitose einer hellen Zelle des Zapfens. Ob. D, Oe. II, 240d. Ueber den Einfluss des Lichts auf die Pig- mentirung der Salamanderlarve. Von W. Flemming, Prof. in Kiel. Im 47. Band dieses Archivs, p. 719, ist soeben von A. Fischel eine interessante Arbeit!) veröffentlicht, in welcher beschrieben wird, dass Salamanderlarven, die in kaltem fliessenden 1) Ueber Beeinflussung und Entwicklung des Piementes. = © oO 370 W. Flemming: Ueber den Einfluss des Lichts ete. Wasser von 6—7° aufgezogen werden, die gewöhnliche dunkle Färbung annehmen, solche aber, die man in wärmerem Wasser (15— 18°) hält, hellgefärbt werden; diese Verschiedenheit wird von dem Verfasser auf den Einfluss der Temperaturdifferenz des Wassers zurückgeführt. Ich besitze über die Aufzucht der Salamanderlarven, und speciell auch über das Bleichen derselben, eine längere Erfahrung und habe in Bezug auf letzteres schon vor 14 Jahren eine kleine Mittheilung gemacht), die Fischel offenbar entgangen ist. Sie lautet: „Ich theile bei dieser Gelegenheit einen merkwürdigen Befund mit, den ich nun jahrelang immer wieder gemacht habe. Wenn man jüngere Salamanderlarven im Halbdunkel hält, so nehmen sie durch stärkere Pigmententwicklung eine dunklere Farbe an. Setzt man solche Larven in weissen offenen Ge- fässen ans helle Licht, so werden sie binnen einigen Tagen hell und durchsichtig, ein sehr bequemes Mittel für das Studium lebender Theilungen, das bei solchen aufgehellten Thieren sehr erleichtert wird. Es ist dies deshalb bemerkenswerth, weil die Sache nicht etwa bloss auf einer Contraction der verästelten Pigmentzellen zu runder Form beruht, wie man sie von vielen Thieren (z. B. Frosch) kennt; man findet vielmehr die Pigment- zellen auch an den hell gewordenen Larven in etwa ebenso grosser Zahl verästelt, wie bei den dunklen Thieren ; aber der Reichthum an Farbstoff ist bei den ersteren geringer, und es muss sich also doch wohl wirklich hier um einen pigmentzer- störenden Einfluss des hellen weissen Lichts handeln.“ Ich habe also die Ursache des Abblassens der Larven bei diesem Verfahren schon damals in dem Einfluss des hellen Liehts gesucht, das von der Wand des weissen Grefässes _ refleetirt wird. Und alle von mir seitdem gemachten Erfahrungen bestätigen diese Deutung durchaus. Ich ziehe hier jedes Jahr zahlreiche Salamanderlarven auf, und habe schon seit der Zeit jener Mittheilung in Gebrauch, stets eine Anzahl davon zu „bleichen“, wie wir hier zu sagen ' pflegen, weil diese ein bequemes pigmentarmes Material besonders zur Untersuchung des lebenden Objeets geben. Während die Hauptmasse der Larven in dunkle Aquarienkästen kommt, 1) Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung. Leipz. 1882, p. 271. Ueber den Einfluss des Lichts auf die Pigmentirung etc. sl fo) c wird ein Theil m weisse Porcellan- oder Steingut-Ge- fässe gebracht, und beide Theile unter Fütterung mit Tubifex rivulorum aufgezogen. Die ersteren Larven bleiben regelmässig dunkel, die letzteren werden regelmässig hell!). Die Umstände, unter denen dies geschieht, zeigen nun ganz klar, dass diese Verschiedenheit der Wirkung des hellen von dem weissen Schüsselboden aufstrahlenden Liehtes zuzuschreiben sein muss, welche bei den einen Larven sich geltend macht. Die Gefässe, welche beiderlei Larven enthalten, stehen nämlich in demselben kleinen Kellerraum des anatomischen Instituts, nebeneinander auf demselben Tisch. Die Temperatur dieses Raumes ist sehr gleichmässig, sie beträgt während der in Betracht kommenden Monate (Mai, Juni, Juli) zwischen 14 und 20°C., im Juni?) und Juli in nicht besonders kalten Jahren fast immer um 19°C. Die gleiche Temperatur wie die Luft hat auch das Wasser in den beiderlei Gefässen, den dunklen und den hellen, wovon ich mich :zum Ueberfluss soeben noch durch eine Anzahl von Messungen überzeugt habe. Alle paar Tage werden die Gefässe durch eine Trombe ventilirt, was die Temperatur nur wenig und kurzdauernd verändert, übrigens ja bei den beiderlei Gefässen gleichzeitig und gleichlange geschieht. Unter diesen völlig gleichen Temperaturbedingungen also bleiben die Larven in den dunklen Gefässen stets dunkel, die in den hellen werden hell. Nimmt man Larven aus den dunklen Gefässen und überträgt sie in die hellen, so werden sie nach wenigen Tagen hell, wie die übrigen in diesen enthaltenen. Hiernach ist es ganz sicher, dass in diesem Falle die Ursache der ungleichen Pigmentirung in demEinfluss des Biehts, nicht indem der Temperatur gesucht werden muss. Nach Fischel’s Mittheilung a. a. O. sind nun allerdings Larven, welche in fliessendem Wasser (in Fischzuchtbehältern) bei 6—7° gehalten wurden, dunkel geblieben, und solche, die er 1) Nur ganz ausnahmsweise ist einmal unter den ersteren Larven eine hellere, noch seltener bleibt eine der letzteren etwas dunkel. 2) Im Juni kommen hier bei den gefangen bezogenen Thieren gewöhnlich die meisten Larven zur Ablegung. 372 W.&lemmine: aus diesen in Wasser von 15—18°1) übertrug, darin hell ge- worden. Fischel selbst giebt jedoch an, dass er seine Warm- wasser-Larven n Porcellanschalen gehalten habe. Ich muss deshalb zunächst daran denken, dass die Uebertragung der Kältelarven auch in diese Porcellanschalen stattgefunden hat, und somit die Benutzung der letzteren, nicht aber die Tem- peraturdifferenz, für die Bleichung verantwortlich zu machen ist. Fischel führt nun freilich an, dass in warmem Wasser hell gewordene Larven wieder dunkel gemacht werden können, wenn man in das warme Wasser, in dem sie sich befinden, Eis bringe. Falls dies auch in weissen Gefässen zu bewerkstelligen ist, würde man natürlich sagen müssen, dass sowohl die Temperatur, als das Lieht bei der Färbung von Einfluss sein kann. Ich kann zunächst diesen Versuch nicht wiederholen, denn Fischel giebt selbst an, dass es nur gelinge, wenn die Larven erst kurze Zeit in warmem Wasser gehalten seien, während die Thiere, über die ich jetzt noch verfüge, schon lange Zeit gebleicht sind. Jedenfalls aber gestatten meine Erfahrungen schon jetzt den be- stimmten Schluss, dass die Bleichung allein dureh Wirkung des Lichts, ohne jede Mitwirkung der Temperatur, erzielt werden kann. Es könnte sein, dass für diesen Fall an dem Ausdruck „Liehtwirkung* ein gewisser Anstoss genommen wird. Aus der Zoologie sind in grosser Zahl Beispiele bekannt, dass Wasser- thiere sich in der Färbung dem Untergrund, auf dem sie leben, anpassen. Man könnte sagen, dass es sich hier ebenso verhält: dass die Larven nicht deswegen bleich werden, weil sie in hellem Licht leben, sondern deshalb, weil sie auf einem weissen Untergrund leben. Diese Frage will ich hier ausdrücklich vor der Hand aus dem Spiel lassen. Es wird sich dafür darum 1) Ich kann wohl annehmen, dass Grade nach Reaumur gemeint sind, da es sich um ein Arbeitszimmer handelt. 150R. entsprechen fast genau 190C.; es ist also ungefähr die gleiche Temperatur, in der nach Fischel die dunklen Larven hell werden sollen, in der hin- gegen nach meiner Beobachtung dunkle und helle Larven ihren Farbenunterschied bewahren. Ueber den Einfluss des Lichts auf die Pigmentirung etc. 373 handeln, Versuche zu machen, ob man mit anders gefärbten Untergründen auch andere Färbungen der Larven erzielen kann, Versuche, welche sich zu jetziger Jahreszeit nicht anstellen lassen. Wenn ich bier von Liehtwirkung gesprochen habe, so soll also dieser Ausdruck stets nur im Gegensatz zur Temperatur- wirkung zu verstehen sein. Auf den rein histologischen Theil von Fischel’s Arbeit gehe ich hier nur kurz ein, weil ich in dieser Beziehung dem Verfasser in der Hauptsache ganz beistimmen kann. Er findet, dass an den gebleichten Larven erstens das im Epithel ent- haltene Pigment bedeutend an Menge vermindert ist, zweitens die verästelten Pigmentzellen des Epithels nur selten mit Fort- sätzen versehen, meist rund oder eiförmig zusammengezogen sind, drittens endlich die grossen verästelten Pigmentzellen in der Cutis fast sämmtlich auf runde Formen contrahirt sind. Hier- mit steht es zwar scheinbar nicht im Einklang, dass ich (vergl. die im Eingang ceitirte Stelle) „bei den aufgehellten Thieren die Pigmentzellen der Cutis in etwa ebenso grosser Zahl ver- ästelt gefunden habe, wie bei den dunklen Thieren“, und des- halb besonders die Verminderung der Pigmentmenge betont habe. Für diese Beobachtung kann ich auch einstehen; aber es ist vollkommen möglich, dass die aufgehellten Larven, die ich untersuchte, noch nicht bis zu dem sehr starken Grade ge- bleicht waren wie Fischel’s Objeete, und dass in solchen Graden in der That die Zellen völlig rund contrahirt und ohne Spur von pigmenthaltigen Fortsätzen sind, so wie es seine Ab- bildung Fig 4 zeigt. Immerhin aber möchte ich, wie früher, der geringeren Masse des gebildeten Pigments einen sehr wesent- liehen Einfluss bei der Bleiehung der Larven zuschreiben; die Mitwirkung dieses Factors giebt ja für das Epithel auch Fischel zu (pP. 129 2. a. O.). Wenn der Verfasser annimmt, dass entgegen der Meinung. von Brücke, Keller und Ballowitz, nach denen bei der sogenannten Contraction der verästelten Pigmentzelle deren Fort- sätze in pigmentlosem Zustande fortbestehen und nur das Pigment sich im Mittelkörper der Zelle zusammenballt, vielmehr eine wirkliche Einziehung der Fortsätze selbst erfolge, so möchte ich mich dem doch nicht oben Weiteres ausschliessen. Es ist vollkommen richtig, dass man, wie er sagt, bei der Salamander- 374 W. Flemming: Ueber den Einfluss des Lichts ete. larve im Zustand der Contraction weder bei frischen noch ge- färbten Objeeten etwas von diesen Fortsätzen erkennen kann, aber es lässt sich deswegen noch nicht behaupten, dass sie nicht da seien. Ich darf hier auch an meine Mittheilungen über die Theilung dieser grossen Pigmentzellen !) erinnern, .bei welcher, wie dort (p. 281) beschrieben, die pigmenthaltigen Ausläufer zwar dicke knotige Formen annehmen, aber wie es scheint in ihrem Zusammenhang ganz erhalten bleiben. Dagegen will ich gern zugeben, dass eine völlige Zusammenballung des Pigments zur Form eines runden Klumpens um den Kern, welche ich damals bei den Zellen in der Schwanzflosse noch nicht beobachtet hatte, bei ihnen so vorkommen kann, wie sie Fischel jetzt beschreibt. Vom parietalen Bauchfell von Larven besitze ich in grosser Zahl Präparate, an denen ein grosser Theil der Pigmentzellen den Farbstoff in Form eines ganz runden Ballens um den Kern zeigt, während sie an anderen Präparaten verästelt sind. Dies betrifft jedoch niemals Zellen, die in mitotischer Theilung stehen; bei solchen sind die verzweigten Ausläufer pigmenthaltig vorhanden, nur wie gesagt von diekerer knotiger Form. In Bezug auf die eben erwähnten, rund eontrahirten Pig- mentzellen des Bauchfells will ich noch eins erwähnen, was mir bemerkenswerth scheint: der Kern liegt bei ihnen niemals in der Mitte, sondern an einer Seite der Zelle aus dem Pigmentklumpen hervorragend; und zwar liegen die Kerne benachbarter solcher Zellen meistens nach einer und derselben Seite herausgerückt. Zwei epitheliale Pigment- zellen, bei denen es sich ganz ebenso zu verhalten scheint, hat Fischel in seiner Fig. 4 gezeichnet. 1) Ueber die Theilung von Pigmentzellen und Capillarwand- zellen. Dies. Archiv Bd. 35, p. 275. 375 Helminthologische Mittheilungen. Von Dr. v. Linstow in Göttingen. Hierzu Tafel XVI u. XVII. Ascaris Ammocoetis n. Sp. (larva). Herr Dr. E. Giglio-Tos in Turin hatte die Freundlich- keit, mir ein Präparat mit einer bisher unbekannten Ascaris- Larve zu schicken, die er in Ammocoetes branchialis gefunden hatte. An der Bauchseite von Chorda und Darm liegt eine kleine 0,56 mm lange Ascaris-Larve uneingekapselt in einem drüsigen Körper; die Breite beträgt 0,029 mm; der Oesophagus nimmt !/-, der Schwanz !/,, der ganzen Länge ein, und in den Seitenlinien verläuft eine erhabene Kante. Filaria G@eotrupis n. Sp. (larva) Fig. 1. Im Fettkörper :vom Geotrupis sylvaticus fanden sich auf- gerollt, nicht eneystirt, kleine Filarien-Larven von 0,67 mm Länge und 0,04 mm Breite; der Oesophagus ist auffallend lang und nimmt !/, der Gesammtlänge ein, der Schwanz !/,,, die Exere- tionsöffnung liegt 0,13 mm vom Kopfende Die Thiere waren in Häutung, wie die vor dem Kopfende sichtbare, vom Körper entfernte hyaline Cutieula zeigt; der Körper ist verhältniss- mässig breit. Nematodum Clyti n. sp. (larva) Fig. 2—3. In einem Käfer, Clytus arcuatus L., dessen Larve in Eichen bohrt, fand ich zweimal. massenhafte, sich lebhaft bewegende Nematoden-Larven; dieselben waren schlank, 0,67 mm lang und | j 1 0,015—0,022 mm breit, der Oesophagus nimmt og ı7® der I, Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 25 76 Dr. v. Linstow: Schwanz, welcher hinten abgerundet ist, !/,, der ganzen Länge ein; die Haut ist quergeringelt; ich versuchte sie in erst aus- geglühter, dann angefeuchteter und mit Eichenrindenmehl ge- mischter Erde zur geschlechtlichen Entwickluug zu bringen, die aber noch nicht gelungen ist, obgleich die Thiere mehrere Mo- nate am Leben geblieben sind. Cercaria Monostomi n. sp. ee Mitten im Dorfe Weende bei Göttingen im klaren Weende- bach, in welchem Enten und besonders zahlreich Gänse ihr Wesen treiben, findet sich in Lymnaea ovata und peregra eine zu Monostomum gehörige Üercarie. Sie entsteht in Redien, die ganz jung und noch ohne Cercarien 0,062 mm lang und 0,012 mm breit sind (Fig. 4); man bemerkt einen Mundsaugnapf mit einer starken Ringmuskulatur und einen grossen, sich an ihn schliessenden unverästelten Darm. Erwachsen sind die Redien bis zu 2mm lang und 0,55 mm breit und bemerkt man, dass sie sich durch Abschnürung theilen können. Die Cercarien sind zunächst, wie sie aus den Keimballen entstehen, rundlich, dann bekommen sie einen kurzen Stummel- schwanz; bei weiterem Wachsthum erkennt man einen grossen Mundsaugnapf, Körper und Schwanz werden länger, vorn be- merkt man 2 braune Ocellen, im Körper liegen 10 grosse, helle Blasen in 2 Reihen neben einander, 4 Streifen schwarzen Pigments durchziehen den Körper der Länge nach und verdicken sich zwischen je 2 Blasen und in der Gegend der Ocellen (Fig. 6). Erwachsen ist die Cercarie 0,62 mm lang und 0,2 mm breit, der Schwanz misst 0,48 mm; hinter dem Saugnapf liegen 3 Ocellen, von denen die beiden hinteren tief schwarz sind, während das vordere zunächst braun ist, später schwärzt sich auch dieses; an den Mundsaugnapf legt sich ein Schlundkopf, der Darm ist nur andeutungsweise zu erkennen und lässt sieh nieht bis an das Ende verfolgen; die 4 Pigmentstreifen bleiben bestehen, die 10 hellen Blasen aber werden unkenntlich; am Hinterende sieht man die Endblase des Excretionssystems, von der 2 geschlängelte Gefässe nach vorn verlaufen. Die Ocellen sind: 0,0052 mm gross, die beiden hinteren lassen im Profil gesehen eine Linse erkennen, Helminthologische Mittheilungen. 977 die von einem Pigmentbecher eingefasst ist; bei den jüngeren, braunen Ocellen erkennt man die Linse als helles OGentrum. Der Schwanz hat aussen unter der Cutieula eine eontinuirliche Lage von Ringmuskeln, darunter eine unterbrochene von Längsfasern (Fig. 7). Die Larven finden sich encystirt in denselben Schnecken Lymnaeca ovata und peregra; die kugelrunden Kapseln sind 0,21 mn gross; man erkennt den Mundsaugnapf, die Darmschenkel, die rundlichen Zellen mit granulirten Kernen des Körperparen- ehyms, die Ocellen und die 4 Pigmentstreifen. Drei mit Ocellen versehene, zu Monostomum gehörende Öercarien sind beschrieben : Cercaria= Histrionellaephemera von Siebold=Glonocercaria flava Dies. und de la Valette, auch von Pagenste.cher beschrieben, die in Planorbis eorneus vorkommt, sich auszeichnet dureh 3 rothe Ocellen und zu Monostomum flavum Mehlis gehört. Cercaria=Glenocercaria lophocerca de Fil. aus Paludina impura hat 2 grosse, kahnförmige Ocellen. Cercaria imbrieata Looss!) wird in der ausgezeichneten Arbeit über egyptische Parasiten beschrieben; hier finden sich 2 von schwarzem Pigment umgebene Ocellen, die Cercarie lebt in Paludina impura und dürfte zu Monostomum verrucosum Frölich=attenuatum Rud., =Notocotyle triserialis Dies. gehören. Vielleicht ist unsere Cercaria der Jugendzustand von Mono- stomum mutabile Zed. Distomum isoporum Looss. (larva) Fig. 8. In Ephemera vulgata, Chaetopteryx villosa und Anabolia nervosa gefangen an der Leine bei Göttingen, fanden sich zahlreiche eingekapselte Distomum-Larven in dünnwandigen, 0,36 mm langen und 0,534 mm breiten Cysten, die von einem unregelmässig begrenzten, breiten, mitunter braun gefärbten Hof umgeben waren. Das in ihnen enthaltene Distomum (Fig. 8) ist 0,47 mm lang und 0,22 mm breit; die Haut ist unbedornt, die Darmschenkel sind lang, der Mundsaugnapf ist 0,11 mm, der Bauchsaugnapf 0,10 mm gross; hinter letzterem liegen zwei 1)_Recherches sur la faune prarasitaire de l’ Egypte, Le Caire 1896, pag. 146-153, tab. X, Fig. 94—100, pag. 192—197, tab. XIV, Fig. 146—151. 378 Dr. v. Linstow: Hoden schräg hinter einander; neben dem Schlundkopf finden sich 2 grosse, schwarze Augenflecken, und in ihrer Umgebung eine Gruppe von schwarzen Pigmentkörnchen; nach aussen von ihnen liegt jederseits eine Gruppe granulirter, mit hellerem Kern versehener Drüsen, welche die Kapselsubstanz absondern und am Vorderrande des Mundsaugnapfes an 14 Punkten münden. Die Excretionsblase ist bei jüngeren Exemplaren keil-, bei älteren kleeblattförmig. Mit grösster Wahrscheinlichkeit führe ich diese Larve auf das von Looss!) beschriebene Distomum isoporum zurück, zu dem auch Distomum longicolle Frölich und Distomum globiporum Olsson gehört. Auch hier findet man hinter dem Mundsaugnapf rechts und links je eine Gruppe schwarzen Pig- ments und Kopfdrüsen mit Ausmündungen vor dem Mundsaug- napf, die Haut ist ohne Stacheln, die Hoden liegen schräg hinter einander, die Saugnäpfe sind fast gleich, die Darmschenkel reichen fast bis an das Hinterende des Körpers. Die Art lebt im Darm von Squalius cephalus, Phoxinus laevis, Cyprinus carpio, Leueiscus rutilus, Abramis brama, Tinea vulgaris und Esox lucius, von denen die beiden ersteren Arten in der Leine hier vorkommen. Die hierhergehörige Cercarie findet sich nach Looss m Cyelas comea und rivicola. Cerearien mit Augenflecken, welche zu Distomum gehören, sind mehrere beschrieben worden, Üercaria (Histrionella) echino- cerca de Filippi, Cercaria (Histrionella) lemna und alata Ehrenb,., Cercaria (Histrionella) bilineata Dies., elegans Dies., fissieauda Dies., erythrops Dies., melanops Dies., Cercaria eucumerina Er- colani, fulvopunetata Ercolani, Cercaria myocerca Villot, Cercaria Clausii Monticelli, aber alle können nicht hierher gezogen werden. Distomum Phoxini n. sp. (larva) Fig. 9. In der Leibeshöhle von Phoxinus laevis findet sich in kugelförmigen, ziemlich diekwandigen, 0,26 mm grossen Cysten eine Distomum-Larve; die Länge beträgt 0,62—0,70 mm, die Breite 0,15—0,21 mm; der Mundsaugnapf misst 0,078, der Bauch- 1) Bibliotheca Zoologica Bd. XVI, Stuttgart 1894, pag. 49—56, tab. I, Fig. 15—18, tab. V, Fig. 102-111, page. 54—55, tab. V, Fie. 112. Helminthologische Mittheilungen. 379 saugnapf 0,13 mm, die Haut ist fein bedornt; der Schlundkopf führt im einen kurzen Oesophagus, die Darmschenkel reichen bis an das Hinterende des Körpers; weitere Organe sind noch nicht erkennbar. Distomum Notidobiae n. sp. (larva) Fig. 10. Diese Distomum-Larve lebt eneystirt in Notidobia eiliaris und Sialis Iutaria aus der Garte. Die dünnwandige Kapsel ist länglich und 0,45—0,62 mm lang und 0,53—0,37 mn breit, und in ihr liegt die Larve nicht, wie es sonst die Regel ist, gekrümmt, sondern gestreckt ; zwischen der Haut und der Kapsel findet sich eine geringe Flüssigkeits- menge. Die Länge der Larve beträgt 0,68—0,54 mm, die Breite 0,24—0,55 mm, die Haut ist bedornt, der längliche Mundsaug- napf ist 0,15 mm lang und 0,12 mm breit, während der kreis- runde Bauchsaugnapf 0,077 mm misst. Gleich am Schlundkopf theilen sich die Darmschenkel, aie ganz bis nach hinten reichen. Die Hoden liegen im Hinterende des Körpers schräg neben ein- ander; vor dem Bauchsaugnapf bemerkt man den Cirrusbeutel und die beiden Geschlechtsöffnungen; die Endblase des Exere- tionssystems ist Y-förmig, die beiden vorderen Aeste umfassen den Bauchsaugnapf von hinten. Distomum Mystaeidis n. sp. (larva). In Mystacides nigra, an der Leine gefangen, findet sich eine andere Distomum-Larve, die in kugelförmigen, dünnwandigen, 0,16 mm grossen Kapseln gekrümmt liegt. Sie ist 0,25 mm lang und 0,078 mm breit, hat eine unbedornte Haut und ganz hinten einen grossen, kugelförmigen Haufen stark liehtbrechender Exeretionskörner. Der Mundsaugnapf misst 0,057 mm, der Bauch- saugnapf 0,045 mm; andere Organe sind nicht entwickelt. ‚Distomum endolobum Du). (larva). Die von mir!) früher beschriebene Larve kommt hier viel in Phryganiden und deren Wasserlarven vor; ich habe sie ge- 1) Dieses Archiv XXXIX, pag. 332—333, Taf. XV, Fig. 18. 380 Dr. v. Linstow: funden in Limnophilus flavicornis, Limnophilus lunatus, Limno- philus griseus, Limnophis rhombieus und Anabolia nervosa. Gystiecercus Taeniae mierostomatos Du). —= Scolex decipiens Dies. — Cysticereus Tenebrionis aut. — (ercoeystis Tenebrionis Villot. Fig. 11—16. Dieser Cysticereus scheint selten zu sein, denn er wurde 1853 von Stein bei Potsdam entdeckt, dann in einem einzigen Exemplare von Moniez!) bei Lille und von Grassi auf Siei- lien gefunden, bis ich ihn in Göttingen wieder aufgefunden habe. Das erste Stadium (Fig. 11) ist eine eiförmige Figur, die am Hinterende eine kleine Vorbuchtung zeigt, übrigens erkennt man nur die 6 paarweise gestellten Embryonalhaken ; die Länge beträgt 0,22, die Breite 0,17 mm. Auf der folgenden Eutwicklungs- stufe misst der Körper 0,55 mm in der Länge und 0,2>mm in der Breite, während ein dunklerer Körper, der sich im Innern gebildet hat (Fig. 12), 0,531 mm lang und 0,24mm breit ist; letzterer wird in den vorderen ?/, aus 0,010 mm grossen Zellen mit randständigem Kern gebildet, während das hintere Drittel aus 0,0059 mm grossen Zellen mit centralem Kern besteht. Von einem Schwanzanhang, von Rostellum, Haken. und Saugnäpfen sieht man noch nichts, die 6 Oncosphären-Haken sind erhalten; von letzteren (Fig 16) sind die vorderen derber und breiter und 0,018 mm gross, die mittleren messen 0,016 mm und die hinteren wieder 0,018 mm. Im folgenden Stadium (Fig. 15) ist die äussere Hülle nach hinten gewachsen, der Schwanzanhang beginnt sich zu bilden, die Grenze des centralen, dunkeln Körpers aber delaminirt sich von der Umgebung und ist von einem hyalinen Saum umgeben; Saugnäpfe und Rostellum sind angedeutet. An dem entwickelten Oysticereus unterscheidet man die vordere Cyste, welche 0,29 mm lang und 0,25 mm breit ist, und den Schwanzanhang (Fig. 14); die Gesammtlänge beträgt 0,48 mn, die Breite des Schwanzes 0,1Smm. An der äusseren Hülle 1) Essai Monographique sur les Cysticerques. Paris 1880, pag. 75—179. Helminthologische Mittheilungen. 381 (Fig. 14a) sieht man aussen in der Längsrichtung verlaufende Spindelzellen, darunter liegt eine Schicht von Ringmuskeln; unter der äusseren Hülle folgt ein ein- und ausstülpbarer Körper (Fig. 14b), der 0,25 mm lang und 0,20 mm breit ist; in ihm ist der Scolex (Fig. 14 c) eingeschlossen; die Saugnäpfe sind 0,055 mm lang und 0,047 mm breit; das Rostellum ist bimförmig und trägt einen einfachen Kranz von 30 Haken; dieselben haben noch keine richtige Darstellung gefunden, denn weder Stein's Ab- bildungen der Cysticereus-Haken, noch Dujardin’s der Tänien- haken sind ganz genau; sie messen 0,0104 mm, sind also erheb- lich kleiner als die Haken der Oncosphäre, und haben die in der Abbildung (Fig. 15) wiedergegebene Form. Der Schwanz- anhang trägt die 6 Oncosphärenhaken. Stein!) giebt an, diesen Cystieereus zu Millionen gefunden zu haben; die Zahl der Haken giebt er zu 28°—52 an; er hat den im Inneren sich bildenden, dunkeln Körper gesehen, den er für die Oncosphäre hält, denn die 6 auf dem helleren Theil sitzenden Haken nennt er abge- stossen. Offenbar ist der Scolex aus der Cyste vorstülpbar; die hierzu nöthige Oeffnung am Scheitel ist vorhanden, ist aber von Stein übersehen. Wenn bisher vermuthet wurde, dass dieser Oysticercus zu Taenia mierostoma Duj. gehört, glaube ich dieses aus der An- zahl, Grösse und Form der Haken als zweifellos hinstellen zu können. Bei der grossen Uebereinstimmung im anatomischen Bau des Genus Taenia und der in der äusseren Form noch grösseren Aehnlichkeit ihrer sechshakigen Oncosphären sollte man auf einen einheitlichen Modus der Entwicklung schliessen; aber das Gegen- theil ist der Fall, der Cysticereus bildet sich aus der Oncosphäre auf die allerverschiedenste Weise. Zunächst lassen sich zwei Gruppen unterscheiden. I. Jede Oneosphäre bildet nur einen Seolex. 1. Die Oncosphäre wird hohl und wird zur mit Flüssig- keit gefüllten Schwanzblase; die Kopfanlage ist hohl und aus 5 l 5 1) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie Bd, IV, Leipzig 1893, pag. 205—212, Taf. X, Fig. 12—20. 332 Dr. v. Linstow: ihr entwickelt sich der Scolex im eingestülpten Zustande; hierher gehören die Oystieerken der grossen Säugethier-Tänien !). 2. Die Kopfanlage ist solide, sie entwickelt sich im Hinter- ende einer anfangs geschlossenen, dann vorn offenen Höhlung in vorgestülptem Zustande des Scolex; so fand Hamann?) die Entwicklung des Cysticereus Taeniae sinuosae; schon bei den jüngsten Formen ist ein grosser Schwanzanhang vorhanden. 3. Es entsteht zunächst eine centrale Höhlung, in welcher sich hinten eine Hervorragung bildet, auf der die ersten Anlagen von Saugnäpfen und Rostellum sichtbar werden; so fand ich?) es bei einem nicht bestimmbaren Uystieercus aus Gammarus pulex; von einem Schwanzanhang sieht man keine Spur. 4. Im Centrum der Oncosphäre entsteht ein Hohlraum, am vorderen Körpertheil bilden sich die Saugnäpfe an der Peripherie, hierauf zeigt sich am Scheitel eine Einziehung, die sich mehr und mehr vertieft, und in ihrem Grunde entsteht der Scolex m eingestülptem Zustande; so fanden Grassi und Rovelli?) die Entwicklung des Cysticercus Taeniae ellipticae. Auch Mräzek°) schildert, wie beim Cysticereus Taeniae tenuirostris ? und gracilis Saugnäpfe und Seolex sich vorn aussen bilden und nachher zurückgestülpt werden. 5. Es bildet sick keine Höhlung, der Scolex bildet sich im Innern des soliden Körpers in vorgestülptem Zustande, so bei Dithyridium. 6. Die geschilderte Entwicklung des Cysticercus aus Tene- brio molitor; es bildet sich kein Hohlraum, der Seolex bildet sieh im Innern in vorgestülptem Zustande und wird nicht ein- gezogen wie unter 4. Villot‘) sagt über diese Form: „Uystique, f l) Leucekart, Die Parasiten des Menschen. 2. Aufl. Leipzig u. Heidelberg 1879—1886, pag. 440—448. 2) Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. XXIV, N. F. XVII, 1889, pag. 1—3, Taf. I, Fig. 4—8. 3) Dieses Archiv Bd. XXXIX, 1892, pag. 336—337, Taf. XV, Fig. 22—23. 4) Ricerche embriologiche sui Cestodi. Atti Accad. Gio@nia nat. Catania 1892, 4. ser., vol. 4, Mem. pag. 1—108, tab. I—IV. 5) Nachricht d. k. Böhm. Gesellschaft d. Wissensch. 1891, pag. 131, Taf. VI, Fig. 24— 26. 6) Ann. sc. natur. zoolog. Paris 1883, art. 4, pag. 43—46. Helminthologische Mittheilungen. 833 dont la vesieule caudale se forme par bourgeonnement exogene“ ; die vesieule eaudale ist aber das ursprüngliche. 7. Der Seolex ist solide und nicht einstülpbar, er entsteht an dem anfangs soliden, später mit Flüssigkeit gefüllten Körper, dem Abkömmling der Oneosphäre; so schildert Moniez!) die Entwieklung des Cystieereus pisiformis. 8. Es entsteht ohne alle Umwandlungen aus der Oncosphäre in direeter Entwicklung ein tänienartiger Körper, ein Plero- eereoid, wie Leucekart?) und Mräzek°) es gefunden haben. I. Gruppe. Jede Oncosphäre bildet zahlreiche Sceoleces dureh ungeschlechtliche Vermehrung. 9. An der Innenwand einer von der Oncosphäre abstammenden Blase bilden sich die hohlen, zurückgestülpten Seoleces, wie Leuekartt) die Entwieklung von Coenurus schildert. 10. Die Seoleces entstehen in Keimkapseln an der Innen- wand der Blase, die sich zu Tochter- und Enkelblasen abschnüren können, so bei Echinococeus nach Leuckart?). 11. Ein Blastogen, die frühere Oncosphäre, knospt nach aussen und bildet zahlreiche zusammenhängende Colonien von kurzgestielten, dreitheiligen Cysticerken, wie Villot‘) die Ent- wieklung von Staphyloeystis schildert. 12. Das Blastogen, die ursprüngliche Onecosphäre, treibt wenige Knospen, die sich nieht gleichzeitig, sondern nach ein- ander entwiekeln; in ihnen bildet sich der Cystieereus in einem rundlichen Hohlraum, ein jeder isolirt; letzterer steht durch kurze Stiele in Zusammenhang; so schildert Villot”) die Bil- dung von Uroeystis. 13. Aus der Oneosphäre entsteht ein solider Körper, der nach aussen Knospen treibt durch seine äussere Zellschicht; der Körper wird von einer vom Wirth gebildeten Hülle umgeben; meine. Bart, Breaa 2 2) l. ce. pag. 464. Sk, enBaf., VEsBies:27. 4) 1. c. pag. 352. 5) l. ec. pag. 459. 6) Ann. se. natur. 6 ser. Zoolog. 1—8, Paris 1878, art. 5, pag. 1—19, tab. 11. 7) ibid. 6 ser., tab. XV, 1883, art. 4, pag. 1—61, tab. 12. 384 Dr: v. LinsStow: im Centrum jeder Knospe entsteht der solide, nicht eingestülpte Scolex; aus den mittleren Schichten bildet sich der Körper, aus der Aussenschicht die Schwanzblase. Die Cysticerken lösen sich später vom Stammkörper und liegen nun in der Hülle frei; es entsteht am Scheitel eine Oeffnung, dahinter ein Hohlraum, in den der Scolex hineinwächst, nach Haswell und Hill!) Ent- wicklung von Polycereus Didymogastris. 14. Aehnlich wie die letztere Form bildet sich der Echino- eoceus, den Meeznikoff in Lumbrieus fand, der Polycereus Lumbriei Villot's; hier aber entstehen die Scoleces ausgestülpt und die drei Abtheilungen liegen während der Bildung hinter, nicht in einander; erst später erfolgt die Einstülpung ?). r Jeder dieser Entwicklungsgänge ist gänzlich von den übrigen verschieden, und vielleicht wird sich die Zahl der Vor- gänge noch vermehren lassen. Gysticereus Taeniae furcatae Stieda. Fig. 17—18. In Geotrupes sylvatieus fand ich in grossen Mengen einen geschwänzten Cysticereus, der nach Zahl, Form und Grösse der Haken zu Taenia furcata der Spitzmäuse gehört. Die Oyste ist 0,30 mm lang und 0,26 mm breit, der Schwanz hat eine Länge von 0,88 mm und eine Breite von 0,5lmm. Die Cyste lässt aussen Ring- und darunter Längsmuskeln erkennen, am Scolex bemerkt man ausser verstreuten Kalkkörperchen vorn vor den Saugnäpfen zwei Gruppen derselben. Die Saugnäpfe sind 0,057 mm gross, das birnförmige Rostellum ist an seiner Basis von einem Ringgefäss umgeben, von dem 4 Gefässe nach hinten abgehen; vorn trägt es einen einfachen Kranz von Haken, deren ich 24, 24, 26, 27, 25, 27, 27, im Durehsehnitt 26 zählte; dieselben er- innern in der Form an die der Taenia acuta der Fledermäuse, die drei Aeste sind annähernd gleich lang und der Hebelast ist bauchig aufgetrieben; die Länge beträgt 0,0247 mm. Der Schwanz- anhang hat einen hyalinen Saum, die Oncosphären-Haken messen 0,0156 mm. Die Tänie scheint selten zu sein, denn sie ist bis 1) Proceed. Linn. soc. New South Wales, 2. ser., vol. VIII, part. 3 Sidney 1894, pag. 365—376, tab. XIX—XX. 2) Leuckart,]. c, pag. 465. Helminthologische Mittheilungen. 385 jetzt nur von Stieda!') beschrieben; er nennt die Tänie sehr selten, sie ist S—10 mm lang und besteht aus etwa 100 Gliedern; die Geschlechtsöffnungen stehen einseitig, und die 22—28 Haken messen 0,024mm; die Form gleicht genau der bei unserem Cysticereus gefundenen. Üysticereus Parasilphae n. sp. Fig. 19—20. Während die langgeschwänzten Cysticerken, die von Ha- mann, Mräzek, Blanchard, Rosseter und mir be- schrieben sind, alle ein mit Haken bewaffnetes Rostellum zeigen, ist hier zum ersten Male eine langgeschwänzte, unbewaffnete Form gefunden. Unter etwa 30 Exemplaren von Parasilpha tristis Illig. enthielten 3 solche Cysticerken, zwei davon je 1, eins aber 2 Exemplare. Die Cyste ist 0,26 mm lang und 0,23 mm breit, die Saug- näpfe aber haben eine Länge von 0,0598 mm und eine Breite von 0,0572 mm; ein Rostellum fehlt. Die Cyste (Fig. 20) ist sehr complieirt gebaut. Zu äusserst bemerkt man eine körnig-hyaline Schicht, darunter eine schmale, völlig hyaline, nun folgt die eigentliche Cyste, deren äussere Lage radiär gestreift ist, während die innere körnig-hyalin er- scheint, dann folgt eine eoncentrisch gestreifte Lage und hierauf der Scolex, dessen’ äussere Schicht Kalkkörperehen und netz- förmig verzweigte Gefässe erkennen lässt: im Scheitelpunkt ist die Oeffnung zum Vorstülpen. Der ungemein lange Schwanz misst 11,06— 20,14 mm und ist ganz vorn 0,48 mm, am Ende 0,088 nım breit. Dicht hinter dem Cystentheil zeigt er Ring- und Längsmuskeln, übrigens be- steht er aus einem zarten Parenehym, in welchem hyaline Kugeln von durchschnittlich 0,02 mm Grösse eingebettet sind; daneben finden sich kleinere, oft granulirte Zellen mit mehreren kugel- förmigen, oft halbmondförmigen Kernen. Die Grenzmembran ist sehr fein, Oncosphären-Haken fehlen. Der lange Schwanz ist offenbar ein Haftorgan, mit dem das Thier an den Darmzotten seines definitiven Wohnthieres 1) Archiv für Naturgesch. Bd. 28, Berlin 1862, pag. 208—209, Warn, Big: 6b W7. 386 Dr. v. Linstow: kleben bleibt; zu welcher Tänie der Cysticereus gehört, lässt sich, da die Haken fehlen, nicht sagen. Entsprechend der grossen Verschiedenheit in der Ent- wicklung der Cysticerken sind dieselben auch ausserordentlich verschieden gebaut, wie schon aus den zahlreichen Gattungs- namen hervorgeht, mit denen man sie belegte, bevor man sie als Larven des Genus Taenia erkannte; eine Anzahl dieser Namen sind zwar auch erst in jüngster Zeit von Villot auf- gestellt. Die monocephalen Formen wurden genannt: Üysticereus, Cysticercoid, Monocereus, Cryptocereus, Plerocereus, Plerocereoid, Scolex, Milina, Gryporhynehus, Cercoeystis, Pseudoeystis, Piesto- eystis, Dithyridium, die polycephalen Eehinococeus, Coenurus, Uroeystis, Staphyloeystis, Polycereus. Man unterscheidet monocephale Formen ohne Schwanzan- hang, unter denen die grossen Formen der Säugethier-Tänien am bekanntesten sind, welche aus einer mitunter sehr grossen mit Flüssigkeit gefüllten Blase bestehen; der Scolex ist hohl und haftet in zurückgestülptem Zustande an einer Stelle der Innenseite der Blasenwand; so bildet Leuekart!) Cysticereus pisiformis ab. Ganz anders ist Cysticereus fasciolaris gebildet; hier ist der Körper, wenn wir so den Theil zwischen Scolex und Oyste nennen, so gewaltig entwickelt, dass er in letzterer nicht Raum hat; er ist langgestreckt und tänienartig gegliedert und trägt die Cyste hinten als unbedeutenden Anhang. Moniez beschreibt unter dem Namen Cysticereus Taeniae Grimaldii eine Form, bei der eine 650mm lange Anlage des Körpers in der Cyste aufgerollt liegt; das Receptaceulum eapitis ist geplatzt. Bei Monocereus Arionis, einer grossen von mir ?) in Gam- marus pulex gefundenen Form, Cysticereus Taeniae pachyacan- thae genannt, und zahlreichen anderen, füllen Körper und Seolex die Cyste im zurückgestülpten Zustande vollkommen aus, der wie 1) l. ec. pag. 443, Fig. 191. 2) Dieses Archiv XXXIX 1892, pag. 340-341, Taf. XV, Fig. 27— 30. Helminthologische Mittheilungen. 387 ein Handschuhfinger umstülpbare Theil aber ist der Körper. Hierher dürfte auch Gryporhynchus gehören, ebenso Oysticercus Lumbrieuli Ratzel und Cysticercus Taeniae tetragonae Piana. Bei Piestocystis dithyridium sind nach Leuckart!) die drei Theile, Scolex, Körper und Cyste, in eins verschmolzen, und der vordere, schmalere Theil mit den Saugnäpfen kann in den breiteren, hinteren eingestülpt werden, eine Dreitheilung aber ist nicht zu erkennen. Die Plerocereoide gleichen einer vorgestülpten Piestocystis, sind aber nicht einstülpbar; sie gleichen einer jungen, unge- gliederten Tänie und sind wahrscheinlich das Bindeglied zwischen dieser und der Oncosphäre, so dass letztere ohne eine Cysticer- eus-Zwischenform direct zur Tänie auswächst. Solche Form be- schreibt Leuekart?) aus Cyelops serrulatus, Mräzek?°) aus Cyelops agilis und ich®) fand eine solche in Lacerta agilis. Hierher gehört vielleicht auch Milina grisea van Beneden’s. Gewissermaassen nur aus dem Scolex besteht der Cysti- cereus Taeniae murinae, welcher sich nach der höchst interes- santen Entdeckung von Grassi und Rovelli ohne Zwischen- wirth in den Darmzotten der Ratten entwickelt; Körper und Cyste fehlen hier ganz. Bei den geschwänzten Formen finden wir nicht weniger Verschiedenheiten. Die gewöhnlichste Form ist die, bei welchen Körper und Scolex eingestülpt in der Cyste liegen, welche mit einem oft ungemein langen Schwanzanhang versehen ist, der die Onco- sphären-Haken trägt; hierher gehört ausser vielen anderen von Hamann, Mräzek und mir beschriebenen Arten auch der Cysticereus aus Tenebrio molitor. Eine merkwürdige Abweichung bietet der Cysticerceus Taeniae Hamanni Mräzek?°), bei dem die Aussenwand der Cyste in einen mächtigen Borstenbesatz aufgelöst ist. Dass Körper und Scolex bei diesen Formen aus der Cyste ausgestülpt werden 1) 1. c. pag. 435, Fig. 185. 2) ibid. pag. 464, Fig. 212. 3) Nachricht d. k. Böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1891, pag. 129, Taf. VI, Fig. 27. 4) Dieses Archiv l. c. pag. 342, Taf. XV, Fig. 37. d)nl...e. 1890, Taf VI, Eig. 17. 388 Dr. v. Linstow: können, zeigt der Cysticereus Taeniae fasciatae Mräzek!) und Taeniae graeilis Mrazek?). | Der Cysticereus Taeniae ellipticae—=cuceumerinae, wie Grassi und Rovelli ihn schildern, ist ein Sceolex mit einem Schwanz- anhang ohne Körper und Cyste. Gänzlich abweichend ist wieder nach Grassi und Rovelli der Öysticereus Taeniae diminutae=leptocephalae gebaut. Während sonst Cyste und Schwanz durch eine scharfe Grenze geschieden sind, gehen sie hier ohne eine solche in einander über und das Ganze ist von einer abstehenden, ovalen Hülle umgeben. Völlig isolirt steht der von mir?) beschriebene Cystieercus Taeniae acanthorhynchae; in der Mitte eines parenchymatösen Körpers liegt die Cyste, der Scolex ist vorgestreckt und sammt dem Körper von der parenchymatösen Masse umgeben, welehe hinten in den Schwanz übergeht. Die polycephalen Formen Echinococeus, Coenurus, Polycercus, Staphyloeystis, Uroeystis sind ebenfalls ganz verschieden gebaut, die Knospen bilden sich bald innen, bald: aussen und der Bau ist bei allen grundverschieden. Jedoch scheint es nicht gerecht- fertigt, diesen Formen besondere Gattungs- und Artennamen zu geben, da alle Larven des Genus Taenia sind; die Schmetter- lingsraupen einer Gattung werden «doch auch nieht mit beson- deren Gattungsnamen belegt. Taenia depressa v. Sieh. Fig. 21—34. Im Jahre 1875 gab ich) eine kurze Schilderung einer ge- schlechtsreifen Proglottide, um die Anordnung der Geschlechts- organe zu zeigen. Neuerdings hat Fuhrmann?) diese Tänie untersucht, wobei er meine Angaben einer abfälligen Kritik unterzieht. Bei einer erneuten Untersuchung habe ich gefunden, dass ich mich allerdings in zwei Punkten geirrt habe; eins habe ich nieht richtig gesehen, nämlich, dass die männlichen 1) 1.e, EHTTARNG BE: 2).ibid. Taf. VI, Kig: 18. 3) Dieses Archiv l. c. pag. 341—342, Taf. XV, Fig. 31. 4) Archiv für Naturgesch. 1875, pag. 187—188, Taf. II, Fig. 1—3. 5) Revue Suisse de Zoologie t. III, 1896 (1895), pag. 449—456, tab. XIV, Fig. 11—15. Helminthologische Mittheilungen. 389 und weiblichen Geschlechtsorgane nieht am Gliedrande, sondern schon in einem Punkte zusammenstossen, der in etwa !/, der Entfernung vom Rande auf dem Querdurchmesser liegt; ferner habe ich die Bedeutung zweier Organe, des Keimstocks und Dotterstocks verwechselt. Meine Arbeit stammt aus einer Zeit, in der es noch keine Mikrotome, keine Schnitt- und Färbe- methode gab, die es jetzt jedem Anfänger leicht machen, an Längsschnitten in der Nähe des Randes zu sehen, ob man einen oder zwei Kanäle durchschnitten hat, und an Schnitten durch die mittleren Theile, ob man Dotter- oder Keimzellen vor sich hat. Ich studirte damals die Glieder an aufgehellten Totalprä- paraten, und da es bekannt war, dass bei den meisten Distomen der Keimstock ein in der Mittellinie oder in ihrer Nähe ge- legener einheitlicher Körper, der Dotterstock aber ein seitlich links und rechts symmetrisch gelegenes Organ ist, so war kaum zu vermuthen, dass es bei den ganz ähnlich gebauten Täniengliedern umgekehrt sein würde. Da es mir gelang, frisches Material in genügender Menge aus Cypselus apus zu erhalten, gebe ich, um mein Versehen wieder gut zu machen, eine erneute Schilderung dieser Tänie, da Fuhrmann eine ganze Reihe von Punkten übersehen, andere irrthümlich gedeutet hat. Meine Exemplare waren klein, die Länge betrug 10—14 mm, die Proglottidenzahl betrug nicht‘ mehr als 28, die hintersten Glieder waren 1,42mm breit und 1,22 mm lang. Der Scolex ist 0,48 mm breit, die Saugnäpfe haben eine Länge von 0,23 und eine Breite von 0,18 mm, während das Rostellum vorn einen Durchmesser von 0,153 mm hat; man er- kennt an ihm Längs- und Ringmuskeln. Es ist bewaffnet mit zwei Reihen von Haken, die leicht abfallen; in jeder Reihe stehen 14—15 Haken, so dass 28—30 vorhanden sind; die Spitze der Hakenäste beider Reihen liegen in einer Kreislinie; die Wurzeläste aber der grösseren reichen etwas weiter nach vorn; diese messen 0,0507 mm, die kleineren 0,0429 mm; die Form bitte ich aus der. Abbildung zu ersehen (Fig. 35); man erkennt, dass es sich um zwei sehr ähnliche, aber nicht gleiche Formen handelt, da die kürzeren stärker gekrümmt sind. Krabbe!) 1) Bidrag til Bundskab om Fuglenes Baendelorme. Kjöbenhavn 1869, pag. 335—336, tab. X, Fig. 270—271. 390 Dr: v. Linstow: sagt von den Haken: Uncinulorum corona duplex, quorum longi- tudo 0,054—0,051 mm; damit bezeichnet er zwei Reihen gleicher Haken, deren Länge in den angegebenen Grenzen schwankt, wie auch Fig. 271 zwei völlig gleich grosse Haken abgebildet werden; bei zwei verschiedenen Hakengrössen pflegt Krabbe zu sagen quorum majores ... ., quorum minores . . . etc. Fuhrmann hat die Haken nicht gesehen. Der Proglottidenkörper beginnt unmittelbar hinter dem Scolex, und in den nächsten Gliedern, schon sehr früh, sieht man die Anlange der Geschlechtsorgane, wie Olsson!) es ab- bildet. Am Hinterrande des Scolex, entsprechend dem Hinterrande der Saugnäpfe, liegt stets braunschwarzes Pigment. Die Cutieula färbt sich schwach mit Boraxcarmin und hat eine Mächtigkeit von 0,0028 mm, die unter ihr liegende Haut- muskelschicht ist 0,0055 mm stark; die äusseren Ringmuskeln sind schwächer entwickelt als die inneren Längsmuskeln. Unter der Hautmuskelschicht findet sich die breite Lage kolbenförmiger, gekernter Zellen, welche wir nach Blochmann’s Darstellung Epithel nennen müssen; die Zellen färben sich leb- haft, ihre Kerne noch intensiver, und die zu innerst liegenden sind lang gestielt, um die Cuticula erreichen zu können. Nach innen vom Epithel verlaufen Bündel kräftiger Längsmuskeln; die Bündel sind 0,0052—0,0104 mm breit, die sie trennenden Zwischenräume sind breiter und messen 0,0130—0,0234 mm; oft sehen in spitzem Winkel oder bogenförmig Anastomosen in Gestalt von Muskelfasern von einem zum andern Bündel hinüber. Die Transversalmuskeln sind nicht stark entwickelt, man sieht sie besonders an den Hinter- und Vorderrändern der Pro- glottiden, wo sie ein an der Grenze zweier Glieder gelegenes, gleich zu schilderndes lockeres Gewebe begreuzen; manchmal sieht man hier Längsfasern in die transversale Richtung um- biegen. | Das Parenchym ist in den jüngeren Gliedern zellig; die Zellen sind achromatisch, unregelmässig gerundet, mit excentrisch gestellten, sich schwach färbendem kleinen Kern. 1) Bidrag til Skandinaviens Helminthfauna, Stockholm 1893, pag. 29, tab. III, Fig. 49. Helminthologische Mittheilungen. 391 Die mitunter sehr dicht gesäten Kalkkörperchen sind con- centrisch geschichtet, zuweilen sind sie ganz, mitunter ist nur ihr Centrum granulirt; durchschnittlich sind sie 0,015 mm gross. Zwischen der Cutieula und der Hautmuskulatur einerseits und der Parencehymlängsmuskulatur andererseits an der Grenze je zweier Proglottiden fehlt das Epithel und ist im einer ring- förmigen 0,013—0,028 mm breiten Schieht durch ein sehr lockeres Gewebe ersetzt, das auf Schnitten wie eine nur von zarten Längs- fasern durchzogene Lücke erscheint; in den mittleren Schnitten einer Serie glaubt man bei Flächenschnitten an den Rändern, bei Dorsoventralschnitten in der Dorsal- und Ventrallinie Quer- schnitte von Gefässen zu sehen. Beim lebenden Thier werden die Lücken zwischen den Fasern von einer serösen Flüssigkeit erfüllt sein, und die Sehicht bedingt offenbar die leichte Trenn- barkeit zweier an einander grenzender Glieder. Vom Gehirnganglion treten links und rechts zwei Nerven- stränge nach hinten, welche die Gliederkette durchziehen und auf Querschnitten im 2. und 6. Theile einer in 7 gleiche Theile getheilten Transversallinie erscheinen. Nach innen vom Nerven verlaufen jederseits zwei stark geschlängelte Längsgefässe (Fig. 22), von denen das eine am Hinterrande der Proglottide durch eine Anastomose mit dem entsprechenden der anderen Seite ver- bunden ist; die Gefässwandung enthält kleine Kerne mit Kern- körperchen; erstere sind schwach, letztere stärker färbbar und die Wandung ist 0,0021 mm stark. Die Hoden sind länglich rund, der grössere Durchmesser beträgt 0,052—0,097 mm, der kleimere 0,042—0,0553 mm; die Zellen enthalten Tochterzellen und diese wieder Enkelzellen, die letzteren sind sehr gleichmässig gebildet und messen 0,0039 mm; die Hoden liegen besonders zahlreich in der hinteren Proglo- tidenhälfte, in der vorderen fehlen sie mitunter ganz (Fig. 21 Ah). Fuhrmann nennt die Hoden kreisrunde Bläschen von 0,007 mm Durchmesser, was wohl nicht richtig ist. Der Same wird in die Vasa efferentia ergossen und diese sammeln sich in das Vas deferens, das in reichen Schlingen hinter und dann vor dem Cirrusbeutel aufgerollt liegt (Fig. 21vd), um dann an der inneren Seite in letzteren einzutreten. Fuhr- mann lässt das Vas deferens aus dem Cirrusbeutel austreten und dorsal von demselben zahlreiche Schlingen bilden, welche Archiv f. mikrosk, Anat. Bd. 48 26 % 392 Dr. v. Linstow: stellenweise von grossen Prostata-Zellen bedeckt sind; Prostata- Zellen am Vas deferens sind bisher noch nicht gefunden, auch hier habe ich sie nicht gesehen. Der Cirrusbeutel (Fig. 21, 30 ch) ist ein grosses, spindel- förmiges Organ, das in der Regel quer und stets an der einen Seite vorn im Gliede liegt; es nimmt etwa den vierten Theil des Querdurchmessers ein. In ihm findet man in jüngeren Pro- glottiden den Cirrus, stets aber reiche Schlingen des Vas deferens, so dass das Organ sowohl Cirrusbeutel wie Samenblase ist. Die Aussenwand wird gebildet von einer ungemein mächtigen Längsmuskulatur, welche aus feinen, radiär gestellten Lamellen besteht und aussen nicht scharf abgegrenzt ist (Fig. 26 Im); dann folgt nach innen eine Radiärmuskulatur und auf diese eine Endothelschieht (Fig. 30 e). Aussen mündet der Cirrusbeutel in den tief eingestülpten Sinus genitalis, innen setzt sich an ihn ein auffallendes Muskelbündel, das mitunter ®/, der Länge des Cirrusbeutels erreicht, der Retractor des Cirrusbeutels; diese Muskeln dringen aber in den letzteren hinein und die an die Wandung ausstrahlenden Fasern umgeben das Vas deferens (Fig. 26r). Da, wo das Vas deferens in den Cirrusbeutel tritt, ist dieser aussen mit einem einfachen Kranze kleiner, gestielter Drüsen besetzt (Fig. 30 k). Die erste oder innerste Strecke des Vas deferens im Cirrusbeutel ist mit einem merkwürdigen Ver- schlussapparat umgeben (Fig. 21, 30 va), der aussen aus Längs-, innen aus Radiärmuskeln besteht und offenbar bei Contractionen des Beutels ein Zurückfliessen des Samens verhindern soll. Die sehr mächtigen Längsmuskeln können den Cirrusbeutel sehr ver- kürzen, so dass seine Gestalt fast kugelförmig wird. Der Ver- schlussapparat ist 0,078 mm lang und 0,054 mm breit (Fig. 29). Fuhrmann sagt, der Cirrusbeutel bestehe ausschliesslich aus Längsmuskeln, die sehr flache und breite Muskelbänder seien, den Retractor des Cirrusbeutels nennt er Retractor des Penis, obgleich er diesen garnieht berührt. Der Cirrus liegt bei jungen Proglottiden zurückgestülpt im Cirrusbeutel und wurzelt an dessen äusseren Ecke (Fig. 27 ec); die gleich zu erwähnenden Dornen liegen hier im Innern; er hat in dieser Lage einen Querdurchmesser von 0,012 mm und ist an seiner Wurzel von einer Scheide umgeben, die von dicht Helminthologische Mittheilungen. 393 gedrängten Prostata-Drüsen besetzt ist; charakteristisch ist die W-förmige Wurzel an der Aussenecke des Cirrusbeutels. Zur Selbstbegattung wird der Cirrus, vermuthlich durch Contraetion der Längsmuskulatur aus dem Cirrusbeutel heraus und in einen Kanal des Genitalsnus hineingedrängt; er ist nun 0,26 mm lang; an der Wurzel ist seine Scheide wiederum mit Drüsenzellen besetzt; etwas vor der Mitte ist er verdiekt und trägt hier 20 Längsreihen stärkerer Dornen, die äusserste, dünne Spitze ist dornenfrei, dieht hinter ihr bemerkt man wieder einen Ring feinerer Dornen, die sich immer kleiner und sparsamer werdend bis zu dem stärkeren Dornenringe fortsetzen; der Durch- messer beträgt an der stärker bedornten Stelle 0,018—0,023 mm, an der Wurzel ist er 0,044 und an der Spitze 0,018 mm breit. Die Dornen sind nach hinten gerichtet. Der Genitalsinus ist sehr tief eingestülpt und kann in gestrecktem Zustande fast !/, des Querdurchmessers der Proglottide erreichen. Die Längs- muskelschicht der Hautmuskulatur verdickt sich zu einer mäch- tigen Ringmuskellage (Fig. 23 r), und nach aussen nach dem Gliedrande zu wird der Durchmesser, der anfangs 0,068 mm be- trug, immer kleiner, bis er an der Mündung auf '/, redueirt ist, letztere ist kreisförmig und 0,013 mm gross (Fig. 24); der Durchmesser des Sinus beträgt innen 0,068 mm, in der Mitte 0,047 mm, aussen 0,027 mm. Eine mächtige Ringmuskellage umgiebt den Gang (Fig. 23 r), aussen liegen nahe der Mündung Epithel-, weiter nach innen Drüsenzellen, in der Mitte ist ein Gang zur Aufnahme des Cirrus bemerkbar, der aber nur einen kurzen Verlauf hat, und aussen mit Drüsen besetzt ist (Fig. 27, 30. d), derselbe ist aussen gestützt von einem parenchymatösen sewebe. Die Innenwand des Sinus ist an der äusseren Hälfte mit feinen, in Bogenlinien gestellten Stäbehen besetzt (Fig. 25). Die Geschlechtsöffnung steht abwechselnd rechts und links, aber nicht regelmässig; man trifft oft zwei auf einander folgende an derselben Seite. Wenn die Selbstbegattung erfolgen soll, so quillt ringförmig um die Mündung des Sinus ein Parenchymwall vor, der dessen Mündung verschliesst; die Proglottiden erhalten nun ein ver- ändertes Aussehen, da an der einen Seite vorn eine kolben- förmige Vorbuchtung erscheint (Fig. 22). Nun wird, ohne Zweifel durch Contraction der Längsmuskeln des Cirrusbeutels, der Cirrus 394 Dr. v. Linstow:!: vor- und in den Sinus hineingedrängt; da dessen Mündung aber verschlossen ist, biegt die Spitze um und dringt in die Vagina hinein (Fig. 30), um in diese den Samen zu ergiessen. Die Um- biegungsstelle liegt dicht vor dem stärkeren Dornenkranze. Nach vollzogener Begattung verschwindet der Ring wieder, der Sinus öffnet sich und der Cirrus kann sich strecken, so dass seine Spitze etwas über den Gliedrand vorragt. Der einmal aus dem Cirrusbeutel vorgestülpte Cirrus wird nicht wieder in den ersteren hineingezogen. Fuhrmann sagt: „Die hintere Hälfte der Röhre (des Cirrus) erleidet eine Verengerung, denn sie ist es, welche im erigirten Zustande des Penis den inneren Kanal, durch welchen das Sperma fliesst, darstellt. An diesen Theil des Cirrus heftet sich ein aus ea. 10 Fasern bestehendes Muskelbündel an, welches am hinteren, inneren Ende des Cirrusbeutels seinen Angriffs- punkt hat. Seine Funktion ist die, den ausgestülpten Cirrus wieder zurückzuziehen. Wenn der Cirrus ausgestülpt ist, so ist der Zugang zur Vagina durch ihn vollständig verschlossen, in- dem der Ductus hermaphroditus gerade so weit ist wie der Cirrus.“ Aus dieser Darstellung geht hervor, dass Fuhrmann diese Verhältnisse nicht verstanden hat. Meine kurze Schilderung der männlichen Geschlechtsorgane aus dem Jahre 1875 lautete: „Die männlichen Sexualorgane bestehen aus einer ansehn- lichen Anzahl kugeliger Hodenbläschen, welche den hintersten Raum in der Proglottide einnehmen; die Ausführungsgänge ver- einigen sich im der Gegend des Keimstocks (Dotterstocks) und bilden am Vorderrande des Gliedes, gegenüber dem Porus, eine Anzahl Windungen, die man als Vas deterens bezeichnen kann, und dieses geht in eine von einer starken Muskelwand gebildete Vesieula seminalis superior über, die zugleich Cirrusbeutel ist, in der das Vas deferens sich ebenfalls vielfach hin und her ge- wunden verbreitet und etwa die Gestalt einer Trichinenkapsel hat. Der Cirrus ist lang und hat in seinem vorderen Drittel eine mit rückwärts gerichteten Stacheln besetzte Anschwellung; das letzte Drittel ist dünner, und ist das Endstück wieder mit Stacheln besetzt, die aber viel kleiner als die erstgenannten sind.“ Auch heute noch halte ich diese Darstellung Wort für Helminthologische Mittheilungen. ; 395 Wort für richtig, und wenn Fuhrmann sich veranlasst sieht zu sagen, meine Beschreibung der männlichen Geschlechtsorgane, ihre Lage und ihr Bau (soll wohl heissen ihrer Lage und ihres Baues) ist durchaus ungenau und fehlerhaft, so ist das ein Urtheil, welches ich der Kritik des Lesers überlasse. Der Keimstock (Fig. 21%) liegt fächerförmig ausgebreitet zu beiden Seiten der Proglottide; an der Seite des Cirrusbeutels ist er, da der Raum durch diesen beengt ist, weniger entwickelt; man zählt jederseits 5—7 Strahlen, die von kugelförmigen, 0,015 mm grossen Zellen gebildet werden, welche sich an der Peripherie stärker färben als im Centrum; der stark färbbare Kern misst 0,0021 mm. Der Dotterstock liegt in der Mittelachse der Glieder nicht weit vom Hinterrande, er ist länglich rund, der grössere Durch- messer ist quer gestellt und die Dotterzellen sind kugelförmig, 0,0039 mm gross, Zelle wie Kern färben sich stark (Fig. 21 d). Unmittelbar vor dem Dotterstock liegt die Schalendrüse, die 0,065 mm gross ist; ihre Zellen bleiben nach Anwendung von Borax-Carmin glashell: sie messen 0,0050—0,0078 mm, ihr gut färbbarer, 0,0028 mm Kern ist kugelrund und enthält ein Kern- körperchen. Die den Samen aufnehmenden Organe sind die Vagina und das Receptaculum seminis, beide werden getrennt durch. den merkwürdigen Chitinapparat. Die Vagina (Fig. 21, 530 v), welche neben der Wurzel des Cirrus in den Genitalsinus mündet, hat, ebenso wie der Cirrusbeutel, aussen eine Längs- und darunter eine Ringmuskellage, unter dieser ein Endothel; die Längs- muskeln sind aber viel schwächer entwickelt als beim Cirrus- beutel. Merkwürdig sind zwei vom Chitinapparat ausgehende elastische Bänder, welche an die Innenwand treten und wohl zur besseren Befestigung an diesen dienen (Fig. 302); an ihrer Aussenwand ist die Vagina mit einem mehrschichtigen Drüsen- zellenbesatz belegt (Fig. 30 dr). Das Receptaculum seminis, früher Vesicula seminalis inferior genannt, im Gegensatz zu der zum männlichen Geschlechtsapparat gehörigen Vesienla seminalis superior, die jetzt Cirrusbeutel ge- nannt wird, obgleich sie, wenigstens hier, auch Samenblase ist, ist ein Muskelsack, dessen vorderes und äusseres Ende eine wechselnde Lage hat, während das hintere und innere eonstant 3 396 Dr. v. Linstow: in der Mittellinie und dem Hinterrande der Proglottide etwas “ näher liegt als dem Vorderrande; demnach ist seine Grösse und Form wechselnd (Fig. 22 rec). Der erwähnte Chitinapparat liegt bald vor, bald hinter dem Cirrusbeutel (Fig. 22 ch); er ist hantel- förmig, jedoch liegt die schmalste Stelle nicht in der Mitte, sondern dem Receptaculum näher; im der Mittelachse verläuft ein Kanal, in dem eine Lamelle liegt, die an der der Vagina genäherten Seite befestigt ist (Fig. 31, 32); das Organ ist 0,0356 mm lang und 0,023 mm breit; schon in den ersten Proglottiden hinter dem Seolex wird es sichtbar, anfangs färbt es sich, in reiferen Gliedern nicht mehr, und hat offenbar die Funktion durch die Lamelle das Rückwärtsströmen des Samens von dem Receptaculum in die Vagina zu verhindern. Fuhrmann sieht statt einer Leiste zwei, die er, da er keine Bewegungen sah, unbeweglich nennt. Der Uterus erfüllt in den letzten Gliedern den ganzen Raum innerhalb der starken Längsmuskeln; nach hinten tritt er in rundlichen Vorbuchten vor, nach aussen drängen sich Vorwöl- bungen durch die Parenchym-Längsmuskeln hindurch. Die zweischaligen Eier sind spindelförmig und 0,065 mm lang und 0,029 mm breit; die äussere Schale hat an den Polen zwei lange Ausläufer (Fig. 34), deren Enden 0,18 mm von ein- ander entfernt sind; die innere, die Oncosphäre umgebende Hülle ist 0,039 mm lang und 0,023 mm breit. Da, wo die Ausläufer wurzeln, liegt unter der äusseren Hülle jederseits ein kernartiges Gebilde mit Kermkörperchen. Fuhrmann sagt: „Die Eier sind von einer einzigen Schale umgeben und 0,014 mm gross; was hier für die Eier ge- halten ist, weiss ich nicht. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVI u. XVII. Fig. 1. Filaria Geotrupis. Fig. 2—3. Nematodum Clyti; 3. Mitte des Körpers, stärker vergrössert. Fig. 4—7. Cercaria Monostomi. 4 Redie, 5 deren Mundöffnung von der Scheitelfläche, 6 jüngere, 7 ältere Cercarie. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. ©. 8. 9: u 10. Helminthologische Mittheilungen. 397 Larve von Distomum isoporum. A Hoden, % Kopfdrüse, a deren Ausmündung, o Ocellen-Pigment. Distomum Phoxini, Larve. Distomum Notidobiae, Larve. 11—16. Cysticereus Taeniae mierostomatos, 11 ganz junges Stadium, 12 mit dunklem Kerr, 13 hyaline Zone um denselben, Anlage von Rostellum und Saugnäpfen, 14 ausgebildeter Cysticercus, a Hülle, b umstülpbarer Theil, e Scolex. 15 Rostellum-Haken, 16 3 der 6 Oncosphären-Haken. 17—18. Cysticereus Taeniae furcatae, 18 Rostellum-Haken. 19—20. Cysticereus Parasilphae, Fig. 20 das Vorderende stärker vergrössert. 21—34. Taenia depressa. 21. Proglottide im Flächenbild, g Genitalsinus, % Hoden, vd Vas deferens, eb Cirrusbeutel, ce zurückgestülpter Cirrus, s Cirrus- scheide, » Vagina, ch Chitinapparat, re Receptaculum seminis, r Retractor des Cirrusbeutels, va Verschlussapparat, k Keim- stock, d Dotterstock, sch Schalendrüse. Flächenbild dreier Proglottiden mit den ringwallartigen Vor- buchtungen um den Genitalsinus, mit den Gefässen ; die übrigen Bezeichnungen wie bei Fig. 21. Querschnitt durch den breitesten Theil des Genitalsinus an dessen Innenseite, r Ringmuskeln, s Cirrusscheide. . Mündung des Grenitalsinus. Stäbchen an dessen innerer Auskleidung. Querschnitt durch den innersten "Theil des Cirrusbeutels ; Im Längsmuskeln, rm Ringmuskeln, vd Vas deferens, r Aus- strahlung des Retraetors des Cirrusbeutels. Aeusserer Theil des Cirrusbeutels mit zurück gestülptem Cirrus, Bezeichnung wie vorstehend, p Prostata, d Drüsen, e Endothel. Querschnitt durch den Cirrus. Verschlussapparat im Cirrusbeutel. Flächenschnitt durch einen Proglottidenrand mit ringwallar- tiger Vorbuchtung um den Genitalsinus, Z Lamellen in der Vagina; dr Drüsen an deren Aussenwand, k Kranz von Drüsen an dem inneren Ende des Cirrusbeutels. Chitinapparat, v2 Ventillamelle. Derselbe im Querschnitt. Rostellum-Haken, a einer des kleineren, b einer des grösseren Kranzes. Ei. (Aus dem histologischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. Dr. Sigmund Mayer.) Studien über die Schilddrüse. 1). Von Dr. Alfred Kohn, Assistenten am histologischen Institut der deutschen Universität in Prag. Hierzu Tafel XVII. Im Verlaufe weiterer Untersuchungen über die Schilddrüse, zunächst vornehmlich über die ihr an- und eingelagerten Ep i- thelkörperchen gelangte ich zu einigen neuen Ergebnissen, die ich im Nachfolgenden mittheilen will. Zugleich bietet sich mir hierbei die erwünschte Gelegenheit, zu manchen in der seit- her erschienenen Literatur über diese Gebilde mitgetheilten Angaben Stellung zu nehmen. Während meine früheren Untersuchungen sich vorwiegend auf die Schilddrüse der Katze bezogen, beziehen sich die nach- folgenden vorzugsweise auf die Epithelkörperchen des Ka- ninchens und deren Verhältniss zur Schilddrüse. Da das Ka- ninchen häufiger als die Katze zu embryologischen und experi- mentellen Untersuchungen herangezogen wird, wird die Wahl dieses Thieres im Allgemeinen willkommener sein. Eine genauere Beschreibung des Verhaltens beim erwach- senen Thiere wird namentlich nicht ohne Einfluss auf die ent- wieklungsgeschicehtlichen Anschauungen bleiben können. Bisher pflegte man die Schilddrüse des erwachsenen Thieres als ein durchaus gleichartig gebautes Organ anzusehen. Es war wenig oder gar nicht bekannt, dass derselben gewisse Körperchen an- und bei manchen Thieren auch eingelagert erscheinen. War 1) I. Alfred Kohn, Studien über die Schilddrüse. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 44, 1895, pag. 366—422. Studien über die Schilddrüse. 399 man also vordem geneigt anzunehmen, dass sich diese Körper- chen, die man ja selbstverständlich bei entwicklungsgeschicht- lichen Untersuchungen nicht übersehen konnte, etwa zur Caroti- dendrüse oder zu Schilddrüsen- bez. Thymusgewebe differenziren und im letzteren Falle spurlos in der Hauptmasse dieser Organe aufgehen werden und reehnete man sie demzufolge dieser oder jener zu, so wird man nunmehr diese Befunde und ihre Deutung einer neuerlichen Durchsicht unterziehen müssen, da es sich her- ausstellt, dass solehe Körperchen in ihrem wenig diffe- renzirten Zustande Zeitlebens verharren. Ueberdies ge- stalten sich die fraglichen Verhältnisse beim Kaninchen so ein- fach und gesetzmässig, dass hierdurch der Vergleich mit den embryologischen Thatsachen wesentlich erleichtert wird. Um ein sicheres Urtheil über das Vorkommen der Epithel- körperehen, ihre Zahl und ihr Verhalten zur Schilddrüse zu ge- winnen, zerlegte ich entsprechend dem früher ') beschriebenen Vorgehen die Schilddrüse entweder allein oder im Zusammen- hang mit Trachea-Oesophagus in Serienschnitte, meist in querer, ausserdem aber auch in frontaler und sagittaler kichtung. Da- bei ergab sich nicht nur insofern eine Uebereinstimmung mit den an der Katzenschilddrüse ermittelten Verhältnissen, als man auch beim Kaninchen ganz regelmässig ausser dem äusseren Epithelkörperehen noch ein inmitten eimes jeden Schilddrüsen- lappens gelegenes inneres nachweisen kann, sondern diese Uebereinstimmung erstreckt sich in gleicher Weise auch auf die Beziehungen der Epithelkörperehen zur Schilddrüse, worüber ich im Folgenden ausführlicher berichten werde. Ausserdem habe ich von Kaninchen auch ältere Embryo- nen (daneben auch solche von Katzen, Hunden, Ratten) und neugeborene und wenige Wochen alte Thiere zur Untersuchung herangezogen. Bei diesen gelingt es wegen der relativen Kleim- heit natürlich leichter, durch fortlaufende Serienschnitte klaren Aufschluss über die numerischen und topischen Verhältnisse der Epithelkörperchen zu gewinnen. Sowohl die an solchen Embryonen als auch die durch fortgesetzte Untersuchungen an erwachsenen Thieren erhobenen Befunde können mich nur in meiner früheren Auffassung be- 1) Kohn, Studien ete. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 44, pag. 374. 400 Alfred Kohn: stärken, dass die Epithelkörperchen bei all den unter- suchten Säugern eonstante Organe sind und dass insbeson- dere auch die inneren Epithelkörperchen bei den Thie- ren, bei denen sie sich überhaupt finden, eonstante paarige Gebilde sind. Ueber das äussere Epithelkörperchen der Kaninchenschild- drüse kann ich mich kurz fassen. Sein regelmässiges Vorkom- men wurde bereits von Sandström (15) ') festgestellt. Gley (5) fügte der Bestätigung dieser Thatsache genauere Angaben über die Lage, Grösse, den Bau und die vermeintliche Function dieses Körperchens hinzu. Es ist besonders hervorzuheben, dass dasselbe beim erwach- senen Thiere gewöhnlich in einem viel loseren Zusammenhang mit der Schilddrüse steht, als dies bei den meisten bisher unter- suchten Säugethieren der Fall ist. Während bei diesen das äussere Epithelkörperchen der Schilddrüse gewöhnlich so innig angelagert ist, dass es bei vollständiger Herausnahme der letzteren in der Regel mitgenommen wird, liegt es beim Kaninchen meist getrennt von der Thyreoidea, lateral von ihr, an der Ca- rotis communis, in einer Höhe mit dem aboralen Pole des Schild- drüsenlappens, diesen nicht selten eaudalwärts noch überragend. In einzelnen Fällen liegt es aber auch beim Kaninchen der Schilddrüse dichter an, an welche es dann durch lockeres Bin- degewebe angeheftet wird. Ein auffallender Unterschied der relativen Lage von Epithel- körperehen und Schilddrüse wird durch das Alter des Thieres bedingt. Im Allgemeinen liegt das Epithelkörperchen wohl la- teral von den Seitenlappen der Schilddrüse an der ventralen, lateralen oder auch dorsalen Fläche der Carotis communis. Aber man findet es bei neugeborenen Kaninchen, wiewohl natür- lich Schwankungen innerhalb gewisser Grenzen vorkommen, doch immer merklich höher (kopfwärts) gelagert, als bei erwachsenen, selbst bis zum oralen Pole der Schilddrüse reichend. Mag das äussere Epithelkörperehen nun etwas höher oder tiefer liegen, so beobachtet man bei jungen Kaninchen häufig, dass es mit einer dünnen Platte, die sich auf dem Querschnitte 1) Die dem Autornamen beigefügte Zahl verweist auf die ihr entsprechende des Literaturverzeichnisses. Studien über die Schilddrüse. 401 in Form eines dünnen Zapfens darstellt, einen grossen Theil der Carotiswand umspannt (Fig. 1 auf Tafel XVII). Es erscheint, ich wähle den häufigsten Fall als Beispiel, auf einem Quer- schnitte die Hauptmasse des Epithelkörperchens ventral und gleichzeitig etwas lateral von der Carotis, und mit einem dünnen Fortsatze, der oft nur aus zwei oder doch nur wenigen durch Septa getrennten Zellbalken gebildet wird, umfasst es lateral- wärts mehr als den halben Umkreis der Carotis im einem mit diesem concentrischen Halbkreise, um dorsal von der Carotis wieder mächtiger anzuschwellen. Auch was oben über die Lage des äusseren Epithel- körperehens in verschiedenen Höhenzonen der Schilddrüse ge- sagt wurde, bedarf einer Ergänzung. Wenn es dort heisst, dass das Epithelkörperchen bei neugeborenen Kaninchen relativ höher (kopfwärts) liegt als bei erwachsenen, so bezieht sich dies nur auf das Epithelkörperehen, soweit es als solches d. h. als ein eompaetes Knötehen erscheint. Aber als ganz dünner, gewöhn- lich von einer einzigen um ein achsiales Bindegewebsseptum radiär angeordneten Zellage gebildeter Strang setzt es sich bei jungen Thieren noch lange distalwärts längs der Carotis fort bis in die Niveaulinie des aboralen Poles der Schilddrüse und noch darüber hinaus (Fig. 4 auf Taf. XVIII). So zog bei einem zwei Monate alten Kaninehen ein solcher dünner Zellstrang, der nach- weisbar die direete Fortsetzung des äusseren Epithelkörperchens bildete, noch weit über das aborale Ende der Schilddrüse hinaus ventrolateral von der Carotis fort. Wie weit er reichte, kann ich nicht angeben, da er in den letzten Schnitten meiner Serie noch immer sichtbar war. Bei der innigen Beziehung zwisehen Epithelkörperehen und Thymusgewebe, die ich schon in meiner früheren Arbeit besprach und auf die ich auch in der vorliegen- den noch kurz zurückkomme, wäre es nicht undenkbar, dass solehe Fortsätze bis an die Thymus reichen könnten. An man- chen Stellen wird der Fortsatz mächtiger, dadurch dass die Zahl der Zellbalken eine grössere wird, und häufig wird er zu einem Gange, zu emem ganz ansehnlichen von eubischem Epithel ausgekleideten, einem Ausführungsgange ähnlichen Hohl- c raume. Querschnitte durch die Halsregion eines neugeborenen Kaninchens, die etwa durch die distale Hälfte der Schilddrüse gehen, können dann das überraschende Bild eines von eubischem 402 Dr ATfTe deko hnE® odereylindrischemEpithel ausgekleidetenziem- lich weiten Ganges an der Carotis darbieten, dessen Herkunft ganz unklar wäre, wenn nicht die Untersuchung an Serienschnitten seinen Zusammenhang mit dem Epithelkörperchen darlegte (s. Fig. 3 auf Taf. XVII). Von solehen Hohlräumen, die mit den Epithelkörperchen in Verbindung stehen, wird noch die Rede sein. Nach seiner Grösse (die Länge beträgt ungefähr 5 mm, die Breite 1—2 mm) und (spindelförmigen) Form lässt sich das äus- sere Epithelkörperchen der Kaninchenschilddrüse allenfalls mit einem Roggenkorne vergleichen. Bei neugeborenen Thieren ist seine Grösse im Verhältniss zur Schilddrüse bedeutender als bei erwachsenen. Sein Querdurchmesser bleibt allerdings immer be- trächtlich hinter dem der Thyreoidea zurück; aber an Längen- ausdehnung, namentlich wenn man die oben erwähnten dünnen Fortsätze nicht unberücksichtigt lässt, steht es ihr in vielen Fällen nicht merklich nach. Anders beim erwachsenen Thiere. Bei diesem erscheint das Epithelkörperchen als ein, in allen Di- mensionen der Schilddrüse wesentlich nachstehendes, kleines Knötehen. Es bleibt also in seinem relativen Wachsthume während der Entwieklung zurück. Seine Farbe ist bräunlich, bald mehr ins Röthliche, bald mehr ins Gelbliche hinüberspielend. Sein Bau entspricht dem netzartigen Typus, wie ich ihn in meiner früheren Darstellung beschrieben habe; die Septa, welche die Epithelbalken trennen, sind meist schr schmal. Hier und da kommt es auch, besonders bei jungen Thieren, zu emer Art Läppchenbildung. Wenn dann zwei soleher Läppcehen nur durch schmale Gewebsbrücken zu- sammenhängen, wird man unter den Schnitten auch auf Bilder stossen müssen, wo das Verbindungsstück nicht im den Schnitt fiel und man scheinbar zwei Epithelkörperchen vor sich hat. Fortlaufende Serienschnitte beriehtigen diesen Irrthum. Man wird nach meinen Erfahrungen überhaupt gut daran thun, in der Beurtheilung der Zahl der Epithelkörper- hen nach einzelnen Schnitten oder nach den makroskopisch wahrnehmbaren Verhältnissen vorsichtig zu sen. Bei jungen Thieren gelingt es in der Regel, Verbindungsstränge oder -gänge zwischen den scheinbar getrennt gelegenen Kör- perchen aufzufinden, durch die sie zu einem einheitlichen Organ Studien über die Schilddrüse. 403 vereinigt werden. Auch bei einem ungefähr zwei Monate alten Kaninchen waren solehe Epithelstränge noch deutlich erhalten (s. Fig. 2 auf Taf. XVII). Sie zogen von dem (auf der Zeich- nung zur Hälfte dargestellten) lateral von der Carotis gelegenen (äusseren) Epithelkörperchen zu einem dorsal von diesem Gefässe befindlichen zweiten kleineren Epithelkörperchen (das nicht mehr in den gezeichneten Schnitt fiel). Ich halte es für wichtig, diesen Zusammenhang isolirter Epithelkörperchen hervorzuheben, weil dadureh die Auffassung des äusseren Epithelkörperchens als eines einheitlichen Organs gestützt wird, während sonst in der gelegent- lich auftretenden Mehrzahl solcher Gebilde ein Merkmal für das von mancher Seite behauptete „Zufällige“, „Accessorische* des Epithelkörperchens gefunden werden könnte. Die Zellen der netzartig zusammenhängenden Balken tragen den Charakter polygonaler Epithelzellen; die dem Bindegewebe unmittelbar aufsitzenden Zellen sind, besonders ausgesprochen bei jungen Thieren, eylindrisch und senkrecht zur Verlaufsrichtung der Kapsel und Septa gestellt. In den Septen verlaufen die Gefässe. Die Capillaren unterscheiden sich in ihrer Weite nicht von denen anderer Organe; auffallend weite oder gar lacunäre Capillargefässe, die Schaper (16) in den Epithelkörperchen von Schafen fand, habe ich beim Kaninchen nicht gesehen. Hohlräume, von Epithel ausgekleidet, fand ich häufiger und relativ ansehnlicher in den Epithelkörperchen der jungen als der erwachsenen Kaninchen. Ihre Auskleidung ist eine verschiedene, gewöhnlich einschichtiges cubisches oder eylin- drisches Epithel, seltener ein- oder mehrschichtiges Platten- epithel. Das Lumen dieser Hohlräume schwankt innerhalb ziem- lich weiter Grenzen; ein Inhalt war in vielen Fällen nicht nachweis- bar, in anderen stellte er sich als feinkörniges oder feinmaschiges, farbloses Gerinnsel dar, dem oft Zellen und Zellfragmente bei- gemengt waren. Konnte bei der diehten Anlagerung des äusseren Epithel- körperchens an die Schilddrüse, die bei so vielen anderen Thieren zu beobachten ist, die Vermuthung platzgreifen, dass aus dem Epithelkörperchen sich nach dem Maasse des Bedarfes successive echtes Schilddrüsengewebe entwickele, so wird eine derartige Annahme bei der bedeutenden räumlichen Entfernung zwischen Epithelkörperchen und Schilddrüse des Kaninchens ganz unwahr- 404 Alfred Kohn: scheinlich. Gerade beim Kaninchen, wo das Epithelkörperchen so leieht isolirt zu untersuchen ist, kann man unzweifelhaft fest- stellen, dass es keine Weiterentwieklung erfährt, dass der geschilderte Bau ein bleibender ist. Wenn das äussere Epithelkörperehen analog dem bei anderen Thieren regelmässig zu beobachtenden Verhalten auch beim Kaninchen ein oder das andere Mal der Schilddrüse nahe anliegt, so kommt es auch hier, allerdings nur in Ausnahnisfällen, vor, wie ich dies schon früher (von Katze und Ratte) beschrieben habe, dass das Epithel- körperchen durch einen Epithelstrang mit dem Schild- drüsengewebe in direetenepithelialen Zusammen- hang tritt, ohne dass jedoch hierdurch im übrigen irgend eine Verschiedenheit von dem sonstigen Verhalten des Epithel- körperchens bedingt würde. Es liegt also für mich nach alledem kein Grund vor, meine frühere Annahme, dass die äusseren Epithelkörperchen der Scehilddrvüse,als solche, .d..h..ohne si cehznach irgend, einer Richtung, hin specifisch, weitersu differenziren, constante, paarige Organe sind, nicht in vollem Umfange aufrecht zu erhalten. Die Bezeichnung dieses Organs als eines äusseren Epithelkörperchens derSchilddrüse mag vielleicht gerade beim Kaninchen, wo es doch zumeist ausser Zusammen- hang mit der Schilddrüse steht, nicht besonders zutreffend er- scheinen. In Ermangelung einer besseren bleibe ich ihr vorläufig treu in der Hoffnung, dass es der entwicklungsgeschichtlichen Forschung gelingen wird, zugleich mit der wünschenswerthen Aufklärung über die Genese dieser Organe auch einen zutreffen- deren Namen für dieselben zu erbringen. Unanfechtbare Ergeb- nisse über das endliche Schicksal der sogenannten epithelialen Carotidendrüsen — und seitlichen Schilddrüsenanlagen !) werden wohl zu diesem Resultate führen. Ausser dem äusseren Epithelkörperchen besitzt das Kaninchen inmitten jedes seiner Schilddrüsenlappen noch ein zweites, dem ersteren ähnlich gebautes Gebilde — das innere Epithelkörperehender Schilddrüse. Das Vorkommen eines inneren Epithelkörperchens in der Schilddrüse des Kanin- 1) S. Seite 423. Studien über die Schilddrüse. 405 chens wurde von mir schon in meiner früheren Untersuchung erwähnt. Ich hielt mich damals, da sich meine Erfahrungen nur auf wenig Exemplare erstreckten, noch nicht für berechtigt, das regelmässige Vorkommen desselben zu behaupten, so nahe auch die Analogisirung mit den in der Katzenschilddrüse gefun- denen Thatsachen lag. Nun aber kann ich mit Rücksicht auf das reiche, mir vorliegende Material sagen, dass ebenso wie bei der Katze auch beim erwachsenen Kaninchen das innere Epithelkörperchen der Schilddrüse als ein regel- mässiges Vorkommniss, als ein constantes, paariges Organ zu betrachten ist. Auch Nieolas (12) erwähnt in einer kurzen Notiz!) über die Epithelkörperchen bei den Fledermäusen, dass er einmal auch ein inneres Epitheikörperchen beim Kaninchen beobachtet habe: . „ehez le lapin j’ai observe une fois, independamment de la glandule, bien connue maintenant, situee A sa place habituelle au dehors et sur la face externe du lobe de la thyroide, une ddeuxieme glandule possedant Ja m&me structure que la premiere, entierement enchässee dans la glande thyroide et dans la r&gion anterieure de celle-ci.“ Ebensowenig ist ein Zweifel darüber möglich, dass die von F. Capobianeco (3) bei der Untersuchung einer Kaninchen- schilddrüse beobachteten „cumuli di parenchima non completa- mente sviluppato“ mit.dem inneren Epithelkörperchen identisch sind. Das innere Epithelkörperchen lässt sich unschwer in der Kaninchenschilddrüse nachweisen. Es ist aber, in Ueber- einstimmung mit dem von mir bei der Katze beschriebenen Ver- halten, nicht so scharf gegen seine Umgebung abgegrenzt wie das äussere. Während dieses überhaupt nicht mit der Schild- drüse zusammenhängt, kann man in jedem einzelnen Falle conti- nuirliche Uebergänge aus dem Gewebe des inneren Epithelkörperchens in das der Schilddrüse nach- weisen. Die Hauptmasse desselben behält allerdings die typische Struetur des Epithelkörperchens bei, aber an der Peripherie geht es in grösserer oder geringerer Ausdehnung ohne nach- 1) Ich bedauere sehr, die Arbeit von Nicolas, deren nach- trägliche Kenntniss ich der Freundlichkeit des Autors verdanke, nicht schon zur Zeit meiner früheren Publikation gekannt zu haben. 406 Alfred Kohn: weisbare Abgrenzung unvermittelt in Schilddrüsengewebe über. Trotzdem ist die Aufstellung. eines inneren Epithelkörperchens durehaus kein willkürliches Herausgreifen irgend eines unvoll- kommen differenzirten Läppchens im Inneren der Schilddrüse. Durch viele Sehnitte erscheint es als ein von eoncentrisch mit seiner Oberfläche angeordnetem Bindegewebe, welches auf diese Weise eine Art Kapsel bildet, sehr deutlich gegen das umgebende Schilddrüsengewebe abgegrenztes Körperchen (s. Fig. 7 auf Tafel XVII). So lange dies der Fall ist, wird es auf jedermann den Eindruck eines eigenartigen Organs innerhalb der Schilddrüse machen. Aber seine typische Lage, seine enge Beziehung zu einem sehr auffälligen Nachbargebilde, einem weiten Hohl- raume inmitten der Schilddrüsenlappen, sein grossentheils doch immer deutlich ausgeprägter, typischer, von dem der entwickelten Schilddrüse grundverschiedener Bau ermöglichen es, seine Sonder- stellung unter allen Umständen unbedenklich aufrecht zu erhalten, mag es in noch so ausgedehntem Maasse in direeten Zusammen- hang mit dem Sehilddrüsengewebe treten oder, wie bei neuge- borenen Kaninchen, wegen der geringeren Differenzirung der Schilddrüse selbst, noch lange nicht so scharf gegen diese ab- stechen, wie beim erwachsenen Thiere. Bei diesem macht die Auffindung desselben gar keine Schwierigkeit. Da findet man es in einem grösseren Bindegewebslager, zum Theile gut von der Umgebung abgegrenzt und ebenso wie bei der Katze nur stellenweise mit schmäleren und breiteren Sprossen in Schild- drüsengewebe übergehend. Wenn daher Schaper (16) den Befund von colloid- haltigen Bläschen im inneren Epithelkörperchen als etwas Neues und meinen Ansichten Widersprechendes hinstellt, so möchte ich dem gegenüber folgendes zu bedenken geben. Da ich schon in meiner früheren Arbeit davon sprach und Abbildungen dafür als Belege brachte (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 44, Taf. 24, Fig. 7 u. 8), dass die inneren Epithelkörperchen durch einzelne Fort- sätze mit der Schilddrüse zusammenhängen und diese Verbindung ausserdem so beschrieb, dass in dem sich verbreiternden Fort: satze des Epithelkörperchens, der die Continuität mit dem Ge- webe der 'Thyreoidea herstellt, Schilddrüsenbläschen auftreten (S. 396), so ist es wohl reine Auffassungssache, diese Bläschen Studien über die Schilddrüse. 407 noch dem inneren Epithelkörperchen oder der Schilddrüse zuzu- rechnen. An der Thatsache, dass auch das innere Epithelkör- perchen als solches persistirt, wird dadurch nichts geändert. Sein Bau ist der für die Epithelkörperchen charakteristische. Schmale Zellbalken, in verschiedenen Richtungen verlaufend und vielfach mit einander zusammenhängend, durch gefässführende Bindegewebssepta von einander getrennt, verleihen ihm sein typisches Aussehen. Karyokinesen in den Epithelzellen der Zellstränge weisen auf ein noch fortschreitendes Wachs- thum hin. Das innere Epithelkörperchen gewinnt, so ver- muthe ich wenigstens, eine besondere Bedeutung durch seine Beziehung zu einem benachbarten Gebilde, einem weiten, durch viele Schnitte zu verfolgenden, sackartigen Gang, der nicht nur an und für sich, sondern insbesondere auch wegen seiner eigenthümlichen Auskleidung und seines Verhältnisses zur Schild- drüse und deren innerem Epithelkörperchen bemerkenswerth er- scheint. Es findet sich nämlich innerhalb eines jeden der beidenSeitenlappen einer Kaninehenschilddrüse — bei keinem der untersuchten Exemplare wurde er vermisst — ein weiter gangartiger, von Epithel ausgeklei- deter Hohlraum, der dem Beobachter sofort den Ver- gleich mit einem Ausführungsgange nahe legt. Ich werde weiter unten den Bau dieses Ganges nach Untersuchungen in Längs- und Querschnittsserien beschreiben und zunächst in der Literatur nach einem analogen Befunde Umschau halten. Ein derartiges Gebilde, in der Schilddrüse deserwachsenen Thieres gelegen, finde ich bislang überhaupt nicht erwähnt. Die einzigen Angaben, die sich den folgenden anreihen liessen, beziehen sich auf Reste des traetus (duetus) thyreoglossus, die aber nicht innerhalb der Seitenlappen der Schilddrüse, sondern nur als mediane, meist unpaarige Gebilde beobachtet wurden. Dagegen habe ich selbst in meiner früheren Untersuchung eines solehen Ganges in der Katzenschilddrüse Erwähnung gethan. Dort heisst es: „Der vorderen Fläche des (inneren) Epithel- körperchens angelagert findet sich eine unbedeutende Gruppe von Lymphkörperchen, die einerseits an ein paar Fettzellen an- grenzen, andererseits einem weiten, eystenartigen, mit Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 48 27 408 Alfred Kohn: niedrigem Epithel ausgekleideten Hohlraume anliegen, der selbst wieder mit dem Schilddrüsengewebe in Con- tact steht“. Vielleicht lagen auch Andersson’s (22) Beob- achtung von gangartigen, mit Flimmerepithel ausgekleideten Hohlräumen in den Schilddrüsen zweier vierzehn Tage alten Kätzehen dieselben Bildungen zugrunde. Sonst finde ich eine gangartige Bildung nur noch in der Schilddrüse von Embryonen u. z. des Rindes und Schweines durch Wölfler (19) und des Schafes durch Prenant (14) beschrieben. Wölfler sagt darüber folgendes: „Er (der „primäre Drüsenspalt“) ist nicht in die Drüsen- nasse aufgegangen, auch bildete sich aus ihm keine Epithelblase (Remak); er war vielmehr stets!) als centraler, von hohem Cylinderepithel begrenzter Spaltraum erhalten geblieben; wir fanden denselben bei 2) mm langen Schweinsembryonen, dann bei 1'/, em langen Kalbsembryonen als S-förmigen Spalt, und finden ihn immer wieder bei 4—6 cm langen Kalbsembryonen; bei letzteren in der Mitte jedes Lappens als einen sehr scharf begrenzten, im @Querschnitte halbmondförmigen Spalt, dessen Länge 0,17 mm und dessen Breite 8 u betrug.“ An einer späteren Stelle finden sich bei demselben Autor nachstehende Angaben : } „Wir haben schon früher betont, dass der primäre Drüsen- spalt, der von hohem Cylinderepithel begrenzte Rest der früheren Schlundspalte, noch bei einer von einem 6cm langen Kalbs- embryo stammenden Schilddrüse als ein senkrecht von oben nach abwärts verlaufender Kanal in beiden Drüsenlappen erhalten war; bei einem 10cm langen, gut injieirten Kalbsembryo fanden sich in dieser Hinsicht folgende Veränderungen: Im Centrum der 2 D>mm langen und 1,5 mm breiten Drüsenlappen erhoben sich vier starke Gefässstämme, in der Peripherie des früheren Drüsenspaltes. In dem von ihnen eingeschlossenen Raume lag eine Epithelmasse, welche schon mit der Loupe wegen ihrer genauen Abgrenzung und stärkeren Färbung von der Umgebung sich abhob. Diese Drüsenmasse sandte von ihrer Peripherie aus 1) D.h. während der Entwicklung der primären Drüsencylinder, also bis zum Beginn der lacunären Vascularisation. Studien über die Schilddrüse. 409 zwischen die grossen Gefässstämmme eylindrische Fortsätze, sowie es die ursprüngliche Anlage der Schilddrüse that; diese Fort- sätze treiben wieder Sprossen, wie man sie nur bei den primären Epitheleylindern sehen konnte; ein solcher Sprossen treibender Epitheleylinder ist in Fig. 32 Taf. VI abgebildet. Derselbe ist von jenen breiten und parallel verlaufenden Gefässschleifen um- geben, welche direet von den grossen Stämmen abgesendet werden; auf anderen Querschnitten trifft man an derselben Stelle Epithelzapfen oder Epithelkugeln. Es ist wohl nieht zu zweifeln, dass diese proliferirende Epithelmasse direet aus dem Epithel des primären Drüsenspaltes hervorgegangen ist. Diese spät ent- wickelten Keimeylinder theilen jedoch nieht mehr das Schick- sal ihrer Vorgänger, da die lacunäre Vaseularisation schon längst vorüber ist; sie werden direet (25 em langer Kalbsembryo) von Gefässnetzen überzogen (Fig. 35) und bilden später noch ein Aggregat von abgegrenzten, soliden Epithelkugeln; ob aus ihnen Epithelblasen werden, konnte ich nieht weiter beobachten; auch konnte ieh nieht mit Sicherheit ermitteln, ob auch in der Schild- drüse des Menschen eine solche späte Entwicklung der Keim- epithelien stattfinde. Mit der Entwicklung. dieser soliden Keim- eylinder steht wohl in innigem Zusammenhang der Umstand, dass man auch bei ausgewachsenen Kühen lange, Sprossen treibende und vielfach verzweigte Epitheleylinder finden kann; man erkennt sie sofort an ihrem hohen Cylinderepithel, ihrer starken Tingirung und an ihrer deutlichen Abgrenzung vom umliegenden Drüsengewebe durch Bindegewebshüllen. Es wird wohl auch für diese interessanten und für die Patholo- gie der Schilddrüse nicht unwichtigen Gebilde angenommen werden müssen, dass sie gleich den aus dem primären Drüsenspalte entstan- denen Cylindern aus Keimepithel hervorgegangen seien.“ Ich habe diese Stellen aus Wölfler’s bekannter Arbeit (19) im Wortlaute hier eingefügt, um eine objeetive Vergleichung unserer Befunde zu ermöglichen. Es liegt für mich nahe, zwischen Gang + innerem Epithelköperchen, die ich bei er- wachsenen Kaninchen regelmässig finde und dem „primären Drüsenspalt* + benachbarter „Epithelmasse, die Wölfler bei Rndsembryonen fand, eine vollständige Ana- logie anzunehmen, die mir wichtig erscheint für die Auffassung dieser Gebilde. 410 Alfred Kohn: Aus demselben Grunde theille ich Prenant’s hierher gehörige Ausführungen wörtlich mit. Dieser Autor konnte bei Schafembryonen bis zu einem gewissen Alter einen „Cen- tralecanal der Schilddrüse“ beobachten, den er auf die seit- liche Schilddrüsenanlage zurückführen konnte. Prenant (14) sagt: „La quatrieme poche branchiale entodermigue est formee de deux branches, une externe et une interne; celle-ci, qui est en quelque sorte un diverticule de la poche proprement dite, se prolonge et se dilate en une vesieule piriforme, qui est l’&bauche thyroidienne laterale . . . Dans la suite du developpement, l’&bauche thyroidienne laterale, long- temps reconnaissable par sa paroi £pitheliale au sein de la thyroide d&ja volumineuse, se transforme en une cavite anfrac- tueuse, prolongee en tous sens par de profonds divertieules (canal central de la thyroide). La paroi de cette cavite est formee par un epithelium d’abord stratifie, puis simple, les cellules superficielles ayant disparu apres avoir eprouve une trans- formation semblable & celle qui frappe les assises internes de l’epithelium oesophagien. Cette paroi produit autour d’elle un tissu dense d’aspeet cellulaire et retieule, qui plus tard disparait. Il m’est impossible de trancher la question de savoir si le rudi- ment lateral bourgeonne pour donner des cordons ou lobules qui se melent ou s’anastomosent avec ceux de la thyroide mediane et se transformeront ulterieurement en vesicules thyroidiennes, ou bien si les lobules de l’&bauche mediane ne font que se souder au tissu de la thyroide laterale“. Bei Schafembryonen von 30—40 em fand Prenant keine Spur eines solehen „Uentralkanals der Schilddrüse“ mehr: „Je n'y ai plus retrouve, sur des coupes scriees, le canal central de la thyroide, reste de la thyroide laterale. Toute trace de cette derniere formation ayant disparu, l’etude de ces embryons ne presentait plus pour moi d’mteret .. .“ In sehr bemerkenswerther Weise äussert sich Prenant über die Bedeutung dieses „Uentralecanals“, weshalb ich mir auch noch diese Stelle aus seiner Arbeit (pag. 169) hierherzu- setzen erlaube. Er fasst denselben nämlich als einen seeun- dären Ausführungsgang der Schilddrüse auf und stellt dies folgendermaassen dar: „La poche branchiale qui fournit la thyroide laterale Studien über die Schilddrüse. 411 schappe & la destinee qui entraine les autres poches dans la formation thymique, pour en suivre une autre. Elle ne subit pas de transformation Iymphoide, mais elle forme une vesieule lobee et prolongee en diverticules acineux, qui se reunit ou non, sul- vant le cas, a la tryroide mediane ar Chez les mammiferes, en effet, la tryroide laterale, qui, sräce & la diminution numerique des fentes branchiales et au raeeoureissement de la region branchiale, prend naissance sur la quatriöme poche entodermique, s’est trouvde reportee tres en avant, au voisinage de la thyroide mediane. En elle, la thyroide des mammiferes a ainsi trouve secondairement un canal exere- teur pharyngien lateral pair, d’origine branchiale. Ce eanal ne fonetionne d’ailleurs pas plus que le canal exereteur median, im- pair, plus ancien que lui, et meritant Je nom de conduit pri- maire . . . . L’etat histologique de la thyroide laterale, qui en quelque groupe de vertebres que nous la considerions, et sp6- cialement chez les mammiferes, est une vesicule ramifiee, incapable d’une production eolloide comparable aA celle qui caracterise chez tous les gnathostomes la glande thyroide, vient & l’appui de l’in- terpretation phylogenetique de .lathyroide laterale comme canal ex- ereteur de la thyroide mediane. Du reste, l’accolement d’un eanal epithelial & une glande n’a pas d’autre explication plausible.“ Dieser Literaturschau, der sich auch noch die Angaben Simon’s (18) über den Centraleanal der Schilddrüse bei Schweineembryonen anreihen, lasse ich nun meine eige- nen Beobachtungen folgen. Ein weiter, gangartiger, aber blind abgeschlossener, von dem übrigen Schilddrüsengewebe sehr auffallend verschiedener Hohlraum ist in der Schilddrüse des Kaninchens in jedem ein- zelnen Falle nachzuweisen. Er liegt in den mittleren Abschnitten der Schilddrüse, ringsum von deren Gewebe eingeschlossen. Bei Neugeborenen liegt er mehr medianwärts, noch weiter me- dianwärts bei älteren Kaninchenembryonen, so dass man den üindruck gewinnt, dass er von der medianen Seite her in die Schilddrüse eingedrungen und später von dieser umwachsen wor- den sei. Auf Querschnitten liegt er bei jungen T'hieren ungefähr in einer Linie, die man sich als Fortsetzung der Bindegewebs- scheide zwischen Trachea und Oesophagus durch die Schilddrüse hindurehgehend denken mag. Dieser Gang hat beim neugeborenen 412 Alfred Kohn: Kaninchen eine viel geringere Ausdehnung als beim erwachsenen. Seine Ausdehnung nach den verschiedenen Dimensionen varürt überhaupt; im Allgemeinen isterbeiJjungen Thieren spalt- förmig, beialten eystenförmig und nach allen Rich- tungen weit ausgedehnt. Im letzteren Falle gibt er auf Durch- sehnitten, mögen sie in welcher Riehtung immer geführt sein, ein so auffallendes Bild, dass er sicherlich keinem Untersucher entgehen wird. Leichter könnte er bei jungen Thhieren über- sehen werden, weil er sich bei diesen nur als schmaler Spalt, allerdings von eigenthümlicher Auskleidung und eigenartigem Inhalt, zwischen den Drüsenbläschen hinzieht. Es kommen aber auch bei jungen Thieren, wenn auch seltener, annähernd kreis- förmige Querschnittsformen vor, jedoch immer von weit geringe- rem Durchmesser als in späteren Stadien. Dieser Hohlraum besitzt vielfache Ausstülpungen, Divertikel und wird dadurch einem grösseren Drüsenausführungs- gange einigermaassen ähnlich. Infolge der Abzweigung solcher kleinerer Seitengänge kann man oft an Durchschnitten neben dem Hauptgange kleinere getrennt gelegene Gänge treffen, von de- ren Zusammenhang man sich leicht an Serienschnitten über- zeugen kann. Sehr eigenartig ist die Auskleidung dieses Hohlraumes. Sie ist eine unzweifelhaft epitheliale, trägt aber keinen ein- heitlichen Charakter. Das Epithel ist ein- oder mehrschichtig, eylindrisch oder eubisch, platt bis flach endothelartig, und alle diese verschiedenen Epithelformationen kommen in der Wand eines und desselben Ganges vor, ja sogar schon auf einem ein- zigen Querschnitt durch denselben wechseln die verschieden- artigsten Epithelien in bunter Folge (Fig. 9 auf Taf. XVII). Bei jüngeren Thieren insbesondere weist die epitheliale Auskleidung des Ganges allerdings manchmal auch einen mehr einheitlichen Typus auf, aber im Allgemeinen, und besonders bei erwachsenen Kaninchen, ist die Mannigfaltigkeit des Epithels der häufigere Befund. Bei jüngeren Individuen «scheint ferner geschichtetes Epithel, gewöhnlich zweischichtiges Pflasterepithel, bei älteren einschichtiges mit niedrigen oder ganz flachen Zellen vorzuherrschen. Hohe flimmertragende Cylinderepithel- zellen fand ich sowohl bei neugeborenen, als auch bei erwach- senen Thieren. Namentlich die oben erwähnten Divertikel, Studien über die Schilddrüse, 413 enge Ausstülpungen im Umkreise «des Ganges, sind oft von hoch- eylindrischem Flimmerepithel ausgekleidet. ; In Uebereinstimmung mit der oben angeführten Thatsache, dass die Dimensionen des Ganges mit dem Wachsthum des Thie- res zunehmen, findet man in frühen Stadien nicht selten in mi- totischer Theilung begriffene Zellen. Ein gewisser An- theil an der Erweiterung wird auch der mit dem Alter unzweifel- haft fortschreitenden Abplattung der Zellen zuzuschreiben sein. Neben den Zeichen der Zellvermehrung treten, selbst schon in sehr frühen Stadien, Anzeichen eines stetigen Zellunter- ganges auf. Viele von den Zellen tragen Degenerationszeichen, besonders in Form zusammengeballter Chromatinkügelchen, so- genannter tingibler Körper; der Zellleib ist vielfach blass und vergrössert, der Kern scharf begrenzt und schlecht färbbar ge- worden, und einige Zellen ragen ins Lumen vor, als wären sie im Begriffe, den Zusammenhang mit dem übrigen Epithel auf- zugeben. In dieser Auffassung wird man durch die Untersuchung des Inhaltes der Hohlräume bestärkt. Dieser besteht aus Zellen, Zellfragmenten, Kernen und stark gefärbten Kernpartikeln, die man wohl mit Sicherheit als Reste abgestossener Epithel- zellen deuten kann. Ausser diesen Zellresten konnte ich oft noch ein zu feinen Netzen angeordnetes, farbloses Gerinnsel, grössere und kleinere, ganz ungefärbte oder schwach gefärbte homogene Schollen, mit eingesprengten Kernen oder ohne Kerne, als Inhalt nachweisen. Nach allem, was ich gesehen, möchte ich diesen Gang in Beziehung zu dem inneren Epithelkörperchen bringen. Dieses liegt nämlich immer in unmittelbarer Nähe des- selben, und wenn man das Verhalten beider zueinander an Se- rienschnitten verfolgt, wird man sicherlich immer Belege dafür finden, dass das Epithel des inneren Epithelkörper- ehens mit dem des Ganges in eontinuirlichem Zusammenhange steht. Dieser Zusammenhang bekundet sich mitunter sehr deutlich in der Weise, dass das innere Epi- thelkörperchen an einem aus dem Gange hervortretenden Epithel- zapfen wie an einem Stiele aufgehängt erscheint (Fig. 11 auf Taf. XVII. Sehr auffallend tritt die innige Beziehung zwischen beiden auch dann hervor, wenn das innere Epithel- 414 £ AlfredKohn: körperchen dem verschmälerten Ende des Ganges an- liegt. So sah ich in emem solchen Falle beide dicht aneinander gelagert, und das Epithel des Ganges setzte sich ohne Unter- brechung in das des inneren Epithelkörperchens fort. Als sich nun aber in den weiteren Schnitten der Gang, sich seinem Ende nähernd, rasch verschmälerte, wogegen das Epithelkörperchen noch immer eine ansehnliche Ausdehnung beibehielt, erschien dieses nicht mehr als ein Anhängsel des ersteren, sondern man hatte den gegentheiligen Eindruck. Schliesslich war das ver- schmälerte Ende des Ganges derart von Epithelkörperchenge- webe umschlossen, dass er ohne die Untersuchung der ganzen Folge der Schnitte für ein Bläschen des inneren Epithelkörper- chens hätte gehalten werden können. Das innere Epithelkörperchen selbst behält in seinem, dem Gange zugekehrten Abschnitte seinen typischen Bau, sonst aber geht es, wie bereits erwähnt, vielfach eontinuirlich in Schild- drüsengewebe über. Dazu kommt, und die Abbildung (s. Fig. 12 auf Taf. XVIII) veranschaulicht dieses Verhalten, dass das be- nachbarte Sehilddrüsengewebe bei jungen Thieren deutlich in radiären Läppehen um diesen Gang herum angeordnet erschemt. An Querschnitten stellt sich dies in der Weise dar, dass die Läppchen im Umkreise des Ganges mit dünnen Anfangsstücken beginnen und, sich kolbenförmig ver- breiternd, gegen die Periphere des Schilddrüsenquerschnittes ziehen. Durch diese Gruppirung gewinnt das Bild eine über- raschende Aehnlichkeit mit jenem, das ein Schnitt aus einer typischen Drüse, z. B. einer Speicheldrüse, darbieten würde. Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadureh, dass kleine Seiten- zweige des Ganges zu einzelnen Drüsenläppchen hinziehen, wie dies in Fig. 12 auf Taf. XVIII naturgetreu dargestellt ist. Es sieht so aus, als wäre der Gang das Centrum, der Aus- gangspunkt für dieumliegenden Formationen ge- wesen. Davon will ich später noch sprechen. Das innere Epithelkörperchen hängt, wie oben gesagt, eben- falls mit dem Gange zusammen und zwar meist in der Weise, dass sich das Epithel des Ganges ununterbrochen in das des Epithelkörperchens fortsetzt. Es kann nun vorkommen, dass ausser dem inneren Epithelkörperehen noch einmal (öfter als ein- mal habe ich es nieht beobachtet) an einer anderen Stelle des Studien über die Schilddrüse. 415 Ganges wieder ein kleines Knötchen auftritt, das dieselbe Struc- tur und dasselbe Verhalten wie das eigentliche Epithelkörperchen zeigt. Dieses Gebilde ist nie so bedeutend, dass man von einer Mehrzahl innerer Epithelkörperchen sprechen könnte; überdies wird ja durch den Gang eine Continuität beider vermittelt, durch ihn wird eine Verbindung beider hergestellt, beide werden gleich- sam zu einem durch einen epithelialen Gang verbundenen, ein- heitlichen Epithelkörperchen vereinigt. Aus diesen Beobachtungen und einigen noch mitzutheilenden Erwägungen entsprang für mich die Versuchung, der Meinung Ausdruck zu geben, dass vielleicht das Epithel dieses Ganges mit dem inneren Epithelkörperchen und den umliegenden Schild- drüsenläppchen in genetischen Zusammenhang gebracht werden dürfte oder in anderen Worten, dass dieser Gang als das Rudiment einer inneren Kiemenfurche bez. eines Divertikels derselben aufzufassen wäre, dem ein Antheil an dem Aufbau der Schilddrüse zukäme. Wiewohl ich mir vollständig klar darüber bin, dass nur der positive Befund, den die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung zu erbringen hat, hier entscheidend sein kann, wagte ich es doch, diese hypothetische Auffassung, mit aller Reserve natürlich, vor- zubringen, weil damit doch wenigstens ein Fingerzeig für weitere Nachforschung gegeben wird, die dann mit Bestimmtheit bestä- tigen oder verwerfen wird. FEinigermaassen glaube ich aber dennoch, meine Ansicht stützen zu können: Der Gang trägt ein deutlich embryonales oder vielleicht richtiger rudimentäres Ge- präge. Dieses wird ihm durch die Beschaffenheit seines Epithels aufgedrückt. Seine epitheliale Auskleidung erscheint wie ein Flickwerk, dessen einzelne Flecken aus verschiedenen Zeiten stammen. Ursprünglich war vielleicht ein geschichtetes Pflaster- epithel, ähnlich dem des Oesophagus, vorhanden. Dieses diffe- renzirte sich, wenigstens stellenweise, zu flimmertragenden Cylin- derzellen, und Pflasterzellen wie Cylinderzellen verfallen grossen- theils der Zerstörung und Abbröckelung, und es bleibt vielfach nur ein einschichtiges kubisches Epithel zurück, das schliesslich mit der Ausweitung des Ganges zu flachen, endothelartigen Schüppehen wird. Aus allen diesen Phasen bleiben Spuren in dem mannigfaltigen Epithel erhalten, das um so bunter zusammen- gewürfelt erscheint, je älter das Thier ist. Fermer wurden auch 416 Alfred Kohn: von anderen Untersuchern jene Gänge, die sie in der Schilddrüse — allerdings nur in der embryonalen — auffanden, ebenso ge- deutet, von Wölfler als der „primäre Drüsenspalt“, von Pre- nant als Ausstülpung der vierten Kiemenfurche, auf die er den inmitten des Seitenlappens der Schilddrüse von Schafembryonen gefundenen Gang mit Hülfe exakter Untersuchungsmethoden zu- rückführen konnte. Weiter kann man bei Embryonen und manchmal auch noch bei Neugeborenen die Beobachtung machen, dass dieser Gang von der medialen Seite her in die Schilddrüse eindringt, also nicht ein in ihrem Inneren entstandenes, sondern von aussen her in sie eingedrungenes und secundär mit ihr in Zusammenhang tretendes, selbstständiges Gebilde ist. Dann legt auch der innige Zusammenhang des inneren Epithelkörperchens, also eines auf einem frühzeitig erreichten Entwicklungsstadium stehen geblie- benen Organes, mit dem Gange den Gedanken nahe, dass auch dieser ein mit jenem genetisch zusammengehöriges, rudimentäres Gebilde sei. Schliesslich gibt auch der von Born (2) erbrachte Nachweis, dass sich ausser der medianen Anlage auch paarige Kiemenfurchen an dem Aufbau der Schilddrüse betheiligen und (die Bestätigung dieser Thatsache für das Kaninchen durch Piersol (15) der oben geäusserten Meinung eine Stütze. So geringfügig auch diese Erwägungen der unmittelbaren Beobachtung gegenüber erscheinen, so dürfte es doch nicht zwecklos gewesen sein, auf bisher unbekannte Gebilde in der entwickelten Schilddrüse hingewiesen zu haben, deren Herkunft zu ermitteln gewiss des Interesses nicht entbehren wird. Noch einen Befund will ich anführen, der bis jetzt nicht die richtige Deutung erfahren zu haben scheint. Die Schild- drüse deserwachsenen Kaninchens besitzt einen eigenen, auseinem Bündel quergestreifter Fasern sebildeten Muskel. Das gelegentliche zufällige Vorkommen von quer- gestreiften Muskelfasern in der Schilddrüse wurde bereits wieder- holt, zuerst wohl von Wölfler (20) eonstatirt. Dieser Forscher fand in der normalen Schilddrüse eines neugeborenen Kindes mehrere Herde quergestreifter Muskelfasern. Diese Muskelbündel lagen mitten im Drüsengewebe, von Bindegewebe umschlossen. „In jedem Falle“, meint Wölfler, „dürfte dieser abnorme Ein- Studien über die Schilddrüse. 417 schluss schon vor der Zeit der Kapselentwicklung (der Sehild- drüse) stattgefunden haben, also etwa in der ersten Hälfte der embryonalen Entwicklung der Drüse.“ Dieselbe Auffassung macht dieser Autor auch für das Vorkommen von quergestreiften Mus- kelfasern in den eentralen Partien eines Cystosarcoms der Schild- drüse geltend. Seither wurden solehe Muskelfaserbündel in der Schilddrüse öfters beobachtet. F. Capobianco (3) fand sie in einem Sehilddrüsenlappen des Kaninchens, Zielinska (21) in der Sehilddrüse eines neugeborenen Kindes und eines Hundes, L. R. Müller (11) in der des Menschen. Bei dem hier in Rede stehenden Muskelbündel handelt es sich aber nicht um einen derartigen zufälligen, gelegentlich vor- kommenden Einschluss von Muskelfasern in der Schilddrüse, sondern dasselbe bildet einen integrirenden Bestandtheil der Kaninehenschilddrüse. Dieser Muskel strahlt als ein in leicht ge- schwungener Richtung verlaufendes kleines Bündel quergestreifter Fasern von der Seitenfläche der Cartilago ericoidea dorsal- und lateralwärts an die mediale Concavität der Schilddrüse aus, an die Stelle, wo in der Regel grössere Gefässe aus- und eintreten. Ein Theil der Fasern inserirt sich schon im Bindegewebe an der medialen Fläche der Schilddrüse, ein Theil der Fasern dringt zwischen die Läppehen ein, um sich interlobulär anzuheften, selbst in die Läppchen treten noch Muskelfasern ein, die sich in feinste Fäserchen auflösen und sich sehr eng an die Schilddrüsenbläschen anlagern. Nach seinem Verlaufe müsste dieser Muskel bei seiner Contraction die Schilddrüse medianwärts und etwas ventralwärts anziehen. Nun wende ich mich der Besprechung der in den Publiea- tionen neueren Datums zutage getretenen Auffassungen der Epi- thelkörperchen zu. Vor allem, ehe man in die Erörterung der Details ein- geht, ist es nöthig, an der prineipiellen Thatsache festzuhalten, die aus allen seit Sandström'’s (15) Entdeekung der Epithel- körperchen erschienenen hierher gehörigen Untersuchungen mit Sicherheit hervorgeht, d. i. das Vorkommen von Epithelkörper- chen neben und in der Schilddrüse. Schon darin, dass von allen 418 Alfred Kohn: Seiten bei verschiedenen Species und innerhalb derselben Species bei Individuen verschiedensten Alters diese Gebilde als Organe von ganz bestimmtem, für sie charakteristischen Bau aufgefunden wurden, liegt doch die Bestätigung für die Auffassung, dass aus den Epithelkörperehen kein höher differenzirtes Organ hervorgeht, dass sie eben Epithelkörperchen bleiben. Wie wäre es denn denkbar, dass man ein Organ, aus dem sich, sagen wir Schild- drüsengewebe entwickeln sollte, niemals im Stadium einer solchen Umformung antrifft, sondern, mag das untersuchte Thier jung oder alt sein, immer nur als Epithelkörperchen. Gerade in der letzten Zeit haben nun die Epithelkörperehen der Schilddrüse vielfach die Aufmerksamkeit der Untersucher auf sich gelenkt. Das Vorkommen derselben ist von allen Seiten bestätigt worden, an ihrem Vorhandensein und ihrem unveränderten Bestande während der ganzen Lebenszeit kann nicht mehr ge- zweifelt werden. In Uebereinstimmung mit früheren Befunden fanden Scha- per (16) äussere Epithelkörperehen beim Menschen, beim Schafe und bei der Katze, L. R. Müller (11) beim Menschen, sowohl Kindern als Greisen, bei Katze und Hund, E. Schmid (17) bei Katze und Hund als regelmässig vorkommende Gebilde. Dieser Thatsache gegenüber erscheinen alle wie immer for- mulirten Vermuthungen über etwaige Umwandlungen des Ge- webes der Epithelkörperchen zu andersartigem weiter differen- zırten und speeifisch funetionirenden, also insbesondere auch zu Schilddrüsengewebe, einfach gegenstandslos. Wenn aus den Epi- thelkörperehen etwas Anderes hervorginge, so wäre es unver- ständlich, dass man sie so constant auffindet und niemals dieses „Andere“ an ihrer Statt. Regelmässig findet man sie als Epi- thelkörperehen und niemals in Umwandlung begriffen oder in to- taler Umformung, mag das untersuchte Individuum jung oder alt sein. Wenn einige der eitirten Autoren wiederum, wie dies schon früher geschah, auf die Aehnlichkeit mit der embryonalen Schilddrüse den Nachdruck legen, so betone ich dem gegenüber aufs Neue, dass diese Aehnlichkeit bei der mit Sicherheit voraus- zusetzenden geweblichen Identität des Mutterbodens ganz ver- ständlich ıst und dass man keinesfalls daraus die Berechtigung ableiten darf, auch die fertigen Organe kurzweg zu identifieiren. Das Vorkommen von Hohlräumen innerhalb des Epithelkörper- Studien über die Schilddrüse. 419 chens, weit entferut, eine solehe Annahme zu stützen, führt eher zu ihrem Gegentheil, da dieselben nur in vereinzelten Fällen denen der Schilddrüse gleichen. Meist sind sie ganz verschiedener Art, von ein- oder mehrsehichtigem Pflaster —, eubischem oder ey- lindrischem Epithel ausgekleidet und ohne nachweisbaren Inhalt. Selten findet man unter der Zahlder verschiedenartigsten Hohlräume colloidhaltige Bläschen, und auch das finde ich bei der Verwandtschaft des Muttergewebes nicht auffallend, nicht auffallender zum Mindesten als das gelegentliche Vorkommen derselben Bildungen im Thymusgewebe. Wenn für die Auffassung eines Organs, das sich immer mit ganz bestimmten Structurelementen in ganz bestimmter Anordnung präsentirt, nicht dieser typische Bau, sondern die immerhin sel- tene und dann nur geringfügige Abweichung von diesem Typus entscheidend sein sollte, dann könnte man fast mit demselben Rechte auch die Thymus der Schilddrüse zureehnen, da ich, wie erwähnt, auch im Thymusgewebe schon colloidhaltige Aeini fand !). Wer aber daran festhält, dass Thymus und Schilddrüse und Epithelkörperchen aus einem doch schon höher differenzirten, gleichartigen Mutterboden hervorgehen, dem wird das gelegent- liehe Vorkommen einzelner Epithelzellen, Epithelballen, Epithel- stränge und Cysten in der Thymus ebensowenig unerwartet sein als das sporadische Auftreten von Hohlräumen im Epithelkörper- chen und weder für das eine, noch für das andere Organ von entscheidender Bedeutung für seine Classifizierung erscheinen. Es ist gewiss zuzugeben, dass dem Epithelkörperehen die Fähigkeit, Hohlräume zu bilden, sozusagen potentiell innewohnt, ihm von seinem Muttergewebe, welches hohlraumbildende Organe hervorbringt, gleichsam angeboren ist. Es macht aber von dieser ererbten Fähigkeit nur selten und auch dann so geringen Ge- brauch, dass dadurch sein sonst eimheitlicher Charakter nicht wesentlich geändert wird. Ueberdies handelt es sich bei den Hohlraumbildungen des äusseren Epithelkörperchens um Hohl- räume der verschiedensten Art und nur in den seltensten Fällen um eolloidhaltige Bläschen. So will ich diesmal auch erwähnen, was indessen auch schon von anderer Seite?) beobachtet wurde, 1) Studien etc. pag. 410, Anm. 2) Edmunds, W. Journ. of. Pathology and Bacter. Volume third. 1896. 420 Alfred Kohn: pass im äusseren Epithelkörperchen des Hundes Bläschen vor- kommen, deren Wand von flimmertragendem Cylinderepithel gebildet wird (s. Fig. 5 auf Taf. XVIM). Ob es bei dieser Mannigfaltigkeit der in den äusseren Epithel- körperchen auftretenden Hohlräume auch jetzt noch so schwer einzu- sehen ist — wie L. R. Müller (11) meint — warum ich solche Hohlräume, die von Gerinnsel erfüllt waren, nieht für colloidhaltige Aecini hielt, möchte ich bezweifeln. Neben Bildungen, die in jeder 3eziehung den Schilddrüsenfollikeln entsprechen, kommen eben weit häufiger noch andere vor, von anderem Bau und Inhalt. Ausserdem unterschied sich dies Gerinnsel so bedeutend von dem in seiner Form und Farbe gut conservirten Colloid, dass eher die Identifieirung dieser Inhaltsmassen Widerspruch hätte erwecken müssen. Eine definitive Entscheidung darüber, ob die Epithelkörper- chen nicht doch im Stande wären, sich zu funetionirendem Schilddrüsengewebe umzuwandeln und vieariirend die Leistungen der Schilddrüse zu übernehmen, erwartet Schaper (15) vom ‘xperimente. Dieses scheint bereits entschieden zu haben, und die nachstehenden Folgerungen, die Blumreich und Jacoby (1) aus ihren Versuchen ziehen, sind geeignet, meinen vom An- fang an in dieser Frage geltend gemachten Standpunkt zu stützen : „l) Es besteht keine histologische Verwandtschaft zwischen Schilddrüse und Nebendrüsen des Kaninchens. 2) Eine genetische Beziehung dieser Gebilde ist noch durch- aus zweifelhaft. 5) Die Zurücklassung oder Mitentfernung der Nebendrüsen bei der Thyreoideetomie hat kemen Einfluss auf die Lebens- prognose des Tbhieres. 5) In allen unseren Fällen haben wir vermisst a) eine Hy- pertrophie der zurückgelassenen Nebendrüsen und b) einen über die Norm hinausgehenden Gefässreichthum. 6) Die histologische Untersuchung der im Körper verblie- benen Nebendrüsen ergab keine Structurveränderungen, also auch keine Umwandlung in Schilddrüsengewebe. 7) Auf Grund unserer Versuche müssen wir den Nebendrüsen des Kaninchens, im Gegensatze zu den anderen Autoren, eine directe physiologische Beziehung zur Schilddrüse absprechen. Die Neben- drüsen können nicht für die Schilddrüse vicariirend eintreten,“ Studien über die Schilddrüse. 421 Ob inneres und äusseres Epithelkörperchen völlig gleich- werthig sind, wie Schaper (16) behauptet, ist mir gerade jetzt „weifelhafter geworden als je. Keinesfalls sind sie es im Sinne Schaper’s, nach welchem „eigentlich alle Uebergangstadien in Bezug auf ihr Lagerver- hältniss zur Schilddrüse beobachtet wurden, indem es sich bald um eine lose oder feste Anlagerung, bald um geringere oder grössere Einkeilung des Epithelkörpers in die Seitenlappen der Schilddrüse und bald um eine derartige Aufnahme des ersteren in letztere handelt, dass nur noch ein minimales Segment des Epithelkörpers an der Oberfläche der Thyreoidea frei zu Tage liegt. Von diesem letzten Verhalten bis zum völligen Einschluss in die Schilddrüse, wo wir also berechtigt sind, von einem inneren Epithelkörperchen zu sprechen, ist nur noch ein Schritt.“ Das trifft durchaus nicht zu. Bei den Arten, bei denen ein inneres Epithelkörperehen überhaupt gefunden wird, kommt es ganz regelmässig und immer ausser ihm noch das äussere, jedes an seinem typischen Fundorte vor, und niemals wird das äussere in seiner Lage oder seinen Beziehungen zum Nachbargewebe dem inneren gleichwerthig. Ausserdem erscheint mir das innere Epithelkörperchen gerade nach den hier mitge- theilten Befunden an der Kaninchenschilddrüse in einem neuen Liehte, und ich habe keine Grundlage dafür, die für dasselbe bei Besprechung des centralen Hohlraumes der Schilddrüse gel- tend gemachte Auffassung auch auf das äussere Epithelkörperchen auszudehnen. Schaper (16) hat für den Menschen und das Schaf ein multiples Vorkommen von äusseren Epithelkörperehen beschrieben und auch bezüglich des inneren Zweifel ausgesprochen, ob sich wircklich in jedem Falle nur ein einziges finde. L. R. Mül- ler (11) fand gleichfalls mehr als ein äusseres Epithelkörperchen beim Menschen, und ebenso scheint beim Hund eine Mehrzahl der Epithelkörperchen die Regel zu sein. Bezüglich des inneren liegt keine thatsächliche Angabe über ein mehrfaches Vor- kommen vor. Bei der Katze, beim Kaninchen, bei der Ratte und Maus findet man nur ein paariges äusseres, bei den zwei erstgenannten Thieren ausserdem noch ein paariges inneres Epithelkörperchen. Wenn insbesondere beim neugeborenen Kaninchen auch einmal 433 Alfred Kohn: zwei oder selbst drei Epithelkörperchen vorzuliegen schienen, so liess sich durch genaue Untersuchung an Serienschnitten stets der Nachweis erbringen, dass die einzelnen Körperchen bloss als Läppehen eines durch Verbindungsbrücken zusammengehaltenen Epithelkörperchens aufzufassen seien, oder die scheinbar getrenn- ten Knötchen standen durch dünne, längs der Carotis verlaufende Epithelstränge oder -gänge (s. Fig. 2 auf Taf. XVIII) eigentlich in fortlaufender Continuität und nahmen sich dann wie diseret auftretende Anlagerungen an den seitlich von der Carotis ver- laufenden, bald hohlen, bald soliden Epitheleylindern aus. Es dürfte nicht überflüssig sein, an dieser Stelle eine Beobachtung einzuschalten, die ich an der Schilddrüse eines erwachsenen Hun- des zu machen Gelegenheit hatte. Viele von den Schnitten, in die ich den einen Schilddrüsenlappen zerlegt hatte, wiesen nicht weniger als drei gesonderte Epithelkörperchen auf, die scheinbar ausser jedem Zusammenhange standen. Die genauere Unter- suchung aber lehrte, dass doch alle drei durch Epithelstränge, zum Theile auch durch Gänge miteinander verbunden waren. Vielleicht lässt sich auf Grund dieser Beobachtung das gelegent- liche multiple Vorkommen der Epithelkörperehen erklären. Es könnte die Anlage des Epithelkörperchens bei ihrem allmähligen Auswachsen auch an mehreren Stellen ihres Verlaufes jenes ty- pische Gewebe produeiren. Später lässt sich dann die Con- tinuität der getrennten Knötchen entweder noch in Form eines Ganges oder Stranges nachweisen, wie ich dies bei neugeborenen Kaninchen in solchen Fällen immer finde, oder es kommt durch theilweisen Schwund der Verbin- dungsstücke zu abgesonderten Epithelkörperchen, etwa in der- selben Weise wie sich in der bekannten Abbildung von His (7) die Reste des Traetus thyreoglossus darstellen. Ob diese Ge- sammtanlage identisch ist mit der der seitlichen Schilddrüsen, wie Cristiani (4) oder doch mit Theilen der seitlichen Schild- drüsenanlage, wie Schaper (16) glaubt, bleibt so lange höchst fraglich als die embryologische Untersuchung aussteht. Man muss bedenken, dass nicht nur das endliche Schicksal der seit- lichen Schilddrüsenanlagen, sondern auch das der Epithellager an der dritten (der sogenannten Carotidendrüsenanlage) und vier- ten Kiemenfurche (der Anlage der „glandule thyroidienne“ [beim Schafe, nach Prenant]) der Aufklärung noch sehr bedürftig ist Studien über die Sehilddrüse. 423 und dass alle diese Anlagen vorläufig noch für allfällige Com- binationen zur Verfügung stehen. In der allerjüngsten Zeit hat Jacoby (9), nachdem er schon früher in Gemeimschaft mit Blumreich (1) auf expe- rimentellem Wege dahin gelangt war, den „Nebendrüsen“, wie er die Epithelkörperchen nennt, eine directe physiologische Be- ziehung zur Schilddrüse abzusprechen, seine Ergebnisse über die Entwicklung dieser Organe veröffentlicht. Wiewohl mir die- selben zu spät zukamen, um noch an entsprechender Stelle Platz zu finden, konnte ich es mir doch nieht versagen, sie wegen ihrer Wichtigkeit hier noch einzuschalten. In erfreulicher Uebereinstimmung mit der von mir ausge- sprochenen Ueberzeugung, dass die Epithelkörperechen Organe eigener Art seien, die als selbständige Gebilde aufzu- fassen seien und sich demzufolge auch auf eine selbständige !) Anlage zurückverfolgen lassen müssten, gelangte Jaeoby durch entwicklungsgesehichtliche Untersuehungen an Katzenembryonen zu dem Schlusse, dass die äusseren Epithelkör- perehen ganz unabhängig von der Schilddrüse aus der eranialen Partie der Thymusstränge entstehen. Inneres und äusseres Epithelkörperchen sind auch nach Jacoby durchaus ungleichwerthige Bildungen. Die von mir in meiner früheren Untersuchung beschriebenen Thymusläppehen wurden seither auch von Anderen beob- achtet, von Schaper (16) beim Schafe, von Sehmid(17) bei der Katze. Um Missverständnissen vorzubeugen, hebe ich noch- mals hervor, dass diese T’hymusläppchen ganz isolirte kleine Knötehen darstellen, die als „äussere“ dorsolateral vom Sechild- drüsenlappen und als „innere“ inmitten derselben oder an seiner medialen Fläche liegen. 1) Mehr als eine selbständige Anlage habe ich für die Epi- thelkörperehen nicht postulirt und die von Jacoby als irrig bezeich- nete Vermuthung, dass dies eine neue bisher unbekannte Organanlage sein müsse, nicht gehegt; es war mir vielmehr nicht unwahrscheinlich, dass man den Epithelkörperehen durch begründete Umdeutung einer der bekannten Anlagen im Bereiche der dritten oder vierten Kiemen- furche ihre Ursprungsstätte werde zuweisen können. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 48 28 424 Alfred Kohn: Isolirte Thymusläppehen und zwar nur „äussere“, getrennt von der eigentlichen Thymus, habe ich auch bei jungen Kaninchen wiederholt, aber nicht in jedem Falle, aufgefunden. Sie liegen in unmittelbarer Nähe des äusseren Epithelkörperchens, ich fand sie gewöhnlich zwischen diesem und der Schilddrüse gelegen, und hängen nicht selten durch epitheliale Gänge oder Fortsätze mit dem äusseren Epithel körperchen zusammen (s. Fig. 6 auf Taf. XVII). Auch die Zellen dieses Thymusläppchens wiesen ebenso wie die der früher an der Katzenschilddrüse beschriebenen, bei neugeborenen Thieren in grosser Ausdehnung eher die Merkmale von Epithel- zellen als von Lymphkörperchen auf. Nach seinem sonstigen Habitus konnte es nur als Thymusläppchen aufgefasst werden: Rinde und Mark waren deutlich unterscheidbar, und in letzterem charakteristische, grosse, platte Epithelzellen mit blassem Zellleib und seharf eontourirtem, ehromatinarmen Kern vorhanden. Con- centrische Körperchen fand ich, im Gegensatze zu den Befunden bei der Katze, darin nicht auf. Diese sind allerdings auch sonst in der Thymus des Kaninchens viel weniger zahlreich als in der der Katze. Endlich soll auch noch ein kleines, an der medialen Fläche der Schilddrüsenlappen des Kaninchens gelegenes Lymph- knötechen, das auch die Aufmerksamkeit Capobianco’s (3) er- regt zu haben scheint, wegen seines regelmässigen Vorkommens nicht unerwähnt bleiben. Die Ergebnisse der vorstehenden Untersuchung zusammen- fassend, kann ich folgende Sätze aufstellen: 1) Das Kaninchen besitzt ein paariges, äusseres Epi- thelkörperchen. Dieses liegt bei jungen Thieren meist ven- tral von der Carotis oder umfasst den lateralen Umkreis der- selben, soweit sie längs der Thyreoidea verläuft. Beim erwach- senen Thiere ist seine Längenausdehnung, relativ zur Schilddrüse, eine geringere; es behält seine Lage an der Carotis bei, liegt aber weiter distalwärts an der Schilddrüse, ungefähr im Niveau ihres aboralen Poles. In diesen Epithelkörperchen kommen, häu- figer bei jungen als bei älteren Individuen, vereinzelte Hohl- rärume vor, meist von eubischem Epithel ausgekleidet, die aber keinen colloiden Inhalt einschliessen. Die Epithelkörperchen sind Organe sui generis; ihr Bau ist ein bleibender; Studien über die Sehilddrüse. 425 sie differenziren sich überhaupt nicht weiter, also im Besonderen auch nicht zu Schilddrüsengewebe. 2) Innerhalb eines jeden Seitenlappens der Kaninchen- schilddrüse, der medialen Begrenzungsfläche näher gelegen, findet sich ein von verschiedenartigem Epithel (plattem, eubischem, ey- lindrischem Flimmerepithel) ausgekleideter, weiter, gangartiger Hohlraum, ein „Uentralkanal der Schilddrüse“. Derselbe ist regelmässig, bei jungen und alten Thieren, vorhanden, seine Ausdehnung nimmt mit dem Wachsthum des Thieres zu. Im Lumen dieses Hohlraumes liegen Reste von Zellen, die seiner Auskleidung entstammen. 3) In der Nachbarschaft dieses Ganges lässt sich, weit auf- fälliger beim erwachsenen als beim jungen Kaninchen, ein inneres Epithelkörperehen nachweisen. Das Gewebe desselben steht stellenweise in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Epitheldes Ganges und geht andererseits hie und daeontinuirlichs en rttypisches »Sschilddrügen- gewebe über. Es ist aber trotzdem seiner Hauptmasse nach als ein vom umgebenden Schilddrüsengewebe durch seinen eigen- artigen Bau verschiedenes und — beim erwachsenen Thiere — durch eine grössere Bindegewebsanhäufung deutlich abgegrenztes, besonderes Gebilde leicht zu unterscheiden. 4) Sowohl im Epithel der Epithelkörperchen, des inneren und äusseren, als auch des Ganges findet bei jungen Thieren lebhafte Neubildung durch Karyokinese statt. >) In der Nähe des äusseren Epithelkörperchens, manchmal mit ihm verwachsen, kommen beim Kaninchen isolirte Thy- musläppehen, aber scheinbar nicht constant, vor. 6) Der Kaninchenschilddrüse kommt ein eigener, aus quer- gestreiften Fasern gebildeter Muskel zu. Derselbe entspringt von der lateralen Fläche des Ringknorpels und zieht lateral und dorsalwärts an die mediale Fläche der Schilddrüse, wo er sich im Bindegewebe daselbst, im interlobulären Bindegewebe und mit feinen Fäserchen auch intralobulär, zwischen den Schild- drüsenbläschen, inserirt. Prag, im Juli 1896. 10. 101, 13. 14. Alfred Kohn: Literatur-Verzeichniss. Blumreich, L. und Jacoby, M. (96), Experimentelle Unter- suchungen über die Bedeutung der Schilddrüse und ihrer Neben- drüsen für den Organismus. Berliner klin. Wochenschr. 1896. No. 19. Born, G. (83), Ueber die Derivate der embryonalen Schlundbogen und Schlundspalten bei Säugethieren. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXIl. Capobianco, F. (9), Di un reperto rarissimo o della presenza di fibre muscolari striate nella „landola tiroide. La Riforma Me- diea. Anno IX Vol. I. N. 73. Cristiani (9), Remarques sur l’anatomie et la physiologie des glandes et glandules thyroidiennes chez le rat. Archiv. de physiol. norm. et pathol. 1893. Derselbe (93), Des glandules thyroidiennes chez la souris et le campagnol. Ibid. Gley (92), Effets de la thyroideetomie chez le lapin. Archiv. de physiol. norm. et pathol. 1892. Derselbe (92), Nouvelles recherches sur les effets de la thyroi- dectomie chez le lapin. Ibid. 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Bedeutung der gebrauchten Bezeichnungen: ear = Querschnitt durch die Arteria carotis communis, sch = Schilddrüsenbläschen, äu ek — äusseres ] Een 0 re nneres | ‚„pithelkörperchen, Gg = gangartiger Hohlraum innerhalb des seitlichen Schilddrüsen- lappens, 99 ek = kurze Gänge, die dem äusseren Epithelkörperchen zugehören, estr — Epithelstränge, die aus dem äusseren Epithelkörperchen her- vorgehen, th — Thymusläppchen, n — Nervenquerschnitt. Mit Ausnahme von Fig.5 beziehen sich sämmtliche Figuren auf das Kaninchen. Fig. 4—12 sind mit Hülfe des Zeichenapparates an- gefertigt. Fig. 1. Querschnitt durch die A. carot. comm. und das ihr anliegende äussere Epithelkörperchen eines neugeborenen Kanin- chens. Uebersichtsbild. Das Epithelkörperehen (äu ek) um- 428 Fie. 2. Fig. 3. Fig. 4. O* ig. Fig. 8. Alfred Kohn: fasst den halben (lateralen) Umkreis der Carotis (car) und bildet dorsal und ventral von dieser eine stärkere Anschwellung. Querschnitt durch die A. carotis comm. und das äussere Epithelkörperchen eines ungefähr 2 Monate alten Kanin- chens. Uebersichtsbild. Das äussere Epithelkörperchen (äz ek) ist nicht vollständig gezeichnet, es liegt lateral von der Carotis. Von ihm ziehen Epithelstränge (estr) an die dorsale Wand der Carotis und leiten zu einer neuen, hier gelegenen An- sammlung von Epithelkörperchengewebe, die nicht mehr in den Schnitt fiel. Querschnitt durch die A. carotis comm. und das äussere Epithelkörperchen eines neugeborenen Kaninchens. Vom äusseren Epithelkörperchen (äu ek) fiel nur noch der distale Zipfel in den Schnitt. Lateral von der Carotis zieht ein Gang (gg ek), der, wie die Serie der Schnitte zeigt, aus dem Gewebe des äusseren Epithelkörperchens hervorgeht. Querschnitt durch die A. carotis comm. und einen vom Äusseren Epithelkörperchen ausgehenden Zellfortsatz eines neu- geborenen Kaninchens. Das äussere Epithelkörperchen setzt sich in Form eines dünnen Epithelstranges (estr), ventrolateral von der Carotis noch weit distalwärts über sein scheinbares, aborales Ende hinaus fort. Vergr. 100 f. Partie aus dem äusseren Epithelkörperchen eines erwachsenen Hundes. Umschlossen von den Zellbalken des äusseren Epi- thelkörperchens (äu ek) findet sich ein kleines, theilweise von Flimmerepithel ausgekleidetes Bläschen (Flimmer- eystehen fc). Im Lumen desselben liegen zahlreiche Zellen von epithelialem Habitus, die möglicherweise seiner Wandung entstammen. Vergr. 170 f. Querschnitt durch die A. carotis comm., das äussere Epithel- körperchen und ein zwischen beiden gelagertes Thymus- läppchen eines neugeborenen Kaninchens. Das äussere Epi’ thelkörperchen (äu ek) liegt ventrolateral von der Carotis und wird durch Epithelgänge (ggek) und -stränge mit einem be- nachbarten Thymusläppchen (f}) verbunden. Vergr. 100 f. Mittlere Partie aus einem Durchschnitte durch den Schilddrüsen- lappen eines erwachsenen Kaninchens. Inmitten des Schild- drüsengewebes (sch) liegt der weite gangartige Hohlraum (Gg) und in seiner unmittelbaren Nachbarschaft das innere Epithelkörperchen (ek), welches hier ganz scharf von seiner Umgebung abgegrenzt ist. Im Lumen des Ganges sieht man zahlreiche veränderte Zellen. Vergr. 80 f. Mittlere Partie aus einem Durchschnitte durch den Schild- drüsenlappen eines erwachsenen Kaninchens. Von dem Gang (Gg) ist bloss der dem inneren Epithelkörperehen (ek) anliegende Abschnitt gezeichnet. In diesem Schnitte war zwischen dem Epithel des Ganges und dem des Epithelkörper- Studien über die Sehilddrüse. 429 chens keine Grenze nachweisbar, und das Gewebe des Epithel- körperchens ging continuirlich in typisches Schilddrüsengewebe (sch) über. Im Lumen des Ganges liegen Zellen, Kerne und blasse Schollen. Das Epithel seiner Wandung ist bald einfach, bald geschichtet, höher oder flacher. Vergr. 100 f. Fig. 9. Partie aus der epithelialen Wandauskleidung des in Fig. 7 u. S dargestellten Ganges (@g) aus dem Schilddrüsenlappen eines erwachsenen Kaninchens, um die Mannigfaltigkeit des Epithels zu zeigen. Links ist das Epithel hoch und trägt Flimimerhaare, weiter nach rechts hin wird es allmählich niedriger, um endlich in platte Zellen überzugehen. Vergr. 500 f. Fig. 10. Partie aus ‘einem Querschnitte durch den Schilddrüsenlappen eines neugeborenen Kaninchens. Der Gang (Gg) ist bloss zur Hälfte gezeichnet. Er ist hier schmal, spaltförmig, sein Epithel meist ein geschichtetes Pflasterepithel. In einzelnen Wandzellen ist das Chromatin zu tiefgefärbten Körnchen zer- fallen; solehen absterbenden, in Degeneration befindlichen Zellen (dz2) ähnliche, losgelöste Zellen bilden den Inhalt des Ganges. Vergr. 170 f. | Fig. 11. Querschnitt durch einen Schilddrüsenlappen eines etwa zwei Monate alten Kaninchens. Der Gang (Gg), der einerseits in innigem Contact mit dem Schilddrüsengewebe steht, geht an- dererseits mittels eines aus seinem Epithel hervorgehenden Fortsatzes direkt in das Epithel des inneren Epithel- körperchens über, welches selbst wieder ohne Abgrenzung init dem Schilddrüsengewebe (sch) zusammenhängt. Die Lich- tung des Ganges füllte ein blasses, netzartiges Gerinnsel nur theilweise aus. Vergr. 80 f. Fig. 12. Querschnitt durch einen Schilddrüsenlappen eines neugebore- nen Kaninchens. Das hier dargestellte Verhältnis von Gang und Schilddrüsenläppchen ruft fast denselben Eindruck hervor wie das Bild einer typischen Drüse. Die einzelnen Läppchen der Schilddrüse (sch) sind radiär zum Gange (Gg) angeordnet und namentlich das Läppchen a, zu dem ein Seitenzweig des Ganges hinzieht, nimmt sich wie ein Läppchen einer Speicheldrüse mit zugehörigem Ausführungsgange aus. Der Gang ist hier wieder spaltförmig, das Epithel zum Theile mehr-, zum Theile einschichtig, im Lumen liegen losgelöste Zellen mit intensiv gefärbten Kernresten. Vergr. 80 f. 450 Untersuchungen über die menschliche Ober- haut und ihre Anhangsgebilde mit besonderer Rücksicht auf die Verhornung. Von Dr. Hans Rabl, Assistenten am histologischen Institut in Wien. Hierzu Tafel XIX, XX u. XXI. Unter den manmnigfaltigen Problemen, welche die Er- scheinungen des Zelllebens darbieten, nehmen die Vorgänge an den Kernen ein besonderes Interesse in Anspruch. Vor allem sind es diejenigen Veränderungen, unter welchen sich die Kern- theilung vollzieht, welche die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gelenkt und zu gründlichen und erfolgreichen Untersuchungen geführt haben. Aber nicht bloss die Art ihrer Vermehrung, sondern auch die ihrer Rückbildung ist es werth, einer ein- gehenden Beobachtung unterworfen zu werden, denn auch ihre Kenntniss verspricht eine wesentliche Erweiterung unseres Wissens über die Eigenschaften der lebenden Zelle. Insbesondere aber ist es für die Pathologie von grösster Wichtigkeit, jene Wege kennen zu lernen, welche die Zellen bei ihrer physiologischen Degeneration einschlagen, um krankhafte Processe mit normalen vergleichen zu können und auf diese Weise sichere Anhalts- punkte zur Beurtheilung der ersteren zu erhalten. Untersuchungen über die physiologischen Degenerationser- scheinungen lassen sich leicht ausführen, da wir ja aus einer Reihe neuerer Arbeiten wissen, dass wohl in kemem Organ alle Zellen bleibende Bildungen sind, sondern bald nur ganz ver- einzelt, bald aber in reichlicher Menge zu Grunde gehen, um durch jungen Nachwuchs ersetzt zu werden. Wohl die er- giebigste Fundgrube für degenerirende Zellkerne bildet die Haut und ihre Anhangsorgane, indem daselbst in ununterbrochener Dauer protoplasmatische Zellen in Horngebilde umgewandelt werden. Darum beschloss ich, mich zunächst an diese zu wenden, Untersuchungen über die’ menschliche Oberhaut ete. 431 um an einem typischen Beispiel jene Gesetze festzustellen, von welehen die Rückbildung der Kerne geleitet wird. i Obwohl zwar meine Untersuchungen in erster Linie diesen letzteren galten, konnten doch auch die Vorgänge, welche sich beim Verhornungsprocess in den Zellen selbst abspielen, nicht ausser Acht gelassen werden. Da aber gerade diese noch so viele strittige Punkte enthalten, denen eine besondere Aufmerksam- keit zugewendet werden musste, so kam es, dass im Laufe dieser Untersuchungen fast sämmtliche, auf den Verhornungsprocess bezugnehmende Fragen einer Durcharbeitung unterzogen wurden. Ich theile nun im Folgenden meine diesbezüglichen Beob- achtungen mit. Ueber einen Theil der hiebei gewonnenen Re- sultate, welche aber durch die vorliegende Arbeit in mehreren Punkten eine Erweiterung erfahren haben, habe ich bereits auf dem diesjährigen Anatomen-Congress in Berlin berichtet. T; Es ist selbstverständlich, dass derjenige, welcher es sich zum Ziele setzt, degenerative Veränderungen zu studiren, zu- nächst den Bau der normalen Zellen zu ermitteln hat. Die Objekte meiner diesbezüglichen Untersuchungen bildeten einerseits die Epithelzellen der äusseren Haut, insbesondere der Sohlenhaut, andererseits die von Schleimhäuten, vor allem von Lippe, Zunge und Scheide, endlich 3. Epithelialeareinome. In denjenigen Fällen, in welchen es sich um die Feststellung der feinsten Details im Bau der Zellen handelte, wurden selbstverständlich nur solche Hautstücke verwendet, welche durch Operationen erhalten und sofort in die Fixirungsflüssigkeit eingelegt worden waren. Im Uebrigen gelangte auch Material, von Leichen in reichem Maasse zur Verwendung. Wenn ich meine aus den angefertigten Präparaten gewonnenen Anschauungen kurz zusammenfasse, so muss ich mich der von Ranvier begründeten Lehre anschliessen, dass das Protoplasma der Epidermiszellen von feinen Fasern durchzogen werde, welche — unter einander zusammenhängend — die feste Verbindung der Epithelzellen bedingten. Ehe ich jedoch auf meine eigenen Beobachtungen näher eingehe, will ich mir erlauben, in Kürze die Geschichte der Epithelfaserung vorzuführen. 432 Hans Rabl: Es war bekanntlieh Max Schultze, welcher als erster die Stacheln und Riffe an der Oberfläche der Epidermiszellen erkannt hat (60). Durch Anwendung seines Jodserums war es ihm gelungen, die Epidermiszellen zu isoliren. Er fand auf ihrer Oberfläche zahlreiche feinste Stacheln und Borsten und glaubte, dass die Stacheln zweier Zellen in gleicher Weise an einander ge- lagert wären, wie die Borsten zweier in einander gepresster Bürsten. Das gleiche Bild hatte schon früher Scehroen (59) an Schnitten beobachtet und darnach die Theorie aufgestellt, dass die Epithelzellen von Membranen umschlossen seien, welche von Porenkanälchen durchsetzt wären. Er hatte eben die Intercellu- larsubstanz für Membranen, die Brücken oder Zwischenräume darin für Kanälchen angesehen. Zur selben Zeit und unabhängig von M. Scehultze hatte auch Bizzozero die Stacheln an der Oberfläche der Zellen entdeckt und ihnen die gleiche Bestimmung wie Schultze zu- gesprochen (4)!). Später aber, durch Anwendung verbesserter Methoden und stärkerer Vergrösserungen kam er zur Ueber- zeugung, dass die Stacheln nicht seitlich an einander gelagert wären, sondern sich mit ihren Spitzen berührten (5). Bei dieser selegenheit beschrieb auch Bizzozero in der Mitte der Inter- cellular-Brücken sehr kleine Anschwellungen, von welchen er annahm, dass sie eben dort lägen, wo die beiden Stachelenden mit einander verschmolzen wären. Dieselben kleinen Knötchen fand auch Lott (40), der sich aber im übrigen der älteren M.Schultze’schen Theorie anschloss und sie demgemäss nicht als die Berührungspunkte der Stachelspitzen auffasste, sondern’ glaubte, dass sie nur scheinbare Verdiekungen darstellten, ge- bildet durch die neben einander liegenden Stachelenden. Die wichtigen Beobachtungen Bizzozero’s erhielten durch die Angaben Ranvier's eine ausgiebige Unterstützung. Ranvier (50) konnte die Intereellularbrücken nicht nur an den Zellen der mittleren Schichte des Stratum mucosum, der eigent- lichen Riff- und Stachelzellenschichte, nachweisen, sondern es gelang ihm an genügend dünnen Schnitten nach Härtung in Ammonium-Bichromat und Färbung in starkem Hämatoxylin, 1) Diese Arbeit war mir leider im Original nicht zugänglich. Ich eitire sie nach L ott (40). Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 433 auch zwischen den Zellen der tiefsten Lage feine Verbindungs- fäden nachzuweisen. Er unterscheidet dabei zwischen kurzen und langen Fasern (filaments d’union). Die ersteren verbinden 2 benachbarte, die letzteren von einander entfernte Zellen, wo- bei sie in grösserer Länge die Epidermis durchsetzen und über die Oberflächen der dazwischen liegenden Zellen hinwegziehen. Neben denjenigen Fasern, welche in ihrer Mitte eine Verdiekung tragen, glaubte Ranvier auch solche bemerken zu können, welche derselben entbehrten. Er leitete daraus die Theorie ab, dass jene Knöpfehen elastische Organe darstellen, welche sich nach Bedürfniss in die Länge ziehen liessen, sobald ein Leuco- cyt im Intercellularraume vordringen wollte oder die Zellen bei ihrem allmählichen Hinaufrücken einen Frontwechsel auszuführen genöthigt wären. Betreffs des Zusammenhanges jener Verbindungsfasern mit dem Zellkörper, über welchen diese Arbeit noch keine Auskunft enthält, machte Ranvier 3 Jahre später interessante Angaben (51). Er fand, dass die Zellen des Stratum Malpighii von feinen Fäserchen durchzogen seien und könnte die Fasern des Zell- körpers in die Verbindungsbrücken verfolgen. Da sich diese letzteren doppelt so breit zeigten als die Zellfasern, so mussten Jene noch von einem Mantel umgeben sein, der von der Ober- fläche der Zelle auf die Faser übergeht. Diese erste Beschreibung der fibrillären Structur der Epider- mis wurde seither von einer grossen Reihe von Forschern be- stätigt. So konnte sich Blaschk o (7) von derselben an dünnen, ungefärbten Schnitten von Hautstücken überzeugen, die in Chrom- säure gehärtet waren. Kromayer (35, 36, 37) behandelte in systematischer Weise die Epidermis nach der W eigert'schen Fibrinfärbemethode, die er nur um ein geringes modificirte, und erhielt hierbei eine ausgezeichnete Färbung der Fasern, welche bereits Herxheimer (28) und Beneke (3) nach jener Methode dargestellt hatten, ohne aber ihre Natur näher zu studiren. Reinke (53) gelang es, die Protoplasmafasern nach Safranin- färbung durch Behandlung mit,’Jod-Jodkali und Differenzirung in alkoholischer Pikrinsäure in deutlichster Weise zur Anschauung zu bringen. Auch van der Stricht!) giebt an, die Fasern an Präparaten, die durch längere Zeit in Flemming’scher oder Hermann scher Lösung gehärtet, mit Holzessig nachbe- 434 HansRabl: handelt und mittels Safranin gefärbt worden waren, dargestellt zu haben. Ich selbst habe mich von ihrer Existenz theils an unge- färbten Schnitten aus Müller’scher oder Flemmin g’scher Flüssigkeit, theils an Präparateu überzeugt, die nach den An- gaben Kromayer’s angefertigt waren. Der Anblick von solehen ist ein überraschender. Es erinnert die Epidermis etwas an einen Netzknorpel, indem das ganze Stratum Malpighii von äusserst zahlreichen und feinen Fäserchen durchsetzt wird, während die Kerne zumeist geschrumpft sind und dann in Höhlen zu liegen kommen. An gelungenen Präparaten hat die interfibrilläre Zellsub- stanz fast gar keine Farbe angenommen, während die Fasern intensiv blau gefärbt sind. Man kann darum kein klares Bild über die Form und Grösse der Zellen und ihrer Intereellular- räume gewinnen. Die Fasern erscheinen als eine selbstständige Differenzirung im den Zellkörpern und man begreift Ranvier, wenn er diesbezüglich schreibt: „On ne doit par les eonsiderer comme des fils protoplasıniques, mais bien comme des fibres formdes, ayant une signification fonetionelle speeiale, relative, par exemple & la solidite du revetement epithelial de la peau.“ Dennoch vermag ich diesem Gedankengange nicht zu folgen. Es scheint mir vielmehr höchst wahrscheinlich, dass wir gerade an den epithelialen Zellen ein augenfälliges Beispiel für die Richtigkeit der Flemming'schen Theorie bezüglich des filaren Baues der Zelle vor uns haben und dass also jene Fasern als Protoplasma in der engsten Bedeutung des Wortes (im Sinne Kupffer’s) zu bezeichnen wären. Bei einem geringeren Grade der Entfärbung der Präparate kann man neben den besonders stark hervortretenden Fasern auch noch die Grundsubstanz der Zelle blau gefärbt erhalten. Auch diese zeigt ein — wenn auch undeutliches — streifiges Aussehen, und ich halte darum die An- sicht für gerechtfertigt, dass jene Protoplasmafasern nur Theile der Filarsubstanz des Zellkörpers darstellen, welche wegen ihrer besonderen Funktion auch einen besonderen Grad von Aus- bildung erlangt haben. Ich glaube, dass eine lückenlose Reihe 1) Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft 1393, Discussion zum Vortrage Beneke’s (3). Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 435 zwischen den derbsten, intensiv gefärbten und den feinsten, kaum wahrnehmbaren Fäserchen existirt. Uebrigens ist auch Flemming derselben Meinung, da er in seinem Referat über den Zellbau (21) die Kromayer'sche Beobachtung unter den Belegen für die Fadengerüst-Theorie aufführt. Auf die Anordnung und den Verlauf der Fasern innerhalb der Zellen will ich nieht näher eingehen, sondern diesbezüglich auf die Arbeiten von Ranvier, Renaut (84, Ramon y Cajal (10), Kromayer u. A. verweisen. Dagegen kann ich nicht umhin, den extracellulären Antheil derselben nochmals einer Beschreibung zu unterwerfen, da die Lehre betreffs der Inter- cellularbrücken von Manille Ide (30) in einer ausführlichen, bisher noch nieht gebührend widerlegten Arbeit angegriffen worden ist. Dieser Autor glaubt nämlich zu finden, dass die Epithelzellen von einer Membran umschlossen seien, in welcher Fasern ver- laufen, von deren Knotenpunkten sich die Intercellularbrücken erheben, sodass auch diese letzteren Theile der Zellmembran dar- stellten. Beweisend für seine Ansicht hält er Oberflächenbilder von Epithelzellen, welehe keine Punktirung, sondern ein Netzwerk von Linien zeigen. Nun ist zwar schon von älteren Autoren wie Bizzozero und Ranvier darauf hingewiesen worden, dass man bei Betrachtung der Epithelzellen von der Fläche thatsäch- lich Punkte sehe, ich möchte aber zur Entkräftung der Behaup- tung Ide’s noch einmal einige Befunde mittheilen, welche diese Ansicht zu stützen geeignet sind. Fig. 2 zeigt einige Zellen aus dem Epithel des Zahnfleisches eines monatlichen, menschlichen Foetus!). Man sieht hier das Innere der Zelle hell, nur von wenigen feinen Fasern durchzogen. An der Peripherie erscheint eine dunkle Linie, von welcher zahl- reiche, ziemlich breite, bei Hämatoxylin-Eosin-Färbung dunkel- rothe Intercellularbrücken ausgehen. Jede von ihnen trägt in der Mitte ein Knöpfehen. Die Breite der Intercellularbrücken in diesem Gewebe, welchem bezüglich des Baues nach meinen Erfahrungen die Lippe und Scheide erwachsener Personen an- gereiht werden müssen, beweist die Richtigkeit der von Ranvier und Cajal gemachten Annahme, dass die Brücken ausser den 1) Das betreffende Stück verdanke ich der Güte von Herrn Protessor Schaffer. 436 HansRabl: Fasern auch noch aus einem Mantel nicht differeneirten Proto- plasma’s bestehen. Denn sollten jene aus den Fasern allein auf- gebaut sein, so müssten sich die Epithelzellen von breiten Fasern durchsetzt zeigen. Dies ist jedoch nicht der Fall. An Präpa- raten der Scheide, die nach Weigert gefärbt sind, erscheinen die Intercellularbrücken intensiv blau, während in den Zellen nur wenige und sehr feine, schwach blau gefärbte Gebilde zu erkennen sind. Wollte man nieht in Analogie mit den Verhältnissen an der äusseren Haut schliessen, dass auch hier das Centrum der Stachel von einer Faser eingenommen wird, so wäre man durch den Anblick jener Zellen allein zur Annahme genöthigt, dass die Intercellularbrücken ausschliesslich von der äusseren verdichteten Protoplasmazone gebildet werden. Wenn somit die Anschauung Ide's in Bezug auf das Vorhandensein einer Zellmembran recht wohl diseutirbar ist, so lässt sich anderseits leicht nachweisen, dass sene Angaben bezüglich des Baues einer solehen auf Irr- thümern beruhen. Man sieht nämlich auf Fig. 2 neben den quer- durehschnittenen Zellen auch eine solche, deren Oberfläche im den Schnitt gefallen ist und sich als getüpfelt darstellt. Das Präparat ist wie die meisten Abbildungen mit Zeiss Apochromat 2 mm, Compens. Oeular 8 gezeichnet worden. Zwischen den Punkten sind absolut keme Fasern wahrzunehmen. Wenn Ide solche beschrieb, so kann er sich auf zweierlei Weise haben täuschen ‚lassen. Einmal kommt es gar nicht selten vor, dass die Stacheln nicht senkrecht, sondern schräg von der Zelloberfläche sich erheben. Betrachtet man nun eine derartige geneigte Faser von oben, so wird sie nicht als Punkt, sondern als Linie er- scheinen und nur durch die genaueste Handhabung der Mikro- meterschraube ist man im Stande zu entscheiden, dass die be- obachtete Linie nicht auf der Oberfläche der Zelle sich befindet, sondern schräg zu ihr geneigt ist. Es kommt aber noch ein zweites Moment io Betracht, das gleichfalls hier Berücksichtigung verdient. Auf Fig. 1 sieht man bei a zwischen einer Reihe von 4 Knöpfen eine Verbindungslinie. Viel deutlicher erscheinen diese Verbindungslinien an den Zellen aus Epithelialeareinomen. Durch meinen Freund, Hermm Dr. Spechtenhauser, habe ich ein ‚arcinom der Unterlippe erhalten, welches sofort nach der Ope- ration in Pierinsäure-Sublimat fixirt wurde. An Schnitten durch dasselbe, die mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt waren, siebt man Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 437 die Intereellularbrücken in besonderer Grösse und kann sich mit Leichtigkeit überzeugen, dass auf lange Strecken hin die Knöt- chen in denselben durch Fasern verbunden sind (Fig. 3 u. 4). Von der Fläche betrachtet wird eine derartige Epithelzelle von einem Netz überzogen erscheinen, dessen Knotenpunkte von den bekannten Anschwellungen der Zellbrücken gebildet werden. Auf Fig. 5 habe ich eine derartige Zelle mit stellenweise gefeldeter Oberfläche dargestellt und glaube, dass bei der Erklärung der darauf siehtbaren Linien beide angeführten Möglichkeiten heran- gezogen werden müssen. Jedenfalls sind aber diese Linien viel zarter als diejenigen, welche von Ide nach Schnitten durch den Blättermagen von Kalbsföten abgebildet worden sind. Auch Kölliker gibt in seinem Handbuch der Gewebelehre, 6. Aufl., an, dass er am Mundhöhlenepithel von Embryonen die Inter- cellularbrücken ausgezeichnet schön sehe und bei den stärksten Vergrösserungen Andeutungen einer netzförmigen Verbindung der Ausgangspunkte der Zellenausläufer an der Oberfläche der Zelle finde. Doch seien dieselben lange nicht so deutlich und scharf gezeichnet wie Ide sie darstelle. Soweit ich im Laufe dieser Untersuchungen die Litteratur über die Histologie der Epidermis kennen gelernt habe, glaube ich, dass jene Fasern zwischen den Knötehen noch nicht be- schrieben sind und will ihnen darum einige Zeilen theoretischen Inhalts widmen. Zunächst muss ich hervorheben, dass man zuweilen findet, dass jene Verbindungslinie zwischen den Knötchen nieht immer eine Faser ist, sondern ab und zu auch den Querschnitt einer Membran darstellt, da sie sich bei genauer Einstellung mit der Mierometerschraube durch die ganze Dicke des Schnittes ver- folgen lässt. Auf Fig. 5 u. 4 liegt zwischen den Epithelzellen bei R. ein rothes Blutkörperchen, wie auch im ganzen übrigen Präparat zahlreiche rothe Blutkörperchen theils im Bindegewebe, theils zwischen den Careinomzellen eingestreut sind. Man kann nun gar nicht selten sehen, dass mehrere Blutkörperchen tief zwischen die Carcinomzellen eingeschoben sind und dabei zwischen Zelle und Membran zu liegen kommen. Die Intercellularbrücken von der Zelloberfläche bis zu den Knötchen fehlen an solchen Stellen ganz, indem sie entweder eingezogen oder abgerissen sind. Die Verbindungslinie zwischen den Knötchen ist dagegen wohl 438 HansRabl: erhalten und documentirt dadurch wohl am besten, dass sie nicht eine Faser, sondern den Querschnitt einer Membran bedeutet, dass zwischen ihr und der 2. zugehörigen Zelle keine Blut- körperchen sich befinden und die Intercellularbrücken intakt sind. Es handelt sich hier demnach um eine bald nur rudimen- täre, bald wohlentwickelte Scheidewand zwischen den Epithel- zellen. Reinke (53) hat die Vermuthung ausgesprochen, dass die Verdickungen in den Intercellularbrücken multiple Zwischen- körperchen vorstellten. Da Flemming (20) bekamtlich die Zwischenkörper als Homologa der pflanzlichen Zellplatte auffasst, ich aber hier im der That eine Membran zwischen den Zellen nachweisen kann, so scheint hierdurch die Ansicht Reinke's eine Unterstützung zu erhalten. Wenn ich aber auch anerkenne, dass hier eine Zellplattenbildung vorliegt, welehe mit der bei Pflanzen beobachteten im Prineip übereinstimmt, so möchte ich doch gegenüber der Reinke schen Deutung der Intercellular- knoten einige Bedenken erheben. Wir dürfen nach den Auseinandersetzungen Flemming's und den sorgfältigen Beobachtungen Kostanecki’s (33) nur diejenigen, in der Aequatorialebene liegenden Körperchen als Zwischenkörper bezeichnen, welche in den Spindelfasern auftreten und in offenbarer Beziehung zur Einschnürung und Halbirung der Centralspindel stehen. In unserem Falle aber liegen die Knöt- chen in protoplasmatischen Fasern, in der ganzen Ausdehnung der Berührungsebene zweier Zellen. Ich glaube darum vielmehr, dass sie jenen Verdiekungen entsprechen, welche von Stras- burger (63) als Dermatosomen bezeichnet worden sind und theils in den primären Spindelfasern, vor allem aber in Fasern auftreten, welche aus dem Cytoplasma gebildet werden und sich den Fäden der Centralspindel secundär angliedern. Durch Zu- sammenfliessen jener Dermatosomen entsteht zunächst die Zell- platte, weiterhin die Zellmembran. Auch bezüglich thierischer Zellen wurden, besonders von Carnoy (11), Beobachtungen mitgetheilt, welche mit der Zell- plattenbildung bei Pflanzen durchaus übereinstimmen und erkennen lassen, dass die Zellplatte auch hier durch Zusammenfliessen von Verdiekungen entsteht, welche in äusserst feinen Protoplasma- fasern auftreten. Bei Nematodeneiern bildet sich die Membran — analog wie bei Spirogyra und entgegengesetzt dem Verhalten bei r Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 439 höheren Pflanzen — zunächst an der Peripherie und schreitet von da gegen die Mitte der Zelle fort. Der periphere Theil er- scheint hier schon an Zeilen, die sich im Stadium des Mutter- sternes befinden, sodass man mit Bestimmtheit jede Betheiligung der Fasern der Centralspindel bei ihrer Entstehung ausschliessen kann. Es scheint mir darum nieht unwahrscheinlich, dass, so- wohl bei Thieren wie bei Pflanzen, die äquatoriale Verdickung der Centralspindelfasern bei der Bildung der Zellplatte eine minder wichtige Rolle spielt als man bisher anzunehmen geneigt war. Vielmehr dürften hierbei vor allem jene Fasern in Betracht kommen, welche ausserhalb der Centralspindel, im Protoplasma verlaufen. Da demnach die Knötchen in den Intereellularbrücken ein thatsächliches Aequivalent der pflanzlichen Zellplatte darstellen, dürfte es angezeigt sein, ihnen den gleichen Namen beizulegen, welchen die Botaniker für die Verdieckungen in den Verbindungs- fasern gebrauchen und sie auch als Dermatosomen zu bezeichnen. Nachdem ich Aussehen und Bedeutung der Intercellular- brücken und Knötchen beschrieben habe, möchte ich noch in Kürze ihre Funktion erörtern. Wie ich schon früher erwähnt habe, hat Ranvier die Knötehen als elastische Organe be- trachtet, welche geeignet wären, die Erweiterung und Verengerung der Intereellularräume zu bewirken. Gegen diese Auffassung spricht aber die Thatsache, dass gewisse Epithelien keine Der- matosomen in Mitte ihrer Intercellularbrücken besitzen und ihre Zellen dennoch die Stacheln in sehr ausgiebigem Maasse zu ver- längern und zu verkürzen vermögen. Ich erinnere nur an die Epithelien der Amphibienlarven und an die darauf Bezug neh- menden Arbeiten von Peremeschko (43), Mitrophanow (42), Pfitzuer (44), Cohn (12) und Flemming (22). Wenn aber auch in der Haut der Larven keine Dermatosomen existiren, so lassen sich doch beim erwachsenen Thiere solche stellenweise nachweisen. Die Epidermis von Salamandra maculosa zeigt in besonders schöner Weise den fibrillären Bau. Die Kerne sind bekanntlich sehr gross, der Zellmantel um dieselben nur schmal und von feinen, gestreckt verlaufenden Fasern dicht durchzogen. Die meisten Fasern entbehren der Knötchen, ab und zu aber sieht man zwischen 2 Zellen eine continuirliche Reihe derselben. Die Intereellularräume sind in beiden Fällen gleich breit; ich muss daraus den Schluss ziehen, dass die Knötchen wohl nicht Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 29 440 HansRabl: a jene Bedeutung besitzen, welche ihnen Ranvier zugeschrieben hat, sondern glaube vielmehr, dass sie nur nach ihrer Genese betrachtet werden dürfen und demnach als mehr weniger fixe Grenzpunkte einer Zelle aufzufassen sind. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch über ein Experi- ment berichten, welches ich schon vor 2 Jahren als Beitrag zur Lösung der Frage nach der Herkunft des epithelialen Pigmentes ausgeführt habe, weil es in besonders klarer Weise den hohen Grad von Beweglichkeit demonstrirt, dessen sich die einzelnen Epithelzellen innerhalb ihres Verbandes erfreuen. Da ich aus äus- seren Gründen in der nächsten Zeit verhindert bin, die begonnenen Untersuchungen zur Lehre von der Pigmentbildung fortzusetzen, möge die Mittheilung hierüber an dieser Stelle Platz finden. Die meisten derjenigen Autoren, welche den Epithelzellen die Fähigkeit absprechen, selbstständig Pigment zu bilden, schliessen sich der sogenannten Einschleppungstheorie an, welche zuerst von Riehl (56) aufgestellt wurde und annimmt, dass pigmentirte Wanderzellen in das Epithel eintreten und ihre Körnchen an die Epithelzellen abgeben. Es müssten aber die Epithelzellen einen gewissen Grad amöboider Beweglichkeit besitzen, indem sie, ähnlich wie Leucocyten, im Stande wären, fremde corpusculäre Elemente in ihren Körper aufzunehmen. Eine solche Fähigkeit hat auch Riehl vorausgesetzt, indem er den Uebergang der Farbstoff-Körnehen aus den verästigten Pigmentzellen in die Zellen der Haarrinde mit der Art vergleicht, wie Amoeben Farb- körnehen aus dem umgebenden Wasser in ihren Protoplasmaleib aufnehmer. Ein Beweis für diese Ansicht wurde bisher nicht erbracht und so habe ich versucht, durch ein Experiment zu entscheiden, ob überhaupt eine Aufnahme fester Bestandtheile durch die Epithelzellen stattfinden könne. Zu diesem Zwecke wurde einem erwachsenen Salamander eine Pravaz’sche Spritze voll einer Suspension von Carmin in physiologischer Kochsalzlösung unter die Haut injieirt. Nach Verlauf mehrerer Tage wurde, das Thier getödtet und das be- treffende Hautstück in Pierin-Sublimat gebracht, später eingebettet, geschnitten und gefärbt. Im Präparat sah man, entsprechend der Einstichstelle, einen langen, am Ende gespaltenen Epithel- zapfen, welcher in die Cutis eingewuchert war. Freie Carmin- körnchen lagen weder in der Cutis noch in der Epidermis, da- Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etec. 441 gegen fand ich an beiden Orten Zellen, welehe mit Carminkörn- chen vollgepfropft waren und sowohl durch ihre Gestalt, wie in Folge des Gehalts an Pigment, durch welchen sich einzelne von ihnen auszeichneten, ihre Natur als Leucocyten erkennen liessen. Ausser diesen Zellen enthielten auch mehrere zweifellose Epithel- zellen Carminkörner. Die Körnchen konnten entweder durch den Lympbhstrom in die Intercellularlücken eingeschwemmt oder durch Leucocyten in's Epithel transportirt worden sein. Auf jeden Fall aber beweist diese Untersuchung zur Genüge, dass die Epithelzellen thatsächlich jenen Grad von Beweglichkeit besitzen, den Riehl von ihnen erwartet. Obwohl dieser Versuch sehr zu Gunsten der Einschleppungs- theorie spricht, muss ich doch beifügen, dass ich nach wie vor (47) an der epithelialen Herkunft des Pigments festhalte, da ja hier- durch jene Momente, auf Grund deren den Epithelzellen eine selbstständige Pigmentbildung zugesprochen werden muss, nicht widerlegt werden. II. Wenn wir von Verhornung der Epidermis sprechen, so müssen wir sowohl in Hinblick auf die sich dabei abspielenden Veränderungen als auch in Bezug auf das Resultat derselben zwei verschiedene Entstehungsweisen und danach auch 2 Kategorien von Oberhautgebilden unterscheiden. In die eine Gruppe gehören diejenigen, welche aus total verhornten Zellen aufgebaut sind, in die 2. alle jene, bei welchen nur die äusserste Peripherie der Zellen in Hornsubstanz umgewandelt ist. Renaut (54) hat die Umwandlung der Epidermiszellen in solehe der 1. Kategorie als evolution cornee, die Bildung der bloss mit einer Hornmembran versehenen Zellen als evolution epidermique bezeichnet. Ich will mich nun zunächst mit jenen Veränderungen des Protoplasmas und vor allem der Kerne beschäftigen, welche an soliden Horn- zellen auftreten. Als Objekte meiner Untersuchungen dienten mir Haare von Menschen und Thieren, Dunenfedern des Hühnchens und Krallen eines Kätzchens?). 1) Obwohl ich durch die Güte der Herrn Professoren des Thier- arznei-Institutes auch Material zur Untersuchung der Verhornung der Hufe erhalten habe, bin ich doch von einer eingehenden Bearbeitung 442 HansRabl: Betrachten wir zunächst einen Längsschnitt durch ein Haar, so sehen wir die im Haarbulbus gelegenen Rindenzellen, welehe nur wenig von ihrer Matrix entfernt sind, als grosse, ziemlich breite Gebilde, welche von leicht wellenförmig verlau- fenden Fasern durchzogen werden. Je weiter sich die Zellen von der Basis des Haarknopfes entfernen, um so schmäler werden sie, um so deutlicher tritt ihre Längsstreifung hervor und um so gestreckter werden die Linien derselben. Dabei gehen auch die Kerne bestimmte Veränderungen ein, welche ich sogleich näher besprechen werde, bis sie schliesslich mit Kernfärbemitteln nicht mehr darstellbar werden und die ganze Zelle in einen spindeligen Körper umgewandelt ist, der aus Fasern und einer Zwischen- substanz, die einen centralen Kernrest umschliessen, besteht. In diesem Endstadium der Verhormung nehmen die Zellen bei An- wendung der gewöhnlichen Tinktionsmethoden gar keinen Farb- stoff mehr an. Dagegen zeigen sie in einem Zwischenstadium die Eigenthümlichkeit, sich mit Eosin in toto stark zu färben. Während die tiefsten protoplasmatischen Zellen wie gewöhnlich nur einen blass-rothen Ton annehmen, erscheinen die darüber liegenden intensiv roth, mit einem Stich in's Gelbe. Die Farbe blasst nach oben zu allmählich ab. Auf dieses Verhalten haben schon früher v. Brunn (8), Günther (24) und Reinke (52) aufmerksam gemacht. An ganz dünnen Schnitten findet jedoch dieser letztere, dass sich nicht die Haarzelle in toto, sondern nur die verhornenden Fibrillen gefärbt haben. Die Differenz in unseren Angaben dürfte wohl nur in den verschiedenen Methoden ihren Grund haben, indem Eosin ja an und für sich die Tendenz hat, eine diffuse Proto- plasmafärbung hervorzurufen, während Saffranin und Gentiana, deren sich Reinke bediente, als specifische Tinktionsmittel für Fibrillen betrachtet werden dürfen. . Dasselbe tinktorielle Verhalten, sowie die gleiche Metamorphose ihres Zellkörpers wie die Rindenzellen der Haare lassen sich auch für diejenigen desselben abgestanden, da ich alsbald erkannte, dass auch hier keine wesentlichen Unterschiede gegenüber den an anderen Orten beob- achteten Gebilden vorlägen. Für die Bereitwilligkeit, mit welcher die Herren Profs. Czokor und Storch meiner Bitte um Material ent- gegenkamen, erlaube ich mir hiermit meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 443 Zellen ermitteln, welehe die Rindensubstanz der Hauptstrahlen und die Nebenstrahlen bei den Dunenfedern zusammensetzen. An Präparaten der Kopfhaut, die in Pikrinsäure-Sublimat gehärtet und mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt sind, erscheinen die Kerne der Haarzellen in den tiefsten Lagen als ovale Ge- bilde von beträchtlichem Breitendurchmesser. Ihre chromatische Membran ist gut ausgesprochen, gleichmässig diek und trägt nur ab und zu körnige Auflagerungen. Der sichtbare Inhalt des Kernes ist sehr spärlich, und besteht nur aus einigen wenigen gröberen Chromatinmassen und vereinzelten Verbindungsfäden derselben, in denen kleinere cehromatische Kugeln gelegen sind. In keinem Stadium der nachfolgenden Degeneration lässt sich das Auftreten irgend welcher morphotischer Gebilde nachweisen, welchen etwa eine besondere Rolle bei der Verhornung zuge- schrieben werden müsste. Es lässt sich vielmehr ein continuir- licher Uebergang des weichen Protoplasmas in spröde Hormsub- stanz verfolgen, wobei die eimzig sichtbare Veränderung in einer Verkleinerung des Volumens der Zelle besteht. Wie ich dem Lehrbuche von Hoppe-Seyler und Thierfelder entnehme, steht das Keratin in seiner Zusammensetzung den Eiweisskörpern sehr nahe, so dass es mit dem Elastin und Collagen unter die al- buminoiden Substanzen eingereiht werden muss. Man wird es darum als ein direktes Umwandlungsprodukt der Eiweisskörper betrachten müssen; und wenn beispielsweise aus einer Protoplasma- faser eine Hornfibrille wird, wie dies bei der Verhornung der Rindensubstanz des Haares und der Feder der Fall ist, so ge- schieht dies in der Weise, dass sich der Eiweisskörper der er- steren in den albuminoiden der letzteren umwandelt!). Von dieser Umwandlung wird jedoch nicht die Protoplasmafaser allein, son- dern auch die interfibrilläre Substanz und wahrschemlich auch die intercellulare Kittmasse betroffen. Ob jedoch bei allen diesen Metamorphosen das gleiche Keratin gebildet wird, ist wieder eine andere Frage. Soviel aber steht jedenfalls fest, dass Hom- 1) Eine ganz analoge Lehre hat Unna auf dem III. internatio- nalen dermatologischen Congress vorgetragen. Ich erfuhr hiervon erst, nachdem meine Arbeit bereits dem Drucke übergeben war, durch das offizielle Referat von Elkind in Nr. 37 der Wiener klinischen Wochenschrift. Nach diesem wurde Unna durch seine Beobachtungen zu dem Schlusse geführt, dass das Keratin Protoplasma sei mit für die Struetur und Constitution unwesentlichen Veränderungen. 444 Hans Rabl: substanz nur dort auftritt, wo früher Eiweisskörper waren und hierbei auch die Gestalten beibehält, welche diese in der leben- den Zelle besessen haben. Darum scheint es mir vollkommen falsch, wenn Körnchen, die in verhornenden Zellen auftreten, als Hornsubstanz kat’ €Zoynv bezeichnet werden. Dieses Fehlers haben sich Zabludowsky (69), Zander (70), Grosse (23) und Ernst (16) schuldig gemacht. Erstere haben die Keratohyalin- Körner des Stratum granulosum geradezu als Hornsubstanz an- gesprochen, ein Irrthum, der schon auf Grund chemischer Reac- tionen von Unna, Behn (2) und Blaschko (7) richtig ge- stellt worden ist. Letzterer fand an Schnitten, die von einem in Alkohol gehärteten papillösen Epitheliom stammten und nach der Methode v. Giesons mit Hämatoxylin, Pierinsäure und Säurefuchsin gefärbt waren, neben dem Keratohyalin, welches eine schwarzblaue Farbe angenommen hatte, noch grosse Tropfen, welche leuchtend roth erschienen. Aus diesem Verhalten schliesst Ernst, dass hier echtes Keratin vorläge. Ich muss gestehn, dass mir diese Behauptung zu wenig begründet er- scheint. Ihre Keratinnatur wäre nur dann sichergestellt, wenn ihr Verhalten nicht bloss gegen Farbstoffe, sondern auch gegen Säuren, Alkalien und Verdauungsflüssigkeiten geprüft und mit zweifelloser Hornsubstanz übereinstimmend gefunden worden wäre. Die Ausführung dieser Reactionen hat jedoch Ernst leider unterlassen. Nach Lage und Form jener Tropfen möchte ich am ehesten zur Annahme hinneigen, dass sie durch Umwandlung und Confluenz der Keratohyalin-Körner entstanden sind. Nun müssen diese zwar nach den von Ebner bereits vor 20 Jahren angestellten Beobachtungen den Eiweisskörpern zugerechnet werden, und es würde somit die als Vorstadium des Keratins postulirte Eiweisssubstanz hier in der That vorhanden sein; trotzdem möchte ich die Möglichkeit vollkommen ausschliessen, dass aus Keratohyalin jemals echte Hornsubstanz gebildet werde. Es würde die Darstellung zu sehr complieiren, wollte ich schon jetzt die Gründe für diese Anschauung auseinandersetzen. Doch weiss ich mich in derselben mit den meisten Autoren, die sich mit der Verhornung der Oberhaut beschäftigt haben, eins und möchte mit Unna die Keratohyalinbildung nur als eine Begleiterschei- nung derselben betrachten. Wende ich mich nach dieser kleinen Abschweifung wieder Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 445 den verhornenden Haarrindenzellen zu, so scheint es mir vor allem nothwendig, den Veränderungen der Kerne eine eingehende Beschreibung zu widmen. Die Processe, welche sich in ihnen abspielen, sind deshalb von besonderem Interesse, weil man die gleichen Degenerationsformen auch bei anderen, unter analogen Verhältnissen degenerirenden Kernen von Epithelzellen nach- weisen kann. Es existiren darüber zwar bereits einige zu- treffende Angaben, unter welchen vor allem die von Waldeyer (68) hervorgehoben werden müssen; doch sind dieselben alle so kurz gehalten, dass es mir nicht überflüssig erscheint, jene Pro- cesse an der Hand guter Abbildungen nochmals zu erörtern. Bei beginnender Degeneration fällt zunächst in's Auge, dass der Kern schmäler wird, während er sich in seinem Längen- durehmesser nicht verändert. Diese Verschmälerung des Kernes ist eine Theilerscheinung der Verkleinerung der ganzen Zelle, welehe ich bereits oben erwähnt habe. Das Chromatin erscheint unter der Gestalt kleiner Kugeln, welche, zu Gruppen zusammen- gelagert, theils an der Kernmembran, theils im Innern des Kernes vertheilt sind (Fig. 7). Diese kleinen Kügelchen lassen sich aber nur bei Anwendung einer Immersionslinse distinet erkennen, bei schwächerer Vergrösserung dagegen scheint der Kern von derben Balken durchzogen. Es hat das Kerngerüst somit eine Umlagerung erfahren, welche wir nach Pfitzner (45) als mor- phologische Deconstitution des Zellkerns bezeichnen dürfen. In diesem Sinne schreitet die Veränderung allmählich fort: der Kern wird immer dünner, wodurch die Chromatinkörner ein- ander immer näher treten; die achromatischen Verbindungs- fäden der Körner, die noch im Vorstadium gut zu sehen waren, werden undeutlich, die Körner selbst aber gleichzeitig in ihrem Volumen verkleinert (Fig. 8). Nun tritt aber eine Aenderung des Aggregatzustandes des Chromatins ein. Die Contouren der Körnchen werden nämlich weniger scharf und die Kerne weiterhin von einer homogenen Masse erfüllt, welche nach ihrem tinetoriellen Verhalten noch als Chromatin bezeichnet werden muss und jedenfalls durch Zu- sammenfliessen der getrennten Körner entstanden ist (Fig. 9 und 10). Dieses Stadium besitzt aber nur eine kurze Dauer, denn bald verliert das Chromatin seine Affinität zu Kernfärbemitteln 446 HansRabl: und nimmt nur mehr eine Färbung durch Eosin an. Die Kerme erscheinen demnach als homogene rothe Streifen. Man kann sie unter diesem Aussehen noch ein gutes Stück im Haar ver- folgen, schliesslich aber entziehen sie sich der Beobachtung, indem sie auch die Annahme des Eosins verweigern. Dass sie trotzdem nicht gänzlich schwinden, geht daraus hervor, dass an den isolirten Spindelzellen ein centraler, dunkler Streifen sicht- bar ist, und dass nach den Beobachtungen von Kölliker (32) die Kerne sogar „durch Zerreiben in Natron gekochter weisser Haare“ für sich darstellbar sind. Dieselben Veränderungen, in der gleichen Reihenfolge, wie ich sie hier für die Kerne in der Haarrinde beschrieben habe, lassen sich auch für eine Anzahl anderer Epithelgewebe ermitteln. Auf den Fig 11—13 habe ich die Veränderungen in den ver- hornenden Zellen der Krallenplatte eines Kätzchens dargestellt. Alles, was ich sowohl für die Consolidirung der Protoplasma- fasern als in Bezug auf die Degeneration der Kerne im ersten Falle ermittelt habe, lässt sich direkt auf die Zellen der Kralle übertragen. Das Gleiche gilt für die Dunenfedern des Hühnchens. Das Aussehen der degenerirenden Kerne in den Zellen der Neben- strahlen ist so durchaus dem der Haarzellen analog, dass ich von einer bildlichen Darstellung derselben absehen zu können glaubte. Als letztes Beispiel von jener eigenthümlichen Degenerations- form möchte ich endlich noch die Kerne der Linsenfasern nennen, von welchen ich auf Fig. 20—22 Abbildungen gebe). Ueber dieselben haben schon Henle und Pfitzner (44) berichtet und die von ersterem gegebene Beschreibung, welche Pfitzner nur eitirt, ohne sie durch eigene Angaben zu ergänzen, stimmt durchaus mit dem überein, was ich selbst zu finden Gelegenheit hatte. Im Gegensatz zu den hellen chromatinarmen Kernen des Haares und der Feder sind hier die normalen Kerne von einem feinfädigen und feinkörnigen Gerüst ausgefüllt, späterhin ver- 1) Das Präparat, wonach dieselben angefertigt wurden, stammt aus dem Besitz von Herrn Dr. v. Aufschnaidter, der die Güte hatte, mir dasselbe zu leihen. Ich erlaube mir hierfür an dieser Stelle meinen besten Dank auszusprechen. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 447 klumpt sich dieses zu gröberen Chromatinmassen, die allmählich zusammenfliessen, sich auch von einander abschnüren können, aber doch stets eine solehe Lage beibehalten, dass man daraus schliessen muss, dass sie von einer gemeinsamen Membran um- geben oder von ungefärbten Fäden zusammengehalten werden. Vergleicht man die Kerndegeneration, wie ich sie im Vor- stehenden beschrieben habe, mit den mannigfaltigen Formen sogenannter Chromatolyse, über welche verschiedene Autoren in zahlreichen Arbeiten berichtet haben, so lassen sich in einer Reihe von Punkten Uebereinstimmungen, in einer Reihe anderer dagegen Untersehiede wahrnehmen. Wenn ich mich zunächst auf die Arbeit Flemming 's (19) beziehe, in welcher zum ersten Mal die Degeneration der Kerne des Follikelepithels der Eierstöcke eingehender behandelt und der Ausdruck „Chromatolyse“ in die Literatur eingeführt wurde, so ergiebt sich, dass auch im seinem Objekt die Verklumpung des Chromatins vor allem in die Augen springt. Weiterhin aber geht die Begrenzung des Kernes verloren, der Liquor wird mit kleinen, etwas tingirbaren Körnchen durchsetzt und das Liquorgerinnsel selbst zeigt sich meist stärker tingirbar als in normalen Follikeln. Aus dieser Erscheinung glaubt Flemming schliessen zu müssen, „dass bei diesem Vorgang das veränderte, eonsolidirte Chromatin der Kerne, nachdem der umgebende Zell- körper verquollen und zerfallen ist, selbst zunächst körnig zer- fällt, sich im Liquor folliculi vertheilt und allmählich m ihm ge- löst wird“. Der Modus der Kerndegeneration ist jedenfalls, ab- gesehen von der Structur der Zellkerne unter normalen Verhältnissen und der äusseren Ursache ihres Absterbens, auch noch von der Art der Substanzen bedingt, welehe die Kerne umgeben. Es ist selbstverständlich, dass Kerne, welche in Flüssigkeiten sus- pendirt sind, wie dies bei denen der Follikelepithelien der Fall ist, leichter einer Auflösung verfallen, als solche, welche von allmählich fester werdenden Massen eingeschlossen werden. Immerhin aber ist der Unterschied zwischen beiden Degenerations- formen und die nachweisliche Lösung des Chromatins im Liquor von solcher Wesentlichkeit, dass es mir nieht passend erscheint, einen Ausdruck, der gerade um dieses letzteren Punktes willen gewählt wurde, für unseren Fall zu adoptiren. Es ist zwar seit Flemming’s Publieation Brauch, jegliche Art der Kem- 448 HansRabl: degeneration als Chromatolyse und die hierbei auftretenden, eigenthümlich geformten Chromatinbalken als chromatolytische Figuren zu bezeichnen. Da sich aber die von mir beschriebene Kerndegeneration an Ort und Stelle abspielt und bis zum Schwunde des Kernes führt, ohne dass hierbei eine Einwirkung der äusseren Umgebung nachweislich wäre, möchte ich hierfür lieber einen anderen Ausdruck, etwa das Wort „Karyophtise* angewendet wissen. In einer kleinen Schrift, der leider bisher noch keine aus- führliche Arbeit gefolgt ist, hat Hermann (27) mehrere Ge- webe aufgeführt, bei welchen die Kerne nach dem gleichen Typus zu Grunde gehen. Es sind dies die Rinde des Haares, die Gesehmacksknospen und das Knorpelgewebe an der Ver- knöcherungsgrenze. Die Objekte waren in Flemming’schem Gemische fixirt und mit Saffranin-Gentiana gefärbt. Es zeigte sich hierbei, dass an den atrophirenden Kernen eine Vermehrung der sich roth färbenden Kernsubstanz auf Kosten der violetten Platz greife. „Es treten nämlich meist zuerst in der Peripherie des Kernes scharf roth gefärbte, theils rundliche, theils mehr eckige Körnchen auf. Diese werden immer grösser, treten all- mählich durch Brücken in Verbindung, sodass es zur Bildung eines plumpen, roth gefärbten Netzwerkes kommt. Hand in Hand damit sind die violett gefärbten Chromatinnetze mehr und mehr geschwunden, an ihrer Stelle ist eben das erwähnte Netz roth gefärbter Substanz getreten. Dieses Stadium ist jedoch nur ein vorübergehendes; die die einzelnen Körnchen verbindenden Arme werden wieder eingezogen, und es zeigt sich nun im Kerne eine grössere oder geringere Anzahl stark lichtbrechender, leuch- tend roth gefärbter, tropfenförmiger oder auch zackiger Gebilde“. Vergleicht man diese Beschreibung mit derjenigen, welche ich früher von degenerirenden Haarzellkernen gegeben habe, die mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt waren, so ergiebt sich im grossen Ganzen eine Uebereinstimmung. Nur scheint es Hermann entgangen zu sein, dass die Schollen und Balken degenerirender Kerne aus winzigen Körnchen hervorgehen, welche confluiren, niemals aber durch Wachsthum sich vergrössern. Die Schuld daran dürfte die angewandte Methode tragen, durch welche sich offenbar die Körnchen von der zwischen ihnen gelegenen Sub- stanz nicht unterscheiden liessen. In Ergänzung meiner früheren Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 449 Angaben möchte ich hier aber noch einfügen, dass sich auch an Hämatoxylin-Eosin-Präparaten eine Unterscheidung zwischen dem Chromatin normaler Kerne und dem degenerirender wahrnehmen lässt. Letzteres färbt sich nämlich schwarzblau, während das erstere einen helleren violetten Ton annimmt. So erschienen beispielsweise die Körnchen auf Fig. 7 und 8 tief dunkelblau, während der grosse Chromatinklumpen auf Fig. 6 violett tingirt ist. Die Farbendifferenz ist die gleiche, welche die Bleistift- zeichnung in Bezug auf den grauen Ton erkennen lässt. Da die Nucleolen die gleiche Vorliebe für das Saffranin zeigen wie das Chromatin degenerirender Kerne, so glaubt Her- mann in gewissem Sinne sagen zu können, dass jene Kerne polynueleolär würden. Aus der Färbung mit Hämatoxylin-Eosin ergiebt sich aber, dass die bei der Degeneration aus dem Chro- matin hervorgehende Substanz nicht dem Pyrenin (F. Schwarz) identisch sein kann, da sich letzteres mit Hämatoxylin nur sehr schwach, mit Eosin intensiv färbt. Dagegen besitzen bekannt- lich die karyokinetischen Figuren bei Saffranin-Gentiana-Färbung die Eigenschaft, eine intensiv rothe Farbe anzunehmen. Ausser dieser Uebereinstimmung m der Färbung zeigen karyokinetische und ehromatophtisische resp. chromatolytische Figuren auch noch in dem Punkte einer Analogie, dass ihr Chromatin gegenüber dem Zustand im ruhenden Kern eine Vermehrung zeigt. Es scheint mir darum nicht unwahrscheimlich, dass in beiden — einander scheinbar entgegengesetzten Fällen — das Chromatin des ruhenden Kernes die gleiche Umwandlung erfahren hat. Was dieses letztere Moment, die Vermehrung des Chromatins anbelangt, so lässt sich dasselbe leicht durch Vergleich der Figuren nachweisen. Man muss zwar in Rechnung ziehen, dass der normale Kern von einer chromatischen Membran umschlossen wird, welche auch auf der Zeichnung durch eine dunkle Linie ersichtlich gemacht ist, dass hingegen bei der Degeneration diese von F. Schwarz (61) als Amphipyrenin bezeichnete Substanz verschwindet, indem sie sich offenbar bei der Bildung der Körn- chen mitbetheiligt; trotzdem aber lässt sich nicht leugnen, dass die Menge des Chromatins absolut zugenommen hat. Es besteht somit jener Zustand, welcher von Klebs (31) zuerst beschrieben und als Hyperchromatose bezeichnet worden ist. Nach den Untersuchungen von Schmaus und Albrecht (58) können 450 HansRabl: wir zwischen Gerüst- und Kernwand-Hyperchromalose unter- scheiden, je nachdem die Chramatinkörnchen im Inneren oder an der Wand des Kernes gelegen sind. Für beide Vertheilungs- formen des Chromatins sind unter den auf Tafel XIX abgebildeten Zellkernen Beispiele zu finden. Auch Hermann hat — wie aus der eitirten Stelle hervorgeht — häufig eine wandständige Lage der saffranophilen Körner beobachtet. Da aber zwischen den beiden extremsten Fällen der Chromatinvertheilung zahlreiche Uebergänge bestehen, so möchte ich auch — in Uebereinstimmung mit Schmaus undAlbrecht — der Lage der Chromatinkörner keine besondere Bedeutung beimessen. III. Ich habe im Vorhergehenden gezeigt, dass diejenigen Zellen, welche total verhornen, keine wesentlichen Aenderungen ihrer Structur erfahren. Anders aber verhalten sich jene, bei welchen die Bildung der Hornsubstanz nur an der Peri- pherie stattfindet. Bei dieser 2. Kategorie von Oberhautgebilden ist der Verhornungsprocess ein viel complieirterer, vor allem aus dem Grunde, weil die Zellen des Stratum Malpighii bekanntlich nicht direkt in die des Stratum corneum übergehen, sondern Zwischenstadien zu durchlaufen haben, welche im Stratum gra- nulosum (Unna) und Stratum lueidum (Oehl) gelegen sind. Gerade diese letzteren Schichten aber bieten dem Verständniss soviel Schwierigkeiten, dass es mir räthlich erscheint, die Dar- stellung der Verhornung nicht in der Weise zu geben, dass ich die allmähliche Umwandlung der Protoplasma-Zelle in ein Horn- gebilde schildere, sondern dass ich zunächst den Bau des fertigen Stratum corneum bespreche und den Umwandlungsprocess selbst erst im Anschluss daran erörtere. Will man sich nur einigermaassen einen Einblick in den Bau des Stratum corneum verschaffen, so ist es nothwendig, das- selbe nach den verschiedensten Methoden zu untersuchen. Es ist geradezu unmöglich, ein Verständniss desselben zu erlangen, so- bald man sich auf eine einzige beschränken wollte. Trotzdem ist diese Praxis von verschiedenen Autoren geübt worden; daraus resultiren auch die widerspreehenden Angaben, die in der Literatur diesbezüglich enthalten sind). i) Wer sich über die Technik der Hautuntersuchung orientiren Untersuchungen über die menschliche Öberhaut etc. 451 Die einfachste und gewiss auch älteste Untersuchungsweise des Stratum corneum besteht in der Isolirung der Zellen und der Applikation verschiedenster Reagentien auf dieselben. Es lässt sich dabei feststellen, dass die verhornten Zellen Schüppehen darstellen, die aber, besonders an hochgeschichteter Epidermis, noch sehr deutlich an ihrer Oberfläche die Eindrücke erkennen lassen, welche die umgebenden Zellen an einander hervorbringen. In Bezug auf die äussere Form der verhornten Zellen stimmen auch alle Autoren überein, nur Zander (70) macht die Angabe, dass die Hornzellen von Handteller, Fusssohle und den Beuge- seiten der Finger und Zehen eine bläschenförmige Gestalt be- sitzen. Hat man nur Hautschnitte betrachtet, welche von Präpa- raten stammen, die in Müller scher Flüssigkeit gehärtet waren, so begreift man diese Ansicht. Betrachtet man aber isolirte Zellen oder Schnitte von einem in Alkohol gehärteten Präparate, so ergibt sich, dass die Hornzellen auch an jenen Orten abge- plattet sind, wenn auch allerdings in geringerem Grade als an anderen Stellen. Um den Unterschied in der Einwirkung von Alkohol und Müller’scher Flüssigkeit festzustellen, habe ich kleine Hautstückchen von der Sohle entzwei geschnitten und die eine Hälfte in Müller ’scher Flüssigkeit, die andere in Alkohol gehärtet. An Schnitten aus der ersteren Flüssigkeit erschien die Hornschicht doppelt so hoch, als an den Alkoholpräparaten. Zander glaubt, dass der Alkohol die Zellen verzerre und auch Behn (2) schliesst sich dieser Meinung an, „da die Zellen bei dieser Härtung immer mehr oder weniger eingedrückt und eckig erscheinen, niemals aber die oval rhomboide Form zeigen, wie bei Härtung in Kalichromieum“. Dass hier das umgekehrte Ver- hältniss: keine Schrumpfung durch den Alkohol, sondern Quellung durch die Müller’sche Flüssigkeit stattfindet, glaube ich aus 2 Punkten entnehmen zu können. 1. besitzen isolirte Zellen, welche frisch in physiologischer Kochsalzlösung untersucht werden, im Profil niemals jenen Durchmesser, den die Zellen aus Müller- scher Flüssigkeit zeigen. 2. aber findet man an Schnitten frischer, will, möge darüber das Büchlein von Dr. Ledermann und Dr. Rat- kowski: Die mikroskopische Technik im Dienste der Dermatologie, Wien u. Leipzig 1894, nachlesen. Es sind darin die von den ver- schiedenen Forschern angewandten Methoden ausführlich zusammen- gestellt. 452 HansRabl: mit keinem Reagens behandelter Haut, dass auch dort die Horn- schicht von derselben Breite wie nach Alkoholhärtung ist. Fig. 23 stellt eine Gruppe frischer, durch Abschaben er- haltener Hornzellen von der Fusssohle dar. Man sieht da in den Zellen zahlreiche feinste Linien; doch lässt es sich wegen der Dünne der Zellen schwer entscheiden, ob sie Fasern im Inneren oder Riffen der Oberfläche darstellen. Setzt man den in 3/, Kochsalzlösung suspendirten Zellen Essigsäure zu, so blähen sie sich auf und die vorher eng aneinander liegenden Wände der- selben werden voneinander abgehoben. Bei genauer Handhabung der Mikrometerschraube lässt sich dann erkennen, dass die Mem- branen von Streifen und Punkten besetzt sind und eine homogene Masse einschliessen. Auch an abgeschabten Hornzellen des Ober- arms konnte ich bei Untersuchung in physiologischer Kochsalz- lösung eine ähnliche äusserst feine Streifung wahrnehmen. Da in diesen Zellen auch bei Behandlung mit Reagentien keine Fasern sichtbar werden, kommen jene Streifen ausschliesslich der Mem- bran zu. Aehnliche Limien hat Bizzozero (6) an den obersten Zellen des Mundhöhlenepithels beobachtet und konnte gleichfalls nachweisen, dass es sich um Riefen der Oberfläche handle. Die Begrenzung der Zellen ist stellenweise glatt, gar nicht selten aber stehen kurze Zacken aus dem Rande hervor. Ich sah dieselben besonders gut an Hautstücken, die in sehr stark verdünntem Pierocarmin durch 2 Tage macerirt worden waren. Den gleichen Befund hat Unna (66) mitgetheilt, der als Isolationsmittel stark verdünnte Osmiumsäure verwandte. Die Zacken hielt er für Stacheln der Hornmembran. Kölliker sagt in seinem Lehr- buch, dass er zwar nicht im Stande gewesen sei, an isolirten Zellen Fortsätze aufzufinden, wie sie an den Zellen der Malpighi- schen Schichte vorkommen, wohl aber fand er eine feine und dichte Punktirung, welche er auf eine besondere Structur der Oberfläche zurückführt. Auch die oben erwähnten Linien konnte er bei Betrachtung der Hormplättchen von der Fläche wahr- nehmen, verlegt sie aber in’s Innere der Zelle. Ich möchte dem- gegenüber meine Ansicht nochmals dahin präcisiren, dass wenig- stens ein Theil jener Linien, welche an den Hornzellen beobachtet werden, sicherlich nur eine Structur der Zelloberfläche darstellt. Doch glaube auch ich, dass nicht alle an den Hornzellen der Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 453 Fusssohle sichtbaren Streifen in dieser Weise erklärt werden dürfen. Man sieht nämlich bei wechselnder Einstellung ab und 5) zu an einer Stelle (bei X, Fig. 23) nicht bloss 2, sondern 3 nach verschiedenen Richtungen verlaufende und daher sich kreu- zende Liniensysteme; 2 davon dürften der Oberfläche angehören, das 3. dagegen muss im Zellinneren gelegen sein: es müssen Fasern sein, welche die Zelle durchziehen, die aber bei der vorerwähnten Essigsäurebehandlung verblasst sind. Diejenige Masse, welche den Zellkörper im übrigen ausfüllt, dürfte homogen sein und quillt, wie ich bereits bemerkt habe,, in gewissen verdünnten Säuren und Salzlösungen. Setzt man dem frischen Präparat kaustischen Kali zu, so quellen bekannt- lich Fasern und Interfilarsubstanz — gleichwie in Essigsäure — auf und die Zelle nähert sich in ihrer Form einer Kugel. Nur ihre äusserste Begrenzung wird nicht zum Quellen gebracht, son- dern umschliesst als dünnes Häutchen den verflüssigten Inhalt. Diese Membran, welche auch den Verdauungsflüssigkeiten Wider- stand leistet, muss darum als eigentliche Hornsubstanz bezeichnet werden. Ihren feineren Bau untersucht man am besten an Schnitten durch frische oder nur kurze Zeit in Alkohol gehärtete, nicht eingebettete Haut (von der Sohle), welehe mit einer Ver- dauungsflüssigkeit!) behandelt und darauf mit Hämatoxylin oder ‚Gentianaviolett stark gefärbt werden. Bei dieser Methode schwin- den Cutis und Stratum Malpighii, nur das Stratum corneum bleibt als zarter Schleier übrig. Betrachtet man die Hornmembranen von der Fläche, so erscheinen sie nicht homogen, sondern zeigen gleich wie im frischen Zustand eine theils feinkörnige, vor allem aber feinfädige Structur. Diese Beschaffenheit hat auch Kölliker wenigstens theilweise wahrgenommen, denn er beschreibt an der Membran von Hornzellen, deren Inhalt durch Alkalien zum Quellen gebracht war, eine „zarte, dichteste Punktirung oder Körnelung, wie wenn die Membran aus Körnchen bestünde und mit solchen besetzt wäre“. Dagegen scheinen ihm die Streifen in den Zell- wänden wohl in Folge der angewandten Methodik entgangen zu sein. 1) Als Verdauungsflüssigkeit verwandte ich den Grübler’schen Pepsin-Glycerin-Extraet, der mit entsprechenden Mengen von Salz- säure-Wasser verdünnt wurde. 454 Hans Rabl: Wende ich mich jetzt der Besprechung von Schnitten zu, so muss ich diejenigen Präparate, welche nach Alkoholhärtung und diejenigen, welche nach Conservirung in Müller scher Flüssigkeit oder Fixirung in Pierinsäure-Sublimat gewonnen wurden, getrennt beschreiben. Denn, wie bereits bemerkt worden ist, bewirken die verschiedenen Flüssigkeiten verschieden starke Quellungen der Interfilarsubstanz in den Hornzellen. Von dieser Eigenschaft abgesehen stimmen aber die nach verschiedenen Methoden erhaltenen Hautschnitte miteinander überein. Fertigt man einen dünnen Schnitt durch die Sohlenhaut des Menschen an und färbt denselben nach der Weigert’schen Methode, so erscheinen die Hornzellen tief blau. Zwischen ihnen aber ist ein Netzwerk feiner Linien ungefärbt geblieben, welche, wie man an Fig. 27 und 23 sieht, in die Intercellularspalten des Stratum granulosum und Str. Malpighii übergehen. Da sie auch in Bezug auf ihre Breite und ganze Anordnung mit diesen über- einstimmen, müssen sie wohl als die Intercellularräume in der Hornschichte aufgefasst werden. Dasselbe Bild hat auch Reinke bei Färbung mit Saffranin erhalten, doch glaubt er, dass jene hellen Linien von den farblosen Hornmembranen zweier benach- barter Zellen dargestellt werden. Dagegen spricht aber die That- sache, dass an Schnitten, welche der Verdauungsmethode unter- worfen, dann aber mit Methylviolett gefärbt worden waren, die Hornmembranen, wie ich schon erwähnt habe, eine Farbe ange- nommen haben. Die hellen Streifen können darum nur von der ungefärbten Kittsubstanz zwischen den Zellen gebildet sein. Unna (66) hat das Vorhandensein einer derartigen Masse ganz in Abrede gestellt. Nur Kölliker hält eine solche für wahr- scheinlich und gibt eine Abbildung von Hornzellen, welche meinen Figuren 27 und 28 sehr ähnlich ist. Ich will noch zwei weitere Momente anführen, welche meine Ansicht hinsichtlich der Existenz einer Kittsubstanz zu stützen geeignet sind. 1. Sieht man nicht nur an Alkoholschnitten, sondern auch an solehen aus Müller scher Flüssigkeit eine Fort- setzung der Intercellularräume des Strat. granul. in die des Str. lucidum. Färbt man mit Hämatoxylin-Eosin, so erscheinen sie dort wenigstens an Schnitten — von 10—15 u Dicke — roth ge- färbt und sind von gleicher Breite wie im Rete. Will man nieht annehmen, dass die Kittsubstanz in den höheren Schichten des Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 455 Stratum cormeum durch die Müller sche Flüssigkeit gelöst wird — was wohl sehr unwahrscheinlich ist — so muss dieselbe auch dort vorhanden sein. Bekanntlich findet man zwischen den Hornzellen ein Netzwerk glänzender Linien, welches man bisher für die verschmolzenen Hornmembranen der aneimander gren- zenden Zellen erklärt hat. Die Mitte dieser Linien muss dem- nach von der Kittsubstanz eingenommen sein, Ja ich möchte so- gar annehmen, dass dieselbe einen bedeutenderen Antheil von jenen bildet, als die angrenzenden Zellhäute. 2. Lässt sich schon per exelusionem die Existenz von In- tercellularräumen und demnach von einer Kittsubstanz erweisen. Ich bitte dabei folgender Ueberlegung Raum zu geben. Der Verlust der Intercellularräume liesse sich nur durch zwei Gründe erklären. l. Durch Vergrösserung der Zellen während der Ver- hornung, so dass ihre Grenzen dadurch einander näher gerückt werden. 2. Indem die Hornmembranen nach aussen von den Zellen abgeschieden werden und dadureh die Intercellularräume für sich einnehmen. Die Kittsubstanz müsste in beiden Fällen entweder durch die Zellen verdrängt oder allmählieh resorbirt werden. Die erste Möglichkeit lässt sich aus dem Grunde ausschliessen, weil wir Ja durch Behandlung von Alkoholpräparaten mit basi- schen Anilinfarben in ‘den Stand gesetzt sind, die Zelle in toto diffus zu färben und eine Vergrösserung derselben demnach nicht entgehen könnte. Bezüglich des 2. Punktes aber kann ich auf das verweisen, was ich im vorhergehenden Abschnitt über die Vorstadien der verhornten Substanzen gesagt habe. Nach jenen Gesetzen, die ich aus den Verhältnissen, unter welchen sich die Verhornung der Haare vollzieht, abgeleitet habe, müssen wir auch in diesem Falle schliessen, dass die Hormmembran keine abgeschiedene Kapsel, sondern die modifieirte Rindenschichte der ursprünglich plasmatischen Zelle darstellt. Darauf weist auch ihre feinere Structur hin. Es hat Behn (2) die Vermuthung ausgesprochen, „dass die Mantelverhornung der Zellen der Epidermis nicht im Stratum lueidum oder der nächst höheren Zelllage auftritt, son- dern, dass man annehmen muss, dass schon früher, wahrschein- lich mit dem ersten Auftreten des Keratohyalins die Bildung der Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 30 456 HansRabl: Hornmäntel stattfindet.“ Diese Vermuthung vermag ich zu be- stätigen. Bringt man Schnitte, die von einer in schwachem Al- kohol gehärteten Haut stammen, in die Verdauungsflüssigkeit, so trennt sich alsbald die Epidermis von der Cutis, indem zu- nächst die Elemente des Stratum Malpighii der Auflösung ver- fallen. Man findet dann in der Flüssigkeit nur mehr das Stra- tum corneum, kann aber, wenn die Verdauung nicht allzulange fortgesetzt wurde, in den untersten Zellen desselben, deren Horn- membranen etwas dünner als weiter oben sind, noch Kerne sehen (Fig. 26). Es geht- daraus hervor, dass jene Zellen dem Str. Malpighii, speciell dem Str. granulosum zugerechnet werden müssen. Aehnliche Beobachtungen hat auch Kromayer (35) ge- macht. Indem er einem Schnitt durch die frische Haut vorsich- tig Verdauungsflüssigkeit zusetzte, gelang es ihm, unter dem Mi- kroskop die Aufquellung des Zellprotoplasmas zu verfolgen, wobei im Stratum Malpighii ein ähnliches nur viel feineres Netzwerk als in der Hornschichte sichtbar wurde. Aus dieser Erscheinung schliesst er, dass auch die Zellen des Rete von Zellmembranen umgeben werden, dass dieselben das gleiche physikalische und chemische Verhalten wie die der Hornzellen darbieten und sich von diesen nur dadurch unterscheiden, dass ihre Widerstands- fähigkeit gegen Säuren, Alkalien und Verdauungsflüssigkeiten eine quantitativ geringere ist. „Es handelt sich demnach hier um Hornmembranen im jungen, zarten Zustand.“ Wir begegnen somit schon im Strat. Malpighii Zellmembranen neben Intercel- lularräumen. Sollten jene nur Ausscheidungsproducte des Proto- plasmas sein, so müssten die Intercellularräume in dem Maasse enger werden, als sich die Hornmembranen verdieken. Dies lässt sich jedoch nieht nachweisen. Wenn man aber auch eine Kittsubstanz im Stratum corneum anerkennen muss, so darf.man ihr doch nicht dieselbe Beschaf- fenheit zuschreiben, welche diejenige des Stratum Malp. besitzt. Wie Flemming (22) erst unlängst erörtert hat, werden die In- tercellularräume in der unteren Schichte .der Epidermis von einer Flüssigkeit ausgefüllt, von der wir durch die Injeetionsversuche von A. Key und G. Retzius (55) wissen, dass sie mit den Lymph- spalten der Cutis communieirt. Gerade diese letzteren Experi- mente beweisen jedoch, dass die Kittsubstanz in der Hornschichte Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 457 nicht flüssig sein kann, weil die durch Einstich in die Lymph- spalten der Haut und Intercellularräume des Str. Malpighii ge- triebene Masse niemals zwischen die verhornten Zellen einge- drungen war. Ich möchte daraus schliessen, dass die Kittsub- substanz bei der Verhornung fest wird, wie sich ja auch die Inter- cellularmasse zwischen den Zellen der Cutieula und Rinde des Haares consolidirt. In dem Inhalt der Hornzellen lässt sich an Querschnitten von Alkoholpräparaten der Haut wegen der gleichmässig dunklen Farbe, die er bei Anwendung von Anilinfarben annimmt, nichts weiter erkennen. Dagegen lassen sich stellenweise in der Kitt- stanz feine Fasern nachweisen, welche zwischen zwei benach- barten Zellen ausgespannt sind. Sie sind in den oberen Lagen des Stratum cormeum sehr spärlich, häufig ganz fehlend, nehmen nach unten an Menge zu und erscheinen schliesslich an der Ba- sis der Homschicht als feine Fäden, welche in grosser Zahl und regelmässiger Anordnung die Zellen des Stratum granulosum mit denen des Str. Iucidum verbinden. An dieser letzteren Stelle hat schon Ramon y Cajal (10) die Fasern gesehen und sogar abgebildet. In meinem Vortrag, den ich auf dem Berliner ana- tomischen Congress zu halten Gelegenheit hatte, habe ich sie gleichfalls erwähnt und auch demonstriren können. Bezüglich der Verbindung der Zellen der Hornschicht war ich jedoch noch zu keinem endgültigen Resultat gelangt. Unterdessen ist es mir aber gelungen, auch diese aufzufinden und gebe hiermit auf Fig. 27 eine Abbildung derselben. Die vollkommene Analogie, welche diese Fasern mit den Intercellularbrücken des Stratum Malpighii darbieten, gestattet eine gleiche Deutung derselben. Weiters lässt sich an geeigneten Schnitten — und hier sind nur Flachsehnitte verwendbar — der Nachweis führen, dass jene Fasern nur Fortsetzungen von intracellulären Gebilden sind, wie dies auch im Stratum plasmaticum der Fall ist. Fig. 24 stellt eine Hornzelle ans der Sohle des Meerschweinchens dar, welche parallel der Oberfläche geschnitten wurde. Man sieht hier die Zelle in toto blau gefärbt, ausserdem aber Fasern, welche die Zelle durchziehen und mit den Nachbarzellen verknüpfen. Besonders deutlich findet man die Fasern in den Hornzellen an Präparaten aus Müller ’scher Flüssigkeit (Fig. 25). Sie sind an solehen auch schon von Zander, Blaschko (7), 458 Hans Rabl: Krause (34), Behn, Grosse (23), Kromayeru. A. gesehen worden, haben jedoch abweichende Deutungen erfahren. Während ich sie im Hinblick auf Verlauf und Färbbarkeit als die Proto- plasmafasern der Hornzellen bezeichnen möchte, haben sie Zan- der und Grosse als verhorntes Netzwerk, Behn als Proto- plasma-Gerüst, Blaschko hingegen als Fasern aufgefasst, welche durch Verschmelzung der innerhalb der Protoplasmafasern des Strat. granulosum gebildeten Keratohyalin-Körner entstehen sollten. Eine eigenthümlieke Erklärung hat Kromayer den Fasern zu Theil werden lassen. Er betrachtet sie nämlich als Kunst- produete, als Gerinnungserscheinungen, welche von den Fixirungs- mitteln im verflüssigsten Inhalt der Hornzellen erzeugt werden. Welcher Art aber sollte der Zellbestandtheil sein, der in Fasern ausgefällt wird? Im einer vorläufigen Mittheilung hat Fischer (17) die Wirkung verschiedener gebräuchlicher Fixirungsmittel auf verschiedene Eiweisslösungen besprochen. Er unterscheidet auf Grund seiner Untersuchungen Granula- und Gerinnselbildner. „Zu den ersteren gehören: Pepton und Albumose, bedingungs- weise Hämoglobin, Nuelein und Nucleinsäure“, zur 2. Gruppe müssen Serumalbumin, Eieralbumin, Casein. Alkalialbuminat, Pa- raglobulin und Fibrin gezählt werden. Die Granula sind stets deutliche, verschieden grosse, freiliegende Körper, die Gerinnsel hingegen muss ich nach eigenen Erfahrungen am Eiereiweiss, Blutplasma und Liquor follieuli als undeutlich körnige Massen bezeichnen. Auch sie bestehen — wie Fischer sagt aus winzigen Körnchen und Kügelehen von kaum sichtbarer Grösse, die zwar manchmal zu feinen, gerüstähnlichen Bildungen ver- bunden sind, aber doch niemals so regelmässige Fäden zusammen- setzen, wie solche auf Fig. 25 abgebildet sind. Aus diesem Grunde erscheint es mir auch höchst unwahrscheinlich, dass der Inhalt der Hornzelle erst durch die Fixirungsflüssigkeiten sein eigenthümliches Aussehen erlangt hätte. Zu Gunsten der Deutung, welche ich den Fasern geben zu müssen glaube, spricht endlich noch folgender Umstand. Zan- der hat bekanntlich nach der Form der Hornzellen die Epider- mis in 2 Gruppen getheilt. Typus A findet sich — wie ich schon erwähnt habe — auf Handteller und Fusssohle, sowie auf der Bengeseite der Finger und Zehen und besteht aus Horn- Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 459 zellen, die bläschenförmig, vielfach übereinander geschichtet und — nach ihm — von einem verhornten Netzwerk erfüllt sind. Typus B überkleidet alle übrigen Körperregionen und soll sich (urch gänzlich verhornte, abgeplattete Zellen auszeichnen, welche in nur wenigen Lagen über einander angeordnet sind. Die Irr- thümer, welche den Typus A betreffen, habe ich bereits erörtert, aber auch bezüglich des Typus B kann ich nicht zugeben, dass hier total verhornte Zellen im Sinne Zander ’s vorkommen. Es unterscheidet sich dieser von A nur dadurch, dass die betreffen- den Hornzellen fast oder ganz leer sind. An Schnitten findet man daher das Stratum com. nur aus Zellmembranen und Kitt- substanz zusammengesetzt, während «den Zellen jeglicher geform- ter Inhalt fehlt. Indem hier nun eine regelmässige Aufeinander- folge der durch Kittsubstanz verbundenen Membranen zweier Hornzellen und der zugehörigen Zellhöhlen vorliegt, glaubte Zander abgeplattete und gänzlich verhornte Zellen vor sich zu haben, welche durch künstlich gebildete Spalten von einander abgehoben wären. Was mag nun den Grund für diese verschie- dene Beschaffenheit der Hornzellen abgeben? Vergleichen wir den Bau der Zellen des Stratum Malpighii, wie ich ihn im 1. Abschnitt geschildert habe, mit dem Aussehen der Hornzellen von der Fusssohle, so ergibt sich, dass nur die derben Fasern erhalten bleiben, während die feineren Structuren der protoplas- matischen Zelle bei der Verhornung geschwunden, wahrschein- lieh einer Verquellung anheimgefallen sind. Vielleicht ist es ihre festere Consistenz, vielleicht eine andere chemische Consti- tution, welehe die sogenannten Protoplasmafasern vor dem Schick- sal der feinen Fibrillen bewahrt hat. Untersucht man nun das Strat. Malpighii jener Hautstellen, welche von Zander dem Typus B zugerechnet werden, so ergibt sich dort nur eine sehr mangelhafte Ausbildung der Protoplasmafasern. Die Zellkörper erscheinen sehr fein fabrillär. Fasern, welche an Dicke und Deutliechkeit denjenigen in der Sohlenhaut gleichkämen, fehlen gänzlich. Während also bei der Verhornung der Zellen von Typus A die Protoplasmafasern übrig bleiben, schwindet hierbei gewöhn- lich der ganze Inhalt der Zelle von Typus 5, da hier die Ver- bindungsfasern nur zu einer viel geringeren Mächtigkeit gelangt sind. Wenngleich demnach einige der hervorragendsten Gründe, 460 HansRabl: welche Zander bewogen haben, die Epidermis in 2 Kategorien zu sondern, nicht stichhaltig sind, so ist es doch wieder aus an- deren Gründen practisch, jene Eintheilung beizubehalten. Wir treffen nämlich immer gleichzeitig: hohe Cutispapillen, hochge- schichtetes Stratum Malpighii, deutlich ausgeprägte Protoplasma- fasern, diekes Str. corneum und Fasern in den Zellen desselben. Auf der anderen Seite: niedere und unregelmässige Papillen, niederes Str. Malp., fehlende Fasern von grösserer Stärke, dün- nes Str. corneum und leere Zellen. Die verschiedene Dicke, welche das Stratum cormeum in den beiden Abtheilungen auf- weist, dürfte mit der verschiedenen Entwicklung der Protoplas- mafasern in Zusammenhang stehen. Denn an jenen Hautstellen, an welchen die Hornzellen durch Fasern verbunden sind, haften sie fest aneinander und lockern sich erst in dem Grade, als die Fasern allmählich rückgebildet werden. Dort aber, wo jene Fasern fehlen, liegen auch die Hornzellen nur lose aneinander, sodass das Stratum corneum niemals eine grössere Dicke er- reichen kann. Die Frage, ob sich die Membranen der Hornzellen auf die Verbindungsfasern fortsetzen und demnach Unna’s Ansicht über den Zusammenhang der Zellen mittels kurzer Hornstacheln in modifieirter Form zu Rechte bestünde, vermag ich nicht zu entscheiden. Es scheint mir eine derartige Annahme wohl eine grosse Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, doch ist es mir — ebensowenig wie Behn — gelungen, an verdauten Schnitten Stacheln zu sehen. Die Scheidewände zwischen den Zellen er- weisen sich als stark glänzende, vielfach und sehr fein gefaltete Linien, welche aus den beiden Zellmembranen bestehen. Eine Abgrenzung derselben gegen einander liess sich jedoch nicht nachweisen. IV. Nachdem ich den feineren Bau der verhornten Zellen be- schrieben habe, erübrigt mir nun noch, das Str. Iueidum und gra- nulosum zu besprechen und Ursprung, Natur sowie das allmähliche Verschwinden jener eigenthümlichen Substanzen zu erörtern, welchen diese Schichten ihre Namen verdanken. Ehe ich jedoch auf die Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen ein- gehe, halte ich es für nothwendig, die historische Entwicklung der Begriffe Eleidin und Keratohyalin darzulegen. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 461 Es waren bekanntlich Aufhammer (1) und Langerhans (38), welche unabhängig von einander als erste in den oberen Schichten des Stratum Malpighii Körnchen aufgefunden haben. Während aber ersterer über seine Beobachtungen nur gelegent- lich berichtete, studirte Langerhans jene Körnchen genauer, indem er sowohl in Osmiumsäure gehärtete Haut untersuchte als auch Gefrierschnitte anfertigte, welche er in Pierocarmin färbte. Einige Jahre später beschäftigte sich Unna (65) mit der Frage nach der Verhornung der Epidermis und der Bedeutung jener Körner. Er beobachtete ihr erstes Auftreten in der Nähe des Zellkernes, die allmähliche Anfüllung der Zellen mit den Körnchen und ihr rasches Verschwinden, wobei an ihrer Peri- pherie ein heller Hof sichtbar wird. Es lag in der angewandten Methodik, dass durch diese Arbeiten zwar unsere Kenntnisse über das Stratum granulosum, nicht aber die bezüglich des Strat. lueidum eine Förderung erfuhren. Unna glaubte sogar, dass im Strat. lueid. die Verhornung bereits beendigt sei, da man an demselben die Haupteigenschaften der Hornsubstanz, Härte und Transparenz, erkennen könne. Erst Ranvier (49) gelang es, eine flüssige Substanz im Stratum lueidum aufzufinden. Die Methode, deren er sich hierbei bediente, bestand darin, Schnitte, welche einer in Alkohol ge- härteten, einer getrockneten oder einer zum Frieren gebrachten Haut entnommen waren, mit ammoniakalischem Pierocarmin zu färben. Er verwandte eine Lösung von 1:1000, die in sehr kurzer Zeit die gewünschte Färbung hervorrief. An derartigen Präparaten zeigte sich das Stratum granul. entsprechend den Angaben von Langerhans und Unna aus zwei oder mehreren Reihen abgeplatteter, körniger und stark roth gefärbter Zellen zusammengesetzt. Mit Hilfe einer starken Vergrösserung liess sich erkennen, dass die rothe Farbe an die Körncehen gebunden war, während der Kern kaum gefärbt er- schien. Dieselbe Farbe lassen nun auch Tropfen erkennen, welehe über dem Stratum lucidum an der Ober- und Unterfläche des Schnittes frei gelegen sind. Ueber ihre Form schreibt Ran- vier wörtlich: „Les gouttes, qui oceupent la surface du stratum lueidum sont, les unes petites et disposces en series qui corre- spondent aux lits cellulaires dont ce stratum est compose&; les autres beaucoup plus volumineuses, semblent provenir de la fu- 462 Eramnısekanpıl: sion des premieres; elles forment des sortes de flaques a eontours sinueux et presentent souvent dans leur interieur des vacuoles ineolores. La substance qui se repand ainsi A la surface du stratum lueidum est evidemment liquide, ella a la refringence et parait avoir Ja consistenee d’une huile essentielle.“ Ich habe diesen Absatz aus der Ranvier'schen Arbeit eitirt, weil es ge- wiss von Interesse ist, den Wortlaut der ersten Beschreibung eines hinterher viel discutirten Gegenstandes kennen zu lernen, zweitens aber auch, weil sie so erschöpfend ist, dass auch ein späterer Untersucher nichts auderes vorbringen könnte. Gestützt auf die gleiche Färbbarkeit der Körnchen und Tropfen hat Ranvier als selbstverständlich angenommen, dass sie auch die gleiche chemische und physikalische Beschaffenheit besässen und bezeichnete beide Formationen als Eleidin, indem er sich bei der Wahl dieses Wortes von dem nachweisbar diek- flüssigen Aggregatzustand jener Tropfen leiten liess. Dieser letzte, wesentliche Punkt m den Ausführungen Ranvier's wurde — 3 Jahre später — von Waldeyer in sei- ner klassischen Untersuchung über die Histogenese der Horn- gebilde (68) in Zweifel gezogen. Waldeyer arbeitete nur mit solehen Methoden, welche wohl die Körner des Stratum granulos. sichtbar machten, einen Einblick in die Natur des Strat. lueid. aber nicht gestatteten. Darum entgingen auch ihm gleichwie den Forschern vor Ranvier die von diesem Autor beschriebenen Tropfen. Indem er die chemische und physikalische Beschaften- heit der Inhaltsmasse des Strat. granulosum untersuchte, ergab sich, dass hier Gebilde vorlagen, auf welche der Ausdruck „Tropfen“ nicht angewendet werden komnte. Er schreibt dies- bezüglich: „Beim Druck verfliessen sie nicht wie ein Tropfen einer dünnen Flüssigkeit es thun würde, sondern verändern ihre Form wie eine zähe, mehr feste Masse. Setzt man Alkalien zu, so tritt an ihnen eine Vergrösserung auf, welches jedesfalls nicht für eine troptbar flüssige Substanz, sondern für die Quellung eines Körpers von fester Consistenz spricht.“ Die Behandlung der Körner mit Farbstoffen und chemischen Reagentien ergab, dass sie mit dem Hyalin von Recklinghausen sehr nahe ver- wandt, wenn nieht gar identisch seien. Darum glaubte er, dass es richtiger wäre, den Ausdruck Eleidin durch das Wort Kera- tohyalin zu ersetzen, Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 463 Seit dieser Zeit wurden die Körner des Stratum granulosam von den verschiedenen Autoren, welche sich mit der Verhornung der Haut und ihrer Anhangsgebilde beschäftigten, bald als Elei- din, bald als Keratohyalin bezeichnet, ohne dass von irgend einer Seite der Versuch unternommen worden wäre, die Angaben Ranvier's bezüglich der flüssigen Consistenz der Inhaltsmasse des Strat. lueidum auf ihre Richtigkeit nachzuprüfen. Erst Buzzi (9) war es, der sich auf die Anregung Unna ’s hin dieser Auf- gabe unterzog und dabei in die Lage kam, die Beobachtungen Ranvier's im allgemeinen zu bestätigen. Doch wich er von dem letzteren in einem wesentlichen Punkte ab. Er glaubte nämlich, auf Grund seiner Beobachtungen eine völlige Verschie- denheit zwischen Körnern und Tropfen hinsichtlich ihrer che- mischen Natur annehmen zu müssen. Schon die Behandlung mit Pierocarmin sollte dies erkennen lassen, indem sich die Tropfen schneller färben als die Körner, bei Behandlung mit Essigsäure dagegen ihren Farbstoff leichter abgeben als diese. Ferner gelang es Buzzi, abgesehen von einer Reihe von Farb- stoffen, welche gleich dem Hämatoxylin nur die Körnchen färben, auch solche aufzufinden, welche nur die Tropfen sichtbar machen. Es sind dies die ätherischen Extracte von Frangula, Cureuma und Santal, ferner Nigrosin und Nigrosinsulfosäure. Die wich- tigsten diesbezüglichen Substanzen aber sind Osmiumsäure und der alkoholische Alkannaextraet. Diesen beiden Reagentien ge- genüber sollen sich die Tropfen wie ein Glycerinfett verhalten, so dass Buzzi daraus schliesst, dass sie entweder aus einem solchen oder wenigstens aus eimer Verbindung eines Eiweiss- körpers mit einem Fett bestehen. Da somit Körnchen und Tropfen zwei verschiedene Substanzen darstellen, so hält es Buzzi nicht für angezeigt, sie beide unter dem gemeinsamen Namen Eleidin zusammen zu fassen. Er schlägt vielmehr vor, künftighin die Körnehen des Stratum granulosum nach Wal- deyer als Keratohyalin, die flüssige, fettartige Substanz im Stra- tum lueidum hingegen als Eleidin zu bezeichnen. Diesem Vor- schlag sind auch Ernst (16), sowie Dreysel und Oppler (15) in ihren Publicationen gefolgt Ich muss nun gegen Buzzi bemerken, dass es mir nicht gelungen ist, seine Beohachtungen hinsichtlich der Wirkung der Osmiumsäure und des alkoholischen Alkannaextractes zu 464 Elanısı Rarbil: bestätigen. Da es mir von Wichtigkeit scheint, diesen Satz näher zu begründen, will ich über die Methoden und Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen etwas eingehender be- richten. Der Weg, den ich zur Darstellung des Eleidins einschlug, war folgender: Die Haut, welche in diesem Falle gewöhnlich von der Sohle von Leichen stammte, wurde entweder frisch oder, nachdem sie durch einige Stunden in Drittelalkohol gelegen war, zwischen Klemmleberstücken geschnitten. Das Messer wurde im 1. Falle mit physiologischer Kochsalzlösung, im 2. mit schwachem Alkokol befeuchtet. Trotz dieser einfachen und schnellen Methode gelingt es gar nicht selten, Schnitte von 15 u zu erhalten. Doch lassen sich auch diekere verwenden, da es sieh ja um die Beobachtung von Dingen handelt, welche nieht in, sondern auf dem Schnitt gelegen sind. Die angefertigten Schnitte wurden in Wasser vorübergehend ausgewaschen und nun in Uhrschälehen mit den betreffenden Tinetionsmitteln und Rea- gentien behandelt. Da man die Tropfen über dem Stratum gra- nulosum nicht bestimmt unterscheiden kann, so lange sie nicht gefärbt sind, wurden zum Vergleich mit den Resultaten, welche andere Behandlungsmethoden ergaben, immer einige Schnitte in Ranvier’s Pierocarmin gefärbt, um die Menge, Form und _Vertheilung der Tropfen mit Sicherheit feststellen zu können. Bei Anwendung von Osmiumsäure trat nun keine Schwarz- färbung der Tropfen ein, wie ich sie nach den Angaben Buzzi’s erwartet hatte. Ich habe diese Beobachtung oftmals wiederholt und immer hierbei dasselbe Resultat erzielt, so dass ich an der Richtigkeit desselben nicht zweifeln kann. Die Anwendung der Osmiumsäure gestattet aber auch noch einen zweiten merkwürdigen, gleichfalls negativen Befund zu erheben. Wenn man ein Stück Haut in Osmiumsäure oder Flemming’schem resp. Hermann’- schem Gemisch fixirt, so nimmt bekanntlich das Stratum corneum eine schwarze Farbe an, welche sich aber nicht auf die ganze Dicke dieser Schichte erstreckt, sondern in Form zweier paral- leler Bänder auftritt, von denen sieh das breitere unter der Oberfläche, das schmälere an der Basis der Hornschichte aus- breitet (Basalschieht Unna’s). Die dazwischen gelegene Zone ist ungefärbt. Ausserdem aber erscheint am Rand des Sehnittes (das Strat. cormeum in toto tief geschwärzt. Aus dieser letzteren Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 469 Erscheinung ergibt sich, dass sämmtliche Hornzellen die Eigen- schaft besitzen, sich mit Osmiumsäure schwarz zu färben, und dass der Schichtenbau, welchen diese an der Epidermis hervor- ruft, nieht in einer verschiedenen ehemisehen Constitution ihrer Elemente beruhen kann. Wie Langerhans und Ranvier zu- erst dargethan haben, dringt die Osmiumsäure von allen Seiten gegen das Strat. corneum vor, erhärtet aber hierbei die betreffen- den Zellen so sehr, dass sie sich dadurch selbst eine Grenze ihrer weiteren Einwirkung setzt. Es entsteht auf diese Weise das Bild eines schwarzen Rahmens, von dem die hellen, durch Os- mium nicht veränderten Zelllagen eingeschlossen werden. Mit dieser Erklärung des Osmiumbildes war jedoch Unna nicht zu- frieden gestellt. Er fand nämlich auch nach Färbung in Piero- carmin eine ähnliche Differenz zwischen mittlerer und oberer, respective unterer Schichte, indem sich die erstere roth, die bei- den anderen gelb färbten. Vielleicht dient die folgende Beob- achtung dazu, einen weiteren Einblick in die Ursache des Säu- rebildes zu gewinnen. Wenn man nämlich Hautstücke nur kurze Zeit (!/;—1 Stunde) der Osmiumeinwirkung unterwirft, so lässt sich das erste Auftreten des basalen Streifens verfolgen. Es zeigt sich dabei, dass er nicht als schmale und blasse Linie in der ganzen Ausdehnung des Schnittes, sondern zuerst aussen als Fortsetzung des geschwärzten Randes erschemt. Es geht daraus hervor, dass er nicht nur durch die Einwirkung der Osmiumsäure von der Cutis aus, sondern auch durch Vordringen derselben vom Rande her gebildet wird und somit diese Schichte dem Vorrücken der Osmiumsäure einen viel geringeren Widerstand entgegensetzt als die mittlere Zone. Zwischen dem basalen, schwarz gefärbten Antheil der Hornschieht und dem Stratum plasmaticum zieht sich meist ein schmaler, hell glänzender Streifen hin. Es ist dies das Strat. lucidum, von welchem bereits Langerhans und Lavdovsky angegeben haben, dass es in Osmiumsäure ungefärbt bleibe. Dagegen macht Kölliker aufmerksam, dass sich auch diese Lage in Osmiumsäure schwärze. Diese divergenten Behauptungen lassen sich durch eine verschieden lange Dauer der Osmiumbe- handlung seitens der verschiedenen Autoren erklären. Bei kurzer Einwirkung der Säure bleibt das Stratum lucidum ungefärbt, bei mehrtägiger dagegen lässt es sich nicht mehr von der schwarzen 466 HansRabl: basalen Hornschieht unterscheiden. Es geht daraus hervor, dass auch die Zellen des Strat. lueidum bereits jene fettartige Substanz enthalten, welehe die Osmiumfärbung der Haut bedingt, dass sie aber daselbst erst in geringer Menge vertreten sind. Untersucht man die Einwirkung der Osmiumsäure auf frische, isolirte Hornzellen, so beobachtet man, dass dieselben hierbei eine diffuse grau-bräunliche Farbe annehmen. Dass dieselbe dem Zell- inhalt und nicht der Zellmembran angehört, hat Unna nachge- wiesen, indem er nach Verdauung des Inhaltes nur eine grünliche Färbung der Zellmembranen mit Osmiumsäure erzielen konnte. Ich kann seine Angaben nach eigenen Beobachtungen be- stätigen. Um nun wieder zur Erörterung jener Bilder zurückzukehren, welche man bei der Osmiumbehandlung von Schnitten durch un- gehärtete Haut erhält, so muss ich die auffallende Thatsache verzeichnen, dass hierbei fast keine Schwarzfärbung der Horn- zellen eintritt. Sie erscheinen nach mehrstündigem Liegen in 1/,/, Osmiumsäure fast alle grünlich bis bräunlich und nur we- nige unter ihnen haben sich dunkelbraun bis schwarz gefärbt. Nach mehrtägiger Dauer der Einwirkung der Osmiumsäure ist die Zahl der dunklen Zellen vermehrt, doch liegen dieselben fast ausschliesslich in denjenigen Theilen der Hornschichte, welche die Papillen bedecken, während diejenigen, welche über den in- terpapillären Epithelzapfen angeordnet sind, keine Veränderung ihrer Farbe erfahren haben. Man findet darum an Quersehnitten der Haut, welche senkrecht zu den Leisten ihrer Oberfläche an- gefertigt wurden, einen regelmässigen Wechsel heller und dunkler Streifen, eine Erscheinung, auf deren Bedeutung ich weiter unten noch näher eingehen werde. Worin mag nun das Fehlen, respective die Verspätung der Osmiumwirkung begründet sein? Es lässt sich diese Erscheinung nur durch die Annahme erklären, dass der Inhalt der Hornzellen ausfliesst, sobald die letzteren angeschnitten werden. Nur die- jenigen Zellen, welche durch das Messer nicht eröffnet werden, erscheinen bei nachträglicher Behandlung der Schnitte mit Os- iniumsäure sofort schwarz, während diejenigen, aus welchen sich nicht die ganze fettige Masse entleert hat, sondern worin noch ein Theil derselben zurückgeblieben ist, erst allmählich eine dunkle Farbe annehmen. Für die Deutung der Bilder in diesem Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 467 Sinne spricht auch die gewiss von vielen Forschern gemachte Beobachtung, dass an Hautstücken, welehe in toto in Osmium- säure oder einem Osmiumgemisch gehärtet wurden, die beiden seitlichen Ränder des Stratum corneum in einer Ausdehnung von !/,—1 Zelle ungefärbt bleiben, indem jene Randzellen bei der Exeision des Stückes angeschnitten worden waren. Wohl aus demselben Grunde sind auch jene Zellen, welche in 1—3 facher Lage die äusserste Schichte des Strat. eomeum bilden, für eine Schwarzfärbung durch die Osmiumsäure unzugänglich. Nachdem ich hiermit die Wirkung der Osmiumsäure erörtert habe, wende ich mich dem zweiten Beweismoment zu, welches Buzzi für die Fettnatur der Eleidintropfen geltend gemacht hat: der Färbbarkeitderselben mit alkoholischem Alkanna-Extraet. Schon Krause (34) hat sich vergeblich bemüht, die diesbezüglichen Angaben Buzzi 's zu bestätigen und auch ich kann nicht mit Sicherheit behaupten, jene Tropfen nach dieser Methode gefärbt zu haben, obgleich ich genau nach Vorschrift vorgegangen war. Löst man etwas Alkanna-Extraet in Alkohol auf, tropft eine ge- ringe Menge davon in ein mit Wasser gefülltes Schälechen und bringt nun eimen Hautschnitt in dasselbe, so bedeckt sich der- selbe alsbald mit einem Niederschlag des Alkanna-Extractes, der in auffallender Weise jene Gestalten nachahmt, welche die über dem Strat. Jueidum befindlichen Eleidintropfen an Pierocarmin oder Nigrosinpräparaten zeigen. Es sind ganz unregelmässige Figuren, welche auch häufig Vacuolen in ihrem Inneren enthalten. Diese Vacuolisirung muss wohl mit der zähflüssigen Beschaffenheit des Niederschlages in Zusammenhang stehen und gestattet den Schluss, dass auch die Eleidintropfen eine gleiche Consistenz be- sitzen. Die Schnitte wurden !/,—24 Stunden in der Schwebe- fällung belassen und dann auf dem Objeetträger mit Alkohol vorsichtig entfärbt. Es ergab sich dabei ein ganz gleichmässiges und gleichzeitiges Abblassen der Tropfen bis zu ihrem völligen Verschwinden, wobei es nicht gelang, die über dem Strat. luei- dum befindlichen Tropfen länger als die übrigen gefärbt zu erhalten. Indem ich somit Buzzi auch in diesem Punkte wider- sprechen muss, komme ich zu der Anschauung, dass seine ERlei- dintropfen nicht aus einem Glycerinfett bestehen können. Der wichtigste Grund liegt wohl darin, dass sie sich — wie er selbst 468 HansRabl: angibt — in absol. Alkohol oder Aether nicht lösen. Sie dürften somit gleich den Keratohyalinkörnern aus einer Substanz bestehen, welche den Eiweisskörpern beizuzählen wäre. Erwägt man nun, wie ich bereits in meinem Vortrag ans- geführt habe, dass die eleidinhaltigen Zellen früher mit Körnehen angefüllt waren, dass diese geschwunden und einer flüssigen Masse Platz gemacht haben, welche in ihren wichtigsten Reac- tionen mit den Körnchen übereinstimmt, so wird man zur Ueber- zeugung gedrängt, dass jene flüssige Masse nichts anderes als die in Auflösung begriffenen Keratohyalinkörner sein kann. In- dem somit die alte Ranvier sche Theorie von der gleichen Natur der Körner des Strat. granulosum und der flüssigen Sub- stanz im Strat. Jucidum im grossen und ganzen zu Recht besteht, so ist es auch billig, dass die ursprüngliche Benennung Ran- vier 's wieder ihren alten Rang einnehme und als gemeinsame Bezeichnung sowohl für die Körner wie die Tropfen Anwendung finde. Doch wird es immer practisch sein, Körner und Tropfen auch mit selbstständigen Namen zu belegen, da sie ja nicht immer durch die gleichen Methoden .zur Anschauung gebracht werden und demmach Differenzen hinsichtlich ihrer chemischen Beschaf- fenheit vorhanden sein müssen. Für die Substanz der Körner ist ohnedies der Waldeyer'sche Ausdruck Keratohyalin längst eingebürgert, für die Substanz der Tropfen erlaube ich mir den Namen Keratoeleidin vorzuschlagen Ehe ich aber meine Auseinandersetzungen über die Um- wandlung der Körner in Tropfen durch einige weitere Bemer- kungen vervollständige, ist es nothwendig, das erste Auftreten der Keratohyalinkörner genauer zu verfolgen. Einen Bericht über die grosse Zahl der darüber veröffentlichten Untersuchungen will ich dem Leser ersparen, und diesbezüglich auf die Arbeiten von Ernst und Grosse verweisen, in welchen die Literatur aus- führlich referirt ist. Leider muss ich diese Mittheilungen mit dem Geständniss eröffnen, dass es mir nicht gelungen ist, die Frage nach der Keratohyalinbildung in befriedigender Weise zu lösen. Bekannt- lieh sind die Körner bald als Erzeugnisse des Protoplasmas oder gar als Zerfallsproduete der Protoplasmafasern, bald als Kern- bestandtheile aufgefasst worden, indem sie entweder direet als CUhromatin angesprochen oder zum mindesten als ein Stoff- Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 469 wechselproduet zwischen Kern und Zellkörper bezeichnet worden sind. Wenn man sich nicht auf einige wenige Hautstellen be- schränkt, sondern neben der äusseren Haut auch die innere Wur- zelscheide der Haare und die Schleimhäute in das Bereich seiner Untersuchungen zieht, erhält man Bilder, welche der Reihe nach als Belege für die verschiedensten Theorien vorgeführt werden können. Ich willnun im Folgenden die Beschreibung der Kera- tohyalinbildung an 3 verschiedenen Körperstellen geben, weil hier in der That 3 verschiedene Typen vorzuliegen scheinen. Doch hoffe ich bei der Beschreibung jedes einzelnen Präparates das allen gemeinsame Prineip dennoch nachweisen zu können. Die Fig. 29—33 stellen Zellen aus dem Strat. granul. der Kopfhaut eines 7 Monate alten menschlichen Foetus dar. Zur besseren Orientirung über die Formverhältnisse von Zellkörper und Kerm habe ich keine Quer-, sondern Flachsehnitte gewählt. Man ersieht aus Fig. 29 und 30, dass die ersten Keratohyalin- körmer als kleine, kugelige Gebilde in der Nähe des Kermnes auf- treten. Dieser erscheint gross, oval, von einem feinen und dich- ten chromatischen Gerüst ausgefüllt. Schon in diesem Stadium lässt sich rings um ihn ein heller Spalt wahrnehmen, von dem es aber in diesem Falle nicht sichergestellt werden konnte, ob er durch die Einwirkung der Fixirungsflüssigkeit künstlich oder dureh vitale Schrumpfung des Kernes auf natürlichem Wege ent- standen ist. Da aber beim Fortschreiten des Processes nicht nur der Spalt immer grösser, sondern auch der Kern immer kleiner wird, glaube ich in dem beschriebenen Stadium die ersten An- fänge der Kernschrumpfung erblicken zu müssen. Die Keratohya- linkörner liegen manchmal dem Kerne dieht an, sodass man nicht entscheiden kann, ob sie ausser- oder innerhalb des Kernes ge- bildet werden. Bei Färbung mit Hämatoxylin erscheinen sie dunkler blau als die chromatischen Körnchen und Stränge im Innern des Kernes. Es ist auffällig, dass nur sehr selten Zwischenstadien zwi- schen diesem und dem auf Fig. 31 abgebildeten Stadium zur jeobachtung gelangen. Unmittelbar über jenen Zellen, welche nur vereinzelte Keratohyalinkörner enthalten, trifft man bereits solche, welche von Körnehen völlig angefüllt sind. Der perinu- cleäre Spalt ist rings um den Kern ausgebildet, dieser selbst etwas verkleinert , in seiner Struetur aber noch intact. Die 470 HansRabl: Veränderungen, welche sich nun in der Zelle vollziehen, betreffen sowohl die Form des Keratohyalins wie die des Kernes. Das erstere erscheint nämlich nieht mehr in Gestalt zahlreicher ge- trennter Körner, sondern fliesst zu einer geringeren Menge grös- serer Tropfen zusammen. Der Kern aber nimmt eine homogene Beschaffenheit an, die offenbar dadurch zu Stande kommt, dass sich das Chromatin im Kernsaft löst und hierdurch jede feinere Structur verwischt wird (Fig. 32). Die obersten Zellen des Stratum granulosum (Fig. 33) zei- sen die beschriebenen Veränderungen in noch höherem Masse. Der Kern ist zu einer Kugel geschrumpft, welche sich in- tensiv mit Hämatoxylin färbt und von durchaus gleichartigem Character zu sein scheint. Er liegt in einer Höhle, die an Flach- schnitten eine annähernd rundliche, an Querschnitten der Haut eine ovale Form besitzt und jene Grösse bezeichnet, welche der Kern früher besessen hatte. Im Zellkörper liegen zahlreiche, sehr unregelmässig geformte Keratohyalin-Schollen, welche stel- lenweise durch feine Fäden zusammenhängen. An den grössten unter ihnen findet man die Mitte etwas blasser als die Peripherie gefärbt, eine Erscheinung, welche ich dureh die beginnende Verän- derung des Keratohyalins erklären möchte. Das Protoplasma nimmt bei Nachbehandlung mit Eosin eine blass rosenrothe Farbe an; die Kernhöhle jedoch bleibt ungefärbt. Bei dem Uebergang der keratohyalinnaltigen Zellen in die des Stratum Iueidum ver- schwinden die Keratohyalinkörner und der Kern verliert seine Affinität zum Hämatoxylin. Man trifft noch ab und zu Zellen, in deren Mitte ein nur mehr mit Eosin gefärbter Kern liegt, bald aber verschwindet er auch unter diesem Aussehen, sodass die an ausgebildeten Hornzellen leer Kernhöhle — wie bekannt angetroffen wird. Es scheit mir, dass aus dieser Beschreibung der Kerntohya- linbildung zwei Thatsachen besonders hervorgehoben zu werden verdienen. 1. Die engen Lagebeziehungen, welche zwischen den erst auftretenden Keratohyalinkörnern und dem Zellkern be- stehen und 2. der sichere Nachweis, dass das Chromatin bei der Keratohyalinbildung unbetheiligt ist, weil — wie Fig. 31 beweist — der Zellkörper bereits mit Keratohyalinkörnchen vollgepfropft Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. a7l sein kann, während das Kerngerüst keine wesentlichen Verände- rungen erlitten hat. Wollte man mit Selhorst (62), dX’Urso (67), Mert sching (41) und Ernst (16) das Keratohyalin sei es als un- verändertes, sei es als metamorphosirtes Kernchromatin betrachten, so müsste dieses letztere in dem Maasse im Kern abnehmen, als die Zahl der Körner im Zellleib steigt. Dies trifft jedoch nicht zu. Ja! ich habe sogar im oberen Theil der äusseren Wurzel- scheide von Haaren Zellen aufgefunden, deren Kerne noch keine Spur von Schrumpfungen zeigten, sondern sich durch ein besonders feines und dichtes Kerngerüst auszeichneten. Ihr Pro- toplasma aber war von Körnchen ganz überladen. Auch Ernst hat eine derartige Beobachtung an normaler menschlicher Finger- haut gemacht. Dem Einwand, welchen dieselbe gegenüber seiner Theorie liefert, begegnet er durch die Vermuthung, dass der Kern möglicherweise in dem Maasse neues Chromatin in sich zu bilden vermöge, als dasselbe unter der Form von Keratohyalin aus ihnen auswandert. Dadurch würde allerdings das Gleich- gewicht in seinem Chromatingehalt nicht gestört. Doch scheint mir diese Theorie zu complieirt, als dass ich mich derselben an- schliessen würde, so lange sich die Keratohyalinbildung in minder gezwungener Weise erklären lässt. Es lassen sich überhaupt keine regelmässigen Beziehungen in Hinsicht auf das zeitliche Auftreten der Keratohyalinkörner und der Kernveränderungen feststellen. Ebenso wie man Zellen mit normalen Kernen und zahlreichen Keratohyalinkörnchen auffinden kann, so begegnet man auch ab und zu solchen mit stark geschrumpften Kernen und nur sehr spärlichen Körnchen im Zellleib. Ausnahmsweise trifft man sogar Kerme, welche noch ihre normale Grösse bewahrt haben, obwohl das Keratohyalin schon im Schwinden begriffen war oder sich schon völlig aufgelöst hatte. Sie scheinen nachträglich in der Weise zu Grunde zu gehen, dass sie entweder in toto homogen werden, oder indem ihr chromatisches Gerüst eine Veränderung erleidet, welche der Chromatophtise total verhornender Zellen analog ist (Fig. 51). Durch diese letztere Degenerationsform zeichnen sich auch die Kerne in den Markzellen der Dunenfedern aus, obwohl auch hier Keratohyalinkörner im Zellkörper enthalten sind. In den Markzellen der Haare ist bekanntlich die Zahl der Keratohyalin- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 al 4712 Hans'Rabl: körner eine sehr geringe, ihre Grösse hingegen eine auffallende. Dagegen gelingt es nur schwer, in den Markzellen der Federn jene Körnehen aufzufinden, obwohl jene Zellen dureh ihre Lage in der Achse des Hauptstrahles, ihre Form und späteren Luft- gehalt eine grosse Aehnlichkeit mit den Markzellen aufweisen. Die Körnehen sind nämlich bei jenen nur sehr klein, und färben sich nur blass mit Eosin, sodass sie leicht mit Gerüstknoten des Protoplasmas verwechselt werden können. Vielleicht hängt es mit dieser schwachen Entwicklung des Eleidins zusammen, dass die Kerne nicht nach dem eben geschilderten Typus der Körner- zellen des Strat. granulosum, sondern nach derjenigen Art zu Grunde gehen, welche man bei total verhornten Zellen beobachtet. Man sieht, dass sie zunächst an Volumen abnehmen, ihr Chroma- tin in Körner zerfällt und schliesslich zu einer die geschrumpften Kerne ausfüllende Masse zusammenfliesst. Allmählich verliert es seine Färbbarkeit, zunächst für Hämatoxylin, später für Eosin und verschwindet schliesslich gänzlich (Fig. 14—19). Wenn man die Argumente näher betrachtet, welche von den Vertretern der Chromatinnatur des Keratohyalins zu Gunsten ihrer Ansicht in's Feld geführt werden, so kommt man zur Er- kenntniss, dass dieselben einer eingehenden Kritik nicht Stand zu halten vermögen. So beschränkt sich beispielsweise d’Urso!) mit dem Hinweis einer zeitlichen Coineidenz des Kernschwundes mit der Eleidinentwieklung im Zellkörper. Ich habe soeben aufmerksam gemacht, dass sich eine solche an den abgebildeten Präparaten nicht nachweisen lässt. Ich muss hinzufügen, dass der Process der Keratohyalinbildung an den meisten Puncten der äusseren Bedeekung des Körpers in ganz der gleichen Weise verläuft, wie ich ihn hier nach Flachschnitten durch die Kopfhant geschildert habe. Ich habe denselben ausser am Kopf noch an den Fingern und der Schulter eines Embryos, ferner an der Sohle, dem Fuss- rücken, der Fingerbeere, der Achselhöhle und in der Umgebung des Afters, endlich an verschiedenen Hautstellen von Thieren untersucht. Die Stücke waren in einer gesättigten Lösung von Sublimat in physiologischer Kochsalzlösung, in Pierinsäure-Subli- 1) Die Originalarbeit war mir leider nicht zugänglich, ich kenne ihren Inhalt bloss aus der eingehenden Besprechung, die ihr Ernst (16) gewidmet hat. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 473 mat oder Alkohol gehärtet worden. Das Resultat war in allen Fällen das gleiche. Ich muss daraus schliessen, dass der ge- schilderte Typus derjenige ist, nach welchem sich Kernuntergang und Keratohyalinbildung an den meisten Stellen der Körperober- fläche vollziehen. Am eingehendsten sucht Ernst die Abkunft des Eleidins vom Chromatin zu beweisen. Doch auch er kommt über allge- mein gehaltene Behauptungen nicht hinaus und bringt nicht eine einzige präcise Beobachtung. So schreibt er beispielsweise: „Wo riesenzellenartige Gebilde oder wenigstens mehrkernige Zellen eingestellt werden, da findet sich um die erblassende Kerngruppe eine so überraschende Fülle von Körnchen, dass schon dieses Bild allein genügt, eine Abhängigkeit der Körnchen vom Kern zu beweisen.“ Der einzige Grund, auf welchen er sich bei der Annahme einer Identität des Keratobyalins mit dem Chromatin stützt, besteht in der gleichen Affinität der beiden Substanzen zum Hämatoxylin. Doch muss ich diesbezüglich die schon ein- mal gemachte Angabe wiederholen, dass die Keratohyalinkörmer im Strat. granulosum der Haut bei Behandlung mit diesem Farb- stoff im allgemeinen eine dunklere Farbe annehmen als die Chro- matin-Fäden des Kernes. So sieht man auf Fig. 34 Keratohya- lin, das sich durch seine Farbe sehr gut vom Chromatin unter- scheiden lässt. Es gibt übrigens Keratohyalin, welches sich im Gegensatz zu dem eben besprochenen fast gar nieht mit Hämatoxylin färbt, dagegen bei Nachbehandlung mit sauren Anilinfarben in pracht- voller Weise dargestellt werden kann. Es sind dies jene Körner, welche in der Marksubstanz und inneren Wurzelscheide- der Haare, sowie in der Federscheide und äusseren Haut älterer Hühnerembryonen vorkommen. An Längsschnitten durch Haar und Wurzelscheiden eines Mäusespürhaares, welches in Alkohol sehärtet und nach der Methode van Gieson’s gefärbt worden war, erscheint das Keratohyalin der inneren Wurzelscheide nicht dunkelblau, sondern gelbroth. Ebenso lassen sich nach Härtung in Müller ’scher Flüssigkeit oder Pierin-Sublimat und Doppel- färbung mit Hämatoxylin und Eosin das Chromatin der Kerne und die Substanz der Körner in ganz verschiedenen Farben dar- stellen. Dieses abweichende Verhalten gewisser Keratohyalin- sorten weist darauf hin, dass diese Substanz nicht an allen ihren 474 HansRabl: Fundorten die gleiche chemische Beschaffenheit besitzt. Diese Beobachtungen haben schon Waldeyer und Kölliker ge- macht. So hat besonders ersterer betont, dass die Körner in Haarwurzelscheiden „gegen alle Reagentien, welche sie quellen machen und in Lösung überführen, viel weniger widerstandsfähig waren als die Granula des Pferdehufes und der Klauen.“ Es scheint somit das Keratohyalin der Haare in morphologischer Beziehung dem Keratohyalin der Haut, in chemischer dagegen dem Keratoeleidin zugezählt werden zu müssen, indem auch letz- teres — wie aus seinem bekannten Verhalten gegen Essigsäure hervorgeht — bei Säurebehandlung rasch quillt und gegen Farb- stoffe ein gleiches Verhalten wie das Eleidin der Haare zeigt. Wenn ich aber auch auf Grund aller dieser Momente ge- nöthigt bin, eine Beziehung des Keratohyalins zum Chromatin auszuschliessen, so muss ich doch mit Ernst und Mertsching in dem Punct übereinstimmen, dass die Keratohyalinkörner oft- mals in eigenthümlicher Weise rings um den Kern gelagert sind und besonders die erst auftretenden in unmittelbarer Nähe des- selben sichtbar werden. Gerade diese letztere, Erscheinung weist darauf hin, dass der Kern bei der Bildung des Keratohyalins immerhin betheiligt sein dürfte. Nimmt man diese Annahme zum Ausgangspunct für fernere Erwägungen, so gilt es zu ent- scheiden: Entsteht das Keratohyalin im Kern und tritt es durch die Membran hindurch in den Zellkörper über oder wird es erst im Zellkörper siehtbar, indem eine für die mikroskopische Tech- nik derzeit unfassbare Substanz den Kern verlässt und sich erst ausserhalb desselben, vielleicht unter Einwirkung eines Bestand- theiles des Zellkörpers zu Keratohyalin entwickelt. Die Beantwortung dieser Frage ist so schwierig, dass ich sie nicht eher versuchen will, bis ich nicht auch die Keratohya- Iinbildung an anderen Oertlichkeiten beschrieben habe. Zunächst wende ich mich zur Besprechung der Verhornung der Schleim- häute. Ich habe in dieser Beziehung Zunge und Lippe, ferner Vagina und Orifieium urethrae des Mannes untersucht. Es han- delt sich bekanntlich in allen diesen Fällen um geschichtetes Pflasterepithel, welches im grossen ganzen denselben Bau wie die äussere Haut erkennen lässt. Doch verdient hervorgehoben zu werden, dass die Abplattung der Zellen in den höheren Lagen des Epithels keine so starke wie an der äusseren Haut ist und Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 475 dass vor allem diejenigen Zellen, welche unser besonderes Inter- esse beanspruchen und dem Stratum granulosum entsprechen sich an der Scheide und gewissen Papillen der Zunge durch bedeu- tende Dimensionen nach allen Riehtungen auszeichnen. Ich will mich bei der nachfolgenden Beschreibung auf die Epithelzellen der Vagina allein beschränken, und nur bemerken, dass die Ke- ratohyalinbildung an den übrigen untersuchten Schleimhäuten dieselben Ergebnisse zu Tage gefördert hat. Die Eleidinkörner in den Schleimhäuten unterscheiden sich in 3 ziemlich auffallenden Puncten von denen an der äusseren Haute 1. ist ihre Zahl innerhalb der Zellen eine viel geringere, 2. erlangen viele unter ihnen eine auffallende Grösse, 3. erscheinen sie bei Hämatoxylin-Eosinfärbung im allge- meinen roth und nur die kleinsten haben ab und zu eine blaue Farbe angenommen. Es scheint hier theils von vornherein wie im Haar eine rothgefärbte Substanz gebildet zu werden, theils zunächst eine blaue aufzutreten, die sich rasch in die rothe Modi- fikation umsetzt. Diese Metamorphose entspricht ganz der gleichen Verän- derung, welche auch die Keratohyalinkörner der Haut erfahren; denn auch sie verwandeln sich aus einer mit Hämatoxylin sich blau färbenden Substanz in eine rothe. Nur vollzieht sich dieser Process unter, gleichzeitiger Veränderung der Oonsistenz, indem sich die Körner verflüssigen und dadurch in die Lage kommen, sich mit einander zu vereinigen. In den Epithelzellen der Schleimhäute liegen jedoch die Körner so weit von einander entfernt, dass sie auch unter der Form des Keratoeleidins isolirt bleiben. Ab und zu kann man jedoch auch hier Bilder finden, welche auf eine Confluenz zweier grosser Tropfen hinweisen. Auf Fig. 39 sind zwei aneinander stossende Tropfen abgebildet, welche wohl in dieser Weise gedeutet werden müssen. Uebrigens kann man auch an der äusseren Haut stellenweise eine Umwand- lung des Keratohyalins zu Keratoeleidin wahrnehmen, wobei die aus der Umwandlung der blauen Substanz gebildeten Körner nicht zusammenfliessen, sei es, dass ihre Consistenz eine zu wenig flüssige, sei es, dass ihre Menge im der Zelle eine zu geringe ist. Auf Fig. 50 ist eine Gruppe von Zellen aus der äusseren Wurzel- scheide des Haares dargestellt. Man sieht hier nach innen von 476 Ekamisı Rrabıl: dem Stratum granulosum, dessen Körner blau gefärbt sind, ein 2. Strat. granul. mit rothen Körnern. Es entspricht diese Schichte bezüglich ihrer Lage dem Stratum lucidum. An der eigentlichen Körperoberfläche aber sind daselbst die Zellen von dem flüssigen Keratoeleidin gleichmässig ausgefüllt, hier liegen die Tropfen getrennt, beweisen aber ihre Natur genügend durch die Farbe, welche sie angenommen haben. Diese Auseinandersetzungen bezüglich des Vorkommens des Keratoeleidins in den Schleimhäuten sind deshalb nicht über- flüssig, weil erst vor Kurzem Dreysel und Oppler das Vor- kommen von flüssigem Eleidin im Epithel der Zunge geleugnet haben. Die Methode, deren sich diese Autoren bedienten, war der Ranvier schen nachgebildet, indem auch hier das Eleidin unter der Form grosser, mit Pierocarmin roth gefärbter Tropfen und Lachen dargestellt wird, welche die Oberfläche des Schnittes bedecken. Sie unterscheidet sich aber von der älteren Ranvier's dadurch, dass sie auch an Stücken ausführbar ist, welche in Celloidin eingebettet sind; nur darf die Procedur der Celloidin- einbettung nicht zu langsam vor sich gehen und müssen die Schnitte statt unter Alkohol trocken angefertigt werden. Wenn das Eleidin alle Maschen des Zellprotoplasmas aus- füllt, will ich gerne zugeben, dass es auch bei dieser Methode aus den Zellen austritt wie bei der von Ranvier ursprünglich angegebenen. Wenn jedoch die Zellen gross und nur spärliche Tropfen in ihrem Inneren enthalten sind, dann dürften dieselben auch vom protoplasmatischen Netzwerk umschlossen bleiben und sonach kein Eleidin auf der Schnittoberfläche sichtbar werden. Wenn ich nochmals meine Anschauung aussprechen darf, möchte ich behaupten, dass nicht nur Keratohyalin, sondern auch Kera- toeleidin spontan in Zellen auftreten kann, und dass der sicherste Nachweis dieser Substanz in der Anwendung saurer Anilinfarben besteht, unter welchen das Eosin!) die erste Stelle verdient. 1) Man kann dasselbe nach 3 Vorschriften verwenden. 1. Als Methyleosin, von Zander in die Technik eingeführt und auch von Grosse und Günther mit bestem Erfolge benützt. 2. In Verbindung mit schwefelsaurem Natron, wie es zuerst von Barfurth (dieses Archiv, 38. Bd.) angegeben und von Tettenhammer zur Färbung des Elei- dins verwendet wurde. Ich mische gleiche Theile einer 1°/, wässrigen Lösung von Eosin und einer gesättigten Lösung von Natriumsulfat. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 477 An Präparaten, die mit demselben nach einer der unten ange- führten Methoden gefärbt sind, nehmen Zellkörper, Bindegewebe ete. ein blasses Rosa an, leuchtend roth dagegen erscheint nach sämmtlichen, gebräuchlichen Härtungsmitteln das Strat. lJucidum und das Keratohyalin der Haare sowie die meisten Körner in den Schleimhäuten. Dagegen färben sich die Körner in der äusseren Haut nach Härtung in Alkohol, Sublimat und Sublimat- Gemischen dureh die Vorbehandlung mit Hämatoxylin so intensiv, dass das Eosin nachträglich keine Aenderung der Farbe mehr hervorbringen kann. Anders verhält sich die Sache an Haut- stücken, die inMüller’scher Flüssigkeit conservirt waren. Durch die Einwirkung des doppelehromsauren Kalis werden die Körner in der Weise modifieirt, dass sie sich nur schwach mit Häma- toxylin färben und in Folge dessen in der Lage sind, eine grosse Menge Eosins anzunehmen. Man könnte sagen, dass derselbe Process, welcher sich bei der Verhornung der Zellen spontan vollzieht, durch die Müller’sche Flüssigkeit künstlich bewirkt wird. Auf jeden Fall bildet die Umwandlung, welche die Körner durch die Müller’sche Flüssigkeit erleiden, ein Beispiel von der Wirkung äusserer Einflüsse auf dieselben und gestattet den Ana- logieschluss, dass es im Zellkörper enthaltene Substanzen sind, unter deren Einfluss die Umwandlung des Keratohyalins zu Ke- ratoeleidin vor sich geht. Was die Lage der Eleidintropfen in den Epithelzellen der Schleimhäute betrifft, so lässt sieh in Uebereinstimmung mit den Befunden an der äusseren Haut auch hier feststellen, dass die Tropfen häufig in der nächsten Nähe des Kernes vorkommen. So ist auf Fig. 36 ein Kern abgebildet, welcher dem Beschauer eine tiefe Nische zuwendet, in welcher ein ovaler Eleidintropfen liegt. Das gleiche Aussehen zeigt der Kern von Fig. 43. Auch an Fig. 40 sieht man ein kleines Kügelchen in einer seichten Bucht, diesmal im Profil. Die meisten Kerne liegen in diesem Stadium innerhalb einer kleinen Höhle. Die Entstehung der- selben muss gleich der analogen Bildung in den Zellen des Strat. Darin wird !/, Stunde gefärbt, in Wasser abgespült und der über- schüssige Farbstoff in 95%, Alkohol ausgezogen. 3. Als gewöhnliches Eosin in stark verdünnter wässriger oder alkoholischer Lösung. Man färbt durch 24 Stunden und extrahirt ebensolange in starkem Alkohol. 478 HansRabl: granul. der äusseren Haut durch Schrumpfung des Kernes erklärt werden. In vielen Fällen erweitert sich dieselbe später noch um ein Bedeutendes. Dies kann nur dadureb geschehen, dass sich das umgebende Protoplasma gegen die Peripherie retrahirt. Be- kanntlich fehlt letzteres Moment bei der Verhornung der Ober- haut, indem daselbst der Zellkörper seine Anordnung beibehält und die Kernhöhle durch ein zartes Häutchen abgegrenzt bleibt, welches zuerst von Zander nach Präparaten von Müller scher Flüssigkeit beschrieben worden ist. Die auffallende Veränderung, welche die Zellen bei weiterem Fortschreiten ihrer Degeneration erleiden, besteht darin, dass die Kerne allmählich eime diffuse Färbbarkeit mit Eosin erlangen, Dadurch wird das chromatische Gerüst in zunehmendem Maass undeutlich, bis der Kern schliesslich in eine mehr weniger homo- gene rothe Masse umgewandelt ist. Häufig findet man Zellen, in welchen ein Theil des Kerns homogen, der übrige noch strue- turirt ist (Fig. 38). Neben solchen trifft man andere, die wahr- scheinlich ein weiteres Stadium in diesem Processe darstellen. Hier ist das durch seine Structur als Kern kenntliche Gebilde kleiner als in anderen Zellen, daneben aber findet man mehrere abgetrennte homogene Schollen (Fig. 37). Aus ihrer Lage lässt sich schliessen, dass sie ursprünglich zum Kern gehört hatten und sich in dem Maasse von ihm ablösten, als ihre Struetur geändert wurde. Es kommt aber auch vor, dass der Kern zuerst homogen degenerirt und erst dann in Stücke zerfällt. In Farbe und Aus- sehen stimmen diese Kerntrümmer mit Eleidintropfen durchaus überein. Ob sie auch nach ihrer chemischen Natur zu diesen gerechnet werden dürfen, vermag ich nicht zu entscheiden, so verlockend es auch wäre, hier eine direkte Umwandlung von Kernsubstanz in Keratohyalin anzunehmen. Nachdem ich die Keratohyalingebilde an der äusseren Haut und Schleimhaut beschrieben habe, will ich nun noch diesen Process an einer dritten Oertlichkeit besprechen. 3ei meinen Untersuchungen von verschiedenen Regionen der Körperfläche fand ich nämlich in der Haut des Praeputiums ein Objekt, welches ziemlich abweichende Verhältnisse zeigt (Fig. 44—47). Gerade aus diesem Grunde aber verdient das- selbe hervorgehoben zu werden, weil es — wie ich glaube — Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 479 den Schlüssel zu dem Verständniss jenes Vorganges an den übrigen Localitäten bildet. Es treten hier nämlich in den Kernen des Strat. granulos. kugelige und eiförmige Massen auf, welche sich mit Hämatoxylin färben und durch ihre Grösse das chroma- tische Gerüst stellenweise verdecken. Diese Kerne scheinen in typischer Weise an jener pathologischen Veränderung zu leiden, welche als Hyperchromatose bezeichnet wird. Ob aber hier thatsächlich dieser Zustand vorliegt und jene Schollen im Innern des Kernes aus Chromatin bestehen, möchte ich bezweifeln. Und dies aus folgendem Grunde: Man trifft blau gefärbte Massen nicht nur im Inneren des Kerns, sondern auch ausserhalb des- selben und kann sich mit zweifelloser Sicherheit überzeugen, dass hier thatsächlich Kernbestandtheile in den Zellkörper über- treten. Hat aber einmal der Kern alle jene eigenthümlichen Kugeln und Schollen an den Zellkörper abgegeben, sodass dieser damit vollgepfropft erscheint, so tritt in ihm wieder dasselbe feine Netzwerk auf, welches er in den tieferen Schichten der Epidermis dargeboten hat. Es ist nur etwas spärlicher und blasser gefärbt, als es vordem war, die chromatische Membran ist unverändert erhalten. Ich glaube darum annehmen zu müssen, dass sich in diesem Falle innerhalb des Kernes und wahrschein- lich unabhängig vom Chromatin eine Substanz bildet, welche zwar mit letzterem die Färbbarkeit gemeinsam hat, im übrigen aber von ihm verschieden ist. An hyperchromatischen Kernen wurde zwar auch von Schmaus und Albreebt Uebertritt des Chromatins in den Zellkörper beobachtet, doch geschieht dies unter der Form von Sprossungen seitens des Kerns und niemals wurde an solchen Kernen eine Rückkehr zum ursprünglichen Zustand, gleichsam eine Ausheilung der Krankheit beobachtet. Die aus dem Kern ausgetretenen Massen vertheilen sich im Zell- körper und zerfallen in kleinere Körner, die in Form und Farbe so sehr dem Keratohyalin gleichen, dass ich nicht anstehe, sie als solches aufzufassen. Ich habe Eingangs dieses Kapitels, nachdem ich die Kera- tohyalinbildung in der äusseren Haut besprochen hatte, die Frage aufgeworfen, ob dasselbe eine Substanz sei, welche schon im Kern zur Ausbildung gelangt, oder ob es erst im Zellkörper sichtbar werde. Aus denjenigen Bildern, welche man bei der Verhornung der äusseren Haut zu beobachten Gelegenheit hat, 450 Hans WBRabl: hatte ich ursprünglich geschlossen, dass hier die zweite angeführte Möglichkeit zutreffen dürfte. Auch in meinem Vortrag, den ich heuer in Berlin gehalten habe, habe ich diese Annahme als die wahrscheinlichste hingestellt (48). Nachdem ich aber die Kerato- hyalinbildung im Strat. granul. des Präpatiums kennen gelernt habe, glaube ich mit Bestimmtheit sagen zu können: Es giebt Fälle, bei welchen das Keratohyalin schon innerhalb des Kernes ausgeschieden wird. Für diese Ansicht sprechen auch Präparate, welche ich von der Haut eines älteren Hühnerembryos gewonnen habe. Es liegen hier über dem Stratum Malpighii zwei Zellagen, die sich dureh ihren eigenthümlichen Inhalt auszeichnen. Die untere enthältin ihrem Protoplasma kleine, roth gefärbte Körnchen (Fig.52). Die obere zeigt ein dichtes Netzwerk breiter Linien (Fig. 53). Man sieht, dass die Körnchen zusammengeflossen sind, aber doch nicht in einheitlicher Masse die Zellen ausfüllen, sondern helle Inseln von Protoplasma zwischen sich frei lassen. In der Mitte der Zelle gewahrt man den Kern, in dessen Innerem ein ovaler, rother Tropfen liegt. Aus seiner isolirten Lage lässt sich er. kennen, dass er sich nicht im Zellkörper befindet, da die rothe Masse in letzterem eine durchaus netzige Anordnung zeigt und nirgends vereinzelte Körner sichtbar sind. Es scheint hier ein Keratohyalintropfen zurückgeblieben zu sein, der sich innerhalb des Kernes in Keratoeleidin umgewandelt hat. Solehen Kernen mit derartigen eigenthümlichen Einschlüssen bin ich zu wieder- holten Malen begegnet. Ab und zu sieht man auch einen feinen Faden, welcher den centralen Tropfen mit der flüssigen Masse im Zellleib verbindet und die Richtung angiebt, in der das Eleidin aus dem Kern ausfliesst. Derartige Präparate dürften auch Tettenhammer (64) und Rosenstadt (57) vorgelegen haben. Ersterer muss zu jenen Autoren gezählt werden, welche das Chromatin als die Muttersubstanz des Eleidins betrachten. Es schliesst sich darin vor allem Mertsching an, indem er eine direkte Umwand- lung des Chromatins in Keratohyalin annimmt. Wenn ich aber in diesem Punkt auch nieht mit ihm einverstanden bin, so freut es mich doch, dass er keinen Unterschied zwischen Keratohyalin und Keratoeleidin aufstellt und aus dem Verhalten gegen Farbstoffe den Schluss ableitet, dass dieselbe Substanz, welche Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 481 sich im Strat. Malpighii und granul. in Form einzelner Tropfen vorfindet, das Strat. lucidum in diffuser Vertheilung ausfülle. Rosenstadt untersuchte die keratohyalinhaltigen Zellen nach der Methode, welche Altmann zur Färbung der Zell- granula angegeben hatte. Er fand hierbei, dass sich das Kera- tohyalin mit Säurefuchsin intensiv färbe und konnte nicht nur im Zellkörper, sondern auch im Kern rothe Körner nachweisen. Doch scheint mir seine Methode zur Beantwortung der Frage nach der Herkunft des Eleidins nicht ausreichend, denn auch die Nucleolen treten durch die gleiche Farbe scharf hervor. Daraus aber schliessen zu wollen, dass die Kernkörperchen nichts anders als Keratohyalin seien, ist wohl nicht gerechtfertigt. Wenn auch die von der Hühnechenhaut, ebenso wie die vom Präputium geschilderten Präparate deutlich dafür sprechen, dass Eleidin schon innerhalb des Kernes entstehen kann, so lässt sich diese Ansicht doch nicht an allen Zellen mit Bestimmtheit be- weisen, an welchen Keratohyalinbildung zu beobachten ist. Es ist nämlich in vielen Fällen auch bei Anwendung stärkster Ver- grösserung und genauester Einstellung mit der Micrometerschraube unmöglich zu entscheiden, ob ein bestimmtes Körnchen innerhalb oder ober respective unter dem Kern gelegen ist. Fig. 35 zeigt 3 Zellen aus dem Uebergang des Epithels der Glansin das der Fossa navicularis. Das Keratohyalin im Zellkörper hat sich intensiv mit Hämatoxylin gefärbt. Das Chromatin des Kerns ist im gan- zen blässer. An der Zelle links, sowie an der oberen von den beiden rechts sieht man aber auch kleine dunkle Körnchen un- mittelbar der Kernmembran anliegend, scheinbar noch innerhalb des Kernes. Liegen sie aber in der That innerhalb? Die Ge- bilde sind so klein, dass sich die Frage wohl nicht sicher be- antworten lässt. Für die Zellen des Stratum granul. der äusseren Haut wie für die meisten Körnerzellen aus verhornenden Schleimhäuten möchte ich darum auch jetzt noch die Annahme festhalten, dass hier nicht das Keratohyalin, sondern seine Muttersubstanz den Kern verlässt und die Körnchen erst im Zellkörper ausgeschieden werden. Dabei stütze ich mich vor allem auf die Thatsache, dass man nur so lange Keratohyalin in unmittelbarer Nähe des Zellkerns auffinden kann, als der perinucleäre Spalt entweder noch gar nicht entwickelt oder noch von keiner grösseren Breite ist. 482 Hans Rabl: Gewinnt er aber durch die Schrumpfung des Kernes an Aus- dehnung, dann lässt sich niemals mehr die Auflagerung eines Körncehens an der Kernoberfläche oder überhaupt ein freies Körn- chen innerhalb des Spaltes beobachten. Das genannte Kerato- hyalin liegt im Protoplasma, von dem Kern durch die breite Kernhöhle getrennt. Die Existenz derselben ist übrigens ein Be- weis, dass bei der Verhornung Substanzen aus dem Kern aus- treten. Ihr Erscheinen lässt sich nur dadurch erklären, dass eine flüssige Masse den Kern verlässt, in Folge dessen er an Grösse abnehmen muss. In analoger Weise könnte auch die unfärbbare Muttersubstanz des Keratohyalins in den Zellkörper übergehen. Wenn ich zum Schluss dieses langen Kapitels die darin niedergelegten Untersuchungen bezüglich der Herkunft des Kera- tohyalins zusammenfasse, so komme ich zu folgendem Resultat: Das Keratohyalin stammt aus dem Kern, es ist jedoch nieht gewöhnliches, wahrschein lich aueh nicht metamorphosirtes Chromatim, sondern das Umwandlungsproduet eines un- färbbaren, noch nicht näher bekannten Kern bestandtheiles und tritt entweder in dieser Mo- difieation in den Zellkörper über, um sichrdort erst zu econsolidiren oder verlässt bereitsin definitiver Form den Kern. Eine grosse Aehnlichkeit mit dieser Theorie besitzt auch die Vermuthung Posner’s (46) über denselben Punkt. Auch er kann sich nicht entschliessen, eine direete Abstammung des Ke- ratohyalins vom Chromatin zu behaupten. Dagegen drängen auch ihn jene Bilder, welche er gelegentlich seiner Untersuchung über Schleimhautverhornung erhielt, zu der Ueberzeugung, dass der Kern bei der Eleidinbildung betheiligt sei. Und so glaubt er, dass eine Substanz aus ihm austritt, in den Zellkörper über- seht und sich mit Substanzen desselben zum Keratohyalin ver- bindet. Val Nachdem ich im Vorhergehenden die Entstehung des Ke- ratohyalins besprochen und auch für seine Umwandlung zu Ke- ratoeleidin genügende Beweise vorgebracht zu haben glaube, will ich noch in Kürze die weiteren Veränderungen dieser Substanz discutiren. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 483 Man muss bei derartigen Erörterungen jene Präparate im Auge behalten, welche nach der Ranvier’schen Methode an- gefertigt sind. Es fällt bei Betrachtung des Stratum corneum derselben auf !), dass es nicht gleichmässig rosenroth gefärbt ist, ‘sondern in regelmässigem Wechsel von breiteren, dunklen und schmäleren, hellrothen, senkrechten Bändern durchzogen wird. An Querschnitten, welche senkrecht zu den Hautleisten angefer- tigt wurden, findet man, dass die dunkelrothen Bänder in ihrer Ausdehnung den Hautleisten, die hellrothen Streifen dagegen den zwischen den Leisten gelegenen Furchen entsprechen. Bekannt- lich besteht jede Leiste aus 2 Papillenreihen, welche von Epithelzapfen getrennt werden, an deren Spitze die Ausführungs- gänge von Schweissdrüsen eintreten. Es lässt sich nun fest- stellen, dass an normaler Haut sowohl das Strat. granul. über den Papillen höher, als auch die Menge der Eleidintropfen auf dem Strat. lucid. daselbst grösser ist als in den interpapillären Partien der Epidermis. Diese Beobachtung hat auch schon früher Lazansky (39) gemacht. Auch, zeigen sich an den ersteren Stellen ab und zu nicht nur die Zellen des Strat. lueid., sondern auch die noch darüber gelegenen von Eleidintropfen be- deckt. Es besteht somit ein Parallelismus in dem Grade der Rothfärbung der Hornzellen emerseits und der Menge von Kera- tohyalin und Keratoeleidin anderseits. Mit andern Worten: Eine Zelle, welche viel: Keratohyalinkörner enthält, wird bei ihrer weiteren Veränderung auch aufs diehteste von Keratoeleidin- tropfen erfüllt sein und nimmt, sobald das Eleidin nieht mehr in Tropfenform in ihrem Zellleib nachweisbar ist, eine stärkere diffuse Rothfärbung an, als jene, welche nur wenig Keratohyalin und wenig Keratoeleidin besessen hat. Es müssen ähnliche Be- obachtungen gewesen sein, welche frühere Forscher zu der An- nahme führten, dass sich das Eleidin mit den übrigen Zell- substanzen allmählich vermische. Ich glaube, dass die hier an- geführte keine andere Deutung zulässt und die Hornzellen die rothe Farbe, welche sie bei dieser Methode annehmen, vor allem jenem Zellbestandtheil verdanken, welcher aus der Umwandlung des Eleidins hervorgegangen ist. Von den anderen Substanzen, mit welchen sieh das Strat. 1) Zur Untersuchung gelangte in diesen Fällen ausschliesslich Sohlenhaut des Menschen. 484 HansRabl: corneum färben lässt, verdienen vor allem die basischen Anilin- farben hervorgehoben zu werden. Besonders Reinke hat mit diesen gearbeitet und jene Masse, welche die Hornzellen diffus erfüllt und sich intensiv mit Saffranin und Gentiana färbt, als Prokeratin bezeichnet. Es erhebt sich nun sofort die Frage; ist vielleicht auch diese Substanz, welche dem Strat. corneum im Gegensatz zum Strat. Malpighii zukommt, ein Derivat des Elei- dins oder ist sie nur ein Produet der Degeneration des Pro- toplasmas ? Ein günstiger Zufall hat mich in den Besitz eines Präpara- tes gesetzt, welches eine Entscheidung darüber ermöglicht. Die betreffende Haut stammt von der Sohle eines Fusses, der wegen Gangrän der Zehen im Lisfrane’schen Gelenk enucleirt worden war. Die tieferen Schichten zeigten durchaus normales Aussehen, ihre Epidermis erwies sich jedoch schon bei makroskopischer Be- trachtung als doppelt. An Schnitten ergab sich, dass hier über einer ganz normalen Oberhaut abermals eine Epidermis ausge- breitet lag, welche sowohl Strat. Malpighii wie Str. granul. und corn. aufs deutlichste unterscheiden liess. Die Ursache dieser verdoppelten Oberhaut dürfte in einer ausgedehnten Blasen- bildung zu suchen sein, welche innerhalb der untersten Schichten des Rete aufgetreten war und fast das ganze Strat. plasmatieum sammt allen darüber gelegenen Schichten emporgehoben hatte. Von den jedenfalls nur in sehr geringer Anzahl zurückgebliebenen Zellen der tieferen Schichte aus hatte sich dann die gesammte Epidermis regenerirt, war jedoch mit der ursprünglichen Be- deekungnoch dureh theilweise verhornte Zellen verbunden geblieben. In dem Stratum Malpighii der abgehobenen Haut waren die Kerne zu Grunde gegangen, die Protoplasmafasern jedoch von ausser- ordentlicher Grösse und Deutlichkeit. Nach Härtung in Alkohol und Färbung nach Weigerts Methode zeigten sie sich intensiv blau, ausserdem war aber auch der gesammte übrige Zellkörper gleichmässig tiefblau tingirt. Man konnte darum die Fasern nur in den Intereellularräumen und an besonders dünnen Stellen der Schnitte erkennen. An solchen zeigten sie genau das gleiche Aussehen, welches ich auf Fig. 24 von den Zellen aus dem Strat. eorneum eines Meerschweinchens abgebildet habe. Da sich in diesen Zellen niemals eine Eleidinbildung vollzogen hatte, kann auch die in ihnen enthaltene blaue Masse nicht etwa durch Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 485 Verflüssigung von solchem entstanden sein, sondern muss als eine Substanz aufgefasst werden, welche aus dem Protoplasma der absterbenden Zelle gebildet wird. Um meine Beschreibung dieser eigenthümlichen Oberhaut zu vervollständigen, will ich hin- zufügen, dass sich das Strat. Malpighii derselben bei Behandlung mit Verdauungsflüssigkeiten sehr schnell auflöste, wobei keine Hornmembranen zurückblieben. Ebenso wie das Strat. cormeum der äusseren Haut, verhält sich auch der obere Theil der inneren Wurzelscheide der Haare bei Behandlung mit basischen Anilinfarben. Auch er färbt sich in toto intensiv, während im unteren Theil nur die Kerato- hyalinkörner eme Farbe annehmen. Beschränkt man sich aber nicht auf die Beobachtung feiner Kopfhaare des Menschen, sondern zieht man auch die Spürhaare von Carnivoren oder Na- gern in das Bereich seiner Untersuchungen, so lässt sich eine Eigenthümlichkeit der inneren Wurzelscheide nachweisen, welche sowohl in Bezug auf die Lehre vom Bau der Epithelzellen als speciell in Hinblick auf ihre Verhorpung von Interesse ist. Es zeigt sich nämlich, dass die Zellen der inneren Wurzelscheide von sehr deutlichen Protoplasmafasern durchzogen sind. Wir müssen bekanntlich die innere Wurzelscheide (sowohl die Henle’sche, wie die Huxley ’sche Schichte) in 3 über- einander gelegene Zonen eintheilen. In der untersten sind die Kerne gross, die Zellen von sehr feinen Fasern erfüllt. In der darüber gelegenen Schichte fallen die zuerst von v. Ebner be- schriebenen stark leuchtenden Tropfen auf. In der nächsten Schichte sind die Körner verschwunden, die Zellen gleichmässig homogen und bei Anwendung der Weigert’schen Fibrinfärbe- methode — wie erwähnt — prachtvoll violett gefärbt. Die Protoplasmafasern sind am deutlichsten in der Körnerzone (Fig. 48), in. den Matrix-Zellen sind sie so fein, dass sie sich nur sehr schwer darstellen lassen, in der oberen Schichte da- gegen sind sie nicht mehr kenntlich, da auch die Substanz zwischen den Fasern gefärbt ist. An ungefärbten Stücken der inneren Wurzelscheide, welche man an den grossen Spürhaaren leicht herauspräpariren und isoliren kann, sieht man dagegen — wenigstens in demjenigen Theile der oberen Schichte, welche an die Körnerzellen angrenzt — noch deutlich Fasern. Ich habe auf Fig. 49 ein Stück der Henle’schen Schichte abgebildet, 486 HansRabl: woran die Längsstreifung sofort in die Augen fällt. Kerne waren — wenigstens am ungefärbten Präparat — nicht zu entdecken. Wir haben hier somit einen neuerlichen Beweis von der allgemeinen Verbreitung des faserigen Baues der Epithelzellen, aber auch ein weiteres Beispiel von der Persistenz von Fasern in verhornenden Zellen und können uns aufs sicherste überzeugen, dass sie bei diesem Process weder zu Keratohyalin zerfallen — wie dies Blascehko angenommen hat — noch sich in irgend einer anderen Weise auflösen. Dass sie im oberen Theil des homogenen Abschnittes der inneren Wurzelscheide nicht mehr sichtbar sind, muss wohl darauf zurückgeführt werden, dass hier die Zwischensubstanz allmählich eine solche Modification erfährt, dass die Fasern in ihr aus rein optischen Gründen nicht mehr wahrnehmbar sind. Es scheinen bereits verschiedene Autoren die Faserung in diesen Zellen gesehen zu haben. So hat Waldeyer und erst jüngst M. Günther (24) isolirte Zellen der Henle’schen und Huxley ’schen Scheide abgebildet, an welchen eine sehr deut- liche Längsstreifung wahrnehmbar ist. Doch habe ich im Text ihrer Arbeiten keine Erwähnung dieser charakteristischen Er- scheinung gefunden. Anschliessend an diese Beobachtung möchte ich hier noch über einige andere Eigenthümlichkeiten der inneren Wurzelscheide berichten. Bringt man ein isolirtes Stück derselben in ein Verdauungs- gemisch, so beobachtet man zunächst einen Zerfall derselben in ihre Elemente. Weiterhin wird aber nicht nur die Kittsubstanz, sondern auch der unverhornte Inhalt der Zellen aufgelösst, so- dass schliesslich nur mehr ihre Membranen als glashelle Plätt- chen zurückbleiben. Doch vollzieht sich dieser Process viel langsamer als an der äusseren Haut und benöthigt. bei Zimmer- temperatur 2 Tage. An Haaren, welche zur selben Zeit in die Verdauungsflüssigkeit eingelegt worden waren, trat keine Spur einer Aenderung, nicht einmal eine Isolirung der Zellen ein. Es scheint sonach die innere Wurzelscheide in Bezug auf den Grad ihrer Verhornung zwischen Haar und äusserer Haut zu stehen. Von verschiedenen Autoren ist bekanntlich ihr oberster Abschnitt dem Stratum lueid. der äusseren Haut hombologisirt worden, da er mit diesem in Bezug auf seine Lage überein- Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 487 stimmt. Die eben angeführte Beobachtung beweist jedoch, dass sich diese beiden Schichten bezüglich ihres Baues recht ver- schieden verhalten. Ein weiterer Unterschied zwischen ihnen liegt darin, dass in der inneren Wurzelscheide kein flüssiges Eleidin nachgewiesen werden kann. Aus der Farbe und chemischen Beschaffenheit der Körner habe ich den Schluss gezogen, dass diese dem Kerato-Eleidin der Haut näher stehen als dem Keratohyalin und somit hier ein Beispiel vorliegt, dass eine dem Kerato-Eleidin verwandte Sub- stanz direkt in der Zelle entsteht, ohne dass ihr ein kerato- hyalines Stadium vorangegangen wäre. In Bezug auf die wei- teren Veränderungen der Körner wird nun von allen Forschern übereinstimmend berichtet, dass sie in kleinere zerfallen und schliesslich verschwinden, wobei sie nach den Beobachtungen von Günther noch eine Farbenänderung eingehen, indem sie an Präparaten, welche kurze Zeit in Müller’scher Flüssigkeit ge- härtet und mit Böhmer 'schem Hämatoxylin und Eosin gefärbt färbt waren, in der eigentlichen Körnerzone roth, in der obersten Zelle dagegen, welche den Uebergang zur homogenen Schichte bildet, blau gefärbt sind. Dass sie nicht jene Beschaffenheit annehmen, welche das flüssige Eleidin der Haut besitzt, geht daraus hervor, dass sich der homogene Theil der inneren Wur- zelscheide nicht mit Pierocarmin färbt. An Präparaten, die in Alkohol gehärtet, in Celloidin eimgebettet und mit Ranvier- schem Pierocarmin gefärbt waren, ist das Strat. lucidum der Haut intensiv roth, in den Haarbälgen erstreckt sich der rothe Streifen, soweit das Strat. corneum der äusseren Wurzelscheide reicht. Die innere Wurzelscheide aber ist gelb gefärbt. Die- selbe Farbe nimmt diese Schichte auch an Präparaten an, welche aus Müller’scher Flüssigkeit stammen. Wenn man solche zu- nächst in eine Verdauungsflüssigkeit bringt, so verschwindet der Inhalt der Hornzellen, während im übrigen an den Präparaten keine Veränderung eintritt. Färbt man wieder nun ganz kurz mit verdünntem Pierocarmin, so tritt das Stratum lueidum als leuchtend rothes Band hervor. Auf Fig. 54 ist ein so behan- delter Sehnitt von der Fusssohle abgebildet. Auch im Strat. granul. ist eine rothe Farbe sichtbar, welche theils den Körnern, theils dem Zellprotoplasma anhaftet, in letzterer Form aber so schwach ist, dass sie auf dem Bild ganz weggelassen wurde. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 48 32 488 Hans Rabl: Ich möchte daraus schliessen, dass bereits im Strat. granul. die Lösung eines kleinen Theiles der Körner stattfindet, während alle übrigen sich zur gleichen Zeit verflüssigen, wodurch die Grenze. zwischen Stratum granul. und lueid. eine scharfe wird. An Schnitten durch die Kopfhaut, die in Chromosmium- Eisessig gehärtet und mit Saffranin gefärbt worden waren, nimmt der homogene Theil der inneren Wurzelscheide eine leuchtend rothe Farbe an, wie dies Flemming zuerst beschrieben hat (18). Es ist dies eine Reaction, welche aus dem Grunde beson- dere Wichtigkeit beansprucht, weil sie beweist, dass sich wenig- stens das Eleidin der Haare in keine fettartige Substanz um- wandelt. Ob aber mit derselben Entschiedenheit auch an der äusseren Haut jede Beziehung des Eleidins zu Fett geleugnet werden muss, ist eine andere Frage. Es scheint mir dies sogar zweifelhaft und ich möchte da auf die Aehnlichkeit hinweisen, welche frische Schnitte darbieten, die einerseits mit Pierocarmin, andererseits mit Osmiumsäure gefärbt wurden. Sie stimmen nämlich in dem augenfälligen Punkt überein, dass sie beide an den Wellenbergen dunkler, an den interpapillären Theilen der Hornschicht dagegen heller gefärbt sind. Aus dem, was ich ein- gangs dieses Kapitels über die muthmassliche Ursache der Car- minfärbung der Hornschicht gesagt habe, ergiebt sich der Schluss dass möglicher Weise der weitere Umwandlungskörper des Elei- dins der Haut ein Fett ist, oder wenigstens ein solches aus dem- selben abgespalten wird. Ich will hiermit meine Ausführungen über die Verhornung der Oberhautgebilde abschliessen. Wo sich Gelegenheit ergab, habe ich mich bemüht, die durch verschiedene Methoden erhal- tenen scheinbar verschiedenen Resultate mit einander in Einklang zu bringen und für jede Erscheinung auch eine Ursache anzu. geben. Vielleicht wird sich durch künftige Untersuchungen in einem oder dem anderen Falle herausstellen, dass die hier nieder- gelegten Anschauungen unzutreffend, die vorgebrachten Erklärungs- gründe nicht stiehhaltig sind. Ich hoffe, dass mir daraus kein Vorwurf gemacht wird. Blaschko glaubt, dass an den unbe- friedigenden Resultaten derartiger Untersuchungen die Chemie die Schuld trage, weil sie uns derzeit noch über die Constitution aller jener Körper im Unklaren lasse, welche hierbei ins Spiel kommen. Wer sich aber mit den feineren Details im Bau der Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 489 Zellen beschäftigt, wird alsbald zur Ueberzeugung kommen, dass uns dieser Uebelstand nicht nur bei Arbeiten über die Verhornung, sondern auch auf jedem anderen Gebiete entgegentritt, und dass wir, wo immer eine gewisse Gründlichkeit in der Behandlung des Gegenstandes angestrebt wird, zu Hypothesen greifen müssen, um die alltäglichsten histologischen Erscheinungen zu erklären. Gerade derartige Auseinandersetzungen wirken aber in erhöhtem Maasse befruchtend auf die Wissenschaft, weil sie zu kritischer Nachuntersuchung herausfordern. Wenn meine Arbeit in diesem Sinne von Erfolg begleitet wäre, würde ich damit vollauf zu- frieden sein. Zum Schlusse fühle ich mich gedrängt, meinem hochver- ehrten Lehrer und Chef, Herrn Hofrath v. Ebner, meinen wärmsten Dank für die mannigfache Unterstützung zu sagen, die er mir während dieser Untersuchungen zu Theil werden liess, insbesondere für die gütige Durchsicht aller derjenigen Präpa- rate, auf welche ich mich bei den vorstehenden Ausführungen vor allem stützen zu können glaubte. Aus dem gleichen Grunde bin ich auch Herrn Professor Schaffer zu bestem Dank ver- pflichtet. Ich hatte die vorliegende Arbeit bereits abgeschlossen, als das 4. Heft des 47. Bandes dieses Archivs erschien, in welchem ein Aufsatz von P. Ernst, betitelt: „Studien über die normale Verhornung mit Hülfe der Gram’schen Methode“ enthalten ist. Da die darin niedergelegten Befunde zahlreiche, in der vorliegen- den Arbeit besprochene Punkte berühren, will ich mir erlauben, sie in Kürze einer Besprechung zu unterwerfen und danke gleich- zeitig Herın Geheimrath Waldeyer bestens, mich auf dieselbe aufmerksam gemacht zu haben. Ernst glaubt sich zur Annahme berechtigt, dass die Gram’sche Methode „die Anfangsstadien der Hornbildung heraus- hebe“. Das ist im Hinblick auf die Färbung der Fibrillen der Haarzellen in einer gewissen Höhe des Schaftes gewiss richtig. Doch dürfte er zu weit gehen, wenn er alle in der Epidermis nach dieser Methode gefärbten Gebilde vom gleichen Gesichts- punkt aus betrachtet. Bekanntlich färben sich auch andere Dinge in derselben Weise und Ernst selbst stellt zum Schlusse seiner Arbeit eine Reihe von solchen zusammen, sodass er sich vor dem 490 HansRabl: Verdacht sicher glaubt, „als fasste er die Methode als eine spe- eifische histo-chemische Reaktion auf“. Wenn aber in anderen Geweben und Organen ab und zu Körper vorkommen, die sich nach Gram tingiren ohne deswegen junge Hornsubstanz zu sein, warum soll dies nicht auch von der Epidermis und ihren Anhangsorganen gelten? Ich möchte diesen Schluss besonders auf die Eleidinschollen in der Huxley schen Schichte des Haares anwenden, welche gewiss niemals zu Horn werden. Auch die in den Zellen des Stratum corneum der äusseren Haut ent- haltenen Fasern, Netze und Krümeln verhornen späterhin niemals. Wenn die Gram’sche Methode eine scharfe Reaktion auf junge Hornsubstanz darstellen würde, dann müsste sie die Zellmem- branen in der Uebergangszone zwischen Stratum Malpighii und Str. eorneum färben, was sie jedoch nieht thut. Von besonderem Interesse ist es mir, dass sie in den Horn- zellen — wie erwähnt — Fasern und Krümeln sichtbar macht, welche möglicher Weise die unversehrten, respektive zerfallenden Protoplasmafasern darstellen. Auch die feinen Körnchen, welehe in den Zellen der Henle’schen Schiehte unterscheidbar werden, sind vielleicht Querschnitte der von mir in dieser Schichte be- schriebenen Fasern, da Ernst — wie es scheint — ausschliess- lich an Querschnitten gearbeitet hat. Ich glaube, dass diese Methode einen chemischen Körper aufgedeckt hat, welcher in verhornenden Zellen vorkommt und bald an echte, persistirende Hornfibrillen, bald aber auch an Protoplasmafasern oder Eleidingranula gebunden ist. Die nähere Erforschung dieses Körpers muss weiteren Untersuchungen vor- behalten bleiben. Literatur-Verzeichniss. Dasselbe beansprucht durchaus keine Vollständigkeit, sondern enthält nur jene Arbeiten, auf welche im Text Bezug genommen wurde. Wer sich bezüglich der Publicationen über Protoplasmafaserung und Verhornung genau zu orientiren wünscht, möge darüber bei Kro- mayer, Waldeyer, Grosser und Stieker (Ueber die Ent- wicklung und den Bau des Wollhaares beim Schafe, Inauguraldisser- tation Berlin 1887) nachlesen. 1. Aufhammer, Kritische Bemerkungen zu Schrön’s Satz: Lo strato corneo trae la sua origine delle ghiandole sudorifere. Ver- handl. der phys.-med. Gesellschaft zu Würzburg N. F. 1869. 13. 14. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 491 Behn, Studien über die Verhornung der menschlichen Oberhaut. Archiv f. mikrosk. Anat. 39. Bd. Beneke, Ueber eine Modification des Weigert’schen Fibrinfärbe- verfahrens. Verhandl. der anatom. Gesellsch. 1893. Bizzozero, Delle cellule eigliate del reticolo malpighiano dell’ epidermide. Annal. univers. di medic. Vol. 190, 1864. Derselbe, Sulla struttura degli epiteli pavimentosi stratificati. Rendiconti del R. Istituto Lombardo, Vol. III, 1870, und: Ueber den Bau der geschichteten Plattenepithelien. Untersuchungen zur Lehre der Menschen und der Thiere, herausgegeben von J. Mole- schott, XI. Bd. Derselbe, Ueber den Bau der geschichteten Pflasterepithelien. Internat. Monatsschrift für Anatomie und Histologie, II. Bd. 1885, Blaschko, Ueber den Verhornungsprocess. Verhandl. der deut- schen dermatol. Gesellschaft. 1889. Ergänzungsheft zum Archiv f. Dermat. und Syph. und Archiv f. Anat. u. Physiol. Phys. Abth. 1891. v. Brunn, Zur Kenntniss der Haarwurzelscheiden. Arch. f. mikr. Anat. 41. Bd. F. Buzzi, Keratohyalin und Eleidin. Monatsschrift für proct. Der- mat. VIII. Bd. R. y. Cajal, Contribution A l’etude des cellules anastomos6es des epitheliums pavimenteux stratifiös. Intern. Monatschr. f. Anat. und Hist. III. Bd. Carnoy, La Cytodierese de l’oeuf. La segmentation de l’oeuf chez les Nematodes. La Cellule. Tome III. Th. Cohn, Ueber Intercellularlücken und Kittsubstanz. Anat. Hefte, V. Bd. Dreysel und Oppler, Beiträge zur Kenntniss des Eleidins in normaler und pathologisch veränderter Haut. Archiv f. Derm. und Syph. 30. Bd. 189. Drüner, Beitrag zur Kenntniss der Kern- und Zelldegeneration und ihrer Ursachen. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. N. F. 21, 1894. V.v. Ebner, Mikroskopische Studien über Wachsthum und Wechsel der Haare. Sitzungsber. der k. Akad. der Wissensch. in Wien. 74. Bd. 1876. P. Ernst, Ueber die Beziehung des Keratohyalins zum Hyalin. Virchow’s Archiv 116. Bd. B. Fischer, Neue Beiträge zur Kritik der Fixirungsmethoden. Anat. Anzeiger 1895. W. Flemming, Mittheilung zur Färbetechnik. Zeitschr. f. wissensch. Mikrosk. I. Bd. Derselbe, Ueber die Bildung von Richtungsfiguren in Säuge- thiereiern beim Untergang Graaf’scher Follikel. Archiv f. Anat. u. Phys. Anat. Abth. 1885. Derselbe, Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. Archiv f. mikr. Anat. 37. Bd. » SD ID Hans Rabl: Derselbe, Morphologie der Zelle und ihrer Theilungserschei- nungen. Ergebnisse der Anat. und Entwicklungsgesch. 3. Bd. 1893. Derselbe, Ueber Intercellularlücken des Epithels und ihren Inhalt. Anatom. Hefte, VI. Bd. U. Grosse, Ueber Keratohyalin und Eleidin und ihre Beziehung zum Verhornungsprocess. Inauguraldissert. Königsberg 1892. M. Günther, Haarknopf und innere Wurzelscheide des Säuge- thierhaares. Inauguraldissert. Berlin 189. M. Heidenhain, Beiträge zur Kenntniss der Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Adnexa bei den ein- heimischen Tritonen. Archiv f. mikrosk. Anat. 35. Bd. F. Hermann, Beiträge zur Histologie des Hodens. Arch. f. mikr. Anat. 34. Bd. Derselbe, Ueber regressive Metamorphosen des Zellkerns. Anat. Anzeiger 1Il. Jahrg. Herxheimer, Ueber eigenthümliche Fasern in der Epidermis und im Epithel gewisser Schleimhäute. Archiv f. Derm. u. Syph. 21. Bd. 1882. Hoppe-Seyler und Friedländer, Handbuch der physiologisch und pathologisch-chemischen Analyse. VI. Auflage. Berlin 1893. M. Ide, La ımembrane des cellules du corps muqueux de Mal- pighii. La Cellule, Tome IV. Klebs, Handbuch der allgemeinen Pathologie, Jena 1888. A. v. Kölliker, Handbuch der Gewebslehre des Menschen. 6. Aufl. K. v. Kostanecki, Ueber die Schicksale der Centralspindel bei karyokinetischer Zelltheilung. Anatom. Hefte, II. Bd. R. Krause, Beiträge zur Kenntniss der Haut der Affen. Inau- guraldissert. Berlin 1888. F. Kromayer, Zur pathologischen Anatomie der Psoriasis nebst einigen Bemerkungen über den normalen Verhornungsprocess und die Structur der Stachelzellen. Archiv f. Derm. u. Syph. 1890. Derselbe, Ueber die Deutung der von Herxheimer im Epithel beschriebenen Fasern. Ebenda 1890. Derselbe, Die Protoplasmafaserung der Epithelzelle. Archiv f. mikrosk. Anat. 39. Bd. Langerhans, Ueber Tastkörperchen und rete Malpighi. Archiv f. mikrosk. Anat. 9. Bd. LaZansky, Zur Keratohyalin-Frage. Archiv f. Derm. u. Syph. 1590. Ergänzungsheft. G. Lott, Ueber den feineren Bau und die physiologische Rege- neration der Epithelien. Untersuchungen aus dem Institute für Physiol. und Histol. in Graz. Leipzig 1873. Mertsching, Histologische Beiträge über Keratohyalin und Pig- ment. Virchow’s Archiv, 116. Bd. Mitrophanow, Ueber Intercellularlücken und Intercellularbrücken im Epithel. Zeitschr. f. wiss. Zool. 41. Bd. | Peremeschko, Ueber die Theilung der thierischen Zellen. II Archiv f. mikrosk. Anat. 17. Bd. Ma SE 2 5 49. 62. 69. Untersuchungen über die menschliche Oberhaut etc. 493 W. Pfitzner, Die Epidermis der Amphibien. Morph. Jahrh. VI. Bd. Derselbe, Zur pathologischen Anatomie des Zellkerns. Virchow’s Archiv 1886. 103. Bd. Posner, Untersuchungen über Schleimhantverhornung. (Pachy- dermia mucosae) Virchow’s Archiv 118. Bd. H. Rabl, Ueber die Herkunft des Pigmentes in der Haut “der Larven der urodelen Amphibien. Anat. Anzeiger. 139. Derselbe, Ueber Verhornung. Verhandl. der anatom. Gesellsch. 1896. Ranvier, Sur une substance nouvelle de l’&piderme et sur le processus de Keratinisation du revötement epidermique. OComptes rendus de l’Acad. des sciences 1879, t. 89. Derselbe, Nouvelles recherches sur le mode d’union des cellules du corps muqueux de Malpighi. Ebenda t. 89. Derselbe, Sur la structure des cellules du corps muqueux de Malpighi. Ebenda 1882, t. 9. F. Reinke, Untersuchungen über die Horngebilde der Säuge- thierhaut. Archiv f. mikrosk. Anat. 30. Bd. Derselbe, Zellstudien. I. Ebenda. 43. Bd. Renaut, Sur l’evolution epidermique et l’evolution cornee des cellules du corps muqueux de Malpighi. Comptes rendus de l’Acad. d. seiences 1887. t. 9. G. Retzius und A. Key, Zur Kenntniss der Saftbahnen in der Haut des Menschen. Biol. Untersuchungen. 1881. G. Riehl, Zur Kenntniss des Pigmentes im menschlichen Haar. Vierteljahrsschrift f. Dermat. und Syph. 1884. Rosenstadt, Zellgranula, Keratohyalin und Pigmentgranula. Intern. Monatsschr. f. Anat. und Histol. 10. Bd. H. Schmaus und E. Albrecht, Ueber Karyorrhexis. Virchow’s Archiv Bd. 138. Supplementsh. 1895. OÖ. Schrön, Ueber die Porenkanälchen in der Membran der Zellen des rete Malpighii beim Menschen. Moleschott’s Untersuch. Bd. IX. M. Schultze, Die Stachel- und Riffzellen der tieferen Schichten der Epidermis, dicker Pflasterepithelien und der Epithelialkrebse. Virchow’s Archiv 30. Bd. 1864. F. Schwarz, Die morphologische und chemische Zusammensetzung des Protoplasmas. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Bd. V. Selhorst, Ueber das Keratohyalin und den Fettgehalt der Haut. Inauguraldissert. Berlin 1890. E. Strasburger, Ueber Kern- und Zelltheilung im Pflanzen- reich nebst einem Anhang über Befruchtung. Jena 1888. Tettenhammer, Ueber die Entstehung der acidophilen Leuco- eytengranula aus degenerirender Kernsubstanz. Anat. Anz. VIII. Jahrg. 1893. P. Unna, Beiträge zur Histologie und Entwicklungsgeschichte der menschlichen Oberhaut und ihrer Anhangsgebilde. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 12. Derselbe, Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Haut. Ziems- sen’s Handbuch der Hautkrankheiten 1. 494 HoamseR abi: 67. d’Urso, Giorn. nat. Nopolit. I. 68. W. Waldeyer, Untersuchungen über die Histogenese der Horn- gebilde im besonderen über Haare und Federn. Beiträge zur Anatomie und Physiologie, als Festgabe J. Henle gewidmet von seinen Schülern, Bonn 1882. 69.* Zabludowski, Der Verhornungsprocess während des Embryo- nallebens. Mittheilungen aus dem k.k. embryol. Institut der Uni- versität Wien. 1880. II. Bd. 70. Zander, Untersuchungen über den Verhornungsprocess. II. Mit- theilung. Der Bau der menschlichen Epidermis. Archiv f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1888. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIX, XX u. XXI. (Alle jene Abbildungen, bei welchen nicht speciell die Ver- grösserung angegeben ist, wurden nach Zeiss, apochrom. Objectiv mit der aequival. Brennweite von 2mm, und dem Ocular 8 gezeichnet.) Fig. 1. Partie aus dem Strat. Malpighii der Sohlenhaut. Mensch. Härtung in absolutem Alkohol, Färbung nach Weigert m Anilinwasser-Methylviolett, Nachbehandlung mit Jod-Jodkali, differenzirt in Anilin 1:Xylol 2. An der in der Mitte gele- genen Zelle ist der Kern nicht zu sehen, sie ist daher nur angeschnitten. Zellgruppe aus dem Epithel des Zahnfleisches eines 5 monat- lichen menschlichen Embryos. Härtung in Pikrinsäure-Sub- limat. Färbung mit Hämatoxylin (Delafeld) und Eosin. Fig. 3—5. Zellen aus einem Carecinom der Unterlippe. Härtung und Färbung wie bei Fig. 2. R- rothes Blutkörperchen. Fig. 6—10. Zellen der Haarrinde aus einem Längsschnitte durch die Wurzel eines Spürhaares.. Kaninchen. Fig. 6 knapp ober dem Haarbulbus, Fig. 7, 8, 9, 10 der Reihe nach über ein- ander gelegene Abschnitte des Haares. Härtung und Färbung wie bei 2. Fig. 11—13. Zellen aus einem Längsschnitt durch die Krallenplatte eines neugeborenen Kätzchens. Fig. 11 der Matrix, Fig. 13 der Spitze genähert. Härtung und Färbung wie bei 2. Fig. 14—19. Markzellen aus dem Hauptstrahl einer Dunenfeder. Hühner- embryo von 17 Tagen. Die Verhornung der Zellen schreitet von Fig. 14—19 fort. Härtung und Färbung wie oben. Fig. 20—22. Zellgruppen aus der Linse eines 7 monatlichen mensch- lichen Embryos, Fig. 20 zeigt normale Kerne, Fig. 21 die be- ginnende Degeneration, Fig. 22 die Endstadien derselben, welche dem vollkommen Unsichtbarwerden der Kerne voraus- gehen. Härtung in Pikrinsäure-Sublimat. Färbung mit Coche- nille-Alaun (Czokor). Fig. 23. Frische Hornzellen, in physiologischer Kochsalzlösung isolirt. Fig. 24. Zelle aus der tieferen Schichte des Strat. corneum. Sohle. > os 6) Untersuchungen über die menschliche Oberhaut ete. 495 Meerschweinchen. Härtung in Alkohol. Färbung nach Weigert wie Fig. 1. Fig. 25. Partie aus dem Stratum corneum der Fusssohle. Mensch. Müller’sche Flüssigkeit. ', 26. Partie aus der Sohlenhaut. Mensch. Ungehärtet zwischen Klemmleberstücken geschnitten, durch kurze Zeit verdaut, mit Hämatoxylin gefärbt. Str. M.= Stratum Malpighi, Str. c. = Strat. corneum. Fig. 27—28. Partieen aus der Epidermis der Fusssohle, Mensch. Härtung in Alkohol, Färbung nach Weigert, wie Fig. 1. Sir. M.= Strat. Malpighii, Str. c. = Strat. corneum. Fig. 29—33. Zellen aus dem Strat. granulosum der Kopfhaut. Mensch- licher Embryo aus dem VII. Monat. Härtung in Pikrinsäure- Sublimat. Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. Fig. 34. Epidermis des Augenlieder eines neugeborenes Kätzchens. Härtung und Färbung wie an den vorhergegangenen Figuren. Fig. 35. Oberflächliche Zellgruppe aus dem Epithel des Orific. urethrae. 9 jähriger Knabe. Härtung und Färbung wie vorher. Fig. 36—43. Keratohyalinhaltige Zellen aus dem Epithel der Vagina, erwachsene Frauensperson. Härtung und Färbung wie oben. Fig. 44—47. Zellen aus dem Strat. granulosum des Präputium. Yjäh- riger Knabe, Härtung wie vorher, Färbung mit Hämatoxylin. Fig. 48. Partie aus der Huxley’schen Schichte der inneren Wurzel- scheide eines Spürhaares. Längsschnitt. Kaninchen. Härtung in Alkohol, Färbung nach Weigert. Gezeichnet mit Zeiss’ apochrom. Obj. 4mm Brennweite, Ocular 8. Fig. 49. Henle’sche Schichte aus der inneren Wurzelscheide eines Spürhaares, ungefärbt in Glycerin - Wasser eingeschlossen. Gezeichnet mit Zeiss’ apochrom. ÖObjectiv {mm Brennweite, Comp. Ocular 8. Fig. 50. Partie aus der quergeschnittenen äusseren Wurzelscheide eines Haares. Mensch. Haut aus der Umgebung des Afters. Härtung in Pikrin-säure-Sublimat. Färbung mit Hämatoxylin- Eosin. Gezeichnet mit Reichert’s Objectiv 8, Ocular 3. Fig. 51. Degenerirende Kerne aus der äusseren Wurzelscheide. Kopf- haut. Menschlicher Embryo aus dem 7. Monat. Um den Kern rechts der zugehörige Zellkörper, der noch etwas Keratohyalin enthält, dazugezeichnet. Härtung und Färbung wie vorher. Fig. 52. Keratohyalinhaltige Zelle aus der Haut eines 17 Tage alten Hühnerembryos. Härtung und Färbung wie vorher. Flach- schnitt. Fig. 53. Keratoeleidinhaltige Zelle aus der nächst höheren Schichte der Epidermis. Dasselbe Präparat. Fig. 54. Sohlenhaut. Mensch. Müller’sche Flüssigkeit. Verdaut, Fär- bung mit Ranvier’s Pierocarmin. Gezeichnet mit Reichert’s Obj. 2, Oeular 3. 496 (Aus dem I. anatomischen Institut in Berlin.) Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz des Rückenmarks beim Neu- geborenen und über die Mittelzellen. Von Dr. P. Argntinsky, Professor der Kinderheilkunde in Kasan. Hierzu Tafel XXI. Dass eine segmentale Anordnung der Ganglienzellensäulen im menschlichen Rückenmark vorhanden sei, wird von verschie- denen Anatomen behauptet und als sicher bewiesen angesehen ; insbesondere gilt das in Betreff der motorischen Zellsäulen der Vorderhörner. Man muss sich aber sagen, dass die positiven Befunde, aus denen auf Segmentation geschlossen wird, nicht gerade als durchaus beweisend zu betrachten sind; ferner ist zu bedenken, dass die vergleichende Anatomie von einem solchen segmentalen Bau der grauen Substanz des Rückenmarks bei den verschiedenen Klassen der Vertebraten nicht viel Thatsächliches mitzutheilen vermag. Es ist wohl allgemein bekannt, mit welchem Nachdruck G. Schwalbe in seiner Neurologie (1) die Ansicht von einer segmentalen Anordnung der Vorderhornsäulen im Rückenmark des Menschen vertritt; eine Ansicht, welche auch in der von Schwalbe angeregten bekannten Arbeit von Lüderitz „Ueber das Rückenmarksegment“ (2) speciell besprochen ist und zu be- gründen gesucht wird. Schwalbe erwähnt vor Allem die Angabe von Schieffer- decker (3), dass im Lendenmark des Hundes die Ganglien- zellen der vorderen medialen und seitlichen Gruppen des Vorder- horns auf Längsschnitten rosenkranzförmig angeordnet sind und zwar derart, dass breitere Partien mit viel Ganglienzellen mit Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 497 dünneren an Ganglienzellen armen Strecken wechseln, wobei die an Ganglienzellen reichen breiten Theile, nach Schwalbe’s Ansicht, den Austrittstellen der vorderen Wurzeln entsprechen. Schwalbe findet, dass die vergleichende Anatomie Aehnliches lehrt. Er weist darauf hin, dass Freud (4) die von ihm als „Hinterzellen“ benannten Ursprungstellen der sensiblen Wurzeln bei Petromyzon (Ammocoetes) in der Längsrichtung des Rücken- marks bald gehäuft, bald vereinzelt und durch weite Distanzen getrennt findet, dass ferner, nach Stieda (5), die Zahl der Nervenzellen auf Querschnitten des Aalrückenmarks sehr wech- selnd ist, und dass viele Querschnitte überhaupt ohne Ganglienzellen sind. Schwalbe ist geneigt, diese wechselnde Vertheilung der Nervenzellen auf eine ursprüngliche Segmentirung zurück zu- führen, und zwar derart, dass jedem Körpersegment ein Rücken- marksegment, als gewissermaassen selbständiges Centrum ent- spricht. Schwalbe meint ferner, dass das Rückenmarksegment bei den niederen Wirbelthierformen seine Selbständigkeit besser be- wahrt habe, als bei höheren und bei jenen vielfach schon äusser- lich an der Gliederung des Rückenmarks zu erkennen sei, indem jedem spinalen Nervenpaar eine Anschwellung des Rückenmarks entspreche. Dagegen glaubt er, dass bei höheren Wirbelthieren nur die oben erwähnte, auf dem Längsschnitt rosenkranzförmige Anordnung der Ganglienzellen auf die ursprüngliche Segmen- tirung hinweise. Er setzt hinzu, dass die Ermittelungen der Physiologie über die Ausbreitung und den Verlauf der Reflex- bewegungen vortrefflich mit einer segmentalen Anordnung der Ganglienzellen im Rückenmark harmoniren. Die Arbeit von Lüderitz (2) sucht Alles zusammenzu- stellen, was bei verschiedenen Autoren als Hinweis auf den seg- mentalen Bau des Rückenmarks sich findet und fügt eine eigene auf den Nachweis einer Segmentation gerichtete Untersuchung hinzu, und zwar über das Rückenmark der Ringelnatter, des Kaninchens und des Menschen. Die von Lüderitz zusammengestellten, von verschiedenen Autoren ermittelten Thatsachen beziehen sich sowohl auf die äussere Form, als auf den inneren Bau des Rückenmarks. In Bezug auf die Form des Rückenmarks erwähnt Lüderitz: a) dass das bandartige Rückenmark von Branchiostoma 498 PR. Argutinsky: aus hintereinander liegenden Anschwellungen bestehen soll (Qua- trefages (6)); b) dass am Rückenmark einiger Fische in der Gegend der Nervenursprünge knotenartige Verdiekungen (An- schwellungen) vorhanden sind; e) dass bei Schlangen und ebenso bei Anguis fragilis einem jeden Nervenpaar eine kleine rund- liche Anschwellung am Rückenmark entspricht. Den inneren Bau des Rückenmarks betreffend, giebt Lüderitz an: a) dass, nach Schröder van der Kolk (7); da, wo die Nerven in das Rückenmark eintreten, mehr Ganglien- zellen vorhanden sind, als in den Interstitien (bei der Kuh); b) dass nach Bidder und Kupffer (8) das Halsmark der langhalsigen Vögel, entsprechend dem jedesmaligen Ursprunge eines Nerven, eine grössere Zahl von Nervenzellen bietet; c) dass nach Stieda (5) beim Hecht, Barsch, Wels und verschiedenen Öyprinusarten die Zahl der Nervenzellen in den Unterhörnern (Vorderhörnern) an den Nervenaustrittstellen bedeutend vermehrt ist. Stieda fand beim Aal und bei der Quappe in einer grossen Anzahl von aufeinander folgenden Querschnitten des Rückenmarks häufig keine Ganglienzellen, wiederum aber einige wenige Zellen (bis zehn), wenn zugleich untere Wurzeln sichtbar waren; d) dass nach Schiefferdecker (3), wie bereits erwähnt, die vorderen medialen und die vorderen lateralen Zellsäulen des Vorderhorns im Lendenmark des Hundes rosenkranzartig angeordnet sind und die breiteren Stellen mit viel Ganglienzellen den Austritt- stellen der vorderen Wurzeln zu entsprechen scheinen; e) dass die Freud ’schen Hinterzellen des Rückenmarks des Ammocoetes unregelmässig angeordnet sind, indem auf Längsschnitten, wie Freud (4) angiebt, neben Stellen, wo die Hinterzellen gehäuft liegen, sich andere Stellen finden, wo sie nur vereinzelt vor- kommen und durch weite Distanzen getrennt sind. Von seiner Untersuchung über das Rückenmark der Ringel- natter sagt Lüderitz selbst, dass sie für die Frage über den segmentalen Bau des Rückenmarks nicht gerade sehr er- siebig gewesen ist. Er findet in den Vorderhörnern an den Stellen der Wurzelaustritte nur die Ganglienzellen der lateralen Gruppe vermehrt und auch diese nur in mässiger Weise, während eine Vermehrung der übrigen zelligen Elemente der grauen Sub- stanz des Rückenmarks nicht nachzuweisen ist. Beim Kaninchen schwillt, nach Lüderitz, in der Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 499 Mitte eines jeden Rückenmarksegments die graue Substanz etwas an, und diese Zunahme betrifft hauptsächlich die Vorderhörner. Er fügt aber hinzu, dass bei anscheinender Vermehrung des nervösen Zwischengewebes (= der Nervenfasern) und der Gang- lienzellen in der Gegend der Anschwellungen die Zählungen der Ganglienzellen sowohl auf Querschnitten, wie auf Längsschnitten im Vergleich mit anderen Stellen keine Differenzen von Bedeutung ergeben. Ueber seine Befunde am Rückenmark des Menschen sagt Lüderitz S. 4953/94, dass man im inneren Bau des Rücken- marks des Menschen nur auf Spuren einer Segmentirung treffe. Eine leichte Verschiedenheit im Bau zwischen dem mittleren Abschnitt und den beiden peripheren Enden des Rückenmark- segments sei nur an den oberflächlichen Theilen des Marks nach- zuweisen. Mitunter komme es auch zu einer leichten Verschmä- lerung der Vorder- und Hinterhörner der grauen Substanz gegen- über den Stellen, wo aussen ein wurzelfreier Zwischenraum vorhanden ist, diese Verschmälerung der Vorder- und Hinterhörner sei aber mit Wahrscheinlichkeit von einer geringeren Menge der in die Hörner eintretenden . Wurzelfasern abzuleiten. Was die Ganglienzellensäulen (der Vorderhörner) betreffe, so zeigten zwar dieselben vielfach kleine Unregelmässigkeiten, seien jedoch im Wesentlichen in jeder Höhe des Segments gleich stark ent- wickelt. Einige Jahre nach Schwalbe und Lüderitz kommt Waldeyer in seiner Monographie über das Gorillarückenmark (9) ebenfalls auf die Frage von der segmentalen Anordnung der Zellsäulen im Rickenmark zu sprechen und zwar sowohl im Bezug auf den Gorilla, als auch auf den Menschen. Waldeyer stimmt nicht nur vollständig den Angaben von Schwalbe bei, sondern geht noch weiter als Letzterer, indem er beim Gorilla eine Segmentation nicht allen an den Zellsäulen des Vorder- horns, sondern auch an den Clarke’schen Säulen findet. Bei der Beschreibung der motorischen Zellsäulen im Vorderhorn des Cervicalmarks des Gorilla in der Höhe des III. und des proxi- malen Theils des IV. Halsnerven sagt er: „Sehr deutlich ergab sich durch den Verfolg successiver Schnitte der segmentale Cha- rakter der Gruppen (i. e. der Zellsäulen des Vorderhorns), wie er von Schiefferdeeker und Schwalbe (Neurologie) für 500 P+Arsmtimsky: das Rückenmark hervorgehoben ist.“ Waldeyer giebt an, dass die ÖOlarke’schen Säulen sowohl beim Gorilla, wie beim Menschen, nicht bloss auf das Dorsalmark und das obere Lum- balmark beschränkt, sondern auch im Cervicalmark und Sacral- mark nachzuweisen sind. Im Cervicalmark des Gorilla in der Höhe des III. Halsnerven findet er die Zellen der Clark e’schen Säulen „ebenfalls und zwar an der typischen Stelle, an der Basis der Hinterhörner zu 2—4 in einer kleinen Gruppe zu- sammen“ und sagt: „Offenbar ist die Anordnung der Zellen (der Clarke’schen Säule) eine segmentale, denn man trifft sie an einer Reihe aufeinanderfolgender Schnitte ununterbrochen an, während sie in voraufgehenden oder folgenden eine Strecke weit fehlen. Die Grösse und rundliche Gestalt dieser Zellen lässt sie unschwer als solche erkennen. Sie gleichen beim Gorilla ganz denen beim Menschen.“ Von den Clarke’schen Säulen im Dorsalmark des Gorilla in der Höhe des Endgebiets ‘des III. Brustnerven heisst es: „Man zählt 6—12 Zellen auf den successiven Schnitten, so dass Gruppen mit wenigen Zellen und solche mit vielen Zellen abwechseln; von Strecke zu Strecke begegnet man Schnitten ganz ohne Clarke’schen Zellen; ich schliesse daraus auf eine segmentale Anordnung auch der Zellen dieser Gruppe.“ Was das menschliche Rückenmark betrifft, so sagt Waldeyer auf pag. 122 von den Zellsäulen der Vorderhörner : „riehtig betont Schröder van der Kolk bereits das neuer- dings besonders von Schwalbe hervorgehobene segmentale Verhalten der Zellen innerhalb ihrer Säulen“. Weiter auf Seite 124: „Auch von Schiefferdecker wird eine regelmässige Ab- und Zunahme der Ganglienzellen (segmentale Anordnung) in der Längsriehtung der grauen Vordersäule angegeben.“ Auf eine segmentale Anordnung der Zellsäulen der grauen Substanz des menschlichen Rückenmarks wird auch in den letzten Jahren noch hingewiesen, so z. B. von M. von Lenhossek (10) mit den Worten, dass wir seit Schiefferdecker, Schwalbe und Waldeyer wissen, dass die Zellsäulen der Vorderhörner in der Längsriehtung in den Ursprungsgebieten der einzelnen Wurzeln einen segmentalen Charakter erkennen lassen, Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 501 In den oben angeführten Arbeiten werden die Bezeichnungen Segment, Segmentation des Rückenmarks meist in einem allge- meinen Sinne (nämlich in dem einer Sonderung in eine Kette von Gliedern), und nicht in dem speciellen Sinne, welchen die Embryologie und vergleichende Anatomie in diese Worte hinein- legen, gebraucht, so dass es noch eine offene Frage bleibt, ob wir in der Nervenzellenmasse der grauen Substanz des Rücken- marks irgend welehe Anordnung, resp. eine Vertheilung der Ganglienzellen haben, welche der ursprünglichen Segmentation, resp. Neuromerenbildung entspräche ; eine Vertheilung, welche die den einzelnen Rumpfsegmenten angehörigen Abschnitte des Rückenmarks anatomisch zu sondern gestatten würde. Offenbar entsprechen die oben angeführten Anschwellungen resp. die Glieder der Zellsäulen gar nicht den Rückenmarkseg- menten, da, wie angegeben wird, diese Anschwellungen (Glie- der) bei einer Reihe von aufeinanderfolgenden mikroskopischen Schnitten sich schon nach wenigen Querschnitten aufs Neue wieder vorfinden, während einem Rückenmarksegment (im spe- eiellen Sinne des Wortes) der untersuchten Objekte erst eine ganz bedeutend grössere Reihe von Querschnitten entsprechen würde. So findet z. Be Waldeyer im Endgebiet (also nur in einem Theil) des III. Dorsalnerven in den successiven Querschnitten wiederholt das Auftreten und Verschwinden der Zellgruppen der grauen Substanz. Somit können dieselben durchaus nicht als Segmente auf- gefasst werden und wir werden dieselben daher einfach Zell: säulenglieder oder kurzweg Glieder nennen, wobei hier aus- drücklich hervorgehoben werden muss, dass wir diese Bezeich- nung keineswegs im Sinne einer metamerischen Gliederung ge- brauchen. Ob diese Wiederholungen resp. Zellsäulenglieder in gleicher Anzahl resp. in gleichen Entfernungen von einander in Je einem Rückenmarksegment beobachtet werden, darüber geben die oben genannten Untersuchungen keine Aufklärungen. Sollte eine Gliederung in der grauen Substanz des Rücken- marks beim erwachsenen Menschen sicher nachzuweisen sein, wie es die Angaben mancher Autoren glauben lassen, so wäre es in hohem Grade wahrscheinlich, dass dieselbe in einem oder anderem Stadium der embryonalen Entwicklung des menschlichen Rückenmarks noch klarer, noch unzweideutiger sich zeige. Auch 502 P. Argutinsky: wäre es sehr möglich, dass darauf gerichtetes Studium des ent- wickelten oder embryonalen Rückenmarks der dem Menschen näher (oder ferner) stehenden Wirbelthiere noch bessere Auf- schlüsse ergeben würde. Weiter wäre es mit Vorbehalt anzu- nehmen, dass wohl gerade das Dorsalmark der Ort sei, wo wir die von uns vermuthete Zellsäulengliederung des Rückenmarks, wenn dieselbe überhaupt vorhanden ist, in erster Linie suchen müssen. Es ist vor der Hand vielleicht weniger wahrscheinlich, dass dieselbe in der Lenden- und Halsanschwellung mit ihren Segmenten von geringerer Höhe ebenso scharf, wie im Dorsaltheil, sich nachweisen lasse. Wenn im menschlichen Rückenmark in der That eine ge- sliederte Anordnung der Zellsäulen der grauen Substanz vor- handen ist, so lässt sich deren Nachweis gewiss am sichersten an Längsschnitten führen. Dazu bedarf man selbstverständ- lich einer Reihe von Längsschnitten, welche in ununterbrochener Folge durch die ganze Breite des Rückenmarks gelegt sind. Erst eine solehe Schnittführung wird uns einen zweifellosen Nachweis der etwa vorhandenen gegliederten Anordnung der Zellsäulen ermöglichen und zugleich die Ausdehnung sowie die Abstände der einzelnen Glieder (= Zellgruppen) zeigen. Es liegt auf der Hand, dass sich zu diesem Zweck das Studium der Querschnitte allein durchaus nicht eignet. Denn wir sehen an einem Querschnitt nur einen Theil eines Gliedes, also können wir ohne complieirte plastische Reconstructionen unmöglich einen Ueberblick über das gegenseitige Verhältniss der einzelnen Glieder haben. Die nachfolgende Untersuchung ist an neugeborenen Kindern und zum Theil an reiferen menschlichen Föten ausgeführt. Das Material verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrm Dr. W. Nagel, dem ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche. Zur Untersuchung diente möglichst frisches Material, wo mög- lich nur wenige Stunden nach dem Tode entnommen. Mit seltenen Ausnahmen wurde das Rückenmark für sich allein gehärtet. Nach einem medianen Weichtheilschnitte vom Hinterbaupt bis zum Steiss wurde ein Hauptmuskellappen nach beiden Seiten zurückpräparirt und Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 503 so die Wirbelbögen blosgelegt. Dann wurde zwischen Hinterhaupt und Atlas mit einer kleinen Knochenzange eingegangen und durch Abtragung sämmtlicher Wirbelbögen der ganze Duralsack des Rücken- marks bis zur unteren Hälfte des Kreuzbeins freigelegt. Hierauf wurde durch vorsichtige Durchschneidung der Durafortsätze sammt der Rückenmarknerven an den Intervertebrallöchern der geschlossene Duralsack frei abpräparirt und nach schonender Abtrennung von der Medulla oblongata das in der Dura eingeschlossene Rückenmark mit der Cauda equina aus dem Wirbelcanal herausgenommen. Als Härtungsflüssigkeit diente meist Alcohol von 96 °/,, seltener die Müller’sche Flüssigkeit. Nach Eröffnung der Dura durch zwei Längsschnitte, einen vorderen und einen hinteren, wurde das Rücken- mark in einem hohen Cylinder mit reichlicher Menge von Härtungs- flüssigkeit, beschwert durch einen leichten Glasstab, aufgehängt. Die Alkoholhärtung dauerte nur wenige Tage. Dann wurde das Rückenmark in Celloidin eingebettet und in 80°/, Alkohol aufbewahrt. Bei Härtung in Müller’scher Flüssigkeit wurde das Rückenmark aus der Flüssigkeit, ohne es in Wasser auszuwaschen, nach H. Virchow (11) in steigendem Alkohol im Dunkeln nachgehärtet, dann in abso- luten Alkohol übergeführt, ebenfalls in Celloidin eingebettet und in 800%, Alkohol aufgehoben. Erst unmittelbar vor der Untersuchung wurde das betreffende Rückenmark in Blöcke von etwa ?/,—1 cm Höhe getheilt, hierauf in gewünschter Lage auf Korken befestigt und mit dem Mikrotom in vollständige Serien von gleich dieken Schnitten (20—40 Mikren, je nach den verschiedenen Serien) zerlegt. Es wurde vor Allem das Dersalmark untersucht, weniger das Lumbal- resp. Cervicalmark und hauptsächlich Serien von Frontal- längsschnitten hergestellt, seltener sagittale Längsschnitte, ebenfalls in Serien. Das Studium der Längsschnittpräparate eines Abschnittes wurde durch eine genaue Untersuchung der Querschnitte der an- grenzenden Partien desselben Rückenmarks ergänzt. Zum Zweck der besseren Differenzirung der einzelnen Gewebs- theile wurden vorwiegend Doppel- und Dreifachfärbungen angewandt. Nach einer leichten Hämatoxylinfärbung, wozu stets die verdünnte Delafield’sche Lösung in Anwendung kam, wurden die Präparate ent- weder im Urancarmin von Schmauss (12) nachgefärbt, oder nach van Gieson (13) in eine Auflösung von saurem Fuchsin in gesättigter wässeriger Pikrinsäure übertragen. Beide Färbungsmethoden gaben nach Härtung in Alkohol (96°,) ganz ausgezeichnete Resultate. Es wurde auch nach Nissl (14) mit Seifenmethylenblau gefärbt, oder auch bloss Hämatoxylinfärbung (Delafield’sche Lösung) angewandt. Das Alter der von mir neben den Neugeborenen benutzten reiferen Föten konnte leider nicht genau bestimmt werden. Ich war nur auf die unsichere Verwerthung der Körper- resp. Steissscheitel- länge angewiesen, denn ich hatte den Grad der Markscheidenbildung an der weissen Substanz des Rückenmarks nicht bestimmt. Die ge- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 33 504 P. Argutinsky: ringste Körperlänge war 38cm (resp. Steissscheitellänge = 25 em), entsprach also dem 8. Fruchtmonat. Herrn Geheimrath Waldeyer sage ich für die freundliche Unterstützung mit Rath meinen besten Dank. Nehmen wir zur Untersuchung einen etwa 1 cm hohen Block aus dem oberen, mittleren oder unteren Dorsalmark eines Neu- geborenen und zerlegen ihn in eine lückenlose Serie von gleich dieken, genau frontalen Schnitten von etwa 25—50 mikr. (ev. auch 20 od. 40 mikr.). Bevor wir uns zu denjenigen Schnitten wenden, die dicht hinter dem Centralkanal oder auch noch in der Ebene des Centralkanals gelegen sind — auf diese be- sonders kommt es an — verschaffen wir uns einen Ueberbliek über die ganze Frontalschnittserie, indem wir bei den am meisten ventral liegenden (vorderen) Schnitten beginnen. Betrachten wir zunächst der Reihe nach die Schnitte, welche durch die Vorder- stränge, weiter die durch Vorder- und zum Theil Seitenstränge hindurchgehen. In den darauf folgenden Schnitten treffen wir zwischen Vorder- und Seitensträngen die graue Substanz der Vorderhörner, und zwar die Säulen der grossen motorischen Ganglienzellen mit ihren chromophilen Schollen und ihren ver- zweigten Dendriten. An diesen motorischen Ganglienzellen-Säulen der Vorderhörner bemerkt man an unseren Präparaten bei einer flüchtigen Durchmusterung derselben nichts, was auf eine Seg- mentation oder eine Gliederung hindeuten könnte. In den weiter dorsalwärts sich anschliessenden Schnitten hören die motorischen Zellsäulen auf, und in der grauen Substanz der Vorderhörner treten nun meist kleinere und mehr zerstreute Nervenzellen auf. Weiter dorsalwärts gehen die Schnitte der Reihe nach durch die vordere Commissur, durch den Centralkanal, die hintere Com- missur, durch die vorderen (ventralen) Abschnitte der Clarke- schen Säulen, durch die centralen Theile dieser Säulen und die hinteren Abschnitte derselben. Noch weiter dorsalwärts folgen dann die Schnitte durch Theile hinter den Clarke- schen Säulen: durch die Hinterstränge, Hinterhörner und Seiten- stränge und schliesslich durch die Hinterstränge allein. Auch an den Clarke’schen Säulen sieht man bei der Durchmuste- rung unserer frontalen Längsschnitte gewöhnlich nichts, was als Gliederung oder Segmentation aufgefasst werden könnte. Ein Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 505 ganz anderes Bild dagegen bietet sich uns in den lateralen Ge- bieten der grauen Substanz in den Schnitten, welche dicht hinter dem Centralkanal liegen und auch in einer Anzahl von denjenigen, die in der Ebene des Centralkanals gelegen sind. Trifft ein möglichst genau frontal angelegter Längsschnitt den Centralkanal (siehe Tafel XXI, Fig. 1), oder aber den ventralen Abschnitt der Clarke’schen Säulen, so sieht man jeder- seits in den lateralen Theilen der grauen Substanz, etwas ein- wärts von jedem der Seitenstränge, eine parallel der Längsaxe des Rückenmarks angeordnete Reihe annähernd gleich grosser Gruppen von kleineren Nervenzellen durch die ganze Länge des Präparats sich hinziehen; Gruppen ohne jegliche Verbindung unter einander und durch ungefähr gleiche Zwischenräume ge- trennt. Ist beim Anfertigen der Längsschnitte die Schnittrichtung keine ganz genau frontale gewesen, und hatte der Schnitt auf der einen Seite des Rückenmarks mehr dorsalwärts liegende Theile getroffen, als auf der anderen Seite, so ist gewölnlich die Reihe der Zellgruppen nur auf einer Seite zu beobachten, während erst in den weiter ventralwärts oder weiter dorsalwärts gelegenen Schnitten dieser Serie die entsprechenden Zellgruppen der anderen Seite vom Schnitte getroffen werden und demgemäss natürlich die vorher beobachteten Gruppen fehlen. Die beschriebenen Zellgruppen bleiben auf jeder Seite des Rückenmarks — sowohl rechts, als links — im äusseren Drittel der grauen Substanz liegen, bald näher dem lateralen, bald näher dem medialen Rande dieses Drittels der grauen Substanz. Wenn auch immer nahe am medialen Rande der Seitenstränge in der Schnittebene gelegen, ziehen doch die Zellgruppen nie unmittel- bar an den Seitenstrang heran. Die Entfernung der Zellgruppen vom Seitenstrange derselben Seite ist in einem und demselben Sehnittpräparate im Grossen und Ganzen gleich bleibend, das ist weniger der Fall in verschiedenen Präparaten derselben Serie (von demselben Block), auch in Präparaten aus verschiedenen Blöcken desselben Dorsalmarks und namentlich in Präparaten von verschiedenen Rückenmarken. Verfolgt man, von dem auf Taf. XXII, Fig. 1 abgebildeten frontalen Längsschnitt ausgehend, die nächsten ventralwärts und namentlich dorsalwärts folgenden Schnitte derselben Frontalschnitt- serie, so findet man die Gruppen nur in einer geringen Anzahl 506 RIP. Ar Ssmtınsky! von aufeinander folgenden Schnitten — bei Schnitten von 30 mikr. Dieke in höchstens 10—12 Schnitten — und zwar sieht man in allen diesen Schnitten jede Zellgruppe scharf von den anderen isolirt. In den weiter folgenden Schnitten, sowohl ventralwärts als dorsalwärts, hören sie alle zu gleicher Zeit auf. Die Zellgruppen zeigen in frontalen Längsschnitten ver- schiedene Umrisse. In der Mehrzahl der Fälle ist der horizontale (d. h. von rechts nach links gerichtete) Durchmesser der Zell- gruppe der grössere, seltener kommt ihm der verticale Durch- messer gleich. Es kann aber der horizontale (= quere) Durch- messer die Höhenausdehnung der Zellgruppe 11/;—2 mal und mehr übersteigen; dies findet man namentlich in den Fällen, in denen die Zellgruppen, zwar wie immer, im äusseren Drittel der grauen Substanz liegen, doch wo sie alle in etwas grösserer Ent- fernung vom Seitenstrange als sonst in der betreffenden Schnitt- serie getroffen werden. Vergleicht man die verticalen Entfernungen zwischen den Zellgruppen mit den Höhendurchmessern derselben, so findet man, dass die Abstände zweier benachbarter Gruppen merklich grösser sind, als die Durchmesser der Gruppen selbst. Ich messe die Höhenausdehnung der Zellgruppe im. Durchschnitt gegen 0,1 mm, dagegen die verticale Entfernung zwischen den ÜCentra zweier benachbarter Zellgruppen gegen 0,3 mm (0,25—0,3—0,35 mm), also kommen im Durchschnitt auf je ein Millimeter Höhe (Länge) des Dorsalmarks des Neugeborenen jederseits 3 solche Zell- gruppen. Die Breitenausdehnungen der Zellgruppen, d. h. die Ausdehnungen von rechts nach links, finde ich im Schnitt jeder- seits über 0,1— 0,2mm betragend (und darüber), bei einer Gesammtbreite des Dorsalmarks von 41/;—D mm und bei einer Breite der grauen Substanz von einem Seitenstrang bis zum anderen von 2!/,—3 mm. Die Umrisse der einzelnen Zellgruppen im Sehnitt sind selten eckige, die verschiedenen Ränder selten gerade Linien, meist sind die Contouren von Bogenlinien gebildet und, wie schon erwähnt, übertrifft die Breite meist die Höhe, ebenso ist manchmal der laterale Rand höher als der mediale. Zwar gehören die Zellen unserer Gruppen zu den soge- nannten „kleineren Nervenzellen“, aber der Grössenunterschied zwischen denselben und den „grossen“ motorischen Zellen des Dorsalmarks und den grösseren Ularke'schen Zellen ist beim Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 507 Neugeborenen ein geringer, weil die motorischen Vorderhorn- _ zellen und die Clarke’'schen Zellen noch nicht die Grösse erreicht haben, die wir beim erwachsenen Menschen beobachten !). Als das Mittel von vielen Messungen finde ich die Länge unserer Zellen 37 mikr., ihre Breite dagegen nur 17,5 mikr., während in derselben Längsschnittserie der grössere Durchmesser der moto- rischen Vorderhornzellen 42 mikr. und der kleinere Durchmesser 26,5 mikr. im Mittel ergeben haben und für die grösseren Clarke- schen Zellen dieselben Maasse 41 mikr. und 37,5 mikr. betragen. Die Zahl der Zellen in einer Gruppe ist in den Frontal- schnitten je nach der Dieke des Schnitts natürlicherweise eine verschiedene; wenn der Schnitt mässig diek ist, und die Zellen dicht gelagert sind, so finde ich in der Schnittebene im Durch- schnitt 20—25 und mehr Zellen in einer Gruppe; ist dagegen der Sehnitt dünn und die Zellen weniger dicht zusammenliegend, so zähle ich nur 12—15 bis 20 Zellen. Man findet in der Höhenausdehnung der Zellgruppe im Durchschnitt etwa, 4—6 Zellbreiten, in der Querausdehnung der Gruppe, das heisst von rechts nach links, zählt man ungefähr 5—6 Zelllängen ?). Bei’ einer stärkeren Vergrösserung (Immersion !/,,, Oe. 3 Zeiss) sieht man in den Zellen unserer Gruppen ehromophile Schollen in der Grundsub- stanz der Zelle; man sieht einen grossen blassen, scharf abgegrenzten Kern und in demselben ein intensiv gefärbtes Kernkörperchen. Diese Zellgruppen finden sich in der ganzen Ausdehnung des Dorsalmarks gleiechmässig vor; aber sie sind, wie wir als- bald sehen werden, zugleich auch auf das Dorsalmark beschränkt. Macht man frontale Längssehnitte 1. an der Grenze zwischen Dorsalmark und Lendenanschwellung, 2. an der Grenze zwischen Dorsalmark und Üerviealanschwellung, so zeigen sich folgende Verbältnisse. Sobald die für die Lendenanschwellung charak- teristischen motorischen Zellsäulen auftreten, sobald die Verbrei- terung .der Vorderhörner stattfindet, hören unsere Zellgruppen ganz auf. Etwas anders verhalten sich die Zellgruppen nach oben hin, d. h. an der Grenze zwischen Dorsalmark und Hals- 1) So sind im Dorsalmark des Erwachsenen die Längendurch- messer der motorischen Vorderhornzellen und der Zellen der Clarke- schen Säulen mehr als doppelt so lang, als beim Neugeborenen. 2) Die Gesammtzahl der Zellen einer Gruppe möchte vielleicht etwa gegen 200 sein. 508 P. Argutinsky: anschwellung. Beim Beginn der Halsanschwellung im Bereiche des I. Dorsalsegments, nach dem Auftreten der für diese An- schwellung charakteristischen motorischen Zellsäulen hören die Zellgruppen nicht sogleich auf, sondern überschreiten ein wenig die Grenze des Dorsalmarks. Wenden wir uns jetzt zu der Frage, in welchen Bezie- hungen diese im vorhergehenden beschriebenen Zellgeruppen zu denjenigen Ganglienzellenarten der grauen Substanz des Rücken- marks stehen, welche hinsichtlich ihrer Lage und Leistung schon länger und besser bekannt sind. Dass unsere Zellgruppen nicht etwa zu den eigentlichen motorischen Zellsäulen der Vor- derhörner gehören, welche aus grossen Ganglienzellen bestehen und im Dorsalmark auf den vorderen Theil des Vorderhorns beschränkt sind, ist nach dem vorhergehenden klar. Aus dem Längsschnittbild könnte man vermuthen, dass man es vielleicht mit den Zellen des Seitenhorns, mit den sogenannten Seitenhorn- zellen zu thun hätte. Obgleich unsere Zellgruppen in der That, ihrer Lage im Querschnitt nach, nicht sehr weit von den Seiten- hornzellen liegen müssen, so ergiebt sich doch aus der Betrach- tung der Längsschnitte, dass dieselben keine Seitenhornzellen sein können. Erstens, weil unsere Zellgruppen nicht ganz bis zu dem Seitenstrang reichen, während die Seitenhornzellen nicht allem unmittelbar an ihn herantreten, sondern fast immer den medialen Rand des Seitenstrangs lateralwärts noch über- schreiten, indem dieselben zum Theil in die weisse Substanz selbst übergehen; und zweitens, weil in unseren Präparaten (im Rückenmark des Neugeborenen) die eigentlichen Seitenhornzellen nur in frontalen Ebenen zu finden sind, welehe vor dem Central- canal liegen. Dieselben verschwinden in den frontalen Längs- schnitten bereits vor der Ebene des Centralkanals, während unsere Zellgruppen, wie wir bereits öfters erwähnt haben, mehr dorsalwärts sich finden. Eine durch die hintere Commissur der grauen Substanz gelegte Frontalebene bleibt in unseren Präpa- paraten immer hinter den Seitenhornzellen, jedoch trifft diese Ebene stets die von uns beschriebenen Zellgruppen. Unsere Zellgruppen werden sogar stets von den Frontalebenen getroffen, welche noch weiter dorsalwärts liegen. Einen genaueren Aufschluss über die topographische Lage und systematische Stellung sowie über ihr Verhältniss zu den Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz etc. 509 Seitenhornzellen werden wir erst an Querschnitten erlangen, zu denen wir nun übergehen. Wir finden, dass an vielen Querschnitten auf beiden Seiten der grauen Substanz, nach hinten und medianwärts von den Seitenhornzellen, eine ziemlich scharf umschriebene ge- wöhnlich aus nicht sehr zahlreichen Zellen bestehende Gruppe zu beobachten ist, welche sowohl durch ihre Lage, als durch die Richtung ihrer Zellen charakterisirt ist. Zugleich aber bemerken wir auch, dass diese Zellgruppen an manchen Querschnitten auf der einen oder der anderen Seite fehlen. Ebenso fehlen auch hier und da die Seitenhornzellen auf einer Seite —- sehr selten zugleich auf beiden Seiten, — doch kommt das Fehlen unserer Zellgruppen bei weitem häufiger vor. Unsere Zellgruppen, welche sich, wie erwähnt, im Mittelgebiet der grauen Substanz zwischen Vorder- und Hinterhorn finden, gehören daher zu der Zellen- kategorie, die Waldeyer (9) „Mittelzellen“ genannt hat, und wir werden dieselben im weiteren einfach Mittelzellen, Mittel- zellengruppen nennen. In dasselbe mittlere Gebiet der grauen Substanz gehören auch die Seitenhornzellen, welche funktionell sich wahrscheinlich nieht von den Mittelzellen in unserem Sinne trennen lassen, aber da jene Zellen ihren speeifischen Namen der Seitenhornzellen schon seit längerer Zeit besitzen, so werden wir im weiteren die Bezeichnung Mittelzellen nur für unsere Gruppen gebrauchen. Die Mittelzellen finden sich zwar immer in der Nachbar- schaft der Seitenhornzellen, jedoch bald näher an denselben, bald etwas weiter von ihnen entfernt. Gewöhnlich liegen die Mittelzellen dieht an der äusseren Einbuchtung des mittleren Gebiets der grauen Substanz an dem Abgange des Hinterhorns, anderes Mal trifft man sie näher zum Seitenhorn und zu den Seitenhornzellen hin, wiederum in anderen Fällen liegen sie dieht an den Seitenhornzellen, ja in unmittelbarem Contact mit denselben, so dass es den Anschein gewinnt, als ob die Mittel- zellen zu den Zellen des Seitenhorns sich hinzugesellt hätten. In selteneren Fällen findet man die Mittelzellen allerdings nicht mehr an der so eben bezeichneten Stelle, d. h. an der äusseren Einbuchtung der grauen Substanz, sondern mehr oder weniger medianwärts davon gelagert. Dass auch die so gelagerten Zellgruppen nichts anderes, als unsere Mittelzellengruppen sind, 510 P. Agutinsky: geht daraus hervor, dass sich zwischen diesen beiden Lagerungs- weisen der Mittelzellgruppen alle Uebergänge nachweisen lassen ; weiter daraus, dass ausser der als Mittelzellengruppen besehrie- benen und der Seitenhornzellsäulen wir sonst keine andere abge- sonderte Zellgruppe weder an Querschnitten, noch an den Fron- tallängsschnitten im Mittelgebiet der grauen Substanz des Dorsal- marks finden, sondern nur zerstreute Zellen; schliesslich spricht dafür, dass es Mittelzellen sind, der Umstand, dass wenn jene näher zur Medianlinie gelegene Zellgruppe zu sehen ist, die Mittelzellgruppe in ihrer gewöhnlichen Stelle fehlt. Dürfte man aus den oben erwähnten Bildern einen Schluss über den Ursprung und etwaige Lageveränderung der Mittelzell- gruppen ziehen, ohne die vorhergehenden Entwicklungsstadien des menschlichen Rückenmarks darauf hin untersucht zu haben, so könnte man annehmen, dass die Mittelzellgruppen eine Wan- derung aus dem medialen, näher dem Centralkanal gelegenen Gebiet der grauen Substanz nach dem lateralen Gebiet derselben durehmachen und zwar zu einer Zeit, zu der die Vorderhorn- zellsäulen und die Clarke’schen Säulen ihre definitive Lage schon lange eingenommen haben. In einigen frontalen Längsschnitten sieht man, wie aus den Zeichnungen ersichtlich, auf jeder Seite des Rückenmarks eine ziemlich dichte Reihe von schmalen, ungefähr paralell zu ein- ander lateralwärts ziehenden Nervenbündeln, welche nur aus wenigen Nervenfasern bestehen (Fig. 1 u. 2). Der Abstand der- selben von einander ist gering und lange nicht so gross, wie der zwischen unseren Mittelzellgruppen. Die Durchsicht derjenigen aufeinanderfolgenden frontalen; Längsschnitte, -in denen diese Bündel vorhanden sind, zeigt uns, dass diese Nervenbündel vor dem vorderen Umfange der Clarke’schen Säulen beginnen und in den Seitenstrang derselben Seite sich einsenken. Es sind die Flechsig’schen „horizontalen Kleinhirnbündel* (15). Auf Quer- schnitten dagegen sieht man diese Bündel am medialen Theil des vorderen (ventralen) Umfanges der Clarke’schen SäuleTauf- treten, ein wenig nach vorne ziehen und hierauf unter einem fast rechten Winkel lateralwärts abbiegen. Dann 'entfaltet sich das Bündel fächerförmig in einige noch feinere Bündel, welche sämmtlich in sanften Bögen lateralwärts ziehen und sich in den Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 511 Seitenstrang einsenken. Eins (oder einige) von diesen feineren Bündeln zieht vor dem Seitenhorn, ein zweites durch das Seiten- horn, ein drittes (oder mehrere) hinter dem Seitenhorn in den Seitenstrang hinein. Bei dem Uebergang in denselben sieht man das letzte Bündel bald vor, bald durch, bald hinter der Mittel- zellgruppe seinen Weg nehmen. Auf frontalen Längsschnitten sieht man ebenfalls, dass die Faserbündel sowohl zwischen den Mittelzellengruppen, als durch die Gruppen selbst zum Seiten- strang ziehen und im Seitenstrang sich in einzelne Nervenfasern auflösen, welche in steilem oder in sanftem Bogen in die Längs- richtung und zwar nach oben hin (d. h. kopfwärts) übergehen und so weiter verlaufen (Taf. XXIJ). Wie verhalten sich diese Faserbündel zu den Mittelzell- gruppen ? Diese Anordnung der Faserbündel könnte den Gedanken erwecken, als ob dadurch das Auftreten der Mittelzellen in Gruppen bedingt würde und erklärt sei. Eine solche Annahme erweist sich jedoch als durchaus ungerechtfertigt: «denn erstens ziehen die Faserbündel, wie wir eben sahen, ebenso durch die Mittel- zellengruppen, als zwischen ihnen hin; zweitens zeigen die Nervenbündel durchaus keine Gleichmässigkeit weder in ihren gegenseitigen Abständen, noch in ihrer Stärke; schliesslich, drittens, treten die Bündel, wie wir erwähnten, in viel geringeren Abständen von einander auf, als die Mittelzellgruppen. Zu demselben Schlusse kommen wir auch in Betreff des Verhaltens der Mittelzellgruppen gegenüber den Blutgefässen, die sich in dem Gebiete derselben, d. h. in der Gegend des Seitenhorns und in den angrenzenden Theilen der grauen Sub- stanz, vorfinden. Wenn man nicht über Injektionspräparate verfügt, so sieht man am besten an in Formol (nach den An- gaben von Gerota (16) gehärteten Präparaten, dass dieses Gebiet seine arteriellen Gefässe aus zwei Quellen erhält. Ein- mal sind es kleine Aeste der Centralarterien des betreffenden Vorderhorns, dann aber sind es die Arterien, welche sich direkt in den Seitenstrang von Aussen her eimsenken und von der Peripherie des Seitenstrangs zur grauen Substanz ziehen und in dem Seitenhorngebiet sich auflösen. Verfolgt man die Veräste- lungen der. genannten Gefässe, so kann man sich überzeugen, dass weder die Endzweige der Centralarterien noch die End- 512 P. Argutinsky: zweige der vom Seitenstrang kommenden Arterien eine regel- mässige Vertheilung zeigen, so dass man auch nicht entfernt daran denken kann, dass die Sonderung der Mittelzellen in metamere Gruppen durch die Gefässvertheilung bedingt wäre. Also weder die Anordnung der Nervenbündel — der horizontalen Kleinhirnbündel Fleehsigs —, noch die Anordnung der Blut- gefässe erklärt uns die Metamerie der Mittelzellen und wir müssen daher die regelmässige Längsreihe der Mittelzellgruppen als eine selbstständige und keine sekundäre Bildung ansehen. Für das Verständniss der Mittelzellen ist ein näheres Ein- gehen auf die Seitenhornzellen vielleicht von einigem Werth. Wenden wir uns jetzt zu einer Betrachtung der Seitenhorn- zellen zunächst auf frontalen Längsschnitten. Im Gegensatz zu den Mittelzellen, deren Säulen wir ausnahmslos in jeder Serie von Frontallängsschnitten ganz regelmässig gegliedert fanden, treffen wir an einem Schnitt, welcher durch die Spitzen der Seitenhörner geht, die Seitenhornzellen gewöhnlich in .einer mehr weniger ununterbrochenen Zellsäule, welehe nicht allein bis an die Grenze des Seitenstrangs reicht, sondern zum Theil in den Seitenstrang selbst übergreift. Während man in einem solchen Frontalschnitte meist keine oder wenig Unterbrechungen an der Seitenhornzellsäule findet, trifft man in einigen der anschliessenden Frontalsehnitte, die mehr ventralwärts, oder sicherer in denjenigen die mehr dorsalwärts liegen, an den getroffenen Theilen der Seitenhornzellsäulen abwechselnd Anschwellungen und Verschmä- lerungen, ja man findet selbst Unterbrechungen, manchmal so- gar in grösserer Zahl und in mehr oder weniger gleichen Ab- ständen. Dieser Befund an der Seitenhornzellsäule darf aber der auf frontalen Längsschnitten scharf ausgesprochenen Glie- derung der Mittelzellsäulen keineswegs gleich gestellt werden. Wenden wir uns jetzt zu einer Betrachtung der Seitenhorn- zellen auf Querschnitten, so sehen wir, dass sie in mancher Be- ziehung von den Mittelzellen sich unterscheiden. Zunächst in ihrer Richtung. Diese ist in beiden Zellarten eine horizontale, d. h. sie liegt in einer zur Längsachse des Rückenmarks senk- rechten Ebene; aber während die Seitenhornzellen auf Rücken- markquerschnitten meist direkt lateralwärts gerichtet sind, so sieht man die Mittelzellen, wenn sie in ihrer gewöhnlichen Lage- rungsweise in der äusseren Einbuchtung des mittleren Gebiets Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 515 der grauen Substanz am Abgange des Hinterhorns getroffen werden, eine Richtung von vorn und innen nach hinten und aussen einhalten, so dass die Richtungen der Mittelzellen auf beiden Seiten des Rückenmarks mit einander einen nach hinten offenen Winkel bilden. Zweitens, bemerkt man, dass während die Zellform sowohl der Mittelzellen als der Seitenhormzellen mehr oder weniger zu einer elliptischen, spindeligen sich gestaltet, die letzteren viel mehr abgeplattet und in ihrer Breite viel schmäler werden, die ersteren dagegen breiter, protoplasmareicher bleiben. Eine wiehtige Ergänzung der von uns an Frontallängs- schnitten und an Querschnitten gewonnenen Resultate giebt eine genaue Untersuchung der sagittalen Längsschnitte des Dorsal- marks. Die Bilder der Sagittallängsschnitte sind nicht nur an und für sich lehrreich, sondern liefern auch im Bezug auf die Seitenhornzellsäule neue Thatsachen. Wenn ein sagittaler Längs- schnitt durch die Zellen der Mittelzelleruppen geht, so sehen wir, dass diese Zellgruppen auch an diesen Schnitten scharf von einander isolirt sind. Im Einklang mit dem, was wir früher ge- funden haben, sehen wir im sagittalen Längsschnitt die Mittel- zellgruppen als kleine kreisförmige Zellanhäufungen in gleich- mässigen Entfernungen von einander auftreten. In Sagittal- schnittserien trifft man die Mittelzellgruppen in einer geringeren Zahl von Schnitten, als auf den Frontalschnittserien; auch fällt manchmal das eine oder das andere Glied (= Zellgruppe) der Kette aus, eben weil, wie wir oben gesagt haben, diese Gruppen nicht alle gleich weit lateralwärts reichen. Bei Betrachtung einer Reihe von aufeinander folgenden sagittalen Längsschnitten treffen wir aber noch eine andere Längskette von Zellgruppen, und zwar in der Nähe der Mittel- zellgruppen wieder. Diese ist die Seitenhornzellsäule. Sie liegt allerdings nur selten mit den Mittelzellengruppen in einem und demselben Schnitte, da sie etwas mehr lateralwärts und nach vorn von den Mittelzellgruppen gelegen ist. Wegen dieser gegen- seitigen Lage bekommt man besonders auf genau sagittal ge- führten Schnitten in den meisten Fällen beide Zellsäulen nicht auf einmal zu sehen. Entweder sieht man nur die Seitenhorn- zellsäule, oder es sind die Mittelzellgruppen gut getroffen, und von der anderen Zellsäule sieht man dann nichts oder stellen- weise nur Bruchstücke. 514 P.Argntingsky* f Verfolgt man die Seitenhornzellsäule in einer Serie von Sagittallängsschnitten, vom Seitenstrang zur Mittellinie vorschrei- tend, so sieht man, wenn man dem Seitenhorn sieh nähert, erst eine oder ein paar Längsreihen von einzelnen Zellen, wie Perl- schnüre, zwischen den Längsfasern des Seitenstrangs angeordnet. Dann werden diese einzelligen Reihen zahlreicher. Darauf kommen wir erst in das Bereich der grauen Substanz des Seiten- horns, dann zur Basis desselben und endlich in das weite laterale Feld des mittleren Gebiets der grauen Substanz. (Das Hinter- horn, sowie das Vorderhorn lasse ich hier unberücksichtigt.) Wenn wir in die Seitenhornzellsäule gekommen sind, so be- merken wir auf einigen wenigen aufeinander folgenden Schnitten, dass auch diese Säule ohne Zweifel eine Gliederung erkennen lässt, und zwar weit besser, als auf frontalen Längsschnitten. Die einzelnen Glieder der Seitenhornzellsäulen (d. h. die einzelnen Zellgruppen) sind zwar grösser, als die Mittelzellengruppen, doch sind die Abstände zwischen den Centren zweier Gruppen sowohl bei den Seitenhornzellen, wie den Mittelzellen gleich, so dass beide Zellsäulen Ketten bilden, welche gleich viele und gleich gelagerte Glieder besitzen. Die verschiedene Grösse der Zell- gruppen bei gleichen Abständen der Centra derselben macht es klar, dass in den beiden Säulen der freie Raum zwischen zwei Zellgruppen ein verschiedener sein muss; naturgemäss ist er in der Seitenhornzellsäule kleiner, ja er kann ausnahmsweise so klein werden, dass in der Seitenhornzellsäule die eine Gruppe fast unmittelbar an die nächste Gruppe heranreicht. Kommt es, wie man es an gewissen Schnitten sieht, hier noch zu einer innigeren Berührung, zu einem unmittelbaren Uebergang der einen Gruppe in die andere, so finden wir, statt der Zellgruppenreihe, eine mehr oder weniger ununterbrochene Zellsäule. Der Cha- rakter der Gruppen ist am besten im medialen, diejenige der ununterbrochenen Zellfolge im lateralen Abschnitt der Seitenhorn- zellsäule ausgeprägt. Kehren wir aber nun zu den Mittelzellgruppen zurück und verfolgen wir ihre Beziehungen zu der Gefässvertheilung im Rückenmark. Die Untersuchungen von Kadyi (17) haben unsere Kennt- nisse von (der Gefässversorgung des Rückenmarks bekanntlich bedeutend erweitert. Vor allem durch den Nachweis einer Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 515 segmentalen Anordnung der zum Rückenmark tretenden Gefässe (Radicalarterien (und Venen)), ferner durch das, was Kadyi in Bezug auf Centralarterien des Rückenmarks gefunden hat. Wie wir nun wissen, gehen .von der Arteria spinalis anterior, die als eine Verschmelzung von zwei parallelen vorderen Längs- arterien anzusehen ist, unter rechtem Winkel zahlreiche Zweige in geringen Abständen von einander in der Fissura longitudinalis anterior ab, welche direkt bis in die vordere Commissur dringen und dann nach rechts oder nach links abbiegen um — meist alternirend — in dem rechten oder in dem linken Vorderhorn zu enden. Eine jede solche rechte oder linke Centralarterie, so- bald sie seitlich von der vorderen Commissur in das Vorder- horn eingetreten ist, sendet nach oben und nach unten je einen longitudinalen Zweig ab. Von diesen beiden Zweigen gehen kleinere Aeste in querer Richtung zum lateralen Rande des Vorderhorns ab, welche auf diesem Wege das Vorderhorn mit Gefässen versorgen. Es kann, nach Kadyi, die Anordnung der Centralarterien beim Erwachsenen keine absolut regelmässige genannt werden, da sie nicht immer im regelmässigen Wechsel nach rechts und links abgehen. Manchmal versorgt eine Reihe von aufeinander folgenden Centralarterien das Vorderhorn der einen, dann 2—3 der nachfolgenden Centralarterien das Vorderhorn der anderen Seite. Auch gehen ie Centralarterien von der Arteria spinalis anterior durchaus nicht in genau gleichen Abständen, nicht ein- mal innerhalb eines und desselben Segmentes, ab. Aber trotz alledem gelang es Kadyi eine sehr bemerkenswerthe Gesetz- mässigkeit in der Anordnung der Centralarterien nachzuweisen. Er hat nämlich gefunden, dass beim Erwachsenen die durch- schnittliche Entfernung zwischen den einzelnen Centralarterien, von denen immer mehrere auf je ein Segment kommen, in den verschiedenen Rückenmarkabschnitten von der Höhenausdehnung der betreffenden Rückenmarksegmente abhängt. Im Dorsal- mark sind diese Entfernungen die grössten, in der Cerviealan- schwellung sind dieselben etwas geringer und im Lendenmark, wo die Rückenmarksegmente die geringste Höhe haben, sind auch die Entfernungen zwischen den Centralarterien am geringsten. Somit kommt, nach Kadyi, wenn man vom oberen Cervical- mark absieht, in der ganzen Ausdehnung des Rückenmarks des 516 P. Argutinsky:! Erwachsenen auf jedes Rückenmarksegment eine ungefähr gleiche Anzahl von Centralarterien, im Durchschnitt 6—8 Centralarterien (jederseits 3—4) auf jedes Segment, gleichviel ob das Segment hoch oder niedrig ist. Ob zwischen dieser Anordnung der C@ntralarterien und der oben beschriebenen Gliederung der Mittelzellensäulen ein Zu- sammenhang besteht, ist eine Frage, welche sich uns darbietet, aber einer Beantwortung noch harıt. In Bezug hierauf finde ich nach einer genauen Durchsicht meiner frontalen Längsschnitt- präparate des Dorsalmarks des Neugeborenen, dass auf jeder Seite des Rückenmarks — rechts, wie links von der Mittellinie — zwischen je zwei Centralarterien, wenn dieselben in regel- mässigen Abständen von einander auftreten, sich je 4 bis 6 (im Mittel 5) Mittelzellgruppen finden (Taf. XXII Fig. 1 u. 5). Sollte die Zahl der Centralarterien beim Neugeborenen und beim Er- wachsenen eine gleiche sein (was erst zu beweisen ist), so hätten wir im Dorsalmark des Neugeborenen jederseits — rechts, wie links — durchschnittlich etwa 20 Mittelzellgruppen in jedem Segment. Nachdem wir an den Mittelzellen eine scharf ausgesprochene Gliederung nachgewiesen und eine Gliederung auch an Seiten- hornzellen unserer Objekte gefunden haben, liegt es nahe zu fragen, wie sich in dieser Hinsicht die motorischen Zellsäulen der Vorderhörner und die Clarke’schen Säulen beim Neuge- borenen verhalten. Auf diese Frage gehe ich hier jedoch nicht näher ein. Ganz kurz will ich nur erwähnen, dass ich im Dor- salmark an meinen Objekten an den motorischen Zellsäulen der Vorderhörner niehts irgend bemerkenswerthes habe wahrnehmen können, was als eine Gliederung (resp. Segmentation) aufgefasst werden könnte. Und ebenso auch an den Clarke’schen Säulen. Was endlich die motorischen Vorderhornsäulen in der Lenden- und Cerviealanschwellung, resp. im oberen Oerviecalmark be- trifft, so werde ich die unsere Frage betreffenden Befunde in diesen Gebieten in einer späteren Mittheilung genauer besprechen. Von einer Segmentation, also von einer segmentalen Ab- srenzung der grauen Substanz des Rückenmarks habe ich weder an den Mittelzellen oder den Seitenhornzellen, noch an den Clarke’schen Säulen oder den motorischen Zell- Ueber die regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 517 säulen im ganzen Bereiche des Rückenmarks etwas sehen können!). Wenn auch somit die Segmentgrenzen anscheinend unsichtbar bleiben, so wäre doch nach dem, was wir an der oberen Grenze des Dorsalmarks beobachtet haben, die Annahme nicht von der Hand zu weisen, dass möglicherweise die Segmentgrenzen nicht in einer Querebene liegen. Nach den vorhergehenden mehr anatomischen Betrach- tungen wollen wir uns noch kurz fragen: Was sind die Mittel- zellen und die Seitenhornzellen ihrer physiologischen Bedeutung, ihrer Verbindungsweise mit anderen Elementen des Centralnerven- systems nach, und wann, in welcher Wirbelthierklasse treten dieselben auf? Erscheinen sie gleichzeitig mit anderen Zellsäulen des Rückenmarks in der Wirbelthierreihe, oder kommen sie phylogenetisch vielleicht erst viel später zur Ausbildung ? So viel die Resultate der Forschungen der letzten Jahre ergeben haben, die hauptsächlich an der Hand der Chromsilber- methode von Golgi gewonnen sind, gehören sowohl die Mittel- zellen, als die Seitenhornzellen — beide wenigstens ihrer über- wiegenden Mehrzahl nach — ebenso auch wie die Zellen der Clarke’schen Säulen zu den Strangzellen, und zwar zu den Zellen, die ihren Axeneylinderfortsatz in den Seitenstrang senden. Die Zellen im seitlichen Theile des mittleren Gebiets der grauen Substanz — also die Seitenhornzellen und auch die Mittelzellen — sind 'erst von Lockhart Clarke (20), und zwar im Jahre 1859 unter dem sehr bezeichnenden Namen 1) His (18, Morph. Betr. d. Kopfnerven) sagt: „die Ordnung der motorischen Kerne im Rückenmark“ besprechend: „Von einer wirk- lich segmentalen, den Urwirbeln entsprechenden Gliederung habe ich mich an frontalen und sagittalen Schnitten embryonaler Rücken- marke niemals überzeugen können.“ Etwas weiter setzt er hinzu: „Ich vertrete meinerseite die Ansicht, dass eine segmentale Gliederung des Rückenmarks primär *) angedeutet war und sich späterhin mit Hinterlassung keiner oder doch geringer Spuren verloren hat.“ In dem Lehrbuche von Kölliker (19) finde ich nur folgende hierbe- zügliche Angabe: Von Werth sind auch die Untersuchungen von Lüderitz über das Mark des Kaninchens und die segmentale An- ordnung seiner Theile.“ *) Das heisst „zur Zeit seines Schlusses und unmittelbar nach- her in Form von mit den Urwirbeln alternirenden Faltungen“, wie His im Vorhergehenden ausführt. 518 P. Argutinsky: Traetus intermedio-lateralis ausführlich beschrieben worden, sowohl beim Ochsen, als auch beim Menschen. Nach- her war es, wie wir oben erwähnt haben, Waldeyer, der m dem mittleren zwischen Vorderhorn und Hinterhorn gelegenen Gebiet der grauen Substanz die Mittelzellen von den Seitenhorn- zellen absonderte und dieselben genauer beschrieb (9). So weit mir bekannt, fehlt der Traetus intermedio-lateralis sowohl bei Fischen und Amphibien, als bei Sauropsiden, so dass derselbe als eine phylogenetisch in der Wirbelthierreihe spät entstandene Bildung aufgefasst werden muss. Es wäre interessant nachzuweisen, ob die oben beschriebene Gliederung der Mittelzellsäulen, ausser beim neugeborenen Menschen, auch, wie zu erwarten, bei denjenigen Säugethieren vorhanden ist, bei welchen der Traetus intermedio-lateralis wohl ausgebildet sieh vorfindet. Beim erwachsenen Menschen sind die Mittelzellen noch nieht eingehend studirt worden. Nach dem wenigen, was ich beobachtet habe, glaube ich, dass auch beim erwachsenen Menschen im lateralen Theile des mittleren Gebiets der, grauen Substanz des Rückenmarks an frontalen Längsschnitten ebenfalls eine Gliederung nachzuweisen ist, wenn auch sowohl in dieser, als auch in manch anderer Hinsicht das Rückenmark des Erwachsenen von dem des Neugeborenen ab- weicht !). 1) Bei der Durchsicht der Literatur über das Rückenmark finde ich bei Hollis (21) in Bezug auf den erwachsenen Menschen folgende Angaben: In seiner ersten Mittheilung (J. of An. & Ph., Vol. XVII) heisst es von den „pyriform cells“, den birnförmigen spindelför- migen Ganglienzellen: „In certain parts of the cord they are found closely congregated in cell nests. Espeecially is this the case in the filum.“ Dagegen in der zweiten Mittheilung (id. Vol. XVII, sagt er ausdrücklich, dass der Tractus intermedio -lateralis in der Cer- vicalregion „consists of clusters of small (mostly pyriform) cells“; und weiter unten sagt er: „In the mid-dorsal region of the cord I have observed two adjacent columns of these cell-clusters.“ Also hat Hollis die Seitenhornzellgruppen im Cervicalmark und die Mittelzell- und Seitenhornzellgruppen im mittleren Dorsalmark anscheinend und zwar beim Erwachsenen gesehen; aber abgesehen von dieser kurzen beiläufigen Angabe macht Hollis weder in dieser noch in den fol- senden Mittheilungen irgend welche weitere Erwähnung davon. Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz etc. 519 Somit haben wir gesehen, dass im ganzen Bereiche des Dorsalmarks des Neugeborenen die Mittelzellsäulen und die Seiten- hornzellsäulen als lange Ketten von zahlreichen und regelmässig angeordneten Gliedern sich darstellen, dagegen an den Clarke- schen Säulen und den motorischen Zellsäulen haben wir keine Gliederung beobachten können. Ob eine Gliederung in den letzt- genannten Säulen in der That fehlt und nicht einmal als eine vorübergehende Erscheinung beim Auftreten dieser Säulen zur Beobachtung kommt, wird man erst durch eine genaue Unter- suchung der vorhergehenden Stadien der Entwicklung entscheiden können. Jedenfalls scheint aber die Anordnung der Centralar- terien in den Vorderhörnern für eine Gliederung auch der moto- rischen Zellsäulen zu sprechen. Es fragt sich nun: Wie ist die innerhalb des Rückenmark- segments zu beobachtende regelmässige Gliederung der Mittelzell- und Seitenhornzellsäulen zu verstehen? Wodurch ist sie bedingt ? Was ist ihre morphologische Bedeutung ? Da diese zahlreiche Gliederung in allen von uns unter- suchten Objekten im ganzen Bereiche des Dorsalmarks in unver- änderlicher Gleichmässigkeit beobachtet wurde, da sie weder in dem Verlaufe der Nervenfasern, noch in der Anordnung der Blutgefässe ihre Erklärung findet, so ist dieselbe kaum anders, als eine selbständige Gliederung zu deuten. Ist aber diese Gliederung eine selbständige, so kann sie nur als eine sekundär erworbene Gliederung aufgefasst werden. Denn wir kennen am Medullarrohr resp. Rückenmark nur eine primäre Gliederungs- einheit und zwar diejenige, die dem Ursegment, dem Wirbel- segment entspricht, und es hiesse allen grundlegenden Thatsachen der Entwicklungsgeschichte direkt widersprechen, wenn wir unsere Gliederung der Zellsäulen der grauen Substanz als eine primäre betrachteten und damit annehmen würden, dass die Rückenmarksegmente, resp. Wirbel- oder Körpersegmente aus einer Verschmelzung von mehreren Urgliedern entstanden seien. Zu einer solehen Annahme fehlen selbstverständlich jegliche An- haltspunkte. Aber sobald wir nur gezwungen sind unsere Gliede- rung der Zellsäulen der grauen Substanz des Rückenmarks als eine selbständige aufzufassen, so bleibt sie auch als eine sekundär erworbene Gliederung räthselhaft genug, und nur Untersuchungen über die phylogenetische und ontogenetische Entstehung der 2 Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 34 520 PrAreutineky: Mittelzell- resp. Seitenhornzellsäulen können uns Aufschlüsse über die merkwürdige Thatsache verschaffen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung am Dorsalmark des Neugeborenen will ich am Schlusse noch einmal kurz zusammen- fassen : 1. An den Mittelzellensäulen zeigt sich ausnahms- los eine ausserordentlich scharf ausgesprochene regelmässige Gliederung. 2. An den Seitenhornzellsäulen des Dorsalmarks ist eine gleiche, aber nicht so scharf ausgesprochene Gliederung nachzuweisen. | 3. Weder an den motorischen Zellsäulen des Dorsalmarks, noch an den Clarke’schen Säulen konnte eine solche Gliederung gefunden werden. 4. Ein segmentaler Bau ist an keiner Zellsäule der grauen Substanz im Rückenmark nachzuweisen. 5. Die Mittelzellgruppen nehmen ihre definitive Anordnung und Lage erst in später Zeit des Embryonallebens ein. Literatur. 1. Schwalbe, G., Lehrbuch der Neurologie, in Hoffmann, Lehr- buch der Anatomie des Menschen. Bd. 2, Abth. 2, Erlangen 1881. 2. Lüderitz, C., Ueber das Rückenmarksegment. Arch. f. Anat. n. Phys., Anat. Abth. 1881. 3. Schiefferdecker, P., Beiträge zur Kenntniss des Faserverlaufs im Rückenmark. Arch. f. mikr. Anat. Bd. X. 1874. 4. Freud, S., Ueber den Ursprung der hinteren Nervenwurzeln im Rückenmark von Ammocoetes (Petromyzon Planeri). Sitz.-Ber. d. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 75, Abth. 3. 1877. 5. Stieda, L.,, Ueber das Rückenmark und einzelne Theile des Ge- hirns von Esox lucius. Dorpat, 1860, Dissert. — Studien über das centrale Nervensystem der Knochenfische. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 18, 1868. -—- Studien über das centrale Nervensystem der Vögel und Säuge- thiere. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 19, 1869. r Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz ete. 521 — 9. 10. 14: 13. 14. 13: — Studien über das centrale Nervensystem der Wirbelthiere. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 20, 1870. — Ueber das centrale Nervensystem der Schildkröte. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 25, 1875. Quatrefages, eitirt nach Stannius, H., Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere, 2. Auflage, Berlin, 1854. Auf pag. 126, Anm. 1 heisst es: „Bei Branchiostoma soll das Rückenmark nach Quatre- fages (keine Quellenangabe!) aus hintereinanderliegenden An- schwellungen bestehen.“ Schröder van der Kolk, J.L. C. Bau und Funktionen der Medulla spinalis et oblongata. Uebersetzt von Theile, Braun- schweig, 1859. Bidder, F. und Kupffer, C., Untersuchungen über die Textur des Rückenmarks, Leipzig, 1857. Waldeyer, W., Das Gorilla-Rückenmark. Abhandl. der Akad. d. Wissensch. Berlin 1889, Separatum. Lenhossek, M., Der feinere Bau des Nervensystems im Lichte neuester Forschungen. 2. Auflage, Berlin 189. Virchow, H., Ueber die-Einwirkung des Lichtes auf Gemische von chromsauren Salzen (resp. Chromsäure), Alkohol und extra- hirten organischen Substanzen. Technische Mittheilung. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 24, 1885. Schmauss, H., Technische Notizen zur Färbung der Axencylinder im Rückenmark. Münchener medie. Wochenschr., Bd. 28, 1891. Van Gieson, J., Laboratory notes of technical methods for the nervoussystem, New York medic. Journal, 1889, eitirtnachFr.Merkel und R. Bonnet, Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungs- geschichte, Bd. 3, 1893 (1. Theil. Anatomie, I. Technik von C.:Weigert). Nissl, Fr, Ueber eine neue Untersuchungsmethode des Central- organs speziell zur Feststellung der Localisation der Nervenzellen, Neurol. Centralbl. Bd. 13, 1894. Flechsig, P., Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark, Leipzig 1876. Gerota, D., Contribution A l’etude du formol dans la technique anatomique. Internat. Monatschr. f. Anat. u. Phys. Bd. 13, 1896. Kadyi, H., Ueber die Blutgefässe des menschlichen Rückenmarks, Lemberg, 1889. His, W., Die morphologische Betrachtung der Kopfnerven. Eine kritische Studie, Arch. f. Anat. und Phys., Anat. Abth. 1887. — Die Neuroblasten und ihre Entstehung im embryonalen Mark, Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abth. 1889. — Zur Geschichte des menschlichen Rückenmarkes und der Ner- venwurzeln. Abhandl. d. mathem.-phys. Klasse d. Sächs. Gesellsch. d. Wissensch. Bd. 13, 1886. Kölliker, A., Handbuch der Gewebelehre des Menschen, 6. Aufl., Bd. 2, 1. Hälfte, Leipzig 1893. 522 B..Ar Puitinsky: 20. Clarke, Lockhart, Further researches of the grey substance of the spinal cord, Philosophie. Transact. of the Royal Society of London, Bd. 149, 1859. (In seiner Abhandlung vom Jahre 1851 (Researches into the Structur of the spinal cord, ibid, Bd. 141) findet sich nur eine ganz kurze Notiz über das betreffende Zellen- gebiet. Der Name „Tractus intermedio-lateralis“ kommt erst in der ausführlichen Arbeit vom Jahre 1859 vor.) 21. Hollis, W. Ainslie, Researches into the histology of the central grey substance of the spinal cord and medulla oblongata (Part I), Journal of anatomy a. physiology, normal a. patholog. by Humphıy, Turner a. M’Kendrik, Bd. 17, 1883. — idem, Part II, ibid. Bd. 18, 1884. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXM. Sämmtliche Figuren stellen frontale Längsschnitte durch das Dorsalmark des Neugeborenen dar und sind möglichst naturtreu mit dem Abbe’schen Zeichenapparat (Zeiss, Nr. 44a) unter Benutzung vom Bernhard’schem Zeichentisch ausgeführt. Die Vergrösserungen sind nach direkten Mikrometermessungen angegeben. Vorbehandlung der Präparate: Alkoholhärtung, Doppelfärbung mit dem Delafield’schem Hämatoxylin und dem Urancarmin von Schmauss. Fig. 1. Uebersichtsbild. Auf der einen Seite der Zeichnung sieht man Mittelzellgruppen. In dem oberen Ende des Schnitts sind links vom Centralcanal einige wenige Zellen der Clark e’schen Säule mit getroffen. Zu beiden Seiten des Centralcanals sieht man sowohl Centralarterien (auf der rechten Seite sind deren 3), als auch die medialen Abschnitte der horizontalen Kleinhirnbündel Flechsig’s; nur einige dieser Bündel sind mehr oder weniger der Länge nach getroffen. Zeiss Obj. AA, Ocul2>Verer. 41:12). Fig. 2. Mittelzellgruppen unter einer mittleren Vergrösserung. Es ist nur der mediale Abschnitt des Seitenstrangs und das laterale Gebiet der grauen Substanz dargestellt. Die horizontalen Kleinhirnbündel sieht man sowohl zwischen, als durch die Zellgruppen hindurchziehen. An einigen Stellen sieht man die einzelnen Faserzüge dieser Bündel in dem Seitenstrange 1) Im Schnittpräparat, dem diese Zeichnung entnommen, sind die Mittelzellen selbstverständlich auf beiden Seiten der grauen Substanz und zwar in gleicher Anzahl zu sehen. Ueber eine regelmässige Gliederung in der grauen Substanz etc. 525 in die Längsrichtung übergehen. Zeiss, Apochr. 16, Ocul. 3. Tubus ausgezogen, Vergr. 96:1. Fig. 5. Links vom Centralcanal sind 2 Centralarterien zu sehen, davon eine nahe dem unteren Rande der Zeichnung. Von den hori- zontalen Kleinhirnbündeln sieht man meist nur die medialen Abschnitte. Zeiss Obj. AA., Ocul. 2, Vergr. 41:1. CC. — Centralcanal. Ep. — Ependym des Centralcanals. 3: 8 — Centralarterie. L..a: — Longitudinalast der Centralarterie. c1.Z. —Zellen der Clarke’schen Säule. M. Z. G. = Mittelzellgruppe. H. K. B. = das horizontale Kleinhirnbündel Flechsig's. SS. —= Seitenstrang. (Aus dem II. anatomischen Institute zu Berlin.) Die Befruchtung des Tritoneneies. Von L. Michaelis, cand. med. Mit 22 Figuren im Text. Die Figuren sind mit Hülfe des Zeichenapparates entworfen, ein wenig unterhalb des Objekttisches projieirt. Vergrösserung Leitz, Obj.6, Oe. 1 bei Fig. 2, 3, 4, 5, 6, 15. Leitz, Imm. 1/,., Oc. 1 bei Fig. 7—14, 16-18. Die Figuren sind um die Hälfte verkleinert wiedergegeben. Schon bevor man durch das Studium durchsichtiger Eier von wirbellosen Thieren in das Wesen des Befruchtungsprocesses eingedrungen war, hatte man die Amphibieneier zu Befruchtungs- versuchen benutzt, weil sie infolge ihrer Grösse und Widerstands- fähigkeit ein leicht zu handhabendes Material darbieten. Schon Spallanzani), und fast gleichzeitig Prevost und Dumas!) führten die künstliche Befruchtung am Froschei aus. Sie er- 1) Deuxieme M&emoire sur la fecondation. Annales des seiences 1824. 524 L. Michaelis: kannten die Bedeutung der Samenfäden, die K.E.v. Baer für Parasiten hielt. Newport!) beobachtete direkt das Eindringen von Spermatozoön in das Amphibienei. Max Schultze?, machte 1863 eine weitere Beobach- tung in Betreff der Befruchtung des Froscheies, welche er mit den Worten wiedergiebt: „quae foveae (sc. germinativae) commu- tatio primum indieium est foecundationis“. Es macht also den Eindruck, als habe er schon die Entstehung des zweiten Richtungs- körperchens gesehen. Einen wichtigen Fortschritt führte van Bamb’eke?) herbei, der an den pigmentirten Eiern von Urodelen (Triton alpestris, helveticus, Siredon) die von ihm als „trous vitellins“ bezeich- neten Gebilde entdeckte und in ihnen richtig die Eintrittspforten der Spermatozoön vermuthete. Auf Schnitten durch befruchtete Eier bemerkte er ferner, dass der Samenfaden auf seinem Wege im Dotter eine Pigmentstrasse hinter sich herziehe. Die Beobachtungen von Götte*) über die Bildung des „Dotterkernes“ und „Lebenskeimes* im Ei der Unke wider- sprechen unseren heutigen Anschauungen so sehr, dass sie nur noch historischen Werth haben. Weitere Beobachtungen stammen von O0. Hertwig?) aus dem Jahre 1877. Er fand im Inneren des Froscheies den Ei- und Samenkern, die Entstehung der „Hantelfigur“, analog den Verhältnissen, die er schon vorher am Seeigelei aufgedeckt hatte. Van Bambeke‘) hat ausser der oben eitirten Schrift noch mehrere Arbeiten über Amphibieneier veröffentlicht, in denen er aber, da er zum Studium besonders die stark pigmentirten 1) On the impregmation of the ovum in the Amphibia. Philos. Transactions 1853 T. 1. 2) Nonnullae observationes de ovorum ranarum segmentatione. 1863. 3) Sur les trous vitellius que presentent les oeufs fecondes des Amphibiens. Bull. de l’Acad. royale de Belgique. 1870. 4) Die Entwieklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. 5) Beiträge zur Kenntniss der Bildung, Befruchtung u. Theilung des thierischen Eies. I. II. Morphol. Jahrb. I, III. 6) Recherches sur l’embryologie des Batraciens. Bull. de l!’Acad. roy. de Belg. 1876. — Nouvelles Recherches sur l’embr. des Batr. Ar- chives de Biol. 1880. I. — Sur un groupement de granules pigmen- taires dans l’oeuf en segmentations d’Amphibes Anoures et du crapaud commun en particulier. Bull. de l’Ac. roy. de Belg. 1896. Die Befruchtung des Tritoneneies. 525 Kröteneier benutzte, mehr die Pigmentverlagerungen (die Pigment- strasse des Samenfadens, die „figure claviforme* u. s. w.), als die wesentlichen Befruchtungserscheinungen beobachtete. Das Gleiche lässt sich von den Angaben Roux’s!) sagen, der als Material die stark pigmentirten Eier von Rana fusca benutzte. Genaue Beobachtungen über das Eindringen der Spermatozoön in den Dotter bei der Kröte stammen von Kupffer?). Einen weiteren, wichtigen Beitrag zu diesem Kapitel der Embryologie lieferte O. Schulze), besonders was die Reifung des Eies anbetrifft. Er wies nach, dass an abgelegten Amphibien- eiern die Stelle der zweiten Richtungsspindel mit blossem Auge sichtbar sei in Form jenes hellen Fleckes mitten in der Fovea germinativa, und dass man die Entstehung des zweiten Richtungs- körperchens unter der Lupe direkt beobachten kann. Weniger vollständig sind seme Angaben über die eigentlichen Befruchtungs- erscheinungen. Als eine Ergänzung zu dieser Arbeit kann man die Unter- suchung von Born*) über die Structur des Ovarialeies von Triton taeniatus betrachten; er verfolgte die Veränderungen, die das Ei im Ovarium durchmacht, bis sich aus den Chromatin- resten des Keimbläschens die erste Richtungsspindel bildet. Die vollständigste Arbeit über die Befruchtung des Amphibieneies rührt von Rud. Fiek°) her: „Die Reifung und Befruchtung des Eies des Axolotl.“ Eine Menge neuer That- sachen theilt uns der Verfasser in dieser Arbeit mit. Zum ersten Mal hat er Präparate gewonnen, welche bei einem Amphibienei direkt das Eindringen von Spermatozoön in den Dotter zeigen. Er konnte nachweisen, dass die Attraetionssphäre um das Mittel- 1) Beiträge zur Entwicklungsmechanik des Embryo: 4. Die Rich- tungsbestimmungen der Medianebene des Froschembryo durch die Copulationsrichtung des Eikerns und des Spermakerns. Arch. f. mikr. Anat. 29, 1887. 2) €. Kupffer, Ueber aktive Betheiligung des Dotters am Befruchtungsakte etc. Akad. der Wiss. zu München, math.-phys. Kl. 1882. 3) Ueber die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. Zeit- schrift f. wiss. Zool. 45. 4) Die Structur des Keimbläschens im Ovarialei von Triton tae- niatus. Arch. f. mikr. Anat. 45, 1894. 5) Die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Zeitschr. f. wiss. Zool. 56, 1893. 526 L. Michaelis: stück des Samenfadens herum sich entwickelt, er verfolgte die Bildung der beiden Vorkerne, wie sie wachsen und einander näher rücken, wie sich dabei die Attractionssphären theilen. Eine eigentliche Copulation konnte er jedoch nicht beobachten. Diese Arbeit von Fick ist so vollständig und ausführlich, dass im Grossen und Ganzen mit der von ihm angewendeten Methode wohl nichts Neues mehr gefunden werden kann. Was aber an seiner Untersuchungsmethode noch mangelhaft war, das ist, wie er selber zugesteht, dass er seine Präparate nur mit Boraxecarmin gefärbt hat. Es werden dadurch die Chromatin- substanzen sehr schön sichtbar, die protoplasmatischen Gebilde dagegen färben sich in dieser Farbe sehr unvollkommen, und so ist es auch gekommen, dass Fiek nichts Sicheres aussagen konnte über das Vorhandensein eines Centrosoma im Centrum der Attractionssphären. Er setzte seine Erwartungen auf die Metallsalz-Hämatoxylinfärbung und glaubte, dass man mit diesem Farbstoff das fragliche Gebilde auffinden würde. Ich habe nun den Versuch gemacht, die Untersuchungen von Fiek nach dieser Richtung hin zu ergänzen. Als Material benutzte ich ebenfals Urodelen-Eier, und zwar die von Triton taeniatus, zum Theil auch cristatus. Merkwürdiger Weise ist der gemeine Wassersalamander bisher nie zu eingehenderen Arbeiten über Befruchtung benutzt worden. Born hat am Ei des Triton nur die Veränderungen während seines Verweilens im Ovarium studirt. ©. Schultze hat sich auf die Reifeerscheinungen beschränkt. Ich hoffe aber im Folgenden zeigen zu können, dass der Triton für das Studium der Befruchtung durchaus kein ungeeignetes Objekt ist; denn es giebt kaum ein anderes Wirbelthier, das in grösseren Mengen zur Verfügung steht, welches so grosse Kerne, so grosse Sperma- tozoön, so schön entwickelte Attractionssphären hätte wie Triton taeniatus. Was die zuletzt genannten Attractionssphären von Triton anlangt, so muss ich noch zwei Arbeiten über dieselben er- wähnen, welche diese Gebilde nicht während der Befruchtung, sondern in späteren Embryonalstadien zum Gegenstand der Unter- suchung haben, nämlich erstens die von Eismond!). Dieser 1) Einige Beiträge zur Kenntniss der Attractionssphären und der Centrosomen. Anat. Anz. X, 1895. Die Befruchtung des Tritoneneies. 527 stellt die Attractionssphären von Triton nicht als ein einfaches System von Radien dar, sondern als ein Netzwerk, dessen Maschen nach einem Centrum zu so in die Länge gezogen seien, dass sie bei oberflächlicher Betrachtung ein System von Radien hervortäuschten. Ein eigentliches Centrosoma hat Eismond in den Embryonalzellen von Triton selbst während der Mitose niemals auffinden können. In der anderen Arbeit, von Braus'), werden diese Ergebnisse nicht bestätigt, sondern die Attractions- sphären werden mit deutlich ausgebildetem Centrosoma dar- gestellt. Gewinnung und Verarbeitung des Materials. Die Tritonen laichen das ganze Frühjahr hindurch bis gegen den Juli hin. Die frisch eingefangenen Weibchen legen in der Gefangenschaft 3—5 befruchtete Eier, bisweilen aber noch mehr. Mitunter lassen die Thiere im Anfange der Gefangenschaft kurze Schnüre von Eiern (ähnlich denen der Kröten) auf den Boden des Aquariums fallen; diese sind niemals befruchtet. Befruchtete Eier werden stets einzeln, und zwar auf Wasserpflanzen abgelegt. - Setzt man Elodea ins Aquarium, so legen die Thiere sie in die Blattwinkel; bei Grashalmen knieken sie mit den Hinterfüssen ein Ende um und legen das Ei in den so gebildeten Winkel. Die Eier werden dadurch meist etwas platt gedrückt. Triton eristatus klebt bei Mangel an Wasserpflanzen die Eier auf seine eigenen Hinterfüsse. Am empfehlenswerthesten ist es, Gras ins Aquarium zu setzen, weil dann jedes abgelegte Ei seine An- wesenheit durch einen Knick im Grashalm verräth, während man die Blattwinkel von Elodea mühsam absuchen muss. Auf die künstliche Befruchtung habe ich ganz verzichtet, weil sie bekanntlich bei den Urodelen weniger sicher gelingt als bei den Batrachiern und sicherlich pathologische Bildungen durch sie begünstigt worden wären, welche ja beim Studium der Be- fruchtung schon manchmal irre geführt haben. Die Eier wurden mitsammt der Gallerthülle in die Fixirungs- flüssigkeit gebracht, denn das vorherige Abpräpariren der Hülle ist nicht nur schwieriger, sondern hat auch den Nachtheil, dass 1) Ueber Zelltheilung und Wachsthum des Tritoneies nebst einem Anhange etc. Jen. Zeitschr. Bd. 29. 528 L. Michaelis: die noch ungehärteten Eier sich auf der Seite, auf der sie dem Glase anliegen, stark abplatten und verzerrt werden. Als Fixirungsmittel wandte ich an: Chromsäure (1/,%/,), Chromessigsäure (!/,°/, Chromsäure + 1°/, Eisessig), Sublimat- Eisessig (Subl. cone. + 5°/, Eisessig), das Flemming’sche Chrom- Osmiumgemisch; vorzüglich hat sich bewährt eine Mischung von Sublimatlösung, conc. 1000, Pierinsäure, conc. 1000, Eisessig, 50, Wasser, 2000. Nach dem Fixiren wurden die Gallerthüllen mit Scheere und Pincette abpräparirt (muss vor dem Einlegen in Alkohol geschehen!), dann (wenn die Eier in Chromsäuregemischen fixirt waren, erst gewässert, sonst sofort) in allmählich gesteigerten Alkohol gebracht und vermittelst Chloroform in Paraffin einge- bettet. Sie wurden so orientirt, dass die Schnittrichtung parallel der Eiachse verlief. Von Färbungen hat sich entschieden am besten diejenige mit Eisenhämatoxylin bewährt. Den Grad der Differenzirung modifieirte ich je nach der Art des Präparates. Waren Strahlungen in demselben vorhanden, so differenzirte ich mit der Eisenammon- alaunlösung nur wenig, so dass die protoplasmatischen Gebilde noch intensiv gefärbt blieben. Zur Darstellung von Richtungs- spindeln dagegen empfiehlt es sich, bedeutend stärker zu diffe- renzieren, womöglich mit einer stärkeren Eisenchloridlösung, da die Dotterelemente die Farbe sehr schwer abgeben. Zum Zweck des Differenzirens wurden die Objektträger in eine mit der Eisensalzlösung reichlich gefüllte Schale gelegt und bei schwacher Vergrösserung unter dem Mikroskop beobachtet. So geschieht die Entfärbung der ganzen Serie ganz gleichmässig. Auch benutzte ich Bordeaux R. als Vorfärbung, doch bringt das für dieses Material keinen grossen Nutzen, weil sich die protoplasmatischen Gebilde bedeutend schärfer bei einfacher Eisenhämatoxylinfärbung herausheben. Die Richtungsspindeln werden am klarsten, wenn man das Ei in toto mit Boraxcarmin vorfärbt. Befund am lebenden Ei. Die Eier von Triton eristatus sind gar nicht pigmentirt, die von Triton taeniatus haben eine durchaus nicht constante Die Befruchtung des Tritoneneies. 529 Färbung; manche sind ganz dunkelbraun, andere nur hell gelb- braun, wie ja auch die Hautfarbe der erwachsenen Tritonen varürt. Am geeignetsten für die äussere Untersuchung sind die dunkelpigmentirten Eier. An diesen erkennt man am animalen Pole den Richtungsfleck (R. Fick = Fovea germinativa M. Schultze = Keimfleck K. E. v. Baer), die Stelle, an der sich die Richtungskörper bilden und in deren Mitte man bisweilen den ersten Richtungskörper, und die Stelle der zweiten Riehtungsspindel in Form eines hellen Punktes sieht. Die Grenzlinie zwischen dem pigmentirten und dem pigment- losen Theil des Eies ist viel unregelmässiger als beim Froschei; mitunter liegt der Richtungsfleck nicht im Mittelpunkt der pig- mentirten Eihälfte, kurz, das Pigment schwankt ebenso wie in seiner Intensität auch in seiner Vertheilung an der Eioberfläche. Am befruchteten Ei sind ferner die „Dotterlöcher* van Bambeke’s, die Eintrittsstellen der Samenfäden, zu sehen. Sie erscheinen (Fig. la, b) in Form von stark pigmentirten Flecken, welche umgeben sind von einem weniger dunklen Ring, aber immer noch dunkler als die übrige Eirinde. In Fig. la sind 5, in Fig. 1b 4 solcher Dotterlöcher zu sehen, von letzteren zwei benachbarte mit einander fast verschmolzen. Es ist durchaus nicht immer nur ein Dotterloch vorhanden, sondern sehr häufig 2, 3, ja noch viel mehr (Fig. 1a, b). Am häufigsten liegen sie um den Aequa- Fig Tab. tor.des Bies”herumsruppirt, bisweilen}. one a mine mehr dem oberen, selten mehr dem !öcher zeigend. Vergr. etwa 20:1. unteren Pol genähert. Die Polyspermie ist bei Triton so häufig, dass sie nicht für pathologisch gehalten werden kann!). Die Dotterlöcher verschwinden stets vor der Furchung. Sie sind überhaupt nicht sichtbar bei den schwächer pig- 1) Ganz anders verhält sich der Frosch. Bei diesem ist Mono- spermie die Regel (Polyspermie wohl stets pathologisch), und es dringt der Samenfaden fast stets dicht am oberen Pol ein, 530 L. Michaelis: mentirten Eiern von Triton taeniatus und niemals bei Triton eristatus. Befund an Schnittserien. In das soeben abgelegte Ei ist noch kein Spermatozoon eingedrungen; das geschieht erst kurze Zeit darauf. Man sieht vielmehr nur den ersten Richtungskörper und die zweite Rich- tungsspindel (Fig. 2 u. 3) !). Das erste Richtungskörperehen, welches beim Triton nach Born im unteren Abschnitt der Tube (beim Axolotl nach Fick beim Eintritt in die Tube) gebildet wird, ist von oben i $ Fig. 2a. Fig. 2b. Zweite Richtungsspindel. Das 1. Riehtungskörperchen. Fig. 3. Zweite Richtungsspindel und 1. Richtungskörper auf eine m Schnitt. nach unten abgeplattet und liegt dem Ei in einer kleinen Delle auf (Fig. 2b, 3). Es besteht aus einem protoplasmatischen Leibe und einem gewöhnlich aus 2—3 Chromatinstücken be- stehenden Kern. Ausserdem sind im Protoplasma einige Pigment- körnchen, dagegen keine Dotterelemente. Das ganze Richtungs- körperchen misst im längsten Durchmesser 17 u. Dieht neben demselben, in der Peripherie des Eies, liegt die (in Fig. 2a 17u in die Länge messende) zweite Rich’ tungsspindel. Ich habe sie nur radiär oder nahezu radiär 1) Fig. 2—18 Schnitte durch befruchtete Eier von Triton taeniatus Die Befruchtung des Tritoneneies. 531 stehend gefunden. Die Chromosomen haben die Form von mehr oder weniger stark gekrümmten Haken (Fig. 2a). Nach ihrer Theilung haben sie die Form von Diplococcen (Fig. 3). Von Üentrosomen und Attractionssphären ist keine Spur zu bemerken, wohl aber sind um die Enden der Spindel einige Pigmentkörnchen angehäuft !). Das Eindringen des Spermatozoon hat die von Fick für den Axolotl schon beschriebene Bildung des „Empfängniss- kegels* zur Folge. Es bildet sich, indem die Dotterkörner aus einander weichen, eine plasmatische Ansammlung, welche die Form eines Triehters annimmt, die Basis nach der Peripherie zugekehrt. Sie ist sehr deutlich radiär gestreift, indem viele, sich dunkler färbende, in der Richtung des Eiradius verlaufende Striche sie durchziehen. Um gleich das weitere Schieksal dieser Bildung zu besprechen, so flacht sich der Empfängnisskegel bald nach dem Durchtritt des Samenfadens ab, indem er die nach dem Centrum des Eies gerichtete Spitze verliert; schliesslich liegt er noch als eine ganz flache Scheibe protoplasmatischer Substanz an der Peripherie des Eies, welche sich noch vor dem Einschneiden der Furche verliert. Bald nachdem der Samenfaden eingedrungen ist, wenn er etwa !/, des Eiradius durchlaufen hat, macht er seine eigen- thümliche Drehung. Diese lässt sich in ihrem Verlauf nicht so deutlich verfolgen wie beim Axolotl (und auch beim Frosch!), weil keine Pigmentstrasse uns über den ganzen Verlauf des Samenfadens Auskunft giebt und wir immer nur die augenblick- liche Lage desselben beobachten können. Der Samenfaden ist auf diesem Stadium noch in allen seinen Theilen wiederzuerkennen. In Fig. 4 u. 5 sieht man den Kopf fast der ganzen Länge nach, das ganz unveränderte Mittelstück und den unveränderten Schwanz (in Fig. 4 nur ein kleines Stück desselben), an dem nur die undulirende Membran fehlt. Der helle, dotterfreie Hof umgiebt nicht den ganzen Samenfaden, sondern nur den Schwanz und das Mittelstück (Fig. 5); der Kopf liegt zum grössten Theil zwischen den Dotter- körnern versteckt und ist daher meist ungemein schwer zu 1) Vergleiche mit Beobachtungen bei anderen Thieren zu ziehen habe ich unterlassen, da solche erst kürzlich u. a. von Sobotta ge- geben sind. (Die Befruchtung und Furchung des Eies der Maus. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 45.) 532 L. Michaelis: finden. Sein hinteres Ende hat sich (Fig. 4) etwas verdickt, die erste Andeutung der später zu besprechenden Verdiekung des ganzen Kopfes mit gleichzeitiger Verkürzung. Also auch IHıeabasr Oberer Rand der Abbildungen parallel dem nächst- "selegenen Stück der Eiperipherie, um die Wendung des Samenfadens zu zeigen. bei Triton beginnt, wie bei den Insek- ten Pyrrhoeoris und Pieris (Henking) die Verdickung des Samenfadenkopfes an seinem hinteren Ende. Der Kopf hat sich zum Schwanz so gedreht, dass er mit ihm einen stark gekrümmten, nach der Eioberfläche zu concaven Bogen bil- det. DasMittelstück hat die Drehung kaum mitgemacht. Der Schwanz ist fast gerade ge- streckt. In anderen Fäl- len findet man schon Veränderungen am Schwanz,bestehend - in Kniekungen; bald stellt er nur eine leicht gebro- chene Linie dar, bald aber knickt er sich auch mehrere Male spitzwinklig um (Fig. 6). Das Protoplas- ma, welches den Schwanz umgiebt, lässt Spuren einer schr feinmaschigen Structur erkennen (wohl Gerinnungsprodukt); wo aber ein Knick im Die Befruchtung des Tritoneneies. 533 Schwanz ist (Fig. 6), und wo der Schwanz an das Mittelstück stösst (Fig. 4), ist es strahlenförmig angeordnet. Ueber das weitere Schieksal des Schwanzes und dieser paradoxen Strahlungen kann ich nichts angeben; späterhin ist jedenfalls der Schwanz verschwunden; dass die genannten Strah- lungen in irgend einem Zuzammenhang mit der späteren Attrae- tionssphäre stünden, ist kaum anzunehmen. Die nächste Veränderung in der Umgebung des Samen- fadens ist das Auftreten der Attraetionssphäre. Ich bedaure, gerade von diesem wichtigen Stadium keine recht überzeugenden Präparate zu haben. Aber die Untersuchungen von Fick weisen Fig. 6. Schwanz eines einredrungenen Samen- Fig %. j fadens, in Auflösung begriffen. Spermakern mit zugehöriger Sphäre. so deutlich darauf hin, dass sich die Attractionssphäre beim Axolotl um das Mittelstück herum entwickelt, dass man für Triton wohl dasselbe annehmen muss, zumal Fick ’s Angabe nicht ver- einzelt dasteht; dasselbe ist nachgewiesen worden von Henking!) für Insekten, von Vejdowsky?) für Rhynehelmis, von Boveri?) für Echinodermen, von Kostanecki und Wierzejski!) für Physa, von Wilson und Mathews?) für Echinodermen. 1) Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. 49, 51, 54. 2) Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. HeftlI. Reifung. Befruchtung und Furchung des Rhynchelmiseies. Prag 1888. 3) Ueber das Verhalten der Centrosomen bei der Befruchtung des Seeigeleies. Verh. der phys.-med. Gesellschaft zu Würzburg 1895. 4) Ueber das Verhalten der sog. achromatischen Substanzen im befruchteten Ei. Nach Beobachtungen an Physa fontinalis. Arch. für mikr. Anatomie. 1896. 47. 5) Maturation, fertilization, and polarity in the Echinoderm Egg. Journal of Morphology, X. 189. 434 L. Michaelis: Wir müssen also gleich da einsetzen, wo die Attractions- sphäre schon ausgebildet ist (Fig. 7). Auf diesem Stadium hat der Samenfaden schon weitere Veränderungen durchgemacht. Der Kopf ist bedeutend kürzer, aber dieker geworden und zeigt im Inneren eine Structur, welche schon an die eines Kernes er- innert. Der Schwanzfaden ist ganz resorbirt. Vom Mittelstück ist nichts mehr zu sehen. Die völlig entwickelte Attractions- sphäre liegt neben dem umgewandelten Kopf und hat einen eigenthümlichen Bau. Fick beschreibt nnd zeichnet sie als einen Complex von Radien, welche nach einem gemeinsamen Mittelpunkte zustreben; dass er kein Centrosoma im Mittelpunkt der Strahlung findet, schreibt er seiner mangelhaften Färbemethode zu. Attractionssphären von Triton FR, sind in Fig. 7, 9, 16a, e wiederge- Rn geben. Die Radien werden von protoplasmatischen Fäden gebildet, welche sich nach der beschriebenen Methode intensiv färben. Zwischen ihnen, auch ihnen unmittelbar an- liegend, befinden sich mehr oder weniger sehr kleine Dotterkörnchen. En. Die Ausbreitung ter Strahlen ist aber eu un Nena = en nicht auf den von den grossen Dotter- körnern freien Raum beschränkt, son- dern man kann sie in den Dotter hinein verfolgen. Die Dotterkörner sind dabei nicht radiär angeordnet, sondern liegen regellos durch einander. Weiterhin gehen die Strahlen allmählich in ein ganz unregelmässiges Netzwerk über (Fig. 15), und dieses. selbe Netzwerk kann man in jedem be- liebigen Ei, unabhängig davon, ob eine Attractionssphäre in ihm vorhanden ist oder nicht, ebenso zwischen den Dotterkörnern verbreitet sehen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieses Maschenwerk von protoplasmatischer Natur ist, und dass die Attractionssphäre nur hervorgerufen wird durch ein Zusammenströmen der Proto- plasmastränge nach einem Punkte hin, und zwar offenbar nach dem Mittelstück des Samenfadens, oder besser nach der aus dem Mittelstück hervorgegangenen Substanz, welche dann untrennbar mit dem Eiprotoplasma verschmilzt. Die Befruchtung des Tritoneneies. 535 Sie muss mit ihm verschmolzen sein, denn sie ist nicht mehr als solche vorhanden. Das ist aber nur möglich, wenn das Mittelstück selber aus einem dem Eiprotoplasma entsprechenden Stoffe besteht, ebenso wie der Kopf des Spermatozoon aus einem dem Eikern entsprechenden Stoffe besteht. Was nun den Mittel- punkt der Attractions- sphäre betrifft, so ist der- selbe in den meisten Fällen ein sehr dichtes, protoplas- matisches Maschenwerk, das theilweise zu einer fast ho- mogenen Masse verschmol- zen ist. Diese Verschmel- zung braucht sich aber nicht nur auf den innersten Mittel- punkt zu beschränken, son- dern kann noch weitere Bezirke ergreifen, so dass man bisweilen den ganzen Fig. 9. hellen, dotterfreien Hof, in Eine Sphäre mit homogenem Centrum. welchem für gewöhnlich die Strahlung liegt, von einer homogenen Masse einge- nommen sieht (Fig. 9), von welcher zwischen die Dotter- körner hinein Protoplasma- fäden ausstrahlen. Sobald man die Differenzirung nach der Eisenhämatoxylin-Fär- bung so weit treibt, dass diese Fäden die Farbe ab- geben, so sieht man (ohne Anwendung von Nach- oder Vor- färbung) überhaupt nichts von Strahlung (Fig. 8)'). Fig. 8. Spermakern ohne Chromatinnetzwerk. 1) In dieser Figur hat der Kern eine eigenthümliche Structur, er ist nämlich ganz homogen. Obgleich ich mehrere Präparate von solehen Kernen habe, glaube ich doch nicht, dass jeder Samen- kern dieses Stadium durchläuft. Vielleicht ist eine derartige Structur aber auch nur durch mangelhafte Conservirung bedingt. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 35 536 L. Michaelis: Solcher Art sind die Attractionssphären, welche Fiek als verklumpte Häufchen darstellt, in denen eine strahlige Anordnung nicht zu erkennen sei. Von einem Centrosoma habe ich niemals, auch bei An- wendung von Vorfärbung, etwas entdecken können. Es hat sich also die Erwartung von Fick, mit Hülfe der Eisenhämatoxylin- Färbung Centrosomen zu finden, nicht bestätigt. Auch die von Eismond beschriebenen unregelmässigen, oft in Mehrzahl vor- handenen, etwas stärker färbbaren Klümpehen in der Gegend des Centrums der Strahlungen habe ich kaum in Andeutungen gesehen. Wenn der Ei- und Samenkern so nahe an einander gerückt sind, dass sie von einem gemeinsamen hellen Hof umgeben sind, dann lassen sie sich nicht mehr von einander unterscheiden. Beide sind grosse Kerne mit deutlicher Membran und einem Chromatinnetzwerk im Inneren (Fig. 10, 11, 12, 13, 14); beide sind gleich gross; sie messen bis 35 u im Durchmesser; anfänglich sind sie, auch wenn sie schon dicht bei einander liegen, bedeu- tend kleiner; offenbar wachsen sie also noch unmittelbar vor ihrer Verschmelzung mächtig durch Imbibition von Kernsaft an. Beide Kerne sind aber immer ziemlich gleich gross. Das stimmt ganz mit der schon 1878 von O. Hertwig!) gemachten Beobachtung überein, dass die Vorkerne gleich gross sind, wenn der Samen- kern sich vor der Beendigung der Richtungsmitosen bildet, dass der Samenkern aber kleiner bleibt, wenn er einen schon fertig gebildeten Eikern im Ei antrifft. Zwischen den nahe bei einander liegenden Kernen ist die Anfangs noch einfache Attractionssphäre, welche vom Samenfaden herstammt?). Aber bald zeigt sie eine Andeutung, dass sie sich zur Theilung anschicke. Die Theilung der Attracetionssphäre ist von mir 1) Beiträge zur Kenntniss der Bildung ete. Morphol. Jahrb. Bd. IV. 2) Das bedeutet natürlich, nach dem oben Entwickelten, nicht etwa, dass der Samenfaden das ganze Material für die Attractions- sphäre mitgebracht hätte, sondern nur, dass sein Mittelstück zum Cen- trum der Attractionssphäre geworden ist, welche sich zum grössten Theil aus dem Eiprotoplasma gebildet hat. Die Befruchtung des Tritoneneies. Sn 2 ® Fig. 10. Fig. 10-14, Verschiedene Stadien der Attractionssphäre. Leitz Obj. 6, Oe. 1. & 538 L. Michaelis: in allen Uebergängen beobachtet worden und geschieht folgender- maassen: Die noch einfache Attractionssphäre in Fig. 7 sendete ihre Strahlen gleichmässig nach allen Richtungen des Raumes aus, nur die Anwesenheit des benachbarten Samenkernes hinderte die freie Entfaltung einer Anzahl von Strahlen; er stand ihnen im Wege. Wenn nun die Kerne an einander gerückt sind, kommt als zweites Hinderniss für die Ausbreitung der Strahlen der nahe ge- legene Eikern hinzu (Fig. 10). So kommt es, dass die Proto- plasmastränge der Attractionssphäre sich nur noch in der sogen. „Copulationsebene“ frei entfalten können; sie machen gewisser- maassen dem Eikern Platz, sich dem Spermakern zu nähern. Dadurch ordnen sich die Strahlen in zwei Gruppen an, die aber noch nach einem gemeinsamen Centrum zustreben. Dieses Centrum streckt sich nun im weiteren Verlauf in die Länge (Fig. 11, 12), die Gruppirung der Strahlen in zwei Hälften wird deutlicher, schliesslich schnüren sich die beiden Strahlen- gruppen von einander ab, indem nur noch der eine oder andere Protoplasmafaden beide mit einander verbindet (Fig. 13), bis schliesslich auch diese Verbindung aufhört (Fig. 14). Es sei hier darauf hingewiesen, dass niemals mit grösserer Sicherheit das Fehlen von Centrosomen, die man doch als „Thei- lungsorgane“ anspricht, nachgewiesen werden konnte, als gerade bei der Theilung der Attractionssphäre. Sie fehlen nicht etwa nur in den in Figg. 10--14 abgebildeten Sehnitten, sondern in den zugehörigen Serien. Auch entsteht, wie wir gesehen haben, keine Centralspindel zwischen den sich theilenden Attraetionssphären. Ich weise auch auf die ähnlichen Angaben von Rückert!) bei Cyclops hin. Eine merkwürdige Thatsache ist mir an mehreren Präparaten aufgefallen. Bisweilen sieht man (Fig. 10, 14) deutlich einzelne, besonders scharf ausgeprägte, aber kurze Strahlen nach der Membran eines der beiden Vorkerne hinziehen und sich dort an kleine Vorsprünge der Kernmembran anheften. Es liegt die Ver- muthung nahe, dass dieser Kern der Samenkern ist, dass jene Befestigungsstrahlen zu denjenigen gehören, die aus dem Mittel- stück hervorgegangen waren, und dass sie ihre Verbindung mit 1) J. Rückert, Die Befruchtung von Cyclops strenuus. Anat. Anzeiger 1895. Die Befruchtung des Tritoneneies. 539 dem Kopf des Spermatozoon bezgl. dem Samenkern nicht verloren haben. Da sie aber an anderen Präparaten fehlen, so kann ich ihnen eine grössere Bedeutung -— etwa in Bezug !auf die Fort- bewegung des Samenkernes — nicht beilegen. Fig, 16c. Fig. 16a, b, e drei einer Serie angehörige Schnitte. Fig. 16a, e Schnitte durch die Mitte der beiden Sphären. Fig. 16a u. b zeigen Stücke des Furchungskernes. Im weiteren Verlaufe verschmelzen die beiden Kerne zu einem einzigen, sehr grossen Kern, ein Stadium, welches Fick beim Axolotl nicht beobachtet hat. Dieser Furchungskern macht zwar noch den Eindruck eines Kernes, aber doch nicht 540 L. Michaelis: mehr eines gewöhnlichen, ruhenden Kernes. Das Chromatingerüst bildet nicht mehr ein eigentliches Netzwerk, sondern besteht aus schleifenartigen Gebilden, welche sich verästeln und unter ein- ander zusammenhängen, also noch keine selbsständigen Chromo- somen sind. Man muss dieses Stadium wohl als analog dem Knäuelstadium bei der Mitose betrachten. Denn offenbar bilden sich aus den einzelnen Abschnitten dieses groben Geflechtes von Chromatinschleifen und -bögen die einzelnen Chromosomen der Furehungsspindel, wie aus den einzelnen Abschnitten des Mutter- knäuels die Chromosomen der karyokinetischen Figur hervorgehen. Eine eigentliche Membran besitzt der Furchungskern nicht mehr, sie ist mit aufgegangen in das Chromatingegeflecht (Fig. 16a, b). EIN DE a »d A Fig. 17. Die fertige Furchungs-,„Spindel“. Dieser grosse Kern erstreckt sich in der Schnittserie auf 6 Schnitte zu 10 u, misst aber, da er ganz schräg getroffen ist, mehr als 60 u, mindestens 90 u in die Länge. Seine Breite ist 28 u. Er stellt im Ganzen eine etwa rechteckige Figur dar. Nicht weit entfernt von den beiden schmäleren Seiten «des Recht- ecks liegen zwei schön entwickelte Attractionssphären. Fig. 16a stellt den Anfangstheil des Kernes mit der einen Sphäre dar, Fig. 16 b ein mittleres Stück aus dem Kern, Fig. 16 e die an- dere Sphäre mit noch einigen an sie heranreichenden Chromatin- stücken. Die Befruchtung des Tritoneneies. 541 Dieses Stadium führt zu dem in Fig. 17 abgebildeten, wo die beiden Strahlungen die Pole der Furchungsspindel geworden sind und der Kern sich aufgelöst hat in eine Anzahl von Chro- mosomen, welche die Form von Stäben haben. Ein jeder dieser Chromatinstäbe ist gegen 28 u lang und lässt sich nicht scharf abgrenzen gegen die m gleicher Richtung mit ihm verlaufenden Strahlen der Attractionssphäre. „Die ganze karyokimetische Figur ist sehr gross; die Centren der beiden Sphären sind etwa 120 u von einander entfernt. Besonders auffällig ist aber an der Fur- ehungsspindel das fast völlige Fehlen «der eigentlichen „Spindel“. Die Chromosomen, welche sich auf dem Stadium der Metakinese befinden, heften sich direkt an die einander zugewandten, von den Strahlungsmittelpunkten ausgehenden Protoplasmafäden. Zwischen den beiden Chromosomengruppen sind auf dem abgebildeten Schnitt, dem mittelsten der ganzen Figur, keine Fasern vor- handen. Erst auf einem der nächsten Schnitte der Serie ver- laufen einige Fasern von Pol zu Pol, obne jedoch mit den Chro- mosomen in Berührung zu kommen. Die ÜCentren der Attractionssphären bestehen aus einem dünnen, spärlichen Netzwerk von Protoplasmafäden, darum folgt eine Zone dichteren Maschenwerkes, und von diesem strahlen lange Protoplasmaradien aus und lassen sich bis tief hinein zwischen die Dotterkörner verfolgen, bis sie schliesslich in das Protoplasmamaschenwerk des Eies übergehen, welches um so spärlicher wird, je weiter man sich von dem Centrum der Sphäre entfernt. Die Lage der Furchungsspindel ist natürlich im der oberen Eihälfte; sie steht mit ihrer Längsachse senkrecht zur Eiachse und liegt so, dass sie die Eiachse im Verhältniss von 1:3 theilt. Genau dieselbe Lage haben schon von dem in Fig. 10 darge- stellten Stadium an die Vorkerne; es laufen also von diesem bis zum eben beschriebenen Stadium alle Vorgänge ohne wesent- liche Ortsveränderung der Kerne ab. Oberhalb der Kerne bez. der Spindel liegen die Dotterkörner äusserst dicht gedrängt, unterhalb derselben viel lockerer. Das erwähnte Fehlen der Spindelfasern bei der „Furchungs- spindel“ macht sich auch späterhin bemerkbar. Wenn die Furche schon angefangen hat durchzuschneiden, sind die Strahlungen 542 L. Michaelis: noch schön entwickelt, aber keine Verbindungsfasern gehen von der einen Sphäre durch die Zellscheidewand zur andern hinüber; ebenso fehlt jede Andeutung einer. „Zellplatten“-Bildung. Es bleibt noch übrig, das Schicksal der ebenfalls in den Dotter eingedrungenen, aber nieht zur Copulation mit dem Ei- kern gelangten „Nebenspermatozoon* zu schildern. Solcher findet man fast in jedem Ei I oder 2, oder auch noch mehr. Anfangs machen sie dieselben Veränderungen durch wie das Hauptspermatozoon, ja man darf Anfangs eigentlich noch gar nicht von „Haupt“- und Nebenspermatozoön sprechen. Vorläufig sind alle eingedrungenen Spermatozoön gleichwerthig, und erst, wenn der Eikern in die Nähe eines derselben gelangt, macht sich jener Unterschied geltend, dann erst wird entschieden, welches Haupt-, welches Nebenspermatozoon wird. Die Nebenspermatozoön findet man in den verschiedensten Stadien im Ei. Manchmal bilden sie noch einen stark in die Länge gezogenen, an den Kopf des Spermatozoon erinnernden Kern, in dessen Nähe eine Strahlung entwickelt ist, oder auch fehlen kann. Ueberhaupt scheinen die Sphären der Nebensperma- an kerne rasch zu Grunde zu gehen, denn selten findet man sie an weiter entwickelten Neben- spermakernen. Doch habe ich einmal sogar eine doppelte Sphäre gesehen. Direkte Theilungen der Nebenspermakerne, wie Braus!) sie beschreibt, habe ich nicht finden können. Ausser der physio- Br logischen Polyspermie giebt es Einer von 11 in einem Ei vorhandenen s En Nebenspermakernen. auch eine bedeutend stärker aus- gesprochene, pathologische. Fig.18 stellt einen Kern aus einem pathologisch überfruchteten Ei dar. Solcher Kerne waren nämlich in dem zugehörigen Ei nicht weniger als 11. Alle waren ellipsoide Gebilde mit einem eigenthümlichen, 1) I. c., Anhang. Die Befruchtung des Tritoneneies. 543 eckigen, scharf ausgeprägten Chromatinnetzwerk. Von Strahlung war in dem Ei trotz seiner 11 Kerne keine Spur. Auf dem Stadium der Zweitheilung habe ich niemals mehr etwas von einem Nebenspermakern gesehen, doch ist mein Ma- terial von diesem Stadium zu gering, um ihre Existenz Braus gegenüber ganz zu leugnen, zumal diese mit Bezug auf die Be- antwortung nach der Frage der Herkunft der Merocytenkerne bei Reptilien und Fischen eine grosse Bedeutung hätte. Zusammenfassung. 1. An dem soeben abgelegten Ei von Triton ist das erste Richtungskörperchen fertig gebildet und liegt dem Ei in einer Delle am oberen Pol auf. Die zweite Richtungsspindel befindet sich in unmittelbarer Nähe dieser Delle. 2. Beim Triton ist Polyspermie in mässigem Grade nicht pathologisch. 3. Das Eindringen des Samenfadens in den Dotter hat die Bildung eines „Empfängnisskegels“ zur Folge. 4. Der Schwanz des Spermatozoon wird resorbirt, nach- dem er sich mehrfach geknieckt hat und eime Ansammlung von Protoplasma um ihn herum entstanden ist. 5. Um das Mittelstück herum und zum Theil aus dem- selben entsteht wahrscheinlich die Attraetionssphäre. 6. Der Kopf wird zum Spermakern. 1. Die Attractibnssphäre ist nur eine durch strahlige An- ordnung sich auszeichnende Parthie des protoplasmatischen Netz- werkes, welches für gewöhnlich zwischen den Dotterkörnern aus- gebreitet ist. 8. Ein Centrosoma ist nieht im Centrum der Sphären nachzuweisen. 9. Die Sphäre theilt sich, wenn die Vorkerne dicht bei- einander liegen, durch einfache Zerschnürung, ohne Bildung einer Centralspindel. 10. Die Vorkerne verschmelzen zu einem Furchungskern. 544 L. Michaelis: Die Befruchtung des Tritoneneies. 11. Aus dem Furchungskern entsteht die Furchungsspindel, bei welcher die eigentliche Spindelfigur so gut wie ganz fehlt. 12. Die Nebenspermatozoön machen Anfangs dieselben Ver- änderungen durch wie das Hauptspermatozoon, später verliert sich erst gewöhnlich die Sphäre. Weiterhin verschwinden sie ganz. Zum Schlusse meiner Arbeit kann ich es nicht unterlassen, meinem hochverebrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. OÖ. Hertwig, für das Interesse und die Förderung, die er meiner Arbeit ent- gegengebracht hat, meinen ergebensten Dank auszusprechen. 545 Zur Mechanik der Eiablage bei Rana fusca. II. Mittheilung. Von M. Nussbaum. Hierzu Tafel XXI. Wegen der vorgerückten Jahreszeit musste bei der Ver- öffentlichung eines gleichbetitelten Aufsatzes (d. Arch. Bd. 56, pag. 479) die Entscheidung offen gelassen werden, ob die Weib- chen der Rana fusca ihre Eier ohne Mitwirkung der Männchen aus den Eierstocksfollikeln ausstossen könnten. Ich habe nun in diesem Jahre den folgenden Versuch angestellt: Am 4. Februar wurden sechs weibliche, noch im Winter- schlaf verharrende Rana fusca in ein besonderes Aquarium ge- bracht und in einem mässig durchwärmten Raume aufgestellt. Am 9. März lagen drei Klumpen Laich im Aquarium. An der Gestalt des Bauches liessen sich leicht die drei Frösche be- stimmen, von denen der Leich stammte. Bei der Tödtung und Oeffnung eines dieser Exemplare waren Eierstöcke und Eileiter leer. In jedem Uterus lag noch ungefähr die Häfte der bei der diesjährigen Ovulation aus dem Eierstock entleerten reifen Eier in ihren Gallerthüllen (Vergl. Fig. 2). Der Versuch zeigt, dass die Weibehen der Rana fusca ohne Beihülfe von Männchen die Eier aus dem Ovarium ausstossen können, dass die Eier in die Eileiter und Uterus überwandern und zum Theil wenigstens auf natürlichem Wege in das Wasser abgesetzt werden. Die Frösche waren einen ganzen Monat lang isolirt. Aber schon bei den im vorigen Jahre angestellten Versuchen war es auffällig gewesen, dass die aus der Umarmung der Männ- chen gelösten Froschweibehen nicht alle Eier aus dem Uterus entleert hatten. Es kam daher darauf an, weiter zu beobachten, ob bei Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 36 546 M. Nussbaum: guter Fütterung die Thiere entweder den Rest der Eier aus- stossen oder aufsaugen, oder gar an einer Quellung der Gallerte, welche jedes Ei im Uterus wie eine Hohlkugel umgiebt, zu Grunde gehen würden. Demgemäss wurden die beiden anderen Froschweibchen, (die schon eines Theiles ihres Laichs sich entledigt hatten, in ein besonderes Aquarium b eingesetzt. Am folgenden Tage, dem 10. März, fand sich in diesem Aquarium ein neuer Klumpen Laich. Der Frosch mit ganz schlappem Bauch, von dem sich erwarten liess, dass er diese Portion Eier geliefert habe, wurde getödtet und geöffnet. Eier- stock und Eileiter waren ganz leer. Im rechten Uterus lagen ungefähr zwanzig, im linken nur noch drei Eier (vergl. Fig. 5). Die übrigen vier Frösche erhielten vom 14. März an bis zu ihrem Tode alle vier Tage eine Portion frisches Fleich als Nahrung, damit sie nicht an Entkräftung zu Grunde gingen. Denn es hatte sich ja gezeigt, dass die Abwesenheit der brünstigen Männchen die Weibehen zwar nicht an der Eiablage hindere, aber jedenfalls dieses Geschäft verzögere. Die Eier wurden nicht in einem Zuge, sondern mit grösseren Unterbrechungen entleert. Der noch lebende zweite Frosch des Aquarium b hatte am 17. März zum zweiten Male gelaicht. Da die vorher getödteten beiden Exemplare einen der Zeit entsprechenden Rest von Eiern noch im Uterus zurückgehalten hatten, so war es nicht unmög- lich, dass es sich bei diesem Thiere ähnlich verhielte.e Um den Sinfluss der Vereinigung der Geschlechter auf die völlige Ent- leerung des Uterus zu prüfen, brachte ich ein Männchen, das im Freien aus der Umarmung mit einem Weibehen gelöst worden war, zu dem isolirten Weibchen in das Aquarium b. Es fand jedoch keine Umarmung zwischen den beiden Thieren statt; auch setzte das Weibchen keine Eier mehr ab. Als es am 25. März getödtet wurde, waren Eierstock, Eileiter und Uterus ganz leer. Die völlige Entleerung hatte somit schon vor der Vereinigung mit dem Männchen im Aquarium b stattgefunden. Inzwischen hatten auch die übrigen drei Weibehen in ihrem Aquarium wiederholt Laich in grösseren und kleineren Klumpen fahren lassen. Die beiden Thiere mit den am meisten zusammen- gefallenen Bäuchen wurden am 25. März getödtet. Alle Eier waren ausgestossen; Eierstock, Eileiter und Uterus ganz leer. Zur Mechanik der Eiablage bei Rana fusca. 547 Somit hatten von fünf Weibehen der Rana fusca drei ohne jede Beihülfe der Männchen mit der Zeit den ganzen Vorrath an reifen Eiern entleert; das am frühzeitigsten (9. März) getödtete Weibehen hatte noch fast die Hälfte der Eier in den beiden Uterus, das andere am 10. März nach wiederholtem Laichen untersuchte Thier dagegen nur noch eine geringe Zahl von Eiern zurückbehalten. Von den sechs zum Versuch benutzten Thieren war am 25. März nur noch eins am Leben. Wie man sich erinnern wird, war es seit 14 Tagen regelmässig gefüttert worden und in Folge dessen sehr lebhaft. Man sah deutlich, dass noch auf beiden Seiten der grösste Theil der Eier im Uterus lag, der sich wie ein anal von den Lungen gelegener Schrotbeutel an- fühlte, worin die einzelnen Eier als deutlich gesonderte Körner durch die Bauchdecken hindurch zu erkennen waren. Der Contour des mit den Eiern gefüllten Uterussackes blieb bei Lageveränderungen des Thieres beiderseits gut erhalten, so dass man die Annahme ausschliessen konnte, die Eier lägen etwa in der freien Bauchhöhle. Auch wurde der Uterus jeder Seite bei der Athmung des Thieres als Ganzes verdrängt; er bewegte sich bei der Einathmung analwärts, bei der Ausathmung oral- wärts. Der Frosch wurde bis zum 8. August am Leben erhalten und während der Zeit gut gefüttert. Zwischendurch liess das Thier von Zeit zu Zeit kleine Klümpehen Laich fahren; in der letzten Zeit vor seinem Tode aber nur ungefärbten Schleim. Dabei verkleinerte sich der rechte Uterus auffallend, der linke blieb aber als mässige Geschwulst sichtbar. Einzelne Körner konnten an dieser offenbar noch in einem Sacke, dem Uterus, einge- schlossenen Geschwulst nicht mehr erkannt werden. Das Thier blieb munter und lebhaft. Als es am 8. August 1396 getödtet und dann geöffnet wurde, war sein linker Uterus kirschengross und von matt- weisser Färbung. Gemessen wurde am Uterus die Länge=20 mm, Breite=17 mm, Tiefe 15 mm. Das Thhier wurde in Formalin er- härtet. Nach Eröffnung des Uterus liess sieh eine Kugel heraus- heben, die an der Oberfläche glatt war und nur in der Nähe des Ueberganges vom Uterus in die Kloake Eindrücke zeigte, wie man sie an einem frischgekneteten Teig findet. Offenbar rührten diese Unebenheiten von der zeitweisen Entleerung eines Theiles der Kngel durch den After her. Auf dem Durchschnitt war die 548 M. Nussbaum: Kugel rein weiss und homogen. Es liess sich mit blossem Auge keine Spur von Eiern mehr darin erkennen. Jedenfalls sah man, wenn die Eier nicht völlig verschwunden waren, von ihrem Pigment absolut nichts mehr. Die Oeffnung des Eileiters nach der Kloake war gross und spaltförmig, fast in einer Sagittalebene ddes Leibes gelegen. Der rechte Uterus war entleert. Vergleicht man die Fig. 1, 2 und 3 mit der von diesem letzten Weibchen stammenden Photographie in Fig. 4, so ergiebt sich, das Eier- stock und Eileiter entsprechend der vorgeschrittenen Jahreszeit bei dem zuletzt getödteten Thier (Fig. 4) sich fortentwickelt haben. Im Ovarium sind wieder mittelgrosse pigmentirte Eier; in den Eileitern, deren Durchmesser sich bedeutend vergrössert hat, sind die Drüsen wieder mit Sekret für die Eier der nächsten Brunstperiode angefüllt. Offenbar ist dieser Frosch getödtet worden, bevor der ganze Rest von Gallerte aus dem linken Uterus entfernt war. Da er aber noch am 7. August, 24 Stunden vor der Abtödtung Schleim aus der Kloake entleert hatte und sein rechter Uterus ganz leer gefunden wurde, so ist es sicher, dass auch der Rest im rechten Uterus sich auf natürlichem Wege, wenn auch ver- spätet und in kleinen Portionen entleert haben würde. Die Eröffnung des Thieres war deshalb nöthig geworden, weil zuletzt nur reine ungefärbte Gallerte und keine Eier mehr ab- gingen. Die Untersuchung zeigte dann, dass von den Eiern auch im Uterus keine nachweisbare Spur zurückgeblieben war. Somit ist es erwiesen, dass die während der Brunstperiode von Männchen fern gehaltenen Weibchen der Rana fusca Laich absetzen und an dem etwas länger im Uterus zurückgehaltenen Laich nieht zu Grunde gehen. Ein Zugrundegehen der unbe- gatteten Weibchen wäre auch nur dann denkbar, wenn durch Bersten eines Uterus die Eier mit ihrer Gallerthülle in die Bauch- höhle zurücktreten würden. Dann wäre es möglich, dass in der Bauchhöhlenflüssigkeit die Gallerte aufschwellen würde, was im Uterus aber nicht geschieht. Die schon in der ersten Mittheilung geäusserte Vermuthung trifft somit zu. Das Weibchen der Rana fuscea bedarf zu keiner Phase des Laichgeschäftes der Mithülfe des Männchen. Die Eier ver- lassen auch bei den längere Zeit vor dem Eintritt der Laich- periode von den Männchen getrennten Weibchen den Eierstock, Zur Mechanik der Eiablage bei Rana fusca. 549 treten in die Bauchhöhle und durch den Eileiter in den Uterus über. Die Eier werden auch, freilich nieht wie beim gepaarten Weibchen in einem Zuge, sondern in kleineren oder grösseren Zwischenräumen bis zur völligen Entleerung des Uterus in das Wasser abgesetzt. Da die Eier unbefruchtet sind, so tritt, wie dies schon Spallanzani bekannt war, keine Entwicklung ein. Bleiben Eier im Uterus längere Zeit zurück, so schwinden die Eier, indem sie höchst wahrschemlich resorbirt werden. Die Gallerte, die während der Laichperiode selbst die Eier einzeln ein- hüllt, grenzt sich nicht mehr, wie wenn sie unter normalen Verhält- nissen, d. h. für kurze Zeit im Uterus liegt, in die einzelnen zu je einem Ei gehörigen kleinen Kugeln deutlich ab, sondern fliesst zu- sammen und stellt dann eine einzige gleichartige Masse dar, von der zeitweise kleine Portionen durch den Anus entleert werden. Es scheint, dass diese Gallerte im Gegensatz zu den von ihr eingehüllten Eiern gar nicht resorbirbar ist. Rana fusca laicht auch in der Gefangenschaft; Rana escu- lenta aber nicht. Die Unfruchtbarkeit gefangener Wasserfrösche beruht jedoch nicht darauf, dass den Weibchen die Männchen fehlen, sondern dass beide Geschlechter durch den Einfluss der Gefangenschaft steril gemacht werden. Rana fusca laicht auch ohne Männchen. In der Gefangenschaft kann das Weibchen der Rana esculenta trotz der Gegenwart von Männchen seiner Art nicht laichen. Das Ergebniss der vorliegenden Untersuchung besteht somit in dem Nachweise, dass Rana fusca von der allgemeinen Regel keine Ausnahme mache. Reifung und Ausstossung der Eier ist eine ausschliessliche Funktion des weiblichen Organismus. Auch die Ablage der Eier ist nicht an die Gegenwart von Männ- chen gebunden, wenn sie auch dadurch beschleunigt wird. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXIIL. Die Frösche wurden mit eröffneter Bauchhöhle entweder sofort (Fig. 1 bis 3) oder nach vorheriger Behandlung mit 4°/, Formol in 70 procentigen Alkohol gehärtet und alsdann bei derselben Vergrösserung 550 M. Nussbaum: Zur Mechanik der Eiablage bei Rana fusca. photographirt. Einer besonderen Erläuterung durch beifügung von Buchstaben wird es nicht bedürfen. Man findet auf jeder Figur sicht- bar oral zwischen den Leberlappen das Herz und anal davon die Gallenblase. Nach dem Füllungsgrade der beiden Uterus sieht man den Darm mehr oder weniger in seiner ganzen Ausdehnung vom Magen bis zum Rectum. In Fig. 1 sind die beiden Hörner der Harn- blase leer, aber gut zu erkennen. In Fig. 2 ist die Harnblase nach der linken Seite des Thieres, in Fig. 3 nach der rechten Seite vor den mehr (Fig. 2) oder weniger (Fig. 3) gefüllten Uterus herübergezogen. Fig. 1. Weibchen von Rana fusca. Alle Eier sind in die beiden Uterus übergetreten. Die Eierstöcke sind zurückgesunken und von grossen pigmentirten Eiern völlig entleert, die Ei- leiter schlapp und von geringer Wandstärke. Fig. 2. Weibchen von Rana fusca, getödtet am 9. März 18%. Weibchen von Rana fusca, getödtet am 10. März 1896. Fig. 4. Weibchen von Rana fusca, getödtet am 8. August 18%. Die Eileiter sind wieder dicker geworden. In den Eierstöcken liegen wieder mittelgrosse pigmentirte Eier. Der linke Uterus ist durch eine farblose, glatte, auf der Oberfläche nieht höcke- rige Masse aufgetrieben. (Man vergleiche Fig. 1 und 2, wo in beiden Uterus noch Eier in ihren Gallerthüllen deutlich gegen einander abgesetzt darin liegen.) = 08 wo (Aus dem histologischen Laboratorium der Nervenabtheilung des haupt- städt. Siechenhauses „Elisabeth“ zu Budapest.) Zur feineren Struktur der Hirnrinde und über die funktionelle Bedeutung der Nervenzellen- fortsätze. Von Docenten Dr. Karl Schaffer, Ordinarius der Abtheilung. Hierzu Tafel XXIV und XXV. Mit meinen gegenwärtigen Untersuchungen gedenke ich die klassischen Forschungen Golgis, R.yCajals und Köllikers über die Hirnrinde in einem Punkte u. z. in Bezug auf den feinsten Bau der kleinsten Pyramiden zu vervollständigen. Diese Karl Schaffer: Zur feineren Struktur der Hirnrinde etc. 551 Elemente der Rinde, welche zwischen den pluripolaren Zellen der moleeulären Schicht und den kleinen (echten) Pyramiden liegen, bieten derartig interessante Verhältnisse dar, dass ich deren ge- nauere Schilderung für nothwendig erachte. Insbesonders zeigt der Axencylinder oder mit Kölliker gesagt der Axon der frag- lichen Elemente sammt dessen Collateralen ein so markantes Ver- halten, welches, abgesehen von dem rein morphologischen Interesse, besonders in funktioneller Hinsicht wichtige Schlüsse gestattet. Dies darzulegen sei mir in den nachfolgenden Zeilen gestattet. Ich übergehe die genugsam bekannten Strukturdetails der Hirnrinde und wende mich sofort vor Allem zur Schilderung der äusseren Formverhältnisse der sogenannten kleinsten Pyramiden. — Cajal lässt auf die Schicht seiner pluripolaren Nervenzellen der oberflächlichsten, moleeularen Lage der Rinde Zellelemente folgen, welche er ganz richtig nicht so sehr pyramidenförmig, als vielmehr polygonal oder kernförmig schildert, zählt dieselben aber zu den kleinen Pyramiden, da ihre Form sich umsomehr der wahren Pyramide nähert, je tiefer sie liegen. Ich möchte jedoch vorweg betonen, dass das morphologische Ensemble dieser Nervenzellen derartig charakteristisch ist, dass ich nicht anstehe, dieselben als eineselbständigeFormderRindenzellen zu betrachten. Bevor wir nämlich nach Durchmusterung der moleculären Schicht zu den wahren, kleinen Pyramiden gelangen, fällt uns eine ziemlich dichte, ungefähr vierreihige Schicht von Nervenzellen auf, deren Form eine sehr variable ist. Es finden sich mit der Rindenoberfläche parallel verlaufende spindelförmige, sodann zur Oberfläche vertikal gestellte birn- oder spindelförmige, ovoide, kugelige, wohl auch vieleckige Zellkörper vor, deren Grösse ungefähr jener der kleinen Pyramiden entspricht. Als interessant mag der Umstand bezeichnet werden, dass die Den- driten dieser Zellen ungefähr in dem Sinne der äusseren Form sich vertheilen, d. h. die spindelförmigen Elemente senden aus ihren beiden Polen wurzelförmige Dendriten, also hauptsächlich nur in zwei Richtungen, während die mehr kugeligen oder poly- gonalen Elemente fast radiär in allen Richtungen mit ihren Den- driten ausstrahlen. Auch scheint es bemerkenswerth zu sein, dass die mit der Oberfläche parallel liegenden Zellen mehr tan- gential ihre Dendriten entsenden, obschon Seitenäste vertikal zur Oberfläche verlaufen, während die vertikal gestellten Elemente 552 KarlSchaffer: Dendriten direkt aufwärts zur molecularen Lage und manchmal recht tief abwärts bis in die Schicht der Riesenpyramiden schicken. Auffallend ist manchmal der überraschende Reichthum der Den- driten, welcher sich hauptsächlich bei den zur Oberfläche verti- kal gestellten Elementen, seien sie birnförmig oder polygonal, zeigt, wie dies der einfache Anblick der Figg. 4 u.5 der Tafel XXIV lehrt. Allgemein jedoch vertheilen sich die Dendriten der frag- würdigen Elemente, fast in jeder Richtung, erreichen die Rinden- oberfläche ebenso wie die Pyramiden und erstrecken sich tief hinab, manchmal bis zur Ammonsformation der Hirnrinde. Es sei mir noch die Bemerkung gestattet, dass die zur Oberfläche verlaufenden Dendriten, soviel ich sah, viel weniger als die Dendriten der Pyramiden mit dem wohlbekannten, charakteri- stischen Reif besetzt sind, sondern vielmehr als glatte, jedoch sehr unebene, weil mit sehr häufig wiederkehrenden rosenkranz- artigen Anschwellungen versehene Fortsätze verlaufen. Soviel in aller Kürze über die Dendriten jener Lage von Nervenzellen, welche ich als die Schicht der oberfläch- lichen polymorphen Nervenzellen benennen würde. Viel interessantere Verhältnisse bieten die Axonen sowie deren Collateralen dar. Mit Bezug auf den Längsverlauf der Axonen lassen sich drei Arten von Nervenzellen unterscheiden. 1. Vor allem fallen a) Elemente auf, welche einen sehr kurzen und der Golgi’schen Zellen entsprechend sich aufzweigenden Axon besitzen (s. Taf. XXIV, Fig. 2; Taf. XXV, Fig. 15 und c); b) gibt es Nerven- zellen, welche einen viel längeren und reichlicher verzweigten Axon auch im Sinne einer Golgi’schen Zelle aufweisen (s. Taf. XXIV, Fig. 1). Als besonders charakteristisch betone ich, dass die Axone dieser Zellen zumeist horizontal verlaufen und tan- gential ihre Endausbreitungen finden, während ihre Collaterale, rechtwinkelig oder schief entspringend, nach kurzem horizon- talem Verlauf in die vertikale Riehtung umbiegen, wobei sie die Rindenoberfläche erreichen, um hier mit kleinen terminalen Knöt- chen zu enden. Besonders hervorhebenswerth scheint es mir zu sein, dass ich in einem Präparate eine polygonale Nervenzelle mit zwei Axonen fand, wovon einer aus der Nervenzelle selbst entsprang und schief mit diehotomischer Verzweigung gegen die Oberfläche zu verlief, während der zweite Axon aus einem secun- Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 553 dären Dendritenzweig entstehend mehr horizontal verlief, wobei er mehrfache Collaterale auf- und absteigend entsendete (s. Taf. RRV,ıFigs#1ia): 2. Fanden sich Elemente mit mittellangem Axon vor; letzterer entwickelte sich immer aus dem unteren Theile des Zellkörpers oder aus einem basalen Dendritenzweig, verlief etwas geschlängelt in gerader Richtung abwärts und verzweigte sich in der Sehieht der kleinen und grossen Pyramiden. Noch nahe zur Zelle entsendet dieser absteigende Axon Collaterale, welche zumeist in schief absteigender Richtung verlaufen, wobei sie seeundäre Collaterale aus sich, ihrem Ursprunge aus dem Axon nahe, entstehen lassen, welche sich abermals theilend, etwas schief-horizontal, nahe zur molecularen Schicht, sich ausbreiten. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, für die aus den wahren Collateralen entspringenden Aestchen den Namen Fibrillen vorzuschlagen, worunter wir also secundäre, tertiäre ete. Colla- terale verstehen dürften. Wie ich unten des Näheren darlegen werde, spielen die Collateralen, sowie deren Seitenäste, die Fi- brillen, bei der Leitung der Nervenerregung eine sehr wichtige Rolle; ich halte daher rascher Verständigung halber die genauere Bezeichnung der Axonbestandtheile für sehr erwünscht. — Nach dieser momentanen Abschweifung kehre ich zur Schilderung der Endausbreitung dieser absteigenden Axonen zurück. Wie gesagt, erreichen dieselben die Schicht der Pyramiden; hier, einestheils zwischen den basalen Dendriten der kleinen und dem apicalen Fortsatz der mittleren Pyramiden, andertheils zwischen den ba- salen Dendriten der mittleren und apicalen Fortsatz der Riesen- pyramiden breiten sich die Endverzweigungen der absteigenden Axonen aus und zwar in einer Weise, welche den Kontakt von mehreren und entlegeneren Pyramiden ermöglicht. Wie die Fig. 3 der Taf. XXIV lehrt, splittert sich der absteigende Axon zwischen den kleinen und mittleren Pyramiden derart auf, dass er zwei mit einander parallel gestreckt-horizontal verlaufende Collaterale entsendet, auf diese Weise entferntere Pyramiden er- reichend, und endlich mehrere kürzere auf- und absteigende End- äste entstehen lässt, wodurch mehrere, nahe ringsherum gelegene Pyramiden in den Wirkungskreis einer oberflächlichen poly- sonalen Nervenzelle gezogen werden. Letztere Weise der termi- nalen Aufsplitterung zeigt auch die Nervenzelle 4 der Taf. XXIV. 554 KarlSchaffer: 3. Gibt es Elemente, wie es die Fig. 5, Taf. XXIV be- zeugt, mit einem sehr langen absteigenden Axon, welcher die unterste Lage der Hirnrinde, die tiefen polymorphen Nervenzellen erreicht. Dieser Axon entspringt als mittelstarker Stamm, also mit etwas schwächerem Kaliber als die Axonen der Riesen- pyramiden; nahe zu seinem Ursprunge entsendet er in äusserst markanter Weise seine Collaterale ab, welche nach recehtwinke- liger Abzweigung sofort aufwärts zur Rindenoberfläche ziehen, diese auch erreichen und nebstbei diehotomisch in feinste Fi- brillen sich aufspalten. Solche Collaterale fanden sich verhält- nissmässig in ansehnlicher Zahl vor; ich zählte 2 bis 6 Aeste. Etwas entfernter von der Zelle, schon in der Schieht der mitt- leren Pyramiden, entstehen noch rechtwinkelig kleine und kurze Collaterale; jedoch bereits hier verdünnt sich der Axon, welcher in der Schicht der polymorphen Nervenzellen bereits als ein sehr schwächlicher, feiner Fortsatz erscheint, um hier entweder verti- kal als feinster Endfaden zu enden oder etwas schief sich um- biegend, mit einer kleinen Anschwellung sein Ende erreicht. Bei der ganz erklecklichen Länge dieses absteigenden Axons legte ich mir die Frage nahe, ob denn dieser die weisse Substanz nicht erreiche? Meine diesbezüglichen eingehenden Forschungen aber verneinen die Frage: nur in einem einzigen Falle hatte es den Anschein, als könnte der Axon auch in das Windungsmark dringen, war aber bereits äusserst verdünnt. Im Obigen gab ich die knappe Schilderung jener Nerven- zellen, welche, um nochmals hervorzuheben, zwischen der mole eularen und der Pyramidenschicht in der Form von fusiformen oder polygonalen Körperchen gelegen sind. Ich nenne dieselben die Schicht der oberflächlichen polymorphen Nervenzellen und stelle somit sie in Gegensatz zu den tiefsten Nervenzellen der Hirnrinde, welche gleichfalls polymorph sind. Die genauere Schilderung dieser Schieht schien mir deshalb wiehtig, weil ich selbst bei Öajal, dem wir nach Golgi eine so vollständige, wahrhaftig klassische Untersuchung und Beschreibung der Hirm- rinde verdanken, die umständliche Erwähnung der oberflächlichen polymorphen Elemente vermisse. Dies konnte nur so geschehen, dass Cajal die erwähnte Schieht mit der Lage der kleinen Pyramiden verschmelzte und somit keine besondere Individualität diesen Zellen zumaass. Nichtsdestoweniger entgng Cajals Zur feineren Struktur der Hirnrinde etc. 555 scharfem Blicke eine Zellenform nicht, von welcher er bei dem Punkte der „Couche des petites pyramides“ in seiner Arbeit „Sur la structure de l’&eorece ceörebrale de quelques mammiferes“ (Cellule) Folgendes sehrieb: „Nous avons vu parfois le eylindre- axe se terminer dans les zones moyennes de l’ecorce par une diehotomie, apres avoir perdu ‘son individualit@ et sa direetion primitives, Fig. 15a; n&anmoins on ne peut nier la possibilite, que l’une des branches ne puisse atteindre, apres un cours plus ou moins oblique, la couche de substance blanche.* Diese Zelle Cajals entsprieht vollkommen meiner auf Taf. XXIV, Fig. 4 dargestellten Nervenzelle. Wie gesagt aber, finden die ober- flächliehen polymorphen Zellen keine selbständige Schilderung, insbesondere deren interessante Axonenverhältnisse. Kurz resumirt erwähne ich, dass die soeben abgehandelten Nervenzellen sämmt- lich intracortieal sich ausbreitende, daher Zellen nach Golgis Typus sind, welche aber gesetzmässig Axone von drei verschie- denen Längen besitzen; und zwar 1. ganz kurze Axone, welche sich in der Schieht der oberflächlichen polymorphen Zellen horizontal ausbreiten und mit ihren Collateralen zur moleeulären Schicht emporsteigen; 2. mittellangeabsteigende Axone, deren Endausbreitungen in der Schicht der Pyramiden, also ungefähr in der Mitte des Rindendurchmessers, erfolgen; schliess- lich 3. lange absteigende Axone, welche nahe zu ihrem Ursprunge receurrirende, aufsteigende Collaterale zur moleeularen Lage abgeben und nach gestreckten Verlauf in der Schicht der tiefen polymorphen Nervenzellen enden. — Somit breiten sich die Axone in drei verschiedenen Höhen der Rinde aus und ent- senden in äusserst charakteristischer Weise zur Rindenoberfläche constant nachweisbare recurrirende Collaterale. Meine Untersuchungen bezogen sich auf den vorderen Abschnitt der Hirnrinde des neugeborenen Hundes. Wenn ich daher mich oben so ausdrückte, dass die soeben geschilderten Verhältnisse Cajal entgangen sind, so ist das folgendermaassen zu verstehen. Wohl schildert der spanische Gelehrte oberfläch- liche Nervenzellen, unter der Schicht der pluripolaren Zellen liegend, welche er mit dem Namen der „Zone der senk- rechten, spindelförmigen Zellen“ belegte, und welche, in drei bis vier unregelmässigen Reihen angeordnet, aus ihrem eiförmigen, senkrecht verlängerten Körper einen ausserordentlich 556 KarlSchaftfer: feinen („vielleicht den feinsten, den man kennt“) Axon abwärts bis zum unteren Drittel der Rindenschicht senden. Cajal meint von diesem Axon gleichfalls, dass er „vielleicht“ bis zur weissen Substanz gelangt, „doch war derselbe in unseren Präpa- raten nie ganz zu verfolgen“. Es ist wohl sofort ersichtlich, dass diese Zellen meimen oberflächlichen polymorphen Nervenzellen mit langem Axon entsprechen. Doch ist zu betonen, dass Cajal die erwähnte Zone der senkrechten, spindelförmigen Zellen als zum Bau der unteren Hinterhauptslappen der kleinen Säugethiere . specifisch gehörend betrachtet, indem er die Zonen der Hinter- hauptregion folgend unterscheidet: 1. die moleculare, 2. die Schicht der spindelförmigen, senkrechten Zellen, 3. die mittlere Faserlage oder die Schicht der kleinen Pyramiden, 4. die Schicht der grossen Pyramiden, 5. die Schicht der polymorphen Elemente. „Die 2. Schicht (oder die der kleinen Pyramiden der anderen Theile der Rinde) erscheint durch verschiedene Lagen von sehr kleinen spindelförmigen Körperchen ersetzt, welche, soviel wir wissen, in keiner anderen Gehirnprovinz vorkom- men.“ (Ueber den Bau der Rinde des unteren Hinterhaupts- lappens der kleinen Säugethiere. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 4. Heft.) Cajal bemerkt ferner, dass „unter diesen senkrechten Spindelformen sich manebmal Zellen befinden, welche, weil ihnen die aufsteigende Ausbreitung fehlte, Spongioblasten der Netzhaut gleichen; doch besitzen auch diese Axencylinder wie die anderen Zellen eine grosse Feinheit.“ Eine genaue Analyse der Figuren Cajals ergab mir sicher, dass die „spindelförmigen, senkrechten Zellen“ Cajals mit meinen oberflächlieben polymorphen Elementen identisch resp. analog sind, denn vor allem ist ihre Lage und ferner die Richtung und Ausbreitung ihrer Fortsätze mit jenen meiner Zellen über- einstimmend. Meine Untersuchungen ergaben als neue That sachen jedoch Folgendes: 1. Gibt es auch im vorderen Abschnitte des Gehirns Nervenzellen der Rinde, welche zwischen der mole- cularen Schicht und den kleinen Pyramiden liegen; somit sind dieselben nicht speeifisch für die Hinterhauptregion; 2. dieselben sind von den kleinen Pyramiden gesondert als selbständige Zellen- form zu betrachten, welche ausser den langen, bis zur weissen Sehicht hinabsteigenden Axonen, einen mittellangen und einen kur- zen Axon entsenden; 3. ergaben meine Untersuchungen, dass Zur feineren Struktur der Hirnrinde etc. 557 wenn auch spärlich, Nervenzellen mit zwei Axonen in der Schicht der oberflächlichen polymorphen Elemente vorkommen, somit ana- loge Gebilde zu den pluripolaren Nervenzellen der molecularen Schicht darstellen; 4. beschrieb ich die charakteristischen recur- rirenden Collateralen der absteigenden Axonen. Soweit die von mir eruirten Thatsachen, welche wohl zwei- fellos darthun, dass die oberflächlichen polymorphen Nervenzellen eine wohlcharakterisirte Individualität besitzen, somit eine selbst- ständige Schicht der ganzen Hirnrinde darstellen. Sie sind keinesfalls mit den kleinsten Pyramiden zu verwechseln, da sie sich von letzteren durch die intracorticale Ausbreitung ihres Axons genugsam unterscheiden. Sie stellen Nervenzellen dar, die vermöge ihrer Axonenverhältnisse als Associationszellen im Cajal’schen Sinne zu betrachten sind. Sie sind Nerven- zellen, welche die verschiedenen Höhenelemente der Hirnrinde in mannigfachster Weise verknüpfen. Soviel im Allgemeinen über die funktionelle Bedeutung der oberflächlichen polymorphen Nervenzellen. Es verlohnt sich aber, die Kontaktmöglichkeiten, welche sich durch die beschriebenen Axonenverhältnisse ergeben, bis in die Einzelheiten zu verfolgen; dadurch kam ich aber zu Betrachtungen, welche meinen Aus- einandersetzungen bezüglich der individuellen Neuronenthätigkeit einen mehr allgemeinen Anstrich verliehen. Es sei mir gestattet, dieselben vorzuführen, wobei ich am richtigsten an Köllikers Sätze anknüpfe, welche dieser hochverdiente Forscher bezüglich der ‚BeziechungenderaElemente dersHirnrinde zu einander!), folgend formulirt: 1. Die Nervenzellen verarbeiten die empfangenen Erre- gungen und pflanzen dieselben cellulifugal durch ihre Axonen weiter. 2. Die von diesen fortgeleiteten Zustände werden nie von noch markhaltigen Fasern, sondern nur von den marklosen Enden der Axonen weiter übertragen, oder wie in gewissen Fällen durch von Hause aus marklose Axeneylinder. 3. Diese Uebertragungen geschehen theils auf Zellenkörper direkt, theils auf einem Umwege durch bestimmte Dendriten. 4. Eine cellulipetale Leitung durch Collateralen ist bis jetzt nicht nachgewiesen, ebensowenig wie eine cellulifugale Leitung durch Dendriten. 1) Handbuch d. Gewebelehre. II. Theil 1896, pag. 686. 558 KarlSchaffer: Aus diesen Sätzen greife ich den vierten, welcher in präg- nanter Weise die durch Kölliker angenommenen fundamen- talen Leitungsverhältnisse vorführt, heraus und zwar aus dem Grunde, weil durch denselben der Neuronenmechanismus regiert wird. Kölliker nimmt also, ebenso wie es als Erster Cajal that, ferner Retzius, van Gehuchten, Lenhossek eine Leitungsthätigkeit der Dendriten, ausser ihrer nutritiven Funktion, an und steht somit in lebhaftem Kontrast zur italienischen Schule, welche auf die Anregung ihres Meisters Golgi die Rolle der Dendriten nur in der Ernährung der Nervenzellen sahen. Somit war es Golgi, der die Funktionen der zweierlei Nervenzellen- fortsätze als grundverschieden auffasste, indem er mit der Leitung der Erregungen den Axon und dessen Collateralen, mit der Zellen- ernährung aber ausschliesslich die Dendriten betraute. Seine Argumentation zu Gunsten der nutritiven Aufgabe der Den- driten ist genugsam bekannt: Das Anheften von Dendriten an die Gefässwände wurde aber ausser seinen Schülern von keinem anderen Forscher constatirt. Und doch giebt es Gründe, die schlagendsten durch die Pathologie geliefert, welche die Er- nährungsthätigkeit der Dendriten beweisen. Vor Allem sei eine morphologische Betrachtung vorangeschickt. Die Dendriten sind strueturell mit dem Zellleib identische Theile der Nervenzelle, wodurch dieselben nur als die reichlich aufgefranzten Theile des Zellleibes erscheinen und somit eine ganz colossale Flächen- vergrösserung der Nervenzelle bewirken. Hingegen erscheint der Axon dadurch, dass er in seiner feineren Structur so vom Zellleib wie von den Dendriten lebhaft absticht, als eine eigen- thümliche Bildung der Nervenzelle. Ausser der Golgi’schen Im- prägnation stellt in erster Reihe die Nissl'sche Färbung ein Verfahren dar, durch welches die auffallende structurelle Differenz der beiden Nervenzellenfortsätze überzeugend demonstrirt wird. Die so sehr charakteristischen chromatischen Körperchen des Zellleibes finden sich in typischer Weise auch in den Dendriten vor, während der Axon, wie ich dies als erster nachwies, die cehromatischen Körner immer entbehrt, wodurch er als nur äusserst blass tineirter, vollkommen homogener Fortsatz, welcher aus einem gleichfalls homogenem Hügel des Zellleibes entspringt, erscheint. Fernerhin ist zu erwähnen, dass für die Dendriten keine Markhülle nachgewiesen ist. Stellt somit der Axon einen Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 559 durch histologische Details sich von den Dendriten scharf ab- setzender Fortsatz der Nervenzelle dar, wodurch schon allein eine funktionelle Differenz angedeutet wird, so giebt es anderseits Gründe aus der Pathologie der Nervenzelle, welche lebhaft für die nutritive Bedeutung des Zellleibes und der Dendriten sprechen. Mit Hülfe der Nissl’schen Strukturfärbungen ist es in zweifel- loser Weise nachgewiesen, dass die ersten Spuren einer Structur- auflösung bei den feinsten Ernährungsstörungen der Nervenzelle sich immer im Zellleib sowie in den Dendriten zeigen. Die Intoxieationsversuche mit Blei, Arsen, Antimon, Phosphor, Morphin, Brom, Niecotin, Antipyrin, welche Nissl, ich, Sarbö, Pandi und Vas anstellten, die experimentelle Ernährungsstörung des Rückenmarks durch die Ligatur der Bauchaorta, wie dies Sarbo that, die experimentelle acute Myelitis, welche Friedmann hervorrief, ferner eine Reihe von verschiedenen Untersuchungen zahlreicher Autoren, von denen Quervain, Lugaro, Julius- burger genannt seien, schliesslich Montis Angaben über die experimentelle Embolie des Gehirns: ergaben als übereinstim- mendes Resultat, dass die pathologische Reaktion immer im Zellleib und den Dendriten zuerst auftrete.. Wenn daher einer- seits die nutritive Bedeutung des Zellleibes so sehr in’s Auge springend ist, so wird anderseits über die mit dem Zellleib identischen Dendriten auch nicht anders gedacht werden können, denn es ist doch ein über alle Maassen wahrscheinlicher Satz, dass gewisse Funktionen an gewisse Structuren gebunden sind, mit anderen Worten, dass identische Structuren für identische Funktionen sprechen. Während nun sämmtliche Forscher mit Golgi in der nutritiven Rolle der Dendriten übereinstimmen, so weichen sie, wie wir dies oben sahen, von ihm insoferne wesentlich ab, dass sie für die Dendriten eine cellulipetale Leitungsfähigkeit vindi- eiren, Ja Bechterew betraut sie auch mit einer cellulifugalen Leitung, gleich. dem Axon. Diese Thätigkeit der protoplas- matischen Fortsätze verfichtt am deeidirtesten Cajal, dem sich vanGehuchten und Retzius bedingungslos, theilweise auch Lenhosse&k anschlossen, während der so umsichtige und kritische Kölliker mit Bezug auf das Rückenmark, all jene Thatsachen, welche für und gegen die nervöse Thätigkeit der Dendriten sprechen könnten, zusammenstellend, über die funktio- 560 KarlSchaffer: nelle Bedeutung der Dendriten sich folgend äussert: „Ich bleibe für einmal bei dem oben geäusserten Ausspruche, dass die physio- logischen Verhältnisse des Rückenmarkes genügend sich erklären, auch wenn man die Dendriten der Zellen der grauen Substanz nicht als leitende nervöse Apparate auffasst . . .“ Was nun meine eigene Ansicht in der aufgeworfenen Frage anbetrifft, so erlaube ich mir dieselbe in Folgenden zu resumiren. Für die Leitungsfähigkeit der Dendriten scheint meines Erachtens eine einzige Thatsache schlagend zu sprechen, u. z. die Struc- tur der Glomeruli olfactorii. In diesen sind bekannterweise Fortsätze aus zwei Quellen aufzufinden, u. z. die Endungen der Fila olfactoria einerseits und die Dendriten der Mitralzellen anderseits. Hier liegt das Kontaktverhältniss zwischen wahren Nervenendungen und Den- driten so äusserst nahe, dass die Annahme von cellulipetaler Leitung der Dendriten mehr als verführerisch, ja direkt zwingend erscheint. Nun aber wies zuerst Golgi, später Monti nach, dass der Bau der Glomeruli nicht so einfach sei, da in denselben ausser der Fila olfaetoria und den Mitraldendriten noch die Enden centripetaler Fasern und rückläufige Collaterale der Axonen der kleinen Pinselzellen eindringen, wodurch die Uebertragung der Nervenerregung mit Vermeidung der Mitraldendriten ermöglicht erscheint. Meine eigenen, allerdings noch nicht abgeschlossenen Beobachtungen über den Bulbus olfactorius des Hundes wiesen gleichfalls die Existenz feinster Fibrillen nach, welche, aus der Schieht der grossen Mitralzellen aufsteigend, in die Glomeruli eindringen, woselbst sie diehotomisch in allerfeinste Reiserchen zerfallen. Ich vermuthe, dass diese aufsteigenden Fibrillen, deren Darstellung die schwierigste Aufgabe der Imprägnationstechnik zu sein scheint, aus den Axonen der Mitralzellen entspringen; bestätigt sich dieselbe durch spätere Imprägnationen, so wird Köllikers Befürchtung, dass durch Montis „Auffassung die grossen Mitralzellen ganz in's Trockene kommen und jeder Be- deutung verlustig werden“ als unbegründet entfallen (l. e. pag. 720). Während nun der Bau der Glomeruli schlagend darthun sollte, dass eine Leitungsfähigkeit der Dendriten ange- nommen werden muss, da letztere in zwingendem Kontaktver- hältnisse zu Endungen von Axonen zu stehen scheinen, haben wieder anderweitige Beobachtungen nachgewiesen, dass es Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 561 zahlreiche Stellen des Centralnervensystems giebt, wo die ange- nommene Leitungsthätigkeit der Dendriten einfach entfällt, aus dem Grunde, weil dort absolut keine Kontaktverhältnisse existiren. Ich erinnere nur an den marginalen Plexus der Dendriten im Rückenmarke und an die Spitzendendriten des Strat. granulosum fasciae dentatae. Sind nun die localen Bauverhältnisse des Centralnerven- systems für die supponirte Leitungsfähigkeit der Dendriten nicht durchwegs günstig, so ist es anderseits nicht einzusehen, warum die Dendriten in ihrer Structur so markant von den Axen sich unterscheiden sollen, wenn ihre Aufgabe dieselbe sein soll als die des letzteren, nämlieh die Fortleitung von Nervenerregungen. Warum finden sich Dendriten nie in den vorderen und hinteren Rückenmarkswurzeln vor? In der Natur ist jede Einrichtung der ihr gestellten Aufgabe entsprechend gebaut. Es wird wohl daher nieht schwer sein einzusehen, dass die Fortpflanzung der Erregung ein Prozess ist, welcher schon an und für sich eine dieser Aufgabe angepasste Structur erfordert, welche insbesonders in dem, mit dem isolirenden Marke umhüllten Axon gegeben ist. Eine Leitung durch die Dendriten könnte ja schon aus dem Grunde nicht correet ablaufen, weil sie eine isolirende Scheide, ad normam Markhülle, entbehren, wodurch die Erregung un- glaublich ditfundiren könnte. Unter solchen Verhältnissen gäbe es keine isolirte Leitung und sit venia verbo, keine isolirte Wirkung. Wenn wir auf den Grund der Auffassung über die cellu- lipetale Leitungsfähigkeit der Dendriten gehen, so ist es unschwer einzusehen, dass hierzu die Autoren von dem Gesichtspunkte der funktionellen Verknüpfung der Nervenzellen bestimmt wurden. Ganz abgesehen von dem oben erwähnten, äusserst verführerischen Exempel der Glomeruli olfaetorii ist es gleichfalls leicht ver- ständlich, wie Cajal 7. B. bei der Hirnrinde die zur moleeularen Schieht geströmten Erregungen durch die Federbüsche der corti- kalen Pyramiden aufgenommen wissen will, da zur Fortleitung der Erregungen die Apikaldendriten durch ihre lokale Anpassung wie geschaffen scheinen. Wohl bezeichnet schon Lenhossek diese Anschauungsweise etwas. zu weitgehend und hebt sehr richtig hervor, dass, wäre das Anpassungsprinzip der funktionellen Verknüpfungen der einzig bestimmende Faktor, so käme das Nervensystem gewiss mit einfacheren Einrichtungen aus. Wozu Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 37 562 KarlSchaffer: sind dann ausser den Glomulerusdendriten der Mitralzellen, ausser den Apikaldendriten der Grosshirnrinde noch zahlreiche Basal- und Lateraldendriten nothwendig? Warum, setze ich hinzu, soll gerade der Glomerulusdendrit eine so hohe funktionelle Bedeu- tung besitzen, während die genau so gebauten übrigen Den- driten der Mitralzelle ohne einen ähnlichen funktionellen Kontakt nur Luxusanhängseln gleichen würden ? Durch Erwägung dieser und ähnlicher Gründe kam Lenhossek!) zur Ansicht, dass „das kausale Moment, das Bestimmende für den Typus ‚der, Dendriten nicht. ausschliesslich in den Verhältnissen der funktionellen Verknüp- fungen der Elemente unter sich liegt“. Für mich ist es aber klar, dass die so reiche Verästelung der Dendriten, u. z. in jeder Riehtung, jener hochwichtigen Aufgabe gerecht werden muss, welche ausschliesslich in der Ernährung der Nervenzellen besteht, also von Organen, welche wohl die ver- wickeltste, complexeste Thätigkeit aller Zellen entfalten. Zu dieser Ansicht bekenne ich mich umso decidirter, da der feinste Bau, sei es der Grosshirnrinde, sei es des Rückenmarks mit seinen Axonen und deren Collateraleinrichtungen zur mannigfachsten Neuronenverknüpfungen vollauf genügt. Bereits Waldeyer und Kölliker gaben Ausdruck ‚jener Befürchtung, welche Verwiekelungen in der Leitung entstehen müssten, wenn alle Fortsätze die Erregung zu leiten fähig wären. Wer eine ge- lungene Imprägnation von Axonen und deren Collateralen wie Fibrillen sei es aus der Hirnrinde, sei es aus dem Ammonshorn gesehen hat, wird gewiss nicht seine Bewunderung über die enorme Mannigfaltigkeit der Leitungswege, welche eben in den Collateralen und deren Fibrillen gegeben ist, unterdrückt haben. Wozu die bereits complizirten Ver- hältnisse durch die Annahme -von leitungsfähigen Dendriten noch verwirrter zu gestalten? Es wäre nicht einzusehen, wie bei diesem Wirrwarr der Elemente gesetzmässige Wir- kungen, i. e. Kontakte stattfinden könnten? Doch, wie soeben bemerkt, besitzen wir in den Collateralen und deren Fibrillen eine Einriehtung, welehe den variabelsten Leitungsaufgaben vollkom- nen zu entsprechen vermögen ; diese darzulegen sei mir nun gestattet. Bekanntlich ist es em Verdienst Golgis bewiesen zu 1) Der feinere Bau des Nervensystems ete. pag. 142. Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 563 haben, dass der Axon nicht unverzweigt bleibt, wie es noch das Sehema Deiters’ lehrte, sondern zahlreiche Seitenäste, die Collateralen abgiebt. Es wurde alsbald eme gesicherte That- sache der Histologie der Grosshirnrinde, dass die Axone der grossen Pyramiden während ihres Verlaufes im der grauen Substanz eine Anzahl, ungefähr 8S—10 Collateralen zumeist rechtwinklig abgeben, welehe in gestreekt-horizontaler oder schiefer Riehtung auf sehr langer Strecke verlaufen, und inzwischen dichotomiseh sich ver- zweigen. Die dadurch entstandenen Fibrillen haben eine schief- aufwärts gerichtete Tendenz, so dass solche Fibrillen manchmal auch die moleeulare Schicht erreichen. Reichliche Collateralen an Martinottischen Zellen mit aufsteigenden Axonen entdeckt zu haben ist ein Verdienst Köllikers, welche, wie bekannt, zumeist als rück- läufige Fäserchen die tiefsten Schiehte der Hirnrinde erreichen. Ebenso sind durch vorliegende Arbeit recurrirende Collate- ralen mit zahlreichen Fibrillen, welehe in der moleeularen Sehieht sich verbreiten, an «den oberflächlichen polymorphen Zellen nachgewiesen. Somit giebt es kein Rindenelement, welches nicht Collateralen besitzen möchte, denn es sei hier bemerkt, dass nicht nur Cajal sondern auch ich im Gegensatze zu Kölliker an den Axonen der kleinen Pyramiden Seitenäste sahen. Ueberblicken wir nım vom allgemeinen Standtpunkte die Verlaufsverhältnisse der Rindeneollateralen, so fällt folgender Umstand sofort auf. Die mittlere Schicht der Hirnrinde, die Pyramiden entsenden der Regel nach starke, horizontal ver- laufende Collateralen (s. Taf. XXIV), obschon jene kürzeren Seitenäste, welche nahe zum Zellenkörper entspringen, etwas aufwärts streben. Die Martinottischen Zellen der tiefsten und mittleren Rindenschicht, deren Axon in aufsteigender Richtung verlaufend sich in der moleeularen Schicht verzweigt, senden nach Köllikers Entdeckung rückläufige, absteigende Collaterale. Die oberflächlichen polymorphen Nervenzellen schieken wieder rückläufige aufsteigende Collaterale sammt deren Fibrillen in die moleceulare Schicht, während der abstei- gende Axon dieser Zellen theils in der Schieht der Pyramiden, theils in der Lage der tiefen polymorphen Elemente endet. Es ist wohl nicht zu verkennen die Einrichtung, dass ‘die intracorti- cale Ausbreitung aufweisende Nervenzellen mit aufsteigendem Axon absteigende Collateralen besitzen, während die 564 KarlSchaffer: Nervenzellen mit absteigendem Axon aufsteigende Colla- terale entsenden. Der Sinn derartiger Collateralen-Verhältnisse kann nur darin bestehen, funktionelle Verknüpfungen zu be- wirken, da es doch zweifellos ist, dass die Collateralen ebenso wie die Axonen Leitungswege darstellen. Die Leitungsfähigkeit des Axons ist doch eine experimen- telle Thatsache, ebenso wie es sicher ist, dass dem Axon kein spezifisches Prinzip innewohnt. Die einzige Aufgabe des Axons ist die Leitung ohne Rücksicht auf die Riehtung, da doch wohl bekannt ist, dass jede Nervenfaser künstlich gereizt nach beiden Riehtungen, d. h. so cellulifugal wie cellupetal leitet. Nachdem aber die Collateralen mit den Axonen vollkommen identische Ge- bilde sind, so ist auch kein einziger rationeller Grund dagegen anzuführen, dass auch die Collaterale die Erregungen in beiden Richtungen nicht leiten könnten. Schon die physiologische Er- fahrung widerspricht der apodiktisch ausgedrückten Ansicht Köllikers, dass die Leitungsrichtung der Axonen und Colla- teralen ausschliesslich cellulifugal sei. Nun giebt es anatomische Einrichtungen, welche «direkt darauf hinweisen, dass die Colla- teralen, oder besser gesagt, gewisse Collateralen cellulipetal leiten, somit Receptionsorgane darstellen. Ich betrachte es als ein grosses Verdienst Lenhosscek’s, dass er die Frage über die cellulipetale Leitungsrichtung der Collateralen als erster in seinem gedankreichen Werke: „Der feinere Bau des Nerven- systems, im,Lichte newester! Forschungen;n18957 aufwarf. Auf diese Möglichkeit weist folgende frappante Beob- achtung Lenhosseks unzweideutig hin. Bei eimem fast reifen Kaninchenfötus entsendeten die Axone der Vorderwurzel feine Seitenfibrillen, welche die motorischen Zellgruppen nicht gleich- mässig durchflochten, sondern an der vorderen Grenze des Vor- derhorns sich zu einem dichten Plexus ausbreiteten. Nun salı L. an dem Rückenmarke der Maus (also an einem dem Kaninchen nahe verwandten Nagethiere) Hinterwurzel-Collaterale, welche, die Vorderhornzellen meridianartig durchziehend, am vorderen Rande des Vorderhorns plötzlich in die Querrichtung umbogen, woselbst sie, in mehrere Zweige aufgelöst, mit dem oben erwähnten marginalen Plexus sich verfilzten. Mit anderen Worten: zwischen den Endausbreitungen der Reflexeollateralen und den Collateralen der Vorderwurzelaxonen entstehen an dem vorderen Rande des Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 565 Vorderhorns die günstigsten Contactverhältnisse, dort, wo der dureh die eben erwähnten beiden Componenten gebildete mar- ginale Plexus zu Stande kommt. Diese anatomische Einrichtung kann offenbar nur dem Zwecke dienen, dass die durch die Reflexcollateralen gelieferte Erregung durch Vermittelung der Vorderwurzeleollateralen auf die motorische Bahn übertragen werde, somit müssen die Collateralen der Vorderwurzelaxonen receptiver Natur sein. Gestärkt wird diese Auffassung nach Kölliker dureh den Umstand, dass die unipolaren motorischen Nervenzellen der Crustaceen und Anneliden in die graue Sub- stanz reichliche Collateralen senden, welche auch nach Cajal und Retzius nicht anders als cellulipetale Leiter aufzufassen sind. Ebenso scheint nach Lenhossek das Verhalten der Collateralen an den Purkinje’schen Zellen und den Pyramiden- zellen der Grosshirnrinde eher für als gegen die oben angeführte Vermuthung zu sprechen. Letztere zu bestärken sind meine eigenen Beobachtungen geradezu geeignet. Die rückläufigen auf- steigenden Collateralen, wie Fibrillen der oberflächlichen poly- morphen Nervenzellen treten in der molecularen Schicht gerade mit jenen Axonendungen in Kontakt, welche Erregungen von verschiedenen und tieferen Gegenden des Grosshirns zur Rinden- oberfläche bringen; es sind dies die Ca jal’schen Schleifenfasern, die Associationsfasern und die Balkenfasern, sowie die aufstei- genden Axone der Martinottischen Zellen. Somit können die rückläufigen Collateralen in günstigster Weise Erregungen auf- nehmen. Anderen Sinn den rückläufigen Collateralen der ober- flächlichen polymorphen Zellen beizulegen ist unmöglich, da doch ihr in die tieferen Schichten der Hirnrinde absteigender Axon dazu beschaffen scheint, die von der moleeularen Schicht er- haltenen Erregungen in tiefere Rindenlagen zu übertragen, was nur dann geschehen kann, wenn der Axon Erregungen erhalten hat. Diese Erregungen erhält der Axon durch die rückläufigen Collateralen; denn wozu würde der Axon solche Seitenäste in die moleeulare Schicht senden, wenn er durch seine Dendriten, welche gleichfalls zur Rindenoberfläche gelangen, Erregungen er- halten könnte ? Diese Daten sprechen meines Erachtens beredt dafür, dass die Collateralen auch receptiver Natur sein können, und nach- dem die hierzu nothwendige anatomische Einrichtung nieht nur 566 KarlSchaffer: im Rückenmarke, sondern auch in der Grosshirnrinde, im Am- monshorn (s. die von mir entdeckten aufsteigenden Collateralen der Pyramiden), in der Kleinhirnrinde sicher und allem Anschein nach auch im Bulbus olfacorius vorkommen, so folgere ich gewiss mit Recht, dass inden rückläufigenÜollateralen ein allgemeines.und bedeutsames‘ Prinziprzum Ausdruck gelangt. Indem ich nun prononeirter als Len- hossek für die cellulipetale Leitung der Collaterale einstehe, so will ich durch dieses Verhalten nieht im Geringsten die Rich- tigkeit der von Cajal und Kölliker betonten eelluli- fugalen Leitungsriehtung der Collaterale bezweifeln. Jawohl, die Collateralen leiten theilweise, ebenso wie die Axone durchwegs die Erregung in cellulifugaler Richtung; im jenem Falle aber, wenn die Collateralfibrillen an einem solchen Punkt des Nervensystems ihr Ende finden, wo sie Erregungen nur aufnehmen können und nicht abladen, so sind sie als cellulipetale Leiter anzusehen, wie ich dies oben nachzuweisen mich bestrebte. Somit sind bei der Entscheidung jener Frage, ob gewisse Colla- terale cellulipetal oder eellulifugal leiten, die lJocalen Verhältnisse maassgebend. Ich stimme daher mit Lenhossek überein, wenn er sagt: „Ich komme also nach alldem zu der Vermuthung, dass man dem Nebenästchen des Axons nicht durchgehend die- selbe funktionelle Bedeutung beilegen darf; diejenigen der ersten Strecke (Golgi’sche Fibrillen) scheinen im Bezug auf ihre phy- siologische Rolle eigentlich mit den Dendriten in eine Kategorie zu gehören, indem sie an der Auf nahme der Reize betheilist sind, erst die späteren, die echten Cajalscehen Collateralen besitzen die Bedeutung von reizabgebenden Apparaten, gleich dem verzweigten Endstücke des Nervenfortsatzes (l. e. pag. 134). Die soeben entwickelte Ansicht, dass nämlich die Colla- teralen nicht ausnahmslos cellulifugale Leiter sind, giebt meines Erachtens eine leichte und vollkommen zufriedenstellende Er- klärung der Axonverhältnisse der spinalen Ganglien. Es ist wohl bekannt, dass der gegenwärtigen Ansicht gemäss der Axon der Erregungsleiter, das Endbäumehen die Reizabgabe-Vorrich- tung sei, woraus folgt, dass in den Axonen die Erregung immer in cellulifugaler Richtung sich fortpflanze. Der T-tförmige Axon der spinalen Ganglienzelle giebt wie bekannt einen centralen, Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 567 ins Rückenmark eindringenden und einen zur Peripherie (Haut, Schleimhaut) verlaufenden Ast ab. Im obigen Sinne ist nun die Funktion des peripheren Axons der spinalen Ganglienzelle unver- ständlich, weil letzterer in Wirklichkeit nicht cellulifugal sondern umgekehrt cellulipetal leitet. Diesen auffallenden Widerspruch wollten einige Autoren dadurch bekämpfen, dass sie den peri- pheren Axon als ehemaligen Dendritfortsatz auffassten, aus welchem sich mit der Zeit eine mehr neuraxische Bildung entwickelt hätte, wodurch dann die cellulipetale Leitungsrichtung plausibel gemacht sein sollte. Lenhossek wollte nun die soeben an- geführten Verhältnisse der spinalen Ganglien onto- und phylo- genetisch beleuchten, indem er das Nervensystem des Lumbrieus untersuchte. Bei diesem Wurm fand er in dessen Epidermis sensoriale Nervenzellen, welche ausser geringfügigen Dendriten noch einen Axon aus sich gegen das Bauchmark senden, wo dieser genau so wie der centrale Axon der spinalen Ganglienzelle in einen auf- und absteigenden Ast sich spaltet. Lenhossek betrachtet nun diese in der Epidermis liegenden Nervenzellen als den spinalen Ganglien entsprechende Gebilde, welche bei den höheren Thieren aus dem Integument tiefer, dem Rücken- marke immer mehr zugerückt würden, bis endlich beim Menschen dieselben in die Intervertebrallöcher gelängen. Diese Verschie- bung aber macht die Entstehung eines neuen Fortsatzes noth- wendig, welcher die Verbindung zwischen Spinalganglion und Peripherie bewerkstellige; so geschah es nun, dass der Zell- leib sich fadenförmig verlängerte und diese Bildung ist der periphere Axon der spinalen Ganglienzelle, welche successive den Charakter eines Axons annehmen würde. Somit ist der periphere Axon eine secundäre Bildung im Vergleich mit dem eentralen Axon, welcher eine primäre Erscheinung repräsentirt. Diese geistreiche Erklärung Lenhosscek’s löst aber immerhin nicht das Problem, dass ein in jeder Beziehung mit den Eigenheiten eimes Axons übereinstimmender Fortsatz in eellulipetaler Richtung leite. Denn dass der periphere Axon der spinalen Ganglienzelle ein ehemaliger Dendritfortsatz sei, ist wohl nichts mehr als eine eimfache Hypothese, denn es ist ab- solut nieht einzusehen, warum der periphere Fortsatz seine Den- dritenstruetur aufgeben soll: ebenso sind Lenhossck’s fol- gende Worte: „Diese Verbindung (nämlich zwischen der spinalen 568 Karl Schafter: Ganglienzelle und Peripherie) wird ermöglicht, indem sich der Zellkörper selbst mehr zu einer fadenförmigen Bildung umge- staltet, die, ursprünglich ein Zellbestandtheil, bald den Charakter einer Nervenfaser annimmt“ nichts Anderes, als eine äusserst suggestive Formulirung. Lenhosscks schöne Untersuchungen haben meines Erachtens nur die Bedeutung der spinalen Ganglien selbst vollkommen klargelegt, doch nicht jene des peripheren Axons. Denn die ausschliessliche Axon-Natur dieses Fortsatzes beweist schlagend allein jener Umstand, dass er mit dem centralen. Axon zusammen aus dem T-Axon der spinalen Ganglienzellen entspringt und sämmtliche sowohl morphologische wie physiologische Attribute eines Axons besitzt. Die zur Funktion des peripheren Axons nöthige Erklärung ist aber meiner Ansicht nach äusserst leicht, förmlich zwanglos zu finden, wenn wir uns zur Annahme bekennen, dass die Colla- teralen auch in cellulipetaler Richtung leiten können. Nachdem gerade vom anatomischen Standpunkte der periphere Axon eine seeundäre Bildung repräsentirt, so lässt sich wohl nichts gegen die Annahme anführen, diesen als einen Collateralast des Stamm- axons der spinalen Ganglienzelle zu betrachten, welcher aus «dem einfachen Grund ein stärkeres Kaliber besitzt als der primäre eentrale Axon, weil er einen bedeutend längeren Weg zu hinter- legen hat als letzterer. Somit stellt der periphere Axon der spinalen Ganglienzelle einen solchen Collateralast dar, weleher die Erregung von der Peripherie herin cellulipetaler Riehtung leitet. Es entfällt somit von selbst «die gezwungene Annahme eines ehemaligen Dendritenfortsatzes und dessen räthselhafte Umge- staltung in einen Axon. Indem ich oben gewissen, zumeist nahe zur resp. unmittel- bar bei der Nervenzelle entspringenden Collateralen eine celluli-‘ petale Leitungsriehtung vindicire, so fragt es sieh, ob die in den Axon eingeströmte Erregung in die Nervenzelle eindringe oder ob jene umgehend ihren Weg im Axon weiter fortsetze? Hier sind naturgemäss nur Vermuthungen am Platz. Lenhossek meint, dass diese cellulipetal leitenden Collateralen besonders bei den Reflexvorgängen von Bedeutung seien und somit ist es nicht unmöglich, dass die Erregung aus den Collateralen un- mittelbar im Axon cellulifugal weiter verlaufe. Sicherlieh Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 569 schwebten Lenhossek bei diesem Ausspruche die Reflexver- hältnisse des Rückenmarks vor, da er doch seine Ansicht über die cellulipetale Leitung gewisser Collateralen an Rückenmarks- präparaten gewann. Doch wenn wir anderseits die hohe Be- deutung in Betracht ziehen, welche die Nervenzelle für die Nervenerregung besitzt, welche möglicherweise in einer Attraktion der einströmenden und in einer direktiven Funktion der ab- strömenden Erregungen bestehen könnte, so wird immerhin der Gedanke nahe liegender sein, dass die aus den Collateralen ein- strömende Erregung immer und bevor die Nervenzelle passire. Wenn ich oben behauptete, dass der Axon eine einfache Leitungsvorrichtung sei, welche dazu geschaffen ist, die Erregung ohne Rücksicht auf die Richtung zu leiten, so wollte dieser Ausspruch nur den thatsächlichen experimentellen Daten gerecht werden. Ich bezweifle ebenso wenig als Kölliker jene Thätigkeit des Axons, welche in einer cellulifugalen Leitung besteht, sicherlich nieht in Bezug auf Nervenzellen Deiters’schen Typus also mit langem Axon (Pyramidenzelle, motor. Rücken- markszelle). Immerhin schwieriger gestaltet sich die Interpre- tation bei den Nervenzellen von Golgis Typus, da es keinen individuellen Axon giebt; hier kann möglicherweise die Erregung aus der Zelle einen beliebigen Axonzweig benützen. Zum Ende meiner funktionellen Betrachtungen angelangt, betone ich nochmals, dass die Annahme der Dendriten als cellu- lipetale Leiter ‚ unerwiesen ist, dass die Thätigkeit letzterer in der hoehwichtigen Aufgabe als Nutritionsorgane der Nervenzelle erschöpft ist und endlich dass wir in den Collateralen eine Ein- richtung besitzen, welche den complizirtesten Leitungsverhält- nissen zu dienen vermag. Ich gestatte mir nochmals hervorzuheben, dass bezüglich der Funktion der Nervenzellenfortsätze nur zwei Umstände als erwiesen zu betrachten sind: 1. Die Leitungs- thätigkeit der Axone und Collateralen, worauf die experimentellen Daten zweifellos hinweisen, und 2. die nutritive Bedeutung der Dendriten, welche die Pathologie der Nervenzelle (Nissis Ver- fahren) klar gelegt hat. Dies sind Thatsachen; die cellulipetale Leitungsfähigkeit der Dendriten ist eine einfache Conjeetur, welehe absolut kein einwandsfreies Faktum unterstützt. Somit fasse ich meine Auseinandersetzungen in folgenden Thesen zusammen: l. Die Nervenerregung wird immer nur dureh 570 Karl Schaffer: den Axon und deren Collateralen geleitet, wäh- rend die Dendriten nur Nutritionsorgane der Nervenzellen sind. 2. Die Erregung aus der Zelle: wir dıdwrch den’Axon"geleitet, während'’dieselbelzurıZeille durch jene Collaterale geführt wird, welche ver- möge ihrer CGontaktverhältnisse als Rezeptions- organe fungiren können. Zu diesen Sätzen wäre noch hinzufügen, dass die Ueber- gabe der Erregung immer nur von nackten Axonen geschehen kann. Bei diesem Punkte sei auf jene Differenz aufmerksam gemacht, welche zwischen der Leitung und Uebertragung der Erregung besteht. Die Leitungsapparate, die Axone, sind mark- haltig, ebenso die Collaterale der grossen Pyramiden, wie dies Helds Untersuchungen nachwiesen; an dem Punkte, wo die Uebertragung der Erregung stattfindet oder schon nahe dazu, hört die isolirende Markhülle auf denn diese würde den Contakt unmöglich machen. Bar jeden Markes sind die sehr verdünnten Endtheile der Collateralen und wahrscheinlich alle Fibrillen, welche bereits in dieser marklosen Länge als solche Endapparate zu betrachten sind, welche nicht an einem Punkt, sondern in einer Punktreihe zur Uebertragung resp. Uebernahme der Nerven- erregung fähig sind. Gestützt auf obiger Erkenntniss, erlaube ich mir schliess- lieh den muthmaassliehen intraeorticalen Neuronenmeechanismus zu eonstruiren. Hierbei hebe ich zwei Punkte hervor: 1. Ein gewisser Punkt der Hirnrinde empfängt Reize durch die Associations- und Balkenfasern sowie durch die centripetalen sensorischen Fasern (aus der Schleife). 2. Es erleidet wohl keinen Zweifel, dass die, durch die Hirnrinde aufgearbeitete Erregung entlang der Pyramidenaxone zu tieferen Hirntheile caudalwärts sich fortpflanzt. Somit ist m dem Wirkungsmecha- nismus der Hirnrinde vor Allem festzustellen, welche Eimrich- tung die zur Rinde strömende Erregung hierher liefert. Wie durch Cajals und Köllikers Untersuchungen bekannt ist, streben alle Fasern, welche Erregungen bringen, zur Rindenober- fläche, zur moleeularen Schicht. Diese Stelle ist als der Rendez- vous-Platz sämmtlieher Erregungen zu betrachten, welche hierher theils direkt, theils indirekt gelangen. Die Assoeiations- und Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. 571 Reflex-(Schleifen-)fasern führen als direkte Leitungen die Im- pulse zur moleeularen Lage, während die Martinottischen Zellen vermöge ihrer absteigenden Collateralen Erregungen von den Collateralen der weissen Substanz sowie aus den subeortiealen Ganglien zu ihrem aufsteigenden Axon führen, welcher durch seine oberflächliche Ausdehnung die Erregungen auch zur mole- eularen Schicht leitet; diese Leitung erscheint somit als unter- brochener, indirekter Weg. Zur Uebernahme der zur Rinden- oberfläche angelangten Erregungen und zur Weiterleitung zu tieferen Schichten dienen meiner Ansicht nach die Axone sammt Collateralen meiner oberflächlichen polymorphen Nervenzellen. Die rückläufigen Collateralen dieser Elemente empfangen in der moleeularen Schicht die hierher geleiteten Erregungen, führen dieselben dann entlang ihrer absteigenden Axone zur Schicht der kleinen und mittleren Pyramiden, falls die Axone mittellang sind, aber auch zu den tiefst gelegenen Riesen-Pyramiden, falls die Axone lang sind. Die Uebernahme der Erregung seitens der Pyramiden dürfte durch die kürzeren, etwas rückläufigen Collateralen ihrer Axone geschehen, welche nahe zur Nerven- zelle entspringen. Zur Flächenausbreitung der Pyramidenerre- gung mögen die Cajalschen langgestreckten, horizontalen Colla- teralen dienen, denen daher eine cellulifugale Leitungsrich- tung zukäme. Im Mechanismus der Hirnrinde scheinen gleich den pluripolaren Elementen der moleeularen Schicht auch jene oberflächlichen polymorphen Nervenzellen eine bedeutende Rolle zu spielen, welche dem Typus einer Golgischen Zelle entsprechend mit ihrem und Axon dessen Collateralen sowie Fibrillen nur in der Schicht der oberflächlichen polymorphen und der pluripolaren Zellen sich verzweigen, daher in der oberflächliehsten Rinden- schieht sich befinden. Es sind dies sicherlich Associationszellen, welche die Erregungen der molecularen Lage der Rindenober- fläche entlang leiten, somit zur Flächenausdehnung der Impulse dienen. Es erscheint immerhin als eine charakteristische Ein- richtung der Hirnrinde, dass dieselbe eigentlich in allen Lagen Golgische Assoeiationszellen besitzt: jene der tiefen und mittleren Schieht sind bereits längs bekannt, wozu noch die soeben von mir beschriebenen Nervenzellen der oberflächliehen polymorphen Nervenzellen mit sich aufzweigendem Axon und mit doppeltem Axon gekommen sind. Hervorheben möchte ieh aber immerhin, 572 Karl Schaffer: Zur feineren Struktur der Hirnrinde ete. dass es eben in dieser oberflächlichen Lage der polymorphen Zellen Exemplare giebt, deren aufzweigender Axon sich über- raschend schnell erschöpft, daher seine Ausdehnung im Verhält- nisse zu den Golgi’schen Zellen der tieferen Hirnschichten (s. Taf. XXIV@) als beschränkt bezeichnet werden muss (s. Taf. XXIV, Fig. 2, und Taf. XXV, Fig. 15, e). Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXIV u. XXV. Tafel XXIV. C =Cajal’sche pluripölare Nervenzelle. 1—6 = oberflächliche polymorphe Nervenzellen. p =kleine Pyramidenzelle. P_ = mittelgrosse und Riesenpyramiden. @ = Golgische Nervenzelle. CF = Cajalsche Reflexfaser aus dem Windungsmarke. WM = Windungsmark. — a = Stratum moleculare; b = Schicht der oberflächlichen polymorphen Nervenzellen; ce = Schicht der Pyramiden; d= Schicht der tiefen polymorphen Nervenzellen. Tafel XXV. Fig. 1. @—c OÖbertlächliche polymorphe Nervenzellen mit kurzen Axonen, wovon «= mit zweifachem Axon. Fig. 2. Oberflächliche polymorphe Nervenzelle mit reeurrirenden, auf- steigenden Collateralen. Fig. 3. Dasselbe mit mehreren aufsteigenden Collateralen. Fig. 4. Dasselbe. Allgemeine Bezeichnungen: 4 = Axon, ce = Collaterale, f = Fibrillen, ce! = aufsteigende Collaterale. 573 (Aus dem anatomischen Institut in Kiel.) Zur Struktur der Kerne in den Spinndrüsen der Raupen. Von Dr. Friedrich Meves. Hierzu Tafel XXVI. In einer soeben in diesem Archiv erschienenen Arbeit be- schreibt Korscehelt!), dass in den stark verzweigten Kernen der Spinndrüsen von Raupen ausser einem groben Chromatin- gerüst eine feine Körnelung zu beobachten ist; letztere ist be- reits in den lebenden Kernen nachweisbar, lässt sich bei Anwen- dung der gebräuchlichen Methoden fixiren und erweist nach Korschelt durch andersartige Färbung eine vom Chromatin- abweichende Beschaffenheit. Die Beobachtungen am lebenden Objekt wurden hauptsäch- lich an Spinndrüsen der Raupen von Pieris brassicae, ausserdem an denen von Pieris rapae, Mamestra brassieae, Gastropacha rubi und Spilosoma fuliginosa angestellt. Zur Untersuchung von fixirtem Material wurde noch eine Anzahl anderer Raupen herangezogen. Bereits am lebenden Objekt stellte Korschelt fest, dass das Chromatin in den Kernen dieser Drüsen im Allgemeinen in Form grösserer Elemente, der von ihm sogenannten Macrosomen, auftritt, welche eine rundliche oder unregelmässig eekige oder auch spindelförmige Gestalt und in vielen Kernen ziemlich die gleiche Grösse zeigen. Zwischen ihnen und von ihren zuge- spitzten Enden ausgehend sieht man feinere oder gröbere Fäden verlaufen. Von diesen Fäden ist jedoch in manchen Kernen wenig oder gar nichts zu bemerken, sodass dann die Macrosomen ähnlich wie Körner in die feine Granulirung des Kernes einge- lagert sind. 1) E. Korschelt, Ueber die Struktur der Kerne in den Spinn- drüsen der Raupen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 47, 1896, 574 Friedrich Meves: Während aber die Macrosomen in einzelnen Abschnitten der Kerne (Enden der Kernverzweigungen) zurücktreten und sogar ganz in den Kernen fehlen können, lässt sich die feinkörnige Struktur des Keminhalts stets nachweisen, sodass die Mierosomen jedenfalls einen wesentlichen Bestandtheil des Kernes bilden. Diese am lebenden Objekt gewonnenen Resultate fand Korschelt am konservirten nach Fixirung in Alkohol, Subli- mat, Flemming’'schem und Hermann 'schem Gemiseh und Pierinessigsäure und bei Färbung mit Eisenhämatoxylin, Flemming- scher Dreifachbehandlung, Biondi'scher Lösung, Bordeaux R und Thionin völlig bestätigt. „Die Macrosomen zeigen mit den meisten Farbstoffen ein stärkeres, die Mierosomen ein schwächeres Färbungsvermögen, doch sind die Beziehungen zu verschiedenen Farbstoffen differente.* Die Fäden, welche im Leben zwischen den Maerosomen so häufig vorhanden sind, sind an den gefärbten Präparaten nicht wahrnehmbar. Was das Wesen der feinen aus den Mierosomen bestehenden Körnelung anlangt, so ist sie nach Korschelt mit den auch in andern Kernen neben dem Chromatingerüst von Carnoy, Altmann, M. Heidenhain, Reinke,'Sechloter"n A: aufeefundenen Körnerbildungen vergleiehbar. Korschelt's zu- erst am lebenden Kern erhobene Befunde würden demnach, wenn ihre Deutung riehtig ist, wahrscheinlich machen, dass auch die von den genannten Autoren beschriebenen Strukturen des Kern- saftes wirklieh präformirt vorhanden und nicht, wie vielfach an- genommen wird, durch Reagentienwirkung erzeugt sind, Bei einer Nachuntersuchung der Korschelt schen Be- funde an den Raupen von Pieris brassicae, Pieris rapae, Mamestra brassicae und Phalera bucephala bin ich nun aber hinsichtlich der Natur der geformten Bestandtheile der Spinndrüsenkerne zu einer von derjenigen Korschelt's abweichenden Auffassung gelangt; dass nämlich die Mierosomen dem Chromatin oder Nuelein, die Macrosomen dagegen Nucleolen entsprechen. Dieses Resultat hat sich mir auf Grund folgender Beobachtungen ergeben. Zusatz von destillirtem Wasser zu den frischen Drüsen bringt die Mierosomen rasch völlig zum Verschwinden; die Maero- somen dagegen werden in dem hell gewordenen Kernraum mit ver- mehrter Deutlichkeit sichtbar. ei Behandlung mit Osmiumsäure (Untersuchung an Schnitten) Zur Struktur der Kerne in den Spinndrüsen der Raupen. 575 treten die Maerosomen als dunkel gefärbte Körperchen scharf begrenzt hervor, während die Mierosomen so sehr verblassen, dass sie entweder gar nicht oder nur eben isolirt erkennbar sind (Fig. 1). Mierosomen und Maerosomen der Spinndrüsenkerne weisen also ein gleiches Verhalten auf, wie es Nuclein einerseits und Nueleolensubstanz (Pyrenin) andrerseits bei Einwirkung von destil- lirtem Wasser und Osmiumsäure zeigen. Für eine Identität der Mierosomen mit dem Nucelein, der Macrosomen mit dem Pyrenin sprechen ferner folgende Färbungs- resultate. Es ist bekannt (Carnoy, E. Zacharias), dass saure Farbstoftlösungen (essigsaures Methylgrün, Essigkarmin) das Nuclein sehr intensiv tingiren, die Nucleolen dagegen fast ungefärbt lassen; während bei Anwendung ammoniakalischer Farbstoftlösungen die Nucleolen sehr stark, die Nucleinsubstanzen dagegen schwächer tingirt werden. Behandelt man nun frische Spinndrüsen mit essigsaurem Methylgrün, zieht darauf mit 2 bis 3°/,iger Essigsäure aus und untersucht in Glycerin, so zeigen sich nur die Mierosomen stark gefärbt, während die Macrosomen blass geblieben sind; dasselbe ist der Fall, wenn man essigsaures Karmin nach Schneider anwendet. Besonders klare Bilder erhält man, wenn man auf- geklebte Schnitte (nach Fixirung in Sublimat oder Alkohol) mit den genannten Farbstoffen behandelt und in Kanadabalsam auf- stellt. Fig. 2 zeigt einen Schnitt durch einen Kernast, weleher mit essigsaurem Karmin nach Schneider gefärbt ist. Tingirt man dagegen solche aufgeklebten Schnitte mit am- moniakalischem Karmin nach Gerlach, so treten die Macrosomen stark roth in den übrigens schwächer gefärbten Kernen hervor. Es ist ferner bekannt, dass bei gleichzeitiger oder succes- siver Anwendung gewisser Farbstoffe die Nucleolen sich anders färben als das Nuclein des Chromatingerüstes. Ich habe ver- schiedene derartige Doppelfärbungen, hauptsächlich nach Sublimat- fixirung, in Anwendung gebracht. Bei Färbung mit Hämatoxylin- Eosin oder mit Hämatoxylin-Orange erhalte ich die Mierosomen blau gefärbt; die Maerosomen dagegen nehmen die Farbe des Eosin bezw. des Orange an (Fig. 5, 4). Bei Anwendung von Methylgrün-Eosin werden die Mierosomen grün, die Maerosomen eosin-roth gefärbt. Ebenso tingiren sich m Biondi’scher Lösung 576 Friedrich Meves: (Färbung nach der Vorschrift von M. Heidenhain) die Micro- somen grün, während die Macrosomen intensiv rubinroth werden (Fig. 5, 6). Diese lelztere Färbung mit Biondi’scher Lösung ist auch von Korsehelt in Anwendung gebracht worden; jedoch mit entgegengesetztem Resultat, insofern Korschelt die gröbern Kerntheile grün, die feinern dagegen roth gefärbt erhalten hat (vergl. seine Figur 34, Taf. XXVII). Diese Verschiedenheit der Färbungsresultate erklärt sich, wenigstens theilweise, wohl daher, dass Korschelt einen bedeu- tend stärkern Zusatz von Methylgrün zu dem Biondi’schen Farb- gemisch gewählt hat. Korschelt beschreibt, dass beim Aus- ziehen der stark überfärbten Schnitte auch dann noch immer grosse Vorsicht und rasche Behandlung nöthig sei, „um die Chromatintheile gefärbt zu erhalten“. Zunächst sei der ganze Kern grün gefärbt; beim Ausziehen gäbe dann zuerst die Körne- lung die grüne Farbe ab, während diese von den Macrosomen festgehalten würde; zöge man nun noch weiter aus, 80 zeigten sowohl die Macrosomen wie auch die feine Körnelung die rothe Farbe. Ich habe die Färbung mit Biondi'scher Lösung (ohne wei- teren Zusatz von Methylgrün) nach der Vorschrift von M. Hei- denhain ausgeführt und dabei, wie gesagt, stets die Microsomen grün bez. grünblau, die Macrosomen dagegen roth gefärbt er- halten. Und zwar war die Färbung der Kerntheile die gleiche, einerlei, ob ich die Präparate nach flüchtigem Abspülen in Wasser oder verdünnter Essigsäure sofort in Kanadabalsam aufstellte oder ob ieh vorher noch längere Zeit (selbst stundenlang) in verdünnter Essigsäure auszog; nur in der Intensität der Färbung traten bei längerem Ausziehen Aenderungen ein. An Material, das theils mit Sublimat, theils mit Flemming- schem oder Hermann’schem Gemisch fixirt war, habe ich schliesslich noch nach dem Vorgang von Korschelt die Flemming sche Dreifachbehandlung in Anwendung gebracht. Bei schwachem Ausziehen erhalte ich, wie auch Korschelt, sowohl Mierosomen wie Macrosomen violett gefärbt. Bei wei- terem Ausziehen ereignet es sich nun an Schnitten von Drüsen, die mit Osmiumgemischen fixirt sind, häufig, dass die Safranin- Gentianafarbe zuerst aus den Mierosomen ausgezogen wird; sie Zur Struktur der Kerne in den Spinndrüsen der Raupen. 577 nehmen statt dessen Orangeton an, während die Macrosomen violett gefärbt bleiben. Es erklärt sich dies daraus, dass Sa- franin-Gentiana, wie bekannt, an Osmiumgemisch-Präparaten von den Nucleolen sehr zähe festgehalten wird. Dagegen gelingt es mir leicht an Sublimatmaterial und, wenn ich sehr vorsichtig in Orangealkohol ausziehe, auch an solchem, welches in Osmiumgemischen fixirt ist, die Macrosomen orange bis braun gefärbt zu erhalten, während die Microsomen noch violett tingiert sind. Eine derartige Färbung hat auch Korschelt erhalten und in seiner Fig. 31 (Taf. XXVIII) ab- gebildet. Korschelt selbst äussert bezüglich dieses Resultats der Dreifachbehandlung, dass er „etwas erstaunt war, eine derartige Chromatinfärbung zu erhalten“. „Ich erwartete,* schreibt er, „von dem sauren Orangefarbstoff keine Einwirkung auf das eigentliche Chromatin (d. h. also die Macrosomen). Zunächst glaubte ich, irgendwelche andere Stoffe im Kern derartig ge- färbt vor mir zu haben, doch liess die beständige Wiederkehr dieser geformten Bestandtheile keinen Zweifel darüber, dass man es mit denselben Dingen zu thun hat, welche ich bei Behand- lung mit anderen Farbstoffen als Chromatintheile des Kerns erhielt.“ Nun ist aber dieses letztere Färbungsergebniss durchaus nicht merkwürdig, wenn wir es mit den andern, vorher beschrie- benen vergleichen. Aus diesen ergiebt sich nämlich mit Sicherheit,. dass wir, wie ich behauptet habe, in den Micro- somen das Nuclein der Kerne, in den Macrosomen dagegen Nucle- olen vor uns haben. Im gleichen Sinn spricht auch das zu- letzt mitgetheilte Resultat der Dreifachbehandlung. — Ich möchte daher von der Struktur der Spinndrüsenkerne folgende Beschrei- bung geben. Die Kerne der Spinndrüsen der Raupen sind ausserordent- lich reich an Chromatin. Dieses ist in Form kleiner, fast durch- weg gleichgrosser Körner (der Mierosomen Korschelt’s) vor- handen; ausnahmsweise kommen auch grössere Ansammlungen von Chromatin in Form von Klumpen vor. Ausserdem enthalten die Kerne eine meistens ausserordent- lich hohe Zahl von Nucleolen (häufig bis zu mehreren hundert). Mit Bezug auf Form, Grösse, Vertheilung derselben verweise ich Archiv. f. mikrosk. Anat. Bd. 48 38 578 Friedrich Meves: auf die von Korschelt betreffs der Macrosomen gegebene ausführliche Beschreibung und auf Korschelt’s und meine Abbildungen. Dass die Nucleolen in den Spinndrüsenkernen häufig in unregelmässig eckiger und spindel- oder stäbehenförmig in die Länge gezogener Gestalt (Fig. 6) auftreten, muss als eine Besonderheit des Objekts bezeichnet werden. Am fixirten Prä- parat sind die Nucleolen vielfach, was Korschelt von den Macrosomen nicht beschreibt und was ich deshalb hier nachtrage, von einer einzigen grossen oder mehreren kleinen Vacuolen erfüllt. Die Chromatinkörner sehe ich an Präparaten aus Osmium- gemisch häufig in Strängen eimer schwach färbbaren Substanz aufgereiht liegen, in welcher ich das die „Microsomen“ ver- bindende Liningerüst vermuthe. An gut konservirten Sublimat- präparaten vermag ich davon allerdings meistens nichts wahrzu- nehmen. Jedoch ereignet es sich bei der letzteren Fixirung häufig, dass die Chromatinkörner innerhalb der Kernmembran an der einen Seite zusammenschrumpfen, während sie auf der andern umgekehrt in ihrer Dichtigkeit gelockert werden. Hier sieht man sie dann ebenfalls in den Strängen eines deutlichen Netz- werks liegen; wahrscheinlich ist es ebenfalls das Liningerüst, welches hier durch Schrumpfung zum Vorschein kommt, voraus- gesetzt, dass es sich nicht bloss um eine Gerinnselbildung in dem die Zwischenräume zwischen den Mierosomen erfüllenden Kern- saft handelt. Der Nachweis aber, welchen Korschelt an den Spinn- drüsenkernen erbracht zu haben glaubt, dass nämlich im lebenden Kernsaft neben dem Chromatingerüst Strukturen in Form von Körnern vorhanden sind, dürfte nach obigen Ausführungen wohl noch ausstehen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVI. Die Figuren sind nach -Schnitten mit Zeiss’ Apochromat 2mm (Apert. 1,40) und Ocular 6 unter Benutzung des Abbe’schen Zeichen- apparates (Projection auf Objekttischhöhe) gezeichnet. Fig. 1. Kolbig verdickter Endtheil eines Kernastes aus der Spinndrüse von Pieris rapae. Osmiumsäure. Zur Struktur der Kerne in den Spinndrüsen der Raupen. 579 Kernast (schräg getroffen) aus der Spinndrüse von Phalera bucephala. Sublimat, essigsaures Karmin nach Schneider. Kernast (quer getroffen) aus der Spinndrüse von Phalera bucephala. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. Kernast aus der Spinndrüse von Mamestra brassicae. Sublimat, Hämatoxylin, Orange. Kolbig verdiekter Endtheil eines Kernastes aus der Spinndrüse von Pieris rapae. Sublimat, Biondi’sche Lösung. Kernast aus der Spinndrüse von Pieris rapae. Sublimat, Biondi’sche Lösung. (Aus dem anatomischen Institut der Universität Zürich.) Ueber die Form der Schilddrüsen-Follikel des Menschen. Von J3. J. Streiff, cand. med. Hierzu Tafel XXVII. Wie Boeehat(1)!) angiebt, hat Lalouette (1750) zu- erst die Zusammensetzung der Schilddrüse genauer beschrieben. Dieser Autor sah darin Blasen, welche unter einander Communi- kationen zu haben schienen. Die späteren Beobachter stimmen darin überein, dass sie die Schilddrüse aus Blasen zusammen- gesetzt finden, die sie als granula, acini, vesieulae oder follieuli bezeichnen. Während aber die Meisten diese Follikel als ge- schlossene, nicht communieirende runde Hohlräume betrachten, hat Virchow (2)?) zuerst wieder darauf aufmerksam gemacht, 1) Literaturverzeichniss: a. a. O. pag. 7. 2) A. 1a Opag: 7 580 EINST rEeURE: „dass die scheinbaren Blasen vielfach unter einander zusammen- hängen und verästelte, blasige Auswüchse oder Fortsätze be- sitzen, welche jedoch selten in einer Ebene liegen und daher je nach der Riehtung des Schnittes bald als isolirte, bald als ver- bundene runde, ovale oder längliche Gebilde von sehr verschie- dener Grösse erscheinen“. Bo&chat giebt in seiner Abhand- lung!) ein schönes Bild eines offenbar ziemlich dieken Schnittes, auf dem man drei ovale Blasen mit einander im Verbindung sieht. Beide Autoren gehen aber so weit, dass sie fast als sicher hinstellen, es seien die Läppchen der Schilddrüse „nicht als blosse Aggregate getrennter Blasen anzusehen“, sondern „als Systeme verästelter und blasig ausgestülpter Follikel“?). Dieser Ansicht hat sich auch Zeiss(3) und neuerdings Hitzig (4) angeschlossen. Einen sicheren Beweis hat aber keiner erbracht, und Poincar&(5) und Baber (6), die über sehr grosse Unter- suchungsreihen berichten, sprechen sich entschieden und klar gegen eine solehe Annahme aus. Ein entscheidendes Votum in diesem Streit giebt auch die Entwicklungsgeschichte nicht. Die vordere Thyreoideaanlage erscheint nach Born (7)?) anfangs als „ein eng hin- und hergebogener und zusammenge- knäuelter Schlauch“, wie auch die seitlichen Anlagen der Schild- drüse „zur selben Zeit das Aussehen einfacher, schlauchförmiger Drüsen“ besitzen. Die Schläuche, deren Lumen zum Theil ver- schwindet, verbinden sich dann durch seitliche Sprossen zu einem Netzwerk von Zellbalken. Zur Zeit, wo keine histologischen Unterschiede zwischen der Mitte und den Seitentheilen mehr zu erkennen sind, scheinen „die Zellbalken der Drüse im Beginn der Abschnürung zu kugeligen Blasen zu stehen“. Nach Hert- wig (8)*) erhalten auf diesem 2. Stadium die Zellbalken wieder ein enges Lumen und es „bilden sich an ihnen in kleinen Ab- ständen von einander Erweiterungen aus, die durch leichte Ein- schnürungen getrennt sind. Indem letztere tiefer werden, zerfällt 1) A. a. O. Fig. 1. 2) Virchow.a.a.O. pag. .— Boechat sagt a.a.O. pag. 10 les vesicules „communiquent largement les unes avec les autres: elles forment ainsi un systeme de canaux dans toute l’&tendue de l’organe“. 3) A. a. OÖ. pag. 301 und pag. 305. 4) A. a. O. pag. 29. Ueber die Form der Schilddrüsen-Follikel des Menschen. 581 schliesslich das gesammte Netzwerk der Stränge in zahlreiche kleine, hohle Epithelbläschen oder Follikel.. .* Wie weit aber dieser Zerfall im Follikel geht, und was für eine Form sie beim erwachsenen Menschen haben, das kann nur ein Modell deutlich darthun. Ich habe ein solches nach der bekannten Methode von Born hergestellt. Von der normalen Schilddrüse eines erwachsenen Mannes wurde ein kleines Stück eingebettet. Es ging nicht an, die Definirebene im Paraffin nahe genug am Objekt anzubringen, um bei starker Vergrösserung Definirmarken und Objekt zugleich in das Gesichtsfeld zu bekommen. Um eine solche Definirebene zu ersetzen, schnitt ich das Objekt selbst mit Hülfe_des rechtwink- lig abbiegbaren Tisches von Born in zwei rechtwinklig sich schneidende Ebenen — senkrecht zur späteren Schnittebene. So bekam jeder Schnitt der zu schneidenden Serien eine recht- winklige Ecke, welche zur Orientirung beim Aufbau des Modells dienen konnte. Zur Modellirung kamen eben die in diesem Winkel liegen- den Drüsenelemente. Von den Serienschnitten — von 10 u Dieke — wurden 70 mit dem Zeiss’schen Zeichnungsapparat bei einer Vergrösserung von 500 gezeichnet und von diesen Zeichnungen 40 auf Wachsplatten von 2!/, mm Dicke je doppelt ausgeschnitten, sodass ein Modell von 500facher Vergrösserung entstand. Dabei wurden alle Follikel des Gesichtsfeldes gezeichnet — modellirend verfolgt aber nur einzelne, damit man sie im Modell ganz sehen kann, während sie sich sonst gegenseitig verdeckt hätten. Das Modell (und der Vergleich der Zeichnungen der nicht modellirten Serienschnitten) ergibt nun Folgendes: 1. Das Drüsengewebe der Schilddrüse ist in Gestalt von geschlossenen Follikeln angeordnet, welche durch feine Binde- gewebszüge von einander getrennt sind. 2. Die meisten dieser Follikel besitzen die Form von rund- lichen, längsovalen oder polyedrischen Bläschen (s. Fig. 1). 3. Daneben kommen aber auch Formen vor, die ganz den Tubuli der tubulösen Drüsen gleichkommen, nur mit dem Unter- schied, dass sie an beiden Enden geschlossen sind!) (s. Fig. 2). 1) Es handelt sich nicht etwa um Verwechslung mit patholo- gischen Verhältnissen mit den „wuchernden Schläuchen‘, die Hitzig 582 J.IIHSUreATt: 4. Manche Bläschen weisen sekundäre Ausbuchtungen auf oder zwei (auf dem Bilde Bo&chat’s auch drei) gleich grosse Blasen stehen in offener Verbindung (s. Fig. 3). d. Eine complieirtere Zusammensetzung aber — em Zu- sammenhang der Follikel zu einem System von Kanälen — ist nicht vorhanden. Diese Ergebnisse widerlegen also einmal die Annahme von Virchow und Bo&chat. Anderseits zeigen sie, dass die Ver- hältnisse auch nicht so einfach sind, wie man sie in den meisten ältern und neuern anatomischen und histologischen Lehrbüchern beschrieben findet. Henle (9), Kölliker (10) und Luschka (11) bezeichneten die Schilddrüsenfollikel als geschlossene runde Bläs- chen. Die meisten spätern Histologen sind ihnen offenbar ge- folgt, indem sie auch nur von einfachen rundlichen Blasen sprechen, wie man auf ihren Abbildungen entsprechend meist nur rundliche Durcehschnitte findet. Wer die Schilddrüse in der üblichen Ein- theilung der Drüsen unterbringen will, muss sie nach diesen Au- toren zu den alveolären (acinösen) Drüsen rechnen. Anderseits scheint Flemming (12)!) die Thyreoidea für eine schlauchförmige Drüse anzusehen?) (in Bestätigung der Be- funde von Zeiss, der bei jungen Thieren und neugeborenen Kindern lange Schläuche in der Schilddrüse wahrgenommen hatte). Auch Stöhr (15) zählt die Schilddrüse zu den tubulösen Drüsen. Thatsächlich kommen nun aber Tubuli und Vesieulae (Alveoli) neben einander in der Thyreoidea der Erwachsenen vor. Ich möchte aber hervorheben, dass meine Bläschen nie eigentliche Kugelform aufweisen, sondern meist Ovoide oder dicke Spindeln darstellen. Das scheint mir dafür zu sprechen, dass am Schluss der Entwieklung das Netzwerk der Stränge durch die wuchernden Gefässe und Bindegewebszüge nicht gleich in lauter runde Follikel zerfällt, sondern dass oft von den hohlen Zellbalken kurze Schläuche abgeschnürt werden, welche zum Theil als solche (a. a. O.) als „die ersten deutlich sichtbaren Anfänge der Struma“ er- kannt hat, denn meine Schläuche haben eine ganz regelmässige Form und kein besonders differenzirtes Epithel, wie es Hitzig als charak- teristisch für die Strumaschläuche beschreibt. 1) A. a..O. pag..222. 2) NB.: In der Eintheilung selbst (pag. 302) fehlt die Schilddrüse. Ueber die Form der Schilddrüsen-Follikel des Menschen. 583 sich erhalten, zum Theil durch Füllung mit Sekret zu länglichen Blasen sich erweitern. Die beschriebenen sekundären Ausbuchtungen oder Commu- nikationen von zwei Blasen kann man sich auf verschiedene Weise erklären. Dass zu einer Zeit, wo schon getrennte Blasen vorhanden sind, das Bindegewebe sich noch weiter entwickelte und dabei einzelne Follikel einschnürte, scheint mir unwahr- scheinlich. Eher kann man sich die fraglichen Ausbuchtungen durch Knospung entstanden denken, oder es mag sich (Baber a. a. 0.) oft um eine sekundäre Verschmelzung ursprünglich ge- trennter Bläschen handeln. Ein Schnitt (Fig. 4), der einen Tu- bulus mit einem Follikel in Verbindung zeigt, legt mir eine an- dere einfache Erklärung nahe. Wie auf der Figur ersichtlich ist, liegt der Tubulus tangential zum Bläschen. Hier wären alle obigen Erklärungen sehr gezwungen. Man "braucht aber nur daran zu denken, dass das anhängende Bläschen in seiner Anlage auch ein Röhrchen war (schematische Fig. 5); dann haben wir einen verästelten Tubulus vor uns, wie man ihn bei andern Drüsen findet. Aus dieser Form kann man sich auch die combinirten Bläschen entstanden denken (schematische Fig. 6) und braucht so keine neuen Wachsthumsvorgänge (Knospung, Bindegewebs- wucherung) anzunehmen. Beim Modelliren zeigte es sich, dass zwei Bläschen nur künstlich, durch sehr willkürliche Verschmelzung mit Wachs hätten geschlossen werden können, während sich bei den übrigen von selbst ein Abschluss ergab. Auch auf den Schnitten erscheint manchmal an Stelle der sonst zum Kreis geschlossenen Quer- schnitte ein bloser Halbring. Da ganz benachbarte Querschnitte völlig geschlossen sind, scheint es sich nicht etwa um künst- liehe Zerreissung durch das Schneiden, sondern um wirkliche Oeffnungen zu handeln. Diese Bilder sind jedenfalls als geplatzte Sekretbläschen zu deuten, so dass auch für den Menschen zu gelten scheint, was beim Thier (durch Biondi (14), Anders- son (15)) nachgewiesen ist: dass die Bläschen durch Bersten ihr Sekret in die Lymphbahnen ergiessen. Ich möchte daher die gewonnenen Anschauungen folgender- maassen zusammenfassen: Die Glandula thyreoidea des Menschen entsteht nach Art einer verästelten tubulösen Drüse.. Am Schluss der Entwicklung 584 IINStneNete: aber bilden sich an den Zellschläuchen vielfach Erweiterungen aus. Diese Erweiterungen werden als Vesieulae — noch nicht erweiterte Stücke der Schläuche als geschlossene Tubuli durch die wuchernden Gefässe und Bindegewebszüge von einander getrennt. Die secernirenden Theile sind also hier nicht ver- bunden, um das Sekret durch einen Ausführungsgang zu entleeren, sondern «die Follikel müssen sich einzeln ihres Inhalts dadurch entledigen, dass derselbe vermöge seines Druckes ihre Wand durchbricht und sich in die Lymphräume des Bindegewebes er- giesst, dessen reiche Wucherung der Grund ihrer Trennung war. Zum Schlusse bleibt mir die angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Stöhr, für die Anregung zu dieser Arbeit und für den freundlichen Rath bei derselben meinen besten Dank auszusprechen. Benützte Literatur. Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf die spezielle Erwähnung im Text. Monographien: 1863 Virchow (2), Die krankhaften Geschwülste. III. Bd. I. Hälfte. 1867 Peremeschko, Ein Beitrag zum Bau der Schilddrüse. Zeitschr. für wissenschaftliche Zoologie, Bd. XVII. pag. 279. 1871 Verson, Die Schilddrüse in Stricker’s Handbuch der Lehre von den Geweben, pag. 267. 1873 Boechat (1), Recherches sur la structure normale du corps thyroide. These. Paris. 1877 Poincare (5), Contribution A l’histoire du corps thyroide. Journal de l’anatomie et de la physiologie. 1877. p. 123. 1877 Zeiss (3), Mikrosk. Untersuchungen über den Bau der Schild- drüse. Dissertation, Strassburg. 1850 Wölfler, Ueber die Entwicklung und den Bau der Schilddrüse. Berlin. 1881 Baber (6), Researches on the minute structure of the thyroid gland. Philosophical Transaections London. Vol. 172. Part. II. pag. 577, Ueber die Form der Schilddrüsen-Follikel des Menschen. 585 1882 Born (7), Ueber die Derivate der embryonalen Schlundbogen und Schlundspalten bei Säugethieren. Breslau. 1888 Biondi (14), Beitrag zu der Struktur und Funktion der Schild- drüse. Berliner Klinische Wochenschrift 1888. Nr. 47. (Referat). 1888 Flemming (12), Ueber Bau und Eintheilung der Drüsen. Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte. Jahrgang 1888. pag. 289. 1889 Langendorff, Beiträge zur Kenntniss der Schilddrüse. Archiv für Anatomie und Physiologie. Jahrgang 1889. Physiol. Abthei- lung. Supplement. 1892 Podack, Beitrag zur Histologie und Funktion der Schilddrüse. Dissertation. Königsberg. 1894 Andersson (15), Zur Kenntniss der Morphologie der Schilddrüse. Archiv für Anatomie und Physiologie. Jahrgang 1894. Anatom. Abtheilung. pag. 177. 1894 Hitzig (4), Beiträge zur Histologie und Histogenese der Struma. Dissertation. Zürich. Lehrbücher der Anatomie und Histologie. Böhm und v. Davidoff, Lehrbuch der Histologie des Menschen 1895. pag. 216. Brösike, Cursus der norm. Anatomie des menschl. Körpers 1889. pag. 456. Frey, Handbuch der Histologie und Histochemie des Menschen. 1876. pag. 475. Gegenbaur, Lehrbuch der Anatomie des Menschen 18%. pag. 120. Henle (9), Handbuch der Eingeweidelehre des Menschen 1873. pag. 562. Hertwig (8), Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte 1893. pag. 294. Hollstein, Lehrb. der Anatomie des Menschen 1865. pag. 514. Hyrtl, Lehrbuch der Anatomie des Menschen 1882. pag. 730. Klein, Grundzüge der Histologie 1890. pag. 408. Kölliker (10), Handbuch der Gewebelehre des Menschen 1867. pag. 480. Krause, Speeielle und makroskop. Anatomie 1879. pag. 427. Langer, Lehrbuch der Anatomie des Menschen 1865. pag. 544. Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere 1857. pag. 376. Luschka (11), Die Anatomie des Menschen. — Die Anatomie des Halses 1862. pag. 300. Merkel, Henle’s Grundriss der Anatomie des Menschen 1888. pag. 211. Meyer, Lehrbuch der Anatomie des Menschen 1873. pag. 521. Orth, Cursus der normalen Histologie 1878. pag. 218. Prenant, Elements d’Embryologie 1896 pag. 137. Rauber, Lehrbuch der Anatomie des Menschen 1892. pag. 640. Remy, Manuel des travaux pratiques d’Histologie 1889. pag. 364. Schäfer, Histologie (übersetzt von Krause) 1839. pag. 179. 586 J. J. Streiff: Ueber die Form der Schilddrüsen-Follikel ete. Schenk, Grundriss der normalen Histologie des Menschen 1885. pag. 232. Stöhr (13), Lehrbuch der Histologie 1896. pag. 237. Toldt, Lehrbuch der Gewebelehre 1884. pag. 487. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVIH. A Länglicher Follikel nach dem Modell gezeichnet; B Querschnitte desselben nach zwei Serienschnitten ge- zeichnet. A Geschlossener Tubulus nach dem Modell gezeichnet; B Querschnitte desselben nach zwei Serienschnitten ge- zeichnet. A Rundlicher Follikel mit zwei secundären Ausbuch- tungen nach dem Modell gezeichnet; B Drei Querschnitte durch denselben nach Serienschnitten gezeichnet. Längsschnitt durch einen Tubulus, der mit einem läng- lichen Bläschen in Verbindung nach einem Serienschnitt gezeichnet. Dasselbe schematisch. — a Ursprüngliche Tubulusform (mit punktirten Umrissen), die durch Füllung mit Sekret zum Bläschen a, erweitert wird. EinBläschen mit secundärer Ausbuchtung schematisch — a und b, Erweiterungen der Lumina a und b. 587 (Aus dem Zootomischen Institut der Universität zu Stockholm.) Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung bei Prostheceraeus vittatus. Von Dr. A. von Klinckowström, Privatdocent an der Universität von Stockholm. Hierzu Tafel XXVII und XXIX und 3 Figuren im Text. Einleitung. Während meines Aufenthaltes bei der zoologischen Station Kristineberg in Bohuslän wurde durch den Herrn Privat- docenten Dr. ©. Carlgren meine Aufmerksamkeit auf die Eier von Prostheceraeus vittatus gelenkt. Durch ihre lang- same Entwieklung, sowie vor allem durch die Grösse der Rich- tungskörperehen schienen wir die Eier dieser grossen See-Planarie als ein zur Untersuchung der Befruchtung, Eireifung u. s. w. sehr zweckmässiges Material, dass einer näheren Untersuchung wohl werth war. Durch die zuvorkommende Güte des Vorstehers der zool. Station, Herrn Prof. Dr. Hj. The&el erhielt ich bald zahlreiche Individuen von Prostheceraeus vittatus, welche in den zu meiner Verfügung stehenden Aquarien vortrefilich ge- diehen und bald dureh tägliches Eierablegen ein reichliches Material zur Beobachtung and Konservirung lieferten. Ehe ich in den folgenden Zeilen zur Darstellung der Er- gebnisse meiner Untersuchung übergehe, ist es mir eine ange- nehme Pflicht sowohl Herrn Professor Dr. Hj. Theel, Herm Privatdocenten Dr. O. Carlgren sowie vor allem meinem ver- ehrten Lehrer Herrn Professor Dr. W. Leche für ihre gütige Unterstützung meinen herzlichen Dank auszusprechen. Eierablage und Bildung der Richtungskörper. Die eingesammelten Prostheceraeus vittatus-Individuen, welche in der Nähe von Kristineberg ziemlich häufig auf den in seichtem Wasser (1—3 m) wachsenden Fucaceen vorkamen, wurden 588 A.v. Klinekowström: gleich nach ihrer Ankunft auf die zool. Station in ein mittel- grosses Aquarium mit reichlichem Wasserzufluss gebracht; nach 1—2 Tagen hatten sich die Thiere der neuen Umgebung ange- passt und fingen nun an fast täglich Eier zu legen. Die Eier, die zwar zu jeder Tageszeit, am häufigsten aber in den frühen Morgenstunden, gelegt werden, waren von einer gemeinsamen Schleimhülle umgeben, in flachen, unregelmässigen Kuchen an die Glassscheiben des Aquariums befestigt. Die Begattung habe ich nie gesehen, wahrscheinlich findet sie während der Nacht statt. Ungefähr eine halbe Stunde nach dem Legen der Eier, fängt die Bildung der Richtungskörper an, was sich am lebenden Objekte in sehr schöner Weise verfolgen lässt. Das erste Zeichen dieses Prozesses ist eine Veränderung in der Gestalt des Eies, dessen kKreisförmiger Umriss sich an eimem Punkte abplattet. Bald bildet sich hier, unter starken Kontraktionsbewegungen des Eiplasmas, eine seichte trichterförmige Aushöhlung, die, von der Seite gesehen, dem ganzen Eie einen sichelförmigen Umriss giebt. Auf dem Boden dieser Aushöhlung erhebt sich nun der erste Richtungskörper als eire kleine kuppelförmige Protoplasmamasse in deren oberen (peripheren) Theil man unter günstigen Um- ständen ein kleines lichtbreehendes Kügelehen beobachten kann. Nach Verlauf von 20—40 Minuten hat sich der Richtungskörper vom Ei abgeschnürt und liegt nun neben demselben als eine kleine Kugel, deren Durchmesser ein !/, bis !/, des Eidurch- messers ist. Nach Ausstossen des 1. Richtungskörpers nimmt das Ei bald seine kugelige Gestalt wieder an. Der Richtungs- körper zeigt sehr lebhafte amöboide Bewegungen, die 4—5 Stunden lang fortgesetzt werden können. Zwei bis drei Stunden nach Ausstossen des ersten Richtungskörpers findet unter ganz ähnlichen Erscheinungen die Bildung des zweiten Richtungs- körpers statt. Ein bis zwei Stunden nach Ausstossen dieses zweiten, ist der Furchungsprozess in vollem Gang und nach 15—20 Stunden haben die Eier gewöhnlich schon das 16-Zellen- stadium erreicht. III. Technik. Sowohl gelegte Eier als Thiere, deren Uterus mit Eiern gefüllt war, wurden mit verschiedenen Fixirmitteln (Pikrinessig- säure, Sublimat kalt und kochend, Senker’sche und Flemming- Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 589 sche Flüssigkeit, Perenyi’sche Fl.) behandelt. Die besten Re- sultate gab die Perenyi’sche Flüssigkeit, sowie eine Mischung von 4 Th. Eisessig auf 100 Th. 70°, Spiritus (die ich meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Boveri in Würzburg verdanke). Als ich aber die Eier in Schnittserien zerlegen wollte, stiess ich auf eine unerwartete Schwierigkeit. Es zeigte sich nämlich, dass die Eier, wie gewöhnlich in Paraffın eingebettet, fast unmöglich zu schneiden waren, da die sie umgebende Schale der Paraffin- prägnation einen fast unüberwindlichen Widerstand zu leisten schien. Mit Oelloidinparaftin erhielt ich kaum bessere Resultate und musste mich daher für die Untersuchung der schon abge- legten Eier mit CGelloidinschnitten von 15—20 u begnügen. Zum Färben benutzte ich für die dicken Celloidinschnitte fast aus- schliesslich Boraxkarmin zur Untersuchung der Uterus- und Ovarialeier, die sich ohne Schwierigkeiten in Paraffin schneiden liessen, kam hauptsächlich die Heidenhain’sche Eisenhäma- toxylinfärbung, gewöhnlich zusammen mit einer Nachfärbung in Eosin, zur Anwendung. IV. Bildung der 1. Richtungsspindel. Wie bekannt beschreibt Selenka') bei dem Thysanozoon, einer Polyelade des Mittelmeeres, eine sehr eigenthümliche Art der Kernmetamorphose. Nach Selenka soll sich nämlich im Ei vom Thysanozoon vor der Bildung der 1. Richtungsspindel eine typische 'Theilungsfigur mit Centrosomen, Polarstrahlung, Chromosomen u. s. w. bilden, die sich aber nach der Bildung der Tochterschleifen wieder zu einem ruhenden Kern ver- wandelt, um, erst im abgelegten Ei wieder zur Theilung schrei- tend, die 1. Richtungsspindel zu bilden. Ich hoffte diese eigen- thümliche Kernmetamorphose, die mir um so mehr unverständ- lich war, als sie nach unseren heutigen Kenntnissen der Theilungs- erscheinungen nothwendigerweise zu einer Verdopplung der Chromosomenzahl des Eikerns führen musste, beim Prostheceraeus wiederzufinden. Allein es zeigte sich bald, dass, obwohl ganz wie beim Thysanozoon in fast sämmtlichen Uteruseiern eine Theilungsfigur zu sehen war, diese, anstatt wie bei Thysanozoon 1)E. Selenka: Ueb. e. eigenthümliche Art d. Kernmetamor- phose. Biologisches Centralblatt; Bd. I. 1881-82. S. 492, 590 A.v. Klinekowström: wieder in den Ruhezustand überzugehen, im Stadium des Mutter- sterns verharrte, um nach dem Ablegen des Eies zur Bildung des 1. Riehtungskörpers zu führen. Van der Strieht!); der dureh eine Nachuntersuchung die Angaben Selenkas geprüft hat, findet auch bei Thysanozoon im frisch gelegten Ei, anstatt den von Selenka beschriebenen ruhenden Kern ohne Kern- fleck, eine 1. Richtungsspindel, die in jeder Beziehung, die periphere Lage ausgenommen, mit den Theilungsfiguren der Uterus- eier übereinstimmt. Ohne direkt Selenkas Stellung anzu- greifen scheint jedoch v. der Stricht es für möglich zu halten, dass die Mitose im Uterusei direkt zur Bildung des 1. Richtungs- körpers führen kann. Wie dem auch sei, so viel steht fest: Bei Prostheceraeus findet die von Selenka beim Thysanozoon beobachtete Kernmetamorphose nicht statt, sondern ist bei Prostheceraeus die Theilungsfigur im Uterusei nichts anderes als die 1. Riehtungsspindel, deren Entstehung in den folgenden Zeilen beschrieben werden soll. Das Ovarialei besitzt, nachdem es seine definitive Grösse, einen Durchmesser von 150—200 u erreicht hat, einen rund- lichen Kern von 20—25 u Durchmesser. Das Protoplasma, in welchem zahlreiche Dotterkörner von 2—6 u Durchmesser ein- gelagert sind, zeigt eine sehr deutliche Filarstruktur. Der Kern zeigt auf dieser Entwicklungsstufe ein grobes Kerngerüst und einen grossen Nucleolus. Das erste Zeichen vom Uebergang des ruhenden Kernes zur Richtungsspindel ist eine Veränderung im Aussehen der chromatischen Substanz. Das Gerüst löst sich auf und das Chromatin wird in gröbere und feinere Körner über den ganzen Kern vertheilt. Ob diese Körner wirklich in dem lebendigen Kerne vorkommen, oder vielmehr als ein dureh Ein- wirkung der Fixirmittel hervorgerufenes Kunstprodukt anzusehen ist, scheint mir schwer zu entscheiden. Kurz nach dieser Ver- änderung des Chromatingerüstes treten die Polkörperchen auf. Van der Stricht, der ihr erstes Auftreten beim Thysanozoon beobachtet hat, findet, dass sie, ein jedes für sich, selbstständig auftreten und nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, durch 1) O. van der Stricht: De l’origine de la figure achroma- tique de l’ovule en mitose chez le Thysanozoon Brocchi. (Werhand- lungen d. Anat. Ges. Versammlung in Strassburg 1894; 225). Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung etc. 591 Theilung aus einem einzigen, im Protoplasma befindlichen Cen- tralkörper stammen. Zwar ist es mir nicht gelungen bei Prosthe- ceraeus eine selbstständige Entstehung der zwei Polkörperchen zu beobachten, allein ihre schon in einem sehr frühen Stadium (Fig. 2) bedeutende Entfernung (40 u) von einander, sowie vor allem das auf diesem Stadium vollständige Fehlen einer sie ver- bindenden Centralspindel macht einen selbständigen Ursprung der beiden Polkörperchen auch bei Protheceraeus wahrschein- lich genug. Bei Prostheceraeus treten die Polkörper (Fig. la u. b) ganz wie bei Thysanozoon dicht bei der Kernmembran auf, das sich bald in ihre nächsten Umgebung auflöst. Einmal aber (Fig. 1a) habe ich ein Polkörperchen beobachtet, das noch deut- lich innerhalb der Kernmembran lag, was natürlich stark genug für seinen intranucleären Ursprung spricht. Die Polkörperchen, die bald von einer starken Strahlung umgeben sind, nehmen schnell an Grösse zu und werden allmählich von einer archoplasmatischen Sphäre umgeben; gleichzeitig löst sich die Kernmembran auf, und unter Verschwinden des Nucleolus und des Kernsaftes bildet sich das Chromatin des Kernes in 6 Kernsegmente von sehr unregelmässiger Gestalt um (Fig. 3). Die Bildung der Kernseg- mente scheint ohne vorhergehendes Knäuelstadium (Spirem) vor sich zu gehen. Während diese Veränderungen sich im chroma- tischen Theile des Kernes vollziehen, hat sich auch der achro- matische Theil der‘ Spindel weiter entwickelt. Die beiden Oen- trosomen, in deren Innerem unter günstigen Umständen ein winziges Centralkorn zu sehen ist, haben sich immer mehr von einander entfernt; sowohl die archoplasmatischen Sphären als die Pol- strahlungen haben bedeutend an Grösse zugenommen, und nach der Auflösung der Kernmembran haben sich starke Mantelfasern zwischen den Polkörperehen und den jetzt frei im Protoplasma liegenden Kernsegmenten entwickelt (Fig. 3 u. 4). Andere Fasern ziehen von Polkörper zu Polkörper, wahrscheinlich sind diese letzteren Fasern durch sekundäre Verbindungen zwischen den beiden Fasersystemen entstanden, denn auf früheren: Stadien (Fig. 2) fehlt jede Spur von einer diese Körper verbindenden Centralspindel. Nachdem die beiden Polkörperchen ihre definitive Lage erreicht haben, tritt ein Stillstand in dem Theilungsvor- gang ein, in dem die Richtungsspindel in diesem Stadium ver- harrt bis zur Ablage des Eies. Die Spindel (Fig. 5a), die eine 592 A.v. Klinekowström: Länge von !/;—!/, des Eidiameters hat, liegt in diesem Stadium noch ziemlich central. Durch den Einfluss der Polstrahlungen sind die Dotterkörper gegen die Peripherie des Eies gedrängt worden, einen freien Raum in der Mitte des Eies lassend. Dieser Raum wird von den beiden mächtigen Polstrahlungen, deren äusserste Verzweigungen sich, zwischen den Dotterkörper- chen einschiebend, bis zur Eiperipherie erstrecken, eingenommen. Die Polkörperchen, die einen Durchschnitt von 4—5 u erreicht haben, sind von einer archoplasmatischen Sphäre umgeben. In der Mitte zwischen den beiden Polkörperchen liegen die 6 Kern- segmente, die sowohl in Gestalt als Grösse ausserordentlich wechseln (Fig. 4, 5a, b, e). Gewöhnlich haben sie auf diesem Stadium die Gestalt von unregelmässigen stumpfen Stäbehen, in deren Mitte eine enge, der Länge nach verlaufende Spalte zu sehen ist (Fig. A a), 5 die dem ganzen Gebilde das Aussehen eines Bu in die Länge gezogenen diekwandigen Ringes Drei Kernsegmente aus geben; aber auch alnalen dolehförmige eu, age: ( Fig. Ab) sowie ganz unregelmässig gestaltete Kernsegmente kommen (neben den übrigen) vor. V. Ausstossung der kichtungskörper. Gleich nach Ablage der Eier hört der oben erwähnte Still- stand in dem Theilungsvorgang auf und es kommt zur Bildung des 1. Richtungskörperehens. Unter den, gleich nach der Ablage fixirten Eiern, stimmen einige noch mit den oben beschriebenen Uterus- eiern in jeder Beziehung überein, abgesehen natürlich davon, dass sie jetzt von einer Schale umgeben sind; bei der Mehrzahl aber ist die Spindel, unter bedeutender Streekung der Mantel- fasern, gegen die Eiperipherie gerückt, so dass während der eine Polkörper noch ziemlich central liegt, der andere sieh dicht unter der Oberfläche des Eies befindet (Fig. 6). Die ganze Spindel hat also ihre ursprünglich eentrale Lage gegen eine radiale ein- getauscht, was auch eine entsprechende Umgestaltung der peri- pherisch gelegenen Polstrahlung zur Folge hat. Sämmtliche achromatischen Theile der Riehtungsspindel befinden sich nun in einem starken Spannungszustand; die beiden Polstrahlungen, von welchen der centrale sich durch den grössten Theil des Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 593 Dotters ausbreitet, während der peripherisch gelegene, von dem Centralkörperehen meridianartig ausstrahlend, die "Theile der Oberfläche umfasst, halten die Polarkörperehen von einander, und halten die Mantelfasern und die zwischen den Centralkör- perehen ziehenden Fasern stramm gespannt. Die sechs Kernseg- mente, die sich in Tochtersegmente getheilt haben, sind noch von sehr verschiedener Grösse und Gestalt; ausser den schon erwähnten Stäben und Ringen (Fig. © d) und dem „doleh- förmigen* Gebilde (Fig. B b) kommen hier eigenthümlich ge- formte Haken (Fig. Ba u. Ca) und lancettförmige Gebilde (Fig. C b) vor. Dass alle diese eigenthün- lichen Gestalten der Chromosomen nicht blos als durch die Fixir- oder Entwässerungsmittel hervor- a b getäuschte Kunstprodukte zu be- B trachten sind, geht aus der That- » . . SR UrTN ! b (& sache hervor, dass je zwei Tochter- segmente immer genau dieselbe d. Gestalt haben (Fig. B u. Ö), so dass die beiden noch nicht von einander geschiedenen Tochter- eh ee ehromosomengruppen SEWISSET- en maassen als Spiegelbilder von einander erscheinen (Fig. 6). Zu erwähnen ist auch, dass ich weder die „Ringe“ (Fig. A u. C d) noch die „dolehförmigen Chromosomen“ (Fig. Ab u. Bb) in Tochterehromosomen getheilt gesehen habe, ebensowenig wie solche Gebilde in den Tochterehromosomengruppen vorkommen. Sie sind wohl als Vorstadien zu den haken- und „lancettförmigen“ Gebilden anzusehen. Die beiden Tochterehromosomengruppen sind bald aus- einander gerückt, indem sie durch Verkürzung der Mantelfasern gegen ihre respektiven Centralkörperchen gezogen werden (Fig. 7). Der peripherisch gelegene Centralkörper hat sich aber mit einem kleinen protoplasmatischen Hügel umgeben, allmählich über die Oberfläche des Eies gehoben; bald tritt auch die betreffende Tochterehromosomengruppe in diesen Hügel hinein, der sich nun als 1. Richtungskörper vom Ei abschnürt (Fig. S u. 9. Un- mittelbar nach der Trennung der beiden Tochterchromosomen - Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 48 39 594 A..v. Klinekewström: gruppen fangen die Kernsegmente an ihre eigenthümlichen Ge- stalten zu verlieren und gehen bald in kurze stumpfe Stäbehen über (Fig. 8). Gleich nach Ausstossung des 1. Richtungskörper- chens fängt die Bildung der 2. Richtungsspindel an; durch Theilung der im Ei zurückgebliebenen Centralkörperchen ent- stehen zwei neue Spindelpole, die sich wie gewöhnlich zu einer anfangs paratangentialen, später aber radialen Theilungsspinadel (Fig. 11) ausbilden. Sehr eigenthümlich aber verhalten sich die Kernsegmente. Gleich nach dem Abschnüren des ersten Richtungskörpers (Fig. 9) besteht der Eikern aus sechs Kern- segmenten, welche die Gestalt kurzer, stumpfer Stäbchen an- genommen haben, bald aber gehen sie unter allmählicher Ver- längerung und Verjüngung in Schleifen über (Fig. 10). Diese Veränderung der Kernsegmente geschieht gleich nach dem Aus- stossen des 1. Richtungskörperchens, ehe noch die 2. Richtungs- spindel ausgebildet ist; die eigenthümliche, höckerige oder perl- schnurartige Gestalt der Schleifen, sowie die kurze Dauer der ganzen Erscheinung machen mich zu der Annahme geneigt, dass wir eine rudimentäre Erscheinung, einen Ansatz des Eikerns nach dem Ausstossen des 1. Richtungskörpers wieder zum ruhen- den Zustande zurückzukehren, vor uns haben. Wie dem auch sei, zu einem Ruhezustand des Kerns zwischen den beiden Richtungskörpertheilungen kommt es bei Prostheceraeus eben so wenig als bei übrigen untersuchten Formen; denn bald ziehen sich die schleifenförmigen Kernsegmente wieder zusammen, um sich in der fertigen Richtungsspindel in zwei ziemlich abwei- chenden Gestalten zu zeigen. Im der einen dieser Gestalten sind die Kernsegmente kurz, stabförmig, ungefähr von derselben Länge wie in den Tochterchromosomengruppen der 1. Richtungs- spindel, aber bedeutend dünner. In der zweiten Gestalt aber zeigen sich die Kernsegmente als kreuzförmige oder viereckige Gebilde, die aus vier verschiedenen Theilen zu bestehen scheinen, und beim ersten Blick eime gewisse Aehnlichkeit mit sog. „Vier-Gruppen“ haben. Nn'.1 Diese zwei Chromosomenformen scheinen in der 2. Eur ehungsspindel nieht so wie die verschiedenen Formen in der 1. Richtungsspindel vorzukommen, denn während dort die doleh-, haken- und ringförmigen Chromosomen in derselben Kernspindel vorkamen (Fig. ©), sind in der 2. Richtungsspindel gewöhnlich Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 595 nur kreuzförmige Kernsegmente (Fig. 11) zu'sehen, und nur hin und wieder begegnet man einem Ei, in dessen 2. Richtungs- spindel stäbehenförmige Chromatinelemente vorkommen. Die kreuzförmigen Chromosomen 'sind also als normal für die 2. Rich- tungsspindel zu bezeichnen. Bezüglich ihren achromatischen Ele- menten zeichnet sich die 2. Richtungsspindel der. ersten gegen- über durch ihre bedeutend breitere, mehr bauchige Gestalt aus (vergl. Fig. 6 u. 11). Die Spindelfasern, die bei der 1. Rich- tungsspindel sich fast parallel zwischen den beiden Spindelpolen erstreckten, verlaufen hier in mehr oder weniger starkem Bogen ; man bekommt gleich den Eindruck, dass die Spannung sämmt- licher Theile hier bedeutend schwächer ist, als es bei der 1. Rich- tungsspindel der Fall war. Obwohl die Polstrahlungen bei der 2. Richtungsspindel gut entwickelt sind, zeichnen sich die Cen- tralkörper gegen die 1. Richtungsspindel durch eine bedeutend schwächere Entwicklung aus. Während bei der 1. Richtungs- spindel die Centralkörperchen auf den Boraxkarminpräparaten ohne Schwierigkeit als sphärische Gebilde von 3—4 u Durch- schnitt zu schen waren, kann man bei der 2. Riehtungsspindel nur durch die aus einem Punkt radiirenden Polstrahlen auf das Da- sein eines Centralkörpers schliessen (vergl. Fig. 6, 7, 8 mit Fig. 11, 12, 15). Die Theilung der Kernsegmente findet bei den „kreuz- förmigen“ Kernsegmenten in der Weise statt, dass die Theilungs- ebene in ein Diagonal des Kreuzes verläuft (|<), so dass von den vier Chromatinkugeln, aus welchen jedes Kernsegment zu be- stehen scheint, zweimit einander zusammenhängenden auf jede Toch- terzelle kommen (Fig. 11x). Bei den „stäbehenförmigen“ Kern- segmenten aber scheint die Theilung eine Quertheilung zu sein, es war mir Jedoch nieht möglich, über die feineren Verhältnisse dieses Vorganges etwas Näheres zu erfahren, da die Unmöglich- keit, Paraffineinbettung zu benutzen, leider das Darstellen von ge- nügend dünnen Schnitten verhinderte. Nach der Theilung scheinen die „Kernsegmente“ sich wieder in Stäbehen umzuwandeln (Fig. 12 13); diese Stäbchen sind bedeutend kleiner als die, welche in den Tochterplatten der 1. Riehtungsspindel (Fig. 8 u. 9) vor- kamen. Die Bildung des 2. Richtungskörpers geschieht nun vollkommen wie die des ersten. In beiden Richtungskörpern wandeln sich gewöhnlich bald die Kernsegmente in ein unregel- mässiges, gerüstähnliches Chromatinklümpehen um (Fig. 12, 16, 18). 596 A. v. Klinekowström: .) Eine Ausnahme bildet der im Fig. 13 abgebildete 1. Richtungs- körper, dessen Kernsegmente eine an die in Fig. 10 abgebildeten Eikernschleifen erinnernde Gestalt angenommen haben; möglicher- weise haben wir hier ein Vorstadium zu einer Theilung des 1. Riehtungskörpers. Ich bin zu dieser Annahme um so mehr ge- neigt, als ich in meinen Präparaten ein paar Mal Eiern im zwei- oder vierzelligen Stadium begegnet bin, die 3 Richtungskörper (1 grösseren und 2 kleinere) besassen. VI. Bildung des weiblichen Vorkerns. Nach Abschnürung des 2. Richtungskörpers bleiben im Ei 6 dünne, stäbehenförmige Kernsegmente (Fig. 12), die sich jetzt zum weiblichen Vorkern umwandeln, d. h. in Ruhezustand über- sehen. Noch ehe die Abschnürung des 2. Richtungskörpers vollendet ist, verlieren die, durch die Verkürzung der Mantelfasern dieht an das Centralkörperchen gezogenen Kernsegmente wieder ihre stäbehenförmige Gestalt und wandeln sich, anfangs manch- mal dieht an einander gedrängt (Fig. 15) in lange Schleifen um. Diese Schleifen, die in jeder Beziehung an diejenigen erinnern, welehe auf die 1. Riehtungsspindel (Fig. 10) folgen, haben an- fangs ein höckeriges, unregelmässig perlschnurartiges Aussehen. Bald aber ändert sich das Bild; zwischen den Schleifen treten mit Kernsaft gefüllte Blasen auf, in deren Innerem auch bald Nucleolen sichtbar werden (Fig. 14). Während die Kernsaft- blasen sich vergrössern und die anfangs ziemlich blassen Nucleolen rasch an Grösse und Färbbarkeit zunehmen, werden die Kern- segmente immer dünner und blasser, bis sie endlich vollständig verschwinden, ohne dass es jedoch möglich gewesen wäre, einen wirklichen Zerfall zu konstatiren. Der ganze Vorgang macht im Gegentheil den Eindruck, als ob die Kernsegmente, ohne ihre Sehleifengestalt aufzugeben, durch die Abgabe eines sie ge- wissermaassen durchtränkenden Stoffes an Dicke und Färbbar- keit verlören, bis sie sich als farblose Fäden der Beobachtung vollständig entziehen. Auf diesem Stadium besteht der weibliche Vorkern (Fig. 15 q) aus einer Anzahl dicht an einander gelagerter, mit Kernsaft gefüllter Bläschen, von welchen jedes nur einen Nueleolus enthält. Nach der Anzahl und Grösse der Blasen zu urtheilen, scheint gewöhnlich eine Blase und ein Nucleolus auf jede Kernschleife zu kommen, manchmal scheinen doch aus einer Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 597 Kernschleife zwei Bläschen mit entsprechend kleineren Nueleolen zu entstehen (Fig. 15). Unter gewaltiger Flüssigkeitsaufnahme aus dem umgebenden Protoplasma nehmen die Bläschen nun an Grösse zu und vereinigen sich bald zu einer einheitlichen, von einer Kernmembran umgebenen Blase (Fig. 16). Auch die Nu- cleolen scheinen unter einander theilweise zu verschmelzen, denn anstatt 6—10 Nucleolen trifft man jetzt im Vorkern nur 2—4 Nucleolen an, deren sehr wechselnde Grösse es als wahrschein- lich erscheinen lässt, dass die grösseren durch das Zusammen- schmelzen mehrerer der ursprünglichen Nucleolen entstanden sind. Nach dem Schwund der Kernsegmente waren anfangs die Kern- bläschen, vom Nucleolus natürlich abgesehen, nur mit Kernsaft gefüllt, aber nach der Vereinigung der verschiedenen Bläschen zu einer gemeinsamen Kernblase zeigen sich im Kernsaft zahl- reiche Körner oder Brocken cehromatischer Natur, die bald an Anzahl gewaltig zunehmend dem weiblichen Vorkern ein an den Ovarialkern (Fig. 1—2) erinnerndes Aussehen verleihen (Fig. 16). VI. Bildung des männlichen Vorkerns. Die Befruchtung ist bei Prostheceraeus, wie ich schon er- wähnt habe, eine innere und muss das Eindringen des Sperma- tozoons kurz, nachdem das Ei den Eierstock verlassen hat, statt- finden, denn im Uterus sind sämmtliche Eier, deren Richtungs- spindel ausgebildet ist, befruchtet (Fig. 5a). Obwohl man unter den Uteruseiern fast immer zahlreiche Spermatozoen wahrnimmt, ist es mir nie gelungen, das Eindringen des Spermatozoons in das Ei zu beobachten, um so öfter dagegen die kürzlich eingedrun- genen Spermatozoen, welche, wie schon erwähnt, in fast sämmt- lichen Uteruseiern zu sehen sind; es scheint mir deshalb wahr- scheinlich, dass das Eindringen der Spermatozoen gleich nach der Begattung während der Nacht stattfindet. Die eingedrun- genen Spermatozoen (Fig. .22 a) bestehen aus zwei Theilen: einem langen, fadenförmigen, dessen starke Färbung sie deutlich genug als Kern charakterisirt, und einem bläschenartig aufge- triebenen, schwach gefärbten Theil, dem Mittelstück. Der faden- förmige Kern, der unter allmählicher Verjüngung spitz endet, geht mit scharfer Grenze in das Mittelstück über. Dieses ist anfangs länglich oval oder lancettförmig und zeigt an seinem 598 ! Av. Klinteko wstrom: distalen Theil eine, gegen das umgebende Eiplasma undeutlich abgegrenzte Verlängerung, wahrscheinlich einen Rest der Geissel. Bald aber fängt das Mittelstück an zu quellen und verwandelt sich zu einem rundlichen Bläschen (Fig. 22b u. 5a), dessen Grenzen gegen das umgebende Eiplasma während der Richtungs- körperbildung immer undeutlicher werden, während gleichzeitig die schon von Anfang an schwache Färbung immer blasser wird, so dass es oft unmöglich ist, sich von dem Dasein des Mittel- stückes an dem 15—20 u dieken Boraxkarminpräparate zu über- zeugen (Fig. 22c u. d). Bald aber nimmt das Mittelstück wieder an Färbbarkeit zu und zeigt sich jetzt als eine unregelmässig geformte archoplasmatische Sphäre, von deren gewöhnlich mehr oder weniger zackigem Umriss eine rasch wachsende Strahlung sich in dem umgebenden Eiplasma ausbreitet (Fig. 22 e—g). Während der Veränderungen des Mittelstückes hat sich auch der Kern verwandelt; der lange, fadenförmige, anfangs leicht ge- schlängelte Kern (Fig. 22a) zieht sich bald mehr oder weniger knäuelartig zusammen (Fig. 22b u. 5a) und verwandelt sich unter allmählicher Verkürzung, Quellung und Verdiekung (Fig. 22e u. d) in eine ovale oder lancettförmige, anscheinend homo- gene Chromatinmasse (Fig. 22e). Unter fortgesetztem Quellen rundet sich der Kern zu einer Kugel (Fig. 22f) ab, in deren Innerem man bald lichte, mit Kernsaft gefüllte Theile bemerkt. Unter rascher Zunahme des Kernsaftes wird der Kern bald zu einer hellen Blase, in deren Innerem das Chromatin sich in eine Anzahl stark gefärbte Nucleolen, sowie in ein schwach gefärbtes Gerüst vertheilt hat (Fig. 228). Die Nucleolen, deren Anzahl ungefähr sechs zu sein scheint, wachsen rasch, wahrscheinlich auf Kosten des Gerüstes, das bald verschwindet; zur selben Zeit nimmt der runde Kern (Fig. 228g) eine unregelmässige blasige Gestalt an (Fig. 15), die sehr an die des weiblichen Vorkerns erinnert. Von nun an stimmt die Entwicklung des Spermakerns ganz mit der des weiblichen Vorkerns überein. Wie bei diesem nehmen die Nucleolen wahrscheinlich durch Zusanmenschmelzen an Anzahl ab, wie bei diesem entwickeln sich Chromatinkörner im Kernsaft, und von nun an stimmen die beiden Vorkerne (Fig. 18) in jeder Beziehung mit einander überein. Beiträge zur Kenutniss der Eireifung und Befruchtung ete. 599 VIII. Bildung der 1. Furechungsspindel. Nach der in den vorhergehenden Zeilen beschriebenen Ent- wicklung der Vorkerne finden sich also im Ei vom Prostheceraeus zwei bläschenförmige Kerne, die in jeder Beziehung mit einander übereinstimmen (Fig. 16). Von diesen liegt der eine (der weib- liche Vorkern) peripherisch gewöhnlich dicht unter der Austritts- stelle der beiden Richtungskörper, während der andere (der männliche Vorkern) eine mehr centrale Lage einnimmt. Die beiden Vorkerne rücken nun dicht an einander zusammen, und können entweder noch im ruhenden Zustand zu einem gemein- samen 1. Furchungskern zusammenfliessen (Fig. 17) oder, was auch öfters geschieht, können sie, ohne dass es zur Bildung eines einheitlichen Furchungskerınes kommt, sich zur Bildung der 1. Furchungsspindel jeder für sich vorbereiten. In beiden Fällen vollzieht sich die Entwicklung der Kernsegmente und die Bildung der 1. Furchungspindel in vollkommen gleicher Weise, so dass das Zusammenschmelzen der beiden ruhenden Vorkerne zum 1. Furchungskern hier ebenso wenig wie bei anderen beobach- teten Objekten irgend welche Bedeutung für den Verlauf des Befruchtungsorganes zu haben schemt. Bei der Bildung der Kernsegmente, die sich übrigens oft genug nicht vollständig gleichzeitig bei den. beiden Vorkernen vollzieht (Fig. 17 u. 18), werden erst in jedem der beiden Vorkerne sechs dünne, faden- förmige Kernsegmente siehtbar; die Kernsesmente sind anfangs fadendünn (Andeutungen einer feinen Quergliederung lassen sich auch unter günstigen Umständen nachweisen), bald aber nehmen sie an Dieke und Färbbarkeit gewaltig zu. Hand in Hand mit diesem Vorgange findet ein allmähliches Schwinden der im Kern- satt schwebenden ehromatischen Körner statt, so dass, wenn die Kernsegmente ihre definitive Grösse erreicht haben, auch sämmt- liche chromatische Körner aus dem Kernsaft verschwunden sind (Fig. 17 u. 18). Aus dem ganzen Vorgang bekomme ich den Eindruck, dass die chromatischen Körner oder Brocken im ruhenden Vorkern nichts als ein durch die Fixirmittel hervor- gerufener Niederschlag sind. Das: Verschwinden des Chromatins in Kern gleichzeitig mit dem Wachsen der Kernsegmente dürfte wohl nur so aufzufassen sein, dass die letzteren das vorher frei im Kernsaft befindliche Chromatin in sich aufgespeichert haben; denn 600 A.v. Kliinekowström: wenn diese Körner und Brocken: im lebenden Ei als geformte Theile existirten, müsste dieser Vorgang von irgend einer Um- lagerung der regellos im Kermraum verbreiteten chromatischen Körner begleitet sein. Wie jetzt aber die Thatsachen liegen, kann ich mieh dem Eindruck nieht entwehren, dass das Chromatin im lebenden Ei nicht als Körner oder Brocken, sondern einfach im Kernsaft gelöst vorhanden ist, eine Annahme, die, wie mir scheint, das Wachsen der Kernsegmente durch Aufspeicherung des gelösten Chromatins in einer einfachen und mit den That- sachen übereinstimmenden Weise erklärt. Während des Wachs- thums der Kernsegmente bleiben die Nucleolen unverändert, so dass nach dem Schwund des Chromatins jeder Vorkern aus einer mit Kernsaft gefüllten Blase besteht, in welcher ausser den sechs schleifenförmigen Kernsegmenten noch einige Nucleolen zu sehen sind (Fig. 15). Nach Auflösung der Kernmembran verschwinden bald die Nucleolen unter allmählichem Verblassen. Eine in der Literatur in letzter Zeit vielfach behandelte Frage ist wie bekannt das Verhältniss der Centralkörperchen bei der Bildung der 1. Furechungsspindel. Die Unmöglichkeit genügend dünne Schnitte darzustellen hat mir nicht erlaubt beim Prostheceraeus zu einem sicheren Resultat in dieser Frage zu kommen. Bei dem männ- lichen Vorkern entwickelt sich, wie schon erwähnt, eine aus dem Mittelstück des Spermatozoons stammende Strahlung, ohne dass es jedoch möglich ist (an den Boraxkarminpräparaten) ein wirkliches Centralkörperchen in der Mitte der Strahlung zu beob- achten (Fig. 22& u. 15 £). Auch bei dem weiblichen Vorkern ist eine anfangs wohlentwickelte Strahlung, die offenbar aus dem im Ei zurückgebliebenen Centralkörperchen der 2. Riehtungs- spindel stammt, vorhanden (Fig. 14 u. 15 2). Sowohl bei dem männlichen als bei dem weiblichen Vorkern werden jedoch im Laufe der Entwicklung die Strahlungen immer undeutlicher, bis sie bei dem ruhenden Vorkern vollständig verschwunden sind (Fig. 16). Gleichzeitig mit dem Wiederauftreten der Kernseg- mente werden auch zwei Öentralkörperehen sichtbar (Fig. 18). Die beiden Centralkörperchen, die von rasch wachsenden Polstrahlungen umgeben sind, liegen ziemlich weit von einander entfernt der Kernmembran dicht an; eine Centralspindel scheint vollständig zu fehlen. Bezüglich der Herkunft der Centralkör- perchen ist es mir nicht möglich gewesen, mir eine bestimmte Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 601 Meinung zu bilden; nach den Erfahrungen, die wir durch Unter- suchung einer Reihe von Objekten aus den verschiedensten Klassen des Thierreichs gewonnen haben, bin ieh zwar sehr geneigt die beiden Centralkörperchen als männlich zu erklären, kann aber, da es mir nie möglich gewesen ist die Entwicklung der fraglichen Gebilde genau zu verfolgen, nichts zur Stütze dieser Ansicht anführen. Die Centralkörperchen, die an Grösse und Entwieklung der Polstrahlung denen der 1. Richtungsspindel gleichen, weichen immer mehr aus einander, und indem zugleich nach Auflösung der Kernmembran starke Mantelfasern in das Innere der Vorkerne eindringen und sich an den Kernschleifen anheften, kommt es zur Bildung der 1. Furchungsspindel (Fig. 19). Die 1. Furchungsspindel, die sich gleich von den Richtungs- spindeln durch die paratangentiale Lage und die 12 schleifen- förmigen Kernsegmente unterscheidet, hat ungefähr dieselbe Länge wie die 1. Riehtungsspindel, die Breite aber ist, der verdoppelten Zahl der Kernsegmente entsprechend, bedeutend grösser als dort. Die zwölf Kernsegmente (sechs von weib- lieher und sechs von männlicher Herkunft) haben m der fertigen 1. Furehungsspindel die Gestalt von ziemlich dicken, winkelig gebogenen Stäbehen oder Schleifen (Fig. 19). Nachdem die Kernsegmente sich der Länge nach getheilt haben, und die beiden so entstandenen Tochterehromosomengruppen durch den Zug der Mantelfasern gegen die betreffenden Centralkörperchen aus- einander gezogen sind (Fig. 20 u. 21), findet wie gewöhnlich die Durchsehnürung des Protoplasmas statt, durch welche das Ei in die ersten zwei Furchungszellen zerlegt wird. Ein Zwischenkörper (Zellplatte) ist ebensowenig hier als bei den tichtungstheilungen nachzuweisen. Die späteren Furchungs- stadien bieten bei dem Prostheceraeus wenig von Interesse dar. Die Kermsegmente sind in den Furchungszellen überall schleifen- förmig; eine Chromatindiminution wie bei Ascaris kommt bei dem Prostheceraeus (wenigstens bis zum 64-Zellenstadium) nicht vor. IX. Die Reduktionstheilung bei Prostheceraeus. Wie aus obiger Darstellung hervorgeht, ist bei Prosthe- ceraeus die Zahl der in der 1. Furchungsspindel und der aus dieser hervorgehenden Furehungskerne eingehenden Kernsegmente 602 A. Klinekowström: zwölf; mit anderen Worten: 12 ist die Chromosomenzahl vom Prostheceraeus. In die ersten Richtungsspindel aber gehen an- scheinend nur sechs Kernsegmente ein (Fig. 5b u. ce). Da es nach unserer jetzigen Kenntniss auf diesem Gebiete wohl fest- steht, dass die Chromativreduktion während der Bildung der Riehtungskörper stattfindet, müssen diese in der 1. Richtungs- spindel vorkommenden sechs Kernsegmente als zweiwerthig auf- zufassen sein. Mit anderen Worten, wenn wir die in den Ur- geschlechtszellen des betreffenden Individuums eingehenden 12 Kernsegmente mit den Buchstaben a, b, c, ... . I bezeichnen, werden die sechs Kernsegmente der 1. Richtungsspindel den Formeln ab, cd, ... kl entsprechen. Die Bildung des ersten Riehtungskörpers wird, wie schon erwähnt, von Umgestaltungen der Kernsegmente begleitet, die es sehr schwer machen zu konsta- tiren, ob wir es mit einer Quer- oder Längstheilung der 6 Kern- segmente zu thun haben, allein die Thatsache, dass die beiden aus einer Mutterchromosome hervorgehenden Tochterchromosomen „spiegelbildlieh“ einander gleichen (vergl. Fig. 6 und Textfig. C) erlaubt wohl keine Deutung, als dass wir hier eine Längstheilung, d. h. eme Zerlegung in „identischen“ Chromosomen vor uns haben. Die noch nicht vollständig getheilten Kernsegmente der 1. Richtungsspindel (z. B. Textfig. C a, b, e) würden also den Formeln an: iS DH .. 2 ab cd kl mit den vielbesprochenen „Viergruppen* der Arthropodeneier homolog sein. Die in der zweiten Richtungsspindel eingehenden Kernsegmente sind natürlich auch zweiwerthig, da sie aus einer Aequationstheiluing der zweiwerthigen Kernsegmente der 1. Riehtungsspindel hervorgegangen sind. Als ächte Tochterchro- entsprechen und müssen demnach mosomen müssen sie mit ihren Mutterchromosomen identisch sein, und wie diese der Formel ab, cd, .... kl entsprechen. Die auf die Bildung der zweiten Richtungsspindel folgende Theilung muss natürlich eine Reduktionstheilung sein, da die im Ei zurück- gebliebenen Kernsegmente sich nach dieser Theilung direkt zum weiblichen Vorkern umbilden. Theoretisch könnte diese Reduk- tion auf zweierlei Weise vor sich gehn, entweder könnten von den sechs Doppelehromosomen ab, cd, ... kl drei in die 2. kiehtungskörperehen übergehen und drei im Ei zurückbleiben, was zwar eine grössere Anzahl (20) verschiedener Combinationen Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 605 ermöglichen würde, aber auch zur Folge haben würde, dass im weiblichen Vorkern immer dieselben Kernsegmente, die sich in der ersten Riehtungsspindel zum Doppelchromosomen vereint hatten, paarweise eingingen, z. B. (a, b, e, f, i, j) oder (a, b, c, d, e, f) u. s. w. Die andere Art, auf welehe die Reduktion denkbar ist, wäre, dass die Doppelehromosomen ab, cd, ... kl sich wieder in ihre ursprüngliche Einzelehromosomen spalteten und dass während die eine Spalthälfte in den Richtungskörper einginge, die andre im Ei verbliebe. Auf diese Art würden zwar nur zwei Combinationen möglich, da der weibliche Vorkern natürlich in diesem Falle entweder der Formel (a, c, e, g, ?, k) oder (b, d, f, h, j, I) entsprechen müsste, aber auch im Gegen- satz zum vorigen Fall das Zusammentreffen im weiblichen Vor- kern von zwei in den Richtungsspindeln vereinten Chromosomen unmöglich geworden wäre. Wie uns die Thatsachen lehren, ist diese letztere Art auch der Weg, den die Natur einschlägt, denn die Theilung der Kernsegmente, die, in dem Fall wo die Chro- mosomen stäbehenförmig sind, der Quere nach stattzufinden scheint, kann janur ein Zerfallen innicht „identische“ Chromosomen bewirken. Schwerer zu beurtheilen scheinen mir zwar die in Fig. 11 ab- gebildeten „kreuzförmigen“ Kernsegmente; doch darf man wohl behaupten, dass sie aus zwei Einzelchromosomen, nach der Formel a)b vereint, bestehen, ihre eigentliche Bedeutung bleibt jedoch ebenso wie diejenige der eigenthümlichen „dolch-“ und „hakenförmigen“ Chromosomen der 1. Riehtungsspindel völlig dunkel. Da auch diese „kreuzförmigen*“ Doppelehromo- somen getheilt werden nach den Schema a)|(b (denn so muss wohl in Analogie mit der Quertheilung der stäbehenförmigen Kernsegmente die in Fig. 11x abgebildete Theilungsart gedeutet werden), ist es wie gesagt klar, dass bei Prostheceraeus die Natur bei der Reduktion den im zweiten Fall angedeuteten Weg ver- folgt. Dass auf die Möglichkeit zahlreicher Variationen in der Vertheilung der Chromosomen auf den Vorkernen verschiedener Eier desselben Individuums dadurch nicht verzichtet wird, ist klar. Denn zwar können, unter der Annahme, dass die in der ersten Riehtungsspindel eingehenden Doppelehromosomen den Formeln ab, cd, ... . kl entsprechen, zwei Combinationen, näm- lieh: (a, c, e, g, i, k) und (b, d, f, h, j, D im weiblichen Vor- kern entstehen, allein diese Annahme ist vollkommen willkürlich, 604 A.v. Klinekowström: da bei der Bildung der doppelwerthigen Chromosomen der ersten Riehtungsspindel die 12 Chromosomen a, b, ec, .. . 2 natürlich sich mit einander in beliebiger Art verbinden können, z. B. als ac, kf, cj, u. Ss. w. Auf diesem Wege können natürlich die für den Zweck der Variation nöthigen verschiedenen Combina- tionen der Idanten (Kernsegmente) erreicht werden!). In dem beigefügten Schema gebe ich eine Uebersicht der Verhältnisse der Chromosomen während der Eireifung und der Befruchtung. Schema der Befruchtung von Prostheceraeus viltatus. | (ab,..cd, 22%.) | 1. Richtungsspindel. ab ed, ,,, kl ab’ cd’ Team (abrcase 2. kl) (ab; ed... Kl) (1. Richtungskörper) | 2. Richtungsspindel. ( DK = _ b} ® ® *.— v’d e ea) UND N (2. Richtungskörper.) ® (männl. Vorkern.) (weibl. Vorkern.) (m, .0,:0.59,.9, 7.) (a, 6, 6,19, 1, %)) (m, n,0,P, 9 r,a,c, e, 9, i, k.) 1, Furchungsspindel. 1) Auf diesem Wege sind natürlich ebensoviele verschiedene Variationen der weiblichen Vorkerne denkbar als es Combinationen von 6 und 6 von den 12 Kernsegmenten giebt d.h. 924 verschiedene Variationen, Angenommen dass wie gewöhnlich die männlichen Vor- Beiträge zur Kenntniss der Eireifung und Befruchtung ete. 605 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVIIH u. XXIX. (Sämmtliche Figuren sind mit einem Apochromat 2 mm Hom. Immersion von Seibert und einem Nachetschen comp. Oceular Nr. 4 gezeichnet: Tubuslänge 170.) Tafel XXVII. Fig. 1a und b. Kerne aus zwei Ovarialeiern mit eben auftretenden Centrosomen. Fig. 2. Kern eines Ovarialeies mit zwei Centrosomen. Fig. 3. Kern eines Uteruseies, die Kernsegmente sind ausgebildet, die Kernmembrane noch nicht aufgelöst. Fig. 4 Kern eines Uteruseies mit 1. Richtungsspindel. Fig,5a. Uterusei mit 1. Richtungsspindel Q und einem eingedrungenen Spermatozoon d". Fig.5b. Polaransicht der Kernsegmente einer 1. Riehtungsspindel. Fig.5c. Seitenansicht einer 1. Riehtungsspindel. Fig. 6. 1. Richtungsspindel aus einem abgelegten Ei mit noch zu- sammenhängenden Tochterchromosomen. Fig. 7. 1. Richtungsspindel mit auseinander gewichenen Tochter- chromosomengruppen. Fig. 8, 9, 10. Abschnürung des 1. Richtungskörpers. Tafel XXIX. Fig. 11. 2. Richtungsspindel mit „kreuzförmigen“ Chromosomen. . 12. 2. Richtungsspindel, die Tochterplatten weichen auseinander. Fig. 13. Abschnürung der 2. Richtungskörper. Fig. 14, 15, 16. Entwicklung des weiblichen (9) und männlichen (9) Vorkerns. Fig. 17, 18. Bildung der 1. Furchungsspindel. Fig. 19. 1. Furchungsspindel. Fig. 20. 1. Furchungsspindel, die Tochterchromosomengruppen sind auseinander gewichen. Fig. 21. Anfang der Theilung des Eiplasmas, die zwei Furchungskerne fangen an in das Ruhestadium überzugehen. Fig. 22. Entwicklung des Spermatozoons zum männlichen Vorkern. kerne dieselbe Entwicklung bezüglich der Reduktion durchlaufen, entstehen natürlich auch da 924 verschiedene Variationen, was für die Nachkommenschaft eines Paares (924)2 = 8531776 mögliche Com- binationen der Chromosomen ergiebt; eine Zahl, gross genug, der Selektion genügendes Material zu liefern. 606 Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels der Oyclostomen!'!). Von F. K. Studnicka. Hierzu Tafel XXX und XXNXI. Johannes Müller, der in seiner grossen Monographie der Myxinoiden (36) bei Gelegenheit der Beschreibung des Ske- lettsystems auch der Histologie des Knorpels ein besonderes Kapitel widmete (pag. 151), sagt, dass bei den Cyelostomen, speciell den Petromyzonen, der hyaline Knorpel überhaupt nicht existirt, und bezeiehnet den bei ihnen vorkommenden Knorpel init dem Namen „der zellige Knorpel“. Nur der „sehr feste fast knochenartige Knorpel“ von Bdellostoma soll, nach den Be- funden dieses Forschers zu schliessen, eine ähnliche Struktur haben wie der gewöhnliche hyaline Knorpel anderer Thiere. In derselben Weise wie Joh. Müller betrachteten nach ihm viele andere Forscher den Knorpel der Cyelostomen als eine be- sondere eigenartige Knorpelart. Ich nenne hier nur Leydig (70), Kölliker (89), Renaut („Tissu eartilagineux a stroma cap- sulaire“ 95) ete.2). Erst in der neuesten Zeit sucht Schaffer (95, 96 b) nachzuweisen, dass die Unterschiede desselben von 1) Die vorliegende Arbeit wurde von mir im Frühjahre 1896 in Prag gearbeitet und geschrieben; seit der Zeit ist (im Sommer desselben Jahres) aus der Feder Jos. Schaffers eine ausführliche Abhand- lung über den Knorpel von Ammocoetes in Zeitschr. f. wiss. Zoologie (96 b) erschienen. Ich habe im Manuscripte vorliegender Arbeit hie und da einige Partien, die von diesem Forscher schon genügend be- arbeitet wurden, auslassen müssen, hie und da habe ich im Texte Be- merkungen, die sich auf die Abhandlung Schaffers beziehen, beigefügt, sonst jedoch habe ich die Arbeit in der ursprünglichen Form gelassen. Berlin, im Oktober 189%. D. Verf. 2) Schaffer (9 b, pag. 617—618) giebt ausführlichere Berichte über die Ansichten einzelner Forscher über den Bau des betreffenden Knorpels, die ich hier nicht wiederholen werde. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels ete. 607 dem hyalinen Knorpel keinesfalls prineipiell sind, und er be- zeichnet ihn auch direkt mit diesem Namen. Wir selbst werden in dieser Arbeit im Gegentheil die Eigenthümlichkeiten der ge- wöhnlichen Cyelostomenknorpel, durch die sie sich von anderen Knorpelarten unterscheiden, hervorzuheben versuchen. Jeder, der den Knorpel eines Ammocoetes einmal untersucht hat, wird erkennen, dass derselbe wirklich einen ganz eigen- thümlichen Habitus besitzt. Der betreffende Knorpel ist nämlich ganz so gebaut, wie die embryonalen Knorpel der Amphibien, (Kaulquappen!) Teleostier oder Reptilien ). Die hyaline chon- drinhaltige Grundsubstanz, die doch zur Charakteristik eines Hyalinknorpels gehört, ist hier nur auf ein Minimum beschränkt oder, wie wir- sehen werden, fehlt solchen Knorpeln manchmal überhaupt, und man könnte sie in solchen Fällen mit Kölliker (89) als „Knorpel ohne Grundsubstanz“ bezeichnen. Die Septa, die die protoplasmatischen Körper der einzelnen Zellen von einander trennen, werden entweder nur von sogen. Knorpelkapseln gebildet, oder in dem ersteren Falle ist eine Grundsubstanz m der Form einer Kittsubstanz zwischen den einzelnen Kapseln vorhanden (Schafter, 9). Durch Zunahme der Grundsubstanz, wobei die Zellen weiter von einander ge- rathen oder durch Umwandlung der Knorpelkapseln entsteht aus dem betreffenden Knorpel ein wirklicher hyaliner Knorpel. Schaffer in seiner Abhandlung (96 b) sucht zu beweisen, dass die sogen. Knorpelkapseln des Ammocoetes eigentlich der Grundsubstanz anderer Knorpel analog sind, und dass wir daher in dem betreffenden Knorpel einen gewöhnlichen Hyalinknorpel vor uns haben. Wir jedoch, auf die später zu besprechende verschiedene Reaktion (bei Petromyzon) und auf die Histogenese sich stützend, fassen die Knorpelkapsel als von der nach aussen von ihnen sich ablagernden Grundsubstanz für verschieden auf, wo- bei jedoch nicht ausgeschlossen ist, dass sie sich manchmal direkt in diese verwandeln kann, in welchem Falle wir dann oft über- haupt keine Knorpelkapseln unterscheiden können (Myxine). Der früher besprochene Typus des Knorpels mit seinen relativ sehr grossen Zellen und dünnen, fast nur aus jenen 1) Die „Vorknorpel“ einiger Verfasser. » I © 608 EEK. Studnicka: Knorpelkapseln gebildeten Septen zwischen ihnen, hat ganz das- selbe Aussehen wie die gewöhnlichen botanischen Parenehyme '), ich sehe nicht ein, warum wir deshalb nicht diesen Knorpeltypus mit einem besonderen Namen und zwar als einen „Parenehymknorpel“ bezeiehnen könnten. Dieser Name würde etwa mit dem für ihn von Johannes Müller angewendeten Namen („der zellige Knorpel“), nicht dagegen mit dem von Kölliker („Knorpel ohne Grundsubstanz*) gleichbedeutend sein. Den Namen „Vor- knorpel“ wollen wir meiden, da er besser für andere Gewebe passt als für diesen wirklichen Knorpel. Als einen prineipiell von dem Hyalinknorpel verschiedenen Typus kann man den „Parenchymknorpel“ nicht betrachten (Sehaffer (95)). In den meisten Fällen ist ja, wie Schaffer (95)2) hingewiesen hat, eine Kittsubstanz vorhanden, und durch das Zunehmen derselben kann sich der Parenehymknorpel in einen Hyalinknorpel umwandeln. Trotzdem wollen wir den be- treffenden Knorpel als eine besondere Knorpelart oder Abart be- trachten; der hyaline Knorpel und jeder andere ist ja doch auch dureh Uebergänge wieder mit anderen Geweben verbunden und es gibt eigentlich keine „selbstständigen“ Typen in der Binde- gewebegruppe. | Gerade bei den Cyelostomen, mit denen wir uns in dieser Arbeit näher beschäftigen wollen, bleiben, wie wir gesagt haben, die meisten Knorpel ihres Körpers zeitlebens auf dem Stadium des Parenchymknorpels, welches Stadium bei anderen Thieren während der Entwieklung mehr oder weniger schnell übergangen wird, da sich bei ihnen aus dem Parenchymknorpel ein Hyalın- knorpel bildet. Wir haben daher in jenen Thieren ein Objekt vor uns, das in dieser Beziehung ein primitiveres Verhalten als andere zeigt, und an dem wir vielleicht mit Erfolg die Urge- schichte des Knorpels und, wie wir sehen werden, dessen Ver- hältnisse zu anderen Bindegeweben studiren können. Wir können bei den Cyelostomen alle Uebergangsformen des Parenehym- knorpels in den hyalinen resp. auch in andere Typen studiren 1) Die Knorpelkapseln sind den Zellmembranen der Pflanzen- zellen analog. Schaffer (96 b) redet nur von einem hyalinen Faserwerke zwischen den Zellen. 2) Die ältere Auffassung Schaffers? Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 609 und zwar überwiegen bei dem Ammocoeten und Petromyzon die parynehymatösen, bei der Myxine die hyalinen Formen. Wie. uns Schaffer (95) am Ammocoetes gezeigt hat, kann man sich bei der Classifikation der verschiedenen Formen der Cyelostomenknorpel nicht auf die morphologischen Unter- schiede allein beschränken, es ist nothwendig, auch auf die be- sonders charakteristischen mikrochemischen Reaktionen der Knor- pelkapseln und der Grundsubstanz Rücksicht zu nehmen; in dieser Beziehung wurde schon von dem genannten Forscher (am Ammo- coetes) gefunden, dass sich die Knorpel desselben nach ihrem mikrochemischen Verhalten in zwei ziemlich deutlich von einander begrenzte Gruppen eintheilen lassen, was ich auch für Petro- myzon und für Myxine bestätigen kann). Das Knorpelgewebe des einen Typus ist ein Parenchym- knorpel, dessen Septa sich mit Hämatoxylin blau färben lassen, das andere ist ein Parenechym- oder Hyalinknorpel (alle Ueber- gänge sind zu finden), der die gewöhnliche Reaktion des Knor- pels: die Färbung mit Hämatoxylin oder Hämalaun nicht zeigt, sondern an ähnlich behandelten Präparaten eine gelbe Farbe hat. Nach Schaffer (96 b, pag. 618—9) lassen sich beim Ammoecoetes an mit Müller ’scher Flüssigkeit eonservirten Prä- paraten die beiden Knorpeltypen schon makroskopisch von ein- ander unterscheiden: „Die „gelben“ Knorpel sind „undurchschei- nend und deutlich gelblich gefärbt“, die „blauen milehartig durchscheinend“. Dass die ersteren fester sind als die anderen, die besonders biegsam sind (Schaffer), gilt nieht nur für Ammocoetes, sondern auch für die anderen Formen. Den ersteren Typus könnte ich auch für einen ursprüng- licheren halten, da er sich oft (in erwachsenen Thieren) in den zweiten umwandelt, während eine umgekehrte Umwandlung nir- gends zu finden ist. 1) Spina (86) findet am Giesbeckenknorpel des Pferdes zwei Arten von Knorpel, einen „gelben“ und einen weissen; der eine von ihnen lässt sich mit Hämatoxylin nicht färben. Vielleicht ist da, wie auch anderswo, etwas analoges vorhanden ? Arch, f, mikrosk, Anat, Bd. 48 40 610 E..R.Studnucoka: I. Die Formen des Knorpels der Cyclostomen. 1. Der mit Hämatoxylin blau sieh färbende Knorpel. Dieser Knorpel besitzt alle Eigenschaften, die wir oben als für den „Parenchymknorpel“ charakteristisch angeführt haben. Seine Septa werden fast nur von den Knorpelkapseln!) und ge- wöhnlich nur äusserst spärlicher, nur dort, wo mehrere Zellen an einander grenzen, deutlich zu beobachtenden Grundsubstanz gebildet (Taf. XXX, Fig. 9). Scehaffer (96 b) hat die Grenzen der Knorpelkapseln übersehen, und die Septa zwischen den Zellen stellen ihm nur „dünne zelltrennende Membranen“ von homogener Grundsubstanz vor?2). Wenn wir die Bildungsweise dieses Knorpels, von der wir später ausführlich reden werden, verfolgen, sehen wir, dass die jungen Zellen dieses Knorpels zuerst nur eine ganz dünne, mit Hämatoxylin blau sich färbende Kapsel bekommen, und dass erst sekundär zwischen ihnen eine Grundsubstanz als ein Kitt ausgeschieden wird. Junge Partien dieses Knorpels entbehren einer wirklichen Grundsubstanz. — Die Knorpelkapsel ist fast immer gut deutlich, nur hier und da, bei der Myxine besonders, verschmelzen in einem Septum beide Knorpelkapseln zu einer Masse (Taf. XXXI, Fig. 6). Die Form der Zellen ist durch den gegenseitigen Druck derselben bedingt, unregelmässig (Taf. XXX, Fig. 10), oft läng- lich, wobei dann immer die Zellen mit ihrem längsten Dureh- messer quer an die Länge. der knorpeligen Skelettheile zu liegen kommen. Oft sind sie sehr regelmässig in quere Reihen, die durch diekere Septa von eimander getrennt sind, geordnet (Taf. XXX, Fig. 9). 1) Die manchmal mit einander verschmolzen sind. 2) „An diesen dünnen Grundsubstanzscheidewänden kann man in der That keine weitere Zusammensetzung erkennen, sie erscheinen am Durehschnitte wie einheitliche Balken ohne Grundsubstanz.“ An- derswo schreibt er: „Die spärliche Intercellularsubstanz bildet dem- nach beim Kiemenknorpel in ihrer Gesammtheit ein einfaches zell- trennendes Wabenwerk, in dessen Alveolen die nackten Knorpelzellen gelegen erscheinen.“ Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels ete. 611 Wie in den gewöhnlichen hyalinen Knorpeln liegen auch hier die von einer Mutterzelle abstammenden Zellen näher an einander (isogene Gruppen Renaut's, 78). Die Septa zwischen solchen Zellen sind natürlich viel dünner als jene zwischen den ganzen Gruppen der Zellen (Taf. XXX, Fig. 10). Da der Bau jener Septa, wie gesagt wurde, nicht immer deutlich ist, haben jene diekeren oft einen grossen Theil des Knorpels (immer quer, oft durch seime ganze Dicke) durchlaufenden Septa an Carminpräparaten das Aussehen von elastischen Fasern und wur- den auch von Bujor (90 pag. 27) irrthümlich für solehe ge- halten. Die nach aussen gewendeten Wände der Randzellen sind gewöhnlich dieker als die ganzen inneren Septa des Knorpels; sie bilden dann eine feste Kapsel um den ganzen Knorpel herum. Dies ist besonders gut an Querschnitten durch die Kiemen- korbknorpeln des Ammocoetes oder an der Riechkapsel von Pe- tromyzon (Planeri) zu sehen), in den knorpeligen Strahlen der Schwanzflosse von Petromyzon ist die äussere Wand der Rand- zellen dagegen immer dünn (Taf. XXX, Fig. 9). Die am Rande liegenden Zellen sind entweder von dem- selben Baue und Grösse wie die inneren Zellen (Taf. XXX, Fig. 9), oder sie sind, wie es hauptsächlich bei erwachsenen Thieren zu sehen ist, klein und stark abgeplattet (Taf. XXX, Fig. 10); in diesem Falle bilden diese kleinen Zellen selbst eine festere Kapsel um den übrigen Knorpel herum (Kiemenkorb- knorpel von Petromyzon fluviatilis). Gegen seine Umgebung ist der fertige blau sich färbende Knorpel?), wie schon angedeutet wurde, bis auf verhältnissmässig wenige Ausnahmen bei erwachsenen Thieren immer sehr scharf begrenzt. Von aussen ist der Knorpel von etwas diehterem fibrösen Bindegewebe umgeben, das als perichondrales Bindegewebe (Perichondrium) bezeichnet werden kann (Taf. XXX, Fig. 10 P). Bei erwachsenen Thieren (Petromyzon, Myxine) finden wir ein- 1) Schaffer’s (9 b, pag. 628) „Saum von Grundsubstanz“. 2) Ueberall wo im Texte von einem blau sich färbenden Knorpe! oder (weiter unten) Fasern die Rede ist, wird die Färbung mit Dela- field’schem Hämatoxylin gemeint. 612 m. KR. Studnicka: zelne Stellen, wo der Knorpel direkt an die Füllgewebe des Körpers grenzt. An solchen Stellen finden wir Uebergänge von den Bindegewebszellen zu den Knorpelzellen, von denen wir später ausführlicher reden werden. Auch können — wie in der Schwanzflosse — einzelne Partien des Knorpels von allen Seiten von einem Füllgewebe umgeben sein, solche haben sich, wie wir sehen werden, immer aus diesem postembryonal entwickelt. Was die mikrochemischen Reaktionen des eben beschrie- benen Knorpels betrifft, so kann ich, übereinstimmend mit den Befunden Schaffer's (95) am Ammocoetes, angeben, dass die Septa zwischen den Zellen sich so verhalten wie die Knorpel- kapseln und die Grundsubstanz in dem gewöhnlichen hyalinen Knorpel anderer Thiere. Mit Hämalaun (Schaffer, 96 b), Delafield’schem Häma- toxylin, mit Bleu de Lyon und mit Methylenblau färben sie sich intensiv violett resp. blau, die übrigen Farben nehmen sie nur wenig an. So werden z. B. mit Eosin oder Congoroth nur die Partien am Rande, die an das ebenfalls stark sich färbende Bindegewebe angrenzen gefärbt. An Carmin- oder Cochenille- Präparaten hat der Knorpel eine gelbliche Farbe und wieder nur die Septa der am Rande liegenden Zellen färben sich etwas roth. Die chemische Constitution des Knorpels kann, nach den mikrochemischen Reaktionen zu schliessen, dieselbe sein, wie die der gewöhnlichen hyalinen Knorpel höherer Thiere. Oft gehen einzelne Partien, Gruppen von Zellen oder nur einzelne Zellen des „blauen“ Knorpels in einen gelben über, so etwas geschieht jedoch nur bei erwachsenen Thieren von Myxine und Petromyzon. Wo wir an den Rändern solcher Knorpel jene Uebergänge sehen, müssen wir jedoch immer auch an eine Apposition eines gelben Knorpels an den blau sich färbenden, die von dem Perichondrium ausgeht, denken. Scehaffer redet von jenen Uebergängen nicht, er be- trachtet, nach pag. 630 seiner Arbeit zu schliessen, beide Knorpel- arten für selbständige Gewebsformen. Was er in dieser Bezie- hung sagt !), hat natürlich nur für den Ammocoetes Gültigkeit. 1) Er schreibt, wie es auch beim Ammocoetes wirklich ist, nur von Grenzen beider Knorpelarten, an denen sie ihre Charaktere be- halten. Vergl. seine Taf. XXVIII, Fig. 26. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 615 Es existirt auch ein anderer, dem hyalinen ähnlicherer Knorpel bei dem Petromyzon, dessen Knorpelkapseln sich blau färben und dessen intensiv blaue Fasern enthaltende Grundsub- stanz auch die blaue Hämatoxylinfärbung annimmt (Taf. XXX, Fig. 16). Da dieser Netzknorpel jedoch nur an Uebergangsstellen zu dem Bindegewebe und da nur in geringer Ausdehnung auf- tritt, werden wir ihn erst später unter den Uebergangsformen des Knorpels beschreiben. 3ei dem Ammocoetes baut der blau sich färbende Knorpel den Kiemenkorb und die knorpelige Kapsel des Geruchsorganes. Das Skelett der Schwanzflosse beginnt sich zwar auch schon in älteren Ammocoeten zu bilden, sein ebenfalls zu diesem Typus sehörender Knorpel ist jedoch erst in geschlechtsreifen Thieren gut entwickelt zu finden. Zwischen den gewöhnlichen Zellen liegen in dem betreffen- den Knorpel beim Ammocoetes öfters vereinzelt bie und da „riesige Knorpelzellen“, deren Grösse um das fünffache oder noch mehr die der gewöhnlichen Zellen übertrifft). Ihr Kern oder ihre Kerne, denn oft sind deren zwei vorhanden, sind auch entsprechend gross. In dem Plasma dieser Zellen liegen dicht an den Wänden der Zelle runde, mit Cochenille oder Pierocarmin stark färbbare Körnchen, deren Bedeutung mir nicht klar ist (Taf. XXX, Fig. 10). Beim Petromyzon (Planeri und fluviatilis) baut der blau sich färbende Knorpel dieselben Skelettheile wie bei Ammocoetes auf; weiter finden wir emzelne neugebildete Theile dieses Knor- pels in der Zunge und in dem hintersten Theile des Primor- dialeraniums zu beiden Seiten der Chordaendigung. In der Wirbelsäule ist er überhaupt nicht vertreten, dagegen bildet er fast allein das knorpelige Skelett der Schwanztlosse. Die alten Theile des blau sich färbenden Knorpels sind etwas grösser geworden durch einen Zuwachs aus dem Perichon- drium, der sich auch bei ausgewachsenen Thieren in dem Vor- handensein einer äusseren Zone von abgeplatteten Zellen und von Uebergangszellen (Taf. XXX, Fig. 15) kund giebt. Bei Petromyzon fluviatilis ist der Rand des Riechkapselknorpels und 1) Solche riesige Zellen habe ich einmal auch in dem gelben Knorpel von Petromyzon gefunden. 614 F. K. Studnicka: hie und da auch des Kiemenknorpels in einen gelben Knorpel umgewandelt. Jene riesigen Knorpelzellen finden wir auch bei Petromyzon, doch sind ihre Kapseln hier sehr oft gelb, manche von ihnen besitzen bis 5 Kerne. Die Strahlen der Schwanzflosse bestehen aus einem be- sonders schönen, blau sich färbenden Knorpel, dessen Zellen quer zu der Länge der Strahlen ausgezogen und in regelmässigen Reihen angeordnet sind (Taf. XXX, Fig. 9). Die Spitze der Strahlen am Rande der Flossen wird durch eine einzige Reihe von Knorpelzellen gebildet (Taf. XXX, Fig. 8). Das Perichon- drium der Strahlen ist sehr stark, es ist von einer Fascie gebildet. In dem Skelette der Myxine glutinosa bildet der blau sich färbende Knorpel das Skelet des Riechorganes: die Kapsel des- selben und die Ringe des Nasenganges, weiter die knorpeligen Stützen der Fimbrien, die obere Partie der Intertrabeeula. Sonst finden wir nur kleinere Parthien dieses Knorpels aussen an der Ohrkapsel, an den basalen Knorpeln des Craniums und an verschiedenen Stellen, wo das Bindegewebe in einen gelben Knorpel übergeht. Ueber die Verbreitung der einzelnen Knorpel- arten kann man sich übrigens gut au den Abbildungen in der Monographie Parkers (82) belehren, an welehen beide Knorpel- arten mit verschiedenen Farben bezeichnet sind. Der betreffende Knorpel zeigt bei der Myxine nie so rein den Typus des Parenehymknorpels wie bei den Petromyzonten, die Grenzen der Kapseln sind da z. B. nicht immer sichtbar (Taf. XXXI, Fig. 6). Man kann sehr oft in den Septen zwischen den blau sich färbenden Knorpelkapseln eine spärliche gelbe Grundsubstanz entdecken; so was findet man z. B. in den Knorpeln der Schwanzflosse, welche man in Folge «dessen nicht mit Sicher- heit zu diesem oder jenem Knorpeltypus rechnen kann. Die Eintheilung in jene zwei Typen ist ja endlich doch nur künstlich. Viel häufiger als bei Petromyzon geht bei der Myxine der blau sich färbende Knorpel in einen gelben über. 2. Der gelbe Knorpel. Dieser Knorpel hat bei den Petromyzonten meist ausge- sprochen den Habitus eines Parenchymknorpels mit sehr spär- Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 615 lieher Grundsubstanz und deutlichen Knorpelkapseln !) (Taf. XXX, Fig. 5), während er bei der Myxine, wo die Knorpelkapseln meist undeutlich sind, gewöhnlich zu dem Typus des wirklichen Hyalinknorpels gerechnet werden muss (Taf. XXXI, Fig. 1, 2). Er ist dadurch eharakteristisch, dass seine Knorpelkapseln und seine Grundsubstanz sich mit Hämatoxylin, Hämalaun (Schaffer am Ammocoetes!) und mit Methylenblau nicht färben, sondern dass sie an so gefärbten Präparaten gelb erscheinen ; nur bei der Myxine nehmen hie und da die Knorpelkapseln dieses Knorpels, wenn sie überhaupt erhalten sind, die blaue Hämatoxylinfarbe auf ?). Erst bei einer starken Färbung mit Hämatoxylin färbt sich die Grundsubstanz, nie dagegen die Kapseln, schwach violett (Petromyzon) oder grünlich (Myxine, Taf. XXXI, Fig. 4). Auch an mit Pierocarmin, Carmin oder Cochenille gefärbten Präparaten sind die Septa zwischen den Zellen gelb, und zwar viel inten- siver gelb als die des ersteren Typus des Knorpels, sonst lassen sich an solchen Präparaten beide Knorpelarten kaum von ein- ander unterscheiden. Mit Bleu de Lyon färben sich die Septa besonders die Kapseln stark blau, mit Eosin, Congoroth oder Nigrosin färben sich intensiv die von Schaffer gefundenen inneren Zonen der Knorpelkapseln, die äussere Zone überhaupt nicht, nur schwach die Grundsubstanz ?) (Taf. XXX, Fig. 12, Petromyzon, Eosinfärbung). Nach dem beschriebenen mikrochemischen Verhalten des Knorpels muss man an eine von dem blau sich färbenden Knorpel 1) Schaffer (96 b, pag. 622) erklärt diesen Knorpel (Schädel- knorpel des Ammocoetes) für einen gewöhnlichen Hyalinknorpel: „was am frischen Knorpel als dicke Kapsel der Zelle erscheint, muss bereits als ein Analogon eines Zellterritoriums aufgefasst werden.“ 2) Es sind das aber höchstwahrscheinlich nur Homologa der inneren Zone der Knorpelkapsel einiger Knorpel der Petromyzonten, die sich, wie wir sehen werden, auch da stärker färbt. 3) Schaffer (9 b, pag. 621) zeigte zuerst, dass beim Ammo- coetes die Kittsubstanz (meine Grundsubstanz) durch Eosin sich färben lässt, ich finde an meinen Präparaten dieses Verhalten am besten in den Partien am Rande mancher (der Lippen-) Knorpel, wo die Grund- substanz auch in das Bindegewebe überzugehen scheint und sich stark roth färbt (Taf. XXX, Fig. 2). Daselbst bleiben die Knorpelkapsel gelb- lich mit Ausnahme einer nicht immer scharf begrenzten inneren Zone, die sieh intensiver roth färbt. 616 F, K. Studnicka: etwas verschiedene chemische Constitution seiner Kapsel und Grundsubstanz denken; besonders die verschiedene Reaktion der Kapseln und der Grundsubstanz ist interessant. Auf diese mich stützend kann ich bei der Auffassung der Knorpelkapseln als solcher trotz der Einwände Schaffers bleiben. Dass sich in einigen Fällen in der Knorpelkapsel eme innere, mit Eosin intensiv roth sich färbende Zone zeigt, während bei Petromyzon die übrige Knorpelkapsel ungefärbt bleibt (Taf. XXX, Fig. 2 rechts; vom Rande eines sog. Lippenknorpels), kann doch nieht gegen meine Deutung zeigen; jene innere Zone kann ja, wie die betreffende Abbildung zeigt, auch in den anderen Theil der Kapsel nur allmählich ohne Grenzen übergehen. Beim Ammocoetes, dessen Knorpel ich in dieser Beziehung weniger untersucht habe, soll auch jene innere Zone, wie man nach den Angaben Scehaffer’s (96b, pag. 621, Taf. XXVII, Fig. 10,15) schliessen kann, regelmässig vorkommen. Gerade diese innere Zone allein hält Schaffer für ein Homologon der wirklichen Knorpelkapsel anderer Hyalinknorpel. Bei der Myxine wandelt sich in den meisten Fällen die Knorpelkapsel in eine Grundsubstanz um, da wir von ihr gewöhnlich nichts wahr- nehmen können. Manchmal sehen wir hie und da doch eine blau sich färbende dünne Knorpelkapsel, das ist vielleicht jene hier allen erhalten gebliebene innere Zone der ursprüngliehen Knorpelkapsel, die jetzt allen die Rolle einer Knorpelkapsel übernommen hat. Eine Knorpelkapsel ist eigentlich nichts anderes als ein besonders begrenzter festerer Saum von Grundsubstanz, der sieh um eine Zelle als eine Hülle derselben durch Ausschneiden aus derselben bildet. Die wirkliche Grundsubstanz zeigt Keine Be- ziehungen zu den einzelnen Zellen. Dass die äusseren Grenzen der Kapseln gegen die übrige Grundsubstanz schwinden können und jene in diese übergehen können, zeugt davon, dass sie von einander chemisch nicht weit entfernt sind. Es ist wahr- scheinlich, dass, wenn sieh die eine Kapsel in die Grundsubstanz umgewandelt hat, dass sich dann von der Oberfläche der Zelle aus wieder eine andere bilden kann: daraus muss man schliessen, dass alle Knorpelkapseln streng genommen nicht einander homolog sind )). 1) Diese Auffassung würde sich vielleicht mit der Schaffers decken, der bereits sagt, dass die Knorpelkapseln des Ammocoetes der Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels ete. 617 Der gelbe Knorpel findet sich bei dem Ammocoetes in den Trabeeulae eranii und Ohrkapseln. Er hat in den ersteren den Charakter eines Parenchymknorpels und unterscheidet sich somit an Carminpräparaten nur wenig von den blau sich färbenden Knorpeln. In den Ohrkapseln sind, wie ich meistens finde, die Wände der Zellen verdiekt und die Grenzen der Kapseln oft verschmolzen (Taf. XXX, Fig. 3), ein anderesmal sind, wie es Schaffer |. e. Taf. XXVII, Fig. 7 zeichnet, die Grenzen der Knorpelkapseln ganz deutlich. Der gelbe Knorpel des Ammocoetes wächst hauptsächlich durch Theilung seiner Zellen (Intussusception) auf eine Weise, die Schaffer (pag. 623) ausführlicher beschreibt. Wie bei dem „blauen“ Knorpel, kann man auch hier das den Knorpel umgebende etwas dichtere Bindegewebe als ein Perichondrium auffassen. Der gelbe Knorpel der entwickelten Petromyzonten (Petro- myzon Planeri und fluviatilis), ist ein Parenchymknorpel mit sehr spärlicher Grundsubstanz; nur seine festere Randzone, die durch kleinere Zellen und eine grössere Menge von Grundsubstanz ausgezeichnet ist, macht vielleicht eine Ausnahme; eine solche fehlt dem Ammocoetes, sie ist durch Neubildung aus den Perichon- drien entstanden. Nur in seltenen Fällen (P. Planeri!) nimmt der ganze Knorpel den Charakter eines Hyalinknorpels an (Taf. XXX, Fig. 4). Wir finden hier bei dem Petromyzon wieder die „gelben“ Trabeeulae eranii und die „gelben“ Ohrkapseln; weiter bestehen hier alle die knorpeligen Theile des Skelettes, die sich während der Metamorphose ausgebildet haben aus diesem Knorpeltypus, vielleicht mit einziger Ausnahme des Skelettes der Schwanzflosse, das übrigens auch schon bei dem Ammocoetes angelegt wird. Wir müssen bei Petromyzon also „alte“ und „neue* Knorpel unterscheiden. An den „alten“ Knorpeln bemerken wir zuerst ihre etwas grösseren Dimensionen, die gewöhnlich durch Theilung der Zellen, Grundsubstanz anderer Knorpel (der Myxine z. B.?) homolog sind. Die Knorpelkapsel dieser sind also neuere Bildungen ? Daraus folgt Jedoch nicht, dass man den Charakter der Knorpelkapsel des Ammo- coetes als solcher negiren sollte, wie es Schaffer thut. 618 F. K. Studnicka: die jetzt oft in Gruppen liegen, oder auch durch Zunahme der Grundsubstanz entstanden sind (Taf. XXX, Fig. 4: Trabeeulae eranii von P. Planeri). Sonst bemerken wir an der Oberfläche der „alten“ Knorpel (Trabeculae, die Ohrkapsel dagegen nicht immer) jene Schichte kleiner abgeflachter Zellen, die von einer Zunahme des Knorpels von Seiten des perichondralen Binde- gewebes zeugt. Die Grenze eines alten Knorpels gegen sein Perichondrium ist in geschlechtsreifen Thieren immer schon meist scharf und gerade. Wo bei Petromyzon in der Nachbarschaft des alten Knor- pels (eigentlich können hier unter solchem nur die Trabe- eulae cranii gemeint werden) im Anschluss an diese sich neue Knorpelmassen ausgebildet haben, sind sie gegen jene durch eine oft scharfe Grenze begrenzt (Taf. XXX, Fig. 4), oder es ist schon aus der Anordnung der Zellen sichtbar, dass jene Theile nicht durch Herauswachsen aus den bereits bestehenden, sondern durch Neubildung aus dem dichten Bindegewebe in der Nähe der Knorpel (aus der bindegewebigen Gehirnkapsel, die bei dem Ammocoetes sich dorsal an die Trabeeulae ansetzt) entstanden sind. Schaffer (96 b, pag. 650) giebt an, dass zwischen den alten und neuen Knorpeltheilen eine breitere Zone von Grund- substanz zu finden ist (l. e. Fig. 29), an meinen Präparaten finde ich eine solche nieht; auch wenn er sagt, dass der neugebildete Knor- pel im Unterschiede zu «dem larvalen „durchwegs kleinzellig“ ist, kann ich nicht mit ihm übereinstimmen (Taf. XXX, Fig. 4; vergleiche auch Kaensche (9, Taf. XX, Fig. 24); dieser Forscher redet sehon von dieser Sache).. Ausser aus einem solehen diehten fibrösen Bindegewebe (einer Faseie) bilden sich während der Metamorphose die meisten Knorpelmassen des definitiven Skelettes, wie schon Schneider (78) erkannt und beschrieben hat, aus dem sogen. „Schleim- knorpel“ und auch aus anderen Bindegewebsarten. Ueber diese Bildungsweise des Knorpels während der Metamorphose wird erst später ausführlicher gehandelt; hier be- merken wir nur, dass zwischen den aus verschiedenen Binde- gewebsarten gebildeten Knorpeln überhaupt keine Unterschiede existiren, wie wir solche auch zwischen den „alten“ und „neuen“ Knorpeln nicht finden können. Den charakteristischen Bau eines gelben (und zwar aus Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 619 dem „Schleimknorpel“ gebildeten) Knorpels (Lippenknorpels) von Petromyzon fluviatilis zeigen unsere Fig. 1 und 5, Taf. XXX). Die erstere zeigt eine Partie aus dem Centrum des Knorpels, an dem man sehen kann, dass der parenchymatöse Knorpel nur äusserst wenig Grundsubstanz und nur dort, wo mehrere Zellen aneinander grenzen, besitzt. Bei einer schwachen Vergrösserung erscheint an mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten diese Partie des Knorpels blau, da die blau sich färbenden grossen Körper der Zellen die gelbe Farbe der Septen verdecken. Am Rande eines Querschnittes durch den betreffenden Knorpel sehen wir, wie die Fig. 1 u. 22), Taf. XXX zeigt, eine feste Randzone eines wirklichen Hyalinknorpels mit kleinen abgeplatteten Zellen und reichlicherer Grundsubstanz zwischen den meist sehr deutlichen Knorpelkapseln (Fig. 2). Gegen das Perichondrium ist diese Rand- zone, wie unsere Abbildung (Fig. 1) zeigt, scharf begrenzt, hie und da, wo der Knorpel noch weiter wächst, sehen wir Uebergangs- zellen zu dem Bindegewebe; solche zeichne ich auf der Fig. 7, Taf. XXX. Diese Randzone ist während der Metamorphose aus dem Perichondrium, in unserem Falle dem Perichondrium eines Schleimknorpels entstanden ?). Als besonders abweichende Formen des gelben Knorpels können wir z. B. eine, die ich an der Basis des primordialen Craniums (zwischen den Trabeeulae) bei Petromyzon Planeri finde, bezeichnen. Dieselbe besteht aus besonders kleinen Zellen, zwischen denen zahlreiche Bindegewebsfasern in allen Richtungen verlaufen; es ist das ein wirklicher „gelber“ Faserknorpel. Wahrscheinlich handelt es sich um einen noch nicht fertigen ge- wöhnlichen „gelben“ Knorpel, da ich bei Petromyzon fluviatilis etwas ähnliches nicht finden kann. Bei der Myxine glutinosa, von der ich nur grosse Thiere untersuchen konnte, bestehen unter vielen anderen 'Theilen des 1) Diese Knorpelart wurde in der Literatur mehrmals be- schrieben und abgebildet, so von Leydig, Renaut, Rawitz und Schaffer. 2) Auf der Fig. 1 sind nur die von Schaffer gefundenen inneren Zonen der Knorpelkapseln deutlich eingezeichnet! 3) Auf den verschiedenen Ursprung des centralen und der Rand- zone des Knorpels (nur der aus dem Schleimknorpel gebildeten Partien ?) weist Schaffer hin (96 b, pag. 647). > 620 P.Rr Stugnıecka: Skelettes wieder die Trabeculae eranii und die Ohrkapsel aus der gelben Knorpelart. Sonst ist der gelbe Knorpel, wie wir an den Figuren Parkers (78) sehen können, im Körper sehr ver- breitet. Der gelbe Knorpel sieht hier etwas anders aus als bei den Petromyzonten. Die Kapseln der Zellen sind in den meisten Fällen normal überhaupt nieht sichtbar (Taf. XXXI, Fig. 1, 2) ein anderesmal, hie und da färben sie sich blau, während die Grundsubstanz gelb bleibt; auf diese Weise werden Uebergänge von dem „blauen“ Knorpel zu diesem vermittelt. An den Rändern der Knorpel finden wir vielleicht immer an Hämatoxylinpräparaten einen oft intensiv blau sich färbenden Saum (Taf. XXXI, Fig. 3, 4) und auch sonst, wie gesagt wurde, färbt sich die Grundsubstanz bei nur etwas längerer Einwirkung der Farbe grünlich (Taf. XXXI, Fig. 4) leichter als bei Petromyzon. Die Zellen sind verhältnissmässig kleiner als bei Petromyzon und liegen mehr oder weniger weit von einander (Taf. XXXI, Fig. 1, 2). Sie sind abgerundet, meist von ovaler Form, da hier bei den weiter von einander liegenden Zellen der gegen- seitige Druck wegfällt. Der Knorpel muss hier vielleicht immer für einen wirklichen Hyalinknorpel gehalten werden, steht also höher als der der Petromyzonten. Im Centrum der Knorpel liegen die Zellen oft näher an einander als am Rande, ein anderesmal wieder liegen die Zellen überall gleich weit von einander. Die Zellen an der Peripherie sind entweder gleich gross (z. B. in der Ohrkapsel) oder kleiner, entweder abgeplattet oder von derselben Form wie die inneren (Taf. XXXI, Fig. 4). Eine solche besondere Randzone wie wir sie bei dem Petromyzon sahen, ist hier bei der Myxine nicht zu finden. Die Grenze des gelben Knorpels gegen seine Umgebung ist, ausgenommen dort, wo er an den blau sich färbenden grenzt, immer sehr scharf, besonders durch die oben erwähnte dunklere Färbung der Ränder und da, wo die Randzellen gross sind. Ein mehr weniger deutliches „Periehondrium“, wenn es diesen Namen verdient, ist überall vorhanden. Ueber den feineren Bau der Zellen des Knorpels, sowohl der Petromyzonten wie der Myxine, werde ich bier nur wenig angeben. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels ete. 621 Bei dem Petromyzon sieht man an gut conservirten Prä- paraten in dem gelben Knorpel (Taf. XXX, Fig. 5) eine sehr deutliche fibrilläre Struktur des Plasmas, das den ganzen Raum der Knorpelkapseln ausfüllt und sich gewöhnlich an Präparaten von den Wänden nicht abzieht. In dem Plasma liegen an ver- schiedenen Stellen, oft an der Peripherie der Zelle, kleine stark färbbare Körperchen, die manchmal von unregelmässiger Form, ein anderes Mal rund und grösser sind; sie sind immer homogen, bei der Myxine fehlen sie. Jede Zelle bei dem Ammocoetes und der Myxine hat einen bei Petromyzon in dem gelben Knorpel normal zwei Kerne; nur seltener finden wir hier auch nur einen oder anderswo deren 3—5, gewöhnlich in einer Gruppe liegend (Taf. XXX, Fig. 5). Kerntheilungen habe ieh nicht gefunden, doch handelt es sich in den mehrkermigen Zellen sicher nur um Resultate von Kern- fragmentirungen (Amitose), ähnlich wie wir in einem später zu besprechenden Gewebe (dem Vorknorpel der Myxine) direkt heobachten konnten (Taf. XXXI, Fig. 14). In der neuesten Zeit berichtet Scehaffer (96) von dem 3efunde von Centrosomen in den Knorpelzellen von Myxine. II. Die postembryonale Bildung des Knorpels aus den verschiedenen Bindegewebearten des Körpers. Ueber die Bildung des Knorpels in dem embryonalen Leben aus embryonalen Geweben will ich hier nicht sprechen; Fragen wie jene, ob die Knorpel des Kopfes einen mesenchyma- tösen oder ectodermalen Ursprung, wie manche Forscher wollen, haben und ähnliche werde ich hier nieht direkt berühren, nur die Entwickelung des Knorpels im postembryonalen Leben aus bereits mehr weniger differenzirten Geweben wird uns hier in- teressiren. In dem Ammocoetesstadium der Petromyzonten finden wir vielleicht keine oder eine nur spärliche Neubildung des Knorpels aus dem Bindegewebe, eine rege Bildung dieses Gewebes findet dagegen während der Metamorphose aus der Larve zu dem ge- schlechtsreifen Thiere statt. Das ganze Skelett des T'hieres erfährt wiehtige Umänderungen während dieser Zeit. Die histo- 622 F.K. Studnitcka: genetischen Prozesse die in dieser Zeit geschehen, erinnern an einen acuten pathologischen Prozess. Einzelne Spuren von der Neubildung des Knorpels finden wir auch im entwickelten Thier, denn auch hier entwickelt sich der Knorpel hie und da „chro- nisch“ weiter. Auch in den entwickelten Thieren von Myxine, die doch keine solehe Metamorphose wie der Petromyzon dureh- zumachen hat, finden wir noch an vielen Stellen verschiedene Stadien einer postembryonalen Knorpelbildung. Die Cyelostomen sind ein besonders günstiges Material, an dem wir diese postembryonale Bildung des Knorpels studiren können, denn bei anderen Thieren bildet sich der Knorpel fast ausschliesslich in früheren Stadien der Entwiekelung. Bei den Oyelostomen finden wir weiter eine sehr grosse Mannigfaltigkeit in dieser Neubildung des Knorpels; verschiedenste Formen von 3indegewebe können sieh in einen Knorpel umwandeln. So bilden sich z. B. einzelne Partien des knorpeligen Skelettes aus dem festen fibrösen Bindegewebe der Fascien, anderswo bildet sieh wieder der Knorpel aus einem Füllgewebe, «das manch- mal sogar wie ein Fettgewebe aussieht oder aus jenem Ge- webe, das von Schneider unter dem Namen „Schleimknorpel“ beschrieben wurde. Von verschiedenen Geweben, die wir weder zu diesem noch zu jenem Typus reehnen können, ist uns hier nieht möglich zu reden. Der blau sich färbende wie der „gelbe“ Knorpel bilden sich auf eine sehr ähnliche Weise aus den Zellen der verschie- denen Bindegewebe; aus einem dieser entsteht öfter der blau sich färbende, aus einem anderen wieder öfter der „gelbe“ Knorpel. Oft sehen wir auch an den Präparaten Bilder, aus denen wir schliessen müssen, dass sich an den betreffenden Stellen zuerst ein blau sich färbender Knorpel bildet, und erst aus diesem der gelbe secundär entsteht. Aus dem festen fibrösen Bindegewebe (den Faseien) ent- wickelt sich fast ausschliesslich der gelbe Knorpel. Dieses Bindegewebe bildet die Perichondrien jener Knorpel und die festere Randzone desselben wächst, wie wir gesagt haben, durch Umwandlung der Zellen desselben in Knorpelzellen, also durch Apposition (Sehaffer). Solche Uebergangszellen sind au manchen Stellen in grosser Anzahl zu finden, sie sehen ganz so Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels ete. 623 aus wie die an der Fig. 7, Taf. XXX gezeichneten, von denen wir weiter unten sprechen werden )). Weiter bildet jenes Bindegewebe verschiedene wirkliche Fascien in dem Körper, ein bindegewebiges Skelett desselben (im Ammoecoetes besonders). Unter diesen Fasceien werden uns besonders jene, die die bindegewebige Gehirnkapsel und jene, die die Röhre, in der das Rückenmark gelegen ist, bilden, interessiren ?). Aus der ersten bilden sich während der Metamorphose einzelne Theile des primordialen Craniums von Petromyzon ?), besonders seine lateralen Theile, die basalen Trabeeulae eranii und andere Theile stammen bekanntlich aus der embryonalen Zeit. Aus der Wand der letzteren entwickeln sich zum Theil wenigstens die beim Petromyzon nur ganz rudimentären Wirbelbogen. Die Bildung des gelben Knorpels der lateralen Partien des Craniums kann man sehr gut auch an Präparaten von ge- schlechtsreifen Petromyzonten beobachten, wenn uns gerade keine Stadien der Metamorphose zur Disposition sind. Besonders am oberen Rande derselben entwickelt sich der Knorpel in alten Thieren hie und da weiter. Von den Zellen des festen Gewebes der Fascie sehen wir an gewöhnlichen Präparaten fast nur die Kerme; ihre Körper sind sehr klein und zwischen den mächtigen Bindegewebsfasern eingeklemmt. Dort, wo sich der Knorpel bildet, sehen wir manche Bindegewebszellen, die etwas grössere Dimensionen haben, ferner andere, die bereits eine Zellmembran aus „gelber“ Knorpelsubstanz ausgeschieden haben (Taf. XXX, Fig. 7) und endlich wirkliche gelbe Knorpelzellen, die sich zu einer Knorpel- masse anordnen. Die Bindegewebsfasern gerathen am Anfange der Knorpelbildung weiter von einander und werden endlich zwischen den dieht an einander anliegenden Knorpelzellen ganz aufgelöst, an ihrer Stelle entwickelt sich zwischen den Zellen, aber erst später, die Grundsubstanz des Knorpels ®). 1) Die Bildung des Knorpelgewebes aus den Perichondrien spielt auch bei höheren Wirbelthieren und besonders bei Regenerationen eine wichtige Rolle. Vergleiche in dieser Beziehung Schwalbe (78) und Sieveking (91) u. andere Arbeiten. 2) Sonst gehört z. B. auch das feste Corium der Haut hierher. 3) Wie schon auf pag. 618 erwähnt wurde. 4) Die von Schaffer (96b) Taf. XXVIJ, Fig. 11 gezeichnete 624 F. K.' Studnicka: Die Oberfläche der Kapseln der sich bildenden noch isolirt liegenden gelben Zellen ist nicht glatt sondern immer höckerig und in der Nähe derselben und zwischen ihnen liegen gewöhn- lich massenhaft kleine gelbe Körnchen und faserige Massen; es scheint, als ob die gelbe Knorpelsubstanz sich nicht nur an der Oberfläche der Zellen, sondern auch in einer Entfernung von (liesen auflagerte; von der Bedeutung der Fasern wird später die Rede sein. Die Bildung der Wirbelbogen konnte ich an geschlechts- reifen Exemplaren von Petromyzon nicht direkt beobachten, doch auch diese bilden sich zum Theil wenigstens aus dem dichten fibrösen Bindegewebe der Fascie !) auf eine ähnliche Weise, wie gerade beschrieben wurde. Aus ihrer Lage in der Fascie und aus dem Vorhandensein von gelegentlich in den Perichondrien isolirt liegenden Zellen können wir darauf schliessen; ihre untere Hälfte bildet sich, worauf wir später zurückkommen werden, aus einem Füllgewebe. Der blau sich färbende Knorpel entwickelt sich äusserst selten aus einem solchen festen Bindegewebe, nur von dem perichondralen Gewebe kann ein Zuwachs stattfinden, wie hie und da zu findende Uebergangszellen zeigen (Taf. XXX, Fig. 15). An dem Knorpel des Kiemengerüstes (P. fluviatilis) beobachtete ich auch den Zuwachs eines gelben Knorpels aus dem Perichondrium. Der blau sich färbende Knorpel bildet sich hauptsächlich aus einem Füllgewebe; bei der Myxine aus einem lockeren Binde- gewebe, bei dem Petromyzon nur selten aus einem solchen, oft dagegen aus einem blasigen fetthaltigen Bindegewebe. Was das erstere, das lockere Bindegewebe betrifft, so ist ein solches bei Petromyzon in der Schwanzflosse entwickelt, und hier entstehen aus ihm die knorpeligen Strahlen (ihre Enden wenigstens); sonst findet es sich hie und da im Kopfe des Ammo- coetes und geht da in den „Schleimknorpel“ über ?). und bag. 624 beschriebene Knorpelbildung ist wahrscheinlich eine solche, von der ich eben geredet habe. Da S. die Existenz von Knorpelkapseln nicht annimmt, sieht er den ganzen Entwicklungsvor- gang in einem anderen Lichte als ich. 1) Deren obere Partie. 2) Durch die feste chondrinhaltige Grundsubstanz und vielleicht noch eine regelmässigere Anordnung der Elemente unterscheidet sich dieser von jenem. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 625 Dieses Gewebe ist durch nackte oder wenigstens einer deutlicheren Zellmembran entbehrende Zellen die feine faden- förmige Fortsätze besitzen und weit von einander liegen, charak- terisirt. Zwischen den Zellen verlaufen in verschiedenen Rich- tungen feine Bindegewebsfasern. (Die Taf. XXXI, Fig. 6 zeigt ein solehes Gewebe, die Fortsätze der gewöhnlichen Zellen sind an der eitirten Abbildung jedoch nicht zu sehen.) Bei dem Petromyzon konnte ich die Knorpelbildung aus diesem Gewebe nicht verfolgen, gut dagegen bei der Myxine, wo es besonders im Kopfe weit verbreitet ist. An einigen Stellen können wir bei diesem Thiere sehen, dass die blau sich färbenden Knorpel, die sonst von einem festen peri- chondralen Bindegewebe begrenzt sind, statt an ein solches direkt an das lockere Füllgewebe grenzen. Solche Stellen, die uns hier interessiren werden, finden wir bei der Myxine besonders an den Knorpeln des Tentakelapparates, in der Nähe deren Basis, und auf diese wird sich folgende Beschreibung beziehen. An solchen Stellen ganz in der Nähe der Oberfläche des Knorpels finden wir zwischen den gewöhnlichen Zellen des Bindegewebes, denen, wie gesagt wurde, eine besondere Zellmembran fehlt, einzelne meist spindelförmige mit einer (mit Hämatoxylin) blau sieh fär- benden Hülle versehene und an ihren Enden in zwei ebenfalls blau sich färbende lange Fasern auslaufende Zellen (Taf. XXXT, Fig. 6). Wir haben da wirkliche Bindegewebszellen vor uns, deren Fortsätze ebenfalls wahrscheinlich verknorpelt sind. Um einen umgekehrten Process, um Bildung des Bindegewebes aus dem Knorpel, kann es sich doch nicht handeln. Während diese Zellen spindelförmig und verhältnissmässig diekwandig waren — sie waren eher den Uebergangszellen aus einem fibrösen Bindegewebe in einen Knorpel ähnlich (vergl. mit Taf. XXX, Fig. 15) — sind andere weiter von dem Knorpel in dem lockeren Bindegewebe liegende Zellen von abgerundeter Form (Taf. XXXI, Fig. 7) mit mehr oder weniger dieker blau sich färbender Membran und haben mehrere ebenfalls verknor- pelte (?) Fortsätze. Wieder andere an solchen Stellen zu findende Zellen erinnern durch ihre Form, Grösse und Mangel von Fort- sätzen an Fettzellen, die in dem Füllgewebe der Cyelostomen (besonders des Petromyzon) überall zu finden sind (Taf. XXXT, Fig. 6 rechts). Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 41 626 RIRKEStn umikek ar: Die Zellen liegen entweder weiter von einander oder in Gruppen (Fig. 7), oder bilden grössere Knorpelmassen. Eine Grundsubstanz entwickelt sich zwischen ihnen erst später. Besonders interessant sind jene wahrscheimlich „verknor- pelten“ fadenförmigen Fortsätze der Zellen, von deren Existenz wir oben berichteten; sie verdienen, dass wir uns mit ihnen und mit ihnen ähnlichen (elastischen ?), auch mit Hämatoxylin sich färbenden Fasern hier etwas detaillirter beschäftigen. Ueberall in der Umgebung eines solchen aus dem lockeren Bindegewebe sich bildenden Knorpels können wir eine grössere Menge von in verschiedenen Richtungen verlaufenden blau sich färbenden Fasern constatiren (Taf. XXXI, Fig. 7). Nur von sehr we- nigen von ihnen können wir jedoch ihre Verbindung mit einer sich bildenden Knorpelzelle constatiren. Es scheint, dass die meisten von ihnen elastische Fasern sind und in keinem Zusammenhange mit einer Zelle stehen. In einem anderen Gewebe, dem später zu besprechen- den Vorknorpel, der aus dicht an einander anliegenden von Zell- membranen versehenen Zellen (einem wirklichen Parenchyme) be- steht, sehen wir, dass analoge Fasern zwischen einer grossen Anzahl von Zellen auf einer grösseren Strecke verlaufen und wahrschemlich von vielen Zellen gleichzeitig ausgeschieden worden sind (vergl. Taf. XXXI, Fig. 10, 11). Wieder anderswo, und mit diesem Falle wollen wir uns hier beschäftigen, nehmen ähnliche Fasern aus dem Rande des eompacten fertigen Knorpels durch eine sonderbare Zerfaserung desselben ihren Ursprung. Wenn man mittelst starker Systeme den Rand eines Schnittes durch einen Knorpel von Petromyzon oder Myxine untersucht, so findet man in den meisten Fällen, dass die äussere Wand der Randzellen keinesfalls glatt (so zeichnet sie die Fig. 1, Taf. XXX) sondern gewöhnlich sehr uneben ist. Man sieht gewöhnlich kleine Höckerchen an der Oberfläche jener Zellen (Taf. XXX, Fig. 7; Taf. XXXI, Fig. 3). Diese sind nichts anderes als Querschnitte oder Ursprünge oder Anlagen solcher Fasern, wie man sich wieder an anderen Stellen, wo wir die Fasern auf eine grössere Länge im Zusammenhange mit dem Knorpel sehen können, überzeugen kann (Taf. XXXI, Fig. 5). Wir finden am Rande des Knorpels diese Fasern gewöhnlich massenhaft. Ein an- deres Mal verlaufen sie parallel und bilden eine äusserste Zone um den Knorpel, dessen Oberfläche wie zerfasert ist. An Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 627 zu der Richtung ihres Verlaufes schief geführten Schnitten sind sie gut sichtbar (Taf. XXXI, Fig. 4), sonst auch an parallel mit der Oberfläche des Knorpels dieht unter dieser geführten Schnitten sieht man diese Struktur). Nicht nur an der Oberfläche selbst, sondern auch überall in seiner Umgebung in dem perichondralen Gewebe kann man bei einer etwas vorsichtigen Untersuchung blau sich färbende jedoch eher elastische Fasern entdecken. Manchmal bilden sie eine regel- mässige Schicht um den Knorpel herum (Taf. XXXI, Fig. 4). Be- sonders gilt das von den blauen Knorpeln (Schwanzflosse von Petromyzon u.a.) und den gelben Knorpeln von der Myxine. Von dem bekanntlich blau gefärbten Rande des letzteren Knorpels sehen wir die ebenfalls blauen Fasern deutlich ausgehen, aber auch an dem gelben Knorpel der Petromyzonten kann man jene Fasern aus der Grundsubstanz des Knorpels hervorgehen sehen. Hier sind sie natürlich gelb, werden jedoch mit Eosin roth gefärbt und lassen sich durch ihren Habitus leicht von Binde- gewebsfasern unterscheiden. Die feinere Zerfaserung des ganzen Randes des Knorpels können wir in dem letzteren Falle gut be- obachten (Taf. XXX, Fig. 2). Auch an den sich bildenden gelben Zellen sehen wir eine höckerige Oberfläche derselben (vgl. pag. 624); (Taf. XXX, Fig.7 vergleiche mit Taf. XXXI, Fig. 3, die eine abnormal blau sich färbende Zelle vom Rande eines gelben Knorpels von Myxine darstellt). Die sonderbare Faserung des Randes ist also nicht nur bei den gelben, sondern auch den blau sich färbenden Knorpeln zu finden. An dieser Stelle müssen wir weiter einen sehr interessanten und lehrreichen Uebergang des Bindegewebes in einen Netzknorpel erwähnen, in dem ebenfalls blau sich färbende Fasern, die in einem gewissen Verhältnisse zu der Grundsubstanz des Knorpels stehen, eine wichtige Rolle spielen. Es handelt sieh um eine besondere, schon auf Seite 613 erwähnte Form des blau sich färbenden Knorpels von Petromy- zon, die zwischen ihren Zellen auch ähnlich sich färbende Grund- substanz besitzt, und die einerseits mit dem Bindegewebe, anderer- seits mit einem gewöhnlich „blauen“ Parenchymknorpel und 1) Van der Stricht (89) beschreibt eine Faserung unter der Oberfläche der Gelenkknorpel der Vögel; vielleicht ist in diesem Falle etwas ähnliches vorhanden wie in unserem. 628 F. K. Studnicka: endlich mittelst diesem mit einem gelben Knorpel dureh Ueber- gänge verbunden ist. Diesen Uebergangsknorpel finde ich bei Petromyzon (fluvia- tilis) nur in der Nähe der unteren Partie des Ringknorpels im Munde (unter der Zunge) und in der hintersten Partie des Pri- mordialeraniums zu beiden Seiten des Chordaendes. Bei der Myxine konnte ich nichts Analoges finden. Die schwach blau sich färbende Grundsubstanz dieses eigen- thümlichen Knorpels ist, wie die Fig. 16, Taf. XXX zeigt, nicht homogen, sondern es sind einzelne stärker blau sich färbende Kernchen und Fasern in derselben abgelagert, manchmal ist sie dicht faserig. Wenn wir das Präparat unter dem Mikroskope von der beschriebenen Stelle weiter zu jener Seite verschieben, wo der Knorpel in das Bindegewebe überzugehen beginnt, da sehen wir, dass die Knorpelzellen, deren Knorpelkapseln sich noch stark blau färben, etwas weiter von einander liegen, und dass die Grundsubstanz sich in ein Netz von blau sich färbenden Fasern um- gewandelt hat. Weiter nach jener Seite hin entbehren die Zellen schon der Charaktere der Knorpelzellen, denn eime chondrinhal- tige Membran fehlt ihnen), nur ihre Grösse ist noch dieselbe; jene Fasern aber verlaufen auch hier noch weiter, zwischen den Zellen ein Netz bildend (Taf. XXX, Fig. 17); sie sind noch weiter in jener Gegend anzutreffen, wo die Zellen schon den Charakter von Bindegewebszellen angenommen haben (sind schon ganz klein), und wo auch mächtige Stränge von Bindegewebs- fasern zwischen den Zellen zu finden sind (Taf. XXX, Fig. 18). Wir haben da endlich ein gewöhnliches ziemlich festes Binde- sewebe vor uns, das von jenen eigenthümlichen, blau sich fär- benden, den elastischen ganz ähnlichen Fasern durchlaufen wird. Es ist vielleicht nicht nothwendig, hier besonders zu be- merken, dass es sich da um eine Bildung des Knorpels aus dem Bindegewebe und nicht um einen umgekehrten Process handelt; eben deshalb wird die Frage, wie die Fasern, die wir bis in die Grundsubstanz des Knorpels verfolgen können, entstehen, 1) Es sind das die später zu besprechenden Vorknorpelzellen, und diese hier beschriebene Partie steht in der Zunge wirklich mit einer grösseren Masse eines „Vorknorpels“ in Verbindung (vergl. pag. 638). Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 629 desto schwieriger. Nach ihrer mikrochemischen Reaktion sind sie sicher von den Bindegewebsfasern verschieden und vielleicht für den elastischen verwandte Fasern zu halten; ob sie durch Um- wandlung von Fortsätzen von Zellen, oder ob sie selbständig zwischen den Zellen entstehen, lässt sich nieht entscheiden. In einigen der zuletzt beschriebenen Fälle sahen wir eine faserige Struktur der Grundsubstanz des Knorpels deutlich. Ich bin überzeugt, dass es nicht schwer wäre, das, was wir ge- funden haben, mit den Ansichten Tillmanns (77) und an- derer Forscher von der faserigen Struktur der Grundsubstanz des Knorpels in Einklang zu bringen. Nach diesem Exeurse, zu dem uns die Fortsätze der jungen Knorpelzellen in dem lockeren Bindegewebe der Myxine die Ver- anlassung gaben, kehren wir wieder zu unserem Thema zurück, und zwar werden wir über die Bildung des Knorpels aus blasi- gem, fetthaltigem Bindegewebe (Füllgewebe) diesmal des Petro- myzon reden; bei der Myxine fand ich nicht, dass sich der Knorpel aus einem solchen Gewebe bildete. Wieder haben wir in diesem Gewebe Zellen, die jedoch gross aufgeblasen und mit deutlicher Zellmembran versehen sind, gewöhnlich mehr oder weniger Fett enthalten und dicht an einander anliegen, sodass dadurch ein Parenchym ge- bildet wird. Zwischen den Zellen verlaufen Bindegewebsfasern. Es ist das eigentliche Fettgewebe der Cyelostomen!). In dem Körper von Petromyzon ist es überall verbreitet, unter der Haut, zwischen den Muskeln und anderen Organen, um die Chorda herum ete. Uns werden hier hauptsächlich jene Stellen inter- essiren, wo sich aus ihm einzelne knorpelige Partien der bei dem Petromyzon so einfachen Wirbelsäule und der Schwanzflosse bilden. Wie uns besonders aus der Abhandlung von Goette (78) bekannt ist, liegt das Rückenmark des Ammocoetes in einer Röhre, 1) Das sonderbare Gewebe, das bei den Cyelostomen (Petromy- zonten und Myxine) oberhalb des Rückenmarkes und des Gehirns zwischen diesen Organen und dem Skelette sich befindet, gehört auch hierher. Seine Zellen enthalten jedoch kein Fett. In dem Cranium des Petromyzonten, wo es ein Parenchym bildet, fehlen die Binde- gewebsfasern. 630 F. K. Studnicka: die von einer festen Fascie gebildet wird. Diese Fascie spaltet sich jederseits ventral in der Nähe der Chorda in zwei Blätter; (das äussere geht lateral an der Chorda nach unten (oft verliert es sich in dem Füllgewebe der Umgebung), das innere geht auf die andere Seite über, wo es sich mit dem Blatt der anderen Hälfte der Fascie zu einer geschlossenen Röhre verbindet!). An der Stelle, wo beide Theile der Fascie von einander sich trennen, ist eine dreieckige Stelle, die nach unten und median von der Chordascheide begrenzt ist. Diese Stelle ist von grossen hellen Zellen ausgefüllt, zwischen denen dünnere bindegewebige Züge und Bindegewebsfasern, von beiden Seiten der Fascie ausgehend, durch- laufen. Einzelne seltene jener bindegewebigen Züge enthalten kleine Zellen und sind als abgetrennte Theile der Fascien zu betrachten. Das grosszellige Bindegewebe ist ein blasiges und, wie wir sehen werden, fetthaltiges Bindegewebe. Wir sehen alle Uebergänge von den grossen Zellen desselben bis zu den kleinen der Fascien ; die Sache hat das Aussehen, als ob sich die Faseie an jener Stelle in ein grosszelliges Gewebe umgewandelt hätte, in dem dann natürlich die Bindegewebsfasern weiter von einander liegen müssen ?). An Präparaten, die mit einer Osmiumsäure enthaltenden Flüssigkeit gehärtet wurden®), färben sich die Zellen schwarz, auch an nur mit Alkohol oder anders conservirten Präparaten kann man in ihnen Spuren von Fett entdecken. Davon stammt ihre Durchsichtigkeit an gewöhnlichen Präparaten. An derselben Stelle, die bei dem Ammocoetes nur ein bla- 1) Auch dorsal ist bei dem Ammocoetes die Fascie gespalten, beide Blätter liegen jedoch nahe an einander, nicht so bei dem Petro- myzon, hier ist der Raum zwischen ihnen von blasigem Bindegewebe gefüllt. 2) Goette, der diese Stelle beschreibt, kennt nicht die grossen hellen Zellen, er redet nur von Lücken zwischen den bindegewebigen kleinen Zellen enthaltenden Zügen. Wie Schatffer (9b, pag. 651) konnte auch ich in allen jenen Lücken Kerne nachweisen. Goette und Schaffer lassen den Knorpel, von dem wir gleich weiter reden werden, aus dem dichten Bindegewebe der Fascien und der binde- gewebigen Züge sich entwickeln, während doch auch jene grossen, ihm unbekannt gebliebenen Zellen dabei interessirt sind. 3) Ich benutzte dazu mit der Cajal’schen Flüssigkeit gehärtete Golgi’sche Präparate. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 631 siges, fetthaltiges Bindegewebe enthält, sehen wir bei dem ge- schlechtsreifen Petromyzon die knorpeligen gelben Neurapophysen. Ein grosser oberer Theil derselben hat sich, wie früher gesagt wurde, aus der Fascie gebildet, die auch weiter das Perichon- drium des Knorpels liefert. Die untere grössere Partie konnte sich jedoch nur aus dem betreffenden fetthaltigen Füllgewebe entwickeln. Wir sehen, wie sie oft noch von allen Seiten von diesem Gewebe umgeben ist!). Schon Gegenbauer (70) lässt diese Knorpel aus jenem perichordalen „skelettogenen“ Gewebe sich entwickeln. Die neueren Forscher Götte und Schaffer leiten den Knorpel nicht von den grossen Zellen dieses Gewebes ab, der Letztere nimmt direkt eine Einwanderung der „Chondro- blasten* — kleiner Zellen des festen Bindegewebes — in diese Gegend an. In einer Sache müssen wir mit diesem letzteren Forscher übereinstimmen, dass die Entwicklung der oberen Bogen nämlich in dorsoventraler Richtung fortschreitet (96 b, pag. 692). Da, wie wir früher gesagt haben, die aus verschiedenen Bindegeweben gebildeten Knorpel in entwickeltem Zustande sich von einander nicht unterscheiden lassen, können wir natürlich an den Neurapophysen den von uns angenommenen Ursprung ihres oberen und unteren Endes nicht mehr erkennen. Den Prozess der Bildung des Knorpels der Neurapophysen direkt zu verfolgen und zu entscheiden, ob er aus den grossen hellen Zellen oder aus den kleinen der festen bindegewebigen Züge in dem Füllgewebe, wie es Goette meint, oder durch Ein- wanderung von solchen Zellen (Schaffer) entsteht, konnte ich an der früher besprochenen Stelle nicht, aber anderswo an einer ähnlichen Stelle entscheiden, und zwar in dem Skelette der Schwanzflosse der entwickelten Petromyzonten. Hier sind die Verhältnisse viel lehrreicher, wir können alle Stadien der Knorpel- bildung, und zwar aus eben solehen hellen Zellen, wie wir sie an der ersteren Stelle sahen, neben einander finden, und aus der Analogie an einen ähnlichen Entwicklungsprozess an der ersteren Stelle schliessen. Während in der Wirbelsäule von Ammocoetes nur eine Fascie vorkommt, die sich nur in der Nähe der Chorda (dorsal nur 1) Die Rudimente der unteren Bogen am Anfange der Schwanz- flosse bilden sich vielleicht ganz aus dem festen Bindegewebe. 632 F. K. Studnicka: wenig) spaltet, sehen wir hier bei dem Petromyzon die ganze Fascie bis auf eine ziemlich kleine laterale Stelle gespalten und den Raum zwischen beiden Blättern mit dem früher beschriebenen Füllgewebe ausgefüllt. Nicht nur dorsal von der Chorda um die Medulla spmalis herum, sondern auch ventral um die grossen Blutgefässe herum bilden hier im Schwanze jene Fascien mit jenem Füllgewebe zusammen eine Röhre. Beide, die dorsale und die ventrale Röhre sind emander sehr ähnlich. Die Fascien und das Füllgewebe zwischen ihnen haben hier im Schwanze die Form präformirter oberer und unterer Bogen, und wirklich kann sich das Gewebe an diesen Stellen überall in einen Knorpel umbilden. Den Process der Knorpelbildung können wir z. B. in der untersten Spitze des unteren Bogens der präformirten Wirbel- säule !) gut beobachten (Taf. XXX, Fig. 13). Mit der grössten Deutliehkeit können wir da beobachten, dass es gerade die grossen hellen Zellen sind, die sich in Knorpelzellen umwandeln; Binde- gewebsfasern sind hier äusserst selten und spielen eine nur pas- sive Rolle, sie verschwinden gleich, sobald sich der Knorpel zu bilden beginnt. Wir sehen alle Uebergänge von den mit einer farblosen Membran versehenen grossen Zelle, deren Hülle sich mit Hämatoxylin blau färben lässt, bis zu ausgesprochenen „blau sich färbenden“ Knorpelzellen. Wie ich gut erkennen kann, entstehen zuerst zwischen den Zellen oder an deren Wänden feine blau sich färbende, eine Art Netz bildende Fasern, und erst später färbt sich die ganze Wand blau (etwas Aehnliches zeigt die Fig. 14, Taf. XXX, an der Fig. 13, Taf. XXX sind diese Details nicht eingezeichnet). Manchmal ist die Wand an den betreffenden Präparaten zuerst nur blau punktirt. Die fertigen „blauen“ Knorpelzellen liegen zuerst vereinzelt zwischen anderen noch farblosen grossen Zellen, hie und da bilden sie kleinere Gruppen, und in der ventralen Partie der präformirten Wirbelsäule sehen wir schon einen wirklichen com- pakten, blau sich färbenden Knorpel, der sich in den der Flossen- strahlen fortsetzt. Die Bindegewebsfasern verschwinden an der Grenze des Knorpels vollkommen. 1) Da, wo von dieser die Strahlen der unteren Partie der Flosse ausgehen, Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 633 Dieselbe äussere Fascie, die anderswo eine äussere Hülle um das blasige Bindegewebe bildet, stellt dort, wo sich ein Knorpel aus dem Füllgewebe entwickelt hat, ein Perichondrium dar und zieht sich als ein solches bis zu dem Ende der Strahlen. Aehnlich wie in der ventralen Partie, auf die sich gerade diese Beschreibung und unssere Abbildungen beziehen, kann man auch anderswo, z. B. in der Nähe der Chorda, in dem früher beim Ammocoetes beschriebenen Dreiecke alle die Uebergänge des Füllgewebes in einen Knorpel verfolgen. Bei Ammocoetes konnte ich mit Hülfe der Osmiumreaktion in, dem Füllgewebe das Vorhandensein von Fett constatiren, von Petromyzon hatte ich solche Präparate nicht zur Disposition, aber z. B. an mit Alkohol conservirtem Materiale fand ich überall Spuren von Fett (Taf. XXX, Fig. 13 F), sodass wir eigent- lich von einem Fettgewebe des Petromyzon und von Bildung von Knorpel aus diesem oder wenigstens von Uebergängen von einem Gewebe zum anderen reden könnten. Ob die neugebildeten Knorpelzellen auch Fett enthalten, konnte ich nicht constatiren, es ist das aber höchst wahrscheinlich. Der gelbe Knorpel bildet sich in dem präformirten Skelette des Schwanzes hie und da in kleineren Partien aus der Fascie, besonders lateral, wo auch im Rumpfe die Neurapophysen liegen, sonst kann sich der „blaue“ Knorpel in einen gelben umwandeln, wie wir aus in jenem eingeschlossenen Inseln desselben schliessen können. Endlich finde ich auch in dem Füllgewebe selbst ganz isolirt liegende Partien von gelbem Knorpel (Taf. XXX, Fig. 12) und auch wirkliche Uebergangszellen von den grossen Zellen jenes Gewebes in diesem Knorpel. Dieselben Uebergänge, wie in dem Schwanze, können wir bei Petromyzon auch hie und da in den Knorpeln des Kiemen- gerüstes finden. An einzelnen Stellen entbehren dieselben eines perichondralen Gewebes und grenzen direkt an das blasige fett- haltige Bindegewebe des Körpers, mit dem sie dann durch alle oben beschriebenen Uebergänge verbunden sind. Besonders schön können wir an diesen Stellen jene „blau sich färbenden Fasern“, die der Bildung eines „blauen“ Knorpels vorangehen, beobachten (Taf. XXX, Fig. 14). An den lateralen Rändern der Lippen- knorpel sehe ich auch sehr schön eine direkte Bildung des gelben Knorpels aus dem blasigen Füllgewebe. 634 F. K. Studnicka: Eine besondere Wichtigkeit hat endlich unter den skeletto- genen Bindegeweben der Cyelostomen der sogenannte „Schleim- k:norpel“ des Ammocoetes. Unter diesem von Schneider (78) eingeführtem Namen versteht man bekanntlich keinen gewöhnlichen Knorpel, sondern es ist eher ein sehr locker aber regelmässig gebautes fibrilläres Bindegewebe, das eine feste knorpelharte Grundsubstanz besitzt, die mit Hämatoxylin eine ähnliche Fär- bung annimmt, wie die Grundsubstanz eines Knorpels und viel- leicht wie diese auch Chondromuein enthält. Von Kaensche (90), Bujor (90) und von Schaffer (95) wurde dieses Ge- webe wiederholt beschrieben, und besonders nach der neuesten Beschreibung Schaffers (96 b) ist es uns nicht möglich, etwas Neues von ihm zu berichten. Dieses Gewebe ist, wie uns Schneider (78) und Schaf- fer (96 b, pag. 634) gezeigt haben, an bestimmten Stellen in dem Kopfe des Ammocoetes verbreitet, und es werden aus ihm während der Metamorphose die Knorpel des Kopfskelettes, be- sonders die des Mundes, gebildet. In entwickelten geschlechts- reifen Thieren findet man es niemals in seiner ursprünglichen Form; es hat sich hier entweder, wie gesagt wurde, in den Knorpel, sonst aber auch in ein blasiges (fetthaltiges) Binde- sewebe umgewandelt. Einzelne kleinere Partien bleiben, wie wir zeigen werden, bei der Umbildung in den Knorpel auf einem Stadium dieser Metaplasie zeitlebens stehen als ein „Vorknorpel*“. Was die morphologischen Verhältnisse des Schleimknorpels be- trifft!) (Taf. XXXI, Fig. 13°), so beobachten wir, dass er in den meisten Fällen von zwei mehr weniger festen Fascien (Peri- chondrien=P) gegen anderes Bindegewebe begrenzt ist, nur sel- ten ist er frei mit diesem durch Uebergänge verbunden. Die Zellen des Gewebes sind weit von einander, klein, nackt, spin- delförmig mit zwei gegen die Perichondrien senkrecht an diese gerichteten Ausläufern oder sternförmig mit einer grossen Anzahl 1) Ausführliche Beschreibung findet man bei Schaffer 9b, pag. 637. 2) Stellt eine sehr einfach gebaute Stelle dieses Schleimknorpels (von einem sehr jungen Ammocoetes) dar; gewöhnlich sind die Platten und Balken, in Form welcher dieses Gewebe auftritt, verhältnissmässig viel dicker. Vergleiche die Abbildungen Schneiders. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 635 solehert). Zwischen den Zellen verlaufen feine Fibrillen und zwar auch in einer zu den beiden „Perichondrien“ senkrechten Richtung, selten, am Rande parallel mit ihnen. Die Fibrillen sind von den Fortsätzen der Zellen kaum zu unterscheiden. Die Schleimknorpel sind manchmal sehr dicht gebaut; die Fibrillen sind dieht an einander, in anderen Fällen sind sie sehr locker und auch unregelmässig angeordnet, besonders dann, wenn keine „Perichondrien“ vorhanden sind. Die knorpelige Grund- substanz gibt dem Gewebe seine Festigkeit. Die Frage, ob der Schleimknorpel wirklich den Namen „Knorpel“ verdient, kann verschieden beantwortet werden. Schaffer (96 b, pag. 642) sagt, dass der Bau des Schleim- knorpels von dem der gewöhnlichen Knorpel eigentlich nicht ver- schieden ist; verästelte Zellen sind aus verschiedenen Knorpeln bekannt und Fibrillen oder Faserungen in der Grundsubstanz sind im Knorpel eigentlich auch nichts besonders seltenes. Ich betrachte die Uebergänge des Schleimknorpels in das Füllgewebe des Ammocoetes (Schaffer pag. 643) als besonders wichtig, dieses sehr lockere Füllgewebe besitzt dieselben Bestandtheile wie der Schleimknorpel, nur dass seine Grundsubstanz flüssig und nicht knorpelhart ist. Es handelt sich da um eine chemische Verwandlung der Grundsubstanz im Bindegewebe, eine Verknor- pelung der Grundsubstanz, um mich so auszudrücken; die Zellen selbst haben den Charakter von Bindegewebszellen beibehalten, und haben als solehe keine Membranen oder Knorpelkapseln. Früher haben wir eine Verknorpelung der Bindegewebs- zellen gesehen, eine Bildung von Knorpelkapseln um dieselben, durch die ein wirklicher Knorpel resultirt, während der uns hier interessirende Knorpel nur für einen Pseudoknorpel gehalten werden muss. Wenn zu dem Begriffe „Knorpel“ die gewisse chemische Constitution und die dadurch bedingte festere Con- sistenz der Grundsubstanz resp. der Knorpelkapseln nöthig sind, so müssen wir natürlich auch den Schleimknorpel für einen Knorpel halten. Ich selbst hatte keine Uebergangsstadien der Metamorphose in geschlechtsreife Thiere zur Disposition, aber da ich schon in 1) Die fadenförmig oder flügelartig sind und in letzterem Falle oft in Fasern aufgehen (Schaffer), 636 F. K. Studnicka: den grossen Ammocoeten in einem Falle Spuren der Umwand- lung dieses Gewebes beobachtete, und da ich noch bei ent- wickeltem Thiere (P. planeri und fluviatilis) an gewissen Stellen einzelne späte Stadien der Umwandlung fand, kann ich von diesem Processe hier berichten und dabei die Angaben Kaen- sche’s (90), Bujor 's (90) und Schaffer’s (96b) vervoll- ständigen). In entwickelten Petromyzonten (bei den beiden Arten) findet man an dem vorderen Rande der Lippen und Ringknorpel des Mundes direkt in ihrer Fortsetzung kleinere Partien eines Ge- webes, in dem man einen umgewandelten Schleimknorpel gleich erkennen kann?). Uebrigens entstanden alle jene Knorpel aus dem Schleimknorpel; denn nichts anderes als ein solcher befand sich bei dem Ammocoetes an jener Stelle. Man kann an diesem Uebergangsgewebe (Taf. XXX, Fig. 11) noch die äussere bindegewebige Hülle (das „Perichondrium*) sehen; auch die Fibrillen (2) sind deutlich und verlaufen in ähnlicher Richtung wie in dem Schleimknorpel, nur die Zellen sehen jetzt anders aus. Ihre Fortsätze kann man nur in sehr seltenen Fällen entdecken, sie selbst sind jetzt rund oder durch den gemeinschaftlichen Druck polygonal. Denn das muss her- vorgehoben werden, dass sie jetzt zwischen den Fibrillen nicht frei, sondern sehr dicht an einander liegen. Es scheint, dass sich ihre Anzahl durch Theilung bedeutend vermehrt hat. Das einzige, was in diesem Gewebe jetzt fehlt, ist die chondrinhaltige Grundsubstanz. Hier und da sehen wir, dass die früher nackten Körper der Zellen sich mit einer Membran umhüllen, anderswo wieder, wie sich eine solehe Membran blau färben lässt; von den letz- teren Zellen ist dann der Uebergang zu wirklichen blau sich färbenden Knorpelzellen, und von diesen zu einem gelben Knorpel, der durch Apposition aus den Perichondrien weiter wächst, leicht. Auch hier, bevor sich die Wände blau zu färben beginnen, sehen wir an ihnen, jedoch nicht immer deutlich, blaue Fasern, die ge- 1) Schaffer |. c. pag. 645 beschäftigt sich näher mit der Literatur dieser Frage. 2) Am besten kann man diese Stellen an medianen Längsschnitten durch den Mund finden. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 637 wöhnlich zwischen mehreren Zellen verlaufen!), Wenn sie, was ganz gut möglich ist, uns verknorpelte Fasern des Schleimknor- pels darstellen, so würden diese vielleicht bei dem Baue des definitiven Knorpels behülflich sein. Schaffer selbst sagt (pag. 648, 96a), dass „das Faserplatten des Schleimknorpels unter dem Wachsthumsdrucke der sich vermehrenden und abrundenden Zellen — wobei es gleichzeitig eine mikrochemische Veränderung erfahren dürfte — direkt in eine Intercellularsubstanz (des Knor- pels) überzugehen scheint“. Ich meine, dass die Verknorpelung der Fasern uns das eine, die Ausscheidung der Knorpelkapsel ein anderes Stadium der defimitivren Umbildung des Schleim- knorpels bildet. Auf welche Weise die Fasern bei der später erfolgenden Bildung der Kapseln helfen, konnte ich nicht gut entscheiden. Oft sahen wir auch, dass die gelben Zellen auf dieselbe Weise, wie eben von den blau sich färbenden beschrieben wurde, direkt aus jenem Gewebe entstehen. Jenes Gewebe, das uns einen umgewandelten, etwa wie in der Entwicklung zu wirklichem Knorpel zurückgehaltenen Schleim- knorpel darstellt, und das so zu den Geweben entwickelter Cyelo- stomen gerechnet werden muss, werden wir mit einem schon anderswo gebrauchten, hier besser passenden Namen „Vorknorpel“ bezeichnen. Es ist ganz nahe dem blasigen fetthaltigen Binde- gewebe verwandt, nur enthalten seine Zellen selten Fett. Bei Petromyzon findet sich ausser an dem vorderen Rande der Knorpel des Mundes so ein Gewebe noch in der Zunge, hier eine grössere Masse bildend. An dieser letzteren Stelle bildet sich aus ihm, ausser spärlichen, hier und da isolirt liegenden, mit blau sich färbenden Kapseln versehenen Zellen überhaupt kein Knorpel, dafür finden wir hier zwischen seinen Zellen ausser den gewöhnlichen Bindegewebsfasern auch noch ziemlich starke, blau sich färbende Fasern, die sich vielfach verzweigen und oft durch die ganze Masse des Vorknorpels verlaufen. Sie werden sicher von einer grösseren Anzahl von Zellen gebildet, Ausläufer dieser stellen sie sicher nicht vor. Die Zellen enthalten öfters Fett- kügelchen (vergl. Taf. XXXI, Fig. 11; diese Abbildungen jedoch nach Präparaten von Myxine!). 1) Von unseren Abbildungen zeigt solche Fasern nur die Fig. 15, Taf. XXX. 638 F. K. Studnicka: Der zuletzt beschriebene „Vorknorpel“* ist durch Ueber- gänge mit dem auf pag. 628 beschriebenen Netzknorpel in Verbindung und seine blau sich färbenden Fasern mit denen jenes Knorpels. Bei der Myxine spielt das als „Vorknorpel“ bezeichnete Bindegewebe eine grössere Rolle bei dem Aufbaue des definitiven Skelettes, so dass die Bezeichnung desselben als eines ziemlich selbständigen Gewebetypus gerechtfertigt erscheint. Für einen Knorpel jenes Gewebes zu halten, kann ich mich nicht ent- schliessen, da ihm sowohl morphologische wie auch mikro- chemische Eigenschaften eines solehen vollkommen fehlen ?). Aus der Analogie mit Petromyzon geschlossen ist der Vor- knorpel auch hier vielleicht nur aus einem Schleimknorpel ent- standen, aber da bisher jedoch junge Stadien der Entwickelung von Myxine in dieser Beziehung nicht untersucht werden konnten, ist uns davon bisher nichts positives bekannt. Ein Vorknorpel besitzt bei der Myxine (Taf. XXXI, Fig. 8, 9) erstens ein Perichondrium (P), zweitens von diesem ausgehende und auf dasselbe senkrecht sich spannende Fasern resp. oft ganz dünne Platten (Fig. 8) und drittens zwischen diesen Stütztheilen liegende grössere Zellen, die, da sie immer eine festere Membran haben, ein wirkliches Parenchymgewebe bilden (Taf. XXXI, Fig. 8). Die Septa zwischen diesen Zellen sind, scheint mir, nur von einer einfachen Wand gebildet. Fortsätze an diesen Zellen zu entdecken ist mir nicht gelungen; in den meisten Fällen fehlen sie sicher. Das ziemlich homogene Plasma der Zellen entbält kein Fett (Fig. 9). Das Vorhandensein von blau sich färbenden Fasern kann man nur in einzelnen Fällen, nicht in allen Vorknorpeln der Myxime beobachten (Taf. XXXI, Fig. 10, 11). Es gilt da von diesem Gewebe dasselbe, was von dem des Petromyzon gesagt wurde, nur der Habitus ist bei Petromyzon und Myxine ziemlich verschieden, besonders bei dieser sind die Zellen grösser und deren Membranen deutlicher. Uebrigens finden wir auch bei der Myxine verschie- dene Typen des Vorknorpels, so z. B. der untere Zungenbein- kielknorpel hat ein mächtiges Perichondrium und ein starkes Bindegewebsfasergerüst (Taf. XXXI, Fig. 8), und besonders an 1) Verschiedene Stadien in der histogenetischen Entwickelung des Knorpels, die Hasse (79) und Strasser (78, 79) beobachtet haben und die sie auch mit diesem Namen bezeichnen, sind wahrscheinlich mit unserem Vorknorpel verwandt. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels ete. 639 einem Rande sehr regelmässig geordnete Zellen (Taf. XXXI, Fig. 9). Anderswo, so unten im Kopfe, lateral von der Mundhöhle (vor den Zähnen), wo eine andere Masse dieses Gewebes sich befindet, finden wir statt der dieken Bindegewebsfasern nur solche von einer sehr unbedeutenden Dicke, die auch unregelmässig in ver- schiedenen Richtungen verlaufen. Anderswo wieder, so hinten in der unteren Wand der Mundhöhle, sind die Zellen dureh dichte Massen von Bindegewebsfasern weit von einander entfernt und liegen deshalb in kleineren Gruppen zerstreut !) (Taf. XXXI, Fig. 12). Die Zellen dieses Gewebes haben ein helles gleichartiges Plasma und einen, gewöhnlich aber zwei Kerne, an denen. man bei der Myxine sehr oft schöne amitotische Theilungen beobach- ten kann?). Wie sich bei dem Petromyzon aus dem Vorknorpel ein Knorpel entwickeln kann, habe ich bei Gelegenheit der Be- schreibung der definitiven Umbildung des Schleimknorpels gesagt. Der Vorknorpel stellt dort meist nur ein Uebergangsgewebe dar. Auch bei der Myxine, wo der Vorknorpel ganz stabil ist, ent- wickelt sich hie und da (in der dorsalen Vorknorpelmasse des Kopfes) kleinere Partien Knorpelgewebes aus ihm auf die mehr- fach beschriebene Weise, und zwar erscheinen zuerst ziemlich abnormale Knorpelzellen, die den Habitus von gewöhnlichen gelben Knorpelzellen haben, sich jedoch blau färben lassen (Taf. XXXI, Fig. 3; vergl. mit Taf. XXX, Fig. 7). Ich erlaube mir am Ende dieser Abhandlung dem Herrn Prof. Dr. Berthold Hatschek meinen besten Dank auszu- sprechen für das wohlwollende Entgegenkommen, mit dem er mir, als mir zur Zeit eine weitere Arbeit in meinem privaten Labora- torium unmöglich wurde, in den Räumlichkeiten seines Institutes an der deutschen Universität in Prag einen Platz zum Arbeiten überwiesen hat, wo auch diese Arbeit von mir gearbeitet wurde. 1) Auch das früher beschriebene Uebergangsgewebe des Petro- myzon (Taf. XXX, Fig. 17) ist ein „Vorknorpel“ in unserem Sinne. 2) Schaffer in einer Publication (96) die, nachdem schon meine Untersuchungen beendigt wurden, erschien, beschreibt auch die Cen- trosomen in diesen Zellen des von ihm für einen Knorpel gehaltenen Gewebes. 640 Er KeoStudniecka: Literatur-Verzeichniss. Bujor (91), Contribution & l’etude de la metamorphose de l’Ammo- coetes branchialis en Petromyzon Planeri. Revue biolog. du Nord de la France. Lille. Gegenbauer (70), Ueber das Skelettgewebe der Cyclostomen. Je- naische Zeitschr. f. Med. u. Naturw. Bd. V. Götte (78), Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelett- systemes der Wirbelthiere. II. Die Wirbelsäule und ihre Anhänge. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 15. Hasse (79), Ueber den Bau und über die Entwickelung des Knorpels bei den Elasmobranchiern. Zoolog. Anzeiger. Derselbe (82), Das natürliche System der Elasmobranchier. Jena, G. Fischer. Kaensche, ©. (90), Beiträge zur Kenntniss der Metamorphose des Ammocoetes branchialis in Petromyzon. Schneider’s zoolog. Beiträge, Breslau. Kölliker (89), Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Leipzig, Engelmann. Leydig (57), Lehrbuch der Histologie. Müller Joh. (34), Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Abhandl. d. kg. Akad. d. Wiss. Berlin. Parker, W.K. (83), On the Skeleton of Marsipobrauch Fishes. Phil. Trans. roy. soc. London. Vol. 174. Part. 11. Rawitz (94), Grundriss der Histologie. Berlin. Renaut (78), Sur les Gruppes isog&niques des el&ments cellulaires du cartilage. Compt Rendus. Derselbe (9), Trait& de histologie pratique. Paris. Schaffer, Jos. (9%), Zur Kenntpiss des histologischen und ana- tomischen Baues von Ammocoetes. Anat. Anz. Bd. X. Derselbe (96), Ueber einen neuen Befund von Centrosomen in Gang- lien und Knorpelzellen. Sitzb. d. Akad. Wien, math.-nat. Klasse. Ba. CV. Derselbe (9b), Ueber das knorpelige Skelett von Ammocoetes bran- chialis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 61. Schneider (79), Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Ent- wicklung der Wirbelthiere. Berlin. Schwalbe (78), Ueber Knorpelregeneration und Knorpelwachsthum Sitzb. d. Jenaisch. Ges. f. Med. und Naturw. Sieveking (91), Beitrag zur Kenntniss d. Wachsthums u. Degeneration d. Knorpels. Schwalbe Morph. Arbeiten, Bd. I. Spina (86), Beiträge zur Histologie des hyalinen Knorpels. Wiener med. Jahrb. Strasser (79), Zur Entwickelung der Extremitätenknorpel bei Sala- mandren und Tritonen. Morphol. Jahrbuch, Bd. V, Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 641 Derselbe (78), Zur Entwicklung d. Knorpelskelettes bei Tritonen. Zoolog. Anzeiger. Van der Stricht (89), Recherches sur la structure du cartilage articulaire des oiseaux. Arch. de biol. X. Tillmans (77), Ueber die fibrilläre Structur des Hyalinknorpels, Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abth. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXX u. XXXI. (Alle Figuren wurden mit der Hülfe einer Camera luvida ge- zeichnet. Die Angaben der Vergrösserungen beziehen sich auf Ocu- lare und Objektive der Firma C. Reichert, Wien.) Tafel XXX. (Mit der Ausnahme von Fig. 4, 10 und 4 beziehen sich alle Ab- bildungen auf Petromyzon fluviatilis.) Fig. 1. Fig. 8. Fig. 9. Der Rand eines gelben Knorpels von einem erwachsenen Exemplare von P. fluv. (Eines Lippenknorpels.) P= Perichon- drales Bindegewebe. — Lig. Mülleri, Hämatoxylin, Eosin — Reichert, Homog. Imm. 1/. Oc. Comp. 4. Rand eines ähnlichen Knorpels mit etwas abnormal aussehen- den Zellen und faseriger, roth sich färbender Grundsubstanz zwischen ihnen. Die zwei Schichten der Knorpelkapsel sind hier (rechts) deutlich. — Hämatoxylin, Eosin. — Imm. Yıs Oc. Comp. 4. Ein Theil der Ohrkapsel von Ammocoetes (Planeri). Homog. Imm. 1/5. Oce. Comp. 4. Die Grenze eines alten Knorpels (einer Trabecula cranii) gegen den „neuen“ Knorpel des Cranium. Petromyzon Planeri. OBj.7:n0e€.n2. Eine Partie aus dem Centrum desselben Knorpels, dessen Randzone auf der Fig. 1 dargestellt wurde. Homog. Imm. Y/ıa. Oc. Comp. 4. Ein Kern aus einer Zelle desselben Knorpels. Hom. Iımm. 1/. Oc. Comp. 8. Ein Uebergang von den Zellen des festen Bindegewebes einer Fascie in solche des gelben Knorpels (freie „gelbe“ Knorpel- zellen; aus dem Rande des primordialen Cranium). B= Binde- gewebsfasern des festen Bindegewebes. Z= Eine Zelle des- selben. Obj. 8. Oc. 3. Aus dem Ende eines knorpeligen Strahles der Schwanzflosse. Homog. Imm. Yı5. Oe. 4. Eine Partie aus dem Rande des blau sich färbenden Knorpels Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 42 Fig. 10. Fig. 12. Fig. 14. Fig. 15. 10, F.K. Studnitcka: der Schwanzflosse — aus dem basalen Theile der Strahlen der Flosse. Homog. Imm. Y/j.. Oe. Comp. 4. Eine Partie aus dem knorpeligen Kiemenkorbe des Ammo- coetes. (P. Planeri), R= eine riesige Knorpelzelle.e P=das perichondrale Bindegewebe. Obj. 8. Oc. 2. Eine Parthie aus dem Uebergange eines Schleimknorpels in einen Parenchymknorpel. (Aus der vorderen Partie eines der „Lippenknorpel“ des Petromyzon.) Die Perichondrien rechts und links (= oben und unten!) sind weggelassen. Rechts sieht man sich bildende „blaue“ Knorpelzellen (X), zwischen ihnen die Bindegewebsfibrillen des Schleimknorpels (2). — Färbung mit Delafield’schem Hämatoxylin. — Obj. 8. Oe. 3. Eine grössere Gruppe „gelber“ Knorpelzellen in dem blasigen fetthaltigen Bindegewebe der aus ihm präformirten Wirbelsäule der Schwanzflosse. Am Rande derselben einige blau sich färbende Knorpelzellen (X), rechts die Fascie, die dort, wo eine Umbildung in einen Knorpel stattgefunden hat, das Perichon- drium desselben vorstellt (P). Obj. 8. Oe. 3. . Ein Uebergang des blasigen fetthaltigen Bindegewebes zu einem blau sich färbenden Knorpel. Aus der Schwanzflosse. F= Fett in einer grossen Zelle des Gewebes; B= Bindege- websfasern zwischen den Zellen. — Lig. Mülleri, Färbung mit Delafield’schem Hämatoxylin. — Obj. 8. Oe. 2. Etwas ähnliches aus dem Rande eines Kiemenkorbknorpels. Hier sind zwischen den hellen Zellen deutlich blau sich fär- bende Fasern zu sehen, zwischen den Knorpelzellen sind sie nicht zu finden. — Färbung wie Fig. 13. — Homog. Imm. !/j2. Oc. Comp. 4. Uebergangszellen von perichondralen Bindegewebszellen zu „blauen“ Knorpelzellen. Aus dem Kiemenkorbe. — Färbung wie Fig. 13. Dieselbe Vergrösserung. Fig. 16—18. Einzelne Partien aus dem auf pag. 628 beschriebenem Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Uebergange von Bindegewebe zum Knorpel: Ein blau sich färbender Knorpel mit Grundsubstanz, in der blaue Faserungen zu sehen sind. Uebergangszellen (Vorknorpelzellen), zwischen denen ein Netz blau sich färbender Fasern sich befindet. Ein festes Bindegewebe mit gewöhnlichen (B) und blauen elastischen (?) Fasern. — Färbung mit Delafield’schem Hämato- xylin. — Homog. Imm. 1/jo. Oe. Comp. 4. Tafel XXX1. (Mit Ausnahme der Fig.13 alles von Myxine glutinosa L. — Conser- vation meist mit Alkohol, Färbung mit Delafield’schem Hämatoxylin.) ie 1. Aus einem gelben Knorpel des Kopfes. Homog. Imm. ja. Oc. Comp. 4. Ueber die Histologie und Histogenese des Knorpels etc. 643 Fig. 2. Dasselbe; hier die Zellen weiter von einander. Homog. Imm. 1/ja. Oe. Comp. 8. Fig. 3. Eine Partie aus dem Rande eines Knorpels, der sich aus dem Vorknorpel bildet (vergleiche pag. 639. Aus der Vorknorpel- masse in der dorsalen Partie des Kopfes. X = einzelne Knorpelzelle. Homog. Imm. 1/j.. Oe. Comp. 4. Fig. 4 Rand eines gewöhnlichen gelben Knorpels, hier grünlich durch Hämatoxylin gefärbt. F= blau sich färbende Fasern. Dieselbe Vergrösserung. Fig. 5. Aus dem Rande eines Knorpels („blaue“ Randzellen eines sonst gelben Knorpels). Zwei Fasern im Zusammenhange mit der Grundsubstanz des Knorpels. Dieselbe Vergrösserung. Fig. 6. Ein blau sich färbender Knorpel in dem eine Gruppe gelber Knorpelzellen sich befindet. Oben Uebergangszellen zu dem lockeren Bindegewebe. Aus dem Skelette des Tentakel- apparates. Dieselbe Vergrösserung. Fig. 7. „Verknorpelte“ Zellen eines lockeren Bindegewebes mit blau sich färbenden Fasern (Fortsätzen). Aus derselben Gegend, Dieselbe Vergrösserung. Fig. 8. Die Perichondrien (P) und das von Bindegewebsfasern und Platten gebildete Gerüste eines Vorknorpels des Zungenbein- kieles von Myxine. Öbj. 3, Oc. 2. Fig. 9. Eine Partie aus dem Rande desselben Vorknorpels. Obj. 6. Oe. 3. Fig. 10. Ein Vorknorpel aus der dorsalen Partie des Kopfes mit blau sich färbenden wie elastische aussehenden Fasern. Obj. 3. Oc.2. Fig. 11. Eine Partie desselben bei einer stärkeren Vergrösserung. B= gewöhnliche Bindegewebsfasern. Homog. Imm. Yı Oe. Comp. 4. Fig. 12. Ein Vorknorpel aus der unteren hintersten Partie des Mundes. Zwischen den Zellen dichte Bindegewebsfasern. Obj. 8. Oe. 3. Fig. 13. Ein Schleimknorpel von Ammocoetes (Planeri). P= Perichon- driaum. Homog. Imm. Yjs. Oc. Comp. 8. Fig. 14. Amitotische Kerntheilungen aus dem auf der Fig. 9. abgebil- deten Vorknorpel. Dieselbe Vergrösserung. 644 (Aus dem Laboratorium der Genueser Universität für Anatomie und normale Histologie. — Direktor: Prof. P. Lachi.) Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. Von Dr. Camillo Poli, Privatdozent an der Universität zu Genua. Hierzu Tafel XXXII u. XXXIII Die Gehörblase hat ihren Ursprung im Ektoderm und nimmt in ihren ersten Entwicklungsstadien verschiedene Gestaltungen an, je nachdem sich in den einzelnen Wirbelthiergruppen das äussere Keimblatt verschieden verhält. Von diesem Gesichtspunkt aus theilt Balfo ur die Wirbel- thiere in zwei Klassen: eine, bei weitem zahlreichere, deren Ektoderm aus einer einzigen Zellenscehicht besteht, und eine weniger zahlreiche zweite, deren Ektoderm zwei gesonderte Schichten aufweist. Diese Scheidung hat für das Studium der Entwicklung des Gehörbläschens eine ganz besondere Tragweite, wenn man be- denkt, dass an dem Invaginationsprozess, aus welchem es her- vorgeht, bei den T'hieren mit zweischichtigem Ektoderm nur die tiefer liegende Sehicht theilnimmt. In den betreffenden Fällen vollzieht sich die Invagination des Gehörbläschens während des Verlaufs der Entwiekelung ohne alle Berührung mit der Aussen- welt, während sie in den andern Fällen nach aussen geöffnet ist, sei es nun bloss während der ersten Entwickelungsstadien, sei es auch noch im erwachsenen Zustande, wie bei den Elasmo- branchiern. Von dieser verschiedenen Gestaltung des Ektoderms aus- gehend, erstrecken sich meine Untersuchungen auf beide Abthei- lungen, und zwar unter den Ichthyopsiden speziell auf die anu- rischen Amphibien (Zweischichtler), unter den Sauropsiden (Ein- schichtler) speziell auf Hühner-Embryonen. Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 645 Die Entwiekelungsstufe, welcher das Gehörbläschen angehört, sowie die Stelle, die es dabei einnimmt, verleihen diesem Zweige der ontogenetischen Forschung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung im Hinblick auf die zahl- reichen Untersuchungen, die während der letzten zwanzig Jahre einerseits über Entstehung und Bedeutung des soge- nannten Ganglienkammes und andererseits über das Verhältniss gepflogen worden sind, in wel- chem das Gehörbläschen zu den Kopf-Somiten Steht: Meine Arbeit wird demnach die Entwicklung des Gehör- bläschens von seinem ersten Erscheinen bis zur vollständigen Abschliessung behandeln und gleichzeitig die fortwährenden Be- ziehungen zu den räumlich und zeitlich angrenzenden Gebilden im Auge behalten. Gestützt auf die soleherweise sowie im Wege der verglei- chend anatomischen Betrachtung sich ergebenden Resultate, werde ich sodann im zweiten Theile die morphologische Bedeutung des Gehörorgans bei den Wirbelthieren näher zu beleuchten suchen. I. Methode der vorliegenden Untersuchung. Der Nachweis des Materials, das bei der Untersuchung vor- gelegen hat, sowie der dabei zur Anwendung gebrachten Methode ist für alle embryologische Fälle unerlässlich. Embryonen von Selachiern (Mustelus und Pristiurus mel.), von Teleostiern (Trutta fario; Trutta carpio; Exocoetus sp.), von urodelisehen Amphibien (Triton erist.) und Anuren (Bufo vulg.; Hyla arborea) sind von mir meist mit starker Sublimatlösung oder mit Mingazzini- und Per&nyi-Wasser fixirt worden. Embryonen von Reptilien (Emys europaea — Anguis fra- gilis) und von Vögeln (Gallus gallin. — Anser dom.) vorzugsweise mit Kleinenberg’s, seltener mit Flemming’s osmischer Lösung. Die Färbung nahm ich mit Karmin-Alaun (Grenache r), mit Neapel- Borax und mit Hämatoxylin (Heidenhasm) vor. In den Bereich meiner Untersuchung fallende Embryonen von Säugethieren einer näheren Prüfung zu unterziehen, war mir nicht vergönnt. Die untersuchten Embryonen wurden nach erfolgter Entwässe- rung sämmtlich in weisses Paraffin gelegt und die Schnitte — meist 646 emamın ko Ic (ollıke Querschnitte — mit einem bewährten Thoma-Jung Mikrotom her- gestellt. Senkrechte oder Frontschnitte wurden angewandt, so oft es sich darum handelte, über ganz spezielle oder streitige Punkte ins Klare zu kommen. Die bei Ichthyopsiden immer äusserst schwierige Abgrenzung der einzelnen Stadien erfolgte für Hühner-Embryonen (Sauropsiden) nicht auf Grund der nicht iinmer zuverlässigen Brutzeit, sondern vielmehr nach der Zahl der Primitiv-Somiten, wie sich dieselbe bei direkter Prüfung in toto ergab, — ohne Berücksichtigung des Rudimentärzustandes, wel- cher in Folge seiner Bedeckung durch das hintere Ende der Ektoderm- Verdiekung (aus welcher das Gehörbläschen hervorgeht) sich dieser Prüfung entzieht. Für die späteren Perioden mit 19 bis 20 Somiten haben mir die Beschaffenheit der Kopf- und Rumpfkurven, die Messung des Durchmessers der Frontseiten, das Erscheinen der Allantois als hinlänglich genaue Merkmale der verschiedenen Entwicklungsstufen gedient. Da mir für Hühner-Embryonen ein besonders reichliches und aus- giebiges Material zur Verfügung gestanden hat — mehr als für andere Wirbelthiere — so habe ich bei diesen den betreffenden Evolutionsprozess genauer verfolgen können und erlaube mir daher, von diesem auszu- gehen, obwohl ich nicht verkenne, dass von einem anderen Stand- punkt aus erst die niedrigeren Wirbelthiere zu berücksichtigen wären. II. Sauropsiden. Für die Sauropsiden gehe ich, wie bemerkt, von meinen an Vogel-Embryonen gemachten Beobachtungen aus und be- schränke mich, was die Reptilien betrifft, darauf, jeweilige Ab- weichungen oder Uebereinstimmungen mit den gleichzeitigen Ent- wieklungsstadien der Hühner-Embryonen hervorzuheben. Erstes Stadium. — Meine Untersuchung beginnt mit einem Embryo mit fünf genau kenntlichen und einem 6. bloss ange- deuteten Primitiv-Somiten, der in Querschnitten vorliegt (10 u). Die Falten des Rückenmarks, welche im ersten vorderen Drittel des Embryo fast senkrecht zur Fläche des Blastoderms, und in den zwei hinteren Dritteln nach aussen geneigt stehen, bilden eine mehr oder weniger offen stehende Rinne. Das dieser Rinne entlang laufende und von ihr noch nicht genau abgegrenzte Ektoderm ist in seinem ganzen Verlaufe — einschliesslich des Kopfgebietes — verdickt und etwas eingesenkt (Taf. XXXII, Fig. 1). Ich sage ausdrücklich „einschliesslich des Kopfgebiets“, weil die von His sogen. „Zwischen- rinne“ oder „Ganglienrinne“, was das Kopfgebiet betrifft, von Beard (6, pag. 196), Rabl (53) und Goronowitsch (30,.pag. 201) für sämmt- liche Stadien von Hühner-Embryonen in Abrede gestellt worden ist. Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 647 In diesem Stadium ist es noch nicht möglich, mit Sicher- heit den Punktzu bestimmen, an welchem aus der Verdickung des Ektoderm das spätere Gehörbläschen sich bilden wird. Die diese Verdiekung bildenden, in zwei oder drei Reihen gruppirten Zellen, präsentiren sich als dichter, ovaler, körniger Herd, dessen längster Durchschnitt senkrecht zur Fläche des Ektoderms steht. Zweites Stadium. — Bei einem Embryo mit sieben ganz ausgebildeten und einem achten nur schwach angedeuteten So- miten (Querschnitte von 10 u) stehen die Rückenmarkfalten (wäh- rend sie hinten in dem Theile, welcher dem vorderen und mitt- leren Gehirnbläschen entspricht, enge an einander grenzen) gegen- über dem dritten Gehirnbläschen und der Rückenseite noch etwas von einander ab und verengern sich nach der Somitengegend hin. Gegenüber der mittleren Dorsalpartie des ersten und mehr noch des mittleren Bläschens bemerkt man zwischen den Medullarrändern (Lippen) eine Anhäufung von Zellen, von denen die weiter abstehen- den, sozusagen unter dem Druck des aufliegenden Ektoderms, eine Neigung nach aussen und nach unten hin zeigen. Dieses zuerst von His (33) als „Zwischenstrang“ oder „Ganglien- strang“ beschriebene, von Balfour (2) und Marshall (46) als „neural ridge“ bezeichnete Gebilde ist bis auf die neueste Zeit als erstes An- zeichen der Gehirn-Nerven oder -Ganglien betrachtet worden. Erst die Untersuchungen von Goronowitsch (29, 30) über die Entstehung und Natur des Gebildes haben die früheren Ansichten dahin abgeändert, dass dieser „Strang“ nicht sowohl eine Nerven- oder Ganglien-Anlage, sondern vielmehr die Grundlage eines Mesenchymal-Gewebes darstelle, das zum grössten Theil an diejenigen Abschnitte des Kopfes, welche eine grössere Breite aufweisen, skelettbildendes Material abzugeben hat. In dieser Hinsicht stimmen die von mir vorgenommenen mit den Goronowitsch’schen Forschungen überein, und ich kann mich Letzterem, was die Bezeichnung verschiedener Nebengebilde des sogen. Ganglienkammes (cresta) betrifft, welche in dem uns hauptsäch- lich beschäftigenden Abschnitte vorkommen (primäre, sekundäre und tertiäre „Leisten“) nur anschliessen. In dem Bezirk des vorderen und mittleren Gehirnbläs- chens besteht das Ektoderm aus einer einzigen Schicht. In dem Bezirk dagegen, welcher der vorderen Darmpforte entspricht, nimmt das Ektoderm eine leicht vinnenförmige Gestalt an und wird dieker. Die Zellen weisen noch denselben Charkter auf wie im vorhergehenden Stadium, sind auch noch in zwei oder drei Reihen gegliedert, enthalten aber inder mehr nach der Oberfläche gelegenen Schicht zahlreiche mitotische Figuren (Taf. XXXII, Fig. 2). Demnach, meine ich, darf man in diesem Stadium bereits 648 GammllorBloii: von einer Gehör-Zone sprechen, wenn man den zur späteren Entwiekelung des Gehörbläschens bestimmten Abschnitt so nennen darf. Diese naeh vorn deutlicher als im ersten Stadium sieh abhebende Zone hat nach hinten keine klaren Grenzen, weil die Verdiekung des Ektoderms in jener Riehtung anhält und erst beim Somiten-Gebiet an Breite etwas abnimmt. Im Gegensatze zu Chiarugi’s Aufstellungen in Betreff der Säugethiere (11, pag. 50) neige ich mit His dazu, diese Verdiekung des Ektoderms in der Gehörzone als eine Fortsetzung der schon im ersten Stadium als Zwischenfurche oder Zwischen- strang hervorgetretenen Verdickung zu betrachten. Das Mesoderm bildet in dieser Zone eine ziemlich dichte Zellen- Anhäufung von dreikantigem Querschnitt. Noch kann man jedoch vor der Gehörzone keinerlei strahlige Anordnung der Zellen bemerken, die sich als Somit deuten liesse. Eine derartige Anordnung lässt sich deutlich erst auf der Höhe des achten Abschnittes nachweisen, welcher weiter nach hinten liegt. Diesen Somiten glaube ich für den von J. Platt (51) als Kopfsomit b und von Goronowitsch als zweiten rudimentären Kopfsomit bezeichneten halten zu dürfen. Drittes Stadium. — Bei den Querschnitten (10 u) eines Embryo mit acht Primitiv- und einem bloss angedeuteten So- miten, grenzen die Falten nach vorn an einander, gehen im Gebiet des Mittelhirns und bis zur vorderen Grenze des dritten Bläschens vollständig in einander über, und treten dann hinter diesem Letzteren über den ganzen Embryo hin wieder ausein- ander. Das Ektoderm hat in seinem seitlichen Rückentheile ungefähr dieselbe Gestaltung wie im vorhergehenden Stadium, doch lohnt es sich bei einigen Besonderheiten zu verweilen, welche sich bei dessen Verdiekung in den einzelnen Abschnitten des Embryonalkörpers vor- finden. Bei der Gehörzone ordnen sich die Zellen, auf dem Niveau des stärksten (dicksten) Theils in drei, dagegen am Rande des mitt- leren und seitlichen Theils in nur zwei Reihen. Diese Zellen hängen fester zusammen als im vorhergehen- den Stadium; auf der Oberflächen-Schieht kommen verstreut mi- totische Figuren zum Vorschein. Im Somiten-Bezirk ist die Anordnung der Zellen an ein- zelnen Stellen noch eine zweischichtige, anderswo nur einschichtig. Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 649 Ganz besonders aber verdient hervorgehoben zu werden, dass sich zwischen den einzelnen Zellen mehr oder weniger grosse Hohlräume bilden, durch welche jede Zelle, losgelöst von ihren Nacehbarinnen, peripherisch nach einer der zwei Grenzlinien des Ektoderms getrieben wird (Taf. XXXI, Fig. 3a u. 3b). Es offenbart sich darin eine gewisse Rückbildung des Ektoderms, welches an dieser Stelle einzellig zu werden scheint, ein Zustand, der in späteren Stadien definitiv eintritt. Noch fehlt beim Kopfdarm jedes Anzeichen von Darmtaschen. In der Bauehgegend der Gehörzone treten in diesem Sta- dium die ersten Anzeichen des Herzens hervor. Viertes Stadium. — Bei einem Embryo mit 9—10 Somiten (Querschnitte 10 u) sind die Rückenmarkfalten vorn vollkommen vereint, auf eine kurze Strecke weiter hinten wieder getrennt, dann im Niveau des hinteren Gehirnbläschens, und den ganzen Rücken entlang an einander angrenzend. Der Zustand des Ektoderms ist mit geringen Abweichungen der- selbe wie im vorhergehenden Stadium, nur dass im Niveau der Gehörzone eine deutlichere Einsenkung bemerklich wird und die hintere Grenze der Zone klarer hervortritt. Sodann zeigen die Zellen des Ektoderms in der Rumpfgegend ein loseres Gefüge und eine zunehmende Tendenz zu bloss ein- schichtiger Anordnung. Im Mesoderm findet sich, in der vorderen Hälfte der Oblongata, also auf der Vorderseite der Gehörzone, durch die strahlige Anordnung seiner Zellen ziemlich klar ein Somit angedeutet — J. Platt’s Kopf- somit a oder nach Goronowitsch der erste rudimentäre Kopfsomit. Fünftes Stadium. — Bei einem Embryo mit 11 Somiten (senkreehte Durchschnitte 10 u) sieht man die Gehörzone nach hinten deutlicher abgegrenzt, indem die Einsenkung des Ekto- derms, aus der sie hervorgeht, weiter fortgeschritten ist. Von nun ankann man demnach von einer Gehör-Inva- gination sprechen. Diese Einsenkung hat für das darunter liegende Mesenchym eine excentrische Verrückung der Zellen zur Folge. Ich halte für wahr- scheinlich, dass diesem Gebietstheil ursprünglich die Bil- dung eines rudimentären Somiten entsprach. Zu dieser An- nahme stimmt der Umstand, dass der in dieser Periode von der Gehör- 650 Ga mılonBloli: Invagination eingenommene Raum dieselbe Länge hat, wie der vor- aufgehende und der nachfolgende Somit (Taf. XXXII, Fig. 4). Es würde demnach, entgegen der Meinung der einschlägigen heutigen Forscher, die Zahl der rudimentären Kopf-Somiten in Hühner-Embryo- nen auf vier steigen. Goronowitsch zählt deren in der That, in Uebereinstimmung mit J. Platt, nur drei, welche sich in der Richtung nach dem Schädel hin bilden, und zwar zwei davon hinter, der dritte vor der Gehör- Invagination. Abgesehen von der Bedeutung, die meine Betrachtungsweise der Segmentation des Kopfmesoderms beim Huhne für die Her- stellung einer Homologie zwischen den Kopfsomiten der verschie- denen Wirbelthiere haben kann, darf ich gleich jetzt hervorheben, dass in den Querschnittflächen, die dem Gebiete des ersten So- miten und demjenigen der Gehör-Invagation entsprechen, nach und nach die Anlage des Hyoid-Bogens erscheint. Nun ist be- kannt, dass v. Wijhe und Dohrn durch ihre Forschungen zu der Annahme geleitet worden sind, es habe sich der Hyoid- Bogen aus zwei ursprünglich getrennten Bögen gebildet. In diesem Falle würden das erste Kopfsegment und das dem Gehörbläschen entsprechende Segment ganz richtig die mittleren Rückensektionen der beiden seitlichen Bauchsegmente darstellen, welche ihnen im zweigetheilten Hyoid-Bogen ent- sprechen würden. Sechstes Stadium. — Ein Embryo mit 13 Primitiv- Somiten (Querschnitte 10 u) könnte zur Bestätigung dieser Be- ziehungen zwischen der Gehör-Invagination und den rudimen- tären Kopfsomiten dienen. Der erste Kopfsomit vor der Gehör- Invagination ist schon zergangen, und derjenige auf der Hinterseite, an seinem Kopfende stark mitgenommen von der fortschreitenden Gehör-Einsenkung, geht ebenfalls der Auflösung entgegen (Taf. XXX Hier 5). Die Oblongata zeigt sich in den beidseitig anstossenden Schnit- ten als aus einer Reihe von fünf, nicht völlig gleich langen Segmenten zusammengesetzt. Ohne für diesmal auf die neulich von v. Kupffer aufgeworfene Frage nach der Bedeutung dieser Zusammensetzung einzugehen, hebe ich nur hervor, dass man, mit Bezug auf diese Metamerie der Oblongata, der Gehör-Invagination das Gebietzwischen dem vierten und fünften Neuromer zuweisen kann, über welchem sie sich in der Mitte befindet. Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 651 Siebentes Stadium. — Bei einem Embryo mit 15 Somiten (Querschnitte 10 u), in welchem die amniotische Kopfkappe die ersten sieben Schnitten schon bedeckt, zeigt das bei dem vorderen und mittleren Bläschen nunmehr einschichtige Ektoderm, in den ersten Abschnitten des hinteren Bläschens eine seitliche Ver- diekung, welche sich nach hinten fortsetzt und in der seitlichen Rückenverdiekung der Gehör-Invagination ausläuft (Taf. XXXI, Fig. 6). Da, wo das Ektoderm infolge zweischichtiger Anord- nung seiner Zellen seitlich anschwillt, stösst die erste Schlund- tasche an dasselbe. Gleich hinter der Gehör-Invagination verdickt sich das seitliche Ektoderm wieder an der Stelle, wo von der Darmseite her die Anlage zur 2. Schlundtasche sichtbar wird. Es hebt sieh somit die Gehör-Invagination, welche in diesem Stadium nachderRückseitevon den ihr voraufgehenden, sowie von den auf sie folgenden Abschnitten klar abgegrenztist, nach der Baucehseite hin von der Verdicekung desEkto- derms in der Branchialzone weniger deutlich ab. Die die Gehör-Invagination bildenden Zellen vertheilen sich da, wo dieselbe ihre grösste Dicke erreicht, auf drei Schichten; gleich- zeitig sind auf der Oberflächenschicht mitotische Figuren sichtbar — scheinbar im Widerspruch mit dem anstossenden Gehirnrohr, in wel- chem die Mitosen die mittlere Zone einnehmen — was sich jedoch aus der Analogie des Invaginationsprocesses ergiebt, aus welchem beide Organe hervorgehen. Noch verdient eine besondere Erwähnung die Stellung, welche in diesem Stadium diejenigen Zellen einnehmen, die in den verschie- denen Gebieten den sogen. Ganglienkamm bilden. Nachdem jede Spur von primären Leistenstreifen verschwunden ist, vereinigen sich die Zellen der sekundären Leisten beim Vordertheil der Oblongata, dicht hinter der Stelle, wo die erste Schlundtasche an das Ektoderm stösst, mit den vom Mittelblatt herrührenden Zellen zur Bildung eines Stranges, welcher die Wölbung des Gehirnrohrs mit dem, wie wir wissen, nunmehr verdickten und Zellen von sich abgebenden Ektoderm der Branchialregion verbindet. Diesen bezeichnete Goro- nowitsch als ersten Periaxalstrang, indem er ihn für die erste Anlage des Stütz- und Bindegewebesfür den Gesichtsnerven hielt, — im Gegensatz zu der Mehrzahl der Forscher, welche darin einen richtigen Nerven bezw. ein Ganglion erblickten, das an seinem äussersten Ende in das Ektoderm aufgehe, um ein sogen. Branchial- Sinnesorgan zu bilden. Bei der Gehör-Invagination füllen jene Zellen, welche eine Ver- 652 Camillo Poli: einigung zwischen den sekundären und tertiären Leistenstreifen be- werkstelligen, den schmalen Raum zwischen den Hinter- und Seiten- theilen der Rückenmarks-Platte und dem mittleren Rand der Invagi- nation selbst aus. In den vorderen Abschnitten dieser Letzteren be- wegen sich einige Zellen bauchwärts, während in den mittleren Ab- schnitten, in welchen der Boden der Einsenkung auf das Gehirnrohr zu ruhen kommt, die Zellen in dem oben erwähnten Raume wie fest- geklemmt verbleiben (Taf. XXXII, Fig. 6). Hinter der Gehör-Invagination bilden die Zellen der tertiären Leisten einen Strang, der über den Somit dieses Abschnittes hinweg sich nach aussen und unten gegen das verdickte Ektoderm der Bran- chialzone hin wendet. Nebenbei beobachtete ich einen Embryo von Emys europaea, dessen Entwickelungsstufe, nach dem Charakter des Rückenmarkrohrs und nach den ersten Anzeichen einer an das Ektoderm anstossenden Darmtasche derjenigen des eben beschriebenen Hühner-Embryos ent- sprechen dürfte; in demselben ist die Gehörzone durch eine leichte Einsenkung des Ektoderm schwach angedeutet und letzteres besteht an dieser Stelle aus drei, von den Nachbargebieten nach der Rück- und nach der Bauchseite nicht klar abgegrenzten Zellenschichten. Achtes Stadium. — In einem Embryo mit 18 Primitiv- Somiten, der ausser dem für die Hirnregion bereits Bemerkten eine erhebliche Verdünnung der Oblongata-Wölbung aufweist, ist das Verhalten des Ektoderms zu der Gehörzone ungefähr das- selbe wie im vorigen Stadium. Der Invaginationsprocess tritt, namentlich in den hin- teren Gebieten, etwas deutlicher hervor. Nach vorn hebt sich die Invagination von der Verdickung des Ektoderms in der Branchial- zone schärfer ab und setzt sich nach hinten in der Verdiekung eben dieser Zone an der Stelle fort, wo sie der zweiten, an sie anstossenden Schlundtasche gegenübertritt. Der erste Periaxalstrang zieht sich nach der Bauchseite in die Anlage des bereits angedeuteten Hyoidbogens hin; hinter der Gehör- Invagination geht das Zellenbündel (der Zellenstreifen), welches in diesem Stadium einen zweiten Periaxalstrang bildet, distalwärts in das zellenerzeugende Ektoderm über. Entgegen dem vorigen Sta- dium tritt aber dieser Strang in keine Beziehungen zum Somiten des Abschnitts, denn dieser rudimentäre Somit (b bei Platt) ist gänzlich verschwunden. Neuntes Stadium. — In einem Embryo mit 19 bis 20 pri- mitiven Somiten ist das Fktoderm der Branchialzone auf der Höhe des Berührungspunktes mit der ersten Schlundtasche auf eine einzige Schicht zurückgegangen. In den von dieser Schlund- tasche weiter nach hinten gelegenen Abschnitten tritt die Anlage Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 693 des Hyoidbogens, in welchem sich der distale Theil des ersten Periaxalstranges fortsetzt, deutlicher hervor. Der dem Strange nächstgelegene Abschnitt unterhält zu der Wöl- bung des Gehirnrohres keine Beziehungen mehr, wohl aber zu der Seitenwand desselben. Die Gehör - Invagination, deren vorderer Rand der sechsten hinteren (Schwanz-)Sektion der ersten Schlundtasche entspricht, tritt nach der Schwanz- und Bauchseite schärfer hervor. Das sie bedeckende Epithel gelangt zur grössten Dicke auf der Höhe der hinteren Bauch- seite, da, wo die Zellen in drei oder vier Schichten liegen, in deren oberster zahlreiche mitotische Figuren vorkommen. An der hinteren Grenzlinie der Gehör-Invagination zieht sich deren distaler Rand bauchwärts, ohne genaue Abgrenzung, nach dem verdickten Ektoderm der Branchialzone — gegenüber oder neben der zweiten Schlundtasche — hin. Weiter nach hinten nähert sich die dritte Schlundtasche dem hier ebenfalls verdiekten Ektoderm. In dem zwischen dem Rückenmarkrohr und der Gehör-Invagi- nation belegenen Raume ist jede Spur des sogen. Ganglienkammes verschwunden. Nur in den hinteren (Schwanz-)Abschnitten bewegen sich einige Zellen der diesen Raum einnehmenden tertiären Kämme nach rückwärts und bilden einen schief nach aussen, hinten und unten, nach der Anlage des ersten und zweiteu Bran- chialbogens hin verlaufenden Strang. Diesen Strang hatte Marshall alsN. glossopharyngeus aufgefasst und dementsprechend (66, pag. 36: Taf. III, Fig. 23) die Verbin- dung wiedergegeben, die derselbe an seinem Proximalende mit der Gehör-Invagination eingeht, indem er deren hinteren Pol umschliesst. Goronowitsch sieht darin ein Anwachsen der in diesem Stadium her- vortretenden Kopfkrümmung; meinerseits deuteich den Vorgang als eine Verdrängung des mittleren Theils des zweiten Pe- riaxalstranges durch die Gehör-Invagination nach hinten, welche nach der Bauch- und Hinterseite vorrückend, in die- sem Stadium mit ihrem Abschluss beginnt. Zehntes Stadium. — Für das folgende Stadium diente mir ein quer zur Körperaxe (10 «) geschnittener Embryo mit 23 Somiten, in welchem die vordere Flexion des Kopfes (Kölliker) schon begonnen hat, ohne dass jedoch durch das mittlere Gehirn- bläschen — welches erst in dem siebenten Schnitte zum Vorschein kommt — der Vertex gebildet worden wäre. Die seitliche Lage des Kopfes nach links lässt sich deutlicher erkennen. Vor allem glaube ich in diesem Stadium die Beziehungen hervor- heben zu sollen, welche die schärfer markirte Gehör-Invagination zu dem deutlich sichtbaren Hyoidbogen und zu den ihn begrenzenden Schlundtaschen eingeht. An der vorderen Grenzlinie bleiben 654 Camillo Poli: diese Beziehungen, durch sechs Schnitte von dem Berührungs- punkte der ersten Schlundtasche mit dem Ektoderm nach hinten un- verändert, sodass der Boden der Gehör-Invagination um drei Schnitte weiter nach hinten zu liegen kommt, als der Berührungspunkt der zweiten Tasche mit dem Ektoderm. Der die äussere Grenze bildende Bauchrand hebt sich nach hinten immer mehr, sodass die Invagination in den letzten drei Schnitte völlig ge- hlossen erscheint. Zu diesem Abschluss, der sich inderRich- tung von hinten und unten nach oben und vorn vollzieht, trägt ausser dererwähnten Erhebung desBauchrandes der Invagination gleichzeitig das Einsinken des Rückenrandes bei. Da wo beide Ränder zusammentreffen, stösst man auf zahlreiche mitotische Figuren (Taf. XXXN. Fig. Tu. Ta). Gegen die Mittelfläche hin kommt die Gehör-Invagination in dem grösseren Theil ihrer Ausdehnung auf das Gehirnrohr zu liegen, so jedoch, dass beide Theile von einander und von den betreffenden angrenzenden Membrangebilden sich deutlich abheben. Das die Invagination be- kleidende Epithel besteht im hinteren Bauchabschnitte aus in fünf bis sechs Schichten aufgereihten Zellen. Elftes Stadium. — Das folgende Stadium ist vertreten durch einen Embryo mit einem Front-Durchmesser von 1,3 mm. Der Vertex entspricht dem mittleren Bläschen. Das Amnion umhüllt den Embryonalkörper ungefähr zur Hälfte. Die Durchschnitte (10 u) sind in einer schief zur allge- meinen Körperaxe liegenden Fläche vorgenommen und zwar parallel mit den in der Anlage erkennbaren Visceralbögen. Das erste Anzeichen der Gehör-Invaginaton erscheint sieben Schnitte nach hinten von der ersten Schlundtasche, in Form einer mit der Peripherie nicht zusammenhängenden Zellen-Ansammlung; in den acht folgenden Schnitten ist die Gehör-Invagination nach aussen wieder offen, in den drei letzten neuerdings geschlossen. Auf der noch offenen Strecke der Invagination hat sich jedoch der Rückenrand etwas gesenkt und dadurch dem sich erhebenden Bauchrand genähert (Taf. XXXII, Fig. 8). Es sei gleich hier daran erinnert, dass, was den Entwickelungs- prozess betrifft, der inneren Wand der spätern Gehörblase der Recessus labyrinthi entspricht, eine Sackbildung, welche sich von jener Wand ablöst und sich nach oben und vorn hinzieht. Dass daher der Rücken- rand noch vor erfolgtem Schlusse der Gehör-Invagination sich ein- senkt, beweist, dass bei Hühner-Embryonen der Recessus labyrinthi nicht dem Punkte entspricht, wo das Gehörbläschen zum letzten Mal mit dem Ektoderm in Contakt steht. Die Beziehungen der Gehör-Invagination zu, der ersten Schlund- tasche sind in diesem Stadium unverändert, während ihre hintere Grenzlinie um einige Schnitte weiter nach hinten gerückt Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 655 ist als die zweite Schlundtasche. Die dritte Schlundtasche stösst in drei Schnitten von der Gehör-Invagination an das Ektoderm. Zwölftes Stadium. — An einem Embryo von 2mm Front- Durchmesser habe ich Querschnitte (10 u) zu der Längen- axe des Körpers vorgenommen, und zwar derart, dass sie, der Kopfkurve entsprechend, frontal auf die vordere Kopfregion fallen. Kurz hinter der Anlage des für den Nerven V bestimmten Gewebes (s. die Beschreibung von Goronowitsch) erscheint der erste Periaxal- strang, der sich nunmehr deutlich als Zellenstrang aus- weist, der zur Bildung des Verbindungsgerüstes eines Nervenstammes bestimmt ist und deshalb als „nerven- tragender Stamm bezeichnet“ werden darf. Noch ist es auf dieser Entwickelungsstufe nicht möglich im Proximal-Abschnitte dieses Stammes einen für den Facialis und einen für den Acusticeus bestimmten Theil auszuscheiden, und so erklärt sich, bei der damals obwaltenden Ansicht von deren Bildung, wie Balfour (3) für die Selachier, Marshall (46) und Beraneck (72) für die Vögel, für Facialisund Acusticus einen gemeinsamen Ursprung angenommen und damit vom embryologischen Standpunkt aus Gegenbaur'’s Ansicht gestützt haben, dass nämlich der Acustieus den Ramus dorsalis des Facialis darstelle. Ohne diese Möglichkeit, insoweit sie sich auf vergleichend anatomische Forschungen stützt, geradehin leugnen zu wollen, wird man doch bei der heutzutage für jenen Stamm gewonnenen Beurtheilung zugeben müssen, dass auch die embryo- logische Betrachtungsweise keine Entscheidung bringt. Und da man thatsächlich von Nervus facialis und Acusticus erst sprechen kann, wenn die betreffenden neuroblastischen Verlängerungen aus dem Ge- hirnrohr aus- und in das Stützgerüste eintreten, so erkläre ich mich gleich hier mit Goronowitsch dahin, dass beiden Vögeln der VI. Nerv einen von denjenigen des VIII. ver- schiedenen Ursprung hat. Der genannte Forscher ist jedoch dabei nicht weiter auf die Beziehungen eingetreten, die der nerventragende Stamm schon auf dieser Entwickelungsstufe zur Gehörblase eingeht. Bereits in den zwei nächstvorhergehenden Stadien haben wir beobachten können, wie die vorderen Grenzlinien der Gehör-Invagination sich von den anstossenden Zellen des Periaxalstranges nicht scharf abhoben. Im vorliegenden Stadium treten die zwei Bildungen in noch innigere Be- rührung. Aus den graphischen nach His’ Methode vorgenommenen Rekonstruktionen habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass der akustiko-faciale nerventragende Stamm auf seinem Wege zur Bauch- seite des Hyoidbogens, nach dem nach unten und vorn gerichteten Boden der Gehörblase eine Reihe spindelförmiger Zellen entsendet, die mit derselben in enge Verbindung treten. 656 Ga mıllonBlolT: Die Zellen des nerventragenden Stammes neigen dann auch an dieser Stelle an ihrer Hauptachse nach verschiedenen Richtungen hin und unterscheiden sich nur durch diese unregelmässige Lage von denjenigen des anstossenden Gehör-Epitheliums; irgend eine zwei- polige Zelle, die als Ganglienzelle angesehen werden könnte, ist unter ihnen noch nicht erkennbar. — Die der Blase am nächsten liegenden erscheinen, bei verschiedener Neigung, wie eingekeilt zwischen zwei peripherischen Zellen des Epitheliums, sodass es schwer hält zu sagen, ob sie von diesem letzteren oder von dem nerventragenden Stamme herrühren — (Taf. XXXIL, Fig. 9). Das distale Ende des Stammes läuft, mit Ausnahme des schon besprochenen, für die Gehörblase bestimmten Theils, zum Hyoidbogen und weist daselbst in kontinuirlichem Zusammenhang mit dem über der hyomantibularen Oeffnung gelegenen, verdickten und Zellen ab- stossenden Ektoderm eine Zellen-Anschwellung auf. Dieser Vereinigungspunkt enspricht dem von Froriep (22) für die Säugethiere, sowie gleichzeitig von Beard (5) für die Selachier beschriebenen. Beraneck (8) und Kastschenko (359) haben bei Vögeln am 3. und 4. Tage der Entwickelung ähnliche Bildungen vor- gefunden. Sie haben dieselben — wie sie sich auch bei den andern Oeffnungen an den Stämmen des V., IX. u. X. Nerven zeigen — überein- stimmend als Branchial-Sinnesorgane gedeutet. Die Gehörblase ist in diesem Stadium vollständig geschlossen. Das ihre Höhlung bekleidende Epithel erreicht seine stärkste Dicke bei der Stelle, wo der nerventragende Stamm auf gleichem Niveau an sie anstösst, d. h. beim Bauchpol. In diesem Stadium überhaupt und speeiell an dieser letzten Stelle ist die Anordnung der mehr peri- pherischen Zellen des Gehör-Epitheliums eine gedrängtere, im Gegensatze zu einer gewissen Lockerheit der Mittel- schiehtinder Riehtungnach der Höhlunghin, wo die Zellen- kerne seltenerhervortreten und durch eine durchsichtige, nichtdeutlich begrenzte Substanz (ob Spongioblasten?) von einander getrenntsind, und wo zugleich mitotische Figuren vorwiegen. Dieser Zustand, in dem ich die ersten Anzeichen der Maculae acusticae erblicke, entspricht den für eben dieses Stadium in der innersten Schicht des anstossenden Nervenrohres angestellten Beobachtungen (s. die eingehenden Studien von His (35 u. 36). Auf Grund vorgenommener graphischer Rekonstruktionen füge ich noch hinzu, dass die Gehörblase im vorliegenden Stadium noch die hintere Rückensektion des Hyoidbogens und die vordere Rücken- sektion des ersten Branchialbogens einnimmt, dergestallt, dass die zweite Branchialöffnung, bei Verlängerung nach oben, die Gehörblase im Vereinigungspunkt ihrer zwei vorderen mit dem dritten hinteren Dritttheil durchschneiden würde. Das Eintreten eines Ausläufers der tiefen Halsader zwischen die Gehörblase und das Gehirnrohr trägt dazu bei, in diesem Stadium die beiden Gebilde, aus einander zu halten (Taf. XXXI, Fig. 9). | Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 657 Die aus den vorstehenden Beobachtungen sich ergebenden Schlussfolgerungen betreffen hauptsächlich Hühner-Embryonen. Von andern Sauropsiden habe ich nur wenige Embryone unter- sucht und kann daher nieht von der ganzen Klasse reden. Folgen- des glaube ich feststellen zu können: 1. Das erste Anzeichen des Gehörorgans besteht in dem Hervortreten einer Zone von verdiektem Ektoderm — Gehör- zone — längs der noch offenen Medullarrinne; dieselbe lässt sich von den Nachbargebieten noch nicht genauer abgrenzen (I. Stadium). 2. Die Abgrenzung der Gehörzone, in seitlicher Richtung zur dritten Gehirnblase, vollzieht sich infolge eines Prozesses, durch welchen das ihr voraufgehende und nachfolgende Ekto- derm einzellig wird, während es sich zugleich in der Gehörzone fortwährend verdickt, eine Verdickung, die auf Proliferation der der Oberfläche zunächst liegenden Schicht beruht (II. I. u. IV. Stadium). 3. Die Ausdehnung und die Verbindungen der Gehörzone bei Beginn der Invagination lassen darauf schliessen, dass ihr ein rudimentärer Kopfsomit entspricht, dessen vollständige Er- scheinung nur durch die in der betreffenden Region eintretende Einsenkung verhindert wird (V. Stadium). 4. Mit Bezug auf die Metamerie der Oblongata kann der Gehör-Invagination das Gebiet zwischen dem 4. und 5. Neuromer angewiesen werden (VI. Stadium). 5. Bei Erscheinen der Schlundtaschen hebt sich die Ge- hörzone von den an der Rückseite ihr voraufgehenden und nachfolgenden Abschnitten des Ektoderms schon deutlich ab und setzt sich durch Verdiekung der Branchialzone nach der Bauch- seite hin fort (VII. Stadium). 6. Der Abschluss der Gehör-Invagination, welcher von den hinteren Partien ausgeht, erfolgt durch Verschmelzung des Bauchrandes, der infolge Vermehrung seiner Zellen sich erhebt, mit dem Rückenrande, der infolge eines analogen Vorganges einsinkt. Der Recessus labyrinthi findet sich am äusser- sten Rückenende schon angedeutet, bevor die Blase sich voll- ständig vom Ektoderm abtrennt (VIII. Stadium). 1. Der von der Gehör-Invagination eingenommene Raun entspricht in den Anfangsstadien der Rückenabschnitte der hinteren Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 45 658 Camillo Poli: Hälfte der Anlage des Hyoidbogens. Bei fortsehreitender Ent- wickelung verschiebt sich die Rücken-Grenzlinie der Invagination weiter nach hinten, sodass nach erfolgter Schliessung der Blase die zweite branchiale Oefinnng der Verbindung der zwei vorderen mit dem dritten hinteren Dritttheil der Blase entsprechen würde (IX. bis XII. Stadium). 8. Dem Erscheinen des Gehörnerven geht die Bildung eines Stranges spindelförmiger Zellen voraus, der das Stützgewebe für die Faecialis- und Aecustieus-Gruppe zu bilden hat. Die zwei Nerven entspringen jedoch, in verhältnissmässig später Epoche, völlig von einander geschieden (VII. bis XII. Stadium). 9. Die Histogenese des Gehör - Neuroepitheliums nimmt, — wenigstens in den früheren Perioden — einen ähnlichen Verlauf wie die des Rückenmarkrohres, infolge dessen die Stütz- zellen (Spongioblasten) sich von denjenigen des Neuroepitheliums (Neuroblasten) absondern. Ill. lehthyopsiden. Bei den Untersuchungen, die ich an den mir zugänglichen Embryonen von lehthyopsiden vorgenommen habe, lag die Ab- sicht zu Grunde festzustellen, ob die für zahlreiche Stadien von Sauropsiden-Embryonen erlangten Resultate auch hier zutreffen würden, namentlich, was die verschiedenen Phasen des Ganglien- kammes in seinem Verhältniss zur Gehörblase betrifft. Ausser- dem habe ich die verschiedenen Modalitäten nachzuweisen ver- sucht, welehe die Entwieklung der Gehörblase bei dieser Klasse zu durchlaufen hat, sei es nun, dass sie wie bei den Sela- ehiern — vermittelst des Aquaeduetus vestibuli in be- ständiger Verbindung mit der Aussenwelt bleibt, sei es, dass sie, infolge ihrer Entstehung aus der Tiefschicht des Ektoderms, von Anfang an von jeder Verbindung nach aussen abgeschlossen ist, wie bei den anurischen Amphibien. a) Selachier. Seit Gegenbaur (24) auf vergleichend anatomischem Wege nachgewiesen hat, dass die Selachier zu den primitivsten und mindest differenzirten Wirbelthieren gehören, ist in den letzten Jahren die embryologische Forschung auf diesem Felde be- sonders thätig gewesen. Bei dem Studium der betreffenden Embryonen habe ich Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 659 daher die Forschungen von Balfour (8), Marshall (47), v. Wijhe (63), sowie die neueren Arbeiten von. Beard (6), Dohrn (15), Kastschenko (40) und Mitrophanow (50) beständig vor Augen gehabt, welche sich sämmtlich vorzugs- weise mit den Fragen über die Bildung des Kopfes und des peripherischen Nervensystems beschäftigen. Bei einem Embryo von Mustelus v. von Imm Länge (Querschnitte 10 u) steht den ganzen Embryonalkörper entlang (die Medullar-Platte noch weit offen; beim Somitengebiet zeigt sie eine gewisse Erhebung. In dem von der Medullar-Platte und dem anstossenden Ektoderm gebildeten einspringenden Winkel lassen sich einzelne, gegen das erstere wie gegen das letztere abgegrenzte Zellen-An- sammlungen unterscheiden, in denen Beard (6, pag. 173, Taf. XVI, Fig. 4), die ersten Anlagen des Ganglien-Systems sieht. Wie derselbe bemerkt, besteht das Ektoderm im Ge- "biete des rudimentären Ganglions, und noch et- was darüber hinaus, aus verschiedenen Zellen- schichten. Diese verdickte Strecke würde der von His beim Huhn als Zwischen- oder Ganglienrinne bezeichneten entsprechen. In diesem Stadium und im Gebiete dieser Rinne lässt sich eine Gehörzone nicht feststellen. Bei einem Embryo von Mustelus v. von 3t/, mm Länge (Querschnitt 10 u) ist das Rückenmarkrohr geschlossen, die Ge- hirnbläschen schon angedeutet und die Kopfkurve so hervor- tretend, dass der Vertex dem Mittelhirn entspricht. Die Augen- blasen sind noch mit dem vorderen Bläschen vereinigt. Der Mangel an Zwischenstadien hat mir nicht erlaubt, die ersten Entwicklungsphasen des sogen. Ganglienkammes zu verfolgen, den Mitrophanow den allgemeinen Grundkeim des peripherischen Nervensystems nennt, und muss ich mich für dieses Stadium auf folgende Bemerkungen beschränken: 1. In Verbindung mit den an der Grenze zwischen der mittleren und hinteren Gehirnblase gelegenen Gebieten lässt sich ein Strang von vorwiegend spindelförmigen Zellen erkennen, dessen Proximalende mit dem Hinterhirn in Verbindung steht und von welchem aus — der Aussenseite der Kopfhöhle dieser Region entlang — ein Zweig sich nach vome hin zieht. 660 Grarmmllror Brote 2. Kurz (2 Schnitte) hinter dem Punkte, wo die erste Darmtasche an das Ektoderm stösst, lässt sich ein zweiter Strang von vorwiegend spindelförmigen und kettenartig aufgereihten Zellen erkennen, dessen Proximalende mit der Wölbung des Nervenrohres in Verbindung steht. Dieser Strang wurde erst (von Balfour, Marshall, v. Wijhe, und auch Beard) für den gemeinsamen Stamm des Facialis und Acustieus, dann, (von Beard, Kastschenko und Mitrophanow) für die Anlage des acusticofacialen Ganglion gehalten. Die Beziehungen, welche in Betreff der Lage, der Anord- nung und des Charakters der Zellen bestehen, welche dieses sowie das analoge, bei den Vögeln angetroffene Gebilde aus- machen, lassen mich darin allerdings eine direkte Abzweigung des sogen. Ganglienkammes dieser Region erblicken (Gorono- witsch’s sekundäre Leisten), dieselbe jedoch für einen Stütz- und Verbindungsstamm für Facialis und Acustieus zugleich halten, da in diesem Stadium — und allermindestens am Proxi- malende — noch keinerlei Unterschied zwischen den zwei Stämmen hervortritt. Das distale Ende dagegen neigt bereits zu einer Zweitheilung und während der vordere dem Facialis zugetheilte Abschnitt sich nach unten, gegen die Anlage des Hyoidbogens hinzieht und mit dem verdiekten Ektoderm ver- schmilzt (Branchial-Sinnesorgane), verläuft der hintere, für den Gehörnerven bestimmt Abschnitt weiter nach hinten, gegen die Bauchseite der Gehör-Invagination hin und schmiegt sich an deren vordere Hälfte an, ohne jedoch in dem vorliegenden Stadium in engere Verbindung mit ihr zu treten (Taf. XXXIL, Fig. 10). Die Gehör-Invagination, deren erste Anzeichen in dem von dem Proximalschnitt des nervenbildenden Stammes zunächst nach hinten gelegenen Schnitte auftreten, rückt um sieben Schnitte nach hinten. Das dieselbe bekleidende Epithelium besteht aus Zellen mit deutlich ovalem Kern, welche da, wo es am dieksten ist, drei oder vier Schichten bilden. Bei einem Embryo von Maustelus v. von 4 mm Länge, in welchem der Dehnungsprocess der Wölbung der hinteren Gehirn- blase schon begonnen hat, beziehen sich die Abweichungen von dem vorigen Stadium namentlich auf die Stellung des Proximal- endes des akustikofacialen Nervenstammes zum Gehirnrohr, wel- ches in diesem Stadium von jenem seitlich gestreift wird. Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 661 Das Zusammentreffen beider Umstände bekräftigt die von Marshall für die Verschiebung des Proximalendes gegebene Deutung, auf die ich bereits bei den Sauropsiden (IX. Stadium) hingewiesen habe. Die in Folge einer leichten Erhöhung des Bauchrandes schärfer hervortretende Gehör-Invagination unterhält immerhin mit dem zugehörigen Distalende des akustikofacialen Stammes eine rein räumliche Verbindung. Diese Verbindung nimmt zu bei einem 5 mm langen Em- bryo von Mustelus v., bei welchem der Bauchrand der Invagi- nation eine so starke Erhöhung aufweist, dass zwischen dem Boden der Gehörblase und dem ihr auf der Aussenseite ent- sprechenden Ektoderm ein dreieckförmiger Raum zu Tage tritt, in welchen dann das Distalende des Nervenstammes vordringt. Die Zellen dieses letzteren sind in diesem Stadium von den an- stossenden, zum Gehör-Epithelium gehörigen nicht mehr genau zu scheiden, nicht mehr bestimmt diesem oder jenem zuzuweisen. Die Schliessung der Invagination hat in diesem Stadium bereits begonnen. Der betreffende Vorgang ist, wie bei den Sauropsiden, mit einer Verschiebung des Bodens der Blase nach unten und nach hinten hin verknüpft, dergestalt, dass die Schlies- sung nach der Rückseite und von hinten nach vorn vor sich geht. In diesem Stadium hat der Abschliessungsprozess der In- vagination schon begonnen; wie bei den Sauropsiden hängt der- selbe mit einer Verschiebung des Bodens der Blase nach unten und nach hinten zusammen, dergestalt, dass die Abschliessung nach der Rückseite hin und von hinten nach vorn erfolgt. Hier- bei verdient ein den Selachiern eigenthümlicher Umstand hervor- gehoben zu werden: während obiger Prozess sich vollzieht, bleibt der Bauchrand der Invagination in einer Lage, die der Verlänge- rung des Stiles der birnenförmigen Blase entsprechen würde, fortbestehen, ohne mit dem Rückenrande zu verschmelzen. Daher kommt es, dass das innere Ohr, eben vermöge dieses Stils, wel- cher dem Aquaeductus vestibuli entspricht, auch im erwachsenen Zustande in Verbindung mit dem äusseren Ohre bleibt (Tafel XXXIL, Fig. 11). Bei emem 12 mm langen Embryo von Pristiurus mel. (Schnitte quer zur Körperaxe 10 uu) in welchem, dem Stadium H. Balfour’s entsprechend, sechs Schlundspalten schon deut- 662 CamıNorPolr: lich hervortreten, ist die Gehörblase vollständig geschlossen und steht nach aussen nur durch den nach oben und hinten hin ver- laufenden Aquaeductus in Verbindung. Der Punkt, wo das Proximalende des akustikofacialen Nervenstamms und das Nervenrohr zusammentreffen, wird durch einen spongioblastischen Auswuchs gekennzeichnet, der dem letzteren entspringt und durch die in diesem Punkte durch- löcherte Grenzhaut hindurchragt (Taf. XNXXII, Fig. 12-i»). In dem vorliegenden Stadium ist an dieser Stelle im Nervenstamm eine deutliche Scheidung zu erkennen zwischen dem facialen Theil, der sich nach vorn und unten, nach dem Spiraculum hinzieht und in dem feine Fäserchen sichtbar sind, einerseits, und dem Gehörantheile andererseits, welcher nach hinten verläuft, mit seiner Bauchseite die vordere Hälfte der Gehörblase umgibt und in enge Beziehung zu derselben tritt. Zwischen dem faei- alen und akustischen Stamm gewahrt man ein Bündel oder einen Strang von Zellen und Fäserchen, den ich für den intermediären Nerv Wrisberg’s halten möchte Alle Zellen des Gebiets tragen noch spindelförmigen Charakter und es lässt sich keine zweipolige Zelle erkennen, die als Ganglienzelle gedeutet werden könnte (Taf. XXXIL, Fig. 12a). Ob die Zellen, welche das erst später zum Vorschein kommende Gehör-Ganglion bilden, von denjenigen abzuleiten sind, welche ur- sprünglich den Nervenstamm bildeten, oder ob sie nicht eher und, wie mir scheint, wahrscheimlicher aus dem Gehör-Epithel ent- springen, habe ich nicht entscheiden können. Die Beziehungen der Gehörblase zum Branchialgebiet sind in diesem Stadium den sehon beim Huhne beobachteten analog, d. h. dieselbe nimmt die hintere Hälfte des dem Hyoidbogen entsprechenden Rückenabschnitts ein und überschreitet mit dem hintersten Drittel die diesen Bogen von dem ersten Branchial- bogen trennende Spalte. Noch darf ich das Erscheinen der sogen. Seiten-Or- gane hier nicht unerwähnt lassen. Den Beobachtungen Bal- four’s entsprechend, der die ersten Spuren dieser Organe bei einem Embryo in seinem Stadium A" — welches über das hier vorliegende Stadium hinausliegt — vorfand, habe ieh Anzeichen solcher Organe nur in weiter entwickelten Embryonen von Sela- Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 663 ehiern sowie Teleostiern (Tratta f.) vorgefunden, bei welchen die Gghörblase schon eine gewisse Tendenz zur Abtheilung in die verschiedenen, zur Bildung des Labyrinths bestimmten Ab- schnitte zeigte. Dagegen bin ich bei dem wenig ausreichenden Material, das mir zur Verfügung stand, bei der Beschreibung der ver- schiedenen in Betracht gezogenen Stadien auf die noch keines- wegs gelöste Frage über die Beziehungen der Gehör-Invagination zu den Kopf-Somiten nicht eingetreten. Seit Balfour (3) zuerst die sogen. Kopfhöhlungen (head-cavities) als kephalische Verlängerungen der Körper-Höh- lungen beschrieben und auf die Segmentirung des Kopfes an- gewandt hat, sind allerdings über diese Frage eine ganze Reihe von Arbeiten erschienen, wobei die Zahl der Koptfsegmente bei Selachiern-Embryonen von acht (Balfour) auf neun (v. Wijhe, 65) und weiter auf 17—18 (Kilian 41, I. Platt 52) ja bis auf 19 (Dohrn 14) gebracht wurde, wogegen dann Rabl (53) unter scharfer Kritik der genannten Arbeiten erklärt, man dürfe primitive Segmente in einer Anzahl von zweien oder höchstens dreien nur im Hintertheil des Kopfes annehmen. Es gewänne demnach den Anschein, als ob die rudimentäre Kopf- Segmentirung der Selachier auf das Maass des oben von mir für die Sauropsiden festgestellten Typus zurückzuführen sei. Aus den vorgeführten Beobachtungen über die Entwicke- lung der Selachier dürfte sich Folgendes ergeben: 1. Bei den ersten Entwickelungsphasen der kückenmark- rinne tritt an deren Seiten ein verdiekter Ektoderm-Kamm auf, in welchem sich die Gehörzone abhebt. 2. Goronowitsch’s Deutung des sogen. Ganglienkamms bei den Vögeln, dass derselbe nämlich Stütz-Elemente an das peripherische Nervensystem abgebe, lässt sich auf die Salachier anwenden. Eine Trennung des akusticofacialen Nervenstammes in einen für den Facialis, und einen zweiten, für den Akustikus bestimmten Abschnitt lässt sich nachweisen, noch bevor in ihm Spuren von Nervenfasern oder von Ganglienzellen hervortreten. >. Die ersten histogenetischen Veränderungen im Gehör- Epithelium, welche auf das Hervortreten der Maculae acusticae hindeuten, beginnen in früherer Zeit als bei den Hühner-Embryonen. 4. Die Gehörblase liegt mit zwei Drittheilen in dem der 664 Cam pEBoN NS hinteren Hälfte des Hyoidbogens entsprechenden Gebiet der Rück- seite des Embryo. ° 5. Nach schon erfolgter Ausbildung der Gehörblase sind noch keine Seitenorgane hervorgetreten. b) Anuren. Wie Chiarugi richtig bemerkt, muss jede Arbeit über die Embryologie der Amphibien immer wieder von Götte's klassischem Werke über die Entwickelung des Bombinator igneus (55) ausgehen. Abgesehen von der seither widerlegten Ansicht über die Entstehung der peripherischen Nerven aus dem Mesoderm, in weleher Götte Remak folgte, hat sich die vorliegende Studie über die Anuren, im Anschluss an das bei Sauropsiden und Se- lachiern Beobachtete, auf die zwei folgenden Punkte zu richten: 1. ob nach Götte's Meinung die Gehörblase aus einer sogenannten, den gemeinsamen Ursprung der drei höheren Sinnes- organe bildenden sensitiven Platte hervorgehe; 5 2. welchen Antheil die Elemente des sogen. Ganglienkamms an der Bildung der von Götte zuerst hervorgehobenen Kopf- segmentirung des Mesoderms haben. Bekanntlich lässt Götte gleich aus den ersten Umwand- lungen des in eine äussere „Deckschicht“ prismatischer Zellen und im eine tiefer liegende „Grund- oder Nervenschicht“ lockerer, rundlicher Zellen zerfallenden Ektoderms eine ovale, dieke Platte mit zwei seitlichen Bäuchen hervorgehen, der die Aufgabe zufällt das ganze Zentralnervensystem und den sensitiven Apparat der drei höheren Sinnesorgane aus sich heraus zu ge- stalten: — die von ihm sogenannte Axenplatte. An dem rundlich gewölbten Kopftheil der Axenplatte be- schreibt Götte für eine spätere Entwickelungsstufe das Hervor- treten eimer schmalen Spalte, die diesen Kopftheil in einen mitt- leren und einen pheripherischen Abschnitt trennt. Aus Götte's eigenen Angaben (pag. 116 und 168), zusammengehalten mit den in Fig. 58 u. 59 auf Tafel III sowie Fig. 71, 76 auf Tafel IV enthaltenen Abbildungen, lässt sich nun nachweisen, dass die von Götte als „sensitive Platte“ bezeichnete Bildung nichts anderes ist als der kurze Zeit vorher von Balfour für die Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 665 Selachier beschriebene und gezeichnete, von ihm als Ursprung der Sehädel-Nerven angesehene sogen. Rückenkamm. Trifft diese Beziehung zwischen Götte’s „sensitiver Platte“ und dem Ganglienkamm zu, so ist klar, dass die von Goronowitsch am Huhne angestellten, von mir für die Selachier bestätigten Forschungen über die Bedeutung dieses Kammes in ihrer Anwendung auf die Amphibien Götte’s Ansicht von der „sensitiven* Platte erheblich einschränken und ein neues Lieht auf die Segmentbildung des Kopfmesoderms werfen, daher denn „die frühere Auffassung, nach Chiarugi's richtiger Be- merkung (10, pag. 23), nicht mehr Stich hält und Götte’s Beob- achtungen nur mit der richtigen Einschränkung zur Lösung der noch sehwebenden Fragen herangezogen werden können.“ Bei einem Embryo von Bufo vulg., mit noch weit offen stehender Rückenmarkplatte, während die Gehirmplatte etwas emporsteht, habe ich die Schnitte so angefertigt, dass ich in einerleicht nach unten und hinten geneigten Ebene das mittlere Drittheil des Kopfabschnittes der Axenplatte zerlegte. Bei dieser Sehnittführung bemerkt man in dem Winkel zwischen der Ektoderm-Oberfläche und der Seitenwand der Nerven- platte ein Bündel rundlieher, lose verknüpfter Zellen, ganz und gar denjenigen gleich, welche die Ektoderm-Grundschicht bilden, aus der sie an der Stelle entspringen, wo dieselbe nach dem Nervenrohr hin abbiegt (Tafel XXXIIH, Fig. 13). Dieses Gebilde, das Götte im emem dem vorliegenden entsprechenden Stadium (Tafel V, Fig. 85 bis Tafel VI, Fig. 119 und 114) als äusseres Seitensegment darstellt, ist offenbar als eine Abzweigung des sog. Ganglienkamms und zwar, wegen des von ihm eingenommenen Gebiets als die Primärleisten im Sinne von Goronowitsceh anzusehen. Obwohl man in diesem Stadium bemerken kann, wie das Ektoderm da, wo es an die Rückenmarkrinne herantritt, in Folge zwei- und dreischiehtiger Lagerung der Zellen seines Grund- blattes, etwas verstärkt ist, lässt sich doch eine Gehörzone nicht klar erkennen. Bei einem Embryo von Ayla arb. von 2 mm Länge, mit vollständig geschlossenem Nervenrohr und deutlich erkennbaren Augenblasen, steht in der Nähe der dritten Gehirnblase eine 666 Camillo Poli: Ansammlung von Zellen, die sich von den anstossenden nur durch eine gedrängtere Aufreihung abheben, ähnlich der von Gorono- witsch bei den Vögeln als ‚erster Periaxalstrang‘‘ bezeichneten Bildung. Das Ektoderm weist in dem der vorderen und mittleren Gehirnblase entsprechenden Gebiete die normale Doppelschicht auf. Auf der Höhe der hinteren Gehirnblase, kurz hinter der Stelle, wo der erste Periaxalstrang hervortritt, ist Jedoch die tiefer liegende Schieht des Ektoderms etwas stärker und aus Zellen zusammengesetzt, die eine eylindrische, von derjenigen der andern nächstliegenden rundlichen Zellen erheblich abweichende Gestal- tung angenommen haben. Diese verstärkte Zone der tiefer liegenden Schicht des Ektoderms, welche auf die Gehör-Invagi- nation hinweist, ist etwas eingesunken, sodass die Oberflächen- schicht des Ektoderms selbst im den Schnitten die Sehne des durch die Einsenkung gebildeten Bogens angiebt (Tafel XXXIL, Fig. 14). Abweichend von dem anstossenden Gehirnrohr, an dessen sildung auch die Oberflächenschicht des Ektoderms Theil nimmt, seht also die Gehör-Invagination ausschliesslich aus der tieferen Schicht hervor und ist somit von Anfang an jeglicher Berührung mit der Aussenwelt entrückt. Diese Art der Veranlagung der Gehör-Invagination bekräf- tigt einerseits die von Remak (54), Schenk (57) und Villy (61) gemachten Beobachtungen, steht aber in völligem Gegen- satz zu Götte's Ansicht, der in jener Verdiekung einen Ausfluss der sogen. sensitiven Platte sieht, deren Identität mit dem Gang- lienleisten oder -Kamım ich oben nachgewiesen zu haben glaube. Bei einem Embryo von Ayla arbor. von 2!/;, mm (Quer- schnitt 10 u), bei welchem der Dehnungsprozess der Wölbung der hinteren Gehirnblase schon begonnen hat, steht der Periaxal- strang durch sein Proximalende in Verbindung mit der Seiten- wand des Nervenrohrs, das Distalende verschmilzt mit dem seit- lichen Ektoderm und der ganze Strang ist deutlich als Vertreter des akustikofacialen Nervenstamms markirt. Kurz hinter diesem Veremigungspunkt erscheint die Gehör- Invagination im Querschnitt als ein birnförmiger Sack angedeutet, (dessen nach oben und innen gerichteter Boden durch einen nach Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 667 unten und aussen gehenden Stiel noch mit der tieferen Schicht des Ektoderms zusammenhängt (Tafel XXXII, Fig. 15). Das die Invagination bekleidende Epithel ist in Folge drei- schichtiger Lagerung eylindrischer Zellen an der Bauch- und inneren Wand etwas stärker, an der Rück- und äusseren Wand dünner. Ein hinter der Invagination befindliches Zellenbündel, dessen Proximal-Ende mit dem Nervenrohre in Verbindung steht, während das Distalende etwas unterhalb der Chorda mit dem seitlichen Ektoderm verschmilzt, ist offenbar als Homologon des 2ten Peri- axalstrangs zu betrachten, den wir im Hühner- und Selaehier- Embryo vorgefunden haben. Bei einem Embryo von Hyla arb. von 35mm Länge (Quer- sehnitte 10 u) treten die Durehsehnitte der Blase hervor, deren Ränder in diesem Stadium vollkommen verschmolzen sind; vor der Blase liegt eine Zellen- Ansammlung, die ich dem für den Acustieus bestimmten Theile des akustikofaeialen Nervenstammes zuweisen zu sollen glaube (Tafel XXXUI, Fig. 16). Bei seiner Beschreibung einer analogen Entwickelungsstufe gelangt Villy zu keiner Entscheidung darüber, ob die Ränder oder Lippen des Gehörsackes sich zusammenschliessen in Folge einer Verschiebung nach der Bauchwand der Blase hin — welche sich in diesem Stadium weiter ausgedehnt hat — oder aber durch eine von den Rändern der Invagination ausgehende Zellen-Pro- liferation. Wie er dabei richtig bemerkt, tritt die Nervenschicht des Epiblasts in dieser Periode und an dieser Stelle nicht deutlich hervor, doch ist wahrscheinlich, dass auch bei den Amphibien, ähnlich wie oben bei den Selachiern und beim Huhn, jene Zu- sammenschliessung durch eine Zellenproliferation der Ränder der Invagination erfolge. Aus den vorliegenden Schnitten, welche zu beiden Seiten der Chorda die ersten Spuren von Muskelfasern aufweisen, geht hervor, dass das dem Schädel nächstliegende Kopfmyotom bis über die hintere Grenze der Gehörblase vordringt, — ein von Götte nicht beachteter, von Chiarugi (10) mit Recht her- vorgehobener und als für die Amphibien charakteristisch ‚ange- sehener Umstand. 668 Ca mmlonBrolTe Unsere Untersuchungen von Selachier-Embryonen bestätigen diesbezüglich, was sich schon aus v. Wijhe's Beobachtungen ergeben und was ferner Chiarugi bei Vögel-Embryonen nach- gewiesen hat: dass nämlich zwischen dem Vorderrande der dem Schädel nächstliegenden Muskelplatte und dem hinteren Rande der Gehörblase ein mehr oder weniger grosser Zwischenraum besteht. Die Beziehungen, welche bei den Anuren die Myotome zu der Gehörblase eingehen, lassen sich entweder auf eine Ver- schiebung nach vorn von ursprünglich weiter zurückliegenden Segmenten zurückführen, oder aber auf den Umstand, dass die Bildung von Muskeln ‚bei ihnen von einem dem Schädel näher als bei den andern Wirbelthieren gelegenen Somiten ausgehe, der im Stande ist, Muskelfasern zu erzeugen. Auf Grund der von ihm an Embryonen von BDufo vulg. von 4 und 6mm Länge gemachten Forschungen verficht Chiarugi die Ansicht, dass die bei den Amphibien beobachtete Besonder- heit einer Verschiebung der Myotom-Serie nach vorn zuzuschrei- ben sei. Meinerseits habe ich an Embryonen der betreffenden Stadien, an Sagittalschnitten beobachten können, dass die Myotomserie, welche an ihrem Schädel-Ende Anzeichen von Rückbildung auf- weist, die hintere Grenze der Gehörblase überschreitet, ohne dass es mir jedoch gelungen wäre festzustellen, ob wirklich eine Ver- schiebung der Myotome nach vorn stattfinde, deren Mechanismus übrigens auch bei Chiarugi nicht ganz klar gelegt ist, oder ob nicht etwa, wie ich eher annehmen möchte, bei fortschreiten- der Entwicklung (6 mm) sich ein neugebildetes Myotom vor das- jJenige der früheren Periode (4 mm) gestellt habe. Mit Bezug auf die Segmentirung des Kopfmesoderms unter- scheidet Götte bekanntlich vier Segmente, eines für den Vorder- und drei für den Hinterkopf, deren jedes seinerseits wieder in einen äusseren und einen inneren Abschnitt (äusseres und inneres Segment) zerlegt werden kann. Die Gehörblase tritt zwischen das zweite und dritte äussere Segment, d. h. zwischen die An- lagen des Glossopharyngeus und des Acustieo-facialis, welche laut Götte sich innerhalb jener Segmente bilden. Um eine Uebereinstimmung zwischen der Segmentirung des Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 669 Kopfes bei den Vögeln und derjenigen bei den Anuren, wie sie sich aus Götte ergiebt, herzustellen, hat Goronowitsch (32, 8. 217) bemerkt, es entsprächen sich hierm diese beiden Klassen der Wirbelthiere, bis auf den Umstand, dass Götte das Mesodermgewebe des vorderen Kopfgebiets als Segment be- zeichne, was für Vögel-Embryonen nicht angängig sei. Es würde demnach der erste Somit von Vögel-Embryonen, nach Platt 's, Goronowitsch’s und meinen eigenen Forschungen (V. Stadium), welcher hinter dem Berührungspunkte der ersten Darmtasche mit dem Ektoderm und vor der Gehörinvagination liegt, dem zweiten (Mittel)segment des Bombinator, der zweite Somit bei den Vögeln, — nach der Auffassung von Platt und Gorono- witsch, — welcher hinter der Gehör-Invagination liegt, dem dritten des Bombinator entsprechen. Sollte meine Beobachtung betreffend die Segmentirung des Kopf-Mesoderms der Vögel (V. Stadium), dass nämlich der Ge- hör-Invagination nach Lage und Ausdehnung der Charakter eines Segments zukomme, auf die Amphibien Anwendung finden, so würde auch bei diesen die Zahl der Kopfsegmente steigen: zwischen das zweite und dritte — nach Götte — träte. ein weiteres, dargestellt durch den von der Gehör-Invaginaton ein- genommenen Raum. Als Schlussresultat unserer an Anuren-Embryonen gemachten Beobachtungen ergiebt sich Folgendes: 1. Eine den Ursprung der drei höheren Sinnesorgane bil- dende sensitive Platte ist bei den Anuren nicht nachzuweisen; das von Götte als solche beschriebene Gebilde ist vielmehr als die Ganglienleiste der übrigen Wirbelthiere anzusehen. 2. Die Gehör-Invagination entspringt aus einer Einsenkung der Unterschicht des Ektoderms und ist somit nach aussen von Anfang an durch die Oberflächenschicht des Ektoderms abgegrenzt. 3. Die Schliessung der Gehörblase ist vorzugsweise als das Ergebniss einer von den Rändern (oder Lippen) der Invagination ausgehenden Zellen-Proliferation zu betrachten. Der Recessus labyrinthi ist in seiner Anlage noch vor Abschluss der Blase sichtbar und ist somit nieht der äusserste Punkt, an welchem sich die Gehör-Invagination von der Ektodermschicht ablöst. 4. Der von der Gehör-Invagination besetzte Abschnitt ent- 670 Camillo Poli: sprieht dem Raum zwischen dem 2. und 3. Götte schen Segment und könnte, den bei den Vögeln gemachten Beobach- tungen entsprechend, ebenfalls als Segment bezeichnet werden. Die morphologische Stellung des Gehörorgans bei den Wir- belthieren hat man erst auf dem Wege der vergleichend ana- tomisehen, dann auf demjenigen der embryologisehen Forschung näher zu bestimmen gesucht. Auf Beide gestützt hat die mo- derne Morphologie den verschiedenen schwierigen Untersuchungen eine neue Richtung gegeben. Den Arbeiten von Hasse und Retzius haben wir es in erster Linie zu danken, dass die Ergebnisse der Erforschung des Gehörorgans bei den Wirbelthieren heut zu Tage einen der wichtigsten und vollständigsten Abschnitte der vergleichenden Anatomie bilden. V. Anatomische und physiologische Vergleichspunkte zwischen dem Gehörorgane der Wirbelthiere und der Oto- eystis bei den Mollusken. Von dem Prineip der Kontinuität in der Entwiekelung der Thiere ausgehend, nahm Hasse (34) als primitivste Gestaltung des Gehörorgans eine an der Oberfläche des Körpers befindliche, mit Wimpern versehene Zelle an, die in Verbindung mit einer Nervenfaser steht. Diese an sich zu weite Definition, welche auch auf den Ursprung sämmtlicher anderer Sinnesorgane Anwendung finden könnte, kann auf jeden Fall nieht mehr in dem von Hasse ihr beigelegten Sinne gelten, wonach das Gehörorgan der Wirbelthiere und die Otoeystis der Mollusken auf derselben phylogenetischen Stufe ständen. VI. Anatomische und physiologische Vergleichspunkte zwischen dem Gehörorgan und den Seitenorganen. Von anderem Standpunkte ausgehend, suchte man ana- tomische und physiologische Aehnlichkeiten zwischen dem Ge- hörorgan und gewissen andern bei den Wirbelthieren vorkom- menden Organen nachzuweisen, deren Bildung dieselben als pri- nitive Sinnesorgane erscheinen lässt. Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 671 So hatte Leydig (45) bei seinen Forschungen über die Organe der Seitenlinie bei Fischen und Amphibien zuerst deren nervenartigen Charakter hervorgehoben und sie zugleich mit dem Gehörleisten der Ampulle verglichen. Die darauf folgenden Untersuchungen von Schulze (58), Todaro (60), Solger (59, Dercum (l5), Emery (20, Mayser (48), Wrigt (64), Fritseh (21) und P.E.Sarasin (56) bestätigten die zwischen diesen Organen und einzelnen Theilen des inneren Öhres bestehenden Beziehungen. Neben den anatomischen Vergleichungs- punkten wollten einige der genannten Forscher (Leydig, Schulze, Mayser und Emery) auch eine physiologische Uebereinstimmung zwischen den erwähnten Organen und dem Gehör-Organ entdecken. So entstand die Anschauung, dass dem Gehörorgan der Wirbelthiere morphologisch dieselbe Bedeutung zukomme, wie den Organen der Seitenlinie, von denen es sich nur dureh die Uebernahme einer bestimmteren, feineren Funk- tion, nämlich die Aufnahme der Schallwellen abhebe. Ich behalte mir vor auf die ganze Frage und namentlich auf das vonBeard und Ayers zu Gunsten obiger Ansicht beigebrachte Material noch näher einzugehen; für diesmal hebe ich nur hervor, dass nach den neuerdings von Fuchs (25) an den von den Nervenästen des Trigeminus sich abzweigenden Organen der Torpedineen vorge- nommenen experimentellen Forschungen sich ergiebt, dass diese Or- gane mit der Funktion des Gehörs nichts zu schaffen haben, dass sie vielmehr dem Fische dazu dienen, die Stärke des hydrostatischen Druckes und dessen eventuelle Ab- oder Zunahme zu bemessen. V1l. Embryologische Studien. Wie der vergleichend anatomische Weg allein nicht aus- gereicht hat, um dem Gehörorgan seine morphologische Stellung nachzuweisen, so sind auch die auf ausschliesslich embryologi- schem Wege angestellten Versuche erfolglos geblieben. Die alte Ansicht, zufolge welcher die Sinnesorgane aus dem Ge- hirne hervorgehn, fand einen Anhalt an den embryologischen Ergeb- nissen der Remak schen Forschungen. In seinen Untersuchungen über den Ursprung der Sinnesorgane hat Remak zuerst die Ent- stehung der Gehörblase aus dem Ektoderm festgestellt (54, S. 100, 101), dabei aber das allen gemeinsame Grundelement in der Betheiligung des Ektoderms an der Bildung der Sinnesorgane erkennen zu sollen geglaubt. Indem er die Nasen- und Gaumenhöhle, die Krystalllinse und die Gehörblase sämmtlich als besondere Invaginationen der sogen. sensitiven Platte ansieht, erklärt er dieselben für durchaus homologe Bildungen. Dabei hat, wie nicht zu verkennen, die teleologische Ab- sicht die Klarheit des Blickes getrübt. Remak's Irrthümer berichtigend gelangt Götte (26) in seinen 672 Ca mal onBroNT: Studien über die Entwicklung der Teleostier und der Anuren zu dem Schlusse, dass nur die drei höheren Sinnesorgane in der sogen. sensi- tiven Platte ihren gemeinsamen Ursprung haben, — jener Platte, die Götte bekanntlich für eine Abtrennung der Gehirnplatte hält. Diese Homologie der höheren Sinnesorgane erstreckt sich bei Götte, nicht wie bei Remak auf die Nasengruben, sondern auf die Ge- ruchsplatte, und nicht auf die Linse, sondern auf die Augenblase, wo- bei — nach Goette — die nachfolgende, auseinandergehende Ent- wickelung der Organe die ursprüngliche Homologie verdeckt hat. Wie schon im ersten Theile dieser Abhandlung, müssen wir auch hier wieder bemerken, dass dem von Götte bei den Anuren als sensitive Platte beschriebene Gebilde keineswegs die von ihm gewollte Bedeutung zukommt und das ferner die Annahme eines primitiven phylogenetischen Zusammenhanges, auch bei den Teleostiern, eine hypothetische bleibt. Bei seinen Studien über die Entwickelung des peripherischen Nervensystems bei Hühnerembryonen hat His (53) gefunden, dass die (Grehörblase beinahe gleichzeitig mit der Anlage der „Kopfganglien“ zur Erscheinung gelangt (wie dieser Autor die verschiedenen Ab- schnitte der sogen. Gangiienleiste nennt): zwei davon, derjenige des Trigeminus und des Acustico-Faeialis liegen vor, die zwei anderen, derjenige des Glossopharyngeus und des Vagus, hinter ihr. Und da nun die Gehörblase zum Medullarrohre, ungefähr dieselbe Stellung einnimmt, wie die von His sogen. Zwischenrinne, so stellt er den Satz auf: die Gehörblase habe denselbe Ursprung wie die Ganglien und entspringe aus einer offen gebliebenen Stelle, eben der Zwischenrinne. Diese Hypothese (s. oben, bei Sadium I) ist von andern Forschern als ganz hinfällig bezeichnet worden: sowohl vonBeard, Rabl und Goronowitsch, welche überhaupt von einer Zwischenrinne in der Kopfregion nichts wissen wollen, als auch von Kölliker, der sie nur als eine zufällige, veränderliche Furche ansieht, oder von Chiarugi, der sie als bloss vorübergehende Bildung betrachtet. Meinerseits neige ich dazu, dass — wenigstens bei Hühner- Embryonen — auch in der Kopfregion, zur Seite der Rücken- mark-Vertiefung („Zwischenrinne“ bei His) in der That ein Abschnitt verdickten Ektoderms existirt, und dass zwischen diesem Abschnitt, den ich als Gehörzone bezeichnet habe, und der ersten Anlage des Gehörorgans ein gewisser Zu- sammenhang der Aufeinanderfolge besteht. Von His weiche ich nur in der Ansicht über den Ursprung der Ganglien, sowie darin ab, dass ich die „Zwischenrinne“ nicht als Ergebniss besonderer mechanischer Vorgänge auffasse, sondern — worauf ich zurückkomme — als ontogenetischen Rest specieller Sinnes- organe. Inzwischen will ich mit Bezug auf den von His hervorgehobenen Zusammenhang zwischen der Entwickelung der Kopfganglien und der Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 673 Gehörblase, die Forschungen Kupfter'‘s über Petromyzon (44) nicht unerwähnt lassen. Dieser Letztere will nämlich eine Analogie des Entwickelungs- ganges zwischen dem zweiten Ganglioo des Trigeminus und des Ganglion nodosum des Vagus einerseits und der Gehörblase ander- seits beobachtet haben, da die Bildung aller dieser Organe sich ver- mittelst einer Invagination der Epidermis vollziehe. Ferner, sagt Kuptfer, gingen alle diese Bildungen aus einem gemein- samen Mutterboden, der Rückenregion des Ektoderms hervor, und zwar innerhalb dieses Gebietes auf gleicher Höhe und aus einer analogen Verbindung mit den verschiedenen hinteren Wurzeln, deren seitliche Abzweigung mit den drei Organen in Verbindung trete. Aus diesen Beobachtungen Kupffer’s ergeben sich nun aller- dings — ebenso wie aus der rein embryologischen Forschung — einige Homologien zwischen dem Gehörorgan und anderen, die sich gleich- zeitig und an derselben Stelle entwickeln, aber die Frage nach der morphologischen Stellung dieser Organe wird dadurch mehr verschoben, als ihrer wahren Lösung entgegengeführt. VIII. Verbindung der vergleichend anatomischen mit den embryologischen Gesichtspunkten. In Anbetracht des Ortes und der Lage, welche — wie wir im vorhergehenden Kapitel gesehen haben — die Gehörblase bei den Wirbelthieren einnimmt, haben die vielfach zusammentreffen- den theils vergleichend anatomischen, theils embryologischen For- schungen eine Reihe von Versuchen veranlasst, die von Balfour als eine der höchsten morphologischen Fragen bezeichnete Seg- mentirung des Kopfes zu ergründen. Die von den älteren Anatomen auf Grund teleologischer, von der Beobachtung sich entfernender Schlussfolgerungen gege- benen Lösungen können keinen Werth mehr beanspruchen. Nach den von Gegenbaur angebahnten Forschungen kommen gegen- wärtig Anatomen und Embryologen dahin überein, dass der Kopf, wenigstens zum Theile, als weiter ent- wickelter Abschnitt des Rumpfes zu betrachten sei und, wiedieser, auseinerReihe homodynamer Segmente bestehe. Nur über die Zahl der Segmente und die in einem Theile derselben vorgegangenen Veränderungen be- stehen Meinungsverschiedenheiten. Beard'sche Hypothese. — Gestützt auf den Segmentaleharakter des Akustikus und auf die von ihm an Selachier-Embryonen entdeckten ektodermischen Verschmelzungspunkte der Schädelnerven auf der Höhe Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 44 674 EA moon: der einzelnen Schlundspalten, erklärte Beard dieselben für specielle Sinnesorgane (branchial sense organes) und die Gehörblase ebenso für ein solches, das sich specieller ausgebildet und wahrscheinlich in Verbin- dung mit der von v. Wijhe und Dohrn beim Hyoidbogen vorgefun- denen und phylogenetisch zurückgetretenen Spalte gestanden habe. Es würden somit nach Beard bei den höheren Wirbelthieren das Gehör- und das Geruchsorgan — unter Vorbehalt der Möglichkeit eines Wechsels in den Funktionen — die einzig überbleibende Spur der Branchial-Sinnesorgane bilden, deren System noch zum Theil und nur vorübergehend in den ersten Embryonalstadien zum Vorschein komme, zum Theil aber in Form von Seitenorganen bei den meisten Ichthyopsiden während der ganzen Existenz sich erhalte. So kommt auf dem Wege der embryologischen Forschung bei Beard die uns schon bekannte ältere Theorie von einer Homolo- gie zwischen dem Gehörorgan und den Organen der Seiten- linien neuerdings zur Geltung. Dagegen und speciell gegen die von Beard noch neulich in einer Anmerkung (6, S. 201) aufgestellte Behauptung, es sei bis anhin seine Ansicht in stichhaltiger Weise nicht widerlegt worden, sei mir gestattet zu bemerken, dass sie insofern dem genauen Thatbestand nicht entspricht, als der Begriff der „Homologie“ zwischen zwei Orga- nen nicht nur auf den Gang der Entwickelung überhaupt, sondern namentlich auch auf das räumliche und zeitliche Zusammentreffen der- selben sich erstrecken soll. Räumlich betrachtet sahen wir nun allerdings (Theil I), dass die Gehörblase im Grossen und Ganzen im Branchialgebiet liegt, jedoch an dessen hinterer Seite, ausserhalb der Region der sogen. Branchial- Sinnesorgane. Und was den Zeitpunkt der Entwickelung anbelangt, so gehört ihr Erscheinen mit zu den ersten Anzeichen der Organo- genese, während die sogen. Branchial-Sinnesorgane — und darin habe ich mich an Beraneck und Kastschenko anschliessen können -— erst in späteren Stadien, nach bereits erfolgter vollständiger Abschliessung der Gehörblase hervortreten-(s. o. Sauropsiden, XII. Stadium). Was sodann die Homologie mit den Organen der Seitenlinie be- trifft, so führen mich meine Beobachtungen an Ichthyopsiden zu dem Schluss, dass die Gehörblase schon geschlossen ist, bevor noch irgend- welche Spur von Organen der Seitenlinie vorliegt. Die Einwände gegen Beard erstrecken sich auch auf das Werk von H. Ayers (1), welcher im Anschluss an Ersteren einen vollstän- digen phylogenetischen Plan des Wirbelthier-Ohrs als einer Abzwei- gung der oberflächlichen Kanalorgane entworfen hat. Schade nur, dass des Letzteren Ausführungen sich nicht auf reichlichere eigene Beobachtungen gründen, deren ganzes Resultat sich dahin zusammen- fassen lässt, „dass bei den Selachiern der strukturelle Zusammenhang zwischen dem Gehörorgan und den Kanal-Orgaren der Oberfläche noch lange fortbesteht, nachdem das Gehörorgan seinen inneren Sitz bezogen hat.“ Zur Entwiekelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 675 Im Anschluss an v. Wijhe’s schon öfter eitirten Satz, dass der Hyoidbogen potentiell aus zwei Visceralbögen bestehe, gelangt Fro- riep (22) zu der Ansicht, es sei die Gehörblase an die Stelle einer verschwundenen Schlundspalte getreten, wobei er sich auf die von ihm an jungen Säugethier-Embryonen gemachte Beobachtung über „die erhebliche Uebereinstimmung der Berührungspunkte der Ganglien seitens der Gehörblase sowohl als auch der Schlundspalten-Organe“ stützt. Auch Dohrn, der in seinen Abhandlungen über die Urgeschichte des Wirbelthierkörpers (13) auf eine zusammenhängende Geschichte des Kopfes verzichtet, da es zu einer richtigen Phylogenie vor allem auch der eingehenden Beschreibung der ganzen Entwickelung der heute lebenden Thiere, insbesondere der Wirbelthiere bedürfe, erklärt sich, wie Froriep, was den Akustikus und die Gehörblase betrifft, dahin, dass jener eine viscerale Abzweigung, diese eine ob- solete Sehlundspalte sei. In seinen Studien über die Entwickelung der peripherischen Nerven bei den Urodelen zählt Houssay (37), indem er die Ge- hörblase als Schlundspalte auffasst, zehn Segmente auf. Wei- tere Beobachtungen über die Apparate (38) des Blutumlaufs bei den bezüglichen Embryonen haben ihn durch die Anordnung der zwischen- metamerischen Gefässe im Kopfe in seiner Ansicht bestärkt. Gegen die zuerst von Froriep geäusserte, von Dohrn und Houssay weitergeführte Ansicht hat His lebhafte Einsprache er- hoben (34, S. 405). Zwar ist er bereit, die Homologie der Nasen- und Augenrinne, sowie der Linsengrube und der Hypophysis, ferner diejenige des Mundtrichters mit Schlundspalten anzuerkennen, ein Mit- einbegreifen der Gehörgrube aber weist er als völlig unbegründet zu- rück, „da dieselbe niemals mit dem Seitentheile des Kopfes zu schaffen gehabt habe“. Er hält somit an seiner früheren Anschauung von der Entstehung der Gehörblase aus der Zwischenrinne fest. His betont dabei namentlich den Mangel einer Homologie in räumlicher Hinsicht. Meinerseits möchte ich noch grösseres Ge- wicht auf die mangelnde Uebereinstimmung hinsichtlich des Zeit- punkts legen, in welchem sich die in Frage stehenden Organe bilden. Wie schon oben dargelegt, entspricht der durch eine Ver- diekung und Invagination des Ektoderms bereits deutlich her- vorgehobenen Gehörzone seitens des inneren Blattes noch keines- wegs eine Darmtasche, d. h. die den Darmtaschen entsprechen- den Invaginationen des Entoderms treten erst in einer späteren Periode auf, in welcher die Gehörblase schon ihrem Abschluss entgegen geht. Die bisher im Anschluss an die Segmentirung des Kopfes über die morphologische Stellung des Gehörorgans vorgebrachten Hypothesen erscheinen somit alle nieht ausreichend zur Lösung 676 ea mmlonPpioin: des Problems. Mit einiger Sicherheit lässt sich nur sagen, dass der Gehörnerv und die Gehörblase den Cha- rakter eines Segments an Sich tragen und dass der dorsale Theil dieses Segments dem hinteren Abschnitt des Hyoidbogens entspricht, welcher dabei als secundäre Verschmel- zung zweier Visceralbogen gedacht wird. Diese Auffassung des Gehörorgans der Wirbelthiere als eines Segments, — wie ich sie auch durch eingehende Betrach- tung der Segmentirung des Kopfes bei Vögel-Embryonen bestä- tigt finde, kann eine weitere Bedeutung gewinnen, wenn man sie — nach Dohrn’s Initiative — zu der Zurückführung der Bestandtheile des Kopfes auf Anneliden-Bil- dungen in Beziehung bringt. Denn es lässt sich nicht leugnen, dass seit Darwins epochemachender, der Morphologie ganz neue Bahnen anweisender Forschung, keine der zahlreichen bisher aufgestellten Hypothesen über den Ursprung der Wirbel- thiere sich an Bedeutung mit der Dohrn schen und Semp er- schen Ansicht vergleichen lässt, welche die Wirbelthiere mit den Anneliden verknüpft. Der dabei zu Grunde liegende Begriff der Metamerie findet thatsächlich bei beiden Klassen, sei es num von vergleichend anatomischen, sei es von embryologischen Gesichtspunkten aus beachtungswerthe Bestätigung. Auf mein enger begrenztes Thema zurückkommend, halte ich eine Homologie zwischen dem Gehörorgan der Wirbelthiere und gewissen Sinnes- oder sensitiven Organen bei den Anneliden für nachweisbar, insofern als in der Ontogenese der Erstern phylo- genetische Reste dieser Letztern erkennbar sind. Und da es sich hierbei um ein Sinnesorgan handelt, wel- ches in direeter Beziehung zu den Nervencentren steht, wird die Nachweisung dieser Homologie noch weitere Bedeutung erlangen, wenn sie sich auf das Centrum selbst und. die Art der Verbin- dung mit demselben ausdehnen lässt. IX. Homologie des Centralnervensystems der Wirbelthiere mit dem Bauchstrange der Anneliden. Das von. Kupffer (43) angeregte Problem gewisser Ein- schränkungen und Erweiterungen auf einer bestimmten Entwicke- lungsstufe des Central-Nervensystems der Wirbelthiere, wie wir Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 677 solehe in der Entwickelung der Sauropsiden (Stadium VI) ganz deutlich an der hinteren Hirmblase haben beobachten können, trägt ganz wesentlich zur Hebung der Schwierigkeiten bei, die sich dem erwähnten Vergleiche des Zentral- Nervensystems der Wirbelthiere und der Anneliden entgegenstellen könnten, da die darin sich kundgebende momentane Metamerie des Nervensystems als Andentung einer phylogenetischen Verschmelzung der ver- schiedenen Bestandtheile des ganzen Anneliden Nervensystems betrachtet werden kann. X. Homologie embryonaler Sinnesorgane bei den Wirbel- thieren mit ebensolehen bei den Anneliden. Kleinenberg’s Beobachtungen über die Entwickelung des Nervensystems von Lepadorynchus (42) sind — abgesehen von ihrer Bedeutung für die Anneliden-Theorie. — höchst wichtig mit Bezug auf die Entwiekelung einzelner besonderer mit den Parapodien verknüpfter Organe, welche gleich in -ihrer ersten Anlage mit dem Bauchstrange verbunden erscheinen. Diese als „Cirri dorsales“ bezeichneten Organe, welche bis auf die neueste Zeit als blosse Anhängsel zu den Parapodien galten und die bei den verschiedenen Gattungen der Anneliden so mannigfache Gestaltung der Form, des Ausbaus und der Funk- tionen aufzuweisen haben, waren ursprünglich nichts anderes als Sinnesorgane. Diese ihre von Claparede (12) und Ehlers (19) an den Chätopoden, Nereiden und Sylliden nachgewiesene 3estimmung ist sodann namentlich von Eisig (18, S. 516) zu- sammen mit der metameren Anordnung zur Feststellung ihrer Homologie mit den Seitenorganen anderer Anneliden - Klassen verwerthet worden. Deutliche Uebergangsformen solcher Cirri dorsales in Seiten- organe finden sich bei den Glyceriden vor, bei welchen, wie Eisig dargethan hat, dieser Uebergang sich heute noch durch verschiedene Stadien verfolgen lässt. Dieses bedeutungsvolle Ergebniss der Eisig’schen Unter- suchungen legt die Frage nahe, ob nieht, ebenso wie die Onto- genese der Wirbelthiere in der zeitweiligen Metamerie des Nerven- rohres den Ursprung desselben aus dem Bauchstrange der Anne- liden erkennen lässt, — ob sich nicht ebenso vorübergehende 678 Cams KomBXoNki: Andeutungen und Nachwirkungen anderer gleich alter Sinnes- organe ontogenetisch nachweisen lassen sollten. Bei Beschreibung der ersten Entwickelungsstadien der mir zugänglich gewesenen Wirbelthiertypen, und namentlich was Sau- ropsiden-Embryone betrifft, ist mir ein bisher von den Embryo- logen wenig beachteter Umstand aufgefallen, welcher eine nicht geringe Bedeutung für die morphologische Betrachtung haben dürfte. Dieser Umstand besteht darin, dass das die Medullar- rinne seitlich begrenzende Ektoderm, noch vor erfolg- tem Schluss der Rinne in der zwei- und dreifachen Auf schiehtung "seiner Zellen eine Verdieckung aufweist, deren Breite in den verschiedenen Abschnitten nicht immer dieselbe ist. Diese Verdiekung ist nur vorüber- sehender Natur und hört nach hinten zu allmählich auf, — in Folge eines eigenthümlichen Lückenbildungs- prozesses, der in nur einschichtiger Anordnung der Zellen endet. — Nur an der Stelle der Gehörzone er- hält sich das Ektoderm in seinem früheren Zustande, um späterhin der Gehörblase Raum zu geben. Ich stimme also mit His insofern überein, als er die Ge- hör-Invagination als offen gebliebenen Theil der sogen. Zwischenrinne ansieht, nieht aber darin, dass er diese Zwischen- oder Ganglienrinne als eine besondere Veranlagung zur Bildung der sogenannten Ganglienleiste betrachtet, ‘aus der die Ganglien entsprängen. Auch dürfte dies wohl nieht der einzige Einwand sein, der sich gegen His’ mechanische Theorie erheben lässt, nach welcher auch die Zwischenrinne, in Folge der elastischen Beschaffenheit des betreffenden Keimblattes, nichts weiter als eine Furche im Ektoderm ist. Auch Golowine (27) hat in seinen Studien über die Entwickelung des Gangliensystems beim Huhn, da wo er von der Bedeutung des verdiekten, die Medullarrinne seitlich begrenzenden Ektoderms spricht, den Satz aufgestellt (S. 121), dass jene Theile des Ektoderms seit- lich von der Rinne zwei Empfindungs- (sensitive) Or- gane seien, — wie er sie nennt: spezielle Sinnesorgane. Ferner macht Golowine darauf aufmerksam, wie — ent- sprechend der aus ihr entspringenden Segmentirung des Gang- lienblattes — die gemeinsame Anlage dieser speziellen Sinnes- Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 679 organe ebenfalls, und zwar nicht nur in der Kopf-, sondern auch in der Rumpfregion, sich metamer zerlege, und gelangt so zu der Hypothese, dass die ektodermalen Segmente der Rumpf- segsend als die Elemente der Organe der Seitenlinie zu betrachten seien. Dieser letzteren Ansicht kann ich, auch ganz abgesehen von der heute nieht mehr zutreffenden Auffassung der Ganglien- Anlage, nicht beistimmen. Meine oben aufgeführten Ergebnisse, betreffend die mit Seitenorganen ausgestatteten Wirbelthiere — wie die Selachier — lassen mich vielmehr Beard beipflichten, insoweit als bei den genannten Thieren das seitlich der Medullarrinne entlang laufende Ektoderm gleich von Anfang an, wie beim Huhn, in zwei oder drei Zellenschichten auftritt. Auch bei diesen Klassen treten somit vorübergehend die von Golowine beschriebenen sogen. speziellen Sinnesorgane auf, während effektiv, wie wir wissen, die wahren Seitenorgane erst viel später erscheinen. Die Gehörblase, welehe ihrer Entstehung nach zu den sogen. speziellen Sinnesorganen gehört, ist demnach ganz wie diese letzteren als eine Bildung älteren Ursprungs anzusehen, als die Seitenorgane der - Anneliden und Ichtyopsiden, deren Homologie von Eisig (17 und 18, 8. 537) so überzeugend nach- gewiesen worden ist. Die schon öfter erwähnte Entstehung der Seitenorgane aus den Cirri dorsales lißsst annehmen, dass für die sogen. speziellen Sinnesorgane Golowine’s, somit auch für die Gehörblase, eine primitive Homologie in den Cirri dorsales der Glyeeriden und der diesen verwandten Annelliden zu suchen ist, — eine Homologie, die, — abge- sehen von dem frühen Zeitpunkt ihres ontogenetischen Erscheinens, der allein schon für eine uralte Vererbung spricht, sowie von dem Sitz, d. h. der Rückenregion — in der Entwicklung der Cirri dorsales begründet ist, wie sie sich innerhalb der Anneliden- gruppe vollzieht und von Kleinenberg bei Lepadorynchus beschrieben ist. Im Laufe dieser Entwiekelung, so muss man annehmen, hat sich dureh fortschreitende Spezialisirung der verschiedenen Funktionen der Empfindung im einem jener Organe die ganz besondere Fähigkeit zur Aufnahme der Schallwellen ausgebildet, 680 GramsılNor Boni — nach dem bekannten Gesetz, dass jedes Organ um so voll- kommener und wirksamer ist, je weniger Funktionen ihn zufallen. Ob nun diese Spezialisirung der einzelnen Sinnesfunktionen, und so auch des Gehörs, schon bei den Anneliden und andern den Wirbelthieren nächststehenden Gruppen eingetreten sei, lässt sich wohl für jetzt noch nicht feststellen. Dass beim Amphioxus lanceolatus ein zur Ausübung des (sehörs bestimmtes Organ nicht nachweisbar ist — eventuell dürfte diese Rolle den von Langerhans namentlich am äusseren Ende beschriebenen haartragenden Zellen zuzuweisen sein — könnte zu der Annahme führen, das diese Spezialisirung mit den Wirbelthieren anhebe, wenn nieht die von Dohrn dem Amphioxus angewiesene phylogenetische Sonderstellung eine Ver- werthung desselben in morphologischen Fragen verböte. Ich möchte daher, ohne weiteren anatonischen und physio- logischen Untersuchungen vorzugreifen, diese embryologische und vergleichend anatomische Studie dahin zusammenfassen, dass die morphologische Stellung des Gehörorgans der Wirbel- thiere ihre Erklärung in den Cirri dorsales der Anne- liden findet, auf welche dureh die Sonderung der ein- zelnen funktionellen Verriehtungen, in einer noch nicht näherzubezeichnendenEpoche die Fähigkeit zur Aufnahme der Schallwellen an einer bestimmte Stelletübersesangen’ist. Bei Abfassung der vorliegenden Arbeit ist mir vor allem der wohlwollende Beistand des Herrn Professor Lachi zu Statten gekommen; ihm sei auch an dieser Stelle mein wärmster Dank dargebracht! Bibliographie. 1. Ayers, H., Vertebrate Cephalogenesis. II. A Contribution to the Morphology of the Vertebrate Ear, with a Reconsideration of its Functions. Journal of Morphologie. Vol. IV, N. 1. 1892. 2. Balfour, F.M., A preliminary account of the development of the Elasmobranch fishes. Quart. Journ. of mier. Science. XIV. 1874. 3. [5 10. 11. Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 681 Derselbe, AMonograph on the development of Elasmobranch fishes. London 1878. „The Works of F. M. Balfour London 1885, vol. I“. Beard, J., On the segmental sense Organs of the Lateral Line, and on the Morphologie of the vertebrate Auditory organ. Zoolog. Anzeiger. 1884. N. 161, 162. Derselbe, The System of Branchial sense organs and their Asso- eiated Ganglia in Ichthyopsida. 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C — Herz. od = Rückenrand. ce = Kopfhöhle. | ov = Bauchrand. . ed = Chorda. ' P.M = Rückenmarkplatte. eg = „Ganglienleiste* (Gang- | rl — „Recessus Labyrinthi.“ lienkamm). |so =Somit. ec = Ektoderm. |sc = Kopfsomit. ecbr = Ektoderm der Branchial- 7Tn = Nervenrohr. zone. tr fa — Nervenstamm des Facialis. ec au —= Ektoderm des Gehöror- | frac —Nervenstamm des Acusti- gans. cus. es —= Obere Schicht des Ekto- | fr gl = Nervenstamm des Glosso- derms. | pharyngeus, ep =Untere Schicht des Ekto- | tv! =Erste Darmtasche. derms. | tv2 = Zweite Darmtasche. Ka °— Pharynz VA = Gehörblase. fb! =Erste Schlundspalte. | V! = Vordere Gehirnblase. fb? = Zweite Schlundspalte. © — Dötter: I. A = Gehör-Invagination. vg = Halsader. in = Nerv. intermedius. Die Zeichnungen habe ich theils mit dem His’schen Embryograph, theils unter Verwendung des prismatischen Theils in Verbindung mit Zur Entwickelung der Gehörblase bei den Wirbelthieren. 685 einem Zeiss’schen Mikroskop (Objektive A. und D.) ausgeführt. In diesem letzteren Falle ist die Vergrösserung jeweilen in Hundertsteln von Millimetern angegeben. Fig. 10. Fig. 11. Tafel XXXIl. Querschnitt eines Hühnerembryo mit 5—6 primären Somiten im Gebiete der vorderen Kopfregion. — Vergrösserung 140. Querschnitt der hinteren Kopfregion (Gehörzone) eines Embryo mit 7—8 Somiten. — Vergrösserung 140. Querschnitt desselben Embryo im Stammgebiet. — Vergrösse- rung 140. Details des Ektoderms des Stammes, entsprechend dem vor- hergehenden Schnitte. — Vergrösserung 520. Senkrechter Schnitt durch die Gehör-Invagination eines Hühner- embryo mit 11 Somiten. — Vergrösserung 90. Senkrechter Schnitt durch die Gehör-Invagination eines Hühner- embryo mit 13 Somiten. — Vergrösserung 30. Querschnitt der Gehör-Invagination eines Hühnerembryo mit 15 Somiten. — Vergrösserung 140. (Querschnitt eines Hühnerembryo mit 23 Somiten entsprechend dem hinteren Drittel der Gehör-Invagination. — Vergrösse- rung 90. Die Gehör-Invagination im selben Querschnitt mit 140 Vergrösserung. Ein Hühnerembryo mit einem Frontdurchmesser von 1,3 mn im (dem hinteren Drittel der Gehör-Invagination entsprechen- den) Querschnitt. — Vergrösserung 140. Die Gehörblase eines Hühnerembryo von 2 mm Front- durchschnitt in schief geneigtem Querschnitt. — mn: bezeichnet die Stelle, wo die Zellen des Gehörnervenstamms sich in die Zellen des Gehör-Epithels einkeilen. — p das verdickte und zellenerzeugende Ektoderm des Branchialgebiets („Branchial Sinnesorgan“). — Vergrösserung 140. (rehör-Invagination eines Embryo von Mustelus v. von 3l/;mm Länge, im Querschnitt. — Vergrösserung 140. Dieselbe bei einem Embryo Mustelus v. von 5mm Länge. — Vergrösserung 140. Tafel XXXII. Embryo von Pristiurus melan. von 12 mm Länge in, dem akustikofacialen Nervenbündel entsprechendem, schief ge- neigtem Querschnitt. — Vergrösserung 140. . Embryo von Pristiurus mel. in schief geneigtem der Gehör- blase entsprechendem Durchschnitt. — Vergrösserung 140. 686 Camillo Poli: Zur Entwickelung der Gehörblase ete. Fig. 13. Gehirnplatte einer Larve von Bufo vulgaris in schief ge- neigteım Querschnitt. — se äusseres Götte’'sches Segment. — Vergrösserung 50. Fig. 14. Embryo von Hyla arb. von 2 mm Länge in einem der Gehör-In- vagination entsprechenden Querschnitt. — p: mit dem Ekto- derm verschmolzenes Distal-Ende des ersten Periaxalstranges. — Vergrösserung 140. Fig. 15. Gehör-Invagination eines Embryo von Hyla arborea von 21/,mm Länge im Querschnitt. — Vergrösserung 140. Fig. 16. Gehörblase eines Embryo von Hyla arb. von 3 mm Länge im Querschnitt. — Vergrösserung 140. Bemerkung zu der Arbeit von Dr.Oarl Niessing über „Die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre am Aufbau des Samenfadens bei Säugethieren.“ Von Dr. med. E. Ballowitz, a.-0. Professor und Prosektor in Greifswald. In seiner Arbeit über „die Betheiligung von Centralkörper und Sphäre am Aufbau des Samenfadens bei Säugethieren“, welehe im letzten Hefte dieses Archivs erschienen ist, hat ©. Nies- sing auch die Structur der reifen Samenkörper der Säugethiere behandelt. Alles, was dieser Autor über den Achsenfaden, den Halsabschnitt des Achsenfadens, die Zusammensetzung des Ver- bindungsstückes, den Endknopf u. s. w. dort sagt, ist von mir bereits bei zahlreichen Säugethieren (darunter auch die 3 von Niessing untersuchten Arten: Meerschweinchen, Ratte und Maus) festgestellt und ausführlich beschrieben worden in einer grösseren, in Band LII der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoolo- gie 1891 erschienenen Arbeit, welehe C. Niessing völlig ent- E. Ballowitz: Bemerkung zu der Arbeit von Dr. ©. Niessing ete. 687 gangen zu sein scheint. Auch über die Kopfkappe und die Structur des Kopfes wird C. Niessing in eier anderen Ar- beit von mir (Die Bedeutung der Valentin ’schen Querbänder am Spermatozoenkopf der Säugethiere, Archiv für Anatomie und Physiologie, anat. Abtheilung, 1591) manches ihm inzwischen bekannt gewordene vorfinden. Hätte ©. Niessing auch meine anderen Arbeiten über die feinere Zusammensetzung der Spermatozoen der Thiere be- rücksichtigt, so würde er seine sonderbare Theorie über die Con- tractilität der Spirale des Verbindungsstückes und über die „elastische“ Aufgabe der Achsenfibrillen wohl nicht aufgestellt haben. Denn die fibrilläre Zusammensetzung z. B. der Samen- körper der Inseeten (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Band L, 1890), der urodelen Amphibien (dieses Archiv Bd. 36) und vieler wirbelloser Seethiere (internationale Monatsschrift für Anat. und Phys. 1894, Bd. XD), an deren contractilen Theilen keine Andeutung einer Spiralbildung vorhanden ist, beweisen zur Genüge, dass die Fibrillen die Träger, das histiologische Sub- strat der Contraetilität sind (vgl. auch: Fibrilläre Struetur und Contraetilität, Archiv für die ges. Physiologie, Bd. XLVI, 1889). Auch schon die Structur des Verbindungsstückes der reifen Samenkörper der Säugethiere spricht gegen die haltlose An- nahme des genannten Autors; denn wenn auch, wie ich gefunden habe, die Spirale erhalten bleibt, so sind die Zwischenräume zwischen den Windungen doch von einer festeren Zwischensub- stanz ausgefüllt, sodass die Spiralwindungen festgelegt sind, wie ich bei den Säugethieren 1. ec. nachgewiesen habe, abgesehen davon, dass die Einbiegungen der Geissel stets in einer bestimm- ten Ebene stattfinden. Die von mir aufgefundenen Thatsachen sind wohl geeignet, die Gewissensskrupel von Niessing zu zerstreuen, wenn er sagt (p. 139): „Es ist aber schwer zu verstehen, warum erst eine Spirale gebildet wird, wenn sie gleich darauf in eine homogene structurlose Masse umgewandelt wer- den soll.“ Aber selbst von allen diesen histiologischen Gegengründen abgesehen, würde C. Niessing in meiner Abhandlung eine physiologische Beobachtung gefunden haben, welche seine Theorie direkt ausschliesst und welche für die Entscheidung der Frage, an welchen Bestandtheil des Spermatosoms bei den Säugethieren 688 E. Ballowitz: die Oontraetilität derselben gebunden ist, von grösster Bedeutung ist. leh machte diese Beobachtung an den lebenden Samen- körpern bestimmter Fledermaus-Arten, welche sich dadurch aus- zeichnen, dass die Spiralbildung des Verbindungsstückes ganz ausserordentlich entwickelt und auch am ausgereiften Samen- körper sehr deutlich ist, während der Achsenfaden auf der Strecke zwischen Kopf und vorderem Ende des Verbindungs- stückes mit einem relativ sehr langen „Halsabschnitt‘‘ frei vor- liegt und daher der direeten Beobachtung zugänglich ist. Die betreffende Stelle in meiner Arbeit lautet (l. e. p. 255): „Die Beobachtung nun, welcher ich eine grosse Bedeutung beilegen muss, ist folgende: Ich sah nämlich an Spermatosomen von Vesperugo, welche dem Absterben nahe waren, dass das vordere Ende des Verbin- dungsstückes sich dann langsam und mühsam, gewissermaassen krampfhaft, hakenartig umbog. Hatte die Umbiegung ihren höchsten Grad erreicht, so verharrte das Verbindungsstück kurze Zeit auf diesem Höhepunkt der Contraction, um dann etwas schneller sich wieder zu streeken. Diese krampfartigen Contrac- tionen konnten sieh mit Zwischenpausen einige Male wieder- holen, bevor definitive Ruhe eintrat. Verweilte nun die Geissel im Zustande dieser äussersten Contraction, dannsahichwieder- holt'isehr deutlich, dass .der Kopfsich im Ha182 dabeinach der Seite bog, nach welcher die Um- biegung stattfand, so dass die eine Kopfkante sich aufden Rand des abgestutzten Endes der Hülle: des‘ Verbindungssstückes ‚aufstemimer Hierdurch wurde der halsartige Spaltraum auf dieser Seite ganz eingeengt, während et auf der entgegengesetzten weit klaffte. Diese Er- scheinung ist nur dadurch möglich und dadurch zu erklären, dass sich der im Halse befindliche, hüllenlose Abschnitt des Achsenfadens mit contrahirt. Denn nimmt man an, dass der Achsenfaden nieht eontraetil ist, vielmehr nur als innere Stütze der Geissel fungirt, dass dagegen der Hülle die Contractilität innewohnt, so könnte die von mir beobachtete Erscheinung nicht eintreten, es müsste der Hals bei einfacher Umbiegung des Ver- bindungsstückes zu beiden Seiten des Achsenfadens gleich breit bleiben. Hiermit steht jedenfalls auch die Beobachtung im Zu- Bemerkung zu der Arbeit von Dr. ©. Niessing etc. 689 sammenhang, welehe man an frischen, bereits abgestorbenen Spermatosomen von Vesperugo noctula häufig machen kann, dass nämlich der Kopf im Halse seitlich umgebogen ist und diese Umbiegung vorläufig noch einige Zeit bewahrt, auch wenn das Spermatosom passiv durch einen Flüssigkeitsstrom bewegt und herumgerollt wird; dieselbe gleicht sich erst wieder aus, wenn postmortale Erschlaffung eingetreten ist. Esist durch diese Beobachtung mithin die Kontraeti atatlidesivon„der Hülle freiemath- schnittes des Achsenfadens und damit wohl des ganzen Achsenfadens bewiesen. Wenn man hiermit nun die Thatsache in Beziehung bringt, dass die Ausbildung der Hülle bei den Säugethieren so ansser- ordentlich variirt, während der Achsenfaden im Verhältniss zu der Grösse des Spermatosoms stets gleichmässig und ganz cha- racteristisch entwickelt ist, so geht hieraus wohl mit grösster Wahrschemlichkeit hervor, dass nur der Achsenfaden derjenige Theil des Spermatosoms sein kann, welcher als Träger der sich so auffällig äussernden Contractilität der Säugethierspermato- somen aufgefasst werden muss. Uebrigens sei hier noch bemerkt, dass nicht nur das Ver- bindungsstück, sondern auch der übrige ganze Theil der Geissel contraetil ist. —“ Durch obige, von mir 1891 publieirte Daten dürfte mithin die ganze, von Niessing aufgeworfene Frage bereits so gut wie erledigt sein. Das Beispiel Niessing’s zeigt, dass es recht leicht ist, Theorien aufzustellen; 'Thatsachen aufzufinden ist dagegen schon wesentlich schwieriger. Zugleich lehrt dies Beispiel, dass eine gewissenhafte Berücksichtigung der Literatur recht nützlich werden und vor Irrthümern bewahren kann. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 48 45 690 Weitere Bemerkungen über den Einfluss von Licht und Temperatur auf die Färbung der Salamanderlarve'). Von W. Flemming, Professor in Kiel. Kürzlich (November) fand ieh trächtige Mutterthiere von Salamandra, denen ich Larven entnehmen und daran einige wei- tere Versuche tiber den Gegenstand der eitirten Arbeiten an- stellen konnte. Es hat sich dabei ergeben, dass die Angabe A. Fisehel’s, wonach die Larven durch erhöhte Temperatur gebleicht werden, völlig richtig ist, was ich in dem unten ei- tirten Aufsatz ja auch als möglich zugegeben, aber noch als zweifelhaft betrachtet hatte. Dieser Zweifel war, wie ich gern anerkenne, nicht begründet. Ebenso kann ich aber auch meine eigenen Beschreibungen über den Einfluss des Lichts (2) vollstän- dig aufrecht halten, die ja übrigens schon nach dem Inhalt jenes meines Aufsatzes gesichert stehen. Ich habe jetzt folgende Versuche gemacht. I. a) Eine Portion Larven kam in einem kalten Keller- raum (4—5°C.) in einem weissen Gefäss ans Fenster; b) eine andere daselbst in einem grauen, durch ein Brett abgeschirmten Aquarienkasten ins Dunkle. “Il. a) Eine weitere Portion in einem mittelst Dauerofen geheizten Zimmer (19—20° C.) in weissem Gefäss ans Fenster; b) eine andere daselbst (gleich weit vom Ofen) ins Dunkle (braunes halbzugedecktes Steingutgefäss). Erwärmung der hellen Gefässe durch die Sonne ist ausge- schlossen, da diese im Winter in keins der beiden Zimmer scheint. 1) Ich bitte zu vergleichen: (1) A. Fischel, Ueber Beeinflussung und Entwicklung des Pig- ments. Dies Archiv Bd. 47, pag. 719. (2) W. Flemming, Ueber den Einfluss des Lichts auf die Pig- mentirung der Salamanderlarve. Ebenda Bd. 48, pag. 369. Weitere Bemerkungen ü. den Einfluss von Licht u. Temperatur ete. 691 Die Larven wurden mit Tubifex rivulorum gefüttert. Nach 8 Tagen wurden die verschiedenen Portionen, in weissen Gefässen, auf ihre Farbe verglichen. I. Während die Larven I b) so dunkel geblieben sind, wie die der Mutter entnommenen zu sein pflegen, ‚sind die Larven I a) erheblich abgeblichen, hellbräunlich. II. Die Larven II b) sind unverkennbar abgeblichen, sie haben ungefähr die gleiche Färbung wie die Thiere la). — Die Larven II a) sind wiederum heller, sie zeigen die hellste bei vorgenannten Versuchen erzielte Färbung. Es ergiebt sich also, dass sowohl erhöhte Temperatur, als helles Licht bleiehend auf die Larven einwirkt. Man kann, wie ich Fischel durchaus zugebe, allen durch höhere Tem- peratur auch im Dunkeln ein Hellwerden derselben erzielen. Versuchsweise habe ich eine Portion Larven, allerdings in weissem Gefäss, in der Nähe des Dauerofens gehalten, wo die Temperatur ihres Wassers etwa 24° 0. betrug; diese Larven wurden in zwei Tagen noch bedeutend blasser, als die bei 19° am Fenster stehenden, ebenso blass, wie die Larven im Sommer in hellen Gefässen werden. — Andererseits steht es aber auch sowohl nach den hier als nach den in (2) mitgetheilten Beobachtungen ausser Zweifel, dass die Bleichung durch Licht allein ohne Betheiligung der Temperatur erzielt werden kann, da sich ja die Thiere in “Versuch I hier, sowie meine gewöhnlich aufgezogenen Sommerlarven, in gleichen Temperaturverhältnissen befunden haben; dennoch werden die in den hellen Gefässen befindlichen blass, die in dunklen Behältern bleiben dunkel. Dass die Bleiehung durch Licht bei den jetzigen (Novem- ber-) Thieren langsamer vor sich geht, und’der Grad derselben geringer ist, als bei den von März bis Juli behandelten Larven, ist nicht zu verkennen; die letzteren sind schon nach wenigen Tagen Aufenthalt im weissen Gefäss heller, als die November- larven nach achttägigem, und nach 1—2 Wochen ganz’gebleicht. Dies ist aber ganz erklärlich, da man ihnen hier in jetziger Jahres- zeit nur 6—7 Stunden Tageslicht bieten kann, während sie im Frühsommer 17—18 Stunden desselben geniessen. Dass, woran sich vielleicht denken liesse, ein Unterschied in der Bleichungsfähigkeit zwischen natürlich abgelegten, und der getödteten Mutter entnommenen Larven existiren sollte, in 692 W. Flemming: Weitere Bemerkungen über den Einfluss ete. der Art, dass letztere langsamer gebleicht würden, kommt mir nicht wahrscheinlich vor. Denn ich habe im Frühling sehr oft Thiere getödtet und die ihnen entnommen Larven mit den natür- lich abgelegten aufgezogen, ohne dass mir ein Unterschied in der Bleichung beider auffällig geworden wäre. Dass die Herbst- larven am Licht langsamer abblassen, als die Frühlingslarven, lässt sich, wie eben gesagt, wohl hinreichend aus dem Licht- mangel in ersterer Jahreszeit erklären. 30. November 1896. Die Leydig’sche Zwischensubstanz des Hodens. Eine historische Notiz. Von L. Stieda. Die Leydig’sche Zwischensubstanz (interstitielle Zellen, Zwischenzellen u. s. w.) ist in der letzten Zeit von ver- schiedenen Autoren einer eingehenden Untersuchung unterworfen worden. Ich nenne die folgenden Arbeiten: Dr. Hansemann, Ueber die Zwischenzellen desHodens und deren Be- deutung bei pathologischer Veränderung (Virchow’s Archiv für path. Anat. Bd. 142. Berlin 1895); ferner Julius Plato, Die interstitiellen Zellen des Hodens in ihrer physiologi- schen Bedeutung (Archiv für mikr. Anatomie. Bd. 48. Bonn 1896, S. 280-304); Dr. v. Lenhossek, Zur Kenntniss der Zwischenzellen des Hodens (Vortrag in der Anat. Sektion der Naturforscher-Gesellschaft zu Frankfurt a. M. Sept. 1896). Da ich annehmen darf, dass die jetzt aufs Neue angeregte Frage nach der Beschaffenheit, Bedeutung und dem Ursprung der Zwischensubstanz im Hoden weitere Bearbeitung finden wird, so halte ich die vorliegende geschiehtliehe Bemerkung für zeit- gemäss. L. Stieda: Die Leydig'sche Zwischensubstanz des Hodens. 695 Wer hat die Zwischensubstanz im Hoden des Menschen und der Säugethiere zuerst beschrieben? Wer hat somit die Zwischen- substanz entdeckt? — Herr v. Lenhossek hat in seinem Vortrag auf der Natur- forscher-Versammlung Herrn Kölliker den Entdecker der Zwi- schensubstanz genannt — ich habe bereits damals widersprochen. Nun schreibt Jul. Plato in seiner oben eitirten Abhandlung: „Entdeekt wurde die interstitielle Zwischensubstanz beim Men- schen von Kölliker“ (Mikroskop. Anat. Bd. II. Leipzig 1854, S. 392)*. Weiter schreibt der genannte Verfasser: „Einige Jahre später erschien das Lehrbuch Leydig’s, das die interstitielle Substanz zum ersten Mal zum Gegenstand einer vergleichend anatomischen Studie machte. Leydig findet bei allen untersuchten Säugethieren im Bindegewebe zwischen den Samenkanälchen eine zellenartige Masse u. s. w.“ (Handbuch der Histologie. Frankfurt a. M. 1857). Das nimmt sich nun doch ganz so aus, als ob zuerst Kölliker die Zwischensubstanz entdeckt und danach Leydig seine vergleichend anatomische Studie über die Substanz gemacht hätte. — Aber es ist gerade umgekehrt. Erst hat Leydig 1850 als das Resultat seiner vergleichend-anatomischen Studien die Existenz einer Zwischensubstanz im Hoden der Säugethiere festgestellt, und danach hat Kölliker die Substanz auch im Hoden des Menschen beschrieben. Der Entdecker ist somit Leydig, nieht Kölliker. — Ich habe deshalb in der Ueberschrift die betreffende Substanz gleich als Leydig sche Zwischensubstanz bezeichnet. Leydig hat in der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoolo- gie, II. Bd., Leipzig, S. 1—57, im Jahr 1850 einen Aufsatz ver- öffentlicht unter dem Titel: „Zur Anatomie der männ- lichen Geschleehtsorgane und Analdrüsen der Säugethiere.* Hier heisst es auf S. 47: „Aus der verglei- chenden Histologie des Hodens hat sich ergeben, dass ausser den Samenkanälchen, Gefässen und Nerven sich noch ein constanter Bestandtheil im Säugethierhoden findet, eine zellenähnliche Masse nämlich, welche, wenn sie nur in geringer Menge vorhanden ist, der Bahn der Blutgefässe folgt, die Samenkanälchen aber allenthalben einbettet, wenn sie an Masse sehr zugenommen hat. Ihr Hauptbestandtheil sind 694 L.Stieda: Körperchen von fettartigem Aussehen, in Essigsäure und Natron caustieum unveränderlich, farblos oder gelblich gefärbt; sie um- lagern helle, bläschenförmige Kerne, und ihre halbflüssige Grund- masse mag sich auch wohl zu einer Zellmembran verdichten, wenigstens zieht sich bei manchen Säugethieren um den ganzen Körnerhaufen ein scharfer Contour, auch ist bei vielen der ganze Habitus so, dass man von einer fertigen Zelle sprechen kann.“ Es kann kaum angezweifelt werden, dass die hier gelieferte Beschreibung sich auf die sogenannte Zwischensubstanz be- zieht. Auf der Tafel I des betreffenden Aufsatzes sind die Zellen auch abgebildet (Fig. 6 u. 7). Leydig traf. die Zwischensub- stanz im Hoden der Hautflügler (Pteropus vulgaris; Phyllostoma hastatum, Vesperugo pipistrellus und Vespertilio serotinus), bei Insektenfressern (Maulwurf), bei Fleischfressern (Katze) u. s. w. Die von Kölliker gegebene Beschreibung der in Rede stehenden Substanz findet sich in seiner „Mikroskopischen Ana- tomie oder Gewebelehre des Menschen“ II. Bd. 2. Hälfte, Leipzig, S. 392, die erst im Jahr 1854 veröffentlicht ist. Die Abhandlung Leydig’s ist Kölliker bekannt gewesen, sie ist auf S. 425 eitirt; es ist auch nicht gesagt, dass Kölliker jene Zwischen- substanz als erster gesehen hätte. Die Angabe, dass Leydig der Entdecker der Zwischen- zellen des Hodens sei, findet sich auch sonst in |derZLiteratur. In einem Aufsatz, den ich vor 20 Jahren veröffentlicht habe (Ueber den Bau des Menschenhodens im Archiv f. mikr. Anat. Bd. XIV, Bonn 1877, S. 1-49) erwähne ich die Abhand- lung Leydig’s (1850) und füge hinzu: „in ‚weleher zum ersten Mal der sogenannten Zwischensubstanz des Ho- dens Erwähnung geschieht.“ Ausserdem ist eine Doktor-Dissertation zu nennen, die im Jahr 1877 in Dorpat unter meiner Leitung verfasst worden ist: W. Messing, Anatomische Untersuchungen über den Testikel der Säugethiere. Dorpat 1877. Mit einer Tafel. Diese Abhandlung ist offenbar den oben genannten 3 Autoren (Hansemann, Plato und Lenhossck) entgangen. Unter den 14 Figuren der beigegebenen Tafel giebt Fig. 8 eine Ab- bildung der Zwischenzellen und die Erklärung dazu lautet (S. IT): Die Leydig’sche Zwischensubstanz aus dem Hoden des Maulwurfs. ITerr Messing untersuchte die Hoden folgender Säugethiere: Die Leydig’sche Zwischensubstanz des Hodens. 695 Hund (Canis familiaris), Katze (Felis domestica), Baummarder (Mustela martes), Stier (Bos taurus), Schafbock (Ovis aries), Eber (Sus domesticus), Makak (Inuus eynomolgus), Pferd (Equus caballus), 9. Maulwurf (Talpa europaea), 10. Igel (Erinaceus europaeus), 11. Grossohr (Pleerotus auritus), 12. Kaninchen (Lepus euniculus), 13. Meerschweinchen (Cavia cabaya), 14. Ratte (Mus decumanus, M. rattus), 15. Maus (Mus museulus). In der zusammenfassenden Darstellung heisst es zum Schluss (S. 96): „Die Leydig sche Zwischensubstanz bildet, wie Leydig zuerst mit Recht bemerkt hat, einen econstanten Be- standtheil des Säugethierhodens. Sie ist aber nicht gleich reich- lich in allen Hoden vorhanden. Reich an derselben sind die Hoden des Ebers, des Hengstes, des Maulwurfs, der Ratte, wo- gegen sie beim Kaninchen nur spärlich zu finden ist. Die Zellen der Zwischensubstanz sind granulirt, pigmenthaltig, von verschie- dener Grösse, enthalten einen runden Kern mit 1—2 Kernkörper- chen. Diese Zwischensubstanz wird heute mit sehr geringen Ausnahmen von Allen zu der Gruppe der Bindesubstanzen ge- rechnet. Es wäre lohnenswerth zu versuchen, auf dem Wege der Entwickelungsgeschichte die Natur dieses un- gekannten Hodenbestandtheils näher kennen zu lernen.“ Eine kurze Besprechung der Dissertation Messing's findet sich in Virchow-Hirsch Jahresbericht für das Jahr 1877 (Berlin 1578) in der Abtheilung „Histologie“, die W. Waldeyer bear- beitet hatte. un Io a ee) Universitäts-Buchdruckerei von Carl Georgi in Bonn. Archir f£mikros Lith. AnstwWerner &Winten Frankfi Zen — EEE EEE TEEN (ne = u I ö i w ’ 2 | % | 2 7 j u * 2 ü . > 4 a > ü 5 # - n = R \ . E 5 - 2 j 5 7 ü | e R / # =, “ \ u u 2: R 2 “ ü a * “ z -M rn f E ' 5 hi N ü . £ z EN 5 B i i E f es . N j ä B u er Pr A Fe I . - 2 - Pr * E3 px y s 5 r N . h \ = Da = - = 5 . v- y. Archwr fi mikroskop. Anatomie Ba. KCKKFHI. Li. Ansew Werners linter Frankfurt. ”. Archir f mikroskop. Inatomie Ba.XXXrar Jh Änst.vWerner &Winter, Frankfürt#M. FE Meves Gez.v 6 {N [2 2 “ je oA 7 fl R1 en) ei - Fr u = De } yı . 5 5 u Br 75 EG 5 . b4 r 1. ed Dar rv . “En DE nd ri e Ban - 5 BEE ans ze Be N + Er j Dr . u D = r Fr - ie - “ nn} u ° . . a Mr - (Br B PR u = Fa = re vB ce ö Ir ni gel u E Archiv £ mikroskop. Anatomie BdXNXXVHT. FERRTRDINET: Dr N ‚Anatomie Bd.XMATH. f mikroskop. 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