—— Au BUREDDESEENN PEEBEEEN muB: n De rer Don . Kite Ben f Po nl a T — Pr . = Eee gr a : 3% Ba ms E STTTRITT Pen # [9 44 RE ’ 2 % | Ye Kr i RT; u BER Afar ®, ee LABORATORY, MARINE BIOLOGIGAL ved. Rece Accession No. OGIVBRIBENARHRRN.... 0 PISGD. Ar. han L.) 2 E & o & i E a 2 e ä £ a s « E r “ oratory without the permission of the Trustees, n vo 4 ex u’ Archiv für Mikroskopische Anatomie und Enntwicklungsgeschichte herausgegeben von O. Hertwig in Berlin, v. la Valette St. George in Bonn und W. Waldeyer in Berlin. Fortsetzung von Max Schultze’s Archiv für mikroskopische Anatonie. Einundfünfzigster Band. Mit 28 Tafeln und 90 Figuren im Text. Bonn Verlag von Friedrich Cohen 1898. = an: Ba } 2: MR . f Di Br oiniods ade R. | bag & 2% SR BIRT ‚eis one Kin % EHHaR ke REN WW ERBE En A EREN ne alt hl ZI Phil 4" RAS EN Bet: rt « \ Y ir PERLE ÄNERE ER ID/IE - » VER KE IR EUR RL.) lee ‚ Et 3 ER j * f WR a 2 v u T a 5 i i % » . zu f N ur 4 I) ' Er 2 } I " ae r z » Pur DEUTET ar re ee ne . Leu wer nr 4 43°», ' ' d Varia .wr 4 . “. nie eg ; 2 u 2 “ ) N . > NER, | ln vs e “ ix RR ea Aa r Ü Ab SnE y Leon 1 a # 1. M- » ö " »| n r urn “ ; " ) DTM 4 N DL { Inhalt. Ueber die Entwieklung der Darmlymphknötchen und über die Rückbildung von Darmdrüsen. Von Ph. Stöhr in Würzburg. Hievzu Datei L—-1V..7.0270.:0: . 5 SR Nox a Zur Entwicklung der Hypophyse bei Ssledin on Dr. Hans Salzer, gew. Il. Assistent am anatomischen Institute der deutschen Universität in Prag. Hierzu Tafel V : Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. Von Dr. Alexander Maximow. (Aus dem Institut für patholo- gische Anatomie an der Kaiserlichen Medieinischen Militär- Academie zu St. Petersburg; Direktor: Prof. Dr. K.N. v Wino gradow.) Trerzusttel VE WINDE nn. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwicklung der Blut- elemente. Von Dr. med. Gregorius Masslow. (Aus dem histologischen Laboratorium der Universität Charkow [Prof. Kultscehitzky].) Hierzu Tafel VIII u. IX. Pr Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. Von Fr.Kopsch, Assistent am J. anatomischen Institut zu Berlin. IEHOTZUF PATE ERSTE ER ee en RE Fee 2 re ET, Notiz zu dem Aufsatze OÖ. Frankl's: Die Ausfuhrwege der Harn- samenniere des Frosches. Von M. Nussbaum ... Untersuchungen über Spermatogenese. Von M. v. Lenhossek in Tübingen. (Aus dem anatomischen Institut zu Tübingen.) Hierzu’ Tatel AIL XIII, XIVSundı IL Textigur!. a Ueber den Einfluss der Temperatur auf die Entwicklung von Haha fusca und Rana esculenta. Von Dr. Oscar Hertwig. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universi- tät.) Hierzu Tafel XV, 2 Tabellen und 36 in den Text ge- üruektienPicuren..:. 2.7. cu. ee Re 3 Das Centralnervensystem von Oeinus Mana Ein anatomisch- physiologischer Versuch. Il. ‚Theil. (3. Mittheilung.) Von Albrecht Bethe. (Aus dem physiologischen Institut der Universität Strassburg.) Hierzu Tafel XVI und XVII. Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe der Cyclostomen und seine Histogenese. Von F. K. Studnicka in Prag Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. VonK.Kosta- necki. (Aus dem anatomischen Institut der Jagellonischen Universität in Krakau.) Hierzu Tafel XVII und XIX .. Seite 68 157 319 IV Inhalt. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. Von Dr. Gaku- taro Osawa aus Japan. (Aus dem anatomischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) Mit 53 Figuren im Text Histologische Untersuchungen über den Einfluss des Schneidens der Haare auf ihr Wachsthum. Von €. W. Bischoff. (Aus dem anatomischen Institut zu Bonn.) . . .».. ae Ueber das Fehlen einer Querschichtung in den Kernen der mensch- lichen Stäbcehensehzellen. Von W. Flemming, Prof. in Kiel Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. Von Dr. med. L.Michae- lis. (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universität.) Hierzu Tafel XX und XXI. .. 2.2. u Helminthologische Beobachtungen. Zur Entwicklungsgeschichte von Gordius aquaticus Gmel. Von Dr. v. Linstow in Göt- tingen. Hierzu Tafel XXII . ... EU r0E Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden ar Halter punctata, Die weiblichen Geschlechtsorgane. Von Dr. Gakutaro Osawa aus Japan. (Aus dem anatomischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) Hierzu Tafel XXIII, XXIV Und XIEV. 5 ee re EL ne a N Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. Von Hans Beissner. (Aus dem anatomischen Institut zu Bonn.) Hieratt "TosolL SAY 4 oe A fe SS a Experimentelle Untersuchungen über die Sehbahnen des Gold- karpfens (Cyprinus auratus). Von Dr. med. Karl Krause. (Aus dem Dr. Senckenbergischen pathologisch-anatomischen Institut zu Frankfurt a. M.) Hierzu Tafel XXVI .... Ueber regenerative Amitose, Degenerationserscheinungen und Phagocyten in den Athemröhren der Janellen. Von Prof. L. Plate (Berlin), Hierzu, Tafel-XXVIIL.-. .:. rss Bemerkung zu M. Nussbaum’s Notiz über meinen Aufsatz „Die Ausfuhrwege der Harnsamenniere des Frosches“. Von Dr. Di’Erankl. Wien 2... an ee Seite 481 764 339 Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen und über die Rück- bildung von Darmdrüsen. Von Ph. Stöhr in Würzburg. Hierzu Tafel I—IV. In der 9. Versammlung der anatomischen Gesellschaft hat Retterer über den Ursprung der geschlossenen Follikel des Darmrohres (Noduli Iymphatiei N. A) vorgetragen; die Schlüsse, zu denen er auf Grund jahrelanger, an den verschiedensten Säuge- thieren angestellter Untersuchungen gelangt ist, lauten: Zellen epithelialen Ursprunges tragen zur Bildung der geschlossenen Follikel der Mandeln und der,Peyer’schen Plaques: bei. Diese, Zellen stammen von epithelialen Knospen, welche das mesodermale Gewebe einhüllt, und bilden sich zu lymphoiden Elementen um. Das folliculäre Ge- webeist also aus epithelialenElementen und aus mesodermalen oder bindegewebigen Elemeuten zusammengesetzt (31 pag. 9). In der an diesen Vortrag anschliessenden Discussion ist auf eine Reihe analoger Vorgänge hingewiesen worden; Retterer's Ansicht, dass Epithelzellen sich zu Iymphoiden Elementen um- wandeln, hat bei dieser Gelegenheit Freunde und Gegner ge- funden; ich für meine Person habe stets unter den Reihen der Gegner derartiger Anschauungen gestanden, denn, wo immer ich die diesbezüglichen Angaben durch Nachuntersuchungen geprüft habe, immer wieder hat sich herausgestellt, dass diese Ansicht auf Täuschungen beruhte, dass die von den betreffenden Autoren Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 51 21 2 Ph. Bt oh als Beweismaterial herangezogenen Bilder in ganz anderer Weise zu versteben sind. Das ist auch bei den Arbeiten Retterer's der Fall. iR Es ist nicht meine Absicht, noch einmal in extenso auf unsere Differenzen hinsichtlich der Entwicklung der Mandeln einzu- gehen; ich habe die Gründe, welche die Hypothese Retterer's für mich unannehmbar machen, schon eingehend erörtert. Allein es scheint mir doch nicht rathsam, die ganze Discussion darüber zu schliessen, denn es handelt sich hier nicht um eine kleine Spezialfrage, sondern um Dinge von weittragender Bedeutung, Dinge, die auch für die pathologische Anatomie von grosser Wichtigkeit sind. So möchte ich denn für diejenigen, welche nicht auf Grund analog scheinender Prozesse (die nach meinen Erfahrungen gar nicht als entscheidend herangezogen werden können), sondern durch Untersuchungen desselben Objeetes sich ein eigenes Urtheil bilden wollen, eine Wegleitung schaffen, indem ich die strittigen Punkte noch einmal scharf präcisire. Es scheint mir das um so nothwendiger zu sein, als Retterer seit jenen meinen Publikationen nicht nur meinen Angriff zurückzuweisen, sondern auch neue Stützen für seine Theorie zu bringen ver- sucht hat. Erörtern wir kurz Punkt für Punkt die Gegensätze: Retterer(21 pag. 6) sagt über die Entwicklung der Mandeln: „Das Epithel der Oberfläche des Darmkanals treibt Sprossen, welche in das mesodermale Gewebe eindringen, gerade wie es im Allgemeinen bei der Drüsenentwicklung der Fall ist.“ „Sie* (die Sprossen) „bilden Massen abgerundeter Zellen mit wenig Protoplasma!) (cellules basilaires). Diese Massen werden von dem mesodermalen Gewebe, welches sie vollkommen von dem Mutter- epithel trennt, umgeben.“ „Vor dieser Trennung ist die Grenze (die eigene Wandung oder die Basilarmembran) zwischen den Basilarzellen und dem jindegewebe verschwunden; die Verlängerungen des letzteren sind schon zwischen die Basilarzellen eingedrungen.“ „Während die peripherische Portion dieser Bildung dann 1) Retterer sagt „Aa faible corps cellulaire“, Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 3 zusammengesetzt ist aus einem Gewebe, dessen Netz bindegewebig und dessen Maschen erfüllt sind mit Epithelzellen, ist die centrale Portion in diesem Stadium rein epithelial.* „Im weiteren Verlauf der Entwieklung erstreckt sich das bindegewebige Netz immer mehr gegen das Centrum, indem es sich zwischen die Epithel- zellen hineinschiebt, die sich theilen und in Basilarzellen umwan- deln. So bildet sich das neue Gewebe des geschlossenen Follikels mit einem bindegewebigen Gerüst und mit besonderen Elementen epithelialen Ursprunges.“ Gegen diese Darstellung habe ich Folgendes geltend zu machen : 1) EpithelialeSprossen sind keine allgemeine Erscheinung bei der Tonsillenentwieklung. Sie finden sich nur bei jenen Thieren, deren Tonsillen verzweigte Spalten besitzen, also meist nur bei grösseren Thieren. Diese Sprossen sind nichts anderes, als die anfangs soliden Anlagen der von der primären Tonsillarspalte ausgehenden secundären und tertiären Seitenspalten. Die Epithelsprossen fehlen z. B. bei der Entwieklung der Kaninehentonsille, deren Höhle eine einfache, von glatten Wänden begrenzte Spalte ist und bleibt (17 pag. 15). Retterer hat auch Kaninchen untersucht (10 pg. 318), muss aber selbst zugeben, dass die Entwicklung von Sprossen dort nicht klar ist. Der in der eitirten Abhandlung gemachte Versuch, die Leueocyten von Einstülpungen der freien Oberfläche des Rachen- epithels abzuleiten (pg. 319), scheint vielleicht Retterer selbst nicht ganz gelungen, denn er kommt später (21 pag. 2) nicht mehr darauf zurück, sondern meint, man solle die Entwicklung der Tonsille nieht nur bei Thieren studiren, wo das genannte Organ in rudimentärem Zustande sei. Ich glaube, um von einem rudimentären Organe sprechen zu können, müsste erst der Nach- weis geliefert werden, dass die mit vielen Spalthöhlen versehene Tonsille der grösseren Thiere die ursprüngliche Form darstelle, aus der dann die einspaltige Kaninchentonsille durch Rückbildung der Nebenspalten hervorgegangen wäre. Dieser Nachweis ist nicht nur nieht erbracht, sondern im Gegentheil, das Umge- kehrte scheint der Fall zu sein: die Tonsille entwickelt sich über- all, soweit es bis jetzt bekannt ist, zuerst als eine einfache Spalte, von der erst dann nachträglich Seitenspalten entstehen. Man kann also bei der Kaninchentonsille nur von einem einfach gebauten, nieht aber von einem rudimentären Organ sprechen, 4 Ph. Stöhr: Bei diesen einfachen Tonsillen — und ich glaube, dass es sich auch so bei Tonsillen anderer kleiner Säuger verhält — findet die diesbezügliche Darstellung Retterer's keine Bestätigung. Die Sprossen müssen demnach als eine bei der Tonsillenentwieklung allgemein vorkommende Erscheinung gestrichen werden. In der Kaninchen- tonsille liegt ein Organ vor, auf welches Retterer’s Hypothese absolut nicht anwendbar ist, und diese für Retterer gewiss sehr unbequeme Thatsache wird weder durch die Bemerkung beseitigt, dass die Entwicklung der Kaninchenmandel sehr schwierig zu verfolgen sei (10 pg. 318 und 21 pg. 2) — ich finde sie im Gegentheil sehr leicht — noch durch den Hinweis, dass der Wurm- fortsatz des Kaninchens ein viel günstigeres Objekt für diese Frage sei. Was diese letztere Bemerkung betrifft, so gehört sie nicht hieher — in die Besprechung der Mandelentwicklung — ich werde später, an geeigneterem Platze, zeigen, dass auch da die Sache ganz anders abläuft. 2) Bei denjenigen Thieren, bei denen im Verlauf der Mandel- entwicklung Epithelsprossen auftreten, findet keine Ab- sehnürung der unteren Parthbie der Epithel- sprossen statt. Wer das oben (pg. 2) wörtlich übersetzte Resume Retterer’s liest, kann die Sache nur so versteh@n, dass Epithelmassen von ihrem Mutterboden völlig abgeschnürt in der Tiefe des Binde- gewebes liegen. Und in dieser Auffassung wird der Leser durch eine weitere Bemerkung Retterer’s (25 pag. 142) bestärkt, in welcher der Prozess mit der Entwicklung des Medullarrohres, des Gehörbläschens und der Linse verglichen wird. Es giebt aber gar kein Stadium, in welehem vom Oberflächenepithel völlig isolirte Epithelmassen in der Tiefe des Bindegewebes liegen, stets be- steht ein deutlicher Zusammenhang mit dem OÖberflächenepithel. Freilich findet man auf vielen Schnitten isolirte Epithelmassen, allein diese Isolation ist nur eine schein- bare; der Verfolg der Serie — und nur vollständige, lücken- lose Serien können da als Beweismaterial dienen — ergibt immer einen Zusammenhang mit dem Oberflächenepithel!),. Retterer 1) Mit demselben Rechte könnte man behaupten, es gebe Schweiss- drüsen ohne Ausführungsgang, wenn auf einem Schnitt nur der Kör- per, nicht aber der Ausführungsgang der Drüse getroffen ist, Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. B) hat aber bis jetzt noch nicht solche isolirte Epithelmassen demon- strirt und ich bezweifle sehr, dass ihm dies jemals gelingen wird !)- Wer Retterer's Darstellung von der Entwicklung der Mandeln nicht genau verfolgt hat, könnte vielleicht glauben, die Keimcentra, die ja bekanntlich oft grosse platte Zellen ent- halten, seien die vom Epithel abgeschnürten Sprossen, die grossen Zellen seien also Epithelzellen. Eine solche Auffassung würde 1) Bei dieser Gelegenheit mögen auch einige Bemerkungen über das Demonstriren auf Versammlungen, speciell bei jenen unserer ana- tomischen Gesellschaft, erlaubt sein. Der Werth derselben ist ein ganz ausserordentlich grosser und manche Differenz kann da leicht erledigt werden. In unserem speciellen Falle ist die Demonstration mit ge- wissen Schwierigkeiten verknüpft. Ich, der ich das Vorkommen iso- lirter Epithelmassen leugne, bin zunächst im Nachtheil, denn ich kann nur Serien zeigen, an denen gar keine isolirten Epithelmassen vor- kommen; mit einer solchen negativen Demonstration lässt sich na- türlich der Streit nicht schlichten, ich muss also die Entscheidung Retterer zuschieben und ihn bitten, das Positive, derartige Präpa- rate mit isolirten Epithelmassen mitzubringen. Retterer hat ja in Basel Präparate gezeigt, aber was ich da gesehen habe — und ich glaube nicht, dass auch nur Einer mehr gesehen hat — waren die bekannten Durchwanderungsbilder und Keimcentra (ich spreche jetzt nur von Tonsillen) meist unter so starken Vergrösserungen, dass ein Ueberblick unmöglich war. Ich mache damit Retterer keinen Vorwurf; Retterer glaubte wohl, den Schwerpunkt der Demonstration auf die verschiedenen Stadien seines „angiotlielialen Gewebes“ verlegen zu müssen. Ich möchte nur wünschen, dass er bei der nächsten Ge- legenheit uns eine lückenlose Serie mit isolirten Epithelmassen zeigte. Ich verkenne durchaus nicht, dass eine solche Demonstration etwas umständlich ist; allein sie ist möglich und bei der zweifellosen Wich- tigkeit der Frage geradezu nöthig. Unabweisliche Erfordernisse sind dabei: Die ganze Serie muss in Umrissen — womöglich mit dem Zei- chenapparat — gezeichnet sein und zwar vollständig, d.h. die ganze isolirte Epithelmasse muss von Anfang bis zu Ende in der Schnittserie und in den Zeichnungen vorliegen; kein Schnitt darf fehlen, damit nicht der Einwurf erhoben werden kann, dass gerade die entscheidende Stelle (der nach meinen Erfahrungen nie fehlende Zusammenhang mit dem Oberflächenepithel) ausgefallen sei. Dass die Serienschnitte behufs leichter Durchsicht alle auf derselben Fläche liegen, gut orientirt und glatt sind, ist bei unserer heutigen Technik eine sehr leicht zu erfüllende Forderung. Immerhin wird die Durch- sicht und Controlle einer so demonstrirten Serie eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, aber das ist für diejenigen, welche sich für die Sache ernstlich interessiren, kein Grund, darauf zu verzichten. 6 Ph. Stöhr: durehaus nieht dem Sinne Retterer’s entsprechen; die kleinen Zellen mit wenig Protoplasma („a faible corps cellulaire*), also das was wir Leucocyten nennen, sollen Epithelzellen sein; mit dieser Auffassung steht Retterer der Darstellung v. Davidoff’s(9) nahe, der ja auch die Leucoeyten aus dem Epithel (des Darmes) ableitet‘. Ich möchte hier auf eine eingehende Widerlegung dieser Meinung verzichten, da ich mich ja über diesen Punkt schon früher ausgesprochen habe (15 und 17). Die Frage nach der Abstammung der Leucoeyten kann nur durch die Untersuchung der frühesten Stadien beantwortet werden. Solche Stadien habe ich (an der menschlichen Zungenwurzel) untersucht und genau beschrieben (17); die Leucocyten kommen dort sicher nicht aus dem Epithel, sondern stehen in Beziehung zu den Blutgefässen ?). II. Ich komme nun zu meiner eigentlichen Aufgabe, dem Nach- weis, dass die Schilderung Retterers von der Entwicklung der Darmlymphknötchen nieht richtig ist. Eine kurze Darstellung der diesbezüglichen Literatur möge der Mittheilung meiner eignen Resultate vorangehen. A. Geschiehtlicher Theil. Die älteren Angaben über die Entwicklung der Darmlymph- knötehen beschränken sich nur auf Bemerkungen über die Zeit ihres ersten Auftretens. So erscheinen nach Kölliker (5 pag. 857) beim Menschen die Peyer’schen Haufen im 6. Monate und lassen im 7. Monate deutliche Follikel erkennen. Eingehendere Unter- 1) Ich kann nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass Retterer es „für schwer, wenn nicht sogar unmöglich“ hält, den verschiedenen Ursprung der beiden Elemente des folliculären Gewebes, der Epithel- und Bindegewebszellen, beim Erwachsenen zu unterscheiden (31 pag. 39). Retterer gibt damit zu, dass man die grossen platten Zellen nicht ohne Weiteres für Epithelzellen erklären kann und discreditirt damit die Angaben v. Davidoff’s, die auf Untersuchungen an Erwachsenen fussen. 2) Ich hatte mehrere diesbezügliche Serien in Basel zur Demon- stration aufgestellt; die Besichtigung ist natürlich eine zeitraubende und ich bin deshalb gern bereit, jedem der sich dieselben mit Muse betrachten will, die mit Erklärungen und Zeichnungen versehenen Se- rien zu übersenden. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. % suchungen sind erstim Jahre 1889 von mir (15) angestellt worden und haben ergeben, dass bei Katzen und Kaninchen die Lymph- knötchen des Darmes in der Tunica propria und in den angren- zenden Theilen der Submucosa durch mitotische Theilung der dort befindlichen rundlichen Zellen (Leueocyten) entstehen. Eine Betheiligung der Epithelzellen der Darmoberfläche oder der Darm- drüsen war völlig auszuschliessen; von genetischen Beziehungen der Leucocyten zu den Epithelzellen kann keine Rede sein!). Ein im März 1891 von Rüdinger gehaltener Vortrag (19) beschäftigt sich zwar nicht mit der ersten Entstehung der Lymph- knötchen des Darmes, soll aber deswegen hier kurze Erwähnung finden, weil er von späteren Untersuchern dieser Frage theils als Anhänger meiner Darstellung [so von Czermak (26) und Küchenmeister (32)], theils unter die Reihen meiner Gegner [so von Retterer (20)] aufgezählt wird. Daraus schon mag man ersehen, dass Rüdinger keine entschiedene Stellung nimmt; das war auch mit dem Material, das Rüdinger zur Verfügung stand, Processus vermiformes erwachsener Menschen, nicht wohl möglich. R. glaubt, dass die Follikel zuerst in der Submucosa entstehen und erst nachdem sie die Muscularis mucosae über- schritten haben mit den blinden Enden der Lieberkühn'schen Drüsen in Contakt treten. Mit dieser Annahme stellt R. sich zweifellos auf meine Seite, denn damit ist doch die Entstehung der Leucoeyten aus dem Epithel ausgeschlossen. Trotzdem glaubte Rüdinger sich nicht in der Lage, über die Quelle der Leucocyten eine bestimmte Meinung auszusprechen, und daran ist die Arbeit v. Davidoff’s (9) Schuld, dem er sich aber keineswegs ohne Weiteres anschliesst. Im Gegentheil, R. ver- sucht die Beobachtungen Davidoff’ in einem ganz anderen Sinne zu deuten, indem er den „vorrückenden Follikel“ (das sind die durch das Epithel wandernden Leucoeyten) für die Ver- änderungen des Epithels verantwortlich macht. Mit einem Satze aber vollzieht sich eine Schwenkung; pag. 155 sagtRüdinger, 1) Diese letztere Bemerkung war gegen v. Davidoff (9) ge- richtet, welcher aus Untersuchungen am Darme des erwachsenen Men- schen und des Meerschweinchens den Schluss gezogen hatte, dass die Leucocyten durch amitotische Theilung des Darmepithels entständen. Entwicklungsgeschichtliche Studien hat v. Davidoff dabei nicht pu- blieirt. 8 Ph. Stöhr: dass die Kerne der Cylinderepithelien frei werden und sich der Leueoeytengruppe beigesellen. Das ist ganz im SinneDavidoff's gesprochen und es ist natürlich, dass auf diese Bemerkung hin Retterer (20) sich berechtigt fühlte, Rüdinger als Freund seiner Anschauungen zu betrachten. Eine kleiner Unterschied be- stand freilich, Retterer lässt ganze Epithelzellen zu Leuco- ceyten werden, Rüdinger spricht nur von frei gewordenen Kernen?). Im gleichen Jahre erschien die erste Mittheilung Retterer’s über die Entwicklung der Peyer’schen Platten des Wurmfort- satzes bei Kaninchen und Meerschweinchen (20). Sie stehen, obwohl mir zum Theil das gleiche Untersuchungsobjekt (Kaninchen) vorgelegen hatte, in direktem Gegensatz zu meinen Angaben. Der Modus ist nach Retterer bei beiden Thieren in der Haupt- sache derselbe, in einigen Nebenpunkten aber verschieden. Beim Kaninchen wachsen vom Epithel der Darmoberfläche Knospen in das Chorion (d. i. die bindegewebige Tunica propria), welche völlig abgeschnürt werden und sich durch wiederholte Theilungen ihrer Elemente schliesslich in Haufen von Leucoeyten umwandeln, die dann von einem Bindegewebsnetz zersprengt und durchwachsen werden. Beim Meerschweinchen sind die Knospen nieht immer einfach, sondern es sind lange, hohle Divertikel des Darmepithels, welche die Muscularis mueosae durchsetzen und im submucösen Gewebe angelangt, zahlreiche secundäre Knospen aussenden. Diese letzteren werden, gerade wie beim Kaninchen, abgeschnürt und zu Leucoeyten umgewandelt. Die primitiven Knospen (Di- vertikel) bleiben auch beim erwachsenen Meerschweinchen be- stehen. Damit war die Uebereinstimmung in der Entwicklung der Mandeln und der Plaques im Prinzip hergestellt. Die Mittheilung Retterer’s (ein Vortrag) war nur kurz und so war es leicht erklärlich, dass er auf die Widerlegung meiner Mittheilung (15) nicht weiter einging, sondern sie nur auf der Beobachtung „einiger seltener Stadien“ basirend bezeichnete. Unterdessen war meine mit Abbildungen versehene Arbeit über die Entwicklung der 1) In einer späteren Abhandlung (37) spricht Rüdinger zwar davon, dass „Epitheleylinder zu Rundzellen“ werden, damit soll aber nur gesagt sein, dass zwischen ‘diesen Rundzellen und den Leucocyten „kein wesentlicher formeller Unterschied besteht“. Auch hier verzichtet Rüdinger auf eine entschiedene Stellungnahme. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. I Mandeln (17) erschienen, deren Spitze sich gegen Retterer richtete, der denn auch mit einer Antwort nicht zögerte (21). Ich übergehe hier Alles, was auf die Mandeln Bezug hat, weil ja hier nur von der Entwieklung der Darmlymphknötchen die Rede sein soll. Retterer empfiehlt da als besonders günstiges Objekt die der Blinddarm-Mündung zunächst liegende Parthie des Colon der Meerschweinchen. Dort findet sich stets ein Knöt- chenhaufen („amygdale ceölique* nennt ihn R.), der bei neuge- borenen Meerschweinchen die fraglichen Epithel-Knospen die Museularis mucosae durchbrechend zeigt. Wohl abgegrenzt an den der Darmoberfläche näher liegenden Parthien seien diese Knospen wie ausgebröckelt (&grenes) an der Muskelhaut-Seite. An vielen Punkten ist schon das Bindegewebe in die Knospen eingedrungen. „Angiotheliales Gewebe“ (das was gewöhn- lich adenoides Gewebe genannt wird) ist um diese Zeit schon gebildet. Bei 10—15 Tage alten Meerschweinchen sind die der Muscularisseite zugewendeten Epithelsprossen seltener, sie sind schon in angiotheliales Gewebe umgewandelt; zahlreich sind sie dagegen in der unter und dicht an der Museularis mucosae liegenden Parthie der Peyer’schen Platte, woselbst sie die gleichen Ent- wieklungsphänomene zeigen. Beim erwachsenen Meerschweinchen endlich sind die seeundären Knospen sehr selten und finden sich nur in der Umgebung der primitiven, ein Divertikel darstellenden Knospe. Beim Schluss macht noch R. darauf aufmerksam, dass zwischen der Gaumen-Mandel-Entwieklung der grossen Säuger und derjenigen der Colonmandel des Meerschweinchens insofern ein Unterschied bestehe, als dort eine Epithelknospe, hier mehrere Knospen das Centrum eines geschlossenen Follikels bilden. Ein zweiter kurz darauf publieirter Vortrag Retterer's (22) enthält die Mittheilung, dass auch die Entwieklung der Peyer- schen Platten bei Schaf, Rind und Pferd nach demselben Modus, dureh Vermittlung sieh absehnürender Epithelknospen, entstehe. Daraufhin habe ich einen meiner Schüler, Herrn stud. med. 1) Ich möchte auf eine eingehende Beantwortung dieser Arbeit Retterer’s verzichten, sogar auf die Richtigstellung mehrerer Punkte, in denen ich missverstanden worden bin, um alles Persönliche aus un- serem Streite fern zu halten. 10 Ph. Stöhr: Tomarkin, beauftragt, das empfohlene Object zu untersuchen. Zunächst konnte Retterer's Angabe von submueös gelegenen Epi- thelabschnitten bestätigt werden, eine vollkommene Abschnürung aber von dem Oberflächenepithel war nirgends nachzuweisen, ebensowenig wie sich ein Uebergang des Epithels in das um- gebende follieulare Gewebe finden liess, im Gegentheil stets war zwischen beiden eine scharfe Grenze sichtbar. Bei den Unter- suchungen Tomarkin’s stellte sich aber noch etwas heraus, das trotz der vielen Bearbeitungen des Meerschweinchendarms bis dahin übersehen worden war. Sämmtliche Follikel lagen in der Submucosa, der sonst in der Tunieca propria befindliche Theil des Follikels, die „Kuppe“, fehlte. War so eine direkte Berüh- rung mit dem Oberflächenepithel ausgeschlossen, so fand dafür ein Ersatz statt der Art, dass die Darmdrüsen, die Museul. mucosae durchsetzend, sich bis in die Submucosa erstreckten. Die sub- mucösen Epithelsprossen Retterers sind also Verlängerungen der Darmdrüsen, die sich in der Regel nur an den Follikeln finden. Nur ein einziges Mal wurden bis in die Submucosa rei- chende Darmdrüsen ohne Beziehung zu den Follikeln gefunden (27). In dieselbe Zeit fällt auch eine Publication von Klaatsch (28), der bei Eehidna ebenfalls beobachtet hatte, dass Verlänge- rungen von Darmdrüsen sich bis in die Follikel Pey er’scher Plaques hineinerstreeken. Klaatsch knüpft daran phylogenetische Betrachtungen (auf deren Prüfung weiter unten eingegangen werden soll), und spricht die Meinung aus, dass seine Beobachtungen durchaus nieht gegen einen genetischen Zusammenhang zwischen Iymphatischen Zellen und den Peyer’schen Drüsen (hierunter versteht wohl Klaatsch die in die Follikel der Plaques hinein- reichenden Darmdrüsen) sprechen. Klaatsch neigt also offenbar zur Ansicht Retterer’s; dieser macht sich aber den neuen Bundes- genossen nicht zu Nutzen (25), zum Teil auf Grund eines Miss- verständnisses, denn ich finde nicht, dass Klaatsch in seiner Arbeit den Glauben erweckt, ich gäbe die epitheliale Abkunft gewisser Elemente der Peyer’schen Plaques zu, zum Theil aber, weil ihm die Grundlagen der Publikation Klaatsch’ für so weit- gehende Schlüsse zu dürftig erscheinen. „Quant aM.Klaatsch, il me parait proc6der avee plus de presomption et de lögerete que d’esprit vraiment scientifique“. Ein hartes Urtheil, das ich Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 11 leider nieht ganz ungerecht nennen kann. Im Uebrigen bringt die soeben eitirte Arbeit Retterer’s nur eine Zusammenfassung aller seiner diese Frage berührenden Arbeiten !), deren Resultate zum Schlusse in präcise gefassten Sätzen bekannt gegeben werden. Die nächste Arbeit, welche sich mit der Entwicklung der Darmlymphknötchen befasste, war die von Czermak (26), der zunächst an grösseren Serien von embryonalen und jungen Ka- ninchen feststellte, dass die Darmfollikel sich aus einer Verdich- tung des Mesenchyms entwickeln; das Epithel bleibt dabei ganz passiv. Auch ÖÜzermak meint, dass Retterer durch Tangen- tialschnitte von Drüsen — die äusserst dünne Membrana basilaris ist nur auf genau senkrechten Schnitten als scharfe Grenze zu sehen — getäuscht worden ist. „Die Serien sind nöthig, um die Täuschung zu enthüllen“. Das ist dasselbe, was ich Rette- rer’s Darstellung der Entwicklung der Mandeln zum Vorwurf gemacht habe (17 pag. 15). Auf die Angaben Czermak’s über die Entwicklung einiger Elemente des Darmlymphknötchens will ich hier nicht weiter eingehen. Sie sind für unsere Frage neben- sächlich, nachdem Czermak einmal festgestellt hat, dass das Epithel mit der Entwicklung der Darmlymphknötchen nichts zu thun hat. Dagegen sollen die die Rückbildung von Krypten betreffenden Angaben dieses Autors hier referirt werden: Die Krypten (=Darmdrüsen) bilden verzweigte Schläuche, die beim Meerschweinchenblinddarm in jedem Follikel, beim Kaninchen dagegen nur als Rudimente (Knospen) zu finden sind. Diese Krypten und Knospen werden nach Czermak von Phagocyten verzehrt, ebenso wie auch das die Follikelkuppe (Czermak sagt „Kuppel‘‘) deckende Epithel von Leucocyten aufgelockert und verzehrt wird. Während aber letzteres sich beständig regenerirt, ver- hornen die Kryptenknospen ?), dann werden sie von Retoblasten 1) Die daselbst über die Bursa Fabrieii gemachten Angaben lasse ich als nicht direkt hierher gehörend zunächst ausser Betracht. 2) Ich möchte hier ein Missverständniss beseitigen, das auch in einer anderen Arbeit (32) wiederkehrt. Czermak homologisirt die „Hassal’schen Körperchen“ mit Gebilden, die ich als „Hornkugeln“ bezeichnet habe (17 pag. 11). Diese letzteren sind Bildungen, welche beim Hohlwerden der ursprünglich solid angelegten Seitenspalten der 12 Ph. Stöhr: durchwachsen und verzehrt, sodass an ihrer Stelle nur eine Gruppe grosser Phagoeyten bleibt; die Epithelkerne werden in Horn- partikelchen und vielleicht in Pigmentkugeln umgewandelt (pag.623). Auch die Untersuchungen Küchenmeister’s (32), die an Kaninchen und Meerschweinchen angestellt sind, haben zu dem gleichen Resultate geführt: „Die Darmlymphknötehen entwiekeln sich nieht aus dem Epithel, sondern aus den runden Zellen (Leueoeyten) des Mesenchyms, sei es nun der Tunica propria, sei es der Submucosa.“ Mit diesem Stande der Sache, in welcher keine einzige sich mit der Entwicklung der Darmlymphknötchen beschäftigende Untersuchung anderer Autoren für Retterer’s Darstellung ein- trat, hätte ich mich zufrieden gegeben, wenn nicht der Vortrag Retterer's in Basel (31) eine Aufnahme gefunden hätte, die mir zu meiner grössten Ueberraschung zeigte, dass eine Betheili- gung des Darm-Epithels an der Entwicklung der Darmlymph- knötchen noch Vielen glaubwürdig erscheint. Dass so etwas möglich ist, verdanken wir den Arbeiten von Julia Platt, Goronowitsch, Klaatseh über die Entstehung von Skeletanlagen aus dem Ektoderm, die neben der Schwierig- keit, welche sehr dotterplättehen-reiche Gewebe der Untersuchung (bei Platt) darbieten, vielfach auf missverstandenen Schräg- schnitten beruhen !), den Abhandlungen von Kupffer’s (23) Tonsillen entstehen, und aus den oberflächlichsten Lagen des geschich- teten Plattenepithels hervorgehen. Sie werden später in die Mundhöhle ausgestossen, ihre Grösse schwankt zwischen 80 und 300u. Die Has- sal’schen Körperchen sind gewöhnlich viel kleiner (15—180 u). Sie sind in ihrer Entstehungsweise ganz verschieden, keineswegs aus Massen abgeschilferten Oberflächenepithels hervorgegangen. 1) Ich verweise in dieser Beziehung auf die Kritik Rabls (30 pag. 162), dem auch die Aeusserungen von Keibel und Röse bestä- tigend zur Seite stehen. Spuler (38), der z. Th. das gleiche Material wie Klaatsch (Sygnathus) untersuchte, war nicht im Stande, dessen Angaben zu bestätigen, sondern glaubt auch an Irreleitung durch Schrägschnitte. Ich habe in Basel 1895 die dort von Klaatsch auf- gestellten Präparate vom Lachs genau angesehen und mit Klaatsch eingehend darüber disputirt. Ich bin dabei aber nicht nur nicht zur Anschauung Klaatsch’ bekehrt worden, sondern habe mich nur von den Fehlerquellen überzeugt: Schrägschnitte und willkürliche Deutun- gen bilden die „Basis“, von der aus die folgenden Veränderungen Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 13 und Maurer’s (16) über die Entwicklung der Milz, die in ihren Bildern keineswegs eindeutig sind !) und Anderem ?). Jetzt scheint mir die nochmalige Aufnahme der Frage dringend wünschenswerth. Retterer macht gegen CÖzermak geltend, dass die untersuchten Meerschweinchen zu alt gewesen seien, um seine (R.'s) Beschreibung bestätigen zu können’); ferner wird auf die Stellung der karyokinetischen Figuren, senkrecht und tangential zum Lumen, hingewiesen, neue Abbildungen sich entwiekelnder Knötchen liegen vor, es wird sich also im Nach- stehenden nicht um Wiederholung schon beschriebener Dinge handeln; davon kann um so weniger die Rede sein, als die Vollendung der Tomarkin gestellten Aufgabe unterblieb; die damals hergestellten und eine grössere Anzahl neuer Präparate bilden die Grundlage nachfolgender Beschreibung. leicht verstanden werden können (33 p. 126). Klaatsch hat mir eine Basalmembran demonstrirt, die ich für den Durchschnitt eines dünnen Knochenplättchens halte, das von Osteoblasten umgeben ist. Uebrigens sind diese Autoren, welche dem Ektoderm eine Rolle beim Aufbau des Skelets zutheilen, unter sich keineswegs einig. Goronowitsch lässt nur Bindegewebe, Platt direkt Knorpel, Klaatsch sogar Knochen aus dem Ektoderm entstehen; keiner dieser Autoren bestätigt den an- deren, im Gegentheil Goronowitsch (29 pag. 427) bekämpft geradezu die Anschauung Platt’s. Die Angaben v. Kupffer’s, der ebenfalls das Ektoderm eine Rolle beim Aufbau bestimmter Skelettheile spielen lässt, sind nach des Autors ausdrücklicher Bemerkung (34 p. 121) nicht ohne Weiteres mit denjenigen von Platt und Goronowitsch in Pa- rallele zu stellen. Auch v. Kupffers diesbezügliche Anschauung, die zu der älteren Darstellung Dohrns im Gegensatz steht, wird von Spuler (38) in Frage gezogen, da in den Stadien, in welchen die . Branchiodermis entsteht, bereits Wanderungsprocesse mesodermaler Zellen vorkommen. 1) Vergl. in dieser Beziehung Stöhr (36). 2) Z. B. den Angaben über die Entstehung des bindegewebigen Ligamentum longitud. ventrale der Wirbelsäule aus dem Entoderm, die weder nach den Resultaten von Franz (44) für die Teleostier, noch nach Stöhr (386), Field (35) und Bergfeldt (39) für Amphibien richtig sind. 3) Czermak untersuchte Meerschweinchen nur zum Vergleich ; als hauptsächlichstes Material dienten ihm Kaninchen und zwar 5 em- bryonale und 6 jugendliche Stadien; gegen die hier gewonnenen Re- sultate hat Retterer keinen Einwand erhoben. 14 Ph. Stöhr: B. Eigene Untersuchungen. l. Entwieklung der Lymphknötchen des Meer- schweinchendarmes. Ich beginne mit der Beschreibung der Verhältnisse bei einem Meerschweinchenfoetus von 8 em Scheitelsteisslänge!). Im Colon findet man neben den langen Zotten kleine, etwa 0,05 mm hohe kegelförmige Erhebungen der Schleimhaut, die sich durch ihren Reichtum an Zellen auszeichnen (Fig. 1); die Kerne dieser besonders an der Kegelspitze dicht gedrängten Zellen sind der Mehrzahl nach rund und ähneln dadurch sowie durch ihre Chro- matinmenge den Kernen der Leucoeyten, wie sie sich andrerseits von den Kernen der Bindegewebszellen, die im Allgemeinen eine ovale Gestalt ?) und einen oder zwei scharf ausgeprägte Nucleolen besitzen, unterscheiden. Stammen diese kleinen Zellen aus dem Epithel? Für eine solche Annahme giebt die Figur 1, in der jeder Kern, jede Zelle mit dem Zeichenapparat nachgezeichnet ist, nicht den allergeringsten Grund. Die um diese Zeit glas- hellen, hohen Epithelzellen sind in schärfstem Contour von dem unterliegenden Bindegewebe abgegrenzt, das sie in einfacher Schicht überkleiden. An zwei Stellen der Figur 1 (bei X und X) scheint das Epithel mehrschichtig, eine Täuschung, welche die Durchsicht der Serie leicht aufklärt. Es liegen hier vielmehr Schrägschnitte durch das Epithel vor, die dadurch verursacht werden, dass auf den nächsten Schnitten das Epithel der Niveau- erhebung des Bindegewebes in mehr paralleler Linie folgend sich tiefer herabsenkt. (Auf der rechten Seite der Figur 1 habe ich diese Senkung durch eine punktirte Linie angedeutet.) Die Kerne der Epithelzellen liegen meist nahe der freien Epithel- oberfläche, irgendwelche Erscheinungen, die hier auf Theilung deuten liessen, fehlen völlig. Dagegen sind die Beziehungen 1) Die Maassangaben Retterer’s beziehen sich vermuthlich auf die gleiche Methode. Die von der Schnauzenspitze bis zur Schwanz- wurzel desselben Thieres gemessene Länge betrug 10 cm. 2) Es ist rathsam, parallel der Längsaxe des Darmes gerichtete Schnitte zu führen, damit die ovalen Kerne der vielfach längsgerich- teten Bindegewebszellen der Länge nach getroffen werden. Bei Quer- schnitten des Darmes erscheinen auch diese Kerne häufig rund, sodass die Unterscheidung von den rundkernigen Leueocyten unter Umstän- den sehr erschwert wird. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 15 der rundkernigen Zellen zu Blutgefässen unverkennbar. Stets findet man diese kleinen Zellgruppen in nächster Nähe von Blut- gefässen,; der dem abgebildeten Schnitt vorhergehende zeigt deut- lich ein der Länge nach unter dem Zellhaufen verlaufendes Blut- gefäss, seine Wand ist noch in den in Fig. 1 abgebildeten Schnitt gefallen. Diese Beziehungen zu den Blutgefässen lassen sich auch bei schwachen Vergrösserungen an vielen Stellen von Diekdarmdurch- schnitten leicht sehen, ich verweise in dieser Beziehung auf Figur 2: an der Basis jeder Zotte!) ist der Durchschnitt einer Vene und darunter derjenige einer Arterie sichtbar; die nächste Umgebung beider Gefässe ist durch eine dichtere Gruppirung von Kernen ausgezeichnet und in dicht gedrängter Zahl sehen wir die Kerne dort, wo der bindegewebige Körper der Zotte nahe der Achse vom Schnitt getroffen ist (Fig. 2, Zotte 2 und 4). Der Zotten- körper enthält um diese Zeit schon Blutgefässe (Fig. 2 X), die von einem ganzen Mantel rundkerniger Zellen umgeben sind. Dieses Bild stimmt im Wesentlichen mit dem Verhalten der Zungenwurzel überein, woselbst die ersten Leucoceyten in der bindegewebigen Schleimhaut in der nächsten Nähe der Blut- gefässe auftreten (17). Ich glaube nun nicht, dass solche Stellen sich zu wirklichen Lymphknötchen ausbilden, bei der grossen Verbreitung solcher Stellen ist es mir vielmehr wahrscheinlich, dass sie nur als erste Quellen der in der weiter entwickelten Tunica propria (im „Chorion“) mehr diffus vertheilten Leucocyten zu betrachten sind, Quellen, deren jetzt schon wenig scharfe Abgrenzung später- hin ganz verschwindet. Dass aber solche Anlagen sich noch weiter ausbilden können, beweist Fig. 3; die beiden Zellen- haufen ?) sind von den in Fig. 2 abgebildeten Gruppen rund- kerniger Zellen nicht qualitativ, sondern nur quantitativ, durch die Menge der sie constituirenden Zellen verschieden. Auch an 1) Ich verzichte hier auf eine genauere Beschreibung der Dick- darmzotten, die für die uns interessirenden Fragen gleichgültig ist. Sie wird demnächst an anderer Stelle erfolgen. 2) Es handelt sich hier, wie der Verfolg der Serie ergibt, nicht um rundliche Knötchen, sondern um lange leistenförmige Infiltrationen, die auf dem ganzen, fast 3/;mm langen Stück des Diekdarms sicht- bar waren, 16 Ph. Stöhr; diesen Präparaten fehlt jede nähere Beziehung zwischen Epithel und den rundkernigen Zellen. In scharfer Linie grenzt sich ersteres durchweg von den in der Tunica propria gelegenen Ele- menten ab. Ich glaube nicht, dass solche Anhäufungen rund- kerniger Zellen in den oberflächlichen, dem Epithel zunächst ge- legenen Schichten der Tunica propria beim Meerschweinchen als erste Anlagen von Darmlymphknötehen angesehen werden dürfen, denn später findet man in dieser Gegend keine dichten Anhäufungen mehr, die mit den oben beschriebenen in Zusam- menhang gebracht werden könnten. Die Entwicklung der Darm- Iymphknötchen erfolgt beim Meerschweinchen vielmehr in anderer Weise, an einem andern Orte; das zeigt ein Blick auf die Figur 4, die einen Schnitt durch die Mitte einer Lymphknötchenanlage eines 9,5 em langen Foetus zeigt. Die Anlage steht den aller- ersten Entwicklungsstadien, in denen man überhaupt von einem „Knötchen‘“ sprechen kann, gewiss nahe; es ist ein ovaler, ziemlich gut umschriebener Zellhaufen, dessen grösster, parallel der Colonlängsachse verlaufender Durchmesser 0,27 mm, dessen grösste Breite 0,21 mm beträgt!). Das Knötchen hat seinen Sitz in der Submucosa; ein Museularis mucosae fehlt soweit die Aus- dehnung des Knötchens reicht, ist indessen seitlich gut erkennbar (Fig. 4), sodass über seine submucöse Lage kein Zweifel sein kann. Die über dem Knötchen befindliche Tunica propria er- scheint etwas reichlicher entwickelt, die schon deutlichen Darm- drüsen stehen in Folge dessen weiter auseinander. Bei oberflächlicher Betrachtung hat es den Anschein, als wenn die Elemente des Knötchens sich in jene der Tunica pro- pria fortsetzten. Dass dem nicht so ist, das ergiebt mit aller Sicherheit die Untersuchung mit stärkeren Vergrösserungen, die zugleich über den Bau des Knötchens Aufschluss ertheilt. Es besteht aus Zellen mit zweierlei Kernen; die einen sind rundlich- oval bis länglich und durch ihre helle Färbung ausgezeichnet, die anderen Kerne sind rund und dunkler gefärbt (Fig. 5). Die Unterscheidung gelingt im Allgemeinen leicht; im Be- sonderen aber jeden einzelnen Kern als solchen einer Binde- gewebszelle oder als solchen eines Leucocyten zu diagnosticiren, geht nicht an, denn es giebt ja bekanntlich Leucoeyten mit 1) An der geschnittenen Serie gemessen, Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 17 grossen hellen Kernen und Bindegewebszellen mit rundlichen dunkleren Kernen; dass aber wirklich zweierlei Zellen mit ver- schiedenen Kernen da sind, das geht am deutlichsten aus dem Vergleich der Elemente des Knötchens mit jenen der Tunica propria hervor. Hier giebt es nur eine Art von Zellen: solche mit hellen Kernen. Die ersten Leucoeyten, denn das ist gewiss die Mehrzahl der rundkernigen Zellen, entstehen also in diesem Falle nieht in der Tunica propria, sondern in der Submucosa, in einiger Entfernung von den Darmdrüsen!). Mit aller Sicher- heit kann ich sagen, dass von einer Betheiligung der Darm- drüsenepithelien absolut keine Rede ist. Ueberall wo Drüsen nicht ganz schräg oder tangential angeschnitten sind, trennt eine scharfe Grenzlinie Epithel von Tunica propria und auch bei Tangentialschnitten haben an guten Präparaten die schräg ge- troffenen Epithelkerne nicht die mindeste Aehnlichkeit mit Leueo- cytenkernen. (Fig. 5 rechts.) Anders sehen junge Knötchenanlagen bei älteren, 10 em langen Meerschweinchenembryonen aus. Die Anlage besteht da, wie in vorherbeschriebenem Falle, aus einem submueösen Zell- haufen (in vorliegendem Falle von etwa derselben Breite, 0,21 mm, aber von etwas grösserer Länge, ca. 8,5 mm), was aber die Bildung wesentlich unterscheidet, ist das Verhalten der Darm- drüsen, die in die Länge gewachsen die schon entwickelte Mus- eularis mucosae durchbrechen und mit ihrem blinden Ende bis in die Knötchenanlage hineinreichen (Fig. 6). Es ist in der That ein grösseres Längenwachsthum, das ich an vielen Drüsen auf der Knötchenanlage constatire, nicht etwa allein eine Einsenkung der Darmoberfläche, wie vielleicht aus der Figur 6 entnommen werden könnte; die grösseren, in das Knötchen hineinragenden Drüsen sind oft um ein Drittel länger, so ergeben meine Messungen. Ein weiteres, das stärkere Wachsthum andeutendes Moment wird durch besonders zahlreiche Mitosen in jenen Drüsen gegeben. Die Stellung dieser Mitosen ist ausnahmslos eine der- 1) Auch beim Kaninchen entstehen die ersten Anlagen der Lymph- knötchen des Blinddarmes nicht in den oberflächlichsten Schichten der Tunica propria. Ich hatte das früher gar nicht beachtet, verweise aber zum Beleg dafür auf meine Figur 3 meiner Abhandlung über die Lymphknötchen des Darmes (15), auf welcher die Mehrzahl der rundkernigen Zellen in der Tiefe vom Epithel entfernt liegen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 > 18 Ph. Stöhr: artige, dass damit keine Mehrschichtigkeit des Epithels erzielt wird. Bei oberflächlicher Betrachtung findet man freilich Bilder, die ein Diekenwachsthum vortäuschen; ich babe in Fig. 7 A und B derartige Bilder gezeichnet; aus ihnen geht deutlich hervor, dass es sich um Tangentialschnitte handelt, denn man trifft in der Mitte des Durchschnittes neben der Mitose auf Querschnitte der radiär zum Drüsenlumen gestellten Zellkerne; das Drüsen- lumen ist gar nicht getroffen (A). Schwieriger wird die Sache, wenn es sich um Anschnitte leicht gewundener Drüsen handelt (B), da können zu dieke oder sonst technisch nicht ganz gute Schnitte leicht irre führen. In der schematischen Zeichnung Fig. 7 C möchte ich demonstriren, wie solche Bilder wie Fig. 7 B zu Stande kommen, die Linie a b deutet die Schnittrichtung an. Sämmtliche Drüsen sind seitlich gegen die umgebende Tunica propria, sowie am Grunde, auch wenn sie in das Gewebe des Jungen Knötchens hineinreichen, scharf abgegrenzt — soweit es sich nicht um Schrägschnitte handelt. Es liegt hier ebenso wenig wie an den oben beschriebenen Präparaten der geringste Grund vor, eine Betheiligung des Epithels an der Bildung der darunter liegenden Elemente, speciell der Leucocyten, anzunelimen (Fig. 8). Hie und da findet man auf einem Schnitt eine kleine Epithel- insel, getrennt vom Epithel der Oberfläche, sowie von demjenigen der Darmdrüsen: ein Schrägschnitt durch eine Drüse, deren Zu- sammenhang mit dem übrigen Epithel auf den benachbarten Schnitten leicht zu constatiren ist. Fassen wir die oben geschilderten Befunde noch einmal kurz zusammen, so ergiebt sich, dass die ersten Anlagen derDarmlymphknötchen desMeerschweinchen- eolonin verschiedenen Bildern auftreten, ver schieden jenach der Zeit, in der sie entstehen. Entwickelt sich das Knötchen frühzeitig (Foetus von 9,5 em Länge), so finden wir die ersten Leucocyten in der Submucosa ohne irgend welche Beziehnungen zu Darmdrüsen, die alle über der Museularis mucosae liegen; erfolgt die Entwicklung des Knöt- chens später (Foetus von 10 em Länge), so treffen wir seine An- lage in der Umgebung von verlängerten Darmdrüsen, welche bis in die Submucosa hineingewachsen sind. Wir werden bei der weiteren Verfolgung der Knötchenentwicklung die Erfahrung machen, dass in alle Knötchen verlängerte Darmdrüsen einwachsen, Ueber die Entwicklung der Darmiymphknötchen ete. 19 die Besonderheit des zweiten Entwicklungsmodus beruht also lediglich in einer zeitlichen Verschiebung; während in dem erst- genannten Falle zuerst die Knötchenanlage und dann die ver- längerten Darmdrüsen auftreten, entstehen in letzterem Falle beide gleichzeitig, ja es kann sogar begegnen, dass die verlängerten Drüsen die zuerst auftretende Bildung sind, denen sich dann später die Knötchenanlagen zugesellen. Dafür spricht folgende Beobachtung: Bei acht Tage alten Meerschweinchen habe ich im Dünn- darm Darmdrüsen gefunden, welche die Muscularis mucosae durchbreehend bis in die Submucosa hineinreichten, eine An- häufung oder auch nur eine kleinere Menge von Leucocyten fehlte dort vollständig, die Submucosa war an jenen Stellen durchaus von der gleichen Beschaffenheit wie ihre, keine Drüsen enthaltende Nachbarschaft !). Es ist natürlich nicht möglich, dieses Verhalten ohne wei- teres als Anzeichen späterer Knötchenentwieklung zu bezeichnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dort in der Submucosa später Knötchen sich entwickeln spricht allerdings dafür, denn erstens finde ich am Rande von Knötchenanlagen, ausserhalb derselben, ähnliche Drüsen und zweitens ist es mir bis jetzt noch nicht begegnet, dass ich submucöse Darmdrüsen ohne Knötchen bei älteren Meerschweinchen gefunden habe; man darf also wohl annehmen, dass auch bei dem achttägigen Meerschweinchen die freien submucösen Drüsenabschnitte später von Knötehengewebe umhüllt worden wären. In allen Fällen, mag nun die Knötchenanlage früher oder später, nach diesem oder jenem Modus auftreten, besteht nicht die geringste genetische Beziehung zwischen Epithel (der Ober- fläche und der Drüsen) einerseits und dem Gewebe des Knötchens (dem bindegewebigen Gerüst und den Leuceocyten) andererseits. Wie eine solche Annahme Platz greifen konnte, das soll uns das Studium der weiteren Entwicklung der Knötchen lehren. Zu einem solehen Studium genügen zunächst andere Darmparthien des 9,5 cm langen Foetus, die schon weiter vorgeschrittenere 1) Die von Tomarkin (27 Anmerk. 1) beschriebene Verenge- rung, das „Mittelstück‘“, welches den supramusculären Theil der Drüse mit dem submucösen Abschnitt verbindet, ist nicht an allen derartigen Darmdrüsen vorhanden. 20 Ph. Stöhr: Stadien enthalten. So finde ich im Anfangstheil des Colon, in der Nähe der Tonsilla colica Knötchenanlagen, die sich durch reichlichere Entwicklung der in der Submucosa befindlichen Zellen auszeichnen. Die Tunica propria ist dadurch gegen die Darm- höhle vorgewölbt (Fig. 9); die in der Nachbarschaft des Knöt- chens wohlentwickelte Muscularis mucosae ist am Knötchenrande noch deutlich, verliert sich aber gegen den Gipfel des Knötchens und ist dort nur in ganz vereinzelten Zügen nachzuweisen. Feine (7,5 u dünne) Schnitte zeigen schon bei relativ schwachen Vergrösserungen (150:1), dass selbst noch in diesem Stadium die gleichen Verhältnisse wie früher bestehen. Die in der Submucosa liegenden Leucoeyten sind durch eine relativ breite Zone zellen- reichen Gewebes, den Anlagen der Muscularis mucosae und jungen Bindegewebszellen vom Epithel getrennt (Fig. 10). Da die Leucocyten durch ihre kleinen runden und etwas dunkler sich färbenden Kerne sich von den grösseren, ovalen und helleren Kernen des Bindegewebes gut unterscheiden lassen, so ist leicht zu constatiren: 1) dass der grössere Kernreichthum der Knötchenanlage keineswegs allein durch eine stärkere An- sammlung von Leucocyten bedingt ist, sondern dass auch die bindegewebigen Elemente in reichlicherer Menge vertreten sind, als in benachbarten Bezirken der Submucosa!), dass also eine Vermehrung auch der Bindegewebszellen erfolgt ist — Mitosen gehören hier durchaus nicht zu den Seltenheiten — und 2) dass die Leueoeyten in ganz bestimmten Beziehungen zu den Blut- gefässen stehen. Zahlreiche Aeste von Arterien und Venen, die der Basis der Knötehenanlage entlang verlaufen, erstrecken sich in die Knötchenanlage. Die meisten Leucocyten finden sich in der nächsten Nähe der Venenäste (Fig. 10 rechts), auch im Lumen der Blutgefässe sind Leucocyten nachzuweisen?). Das Darmepithel in genetische Beziehung mit den Leucocyten bringen zu wollen, hiesse den Thatsachen Gewalt anthun; sämmtliche Darmdrüsen®) liegen über der Knötchenanlage und sind scharf 1) Vergl. Fig. 10 links, wo die Knötchenanlage fast ausschliess- lich aus Bindegewebszellen besteht. 2) Es kann sich nicht um eine Verwechslung mit Lymphgefässen handeln, denn die gleichen Gefässe enthalten auch farbige kernlose Blutkörperchen. 3) Die über dem Gipfel der Knötchenanlage befindlichen Darm- Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. 21 von dem unterliegenden Gewebe getrennt. Anders freilich ist das Bild, welches Schnitte durch den Rand der Anlage ge- währen, hier findet man mitten in der zellenreichen Anlage Durch- schnitte durch epitheliale Körper, Theile von Darmdrüsen, wie die Durchmusterung der Serie ergiebt. Die Linie a b (Fig. 10) giebt die Schnittrichtung an, bei der solche Bilder entstehen können. Noch weiter vorgeschritten ist beim gleichen Thier die Entwicklung der Tonsilla colica selbst. Mir liegt eine Schnitt- serie durch eine 2mm lange und Imm breite Anlage eines Knötehenhaufens vor. Um einen solchen muss es sich han- deln, trotzdem dass eine Gliederung in einzelne Knötchen nicht sichtbar ist, denn die Länge und Breite der Anlage zeigt deut- lich, dass von der Anlage nur eines Knötchens keine Rede sein kann. Es ist ein diffuser Haufen von jungen Bindegewebszellen und Leucocyten; letztere bilden jetzt die Hauptmasse der An- lage, die von vielen Blutgefässen durchzogen ist. Was schon bei spät auftretenden, ersten Knötchenanlagen sichtbar war, besteht hier in ausgedehnterem Maasse: der Grund der Darmdrüsen steht nicht mehr in einem Niveau, viele Drüsen sind in Knötchenanlage hinabgewachsen, meist ganz gerade, sodass ihr Zusammenhang mit dem Oberflächenepithel ohne Weiteres auf ein und demselben Schnitte klar vorliegt (Fig. 11), nur einzelne Drüsen sind schon gebogen, sodass sie quer oder schräg durchschnitten erst durch Betrachtung der Serie in ihrem Zusammenhang mit dem Ober- flächenepithel festgestellt werden können. Stets sind Drüsen- epithel und das Gewebe des Knötchenhaufens scharf von ein- ander abgegrenzt. Eine grosse Anzahl von Mitosen deutet auf ein lebhaftes Wachsthum der Darmdrüsen; keine einzige Mitose lässt auf ein Diekenwachsthum des Epi- thels schliessen. Nach den Angaben von Brand (4 pag. 10) und von Patzelt (7 pag. 165) soll ein Tiefenwachsthum der Darm- drüsen nicht stattfinden oder höchstens ein minimales sein. Ich zweifle nicht, dass diese Regel vielfach Geltung hat, aber auf drüsen sind zuweilen (Fig. 6) durch ihre Breite ausgezeichnet. Dieses Verhalten rechtfertigt wohl kaum, diese Gebilde als Knospen oder Di- vertikel von den übrigen Darmdrüsen, von denen sie sich im Uebrigen gar nicht unterscheiden, zu trennen. 22 Ph: Stöhr: keinen Fall besteht sie zu Recht bei den über den Knötehenanlagen befindlichen Drüsen des Meerschweinchendiekdarmes. Das Wachs- thum in die Tiefe ist hier zu deutlich, um in Zweifel gezogen werden zu können; warum ein solches gerade hier stattfindet — die Entwieklung von Darmlymphknötchen anderer Thiere, z. B. der Katze, zeigt ja in der Regel nichts derartiges —, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Am Nächsten liegt ja wohl, die hier fehlende Museularis mucosae dafür verantwortlich zu machen; die wachsende Knötchenanlage verzögert offenbar deren Aus- bildung, denn rings um die Anlage treffen wir die Muscularis mucosae wohl entwickelt, sie fehlt nur im Bereich des Knöt- chens selbst (Fig. 9 und 11). Damit fehlt das Hinderniss, das sich dem Tiefenwachsthum der Darmdrüsen entgegenstellt; dass die Museularis mucosae in der That ein solches Hinderniss ist, geht aus Befunden hervor, die ich an Diekdarmdrüsen erwachsener Meerschweinchen gemacht habe; man trifft da einzelne Drüsen, die mit ihrem blinden Ende nicht senkrecht über der Museularis mucosae stehen, sondern unten umgebogen eine ganze Strecke mit ihrer Längsachse parallel der Museularis mucosae verlaufen®). Allein einer derartigen Annahme widersprechen die Be- obachtungen vonBrand (4) und Patzelt (7), nach welchen bei Mensch, Schwein und Katze die Darmdrüsen nicht in die Submucosae hinabwachsen, trotzdem dass die Museularis mucosae noch nicht entwickelt ist. Dieser Widerspruch scheint mir aber kein unlös- barer zu sein. In jener ersten Zeit nimmt die durch Entwicklung der Zotten ete. sich rasch vergrössernde Darmoberfläche alles Material, das ja doch aus den Drüsen stammt, für sich in An- spruch, ein Wachsthum in die Tiefe unterbleibt deswegen; im Meerschweinchendiekdarm aber liegen die Verhältnisse anders, dort ist Material zur Bekleidung im Ueberfluss vorhanden, lange rein epitheliale Fortsätze befinden sich auf den Gipfeln der Zotten, eine Eigenart, die in einer besonderen Abhandlung genauer be- 1) Es muss übrigens bemerkt werden, dass die Muscularis mu- cosae nicht überall ein unüberwindbares Hinderniss ist, sondern auch von den wachsenden Drüsen gegen die Submucosa vorgebuchtet, ja sogar durchbrochen werden kann. Das findet hauptsächlich am Rande von Knötchenanlagen statt — die Figuren 6 u. 8 sind nach Schnitten vom Rande einer Knötchenanlage gezeichnet —; es leuchtet ein, dass dort die Widerstandsfähigkeit der Muscularis mucosae eine geringere ist. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. 23 schrieben werden wird. So führt die in den Darmdrüsen aller Säuger bestehende Zellproduction in dem einen Falle zur Material- lieferung für die innere Epitheloberfläche (im engeren Sinne), im andern Fall zu weitgehenden Einstülpungen in den Bereich der Submucosa. Dieser letztere Fall setzt aber voraus das Fehlen oder die Schwäche der Muscularis mucosae!). Die weiteren Entwicklungsvorgänge äussern sich 1) in einer Vermehrung der Leucocyten, wodurch die Masse des ade- noiden Gewebes vergrössert wird, 2) in weiterer Ausbildung der submucösen Darmdrüsen. Letztere sind in der Tonsilla colica eines neugeborenen Meerschweinchens nunmehr in grosser Anzahl vorhanden und erscheinen auf senkrechten Schnitten durch die Darmschleimhaut in allen möglichen Richtungen getroffen: sie verlaufen eben gebogen; dabei sind die Drüsen von sehr ver- schiedenem Durchmesser, oft um ein Bedeutendes dicker als die in der Tunica propria gelegenen Darmdrüsen; kurze, von ihnen ausgehende Sprossen zeigen den Beginn ihrer Verästelung an. Es ist unter diesen Umständen leicht verständlich, dass fast jeder Schnitt isolirte, meist in der Submucosa liegende Epithelherde zeigt. Stehen diese Herde alle mit dem Oberflächenepithel in direkter epithelialer Verbindung? Diese Frage ist mittelst ein- facher Musterung der Serie nicht mit Sicherheit zu beantworten, dazu bedarf es mehr eingehender Untersuchung. Ich habe, um in dieser Frage, die ja einen Hauptstreitpunkt Retterer gegen- über bildet, sichere Aufklärung zu erhalten, eine ganze fort- laufende Reihe von Schnitten mit dem Zeichenapparat bei 60 bis 220facher Vergrösserung genau gezeichnet, jeden einzelnen Schnitt im Zweifelfalle mit stärkerern Vergrösserungen noch einmal con- trolirt, die Zeichnungen mit einander verglichen?) und gefunden, 1) Von diesem Gesichtspunkte sind wohl auch die vereinzelten Fälle bei anderen Thieren zu beurtheilen, in denen breite Darmdrüsen bis tief in die Submucosa reichen. Ich habe bei Katzen derartiges gesehen und auch beschrieben (15 pag. 262 Anmerk. 1). 2) Es ist das ein zeitraubendes und unter Umständen schwieriges Unternehmen, da oft nur durch sorgfältiges Uebereinanderlegen der gegen das Licht gehaltenen Zeichnungen die zusammengehörigen Durechschnitte aufgefunden werden können. Ich erkläre mich bereit, Interessenten Zeichnungen und Serien zur Nachprüfung zu übersenden, da wohl wenige bei einer Anatomenversammlung die Zeit dazu finden dürften. 24 Pih.IStöhr: dass alle Epithelherde mit dem Oberflächen- epithel in direkter epithelialer Verbindung stehen, dass es keine isolirten, vom Ober- flächenepithelabgesehnürten Epithelmassen giebt, weder beim neugeborenen Meerschwein- chen, noch in irgend einem späteren Stadium, noch beim ausgewachsenen Thiere. Ebensowenig ist von einem Uebergang, einer Umbildung der Epithelzellen zu den Elementen des adenoiden Gewebes, seien es Leucoeyten oder Bindegewebszellen, irgendwo eine Spur zu finden. Epithel und adenoides Gewebe sind scharf von einander abgegrenzt und nur starke Tangentialschnitte von Drüsen liefern zweifelhafte Bilder, deren wahre Bedeutung die Serienbetrachtung sofort aufklärt. Das weitere Wachsthum eines Knötchenhaufens erfolgt nun nicht nur in den oben angedeuteten Richtungen, durch Vermeh- rung der Leucocyten, durch Verästelung der betr. Darmdrüsen, sondern auch dadurch, dass am Rande des Knötchenhaufens neue Knötchen sich anschliessen, die zumeist nach dem letzt beschrie- benen Typus (unter zuerst auftretender Verlängerung von Darm- drüsen) entstehen. In Fig. 12 gebe ich einen Durchschnitt durch den Rand der Tonsilla eoliea eines 4tägigen Meerschweinchens. Die Dick- darmzotten sind schon vor der Geburt verschwunden, die Mus- eularis mucosae ist jetzt von anschnlicher Dieke, an den submu- cösen Darmdrüsen kann man deutlicher die primären von den seeundären, den Knospen (Sprossen), unterscheiden. Erstere sind ausgezeichnet durch die fast doppelte Höhe ihrer Cylinderzellen, durch ihren bedeutend grösseren Quer-Durchmesser und durch eine terminale Erweiterung, die unter Umständen die Form einer kugligen Blase bietet (Fig. 12 rechts). Diese primären submu- cösen Darmdrüsen!) reichen in diesem Stadium mit ihrem Grunde 1) Ich sehe zunächst keine Veranlassung, diese Bildungen mit einem anderen Namen zu bezeichnen, sie sind Divertikel wie die an- deren kleinen Darmdrüsen auch, und unterscheiden sich nur durch ihre Weite und durch ihre Seitensprossen von diesen. Der Name Drüse ist freilich kein guter, denn eine Absonderung speecifischer Stoffe findet hier nicht statt; sie findet aber auch nicht statt bei den kleinen Darm- drüsen, denen der N. A. deshalb besser den alten Namen „Krypten“ belassen hätte, Die in den Zellen der Darmdrüsen beschriebenen Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 25 oft bis zur Innenfläche der Ringmuskelschicht, nehmen also die ganze Dicke der Submucosa ein. Die secundären submueösen Drüsen entstehen durch Sprossung aus der Wand der primären und erscheinen als verschieden dieke, nach allen möglichen Riech- tungen gebogene Schläuche, die sich theils frei im das Binde- gsewebe der Submucosa, theils in das adenoide Gewebe der Knöt- chen erstrecken (Fig. 12). Dieses zeigt an der vorliegenden Serie noch den alten Charakter (Keimeentren sind noch nieht nachzuweisen) und hat seinen Sitz ausschliesslich in der Submucosa, wo es keineswegs alle submucösen Drüsen einhüllt, sondern ganze Strecken der- selben, der primären sowohl wie der secundären, freilässt (Fig. 12 an der linken Seite der rechten primären Drüse). Ich überspringe nunmehr die nächsten Entwicklungsstadien, die gegenüber dem eben beschriebenen keine wesentlichen Ver- änderungen zeigen und gehe sofort zur Schilderung der Verhält- nisse bei einem dreiwöchentlichen Meerschweinchen. Auffallend vermehrt ist hier das adenoide Gewebe der Knötchen, die nun- mehr gesonderte kuglige Massen mit Keimeentren darstellen. Die submucösen Drüsen mit ihren Sprossen sind nun von allen Seiten — die nie fehlenden Verbindungsstellen mit dem Oberflächen- epithel ausgenommen — von adenoidem Gewebe umgeben; ihr blindes Ende, das früher dieht an der Oberfläche der Ringmus- kelschichte lag, ist jetzt von dieser durch eine breite Zone ade- noiden Gewebes und durch lockeres Gewebe der Submucosa ge- trennt. Allein es wäre verfehlt, daraus etwa schliessen zu wollen, dass eine Reduetion der submueösen Drüsen und ihrer Sprossen stattgefunden habe. Der Vergleich der Figuren 13 und 14 er- giebt, dass die submucösen Drüsen des 3 wöchentlichen Meer- schweinchens (Fig. 14) etwa doppelt so lang sind als die des 4 Tage alten Thieres, sie sind also nieht rückgebildet, sondern im Gegentheil gewachsen. Die Ursache ihrer jetzigen grösseren Entfernung von der Ringmuskelschicht liegt in der ansehnlichen Diekenzunahme der Submucosa, die etwa viermal dieker gewor- den ist, als sie beim viertägigen Thiere war, eine Diekenzunahme, Körnchen sind wahrscheinlich Vorstufen des in den Becherzellen be- findlichen Schleimes, können also nicht als Beweismittel für die speci- fische Natur der Darmdrüsenzellen herangezogen werden. 26 Ph. Stöhr: die in der Hauptsache auf die ansehnliche Vermehrung des ade- noiden Gewebes zurückgeführt werden muss!). Der Wachsthums- Druck dieses Gewebes ist unter Umständen fähig, die Gestalt der submueösen Drüsen zu verändern ; den Beweis dafür erblicke ich in der häufigsten Form der submueösen Drüsen des erwachse- nen Thieres, deren früher kugliger Sack jetzt von unten her ein- gedrückt ist, so dass das früher runde Lumen (Fig. 135) jetzt zu einer parallel der Oberfläche gestellten Längsspalte umgewandelt ist. Das kann man schon bei dreiwöchentlichen Meerschweinchen sehen (Fig. 15) und ist auch von anderen Autoren (von Üzer- mak bei einem wenige Tage alten Meerschweinchen (26 Fig. 7) und vonv. Davidoff vom erwachsenen Thier) abgebildet worden (9 Fig. 14). Unter Umständen wird der Boden der Längsspalte sogar in die Höhe gegen das Darmlumen gedrängt und stellt so einen stumpfen Höcker, eine Kuppe vor, die sich von derjenigen anderer Thiere nur durch die verschiedene Genese unter- scheidet. Der gleiche Druck erklärt die vorzugsweise horizontale Lagerung der epithelialen Sprossen, die nun fast ausschliess- lieh in den der Tunica propria benachbarten Bezirken gefunden werden. Der Bau der Knötchenhaufen erwachsener Meerschweinchen unterscheidet sich nicht weiter von den beim dreiwöchentlichen Thier beschriebenen Verhältnissen. Die ja von anderen Thieren, auch vom Menschen, längst bekannten individuellen Differenzen in der Entwieklung der Massen des adenoiden Gewebes bestehen auch hier beim Meerschweinchen, und diese Differenzen bedingen wiederum mannigfache Variationen in Form und Zahl der sub- mucösen Drüsen und ihrer Sprossen. Unter diesen Umständen ist es unmöglich, etwa eine Verminderung oder Vermehrung der Sprossen beim erwachsenen Thiere nachzuweisen. Eine Rück- bildung der Sprossen findet weder durch einwandernde Leuco- eyten, noch in irgend einer andern Weise statt, zu keiner Zeit 1) Der Vergleich beider Figuren wird durch die verschiedene Schnittriehtung (Fig. 13 parallel und Fig. 14 quer zur Längsaxe des Diekdarmes) nicht alterirt, da keine Unterschiede in dieser Beziehung bestehen. Die Masse des adenoiden Gewebes der Tonsilla coli des 4tägigen Meerschweinchens zeigte am Rande die gleiche Dicke wie in der Mitte. Ueber die Entwieklung der Darmlymphknötchen etc. 27 weder beim wachsenden, noch beim erwachsenen Thiere. Ich werde im nächsten Kapitel noch einmal bei der Kritik der diesbezüg- lichen Angaben Czermak’s (26) auf diesen Punkt zurückkommen. Zum Schluss möchte noch einmal auf einen Punkt beson- ders aufmerksam machen, den alle Untersucher des Meerschwein- chendarmes vor Tomarkin!) übersehen zu haben scheinen, das ist die fast ausschliesslich submucöse Lage der Knötehen des Diekdarmes wie des Dünndarmes. Dadurch unterscheidet sich dieses Thier wesentlich von Mensch, Hund, Katze, Dachs, Kanin- chen u. a., bei denen jedes Knötchen aus einem submueösen und einem mucösen, in der Tunieca propria gelegenen Abschnitt be- steht?); das Fehlen dieses letzteren steht in offenbarem Zusammen- hang mit der Entwicklung der submueösen Drüsen und ihrer Sprossen. Es ist eine unbestrittene Thatsache, dass alle in Schleimhäuten befindlichen Lymphknötchen in engen topographi- schen Beziehungen zur epithelialen Oberfläche stehen; die fast ausschliesslich submucöse Lage der Knötchen des Meerschwein- chendarmes würde solche Beziehungen unmöglich machen, wenn sie nicht durch Auswachsen von Darmdrüsen in die Submucosa noch hergestellt würden. Die Frage, warum entwickeln sich beim Meerschweinchen die Knötchen nur in der Submucosa, ist damit freilich nicht‘ beantwortet, aber Eines wird durch vor- stehende Beobachtungen scharf in den Vordergrund gerückt, die Nothwendigkeit, dass die Lymphknötchen der Schleimhaut an einer Seite das Epithel berühren. Hier liegt offenbar ein Gesetz vor, das sogar unter so ungünstigen Verhältnissen, wie sie die Entwicklung der Darmknötchen des Meerschweinchens bietet, in Kraft tritt?). 1) Die von Davidoff (9) eitirte Abhandlung von Garbini (Note istiologiche sopra alcune parti dell’ apparechio digerente nella Cavia et nel Gatto, Estrado dei Vol. LXIII Serie III dell’ Academia di Agricoltura Asti e Commercio di Verona) ist mir nicht zugänglich ge- wesen. 2) Beim Menschen fehlt zuweilen der submueöse Abschnitt; so habe ich die solitären Knötchen des Dünndarmes eines hingerichteten Jungen, kräftigen Mannes nur in der Tunica propria liegend ange- troffen. Eine Abbildung davon findet sich in Figur 152 der siebenten Auflage meines Lehrbuches. 3) Auf diesen Punkt hat übrigens schon Küchenmeister (32 pag. 24) hingewiesen. 28 Ph. Stöhr: 2. Entwieklung der Lymphknötchen des Pro- cessus vermiformis des Menschen. Ein glücklicher Zufall spielte mir mehrere menschliche Embryonen in die Hand, deren Darmwand so gut erhalten war, dass sie für die in Rede stehenden Fragen untersucht werden konnte. Besonders gut erhalten erwies sich der unterste Abschnitt des Wurmfortsatzes mehrerer Foeten, bei denen nicht nur das Epithel noch fest auf der Tunica propria haftete, sondern sogar noch einzelne Mitosen sichtbar waren. Der jüngste meiner menschlichen Foeten, aus dem dritten Monat stammend (6 em Scheitelsteisslänge), zeigte im blinden Ende des Wurmfortsatzes noch ganz primitive Verhältnisse ähn- lich denen, die Brand (4) in Fig. 5a seiner Abhandlung ab- bildet; in der Mitte befinden sich unregelmässige aus Bindegewebe und Epithel bestehende Zöttehen, denen sich noch weiter oben (dem Coecum zu) die ersten Anlagen der Darmdrüsen als ganz kurze Säckchen anschlossen. Der noch nicht in Tunica propria und Submucosa geschiedene Theil der bindegewebigen Schleim- haut bestand in den unteren, dem blinden Ende näheren Parthien durchweg aus einem zarten Netz von Bindegewebszellen, in den oberen Parthien liess sich hie und da ein Leucocyt, meist in der Nähe von Blutgefässen nachweisen. Epithel und Bindegewebe waren stets durch eine scharfe Linie deutlich von einander getrennt. Bei dem nächstälteren Foetus von 14 cm Scheitelsteisslänge liessen sich in der bindegewebigen Schleimhaut zwei Zonen, eine mehr centrale (dem Lumen nähere), zellenreichere und eine peri- pherische, zellenärmere unterscheiden. Epithel und Bindegewebe waren scharf von einander geschieden. Letzteres bestand fast durehweg aus sternförmigen Zellen mit ovalem hellem Kern, nur an einzelnen Stellen befanden sich Gruppen von Zellen, die durch ihren tief dunkel gefärbten Kern schon bei mittelstarken Ver- grösserungen sich deutlich abhoben. In Fig. 17 habe ich eine solche Gruppe abgebildet; sie war auf 6 Schnitten zu sehen, die Zahl sämmtlicher auf diesen Schnitten gelegener Zellen betrug ca. 50. Es wird niemand ein- fallen, diese Zellen zum Epithel der Oberfläche und der Drüsen in Beziehung bringen zu wollen, sie lagen weit ab von diesem, nicht nur auf dem abgebildeten Schnitt, sondern auch auf den Udber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. 29 Nachbarschnitten, nahe der zellarmen Zone in nächster Nähe eines Blutgefässes. Starke Vergrösserung lässt über die Natur dieser Zellen keinen Zweifel aufkommen, es sind Leueoeyten, die nicht nur durch ihren Kern, sondern auch ihren rundlichen Zell- leib, der sich mit Eosin stärker gefärbt hat, als das zarte Proto- plasma der Bindegewebszellen, sofort zu unterscheiden sind (Fig. 18). Solehe Leucoeyten-Gruppen finden sich nun nicht nur in der Tiefe der bindegewebigen Schleimhaut, sondern auch in den Zotten selbst, dort bilden sie mit den ohnehin da reichlicher vorhandenen Binde- gewebszellen einen dichten Zellhaufen, den man wohl als die erste Anlage eines Knötchens ansprechen könnte. Schon in diesem frühen Stadium wandern einzelne Leucocyten in das Epithel, das die Spitze dieser Zotten deckt; dass der Gedanke, diese Leuco- eyten aus dem Epithel abzuleiten, ganz von der Hand zu weisen ist, habe ich schon früher einmal ausführlich erörtert (15). In späteren Stadien — es liegen mir hier Serien durch den Blinddarm und Wurmfortsatz zweier menschlicher Foeten aus dem 5. Monat vor — zeigt der bindegewebige Schleimhauttheil im Wurmfortsatz neben der schon früher angedeuteten Trennung in zwei, der künftigen Tuniea propria und der Submucosa entspre- chende Zonen eine bedeutende Vermehrung der Leueocyten, die (Fig. 19) vorzugsweise die Tunica propria Zone bevölkern, indessen auch nicht in der Submucosa fehlen; ihre Gruppirung ist eine ganz unregelmässige, bald bilden sie dieht gedrängte Massen, die man schon als Knötchen ansprechen könnte, bald sind sie diffus vertheilt; die Schleimhaut erhält dadureh ein fleckiges Aussehen, ähnlich dem, das ich früher in der Schleimhaut junger Tonsillen beschrieben und abgebildet habe (17 Fig. 6). Zahlreiche mit Leucoeyten prall gefüllte Lymphgefässe verlaufen in der Sub- mucosa. Eine Museularis mucosae fehlt im Wurmfortsatz, ist aber im angrenzenden Theil des Coecum schon angelegt. Dort liegen fast ausschliesslich in der Tuniea propria die im Ganzen spär- liehen Leucoeyten, die hie und da in diehterer Anhäufung grup- pirt die Anlage eines Knötchens bilden. Diese Anlagen sind stets in dem Raum zwischen zwei Darmdrüsen, niemals am blinden Ende der Drüsen gelegen. Das Epithel der Oberfläche wie der Drüsen ist überall stets scharf von der Tunieca propria abgegrenzt, genetische Beziehungen zwischen Epithel und Leucoeyten sind nirgends zu sehen. 30 Ph. Stöhr: Im 6. Monat endlich ist die Entwicklung der bindegewe- bigen Sehleimhaut in sofern weiter vorgeschritten, als eine deut- liche Museularis mucosae aufgetreten ist. Sie zieht unter dem Grunde der Darmdrüsen dahin und fehlt — abgesehen von den Stellen, wo die später zu beschreibenden zurückgebildeten Drüsen liegen — nur da, wo es zur Entwicklung von Darmlymphknöt- chen gekommen ist. Ferner ist die Gruppirung der Leucoeyten eine andere geworden: der grösste Theil der Schleimhaut — und zwar fast ausschliesslich der Tuniea propria — enthält nur eine geringe Menge von Leucocyten, an einzelnen Stellen aber be- stehen compakte, ziemlich gut von der Umgebung abgegrenzte Leucocytenhaufen, deutliche Knötchen. Sie erstrecken sich vom Epithel der Oberfläche bis tief in die Submucosa, sind aber von der Ringmuskelschicht durch eine schmale Zone leucocytenarmen Bindegewebes getrennt. Keimeentren fehlen noch. Der Einfluss dieser wachsenden Knötchen auf ihre Umgebung ist unver- kennbar, die benachbarten Drüsen stehen schräg, sie sind zur Seite gedrängt, das Epithel der Knötchenkuppe ist wesent- lich niedriger, als das der Umgebung (Fig. 23). Es sind also ‚jetzt schon Zustände deutlich ausgeprägt, die auch beim Erwachsenen bestehen und von Rüdinger dort schon beschrieben und abgebildet worden sind (37 pag. 134). Auch in diesem Stadium sind Epithel und Bindegewebe scharf von einander getrennt, nirgends bestehen Bilder, die zu Gunsten einer Ein- wanderung epithelialer Elemente ausgelegt werden könnten. Weitere Untersuchungen an älteren Foeten über Wachs- thum und Ausbildung der Knötchen habe ich nicht angestellt; sie schienen mir unnöthig, nachdem einmal nachgewiesen war, dass auch beim Menschen die ersten Leucocyten in der bindegewebigen Schleimhaut in der nächsten Umgebung der Blutgefässe auftreten und dass die Lymphknötchen durch Anhäufungen von Leucocyten in den Maschen des Bindegewebes entstehen, ohne jedwede Be- theiligung des Darm-Epithels. Beim Menschen liegen die Verhält- nisse in sofern einfacher, als die Knötchen auch in der Tunica propria liegen, dass also Einrichtungen, wie wir sie in den sub- mucösen Drüsen des Meerschweinchens kennen, hier überflüssig sind. Innigere Beziehungen zwischen Drüsen und Knötchen be- stehen hier nicht. Dagegen habe ich an den Darmdrüsen des menschlichen Wurmfortsatzes Verhältnisse gefunden, nach denen Ueber die Entwieklung der Darmlymphknötchen ete. 31 ich bei Thieren vergeblich gesucht hatte. Sie haben zwar mit der Entwieklung der Darmlymphknötchen direkt nichts zu thun, sind aber für die hier aufgeworfenen Streitfragen so lehrreich, dass deren Beschreibung gerade an diesem Platze nothwendig ist. Ich meine 3. die Rückbildung von Darmdrüsen des mensch- lichen Wurmfortsatzes. Die ersten Spuren dieses Processes finde ich bei dem Foetus von 14 em Scheitelsteisslänge. Die Drüsen waren da schon wohl ausgebildet, auffallend waren die ganz erheblichen Unterschiede in Dieke und Länge (Fig. 16). Einzelne Drüsen sind nur schmal und kurz !) — andere mehr als doppelt so lang — reichen mit ihrem blinden Ende bis nahe an die Ringmuskelschicht, ihr Lumen ist gross, nicht selten terminal erweitert. Das Gleiche war bei einem der Foeten aus dem 5. Monat (17 em Scheitelsteisslänge) zu beobachten, neu aber war, dass ein Theil dieser grossen Drüsen mit einer diekeren, bindegewebigen Faserhülle umgeben war, die in eoncentrischen Zügen die ganze Drüse umkreisten. Diese Verdiekung des Bindegewebes ist die Einleitung zu einem Rückbildungsprocess der Drüsen, der in der Serie vom zweiten, etwas älteren Foetus desselben Monats gut zu beobachten war. In Fig. 19 habe ich einen Querschnitt des Wurmfortsatzes dieses Foetus abgebildet. Man erkennt noch Zotten, die mit einem eylindrischen Epithel überkleidet sind; dasselbe besteht fast ausschliesslich aus Becherzellen, die auch die Auskleidung der Darmdrüsen bilden. Eine ganze Anzahl von Drüsenanschnitten zeigen keine Verbindung mit dem Oberflächenepithel. Ich habe jeden dieser Schnitte an der Hand der Serie controllirt, die mit z bezeichneten Drüsen hängen mit dem Oberflächenepithel zu- sammen; unter Umständen kann dieser Zusammenhang erst nach Durchsicht einer grösseren Anzahl von Schnitten constatirt wer- den, da viele Drüsen umbiegend eine Strecke weit horizontal zur Oberfläche, parallel der Längsachse des Wurmfortsatzes ver- laufen. So musste z. B. die Drüse z’ (Fig. 19 rechts unten) 1) Es versteht sich von selbst, dass die kleinen Drüsen nicht etwa Tangentialschnitte grosser Drüsen sind; vor einer solchen Ver- wechslung schützt die Controlle an der lückenlosen Serie, 33 Ph. Stöhr: 25 Schnitte, also nahezu 0,2 mm verfolgt werden, bis ihre Ver- bindung mit dem Oberflächenepithel siehtbar wurde. Andere Drüsen aber stehen mit dem Oberflächenepithel nicht mehr in Zusammenhang, sie sind an ihrer starken Bindegewebshülle (—30 u) besonders kenntlich. Diese Hülle ist auch an anderen nicht abgeschnürten vorhanden, bald dieker (z/), bald dünner, an manchen Drüsen fehlt sie vollkommen. Ich glaube nicht fehl zu gehen mit der Annahme, dass alle Drüsen mit dicker Hülle zur Abschnürung bestimmt, dem Untergange geweiht sind, denn weder die Drüsen des benachbarten Coecum dieses Foetus, noch die Darmdrüsen des Wurmfortsatzes des er- wachsenen Menschen — es stehen mir Präparate von 2 hin- gerichteten, jungen Männern zur Verfügung — zeigen Drüsen mit dicker Bindegewebshülle. Die Abschnürung selbst vollzieht sich in der Weise, dass die Verbindung des Drüsenhalses mit der Oberfläche sich zu einem soliden schmalen Epithelstrang um- bildet, der dann reisst. Das Epithel besteht an jener Stelle nicht mehr aus Becherzellen, sondern aus schräg gegen den Drüsen- grund geneigten Cylindern, die sich allmählich zu kubisechen oder abgeplatteten Elementen umgestalten. Die Drüse stellt jetzt einen allseitig geschlossenen grossen Sack dar; das in Fig. 20 abgebildete Exemplar hatte eine Länge von 0,4 mm, eine Breite von 0,15 mm, der parallel der Längsachse des Wurmfortsatzes gerichtete Durchmesser be- betrug 0,53 mm, während der Dickendurchmesser einer sonst gleich langen nicht geschlossenen Drüse nur 0,05 mm 'ausmachte. Die Wandung des Sackes war nicht gleichmässig glatt, sondern an verschiedenen Stellen, am Grund und an der gegen das blinde Wurmfortsatzende gerichteten Seite mit kleinen Divertikeln aus- gestattet. Besondere Aufmerksamkeit beansprucht die epitheliale Auskleidung des Sackes, sie ist ungleich: an der Spitze sind die Epithelzellen abgeplattete oder kubische Elemente, durchaus proto- plasmatisch, mit rundlichem oder ovalem, dann schräg abwärts gerichteten Kern; Becherzellen fehlen hier oben; verfolgt man aber das Epithel nach abwärts, gegen den Grund des Sackes, so findet man anfangs vereinzelte, weiter unten immer mehr Becher- zellen, die zuletzt am Grunde fast ausschliesslich die epitheliale Auskleidung darstellen, von diesen Becherzellen stammt der In- Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 33 halt des Sackes, eine aus Strängen und dünnen Schleiern be- stehende Masse — Schleim, wie die Farbenreaction ergibt. Ein- zelne zerfallende Leucocyten sind dem Schleim beigemischt. Das weitere Schicksal der abgeschnürten Drüse gestaltet sich nun der Art, dass der Sack zusammenfällt, und zwar so, dass der Grund am längsten erhalten bleibt, das Epithel wird immer ärmer an Becherzellen, bald besteht die ganze Auskleidung des Sackes aus niedrigen Cylinderzellen mit ovalem Kern (Fig.21), die sich abplatten und zuletzt verschwinden (Fig. 22), d. h. zerfallen; der nun stark verkleinerte Sack ist bald mit Zerfall- producten des Epithels und mit gleichfalls zu Grunde gehenden Leueoeyten gefüllt. Der Beweis, dass auch letztere im Absterben sind, liegt in dem Verhalten der Kerne, die keineswegs poly- morph sind, wie man sie so vielfach an wandernden Leueocyten findet, sondern in 2, 3 und mehr unregelmässig geformte Brocken zerfallen sind. Auch findet man vielfach rundliehe Körper ohne Chromatintheile, kleine Complexe von Körnchen, Formen, die alle durch Uebergänge mit einander verbunden den ganzen Zer- fallprocess deutlich illustriren. Dass die Inhaltsmasse des Sackes nicht allein auf Rechnung der Leucocyten zu setzen ist, geht nicht nur aus dem Dasein von Schleimfetzen hervor, sondern auch aus der Thatsache, dass das Epithel Lücken zeigt, die mit Zerfallmassen gefüllt sind (Fig. 22). Als letzten Rest der Drüse findet man dann minimale, 0,05—0,15 mm messende Gruppen kleiner Epithelzellen, die von einer dieken bindegewebigen Kapsel (Fig. 19a‘) umgeben sind. Der ganze Process erinnert an die Verhältnisse, die Ruge (13) bei der Rückbildung der Ovarial- follikel beschrieben hat, woselbst die in das abgestorbene Ei ein- sedrungenen Zellen sich mit den Stoffen desselben beladen, sie erweichen, auf diese Weise resorptionsfähig machen, dann selbst aber zu Grunde gehen. Vorstehend beschriebene Eigenthümlichkeiten sind im ganzen Wurmfortsatz zu eonstatiren, sie finden sich ferner noch im un- tern umgebogenen Ende des Coecum, hören dann aber, bei wei- terer Verfolgung der Serie nach aufwärts (gegen die Mündung des Ileum zu) allmählich auf und zwar in der Weise, dass zuerst abgeschnürte Drüsen fehlen, während eine kleine Strecke weit noch Drüsen mit dieker Bindegewebshülle vorkommen, die dann Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 3 34 Ph. Stöhr: schliesslich auch verschwinden. Von da ab zeigt das Coeeum den längst bekannten Bau !). Ganz ähnliche Verhältnisse zeigt der Processus vermifor- mis eines etwas älteren menschlichen Embryo aus dem 6. Monat, dessen histologische Erhaltung ebenfalls eine gute ist; das Epithel sitzt überall fest der Tunica propria auf. Auch bier findet man abschnürende und abgeschnürte Drüsen, die durch ihr weiteres Lumen leicht aufzufinden sind und die gleiche dieke Bindegewebs- hülle, das gleiche in dem früheren Stadium schon beschriebene degenerirende Epithel zeigen. Aber sie sind in relativ geringerer Anzahl zu finden und dieser Umstand veranlasst mich anzuneh- men, dass dieser ganze Process der Drüsenrückbildung nur auf embryonale Perioden beschränkt ist. Die in Vorstehendem geschilderten Befunde sind nach zwei Richtungen hin interessant. Erstens ist hier zum ersten Male nachgewiesen, dass Drüsen sich wirklich zurückbilden — wie wenig die früheren diesbezüglichen Angaben das Recht haben, als Nachweise zu gelten, soll weiter unten erörtert werden —, der Processus vermiformis des Menschen stehe hier im Gegen- satz zu demjenigen der bisher darauf untersuchten Thiere, bei denen keine Rückbildungen von Drüsen nachweisbar waren. Dieser Gegensatz ist aber durchaus verständlich, wenn wir berücksichtigen, dass der menschliche Wurmfortsatz überhaupt ein rudimentäres Organ ist, was von dem häufig ebenso benannten, besser aber Blinddarm zu bezeichnenden Organ der meisten Säuger nicht gesagt werden kann. Dass aber ein im Ganzen sich rück- bildendes Organ auch in Einzelheiten Rückbildungen aufweist, hat gewiss nichts Wunderbares an sich ?). Zweitens wird der Beweis geliefert, dass Entwicklung von Darmlymphknötehen und Rückbildung von Darmdrüsen Pro- cesse sind, die wohl zu gleicher Zeit ablaufen können, die aber 1) Hier und da findet man eine Drüse durch die Muscularis mucosae bis in die Submucosa hineinreichend. 2) Es wäre nicht uninteressant, Wurmfortsätze von Thieren daraufhin zu untersuchen. Die Frage: „kommen auch hier sich rück- bildende Drüsen vor“ könnte aber nur bei Berücksichtigung auch entwicklungsgeschichtlicher Epochen beantwortet werden, denn auch beim Menschen sind diese Drüsen nur in gewissen Stadien nach- weisbar. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 35 gar nichts mit einander zu thun haben. Die dieke Bindegewebs- hülle, welche die zu Grunde gehenden Drüsen von dem adenoi- den Gewebe der Lymphknötchen trennt, schliesst die Annahme, dass die Elemente der Drüsen etwa gelockert und dann den Ele- menten der Lymphknötchen beigemischt werden können, völlig aus (vgl. Fig. 19 u. 21). Nicht selten begegnet man Schnitten, in denen eine redueirte Drüse gerade das Centrum eines Knötehens einzunehmen scheint, man könnte sich da vielleicht sogar ver- anlasst sehen, in solchen Objeceten die erste Entwieklung eines Keimcentrums zu erblicken. Das wäre ein Irrthum, denn der Verfolg der Serie zeigt immer, dass die redueirten Drüsen nur am Rande des Knötchens liegen, zuweilen sogar in dessen Peri- pherie hineingepresst sind. Das Centrum der Knötehen enthält keine reducirten Drüsen. 4. Zusammenfassung der Ergebnisse. 1. Die ersten Darm-Leucocyten treten beim Meerschwein- chen und beim Menschen in der bindegewebigen Schleimhaut anf, und zwar in der Nähe der Blutgefässe. 2. Die Darmlymphknötchen entstehen beim Meerschweinchen in den tiefen, der Submueosa entsprechenden Schichten der binde- gewebigen Schleimhaut und zwar durch Einlagerung zahlreicher “ Leueoeyten zwischen die bindegewebigen Elemente. Damit ist das adenoide Gewebe des Knötchens hergestellt. Die submueöse Lagerung der Knötchen bleibt bestehen; der Contakt mit dem Darmepithel wird nicht dadurch bewirkt, dass die Knötchen in die Tunica propria hinauf wachsen, sondern dadurch, dass früher oder später Verlängerungen der Darmdrüsen in die Sub- mucosa, in das dort befindliche Gewebe der Knötehen herab- wachsen. Diese submucösen Verlängerungen erweitern sich ter- minal und treiben eine Anzahl hohl werdender Sprossen. Anfangs erstrecken sich die submueösen Drüsenparthien durch die ganze Dicke der Knötchen bis zur Ringmuskelschicht, später werden sie durch die starke Entwicklung des Knötehengewebes gegen die Unterfläche der Muscularis mucosae hinaufgedrängt. Eine Rückbildung der submueösen Drüsen findet nicht statt. 3. Beim Menschen entwickeln sich die Darmlymphknötchen in ähnlicher Weise, nur ist ihre Lagerung keine ausgesprochen submueöse; sie erstrecken sich vielmehr, sobald sie etwas ausge- 36 Ph. Stöhr: bildet sind, durch die ganze Dicke der bindegewebigen Schleim- haut und berühren mit ihrer Kuppe das Epithel der Darmober- fläche. In Folge dessen koimmt es auch nicht zu engeren Be- ziehungen zwischen Knötchen und Drüsen. 4. Weder das Epithel der Darmoberfläche, noch dasjenige der Darmdrüsen ist zu irgend einer Zeit an der Bildung oder Vermehrung der Leucoeyten activ betheiligt. Es bestehen keiner- lei genetische Beziehungen zwischen Epithel und den Elementen der Lymphknötchen. 5. Beim Menschen bilden sich im 5. und 6. Foetalmonat viele Drüsen des Processus vermiformis zurück. Dieser Process steht in keiner Beziehung zur Entwiekelung der Lymphknötchen. C. Kritik. Es ist nun meine nächste Aufgabe, die meinen Ergebnissen widersprechenden Resultate anderer Autoren zu prüfen und die Ursache der Differenzen aufzuklären. Retterer’s Arbeiten, die ja die nächste Veranlassung zu diesen meinen Untersuchungen gewesen sind, sollen zuerst besprochen werden. Schon in der Schilderung der ersten Stadien bestehen scharfe Gegensätze: nach Retterer werden epitheliale Sprossen durch Bindegewebe zer- sprengt, ihre Elemente in Leucocyten umgewandelt. Nach meinen Untersuchungen treten die ersten Leucocyten im Bindegewebe auf, das Epithel ist in keiner Weise dabei betheiligt. Dieser Widerspruch erklärt sich zum Theil dadurch, dass die ersten Knötchenanlagen von Retterer gar nicht untersucht worden sind. Retterer giebt zwar an, dass bei 7 cm langen Meer- schweinchen-Foeten die ersten Modificationen der Mucosa in Form einer Verdieckung des Chorion (d. i. der bindegewebigen Schleim- haut) auftreten (31 pag. 36), allein er begnügt sich nur mit dieser kurzen Bemerkung, um sofort überzugehen auf eine Be- schreibung eines 8 em langen Foetus, die ebenso wie die dazu zegebene Figur 3 deutlich zeigt, dass hier schon ein vorge- schritteneres Stadium vorliegt!). Die gut entwickelte Museularis 1) Dass Retterer an einem gleich grossen Thiere ältere Stadien fand, wie ich, erklärt sich vielleicht auch dadurch, dass Retterer einzig allein die Tonsilla colica studierte, ich aber auch andere, dieser Knötchengruppe benachbarte Parthien der Schleimhaut untersucht habe, die stets jüngere Stadien enthalten. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 37 mucosae, das Dasein umgebogener Drüsen, die Massen der Leuco- eyten sprechen deutlich dafür, dass die Anlage älter ist, als die in meinen Figuren 4 und 5, ja selbst 6 und 8 abgebildeten Stadien. Zum andern Theil ist die Differenz unserer Angaben bedingt durch dieselben Fehler, die ich schon früher (17 pag. 13) bezüglich der Mandelentwicklung Retterer zum Vorwurf machen musste, Tangential- und Schrägschnitte spielen hier eine verhängnissvolle Rolle. Auf solehen Schnitten fusst u. a. auch die Angabe, dass das blinde Ende der Krypten aus kleinen rund- lichen Zellen mit rundem Kern bestehen; gewiss, derartigen Bildern begegnet man ungeheuer oft (vergl. z. B. meine Fig. 16 unten), sie kommen dadurch zu Stande, dass das untere Ende der Drüse oft häufig etwas abgebogen ist. Starke Vergrösse- rungen und die Betrachtung der nächsten Schnitte geben sofort den Aufschluss: auch die Kerne der im Drüsenende befindlichen Fpithelzellen sind oval und daraus ergiebt sich, dass auch von kleinen runden Zellen keine Rede sein kann. Derartige Fehler wären vermieden worden, wenn R. eben seine Serien auch richtig benutzt hätte, auf diesen unentbehrlichen Untersuchungsmodus ist offenbar gar kein Gewicht gelegt worden — oder es konnte wegen der Beschaffenheit der Serien kein Gewicht gelegt werden. Die ganze Lehre von der Abschnürung epithelialer Sprossen ruht auf einer Unterlassungssünde; es ist nicht schwer, an Tonsillen- serien den Nachweis zu liefern, dass die scheinbar isolirten Epi- thelknospen alle mit dem Öberflächenepithel zusammenhängen, dazu genügt das einfache Durchsehen der Serie, es ist aber kaum möglich, den gleichen Nachweis an den Darmdrüsen der Knöt- chenhaufen zu erbringen, wenn man nicht durch genaue Zeich- nungen Controle übt. Denn die gebogenen, an jenen Stellen ver- ästelten Darmdrüsen des Meerschweinchens stehen dicht neben einander, der Entscheid ist einzig möglich, wenn man in der von mir oben (pag. 23) angegebenen Weise verfährt. Ich bin fest über- zeugt, dass Retterer — gute Serien vorausgesetzt — schon bei dem ersten ähnlichen Versuch seinen Irrthum einsehen würde. Unsere übrigen Differenzen liegen nicht in Beobachtungsfehlern, sondern in unrichtigen Deutungen richtiger Beobachtungen. Es ist wahr, dass die submueösen Drüsen bei jüngeren T'hieren bis zur ‚Ringmuskelschiehte reichen, bei älteren Thieren aber von derselben entfernt endigen, es ist aber falsch, daraus den Schluss 38 Bih#Stöhr: zu ziehen, dass diese Drüsen zurückgebildet seien : die Submucosa ist — durch Wachsthum der Darmlymphknötchen — erheblich dicker geworden, die Verkürzung der submueösen Darmdrüsen ist nur eine relative; die Drüsen sind im Gegentheil absolut länger, sie sind gewachsen (siehe auch pag. 25). Die Angabe endlich, dass die Zahl der Seitensprossen beim erwachsenen Thiere abgenommen habe, beruht wohl nur auf einer oberflächlichen Schätzung. Die Sprossenzahl wechselt individuell derart, dass mir der Nachweis ihrer Verminderung geradezu unmöglich er- scheint. So sind die Gegensätze zwischen Retterer und mir unversöhnliche, ich bin gezwungen, seine ganze diesbezügliche Darstellung als eine verfehlte, auf Beobachtungsfehlern und fal- schen Deutungen beruhende zu bezeichnen. Ich stehe mit diesem Urtheil in gleicher Linie mit denen, die später als Retterer die Entwicklung der Darmlymphknötchen untersucht haben — bis auf einen Punkt: Küchenmeister (32) sowohl wie Czer- mak (26) sind der Meinung, dass Seitenknospen („Epithel- schläuche“ K., „Kryptenknospen“ C.) durch eingewanderte Leuco- cyten aufgelockert werden und allmählich verschwinden. Küchen- meister hat wiederholt in seinen Präparaten Zellen der Epithel- schläuche gefunden, „die im Untergang begriffen schienen“ (pag. 22). Leider fehlten diesbezügliche Abbildungen. Ich habe mich des- halb an den Nachfolger von Brunn’s, Herrn Professor Bar- furth, gewendet, der meiner Bitte um Zusendung von dies- bezüglichen Präparaten Küchenmeister’s in freundlichster Weise nachkam. Die Schnitte zeigten mir Nichts, das mir un- bekannt gewesen wäre, aber sie haben mir doch Aufklärung ge- geben, was K. zu der Annahme untergehender Epithelschläuche veranlasst hat; es handelt sich um jene hellen Flecke, die in ziemlich regelmässigen Abständen im Knötchen, bald in der Tiefe desselben, im submueösen Abschnitt, bald im Kuppentheil gelegen sind; sie fehlen oft völlig, in anderen. Fällen sind sie unregel- mässig vertheilt; bald sind sie grösser, bald sind sie kleiner. Bei genauer Untersuchung ergiebt sich, dass die Flecke aus ein- zelnen oder aus ein Paar Zellen bestehen, die durch ihren grossen, bläschenförmigen hellen Kern und ihr reichliches Protoplasma sich von den kleinkernigen, protoplasmaarmen anderen Zellen deutlich unterscheiden (Fig. 24). Auf den ersten Blick könnte man an Epithelreste denken, aber die Aehnlichkeit mit kleinen Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 39 Hassal’schen Körperchen, mit denen sie Küchenmeister zu vergleichen geneigt ist, ist denn doch nur eime sehr entfernte; es fehlt die eoncentrische Schichtung, die bei den Hassal’schen Körperechen durch die dichte Anemanderlagerung mehrerer Epithelzellen bewirkt wird, es fehlt ferner der degenerirende Kern. Freilich ist an sehr feinen Schnitten oft in den hellen Flecken nichts von einem Kern zu sehen, der Schnitt ist eben am Kern vorbeigegangen. Die Aehnlichkeit der Zellen mit Epi- thelzellen ist nieht zu läugnen, aber damit ist doch noch lange nicht der Beweis erbracht, dass es sich wirklich um Epithelzellen handelt, nicht die Form einer Zelle allein ist maassgebend für ihre Natur, wer vermöchte einer isolirten platten oder rundlichen Zelle anzusehen, ob sie dem Epithel oder dem Bindegewebe an- gehört? Erst ihre Beziehungen zur Umgebung und ihre Genese erlauben die Entscheidung, die unter Umständen sehr schwer fallen kann. Hier liegt nicht die geringste Beobachtung vor, dass die fraglichen Zellen aus dem Epithel kommen, Niemand hat noch mikroskopische Bilder demonstrirt, die Uebergangs- formen von zweifellosen Epithelzellen zu diesen Gebilden zeigten; ich halte diese Zellen für grosse Bindegewebszellen, wie sie schon längst als Bestandtheile der Lymphknötchen, der Milz ete. be- schrieben worden sind, für jene Elemente, die ja schon öfter die Grundlage falscher Voraussetzungen abgegeben haben. Das ist Robin, dem Lehrer Retterer's begegnet (vergl. 17 pag. 16), und ich glaube kaum fehl zu gehen, wenn ich den grossen „epi- theloiden‘“ Zellen, die man in der Milz findet, einen guten Theil der Schuld zuschiebe, dafür, dass man die Milz aus dem Ento- derm abzuleiten versucht hat. Wie verführerisch sich die Bilder oft gestalten, das weiss jeder, der gute Schnitte durch Keimeentra von Lymphknötchen des Darmes (besonders des Processus vermi- formis des erwachsenen Menschen) gesehen hat. Die Aehnlich- keit mit einer Epithelzellengruppe ist oft sehr gross; ohne Wei- teres dürfen wir einen solchen Körper aber nicht epithelial nennen, es gehört doch zum Begriff des Epithels, dass zusammenhängende Lagen von Zellen vorliegen, welche äussere oder innere Ober- flächen des Körpers bedeeken oder bedeckt haben. Beides ist nicht der Fall, die Entwicklungsgeschichte giebt hier ganz be- stimmten Aufschluss. Es sind Gruppen von Bindegewebszellen, von Zellen ganz ähnlich den grossen oft pigmentirten Elementen, 40 Ban S:tiolherz die im Darme von Kaninchen und von Meerschweinchen (,Phago- eyten“) gefunden werden. Die „Zellen der Epithelschläuche“ Küchenmeisters sind also gar keine Epithelzellen. Eingehender sind die diesbezüglichen Beschreibungen Czer- mak’s, denen auch eine Reihe von Abbildungen beigegeben ist. Allein weder die Einen noch die Andern können mir Vertrauen einflössen. Was soll man dazu sagen, wenn man liest, dass die Kerne in manchen Epithelzellen „so stark in die Höhe wachsen, dass sie vom Fuss bis zum Saum einer Epithelzelle sich aus- dehnen,“ dass „an mehreren Spiralwindungen zu sehen sind — Spuren des Widerstandes, den der Kern beim Wachsen über- winden musste ?* Schliesslich soll der Kern durch quere Ein- schnitte in eine Säule kleiner Kerne abgetheilt werden, von denen sich die einen in Schleimtropfen umwandeln, die andern durch eine Art Austrocknung zu kleinen glänzenden Körperchen um- gestaltet werden. Die Figuren, die als Dokumente für ‘All das vorgelegt werden, beweisen nur die grosse Genügsamkeit und — vorausgesetzt, dass die Zeichnungen naturgetreu sind — die nicht sehr hochstehende Technik des Autors. Der Schluss-Satz: ‚Die Kryptenknospen werden theilweise verhornt (indem sie Homo- loga der Hassal’schen Körper bilden); dann werden sie von Retoblasten (d. s. Bindegewebszellen, welche das Retieulum der Lymphknoten bilden, Ref.), durchwachsen, verzehrt, so dass an ihrer Stelle nur eine Gruppe grosser Phagoeyten bleibt; die Epi- thelkerne werden in Hornpartikelehen und vielleicht in Pigment- kugeln umgewandelt“, wird in der vorausgehenden Beschreibung nicht so gestützt, dass der Leser sich veranlasst sehen könnte, zuzustimmen. Ich bedaure, den Inhalt dieses Kapitels als un- brauchbar ablehnen zu müssen, die Rückbildung von Epithel- parthien ist hier nicht bewiesen. Hier ist auch Platz zur Besprechung der Resultate Rü- dinger’s (19, 37), der im Wurmfortsatz des Menschen sowohl wie auch beim Hunde Rückbildungen von Darmdrüsen beschrieben hat. Zunächst möge bemerkt werden, dass das, was ich am menschlichen Foetus gesehen habe, nicht die geringste Ueber- einstimmung zeigt mit den Präparaten Rüdinger’s, von denen eine ganze Reihe von Abbildungen vorliegt. Die Thatsachen, dass da, wo Knötehen sind, die Drüsen fehlen, dass die Dureh- messer der Drüsen sehr verschieden gross sind, dass endlich das Ueber die Entwicklung des Darmlymphknötchen ete. 41 Epithel vieler Drüsen an einzelnen Stellen nicht Cylinderzellen, sondern mehrere Lagen rundlicher Zellen zeigt, haben Rü- dinger zu dem Schluss veranlasst, dass unter dem Einfluss des wachsenden Knötchens die Drüsen sich zurückbilden, dass ihre Cylinderzellen zu Rundzellen werden und dass auch eine theil- weise Neubildung an Stelle der verloren gegangenen Drüsen stattfinde. Auf den Abschnitt, der die Theilung durch Amitose, freie Kerne und dergleichen behandelt, möchte ich um so weniger eintreten, als ich schon bei der Bekämpfung der Darstellungen v. Davidoff’s diese Punkte eingehend besprochen habe (15). Dagegen möchte ich unter Heranziehung der Figuren Rüdinger’s die beschriebenen Veränderungen des Drüsenepithels etwas ge- nauer prüfen. Dass die Durchwanderung von Leucoeyten dabei eine Rolle spielt, giebt Rüdinger selbst an. Die Abbildungen lassen wenig davon erkennen; eine viel grössere Rolle aber spielen wieder die leidigen Schrägschnitte, die auch hier missverstanden worden sind. Ich kann mir die Querschnitte der Fig. VI (19) nicht anders erklären; der Schnitt rechts unten hat offenbar das unterste Ende der Drüse getroffen, er ist ein reiner Querschnitt der Drüse, aber ein Schrägschnitt des Drüsenepithels, dessen Zellen im Drüsengrunde mit ihrer Längsachse ja anders orientirt sind als im Drüsenkörper. Um Schrägschnitte gebogener Drüsen handelt es sich offenbar auch bei Figur 13 (37); das geht auch aus dem Text (pag. 127) hervor. Nachdem Rüdinger geschildert hat, wie die Cylinderzellen sich in Rundzellen umgewandelt haben („man darf wohl sagen, dieselben haben Leucocyten-Eigenschaften angenommen“), schreibt er weiter: „Die ganze übrige Umgebung ist von Leucocyten durchsetzt und bei einem Vergleich dieser mit den Rundzellen, die aus den Epithelzellen hervorgegangen sind, besteht der wesentliche Unterschied darin, dass die Kerne der Rundzellen viel grösser sind als jene der Leucoeyten“ und „dass die Kerne der Leucocyten etwas intensiver gefärbt er- scheinen, als jene der Epithelzellen“. Wer beim Anblick der Figur 13 noch nicht ganz sicher war, wird es durch jene Worte. Die „Rundzellen“ sind Quer- und Schrägschnitte von Cylinder- zellen, daher der grössere Kern, daher die hellere Färbung !). 1) Dass in der Figur 13 die Kerne der Rundzellen meist violett, diejenigen der Cylinderzellen roth sind, ist wohl mehr der Ausdruck der Leistung des Zeichners, als derjenigen des Präparates. 42 PihssSt.öchme Die Textbemerkung (19 pag. 137), „Das Lumen derselben (der Drüse) ist verschwunden und treten schon die Eigenthüm- lichkeiten des Solitärfollikels auf‘, sagt auch mehr, als die Figur zeigt, denn die Eigenthümlichkeiten eines Follikels bestehen doch nicht in einer Gruppe meist ovaler Kerne? Ich kann also diese Beweisführung- für die Umwandlung von Cylinderzellen in Rund- zellen nicht anerkennen, sie beruht auf einer Täuschung. Ebenso- wenig kann aber der verschiedene Durchmesser der Drüsen als Beweis für Rück- oder Neubildung herangezogen werden. Die Drüsen des menschlichen Wurmfortsatzes sind schon in embryo- naler Zeit nicht nur verschieden lang und dick, sondern auch die einzelne Drüse zeigt in verschiedenen Höhen wesentliche Kaliberschwankungen (vgl. Fig. 16). Etwas anderes ist es mit den Drüsen ohne Lumen; auch hier Können Durchschnitte durch das blinde Ende Verwechslungen schaffen, aber es können auch wirkliche atrophische Drüsen vor- liegen. Nach den Mittheilungen von Ribbert (24) findet häufig eine partielle Obliteration des Wurmfortsatzes statt, die mit dem höheren Alter zunimmt; es handelt sich hier nicht um eine patho- logische Erscheinung, sondern um einen Involutionsvorgang. Die Drüsen wurden niemals in den obliterirten Theil mit ein- bezogen, sie mussten sich also vorher zurückgebildet haben. Wie diese Rückbildung erfolgt, konnte bei der Beschaffenheit des Materials nicht genau eruirt werden. Herr College Ribbert hatte die Freundlichkeit, mir diesbezügliche Präparate zu demon- striren; die atrophischen, an ihrem blinden Ende dünneren Drüsen haben gar keine Aehnlichkeit mit den beim Foetus sich rück- bildenden Formen, davon haben wir uns Beide überzeugt. Es liess sich nicht feststellen, ob etwa Beziehungen zwischen Knötchen und rückbildenden Drüsen vorkommen. Wer etwa immer noch geneigt wäre, aus zugrundegehenden Drüsen Knötchenhaufen ab- zuleiten, wird in den weiteren Beobachtungen Ribbert’s, dass die Knötchen am Verwachsungswinkel des Wurmfortsatzes meist klein waren, dass sie im obliterirten Theil gewöhnlich völlig ver- schwanden, schwerlich eine Stütze finden. Ich wende mich nunmehr zu der kleinen Mittheilung von Klaatsch (28), der zunächst die bisher klare Definition von „Follikel“ völlig verwischt. ,Follikel‘“ (Lymphknötchen N. A.) ist ein umschriebener Haufen von kleinen Zellen (Leucocyten), ® Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. 45 die in den Maschen eines zarten Bindegewebsnetzes eingebettet sind (adenoides Gewebe). Diese allgemein anerkannte Definition acceptirt auch Klaatsch, indem er (pag. 550) von Follikeln als „Anhäufung zahlreicher kleiner intensiv gefärbter Zellen“ spricht. In diese Follikel erstrecken sich, bei Eehidna ähnlich wie beim Meerschweinchen, Drüsen, die Klaatsch „Follikeldrüsen‘ nennt. Dann heisst es weiter: „Der epitheliale Bestandtheil bildet die Hauptmasse des ganzen Follikels. Der Iymphoide Theil des letz- teren erscheint als eine Umhüllung der Drüsenschläuche.‘“ Da- mit ist schon eine neue Definition von „Follikel‘““ gegeben, jetzt ist der Follikel zusammengesetzt aus Epithel und adenoidem Ge- webe. Aber nicht genug; ich eitire ohne Auslassung weiter: „Nach innen von der Muscularis mucosae wird der ganze Raum zwischen dieser und den Drüsen von Lymphzellen dicht erfüllt. Mit der Durchbrechung der Museularis mucosae erstreckt sich das Iymphatische Material (d. i. das adenoide Gewebe, Ref.) in die Submueosa und bildet eine Art von äusserer Kappe um den Follikel.“ Da wären wir denn glücklich zu einer dritten Defi- nition angelangt, denn wenn das Iymphatische Material eine äussere Kappe bildet, was bleibt dann noch vom Follikel übrig? Nur das Epithel. In nicht ganz 25 Zeilen bietet uns Klaatsch drei ver- schiedene Definitionen, und um der Verwirrung die Krone auf- zusetzen, nennt er (pag. 552) die Follikeldrüsen auch noch „Peyer’sche Drüsen“, ein Name, der nicht für einzelne Follikel, sondern für Follikelhaufen angewendet wird (vgl. z. B. in Kölli- ker’s Gewebelehre (2) pag. 417). Nicht minder unglücklich ist die vergleichend anatomische Behandlung des Echidna-Befundes. Die primitive Stellung von Echidna berechtigt doch nicht dazu, dass wir jede anatomische Eigenthümlichkeit dieses Thieres als den Ausdruck des ursprüng- lichen Zustandes betrachten dürfen! Klaatsch macht auch nieht den geringsten Versuch, einen Anschluss in der Thierreihe auf- oder abwärts festzustellen und seine Hypothese von dem niederen Zustande der Knötchenhaufen bei Echidna durch irgend welche Belege zu stützen. Welche Resultate sind von einer Arbeit zu erwarten, die auf einem Boden fusst, wo längst festgestellte Begriffe durch unklare Definitionen und streng methodisch vergleichende Forschung 44 Pin=Stohr: durch Aufstellung unbewiesener Hypothesen ersetzt werden? Auf die Widerlegung der Meinung von der Proliferation Iym- phatischen Materials aus dem Darmepithel verzichte ich, denn Klaatsch konnte bei dem mangelhaften Conservirungszustand seines Objectes kein positives Resultat erzielen, sondern beruft sich auf Retterer und Davidoff, denen ich schon die ge- bührende Berücksichtigung schenkte. Ihre Schlüsse sind ebenso verfehlt, wie jene Maurer’s (16), der bei Amphibien die Iym- phatischen Elemente der Milz vom Entoderm ableitet. Ich bin seit Jahren mit diesbezüglichen Untersuchungen beschäftigt und kann nichts finden, das mir den Anschluss an Maurer’s Auf- fassung ermöglichte. Doch davon an einem anderen Orte. Es bleibt mir noch übrig, die Unterstützung, die Retterer gelegentlich seines Basler Vortrages Seitens der Zuhörer gefunden hat, zu besprechen und auf ihren Werth zu prüfen. In der Diseussion zu Retterer’'s Vortrag. (31 pag. 39) hat Stieda seine diesem sympathische Stellung mit dem Hin- weis auf Erfahrungen an der „Bursa Fabricii* der Vögel moti- virt, die ähnliche Verhältnisse böte, Verhältnisse, die leider ganz in Vergessenheit gerathen seien. Letzterer Vorwurf ist, wie wir gleich sehen werden, nicht ganz berechtigt, noch weniger be- rechtigt aber ist der Versuch, aus dem Bau der Bursa Stützen für Retterer's Hypothese gewinnen zu wollen. Es ist durch die Untersuchungen Bornhaupt’s (3), eines Schülers von Stieda, entwieklungsgeschichtlich festgestellt worden, dass das Centrum der sog. Follikel der Bursa epithelialer Natur ist. Das Epithel der Bursahöhle verdiekt sich zu kleinen Knötchen, die sich vom Epithel derartig absehnüren, „dass sie Kugeln bilden, die im Stroma der Falten eingebettet liegen und nur an einem Pole mit dem Epithel zusammenhängen“. Dieser Zusammenhang wird von Bornhaupt noch einmal besonders betont und die Bilder, auf welchen die Kugeln allseitig von Bindegewebe abgeschlossen zu sein scheinen, für Trugbilder erklärt: ‚Falsch ist demnach die allgemein verbreitete Ansicht, dass die Drüsen der Bursa Fabrieii geschlossene Follikel sind“ ?). Dieser Schilderung Bornhaupt's stimmt Stieda bei und macht „Ergänzungen“, die im wichtigsten Punkte die bestimmten Angaben seines Schülers wieder verwischen. „Man sieht“, sagt 1) Aus Stieda (6 pag. 305) nacheitirt. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. 45 Stieda, ,„— namentlich bei Hühnerembryonen über TO mm Länge — sehr viele Follikel, welche gar keinen Zusammenhang mit dem Epitheliallager mehr zeigen. Ob in diesen Fällen dureh den ungünstig gefallenen Sehnitt nieht die Verbindung zwischen Epithel und Follikel getroffen ist, oder ob wirklich eine voll- ständige Abschnürung oder Trennung des einmal angelegten Follikelkeins stattfinde, darüber bin ich nieht zu einer endgültigen Entscheidung gekommen. Ich muss bekennen, dass ich eigentlich mehr zu letzterer Ansicht hinneige.“ Also gerade zum Gegen- theil von dem, was Bornhaupt so ausdrücklich betonte. Es ist klar, dass die völlige Absehnürung der Follikel gut zu Ret- terer’s Hypothese passte, der in seiner Abhandlung über die Bursa Fabrieii Stieda’s auch nicht vergisst und besonders be- merkt, dass bei grösseren (als TO mm) Hühnerembryonen keine Verbindungen mit dem Epithel mehr vorkommen (8 pag. 428), die Follikel sind völlig „geschlossen“ (d. h. rings von Binde- gewebe vollständig umgeben). Das ist der Punkt, in dem Ret- terer und Stieda mit einander sympathisiren, im weiteren aber gehen beide Autoren diametral ausemander. Nach Ret- terer dringt bei 17-—-18tägigen Hühnchen Bindegewebe zwischen die Epithelzellen (p. 436); das ist der Anfang des Uebergangs der epithelialen Einstülpung in den Zustand des geschlossenen Follikels. Die weitere Beschreibung dieses letzteren lässt nicht den geringsten Zweifel übrig, dass der Follikel jetzt alle Charaktere des adenoiden Gewebes zeigt, ein engmaschiges Netz von Binde- gewebe mit darin liegenden Leucocyten, die Retterer seiner schon oben referirten Anschauung gemäss als vereinzelte Epithel- zellen bezeichnet; der alte Irrthum. Und Stieda sagt aus- drücklich, dass die sog. geschlossenen Follikel der Bursa Fabrieii in ihrem Centrum aus Epithel und nicht aus adenoidem Gewebe bestehen; nur das den epithelialen Follikel umgebende binde- gewebige Stroma bildet sich nach Stieda in adenoides Gewebe um. „In die epithelialen Follikel dringen keine Blutgefässe.‘ Diese Follikel sind „epitheliale und keine Iymphoiden Ge- bilde“. Das gilt auch für zwei Monate alte Hühnchen und, wenn ich Stieda recht verstehe, überhaupt so lange die Bursa be- steht. In diesem Punkte besteht doch zwischen Stieda und Retterer keine Uebereinstimmung ? Ich habe in jener Diseussion Stieda gegenüber bemerkt, 46 Ph. Stohr® dass die Bursa Fabrieii neu bearbeitet werden müsse!). Uns beiden war in dem Augenblieke nicht mehr gegenwärtig ?), dass diese Forderung schon erfüllt worden ist und zwar durch Wencekebach (1]), der in einer sehr ausführlichen Unter- suchung den Nachweis lieferte, dass der Bau der Bursa-Follikel auch im postembryonalen Leben im Centrum aus Epithel besteht, das durch die Membrana propria scharf von der äusseren meso- blastischen Follikelmasse getrennt ist. Die centrale epitheliale Follikelmasse von allen Follikeln bleibt bis zum Untergang des Epithels in direktem Zusammenhang mit dem Epithel, schnürt sich niemals ab. In die centrale Masse dringen keine Blutge- fässe oder Bindegewebsfasern — wie dies Retterer be- hauptet. Ein Austausch von Elementen zwischen beiden Theilen des Follikels findet nicht statt (12). Und wie kam Retterer zu seinen Resultaten ? Dadurch, „dass er nicht allein keine Serien von Durch- schnitten machte, sondern sich ganz bediente zu alter und zu gebrechlicher Untersuchungsmethoden‘“?). Auch im Uebrigen be- merkt Wenckebach, dass Schrägschnitte die Ursache der unrichtigen Resultate Retterer’s seien. Das ist genau das- selbe, was ich selbst schon früher Retterer zum Vorwurf ge- macht habe (17 pag. 15 und 16). Retterer bleibt zwar Wenckebach die Antwort nicht 1) Zu meinem lebhaften Bedauern scheine ich mit dieser Bemer- kung Anstoss erregt zu haben; als ob die Forderung zu erneuter Untersuchung eines vor Decennien mit ungenügenden Mitteln studier- ten ÖObjeetes ein Misstrauen gegen den damaligen Autor in sich schlösse! Und ungenügend — nach unseren jetzigen Begriffen — waren die Mittel, mit denen damals Stieda arbeitete. Ich brauche in dieser Beziehung nur auf Wenckebach zu verweisen, der pag. 95 (75 des Sep.-Abz.) sagt: „Hätte er (Stieda) Serien von Durchschnitten stu- dieren können, sonder Zweifel würde diesem kundigen Untersucher nicht entgangen sein, dass wirklich alle Follikel mit dem Epithelium bleiben zusammenhängen.“ Gerade über diesen Punkt waren Born- haupt und Retterer verschiedener Meinung, Stieda stand zweifelnd in der Mitte, die Bursa musste also noch einmal bearbeitet werden. 2) Stieda hat mit Wenckebach darüber correspondirt (11 pag. 37 resp. 19) und ich habe Wenckebach schon in einer früheren Ab- handlung (17 pag. 16) eitirt. 3) Ich eitire in wörtlicher Uebersetzung Wenckebach (11 pag. 94 resp. 76). Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 47 schuldig, d. h. er fährt fort, die Genauigkeit seiner Beobach- tungen zu bestätigen: „Bei der erwachsenen Taube und bei der Trottellumme (Uria troile) ist die ganze Parthie der geschlossenen Follikel der Bursa versehen mit einem Bindegewebsnetz, dessen Knotenpunkte von sternförmigen Zellen eingenommen sind“. (25 pag. 139.) Das widerspricht aber wieder den Resultaten Wenekebach’s, der auch bei der erwachsenen Taube eine deutliche Grenzlinie zwischen eentraler und peripherischer Follikel- masse constatirt (pag. 87). Von Bindegewebe innerhalb der cen- tralen Masse ist nicht die Rede. — Nach all dem wird die Bursa Fabrieii kaum mehr als eine starke Stütze der Auffassung Ret- terer's gelten können. Die zweite Unterstützung hat Retterer durch von K upffer erfahren, dessen Untersuchungen über die Entwieklung von Milz und Pankreas bei Acipenser dasselbe ergeben, wie die Dar- stellungen Retterer's über die Entwicklung der Lymphknoten in den Mandeln und dem Darme. Dass diese Darstellungen falsch sind, darüber wird hoffentlich derjenige, der Vorstehendes ge- lesen hat, keinen Zweifel mehr haben. Könnte man nicht jetzt umgekehrt fragen, ob bei den Untersuchungen über Milz und Pankreas nicht etwa ähnliche Fehlerquellen bestehen, wie ich sie beiRetterer nachgewiesen habe. Noch fehlen Nachunter- suchungen bei Acipenser; die Erfahrungen aber, die ich bei der Entwicklung der gleichen Organe von Amphibien gesammelt und zum Theil publieirt habe (36), sprechen durchaus nicht zu Gunsten der Auffassung von Kupffer's. Die Milzfrage ist noch sehr dunkel und durchaus ungeeignet, als Stütze für andere Streitobjeete verwendet zu werden. Die Bemerkungen von His können nicht direkt als Unter- stützung Retterer's angesehen werden. His ist im Gegen- theil der Meinung, dass sich Epithelzellen nieht in Iymphoide Zellen umbilden können, aber er sucht doch etwas von den Angaben Retterer's am Leben zu erhalten, indem er sagt, der Schwer- punkt der Arbeit Retterer’'s liege in dem Nachweise, „dass die Bildung der Tonsillen und der Peyer’schen Platten durch epitheliale Sprossen eingeleitet wird“. His steht hier auf gleichem Boden mit Gulland (18), der das adenoide Gewebe überall durch den Reiz, den einwachsende Epithelfalten ausüben, gebildet werden lässt, eine Auffassung, gegen die ich mich schon 48 Ph.rStöhrs früher gewendet habe (17). Der „Nachweis“ ist nicht erbracht, eine ganze Reihe von Beobachtungen — ich verweise hier nicht nur auf meine Publikationen über die Entwicklung der Mandeln, der Zungenbälge (17), der Darmlymphknötchen (15), sondern auch auf das, was in dieser Arbeit steht — zeigen auf das Deut- lichste, dass die ersten Leucoeyten im Bindegewebe an Stellen auftreten können, die einem mechanischen Einflusse, einem Reiz, den wachsende Epithelfalten oder -Sprossen ausüben könnten, völlig entrückt sind, man beachte nur die Figuren 1, 2, 3, 4, 5, 9, 10, 17 vorliegender Arbeit, keine einzige derselben gibt den geringsten Anhaltspunkt zur Aufstellung eines solchen allgemeinen Prineipes. Ich kann auch diesem letzten Rest der Retterer- schen Arbeit keine Lebensfähigkeit zuerkennen. Was endlich Nussbaum (31 pag. 41) in der Discussion gesagt hat, kann für die in Rede stehende Frage nicht wohl verwerthet werden, denn darüber sind wohl die Autoren emig, dass die in der Amphibienleber vorkommenden eigenthümlichen Complexe von Zellen mit den Epithelzellen, also mit den Leber- zellen, in keiner genetischen Beziehung stehen‘), Nussbaum ist ja, trotzdem, dass er von Mischformen von adenoiden ?) und epithelialen Drüsen spricht, offenbar nicht der Meinung, dass Epithelzellen sich in Lymphzellen umwandeln. Dass es nicht statthaft ist, die Teleostierniere als eine Mischform zu bezeichnen, geht aus der neuen Arbeit von Felix (43) hervor. Der Nach- weis, dass die erste Anlage aller Drüsen aus einem epithelialen und einem adenoiden Antheil bestehe, dürfte übrigens Nuss- baum nicht leicht werden. 1) Vergl. in dieser Beziehung die Arbeit von Braus (40), welche die einschlägige Literatur enthält. 2) Es scheint mir fast nothwendig, neueren Autoren gegenüber den Begriff des adenoiden Gewebes zu präcisiren. Wenn Hoehl (42) die Gitterfasern der erwachsenen Leber dem adenoiden Gewebe zu- rechnet, vergisst er, dass zum Begriff des adenoiden Gewebes nicht nur das Netz, sondern auch die Leucocyten gehören. His (1), der den Namen „adenoides Gewebe“ eingeführt hat, sagt (pag. 436) ganz deut- lich: ‚Es besteht aus einem mehr oder minder dichten Netze feiner Bindegewebsbalken oder verzweigter Zellen, die an die Blutgefässe sich anschliessend ein Gerüst bilden, in dessen Maschen Iymphkörper- chenartige Zellen liegen (vergl. ferner auch ebenda pag. 423). Auch Kölliker (14) definirt in gleicher Weise den Begriff des adenoiden Gewebes (pag. 106). Ueber die Entwicklung der Darmiymphknötchen ete. 49 Ich bin zu Ende; der Leser möge verzeihen, wenn ich hier und da zu ausführlich geworden bin, allein es schien mir wirk- lich nothwendig, der Irrlehre, welehe Leucocyten vom Epithel der Grenzblätter, speciell des Entoderms ableitet, bis in die letzten Schlupfwinkel nachzugehen und ihre Unhaltbarkeit zu beweisen. Hoffentlich ist es mir gelungen zu zeigen, wie die Grundlagen beschaffen sind, auf denen diese Lehre ruht. Ihre faktischen Belege, die Präparate, sind theilweise das Produet mangelhafter Technik, theilweise aber sind sie auch der Unfähigkeit ent- sprungen, den Gefahren, welche die moderne Technik mit sich bringt, aus dem Wege zu gehen. Das heutige Mikrotom zerlegt ein Object, das früher mit Kalilauge, Essigsäure ete. befeuchtet ganz unter das Mikroskop gebracht wurde, in hundert und mehr feinste Schnitte, deren jeder einzelne — in unzähligen Fällen — an sich unverständlich ist, wenn wir nicht die Nachbarschnitte zum Vergleich heranziehen, wenn wir nicht reconstruiren. Gerade diese Reconstruction, sei sie num im Geiste, oder durch Zeich- nungen, oder durch Modelle ausgeführt, ist unerlässlich, wenn wir nicht in schwere Irrthümer verfallen wollen. Die Feinheit der Schnitte bringt es mit sich, dass in jeder Schnittserie zahl- lose Schräg- und Tangentialschnitte vorkommen — es ist das ganz unvermeidlich — zahllose Trugbilder werden damit ge- schaffen und bieten dann willkommene Grundlagen für vorgefasste Meinungen. Es sind nicht wenige, sondern leider sehr viele Arbeiten, die an dieser modernen Mikrotom-Krankheit laboriren. Und nun die theoretische Seite der Lehre von der Ab- stammung der Leucoeyten aus dem Entoderm. Wie oft hört und liest man, dass theoretisch nichts gegen eine derartige Abkunft einzuwenden sei. Ich zweifle doch, ob wir berechtigt sind, so ohne weiteres die Leucocyten aus dem Entoderm abzuleiten, nur weil wir wissen, dass bei Wirbellosen sich Mesenchymkeime aus dem Entoderm (und aus dem Ektoderm) ablösen. Was bei den Wirbellosen noch möglich ist, kann im Verlaufe der Stammes- entwicklung längst verloren gegangen sein und bei den Wirbel- thieren gar nieht mehr vorkommen; zudem ist wohl zu bedenken, dass diese Vorgänge in den ersten ontogenetischen Stadien sich abspielen; in späteren Stadien, in denen mit der Ausbildung der Körperform, auch eine Differenzirung in den Elementen der Keim- blätter Platz gegriffen hat, ist auch die Production solcher Keime Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 4 50 Ph. Stöhr: . auf bestimmte Bezirke beschränkt. Die schönen Arbeiten Bar- furth’s über die Regenerationsvorgänge lehren uns aufs Deut- lichste, dass die Fähigkeit der Wiederbildung verloren ge- gangener Körpertheile um so geringer ist, auf je höherer Stufe das Geschöpf in phylogenetischer wie ontogenetischer Beziehung steht. Je weiter die histologische Differenzirung phylogenetisch wie ontogenetisch vorgeschritten ist, in je festere Formen die Elemente geprägt sind, um so weniger besitzen sie die Fähig- keit, Elemente zu erzeugen, die anders beschaffen sind als sie selbst. Wer für die Entstehung der Leucocyten aus Zellen des Darmepithels eines Säugers plaidirt, nur weil bei der jungen Larve eines Eehinoderms Zellen aus dem Entoderm auswandern, der spannt weite Brücken ohne Pfeiler, Brücken, die zu- sammenbrechen in dem Augenblick, da wir ihre Tragfähigkeit erproben wollen. Setzen wir an Stelle solcher verfehlter theoretischer Speeu- lationen das, was Untersuchungen an Thatsächlichem geliefert haben. Die Darmleucocyten des Menschen und der daraufhin untersuchten Säugethiere entstehen nicht aus dem Darmepithel, sondern im Bindegewebe der Schleimhaut, so viel ist sicher. Ebenso sicher ist, dass ihr erstes Auftreten dort an die Blutge- fässe geknüpft ist, unsicher aber, ob sie aus dem eirkulirenden Blute kommen; meine Beobachtungen an der Zungenwurzel (17) sprechen sehr dafür; aber selbst mit dem Nachweis, dass die Leucoeyten der sehr spät sich entwickelten Zungenbälge aus den Blutgefässen kommen, ist doch nicht bewiesen, dass die überhaupt zuerst im Körper erscheinenden Leucocyten in den Blutgefässen entstehen. Meine Präparate sind, da sie nur Schnitte von Körpertheilen sind, zu einer Lösung dieser überaus schwierigen Frage nicht geeignet. Was ich bis jetzt da gesehen, spricht durchaus nicht gegen die Darstellung, die Saxer (41) in einer vortrefflichen Arbeit entwickelt, nämlich, dass die Leueo- eyten aus einer rothen und farblosen Blutkörperchen gemein- samen Stammform hervorgehen, — „primäre Wanderzellen“ nennt sie Saxer —, die, ganz verschieden von den Elementen des Bindegewebes, wahrscheinlich Abkömmlinge einer gemeinsamen Blut- und Gefässanlage sind. Zürich, Pfingsten 1897. %) 6. 10. uk 12. 13. 14. 15. 16. 170 18. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen etc. 51 Literatur-Verzeichniss. 1862. His, Untersuchungen über den Bau der Peyer schen Drüsen und der Darmschleimhaut. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 11. 1867. Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 5. Auf- lage. Leipzig. 13867. Bornhaupt, Untersuchungen über die Entwicklung des Urogenitalsystems beim Hühnchen. Diss. Dorpat. 1877. Brand, Beiträge zur Entwicklung der Magen- und Darm- Wand. Verhandlung der phys.-med. Gesellschaft, N. F. Bd. X. 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Fixation und Schnittdicke wie bei Fig. 1. Erklärung siehe Text pag. 15. Fig. 4. Senkrechter Längsschnitt des Colon eines 9,5 cm langen Meer- schweinchenfoetus %/,. Fixation in Acid. nitr. Schnittdicke 7,5u. Erklärung s. Text pag. 16. Fig. 5. Die in Fig. 4 bezeichnete Stelle bei starker Vergrösserung #29/,. Erklärung s. Text pag. 16. Fig. 6. Senkrechter Schnitt durch das Colon eines 10 cm langen Meer- sehweinchenfoetus ®%/,. Die Muscularis mucosae ist quer und schräg zur Längsaxe ihrer Elemente durchschnitten. Fixation in Zenker’'scher Flüssigkeit. Schnittdicke 10 u. Text pag. 17. e 8 [807 Fig. Fig. Fig. Fig. 0, id. 13. 14. 15. 16. Ele 18: a9. Ph. Stöhr: . 7 Au. B. Senkrechte Längsschnitte durch Darmdrüsen ebendaher 570/,. Gleiche Fixation wie 6. Schnittdicke 7,5 u. C. Schematischer Querschnitt der Drüse B, um die Stellung der Mitose zu erläutern, die Linie a—b deutet die Schnitt- richtung an, in der die Drüse B in der Gegend der Mitose ge- troffen ist. Text pag. 18. Senkrechter Schnitt durch die Knötchenanlage des 10cm langen Meerschweinchenfoetus #0/,. Fixation in Zenker’scher Flüssig- keit. Schnittdicke 10u. Text pag. 18. Senkrechter Längsschnitt durch das Colon eines 9,5 cm langen Meerschweinchenfoetus; (nahe der „Tonsilla colica“) %/,. Fixa- tion in Acid. nitr. Schnittdicke 10u. Erklärung siehe Text pag. 20. Ebendaher 150%,. Schnittdicke 7,5 u. Text pag. 20. Senkrechter Längsschnitt durch die „Tonsilla colica* eines 9cm langen Meerschweinchenfoetus ®/,. Fixation in Acid. nitr. Schnittdicke 10 u. Text pag. 21. . Senkrechter Längsschnitt durch den Seitenrand der Tonsilla colica eines 4 Tage alten Meerschweinchens 150/,. Fixation in Flemming’s Chromosmiumessigsäure. Schnittdicke 7,5 u, Text pag. 24. Senkrechter Längsschnitt durch die Tonsilla colica eines 4 Tage alten Meerschweinchens ?%/,. (Aus derselben Serie wie Fig. 12.) Text pag. 25. Senkrechter Querschnitt durch die Tonsilla colica eines 3wöchent- lichen Meerschweinchens #0/,. Fixation in Flemming’s Chrom- osmiumessigsäure. Schnittdicke 7,5u. Text pag. 25. Senkrechter Querschnitt durch einen Knötchenhaufen des Dünndarmes eines wöchentlichen Meerschweinchens */,. Fixa- tioninZenker’scher Flüssigkeit. Schnittdicke 10 u. Text pag. 26. Man vergleiche die durch die Knötchen veränderte Gestalt der submueösen Drüsen mit jener der Fig. 19. Querschnitt durch die Mitte des Processus vermiformis eines menschlichen Foetus von 14cm Scheitelsteisslänge %/,. Fixa- tioninZenk er'scherFlüssigkeit. Schnittdicke7,5u. Textpag. 31. Man beachte die verschiedene Dicke und Länge der Darm- drüsen. Ebendaher. 22/,. Text pag. 28. Die Leucocytengruppe der Figur 17. 1100 /.. Querschnitt des Wurmfortsatzes eines menschlichen Foetus vom 5. Monat ®%/,. Fixirt in Müller’scher Flüssigkeit. Schnitt- dicke 7,5 u. Es ist nur die Schleimhaut gezeichnet. z Tangen- tialschnitte von Drüsen, die in das Darmlumen münden, a Schnitte von abgeschnürten Drüsen. Text pag. 29 u. 31. . Ebendaher. Geschlossene Drüse in ihrer grössten Länge durchschnitten %2%,. Text pag. 32. Ueber die Entwicklung der Darmlymphknötchen ete. 55 Fig. 21. Ebendaher. Sich rückbildende Drüse 20,. Text pag. 33. Fig. 22. Ebendaher. Noch weiter rückgebildete Drüse mit abgeplat- tetem, zu Grunde gehendem Epithel #0%,. Text pag. 33. Fig. 23. Stück eines Querschnittes des Wurmfortsatzes eines mensch- lichen Foetus vom 6. Monat 20%),. Frühgeburt, eine halbe Stunde nach dem Tode fixirt in Zenker’scher Flüssigkeit. Schnittdicke 7,5 u. Text pag. 30. Fig. 24. Aus einem Durchschnitt des submueösen Abschnittes eines Lymphknötchens vom Blinddarm eines erwachsenen Kanin- chens 20),. Fixirt in 3°/, Salpetersäure. Text pag. 38. Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. Von Dr. Hans Salzer, gew. Il. Assistent am anatomischen Institute der deutschen Universität in Prag. Hierzu Tafel V. Im Folgenden will ich kurz über die Ergebnisse berichten, welche mir eine Untersuchung der Hypophysenentwicklung bei Säugerembryonen geliefert hat. Ich habe vor allem Schweine- embryonen, welche im hiesigen Schlachthause leicht zu beschaffen waren, untersucht und habe die an diesen erhaltenen Resultate an Meerschweinchenembryonen controllirtt, um so wenigstens einigermaassen das vereinzelt Vorkommende von dem allgemein Gültigen scheiden zu können. So gross die Literatur über den Ursprung und die erste Entwicklung der Hypophyse ist, so spärlich sind die An- gaben über deren weitere Schicksale; namentlich fehlt es fast ganz an genaueren Angaben über die allmähliche Aus gestaltung des Organes an einer bestimmten, der Untersuchung zu Grunde gelegten Form; vielmehr beschränkt sich fast alles, was wir über die Weiterbildung der ersten Anlage wissen, auf die Beschreibung vereinzelter Stadien zum Theil sehr differenter 56 Hans Salzer: Thierformen. Es kommt hier in erster Linie die Arbeit W. Müller’s!) in Betracht, dessen Untersuchungen, soweit sie sich auf Säugethiere beziehen, am Schwein, Schaf, Kaninchen und Menschen angestellt wurden. Die Resultate, zu denen Müller gelangte, werden an geeigneter Stelle Berücksichtigung finden, ebenso die Arbeiten vonv. Mihalkoviecs?, undKraushaar?°), von denen Ersterer Kaninchenembryonen bis zu 4 em Länge, Letzterer Nagethierembryonen, und zwar cavia cobaya, mus decu- manus, mus silvaticus und mus musculus untersuchte. Das jüngste von mir untersuchte Stadium!) betrifft einen Schweineembryo von 6,5 mm Nacken-Steisslänge. Die Hypo- physe stellt hier einen von vorn nach hinten plattgedrückten Blind- sack dar, der mit der Mundhöhle in weiter Communication steht. Das Ende dieses Blindsackes ist etwas nach vorn gekrümmt, so dass dadurch sowohl vordere als auch hintere Wand nach vorne zu leicht eoncav werden. Die vordere Wand der Hypophysenanlage liegt in der Mittellinie direet dem Boden des Zwischenhirnes an, während nach beiden Seiten hin Bindegewebe sich zwischen beide einschiebt. Das Epithel der Hypophysenanlage ist ein einschichtig- eylindrisches, welches ohne scharfe Grenze in das eubische Epithel der Mundhöhle übergeht. Gegen das Ende des Hypophysen- säckchens wird das Epithel etwas niedriger; besonders ist dies an der vorderen Wand auffallend. Bei 9 mm langen Embryonen kann man schon von einem Hypophysengang nach v. Mihal- kovics sprechen, da sich die Hypophyse in einiger Entfernung von der Mundhöhle erweitert, während das Verbindungsstück zwischen diesem erweiterten Theile und der Mundhöhle sein früheres Lumen bewahrt. Das Epithel des Hypophysenganges geht un- merklich in das eubische Epithel der Mundhöhle über; nirgends 1) Müller, W., Ueber die Entwicklung und Bau der Hypophyse und des Processus infundibuli cerehri. Jenaische Zeitschr. 6. Bd. 1871. 2) v. Mihalkovies, Victor, Wirbelsäule und Hirnanhang. Arch. f. mikr. Anat. 11. Bd. 1875. 3) Kraushaar, Rich. Dr., Die Entwicklung der Hypophyse und Epiphyse bei Nagethieren. Zeitschr. f. wissensch. Zool. 41. Bd. 4) Die in Sublimat-Platinchlorid fixirten Objecte wurden in stei- gendem Alkohol gehärtet. War Entkalkung nöthig, so wurde entweder 4%/,ige Salzsäure oder Salpetersäure - Phlorogluein dazu verwendet. Gefärbt wurde mit Cochenille-Alaun. Nach der Einbettung in Paraffin wurden Sagittal- und Horizontalschnittserien angelegt. Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. 57 konnte ich eine scharfe Grenze zwischen beiden finden, wie es Kraushaar (l. e.) bei 6,5 mm langen Mäuseembryonen beschreibt. Die Abflachung des Cylinderepithels der vorderen Wand gegen das obere Ende hin ist ganz besonders auffallend. Obwohl ein In- fundibularfortsatz hier noch nieht vorhanden ist, so kann man auf Horizontalschnitten schon erkennen, wie das Infundibulum gegen das oberste Ende der vorderen Hypophysenwand andrängt, so dass das Hypophysensäckchen beiderseits einen kurzen Fort- satz nach vorn zu entsenden scheint. Der Infundibularfortsatz selbst tritt bei 14mm langen Embryonen auf. Die Hypophysen- anlage hat sich vollständig von der Mundhöhle abgeschnürt und hängt nur noch mit einem soliden Fortsatz — dem obliterirten Hypophysengang — mit dem Epithel derselben zusammen. Das Epithel des Hypophysensäckchens ist ein geschiehtet-eylindrisches und allseitig gleich hoch. Es liegt nur mehr in der Mittellinie dem Hirnepithel direet auf, sonst hat sieh überall zwischen beide Epithelien Bindegewebe eingeschoben. Der Infundibularfortsatz legt sich, dem Hypophysensäckchen eng angeschlossen, um das obere Ende desselben herum und zieht an der hinteren Wand bis unge- fähr zur Mitte der Hypophysenanlage herab. Nirgends findet sich zwischen Infundibularfortsatz und Hypophysensäckchen Binde- gewebe. Der Infundibularfortsatz drückt das Säckchen am oberen Ende und an der hinteren Wand etwas ein, so dass das Lumen des Säckehens, da der Infundibularfortsatz nur halb so breit ist wie dieses, auf einem Horizontalschnitt in der Mitte nach vorne convex, zu beiden Seiten hingegen nach vorn concav ist, dies na- türlich nur soweit, als der Infundibularfortsatz reicht; weiter gegen die Mundhöhle zu gleichtsich das Lumen wieder aus, um schliess- lich triehterförmig in dem noch vorhandenen, soliden Hypophysen- gang zu verschwinden. Bei der weiteren Entwicklung tritt die Bildung der soge- nannten Hypophysenschläuche auf. Während Müller (l. e.) sagt, dass bei einem Schweinsembryo von 2,4 cm Länge die Hypo- physe durch Hereinwachsen von aus spindelförmigen Zellen bestehen- den Bindegewebszügen in eine Anzahl von Hohlräumen zerlegt werde, die noch untereinander communieiren, ferner, nach demselben Autor, die Hypophyse eines 4 em langen Schafsembryos aus ge- wundenen, manchmal anastomosirenden, meist soliden Schläuchen besteht, beschreibt von Mihalkovies (l. e.) beim Kaninchen- 58 Hans Salzer: embryo von 2 em Länge einen vom unteren Ende des Hypophysen- säckchens entstandenen, nach vorn in das umliegende Bindegewebe wachsenden soliden Fortsatz, welcher Fortsatz auch von Kraus- haar (l. e.) bei der Maus gefunden wurde; durch gefässführen- des Bindegewebe werden dann die einzelnen Schläuche abge- schnürt. Ich habe dieser Frage meine besondere Aufmerksamkeit zugewendet und Embryonen, welche die Länge von 1,7, 1,9, 2,1 2,4 und 2,9 em hatten, in Sagittal- und Horizontalschnittserien zerlegt. Die Hypophyse des 1,9 em langen Embryo wurde dann mittelst Wachsplatten modellirt. Fig. 1 auf Tafel V giebt ein Bild der rechten Hälfte des so gewonnenen Modells. Auf der Sagittalschnittserie sieht man auf den ersten Schnitten, welche die Hypophyse treffen, dass diese nicht mehr wie früher (auf Schnitten gleicher Art) eine ovale Form hat, sondern dass bei unver- änderter hinterer Wand die vordere Wand durch streckenweise Verdiekung des Epithels drei nach vorn gerichtete Wülste bildet, welche durch querverlaufende Rinnen von einander geschieden sind. Taf. V, Fig. 1 W. Mehr gegen die Mitte zu verschwinden diese Wülste, so dass die vordere Wand hier wieder ihr altes Aussehen gewinnt. Dagegen tritt am unteren Hypophysenende, welches sich etwas nach vorn gebogen hat, so dass es mit der Längsaxe der Hypophyse einen nach vorn offenen, stumpfen Winkel bildet, — siehe Fig. 2 Taf. V— eine Epithelverdickung auf, welche gegen die Mittellinie an Höhe immer mehr zunimmt, so dass sie daselbst eine recht ansehnliche Höhe erreicht (Fig. 1 und 2 s. F.). Diese Epithelverdiekung entspricht dem von Mihalkovies und Kraushaar beschriebenen soliden Fortsatz. Gegen die vordere Wand des Hypophysensäckchens ist dieser Fortsatz durch eine Rinne geschieden, in deren Tiefe querverlaufende, kleine Ge- fässe (Fig. 2 @) liegen, so dass es fast den Anschein gewinnt, als ob durch diese das Wachsthum an diesen Stellen zurückge- halten wurde, wodurch eben die Rinne entstanden wäre, ein Ge- danke, der schon von den früher genannten Autoren ausgesprochen wurde. Von der Mitte dieses soliden Fortsatzes aus löst sich eine in frontaler Richtung gestellte Platte (Fig. 1 und 2 P) ab, welche in der Ansicht von vorn fast kreisrund ist und ungefähr ein Drittel der Breite des ganzen Hypophysendurchmessers hat. Diese Platte besteht fast überall aus einer doppelten Lage von polygonalen Zellen, welehe Lagen manchmal auseinanderweichen, Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. 59 so dass ein Lumen gebildet wird, ohne dass jedoch dieses Lumen durch die ganze Breite der Platte verfolgbar wäre. Der solide Fortsatz selbst ist in den mittleren Partien durch eine querver- laufende, seichte Furche in einen oberen und einen unteren Ab- schnitt getheilt (siehe Fig. 2). Am unteren Ende der hinteren Hypophysenwand ist ebenfalls eine querverlaufende Rinne vor- handen (Fig. 2 G,), in welcher auch Gefässlumina nachweisbar sind; ober- und unterhalb dieser Rinne ist das Epithel der hin- teren Wand etwas verdickt. Das Lumen des Hypophysensäck- chens weist nirgends einen in eine solche Verdiekung einsprin- senden Winkel auf, bis auf eine leichte, winkelige Vertiefung, welche gegen den soliden Fortsatz gerichtet ist. Nachdem man aber sowohl an manchen Stellen der früher erwähnten Platte als auch an eimigen distal gelegenen Stellen des soliden Fortsatzes kleine Lumina erkennen kann, so kann davon keine Rede sein, dass das erste Auftreten der Hypophysenschläuche dadurch zu Stande kommt, dass die Wände des Hypophysensäckchens ausgestülpt werden, vielmehr ist die erste Anlage der Schläuche eine solide und die Höhlenbildung in ihnen geht unabhängig vom Hauptlumen vor sich. Aufmerksam möchte ich noch auf die an beiden Seiten der Hypophyse aufgetretenen, quer verlaufenden Wülste (Fig. 1 W) machen, da durch sie Bilder erklärt werden, welche auf Sagittalschnittserien durch gewisse Entwicklungsstadien zu sehen sind. So sieht man in Sagittalschnittserien durch 2,5—6,7 cm lange Schweineembryonen auf den ersten Schnitten, welche die Hypophyse treffen, immer parallel gestellte, von der vorderen Wand abgehende Schläuche, welche eine ziemliche Breitenausdehnung haben. Im Laufe der weiteren Entwicklung werden diese breiten Schläuche erst in ausgebildete Hypophysenschläuche getheilt; diese sind aus den früher erwähnten Wülsten hervorgegangen. Das Hypophysensäckchen ist allseits von Bindegewebe eingeschlossen, bis auf die Mitte der hinteren Wand, wo der Infundibularfortsatz der Hypophyse direet aufliest. Der Fortsatz selbst hat die Form eines von vorn nach hinten plattgedrückten Sackes; das Hypo- physensäckehen wird durch ihn von oben und hinten eingedrückt, so dass er in eine Delle der hinteren Wand zu liegen kommt. In der Folge geht nun die Bildung von Hypophysenschläuchen rasch vor sich, indem der solide Fortsatz durch blutgefässführen- des Bindegewebe zerlegt wird. Auch die früher beschriebene 60 Hans Sulzer: Platte (Fig. 1 P) ist durch ein in ihrer Mitte andrängendes Ge- fäss in zwei Theile zerfallen, einen oberen und einen unteren, welch’ letzterer einen schmalen Fortsatz tief in die Sattelgrube entsendet. In fast allen durch die Schlauchbildung entstandenen Winkeln kann man Gefässe nachweisen. Die Querwülste treten stärker hervor und überdies lassen sich an der ganzen vorderen Wand über dem soliden Fortsatz Epithelverdiekungen nachweisen. In einigen bereits gebildeten Schläuchen ist ein deutliches Lumen vorhanden, welches sich jedoch meist nur durch 2—3 Schnitte verfolgen lässt. Der Infundibularfortsatz wird vollständig durch Bindegewebe von dem drüsigen Antheile abgegrenzt, sein Ende zeigt eine leichte kolbige Verdiekung, in welcher auch die bis hierher reichende Höhle etwas erweitert ist. Durch die mächtige Ausbildung des drüsigen Antheiles der Hypophyse umgibt dieser jetzt den Infundibularfortsatz hufeisen- förmig, die vordere und hintere Wand des Säckchens werden in ihrem mittleren Drittel durch den Fortsatz nach vorn gedrängt (siehe Fig. 5). Die dadurch zu beiden Seiten entstandenen Ver- tiefungen werden vollständig durch Schläuche ausgefüllt. Die aus dem soliden Fortsatz und der vorderen Wand hervorgegangenen Drüsenschläuche entsenden nach vorne hin gegen das Chiasma einen aus Drüsensubstanz bestehenden Fortsatz (Fig. 3 v. F.), während nach abwärts in die Sattelgrube ein schmaler, nur aus einer Platte bestehender Fortsatz verfolgbar ist (Fig. 3 P. F.). Oft kann man sehen, wie einzelne Schläuche mit einander in Verbindung treten, eine Thhatsache, welche aus der Entwicklung aus gemein- samen, soliden Zellfortsätzen, die später in die einzelnen Schläuche zerlegt werden, eine Erklärung findet. In den meisten Schläuchen lassen sich jetzt — es handelt sich um einen 2,5 em langen Em- bryo — Lumina nachweisen (Fig. 3 H.$.), die in den aus dem soliden Fortsatz hervorgegangenen ganz besonders schön ausge- bildet sind. An einigen Stellen ist auch eine Verbindung dieser Drüsenlumina mit dem ursprünglichen Hypophysenlumen entstanden (Fig. 3 V.@.). Die bemerkenswertheste Veränderung ist an dem Epithel des ursprünglichen Hypophysensäckehens vor sich ge- gangen. Während die vordere Wand nach wie vor von Cylinder- epithel gebildet wird, hat sich dieses an der hinteren Wand nur zu beiden Seiten des Infundibularfortsatzes erhalten. Dort, wo die hintere Wand durch den Infundibularfortsatz nach Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. 61 vorne in dieHöhle des Hypophysensäckcehens getrieben wurde, ist Flimmerepithel aufgetreten (Fig. 4 F. E.), welches sich mehr minder scharf an den Winkeln begrenzt, welche durch die Vortreibung der Wand an dieser entstanden sind. Es ist kein Zweifel, dass wir es hier wirklich mit Flimmerepithel zu thun haben. Ganz abgesehen von der Regelmässigkeit und parallelen Stellung der an der freien Fläche der Zellen sitzenden Härchen finden sich regelmässig an ihrem Abgange von der Zelloberfläche kleine Knötchen, wie sie für Flimmer typisch sind. Dazu kommt, dass, wie weiter unten noch näher ausgeführt werden wird, auch in spä- teren Stadien diese Stelle noch ein vom übrigen Abschnitte des Epithels des Hypophysensäckchens verschiedenes Aussehen be- wahrt. Dieser Theil des Epithels entspricht nun genau der Stelle, an welche der Infundibulärfortsatz sich anlegt. Ob man dieser topo- graphischen Beziehung zwischen Infundibularfortsatz und Hypo- physensäekehen auch eine ursächliche Bedeutung beilegen darf, mag dahin gestellt bleiben. Jedenfalls ist die Thatsache eine auffallende. — Der Infundibularfortsatz weist noch ein beträchtliches Lumen auf und ist nun allseits durch Bindegewebe von der Hypophysenwand geschieden. Im Laufe der weiteren Entwicklung nimmt die Hypophyse, bedingt durch das Schädelwachsthum, eine mehr horizontale Lage ein, und zwar geschieht dies so, dass dabei der früher tiefste Punkt nach vorn rückt. Mit Ausnahme von mächtiger Entfaltung der Schläuche verändert sich wenig an dem Aufbau der Hypo- physe, bis endlich bei 3,4 em langen Embryonen ein Factor ein- tritt, der eine beträchtliche Vermehrung der Drüsensubstanz nach sich zieht, ohne dass dabei das Organ, dessen topographische Lage eine starke Zunahme des Totalvolumens ja nicht zulässt, an absoluter Grösse viel gewinnt. Es beginnt nämlich jetzt auch von der hinteren Wand Sprossenbildung auszugehen; dabei verhält sich jedoch der mittlere Theil der Wand, der durch den Infundibularfortsatz eingestülpt ist, anders als die beiden seitlichen Theile. Während nämlich diese letzteren kleine solide Sprossen in das umliegende Bindegewebe treiben (Fig.5 E. Z.), entstehen an ersterem mächtige, solide Fortsätze, — es sind deren anfangs zwei — welche nach vorn in das noch ziemlich beträchtliche Hypophysenlumen hineinragen (Fig. 5 z. F.). Das den Infundi- bularfortsatz umgebende Bindegewebe tritt in diese Fortsätze ein, 62 Hans Salzer: und dadurch gewinnen dieselben am Schnitt ein darmzottenähn- liches Aussehen. Flimmerepithel ist noch in der früher angegebenen Ausdehnung, mithin auch auf den neu auf- setretenen Fortsätzen vorhanden. Was das Verhältniss der Hypophyse zu den Hirnhäuten anlangt, so liegt das Organ in der Sattelgrube (Fig. 6 8. @.) eingeschlossen von einer Bindegewebskapsel, welche ohne Unter- brechung in das das Hirn bedeckende Bindegewebe übergeht. Dieses überdeckt die Sattelgrube und mithin auch die Hypophyse, welche Decke in der Mitte durchbrochen ist (Fig. 6 X. A.), um den Infundibularfortsatz und die denselben bis in die Nähe des Chiasmas begleitenden Drüsenschläuche durchtreten zu lassen. Einen grossen bestimmenden Einfluss auf die Gestaltung der Hypophyse nimmt das Schädelwachsthum dadurch, dass die vordere Kopfkrümmung ausgeglichen wird. Dadurch wird das Organ von oben nach unten zusammengepresst und richtet daher sein Hauptwachsthum nach vorn. Der Infundibularfortsatz, der ursprünglich fast senkrecht von oben nach abwärts zog, liegt jetzt zum grössten Theil auf dem drüsigen Abschnitte der Hypo- physe auf, um dann im Winkel nach vorn in den kolbig ver- diekten Antheil umzubiegen. Daher hat es auf medianen Sagittal- schnitten den Anschein, als ob die Hypophyse aus zwei gleich- grossen Theilen, einem drüsigen und einem nervösen, bestände. Auf Querschnitten kann man jedoch leicht das Ueberwiegen des drüsigen Abschnittes über den nervösen erkennen. Das ur- sprünglich ziemlich weite Hypophysenlumen wird immer mehr eingeengt, so dass es bei 6,7 cm langen Embryonen nur mehr einen engen Spaltraum darstellt, der auf einem Horizontalschnitte die Form eines U hat, an dessen beiden Schenkeln nach beiden Seiten hin je eine kleine Fortsetzung des Spaltes sich findet (Fig.7 H. L.). Zu Stande gekommen ist diese Form durch das Andrängen des Infundibularfortsatzes und durch das Auftreten der Sprossen von der hinteren Wand aus. Die von der vorge- stülpten hinteren Wand ausgehenden Sprossen haben das Lumen ausgefüllt, während es den Anschein hat, als ob durch die von den beiden seitlichen Theilen entstandenen Sprossen die Wände etwas nach vorn gedrängt würden. Wahrscheinlich wegen der Gestaltung des Lumens durch die Vergrösserung des Organes und die Bildung von Ausstülpungen sind die Flimmer zu Grunde Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. 63 gegangen, denn von diesem Stadium an war es mir nicht mehr möglich, das früher so konstant vorkommende Flimmerepithel nachzuweisen. Ein Unterschied besteht jedoch noch zwischen dem Epithel der vorderen und der hinteren Wand, da wir rück- wärts noch Cylinderepithel vor uns haben, während an der vor- deren Wand eubisehes Epithel sich vorfindet. Nicht lange jedoch bleibt dieser Unterschied bestehen, da endlich auch das Cylinder- epithel der hinteren Wand in ein eubisches übergeht. Die weiteren Veränderungen — ich habe Stadien bis zu 20 em Länge untersucht —, die die Hypophyse erfährt, lassen sich kurz zusammenfassen. Durch das bedeutende Längenwachs- thum des Schädels ist die Hypophyse zu einem horizontalliegen- den, langen Drüsenkörper ausgezogen worden, der in der Sattel- grube gelegen ist, dieselbe jedoch nur in den obersten Partien ausfüllt, während sich in der Tiefe ein mächtiger Gefässplexus ausgebildet hat. Drüsenschläuche sind an der Hypophyse, die einen breiten, schon von Müller (l. e.) beschriebenen Fortsatz nach vorn zum Chiasma entsendet, nicht mehr deutlich nachweisbar, Lumina in denselben konnte ich überhaupt nicht mehr finden. Das Hypophysenlumen selbst ist auf eimen kleinen capillaren Spaltraum redueirt, der nur mehr in den mittleren Partien, dort wo der Infundibularfortsatz kolbig anschwillt, vorhanden ist. Der Infundibularfortsatz ist mächtig in die Länge gewachsen, ist in seinen vorderen Partien vollständig von Drüsengewebe umschlos- sen, während der kolbig verdiekte Antheil in scharfem Winkel nach vorn von dem vorderen, längeren Theil abgehend, von rück- wärts sieh an den drüsigen Theil anlegt. Ein Lumen ist in ihm nicht mehr nachweisbar. Fassen wir die beim Schwein gefundenen Resultate kurz zusammen, so ergiebt sich, dass die weitere Differenzirung der Hypophyse nach der Ausbildung des vom Epithel der Mundhöhle stammenden primitiven Hypophysensäckchen und des Infundibu- larfortsatzes in folgender Weise vor sich geht: Aus dem primi- tiven Hypophysensäckchen entstehen zuerst aus der vorderen Wand die sogenannten Hypophysenschläuche, welche als Epithel- verdiekungen in Form eines soliden Fortsatzes anı unteren Ende und in Form von Querwülsten an den beiden seitlichen Theilen der vorderen Wand, auch in Form von dünnen Platten auftreten, welehe Bildungen erst später durch Eindringen von Gefässen in 64 Hans Salzer: die Hypophysenschläuche zerlegt werden. Die in diesen Schläu- chen siehtbaren Lumina treten unabhängig von dem Hauptlumen der Hypophyse auf, durch anfangs nur stellenweises Auseinander- weichen der zelligen Bestandtheile, welche Lücken schliesslich confluieren, um endlich auch mit dem Hauptlumen in Verbindung zu treten. Die hintere Wand, an welcher man den mittleren, vom Infundibularfortsatz nach vorn gedrängten Abschnitt von - den beiden seitlich gelegenen Theilen wegen des den ersteren be- deekenden Flimmer- und späteren Cylinderepithels unterscheiden muss, beginnt nun auch Sprossen zu treiben, und zwar geht die Sprossenbildung von den seitlichen Theilen in Form von soliden Epithelsträngen in das umliegende Bindegewebe vor sich, während von dem mittleren Theil darmzottenähnliche Sprossen in das Lumen der Hypophyse einwachsen. Nachdem auch von der ganzen vorderen Wand solide Sprossen entstanden sind, sehen wir, dass von beiden Wänden des Hypophysensäckchens Sprossen- bildung ausgeht. Die anfangs ziemlich geräumige Höhle wird sowohl durch das mächtige Wachsen der Drüsensubstanz als auch durch die kolbige Verdickung des Infundibularfortsatzes immer mehr verengt, bis schliesslich nur mehr ein capillarer Spaltraum in den rückwärtigen Theilen übrig bleibt. Eine Oeffnung, die diesen Raum mit dem Subduralraum verbindet, konnte ich nicht finden). Die ursprünglich verticale Lage des Hypophysensäck- chens hat sich im Laufe der Entwicklung dahin geändert, dass das ausgebildete Organ — wenigstens das eines 20 em langen Embryo — eine entschieden horizontale Lage einnimmt. Zu Stande gekommen ist dies theilweise dadurch, dass sich das untere Ende des Säckchens nach vorn abbiegt, andererseits da- 1) Eine solche zu suchen, war ich durch die Arbeit B. Haller’s: Untersuchungen über die Hypophyse u. die Infundibularorgane, Morph. Jahrb. 25. Ba. I. H., bestimmt worden. Da ich eine solche in meinen Serien nicht finden konnte, untersuchte ich daraufhin die Hypophysen erwachsener Mäuse und Ratten, doch konnte ich auch hier nicht mit Bestimmtheit die von Haller beschriebene Oeffnung finden. So viel zeigt sich jedoch aus meinen Serien, dass die bei Haller auf Tafel VI befind- liche Zeichnung Nr. 35 Verhältnisse aufweist, wie sie thatsächliceh nicht bestehen, denn nirgends konnte ich den zwischen Hypophyse und Schä- delboden abgebildeten Raum finden, vielmehr liegt die Hypophyse immer dem Schädelboden eng an; dieser Raum ist daher wohl ein Kunst- product. Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. 65 durch, dass durch die topographischen Verhältnisse das Wachs- thum des Organes hauptsächlich sich in der Horizontalen entwiekeln musste. Um die so gewonnenen Resultate mit der Hypophysenent- wicklung anderer Säuger vergleichen zu können, habe ieh auch Meerschweinehenembryonen daraufhin untersucht. Es stan- den mir davon Serien von Embryonen zur Verfügung, die eine Länge von 6, 11, 15, 17, 20, 35 und ungefähr 60 mm aufwiesen. Das Jüngste Stadium zeigte ein Verhalten, welches genau dem des früher beschriebenen 14 mm langen Schweineembryo entspricht. Doch schon bei dem 11 mm langen Meerschweinchen treten Verhält- nisse auf, welche beim Schwein nicht vorhanden sind. Es ist hier noch ein solider Verbindungsstrang zwischen Hypophysen- säckehen und Rachenepithel vorhanden. Zu beiden Seiten dieses Stranges treten nun am unteren Ende des Säckehens solide Epi- thelsprossen auf. Während nun das untere Ende des Säckchens in der Mitte etwas nach vorn gekrümmt ist, wendet es sich zu beiden Seiten etwas nach rückwärts, hervorgerufen durch eine in der Mitte der hinteren Wand entstandene Einknickung. In dem dadurch entstandenen, nach aussen offenen Winkel lassen sich wieder Gefässlumina nachweisen. Bei dem 15 mm langen Embryo hat diese Knickung bedeutend zugenommen (Fig 8 bei X.), so dass das Säckehen fast einen nach rückwärts offenen Halb- kreis beschreibt. Der Infundibularfortsatz, dessen hintere Wand starke Faltenbildung aufweist, reicht bis in die Concavität dieses Bogens hinein, so dass er nieht nur von vorne, sondern auch von unten von der hinteren Wand des Hypophysensäckchens be- deckt wird (Fig. 8 J. F.). Von der vorderen, konvexen Wand des Hypophysensäckchens geht ungefähr in der Mitte der Höhe ein solider Fortsatz nach vorne ab (Fig. 8 s. F.), von welchem sich wie beim Schwein, doch nicht so gut ausgebildet, eine frontal gestellte Platte (P) abschnürt. In dem einspringenden Winkel zwischen diesem Fortsatz und der vorderen Hypophysen- wand sind wieder Gefässlumina (@) vorhanden. Dieser solide Fortsatz entspricht dem beim Schwein, dem Kaninchen und der Maus beschriebenen; doch hat es den Anschein, dass er hier von der Mitte und nicht vom unteren Ende der vorderen Wand ent- springt. Dass dies nicht der Fall ist, sondern ganz den Ver- hältnissen beim Schwein entspricht, beweist der obliterirte Hypo- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 5 66 Hans Salzer: physengang (Fig. 8 H. @.), der mit dem genannten soliden Fortsatz in Verbindung steht. Es gehört also der nach rück- wärts ziehende Theil des Hypophysensäckchens (Ah. F.) ganz der hinteren Wand an. Diese selbst ist dort, wo sie dem In- fundibularfortsatz anliegt, leicht gefaltet. In der weiteren Folge wächst der solide Fortsatz mächtig aus und wird theilweise in solide Schläuche zerlegt. Von dem Lumen des Hypophysen- säckehens aus erstreekt sich ein weiter Gang in denselben hinein. Auch jetzt noch — 17 mm langer Embryo — lässt sich die Ver- bindung des Hypophysenganges mit dem soliden Fortsatz nach- weisen. Bei dem 20mm langen Embryo ist aus der vorderen Wand und dem soliden Fortsatz ein mächtiges Packet von Drüsen- schläuchen hervorgegangen, welches gegen das Chiasma hin einen Fortsatz entsendet. Auch nach abwärts in die Tiefe der Sattel- srube zieht ein Drüsensehlauch, der in früheren Stadien mit dem obliterirten Hypophysengang in Verbindung stand. Auffallend ist, dass in diesem Stadium das Hypophysensäckchen durch den In- fundibularfortsatz ungefähr bis zur Hälfte seiner Höhe einge- drückt wird. Bei dem grössten untersuchten Embryo endlich sind mehr oder minder die gleichen Verhältnisse vorhanden, nur dadurch etwas verändert, dass durch die Ausgleichung der Schädel- beuge die Hypophyse in die Länge gezogen wurde. Dadurch nimmt die Hypophyse eine fast horizontale Lage ein, und zwar bildet die frühere hintere Wand des Hypophysensäckchens jetzt die obere der noch beträchtlichen Höhle. Der in den soliden Fortsatz sich erstreckende Gang ist nicht mehr nachweisbar. Der in Fig. 8 mit h. F. bezeichnete Fortsatz der Hypophysenhöhle nimmt jetzt eine senkrechte Stellung ein und bedeckt von hinten den Infundibularfortsatz, der sein Lumen bis auf kleine, spalt- förmige Reste verloren hat und seiner Länge nach dem drüsigen Antheil der Hypophyse aufliegt. Ich glaube, dass schon aus diesen kurzen Angaben zu er- schen ist, in welehen Punkten die Entwieklung der Hypophyse beider Thiere übereinstimmt und in welchen sie wieder von einander abweichen. Gemeinsam ist das Verhalten in jungen Stadien bei noch bestehendem , obliterirten Hypophysengang. Dann das Auftreten des soliden Fortsatzes am unteren Ende der vorderen Wand und die Entwieklung der Hypophysenschläuche aus diesem. Unterschiede bestehen einmal darin, dass beim Meer- Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. 67 schweinchen die Hypophysenschläuche immer solid bleiben, während beim Schwein deutliche Lumina in bestimmten Stadien vorhanden sind, ferner dass beim Meerschweinchen die Entwick- lung der Schläuche nur von der vorderen Wand (wenigstens ist dies der Fall bis zur Grösse von 6 cm, ein gewiss älteres Stadium als das eines 3’4em langen Schweineembryo). Flimmerepithel konnte ich beim Meerschweinchen nicht nachweisen. Ein weiterer Unterschied besteht in dem Einknicken der binteren Wand, in dem Auftreten von Falten im Infundibularfortsatz und an der hinteren Wand und endlich in dem verhältnismässig langen Be- stehenbleiben des, wenn auch obliterirten, Hypophysenganges. So sehen wir, dass die Hypophysenentwicklung bei zwei in der Thierreihe so nahe stehenden Thieren, wie es das Schwein und das Meerschweinchen sind, zwar ziemlich viel gemeinsame Punkte aufweist, dass aber doch auch solche Unterschiede bestehen, dass man erst durch vielfache Einzeluntersuchungen zu allgemein gültigen Resultaten kommen kann. Nenens Jum“loaa: Erklärung der Abbildungen auf Tafel V. Abkürzungs-Erklärung. I. F. = Infundibularfortsatz. @G.G,.= Gefässlumina. I. L.—= Lumen desselben. V.G.—= Mündung eines Hypophy- v.W.— vordere ] Wand des Hypo- senschlauches. h.W.= hintere | physensäckchens | F.E.— Flimmerepithel. H.L.—= Hypophysenlumen H.H.= Hirnhaut. H. S.— Hypophysenschläuche. S.@G. = Sattelgrube. h. F.= rückwärtiger Fortsatz. E.Z. = Epithelzapfen. s. F.= solider Fortsatz. A. C.= Carotis. 2. F. = zottenförmiger Fortsatz. H.G.= Hypophyvsengang. v. F.= vorderer Fortsatz. K. = Abknickungsstelle. P.F.= von der Platte abgehender Fortsatz. Fig. 1. Plattenmödell der rechten Hypophysenhälfte eines 1,9 em lan- gen Embryo. Vergr. 120. Sagittalsehnitt dureh die Hypophyse eines 1,9 em langen Em- bryo. Vergr. 120. Fig. 3, Dasselbe eines 2,5 cm langen Embryo. Vergr. 85. = 08 [80] 68 Hans Salzer: Zur Entwicklung der Hypophyse bei Säugern. Fig. 4. Flimmerepithel der hinteren Wand des Hypophysensäckchens eines 2,4 cm langen Embryo. Vergr. 150. Fig. 5. Horizontalsennitt durch die Hypophyse eines 5,2 em langen Embryo. Vergr. 70. Fig. 6. Medianer Sagittalschnitt durch die Hypophyse eines 5,2 em lan- gen Embryo. Vergr. 65. '. 7. Horizontalschnitt durch die Hypophyse eines 6,7 em langen Embryo. Vergr. 60. Fig. 8. Sagittalschnitt durch die Hypophyse eines 1,5 cm langen Meer- schweinchenembryo. Vergr. %. (Aus dem Institut für pathologische Anatomie an der Kaiserlichen Medieinischen Militär-Academie zu St. Petersburg; Direktor: Prof. Dr. K. N. v. Winogradow.) ä Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. Von Dr. Alexander Maximeow. Hierzu Tafel VI u. VI. Die Placenta des Kaninchens und vieler anderer Nager ist in der letzten Zeit oftmals Gegenstand sorgfältiger Untersuchun- gen gewesen. Dennoch ist aber sowohl die Structur als auch die Entwicklung dieses so complieirt gebauten Organs keineswegs vollständig aufgeklärt, und es herrschen in dieser Hinsicht unter den verschiedenen Autoren, welche sich mit diesem Gegenstande beschäftigt haben, die verschiedensten Ansichten. Ich glaube, dass solches in hohem Grade von der Unvoll- kommenheit, oder besser gesagt, Einseitigkeit der angewendeten histologischen Technik abhängt. Es wurde nämlich fast stets, um die topographischen Verhältnisse nicht zu alteriren, das ganze Uterushorn mitsammt dem Inhalte fixirt und weiter behandelt; Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 69 so conservirtes Material benutzte auch Duval, dessen Arbeit in der diesbezüglichen Literatur die wichtigste ist, und welcher selbst angiebt, dass er die feineren histologischen Details an seinen Präparaten nicht hat studieren können. Als ich im Laufe anderer, pathologisch-anatomischer Unter- suchungen noch im December des verflossenen Jahres 1896 mir einige Präparate der Kaninchenplacenta anfertigte, fielen mir bei der Durchmusterung derselben sofort manche interessante Erschei- nungen auf, über welche ich in der einschlägigen Literatur nichts oder fast nichts finden konnte, und welche mich zwangen, sie zum Gegenstande einer sorgfältigeren Untersuchung mittelst be- währter Methoden zu wählen. Wenn ich mich jetzt, wo diese Studien beendet sind, die Resultate derselben ausführlich zu beschreiben entschliesse, so geschieht es in der Absicht, die vielen werthvollen, aber lücken- haften Angaben, welche wir bereits über den uns interessirenden Gegenstand von den vorhergehenden Autoren besitzen, zu ergänzen. Besonders soll hier die schöne Monographie ‚Le placenta des rongeurs“ von Mathias Duval (4), welche mir bei meinen Untersuchungen fortwährend als Leitfaden gedient hat, hervor- gehoben werden. Die ältere Literatur unseres Gegenstandes, welche in der Arbeit Duval’s genügende Berücksichtigung gefunden hat, werde ich vorerst ohne Erwähnung lassen, um sie nur später, bei der Beschreibung meiner eigenen Befunde in nöthigen Fällen zu eitiren. Die Hauptergebnisse der Duval'schen Arbeit aber werde ich hier in einigen Grundzügen recapituliren müssen, um das Verständniss meiner Beschreibungen zu erleichtern. Am 8. Tage nach der Befruchtung wird die Entwickelung der Placenta an der mesometralen Seite des Uterushornes dadurch einge- leitet, dass das Ecetoderm der Vesicula blastodermica, welches über- haupt, nach Duval, bei der Bildung der Placenta die Hauptrolle spielt, eine Degeneration des Uterinepithels der anliegenden, sich in Form eines Wulstes hypertrophirenden Mucosa bewirkt; dann wächst das Eetoderm, welches inzwischen in seiner Hauptmasse die eigenthümliche Structur einer Protoplasmamasse ohne Zellgrenzen mit eingestreuten zahlreichen Kernen erhalten hat, am neunten oder zehnten Tage in die vom degenerirten Epithel entblösste Mucosa hinein, umwächst die oberflächlichen Capillargefässe der letzteren, und der Inhalt der Capil- laren, das mütterliche Blut, gelangt dann, nach dem Schwunde des Capillarendothels, in die zwischen den ectodermalen Plasmodiummassen 70 Alexander Maximow: sich bildenden Räume. In dieses eigenthümliche Gewebe, welches folglich aus plasmodiumartigen Eetoblastmassen mit zwischen den letz- teren eireulirendem mütterlichen Blute besteht, dringen am Ende des zehnten Tages von Seiten der Allantois bindegewebige Zotten mit fö- talem Blute ein. Die Zotten der ausgebildeten Placenta foetalis oder Eetoplacenta, wie sie Duval nennt, sind also vom Ectoblast bekleidet und letzteres wird vom mütterlichen Blute bespült. Den Schleimhaut- wulst, auf welchem sich die Eetoplacenta entwickelt und welcher ei- gentlich die Placenta materna vorstellt, nennt Duval Cotyledons ut£- rins, da er aus zwei durch eine Furche getheilten Hälften besteht. Die Zellen des hypertrophirenden Bindegewebes sind hier in Form von dicken Gefässscheiden (gaines perivasculaires von Masque- lin und Svaen (1l)) um die sich immer mehr und mehr erweiternden Gefässe angeordnet und bilden die cellules vasoadventices von Duval; in den oberflächlichen, unmittelbar unter der Ectoplacenta gelegenen Schichten des Placentarwulstes verwandeln sich die Bindegewebszellen der Mucosa hingegen in grosse, vielkernige, durchsichtige Zellen, die cellules vesiceuleuses intermediaires. Die unmittelbar auf der Museu- laris liegende Schicht von Bindegewebszellen, welche bei der Geburt nicht abgestossen wird, beschreibt Duval unter einem besonderen Namen: couche v6siceuleuse proteetrice ou permanente. Zu den übrigen Angaben Duval’s werde ich noch oftmals wäh- rend der Beschreibung meiner eigenen Befunde zurückkehren müssen, ebenso wie zu der Besprechung der Arbeit von Jean Masius (10), welche gleichzeitig mit der Duval’schen Arbeit erschienen ist. Im Jahre 1891 veröffentlichte C. S. Minot (12), welcher schon früher auf demselben Gebiete gearbeitet hatte, einen kurzen Aufsatz, der in gedrungener Form die ganze Entwicklungsgeschichte der Ka- ninchenplacenta enthält. Im grossen Ganzen ist Minotin Bezug auf die Resultate seiner Arbeit mit Duval und Masius einig; hier werde ich vorerst nur seine Terminologie theilweise anführen, da ich bei meiner Beschreibung sie ebenfalls gebrauchen werde. Die Schleimhaut des nicht schwangeren Uterushornes ist bekannt- lich durch 6 Furchen in 6 Längsfalten eingetheilt, von denen die 2 breitesten die mesometrale Seite einnehmen. Durch die locale Hyper- trophie der beiden letzteren entsteht jener oben beschriebene Placentar- wulst, welcher später zur Placenta materna wird. Die beiden lateralen Falten hypertrophiren sich ebenfalls, aber nicht so stark, wie die erste- ren und bilden während der Schwangerschaft einen ringförmigen Wulst, der die Placenta materna umgiebt. Diesem Schleimhautwulste gab Minot sehr zutreffend den Namen Periplacenta, welchen ich im Folgenden ebenfalls gebrauchen werde. Das Gebiet der zwei antimesometral gelegenen Schleimhautfalten endlich, welches sich bei der Schwangerschaft stark ausdehnt, wird nach dem- selben Verfasser als Obplacenta bezeichnet. Fleischmann (6), der nach Minot nächstfolgende Autor, be- Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. Ti schäftigte sich ebenfalls mit Untersuchungen über die Placenta ver- schiedener Nager; da sein Ziel aber die allgemeinen, phylogenetischen Prineipe der Placentaentwicklung aufzuklären gewesen war, so berück- sichtigt er den feineren histologischen Bau dieses Organs nicht; er ist übrigens mit den Resultaten der Duval’schen Arbeit vollkommen ein- verstanden. In der letzten Zeit, im Jahre 1896, erschien die Arbeit von Ulesko-Stroganowa (16). Die Resultate der Verfasserin weichen in sehr vielen Beziehungen von den Befunden der vorhergehenden Autoren ab. Desto befremdender muss der Umstand erscheinen, dass ihr augenscheinlich die Hauptarbeit auf diesem Gebiete, die Mono- graphie Duval’s, unbekannt geblieben ist. Die Besprechung dieser Arbeit werde ich bei der Schilderung meiner eigenen Befunde folgen lassen. Material und Methoden der Untersuchung. Als Material dienten mir im Ganzen 40 Kaninchen in verschie- denen Stadien der Schwangerschaft. Zum Studium der frühesten Pe- rioden der Entwickelung der Placenta am 8., 9., 10. und 11. Tage habe ich 5 Thiere verwendet, deren Tragzeit mir, vom Momente der Be- gattung gerechnet, vollkommen genau bekannt war. Die übrigen Ka- ninchen in den weiteren Schwangerschaftsstadien, in welchen die Ent- wiekelung der Placenta langsamer vor sich geht, und die Veränderun- gen ihrer Structur nicht so schnell wie am Anfange verlaufen, liess ich mir einfach schon im Zustande der Schwangerschaft verschaffen, wobei ich nach dem Grade der Entwickelung sowohl der Placenta als auch besonders des Embryo immer annähernd die Tragzeit bestim- men konnte. Die Thiere wurden durch Zerstörung des verlängerten Markes getödtet, die Bauchhöhle wurde geöffnet und die Anschwellungen der Uterushörner herausgenommen. Dann schnitt ich mittelst einer feinen Scheere den ganzen, der Anheftungsstelle der Placenta entgegen- gesetzten Theil der Uteruswand, also die Obplacenta, ab, wobei die Wandung gewöhnlich genau zwischen Periplacenta und Obplacenta durehtrennt wurde. Die Obplacenta wurde dann gewöhnlich in 4 Stücke zerschnitten und diese mit den übrigen Theilen der Placenta zusammen fixirt. Die Placenta selbst wurde, nach Entfernung des Embryo, mit der sie umgebenden Periplacenta mittelst eines sehr scharfen Messers senk- recht zu ihrer Oberfläche und zu der Längsaxe des Hornes auf mehrere, ca. 3 mm dicke Scheiben zerlegt, und die letzteren dann mittelst der Scheere auf kleinere Stücke je nach dem Bedürfniss zerschnitten. In den frühesten Stadien, wo die Ectoplacenta als ein kleiner, dunkelrother, hufeisenförmiger Fleck auf der Oberfläche des kissen- förmigen Wulstes der Mucosa sich ausbreitet, darf man das beschrie- bene Verfahren nicht benutzen, da sonst die wichtigsten Theile zer- stört sein würden. Nach Entfernung der Obplacenta schneidet man 12 MiextamdierMassammow.: in diesem Falle mit einer Scheere denjenigen Theil des Placentarwulstes, auf dem sich die Eetoplacenta befindet, vorsichtig heraus und fixirt dieses Stückchen, welches niemals mehr als 4—5 mm im längsten Durch- messer misst, in toto, gewöhnlich zusammen mit dem Embryo. Die auf die beschriebene Weise gewonnenen Gewebsstückchen verbrachte ich noch lebenswarm in die verschiedensten Fixirungs- flüssigkeiten, von denen die wichtigsten die folgenden waren: Her- mann’s Lösung (welche mir das Beste leistete, Podwyssotzky’s Lösung (starke Flemming'sche Flüssigkeit mit Zusatz von Sublimat), Altmann’s Lösung, concentrirte Kochsalzsublimatlösung, Alcohol u. a. m.; alle Präparate wurden in Paraffin eingebettet und in lücken- lose Schnittserien von 5u Dicke zerlegt; Altmann’sche Präparate dürfen aber nicht dieker als Zu sein. Schnitte von Sublimatpräparaten klebte ich ‚mit destillirtem Wasser auf den Objectträger auf, alle anderen mit Agar-Agar (0,1%, Lösung) ausser den Altmann’schen Präparaten, für welche ich, an- statt des sehr complieirten und oft schlecht gelingenden Traumatiein- Pyroxylinverfahrens von Altmann die japanische Aufklebemethode (3, $ 190) dringend empfehlen kann. Sie gestattet die feinsten, Zu dieken Schnittserien ganz faltenlos zu machen und fixirt dieselben so gut, dass sie das stärkste Erwärmen bei der Färbung, ohne sich ab- zulösen, ertragen. Zur Färbung der mit Hermann’s oder Podwyssotzky’s Lö- sungen fixirten Präparate bediene ich mich seit langer Zeit des Ver- fahrens von Benda (2). Nach der ursprünglichen Methode werden die Schnitte 24 Stunden in Anilinwassersaffranin gefärbt, und dann eine !/, Minute lang in einer 0,25), (concentrirten) alcoholischen Lö- sung von Lichtgrün oder Säureviolett ausgewaschen. Ich erhalte bessere Resultate, wenn ich Schnitte aus Podwyssotzky’s Lösung nur eirca 5 Stunden lang in einer einfachen concentrirten wässerigen Saff- raninlösung (Saffranin O wasserlösl. Grübler) färbe, und dann mit der Lichtgrün- resp. Säureviolettlösung so lange extrahire, bis keine dun- kelviolette Farbenwolken mehr aufsteigen und die Schnitte eine schöne grüne resp. violettblaue Färbung angenommen haben, was gewöhn- lich 1,5—2 Minuten in Anspruch nimmt. Dann folgt Entwässern in absolutem Alcohol, welcher zugleich auch den Ueberschuss des Licht- grüns entfernt, Xylol und Canadabalsam. Wenn man Hermann'sche Präparate nach dem beschriebenen Verfahren tingirt, so bekommen sie immer ein dunkles, schmutziges Aussehen. Um solches vorzu- beugen, verwende ich eine Vorbehandlung, welche einen Theil des Pal’schen Hämatoxylinverfahrens darstellt und von Hermann in Ver- bindung mit der Reduction mittelst Holzessigs und mit der Hämato- xylinfärbung gebraucht wurde. Die auf dem Öbjectträger mit Agar- Agar aufgeklebten Schnitte kommen nach der Paraffinbefreiung in eine hellrosafarbene wässerige Kalihypermanganicumlösung und ver- bleiben darin so lange, bis sie ein okerfarbiges Aussehen bekommen I Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. haben; dann verbringt man sie nach flüchtigem Abspülen mit Wasser in das verdünnte Pal’sche Gemisch: Acid. oxalici, Kalii sulfurosi ää 1,0, aq. dest. 1000; hier werden die Schnitte fast augenblicklich ganz farblos. Wenn man sie jetzt eine halbe Stunde lang (nicht länger!) in der wässerigen Saffraninlösung färbt und nachher auf die beschrie- bene Weise mit Lichtgrün oder Säureviolett behandelt, bekommt man sehr reine, elegante und scharfe Tinction. Für die Sublimatpräparate benutzte ich gewöhnlich die Färbung: mit dem Biondi-Heidenhain’schen Dreifarbgemisch, aber auch die Centrosomenfärbung von Heidenhain (Bordeaux R-Eisenhämato- xylin) (8). Die Altmann’schen Präparate wurden nach der allgemein be- kannten Methode mit Fuchsin S und Picrinsäure gefärbt. Um bei meinen histologischen Studien auch die topographischen Verhältnisse der Kaninchenplacenta stets in Sicht zu behalten, wurde bei jedem Thiere die eine von den Anschwellungen des Uterushornes an beiden Enden unterbunden und mitsammt dem Inhalte in Müller- scher Lösung gehärtet, um später in Colloidin in toto geschnitten zu werden. Die ersten Stadien der Entwickelung der Placenta. Am neunten Tage der Schwangerschaft beginnt die eigent- liche Entwicklung der Placenta: die Keimblase, welche bisher frei in dem Uterushorne gelegen hatte, ist jetzt auf einem be- grenzten Bezirke ihrer embryonalen Hemisphäre, der area placen- talis Minot’s (12), welche immer der mesometralen Seite des’ Uterushornes zugekehrt ist, mit der Schleimhaut verklebt. In der ganzen Ausdehnung dieses Bezirkes erfährt sowohl die Schleim- haut als auch die auf derselben liegende äussere Wand der Keimblase tiefgreifende Veränderungen. Wenn man das Uterushorn am 9. 10. oder 11. Tage an der Stelle der das Ei enthaltenden Anschwellung öffnet, so sieht man, dass die Schleimhaut an der mesometralen Seite eine begrenzte, durch eine Längsfurche in 2 Hälften getheilte Verdickung von runder Form gebildet hat. Dieser Placentarwulst (die eotyledons maternels von Duval) stellt die künftige Placenta materna vor und entsteht, wie es hauptsächlich Minot hervorgehoben hat, durch locale Hypertrophie der beiden mesometralen Längsfalten der Schleimhaut des Uterushornes. Er ist an seiner Peripherie von einer anderen, weniger deutlichen Schleimhautfalte, der Periplacenta, umgeben. Der übrige, von den genannten Schleimhautverdiekungen 74 Alexander Maximow: nicht eingenommene Theil der Uteruswand nimmt in dem weiteren Verlaufe der Schwangerschaft keinen besonderen Antheil an der Hypertrophie der beiden ersten Theile, bleibt dünn und wird eigentlich nur passiv ausgedehnt. Ich werde ihn nach Minot Obplacenta nennen. Das in dem erweiterten Abschnitte des Hornes gelegene Ei ist, wie gesagt, mit der Hemisphäre, auf welcher sich die Em- bryonalanlage differeneirt, stets nach der mesometralen Seite, nach dem Placentarwulste hin gekehrt. Das Eetoderm, welches hier die Keimblase bedeckt, bewirkt eben die oben bereits erwähnte Anlagerung des Eies an die Uteruswand; solches geschieht jedoch nicht auf der ganzen Oberfläche der Hemisphäre, sondern nur auf einem ganz bestimmten Bezirke derselben, welcher die area em- bryonalis in der Form eines Hufeisens von den Seiten und von hinten umgibt (fer a cheval placentaire von v. Beneden, area placentalis Minot’s) und dicht der Oberfläche des Pla- centarwulstes anliegt. Bevor ich zu der Schilderung der merkwürdigen Wechsel- beziehungen zwischen dem Eetoblast der area placentalis und der Uterusschleimhaut übergehen werde, muss ich noch die Struetur des Placentarwulstes beschreiben. Wie gesagt, stellt der letztere eine locale Hypertrophie der Schleimhaut vor. Diese Hypertrophie hängt nun zum Theil von der Erweiterung der Blutgefässe, zum Theil von der Hypertrophie und Hyperplasie der Gewebsele- mente ab. Die Gefässe der Mucosa, welche bis zu dem Anfange der Schwangerschaft grösstentheils einfache Capillaren gewesen waren, sind jetzt stark erweitert; ihre Lumina sind nicht kreisrund, sondern besitzen stellenweise tiefe Ausbuchtungen und haben ein eckiges Aussehen, welches im Folgenden sich immer mehr und mehr ausprägt. Die Wandungen dieser Gefässe bestanden früher aus einem einfachen Endothel, welches an seiner äusseren Oberfläche mittelst feiner Ausläufer mit den benachbarten Bindegewebszellen ver- bunden gewesen war. Jetzt sind die Gefässwandungen stark ver- ändert; das Endothel weist zwar in diesen Stadien noch keine beson- dere Eigenthümlichkeiten auf; das einzige, was man bemerken kann, ist eine leichte Vergrösserung der einzelnen Zellen und das häufige Auftreten von Mitosen in denselben. Es haben sich aber um Ban | L| Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. das Endothel herum eigenthümliche, sich immer mehr und mehr verdiekende Gefässscheiden ausgebildet, welche aus grossen Mengen von dieht aneinander in mehreren Schichten gereihten Zellen bestehen. Diese Gefässscheiden [gaines perivasculairesvonMasquelin und Svaen (11)], sind schon längst von vielen Autoren, wie z. B. von Duval, Masius, Minot u. A. beschrieben worden, und es wird von allen diesen Autoren angegeben, dass dieselben dadurch entstehen, dass die Sternzellen des lockeren Bindege- webes der Mucosa, welche durch Ausläufer sowohl miteinander, als ach mit den Capillarwandungen verbunden sind, sich all- mählich an der Peripherie der letzteren in immer wachsenden Mengen sammeln. Im Folgenden verwandeln sich diese, anfangs einfach kugelförmige und dieht aneinandergedrängte Zellen (cel- lules globuleuses (4, I, p. 327)] nach Duval’s Beschreibung (ibid. p. 337), in bläschenförmige, einkernige, mit einer Membran versehene Zellen, deren Protoplasma im Centrum der Zelle um den Kern herum angesammelt ist und nach der Membran hin dünne protoplasmatische Fäden aussendet. Zwischen den letzteren und der Membran befindet sich nach Duval eine durchsichtige, homogene Substanz, welche, wie es schon längst Claude Bernard gezeigt hat, nichts anderes ist als Glyeogen. So- bald die Zellen der Gefässscheiden das beschriebene Aussehen angenommen haben, werden sie von Duval als cellules vesieu- leuses vosoadventices (l. e. I. p. 598) bezeichnet. Dass diese Zellen, welche wir von nun an einkernige Gly- cogenzellen nennen werden, in der That eine Art von Membran bekommen, ist freilich riehtig; es scheint mir aber, dass die an- ‚geführte Beschreibung Duval’s nicht genau den Thatsachen entspricht und etwas zu schematisch ist. Die Zellen der Gefäss- scheiden stellen ja mit Ausläufern versehene Bindegewebszellen, welche sich um die Gefässe ansammeln, vor. Wie sollen denn aus ihnen nachher Zellen mit Membranen entstehen, und wie verhalten sich dabei ihre Ausläufer? Ich glaube, dass man in gegebenem Falle eigentlich nicht von Zellen mit einfachen Zell- membranen, von einer „cellule vesiculeuse“, reden kann; die Vor- gänge sind hier etwas complieirter. Wie diese Zellen früher mit einander durch Ausläufer ver- bunden waren, so bleiben sie es auch jetzt, wo sie sich um 76 Alexander Maximow: die Gefässe herum sammeln und die Scheiden der letzteren bilden; nur verdicken und verkürzen sich dabei ihre Ausläufer. Es be- steht also die Gefässscheide aus einem echten retieulären Gewebe; jede Zelle dieses Gewebes besitzt einen einzigen rundlichen Kern und eine unbedeutende Masse von Protoplasma, welches um den Kern herum angesammelt ist (Fig. 8 @z)!) und in welchem man an Altmann ’'schen Präparaten fuchsinophile Granula sehen kann. Diese centrale Protoplasmamasse sendet nach allen Richtungen vielfach verzweigte Ausläufer aus, welche sich sowohl miteinander, als auch mit den Ausläufern der benachbarten Zellen verbinden, und an ihrer Oberfläche ebenfalls zahlreiche reihenförmig ange- ordnete Altmann sche Granula aufweisen. Die Stränge des auf solche Weise entstehenden retieulären Fachwerkes sind nicht alle von derselben Dicke; es sind. einzelne (Fig. 8 m) von denselben viel dicker, als die anderen (Fig. 8 n), und sie sind es gerade, welche entsprechend den Verbindungsstellen der Ausläufer der benachbarten Zellen, also zwischen den Zellen an- geordnet erscheinen. Da sie überall zwischen den Zellen liegen, so machen sie in der That, besonders in den späteren Schwanger- schaftsstadien, wo sie noch viel deutlicher werden (Fig. 8), den Eindruck von Zellmembranen, welch’ letztere aber in diesen, tiefer gelegenen Gefässschichten des Placentarwulstes nur sehr unvoll- kommen jede einzelne Zelle umschliessen. Weiter unten werden wir erfahren, dass in den Wandungen der oberflächlichen, unmittelbar unter dem Uterinepithel gelegenen Gefässe, sowie in den mehrkernigen, grossen Glycogenzellen, die eigentlich auf ganz dieselbe Weise entstehenden Zellmembranen eine viel vollkommnere Entwickelung erreichen und thatsächlich eine ununterbrochene, scharf eonturirte Zellhaut bilden können. Nach der Beschreibung Du val’s, welcher, wie gesagt, bei den einkernigen Glycogenzellen eine echte Zellmembran annimmt, soll also das Glycogen, welches diesem Gewebe sein durchsichtiges Aussehen verleiht, in dem Zellleibe selbst aufgespeichert werden; in der Wirklichkeit wird jedoch diese Substanz ursprünglich in die intereellulären Räume, in die Maschen des Retieulums abge- schieden. 1) Das auf der Zeichnung 8 dargestellte Glycogenzellengewebe (Gz) entspricht eigentlich nicht den Anfangsstadien der Schwanger- schaft, sondern der Mitte derselben. — — Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. Ungeachtet dessen, dass die einkernigen Glycogenzellen sehr wenig Protoplasma besitzen, und von Glycogenmassen allseitig umgeben sind, behalten sie doch in den früheren Schwangerschafts- stadien ihre volle Lebenskraft bei: unter ihnen findet man näm- lich viele Zellen in mitotischer Theilung begriffen, so dass also die Gefässscheiden nieht nur auf Kosten der Auflagerung von neuen Bindegewebszellen an ihre Peripherie, sondern auch auf Kosten der Vermehrung der sie bildenden Zellen selbst wachsen. Auf solche Weise gewinnen die Gefässscheiden allmählich immer mehr und mehr an Umfang, und am Ende des 10. Tages besteht schon der Plaecentarwulst in seiner ganzen Dicke aus Massen von verschiedenartig gewundenen, breiten Gefässen, mit mächtigen, eylindrischen Gefässscheiden. Die Scheiden der be- nachbarten Gerässe berühren einander, in den zwischen ihnen frei bleibenden vieleckigen Zwischenräumen befinden sich aber die Reste des Schleimhautbindegewebes, welches bei der Bildung der Gefässscheiden fast vollständig verbraucht wurde. Es stellen diese Reste eine feinkörnige oder feinfaserige, wahrscheinlich halb- flüssige Grundsubstanz vor; hier und dort sind in derselben noch rundliche oder sternförmige, fast sämmtlich regressive Veränderun- gen aufweisende Zellen zu sehen, als Resultat deren vollständigen Zerfalles die hier immer zahlreich vorhandenen Chromatinkörnchen zu betrachten sind; ausserdem gelangen hierher oft auch Leucoeyten, welche wahrscheinlich aus den Gefässen emigriren und dann durch die Gefässscheiden, zwischen deren Zellen sie oft schon jetzt ge- funden werden, hindurchwandern. Es waren wahrscheinlich gerade diese ganz gewöhnliche Leucoeyten gewesen, welche J. Masius in seinen Präparaten gesehen und als eigenthümliche Gebilde von unbekannter Bedeutung beschrieben hat (10 p. 98). Alles soeben beschriebene bezieht sich eigentlich nur auf die tieferen Schichten des Placentarwulstes, der Placenta materna. Wenn man jetzt von diesen tieferen Theilen des Placentarwulstes zu der Oberfläche der Mucosa übergeht, so wird man bemerken, dass, je näher man zu dem Uterinepithel rückt, die beschriebenen "Blutgefässe sich auf eine immer wachsende Anzahl von engeren, aber dafür zahlreicheren Aesten theilen. Hier in der oberflächlichen Schicht der Mucosa sind die Getässe also zahlreicher, aber zugleich ein jedes von ihnen auch von viel engeremDurchmesser; die Gefässwandungen, oder besser 18 Alexander Maximow: gesagt, die Gefässscheiden, werden hier ebenfalls immer dünner und dünner; das Endothel wird hier ebenfalls weniger bemerkbar, da es vermuthlich dem raschen Längenwachsthum der Gefässe, welches hauptsächlich durch die Vermehrung der Zellen der Ge- fässscheiden bewirkt wird, nicht Folge leisten kann, und da des- wegen seine Zellen, eine jede für sich ohne besondere Verände- rungen, weit auseinander geschoben werden, so dass nur an einigen Stellen einzelne Endothelzellen wahrgenommen werden können. Die Gefässe, welche sich unmittelbar unter dem Epithel in sehr grosser Anzahl dicht neben einander liegend befinden, be- sitzen ein ganz enges Lumen und eine stark redueirte Wandung (Fig. 1 @z). Sie sind deswegen von Wichtigkeit, weil sie dem in die Schleimhaut des Placentarwulstes einwachsenden embry- onalen Gewebe, wie wir sehen werden, als ersteim Wege stehen. Viele Autoren haben deshalb ihre besondere Aufmerksamkeit auf diese Gefässe gerichtet. Duval fasst sie einfach als Capillaren auf, welche nur aus einer einschiehtigen Endothelwandung, ohne eine die letztere umgebende Gefässscheide, bestehen. Ich muss aber behaupten, dass ich in diesen Gefässen überhaupt niemals gut erhaltenes Endothel zur Sieht bekommen konnte: im Gegen- theil, es besteht hier die Gefässwandung aus einer einzigen Schicht von Zellen (Fig. 1, @z), welche durchaus den cellules vesieuleuses vasoadventices, also den einkernigen Glyeogenzellen entsprechen; die Endothelzellen sind nur an einigen wenigen ganz vereinzelten Stellen noch sichtbar (Fig. 1, £). Es konnte also das Endothel entweder dem raschen Wachsthum des Gefässe nicht folgen, oder es haben sich seine Zellen ebenfalls in glycogenhaltige einkernige Gefässscheidezellen verwandelt und können also jetzt von den letzteren nicht mehr unterschieden werden. Nach den meisten Autoren soll das Eetoderm, in die Mucosa hineindringend, diese Blutgefässe umwachsen, wobei das Endothel der letzteren der Atrophie verfällt. Von Duval wird diese Atrophie des Endothels sogar (auf der Fig. 25) abgebildet; da aber, wie wir es gesehen haben, die oberflächlichen Gefässe des Placentarwulstes kein Endothel besitzen, sondern nur von einker- nigen Glycogenzellen gebildet werden, so kann man die Dege- neration des Endothels nieht annehmen; solches wird auch in den Präparaten niemals beobachtet; es stehen dem heranwachsenden Eetoblast eben nur die Glycogenzellen im Wege. Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 79 Ich muss noch bemerken, dass sich die die Wandung der oberflächlich gelegenen Gefässe bildenden Glycogenzellen von den Glyeogenzellen der Gefässscheiden in den tieferen Theilen des Placentarwulstes dadurch unterscheiden, dass sie eine wirkliche, wohlausgebildete Membran besitzen, welche ebenfalls mit den feinen, von der centralen, kernhaltigen Protoplasmamasse aus- strahlenden Fortsätzen verbunden ist (Fig. 1, @2). Die beschriebenen Gefässe liegen, wie gesagt, unmittelbar unter dem Epithel; sie bilden an der unteren Oberfläche des letzteren oft besondere Vertiefungen, sodass in den entsprechenden Stellen die Epithelschicht viel dünner alsin den anderen erscheint. Wir haben gesehen, dass in der Tiefe der Placenta materna fast das ganze Bindegewebe der Mucosa für die Bildung der Gefäss- scheiden verbraucht wurde; in den oberflächliehsten Schichten, welehe wir jetzt beschreiben, geschieht eigentlich dasselbe, nur sind hier die freien Räume zwischen den Gefässen viel bedeuten- der, und zwar aus dem einfachen Grunde, dass die Gefässe hier, obwohl viel zahlreicher, doch nur sehr dünne Wandungen besitzen und deshalb weiter von einander entfernt sind. Diese Zwischen- räume sind nun von einer wahrscheinlich halbflüssigen, fein granu- lirten oder feinfaserigen Substanz, welche, ebenso wie in den tieferen Schiehten des Plaeentarwulstes die Ueberreste des Binde- gewebes vorstellt, erfüllt. Zwischen den Massen dieser Substanz vertheilt liegen an manchen Stellen noch sternförmige oder spindel- förmige Bindegewebszellen, welche mit einander durch ihre feinen Ausläufer verbunden sind, und sehr oft sowohl Glycogen als auch eine Art von Membran besitzen. Es ist klar, dass ein sol- ches lockeres, weiches, von äusserst zahlreichen Gefässen dureh- zogenes Gewebe das Eindringen des embryonalen Gewebes in das mütterliche in hohem Grade erleichtern soll. Bisher haben wir nur von dem Bindegewebe des Placentar- wulstes gesprochen. Das Epithel, welches seine Oberfläche und die zahlreichen, hier befindlichen Uterindrüsen bekleidet, erleidet aber ebenfalls sehr tiefgreifende Veränderungen. Die Epithel- zellen fliessen in eine continuirliche Protoplasmamasse zusammen, in weleher die allmählich ebenfalls degenerirenden Kerne in srossen, diehtgedrängten, zahlreichen Haufen liegen. In diesen Kernen wird, wie es schon von Duval und Masius (l. e.) ge- zeigt worden ist, die chromatische Substanz in ihrer ganzen Masse 50 Alexander Maximow: an der Membran des Kernes angesammelt, den centralen Theil des letzteren ganz freilassend. Man könnte diesen Degenerations- vorgang deswegen nach Schmaus und Albrecht (14) als „Kernwandhyperehromatose“ bezeichnen. Die Altmann’schen Granula bleiben in den degeneriren- den Epithelmassen, welche oft noch von feinen, hellen Vacuolen dieht erfüllt sind, während sehr langer Zeit, fast bis zur völligen Resorption derselben erhalten. Später werden jedoch, während sie sich selbst noch intensiv färben, ihre Umrisse immer mehr und mehr verwischt; die einzelnen Granula fliessen zusammen und es werden die degenerirenden Epithelmassen nach dem Altmann- schen Verfahren dann fast diffus roth gefärbt. Oft bemerkt man um die degenerirenden Epithelmassen herum aus den Gefässen emigrirte Leukocyten, welche sogar in die Massen selbst ein- dringen können. Auch rothe Blutkörpercheu befinden sich sehr oft in grossen Mengen neben den Epithelmassen, was auch nicht auffällig ist, da sich ja die Gefässwände bei der Bildung der vielkernigen Glycogenzellen stark auflockern; dass das aber, wie es Duval glaubt (l. e. I p. 592), nur künstlich hervorgerufene Extravasate seien, glaube ich nicht. Der Meinung von J. Ma- sius, welcher diesen epithelialen, mit Blut erfüllten Crypten eine gewisse Bedeutung für die Bildung neuer Bluträume in der Eeto- placenta zuschreibt (l. e. p. 118), pflichte ieh aber ebenfalls nicht bei, da ich der angeführten Thatsache überhaupt keine besondere Bedeutung zuschreibe. Das Epithel der Drüsen macht dieselben Veränderungen wie das oberflächliche dureh; doch geht hier die Degeneration von dem Eingange der Drüsen nach ihrem Ende hin viel lang- samer, so dass in den Stadien, in welchen das oberflächliche Epithel schon längst spurlos verschwunden ist, die Epithelreste der tieferen Theile der Drüsen noch in genügender Anzahl existiren. Die degenerativen Veränderungen des Uterinepithels sind von manchen Autoren, insbesondere von J. Masius (l. e. p. 92 u. ff.) sehr ausführlich beschrieben worden; deshalb nehme ich von einer genaueren Schilderung derselben Abstand. Jedenfalls muss ich Duval, Masius und Minot darin vollständig bei- stimmen, dass das Uterinepithel beim Kaninchen durchaus keine active Rolle in der Entwieklung der Placenta spielt. Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 81 Der auf die beschriebene Weise veränderten Mucosa des Plaeentarwulstes liegt das Eetoderm der Keimblase eng an. Auf der ganzen Fläche des oben erwähnten, hufeisenförmigen Bezirkes (area placentalis) erscheint es, im Vergleiche mit den übrigen Theilen, stark verdickt. Nach der Beschreibung der meisten Autoren, wie z. B. Duval (Il. e. I. p. 332), Masius (l. e. p. 91 und 95), besteht das Eetoderm der area placentalis schon am Anfange des 8. Tages, wenn das Uterinepithel noch in ununter- brochener Schicht die Mucosa bedeckt, aus 2 Schichten, aus einer oberflächlichen, auf der Mucosa liegenden, in welcher die Epithel- zellen ihre Individualität eingebüsst und eine continuirliche proto- plasmatische kernreiche Masse, ein ectodermales Plasmodium (couche plasmodiale von Duval, plasmodiblast von v. Bene- den) gebildet haben, und aus einer tieferen, dem parietalen Mittel- blatte anliegenden, welche aus gut begrenzten, polygonalen Zellen mit zahlreichen Mitosen besteht. Ich sehe aber in meinen Präparaten in den Stadien, wo das Eetoderm noch einfach der Oberfläche der Mucosa anliegt, kein eetodermales Plasmodium. Meiner Meinung nach erscheint das letztere erst später, spielt aber auch dann nicht die Haupt- rolle bei dem Eindringen des Eetoderms in die Schleimhaut. Das verdickte Ectoderm besteht vorerst in seiner ganzen Masse aus scharf begrenzten Zellen, aus einem mehrschichtigen Epithel (Fig. 1, Ed), dessen tiefere, auf dem parietalen Mittelblatte lie- gende Zellen oft eine eylindrische Gestalt besitzen. In allen Schichten des Eetoderms, selbst in den oberflächlichsten, be- kommt man zahlreiche Mitosen zu Sicht. Diese embryonale Epithelsehicht berührt unmittelbar das degenerirende, aber noch immer ununterbrochene Epithel des Placentarwulstes. Unter dem Einflusse des embryonalen Ge- webes wird nun letzteres immer weiter und weiter resorbirt, wird es immer dünner und dünner, und da es die geringste Dicke gerade dort, wo unter ihm die beschriebenen, aus ein- schichtig angeordneten Glyeogenzellen bestehenden Gefässe ver- laufen, besitzt, so wird es natürlicherweise gerade an diesen Stellen am frühesten vollständig durchbrochen und zur Seite ge- schoben (Fig. 1 bei «&). Auf solche Weise wird also einerseits die früher ununter- brochene Epithelschieht der Mucosa auf zahllosen Stellen zu- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 6 89 Alexander Maximow: gleich durchbrochen und sammelt sich jetzt hauptsächlich in den Drüsenmündungen in grösseren Massen an, andererseits aber tritt das Eetoderm der Area placentalis in die innigste Berührung mit den Wandungen der oberflächlichen Gefässe (Fig. 1). Sobald nun das Eetoderm, in welchem es auch jetzt noch keine plasmodiumartige Schicht giebt, auf die beschriebene Weise unmittelbar zu den mütterlichen, aus einkernigen Glycogenzellen bestehenden Gefässen angekommen ist, werden diese glycogenen Zellen der Gefässwandungen durch den Reiz, welchen die heran- wachsenden embryonalen Elemente auf sie ausüben, zur Aus- arbeitung von grossen Glycogenmengen veranlasst, und verwan- deln sich dabei in grosse, vielkernige, stark glycogenhaltige Zellen. Diese Umwandlung der kleinen einkernigen Glycogenzellen in die grossen mehrkernigen ist ein eomplieirter Vorgang, weleher eigentlich aus 3 Theilen besteht: 1) aus der Hypertrophie jeder einzelnen Zelle, wobei das Protoplasma, hauptsächlich aber das Glyeogen an Masse zunehmen und der Umfang des Kermnes sich vergrössert, 2) aus der direkten Fragmentirung des Kernes, wo- durch mehrere Kerne in einer Zelle entstehen und 3) aus dem Zusammentreten und Verschmelzen von mehreren Zellen. Ich habe oben beschrieben, wie sich in dem Gewebe der Gefässscheiden um eine jede Zelle herum eine Art von Membran durch die netzförmige Anordnung der Zellausläufer bildet, und wie in den oberflächlichen Gefässen,, welche nur aus einer ein- zigen Schicht von solchen Zellen bestehen, die Membranen, die hier eigentlich auch als an der Peripherie der Zelle miteinander verbundene Ausläufer betrachtet werden können, eine viel voll- kommnere Entwickelung zeigen. Wenn nun in den einkernigen Zellen der Gefässwandungen unter dem Einflusse des durch das embryonale Gewebe ausge- übten Reizes eine verstärkte Glycogenausscheidung stattfindet, dehnen die sich immer reichlicher anhäufenden Glycogenmassen die zwischen den protoplasmatischen Ausläufern befindlichen Zwischenräume stark aus und nähern dabei auf rein mechani- sche Weise die Kerne von 2 oder 3 Nachbarzellen mit den die Kerne umgebenden Protoplasmahöfen einander bis zur völligen gegenseitigen Berührung; die zwischen diesen sich vereinigenden Zellen gelegenen Abschnitte ihrer Membranen verdünnen sich Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 83 wieder und werden zu protoplasmatischen Zellausläufern, während die peripherischen Abschnitte dieser Zellhäute sich nicht ver- dünnen und nunmehr eine einzige, scharf eonturirte Membran bilden, welehe die zusammengetretenen Zellen umgibt. Auf die beschriebene Weise entstehen grosse, vielkernige Zellen mit wohl ausgebildeten Zellmembranen (Fig. 2, @2’ und Fig. 5). Das Protoplasma befindet sich im Centrum der Zelle um die grossen Kerne herum angeordnet; an Altmann’schen Präparaten sind in demselben wohl ausgebildete fuchsinopbile Granula zu sehen (Fig. 7, @z‘). Von der Peripherie des centralen Protoplasma- hofes entspriessen zahlreiche feine Ausläufer mit auf ihrer Ober- fläche reihenförmig angeordneten Altmann’schen Granulis; diese Ausläufer sind reichlich verzweigt und befestigen sich an die Zellmembran. In den zwischen den Ausläufern gelegenen hellen Räumen befinden sich grosse Massen von Glycogen, welches an Alcoholiodpräparaten in Form von kleinen braunen Körnchen erscheint. Die mehrkernigen Glycogenzellen können also durch Zu- sammentreten und Verschmelzung von mehreren einkernigen Zellen entstehen. Doch befindet sich in ihnen oft eine so grosse An- zahl von Kernen, dass man solches schon a priori nicht durch die Entstehungsweise dieser Elemente allem erklären kann. Mitosen gibt es hier, zum Unterschiede von den einkernigen Glyeogenzellen, niemals. Dafür kann man aber stets Erschei- nungen der Amitose, und zwar der „direkten Fragmentirung“ nach Arnold (1) im Fülle begegnen (Fig. 2 und 3). Oft erscheint der Kern verlängert, dann tritt in seiner Mitte eine Einschnürung auf, welche demselben eine biseuitähnliche Form verleiht; sie vertieft sich immer mehr und schliesslich trennen sich die 2 Kermhälften vollkommen von einander ab. Der Vorgang kann sich wiederholen und so entstehen vielkernige Zellen. In vielen anderen Fällen aber geht die Einschnürung des Kernes nicht bis zur völligen Theilung desselben auf 2 be- sondere Kerne. Es entstehen dann Zellen wie die auf der Fig. 3 abgebildete, mit einem einzigen aber sehr grossen, schlauch- förmigen Kerne, welcher sehr oft mehrfach geknickt oder ring- förmig zusammengebogen ist und an seiner ganzen Oberfläche durch verschieden tiefe Einschnürungen auf viele besondere Ab- schnitte getheilt ist; in einem jeden solehen Abschnitte liegt ge- 5 Alexander Maximow:! wöhnlich ein besonderer Nucleolus. Diese Vorgänge der Amitose wurden bereits von Paladino (13) in den Deeiduazellen der Säugethierplacenta, speciell beim Meerschweinchen, beschrieben !). Ausser dem Glycogen befinden sich stets in den viel- kernigen Glycogenzellen auch feine Fettgranula (Fig. 2, 7, 10, Gz'), welche an der Oberfläche der protoplasmatischen Ausläufer sitzen und, merkwürdiger Weise, fast niemals eine kugelige, sondern eine unregelmässige, eckige Gestalt besitzen. Ob ihre Ent- stehung in irgend welcher Beziehung zu den fuchsinophilen Gra- nulis steht, konnte ich nicht ermitteln. Ausserdem befindet sich in diesen Zellen, besonders dann, wenn sie, wie wir weiter unten schen werden, an dem grössten Theile ihrer Oberfläche von mütterlichem Blute bespült werden (Fig. 2), eine grosse Menge von Gebilden, von denen die grössten ihrer Form nach ausserordentlich den Erythrocyten des mütter- lichen Blutes gleichen, und durchaus dieselben Farbenreactionen aufweisen. Bei der Färbung mit Saffranin-Lichtgrün werden nämlich, wie an den beigegebenen Figuren zu sehen ist (Fig. 2, 10, Bk; Fig. 15 c), die Erythrocyten stets (nach Fixirung mit Hermann’s oder Podwyssotzky's Lösungen) die einen roth, die anderen grün gefärbt. Ganz ebenso verhalten sich diesem Färbungsverfahren gegenüber auch die in den vielkernigen Glyeogenzellen befindlichen Körperchen. Neben den grösseren, erythrocytenähnlichen Körperchen befinden sich hier in grosser Menge noch andere, zum Theil sehr kleine Granula, welche eben- falls theils grün, theils roth sind. Auf welche Weise die Erythro- eyten in den Leib der Glycogenzellen gelangen können, bleibt völlig unaufgeklärt; dass aber in den letzteren wirklich oft Erythroeyten vorgefunden werden, das ist bereits von einigen Autoren beschrieben worden, so z. B. von Masquelin und Svaen (11) und J. Masius (10). Die ersteren haben diese Thatsache, ebenso wie das häufige Auftreten von Blutkörperchen in den degenerirenden Uterinepithelmassen, als den Ausdruck einer hämatoblastischen Funetion der Placenta aufgefasst. Man muss aber doch erwägen, dass die fraglichen, so sehr den Erythro- 1) Leider ist mir die Arbeit Paladino’s unzugänglich geblieben, und ich musste mich auf das Referat derselben in dem Artikel „Zelle“ von W. Flemming in den Ergebnissen d. Anat. u. Entwickelungs- gesch. von Merkel u. Bonnet Bd. III. beschränken. Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 85 eyten ähnlichen Gebilde möglicherweise, wenigstens zum Theil, einfach Körner oder Tropfen von einer Substanz, welche in der Glycogenzelle selbst entstanden ist, sein können. In der entwickelten Placenta enthalten nämlich die viel- kernigen Glycogenzellen, selbst die sehr weit von den mütter- lichen Blutbahnen gelegenen, oft in ihrem Zellleibe Granula von sehr verschiedener, manchmal sehr bedeutender Grösse, welche etwas an die Russel’schen Körperchen der bösartigen Ge- schwülste erinnern und offenbar in der Zelle selbst entstanden waren. Nach unserer Beschreibung entwickeln sich also die viel- kernigen Glycogenzellen aus den Zellen, welehe die Wandungen ‘der oberflächlich gelegenen Gefässe des Placentarwulstes bilden und eigentlich den einkernigen Glyeogenzellen der Gefässscheiden in den tieferen Theilen des letzteren völlig entsprechen. Von den Literaturangaben entspricht der gegebenen Beschrei- bung die Ansicht Minot’s (12) am meisten. Nach ihm sollen die mehr- kernigen Glycogenzellen aus kleinen Gruppen von Bindegewebszellen entstehen und zwar dadurch, dass etwa 3—6 solcher Zellen zusammen- kommen und sich mit einer besonderen Membran umgeben. Duval (l. e.) zählt sie ebenfalls für hypertrophische Bindegewebszellen und fasst die grosse Anzahl der Kerne als eine Folge der Amitose allein auf. Doch heben sowohl Minot als Duval die Beziehungen der viel- kernigen Glycogenzellen zu den Blutgefässen nicht hervor und spre- chen nur von einfachen Bindegewebszellen der Mucosa. Wie wir aber schon oben gesehen haben, sind letztere in den oberflächlichsten Schichten des Placentarwulstes, wo die vielkernigen Zellen entstehen, eigentlich fast gar nicht mehr vorhanden, da sie fast sämmtlich zur Bildung der Gefässwandungen verbraucht worden sind. Einige spär- liche Zellen sind zwar in der oben erwähnten, halb flüssigen, zwischen den Gefässen gelegenen Masse noch vorhanden, aber in so unbedeu- tender Anzahl, dass sie keineswegs allein die grossen Massen des Glycogengewebes bilden könnten. Eine ganz abweichende Ansicht über die Entstehung der mehr- kernigen Glycogenzellen finden wir bei Ulesko-Stroganowa (16, p. 227). Sie verfällt in denselben Fehler, welchen Masquelin und Svaen schon lange vorher begangen hatten, und betrachtet diese Zellen als embryonale Epithelzellen. Sie vergleicht die in der ausge- bildeten Placenta zwischen den Zottenenden gelegenen Glycogenzellen- gruppen mit den Zellknoten der Langhans’schen Schicht in der Menschenplacenta und beschreibt Uebergangsformen zwischen den Ele- menten des Zottenüberzuges und den mehrkernigen Glycogenzellen. Ich verhalte mich, wie aus der oben angeführten Beschreibung meiner 68 Alexander Maximow: Präparate genügend erhellt, der Ansicht von Ulesko-Stroganowa gegenüber durchaus ablehnend. Ich sehe nämlich nirgends die er- wähnten Uebergangsformen; dafür aber giebt es überall in Hülle und Fülle allerlei Uebergangsformen zwischen den ein- und mehrkernigen Glycogenzellen. Manchmal sind sogar die letzteren von dem embryo- nalen Gewebe durch eine dicke Schicht von noch unveränderten ein- kernigen Zellen, welche schon ohne jeden Zweifel mütterlichen Ur- sprungs sind, abgegrenzt. Sobald die einkernigen, die Gefässwandungen in den ober- flächlichen Schichten des Placentarwulstes bildenden, Glycogen- zellen unter dem Einflusse des sie berührenden embryonalen Epi- thels sich in mehrkernige grosse Zellen verwandelt haben, lockern die letzteren, sich immer mehr und mehr vergrössernd, abrundend und deshalb auseinanderrückend, die Gefässwand etwas auf. Das’ mütterliche Blut dringt in die sich auf solche Weise bildenden intercellulären Zwischenräume ein, umspült die Glycogenzellen dabei oft von allen Seiten und gelangt jetzt auch in unmittelbare Berührung mit dem Eetoderm. Das ist der Zeitpunkt, wo sich in dem letzteren zum ersten Male, aber auch nur an den Stellen, wo das mütterliche Blut das embryonale Gewebe berührt, eine protoplasmatische Schicht ohne Zellgrenzen mit zahlreichen ein- gestreuten Kernen, also ein eetodermales Plasmodium, wie wir diese Schicht von nun an nennen werden, differeneirt. Von diesem Zeitpunkte an müssen also in dem die künftige Placenta foetalis bildenden Eetoderm 2 Schichten unterschieden werden: 1. die tiefere, dem parietalen Mittelblatte anliegende, wo die ein- zelnen Zellen wohl entwickelt sind, deutliche Grenzen besitzen und in reger mitotischer Theilung begriffen sind; diese Schicht werden wir im Folgenden nach v. Beneden Cytoblast oder einfach Zellschicht, celluläre Schicht, nennen; 2. die auf der Zellschicht gelegene, oberflächliche, vom mütterlichen Blute be- spülte protoplasmatische Schicht, v. Beneden’s Plasmodiblast. Da es in diesem Plasmodium niemals Mitosen giebt, und da ich, entgegen der Angabe Du val’s, auch Amitose, trotz sorg- fältiger Untersuchung hier nicht constatiren konnte, so kann als einzige Quelle der wachsenden Plasmodiummassen nur die von einem Zusammenfliessen der neugebildeten Zellen gefolgte Wuche- rung des Cytoblastes angesehen werden. Da das eetodermale Plasmodium also aller Wahrscheinlichkeit nach kein eigenes Wachsthum besitzt, so wird es erhellen, dass Duval nicht Recht Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 87 hat, wenn er dem Cytoblast eine ganz untergeordnete Bedeutung zuschreibt und behauptet, dass es in der entwickelten Placenta gar nicht mehr. existirt (l. e. I. p. 591). Im Gegentheil, wir werden sehen, dass die Zellschicht bis zu der vollständigen Aus- bildung der Placenta foetalis, fast bis zum Ende der Schwanger- schaft persistirt, und dass die aus ihr hervorgehenden Zellen neues Zellenmaterial für das wachsende eetodermale Plasmodium fortwährend liefern. Nachdem auf die geschilderte Weise das mütterliche Blut mit dem Eetoblast in Berührung getreten und auf dem letzteren das Plasmodium entstanden ist, fängt das Eetoblast an, in die Tiefe der vom Epithel entblössten Schleimhaut hineinzuwachsen. Das Wachsthum geschieht aber auf zweierlei Art: dort nämlich, wo das Eetoderm in das eigentliche Bindegewebe der Mucosa, also zwischen den Gefässen, eindringt, bildet es cylindrische Primordialzotten in Form von Ausstülpungen, deren innere, zum Exocoelom gekehrte Oberfläche von einem zarten, vorerst noch gefässlosen Bindegewebe, dem parietalen Mittelblatte, die äussere, in die Mucosa eindringende aber von eylindrischem, eetodermalem Epithel, also von dem Cytoblast allein, ohne den Plasmodiblast, bekleidet ist. Dort hingegen, wo das Eetoderm mit dem mütter- lichen Blute in Berührung kommt und zugleich grossen Gruppen von mehrkermigen Glycogenzellen, welche die jetzt stark auf- gelockerte Gefässwand bilden, begegnet, erscheint stets das ecto- dermale Plasmodium, welches, allmählich an der inneren Ober- fläche der Gefässwand gleitend, die Glycogenzellen der letzteren umwächst (Fig. 2, pb). Die Glycogenzellen haben dabei ver- muthlich eine wichtige Rolle in der Ernährung des embryonalen Gewebes zu spielen. Oft wird man Stellen gewahr, wo einige von denselben, an dem grössten Theile ihrer Oberfläche vom Plasmodium umringt, sich allmählich wieder verkleinern, das Glycogen verlieren und sich stark abplatten, wobei in ihrem Zellleibe zahlreiche Fettgranula auftreten. Schliesslich können ihre Kerne und jene sich stark färbende Granula, welche sich in ihnen befinden, mitsammt den Fettgranulis in der Masse des Plasmodiums eingebettet erscheinen (Fig. 2 bei x). Vielleicht werden also die Glycogenzellen, auf solche Weise atrophirend, für die Ernährung des embryonalen Gewebes utilisirt. Während also das glycogene Gewebe allmählich vom ecto- 88 Alexander Maximow: dermalen Plasmodium durehwachsen wird und theilweise zerfällt, gewinnt das letztere immer mehr und mehr an Umfang und Aus- dehnung, dem Längenwachsthum der vom Cytoblast bekleideten Primordialzotten Folge leistend. Am 10. Tage bekleidet das Plasmodium nicht nur, wie an- fangs, die innere Oberfläche der aus den Glycogenzellen bestehen- den Wandungen der früheren Gefässe, sondern es bilden sich in der Masse des Plasmodiums selbst neue Hohlräume, welche sich so- fort mit dem mütterlichen Blute füllen und sich immer weiter entwickeln. Und so entsteht ein eigenthümliches Gewebe, be- stehend aus zusammengeflossenen Ectoblastzellen, aus dem eeto- dermalen Plasmodium, durchzogen von unregelmässig geformten Hohlräumen, in welchen das mütterliche Blut, unmittelbar die Eetoblastzellen bespülend, eireulirt. An allen Stellen, an welchen das Eetoderm in die Schleim- haut des Placentarwulstes hineinwächst, verwandeln sich die ein- kernigen Glycogenzellen der Gefässwände in die grossen viel- kernigen, die Zahl der letzteren fortwährend vergrössernd. Am Anfange geschah solches nur in den unmittelbar unter dem Uterinepithel gelegenen Gefässen, jetzt, am 11. Tage, greift diese Verwandlung auch auf die tiefer gelegenen und mit diekeren Scheiden versehenen Gefässe über. Schliesslich können sich selbst jene oben erwähnten, in dem zwischen den Gefässen befindlichen Gewebe zerstreuten Zellen ebenfalls in grosse vielkernige Gly- cogenzellen verwandeln; andere solche Zellen zerfallen und bil- den zusammen mit dem immer noch sichtbaren, atrophischen Drüsenepithel Detritmassen von verschiedenartigem Aussehen. Das Einwachsen des embryonalen Gewebes in den Placen- tarwulst dauert nicht lange fort uud erreicht bald, eigentlich schon am Ende des 11. Tages, sein Ende; es ist aber nicht möglich, in den mütterlichen Geweben genau die Grenze zu be- stimmen, bis zu welcher das erstere vordringt. Im Allgemeinen kann man annehmen, dass sowohl das Cy- toblast als auch das Plasmodiblast dort stehen bleiben, wo die Gefässscheiden am stärksten entwickelt sind und den ganzen Raum zwischen den Gefässen einnehmen, und wo das Endothel der letzteren, welches in den oberflächlichen Gefässen kaum be- merkbar gewesen war, unverändert geblieben ist. Nachdem das Einwachsen in das mütterliche Gewebe end- Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 89 lich aufgehört hat, wird von nunmehr an die weitere Entwicke- lung der Placenta foetalis oder Eetoplacenta also nur von dem eigenen Wachsthum der die letztere bildenden embryonalen Ge- webe abhängen. Dieser, durch das eigene Wachsthum der letz- teren gebildete, von den mütterlichen Geweben nur das Blut enthaltende Theil muss auch nur eigentlich Eetoplacenta oder Placenta foetalis genannt werden, während der durch das Ein- wachsen des embryonalen Gewebes in die Schleimhaut gebildete Theil die von Duval vorgeschlagene Bezeichnung: region intermediaire, intermediäre Schicht oder Zwischenschicht, in vollem Maasse verdient. Wenn wir bisher von den die Placenta foetalis bildenden embryonalen Geweben sprachen, so handelte es sich nur um das Eetoderm der Area placentalis, zu welchem höchstens nur noch das spärliche Bindegewebe des parietalen Mittelblattes mitgerechnet werden konnte; in den zwischen den Massen des ectodermalen Plasmodiums befindlichen Hohlräumen eirculirt das mütterliche Blut. Hier fehlen also nur noch die foetalen Blutgefässe. Die- selben werden nun der Area placentalis schon am 10. Schwanger- schaftstage von der Allantois hinzugeführt und treten mit dem sie begleitenden embryonalen Bindegewebe in das Innere der oben erwähnten, in die Schleimhaut hineindringenden und vom Cytoblast bedeekten Primordialzotten ein, die Axe der letzteren bildend und sie in echte Chorionzotten verwandelnd. Es wird die Eetoplacenta also von diesem Zeitpunkte an aus einem System von einander parallel verlaufenden, später sich verzweigenden Zotten bestehen; die Axe der letzteren wird von embryonalem Bindegewebe mit Blutgefässen gebildet. Der Ueber- zug der Zotten ist das Eetoderm, dessen tiefere, celluläre Schicht, welehe früher allein die Primordialzotten gebildet hatte, jetzt unmittelbar auf dem Bindegewebe der Zotte liegt; das ectoder- male Plasmodium bildet die äussere Schicht des Zottenüberzuges, geht mittelst zahlreicher Sprossen auf den Ueberzug der benach- barten Zotten über und wird allseitig von dem mütterlichen Blute bespült. Die Placenta auf der Höhe ihrer Ausbildung. Der vorliegenden Beschreibung der Placenta auf der Höhe ihrer Ausbildung werde ich eine Placenta von 15 Tagen zu 90 ' Alexander Maximow: Grunde legen. Obwohl die Veränderungen des Organs in diesem Zeitpunkte keineswegs aufhören, sondern bis zum Ende der Trag- zeit fortlaufen, stellen sie doch in der zweiten Hälfte der Schwanger- schaft nichts prineipiell neues, sondern vielmehr nur allerhand regressive Vorgänge, welche schliesslich zu der ausgedehntesten Degeneration aller Theile führen, vor. Bei der Beschreibung werde ich die Placenta in die 3 be- reits oben erwähnten Abschnitte eintheilen: 1. die Placenta ma- terna, welche eigentlich die tieferen Schichten des Placentar- wulstes, bis zu welchen das embryonale Gewebe nicht vorgedrungen ist, umfasst; die der Museularis unmittelbar anliegende Schicht derselben wurde von Duval, da sie bei der Geburt nicht ab- gestossen wird, mit einem besonderen Namen — couche vesieu- leuse proteetrice ou permanente (l. e. I. p. 598) — bezeichnet; da sie aber in ihrer Structur gar keine Besonderheiten aufweist, so werde ich sie zusammen mit der eigentlichen Placenta materna besprechen; 2. die intermediäre Schicht oder Zwischenschicht, welche die Grenze zwischen der Placenta foetalis und materna bildet, und 3. die Placenta foetalis oder Eetoplacenta. Wie wir es schon aus der Beschreibung der früheren Sta- dien wissen, besteht die Placenta foetalis aus einem System von Chorionzotten, welche, einander parallel, senkrecht zur Oberfläche der Placenta materna angeordnet sind. Bei ihrer Entstehung sind sie unverzweigt; wenn sie aber eine gewisse Länge erreicht haben, fangen sie an sich zu verästeln, und zwar geschieht sol- ches hauptsächlich in den oberen, dem Embryo zugekehrten Schichten der Ecetoplacenta. Das die Axe der Zotten bildende zarte embryonale Binde- gewebe besteht aus feinen Fasern und spindelförmigen Zellen. Es befindet sich in demselben eine grosse Anzahl von Blut- gefässen, deren Capillaren, welche gewöhnlich nur aus einer oder zwei röhrenförmig zusammengerollten Endothelzellen be- stehen, stets unmittelbar unter dem Epithel des Zottenüberzuges verlaufen. Das ectodermale Epithel, welches die Zotten bedeckt, be- steht, wie wir es schon früher gesehen haben, aus einer cellu- lären, tieferen, und aus einer plasmodiumartigen, oberflächlichen Sehicht. Wir kennen bereits die Bedeutung der letzteren, des ectodermalen Plasmodiums: es bildet die Hauptmasse der Placenta Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 91 foetalis, und in den freien Räumen, welche zwischen den Massen desselben bestehen, eireulirt das mütterliche Blut. Die ceelluläre, tiefere Sehicht, welche niemals mit dem mütterlichen Blute in Contact kommt, hat nur von wenigen Autoren genügende Berücksichtigung gefunden. Von Duval wird sie z. B. in der ausgebildeten Placenta gar nicht erwähnt. Und doch befindet sie sich in der letzteren und bleibt fast bis zum Ende der Tragzeit erhalten. Sie liegt dem Bindegewebe der Zotte eng an; doch stellt sie jetzt kein gut ausgebildetes Cylinderepithel vor, wie solches die Primordialzotten bedeckte: in diesem früheren Zustand bleibt sie nur noch an den Enden der Zotten erhalten; an den übrigen Theilen der letzteren ist sie auf eine Schicht von kleinen Zellen mit hellem, durchsichtigem Protoplasma, spärlichen fuchsinophilen Granulis und einem oder mehreren Kernen, welehe sehr oft in mitotischer Theilung be- griffen gefunden werden, redueirt. Dem Bindegewebe der Zotten liegen diese Zellen in sehr oft sich unterbreehenden Reihen an; an manchen Stellen sind sie aber doch 2-, selbst 3-schiehtig an- geordnet. Die beschriebene Zellschieht wird ihrerseits von dem Plas- modium bedeckt; letzteres unterscheidet sich von der ersteren besonders schön an mit Saffranin-Liehtgrün gefärbten Präparaten durch seine viel dunklere Färbung; nach Hermann'’s Fixirung ist dabei der Ton mehr grünlichgrau (Fig. 2, pb), nach Pod- wyssotzky's Fixirung mehr röthlichgrau (Fig. 4, 5, 6, pb). Die Kerne weisen hier keine Besonderheiten auf und sind im Plasmodium gleichmässig vertheil. An Altmann ’schen Prä- paraten sind die Zellgrenzen, ebenso wie auch nach anderen Fixirungen, unsichtbar, und das Protoplasma erscheint mit sehr zahlreichen, ziemlich gleichmässig angeordneten, fuchsinophilen Granulis erfüllt. Es sammeln sich die letzteren stets in diehteren Massen um die Kerne herum. Ausserdem enthält das Plasmodium neben den fuchsinophilen Granulis an manchen Stellen noch sehr zahlreiche, feinste Fettgranula und kleine helle Vacuolen. Wie wir schon früher erfahren haben, erscheinen mütter- liches Blut enthaltende Räume in den Plasmodiummassen gleich am Anfange der Bildung der Eetoplacenta; damals waren sie aber noch breit und nicht zahlreich, und es waren auch die spär- lichen Primordialzotten weit von einander entfernt. 92 Alexander Maximow: In der entwickelten Placenta nehmen diese Bluträume selbstverständlich den Zwischenzottenraum ein, haben hier eine mehr in die Länge, der Zottenaxe parallel ausgezogene Form und sind durch dicke, kernhaltige, protoplasmatische Stränge, welche die plasmodialen Ueberzüge zweier benachbarter Zotten verbinden, von einander abgegrenzt. Mit dem weiteren Verlaufe der Schwangerschaft verändern sich aber die geschilderten Verhältnisse der Zotten der Placenta foetalis immer mehr und mehr. Diese Veränderungen sind sehr ausführlich von Duval (l. e.) beschrieben, deswegen brauche ich sie hier nur oberflächlich zu berühren. Sie sind sämmtlich auf die Vervollkommnung der Wechsel- beziehungen zwischen dem foetalen und dem mütterlichen Blute gerichtet und bestehen aus der immer stärker sich entwickelnden Verästelung der Zotten einerseits und aus der fortschreitenden Verdünnung und schliesslich vollständigen Atrophie der beiden Schichten des ectodermalen Zottenüberzuges andererseits. Wenn wir jetzt, die Structur der Placenta foetalis im All- gemeinen kennend, ihren tieferen, der Zwischenschicht näher- liegenden Theil genauer untersuchen werden, so werden wir so- fort bemerken, dass sich dieses Gebiet in manchen Beziehungen von den übrigen mehr oberflächlich gelegenen Theilen der Eeto- placenta unterscheidet. In den letzteren verzweigen sich die Zotten stark und es erfährt das diese Zotten umhüllende ecto- dermale Plasmodium im Laufe der Zeit eine immer fortschrei- tende Atrophie. In den tieferen Theilen der Eetoplacenta ver- ästeln sich die Zotten viel weniger, und sind hier deshalb die zwischen den letzteren gelegenen Plasmodiummassen mit ihren mütterlichen Bluträumen viel stärker entwickelt (Fig. 4, pb). Auch weicht hier die Structur und die Anordnung diesser Massen etwas von dem oben beschriebenen ab. Das Plasmodium bildet hier viel zahlreichere, sehr dicke Stränge und Balken, deren Protoplasma in eigenthümlicher Weise parallel gestrichelt ist (Fig. 5 u. 6, pb); ausserdem sind hier die Zellgrenzen, an man- chen Stellen wenigstens, deutlich sichtbar, so dass das ectoder- male Plasmodium hier in einzelne, gewöhnlich mehrkernige Zellen differeneirt erscheint. Die Kerne sind nieht rund, sondern eckig, oft in die Länge gezogen und bilden kleine Gruppen von 5—8 Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 93 Stück (Fig. 4, x), in welchen sie alle mit ihren Längsdurch- messern der Strichelung des Protoplasmas parallel angeordnet sind. Das embryonale Bindegewebe der Zotten ist in dem Ab- schnitte, welchen wir jetzt beschreiben, reichlicher entwickelt, als in den oberen Theilen der Eetoplacenta; dasselbe kann in vollem Maasse auch für die celluläre Eetoblastschicht gelten; hier bildet die letztere eine ununterbrochene Reihe von hellen, dicht aneinander gelagerten Zellen (Fig. 4, cb bei z), welche in der Riehtung nach dem Ende der Zotte, also nach der Zwischen- schicht der Plaeenta bin, noch immer grösser und zahlreicher werden (Fig. 4). Diese Zwischenschieht der Placenta, zu deren Beschreibung wir jetzt übergehen müssen, da ja auch das Zottenende schon hierher gehört, hat einen sehr complieirten Bau. Das foetale Gewebe einer-, und das mütterliche andererseits sind in der Zwischenschicht auf die complieirteste Weise mit einander ver- mischt, und in der Literatur vermissen wir eine genauere Be- schreibung ihrer Wechselverhältnisse fast vollständig. Duval beschreibt die Grenze zwischen dem ectodermalen Plasmodium und dem mütterlichen Gewebe als eine annähernd wellenförmige Linie, und nennt dieselbe lame limitante ectoplacen- taire oder arcades limitantes (l. e. I, p. 608). Diese Beschreibung ist aber zu schematisch und giebt keine Vorstellung von dem wirklichen Thatbestande. Wir haben gesehen, dass das Eetoderm der Area placentalis, in das mütterliche Gewebe einwachsend, ein verschiedenes Aus- sehen darbietet, je nachdem es einfach in die Schleimhaut ein- dringt, oder die mütterlichen Blutgefässe umwächst.. In den Stellen ersterer Art geschieht das Wachsthum in Form von Primordialzotten, welche später, embryonale Blutgefässe und Binde- gewebe erhaltend, in echte Zotten sich verwandeln. In den Stellen letzterer Art, wo das Eetoderm vom mütterlichen Blute bespült wird und die aus mehrkernigen Glycogenzellen bestehen- den Gefässwandungen allmählich bekleidet, besitzt es die Structur eines Plasmodiums. Als Endresultat dieses Processes des Ein- wachsens von foetalem Gewebe in das mütterliche erscheint eben die Zwischenschicht mit ihrer complieirten Structur. Die vom foetalen Epithel bedeckten Zottenenden kommen hier an das mütterliche Gewebe heran, und die hier verlaufenden, mütter- 94 Alexander Maximow: liches Blut führenden Räume, welche die intervillösen Bluträume der Eetoplacenta einer-, und die Bluträume der Placenta materna andererseits vereinigen, sind ebenfalls von dem eetodermalen Plas- modium bekleidet. Doch ist dabei die folgende Thatsache her- vorzuheben : wenn das ectodermale Plasmodium noch am Anfange der Placentabildung in die Schleimhaut eindringt, und sich über die ihm im Wege stehenden mehrkernigen Glycogenzellen aus- breitet, werden die letzteren dabei sehr oft einzeln, oder in ganzen vielzelligen Gruppen von dem Plasmodium allseitig umwachsen, und verlieren auf solche Weise die Verbindung mit den übrigen Glycogenzellen. Auf solche Weise erscheinen also verschieden grosse Haufen von vielkernigen Glycogenzellen ganz isolirtt von dem übrigen mütterlichen Gewebe in der foetalen Plasmodiummasse der Zwischenschicht eingeschlossen (Fig. 4, @z‘). Diese, von dem foetalen Gewebe von allen Seiten umringten Gruppen sind es eben, welehe der intermediären Zone ihr charakteristisches Ge- präge verleihen. Sie sind von sehr verschiedener Grösse und können sowohl aus sehr zahlreichen Glyeogenzellen (Fig. 4), als auch aus wenigen, selbst aus einer einzigen (Fig. 4, m) solchen Zelle bestehen. An manchen Stellen sind die Glycogenzellen- gruppen aber nicht vollständig von dem ecetodermalen Plasınodium umwachsen, und in die Masse des letzteren tief hineinragend, setzen sie sich dann in die oberflächliche, aus mehrkernigen Glycogenzellen bestehende Schicht der Placenta materna un- mittelbar fort. Allseitig von dem ectodermalen Plasmodium umringt er- halten sich die Glyeogenzellengruppen nicht unverändert in dem weiteren Verlaufe der Schwangerschaft. Sie atrophiren und wer- den allmählich von der Peripherie zum Centrum hin resorbirt, wobei ihr Glyeogen wahrscheinlich der Ernährung des foetalen Gewebes dienen soll. Die an der Peripherie gelegenen, vom Plasmodium direkt berührten Zellen verkleinern sich, und zwar geschieht solches hauptsächlich auf Kosten der Verminderung ihres Glycogengehaltes (Fig. 4, y). Das um die Kerne gelegene Protoplasma gewinnt hingegen an Umfang, da die nach der Membran hin ausstrahlenden Ausläufer dabei wieder eingezogen werden; zugleich bilden sich im Zellkörper auch zahlreiche Fett- granula. In vielen Stellen wird die Membran der Glycogenzelle, Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 95 wie es besonders deutlich an den dünnen Altmann’schen Prä- paraten hervortritt, an der vom Plasmodium berührten Seite nicht mehr sichtbar, und dann gelangt das Protoplasma der ersteren mitsammt den fuchsinophilen Granulis und den Kernen in un- mittelbare Berührung mit dem letzteren, um später mit der Masse des Plasmodiums vollkommen zu verschmelzen; da die Kerne der Glyeogenzelle ebenso wie ihre fuchsinophilen Granula den Kernen und Granulis des Plasmodiums selbst vollkommen ähnlich sind, so können sie dabei von den letzteren gar nicht mehr unter- schieden werden; vermuthlich zerfallen sie im Laufe der Zeit ebenfalls. Es muss noch hinzugefügt werden, dass zwischen den auf die beschriebene Weise atrophirenden Glycogenzellen und den sie umringenden Plasmodiummassen oft Anhäufungen einer beson- deren Substanz bemerkbar werden; diese homogene, wahrschein- lich halbflüssige Substanz, welche offenbar als ein Produkt der Degeneration der Glycogenzellen aufgefasst werden muss, er- scheint in der Form von Massen, welche zwischen den Zellen wie ein erstarrtes Exsudat liegen, deren Form durch die Gestal- tung der intercellulären Räume bedingt wird und welche bei Saffranin-Lichtgrünfärbung intensiv grün tingirt werden (Fig. 4 r). Die Degenerationserscheinungen sind jedoch nicht nur auf die isolirten Glycogenzellenhaufen beschränkt; sie verlaufen auch in den Zellenhaufen, welche, wie oben erwähnt, noch in Verbin- dung mit der übrigen Masse des Glycogengewebes geblieben sind und nur von der einen Seite mit dem Plasmodium in Be- rührung kommen. Das soeben beschriebene Verhalten des ectodermalen Plas- modiums zu den mütterlichen glycogenen Zellen wird noch da- durch vervollständigt, dass zu allen den vom Plasmodium um- wachsenen und allmählich degenerirenden Glycogenzellengruppen, sowie auch zu der Oberfläche des Glycogengewebes der oberen Schicht der Placenta materna die Enden der Zotten herankommen. Dabei schmiegen sich die letzteren, sich oft gabelförmig theilend, der Oberfläche des Glycogengewebes und besonders der isolirten Glycogenzellenhaufen eng an (Fig. 4). Schon früher habe ich bemerkt, dass nach dem Zottenende hin die celluläre Schicht des Zottenüberzuges stets an Deutlichkeit und Zellenreichthum gewinnt. Das Zottenende selbst, welches das glycogene Gewebe berührt, ist aber schon von echtem, wohlausgebildetem Cylinder- 96 Alexander Maximow: epithel, wie solches die Primordialzotten bildet, bekleidet (Fig. 4, cb). In solchem wohlausgebildeten Zustande bleibt also die celluläre Schicht in der entwickelten Placenta nur an den Enden der Zotten. Die epithelialen Zellen sind hier in reger mitotischer Theilung begriffen (Fig. 4, in der Mitte d. Zeichn.), während die ihnen unmittelbar anliegenden Glycogenzellen alle die beschriebe- nen atrophischen Erscheinungen aufweisen. Es taucht bei der Erwägung des Beschriebenen unwillkür- lich der Gedanke auf, dass die vom embryonalen Gewebe um- wachsenen Glycogenzellenmassen in derErnährung des ersteren eine wichtige Rolle zu spielen haben, und dass an sie, wie an be- sondere Nahrungspunkte foetales Blut führende - Zotten heran- kommen. Als Ergänzung zu dem bisher Gesagten sei hier noch nach- träglich bemerkt, dass in der Eetoplacenta selbst, manchmal in sehr grosser Entfernung von der Zwischenschicht, zwischen den Massen des ectoplacentalen Plasmodiums entweder ganz verein- zelte vielkernige Glycogenzellen oder selbst kleine Gruppen von solchen vorkommen; solche verirrte Glycogenzellen verkleinern sich ebenfalls allmählich, verfallen der fettigen Degeneration und atrophiren schliesslich vollständig. Ihre Entstehung muss man wohl dadurch erklären, dass sie, von dem ectoplacentalen Plas- modium am Anfange der Bildung der Placenta umwachsen und dadurch von dem mütterlichen Gewebe isolirt, später bei dem selbstständigen Wachsthum der Ectoplacenta weit von ihrem Ent- stehungsorte entfernt wurden. Die beschriebenen Wechselbeziehungen zwischen den foetalen und mütterlichen Geweben in der Zwischenschicht haben nur bei Ulesko-Stroganowa (16) eine kurze Erwähnung gefunden. Sie hält aber, wie bereits gesagt, die mehrkernigen Glycogenzellen für veränderte Eetodermzellen der cellulären Schicht des Zotten- überzuges. Die isolirten Gruppen von Glycogenzellen beschreibt sie als „durchsichtige Gewebsparthien zwischen den Zotten“ (l. e. p. 232) und vergleicht dieselben mit den Zellknoten von Langhans in der Menschenplacenta. Zu dem hierüber bereits gesagten muss ich jetzt nur noch hinzufügen, dass ich das Vor- kommen von verschiedenen, an der Peripherie der glycogenen Zellhaufen sich befindenden, Uebergangsformen zwischen glyeogen- haltigen und glycogenfreien Zellen durchaus nicht leugne; ich Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 9 kann ihnen aber nur die Bedeutung einer Degeneration der Gly- cogenzellen, nicht aber einer Verwandlung der Cytoblastzellen in mehrkernige Glycogenzellen beimessen. Jetzt werde ich zu der Beschreibung der Placenta materna übergehen und die bemerkenswerthen Besonderheiten der die mütterlichen Bluträume der Zwischenschicht bekleidenden Elemente vorerst ohne Berücksichtigung lassen. Schon am neunten Tage der Tragzeit besteht die Placenta materna in ihrem ganzen Umfange aus verschiedenartig gewun- denen und verästelten Bluträumen, welche erweiterte und bis zur Unkenntlichkeit veränderte Capillaren der Mucosa vorstellen, und von dieken, aus dicht aneinander gelagerten einkernigen Glyco- genzellen bestehenden Gefässscheiden umhüllt sind. Das spär- liche, atrophische Gewebe, welches sich zwischen den Gefäss- scheiden befunden hatte, ist in der Placenta von 15 Tagen an vielen Stellen vollständig resorbirt und geschwunden, so dass die benachbarten Gefässscheiden verschmelzen und unmittelbar, ohne jede Grenze in einander übergehen; das ganze Gewebe der Pla- centa materna besteht hier also aus ununterbrochenen Massen von einkernigen Glycogenzellen und aus breiten Bluträumen. Die Struktur des glyeogenen Gewebes der Placenta materna wurde schon früher beschrieben; jetzt, in der Mitte der Schwanger- schaft, sind die Kerne der Glyeogenzellen mit dem sie umgeben- den Protoplasmahofe etwas grösser als früher (Fig. 8, @z); des- gleichen sind auch die das Reticulum bildenden Zellenausläufer, besonders die zwischen den Zellen gelegenen, viel dieker ge- worden (Fig. 8, m). Dank der bedeutenden Glyeogenanhäufung sind die einzelnen Zellen viel weiter als früher auseinander ge- schoben und scheint das Gewebe deswegen viel ärmer an Zellen zu sein. Doch sind die Gefässscheiden nicht überall in eontinuirliche Massen von Glycogengewebe verschmolzen: an vielen Stellen sind die zwischen ihnen sich befindenden Zwischenräume im Gegen- theil stark vergrössert. Dieser Umstand hängt einfach davon ab, dass hier nicht nur das zwischen den Gefässscheiden gelegene Gewebe, sondern auch die Gefässscheiden selbst allmählich, von der Peripherie nach dem Centrum hin der Degeneration anheim- fallen. Die einkernigen, sowie auch die mehrkernigen, den ober- flächlichen Schichten der Placenta materna angehörigen Glycogen- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 1 98 Alexander Maxımow: zellen verlieren allmählich ihr Glycogen, während der den Kern umgebende Protoplasmahof sich anfangs noch vergrössert. Die im letzteren befindlichen fuchsinophilen Granula sind in den atro- phirenden Zellen undeutlich conturirt, färben sich schwächer als normal, und fliessen oft, blassrothe Granula oder Tropfen bedeu- tender Grösse bildend, zusammen. Schliesslich werden sie ganz unsichtbar. Je weiter die Degeneration vorschreitet, desto stärker verkleinert sich der Umfang der Glycogenzellen, und es verwan- deln sich die letzteren schliesslich in kleine, homogene Schollen, welche sich mit Saffranin-Liehtgrün graugrünlich färben, ge- schrumpfte, ebenfalls homogene Kernreste und zahlreiche Fett- granula enthalten und schliesslich endgültig in feinkörniges Detrit zerfallen. Auf die beschriebene Weise bilden sich zwischen den noch intacten Massen des Glycogengewebes umfangreiche Detrit- anhäufungen, welche, wie es schon Duval beschrieben hatte, fortwährend bis zum Ende der Schwangerschaft an Ausdehnung gewinnen. Es wurde von mir oft erwähnt, dass in den oberflächlichen, der Zwischenschicht anliegenden Theilen der Placenta materna das mütterliche Gewebe nicht aus einkernigen, sondern aus mehr- kernigen Glycogenzellen besteht. Diese beiden Arten von Zellen sind, wie gesagt, ihrem Ursprunge nach durchaus einander gleich- werthig; wie die einkernigen Glycogenzellen in den tieferen Theilen der Placenta materna typische Gefässscheiden bilden, so thun es eigentlich auch die mehrkernigen in den oberen Theilen derselben und in der Zwisehenschicht; da die mehrkernigen Zellen aber nur in der Nähe der embryonalen Gewebe, welche das histologische Bild sehr eomplieirt machen, erscheinen, so kann man schon a priori nieht erwarten, die Blutgefässe der Zwisehen- schieht und der oberflächlichen Theile der Placenta materna von regelmässigen, auf dem Querschnitte kreisrunden, aus mehrkerni- gen Glyeogenzellen bestehenden Scheiden umhüllt zu finden. Es bilden hier diese Zellen nur grosse Anhäufungen von unregel- mässiger Form, welehe um die Bluträume herum angeordnet sind und, an ihrer Peripherie allmählich zerfallend, ebenfalls grosse Detritmassen bilden. Die Gefässe der Plaeenta materna stellen Capillaren der Mucosa vor, welche im Laufe der Schwangerschaft sich stark verändert haben. In der Mitte der Schwangerschaft sind es sehr Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 99 breite Bluträume von sehr mannigfaltiger, unregelmässiger Form, mit zahlreichen Vorsprüngen und tiefen Ausbuchtungen und Eeken an den Wandungen. Sie führen das mütterliche Blut der Eeto- placenta zu und communiciren also einerseits mit den intervillösen mütterlichen Bluträumen der letzteren, andererseits mit den Ge- fässen der Museularis. Ihre Wandungen sind von den Gefäss- scheiden gebildet. Diese Wandungen sind nun an ihrer inneren Oberfläche von ganz eigenthümlichen, merkwürdigen zelligen Elementen be- kleidet, welehe wir nach Duval „endovaseuläres Plasmodium*“, couche plasmodiale endovaseulaire (l. e. I. p. 601) nennen, und im Nachfolgenden ausführlich beschreiben werden. Diese dieke endovaseuläre Schicht besteht aus Zellen von verschiedener, ge- wöhnlich bedeutender Grösse, deren Grenzen stets mit genügender Schärfe zu sehen sind (Fig. 7 und 8); es erhellt daraus, dass die Bezeichnung „endovasculäres Plasmodium* eigentlich etwas unpassend ist, und dass der Umstand, dass die meisten Autoren die Zellgrenzen hier nicht gesehen hatten, wahrscheinlich von der Unvollkommenheit der angewendeten Technik abhängt. Die Zellen haben gewöhnlich eine verlängerte Form, manch- mal sind sie aber auch rundlich und besitzen einen, 2 oder höchstens 3 Kerme; sie sind gewöhnlich in 2 oder 3 Schichten angeordnet, wobei die Zellen der tieferen, dem glycogenen Ge- webe anliegenden Schichten eine polygonale oder rundliche, die das Lumen begrenzenden, oberflächlicher gelegenen und sich mit Saffranin-Liehtgrün viel dunkler färbenden eine mehr platte Form besitzen (Fig. 7). Im anderen Stellen giebt es nur eine einzige Schieht von Zellen, die dabei gewöhnlich (aber nicht immer) von bedeutender Grösse und Dieke erschemen (Fig. 8). In den tie- feren Ausbuchtungen und Eeken der Bluträume sind endlich die Zellen sehr oft mehrsehichtig, manchmal sogar in grossen Haufen angeordnet. Oft ragen die Zellen dabei in das Lumen als grosse, halbkugelige Auswüchse hinein, doch habe ich eine völlige Los- trennung und ein Freiwerden dieser Auswüchse bisher noch nie- mals constatiren können. Das Protoplasma der Zellen ist fast homogen, nur selten erscheint es dort, wo es an das Blut grenzt, etwas aufgefasert. An Altmann ’schen Präparaten sieht man schöne, kugel- förmige, rosenrothe, fuchsinophile Granula, welche im Zellleibe 100 Alexander Maximow: einzeln oder in kleinen Gruppen in ziemlich spärlicher Anzahl vertheilt sind (Fig. 7, 5). Neben dem Kerne sammeln sich die- selben stets zu einem grossen, dichten Haufen zusammen. Die Kerne des endovasculären Plasmodiuns sind im allge- meinen der Form der Zelle angepasst, so dass sie in platten Zellen in die Länge gezogen sind, in den polygonalen aber eine mehr oder weniger kugelige Form besitzen; sie sind sehr reich an Chromatin, welches in Form von kleinen Körnehen an den Fäden ihres Liningerüstes angeordnet ist und enthalten stets 1 oder 2 grosse Nucleolen. Nur selten erscheint die Oberfläche der Kerne vollkommen eben: gewöhnlich ist sie mit zahlreichen, tiefen, furchenartigen Einsenkungen versehen; manchmal entwickeln sich dieselben so stark, dass sie eine echte Fragmentation des Kernes bewirken, wobei von der Hauptmasse des letzteren sich kleine Theilchen loslösen (Fig. 8, a). Ausser dieser Erscheinung, welche übrigens wohl nur als ein Vorgang degenerativen Charak- ters aufzufassen ist, trifft man in den Zellen des endovaseulären Plasmodiums während des ganzen Verlaules der Schwangerschaft oft auch Mitosen. An einigen Orten sind die letzteren in grossen Mengen vorhanden, und fallen wegen ihrer Grösse sofort in die Augen; unter ihnen giebt es zahlreiche Kerntheilungsfiguren von pluripolarem Typus. In hohem Grade bemerkenswerth erscheint das Verhalten des beschriebenen endovasceulären Plasmodiums der Placenta materna zu den Elementen des mütterlichen Blutes, welches das Plasmodium bespült. Wenn man die Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Blutge- fässe des Placentarwulstes, zu der Zeit, wo das Eetoderm nur noch eben in das mütterliche Gewebe einzuwachsen beginnt, also z. B. am 8. oder 9. Tage, richtet, kann man schon bemerken, dass das in diesen sich immer mehr erweiternden Bluträumen enthaltene Blut an Leukoeyten äusserst reich ist. Vorerst liegen die letzteren noch einfach im Lumen, zusammen mit den rothen Blutkörperehen; allmählich entwickeln sich aber jene Erschei- nungen, welche wir im Folgenden beschreiben werden und welche in der ausgebildeten Placenta eine merkwürdige Ausdeh- nung erreichen. Ebenso wie am Anfange der Schwangerschaft sehen wir in den weiten Bluträumen der ausgebildeten Placenta materna colos- Zur Kenntuiss des jeineren Baues der Kaninchenplacenta. 101 sale Mengen von Leukoeyten, welche fast sämmtlich zu den poly- morphkernigen gehören; Lymphocyten sind unter ihnen nur in beschränkter Zahl vorhanden. Die eosinophilen Leukocyten spielen in dem Process, welchen ich jetzt beschreiben werde, gar keine Rolle. Die Leukocyten liegen aber nieht alle frei m dem Lumen: grosse Mengen von ihnen haften an der Oberfläche des endovaseulären Plasmodiums. An einigen Stellen befinden sich in dieser Lage einzelne Leukoeyten, an anderen sind die letzteren hingegen in ganzen übereinander liegenden Reihen angeordnet (Fig. 11, Zkec), und bilden auf solche Weise Haufen von bedeu- tender Grösse. Besonders oft umlagern sie in diehten Schwärmen die in das Lumen weit hervorragenden Plasmodiumzellen. In den Stellen, wo die Leukoeyten auf der Oberfläche des Plas- modiums gelagert erscheinen, ist es fast stets möglich zu sehen, wie einige von ihnen, wahrscheinlich mittelst activer Bewegungen, in den Leib der Plasmodiumzelle eindringen (Fig. T und 8, Zke). Wenn sie dann innerhalb der letzteren liegen, weisen sie zuerst noch keinerlei weitere Veränderungen auf; ihr Zellleib ist von Granulis, welche durch das Lichtgrün grünlich gefärbt werden und wahrscheimlich der neutrophilen Granulation entsprechen, dieht erfüllt und scharf eonturirt, da sich zwischen demselben und dem Protoplasma der grossen Zelle ein enger heller Hof gebildet hat (Fig. 8, Lke). Oft dringen sölche eingewanderte Leukocyten bis dicht an den Kern der grossen Zelle hinein, und liegen dann in besonderen Einsenkungen der Kernoberfläche. Allmählich fangen sich aber an den eingewanderten Leu- koceyten regressive Vorgänge abzuspielen. Die scharfen Grenzen ihres Protoplasmas werden undeutlich; letzteres wird aufgelöst und fliesst mit dem Protoplasma der Plasmodiumzelle zusammen. Dann erscheint der polymorphe Leukoeytenkern in dem Zellleibe der letzteren frei liegend (Fig. 8) und degenerirt ebenfalls. Die feinen Fäden, welche seine einzelnen Theile verbunden hatten, werden aufgelöst, das Chromatingerüst der letzteren wird immer diehter, die einzelnen Chromatintheilchen fliessen zusammen und so verwandelt sich der Kern in eine Gruppe von geschrumpften, homogenen, glänzenden Chromatinstückehen (Fig. 8, Lkec’), welche ihrerseits auf noch kleinere Körnchen zerfallen (Fig. 8, Lke”) um schliesslich gänzlich aufgelöst zu werden. Wenn viele Leu- kocyten alle beschriebene Veränderungen dicht beisammen blei- 102 Alexander Maximow: bend durchmachen, dann erscheint in dem Leibe der grossen Zelle, gewöhnlich dicht neben dem Kerne gelegen, ein grosser Haufen von eckigen Chromatinbrocken; oft liegen einige von diesen Brocken in besonderen Vertiefungen der Kernoberfläche (Fig. 8, Lke‘). Oft bildet sich in der Zellsubstanz einer Plasmodiumzelle eine grosse Vacuole, welche mit sowohl noch unveränderten, als auch schon zerfallenden Leukoeyten dicht erfüllt ist (Fig. 8, v, v', 0). Der Kern der grossen Zelle besitzt dabei gewöhnlich eine halbmondförmige Gestalt (Fig. 8, v) und liegt mit der con- caven Seite der Oberfläche der Vacuole an. Im Laufe der Zeit verdichtet sich der zerfallende Inhalt solcher Vacuolen immer mehr und mehr, wobei zuerst die Conturen der einzelnen Leuko- cyten noch deutlich bemerkbar bleiben (Fig. 8, v). Später schrumpft derselbe noch stärker zusammen, und jetzt erhält man als Endresultat eine in der Plasmodiumzelle gelegene, stark sich färbende, fast homogene Scholle von mannigfaltiger Grösse und Form. Die die Scholle enthaltende grosse Zelle kann im Laufe der Zeit ebenfalls der Atrophie verfallen. Die beschriebenen Erscheinungen sind besonders bequem an lege artis dargestellten Altmann’schen Präparaten zu studiren. Die den Leukoeytenleib erfüllenden Granula glänzen hier in einem schönen, tiefen Roth (Fig. 7, Zke) und sind daher immer von den rosenrothen Granulis der Plasmodiumzellen (Fig. 7, $) leicht zu unterscheiden. Wenn die immigrirten Leukoeyten zu zerfallen beginnen, so fangen ihre dunkelrothen Granula, welche im normalen Zustande in Form eines diehten kugelförmigen Haufens um die ungefärbt bleibenden Kerne angeordnet sind, allmählich sich auseinander- zuschieben, in die Seiten zu weichen und erscheinen dann zwischen den rosenrothen Körnchen der Plasmodiumzellen zerstreut (Fig. 7 Lke'). Da diese Granula an der Grenze des Sichtbaren stehen, so ist es unmöglich zu entscheiden, was ihr weiteres Schicksal sei; vermuthlich werden sie aufgelöst, da sie schliesslich unsicht- bar werden. Es ist von Interesse, dass die Leukocytenkerne, welche im normalen Zustande sich nach Altmann nicht färben, bei den beschriebenen Degenerationserscheinungen allmählich die Fähigkeit erhalten sich ebenso intensiv wie die Leukoeyten- granula zu färben; sie erscheinen dann als grosse, eckige, dunkel- Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 103 rothe Körnchen, welche, dem oben Gesagten gemäss, allmählich zerfallen (Fig. 7, Lkc‘). Die einwandernden Leukocyten bleiben oft, besonders an den Stellen, wo das Plasmodium dünn ist, in dem letzteren nicht stehen. Sie wandern weiter im das Gewebe, auf welchem das Plasmodium liegt, hinein, also in die einkernigen, resp., wenn es sich um der Oberfläche der Placenta materna näher gelegene Ab- schnitte handelt, in die mehrkernigen Glycogenzellen. In dem Zellleibe der Glycogenzelle liegend (Fig. 7, &) machen sie alle die beschriebenen Degenerationsveränderungen durch und geben hier dadurch besonders oft grossen, intensiv sich färbenden, glänzenden, kugelförmigen Granulis Ursprung. Folgendes muss ich noch erwähnen: ausser den Leukoeyten erscheinen in dem Protoplasma der Plasmodiumzelle oft noch rothe Blutkörperchen eingeschlossen (Fig. 5 und 6, Bk’); selten liegen sie hier einzeln; öfter werden Gruppen von 5—10 oder mehr Stück gefunden. Allmählich degenerirend, bilden diese Erythro- cytengruppen ebenfalls intensiv sich färbende Schollen. Besonders schön sind diese Erythrocyten in dem Plasmodium an mit dem Biondi-Heidenhainschen Gemisch gefärbten Sublimatprä- paraten zu beobachten: sie treten mit ihrer dunklen Orangefärbung in dem hellrosenrothen Protoplasma der sie enthaltenden Zelle auf das deutlichste hervor. Auf welche Weise die Erythrocyten aus dem Blute in die Zellen des endovasculären Plasmodiums ge- langen, darüber kann ich leider keine Auskunft geben. Trotz ihrer Auffallenheit finden die geschilderten Verhält- nisse der endovasculären Zellschicht der Placenta materna in der Literatur fast gar keine Erwähnung. Duval berücksichtigt sie gar nicht und nur bei J. Masius (l. ec.) und Minot (. ec.) finden sich einige Angaben darüber. Uebrigens fassen sie den Vorgang ganz anders auf, als ich ihn nach meinen Befunden be- trachten muss. Masius spricht dort, wo ich Fragmentirung der Kerne sehe, von der Entstehung grosser Kerne aus zusammen- tretenden kleineren (l. e. p. 112), und wo meiner Meinung nach Immigration von Leukocyten und Degeneration derselben in der endovaseulären Schicht vorliegt, — von der Degeneration der Kerne des Endothels und von der Ausscheidung der Zerfallspro- dukte in das Gefässlumen (p. 113). Die zahlreichen Leukoeyten, welche dieser Autor in den Geweben der Placenta materna ge- 104 Alexander Maximow: sehen hatte, hält er für Elemente sui generis. Minot äussert sich über den uns interessirenden Vorgang mit folgenden Worten: „dass von den inneren Enden der Endothelzellen kleine helle Massen sich ablösen und im Lumen der Gefässe als eigenartige Spherulae sofort ins Auge springen.“ Er schliesst sich darin also vollkommen Masius an. Ausserdem finden wir auch noch bei Ulesko Stroganowa die blosse Angabe (16, p- 227), dass die Leukocyten sich zuweilen in den Endothelzellen anhäufen können. Ausser den beschriebenen Beziehungen des endovaseulären Plasmodiums zu den Blutzellen tritt in der entwickelten Placenta noch eine Besonderheit desselben hervor. Die Grenze zwischen dem Plasmodium und den ein-, resp. mehrkernigen Glycogenzellen, auf welchen es gelegen ist, erscheint nur selten als eine gerade Linie: es dringen von den tiefer gelegenen Zellen der endovas- eulären Schicht dieke, protoplasmatische Auswüchse zwischen die Zellen des glycogenen Gewebes ein; anders könnte man sagen, dass die glycogenen Zellen selbst in die Masse des Plasmodiums wachsen, und in Form von grossen, kuppelförmigen Erhebungen in das Lumen der Bluträume hineinragen, wobei die hier gelegene endovaseuläre Schicht stark verdünnt erscheint; doch wird man den durch so grosse Glycogenmassen belasteten, so wenig Proto- plasma besitzenden Zellen schwerlich solehes zuschreiben können, und es wird also der Wahrheit näher kommen, wenn wir auf der ersteren Erklärung stehen bleiben werden. Die protoplas- matischen Zellauswüchse dringen zwischen die Glyeogenzellen immer tiefer und tiefer ein (Fig. 7 bei y), umschliessen dann die letzteren einzeln oder in ganzen Gruppen und isoliren dieselben auf solche Weise von der übrigen Masse des glycogenen Gewebes. Dann erscheinen einzelne Glyeogenzellen oder Gruppen von sol- chen allseitig von dem endovasculären Plasmodium umwachsen, und manchmal sogar in dem Leibe einer einzigen grossen Plas- modiumzelle eingeschlossen (Fig. 9). Sie verlieren dabei allmäh- lich ihr Glycogen, in ihrem Protoplasma häufen sich zahlreiche eckige Fettgranula an, die Kerne färben sich schwach und schliess- lich bekommen wir eine unregelmässig geformte Detritmasse mit zahlreichen Fetttröpfehen und Resten von degenerirten Kernen. Die die degenerirenden Glycogenzellen enthaltenden grossen Zellen des endovaseulären Plasmodiums erscheinen selbst in vielen Fällen Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 105 atrophisch: der Kern nimmt eine sichelförmige Gestalt an, plattet sich stark ab (Fig. 9) und verdünnt sich allmählich ebenso wie das ihn umgebende Protoplasma. Ich muss ausserdem noch bemerken, dass man an manchen Stellen in dem Glycogengewebe, besonders dort, wo dasselbe aus mehrkernigen Zellen besteht, in einiger Entfernung von dem endo- vaseulären Plasmodium und von der degenerirenden Peripherie der Gefässscheide, mitten unter gewöhnlichen Glycogenzellen solche antreffen kann, welche ihr Glycogen augenscheinlich eingebüsst haben, dafür aber sehr reich an Protoplasma sind, hypertrophische ehromatinreiche Kerne besitzen und zahlreiche Fettgranula in der Zellsubstanz aufweisen. Die Bedeutung dieser Zellen ist voll- kommen räthselhaft; man kann selbst nicht entscheiden, ob es progressive oder regressive Zellformen sind. Was ist denn eigentlich das endovaseuläre Plasmodium und welche Bedeutung haben die beschriebenen Erscheinungen der Einwanderung und der Degeneration von Elementen des mütter- lichen Blutes in demselben ? Da die Bluträume der Placenta materna einer-, und die intervillösen mütterlichen Bluträume der Eetoplacenta andererseits mit einander communieiren, so erscheint die Frage: wo existirt denn die Grenze zwischen dem Endothel, welches vor der Schwangerschaft die ersten bekleidete, und jenem Plasmodium ectodermalen Ursprungs, welches die letzteren begrenzt? Die Mehrzahl der Autoren, wie z. B. Masius, Minot und Andere sind der Meinung, dass diese Grenze zwischen der Placenta foetalis und Placenta materna, also in der Zwischenschicht liegt, dass also in der Placenta materna nichts von den foetalen Geweben existirt und das demgemäss das endovaseuläre Plasmodium ein- fach modifieirtes Capillarendothel vorstellt. Anders Duval: nach ihm soll die tiefe Schicht des die Placenta foetalis bilden- den eetodermalen Plasmodiums (4, I p. 599; 5) am 11. und 12. Schwangerschaftstage in die Gefässe, zuerst der intermediären Schicht, dann der eigentlichen mütterlichen Placenta hinein- wachsen und das Endothel derselben substituiren. Dabei soll sich dieses Plasmodium auf alle diejenigen Theile der Placenta materna verbreiten, welche bei der Geburt abgestossen werden, also bis zu der couche vesiceuleuse proteetrice ou permanente. Nach Duval ist also das endovasculäre Plasmodium ein Derivat 106 Alexander Maximow: des foetalen eetodermalen Epithels, welches, auf dem mütterlichen Glyeogengewebe liegend, die mütterlichen Bluträume anstatt des Endothels bekleidet. Von diesem Standpunkte Duval’s betrachtet könnten die beschriebenen räthselhaften Beziehungen der Leukocyten zu dem endovaseulären Plasmodium eine besondere Bedeutung gewinnen. Wenn es sieh wirklich herausstellen würde, dass letzteres foetalen Ursprungs sei, so könnte man die Einwanderung und Degene- ration der Leukocyten gewissermaassen als eine Reaction des mütterlichen Organismus gegen den in den letzteren eingedrungenen Fremdkörper, den Embryo, betrachten. Ich muss jedoch gestehen, dass die angeführte Ansicht Duval’s, für das Kaninchen wenigstens, meiner Meinung nach nicht haltbar ist. Ich sehe das endovaseuläre Plasmodium als modifieirtes Endothel an. Wenn das ectoplacentale Plasmodium wirklich in die Ge- fässe der Placenta materna einwachsen würde, so müsste jeden- falls die Verdiekung der die letzteren bekleidenden Zellschicht in der Richtung von der Placenta foetalis nach der Placenta materna erfolgen, und müsste dabei auch die Atrophie des Endo- thels sichtbar sein. Wir haben aber gesehen, dass das Endothel der Blutgefässe des Placentarwulstes nur in den oberflächlichsten Schichten des letzteren, in der künftigen Zwischenschicht, ver- schwindet, dass aber im der eigentlichen Placenta materna am 9. und 10. Tage das Endothel gar keine atrophischen Erschei- nungen darbietet; hier sind in demselben hingegen oft Mitosen zu sehen und von dem 11. oder 12. Tage an hypertrophirt es in allen Gebieten der Placenta materna zugleich, wobei sich schon jetzt an vielen Stellen die Immigration der Leukocyten bemerkbar macht. Duval gibt an (l.c. II p. 3, 4), dass er an seinen in toto fixirten Präparaten die Grenze zwischen dem endovasculären Plas- modium und dem früheren Endothel der Gefässe nicht hat finden können. Es scheint mir, dass diese Grenze an meinen Präparaten sichtbar ist; doch sehe ich sie nicht dort, wo Duval sie zu finden gedachte, d. h. bei der couche vesieuleuse proteetriee: ich sehe sie in der Zwischenschicht der Placenta, oder, wie man nach Duval noch bezeiehnen kann, im dem Gebiete der arcades limitantes. Um diese Grenze klar übersehen zu können, muss Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 107 man aus einer grossen Anzahl von Serien einen Schnitt heraus- finden, in welehem der mütterliche Blutraum, welcher aus der Placenta foetalis in die Zwischenschieht hindurchtritt, gerade der Länge nach getroffen ist. Wenn wir den letzteren nun zuerst in der Eetoplacenta, wo er von unzweifelhaftem ectodermalem Plasmodium bekleidet ist, fixiren, und ihn dann in der Richtung nach der Placenta materna hin verschieben werden, so werden wir bemerken, wie die auf den mehrkernigen Glycogenzellen gelegene dünne, dunkelgefärbte, gestrichelte Schicht des eeto- placentalen Plasmodiums plötzlich durch polygonale, deutlich eonturirte, mit einem viel helleren, fast homogenen Protoplasma und viel grösseren Kernen versehenen Zellen, welche sich in der Richtung nach der Placenta materna hin in das endovaseuläre Plasmodium unmittelbar fortsetzen, substituirt wird (Fig. 5 und 6). Das ist nach meiner Meinung die Grenze zwischen dem Eetoderm und dem Endothel. Die hypertrophischen Zellen des letzteren sind hier oft einzeln in dem dunkel tingirten, aus ge- stricheltem Protoplasma mit Gruppen von länglichen Kernen be- stehendem eetodermalem Plasmodium eingebettet (Fig. 5 u. 6, pb). Manche von ihnen erreichen hier eine colossale Grösse (Fig. 5, S) und sind von den sie umringenden Plasmodiummassen durch ihre hellere Färbung sofort zu unterscheiden. Es befinden sieh in ihnen ausserdem noch zahlreiche Leukoeyten und Erythrocyten in den verschiedensten Stadien des Zerfalles (Fig. 5 und 6, Lke und B%k‘). Die Kerne dieser Zellen sind gewöhnlich sehr gross und befinden sich sehr oft in dem Zustande der Fragmentirung (Fig. 5, 5), wobei sich von der Hauptmasse des Kernes kleine Auswüchse abtrennen und in das Protoplasma gelangen. Ausser diesen grossen Zellen befinden sich hier aber auch zahlreiche kleinere, welche gewöhnlich in grossen unregelmässigen Haufen übereinander liegen und in der Richtung nach der Placenta materna allmählich in das typische endovaseuläre Plasmodium übergehen. Wenn wir nun auf dieselbe Weise die Wände der aus der Placenta materna in die couche vesieuleuse proteetriee hindurch- tretenden Gefässe untersuchen werden, werden wir an denselben den allmählichen Uebergang der hypertrophischen Elemente des endovaseulären Plasmodiums in das einfache Endothel der Ge- fässe der Museularis vor Augen haben; hier kann also die Grenze 108 Alexander Maximow: zwischen den foetalen und mütterlichen Elementen nicht gesucht werden. In den Gefässen der couche vesieuleuse protectrice sind die Vorgänge der Leukocyteneinwanderung stets in grosser Aus- dehnung zu beobachten, und da hier das Endothel sehr dünn ist, so infiltriren die ausgewanderten Leukocyten fast sämmtlich das umherliegende glyeogene Gewebe. Die Beschreibung der Placenta auf der Höhe ihrer Ent- wiekelung beendend, werde ich jetzt nur noch einer Erscheinung Erwähnung thun, welche, wenn auch nicht oft, so doch fast regelmässig in jeder Placenta vorgefunden werden kann. Ihre Bedeutung und Ursachen sind durchaus unklar. In dem Gebiete der vielkernigen Glycogenzellen begegnen nämlich oft Bluträume, welche nicht von dem endovaseulären Plasmodium bekleidet sind, während sie in allen übrigen Be- ziehungen den anderen Bluträumen gleichen (Fig. 10). Das mütterliche Blut umspült in ihnen unmittelbar die ent- blössten Glycogenzellen. Die oberflächlichsten, mit dem Blute in Berührung kommenden Schichten der letzteren weisen nun merk- würdige, wahrscheinlich degenerative Veränderungen auf (Fig. 10, m, n). Die Zellen sind stark angeschwollen, vergrössert, doch enthalten sie nur wenig Glycogen im Vergleich mit dem umfang- reichen Protoplasmahofe, von dessen Peripherie nach der intact gebliebenen Membran dünne Fäden ausstrahlen, mit zwischen denselben befindlichen spärlichen Glyeogenresten. Die Keme sind hypertrophirt und chromatinreich. Was aber das am meisten charakteristische ist, dass sind grosse Massen von in der Zell- substanz gelegenen Granula oder Tropfen von einer besonderen Substanz; diese Granula sind in allen Uebergangsformen von den kleinsten, kaum sichtbaren, bis zu den grössten, an Russel- sche Körperehen erinnernden vorhanden, und bei Saffranin- Liehtgrünfärbung nehmen die einen von ihnen ausschliesslich den rothen, die anderen den grünen Farbenton an, wodurch sie den das Gefässlumen erfüllenden Erythrocyten etwas gleichen. Manche Zellen sind mit diesen bunt gefärbten Körnern so dieht erfüllt, dass ihr Kern kaum hindurehsehimmert (Fig. 10, m) und das Protoplasma gar nicht mehr sichtbar wird. Oft sammeln sich um die so veränderten Glyceogenzellen dichte Schaaren von Leuko- eyten an; einige von den letzteren dringen selbst in den Zellleib Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 109 der degenerirenden Glycogenzellen ein. Es ist von Interesse, dass die oberflächliche, auf die beschriebene ‘Weise veränderte Zellschieht von den tiefer gelegenen, normalen (Fig 10, @z‘) mehrkernigen Glycogenzellen stets durch eine dicke, faserige, intensiv sich mit Saffranin färbende Fibrinschieht abgegrenzt ist (Fig. 10, 7); bedeutende Fibrinmassen haben sich auch zwischen den degenerirenden Glyeogenzellen, deren Zusammenhang ge- wöhnlich dabei stark aufgelockert erscheint, abgeschieden. Oft wird auch in dem das Lumen erfüllenden Blute selbst Fibrin ge- bildet. Was die Ursache dessen ist, dass in den beschriebenen Bluträumen kein endovaseuläres Plasmodium existirt, ob das letztere sich hier gar nicht ausgebildet hat, oder vielleicht erst nachträglich geschwunden ist, das sind alles noch ungelöste Fragen. Ich konnte bisher selbst an den längsten Serien den Zusammenhang dieser Bluträume mit den übrigen leider nicht verfolgen. Jedenfalls muss man der beschriebenen Erscheinung schon wegen ihres so häufigen Auftretens eine gewisse Bedeutung zuschreiben. Die Placenta am Ende der Schwangerschaft. Am Ende der Schwangerschaft erreichen jene regressiven Veränderungen in den Geweben der Placenta, welche schon in den frühesten Stadien begonnen hatten, ihre höchste Entwicke- lung. In der Placenta foetalis fallen sie noch verhältnissmässig weniger in die Augen: wir haben bereits gesehen, dass sich hier die Chorionzotten im Laufe der Zeit immer reichlicher und reich- licher verzweigten, um dem Blute des wachsenden Embryo die Möglichkeit zu geben, in innigere Wechselbeziehungen mit dem mütterlichen Blute zu treten. Am Ende der Tragzeit wird dieses Werk dadurch zu Ende geführt, dass das die sich verästelnden Zotten bekleidende ectodermale Plasmodium fast vollständig schwindet, und nur noch die Kerne an der Oberfläche der Zotten liegen lässt. Alle diese Veränderungen der Eetoplacenta sind übrigens von Duval (l. e.) so exact beschrieben worden, dass ich von der ausführlichen Schilderung derselben gänzlich Abstand nehmen kann. Die tiefere Schieht der Placenta foetalis unterscheidet sich, wie ich bereits oben angegeben habe, in manchen Beziehungen 110 Alexander Maximow: von den übrigen Theilen derselben. Am Ende der Tragzeit sind diese Verschiedenheiten noch ausgeprägter geworden. Auch jetzt besitzen hier die Zotten nur spärliche Aeste und es sind auch an dem zwischen denselben gelegenen, mütterliche Bluträume enthaltenden Plasmodium keine besondere atrophische Verände- rungen zu bemerken, während solche in der Hauptmasse der Eetoplacenta wie gesagt das histologische Bild vollständig ver- ändert haben. Freilich sind auch hier in der Basis der Eeto- placenta die zwischen den Bluträumen gelegenen Plasmodium- massen etwas dünner und die ersten deswegen breiter als früher geworden, und es ragen dabei sehr oft von den Wandungen dieser erweiterten Bluträume verschieden gestaltete, aus kernhaltigen Plasmodiummassen bestehende Auswüchse in das Lumen hinein. Auch hier konnte ich mich nicht von der völligen Lostrennung soleher Auswüchse überzeugen. Am Ende der Schwangerschaft existirt die ectodermale, die Zotten bedeckende celluläre Schicht nicht mehr; sie fehlt selbst an den Enden der Hauptstämme der Zotten, welche dem glycogenen Gewebe eng anliegen und früher von eylindrischem Epithel bedeckt gewesen waren: offenbar sind also alle ihre Zellen zur Bildung der Plasmodiummassen endgültig verwendet worden. Die regressiven Veränderungen der Zwischenschicht und der Plaeenta materna gleichen einander fast vollständig. Hier wie dort zerfällt das glyecogene Gewebe gänzlich; es sind aber doch die morphologischen Verhältnisse etwas verschieden, je nachdem es sich um viel- oder einkernige Glycogenzellen handelt. Wenn die ersteren der Degeneration anheimfallen, so häufen sich in ihnen, anstatt der früheren, spärlichen, eckigen Fettkörnehen grosse, kugelförmige Fetttropfen in grosser Menge an (Fig. 11). Das Glyeogen verschwindet vollständig, während die Masse des Protoplasma an Umfang zunimmt. Der Umfang der ganzen Zelle erscheint aber doch viel kleiner als früher (Fig. 11, @z‘); die Zellmembran verdünnt sich und verliert ihre Deutlichkeit. Auf solche Weise verwandelt sich das frühere durchsichtige Glycogengewebe in ein aus polygonalen, dicht beieinander liegen- den mehrkernigen Zellen bestehendes Gewebe. Das Protoplasma dieser Zellen ist reichlich mit Fett erfüllt, während die Kerne dabei noch sehr lange ein durchaus normales Aussehen bewahren Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 111 (Fig. 11). Die sieh mit Saffranin-Liehtgrün intensiv grün färben- len Massen, welehe, wie oben beschrieben, in der ausgebildeten Placenta zwischen den degenerirenden Zellen des Glyeogengewebes sieh befunden hatten, haben jetzt noch stärker an Ausdehnung und Umfang gewonnen. Sie erscheinen jetzt überall zwischen den degenerirenden Zellen, den Fett- und Detritmassen liegend. Die vom eetodermalen Plasmodium umwachsenen Glycogenzellen- gruppen der Zwischenschicht machen ebenfalls alle die be- schriebenen Veränderungen durch, und liegen jetzt, vollkommen von Glyeogen beraubt, als kleine Gruppen von geschrumpften, dieht mit Fett erfüllten Zellen zwischen den Massen des Plas- modiums, welch’ letztere, nebenbei gesagt, der fettigen Degene- ration nieht unterliegen. Die einkernigen Glyeogenzellen verwandeln sich, das Glycogen verlierend, einfach in kleine geschrumpfte Zellen, welche weiter degeneriren und schliesslich ein feinkörniges, zahlreiche Chromatin- körnehen aber verhältnissmässig wenig Fett enthaltendes Detrit hinterlassen. Da die Zellen des glyeogenen Gewebes bei ihrem Zerfalle stark schrumpfen und die Degenerationsprodukte ausserdem noch resorbirt werden, so verdünnen sich die zwischen den Bluträumen der Placenta materna und der Zwischschieht gelegenen Scheide- wände immer mehr und mehr; dieser Umstand hat seinerseits die starke Erweiterung der Bluträume am Ende der Schwangerschaft zur Folge. Die diese Bluträume bekleidende endovaseuläre Schicht erfährt ebenfalls eine Rückbildung. Ihre Zellen verkleinern sich und werden in atrophische, langausgezogene, platte Gebilde ver- wandelt, welehe auf dem degenerirten Glycogengewebe liegen (Fig. 11, 8). Die Kerne werden ebenfalls in die Länge gezogen und abgeplattet, wobei das Chromatin derselben zusammenfliesst und die Kerne auf solche Weise ein homogenes Aussehen er- halten. Der Degeneration der endovasceulären Schicht Folge leistend, verschwindet auch die Erscheinung der Einwanderung der Leukoeyten. Es kann die Atrophie des endovasenlären Plas- modiums so weit gehen, dass dasselbe an manchen Stellen voll- ständig verschwindet und dann wird das degenerirte Glyeogen- gewebe unmittelbar vom Blute bespült und es scheidet sich in den intereellulären Räumen Fibrin ab. Ebenfalls bilden sich stets wachsende Fibrinmassen auch auf der vom Plasmodium ent- 112 Alexander Maximow: blössten Oberfläche der Gefässwandung. Wahrscheinlich können diese Fibrinmassen, sich allmählich verdiekend, auch eine voll- ständige Obliteration des Gefässlumens bewirken und da sich vielleicht auf solche Weise zahlreiche Bluträume der Placenta materna verschliessen können, so ist es klar, dass dieser Vor- sang, die Zufuhr von frischem mütterlichen Blute zum Foetus behindernd, das Auftreten des Geburtsactes. begünstigen kann. Von der ganzen Masse des glycogenen Gewebes bleibt bis zum Momente der Geburt nur die schon mehrfach erwähnte couche vesieuleuse proteetrice intact erhalten; ihre Gefässe er- leiden ebenfalls gar keine Veränderungen. Die Periplacenta. Dieselbe bildet eine ringförmige Schleimhautfalte, welche die Basis der Placenta materna umringt. Sie entsteht nach Minot in Folge der Hypertrophie von zwei Längsfalten der Mucosa des Uterushornes, welehe neben den zwei zur Bildung des Pla- centarwulstes verwendeten, mesometral gelegenen Falten an den Seiten des Hornes verlaufen. Während der Entwickelung des Eies liegt diesem Abschnitte der Schleimhaut derjenige Bezirk der Keimblasenoberfläche, welcher die Area placentalis und später die Eetoplacenta umgibt und ebenfalls zur Bildung der letzteren nicht aufgebraucht wird, an. In seiner ganzen Dicke besteht dieser auf der Periplacenta gelegene, von Duval zone interombilicoplacentaire genannte Bezirk der Keimblasenwandung, von der Peripherie nach dem Centrum des Eies gezählt, aus folgenden Schichten: 1) aus dem Eetoderm, 2) aus dem parietalen Mittelblatte, welches später stark dureh das Bindegewebe und die Blutgefässe der Allantois verdiekt wird, 3) aus dem visceralen Mittelblatte mit den Dotter- sackgefässen und 4) aus dem Entoderm. Da die aus 3 und 4 bestehende obere Hemisphäre des Dottersackes im Laufe der Zeit in der Riehtung nach der unteren eingestülpt wird, so bleibt auf der Oberfläche der Periplacenta nur das Eetoderm mit der dieken Bindegewebsschicht; die letztere wird aber ebenfalls schon in der Mitte der Schwangerschaft von dem Eetoderm dureh einen sieh zwischen diesen 2 Sehichten bildenden Hohlraum, den coelome aceessoire von Duval, losgetrennt. Auf solehe Weise Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 113 bleibt auf der Oberfläche der Schleimhaut der Periplacenta nur das Eetoderm allein liegen. Die Schleimhaut der Periplacenta erleidet eigentlich ganz dieselben Veränderungen, welche von der Schleimhaut des Pla- centarwulstes durchgemacht werden; nur fangen sie hier etwas später an und gehen auch nicht so weit, wie in dem letzteren. Das Epithel der Oberfläche und der Drüsen degenerirt schon am Anfange der Tragzeit, grosse, unregelmässig geformte, homogene, sich mit Saffranin-Liehtgrün graugrünlich färbende Protoplasma- massen bildend, an derer Peripherie die atrophischen Kerne in dichten Haufen liegen ; ebenso wie in dem Epithel des Placentar- wulstes sammelt sich in den degenerirenden Kernen das Chromatin an der Kernwand an, die sogenannte Kernwandhyperchromatose bildend (Fig. 13, Uep). Das Bindegewebe der periplacentalen Schleimhaut ver- wandelt sich, ebenso wie in der Placenta materna, in einen Com- plex von breiten Blutgefässen, welche von stark ausgebildeten, aus einkernigen Glycogenzellen bestehenden Gefässscheiden um- hüllt werden In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft bilden sich aber an der Oberfläche der Periplacenta, unmittelbar unter dem degenerirenden Epithel, auch mehrkernige Glycogenzellen aus. Die Degenerationserscheinungen beschränken sich in der Periplacenta nicht nur auf das Uterinepithel: sie beziehen sich auch auf die oberflächlichen Schichten des Glycogengewebes. Die ein- und vielkernigen Zellen des letzteren machen die oben für das Glycogengewebe der Placenta materna und der Zwischen- schieht beschriebenen Veränderungen durch und verwandeln sich, das Glycogen verlierend und fettig entartend in ein feinkörniges, eine grosse Anzahl von eckigen, homogenen, graugrünlichen Schollen enthaltendes Detrit. Die Kerne der mehrkernigen Gly- cogenzellen bleiben hier während sehr langer Zeit intact erhalten und liegen zwischen den Detritmassen in kleinen Gruppen an- geordnet. Während also in den mütterliehen Geweben der Peripla- centa ausschliesslich regressive Veränderungen stattfinden, werden in dem der degenerirten Mucosa anliegenden Ectoderm während der zweiten Hälfte der Tragzeit rege Processe von progressivem Charakter beobachtet. Es haben die letzteren in der Literatur nur sehr wenig Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Duval hat Archiv f. mikrosk. Anat, Bd. 51 8 114 Alexander Maximow: sie gesehen, schreibt ihnen aber ausschliesslich degenerativen Charakter zu und erblickt in ihnen einen Ausdruck der dem Eetoderm überhaupt innewohnenden Tendenz plasmodiumartige Massen zu bilden (l. e. I, p. 620, II,p.9). Ulesko-Stroganowa erwähnt sie auch nur, ohne ihr weiteres Schicksal zu besprechen (ke. P.229). Das Ectoderm, welches am Anfange der Schwangerschaft in der Periplacenta eine einzige Schicht von ziemlich kleinen Zellen vorstellte, besteht in der zweiten Hälfte der Schwanger- schaft aus einem mehrschichtigen, eylindrischen Epithel, dessen Zellen zahlreiche Mitosen aufweisen (Fig. 12, Ed). Die auf solche Weise neu entstehenden Zellen geben nun das Material zur Bildung von vielkernigen Riesenzellen, welche oft kolossale Grössen erreichen, aus zahlreichen, zusammengeflossenen Epithelzellen be- stehen und auf der äusseren Oberfläche der Eetodermschicht als verschieden grosse Knospen emporwachsen (Fig. 12, @‘). Das Protoplasma dieser Riesenzellen ist fein granulirt und enthält sehr feine fuchsinophile Granula. Manchmal werden in dem Proto- plasma noch ganz junger Riesenzellen auch zahlreiche feinste Fettgranula beobachtet, welche gewöhnlich zusammen mit den Kernen die Peripherie des Zellleibes einnehmen. Die Kerne der Riesenzellen sind überaus zahlreich , was übrigens nur von dem Umfange der Zelle und von der Zahl der zusammengetretenen Epithelzellen abhängt. Es ist von Interesse, dass diese Kerne, an und für sich gar keine Besonderheiten dar- bietend, an Altmann’schen Präparaten stets roth gefärbt er- scheinen, was durch in ihrem Inneren befindliche grosse Granula bedingt wird. Aus dem Eetoderm hervorsprossend gelangen die be- schriebenen Riesenzellen direkt in das degenerirende, vom Epi- thel entblösste mütterliche Gewebe (Fig. 12, @). Sie dringen in die Tiefe des letzteren ein, zwischen Detritmassen, homogenen Schollen und Gruppen von degenerirten Glycogenzellen gehören- den Kernen hineinwachsend. Dabei kann man oft bemerken, wie noch ganze, oder schon zerfallene, homogene, grüngefärbte Schollen in ihrem Protoplasma eingeschlossen sind (Fig. 12, @). Auch hat es oft den Anschein, als ob die atrophischen Glycogenzellenkerne selbst in ihren Leib aufgenommen werden (Fig. 12 X”). Besonders gern umlagern die Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 115 Riesenzellen die Massen des degenerirten Uterinepithels, auf deren Oberfläche sie dabei oft bedeutende Vertiefungen bewirken. Wir sehen also, dass die Riesenzellen der Periplacenta echte Makrophagen epithelialen Ursprungs vorstellen, und dass ihr Auf- treten nicht als eine einfache atrophische Erscheinung, sondern als das Resultat jener phagocytären Eigenschaft des Eetoderms aufzufassen ist, welche das letztere in die mütterlicehen Gewebe einzuwachsen, die Placenta foetalis zu bilden und ganze Gruppen von mütterlichen Glycogenzellen zu umwachsen und zu resorbiren genöthigt hat. Das Auftreten der epithelialen mehrkernigen Riesenzellen bleibt auch nicht nur auf die Periplacenta beschränkt. Aehn- liches sehen wir auch in dem nicht verdiekten Eetodermbezirke, welcher den mütterlichen Geweben in der Tiefe der die Placenta in zwei Hälften theilenden Längsfurche anliegt, und welcher von Duval Lame intereetoplacentaire, von Minot Subplacenta ge- nannt wird. Der letztere Autor beschreibt an diesem Orte das Auftreten von kleinen Zotten; ich sehe hier aber anstatt der Zotten eigentlich nur in das degenerirte mütterliche Gewebe ein- dringende epitheliale Riesenzellen. Je tiefer die beschriebenen Riesenzellen der Periplacenta in das mütterliche Gewebe eindringen, desto öfter werden unter ihnen verschiedene atrophische Exemplare begegnet. Der ganze Zellleib verkleinert sich, das Protoplasma wird homogen und färbt sich dunkel grün; die Kerne verkleinern sich ebenfalls, ihre Ohromatinkörnchen nähern sich einander und sintern schliesslich alle zu einer homogenen, mit Saffranin sich leuchtend roth fär- benden Masse zusammen, so dass der stark verkleinerte, oft eckige Kern das typische Bild der sogenannten Pyknose vorstellt (15) (Fig. 14). In dem homogenen Protoplasma, welches jetzt keine Altmann’schen Granula, sondern nur zahlreiche Fett- tröpfehen enthält, liegen die pyknotischen Kerne gewöhnlich in Form eines breiten Saumes an der Peripherie des Zellleibes. Sehr oft erleidet das Protoplasma der Riesenzellen noch hydropische Entartung, wobei erst kleine, dann grössere, allmählich zusammen- fliessende helle Vacuolen im Centrum des Zellleibes gebildet werden; auch in diesem Falle befinden sich in den peripherischen Theilen des letzteren zahlreiche pyknotische Kerne und grosse Fettmassen (Fig. 14, rechts). "116 | Alexander Maximow: Ich muss noch bemerken, dass die epithelialen Riesenzellen, aus dem Eetoderm hervorsprossend und zwischen das Ei und die Uteruswand gelangend, sich oft sehr weit von ihrem Entstehungs- orte, immer zwischen den Eihüllen und der Schleimhaut bleibend, entfernen können. Sie gelangen daun in das Gebiet, wo die Uterindrüsen erhalten geblieben sind, und werden in grossen Massen in dem Lumen der letzteren liegend aufgefunden. Hier befinden sie sich zwischen Detritmassen verschieden- artigen Ursprungs und können dabei leicht mit den besonders oft am Ende der Schwangerschaft aus dem Drüsenepithel ent- stehenden mehrkernigen Riesenzellen verwechselt werden. Die Obplacenta. Als Obplacenta bezeichne ich nach Minot den von den zwei antimesometral gelegenen, bei der Schwangerschaft sich ausdehnenden Längsfalten eingenommenen Bezirk der Wandung des Uterushornes. Die Schleimhaut der Obplacenta verdiekt sich nicht bei der Schwangerschaft, da sich in derselben kein glyco- genes Gewebe, welches die Hypertrophie des placentalen und periplacentalen Bezirkes bedingt, bildet. Stellenweise aber ent- wickeln sich in derselben doch kleine Inseln von Glycogen- gewebe, welche auf der Oberfläche der Mucosa, gewöhnlich dicht neben der Periplacenta als kleine, weissliche, wulstförmige An- schwellungen bemerkbar werden. Schon am Anfange der Tragzeit unterliegt das Epithel der Obplacenta der Degeneration, was sich jedoch nur auf das Epithel der Oberfläche und des Einganges der Drüsen bezieht. In den tiefen Drüsenabschnitten bleibt es hingegen intact und wuchert sogar, neues Zellenmaterial liefernd, welches sich über die von dem degenerirenden Epithel entblössten Theile aus- breitet, sodass zur Zeit der Geburt die ganze Schleimhaut der Obplacenta von neuem Epithel bedeckt erscheint. Die bereits von Duval (l. e. I, p. 605) beschriebene De- generation des Epithels besteht darin, dass ebenso wie auf dem Plaeentarwulste alle Epithelzellen in grosse protoplasmatische Massen mit zahlreichen atrophischen Kernen zusammenfliessen. Es erscheinen hier aber ausserdem in diesen Massen Vacuolen in sehr grosser Anzahl: sie sind zuerst sehr klein, später ver- grössern sie sich und fliessen zusammen, grosse, kugelförmige Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 117 Hohlräume bildend, welche schon mit blossem Auge als nadel- kopfgrosse, durchsichtige Bläschen auf der Schleimhaut sichtbar werden. Besonders grosse Vacuolen entwickeln sich gerade der Placenta gegenüber, wo auch die Schleimhautriesenzellen am frühesten erscheinen. Bald zerfallen die degenerirten Epithel- massen, nur kümmerliche Reste hinterlassend.. Am Ende der Schwangerschaft werden im Epithel der Obplacenta wiederum theils degenerative, theils regenerative Erscheinungen, wie z. B. die Bildung von epithelialen Riesenzellen, der Schwund des Epithels an manchen Stellen beobachtet; doch verweise ich hin- sichtlich der dabei sich abspielenden Vorgänge bis zur vollstän- digen Regeneration nach der Geburt auf die sich damit speciell beschäftigende Arbeit von Kiersnowsky (9). Das Ei liegt der inneren Oberfläche der Obplacenta eng an, ist aber mit derselben nicht verwachsen. Zuerst wird hier die Wandung der Keimblase durch das Eetoderm mit dem ihm von innen anliegenden Entoderm gebildet; später atrophiren aber diese zwei Blätter, spärliche Detritmassen hinterlassend und es wird ihr Platz durch die obere Hemisphäre des Dottersackes, welche beim Kaninchen bekanntlich in die degenerirende untere Hemisphäre eingestülpt wird, eingenommen. Auf solche Weise wird nun dem Epithel der Mucosa das Entoderm der oberen, invaginirten Dottersackhälfte aufliegen. Dies Entoderm ist aber auf der inneren, dem Embryo zugekehrten Fläche noch von dem visceralen Mittelblatt mit den Dottersackgefässen bekleidet. Das Entoderm der oberen, sich einstülpenden Dottersackhemisphäre ist in der Mitte der Schwangerschaft, wo der Inhalt des Dotter- sackes noch nicht vollständig geschwunden ist, von hohem, cylindrischem Epithel, dessen Zellen in reger Theilung begriffen sind, gebildet. Das nach dem Lumen des Dottersackes, oder; was dasselbe ist, nach der Mucosa gerichtete Ende der Epithel- zellen ist kolbenförmig erweitert und von einer sehr grossen An- zahl von Dotterkügelchen von sehr verschiedener Grösse erfüllt. Es präsentiren sich die letzteren an Saffranin-Liehtgrünpräparaten als kugelförmige Granula, von denen die einen leuchtend roth, die anderen grün gefärbt sind; manchmal ist ein Granulum in der einen Hälfte grün, in der anderen roth gefärbt. Das basale Ende der Epithelzellen ist gewöhnlich von Fetttröpfehen einge- nommen. 118 Alexander Maximow: Grosses Interesse verdient das Bindegewebe der Schleimhaut in der Obplacenta. Hier entwiekeln sich schon in den ersten Tagen der Tragzeit eigenthümliche Zellen, welche in den späteren Stadien geradezu enorme Dimensionen erreichen. Sie stellen schöne, kolossale Zellen vor, mit einem oder mehreren Kernen, welch’ letztere selbst wohl noch viel grösser sind als eine ganze nicht hypertrophische Bindegewebszelle der Mucosa. Es haben diese Monstercells, wie sie von Minot genannt worden sind, die Aufmerksamkeit zahlreicher Autoren auf sich ge- lenkt. Dessen ungeachtet ist nicht nur ihre Bedeutung, sondern auch ihre Entstehung und Structur fast gar nicht genau unter- sucht worden. Deshalb werde ich sie zum Gegenstande einer ausführlicheren Schilderung machen müssen. Duval (l. e. I p. 605) hat diese Riesenzellen der Oplacenta mei- ner Meinung nach obwohl sehr kurz, doch am besten beschrieben. Er hält sie für hypertrophische, sternförmige Bindegewebszellen der Mu- cosa. Minot (l. ce.) ist einer ganz entgegengesetzten Meinung: er schreibt ihnen epithelialen Ursprung zu und sagt darüber Folgendes: „Noch bevor die Neubildung der Drüsen anfängt, scheiden sich einige Zellen vom Epithel aus und wandern in das darunter liegende Binde- gewebe hinein; in ihrer neuen Lage wachsen diese Zellen bis sie enorme Grösse erreichen“, und dann: „am 14. Tage sind sie zahlreich und haben sich bis zwischen die Muskelfasern vorgedrängt.“ Im Folgenden bemerkt er noch: „Am 15. Tage finde ich sie auch in der Periplacenta nahe der Oberfläche.“ Noch weiter von dem wirklichen Thatbestand steht die sonder- bare Ansicht von Ulesko-Stroganowa; die Verfasserin behauptet, dass (l. ec. p. 230): „wenn man eine ganze Reihe von Präparaten nach verschiedener Bearbeiturg studiert, man sich leicht davon überzeugen kann, dass man nichts anderes, als in besonderer Weise degenerirte Drüsen vor sich hat. Wirklich kann man an Präparaten deutlich sehen, wie die Drüsenzellen anschwellen, homogen werden und mit einander verschmelzen, bis die Grenzen gänzlich verschwinden. Die Kerne bewahren die kreisförmige Anordnung, nähern sich allmählich deın Centrum und werden gewissermaassen in eine besondere Membran eingeschlossen.“ Ich muss gestehen, dass ich mit einer solchen Auf- fassung nichts anzufangen weiss. Wie aus dem Folgenden erhellen wird, ist in meinen Präparaten nichts zu sehen, was die Meinung von der Entstehung der Schleimhautriesenzellen aus degenerirenden Drüsen rechtfertigen könnte. Deshalb werde ich von der Besprechung dieser Ansicht Abstand nehmen und einfach zu der Schilderung der eigenen Befunde übergehen. Wenn man die Riesenzellen in den frühesten Perioden ihrer Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 119 Entwiekelung (am 8. und 9. Tage) untersuchen will, so muss man dazu denjenigen Abschnitt der Obplacenta, welcher der Placenta genau gegenüber liegt, verwenden. Erst später ver- breiten sich die Zellen auch über die anderen Gebiete der sich ausdehnenden Uteruswandung, wo sie sich in Form von isolirt gelegenen Inseln ausbreiten und sich schliesslich selbst an der Grenze der Periplacenta entwickeln. In diesen weit vorge- schrittenen Stadien kann man doch fast immer ausser den grossen, fertigen Zellen noch zahlreiche kleine, eben erst entstehende vor- finden. Ich muss bemerken, dass die Untersuchung der Obplacenta in der Beziehung schwer ist, dass bei dem Zerschneiden derselben zwecks besserer Fixirung in kleinere Stücke die Museularis, sich stark contrahirend, die wirklichen topographischen Verhältnisse der Theile bedeutend verändern kann. Deshalb muss man stets auch in toto fixirte Präparate berücksichtigen ; dabei wird es sich z. B. manchmal herausstellen, dass dort, wo an dem herausge- schnittenen Stücke die Mucosa sehr diek und aus tiefen und engen Drüsen bestehend erscheint, dieselbe an dem in toto fixirten Präparate von ganz unbedeutender Dicke und mit sehr flachen und breiten Drüsen ausgestattet ist. Wenn man diejenigen Schleimhautpartieen, wo die Riesen- zellen sich entwickeln, einer genauen Untersuchung unterwirft, so kann man sofort einsehen, dass der eine Theil der Riesen- zellen nicht einfach im der Mucosa entsteht, sondern in die letztere aus anderen Gebieten, nämlich aus der Tiefe der Mus- eularis erst nachträglich hineinwächst. Der andere, viel zahl- reichere Theil derselben entwickelt sich in loco, in dem Binde- gewebe der Schleimhaut selbst, und zwar entweder in den tieferen Schichten, oder öfter nahe unter dem Epithel der letzteren. In den späteren Schwangerschaftsstadien werden die angeführten zwei Arten von Riesenzellen einander vollkommen gleich und können also nunmehr von einander nicht mehr unterschieden werden; nur liegen die Zellen der ersten Art, ihrer Entstehungs- weise in der Museularis gemäss, immer näher zur letzteren, als die Zellen der zweiten Art. Vorerst werden wir die Schleimhautriesenzellen, welche sich in der Mucosa selbst entwickeln, beschreiben. Die Erscheinung derselben steht in der innigsten Beziehung 120 Alexander Maximow: zu den Blutgefässen, welche hier als breite, zahlreiche, gewun- dene Capillaren das lockere, zellreiche Bindegewebe der Mucosa durchziehen. Die letzteren sind von dem gewöhnlichsten Endo- thel gebildet, an vielen Stellen schmiegen sie sich aber der Ober- fläche von grossen, ein- oder mehrkernigen Zellen, der eben ihre Entwiekelung beginnenden Monstercells, eng an (Fig. 15): Dabei begrenzt das Protoplasma der letzteren sehr oft unmittelbar das Capillarlumen, in anderen Fällen ist es wieder von dem letzteren durch eine dünne, mit einem stark abgeplatteten Kerne versehene Endothelzelle abgetheilt. Manchmal findet man Stellen, wo ganze ?/, einer wachsenden Riesenzelle von einem einzigen breiten Capillargefässe umringt werden, wobei die Blutkörperchen das Protoplasma der Riesenzelle unmittelbar berühren. Wie in jedem Bindegewebe, so sind auch in der Obplacenta die sternförmigen Zellen des lockeren Schleimhautbindegewebes einerseits miteinander, andererseits mit der äusseren Oberfläche der endothelialen Wandungen der Capillaren durch Ausläufer verbunden (Fig. 15 bei m). Die den Capillaren am nächsten liegenden und mit den Wänden derselben verbundenen Binde- sewebszellen bilden das Perithel der Capillare (Fig. 16, pt). Diese peritheliale Zellen sind es eben, welche sich, allmählich hypertrophirend, in die Schleimhautriesenzellen verwandeln. Wir sehen, dass sie, an Umfang zunehmend, dem Endothel der Capil- laren von aussen eng anliegen, während der übrige, die Capillare nicht berührende Theil ihrer Oberfläche, so lange die Riesenzellen noch nicht einen zu grosssen Umfang erreicht haben, durch Aus- läufer mit den benachbarten nicht hypertrophischen Bindegewebs- zellen verbunden ist (Fig. 15, m). Wenn die Riesenzelle sich aber noch stärker vergrössert, dann nähern sich die letzteren ihrer Oberfläche so sehr, dass sie sich derselben, eine platte Form annehmend, schliesslich ganz auflagern (Fig. 15, m’). Wenn ich behaupte, dass die Riesenzellen in ihrer Mehrzahl hypertrophische Perithelzellen der Capillaren vorstellen, so will ich damit die Möglichkeit ihrer Entstehung auch aus dem Endo- thel selbst durchaus nicht in Abrede stellen; diese Erklärung entspricht vollkommen den Fällen, in welchen der Zellleib der Riesenzellen unmittelbar vom Blute bespült wird. Jedenfalls sind aber die Monstercells keine epithelialen Elemente, wie es Minot und Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 121 Ulesko-Stroganowa wollen, sondern hypertrophische Binde- gewebszellen. In der Mucosa sich entwickelnd befinden sich die Riesen- zellen in besonders grosser Anzahl in den oberflächlichsten Schichten derselben, unmittelbar unter dem Epithel, wo sich übrigens auch die Mehrzahl der Capillaren befindet. Es ist von Interesse, dass, besonders gegen die Mitte der Schwangerschaft, sich an manchen Stellen der Obplacenta Epitheldefekte von unbe- deutender Grösse bilden, und dass dann gerade an diesen, vom Epithel entblössten Schleimhautpartieen in den oberflächliehsten Schiehten derselben sich besonders grosse Mengen von Riesen- zellen bilden. Dabei sehen die letzteren aber an solchen Stellen stets klein und missgebildet aus und weisen die verschiedenen, weiter unten beschriebenen atrophischen Erscheinungen in besonders exquisiter Form auf. Ebenso gern entwickeln sich die Riesenzellen in grossen Massen in jenen oben beschriebenen localen Anhäufungen von glycogenem Gewebe, welche an der Peripherie der Periplacenta getroffen werden; auch hier befinden sie sich gewöhnlich unmittelbar unter dem Epithel und erreichen auch hier nur selten bedeutende Grösse. Ich habe bereits bemerkt, dass nur ein Theil der Schleim- hautriesenzellen der Obplacenta in loco, in der Mucosa selbst entsteht. Der andere, freilich viel kleinere Theil dieser Zellen entwickelt sich in der Museularis und gelangt erst nachträglich in die Mucosa. Solehes bezieht sich aber nur auf die innere, eireuläre Schieht der Museularis. Sie ist, abgesehen von den grösseren Gefässen, welche uns hier nicht interessiren, von einer grossen Anzahl breiter Blutcapillaren durchzogen. An der Peri- pherie der letzteren bilden sich nun, entsprechend dem, was wir für die Capillaren der Mucosa beschrieben haben, Zellen, welche durchaus den echten Schleimhautriesenzellen entsprechen (Fig. 17). Ihre Beziehungen zu der Capillarwand sind hier aber nicht so deut- lich wie in der Schleimhaut, was dadurch bewirkt wird, dass das Muskelgewebe, sich im Momente der Fixirung stark contrahirend, erstens die Form der Zellen etwas ändert und zweitens, was das wichtigste ist, das Blut aus den Gefässen hinauspresst; die kein 122 Alexander Maximow: Blut enthaltenden, collabirten Capillaren sind aber sehr schwer zu erkennen. Jedenfalls kann ich auf Grund von sehr zahlreichen Präparaten auch für die Muskelschicht die Behauptung, dass sowohl das Endothel, als auch und zwar hauptsächlich das Perithel der Blutcapillaren die Producenten der Riesenzellen seien, aufrecht erhalten. Die Zellen wachsen, sich allmählich ver- grössernd, zwischen die glatten Muskelfasern, adaptiren sich den Formen der zwischen den letzteren befindlichen Räume, und bleiben dabei noch oft mit ihrem Entstehungsorte, der äusseren Oberfläche der Capillarwandung, durch einen langen Stiel ver- bunden (Fig. 17). Von allen Seiten durch das Muskelgewebe comprimirt, wachsen sie dann in der Richtung‘ des geringsten Widerstandes, solchen gerade in den zwischen den Muskel- schichten gelegenen, mit Bindegewebe erfüllten und mit dem Bindegebe der Schleimhaut communicirenden Räumen findend. Sie wachsen in der Richtung nach der Schleimhaut, senkrecht, in Form von langausgezogenen, kolbenförmigen Figuren aus der Museularis emporsprossend (Fig. 17, Rz). Ihre Kerne sind dabei ebenfalls stark in die Länge gezogen und erscheinen als enge, bandförmige, sich intensiv und fast diffus färbende Gebilde Kig7,.0). Sobald diese Zellen in das lockere Bindegewebe der Schleimhaut gelangt sind, runden sie sich fast sofort ab und können jetzt von den in loco entstandenen Riesenzellen kaum mehr unterschieden werden. Hin und wieder begegnen aber unter diesen aus der Muscu- laris herauswachsenden Riesenzellen solche, welche aus irgend welcher unbekannten Ursache in der Muscularis auf immer zu- rückbleiben und auch ihre weiteren Veränderungen in derselben durchmachen. Bei ihrem Wachsthum schieben sie die Muskel- fasern auseinander und liegen einzeln, ganz isolirt von den übri- gen Riesenzellen. In der Schleimhaut der Obplacenta wachsen die Riesen- zellen weiter fort, sich immer mehr und mehr vergrössernd, ihre innige Verbindung mit den Blutcapillaren aber gewöhnlich be- wahrend. Dort, wo die Schleimhaut dünn ist, können sie schliess- lich den ganzen Raum zwischen den Drüsen und der Museularis einnehmen und liegen sowohl dem Epithel als auch einander eng an. Das lockere Bindegewebe der Mucosa schieben sie aus Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 123 einander und eomprimiren es, sodass es ganz unmerklich wer- den kann. Es ist nicht leicht, die äussere Form der Riesenzellen zu beschreiben, da sie äusserst verschiedenartig gestaltet sind; ausserdem überschreitet der Durchmesser dieser Elemente in ihrem ausgebildeten Zustande zuweilen das Maass von 100u, und es erhellt, dass man die wirkliche Form solcher eolossaler Zellen nur auf Grund von Vergleichung sehr zahlreicher Serien- schnitte zu reconstruiren im Stande ist. Wenn die Riesenzelle inmitten von lockerem Bindegewebe, welches auf sie einen allseitig ziemlich gleichen Druck ausübt, gelegen ist, dann erscheint sie von annähernd kugelförmiger oder elliptischer Gestalt. Aber auch bei solchen Bedingungen kann sie schon stark verlängert und sogar unter verschiedenen Win- keln gebogen erscheinen. Wenn sie sich aber, wie oben be- schrieben, an einem bedeutenden Theile ihrer Oberfläche einer Capillare auflagert, dann entspricht ihre Gestalt im Allgemeinen dem Verlaufe der letzteren; oft wird selbst an der Oberfläche des Zellleibes dureh die anliegende Capillare eine nicht unerheb- liche Vertiefung bewirkt. Je weiter die Riesenzellen wachsen, desto mannigfaltiger wird ihre äussere Gestaltung. In der Minderzahl bleiben sie dabei einfach kugelförmig oder elliptisch; viel öfter erhalten sie in Folge von gegenseitigem Druck die verschiedensten Formen. Die eine Zelle kann der anderen in Form eines Halbmondes anliegen, oder kann die zwischen 2 anderen gelegene in ihrer Mitte eine Verengerung vorstellen; der ganze Zellleib kann end- lich stark in die Länge gezogen sein, sich gleichsam verästeln und in viele miteinander unter verschiedenen Winkeln zusammen- hängende Abschnitte zertheilt werden. Ausser dem eigenen Wachsthum der Riesenzellen und des gegenseitigen Druckes hat auch die oft im Anschluss an die weiter unten beschriebene Amitose ihrer Kerne eintretende Zelltheilung in der Formverän- derung derselben eine bedeutende Rolle zu spielen. Der Theilung des Kernes auf 2 oder 3 Stücke folgt hier oft auch die Theilung des Zellleibes auf mehrere Abschnitte, entsprechend der Zahl der Kerne, und diese neuen Zellen, welehe noch lange mit ein- ander verbunden bleiben können, machen das histologische Bild sehr complieirt. 124 Alexander Maximow: Zu der Schilderung der Struetur der Zellsubstanz und der Kerne der Schleimhautriesenzellen übergehend, muss ich bemer- ken, dass diese Zellen ihrer geradezu colossalen Grösse und mancher anderer interessanter Eigenschaften wegen gewiss spe- eieller eytologischer Untersuchungen würdig sind. Ich besass zu solehen nicht die nöthige Zeit, und werde mich deswegen bei der folgenden Schilderung möglichst kurz fassen. Das Protoplasma der Riesenzellen besitzt von den ersten Stadien ihrer Entwickelung bis zu den letzteren eine sehr deut- lich ausgeprägte Fadenstructur. In den jungen Riesenzellen, wo das den schon sehr stark hypertrophirten Kern umgebende Proto- plasma noch verhältnissmässig spärlich ist, ist dieselbe noch nicht deutlich ausgeprägt. In den ausgebildeten grossen Zellen aber ist sie äusserst deutlich, besonders an Sublimatpräparaten, welche mit der Biondi-Heidenhain’schen Farbmischung oder noch besser mit Bordeaux R und Eisenhämatoxylin nach Heiden- hain (8) gefärbt sind (Fig. 19). Der ganze Zellleib besteht aus einem System von einander gewöhnlich parallel angeordneten Fäden, welche in den verschiedenen Stellen im verschiedenen Richtungen verlaufen. Sie sind untereinander durch feine Ver- zweigungen verbunden. Im Allgemeinen lassen sich im Proto- plasma 2 Zonen unterscheiden, eine äussere (Fig. 19a) und eine innere (Fig. 19b); die erstere erscheint in mittelgrossen Zellen in der Form eines ziemlich breiten, peripherischen Saumes. Da hier unter den Fäden keine besondere Richtung vorherrscht und sie alle miteinander durch gleich dicke Verzweigungen zu einem retieulären Gerüstwerke verbunden sind, so besitzt hier die Zellsubstanz einen mehr retieulären, netzartigen Bau. In der inneren Zone aber, in welcher der Kern gewöhnlich excen- trisch liegt, sind mehr isolirte, oft parallel angeordnete Fi- brillen zu sehen, welehe unteremander durch feinere Verzwei- gungen verbunden sind und in verschiedenen Richtungen dahin- ziehen. Bald sind die Fila in umfangreiche Bündel vereinigt und weichen an den Enden derselben wieder fächerartig auseinander, bald sind sie concentrisch um den Kern herum angeordnet. Jedenfalls lockert sich das Fadengerüst an der Peripherie der Innenzone auf und seine Fäden verbinden sich hier mit den Fäden der äusseren Protoplasmaschicht. Auf der Kernoberfläche Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 125 heften sich die Fäden des Protoplasmas an die Kernmembran an. Wenn die Riesenzelle fortfährt sich zu vergrössern, so bleibt dabei die innere Zone in ihrer Struetur unverändert, während die peripherische reticeuläre Zone des Zellleibes immer dünner und dünner, zugleich aber auch dichter wird. Schliesslich wird sie dann auf der Oberfläche des Zellleibes eine Schicht stark verdichteten Protoplasmas bilden, welche eine dieke Zellmembran vortäuschen kann. In grossen Riesenzellen sendet diese verdich- tete peripherische Schicht oft dicke, kurze Scheidewände in den Zellleib hinein, welche sich auf Schnitten als dieke, mit der Zellenoberfläche verbundene Stränge präsentiren. An Altmann’schen Präparaten sind in dem Zellleibe fuchsinophile Granula in ziemlich spärlicher Anzahl zu sehen. Die intergranuläre, mit Fuchsin sich nicht färbende Substanz erscheint als eine graugelbliche, an vielen Stellen deutlich fase- rige Masse, welche oft feine, durchsichtige Vacuolen enthält. Die fuchsinophilen Granula sind äusserst klein und sind in dem Zellleibe in der Form von feinsten rothen Fäden angeordnet, welche aus kettenförmig aneinandergereihten Granulis bestehen, und in bedeutender Entfernung von einander zwischen den Massen der intergranulären Substanz, spiralförmige Windungen beschrei- bend, verlaufen. Sie schen daher in den Schnitten, wo sie stets in Theile zerschnitten werden, zahllosen, feinen, rothgefärbten, den Zell- leib erfüllenden Vibrionen sehr ähnlich aus. Doch giebt es in vielen Zellen, besonders in der Nähe des Kernes, eine Stelle, wo die Granula dichter angehäuft sind und dabei keine fadenförmige Anordnung besitzen, sondern isolirte, kugelförmige, etwas ver- grösserte Granula vorstellen. Ausser den echten Altmann- schen Granulis befinden sich in dem Protoplasma mancher Zellen noch sehr grosse, sich mit Fuchsin tiefroth, mit Saffranin-Licht- grün nach Hermann ’scher Fixirung grün färbende, kugelförmige Granula. Fast in allen Riesenzellen, selbst in den jüngsten, giebt es auch feine Fetttröpfehen in grosser Anzahl. Sie liegen gewöhn- lieh zusammen mit den eben erwähnten grossen, stark sich fär- benden Körnern, in der Peripherie des Zellleibes (Fig 15, Rz). Bemerkenswerth sind die Beziehungen der Fetttröpfehen zu den Altmann’schen fuchsinophilen Granulis: die Peripherie der ersteren ist stets von einem sehr dünnen, aber deutlichen, rothen 126 Alexander Maximow: Reife umringt, welcher besonders deutlich an Fetttröpfehen, welehe durch die Wirkung des Xylols etwas erblasst sind, her- vortritt. Der rothe Reif besteht aus eng aneinander geketteten fuchsinophilen Granulis; wenn also in unseren Riesenzellen die Altmann’schen Granula zur Fettbildung überhaupt irgend welche Beziehung haben, so entsteht hier vermuthlich jeder Fett- tropfen nicht aus einem einzigen fuchsinophilen Granulum, wie solches oft behauptet wird, sondern aus einer ganzen Menge solcher. Jede Riesenzelle besitzt einen oder mehrere grosse Kerne. Dieselben haben in ihrem gewöhnlichen Zustande eine kugel- förmige Gestalt und besitzen eine scharf eontourirte- Kernmembran, an welche sich einerseits die Protoplasmafäden, andererseits die Stränge des Liningerüstes des Kernes anheften. Da die Kerne sehr gross sind, so werden sie stets auf mehrere Schnitte zerlegt, und die hinsichtlich der Struetur der Kerne instructivsten Bilder erhielt ich gewöhnlich an den mit dem Biondi-Heidenhain- schen Gemisch gefärbten Sublimatpräparaten. Der Oberfläche der rosafarbenen Balken des Liningerüstes lagern sich in Form von kleinen und ziemlich spärlichen Haufen die grün gefärbten Chromatinpartikelehen auf; da das Liningerüst sehr weitmaschig ist, so wird der grösste Theil des Kernes von dem hellen, durch- siehtigen Kernsafte eingenommen. Ausserdem befinden sieh in den Kernen der Riesenzellen stets, manchmal in bedeutender An- zahl, grosse Nucleolen, welche die mannigfaltigsten Formen be- sitzen können: bald sind sie rundlich, bald stäbchenförmig, bald endlich bisquitförmig oder geknickt; oft liegen sie von innen der Kernmembran unmittelbar an. Sie färben sich röthlich an Sub- limatpräparaten mit der Biondi-Heidenhain schen Lösung, an Hermann’schen Präparaten aber mit Saffranin-Liehtgrün in den meisten Fällen grün (Fig. 16 u. 13). Da wir schon gesehen haben, dass sich die Riesenzellen aus den Endothel- und Perithelzellen der Bluteapillaren, welche gewöhnlich einkernig sind, entwickeln, so erscheint die Frage, auf welche Weise zwei- oder selbst dreikernige Riesenzellen ent- stehen können? Mitosen kommen in den letzteren niemals zur Beobachtung. Desto häufiger werden hier aber Erscheinungen der amitotischen Kerntheilung begegnet. Es erscheint oft an der Oberfläche eines grossen, kugelförmigen Kernes eine erst DD —ı Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 1 einseitig gelegene, später sich ringförmig um den ganzen Kern herum ausbreitende Furche, welche, sich immer mehr und mehr vertiefend, den Kern schliesslich in zwei Hälften theilt (Fig. 16). Dabei ist es nicht möglich, in der Structur des Kernes selbst irgend welehe Veränderungen zu bemerken. Auf solche Weise kann man die beschriebene Form der Kerntheilung nach Arnold (1) als direkte Fragmentirung, als eine Abschnürung des Kernes in 2 Kernabsehnitte, welehe nieht durch regelmässige Theilungs- flächen sich abgrenzen, bezeichnen. Wenn die eine Kernhälfte sich von der anderen schon vollständig abgeschnürt hat, kann noch an der früheren Verbindungsstelle auf der Oberfläche des einen Tochterkernes eine konische Erhöhung bleiben. Unmittel- bar nach der Zerschnürung liegen die 2 neuen Kerne sehr nahe aneinander. Später weichen sie weiter auseinander und dann kann sich der beschriebene Process der Amitose wiederholen. In vielen Fällen bleibt der Theilungsvorgang nicht nur auf die Kerne beschränkt; es kann der Kerntheilung auch die Zell- theilung folgen. An der Peripherie des Zellleibes erscheint eine in der Ebene der ringförmigen, den Kern zerschnürenden Furche gelegene, ebenfalls ringförmige, allen Anscheine nach aus ver- diehteter Zellsubstanz bestehende Scheidewand. Der Kernzer- schnürung Folge leistend, dringt sie tief in den Zellleib bis zur eingeschnürten Stelle der Kernoberfläche ein (Fig. 16) und bildet nach Vollendung der Amitose eine vollständige Grenze zwischen den 2 neuen Zellen. Die letzteren können sich später, dieser Scheidewand entsprechend, von einander vollständig lostrennen (Fig. 16), oft bleiben sie jedoch mit einander verbunden (Fig. 19), und wenn in einem solche Falle die Zelltheilung fortfährt, so erhält man eine lange Reihe von eng aneinander geketteten Riesenzellen. Obwohl nun der beschriebene Vorgang der Amitose der Entstehung neuer Zellen Anlass giebt, trägt er doch viele Zei- chen eines degenerirten Charakters und rechtfertigt, wie es mir scheint, vollkommen die Ansicht von Flemming, welcher die Amitose zwar für einen physiologischen Process hält, sie aber doch als einen Theilungsvorgang betrachtet, der seine generative Wirksamkeit bei den Wirbelthieren eingebüsst hat und nicht keimfähiges Zellmaterial liefert (7, p. 295). In der That werden unter den Riesenzellen der Obplacenta 198 Alexander Maxımow: oft schon in sehr frühen Stadien der Schwangerschaft Zellformen mit unzweifelhaft degenerativen Veränderungen angetroffen. Als Ausdruck der letzteren betrachte ich den in vielen Riesenzellen oft zu beobachtenden Process der direkten Kernfragmentirung, aber einer Fragmentirung, welche nicht, wie in den oben be- schriebenen Fällen die Entstehung neuer Kerne und sogar Zellen zur Folge hat, sondern lediglich eine allmählich fortschreitende Degeneration und Zerstörung des Kernes bedeutet. An der Kernoberfläche erscheint hier eine ringförmige Furche, welche den Kern nieht in 2 gleiche Hälften theilt, sondern nur das Auf- treten eines oder auch mehrerer, kleiner, bläschenförmiger Aus- wüchse an der Oberfläche desselben bewirkt (Fig. 18). Diese Aus- wüchse können sich vollständig von der Hauptmasse des Kernes abschnüren und liegen dann frei im Protoplasma. Dabei enthalten sie in einigen Fällen keine Nucleolen und stellen dann einfach kleine Bläschen mit sehr spärlichem Chromatingehalte oder auch ganz ohne solehen vor. Von dem Kerne sich abtheilend, lagern sie sich in einem kranzförmigen Haufen an der Zellenperipherie zusammen mit dem Reste des Kernes. In anderen Fällen stellen die sich abschnürenden Kerntheile Gebilde von grossem Umfange, von regelmässiger kugeliger Form, echte kleine Kerne vor, von denen ein jeder mit einem runden Nucleolus in seinem Centrum versehen ist (Fig. 18). An den Nucleolen des grossen Kernes sind dabei oft Theilungsvorgänge in Form von Verlängerung mit nachfolgender Zerschnürung des Nucleolus in zwei Theile zu beobachten. Solche kleine Kerne können in einigen Zellen in sehr grosser Anzahl gebildet werden, und es vergrössern sich die letzteren in solehen Fällen nicht mehr, sondern erleiden bald allerlei atrophische Veränderungen; ebenso ver- liert auch das Chromatin der Hauptmasse des Kernes und der kleinen Kerne dabei sehr bald die Fähigkeit, sich zu färben. Es erhellt also, dass der beschriebene Vorgang der Amitose und der Kernfragmentation unzweifelhaft einen degenerativen Charakter besitzt. In vielen Fällen äussert sich endlich der Vorgang der Eli- mination von Kernbestandtheilen in den Zellleib nicht in der direkten Fragmentirung des Kernes, sondern in einer eigenthüm- lichen Erscheinung — in dem Austreten der Nucleolen der Rie- senzellenkerne in das Protoplasma. Wegen der colossalen Grösse Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 129 der Zellen ist diese Erscheinung hier sehr leicht zu beobachten, und besonders geeignet sind dazu Sublimatpräparate mit Hei- denhain’s Centrosomenfärbung: hier bleiben tiefschwarz nur die Nucleolen gefärbt; alles andere hat einen rosafarbenen Ton von verschiedenen Nüancen angenommen. An solchen Präparaten bemerkt man nun oft, wie sich an der Oberfläche des Kernes eine konische Ausstülpung der Kernmembran entwickelt (Fig. 19); dabei kann man sich überzeugen, dass diese Ausstülpung durch einen der Kernmembran an dieser Stelle von innen anliegenden Nucleolus bedingt wird. Der letztere stülpt die sich ausdehnende und eine trichterförmige Erhebung bildende Membran immer mehr und mehr aus, durchbrieht dieselbe schliesslich und er- scheint dann frei im Protoplasma der Riesenzelle als eine tief- schwarze, allmählich zerfallende Scholle liegend. Da sieh in der letzten Zeit in stets wachsender Anzahl Beobachtungen anhäufen, welche beweisen, dass die Attraktions- sphäre mit ihren Centralkörpern ein permanentes Organ der Zelle vorstellt, habe ich den Versuch gemacht, in den Riesenzellen der Obplacenta, welche mir zuerst wegen ihrer excessiven Grösse dazu günstig zu sein schienen, nach Centralkörpern zu suchen. Diese Frage habe ich freilich nur im Vorübergehen berühren können. An mit Osmiumgemischen fixirten und mit Saffranin- Liehtgrün nach Benda oder mit dem Rawitz’schen adjec- tiven Verfahren gefärbten Präparaten habe ich in dieser Hinsicht nichts erzielen können. Als besser dazu geeignet haben sich Sublimatpräparate herausgestellt. Schon bei der dreifachen Färbung nach Biondi-Heiden- hain konnte man hin und wieder an der einen Seite des Kernes in dem Protoplasma einen verdichteten Bezirk des letzteren mit einem helleren, wiederum ein dunkleres Körperchen enthaltenden Felde in der Mitte beobachten. Doch konnte an solchen Präpa- raten kein endgültiges Urtheil über das fragliche Gebilde gefällt werden. Viel mehr leistet in dieser Hinsicht die Heidenhain- sche Centrosomenfärbung, welche auch in der Gegenwart zur Darstellung der Centralkörperehen allgemein benutzt wird. Mit- telst dieses vorzüglichen Verfahrens konnte ich in zahlreichen Fällen in der Nähe des Kernes und gewöhnlich, wenn der letz- tere excentrisch gelegen hatte, an der der grösseren Protoplasma- masse entsprechenden Seite desselben, das Vorhandensein eines Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 9 130 Alexander: Maximow: Gebildes constatiren, welches allem Anscheine nach für die Attracetionssphäre mit den Centralkörpern gehalten werden musste. Es stellte einfach einen leicht verdichteten Bezirk des Zellleibes vor und besass im Inneren wieder ein helleres Feld. In dem letzteren befanden sich nun zwei selır kleine, kugelförmige, tiefschwarze Körperchen, das eine gewöhnlich grösser als das andere. Unmittelbar neben dem einen oder dem anderen sah man oft ein drittes, noch kleineres Körperchen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das eben die Centralkörper sind; doch muss man bedenken, dass bei der Centrosomenfärbung von Heiden- hain ausser den Centralkörpern auch die Nucleolen tiefschwarz gefärbt bleiben; wir haben aber gesehen, dass, in sehr vielen Riesenzellen die letzteren aus dem Kerne heraustreten und nach- her im Protoplasma dem Zerfalle unterliegen. Es ist klar, dass in den Zellen, in welchen solches geschieht, man niemals über- zeugt sein kann, dass das gegebene, obwohl auch typische Ge- bilde in Wirklichkeit eine Centralkörpergruppe sei. Ausserdem wurden die beschriebenen schwarzen Körperchen von mir nicht in allen Zellen beobachtet, und speciell konnte ich sie nicht in den zwei-, drei- oder mehrkernigen Zellen mit Sicherheit wieder- finden. Dass in einer Zelle, welche auf 20 oder mehr Schnitte zer- legt wird, die Centralkörper nicht leicht aufzufinden sind, das ist wohl von selber verständlich‘). Demnach verlangen diese Verhältnisse besondere specielle Untersuchungen. In dem weiteren Verlaufe der Schwangerschaft fahren die Riesenzellen der Obplacenta fort, sich zu vergrössern. Nachdem sie am 22.—23. Tage endlich ihre volle Entwicklung erreicht haben, fangen sie nunmehr alle an, regressive Veränderungen durehzumachen, welche in den 2—3 letzten Schwangerschafts- tagen zu der völligen Zerstörung derselben führen. Es sammelt sich zwischen den Fäden der Zellsubstanz, zu- erst nur in den peripherischen Schichten des Zellleibes, Flüssig- 1) Ich muss bemerken, dass ich neben den Obplacentaschnitten auf demselben Objectglase stets auch Knochenmarksschnitte vom Ka- ninchen als Controllpräparate aufklebte. Sie zeigten sämmtlich ge- lungene Centralkörperfärbung, sowohl in den Riesenzellen, als auch in den Leukocyten. Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 131 keit an, welche diese Fäden auseinanderschiebt und das Proto- plasma auflockert (Fig. 20, m). Diese Ansammlung von Flüssig- keit zwischen den Fäden der Zellsubstanz schreitet von der Peripherie der Zelle nach dem Inneren derselben weiter, und auf solche Weise verkleinert sich der Zellleib allmählich, sich mit einem immer breiter werdenden hellen Felde umgebend (Fig. 20 m’). Die Kerne der degenerirenden Riesenzellen verändern sich ebenfalls. Ihre Oberfläche bedeckt sich mit einer ganzen Reihe von unregelmässigen Vertiefungen und wird rauh und zackig (Fig. 20, X); der Kern schrumpft zusammen, verkleinert sich stark und kann schliesslich ein sichelförmiges Aussehen erhalten. Es üben die auf die beschriebene Weise zerfallenden Riesen- zellen vermuthlich einen Reiz auf die benachbarten Gewebe aus: aus den Gefässen emigriren Leukoeyten, welche dann in die an der Peripherie der zerfallenden Zellen sich bildenden freien, von Flüssigkeit erfüllten Räume eindringen. Ausser den Leukoeyten kommen aber, sogar in noch viel grösseren Mengen, andere Ele- mente, bindegewebige Wanderzellen, heran; die einen von den- selben sind einkernig (Fig. 20, x), andere besitzen hingegen meh- rere grosse Kerne und haben das Aussehen von Riesenzellen (Fig. 20,&%). Alle diese Zellen dringen tief in den Leib der atrophischen Schleimhautriesenzellen ein und liegen dabei oft der Oberfläche der Bruchstücke des Zellleibes der letzteren eng an. Diese Bruchstücke sind jetzt fast unkenntlich geworden: sie liegen als unregelmässige, eckige, an den Rändern zerfaserte Protoplasmaklumpen inmitten von grossen, mit Flüssigkeit er- füllten Räumen und enthalten sehr stark verkleinerte, undeutlich eonturirte und sich nicht färbende Kernreste (Fig. 20, Rz’). Die eingewanderten Bindegewebszellen bilden oft an der Oberfläche dieser Bruchstücke bedeutende Vertiefungen, in welchen sie selbst liegen (Fig. 2), &°) und zerstören allmählich die noch übrig ge- bliebenen spärlichen Reste der Riesenzellen. So sehen wir, dass am Ende der Schwangerschaft die merkwürdigen Schleimhautriesenzellen der Obplacenta, welche sich in den frühen Schwangerschaftsstadien in so grossen Mengen entwickelten und so colossale Grösse erreicht haben, am Ende der Tragzeit wieder der Degeneration und der Resorption an- heimfallen, ohne dass es gelingen könnte, irgendwelche That- 132 Alexander Maximoxw: sachen aufzufinden, welche ihre Bedeutung und Funktion auf- klären würden. Zum Schlusse sei es mir noch gestattet, meinem hochver- ehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. Dr. K.N. v. Winogradow, für seine liebenswürdige und fördernde Unterstützung, die er mir stets bei meinen Studien zu Theil werden liess, den wärmsten Dank auszusprechen. Auch bin ich dem Herrn Privatdocenten Dr. Demetrius Popoff für das lebhafte Interesse, welches er meiner Arbeit entgegenbrachte, zu ganz besonderem Danke verpflichtet. St. Petersburg, Mai 189. Literatur. 1. J. Arnold, Beobachtungen über Kerne und Kerntheilungen in den Zellen des Knochenmarkes. Virchow's Archiv, Bd. 9. 2. Benda, Neue Mittheilungen über die Entwickelung der Genital- drüsen ete. Verhandlungen d. Berliner phys. Gesellsch. Refer. Arch. f. Anat. u. Phys., phys. Abth., 1891, p. 549. 3. Böhm und Oppel, Taschenbuch d. mikrosk. Technik. 1896. 4. Duval, Mathias, Le Placenta des rongeurs. Journal de l’ana- tomie et de la physiologie norm. et pathol. I, Bd. 25, 1889; II, Bd. 26, 1890. 5. Derselbe, De la couche plasmodiale endovaseulaire du placenta maternel. Comptes rend. hebd. d. 1. soc. d. biologie, Ser. 9, T. 2. 6. Fleischmann, Die Morphologie der Placenta bei Nagern und Raubthieren. Embryologische Untersuchungen, Heft III. 7. W. Flemming, Ueber Theilung und Kernformen bei den Leuko- cyten und üb. deren Attraktionssphären. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 37. 8. M. Heidenhain, Neue Untersuchungen über die Centralkörper ete. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 43. 9. Kiersnowsky, Zur Regeneration des Uterusepithels nach der Geburt. Anatomische Hefte, Bd. 4, 1894. 10. Masius, De la genese du placenta chez le lapin. Archives de biologie, T. IX, 1889. 11. Masquelin et Svaen, Premieres phases du developpement du placenta maternel chez le lapin. Archives d. biologie, T. I, 1880. 12. C. S. Minot, Die Placenta des Kaninchens. Biologisches Central- blatt, Bd. 10, 1890 —1891. Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 133 13. G. Paladino, Contribuzione alla conoscenza dell’ amitosi n6&e Mammiferi. Rendiconti della R. Acad. d. Sc. Fisiche et Mate mat. di Napoli, Fasc. 8-12, Agost—Dec. %. 14. Schmaus und Albrecht, Ueber Karyorhexis. Virchow ’'s Archiv, Bd. 138. Suppl. 15. Dieselben, Artikel „Nekrose und Nekrobiose“ in d. Ergebnissen d. allg. Pathol. u. path. Anat. v. Lubarsch u. Ostertag. 2 Ab- theil. 1895, p. 136. 16. Ulesko-Stroganowa, Beiträge zur Lehre vom mikroskopischen Bau der Placenta. Monatsschrift f. Geburtshülfe und Gynäkologie, Ba. III, 1896. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VI u. VII. Sämmtliche Figuren (ausser Nr. 4) wurden unter Benutzung des Zeiss’schen Apochromaten 3 mm, Apert 1,30 entworfen. Tubuslänge 160 mm. Ocularnummer für die meisten Zeichnungen Nr. 12, für die Figg. 11, 12, 13, 15, 17 und 20 Nr. 6. Fig. 4 wurde mit dem Trocken- system DD und Ocul. Nr. 4 verfertigt. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen: Bk= Erythroeyten des mütterlichen Blutes; cd = die celluläre Schicht des Zottenüberzuges; X = Endothel; Ed —= Eetoderm; Gz = ein kernige Glycogenzellen; @2’ = vielkernige Glycogenzellen; L = das Lumen des mütterlichen Blutraumes; Zikc = Polymorphkernige Leuko- eyten des mütterlichen Blutes; pb = ectodermales Plasmodium; Az = Schleimhautriesenzellen der Obplacenta; S— Zellen des endovasculären Plasmodiums der Placenta materna. Tafel VI. Fig. 1. Schwangerschaft von 9 Tagen, Hermann’s Lösung, Saffranin- Lichtgrün. Das wuchernde Ectoderm (Zd) liegt der Oberfläche des Placentarwulstes eng an. Das Epithel der Schleimhaut (Uep) degenerirt und wird resorbirt, sodass das darunterliegende, aus einkernigen Glycogenzellen (Gz) bestehende Blutgefäss- entblösst wird und mit dem Eetoderm bei & in engste Be- rührung tritt. E=spärliche Endothelreste. Fig. 2. Schwangerschaft von 101/, Tagen Dieselbe Fixirung u. Färbung. Die vielkernigen Glycogenzellen (Gz‘) der Gefässwände werden von dem ectodermalen Plasmodium (pb) umwachsen. Der letztere enthält Fetttröpfehen. In den Glycogenzellen ver- schieden gefärbte Granula und Fetttröpfehen. Bei x befinden sich die Granula in der Masse des Plasmodiums. Fig. 8. Alexander Maximow: Dasselbe Präparat. Vielkernige Glycogenzelle, mit Kernen im Zustande der direkten Fragmentirung. Diese und die folgenden Figuren bis 10 incl. Schwangerschaft von 15 Tagen. Die Zwischenschicht der Placenta. Podwyssotzky’s Lö- sung, Saffranin, Lichtgrün. Das gabelförmig getheilte Ende der Zotte (Z) schmiegt sich an die isolirte Gruppe der mehrkernigen Glycogenzellen (Gz') eng an. Ebk = Foetale Erythrocyten; m = einzelne, in- mitten der Plasmodiummassen gelegene Glycogenzellen, zer- fallend und fettig degenerirend; y= vollständig atrophirende Glyeogenzellen; r—= grün gefärbte Massen zwischen den de- generirenden Glycogenzellen; @&=Gruppen von eng aneinander gedrängten Kernen des Plasmodiums. Die Zwischenschicht der Placenta. Fixirung und Färbung wie vorher. Die Grenze zwischen den Zellen des endovasculären Plas- modiums (8) und dem ectodermalen Plasmodium der Eeto- placenta (pb). BkX’=in dem Protoplasma der endovasceulären Zellen (S) zerfallende mütterliche Erythrocyten; daneben ein- gewanderte Leukocyten (Zkc); V=Vacuole mit zerfallenden Leukoeyten. Die beiden Kerne der grossen Zelle ($) befinden sich im Zustande der Fragmentirung. Dasselbe. Bearbeitung wie vorher. Die Bezeichnungen sind dieselben; n = rothgefärbte Gra- nula in den einkernigen Glycogenzellen. Placenta materna. Bearbeitung nach Altmann. Die Wand eines Blutraumes der Placenta materna mit dem endovasculären Plasmodium (8). Lke= eben erst eingewan- derte, noch normale Leukoeyten; Lke’ = zerfallende Leuko- eyten; v= Vacuolen in den Plasmodiumzellen, welche zer fallende Leukoeyten enthalten; e=in das glycogene Gewebe hindurchgewanderte Leukocyten; bei y umwächst das endo- vasculäre Plasmodium eine kleine Gruppe von mehrkernigen Glycogenzellen. Dasselbe. Hermann’s Lösung, Saffranin-Lichtgrün. a=Kerne der Plasmodiumzellen im Zustande der Frag- mentirung; Lkc'’ — vollständig zerfallene Leukocyten; ®, v, © = drei aufeinander folgende Stadien der Veränderung von Vaecuolen, welche zahlreiche, dicht aneinander gelagerte, de- generirende Leukocyten enthalten; der Vacuole v liegt der sichelförmige Kern der Plasmodiumzelle an; rn = die dünneren, m die diekeren, zwischen den Zellen in der Form von un- vollkommenen Membranen gelegenen, zu einem Reticulum vereinigten Ausläufer der Glycogenzellen. Bei G@z sieht man Zur Kenntniss des feineren Baues der Kaninchenplacenta. 135 Fig. 9. Fig. 10. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. in den letzteren einen den Kern umgebenden, grauvioletten Protoplasmahof. Placenta materna. Bearbeitung dieselbe. S— Zelle des endovasculären Plasmodiums, in welcher eine fettig degenerirende vielkernige Glycogenzelle (Gz‘) sich be- findet (von den Kernen der letzteren ist nur der eine von dem Schnitte ganz getroffen worden). Der Kern der grossen Zelle besitzt eine stark abgeplattete, auf dem Schnitte sichel- förmige Gestalt. Tafel VII. Placenta materna. Podwyssotzky’s Lösung. Saffranin- Lichtgrün. Die Wandung eines Blutraumes der Plac. mat., welche kein endovasculäres Plasmodium besitzt. G@z’= unveränderte Gly- cogenzellen; n und m = die das Lumen begrenzenden, ver- änderten Glycogenzellen. In m sind die rothen und grünen Granula in besonders grosser Anzahl vorhanden. T= die dunkelrothgefärbte, die veränderten von den unveränderten Glycogenzellen abgrenzende Fibrinschicht. . Placenta materna. Ende der Tragzeit. Bearbeitung wie vorher. Die stark verdünnte Scheidewand zwischen 2 benachbarten Bluträumen (Z, L); 8’ = stark atrophisches endovaseuläres Plasmodium; ‚S’ ist dasselbe weniger atrophisch und hier sieht man noch Anhäufungen von Leucocyten (Lke); Gz' = fettig degenerirte, kein Glycogen mehr besitzende, mehrkernige Gly- cogenzellen. Senkrechter Schnitt durch die Periplacenta in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Bearbeitung wie vorher. @G’= die aus dem wuchernden Ectoderm (Ed) in der Form von Knospen herauswachsenden mehrkernigen Riesenzellen; G=fertige, in das degenerirende mütterliche Gewebe hinein- wachsende Riesenzellen : @2/ = degenerirende mehrkernige Gly- cogenzellen; bei m haben dieselben ihr Glycogen vollkommen eingebüsst und zerfallen, grünliche homogene Schollen (d) und feinkörniges Detrit hinterlassend; k= Gruppe von frei gewordenen Glycogenzellenkernen; bei k’ werden sie von dem Protoplasma der foetalen Riesenzelle (G) umwachsen; a = ho- mogene grüne Scholle im Protoplasma der Riesenzelle; & = degenerirte Riesenzellen. Dasselbe, tiefer in der Schleimhaut gelegene Partie. Her- mann’s Flüssigkeit, Saffranin-Lichtgrün. Uep = degenerirtes Uterinepithel: & = degenerirte foetale Riesenzelle; d—= Detritmassen verschiedenen Ursprungs. Dasselbe. Bearbeitung wie vorher. Zwei degenerirende epitheliale foetale Riesenzellen. 136 Alexander Maximow: Zur Kenntniss der feineren Baues ete. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Obplacenta, senkrechter Schnitt. Erste Hälfte der Schwanger- schaft. Hermann'’'s Lösung, Saffranin-Lichtgrün. Rz = Schleimhautriesenzellen, welche sich aus dem Perithel und Endothel der Capillaren entwickeln; C=Capillare mit Blut; m = nicht hypertrophirende, sternförmige Bindegewebs- zellen; bei m’ lagern sich dieselben schon der Oberfläche der Riesenzelle auf. Dasselbe. Bearbeitung wie vorher. Rz = Schleimhautriesenzelle, deren Kern und Zellleib sich amitotisch theilen; C=Capillare mit Blut; pt = nicht hyper- trophirende Perithelzelle. Dasselbe. Schwangerschaft von 9 Tagen. Podwyssotzky'’s Lösung, Saffranin-Lichtgrün. Die Entstehung der Schleimhautriesenzellen der Obplacenta in der Muscularis; C= Capillare; M= etwas schief durch- schnittene glatte Muskelfasern; Muc = die Oberfläche der Muscularis, welcher die Schleimhaut aufliegt; n und y= stark zusammengedrückte und in die Länge gezogene, sich eben erst entwickelnde Riesenzellen; ARz= aus der Musecularis her- auswachsende, schon ausgebildete Riesenzellen; © = die Kerne der letzteren. Dasselbe. Mitte der Schwangerschaft. Hermann’s Flüssig- keit, Saffranin-Lichtgrün. Schleimhautriesenzelle mit fragmentirendem Kerne. Dasselbe. Mitte der Schwangerschaft. Sublimat, Centrosomen- färbung nach M. Heidenhain (Bordeaux R—Eisenhämato- xylin). 2 eng miteinander verbundene Schleimhautriesenzellen; a— die äussere, d=die innere Zone des Zellleibes; k = Riesen- zellenkern; N = Nucleolen; y= Austreten eines Nucleolus aus dem Kerne. Dasselbe. Ende der Tragzeit. Hermann'’s Lösung. Saffranin- Lichtgrün. Rz = atrophische Schleimhautriesenzelle; X = geschrumpfter Kern mit zackiger Oberfläche; n = die peripherische, membran- artige Protoplasmaschicht, welche bei der Atrophie der Riesen- zelle sich nicht verändert; m = heller, mit Flüssigkeit erfüllter, den degenerirenden Zellleib umgebender Raum; ZLke = einge- wanderter Leukocyt; Rz’=spärliche, atrophische Kerne ent- haltende Reste der Schleimhautriesenzellen; e=in die dege- nerirende Riesenzelle eindringende einkernige Bindegewehs- zellen; &; = mehrkernige Bindegewebszellen. 137 (Aus dem histologischen Laboratorium der Universität Charkow [Professor Kultschitzky].) Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung der Blutelemente. Von Dr. med. @regorius Masslow. Hierzu Tafel VIII u. IX. I. Methode. Bei meinen Studien wandte ich folgende Verfahren an: 1. Blutuntersuehung. Die Blutpräparate wurden nach der Ehrlich’schen Methode angefertigt: Trocknen bei 110° bis 120° C., Ueberfärbung der getrockneten Präparate; Auswaschen in Wasser und Alkohol; Aufhellen in Bergamottöl und Ein- schluss in Canadabalsanı. Ausser der Methode von Ehrlich wurde die Fixation nach Nikiforow angewandt: die an der Luft getrockneten Präparate wurden auf eine halbe Stunde in eine Mischung von gleichen Theilen Alkohol und Aether übertragen. Ausserdem wurden noch Sublimatlösung (!/, °/,) und Kultschitzky's Flüssigkeit angewendet. Von allen Fixirungsmethoden lieferte die besten Präparate die Ehrlich’sche. Die Methode von Nikiforow hat mir weniger befrie- digende Resultate geliefert, da die Tinktion der Elemente hierbei nicht so deutlich auftrat, die Umrisse der Zellen und ihrer Kerne verschwommen blieben und die Kernstruetur undeutlich erschien. Die anderen Fixirungsgemische besitzen den Mangel, dass bei ihrer Einwirkung im Plasma zahlreiche Niederschläge auftreten, welche die Farbstoffe aufnehmen und festhalten. Zur Färbung dienten: a) das Gemisch von sauren Farben nach Ehrlich, 158 Gregorius Masslow: b) die Färbung nach Rieder!), c) von neutralen Farben beide Gemische von Ehrlich und die Spilling’sche Mischung, d) die basische Farbemischung von Ehrlich. 2. Untersuchung der Organe. Beim Studium von Organen (Knochenmark, Lymphdrüsen und Milz) wurden folgende Fixirungsgemische angewandt: a) vonKultschitzky, b) Flem- ming, e) Müller, d) !/, °/, Sublimatlösung, e) die von Löwit zur Differenzirung der einen und der anderen Art von Bildungs- zellen (Erythroblasten und Leukoblasten) in den blutbildenden Organen empfohlene 0,1—0,3 °/, Platinchloridlösung. Die besten Resultate lieferte die Flüssigkeit von Prof. Kultschitzky: zu 50procentigem Spiritus wird im Ueberschuss Kali biehromie. und Cuprum sulfurie. hinzugefügt; die Mischung wird 2—3 Tage im Dunkeln gehalten, wobei die Salze allmählich in die Lösung übergehen; dann wird filtrirt und mit Essigsäure angesäuert (5—6 Tropfen Säure auf 100 cem Lösung); die Fixa- tion geschieht im Dunkeln ?). Die in kleine Stücke zerschnittenen Organe wurden auf 5—10 Tage in diese Flüssigkeit gelegt. Hierbei wurde in einigen Fällen die Milz, bevor sie noch aus dem Thier entfernt war, mit derselben Flüssigkeit von der Arterie aus injieirt. Nach Be- endigung der Injection wurden die zu- und abführenden Milz- gefässe unterbunden und dann das ganze Organ 24—48 Stunden in das Gemisch gelegt, worauf behufs weiterer Fixation das Organ in kleine Stücke zerlegt wurde. Die auf diese Art fixirten Stückchen wurden in Alkohol (98°) übertragen; weiterhin folgte Aufhellung in Xylol und Einbettung in Paraffin. Fast gleich befriedigende Präparate lieferte die Flemming- sche Flüssigkeit, während die Objeete aus der Müller’schen Flüssigkeit weniger demonstrative waren. Die Sublimatlösung und die Löwit’sche Lösung erwiesen sich gleicherweise als ungünstig. Als die besten Farbencombinationen zeigten sich: Häma- toxylin und Aurantia, Hämatoxylin und Orange (G), Hämatoxylin 1) Rieder, Atlas der klinischen Mikroskopie des Blutes. Leip- zig 1893. 2) Prof. N. Kultschitzky, Grundzüge der praktischen Histolo- gie. Charkow 1889 (russisch). Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 139 und Rubin und Helianthin. Bei der Doppelfärbung wurden die Sehnitte zuerst auf !/,—'/, Stunde inFriedländer’s Häma- toxylin gelegt, darauf in destillirtem Wasser ausgewaschen und dann in eine mit Essigsäure leicht angesäuerte gesättigte Lösung von Aurantia oder Orange übertragen. Unter Einwirkung dieser Lösungen verlor sich der Ueberschuss von Hämatoxylin, an dessen Stelle die andern Farben traten, wobei sie alles, ausser dem Kernehromatin tingirten; letzteres behält sehr gut das Häma- toxylin. Der Uebersehuss von Aurantia und Orange wurde durch schnelle Auswaschung der Schnitte in Alkohol entfernt. Es folgte die Aufhellung in Bergamottöl, der Einschluss in Canadabalsam. Bei der dreifachen Färbung wurden die Schnitte anfangs mit Hämatoxylin gefärbt (!/,—!/s Stunde); nach Auswaschen in destillirtem Wasser kamen sie für dieselbe Zeit in eine mit Essig- säure angesäuerte !/, °/, wässrige Rubinlösung. Die in Rubin überfärbten Präparate wurden nach der zweiten Auswaschung in Wasser ungefähr auf !/, Stunde (zuweilen kürzere Zeit) in eben- falls mit Essigsäure angesäuerte wässrige Helianthinlösung ge- bracht. In letzterer Lösung wird der Rubinüberschuss extrahirt. Ferner entfernt man den Ueberschuss von Helianthin durch Alkohol; Aufhellung und Einschluss wie oben. Die Kerne sämmt- licher Zellen erscheinen blau, die hämoglobinhaltigen Elemente (die kernlosen und nicht immer die kernhaltigen rothen Blut- körperehen — letztere sind meistentheils schwach tingirt —) sind durch Rubin roth; alles übrige, das Protoplasma sowohl der Leukocyten als auch der Erythrocyten, die ihr Hämoglobin ver- loren haben, sind durch Helianthin gelb gefärbt. Diese dreifach combinirte Färbung wird schon seit langer Zeit von Prof. Kult- schitzky für verschiedene Zwecke verwendet. II. Die farblosen Blutkörperchen. Wir können folgende morphologisch scharf gesonderte Gruppen von farblosen Elementen des normalen Blutes auf- stellen: In Betreff der Grösse zerfallen die in Rede stehenden Ele- mente in zwei grosse Gruppen: 1. Gruppe der Lymphocyten!), 1) Die Benennung „Lyinphocyten“ passt eigentlich nicht voll- kommen zu den Elementen dieser Gruppe, da sie sich nicht ausschliess- lich nur in den Lymphdrüsen entwickeln. 140 Gregorius Masslow: zu welcher Körperchen von verhältnissmässig geringer Grösse ge- hören, und II. Gruppe der eigentlichen Leukocyten, welche alle übrigen farblosen Blutkörperchen umfasst; letztere unter- scheiden sich von den oben erwähnten unter Anderem noch durch ihre bedeutendere Grösse. Die I. Gruppe zerfällt ihrerseits in A) Gruppe kleiner Lymphocyten und B) Gruppe grosser Lymphocyten. A. Die kleinen Lymphocyten sind Körperchen von sphärischer Form. Sie charakterisiren sich durch ihre geringe Grösse, die die Dimensionen der Erythrocyten nicht übertrifft oder sogar den letzteren etwas nachsteht; sie besitzen einen meistens vollkommen regelmässigen, runden Kern, der scharf eontourirt ist und sich mit Hämatoxylin und anderen Kernfarben intensiv färben lässt; weit seltener hat der Kern eine schwach ausgesprochene elliptische Form, und zuweilen ist an seiner Peripherie eine kaum bemerkbare Einbuchtung zu beobachten. Im Allgemeinen sind die in Rede stehenden Elemente sehr arm an Protoplasma; manchmal ist letzteres in so geringer Menge vertreten, dass der Kern wie nackt erscheint; in der Mehrzahl jedoch bildet das Protoplasma einen schmalen Saum um den Kern, entweder von gleichmässiger Breite (der Kern liegt im Centrum des Zellleibes), oder von ungleichmässiger Breite (der Kern liegt excentrisch). An ausgetrockneten und gefärbten Prä- paraten ist es unmöglich, im Protoplasma eine Körnung nachzu- weisen. B. Die grossen Lymphocyten besitzen ebenfalls eine sphärische Form, unterscheiden sich von ersteren durch ihre die Dimensionen der Erythrocyten übertreffende Grösse und die grösseren Kerne. Die Kerne sind bald rund, bald länglieh ellip- tisch; an der Peripherie des Kernes trifft man hier häufiger eine oft scharf gezeichnete Einbuchtung an; der Kern färbt sich in- tensiv. Die Elemente dieser Gruppe besitzen eine weit grössere Menge körnigen Protoplasmas. Manchmal nehmen diese grossen Lymphoeyten nur sehr wenig Farbstoff an. In pathologischem Blute kann das Protoplasma der Lymphoeyten, dem Anscheine nach, eosinophile (?) Körner enthalten, wie Waldstein!) be- 1) Waldstein, Beobachtungen an Leukoeyten, sowie über einige therapeutische Versuche mit Pilocarpin u. s. w. Berliner klin. Wochen- schrift, 1895, Nr. 18, S. 398. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 141 richtet; Letzterer hat äbnliche Elemente mit sehr feinen Körnern im Blute Diphtheriekranker gefunden. Die II. Gruppe der Leukocyten besteht aus Elementen dreier Arten: C) einkernige Leukocyten mit einem mehr oder weniger regelmässig geformten Kerne, D) einkernige Leukoeyten mit polymorphem Kerne und endlich E) viel- kernige Leukocyten. C. EinkernigeLeukocyten. Die Grösse derselben ist verschieden, übertrifft jedoch stets die der Lymphocyten. Der Kern ist verhältnissmässig gross, immer von mehr oder weniger oblonger, ovaler Form, selten besitzt er eine streng ovale Form; bei weitem häufiger bieten die Kerne dieser Leukocyten an der Peripherie deutliche Einbuchtungen (1—2) dar; sie färben sich nicht immer gleich intensiv, zuweilen nehmen die Kerne nur schwache Färbung an. Sowohl diese letzteren, als auch die obenerwähnten grossen Lymphoeyten mit undeutlicher Structur entsprechen den Leukoeytenschatten von Klein!), der sie für den Ausdruck eines beginnenden Absterbens hält. Die Leuko- cyten dieser Gruppe unterscheiden sich ferner durch eine grössere Menge Protoplasma, das gewöhnlich homogen erscheint. Jedoch kann ein Theil dieser Elemente auch im normalen Menschenblute sranulirtes Protoplasma haben, wobei die Körnung häufiger eine basophile ist; manchmal aber treten im Zellleibe derselben die ersten Merkmale von neutrophilen Granula auf. Bei normalen Zuständen des Organismus enthält das Protoplasma der in Rede stehenden Art von einkernigen Leukocyten scheinbar keine eosino- philen Körner. Mir wenigstens ist es niemals gelungen, solche Formen zu beobachten, und bei keinem Autor sind irgend welche Andeutungen darüber zu finden. Unter pathologischen Verhältnissen aber können solche Formen sowohl im Blute als auch in manchen Secreten angetroffen werden. Hierher gehören die Beobachtungen von Klein, wahrscheinlich auch die- jenigen von Spilling?); derselbe fand im leukämischen Blute „kleinere und kleinste Formen“ von eosinophilen Zellen. Letzterer traf ausserdem in demselben Blute einkernige Elemente mit einer 1) Klein, Die diagnostische Verwerthung der Leukocytose. Sammlung klinischer Vorträge. Leipzig 1893, Nr. 87. 2) Spilling, Ueber Blutuntersuchung bei Leukämie. Farben- analyt. Unters. z. Histol. u. Klinik des Blutes. Inaug.-Diss. Berlin 1891, 142 Gregorius Masslow: Masse neutrophiler Granula in ihrem Protoplasma an. Gabrit- schewsky fand viele eimkernige eosinophile Leukocyten im Sputum bei Bronchialastlıma, wie das aus der seiner Arbeit bei- gelegten Abbildung zu erschen ist. Im Blute junger Thiere (Hunde) kommen normal in ziemlich grosser Menge einkermige (selten doppelkernige) Elemente vor, die sich von den übrigen Körperchen durch ihre ungewöhnlich grossen Dimensionen scharf abheben. Diese Elemente besitzen stets eine grosse Menge nicht granulirten Pıotoplasmas und einen grossen ovalen Kern von guter Färbbarkeit. Für die Bildungs- stätte dieser Körperehen wird gewöhnlich das Knochenmark ge- halten. Im Menschenblute kommen die genannten Gebilde nur in pathologischen Fällen vor, so z. B. bei myelogener Leukämie; ihr Protoplasma enthält dann ott eine eosinophile, seltener eine neu- trophile Körnung. D. Die polymorphkernigen Leukoeyten unter- scheiden sich, wie auch die übrigen Elemente dieser Art, von den Lymphocyten durch ihre bedeutende Grösse. Höchst charak- teristische Eigenschaften zum Unterschied von den übrigen Leuko- eyten bieten ihre Kerne dar, welche entweder in Gestalt ver- schiedenartig gekrümmter wurstförmiger Bildungen erscheinen, wobei die Kernform oft an Buchstaben erinnert — O (gelöcherte Form), U, V,S, Cu. s. w., oder der Kern bildet eine com- plicirtere, aus mehreren verschieden grossen Theilen bestehende Figur, dieselben sind verbunden mittelst mehr oder weniger dünner Fäden, die gleich der Kernsubstanz die gewöhnlichen Kernfarben gierig aufnehmen. Auf dem dunklen Grunde der im- tensiv tingirten Kernfigur beobachtet man intensiver gefärbte, dünne oder dicke fädenartige Bildungen, deren Verbindung ein mehr oder weniger grobes Kernnetz vorstellt. Uebrigens findet man unter diesen Körperchen auch solche, deren Kerne schwach gefärbt sind und keine netzähnliche Structur aufweisen; sie er- scheinen wie aufgequollen, verwischt. Die polymorphkernigen Leukocyten sind hauptsächlich die Träger der neutrophilen Körnung; seltener enthält ihr Protoplasma eosinophile Körner; häufig ist es auch homogen. Im normalen Blute beobachtet man unter den in Rede stehenden körnigen Elementen dann und wann Körperchen, welche ihrem Charakter nach den Leukocytenschatten von Klein ent Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 143 sprechen. Das sind Elemente mit sehr blassem, kaum siehtbarem Protoplasma, dessen Umrisse sehr undeutlich sind; im Proto- plasma befinden sich spärliche Granula; dieselben werden häufig in grösserer oder geringerer Anzahl auch in der Umgebung des Körperchens angetroffen; ihre Kerne sind sehr schwach gefärbt und homogen, ohne jegliche Zeichen einer Differenzirung der Chromatinsubstanz. Nach Uskow’s!) Ansicht „sind die vielkernigen (poly- morphkermige und eigentlich vielkernige) weissen Blutkörperchen das älteste lebensfähige Zellelement des Blutes mit den Zeichen einer beginnenden regressiven Metamorphose in ihrem Ver- mehrungsorgane“. Dekhuyzen?°) meint, dass die polymorphkernigen und polymerkernigen Leukocyten einen normalen erwachsenen Zu- stand, aber kein Degenerationsstadium vorstellen. Die Tendenz des Leukocytenkernes zur Polymerie sei nicht als der Ausdruck eines beginnenden Absterbens der Zellen aufzufassen, sondern als ein physiologischer Vorgang bei der Erreichung des erwachsenen Zustandes. Ebenso weisen auch Flemming’s®’) Beobachtungen über Mitosen an polymorphen Kernen darauf hin, dass die Kerne voll- kommen lebensfähig sind und sich vermehren können. E. Die eigentlichen vielkernigen Leukoeyten besitzen alle Eigenschaften der Elemente der vorigen Art, sowohl in Bezug auf Grösse der Körperchen, als auch im Sinne des Charakters ihres Protoplasmas (körnigen oder homogenen). Das einzige Charakteristicum besteht in dem Vorhandensein zweier oder mehrerer vollkommen isolirter Kerne, welehe mit einander nicht verbunden sind. Auch hier begegnet man schwach tingirten Kernen mit nur undeutlich ausgeprägter Struktur. Vielkernige Leukoeyten sind im Blute nur in sehr geringer Anzahl ver- treten. Nach Howell’s Ansicht entstehen die polynucleären Ele- 1) Uskow, Blut als Gewebe. St. Petersb. 1890 (russisch). 2) Dekhuyzen, Ueber das Blut der Amphibien. Anatomischer Anzeiger. 1892. 8) Flemming, Ueber Theilung und Kernformen bei Leuko- cyten und über deren Attraetionssphären. Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 37, 1891. 144 Gregorius Masslow: mente aus den polymorphkernigen durch Kernfragmentation, nach welcher wahrscheinlich der Zerfall der ganzen Zelle stattfindet. Flemming erklärt ebenfalls das Vorkommen von mehreren Kernen in den Leukocyten durch eine Kernfragmentation, wobei er die letztere als einen Process ansieht, der nicht zur physio- logischen Vermehrung der Zellen führt. Deshalb sind die auf diesem Wege entstandenen Elemente zur Reproduetion nicht fähig, sondern eher zum Absterben bestimmt, wenngleich sie noch sehr lange in den Geweben und Säften des Organismus leben könnten. Nach Kölliker ist der Uebergang der Lymphkörperchen zu polynucleären Formen die Folge eines Zerfalls des einfachen Kernes, der den Zerfall der ganzen Zelle einleitet. Löwit!) glaubt ebenfalls, dass die mononucleären Zellen, aus den blutbildenden Organen ins Blut gelangend, hier eine ganze Reihe von degenerativen Veränderungen erleiden, die nicht zur Neubildung von Kernen oder Zellen führen. Hier geschehe ein- fach ein Zerfall des Kernes in mehrere Fragmente, zu welchem später wahrscheinlich auch der Zerfall der ganzen Zelle hinzu- trete. Gleicherweise hält auch Müller?) die polynuclären und polymorphkernigen Leukoeyten nicht für selbständige Zellformen, sondern nur für den Ausdruck eines zeitweiligen Zustandes einer und derselben Zellenart, der sich noch weiter verwandeln könne. Was den genetischen Zusammenhang sämmtlicher be- sprochener Leukocytenformen anbelangt, so ist zu bemerken, dass wir, ungeachtet der scheinbaren scharfen Isolirung einzelner Arten, eine nahe Verwandtschaft zwischen ihnen annehmen müssen, da viele unbestreitbare Thatsachen mit grosser Wahrscheinlichkeit für die Umwandlung der einfachsten Arten in complieirtere sprechen, wie das auch heutigen Tages von vielen Autoren (Dekhuyzen, Flemming, Gulland, Uskow, Howell, Müller, Biondi ete.) anerkannt wird. So sind nach 1) Löwit, Ueber Neubildung u. Zerfall weisser Blutkörperchen. Ein Beitrag zur Lehre von der Leukämie. Sitzungsber. der Wiener Akademie, Bd. 92, Abth. 3, 1885. 2) Müller, Zur Frage der Blutbildung. Sitzungsber. d. Wiener Akademie, Bd. 98, Abth. III, Heft VI, 1839. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 145 Biondi!) die verschiedenen farblosen Blutkörperchen — mono- und polynueleäre, fein- und grobkörnige — nur Entwickelungs- stadien einer und derselben Zellform. Für die Umwandlung spricht die Thatsache des Vorhanden- seins von Uebergangsformen zwischen kleinen Lymphocyten (A) und mononucleären Leukoeyten (C) im Blute und in den blut- bildenden Organen. Als solche Uebergangsformen kann die Gruppe der grossen Lymphocyten (B) gelten, die die Mitte zwischen beiden genannten Zellarten einnehmen, sowohl nach der Grösse der Körperchen selbst, als auch nach der Menge des Protoplasmas und der Grösse ihrer Kerne. Weiterhin spricht für den Uebergang der Lymphocyten in Leukoeyten noch jener Umstand, dass die Kerne der ersteren häufig mit einer Einbuchtung (die Andeutung eines späteren Polymorphismus des Leukocytenkernes) versehen sind. Endlich wird die nahe Verwandtschaft der in Rede stehen- den Formen noch durch die vollkommene Identität der Lymph- drüsenelemente mit den jüngsten Elementen der Malpighi- schen Körperchen der Milz bestätigt. Die Malpighi'schen Körperchen bieten eben das am schärfsten ausgeprägte Bild einer allmählichen Verwandlung der sehr kleinen mononucleären Zellen mit relativ grossem Kern und geringer Menge Protoplasma (Aehn- liehkeit von kleinen Lymphocyten des Blutes und andererseits von der Mehrzahl der Elemente der Lymphfollikel) in mononueleäre Elemente, welehe sich durch ihre grossen Kerne und ihre grosse Menge Protoplasma auszeichnen (Aehnlichkeit mit mononucleären Leukoeyten). Der Tebergang der mononucleären Leukocyten zu den poly- nuclären stellen die mononuclären Formen vor, deren Kern mit einer Einbuchtung versehen ist. In Folge der Vergrösserung der anfangs schwach ausgesprochenen Einbuchtung kommt der huf- eisenförmige, wurstähnliche Kern zu Stande. Dieser letztere, sich vielfach krümmend, kann die bizarısten Formen annehmen. Die Entstehung dieser letzteren könnte theilweise durch die amöboide Bewegung der Leukoeyten erklärt werden (Gulland, Jegorowsky). 1) Biondi, Untersuchungen über d. weissen Blutkörperchen bei Leukämie. Refer. Berlin. klin. Woch. Nr. 29, 1895. Archiv f. mikrosk, Anat. Bd. 51 10 146 Gregorius Masslow: Es giebt aber Beobachtungen, die Veranlassung geben, dem Kerne die Fähigkeit zu selbständigen Bewegungen zuzuschreiben. Für die Selbständigkeit dieser Bewegungen spricht theilweise jener Umstand, dass die polymorphen Kernfiguren häufig auch in solchen Körperchen (des Blutes und der Organe) vorkommen, deren protoplasmatischer Zellleib die regelmässigen Umrisse be- halten hat und keine Zeichen der Veränderung seiner Configu- ration darbietet. Zu Gunsten der erwähnten Vermuthung sprechen ebenfalls die direeten Beobachtungen über die Kernbewegungen der farb- losen und rothen Blutkörperchen. So will ich nur an die bekannten Beobachtungen von Brandt!),Maragliano und Castellino?,Lavdowsky?) und Müller erinnern. Weiterhin lässt Flemming) die Möglichkeit der Bildung von durchlöcherten, ringförmigen Kernen aus mitotischen Thei- lungsfiguren zu. Gegenüber der Ansicht Rath’s, der die erwähnte Mitosen- form für anormal und die auf diese Weise entstandenen Kerne unfähig zur weiteren Theilung hält, erkennt sie Flemming als vollkommen normal an, da sich nach seiner Meinung solche Kerne wieder mitotisch theilen können. Folglich bilden sich aus den mononueleären Leukoeyten mit einfachem (rundem) Kerne polymorphnucleäre Formen mit einem complieirten Kerne, und aus diesen letzteren entstehen dann die polynucleären Elemente, wie oben gesagt worden ist. Von den verschiedenen Klassifieirungen der farblosen Ele- mente sind nur diejenigen beachtenswerth, als die am meisten 1) Brandt, Bemerkungen über die Kerne der rothen Blutkör- perchen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XIII, 1877. 2) Maragliano und Castellino, Ueber die langsame Nekro- biosis der rothen Blutkörperchen sowohl in normalem wie auch in pathologischem Zustande u. s. w. Zeitschr. f. klin. Medie., Bd. XXI, Heft 5 u. 6. 3) Lavdowsky, Mikroskopische Untersuchungen einigerLebens- vorgänge des Blutes. Virchow’s Arch., Bd. 96—97, 1884—1885. 4) Flemming, Zelltheilung. Amitose und besondere Formen der Kerntheilung. Ergebnisse der Anatomie u. Entwicklungsgeschichte, Bd. III, 1894. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 147 rationellen, zu deren Grundlage beständige und unveränderliche Merkmale verwendet sind, wie das die typischen morphologischen Eigenschaften einzelner Arten darbieten. In dieser Hinsicht müssen in erster Reihe die charakteristischen Unterschiede der Kerne genannt werden, d. h. ihre Form, Grösse, ihre Menge und weiterhin die Grösse des Körperchens selbst, das gegenseitige Verhältniss der Grösse des Kernes zur Protoplasmamenge, der Charakter dieses letzteren (Körnung). Nur alle diese Merkmale, zusammengenommen, erlauben, uns in dieser auf den ersten Blick so bunten Mannigfaltigkeit der farblosen Blutkörperchen zurecht- zufinden. Deshalb kann ich auch den Versuch nicht für rationell halten, sämmtliche mannigfaltigen Leukocytenformen auf Grund irgend eines Merkmals zu sondern, wie das früher Wharton Jones!) in Bezug auf die Protoplasmakörnung und in neuester Zeit Lavdowsky gethan haben, umsomehr, da auch die Granula, wie es sich erwiesen hat, nicht allein Grössenver- schiedenheiten darbieten. Andererseits complieiren manche For- scher bedeutend die in Rede stehende Klassifikation, indem sie solche Arten sondern, die nur als Varietät schon bekannter Formen erscheinen (so z. B. die Leukocytenschatten von Klein). Eine solche z. B. ist die complieirte Gruppirung der farb- losen Blutelemente von Uskow, die auf vermeintlichen Reife- stadien der Blutelemente begründet ist, die ich jedoch als eine berechtigte und zu empfehlende nicht anerkennen kann. Wie bekannt, hat Ehrlieh?), indem er bei seinen Studien die Anilinfarben anwandte, uns ein vollkommen neues Prineip behufs Unterscheidung der einzelnen Arten von farblosen Blut- elementen geliefert. Er hat bemerkt, dass die in ihrem Zellleibe vorkommende Körnung für jede Leukocytenart charakteristische Eigenschaften besitzt. Er unterscheidet drei Grundarten von Körnung der farb- losen Blutelemente: 1. die acidophile (eosinophile), die nur saure Anilinfarben aufnimmt, 2. die basophile, welche sieh durch ba- 1) Wharton Jones, The Blood-ceorpuscle considered in its diffe- rent Phases of Development in the Animal Series. I. Vertebrata. II. In- vertebrata. Philosophical Transaction, 1845. 2) Ehrlich, Ueber die specifischen Granulationen des Blutes. Farbenanalyt.Untersuch. zur Histologie u. Klinik des Blutes. Berlin 1891, 148 Grego rim MassıicWw; sische Farben tingiren lässt, und 3. die neutrophile Körnung, die die Fähigkeit besitzt, ausschliesslich eine neutrale Farblösung im Sinne Ehrlich’s aufzunehmen und die folglich eine ge- mischte Färbung annimmt, deren Nüancen jedoch in weiten Grenzen variirt, theils in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Farbengemisches, theils aber von Bedingungen, welche bis Jetzt noch unbekannt sind. Ehrlich gegenüber behauptet Rieder!), ihm sei ge- lungen, die Anwesenheit von mononucleären und polynucleären neutrophilen Zellen im Blute einiger Thiere (Kaninchen, Meerschweinchen) zu beweisen, sowohl bei normalen Thieren als auch bei künstlich hervorgerufener Leukoeytose durch Einführung von bakteriellen Giften (Pyoeyaninprotein) in das Blut. In beiden Fällen war die Anzahl der erwähnten Zellen keine bedeu- tende. In Uebereinstimmung mit Rieder gelang es mir, bei eini- gen scheinbar vollkommen gesunden Thierarten im Blute eine kleine Menge von neutrophilen Leukoeyten zu finden. In allen Fällen wurde das Blut nach Ehrlich’s Methode fixirt. Ich fand solche bei mehreren Meerschweinchen, ebenso im Katerblut, wo die neutrale Farblösung (saures Fuchsin+Methylenblau) eine grosse Menge Leukocyten, die im Protoplasma eine Masse von Granula enthalten, welche bald deutlich violett, bald röthlich- violett tingirt ‚sind, zeigte; die Körner besassen gewöhnlich eine gleiche Grösse. Auch bei jungen Hühnchen und beim Wespen- falken sah ich neutrophile Leukocyten. Nicht alle Autoren übrigens stimmen mit der Ansicht Ehrliech’s über die Speeifität der Leukocytengranula überein. Griesbach?) stellt sogar die Existenz der Leukocytenkörnung als solehe ganz in Abrede und hält das körnige Aussehen für den optischen Ausdruck eines besonderen Baues des Protoplasmas. 1) Rieder, Beiträge zur Kenntniss der Leukocytose und ver- wandter Zustände des Blutes. Leipzig 189. 2) Griesbach, Beiträge zur Kenntniss des Blutes. Ueber die amöboiden Zellen des Blutes und ihre Betheiligung an der Gerinnung desselben. Arch. f. d. gesammt. Physiologie, Bd. 50, H.IX—X, 1891. — Derselbe, Ueber die normale Gestalt und die Gestaltveränderungen der Leukocyten des Blutes von Wirbellosen und Wirbelthieren. Ver- handlung. des X. internat. med. Congresses, Bd. II, Abth. 1, Anat, 1891. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 149 Er unterscheidet im Zellkörper zwei verschiedene Substanzen — die Gerüstsubstanz oder Spongiosa und die Zwischensubstanz. Partikelchen der Gerüstsubstanz und der Zwischensubstanz können sich abschnüren ; die auf solehe Art entstandenen körner- ähnlichen Bildungen, aus dem Zellkörper in die Umgebung ge- langend, können aus der Zelle ausgetretene Körner vortäuschen. Jedoch ist es nach Griesbach möglich, an diesen körnerähn- liehen Gebilden doppelte Contouren nachzuweisen, welcher Um- stand nach dem Autor auf eombinirte Abschnürung eines Stück- chens von der Zwischensubstanz mit einem dasselbe umgebenden und in Zusammenhang gebliebenen ringförmigen Theilchen los- gerissener Gerüstsubstanz hinweist. Der Ansicht Griesbach'’s widersprechen jedoch folgende Umstände. Die Leukoeytengranula haben stets eine regelmässige Form, die Umrisse sind glatt, ohne Unebenheiten, wobei die Regelmässigkeit der Form sowohl an Körnern, die in der Zelle enthalten sind, als auch an denjenigen, welehe aus derselben in die Umgebung ausgetreten sind, auffällt. Betrachtet man aber die der Griesbach’'schen Arbeit beigelegten Abbildungen, so springt so- fort in die Augen die auffallende Unregelmässigkeit, die eckigen Umrisse der von ihm gezeichneten falschen Granula. Zweitens gelingt es niemals, an echten Körnern eine Doppelcontourirung ihres peripherischen Thheiles zu eonstatiren. Endlich ist die Kör- nung kein beständiger und unveränderlicher Bestandtheil des Leukoeytenprotoplasmas. Altmann!) hat bekamntlich behauptet, dass die Granula allen Zellen zukämen, somit nichts für die Leukocyten beson- dderes seien. Indessen hatte auch Altmann Fälle, wo es ihm nicht gelang, irgend welche Körnung nachzuweisen, wenn „der Zellleib trotz sorgfältiger Differenzirung mit Pierin gleichmässig roth blieb und bei übermässiger Differenzirung gleichmässig farb- los wurde; es war demnach nicht zu entscheiden, ob es sich hier um eine gleichartige Substanz oder um so kleine und dichte Granula handelte, dass dieselben mit den heutigen Objectiven nicht mehr aufgelöst werden können“. Letztere Vermuthung ist offenbar hervorgerufen worden durch das Bestreben, der Granulalehre allgemeine Geltung zu erhalten. 1) Altmann, Die Elementarorganismen und ihre Beziehung zu den Zellen. Leipzig 1890. 150 Gregorius Masslow: Auch im Blute kommen „sicher körnchenfreie Zellen“ vor, wie Ehrlich richtig bemerkt. Wie müssen wir nun aber die Körnung ansehen? Sind wir berechtigt, dieselbe als eine speeifische, dem Leukocytenkörper eigene Bildung zu betrachten, deren Herkunft auf die Lebens- thätigkeit dieser letzteren zurückzuführen ist, oder stellen im Gegentheil die Granula dem Leukocytenkörper fremde Bildungen vor, welche von den Leukocyten von aussen her aufgenommen sind? Das ist z.B. Hoyer’s Ansicht über die Herkunft der eosinophilen Granula in Folge dessen, dass Bruchstücke von zer- fallenen Erythrocyten oder Hämoglobin durch farblose Blutzellen aufgenommen worden seien. Die bisher gewonnenen Thatsachen scheinen eher zu Gun- sten der ersten Vermuthung zu sprechen. In dieser Hinsicht verdient die Granulaform eingehender betrachtet zu werden, da namentlich in den Leukocyten eigenthümliche Formen dieser Gebilde gefunden sind, die in keinen anderen Zellen vorkommen. Wenigstens beobachtet man bei manchen Thierarten (Vögeln) ausser sphärischen noch Granula von kurzer Stäbehenform mit abgerundeten Enden (Ehrlich); ausserdem sind im Blute und Knochenmarke der Vögel Elemente mit ovalen Körnern (Bizzo- zero und Torre!) aufgefunden worden; endlich giebt es Gra- nula in Form einer an beiden Enden zugespitzten Spindel, welche im Centrum einen runden ungefärbten Punkt besitzt (Bizzozero?)). Bizzozero erwähnt jedoch nur flüchtig dieser letztgenannten eigenthümlichen intracellulären Bildungen. Mir gelang es, die soeben erwähnte Art von Körnung im Vogelblute (Hühnchen) zu beobachten. Hier trifft man ausser den Leukocyten mit gewöhnlichen runden Granula eine grosse Menge von Elementen, deren Zellleib mit stäbehenförmigen Kör- nern dicht gefüllt ist. Besonders demonstrative Bilder erhielt ich an Präparaten, die nach Ehrlich’s Methode fixirt und mit neutralen Mischungen gefärbt waren. Bei starken Vergrösserungen präsentiren sich die stäbchen- 1) Bizzozero und Torre, Ueber die Blutbildung bei Vögeln. Centralblatt f. d. medicin. Wissenschaft, 1880, Nr. 40. 2) Bizzozero, Neue Untersuchungen über den Bau des Knochen- marks bei den Vögeln. Arch. f. mikr. Anat. 1890, Bd. 35. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 151 förmigen Körner in höchst verschiedener Form: bald erscheinen sie als feine, glatte Stäbchen mit abgerundeten Enden, bald als diekere und verhältnissmässig kurze eiförmige Bildungen; häufig findet man Körner, die das Aussehen von dieken, kurzen und regelmässigen ovalen oder schmäleren und längeren Spindeln mit zugespitzten, zuweilen bedeutend ausgezogenen Enden darbieten; nieht selten haben die Grannla mehr bizarre Umrisse, an die Mondform oder die eines dieken Kommas erinnernd, in anderen Fällen ist ein Pol der Eifigur stark ausgezogen und zugespitzt u. 8. W.- In der Substanz der diekeren Stäbehen unterscheidet man deutlich einen ganz hellen, ungefärbten runden Punkt, der auf dem dunklen Grunde des Körnchens scharf hervortritt (s. Taf. VII, Fig. 2u. 5). Der genannte Punkt ist gewöhnlich im cen- tralen Theile des Körnchens gelegen, seltener ist er mehr oder weniger zu einem von den Polen der oblongen Bildung hin ver- schoben. Im letzteren Falle erscheint der betreffende Pol oft keulenförmig aufgetrieben, während bei centraler Lage des hellen Punktes nur selten der mittlere Theil des verlängerten Körnchens aufgetrieben ist. Mit dem erwähnten hellen Punkte ist die Mehr- zahl der Körner versehen; indessen kommen auch Formen vor, die ganz homogen erscheinen und gleichförmig tingirt sind. Jedes stäbehenförmige Körnchen besitzt nur einen hellen Punkt, wobei die Grösse der Punkte eine sehr unbedeutende und ziem- lich constante ist. Im Allgemeinen haben die Körner einer und derselben Zelle eine fast gleiche Grösse und ungefähr gleiche Form; häufig aber werden auch solche Elemente angetroffen, deren Körner ziemlich verschieden sind: neben dünnen, langen und geraden Stäbehen findet man mehr oder weniger gekürzte, dieke Körner, die sich der Form nach bald einem Oval, bald einer Ellipse oder einem Kreise nähern. Zuweilen werden einzelne Körner aus dem Leukocyten- körper hinausgestossen und liegen frei in der Nachbarschaft des- selben. Der Zellleib solcher Leukoeyten ist gewöhnlich undeut- lich ausgeprägt, wie verwischt; seine Umrisse sind vollkommen unsichtbar. Neben diesen, scheinbar zerfallenden Leukocyten erblickt man Elemente mit ziemlich scharf eontourirtem protoplasmatischen 152 Gregorius Masslow: Leibe von unregelmässiger Form; in demselben sind grosse Gra- nula enthalten, welche intensiv dunkel violett gefärbt erscheinen. Ein Theil der Granula zeigt einen centralen hellen Punkt und zeichnet sich durch die regelmässige Eiform, zuweilen mit einem stark zugespitzten Pol, aus; ein anderer Theil der Körner be- sitzt nicht eine so regelmässige Form und entbehrt des hellen Punktes. Ausser den beschriebenen Formen beobachtet man an den- selben Präparaten Leukoeyten von ziemlich regelmässiger Form mit scharfen Umrissen und mit einem schwach grünlich gefärbten Kerne. In ihrem Protoplasma befinden sich in grosser Menge grobe Körner verschiedener Grösse, die regelmässig rund sind (s. Taf. VIII, Fig. 6 u. 7); diese Granula sind ebenfalls dunkel- violett tingirt. Es ist zu bemerken, dass die runden Granula niemals einen centralen hellen Punkt besitzen. Diese Art von Leukoeyten macht im Vogelblute die Minderzahl aus. In demselben mit der Mischung aus Eosin und Hämatoxylin nach Ehrlich gefärbten Hühnchenblute begegnet man Leuko- cyten mit ungewöhnlich origineller Protoplasmafärbung. Auf den ersten Blick scheint ihr Protoplasma von ziemlich dieken Fäden durchzogen; letztere sind gleich den Kernen durch Hämatoxylin dunkelblauviolett tingirt, wobei die Fäden im Allgemeinen schwä- cher gefärbt erscheinen; ihrer Tinktion ist häufig Eosinfärbung beigemengt. Die allgemeine Anordnung der Fäden erinnert an diejenige der in einem Knäuel zusammenliegenden Chromosomen. An einzelnen Elementen gelingt es zu beobachten, dass sich die helleren Räume zwischen den erwähnten Fäden bald als längere, bald als kürzere, verschieden dieke spindelförmige Figuren prä- sentiren, die häufig an beiden Enden zugespitzt sind. Auf diese Weise macht es den Eindruck, als ob die stäbchenförmigen Granula in diesen Leukocyten ungefärbt geblieben und die zwi- schen den Granula durchscheinenden Felder des Protoplasmas durch Hämatoxylin oder durch die Mischung des letzteren mit Eosin tingirt wären (s. Taf. VIII, Fig. 8, 9, 10). Dasselbe Bild erhält man auch an mit neutraler Lösung gefärbten Präparaten, wenngleich in letzterem Falle die Bilder weit weniger deutlich sind. Durch diesen Umstand lässt sich vielleicht auch die löch- rige Beschaffenheit des Protoplasmas der von Uskow geschil- derten eigenthümlichen Leukocytenformen erklären. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 153 Bei der Färbung mit der sauren Lösung von Ehrlich lassen sich in einigen Leukoeyten die stäbebenförmigen Granula dureh Eosin tingiren. Nach Sehwarze!) gehören die im Blute und in den blutbildenden Organen der Taube vorkommenden Leukoeyten zur Kategorie der eosinophilen Bildungen, da hier nur solehe Formen beobachtet wurden, die die Eosinreaction gaben. Im Blute eines anderen Hühnchens wies die vorwiegende Mehrzahl der Leukocyten bei der Färbung mit der zweiten Ehrlich’sehen neutralen Farblösung (saures Fuchsin+ Methylen- blau) eine Körnung auf, welche aus einzelnen, zuweilen stark ausgezogenen Bildungen von verschiedener Dieke und mit zuge- spitzten Enden bestand. Diese Körner färbten sieh deutlich violett. An schwächer tingirten Bildungen dieser Art gelingt es, im Centrum vieler Stäbehen einen runden Punkt zu erkennen, der weit intensiver dunkelviolett gefärbt ist und deshalb auf dem allgemeinen helleren Grunde der stäbehenförmigen Bildung scharf hervortritt (s. Taf. VIIL, Fig. 4). Neben den beschriebenen granulirten Leukocyten befinden sich in demselben Blute, wenngleich in weit geringerer Menge, noch Elemente mit Granula von regelmässiger runder Form. Im Blute eines dritten Hühnchens wurden bei der 'Tinetion mit der neutralen Mischung nach Spilling (saures Fuchsin+ Methylgrün) Leukocyten mit stäbehenförmigen Körnchen ange- troffen, die wie im vorigen Falle auch mit einem centralen runden, intensiv dunkelviolett tingirten Punkte versehen sind (s. Taf. VIII, Fig. 5). Auch im gegebenen Falle wurden nicht in allen Körnern eines und desselben Leukocyten diese centralen Bildungen wahrgenommen; bei der Mehrzahl der Leukocyten zeigten die stäbehenförmigen Granula keine centralen Punkte. Wie beim Hühnchen, so kommen auch beim Wespenfalken ausser den neutrophilen stäbehenförmigen Körmern noch oxyphile vor. Hier sei bemerkt, dass die stäbehenförmigen Granula kein ausschliessliches Zubehör der farblosen Elemente im Vogelblut ausmachen, wie das bisher angenommen wurde. 1) Schwarze, Ueber stäbchenhaltige Lymphzellen bei Vögeln. Centralblatt f. d. med. Wissenschaft, 1880. 154 Gregorius Masslow: So fand ich diese Form in einem Falle auch im Milzvenen- blute einer schwangeren Katze. Bei der Färbung mit der neu- tralen Lösung von Ehrlich oder Spilling treten diese Bil- dungen sehr deutlich hervor; sie erscheinen bald als etwas ver- längerte ovale Körner, zuweilen mit zugespitzten Enden, bald als kurze, dieke Stäbehen mit stumpfen oder abgerundeten Enden und schliesslich als dünne, lange Stäbchen, deren Länge das Doppelte oder Dreifache, und die Dicke die Hälfte der entspre- chenden Dimensionen der kurzen Stäbchen beträgt. In der Mehr- zahl der Fälle sind in einer Zelle Granula von ungefähr gleicher Grösse und Form vorhanden, nichtsdestoweniger beobachtet man ziemlich häufig auch solche Elemente, in welchen ausser den kurzen Stäbehen noch lange und schmale in verhältnissmässig geringer Zahl vorkommen. Einige Elemente enthalten neben den stäbehenförmigen eine bestimmte Anzahl von runden Körnern. Leukoeyten mit stäbehenförmigen Granula waren im betreffenden Blute vorwiegend, während eine erhebliche Minderzahl von farb- losen Blutelementen ausschliesslich runde Granula hatte. In den stäbehenförmigen Körnern des Katzenblutes gelang es mir nicht, centrale helle oder dunkle Punkte nachzuweisen. Die Existenz von Körnern einer so eigenthümliehen, häufig höchst regelmässigen Form, die in manchen Fällen, wie wir ge- sehen haben, einige Differenzirungsmerkmale in ihrer Substanz und dementsprechend einen complicirteren Bau darbieten, und die dabei ausschliesslich nur in den farblosen Blutelenienten vor- kommen, lässt mit grosser Wahrscheinlichkeit behaupten, dass diese Bildungen den Leukoeyten eigenthümlich sein müssen, und dass sie nicht ausserhalb dieser letzteren, sondern innerhalb der- selben entstehen, als ein Produkt ihrer Lebensthätigkeit, als der Ausdruck ihrer Lebensfunktion, ‘deren Sinn und Bedeutung bis- her ein ungelöstes Räthsel bleibt. | Diese Vermuthung gewinnt noch mehr an Wahrscheimlieh- keit, wenn man den Umstand in Erwägung zieht, dass eine solche charakteristische Körnung nicht nur in den Leukoeyten des Vogelblutes, sondern auch bei einigen Säugethieren (Katze) vorkommt, dass den Granula der farblosen Elemente überhaupt ein eigenthümliches Verhalten zu den Farbstoffen eigen ist, wie dies die Untersuehungen Ehrliech’s und seiner Sehüler gezeigt haben, und dass endlich die granulirten Leukoeyten nicht als ein Einige Bemerkungen zur Morphotogie und Entwickelung ete. 155 zufälliger Blutbestandtheil, welcher ausschliesslich dieser oder jener Thierart angehört, anzusehen sind, sondern sich beständig im Blute befinden, wobei sie bei Repräsentanten sowohl der höheren, als auch der niederen Thierspecies beobachtet werden. So fand Knoll!) farblose Blutkörperchen mit oxyphiler Kömung bei einigen Echinodermata (Pedata), Würmern (Poly- chaetae) und Weichthieren (Cephalopoda), oxyphile und neutro- phile Granula beobachtete er in den Leukocyten einiger Species von Weichthieren (Lamellibranchiata) und bei einigen Tunicata (Salpa). Gleich Löwit spricht auch Knoll sich über das Ver- halten zwischen Kern und Granulabildung im Protoplasma der Leukoeyten aus. Er macht unter anderem aufmerksam auf das umgekehrte Verhältniss zwischen der Zahl und Grösse der Gra- nula einerseits und der Grösse des Kernes andererseits. Na- mentlich bei den Tunicata sah er mit sehr grossen Körnern ge- füllte Zellen, während ihre Kerne durch ihre geringe Grösse auffielen und irgend welche Strucetureigenheiten nicht aufwiesen, „so dass“, sagt der Autor, „sich der Gedanke an eine Wechsel- beziehung zwischen Kömerbildung und Ermährung des Kernes wohl kaum von der Hand weisen lässt, um so weniger, da sich auch Zellen finden, die mit durch Kernfärbungsmittel tingiblen Körnern erfüllt sind, einen von diesen unterscheidbaren Kern aber nicht erkennen lassen“. Auch Tettenhamer?) vermuthet auf Grund der Unter- suchung von degenerirenden Spermatocytenkernen bei Salamandra maculosa, bei Karyolysis bilde sich auf Kosten des Kernehroma- tins acidophile Substanz (Färbung mit Eosin), welche durch Phagoeytose vom Leukocytenkörper aufgenommen wird und hier als a Körnung (Ehrlich) auftritt. Bei der Kerndegeneration scheidet das Chromatingerüst eine Substanz aus, welche sich zum Unterschied vom Chromatin durch die gewöhnlichen Kern- färbungsmittel nicht mehr tingiren lässt, dagegen Eosin und die übrigen sauren Farben (Orange, Indulin, Nigrosin, saures Fuchsin) 1) Knoll, Ueber die Blutkörperchen bei wirbellosen Thieren. Wien 1893. 2) Tettenhamer, Ueber die Entstehung der acidophilen Leuko- ceytengranula aus degenerirender Kernsubstanz. Anatomisch. Anzeiger VIII, 1893. 156 Gregorius Masslow: gut aufnimmt. Diese acidophile Substanz tritt gleich einer Flüssigkeit in den Zellleib über, bald als grössere, bald als kleinere kugelförmige Tropfen. Dabei kann die Zelle einen Theil ihrer Tropfen verlieren, und in derselben bildet sich wieder acidophile Substanz auf Kosten des Kernchromatins. Dieser Erneuerungsprocess währt so lange, bis das Chromatin ganz und gar verbraucht wird bei der fortschreitenden Abnahme des Zell- leibes, von welchem zuletzt nur eine geringe, fast ungefärbte, formlose Masse übrig bleibt. Schon a priori muss bei normalem Zustande des Organismus im Blute und in der Lymphe ein Zerfall der Zellelemente in grosser Menge existiren, umsomehr in pathologischen Fällen. Durch diesen letzteren Umstand erklärt Tettenhamer das Auftreten der eosinophilen Zellen unter pathologischen Bedingungen in bedeutenderem Maasse, als in der Norm. Die Substanz der acidophilen Granula kann sich, nach Tettenhamer’s Ansicht, auch auf Kosten des Keratohyalins bilden, welches nach Mertsching direkt aus dem Chromatin der zu Grunde gegangenen Kerne von verhornten Zellen entsteht. Zu Gunsten dessen, dass eine Verwandlung der Kernsub- stanz (Chromatin) möglich sei, sprechen folgende Beobachtungen: In den blutbildenden Organen der von mir untersuchten Thiere fand ich besondere Riesenzellen, deren charakteristische Eigenschaft die in ihrem Protoplasma in grösserer oder kleinerer Menge vorhandenen grossen tropfenförmige Bildungen vorstellten. Diese Riesenzellen haben dem Aeusseren nach nichts Gemein- sames mit den im Knochenmarke, theilweise in der Milz gewöhn- lieh vorkommenden Riesenzellen. Ich beobachtete dieselben in der Milz erwachsener Hunde, Junger Hunde, der Katze, des Meerschweinchens, Kaninchens und der Taube. In der Milz sind sie am meisten vertreten und liegen stets zwischen den Elementen der Malpighi’schen Körperchen, hauptsächlich an der Peripherie der letzteren; es werden zwar einzelne Exemplare auch in den mehr eentralen Theilen der Malpighi’schen Körperchen beobachtet. Zuweilen liegen Gruppen dieser Riesenzellen längs einem Gefässe. In der Milzpulpa selbst kommen sie weit seltener vor. Im Knochenmarke sind sie überhaupt bedeutend weniger Finige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 157 vorhanden; verhältnissmässig viel habe ich sie bei einem jungen Hunde und bei einer Taube gesehen. In den Lymphdrüsen werden diese Bildungen im Allge- meinen in grösserer Anzahl als im Knochenmark angetroffen: besonders zahlreich waren dieselben in den Lymphdrüsen eines erwachsenen Hundes, eines Meerschweinchens und eines jungen Hundes. Hier sind sie sowohl in den Follikeln der Rinde- schicht als auch in den Follikularsträngen vorhanden. Die in Rede stehenden Riesenzellen zeichnen sich nun durch eine grosse Menge von Protoplasma und einen relativ sehr kleinen Kern aus; letzterer lässt sich nur schwach tingiren, da das Chromatin in ihm höchst spärlich enthalten ist. Der Kern besitzt eine unregelmässige Form, die Struktur desselben ist un- deutlich; manchmal, was sehr selten ist, enthält eine Zelle schein- bar zwei Kerne. Die Grenzen des Zellleibes sind nicht scharf ausgeprägt; das Protoplasma färbt sich schwach, viel häufiger erscheint es fast farblos und tritt scharf zwischen den übrigeu tingirten Elementen durch sein blasses Aussehen hervor. Im trüben Protoplasma der Riesenzellen ist es zuweilen unmöglich, irgend welche fremdartige Bildungen wahrzunehmen; weit häufiger jedoch findet man in demselben eine bestimmte Anzahl von tropfenförmigen Gebilden, die durch Hämatoxylin eine intensive und gleichmässige Färbung erhalten. Diese Tropfen haben häufiger eine regelmässig runde Form, sind aber stets un- gleich gross; unter ihnen begegnet man Gebilden sehr gering- fügiger Grösse, von kleinsten Pünktchen bis zu sehr grossen Tropfen, die nach ihren Dimensionen den Erythrocyten sehr nahe stehen. Bei dreifacher Färbung der Präparate (Rubin+ Hämatoxylin+Helianthin) erscheinen die Tropfen durch Rubin gesättigt roth gefärbt. Seltener besitzen die Tropfen eine ovale Form. Bisweilen beobachtet man Tropfen von mehr unregelmässiger und compli- eirter Form, wie auf Taf. IX, Fig. 8, 9, 13c abgebildet ist. Letztere Form (13c) erinnert an die in den Leukocyten des Vogelblutes beschriebenen stäbehenförmigen Körner mit einem centralen hellen Punkte; ich habe diese Form an sämmtlichen von mir untersuchten Präparaten nur ein einziges Mal beobachten können. Zuweilen gelingt es, im Centrum der runden Tropfen einen hellen Punkt zu erblieken (s. Taf. IX, Fig. 7); in manchen 158 Gregorius Masslow: Fällen sind im Tropfen zwei durch Hämatoxylin kaum gefärbte und deshalb hellere, runde Punkte vorhanden; dieselben liegen an der Peripherie der Tropfen einander gegenüber, sodass der zwischen ihnen gelegene und durch Hämatoxylin intensiv ge- färbte Theil des Tropfens an den Buchstaben x erinnert (s. Taf. IX,. Fig. .13:b). Bei Doppelfärbung (Hämatoxylin+Orange) kommen in den genannten Riesenzellen neben den durch Hämatoxylin tingirten tropfenförmigen Gebilden auch solche zum Vorschein, die mehr oder minder intensiv und dabei gleichmässig gelb (Orange) gefärbt sind. Ausser diesen allenthalben gelben giebt es noch solche, welche theils gelb (Orange), theils schwarz (Hämatoxylin) gefärbt erscheinen. Unter letzteren doppeltgefärbten Tropfen werden For- men beobachtet, die der Mondscheibe ähnlich sind; eine Hälfte derselben ist gelb, die andere sehwarz; in manchen Fällen er- scheint der durch Hämatoxylin gefärbte Theil der Scheibe als Mondsichel, die Scheibe selbst ist dabei gelb. Die beschriebenen Formen erinnern sehr an die verschiedenen Phasen einer Mond- finsterniss. Zuweilen ist der centrale Theil der Scheibe gelb tingirt, während an ihrer Peripherie nur ein mehr oder minder schmaler, schwarzer Ring (Hämatoxylin) nachbleibt. Zwischen beiden verschieden gefärbten Theilen eines und desselben Tropfens existirt keine scharfe Grenze; im Gegentheil, eine Farbe geht allmählich und unbemerkbar in die andere über. Kurz, es macht den Eindruck, als ob die Substanz der Tropfen allmählich ihre chemische Konstitution ändere, in Folge dessen ein anderes Verhalten derselben zu den Farbstoffen zu Stande kommt: sie verliert allmählich die Fähigkeit, sich mit Hämatoxylin zu färben und beginnt Orange aufzunehmen, bis endlich die durch Hämatoxylin tingible Substanz verschwindet und der ganze Tropfen durch Orange gelb gefärbt erscheint. Woher stammen nun diese eigenthümlichen, Hämatoxylin gierig aufnehmenden tropfenförmigen Gebilde? Ihr Ursprung ist mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Kernehromatin zurückzuführen. Wenigstens sprechen dafür fol- gende von mir beobachtete Bilder: Innerhalb der beschriebenen Riesenzellen kann man ausser ihren eigenen Kernen und tropfenförmigen Schollen häufig nock besondere Einschlüsse sehen, welche ganze im Körper der Riesen Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 159 zellen selbst gelegene Zellelemente vorstellen, wobei sich das Protoplasma der ersteren in der Nähe der eingeschlossenen Ele- mente so zu sagen verdünnt und um sie Vacuolen bildet, wie das auf Taf. IX, Fig. 7, 11, 12 abgebildet und besonders deut- lich auf Taf. IX, Fig. 10 zu sehen ist. Die Kerne dieser innerhalb der Riesenzellen gelegenen Zellen erleiden eine Reihe von successiven Veränderungen. Anfangs tun sich diese Veränderungen in dem Verwischtsein der Kern- struktur kund (Taf. IX, Fig. 7, 8, 11, 12, 14). Darauf werden die Kerne etwas blass, theils vielleicht in Folge von Verlust der Chromatinsubstanz, theils deshalb, weil das Chromatin zu einer kleinen Menge dieker Strahlen (Fig. 8, 10, 11) oder Schollen zusammenfliesst. Dank dem letzteren Umstande bilden sich im Kerne grössere oder kleinere Bezirke, die durch Hämatoxylin schwach oder gar nicht gefärbt sind. Die weitere Veränderung besteht in der Bildung von Tropfen aus der zusammenfliessenden Chromatinsubstanz. Die Tropfen liegen bisweilen in dem vollkommen unveränderten protoplas- matischen Körper des von der Riesenzelle aufgenommenen Ele- mentes, weiches scharf contourirt und noch die Fähigkeit sich zu färben beibehalten hat (Fig. 10); häufiger jedoch zeigt auch das Protoplasma der eingeschlossenen Elemente schon etliche Veränderungen: der Zellleib nimmt Farben schwach auf, verliert seine scharfen Umrisse und verschwimmt gleichsam mit dem Protoplasma der Riesenzelle, so dass in demselben an Stelle der vorher in ihm gelegenen fremden Zelle nur ein hellerer Fleck mit undeutlichen Umrissen und deutlich zu unterscheidenden Nachbleibseln des zerfallenen Kernes als Tropfen (Fig. 7) ver- bleibt. Oft ist es sogar unmöglich, den erwähnten hellen Fleck zu sehen, und die Tropfen liegen im Protoplasma der Riesenzelle selbst. Zuweilen verlieren die zerfallenden Kerne den grössten Theil ihres Chromatins, so dass von ihm nur eine ringförmige Figur übrig bleibt, die aus länglichen, gebogenen Chromatin- schollen (Fig. 9) besteht. Die Abbildungen 14 und 15 stellen verschiedene Figuren von zerfailenen Kernen vor. Elemente mit solehen Kernen werden dann und wann auch ausserhalb des Riesenzellenleibes, unter den Milzzellen (z. B. bei dem Meer- schweinchen) beobachtet. Folglieh sind die beschriebenen Zellen Gigantophagocyten, 160 Gregorius Masslow: innerhalb deren die von ihnen aufgenommenen Zellelemente einem destructiven Processe anheimfallen, in Folge dessen das Protoplasma der letzteren verschwindet und ihr Kern in Häuf- chen grösserer oder kleinerer Chromatintröpfehen verwandelt wird. Die Substanz dieser letzteren ändert ihrerseits ihre chemische Beschaffenheit, weswegen im Protoplasma der Gigantophagocyten durch Orange gelb tingible tropfenförmige Bildungen erscheinen. Also bildet sich aus dem Kernchromatin eine neue Substanz, die die Verwandtschaft zum Hämatoxylin allmählich verliert (letzteres färbt die Zellkörnung gewöhnlich nicht). Anstatt dessen (Häma- toxylin) nimmt dieser neue Körper saures Orange und andere saure Farben (Rubin, Aurantia, Eosin), welche, auch die be- kannten Leukoeytenkörnchen tingiren, sehr gut auf. Diese Thatsache bestätigt theilweise die Schlüsse Tetten- hamer’s über die Entstehung der acidophilen Substanz aus dem Kernehromatin und spricht ebenfalls für die Möglichkeit einer Betheiligung des Kernes an der Bildung von Zellkörnung, wie das Löwit und Knoll vermutheten. Den geschilderten Gigantophagocyten ähnliche Zellen hat R. Heidenhain!) in den Darmzotten gesehen. Er lässt sie aus gewöhnlichen Lymphzellen entstehen. An den Präparaten R. Heidenhain’s sind die Kerne der aufgenommenen Leukocyten bald als oblonge, ziemlich schmale, gebogene, homogene Gebilde, bald als 2—3 homogene Tropfen verschiedener Grösse, endlich als schmale, kommaähn- liche Stäbchen gezeichnet. Auf der Abbildung 3 (Taf. IX, Fig. 23) ist (undeutlich) sogar das scheibenförmige homogene, gelb- liche Gebilde mit dem kommaähnlichen, homogenen Ueberbleibsel des Kernes (roth) dargethan. Dieses Gebilde liegt im Phago- eytenleibe (der ebenfalls mehr intensiv gelb gefärbt ist), von welchem es durch einen ziemlich breiten, farblosen Ring getrennt ist. Diese Abbildung erinnert an die von mir geschilderten Körperchen (Taf. IX, Fig. 10). Ausser dem oben Geschilderten finden wir in den Beobach- 1) Heidenhain,R., Beiträge zur Histologie und Physiologie der Dünndarmschleimhaut. Archiv für die gesammte Physiologie, Bd. 43, 1888. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 161 tungen Kossel’s!) einige Hinweisungen auf die Aehnlichkeit der Reaetionen in Betreff der Farbstoffe zwischen der Substanz der Leukoeytengranula einerseits und zwischen den den Kern bildenden Substanzen andererseits. Verschiedene Substanzen, die die Zelle aufbauen, mit der neutralen Lösung Ehrlieh’s (saur. Fuchsin+Methylgrün) färbend, ward Kossel das ungleiche Verhalten derselben zu den genannten Farben gewahr: während das Eiweiss roth und die freie Nucleinsäure grün gefärbt wird, nehmen die Substanzen, welche durch Verbindung beider Körper zu Stande kommen (Nucleinkörper), bei derselben Behandlung eine gemischte Färbung an. Posner?) erhielt analoge Daten. Diese Ergebnisse liefern uns zugleich einen Anhaltspunkt für die Entscheidung der Frage nach der chemischen Natur der Leukoeytenkörner. Was die Gigantophagocyten betrifft, so ist noch folgendes zu bemerken. In denselben wurden häufig Gebilde beobachtet, welche den von Wissozky beschriebenen Bildern seiner Hämatoblasten sehr ähnlich waren. Auf Taf. IX, Fig. 10 sieht man innerhalb einer Riesenzelle ein scheibenförmiges Ge- bilde von sehr regelmässiger, runder Form und mit scharf aus- geprägten Contouren. In demselben sind zwei runde tropfen- förmige, homogene, durch Hämatoxylin gefärbte Schollen einge- schlossen. Die Substanz dieses scheibenförmigen Körperchens ist viel intensiver tingirt (Orange, Aurantia), als das Protoplasma der Riesenzelle; sie ist dabei homogen und ist von dem schwach gefärbten, trüben Protoplasma durch einen schmalen ringförmigen, vollkommen farblosen Streifen getrennt. So scheint es, als ob diese Körperehen mit dem Locheisen im Protoplasma der Riesen- zelle ausgehauen wären, was auch der Beschreibung Wissozky’s?) vollkommen entspricht. 1) Kossel, Ueber Lymphzellen. Gesellschaft der Charite-Aerzte. Verein für innere Medicin 5. Febr. 1894. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 38, 1894. 2) Posner, Farbenanalytische Untersuchungen. Verhandl. des XIl. Congresses f. innere Medicin. Wiesbaden 189. 3) Wissozky, Ueber das Eosin als Reagens auf Hämoglobin und die Bildung von Blutgefässen und Blutkörperchen bei Säugethier- und Hühnerembryonen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XIII, 1877. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 11 162 Gregorius Masslow: Ausser den beschriebenen Gebilden kommen oft in den Riesenzellen ganz ähnliche scheibenförmige scharf eontourirte und vollkommen isolirte Körperchen vor, welche sich von den vorher- gehenden nur durch die Abwesenheit von schwarzen Tropfen oder Kernresten unterscheiden. Weiterhin kann man häufig innerhalb der Riesenzellen ganze Zellen mit noch conservirten Kernen wahrnehmen. Auf Taf. IX, Fig. 7 ist im Protoplasma des Phagocyten ein Körperchen dar- gestellt, dessen Kern gut gefärbt ist und eine radiäre Anordnung der Chromatinschollen zeigt; das Protoplasma des Körperchens ist homogen, gelb gefärbt (Aurantia), dabei intensiver als das Protoplasma des Phagocyten. Der in das Innere des Phago- eyten gewendete Theil des Zellenleibes ist scharf contourirt und deutlich mit einem farblosen Streifen umringt. Auf Taf. IX, Fig. 12 ist ein solches Körperchen abgebildet; dasselbe ist durch Rubin roth gefärbt; die Grenzen des Protoplasmas sind deutlich ausgeprägt; die Kernstructur ist etwas verwischt. Das Körper- chen selbst liegt scheinbar in einer grossen Vacuole. In dem Protoplasma der Gigantophagocyten kommen auch häufig isolirte Körner vor, zuweilen in ziemlich grosser Zahl. Die Körner sind entweder so klein, wie ein Pünktchen, oder grösser, und lassen sich durch Aurantia, Orange und Eosin gut tingiren. Diese Bilder entsprechen theilweise der Beschreibung von Nicolaides!). Die soeben betrachteten Bilder können nicht, wie schon oben erwähnt wurde, im Sinne einer Neubildung ausgelegt werden; sie sind eher als ein Product regressiver Veränderungen aufzufassen, da die von den Phagocyten aufgenommenen Ele- mente an sich die Spuren eines allmählichen destructiven Pro- cesses tragen, welcher mit einer vollständigen Zerstörung der aufgenommenen Zelle endigt. Diese Vermuthung gewinnt um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als die Gigantophagoeyten vielfach namentlich an solchen Stellen vertreten sind, wo Spuren einer Neubildung von rothen Blutkörperchen nicht gefunden werden, z. B. in den Malpighischen Körperchen der Milz. 1) Nicolaides, Ueber intracellulare Genese von rothen Blut- körperchen im Mesenterium des Meerschweinchens. Arch. f. Anat. u. Physiol., 1891, Heft 5 u. 6. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 163 Wir kennen aber sehr wohl zahlreiche Beobachtungen von dem Untergange rother Blutkörperchen, die von Phagocyten aufgenommen worden waren; ich will hier nur auf die Arbeiten yonsBiessl), „Bitbem)),- Grohe 3y,N0s ler; vGabsom)), Geelmuyden‘), Hoyer’) und Kusnetzoff®) verweisen. Alles dieses muss unbedingt in Erwägung gezogen werden bei der Beurtheilung der Frage über die etwaige intracelluläre Entwiekelung rother Blutkörperchen, da wir einerseits keine unwi- derlegbaren Thatsachen besitzen zur Entscheidung der Frage, ob im gegebenen Falle eine junge neugebildete Zelle vorliege; andererseits viele Beobachtungen uns die Aufnahme von Zellen in andere (in Phagocyten) beweisen. III. Die Entwickelung der Blutelemente. Die blutbildenden Organe lassen, so weit wir es jetzt wissen, zweierlei Arten von Elementen unterscheiden, welche ihren morphologischen Eigenschaften nach von einander scharf getrennt sind. Das sind die Leukoblasten und die von denselben abstammenden farblosen Blutkörperchen (Leukocyten) einerseits und die Erythroblasten und die von ihnen entstehenden kernhaltigen Erythrocyten, welche sich später in die endgültige Form, d. h. in gewöhnliche kernlose Erythrocyten verwandeln, andererseits. 1) Riess, Beitrag zur pathologischen Anatomie des Knochenmar- kes bei pernieiöser Anämie. Centralbl. f. d. med. Wissensch., 1881 Nr. 48. 2) Litten, Ueber das Vorkommen blutkörperhaltiger Zellen im Knochenmark. Ibid. Nr. 50. 3) Groh&, Ueber das Verhalten des Knochenmarks in verschie- denen Krankheitszuständen. Berl. klin. Wochenschr., 1881, Nr. 44. 4) Osler, Note on cells containing red blood-corpuscles. Jahresber. üb. d. F. d. Anat. u. Phys. Hofmann-Schwalbe, Bd. XI, 1883. 5) Gibson, The blood-forming organs and blood-formation. Journ. of Anat. and Physiol. norm. and pathological, 1885, Vol. XX, P. I—-M. 6) Geelmuyden, Das Verhalten des Knochenmarkes in Krank- heiten und die physiologische Function desselben. Virchow’s Arch,, Bd. 105, 1886. 7) Hoyer, Beitrag zur Kenntniss der Lymphdrüsen. Jahresber. ob. d.R.d. Anat. u. Phys, Bd. XVII, 1890. 8) Kusnetzoff, Ueber die Blutkörperchen enthaltenden Zellen der Milz. Ibid. Bd. II, 1875. 164 Gregorius Masslow: Erythroblasten. Diese Gebilde wurden im Knochen- mark und in der Milz sowohl bei jungen, als auch bei erwachsenen Thieren beobachtet. Bei letzteren ist in der Milz die Zahl dieser Elemente stets viel geringer, als im Knochenmarke. Die jüngsten Formen dieser Zellen zeichnen sich durch ihre bedeutende Grösse aus, die die Dimensionen eines gewöhnlichen rothen Blutkörper- chens mehrfach übertrifft. Sie sind meistentheils vollkommen rund; nur selten trifft man Elemente von mehr oder weniger länglicher oder ovaler Form. Dabei erscheinen ihre Contouren als feine Linien, welche sich von dem übrigen helleren Theile des Zellprotoplasmas scharf abheben. Der Zellleib umgiebt den Kern in der Gestalt eines hellen, aus vollkommen homogener Substanz bestehenden Ringes. Der Kern macht den umfangreichsten Theil der Zelle aus. Die Kernform ist gleich dem Zellleibe bald vollkommen rund, bald mehr oder weniger oval. Der Kern behält jedoch stets die Form einer regelmässigen Figur und zeigt im Ruhezustande an seiner Peripherie keine Vertiefungen, Vorsprünge, Krümmungen, Einschnürungen ete. Die Erythroblastenkerne werden stets, dank dem hier reichhaltig vertretenen Chromatin, durch Hämatoxylin sehr intensiv gefärbt, so dass sie schon der Färbungsintensität nach von den Kernen der übrigen Zellelemente unterschieden werden. Die Kerne besitzen stets scharfe Umrisse. Die Peri- pherie des Kernes ist von einer mehr oder weniger deutlich aus- geprägten, dunklen (durch Hämatoxylin) Linie begrenzt, von welcher unmittelbar zum Centrum des Kernes hin ziemlich massive Chromatinschollen, die ebenfalls durch Hämatoxylin intensiv tingirt werden, hinziehen. Diese Schollen haben meistentheils eine längliche Form und ordnen sich in der Richtung der Kern- radien, an Radspeichen erinnernd. Die Chromatinschollen sind jedoch nieht immer gleich lang: einige sind ziemlich kurz, so dass sie in der Mitte zwischen der Peripherie und dem Kern- centrum unterbrochen werden; andere wieder, und dabei die Minderzahl, ziehen bis an den centralen Theil des Kernes, wobei sie meistentheils hier mit einer im Centrum gelegenen Chromatin- scholle zusammenfliessen. Seltener werden statt einer centralen Scholle zwei, noch seltener drei beobachtet. Der Dieke nach unterscheiden sich die einzelnen Chromatinstrahlen nur wenig, während die Dieke eines und desselben Strahles auf der ganzen Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 165 Strecke eine ungleiche ist. Der periphere Theil der Chromatin- strahlen oder der radiär angeordneten Chromatinschollen erscheint gewöhnlich etwas verdickt im Vergleiche zu dem schmalen, zum Centrum des Kernes zugewandten Ende derselben. Eine mehr regelmässige radiäre Anordnung der Chromatinstrahlen wird an den kleineren Kernen, welche zu den späteren Entwickelungsformen der Erythroblasten gehören, beobachtet, während an den grösseren Kernen (den jüngsten Formen) die Strahlenanordnung nicht immer eine so regelmässige ist; einige Strahlen ziehen mehr oder weniger schräg zu einem ausserhalb des Kerncentrums gelegenen Punkte. Je grösser im Allgemeinen der Kern ist, desto kürzer und massiver sind die einzelnen Chromatinstrahlen, welche sich oft als kurze, an der Kernperipherie angeordnete Zacken präsen- tiren. Von der Kerngrösse ist auch die Zahl der Strahlen direct abhängig. Bei dreifacher Färbung werden einige Schollen durch Rubin roth gefärbt, während andere durch Hämatoxylin schwarze Tinetion erhalten. Die weitere Entwickelung dieser primitiven Bildungszellen besteht in der allmählichen und gleichmässigen Verkleinerung der Dimensionen des Kernes, so dass seine regelmässige Form unver- ändert bleibt. Der progressiven Verkleinerung des Kernes ge- mäss bildet sein Zellleib eine immer breiter werdende Zone. Die protoplasmatische Zone ist übrigens an der ganzen Peripherie nicht immer gleich breit, da der Kern zuweilen nicht in’s Zellen- centrum selbst zu liegen kommt. Im Laufe der Zeit wird auch die Zelle selbst kleiner, aber nicht in dem Maasse, wie der Kern, so dass letzterer stets von einem verhältnissmässig breiteren proto- plasmatischen Saume als in den frühesten Entwickelungsstadien umgeben ist. Parallel mit der Verkleinerung des Kernes vergrössert sich die Färbekraft desselben. Diese Erscheinung wird durch den Um- stand erklärt, dass die Verkleinerung der Kerndimensionen etwa eine Eindiekung, Condensation, des Chromatins bewirkt. Dieses letztere bildet jetzt eine geringere Menge von Strahlen, welche sich diehter anordnen, so dass die Quantität der übrigen durch Hämatoxylin kaum gefärbten Kernsubstanz („Kernsaft“) allmäh- lich immer kleiner wird. Mitunter werden die Strahlen nach und nach länger; in reiferen Elementen reicht die Mehrzahl der Strahlen bis an den centralen Theil des Kernes; letzterer Um- 166 Gregorius Masslow: stand bedingt eine noch bedeutendere Verkleinerung des von der schwach gefärbten Kernsubstanz eingenommenen Raumes. Ein- zelne Strahlen werden hierbei zuweilen massiver, dicker. Mit der Verkleinerung des Kernes wird auch die Anord- nung der radiären Strahlen eine regelmässige, sodass man manch- mal an kleinen Kernen eine zierliche Kreuzfigur erblicken kann, welche aus vier radiär angeordneten Chromatinstrahlen zusammen- gestellt ist; die Kernumrisse erhalten dabei eine runde Form. Mit dem weiteren Verlaufe der Entwickelung wird der Kern noch kleiner, die einzelnen Strahlen verschmelzen, so dass an den kleinsten Kernen, die zu den endgültigen Phasen der Ent- wickelung von Erythroblasten gehören, die radiäre Anordnung des Chromatins oft nur sehr undeutlich ausgesprochen ist; zuletzt erhält der Kern ein vollkommen homogenes Aussehen. In diesem Falle erscheint er als kleiner, homogener, durch Hämatoxylin ge- färbter Kreis; seine Form ist regelmässig rund, die Contouren sind sehr scharf ausgeprägt. Die bis zu. minimalen Dimensionen verkleinerten und auf die erwähnte Weise veränderten Kerne werden scheinbar zu weiterer Proliferation unfähig. Hierbei erweist sich der atro- phirte, seiner morphologischen Eigenschaften und der funetio- nellen Fähigkeit verlustig gewordene Kern als überflüssiger Be- standtheil und unterliegt deshalb einem endgültigen Zerfalle, auf welchen ein gänzliches Verschwinden desselben folgt. Der Kern zerfällt zunächst in 2—3 oder mehrere Frag- mente von verschiedener Grösse; dieselben erscheinen als kleine, strueturlose tropfenförmige Gebilde, welche sich stets vom hellen Grunde des homogenen Zellleibes scharf abheben, dank ihrer Fähigkeit, sich durch Hämatoxylin gleichmässig, fast schwarz, zu färben. Das weitere Schicksal dieser tropfenförmigen Chromatin- fragmente ist scheinbar das, dass sie im Protoplasma des Blut- körperchens allmählich aufgelöst werden. Für eine solche Ver- muthung spricht der Umstand, dass zuweilen Elemente vor- kommen, welche alle charakteristischen Eigenschaften vollkommen ausgebildeter Erythrocyten besitzen, sich aber von diesen letzteren durch die Anwesenheit besonderer Einschlüsse in ihrem Proto- plasma unterscheiden. Die genannten Einschlüsse haben meist eine unregelmässige Form; ihre Umrisse sind undeutlich, ver- üinige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 167 schwommen; ihre Grösse und Menge sind verschieden; sie sind gewöhnlich unregelmässig angeordnet: einige von ihnen liegen in den eentralen Theilen des Körperchens, während andere sich in den peripheren befinden; durch Hämatoxylin werden sie sehr schwach aschgiau gefärbt, so dass sie kaum bemerkbar und oft ur mit Mühe aufzufinden sind; zuweilen aber nehmen diese Ge- bilde dieselbe Farbe auf, wie auch das Protoplasma der Erythro- eyten, nur mit dem Unterschiede, dass die Einschlüsse stets etwas intensiver gefärbt sind. Neben den blassen, graulichen Ein- schlüssen in den einzelnen Zellen beobachtet man punktförmige, durch Hämatoxylin dunkler tingirte Gebilde. Diese noch nicht vollkommen ausgebildeten Erythrocyten mit Einschlüssen unterscheiden sich von den gewöhnlichen rothen Blutkörperchen ausser dem Gesagten noch durch verhältnissmässig bedeutendere Grösse und dadurch, dass sie an ihrer Peripherie keine doppelten Contouren besitzen (s. Taf. IX, Fig. 1f). Uebrigens zeigt der Kern nur selten keine Erscheinungen von Chromatolyse; derselbe atrophirt dann scheinbar allmählich und wird in Folge von Verlust der Chromatinsubstanz immer blasser, dabei die runde Form beibehaltend. So werden zuweilen einzelne Elemente beobachtet, deren runder Kern stark verkleinert und durch Hämatoxylin sehr schwach, aber gleichmässig auf der ganzen Strecke gefärbt ist. So erscheinen die rothen Blutkörperehen der Säugethiere als das Resultat einer sehr complieirten Umwandlung der Bildungs- zellen, der Erythroblasten. Die erwähnte Verkleinerung des Zellvolumens ist das Resultat der Kernverkleinerung, mit anderen Worten, es verfolgt die Zusammenziehung des Zellleibes den Zweck, denjenigen Defect auszufüllen, welcher in Folge von der Verkleinerung und dem Schwunde des Kernes zu Stande kommen müsste. Nur dann, wenn die letzten Spuren von Kernfragmenten vollkommen verschwunden sind, hat die Zelle die Dimensionen und Eigenschaften eines gewöhnlichen rothen Blutkörperehens gewonnen. Taf. IX, Fig. 1 giebt die verschiedenen Entwicke- lungsphasen der Erythroblasten wieder. Obrastzow!) hat ebenfalls körnige rothe Blutkörperchen 1) Obrastzow, Zur Morphologie der Blutbildung im Knochen- marke der Säugethiere. Diss. St. Petersb. 1880 (russisch). 168 Gregorius Masslow: beobachtet und hält dieselben für unreife Formen. Diese Er- scheimung erklärt er jedoch auf andere Weise. Nach seiner Vorstellung ist in den „blassen Zellen“ des Knochen- _ markes und in den von ihnen abstammenden „Hämatoblasten“ (kern- haltigen rothen Blutkörperchen) während des Lebens diese Kernsubstanz in der ganzen Zelle verbreitet. Bei der postmortalen Starre des Proto- plasmas der geuannten Zellen verdichtet sich die Kernsubstanz und bildet anfänglich eine Reihe einzelner, feiner Verschmelzungscentren in der Gestalt von Körnern. Diese letzteren ziehen sich späterhin zum Centrum zusammen und erscheinen hier als Kerne. In einigen Fällen füllen diese Körnchen dem Anschein nach das ganze Körperchen aus, während wir in anderen nur 2—3 Körnchen antreffen. In dieser Mannigfaltigkeit der Körnchenzahl oder der Centren der postmortalen Verschmelzung der sich verdichtenden Kernsubstanz erbliekt der Autor eine allmähliche Verminderung von Kernsubstanz in den unreifen Blut- körperchen bis zu einem vollständigen Schwunde derselben. Arndt(eitirt bei Obrastzow) nimmt an, dass die elliptischen rothen Blutkörperchen vom Frosch, Triton, sowie von Fischen und Vögeln während des Lebens keine Kerne besitzen. Das Auftreten von Kernen in denselben weise auf eine schwere Störung der Ernährung, auf das Absterben der Zelle hin. Die Blutelemente würden bei der Kernbildung zuerst körnig; später bilde sich dadurch, dass sich die Körner einander nähern, der Kern, welcher jedoch keine netzartige Structur habe, da er nur aus einzelnen Körnern zusammengeballt sei; das Kernnetz sei eine optische Täuschung. Eine diffuse Anordnung der Kernsubstanz im Zellleibe lässt auch Malassez!) zu: seine „Protohämatoblasten“ besitzen einen solchen undifferenzirten Kern. An den von mir untersuchten Objeeten habe ich niemals Erythrocyten mit einer grossen Menge von feinen Körnchen in ihrem Protoplasm angetroffen. Das meiste, was die Erythro- cyten enthielten, waren 4—5 verhältnissmässig grobe Körnchen, unter welchen zuweilen auch ziemlich grosse vorhanden waren. Dabei kamen diese Formen ausschliesslich in den blutbildenden Organen vor, niemals wurden sie im Blute gefunden. Ueber einen Zerfall der Blutkörperchen-Kerne und das oe schwinden der Fragmente durch eine Art Auflösungsprocess berichten indessen eine ganze Reihe von Autoren. Ich nenne 1) Malassez, Sur l’origine et la formation des globules rouges dans la moelle des os. Arch. de physiologie norm. et pathol. 2 Serie. TIBLAISS2EN- 1: Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 169 Erb), Kölliker?, Neumann?) Cu¬®), Löwit?) und Askanazy°). Nach einer anderen Ansicht (Rindfleisch, Howell, Disse, v. d. Strieht, Ehrlich u. A.) verlieren die kern- haltigen rothen Blutkörperchen ihren Kern durch Ausstossung. Ehrlich?) nimmt an, dass die Normoblasten (kernhaltige rothe Blutkörperchen, welche der Grösse nach den gewöhnlichen rothen Blutkörperehen entsprechen) ihren Kern ausstossen, während der Kern der Megaloblasten (kernhaltige Elemente, aus welchen sich bei Anämie Riesenblutkörperehen bilden) degenerire. Nom dan 0220 sber, Sp uler, Eliasbergrur7 stellen dagegen die Entstehung von kernlosen Erythroeyten durch Kernausstossung in Abrede. An meinen Präparaten habeichebenfalls nichts dergleichen wahrge- nommen. Eliasberg®) schliesst aus seinen Präparaten, dass der Kernschwund (dureh Auflösung in der Richtung von der Peri- pherie zum Centrum hin) erfolge, indem man die peripheren Theile des Kernes blasser finde, während das Centrum noch dunkler sei. Es ist jedoch zu bemerken, dass ich niemals Kerne von solehem Charakter gefunden habe, wie sie Eliasberg be- schreibt, d. h. Kerne mit einer blasseren, in Resorption begriffenen 1) Erb, Zur Entwickelungsgeschichte der rothen Blutkörperchen. Virchow’s Arch. Bd. 34, 1865. 2) Kölliker, Ueber die Blutkörperchen eines menschlichen Em- bryo und die Entwicklung der rothen Blutkörperchen bei Säugethieren. Zeitschr. f. rationelle Medicin, Bd. IV, 1846. 3) Neumann, Ueber die Bedeutung des Knochenmarkes für die Blutbildung. Arch. d. Heilkunde, Jahrg. X, 1869. 4) Cu¬, Sur Je d&eveloppement des globules rouges du sang. Comptes rendus, T. 106, 1880. 5) Löwit, Die Umwandlung der Erythroblasten in rothe Blut- körperchen. Sitzungsberichte d. Wien. Akad., Bd. 95, Abth. III, 1887. 6) Askanazy, Blutbefund bei pernieciöser Anämje. Deutsch. med. Woch., 1893, Nr. 35. 7) Ehrlich, Anämische Befunde. De- und Regeneration rother Blutscheiben. Farbenanalyt. Unters. z. Histol. u. Klinik des Blutes. Berlin 1891. 8) Eliasberg, Experimentelle Untersuchungen über die Blut- bildung in der Milz der Säugethiere. Inaug.-Diss. Dorpat 189. 170 Gregorius Masslow: peripheren Schichte; im Gegentheil zeichnen sich in allen Fällen die Erythroblastenkerne, von den frühesten bis zu den spätesten Entwickelungsstadien derselben, dureh sehr scharfe Contouren aus (Hämatoxylinfärbung); sogar die Kernfragmente besitzen wenigstens zu Anfang stets ebensolche scharfe Umrisse. Pappenheim!) betrachtet den Kernschwund der Eıy- throblasten als eine einfache Degeneration des Zellkernes, welche auf keinen Fall mit der Degeneration des Zellleibes in Zusammen- hang stehe, obgleich die entkernten Zellen als Scheiben nur eine kurze Zeit (vier Wochen) fortleben. Die Metaphase zu den Erythroceythen in Folge von Kernschwund wird in Erythroblasten von verschiedener Grösse beobachtet und kaun in jedem Alter der Zelle anfangen, sowohl in jungen als auch in alten Erythro- blasten. Deshalb kann die Metaphase als Ausdruck für die Reife der Blutzellen nieht dienen. Die Ursache der Metaphase muss in einer Ernährungsstörung der Kernes gesucht werden. Es ist zu bemerken, dass die von Pappenheim be schriebene „Radform“ der Erythroblastenkerne der Kernstructur der Erythroblasten bei allen von mir untersuchten Thieren sehr ähnlich ist. Pappenheim hält solche Veränderungen des Kernes für degenerative Erscheinungen. Es ist jedoch schwer, mit Pappenheim’s Ansicht übereinzustimmen, wenn man folgende Umstände in Erwägung zieht. Erstens, ist die Radform ausschliesslich den Erythroblasten eigen; zweitens, wird sie an solchen Elementen beobachtet, welche ihrem Aeusseren nach voll- kommen intakt erscheinen, welche die normalen Form- und Structurverhältnisse des Kernes und des Zellleibes beibehalten haben, und ebenfalls keine sichtbaren Abweichungen von der Norm im Sinne der Färbung beider Bestandtheile aufweisen; drittens, kommen Kerne mit solcher Structur bei einer grossen Zahl der Erythroblasten und dabei bei allen untersuchten Thieren vor; an manchen Objecten war diese Form sogar ausschliesslich vertreten. Wenn auch in einzelnen Fällen in den Erythroblasten Kerne mit netzförmiger Anordnung der Chromatinfäden beobachtet werden, so machen diese Formen stets eine unbedeutende Minderzahl aus; eine solche Anordnung des Chromatins kommt übrigens in 1) Pappenheim, Die Bildung der rothen Blutscheiben. Inaug.- Diss. Berlin 189. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung etc. 171 späteren Entwickelungsstadien vor. Wenn dabei an den radförmigen Kernen Erscheinungen des Zerfalles (Karyorrhexis + Karyolysis im Sinne Pappenheim’’s) wahrgenommen werden, so ge- schieht dies unter besonderen Umständen, beim Absterben der ganzen Zelle innerhalb der Gigantophagocyten (Tafel IX, Fig. 210-1112): Die Vermehrung der Erythroblasten geschieht nach dem Typus dermitotischen Theilung (Taf. VII, Fig. 16). Die Vermehrungsfähigkeit behalten die Erythroblasten scheinbar so lange, als ihr Kern noch keine »edeutenden Structurverände- rungen erlitten hat. Die mitotische Theilung der Erythroblasten wird von den meisten Autoren, welche diesen Prozess beobachtet haben, anerkannt. Askanazy ist es sogar gelungen, unter dem Mikroskope die indireete Kerntheilung innerhalb eines grossen rothen Blutkörperchens im Blute bei pernieiöser Anämie zu be- obachten. Die Frage, ob die Erythroblasten schon von Anfang an hämoglobinhaltige Zellen seien oder ob die ursprünglichen Formen farblos wären, ist verschieden beantwortet worden. Als Vertreter der ersteren Ansicht erscheint Bizzozero!), nach dessen Meinung bei Vögeln die allerjüngsten Zellen (die sphärische Zelle mit spharischem Kerme) schon durch Hämoglobin gefärbt sei, wenn- gleich weniger intensiv, als die vollkommen entwickelten rothen Blutkörperchen. Andere Autoren sind der zweiten Möglichkeit geneigt: Howell, Löwit, Denys, Foä, Wertheim, Müller, Disse u. A. Uebrigens enthalten nach Disse?) die Erythroblasten häufig Hämoglobin, können aber auch farblos sein. Nach Freiberg 's Ansicht ist es schwer, mit Bestimmt- heit festzustellen, ob die jüngsten Formen Hämoglobin enthalten oder nicht. Nach v. d. Stricht?) bilden sich die ersten Erythro- blasten während der Localisation des Blutbildungsprocesses in der embryonalen Leber aus den kernhaltigen rothen Blutkörper- 1) Bizzozero, Neue Untersuchungen über den Bau des Knochen- marks bei den Vögeln. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 35, 1890 2) Disse, Blut und Gefässe. Ergebnisse der Anat. u. Entwicke- lungsgesch., Bd. I, 1891— 1892. 3) v. d. Stricht, Le developpement du sang dans le foie em- bryonnaire. Arch. de biologie, T. XI, Fasc. 1, 1891. 172 Gregorius Masslow: chen des circeulirenden Blutes, welche mehr oder weniger durch Hämoglobin gefärbt sind; später erscheint das Produet ihrer Vermehrung in der Gestalt von farblosen Erythroblasten. Trotz der Meinung Cu¬’s über die Betheiligung des Kernes (die von ihm sich loslösenden Körnchen spielen entweder die Rolle eines Ferments oder erscheinen als Eisenträger) an der Formirung von Hämoglobin leugnet v. d. Striecht jeglichen Zusammenhang zwischen Kernschwund und Hämoglobinbildung, da er in den abführenden Leberkapillaren eine grosse Zahl von schwach tingirten kernlosen rothen Blutkörperchen fand; anderer- seits wird neben den gefärbten Erythroblasten eine Menge fast ungefärbter kernloser Körperchen beobachtet. Meine Beobachtungen führen zu anderen Resultaten: Be- hufs Beurtheilung der obigen Frage ist am meisten die combi- nirte Färbung mit Hämatoxylin-Rubin-Helianthin geeignet. An solehen Präparaten sind die hämoglobinhaltigen Erythrocyten bei einem bestimmten Grade der Einwirkung von Helianthin- lösung intensiv roth gefärbt, besonders aber diejenigen, welche an der Peripherie des betreffenden Organes liegen, während die in den mehr centralen Theilen gelegenen entweder bedeutend schwächer gefärbt werden, oder gar nicht Rubin aufnehmen, sondern nur durch Helianthin gefärbt werden, welches auch das Leukoeytenprotoplasma tingirt. Es zeigt sich nun der Erythro- blastenleib in der Mehrzahl der Fälle gelb gefärbt (Helianthin); indessen kommen an Präparaten aus Müller schen Flüssig- keit zuweilen einzelne Erythroblasten mit schwach rosa gefärbtem (Rubrin) Protoplasma vor. Es sind noch besondere Varietäten der Kernform der Ery- throblasten zu beachten. In den blutbildenden Organen einiger Thiere werden Kerne angetroffen, welche stark ausgezogen und sehr verjüngt sind, besonders im mittleren Theile, an den Enden aber keulenförmig verdickt, so dass sie eine Hantelform besitzen. Einige Kerne sind erst im Begriffe eine verlängerte Form anzu- nehmen, sich auszuziehen, während andere schon mehr oder weniger ausgezogen, verjüngt, zuweilen gebogen erscheinen (s. Taf. IX, Fig. 5). Dafür, dass dies Erythroblastenkerne sind, spricht erstens ihre intensive Färbung, welche sie von den schwach tingirten Leukoeytenkernen scharf unterscheidet, und zweitens der Umstand, dass an ihren keulenförmig verdickten Enden die Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 173 namentlich den Erythroblasten eigene radiäre Anordnung der Chro- matinstrahlen oft deutlich hervortritt. Häufig sind diese hantelförmi- gen Kerne dem Anscheine nach über dünne Bindegewebebalken oder über eine dünne Gefässwandung geworfen, wobeieine der Verdiekun- gen im Gefässlumen liegt; der mittlere, stark verjüngte Theil des Kernesliegt an der Wandung selbst (dieselbe scheinbar durchbohrend), und der andere verdickte Theil des Kernes ist ausserhalb der Gefäss- wandung zwischen den Elementen der Milzpulpa angeordnet. Auf Taf. IX, Fig. 6 sehen wir, wie ein Erythroblast durch die Gefäss- wandung geht. Dürften nicht die soeben angeführten Ergebnisse die Ansicht von Denys!) über eine amöboide Bewegung der Erythroblasten bestätigen? v. d. Stricht, Löwit?) und Eliasberg streiten übrigens das Vorhandensein einer solchen kategorisch ab. Eliasberg meint, dass der Durchgang der kernhaltigen rothen Blutkörperchen durch die endotheliale Ve- nenwandung der Milzpulpa einfach durch den Druck der sich vermehrenden benachbarten Elemente bedingt werde. Leukoblasten. Es sind dies, wie gesagt, die jüngsten Zellformen bei der Entwickelung von Elementen der leukocytären Art. In manchen Organen, z. B. Milz und Lymphdrüsen, locali- sirt sich der Entwickelungsprocess der genannten Bildungszellen an bestimmten Theilen dieser Organe, von wo aus auch die Neu- bildung der Leukocyten ausgeht. Solche locale Herde bilden in der Milz die Malpighi’schen Körperchen, und in den Lymph- drüsen hauptsächlich die Follikel der Rindensubstanz. Im Knochenmark giebt es keine solehe isolirte Produetionscentren oder Anhäufungen von Körperchen als Lymphfollikel, wie sie Sanfeliee?) nennt; hier sind die jungen Zellen ohne Ordnung mit Elementen verschiedener Altersstufen vermischt. Sowohl die Leukoblasten als auch Leukocyten unterscheiden sich nach ihren morphologischen Merkmalen von den Erythro- blasten sehr scharf. Ihr Kern ist stets weit weniger intensiv 1) Denys, Sur la structure de la moelle des os et la genese dus sang chez les oiseaux. La Cellule. T. W. 1888. 2) Löwit, Die Anordnung und Neubildung von Leukoblasten und Erythroblasten in blutzellenbildenden Organen. Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 38, 1891. 3) Sanfelice, Gen&se des corpuseles rouges dans la moellle des os des vertebres. Arch. italien. de Biologie, T. XIII, Fasc. 1, 1890, 174 Gregorius Masslow: gefärbt, was durch den verhältnissmässig geringeren Gehalt an Chromatinsubstanz in demselben bedingt wird. Die Kernform ist sogar in den frühesten Entwickelungsstadien niemals so regel- mässig, wie bei den Erythroblasten, abgesehen von den weiteren Entwickelungsformen der Leukocyten, deren Kerne höchst mannig- faltige und unregelmässige Figuren bilden. Schon sehr früh er- halten die Leukoblastenkerne unregelmässige Conturen mit leichten Vertiefungen, Ecken u. s. w. Mitunter sind die Kerneontouren von einer dünnen, wenig ausgeprägten Linie begrenzt, an welcher stellenweise kleine Verdiekungen wahrgenommen werden, die, wie auch die den Kern umgebende Linie, dunkel gefärbt sind (Hämatoxylin).. Die erwähnten Verdickungen pflanzen sich in manchen Fällen auf einer grösseren oder kleineren Strecke in die Kernsubstanz fort und vereinigen sich hier zuweilen mit einer Chromatinscholle.. Häufiger jedoch bilden diese Verdiekungen eine kleine Zahl sehr kurzer Vorsprünge an dem Innentheile der peripheren Linie; in der Kernsubstanz selbst ist eine spär- liche Menge von verschieden grossen und unregelmässig geformten Chromatinschollen eingelagert. In seltenen Fällen kann man eine kreuzförmige Anordnung der Chromatinstrahlen beobachten, welche mit der centralen Scholle theilweise zusammenhängen. Diese Kerne unterscheiden sich jedoch von denjenigen der Erythro- blasten: 1) durch ihre unregelmässigen Contouren, 2) durch blasse Färbung, 3) durch stets geringfügige Menge von Chromatinstrahlen. In der Mehrzahl der Fälle ist in der Anordnung der Chromatin- verdiekungen und Schollen keine Regelmässigkeit und Ordnung wahrzunehmen; dabei ist ihre Zahl stets eine unbedeutende im Vergleiche zur Grösse des Kernes. Durch diesen Umstand wird auch die verhältnissmässig blasse Färbung der Leukocytenkerne bedingt. Uebrigens färben sich die Kerne der jüngeren Formen etwas dunkler, was von der geringeren Grösse der Kerne in gegebenem Falle und, folglich, von der diehteren Anordnung der Chromatinschollen auf einem kleineren Gebiete abhängt. Der Leib der Leukoblasten und Leukocyten besitzt nicht so scharfe und bestimmte Umrisse, wie wir das bei den Erythro- blasten gesehen haben. Ihr Protoplasma ist nicht homogen, glänzt nicht, sondern erscheint trübe, matt. Die weitere Entwickelung der Leukoblasten geschieht in umgekehrter Ordnung im Vergleiche zu den Erythroblasten. Dort Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 175 haben wir die allmähliche Verkleinerung der ganzen Zelle und des Kernes bis zum gänzlichen Verschwinden des letzteren be- obachtet; hier wächst, im Gegentheil, der Kern, vergrössert sich bis zu bestimmten Grenzen, zugleich vergrössert sich auch die ganze Zelle. Je nach dem Heranwachsen färbt sich der Kern allmählich blasser, da sich die Menge der Chromatinsubstanz dabei scheinbar nicht vergrössert. Mit dem weiteren Verlaufe der Entwickelung ändert der Kern auch seine Form. Er erhält zunächst an der Peripherie eine mehr oder weniger tiefe Einbuchtung, welche später noch schärfer ausgeprägt ist. Der Kern zieht sich aus, wird verlängert, wird wurstförmig und gebogen. Indem er sich verlängert, ver- Jüngt und noch mehr krümmt, erhält er höchst mannigfaltige Umrisse, die für die Leukocytenkerne so charakteristisch sind. Auf der Taf. VII, Fig. 11, 12, 13, sind die Elemente eines Malpighi schen Körperchens abgebildet, welche die allmähliche Entwickelung von den jüngsten Formen (die Zellen der eentralen Zone des Malpighi schen Körperchens, welche unmittelbar an der Peripherie des centralen Gefässes angeordnet sind) bis zu den reiferen (die Zellen der mittleren und der peripheren Zone) präsentiren. Die spätesten Entwickelungsformen werden im benachbarten Gewebe beobachtet. Die Leukoblasten und Leukocyten vermehren sich durch Mitose. Dafür sprechen einerseits auch die vielen unter jungen Elementen vorkommenden Mitosen (die Follikel der Lymphdrüsen, die Malpighi’schen Körperehen), anderseits — Mitosen höchst charakteristischer granulirter Leukoeyten (s. Taf. VII, Fig. 15), die zuweilen angetroffen werden. Somit sind die Unterscheidungsmerkmale der Erythro- und Leukoblasten folgende: Erythroblasten: » Leukoblasten: 1. Der Kern besitzt eine runde | Der Kern ist von unregelmässiger oder ovale Form. Form. &) Der Kern ist reich an Chromatin | Der Kern ist weniger reich an und färbt sich daher intensiv. Chromatin und färbt sich daher auch weniger intensiv. 3. Das Kernchromatin hat eine | Die Anordnung des Chromatins charakteristische Anordnung in ist nicht so charakteristisch, Form von radiären Strahlen, häufig sogar fehlt jegliche Ord- zuweilen netzförmig. nung. 176 Gregorius Masslow: Erythroblasten: Leukoblasten: 4. Der Zellleib hat scharfe Um- | Der Zellleib ist ohne scharfe Gren- risse. zen. 5. Das Protoplasma ist homogen, | Das Protoplasma ist trübe. hyalin. Beide Zellarten vermehren sich durch mitotische Theilung. Auf die Beschreibung der bei den einzelnen untersuchten Thierarten gewonnenen Specialbefunde soll hier nicht näher ein- gegangen werden. Das was von diesen Befunden nicht bereits im Vorstehenden mitgetheilt wurde, wird man in der folgenden Zusammenstellung der Resultate finden. Ergebnisse. 1. Die stäbehenförmige Körnung ist nicht nur den Leukoeyten des Vogelblutes eigen, sondern kommt auch in den Leukoeyten einiger Säugethiere (Katze) vor. 2. Im Gegentheil zu den gewöhnlichen sphärischen Körnern weisen die stäbehenförmigen eine gewisse Differenzirung der sie aufbauenden Substanz auf, was sich durch das Auftreten von dunklen (intensiv tingiblen) und hellen (nieht tingiblen) pünktchen- förmigen Gebilden in den Stäbehen kennzeichnet. Diese Eigen- heit besitzen übrigens nur die Stäbehenkörner des Vogelblutes. 3. Sowohl die Leukocyten als auch die Erythrocyten er- leiden, ehe sie vollkommen reif werden, eine Reihe von successiven Umwandlungen der ursprünglichen Bildungszellen, welche sich durch speeifische Eigenheiten für jede Art der genannten Körper- chen auszeichnen. 4. Die Verwandlung der Erythroblasten in definitive kern- lose Körperchen der Säugethiere geschieht durch den intracellu- lären Zerfall des Kermes, welcher zunächst Veränderungen in seiner Struetur erleidet und sich progressiv verkleinert. Die Par- tikelehen des zerfallenen Kernes verschwinden, werden so zu sagen resorbirt, aufgelöst. In anderen Fällen kann der Kern scheinbar durch allmähliche Atrophie verschwinden, welche sich durch progressive Abnahme des Volumens, Structuränderung und durch allmählichen Schwund der tingiblen Kernsubstanz (ohne vorläufigen Zerfall desselben in Theile) kundgiebt. Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 177 5. Die Entwickelung und Verwandlung der Erythroblasten geschieht in den blutbildenden Organen. Von ihnen steht in erster Reihe das Knochenmark, welches bei den Säugethieren diese Function während des ganzen Lebens des Organismus be- wahrt und stets eine reichliche Menge von Entwicklungsformen der rothen Blutkörperchen enthält. 6. Die Milz der Säugethiere ist ebenfalls an der Bildung von rothen Blutkörperchen betheiligt, wobei die blutbildende Thätigkeit des genannten Organes auch während des Extrauterin- lebens, sogar bei ganz alten Thieren conservirt bleibt. Aber während bei den Embryonen und auch während einer bestimmten Periode nach der Geburt des Thieres in der Milz eine lebhafte Neubildung einer grossen Menge von farbigen Elementen statt- findet, wird mit dem Alter des Individuums die Funetion der Milz in dieser Hinsicht etwas schwächer, wie das aus dem ver- hältnissmässig geringen Gehalte an Entwiekelungsformen bei älteren Thieren zu ersehen ist. Sonach besteht im späteren Alter nur ein quantitativer Unterschied zwischen dem Knochen- mark und der Milz. Jedoch kann die blutbildende Funetion der letzteren unter gewissen Verhältnissen wieder erhöht werden. So 7. B. wird eine Anhäufung einer grossen Menge verschiedener Erythroblastenformen zur Zeit der Schwangerschaft und bei mangelhafter Thätigkeit des Knochenmarkes (Fettmark) beob- achtet. 1. Die Entwiekelung und die Verwandlung der Erythro- blasten geschieht in der Milzpulpa selbst. Die Malpighi- schen Körperchen sind an diesem Vorgange gar nicht betheiligt. Die späteren Entwiekelungsformen der Erythroblasten kommen auch in den Venen der Milzpulpa vor, aber weit seltener und in viel geringerer Menge. 8. Die Lymphdrüsen sind weder bei den jungen noch dien alten Thieren an der Bildung der rothen Blutkörperchen, wenigstens unter normalen Verhältnissen, betheiligt. Jedoch auch in ihnen beobachtet man zuweilen unter gewissen Umständen höchst spärliche Erythroblasten, wie wir das bei schwangeren Meerschweinchen und bei erwachsenen Hunden mit stark ent- wickeltem Fettmarke gesehen haben. 9. Bei den Vögeln haben die Bildungszellen der rothen Blutkörperchen denselben Charakter, wie bei den Säugethieren. Archiv f. mikrosk. Anat, Bd. 51 12 178 Gregorius Masslow: 10. Im Knochenmark, in der Milz und den Lymphdrüsen findet ausser der Neubildung von Blutkörperehen auch ein Untergang derselben statt. Letzterer wird durch Gigantophago- cyten bewirkt. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Kult- schitzky, sage ich für die gütige Unterstützung bei dieser Arbeit meinen wärmsten Dank. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VIII u. IX. Alle Abbildungen sind mit Hülfe des Zeichenapparates nach Abbe neuester Construktion (Zeiss) ausgeführt; Mikroskop von Reichert. Tafel VII. Fig. 1,2 und 5. Leukocyten aus dem Blute eines Hühnchens. Die verschiedenartigen stäbehenförmigen Körner sind mit einem hellen centralen Punkte versehen. Die Punkte sind dunkel- violett gefärbt (mit bräunlicher Nüance). Auf Fig. 1 liegt neben dem Leukocyten ein rothes Blutkörperchen. Der Leu- kocytenkern ist voluminös, hat in der Mitte eine Einbuchtung, ist schwach grünlich gefärbt; der Leukocytenleib ist nur theil- weise conservirt. Auf Fig. 2 nimmt den grössten Theil des Körperchens ein schwach grünlich gefärbter Kern ein, das Protoplasma des Leukocyten ist nur an einer Stelle an der Kernperipherie (als Sichel) erhalten geblieben. Auf Fig. 3 sind das Protoplasma und der Leukocytenkern gut erhalten — der Kern ist rundlich, voluminös, das Protoplasma umgiebt den- selben als regelmässiger Reif. Oel-Immersion 1/5 (18) + Compensations-Ocular Nr. 12; Fär- bung mit Ehrlich’s neutraler Lösung (Orange-+-saures Fuch- sin+Methylgrün). Ein Häufchen Leukocytenkörner aus dem Blute eines anderen Hühnchens. Die Körner sind spindelförmig, sie sind deutlich violett gefärbt, haben einen centralen Punkt, welcher gleich intensiv violett gefärbt ist. Die Körner sind neben den an- liegenden rothen Blutkörperchen dicht angehäuft. Das Leuko- cytenprotoplasma ist zerstört, die Spuren des Kernes sind Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 179 nicht abgebildet, um die Deutlichkeit der Zeichnung zu er- höhen. Oel-Imm. 1/5 (18) + Comp.-Oe. Nr. 12; Färbung mit Ehrlich’s neutraler Lösung (saures Fuchsin + Methylenblau). Fig. 5. Ein Leukocyt aus dem Blute eines dritten Hühnchens. Die Contouren desselben sind deutlich ausgeprägt; zwei Kerne sind schwach grünlich gefärbt. Die Körner sind spindelförmig, violett tingirt, besitzen einen centralen dunkel-violetten Punkt. Oel-Imm. Y/js (18) -+ Comp.-Oe. Nr. 12; Färbung mit Spil- ling's neutraler Mischung (saur. Fuchsin + Methylgrün). Fig. 6 und 7. Leukocyten mit Körnern von runder Form aus dem Blute eines Hühnchens. Auf Fig. 6 ist der Leukocytenkern gut conservirt, der Leib nur theilweise. Auf Fig. 7 sind die Contouren des Körperchens deutlich ausgeprägt, gleich wie auch seine drei Kerne, die als hellere Flecken erscheinen. Oel-Imm. !/3 (15)+Comp.-Oe. Nr. 12; Färbung mit Ehrlich’s neutraler Lösung (Orange +saures Fuchsin + Methylgrün). Fig. 8, 9 und 10. Leukoeyten aus dem Blute eines Hühnchens. Kerne derselben intensiv durch Hämatoxylin gefärbt, die Bezirke des Protoplasmas zwischen den Körnern etwas schwächer durch Hämatoxylin oder durch das Gemisch des letzteren mit Eosin, die spindelförmigen Körner ungefärbt, blass!). Oel-Imm. 1/j (18) + Comp.-Oe. Nr. 12; Eosin-Hämatoxylin nach Ehrlich. Fig. 11, 12 und 13 zeigen die allmähliche Entwickelung der Elemente der Malpighi’schen Körperchen in der Milz eines erwachse- nen Hundes. Auf Fig. 11 Elemente der centralen Schicht des Malpighi’schen Körperchens, gelegen in unmittelbarer Nach- barschaft des centralen Gefässes, von dem ein Theil der Wan- dung abgebildet ist. Auf Fig. 12 Elemente der mittleren Schicht desselben Körperchens. Auf Fig. 13 Elemente der peripheren Schicht. Oel-Immersion 1/; (18) + Oe. Nr. 4. Fig. 14. Farblose Blutkörperchen und ein Erythroblast (a), gelegen im weiten Lumen der Vene. Präparat der Milz von demselben Hunde. Oel-Imm. 1/5 (18) + Oc. Nr. 4. Fig. 15. Mitotische Theilung eines granulirten Leukocyten aus dem Knochenmark eines Hundes. Oel-Imm. Ya (18) + Oec. Nr. 3 (Zeiss). Fig. 16. Mitotische Theilung von Erythroblasten aus der Milz eines erwachsenen Hundes. Oel-Imm. 1/5 (18) + Oc. Nr. 4. 1) Der Unterzeichnete verfehlt nicht darauf hinzuweisen, dass die spindelförmigen Körperchen der Figuren 1, 3, 4, 5, 8, 9 u. 10 stark an parasitäre Bildungen erinnern. Waldeyer, 180 Gregorius Masslow: Tafel IX. Verschiedene Entwickelungsstadien der Erythroblasten in der Milz einer erwachsenen (schwangeren) Hündin. Die successive Reihe der Entwickelungsformen ist durch die Buchstaben des Alphabets bezeichnet. Oel-Imm. 1/ (18) + Oe. Nr. 4. Erythroblasten und Leukocyten aus dem Knochenmark eines Meerschweinchens. Oel-Imm. 1/ (18) + Oe. Nr. 2. Erythroblasten aus der Milz desselben Meerschweinchens. Oel-Imm. !/;, (18) + Oe. Nr. 2. Erythroblasten uud Leukocyten aus dem Knochenmark einer Taube. Der successive Entwickelungsgang ist durch Buch- staben angedeutet. Oel-Imm. Y/;; (18) + Oe. Nr. 3 (Zeiss). Verschiedenartig ausgezogene und gekrümmte Erythroblasten- kerne aus der Kaninchenmilz. Oel-Imm. 1/5 (18) + Oc. Nr. 3 (Zeiss). Durchgang eines Erythroblasten durch die Wandung eines Blutgefässes. Kaninchenmilz. Oel-Imm. 1/ (18) + Oe. Nr. 3 (Zeiss). Fig. 7, 8, 9, 10 und 11. Gigantophagocyten aus der Meerschweinchen- milz. Alle Riesenzellen enthalten in ihrem Protoplasma tropfen- förmige Gebilde, die durch Hämatoxylin intensiv gefärbt sind. Diese Bildungen besitzen vorzugsweise eine regelmässige runde Form, seltener ist ihre Form mehr oder minder unregelmässig. Oel-Imm. 1/, (18) + Oc. Nr. 4. Phagoeyt aus dem Malpighi’schen Körperchen ’der Milz eines anderen Meerschweinchens. Dreifache Färbung (Rubin+ Hämatoxylin+ Helianthin). Ausser den tropfenförmigen durch Rubin rosa gefärbten Gebilden ist im Protoplasma der Riesen- zelle ein fremdes Zellelement eingelagert. Letzteres liegt scheinbar innerhalb einer grossen Vacuole. Oel-Imm. 1/ (18) + Oe. Nr. 3 (Zeiss). Für alle Riesenzellen ein und dieselben Bezeichnungen: a) Die Kerne der Riesenzellen selbst. b) Die Kerne der von den Phagocyten aufgenommenen fremden Elemente; diese Kerne zeigen bedeutende Structur- veränderungen in Zusammenhang mit dem Processe ihrer Zerstörung. c) Fremde Elemente, die scheinbar in Vacuolen innerhalb der Gigantophagocyten liegen. Auf Fig. 10 präsentirt sich die Zelle als eine regelmässige, scharf contourirte Scheibe mit zwei grossen Chromatintropfen (Rest des zerfallenen Kernes); um die Scheibe befindet sich ein deutlich bemerkbarer, voll- kommen ungefärbter ringförmiger Streifen. Dasselbe auf Fig. 7 nur mit dem Unterschiede, dass hier der farblose Fi fe} Einige Bemerkungen zur Morphologie und Entwickelung ete. 181 e. 13 Streifen nur einen Theil der Peripherie des fremden Elements als schmale Sichel umgiebt. d) Fremde Zellen innerhalb der Phagocyten; vom Proto- plasma dieser aufgenommenen Elemente ist nur ein heller Flecken übrig geblieben; in letzterem sind tropfenförmige Chromatinschollen (Kernrest) eingelagert. Auf Fig. 7 sind die genannten Chromatintropfen mit einem centralen hellen Punkte versehen. präsentirt einige Formen von tropfenförmigen Einschlüssen im Protoplasma der Gigantophagocyten. Diese Einschlüsse sind mit 1—2 hellen Punkten versehen, welche auf dem dunk- len, durch Hämatoxylin intensiv schwarz gefärbten Tropfen scharf hervortreten; häufig nehmen diese Punkte eine andere Färbung an (Orange, Aurantia). Oel-Imm. 1/, (18) + Oc. Nr. 4. g. 14 und 15. Zellelemente, deren Kerne zerfallen und verschieden verändert erscheinen. Aehnliche Elemente werden sowohl innerhalb der Phagocyten, als auch ausserhalb derselben als einzelne Exemplare zwischen den Zellen der Malpighi’schen Körperchen und der Milzpulpa beobachtet. Meerschweinchen- milz. Oel-Imm. 1/j, (18) + Oe. Nr. 4. Sämmtliche Abbildungen sind vom Autor nach der Natur ge- zeichnet und in Farben aquarellirt worden. Die Entwicklung der äusseren Form des F'orellen-Embryo. Von Fr. Kopsch. Assistent am I. anatomischen Institut zu Berlin. Hierzu Tafel X und XI. I. Einleitung. Diese Arbeit ist hervorgegangen aus der von Herrn H. Vir- chow angeregten und mit den Herren Sobotta und Ziegen- hagen sowie dem Verfasser angestellten Untersuchung über die Entwieklung der Knochenfische, insbesondere derjenigen der Forelle. Während durch die bei dem gemeinschaftlichen Unternehmen vorgenommene Arbeitstheilung, welche den einzelnen volle Freiheit 182 Fr. Kopseh: liess, erreicht wurde, dass jeder mit ganzer Kraft das ihm zuge- theilte Gebiet bearbeiten konnte, ohne sich selber mit der Durch- arbeitung an sich wohl sehr wichtiger für sein Thema jedoch nebensächlicher Fragen aufzuhalten, wurde die Einheitlichkeit der Anschauung durch häufige gemeinsame Besprechungen der von den einzelnen gewonnenen Erfahrungen gewahrt. Hierbei wurde, sicherlich nicht zum Nachtheil der einschlägigen Litteratur, manche Auffassung umgestaltet und verändert, ehe sie zur end- gültigen Niederschrift kam. Für die jüngeren Theilnehmer sind diese Besprechungen von grossem erzieherischem und für die geistige Durchbildung unschätzbarem Werthe geworden und ge- bührt dem Veranstalter der gemeinsamen Arbeit Herrn H. Vir- chow unsere dankbare Anerkennung in grösstem Maasse. Mit in erster Linie ist die gemeinsame Durcharbeitung den Oberflächenbildern zu Gute gekommen, der Basis jeder entwicke- lungsgeschichtlichen Untersuchung. Herr Sobotta fertigte unter Zugrundelegung zahlreicher von mir angefertigter Photo- sraphien der einzelnen Stadien unter strenger Vergleichung auch der geringsten Kleinigkeiten und mit peinlichster Genauigkeit die Skizzen, nach denen die geschickte Hand von Fräulein Ziegenhagen, der Schwester unseres Genossen, die ungemein schwierigen Zeichnungen in so meisterhafter Weise zur Darstellung gebracht hat. II. Vorbemerkungen. Bevor ich an die Beschreibung der Oberflächenbilder des Forellenkeimes herantrete, will ich einigen Erwägungen Raum geben, welche mich veranlassten zu den schon seit langer Zeit und recht zahlreich vorhandenen ÖOberflächenbildern wiederum neue hinzuzufügen. In den Angaben und Abbildungen bestehen unter den ein- zelnen Autoren, von denen ich nenne!) Ollacher, His, von Kupffer, Goronowitsch, Henneguy, zahlreiche Ver- 1) Abbildungen einzelner Stadien finden sich ausserdem in zahl- reichen Arbeiten über Knochenfisch-Entwicklung, so bei Kollmann, H. E. Ziegler. Ein Eingehen auf die dort abgebildeten Figuren würde zu weit geführt haben und dürfte auch Angesichts der ge- nauen Besprechung der von den oben angeführten Autoren gegebenen Bildern nicht nothwendig sein. Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 183 schiedenheiten. Die Gründe für diese zum Theil recht erheb- lichen Unterschiede sind, abgesehen davon, dass einzelne Autoren mit vorgefassten Meinungen an die Untersuchung herantraten, im wesentlichen rein technischer Art und zwar: 1. Die Art der Fixirung. — Es ist bekannt, dass gerade bei unserem Material Quellungen und Schrumpfungen in viel er- heblicherem Maasse vorkommen als anderswo. Henneguy beschreibt (4, S. 479) den quellenmachenden Einfluss der Pierin- schwefelsäure und den Schrumpfung bewirkenden der Chromsäure. Je nachdem nun von den Autoren die eine oder die andere Flüssig- keit angewandt wurde, mussten die Bilder mit Nothwendigkeit verschieden ausfallen, zumal da die einzelnen Theile des Keimes durch die Reagentien in ungleicher Weise betroffen werden. Dazu kommt noch, dass namentlich bei Anwendung von Säuren die Embryonalanlage trotz ihres opaken Aussehens sehr viel Licht durchlässt, so dass: 2. Von allen Autoren Züge vom durchfallenden Lichte mit in das Oberflächenbild hineingezogen wurden, was für den unbefangenen Beschauer der Abbildungen natürlich zu grossen Missverständnissen Anlass giebt, umsomehr als kaum jemals ange- geben ist, welche Züge dem reinen Oberflächenbilde entsprechen und was auf Rechnung des durchfallenden Lichtes zu setzen ist. >. Ist bei der Zartheit der Reliefs die richtige Wahl der Beleuchtung während der Beobachtung und der Anfertigung der Zeichnung von grosser Bedeutung: Grenzen, welche bei der Be- leuchtung von der einen Seite deutlich sind, können bei Be- leuchtung von einer anderen Seite her undeutlich werden oder gänzlich verschwinden. Furchen und Grübchen sehen tiefer oder flacher aus, je nachdem das Licht unter stumpfem oder spitzem Winkel das Objeet trifft, wobei auch bald mehr, bald weniger Züge vom durchfallenden Liehte sichtbar werden. Alle diese Punkte müssen sorgfältig erwogen werden, denn gerade von der richtigen Beleuchtung hängt neben geeigneter Conservirung das Aussehen des Oberflächenbildes am meisten ab. 4. Existiren bei den jungen Stadien eine grosse Anzahl von Varianten, welche unterschieden werden müssen: erstens als individuelle Ausbildungen innerhalb derselben Entwicklungsstufe und zweitens als in der Entwicklung voraus geeilte oder zu- rückgebliebene Embryonen. 154 Fr. Kopseh: Es handelt sich also für die folgende Beschreibung der Oberflächenbilder um dreierlei: 1. Für jede Stufe der Entwicklung ein typisches Bild zu finden. 2. Die häufigsten und am zahlreichsten vorkommenden Abweichungen von dem Typus zu beschreiben und auf denselben zurückzuführen. 3. Die Differenzen zwischen den Angaben der Autoren und unseren eigenen mit Rücksicht auf die beiden erstgenannten Punkte und unter Zuhülfenahme der in den oben angeführten 4 Abschnitten enthaltenen Erwägungen zu analysiren und richtig zu stellen. III. Technik. Die von mir ausschliesslich benutzte Fixirungs-Methode hat mit allen Einzelheiten H. Virchow ausgearbeitet; dieselbe giebt stets ausgezeichnete Resultate, sowohl für das Studium der Ober- flächen-Bilder als auch für die mieroscopische Untersuchung. Sie besteht aus einer Vorfixirung und einer Nachbehand- lung. Erstere wird immer ausgeführt mittelst einer Chromessig- säure, für die letztere können die verschiedensten Flüssigkeiten benutzt werden. Die Zusammensetzung der Chromessigsäure ist folgende: Chromsäure 2,00 gr. Aqua dest. 900,0 eem. Acid. acet. glac. 100,0 cem. In 30 eem. dieser Mischung, welche sich in einer kurzen weiten Röhre oder weithalsigen Flasche befindet, bringt man 5—10 Eier und lässt dieselben unter mehrmaliger schonender Be- wegung des Gefässes, welche dazu dient, die Eier von allen Seiten mit der Flüssigkeit in Berührung zu bringen, 5-—10 Mi- nuten darin. Die Einwirkungsdauer beträgt 10 Minuten für junge Stadien (bis zur halben Umwachsung des Dotters); von diesem Stadium an immer weniger, so dass für Embryonen bei Dotterlochschluss 5 Minuten vollkommen ausreichend sind. Nach genügender Einwirkung der Vorfixirungs-Flüssigkeit werden die Eier in eine Chromsäure-Lösung 2:1000 Wasser gebracht und möglichst sofort weiter verarbeitet, indem man das einzelne Ei, dessen Keimscheibe man gewinnen will, in ein Schälchen mit Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 185 0,7 oder 1,0°/, Kochsalz-Lösung bringt und die Eischale in irgend einer schonenden Weise entfernt. In dieser Kochsalzlösung bleibt der durch die Vorfixirung nicht geronnene Dotter vollständig flüssig und kann mittels einer Pipette oder besser eines mehr oder weniger feinen spitz ausgezogenen Röhrehens, in welches man die Kochsalzlösung saugt, durch Abblasen von der Unter- seite der Keimscheibe entfernt werden. Nach dem „Abblasen“ wird die Keimscheibe mittelst eines Löffelehens, in dessen Höhlung dieselbe schwimmt, in die gewünschte Nachbehandlungs- Flüssigkeit übertragen. Am besten zur Erhaltung und Sichtbar- machung der Reliefs haben sich erwiesen die concentrirte wäss- rige Sublimat-Lösung und die Chrom-Osmium-Essigsäure. In ersterer genügt ein Aufenthalt von 2 Stunden, darnach Behand- lung mit Jod-Aleohol u. s. w. Bei der Fixirung mittels der Chrom-Osmium-Essigsäure ist ganz besonders auf sorgfältiges langdauerndes Auswaschen zu legen. Die Keime dunkeln sehr stark nach. Die deutlichsten Obertlächenbilder erhält man bei Anwen- dung der letztgenannten Fixirungs-Flüssigkeit, doch kann man nach einiger Uebung auch an den mit Sublimat fixirten Embryonen alle Einzelheiten ebenso deutlich erkennen. IV. Beschreibender Theil. Ich fange an mit der Beschreibung des Oberflächenbildes bei der ausgebildeten Morula, d. h. bei demjenigen Stadium, in welchem die Furchung ihr Ende erreicht hat und der Keim aus einem Haufen von Zellen besteht. Die Morula erscheint, wie es His (5) treffend ausgedrückt hat, in Gestalt eines runden plattgedrückten Kuchens mit ge- wölbter oberer Fläche und ringsherum gleichmässig gewölbtem Rande. Die peripherische Partie derselben hängt mit dem Dotter nicht zusammen, sondern ragt über die Oberfläche der Dotter- kugel hinaus, derart, dass man das Aussehen des Keimes als pilzförmiges bezeichnen kann. k Das erste Zeichen der beginnenden Embryonalbildung be- steht, rein deseriptiv ausgedrückt, in einer Ausbreitung und Ab- flachung des Keimes derart, dass die Abflachung am stärksten ist an dem der späteren Embryonalanlage gerade gegenüber- liegenden Theil der Peripherie des Keimes und von dort aus die Oberfläche allmählich nach der Stelle der späteren Embryonal- 186 Fir. !Kopsich: anlage hin ansteigt, wie es auch Oellacher (9) beschreibt, während andere Autoren von morphologischen Gesichtspunkten aus sagen, dass die Embryonalanlage sich in einer Verdiekung des hinteren Randes verräth. Dabei ist der übergewölbte Rand, wie ihn die Morula zeigt, verschwunden, der Rand der Keimscheibe, wie wir von nun an den Keim bezeichnen wollen, geht mit den vorderen und seitlichen Theilen seiner Peripherie unter Bildung einer niedrigen Schwelle in die Oberfläche der Dotterkugel über. Der hintere Rand jedoch ist am höchsten über das Niveau der Dotter- kugel erhoben, zwar in viel geringerem Maasse als der Rand der Morula, aber hinreichend deutlich, um eine Orientirung der Keim- scheibe zu ermöglichen. Am Profilbilde drückt sich die Ungleich- mässigkeit der Wölbung dadurch aus, dass der vordere Theil der Keimscheibe in einer Flucht mit der Peripherie der Dotter- kugel verläuft, während der hintere Theil eine stärkere Krümmung zeigt und sich durch eine scharfe Einkerbung von dem Dotter aberenzt. Der Keimscheibenrand bedeckt nieht völlig das peripheri- sche Syneytium!), sondern wird von demselben im ganzen Umkreis überragt, was am deutlichsten an Präparaten aus Flemming's Flüssigkeit zu sehen ist. In Betreff der Angaben in der Literatur muss bemerkt werden, dass abgesehen von Oellacher keiner der Autoren dieses Stadium genauer hinsichtlich der äusseren Form der Keim- scheibe beschrieben hat. Der Grund dafür liegt‘darin, dass die an sich schon sehr geringen Niveaudifferenzen durch ungeeignete Fixirung und ungünstige Beleuchtung völlig zum Verschwinden gebracht werden. Ausserdem sind die individuellen Verschieden- heiten hier recht gross, so dass man thatsächlich nicht alle Keim- scheiben mit Sicherheit orientiren kann, da in einer Anzahl von Fällen die Erhebung in der Gegend der späteren Embryonalan- lage nicht deutlich ausgesprochen ist und der Rand der Keim- scheibe ringsherum dasselbe Aussehen darbietet. Die Hauptsache bleibt aber doch, dass zur Wahrnehmung dieser feinen Unter- schiede die Aufmerksamkeit erst geweckt und der Bliek durch mehrfache Untersuchungen erst geschärft werden muss. 1) Vergl. H. Virchow, Literatur-Verzeichniss Nr. 11. Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 187 Stadium I (Tafel X, Fig. 1, la). Die nächste specielle Differenzirung an der Keimscheibe besteht in dem Auftreten des bekannten Knopfes am hinteren Rande. Dieser Knopf, welcher einer eircumseripten vor dem hinteren Rande befindlichen Erhebung, dem „Embryonalschilde* Oellachers, vorausgeht, hat von den Autoren die verschiedensten Namen er- halten, je nach der Bedeutung, welche man ihm beilegte‘). Wir wollen ihn wegen seiner äusseren Form einfach als Knopf be- zeichnen, um nicht eine bestimmte Vorstellung hinsichtlich seiner Bedeutung durch eime der bekannten Bezeichnungen vorweg zu nehmen. Um eine deutliche Vorstellung bei unseren Lesern zu erwecken, bemerken wir, dass der Knopf nach zwei Richtungen prominirt, nach oben und nach hinten, und dass die Ausbildung desselben in den einzelnen Stadien eine wechselnde ist. Durch das Auftreten des Knopfes verliert die Keimscheibe ihre kreisrunde Gestalt, sie wird in der Richtung von vorne nach hinten etwas verlängert, erscheint aber im übrigen gleichmässig von der Mitte nach vorne und den Seiten hin abgeflacht. Der hintere vor dem Knopfe gelegene Theil zeigt wie im vorigen Stadium einen steileren Abfall und setzt sich durch eine Schwelle vom Dotter ab, was sich am deutlichsten wie am vorigen Sta- dium im Profilbilde ausspricht. Der Knopf liegt in dem Rande der Keimscheibe und prominirt mehr nach oben als nach hinten. Nunmehr wird auch die Keimhöhle, welehe auf dem vor- hergehenden Stadium anfing sich zu bilden, auch bei der äusseren Betrachtung sichtbar; dieselbe ist bei dem vorigen Stadium nicht beschrieben, da sie äusserlich noch nicht sichtbar war. Es soll hier noch besonders betont werden, dass lediglich die Durchsichtigkeit des Daches die Keimhöhle erkennen lässt und dass derselben an gut eonservirten Keimscheiben keinerlei Reliefs der Oberfläche entspre- chen. Es muss jedoch die Keimhöhle auch in der Zeichnung des Ober- flächenbildes ausgedrückt werden, da sie wesentlich das Aussehen der Keimseheibe mit bestimmt, man muss sich aber bei der Be- trachtung stets bewusst sein, dass es nur Züge vom durchfallen- 1) Sehwanzknospe, Oellacher; Randknospe, His; Endknospe, v. Kupffer; Randhügel, v. Kupffer: Proeminence caudal, Balfour; Bourgeon caudal, Henneguy. 188 Fr. Kopseh: den Lichte sind, welche dieselbe zu Gesicht bringen. Sie er- scheint als ein dunkleres Feld, welches rings umgeben ist von einer helleren Zone. Diese Zone (Keimwulst Oellacher) ist am schmalsten am vorderen Rande der Keimscheibe, während sie vor dem Knopfe die grösste Breite zeigt. In Folge dessen ist die Gestalt der Keimhöhle nicht genau kreisrund, sondern entspricht einem Kreise, von welchem durch eine Sehne ein Seg- ment abgeschnitten ist. Am besten wird man aus Fig. 2, Tafel X eine Vorstellung von der Gestalt der Keimhöhle bekommen; zu- gleich wird man bemerken, dass die Stellen, an denen die Sehne die Peripherie des Kreises trifft, sanft ausgerundet sind. Dieses Stadium entspricht der „primitiven Embryonalanlage“ Öellacher's und dem Stadium A. von Henneguy, sowie v. Kupffer’s Fig. 4 Es ist zu bemerken, dass von den ge- nannten Autoren nur v. Kuppfer den Knopf erwähnt. Henne- guy zeichnet zwar in Figur 13 die Keimscheibe derart, dass man annehmen muss, er habe den Knopf auf diesem Stadium gesehen; doch fehlt auf der bei stärkerer Vergrösserung gezeich- neten Fig. 47 auch die geringste Andeutung desselben. Die Ursache liegt abgesehen von der schwierigen Conservirung wohl auch daran, dass gerade auf diesem Stadium die Ausbildung des Knopfes zahlreiche Verschiedenheiten zeigt. Man trifft denselben von sehr gut ausgebildeten Exemplaren bis zu ganz abgeflachten, welche nur an dem Hervorragen nach hinten erkennbar sind. von Kupffer’'s Fig. 4 (No. 8) zeigt den Knopf und vor demselben schon einen Embryonalschild. Trotz des letzteren muss die Keimscheibe, nach welcher die genannte Figur ge- zeichnet ist, als zu unserem Stadium I gehörend bezeichnet werden, und ich gründe diese Auffassung in erster Linie auf die Grösse, d. h. auf den Durchmesser der Keimscheiben in den einzelnen Stadien. Die Keimscheibe, nach welcher unsere Fig. 1, Tafel X gezeichnet ist, hat einen Durchmesser von 2,1mm und das nächste Stadium Fig. 2, auf welchem vor dem Knopfe der Em- bryonalschild vorhanden ist, einen solchen von sogar 2,5 mm. Da nun der Durchmesser der Keimscheibe der Figur 4 von Kupffer’s nur 1,68 mm beträgt (Nr. 8, pag. 22), so ist dieselbe noch viel zu jung, um schon einen Embryonalschild zeigen zu können. Wenn wir uns nach einer Erklärung dafür umsehen, dass bei einer so jungen Keimscheibe der Anschein Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 189 eines Embryonalschildes erweckt werden konnte, so werden wir dazu namentlich die durch von Kupffer angewandte Fixi- rungsmethode heranziehen!). Dieselbe ist, wie ich aus eigenen Er- fahrungen weiss, für die Stadien bis Dotterlochschluss vollkommen ungeeignet, da einmal in Folge der starken Quellung des Dotters die Embryonalanlage stark gegen die Ei-Schale gedrückt und dadurch verunstaltet wird, zum anderen aber der von der Chrom- säure intensiv braun gefärbte Dotter durch die dünneren Theile der heller gebliebenen Embryonalanlage durchscheint und so zu Täuschungen über die Relief-Verhältnisse Veranlassung giebt. Diese Anschauung über für die Oberflächenbilder wenigstens ungünstige Fixirungsmethode des Herrn von Kupffer wird gestützt durch das Aussehen der Figuren 5—14 in der eitirten Arbeit, von denen namentlich die Figuren 10—14 mehr Züge durehfallenden als auftallenden Lichtes enthalten. Erst die Fi- guren 15—17 können als Öberflächenbilder bezeichnet werden, der Kopf in Figur 17 muss sogar als sehr instructives und die thatsächlichen Verhältnisse anschaulich wiedergebendes Bild be- zeichnet werden. Diese Kritik der von Kupffer'schen Ab- bildungen glaube ich hier vorweg nehmen zu sollen, um damit zu begründen, warum ich auf dieselben bei den folgenden Stadien nicht im Einzelnen eingehen werde. Stadium II (Taf. X, Fig. 2, 2a). Auf diesem Stadium erhebt sich vor dem Knopfe ein Feld („Embryonalschild® Kupffer, Oellacher) dessen Form zwischen der eines Rhombus und einer Ellipse steht oder anders ausgedrückt, welches die Gestalt eines Rhombus mit stark ab- gerundeten Ecken hat. Die hintere Ecke hängt direet mit dem Knopf zusammen, die vordere ist der Keimhöhle zugewandt, die beiden seitlichen hängen mit einer Zellmasse zusammen, welche den Raum zwischen dem rhombischen Feld und dem Rande der Keimscheibe ausfüllt und zwar nicht so sehr über die Fläche erhoben ist, wie der Embryonalschild, aber sich doch etwas über 1) v.Kupffer lässt die Eier 24h in 1/,0/, Chromsäurelösung, legt dieselben auf 1—2 Stunden in destillirtes Wasser, entfernt die Eihaut, wäscht 12 Stunden lang mit destillirttem Wasser aus und behandelt dann die Eier in verschiedener Weise weiter. 190 Fr. Kopseh: das Niveau der Keimscheibe erhebt, von vorne nach hinten sanft ansteigend. Diese Zellmassen (Embryonalsaum Kupffer, Oel- lacher) gehen in den zelligen Randring über. Aus der Literatur kommen in Betracht: Oellacher Fig. 7u8, Goronowitsch Fig. 1, Henneguy Fig. 48 u. 49. Die Fig. 7 von ODellacher ist durchaus irreleitend und daher zu verwerfen, so sehr wir auch sonst die Genauigkeit in den Angaben dieses Autors bewundern. Der ausserordentlich scharf hervortretende Hügel, welcher die Embryonalanlage vor- stellen soll, ist für einen Knopf zu gross und für einen Embryonal- schild zu klein. Letzterer hat, sobald er überhaupt sichtbar wird, stets die oben beschriebene rhombische Gestalt. Es ist schwer zu sagen, in welcher Weise sich in das Zustandekommen der Fig. T mangelhafte Beobachtung, schlechte Fixirung und un- geeignete Zeichnung getheilt haben. Indessen ist sicher, dass die zu starke Wulstung des Randringes (Keimwulst von Kupffer und Oellacher) eine Folge schlechter Zeichnung ist, die unregel- mässigen Höcker des Hinterrandes aber in schlechter Fixirung ihren Grund haben. Der zellige Randring ist ja in der That dicker als das Dach der Keimhöhle und zwar ist er, wie aus Schnittbildern zu ersehen ist, am dieksten an einer etwas nach innen von der Peripherie der Keimscheibe gelegenen Stelle. Da nun diese diekere Parthie weniger Licht durchlässt, als die cen- tral und peripher von ihr liegenden Theile, entsteht für unser Auge das Bild eines Wulstes. Was die Figur 8 desselben Autors anbetrifft, so entspricht dieselbe einer Stufe zwischen unseren Stadien III und IV. Auch hier muss die zu starke Wulstung des „Randwulstes“ sowie des Embryonalschildes bemängelt werden, abgesehen davon, dass weder bei dieser noch bei der vorher besprochenen Figur der Embryonalsaum in der Zeichnung ausgedrückt ist. Henneguy's Stad. B., welches, wie er angiebt Oella- cher's Stad. des „runden Embryonalschildes“ entsprechen soll, hat eine ganz abweichende Gestalt. Es zeigt keinen Embryonal- schild, sondern eine vor dem Knopfe gelegene seichte Depression, welche seitlich von zwei Zellmassen begrenzt wird. Solche Bilder erhält man bei Keimscheiben, an denen die Reliefs nur schwach ausgeprägt sind und schon eine Andeutung der Rückenfurche vorhanden ist, wenn die angewandte Fixirungsmethode eine der- Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 191 artige ist, dass sie viele Züge vom durchfallenden Lichte durch- lässt. Die Fig. 49 entspricht einem etwas vorgerückteren Stadium, ungefähr der Figur Svon Oellaeher, und entspricht im Wesent- lichen den thatsächlichen Verhältnissen, abgesehen davon, dass das Vorspringen des Knopfes nach oben nicht ausgedrückt ist, auch ist hier der Embryonalsaum gezeichnet, was in Oellachers Figur nicht der Fall ist. Stadium III (Taf. X, Fig. 3 u. 3a). Die Embryonalanlage hat eine birmförmige Gestalt ange- nommen. Der sagittale Durchmesser ist länger geworden, der transversale kürzer, d. h. es ist zugleich mit der Verlängerung der Embryonalanlage eine Verschmälerung derselben eingetreten. Der hintere schmale Theil geht direet in den Knopf über. In der Mittellinie verläuft eine seichte Furche!), welche kurz vor dem Knopfe beginnt und sich bis an die Grenze des vorderen und mittleren Drittels der Embryonalanlage erstreckt. Der Em- bryonalsaum beginnt an der breitesten Stelle der Embryonalan- lage, verläuft mit einem nach vorne offenen Bogen seitwärts und geht allmählich schmaler werdend sowohl nach hinten als auch seitwärts in den zelligen Randring über. Die Erhebung der Embryonalanlage über das Niveau der Keimscheibe ist namentlich im vorderen breiten Theile viel aus- gesprochener als auf dem vorhergehenden Stadium. Der hintere schmale Theil dagegen erhebt sich nur sehr wenig über den an- srenzenden Embryonalsaum und geht dieht vor dem Knopf, von der Mitte nach den Seiten sanft abfallend ohne deutliche Ab- grenzung in den zelligen Randring über. Der Knopf ist deut- licher und in seiner Gestalt bestimmter geworden als auf Stad. II; er hat meist eine kugelige Form. Er prominirt am stärksten nach hinten, weniger nach oben. Abweichungen des Knopfes von der sphärischen Form sowie Differenzen in dem Hervorragen nach oben und hinten sind recht zahlreich. Am häufigsten ist neben der kugeligen die birnförmige Gestalt, welche das schmale Ende nach vorne richtet, während das breite nach hinten vor- 1) Rückenfurche, Stricker, Oellacher, His, Goronowitsch; Sillon medullaire, Henneguy. 192 Fr. Kopseh: springt. In einem Falle wurde ein sehr schmaler langgestreckter Knopf beobachtet, welcher ungefähr halb so schmal war als für dieses Stadium typisch ist, dafür aber mehr als das Doppelte an Länge hatte. Hierbei war der hintere Theil der Embryonalan- lage vom Knopf durch eine deutliche Furche abgesetzt und lag um die ganze Länge desselben vom zelligen Randring entfernt. Die Rinne, welche schon auf jüngeren Keimscheiben sicht- bar wird, beginnt kurz vor dem Knopfe. Sie ist schmal und scharf dicht vor demselben, verbreitert sich nach vorne und geht mit ihren im stumpfen Winkel zusammenstossenden Seitenwänden allmählich in die gewölbte Oberfläche der Embryonalanlage über. Bei der Beurtheilung dieser Rinne, welche schon durch €. E. v. Baer beschrieben und mit der Medullarfurche beim Hühnchen verglichen worden ist, hat sich ein literarischer Gegensatz her- ausgebildet, welcher den Leser verwirrt. Auf der emen Seite steht Goette (2), der die Entwicklung des Medullarrohrs bei Salmoniden trotz der abweichenden Verhältnisse doch auf Ein- stülpung zurückführt, auf der anderen Calberla (1), der einen anderen Modus der Bildung des Centralkanales annimmt. Indem ich zu dieser Frage Stellung nehme, betrachte ich es von vornherein als selbstverständlich, dass in einer so prinei- piellen Frage ein wirklicher Gegensatz nicht bestehen kann, dass also ein anderer Modus der Bildung des Centralkanals, wie Cal- berla ihn annimmt, nieht vorliegt. Ich deute vielmehr den Vorgang so, dass eine Medullarrinne der Idee nach auch hier vorhanden ist, dass aber diese Rinne durch Aneinanderlagerung der Ränder verschlossen wird und dass erst später der Hohlraum im Innern, d. h. der Centralkanal durch Auseinanderweichen der beiden Seitenhälften wieder sichtbar wird. Von diesem Gesichts- punkt aus gewinnt die bekannte Stellung der Zellen im Innern der soliden Anlage eine besondere Bedeutung. Wenn ich mich soweit dem Gedankengang von Goette anschliesse, so muss ich doch der Behauptung anderer Autoren entgegentreten, dass das Eetoderm in seiner ganzen Dicke sich an dieser „Einstülpung“ betheiligt. Es kommt ja hier nicht darauf an, eine vergleichend morphologische Auffassung in ihren Consequenzen zu verfolgen auf Kosten der Thatsachen, sondern die Thatsachen zu analysiren, d. h. festzustellen, wie weit dabei allgemeine morphologische und wie weit abgeänderte Verhält- Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 193 nisse vorliegen, und da muss ich hervorheben, dass die Deck- schicht von Anfang an und späterhin von der Einstülpung aus- geschlossen bleibt. In diesem Punkt schliesse ich mich den An- gaben von Goette (2, S. 150) an. Diese Punkte mussten hier genauer zur Sprache gebracht werden, weil ohne das die Oberflächenbilder der nun folgenden Stadien nieht richtig verstanden werden können. Nach dieser Abschweifung wollen wir die Angaben und Abbildungen der Autoren prüfen, welche in das Bereich: unseres Stad. III. fallen. Es sind dies Fig. 3 u. 4 His; Fig. 9 Oel- lacher; Henneguy Fig.50 (Stad.C.); Goronowitsch Fig. 2, 3, 4. Was Vellacher' Figur 3 angeht, so ist, abgesehen da- von, dass der Embryonal-Saum in der Zeichnung nicht ausge- drückt ist, zu bemängeln erstens die Wulstung des zelligen Randringes, zweitens der zu kleine Knopf und drittens die zu starke Erhebung der Embryonal-Anlage über die Fläche. Ueber das Zustandekommen des Wulstes an Stelle des flach nach aussen abfallenden zelligen, Randringes ist bei der Beschreibung des Stad. II. genauer besprochen worden. Die zu starke Erhebung der Embryonalanlage ist ein Kunstproduet und kann entstanden sein einerseits durch Abhebung der Schichten innerhalb der Em- bryonal-Anlage, andrerseits durch Schrumpfung oder auch durch beide Ursachen, welche bei ihrem Zusammentreffen steigernd wirken. mussten, da die Abhebungen der Schichten von einander wesentlich im Bereiche der Embryonalanlage auftreten, während die Schrumpfung vorwiegend den ausserembryonalen Theil be- trifft. Auf diesem Wege entstandene Bilder sind mir häufig genug zu Augen gekommen, um mein Urtheil darüber zu einem ganz sicheren zu gestalten. Mit Borax-Carmin gefärbte und mit salz- säurehaltigem Alcohol behandelte Keimscheiben zeigen eine sehr unangenehme und störende Quellung und Abhebung der Keim- blätter von einander, während anderseits bei Durehfärbung mit alaunhaltigen Hämatoxylinlösungen der schrumpfende und gerbende Einfluss des Alauns eine Zusammenziehung des ausserembryonalen Bezirkes und damit ein ausserordentlich starkes Hervorragen der Embryonalanlage bedingt. Henneguys eigenthümliche Abbildung zeigt die Em- bryonalanlage bestehend aus zwei Wülsten, welche am Knopf Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 13 194 DKo.peilt: zusammenhängend und nach vorne divergirend eine V-Figur er- zeugen. Zwischen den Schenkeln der V liegt ein dreieckiges Feld, welches bezeichnet wird als „premiere ebauche de la gouttiere medullaire“. Was das Zustandekommen einer solchen Figur anlangt, so könnte man hierfür in erster Linie die Be- leuchtung gerade von vorne her in Anspruch nehmen, bei welcher namentlich bei wenig über die Fläche erhobenen Embryonalan- lagen ein der Henneguy schen Abbildung ähnliches Bild entsteht. Allerdings trifft man zuweilen, wenngleich äusserst selten, thatsächlich auf Keimscheiben, welche bei jeder Beleuchtung das von Henneguy gezeichnete Bild geben, doch kann die in Rede stehende Abbildung nicht alsein typisches Stadium angesehen werden. Bei Goronowitsch entsprechen die Figuren 2, 3, 4 dem Stadium III. Es ist wohl kaum nothwendig Angesichts der durchaus ungeeigneten Fixirungsmethode dieses Autors, der mangelhaften Zeichnung und der Voreingenommenheit der Arbeit auf eine nähere Kritik derselben einzugehen. Es soll nur noch hervorgehoben werden, dass die Furchen im Bereiche der Em- bryonalanlage niemals ein solches Aussehen darbieten, wie es Goronowitsch angiebt, und ich zweifele nicht daran, dass dieselben zum grössten Theil Kunstprodukte sind. Letzteres folgt einmal aus der grossen Variabilität dieser Gebilde, welche schon Henneguy aufgefallen ist, und zum anderen Mal daraus, dass die Abgrenzungen der Gehirnabschnitte, welche nach Gorono- witsch’s Ansicht durch die von ihm beschriebenen Grübchen gebildet sein sollen, ganz andere sind, wie aus unserer Dar- stellung hervorgeht. His Fig. 2 ist wohl als gleichalterig unserem Stadium III zu betrachten, wenn auch die mediane Rinne stark übertrieben ist und das Hervorragen des Knopfes nach hinten nicht ausge- gedrückt ist. Ueber die Figur 1 desselben Autors zur völligen Klarheit zu kommen war mir leider richt möglich. Während in den schon besprochenen Abbildungen und den unserigen im wesent- lichen dieselbe Grundform vorherrscht, zeigt die Figur von His ein ganz abweichendes und befremdendes Aussehen, zumal wenn man sich vorstellt, dass dieselbe nach des Autors Angaben ein jüngeres Stadium repräsentirt als das in Fig. 2 dargestellte, ja die erste Spur des sich abgliedernden Embryo sein soll. Hier Die Entwieklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 195 liegen nur zwei Möglichkeiten zur Erklärung vor, wie mir scheint. Entweder war die Embryonalanlage schon weiter entwickelt als die in Figur2 von His dargestellte und würde dann unserer Figur 4, Tafel X entsprochen haben, von welcher sich die His ’'sche Figur ganz ungezwungen ableiten lässt oder eine Embryonalan- lage entsprechend unserer Fig. 2, Tafel X hat in Folge unge- eigneter Conservirung und ungünstiger Beleuchtung zur Ent- stehung der genannten Abbildung geführt. Eine Entscheidung darüber zu treffen ist mir, wie gesagt, nicht möglich, da His von den beiden in Rede stehenden Figuren keine Querschnitte abgebildet hat, aus denen die Erkennung der Stadiums mit Leichtigkeit möglich ist. Stadium IV (Taf. X Fig. 4,). Die Embryonalanlage ist erheblich länger geworden, hat sich aber dabei nur in geringem Grade verschmälert. Man er- kennt an derselben zwei deutlich von einander abgegrenzte Theile. Der vordere besteht aus einem hufeisenförmig gestalteten nach hinten offenen Wulst, der hintere Theil, auf welchem der Knopf liegt, ist flach und erhebt sich kaum über den seitlich angrenzen- den schmaler gewordenen Embryonalsaum. Zwischen den beiden Schenkeln des Hufeisens liegt eine flache breite Grube, welche der Rinne des vorhergehenden Stadiums entspricht. Der Knopf ist birnförmig und ragt nur nach oben, nicht nach hinten vor. Der Embryonalsaum bildet an der vorderen Hälfte eine schmale seitliche Zone, wird nach hinten breiter und rundet den Winkel zwischen Randring und Embryonalanlage aus. Was die Deutung dieses eigenthümlichen und wegen des flachen Reliefs schwer darzustellenden Bildes anbetrifft, so ent- spricht der hufeisenförmige sich stark über die Fläche erhebende Wulst dem vor dem Knopfe gelegenen Theil der Embryonalan- lage des vorhergehenden Stadiums. Der flache hintere Theil ist der Zuwachs, um den sich die Embryonalanlage verlängert hat. Diese Anschauung wird gestützt durch Uebergangsformen zwischen den Stadien III und IV, an denen dicht vor dem Knopfe die seitlich von der Furche. gelegenen Seitentheile der Em- bryonalanlage des Stadiums III durch eine je nach dem Ent- wicklungsgrade schmalere odere breitere Rinne von dem Knopf getrennt sind. 196 Erankiopisichh: Die individuellen Schwankungen in diesem Stadium be- treffen vor allem die hinteren Enden der Hufeisenschenkel, weniger die anderen Theile: In einigen Fällen laufen die Schenkel nach hinten flach aus, bei anderen Keimen sind sie durch eine scharfe Schwelle abgesetzt und steigen steil aus dem hinteren flachen Theil hervor. Die zwischen den Schenkeln befindliche Grube ist mehr oder weniger breit, sie kann so schmal sein, dass sie wie ein Spalt erscheint. Die Besprechung der hierher gehörigen Abbildungen aus der Lite- ratur erfolgt am Schlusse der Beschreibung des folgenden Stadiums. Stadium V (Taf. X, Fig. 5). ’ Die Gestalt der Embryonalanlage entspricht, abgesehen von der eingetretenen Verlängerung, im Wesentlichen derjenigen des vorhergehenden Stadiums. An den vorderen erhabenen huf- eisenförmigen Wulst mit der zwischen den Hufeisenschenkeln ge- legenen Grube schliesst sich der hintere flach liegende Theil an, der hinten in den zelligen Randring und seitlich in den Em- bryonalsaum übergeht. Die Abgrenzung des flachen Theiles vom Embryonalsaum ist deutlich zu erkennen und zwar einmal durch .die im Vergleich zu dem früheren Stadium stärkere Erhebung, andrerseits durch das Erscheinen einer dunkleren Linie, welche an den Enden der Hufeisen-Schenkel beginnend nach hinten zieht und in einiger Entfernung vom hinteren Rand nach der Seite umbiegend, verschwindet, doch ist dieselbe keineswegs wie sich aus den Schnittbildern ergiebt, der Ausdruck einer Furche oder Rinne, sondern ist augenscheinlich aus der Anordnnng der in diesem Bezirk liegenden Zellen und ihrer Kerne zu erklären. Am vorderen Theile der Embryonalanlage bestehen die Veränderungen im Vergleich zu dem Stadium IV in einer Ver- schmälerung und der dadurch hervorgerufenen Verengerung und Vertiefung der zwischen den Hufeisenschenkeln gelegenen Grube. An den hinteren Enden der Hufeisenschenkel sind durch seichte Furechen zwei rundliche Hervorragungen abgegrenzt, welche wiehtige Marken darstellen, da sie — wie sich aus der Betrach- tung der folgenden Stadien ergeben wird — die Gegend des Hinterhirns bezeichnen. Man kann somit von diesem Stadium an die Kopf- und Rumpfanlage unterscheiden und von einander abgrenzen. Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 197 Der Knopf hat dasselbe Aussehen und dieselbe Lage wie im vorhergehenden Stadium; er ragt nur nach oben, nicht nach hinten vor. Der Embryonalsaum liegt als eine schmale Zone neben dem vorderen Theile der Embryonalanlage, biegt ungefähr in der Höhe der oben beschriebenen Hervorragungen seitwärts in flachem Bogen um und vereinigt sich mit dem zelligen Randring. In der Literatur finden sich keine unseren Stadien IV und V ähnliche Abbildungen. Der inneren Differenzirung nach ent- sprechen den beiden Stadien Oellacher’s Fig. 10 und Henne- guy s Figuren 51 und 32. Henneguy spricht zwar davon, dass der vordere Theil der Embryonalanlage seiner Figur 51 annähernd hufeisenförmige Gestalt habe, weicht aber in der Zeichnung von seiner Dar- stellung ab, indem er die Schenkel des Hufeisens nach hinten in zwei undeutlich abgegrenzte Wülste übergehen lässt, welche mit dem bedeutend nach hinten vorspringenden Knopfe zusammen- hängen. Henneguy hat sich durch eine gewisse äussere Aehn- lichkeit seiner Fig.51l mit Dellacher’s Fig. 9 verleiten lassen, dieselben als gleichweit entwickelte Embryonalanlagen aufzu- fassen, doch ergiebt sich aus der Vergleichung der zu denselben gehörigen Schnittbildern, dass Oellacher’s Fig. 9 unserem Stadium III und Henneguy’s Fig. 51 unserem Stadium IV und V entspricht. Was die Figur 52 von Henneguy und die Fig. 10 bei Oellacher anbetrifft, so entsprechen dieselben einander im Wesentlichen und sind wohl aus der Abbildung unseres Stadiums V zu erklären. Wenn nämlich der Niveau- Unterschied zwischen dem vorderen erhobenen und dem hinteren flachen Theil der Embryonalanlage nicht deutlich ausgesprochen ist, so kann man leicht zu einer Auffassung des Oberflächenbildes kommen, wie wir sie in den Figuren der beiden Autoren finden. Stadium VI (Taf. X, Fig. 6). Dieses Stadium ist charakterisirt durch die bedeutende Verschmälerung der ganzen Embryonalanlage und durch die Er- hebung des auf den beiden vorhergehenden Stadien flach aus- sebreiteten hinteren Theiles derselben. An Stelle der breiten und tiefen Grube, welche auf den Stadien IV und V zwischen den Schenkeln des Hufeisens liegt, fmden wir eine schmale Rinne, 198 Fr. Kopsch: welche an der Grenze des vorderen gegen das mittlere Drittel der Embryonalanlage beginnend nach dem Kopfe zu allmählich undeutlicher wird. Die Hinterhirn-Hervorragungen der hinteren Enden der Hufeisenschenkel in Fig.5 sind nach der Mittellinie hin einander nähergerückt und nur noch durch eine schmale Rinne von einander getrennt. Dicht vor und hinter den Hervor- ragungen zeigt die in der Mittellinie verlaufende Rinne kleine rautenförmige Erweiterungen. Das zwischen dem Kopf und den Hinterhirn-Hervorragungen liegende Stück der Embryonalanlage enthält das Centralnervensystem (Nachhirn und Rückenmark) so- wie die Urwirbelzone, welche indessen äusserlich noch nicht von einander abzugrenzen sind. Der Knopf ist von rundlicher Ge- stalt und ragt sowohl nach oben als auch wieder nach hinten hervor. Der Embryonalsaum begleitet als schmale Zone die ganze Embryonalanlage; er wird nach hinten breiter und geht in den zelligen Randring über. Oellacher’s Fig. 11 und Henneguys Fig. 53 entsprechen diesem Stadium. Oellacher’s Fig. zeigt ein merkwürdiges Aussehen, dessen Deutung recht schwierig ist, wie der Autor selber sagt. Ebensowenig wie Henneguy habe ich je ein solehes Bild zu Gesicht bekommen und man kann wohl mit Henneguy annehmen, dass es sich hier um eine Deformität handelt, welehe der Embryo dadurch erlitten hat, dass er von der unter dem Einfluss der Fixirungs-Flüssigkeit quellenden Dottermasse stark gegen die Eischale gepresst wurde. Henneguy'’s Figur 53 entspricht im Grossen und Ganzen unserem Stadium, doch sind mir die in derselben gezeichneten Furehen und Grübchen in der Weise niemals zu Gesicht gekom- men. Für dieselben gilt dasjenige, was über Goronowitseh’s Abbildungen auf Seite 195 gesagt worden ist. Stadium VII (Taf. X, Fig. 7). An der Embryonalanlage sind nunmehr dureh seitliche seiehte Einkerbungen drei Stücke gesondert, ein vorderes, mitt- leres und hinteres. Das vordere Stück, ungefähr ein Drittel der Länge der Embryonalanlage einnehmend, enthält in seinem vorderen abge- rundeten und gegen die benachbarten Abschnitte der Keimscheibe steil abfallenden Theil die noeh nieht von einander getrennte Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 19% Vorderhirn- und Mittelhirnanlage, nebst den durch eine fast un- merkbare dunkele Linie von dem Gehirn abgegrenzten Augen- blasen. Im Bereiche der Mittelhirnanlage deutet eine feine, dunkle Linie den letzten Rest der bei den vorhergehenden Sta- dien besprochenen medianen Furche an. Der mittlere Abschnitt der Embryonalanlage ist aus der medianen Vereinigung der bei den Stadien V und VI beschrie- benen Hinterhirn-Hervorragungen entstanden. Er ist flach und zeigt keinerlei Differenzirungen. Der hintere Theil erscheint als eine vorne breitere, nach hinten schmaler werdende Erhebung, welche nach den Seiten sanft abfällt und hinten in direkter Verbindung mit dem Knopfe steht. Diese Erhebung enthält das centrale Nervensystem des Rumpfes (Nachhirn und Rückenmark) und ist seitlich durch eine flache Rinne von der Urwirbelzone abgesetzt. Der Knopf ragt nach oben und hinten vor, er hängt zu- zusammen seitlich mit dem Randring, nach vorne mit den vor ihm gelegenen Theilen. Der Embryonalsaum ist im Bereiche der Vorderhirn- und Mittelhirnanlage schmal, verbreitert sich in der Höhe des Hinter- hirn und geht, allmälich breiter werdend, in den Randring über. Oellacher’s Fig. 12 und Henneguy’s Fig. 55 sind der inneren Differenzirung nach entsprechende Stadien, dem äusseren Aussehen nach scheinen sie in der Mitte zu stehen zwi- schen diesem und dem vorhergehenden. Besondere Beachtung verdient ausser den Furchen und Grübehen, von denen an unserer Figur nichts zu erkennen ist, das hintere Ende der Embryonal- anlage. Auf den Abbildungen beider Forscher weichen die Seitenhälften der Embryonalanlage vor dem Knopfe auseinander und bilden einen Winkel, in welchem der letztere gelegen ist. Dass solche Bilder häufig vorkommen, soll nicht geleugnet wer- (den. Auch ich habe dieses Auseinanderweichen gesehen und zwar vornehmlich an solehen Präparaten, welche mit Borax-Carmin gefärbt und mit Salzsäure-Aleohol nachbehandelt worden waren. Henneguy legt dieser Erscheinung keine tiefere Bedeutung bei und. erklärt das Auseinanderweichen als ein scheinbares, welches dureh eine seichte Vertiefung vor dem Knopfe her- vorgerufen wäre. Zu dieser Erklärung kann ich noch hinzu- fügen, dass an Schnittbildern keinerlei Unebenheiten des Contours 200 Fir RKoipis:chhe: dem geschilderten Bilde entsprechen. Diese Erscheinung muss mithin gerechnet werden zu denjenigen, welche auf Rechnung des Lichteinfalls und der Kernstellung im Innern der Embryonal- anlage kommen. Diese Auffassung wird noch dadurch gestüzt, dass das scheinbare Auseinanderweichen der Seitenhälften vor dem Knopfe nur bei bestimmtem Lichteinfall zu sehen ist. Stadium VIII (Taf. X, Fig. 8 u. 8a). Dieses Stadium ist ausgezeichnet durch das Auftreten der ersten bei Oberflächen-Betrachtung sichtbaren Urwirbel. Die Son- derung der drei beim vorhergehenden Stadium beschriebenen Ab- schnitte der Embryonalanlage ist deutlicher geworden dadurch, dass die seitlichen Einschnitte, welche dieselben trennen, tiefer geworden sind und sich auch in querer Richtung über die Em- bryonal-Anlage fortsetzen, wodurch auch bei Betrachtung der Profilansicht die Abgrenzung der Hirnabschnitte sehr deutlich wird. Am vorderen Theil treten die Augenblasenanlagen seitlich neben der kielartig nach oben und vorne vorspringenden Vorder- hirnanlage als ellipsoidische Körper vor, wie man am besten am Profilbilde sehen kann. Die Vorderhirnanlage überragt den vor- deren Rand der Augenblasen und fällt steil gegen die Keim- scheibe ab. Nach dem Mittelhirn ist sie durch eine seichte Ein- biegung abgegrenzt. Die Mittelhirngegend ist breit; an derselben kann man den Hirntheil noch nicht abgrenzen von den seitlich gelegenen Meso- dermmassen, welche den Kieferbogen darstellen. An dem Hinterhirnabschnitte, welcher von der Mittelhirn- anlage und der Rumpfanlage durch seitliche und quere Einker- bungen getrennt ist, zeigt sich eine neue seitliche Einkerbung ungefähr in der Mitte seiner Länge. Dieselbe ist das erste Zeichen der ersten Kiemenspalte. Das vor derselben liegende Stück enthält in seimen seitlichen Theilen die dorsal gelegene Anlage des Gehörbläschens und eine ventral gelegene Mesoderm- anhäufung, die Anlage des Hyoidbogens. Der hinter der Anlage der ersten Kiemenspalte gelegene Theil ist die Anlage des dritten und der folgenden Visceralbogen. Die Anlage der Gehörbläschen liegt, wie noch besonders hervorgehoben werden soll, auf diesen frühen Stadien über dem Hyoidwulst, während sie sich später über der ersten Kiemen- Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 201 spalte und noch später über dem dritten Visceralbogen findet. Diese Verschiebung des Gehörbläschens erklärt sich wohl daraus, dass die Kiemenbogen bei ihrer weiteren Entwicklung nach medial und vorne wachsen. An der Rumpfanlage bemerkt man eine axiale Erhebung, welehe an der Hinterhirngrenze keulenartig verbreitert anfängt, nach hinten schmaler wird und allmählich wieder breiter werdend in den Knopf übergeht. Diese Erhebung, welche seitlich durch tiefe Furchen begrenzt wird, ist das Nachhirn und das Rücken- mark. Seitlich von dem axialen Strang liegt die Urwirbelzone als ein schmales Band, welches nach vorne und hinten schmaler werdend hier anscheinend von dem axialen Strang überlagert wird. In der Mitte der Urwirbelzone, ziemlich gleich weit ent- fernt vom Knopf und dem Hinterhirm, bemerkt man ungefähr 11 Urwirbel, welche durch schmale Spalten von einander getrennt sind. Die seitliche Abgrenzung der Urwirbel von den Seitenplatten ist noch nicht so deutlich zu erkennen wie auf den älteren Stadien. Der Knopf erreicht auf diesem Stadium seine grösste Aus- bildung; er ragt bedeutend nach oben und nach hinten vor. Der Embryonalsaum zeigt gegenüber früheren Stadien kaum erwähnenswerthe Verschiedenheiten. Oellacher’s Fig. 13 und 14 und Henneguy’s Fig. 57 sind die entsprechenden Stadien. Der Embryo, nach welchem Oellacher seine Figuren gezeichnet hat, war vielleicht etwas weiter entwickelt als unser Stadium, da die Gegend der Gehör- blasen nebst den Anlagen für den zweiten und dritten Visceral- bogen schon in der nierenförwigen Figur zu erkennen ist (Oella- eher Fig. 13 p. O.), welche die genannten Organe zusammen- genommen bei ungünstiger Beleuchtung zeigen. Die Zeichnung (l. e. Fig. 13) lässt im Ganzen viel zu wün- schen übrig und ist sicher von einem schlecht fixirten Embryo angefertigt, bei welchem viele Züge vom durchfallenden Lichte vorhanden waren. Die Fig. 14 von Dellacher zeigt denselben Embryo nach Aufhellung in Terpentinöl und ist nur geeignet, das vorhin ausgesprochene Urtheil zu befestigen. Bedeutend besser ist der von Henneguy in Fig. 57 abgebildete Embryo, an welchem zwar nicht so viel Einzelheiten wie an unserer Figur zu erkennen sind, der aber seinem Aussehen nach sehr wohl mit unserer Figur übereinstimmt. 202 Fr. Kopsch: Stadium IX (Taf. XI, Fig. 9 u. 9a). Die Embryonalanlage ist bedeutend länger geworden. Der Dotter ist bis auf einen kleinen Bezirk umwachsen, dessen Durch- messer 1,5:1,25 mm beträgt. Auf diesem Stadium tritt zuerst mit besonderer Deutlichkeit hervor das Bestreben der Embryonalanlage, sich aus der Fläche zu erheben und sich ventral zusammen zu schliessen. Dadurch gelangen die Anlagen der Kiemenbogen, die Anlage des Gehör- bläschens und die Urwirbelzone, welche noch auf dem vergan- genen Stadium in der Fläche ausgebreitet lagen, an die Seite des jetzt bedeutend höheren Centralnervensystems. Diese ventrale Zu- sammenschiebung und Erhebung wird natürlich am stärksten aus- gebildet sein in den ältesten Theilen des Embryo, d.i. in seinem vorderen Abschnitt, während das jüngste vor dem Knopf gele- gene Stück noch in der Fläche angebreitet ist. Sehen wir uns nun die einzelnen -Organe an: Die Augenblasen sind grösser und ragen deutlicher hervor neben der zwischen ihnen eingeschlossenen Vorderhirnanlage, welche kielartig vorspringt und vorne steil abfällt. Die Grenze der- selben gegen das Mittelhirn wird namentlich an Profilansichten deutlich als eine seichte quere Vertiefung. An der Mittelhirngegend sind ausser einer geringen axialen Erhebung, welche die Anlage des Mittelhirns darstellt, keinerlei bemerkenswerthe Erscheinungen aufgetreten. Bedeutende Veränderungen dagegen zeigen die nun folgen- den Abschnitte: An dem Hinterhirntheile ist eine deutliche Tren- nung der Hinterhirnanlage von den seitlich gelegenen Organen durch seichte Rinnen zu erkennen. Der Hyoidwulst und der dritte Visceralbogen erscheinen als halbkuglige dem Kopf seitlich ansitzende Hervorragungen, und sind auch gegen die Keimscheibe durch ventrale Einkerbungen abgegrenzt. Das flache Grübchen zwischen den beiden Wülsten ist die Anlage der ersten Kiemenspalte. Das Gehörbläschen liegt noch grösstentheils oberhalb des Hyoidwulstes. Die Höhlung im Innern desselben ist nur bei Ober- Ansicht der Embryonalanlage zu erkennen. Der Hyoidwulst, das Gehörbläschen und die Anlage des dritten Visceralbogens bilden zusammen die bohnenförmigen Kör- per, welche Oellacher in Fig. 13 und Henneguy in Fig. 58 und 59 abbilden. Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 203 Hinter der Hinterhirnanlage beginnt mit keulenförmiger An- schwellung die axiale Erhebung, welche das Nachhirn und das Rückenmark enthält. Die Grenze von Nachhirn und Rücken- mark ist noch nicht zu erkennen, beide Theile gehen continuir- lich in einander über. Dabei wird das Rückenmark immer schmaler, ungefähr bis zur Mitte der Rumpflänge (ca. Gegend des 12. Urwirbels), nimmt dann nach dem Knopfe hin wieder an Breite zu und geht schliesslich in denselben über. Seitlich von dem axialen Strang liegt die Urwirbelzone, in welcher 18 deutlich von einander getrennte Urwirbel unter- schieden werden können. Hinter den Kiemenbogen-Anlagen liegt ein nach hinten urwirbelartig begrenztes Stück, welches mehr als doppelt so lang ist als ein Urwirbel. Das Aussehen der vorder sten Urwirbel ist von dem der hintersten erheblich verschieden, wie Bilder bei durchfallendem Lichte zeigen. Bei auffallendem Lichte und der geringen Vergrösserung fallen dieselben in diesem Stadium noch nicht besonders auf; im Allgemeinen sind auf diesem Stadium die vorderen Urwirbel höher als die letzten, während letztere breiter sind. Die Gegend vor dem Knopf zeigt das primitive Verhalten, welches auf Stadium VIII die ganze Rumpfregion zeigt: Das Medullarrohr ist nur durch dunklere Linien von den seitlichen Theilen abgegrenzt, und die Urwirbelzone ist auch nicht so deutlich zu erkennen. Der Knopf ist breit und ragt mehr nach hinten, weniger nach oben vor. Der Embryonalsaum ist nunmehr im ganzen Bereich der Embryonalanlage auf eine schmale Zone redueirt. Das Dotterloch ist birnförmig, doch ist weder die Gestalt noch die Grösse desselben, wie es in Fig. 9 u. 9a abgebildet ist, typisch für einen Embryo von 18 Urwirbeln. In Bezug auf diese Eigenschaften ist die Zahl der Varianten ausserordentlich gross, so dass die Grösse des Dotterloches allein ohne Angabe der Ur- wirbelzahl und der sonst für das Stadium charakteristischen Kennzeichen nieht zur Bestimmung des Stadiums ausreicht. Der zellige Randring fällt nach dem Dotterloch steil ab, während er sich in die Keimhaut allmählich verliert. Die Dicke desselben ist verschieden, einmal an den einzelnen Stellen des- selben Dotterloches, indem gewöhnlich die dem Knopfe zunächst liegenden Partien am dieksten sind und die demselben gegen- 204 ProKopsch: überliegenden Stelle am dünnsten, andererseits schwankt die- selbe bei den einzelnen Embryonen in den weitesten Grenzen. Hier finden sich nicht allein Unterschiede zwischen den einzelnen Arten — wie z. B. Salmo salvelinus einen äusserst dünnen zel- ligen Randring zeigt im Vergleich zu dem gewöhnlich sehr kräf- tigen, gedrungenen von Trutta fario —, sondern auch zwischen den Eiern der einzelnen Bruten, so dass man häufig bei den Eiern aus derselben Brut ganze Reihen aufstellen kann von dem dünnen, kaum sichtbaren bis zum kräftigst entwickelten Randring. Bei Henneguy finden wir in der Fig. 58 ein Stadium, bei welchem neben 14 deutlich abgebildeten Urwirbeln die Augen- blasen und die Anlagen für Gehörorgan, Hyoidbogen und dritten Visceralbogen zwar sehr schematisch, jedoch in den Verhältnissen richtig gezeichnet sind. Die drei zuletzt genannten Anlagen werden, wie es Oellacher bei der Fig. 13 thut, als nieren- förmiges Gebilde dargestellt, welches in seiner Gesammtheit als Gehörorgan-Anlage bezeichnet wird. Merkwürdig ist, dass Henne- guy den Embryo, nach welchem Oellacher’s Fig. 14 ge- zeichnet ist, als gleichalterig demjenigen seiner Fig. 58 ansieht, während die Fig. 14 von Oellacher nur das Bild des in Ter- pentinöl aufgehellten Embryo der Fig. 13 ist. Stadium X (Taf. XI, Fig. 10 u. 10a). Der Dotter ist bis auf ein kleines Loch hinter dem Knopfe umwacbsen. Der Embryo befindet sich auf dem Stadium des „Dotterlochschlusses“. Die Erhebung der Embryonalanlage aus der flächenhaften Ausbreitung ist nunmehr auch im Bereich der vordersten Ur- wirbel deutlich geworden, so dass dieselben mit ihrem länglichen Durchmesser nunmehr dorsoventral gestellt sind. Die hintersten Urwirbel liegen noch in der Fläche, und ihr längster Durch- messer verläuft transversal. Die Zahl der Urwirbel beträgt 28. Am Kopfe ist die Trennung der drei Gehirnabschnitte noch deut- licher geworden. Die Vorderhirnanlage nebst den seitlich an- liegenden Augenblasenanlagen bietet ausser der Grössenzunahme nichts Besonderes gegenüber dem früheren Stadium. In der Mittelhirngegend ist die Anlage des Mittelbirns von dem Kiefer- wulst deutlich abgegrenzt durch eine dunklere Lmie. Derselbe erscheint nunmehr ebenfalls als eine deutlich abgegrenzte Hervor- Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 205 ragung, doch ist seine Grenze gegen die Dotterhaut noch immer nur sehr wenig scharf. Der Hyoidwulst und die Anlage des ersten Kiemenbogens erscheinen etwas kugeliger und kleiner und näher aneinander gerückt, als es auf Stadium IX der Fall ist. Die Anlage der ersten Kiemenspalte ist dadurch mehr spaltförmig geworden, während sie auf den jüngeren Stadien als flache Grube in die Erscheinung tritt. Das Gehörbläschen, dessen Höhlung deutlicher geworden ist nach hinten gerückt; es liegt zum grössten Theil dorsal von der ersten Kıemenspalte, was theils durch die Vergrösserung des Ge- hörbläschens nach hinten, theils durch die Verschiebung der Kiemenbogenanlagen nach vorne und medianwärts bedingt ist. Das Hinterhirn hebt sich als rundlicher Strang von den seitlich gelegenen Organen ab. In der Medianlinie desselben tritt eine dunkle Linie auf, welche nach vorne sich in das Mittel- hirn nach hinten noch eine Strecke weit in das Nachhirn er- streckt. Dieselbe war auch am vorigen Stadium schon in ge- ringem Maasse zu sehen und ist der erste Ausdruck des in der Entstehung begriffenen Centralkanales. Von der Mitte des Kieferwulstes erscheint seitlich neben dem Hyoidwulst und der Kiemenbogenanlage bis zum dritten Urwirbel hin die Pericardialhöhle als eine hellere seitlich von einer flachen Bogenlinie begrenzte Stelle. Die Nachhirnanlage und das vordere Ende der Rücken- marksanlage liegen in der Gegend der vordersten Urwirbel be- trächtlich höher als letztere und sind durch eine scharfe Furche von denselben getrennt. Diese Erhebung und Abgrenzung wird nach dem hinteren Körperende allmählich immer geringer, und am hinteren Ende gehen beide Anlagen in die äusserlich unge- gliederte Masse des Knopfes über. Die Grösse der Urwirbel untereinander ist verschieden; die vorderen Urwirbel sind grösser in Bezug auf den cranio- caudalen Durchmesser. Die Urwirbelhöhlen erscheinen hier zum ersten Male als dunklere den Urwirbelgrenzen parallele Linien im Innern jedes Urwirbels, was bei Profilbetrachtung besonders deutlich hervortritt (vgl. Fig. 11a). Hinter dem Knopfe liegt das auf eine nadelspitzgrosse Oeffnung verkleinerte Dotterloch umgeben von dem in Folge der 206 Kr.aKopsch: Zusammenschiebung des Zellen-Materiales verdickten Randring. Das hintere Ende des Embryos (der Knopf) beginnt durch seitliche Furchen sich von der Dotterhaut abzugrenzen. Die Zahl der Urwirbel bei Dotterlochschluss schwankt zwischen 18 und 28, nach Henneguy’s Angaben zwischen 18 und 26, die Form und Grösse des Dotterloches und seine Lage in Bezug auf das hintere Ende der Embryonalanlage ist ebenfalls grossen Schwankungen unterworfen, worauf auch schon v. Kupffer (8, pag. 34) hingewiesen hat. Neben kleinen dicht hinter dem Knopf gelegenen punkförmigen Oeffnungen, welche durch gleichmässige concentrische oder excentrische Zu- sammenziehung des Randringes gebildet werden, findet man spaltförmige und birnförmige Formen, deren Entstehung durch ein ungleichmässiges Vorrücken der einzelnen Theile des Rand- ringes erklärt werden muss. Henneguy'’s Figur 59 ist das Stadium bei Dotterloch- schluss. Von demselben gilt im grossen und ganzen das über die Figur 58 ausgesprochene Urtheil, dass zwar viele Einzelheiten, welche wir feststellen Konnten, fehlen, die wesentlichsten Reliefs aber in den Verhältnissen richtig, wenngleich sehr schematisch behandelt wiedergegeben sind. Zu stark vorspringend ist vor allem der innere Theil des Randringes, welcher sich auch nie- mals so scharf, wie er beiHenneguy gezeichnet ist, von den benachbarten Theilen der Keimhaut abgrenzt, sondern ganz all- mählich in dieselbe übergeht. Stadium XI (Taf. XI, Fig. 11 u. Fig. 11a). Das Dotterloch ist nunmehr vollkommen verschwunden. Das hintere Ende der Embryonalanlage fängt an sich von der Dotter- haut frei zu machen, indem es einmal in die Länge wächst und indem durch die Vertiefung der seitlichen Furchen auch hier die ventrale Vereinigung der vorher in die Fläche ausgebreiteten Seitentheile erstrebt wird. Doch ragt das hintere Ende noch nicht frei über den Dotter heraus, was übrigens sogar an einen Tag älteren Embryonen noch nicht der Fall ist. Was nun die Differenzirungen der einzelnen Organe anbe- trifft, so liegen die Augenblasen zu zwei Drittel über dem Niveau der Dotterhaut und zeigen in der Gegend der Linsenanlage eine verhältnissmässig grosse rundliche Vertiefung. Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 207 Die Mittelhirnanlage sowie der Kieferbogen sind bedeutend verbreitert. Am Hinternhirn tritt auf diesem Stadium eine nach kurzer Zeit wieder verschwindende Theilung in fünf deutlich von ein- ander durch quere Furchen abgegrenzte und hinter einander ge- legene gleich grosse Stücke auf. Der Centralkanal zeigt an der Mittelhirnhinterhirn-Grenze einen linken und rechten queren Ausläufer. Das Gehörbläschen liegt nunmehr vollständig über der ersten Kiemenspalte und ist in Folge Ausbildung eines weiten Lumens sehr gross geworden und mit seinem caudalen Theil ventral geneigt (siehe Figur 11a). Im Bereiche der Hinterhirn- und Nachhirnanlage hat sich das Dach des Rautenhirns als ein dünnes durchsichtiges Häut- chen erhohen, durch welches die darunter liegenden Theile mit grosser Deutlichkeit erkannt werden können. Die Pericardialhöhle, welehe auf dem vorhergehenden Sta- dium zuerst auftrat hat sich nach der Seite hin weiter ausge- dehnt und ist blasiger geworden. Das Rückenmark wiederholt an den einzelnen Stellen des Embryo die am vorigen Stadium beschriebene Gestaltung. Während es sich in den vorderen Theilen deutlich abhebt von der Ur- wirbelzone, lässt es sich am hinteren Körperende schliesslich nicht mehr von den seitlichen Mesodermmassen abgrenzen. Die Zahl der Urwirbel beträgt 33 an der Figur 11, Tafel XI. Die Grössen-Unterschiede zwischen den vorderen und hinteren Ur- wirbeln sind noch mehr in die Augen fallend als beim Stadium XI. An den mittleren (6—50) ist schon eine Sonderung in dor- sale und ventrale Abschnitte eingetreten. Der Vornierengang ist in der Tiefe zu erkennen, nament- lich bei Betrachtung der Embryonalanlage von der Seite her. Stadium XII (Taf. XI, Fig. 12 u. 12a). Bei dem Vergleiche mit dem vorhergehenden Stadium fällt vor allem die beträchtliche Grössen-Zunahme des Kopfes auf. Dieselbe ist in erster Linie bedingt durch die Ausbildung der Hirnhöhlen, welche auf dem vorigen Stadium nur in Gestalt enger Spalten vorhanden waren. Am deutlichsten ist diese Er- scheinung am Hinterhirne. — Aus dem spaltförmigen in der 208 Dr.ek opsch® Medianlinie desselben verlaufenden Spalt, welcher den vierten Ventrikel auf dem vorhergehenden Stadium bildete, ist eine ge- räumige Höhle geworden und zwar ist der Process derart vor sich gegangen, dass die Seitenhälften des Hinterhirns gewisser- maassen wie Blätter eines Buches auseinandergeklappt werden und nunmehr den Boden des vierten Ventrikels bilden, wobei die ventralen Abschnitte desselben m der Mittellinie mit einander in Verbindung bleiben, indess die dorsalen Kanten der Seitenhälften dureh das dünne durchsichtige Dach des vierten Ventrikels mit einander verbunden werden. Dieses Auseinanderweichen erstreckt sich auch noch auf das Nachhirn, so dass wir nunmehr Hinter- hirn und Nachhirn mit dem von His dafür eingeführten Namen als Rautenhirn bezeichnen können, doch ist die Abgrenzung der beiden Abschnitte desselben durch eine transversal verlaufende Furche bezeichnet. Die Bodenplatten des Hinterhirns beschreiben ausserdem noch — wie man am besten bei der Profil-Ansicht Tafel XI, Fig. 12a sieht — einen flachen Bogen, unter dessen höchster Stelle das Gehörbläschen liegt. Auch das Mittelhirn hat eine bedeutende Verbreiterung er fahren namentlich in seinem hinteren Theile. Es erscheint bei Ober-Ansicht in Gestalt zweier birnförmiger Körper, welche mit ihrem breiten Ende nach hinten gerichtet sind, indess die dünneren vorderen Enden ohne Grenze in das zwischen den Augen-Anlagen befindliche Vorderhirn übergehen. Die Volumenzunahme erfolgt hier nicht so sehr durch eine beträchtliche Ausbildung der Hirn- höhle wie beim Hinterhirn als vielmehr in der Zellvermehrung der Wände dieses Hirnabschnittes. Die Grenze zwischen Mittelhirn und Hinterhirn wird von einer tiefen Furche gebildet der Kleinhirn-Mittelhirnfurche, hinter welcher sich die vordere Wand des Rautenhirns befindet. Es muss hervorgehoben werden, dass nach den obigen Aus- einandersetzungen die Bildung der Kleinhirn-Mittelhirn-Furehe nicht als ein Einfaltungsprocess an der Wand des Hirnrohrs auf- zufassen ist, wie es Schaper (10) beschreibt, sondern dass die Verbreiterung der Mittelhirn- und der Hinterhirn-Anlagen zur Entstehung der Falte führt, welche übrigens, wie Schnitte lehren, schon sehr früh angelegt ist. Ausser diesen Volumens-Veränderungen der einzelnen Hirn- abschnitte ist die veränderte Lage derselben zu den benach- Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 209 barten Organen hervorzuheben. Die Kleinhirn-Mittelhirn-Grenze liegt in der Höhe des ersten Visceralbogens, woraus sich ergiebt, dass eine Verschiebung des Mittel- und Hinterhirns nach vorne stattgefunden hat, welche ziemlich beträchtlich ist, da ja auch die Kiemenbogenanlagen nach vorne wachsen. Von den Visceralbogen ist der vierte gebildet: der fünfte beginnt sich von der ungegliederten Mesodermmasse zwischen erstem Urwirbel und der zuletzt gebildeten Kiemenbogen-Anlage abzugliedern. Das Gehörbläschen liegt über der dritten und vierten Kiemenbogen-Anlage. Der Rumpf hat bedeutend an Länge zugenommen dadurch, dass das hintere Körperende ein beträchtliches Stück frei über den Dottersack hervorragt. In der Mittellinie des Rumpfes ver- läuft dorsal und ventral der einheitliche Flossensaum, welcher an der Mittelhirn-Nachhirn-Grenze beginnend bis zur Schwanspitze verläuft und sich um dieselbe herum auf die ventrale Seite be- giebt und dort mit dem etwas höheren ventralen Flossensaum zusammentrifft. Letzterer ist am Dottersack noch mit breiter Fläche ungefähr in der Höhe des 37. Urwirbels befestigt, verschmälert sich aber nach hinten sehr schnell und wird zu einer dünnen in der Medianlinie befindlichen Lamelle. Die Zahl der Urwirbel beträgt (in der Zeichnung) 47. Von diesen sind die vordersten sechs, vor denen das schon vorher erwähnte urwirbelartig begrenzte Stück des Kopfmesoderms liegt, breiter als die nachfolgenden. Die ventralen Abschnitte der- selben sind nicht deutlich zu erkennen. Auch der siebente Ur- wirbel ist noch etwas grösser als die übrigen. An den mittleren Urwirbeln ist die Sonderung der dorsalen und ventralen Abschnitte und die Knickung derselben in einem caudal offenen stumpfen Winkel deutlich ausgeprägt (Tafel XI, Fig. 12a). An den letzten (gezeichneten) 4 Urwirbeln ist die Sonderung in die dorsalen und ventralen Abschnitte noch nicht ‘eingetreten. Der Abstand der letzten äusserlich noch sichtbaren Urwirbel vom hinteren Ende des Embryos ist gleich der Breite von elf Urwirbeln. Das hintere Ende des Rumpfes ist knopfartig verbreitert, wird aber nach vorne wieder schmaler. Mitunter erscheint auch schon die Anlage der vorderen Extremität als ein flaches längliches Hügelchen seitlich und an- nähernd parallel dem Rumpfe in der Höhe der sechs ersten Urwirbel. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 14 210 Fr. Kops:ch: Das schon auf den früheren Stadien beschriebene Coelom lässt sich ungefähr bis zur Mitte des Rumpfes wach hinten hin verfolgen; die hintere Abgrenzung desselben ist undeutlich, eine scharfe Grenze ist nicht vorhanden. Stadium XIII (Taf. XI, Fig. 13 u. Fig. 13a). Auf diesem Stadium tritt neu auf jederseits in der Höhe der ersten Urwirbel ein nach vorne hin scharf begrenzter heller Streifen, welcher vom Embryo ausgehend sich auf dem Dottersack verliert. Es ist die Anlage der linken und rechten Dottersackvene. Die beim vergangenen Stadium ausführlich beschriebene Vergrösserung und Ausbildung der Hirmhöhlen ist weiter fortge- schritten, indem auch die Seitentheile des Mittelhirns seitlich um- geklappt sind und ein geräumiger Ventrikel entstanden ist. Der vierte Ventrikel ist grösser geworden und dehnt sich weiter nach hinten hin aus. Am Boden desselben tritt die beim Stadium XI so deutliche auf der Zeichnung des Stadiums XII nicht ange- gebene Gliederung in fünf gleich grosse Stücke wieder hervor. Die vordere Wand des vierten Ventrikels, welche steil abfällt, hat sich verdickt, sie stellt die Kleinhirnanlage vor. Die Augenanlage ist fast vollständig über das Niveau des Dottersackes erhoben. Die Anlage der vorderen Extremität ist namentlich am Profilbilde sehr gut zu erkennen als ein bis zu der Höhe der Grenze der dorsalen und ventralen Urwirbelstücke reichendes Hügelchen. Die Kiemenbogenanlagen sind schräg nach vorne und ventral gewachsen, so dass die Kiemenspalten in schräger Rich- tung von hinten oben aussen nach unten vorne medial verlaufen. Ueber den Flossensaum ist der beim vorhergehenden Stadium gegebenen Beschreibung nichts Neues hinzuzufügen. Bei den letzten Urwirbeln ist ebenfalls die Sonderung in dorsale und ven- trale Stücke noch nicht eingetreten. Von diesem Stadium ab wird der Kopf des Embryos im Verhältnisse zum übrigen Körper ausserordentlieh gross und bietet wegen der eintretenden Undurehsichtigkeit der Haut und der Stützsubstanz wenig günstige Anhaltspunkte für die Unter- scheidung der einzelnen Stadien dar. Als Anhaltspunkte für eine solche Bestimmung kann von jetzt an dienen der Grad der Abhebung des Kopfes vom Dottersack und die Bildung des Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 211 Mundes, welche mit der ventralen Vereinigung der Hyoidbogen und Kieferbogen erfolgt. Daneben ist es die Ausbildung der paarigen und unpaarigen Flossen sowie die Ausbreitung des Ge- fässhofes auf dem Dottersack, welehe mit Vortheil zur Charak- terisirung der älteren Stadien verwendet werden können. Ueber diese werde ich ein anderes Mal berichten. 10. Literaturverzeichniss. Calberla, E., Zur Entwicklung des Medullarrohrs und der Chorda dorsalis der Teleostier und der Petromyzonten. Morph. Jahrb., Bd. III, 1877, pag. 226—270, Tafel XII, XITI. Goette, A., Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Wirbelthiere. II. Ueber die Entwieklung des Centralnervensystems der Teleostier. Archiv für mikrosk. Anat., Bd. XV, 1878, pag. 139—199, Tafel VII—X. Goronowitsch, N., Studien über die Entwicklung des Medullar- stranges bei Knochenfischen nebst Beobachtungen über die erste Anlage der Keimblätter und der Chorda bei Salmoniden. Morph. Jahrb., Bd. X, 1885, pag. 376—445, Tafel XVIII—XXI. Henneguy, F. Recherches sur le Development des poissons osseux. Embryog£nie de la Truite. Journal de l’Anatomie et de la Physiologie, XXIV Annee. 1838, pag. 413—502, 525—617, Tafel XVHII—XXI. His, W., Untersuchung über die Entwicklung von Knochen- fischen, besonders über diejenige des Salms. Zeitschrift f. Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. I, 1876, pag. 1—40. Kollmann, J., Gemeinsame Eutwicklungsbahnen der Wirbelthiere. Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte, 1885, pag. 279 bis 306, Taf. XI. Kopsch, Fr., Oberflächenbilder des sich entwickelnden Forellen- keimes. Verhandlungen der Anat. Gesellschaft, 1894, pag. 60—66. v. Kupffer, C., Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbelthiere und die Bedeutung des Primitivstreifs. Archiv für Anatomie und Entwiceklungsgeschichte, 1882, pag. 1—28 und pag. 139—156; Taf. I—-IV u. VIII—-IX 1884, pag. 1—41, Tafel I, Il. Oellacher, J., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Knochen- fiiche nach Beobachtungen am Bachforellenei. Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie, Bd. XXIII, 1873, pag. 1—115, Tafel I—-IV. Schaper, A., Die morphologische und histologische Entwicklung des Kleinhirns der Teleostier. Morph. Jahrb., Bd. XXI, 1894, pag. 625— 708, Tafel XVIII—XXI. 212 11, 12. Fr. Kopsch: Virchow, H., Ueber das Dottersyneytium und den Keimhautrand der Salmoniden. Verhandlungen der Anat. Gesellschaft, 1894, pag. 66— 77. Ziegler, H. E, Die embryonale Entwicklung von Salmo salar. Inaugural-Dissertation, Freiburg i. Br., 1882. Erklärung der Abbildungen auf Tafel X u. XI. Sämmtliche Abbildungen sind bei derselben Vergrösserung ge- zeichnet worden unter genauer Innehaltung der an den Photographien und auf mikrometrischem Wege gewonnenen Maasse, so dass die Abbildungen direkt zur Abnahme von Maassen benutzt werden können. Fig. Fig. Fig. Fig. 1. Stadium I. Oberansicht der Keimscheibe. Vergr. %/,. la. Dieselbe Keimscheibe auf der Dotterkugel liegend im Profil. Vergr. 2),. 2. Stadium Il. Oberansicht der Keimscheibe. Vergr. 2/,. 2a. Profilansicht derselben auf dem Dotter liegenden Keimscheibe. Vergr. 29,. ig. 3. Stadium III. Oberansicht der Keimscheibe. Vergr. 2%/,. ‚. 3a. Profilansicht derselben auf dem Dotter liegenden Keiın- scheibe. Vergr. 2%/.. ‚. 4. Stadium IV. Oberansicht. Vergr. 2%. Stadium V. Oberansicht. Vergr. 2%/,. D. .6. Stadium VI. Oberansicht. Vergr. 2%/,. 7 Stadium VII. Oberansicht. Vergr. 2%. '. 8. Stadium VII. Oberansicht. Vergr. 2%/ı. g. 8a. Profilansicht derselben Embryonalanlage, welche in ihrer natürlichen Stellung zum Horizonte auf der Dotter- kugel liegend dargestellt ist. Vergr. ?%,. .9. Stadium 9. Oberansicht. Vergr. 2/,. . 9a. Profilansicht derselben Embryonalanlage in natürlicher Stellung zum Horizonte auf der Dotterkugel liegend. Vergr. 2%. ‚. 10. Stadium X. Oberansicht. Vergr. ?%.. . 10a. Profilansicht derselben Embryonalanlage in natürlicher Stellung zum Horizonte auf der Dotterkugel liegend. Vergr. 2/,. . 11. Stadium XI. Oberansicht. Vergr. ?°).. g. l1la. Profilansicht derselben Embryonalanlage in natürlicher Stellung zum Horizonte auf der Dotterkugel liegend. Vergr. 2%.- g. 12. Stadium XII. Oberansicht. Vergr. ?/,. ig. 12a. Profilansicht derselben Embryonalanlage in natürlicher Stellung zum Horizonte auf der Dotterkugel liegend. — Das hintere Stück des Embryo ist etwas mehr von der Ober- Die Entwicklung der äusseren Form des Forellen-Embryo. 213 fläche des Dottersackes entfernt, als es innerhalb der Schale der Fall ist. Fig. 13. Stadium XIIl. Oberansicht. Vergr. °%/.. Fig. 13a. Profilansicht derselben Embryonalanlage in natürlicher Stellung zum Horizonte auf der Dotterkugel liegend. — Das hintere Stück des Embryo ist etwas mehr von der Ober- tläche des Dottersackes entfernt, als es innerhalb der Schale der Fall ist. Notiz zu dem Aufsatze OÖ. Frankl’s: Die Aus- fuhrwege der Harnsamenniere des F'rosches. Von M. Nussbaum. Unter Anderen ist auch OÖ. Frankl!) meine Abhandlung: „Ueber den Bau und die Thätigkeit der Drüsen, fünfte Mit- theilung, zur Kenntniss der Nierenorgane“ entgangen; da in dem Abschnitt: Vom Bau der Malpighi schen Körperchen und ihrer Verbindung mit dem Hodennetz“ das enthalten ist, was die Frankl’sche Arbeit vermeintlich Neues bringt. Ich will das im Archiv für mikroskopische Anatomie Band 27, pag. 452 u. f. Gesagte nicht wiederholen. Der Zweck dieser Zeilen ist, von Neuem eindringend davor zu warnen, bei anatomischen oder physiologischen Arbeiten die Bedeutung der genauen Species- kenntniss zu unterschätzen. Man kann einfach keine Beschrei- bung des Frosches liefern; da sich bei sorgfältiger Unter- suchung herausstellt, dass Rana platyrrhinus, Rana oxyrrhinus, Rana esculenta, ja sogar die ungarische Varietät der letzteren nicht allein in der äusseren Erscheinung, sondern in der Ent- wieklung, in der Anlage und in der Struetur ihrer Organe durchaus von einander verschieden sind. Ich zeigte dies für die Niere?) und die Muskeln?) und betonte besonders bei der Beschreibung 1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. 63, pag. 23. 2) D. Arch. Bd. XXVI. 3) Verhandl. d. anat. Ges., Berlin 1896, pag. 64. 214 M. Nussbaum: Notiz zu dem Aufsatze O. Frank!'s ete. der letzteren, dass es ein Leichtes sei, jede Species Rana schon dureh die Betrachtung der oberflächlichen Museulatur des Ober- schenkels zu bestimmen. Da Frankl nur den Frosch untersucht hat, so musste es ihm entgehen, dass die scheinbar widersprechenden Angaben der von ihm eitirten Autoren alle richtig, aber deshalb unbrauch- bar sind, weil Alle, Frankl eingeschlossen, nur vom Frosch reden. Dabei hat, wie ich zeigen konnte (l. e. pag. 457), der Eine Rana esculenta, der Andere Rana fusca untersucht, ohne aber die untersuchte Species selbst zu nennen. Keiner wusste, dass die Nieren der Frosch-Species verschieden seien, auch Frankl nicht. | Unter den Autoren, die auf diese Weise vom Frosch die widersprechendsten Angaben machen, giebt es Anatomen, Zoologen und Physiologen. Freilich sollte man vom Zoologen in erster Linie eine hinreichende Würdigung der Speciesunter- schiede erwarten; aber auch die mit anderen Methoden Arbeiten- den dürfen sie nicht vernachlässigen. Dieser Stand der Dinge veranlasst mich schliesslich zu einer weiteren Bemerkung. Meine Arbeiten über die Niere enthalten Entdeckungen zur Physiologie, Entwicklung und vergleichenden Anatomie, die Histologie einbegriffen. Man hat meine Entdeckungen bestätigt, mich aber vergessen; weil alle neueren Untersuchungen, die sich mit der Förderung unserer Kenntnisse der Nierenorgane befassen, specia- listisch sind. Der Embryologe untersucht die Entwicklung; der Phy- siologe die Funetion; der Anatom beschreibt die fertige Form. Alle werden in der Technik virtuos; finden aber selten Zeit, eine um- fassende Kenntniss ihres eigensten Gebietes sich anzueignen. Ich verstehe es, dass meine Methode nicht recht dem Zeitgeist ent- spricht. Man kann ja über die Art zu arbeiten verschiedener Meinung sein. Ich will die Virtuosität nicht bekämpfen. Grade die Einseitigkeit ist in vielen Fällen zur Lösung schwieriger Probleme unbedingt nöthig. Man soll aber auch nicht ver- gessen, dass ohne gleichzeitige Kenntniss vom Bau, von der Ent- wicklung und der Thätigkeit der Organe auf keinem Gebiete der Biologie ein wahrer Fortschritt möglich ist. 215 (Aus dem Anatomischen Institut zu Tübingen.) Untersuchungen über Spermatogenese. Von M. v. Lenhossek in Tübingen. Hierzu Tafel XII, XIII, XIV u. 1 Textfigur. „Unsere Kenntnisse über den Ausreifungsprocess der Sper- matozoen sind noch weit davon entfernt, vollständig abgeschlossen zu sein“, sagt F. Hermann im, Jahre 1893 (s. Literatur, 1893, S. 218), und die Sachlage ist seitdem, trotz des Erschei- nens bemerkenswerther, ja grundlegender Arbeiten über unser Thema, keine andere geworden. Eine Wiederaufnahme des hoch- interessanten, auch für die grossen Fragen der Befruchtung be- deutungsvollen Gegenstandes schien daher vollauf gerechtfertigt, umsomehr als die histologische Technik seit den letzten einschlä- gigen Arbeiten wieder einige nicht unwesentliche Fortschritte zu verzeichnen hat. Ich habe hier in erster Reihe die M. Hei- denhain’sche Eisenhämatoxylinmethode im Auge; es schien mir Aussicht vorhanden zu sein, durch Anwendung dieses Ver- fahrens wieder etwas mehr von den Einzelheiten des verwickel- ten Vorganges in Erfahrung bringen zu können, als es bei der bis vor Kurzem verfügbaren Technik möglich war. Noch ein Zweites kam hinzu. Durch die neuen Forschungen über Centro- som und Befruchtung ist in die alte Frage der Spermatogenese ein völlig neues Moment hineingetragen worden, das eine gänzlich neue Fragestellung, fast möchte man sagen eine „Umwerthung aller Werthe“ zur Folge haben musste. Die Fragen: wo liegt das Centrosom im Spermatozoon? welchen Antheil nimmt es bei dessen Bildung? — Fragen, die sich die Forscher auf diesem Gebiet noch vor zehn Jahren nieht träumen liessen — sind jetzt zu Hauptproblemen geworden. Vom Standpunkte dieser Fragen aus konnte man trotz der vorhandenen grossen Literatur ganz unbefangen an eine Neubearbeitung des Gegenstandes herantreten. Diese beiden Momente also, die Fortschritte der Technik Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 51 15 916 M.v. Lenhossek: und die neuen Fragestellungen waren die Hauptveranlassung, dass ich mich seit dem Herbst des vorigen Jahres (1896) dem schwierigen Thema „Spermatogenese“ widmete. Mit grossem Eifer warf ich mich zunächst auf die Untersuchung des Hodens verschiedener Säugethierspecies (Mensch, Katze, Ziegenbock, Kaninchen, Ratte, Igel, Maulwurf); indessen ward meinem Streben nach möglichst „breiter Forschungsgrundlage“ bald ein Riegel vorgeschoben durch die Erkenntniss der ausserordentlichen Com- plikation des Gegenstandes. Als es mir klar wurde, dass, wenn auch nicht in prineipiellen Punkten, so doch in vielen Einzel- heiten die Sache bei den verschiedenen Säugern etwas anders liege, als immer wieder die Anfertigung neuer Präparate, nach verschiedenen Methoden behandelt, nöthig wurde, musste die Hoffnung schwinden, auf diesem Wege in absehbarer Zeit über- haupt zum Ziele zu kommen, und so sah ich mich denn genöthigt, mich auf den Hoden eines einzigen Thieres zu beschränken. Ich wählte hierzu die Ratte. Der Grund dieser Wahl lag für-mich vor allem in der leichten Verschaffbarkeit dieses Ob- Jeetes, andererseits in dem Umstande, dass von ‚den Hoden aller Wirbelthiere gerade der Rattenhoden am häufigsten untersucht worden ist; bei dieser Wahl schien mir daher ein Anschluss an schon gethane Arbeit am ehesten möglich, die Gefahr, meine Zeit durch Verweilen bei secundären Vorfragen zu verzetteln, am meisten ausgeschlossen zu sein. Dass der Rattenhoden für die Untersuchung ein so einzig günstiges Objeet darstelle, ein Lob, das ihm viele Forscher spenden, kann ich nicht ohne weiteres unterschreiben; ich sehe nicht ein, inwiefern er ein besseres Object sein soll, als der Hoden anderer Säugethiere; ja was die Grösse seiner Elemente betrifft, scheint er mir sogar hinter dem Hoden der Katze zurückzustehen. Aber wie gesagt, jene zwei Gesichts- punkte waren für mich ausschlaggebend und sie werden dem Rattenhoden wohl auch künftighin manche Bearbeiter zuführen. Ich will hier noch bemerken, dass meine Untersuchungen schon im März dieses Jahres (1897) abgeschlossen waren, und (dass ich alle im Nachfolgenden mitzutheilenden Ergebnisse be- reits in einer vorläufigen Mittheilung kurz veröffentlicht habe, die unter dem Titel: „Ueber Spermatogenese bei Säugethieren“ Anfangs April hier in Tübingen erschien und gleich nach ihrem Erscheinen an zahlreiche Fachgenossen versandt wurde, Untersuchungen über Spermatogenese. . 217 Technik. Von Fixirungsflüssigkeiten wandte ich vor allem mit gutem Erfolg das Sublimat an. Freilich habe ich damit diese guten Erfolge nicht gleich zu Anfang erzielt; es dauerte ziemlich lange, bis sich die richtige Art und Weise der Anwendung dieses Mittels herausstellte. M. Heidenhain sagt (1896, S. 11): „Sublimat taugt übrigens bei Weitem nicht für alles: noch nie habe ich einen Hoden mit diesem Mittel auch nur annähernd gut conser- viren können.“ Dieser Ausspruch deckt sich vollkommen mit meinen eigenen Erfahrungen, soweit es sich um die herkömm- liche Anwendungsweise des Mittels handelt. Anders stellt sich aber die Sache, wenn man das Sublimat in einer besonders energischen Weise zur Anwendung bringt. Das von mir aus- 'probirte Verfahren besteht im Folgenden. ‚Zunächst muss man auf den von Hermann (1893, S. 220) besonders hoch, ja ent- schieden zu hoch angeschlagenen Vortheil verzichten, den Hoden im Ganzen zu fixiren. Das Sublimat dringt durch die Albuginea nur unvollkommen ein, und auch das Einspritzen von Sublimat in das Hodengewebe führt zu keinem Ziele, da das Quantum, das man einspritzen kann, nicht ausreicht, um die Elemente ge- hörig zu fixiren. Wenn ich auch Hermann einräume, dass es zum Zwecke einer tadellosen Fixirung des Situs der Ele- mente sicherer ist, eine Methode anzuwenden, bei der der Hoden nicht zerschnitten zu werden braucht, so muss ich doch sagen, ‘dass man auch bei der anderen Methode oft sehr schöne Bilder erhält, an denen man die Elemente vollkommen in ihrem nor- malen festen Zusammenschluss vor sich hat. Liegt aber auch eine geringe Auflockerung der Zellschichten vor, so hat dies für das Studium der einzelnen Elemente nichts zu bedeuten; ich muss es entschieden bestreiten, dass durch diese kleinen Lageverschie- bungen die Elemente so arg mitgenommen werden sollten, wie es Hermann hinstellt. — Man zerschneidet also den Ratten- hoden vorsichtig mit dem Rasiermesser in 3—4 Stücke und lässt diese in ein grösseres Schälehen mit eoncentrirter Sublimatlösung (in 0,50 °/,igem Kochsalz gelöst) fallen, die schon vorher auf eine Temperatur von etwa 35°C. erwärmt worden ist. Darin bleiben die Stücke mindestens 24 Stunden, während welcher Zeit das Ganze immer auf der gleichen Temperatur erhalten 218 M.v. Lenhossek: bleiben muss. Ich habe dies gewöhnlich in der Weise bewerk- stelligt, dass ich das Schälchen auf dem Paraffinofen stehen liess, dessen Aussenseite bei der gewöhnlichen, zur Einbettung benütz- ten Erwärmung ungefähr diese Temperatur aufweist. Die Stücke werden bei dieser Behandlung ganz hart, oft geradezu steinhart, womit freilich der Uebelstand einhergeht, dass das Anfertigen von grösseren, dünnen’Schnitten nachher oft auf Schwierigkeiten stösst. Man kann diesen Schwierigkeiten dadurch theilweise be- gegnen, dass man zur Entwässerung vor der Einbettung nicht absoluten, sondern nur 96 °/,igen Alkohol nimmt; wahrscheinlich thut es auch ein noch schwächerer Alkohol. Der Bildung von Sublimatniederschlägen in den Geweben habe ich zum Theile schon dadurch vorgebeugt, dass ich die Stücke aus dem Sublimat direkt auf eine Stunde in eine weingelbe Lösung von Jodtinetur in 50°/,igem Alkohol brachte, die vorher ebenfalls auf die ge- nannte Temperatur erwärmt worden war. Die Nachhärtung in Alkohol erfordert nur 2—3 Tage. Die 5u dicken Schnitte wurden nach der Eiweisswasser- methode!) aufgeklebt und auf mehrere Stunden wieder in eine weingelbe alkoholische Jodlösung verbracht, wodurch auch die letzten Spuren von Sublimatniederschlägen in Lösung übergehen. Die Hermann’sche und Flemming’sche Lösung lassen die Behandlung des Hodens in toto zu. Man verfährt hierbei am besten in der Weise, dass man von der betreffenden Flüssig- keit ungefähr eine Pravazspritze voll in das Parenchym des noch in seinen Hüllen liegenden Hodens injieirt und dann den Hoden in die Flüssigkeit hineinwirft. Gewöhnlich ist das Hoden- gewebe schon nach einer halben Stunde soweit erstarrt, dass man nun einen Einschnitt wagen darf, ohne eine Verschiebung der Kanälchen befürchten zu müssen. Nach einer weiteren Vier- telstunde kann man den Hoden in mehrere Stücke theilen, doch ist dies beim Rattenhoden nicht unbedingt nothwendig, da die Lösung schon nach dem ersten Einschnitt oder Durchschnitt wegen der sehr lockeren Beschaffenheit des Zwischengewebes 1) Diese Methode hat vor der Gulland’schen einfachen Wasser- methode den Vortheil, dass sie ein Universalverfahren ist, d. h. bei allen möglichen Fixirungen gleich sicher funktionirt. Hier ist wirk- lich eine weitere Vervollkommnung kaum mehr denkbar. Untersuchungen über Spermatogenese. 219 das ganze Hodenparenchym leicht durchdringt, wenn auch die Intensität der Einwirkung an der Schnittfläche immer am gröss- ten ist. Aber ich habe bei der Hermann'schen Methode die Wahrnehmung gemacht, dass man die besten Bilder gerade nicht von der Oberfläche her bekommt, wo das Mittel, und besonders der Osmiumantheil darin, in voller Stärke zur Wirksamkeit ge- langt ist, sondern aus etwas tieferen Schichten. Ein vortreffliches Mittel zur Fixirung des Hodens habe ich in einem Gemisch von Sublimat, Alkohol und Eisessig gefunden, mit etwas anderem Verhältniss dieser Stoffe als m vom Rath’s (1896, S. 287) aus den gleichen Bestandtheilen zusammengesetzter Lösung. Meine Formel lautet: Sublimat conc. = 75 cem. Aleohol’ abs: "= 25°, Eisessig RN Es ist dies die beste von den verschiedenen Combi- nationen, die ich noch durehprobirte und deren Aufzählung hier keinen Zweck hätte. Man lässt dieses Gemisch auf den in meh- rere Stücke getheilten Hoden einen Tag lang einwirken, auch bei einer Temperatur von 30—35° C. Besonders schön treten bei dieser Fixirung, offenbar durch die Essigsäureeinwirkung, die Faserbildungen in den Mitosen hervor: die Fasern der Spindel sowohl wie die der Polstrahlung. Für die Darstellung der ru- henden Kerne fand ich diese Methode allerdings nicht besonders günstig; in dieser Hinsicht hat mir das Sublimat, in der ange- gebenen Weise angewendet, die besten Bilder gegeben. Von Färbungen diente als Hauptverfahren die Eisenhäma- toxylinfärbung, immer in Verbindung mit einer leichten Erythrosin- Nachfärbung; die Bilder, die diese Doppelfärbung giebt, sind viel- leicht die schönsten, die die heutige Histologie überhaupt liefern kann. Der Hauptwerth des Eisenhämatoxylinverfahrens in seiner Anwendung auf das Studium der Spermatogenese liegt einerseits darin, dass es das Centrosom -in allen Zellen des Samenkanäl- chens (mit Ausnahme der Fusszellen) zur Ansicht zu bringen ge- eignet ist, andererseits darin, dass es auch den Axenfaden von dem ersten Augenblick seines Auftretens an mit der grössten Schärfe als feines schwarzes Fädehen verfolgen lässt. — Lehr- reiche Anschauungen verdanke ich auch der Flemmin g’schen Dreifachfärbung; das Centrosom vermochte ich zwar damit nie- 220 M.v. Lenhossek: mals in ganz befriedigender Weise darzustellen, was ich durchaus nur meiner eigenen Ungeübtheit in der Handhabung der wie es scheint heiklen Methode zuschreibe; aber in anderer Bezie- hung hat sich die Methode sehr bewährt. Wunderschöne Bilder erhält man durch die Combination einer Hämalaun- und Erythrosinfärbung, besonders an Objecten, die mit Sublimat-Alkohol-Eisessig fixirt worden sind. Man lässt die aufgeklebten dünnen Schnitte 1—2 Tage in dem P. Mayer- schen Hämalaun liegen und färbt dann leicht in Erythrosin nach. Besonders werthvoll ist diese Methode zur Darstellung der „Sphäre“; auch für die Mitosen ist sie gut. Gute Dienste hat mir schliesslich eine reine Magentarothfärbung geleistet, beson- ders an Objeeten, zu deren Fixirung folgendes Gemisch benutzt worden war: Sublimat cone.. =50 cem. 2 Platinchlorid 1%, =50 „ Eisessig ==, 4 Es ist mir öfters gelungen, mit dieser Färbung die Centro- somen an den Spindelpolen, sowie auch die in den Zwischen- zellen des Hodens darzustellen. Ich kann die Färbung ferner empfehlen zum Studium der merkwürdigen Veränderungen, die die „Sphäre“ in den Spermatiden erfährt. Die Untersuchung wurde ausschliesslich mit Hülfe des Zeiss’schen Apochromaten 2,0 mm Apert. 1,50 vorgenommen. Auch an hellen Tagen erwies sich die Benutzung künstlichen Lichtes (Auerbrenner mit Sammellinse und blauem Glas zwischen Lichtquelle und Mikroskop) bei den starken Vergrösserungen, mit denen ich arbeitete, als unentbehrlich. Bei den Zeichnungen konnte ein Zeichenapparat nicht benutzt werden, da die Umrisse, die man damit von den verhältnissmässig kleinen Zellen erhalten konnte, nicht gross genug waren, um alle die feinen Einzelheiten, auf die es bei dieser Untersuchung ankam, in sie eintragen zu können. Es ist also die jeweilige Grösse einer Zeichnung nicht etwa als der Ausdruck der realen Vergrösserung aufzufassen; auch muss ich bemerken, dass es mir nicht immer gelungen ist, in den Zeichnungen das richtige gegenseitige Grössenverhältniss der einzelnen Elemente zu treffen. [80 180} Be Untersuchungen über Spermatogenese. Topographische Uebersicht. Untersucht man den in Thätigkeit befindlichen Hoden eines Säugethieres, so wird man bekanntlich schon an einem einzigen Schnitte, sofern er eine gewisse Anzahl von Samenkanälchen- durchsehnitten umfasst, alle Stadien der Spermatogenese neben- einander auffinden können. Der ganze Vorgang der Spermato- genese, der aus einer Anzahl vorbereitender „Reifetheilungen“ und aus der Umwandlung der letzten Zellgeneration zu Samen- fäden besteht, schiebt sich nach Art einer Welle über die Längs- ausdehnung des Samenkanälchens fort. Bei der Ratte kennen wir auch die Wellenlänge, d.h. die Länge der Strecke, an deren Endpunkten sich die ersten und letzten Stadien der Spermato- genese finden; sie beträgt nach den mühsamen und zuverlässigen Untersuchungen v. Ebner’s (1888, S. 283) durchschnittlich 32 mm. Der wellenförmige Bildungsmodus hat, wie Benda (1887, S. 108) mit Recht bemerkt, den Vortheil, dass dadurch die Continuität der Samenbereitung gesichert wird. So bietet also ein Hodenpräparat dem aufmerksamen Be- obachter ein sehr buntes Bild dar, in dem sich wohl Niemand ohne eingehende Beschäftigung mit dem Gegenstande wirklich zurechtfinden wird. Viele Jahre sind verflossen, viele Mühe hat es gekostet, bis man gelernt hat, diese mannigfaltigen Bilder in richtigen Zusammenhang mit einander zu bringen, sie als einzelne Phasen der Spermatogenese in richtiger Reihenfolge mit einander zu verknüpfen. Wenn man sich fragt, wer eigentlich zuerst eine zusammenhängende, übersichtliche, unseren heutigen Vorstellun- gen entsprechende Darstellung von dem Vorgang der Spermato- genese, natürlich mit Beschränkung auf die gröberen, topogra- phischen Verhältnisse, bei einem Säuger gegeben hat, so kann die Antwort meiner Ansicht nach nicht anders ausfallen, als dass dies H. Brown war (1885). Freilich fusst Brown schon fast in allen Hauptpunkten auf den Vorarbeiten Anderer, namentlich Renson’s (1882), aber das Verdienst bleibt ihm gesichert, dass er es war, der sich den ganzen Vorgang in seinem Zusammen- hange zuerst, in der Hauptsache wenigstens, in zutreffender und abgerundeter Weise zurecht gelegt hat; auch gehören seine Ab- bildungen zu den besten der ganzen einschlägigen Literatur. — Viel ausführlicher und mit viel grösserer Genauigkeit finden wir dann 222 M. v. Lenhossek: den Vorgang nach seiner topographischen Seite hin behandelt bei späteren Forschern, unter denen Benda (1887) und vor Allen v. Ebner (1888) hervorragen. v. Ebner hat den ganzen Process bei der Ratte in zwölf Bildern übersichtlich dargestellt und daran das allmähliche Aus- reifen der Zellgenerationen erklärt. Da der Vorgang aber ein continuirlicher ist, da alle Zellen sich allmählich fortentwiekeln, so wird diese Zahl natürlich auch nur eine relativ geringe An- zahl aus der Continuität der Entwickelung herausgegriffener „Momentbilder* darstellen können. Auf der anderen Seite aber scheint mir für das praktische Bedürfniss der ersten Orientirung die Zahl etwas zu gross zu sein. Ich selbst habe mich am An- fang meiner Studien in der erdrückenden Mannigfaltigkeit der verschiedenen Bilder, in denen ich zuerst rathlos hin- und her- mikroskopirte, dadurch zurechtgefunden, dass ich nach den mar- kantesten Bildern, die mir immer wieder entgegengetreten waren, fünf Stadien unterschied, und diese mir durch Nachzeiehnen und aufmerksame Analyse genau einzuprägen suchte. Diese fünf „Leitbilder* dürften zur ersten Orientirung in der That auch vollkommen genügen. Sie stellen die auffallendsten, von einander am meisten abweichenden Zelleombinationen dar; an ihnen hat man einen festen Halt, auf sie lassen sich die etwas abweichen- den Zwischenformen leicht zurückführen. Ich habe diese fünf Stadien zu Nutz und Frommen des Lesers auf den Figuren 1—5 zur Ansicht zu bringen gesucht und möchte daran eine kurze Charakteristik der einzelnen Bilder anknüpfen. Es wird sich auf diese Weise wohl auch am leich- testen die Terminologie darlegen lassen, der ich mich zu be- dienen gedenke. Sie schliesst sich vollkommen der jetzt allge- gemein üblichen La Valette St. George'schen an, unter Hinzufügung einzelner kleiner Zusätze. Fig. 1 stellt wohl das bekannteste von all den Bildern dar, die ein Präparat aus dem Rattenhoden darbietet. Es ist das typische, in den Lehrbüchern bevorzugte Bild, an dem alle Zell- kategorien vertreten, an dem die regelmässigen Zellsäulen in ungefähr gleichen Abständen durch die Fortsätze der Sertoli- schen Zellen oder Fusszellen durchsetzt sind. Dies der Grund, warum ich diesem Bilde den Vortritt einräume: sonst könnte man dies nicht rechtfertigen. Denn das Bild bezeichnet weder Untersuchungen über Spermatogenese. 223 den Anfang noch das Ende jener „Welle“; es liegt dem Ende des Cyelus nahe. — Als äussere Begrenzung der Samenkanäl- chen sehen wir vor allem die Membrana propria; sie stellt sich bei der Ratte als ein dünnes Häutchen dar, das aber trotz seiner Dünne unverkennbar aus mehreren Lamellen zusammengesetzt ist und von Stelle zu Stelle mit platten, auf dem Querschnitte stäbehenförmig erscheinenden Bindegewebskernen versehen ist, die theils auf der äusseren Oberfläche der Membran, theils zwi- schen ihren Lamellen liegen. Die erste Lage der Zellauskleidung des Hodenkanälchens setzt sich nun aus zwei Zellgattungen zusammen. Diese sind: 1. die Spermatogonien, kleine, niedrige, der Membran dicht an- geschmiegte Zellen, mit wenig Cytoplasma und kleinem, sehr dunklem, stark färbbarem Kern von ovaler, seltener rundlieher Gestalt. Hin und wieder treten uns unter diesen Zellen mito- tische Theilungsfiguren entgegen, seltener allerdings in diesem als im nächstfolgenden Bilde. Diese in den Figuren nicht berück- siehtigten Theilungen sind klein und deshalb schwer analysirbar, man kann nur soviel feststellen, dass sie sich dem gewöhnlichen Mitosentypus anschliessen; ihre Theilungsachse liegt stets pa- rallel der Kanalwand. Man findet sie bald sporadisch, bald auch zu dreien oder vieren beisammen. 2. Die Sertoli’schen Zellen oder Fusszellen Benda’s. Sie liegen in ungefähr gleichen Abständen von einander, 1—3—6 Spermatogonien zwi- schen sich fassend. Der Kern ist gross, hell, rund oder drei- eekig, mit lumenwärts gerichteter, mehr oder weniger ausgezoge- ner Spitze. Sehr charakteristisch ist das grosse, runde, central gelegene Kernkörperchen darin. Der Zellkörper geht durch einen halsartig verdünnten Theil in den Fortsatz über, der, dicht ein- gezwängt zwischen den Zellsäulen, gegen das Lumen hinzieht und auf diesem Stadium stets schon ein Bündel fast ganz ausgereifter Spermatozoen in sich fasst. Diese Spermatozoen liegen zu 8—9 in einer Fusszelle, oft ganz unten in der Nähe des Kerns, die Spitze ihres hakenförmigen Kopfes nach der Kanalwand ge- richtet, ihre Krümmung in der Mehrzahl in gleichem Sinne, nach der einen oder anderen Seite wendend; der Complex ihres vom Kopfe bereits ganz zurückgezogenen Zellkörpers hängt in Form schmaler, länglicher Lappen in das Lumen des Kanals hinein, aber nicht unregelmässig, sondern in der Weise, dass alle Lappen 224 M. v. Lenhossek: mit einander eine regelmässige, einwärts durch eine gerade Linie abgegrenzte Schicht bilden. Aus den Lappen ragen noch die schon recht langen Schwänze hervor, auch wieder nicht durcheinander- gewirrt, sondern durch ihren parallelen Verlauf eine regelmässige, wirbelartige Zeichnung im Lumen hervorrufend. Die zweite Schicht wird von einer einzigen Lage bedeu- tend grösserer, runder oder eckiger, etwas lockerer angeordneter Zellen gebildet, deren Kern sich im Zustande eines mässig dichten Knäuels befindet. Es sind das die Spermatocyten oder Henle’sche Zellen (v. Ebner), speciell jene Entwickelungs- stufe dieser Zellgattung, die ich als „kleine Spermato- eyten“ bezeichnen möchte. Weiter nach innen folgen jetzt, durch die Fusszellenfortsätze wie in Fächer eingeschlossen, in 4— 5 Lagen aufgethürmt, die Spermatiden, kleinere, zumeist eckige, oft leicht in die Länge gezogene Zellen mit kleinerem, hellem, rundem Kern, in Präparaten mit tadellosem Situs der Elemente auf das Dichteste zusammengedrängt. In den meisten ist in dieser Phase schon die erste Spur des Achsenfadens wahr- nehmbar (auf der Zeichnung nicht berücksichtigt): wir haben es hier also mit den unmittelbaren Bildnern der Samenfäden zu thun. In Bild 2 tritt uns als Hauptveränderung der Schwund der Fusszellenfortsätze entgegen. Die dadurch frei gewordenen Spermatozoen liegen nun einwärts von den Spermatiden, dicht nebeneinander in Reih und Glied aufgestellt, eine besondere, sehr regelmässige Schichte bildend. Unter dieser Spermatozoenlage folgen aber nieht gleich die Spermatiden, sondern es ist da eine neue, wieder beiderseits ziemlich geradlinig abgegrenzte Lage entstanden, die aus zerfallenem Cytoplasma, aus stark chromato- philen Kugeln verschiedener Grösse und aus Fetttröpfchen, Zerfalls- produkten des Cytoplasmas der Spermatiden und Fusszellen- fortsätze besteht (s. darüber genauer bei v. Ebner 1888, S. 266). Der Ausfall der Fusszellenfortsätze hat auf alle die übrigen Sehichten etwas modifieirend eingewirkt, ihrer Anordnung durch- weg einen einfacheren Habitus verleihend. Die Spermatogonien liegen jetzt — obgleich auf sie a priori kaum ein Einfluss durch die veränderte Sachlage anzunehmen wäre — doch etwas regel- mässiger nebeneinander, als vorhin; sie bieten geradezu das Bild eines einschichtigen, niedrigen Epithels dar, das sich gegen die Untersuchungen über Spermatogenese. 225 nächste Schichte fast geradlinig abgrenzt. Die Fusszellen haben natürlich durch die Atrophie ihres Fortsatzes ein wesentlich ver- ändertes Aussehen angenommen: sie stellen jetzt flache Zellen dar mit so wenig Protoplasma, dass der nun stets rundliche oder leicht elliptische aber sonst unveränderte grosse Kern auf der Lumenseite in der Regel gar nicht von Plasma bedeckt ist. — Die die zweite Schiehte bildenden Spermatocyten liegen noch immer in einer einzigen Lage. Sie sind gegen Bild 1 kaum merklich grösser geworden; der Kern befindet sich in einem Uebergangsstadium vom dichten zum lockeren Knäuel. — Die Spermatiden sind natürlich nicht mehr zu Säulen geordnet, son- dern bilden ein gleichmässiges Lager. Bezüglich ihres inneren Baues wäre hier zu bemerken, dass sich vom 1. zum 2. Bilde wichtige Vorgänge in ihrem Inneren abgespielt haben, vor allem die regelmässige Einstellung der zwei eytoplasmatischen Ein- lagerungen, der „Sphäre“ und des „chromatoiden Nebenkörpers“. Denn während im Stadium 1 diese zwei, erst im weiteren Laufe dieser Arbeit genauer zu besprechenden Zellbestandtheile eine ganz willkürliche Position in der Zelle einnehmen, ist jetzt inso- fern eine auffallende Veränderung eingetreten, als die Sphäre immer oder wenigstens zumeist an dem der Kanalwand zuge- wendeten Pol des Kernes, der chromatoide Nebenkörper am gegen- überliegenden Pol angetroffen wird. In Fig. 2 sind diese Einzel- heiten nicht angedeutet. Schliesslich sieht man oft, dass die Spermatiden nun allmählich anfangen, eine lockerere, freiere An- ordnung anzunehmen. Dieses Stadium bildet den Schluss des Entwickelungseyelus der Spermatozoen; gewöhnlich erstreckt es sich, wie v. Ebner zuerst nachgewiesen hat, über eine längere Abtheilung der Samen- kanälchen, daher es das häufigste Bild ist, dem man an den Präparaten begegnet. Es stellt also gewissermaassen eine Ruhe- pause im Vorgang der Spermatogenese dar. Mit dem Bilde 5 setzt der neue Cyelus ein. Die reifen Spermatozoen sind aus dem Lumen verschwunden oder zu einem unregelmässigen, axial gelegenen Klumpen zusammengeballt, stellen also schon ein völlig ausgestossenes „Seeret“ dar. Die Sperma- tiden sorgen für den Ersatz, indem sie sich in diesem Bilde an- schicken, sich zu Spermatozoen umzuwandeln. Man hat es aber erst mit den ersten Stadien zu thun. Wir sehen den Kern in 226 M. v. Lenhossek: den der Kanalwand zugekehrten Pol der Zelle gerückt, so dass das Zellplasma mehr und mehr als ein Anhang des Kerns er- scheint; der Achsenfaden ist schon ziemlich lang, aber noch immer sehr zart und unscheinbar. Dies ist auch das Stadium, wo sich die Neubildung des unlängst erst verschwundenen Fortsatzes der Fusszellen in ihren ersten Andeutungen wieder einleitet; die Spermatiden haben aber erst zum kleinen Theile den Anschluss an den Fortsatz gefunden. Die Elemente der zweiten Schichte, die Spermatocyten, zeigen sich in vergrösserter Form als „mittelgrosse Spermatocyten“, vor allem ist aber bemerkenswerth, dass der Kern nun ganz in den Zu- stand eines lockeren Knäuels eingetreten ist; auch ist das die Phase, wo im Kern der merkwürdige „Intranuclearkörper“ in die Erscheinung tritt, als linsenförmiges, wandständiges Gebilde. — Angesichts all dieser Veränderungen ist auffallend, dass die Spermatogonien in der Regel keine merklichen Fortschritte auf- weisen; nur manchmal zeigt \sich, als Varietät, eine zeitliche Verschiebung in ihrem Verhalten, insofern als sie schon in diesem Bilde jenen Zustand erkennen lassen, der ihnen sonst erst im nächsten Bilde zukommt. Bild 4 bietet ein wesentlich verändertes Aussehen dar. Auf den ersten Blick scheint es, als wären die Spermatiden alle spurlos verschwunden. Thatsächlich sind sie aber noch alle da, nur haben sie ihren Spermatiden-Charakter bereits so gut wie aufgegeben und liegen nun nicht mehr frei, sondern als „unreife Spermatozoen“ wieder büschelweise eingepflanzt in die Fortsätze der Fusszellen. Zwischen dem vorigen Bilde und diesem hat sich also jener merkwürdige Vorgang vollzogen, den Benda (1887) „Copulation“ genannt hat. Der Protoplasmaanhang der „un- reifen Spermatozoen“, wie man sie eigentlich jetzt schon bezeichnen muss, hängt in breiten Lappen in das Lumen des Kanales hinein. Wir haben wieder also, wie in Fig. 1, das Bild eines typischen „Samenständers“ vor uns, mit dem Unterschied nur gegen Bild 1, dass der die Samenfäden enthaltende oder richtiger von den noch mit dem Zellkörper verbundenen Samenfäden selbst gebildete Theil hier viel breiter ist als dort, indem er geradezu fächerartig aus- einandergeht; der ganze „Spermatoblast“ erscheint hier fast pinienartig, was daher kommt, dass es sich hier eben um jün- gere Stadien der Spermatozoen handelt, um Uebergangsformen Untersuchungen über Spermatogenese. 227 zwischen Spermatiden und Spermatozoen, bei denen der protoplas- matische Zellkörper noch nicht so in die Länge gezogen, noch nicht so stark abgestreift ist, wie dort. Sehr ausgesprochene Veränderungen haben die Spermatocyten erfahren: sie sind nun zu grossen, plumpen Elementen herangewachsen, und zwar be- trifft die Vergrösserung sowohl den Zellkörper wie den Kern. Diese „grossen Spermatoeyten“ sind stets etwas in die Länge gezogen, gewöhnlich spindelförmig, in zwei Zipfeln aus- laufend, mit der Längsachse natürlich immer senkrecht auf die Kanalwand gestellt. An den meisten Stellen bilden sie noch immer eine einfache Lage, aber vielfach kann es mehr oder weniger vollkommen zur Entstehung von zwei Lagen kommen, was sich ja leicht daraus erklären lässt, dass die stark ver- grösserten Zellen nunmehr nicht alle/ her Linie Platz finden können. Ihr Cytoplasma ist hell, leicht t granulirt, ohne jede Spur einer radiären oder anderweitigf tillären Structur. Der grosse, helle Kern zeigt seine Chromatiimasse in merkwürdige ring- förmige Doppelehromosomen angeordnet. Im Cytoplasma_ tritt die „Sphäre“ lebhaft hervor. — Auch die Spermatogonien sind nicht unverändert geblieben. Wir sehen sie ein wenig vergrössert und zu rundlichen Zellen umgewandelt. Bei dieser Gestalt kön- nen sie sich natürlich nicht mehr so innig wie früher der Kern- membran anlegen; aber sie sind über das Maass des Nothwen- digen hinaus von der Kernmembran abgehoben, von ihr gewöhn- lieh durch die jetzt verbreiterten Basaltheile der Fusszellen ge- trennt. Das Wesentlichste aber ist, dass sich der Kern nunmehr bei allen im Zustande eines sehr eng gewundenen Spirems be- findet. Dieser Knäuel färbt sich sehr stark, die Zellen treten daher nicht weniger lebhaft hervor als sie es früher als ruhende Spermatogonien gethan haben. Man könnte diese Zellen ihrem Habitus nach schon als Spermatocyten bezeichnen; doch scheint mir praktischer, sie als „Uebergangsspermatogonien* aufzufassen, wie sie denn auch v. Ebner noch zu den Sperma- togonien rechnet. Eine bemerkenswerthe Thatsache lässt sich hierbei konstatiren: die Spermatogonien stellen sich alle unter dieser Spiremform dar, man sieht sich vergebens nach einem Rest von gewöhnlichen Spermatogonien, nach „Reservezellen“ mit vollkommen ruhenden Kernen um. Ich nenne diese That- sache „bemerkenswerth“, weil sie ein wenig Verlegenheit bereitet 398 M.v. Lenhossek: bei der Erklärung der spermatogenetischen Vorgänge in der her- kömmlichen Weise; es soll dieser Punkt weiter unten nochmals zur Sprache kommen. Schliesslich sei erwähnt, dass, wie schon oben angegeben, die Basaltheile der Fusszellen jetzt beträchtlich breiter geworden sind; damit hängt wohl auch zusammen, dass die Kerne dieser Zellen jetzt niemals eine dreieckige, sondern stets eine mehr oder weniger abgeplattete Form zeigen. In Bild 5 finden wir die Spermatoeyten in mitotischer Thei- lung begriffen, wodurch sich dieses Bild von allen anderen Stadien der Spermatogenese lebhaft unterscheidet; schon mit schwachen Vergrösserungen wird man die Stellen, an denen diese Mitosen liegen, leicht auffinden können. Die Theilung erfolgt schubweise, daher man die Mito nur selten einzeln, vielmehr gewöhn- lich wie in Herden zı ngedrängt, auf bestimmte Abschnitte der Kanälchen beschrä ndet. Im Allgemeinen sind diese „Mitosenherde* spärlich ilt; nach den Zählungen v. Ebner’s fällt auf 5 8 anälchendurchschnitte nur ein einziges Kanälchen mit Mitosen. Auch erstreckt sich das Mitosen- gebiet niemals auf längere Strecken des Kanälchens, sogar niemals auf dessen ganzen Umfang; es nimmt vielmehr gewöhnlich nur ein Segment oder einige getrennte Segmente des Querschnittes in Anspruch. Wie v. Ebner (1891) zuerst nachgewiesen, hat, giebt es bei der Ratte zwei Formen von Spermatocytenmitosen: grosse und kleine. Die beiden Gattungen liegen niemals unter- mischt miteinander, sondern gruppenweise allein für sich; einmal findet man eine Gruppe von „grossen“, an einer anderen Stelle eine Gruppe von „kleinen“ Mitosen; letztere dürften etwas selte- ner sein, woraus man folgern kann, dass die Zell- und Kernthei- lung an den kleineren Mitosen 'rascher abläuft als an den grossen. Der Unterschied in der Grösse ist ziemlich beträchtlich. Wenn man z. B. das Stadium der "Aequatorialplatte zum Vergleiche benützt, so findet man bei den grossen Mitosen eine Zellenlänge von 26—32 u — es schliessen sich diese Mitosen in Betreff ihrer Grösse direkt an die grossen Spermatocyten an — bei den klei- nen eine solche von 16—18 u, ein bedeutender Unterschied! Freilich findet man auch Formen, bei denen man in Verlegenheit geräth, weleher man sie von den beiden Kategorien zutheilen soll. v. Ebner hat an diese Beobachtung die Schlussfolgerung geknüpft, dass die beiden Mitosentypen zeitlich verschiedenen en Untersuchungen über Spermatogenese. 229 Theilungen derselben Zelle entsprechen; es würden sich dem- nach die Spermatoeyten zweimal hintereinander theilen. Nach genauer Prüfung des sehr schwierigen Gegenstandes muss ich mich vollkommen der v. Ebner’schen Ansicht an- schliessen. Der überzeugendste Beweis für ihre Richtigkeit liegt für mich in der Thatsache, dass man in der Nähe dieser Mi- tosen, namentlich aber der grossen, oft auch eingesprengt zwischen ihnen eine spermatidenähnliehe, ziemlich grosse besondere Zell- form findet mit vollkommen ruhendem Kern, die man auf keine andere Weise erklären kann als indem man annimmt, dass sie die ruhende Zwischenform darstellt zwischen erster und zweiter, zwischen grosser und kleiner Mitose. Diese Zellen hat schon v. Ebner beschrieben und auch richtj deutet; nach der bei Salamandra, Nematoden u. s. w. ü Terminologie sollte man sie als „Spermatocyten| rdnung“ bezeichnen; allein da sie sich mehr schon an d ermatidentypus anschliessen, möchte ich sie eher nach ihrem decker „v. Ebner’sche Zellen“ nennen. Sie sind grösser als die Spermatiden, beson- ders aber grösser als die aus der zweiten Theilung hervorge- gangenen jungen Spermatiden, die erst durch eine geringe Zu- nahme ihres Protoplasmas und namentlich ihres Kernes den nor- malen Umfang einer Spermatide zu erreichen haben. Die Grössen- differenz zwischen den beiden Zellengattungen, den v. Ebner- schen Zellen und den Spermatiden, zeigt sich nirgends markanter als an solchen Stellen, wo sie untermischt miteinander liegen, was in der Umgebung der kleinen Mitosen keine Seltenheit ist. In der Nähe der grossen Mitosen findet man niemals kleine junge Spermatiden, sondern immer nur grosse Spermatoeyten und, von diesen immer getrennt, v. Ebner’sche Zellen. — Ob die zweimalige Theilung für die Spermatocyten die Geltung eines durchgreifenden Gesetzes hat, möchte ich freilich nieht mit Be- stimmtheit vertreten; ich will es nicht verschweigen, dass ich ab und zu Wahrnehmungen gemacht habe, die mir den Verdacht nahe legten, dass sich auch die Producte der ersten Theilung, die v. Ebner’schen Zellen, zu regelrechten Spermatiden um- gestalten können durch allmähliche Verkleinerung des Kerns. Diese Variabilität würde also darauf hinweisen, dass der Wiederholung der Spermatocytentheilung eine principielle Be- deutung nicht zukommt. Indessen scheint mir das eine sicher, 230 M.v. Lenhossek: dass der gewöhnlichere, typische Modus jedenfalls in der zwei- maligen Theilung gegeben ist, wie sie ja auch bei den Sperma- tocyten von Salamandra, Nematoden, Insecten u. s. w. die Regel bildet, freilich ohne dass dort eine Ruheform zwischen die zwei Zelltheilungen eingeschaltet wäre, wie dies bei der Ratte be- stimmt der Fall ist. Meine Erfahrungen stehen hier also in Widerspruch mit denen Moore '’s (1893), der für die Ratte nur eine einmalige Spermatocytentheilung annimmt, stehen dagegen in Uebereinstimmung mit denen von v. Mihälkovics (189, S. 15), der sich bezüglich der Ratte, der Maus und des Meer- schweinchens ebenfalls für eine 2—3 malige Theilung der Sper- matocyten ausspricht. Man findet bei,beiden Theilungen alle Stadien der Mitose vor, am häufigsten rer die Aequatorialplattenstadien, wobei die Achse der Spindelo 'herrschend, aber nicht ausnahmslos, senkrecht auf die Kanalwafdnsteht; sie kann auch eine mit dieser parallele oder eine he Lage aufweisen. Die Mitosen liegen in 2—3 Schichten übereinander, als helle, rundliche Zellen, die sich schon durch den schwächeren Farbenton ihres Cytoplas- mas von den umgebenden Zellen deutlich abheben. Auf die weiteren Einzelheiten der Kern- und Zelltheilung soll an einer späteren Stelle in einem besonderen Kapitel eingegangen werden. Ich bemerke, dass in Fig. 5 nur die grossen Spermatocyten- mitosen zur Ansicht gebracht sind. Was das Verhalten der übrigen Zellgattungen in diesem Bilde betrifft, so ist gegenüber dem vorangehenden Bilde alles beim alten geblieben. Die Spermatogonien zeigen auch hier alle das oben geschilderte, durch die Bezeichnung „Uebergangssper- matogonien*“ charakterisirte Verhalten; auch die Fusszellen stellen sich unter demselben Bilde dar wie vorhin, als typische „Samen- ständer“, oben in Verbindung mit 6—8 unreifen Spermatozoen, deren Cytoplasma in breiten, fingerförmigen Lappen in das Lumen hineinragt. Es liegt also ausser den grossen Spermatoeyten Alles unverändert vor. — An dieses Bild schliesst sich nun wieder, als das nächste Stadium im Cyelus, Bild 1 an; den Uebergang vermitteln solche Stellen, an denen die Mitosen schon mit Ebner’schen Zellen resp. jüngern Spermatiden untermischt sind. Durch Vergleichung der charakterisirten Bilder ist es nun unschwer, sich jenen Vorgang in den Zellen des Samenkanälchens, Untersuchungen über Spermatogenese. 231 der in der Bildung der. Samenfäden gipfelt, zurecht zu legen. Den Ausgangspunkt der Entwickelung stellen die Spermatogonien, die kleinen ruhenden Zellen an der Membr. propria in den Bildern 1—3 dar; sie vermehren sich auf mitotischem Wege. Allmählich treten nun diese Zellen in die „Wachsthumsperiode* ein, indem sie an Cytoplasma zunehmen, und auch ihre Kerne bestimmte Veränderungen erleiden. Im ersten Stadium ihrer Umwandlung präsentiren sie sich als Uebergangsspermatogonien, wie sie uns in den Bildern 4 und 5 entgegentreten. Wenn sich die grossen Spermatocyten mitotisch getheilt und sich neue Sper- matiden gebildet haben, erfolgt eine weitere Vergrösserung der Zelle, und wir stehen den kleinen Spermatocyten gegenüber, wie sie für das 1. und 2. Bild charakteristisch sind. Hand in Hand mit- ihrem Wachsthum rücken sie nun, einwärts,' von der Kanal- wand weg, sie stellen nun nicht mehr die erste, sondern die zweite Schichte von der M. propria aus gerechnet dar. All- mählich reifen sie dann zu den: „wittelgrossen Spermatocyten“ des 3. Bildes und zuletzt zu den „grossen Spermatocyten“ des 4: Bildes heran. Jetzt: ‘treten sie indie „T’heilungsp.e:- riode“ ein, indem sie einer zweimaligen Tikeikng (Bild 5 unter- liegen, wobei natürlich bei der zweiten Mitose die Menge des Zellplasmas bedeutend geringer sein muss als bei der ersten — daher „grosse und kleine Mitosen“. Zwischen den beiden Theilungen aber liegt eine vollkommene Ruheform, die „Sper- matoeyte zweiter Ordnung“ oder „v. Ebner sche Zelle“. Erst als die Theilungsprodukte dieser letzteren erkennen wir die Jungen Spermatiden, wie wir sie in Bild 1 und 2 in mehreren Lagen aufgeschichtet sehen. Jetzt setzt die zweite Hälfte des ganzen Vorganges ein, die eigentliche Samenfadenbildung, die Umwandlung der Spermatiden zu Spermatozoen — die Zellen gelangen in ihre letzte Phase, in de „Umwandlungspe- riode“. Die Umwandlung erfolgt durch eine Art von Her- auswanderung des elliptisch gewordenen Kerns aus seinem Zell- körper in der Richtung nach der Kanalwand, ein Vorgang, dessen ersten Stadien wir auf Bild 3 begegnen. Das Cytoplasma weicht mehr und mehr zurück und bildet bald gleichsam nur einen An- hang des sich zum Spermatozoenkopfe umwandelnden Kerns. Bis zu dieser Stufe sieht man die Spermatiden noch immer frei in den obersten Schichten der Zellauskleidung des Samenkanälchens Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 16 332 M. v Lenhossek: liegen. Nun leitet sich aber jener merkwürdige Vorgang ein, dessen Verständniss früher so grosse Schwierigkeiten bereitet hat, ja dem wir vom Gesichtspunkte eines causalen Erkennens auch noch heute wie einem Räthsel gegenüber stehen: die bis dahin ruhenden „Fusszellen* unten an der Membrana propria treten nun in eine aktive Periode ein: sie lassen eine zunächst kurze, dann länger werdende stielförmige Verlängerung lumen- wärts aus sich hervorgehen, und dieser Fortsatz übt eine merk- würdige Attraktionskraft auf die in der Umbildung zu Sperma- tozoen begriffenen Spermatiden aus. Je eine bestimmte Zahl davon gruppirt sich büschelartig um je einen Fortsatz herum und tritt mit ihm in eine so innige Verbindung, dass die Fusszelle nun mit den ihr anhaftenden Spermatiden gleichsam ein einheitliches Gebilde darzustellen scheint, den „Spermato- blasten* von v.Ebner oder den „Samenständer“!). Es kann keinem 1) Ich benütze diese Stelle, um über die Sertoli’schen oder Fuss- zellen einige Bemerkungen unterzubringen. Ich möchte namentlich darauf hinweisen, dass ich keine Zellgattung kenne, an der eine fibril- läre Differenzirung des Cytoplasmas schöner zum Ausdruck käme, als an diesen Zellen. An Präparaten, die mit Hermann'’scher Lösung fixirt sind, scheinen sie manchmal wie fast ausschliesslich aus feinen, parallel und geradlinig verlaufenden Fibrillen zusammengesetzt, die unten fächerförmig divergirend an der Membrana propria inseriren, oben frei auslaufen. Diese fibrilläre Structur ist zuerst von Svaön und Masquelin (1883, S. 791) beim Stier beschrieben und seitdem sehr häufig bestätigt worden. Interessant ist das Verhalten dieser Fibrillen oben an der Stelle, wo die Samenfadenköpfe in der Sertoli’schen Zelle stecken. Nach Benda (1887) sollen sich diese Fibrillen an den Spermatozoenköpfen inseriren, und zwar je an einem Kopf eine Fibrille. Diese Angabe findet in meinen Erfahrungen keine Stütze, vielmehr sehe ich an passenden Präparaten ganz deutlich, dass die Fibrillen zwischen den Köpfen frei endigen, ohne sich mit ihnen zu verbinden, dass also die Spermatozoon zwischen die Fibrillen hineingesteckt sind. Da der Protoplasmalappen der jungen Spermatozoen erst jenseits der Endigung der Fibrillen beginnt, gewinnt man den Eindruck, dass die Verbindung der Spermatiden mit dem Fortsatz der Fusszelle nicht ei- gentlich auf einer Verschmelzung der beiderseitigen Protoplasmaantheile, einer Copulation im Sinne Benda’s, sondern lediglich auf einem innigen Contact beruht. Die Zwischenräume zwischen den Fibrillen bilden wohl die Bahnen für die Fett- und Eiweissstoffe, aus denen das junge Spermatozoon das Material für sein Wachsthum schöpft. Die von Plato (1896) beschriebenen Kanäle der Membrana propria unter len Fusstheilen der Sertoli’schen Zellen beruhen wohl auf Täu- AT Untersuchungen über Spermatogenese. 233 Zweifel unterliegen, dass diese Verbindung, für dieBenda, wie schon gesagt, den Namen „Copulation“ vorgeschlagen hat, für den Ausreifungsvorgang der angehenden Spermatozoen von aller- grösster Bedeutung, ja ganz unentbehrlich ist, indem hierdurch die jungen Spermatozoen bis zu ihrer vollen Entwicklung fixirt und mit den zu ihrem Wachsthum nöthigen Nahrungsstoffen ver- sehen werden. Allmählich sehen wir nun, wie die Spermatozoen ihrer entgültigen Gestalt entgegenreifen, wie ihr Kopf die cha- rakteristische Hakenform annimmt, wie sich die Geissel in die Länge zieht und auch an Stärke zunimmt, wie ein „Verbindungs- stück“ in seiner typischen Gestaltung zum Ausdrucke kommt. Während dieser ganzen Zeit aber sind die Spermatozoen bündelweise festgehalten von dem Fortsatz einer Fusszelle; erst wenn das Spermatozoon seinen fertigen Zustand vollkommen er- reicht und dadurch die zur Erfüllung seiner Aufgabe nothwen- digen Eigenschaften erlangt hat, löst sich diese Verbindung, in- dem jener Fortsatz schwindet (Bild 2), und nun können die frei- gewordenen Samenfäden ihren Weg antreten. In einer Beziehung aber erfordert diese Darstellung noch eine Ergänzung. Wir haben gesehen, dass sich die Spermatogonien wäh- rend ihrer allmählichen Umwandlung zu Spermatocyten mehr und mehr von der Kanalwand ablösen und einwärts rücken. An ihrer früheren Stelle erscheint nun wieder eine Schichte ge- wöhnlicher, wandständiger, ruhender Spermatogonien. Woher sind diese entstanden? Nach der gangbaren Annahme sollten bei der Umwandlung einer jeden Spermatogoniengeneration zu Spermatocyten einzelne Spermatogonien in unverändertem Zu- stande an der Kanalwand zurückbleiben, und diese sollen dann äls Reservematerial den Ausgangspunkt für den nächsten Nach- schub bilden. Ich habe natürlich selbst Anfangs diese Meinung gehegt, wie überrascht war ich aber, als ich auf dem Bilde 4 und 5 die Wahrnehmung machen musste, dass hier ausnahmslos alle Spermatogonien jene Veränderungen aufwiesen, die für die „Uebergangsspermatogonien“ charakteristisch sind, d. h. dass schung; ich habe die Membrana propria bei allen von mir untersuchten ‘ Säugethieren auch bei Plato’s Hauptobject, der Katze, immer als zusammenhängende Haut gesehen; der Eintritt der Nahrungsstoffe in das Innere des Samenkanälchens muss auf dem Wege der Filtration und Diffusion erfolgen. 234 M.v. Lenhossek: der Kern bei allen zu einem sehr feinfädigen Spirem umgewan- delt erscheint; vergebens suchte ich nach jenen unveränderten „Reservezellen‘. So ganz einfach also, wie es die bisherigen Darstellungen schildern, kann die Sache nicht liegen; ich sehe nach reifliehem Nachdenken keine andere Möglichkeit der Er- klärung, als durch die Annahme, dass sich der neue Spermatogonien- vorrath bei der Ratte in der Weise bildet, dass nach Ablauf der Spermatoceytentheilung — also in dem Stadium zwischen Bild 5 und 6 — sich nicht alle Uebergangsspermatogonien weiter zu Spermatocyten umwandeln, sondern einzelne davon immer wieder in den früheren vollkommenen Ruhezustand zurückkehren, um als Spermatogonien wieder an die Wandung heran zu rücken, sich bald mitotisch auf die frühere Zahl ergänzend. Für diese Annahme spricht auch der Umstand, dass die Zahl der Uebergangssper- matogonien entschieden grösser ist als die der Spermatocyten; bilden doch beide Zellgattungen für sich allein je eine zu- sammenhängende Lage, wobei doch bei den viel grösseren Di- mensionen der Spermatocyten weniger Elemente in der zweiten _ Reihe neben einander Platz finden können, als dies in der ersten Reihe bei den kleineren Uebergangsspermatogonien der Fall ist. Die Sphäre in den Spermatocyten. Bei den meisten Färbungen tritt in den Spermatocyten, schon bei schwachen Vergrösserungen erkennbar, ein runder, scharf begrenzter Körper in die Erscheinung, ein Produkt des Uytoplasmas, in der Nachbarschaft des Kernes gelegen: das Gebilde, das neuerdings als „Archiplasma‘“ oder ‚Sphäre‘ be- zeichnet wird, früher dagegen gewöhnlich als „Nebenkern“ auf- gefasst wurde. Man kann dieses Gebilde durch gewisse Doppel- färbungen mit einer Schärfe zur Ansicht bringen, die nichts zu wünschen übrig lässt. Benda (1892) hat es z. B. durch eine Uombination von Lichtgrün F. S. und Safranin sehr distinkt dar- stellen können; es nimmt hierbei eine intensiv grüne Färbung an, während der Kern roth und das Cytoplasma nur leicht grün ge- färbt erscheint. Auch die von Rawitz (1895) eingeführte Be- handlungsweise (Tanninbrechweinstein-Fuchsinfärbung) scheint zu ihrer Darstellung hervorragend geeignet zu sein. Ich selbst habe, gleich Meves (1896) und Niessing (189) in der M. Untersuchungen über Spermatogenese. 235 Heidenhain’schen Eisenhämatoxylinfärbung, besonders in Verbindung mit einer leichten Nachfärbung in Erythrosin, eine recht günstige Methode gefunden, um die Sphäre darzustellen; sie nimmt dabei durch das Eisenhämatoxylin einen leicht grauen Ton an, dem die Erythrosinnachfärbung dann noch eine röthliehe Farbennuance beifügt. Aber am schärfsten gelang es mir, die Sphäre hervorzuheben mit einer Doppelfärbung in Hämalaun und Erythrosin, besonders an Präparaten, die mit Sublimat-Alkohol- Eisessig fixirt worden waren. Man erhält mit dieser Methode sehr klare und zierliche Bilder; der Kern färbt sich in violetter Farbe, das Zellplasma nimmt einen leichten Rosaton an, die Sphäre aber tritt bei richtiger Anwendung der Färbemittel in intensiver Rubinfärbung leuchtend aus der blassen Umgebung hervor und lenkt dadurch auf den ersten Blick, oft noch vor dem Kern, die Aufmerksamkeit auf sich. Dieses deutliche Hervortreten der Sphäre ermöglicht es, sie gleich von den ersten Stadien ihrer Entstehung an nachzuweisen und sie bis zu jenen Phasen der Sper- matoeytentheilung zu verfolgen, wo sie sich durch Auflösung dem Blicke entzieht. Suchen wir die ‚Sphäre‘ zum Zwecke eines genaueren Stu- diums dort auf, wo sie den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht, nämlich in den mittelgrossen und grossen Spermatocyten des 3. und 4. Bildes (Fig. 7—10). Sie präsentirt sich hier fast immer als eine regelmässige, grosse Kugel!) mit einem Durchmesser von ungefähr 4u, also nicht ganz ein Drittel des Kerndurchmessers (14—16 u) an Grösse erreichend, glatt und regelmässig begrenzt, entweder in direkter Berührung mit dem Kern oder doch in seiner nächsten Nähe liegend. Jene zackigen, unregelmässigen Sphärenformen, die bei Salamandra von Meves und Rawitz beschrieben sind, kommen hier in den Spermatocyten nicht vor; wir stehen hier, wie gesagt, einer regelmässigen Kugelform gegen- über, nur manchmal ist diese durch eine schwach elliptische Form ersetzt. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle finden wir sie streng in der Längsachse der Zelle gelegen und zwar weitaus häufiger lumenwärts vom Kern als auf der anderen Seite. 1) In den Spermatocyten des Menschen finde ich sie nicht rund, sondern elliptisch, dem Kern flach aufgedrückt. Bei Katze, Meer- schweinchen und Igel ist sie rund. 236 M. v. Lenhossek: Man kann also sehr wohl von einer gewissen Gesetzmässigkeit in der Lagerung der Sphäre sprechen, nur ist diese Gesetzmässig- keit nicht als eine „regulä sine exceptione‘ aufzufassen. Zählungen, die ich nach dieser Richtung hin vorgenommen habe, zeigten, dass die Sphäre in 93 Fällen von 100 streng in der Zellachse lag; in 7 Fällen aber fand sie sich seitlich neben dem Kern. Von den 95 Fällen hatte die Sphäre 75 mal an der Lumenseite des Kerns und nur 18 mal auf dessen der Kanalwand zugekehrten Seite ihren Sitz. Die Sphäre besteht ihrem ganzen färberischen Verhalten nach aus einer besonderen Verdichtung des Zellkörpers, obne jede Betheiligung von chromatischen Elementen; sie stellt ein richtiges eytoplasmatisches Gebilde dar. Sie muss von ziemlich consistenter Beschaffenheit sein. Dies erkennt man am schönsten an solchen Stellen misslungener Sublimatpräparate, wo das Zell- plasma der Spermatocyten ganz oder theilweise zerstört erscheint: die Sphärenkugeln zeigen sich hier oft in wohlerhaltenem Zu- stande, als ob sie geradezu mit Nadeln künstlich isolirt worden - wären. Nicht also lediglich um ein optisches oder färberisches Phänomen handelt es sich hier, sondern um einen realen, scharf abgegrenzten widerstandsfähigen Körper, der in das gewöhnliche Zellplasma als etwas von ihm differentes einge- bettet ist. | Die Abgrenzung der Sphäre gegen das Cytoplasma scheint an den meisten Präparaten aus dem Rattenhoden durch gar nichts anderes als durch den Rand der Sphärensubstanz selbst gegeben zu sein. Nur an Eisenhämatoxylinpräparaten, die ich sehr lange in der Eisenalaunlösung liegen liess, oder die ich zu schwach entfärbt hatte, sah ich an ihrem Rande schwarze Körner und Schollen, oft so viele, dass sie um die Sphäre einen törmlichen Reif bildeten, der freilich niemals ganz zusammen- hängend, sondern immer an vielen Stellen unterbrochen erschien. Ich möchte aus dieser Erscheinung so viel folgern, dass die Sphärensubstanz in ihren Randschichten von etwas ungleich- mässiger Dichtigkeit ist. Ein ‚schönes, scharf und dunkler als die Rindensubstanz gefärbtes Körnerstratum‘“, wie es Niessing (1896, S. 118) als Begrenzung der Sphäre beim Meerschweinchen regel- mässig fand, habe ich bei der Ratte vergeblich gesucht. Es unterliegt keinem Zweifel, dass hier der neuerdings von M. Untersuchungen über Spermatogenese. 237 Heidenhain (189, S. 644) präcisirte Sphärenbegriff, wo- nach die „Sphäre“ kein selbstständiges Organ der Zelle, sondern nur eine durch das van Beneden’sche Mikrosomenstratum her- vorgerufene optische Erscheinung sei, nicht zur Anwendung ge- langen kann; es ist hier etwas anderes im Spiele. An den Hämalaun-Erythrosinfärbungen, aber auch, wenn- gleich nicht so deutlich, an anderweitigen Präparaten, erkennt man die vonMeves und Niessing beschriebene Erscheinung, dass die Sphäre aus einer dunkler schattirten äusseren und einer blasseren inneren Schichte besteht. Die Abgrenzung beider Zonen gegeneinander ist freilich nicht immer gleich deutlich ; auch scheint das Breitenverhältniss zwischen ihnen etwas wechselnd zu sein. Ferner ist bemerkenswerth, dass das hellere Innenfeld etwas excentrisch liegen kann. An Hämalaun-Erythrosin- sowie an Magentarothpräparaten wird man nur selten in der Mitte der helleren Innenzone wieder eine dunklere centrale Stelle vermissen, die an solchen Präparaten aber immer nur als ein diffuser, schattenhafter Fleck und niemals etwa als ein scharf begrenztes Körnchen erscheint. Niessing’s Angabe (1896, S. 116), dass die Sphäre des Meerschweinchens „von einer Menge feinster radiär gestellter Protoplasmafibrillen‘“ durchsetzt sei, ferner dass sie mehrere kugel- schalenartig angeordnete concentrische Körnerstrata aufweise, veranlassten mich, der Frage nach der inneren Beschaffenheit der Sphäre besondere Beachtung zu schenken. In beiden Be- ziehungen waren meine Beobachtungen bei der Ratte vollkommen negativ; von Fibrillen sah ich niemals eine Spur, weder in der Sphäre, noch aber im Cytoplasma der ruhenden Spermatocyten; Granulationen fanden sich öfters in der Sphäre, doch immer nur sporadisch und ohne jede Andeutung einer regelmässigen Anordnung. Ich gebe zu, dass negative Erfahrungen gegenüber positiven Angaben immer nur von sehr bedingtem Werth sind; indessen ist hier zu berücksichtigen, dass ich mich genau der- selben Methode bedient hatte, wie Niessing. Meiner Ueber- zeugung nach besitzt die Sphäre in den Spermatocyten der Ratte keine fibrilläre Struktur, sondern besteht aus einer compakten, homogenen Protoplasmaverdichtung; ebenso stellen die Schollen, die man darin öfters wahrnimmt, nichts typisches, nichts regel- 238 M. v. Lenhossek: mässiges dar. Also weder eine fibrilläre, noch eine granuläre Beschaffenheit kommt der Sphäre zu. Die Eisenhämatoxylinpräparate fügen zu diesen Einzelheiten eine wichtige Thatsache hinzu: den Nachweis des Centrosoms in der Sphäre, oder richtiger der Centrosomen, denn immer handelt es sich um ein kleines Körnchenpaar. Eine leichte oder ganz gewöhnliche Sache ist es freilich nicht, diese Gebilde ge- färbt zu erhalten; man wird auch an den relativ gelungensten Präparaten viele Sphären ganz leer, andere wieder so granulirt finden, dass man unter den vorhandenen Körnern die Centrosomen nicht sicher herauszufinden im Stande ist!). Daneben aber wird man ab und zu immer Zellen finden, in denen’ man sich einer tadellosen Centrosomenfärbung erfreuen kann und die der For- schung nach dieser Seite hin als sichere Grundlage dienen können. Die besten Anschauungen der Centrosomen erhielt ich an Präpa- raten aus dem Hoden des Katers und zwar aus einem Object, das nieht mit Sublimat, sondern mit Hermann scher Lösung fixirt worden war. Aber auch von der Ratte besitze ich manche Präparate, an denen ich die Centrosomen der Spermatoeyten überzeugend demonstriren kann. Die Centralkörperchen sind also, wie gesagt, immer m der Zweizahl vorhanden. Man findet sie als zwei kleine, aber doch noch leicht sichtbare, rundliche, gleich grosse Körnchen, neben einander gelegen, aber ohne mit einander in Berührung zu stehen, gewöhnlich in der Mitte der Sphäre. Letzteres ist aber nicht ausnahmslos der Fall. Oft zeigen sie eine etwas ex- centrische Lagerung und besonders häufig sieht man sie gegen den Kern hingerückt, manchmal mit ihm in direkter Berührung, so dass sie also ganz an den Rand der Sphäre zu liegen kommen. Das ist namentlich der Fall in den vorgerückteren Stadien der grossen Spermatoeyten (s. Fig. 9): hier liegen sie 1) Beim Meerschweinchen ist der Nachweis der Centrosomen noch dadurch besonders erschwert, dass sich jene erwähnte centrale dunkle Substanz innerhalb der hellen Innenzone, in die offenbar die Centrosomen eingebettet sind, an Eisenhämatoxylinpräparaten mit Vor- liebe ganz schwarz färbt. Man erhält so in der Mitte der Spermato- cytensphäre oder auch excentrisch ein grosses schwarzes Korn (s. Niessing’s Fig. 1 und 2), das offenbar noch etwas ınehr ist, als eine Verklumpungsfigur der beiden Centrosomen. Vu Untersuchungen über Spermatogenese. 239 stets in der Nähe der Kernmembran, ein Verhalten, das man schon als erste Phase jenes Vorganges auffassen kann, durch den die Centrosomen die Sphäre verlassen, um zur Bildung der Spin- delpole auseinander zu weichen. Bei einer solchen Lage ist die gegenseitige Stellung der beiden Centralkörperehen natürlich eine gegebene: die sie verbindende Linie fällt mit der Kernoberfläche zusammen oder läuft wenigstens parallel mit ihr; in allen anderen Fällen aber kann ihre gegenseitige Stellung eine ganz beliebige sein, wie man das durch Vergleichung der Fig. 7 u. 8 erkennen wird. Im Allgemeinen erscheinen die Centralkörperchen in den Spermatocyten der Ratte an meinen Präparaten genau unter demselben Bilde, wie sie Meves (1894 und 1896) von Sala- mandra darstellt. Eine Vermehrung der Centralkörperchen auf drei, wie sie Niessing fand, vermochte ich nicht sicher fest- zustellen. Die typische Zahl ist jedenfalls zwei. An den Eisenhämatoxylinpräparaten ist es mir niemals ge- lungen, eine verbindende Substanz zwischen den beiden Central- körnehen nachzuweisen. Hier treten aber ergänzend die Bilder ein, die man mit anderen Färbungen erhält. Ich hatte erwähnt, dass bei der Färbung mit Hämalaun und Erythrosin in der Mitte der Sphäre eine dunkle Stelle zur Erscheinung kommt. Der dunkle Fleek entspricht der Stelle, an der die Centralkörperchen gewöhnlich liegen, und doch können es diese allein nicht sein, die jene Erscheinung hervorrufen, denn dazu ist der Fleck zu breit, zu diffus, zu einheitlich. Als plausibelste Erklärung bietet sich also die Annahme, dass hier eine besondere blasse Substanz im Spiele ist, in die die Centrosomen eingebettet liegen und durch die sie mit einander verknüpft werden: eine Centrodesmose im Sinne vonM.Heidenhain. Dass diese Substanz an den Eisen- hämatoxylinbildern nicht zur Ansicht gelangt, liegt wohl haupt- sächlich daran, dass bei dieser Färbung die ganze Sphäre eine dunkle, graue Farbe annimmt. Mit vorstehender Beschreibung kann natürlich ein Verständ- niss der „Sphäre“ noch nicht erreicht sein; die wichtigsten Aufklärungen müssen wir vielmehr von der Untersuchung der Frage erwarten: wie entsteht dieses Gebilde? Zum Studium dieser Frage scheint mir der Rattenhoden ein besonders günstiges Object zu sein. Denn während im Katzenhoden z. B. die Sphäre 240 M. v. Lenhossek: in den meisten Spermatogonien schon als fertiges kräftig ent- wickeltes Gebilde vor uns liegt, lässt sich bei der Ratte ihr all- mähliches Werden in den Spermatogonien recht gut beobachten. In den meisten Spermatogonien — d. h. in den kleinen, ruhen- den Zellen an der Kanalwand — vermisst man sie. Ab und zu gelingt es aber schon in diesen Zellen (Fig. 6), mit Hülfe der Hämalaun-Erythrosin-Doppelfärbung ihre ersten Spuren nachzu- weisen in Form einer ganz kleinen, sich in charakteristischer Weise dunkel färbenden flachen Stelle in unmittelbarer Berührung mit dem Kern. Deutlicher und nunmehr ausnahmslos nachweisbar tritt sie hervor als linsenförmiges, dem Kern an einer beliebigen Stelle ebenfalls dieht anliegendes Klümpchen in den „Uebergangs- spermatogonien‘“ (Fig. 4 und 5). ‚In den „kleinen“ und „mittel- grossen‘ Spermatocyten nimmt sie dann allmählich an Umfang zu und bläht sich Hand in Hand damit zur Kugelgestalt auf; schon bei den mittelgrossen Spermatocyten (Fig. 7 und 8) ist diese Form vollkommen ausgesprochen. Von der Trennung einer Rinden- und Marksubstanz ist auf dieser Stufe noch nichts zu sehen, die Sphäre erscheint noch immer von ganz gleichmässiger innerer Beschaffenheit; erst in den „grossen“ Spermatocyten prägt sich diese Gliederung aus, in dem Stadium, in dem die Sphäre zu ihrer grössten Ausdehnung herangewachsen ist (Fig. 9 und 10). In allen Phasen ihrer Entwicklung beherbergt die Sphäre die Centralkörperchen. Aus dem dargelegten Entwicklungsvorgang ergiebt sich also, dass die ‚„Sphäre‘‘ als eine selbstständige, spontane Diffe- renzirung des Cytoplasmas aufzufassen ist, die wohl im Anschluss an die Centrosomen, aber ohne Beziehungen zu anderen in der Zelle schon vorhandenen Gebilden entsteht. Vor allen Dingen lässt sich also eine Analogie unseres Gebildes ausschliessen mit jenen in den Samenbildungszellen von wirbellosen Thieren so weit verbreiteten, in ihrer Form so mannigfaltig wechselnden Körpern, die ihrer Herkunft nach auf Reste der achromatischen Spindel bei der mitotischen Theilung der betreffenden Zellen zurückzuführen sind, und die in den letzten Jahren von Platner, Zimmermann, Bolles Lee, Calkins, v. Erlanger u. A. so genau untersucht worden sind!). Beschränkt man, wie das v. Er- f 1) Vergl. hierüber das ausführliche Referat von v. Erlanger (1896 und 1897), namentlich dessen III. Theil. Untersuchungen über Spermatogenese. 241 langer (II) verlangt, die von Bütschli (1871) eingeführte Bezeichnung „Nebenkern“ auf derartige Spindelderivate, so kann man sagen, dass die Säugethiere überhaupt keinen wahren „Neben- kern“ in ihren Samenzellen besitzen, denn auch der weiter unten zu besprechende „chromatoide Nebenkörper“ hat mit der Spindel bestimmt nichts zu thun. Um was handelt es sich hier aber? Wenn ich im An- schluss an die von Hermann, Meves, Niessing u. A. benutzte Terminologie das Gebilde bisher ohne Vorbehalt stets als „Sphäre“ bezeichnet habe, so könnte vielleicht der Leser daraus den Schluss ziehen, dass ich unsere ‚Sphäre‘ für iden- tisch halte mit dem, was van Beneden als „Sphere attrac- tive“ in die Literatur eingeführt hat. Dies ist aber keineswegs mein Standpunkt. Auf keinen Fall liegt hier eine ähnliche Bildung vor, wie etwa der je nach der Färbung helle oder dunklere Hof, der bei Leukocyten und vielen anderen Zellen das Centro- soma umgiebt und dessen Bedeutung mir noch immer nicht voll- kommen aufgeklärt zu sein scheint. Auch mit Boveri’s „Archi- plasma“, wie es in den Eizellen von Nematoden vorhanden zu sein scheint, darfman, glaube ich, den hier vorliegenden Körper nicht ohne weiteres in eine Linie stellen. Zwar würde Boveri's Defi- nition der „Astrosphäre“* (1895, S.35) „als desjenigen Complexes, der sich im Umkreis des Centrosoma als etwas der Substanz oder Struktur nach Specifisches von dem indifferenten Protoplasma unterscheiden lässt‘ — recht gut auf unsere ‚Sphäre‘ passen; indessen ergiebt sich doch auf der anderen Seite aus dem Ver- halten unserer „Sphäre“ bei der Theilung der Spermatocyten, ebenso wie auch aus ihrer Unabhängigkeit von den Centrosomen in den Spermatiden, aus zwei Punkten, die noch einzeln zur Sprache kommen sollen, sicher die Thatsache, dass hier doch wohl etwas anderes im Spiele ist, als bei dem Boveri’schen Archiplasma. Die Ansicht also, die ich mir über die Bedeutung der Sphäre gebildet habe, stimmt vollkommen mit der von v. Kosta- neceki (1896, S. 213) und v. Erlanger (1897, S. 171) aus- gesprochenen überein. Auch mir scheint, wie v. Kostanecki, die Sache so zu liegen, „dass wir es hier mit ganz specifischen Stoffen zu thun haben, die, um den Centralkörper sich gruppirend, eine vollkommene Kugel bilden, die aber ganz verschieden ist 242 M. v. bLenhossek: von dem, was wir sonst als Sphäre bezeichnen.“ Es liegt hier meiner Meinung nach etwas ganz Besonderes, Speecifisches, nur den germinativen Zellen Eigenthümliches vor; denn etwas ganz Analoges ist, so viel ich weiss, in keiner andern Zellgattung nach- gewiesen worden, wenigstens nicht ganz in ähnlicher Form. Ver- diehtungen des Cytoplasmas um das Centrosoma und die wahre „Sphäre“ herum kommen zwar auch in anderen Zellen vor, so z. B. in den Knorpelzellen des Frosches (Meves 1895), in den Spinalganglienzellen desselben Thieres (Lenhossek 1895), bei welch letzteren ich jene Verdichtung als ‚„Plasmosphäre‘ be- zeichnet habe; indessen lassen sich diese undeutlichen, leichten diffusen Verdiehtungen in der Umgebung jener Centralgebilde doch wohl kaum in direkte Parallele setzen mit dem scharf begrenzten, selbstständigen Körper, der in den Spermatoeyten als „Sphäre“ die Centralkörperchen beherbergt, höchstens könnte man in ihnen die ersten Andeutungen eines solehen Gebildes er- blicken. Eine scharf umschriebene Verdichtung des Cytoplasmas um das Centrosoma herum, wie sie hier vorliegt, ist in den Sper- matocyten allgemein verbreitet, nicht nur bei Säugethieren und Wirbelthieren, sondern auch bei Wirbellosen. Man findet über diesen Gegenstand die ausführlichsten Mittheilungen in dem sorgfältigen, auch eigene Beobachtungen enthaltenden Referate v. Erlanger's, besonders in dessen letztem IV. Abschnitt. Es schemt aber, dass bei Wirbellosen die „Sphäre“ insofern eine etwas andere Zusammensetzung besitzt, als sie einen stark körnigen Bau aufweist. So schildert z. B. v. Erlanger (1897, S. 2) die unserer „Sphäre“ entsprechende ‚„Kernhaube‘‘ bei Blatta als ein Gebilde, das „zahlreiche, ziemlich ansehnliche Körner enthält, welche in der lebenden Zelle sehr deutlich her- vortreten, während das übrige Cytoplasma von Körnern relativ ganz frei ist.“ Anders liegt aber die Sache bei Säugern (Ratte, Katze, Meerschweinchen, Igel, Mensch): die Sphäre lässt hier keinen körnigen, sondern einen homogenen Bau erkennen, und deshalb könnte ich mieh auch nicht der. v. Erlanger’schen Terminologie anschliessen, in der die „Sphäre“ als „Centrodeuto- plasma“ bezeichnet wird — offenbar wegen der Aehnlichkeit der körnigen Sphäre der Wirbellosen mit dem körnigen Deuto- plasma mancher Eizellen. Te 164 0 CE 1 WE An ne Untersuchungen über Spermätogenese. 243 Aus den weiteren Mittheilungen wird hervorgehen, dass die Sphäre später in Spermatiden eine grosse Rolle zu spielen berufen ist bei der Bildung der Appendieulargebilde am vorderen Ende des Samenfadenkopfes. Hierin scheint mir der Schlüssel zu liegen für ein Verständniss der Bedeutung der „Sphäre“. Ich bin der Meinung, dass man sie nicht von einem allgemeinen Standpunkte aus aufzufassen, sondern schon von den ersten Sta- dien ihrer Entstehung an als eine besondere Differenzirung des Zellplasmas zu betrachten hat, die schon in Beziehung steht zu dem merkwürdigen Umwandlungsvorgang der Spermatiden zu Spermatozoen, gewissermaassen die erste Anlage gewisser Theile des Spermatozoenkopfes bildend. In dieser Ansicht werde ich namentlich sehr bestärkt durch die Beobachtung, dass die Sphäre in den Spermatocyten des Meerschweinchens, bei dem ja bekanntlich jene aceessorischen Gebilde am vorderen Pol des Spermatozoenkopfes eine so aussergewöhnlich starke Entwicklung erreichen, besonders umfangreich (5—6 u gross) und auffallend scharf begrenzt ist; es zeigt sich hier also schon ein gewisser Parallelismus zwischen der Mächtigkeit der „Kopfkappe‘“, des „Akrosomas“ und der der Spermatocytensphäre. Wäre unsere Sphäre“ sleichwerthig mit der van Be- neden-M. Heidenhain’schen „Attractionssphäre‘“ oder mit Boveri’'s Arechiplasma, so müsste sich dies namentlich bei der mitotischen Theilung, der die Spermatocyten zuletzt unterliegen, durch ein bestimmtes Verhalten kundgeben. Die Sphäre müsste entweder spurlos verschwinden, in den Polstrahlungen aufgehen, oder aber sie müsste sich Hand in Hand mit dem der Theilung vor ausgehenden Auseinanderweichen der Öentrosomen in zwei gleiche Sphären theilen, die dann die Centrosomen auf ihrer Wanderung nach den Spindelpolen hin begleiten, für diese nach wie vor eine Umhüllung bildend. Keine aber von diesen beiden Voraussetzun- gen trifft zu. Ich habe in dieser Beziehung folgendes Verhalten feststellen können. Wenn sich der Kern der grossen Spermato- eyten zur Theilung anschickt, so findet man, dass die Centro- somen aus der Sphäre herauswandern; sie weichen auseinander und man findet sie dann nackt, ohne jede Sphärenumhüllung, an den Polen der Spindel. Wider alles Erwarten schwindet die alte, von ihren Centrosomen verlassene Sphäre nicht sofort, sondern lässt sieh noch in ungetheiltem Zustande als ein etwas geschrumpfter, 944 M.v. Lenhossek: noch immer lebhaft färbbarer Körper seitlich neben der Spindel nachweisen während der ganzen Phase der Spindelbildung und auch der Aequatorialplatte; erst mit dem Beginn der Metakinese entzieht sie sich dem Blicke, offenbar durch Auflösung und gleichmässige Vertheilung ihrer Substanz auf das ganze Cyto- plasma der sich theilenden Zelle; muss sich doch ihre Substanz in gleicher Menge in den beiden Theilungshälften der Zelle finden, da sie sich doch in den Tochterzellen zu je einer neuen Sphäre zu reconstruiren hat. Die Nachweisbarkeit der Sphäre während der ersten Stadien der Spermatocytentheilung war bis- her, wie ich sehe, nicht bekannt. Die Sphäre stellt sich jetzt freilich, wie in den Fig. 11 und 12, immer in etwas redu- eirtem Zustande dar; auch hat sie ihre frühere regelmässige Kugelform eingebüsst, ist bald in die Länge gezogen, bald eingebuchtet, manchmal auch in mehrere Stücke zerfallen, zeigt nunmehr unregelmässige Ränder und in ihrem Innern Ungleichmässigkeiten — all dieses weist schon auf ihre bald erfolgende Auflösung hin, aber nachweisbar bleibt sie noch immer, so lange, bis die Tochterchromosomen nicht auseinander- zuweichen beginnen. — Dabei zeigt der Sphärenrest in der Mehr- zahl der sich zur Theilung anschickenden Zelle eine bestimmte Lagerung. Wir finden ihn nämlich mit auffallender Häufigkeit weder dem Spindelpol, noch dem Aequator entsprechend gela- gert, welch letztere Lage eigentlich die naturgemässe wäre, sondern in einer Mittelstellung, seitlich neben dem einen der Spindelpole, gewöhnlich fast ganz an die Peripherie gerückt. Vorausgesetzt also, dass die Sphäre keinen Ortswechsel erfahren hat, sondern an der Stelle ihres früheren Sitzes geblieben ist, müsste man annehmen, dass sich die Spindelachse und somit auch die Achse der sich theilenden Zelle zu der früheren Zell- achse unter einem Winkel von etwa 45° verhält. Freilich kann hier von. einer strengen Gesetzmässigkeit wieder nicht die Rede sein, denn es lassen sich auch Fälle beobachten, wo der Spindelrest eine polare oder äquatoriale Lage aufweist. E Mit der Auflösung des Gebildes ist die erste Etappe in der Geschichte der „Sphäre“ zum Abschluss gekommen. Sie hat damit ihre Rolle durchaus noch nicht ausgespielt. Sobald die erste Mitose der Spermatocyten vollzogen ist und als erste Generation von Tochterzellen die v. Ebner ’schen Zellen er- . ER PORN Untersuchungen über Spermatogenese. 245 scheinen, sehen wir die Sphäre in diesen wieder auftauchen, in ihrer charakteristischen Kugelform, wie früher, in der Nach- barschaft des Kernes gelegen, nur um ein Geringes kleiner als in den Spermatoeyten I. Ordnung. Auf welche Weise sie sich hier von Neuem gebildet hat, blieb mir unklar; offenbar geht der Vorgang ihrer Reconstitution sehr rasch vor sich. Bei der zweiten Spermatocytentheilung verhält sie sich genau so, wie bei der ersten. Auch hier gelingt es, den Sphärenrest in den ersten Phasen der Mitose, bis zu dem Eintritt der Metakinese, nachzuweisen. Auch hier verschwindet sie aber dann, um in den Tochterzellen der zweiten Theilung, der Spermatiden, wieder zu erscheinen. Ihr Verhalten in diesen, ihre Endschicksale, sollen später den Gegenstand einer besonderen Betrachtung bilden. Zum Schlusse mögen hier einige historische Bemerkungen über die Sphäre in den Spermatocyten der Säugethiere Platz finden. Einer der ersten, der die Sphäre in den Spermatocyten (nicht in den Sperma- tiden!) gesehen hat, ist unstreitig Renson. Auf S. 304 seiner Arbeit (1882) findet sich die Angabe, dass in den Spermatocyten der Ratte neben dem Kern ein stark lichtbrechender, unregelmässiger Körper liege, der sich mit Pikrokarmin nicht färbe und konstant zu sein scheine. Auf S. 317 benennt Renson dieses Gebilde, das er hier als eine „granulation fonc&e“ schildert, als „corpuscule accessoire“. Fig. 1—2 lassen, wie unvollkommen sie auch seien, keinen Zweifel darüber, dass dieses accessorische Körperchen wirklich der Sphäre entspricht. Der erste, der annähernd zutreffende Abbildungen der Spermato- eytensphäre gab, war wohl H. Brown (1885); seine Zeichnungen und Angaben beruhen auf der Anwendung der Goldmethode, die, wie es scheint, zur Darstellung der Differenzirungen im Cytoplasma der Zellen der Samenkanälchen nicht ungünstig ist. Brown giebt an (S. 347), dass es ihm gelungen sei, das Gebilde sogar schon in den Spermato- gonien (wahrscheinlich sind hier, unsere „Uebergangsspermatogonien“ gemeint) nachzuweisen, wo es aber etwas kleiner sei als in den Sper- matocyten. Während der Mitose dieser letzteren scheint es, als ob das accessorische Körperchen in mehrere Stücke zerfiele. In den Spermatiden taucht aber ein neues accessorisches Körperchen auf und Brown stellt es schon als möglich hin, dass sich dieses Körperchen aus den Resten des früheren accessorischen Körperchens bilde. Es kann nicht fraglich sein, dass auch Hermann (1889) die Sphäre in den Spermatocyten der Maus gesehen hat. Indessen ist die Schilderung, die Hermann davon giebt, nicht zutreffend. Hermann lässt (S. 76) die „Sphäre“, die er als „Nebenkern‘‘ bezeichnet, in den vollständig ausgebildeten Spermatocyten aus zwei Bestandtheilen be- stehen: „einem ovalen farblosen Körperchen und einem demselben an irgend einer Stelle, meist an einem der Pole ansitzenden, durch Gentiana 246 M. vüteshioier ek violett tingiblen Knöpfehen“. Diese Angabe . steht in vollkommenem Widerspruch sowohl mit meinen eigenen Befunden wie mit denjenigen Niessing’s; ein solcher Aufbau der Sphäre ist mir nie vor die Augen gekommen. Bei der Betrachtung der Fig. 30 Hermann's, der einzi- gen, die eine Spermatocyte von der Maus mit dem „Nebenkern“ dar- stellt, erblicken wir ein blasses, durchaus nicht farbloses, sondern braun tingirtes ovales Körperchen in der Nähe des Kerns, das seinem ganzen Aussehen nach der Sphäre zu entsprechen scheint. Unweit davon aber bildet Hermann noch ein viel kleineres, intensiv blau gefärbtes Körnchen ab. Zunächst fällt schon auf, dass dieses Körn- chen, das nach Hermann einen Theil des „Nebenkerns“ bilden soll, mit dem anderen Theil desselben, der blassen Kugel, gar nicht in di- rekter Berührung steht, sondern durch einen deutlichen Zwischenraum davon getrennt ist, so dass man fragen muss, weshalb denn Her- mann diese zwei selbständigen Dinge zu einem Gebilde zusammen- fasst. — Ich muss die Existenz eines solchen Körnchens, wenigstens als eines constant in solch typischer Lagerung befindlichen Gebildes, entschieden bezweifeln, wenigstens für die von mir untersuchten Thiere (Ratte u. s. w... Am wahrscheinlichsten scheint mir-noch, dass bei dem Hermann schen Körnchen ein „chromatoides Nebenkörperchen“ im Spiele war, wie es im Cytoplasma der Spermatocyten bald allein, bald in der Zwei- oder Dreizahl fast regelmässig vorkommt (s. weiter unten). Indessen zeigt dieses Körperchen keine regelmässigen Lagebeziehun- gen zur Sphäre, und wenn es so nahe zu ihr liegt wie auf der Hermann’schen Figur, was ja gelegentlich vorkommen mag, so kann es sich bloss um einen Zufall handeln. — Auch eine zweite Angabe Hermanns (S. 78) muss auf Widerspruch stossen. Hermann sagt, dass der Nebenkern in jener Stufe der Spermatocyten, bei der das Chro- matin im Kern bereits in Form von Ringen angeordnet ist — das wären also unsere „grossen Spermatocyten“ — spurlos verschwunden ist. Ich habe aber gefunden, dass die Sphäre bei der Ratte gerade in diesen Zellen den Gipfelpunkt ihrer Entwicklung erreicht. Hermann's An- gabe dürfte sich übrigens daraus erklären, dass die von ihm haupt- sächlich angewandte Färbungsmethode, die Safranin-Gentianafärbung, zur Darstellung der Sphäre nicht besonders günstig ist. — Auch die Hypothese, die Hermann über die Entstehung der Sphäre ausspricht (S. 87), dass sie nämlich aus dem Kern „herausgeschleudert wird“, ist wohl als missglückt zu bezeichnen. Benda (1891) stellte die Sphäre, die er Archiplasma nennt, in den Spermatocyten von verschiedenen Säugethieren mit seiner schon eingangs erwähnten Doppelfärbung dar und bemerkt ganz richtig, dass der „chromatoide Nebenkörper“ zu diesem Archiplasma keine eonstanten Beziehungen erkennen lässt. Bei den Theilungen der Sper- matocyten, aus denen die Spermatiden hervorgehen, verschwindet das Archiplasma als gesonderter Zelltheil; in den neugebildeten Sperma- tiden aber (die Benda merkwürdigerweise auch noch Spermatoeyten nennt) taucht das Gebilde neben dem Kern sofort. wieder auf. en A Untersuchungen über Spermatogenese. 247 Die erste ganz ausführliche Beschreibung der Sphäre in den Spermatocyten der Säuger hat ohne Frage Niessing gegeben. Inwie- fern meine eigenen Befunde mit den seinigen übereinstimmen, inwie- weit sie von ihnen abweichen, wurde schon oben auseinandergesetzt. Die Veränderungen des Kerns von den Spermatogonien an bis zur Spermatocytentheilung. Indem wir die Veränderungen ins Auge fassen wollen, die die Kerne der Zellen der Samenkanälchen bis zur Spermatoeyten- theilung erfahren, ist es selbstverständlich, dass wir von den Spermatogonien auszugehen haben, die ja nichts anderes dar- stellen als die vollkommene Ruheform der Zellen, die, in ver- schiedenen Stadien der Spirembildung begriffen, uns als Sper- matocyten entgegentreten. Die Spermatogonien (Fig. 6) sind bei der Ratte ausserordentlich klein!), daher die Structur des Kerns schwer zu ergründen ist. Der Kern ist im absoluten Ruhezustand von elliptischer, seltener von rundlicher Form und erscheint der Membr. propria oft dicht angedrückt, immer aber liegt er mehr oder weniger parallel mit ihr. Er ist sehr dieht structurirt, aus- gefüllt von einem stark färbbaren Inhalt, wodurch er schon bei schwacher Vergrösserung lebhaft hervortritt. Bei manchen Ker- nen — besonders der kleineren, rundlichen Form — ist diese Chromofilie so gross, dass der Kern geradezu eine tintenartige Färbung annimmt und Structureinzelheiten gar nicht erkennen lässt. In der Regel ist dies aber nicht der Fall, der Kern weist vielmehr eine scheckige Zeichnung auf. Dieses Bild ist hervor- gerufen durch derbe dunkle Massen, die theils in Form von groben Klumpen und von diesen ausgehenden Balken in inneren Theilen des Kernes liegen, theils krustenartig, aber niemals ganz zusammenhängend, der Innenfläche der Kernmembran angelagert sind. Durch gewisse Doppelfärbungen gelingt es nachzuweisen, dass diese Klumpen nicht alle Chromatinmassen sind, sondern dass einige (2—3) davon die Bedeutung von wahren Kernkörper- chen haben. Auch die Eisenhämatoxylinfärbung ist geeignet, 1) Bei dem Kater sind sie bedeutend grösser, ja einzelne davon wachsen zu solchem Umfange heran, dass sie die grössten Zellen in den Samenkanälchen bilden. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 17 248 M. v. Lenhossek: diese Nucleolen isolirt zur Ansicht zu bringen, wenn man die Entfärbung recht weit treibt, indem dabei in den fraglichen Kernen Alles die Färbung einbüsst bis auf eben die 2—3 Kern- körperchen, die sich, wie auch anderweitig, durch grosse Zähigkeit bei der Abgabe des Farbstoffes auszeichnen. Was zwischen den Chromatinbroecken und Nucleolen liegt, ist wegen der dunklen Färbung nnr schwer analysirbar; nur undeutlich macht sich ab und zu eine fädig-körnige Structur bemerkbar. Oft gelingt es übrigens, den oder die Kernkörperchen bei genauer Untersuchung auch ohne färberische Differenzirung, schon durch die streng runde Form inmitten der mehr unregelmässig Seien Chroma- tinklumpen zu erkennen. Hier erscheint also die chromatische Substanz noch in vielen Theilstücken angeordnet, nirgends zu zusammenhängenden Faden- bildungen zusammengefügt. Ziemlich rasch vollzieht sich aber ein derartiger Vorgang; denn in den kleinen „Uebergangsspermato- gonien‘ liegt schon ein wohlentwickeltes Spirem vor, allerdings von solcher Dichtigkeit und von solcher Feinheit der Fäden, dass die Frage, ob der Knäuel von einem einzigen oder von meh- reren Fäden gebildet wird, unbeantwortet bleiben muss. An den gewöhnlichen Schnitten tritt uns der Knäuel fast in der Dichtig- keit eines Filzes entgegen; auf sehr dünnen sehen wir das Fadengewirr in minimale Bruchstücke zertheilt und jetzt erscheint der Kernraum wie von einem Gitter mit ungleichmässigen Maschen durchzogen. Schon jetzt gelingt der Nachweis, dass die Fäden jedenfalls nicht durch Querbrücken mit einander verbunden, son- dern selbständig gegen einander abgegrenzt sind, ebenso wie ‚dass sie aus einer Grundmasse und aus feinen Mikrosomen bestehen. Der Knäuel zeigt eine streng runde Form. Eingebettet zwischen die Fäden erkennt man mit Hülfe passender Färbungen die kleinen Nucleolen. Die Kernmembran ist bereits sehr un- deutlich geworden, doch kann man sie noch nachweisen. Wie ist nun aus dem Bilde des ruhenden Kerns das Spirem entstanden ? Durch sehr genaue Prüfung vieler hierher gehöriger Kerne glaube ich Anhaltspunkte dafür gewonnen zu haben, dass zwischen den beiden Zuständen ein Zwischenstadium liegt, bei dem sich der Kern durch eine durchgehends feinkörnige Structur auszeichnet; daraus würde also hervorgehen, dass sich jener Vorgang in der Weise vollzieht, dass die gröberen Chromatin- en cm Untersuchungen über Spermatogenese. 249 schollen in kleine Mikrosomen zerfallen, die, zunächst diffus über den ganzen Kern ausgestreut, sich allmählich reihenweise hinter einander aufstellen und, durch eine anders beschaffene, blasser färbbare Substanz, das „Linin“, mit einander verbunden, den chromatischen Fadenknäuel bilden. Die Zellen, die ich meine, hat schon Brown gesehen (1885); sie finden sich in seiner Arbeit unter dem Namen „spore cells“ beschrieben; doch ist die Deutung Brown’s eine andere, indem er diese Zellen gerade umgekehrt für die vollkommen ruhenden, unveränderten Stamm- spermatogonien hält, in der gewöhnlichen Form der Spermato- gonien dagegen schon ein Umwandlungsprodukt dieser Elemente erblickt und sie demgemäss als „growing cells“ bezeichnet. Ich halte diese Auffassung in Anbetracht des ganzen Habitus der betreffenden Kerne für verfehlt. Aus der Seltenheit der Brown- schen Zellform kann man schliessen, dass das betreffende Kern- stadium mit grosser Schnelligkeit abläuft. Die nächstfolgende Stufe, mit der die Zelle in das richtige Spermatocytenstadium, in die ,„Wachsthumsperiode*, eintritt (Spermatocyten des 1. Bildes, „kleine Spermatocyten“) kenn- zeichnet sich durch eine beginnende Vermehrung des Zellplasmas und was den Kern betrifft, durch eine mässige Auflockerung des Knäuels nebst Zunahme des Kernsaftes. Zugleich erscheint der chromatische Faden etwas verdickt; ob diese Verdickung auf einer wirklichen Substanzvermehrung oder zunächst nur auf einer Verkürzung des chromatischen Fadens beruht, lässt sich wohl kaum entscheiden. Noch immer aber haben wir es mit einem „dichten Knäuel“ zu thun, noch immer ist über die feinere Con- stitution des Knäuels, über die Art seiner Aufwickelung nichts Bestimmtes auszusagen. In einem späteren Stadium erst, in dem der „mittleren Spermatocyten“ (in Bild 3, Fig. 7 u. 8), lichtet sich das Dunkel; jetzt erst tritt der Kern in den Zustand des lockeren Spirems ein und bietet dadurch Angriffspunkte einer näheren Betrachtung. Wir haben einen gewöhnlich runden, seltener schwach ellipsoidischen Kern vor uns. Die Kernmembran ist noch immer erhalten, wenn auch nicht deutlicher als bei den Uebergangsspermatogonien. Der Knäuel zeigt nun einen bedeutend einfacheren Windungstypus; die Zahl der leicht gewundenen Schlingen ist mässig, sie liegen locker ausgebreitet vor dem Beschauer. Der ganze Ha- 2350 .M. v. Lenhossek: bitus der Schlingen, ihr gegenseitiges Verhältniss muss den Ein- druck hervorrufen, dass der Knäuel aus einem einzigen unge- theilten chromatischen Faden besteht, der durch seine schlingen- förmigen Umbiegungen das Bild des Knäuels entstehen lässt. Noch suggestiver prägt sich die Einheitlichkeit des Fadens bei den Spermatocyten der Katze (Fig. 8) aus, indem die Zellen des entsprechenden Stadiums hier etwas grösser sind. Aber ganz sicher lässt sich die Frage, um die Wahrheit zu sagen, bei der Katze ebensowenig wie bei der Ratte entscheiden und zwar aus dem einfachen Grunde nicht, weil man au feineren Schnitten immer nur Durchschnitte des Kerninhaltes vor sich hat, an dickeren Sehnitten dagegen eine Analyse des Spirems unmöglich ist. Auf alle Fälle könnte man nur eine sehr geringe Zahl von chromati- schen Fäden zugeben. — In der Verlaufsweise der Schlingen sucht man vergeblich nach Gesetzmässigkeiten, wie sie etwa in dem Rabl’schen Schema aufgestellt sind; die Schlingen, deren Zahl nicht allzugross ist, laufen ziemlich ungezwungen durch den Kern, ihr Bestreben scheint nur darin zu liegen, sich in dem Kernraum — mit Ausnahme einer gleich zu erwähnenden Stelle — mehr oder weniger gleichmässig zu vertheilen. Letzteres möchte ich aus dem Grunde besonders betonen, weil es im Widerspruch steht mit einer Angabe Hermanns (1889, S. 78): Ich finde, dass sich das Spirem bei der Ratte, dem Meerschweinchen und der Katze, nicht nur, wie es Hermann für die Maus angiebt, an der Peripherie des Kernes ausbreitet, sondern dass es gleichmässig auch das Kerninnere durchzieht. Ein bedeutender Unterschied gegen früher besteht darin, lass nun der ehromatische Faden bedeutend dieker ist, vielleicht um das Doppelte und darüber, als früher, was möglicherweise auch hier mit seiner offenbaren Verkürzung zusammenhängt. Die Eisenhämatoxylinbilder gestatten nun noch viel klarer als vorhin einen Einblick in die innere Zusammensetzung des Kernfadens. Er besteht aus einer blässer gefärbten Grundsubstanz, dem Linin, und darein eingelagert aus Chromatinmikrosomen, die zumeist die Form rundlicher Körnehen aufweisen. Im Allgemeinen sind diese Chromatintheilchen breiter als das Lininband, das sie zusammen- hält: daher das perlschnurartige Aussehen des ganzen Kern- fadens. Die Anordnung der Mikrosomen ist durchaus keine gleichmässige, auch wechselt ihre Form und Grösse, daher kommt Untersuchungen über Spermatogenese. 251 es, dass die Breitendimensionen des Fadens von Stelle zu Stelle wechseln, während freilich im Ganzen die Fadendicke eine durehschnittlieh gleiche ist. An Präparaten aus Osmiumgemischen zeigt der chromatische Faden merkwürdige zackige Conturen, ein Verhalten, das auch Meves in vielen Abbildungen seiner Arbeit wiedergiebt; ich kann nicht umhin, der Meinung Ausdruck zu geben, dass diese Form dem natürlichen Zustande nieht ent- spricht, dass vielmehr das Aussehen des Spirems an richtig fixirten Sublimatpräparaten, wo die Grenzen des Chromatin- fadens im Allgemeinen etwas glatter, die durch die Chromatin- mikrosomen bedingten Vorwölbungen mehr rundlich erscheinen, dem natürlichen Verhalten näher kommt. Zwischen den Schlingen des chromatischen Fadens bemerkt man eine sehr geringe Menge einer gerinnselartigen, leichtkörni- gen Masse, die sich mit sauren Farbstoffen blass darstellen lässt. Nun besteht im Kern dieser Spermatocytenform noch ein merkwürdiges Verhalten, das, wenn auch schon da und dort an- gedeutet, die Aufmerksamkeit der Forscher bisher nicht in ge- hörigem Maasse auf sich gezogen hat. Die Windungen des Chro- matinknäuels lassen bei den mittelgrossen Spermatocyten stets oder wenigstens sehr häufig eine bald kleinere, bald grössere Stelle an der Kernperipherie frei — sie kann so gross sein, dass sie fast der einen Hälfte des Kerns entspricht —, so dass also ein mit der Luftkammer des Hühnereies vergleichbarer Raum zu Stande kommt; gewöhnlich sieht man eine Schlinge quer an der freien Stelle vorbeiziehen. In dem Raume erbliekt man nun stets einen 2—2,5 u grossen, elliptischen, linsenförmigen Körper, bald der Kernmembran dieht angelagert, bald auch nieht ganz, aber immer mit der Oberfläche des Kerns parallel gestellt. Es ist nicht zu verwundern, dass diese so auffallende Anordnung bereits früheren Forschern aufgefallen war. Ich nenne v. Ebner, der sie auf S.260 seiner Arbeit (1888) beschreibt. Bei v. Ebner aber ebenso wie auch bei Anderen figurirt das Gebilde immer als das Kernkörperehen. So lautet z. B. v. Ebner’s Beschrei- bung folgendermaassen: „Während der Ausbildung des lockeren Knäuels ... . ist fast immer ein durch seine Grösse ausgezeich- netes, färbbares Korn, das ebenfalls der Kernmembran anliegt (Kernkörperchen), zu sehen.“ Moore beschreibt das Gebilde (1896 S. 285) als ‚a eurious secondary nucleolus“. 252 M. v. Lenhossek: Auf Grund meiner eigenen Erfahrungen muss ich zum Schlusse kommen, dass die Richtigkeit dieser Deutung mindestens sehr fraglich ist. Was in mir hauptsächlich Zweifel an der Nucleolennatur des Intranuclearkörpers, wie ich das Ge- bilde mit einem impräjudicirlichen Namen nennen will, wachgerufen hat, das ist sein färberisches Verhalten. Untersucht man die Spermatocyten in diesem Stadium an Präparaten, die nach der Flemming’schen Dreifachmethode gefärbt sind, so erkennt man im Kern drei Farbentöne. Die chromatischen Schlingen sind blass-roth gefärbt, mit leicht bläulicher Beimischung. Der linsenförmige Körper erscheint noch viel schwächer tingirt; er weist nur den Hauch einer Rosafärbung auf, ohne bläulichen Nebenton. Inmitten dieser schwach tingirten Kernbestandtheile treten mit grosser Schärfe zwei oder drei mittelgrosse, Kugel- förmige Körper durch intensive, röthlich-violette Färbung hervor. Nach dem färberischen Verhalten, das man an allen anderen Zellkernen bei der in Rede stehenden Dreifachfärbung beobach- tet, kann wohl kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass diese Gebilde die eigentlichen Nucleolen sind, umsomehr als sich schon von den Spermatogonien an die Nuecleolen in dieser Form und Färbbarkeit verfolgen lassen. Zu dem Intranuclear- körper haben diese wahren Nucleolen nur insofern Beziehungen, als einer davon sehr oft in seiner unmittelbaren Nähe, oft auch in direkter Berührung damit gefunden wird. — Vielleicht noch überzeugendere Bilder aber liefert die Eisenhämatoxylinmethode. Bei einem bestimmten mittleren Grade der Differenzirung be- kommt man ein merkwürdiges Bild: Die chromatischen Schlingen erscheinen vermöge ihrer diehtgedrängten Chromatinmikrosomen schwarz, noch intensiver schwarz gefärbt sind die Kügelchen, die wir soeben als die eigentlichen Nucleolen gekennzeichnet haben, der linsenförmige Körper dagegen präsentirt sich in blasser, hellgrauer Färbung; lässt man dann noch eine Erythrosin-Nach- färbung folgen, so nimmt er mit Vorliebe einen leicht röthlichen Ton an und tritt dadurch in noch lebhafteren Gegensatz zu dem Kernknäuel und den Nuceleolen. Aber die Eisenhämatoxylin- bilder vermitteln in einer zweiten Hinsicht neue Aufschlüsse über das Gebilde: sie zeigen, dass der Intranuelearkörper durch- aus nicht von homogener Beschaffenheit ist, sondern dass er einen mehr oder weniger körnigen Bau aufweist. Diese schwarz Untersuchungen über Spermatogenese. 253 gefärbten Körnchen, die von etwas verschiedener Grösse sind, liegen hauptsächlich als Randmikrosomen auf der Oberfläche des Gebildes, ungleichmässig vertheilt, indessen scheinen sie auch öfters das Innere desselben zu durchsetzen; freilich ist hier immer die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass bei einer Flächen- ansicht des Körpers die oberflächlich ausgebreiteten Körner als innere erscheinen. Ich habe das Verhalten des Gebildes in der Fig. 7 zur Ansicht gebracht. Es seien also noch einmal die Momente hervorgehoben, die dagegen sprechen, dass der linsenförmige Intranuclearkörper ohne weiteres mit den Nucleolen in eine Reihe zu stellen sei. Vor allem kommt in Betracht, dass es gelingt, anderweitige Gebilde im Kern nachzuweisen, die ihrem ganzen färberischen Verhalten nach als Nueleolen aufgefasst werden müssen. Dann ist der körnige innere Bau zu berücksichtigen, wie er, wenigstens in dieser Form, bei den Nucleolen nie in die Erscheinung tritt. Auch die elliptische Gestalt des Gebildes wäre bei einem Kernkörper- chen etwas Ungewöhnliches, ebenso wie die Lage und das Ver- hältniss zu den chromatischen Kernbestandtheilen. Schliesslich scheint mir das Verhalten bei der Eisenhämatoxylinfärbung be- merkenswerth; nach meinen bisherigen Erfahrungen zeichnet sich das Kernkörperehen bei dieser Färbung sonst immer gerade durch das hartnäckige Festhalten des Farbstoffes bei der Diffe- renzirung aus. Das ganze färberische Verhalten des Gebildes scheint mir darauf hinzuweisen, dass es aus denselben Bestandtheilen zusammengesetzt ist, aus denen sich der Kernfaden aufbaut, nämlich aus Linin und Chromatin, nur in anderer quantitativer Vertheilung, nämlich aus viel Linin, mit spärlichen eingestreuten Chromatinmikrosomen. Damit ist freilich über Herkunft und Bestimmung des Gebildes noch nichts ausgesagt; leider war es mir nicht möglich, über diese Fragen zu einer bestimmten An- sehauung zu gelangen. Der Umstand, dass sich der Intranuclear- körper schon auf der nächsten Spermatoeytenstufe nicht mehr nachweisen lässt, sowie dass er nicht bei allen Säugethieren vorhanden zu sein scheint (so habe ich ihn z. B. bei der Katze vergeblich gesucht), spricht gegen eine grössere funktionelle Be- deutung. Da er sich gerade nur bei den „mittelgrossen Sper- matocyten“ findet, könnte man seine Gegenwart nur mit einem 354 M.v. Lenhossek: Vorgang in Zusammenhang bringen, der speciell nur diesem Sta- dium des Kerns eigenthümlich ist, oder sich im unmittelbaren Anschluss an dieses Stadium einzuleiten pflegt. Einen solehen Vor- gang kann man in der unmittelbar nach diesem Stadium eim- setzenden Quertrennung und Längsspaltung des chromatischen Fadens und der damit verknüpften „Chromosomenreduetion* er- blicken; es würde sich demgemäss um eine einleitende Erschei- nung zu diesen Vorgängen handeln. Welche Rolle aber dabei dem sich an die Kernmembran zurückziehenden Intranuclear- körper zufallen mag, entzieht sich vollkommen unserer Beur- theilung. Besondere Beachtung wandte ich der Frage zu, ob sich in der Lage des Gebildes irgendwelche Gesetzmässigkeiten aus- sprechen. Es kam namentlich in Betracht die Möglichkeit eines regelmässigen Lageverhältnisses einerseits zur Kanalwand oder zum Lumen, andererseits zu innerhalb der Zelle gelegenen ander- weitigen Gebilden, speeiell der „Sphäre“. Auf Grund ausge- dehnter Prüfungen kann ich behaupten, dass nach beiden Rich- tungen hin jede Constanz der Lagerung fehlt. Das Gebilde kann an welcher Stelle immer der Kernperipherie gelagert sein und kann zur Sphäre in einem beliebigen Lageverhältniss stehen. Während die Zellen nun allmählich zu den „grossen Sper- matocyten“ heranwachsen (Fig. 9 und 10), unterliegen auch ihre Kerne eingreifenden Veränderungen. Diese lassen sich stellen- weise sehr schön in ihrem ceontinuirlichen Zustandekommen ver- folgen, indem man manchmal nebeneinander alle Uebergangs- stadien vorfindet; einzelne Punkte des Vorganges blieben trotz- dem, wie es sich zeigen wird, etwas schleierhaft. Vor allem ist die bedeutende Vergrösserung des Kerns hervorzuheben; sie ist in erster Linie auf eine Vermehrung des „Kernsaftes“ zurückzuführen. Die Vergrösserung ist eontinuirlich bis zu dem Punkte, wo die Kernmembran sich aufzulösen, die Spindel sieh zu bilden beginnt, kurzum bis die eigentlichen mito- tischen Vorgänge einsetzen. In den grossen Spermatocyten zeigt der Kern in dem 24 bis 30 u langen Zellkörper eine Länge von 10 bis 14 u. Wenn wir also zurückblicken auf den Ausgangspunkt der Spermatoeyten, auf die kleinen Spermatogonien mit ihrem runden Kern, dessen Durchmesser 5 bis Tu beträgt, so darf man sagen, dass der u Deere ie me Zt Done Untersuchungen über Spermatogenese. 255 Kern mindestens auf das Doppelte seiner ursprünglichen Grösse angewachsen ist. Merkwürdigerweise tritt auch vor ihrem Unter- gange die Kernmembran wieder lebhafter hervor, wovon man sich besonders an Hämalaunfärbungen überzeugen kann; vielleicht ist es gerade der Druck des vermehrten Kernsaftes, der durch die Nothwendigkeit eines grösseren Widerstandes die Verstärkung der Membran veranlasst. Zwei Veränderungen spielen sich beim Eintritt der Zelle in diese Phase am chromatischen Fadenknäuel des Kerns ab: eine Quertheilung und eine Längsspaltung. Ueber das gegen- seitige zeitliche Verhältniss dieser beiden Vorgänge habe ich durch direkte Beobachtung trotz grösster Aufmerksamkeit nichts Bestimmtes feststellen können. Aber nach der ganzen Sachlage scheint es mir weitaus wahrscheinlicher, dass die Quertheilung der Längsspaltung vorausgeht. Wahrscheinlich aber erfolgen beide Vorgänge nicht wie auf je ein Commando, nicht etwa so, dass sich auf einmal alle Quertrennungen, dann auf einmal alle Längs- spaltungen vollziehen, sondern mehr allmählich und unregel- mässig, d. h. es kann die Längsspaltung an einem bereits von dem Gesammtfaden abgetrennten Chromosom schon eingetreten sein, während sich noch die anderen Chromosomen gar nicht aus dem einheitlichen Faden abgegliedert haben. Hierher gehörige Beobachtungen habe ich ab und zu machen können. Die Thatsache der Längsspaltung erkennt man unschwer an dem Vorhandensein von dicht beieinander liegenden dünnen Parallelfäden, die allmählich an Stelle des einheitlich dieken chromatischen Fadens treten. Aber ein merkwürdiges Verhalten kommt nun an diesen Parallelfäden zum Ausdruck; verfolgt man sie in ihrem Verlaufe nach beiden Seiten hin, so erkennt man, dass sie keine freien Enden haben, sondern schlingenförmig in einander übergehen. Wir haben also die zuerst von van Beneden (1883) an den Eizellen von Ascaris megalocephala kurz angedeu- tete, dann von Flemming (1887) bei der Spermatoeytentheilung von Salamandra ausführlich beschriebene Erscheinung vor uns, dass die aus der Längsspaltung der chromatischen Segmente her- vorgegangenen Tochterchromosomen sich nicht vollkommen von einander trennen, sondern an den Enden mit einander in eonti- nuirlicher Verbindung bleiben, ohne dass man an den betreffenden Stellen die Spur einer Trennung wahrnehmen könnte. Diese Art 256 M. v. Lenhossek: der Darstellung hat freilich die Annahme zur Voraussetzung, dass die Quertrennung des chromatischen Fadens der Längsspaltung zeitlich vorausgeht. Sollte die Sache aber umgekehrt liegen, d. h. zuerst die Längsspaltung und dann erst die Quertrennung erfolgen, so müsste an ihre Stelle eine andere, schon von Flemming als Möglichkeit hingestellte Auffassung treten, die- jenige nämlich, dass sich die freien Endspitzen der Schwester- chromosomen erst secundär wieder mit einander verbinden. — Nach der ganzen Sachlage scheint mir aber die erstere Auffassung wahrscheinlicher. Die ringförmigen „doppelwerthigen“ Chromo- somen sind schon von Hermann (1889) im Hoden der Maus beobachtet worden; es ist dies wohl die erste Beschreibung dieses Verhaltens bei einem Säugethier. Wir sehen also anfangs lange, schmale Streifen, manchmal so lang, dass sie den Kern seiner ganzen Länge nach durch- setzen; häufiger kommt aber eine mehr oder weniger quere Lagerung der Reifen in dem in der Regel schwach ellipsoidi- schen Kern vor. Verdrehungen der Reifen sind nicht selten, wodurch Achterfiguren oder noch unregeimässigere Formen zu Stande kommen. Die beiden Schenkel des Reifens oder der Schlinge laufen anfangs ganz parallel mit einander, durch einen sehr engen Spalt von einander getrennt; sehr bald ändert sich aber dieses Verhalten, indem sie allmählich auseinander zu wei- chen, einen bogenförmigen Verlauf anzunehmen beginnen, so dass sich die Form des Gebildes allmählich einer Ringform nähert. Jetzt erkennt man auch aufs Deutlichste, dass die Chromosomen mindestens um die Hälfte dünner sind, als der chromatische Faden der mittelgrossen Spermatocyten; auch die Chromatin- einlagerungen des Lininfadens präsentiren sich jetzt mehr unter dem Bilde unregelmässiger Schollen als unter dem regelmässiger Mikrosomen. — Hand in Hand mit der Umgestaltung der Reifen zu einem vollkommenen Ringe greift ein zweiter Vorgang Platz: die concentrische Verengerung des Ringes mit gleichzeitiger Ver- diekung des ihn bildenden Chromosomenpaares, eine Erscheinung, die der Verkürzung und Verdiekung der Chromosomen bei der homoeotypischen Theilungsform entspricht. Wodurch die Ver- engerung des Ringes zu Stande kommt, lässt sich nicht sicher entscheiden, doch darf man aus der Thatsache, dass man die Chromatinkügelehen an Zahl allmählich abnehmen sieht, schliessen, Untersuchungen über Spermatogenese. 257 dass der Vorgang durch den Austritt eines Theiles des Linins und durch die Verschmelzung der Chromatintheile der Chromo- somen bewirkt wird. Noch eine weitere Erscheinung lässt sich gleichzeitig fest- stellen: die Ringe wandern alle nach der Peripherie des Kerns und man findet sie zuletzt alle der Kernmembran auf der Innen- seite flach aufgedrückt, während das Innere des Kernes ganz von den achromatischen Kernbestandtheilen eingenommen wird. Diese peripherische Verlagerung der Chromosomen hat auch Moore neuerdings (1895) bei Selachiern betont und seine Wahr- nehmungen stehen mit den meinigen auch insofern in Ueberein- stimmung, als auch er die Wanderung erst gegen das Ende dieser Periode, erst wenn die Ringe bereits in fertigem Zustande vor- liegen, eintreten lässt. Vergl. S. 288 „The ring chromosomes, when fully formed, become dispersed over the nuclear periphery.“ Das Einschrumpfen der Ringe nimmt nun mehr und mehr zu, so dass wir zuletzt (Fig. 10) die meisten davon zu kleinen klumpigen Gebilden umgeformt sehen, an denen kaum mehr ein centrales Lumen wahrzunehmen ist. All’ die Veränderungen, die hier als zeitlich vor sich gehend geschildert wurden, lassen sich manchmal in räumlichem Neben- einander an den Chromosomenringen ein und desselben Kerns beobachten. Die einzelnen Ringe desselben Kerns verhalten sich nämlich in dieser Beziehung ganz unabhängig von einander, zeigen gegen einander starke zeitliche Verschiebungen, so dass man z. B. in demselben Kern oft neben noch ganz schmalen, langen Schlingen schon ganz zusammengeschrumpfte, fast lumen- lose Ringe antreffen kann. Nur die allerletzten Stadien, die Kerne derjenigen Zellen, die man unmittelbar neben den Mitosen als ihre letzten Vorstadien findet, zeigen wieder ein gleichmässiges Verhalten, indem zuletzt alle Ringe früher oder später einen stark redueirten Zustand erreichen. Solche Kerne bieten ein recht typisches Aussehen dar: der Kern hat zuletzt noch un- mittelbar vor dem Eintritt der Spindelbildung durch Aufnahme von Kernsaft beträchtlich an Umfang zugenommen, er stellt eine grosse, helle Blase dar; an der Innenseite der noch immer nachweisbaren Kernmembran vertheilen sich in ziemlich gleichen Abständen, weit auseinander gerückt, die nun zumeist bis zur Lumenlosigkeit zusammengeschrumpften kleinen klumpenförmigen 258 M.v. Lenhossek: Doppelehromosomen, ein Bild, das ich in Fig. 11 wiederzugeben bemüht war. Man erkennt daran auch die Gegenwart der Nucleo- len, die sich bis unmittelbar zur Mitose unverändert erhalten. Grosse Mühe habe ich auf die Frage verwendet, wie gross die Zahl der Chromosomen sei. Auf den ersten Blick sollte man meinen, dass es ein Leichtes sei, die ringförmigen Chromosomen, besonders wenn sie bereits geschrumpft und dadurch von einander besser isolirt sind, zu zählen. Und doch sind meine dahin- zielenden Bemühungen nicht von einem ganz sicheren, mich selbst ganz befriedigenden Ergebniss gekrönt worden. Die Schwierig- keit liegt hauptsächlich daran, dass die feinen Schnitte, die man zur Untersuchung benutzen muss, nur Fragmente der Kerne zeigen, an diekeren Schnitten dagegen, an denen vielleicht die betreffenden Kerne in unaufgeschnittenem Zustande vorliegen, ein Einblick in den Bau dieser letzteren wegen der Uebereinander- lagerung der Chromosomen, Nucleolen u. s. w. nicht möglich ist. An den gewöhnlichen feinen Schnitten wird man neben den schönen, geschlossenen Ringen immer auch noch Fragmente von Chromosomen vorfinden, oft mehrere nebeneinander, von denen man nicht weiss, ob sie aus einem oder mehreren Ringen abge- trennt sind, überdies bleibt man darüber immer im Ungewissen, ‚ob der Kerndurchschnitt alle Ringe des Kerns enthält oder nur einen Theil davon. Auch die oben erwähnten Verwickelungen und Verdrehungen der Chromosomenschleifen komplieiren das Bild. Trotz dieser Schwierigkeiten schien es mir anfangs, als hätte ich in der Zahl 8 die gewünschte Ziffer gefunden; alle die Zäh- lungen, die ich vorgenommen hatte, leiteten mich anfangs zu dieser Zahl hin; noch weiter bestärkt wurde ich in meinem Ver- trauen zu dieser Zahl, als ieh in einer ebenfalls den Rattenhoden behandelnden Arbeit Moore’s (1893), die ich erst nachträglich kennen lernte, dieselbe Zahl angegeben fand. Indessen häuften sich im Fortgange meiner Untersuchungen mehr und mehr die Verdachtsmomente, dass die Zahl 8 vielleicht zu niedrig ge- griffen sei, und schliesslich sah ich mich zur Zahl 12 hingedrängt, die dann bis zum Abschluss meiner Untersuchungen Stand ge- halten hat; mit absoluter Sicherheit indessen könnte ich auch diese Zahl nicht vertreten. Auf alle Fälle dürfen wir annehmen, dass die Zahl der Ringehromosomen die Hälfte der Chromosomen- zahl in den gewöhnlichen somatischen Zellen ausmacht. Untersuchungen über Spermäatogenese. 259 Ausser den Chromosomen findet man im Kern bis zuletzt ein oder zwei runde Kernkörperchen von mässiger Grösse. Man bekommt von ihnen sehr schöne differenzirte Färbungen mit der Doppelfärbung Safranin—Gentiana; lässt man den Alkohol bei der Differenzirung etwas stärker einwirken, so erscheinen die Chromosomen gerade nur schattenhaft angedeutet, in leicht röthlichem Ton, während die Nucleolen in röthlich violetter, satter Färbung lebhaft hervortreten. Auch sie zeigen zuletzt eine wandständige Lage; nicht selten findet man sie dieht neben- einander. Einen weiteren Befund im Kernraum bilden kleinere Chromatinklümpchen in mässiger Zahl, gewissermaassen Abfälle des Chromatinfadens bei der Abgliederung der einzelnen Chro- mosomen daraus. Freilich ist hier die grösste Vorsicht geboten, damit man nicht etwa durch den Schnitt abgetrennte Theile der Chromosomen für derartige selbständige Chromatinreste hält. Ich habe alle Cautelen walten lassen, habe mich aber dabei von der Existenz dieser Chromatinfragmente doch überzeugt. Vielleicht bilden sie die Vorläufer der „Centralspindelkörperchen*. Als letzter Inhaltsbestandtheil der Kerne der grossen Sper- matocyten ist eine in geringer Menge vorhandene, blasse, fein- körnige, sich mit Eosin, Erythrosin oder anderen sauren Anilin- farben leicht färbende Masse zu nennen, die theils zwischen den Chromosomen, theils auch im inneren Raum des Kerns bald fädig ausgesponnen, bald gerinnselartig angesammelt erscheint. Sie ist, wie gesagt, nur in sehr geringer Menge vorhanden. Kehren wir auf einen Moment zu dem Zellkörper der Spermatocyten zurück. Es harırt da noch ein Bestandtheil der Beschreibung. An Eisenhämatoxylinpräparaten wird man im Cyto- plasma der Spermatoeyten nur selten 1—2 intensiv schwarz gefärbte, sehr auffallende Kügelchen vermissen, die immer viel grösser sind, als dass man sie etwa mit Centrosomen verwechseln könnte; sie haben den Umfang kleinerer Nucleolen. Aber auch mit anderen Färbungen, so z. B. mit Magentaroth, kann man sie sehr deutlich darstellen. Es handelt sich hier um die „chromatoiden Neben- körper“ Benda’s. Benda spricht freilich nur von einem ein- zigen solchen Körper: auch lässt die kurze Mittheilung (1891), in der das Gebilde erwähnt wird, eine genauere Beschreibung desselben vermissen. Benda giebt nur soviel an, dass das Gebilde mit dem Centrosom und der Sphäre nichts zu thun hat, vielmehr 260 M. v. Lenhossek: wahrscheinlich ein aus dem Kern isolirtes Chromosom darstellt, ferner dass es sich auch in Mitosen erhält und auch in den neugebildeten Spermatiden nachzuweisen ist. Etwas ausführlicher ging kürzlich Niessing (1896, S. 120) auf das Gebilde ein; er findet es als einen ungefähr die Grösse des Nucleolus zeigen- den rundlichen oder ellipsoidischen Körper im Zellkörper der Spermatoeyten in unbeständiger Lage; eine feinere innere Struktur vermochte er daran nicht zu erkennen. Die Herkunft des Ge- bildes blieb räthselhaft. Also auch bei Niessing figurirt ein einziges chromatoides Nebenkörperchen in den Spermatoeyten. Schon früher aber (1893) hat Moore in den Spermatocyten der Ratte zwei Körperchen gesehen und auch abgebildet; er schil- dert sie als „small intensely chromatie extra-nuclear partieles“. — Auch ich finde, ebenso wie Moore, dass das Gebilde in den Spermatoeyten der Ratte weitaus am häufigsten in der Zweizahl auftritt. Mit der Lage aber, die Moore in der seiner Arbeit einverleibten Abbildung den Körperchen zutheilt, kann ich mich nicht einverstanden erklären. Moore bildet sie in der Nähe des Kerns und zwar unweit von einander liegend ab. Ich finde, dass sie bei den. grossen Spermatocyten nicht neben einander, sondern im Gegentheil weit auseinander, in die beiden Hälften der Zelle vertheilt, liegen, und zwar liegen sie nicht in der Nähe des Kerns, sondern mehr in die beiden Zellpole gerückt. Sie zeigen merkwürdigerweise oft eine regelmässige, symmetrische Lagerung, indem jedes davon in einem der Pole der länglichen Zelle liegt und zwar sehr häufig gerade in der Achse der Zelle. Man findet manchmal eine ganze Reihe von Spermatocyten neben einander, in denen die beiden chromatoiden Nebenkörperchen diese in Fig. 9 vergegenwärtigte typische Lage erkennen lassen. Diese Regelmässigkeit der Lagerung kommt ihnen übrigens nur in den grossen Spermatocyten zu; in den kleinen und mittelgrossen, wo man sie oft schon nachweisen kann, freilich noch als etwas kleinere Körnchen und oft nur in der Einzahl, lassen sie einen typischen Sitz vermissen. In den Spermatogonien fehlen sie; sie müssen sich also in den kleinen Spermatocyten gebildet haben. Wie erfolgt aber ihre Bildung? Zwei Möglichkeiten sind hier in Betracht zu ziehen: sie können sich direkt aus dem Cytoplasma herausdifferenzirt haben oder sie können aus dem Kerne hervor- gegangen sein, wie dies Benda annimmt. Ihr färberisches Ver- ee re ee an er) Untersuchungen über Spermatogenese. 261 halten weist entschieden auf den Kern hin und zwar weniger auf dessen Chromatintheile als auf die Nucleolen. Während der Mitose bleiben sie, wie das schon Benda (1892) bemerkt, erhalten, und werden dann unter Zunahme an Umfang in die Tochterzellen übernommen, und zwar nunmehr einzeln in jede Spermatide. Dort werden wir dem chromatoiden Nebenkörper wieder begegnen. Die Mitosen der Spermatocyten. Im Allgemeinen sind die Spermatocyten der Säuger wegen ihrer relativen Kleinheit keine besonders günstigen Speceimina für das Stadium der feineren Einzelheiten der Mitose. Es mag dies als Entschuldigung dienen, wenn das vorliegende Kapitel etwas kurz ausgefallen ist, wenn es sich unter Vermeidung allge- mein-histologischer Auseinandersetzungen nur auf eine bündige Beschreibung der Bilder beschränkt, unter denen uns die ver- schiedenen Stadien der Mitose an den Spermatocyten der Ratte entgegentreten. Auch vereinfacht sich meine Aufgabe durch die Möglichkeit eines Hinweises auf die ausführlichen Darstellungen, die kürzlich Moore (1895) und Meves (1896) von der Sper- matocytentheilung bei Selachiern und bei Salamandra gegeben haben. Denn in der Hauptsache liegt die Sache auch bei Säu- gern nicht anders als bei diesen. Ich war geradezu frappirt, als ich die Abbildungen der Moore schen Arbeit erblickte; sie könnten, wenigstens die meisten davon, ohne weiteres vor- liegendem Aufsatze als Illustrationen beigegeben werden. Natürlich sind hier unter „Mitose“ nur die Stadien von der Spindelbildung an gemeint, eigentlich gehören ja alle Formen der Spermatocyten, ja sogar schon die Uebergangsspermatogonien, in ihrer Eigenschaft als Spireme, in den Kreis der Mitose; in- dessen ist hier diese Beschränkung aus Gründen der Einfachheit des Ausdruckes geboten. Auf S. 229 wurde bereits ausgeführt, dass wir eine zwei- malige Theilung der Spermatocyten anzunehmen haben. Nach der ersten Theilung gelangt die Zelle zur vollkommenen Ruhe und stellt nun die v. Ebner ’sche Zelle oder die Spermatocyte I. Ordnung dar. Es sind das (s. Fig. 5) verhältnissmässig grosse, eckige Zellen mit schönem, hellem, rundem Kern, der ein zierliches, lockeres Kerngerüst und an dessen Knotenpunkten eine Anzahl grösserer Chromatinschollen einschliesst; im Zellkörper 262 M. v. Lenhossek: erblickt man eine wohl abgegrenzte runde Sphäre von nur ein wenig kleinerem Umfang als die der grossen Spermatoeyten, sowie einen nunmehr in der Einzahl vorhandenen chromatoiden Nebenkörper. Die Ruhepause dieser Zellen ist jedenfalls nur von kurzer Dauer, auch muss ihr Uebergang aus dem Ruhezustand in den der Mitose sehr rasch erfolgen; denn niemals ist es mir gelungen, die einlei- tenden Stadien der Mitose, d. h. die der Auflösung der Kern- membran und der Spindelbildung hier zu Gesicht zu bekommen. Aus der zweiten Theilung erst gehen die richtigen Spermatiden hervor. Diese stellen sich zunächst als Zellen mit auffallend kleinem Kern dar, doch nimmt dieser bald etwas an Umfang zu. Die ganze zweite Theilung muss einen sehr raschen Verlauf nehmen; hieraus kann man sich mit v. Ebner erklären, dass man oft Ebner’sche Zellen mit Spermatiden untermischt findet, ohne dass Vertreter der dazwischen gelegenen zweiten Mitose zwischen ihnen oder auch nur in der Nähe zu finden wären. Die Theilung erscheint also an solchen Stellen vollkommen voll- zogen, bevor sich eine zweite Generation von Ebner’schen Zellen zur Theilung angeschickt hätte. In dem Verlauf des mitotischen Vorganges scheinen mir zwischen den beiden Mitosen, der ersten und der zweiten, keine prineipiellen Unterschiede zu bestehen; beide weichen etwas von den gewöhnlichen Typen der Mitose ab und schliessen sich mehr an die Form an, die Flemming (1887) bei der Spermato- eytentheilung von Salamandra als heterotypische Varietät be- schrieben hat. Vor allem möchte ich hervorheben, dass in der Zabl der Chromosomen ein Unterschied nicht nachweisbar ist. In zwei Punkten weichen die beiden Theilungen von einander ab: erstens sind bei der zweiten Theilung die Chromosomen etwas kleiner, mehr körnchenartig, so dass man annehmen darf, dass die Gesammtmasse des Chromatins hier beträchtlich geringer ist als bei der ersten Theilung. Ein noch auffallenderer Unterschied kommt in der verschiedenen Menge des Cytoplasmas bei den beiden Mitosenformen zum Ausdruck; bei den kleinen Mitosen steht die Quantität des Cytoplasmas nieht nur absolut, sondern auch relativ, d. h. im Verhältniss zur Grösse der Spindel und der ganzen karyokinetischen Figur weit hinter der bei der grossen Form zurück. Wir hatten den Kern der grossen Spermatocyten verlassen En Ba Zn tn u a Untersuchungen über Spermatogenese. 263 als eine grosse Blase, die als Inhalt viel Kernsaft, eine Anzahl ringförmiger, wandständiger, relativ kleiner doppelwerthiger Chromosomen, einige kleine Kernkörperchen, und schliesslich zwischen den Chromosomen eine spärliche fädig-körnige achroma- tische Zwischenmasse aufwies. Neben dem Kern lag im Proto- plasma die grosse Sphäre, in eine Rinden- und Markschicht ge- gliedert. Die beiden Centrosomen fanden wir nicht mehr in der Mitte der Sphäre gelegen, sondern der Kernwand angedrückt und im Begriffe, sich allmählich von einander zu entfernen. Der Vorgang nun, der für den Beobachter die „Mitose“ ein- leitet, ist die plötzliche Auflösung der Kernmembran. Hierdurch muss sich natürlich ein grosser Theil des Kernsaftes in das Cyto- plasma ergiessen und es mehr oder weniger durchtränken, und vielleicht kann man aus dieser Vermischung die plötzlich ein- tretende leicht granuläre Umwandlung und Aufhellung des Zell- körpers erklären. Der Frage der Centralspindelbildung möchte ich ausweichen, da meine Präparate hierüber nichts Bestimmtes erkennen lassen. Nach den Beobachtungen von Moore an den Spermatoeyten von Selachiern und denen von Hermann und Meves an denen von Salamandra darf man annehmen, dass sich zwischen den allmählich auseinanderweichenden Centrosomen eine kleine Centralspindel bildet, die, allmählich grösser werdend, in Folge der Wanderung der Centrosomen nach den Stellen der früheren Kernpole bin in den früheren Kernraum hineingelangt. Mir selbst ist es nicht gelungen, die Centralspindel in so frühen Stadien gut zu färben. An dieser Stelle möchte ich nun den Faden meiner eige- nen Beobachtungen wieder aufnehmen. Ich beginne mit einem Bilde — in Fig. 11 dargestellt —, dessen Verständniss mir an- fangs einige Schwierigkeiten bereitete. Genau an der Stelle, wo früher der Kern lag, bemerkt man jetzt die zunächst noch etwas plumpe, bauchige Centralspindel; an ihren Polen gelingt es an der Hand der Eisenhämatoxylinfärbung leicht, die Centrosomen nachzuweisen als kugelförmige Gebilde, eines nur an jedem Pole. Es scheint aber, als ob die Centrosomen gegen früher gewachsen wären. Es ist also die Spindel gewissermaassen hineingedrängt in den früheren Kernraum, eine Vorstellung, der man sich um so leichter hingeben kann, als die Chromosomenringe zuletzt Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 18 264 | M. v. Lenhossäk: eine ganz wandständige Lage innehatten und das Innere des Kerns sich als ein hauptsächlich vom Kernsaft ausgefüllter Hohl- raum darstellte. Von den beiden Spindelpolen sieht man eine schöne Polstrahlung ausgehen, einzelne dieser Strahlen, gewöhnlich etwas schärfer ausgeprägt, scheinen als „Zugfasern“ an die Chro- mosomen heranzutreten und sich mit ihnen zu verbinden. Die Chromosomen liegen zunächst noch durchaus nicht alle in regel- mässiger Stellung am Aequator der Spindel. Einige davon nehmen schon diese typische Lagerung ein, aber immer finden sich noch welche, die frei im Cytoplasma liegen, gewisser- maassen ihre frühere, ungezwungene Lagerung im Kern noch beibehaltend. Dadurch kommt jene Unregelmässigkeit des Bildes zu Stande, die für dieses „Umordnungsstadium“ charakteristisch ist. Der Vorgang der Hinnöthigung der Chromosomen an die Centralspindel geht also nicht gleichzeitig an allen Chromo- somenreifen vor sich; ja es kommt vor, dass man in einem Stadium, wo bereits alle Ringe am Spindeläquator sich zu einer schönen Aequatorialplatte an einander geordnet zeigen, seitlich von der Spindel, frei im Cytoplasma gelegen, noch ein renitentes Chromosom wahrnimmt. Auch läuft die Sache in einer anderen Beziehung nicht ganz glatt ab; die Ringe nehmen dabei oft recht unregelmässige Formen an, woraus man auf zwei Dinge schliessen kann: erstens, dass die Chromosomen bei ihrer Heranziehung an die Spindel wirklich einer mechanischen Ein- wirkung, nicht nur einem in bildlichem Sinn gemeinten, sondern einem wirklichen Zug unterworfen sein dürften; zweitens, dass sie von dehnbarer, zäher, aber doch elastischer Beschaffenheit sein müssen. Beide Schlüsse stimmen überein mit den Beobach- tungen von Meves. Zuletzt müssen natürlich aber alle Chromosomen dem Zwange nachgeben, und man hat nun das regelmässige Bild des „Aequa- torialplattenstadiums“ oder Monasters vor sich, sofern die Zelle in der Richtung der Theilungsaxe getroffen ist; am Querschnitts- bilde der Zelle liegt insofern eine Abweichung von dem gewöhn- lichen Bilde dieses Stadiums vor, als die Chromosomen niemals die schöne, weit offene kranzförmige Anordnung erkennen lassen, die sie sonst bei dieser Betrachtung darzubieten pflegen; ein eentrales Lumen fehlt ganz oder ist gerade nur andeutungsweise vorhanden. Es haften hier also die Chromosomen den Fäden Untersuchungen über Spermatogenese. %65 der Centralspindel nicht nur oberflächlich an, sondern dringen auch zwischen den Fäden in den inneren Raum der Spindel hinein. Das Stadium der Aequatorialplatte bezeichnet wohl eine kleine relative Verzögerung in dem Fortgang der Mitose, denn man begegnet dieser Form auffallend häufig, am häufigsten von allen Mitosenformen. Fig. 12 vergegenwärtigt dieses Stadium. Die sehr regelmässige Spindel erscheint jetzt gegenüber ihrem früheren Verhalten etwas in die Länge gestreckt; ihre Achse fällt in der Regel mit der Längsachse der auch auf dieser Stufe noch immer etwas länglichen Zelle zusammen, in der Regel, aber nicht immer, denn in seltenen Fällen sieht man sie schief oder gar quer zur Zellachse eingestellt, was man sich wohl so er- klären kann, dass die schon in der Mitose begriffenen Zellen durch die Nachbarzellen comprimirt werden. Die Spindelfasern treten sowohl an Eisenhämatoxylin- wie auch an anderweitigen (z. B. Hämalaun-Erythrosin-) Färbungen sehr deutlich als leicht körnige Streifen hervor und sind gar nicht so besonders zart; man zählt gewöhnlich 6—8 davon in jeder Spindelhälfte, doch bin ich weit davon entfernt, dies für die thatsächliche Zahl der Spindelfasern zu halten. Eine Unter- scheidung von » Centralspindel und Mantelfasern ist jetzt kaum mehr möglich; die ganze Spindel zeigt ein einheitlich streifiges Verhalten, und die Streifen scheinen mit den Chromosomen in der Mitte eine wirkliche Verschmelzung eingegangen zu sein. Ich möchte noch besonders betonen, dass auch die Zwischen- masse zwischen den Spindelfäden von einer besonderen Substanz gebildet sein muss; sie zeigt an Hämalaunfärbungen einen hel- leren, an Eisenhämatoxylinbildern einen ausgesprochen dunkleren Farbenton als das umgebende Cytoplasma; diesem Umstande ist zum grossen Theile das scharfe Hervortreten der Spindelfigur zuzuschreiben. Die Chromosomen lassen in der Regel, sobald sie einmal mit der Spindel in Verbindung getreten sind, die Form von plumpen, kurzen Stäbchen erkennen von etwas verschiedener Grösse und oft auch Form. Manchmal sind es freilich eher kleine Spindeln, die an ihren zugespitzten Enden fast unmerklich in die mit ihnen verschmolzenen Spindelfäden übergehen. Dass diese Formen alle aus den Ringen durch concentrische Verengerung hervor- 966 M. v. Lenhossek: gegangen sind, ergiebt sich schon aus den Verhältnissen der früheren Phasen, aber man kann sich davon in den ersten Phasen der Mitose leicht von Neuem überzeugen, indem bei den oben seschilderten Zerrungen, die die Chromosomen bei ihrer Heran- ziehung an die Spindel zu erleiden haben, die schon früher fast ausnahmslos lumenlos gewordenen Ringe oft wieder etwas ausgedehnt werden, um dann zuletzt doch wieder zu scheinbar massiven Stäbchen zusammenzuschrumpfen. Zählen lassen sich die Chromosomen auch auf dieser Stufe nicht; es ist dies sogar noch viel weniger möglich, als bei den grossen Spermatocyten, da sie hier so dicht gedrängt liegen, dass man ihre Grenzen gegen einander oft kaum wahrnimmt; besonders ist dies der Fall an den Eisenhämatoxylinpräparaten, wo ihr Complex oft nur unter dem Bilde eines knorrigen schwarzen Querbalkens erscheint. An den Polen der Spindel bemerkt man an Eisenhämatoxy- Iinpräparaten als ziemlich in die Augen springende schwarze Körper die Centrosomen, immer in der Einzahl um diese Zeit. Manchmal sieht man die Spindelfasern sich direkt mit dem Cen- trosoma verbinden, häufiger ist aber ein anderes Verhalten, das darin besteht, dass das Centrosoma von einem kleinen hellen Hofe umgeben ist, von dessen Rande erst sowohl die Spindel- fasern wie auch die Polstrahlen ausgehen (s. Fig. 12). Die Pol- strahlung tritt an gelungenen Präparaten, besonders von dem in Sublimat-Alkohol-Eisessig fixirten Material, scharf hervor. Die Fasern scheinen wie von einer feinkörnigen Substanz gebildet zu sein und sind nicht gerade fein zu nennen; sie stehen in einigen Abständen von einander und verlaufen bald gestreckt, bald in bestimmter Weise leicht gebogen. In den Fig. 11, 12 u. 13 habe ich es versucht, die Polstrahlen, die ich je an einer Zelle durch sehr sorgfältige, oft wiederholte Beobachtung allmählich herausfinden konnte, darzustellen, wozu ich freilich bemerken muss, dass die Zeichnung sie etwas schärfer hervortreten lässt, als es in der Wirklichkeit der Fall war. Auf zwei Punkte möchte ich hier Gewicht legen: erstens, dass die Strahlen bestimmt bis zur Zell- peripherie reichen, sich mit der etwas verdichteten Randschicht der Zelle verbindend, und zweitens, dass im Aequator der Zelle eine starke Ueberkreuzung der Fasern stattfindet, indem einige davon weit über die Mitte der Zelle hinausgehen, ja dank einem ein- Untersuchungen über Spermatogenese. 267 wärts gebogenen Verlaufe oft fast bis zum entgegengesetzten Zellpol hinübergreifen. Ich konnte mich von dieser Thatsache an zahlreichen Exemplaren überzeugen. Aehnliche Bilder mit sich kreuzenden Polstrahlen sind schon an den verschiedensten Zellgattungen in der Litteratur veröffentlicht worden; ich verweise z. B. auf die Bilder, die van der Stricht (1894) von den Mitosen der Eizellen von Thysanozoon Brocechi und auf die, diev. Kostanecki (1896) von der Zelltheilung bei Physa fontinalis gab. Nicht mit Unrecht wurde von R. Fiek (1897, S. 107) kürzlich geltend gemacht, dass dieses Verhalten mit den Vorstellungen, die sich M. Heidenhain auf Grund seines Spannungsgesetzes von der Mechanik der Mitose gebildet hat, in Widerspruch steht. Die über den Aequator hinausreichenden Fibrillen müssten bei der Annahme einer Zugwirkung sämmt- licher Polradien den kürzeren Fasern gegenüber geradezu anta- gonistisch wirken, ja das Auseinanderweichen der Tochterzellen geradezu unmöglich machen. Man müsste da schon zu der etwas gezwungenen Erklärung greifen, dass die bis zum Aequator in- serirenden Fasern Zugfasern, die darüber hinausgehenden im Gegentheil Propulsionsfasern seien, die durch ihr Längenwachs- thum die Scheidung der Mutterzelle bewirken. Noch immer erkennt man in diesem Stadium den in der geschilderten Weise seitlich liegenden Sphärenrest, doch fällt er nun allmählich einer Auflösung anheim. Jetzt ist der Augenblick der Trennung der Chromosomenhälften gekommen: die Metakinese beginnt. Der erste Akt dieses Vorganges muss in raschem Tempo vor sich gehen, denn die Bilder, die man sehen kann, zeigen die Tochterchromosomen in der Regel schon weit ausein- anderliegend; es muss eine Art Auseinanderschnellen hier im Spiele sein. Auch bei diesem Trennungsprocess bewährt sich die schon oben hervorgehobene plastische Beschaffenheit der Masse, aus der die Chromosomen bestehen; denn die Trennung, die allem Anscheine nach durch einen Querriss der Chromosomen erfolgt, gelingt nicht bei allen mit derselben Leichtigkeit. Manche üben einen gewissen passiven Widerstand aus, indem sie sich sehr in die Länge dehnen, bevor sie in der Mitte zerreissen, wodurch wieder recht unregelmässige Bilder entstehen können. Die vollkommen ausgebildeten Dyasterformen zeigen ein sehr typisches Verhalten, besonders dadurch, dass der zwischen 268 M. v. Lenhossek: den beiden Tochtersternen gelegene Theil der Spindel eine merk- würdig plumpe, bauchige Form erkennen lässt. Die seitlichen Fibrillen bilden stark convexe Bogen, seltener ist es, dass sie unter Bildung eines stumpfen Winkels an den Seiten eckig hervortreten. Die Spindel hat nun ein helleres Aussehen, da ihre Fibrillen durch das tonnenförmige Anschwellen des ganzen Gebildes stärker aus- einandergespreitzt sind. Sehr oft zeigen die Fasern einen leicht welligen Verlauf, doch liegt hier der Verdacht eines Kunstpro- duktes nahe. Niemals fehlen zwischen den Spindelfäden einige durch Eisenhämatoxylin schwarz färbbare Körnchen, v. Kosta- necki’'s (1892) Centralspindelkörperchen, deren Herkunft nach der Ansicht Moore’s und auch nach meiner‘ eigenen in Zu- sammenhang gebracht werden muss mit den auf S. 259 in dem noch ruhenden Kern beschriebenen Chromatinfragmenten. Mit Resten der Sphäre, wie v. Kostanecki vermuthet, haben diese Körnehen wohl niehts zu thun. Die Spindelfäden sind jetzt wegen ihrer lockeren Anordnung der Beobachtung ausge- zeichnet zugänglich; man kann hierbei an ihnen ein leicht kör- niges Verbalten konstatiren. Die Tochterehromosomen stellen sich als ganz kleine Stäbchen, noch häufiger als rundliche Körn- chen dar; sie scheinen miteinander fast regelmässig mehr oder weniger verklumpt zu sein. Die beiden Pole der Spindelfigur sind jetzt bedeutend abgeflachter als vorhin; sie werden nun auch allmählich etwas unscheinbarer. Von Pol zu Pol gemessen, hat die Spindel auf dieser Stufe an Länge zugenommen, und zwar in grösserem Maasse als die Zelle selbst; dies ist nur dadurch möglich geworden, dass eine Wanderung der Spindelpole mit ihren Centrosomen nach der Oberfläche der Zelle hin erfolgt ist. Bei der zweiten Sperma- tocytentheilung, bei der die Menge des Cytoplasmas viel geringer ist als bei der ersten, findet man die Spindelpole mit ihren Centrosomen fast immer in der Nähe der Oberfläche oder sogar direkt auf der Oberfläche gelegen; häufig ist dies aber hier schon im Monasterstadium der Fall (Fig. 15). Diese oberflächliche Lage der Centrosomen ist eine bemerkenswerthe Thatsache, auf die ich später noch Bezug zu nehmen haben werde. Ein „Pol- kegel“ kann natürlich bei dieser Sachlage bei der zweiten Thei- lung jetzt nicht mehr vorhanden sein; aber auch bei der ersten, an Protoplasma reicheren Theilung vermissen wir eine solche; die Pol- Untersuchungen über Spermatogenese, 269 strahlung wird während der Metakinese überhaupt allmählich undeutlicher und scheint bald ganz zu schwinden. Dies ist nun der Zeitpunkt, wo die Durchschnürung des Zellleibes beginnt. Der Einschnitt erfolgt bei der Ratte synıme- trisch ringsum an der ganzen Peripherie des Zelläquators, nicht einseitig, wie es bei Salamandra nach den Angaben von Flemming (1887 S. 421) und Meves (189 8. 51) der Fall ist. Die Furche schneidet allmählich eireulär tiefer ein, was natürlich nieht ohne Einwirkung bleiben kann auf die plump aufgeblähte und dadurch sich dieser neuen Erscheinung sofort in den Weg stellende Spindel. Sie weicht vor der Tren- nungsfurche aus, indem sie im Aequator mehr und mehr zu- sammenschrumpft; bald sehen wir sie schon in der Form eines gleichbreiten Stranges von einem Tochterkern zum andern ziehen (Fig. 13), indessen dringt die Furche noch weiter vor, und nun wird sie in der Mitte ganz schmal, sodass sie nun im Ganzen eine ausgesprochen Sanduhr- oder Doppelkegelform annehmen muss, das gerade Gegentheil ihrer früheren Gestalt. Nun, sollte man meinen, müsse bald der Riss in der Mitte erfolgen. - Dem ist aber nicht so; zuletzt findet die Spindel ihre Widerstands- kraft wieder: sie lässt die Trennungsfurche des Zellplasmas ganz durchschneiden, ja die beiden Tochterzellen sogar ein wenig auseinanderweichen, ohne dass sie zerreissen würde. Sie legt jetzt eine grosse Zähigkeit an den Tag, indem sich ihr sehr verdünnter äquatorialer Theil eine Zeit lang noch als „Spindel- brücke* (Fig. 14) zwischen den Tochterzellen erhält, oft auch noch zu einer Zeit, wo sich die Tochterkerne bereits so gut wie vollkommen reconstruirt haben. Die Spindelbrücke präsentirt sich als ein kleines spindelförmiges Gebilde; die Spindelform ist durch das niemals fehlende Flemming’sche Zwischenkörperchen, das in der Mitte der Bildung eine Anschwellung hervorruft, bedingt. Dieses Körperchen färbt sich in Eisenhämatoxylin äusserst leb- haft; allem Anscheme nach geht es aus den Mikrosomen der Spindelfäden hervor. Wir begegnen hier gewissermaassen der ersten Stufe jener Zähigkeit der Spindel, die uns bei Wirbellosen in so gesteigertem Maasse entgegentritt, und dort jene merk- würdigen Zellkoppeln (Zimmermann, Bolles Lee, v. Erlanger) und „echte Nebenkerne“ entstehen lässt. Bei der Ratte geht die Bildung zuletzt spurlos unter. 270 M. v. Lenhossek: Die polaren Abschnitte der Spindel entziehen sich schon viel früher dem Blicke. Am frühesten schwindet das Stück zwischen Tochterkern und Centrosom. Zu einer Zeit, wo dieser Theil der Spindel kaum mehr gefärbt werden kann, inserirt noch mit breiter Basis an dem scheinbar verschmolzenen Complex von Tochterehromosomen der ‚internucleäre Theil der Spindel, d. h. der Complex der „Verbindungsfasern“. Nun beginnt der Reconstructionsvorgang der Tochterkerne, die Schaffung nor- maler Verhältnisse. Der Kern durchläuft hierbei durchaus nicht alle Stadien der gewöhnlichen „Anaphase“, die Knäuelstadien werden übersprungen. Das erste ist, dass die Tochterehromo- somen mit einander vollkommen, zu einem einheitlichen läng- lichen Klumpen verschmelzen, wobei aber die Gesammtform ihres Complexes zunächst unverändert bleibt. Hieran schliesst sich ein Vorgang, den Moore und Meves mit dem wie mir scheint nicht gerade glücklich gewählten Ausdruck „Vaeuolen- bildung“ („fluid vacuole*, Moore 1895 S. 291) kennzeichnen. Es handelt sich um nichts anderes als um die Bildung einer neuen Kernmembran und im Zusammenhange damit mit der Ent- stehung des den Tochterkern auszufüllenden Kernsaftes. Die Sache geht in folgender Weise vor sich. An der polaren Seite des Kerns bemerkt man eine der Chromosomenplatte sich halb- mondförmig anlegende helle Stelle, die von wasserklarer Flüssig- keit erfüllt zu sein scheint und sich bald auch durch ein zartes Häut- chen, die erste Anlage der Kernmembran, abgrenzt. Das Bläs- chen umwächst nun allmählich den Rand der Chromosomenplatte und breitet sich auch nach der äquatorialen Seite der Platte aus. Hier aber findet es seinem Wachsthum einen Riegel vorgeschoben durch die breite Insertionsstelle der Spindel. So behält das Bläschen anfangs die Form einer Niere, deren Hilus durch die Spindelinsertion ausgefüllt wird (Fig. 13). Dieser Zustand ist aber nicht von Dauer; das Hinderniss wird bald überwunden, indem sich die Blase zwischen die Chromosomenplatte und die Spindel hineindrängt und das Chromatin auf diese Weise ganz umwächst (Fig. 14). Damit liegt bereits ein richtiger vollausgebildeter Tochter- kern vor, mit dem Unterschied freilich gegen das spätere Ver- halten, dass die Chromatinmasse noch in einen centralen Klumpen zusammengefasst ist, während der Kernsaft die Peripherie des Untersuchungen über Spermatogenese. 271 Kerns einnimmt. Dieser junge Kern hat eine stark elliptische und zwar im Verhältniss zur früheren Theilungsachse querelip- tische Gestalt, entsprechend der früheren Stellung des Tochter- sterns; an der der Schwesterzelle zugekehrten Seite des Kerns, genauer an der neugebildeten Kernmembran dieser Seite, inserirt anfangs noch mit breiter Basis, dann aber allmählich ganz dünn werdend, die Spindel. Nun erfolgt aber etwas, was mir in seiner mechanischen Begründung nicht klar geworden ist. Die Insertion der Spindel, die anfangs streng median, d. h. an der Mitte der Breitseite des Kernes lag, wandert nun allmählich seitwärts gegen eine der Spitzen der Kernellipse hin; in Folge dessen zeigt nun die Spindel innerhalb der beiden einander gegenüber stehenden Tochterzellen sehr oft einen diagonalen (Fig. 14) oder seitlich verschobenen Verlauf. Offenbar hängt diese Verschiebung mit jenen terminalen Wanderungsvorgängen des Üentrosomas und den Kern herum zusammen, die zuerst von M. Heiden- hain bei den Leukoeyten als Telokinese beschrieben und neuerdings von Meves (1896) bei den Spermatocyten des Sala- manders wieder ausführlich besprochen worden sind. Meine Er- fahrungen hierüber sind sehr mangelhaft, da ich das Centrosoma in diesem Stadium nur selten zuverlässig färben konnte; indessen spricht alles dafür, dass hier ein in die Kategorie dieser Telo- kinese gehörender Erscheinungscomplex vorliegt. Die letzten Stadien der Rekonstruktion der Tochterzelle und ihres Kerns kennzeichnen sich vor allem durch den voll- kommenen Schwund des an den Kern stossenden Theiles der Spindel. Im Kern splittert sich die zusammengebackene Chromo- somenplatte zu einer regelmässigen Kernstruktur auf, es erfolgt eine gleichmässige Vertheilung von Kerngerüst und Kernsaft in dem von der allmählich schärfer hervortretenden Kernmembran begrenzten Raume !), Auch nimmt der bis dahin elliptische 1) Die geschilderten Erscheinungen bei der Rekonstruktion des Spermatidenkerns sprechen gewiss sehr überzeugend gegen die An- schauung von Schneider, Rawitz, Reinke, Rohde u. A, dass die sog. Kernmembran nur ein Verschmelzungsprodukt der Filarmasse des Cytoplasmas mit dem Liningerüst des Kerns sei. Die Membran taucht zu einer Zeit auf, wo die gesammte geformte Substanz des Kerns, Linin und Chromatin, zu einem Klumpen zusammengeballt, im Innern des Kerns liegt, von Kernsaft umgeben. Ich muss hier noch 272 M.v. Lenhossek: Kern allmählich eine kugelrunde Form an. Hat es sich um die zweite Theilung gehandelt, so findet man, dass sich der unmittel- bar nach der Mitose sehr kleine Kern nun bald etwas auf- bläht, womit der normale Zustand eines ruhenden Spermatiden- kerns erreicht ist. Im Zellkörper tritt von Neuem die Sphäre in die Erscheinung. Noch ein Punkt ist schliesslich zu erwähnen. Während der ganzen Theilung gelingt es, die chromatoiden Neben- körper nachzuweisen; sie liegen im Cytoplasma, ausserhalb der mitotischen Figur, aber in unregelmässig wechselnder Anordnung, auch scheint manchmal ein vorübergehender Zerfall dieser Bil- dungen in mehrere Körnchen einzutreten. In den Tochter- zellen aber tauchen die Gebilde immer wieder auf, und zwar in etwas gewachsenem Zustande, als ziemlich ansehnliche kugel- förmige Gebilde, natürlich nunmehr in der Einzahl, je eines in jeder Spermatide. Ist zuletzt auch der letzte Rest der „Spindel- brücke* geschwunden, so haben wir nun eine vollkommen zur Ruhe gelangte fertige Spermatide vor uns, die sich nun der Erfüllung ihrer Aufgabe, der Metamorphose zu einem Spermato- zoon, widmen kann. Die Vorgänge an den Spermatiden. Die letzte Zellgeneration in den Samenkanälchen, die Sper- matiden (Semper und W. Voigt) oder Nematoblasten (Sertoli, Svaen und Masquelin), sind verhältnissmässig kleine Elemente; von Haus aus wohl rundlich, nehmen sie bei ihrer dicht zusam- mengedrängten Lage durch den gegenseitigen Druck bald eine eckige Form an und verlängern sich auch gewöhnlich etwas in der Richtung nach dem Lumen hin. Ihr Cytoplasma zeigt eine ganz helle, ausserordentlich feinkörnige Beschaffenheit; von einer radiären Faserung, wie überhaupt von einer fibrillären Struktur, bemerken, dass das Auftreten der hellen, aus Kernsaft bestehenden „Vacuolen“ nicht in allen Fällen streng nach dem geschilderten Modus vor sich geht; die oben stehende Darstellung giebt nur das typische und häufigste Verhalten wieder. Es kann auch vorkommen, dass die Vaeuole zuerst auf der äquatorialen Seite des Tochtersternes auftritt, um sich von hier aus nach der polaren Kernseite hin auszubreiten, oder dass sie gleichzeitig ringsum um den ganzen Tochterstern zur Anschauung kommt. Untersuchungen über Spermatogenese. 273 habe ich nie was an ihnen bemerken können. Der Zellkontour markirt sich stets als recht scharfe, deutliche Linie, offenbar vermöge einer kleinen Verdichtung der oberflächlichsten Plasmalage. Der nach der letzten Theilung sich rasch rekonstruirende Kern stellt sich als kugelrundes oder nur leicht ellipsoidisches Bläschen dar von 7—9 u Durchmesser und erscheint von einer zarten Kernmembran be- grenzt. Durch den Kernraum spannt sich ein feines, blasses, lockeres Gerüst aus mit weiten, ungleich grossen Maschen. Oft ist ein radiärer Typus des Gerüstes unverkennbar. In die Sub- stanz der Gerüstbalken und ihrer Knotenpunkte finden wir in ungleicher Vertheilung Chromatintheile eingelagert, theils in Form kleinerer Mikrosomen, theils in der von gröberen Schollen. Im Allgemeinen ist der Kern als chromatinarm und überhaupt als strukturarm zu bezeichnen. Da ich mich vergeblich bemüht habe, durch Doppelfärbungen ein typisches Kernkörperchen im Kern der Spermatiden nachzuweisen, möchte ich annehmen, dass ein solches hier nicht mehr vorhanden ist. Wenden wir nun unseren Blick vom Kern wieder zum Cyto- plasma der jungen Spermatide, so sehen wir, dass dieses drei verschiedene Einschlüsse von freilich sehr verschiedenem Umfang aufweist. Diese sind: Sphäre, chromatoider Nebenkörper und Centrosomen. Vor allem fesselt den Blick neben dem Kern die neugebil- dete Sphäre. Wir hatten sie zuletzt am Schlusse der Prophasen, im Muttersternstadium der zweiten Spermatocytentheilung ge- sehen; hier entzog sie sich spurlos dem Blicke, um während des ganzen übrigen Verlaufes der Mitose unsichtbar zu bleiben. Ihr Wiederauftauchen in den Spermatiden erfolgt nicht ganz so rasch, wie in den v. Ebner’schen Zellen, so dass hier doch einiges über die Art und Weise, wie ihre Bildung vor sich geht, ermittelt werden konnte. Es zeigte sich erstens, dass sie auch hier ohne jede Beziehung zu der Spindel in die Erscheinung tritt, zweitens, dass sie nicht auf einmal in ihrer vollen Grösse, Form und Einheitlichkeit auftaucht, sondern aus der Verschmel- zung von kleinen Theilstücken entsteht. Zu einer Zeit, wo der Spermatidenkern noch auffallend klein ist, aber sich doch schon - soweit regenerirt hat, dass er bereits ein Kerngerüst aufweist, gewahrt man an Hämalaun-Erythrosinpräparaten in der Nähe des Kerns zwei bis drei sehr kleine, unregelmässig geformte 274 M. v. Lenhossek: Klümpcehen, die die charakteristische Sphärenfärbung zeigen. Darauf folgt gleich ein Stadium, wo die Sphäre schon als ein- heitliches, rundes Gebilde hervortritt. Man kann sich demnach den Vorgang so vorstellen, dass die speeifische Sphärensubstanz, die während der zweiten Hälfte der Mitose gleichmässig über das ganze Gebiet des Cytoplasmas der sich theilenden Zelle vertheilt war, in den Tochterzellen sich rasch wieder zusammenballt, zu- erst zu kleinen Partikelchen, die aber sehr bald zu einem ein- heitlichen Gebilde mit einander verschmelzen. In den fertigen Spermatiden zeigt sich die Sphäre wieder als regelmässig runder Körper, gewöhnlich in direkter Berührung mit dem Kern, ohne aber zunächst so fest an ihn an- gedrückt zu sein, dass an einem von beiden, sei es am Kern oder der Sphäre, eine Abplattung oder dergl. wahrnehmbar wäre. Die Stelle, an der die Sphäre den Kern berührt, kann zunächst eine beliebige sein, d. h. sie kann sich ebenso gut auf der Kanalwandseite wie auf der Lumenseite des Kerns befinden. Gleichwohl ist durch jene Berührungsstelle bereits ein wichtiger Fixpunkt für die Anlage der einzelnen Glieder des späteren Spermatozoons gegeben: schon jetzt ist dadurch unweigerlich das vordere Ende des Spermatozoonkopfes bestimmt; und wenn wir in einer etwas späteren Phase die Sphäre immer an der Kanalwandseite des Kerns antreffen, so ist dies nicht in der Weise auszulegen, dass die Sphäre eine Wanderung um den Kern beschrieben hat, sondern so, dass sich der ganze Inhalt der Zelle, die Zelle als Ganzes, einheitlich in einer bestimmten Weise eingestellt hat, ohne dass eine Verschiebung der räum- lichen Beziehungen von Kern und Sphäre eingetreten wäre. Der Durchmesser der Sphäre beträgt 2—2,5 u; sie ist also nicht un- beträchtlich kleiner geworden, als sie in den grossen Spermato- eyten war (4u). Im Innern erscheint sie zunächst homogen, ohne Andeutungen von Fibrillen oder Körnehen; nur an der Grenze des Gebildes sind manchmal an Eisenhämatoxylin-Präparaten schwarze Punkte sichtbar, die sich zu einem fast zusammen- hängenden Rahmen verbinden können; indess an sonstigen Fär- bungen erscheint auch der Rand von allen derartigen Bildungen frei. Den Körnchen, die Niessing in der Spermatidensphäre beschreibt, muss ich auf Grund meiner Beobachtungen die Reali- tät absprechen. Die Centralkörperehen scheinen zu dieser Sphäre Untersuchungen über Spermatogenese. 275 von Anfang an in keinen Beziehungen zu stehen, denn ich sehe sie von dem Momente an, wo ich sie überhaupt färben kann, un- abhängig von der Sphäre an einer anderen Stelle der Zelle liegen. Auch von einer Trennung in Rinde und Mark ist zunächst nicht zu bemerken. Die Sphäre ist in den Spermatiden der Säuger bereits. von vielen Forschern gesehen worden. Entdeckt hat sie allem Anscheine nach v. La Valette St. George beim Meerschweinchen. Merkel (1847), v. Brunn (1876) behandeln sie bereits; Renson (1882) beschreibt sie beim Kaninchen (S. 327) und bildet sie bei der Ratte ab (Fig. 1—2), ebenso auch H. Brown. Ausführlichere Behandlung hat sie dann bei Benda und Niessing erfahren, auf deren Darstellungen wir bald näher einzugehen haben werden. Ein zweites Gebilde im Cytoplasma der Spermatide ist der „ehromatoide Nebenkörper" Benda’s (1891). Die beste Anschauung von diesem Gebilde liefert die Eisenhäma- toxylinmethode; der Nebenkörper nimmt damit eine tintenartige schwarze Färbung an, die er auch bei ausgedehnter Differen- zirung, ähnlich wie ein Kernkörperchen, behauptet. Er tritt natürlich als schwarzer Fleck schon bei schwachen Vergrösserungen mit grosser Lebhaftigkeit hervor und fehlt in keiner Spermatide. Wo er zu fehlen scheint, ist er offenbar durch das Mikrotom- messer weggeschnitten. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle stellt sich der Nebenkörper als ein streng kugelförmiges Gebilde dar, etwas kleiner als die Sphäre, stets in der Nähe des Kernes gelegen, doch kann er auch eine mehr längliche ellipsoidische Form aufweisen oder wie aus zwei in der Mitte ver- schmolzenen Kügelchen zusammengesetzt sein. Niemals gelang es mir, Spuren einer inneren Differenzirung an dem ehromatoiden Nebenkörper wahrzunehmen. An den Eisenhämatoxylinbildern, an denen er als schwarzer Klecks erscheint, könnte eine solche na- türlich, auch wenn sie vorhanden wäre, nicht zur Geltung kommen, aber der Körper färbt sich auch mit anderen Farbstoffen, z. B. mit Gentiana in der Doppelfärbung Gentiana-Safranin oder mit Magentaroth, und hierbei erscheint er immer ganz homogen. Die Durchforschung der Literatur bezüglich des chromatoiden Nebenkörpers ergab eine verhältnissmässig geringe Ausbeute. Dies mag einerseits daran liegen, dass das Körperchen durchaus nicht mit allen Färbungen dargestellt werden kann, andererseits auch daran, dass es nicht bei allen Säugethieren vorhanden zu sein scheint. v. Brunn ist wohl als der Entdecker dieses Gebildes zu bezeichnen. In seiner 276 M. v. Lenhossek: Arbeit vom Jahre 1876 hält er bereits die zwei verschiedenen Einlage- rungen des Cytoplasmas der Spermatiden, Sphäre und Nebenkörper auseinander, weniger in dem Text als in den Figuren a—d der Tafel XXII. In diesen Abbildungen sind unverkennbar beide Dinge nebeneinander dargestellt, wenn auch wegen der zu kleinen Dimen- sionen der Zeichnungen etwas undeutlich: die Sphäre schon in ihrem Lunulastadium, der Nebenkörper in wechselndem Lageverhältniss da- zu, als rundes, schwarzes Körnchen. Brown (1885) hat das Gebilde an der Hand der Goldmethode unzweifelhaft dargestellt. Dies geht aus seinen Figuren 12 und 22 sowie aus einem Satz auf S. 357 seiner Arbeit!) ohne weiteres hervor, indessen hat er es nicht genügend als etwas für sich Bestehendes er- kannt; er hat es zusammengeworfen mit der Sphäre. Auch Hermann dürfte das Gebilde gesehen haben, allein auch in der Arbeit dieses Forschers fehlt noch die scharfe Unterscheidung der zwei differenten Plasmaeinschiüsse, Bei Benda (1891) tritt uns mit aller Schärfe die Trennung der beiden Gebilde entgegen. „Bei den „neugebildeten Spermatoeyten‘“, d.h. unseren Spermatiden, „ist sofort... . der chromatoide Nebenkörper sicht- bar.“ Benda findet aber, dass dieser in den Spermatiden eine com- plieirte Natur erkennen lässt, „obgleich diese bei der Kleinheit des Objektes nicht so sicher zu stellen sei“. Er soll aus einem punkt- förmigen Körnchen und einem diesem mützenförmig aufliegenden helleren Theil bestehen. In dem Vortrag der VI. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft (1892) heisst es dann, dass von den beiden Bestandtheilen des Nebenkörpers der eine ringförmig ist, der andere knöpfchenförmig. Ich kann mich dieser Darstellung durchaus nicht anschliessen; meine Erfahrungen stehen zu denen Benda’s nicht nur in Bezug auf die angebliche Differenzierung des Nebenkör- pers im Gegensatz, sondern vor Allem auch in Bezug auf dessen weitere Schicksale, wie das an einer späteren Stelle ausgeführt werden soll. Erst Niessing (1896) schildert das Körperchen mit aller Aus- führlichkeit, so wie es sich wirklich darstellt, nämlich als struktur- loses Kügelchen, und da ich auch die weiteren Darstellungen, die Niessing davon giebt, im Ganzen bestätigen kann, so muss ich sagen, dass meiner Ansicht nach die Angelegenheit des chromatoiden Neben- körpers zuerst durch Niessing in der Hauptsache in’s Klare ge- bracht wurde. Was man über die Herkunft des Gebildes sagen kann, ist bereits auf S. 259 angeführt, denn auch für den Nebenkörper der Spermatiden gilt ja Alles dort Gesagte, da sich ja dieser 1) Er beschreibt in den Spermatiden: „a small refracting granule, attached to the nucleus membrane at the point, from which the deve loppement of the body of the spermatozoon in about to begin.“ Untersuchungen über Spermatogenese. 277 unzweifelhaft direkt aus dem chromatoiden Nebenkörper der Spermatocyten ableitet. Freilich ist dabei noch an die Möglich- keit zu denken, dass der Nebenkörper hier doch noch etwas mehr ist, als in den Spermatocyten, indem er hier entschie- den einen etwas grösseren Umfang erkennen lässt, als dort, und man könnte speciell daran denken, dass etwa Theile der Nucleolen während der nacheinanderfolgenden zwei Mitosen in den Nebenkörper aufgenommen worden sind. Diese Möglich- keit liegt aus zwei Gründen nahe: erstens zeigt der Nebenkörper der Spermatiden in seinem färberischen Verhalten entschieden eine gewisse Annäherung an das Verhalten der Nucleolensubstanz, zweitens haben wir gesehen, dass die Nucleolen bei der Sperma- tocytenmitose verschwinden und dann im Spermatidenkern nicht mehr nachgewiesen werden können. Wäre es nicht möglich, dass ihr Verschwinden in innerem Zusammenhang steht mit dem Anwachsen des Nebenkörpers ? Indess sind das nur Vermuthungen, für die ich einen vollgültigen Beweis zu erbringen nicht im Stande bin. Jedenfalls besteht das Gebilde nicht aus reinem Chromatin, weder aus dem gewöhnlichen Basichromatin, noch aus M. Heidenhain’s Oxychromatin, denn sowohl die reinen Kernfarbstoffe wie Hämatoxylin, Thionin, Methylenblau, als auch die sauren Anilinfarbstoffe wie Eosin u. s. w. lassen es un- gefärbt. Der dritte Bestandtheil im Spermatidenkörper wird durch die Centralkörperehen dargestellt. Sie sollen unten bei der Be- sprechung der Bildung des Achsenfadens ausführlich behandelt werden; hier genüge es zunächst, sie genannt zu haben. Schicksale der Sphäre und des Kerns in den Spermatiden. Wir hatten die Spermatidensphäre zuletzt gekennzeichnet als eine im Inneren nicht weiter differenzirte Kugel, die dem Kern an irgend einer Stelle anliegt. Nicht lange indess verharrt sie in diesem Zustande; bald sehen wir wesentliche Umgestal- tungen in ihr Platz greifen, die sie — um das Wesentlichste hier vorweg mitzutheilen — als den Mutterboden für die Bildung der Appertieulargebilde am vorderen Pol des Samenfadenkopfes er- scheinen lassen. Diese Veränderungen haben schon in den Unter- suchungen Merkel’s und v. Brunn’s Berücksichtigung gefunden, 978 M.v. Lenhossek: besonders aber sind sie in den letzten Jahren von Ballowitz, Benda und Niessing genauer erforscht worden. Ich möchte zunächst meine eigenen Befunde darlegen und dann erst anknüpfen an die Mittheilungen Anderer. Die deut- lichsten Bilder von den zu beschreibenden Vorgängen erhielt ich durch die Magentarothfärbung, besonders nach der Fixirung im Sublimat-Platinchlorid-Eisessiggemisch. Die verschiedenen Pha- sen des Vorganges lassen sich sehr leicht an ein und demselben Präparate verfolgen; die Zusammenstellung der verschiedenen Sphäre der Spermatiden (Ratte), mit den ersten Stadien der Bildung des homogenen Bläschens (spätere Kopfkappe) und des Akrosomas darin. Dieses in a noch nicht sichtbar. In o schon ausgesprochenes Lunulastadium des Sphärenrestes. Phasen zu einem zusammenhängenden Vorgang gelingt auf's Leichteste. Das erste was man sieht (s. Zeichnung a der beistehenden Textfig.) ist, dass die anfangs homogene Kugel im Innern eine Diffe- renzirung erfährt. In der Mitte des Gebildes tritt ein helles Bläs- chen, oder nach Benda’s Ausdruck (1892, S. 196) „eine zartwandige Vaeuole* auf, die von der dunkleren Aussenzone ringförmig umfasst wird. Eine ähnliche Erscheinung hatten wir ja bereits bei der Sphäre der grossen Spermatocyten gesehen; indessen liegt hier doch etwas anderes vor. Dort handelte es sich bloss um eine ver- schwommen in die dunkle peripherische Zone übergehende cen- trale Aufhellung, hier dagegen ist ein wirkliches, scharf be- Untersuchungen über Spermätogenese, 279 grenztes Bläschen im Spiele. Sehr bald (5) aber bemerkt man noch ein weiteres Detail. Genau in der Mitte des Bläschens erscheint ein kleines körnchenartiges, rundliches Gebilde, das sich mit Magentaroth, Erythrosin und Fuchsin in intensivster Weise färbt, mit Eisenhämatoxylin dagegen bei der Ratte sich nicht deutlich darstellen lässt. Was ist nun dieses centrale Korn, woraus und auf welche Weise ist es entstanden? Diese Frage hat kürzlich eine beson- dere Bedeutung gewonnen, indem Niessing (1896) die Mei- nung ausgesprochen hat, dass dieses Gebilde theilweise aus dem Centrosoma hervorgehe. Niessing kommt daher zu der Ansicht, die er als Hauptergebniss seiner Arbeit hinstellt, dass das Centrosoma des reifen Spermatozoons nicht, wie das allgemein angenommen wird, im Mittelstück oder Verbindungstück (Retzius) des Samenfadens enthalten sei, sondern vorn an der Spitze des Samenfadenkopfes sitze, denn das centrale Körnchen setzt sich später, wie das gleich vorausgeschickt werden soll, mit der Spitze in Verbindung. Hier liegt meiner Ansicht nach ein verhängnissvoller Irr- thum vor und es wird mir nicht schwer fallen, die Beweise für diese Behauptung beizubringen. Der erste und schwerwiegendste Beweis ist, dass man die Centrosomen anderswo in der Zelle nachweisen kann, eine Thatsache, die eigentlich alle weiteren Beweise überflüssig macht. Nun kommt aber weiter die färberische Reaktion des cen- tralen Sphärengebildes in Betracht. Es zeigt, wie gesagt, bei der Ratte durchaus keine Affinität zu dem Eisenhämatoxylin, nur manchmal gelingt es, es damit zu färben. Dies steht also im Widerspruch mit allen unseren Erfahrungen über die tineto- riellen Eigenschaften der Centralkörper. M. Heidenhain hat sogar die starke Färbbarkeit des Centrosomas in Eisenhämato- xylin in die Definition aufgenommen, die er von diesem Gebilde giebt, und ich muss mich in dieser Hinsicht auf Grund der Er- fahrungen, die ich in letzter Zeit an den verschiedensten Zell- gattungen gesammelt habe, mit voller Entschiedenheit Heiden- hain anschliessen. Wenn die Berechtigung der Heidenhain- schen Definition von mancher Seite angefochten wird, so liegt dies eben daran, dass einige Forscher unter Centrosom etwas anderes verstehen als Heidenhain, namentlich reehnen manche zu Archiv f. mikrosk. Amat. Bd. 51 19 280 M.v. Lenhossek: dem „Üentrosoma“ etwas mehr hinzu als dieser, auch noch etwas von der Umgebung der Flemming-Heidenhain- schen Centralkörper; diese letzteren sind Einschlüsse des Uen- trosomas für sie, Uentralkörner, Uentriolen. Dass aber die Cen- triolen für Eisenhämatoxylin eine besondere Affinität besitzen, giebt wohl heute jeder zu. — Nun zeigt aber unser Mediankörnchen in der Sphäre ein ganz anderes Verhalten. Schon nach ganz leichter Entfärbung, wenn sonst noch alles mögliche in der Zelle schwarz geblieben ist, sucht man vergebens nach dem centralen Gebilde. Es hat ganz andere Farbstoffneigungen: eine grosse Neigung zu Magentaroth, Fuchsin und besonders zu dem Ery- throsin, überhaupt zu sauren Farbstoffen. Mit -Erythrosin und Eosin verbindet es sich in so intensiver Weise, dass es manch- mal schon bei der schwächsten Anwendung des Mittels, wenn sonst alles übrige kaum erst einen Hauch von Rosafärbung an- genommen hat, leuchtend roth bemerkbar wird. Besonders kommt dies vor in einem etwas späteren Stadium, wenn sich das Ge- bilde schon mit dem Samenfadenkopf verbunden hat. Die Entstehungsweise des Gebildes ist ganz eigenartig. Nicht etwa im Anschluss an etwas schon Vorhandenes entsteht es, sondern plötzlich, wie durch einen Schöpfungsakt, taucht es in der bis dahin homogenen Sphäre auf, offenbar durch eine spon- tane Verdichtung, Differenzirung ihrer Substanz. Ich muss mich vollkommen in Widerspruch setzen zu der Darstellung Niessing’s, der das Gebilde aus dem Zusammenfluss von zahlreichen in der Sphäre gelegenen Körnchen ableitet. Solche Körnchen kommen im Innern der Sphäre typisch überhaupt nicht vor. Auch mit der Schilderung Moores (1893) kann ich mich nicht einverstanden erklären. Moore spricht von einer An- zahl von hellen Bläschen in der Sphäre, wovon jedes ein dunkles Körperchen in sich schliesse, und die erst durch ihre Verschmelzung schliesslich das einheitliche Bläschen bilden sollen. Auch Meves giebt eine ähnliche Entstehungsweise der Vakuole für Salamandra an. Bezüglich des Salamanders habe ich keine Erfahrungen, aber in Betreff der Ratte, auf die sich Moore’s Darstellung bezieht, muss ich daran festhalten, dass jene Be- schreibung unzutreffend ist, indem die „Vakuole“* immer sofort als einheitliches Bläschen erscheint. Aber wenn man nach all dem bezüglich der Nichtidentität — RE Untersuchungen über Spermatogenese. 281 des Körpercehens mit einem Centrosoma noch Zweifel hegen würde, so müssten diese schwinden, wenn man die Spermatogenese beim Meerschweinchen heranzieht. Hier erscheint dasselbe Gebilde, das bei der Ratte sich als minimales Körnchen darstellt, als mächtige Kugel, so dass von vornherein an ein Centrosom nicht zu denken ist. Die weiteren Vorgänge an der Sphäre und ihren Ein- schlüssen sind höchst merkwürdig und lassen sich eben nur von dem Standpunkte aus erklären, dass hier ganz specielle, keines- wegs von einem allgemeinen Gesichtspunkte aus zu beurtheilende Differenzirungen des Cytoplasmas der Spermatide im Spiele sind. — Zunächst erkennt man (siehe Textfigur c—n), dass sich die ganze Sphäre dem Kern (an der Stelle seines späteren vor- deren Poles) etwas andrückt; hierdurch nimmt sie selbst eine leicht abgeplattete Form an, verursacht aber auch an der be- treffenden Stelle des Kerns eine sanfte Abflachung. Das früher im Centrum der Sphäre gelegene helle Bläschen kommt jetzt durch diese Abplattung der Sphäre mit dem Kern in direkte Berührung und verwächst sogar mit der Kernmembran. Der dunkle Theil der Sphäre umfasst lunulaartig das dem Kern an- gepresste Bläschen, ein Bild, das schon sehr oft (z. B. auf v. Brunn’s Taf. XXIl, Fig. a&—d, bei Brown u. s. w.) bildlich darge- stellt und beschrieben wurde. Indessen ist diese Lunula nur selten so ganz regelmässig beschaffen, wie sie fast immer abge- bildet wird, gewöbnlich zeigt sie ein unsymmetrisches Verhalten, in- dem sie nach der einen Seite hin stärker gewölbt ist als nach der andern; es ist, als ob das helle Bläschen innerhalb der Sphäre eine kleine seitliche Verschiebung erfahren hätte, oder richtiger, als ob sich der Sphärenrest an dem Bläschen etwas seitlich ver- schoben hätte. Ein Blick auf die Figg. 22—24 wird genügen, um von diesem Verhalten, das sich nur sehr umständlich durch Worte vergegenwärtigen lässt, eine Vorstellung zu vermitteln. In der Minderzahl der Fälle zeigt der Kern an der Be- rührungsstelle mit der Sphäre von Anfang an eine kleine con- cave Stelle oder sogar einen etwas tieferen Einschnitt (Textfig. C, m, N, 0). Was nun folgt, ist eine ziemlich rasche Vergrösserung des Bläschens (0); der Inhalt des Bläschens ist und bleibt dabei — abgesehen von dem centralen Körnehen — eine völlig struk- 983 M. v. Lenhossek: turlose, helle Flüssigkeit. Die Vergrösserung erfolgt anfangs sowohl nach der Breite wie auch nach der Seite der Convexität hin, so dass sich das Bläschen zunächst stark hervorwölbt, dann aber ausschliesslich in der Richtung der Breite, so dass allmählich ein grösseres Stück des Kerns von dem Bläschen wie von einer Mütze bedeckt erscheint; dem Wachsthum des Bläschens folgt auch streng die Abplattung des Kerns. Der „Sphärenrest“, wie ıman jetzt die „Lunula“ bezeichnen kann, nimmt an dem Wachs- thum nieht Theil und wird deshalb, da er um diese Zeit noch anscheinend mit dem Bläschen fest verwachsen ist, stark aus- sedehnt, das Bläschen jetzt wie ein schmaler Saum umfassend. Das eentrale Körnchen sehen wir während dieser Vorgänge an- fangs noch in der Mitte der Sphäre liegen; es plattet sich dabei oft zu einem kleinen querliegenden Stäbchen ab. Unerwartet aber stellt sich eine neue Erscheinung ein: das kleine Gebilde wird gleichsam an den Kern herangezogen und tritt mit der Kern- membran in dauernde Verbindung. Diese Verbindungsstelle bezeich- net die spätere Spitze des Samenfadenkopfes oder, ganz korrekt, die unmittelbar daran grenzende Partie, und das Körnchen kenn- zeichnet sich dadurch als die Anlage eines altbekannten Gebildes, des Spitzenknöpfchensvon Merkel. Niessing hat es, in Anlehnung an einen älteren Vorschlag Platner’s, als Mi- tosoma bezeichnet, weil es angeblich aus dem „Mitom“ der Sphäre hervorgehe (2). Mir scheint aber dieser Namen absolut nichts Bezeichnendes an sich zu haben; will man sich daher eines griechischen Terminus technieus bedienen, ein Vorgehen, das ja vom Gesichtspunkt der Bequemlichkeit in der That ge- boten sein kann, so scheint mır das Wort „Akrosoma“ weitaus den Vorzug zu verdienen. Im Momente der Verbindung stellt sich das „Akrosoma“ — um diese neue sprachliche Schöpfung gleich zu benützen — immer als rundliches Körnchen dar, bald aber zeigt es die Tendenz, sich ein wenig in der Querrichtung abzuplatten. Wir sehen jetzt also ein Bild, wie es die Textfigur o und Figur 16 zur Ansicht bringen. Der vordere Kernpol er- scheint wie abgeschnitten; auf die abgeflachte Partie legt sich das Bläschen in der Weise an, dass seine Wölbung der frü- heren Ausdehnung des Kerns an seinem vorderen Pol entspricht. Genau in der Mitte der Basis des Bläschens sitzt an der Kern- Untersuchungen über Spermatogenese. 283 membran das knötchenartige Akrosoma; dem convexen Rande des Bläschens etwas unsymmetrisch angeschmiegt der halbmond- förmige Sphärenrest. Freilich begegnet man auch ab und zu Bildern, die in manchen Punkten von diesem Bilde abweichen; so kann z. B. das Akrosoma mehr etwas seitlich verschoben liegen, nicht in der Mitte der Bläschenbasis, sondern einer der seitlichen Anheftungsstellen des Bläschens genähert (Fig. 24). Ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium ist auf Fig. 20 vergegenwärtigt. Das Bläschen hat an Breite zugenommen; es beginnt nun in allem Ernst, den Kern zu umwachsen. Das Neue aber ist, dass der Kern, anstatt entsprechend der Ausdehnung des Bläschens weiter an Abplattung zuzunehmen, sich im Gegen- theil auch da, wo er früher abgeplattet war, wieder abgerundet hat. Dies ist der Grund, warum das Bläschen jetzt nicht mehr stets so stark über den Kernkontur hinaus vorgebuchtet, sondern diesem oft schon sehr genähert erscheint. Es kann nun auch durch diese Annäherung mit dem Spitzenkörperchen wieder in Berührung treten. Freilich treten dem Beobachter nicht nur auf diesem, sondern auch auf späteren Stadien Bilder entgegen, an denen die „Kernkappe“, wie man nun schon das Bläschen be- zeichnen darf, noch immer stark vorgewölbt erscheint. Der Kern stellt sich auf dieser Stufe noch immer als rundes oder höchstens ganz leicht ellipsoidisches Bläschen dar; aber in seinem Inneren sind bereits gewisse Veränderungen vor sich ge- gangen, die hier Berücksichtigung erheischen. Freilich sind sie nach meinen Erfahrungen zunächst noch nicht so eingreifend, wie sie von mancher Seite geschildert worden sind. Ich finde vor allem eine kleine Aufhellung der Kernstruktur im centralen Theil des Kernraumes; die Gerüstsubstanz zieht sich mehr und mehr nach der Peripherie hin zurück, aber immer noch sieht man auch die Mitte des Kerns von einzelnen Balken durchzogen. Im Allgemeinen lässt sich eine Vereinfachung des Kerngerüstes nach- weisen. Es liegt wohl eine Art von Verquellung des Kerns in seiner Mitte, eine centrale Ansammlung von Kernsaft vor; frei- lich ist diese Veränderung von Zelle zu Zelle sehr verschieden stark ausgesprochen, manchmal kaum angedeutet. — Constanter und gewöhnlich auch auffallender ist folgende Erscheinung: im Bereich des von der „Kernkappe“ umwachsenen Theiles lässt die Kernmembran eime ziemlich starke Verdickung erkennen; 284 M. v. Lenhossek: sieht man genau zu, so erkennt man, dass diese Verdiekung auf der Auflagerung einer gleichmässig dieken Lage von Chromatin auf der Innenseite der Membran beruht; es bildet sich eine „Chromatinkruste“, eine sehr typische Erscheinung. Besonders deutlich lässt sich diese Kruste an Eisenhämatoxylin- bildern erkennen, wo sie sich durch ihre schwarze Färbung manifestirt. An angeschnittenen Kernen wird sich die Kruste natürlich immer als dicke Grenzlinie darstellen, in strenger Be- schränkung auf den von der Kernkappe bedeckten Theil des Kernkonturs, an dessen Rande wie abgeschnitten aufhörend. Hat man aber eine Gesammtansicht des Kerns vor sich, wie in Fig. 21, so erscheint das Gebiet der Chromatinkruste als eine dunkle, ‚vordere‘ Kernhälfte, die sich von der hinteren helleren Kernabtheilung durch eine mehr oder weniger scharfe Linie, Renson’s „strie equatoriale“ (1882, S.314) abgrenzt. Mit der Ausdehnung des Bläschens hält die Krustenbildung genau Schritt. Wir haben hier eine schon von Kölliker im Jahre 1856 (S. 265 und Taf. XIII, Fig. 6—9) abgebildete Erscheinung vor uns. Merkel (1874) hat sie dann eingehender untersucht und unter dem Namen „Gliederung des Kerns in zwei verschieden liehthrechende Hemisphären“ in die Literatur eingeführt. Ich halte aber diese Bezeichnung, die sich in der Literatur bald eingebürgert hat, nicht für ganz glücklich gewählt, denn die Gliederung ist, wie dargestellt, keine innere, das Kerngerüst lässt davon nichts erkennen, sie beruht vielmehr nur auf einer chromatischen Verdickung der Kernmembran. Auch ist die Er- scheinung, wie wir sehen werden, bei der Ratte wenigstens, von vorübergehender Natur, sie kommt nur diesen frühen Stadien der Spermatogenese zu und schwindet bald. Ballowitz täuscht sich wohl, wenn er (1891, S. 284) die von ihm beschriebene spätere Trennung des reifen Samenfadenkopfes in ein „Vorder- stück“ und „‚Hinterstück“ auf diese Kölliker-Merkel’sche Erscheinung zurückführt; sie hat mit ihr nichts zu thun. Brown scheint die Sache richtig erkannt zu haben, er schildert die Er- scheinung folgendermaassen (S. 357): „the nuclear membrane over the outer hemisphere of the nucleus becomes slighthy thickened.“ In diesem Stadium beginnt nun der noch immer runde Kern aus dem mittleren Theil der Zelle herauszurücken, und Du Untersuchungen über Spermatogenese. 285 zwar nach deren der Kanalwand zugekehrtem Pol hin. Es ist um diese Zeit bereits immer eine strenge Orientirung der in der Spermatide enthaltenen Theile erfolgt. Der Sphärenrest mit der Kopfkappe liegt stets an dem der Kanalwand zugewandten Kernpol; der ehromatoide Nebenkern, der noch vor kurzem keine konstante Lagerung erkennen liess, findet sich jetzt immer am hinteren Kernpol, in der Nähe der nun stets bereits angelegten Geissel.e. Es ist nicht leicht, sich über die mechanischen Mo- mente, die diese regelmässige Orientirung hervorbringen, eine befriedigende Vorstellung zu bilden. Man bekommt den Ein- druck, als wäre eine gewisse Strömung im Cytoplasma vorhanden in der Richtung von dem Kanalwandpol nach dem Lumenpol hin, wodurch der frei im Cytoplasma liegende chromatoide Neben- körper gegen den hinteren Zellpol hin geschwenmt wird; frei- lich müsste man da noch ein zweites Moment: die Attraktions- kraft des hinteren Kernpoles auf den Nebenkörper heranziehen, denn bei der alleinigen Wirkung jener Strömung müsste der chromatoide Nebenkörper in den distalsten Punkt des Proto- plasmalappens gelangen. Jene hypothetische Plasmaströmung würde uns nicht nur die allmähliche Verlagerung des Kerns in einen der Zellpole, sondern auch noch eine weitere Erscheinung, die jetzt Platz greift, erklären: die Ablösung des Sphärenrestes von der Kopf- blase, seine Wanderung in den als Lappen in das Lumen hinein- hängenden Theil der Zelle. Durch Vergleichung verschiedener Zellen vermag man diesen Vorgang durch alle Stadien hindurch zu verfolgen. Zunächst findet man die Sphäre noch in unmittel- barer Nähe der Blase, vielleicht sogar noch in Berührung damit, aber schon wieder zu ihrer früheren, rundlichen Form concen- trirt (Fig. 20). Ein weiteres Stadium zeigt sie als blasse Kugel seitlich neben dem Kern, schon in einiger Entfernung von der Kopfblase gelegen; noch später, wenn sich der Kern ganz in den proximalen Zellpol zurückgezogen hat, ja aus diesem sogar theilweise hervorgetreten ist, liegt die Sphäre in dem lappen- artigen hinteren Theil der Zelle, vom Kern immer weiter weg- rückend, und hier lässt sie sich färberisch so lange nachweisen, bis das Protoplasma überhaupt noch eine zusammenhängende Masse darstellt. Zuletzt geht dann der Sphärenrest mit diesem Protoplasmalappen zu Grunde, ohne sich weiter aktiv bethätigt 286 M. v. Lenhossek: zu haben. An der Bildung der Schwanzes hat die Sphäre bestimmt keinen Antheil. Ihre Bestimmung besteht lediglich darin, dem Spitzenkörperchen als Mutterboden zu dienen; nach- dem sie dieser ihrer Aufgabe gerecht geworden, wird sie als unnützer Ballast mit dem ebenfalls dem Untergang geweihten Zellplasma ausgestossen. Eine richtige Erkenätniss der geschilderten Vorgänge — es handelt sich in der Hauptsache um Bekanntes — ist erst sehr allmäh- lich erzielt worden. Merkel beschrieb als erster im Jahre 1874 den „Spitzenknopf‘ und machte auch schon über seine Entstehung einige An- gaben. An der Stelle, wo das Gebilde auftreten soll, sah er, bevor dieses noch da ist, eine dunkle Protoplasmaanhäufung, die nach dem Erscheinen des Spitzenknopfes nicht mehr sichtbar ist; allem Anscheine nach geht dieser also aus der Anhäufung hervor. Merkel fasst daher schon ganz richtig den Spitzenknopf als ein Protoplasmagebilde, als ein Derivat der Sphäre — denn diese ist doch ohne Frage mit der „Protoplasmaanhäufung“ gemeint — auf. Was ihm noch entgangen war, das ist die Thatsache, dass der dunkle Protoplasmakörper nicht sogleich vollkommen schwindet, sondern auch noch später eine Zeit lang nachweisbar ist, zunächst als Lunula am vorderen Pol, dann als Sphärenrest im Protoplasmalappen; er geht also nicht in seiner Ge- sammtheit in die Bildung des Spitzenknopfes auf, sondern lässt diese durch Differenzirung und Ausscheidung aus sich hervorgehen. Die Kernkappe kennt Merkel ebenfalls schon; er führt sie auf eine par- tielle Ablösung der Kernmembran zurück. Die Persistenz der „Sphäre“ eine Zeit lang nach dem Auftreten des Merkel’schen Spitzenknopfes hat v. Brunn (1874) erkannt. Frei- lieh sollte diese Entdeckung der Anlass zu einer irrthümlichen An- schauung für v. Brunn werden, zu der Folgerung, dass sich dem- nach „der Spitzenknopf ohne Betheiligung des Protoplasmas aus dem Kern bilden muss“ (S. 586), wobei besonders das Kernkörperchen in Verdacht genommen wird. Während so v. Brunn die von Merkel bereits richtig angegebene protoplasmatische Herkunft des Akrosomas leugnet, weist er zuerst gegen Merkel richtig darauf hin, dass die Kopfkappe aus dem Protoplasma entsteht. Freilich hängt er hier wieder seiner Darstellung einen kleinen Irrthum an, indem er die Kopfkappe als ein vergängliches Gebilde hinstellt; sie soll sich, wenn sie die Hälfte des Kerns umwachsen hat, von ihm loslösen. Ihre Persistenz auch im reifen Spermatozoon sowie ihr allgemeines Vor- kommen haben erst Fürst, Jensen und Ballowitz (1891, S. 278) nachgewiesen. Renson (1882) hält das Spitzenknöpfchen (bouton terminal) mit v. Brunn gleichfalls für ein Kernprodukt, die Kopfkappe aber mit Merkel für die abgelöste Kernmembran. Die Endschicksale des Sphärenrestes schildert Renson sehr zutreffend. S. 325 giebt er an, Untersuchungen über Spermatogenese. 287 dass auch nach dem Hineinrücken des Kerns in den vorderen Zellpol das „corpuscule accessoire“ (Sphärenrest) noch zu sehen ist, entweder seitlich neben dem Kern oder schon hinten im Protoplasmalappen; später schwindet er spurlos. In Fig. 27 bildet Renson die Lunula und den Spitzenknopf sehr naturgetreu ab; die Kopfkappe ist in den Figuren 27 d, e, f, g recht treffend zur Ansicht gebracht, doch hält sie Renson im Text noch für ein vergängliches Gebilde. H. Brown (1885) giebt recht treue Abbildungen des Lunula- stadiums in den Figuren 14 und 15 seiner Arbeit und sagt richtig von der „elear cap“ (Kernkappe), dass sie „... seems to be derived from the accessory corpuscule“. Die Endschicksale des Sphärenrestes werden gleichfalls im Ganzen zutreffend geschildert. Wir übergehen eine Reihe von Autoren, die über den in Rede stehenden Punkt nichts Wesentliches beigebracht haben und halten gleich bei Benda, der in den Jahren 1891 und 1892 den fraglichen Verhältnissen besondere Beachtung geschenkt hat. Benda geht bei der Ratte von dem Stadium aus, wo der Sphärenrest bereits als Lu- nula dem Bläschen, das er „Vakuole‘‘ nennt, angeschmiegt liegt; in der Mitte der Vakuole erscheint ein sehr kleines, intensiv gefärbtes Kügelchen. In der Folge legt sich die Vakuole dem Kern unter Ab- plattung an, wobei das stark gefärbte Körperchen unter Bildung des Spitzenknopfes mit der Kernperipherie in Verbindung tritt, der Sphären- rest dagegen sich von der Vakuole ablöst, um in den distalen Zelltheil zu rücken. Die Vakuole gestaltet sich zur Kopfkappe. Man sieht also: etwas völlig neues, etwas, was nicht schon von anderen Forschern gesehen worden wäre, ist in Benda’s Darstellung eigentlich nicht enthalten; gleichwohl stellt die Darstellung insofern einen wesentlichen Fortschritt in der Erkenntniss dieser Dinge dar, als sie zuerst den ganzen Vorgang in seinem Zusammenhange richtig, ohne wesentlichere Irrthümer darstellt. Unzutreffend ist nur die Angabe, dass alle diese Vorgänge, die Abplattung der Vakuole u. s. w. erst „im zweiten Sta- dium, beim Eintritt der Copulation mit der Fusszelle“ erfolgen. Nach meinen Beobachtungen geht dies Alles schon lange vor der Copulation vor sich; jedenfalls ist diese für die Vorgänge der Spitzenknopfbildung ganz gleichgültig. Benda scheint, wie später Niessing, den Spitzen- knopf für das Centrosoma gehalten zu haben; ganz klar ist dies bei ihm freilich nicht ausgesprochen, aber der letzte, etwas unklar ge- haltene Passus seines Vortrages lässt diese Ansicht unverkennbar durch- blicken, eine Ansicht, die wir aufs entschiedenste bekämpfen müssen. Der Vortrag Benda’s in der Anatomischen Gesellschaft vom Jahre 1892 ergänzt die referirten Mittheilungen durch die Darstellung des ersten Auftretens des hellen Bläschens im „Archiplasma“ und des kleinen Körnchens darin, sowie durch die bestimmte Angabe, dass der Sphären- rest mit der Spermatide zu Grunde geht. Die Darstellung, die Moore (1893 S. 686) von den einschlä- gigen Verhältnissen bei der Ratte giebt, ist ein Gemenge von Richti- 288 M. v. Lenhossek: Richtigem und Unrichtigem. Die Angabe von der Entstehung des Bläschens in der Sphäre aus dem Zusammenfluss mehrerer kleiner Vakuolen muss ich auf Grund meiner Erfahrungen als unzutreffend bezeichnen. Die Bildung des Spitzenknopfes wird richtig geschildert. Unrichtig ist aber wieder die Angabe, dass das Bläschen verschwin- det; die richtige Entstehungsweise der „Kopfkappe“ war Moore un- bekannt geblieben. Wir gelangen damit zu dem letzten Forscher, mit dessen An- gaben wir uns zu beschäftigen haben, zu Niessing (18%). Da sich aber die Ausführungen Niessing’s hauptsächlich auf das Meer- schweinchen beziehen, so möchte ich auf seine Angaben in Verbindung mit einigen Beobachtungen eingehen, die ich an den sich zu Sperma- tozoen umgestaltenden Spermatiden dieses Thieres gemacht habe. Ein hervorragend günstiges Objekt zum Studium der Bil- dungsweise der Appendieulargebilde am vorderen Pol des Kopfes ist der Hoden des Meerschweinchens, indem hier diese eine ausserordentliche Entwickelung zeigen. Beginnen wir mit der eben aus der Spermatocytentheilung hervorgegangenen Sperma- tide (Fig. 30). Betrachtet man diese, so fällt sofort neben dem runden Kern die Sphäre auf, als streng kugelförmiger Körper; sie ist um ein Geringes grösser als das entsprechende Gebilde der Ratte. An sauber hergestellten Eisenhämatoxylinpräparaten sehe ieh sie im Innern zumeist homogen, nicht gekörnt, wie sie Niessing findet; ein Randstratum von ungleich grossen Körnern scheint hier dagegen in der That konstant zu sein, wodurch die Sphäre saumartig umfasst erscheint. Ebenso wie den Niessing- schen Körnern, muss ich mich auch den anderen Einzelheiten gegenüber, die Niessing in der Sphäre beschreibt (S. 121) ablehnend verhalten; weder von Centrosomen, die durch eine „Centrodesmose“ mit einander verbunden seien, noch aber von den „zarten Fibrillenstrahlen“, die von den Centralkörpern aus nach der Peripherie der Sphäre ziehen sollen, vermag ich an meinen Präparaten etwas zu sehen; höchst wahrscheinlich liegen hier die Centrosomen ausserhalb der Sphäre irgendwo im Cytoplasma, doch ist es mir nieht gelungen, sie hier in den Spermatiden darzustellen. Die Veränderungen, die nun in der Sphäre Platz greifen, schliessen sich in ihren ersten Stadien aufs Engste an die ent- sprechenden Vorgänge in der Spermatidensphäre der Ratte an. Mitten in der Sphäre (Fig. 31) taucht plötzlich ein kleines rundes Bläschen auf, und in’ dessen Mitte ein anfangs ganz minimales Untersuchungen über Spermatogenese. 289 Akrosoma, das hier allerdings — abweichend von dem bei der Ratte bestehenden Verhalten — von vornherein eine grosse Neigung zur Schwarzfärbung bei der Eisenhämatoxylinmethode zeigt. Das Bläschen zeigt anfangs eine streng centrale Lage, wandert aber sehr rasch an den dem Kern angrenzenden Rand der Sphäre heran (Fig. 32), wobei es mit dem Kern in Berührung tritt. Auch hier scheint mir das Akrosoma ohne An- schluss an schon vorhandene Körnchen oder dergleichen in die Erscheinung zu treten. Meine Erfahrungen stehen in dieser Be- ziehung in vollem Widerspruch zu den Angaben Niessing's. Nach diesem Forscher vollzieht sich die Bildung des Akrosomas in der Weise, dass die Körnchen, mit denen seinen Beobachtungen ge- mäss die Sphäre erfüllt sein soll, „an Zahl abnehmen und sich durch Verschmelzung mit einander zu wenigen grösseren vereini- gen. Je geringer ihre Zahl, desto grösser erscheint ihr Volumen, bis sie schliesslich zu einem grossen Korn zusammengeflossen sind.“ Ich muss demgegenüber nochmals betonen, dass nach meinen Befunden das Akrosoma von vornherein als einheitliches, sehr kleines Körnchen auftaucht und dann durch selbstständiges Wachsthum und nicht durch Verschmelzung mit anderen Körnchen allmählich sein späteres Volumen erreicht. Niessing’s Angaben und ebenso auch seine Zeichnungen rufen die Vermuthung in mir hervor, dass diesem Forscher keine tadellosen Eisenhämatoxylin- präparate vorgelegen haben. Auch seiner Angabe, dass sich das helle Bläschen durch Zusammenfliessen mehrerer kleiner Vakuolen entwickelt, muss ich widersprechen. Die weiteren Vorgänge sind auf den Figuren 33—39 ver- gegenwärtigt. Anders als bei der Ratte und bei den meisten übrigen Säugern sehen wir, dass das ursprünglich so unscheinbar angelegte Akrosoma ein rasches und kolossales Wachsthum erfährt, es gestaltet sich sehr bald zu einer umfangreichen Kugel (Fig. 33 u. 34), die von dem ebenfalls entsprechend vergrösserten, mit dem Kern verwachsenen Bläschen saumartig umfasst wird. Wenn die Kugel eine bestimmte Grösse erreicht hat, dann fängt sie an (s. auch Ballowitz 1891 S. 207), eine halbmondförmig ab- geplattete Form anzunehmen (Fig. 36 u. 37). Mittlerweile hat das Bläschen seinen Umwachsungsprocess vollzogen, indem es sich um den grössten Theil des Kerns gestülpt bat; durch diese Ausbreitung wird das Bläschen für das grosse Akrosoma ge- 2390 M. v. Lenhossek: wissermaassen zu eng, der halbmondförmige Körper füllt jetzt daher das Bläschen am vorderen Kernpol prall aus, so dass sich die Konturen beider decken und es den Anschein gewinnt, als wäre zwischen Akrosoma und Bläschen — das wir jetzt schon als Kopfkappe bezeichnen dürfen — eine vollkommene Verwachsung eingetreten. Weniger innig scheint die Verbindung zu sein zwischen Akrosoma und Kern; gewöhnlich lässt sich eine schmale helle Spalte zwischen beiden nachweisen. Die Sub- stanz des Akrosomas färbt sich mit Eisenhämatoxylin bei der gewöhnlichen Anwendungsweise noch immer tief schwarz; setzt man aber die Differenzirung nur um ein Geringes über das ge- wöhnliche Maass hinaus fort, so bekommt man merkwürdige Bilder, indem eine peripherische Zone des Akrosomas den Farbstoff abgiebt, während der Kern des Gebildes ihn festhält. Vielleicht liegt der Erscheinung eine Verschiedenheit in der Consistenz der centralen und peripherischen Partieen des Gebildes zu Grunde; im Allgemeinen findet man ja bei der Eisenhämatoxylinfärbung, dass dicht gebaute, kompaktere Körper das Hämatoxylin stärker fesseln, als weniger consistente. Ein durch färberische Diffe- renzirung in zwei Schichten getheiltes Akrosoma zeigt die Fig. 35. Durch das kolossale Anwachsen des Akrosomas tritt der kleine Sphärenrest sehr in den Hintergrund. Er gestaltet sich zunächst in Folge der Ausdehnung der Blase, mit der er ver- wachsen ist, ebenso wie bei der Ratte, zu einem halbmondförmi- gen, blassen Körper, der nicht gerade in der Mitte über der Wölbung des Akrosomas und der Kopfkappe seine Lage hat, sondern diesem Gebilde seitlich, asymmetrisch angeschmiegt liegt. Diese asymmetrische Lage nimmt in der Folge noch zu; das Halbmöndcehen gleitet an der Wölbung des Akrosomas_ seitlich mehr und mehr herunter; man findet es (Fig. 36 u. 37), wenn das Akrosoma halbmondförmig geworden ist, an einem der seit- lichen Spitzen dieses Gebildes. Weiterhin wird dann dem Sphären- rest dasselbe Schicksal zu Theil, wie bei der Ratte: er löst sich vollkommen von der Kopfkappe ab und man findet ihn dann sehr bald hinten, in dem beim Meerschweinchen etwas kürzeren, plum- pen Protoplasmalappen, als stark färbbares, wieder zu seiner früheren rundlichen Form zurückgekehrtesGebilde, bis er mit diesem Protoplasma untergeht. Mittlerweile hat das Akrosoma nicht aufgehört zu wachsen ; Untersuchungen über Spermatogenese. 291 zunächst behält es noch — unter beträchtlicher Zunahme an Um- fang — seine Halbmondform bei; nachdem aber die Sphäre ab- gestossen ist, ändert es seine Form plötzlich und zeigt eine mehr oder weniger regelmässige dreieckige Gestalt (Fig. 38); an den beiden dem Kern zugewandten Winkeln des Dreiecks scheint die Kopfkappe zu inseriren. Mit dem Kern scheint das grosse Ge- bilde noch immer nicht in organischer Verbindung zu stehen, noch immer ist es bloss durch die Kopfkappe an ihn gebunden. Auf der nächsten Stufe zieht sich das Akrosoma stark in die Länge, der frei hervortretende Winkel des Dreiecks ragt jetzt meist zipfelförmig hervor; es ist jetzt grösser geworden, als der Kern selbst und tritt an Eisenhämatoxylinbildern höchst ener- gisch hervor, da es noch immer die gleiche starke Färbbarkeit in Hämatoxylin zeigt. Aber von jetzt ab scheint wieder all- mählich eine Reduktion des Gebildes einzutreten; es wird jetzt wieder etwas kleiner, kleiner als der Kern und vertauscht seine schmale Zipfelform mit einer plumperen, kürzeren Mitraform (Fig. 39). Eine weitere, sehr auffallende Erscheinung ist, dass sich das Akrosoma von diesem Zeitpunkt ab mit Eisenhämatoxylin nicht mehr so lebhaft färbt; statt der früheren tiefschwarzen Färbung zeigt es jetzt einen dunkelgrauen Ton. An den Kerm ist das Akrosoma noch immer bloss durch die Kopfkappe be- befestigt, aber diese Verbindung ist um so fester, als die Kopf- kappe jetzt bereits in ihrer ganzen Ausdehnung — natürlich das das Akrosoma bedeckende Stück abgerechnet — mit der Ober- fläche des Kerns in so innige Verwachsung getreten ist, dass es im Bereich des Kerns oft gar nicht mehr als selbstständige Membran zur Geltung kommt, vielmehr nur als eine Verdiekung des Kernkonturs erscheint. (In der Fig. 39 war die Verwachsung noch nieht erfolgt.) Dagegen wird die Kopfkappe im Bereich des Akrosomas von Neuem sichtbar, sie hebt sich jetzt an dessen ganzer Peripherie als heller Saum ab. Dieses abermalige Her- vortreten der Kopfkappe beruht meiner Ansicht nach nieht auf einer Ablösung dieser von der Oberfläche des Akrosomas, sondern auf einer starken Verdiekung der nach wie vor mit dem Akrosoma fest verwachsenen Haut. Von diesem letzteren Bilde ist zu dem Bilde des ausge- reiften Spermatozoons des Meerschweinchens (Fig. 40) nur noch ein kleiner Schritt. Das Akrosoma stellt sich nun als eine breite 299 M.v. Lenhossek:; halbmondförmige, über den vorderen Pol des Kerns gestülpte Mütze dar, freilich nur bei der Flächenbetrachtung des Samen- fadenkopfes, bei der seitlichen Betrachtung erscheint es als schmaler spiessförmiger Fortsatz des Kopfes, da das ganze Ge- bilde blattartig beschaffen, stark abgeplattet ist. Die Kopfkappe erscheint mit der Oberfläche des Kopfes vollkommen verwachsen; sie gelangt bloss als „dunkle, scharfgezogene Randbegrenzung* (Ballowitz) des Kopfes zum Ausdruck. Zwischen der vorderen Peripherie des Kopfes und der Aushöhlung des Akro- somas findet sich noch immer ein schmaler, sichelförmiger Spalt- raum, nur scheint er jetzt nicht mehr, wie früher, von einer wasserhellen Flüssigkeit, sondern von einer blassen Substanz aus- gefüllt zu sein, einer Kittsubstanz, die zur Sicherung der Verbin- dung zwischen Kopf und Akrosoma dient. Man kann das Auf- treten dieser Zwischenmasse von Schritt zu Schritt verfolgen in den letzten Reifestadien des Spermatozoenkopfes; fraglich bleibt nur, ob sie ein Produkt des Kopfes oder des Akrosomas, also ein Kern- oder ein Cytoplasmaderivat ist. Die Färbbarkeit des Akrosomas in Eisenhämatoxylin ist noch weiter zurückgegangen, dabei zeigt das Akrosoma ein eigenartiges Verhalten bei dieser Färbung: in seinem vordersten Abschnitt färbt es sich am leb- haftesten; von hier nach hinten verliert sich die Färbung all- mählich völlig; ganz hinten aber, an der hinteren Grenze des Akrosomas stellt sich wieder saumartig ein dunkler Farbenton ein, wodurch das Akrosoma gegen den obenerwähnten Zwischen- streifen scharf abgegrenzt erscheint. Der riesige helmförmige Anhang am vorderen Ende des Samenfadenkopfes des Meerschweinchens ist also nichts anderes, als das Homologon des kleinen Spitzenknöpfehens anderer Säuge- thiere, des Gebildes, das Jensen (1887) bei der Ratte als Hakenstäbehen beschrieben hat. Wir haben es nicht mit einer besonderen, nur dem Meerschweinchen zukommenden Bildung, sondern nur mit der auffallend mächtigen Entwickelung eines, wie es scheint, bei jedem Säuger vorkommenden Gebildes, des Akrosomas zu thun. Dies erkannt und klar ausgesprochen zu haben, ist das Verdienst von Ballowitz (1891, S. 208). En A el U ei > Untersuchungen über Spermatogenese. 233 Doch kehren wir zu unserem eigentlichen Untersuchungs- objekt, der Ratte, zurück. Wir hatten die Spermatiden verlassen, nachdem sich der Sphärenrest abgetrennt hat von der Kopfkappe. Die weiteren Vorgänge werden dadurch eingeleitet, dass der Kern in den vorderen, der Kanalwand zugekehrten Pol der Zelle rückt und zwar so weit, bis er an diesem Pol nackt aus der Zelle hervorragt, so dass das Cytoplasma schliesslich nur als lappenförmiger Anhang seiner hinteren Peripherie angefügt ist. Hand in Hand damit nimmt der Kern allmählich eine ellipsoi- dische Gestalt an (Fig. 25). Auch vollzieht sich im Innern des Kerns eine kleine Veränderung, indem das Gerüstwerk einfacher wird, offenbar durch Auflösung der feineren Strueturen. Was noch von dem Gerüst übrig bleibt, schliesst sieh mehr und mehr an die innere Fläche der Kernmembran an, der Centraltheil des Kernraumes erscheint jetzt entweder ganz homogen oder nur von sehr spärlichen chromatinarmen Gerüstfäden durchzogen. Die oben beschriebene Kruste im Bereich der vorderen, von der Kopfkappe bedeckten Kernhälfte tritt allmählich zurück. Mit der zunehmenden Verlängerung des Kerns werden alle diese Ver- änderungen viel ausgesprochener. Die vielen kleinen Chromatin- brocken, die wir früher m das Kerngerüst eingebettet sahen, schwinden jetzt zum grossen Theil, die übrig bleibenden fliessen zu 4—5 tropfenartigen, an der Kernmembran liegenden Gebilden zusammen, die noch immer in einem sehr feinen Lininnetzwerk suspendirt erscheinen. Mit der Verlängerung des Kerns gelangt auch die Asym- metrie des späteren Samenfadenkopfes mehr und mehr zum Aus- druck. Sie prägt sich vor allem aus in der besonderen Inser- tionsweise der Kopfkappe. Diese ist nicht symmetrisch über den vorderen Pol gestülpt, sondern reicht auf der einen Seite beträchtlich tiefer hinunter, als auf der anderen, dadurch schon die beiden Seiten des Kerns anzeigend, die in der Folge zur convexen und concaven Seite des Samenfadenkopfes werden sollen. Das Akrosoma ist jetzt höchst unscheinbar geworden; es ist ein winziges, abgeplattetes Gebilde, das nur an der Hand der Erythrosinfärbung etwas lebhafter hervortritt, indem es da- bei oft eine intensiv rothe Färbung annimmt, besonders an Eisen- hämatoxylinpräparaten. Der hintere Pol des Kerns vertauscht seine abgerundete Form mit einer wie querabgeschnittenen, wo- 294 M. v. Lenhossek: durch sie eine Basalfläche erhält. Oft ist diese Basalfläche von Anfang an nicht senkrecht zur Längsachse des Kerns gestellt, sondern etwas schief, worin schon eine weitere Annäherung an die spätere Form gegeben ist. Die Seite des stumpfen Winkels ent- spricht natürlich der späteren concaven Seite; an ihr erstreckt sich die Kernkappe nur wenig herunter; auf der Seite des spitzen Winkels, der späteren convexen Seite dagegen sehen wir die Kernkappe fast zur Basalfläche des Kerns herunterziehen. Die schiefe Basalfläche hat sich in solcher Weise angelegt, dass die Anheftungsstelle der Centrosomen und des Achsenfadens nicht in ihren Mittelpunkt zu liegen kommt, sondern mehr nach der Seite des stumpfen Winkels gerückt ist, nach der Seite, an der die Kopfkappe weniger tief hinunterreicht. Fig. 26 u. 27 unterscheiden sich von diesem Bilde bloss durch die Zunahme des Kopfes an Länge. Dies ist nun das Stadium, wo die Spermatide in den Fortsatz der Fusszelle aufgenommen wird. Als völlig neue Erscheinung erkennen wir in einem weiteren Stadium (Fig. 28) die schon ziemlich weit vorgeschrittene Umkrümmung des vorderen Kernpoles. - Das vordere Ende spitzt sich jetzt allmählich hakenförmig zu. An der Endspitze des verdünnten Theiles oder etwas unter dem Ende am Anfang der concaven Seite bemerkt man noch immer das Akrosoma als kleines, mit Erythrosin hellroth gefärbtes Ge- bilde. Die Kopfkappe ist noch immer sehr deutlich sichtbar, oft erscheint sie sogar noch mehr wie früher bauschig vom Kern abgehoben. Sie schlägt sich über beide Seiten des Kerns, doch nicht in gleicher Ausdehnung; auf der concaven Seite bloss im Bereich des oberen Drittels, auf der econvexen dagegen fast bis zur Grundfläche herunter. — Die Homogenisirung des Kopfes hat noch zugenommen, doch vermag man mit dem Eisenhäma- toxylinverfahren noch immer 2—3 schwarze Klumpen und eine peripherisch gelegene, ausserordentlich feine Granulirung nach- zuweisen. Mit den gewöhnlichen Kernfarbstoffen ist der Kopf jetzt nicht mehr so leicht darstellbar. In Fig. 29 sehen wir schliesslich ein Stadium, das dem sanz fertigen Zustande schon sehr nahe kommt. Die charakte- ristische Hakenform ist nunmehr vollkommen ausgeprägt, der Samenfadenkopf — als solehen kann man den früheren Kern jetzt schon bezeichnen — ist etwas kleiner und zugleich schlanker, Untersuchungen über Spermatogenese, 295 zierlieher geworden. Eines unterscheidet nur noch dieses Bild vom definitiven Zustande: das Verhalten der Kernkappe. Sie hebt sich noch immer frei vom Kopfe ab und ragt namentlich über die Spitze des Kopfes ein Stückchen hervor, den Retzius’- schen (1881) „Spiess“ bildend. Das Akrosoma entzieht sich auf diesem Stadium schon der Darstellung auf färberischerem Wege; dass es auch im reifen Spermatozoon da ist, wissen wir aus den Untersuchungen von Jensen (1887), auf die hier hingewiesen sein mag. In dem ausgereiften Spermatozoon wird die Kopfkappe sehr un- scheinbar und ist bloss an der Hand einer sehr minutiösen Unter- suchung des Samenfadens, wie sie uns zuerst von Jensen in seiner so hervorragenden Arbeit (1887), dann auch von Ballowitz gegeben wurde, zu erkennen. Jensen schildert sie (S. 403) bei der Ratte als eine durchsichtige, vorn spitz auslaufende Röhre von offenbar sehr fester Beschaffenheit. Nach hinten zu umgiebt die Kopfkappe den Samenfadenkopf oft bis zu seiner Grundfläche. Doch ist dies das seltenere Verhalten, in der Regel hört sie schon etwas vor dem hin- teren Kopfpol mit einer schrägen, deutlich erkennbaren Linie auf. Vor Jensen hat übrigens schon Helmann (1879) die Kappe bei der Ratte abgebildet. Das Akrosoma an den ausgereiften Spermatozoen der Ratte hat Jensen entdeckt: es liegt hier nicht mehr streng an der Spitze des Samenfadenkopfes, sondern als minimales stäbchenförmiges Gebilde („Hakenstäbchen“) etwas nach der concaven Seite hin davon. Jensen giebt an, dass es noch fester als mit dem Samenfadenkopfe mit der Kopfkappe verbunden ist. Ich möchte im Anschluss an diese Angabe bemerken, dass beim Hunde das Akrosoma mit dem Kopfe überhaupt nicht in Verbindung steht, sondern an der Innenseite der nach vorn ausgezogenen Spitze der Kopfkappe, des Spiesses, befestigt ist. Der Kopf des ausgereiften Spermatozoons zeigt noch mehrere andere Einzelheiten, auf die ich hier indess nicht eingehen möchte. Die letzten Differenzierungen des Kopfes lagen ausserhalb des Bereichs meiner Untersuchungen, bei denen es ja hauptsächlich darauf ankam, zu erforschen, aus welchen Theilen der Sperma- tiden die Bestandtheile des ausgereiften Samenfadens hervorgehen. Der Haupttheil des Samenfadenkopfes ist also ein Kerngebilde, die aceessorischen Theile vorn an der Spitze des Kopfes sowie auch die Kopfblase sind dagegen Protoplasmaderivate. Es ist wiehtig zu wissen, dass gerade der Theil des Samenfadenkopfes, der bei der Befruchtung zuerst in das Ei hineindringt, umge- wandeltes Oytoplasma ist. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 20 996 M. v. Lenhossek: Die Bildung des Schwanzes. Die erste Anlage des Schwanzes gehört einer viel früheren Phase an, als vielfach angenommen wird. v. Ebner z. B. in seiner Arbeit aus dem Jahre 1883 lässt den Schwanz erst ent- stehen, nachdem die Spermatide mit der Fusszelle bereits in Ver- bindung getreten ist, zu einer Zeit also, wo der Kern längst schon ganz oval geworden und in den einen Zellpol verlagert ist. Er meint, dass eben diese Verbindung eine Vorbedingung sei für die Bildung des Achsenfadens. Indess lagen schon zur Zeit der Veröffentlichung der v.Ebner’schen Arbeit dahingehende Aeusserungen vor, dass oft schon an den freiliegenden, rundker- nigen Spermatiden die ersten Spuren eines Schwanzes nachweis- bar sind. So bemerkt Helman (1879), dass der Schwanz schon bei Rundzellen von bedeutender Länge sein kann. Renson (1882) legt ebenfalls Gewicht darauf, dass man oft Schwänze beob- achtet, bevor am Kern Veränderungen erkennbar wären; v. Brunn (1887) beschreibt gleichfalls an den freien Spermatiden schon recht lange Fäden. Seitdem häuften sich die Beobachtungen, die unwiderleglich zeigen, dass die „Copulation“ für die An- lage des Schwanzes durchaus nicht nothwendig sei, dass man vielmehr diesen stets schon angelegt finde, wenn die Spermatide mit der Stützzelle in Copulation tritt. Indess muss ich auf Grund meiner Untersuchungen sagen, dass die allerersten Stadien der Schwanzbildung bei Säugern bisher von keinem einzigen Forscher gesehen wurden, auch von den genannten nicht. Denn auch die allerletzten Erforscher dieses Gegenstandes, wie Benda, Hermann, Niessing zeich- nen als erste Stadien der Entstehung des Schwanzes Bilder, an denen man den Schwanz in Verbindung mit dem Kern sieht, und ähnlich lautet auch die Beschreibung, die sie von diesen Vor- gängen geben. So schildert z. B. Niessing S. 125 das erste Auf- treten des Schwanzfadens beim Meerschweinchen folgendermaassen: „Am hinteren Kernpol ist ein feines kurzes Fädchen zu bemerken, das an der Kernmembran seinen Ursprung nimmt.“ Aus diesem Befunde müsse man schliessen, dass der Achsenfaden aus Be- standtheilen des Kerngerüstes hervorgehe. Und ebenso heisst es auf S. 120, „der Achsenfaden entspringt also direkt aus dem Kern“, ferner auf S. 135 in Betreff der Ratte und Maus „..... der Untersuchungen über Spermatogenese. 297 als dünnes Fädehen aus dem hinteren Kernpol hervorwachsende Achsenfaden.“ Ich habe dagegen gefunden, dass dem Stadium, das der Niessing’schen Beschreibung zu Grunde liegt, ein Stadium voraus- geht, in dem der schon angelegte Achsenfaden unabhängig vom Kern frei im Zellprotoplasma liegt, in Verbindung aber mit etwas An- derem, nämlich mit den Centrosomen. Erst durch Heranwanderung der Centrosomen und des Achsenfadens an den Kern und durch ihre Anlöthung daran wird das bisher als jüngstes aufgefasste Stadium erreicht. Ich will aber gleich hervorheben, dass sich die mitzutheilenden Beobachtungen lediglich auf die Ratte be- ziehen; bei anderen Säugern ist es mir bisher nicht gelungen, Präparate zu erhalten, die diese feinen Verhältnisse mit der erforderlichen Klarheit zur Ansicht bringen würden. Dass die Sache aber auch anderswo prineipiell nicht anders liegt, ist im höchsten Grade wahrscheinlich. | Gehen wir zurück zur Spermatide, die unlängst erst aus der zweiten Spermatocytentheilung hervorgegangen ist, aber schon einen völlig rekonstruirten Kern zeigt. Wir sagten, dass in diesen Zellen neben dem Kern im Cytoplasma drei Dinge die Aufmerk- samkeit fesseln. Zwei davon, die Sphäre und den chromatoiden Nebenkörper haben wir bereits abgehandelt; das dritte Gebilde soll jetzt seine Schilderung finden. Betrachtet man sehr aufmerksam an gelungenen Eisenhäma- toxylinpräparaten die Peripherie der Zelle, so bemerkt man (s. z.B. Fig. 16) an ihrer Oberfläche an einer bestimmten Stelle zwei schwarze runde Körnchen, In den ersten Stadien der Sper- matiden, d. h. unmittelbar nachdem sie aus der zweiten Sperma- toeytentheilung hervorgegangen sind, ist es sehr schwer, sie nach- zuweisen, offenbar aus dem Grunde, weil sie sehr klein und un- scheinbar sind; wenn sich aber der Kern zu seiner vollen Grösse entwickelt, die Sphäre sich von Neuem herausgebildet hat, nehmen auch die Körnchen an Umfang zu und treten etwas lebhafter hervor. Jetzt erkennt man auch, dass von den beiden Körnchen eines um ein geringes grösser ist als das andere. Die beiden Körnchen stellen nun ohne Frage die Centro- somen der Spermatide dar. Die oberflächliche Lage, die sie zeigen, ist zwar auf den ersten Blick eigenartig, sie wird aber ver- ständlicher, wenn man sich dessen erinnert, dass bei der zweiten 998 M. v. Lenhossek: Spermatocytentheilung die beiden Spindelpole mit ihren „Pol- körperchen* wegen der geringen Menge des Cytoplasmas bereits eine ganz oberflächliche Lage hatten; so braucht denn nach der Vollendung der Mitose und der Zelltheilung das Centrosom der Tochterzelle bloss an Ort und Stelle zu bleiben, um jene Lagerung zu zeigen, die die beiden Körnchen in den Spermatiden aufweisen. Wann die Verdoppelung des bei der Spermatocytenmitose immer einfach gefundenen Centrosomas erfolgt, vermag ich nicht anzu- geben; offenbar während der Anaphasen der Mitose. Ueber alle Diskussion erhaben würde natürlich die Centro- somennatur der Körnchen stehen, wenn es mir gelungen wäre, sie eontinuirlich von den Polkörperchen der Mitose her in die Spermatide zu verfolgen. Das ist mir leider nicht gelungen und ich gebe zu, dass meine Untersuchungen hier eine kleine Lücke zeigen. Diese Lücke wird nun aber zum Glück auf ein Minimum redueirt durch den Umstand, dass Meves in einer nach Abschluss meiner Untersuchungen veröffentlichten vorläufigen Mittheilung (1897) in den Spermatiden von Salamandra eime ganz ähnliche oberflächliche Lage der Centrosomen beschreibt, wobei es ihm gelungen ist, sie continuirlich von den Centrosomen der Sperma tocyten abzuleiten. Angesichts der fast in allen Stücken bestehen- den grossen Analogie zwischen den einschlägigen Verhältnissen bei Salamandra und der Ratte darf man die Beobachtungen von Meves als entscheidenden Beweis für die Centrosomennatur der beiden Körnchen bei der Ratte heranziehen. Aber was sollten diese constanten und in ihrer Lagerung so typischen Bildungen sonst auch sein? Die einzige Möglichkeit, die überhaupt in Betracht kommen könnte, und die ich mir in der That auch vorgelegt habe, wäre die, dass hier Dinge vor- liegen, die genetisch mit dem Flemming’schen Zwischenkörperchen zusammenhängen. Diese Möglichkeit muss aber von der Hand gewiesen werden, wenn man sich erinnert, dass das Zwischen- körperchen nach Abschluss der zweiten Spermatocytenmitose schliesslich eine ganz extracelluläre Lage einnimmt; es liegt ein- geschlossen in den Sphaerenrest, der sich von einer Sperma- tide brückenartig zur andern hinüberspannt, nurmehr in ziemlich loser Verbindung mit diesen. Die ganze Spindelbrücke gehört ihrem ganzen Habitus nach nicht mehr zur Zelle, sondern ist sammt dem Zwischenkörperehen darin als ein eliminirtes, dem Untersuchungen über Spermatogenese. 299 Untergang geweihtes Organ aufzufassen. Aus diesem frei zwischen den Zellen gelegenen Gebilde müsste also das Zwischenkörperchen wieder in die Spermatide von aussen her hineinwandern, eine Annahme, die selbst den bescheidensten Anforderungen in Bezug auf Wahrscheinlichkeit nicht gerecht wird. Dann kommt noch hinzu, dass die grossartig aktive, kinetische Funktion, die die beiden oberflächlichen Körnehen in der Spermatide bei den wei- teren Vorgängen, wie wir schen werden, zeigen, bei einem Zwischen- körperehen etwas völlig Neues und Unerhörtes wäre; nirgends sonst kommt dem Zwischenkörperchen eine solche Rolle zu, weder im Thierreich, wo es überhaupt ein sehr rudimentäres Gebilde darstellt, noch aber im Pflanzenreich, wo es Ja bekanntlich ledig- lich zur Bildung der Zellbaut dient. Gerade diese weiteren Vorgänge schliessen, wie wir sehen werden, die überzeugendsten Argumente für die Centrosomennatur der fraglichen Körnchen in sich, besonders der Umstand, auf den ich schon jetzt hinweisen möchte, dass die Körnchen zuletzt zu dauerndem Aufenthalte als „Endknöpfehen“ in das Mittelstück des reifen Samenfadens aufgenommen werden, in dasjenige Stück also, von dem wir bei dem Befruchtungsvorgang die Wirkun- gen ausgehen sehen, die überall sonst an das Uentrosoma ge- knüpft sind. Es wären nun noch über die Lage der Centrosomen einige weitere Einzelheiten mitzutheilen. Die beiden Körnchen liegen in allen typischen Fällen genau auf der Oberfläche der Zelle, in einer Linie mit deren Grenzkontur, dicht nebeneinander. Meves giebt in seiner vorläufigen Mittheilung für Salamandra eine ab- weichende Lagerung der beiden Centrosomen an, indem die sie verbindende Linie senkrecht auf die Oberfläche stehen und demnach also nur eines von den beiden Körperchen eine streng oberfläch- liche Lage besitzen soll. Darin würde sich also ein kleiner Unter- schied zwischen Ratte und Salamandra aussprechen. Es fragt sich weiterhin: zeigt die Stelle der Zelloberfläche, an der die Centrosomen liegen, eine Gesetzmässigkeit, d.h. steht sie in konstantem räumlichen Verhältniss zu den beiden Polen der Zelle oder nicht? Nach sorgfältiger Prüfung dieser Frage kann ich sie bejahen. Auffallend häufig findet man die beiden Körn- chen ungefähr an der Mitte einer der Langseiten der zumeist leicht länglichen Spermatide. Da es aber auch Spermatiden von mehr 300 M. v. Lenhossek: rundlicher Form giebt, an denen also eine derartige Lagebestimmung der Centrosomen nieht möglich ist, so ist eine zweite Lagebezie- hung dieser wichtiger und zuverlässiger: die Beziehung zu der Sphäre. Bezeichnet man den Kernpol, dem die Sphäre anliegt, als den vorderen, den ihm gegenüberliegenden als den hinteren, so liegen die Centrosomen ungefähr entsprechend der Mitte zwischen den diesen beiden Polen entsprechenden Stellen der Zellperipherie, oft allerdings etwas weiter nach vorn oder nach hinten gerückt. In einem kleinen Bruchtheil der Fälle findet man die Centro- somen von vornherein nicht ganz auf der Oberfläche liegen, sondern etwas darunter, schon in das Cytoplasma eingebettet; in solchem Falle fehlt niemals ein kleiner heller Hof um sie herum. Die beiden Centrosomen bilden nun den Ausgangspunkt für die Bildung des Eimer’schen (1874) Achsenfadens. Aus ihnen wächst das Fädchen hervor, anfangs so unscheinbar, dass nur die sorgfältigste Beobachtung seine Spur zu erkennen vermag, dann aber etwas deutlicher hervortretend. Man sieht zuerst zwischen den beiden Körnchen eine minimale dunkle Verbindungs- masse auftreten; diese setzt sich dann auf der Seite des kleineren Körnehens über die Centrosomen hinaus fort, sich auf der Ober- fläche der Zelle hinschiebend. Die Fädchenanlage präsentirt sich zunächst als eine kurze, lineare Verdiekung der Zelloberfläche. Dass aber nicht etwa thatsächlich eine solche im Spiele ist, d.h. dass es sich nicht um eine „Herausdifferenzirung“ aus den ober- flächlichsten Lagen des Zellplasmas handelt, ergiebt sich daraus, dass es Fälle giebt, in denen das Fädchen von vornherein eine mehr freie, über die Zelloberfläche hinausragende Lage aufweist. Das Fädehen wächst wirklich aus den Centrosomen hervor, als ein Ausscheidungsprodukt dieser; das Protoplasma ist für seine Entstehung meiner Ansicht nach nur insoweit wichtig, als es an die Centrosomen die Stoffe abgiebt, die sie zur Hervor- bringung des Achsenfadens brauchen. Die Centrosomen müssen demnach mit der Fähigkeit der Assimilation ausgestattet gedacht werden, eine Forderung, die ja auch den Anschauungen M. Heidenhain’s entspricht. Um Missverständnissen vorzubeugen, will ich nochmals hervorheben, dass daran nicht zu denken ist, dass sich die Substanz der schwarzen Körnchen unverändert in Untersuchungen über Spermatogenese. ‚301 den Faden fortsetze; der Faden wird von einer ganz anderen, blasseren Substanz gebildet, es kann sich nur um eine Art von Ausscheidungsprodukt der Centrosomen handeln. Dass das Fädchen sich zunächst an der Oberfläche hinzieht und nicht gleich frei aus der Zelle heraushängt, muss selbstver- ständlich erscheinen, wenn man bedenkt, dass die Spermatiden in jener frühen Epoche dicht gedrängt beisammen liegen; es ist also für das Fädehen, wenn es sich nicht einwärts in die Zelle entwickeln soll, die tangentiale Lage überhaupt die einzig mögliche. Wenn Meves für Salamandra angiebt, dass dort das Fädchen von vornherein geisselartig aus der Zelle hervorragt, so hängt dies eben mit der lockereren Anordnung der Sperma- tiden bei Salamandra zusammen. — Das Fädchen ist anfangs, wie gesagt, ganz kurz, nieht sehr scharf begrenzt. Da das Fädehen von einem Punkte der Oberfläche aus den Zellkontur entlang wächst, so sind natürlich zwei Wachs- thumsrichtungen denkbar: es kann nach dem vorderen (Fig. 20) oder dem hinteren Zellpol hin (Fig. 16) wachsen. Beides kann vorkommen, wie ich mich durch sehr sorgfältige Untersuchungen an solchen Zellen, wo nebst dem Fädcehen noch als Orientierungs- punkt die Sphäre sichtbar war, überzeugen konnte. Natürlich ist die Wachsthumsrichtung schon durch das gegenseitige Lage- verhältniss der beiden Centrosomen in voraus bestimmt, da ja das Fädchen, wie erwähnt, immer auf der Seite des kleineren Körnehens hervorwächst. Gleich nach der ersten Anlage des Achsenfadens zeigen die Centrosomen eine zweite Erscheinung: sie treten eine Wanderung an, indem sie von der Oberfläche der Zelle durch das Cyto- plasma hindurch in der Regel auf dem kürzesten Wege zum hin- teren Kernpol hinschreiten, um sich mit ihm zu verbinden. Es ist dies ein ganz merkwürdiger Vorgang, der irgendwie mechanisch begründet sein muss. Vielleicht sind, wenn auch unsichtbar, Reste der früheren Zugfasern, d.h. derjenigen Spindelfasern, die die Centrosomen mit dem Kern verbanden, vorhanden, und viel- leicht ist es die Contraetion dieser, die die Annäherung der Cen- trosomen an eine bestimmte Stelle des Kerns bewirkt. Eine solehe Hypothese schwebt freilich deshalb ganz in der Luft, weil es nicht gelingt, dergleichen Fäden in den Spermatiden nachzu- weisen. Es können aber vielleicht noch viel komplieirtere Kräfte 302 M. v. Lenhossek: im Spiele sein, etwa eine spontane, automatische Bewegung der Centrosomen selbst, in Verbindung mit chemotaktischen Einwir- kungen, die die Richtung ihrer Wanderung bestimmen. Die Art und Weise, wie das Centrosom an die betreffende Stelle am hinteren Kernpol hingelangt, wird der Leser aus der Vergleichung der Figg. 16—24 leicht erkennen. Man kann ty- pische und atypische Fälle unterscheiden. In den typischen Fällen wandern die Centrosomen auf dem nächsten Wege zu der Kern- membran hin, das Fädehen je nach seiner Lage entweder nach sich hinziehend oder vor sich herschiebend; im ersteren Falle — d.h. wenn das Fädehen in der Richtung des hinteren Zellpols hervor- gewachsen war — wird sich die definitive Einstellung des Fadens rascher und einfacher vollziehen können als im letzteren Falle, d. h. wenn sich der Faden in der Richtung des vorderen Zell- poles angelegt hatte, in welchem Falle der Faden früher oder später noch um das grössere Centrosoma herum eine Drehung um 180° beschreiben muss. Aber es giebt auch viele atypische Fälle, wo einerseits die Centrosomen bei ihrer Hinwanderung zum hinteren Kernpol Umwege zu beschreiben scheinen, andererseits die Stellung des Fädehens zu den Centrosomen eine derartige ist, dass man annehmen muss, dass es um die Centrosomen herum während des Vorganges der Hinwandernng unnöthige Rotationen beschreibt. In allen Fällen aber bietet das frei im Zellplasma liegende Centrosomenpärchen mit dem kometenschwanzartig daran hängenden Achsenfaden ein sehr charakteristisches und zierliches Bild. Es ist bei der Ratte an richtig hergestellten Eisenhaematoxylinpräparaten gar nicht so schwer, Spermatiden zu finden, in denen man die Centrosomen sammt dem Fädchen gerade in der Wanderung begriffen sieht; auf Schritt und Tritt begegnet man, sobald man einmal auf die Sache aufmerksam geworden ist, entsprechenden Zellen, natürlich starke Immersionen und aufmerk- same Beobachtung vorausgesetzt. Es ist mir geradezu ein Räthsel, wie so diese zierlichen „Kometenbilder* der Aufmerksamkeit Niessing’s entgangen sind, welcher Forscher doch auch den Rattenhoden untersucht und durchweg das Eisenhämatoxylinver- fahren benützt hat. Der Wanderungsvorgang vollzieht sich schon in sehr” frühen Stadien der Spermatiden, lange schon bevor der Kern eine läng- liche Form angenommen hat; ich habe die Centrosomen schon Untersuchungen über Spermatogenese. 303 mit einem Fädehen ausgestattet im Innern des Zellplasmas liegen sehen, bevor noch Bläschen und Akrosoma in der Sphäre in die Erscheinung getreten sind. Die Verbindung der Centrosomen mit dem Kern erfolgt freilich in der Regel zu einer Zeit, da die Entwieklung der Kopfkappe bereits ziemlich vorgeschritten ist, aber doch noch immer im Rundkernstadium der Spermatide. Die Verbindungsstelle der Centrosomen mit dem Kern kenn- zeichnet dessen hinteren Pol, aber diese Stelle liegt bei der Ratte dem durch die Anheftung des Akrosomas an die Kernfembran gekennzeichneten vorderen Kernpol nicht streng gegenüber; ver- bindet man die beiden Punkte mit einander, so wird der Kern in zwei etwas ungleiche Hälften getheilt. Es ist also hierdurch schon die spätere asymmetrische Form des Samenfadenkopfes vorgezeichnet. Rundkernige Spermatiden mit einem scheinbar schon vom Kern entspringenden Achsenfädchen, d.h. Spermatiden, bei denen sich die Centrosomen bereits mit dem Kern in Verbindung gesetzt haben, gehören zu den gewöhnlichsten Beobachtungen; es sind das die altbekannten Formen, die man bisher, selbst den letzten Forscher, Niessing, eingeschlossen, für die ersten Stadien der Achsenfadenbildung gehalten hat. Von den beiden Centrosomen verbindet sich nur das grössere direkt mit der Kernmembran, das kleinere bleibt immer durch einen deutlich wahrnehmbaren Zwischenraum davon getrennt. Die Verlöthung des grösseren Körnchens mit der Kernmembran muss zunächst eine sehr innige sein; man bekommt den Eindruck, als würde es der Membran nieht nur äusserlich ankleben, sondern in sie geradezu aufgenommen sein, indem das Körnchen eine nicht nur nach aussen sondern auch nach dem Kerninnern hin hervorra- sende Anschwellung der Kernmembran zu bilden scheint. Wir werden aber sehen, dass dies nur ein vorübergehendes Verhalten ist, indem das Körnchen aus der Membran bald wieder ausgeschaltet wird. ‘In unmittelbarer Nähe der Einpflanzungsstelle des Achsen- fadens findet man jetzt immer den chromatoiden Nebenkörper, der irgendwie, sei es durch aktive Wanderung, sei es durch irgend- welche Strömungen oder Plasmaumlagerungen in der Zelle, an die betreffende Stelle hingelangt ist. Der Befund, der im Vorstehenden mitgetheilt wurde, enthüllt zu- erst die wahre Entstehungsweise der Geissel bei einem Säuger; für den Gesammtkreis der Wirbelthiere stellt er aber durchaus nicht den 304 M. v. Lenhossek: ersten Nachweis dieses wichtigen Sachverhaltes dar. Derjenige Forscher, der zuerst die Entstehung des Achsenfadens aus dem Centrosoma bei einem Wirbelthier (Selachier) erkannt hat, ist unstreitig J. E. S. Moore (1896). Freilich lässt die Beschreibung, die er von diesen Verhältnissen giebt, an Klarheit viel zu wünschen übrig; speciell lässt der Autor den Leser etwas im Ungewissen, ob das Fädchen aus dem Centrosoma oder der Sphäre hervorgehe. Aber die Abbildungen, so z. B. Fig. 80 und 81 sprechen unverkennbar in ersterem Sinne. Wenn ich den etwas unklar gefassten Text richtig verstehe, so beschreibt Moore (S.294) den Vorgang folgendermassen: Nach der letzten Reifetheilung der Sperma- tocyten beschreibt die Spermatidensphäre, die hier auch die Centro- somen in sich schliessen soll, eine Wanderung von der polaren Seite des Kerns in der Richtung nach dessen aequatorialer Seite hin, aber ungefähr auf halbem Wege bleibt die Sphäre in der Nähe der Ober- fläche stehen, die beiden Centrosomen rücken ganz an den äusseren Rand der Sphäre hinaus, und von dieser Stelle der Sphäre her (das „from this“ der Moore’schen Beschreibung kann wohl nur auf das vorangehende ‚outer archiplasmic surface‘ bezogen werden) wächst ein feiner protoplasmatischer Faden zur Zellperipherie hin und darüber hinaus. Von dieser Beschreibung weichen meine Befunde hauptsäch- lich in zwei Punkten ab: 1. finde ich die Centrosomen von Anfang an ausserhalb der „Sphäre“ gelegen, 2. wächst das Fädchen nicht aus der Sphäre heraus, sondern aus den unabhängig von der Sphäre ge- legenen Centrosomen. Auch die weiteren Angaben Moore’s müssen Zweifel hervorrufen, besonders die Angabe, dass der abgelöste und in den hinteren Plasmalappen wandernde Sphärenrest bei Selachiern nicht untergehe, sondern gemeinsam mit einem zweiten Körper, den Verf. „Nebenkern‘“ nennt, und der offenbar mit unserem „chromatoiden Nebenkörper“ identisch ist, die protoplasmatischen Hüllen des Achsen- fadens im Bereich des Mittelstückes bilde. Bei der Ratte geht der Sphärenrest bestimmt spurlos unter. Viel entschiedener hat sich Bühler (189) für den Ursprung der Geissel aus dem Centrosoma bei Bufo ausgesprochen. Indessen scheinen mir die Angaben Bühler’s sowohl nach dem, was ich selbst bei der Ratte gesehen habe, wie auch namentlich nach den Erfahrungen von Meves an einem anderen Amphibium, an Salamandra, sehr der Nachprüfung zu bedürfen. In den Spermatiden findet Bühler die Attractionssphäre flach dem Kern aufliegend; sie soll ein oder zwei Centralkörper in sich schliessen. Ist der Kern zur annähernd homo- genen Kugel geworden, so wird das Centrosoma (wenn es zwei sind, das grössere) in die Kernmembran aufgenommen. Aus diesem Cen- trosoma soll nun das Fädchen hervorgehen, aber was sehr befremdend ist, nicht, wie etwa bei der Ratte, durch Hervorwachsen einer substan- tiell von dem Centrosoma verschiedenen Masse, sondern durch direkte Verlängerung des Centrosoms. Noch weniger vertrauenerweckend ist die Angabe, dass aus dieser Bildungsweise gerade das Mittel- Untersuchungen über Spermatogenese. 305 stück ausgeschlossen sein soll. Das sich zuerst zu einem stäb- chen- oder lancettförmigen Gebilde, dann erst zu einem Faden ver- längernde Centrosom soll nur zu dem Haupt- und Endstück der Geissel werden, während gerade das Mittelstück eine ganz andere Herkunft hat, indem es aus einer kugelförmigen Vorstülpung des Kerns an der Ansatzstelle des Centrosoms hervorgeht. Die wichtigste Mittheilung, über die ich hier zu berichten habe, ist die von Meves (1897)!). Sie führt den überzeugenden Nachweis der Herkunft des Achsenfadens aus dem Centrosoma bei Salamandra. In den jungen Spermatiden dieses Thieres findet Meves die Centro- somen an der Zellwand liegend; ihre Verbindungslinie steht senkrecht zu dieser. Die Bildung des Samenfadens beginnt damit, dass von dem einen mehr peripher gelegenen Centralkörper ein feines Fädchen auswächst, das die erste Anlage des Achsenfadens darstellt. Weiter- hin werden die Centralkörper mit dem Achsenfaden gegen das Cen- trum der Zelle hin verlagert. In der Folge verwandelt sich der mehr peripher gelegene Centralkörper in ein Scheibehen, später in einen Ring, wobei er um das Doppelte seiner früheren Grösse anwächst, das mehr central gelegene zu einem kurzen, dicken, leicht gekrümmten Stäbchen. Dieses Stäbchen lagert sich nun dem Kern an seinem hinteren Pol unter Abplattung an und treibt eine kugelförmige Vor- wölbung ins Innere des Kerns hinein, die sich dann zu einem cylin- drischen Körper umformt, der zunächst noch relativ kurz ist, aber bald länger wird. Daraus geht in der Folge die vordere Partie des Mittel- stückes des reifen Samenfadens hervor. Die hintere Partie desselben wird durch sehr complieirte Umwandlungen aus dem „ringförmigen Körper“, d. h. dem peripherischen Centrosom gebildet. Die Thatsache, dass das Centrosom der Ausgangspunkt bei der Bildung des mit so lebhafter Beweglichkeit ausgestatteten Achsenfadens ist, hat nach allem, was wir über das Centrosoma wissen, nichts Ueberraschendes an sich. Sie bildet nur einen weiteren, sehr überzeugenden Beitrag zur Anschauung, dass das Centrosoma der Bewegungsmittelpunkt, das kinetische Central- organ der Zelle ist. An den Nachweis der Herkunft des Achsenfadens aus den Centrosomen knüpft sich gleich die Frage: haben die Centro- 1) Ich möchte hier nochmals hervorheben, dass meine eigenen Untersuchungen durch die Mittheilung von Meves durchaus nicht be- einflusst waren; ich habe die vorläufige Mittheilung dieses Forschers erst erhalten, nachdem ich meine Untersuchungen bereits abgeschlossen hatte, 306 M. v. Lenhossek: somen für den Samenfaden bloss eine genetische Bedeutung, oder erhalten sie sich auch im reifen Spermatozoon ? Die Eisenhämatoxylinmethode gestattet, diese Frage auf die leichteste und sicherste Weise zu beantworten. Die Antwort lautet: die Centrosomen sind auch im ausgereiften Spermatozoon vorhanden, und zwar in Form der Jensen’schen Endknöpfchen, bei der Ratte in nur sehr wenig veränderter Gestalt. Untersucht man die Gegend des „Verbindungsstückes“ des ausgereiften Samenfadens der Ratte an Eisenhämatoxylinpräpara- ten, so sieht man zunächst, dass der Achsenfaden sich an dem bekanntlich stark abgeschrägten Hinterrand des Samenfadenkopfes nicht median inserirt, sondern beträchtlich excentrisch, nach dem vorderen, stumpfen Winkel hin gerückt. An der Insertionsstelle treten nun sehr lebhaft als schwarze Körnehen die von früher her bekannten zwei Centrosomen hervor, das eine, grössere, Vor- dere dicht am Kern, das Ende des Achsenfadens bezeichnend, das kleinere hintere unmittelbar daran, aber doch schon in den Verlauf des Achsenfadens eingeschaltet. Gegen früher lassen sich nur zwei Veränderungen nachweisen: erstens sind die Körnchen um eine Spur grösser geworden, zweitens ist das vordere Körn- chen mit der Basalfläche des früheren Spermatidenkerns und jetzigen Samenfadenkopfes nicht mehr so ganz innig verbunden wie in den letzten Reifestadien, wo wir es ja geradezu in die Kernmembran aufgenommen sahen; jetzt hat das Körnehen seine Selbstständigkeit wieder erlangt und ist mit dem Kopfe nicht mehr direkt, sondern durch Vermittelung einer geringen Menge von Kittsubstanz verbunden. Durch die Thatsache, dass die Centrosomen bei der Aus- reifung der Spermatozoen nur so geringe Veränderungen erfahren, unterscheidet sich das Spermatozoon der Ratte sehr ausgesprochen von dem vieler anderer Wirbelthiere, bei denen die beiden Körn- chen oft sehr weitgehenden Metamorphosen unterliegen. Nament- lich ist dies bei den Amphibien der Fall, wie wir dies durch die Untersuchungen von Hermann, Meves u. A. wissen. Aber niehtnur bei Amphibien, auch bei manchen Säugethieren bleiben die Centrosomen nicht unverändert; so sehe ich z. B. bei der Katze, dass sich das hintere Körneben sehr bald zu einer ziem- lich breiten Scheibe umformt. Die beiden Centralkörperchen im reifen Samenfaden der Untersuchungen über Spermatogenese. 307 Ratte sind schon vor einer Reihe von Jahren (1887) von Jensen entdeckt worden, eine hochbedeutsame Entdeckung, umso be- deutender als es sich dabei überhaupt um den ersten Nachweis jener beiden Körnchen im Spermatozoon eines Wirbelthieres handelte. Nicht nur in der Thatsache der Entdeckung selbst, sondern besonders auch in der Art und Weise, wie Jensen die ein- zelnen Details der von ihm als Endknöpfchen benannten Ge- bilde schildert, äussert sich eine seltene Schärfe der Beobach- tung, für die uns ein richtiges Urtheil und Verständniss erst Jetzt, nachdem wir nun in diese Dinge durch die Erkenntniss ihres Werdeganges klareren Einblick gewonnen haben, aufgegangen ist. Jensen’s Schilderung (S. 386) lautet folgendermaassen: „Nach vorn endet der Achsenfaden mit einem Knöpfehen, das viel stärker lichtbrechend ist als der übrige Achsenfaden.“ „Das Knöpfchen bildet bei den Samenkörpern der Ratte und mehrerer anderer Säugethiere für sich allein das vorderste Ende des ganzen Sehwanzes.“ Durch Goldehlorid wird es ebensowenig gefärbt wie der Achsenfaden selbst. Auf S. 390 folgt der wichtige Zu- satz: „Durch genauere Untersuchungen entdeckte ich, dass das Knöpfehen bei den Samenkörpern der Ratte eigentlich aus zwei Partieen, und zwar aus einer grösseren vorderen und einer klei- neren hinteren besteht, die durch einen kleinen Zwischenraum von einander getrennt sind; beide sind sehr stark glänzend und offenbar von sehr fester Beschaffenheit.“ Bezüglich der Verbindung des aus dem Körnchenpaar bestehenden Endknöpfehens mit dem Samenfadenkopf sagt Jensen, dass sie nicht unmittelbar mit einander zusammenhängen, sondern dass sich zwischen beiden „in frischem Zustande konstant ein sehr kleiner Zwischenraum findet, der von einer durchsichtigen verbindenden Substanz ein- senommen wird.“ Die wichtigen Beobachtungen Jensen’s wurden bald von Ballowitz (in mehreren Arbeiten, hauptsächlich aber in 1891, S. 260 ff.) bestätigt; diesem Forscher kommt auch das nicht unbeträchtliche Verdienst zu, das allgemeine Vorkommen des Endknöpfehens in den Spermatozoen der Wirbelthiere durch um- fangreiche, gewissenhafte Untersuchungen festgestellt zu haben. Nieht ganz in Einklang zu bringen mit der dargelegten Ent- wieklungsweise des Endknöpfehens ist nur die Angabe von Ballo- witz, dass die beiden Körnchen, aus denen das Endknöpfchen be- 308 M. v. Lenhossek: steht, also die beiden Centrosomen, bei manchen Säugethieren, wie beim Schwein, dem Maulwurf, dem Dachs u. s. w., nicht hintereinander, sondern nebeneinander am Hinterrand des Samen- fadenkopfes liegen sollen, wobei jedes Körnchen sich mit einer Hälfte des aus zwei Fibrillenbündeln bestehenden Achsenfadens verbinden soll. Vielleicht wird sich an dieser Ansicht durch Wiederaufnahme des Themas mit Hülfe der neuen Methoden et- was ändern lassen. Meine Untersuchungen bestätigen also vollauf die heute schon fast allgemein verbreitete Ansicht, dass das Centrosoma des reifen Samenfadens in dessen „Mittel- oder Verbindungsstück* liegt; ich konnte den direkten Nachweis führen, dass es speciell die beiden von Jensen entdeckten Endknöpfchen sind, die wir als die nur wenig veränderten Centrosomen ansprechen dürfen. Es treten dadurch meine Erfahrungen in Gegensatz zu den An- gaben Niessing’s, der bekanntlich das Centrosoma in das Spitzenknöpfehen an dem vorderen Ende des Samenfadenkopfes verlegt. Die „Endknöpfehen“ sind meiner Ueberzeugung nach nicht nur für die Entstehung des Achsenfadens als dessen Mutterboden wichtig, sondern auch später für dessen Bewegungen, indem von ihnen die Reize ausgehen, die in der Geissel die Bewegungser- scheinungen hervorrufen. Ein wichtiger Theil des Ausreifungsvorganges der Samen- fäden ist bisher ausser Betracht geblieben: das sind die Vor- sgänge am Schwanze des Spermatozoons, die Bildungsgeschichte der Hüllen des Achsenfadens. Da eine erschöpfende Verfolgung dieser Verhältnisse ausserhalb der Aufgabe, die ich mir gestellt hatte, lag, so sind meine Erfahrungen über diesen Punkt etwas fragmentarisch geblieben. Sie betreffen nur die ersten Stadien der hier in Betracht kommenden Vorgänge. Der Achsenfaden stellt sich in den zu Spermatozoen heranrei- fenden Spermatiden als eine ausserordentlich feine Bildung dar. Nicht nur kurz nach seinem ersten Auftauchen, sondern auch noch später, wenn er schon weit aus der Zelle hervorragt, sehen wir ihn noch als ein äusserst unscheinbares, nur mit stärkeren Ver- grösserungen sichtbares Fädchen, ja es hat manchmal den An- Untersuchungen über Spermatogenese. 309 schein, als würde er anfangs Hand in Hand mit seinem Längen- wachsthum noch unscheinbarer. Die Verdickung der Geissel, die während des Aufenthaltes des jungen Spermatozoons in der Fusszelle allmählich erfolgt, ist in erster Reihe ein Resultat der Anlagerung der eytoplasmatischen Hülle des Achsenfadens. Bei der Entstehung dieser Hülle, vor allem im Bereich des Verbindungsstückes, spielt eine neue, bisher in unseren Darle- sungen nicht erwähnte Bildung eine grosse Rolle, die sog. „Schwanzblase“. Sie ist ein altbekanntes Gebilde, indem sie schon im Jahre 1856 von Kölliker als „hyaline Röhre“ be- schrieben wurde. Ueber die verschiedene Ausbildung dieser Röhre, über ihre Entstehung und ihre späteren Schicksale findet man in der Literatur merkwürdig wenig Angaben. Bei der Ratte ist die Schwanzblase verhältnissmässig sehr schwach entwickelt; will man sie in kräftiger Ausbildung sehen, so muss man sich schon an den Hoden anderer Thiere halten, z. B. an den Katerhoden, in dessen unreifen Spermatozoen die Schwanzblase eine höchst auffallende Bildung darstellt. Auch bei dem Menschen tritt sie stärker hervor als bei der Ratte. Da bei der Katze, wo sie so stark entwickelt ist, ein chromatoider Nebenkörper fehlt, so scheint es mir nicht unmöglich, dass zwischen der Mäch- tigkeit der Schwanzblase und der des chromatoiden Nebenkörpers — die ja, wie wir sehen werden, beide in die Bildung der Um- hüllung des Mittelstückes aufgehen — ein eompensatorisches Ver- hältniss besteht. Verfolgen wir die Entwicekelung der Röhre etwas genauer bei der Ratte. Wir müssen hierbei weit zurückgreifen: bis auf das Stadium, wo die beiden Centrosomen noch in der Wanderung begriffen sind. Auf S. 302, wo die Wanderung beschrieben wurde, erwähnte ich bereits, dass die im Cytoplasma ge- legenen Centralkörperchen von einem hellen Hof umgeben sind. Dieser Hof begleitet sie nun bis zu dem Kern (s. Fig. 18— 24); sind die Centrosomen mit diesem in Verbindung getreten, so tritt der helle Hof um sie herum noch lebhafter hervor (s. Fig. 25). Ganz in der Nähe der beiden nunmehr als Endknöpfehen zu bezeich- nenden Centralkörperchen, ja sogar noch innerhalb jenes hellen Hofes, bemerkt man den chromatoiden Nebenkörper; man trifft ihn um diese Zeit stets an dieser Stelle an. Dabei bleibt es so lange, bis der Kern länglich geworden und ganz in den vorderen 310 M.v. Lenhossek: Zellpol gerückt ist. Jetzt (Fig. 26) stellt sich eine neue Erscheinung ein. Zu beiden, Seiten der Endknöpfehen und des Halstheiles des Achsenfadens tritt, die Grenze des hellen Hofes bezeichnend, zuerst kaum wahrnehmbar, dann stärker hervor- tretend, je eine dunkle Linie auf. Die Linien entspringen an den beiden Winkeln der schrägen Grundfläche des Spermatozoen- kopfes und begleiten leicht eonvergirend das erste Stück, den „Hals“ des Achsenfadens, um aber schon nach sehr kurzem Verlauf frei und etwas verschwommen auszulaufen. Natürlich sind die beiden Linien nichts anderes als Seitenkonturen einer ganz durehsichtigen manschettenartigen Bildung, eines kurzen Schlauches, der am Spermatozoenkopf in der Nähe seines Hinterrandes be- festigt ist und unten offen steht. Das Innere des Schlauches ist von einer helleren homogenen Plasmasubstanz — der Substanz des früheren „hellen Hofes“ — ausgefüllt; ausserdem enthält der Schlauch den chromatoiden Nebenkörper und natürlich auch den Achsenfaden mitsammt den Endknöpfchen. Der Ansatz des Röhrchens erfolgt nicht streng am Rande der Grundfläche des Kopfes, sondern etwas weiter vorn, so dass der hintere Kernpol wie in das Röhrchen hineingesteckt ist. Da- bei kann man in günstigen Fällen constatiren, dass die Röhre von dem Kopfe von Anfang an unabhängig, gegen ihn voll- kommen abgegrenzt ist. Betrachtet man sehr genau (Fig. 26) den hintersten Theil des Kopfes, so bemerkt man oft unweit vom hinteren Pol, quer über den Kopf wegziehend, eine feine aber doch scharf gezeichnete Linie, die nichts anderes ist als der vordere freie Rand der hyalinen „Manschette*“. Diese Bildung ist nun das, was man, nicht ganz richtig, „Sehwanzblase“ nennt, nicht ganz richtig, weil sie, wenigstens bei der Ratte, niemals eine geschlossene Blase, sondern immer nur eine offene Röhre, einen Trichter bildet. Wie ist sie entstanden ? Die meisten Anhänger hat in dieser Beziehung die Ansicht ge- funden, dass die Schwanzblase aus einer Vorbuchtung und Ab- lösung der Kernmembran zu Stande kommt. Zu dieser Ansicht bekennen sich Biondi, Benda, Hermann, Niessing u. A. Einen strikten Beweis dafür hat aber noch Niemand beigebracht. Ich halte diese Ansicht wenigstens für die Ratte für vollkommen haltlos. Eine derartige Entstehungsweise der Schwanzblase scheint mir hier direkt ausgeschlossen zu sein erstens durch den Um- Cu Sa Ze Ka Untersuchungen über Spermatogenese. 311 stand, dass sich die Röhre sozusagen von Anfang an durch einen scharfen Rand nach vorn, gegen den Kern hin abgrenzt, zweitens dadurch, dass man am hinteren Pol des Kerns niemals derartige Veränderungen wahrnehmen kann, die auf eine Ablösung der Kernmembran oder dgl. hinweisen würden. Nach der ganzen Sachlage kann es meiner Ansicht nach nieht zweifelhaft sein, dass hier einfach eine spontane Differenzirung aus dem Cyto- plasma heraus vorliegt, wodurch eine geringe Plasmamenge, die dem Spermatozoon auf seinen Weg mitgegeben werden soll, vom übrigen Cytoplasma abgegrenzt wird. Ebenso wie man schon an anderweitigen Zellen eine membranartige Differenzirung der Grenzlinie zwischen Sphäre und übrigem Oytoplasma, die Ent- stehung einer „Sphärenmembran“ beobachtet hat, sehen wir auch hier die die Centrosomen umgebende helle, wie es scheint von dem übrigen Cytoplasma der Spermatide substantiell etwas verschie- dene Plasmalage sich gegen den übrigen Zellkörper in unvoll- kommener Weise durch eine Membran abgrenzen. Vielleicht aber kommen in der Bildungsweise der Schwanzblase je nach den verschiedenen Thierformen mehrere Varianten’ vor. So geht nach den Erfahrungen von Meves bei Salamandra die Ent- stehung der hyalinen Hülle nach einer ganz besonderen Art vor sich. Bei der Einwärtswanderung der Centrosomen von der Ober- fläche der Zelle zur Kernwand wird hier das Cytoplasma in Form eines Triehters eingestülpt, und, imdem sich die Wände dieses Triehters nähern, kommt die Röhre zu Stande. Bei der Ratte kann von einer solehen Entstehungsweise keine Rede sein, doch lassen sich die Beobachtungen von Meves insofern als Be- weis für die Richtigkeit der im obigen dargelegten Ansicht über die Entwiekelung der Röhre heranziehen, als sie zeigen, dass die Schwanzblase auch bei Salamandra nicht aus der Kernmembran, sondern aus dem Zellprotoplasma hervorgeht. Wenn wir ein etwas späteres Stadium ins Auge fassen, ein Stadium, wo der Spermatidenkern bereits stark in die Länge gezogen, an seinem vorderen Ende sogar schon etwas umgekrümmt ist (Fig. 27 u. 28), so finden wir an der Schwanzblase ein folgen- des Verhalten. Von den beiden Grenzlinien erscheint. jetzt die eine bedeutend schärfer ausgeprägt als die andere. Die schärfer hervortretende Linie ist diejenige, die sich an dem nach hinten ausgezogenen Winkel der Grundfläche des Spermatozoenkopfes Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 21 312 M. v. Lenhossek: inserirt. Offenbar hat die Wandung des Röhrchens auf der einen Seite eine beträchtliche Verdiekung erfahren. Ein zweiter Unter- schied gegen früher besteht darin, dass die Convergenz der beiden Linien jetzt beträchtlich zugenommen hat, so dass sie sich nun an ihren Enden beinahe berühren, aber nur beinahe; zu einer wirklichen Verbindung der Linien und damit zu einem Verschluss des Schwanzbläschens kommt es bei der Ratte niemals, stets bleibt unten eine kleine Oeffnung erhalten. Niessing’s Angabe (1896, S. 137), dass man die Schwanzblase bei der Ratte in der ersten Zeit ihres Auftretens ebenso oft geschlossen wie offen finde, vermag ich nicht zu bestätigen. Aus dem länglichen Triehter oder der „Manschette* von früher ist jetzt ein niedriger Kegel geworden, wozu zu bemerken ist, dass die Kegelform nicht durch gleich- mässiges Zusammenneigen beider Grenzlinien entsteht, sondern durch stärkeres Hinneigen der von dem hinteren Winkel der Kopfbasis entspringenden Linie zu der vom vorderen Winkel entspringenden, welch’ letztere eher geradlinig in der Längs- richtung der Spermatide nach hinten zieht. Als Inhalt des ‚„Schwanzkegels‘“ finden wir in erster Linie wieder, wie früher, die homogene protoplasmatische Substanz, mit dem Unterschied aber, dass sie jetzt (Fig. 28 und 29) nicht mehr heller erscheint als das umgebende Cytoplasma, sondern im Gegen- theil mit der Eisenhämatoxylinfärbung einen dunkleren Farben- ton annimmt. Als zweiter Inhaltsbestandtheil erscheint der chromatoide Nebenkörper, aber nicht mehr in unveränderter Form: er wird nun allmählich kleiner, indem sich seine Substanz in dem im Inneren des Schwanzkegels gelegenen Protoplasma wahrschein- lich allmählich auflöst. Vielleieht hängt mit dieser Beimischung die dunklere Färbungsnuance, die dieses Protoplasma jetzt ange- nommen hat, zusammen, der chromatoide Nebenkörper ist Ja, wie wir sahen, wahrscheinlich ein Produet des Zellkerns, der sich ja im Ganzen durch stärkere Färbbarkeit gegen das Cytoplasma auszeichnet. Man sieht den chromatoiden Nebenkörper oft auch in 2—3 kleinere Körnchen zerfallen. Sehr häufig ist ferner der chromatoide Nebenkörper von einem kleinen hellen Hof um- geben. Hier will ich noch einschalten, dass um diese Zeit die Grundfläche des Kopfes durch besonders dichte Substanz gebildet zu sein scheint: sie tritt an Eisenhämatoxylinpräparaten in Form einer kräftigen schwarzen Linie hervor (Fig. 28). Untersuchungen über Spermatogenese. 313 In dem geschilderten kegelförmigen Zustande erhält sich nun die Schwanzblase eine geraume Zeit hindurch. Erst in einer späteren Phase des Ausreifungsvorganges, zu einer Zeit, wo der Kopf bereits seine definitive Form vollkommen erlangt hat, bemerken wir, dass sich der kurze Kegel der Schwanz- blase allmählich in die Länge streckt. Sie wird nun wieder, wie anfangs, dütenförmig, bald aber, durch weitere Verlängerung, cylindrisch, und in dieser Form wuchert sie dann, als schmaler Mantel den Achsenfaden umgebend, an diesem entlang. Sie liefert jedenfalls die protoplasmatische Umhüllung des Mittel- stückes des Achsenfadens; ob und in welcher Weise sie auch die Achsenfadenhülle des Hauptstückes bildet, vermag ich nicht zu sagen. Ebensowenig besitze ich Erfahrungen über die Ent- stehungsweise des sog. „Spiralfadens“ am Mittelstück. Ich komme damit zum Schlusse. Mussten bei meinen Unter- suchungen auch viele Einzelheiten des Ausreifungsvorganges der Spermatozoen unberücksichtigt bleiben, so kann ich doch inso- fern mit Befriedigung die Feder bei Seite legen, als durch meine Befunde gerade diejenige Frage ihre Beantwortung gefunden hat, die mir am meisten am Herzen lag: die Frage, in welcher Weise im Spermatozoon die Abkömmlinge der einzelnen Bestandtheile der Spermatide lokalisirt sind. Das grösste Gewicht möchte ich in dieser Beziehung auf zwei Sätze legen, womit ich meine Ausführungen beenden will: erstens, dass das Spermatozoon als eine ganze Zelle aufzufassen ist, als ein Gebilde, worin alle drei für die Zelle charakteristischen Bestandtheile: Cytoplasma, Cen- trosoma und Kern vereinigt sind, und zweitens, dass der zweite von diesen Bestandtheilen, das Centrosoma, im Mittelstück des Samenfadens liegt, in Form der Jensen’schen Endknöpfchen. Nachwort. Nach Abschluss des Manuskriptes, im Be- griffe, es abzusenden, erhalte ich durch die Freundlichkeit der Verfasser die Mittheilung von Fr. Meves: Ueber Structur und Histogenese der Samenfäden von Salamandra maculosa, Archiv für mikrosk. Anat. Bd. 50, S. 110, und den Vortrag von C. Benda: Neuere Mittheilungen über die Histiogenese der Säuge- thierspermatozoen. Verhandl. der physiologischen Gesellschaft zu Berlin, Jahrg. 1896—97, Nr. 6—13. Die Arbeit von Meves stellt die ausführlichere Publikation der bereits in einer vorläufigen Mittheilung (s. das Literaturverzeichniss) veröffentlichten Befunde, 314 M.v.Lenhossek: auf die in der vorstehenden Arbeit bereits Rücksicht genommen wurde, dar. S. 116 erwähnt Verf. in einer Fussnote, dass nach seinen Beobachtungen die Centrosomen in den Spermatiden der Ratte eine ebensolche oberflächliche Lage zeigen, wie in denen von Salamandra. Diese Notiz veranlasst mich, nochmals hervor- zuheben, dass ich alle die in der vorstehenden Arbeit mitgetheil- ten Befunde und darunter auch die fragliche Thatsache schon vor mehr als vier Monaten in einer vorläufigen Mittheilung veröffentlicht habe, die ich natürlich nicht unteriassen habe, auch Meves zu- zusenden. Benda’s Angaben decken sich, soweit sie sich auf die Bildungsweise der Gebilde am vorderen Pol des Spermatiden- kerns beziehen, mit den früheren einschlägigen Mittheilungen dieses Forschers, sowie auch mit meinen eigenen Erfahrungen; die Darstellung dagegen, die Benda von der Entstehung der Geissel giebt (sie soll aus dem Kern hervorwachsen), halte ich für unzutreffend. — Folgende, während der Drucklegung meiner Arbeit erschienene Abhandlungen konnten nicht mehr berücksichtigt werden: F. Hermann, Beiträge zur Kenntniss der Spermato- genese. a) Die Ausreifung der Selachierspermatosomen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 50, 1897, S. 276. "K. v. Bardeleben, Beiträge zur Histologie des Hodens und zur Spermatogenese beim Menschen. Arch. f. Anat. und Physiol., Anat. Abth. Suppl.-Bd. 1897, S. 13. — Derselbe, Dimorphismus der männlichen Ge- schlechtszellen bei Säugethieren. Anat. Anz. Bd. XIII, 1897, S.564. Literatur- Verzeichniss. Ballowitz, E., Die Bedeutung der Valentin’schen Querbänder am Spermatozoenkopfe der Säugethiere. Arch. f. Anat. und Physiol. Anat. Abth. Jahrg. 1891, S. 193. Derselbe, Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der Säugethierspermatozoen. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. 52, 1891, 8. 217. Benda, C,, Untersuchungen über den Bau des funktionirenden Samen- kanälchens einiger Säugethiere und Folgerungen für die Sperma- togenese dieser Wirbelthierklasse. Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 30, 1887, S. 49. Derselbe, Neue Mittheilungen über die Entwicklung der Genitaldrüsen und über die Metamorphose der Samenzellen. Verhandlungen d. Untersuchungen über Spermatogenese. 315 physiol. Gesellsch. zu Berlin. 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Svaen, A. etMasquelin, H., Etude sur la spermatog6nöse. Archives de Biologie. Tome IV, 1883, p. 749. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII, XIU u. XIV. Fig. 1-5 sind bei Zeiss Oc. 3, Obj. D, die übrigen bei Anwen- dung des Zeiss’schen Apochromaten 2,0mm, Apert. 1,30 gezeichnet. Mit Ausnahme der Fig. 8 und der Figuren 30—42 dienten allen Zeich- nungen Präparate aus dem Rattenhoden als Vorlage. Fig. 1-5. Die fünf „Leitbilder* der Spermatogenese. Gemein- same Bezeichnungen für alle fünf Figuren: Sp. gon. = Spermatogonien. Uebg.- Sp. gon. = Uebergangsspermatogonien. Kl. Sp. cyt. — kleine Spermatocyten. mittelgr. Sp. cyt. = mittelgrosse Spermatocyten. gr. Sp. eyt. = grosse Spermatocyten. I. Sp. cytentheilung. — 1. Spermatocytentheilung. Sp. tid. = Spermatiden. Sp. zoen. = Spermatozoen. Detritussch. = Detritusschichte. Fussz. = Fusszellen. Fig. 1. Das „typische Bild“, mit voll ausgebildeten Samenständern und noch runden Spermatiden. Fig. 2. Stadium mit runden Spermatiden, aber ohne „Samenständer“. Die Spermatozoen liegen einwärts von den Spermatiden, von diesen durch eine „Detritusschicht‘‘ getrennt. Fig. 3. Beginn der Metamorphose der Spermatiden zu Spermatozoen, Anlage des aufsteigenden Fortsatzes der Fusszellen. Fig. 4 Das durch den Mangel von Spermatiden und durch die „Riesenspermatocyten“ gekennzeichnete Stadium. Fig. 5. Spermatocyten in Mitose (erste oder grosse Spermatocyten- theilung). Links im Bilde noch ungetheilte grosse Sperma- toeyten, rechts „Ebner’sche Zellen“ (Produkte der ersten Spermatocytentheilung). Fig. 6. Spermatogonie mit kleiner Sphäre, die zwei Centrosomen einschliesst. Fig. 7. Mittelgrosser Spermatocyt. Im Kern seitlich ein länglicher „Intranuclearkörper“, im Cytoplasma die Sphäre mit Centro- somen darin und drei chromatoide Nebenkörper. Spermatocyt aus dem Hoden des Katers, Fig. 9. Grosser Spermatocyt mit ringförmigen „doppelwerthigen“ Chromosomen im Kern. Im Cytoplasma grosse Sphäre mit Centrosomen und zwei chromatoide Nebenkörper in typischer Lagerung. Im Kern zwei kugelige Kernkörperchen. en ) © 318 Fig. Fig. 10. Fl, . 13. 14. „45: M. v. Lenhossek: Untersuchungen über Spermatogenese. Grosser Spermatocyt unmittelbar vor der Theilung. Die Chro- mosomen zu ganz kleinen Ringen zusammengeschrumpft. Im Cytoplasma Sphäre und chromatoide Nebenkörper. Erste Spermatocytentheilung. Umordnungsstadium. Seitlich neben einem der Pole der geschrumpfte Sphärenrest (Sphäre). Polstrahlung schön ausgebildet. . „Aequatorialplattenstadium‘ der ersten Spermatoeytentheilung. Sphärenrest, Polstrahlung. Tochterkerne in der Reconstruction begriffen. Erste Anlage des Kernsaftes und der Kernmembran. Bandförmige Spindel. Zelltheilung bereits vollzogen. Zwischen den Spindelfäden einige „Centralspindelkörperchen“. Ein etwas späteres Stadium. Spindelrest brückenförmig zwischen den etwas auseinandergewichenen Tochterzellen ausgespannt, in der Mitte mit einem knopfförmigen Zwischenkörperchen. Seitlich verschobene Insertion des Spindelrestes an der neu- gebildeten Kernmembran. Zweite (kleine) Spermatocytentheilung. Spindelpole dicht an der Zelloberfläche. Im Cytoplasma ein chromatoider Neben- körper sichtbar. . 16—24. Spermatiden mit noch rundem Kern. (Chromatoider Nebenkörper in allen als schwarze Kugel sichtbar. Erste Stadien der Bildung der Kopfkappe und des Spitzenknöpfchens aus der Sphäre. Erste Anlage des Achsenfadens, als Auswuchs der Centrosomen. In den Figuren 16, 17 u. 20 liegen die Centrosomen noch auf der Oberfläche der Zelle, in Fig. 18 und 19 sind sie in der Wanderung begriffen, in Fig. 21—24 haben sie den Kern schon fast oder ganz erreicht. Fig. 25—29. Umwandlungsstadien des Spermatidenkerns zum Sperma- tozoenkopfe. Fig. 25, Verlängerung des Kerns; 26, erste An- lage der Schwanzblase, unsymmetrische Form der Kopfkappe; Fig. 27, der Kern streckt sich weiter in die Länge, die Schwanz- blase tritt lebhafter hervor; Fig. 25, Umkrümmung des vor- deren Kernpols, kegelförmige Schwanzblase; Fig. 29, fast reifer Spermatozoenkopf; die Kopfkappe hebt sich noch stark ab, Schwanzblase noch kegelförmig, darin Reste des zerfal- lenen chromatoiden Nebenkörpers. Fig. 30—39. Bildung der Appendiculargebilde am vorderen Kernpol beim Meerschweinchen; Fig. 30, Sphäre ohne Akrosoma; Fig. 31, Auftreten des letzteren; Fig. 32—35, das Akrosoma wächst allmählig zu einer grossen Kugel heran, in Fig. 36—37 erscheint sie halbmondförmig, in Fig. 38 dreieckig, in Fig. 39 mitraförmig. In letzterer Figur ist auch die bei dem Meer- schweinchen wohl ausgebildete Schwanzblase dargestellt. Fig. 40. Kopf des reifen Samenfadens vom Meerschweinchen. 319 (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universität.) Ueber den Einfluss der Temperatur auf die Entwicklung von Rana fusca und Rana esculenta. Von Dr. Oscar Hertwig. Hierzu Tafel XV, 2 Tabellen u. 36 in den Text gedruckte Figuren. Beim Entwicklungsprocess eines Organismus spielt, wie man im Allgemeinen weiss, die Temperatur eine wichtige Rolle, indem Wärme bis zu einem gewissen Grade alle Lebensvorgänge beschleunigt, niedere Temperaturen sie dagegen verlangsamen und von einem bestimmten Punkte an zum Stillstand bringen. Indessen fehlen genauere und planmässig durchgeführte Unter- suchungen über diesen nicht unwichtigen Gegenstand bis jetzt auf thierischem Gebiete so gut wie vollständig. In der Literatur über Entwicklungsphysiologie finden sich nur wenige Mitthei- lungen darüber, und auch diese berühren nur Einzelheiten, nie das Ganze der Frage. Auf einige derselben, soweit sie mir be- kannt geworden sind, sei hier kurz hingewiesen. Sie betreffen die- Entwicklung der Eier des Hühnchens, der Echinodermen und des Frosches. Bei den Eiern des Hühnchens, welche so häufig auf künst- liehem Wege in Brutmaschinen zur Entwicklung gebracht werden, lag es nahe, nach den Grenzen der Temperatur zu fragen, inner- halb deren sich die Eier zu entwickeln vermögen. Die genauesten Angaben hierüber hat uns Dareste (2) in seinem bekannten Werke über die künstliche Erzeugung von Missbildungen gemacht. Auf eine normale Entwicklung beim Hühn- chen kann man nur rechnen bei einer Bruttemperatur, welche nicht unter 35° C. fällt und nieht über 39°C. steigt. Bei Tem- peraturen, die unter 35° fallen oder über 39° steigen, treten häufig Missbildungen auf. Bei einer Temperatur, die etwas höher als 43° ist, stirbt das Ei rasch ab (Wärmetod); unter 320 Oscar Hertwig: 28° findet eine Weiterentwieklung nicht mehr statt; das Ei be- findet sich in „Kälteruhe“, Kaestner (9), welcher an die Arbeiten von Dareste anknüpft, hat 1895 eine grössere Reihe von Versuchen „über die künstliche Kälteruhe von Hühnereiern im Verlaufe der Bebrütung“ vorgenommen und nachgewiesen, dass am ersten Tag der Be- brütung die Eier durch Abkühlung 6 Tage lang in Kälteruhe versetzt werden können, ohne ihre Entwicklungsfähigkeit bei darauf folgender Erhöhung der Temperatur einzubüssen, dass auf späteren Stadien der Entwicklung aber nur eine kürzer dauernde Kälteruhe von 3, dann 2 Tagen und endlich nur von 24 Stunden vertragen wird. Je länger die Kälteruhe dauert und je stärker die Abkühlung ist, um so häufiger entstehen Missbildungen, wenn durch Erhöhung der Temperatur eine Weiterentwieklung wieder eingeleitet wird. Kollmann (10) erkannte in sehr hohen Bruttemperaturen ein Mittel, um beim Hühnerkeim die Missbildung der Spina bifida künstlich hervorzurufen. bei Eehinodermen haben mein Bruder und ich (3) den Einfluss hoher und niedriger Temperaturen auf den Befruchtungs- und Theilungsprocess des Eies untersucht. Bei Erwärmung bis zu 31°, wenn sie nur 5 Minuten dauerte, bevor der Samen zu- gesetzt wird, ist der Befruchtungsvorgang normal, dagegen tritt Ueberfruchtung ein, wenn die Erwärmung vor dem Samenzusatz schon 20, 30 oder 60 Minuten gedauert hat. Bei Eiern, die 5 Minuten lang auf 32° bis 36° erwärmt worden sind, erfolgt Ueberfruchtung in steigender Progression unter Bildung und Ab- hebung einer Dotterhaut. Bei 37° ist die Ueberfruchtung eine sehr beträchtliche, wobei zugleich in Folge beginnender Wärme- starre des Protoplasma die Dotterhaut sich nur langsam zu bilden und nur wenig von der Eirinde abzuheben beginnt. Bei 39% bis 41° seheint die Befruchtung auszubleiben, da keine Befruchtungs- hügel entstehen und keine Eihaut mehr ausgeschieden wird. Auch Abkühlung der Eier unter OGrad hat, wie zahlreiche Versuchsreihen gelehrt haben, ebenfalls Veränderungen des Befruchtungsprocesses zur Folge. Unbefruchtete Eier der See- igel können, ohne ihre Entwicklungsfähigkeit einzubüssen, eine mehrstündige Abkühlung auf —2 bis —3° vertragen, eine Tempera- tur, bei welcher sich Eiskrystalle im Meerwasser auszuscheiden Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 321 beginnen. Während der Abkühlung werden die Lebensfunctionen des Protoplasma allmählich herabgesetzt, bis ein Zustand völliger Kältestarre eingetreten ist. Um sich die Störungen der Proto- plasmafunetionen zur Wahrnehmung zu bringen, kann man den Zusatz von Samen gleichsam als feinstes Reagens benutzen. Es fallen dann nämlich je nach der Dauer der Abkühlung die Er- scheinungen, von welchen der Befruchtungsvorgang normaler Weise begleitet wird, verschieden aus, nämlich die Entwicklung der Dotterhaut, der Empfängnisshügel, die Zahl der eindringenden Samenfäden und die Strahlenbildung im Protoplasma. Die Dotterhaut wird in der ersten Viertelstunde der Abkühlung in Folge des Zusatzes des Samens noch ausgeschieden und auch von der Oberfläche des Dotters gut abgehoben. Nach einer halben Stunde wird sie nur in unvollkommener Weise ge- bildet, sie legt sich in Falten, hebt sich nur wenig von der Oberfläche des Eies ab. Noch später unterbleibt ihre Aus- scheidung ganz; auch das befruchtete Ei ist hüllenlos. Die Empfängnisshügel verändern sich ebenso unter dem Einfluss der zunehmenden Kältestarre. In der ersten halben Stunde erheben sie sich in abnormer Weise an der Eintritts- stelle des Samenfadens als weit vorragende, breite Hügel, wäh- rend sonst nur kleine, fein zugespitzte Protoplasmakegel ent- stehen. Anstatt wie diese nach ihrer Bildung rasch wieder ein- gezogen zu werden, ausgestreckten Pseudopodien gleich, bleiben sie unverändert noch längere Zeit an der Oberfläche des Eies hervorstehen, als befände sich das Protoplasma in einem lähmungs- artigen Zustand. Mit Zunahme der Kältestarre werden die Em- pfängnisshügel erst breiter und niedriger; darauf werden sie überhaupt nicht mehr gebildet, da das Protoplasma das Reac- tionsvermögen gegen den Reiz des eindringenden Samenfadens verloren hat. Von den verschiedenen Stadien der Kältestarre wird drittens die Anzahl der Samenfäden, welche sich in das Ei ein- zubohren vermögen, beeinflusst. Bei Beginn der Abkühlung er- folgt einfache Befruchtung, nach einer halben Stunde dringen schon in viele Eier 2—4 Samenfäden ein. Dann kommt ein Stadium (zweite Stunde der Abkühlung), auf dem in Folge völliger Kältestarre die Eier unbefruchtet bleiben, da die Samen- fäden sich offenbar schwerer in den Dotter, der nicht mehr 322 Oscar Hertwig: reagirt, einzubohren vermögen. Auf einem Absterben beruht diese Erscheinung nieht; denn sowie die Eier auf dem Object- träger nur wenig erwärmt werden, tritt bei ihnen noch Mehr- fachbefruchtung und sogar unter Abheben einer Dotterhaut ein. Am raschesten von allen Reizerscheinungen wird die Strahlenbildung im Protoplasma beeinflusst. Denn sie er- lischt schon auf den ersten Stadien der Abkühlung, stellt sich allerdings bei eintretender Erwärmung auch rasch wieder ein. In ähnlicher Weise wurde der Einfluss starker Ab- kühlung auf den Process der Kern- und Zelltheilung untersucht (4). Wenn Echinodermen-Eier 15 bis 30 Minuten lang auf 1—4° unter O0 abgekühlt werden, so wird binnen wenigen Minuten der ganze achromatische Theil der Kernfigur rückgebildet und verniehtet, während der chromatische, aus den Kernsegmenten bestehende Theil keine oder nur geringfügige Veränderungen erfährt. Auf den Stadien, auf denen die Kern- segmente im Aequator angeordnet oder schon nach beiden Polen vertheilt sind, verschwinden die Protoplasmastrahlungen und eben- so die Spindelfasern spurlos; die Sphären in der Umgebung der Centrosomen werden nur noch durch hellere Stellen im Dotter bezeichnet. Die Kernsegmente allein bleiben nach Aussehen und Lage eine Zeit lang unverändert. Während der Dauer der Kältewirkung verharrt die Kern- figur in diesem Zustand; die Starre beginnt aber in kürzester Zeit zu schwinden, wenn die Eier in einem Tropfen Wasser auf einen Objeetträger gebracht und unter dem Einfluss der Zimmertemperatur allmählich erwärmt werden. Schon nach 5 bis 10 Minuten bilden sieh die beiden Polstrahlungen an den- selben Stellen erst schwach, dann in ursprünglicher Schärfe wieder aus. Zwischen den beiden Polen treten wieder die Spindelfasern hervor, worauf es bald zur regelrechten Theilung kommt. In diesen Fällen hat die Kälte nur als Hem- mung gewirkt. Der Theilungsprocess setzt ein- fach an dem Punkte wieder ein, an welchem er dureh die Kälte zum Stillstand gebracht worden war. Intensivere Störungen werden durch 2- bis 3stündige Ab- kühlung auf 2° bis 3° unter 0 hervorgerufen. Die ganze Kern- Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 323 figur wird von Grund aus umgeändert und muss sich, wenn die Kältestarre ‚vorüber ist, wieder von Anfang an neu aufbauen, wozu eine längere Zeit der Erholung erforderlich ist. Ent- weder verschmelzen die Kernsegmente zu einem unregelmässigen, sezackten Körper untereinander, oder es bildet sich sogar aus ihnen wieder, wie bei dem Reconstructionsprocess nach der Theilung, ein kleiner, bläschenförmiger Kern. Dann beginnen von Neuem Veränderungen, welche zur Entstehung von Pol- strahlungen und von häufig mehr oder minder abnorm gestal- teten Kerntheilungsfiguren führen. Auch die Theilung des Ei- körpers erfolgt nicht nur sehr verspätet, sondern ist oft patholo- gisch abgeändert. 1894 fasste ich den Plan, eingehendere Untersuchungen über den Einfluss verschiedener Temperaturen auf die Entwick- lung der Froscheier vorzunehmen. In drei aufeinander folgenden Frühjahren wurden Versuche sowohl an Rana fusca als auch an Rana eseulenta ausgeführt. Ueber einen Theil ihrer Ergebnisse habe ich schon zwei kurze Mittheilungen in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie (6 u. 7) 1894 und 1896 veröffentlicht. Die im Jahre 1894 erschienene Mittheilung ist betitelt: Ueber den Einfluss äusserer Bedingungen auf die Entwicklung des Froscheies, die andere aus dem Jahre 1896 führt den Titel: Ueber den Einfluss verschiedener Temperaturen auf die Entwick- lung der Froscheier. Im Anschluss an meine erste Mittheilung erschien noch in demselben Jahre eine kurze Notiz von Oscar Schultze (14), in welcher berichtet wird, dass man die Entwicklung von Rana fusca auf dem Stadium der Gastrula durch Abkühlung auf 0° 14 Tage lang zu einem vollständigen Stillstand bringen kann, ohne dadurch die Eier dauernd zu schädigen. Denn wenn die- selben nach 14 Tagen aus dem Eiskeller, in welchem die Ab- kühlung stattfand, herausgenommen und allmählich bis zur Stuben- temperatur erwärmt werden, so beginnen sie sich jetzt trotz der langen Unterbrechung ohne Störung weiter zu entwickeln. Während auf thierischem Gebiete die Frage nach dem Einfluss verschiedener Temperaturen auf den Entwicklungsprocess noch wenig bearbeitet worden ist, haben ihr die Botaniker mehr Aufmerksamkeit schon seit längerer Zeit geschenkt. Ziemlich zahlreiche experimentelle Prüfungen sind angestellt worden, um 324 Oscar Hertwig: für keimende Samen verschiedener Pflanzen das Minimum, Opti- mum und Maximum, oder die physiologischen Cardi- nalpunkte der Temperatur zu bestimmen. Besonders hervorzuheben wegen ihrer allgemeineren Gesichtspunkte ist hier die schon 1860 erschienene, umfassende Arbeit von Sachs (12): Physiologische Untersuchungen über die Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur. In ihr hat sich Sachs die Aufgabe gestellt, „die Geschwindigkeit einzelner Vegetationsprocesse* oder „die Wachsthumsge- schwindigkeit als Funetion der Temperatur zu behandeln“. Eine kurze zusammenfassende Darstellung der auf dem Ge- biete der Botanik erhaltenen Befunde giebt Pfeffer (11) im II. Bande seiner Pflanzenphysiologie (p. 122). Dass die Pflanzenphysiologen dem Gegenstand, mit welchem sich diese Abhandlung beschäftigt, nicht nur früher, sondern überhaupt mehr Aufmerksamkeit geschenkt haben, als die Thier- physiologen, hängt mehr mit zufälligen Umständen als etwa damit zusammen, dass keimende Pflanzensamen ein geeigneteres und leichter zu handhabendes Untersuchungsobjeet zur Lösung der sich darbietenden Aufgaben bilden als thierische Eier. Nach meiner Meinung ist eher das Gegentheil der Fall. Um wirklich exacte Resultate zu erhalten bei der Feststellung der physiologischen Car- dinalpunkte und der Geschwindigkeit der Ent- wieklung als einer Function der Temperatur, sind die Eizellen mancher Thiere viel günstigere Untersuchungsobjecte als die Samen der höheren Pflanzen. Denn man hat hier viel festere Ausgangs- und Grenzpunkte. Einmal kann man bei Eiern, die sich für Vor- nahme der künstlichen Befruchtung eignen, den Beginn des Entwicklungsprocesses und des Experimentes fast auf die Minute genau bestimmen; man kann die Schnelligkeit, mit welcher die Vermehrung der Zellen bei ungleichen Temperaturen vor sich seht, von Theilung zu Theilung verfolgen und mit der Uhr in der Hand den Eintritt der ersten, zweiten, dritten, vierten Thei- lung und so fort feststellen; man hat an einzelnen charakteristischen Entwieklungsstadien: Keimblase, Gastrula, Neurula, an der Entwick- lung dieses und jenes Organes so gut bestimmbare Anhaltspunkte für Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 325 die Vergleichung, wie die pflanzlichen Objeete nieht darbieten. Ferner lassen sich die einzelnen Experimente bei der Schnellig- keit, mit welcher die thierische Entwicklung in den Anfangs- stadien, die hier hauptsächlich interessiren, vor sich geht, in viel kürzerer Zeit als bei Pflanzen zum Abschluss bringen. Einige Schwierigkeiten macht es, in tadelloser Weise wäh- rend längerer Zeit sich nicht verändernde Versuchsbedingungen herzustellen. Das anzustrebende Ziel wäre, eine Reihe von kleinen Wasserbassins einzurichten, deren Temperaturen in steigender Progression nur je einen Grad von einander verschieden sind und von OÖ beginnend bis zu 35° hinaufreichen. In jedem Bassın müsste ferner die Temperatur Tage lang constant bleiben. Die Schwierigkeiten, welche der Lösung dieser physikalisch-tech- nischen Aufgabe entgegen stehen, zu bewältigen, ist mir leider nur theilweise geglückt. Im ersten Jahre machte ich die Ver- suche der Art, dass ich kleine Wassergefässe mit Eiern in ver- schieden erwärmte Thermostaten stellte. Diese Methode ver- liess ich aber bald, da sie zu umständlich ist, wenn es sich um eine grössere Reihe ungleicher Temperaturen handelt. Auch ist wenigstens für die höher temperirten Gefässe durchfliessendes Wasser behufs besserer Versorgung der Eier mit Sauerstoff er- wünscht. Ich richtete mir daher einen Apparat ein, dem ich zuletzt nach mehrfachen Abänderungen folgende Form gab: In einem im Souterrain gelegenen Zimmer, dessen Tem- peratur sich ziemlich constant erhalten liess, wurde an der Wand ein kleiner Blechkasten (A) mit Ueberlauf angebracht, in welchen aus der Wasserleitung sich ein Strom ergoss, der so regulirt war, dass der Kasten stets zum Ueberlaufen voll war. Aus ihm floss das Wasser in ein langes Rohr, welches in vielen Spiralwin- dungen durch einen grossen Kupferkessel (B) hindurchgeleitet wurde und am entgegengesetzten Ende austrati, um mit einem nach abwärts gebogenen Ausflussrohr zu enden. Mit letzterem wurde dureh einen kurzen Gummischlauch eine kleine Glasröhre verbunden, deren freies Ende .über der Flamme zu einer Capillare ausgezogen und mit einer feinen Oeffnung versehen war. Da das Freibassin (A) etwas höher angebracht war als der Kupferkessel (B) und sich das Glasrohr mit der engen Oeff- nung an der tiefsten Stelle befindet, da ferner das Wasser in der Rohrleitung unter constantem Druck steht, so muss in der 326 Oseäar Hertwig: gleichen Zeiteinheit ein gleiches Wasserquantum aus der Oeff- nung im Glasrohr auslaufen. Das Abflusswasser wurde in einem Glasbassin (C) aufgefangen. Um ihm die für die Versuche er- forderliche Maximaltemperatur von 35° resp. 28° zu geben, wurde das in das Blechbassin (A) einströmende Wasser zunächst durch einen kleingestellten Bunsenbrenner vorgewärmt und darauf in der im Kupferkessel eingeschlossenen Spiralröhre auf die ge- wünschte Temperatur gebracht. Zu dem Zwecke war der Kupfer- kessel mit Wasser gefüllt, welches durch einen Bunsenbrenner, der durch einen Thermoregulator regulirt wurde, auf constanter Temperatur erhalten wurde. Die genauesten Resultate lieferte ein eleetrischer Thermoregulator, wie er von der durch ihre Thermostaten rühmlichst bekannten Firma Lautenschläger hergestellt wird. Der Thermometer war am Ausflussrohr des Kupferkessels angebracht, so dass unmittelbar die Temperatur des in das Bassin (©) einströmenden Wassers unter Controlle stand. Da durch Erwärmung des Wassers Luftblasen in der Spirale entstehen, war am höchsten Punkt der letzteren ein verticales offenes Standrohr angebracht, durch welches die sich bildenden Luftblasen entweichen konnten. Um Wasser von niedrigerer Temperatur als in dem Bassin (CO) zu erhalten, wurde der Strom durch eine Reihe hinterein- ander aufgestellter Glas-Bassins hindurchgeleitet, die mit einander durch Heber verbunden waren. Da die Zimmertemperatur etwa 15° betrug, musste das Wasser auf dem langen Weg durch die verschiedenen Bassins durch Wärmeabgabe an die Umgebung allmählich kühler werden. Die Bassins waren theils nebenein- ander in gleicher Höhe, theils in verschiedenen Etagen auf- gestellt und waren je nachdem durch einfache Heber oder durch Doppelheber unter einander verbunden. Die Aufstellung in ver- schiedenen Etagen hatte den Zweck, dem Wasserstrom mehr Gefälle zu geben und dadurch dem durch die Heberröhren her- vorgerufenen Reibungswiderstand im ganzen System entgegen zu wirken. Die aufeinanderfolgenden Bassins wiesen Temperatur- differenzen von 1—2° im Durchschnitt auf. Bei den ersten Versuchen entstanden zuweilen Hindernisse für den Wasserstrom dadurch, dass kleine im Wasser enthaltene Luftblasen sich an der höchsten Stelle der zur Verbindung die- nenden Heber ansammelten und zu einer grossen Blase verban- den, die den ganzen Querschnitt des Rohres ausfüllte und den Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 327 Wasserstrom ganz absperren konnte, wenn sie nicht rechtzeitig durch diesen wieder mitgerissen wurde. Diesem Uebelstand liess sich dadurch abhelfen, dass dem Heber eine für seine Aufgabe geeignete Form gegeben wurde. Er wurde nämlich an der Um- biegungsstelle mit einem kurzen vertiealen Rohr versehen, das am blinden Ende zu einer kleinen Kugel aufgeblasen war. In ihr als dem höchsten Punkt des Hebers mussten sich die Luft- bläschen ansammeln. Aus der Kugel wurde, da zu ihrer Füllung etwa ein Tag nothwendig war, täglich einmal die Luft entfernt, indem der ganze Heber wieder vollkommen mit Wasser ange- füllt wurde. Noch eine andere Sicherung musste dagegen getroffen werden, dass nicht die Froscheier, besonders aber die aus dem Ei gezüchteten und frei herumschwimmenden Larven mit dem Wasserstrom aus einem Bassin in das nächstfolgende übergeführt wurden. Zu dem Zwecke wurde das Saugende der Heber mit einer grossen Glaskugel verschlossen, deren Wand von zahl- reichen kleinen Oeffnungen siebförmig durchbrochen war, sodass das Wasser, nicht aber die Froschlarven, in das folgende Bassin übertreten konnte. Bei der beschriebenen Anordnung des Apparates ist es selbstverständlich, dass Veränderung der Temperatur in einem Gefäss auch allmählich eine solehe in allen nachfolgenden nach sich ziehen muss. Bei sorgsamer Beaufsichtigung arbeitete der Apparat Tage lang mit einer befriedigenden Gleichmässigkeit. Doch liessen sieh geringe Schwankungen nicht ganz ausschliessen. Wenn zum Beispiel manchmal Abends im Raume bei 2 Gasflammen gearbeitet wurde und die Zimmer- temperatur um 1° stieg, so machte sich dies nach einiger Zeit auch an den Wassertemperaturen der einzelnen Bassins bemerkbar. Eine absolute Constanz Tage lang zu erzielen, ist eben mit ausser- ordentlichen technischen Schwierigkeiten verbunden. Doch kommt es auf eine solche bei der vorliegenden Aufgabe zur Zeit auch wohl nicht an. Zu unserer Aufgabe gehörte es natürlich auch, die Entwick- lung der Froscheier bei Temperaturen von 0 bis + 10° zu verfolgen. Zu diesem Zwecke bediente ich mich auch des oben angewandten Prinzips: Ein grosses Blechgefäss, das an seinem oberen Ende mit einer weiten Oeffnung mit Deckel und an seinem Boden Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 22 328 Öscar Hertwig: mit einem Ausflussrohr versehen war, wurde in einer Kiste mit Sägespähnen gut gegen die Umgebung isolirt und darauf mit kleinen Eisstückehen gefüllt. Im Deckel des Blechgefässes be- fand sich ausserdem noch eine kleine, mit einem Kork verschliess- bare Oeffnung; durch den Kork ging ein vertical gestelltes Glas- rohr hindurch, das an seinem oberen Ende einen kleinen, zum Auffangen von Wasser bestimmten Trichter trug. In diesen fielen aus einem kleinen Freibassin mit Ueberlauf, in welches Wasser aus der Leitung im Ueberschuss floss, mittels eines Tropf- apparates gleichmässig und langsam Wassertropfen hinein. Sie rieselten über die Eisstückehen im Kessel, so dass sich Schmelz- wasser bildete, das etwa die Temperatur von etwas über 0° be- sass und sich am Boden des Gefässes sammelte. Von hier floss es gleich durch das daselbst befindliche Auslassrohr ab in ein Glas-Bassin, in dem bei dieser Einrichtung die Wassertemperatur sich ziemlich constant auf 1—1!/,° über O0 erhielt. Von hier floss der kalte Wasserstrom wieder durch eine Reihe anderer Bassins, die mit dem ersten durch Heber verbunden waren lang- sam hindurch und wurde auf diesem Wege durch Ausgleich mit der 15° betragenden Lufttemperatur des Zimmers in jedem Bassin etwas wärmer, bis seine Temperatur schliesslich auf 8—10° ge- stiegen war. . Bei den verschiedenen Versuchen wurde in der Weise ver- fahren, dass die Eier von einem Froschweibehen einige Zeit nach der Befruchtung in kleinen Portionen auf die einzelnen Bassins vertheilt wurden. Dabei wurde vermieden, sie grösseren Temperaturdifferenzen auszusetzen. Es wurden daher zuerst die Eier in die Bassins mit mittlerer Temperatur gebracht und von hier portionenweise in die Gefässe mit nächst höherer oder nächst niederer Temperatur übertragen und in ihnen 5—10 Minuten belassen, ehe sie in das nächstfolgende wärmere oder kältere Ge- fäss kamen. So dauerte es wenigstens eine Stunde, bis alle Bassins mit ihrem Material beschiekt waren. In die Bassins wurden die Eier in Kästchen gebracht, die aus vernickeltem Draht angefertigt waren, und deren Boden etwa bis in die Mitte des Wassers hinabreichte. Die durch das Experiment zu lösenden Aufgaben gliedern sich in zwei Abschnitte. Erstens waren die physiologischen Cardinalpunkte der Temperatur, das Minimum und Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 329 Maximum, sowie die Störungen festzustellen, welche in der Ent- wieklung der Froscheier bei Ueberschreitung der normalen Grenz- werthe hervorgerufen werden. Zweitens war der Einfluss ver- schiedener Temperaturgrade auf den Ablauf der Entwicklung innerhalb der physiologischen Skala zu untersuchen. Erster Abschnitt. Die physiologischen Cardinalpunkte der Temperatur für die Entwicklung des Froscheies und die dureh ihre Uebersehreitung hervorgerufenen Störungen. A. Versuche an Rana fusea. 1. Eier von Rana fuseca wurden am 12. Ill. um 9 Uhr 50 Min. befruchtet (Versuchsreihe A). Die Uebertragung in die einzelnen Bassins war um 11 Uhr 40 Min. beendet. Fyd. Bei einer Temperatur von Bei einer Temperatur von 291/,0 entwickeltes Eider 261/, entwickeltes Ei der Versuchsreihe A. 5 Stdn. Versuchsreihe A. 5 Stdn. 10 Min. nach der Befruch- 10Min. nach der Befruch- tung (A le) k =Kerne, tung (A. 4e). p= Pigment. In den drei ersten Bassins betrugen die Temperaturen 29,6°, 281/,° 271/,°. In keinem von ihnen kam es zu einer ordentlichen Theilung der Eier. Am lebenden Objeet sah man um 12 Uhr an dem animalen Pol einzelne unregelmässige Höcker und Furchen auftreten; zuweilen trennte sich eine kleine Scheibe durch eine ringförmige Furche ganz ab. Ein solcher Fall ist von einem 5 Stunden nach der Befruchtung abgetödteten Ei nach einem Durchschnitt abgebildet Fig. 1. Im Dotter liegen ausserdem noch einzelne wenige, kleine, durch Boraxcarmin roth gefärbte Kerne (k) zerstreut. An Schnittserien durch andere Eier drangen von der Oberfläche in der Umgebung des animalen 330 Oscar Hertwig: Poles nur wenige Furehen in die oberflächlichste Eirinde ein und riefen so die bei Betrachtung von der Oberfläche sicht- baren Höcker hervor, besonders bei den Eiern, die sich bei einer Temperatur von 27!/,° entwickelten. Am folgenden Tag waren alle Eier abgestorben und zeigten eine runzelige Ober- fläche mit unregelmässiger Pigmentvertheilung. Einen wirklichen Furehungsprocess, wenn auch in einer Fig? Br 434 Bei einer Temperatur von 26 1/,0 entwickelte Eier der Versuchsreihe A. 7 Stunden 10 Minuten nach der Befruchtung (A 4 g); fh = Furchungs- höhle, Y= Vacuole, X =Kerne. gestörten Weise, zeigen erst die Eier im 4. Bassin, dessen Wasser- temperatur 26!/,° beträgt. Um 11 Uhr 55 Min. tritt die erste Theilungsfurche am animalen Pol auf in Form eines klaffenden Spaltes; nach 25 Min. ist sie auch am vegetativen Pol durch- geschnitten. Um 12 Uhr 25 Min. beginnt die zweite Querfurche aufzutreten, welche aber meist nur auf die obere Hälfte des Eies beschränkt bleibt. Im weiteren Verlauf wird die Furchung noch unregelmässiger und spielt sich nur in der Umgebung des animalen Poles ab. Hier unterscheidet man 20—30 polygonale, durch tiefe Furchen abgegrenzte Felder, die wie Pflastersteine aussehen, während die vegetative Oberfläche glatt ist. Auf einer Sehnittserie durch derartige Eier sieht man, dass die Zerlegung in Zellen nur die oberflächliehste Rindenschieht betroffen hat (Fig. 2). Sie ist in eine kleine, dünne Scheibe unregelmässiger, pigmentirter Zellen zerfallen, unter welcher im Dotter einzelne, von einem kleinen Pigmenthof umgebene Kerne (k) zerstreut sind. Nach 2 weiteren Stunden haben sich die grossen Stücke der animalen Scheibe durch wiederholte Theilungen rasch ver- vielfältigt und einen zelligen Bezirk geliefert, an welchem man bei Lupenvergrösserung die einzelnen Zellen noch als Körner Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 331 wahrnimmt. Dabei ist, wie Durchschnitte lehren, eine scharfe Sonderung zwischen dem getheilten und dem mehrfach grösseren, ungetheilten oder nur durch die erste Furche in 2 Stücke zer- legten Bezirk des Eies eingetreten (Fig. 3 u. 4). Auch eine Furehungshöhle ist jetzt entstanden, deren Boden die ungetheilte Dottermasse, deren Decke die zellige Scheibe bildet, welche wie ein Uhrglas aufliegt. Ziemlich zahlreiche, von Pigment einge- hüllte Kerne (X) sind in der obersten Schicht der Dottermasse zerstreut. Am anderen Tag, 24 Stunden nach der Befruchtung, hat Bei einer Temperatur von 261/,0 entwickelte Eier der Versuchsreihe A 1 Tag nach der Befruchtung (A 4. 13/3). kh= Keimblasenhöhle; 2= in die ungetheilte Dottermasse eingebettete Zellen. die Zerlegung in Zellen innerhalb der animalen Scheibe noch weitere Fortschritte gemacht, wie die Figuren 5 u. 6 lehren, die 2 in verschiedenem Grade geschädigten Eiern angehören. In Fig 5 ist die Scheibe vom ungetheilten Dotter scharf abge- setzt und mit ihren Rändern etwas nach Innen eingekrümmt, so dass der Dotter eine Strecke weit über ihre Oberfläche herüber- sreift und sie einhüllt. Sie besteht aus 3 bis 4 Lagen dicht zusammengepresster, kleiner Zellen. Im Dotter sind ausser den hier und da zerstreuten Kernen (%) viele Vacuolen (©), besonders in seiner oberen Schicht, entstanden. In dem anderen Fall (Fig. 6) ist nicht nur ein grösserer Theil des Eies in Zellen zerlegt, son- dern auch eine scharfe Sonderung in einen zelligen und nicht zelligen Theil ausgeblieben. Man sieht beide mit gezackten, unregelmässigen Contouren aneinander grenzen. Hie und da sind einzelne Zellen oder kleine Gruppen von ihnen in die nicht ge- theilte Dottermasse, die wieder einzelne Dotterkerne (%) enthält, bis in die Nähe des vegetativen Poles eingesprengt. Das Ei 332 Oscar Hertwig: bildet so eine mit grosser Höhle versehene Keimblase, an deren Boden sich nur eine ansehnliche Partie nicht in Zellen zerlegter Dottermasse befindet. Anzeichen einer beginnenden Gastrulation, die in Bassins von niedrigerer Temperatur ihren Anfang nimmt, sind nicht wahrzunehmen. Noch einen Tag später, am 14./3. untersucht, sind die bei 26!/,° entwickelten Eier auf dem Stadium des vorausgegangenen Tages stehen geblieben und viele von ihnen bieten Anzeichen eines allmählich vor sich gehenden Absterbens und Zerfalls dar (Fig. 7). Die Zellen schliessen nicht mehr so fest wie vorher zusammen und haben das Bestreben sich abzurunden. Das um den Kern angesammelte Pigment ist ganz an die Ober- Fi 6 Fee fläche der Zelle getreten, so dass ‚ihre Con- Eies zwei Tagenach tour auf dem Durchschnitt wie mit schwar- a ee zer, chinesischer Tusche gezeichnet aussieht, vergrössert. Zellen wie bei einem Endothelhäutchen, in wel- im Absterben be- chem die Zellgrenzen durch Versilberung ge- Be schwärzt worden sind. Am 25./3. ist das ganze Eimaterial abgestorben. Eine besondere Stellung nehmen die in Bassin 6 und 7 befindlichen Eier ein, auf welche Temperaturen von etwa 23° u. 24° eingewirkt haben. Wir haben hier einen Grenzwerth der Tem- peratur erreicht, bei welchem geringe Verschiedenheiten zwischen den zum Versuch verwandten Eiern schon genügen, um ein sehr verschiedenes Endresultat im Entwicklungsprocess herbeizuführen. Bei allen beginnt die Furchung in nahezu normaler Weise, um 12 Uhr die erste Furche, eine halbe Stunde später die zweite Furche, um 1 Uhr 30 ist die dritte Furche beendet. Nach einigen Stunden ist das Ei in sehr viele Zellen zerlegt. Von hier ab aber beginnen sich immer mehr kleine Unterschiede zwischen den einzelnen Eiern bemerkbar zu machen, die sich allmählich summiren und schliesslich dazu führen, dass das Untersuchungsmaterial 3 ganz verschiedene Endergebnisse liefert. Ein sehr grosser Theil des Eies kommt nicht über das Keim- blasenstadium hinaus und stirbt am zweiten oder dritten Tage wie das bei höherer Temperatur gezüchtete Material ab, ein zweiter und zwar der kleinste Theil liefert normale, sehr rasch entwickelte Larven, der dritte Theil besteht aus zahlreichen Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 333 Missbildungen, die durch Störungen des Entwicklungsprocesses in Folge übergrosser Wärme hervorgerufen worden sind und uns in einem besonderen Abschnitt (Seite 355) noch beschäftigen werden. | Im Verlaufe des Furchungsprocesses treten auch häufig ähnliche Abweichungen von der Norm auf, wie die schon früher beschriebenen. Während die animale Hälfte des Eies sehr rasch in Zellen zerlegt wird, bleibt die vegetative entweder in der Bei einer Temperatur von Bei einer Temperatur von 240 entwickeltes Ei der Ver- 23,10 entwickeltes Ei der suchsreihe A, 6Stdn. 50 Min. Versuchsreihe A, 12 Stun- nach der Befruchtung (A.6f). den nach ae Befruchtung (ATR). Zerlegung zurück und besteht aus einigen grossen Stücken oder sie wird gar nieht getheilt und nur allmählich dadurch, dass sich die in ihr eingesehlossenen Kerne vermehren, von sehr zahl- reichen Kernen durchsetzt. Als Beleg verweise ich auf den Durchschnitt durch ein Ei aus Bassin 6 (Temp. 24) (Fig. 8). Es ist 7 Stunden nach der Befruchtung abgetödtet und kann schon als junge Keimblase bezeichnet werden, da eine grössere Höhlung (kA) in ihm entstanden ist. Der Unterschied zwischen der aus vielen kleinen Zellen bestehenden Decke und dem von einem grossen Dotterstück gebildeten Boden ist auffallend genug. Der Gegensatz in der Entwieklung zwischen dem animalen und dem vegetativen Absehnitt des Eies kann in manchen Fällen so gross werden, dass ähnliche Verhältnisse entstehen, wie sie uns meroblastische Eier zeigen. Als Beispiel dient der Durchschnitt durch ein 12 Stunden nach der Befruchtung abge- tödtetes, aus Bassin 7 stammendes Ei (Fig. 9). Es besteht aus einer kleinzelligen Keimscheibe und einem dem Nahrungsdotter vergleichbaren, nicht in Zellen zerlegten, grösseren Abschnitt. Beide sind mit einer glatten Linie scharf gegen einander abge- 334 Oscar Hertwig: setzt. In der Mitte liegt zwischen beiden die Keimblasenhöhle (kh). Zahlreiche Kerne (%k) (Merocyten) sind in der an die Keimscheibe angrenzenden Schicht des Nahrungsdotters zerstreut. Während Temperaturen von 26° bis 24° die Entwicklung des Froscheies, besonders den Furchungsprocess, sehr beschleu- nigen, zugleich aber auch nach mehreren Riehtungen einen schäd- lichen Einfluss ausüben, macht sich letzterer bei Temperaturen von 22 bis 20° nicht mehr geltend, so dass jetzt allein das die Entwicklung fördernde Moment der Wärme rein zu Tage tritt. So sind die bei 22° entwickelten Eier 7 Stunden nach der Befruchtung in eine Morula umgewandelt, welche entsprechend dem normalen Furchungsschema am animalen Pol aus kleineren, am vegetativen Pol aus etwas grösseren Zellen zusaminengesetzt ist. Ein Durchschnitt durch ein derartiges bei 22° entwickeltes Ei (Fig. 10) ver- glichen mit den früher beschrie- benen Figuren (3, 4, 8) zeigt uns ohne Weiteres den Unterschied zwischen einer zwar durch Wärme beschleunigten, aber zugleich ge- schädigten und einer beschleu- nigten und dabei normal ge- Bei use ap: u be ° bliebenen Entwicklungsweise. Be ler eruchtunerka sp) Alle bei 22°, 21° oder 20° gezüchteten Froscheier entwickeln sich jetzt auch ganz gleichartig. Eins befindet sich genau auf demselben Stadium wie das andere. Weder sterben Eier nach- träglich am zweiten, dritten Tag ete. wie bei den höheren Temperaturen ab, noch sind unter ihnen auffällige Missbildungen zu bemerken. Wir können daher in diesem Versuch für das Ei von Rana fusca 22° als das Wärmeoptimum, d.h. als die Temperatur bezeichnen, bei welcher sich der Entwicklungsprocess bei allen Eiern mit der grössten Beschleunigung ohne eine auf- fällige Störung und Abweichung von der Norm vollzieht. 2. Ein zweiter Versuch zur Controlle wurde am 21. März ausgeführt. Die um 9 Uhr 30 Min. befruchteten Eier wurden noch langsamer auf die einzelnen Bassins vertheilt, deren Tem- peraturen denen des ersten Versuchs entsprachen ; sie kamen in die wärmsten Bassins erst um 11 Uhr 40 Min., also 2 Stunden Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 339 10 Min. nach der Befruchtung. Hiermit mag eine geringe Verschiedenheit zusammenhängen, die sich bei diesem Versuch insofern ergab, als das Tempe- raturoptimum bei den Eiern etwas höher lag. Im dritten Bassin (Temperatur 27,9—27,6) theilten sich die Eier in mehr oder minder regelmässiger Weise, begannen aber vom zweiten Tag an auf dem Stadium der Keimblase ab- zusterben. Auch hier zeigte es sich wieder, dass ihr vegetativer Theil durch die Wärme rascher und intensiver als ihr animaler Abschnitt geschädigt wurde. Im vierten und fünften Bassin (26,5 u. 25,5°) waren am zweiten Tag ebenfalls viele Eier abgestorben, andere aber hatten sieh zu Missbildungen entwickelt, wie sie beim ersten Ver- such im sechsten und siebenten Bassin beobachtet worden waren. Einige wenige Eier im fünften Bassin lieferten auch leidlich normale Embryonen. Im sechsten und siebenten Bassin (24 u. 23°) verlief der Entwieklungsprocess fast überall, einige wenige Fälle ausgenommen, ohne eine deutlich hervortretende Störung. Im zweiten Versuch liegt daher das Temperatur- optimum etwa um 2 Grad höher als im ersten Ver- such, denn es beträgt 24°. Auf die Ursache, welehe diesen Unterschied möglicher Weise hervorgerufen hat, ist schon oben hingewiesen worden. Durch erhöhte Temperatur erzeugte Missbildungen. Im ersten Versuch wurden bei Temperaturen von 24 bis 23°, im zweiten Versuch hei Temperaturen von 26 bis 25°, während die meisten Eier abstarben und nur wenige sieh zu nor- malen Embryonen entwickelten, zahlreiche Missbildungen erhalten, von deren Eigenthümlichkeiten ich hier eine kurze, zusammen- fassende Darstellung auf Grund von mehreren Abbildungen und Sehnittserien geben will. Wir können sie in 2 Gruppen theilen. In der ersten Gruppe gleichen die Eier etwa den Missbildungen, welche ich in meiner Abhandlung (5) „Urmund und Spina bifida“ beschrieben und auf Tafel XVI, Fig. 1—7, 9—11 abgebildet habe. Sie stellen ovale, schüsselförmige Ge- bilde dar, deren eine Fläche durchweg schwarz pigmentirt ist, während die andere das weisse Dotterfeld zeigt, rings umgeben von einem schwarz pigmentirten, bald mehr bald weniger vor- 336 Oscar Hertwig: springenden Wulst. In manchen Fällen ist das Dotterfeld sehr sross, in anderen ist es mehr oder weniger dadurch zugedeckt, dass der Ringwulst stärker vorspringt und sich über es herüber- legt. „Im Vergleich zur den früherebeschriebezen Missbildungen sind die durch Wärmewirkung er- zeugten unregelmässiger und iin vieler Hinsicht verkrüppelter. Es macht sich- dies besonders auch in der Weise geltend, dass der Ringwulst oft ungleichmässig entwickelt ist. Während er auf der einen Seite vom Dotterfeld sehr zellen- Fig.Ia. Fig.11. Embryo mit totaler Urmundspalte; entwickelt bei 25,70 Temperatur,2 Tage alt (Versuchsreihe B. 5 23/3). Fig. 12. Missgebildeter Em- bryo mit einem zur Hälfte entwickelten Keimring; bei 23,10 Temperatur entwickelt aus Versuchsreihe A.7 14/3. 2 Tage alt. Fig. 13 u. 14. Embryonen mit Urmundspalte aus Ver- suchsreihe A bei 24° Temp. 2 Tage alt (A. 6 14/3). Buchstabenerklärung siehe Figur 15 u. 17. reich ist und sich in verschiedene Organe, Nervenplatte, Chorda, Ursegmentplatte differenzirt hat, ist er auf der entgegengesetzten Seite verkümmert und undifferenzirt geblieben. Die Figuren 11—17 zeigen einige, aus vielen ausgewählte, derartige Monstrositäten. Fig. 11 entspricht der Figur 1 meiner früheren Abhandlung; sie zeigt das Dotterfeld (d) in grösster Ausdehnung frei liegen, umgeben von einem Keimring (kr), in welchem sich die Achsenorgane differenzirt haben. Kopf- und Schwanzende sind leicht von einander zu unterscheiden; denn an der mit A bezeichneten Stelle ist der Keimwulst zum queren Hirnwulst verbreitert, während er an dem entgegengesetzten Ende zu den in Entwicklung begriffenen Schwanzknospen (sk) ver- diekt ist. Fig. 12 stellt ein asymmetrisch entwickeltes, mon- ströses Ei dar, an welchem der Keimring nur auf einer Seite zu Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 337 einem dieken Wulst ausgebildet ist und über die Oberfläche hervorspringt. Die Figuren 13 u. 14 veranschaulichen uns 2 Fälle, in denen das Dotterfeld von dem Keimring überwachsen wird. In dem neuen Ei ist nur noch ein kleiner Bezirk (d) des Dotters sichtbar, in dem anderen ist er ganz verdeckt, indem sich die Ränder des Keimringes ganz zusammengelegt haben und eine dreistrahlige Rinne umgrenzen. In beiden Fällen ist das Kopfende vom. Schwanzende (S) unschwer zu unterscheiden. Embryonen mit partieller Urmundspalte aus Versuchs- reihe A, bei 240 2 Tage entwickelt (A 6 14/5). K= Kopfende, S=Schwanzende, se=Schwanzknospe, d= Dotterfeld, kr = Keimring, Aw — querer Hirnwulst. In den drei letzten Figuren 15, 16 u. 17 haben sich die Embryonen beträchtlicher in die Länge gestreckt. In Figur 15 springen die linke und rechte Keimringhälfte (kr) vor, haben sieh nach der Medianebene zu besonders in der Mitte des Eies einander genähert und umgrenzen eine bisquitförmige Vertiefung, in welcher das weisse Dotterfeld (d) liegt. Der mit A bezeich- nete Theil entsprieht dem Kopfe, der Theil sk dem Schwanzende. Eine weitere Entwicklung dieses Zustandes stellt das in Fig. 16 abgebildete Ei dar. Denn hier sind am Kopfende (X) die Keimringhälften über dem Dotterfeld bis zur Medianebene zu- sammen gerückt und untereinander verschmolzen; von der bis- quitförmigen Rinne der Figur 15 ist nur der hintere Theil frei geblieben und zeigt einen Theil des Dotterfeldes (d), an dessen hinterem Rand sich die Schwanzknospe (sk) erhebt. Die Figur 17 ist ähnlich dem Embryo 8 meiner früheren Abhandlung. Das Kopfende (X), an dem die Haftscheiben angelegt sind, ist weiter entwickelt, die Schwanzknospe (sk), vor welcher am Rücken des Rumpfes noch eine weite, durch den Dotterpfropf (d) 3938 Osear Hertwig: ausgefüllte Oeffnung sich erhalten hat, ist stärker in die Länge gewachsen und dabei dorsalwärts im die Höhe gekrümmt. Unter mehreren Querschnittserien, die durch diese und ähnliche Missbildungen angefertigt wurden, ist besonders eine von Interesse, weil sie eine Modifikation darbietet, welche in der Abhandlung „Urmund und Spina bifida“ noch nicht be- schrieben worden ist. Es handelt sieh nämlich um ein Ei, das einerseits noch vollständig den Charakter des Keimblasenstadiums darbietet, andererseits aber Chorda und Medullarplatte differen- zirt hat. Eine Keimblase ist das Ei, denn es enthält noch die sehr geräumige Blastulahöhle (AR), welche auf der einen Seite von einer dünnen Mem- bran abgeplatteter, in zwei Lagen angeordneter, pigmen- tirter Zellen, auf der anderen Seite von einer dieken, aus vielen Dotterzellen zusam- mengesetzten Platte begrenzt wird. Letztere bildet, wenn wir uns das ganze Ei seiner Schwere nach orientirt den- guerschnit uch in mbesebiltetes Ken, den Boden, erstere die a a a Decke der Keimblase. Wäh- a ALL Onkmachelk ep aele ee rend“ im dikner Ayaisk Az Medullarplatte, d = Dotterfeld, kın—= die allgemeine Form der Keimblasenköble, Keimblase erhalten ist, hat sich das Zellenmaterial, welches der Götte’schen Randzone an- gehört, weiter entwickelt. In der Umgebung des Dotterfeldes (d) ist genau in derselben Weise, wie bei den in meiner älteren Arbeit beschriebenen Embryonen mit Urmundspalte (Spina bifida) (vgl. Taf. XVII, Fig. 2 u. 3) ein Keimring entstanden. Der- selbe setzt sich zusammen aus einer halben Medullarplatte (mp), einer Chorda (ch) und wahrscheinlich auch aus mittlerem Keim- blatt. Die halbe Medullarplatte geht mit ihrem inneren Rand in die als Hügel vorspringende Dottermasse (d) über, mit ihrem äusseren Rand bildet sie einen niedrigen Medullarwulst und schlägt sich in das dünne Hornblatt um, welches weiter in die Decke der Keimblasenhöhle ‚übergeht. Unter der Uebergangs- stelle der durch das besondere Gefüge ihrer Zellen deutlich Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 339 unterschiedenen Medullarplatte findet sich der scharf begrenzte runde Querschnitt der Chorda (ch). Das mittlere Keimblatt war von den Dotterzellen nicht gut abzu®renzen, ist aber wohl gleich- falls am Keimring gebildet worden. Eier, wie das eben beschriebene, bilden eine seltene Aus- nahme; gewöhnlich ist die Keimblasenhöhle ganz geschwunden, der Befund der Querschnittserien bei den durch Wärme erzeugten Missbildungen ist dann ein gleicher wie bei den schon früher durch andere Methoden erhaltenen. Man vergleiche mit den älteren Abbildungen (5 Tafel XVII, Fig. 2 u. 5) die 2 Durch- schnitte, welche durch das hintere und das vordere Ende des in Figur 16 abgebildeten Embryo hindarch gelegt worden sind (Fig. 19 u. 20). Der erstere (Fig. 19) geht durch die am Rücken gelegene, ansehn- liche, vom Dotter- pfropf ausgefüllte Urmundspalte. Wir finden wieder die Anlage des Rücken- marks aus 2 Hälften 2 Querschnitte durch den in Fig. 16 abgebil- deten Embryo. Fig. 19 durch den Rest der (mp) bestehend, wel- Urmundspalte, Fig. 20 durch das Kopfende, che dureh den Dot- in welchem die beiden Medullarplattenhälften terpfropf (d) von ein- durch een ee sind. & wie g. 18. ander getrennt sind. Unter ihrem medialen Rand liegt jederseits der Durchschnitt einer Chorda (ch). Unter beiden beginnt das mittlere Keimblatt (nk), welches eine zusammenhängende Schicht zwischen den beiden Grenzblättern herstellt und in seinem dorsalen Abschnitt zu den Ursegmenten verdiekt ist. Ueber den lateralen Theil jeder Me- dullarplatte legt sich das Hornblatt als Falte herüber. Am Quer- schnitt durch das vordere Ende sind die beiden Nervenplatten (mp) in der Medianebene aneinander gerückt und durch ein dünnes Zellenhäutehen untereinander verbunden. Die relativ breite, ven- trale Rückenmarkeommissur * wird durch den Querschnitt der an- sehnlich entwickelten Chorda (ch), welcher ihr ganz dicht anliegt, am Boden der Nervenrinne dorsalwärts emporgedrängt. Unter der Chorda ist im Dotter eine kleine Kopfdarmhöhle zu sehen. 340 Oscar Hertwig: Die zweite Gruppe der Missbildungen umfasst einen Tag ältere Embryonen, welehe zum Theil von sehr son- « 3 Tage alte missgebildete Embry zen und Rest einer Urmundspalte. Sie rühren theils von der Versuchsreihe A (Temperatur 24,10—23,10 A.6 u. A. 7) her, theils von der Versuchsreihe B (Temperatur 26,50 bis 25,70 B. 4 u. B.5). Fig. 21 Embryo P, Fig. 22 Embryo 0, Fig. 23 Embryo R, Fig. 24 Embryo S, Fig. 25 Embryo N, Fig. 26 Embryo M, Fig. 27 Embryo X. derbarer und abenteuerlicher Gestalt sind (Fig. 21—27). Theils bieten sie in der Rückengegend noch eine sehr breite Urmund- spalte dar, durch welche das Dottermaterial (d) von aussen sicht- Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 541 bar ist, theils hat sich die Spalte zu einem kleineren Loch ver- engt, das in der Lumbalgegend vor dem Anfang des Schwanz- endes gelegen ist und von diesem meist verdeckt wird. Beson- ders charakteristisch aber für unsere Missbildungen ist ihr Schwanz- ende, das vollständig in 2 Fortsätze oder in 2 Schwänze (st! u. s?) gespalten ist. Da die Embryonen aus der eng anliegenden Ei- hülle noch nicht ausgeschlüpft sind, sind ihre doppelten Schwänze dorsalwärts umgebogen und in den Fällen, wo sie zu besonderer Länge herangewachsen sind, aufgerollt. Meist sind die beiden Schwanzfortsätze von ungleicher Grösse sowohl in Bezug auf ihre Dicke als auf ihre Länge. Die Genese dieser Doppelschwänze, welche fast bei allen durch Wärme hervorgerufenen Missbildungen zu beobachten waren, ist leicht zu erklären. Wie schon von verschiedenen Forschern bei der normalen Entwicklung der Amphibien festge- stellt worden ist (Näheres darüber siehe Nr. 5, Seite 452—459), entsteht der unpaare Schwanz aus einer paarigen Anlage, aus 2 Schwanzknospen, die sich zu beiden Seiten des hinteren Ur- mundrestes als Verdiekung seiner Ränder anlegen. Die doppelten Schwanzknospen verschmelzen darauf unter- einander zu einem unpaaren Höcker und trennen dadurch den Urmundrest in eine vordere vor der Schwanzwurzel gelegene Abtheilung, den bekannten canalis neurentericus, und in eine hintere und unter der Schwanzwurzel gelegene Strecke, welche zum bleibenden After wird. Bei unseren Missbildungen erklärt sich die Entwicklung eines Doppelschwanzes in einfacher Weise so, dass in Folge der ausgedehnten Urmundspalte die sonst frühzeitig erfolgende Ver- schmelzung der beiden Schwanzknospen unterbleibt und dass nun jede für sich in die Länge auswächst und sich in ver- schiedene Gewebe und Organe differenzirt. An den am längsten entwickelten und am meisten differenzirten Schwanzfortsätzen hat sich sogar schon ein Flossensaum deutlich abgesetzt (Fig. 24 u. 27). Das Kopfende zeigt bei den in der zweiten Gruppe zu- sammengestellten Missbildungen eine ungleiche Beschaffenheit. In Fig. 21 ist es nicht weiter entwickelt als in der Fig. 11 der ersten Gruppe. Vor.dem noch in ganzer Ausdehnung frei liegenden Dotterfeld (d) findet sich unmittelbar der quere Hirn- wulst (Aw). Bei den anderen Embryonen (Fig. 22—27) ist ein 342 Oscar Hertwig: Kopf formirt, an dessen Seiten schon Büschel ziemlich langer und zum Theil verzweigter Kiemenfäden (kf) hervorgesprosst sind. Seine Form bietet Abnormitäten dar, indem Höcker an der Oberfläche hervortreten, die bei normaler Entwicklung nicht vorhanden sind. So ist z. B. gewöhnlich der Kopf nach vom und unten rüsselartig verlängert (Fig. 22, 23, 24, 25). 3 Querschnitte durch den in Fig. 22 abgebildeten,Embryo R. nr = Nervenrohr, mp!, mp? = Verdickter Theil der rechten und linken Me- dullarplatte, ns!, ms? = Muskelsegmente der rechten und linken Seite, ch = Chorda, ug = Urnierengang, uk — Urnierenkanälchen, mk = mitt- leres Keimblatt, d = Dotterfeld, ?= Leibeshöhle, kr = Keimring. Aus den Querschnittserien sei zur Vervollständigung noch Folgendes hervorgehoben. Bei dem Embryo P (Fig. 21), bei welchem sich das Kopfende nicht weiter entwickelt hat, ist auf einer Seite trotzdem ein Hörbläschen entstanden. Zu beiden Seiten des Dotterfeldes findet sich je eine halbe Medullarplatte, die sich zu einem engen Rohr zusammengefaltet hat, und je eine Chorda, die auf einer Seite schwächer als auf der anderen entwickelt ist und schliesslich caudalwärts ganz verschwindet. Jederseits haben sich aus den Ursegmenten Muskelfasern differenzirt. Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 343 Bei den mit deutlich ausgeprägtem Kopf versehenen Em- bryonen O (Fig. 22) und R (Fig. 23) ist ventralwärts das Herz in einer geräumigen Halshöhle entstanden. Die Himblasen sind von sehr unregelmässiger Form, hie und da stark ausgeweitet; nur ihre untere Wand besteht aus einer dickeren Zellenschicht, die Deeke aus einem sehr dünnen Zellenhäutehen. 2 Hörbläs- chen sind vorhanden. Die Chorda ist bei O an einer Stelle zu einer förmlichen Geschwulst verdickt. In der Halsgegend sind Vornierenkanälchen angelegt, die nach rückwärts sich in den nie fehlenden Urnierengang fortsetzen. Vor der am Rücken weit offenen Urmundspalte erreicht die Chorda eine ansehnliche Dicke, und weitet sich das Rückenmarksrohr, dessen dorsale Wand immer ein sehr feines Häutchen ist, sackartig aus, wie aus einer Querschnittserie von Embryo R abgebildet ist (Fig. 28). Dann theilt sich das Rückenmark in zwei Schläuche, die aus- einanderweichen und einen Bestandtheil des Keimrings (Fig. 23 kr) bilden, welcher das Dotterfeld (d) umzieht. Bei beiden Em- bryonen sind die Organe, welche sich als Fortsetzung der Or- gane des vorderen Abschnittes im Keimring differenzirt haben sollten, theils nur kümmerlich entwickelt, theils gar nicht zur Anlage gekommen. Beim Embryo R finden wir rechterseits vom Dotterpfropf den Keimring stark verdickt und als Wulst weit vorspringend (Fig. 29 kr!); er enthält die Fortsetzung der in Figur 28 abgebildeten Chorda, die noch ansehnlich gross ist, und seitwärts neben ihr ein enges Rohr, welches die Fort- setzung des oben erwähnten rechten Gabelastes des Rückenmarks ist. Linkerseits ist der Keimring (kr?) wenig entwickelt. Eine Chorda fehlt in ihm, dagegen ist ein Zellenstrang (nr?) vor- handen, weleher von dem anderen Gabelast des Rückenmarks herrührt. Auf beiden Seiten trifft man ferner im Keimwaulst Bündel von Muskelfasern (ms) und die Querschnitte der Urnieren- gänge (wg). Auf den weiter caudalwärts gelegenen Schnitten (Fig. 30) verkümmert auch der rechte Keimring (kr!), ja es schwindet in ihm nicht nur die Chorda vollständig, sondern gleichzeitig auch die Fortsetzung des Nervenrohrs, während sie linkerseits noch vorhanden ist (rr?). Aehnlich sieht ein Quer- schnitt durch den Rücken von Embryo O in der Gegend der Urmundspalte aus. In Folge dessen sind auch in den beiden Schwanzfortsätzen Nervenrohr und Chorda nicht zur Anlage ge- Archiv f. mikrosk, Anat. Bd, 51 23 344 Oscar Hertwig: kommen; sie bestehen daher nur aus Gallertgewebe, aus Gruppen von Muskelfasern und aus Epidermis. Die Querschnittsserien durch die übrigen Embryonen (Fig. 25— 27) zeigen die Axenorgane im Rumpf und in den beiden Schwanzfortsätzen besser entwickelt. Zur Beschreibung wähle ich drei Schnitte durch Embryo N (Fig. 25) und Embryo X (Fig. 27). Der eine Schnitt (Fig. 31 A) geht durch die Rücken- gegend von N gerade in geringer Entfernung vor der Urmund- spalte, welche sich als ein kleines, vom Dotterpfropf ausgefülltes #378 2 Querschnitte durch den in Fig. 25 abgebildeten Embryo N. A vor dem Rest der Urmundspalte angelegter Querschnitt. B Querschnitt durch Urmundspalte und den Doppelschwanz. Buchstabenerklärung wie in Fig. 30. Ferner: bl = Blutgefäss. Loch an der Theilung in die 2 Schwanzfortsätze erhalten hat. Man sieht den Querschnitt durch die Chorda (ch), welche bei allen Missbildungen in dieser Gegend immer ausserordentlich dick ist; ferner über ihr und etwas stark nach links verschoben das stark veränderte Rückenmarksrohr (r»r). Seine Wandung ist hautartig dünn, bis auf eine kleine, links (nr?) und rechts (nr!) gelegene Stelle, welche aus hohen Zellen zusammengesetzt ist. Es ist stark verbreitert und zeigt auf der linken Seite eine Ein- schnürung, welche auf den folgenden Schnitten zur Sonderung in einen grösseren rechten und einen kleineren linken Schlauch führt, von denen jeder einen verdiekten Theil (halbe Medullar- platte) erhält. Ausserdem sind auf dem Querschnitt noch zu sehen die aus den Ursegmenten hervorgegangenen Muskelplatten (ms); die rechte (ms!) umfasst bogenförmig die Chorda, die linke (ms?) ist compaeter und begrenzt seitlich die in Absehnürung be- \ | Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 345 sriffene Hälfte des Rückenmarksquerschnittes. Ferner finden sich unter den Muskelplatten die Querschnitte der zwei Urnieren- kanäle (ag) mit ihren dieht anliegenden Blutgefässen. Der zweite Schnitt (Fig. 31 B) geht mitten durch die Ur- mundspalte und die Wurzel der beiden Schwanzfortsätze (s! u. s?), welche schräg zu ihrer Länge getroffen sind, da sie dorsalwärts aufgerichtet und etwas zusammengerollt sind. Der rechte Schwanz (s!) ist der entwickeltere; er ist seiner Länge nach so getroffen, dass in Anbetracht seiner Krümmung die in ihm eingeschlossenen Axenorgane zweimal auf dem Durchschnitt zu sehen sind. In ihm setzt sich die Chorda (ch!) und die grössere Abtheilung des auf dem @Querselmnitt (Fig. 31 A) abgebildeten Rückenmarks- schlauches (nr!) fort. Rückenmarksrohr und Chorda verjüngen sich rasch nach dem Schwanzende zu. Es besteht daher eine starke Grössendifferenz zwischen dem in der Schwanzwurzel (nr! u. ch!) und dem nach dem Schwanzende zu gelegenen Ab- schnitt (nr! u. ch!). Lateral an der zweimal getroffenen Uhorda nebst Rückenmark liegen etwa 7 Muskelsegmente (ms), deren grössere Anzahl sich daraus erklärt, dass wir es mit einem schräg zur Längsachse des zusammengebogenen Schwanzes geführten Schnitt zu thun haben. Der linke ebenfalls schräg zu seiner Längsachse getroffene Schwanzfortsatz (s?) ist etwas schwächer. In ihm fehlt die Chorda. Nur die Abzweigung des Rücken- marksrohrs, welche sich schon in Fig. 31 A bemerkbar macht und mit »mp? bezeiehnet ist, ist in ihm nachzuweisen, ferner eine Reihe von 4 Muskelplatten (ms). Wo sich die beiden Schwanz- fortsätze vom Rumpf erheben, sind wieder die Querschnitte der beiden Urnierengänge (vg) aufzufinden. In der Urmundspalte liegt der Dotter (d) zwischen den mit einem Stern (®) bezeich- neten Stellen frei zu Tage. Sehr ähnlich ist der Befund (Fig. 52) dureh die beiden zu noch grösserer Länge entwickelten Schwanzfortsätze der Miss- bildung X (Fig. 27). Nur der eine Fortsatz (s!), weleher stark umgebogen und in Folge dessen auf dem Querschnitt zweimal getroffen ist, enthält eine halbe zum Rohr zusammengekrümmte Medullarplatte (nr ') und die Fortsetzung der Chorda (ch'). Beide sind lateralwärts von der rechten Muskelplatte (ms) begrenzt, deren Querschnittsbild sichelförmig ist. Der linke Fortsatz (s?) ist seiner Länge nach schräg getroffen; eine Chorda ist nicht 346 Öscear Hertwie: in ihm zur Entwicklung gelangt; die in ihm eingeschlossene linke Hälfte des Nervenrohrs (nr?) ist ebenfalls weniger als auf der anderen Seite ausgebildet; la- teralwärts von ihm sind 8 hinter einander aufgereihte Ursegmente (ms) der linken Körperhälfte zu sehen. Auch hier fehlen unter der Schwanzwurzel wieder die (Querschnitte der Urnierenkanäle (ug) nicht. Die durch den frei liegenden Dotter (d) ausgefüllte Urmundspalte nimmt den durch die beiden Sterne (*) begrenzten Raum ein. An beiden Schwanz- fortsätzen ist ein ansehnlicher A Flossensaum (fs) entwickelt. Querschnitt durch den in Fig. ’ EN | 97 abgebildeten Embryo X in Aehnlich wie in den beiden der Gegend des Doppelschwan- oben beschriebenen Fällen liegen zes. Buchstabenerklärung wie \ ER : RR ’ in Fig. 30. Ferner: bI— Blut- . die Verhältnisse bei den übrigen in gefäss, fs = Flossensaum. Querschnitte zeriegten Embryonen. Untere Temperaturgrenze für die Entwicklung des Eies von Rana fusca. Die beiden von mir vorgenommenen Versuchsreihen A und B führten zu etwas verschiedenen Ergebnissen. In dem einen Versuch B wurde die Kälte von den Eiern viel besser vertragen als in dem anderen (A), so dass eine getrennte Besprechung stattfinden muss. Die Eier, welche dem Experiment B dienten, entwickelten sich in den mit dem Schmelzwasser des Eises gefüllten Gefässen, deren Temperatur sich von 1° allmählich auf etwa 8°—10° erhöhte (s. Seite 327) zwar ausserordentlich langsam, aber doch in einer nor- malen Weise. Ueber den Verlauf der Furchung bei diesen niederen Tem- peraturen wird später berichtet werden; hier sei nur vorläufig das eine hervorgehoben, dass in dem Gefäss, dessen Wassertem- peratur etwa 2,5° betrug, die erste Theilung nach 4 Stunden 45 Minuten, die zweite nach 8 Stunden 10 Minuten und die dritte nach 13 Stunden 20 Minuten nach der Befruchtung sich abspielte, Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 347 und dass in dem kältesten Gefäss von 1° die zweite Furche so- gar erst nach 11 Stunden 20 Minuten aufzutreten begann. In dieser ausserordentlich verlangsamten Weise setzte sieh der Entwieklungsprocess in den beiden Gefässen mit den Wasser- temperaturen von 1° und 2,5° viele Tage, ja wochenlang fort. Bei 1,5° Temperatur bestehen die Eier noch nach 2 Tagen aus einer geringen Anzahl grosser Theilstücke, die zwischen sich eine ziemlich geräumige Furchungshöhle entwickelt haben. Wie der Durchschnitt (Fig. 33) lehrt, sind namentlich in der vegeta- tiven Hälfte der grosszelligen Keimblase nur ein paar mächtige Stücke von ausgeprägter Keilform angelegt, während die Decke der Höhle sich aus einer einfachen Lage bedeutend kleinerer Bei einer Temperatur von Bei einer Temperatur von 10 entwickeltes Ei der Ver- 1° entwickeltes Ei der Ver- suchsreihe B. 2 Tage nach Suchsreihe B. 5 Tage nach der Befruchtung (B. 19.23/3). der Befruchtung (B. 19. 26/3). und etwas zahlreicherer, zum Theil auch wie ein Keil geformter animaler Zellen zusammensetzt. Ehe die ersten Anzeichen einer beginnenden Gastrulation bei Betrachtung von der Oberfläche oder auf Durchschnitten sich bemerkbar machen, sind wenigstens 12 Tage seit der Befruchtung verflossen. In dieser langen Zeit, welche das Keimblasenstadium währt, haben bei der Temperatur von 1,5° nur sehr langsam erfolgende Theilungen von Zellen stattgefunden. 5 Tage nach der Befruchtung (Fig. 34) ist die Keimblase, deren Höhle etwas an Ausdehnung zugenommen hat, noch sehr grobzellig. Nach weiteren 3 Tagen hat sich das Aus- sehen wenig geändert; nur die Höhle ist noch etwas grösser, und die Zellen sind etwas kleiner und zahlreicher geworden. Pathologische Veränderungen konnten in Schnittserien mehrerer Eier in keiner Weise wahrgenommen werden. 348 Oscar Hertwig: Von seinem ersten Beginn bis zu seiner Vollendung zieht sich der Gastrulationsprocess mit derselben Langsamkeit Tag für Tag hin, so dass bis zur Ausbildung eines ringförmigen Blasto- porus wenigstens wiederum 10 Tage vergehen. Als die Eier zum letzten Male nach 30 Tagen untersucht wurden, war der Urmund noch als kleiner weisser Punkt (Tafel I, Fig. 13) zu sehen und auf der Oberfläche der Kugel begann sich die Me- dullarplatte von ihrer Umgebung ein wenig abzugrenzen. Wie gesagt, wurden trotz der während eines ganzen Monats enorm verlangsamten Entwicklung Anzeichen eines pathologischen Processes bei den Eiern nicht bemerkt; indessen glaube ich, dass man bei weiterer Ausdehnung des Versuches doch keine lebens- fähigen Larven züchten wird. Denn wenn die Entwicklung den- selben Schneckengang bei der Temperatur von 1,50 beibehält, so sind gewiss noch Monate erforderlich, ehe gestreckte Larven mit Kiemenbüscheln entstehen, die im Stande sind die Eihüllen zu verlassen. Wahrscheinlich werden sich doch von Woche zu Woche mehr kleine Schädigungen bemerkbar machen, die schliesslich ein langsames Absterben der Eier herbeiführen werden. Jeden- falls aber lehrt unser Versuch, dass schon bei 1° die Eier von Rana fusca in die Entwicklungsbewegung, wenn auch ausser- ordentlich langsam, eintreten und sie auch wochenlang unter- halten können. Die untere Grenze der Entwicklungsfähigkeit der Eier liegt daher zwischen + 1° und 0°, wobei wir die oben gemachte Einschränkung uns vorbehalten. Ein Moment will ich noch hervorheben, welches mir darauf hinzuweisen scheint, dass abnorm niedrige Temperaturen von einigen Graden über dem Nullpunkt bei längerer Dauer doch allmählich der Constitution der Eier nachtheilig sind. Während nämlich bei mittleren Temperaturen von den in einem Gefäss unter denselben Bedingungen befindlichen Eiern eines wie das andere fast genau auf demselben Stadium der Entwicklung an- getroffen wird, bilden sich hier nicht unerhebliche Verschieden- heiten heraus. Zum Beweis diene folgender Befund (Fig. 35). In dem Bassin, dessen Wassertemperatur 2,5—3° betrug, befanden sich die Eier nach 12 Tagen in voller Umwandlung zur Gastrula, ein Process, der schon 4 Tage vorher auf dem allerfrühesten Stadium beobachtet werden konnte. Sie boten aber jetzt ein sehr verschiedenes Aussehen unter einander dar. Denn bei einigen Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 349 (A) zeigte der Urmund noch die Form eines Hufeisens, bei anderen (B) war er zu einem runden weiten Ring geschlossen, und bei wieder anderen (C) hatte sich der runde Blastoporus schon zu einer ziemlich engen Oeffnung zusammengezogen. Nun sind bei der niederen Temperatur von 2,5° meiner Meinung nach einige Tage erforder- 2. © lich, ehe aus einem huf- 6% 2 eisenförmigen Urmund sich die enge Form des f BN ringförmigen Blastopo- ae rus ausgebildet hat. Es Tree i i Bei einer Temperatur von 21/0, 3° ent- sind daher.manche Eier wiekelte Eier der Versuchsreihe B auf 3 hinter den übrigen in verschiedenen Phasen des Gastrulations- Bere Silben Brssinishe- processes. 12 en Befruchtung findlichen erheblich in ihrer Entwicklung zurückgeblieben. Es scheint mir dies auf einer geringen Abnahme ihrer Lebenskraft, auf einer Schädigung ihrer Constitution, zu beruhen. Auch auf botanischem Gebiet hat man bei keimenden Samen beobachtet, „dass bei nur langsamer Regung der Lebensthätig- keit die Gefahr des Verkommens gross ist.“ (Pfeffer, S. 128.) Noch mehr aber lehren die Ergebnisse unseres zweiten Versuchs (A), dass die Uebertragung der Eier in stark abge- kühltes Wasser unter Umständen mit einer dauernden Schädigung für sie verbunden ist. Allerdings begannen sich auch in diesem Fall die Eier zu entwickeln; doch schon beim Furchungsprocess machten sich Eigenthümlichkeiten, die im nächsten Abschnitt ihre Besprechung finden werden, bemerkbar; sie steigerten sich im weiteren Verlauf der Furchung und führten schliesslich in den am meisten abgekühlten Gefässen zum allmählichen Absterben der Eier, nachdem sie sich schon in Tausende von Zellen ge- theilt hatten und bei Betrachtung ihrer Oberfläche das Stadium der grobzelligen Morula darboten. Die an mehreren auf einander folgenden Tagen vorgenommene Untersuchung der Eier, die sich bei einer Wassertemperatur von 2,5° entwickelten, führte zu folgenden Befunden: Am zweiten Tag nach der Befruchtung war wie bei der Versuchsreihe B, so auch hier das Ei in eine beträchtlichere An- zahl von Zellen zerlegt, die nach dem vegetativen Pol zu sehr 350 Dsear/Hertwrg: gross, nach dem animalen Pol zu erheblich kleiner sind. Was aber sofort auffällt, ist der Umstand, dass die dort (Fig. 35) wohl ausgebildete Furchungshöhle hier ganz fehlt (Fig. 36). Die zahlreichen Zellen schliessen ohne Ausnahme mit ihren Ober- flächen dieht aneinander; und zwar ist dies kein vereinzelter Befund, sondern alle Durchschnittsserien bieten das gleiche Aus- sehen dar. Am vierten und fünften Tag nach der Befruchtung haben die Zellen fortgefahren, sich langsam zu theilen. Die Eier bieten Pu36. äusserlich das Bild einer Morula dar, an Be welcher man bei schwacher Lupenbe- trachtung die einzelnen Zellen noch als Körner von einander unterscheiden kann. An Durchschnitten durch viele Exemplare ist aber auch jetzt noch keine Spur einer Furchungs- oder einer Keimblasenhöhle aufzufinden. In den nächstfolgenden ur Tagen bieten die Eier noch ziemlich en genau denselben Anblick dar; die Ver- der Versuchsreihe A. 2 mehrung der Zellen kann keine grossen ie A al 2 Fortschritte gemacht haben; in verein- DurchihreabnormeRlein- zelten Eiern ist in der animalen Hälfte en ae ein ganz kleiner Hohlraum aufgetreten, Eine Furchungshöhle der als Rudiment einer Keimblasen- Zenit, höhle betrachtet werden kann; in an- deren fehlt auch dieses Rudiment. Ueber das Morulastadium kamen die Eier nicht hinaus; nach einigen Tagen begannen sie abzusterben, indem ihre Zellen sich veränderten und zerfielen. Selbst Eier, die am zweiten Tage mit einer Portion kalten Wassers in ein grösseres Uhrschälchen übertragen und in das warme Zimmer gestellt wurden, entwickel- ten sich nicht rascher und waren nicht mehr vom Untergang zu retten. Dieselben Veränderungen mit demselben Ausgang boten die bei 4° gezüchteten Eier. Erst in dem Gefäss mit 6° Wassertem- peratur machten sie in der Entwicklung bessere Fortschritte. Zwar war auch bei ihnen am ersten Tag nach der Befruchtung, wo schon ein Haufen grosser Zellen gebildet war, noch keine Furehungshöhle vorhanden; sie begann aber am folgenden Tag Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 351 aufzutreten, als die Zellen schon ziemlich klein geworden waren; sie vergrösserte sich hierauf von Tag zu Tag, ohne aber je die Ausdehnung wie bei den Eiern der Serie B zu erreichen. Vier Tage nach der Befruchtung begann die Gastrulation. Nach 8 Tagen war bei vielen Eiern ein enger, ringförmiger Blasto- porus zu beobachten, während einzelne noch auf dem Blastula- stadium verharrten. Aus einem Theil der Eier wurden normale Larven mit Kiemen gezüchtet; ein anderer Theil lieferte patho- logische Produete, auf welche die Untersuchung nicht ausgedehnt wurde. In den Ergebnissen der beiden Parallelversuche herrscht eine beträchtliche Verschiedenheit. In dem einen Fall ist die Entwicklung sehr verlangsamt, zugleich aber, soweit sich über- sehen liess, normal; hier ist sie ausser der Verlangsamung zu- gleich in erheblicher Weise gestört. Denn dass die Zellen nicht mehr ganz normal sind, auch wenn sie fortfahren sich zu theilen, lässt sich schon daraus schliessen, dass die Bildung der Furchungs- und Keimblasenhöhle nicht mehr zu Stande kommt. Wahrschein- lich sind mehr die Funetionen ‚des Protoplasmas als des Kerns die geschädigten, und ihre Störung hat schliesslich den allmäh- lichen Zerfall des ganzen Zellenorganismus zur Folge. Es lässt sich nun hier die Frage aufwerfen, wodurch in dem einen der Parallelversuche die Eier geschädigt worden sind! Die niedere Temperatur allein kann hierfür nicht verantwortlich gemacht werden, denn dann hätte auch in dem anderen Experi- ment dieselbe Wirkung hervortreten müssen. Nicht minder ist die Erklärung zurückzuweisen, dass das FEimaterial von Haus aus schon krank gewesen sei; denn dagegen spricht, dass die Eier desselben Weibchens ja auch zu den übrigen Teemperatur- versuchen gedient und sich hier zu normalen Larven entwickelt haben. Die Erklärung wird daher nach meiner Meinung ineineretwasverschiedenen Ausführung der beiden Experimente zu suchen sein. Bei Versuch A sind die Eier bald nach der Befruchtung in die Gefässe mit kaltem Wasser übertragen worden und zwar so, dass sie zuerst in das Gefäss mit 7°, dann 6° u.s. w. kamen, bis zuletzt eine Portion in das Wasser von 1,50 gebracht wurde. Die Uebertragung der Eiportionen aus dem einen in das nächst- folgende kältere Gefäss wurde aber ziemlich rasch vorgenommen, 352 Oscar Hertwig: so dass in nicht allzu langer Zeit nach der Befruchtung alle Gefässe beschickt waren. Die Eier waren daher schon bald nach der 3efruchtung dem Einfluss der extremen Temperatur ausgesetzt. In dem Versuch B war ich in einer etwas schonenderen Weise bei der Uebertragung der Eier in die kalten Wasserbassins vorgegangen. Da ich auf die schlechte Entwicklung der Eier in der Kälte bei dem am 12. März begonnenen Versuch schon einigermaassen aufmerksam geworden war, brachte ich diesmal las Eimaterial viel später nach der Befruchtung in die Gefässe mit niederer Temperatur. Es kam 2 Stunden nach der Be- fruchtung in das 9° kalte Wasser und wurde von hier in die noch kälteren Gefässe so langsam von einem‘ zum anderen übertragen, dass bis zur Uebertragung in das kälteste Gefäss von 1,5° noch 1!/, Stunde verging. Es haben daher in dem Versuche B die Eier nur während der letzten Phasen der zur Zweitheilung führenden Processe unter dem Einfluss der niedrigsten Temperatur gestanden. Hiernach scheint mir die Erklärung nahe zu liegen, dass in der Versuchsreihe A die Eier, weil sie zu rasch und zu früh- zeitig in die Kältegefässe übertragen worden sind, eine Schädi- sung in ihrer Constitution erlitten haben, welche sich beim wei- teren Verlauf der Entwieklung in immer stärkerem Maasse geltend gemacht hat. Bei der zu raschen Uebertragung hat entweder die unvermittelte Einwirkung einer grösseren Temperaturdifferenz schädigend gewirkt, oder es sind die Eier dem Einfluss der Kälte auf einem Entwicklungsstadium ausgesetzt worden, auf welchem sie dagegen empfindlicher sind. Vielleicht haben auch beide Momente zugleich ihren Antheil an der Schädigung. Dass ohne Vermittelung eintretende, grössere Teemperatur- differenzen Störungen in der Entwieklung hervorrufen, hat auch Kaestner (9) bei seinen Studien am Hühnerei wahrnehmen können. Er bemerkt: „Meine Versuche lehrten mich, dass bei einer direeten Uebertragung angebrüteter Eier nach der 18. Bebrütungsstunde aus dem Brütofen in 10° oder 5° der Embryo regelmässig in 1—2 Stunden abstirbt. Um dies zu verhüten, hat man die Eier zunächst zwei Stunden lang in einer Mittel- temperatur (gewöhnliche Zimmertemperatur) abkühlen zu lassen, dann kann man sie, ohne den Embryo zu schädigen, in kühlere Temperatur übertragen.“ Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 353 Aber aueh das Entwieklungsstadium selbst, auf welchem sich das Ei zur Zeit befindet, wo es der Temperaturveränderung ausgesetzt wird, scheint mir nicht ohne Einfluss auf den wei- teren Verlauf zu sein. Ich habe bei den verschiedenartigen, an dem Froschei ausgeführten Experimenten, welche sich über verschiedene Jahre erstrecken, immer den Eindruck ge- wonnen, dass es vor, während und in der ersten Zeit nach der Befruchtung gegen Eingriffe empfindlicher ist als auf den nächst ansehliessenden oder gar den späteren Stadien. Auch höhere Temperaturen verträgt das Ei, wie mich verschiedene Versuche gelehrt haben, besser zur Zeit, wo die erste Theilung dem Ab- schluss nahe oder schon abgelaufen ist, als auf den vorausgehen- den Vorbereitungsstadien. Ich bringe diese Erscheinung damit in Zusammenhang, dass später Kern und Protoplasma in eine regere Wechselwirkung zu einander getreten sind. Auch Kaestner ist bei seinen Versuchen zu dem Ergeb- niss gelangt, dass Hühnereier auf verschiedenen Stadien ihrer Entwieklung sich gegen eine Unterbrechung der Bebrütung durch Abkühlung und Herbeiführung von Kälteruhe sehr verschieden verhalten. Er bemerkt: „Nach sechsstündiger Bebrütung liess ich ein Ei 16 Tage lang abkühlen, ohne dass die Möglichkeit der Weiterentwickelung erlosch; eine 12 Stunden bebrütete Keim- scheibe blieb 13, eine 18stündige 9 Tage am Leben. Nach 24stündiger Bebrütung dagegen beträgt das Maximum der Kälte- ruhe nur noch 6 Tage, es vermindert sich dann weiter mit dem höheren Alter des bebrüteten Eies auf 5, auf 3, auf 2 Tage u. s. w. Die Bemerkungen auf den vorausgegangenen Seiten sind geeignet, einen Widerspruch aufzuklären, welcher zwischen ex- perimentellen Ergebnissen von Oskar Schultze (14) und von mir (6) zu bestehen scheint. Als ich 1894 zu dem Thema des Temperatureinflusses auf die Entwicklung des Froscheies meine ersten Vorversucbe machte, hatte ich in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie auch das folgende Ergebniss mitgetheilt: Es wurde eine Partie Eier kurze Zeit, nachdem sie be- fruchtet worden war, in einen Gefrierapparat gebracht und wäh- rend 24 Stunden bei einer Wassertemperatur von 0° erhalten. Es zeigte sich keine Theilung bei den Eiern. Der Entwieklungs- process war in jeder Riehtung vollkommen zum Stillstand ge- bracht, begann aber wieder, als am folgenden Tage die Eier aus 904 Oscar Hertwisg: dem Gefrierapparat herausgenommen und bei Zimmertemperatur weiter gezüchtet wurden. Jetzt erst trat normale Zwei-, Viertheilung u.s. w. ein. Eine Schädigung hatten indessen die Eier durch die so lange Zeit durchgeführte Abkühlung auf 0° und durch die so bewirkte Kältestarre und Hemmung des Entwicklungsprocesses doch erlitten. Sie glichen in vieler Beziehung in ihrem Verhalten den Eiern, die über 25° einige Zeit erwärmt worden waren. Bei einem Theil verlief die Entwicklung zwar in normaler Weise, aber erheblich langsamer als bei Eiern, die sich von vornherein in Zimmertemperatur befanden. Bei einem andern Theil war ein grösserer oder kleinerer Bezirk von der vegetativen Hälfte der Dotterkugel dauernd geschädigt, so dass er nicht in Zellen zer- legt werden konnte und von dem gesunden sich weiter ent- wickelnden Theil allmählich als unbrauchbar aus dem Entwicklungs- process ausgeschieden werden musste.“ In diesem Fall ist nach meinen Angaben die Schädigung noch eine grössere gewesen als in dem oben mitgetheilten Ver- such A. Es ist dies aber auch verständlich, wenn man erwägt, lass der Eingriff noch früher und unvermittelter erfolgt ist. Denn wie es heisst, wurden die Eier kurze Zeitnach der Befruchtung in einen Gefrierapparat gebracht. Zu besserer Erläuterung füge ich jetzt noch hinzu, dass die Eier in einem kleinen Becherglas mit Wasser in eine Mischung von Eis mit Salz eingeschlossen wurden. Da die Temperatur in einer frisch bereiteten Eismischung Anfangs noch einige Grad unter 0° beträgt, wird das Wasser im Becherglas sehr rasch bis auf den Nullpunkt, vielleicht vorübergehend auch noch etwas unter den- selben abgekühlt worden sein. Auknüpfend an meine Untersuchungen und gewissermaassen im Gegensatz zu ihnen hat bald darauf Oskar Schultze die unabhängig von ihm angestellte Beobachtung mitgetheilt, dass Froscheier auf dem Gastrulastadium 14 Tage lang auf 0° abge- kühlt und in vollkommene Kältestarre versetzt werden können, ohne dadurch den geringsten nachtheiligen Einfluss zu erfahren. Denn wenn sie wieder in Zimmertemperatur gebracht wurden, begannen sie sich zu normalen Embryonen weiter zu entwickeln. Nach meinen oben gegebenen Auseinandersetzungen sind die von Schultze und mir mitgetheilten Resultate recht gut mit einander zu vereinbaren. Denn eben befruchtete und auf. dem Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 355 Gastrulastadium stehende Froscheier sind doch wesentlich ver- schiedenartige Versuchsobjeete und was die letzteren, brauchen nieht die ersteren zu vertragen. Auf der einen Seite haben wir eine mächtige Dottermasse mit einem einzigen winzigen Kern, der unter Umständen noch nicht einmal den Einfluss der Be- fruchtung erfahren hat; auf der anderen Seite dieselbe Dotter- masse, zerlegt in viele kleine selbstständige Lebenseinheiten und durehsetzt von vielen Tausenden von Kernen, die durch die Be- fruchtung, neue Impulse gewonnen haben. So verschieden orga- nisirte Versuchsobjeete reagiren eben nicht in gleicher Weise auf die Einwirkung abnorm niederer Temperaturen. Wie beim Froschei, habe ich (4) den schädigenden Einfluss von Temperaturen, die um 0° und unter 0° liegen, wenn sie un- vermittelt am Beginn der Entwieklung einwirken, auch bei den eben befruchteten Eiern des Seeigels festgestellt, und L. Sala (13) hat Entsprechendes in seinen an Ascaris megalocephala aus- geführten Experimenten gefunden. Im Uebrigen habe ich auch die Versuche von ©. Schultze wiederholt und zwar mit Froscheiern, die sich zum ersten Male getheilt hatten. Ich habe sie in einem kleinen, mit Wasser ge- füllten Glasgefäss in einem kalten Raum auf ein grosses Eisstück gestellt, rings mit Eis umgeben und in das Glas selbst einige kleine Eisstückehen zeitweise hineingelegt, so dass die Tempe- ratur nahezu auf den Nullpunkt herabgedrückt war. Die Ent- wieklung wurde so während der Abkühlung zum Stillstand einige Tage, die der Versuch dauerte, gebracht. Jetzt zeigten die Eier keine Schädigung. Denn wie sie nach einem Tag oder nach meh- reren Tagen aus dem kalten Gefäss herausgenommen und in einer mit dem kalten Wasser gefüllten Uhrschaale in das warme Zimmer gestellt wurden, begannen sie sich bald wieder zu theilen und lieferten normale Larven. So schliesse ich denn diesen Absehnitt mit der Bemerkung: Bei dem Studium der Einwirkungen verschiedener Temperaturen auf das sich entwickelnde Ei ist es für den Ausfall des Expe- rimentes nieht gleichgültig, auf welchem Entwicklungsstadium und unter welchen Bedingungen die Versuche ausgeführt werden. Gleiche Ergebnisse kann man nur erwarten bei gleichem Versuchs- material und bei genau den gleichen Versuchsbedingungen. Denn das lebende Ei ist ein sehr empfindliches Reagens. 356 Oscar Hertwig: B. Versuche an Rana esculenta. Des Vergleichs halber dehnte ich meine Untersuchungen auch auf Rana esculenta aus, deren Laichperiode von Ende Mai bis Ende Juni reicht. Es ergab sich hierbei das interessante Resultat, dass bei dieser Art die obere Temperaturgrenze erheb- lich höher liegt als bei Rana fusca. Denn während bei dieser das Maximum etwa 24° beträgt, ist es bei Rana esculenta auf 32—33 hinaufgerückt. Es scheint daher bei den beiden Froscharten eine ungleiche Anpassung an die Temperatur eingetreten zu sein, entsprechend den verschiedenen Laichzeiten, die bei R. fusca in den März mit seiner niederen Wassertemperatur und bei R. es- eulenta in den Juni mit der höheren Wassertemperatur fällt. Es ist zu erwarten, dass bei R. eseulenta auch die untere Temperatur- grenze höher liegen wird als bei R. fusca; doch wurde dieses Verhältniss noch nicht ermittelt, da ich einstweilen auf die Unter- suchung des Einflusses der Wärmegrade von 1° bis 10° ver- zichtet habe. Bekanntlich kommen gerade bei R. esceulenta, was bei R. fusca bei weitem nicht in dem Maasse der Fall ist, erhebliche Differenzen in der Grösse sowohl zwischen den Eiern ein und desselben Weibehens, besonders aber zwischen denen verschiedener Individuen vor. Bei einem sind die Eier reichlicher, bei einem anderen spärlicher mit Dottermaterial ausgestattet. Die letzteren sind, wie ich aus verschiedenen Versuchen glaube folgern zu dür- fen, noch widerstandsfähiger gegen hohe Temperaturen als die dotterreichen grossen Eier; für sie ist auch nur das Maximum von 32—35° ermittelt worden. Verschiedenheiten im Ausfall des Versuchs werden auch hervorgerufen, je nachdem die Eier langsamer oder rascher von einem Bassin in das nächst höher temperirte übertragen und je nachdem sie schon längere Zeit oder erst kurz vor Eintritt der ersten Theilung dem Einfluss der maximalen Temperatur unter- worfen werden. Bei Ueberschreitung des Temperaturmaximums werden ähn- liche Erscheinungen bei Rana eseulenta wie bei R. fusca hervor- gerufen. Bei stärkerer Schädigung bleibt der Furehungsprocess eine Zeit lang auf die Umgebung des animalen Poles beschränkt; die unpigmentirte Dottermasse wird nur durch die erste Furche halbirt, dann bleibt sie ungetheilt und verändert in Folge ein- Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 357 tretender partieller Gerinnungsprocesse ihre Farbe. Früher oder später sterben darauf auch die animalen Zellen ab. An der Grenze des Temperaturmaximums machen sich auch hier wieder innerhalb ein und desselben Versuchsmaterials kleine Unterschiede bemerkbar. Während ein Theil der Eier ganz oder mehr oder minder normale Embryonen, die sich ausser- ordentlich rasch entwickeln, liefert (siehe S. 365), entstehen aus einem anderen Theil verschieden geformte Monstrositäten. Diese werden hauptsächlich dadurch hervorgerufen, dass die etwas geschädigte vegetative Hälfte des Eies in geringerem oder höheren Grade beim Gastrulationsprocess in die Urdarmhöhle nieht mit aufgenommen wird. Es kommen aber hierbei weniger die für Rana fusca so charakteristischen Embryonen mit Spina bifida zu Stande, als Embryonen mit pathologisch verändertem, hinterem Körperende. Bei leichteren Graden der Störung sieht bei den Embryonen, die gestreckt sind und Kopf und Rücken mit den Axenorganen ange- legt haben, ein grosser Dotterpfropf aus der weiten, einen grossen Ring bildenden Afteröffnung hervor. Sie entsprechen etwa den Formen, welche ich in meiner Abhandlung „Urmund und Spina bifida“ zu einer dritten Gruppe mit der Ueberschrift: partielle Urmundspalte in der Aftergegend, zusammengestellt habe. Eine Abbildung einer solchen Störung bei Rana fusca findet sich da- selbst auf Taf. XVI, Fig. 28. Für R. eseulenta werde ich in einer nächsten Arbeit, welehe über die Versuche mit Centrifu- galkraft handelt, mehrere ähnliche Fälle abbilden. Bei stärkeren Graden der Schädigung hat sich aus dem gesunden Zellenmaterial nur ein vorderes Stück des embryonalen Körpers, der Kopf mit einem angrenzenden Theil des Rumpfes, entweder normal oder auch nur in deformirter Weise entwickeln können, während der geschädigte Rest der Zellen und besonders wieder das Dottermaterial an dem von vorn nach hinten fort- schreitenden Entwicklungsprocess nicht mit hat Theil nehmen können... Dem entwickelten Kopfende bleibt daher ziemlich un- vermittelt der undifferenzirte Rest des Eies ansitzen. Wir er- halten so als Folge des schädigenden Einflusses der Wärme eine genau entsprechende Missbildung, wie sie Roux bei seinen Anstich- versuchen seiner Zeit als Hemiembryo anterior beschrieben und abgebildet hat. \ 358 Oseär Heriwig: Kinfluss' verschiedener "Tempetaturcrade sans die Geschwindigkeit der Entwicklung des Eies innerhalb der physiologischen Skala. A. Rana fusea. Die Temperaturskala, innerhalb welcher bei Rana fusca die Entwicklung in normaler Weise vor sich geht, reicht von 1° bis 24°; hat also einen sehr erheblichen Umfang. Wie schon ein flüchtiges Studium "lehrt, entspricht jedem Temperaturgrad ein genau bestimmtes Tempo des Entwicklungsprocesses: jede Er- höhung der Temperatur um 1 Grad beschleunigt das Tempo um ein bestimmtes Maass bis zu einem Optimum, ‘dessen Ueber- schreitung die oben beschriebenen Störungen und weiterhin das Absterben des Eies herbeiführt; umgekehrt setzt jede Verminde- rung der Temperatur das Tempo der Entwicklung allmählich herab, bis ein Punkt erreicht wird, auf welchem der Entwicklungsprocess ganz zum Stillstand kommt. Dieser Punkt liegt etwa um 0 Grad herum. Um zu messen, wie viel durch Erhöhung oder Ermiedrigung der Temperatur um einzelne Grade der Entwicklungsprocess be- schleunigt oder verlangsamt wird, kann man gewissermaassen als Marken besonders eharakteristische und gut zu definirende Form- zustände des Eies und des Embryo benutzen. Die Zeiten, die bei verschiedenen Temperaturen erforderlich sind, um eine be- stimmte Marke im Entwicklungsprocess zu erreichen, liefern uns dann vergleichbare Maasse für die in den einzelnen Fällen ge- leistete Entwicklungsarbeit. So sind am Anfang der Entwicklung leicht bestimmbare und brauchbare Marken die einzelnen Theilungs- stadien; später, wenn die Zellen kleiner werden und daher nicht mehr gut zu zählen sind, sind Merkmale wie der Beginn des Gastrulationsprocesses, das Stadium, wo der Urmund Ringform an- genommen hat, das Auftreten der Medullarwülste, der Embryo mit Kopf und Schwanzknospe, das Auftreten der Kiemen, der Kiemendeckelfalte oder des Kiemenlochs ete. gut zu verwerthen. Um das der messenden Bestimmung zu Grunde liegende Stadium besser kenntlich zu machen, kann man es dureh Zeichnung fixiren, eventuell auch die Länge des Embryo durch Messung genau fest- stellen. } Die durch das angegebene Verfahren erhaltenen und unter Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 359 einander vergleichbaren Werthe sind rascher und bequemer zu über- blicken, wenn man sich der graphischen Methode bedient, welche auch hier grosse Vortheile darbietet. Auf eimem in kleine Qua- drate getheilten Blatt Papier (s. Tabelle I und II) ziehen wir eine horizontale Linie (Abseisse) und tragen auf ihr die einzelnen Temperaturgrade von 0 bis 24°, von rechts beginnend, wie eine Thermometerskala ein. Auf der Abseisse errichten wir eine verticale Linie, die Ordinate, und theilen sie, von unten beginnend, nach dem Zeitmaass ein, wobei wir für die ersten Theilungssta- dien die Stunde, für die weiteren Entwicklungsstadien den Tag als Einheit wählen. Eine übersichtliche Tabelle über die in unse- ren Versuchen erhaltenen Resultate lässt sich dann leicht in der Weise zusammenstellen, dass man bei den einzelnen Temperatur- graden, die auf der Abseissenlinie angegeben sind, als Ordinaten die Zeiteinheiten einträgt, die zur Erzielung eines wohl charak- terisirten Entwicklungsstadiums bei einer bestimmten Tempera- tur erforderlich sind, zum Beispiel zur Erreichung der ersten oder zweiten oder dritten T’heilung, des Gastrulastadiums, eines Em- bryo von dieser oder jener durch Zeichnung genauer fixirten Form und Grösse. Wenn wir die Endpunkte der Ordinaten, die für ein einzel- nes Entwicklungsstadium und bei verschiedenen Temperaturgraden ermittelt und über der Thermometerskala der Abseissenlinie er- richtet sind, unter einander durch eine Linie verbinden, erhalten wir eine Curve, welche uns in dem betreffenden Fall die Ab- hängigkeit der Entwicklung des Froscheies von der Temperatur veranschaulicht. Hierbei lassen sich die für dieverschiedenen Temperaturenermittel- ten, durch die Länge der Ordinaten ausgedrückten Werthe unter einander vergleichen und anein- ander messen. Denn wir können wohlannehmen, dass das Quantum der Arbeit, welches im Entwick- lungsprocess zur Erreichung eines bestimmten Bildungsstadiums geleistet werden muss, das gleiche ist, ob die Temperatur 10 oder 15 oder 20 Grad dabei beträgt. Nur wird die gleiche Arbeit je nach der Temperatur in verschiedenen Zeiten geleistet. Wenn bei Temperatur x das Entwick- lungsstadium a in einem Tag, bei Temperatur y Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 24 360 Oscar Hertwig: dagegenin 3 Tagen erreicht wird, so ist in letz- terem Fall diein der Zeiteinheit geleistete Ar- beitsane YI soreross alsfber Temperatur: Auf ein und dieselbe Tabelle kann man ferner die für verschiedene, aufeinander folgende Entwicklungsstadien ermittel- ten Temperatureurven eintragen, sie mit einander vergleichen und durch einen Blick auf-.die verschiedenen Curven und Zahlenwerthe sich ein anschauliches Bild davon verschaffen, wie sich ein grös- serer Abschnitt des Entwieklungsprocesses bei verschiedenen Tem- peraturgraden gestaltet. Mein erstes Studium galt dem Ablauf des Furchungs- processes, der Zerlegung des Eies im2, in 4’und 8 Zellen bei verschiedenen Temperaturen. Die hierfür erhaltenen Curven sind auf eine besondere Tabelle (Nr. I) eingetragen, da hier als Zeitmaass die Stunde benutzt werden musste. Die Bestimmungen, bei welchen die Herren Dr. Krause und Jablonowski mich freundlichst unterstützten, wurden zwei Mal ausgeführt, in einem am 12. März und in einem zweiten am 21. März vorgenommenen Experiment. Bei dem grossen und dotterreichen Froschei nimmt bei den 2 ersten Theilstadien die vollkommene Durchtrennung eine ziem- lich lange Zeit für sich in Anspruch; die Furchen werden am animalen Pol sehr viel früher sichtbar, als sie am vegetativen Pol durchschneiden. So kann die zweite Theilung schon wieder beginnen, noch ehe die erste ihren Abschluss gefunden hat, und ebenso die dritte noch vor Beendigung der zweiten. Daher schien es mir richtiger, bei den ersten beiden Theilungen als Marke nicht das Ende der Durchtrennung, sondern den Beginn der Theilung zu wählen, nämlich den Moment, wo der soge- nannte Faltenkranz am animalen Pol gut ausgeprägt zu sehen war. Zu dem Zwecke mussten öfters einige Eier aus dem Bassin herausgenommen, auf einen Objeetträger gebracht, mit einem zweiten mit entsprechend dieken Schutzleisten versehenen Object- träger bedeekt und unter dem Mikroskop mit schwachem Ob- Jeetiv oder mit einer starken Lupe bei auffallendem Lieht und guter Beleuchtung untersucht werden. Die dritte Theilung ver- läuft äusserlich rascher, da die kleinen animalen Zellen von der Dottermasse durch eine Ringfurche bald allseitig abgegrenzt sind. In diesem Fall diente die Ausbildung der Ringfurche zur Abgrenzung. Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 361 Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dass man bei Ausführung dieser Bestimmungen nur annähernd vergleich- bare Werthe erhält, da sich den Eiern nicht so genau ansehen lässt, ob das eine genau auf derselben Phase des Theilprocesses wie das andere steht. Gehen wir nach diesen Vorbemerkungen zum Studium der Tabelle Nr. I über. Auf ihr sind die Ergebnisse des einen Experimentes (A) mit schwarzen, diejenigen des zweiten (B) mit rothen Curven eingetragen. Die für die erste Theilung erhaltenen Werthe geben uns die Curven A! und B!; für die zweite Theilung die Curven A? und B?, für die dritte Theilung die Curven A® und B°, Als erstes Ergebniss lehren die gewonnenen Curven, dass innerhalb der Temperaturskala von 24 bis zul5® mitAbnahme der Wärme die Theilungs- geschwindigkeit gleichfalls allmählich abnimmt. In der Versuchsreihe A begann bei den Eiern, die sich bei 24° entwickelten, die erste Theilung nach 2 Stunden 10 Minuten, die zweite Theilung nach 2 Stunden 40 Minuten und die dritte Theilung nach 3 Stunden 25 Minuten an aufzutreten. In diesen wie in allen späteren Angaben ist die Zeit immer von der Vor- nahme der Befruchtung an gerechnet. Bei einer Temperatur von 15° dagegen zeigten die Eier den Faltenkranz der ersten Thei- lung erst nach 3 Stunden; sie schiekten sich zur zweiten Thei- lung nach 4 Stunden 10 Minuten und zur dritten Theilung nach 5 Stunden 35 Minuten an. Hier ist also im Vergleich zu den bei 24° erhaltenen Werthen die erste Theilung um 50, die zweite um 90 und die dritte um 150 Minuten später als die ihr ent- sprechende Theilung bei der höheren Temperatur eingetreten. In beträchtlich rascherem Tempo nimmt die Geschwindig- keit des Entwickelungsprocesses innerhalb der niederen Tempe- raturen von 7° bis 2° ab. Denn bei 5° wird die erste Furche nach 9 Stunden 15 Minuten, die zweite nach 14 Stunden 50 Minuten und die dritte nach 18 Stunden 25 Minuten bemerkbar. Bei 3° ist der Process noch in viel erheblicherem Maasse verlangsamt. Denn wir erhalten für die erste, zweite und dritte Theilung die Werthe: 12 Stunden — 18 Stunden 15 Minuten — 26 Stunden. Bei 3° haben also in der vorliegenden Versuchs- reihe die mit der Befruchtung und ersten Theilung zusammen- 362 Oscar Hertwig: hängenden Processe 5 Mal so viel Zeit in Anspruch genommen als bei 24°, dort 12, hier 2 Stunden 10 Minuten. Die Entwick- lung bis zur dritten Theilung hat sogar mehr als das siebenfache der Zeit gedauert, dort 26, hier 3 Stunden 25 Minuten. Wir sehen daher in unserer Tabelle die Curven, je mehr wir uns dem 0-Punkt der Temperatur nähern, um so mehr steil aufsteigen und aus der mehr horizontalen in eine mehr verticale Richtung um- biegen. Eine weitere Eigenthümlichkeit der für die einzelnen Theil- stadien gewonnenen und unter einander in die Tabelle einge- tragenen Curven besteht darin, dass sie von der Maximaltempe- ratur (24°) an, wo sie dieht zusammenliegen, nach dem Null- punkt der Temperatur zu von einander allmählich divergiren und zwar um so stärker, je mehr wir uns dem Nullpunkt nähern. Von den Zahlenwerthen, welche im ersten Versuch für die Entwicklung bei niederen Temperaturen ermittelt wurden, weichen die beim zweiten Versuch B erhaltenen und durch die rothen Curven graphisch dargestellten Werthe nicht unerheblich ab. Denn bei 5° erhalten wir für die 3 ersten Theilungen die Werthe: 4 Stunden 25 M. — 7 St. 45 M. — 12 St. 30 M. und bei 3° die Werthe: 4 Stunden 45 M. — 8 St. 10 M. — 13 St. 20 M. Beim Versuch A dagegen wurden bei 3° die Zahlen 12 — 18 26 Stunden für die 3 Theilungen ermittelt. Die rothen Curven steigen daher in der Nähe des Nullpunktes viel weniger steil an als die schwarzen. Die sehr auffällige Differenz kann nur mit der Verschieden- heit der Versuchsbedingungen zusammenhängen, auf welche ich Seite 351 schon näher eingegangen war. Auch hier scheint mir die grössere Verlangsamung des Furchungsprocesses in dem Ver- such A seine einfachste Erklärung in der schon oben gemachten Annahme zu finden, dass durch das eingeschlagene Verfahren die Eier im ihrer normalen Beschaffenheit offenbar eine Aende- rung erfahren haben, wodurch das Resultat des Versuchs beein- flusst worden ist. Ueberhaupt sind die Froscheier, was ich an dieser Stelle noch besonders hervorheben will, in Anbetracht mehrerer nicht ganz zu vermeidender Fehlerquellen gerade nicht das am meisten geeignete Material zum Studium des Furchungsprocesses unter Tabelle T. AIR: EN STERN HEN ER ET TEE ET EEE N 2 Lith. Anst.u Werner Winter, Frankfart?W. a Ir EN Ba Bu N wa h jr a N N DEE RE a ee 1% Kr, M v Bi er d8 (a BR x BR j. Pen Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 363 dem Einfluss verschiedener Temperaturen, wenn man möglichst exacte Werthe erhalten will. Es hängt dies mit ihrer Grösse und mit ihrem Dotterreichthum zusammen. In Folge dessen ver- laufen die ersten Processe, die Befruchtung, die erste und die zweite Durchtheilung der Eikugel sehr langsam und geben von Anfang an zu kleinen Verschiedenheiten Veranlassung. So ist es bei einer grösseren Menge von Froscheiern wohl kaum zu er- reichen, dass die Befruchtung bei allen A tempo erfolgt. Schon um das in den 2 Uteri eines Weibehens enthaltene Eimaterial in Uhrschälehen mit Samenflüssigkeit nach der bekannten Me- thode zu übertragen, sind 10—15 Minuten erforderlich, so dass der erste Theil der Eier 10—15 Minuten früher als der letzte mit dem Samen in Berührung kommt. Weitere kleine Unter- schiede werden dadurch hervorgerufen werden, dass die Samen- fäden die dicken Gallerthüllen nicht bei allen Eiern in derselben Zeit durchsetzen und dass ihre Kerne im Dotter den grossen Weg bis zur Erreichung des Eikerns nicht gleichzeitig zurück- legen werden. Man hat daher von Haus aus es nicht mit einem homogenen Material zu thun. Dazu kommt die Schwierigkeit nach demselben Maassstab den Zeitpunkt zu bestimmen, auf welchen man in jedem einzel- nen Fall den Beginn der ersten, der zweiten und dritten Furche verlegen will. Denn jede Furche tritt zuerst kaum wahrnehmbar auf und wird allmählich deutlicher, was namentlich bei niederen Temperaturen sehr langsam vor sich geht. Von einer wirklich exacten Bestimmung kann daher der ganzen Natur des Objeetes nach keine Rede sein. Die Fehlerquellen werden ferner noch dadurch vergrössert, dass man sich kein Durchschnittsurtheil durch Untersuchung aller dem Versuch dienenden Eier bilden kann, da man sich begnügen muss, jedesmal einzelne Eier aus dem Bassin herauszunehmen und unter dem Mikroskop oder mit der Lupe zu bestimmen, ob eine Furche in Entwicklung begriffen ist. So läuft man Gefahr auch einmal nach Eiern, die entweder hinter dem Durchschnitt in der Entwickelung etwas zurückgeblieben oder ihm vorausgeeilt sind, Bestimmungen zu treffen. Neue Schwierigkeiten hängen damit zusammen, dass die dotterreichen Eier in die Gefässe mit extrem hohen oder niederen Temperaturen sehr vorsichtig und allmählich übertragen werden 364 Oscar Hertwisg: müssen, wenn sie keine dauernde Schädigung in ihrer Constitu- tion davon tragen sollen. Geschieht dies bei jedem einzelnen Versuch nicht genau in derselben Weise, so werden neue Unter- schiede im Ausfall der Versuchsergebnisse hervorgerufen. Zu alledem treten nun auch noch die Schwierigkeiten hinzu, wirk- lich eonstante Temperaturen in den einzelnen Wasserbassins für längere Zeiten zu erhalten. Die in den 2 Versuchen gewonnenen und in der Tabelle graphisch dargestellten Werthe können daher auch nur als an- nähernd richtig bezeichnet werden. Auch kann man den Curven schon ansehen, dass bei einzelnen Bestimmungen kleine Fehler mit untergelaufen sind, da sie eine gleichmässige Zunahme der Krümmung darbieten sollten. Wenn ich nun auch nicht sagen will, dass man nicht unter Beobachtung aller Cautelen beim Froschei zu genaueren Ergeb- nissen als in dieser Arbeit gelangen könnte, so steht andererseits für mich doch ausser Frage, dass im Allgemeinen zur Ausführung genauerer Messungen kleine, dotterarme, durchsichtige Eier un- streitig viel geeignetere Objeete sind als die dotterreichen und srossen Eier des Frosches. Besondere Vorzüge scheinen mir namentlich die Eier der Seeigel auch für die Untersuchung dieser Fragen darzubieten. Da sie im unbefruchteten Zustand einige Stunden lang im Seewasser verweilen können, ohne Schaden zu leiden, so können sie schon vor der Befruchtung allmählich in die Gefässe mit verschiedenen Wassertemperaturen vertheilt werden. Sie können ferner fast A tempo befruchtet werden, wenn man sich zuvor dünne Samenlösungen in Wasser von verschiedenen Temperaturen anfertigt und in die einzelnen Gefässe mit den Eiern giesst und vermischt, was sich in einigen Minuten ausführen lässt. Das Untersuchungsmaterial ist daher von An- fang an in viel höherem Grade ein homogenes, an welchem sich der Einfluss ungleicher Temperaturen in viel exacterer Weise wird prüfen lassen. Ferner kann man bei den kleinen Eiern die einzelnen Theilstadien gut gegen einander abgrenzen, da die Durchschnürung in wenigen Minuten vor sich geht und leicht zu beobachten ist. Nimmt man den Moment, wo die Durchschnürung gerade im Gange ist, die Zelle sich in die Länge streckt und die Form einer Sanduhr annimmt, bei jeder Theilung als Marke an, so Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 365 können die einzelnen Abschätzungen nur um Minuten differiren. Ferner kann man durch gleichzeitige Beobachtung einer grösseren Anzahl der kleinen Eier unter dem Mikroskop einen Durch- schnittswerth sich bilden und auch dadurch die Ermittelung zu einer fehlerfreieren machen. Ich behalte mir vor, bei sich dar- bietender Gelegenheit auch an diesem Material die Frage nach dem Einfluss der Temperatur auf den Furchungsprocess noch ge- nauer zu untersuchen. Das eben von dem Furchungsprocess Gesagte lässt sich auf die übrige Embryonalentwicklung beim Froschei nicht ausdehnen. Im Gegentheil bietet hier das Froschei als Untersuchungsobject für den Einfluss verschiedener Temperaturen grosse Vorzüge dar. Als ein soleher ist zu nennen seine Eigenschaft, dass es sich bei sehr verschiedenen Temperaturen in normalerWeise weiterentwickelt, was in diesem Maasse bei den meisten Wirbelthierklassen nicht der Fall ist. Zweitens durchläuft es während der Entwicklung zahl- reiche Stadien, die zur scharfen Characterisirung genügend äussere Merkmale darbieten, besonders wenn man sie durch Zeichnung fixirt. Drittens kommen die kleinen Differenzen, die beim An- fang der Entwicklung als störend empfunden wurden, als Fehler- quellen bei der weiteren Entwicklung weniger in Betracht, da es sich jetzt um längere Zeiträume handelt. Meine weitere Auf- gabe war daher: Den Einfluss verschiedener Temperaturen auf den Verlauf der Embryonalentwicklung wäh- rend eines längeren Zeitraumes zu untersuchen. Auch hier habe ich die gewonnenen Ergebnisse auf einer zweiten Tabelle, in welcher auf der Ordinate die Tage als Zeit- maass eingetragen sind, graphisch dargestellt. Es sind in den 9 Curven die Zeiten, innerhalb welcher 9 verschiedene Ent- ‚wicklungsstadien bei verschiedenen Temperaturen vom Froschei erreicht wurden, genauer ermittelt und aufgezeichnet worden. Die 9 Stadien, für welehe die mit den Zahlen 1—9 bezeich- neten Curven ermittelt wurden, sind folgende: 1. Gastrula mit weitem, eben erst zum Ring geschlossenen Urmund (Curve f. Stadium I, Taf. XV, Fig. 9). 2. Anlage der Medullarplatte zur Zeit, wo ihre Ränder sich zu den Medullarwülsten erheben und eine breite Rinne zwischen sich fassen (Curve f. Stadium II, Taf. XV, Fig. 10). 366 Oscar Hertwig: 3. Embryo mit kürzlich geschlossenem Medullarrohr, mit deutlich markirtem Kopfende, an welchem die Haftnäpfe ange- legt sind (Curve f. Stadium III, Taf. XV, Fig. 2). 4. Mehr in die Länge gestreckter Embryo, mit deutlich aus- seprägtem Schwanzende, das sich vom Rumpf als besonderer Fortsatz abhebt, ohne Anlage von Kiemen (Curve f. Stadium IVGaPar RVeRIe.0 191.3): 5. Embryo von 5 mm Länge mit kleinen Kiemenhöckern am Kopfende und verlängertem und verbreitertem Schwanzende (Curve f. Stadium V, Taf. XV, Fig. 3). 6. Embryo von 7,5 mm Länge mit gut entwickelten Kiemen- büscheln und 3,5 mm langem Ruderschwanz, an welchem sich von den Axenorganen ein dünner durchsichtiger Flossensaum deutlich abgegrenzt hat (Curve f. Stadium VI, Taf. XV, Fig. 4). 71. Embryo von 9 mm Länge, bei welchem sich in der Halsgegend oberhalb der gut entwickelten, noch freiliegenden Kiemenbüschel eine quere Hautfalte als erste Anlage des Kiemen- deckels bemerkbar macht, mit 5 mm langem Schwanz und ver- breitertem Flossensaum (Curve f. Stadium VII, Taf. XV, Fig. 5). 8. Embryo von 11 mm Länge, bei welchem die Kiemen- deckelfalte auf der rechten Seite vollständig über das Kiemen- büschel herübergewachsen ist und linkerseits nur die Enden der Kiemenfäden noch unbedeckt lässt, ferner Papillen in der Um- gebung der Mundöffnung entstanden sind und die Haftscheiben die ersten Anzeichen beginnender Rückbildung darbieten (Curve f. Stadium VII, Taf. XV, Fig. 6). 9. Embryo von 11!/, mm Länge, welcher schon Form und Aussehen einer kleinen Kaulquappe darbietet, mit erster Anlage der hinteren Extremitäten, welche als kleine Höcker auftreten; mit kleinem linksseitigem Athemloch, mit fast ganz rückgebildeten Haftscheiben ete. (Curve f. Stadium IX, Fig. D). — Bei der Darstellung der Ergebnisse beginne ich mit der Entwicklung der Eier, die bei einer Wassertemperatur von etwa 20° vor sich geht. Sie kann uns am besten als Grundlage für die Vergleichung mit der Entwicklung bei anderen Temperaturen dienen, weil ich in Intervallen von 24 Stunden täglich Zeich- nungen von den Veränderungen angefertigt habe, welche die Eier bei 20° darboten. So wurde die auf Taf. XV in den Figg. 1—7 dargestellte Serie von Formzuständen erhalten. Auf der Tabelle Tabelle I. 72 2°- 94° Celsius | | — — | — nn nn as = Dumaan 2] 43p 420 Ze | Tem :eralur von } z | jsen| sh KX w IT} °ı ss 0 SS 8788 Jith. Anst.vWerner Winter, Frankfurt. Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 367 II sind die Ergebnisse eingetragen auf der über der Zahl 20 der Abseissenlinie errichteten Ordinate. Schon in der zweiten Hälfte des ersten Tages wird bei einer Brutwärme von 20° das Stadium der kleinzelligen Morula erreicht (Taf. XV, Fig. 8). Nach 24 Stunden (Fig. 1) ist die Gastrulation in vollem Gange. Man trifft einen hufeisenförmigen Urmund an, der sich 1 bis 2 Stunden später bereits zu einem Ring geschlossen hat. Wieder nach 24 Stunden (Fig. 2) hat sich das Ei, nachdem schon einige Zeit zuvor die Bildung von Nervenrohr, Chorda, mittlerem Keimblatt vollendet ist, etwas in die Länge gestreckt und zeigt das Kopfende, an welchem die Haft- näpfe angelegt sind, deutlich abgesetzt. Nach Ablauf von 3 Tagen (Fig. 3) hat sich der Embryo beträchtlich gestreckt und die Länge von 5 mm erreicht. Die Zunahme ist zum grossen Theil durch die mittlerweile erfolgte Entwicklung des Schwanzes mit hervorgerufen, der 1,5 mm lang ist und die erste Andeutung eines sich entwickelnden Flossen- saumes erkennen lässt. Auch werden schon schwache zuckende Bewegungen ausgeführt. Zu beiden Seiten des Halses sind mehrere kleine Höcker als erste Andeutung der Kiemen sichtbar geworden. Wieder einen Tag später ist die Larve (Fig. 4) ausge- schlüpft; sie ist von 5 mm auf 7,5 mm Länge herangewachsen; der 3,5 mm lange Schwanz ist rings von einem breiten, durch- sichtigen Flossensaume umschlossen. Die Kiemenhöckerchen sind zu einem ansehnlichen verzweigten Kiemenbüschel herangewachsen. Mit Beginn des sechsten Tages hat die schon flink herumschwim- mende Larve (Fig. 5) die stattliche Länge von 9—9,5 mm, der Schwanz die Länge von 5 mm erreicht. Um die Mundöffnung bildet sich in charakteristischer Weise der Lippenwulst aus. Der Kiemendeckel beginnt sich anzulegen und ist schon als Falte, die bis zum Ansatz des Kiemenbüschels herabreicht, deutlich ausgeprägt. Nach Ablauf des sechsten Tages (Fig. 6) sind, abgesehen von einer weiteren Zunahme der Länge, die jetzt 11mm beträgt und besonders durch die Zunahme des Schwanzes bedingt ist, sehr auffällige Umwandlungen am Kopf eingetreten, wodurch er ein ganz verändertes Aussehen erhalten hat. Die Kiemendeckel- falten sind über die beiden Kiemenbüschel so weit herüberge- 368 Oscar Hertwig: wachsen, dass sie nur noch auf der linken Seite die Spitzen der Kiemen ein wenig unter dem Faltenrand hervorsehen lassen. Ferner sind die Haftnäpfe in Rückbildung begriffen, haben die eigenthümliche Hufeisenform verloren und sehen jetzt wie vor- stehende Warzen aus. Um die Mundöffnung herum sind an den Lippenrändern zahlreiche kleine Papillen entstanden. Nach einem weiteren Intervall von 48 Stunden, am Anfang des neunten Tages, ist die Larve (Fig. 7) 11!/, mm lang. Die aus den sich rückbildenden Haftnäpfen entstehenden Warzen des vorausgegangenen Stadiums haben sich stark abgeflacht, so dass sie undeutlicher geworden sind. Die Kiemendeckelfalten haben die Kiemen vollständig zugedeckt und sind ausserdem mit der Rumpfwand verschmolzen bis auf ein kleines, auf der linken Seite erhaltenes Athemloch, das mit seinem Rand ein wenig über die Hautoberfläche hervorsteht. In Folge dessen und da auch das Gal- lertgewebe unter der Epidermis stark zugenommen hat, bilden jetzt Kopf und Rumpf zusammen, wie es für die Kaulquappe eigen- thümlich ist, einen dieken, ovalen, ungegliederten Körper, von welchem sich nur der mit breitem Flossensaum versehene, 7 mm lange Ruderschwanz scharf absetzt. Durch die durchsichtig gewordene Bauchdecke sieht man das in Spiralwindungen zu- sammengelegte Darmrohr deutlich durchschimmern. An dem Ansatz des Schwanzes an den Rumpf tritt jederseits ein kleines Höckerchen als erste Anlage des hinteren Extremitätenpaares auf. Wenn wir hiermit die Entwicklungszustände bei höherer und bei niederer Temperatur vergleichen, so treten uns sehr er- hebliche Unterschiede entgegen. - Bei den höheren Temperaturen bis 24° verläuft die Ent- wicklung noch in einem etwas beschleunigteren Tempo als bei 20° (vergleiche Tabelle II). Denn während bei letzterer Temperatur der Urmund nach 24 Stunden die Form des Hufeisens (Fig. 1) zeigt, hat er sich bei 24° schon zu einem Ring (Fig. 9) ge- schlossen (Curve 1). Die kleinen Differenzen in der Geschwindig- keit des Wachsthunms haben sich am Ende des dritten Tages schon so summirt, dass die bei 24° entwickelten Eier (Curve VI, Tat. XV, Fig. 4) vor den bei 20° entwickelten (Fig. 3) einen Vor- sprung von einem ganzen Tag gewonnen haben und sich daher schon in so auffälliger Weise von einander unterscheiden wie die in den Figuren 4 und 3 dargestellten Larven. Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 369 Besonders auffallend aber werden die Unterschiede, wenn wir die Entwicklung der Froscheier bei den Temperaturen unter 20° bis zu 0° herab verfolgen. Bei etwa 15° ist das Ei nach 24 Stunden noch eine Keim- blase (Taf. XV, Fig. 8), nach 48 Stunden ist es nur wenig weiter entwickelt, als das bei 20° gezüchtete Ei nach 24 Stunden (Curve 1, Fig. 9). Während ferner dieses bei Beginn des 3. Tages (Fig. 5) den Kopf mit Haftnäpfen und hervorsprossenden Kiemen sowie einen ziemlich langen Schwanz besitzt, beginnt jenes erst die Medullarplatte mit den Medullarwülsten zu entwickeln (Curve II, Fig. 10. Am Ende des 4. Tages ist es nur sehr wenig weiter entwickelt als das bei 20° gezüchtete Ei (Fig. 2) am Ende des 2. Tages (Curve Ill). Es hat also das Ziel, das dieses in 2 Tagen, erst in 4 Tagen erreicht. Am Ende des siebenten Tages steht es genau auf dem Stadium, wie das bei 20° gezüchtete Ei am Ende des 4. Tages; es ist daher jetzt schon 3 Tage hinter ihm zurückgeblieben (Fig. 4). In der gleichen Progression wird zwi- schen beiden im weiteren Gange der Entwicklung der Abstand ein immer grösserer. Dasselbe Verhältniss wie hier wiederholt sich, wenn wir die Entwicklung von 2 Portionen Eier, die bei 15° und bei 10° vor sich geht, mit einander vergleichen. Zwischen beiden bildet sich in ähnlicher Weise ein immer grösser werdender Abstand heraus. Am Ende des zweiten Tages ist an einer kleinen schwarzen Rinne das erste Anzeichen wahrzunehmen, dass die Gastrulation beginnt (Taf. XV, Fig. 12); sie schreitet so langsam vorwärts, dass erst 24 Stun- den später ein noch sehr weiter ringförmiger Blastoporus zu sehen ist (Fig. 9). Das Ei ist also in seiner Entwicklung (vgl. Tabelle II Curve I) um 1 Tag hinter dem bei 15° gezüchteten und um 2 Tage hinter dem bei 20° gezüchteten zurück. Das Stadium, das letzteres in 1 Tage, hat es erst in 3 Tagen erreicht. Nach Ablauf von 5 Tagen erheben sich erst die Medullarwülste über die Eioberfläche, während sie bei 15° Wassertemperatur (Fig. 10) schon nach 3 Tagen in derselben Deutlichkeit zu sehen waren ‘(siehe Curve II). Der Abstand in der Entwieklung ist somit bereits auf 2 Tage angewachsen. Um einen weiteren Tag hat er sich dann nach achttägiger Entwieklung vergrössert. Denn am Beginn des neunten Tages (siehe Curve IV) zeigt uns die Larve dasselbe Aussehen wie das bei 15° gezüchtete Ei (Fig. 11) 370 Oscar Hertwig: am Beginn des sechsten. Wenn auf diesem Stadium die Ent- wicklung bei 10° mit der bei 20° verglichen wird (Curve IV), so ergiebt sich bereits ein Abstand von etwa 5!/, Tag. Das Sta- dium, das bei 20° das Ei in 2!/, Tag, erreicht es bei 10° erst in 5 Tagen. Eine ganz gewaltige Verlangsamung erfährt die Entwicklung, Je mehr wir uns dem Nullpunkt nähern. Bei einer Temperatur von 2!1/,—3° beginnt die Gastru- lation erst nach Ablauf von 8 Tagen (Fig. 12) (bei 10° nach 2 Tagen), und sie spielt sich so langsam ab, dass 3 Tage später sich der Urmund erst zum Ring geschlossen hat (Fig. 9, Curve I der Tabelle II). Uebrigens treten bei so hochgradig verlangsamter Entwicklung zwischen den einzelnen in demselben Bassin befind- lichen Eiern nicht unerhebliche Verschiedenheiten hervor. Während die Mehrheit einen weiten, ringförmigen Blastoporus zeigt, sieht man bei anderen Eiern noch die Form des Hufeisens (Fig. 1) und wieder bei anderen den Blastoporus schon zu einem engen Ring verkleinert. Man kann hieraus schliessen, dass auf manche Eier die ganz niederen Temperaturen in der Nähe des Nullpunktes doch einen langsam schädigenden Einfluss ausüben. Bei 2!/, bis 3° Wassertemperatur wird also erst in 11(—12) Tagen ein Stadium erreicht, das bei 24° nach 1 Tag, bei 15° nach etwa 2 Tagen und bei 10° nach etwa 5 Tagen entwickelt ist (siehe Curve I der Tabelle II). 4 Tage später ist der Blasto- porus nur noch als kleiner Punkt zu sehen und es beginnt sich jetzt die Anlage der Medullarplatte ein wenig von der Oberfläche des Eies abzugrenzen (Fig. 13). Das Ei ist bereits 16 Tage alt. Ehe die Medullarwülste so deutlich wie in der Fig. 10 ausgeprägt sind, geht gewiss noch 1 Tag hin. Daraus ergibt sich, dass erst nach etwa 17 Tagen bei einer Temperatur von 2!/,—3° das Stadium (siehe Curve II der Tabelle II) erreicht wird, welches wir bei 10° nach 5 und bei 15° nach 3 Tagen beobachtet haben. Im Vergleich zu letzterem Fall ist die 6fache Zeit erforderlich gewesen. Nach 29—30 Tagen ist endlich bei 2!1/,—5° das Ei so weit entwickelt, dass der Kopf mit den Saugnäpfen deutlich zu unter- scheiden ist und am hinteren Ende sich der Schwanz als kleiner dorsalwärts gerichteter Höcker absetzt (Fig. 15). Es ist jetzt so weit ausgebildet wie ein Ei bei 20° Bruttemperatur nach 21/,, Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 371 r oder bei 15° nach 5 Tagen, oder bei 10° in 8 Tagen (siehe Curve IV Tabelle II). Es hat also 12 mal oder 6 mal oder fast 4 mal so viel Zeit als unter den anderen Temperatur-Bedingungen gebraucht. Eine weitere Abnahme der Temperatur um 1—2° hat eine noch viel beträchtlichere Verlangsamung der Entwicklung zur Folge. Denn auf dem Gastrulastadium, welches das bei 21/,—3° gezüchtete Ei am 11. Tag erreicht hat, fand ich in dem kältesten Gefäss, dessen Wasser etwa 1—1!/,° über O zeigte, einzelne Eier erst nach 22 Tagen (siehe Curve I der Tabelle II. Das m Fig. 13 abgebildete, bei 2!/),—3° nach 16 Tagen eintretende Stadium wurde bei 1—1!/,° nach 29 Tagen beobachtet. Schliesslich mache ich noch auf einen Vergleich aufmerksam, welcher uns lehrt, was für gewaltige Verschiedenheiten in der Entwicklung durch grosse Temperaturdifferenzen bedingt werden. Wenn bei 2!/,—3° das Froschei sich am 8. Tag noch auf dem Blastulastadium befindet und erst am Schluss desselben sich zur Gastrulation anschickt (Fig. 8), die dann noch mehr als 4 Tage in Anspruch nimmt, hat sich bei 20° Temperatur aus dem Ei schon eine flink herumschwimmende Kaulquappe entwickelt, bei welcher die hinteren Extremitäten als kleine Höckerchen hervor- zusprossen beginnen (Fig. 7). Zum Schluss noch ein paar Worte zu der Tabelle II, in welcher das Gesammtergebniss der Untersuchung über den Ein- fluss, welchen die Temperatur auf die Entwicklung des Eies von Rana fusca ausübt, übersichtlich nach der graphischen Methode dar- gestellt ist. Man sieht 9 verschiedene Curven, welche bei 24° dicht übereinander beginnen, sich nach rechts zu, wo wir uns allmählich dem Nullpunkt der Temperatur nähern, über die Horizontale zuerst langsam erheben, dann einen immer schrägeren Verlauf nach oben einschlagen, bis sie schliesslich ganz steil ansteigen. Dabei divergiren die über einander gelegenen Curven von ein- ander. Nur ein Theil der Curven ist von links nach rechts ganz durchgeführt, von andern nur eine Strecke, da keine Bestimmungen für die fehlenden Strecken gemacht wurden. Die erste Curve bezieht sich auf das Stadium, wo sich der hufeisenförmige Urmund zum Ring geschlossen hat. Sie lehrt uns, dass dieses Stadium bei einer Temperatur von 24° schon nach 1 Tag, bei 20° nach 1 Tag und einigen Stunden, bei 15° nach 2 Tagen, bei 10° nach 372 Öscar Hertwig: 3 Tagen und einigen Stunden, bei 6° nach nieht ganz 5 Stunden, bei 3° erst nach 11 Tagen und bei 1° sogar erst nach 22 Tagen erreicht wird. Die dritte ganz durchgeführte Curve gibt die Werthe für das in Figur 2 abgebildete Stadium. Es tritt ein bei 24° nach etwas weniger als 2 Tagen, bei 20° in genau 2 Tagen, bei 15° in 4 Tagen, bei 10° in etwas mehr als 6 Tagen, (schätzungsweise) bei 3° in etwas mehr als 23 Tagen (Fig. 14.) Der Abstand zwischen der ersten und dritten Curve ver- grössert sich also in folgender Proportion; bei 24° beträgt er etwas weniger als 1 Tag, bei 20° 1 Tag, bei 15° nahezu 2 Tage, bei 10° etwas mehr als 3 Tage und endlich bei 3° 12 Tage. In derselben Weise kann man auf der Tabelle die für die andern Entwicklungsstadien ermittelten Werthe an den übrigen Curven ablesen und durch Vergleich der einzelnen divergirenden Curven unter einander die Zunahme ihrer Abstände feststellen. B. Rana eseulenta. Auch bei Rana esculenta wurde der Einfluss verschiedener Temperaturgrade auf die Geschwindigkeit der Entwicklung des Eies innerhalb der physiologischen Skala untersucht. Aus einer grösseren Zahl von Experimenten theile ich die Ergebnisse eines Versuches mit, der am 30. Mai begonnen wurde mit den Eiern eines Weibchens, die auffallend klein waren. Die Eier wurden um 9Uhr 15M. befruchtet und von 10 Uhr 50M. an sehr all- mählich auf die einzelnen Gefässe in der früher angegebenen Weise vertheilt. Eine Temperatur von 321/,—33° wurde noch ohne Schaden vertragen, so dass in diesem Gefäss sich die Entwieklung mit wenigen Ausnahmen in ganz normaler Weise und in der kürzesten Zeit vollzog. Bei noch höherer Temperatur von 33—34° begann zwar die Entwicklung mit sehr beschleunigtem Eintritt der ersten Furchungsstadien, wurde aber bald anormal und führte zu den früher beschriebenen Erscheinungen. Bei maximaler Temperatur (32—33°) spielt sich der Ent- wicklungsprocess bei Rana esculenta noch rascher ab als bei R. fusca. Nach 24 Stunden hat sich das Ei schon gestreckt (Taf. XV Fig. 22), hat Rückenmark, Hirmblasen und Chorda entwickelt und lässt Kopf- und Schwanzende deutlich unterscheiden. Nach Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 373 2 Tagen (Fig. 23) beginnen am Kopf schon die Kiemenfäden hervorzusprossen, es ist schon ein ganz ansehnlicher Ruderschwanz entstanden, von welchem sich ein dünnerer und etwas durchsich- tigerer Flossensaum absetzt. Nach 5 Tagen ist die Umwandlung in das Kaulquappenstadium vollendet (Fig. 24). Beiderseits sind die Kiemenbüschel durch Entwicklung einer Hautfalte in eine Athemhöhle eingeschlossen, welche nur linkerseits durch ein langes rundes Kiemenloch nach aussen communieirt. Die Haftnäpfe sind zurückgebildet. Durch die dünne, durchsichtige Hautdecke schim- mert der in Spiraltouren aufgewundene Darmkanal hindurch. In dem Gallertgewebe des Flossensaumes ist ein dichtes Netzwerk von Blutgefässen sichtbar geworden. Von Rana fusca wird dieses Stadium bei maximaler Temperatur (24—25°) erst nach 6 Tagen (Fig. 7), also einen Tag später als von Rana esculenta erreicht. Bei 15° geht die Entwicklung wieder in einem sehr viel langsameren Tempo vor sich. Nach 9 Stunden ist das Ei in 8 Zellen getheilt (Fig. 16), während es zu dieser Zeit bei maxi- maler Temperatur schon zu einer kleinzelligen Keimblase gewor- den ist mit vielen Hunderten von Zellen, die bei starker Lupenver- grösserung als kleine Körnchen erscheinen (Fig. 17). Erst nach 24 Stunden etwa ist das bei 15° sich entwickelnde Ei auf einem entsprechenden Stadium angelangt (Fig. 17). Abermals 24 Stunden später zeigt es den Beginn der Gastrulaeinstülpung (Fig. 15) zu einer Zeit, wo bei 33° sich eine Larve mit langem Ruder- schwanz und kurzen Kiemenfäden (Fig. 23) entwickelt hat. Das Stadium, auf welchem sich bei maximaler Temperatur das Ei am Beginn des 2. Tages befindet (nach 25 Stunden etwa) (Fig. 22), wird bei 15° erst am Beginn des 6 Tages erreicht (Fig. 19). Von Tag zu Tag vergrössert sich der Abstand noch mehr, Nach 20 Tagen ist bei einer Bruttemperatur von 15° die Larve (Fig. 20) noch lange nicht so weit als nach 5 Tagen bei 33° (Fig. 24) entwickelt. Denn in ersterem Fall ist die Kiemendeckel- falte erst in ihrer Anlage begriffen und lässt beiderseits die Kiemenbüschel noch in grosser Ausdehnung unbedeckt. Die Haft- näpfe sind zwar in Rückbildung begriffen, aber noch zu sehen. Gefässe in der Gallerte des Flossensaumes fehlen. Mit Rana fusea verglichen ist der Entwicklungsverlauf bei 15° Bruttemperatur auch etwas langsamer. Nach 2 Tagen zeigt das Ei von Rana fusca einen ringförmigen Blastoporus (Fig. 9), 374 Ösear Hertwig: bei Rana esculenta erst Hufeisenform (Fig. 18). Nach 5 Tagen springt bei jener der Schwanz als Höcker schon deutlich hervor und ist vom Rumpf gut abgesetzt (Fig. 11), bei dieser ist er erst als ein kleiner Vorsprung schwach angedeutet (Fig. 19). Es scheint mir dieser Umstand darauf hinzudeuten, dass die untere Grenze der Temperatur, bei welcher eine Entwicklung überhaupt noch stattfindet, bei Rana esculenta etwas höher liegen wird als bei Rana fusca; ein Punkt, der durch eine besondere Untersuchung noch festzustellen sein wird. Einige Schlussfolgerungen. Aus den Ergebnissen mehrerer Versuche, welche in 2 Ta- bellen übersichtlich zusammengestellt sind, geht klar hervor, dass das Quantum der Arbeit, welches während des Entwicklungspro- cesses in der Zeiteinheit geleistet wird, in einer ganz gesetzmäs- sigen Abhängigkeit zur Temperatur steht. Mit steigender Tempe- ratur wächst auch in einer bestimmten Proportion die vom Ei in einem Zeitabschnitt geleistete Entwicklungsarbeit bis zu einem Opti- mum, über welches hinaus eine Beschleunigung der Entwicklungsvor- gänge wegen auftretender Störungen und schliesslich wegen da- durch herbeigeführten Todes der Zellen nieht mehr möglich ist. Um in den vorliegenden Sachverhalt noch elnen tieferen Einblick zu gewinnen, empfiehlt es sich den Begriff „Entwick- lungsarbeit“ einer genaueren Analyse zu unterwerfen. Dieselbe lässt sich, wie wir sogleich nachweisen werden, zerlegen: 1. in chemische Arbeit, 2. in Arbeit, die zur Vollziehung morpholo- gischer Sonderungsprocesse und dergleichen geleistet wird. Worin besteht die chemische Arbeit? — Wie ich schon in der 1884 erschienenen Abhandlung (15): „Das Problem der Befruch- tung und der Isotropie des Eies, eine Theorie der Vererbung“, mit Nachdruck hervorgehoben habe, ist bei den Processen am Anfang der embryonalen Entwicklung „das Wesentlichste und Wichtigste die Vermehrung, Individualisirung und gesetzmässige Vertheilung der Kernsubstanz.“ „Während dieselbe in der eben befruchteten Eizelle im Keimkern nur in ausserordentlich geringer Quantität vorhanden ist, hat sie oft schon nach wenigen Stunden eine Zunahme um das hun- dertfache und mehr erfahren. Am auffälligsten ist dies in solchen Fällen, wo, wie bei vielen Eiern der Arthropoden, die Zellthei- Ueber den Einfluss der Temperatur ete. 375 lung Anfangs unterbleibt und die Kernvermehrung das einzige ist. was am Beginn der Embryonalentwieklung überhaupt statt- findet.“ „Um sich eine Vorstellung davon zu machen, wie viel Ei- material während der Entwieklung in Kernsubstanz übergeführt wird, vergleiche man die ungetheilte Eizelle mit der aus der Ei- haut ausschlüpfenden Larve eines Echinoderms. - Dort beträgt die Kernsubstanz kaum einen Tausendsten Theil des Eies und bei sehr dotterreichen Eiern sogar nur einen geringen Bruchtheil eines Millionstel Theils. Hier hat sie auf Kosten des Protoplasma so zugenommen, dass sie schätzungsweise ein Drittel oder ein Viertel der Gesammtmasse der Larve ausmacht.“ „Im Vergleich zu dieser mit complieirten Kernstructuren einhergehenden Vermehrung der Kernsubstanz erscheint die em- bryonale Zerlegung des Dotters im Theilstücke als ein ungleich gröberer und minder bedeutungsvoller Process.“ Man vergleiche hierzu auch noch meine Ausführungen in einer zweiten Abhandlung: „Ueber die Tragweite der Zellen- theorie.“ (Die Aula, Wochenschrift für die akademische Welt. 1. Jahrgang. 1895. Nr. 3. pag. 81—83.) Aus den Erscheinungen der Karyokinese lässt sich ferner die Ansicht begründen, dass bei jeder Theilung die Kernsub- stanz einer Zelle, besonders ihr Nuclein oder Chromatin in 2 aequivalente Hälften zerlegt und auf 2 Tochterzellen vertheilt wird, dass jede Theilhälfte darauf wieder durch Umwandlung von Zellsubstanz in Kernsubstanz zur ursprünglichen Masse anwächst oder sich verdoppelt, um dann von neuem wieder durch Thei- lung in aequivalente Hälften zerlegt zu werden u. s. w. Oder in anderen Worten: Die Kernsubstanz des befruchteten Eies ver- mehrt sich beim Furchungsprocess und in der weitern Entwick- lung in geometrischer Progression mit dem Quotienten 2. Wenn jetzt in dieser Abhandlung nachgewiesen worden ist, wie der Entwicklungsprocess bei Steigerung der Temperatur eine gesetzmässige Beschleunigung erfährt, so glaube ich, dass die letztere hauptsächlich die chemischen Processe betrifft, die Er- zeugung der ausserordentlich hoch organisirten Kernsubstanzen (Nucleine u. s. w.). Zur Stütze meiner Ansicht verweise ich besonders auf die Studien zur chemischen Dynamik (Nr. 8) nach J. H. van 'tHoff: Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 25 376 Oscar Hertwig: Etudes de dynamique chimique, bearbeitet von Dr. Ernst Cohen, 1896. In dem Abschnitt: „Einfluss der Temperatur auf die che- mische Reaction‘ ist nachgewiesen worden, dass Temperatur- unterschiede auf die Reactionsgeschwindigkeit chemischer Vor- sänge einen gesetzmässigen Einfluss ausüben, welcher sich in einer mathematischen Formel zum Ausdruck bringen lässt. Die Beschleunigung des Entwicklungsprocesses des Eies bei höherer Temperatur beruht demnach, wie ich annehme, in erster Linie darauf, dass unter diesen Bedingungen die complieirten Nucleinverbindungen ete. im chemischen Laboratorium der Zelle in einer gewissen Proportion zum Wärmegrad schneller gebildet werden, während bei Abnahme der Temperatur die chemische Ar- beit verlangsamt und schliesslich ganz zum Stillstand gebracht wird. Ich bin aber weit entfernt, auf diesen einen Factor alle beobachteten Erscheinungen zurückführen zu wollen. Denn ausser den chemischen Processen spielen sich während der Entwicklung auch noch manche Vorgänge anderer Art ab, welche nachweisbar von der Temperatur beeinflusst werden. Hier sind zu nennen die complieirten Bewegungen organisirter Stofftheilchen des Zellen- inhaltes, zum Beispiel die Spaltung der Kernsegmente bei der Karyokinese und ihr Auseinanderweichen nach den Enden der Kernspindel, oder die Anordnung des Protoplasmas zu zwei Strahlen- figuren in der Umgebung der Centrosomen, die Durchschnürung und Zerlegung des Zelleninhalts in die 2 Portionen der Tochter- zellen ete., mit einem Worte, die verschiedenen dynamischen Bezie- hungen, die bei allen Theilungen zwischen Kern und Protoplasma stattfinden. Dass auch auf diese Processe die Temperatur beschleunigend oder verlangsamend wirkt, lässt sich schon aus den Erfahrungen schliessen, welche man beim Studium der Protoplasmabewegung bei verschiedenen Temperaturgraden gemacht hat. Es geht aber auch direet aus den oben Seite 320—322 referirten Untersuchungen hervor, welehe mein Bruder und ich über den Einfluss verschie- dener Temperaturen auf den Befruchtungs- und Theilungsprocess des Eies bei den Echinodermen vorgenommen haben. Am lebenden Ei liess sich direct feststellen, dass die Protoplasmastrahlungen an den Enden der Kernspindel in der Kälte vollkommen schwinden, bei allmählicher Erwärmung aber an denselben Stellen wieder auftreten, erst schwach, dann in ursprünglicher Schärfe. Ueber den Einfluss der Temperatur ete. tt Bei dem engen Ineinandergreifen aller Processe während der Zelltheilung ist es zur Zeit unmöglich zu bestimmen, in wel- chem Maasse die Beschleunigung der Entwicklung durch Erhöhung der Temperatur sich auf das Conto der chemischen Arbeit oder der anderen angeführten Factoren vertheilt. Doch halte ich es nicht für unmöglich, dass man in diese Verhältnisse durch syste- matische Untersuchungen noch tiefer wird eindringen und auch die beiden Conten theilweise wird von einander sondern lernen. Denn bei der Eientwicklung bleibt während jedes Zelltheilungs- processes die chemische Arbeit, soweit sie auf der Bildung von Kernsubstanzen beruht, die gleiche, da jede Zelle, mag sie gross oder klein sein, das gleiche Quantum wirksamer Kernsubstanz enthält. Dagegen verändert sich bei Jedem einzelnen Theilstadium des befruchteten Eies das dynamische Verhältniss zwischen Kern und dem übrigen Zellinhalt. Denn mit jeder Theilung wird das dem Einfluss des Kerns unterliegende Protoplasma nebst Dotter- einschlüsseu auf die halbe Masse herabgesetzt, während die Masse der Kernsubstanz constant bleibt. Durch Vergleichung der Zeiten, welche die Theilung des Eies auf dem ersten, zweiten, dritten Theilstadium, oder anders ausgedrückt, die Theilung des ganzen, des halben, des viertel, des achtel Eies bei constanter Temperatur erfordert, lässt sich vielleicht die Grösse des eonstanten Factors (chemische Arbeit) von der Grösse des variabeln Factors (Be- herrschung und Zerlegung des Protoplasmas nebst Dotterein- schlüssen) sondern. Ich behalte mir vor am Ei der Echinodermen, welches ich aus den auf Seite 364 angegebenen Gründen für derartige Unter- suchungen am geeignetesten halte, die hier angeregten Fragen durch zweckmässige Experimente einer genaueren Prüfung zu unterziehen und dann auch zu versuchen, in wie weit das ganze Thema einer strengen mathematischen Behandlung zugänglich ist. Literatur-Verzeichniss. 1. Boveri, Zur Physiologie der Kern- und Zelltheilung. Sitzungsber. der physik.-medic. Gesellschaft zu Würzburg. October 1896. 2. Dareste, Recherches experimentales sur la production artificielle des monstruosites. Paris 1891, 2. Aufl. 378 10. 1. 13. 14 15. 16. Oscar Hertwig: Oscar Hertwigu. Richard Hertwig, Ueber den Befruchtungs- und Theilungsvorgang des thierischen Eies unter dem Einfluss -äusserer Agentien. Jena 1887. Oscar Hertwig, Experimentelle Studien am thierischen Ei vor, während und nach der Befruchtung. Jena 1890. Derselbe, Urmund und Spina bifida. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 39. 1892, “ Derselbe, Ueber den Einfluss äusserer Bedingungen auf die Entwicklung des Froscheies. Sitzber. der Kgl. Preuss. Akademie d. Wissensch. Phys.-math. Abth. 1894. . Derselbe, Ueber den Einfluss verschiedener Temperaturen auf die Entwicklung der Froscheier. Sitzber. der Kgl. Preuss. Akad. d. Wiss. Phys.-ınath. Abth. 1896, 6. Febr. J. H. van’t Hoff u. Ernst Cohen, Studien zur chemischen Dynamik. Amsterdam. Leipzig 1896. . Kaestner, Ueber künstliche Kälteruhe von Hühnereiern im Ver- lauf der Bebrütung. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 18%. Kollmann, Ueber Spina bifida und Canalis neurentericus. Verh. der anat. Gesellsch. Göttingen 1893, pag. 134. Pfeffer, „Einfluss der Temperatur“ in Pflanzenphysiologie. 1. Aufl. 1881. Bd. II. S. 122. . Sachs, Physiologische Untersuchungen über die Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur. Jahrb. f. wissensch. Botanik. 1860. Bd. 2. Sala, Experimentelle Untersuchungen über die Reifung und Be- fruchtung der Eier bei Ascaris megalocephala. Bd. 44. 189. Oscar Schultze,. Ueber die Einwirkung niederer Temperatur auf die Entwicklung des Frosches. Anatom. Anzeiger Bd. X. 1895, pag. 291. Oscar Hertwig, Das Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies, eine Theorie der Vererbung. Jena 1884. Derselbe, Die Tragweite der Zellentheorie. Die Aula. Wochen- blatt für die akademische Welt. I. Jahrg. 1895. Nr. 2 u. 3. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV. Erklärung der Buchstaben, welche bei den in den Text gedruckten Zinkographien in Verwendung gekommen sind: or = Afterrinne. mp = Medullarplatte. bl = Blutgefässe. mk = Mittleres Keimblatt. d = Dotter, Dotterfeld. ms — Muskelsegment. fh = Furchungshöhle. nr — Nervenrohr. Ueber den Einfluss der Temperatur ete.- 379 fs = Flossensaum. | p = Pigment. hn = Haftnäpfe. S—=Schwanzende. Schwanzknospe. hw = Hirnwulst. ° | sk = Schwanzknospe. k= Kerne im Dotter. Merocyten. | ug = Urnierengange. kh= Keimblasenhöhle. ' uk = Urnierenkanälchen. kr = Keimring. ı v»= Vakuolen. K = Kopfende. w= Wulst am Kopf. kf= Kiemenfäden. ' Z=in den Dotter eingesprengte = Leibeshöhle. Zellen. Fig. 1—6. Eier von Rana fusca (A!9, die am 12./3. 9 Uhr 50 Min. befruchtet, sich bei einer Wassertemperatur von etwa 20° entwickelten. Fig. 1. Das 24 Stunden entwickelte Ei (abgetödtet 13./3. 10 Uhr) hat einen hufeisenförmigen Urmund, der sich in kurzer Zeit (1—2 Stunden) zum Ring (Stadium I der Tabelle II) geschlossen haben wird. Das 2 Tage entwickelte Ei (abget. 14/3. 10 Uhr) ist gestreckt mit sich absetzendem Kopf und Saugnäpfen ohne sich ab- hebenden Schwanzhöcker (Stadium III der Tabelle). Fig. 3. Die 3 Tage entwickelte Larve (abget. 15./3. 10 Uhr) ist 5mm lang. Am Hinterende ist der 11/ymm lange Schwanz, an dem der Flossensaum noch nicht unterscheidbar ist, abgesetzt. Am Hals sprossen die Kiemen als kleine Höcker hervor (Stad. V der Tabelle). Fig. 4 Die 4 Tage entwickelte Larve (abget. 16./3. 10 Uhr) ist 7!/, mm lang. Der 3!/;mm lange Schwanz lässt die Axenorgane mit ihren Muskelsegmenten und den durchsichtigen Flossensaum deutlich unterscheiden; am Hals ist jederseits ein langer Kiemenbüschel entstanden (Stadium VI der Tabelle). Fig. 5. Die5 Tage entwickelte Larve (abget. 17./3. 10 Uhr) ist 9—9,3 mm, der Schwanz 5mm lang. Am Hals erhebt sich nach vorn von der Ursprungsstelle der Kiemenbüschel eine deutlich mar- kirte Kiemendeckelfalte (Stadium VII der Tabelle). Fig. 6. Die 6 Tage entwickelte Larve (abget. 18./3. 10 Uhr) ist 11 mm, der Schwanz 6,2mm lang. In der Umgebung der den Mund umgebenden Lippen sind Papillen entstanden. Die Haftnäpfe haben ihre Form verändert und beginnen sich rückzubilden. Die Kiemendeckelfalten sind über die Kiemenbüschel herüber- gewachsen und lassen nur noch ihre freien Enden aus der Athemspalte hervorsehen (Stadium VIII der Tabelle). Fig. 7. Ei von Rana fusca von demselben Versuch, aber bei etwa 24° entwickelt (A%). Die 6 Tage alte Larve (abget. 18./3. 10 Uhr) ist 111/, lang, hat die Form einer kleinen Kaulquappe. Die Kiemen sind vollständig in eine Athemhöhle eingeschlossen, die nur linkerseits durch ein enges Athemloch sich öffnet. Durch die dünne Bauchdecke sieht man den gewundenen =) 3 I) 380 Oscar Hertwig: Darmkanal. Am Ansatz des Schwanzes sprossen die hinteren Extremitäten als kleine Höcker hervor. Auf ähnlichem, nur wenig weiter vorgerücktem -Stadium befindet sich A!0 zwei Tage später am 20./3. (Stadium IX der Tabelle). Fig. 8, 9, 10, 11. Eier von Rana fusca von demselben Versuche, aber bei etwa 141/,—15° entwickelt (A 12). Fig. 8. Das 24 Stunden entwickelte Ei (abgetödtet 13./3. 10 Uhr) hat das Stadium der kleinzelligen Keimblase erreicht. Ansicht vom vegetativen Pol aus. Bei einer Brüttemperatur von 20° wird dieses Stadium schon in der zweiten Hälfte des ersten Tages erreicht. Fig. 9. Das 2 Tage alte Ei (abgetödtet 14./3. 10 Uhr) befindet sich auf dem Gastrula-Stadium mit ringförmigem Blastoporus (Sta- dium I der Tabelle). Dasselbe wird bei 24° schon nach 24 Stunden erreicht Fig. 10. Das 3 Tage alte Ei (abgetödtet 15./3. 10 Uhr) hat die Medul- larwülste entwickelt, welche die noch weit geöffnete Nerven- rinne einfassen (Stadium II der Tabelle). Fig. 11. Die 5 Tage alte Larve (abgetödtet 17./3. 10 Uhr) befindet sich auf einem Zwischenstadium zwischen Fig. 2 u. 3. Es zeigt die als Höcker scharf abgesetzte Schwanzanlage. Da- gegen ist von der Anlage der Kiemenfäden noch keine Spur zu sehen (Stadium IV der Tabelle). Fig. 12. 13. 14. 15. Eier von Rana fusca, die einem zweiten Versuch dienend am 21./3. 9 Uhr 30 Min. befruchtet wurden und sich bei einer Wassertemperatur von etwa 21/,—3° entwickelten. Fig. 12. 8 Tage entwickeltes Ei (abget. am 29./3.) zeigt die erste An- deutung der beginnenden Gastrulation. Dasselbe Stadium wurde bei einer Temperatur von 10° nach 2 Tagen beob- achtet. Fig. 13. 16 Tage entwickeltes Ei (abget. am 6./4.) zeigt die erste Spur der Entwicklung der Medullarplatte. Bis zum deutlicheren Hervortreten der Medullarwülste (wie in Fig. 10 Stadium II der Tabelle) ist gewiss noch ein Tag oder selbst etwas mehr Zeit erforderlich. Fig. 14. 23 Tage entwickeltes Ei (abget. 13./4.) zeigt die Medullarwülste im Verschluss und den Kopf in Anlage begriffen. Es befindet sich, da nur noch der Verschluss des Nervenrohrs zu er- folgen braucht, fast auf dem in Fig. 2 abgebildeten Stadium III der Tabelle. Fig. 15. 29 Tage entwickelte Larve (abget. 19./4.) ist mit einem am, hintern Ende sich absetzenden Schwanzhöcker versehen und steht etwa auf dem gleichen Stadium, wie Fig. 11 (Stadium IV der Tabelle). Fig. 16—24. Entwicklungsstadien der Eier von Rana esculenta, die am 30./5. 9 Uhr 15 Min. befruchtet und in verschieden temperirte Wasserbassins übertragen wurden. Fig. 16, Fig. 17. Fig. 19. Ueber den Einfluss der Temperatur etc. 351 17, 18, 19, 20. Verschiedene Entwicklungsstadien von Eiern, die sich bei einer Wassertemperatur von 15° (11110) entwickelt haben. . Am 30./5. 6 Uhr 30 Min. abgetödtetes Ei, dessen Theilung in 8 Zellen eben beendet ist (etwa 9 Stunden nach der Be- fruchtung). 24 Stunden entwickeltes Ei (aın 31./5. 10 Uhr 30 Min. abget.), das sich auf dem Stadium der Keimblase befindet. Auf dem- selben Stadium steht ein bei etwa 33° entwickeltes Ei schon nach 9 Stunden (am 30./5. 6 Uhr 30 Min.). .2 Tage 2 Stunden entwickeltes Ei (abget. am 1./6. 12 Uhr), zeigt einen hufeisenförmigen Urmund. Das 5 Tage alte (am 4./6. abget.) Ei ist etwas in die Länge gestreckt mit deutlich unterscheidbarem Kopf und Schwanzende. . Die 19 Tage alte (am 18./6. abget.) Larve ist etwa so weit entwickelt wie die in Fig. 6 abgebildete Larve von Rana fusca. Die Kiemendeckelfalte hat die Kiemenbüschel bis auf ihre noch sichtbaren Enden überwachsen. Die Haftscheiben sind in Rückbildung begriffen. Der lange Schwanz ist von breitem, durchsichtigem Flossensaum umgeben. . Bei einer Wassertemperatur von 28—290 entwickeltes Ei (III”), 2 Tage 2 Stunden nach der Befruchtung getödtet (1./6. 12 Uhr). Es steht auf dem Stadium wie das in Fig. 11 u. 15 abgebil- dete Ei von Rana fusca. Der Schwanz ist als Höcker scharf abgesetzt vom Rumpf; am Hals ist noch keine Anlage von Kiemen zu sehen. Fig. 22, 23, 24. 3 Entwicklungsstadien von Eiern, die sich bei einer Temperatur von 321/;—33° entwickelt haben (III2). Fig 2. Fig. 24. 24 Stunden entwickeltes (am 31./5. 10 Uhr abget.) Ei ist ge- streckt mit deutlich unterscheidbarem Kopfende. Es steht in der Entwicklung nur wenig zurück hinter der 5 Tage alten, bei 15° entwickelten, in Figur 19 abgebildeten Larve. .2 Tage 2 Stunden alte (am 1./6. 12 Uhr abget.) Larve ist etwas wenig weiter entwickelt als die in Fig. 3 abgebildete Larve von Rana fusca. Am Schwanz beginnt sich schon der Flossensaum abzusetzen. Die Kiemenhöcker sind etwas länger als in Fig. 3. 5 Tage alte (am 4./6. abget.) Larve ist so weit entwickelt wie die 6 Tage alte, bei 24—25° entwickelte Larve von Rana fusca. Haftnäpfe rückgebildet. Kiemen in Athemhöhle eingeschlossen. Auf der linken Seite kleines Athemloch. Der spiralig aufge- wundene Darm ist durch die dünne Bauchdecke zu sehen. Hintere Extremität als kleiner Höcker angelegt. Im Flossen- saum ein feines Gefässnetz entwickelt. 382 (Aus dem physiologischen Institut der Universität Strassburg.) Das Centralnervensystem von Oarcinus Maenas. Ein anatomisch-physiologischer Versuch. II. Theil. | (3. Mittheilung.) Von Albrecht Bethe. Hierzu Tafel XVI und XVII. Inhaltsübersicht. Seite Einiges über das Verhalten der Primitivfibrillen im Centralnervensystem von Careinus Maenas . . 382 Welche Rolle spielen die Primitivfibrillem@bei deu nervösen Vorgängen? .. Se 3 402 Ueber das Zustandekommen Be rauen Rerlexe 407 Diescomplieirten Reilexer a. re si a een 1:4 Der/,Gang;2.= +. BR Tree NEN ae ESS LEER dr ea eh 2. Der Aufbsieroex nn ee Ten ae ER ET 8..Der.negative, Phototropismuss... 7. 2 cu sep an ee Baer 4.-Der. Umdrehrefllex: 34... 202 a 2 Ne 5. Die Compensationsbewegungen. . . . » 2 2 2.22. 0.437 b. Die Bewegungen der Augen bei passiver Rotation um die Veriicalaxe - . - 5 Ei Das Gehirn als eek ekmenden ee N TSitteraturtt ra RUN EN ODER un JE Dasslerklärun gi. en en ae Dr kn Ka ET u IE Einiges über das Verhalten der Primitivfibrillen im Cen- tralnervensystem von Careinus Maenas. i Durch die neue ausführliche Publication Apäthy’s (1) ist unsre Kenntniss vom Aufbau der nervösen Substanz in ein neues Stadium getreten, denn es ist nicht gut denkbar, dass diese Untersuchung, wie die früheren Publicationen Apäthy’s über- die in den nervösen Organen enthaltenen Primitivfibrillen, mit Stillsehweigen von Seiten der Anatomen und Physiologen über- gangen wird, nachdem die der Arbeit zu Grunde liegenden Präparate im Laufe der letzten Jahre einer ganzen Reihe von Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 383 Fachleuten, so auch mir, vom Autor demonstrirt worden sind. Was von manchen geahnt, und von vielen bestritten, wird uns hier auf einmal mit ungeahnter Deutlichkeit vor Augen geführt. Der Axeneylinder und alle übrigen Theile des „Neurons“ haben aufgehört für uns eine anatomische Einheit zu sein, sie um- schliessen eine variable Anzahl feiner und feinster, durchaus indi- vidualisirter Fibrillen, welche sich mit der grössten Klarheit dar- stellen lassen. Ueber einige Einzelheiten im Verhalten der Neu- rofibrillen, wie es von Apäthy dargestellt wird, wird sich streiten lassen, ihre Existenz steht aber ausser allem Zweifel; sie kann nur von Leuten geleugnet werden, welche sich nicht überzeugen lassen wollen. Wenn sie sich nicht mit vielen der gebräuchlichen Methoden darstellen lassen, so liegt das an ihrem chemischen Character. Ich meine, wir sollten über die Zeit hinaus sein, wo man mit den einfachsten Hülfsmitteln alles er- reichen will, und alles leugnet, was sich durch sie nicht er- reichen lässt. Die Zahl der Methoden, durch die sich die Darstellung der Primitivfibrillen erreichen lässt, ist immerhin beträchtlich. Diese Methoden sind so verschiedenartig, die mit ihnen dargestellten Fibrillen sind auf so weite Strecken zu verfolgen, mit einer solchen Klarheit und Schärfe zu sehen, dass der Gedanke, es seien Kunstprodukte lächerlich erscheinen muss. Dass die Primi- tivfibrillen keine zu Längsreihen angeordneten Körner sind, wie behauptet worden ist, geht aus der direkten Betrachtung der Präparate und aus dem physikalischen Verhalten (besonders bei Hiru- dineen) im gestreekten und ungestreekten Nerven (Apäthy) hervor. Ich will hier wenigstens diejenigen Resultate Apäthy’s (1) kurz wiedergeben, welche für die folgenden eigenen Untersuchungen von Wichtigkeit sind: Jede Nervenfaser und jeder Ast einer Nervenfaser enthält mindestens eine Primitivfibrille. Diese Fi- brillen zeigen einen durchaus scharfen Contour und verlaufen in den nervösen Bahnen ununterbrochen als durchaus individualisirte Fasern bis zum peripheren Ende. (Alles dies und auch das Folgende bezieht sich hauptsächlich auf Hirudineen und Lum- brieus.) Die Primitivfibrille oder die Primitivfibrillen einer Ner- venfaser sind eingebettet in eine sich nicht oder nur schwach färbende homogene Substanz, die Perifibrillärsubstanz, welche von einem mehr oder weniger fasrigen, färbbaren Mantel umschlossen 334 Albrecht Bethe: wird. Diesen Mantel nennt Apäathy die „Gliascheide*. (Ueber die Einzelheiten der Hüllen vergleiche das Original.) Im gestreckten Nerv wie im contrahirten zeigt die „Glia- scheide* einen graden Verlauf, während die enthaltenen Fibrillen nur in ersterem Fall gerade sind und bei contrahirten Nerven eine mehr oder weniger starke Schlängelung zeigen. (Apäathy schliesst hieran eine Erörterung, ob die Perifibrillärsubstanz flüssig oder fest sei — Seite 556 und folgende —, bei der er zu keinem bindenden Resultat kommt. Ich komme später darauf zurück.) Die Primitivfibrillen der motorischen und sensiblen (recep- torischen) Nervenfasern sind von einander zu unterscheiden. Die motorischen Fasern enthalten immer nur eine sehr starke Fi- brille, welche sich im Muskel verzweigt und im ÜCentralnerven- system direkt in eine Ganglienzelle zu verfolgen ist. Die recep- torischen Fasern (sensorische Schläuche und sensorische Bündel) enthalten immer viele sehr viel dünnere Fibrillen,, welche von den subepithelialen Sinneszellen herkommend sich zu diesen Bün- deln sammeln. Im Centralnervensystem treten die Fibrillen der sensorischen Bündel und Schläuche in die Centralfasermasse und verzweigen sich hier; sie lösen sich im die Elementarfibrillen auf, aus denen nach Apäthy die einzelnen Primitivfibrillen zusammen- gesetzt sind. Diese Elementarfibrillen gehen in der centralen Fasermasse der Ganglien (Punktsubstanz von Leydig, Neuro- pil von His) in ein Gitterwerk über, so dass eine direkte Con- tinuität der Fibrillen besteht. Dieses Gitterwerk nennt Apäthy das „diffuse Elementargitter“. Aus dem „Elementargitter“ sammeln sich wieder stärkere Fibrillen, welche durch den Stielfortsatz der Ganglienzellen in den Zellleib eintreten. Hier bilden sie ausnahmslos unter Auf- lösung in feinere‘ Fibrillen ein Gitterwerk, welches den Kern umgiebt, zu demselben aber sonst in keine Beziehung tritt. Es giebt nun Ganglienzellen, m denen das Fibrillengitter sich nur in einer Zone der Zelle ausdehnt, nämlich dicht an der Peripherie. Bei diesen enthält der Stielfortsatz nur dünnere Fibrillen; sie werden deshalb für sensorisch gehalten. Bei an- deren Zellen bilden die aus dem Elementargitter stammenden Fibrillen ebenfalls ein Gitter an der Peripherie der Zelle, aber von diesem Gitter aus gehen Fasern radiär nach innen und gehen in ein zweites Gitter (Innengitter) über, das aus stärkeren Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 385 Fibrillen besteht, die sich dann alle zu einer starken Primitiv- fibrille vereinigen. Diese verlässt in der Mitte der dünnen Fasern verlaufend durch den Stielfortsatz die Zelle und ist entweder in ein Connectiv oder in eine motorische Nervenfaser zu verfolgen. (Taf. XVIOL, Fig. 2). Apäthy betrachtet daher diese Zellen für motorisch und nimmt an, dass die dünnen Fibrillen, welche das Aussennetz bilden und aus dem „diffusen Elementargitter“ stammen, cellulipetal, die starke Fibrille, welche sich aus dem Innennetz sammelt, cellulifugal ist. Von den Methoden, welche Apäthy zur Darstellung der Primitrivfibrillen angiebt, habe ich an Careinus Maenas nur die Goldehloridmethode probirt, welehe mir Herr Professor Apäthy bereits vor der Publication gütigst mittheilte. Leider habe ich mit derselben gar keine Resultate erzielt. Seine Mittheilungen brachten mich aber auf eine neue Methode, mit der ich im Stande war, wenigstens einiges über die Primitivfibrillen bei Careinus herauszubringen. Mit der Ausarbeitung dieser Methode bin ich noch beschäftigt und hoffe sie noch zu einer grösseren Vollkommenheit zu bringen, als sie jetzt besitzt. Daher will ich hier nur kurz über ihre Natur berichten, indem ich mir vorbe- halte, sie in der nächsten Zeit ausführlicher mitzutheilen : womit das Gewebe fixirt wird, ist ziemlich gleichgültig. Die Hauptsache ist, dass möglichst wenig Schrumpfungen und Coagulationen entstehen. Bei Hirudo erwiesen sich Alkohol, Sublimat, Salpetersäure und Pikrinsäure als günstige Fixirungsmittel. Bei Careinus ist es dagegen sehr schwer, eine Fixirung des Centralnervensystems zu finden, welche gute- Resultate liefert. Sublimat und Alkohol geben schlechte Resultate, Chromsäure und Müller’sche Flüssig keit sind noch unbrauchbarer. Am besten fixirt noch 5°/, Sal- petersäure (24 Stunden), doch giebt es hier bei der Färbung fast immer störende Niederschläge. Dieser Uebelstand zeigt sich nicht bei Objeeten, die mit concentrirter Pikrinsäurelösung (oder besser 5 Theile cone. Pikrinsäurelösung, 1 Theil eone. Lösung von prikrinsaurem: Ammoniak) fixirt sind; die Fixirung steht aber an Gleichmässigkeit hinter der mit Salpetersäure zurück. Ausgehend von dem Gedanken, dass die färbbare Substanz der Primitivfibrillen eine Base sei, binde ich dieselbe nach dem Fixiren an Molybdänsäure und benutze diese angelagerte Molyb- 386 Albrecht Bethe: dänsäure (welehe mit vielen basischen Farbstoffen unlösliche Ver- bindungen eingeht) zur Bindung eines basischen Farbstoffes, von denen sich Toluidinblau als der brauchbarste erwies. In der- artigen Präparaten treten die Primitivfibrillen meist sehr deutlich dunkelviolett auf blassviolettem oder ungefärbtem Grunde hervor. Die Kerne färben sich wie bei nicht molybdänirten Präparaten dunkelblau. Die chromatischen Substanzen des Ganglienzell- körpers (Niessl’sche Granulae oder Schollen) färben sich bei dieser einfachen Färbung meist sehr dunkel und verhindern den Farbstoff sich an die in den Zellen enthaltenen Fibrillen anzu- lagern. Bei Hirudo und Wirbelthieren gelingt es, diese Granulae durch Behandlung mit Ammoniak und Salzsäure zu entfernen. Bei Careinus ist mir eine vollständige Fortschaffung derselben nie gelungen, aber es konnte doch eine derartige Aufhellung bewerkstelligt werden, dass auch in den Ganglienzellen einiges von den Primitivfibrillen sichtbar wurde. Die Perifibrillärsubstanz bleibt meist ganz ungefärbt oder nimmt eime ganz schwach violette Färbung an. Die „Glia- scheiden Apäthy’s sind in den besten Präparaten, d. h. in denjenigen, welehe die Primitivfibrillen am deutlichsten zeigen, nur schwach gefärbt, oft so wenig, dass sie kaum noch erkannt werden können (Tafel XVI, Fig. 10). Im allgemeinen sind sie aber doch deutlich zu sehen (Fig. 3 u. 13). Manchmal färben sich die Scheiden einzelner Fasern innerhalb des Neuropils so- gar sehr dunkel, so dass sie in diekeren Schnitten störend wirken (Tafel XVI, Fig. 13a). Ob es nun gerechtfertigt ist, diesen Mantel der Nervenfasern mit dem Namen „Gliascheide‘‘ zu be- legen, scheint mir sehr zweifelhaft. Der Name „Glia‘“ ist bei den Wirbelthieren für eine ganz deutlich fibrilläre Substanz von ganz bestimmten Qualitäten und Lagebeziehungen eingeführt worden, Bedingungen, welche bei diesen Scheiden doch durch- aus nicht erfüllt werden. Zwar giebt Apäthy an, dass diese Scheiden eine fibrilläre Structur haben und bisweilen habe ich dies auch an meinen Präparaten sehen können, sie ist aber jedenfalls sehr wenig deutlich, denn wäre sie es, so würde er sie in seinen Zeichnungen mehr zum Ausdruck gebracht haben. Die Gliafasern der Wirbelthiere sind aber gut individualisirte Fibrillen von recht bedeutender Stärke. Hauptsächlich dürfte aber der Unterschied zwischen diesen Scheiden und der Glia Das Nervensystem von Careinus Maenas. 387 der Wirbelthiere in den Lageverhältnissen bestehen, in welche sie zu den Nervenfasern und den Zellen treten. Ich meine, dass die „Gliascheiden® Apäthy’s mit der Glia der Wirbelthiere nachweislich nichts zu thun haben, man sollte deshalb auch nieht die von Apäthy angewandte Bezeichnung annehmen, welehe nur zu Irrthümern führen und verwirren kann. Ich wähle daher für die „Gliascheide“ Apäathy’s ein indifferenteres Wort und bezeichne sie als „Faserscheide“. Sehr brauchbar erwies sich in manchen Fällen die vitale Methylenblaufärbung Ehrlich’s zur Darstellung von Primitiv- fibrillen. Zunächst färben sich nach der Aplication des Farb- stoffes einzelne Fasern mit feineren und feinsten Verzweigungen und schliesslich die zugehörigen Ganglienzellen in der bekannten eleetiven Weise fast ganz gleichmässig blau. Diese gleichmässig blaue, von den Hauptstämmen anfangende und allmälich auf die feineren Zweige übergehende Färbung wird mit der Zeit immer dunkler, bis schliesslich ein tiefes Dunkelbau erreicht wird. Wie bekannt ist, verblasst die Färbung dann aber wieder. In Folge dessen wird gewöhnlich fixirt, wenn möglichst viele Fasern den dunkelblauen Ton haben. Lässt man das Präparat noch länger an der Luft liegen und beobachtet es unter dem Mikroskop beim Abblassen, so bemerkt man sehr häufig, dass der Farbstoff nicht in derselben Weise verschwindet, in der er sichtbar geworden ist, sondern dass in der blasser werdenden Faser eine, mehrere oder viele tief dunkelblaue Fibrillen sichtbar werden. Dies kann in manchen Fällen soweit gehen, dass die Grenzen der zuerst gesehenen Faser ganz verschwinden und nur noch ein Bündel feiner Fibrillen übrig bleibt. Sie sind identisch mit den nach anderen Methoden darstellbaren Primitivfibrillen. Apathy be- findet sich also im Irrthum, wenn er angiebt, dass bei der Me- thylenblaufärbung nur unter Anwendung seiner Ammoniakmethode die Primitivfibrillen zur Differenzirung kommen. (Derartige nach dem frischen Objeet gezeichnete Fasern sind auf Tafel XVI in Fig. 17 a und 5b dargestellt.) Das gänzliche Abblassen tritt dann meist sehr schnell ein, so dass es nur selten gelingt, diese Präparate zu fixiren. Man findet aber häufig sowohl in Methylen- blaupräparaten von Careinus wie Hirudo, welche auf dem Höhe- punkt der Färbung oder etwas später nach meiner Methode fixirt wurden (auch in solchen, welche mit pikrinsaurem Ammo- 388 Älhescht Beiihe> nium fixirt sind [Dogiell), die Primitivfibrillen schön differenzirt (Auch Simon (2) hat bei Hirudo gute Resultate in dieser Hin sicht mit meiner Methode erzielt.) Dies ist deswegen von grosser Wichtigkeit, weil man hier eine Nervenfaser und ihre Veräste- lungen bei der Durchsichtigkeit der Präparate (besonders bei Zertheilung in dieke Schnitte von 25—40 u) auf weite Strecken gut differenzirt von allen übrigen mit den darin enthaltenen Primitiv- fibrillen verfolgen kann, so dass man sicher ist, eben nur eine Nerven- faser vor sich zu haben (Tafel XVI, Fig. 1, 1a, 4, 5 und 16). Das was sich primär mit Methylenblau tingirt, ist, wie man besonders deutlich aus nachgefärbten Schnitten ersehen kann, die Perifibrillärsubstanz. Derselben Ansicht ist auch Apathy (1). Zunächst ist es wohl nur eine Tinetion der äussersten Oberfläche, denn man findet besonders bei früh- zeitig fixirten Präparaten eine dünnwandige blaue Röhre mit ungefärbtem oder ganz hellblauem Inneren. Wenn die Fasern aber die dunkelblaue Farbe angenommen haben, so sind sie durch und durch blau (sehr dünne Querschnitte zeigen keinen hellen Fleck in der Mitte der quergetroffenen Fasern), es ist also eine wirkliche Tinetion der Perifibrillärsubstanz, keine Inerustation. Ich glaube nun, dass in diesen dunkelblauen Fasern bereits die Primitivfibrillen gefärbt sind, dass sie aber wegen der Dunkelheit der Perifibrillärsubstanz nicht sichtbar werden. Hierfür spricht, dass sie sich bei der Apäthy’schen Methode mit Ammoniak differenziren lassen, indem nämlich die Primitivfibrillen doch mehr gefärbt sind und deswegen durch das Ammoniak in der Hauptsache das Methylenblaupikrat der weniger gefärbten Perifibrillärsubstanz gespalten und ausgewaschen wird. (Anzunehmen, dass erst bei der Differenzirung die Primi- tivfibrillen den Farbstoff aufnehmen, wäre falsch, da sie sich dann auch am fixirten Objekt mit Methylenblau färben lassen müssten.) Auch bei der natürlichen Differenzirung der Primitiv- fibrillen in frischem Gewebe tritt diese deshalb nach meiner Meinung ein, weil sie stärker gefärbt sind und daher beim Ab- blassen den Farbstoff länger festhalten als die Perifibrillärsub- stanz. Nebenbei mag die Primitivfibrille auch noch Farbstoff auf- nehmen, während die Perifibrillärsubstanz sich schon entfärbt. — Die Faserscheiden färben sich, soweit ich gesehen, mit Methylenblau nie. Durch die Beobachtung frischer Methylenblaupräparate wird Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 389 nun auch eine Frage gelöst, welche Apäthy noch offen ge- lassen hat, nämlich die, ob die Perifibrillärsubstanz flüssig ist oder nicht. Wie bekannt, zeigen Methylenblaupräparate häufig perlschnurartige Nervenfasern. Zuerst von Allen (3) und dann auch von mir wurde angegeben, dass man direkt unter dem Mikroskop beobachten kann, dass diese Perlschnurformationen erst im Präparat entstehen, indem ursprünglich eylindrische Fasern und Faserzweige an einzelnen Stellen dünner werden und die hier schwindende Substanz zu Perlen zusammenfliesst (Taf. XVI, Fig. 17a und b zwei Fasern vor dem Zusammenfliessen, a, und b, nach der Bildung von Perlen). Zwischen den einzelnen Perlen bleiben dünne fadenartige Verbindungen, welche oft zum Schluss zerreissen, so dass man nur noch eine Reihe von blauen Kugeln oder Elipsoiden vor sich hat. (Wie von einzelnen Golgi- leuten immer noch den perlschnurartigen Nervenfasern und Den- driten eine physiologische Bedeutung zugeschrieben werden kann, ist unbegreiflich. Sie zeigen damit nur, dass sie die Methylen- blaulitteratur ignoriren.) Allen sah dies Zusammenfliessen zu Perlen sogar an ungefärbten Fasern, so dass man nicht behaupten kann, das Methylenblau bringe diese Formationen hervor, sondern annehmen muss, dass es eine einfache Absterbeerscheinung ist. Icb habe nun wiederholentlich den Vorgang der Perlen- schnurbildung in frischen Methylenblaupräparaten beobachtet, in denen die Abblassung bereits begonnen hatte und die Primitiv- fibrillen deutlich waren. In Fig. 17 auf Tafel XVI habe ich den Vorgang nach zwei Handskizzen dargestellt. Die eine Faser Fig. 17a zeigte, als sie zur Beobachtung kam, bereits schwache Anschwellungen und in der hellgefärbten Perifibrillärsubstanz eine starke dunkelblaue Primitivfibrille. Bei der weiteren Beob- achtung floss die Perifibrillärsubstanz an der Primitivfibrille als Achse entlang immer mehr zu den schon anfangs verdiekten Stellen hin, bis schliesslich nur mehrere Klumpen von Perifibril- lärsubstanz noch vorhanden waren, welehe dureh die Primitiv- fibrille zusammengehalten wurden (Fig. 17 a,). Die Primitiv- fibrille war deutlich durch die Perlen hindurch zu verfolgen. Die andre Nervenfaser zeigte am Anfang eine eylindrische Form und eine scharfe Längsstreifung, hervorgerufen durch eine grosse Anzahl darin enthaltener Primitivfibrillen. Auch hier floss die Perifibrillärsubstanz zu einzelnen Klumpen zusammen, indem die 390 Albrecht Bethe: enthaltenen Primitivfibrillen sich an den dünner werdenden Stellen immer dichter aneinander legten, sodass sie schliesslich nur noch einen dunkelblauen, die Klumpen verbindenden Strang bil- deten, während sie an den Zusammenflussstellen sich weiter von einander entfernten (Tafel XVI, Fig. 175,). Hieraus geht mit Sicherheit hervor, dass die Perifibrillärsubstanz flüssig ist — viel- leicht von ölartiger Beschaffenheit, wie Apäthy meint, d.h. von solcher Beschaffenheit, dass sie sich mit der Lymphflüssigkeit nicht mischt — während die Primitivfibrillen mehr eine feste Consistenz haben und frei in der Perifibrillärsubstanz beweg- lich sind. Bei meiner Toluidinblaumethode färben sich ebenso wie bei der Methylenblaumethode die Primitivfibrillen sehr verschieden intensiv, so dass Fasern von gleicher Stärke das eine mal sehr dunkel erscheinen, in einer andern Faser sehr viel heller. Ich meine mit Apäthy, dass es sich hierbei um eine mehr oder minder starke Aneinanderlagerung der die Primitivfibrillen zu- sammensetzenden dünneren Fibrillen, der „Elementarfibrillen“, han- delt, dass nämlich in den dunkelgefärbten sehr viel mehr Elementar- fibrillen vereinigt sind als in den helleren von gleicher Dicke. In den Ganglien selbst zeigen die Primitivfibrillen einer Nervenfaser fast immer einen parallelen und fast graden (selten etwas gewellten) Verlauf (Tafel XVI, Fig. 1 u. la, Fig. 4 5 und 16). In den peripheren Nerven und den Conneetiven lässt sich dagegen immer das Verhalten der Primitivfibrillen demon- striren, welches Apäathy für die Nerven und Conneetive der Hirudineen u. s. w. feststellte. Ist der Nerv in gespanntem Zu- stande fixirt, so treten die Faserscheiden gradlinig zu Tage und die enthaltenen Fibrillen zeigen ebenfalls einen graden oder schwach welligen Verlauf. Ist der Nerv aber in nicht gespanntem Zustande fixirt worden, so zeigen die Faserscheiden wie beim gestreckten Nerv resp. Connectiv grade Contouren, während die Primitivfibrillen mehr oder weniger geschlängelt sind (Taf. XVI, FEN u.) 1) In den Tafeln ist die Wiedergabe der Primitivfibrillen dem Lithographen nicht ganz gelungen. Die Diekenverhältnisse entsprechen nicht meinen Zeichnungen und die Dunkelheit und scharfe Contourirung tritt gegen die der Präparate zurück, besonders in Fig. 1, 6, 10, 13 und 18 auf Tafel XVI. Das Centralnervensystem von Carcınus Maenas. 391 Ein durebgreifender Unterschied, wie ihn Apäthy bei Hirudineen zwischen den Primitivfibrillen der motorischen und receptorischen (sensiblen) Fasern feststellen konnte, lässt sich bei Careinus nicht constatiren. Es kommen sowohl in recep- torischen Nervenfasern sehr dieke Primitivfibrillen vor, welche oft nur in der Einzahl vorhanden sind, als auch in unzweifel- haft motorischen Fasern Bündel sehr feiner Fibrillen. Das erstere tritt am deutlichsten in den Fasern des Tegu- mentarius hervor, welcher nach den physiologischen Experi- menten, die ich anstellte (4. Seite 540), der einzige, rein recep- torische Nerv von Careinus ist. Hier findet man auf Quer- schnitten (Tafel XVI, Fig. 10) — und ebenso auf Längsschnitten — Nervenfasern, welche in Bezug auf die Primitivfibrillen ein ganz verschiedenes Aussehen zeigen. Die grössten Verschiedenheiten treten in den Fasern hervor, welche auf der Fig. 10 mit a u. d (resp. e) bezeichnet sind. In den a-Fasern findet sich innerhalb der Faserscheide ein Bündel feiner und wenig dunkel tingirter Fibrillen, welche entweder zu einem Cylinder zusammengelagert sind (a,) oder eine mehr unregelmässige Figur bilden (a,). Zwischen den einzelnen Fibrillen sind deutliche Lücken, welche mit ungefärbter oder blassgefärbter Perifibrillärsubstanz ausge- füllt sind. Zwischen Fibrillenbündel und Faserscheide liegt meist ein breiter Mantel von Perifibrillärsubstanz. In den d-Fasern dagegen findet sich nur eine (in den e-Fasern mehrere) sehr dunkle, scharf abgesetzte, dieke Primitivfibrille. Die d-Fasern gleichen nun auffallend den motorischen Fasern von Hirudo (Äpäthy) und die a-Fasern den ‚„sensorischen Bündeln“ (Apäathy). Trotzdem behaupte ich auf Grund meiner physiologischen Untersuchung und des gleich zu erwähnenden, anatomischen Befundes, dass beide Faserarten die gleiche Be- deutung haben, dass sie beide centripetal leiten, dass beides receptorische Fasern sind. Erstens kann man schon auf ein und demselben Querschnitt Zwischenstufen zwischen den a-Fasern und den d-Fasern finden. Zweitens nehmen die d-Fasern an Zahl immer mehr ab je weiter man die Querschnittsserie in das Gehirn hinein verfolgt, so dass in der Nähe der Neuropila tegumentarii nur noch dünne Fibrillen zu finden sind, während nach der Peripherie zu die a-Fasern immer mehr verschwinden, aber, soweit ich feststellen konnte, Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 965 393 Albrecht Bethe: nie ganz aufhören. (In Schnitten durch die peripheren Nerven, welche mehr als 1-2 mm vom Gehirn entfernt sind, gelang es mir nur sehr schlecht die Primitivfibrillen zu färben.) Drittens kann man auf Längsschnitten constatiren, dass sich die anfangs dünnen Primitivfibrillen nach der Peripherie zu immer dichter aneinander legen und schliesslich nur noch eine dicke Fibrille bilden. Viertens konnte auf Methylenblaupräparaten ein Zu- sammenhang von Tegumentariusfasern mit Ganglienzellen nicht festgestellt werden. Bei den auf dem Querschnitt Taf. XVI, Fig. 10 mit 5 be- zeichneten Fasern liegen die Primitivfibrillen schon dichter an- einander, in der c-Faser haben sie sich so dicht aneinander gelegt, dass sie nicht mehr voneinander unterschieden werden können, sondern zwei dieke aber noch nicht sehr dunkle Stränge bilden. Bei der vollkommenen Aneinanderlagerung, wie sie bei den d-Fasern stattgefunden hat, vereinigt sich die Färbungs- energie aller Fibrillen auf einen kleinsten Raum und daher er- scheint hier die allein vorhandene Fibrille so ausserordentlich viel dunkler. Häufig vereinigen sich nun die aus der Centralsubstanz austretenden Primitivfibrillen nieht zu einer stärkeren Fibrille, sondern zu mehreren (e). In / findet sich eine Faser, in welcher die Vereinigung zu stärkeren Fibrillen an zwei Stellen bereits beendet ist, während an einer anderen Stelle noch ein Bündel feiner Fibrillen liegt. Der Optiecus ist, wie ich im physiologischen Theil nach- gewiesen habe (4. S.542) kein rein receptorischer Nerv. Er führt ausser photoreceptorischen und tangoreceptorischen Elementen auch motorische. Von den motorischen Elementen müssen wir, nach allem was wir wissen, annehmen, dass sie mit Ganglien- zellen im Üentralnervensystem zusammenhängen. Es konnten nun drei Arten von nervösen Elementen festgestellt werden, welche eine Faser durch den Optieus entsenden und mit cen- tralen Ganglienzellen in Verbindung stehen. Es sind dies die Elemente o,, 0, und o, (4.8.4714, Taf. XXVII, Fig. 1o, und o,, Taf. XXIX, Fig. 1 0,). Von diesen ist o, sicher kein motorisches Element. Von o, ist es ebenfalls nicht sehr wahrscheinlich, da- gegen zeigt o, in der Art und Weise seiner Ausbreitung durch- aus die Eigenschaften motorischer Elemente. (Ich werde dies später noch genauer beleuchten.) Nun ist die Zahl der Elemente Das Centralnervensvstem von Careinus Maenas. 393 0, gegenüber den übrigen Optieuselementen gering und die Lage der peripheren Fasern im Opticus genau aus Methylenblau-Prä- paraten bekannt. Sie laufen nämlich immer im dorsalen Theil des Optieus. Ebenso laufen die peripheren Fasern der Elemente 0,, welche ev. noch in Betracht kämen auf der dorsalen Seite. Man findet nun aber durch den ganzen Opticus verbreitet zahlreiche Nervenfasern, welche nur eine oder einige wenige sehr starke und dunkle Primitivfibrillen innerhalb der Faserscheide enthalten, Primitivfibrillen, welche den „motorischen“ von Hirudo sehr ähnlich sind in Bezug auf Dicke, Schärfe und Schlängelung (im nicht gedehnten Nerven). Taf. XVI, Fig. 3 stellt den ventralen Theil eines Querschnitts durch den Optieus dar, also grade des Theiles, in dem sicher keine Fasern vom Typus o, verlaufen. Der Nerv war nicht_ganz gedehnt, so dass auf dem Querschnitt einige Fibrillen in seitlicher Neigung getroffen sind. Ausser Fasern mit einer oder mehreren dieken Fibrillen sieht man andere mit mehr oder weniger zahlreichen dünnen Fibrillen. Taf. XVI, Fig. 6 zeigt einen Längsschnitt durch denselben Theil eines nicht gespannten Optieus. Die Faserscheiden sind zum Theil deutlich zu sehen, die Perifibrillärsubstanz ist etwas tingirt, die in der Einzahl in jeder Faser verlaufenden Fibrillen sind stark geschlän- gelt. Diese dieken Primitivfibrillen gehören sicher photorecepto- rischen Fasern an. Sie sind oft weit bis in das Gehirn zu ver- folgen, wo sie sich zum Theil noch in dünnere, parallel verlau- fende Fibrillen auflösen, zum Theil sich aber gleich bäumchen- förmig verzweigen. Auch Fig. 17 stellt Opticusfasern dar. Im Traetus optico-globularis findet man stets dicht gedrängte mittel- starke, aber sehr scharfe Fibrillen. Es gelang mir mehrmals die motorischen Elemente des Optieus (4. Taf. XXVI, Fig. 10,) mit Methylenblau so darzu- stellen, dass der Fibrillenverlauf deutlich hervortrat. Das der Fig. 1 u. 1a (Taf. XVI) zu Grunde liegende Präparat stammt von einem Gehirn, welches nach der Fixirung ausser dem ganzen Verlauf der Elemente o, nur noch wenige andere Fasern in anderen Theilen des Gehirns tingirt zeigte, so dass eine Ver- wechslung der Fasern nicht möglich war. Schon auf dem Total- präparat waren die Fibrillen zum Theil gut zu sehen. Ich zeich- nete das Neuron in seinem ganzen Verlauf und zerlegte dann das Gehirn in 30 u dieke Horizontalschnitte, um mit der Oel- 394 Albrecht Bethe: immersion an alle Theile gelangen zu können. Das Element o, fiel auf mehrere Schnitte. Zwei davon sind in Fig. 1 u. 1a abgebildet und die Figuren sind so aneinander gelegt, wie sie nach der vorherigen Zeichnung des Totalpräparats aneinander gehörten. Der mittlere Theil ist schräg durchschnitten. Die Figuren sind daher so übereinander gelegt zu denken, dass die beiden * und die beiden 7 sich decken. Der bereits im Opticus liegende Theil der peripheren Faser zeigt eine dieke Fibrille innerhalb der schwach ge- färbten Perifibrillärsubstanz (Fig. 1). Diese löst sich unter An- schwellen der Nervenfaser schneil in eine grosse Anzahl sehr dünner und einiger diekerer Primitivfibrillen auf. (Vergleiche meine erste Mittheilung (4) Tafel XXVIL, Fig. l1o,. Doch sind die Seitenzweige etwas anders vertheilt als hier.) Von diesen Fibrillen zieht nun der grösste Theil in den regelmässig dicksten Theil des Neurons, welcher von dem Neuropilum optiei anterius nach hinten zu den Antennenneuropilen u. s. w. läuft (Fig. 1 u. Fig. la:d). Ein anderer Theil zieht in einen Seiten- ast der peripheren Faser (Fig. 1, 5 A). Ein dritter Theil zieht in horizontaler Richtung über den dieken Theil fort. Von hier aus zieht ein Theil der Fibrillen nach vorne in den Axenfort- satz der Ganglienzelle (diese ist hier nieht mit abgebildet worden, da die Primitivfibrillen in derselben nicht zu erkennen waren), während der Rest in horizontaler Richtung weiter läuft, um sich theilweise noch in derselben Gehirnhälfte zu verzweigen und dann in der gekreuzten Gehirnhälfte auszustrahlen (Fig. la:h). Der Antheil von Primitivfibrillen, weleher von der. Ganglienzelle aus. in (die, periphere Base: tra bt, ash also 1m V ergleich zu dergZa bi dr überhaupt eintretenden verschwindend klein. Ausser den Primitivfibrillen, welche in die periphere Faser zu verfolgen sind, verlaufen aber noch eine grosse Menge andrer in diesem Neuron. So ziehen Fibrillen von dem Ast d in den Ast A und von beiden in den Axenfortsatz. Ebenso treten einige Fibrillen, durch die kleinen Seitenzweige des Axenfortsatzes in diesen ein und ziehen der Ganglienzelle zu. Ein kleines Bündel zieht von dem Seitenfortsatz S A zu dem dicken Ast d z. Th. vielleicht auch in den Fortsatz h. Die dicke Fibrillen r u. r in den Endästen des Seitenzweiges S A (Tafel XVI, Fig. 1) treten Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 395 durch ein Zweigchen ein, durch ein andres wieder aus dem Neuron aus. Ebenso die Fibrille »», welche mit andren durch ein in die Tiefe gehendes Seitenästehen den Hauptzweig verlässt. (Die dunklen Punkte an den Enden von Fibrillen bedeuten, dass sie sich in die Tiefe senken. Thatsächlich markirt sich diese Erscheinung in dieser Weise auf den Präparaten [Apäthy].) Kurz: Ausser den Primitivfibrillen, welche von Seitenfort- sätzen aus oder vom Axenfortsatz aus in die periphere Nervenfaser übergehen, giebt es noch eine Menge andrer in dem Neuron, welche bei- nahe auf allen möglichen Wegen die einzelnen Seitenzweige unter einander und z. Th. auch mit der zugehörigen Ganglienzelle verbinden. In dem pheripheren Theil der pheripheren Faser ist nur eine sehr starke Fibrille enthalten, welche aber aus einer sehr grossen Anzahl diekerer und besonders dünnerer Fibrillen durch Aneinander- lagerung, nicht durch Verschmelzung hervorgeht. Die bei den Hirudineen typischen motorischen Primitivfibrillen sind also in diesen motorischen Neuronen nicht im derselben Weise zu con- statiren. Der Antennarius secundus zeigt auf dem Querschnitt ein sehr ähnliches Bild wie der Tegumentarius (Taf. XVI, Fig. 18), trotzdem er ein gemischter Nerv ist. Auf demselben Querschnitt sieht man in den Nervenfasern die Primitivfibrillen in den verschiedensten Graden der Aneinanderlagerung. Man kann aber nicht constatiren, dass die Fasern, welche mit a und b bezeichnet sind, sensibel sind und die mit d bezeichneten mo- torisch. Es ist vielmehr sicher, dass unter den a- und b-Fasern motorische sind. Von den nervösen Elementen, welche nach den Methylenblauresultaten (4. S. 479) im Antennarius secundus ent- halten sind, erfährt die eine Art von motorischen Elementen, nämlich die Elemente ant. II (4. Tafel XXVII Fig. 1), die Haupt- verzweigungen dicht am Eintritt des Nerven in’s Gehirn. Diese Verzweigungen variiren zwar etwas, sind aber doch so typisch, dass man diese Elemente im meinen Primitivfibrillenpräparaten oft gut erkennen kann. Auf dem in Fig. 7 (Taf. XVI) abge- bildeten Längsschnitt durch den Eintritt des Antennarius II in’s Gehirn sind zwei derartige Elemente vorhanden (a und d). Von diesen motorischen Fasern enthält d eine starke Primitiv- 396 Albrecht Bethe: fibrille von der Beschaffenheit und der Art der Verzweigung, wie sie für die motorischen Primitivfibrillen von Hirudo (Apäthy) charakteristisch sind. Die Faser a enthält aber in ihrem peri- pheren Theil ein lockeres, an einer Stelle sich sogar in drei Züge auflösendes Bündel ziemlich feiner Primitivfibrillen. Sie legen sich an der Stelle, wo der Nerv in's Gehirn eintritt (diese Stelle ist durch einen Pfeil bezeiehnet) diehter aneinander, so dass der ganze Zug dunkler erscheint und die Fibrillen nicht sicher individuali- sirt zu verfolgen sind. Gleich darauf geht ein Seitenast ab (a,), welcher höchst wahrscheinlich der zur Ganglienzelle hinziehende ist und deutlich mehrere Fibrillen enthält. Im weiteren Verlauf ist die Faserscheide nicht mehr zu erkennen; die Primitivfibrillen bleiben dicht aneinander gelagert und vertheilen sich auf die verschiedenen Aeste. Noch weniger dicht sind die einzelnen Fibrillen in der Faser desselben Typus aneinandergelagert, welche in Taf. XVII Fig. 1 abgebildet ist. Hier ist höchst wahrscheinlich der mit a bezeichnete Ast derjenige, welcher zur Ganglienzelle führt. Von typischen motorischen Primitivfibrillen kann also bei diesem Thier nicht die Rede sein. Bei einem Thier sind die feineren Primitivfibrillen der motorischen Antennarius-Elemente häufiger dicht aneinandergelagert, so dass sie den Anschein ty- pischer motorischer Primitivfibrillen erregen (Taf. XVI Fig 7d), bei anderen weniger (Tafel XVII Fig. 1). Es walten da (wie übrigens auch im Optieus) individuelle Verschiedenheiten. Bei dem in Tafel XVII Fig. 1, aber auch in Tafel XVI Fig. 7 abgebildeten motorischen Antennariuselement ist dieselbe Thatsache zu constatiren, welche ich bereits bei den moto- rischen Opticuselementen beschrieben habe, dass nämlich nur ein Theil der Primitivfibrillen, welche in die periphere Faser treten, von dem Axenfortsatz der Ganglienzelle kommt, dass der bei weitem grössere Theil direet von den Seitenzweigen in die Faser eintritt. Ausserdem treten auch hier Primitivfibrillen durch einen Seitenfortsatz ein und durch einen andern wieder aus. Der Oeulomotorius zeigt in Bezug auf die Primitiv- fibrillen etwa dasselbe Verhalten wie der Antennarius II. Neben Nervenfasern mit einer starken Primitivfibrille sieht man ungefähr gleich viele Fasern mit einem Bündel feiner Fibrillen, trotzdem dieser Nerv vielleicht rein motorisch ist, auf jeden Fall aber nur sehr wenige receptorische Fasern führt. Das Oentralnervensystem von Careinus Maenas. 397 Der Antennarius I ist, wie ich im ersten Theil dieser Arbeit (4. S. 470) beschrieben habe, in zwei Bündel zu trennen, von denen das eine von der Statocyste kommt, das andere von der Muskulatur und den übrigen Receptionsorganen der ersten Antenne. Das Statoeysten-Bündel (4. S. 470 u. 478) findet seine centralen Endstätten im Globulus und im Neuropilum Antennarii I laterale. Diese Fasern sind in Methylenblaupräparaten ziemlich dünn. Das andere Bündel verzweigt sich im Neuropilum An- tennarii I mediale (z. Th. auch im unteren Theil des Neuropilum Antennarüi I laterale). In demjenigen Bündel von Nervenfasern, welches zum Glo- bulus zieht, finden sich niemals ganz dieke Primitivfibrillen und eine Aneinanderlagerung der Primitivfibrillen im Verlauf der Faser findet nicht statt. Die Faserscheiden umschliessen immer eine grössere Anzahl von Fibrillen. Die Fibrillen der Fasern, welche zum Hemiglobulus anterior ziehen, sind etwas dünner, vor allem aber blässer als diejenigen der Fasern, welche in dem Hemi- globulus posterior sich verzweigen. Von den Nervenfasern der ersten Gattung sind einige auf Tafel XVI Fig. 9 abgebildet. Vor dem Eintritt des Nerven in das Gehirn sind die Fibrillen ziemlich dicht aneinander gelagert, sodass sie einzeln nicht deut- lich verfolgt werden können, weichen aber centralwärts etwas vor den ersten Verzweigungen der Nervenfaser auseinander. (Die Faserscheiden sind in dem zu Grunde liegenden Präparat nicht sichtbar.) Da diese Primitivfibrillenbündel eine recht beträcht- liche Dieke haben, auf jeden Fall aber viel dieker sind als die ihnen entsprechenden Fasern im Methylenblaupräparat, da auch bei anderen Nervenfasern häufig die durch Methylenblau dage- stellten Nervenfasern sich dünner erwiesen als der Innenraum der Faserscheiden, wie er auf Schnittserien hervortritt, so bin ich zu der Ansicht gelangt, dass sich möglicher Weise bei der Methylenblaufärbung die Perifibrillärsubstanz besonders in den peripheren Fasern zusammenzieht. In dem anderen Stamm des Antennarius I findet man sehr dieke, sich dunkel und scharf tin- girende Primitivfibrillen und dünnere, hellere Fibrillen (Taf. XVI Fig. 14). Bei den dicken kann man erkennen, dass sie sich noch innerhalb des Nervenstammes verzweigen (Fig. 14). Ob allein diese dieken Primitivfibrillen, oder ob auch ein Theil der dünneren motori- schen Nervenfasern angehören, habe ich nicht entscheiden können. 398 Albrecht Bethe: In den Schlundeommissuren finde ich nur dünne Pri- mitivfibrillen, welche zu dichten Bündeln zusammengefasst inner- halb je einer Faserscheide liegen. Auf Längsschnitten bieten die einzelnen Nervenfasern der Commissuren etwa ein Bild wie die Faser ce auf Taf. XVI Fig. 7, nur dass die Fibrillenbündel häufig sehr viel dicker sind und auch aus mehr Fibrillen be- stehen. Verfolgt man die Nervenfasern der Commissuren auf Längsschnitten in das Gehirn hinein, so findet man, dass an der Eintrittsstelle in’s Gehirn und im unteren Zipfel die Faserscheiden schmaler werden und die Fibrillen sich in vielen Bündeln diehter aneinander legen, so dass sie den Anblick einer oder mehrerer einheitlicher, dieker Fibrillen bieten, welche danw natürlich auch dunkler gefärbt sind und schärfer hervortreten. Sehr deutlich tritt dies Verhalten auch auf Querschnitten hervor (Taf. XVI Fig. 13). [Der Schnitt stammt aus dem unteren Theil des Neu- ropilum Antennarii II posterius. Man sieht innerhalb der Faser- scheiden Primitivfibrillen-Bündel in allen Stadien der Concentration. Drei lockere Bündel (b) scheinen beim Schneiden umgefallen zu sein, so dass man sie im Längsschnitt sieht. Zwischen den Nervenfaserbündeln, welche den Commissuren angehören, sieht man einzelne Fibrillen z. Th. verzweigt, welche dem Neuropil an- gehören]. Verfolgt man die Commissurfasern weiter in's Gehirn hinein, so sieht man, dass die festere Aneinanderlagerung der Fibrillen wieder verschwindet, dass die Fibrillen wieder zu lockeren Bündeln veremigt sind, wie sie vereinzelt auch an der Eintritts- stelle in's Gehirn vorkommen (a Taf. XVI Fig. 13). Aus allem diesem geht hervor, dass ein durchgehender Unterschied zwischen motorischen und „sensorischen“ Primitiv- fibrillen bei Careinus Maenas nicht constatirt werden kann. Inner- halb der peripheren Nervenstämme kommen dieke Primitivfibrillen vor, doch gehören sie nicht immer motorischen Fasern an, und es gibt motorische Fasern, welche zahlreiche dünne Fibrillen in ihrem ganzen Verlauf enthalten. Da grade an den Eintritts- stellen in das Centralorgan, also an den Stellen, wo die Nerven- stämme und die Commissuren am dünnsten sind, sich am häu- figsten die Primitivfibrillen zu anscheinend einheitlichen Faserz zusammenlegen, sich aber häufig nach beiden Seiten hin wieder voneinander entfernen, so glaube ich annehmen zu dürfen, dass die enge Aneinanderlagerung der feineren Fibrillen vorzugsweise Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 399 auf Raumersparniss zurückzuführen ist. (Ein ganz ähnliches Ver- halten zeigt sich bei Wirbelthieren.) Andererseits bestätigen diese Thatsachen die Ansicht Apäthy’'s, dass überall, wo sich dünnere Primitivfibrillen zu diekeren vereinigen, keine Verschmel- zung der Fibrillen stattfindet, sondern nur eine enge Aneinander- lagerung, dass also die dünnsten Fibrillen, die hypothetischen Elementarfibrillen, überall ihre Individualität bewahren. Innerhalb der Centralsubstanz verlieren die Nervenfasern, soweit sich das feststellen lässt, bei der Auflösung in feinere Aeste ihre Faserscheiden. Die Primitivfibrillen ziehen, umgeben von einem mehr oder weniger dünnen Mantel von Perifibrillärsubstanz, weiter und scheinen auch diesen Mantel, wie auf Methylenblau- präparaten zu sehen ist, zu verlieren, wenn sie als einzelne Fi- brillen in das Neuropilem austreten (Tafel XVI, Fig. 1, n und o). Wenn sich nun diese ausgetretenen Primitivfibrillen weiterhin T- oder Y-förmig verzweigen, so kann dies auch nur so aufge- fasst werden (Apäathy), dass hier die in der stärkeren Primitiv- fibrille individualisirt enthaltenen, aber nicht getrennt sichtbaren feineren Primitiv- resp. Elementarfibrillen auseinander treten und sich nach verschiedenen Gegenden der Centralsubstanz hinbe- geben (Tafel XVI, Fig. 1 o, Fig. 2 und Fig. 13). Einen directen Zusammenhang dieser feinsten Fibrillen von zwei Neuronen habe ich bei Careinus nie constatiren können. Sie sind zu dünn, um auf weitere Strecken verfolgt zu werden. Bei Hirudo glaube ich mich aber aus verschiedenen, in einer späteren Arbeit aus- einander zu setzenden Gründen davon überzeugt zu haben, dass ein Continuitätszusammenhang auf dem Wege der Primitivfibrillen zwischen den Neuronen, wie ihn Apäthy beschreibt, thatsächlieh besteht. Ich halte mich daher für berechtigt, auch bei Careinus und bei allen übrigen Thieren eine Continuität der nervösen Elemente, das Bestehen eines Elementargitters (Apathy) anzunehmen; ich muss aber der Auffassung Apathy’'s, dass dies Gitter diffus ist, entschieden entgegentreten. Ueber die Gründe später. In den Commissurelementen, welche sich am besten auf Methylenblaupräparaten erkennen lassen, da hier die Primi- tivfibrillen auf weite Strecken verfolgt werden können, finde ich immer nur dünne Primitivfibrillen und zwar in sehr grosser An- zahl. Nur dort, wo die Fasern der Commissurelemente in das 400 Albrecht Bethe: Gehirn oder in das Bauchmark eintreten, lagern sich die Primi- tivfibrillen dicht aneinander, wie bereits erwähnt wurde. (Tafel XVI, Fig. 15. Fast alle Fasern, welche durch die Schlund- commissuren gehen, sind als zu Commissurelementen gehörig an- zusehen.) — (Tafel XVI, Fig. 16, Fig. 4 und Fig.5). Fig. 16 ist ein Commissurelement des Gehirns und entspricht dem Element C; (4. Tafel XXIX, Fig. 1) und dem Element aoan, (5. Tafel XXXV, Fig. 1). Hier ist nur der Theil des Neurons abgebildet, wo der Axenfortsatz der Ganglienzelle in den nach hinten verlaufenden Hauptstamm und den grossen lateral laufenden Seitenstamm über- geht. In diesem Neuron laufen die meisten Primitivfibrillen vom Hauptstamm in den Axenfortsatz resp. in den Seitenstamm. Nur eine geringe Anzahl geht vom Seitenstamm in den Axenfortsatz. Die Fig. 4 (Tafel XVI) stellt den Theil eines Elementes a, (4. Tafel XXV, Fig. 2) des Bauchmarks dar, welcher zwischen dem in das Scheerenganglion gehenden und dem in das erste Beinganglion gehenden Seitenast liegt. Es ziehen Primitivfibrillen züge in allen erdenklichen Richtungen. Dasselbe Verhalten zeigt sich in dem Theil des Bauchmarkeommissurelements 4,sa (4. Tafel XXV, Fig. 2), welcher in Tafel XVI, Fig. 5 abgebildet ist. Die meisten Primitivfibrillen gehen von dem in der Längs- commissur verlaufenden Theil durch die in der Quercommissur des 2. Beinganglions verlaufende quere Faser auf die gekreuzte Bauchmarkseite ; andere ziehen in der Längsrichtung, noch andere treten durch den in das 1. Beinganglion ziehenden Ast in den longitudinalen Hauptstamm. Ein ähnliches Verhalten wurde in allen anderen Commissurelementen gefunden, welche ich in Methy- lenblaupräparaten differenzirt sah. (Das sind die in der ersten Mittheilung (4) beschriebenen Elemente c;, C,, Ca, und c,,.) Wir sehen also, dass in den Commissurelementen ähnlich wie in den mo- torischen Neuronen des Optieus und des Antennarius II die Primi- tivfibrillen in den verschiedensten Richtungen ziehen, die ver- schiedensten Theile des Neurons miteinander verbinden und dass nur eine geringe Zahl aller Fibrillen in der Richtung zur Ganglienzelle läuft. Da man ferner feststellen kann, dass im Axenfortsatz aller Ganglienzellen viel weniger Primitivfibrillen enthalten sind, als in den übrigen Theilen des Neurons zusammengenommen, so muss man annehmen, dass nur ein geringer Theil aller Primitivfibrillen in ihrem Verlauf einmal durch eine Ganglienzelle gegangen sind. Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 401 In den Ganglienzellen habe ich auf Methylenblauprä- paraten nie etwas von Primitivfibrillen sehen können. Sie sind meist, wenn überhaupt gefärbt, ganz dunkel. Mit meinen Primi- tivfibrillenmethoden wird auch in der Regel nicht allzuviel er- reicht. Man kann feststellen, dass in den Ganglienzellen aller Gattungen Primitivfibrillen enthalten sind, man kann auch fest- stellen, dass die durch den Axenfortsatz in die Zellen eintreten- den Fibrillen in denselben ein Netz bilden; aber mit der Voll- ständigkeit, wie es bei Hirudo gelingt, habe ich die Netze in den Zellen nie darstellen können. Die Ganglienzellen von Car- einus enthalten (wie die der meisten Thiere) einen mehr oder weniger in der Mitte liegenden Kern mit schwachem Chromatin- gerüst und einem (bisweilen zwei) sehr dunkel tingirbaren Nucleo- lus, der der Kernmembran meist anliegt und abgeplattet ist. Um den Kern herum zeigt das Protoplasma der Zelle ge- wöhnlich einen nicht oder nur schwach färbbaren, also hellen Hof. Der übrige Theil des Protoplasmas bis zur Peripherie der Zelle hin färbt sich in der Regel sehr dunkel infolge einer grossen Menge chromatischer Einlagerungen (Nisl’sche Schollen). Diesen Theil nenne ich, dem Beispiel Apäthy’s folgend, die „ehromatische Zone“. Sie besteht aus einzelnen kleinen dunkel- tingirbaren Körnchen, welche mehr oder weniger wabenartig angeordnet sind, sodass zwischen ihnen hellere Höfe (Vaeuolen) frei bleiben (Tafel XVI, Fig. 11 und 15). (Die kleinen Gang- lienzellen des Gehirns, die Cellulae globuli anteriores und poste- riores enthalten nur wenig oder gar kein Chromatin im Zellleib.) In den meisten Primitivfibrillenpräparaten trifft man nun viele Zellen, bei denen in den granulirten Vaeuolenwänden sehr scharfe Fibrillen hervortreten (Tafel XVI, Fig. 15). Sie sind aber immer nur auf kurze Strecken zu verfolgen und sehr selten wird eine Verästelung von ihnen bemerkt. Warum sie sich in der Regel nur auf so kurze Strecken färben, ist mir ganz räthselhaft. In Fig. 11 ist eine Ganglienzelle abgebildet, bei welcher vier Primitivfibrillen aus dem Axenfortsatz in den Zellleib hinein zu verfolgen sind. Hier verlaufen sie innerhalb der cehromatischen Zone und zwar immer in der Wand der Vacuolen und gehen unter einander netzförmige Verbindungen ein. Es scheint mir, als ob in den meisten Zellen dieses Typus nur die queren Verbin- dungen (siehe Fig. 15) der meridional verlaufenden Fibrillen ge- 402 Albrecht Bethe: färbt werden, während die Meridianfasern selbst ungefärbt bleiben. In anderen Zellen (Tafel XVI, Fig. 8) sieht man Fibrillen in zwei Kreisen um den Kern herum liegen, der eine liegt dem Kern nahe, an der inneren Grenze der ehromatischen Zone, der andere ganz an der Peripherie der Zelle. Zwischen beiden Kreisen sieht man radiale Verbindungsfibrillen verlaufen. Es ist möglich, dass diese Zellen, wenn alle Fibrillen gefärbt wären, dem Typus %, welchen Apäthy bei Hirudineen beschrieben hat, gleichen würden. Ich bilde zum Vergleich eine Zelle dieses Typus, welche sich in einem meiner Hirudopräparate findet, in Tafel XVII, Fig. 2 ab. Das was das deutliche Hervortreten der Primitivfibrillen durch seine dunkle Eigenfärbung und das Zustandekommen einer guten Fibrillenfärbung in den Zellen durch das Ansichreissen des meisten Farbstoffes verhindert, ist die chro- matische Substanz des Zellleibes. Man findet nun nicht so sehr selten Zellen, welehe gar keine chromatische Substanz enthalten, offenbar Zellen, welehe im Absterben waren oder sogar schon todt waren, als das Gewebe fixirt wurde, da in diesen Zellen auch der Zell- kern undeutlich und geschrumpft ist. In diesen findet man nun regelmässig ein sehr deutliches Fibrillennetz (Tafel XVI, Fig. 12). Man mag mir einwenden, dass dies eben keine normalen Zellen sind und daher die Gefahr des Kunstproduetes nahe liegt. Ich halte es aber doch für sehr unwahrscheinlich, dass sich hier ein Kunstproduet bilden sollte, das in anderen todten Zellen nicht auftritt, ein Kunstproduet, das genau dem gleicht, was man in normalen Ganglienzellen anderer Thiere (Hirudo, Lumbrieus u. s. w.) darstellen kann. Welche Rolle spielen die Primitivfibrillen bei den nervösen Vorgängen Apäthy zieht aus der Thatsache, dass alle Nervenfasern individualisirte Primitivfibrillen enthalten, dass dieselben in die Sinneszellen eintreten und sich innerhalb der Muskelfasern und aller anderen innervirten Zellen verzweigen und schliesslich in den Ganglienzellen ganz characteristische Gitter bilden, den Schluss, dass diese fibrillären Elemente das leitende Element im Nerven- system sind. Aus dem Verhalten dieser Fibrillen zu den Gang- lienzellen folgert er in Uebereinstimmung mit der Lehre von den centralen Qualitäten der Ganglienzelle, wie sie jetzt gang und Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 403 gäbe ist, dass die Ganglienzellen das eigentliche Centralorgan seien, dass in ihnen der Retlexbogen zu Stande käme, dass in ihnen der Nervenstrom erzeugt werde. Er sieht die Ganglien- zelle an als ein Kraftdepot, welches in die Leitungsbahn der Nervenfasern eingeschaltet ist „wie die einzelnen stromerzeugenden Elemente der elektrischen Batterie in den ununterbrochen leiten- den Verlauf der Telegraphendrähte* (1. Seite 507). „Die Gang- lienzellen produciren das was geleitet werden soll .. .* „Die Ganglienzellen erzeugen aber nicht nur einen constanten Strom, den Tonus, sondern sie reagiren auch auf die Perception der durch äussere Einflüsse, die Reize, verursachten Aenderungen des Tonus mit quantitativen, vielleicht auch qualitativen weiteren Aenderungen desselben.“ Ich bin nun zwar davon überzeugt, dass die Primitivfibrillen wirklich das leitende Element im Nervensystem sind, bin mir aber vollkommen klar darüber, dass anatomische Thatsachen keine bindenden Schlüsse auf eine Function zulassen. Die Funetion eines Organs kann aus anatomischen Befunden wohl wahrscheinlich gemacht, aber niemals bewiesen werden. Der einzige Weg, auf dem die Funetion eines Organs sicher gestellt werden kann, ist das physiologische Experiment und das ist hier unmöglich, denn es wird auch dem geschicktesten Operateur niemals gelingen, die Primitivfibrillen einer Nervenfaser zu durch- schneiden, ohne die ganze Faser zu zerstören. Einen gewissen Aufschluss darüber, ob die Primitivfibrillen das leitende Element sind oder nicht, giebt mein Experiment der totalen Isolirung eines Neuropilstückes von den zugehörigen Ganglienzellen (4. Seite 629). Es ist absolut nicht beweisend, aber es macht doch die leitende Natur der Primitivfibrillen wahrscheinlicher. Zugleich ist es geeignet, die zweite Behauptung Apathy's, welche sich mit der allgemeinen Anschauung deckt, dass nämlich die Ganglienzellen das eigentliche Centralorgan sind, zu entkräften. Ich will das Experiment kurz wiederholen: Durch- schneidet man den Nerv der zweiten Antenne am Austrittaus dem Gehirn, so wird sie vollkommen gelähmt. Sie hängt schlaff herab und wird auf keinen nor- malen Reiz bewegt. (Nur bei sehr kräftigem Drücken oder bei electrischer Reizung treten idiomuskuläre Zuckungen auf, wie Ja auch nicht anders zu erwarten ist.) 404 Albrecht Bethe: Reinigt man bei einem Thier die.Neuropile der zweiten Antenne von allen ansitzenden Gang- lienzellen und trennt sie vom übrigen Nerven- system durch einen Cirkulärschnitt und Durch- schneidung der Schlundcommissur ab, so dass Jetzt der Nerv der zweiten Antenne nurnochmit seinen der Ganglienzellen total entbehrenden Endstätten (Neuropilum Antennarii II mediale, laterale und posterius) zusammenhängt, dann behält die zweite Antenne ihren Tonus und ihreReflexerregbarkeit. Sie hängt nicht schlaff herab, sondern wird steif in der normalen Lage gehalten. Auf Reiz wird sie eingeklappt und nachher wieder beim Aufhören des Reizes vorgestreckt. Es geht daraus mit Sicherheit hervor, dass die Ganglienzellen zum Zustande- kommen von Reflexen nicht nothwendig sind, dass entweder der Reflexbogen überhaupt nicht durch die Gang- lienzelle geht oder wenigstens nicht hindurch zu gehen braucht. Ferner geht daraus hervor, dass die Ganglienzelle mit dem Tonus der Muskeln nichts zuthun hat, dass der dauernde Einfluss, den das Centralnervensystem auf die Muskulatur ausübt, indem er sie in Spannung erhält, nicht in den Ganglienzellen erzeugt wird. Der Antennarius II enthält centripetale (receptorische Fasern) und centrifugale, motorische Fasern. Wir sind durch dies Ex- periment gezwungen, anzunehmen, dass der Reiz, welcher durch die unbeschädigten receptorischen Elemente dem Neuropil zuge- führt wird, direet, ohne durch die Ganglienzellen der motorischen Elemente zu gehen, auf die peripheren motorischen Fasern über- geleitet werden kann. Da es nun Primitivfibrillen d. h. individuell zu verfolgende Fasern giebt, welche vom Neuropil direet in die peripheren motorischen Fasern einströmen, ohne die Gang- lienzellen zu passiren, so ist es wahrschein- lich, dass der Reflex auf dieser darstellbaren Bahn geht, mit andern Worten, es ist wahr- scheinlich, dass die Primitivfibrillen das lei- tende Element des Nervensystems sind. (Siehe das Schema Tafel XVII, Fig. 3.) Man könnte hiergegen immer Wi Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 405 einwenden, dass Ja auch die homogene Perifibrillärsubstanz, welche die Primitivfibrillen begleitet, das leitende Element sein könnte. Dies ist aber ebenso unwahrscheinlich, als wenn ein Mensch, der von Eleetrieität nichts weiss, das homogene Zwischenmedium der in einen eleetrischen Kabel verlaufenden Drähte für das leitende Element ansehen wollte. Es spricht aber auch der anatomische Befund dagegen. Wie ich vorher angegeben, lässt es sich nicht nachweisen, dass die Perifibrillärsubstanz die Primitivfibrillen auf allen ihren Wegen begleitet (auch Apäthy); es scheint viel- mehr so, als ob der perifibrilläre Mantel dort aufhört, wo die Primitivfibrillen in das Neuropil zur Bildung des Elementar- gitters austreten (Tafel XVI, Fig. 1 o und n). Der Weg, auf dem der Reiz von einer receptorischen auf eine motorische Primitivfibrille übergeht ist, wie für mich ganz feststeht, ein continuirlicher. Die Primitivfibrillen der recepto- rischen Nervenfasern lösen sich im Neuropil in ihre Elementar- fibrillen auf, und diese gehen continuirlich in Primitivfibrillen der motorischen Elemente (und auch der Commissurelemente) über. Hierbei muss es zu der Bildung eigentlicher Netze oder Gitter kommen (siehe das Schema Tafel XVII, Figur 3), so dass im Grunde alle Elemente des Nervensystems in einem continuirlichen Zusammenhang stehen. —- Mit dieser Annahme fällt der Begriff des Neurons, der nervösen Einheit, welche gegen alle anderen nervösen Elemente isolirt abgesetzt sein soll. Diese Hypothese der gegeneinander isolirten Neurone wurde aufgebaut, weil man auf Grund der Golgi’schen Methode erkannte, dass die ursprüng- lich angenommenen breiten protoplasmatischen Brücken zwischen den Ganglienzellausläufern nicht existirten. Aber eben diese Methode gibt auch nur unvollkommene Bilder; sie vermag nur die äusseren Hüllen der wahrscheinlich leitenden Substanz, nicht sie selbst darzustellen. Die mit ihr gewonnenen Resultate müssen ceorrigirt werden auf Grund dessen, was mit den Methoden Apäthy’s und der meinigen erreicht werden kann; die Neurontheorie muss der Oontinuitätstheorie wieder weichen. Ich behalte aber im folgenden das Wort Neuron bei, weil man eine Bezeichnung für das haben muss, was mit einer Ganglienzelle in leicht sichtbarem Zusammen- hang steht. Vom Axenceylinder und den diekern Protoplasma- fortsätzen kann man erkennen, sie gehören zum Ausbreitungsgebiet 406 Albrecht Bethe: dieser oder jener Ganglienzelle; dort wo sie sich aber in die feinsten Zweige auflösen, ist nicht zu entscheiden, welcher Theil zu dieser, welcher Theil zu jener Ganglienzelle gehört. Man weiss nicht, wo das eine.Neuron aufhört, wo das andere anfängt. Zwischen den einzelnen Neuronen existirt also nach dieser neuen Formulirung ein intermediäres Gebiet, welches weder zu dem einen, noch zum andern gerechnet werden kann; es ist das Elementargitter. Dieses Gitter ist nun aber sicher nicht, wie Apäthy annimmt, diffus. Wäre es diffus, so wäre jede Möglichkeit der Erklärung nervöser Processe unmöglich, und die isolirte Leitung der Nervenströme zum Centralorgan hin und vom Centralorgan fort wäre ganz unnöthig, wenn doch alles im Central- organ diffus durcheinander gemischt würde. Wäre es diffus, so würde aber auch das Nervensystem ganz anders aussehen. Wie wir annehmen dürfen, wählt die Natur in der Regel die einfach- sten Mittel. Um alles diffus durcheinander zu mischen, denn nur das könnte der Zweck eines diffusen Elementargitters sein, brauchten sich die Prinitivfibrillen nur gleich beim Eintritt in die Centralsubstanz in ein diffuses Elementargitter aufzulösen. Dies thun sie aber nicht. Sie laufen zu ganz bestimmten Stellen, um erst an diesen sich zu verzweigen. — Die Bahn, in der die Primitivfibrillen verlaufen, sind die Nervenfasern, und ein Blick auf meine Tafeln (z. B. Tafel XXVII im ersten Theil dieser Ar- beit [4]) genügt, um zu zeigen, dass sich die Nervenfasern nur an ganz bestimmten Stellen auffasern, dass also auch die Primitiv- fibrillen dieser Fasern nur an diesen Stellen in’s Neuropil aus- treten und nur mit den Primitivfibrillen derjenigen Neurone in direete Continuität treten können, welche sich in derselben Gegend verzweigen. Es ist also unmöglich, dass das Elemen- targitter diffusist. Wenn wir annehmen, dass die Primitivfibrillen das leitende Element sind — und die Annahme ist berechtigt —, so müssen wir jedes Neuron als ein ganz complieirtes Gebilde ansehen, als ein Kabel, welches eine Menge von Leitungsbahnen enthält, die die verschiedensten Punkte des Centralnervensystems mit einander verbinden, die in den verschiedensten Richtungen leiten. Wir müssen authören, das Neuron als eine physiologische Einheit zu betrachten, müssen zugeben, dass ein und dasselbe Neuron Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 407 vieler Thätigkeiten fähig ist, je nachdem welche Fibrillenbahn in Funetion tritt. (So kann z.B. eine Fibrille eines motorischen Neurons in Thätigkeit sein, ohne dass ein motorischer Effeet im peripheren Gebiet dieses Neurons entsteht. Siehe die Fibrille r in Tafel XVI, Fig. 1.) Zwar kenneich den Verlauf des leitenden Elements, der Fibrillen, nur in einigen wenigen Neuronen und auch hier immer nur theilweise; trotzdem glaube ich auf Grund der Kenntnisse, die ich von ihnen besitze, Schlüsse ziehen zu dürfen, da ich die Bahnen, in denen sie laufen, kenne und weiss, dass überall da, wo ich sie in ihren Bahnen (den Nervenfasern und ihren Verzweigungen) differenziren konnte, Fibrillen alle Haupt- theile des Neurons mit einander verbinden. Ich darf daher an- nehmen, dass in einem motorischen Neuron von allen grösseren Zweigen Fibrillen zum Muskel, zur Ganglienzelle und zu anderen Seitenzweigen führen, dass in einem Commissurelement alle Punkte, an denen es sich verzweigt, auch unter einander durch Primitiv- fibrillen verbunden sind. Ueber das Zustandekommen der einfachsten Reflexe. Man hat sich früher das Zustandekommen von Reflexen in der Weise vorgestellt, dass der Reiz, welcher von der Peri- pherie dem Centralorgan durch centripetale Fasern zugeleitet wird, in der Centralsubstanz auf breiten eontinuirlichen Bahnen in die motorischen Elemente übertritt und zum Muskel weitergeleitet die Reflexbewegung hervorruft. Erst später kam dann die Ansicht auf, dass die Ganglienzelle der Ort sei, wo der zugeleitete Reiz durch eine Zustandsänderung den motorischen Impuls hervorriefe. Nur wenige Forscher, besonders Schiff, haben bis in die neueste Zeit die centrale Function der Ganglienzellen geleugnet. Durch die neueren Methoden, besonders durch die Golgi’sche Schwarzfärbung und die Ehrlich’sche Methylenblaumethode, gelangte man zu der Ansicht, dass eine Continuität der Nervenelemente, wie sie früher ange- nommen wurde, nicht bestände. Mar fand, dass die Ausläufer der Ganglienzellen, die Dendriten sich in feine und feinste Aeste auflösen, ebenso wie die Axenfortsätze, konnte aber einen directen Zusammenhang dieser feinsten Zweige unter einander nicht fest- stellen. Da man nun oft die feinen Zweige mit kleinen Knöpf- chen endigen sah, kam man zu der Hypothese, dass der ganze Ausläufercomplex einer Ganglienzelle ein isolirtes Gebilde dar- Archiv f. mikrosk, Anat. Bd. 51 97 408 Albrecht Bethe: stellte (Neuron) und dass die Neurone zueinander nur in soweit in Beziehung träten, als die kleinen Endknöpfe sich direet an einander legten. Zwischen diesen Knöpfen sollte der Nervenstrom überspringen. Dieser Berührungs- oder Contiguitätstheorie hatte auch ich mich angeschlossen, stellte aber die Behauptung auf, dass bei den niedrigen Thieren das Nervensystem in Form weit- maschiger Netze mit continuirlichen, breiten Verbindungen der Ganglienzellen aufträte und dass diese Netze bei den höheren Thieren neben dem System der isolirten Neurone in bestimmten Organen fortbestände (6). (Derartige Netze waren schon von andern bei Wirbelthieren und Wirbellosen beobachtet und sind in neuester Zeit von Holmgren und Apäthy (1) beschrieben worden.) Es fehlte aber nicht an solchen, die auch für die feinen Verzweigungen im Centralnervensystem der höheren Thiere an der Continuität festhielten(Apathy,Dogiel). Von Anatomen und Physiologen (siehe Exner [7]) wurde aber die Ganglienzelle als der Mittel- punkt aller nervösen Vorgänge angenommen, ja die centrale Function der Ganglienzelle, des kerntragenden Theils des Neurons, als ausser allem Zweifel stehend betrachtet. Durch mein Experiment der Ausschaltung der Ganglienzellen ist erwiesen, dass ihnen diese Wiehtigkeit nicht zukommt, und nach den Resultaten von Apäthy und mir scheint es höchst wahrscheinlich, dass auch im Central- nervensystem der höheren Thiere die Neurone per continuitatem auf dem Wege der Primitivfibrillen miteinander verbunden sind. Wir müssen also zusehen, wie wir ohne Rücksicht auf den Deus ex machina den Zellkern nur aus den Thatsachen, die über das wahrschemlich allein leitende Element des Nerven- systems, die Primitivfibrillen vorliegen, die Reflexvorgänge er- klären können: Als die phylogenetisch älteste Form des Nervensystems müssen wir die Nervennetze ansehen, wie wir sie bei Üteno- phoren (6), Medusen, Actinien (Hertwig) im Darm (Pondob- della [1]) und der Haut von Würmern (Sagitta, Hertwig), in der Haut von Crustacen (ich) und Raupen (Holmgren),in der Haut und an den Gefässen der Wirbelthiere (Dogiel, ich Timofeef) vorfinden. Die Ganglienzellen sind hier pluripolar und sind durch breite protoplasmatische Brücken, welche der Seitenzweige fast entbehren, verbunden und zwar so, dass immer die zunächst liegenden miteinander in Continuität stehen. In Dar. Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 409 dieses Netz gehen vermuthlich an allen Stellen (im Froschgaumen ‚konnte ich dies nachweisen) von der Peripherie kommende (re- ceptorische) Fasern hinein, während motorische das Netz ver- lassen. Bei diesen Netzen fehlt das Neuropil und die langen Fasern, welche entfernte Punkte des Nervensystems miteinander verbinden. Alle Reize müssen, um an einen entfernten Ort zu kommen, das ganze Netz mit all seinen Zellen durchlaufen. Für das Nervennetz im Darm von Pondobdella, welches aber jeden- falls schon vom Grundtypus dieser Netze abweicht und einen höheren Grad von Differenzirung zeigt, ist der Verlauf der Primi- tivfibrillen durch die schöne Untersuchung Apathys (1) be- kannt geworden. Die Stellen, an denen nun hier die Primitiv- fibrillen, welche von verschiedenen Seiten her kommen, miteinander in Verbindung treten, liegen vorzugsweise in den Zellen, indem hier perinucleäre Fibrillengitter gebildet werden. Da sie nur hier in Verbindung treten, so kann auch nur hier der Reiz, welcher durch eine receptorische Primitivfibrille in das Nervennetz hinein- gebracht wird, auf motorische Fibrillen übergehen, es muss also in diesen perinucleären Netzen der Reflexbogen zu Stande kommen. (Eine Betheiligung des Zellkerns ist dabei als unbewiesen zurück- zuweisen. Er bildet nur den Mittelpunkt des Fibrillengitters, weil er im Centrum der Zelle liegt und die Fibrillen dureh die protoplasmatischen Brücken von mehreren Seiten in die Zellen eintreten.) Die Zellen entsprechen hier der Summe von Ganglien- zellen und Neuropil beim Centralnervensystem der höheren Thiere, die Verbindungsbrücken entsprechen den Nerven und Commissur- fasern, es muss also alles, was beim höher entwickelten Nerven- system sich in Ganglienzelle und Neuropil abspielt, in dem Zell- gitter vor sich gehen. (Siehe das Schema Taf. XVII Fig. 4.) Ein solches Netz kann nun, da die receptorischen Primitivfibrillen, welche in das Netz eintreten, in der nächst gelegenen Zelle sich im perinucleären Gitter aufsplittern, eventuell auch noch bis zur nächsten Zelle verlaufen (die blauen Fibrillen im Schema), und da dasselbe von den motorischen Primitivfibrillen gilt, nur ganz diffuse Reflexe vermitteln. Ein Reiz, der z. B. durch die recep- torische Fibrille r des Schemas in das Nervennetz tritt, wird am meisten den Muskel », weniger stark den Muskel m, und am wenigsten den Muskel m, erregen, da zu diesen hin der Reiz nur nach Durehwanderung mehrerer Gitter gelangt. Zwar kom- 410 Albrecht Bethe: men, wieApäthy gezeigt hat, Fibrillen vor, welche des Gitter einer Zelle meiden und zur nächsten oder übernächsten Zelle. gehen, aber einmal können auf diese Weise locale Reflexe an einem ganz entiernten Ort doch nicht stattfinden und dann glaube ich, dass das von ihm beschriebene nicht mehr das einfachste Stadium des Nervennetzes ist. Für diffuse Reflexe (peristaltische Bewegungen, Gefässcontractionen u. s. w.) ist diese Art des Ner- vensystems sicher sehr zweckmässig, den Anforderungen aber, die bei complieirteren Reflexvorgängen gestellt werden, kann es nicht genügen. | Damit auch lokale Reflexe und die verschiedenartigsten Combinationen, wie wir sie von höheren Thieren kennen, zu Stande kommen konnten, mussten die Primitivfibrillen von einer Stelle zu den verschiedensten Punkten des Nervensystems gelangen können, um die Möglichkeit zu haben sich in den mannigfaltigsten Combinationen miteinander zu verbinden. So entstanden die langen Bahnen und die weit ausgedehnten Verzweigungen der einzelnen Nervenfasern mit gleichzeitiger Vertheilung der von einem Punkte kommenden (Receptionsorgane) oder zu einem Punkte gehenden (Muskeln) Primitivfibrillen. Die Gitterbildung der Primitivfibrillen, d. h. die Stellen, wo die Primitivfibrillen einer receptorischen Bahn in eine motorische Bahn eontinuirlich über- gehen, konnte in den Ganglienzellen lokalisirt bleiben, sie konnte aber auch aus ihnen herausverlegt werden. Mit der zunehmenden Complication der Lebenserschemungen und somit des Nerven- systems wurden die Ganglienzellen immer mehr auf einzelne Punkte concentrirt und die Wege, welche die Primitivfibrillen zurückzulegen hatten, um in die Ganglienzellen zu gelangen, wurden immer grösser. Daher kam esim Verlauf der Phylogenie, dass sich auch an andern Punkten als in den Ganglienzellen Fibrillengitter ausbildeten, dass die Stellen des Reflexbogens aus der Ganglienzelle herausverlegt wurden. So entstand das Neu- ropil, das freie (aber nicht diffuse) Elementargitter in der Centralsubstanz des Nervensystems. Bei der bekannten Zähig- keit, mit der altererbte Formverhältnisse in der Thierreihe bewahrt werden, ist es nicht zu verwundern, dass nicht mit einemmal das Elementargitter, das wir bei den Nervennetzen allein in den Zellen fanden, aus den Ganglienzellen herausverlegt wird, sondern, dass wir diesen Process der Verlegung bei den verschiedenen Thieren auf den Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 411 verschiedensten Entwicklungsstufen treffen. So finden wir im Cen- tralnervensystem der Würmer die Masse des Neuropils im Vergleich zur Masse der Ganglienzellen sehr klein. Die Ganglienzellen ent- halten sehr reichliche Fibrillennetze und fast alle Primitivfibrillen, welche zu Muskeln führen (motorische Primitivfibrillen Apäthy'’s), sammeln sich aus Zellgittern [Pontobdella, Lumbrieus (Apäthy), Hirudo (Apäthy, ich]. Bei Crustaceen tritt die Masse der Gang- lienzellen weit hinter der des Neuropils zurück. Das Elementar- gitter ist sehr dicht, nur wenig Primitivfibrillen treten in die Ganglienzellen ein und bilden hier Gitter; bei weitem die meisten aller Primitivfibrillen der peripheren motorischen Nervenfasern (und auch der Commissurelemente) sammeln sich aus dem Elemen- targitter, ohne in ihrem Verlauf Zellen zu passiren. Bei Wirbel- thieren ist die Masse des Neuropils gegenüber der der Ganglienzellen noch grösser. Hier liegen die Verhältnisse aber insofern anders als bei den vorher erwähnten Thieren als die Ganglienzellen multipolar sind und inmitten des Neuropils liegen, so dass sie meist in der Bahn der Primitivfibrillen liegen, also als Durchgangspunkt dienen. Soweit ich sehe, ist hier aber die Verlagerung des Fibrillengitters fast voll- kommen durchgeführt, indem wenigstens in den motorischen Ganglien zellen und den Zellen der Grosshirnrinde überhaupt keine Fibrillen- gitter zu existiren scheinen. (Bei den Nervennetzen und dem Central- nervensystem der Hirudinen würde also das Experiment der Aus- schaltung des kerntragenden Theils eine vollkommene Lähmung ergeben müssen, weil alle oder die meisten Primitivfibrillen sich in diesen Theilen miteinander verbinden, bei den Wirbelthieren, weil die Ganglienzellen Durchgangspunkt fast aller Fibrillen sind.) Careinus steht also auf einer ziemlich hohen Stufe; da aber noch ein immerhin erheblieher Theil der Fibrillen innerhalb der Ganglienzellen ineinander übergeht, so muss untersucht werden, welche derjenigen einfacheren Functionen, welche das Nerven- system ausübt, im Elementargitter des Neuropils, welche im Fi- brillengitter der Ganglienzellen lokalisirt sind. Wir wissen, dass das Nervensystem in Bezug auf die Muskulatur einer Extremität folgende Eimflüsse ausübt, welche nach Durchschneidung des peripheren Nerven fortfallen. (Ich fasse hier gleich den speziellen Fall der 2ten Antenne von Car- einus in's Auge, doch gilt das Folgende ja auch ganz im allge- meinen für alle antagonistisch bewegten Organe): 412 Albrecht Bethe: 1. Die Muskulatur steht unter einem dauernden Tonus, d.h. die Antagonisten werden in einer gleichmässigen, coordinirten Spannung erhalten, so dass die Extremität nicht schlaff herab- hängt. 2. Auf gewisse Reize hin, welche an der Peripherie ange- setzt werden, tritt eine Reflexbewegung ein (in unserm Fall eine Krümmung oder Einklappung der 2ten Antenne), bei welcher die Flecetoren das bewegende Organ sind. 3. Beim Aufhören des Reizes tritt eine Restitutio ad integrum ein, indem die Extensoren die Extremität (die 2te Antenne) wieder in die vorherige Ruhelage zurückbringen. 4. Bei der Flexion und bei der Extension wird der Tonus der jeweiligen Antagonisten ganz oder bis zu einem gewissen Grade aufgehoben, d.h. die Wirkungen der antagonistisch arbeiten-. den Muskeln wird vom Centralorgan aus eoordmirt. (Ganz sicher findet ein Erschlaffen statt, wenn der eine Muskel sich eben contrahirt hat und nun der Antagonist im Thätigkeit tritt. Die Extension wäre sogar ohne ein Erschlaffen der Fleetoren ganz unmöglich, da die Flectoren kräftiger sind als die Extensoren (im gegebenen Fall). Ich glaube aber, dass es auch bei der Be- wegung aus der Ruhelage angenommen werden muss. Wir wissen zwar, dass bei vielen antagonistischen Bewegungen ein mässigendes Eingreifen der Extensoren bei der Flection und der Flectoren bei der Extension eintritt. Diese Untersuchungen beziehen sich aber alle auf höhere Thiere und wir wissen nicht, in wie weit dies auch für niedere Thiere, speziell Careinus in Betracht kommt. Bei einigen Organen muss dies wohl sicher angenommen werden, speziell bei den Bewegungen der Beine, ob aber auch bei der 2ten Antenne, das steht dahin). 5. Es tritt nicht bei jedem Reiz eine Reflexaction ein, der Reiz muss vielmehr eine gewisse Stärke haben; es existirt eine Reflexschwelle. Der Schwellenwerth kann schwanken bei verschiedenen Individuen derselben Art und beim selben Thier je nach Ernährungszustand, Temperatur u. s. w. Die Reflex- action ist bei verschieden starken Reizen verschieden gross; es besteht also in bestimmten Grenzen eine Proportion zwischen Reizstärke und Reflexgrösse. Wird ein Reflex oftmals hinter einander wiederholt, so erhöht sich die Reflexschwelle; es ist ein grösserer Reiz nöthig um den Reflex auszulösen als anfangs und Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 413 die Ausschläge werden geringer (Ermüdung). Bei wiederholter Anwendung eines subnormalen Reizes (der an und für sich als Einzelreiz noch keinen Effeet hervorbringt) kann eine Reflexaction entstehen (Summation der Reize). 6. Die Reflexaction kann vom Oentralorgan aus und durch Ansetzung von Reizen an anderen Körperstellen gehemmt werden. Bei meinem Experiment der Ausschaltung aller Ganglienzellen, welche an den Neuropilen der 2ten Antenne sitzen, zeigte sich nun 1—4 unverändert; die Antenne zeigte Tonus, auf Reiz trat eine wohlgeordnete Reflexbewegung ein und beim Nachlassen des Reizes die Rückbewegung zur Ruhestellung. Auch eine Reflex- schwelle war noch vorhanden, doch lag sie tiefer als beim nor- malen Thier; die Reflexerregbarkeit war erhöht. Auch bestand noch eine Proportion zwischen Reizstärke und Reflexgrösse, nur dass die grösseren Reflexactionen, z. B. das mehrmals Hinter- einanderauftreten des Reflexes auf einen Reiz hin, bei geringerem Reiz eintrat, als beim normalen Thier. Da nun bei einer so eingreifenden Operation eher eine Erhöhung der Reflexschwelle zu erwarten ist, als eine Erniedrigung, so ist man vielleicht be- rechtigt diese Erhöhung der Reflexerregbarkeit auf Rechnung des Fortfalls der Ganglienzellen zu setzen. Man kann also sagen — ohne dass dies aber bewiesen ist —, dass das Primitivfibrillen- gitter in den motorischen Ganglienzellen von Careinus eine reflex- hemmende Function ausübt. (Zuleitungen von andern Theilen des Gehirns, welche bei der Operation durchschnitten werden, kann diese Reflexhemmung nicht zugeschrieben werden, da bei derselben Isolirung der Neuropile ohne Fortnahme der Ganglienzellen (4. Seite 635) eine Erhöhung der Reflexerregbar- keit nicht eonstatirt werden kann). Bei oftmals wiederholtem Reiz tritt wie normal Ermüdung ein (Erhöhung der Reflexschwelle) und eine Summation subnormaler Reize war deutlich zu consta- tiren. Es sind also fast alle Funetionen, welche das Nervensystem in Bezug auf den Muskelappa- rat ausübt, beilareinus ohne den Kern tragenden Theil des Neurons und ohne das Fibrillengitter der Ganglienzellen möglich. (Es soll nicht behauptet werden, dass es nun festgestellt sei, dass der Ganglienzelle an sich und ihrem Kern gar keine Rolle beim Zustandekommen der nervösen Vorgänge zukommt. So lange es aber nicht experimentell 414 Albrecht Bethe: bewiesen wird, dass sie eine Rolle spielen, so lange wird man versuchen müssen alle nervösen Vorgänge ohne sie zu erklären.) Ehe ich nun versuche, diese Funetionen aus dem Verhalten der Primitivfibrillen zu erklären, muss ich untersuchen, ob alle diese Vorgänge sichallein im Bereich der moto- rischen ‚und: zeeeptorischen. Bahnen ‚abspielen, oderob dabeiauch Commissurelemente, wie man gewöhnlich annimmt, eine Rolle spielen. Wie ich im ersten Theil dieser Arbeit (4. Seite 629 und und 633) gezeigt habe, hört nach Fortnahme der Ganglienzellen motorischer Neurone die Reflexerregbarkeit am dritten, spätestens am vierten Tage auf. Ich glaube bewiesen zu haben (4. Seite 635), dass dies allein auf die Fortnahme der Ganglienzellen zu beziehen ist, indem ich annehme," dass die Ganglienzelle (und hierin wahrscheinlich der Kern) einen trophischen Einfluss auf das ganze Neuron ausübt, so dass die Function der übrigen Theile des Neurons die Fortnahme der Ganglienzelle nur kurze Zeit überdauern kann. Diese Ansicht von der hauptsächlich trophischen Function der Ganglienzellen wurde gestützt durch das Experiment an den Cellulae superiores mediales, nach deren Fortnahme zu- nächst eine Aenderung im Verhalten des Thieres nicht zu con- statiren ist, nach etwa 2 Tagen aber schnell eintritt. Da diese Zellen in der überwiegenden Mehrzahl Commissurelementen ange- hören, so lernen wir aus diesem Versuch, dass auch die Com- missurelemente nur noch kurze Zeit functioniren können, nachdem sie der Zellen beraubt sind, dass sogar diese Zeit im Durchschnitt kürzer ist als bei motorischen Neuronen. Es gibtnun — soweit mir bekannt ist, und ich glaube diese Gegend sehr gut zu kennen —- in den Neuropilen der 2ten Antenne keine Commissurelemente, welche sich nur auf dieses Gebiet beschränken. Es strahlen von vielen Seiten Commissurelemente in diese Neuropile ein, aber ihre Zellen liegen meist weit ab. Nur die Zellen der Com- missurelemente cz, und vielleicht derjenigen von c,, (4 Tafel XXIX und Tafel XXVII) liegen in den benachbarten Ganglien- zellpolstern. Von diesen kann cz, gar nicht in Betracht kommen, da es sich nur in einem der Neuropile verzweigt. C,, verzweigt sich dagegen im Neuropilum Antennarii II laterale und mediale. Da es sich aber auch in den medialen Oeulomotorius-Neuropilen aufsplittert und in den Antennen-Neuropilen nur Verbindungen S Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 415 herstellt, die ohnehin schon durch die Verzweigungen der motori- schen Elemente selbst geschaffen werden, so glaube ich, auch diesem Element keine Bedeutung beim Zustandekommen der einfachen Antennenreflexe, um die es sich hier handelt, zuschreiben zu müssen. Schliesslich liegt die Zelle dieser Elemente wahr- scheinlich im vordersten Theil der Cellulae inferiores mediales, welche bei der Isolirung der Antennen-Neuropile ohne Fort- nahme der Ganglienzellen nicht mit am isolirten Stück bleiben. Da nun bei dieser Operation (4. Seite 655) die Reflexe der 2ten Antenne bis zum 7. Tage nach der Operation (und wahrscheinlich noch länger) bestehen bleiben, in dieser Zeit aber alle von ihren Zellen getrennten Commissurelemente längst ihre Function ver- loren haben müssen, so glaube ich bestimmt, die vorhin erwähnten Funetionen der Centralsubstanz, soweit sie den Muskelapparat angehen, allein in die motorischen und receptorischen Bahnen verlegen zu müssen. Ich habe in dem Schema Taf. XVII Fig. 3 alles das, was ich über den Verlauf dieser Bahnen, soweit es die Primitiv- fibrillen angeht, weiss, und was ich aus Vergleich mit den Resultaten an andern Stellen des Nervensystems von Careinus und Hirudo folgern muss, zusammengestellt. Blau sind diejenigen Primitiv- fibrillen gezeichnet, welche von den Receptionshaaren der Körper- oberfläche kommend zum Centralorgan hingehen, roth die Primitiv- fibrillen, die zum Muskel gehen, die also in irgend einem Sinne motorisch sind, schwarz die übrigen. Auf der rechten Seite ist ein Receptionshaar I mit dem Kern der darunter gelegenen Receptionszelle (Sinnesnervenzelle) eingezeichnet, welches der 2ten Antenne angehören soll. Ich weiss, dass die receptorischen Nervenfasern der 2ten Antenne sich an einem ganz bestimmten Ort, dem Neuropilum Antennärii II posterius, vereinigen. (4. Taf. XXVlant.I.) Hier werden also auch die in der Faser enthaltenen zahlreichen Primitivfibrillen (von denen es ganz gleich ist, ob sie alle von einer Receptionszelle, oder, wie Apäthy für Hirudineen nachgewiesen hat, von vielen herkommen) sich in ihre Elementar- fibrillen auflösen (Taf. XVII Fig. 3 N. a. p.). An zwei andern eircumseripten Stellen verzweigen sich die Receptionsfasern, welche durch den Tegumentarius von der Haut des Kopfes kom- mend in’s Gehirn treten. (Im Schema Fig. 3 links. Receptionshaar II. N. t. [Neuropilum tegumentarii]). 416 Albrecht Bethe: Der 2te Antennennerv führt, wie ich gezeigt habe (4. Seite 479), zwei Arten von motorischen Elementen. Bei der einen (4. Taf. XXVI Fig. 1, Taf. XXVIII und Taf. XXIX Fig. 7 und $8ant. II) gehören die Zellen zu den Cellulae angulares, bei den andern (Taf. XXVI, Taf. XXVII Fig. 1 u. Taf. XXIX Fig. 7 und 8 ant. II) zu den Cellulae inferiores mediales. Wie aus dem Versuch der Fort- nahme der Cellulae angulares (4. Seite 333) hervorgeht, stehen die Elemente ant. II der Flexion der Antenne vor, die Elemente ant. III der Extension. Bei beiden Nervenelementen konnte gezeigt werden, dass sie sich erstens sehr stark in einem für jede Art charakteristischen Neuropilkern, dem Neuropilum Antennarü II laterale und mediale verzweigen (im Schema Taf. XVII Fig. 3 N.a.l!. und N. a. m.), sowohl jedes in seinem eignen, als auch in dem des andern. Die Flectorenelemente geben nun starke Verzweigungen in das receptorische Antennen-Neuropil (N. a. ».) und in die beiden Tegumentarius-Neuropile (N. t.). Von den Extensorenelementen ist nur nachzuweisen, dass sie Fasern gegen die Tegmentarius-Neuropile senden, aber nicht, dass sie sich auch in dem receptorischen Antennen-Neuropil verzweigen. Doch ist anzunehmen, dass auch eine derartige Verbindung besteht, wenn man in Betracht zieht, dass andere Extensorenelemente (Oculo- motoriuselement ocm, |4.]) Tafel XXVI) sich in allen möglichen receptorischen Neuropilen verzweigen. Von den Fleetorenelementen ist es nun erwiesen (Taf. XXVII Fig. 1), dass Primitivfibrillen in allen möglichen Richtungen die periphere Faser, die Ganglien- zelle und die grösseren Zweige miteinander verbinden. Dasselbe muss für die Extensoren angenommen werden und dem entspre- chend ist das Schema gezeichnet. (Wahrscheinlich ist aber der Fibrillenverlauf noch ein viel mannigfaltigerer.) (Die Ganglienzellen lasse ich vorläufig ganz aus dem Spiel, da, wie erwähnt, die Neuropile auch ohne sie funetioniren). Der Tonus der Muskeln geht verloren, wenn der periphere Nerv durchschnitten wird. Man könnte daher sagen, dass ein bestän- diger Reiz von den Receptionszellen dem Gehirn zugeführt und durch das Elementargitter N. a. p., welehes eontinuirlich in Pri- mitivfibrillen der Fleetoren und Extensoren (?) übergeht, auf die Muskeln dureh die Fibrillen « und a, übertragen wird. Es ist biergegen aber einzuwenden, dass bei dieser Annahme auch eine Herabsetzung des Muskeltonus eintreten müsste, wenn man den * Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 417 Tegumentarius durchschneidet, da seine Receptionszellen in eben so innigem Zusammenhang mit den Antennenmuskeln durch die Primitivfibrillen d und d, stehen, wie jene. Ich habe etwas der- artiges aber bisher nicht nachweisen können. (Es ist diese Auf- fassung aber durchaus nicht ganz von der Hand zu weisen.) Wir müssen also vorläufig annehmen, dass der Tonus im Neuropil oder im Elementargitter durch irgend einen uns unbekannten eontinuir- lichen Reiz erzeugt wird, und da der Tonus eoordinirt ist, d. h. da die Extensoren und Fleetoren unter gleichem Tonus stehen, so ist anzunehmen, dass dieser eontinuirliche Reiz an einer Stelle ausgeübt wird, wo die Primitivfibrillen der Fleetorenelemente und der Extensorenelemente in inniger Verbindung stehen; dies ist aber nur der Fall im Neuropilum Antennarii II mediale und late- rale (Im Schema Taf. XVII Fig. 5. N. a. m. und N. a. 1.) Beim Reflexvorgang, der, wie ich gezeigt habe, auch ohne Ganglienzellen noch coordinirt vor sich geht, muss die durch den äusseren Reiz hervorgerufene und durch die im Schema blauen Primitivfibrillen dem Neuropil zugeleitete Zustandsände- rung zweierlei hervorrufen: Einmal muss sie Primitivfibrillen der Fleetoren so erregen, dass sie die Fleetoren zur Contraetion brin- gen, und andererseits muss sie den Tonus der Extensoren herab- setzen. Das erste wird auf dem nächsten ceontinuirlichen Weg, nämlich durch die a-Fibrillen, geschehen. Das zweite könnte durch die a,-Fibrille vermittelt werden oder, da deren Existenz ja nicht sicher feststeht, dureh die schwarze e-Fibrille, das Elemen- targitter N. a. !. und die e,-Faser. Da der Effeet, den die Rei- zung auf die Flectoren und Extensoren ausübt, diametral ent- gegengesetzt ist, indem sie bei den einen Contraction, bei den andern Erschlaffung oder wenigstens nur ganz geringe und stetig abnehmende Contractionsgrade hervorbringt, muss man annehmen, dass entweder die Primitivfibrillen, dureh die dieser Effeet her- vorgebracht wird, sich qualitativ voneinander unterscheiden, oder dass die Beziehungen, in die die in Funetion tretenden Pri- mitivfibrillen zu den Muskelnfasern treten, ganz verschieden sind. Dies letztere scheint mir wahrscheinlicher. Es wird im Allgemeinen angenommen, dass beim Reflex- vorgang im Centralnervensystem eine neue Kraft hinzutritt, oder wenigstens, dass die zugeleitete Kraft umgewerthet wird, in- dem man behauptet, dass in den motorischen Ganglienzellen 418 Albrecht Bethe: durch den auf der sensiblen Bahn eintretenden Reiz ein quali- tiv anderer (und auch stärkerer) Strom, der motorische Impuls, erzeugt und centrifugal zum Muskel fortgeleitet wird. Dass dies in der Ganglienzelle nieht geschehen kann, habe ich durch mein Isolationsexperiment erwiesen; ich glaube aber, dass überhaupt die Annahme eines neu auftretenden, qualitativ vom zugeleiteten verschiedenen Stromes unnöthig ist. Wir wissen, dass dureh kleine Anstösse ausserordentlich grosse Kraftmengen ausgelöst werden können, dass durch ein kleines galvanisches Element eine grosse Menge Dynamit zur Explosion, durch den Flügelschlag einer Krähe eine mächtige Lawine zum Rollen gebracht werden kann. Warum sollen wir annehmen, dass im Üentralnerven- system die kleine Energiemenge, welche durch einen receptori- schen Nerv zugeführt wird, hier eine grössere Energie auslöst, die dann ihrerseits erst den Muskel in Thätigkeit setzt? Da gar keine Veranlassung vorliegt anzunehmen, dass im Elementargitter eine neue Kraft auftritt und die eintretende Kraft umgewerthet wird, so ist es viel wahrscheinlicher, dass die geringe Ener- gsiemenge, welche dureh receptorische Fasern der Centralsubstanz zugeführt wird, im Elemen- targitter sichauf motorische Elemente vertheilt, dureh diese den Muskeln zugeführt wird und erst hier, bis wohinsiequalitativunverändert gelangt, die grosse Energie der Muskelecontraetion auslöst. Beim Aufhören des Reizes oder mehr oder weniger später findet eine Restitutio ad integrum statt, die Fleetoren erschlaffen ganz oder fast ganz, und die Extensoren treten in Action. Die Extremität (hier die Antenne) gelangt wieder in die Ruhestellung. Wodurch wird dies ausgelöst? Ich glaube allein durch das Auf- hören des Reizes. Das Aufhören eines Druckes auf die Receptions- haare, einer Belichtung des Auges u. s. w. muss genau so als Reiz wirken (was ja auch bekannt ist), wie die Unterbrechung eines constanten Stromes; und ebenso wie etwa das Loslassen des Gummiballes bei einem photographischen Objeetivverschluss das Umgekehrte bewirkt, wie das Zusammendrücken desselben, so wird auch hier der Effect des Reizaufhörens umgekehrt wie der des Reizes selbst sein. Es werden die entgegengesetzten Primitivfibrillen in Action treten wie vorher. Statt der a-Fasern der Fleetoren die Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 419 c-Fasern, statt der c,-Fasern der Extensoren etwa die Ah,-Fasern. (Ich muss hier übrigens, um Irrthämer zu vermeiden, bemerken, dass ich weit entfernt bin zu behaupten, dass die Vorgänge sich thatsächlich in dieser Weise und auf den gekennzeichneten Wegen abspielen. Ich will nur zeigen, wie sie sich auf Grundlage der Primitivfibrillen abspielen können. In Wirklichkeit ist ja die Mamnigfaltigkeit der Fibrillenverbindungen viel grösser und da- mit wohl auch die Art und Weise des Funetionirens viel com- plieirter.) Nur bei den Fleetoren habe ich zwei Elemente ge- zeichnet um zu zeigen, (was auch sicher der Fall ist), dass sie im Neuropilum Antennarii II laterale (N. a. 1.) (wie die Extensoren im Neuropilum Antennarii II mediale) unter einander in Verbindung stehen. Hier kommt es jedenfalls zu Stande, dass die motorischen Neurone einer Gattung unter einander in Coordination treten. Die Reflexschwelle verlege ich in die receptorischen Neuropile, indem ich hier besondere Widerstände im Elementar- gitter nicht für unmöglich halte, aber auch sonst in den gan- zen Weg von der Receptionsstelle zum Muskel. Bei jeder Kraft, welche fortgeleitet wird, geht auf dem Wege etwas ver- loren, je nach den Verhältnissen der Umgebung und den inneren Verhältnissen des Leiters mehr oder weniger (Schwanken in der Höhe der Reflexschwelle bei ein und demselben Thier und mehreren Exemplaren). Wenn der Reiz also sehr gering ist, so gelangt er gar nicht bis zum Ziel, dem Muskel, oder trifft hier so schwach ein, dass er ihn nicht mehr erregen kann. Im Ele- mentargitter wird aber nun die Kraftmenge, welche durch die receptorischen Primitivfibrillen zugeleitet wird, nicht nur auf eine einzelne motorische Bahn übergeleitet, sondern sie vertheilt sich mit der Auflösung in Elementarfibrillen auf die motorischen Neu- rone der verschiedensten Systeme und auch auf Commissur- elemente. Vermuthlich werden nun die Elementarfibrillenüber- gänge zu den motorischen Bahnen hin (sei es direct oder nach Durchwanderung von Commissurelementen), deren Muskeln auf äussere Reize sehr leicht reagiren, deren Schwellenwerth also nie- drig ist (wie z. B. die ersten Antennen), sehr viel zahlreicher sein, als zu den träger reagirenden. Wie ich schon anfangs angegeben, halte ich es aber für wahrscheinlich, dass auch die Fibrillen- gitter in den Ganglienzellen hierbei eine Rolle spielen, indem durch die Fibrillen f des Schemas (Taf. XVII, Fig. 3) recep- 420 Albreeht Bethe: torische Reize zu den Zellen gelangen, hier auf die g-Fibrillen übergeleitet werden, welche dann im Muskel eine contraetions- hemmende Wirkung hervorrufen. Da die Primitivfibrillen eine organische Substanz sind und bei der Thätigkeit, d. h. wenn sie Reize leiten, sich abbrauchen müssen, so ist es nicht wunderbar, dass nach oftmaliger Reizung eine Verschlechterung der Leitung, eine Erhöhung der Reflex- schwelle, eine Ermüdung eintritt, und dass sie sich bei der Ruhe wieder erholen, indem die verbrauchten Stoffe durch das Blut fortgewaschen und neue Stoffe aufgenommen werden. — Wie ich gezeigt, ist auch die Summirung der Reize, für welche Er- scheinung man in erster Linie immer die Ganglienzellen in An- spruch genommen hat, noch möglich nach Ausschaltung der Gang- lienzellen. Wir müssen uns also vorstellen, dass auch sie allein im Bereich der Primitivfibrillen zu Stande kommt, ohne dass ein Sammeldepot für die einzelnen Reize besteht. Wir werden an- nehmen müssen, dass der erste Reiz den Weg bis zu einem ge- wissen Punkt bahnt, so dass der zweite den Weg mit weniger Kraftverlust durchläuft, und schliesslich der dritte oder vierte mit genügender Energie zum Muskel gelangt. In ähnlicher Weise haben wir uns das Zustandekommen der einfachen Reflexe an anderen Orten des Nervensystems vor- zustellen. Ehe ich auf diese näher eingehe, muss ich auseinander- setzen, welehe Neurone ich für motorisch, welche für receptorisch, welche für verbindende (Commissurelemente) halte. Diejenigen Elemente, welche bestimmt von der Peripherie her Reize dem Nervensystem zuführen, sind zunächst die schon betrachteten Fasern des Tegumentarius, ein Theil der Fasern des Antennarius secundus, die Fasern des Otoeystenbündels des Antennarius I (4. Taf. XXVII an, an, und an,) und die sich T-förmig im Bauch- mark verzweigenden Elemente (4. Taf. XXV s,). Für sie ist typisch, dass sie mit keinen Ganglienzellen des Centralnerven- systems in direeter (grober) Verbindung stehen, und dass sie alle nur in einem ganz beschränkten Gebiet des Neuropils sich auf zweigen, dass sie nicht zu den motorischen Neuronen hingehen, sondern, dass die motorischen Neurone Verzweigungen in ihr Verzweigungsgebiet senden. Die Verzweigungen der receptori- schen Fasern sind also immer auf ein Neuropil eines Ganglions (oder mehrerer Ganglien bei dem receptorischen Bauchmark- Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 421 elemente s,) beschränkt; sie lösen sich an diesen Stellen in viele und feine Zweige auf, ohne stärkere Aeste abzugeben (wie unvoll- kommen gefärbte motorische oder Commissurelemente immer thun). Dies Verhalten ist so typisch, dass es als diagnostisches Mittel gelten darf. — Es fehlen noch diejenigen receptorischen Elemente, welche von den tangoreceptorischen Endorganen der ersten Antenne und des Augenstieles kommen. Aus dem anatomischen Befund der Präparation geht für die ersteren hervor, dass sie in dem einen (nieht von der Statocyste kommenden) Bündel des Antennarius I verlaufen müssen, für die letzteren lässt sich durch die Nerven- durchschneidungsversuche (4. Seite 540) zeigen, dass sie zum grössten Theil, wenn nicht alle, im Opticus enthalten sind. Mit dem erwähnten Bündel des Antennarius I treten nun Fasern in’s Gehirn, welche sich inmitten des Neuropilum Antennarii I mediale schnell in feine Zweige auflösen und mit keinen Ganglienzellen in demonstrirbare Verbindung treten (4. Taf. XXVII an,. An einer Stelle steht hier fälschlich an, statt an,). Ich halte also diese für die receptorischen Elemente der ersten Antenne. Beim Opticus ist es bei der grossen Anzahl von Fasern, welche sich in so verschiedener. Weise im Gehirn verzweigen, schwieriger zu entscheiden, welche der Tangoreception dienen. Wie bekannt und besonders durch die schöne Untersuchung von Parker (8) erwiesen ist, gehen die Fasern der Retina nicht direet zum Gehirn, sondern passiren erst im Augenstiel drei Ganglien, d. h. die Eindrücke, welche die Retina empfängt, werden bereits hier nach bestimmten Prineipien geordnet. In Folge dessen sind die Opticusfasern keine eigentlichen Receptionsfasern, sondern es sind Ausläufer von Commissurelementen. So verzweigen sie sich denn auch ganz nach Art dieser, sie treten in Beziehung zu mehreren Neuropilen. Nur einige wenige dieser, nicht mit im Gehirn gelegenen Zellen in Verbindung stehenden Fasern ver- zweigen sich nach Art receptorischer Elemente, das sind die Fasern o, und o,, (4. Taf. XXVI) und 0°? (Taf. XXVIII). Da diese letzteren nur in geringer Anzahl vorhanden zu sein scheinen und sich in einer Gegend verzweigen, in welche, so weit es nachzuweisen war, keine Zweige motorischer Elemente gehen, so bleibt nur o, und o,, für diejenigen übrig, welche die Be- rührungsreize vom Augenstiel dem Gehirn zuleiten. Für die motorischen Elemente müssen wir die Forderung 429 Albrecht Bethe: aufstellen, dass sie mit Zellen im Centralorgan zusammenhängen, dass sich ihre Verzweigungen auf mehrere Neuropile erstrecken, und dass sie durch einen peripheren Nerv eine Faser entsenden. Dies geht einmal aus der Form derjenigen Elemente hervor, welche Allen (3) direet zu Muskeln verfolgen konnte. Zweitens spricht mein Experiment der Fortnahme der Cellulae angulares (4. II. Seite 653) dafür. Die Axenfortsätze dieser Zellen ver- halten sich alle in der gleichen Weise, sie verzweigen sich in mehreren Neuropilen (4. Taf. XXVII, Fig. 1 und Taf. XXVII, ant. II) und geben je eme periphere Faser in den Antennarius 1. Nach Fortnahme dieser Zellen erlischt nach einigen Tagen die Function der Fleetoren der 2ten Antenne, die zugehörigen Elemente müssen also motorisch sein. Drittens muss es daraus gefolgert werden, dass der Oculomotorius, welcher wahrscheinlich rein mo- torisch ist, nur Elemente von den erwähnten Qualitäten führt. Ausser der Erfüllung dieser anatomischen Forderungen muss aber noch der physiologische Nachweis geführt werden, dass derjenige Nerv, durch den die periphere Faser das Centralnervensystem verlässt, wirklich motorische Qualitäten enthält, d. h. es muss gezeigt werden, dass nach seiner Durchschneidung eine Lähmung, und auf Reizung seines peripheren Stumpfes ein motorischer Effeet in seinem Ausbreitungsgebiet eintritt. Danach sind alle diejenigen Elemente, welehe ieh in den Tafeln der ersten Mittheilung (4. Taf. NXV—XXIX) roth gezeichnet habe, motorisch ; zweifelhaft ist es nur von dem Bauchmarkelement m, (4. Taf. XXV, Fig. 2), weil es sich nachweislich nur in einem Neuropil verzweigt und von dem (lediglich aus technischen Rücksichten roth gezeichneten) Gehirnelement m (4. Taf. XXVN), da die periphere Faser in eine Commissur und nicht in einen peripheren Nerv tritt. Dagegen muss das Element o, (4. Taf. XXVII, Fig. 1) sicher als ein motorisches Element angesehen werden, weil es als einziges von allen Optieuselementen die erwähnten anatomischen Forderungen erfüllt, die motorische Qualität des Optieus aber durch das phy- siologische Experiment sicher gestellt ist (4. Seite 942). Die einfachen Reflexe der 2ten Antenne wurden bereits als Paradigma besprochen. Hier ist nur noch wenig hinzuzufügen. Ein Reflex der 2ten Antenne tritt bei geringeren Reizen nur ein (4. S. 493) auf Berührung der Antenne selbst und der Kopfhaut und zwar immer nur einseitig. In Uebereinstimmung damit finden wir u Das Centralnervensysten von Carcinus Maenas. 493 nur direete Verbindungen der motorischen Elemente mit dem re- ceptorischen Neuropil der zweiten Antenne und der Kopfhaut der gleichen Seite (4. Taf. XXVI und XXVII) Eine Coordination zwischen den Bewegungen beider zweiten Antennen existirt nicht, daher auch keine directe Verbindung der motorischen Neurone beider Seiten. Von den motorischen Elementen der ersten Antenne ist mir nur eine Art genauer bekannt geworden und diese auch nicht vollständig (4. Taf. XXVIII an,). Jedenfalls existirt aber noch eine andere Art mit Zellen im seitlichen unteren Zelllager. Die Elemente an, sind jedenfalls die Fleetoren, da bei der Längs- spaltung des Gehirns (4. Il. S. 612 und folgende) immer nur eine Schädigung der Fleetoren der ersten Antenne gefunden wurde, woraus gefolgert werden muss, dass das Fleetoren-Neuropil in der Nähe der Mittellinie liegt. Reflexe treten hier auf viele Reize ein, der Weg derselben kann aber nur für wenige demonstirt werden. (Berühren der Antenne selbst: Reflexbogen im Neuro- pilum Antennarii I mediale. Berühren der Kopfhaut: Reflexbogen im Neuropilum tegumentarii inferius. 4. Tafel XXVII). Be- ziehungen in den Bewegungen der ersten Antenne zu den Stato- eysten existiren nicht, und so ist auch eine Verbindung mit den Statoeysten-Neuropilen (4. Taf. XXVIII) nicht nachweisbar. Einfache Reflexe der Augen. Sie bestehen in der Einklappung und der Vorstreekung des Augenstiels durch die Fleetoren und Extensoren. Diese Bewegungen fallen fort nach Durchschneidung des Oculomotorius; es müssen also in diesem die betreffenden motorischen Elemente gesucht werden. Ich habe in diesem Nerven zwei Arten von motorischen Elementen dar- stellen können (4. ocm, und ocm, Taf. XNXVI u. Taf. XXVII, Fig. 1 u. 2). ocm, hat seine Zelle im seitlichen, unteren Zell- lager und verzweigt sich mehr lateral, besonderes im Neuropilum oculomotorii laterale, ocm, verläuft zur Mitte, verbreitet sich hier hauptsächlich im Neuropilum oculomotorii mediale und steht mit Zellen der Cellulae inferiores mediales (?) in Verbindung. Ich habe nun gezeigt, dass den Elementen ocm, die tleetorische Function zukommt, den Elementen ocm, die extensorische (4. II. S. 621). Bei den Augenbewegungen ist eine Correlation zwischen beiden Seiten offenbar. So sehen wir denn auch innige Verbin- dungen der motorischen Neurone beider Seiten besonders bei den Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 8 424 Albrecht Bethe: Fleetoren. (Ich komme später darauf zurück.) Als Punkt, wo die Correlation der einzelnen Flectorenelemente untereinander und der einzelnen Extensorenelemente untereinander stattfindet, nehme ich das Neuropilum oculomotorii mediale und laterale an. Verbin- dungen zwischen beiden Arten, durch die die Entspannung der Extensoren bei der Beugung und der Fleetoren bei der Aus- streckung vermittelt wird, konnten mit Sicherheit nur an einer Stelle demonstrirt werden (Taf. XXVIIL, Fig. 2). Reflexe der Augen finden statt: 1. Auf leichten Reiz des Augenstiels einseitig, bei starkem beiderseits. Zuleitende Fasern o,, und o,. Der Reflexbogen ist hier leicht ersichtlich. Der Reflex des gekreuzten Auges tritt später und bei stärkerem Reiz ein; es muss daher angenommen werden, dass die Primitivfibrillenleitungen zu den Verzweigungen der motorischen Elemente im gleichseitigen Neuropil zahlreicher sind als im gekreuzten (4. Taf. XXV]). 2. Auf Lichtreiz. Zum Zustandekommen dieses Reflexes können alle diejenigen Opticuselemente in Anspruch genommen werden, welche sich im Neuropilum optiei Anterius superius ver- zweigen und die Opticuselemente o,, und o,,, welche sich im Neuropilum oculomotorii mediale verzweigen. 3. Auf Reiz der ersten Antenne. Hier ist nur eine Ver- bindung der Extensoren mit dem Neuropilum Ant. I, med. zu constatiren (Taf. XXVII, Fig. 2). 4. Auf Reiz der zweiten Antenne. Verbindungen der Flee- torenelemente und der Extensorenelemente mit dem Neuropilum Ant. II, posterius (Taf. XXVIL, Fig. 2 u. Taf. XXVD. 5. Auf Reiz der Kopfhaut. Verbindungen der Fleetoren- elemente mit dem Neuropilum tegumentarii superius aber auch mit den Tegumenteriusfasern, welche sich im Neuropilum oeulo- motorii mediale aufsplittern (Taf. XXVII, Fig. 2). Verbindungen der Extensorenelemente mit dem Neuropilum tegumentarii (Taf. XXVI). Hier noch eine zoologische Nebenbemerkung: Das Auge verhält sich in Bezug auf die motorische Innervirung genau wie eine Extremität. Der motorische Nerv findet seine Hauptendstätten in zwei gut abgesetzten Neuropilen, einem lateralen und einem medialen. Ihnen gehört ein laterales und ein mediales Zellpacket zu us. w. Ich glaube daher, dass dieser Befund ein wichtiger Beweis dafür ist, dass die gestiel- | Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 425 ten Augen der Arthropoden einem Extremitäten- paar entsprechen. Einfache Reflexe der Thoraxextremitäten. Ich meine hier zunächst nur die Anziehung eines Beines und wieder Streckung auf Reiz des Beines selbst oder eines mehr entfernten. Um über die Reflexe der Bauchmarksorgane Näheres herauszubekommen, unternahm ich eine Untersuchung an Astacus fluviatilis und an anderen Arthropoden, da hier dem Bauchmark operativ besser beizukommen war, als bei Careinus. Die Re- sultate dieser Untersuchung habe ich in einer eigenen Arbeit (Vergleichende Untersuchungen über die Funetionen des Central- nervensystems der Arthropoden [9]) publieirt. Aus dieser Unter- suchung geht hervor, dass jede Ganglienhälfte Centrum für die Flexion und Extension der zugehörigen Extremität ist und dass der einfachste Reflex, die Anziehung der Extremität auf Reiz derselben und das nachherige wieder Ausstrecken ebenfalls dort zu Stande kommt. (Dies wird in gewissen Grenzen durch die Ver-. suche am Bauchmark von Careinus [4. Seite 637] bestätigt.) Wir finden anatomisch, dass in jeder Ganglienhälfte mindestens zwei Arten von motorischen Elementen vorhanden sind (4. Tafel XXV, Fig. 3, m, u. m,), von denen wir die eine für fleetorisch, die andere für extensorisch halten mögen, wir finden ferner, dass in jedes Ganglion receptorische Fasern (s,) eintreten, welche sich rein einseitig in engumgrenzten Neuropilen verzweigen. Nach dem Vorhergesagten ist also die Art und Weise des Zustande- kommens dieser Reflexe leicht verständlich. Ich konnte nun bei Astacus zeigen. dass nach Durchschnei- dung der Quercommissur eines Ganglions bei Reiz irgend einer Extremität alle Beine mit einer Bewegung antworteten mit Aus- nahme desjenigen gekreuzten Beines, dessen Quercommissur durch- schnitten war. Ich zog hieraus folgenden Schluss (9): „Die Querecommissuren eines jeden Ganglions sind der ein- zige Weg, auf dem ein Reiz von der Reizseite auf die andere übertragen werden kann.“ Es stimmt dies mit der anatomischen Untersuchung gut überein. Die Reize, welche von der Peripherie zugeleitet werden, werden im Bauchmark rein einseitig durch die receptorischen Fasern fortgeleitet (4. Tafel XXV, Fig. 3 s,). Da jedes moto- rische Neuron nur durch die quere Commissur desselben Ganglions 496 Albrecht Bethe: einen Ast auf die gekreuzte Seite in das receptorische Neuropil sendet (4. Tafel XXV, Fig. 3, m, und m,), so muss die Möglich- keit der Reizübertragung bei Eintritt des Reizes auf der ge- kreuzten Seite nach Durchschneidung der queren Commissur aus- geschlossen sein. Wir sehen, dass die vielen vorhandenen Commis- surelemente, welche mit Umgehung der durehschnittenen Quer- commissur eine Verbindung herstellen könnten, nicht im Stande sind, dies zu thun. Was ich bisher besprochen, sind einfache Reflexe, d. h. Reflexe, welche wir uns allein auf der receptorisch-motorischen Bahn zu Stande kommend vorstellen können und, wie ich beim Paradigma: der 2. Antenne, gezeigt habe, vorstellen müssen. Vielleicht gehören hierhin auch noch ein Theil der Putz- und Abwehrbewegungen, vor allem aber der Reflex der Automie, auf die ich nieht weiter eingehen will. Bei allen übrigen Reflexen führen entweder eine ganze Anzahl von Extremitäten unter ein- ‚ander coordinirte Bewegungen aus, oder die Reflexe werden von Organen ausgeführt, welche mit dem Reizorte in keiner direceten receptorisch-motorischen Verbindung stehen. Für diese complieirte- ren Reflexe muss die Vermittlung von Commissurelementen, die ich in grosser Anzahl im Gehirn und Bauchmark auffand, in Anspruch ge- nommen werden. Welche in jedem Fall in Function treten, lässt sich zum Theil aus den Resultaten der von mir ausgeführten Operationen erschliessen. Die Commissureiemente spielen dabei aber nach meiner Ansicht keine besonders hochstehende Rolle. Sie thun weiter nichts, als dass sie die Reize, welche auf einer oder mehreren receptorischen Bahnen zugeleitet werden, umgruppiren und auf die verschiedenen motorischen Bahnen vertheilen. Die complieirten Reflexe. l.; Der. Gang; Ich habe ausführlich beschrieben, dass das normale Thier meistentheils rein seitlich geht, und dass ihm hierzu vier ver- schiedene Gangarten zur Verfügung stehen, dass daneben aber auch noch bisweilen der Gang der Makruren, nämlich Vorwärts- oder Rückwärtsgang, vorübergehend beobachtet wird (4. Seite 500). Nach Durchschneidung beider Schlundeommissuren fällt die Mög- lichkeit des Seitenganges ganz fort (4. II. Seite 595), dagegen Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 427 bleibt der Vorwärtsgang bestehen, wird aber durch den Eintritt ver- schiedener anderer Complieationen, auf dieich später eingehen werde, stark beeinträchtigt. Jedenfalls konnte aber mit Sicherheit gezeigt werden, dass der Vorwärtsgang noch ausführbar ist, während vom eigentlichen Brachyurengang, dem Seitwärtsgang, jede Spur fehlt. Bei den makruren Decapoden, den ich untersuchte, näm- lich bei Astacus fluviatilis, wird der hauptsächlich ausgeführte Vorwärts- und Rückwärtsgang zwar nach Ausschaltung des Ge- hirns verändert, aber er wird noch in deutlicher Weise ausge- führt (9. Seite 461). Durchschneidet man bei diesem Thier eine Schlundeommissur, so ist es im Stande noch gerade vorwärts zu gehen, ebenso wie alle andern Arthropoden, bei denen die Orts- veränderung in der Längsaxe des Körpers geschieht (9. Seite 467). Es kommt daneben ein mehr oder weniger hoher Grad von Kreis- gang nach der gesunden Seite vor, aber dieser ist, wie ich zeigen konnte, nicht eine nothwendige Folge der Operation und ist, wo er auftritt, auf die fehlende Hemmung der Beine der operirten Seite vom Gehirn her zurückzutühren (9. Seite 541). Anders ist es bei Careinus: Durchtrennt man hier die Schlundeommissur einer Seite, so tritt immer Kreisgang ein und zwar immer im selben Sinne (bei Operation links im Sinne des Uhrzeigers, bei Operation rechts im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers). Die Beine der operirten Seite sind ganz unfähig seitwärts zu schreiten, sie arbeiten immer vorwärts. Der Kreisgang kann hier nicht auf eine verlorengegangene Hemmung der einen Bein- seite bezogen werden; wir haben es vielmehr mit einer richtigen Zwangsbewegung zu thun. Aus diesen Versuchen geht hervor, dass im Bauchmark der Brachyuren dieselben Gangeoordinationen localisirt sind, welche sich bei den in der Längsaxe des Körpers sich bewegenden Arthropoden, speciell bei ihren Vorfahren, den Makruren, dort vor- finden, und dass das, was die Brachyuren vor ihnen voraus haben, was sie neu hinzuerworben haben, nämlich der Seitwärtsgang, im Gehirn zu Stande kommt. Ich habe nun gefunden, dass der Vorwärtsgang, welcher nach Fortnahme des Gehirns bei Careinus noch fortbesteht, eben- so wie bei Astacus vollkommen verschwindet, wenn man die Beinganglien von den Mundganglien trennt (4. II. Seite 637 und 9. Seite 471). Es geht hieraus hervor, dass die Gangeoordinationen 428 Albrecht Bethe: (soweit sie den Vorwärtsgang angehen) in den Mundganglien zu Stande kommen. Hier liegen in der That eine grosse An- zahl complieirter Commissurelemente (4. Tafel XXV, Fig. 2 u. 5), und diesen müssen wir wenigstens zum Theil diese Rolle zu- schreiben. Es liegen auch in den Beinganglien eine Anzahl von Commissurelementen, und diese mögen beim Zustandekommen von Gangreflexen mit thätig sein; sie sind aber nicht fähig, sie allein zu bewerkstelligen. — Nach einseitiger Durchschneidung der Längscommissuren zwischen zwei Beinganglien (9. Seite 475 und 4. Seite 638) betheiligen sich die auf dieser Seite hinter der Durchschneidungsstelle gelegenen Extremitäten am Gange nicht, während die Beine der gesunden Seite sich in unveränderter Weise bethätigen. Nach Durchschneidung einer oder mehrerer Quer- commissuren von Beinganglien (9. Seite 477 und 4. V. Seite 638) ist der Gangmodus kaum verändert. Es muss daraus gefolgert werden, dass die coordinirten Gangimpulse vom Centrum, den Mundganglien, aus rein einseitig zu den Beinganglien geleitet werden, dass nicht die Quercommissuren der Beinganglien die Gangimpulse auf die gekreuzte Seite leiten können, und dass die Coordination zwischen rechts und links ganz oder wenigstens in der Hauptsache schon in den Mundganglien zu Stande kommt. (Beziehungsweise im Gehirn beim Seitwärtsgang.) Wir haben gesehen, dass bei der Durchschneidung einer Schlundeommissur in Bezug auf den Bewegungsapparat vier Ver- änderungen zu Stande kommen, nämlich auf der operirten Seite 1) eine Schwächung der Muskulatur, 2) ein Ueberwiegen der Fleetoren über die Extensoren, 3) die Unmöglichkeit des Seit- wärtsganges und alleiniges Fortbestehen des Vorwärtsganges (in Folge dessen Kreisgang) und 4) auf der gekreuzten Seite eine Vermehrung und Verkleinerung der Schritte beim Gang nach der operirten Seite (4. II. Seite 602). Die Ursache dieser Verände- rungen kann durch die Operationen am Gehirn auf den Fort- fall der nervösen Verbindungen mit bestimmten Theilen desselben zurückgeführt werden. 1. Die Schwächung der Muskulatur der operirten Seite findet, wenn auch nicht in so hohem Maasse, statt, wenn man die Statoeyste (Otocyste) derselben Seite (bei unversehrter Commissur) exstirpirt bat (4. S. 533). Es ist wahrscheinlich, dass zu der Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 429 Herabsetzung, welche die Fortnahme dieses peripheren Recep- tionsorgans schafft, noch im Centralorgan etwas hinzukommt. Da die Exstirpation des einen Globulus, welcher die eine centrale Endstätte der Statoeysten-Fasern ist, keine Herabsetzung der Mus- kelkraft hervorruft, so muss die andere Endstätte, das Neuropilum Antennarü I laterale (4. Taf. XXVII, Nr. Ant. I lat. und diese Arbeit Schema Taf. XVII, Fig. 5) dafür in Anspruch genommen werden. Der dauernde Reiz, den wir im Sinne Ewald's (10) von der Statoeyste ausgehend annehmen müssen, wird durch die Fasern an, dem Gehirn zugeleitet und durch die einzigen von hier zum Bauchmark ziehenden Fasern cz, auf die Beinganglien und direet oder indireet auf die Beinmuskulatur übertragen (Taf. XVII, Fig. 5 roth —-—---). Dynamisch bietet dieser Ausfall an Muskelkraft der Erklärung grosse Schwierigkeiten, da man nicht gut einsehen kann, wie der Ausfall eines continuirlich erfolgenden Reizes mit einem Schlage die Wirkung der Muskeln schädi- gen kann. 2. u. 3. Das Ueberwiegen der Flectoren über die Exten- soren und der Fortfall des Seitwärtsganges (bei Durchschneidung einer Commissur auf derselben Seite, bei Durehschneidung beider Commissuren auf beiden Seiten) konnte auf ein und denselben Theil des Gehirns zurückgeführt werden. Nach Abtragung der gesammten Cellulae superiores mediales tritt immer- starke Krüm- mung der Beine ein. Der Seitwärtsgang wird unmöglich, und nur Vorwärtsgang ist ausführbar (4. II. S. 625). Es geht hier- aus hervor, dass irgend welche Zellen dieses Zellpolsters hierbei eine Rolle spielen. Bei einseitiger Abtragung der Zellen traten die Erscheinungen nur in der gleichen Thoraxhälfte auf, genau wie bei der Durchschneidung der Schlundeommissur dieser Seite (4. 11. S. 627). Hier liess sich deutlich nachweisen — was bei der Fortnahme auf beiden Seiten wegen der lang andauernden allgemeinen Gehirnerscheinungen nicht möglich war —, dass der Fortnahme der Ganglienzellen die Krümmung der Beine und der Kreisgang nicht direet folgt, sondern dass sie erst im Laufe des zweiten und dritten Tages nach der Operation allmählich auf- treten. Es geht daraus hervor, dass nicht in den Ganglienzellen die nach ihrer Fortnahme ausfallenden Correlationen zu Stande kommen, sondern in andern Theilen der betreffenden Neurone, welche noch einige Zeit, aber nicht auf die Dauer ohne die Zellen 430 Albrecht Bethe: funetioniren können. Da nun schon ein kleiner, querer Schnitt mit einem kleinen Messerchen in das Neuropilum optici anterius superius genügt, um dieselben Erscheinungen sofort hervorzurufen (eine Operation, die ich noch nicht beschrieben habe), so müssen in diesem Neuropil für die postulirten Commissurelemente wich- tige Verzweigungen liegen. Die Fortnahme der Globuli, wenn sie gut ausgeführt ist, hat keine ähnlichen Erscheinungen zur Folge, sie haben also mit diesen Correlationen nichts zu thun (4. I. S. 622). Auch nach Spaltung des Gehirns treten keine Folgen der bezeichneten Art auf (4. II. Seite 612 und folgende). Hieraus geht hervor, dass zum Zustandekommen der Coordinationen des Seitwärtsganges und der richtigen Beinhaltüung eine quere Verbindung beider Seiten der Theile, in denen sie nachweislich zu Stande kommen, nicht nothwendig ist. Die Commissurelemente, welche diesen Correlationen vorstehen, müssen also rein einseitig im Gehirn sich ausbreiten, müssen sich im Neuropilum optiei anterius superius verzweigen und ihre Zellen unter den Cellulae superiores mediales liegen haben. Ob sie eontinuirlich durch das ganze Gehirn laufen oder noch eine Aufsplitterung erfahren, kann nicht festgestellt werden; daher können dieser Function sowohl die Elemente cz, wie die Elemente c ,- (4. Taf. XXIX) diese letzteren dann in Verbindung mit den Elementen cd, (4. Taf. XXVIT), oder andere bisher nicht dargestellte Commissurelemente vorstehen. (Siehe die gewellten rothen Neurone im Schema Tafel XVII, Fig. 5). Da der Seitwärtsgang sowohl vom Kopf her (z. B. dureh Belichtung) als auch vom Thorax her eingeleitet und be- einflusst werden kann, so muss das zum Seitwärtsgang nothwen- dige Neuropilum optiei anterius superius Zuleitungen von den Augen (welche in genügender Menge bekannt sind) und vom Thorax erhalten. { 4. Die Vermehrung der Schritte auf einer Seite beim Seit- wärtsgang (resp. Kreisgang) nach der anderen Seite kann ausser durch Durchschneidung einer Schlundeommissur noch auf zwei Arten in ganz derselben Weise erzeugt werden, durch Exstirpa- tion der Statocyste und durch Exstirpation des Globulus derselben Seite (also Gangineoordination auf der linken Seite bei Rechts- gang ist zu erzeugen durch Durchschneidung der rechten Schlund- commissur (4. II. Seite 607), Fortnahme der rechten Stato- eyste (4. S. 531) oder Exstirpation des rechten Globulus (4. H. Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 451 S. 625)). Beim Gang nach der operirten Seite arbeiten beide Beinseiten normal und coordinirt. — Bei Fortnahme beider Stato- eysten oder beider Globuli tritt die Gangincoordination auf beiden Seiten ein, eine Vermehrung der Schritte bei Rechtsgang auf der linken, bei Linksgang auf der rechten Seite. Es wird daraus geschlossen, dass die Beine der vorangehenden Seite den Takt angeben, da sie unter allen Umständen normale Schritte machen, während zur eoordinirten Theilnahme der folgenden (schiebenden) Beine die Statocyste der vorangehenden Seite nothwendig ist. Der Einfluss, den die Statocyste hier beim Gang ausübt, wird zum Theil im Globulus verarbeitet (da die Exstirpation eines Globulus die gleiche Wirkung hat, wie die Fortnahme der gleich- seitigen Statocyste), sicher aber auch noch in einem Theil der gekreuzten Gehirnseite, da die Spaltung des Gehirns von vorne bis zum Mittelloch genau denselben Effect hat, wie die Fort- nahme beider Globuli oder beider Statocysten. Dieser Theil der gekreuzten Gehirnseite (der andere Globulus kann es nicht sein, da sonst nach Fortnahme eines Globulus beiderseits die Gangineoordination auftreten müsste) muss also mit dem Glo- bulus durch Fasern verbunden sein, welche in den vorderen queren (Gehirneommissuren verlaufen. Ueber seine Lage wissen wir sonst nichts. — Um es nochmal zusammenzufassen: Zum Zustandekommen der Correlation in der Schrittzahl beim Gang nach rechts ist das Zusammenarbeiten der rechten Statoeyste, des rechten Globulus und eines Theils der linken Gehirnhälfte, welcher mit dem rechten Globulus durch eine quere, vor dem Mittelloch verlaufende Com- missur verbunden ist, aber nicht der Globulus der anderen Seite ist, nothwendig; das Product dieser drei Organe wird den linken Beinganglien durch die reehte Schlundeommissur zugeleitet. (Tech erinnere hier daran, dass bei rechtsdurchschnittener Schlund- commissur eine Incoordination in der Zahl der rechten Schritte bei Linksgang nicht auftritt, aber hervorgerufen werden kann durch Exstirpation der linken Otocyste.) Diese Coordination in der Schrittzahl, welche man so gern einfach in die queren Commissuren der Beinganglien verlegen möchte, kommt also auf einem ganz complicirten Wege zu Stande. Wir müssen uns vor- stellen, dass durch die ruckweise Bewegung des Körpers bei jedem Schritt der vorangehenden Beinseite, welche ja den Takt an- gibt, eine Zustandsänderung in der gleichseitigen Statocyste zu 432 Albrecht Bethe: Stande kommt, dass dies® dem Globulus durch die Fasern an, oder an, (4. Taf. XXVIII) zugeleitet wird, hier im Verein mit einem Theil der gekreuzten Gehirnhälfte verarbeitet wird und schliesslich durch die Commissur der vorangehenden Seite zu den gekreuzten Beinganglien gelangt. Sonderbar ist es nun, dass der motorische Effect des Ganges auf die Augenbewegungen ganz anderen Bedingungen sein Zu- standekommen verdankt. Die Augen stellen sich bei eintretendem Gang immer in der Gangrichtung ein. Nach jedem Schritt be- wegen sie sich etwas zur Normalstellung zurück und schlagen schnell am Anfang des neuen Schrittes wieder zur extremsten Seitenstellung (4. Seite 499). Nach dem Vorhergehenden wäre es nun wahrscheinlich gewesen, dass auch hierbei die Statocysten die vermittelnde Rolle spielen, vielleicht noch die Photoreception. Dies ist aber durchaus nicht der Fall. Weder Fortnahme der Statocysten, noch Schwärzung der Augen, noch beides zusammen schädigt die Augenbewegungen beim Laufen. Auch Fortnahme der Globuli und Längsspaltung des Gehirns führt keine Verän- derung herbei. Dagegen lässt sich nachweisen, dass nach Durch- schneidung einer Schlundeommissur diese Augenbewegungen auf beiden Seiten herabgesetzt sind, besonders aber auf der Durch- schneidungsseite. Hieraus muss gefolgert werden, dass bei jedem Schritt ein Reiz von den Beinganglien zum Gehirn geleitet wird und hier die Augenbewegungen auslöst. Da die Bewegung des Auges auf der Durchschneidungsseite nicht ganz erlischt, so muss angenommen werden, dass diese Zuleitung entweder von dem zuleitenden Element direet oder durch Vermittelung anderer Elemente auf diese Seite übertragen wird. Dies wird dadurch bestätigt, dass bei Thieren, denen das Gehirn gespalten und die eine Schlundeommissur durchschnitten ist, nur Bewegung des Auges auf der intakten Seite beim Laufen eintritt. Da nach alleiniger Längsspaltung des Gehirns ein Ausfall nieht constatirt werden konnte, so muss angenommen werden, dass bei jedem Schritt von beiden Seiten her ein Reiz auf das Gehirn übertragen wird, und dass die quere Verbindung, die eben angenommen wurde, zum vollständigen Zustandekoimmen dieser Augenbewe- gungen nieht nothwendig ist. Den gestellten anatomischen Be- dingungen entspricht das Element cz, (4. Tafel XXVII) (Schema Fig. 5, Tafel XVID, welches sich wenigstens in den Neuropilen, Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 433 in denen sich die Extensorenelemente der Augen verzweigen, reich- lich aufsplittert. (Ein Beweis, dass es dieser Function vorsteht, kann natürlich nieht erbracht werden.) 2,54: Der) Aufbäumrefle:x. Wir haben gesehen, dass dieser Reflex noch auftritt, wenn die Schlundeommissuren durchsehnitten sind (4. II. 594). Er zeigt danach dieselben Veränderungen wie der Gang, die Ruhe- lage und der Starrkrampfreflex; die Vollkommenheit ist gestört durch das Ueberwiegen der Beuger über die Strecker und durch die Schwäche der Muskulatur. Sein eigentlicher centraler Sitz ist Jedenfalls aber das Bauchmark. Wie ich gezeigt habe, ist er ebenso wie der Gang, mit dem er in engem Zusammenhang steht, nicht nur vom Thorax, sondern auch durch Reize der Ge- hirnorgane auszulösen, besonders durch Lichtreiz, Wie bei mecha- nischer Reizung tritt er symmetrisch auf, wenn der Reiz auf beiden Seiten und in gleicher Stärke angesetzt wird, d. h. wenn beide Augen durch den Lichtreiz gleich stark getroffen werden, unsymmetrisch, wenn nur eine Seite gereizt wird, hier also nur ein Auge oder das eine Auge stärker als das andere betroffen wird. Das unsymmetrische Aufbäumen geht dabei meist Hand in Hand mit Flucht nach der ungereizten oder weniger gereizten Seite (4. Seite 508). Aus Versuchen, bei denen ein Auge verklebt wird, ging nun hervor, dass es sich bei diesem Aufbäumen auf photischen Reiz nicht um eine Perception der Lage, der Ent- fernung und der Bewegungsrichtung des bewegten Gegen- standes handelt, sondern eben nur darum, ob beide Augen oder ob das rechte oder linke vom Reiz betroffen wird. Es handelt sich also nur um die Zuleitung eines einfachsten Lichtreizes von gewisser Grösse. Bei Thieren, denen eine Schlundeommissur (die rechte) durchschnitten ist, tritt immer nur unsymmetrisebes Aufbäumen ein (links stärker als rechts). Es konnte nun gezeigt werden (4. II. Seite 610), dass der volle Effeet auf Lichtreiz eintritt bei photischer Reizung des linken Auges, dass dagegen bei demselben Reiz des rechten Auges nur ein geringer Reflex eintritt. Daraus muss gefolgert werden, dass der Lichtreiz durch Fasern auf das Bauchmark übertragen wird, welche von jedem Auge durch die gleichseitige und durch die ungleichseitige Schlundeommissur zum Bauchmark ziehen und, dass die gleich- 434 Albrecht Bethe: seitigen Fasern im Stande sind, den vollen Effeet auszulösen, während die im Gehirn gekreuzten nur eine accessorische Be- deutung haben. Derartige direet vom Optieus durch die Schlund- commissuren ins Bauchmark ziehende Fasern sind nun thatsäch- lich darstellbar und ich glaube, dass man ihnen die bezeichnete Function zuschreiben darf (4. Tafel XXVII, o, und o,, Schema Tafel XVII, Fig. 6, o, und o,). 5) 3. Der negative Phototropismus. Der negative Phototropismus verschwindet 1) nach Schwär- zung der Augen, 2) nach Herausnahme beider Globuli, aber auch schon fast vollständig nach Herausnahme eines Globulus, 3) nach - Längsspaltung des Gehirns von vorne bis zum Mittelloch, 4) nach Durchschneidung beider Schlundeommissuren (bei Durchsehneidung einer erfährt er nur eine geringe Einbusse). (4. Seite 520, 4. II. Seite 622, Seite 617.) (Ein Verschwinden des negativen Photo- tropismus war auch bei Astacus und Hydropbilus durch Längs- spaltung des Gehirns hervorzurufen [9. S. 465 und S. 522].) Ich glaube, dass der Weg, auf dem der negative Phototropismus zu Stande kommt, durch diese und die anatomischen Daten deutlich zu Tage tritt. Von jedem Optieus zieht nämlich ein starkes Faserbündel vor dem Mittelloch auf die gekreuzte Seite und hier in den Globulus (Traetus optico-globularis, 4. Tafel XXVI, Fig. 2 und Tafel XXIX, Fig. 2—5). Vom Globulus geht eine reichliche Faserbindung zum Bauchmark (Traetus globulo-commis- suralis Tafel XXVI, Fig 2). (Siehe die punetirten Fasern im Schema Tafel XVII, Fig. 6). Die Lichtreize werden also auf den gekreuzten Globulus übertragen, hier auf andere Fasern ver- theilt und dem Bauchmark zugeleitet, wo dann die Beinganglien und die ganzen übrigen zum Bewegungsapparat gehörigen Theile des Nervensystems und weiterhin die Bewegungsapparate selbst in der Weise angeregt werden, dass sie von der Reizquelle (dem Licht) fort, den reizloseren Stellen (dem Schatten) zustreben. (Ich will übrigens nicht behaupten, dass der Traetus optico-glo- bularis nur diesen Reflex vermittelt.) 4. Der Umdrehreflex. Careinus hat zwei Möglichkeiten sich aus der Rückenlage in die Bauchlage zurückzubringen; er kann sich über das Ah- "WW PER FR Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 435 domen (und das ist beim normalen Thier das Uebliehe) und über den Kopf umdrehen (4. S. 515). Die Ausführbarkeit dieses Reflexes in seinen beiden Formen ist ganz in den nervösen Organen des Bauch- marks gelegen (4. II. S. 594). Wir haben aber gesehen, dass durch verschiedene Operationen der Umdrehreflex in gewisser Weise beeinflusst werden konnte. Beim normalen Thier ist zum Zustandekommen des Umdrehreflexes dreierlei nöthig: 1) Der Körper muss auf der Ventralseite die Berührung mit dem Boden verloren haben, 2) die Dorsalseite des Thieres muss in Contakt mit festen Gegenständen sein, 3) der Rücken muss dem Mittelpunkt der Erde zugewandt sein. Bei einem Thier, dem beide Schlundeommissuren durch- schnitten sind, ist zum Zustandekommen der Umdrehreflexe nur noch die Bedingung 1 und 2 zu erfüllen, die Bedingung 3 fällt fort. Hält man das Timer in Bauchlage vom Boden entfernt und legt ein Brettehen auf den Rücken, so werden die beiden letzten Beine reflectorisch auf den Rücken gelegt und machen auch Umdrehbewegungen (4. II. Seite 595). Dasselbe Phänomen finden wir bei Thieren, denen beide Otoeysten fehlen, bei solchen, denen beide Globuli exstirpirt sind, und schliesslich bisweilen bei Thieren, denen das Gehirn von hinten bis zum Mittelloch ge- spalten ist (4. Seite 524, 4. II. Seite 624 und Seite 620). Nach Exstirpation eines Globulus oder einer Statoeyste tritt die Er- scheinung nur auf einer und zwar der gleichen Seite ein. Da die Statocyste der peripherste Ort ist, von dem aus der Effeet hervorgebracht werden kann, so ist er ihrem Ausfall allein zu- zuschreiben. Die Beziehungen, welche zwischen dem Thier und der Anziehungskraft der Erde bestehen, finden hauptsächlich in den Statocysten statt, und nimmt man diese Organe fort, so ver- hält sich das Thier fast so, als ob es überhaupt keine nervösen Beziebungen zur Erde besässe. Es werden daher die Beine zur Umdrehstellung auf den Rücken gelegt, wenn nur die beiden anderen Bedingungen erfüllt werden, auch dann wenn das Thier sich in Bauchlage befindet, eine Umdrehung also nieht nöthig ist. Der Reiz, den die Anziehungskraft der Erde auf die Statocysten ausübt, wird zu zwei centralen Stationen fortgeleitet, zum Globu- lus und zum Neuropilum Antennarii I laterale; aber nur von der einen, dem Globulus, wird er zum Bauchmark und zwar durch die gleichseitige Schlundeommissur fortgeleitet, da die Fortnahme 436 Albrecht Bethe: dieses dieselbe Erscheinung hervorruft, wie Exstirpation der gleich- seitigen Statocyste. (Dass auch das Neuropilum Antennarii I laterale Fasern von der Statocyste erhält, welche derartige Reize ver- mitteln, wird bei den Compensationsbewegungen bewiesen werden.) Bei dem ganzen Vorgang sind aber auch noch quere Fasern des Gehirns von Bedeutung. welche in den Quercommissuren hinter dem Mittelloch verlaufen. Ob sie beide Globuli miteinander ver- binden oder jeden Globulus mit einem anderen Theil der ge- kreuzten Gehirnseite, bleibt dahin gestellt. (Die Elemente, welche bei dieser Leitung in Betracht kommen können, sind im Schema Tafel XVII, Fig. 7 auf der linken Seite zusammengestellt und zwar sind sie glatt ausgezogen.) | Ein normales Thier dreht sich aus der Rückenlage zur Bauchlage gewöhnlich über das Abdomen um, nur selten über den Kopf. Ein Thier, dem die Otocysten beide fehlen, dreht sich in der Regel über den Kopf um und fällt dabei gewöhnlich (besonders auf glatten Flächen) wieder hinten über, wenn es die Bauchlage erreicht hat. (Bei normalen Thieren geschieht dies nicht.) Für diese Bevorzugung der Umdrehung über den Kopf weiss ich keine Erklärung, doch kenne ich eine zweite Operation nach der sie ebenfalls auftritt, nämlich nach Spaltung des Ge- hirns in der Mittellinie von vorn bis zum Mittelloch (4. II. S. 619). Die so operirten Thiere zeigen aber nicht das häufige Hinten- überfallen nach beendeter Umdrehung, welche ohne Zweifel auf eine mangelnde Coordination der Bewegungen zurückzuführen ist. (Derartige Aenderungen der Bewegungscoordination nach Fortnahme statischer Apparate sind zuerst von Ewald genauer studirt worden [10].) Da dasselbe nach Durchschneidung der Quercommissuren hinter dem Mittelloch und nach Exstirpation der Globuli nicht auftritt, so muss gefolgert werden, dass diese Corre- lationen, welche von der Statoeyste ausgehen, die zweite Station der Statoeystennerven, das Neuropilum Antennarii I laterale passiren und von hier aus ungekreuzt direet auf das Bauchmark übertragen werden. Ich nehme dafür die Fasern an, und die Commissurelemente cz; (4. Tafel XXVIII) in Anspruch (siehe im Schema Tafel XVII, Fig. 7 rechts). Die Elemente cz, nahm ich schon für die Leitung des Statocystentonus beim Gang in An- spruch. Hier handelt es sich ja um nichts anderes. Nach dem, was wir von den Primitivfibrillen wissen, können wir aber sehr Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 432 wohl ein und dasselbe Element für mehrere Functionen in Anspruch nehmen, da es ja nichts weiter als ein Leitungskabel ist. Die Bevorzugung des Umdrehens über den Kopf, auf die ich nach diesem Exeurs zurückkomme, tritt nicht auf nach Fortnahme der Globuli. Sie muss also wohl zu Stande kommen durch den Fortfall von Statoeystenreizen, welche dem Neuropilum Antennarii I laterale durch die Fasern an, (Schema Tafel XVII, Fig. 7) zugeleitet werden und von hier durch quere Commissuren, welche vor dem Mittelloch liegen, auf gekreuzte, vordere Theile des Gehirns übertragen werden. Die Elemente c,, (4. Tafel XXVII und Schema Tafel XVII, Fig. 7 gestrichelt) mögen hierbei eine Rolle spielen. 5. Die Compensationsbewegungen der Augen. Bei diesen Bewegungen (4. Seite 497) spielen ausser den Fleetoren und Extensoren des Augenstiels, deren Nervenfasern im Oculomotorius laufen, auch die Heber und Senker eine Rolle, welche vom Optieus aus innervirt werden (4. Seite 540) und zwar durch die Elemente o, (Tafel XXVID (vergleiche Seite 422). (Die Heber und Senker des Auges, d. h. die Muskeln, welche das Auge dorsalwärts und ventralwärts bewegen, spielen natür- lieh auch bei den auf Seite 424 beschriebenen einfachen Reflexen eine Rolle. Es geht dies schon aus der anatomischen Thatsache hervor, dass sich ihre nervösen Elemente in all den receptorischen Neuropilen verzweigen, von deren peripherem Endpunkt aus eine Reaction der Augen hervorgerufen werden kann. Ich habe sie aber dort nicht weiter berücksichtigen zu müssen geglaubt, weil sie einerseits bei diesen Processen nur eine untergeordnete Rolle spielen und andererseits ihre Mitberücksichtigung die Darstellung zu sehr complieirt hätte.) Wir haben nun gefunden, dass die Compensationsbewegungen der Augen hauptsächlich von den Statocysten abhängig sind, da sie fast vollkommen nach deren Fortnahme verschwinden (4. Seite 522). Dass wir es hier mit einer Wirkung der Statoeyste zu thun haben, welche allein durch die Anziehungskraft der Erde hervorgerufen wird, habe ich schon anfangs bewiesen (4. Seite 528 und folgende). Ausser den Stato- eysten ist aber auch den Augen selbst, insofern sie photoreeipiren, eine Bedeutung beim Zustandekommen der Compensationsbewe- gungen zuzumessen (4. Seite 522). Schliesslich spielt noch ein 438 Albrecht Bethe: dritter Factor eine Rolle, auf den ich später komme. Da nach der Fortnahme der einen centralen Endstätte der Statocysten- fasern, nämlich der Globuli, die Compensationsbewegungen nicht fortfallen, auch nicht geschwächt werden, so muss gefolgert werden, dass die hier wirkenden Einflüsse der Statocyste zu der anderen Endstätte der Statocystennerven, dem Neuropilum Anten- narii I laterale geleitet werden (4. II. Seite 623). Ich habe in dem Schema (Taf. XVII, Fig. 8) die moto- rischen Elemente der Augenbewegung, die Elemente der Stato- eystennerven, einige photoreceptorische Elemente und drei Commis- surelemente C,,, C,; und ch,, zusammengestellt. Um alles in einer Figur darstellen zu können, habe ich die sich deeckenden Neuropila optiei anteriora superiora, medialia und inferiora hinter einander, das Neuropilum oculomotorii laterale, das von dem in der Figur fortgelassenen Neuropilum optici posterius überdeckt wird, neben das Neuropilum optiei mediale gezeichnet. Der Globulus ist verkleinert und zur Seite gerückt, so dass das Neuropilum Antennarii I laterale zu sehen ist. Ocm, (roth gestrichelt) ist ein Extensorenelement, ocm, (roth punktirt) ein Fleetorenelement, o, ein Element eines Hebers oder Senkers des Auges. (Die Verzweigungen der Elemente halten sich an die Resultate der anatomischen Untersuchung.) i Diese drei Arten motorischer Elemente stehen an verschie- denen Stellen mit einander in Connex. Alle haben Beziehungen zu photoreceptorischen Opticuselementen (0,5, O1, 9105 O5, %, und 0,,). Das Element ocm, und o, stehen direet mit dem Neuropilum Antennarii I laterale, dem Endpunkt der in Betracht kommenden Statocystenfasern, in Verbindung, die Flectorenele- mente ocm, durch Vermittlung des (rechts gezeichneten) Com- missurelements c,, (schwarz punktirt). Alle drei Elemente ent- senden quere Fasern auf die gekreuzte Seite, so dass sie auch mit dieser in Verbindung stehen. Trotzdem nun alle Verbin- dungen vorhanden sind, welche für die Erklärung der Compen- sationsbewegungen nothwendig gefordert werden müssen, so sind doch diese Augenbewegungen allein auf dem Wege der recepto- risch-motorischen Bahnen nicht möglich. — Die Durchschneidung der queren Verbindung der Fleetorenelemente schädigt das Zu- standekommen der Compensationsbewegungen sehr wenig (4. 11. S, 620). Man wird daher gewiss annehmen dürfen, dass auclı Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 439 die Durcehsehneidung der queren Aeste der Extensoren- und Heber- elemente, welche vor. dem Mittelloch liegen, keinen allzugrossen Effeet auf das Zustandekommen der Compensationsbewegungen ausüben wird. Trotzdem findet en vollkommenes Verschwin- den der Compensationsbewegungen statt, wenn man das Gehirn von vorne bis zum Mittelloch spaltet. Dass quere Verbindungen im Gehirn bei diesem Reflex eine grosse Rolle spielen, das war schon daraus zu erwarten, dass die Fortnahme einer Statocyste hauptsächlich das gekreuzte Auge in seinen Compensationsbewe- gungen schädigt. Da es gekreuzte Statocystenfasern nicht giebt, oder wenigstens sicher nicht in grösserer Anzahl, so mussten an- dere Elemente hierbei eine Rolle spielen. Diese müssen sich nun 1) im Neuropilum Antennarii I laterale, 2) in Neuropilen, in denen Optieusfasern sich aufsplittern, und 3) in Neuropilen, in die Aeste der drei Arten von motorischen Elementen der Augenmuskeln gehen, verzweigen. Diesen Bedingungen entsprechen die Elemente Cs (4. Taf. XXVIII und Schema Taf. XVII, Fig. 8). Ueber die Lage der Zellen dieser Elemente konnte etwas Genaueres nicht eruirt werden. Möglicherweise liegen sie unter den Cellulae superio- res mediales und werden durch einen der Aeste, welche in das Neuropilum optiei mediale gehen, mit solchen verbunden (s. im Schema Taf. XVII, Fig. 8 rechts). Thatsächlich kann demon- strirt werden, dass zu diesem Neuropil Ausläufer von Zellen des vorderen Zelllagers hingehen. Sicher ist es aber absolut nicht, dass hier die Zellen der Elemente c,, liegen. Da nun nach Fort- nahme des vorderen Ganglienzellpolsters, auf einer Seite oder auf beiden Seiten, die Compensationsbewegungen gleich nach der Operation noch zu Stande kommen können, dann aber ver- schwinden (4. II. Seite 627), so müssen hier Ganglienzellen von Elementen liegen, welche bei diesen Augenbewegungen eine con- ditio sine qua non sind. Es mögen dies die Elemente c,, sein — und ich nehme dies der Einfachheit halber an — aber, wie ge- sagt, bewiesen ist es nicht. Wie ich anfangs gesagt, spielt nun ausser Einflüssen der Statoeysten und der Augen noch ein dritter Factor eine Rolle beim Zustandekommen der Compensationsbewegungen, wenn die- selbe auch nur sehr gering sein mag: Nach Fortnahme beider Statoeysten und Schwärzung beider Corneae war bei einigen Thieren noch eine geringe Compensationsbewegung zu constatiren Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 929 440 Albrecht Bethe: (4. Seite 522). Nach Durehschneidung beider Schlundeommissuren stehen die Augen in Bauchlage nicht normal, sondern sind der Mittellinie mehr genähert und steiler aufgerichtet (4. II. Seite 591). Dem entsprechend sind auch bei Verlagerung der Axe des Thieres zum Horizont die Compensationsbewegungen verändert. Nach Durchsehneidung einer Schlundeommissur vertheilen sich diese beiden Aenderungen der normalen Augenstellung auf beide Augen (4. II. Seite 605). Das rechte Auge (bei rechts durchschnittener Commissur) steht mehr der Mittellinie genähert, das linke ist steiler aufgerichtet. (Diese Fehler in der Augenstellung sind bei allen Compensationsstellungen wieder zu finden.) Es entsprieht diese Stellungsänderung der Augen etwa der Compensationsstellung, welche die Augen einnehmen, wenn ein normales Thier links und hinten höher liegt, als rechts und vorne. — Wenn ein Thier horizontal liegt, so sind die Druckwirkungen an den Einsatz- punkten der Beine und die Druck- und Zugwirkungen in den Gelenken (letzteres auch bei suspendirter horizontaler Lage) auf beiden Seiten gleich. Wird die Lage der Körperaxe zum Hori- zont verändert, so werden die bezeichneten Einwirkungen unsym- metrisch. Da die Reize, welche damit Hand in Hand gehen, sicher zur Reception gelangen, so sind auch auf diese Weise die Bedingungen eines absoluten aber gewiss nicht sehr feinen Gleich- gewichtsorganes gegeben. Dieser Gedankengang ist ja bereits mehrfach ausgesprochen worden. Ich glaube nun, dass diese Reize auch zum Gehirn gelangen und hier die Rolle des dritten Factors bei den Compensationsbewegungen der Augen spielen. Sie fallen für die eine Seite nach Durchschneidung einer Com- missur fort. Bei horizontaler Lage des Thieres deckt sich dann der Reizungszustand, welcher vom Bauchmark her dem Gehirn zugeführt wird, etwa mit dem einer links höheren Lage und so, meine ich, kommt die dauernd veränderte Augenstellung bei Thieren mit einer durchschnittenen Commissur zu Stande. Die Elemente, welche diese Zuleitungen vom Bauchmark bewirken, müssen, um auf die Compensationsbewegungen einwirken zu können, in innige Verbindung mit den Gebieten treten, in wel- chen diese zu Stande kommen. Diese Bedingung erfüllt das Element cb,, in vollem Maasse (Schema Taf. XVII, Fig. 8), in- dem es sich weitläufig im Neuropilum optiei inferius verzweigt und auf beiden Seiten mit dem Element c,,, dem ich den Hauptan- Das Centralnervensystem von Carcinus Maenas. 441 theil an den Compensationsbewegungen zuschreibe, in vielfache Verbindungen tritt. Da jeder Lage des Körpers im Raum eine bestimmte Stel- lung der Augen zukommt, welche dauernd eingehalten und nach Unterbrechung der Augenstellung (durch Einziehung auf Reiz hin) immer wieder eingenommen wird, so muss angenommen werden, dass ein dauernder eoordinirter Reiz auf die Augenmuskeln aus- geübt wird. Diesem Zweck mögen die directen Verbindungen der motorischen Neurone der Augenmuskeln mit den Neuropila Antennarii I lateralia dienen (siehe das Schema). Wird die Lage des Körpers verändert, so wird der Erregungszustand der in Betracht kommenden receptorischen Primitivfibrillen geändert, nämlich der Primitivfibrillen von Opticusfasern, Statocystenfasern und der Ele- ‚mente cb,,. Diese Aenderung des Erregungszustandes wird durch die Elemente c,, gesammelt, geordnet und den verschiedenen motorischen Neuronen zugeleitet. (Um zu wissen, auf welchen der zu Gebote stehenden Wegen dies geschieht, müsste der Ver- lauf der Primitivfibrillen in all diesen Fasersystemen bekannt sein.) 6. Die Bewegungen der Augen bei passiver Rotation um die Vertikalaxe. Bei der Rotation eines Careinus um seine Vertikalaxe be- wegen sich die Augen der Drehrichtung entgegen bis zur äusserst möglichen Stellung, schlagen dann etwas gegen die Normalstel- lung zurück und gehen wieder zur äussersten Stellung über. So entsteht ein kleinschlägiger Correetionsnystagmus (4. Seite 499). Die Muskeln, die dies hervorbringen, sind hauptsächlich die Fleetoren und Extensoren der Augen, aber auch die Heber und Senker werden eine Rolle dabei spielen. Bei der Rotation des Thieres wird eine Verlagerung seiner Axe zum Horizont nicht bewirkt. Es sind aus diesen und andern Gründen die Bewegungen der Augen bei passiver Rotation um die Vertikalaxe durchaus von den Compensationsbewegungen der Augen zu trennen. Die recep- torischen Organe, welche beide Phaenome vermitteln, sind die- selben, aber die keizqualitäten, welche durch sie zum Central- nervensystem gelangen, sind sicher verschieden. Die Ausschläge der Augen bei passiver Rotation sind ver- windert 1) nach Schwärznng der Corneae, 2) nach Fortnahme beider Statoeysten und 3) nach Durchschneidung beider Schlundeom- 442 Albrecht Bethe: missuren (4. Seite 521 u. 523, 4. II. Seite 592). Sie ver- schwinden ganz 1) nach Schwärzung der Corneae und Heraus- nahme der Statocysten, 2) nach Herausnahme der Statocysten und Durchschneidung beider Schlundeommissuren und werden sehr stark herabgesetzt nach Durchschneidung beider Schlund- commissuren und Schwärzung der Corneae. Nach Durchschnei- dung einer Schlundeommissur macht das gleichseitige Auge klei- nere Ausschläge als das gekreuzte. Es geht hieraus hervor, dass drei Faetoren zusammenkommen müssen, damit die normalen Bewegungen zu Stande kommen können: Photische Reize, Reize, die durch die Statoeysten vermittelt werden und Reize, die vom Bauchmark zugeleitet werden, ganz wie bei den Compensations- bewegungen, nur dass hier die photischen und die Bauchmark- reize eine grössere Rolle spielen. Auch der centrale Endpunkt der in Betracht kommenden Statocystenfasern ist der gleiche (nämlich das Neuropilum Antennarii I laterale). Nach Fortnahme der Globuli werden die Augenbewegungen bei passiver Rotation nicht verändert, (4. II. Seite 623), und die quere Verbindung bei- der Gehirnhälften durch die vor dem Mittelloch gelegenen Com- missuren ist hier wie dort absolute Bedingung. Trotzdem be- haupte ich, dass die Reize, welche diese Bewegungen zu Stande bringen, andere sind, als bei den Compensationsbewegungen. Für die Statoeysten habe ich Beweise beigebracht, dass ihre Wirkung bei den Compensationsbewegungen durch Beeinflussung von Seiten der Anziehungskraft der Erde hervorgerufen wird, während sie bei den Bewegungen der Augen bei passiver Rota- tion um die Vertikalaxe auf Remanenzbewegung beruht. Die vom Bauchmark kommenden Reize können hier nicht durch einen unsymmetrischen Zug an den Beinen hervorgerufen werden, da die Gleichgewichtslage des Thieres gar nicht geändert wird, sondern nur durch den auf beiden Seiten gleichmässigen aber verschieden gerichteten Zug, der durch die Centrifugalkraft auf die Beine und Gelenke beider Seiten ausgeübt wird. Für das Zustandekommen dieser Bewegungen können dieselben grob ana- tomischen Bahnen d. h. dieselben Nervenfasern in Anspruch ge- nommen werden, wie bei den Compensationsbewegungen, so dass das Schema Taf. XVII, Fig. 8 auch für diese gilt. Die in die- sen Bahnen in Action tretenden Primitivfibrillen dürften aller- dings andere sein. Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 445 Das Gehirn als Reflex hemmendes Organ. Durch die in den vorhergehenden Mittheilungen beschriebe- nen Versuche an Careinus und meine vergleichenden Studien am Centralnervensystem anderer Arthropoden (9) glaube ich erwiesen zu haben, dass im Gehirn dieser Thiere unter anderem ein Reflex hemmendes Organ zu sehen ist. Das leichte Eintreten der Reflexe und ihr langes Andauern, das nach Durcehscehneidung der Schlund- commissuren auftritt, legt beredtes Zeugniss dafür ab. Ich er- innere an die erhöhte Reflexerregbarkeit bei so operirten Careini, Astaci und Hydrophili, an die fast unausgesetzt ausgeführten Gang-, Reinigungs- und Fütterbewegungen dieser Thiere, an das Ueberfüllen des Magens mit Nahrung und die ungehemmte Aus- führung der Copulation bei Careinus (4. 1I. Seite 596 u. 598). Es treten Reflexe bei subnormalen Reizen ein und Reflexe auf einen einfachen Reiz, welche beim normalen Thier mehrerer, verschiedener Reize zur Auslösung bedürfen (Fütterbewegungen, Copulation). Bei Careinus gelang es, die Orte des Gehirns, wo wenigstens die meisten Hemmungen zu Stande kommen, zu lokalisiren. Es sind dies die Globuli (4. II. Seite 624). Da schon nach Fortnahme eines Globulus deutlicher Hemmungsmangel auftritt, so ist anzu- nehmen, dass das Zusammenarbeiten beider Globuli bei den Hem- mungsprocessen unumgänglich nöthig ist. Es geht dies auch daraus hervor, dass bei Spaltung des Gehirns von vorne bis zum Mittel- loch, wodurch die queren Commissuren zwischen beiden Globuli durchscehnitten werden, erhöhte Reflexerregbarkeit und andere Zeichen mangelnder Hemmung auftreten (4. II. Seite 618). Zum Theil kann der Hemmungsantheil auf den Fortfall hemmender Reize zurückgeführt werden, zum Theil wird die Hemmung aber auf complieirtere Vorgänge zurückzuführen sein. — Das Licht übt auf normale Thiere ohne Zweifel einen hemmenden Einfluss aus. Sie sitzen bei Tage still in einer möglichst dunklen Ecke, wenn sich nicht grade eine Jagdgelegenheit auf Palaemon bietet. Beim Dunkelwerden kommen sie dann aus ihren Verstecken heraus und unternehmen grosse Wanderungen. Da nun ein starkes Faserbündel von jedem Optieus durch eine quere, vor dem Mittelloch gelegene Commissur zum gekreuzten Globulus geht (Traetus optico globularis), so ist wohl anzunehmen, dass das ewige Herumwandern und Klettern der Thiere, denen die Glo- 444 Albrecht Bethe: buli entfernt sind, oder das Gehirn bis zum Mittelloch gespalten ist, hauptsächlich auf den Fortfall der Hemmung durch das Licht zurückzuführen ist. Zum Zustandekommen der Umklammerung und der Copu- lation ist bei einem normalen Männchen mehrerlei nothwendig: Einmal ein Gegenstand von einer gewissen Grösse, der bei der Berührung mit der Bauchseite bestimmte mechanische Reize aus- übt; dieser Gegenstand muss ein Carcinus sein, muss weiblichen Geschlechtes und eben gehäutet sein. Diese letzten drei Quali- täten werden wahrscheinlich alle durch einen Reiz erfüllt, näm- lich durch einen chemischen Reizstoff, welcher nur von weib- lichen, eben gehäuteten Careini ausgeht (die Beweise dafür 4. Seite 519). (Selten sieht man ein Männchen auf dem Rücken eines anderen sitzen, wobei das obere das untere mit einem oder mehreren Beinen umklammert hält. Hier ist zweifelhaft, ob dies überhaupt mit Copulation irgend etwas zu thun hat.) Thiere, denen beide Commissuren durchschnitten, das Gehirn gespalten oder die Globuli entfernt sind, sieht man nun sehr häufig Männ- chen, ungehäutete Weibchen oder Steine resp. Holzstücke von der Grösse eines Careinus in der schönsten Weise umklammern nnd versuchen, die Copulation damit vorzunehmen. Es genügt bei diesen Thieren also zum Zustandekommen des Umklammerungs- reflexes der mechanische Reiz, den ein Gegenstand von Careinus- grösse auslöst. Giebt man ihnen ein eben gehäutetes Weibchen, so stürzen sie sich sofort darauf los (beim Commissurlosen kann allerdings von einem Darauflostürzen kaum die Rede sein) unter Aufgebung ihres Holzstückes oder, was es war, und voll- ziehen mit ihm die Copulation. Sie sind also noch sehr für den zweiten für das normale Thier nothwendigen Reiz, den chemischen Stoff, empfänglich, aber sie beantworten schon den einfachen Berührungsreiz mit dem Umklammerungsreflex, sie entbehren also einer Hemmung. (Es soll mir nicht jemand kommen und be- haupten, diese Thiere litten nur an Gedächtnissschwäche und er- innerten sich erst der zur Copulation allein geeigneten gehäute- ten Weibchen, wenn sie in ihre Nähe kommen!) Durch die Hemmungen, welche das Gehirn ausübt, gewinnt das Verhalten der Thiere das Zweckmässige. Diese Zweckmäs- sigkeit ist tief in ihre Natur eingepflanzt, in einer langen phy- logenetischen Entwiceklungsreihe erworben und von Eltern auf Das Centralnervensystem von Careinus Maenäs. 445 Kinder vererbt. Sie wird nieht im Laufe des individuellen Lebens etwa dureh Erfahrungen erworben, sie ist kein Verdienst des einzel- nen Tieres, sondern wird jedem Exemplar bereits im Ei in poten- tia mitgegeben; sie ist bei allen Thieren die gleiche, ist beim Jüngsten Individuum, das eben seine Entwicklung beendet, die- selbe wie beim greisen Careinus. Es soll nun keineswegs damit gesagt werden, dass alle zweckmässigen Reflexe im Gehirn zu Stande kommen; denn es kann Niemandem zweifelhaft erscheinen, dass die Vertheidigung, die ein commissurloses Thier beim Fest- halten eines Beines zeigt, die Aufnahme von Nahrung u. s. w. zweekmässig sind. Es sind also schon im Bauchmark_ allein nervöse Verbindungen vorhanden, welche für das Thier von der grössten Bedeutung sind; aber im Kampf um’s Dasein, in der freien Natur ist das Thier ohne Gehirn weit unterlegen, es muss bald sein Ende finden, weil ihm eine Menge von zweckmässigen Reflexen, die erst im Gehirn zu Stande kommen, fehlen. Es ist nun noch die Frage zu entscheiden, ob diesen Thieren unter Anwendung des am Anfang dieser Untersuchung (4. Seite 486 und folgende) aufgestellten Maassstabes psychische Qualitäten zukommen, oder ob sie reine Reflexmaschinen sind. Ich behaupte auf das bestimmteste das letztere. Bei den vielen normalen Thieren, die ich untersuchte und von denen ich einzelne durch Wochen beobachtet habe, konnte ich nie etwas feststellen, was man mit Fug und Recht als Lernen bezeichnen könnte. Es könnte vielleicht jemand das Benutzen andrer Extremitäten bei der Umdrehung als der eigentlichen Umdrehbeine nach Verlust dieser als gelernt zu bezeichnen belieben (4. Seite 513). Wie ich schon angedeutet, wäre dies aber wohl sicher nicht riehtig. Wir müssen vielmehr das Zustandekommen der Umdrehung unter den veränderten Bedingungen als eine Anpassung ansehen, die jedem Careinus bereits im Ei mitgegeben ist, etwa wie das Vermögen: ein abgeschnittenes Bein zu regeneriren. Denn: Bei allen Thieren, bei denen diese oder jene bei der Umdrehung thätigen Beine abgeschnitten werden, treten die gleichen Ersatzerscheinungen auf und zwar gleich nach der Operation in derselben Vollkommen- heit wie nach Wochen. (Auch beim Thier mit durchschnittener Schlundeommissur wurden diese Ersatzerscheinungen constatirt). Selbst dann, wenn die Thiere sich mit Hülfe andrer Beine einige Tage oder Wochen nach Fortnahme der eigentlichen Umdreh- 446 Albrecht Bethe: beine besser umdrehen könnten als am ersten Trage, so wäre da- mit für ein Lernvermögen nichts bewiesen. Es hiesse das weiter nichts, als dass prädisponirte Bahnen, die bis dahin wenig be- nutzt wurden, sich ausgefahren haben, dass die vermittelnden Primitivfibrillen vermehrt, verstärkt oder ihr Elementargitter durch- lässiger geworden ist, nicht, dass etwas neu erworben ist. Man sollte meinen, dass, wenn überhaupt psychische Qualitäten vorhanden sind, sich dies am ehesten dort zeigen würde, wo es gilt, das Leben zu retten oder sich Widersachern zu entziehen. Aber auch hiervon ist bei Careinus nicht die Rede. Ich habe beschrieben, dass nach Verklebung eines (sagen wir des rechten) Auges ein Thier direet auf den angreifenden Gegenstand zuläuft, wenn man ihn von der rechten Seite heranführt (4. S. 509). Es wäre möglich, dass unseren Thieren bereits ab ovo die Fähigkeit zukäme, ihre Hauptfeinde zu recipiren (etwa auf che- mischen Wege wie das geschlechtsreife Weibehen und die Nah- rung) und auf Grund dieser Reception bei ihrem Herannahen die Flucht zu ergreifen. Dies ist nicht der Fall. Man sollte nun erwarten, dass sie, im Falle sie besässen auch nur einen ganz geringen Grad von Combinationsvermögen, lernen müssten, sie zu erkennen. Ich habe, um dies zu prüfen, verschiedene Versuche ange- stellt: Ein Careinus wird in ein Bassin gesetzt, m dem sich eine Eledone (Tintenfisch) befindet. Die Eledone sitzt zusammenge- zogen in der äussersten, dunkelsten Ecke. Der Careinus kommt in ihre Nähe, und sofort schleudert die Eledone ihre Tentakeln auf ihn und zieht den sich Sträubenden unter ihren Mantel. Ich befreie nun schnell den Careinus aus der Umschlingung und setze ihn in die entgegengesetzte Ecke des Bassins. Er läuft jetzt wieder und zwar ziemlich direct auf die Eledone los, denn dort ist es am dunkelsten. Er wird wieder gefasst und wieder be- freit und läuft von neuem auf die Eledone zu, anstatt ruhig in der entfernten Ecke zu bleiben, in die ich ihn gesetzt. — Dies Experiment habe ich bei verschiedenen Careinusexemplaren 5 und 6 mal hintereinander mit dem gleichen Erfolg gemacht, gleich- gültig, ob die Versuche mit demselben Exemplar direet hinter- einander oder mit Zwischenpausen angestellt wurden. Am Schluss überliess ich dann immer der Eledone ihre wohlverdiente Beute. Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 447 Es wird ein Stück Fleisch auf den Boden des Aquariums gelegt, und die Hand in einiger Entfernung darüber gehalten. Der Careinus kommt heran, das Fleisch zu holen, wird dabei mit der Hand erfasst, tüchtig gezwickt und wieder freigelassen. Nach einigen Minuten wird dasselbe von neuem gemacht. Er kommt wieder zu dem Fleisch ungeachtet der darüber lauernden Hand und wird wieder gepackt und malträtirt. Dies kann man täg- lich wiederholen, ohne dass der Careinus lernte, dass es ihm schlecht ergeht, wenn die Hand über dem Fleisch schwebt. Zum Vergleich gebe ich hier noch einen Beweis für die Unfähigkeit der Crustaceen, auch nur die einfachsten Dinge zu lernen von einem anderen Vertreter dieser 'Thiergruppe. In einem Bassin hatte ich in Neapel einige Carcinus und ein Dutzend Palaemon zusammen. Wie schon erwähnt, jagt Careinus „sehr gerne* Palaemon. Entweder läuft er ihnen nach (aber nur in flachem Wasser), oder er ergreift sie, wenn sie an ihm vorbei schwimmen, mit der Scheere. Die Palaemon setzten sich nun vom ersten Tage an mit Vorliebe den Careini auf den Rücken. Jedesmal griffen diese nach ihnen, die Palae- mon sprangen mit einem heftigen Schwanzschlag schnell fort, kamen aber sehr bald wieder. Im Verlauf einer Woche waren alle Palaemon mit Ausnahme eines nach und nach von den Car- eini ergriffen und verzehrt worden. Aber auch dieser letzte hatte nocht nicht gelernt, dass die Careini seinem Geschlecht und ihm speeiel nachstellten, sondern setzte sich wieder und wieder den schwarzen Thieren auf die Nase, bis auch ihn das Schicksal seiner Kameraden traf. Nach.alle dem glaubeiech berechtigt zwisein, den Crustaceen und speciell unserem Carceinus jede Art von psychischen Qualitäten abzusprechen. Rückblick. „Denn unser Wissen ist Stückwerk.“ 1. Corinther, Cap. 13. Als ich vor drei Jahren diese Arbeit begann, hoffte ich in der Erkenntniss des anatomischen Aufbaues des Nervensystems von Careinus soweit zu kommen, dass ich ungefähr alle Nerven- elemente in ihren Verzweigungen aufdeckte. Ihren Verlauf dachte ich mir nach den vorliegenden Vorarbeiten nicht allzu eomplieirt, und 4 . Albrecht Bethe re ET ee um e ne 34 a ba re PO Zn; Sende: Fenjoneg zogpuadens Ja® U = IS June omIos >» au A e mu 194 Sun[[e4sysapwpN]) ınz AR ME OS EO[2 UNE AHER org aa | 3 | pro | uOyOny uap jne sıwed | $ = HE ee -UIIg 99299] SOp u9SOynY 1.107 1198 i wsund -yorop3 gung | 3 IE ur PAOg Op Moutoyp! e BE FEB: 121970 AI j A 2 yAayaIS IE TOIT | 2 | 3107 zn. 3107 Janoay E IyezyLıyag HIOFATEF ne MOFA 58 mr | -95 2J SE: ale) IP UL UWOINBUIPAIOO)) e j ae DE ar ea Te a ee Wo noER ; 1107 Into ee AB), ut | ode 2 x | EEE a j | -U2T9] 9 HIRF | De BulkE } -UP19]LS as 3.10} LER ER si er SNUOIJU9ISAIOFLIS .10F Sı1os | a | 1107 SWS | | Sur 3 YOTOLS ARE ln = | ee | -YoRO73 RT | 1104 AIEJ er | = er Zuedsm Bus: | IE Fmosp1a]d | | Be: | | BR mer unogq | Infonkyases ° ann 1SnYy TOP UBSUnSaAndog sur: u ers Ye ne zes m. Be N rwurmelermemmel O84DeTeytIoA sıp un R Ka! 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Damals schien es, dass, wenn dies erreicht wäre, wir dem Verständniss der nervösen Vorgänge sehr viel näher gekommen wären, da die Nervenfasern als das Leitende angesehen werden durften. Durch die epochemachende Arbeit Apäthy’s (1) ist diese Hoffnung in ihren Grundlagen erschüttert. Durch sie ist es zur höchsten Wahrscheinlichkeit geworden, dass die Nervenfasern das leitende Element nicht sind, dass sie es nur einschliessen. Damit haben die Neurone aufgehört, eine physiologische Einheit zu sein. Um das zu erreichen, was ich mir damals vorgesteckt, ist es jetzt nöthig, eine genaue Kenntniss von dem Verlauf einer jeden einzelnen der in den meisten Nerven- fasern nach Dutzenden zählenden Primitivfibrillen zu haben. Ja auch das würde noch nicht genügen; man müsste alle Elementar- fibrillen, die die einzelnen Primitivfibrillen zusammensetzen und die wir dort, wo sie zu Primitivfibrillen vereinigt sind, überhaupt noch nicht als Individuen zu erkennen vermögen, in ihrem Ver- lauf übersehen können. Bei der ausserordentlichen Feinheit dieser Gebilde, die zum Theil für unsere heutigen optischen Hülfsmittel bereits an der Grenze der Sichtbarkeit liegen, bei ihrem vielfach gewundenen und complieirten Verlauf ist die Erfüllung dieser Bedingung undenkbar. Aber auch schon mein anfänglicher Wunsch, die groben Kabel, in denen die Primitivfibrillen verlaufen, in Vollkommen- heit darzustellen, ist nicht in Erfüllung gegangen. Nur ein Theil konnte dargestellt werden und der auch nicht einmal in Voll- kommenheit. Es erwies sich, dass diese Kabel viel complieirter verliefen, als ich ursprünglich angenommen hatte, vor allem, dass ich der Methode sie darzustellen, der Ehrlich’schen Methylenblau- methode, zuviel zugetraut hatte, mehr, als sie erfüllen kann. Dazu kam, dass das Reflexleben des Versuchsthieres viel ver- wickelter ist, als ich erwartet. Trotzdem glaube ich einiges herausgebracht zu haben, was nicht ohne Bedeutung ist. Am wichtigsten ist jedenfalls der Nachweis, dass die Ganglienzellen zum Zustandekommen von Reflexen nicht nothwendig sind. Dadurch ist so manche alther- gebrachte, bequeme und fast als bewiesen angenommene Hypo- these über den Haufen geworfen, und es erwachsen uns neue Schwierigkeiten, die nervösen Vorgänge zu erklären. 450 Älbrecht Bethe: Ueberall wo wir versuchen tiefer in das Weben der Natur einzudringen, stellen sich neue Hindernisse in den Weg. Wir erkennen auf Schritt und Tritt, dass die Mittel, deren sich die Natur bedient, viel verwickelter sind, als wir erwartet. Wir glauben einen Schleier zu heben und sehen hundert neue, dich- tere vor uns; wir wollen ein Räthsel lösen, und tausend neue thürmen sich vor uns auf. So bin ich auch jetzt, wo ich meine ganze Arbeit überblicke, zu dem traurigen Befunde gekommen, dass für die faktische Erkenntniss nichts dadurch gewonnen ist. Fände man nicht Befriedigung in dem Suchen nach Erkennt- niss, man würde die Hände verzweifelnd in den Schoss legen und sagen: Es ist zu schwer für uns Menschen. Literatur-Verzeichniss. 1. Apäthy, Mittheilungen aus der zoolog. Station zu Neapel Bd. 12. Heft 4. 1897. 2. Simon, Journal international d’Anatomie et de Physiologie 18%. 3. Allen, Quarterly Journal of microscop science, Vol. 36, Part. 4. 1894, 1, II und IM. 4. Bethe, Das Nervensystem von Careinus Maenas. Archiv f. mikr. Anat. Bd. L. I. Theil, I. u. II. Mittheilung. Bethe, Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXXIV. 189. Bethe, Biolog. Centralblatt Bd. XV. 1895. 7. Exner, Entwurf z. einer physiol. Erklärung d. psych. Erschei- nungen. Leipzig und Wien 1894. 8. Parker, Mittheilungen der zool. Station zu Neapel. Bd. XI. 9. Bethe, Pflügers Archiv. Bd. LXVIII. 1897. 10. Ewald, Das Endorgan des Nervus octavus. Wiesbaden 1892. an Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVI u. XVII Tafel XVIl. Alle Figuren beziehen sich auf Carcinus Maenas und sind mit dem Zeiehenapparat entworfen, mit Ausnahme der Fig. 16 u. 17. So- weit es irgend möglich war, wurden die einzelnen Fibrillen genau Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. 451 mit dem Zeichenapparat eingetragen. Bei einigen (Fig. 1 und la, Fig. 4, 5 und 12) war dies nicht in vollem Umfange möglich, aber auch hier glaube ich versichern zu können, dass die Figuren genaue Abbilder der Präparate sind. Mit Ausnahme von Fig. 16 u. 17 sind alle Abbildungen mit einer Leitz’schen Oelimmersion !/;, und dem Ocular I bei einer Tubuslänge von 174mm gezeichnet. Fig. 1, 1a, 4 5 und 16 sind nach fixirten Methylenblaupräpa- raten gezeichnet, Fig. 17 nach einem frischen Methylenblaupräparat. Die übrigen Figuren nach meiner Primitivfibrillenmethode. Fig. 1 u. 1a. Motorisches Neuron des ÖOpticus aus zwei Schnitten einer Serie. Fig. 2. Primitivfibrille mit Verzweigungen aus dem Globulus. Fig. 3. Querschnitt aus dem ventralen Theil des Opticus. Fig. 4 u. 5. Zwei Commissurelemente aus dem Bauchmark. Fig. 6. Längsschnitt durch den ventralen Theil des Opticus. Fig. 7. Längsschnitt durch den Eintritt des Antennarius II in’s Gehirn aus einer Querschnittsserie. Fig. 8. Eine Cellula inferior lateralis. Fig. 9. Längsschnitt durch Statocystenfasern beim Eintritt in den Globulus. Fig. 10. Querschnitt durch den dorsalen Theil des Tegumentarius. Fig. 11. Eine Cellula superior medialis. Fig. 12. Eine Cellula angularis. Fig. 15. Querschnitt durch das Neuropilum Antennarii II posterius. Fig. 14. Längsschnitt durch den Antennarius I dicht am Gehirn. Fig. 15. Cellula inferior medialis. Fig. 16. Ein Commissurelement des Gehirns. Fig. 17. Zwei Nervenfasern des Opticus nach einem frischen Methylen- blaupräparat a u. b in glattem Zustande, a, und b, nach der Bildung von Perlschnüren. Fig. 18. Mittlerer Theil eines Querschnitts durch den Antennarius II dicht am Eintritt in das Gehirn. Tafel XVII. Fig. 1. Motorische Faser des Antennarius II beim Eintritt in das Gehirn. Aus einer Frontalserie nach einem Präparat mit meiner Primitivfibrillenmethode. Leitz Oelimmersion Y,,„ Ocu- lar I Zeichenapparat. a= Ast, welcher zur Ganglienzelle geht. p = Periphere Faser. Fig. 2. Ganglienzelle des Typus %k Apäthy’s von Hirudo. Nach einem Schnitt, der mit meiner Primitivfibrillenmethode ge- färbt ist. Leitz Oelimmersion !/,, Ocular I, Zeichenapparat. Die Zeichnung ist mit Benutzung der Mikrometerschraube gemacht, sodass nur die Umrisse der Zelle und die Meridian- fasern mit dem Zeichenapparat entworfen sind. Fig. 3. Schematische Zeichnung zur Demonstration des Primitivfibrillen- E) 452 Albrecht Bethe: Das Centralnervensystem von Careinus Maenas. verlaufs in den motorischen und receptorischen Elementen der zweiten Antenne. Fig. 4 Schematische Zeichnung zur Demonstration des Primitivfibrillen- verlaufs in den Nervennetzen. Fig. 5—8. Schematische Zeichnungen des Verlaufs einiger Nerven- fasern, welche für die Erklärung einiger Reflexe in Frage kommen. Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe der Cyclostomen und seine Histogenese. Von F. K. Studnicka in Prag. In diesem Archiv hat vor kurzer Zeit unter dem Titel: „Bemerkungen über die Histologie und Histogenese des Knorpels der Cyelostomen‘“!) Prof. Sehaffer eine Abhandlung veröffent- licht, in der er einige Divergenzen, die zwischen seiner Arbeit „über das knorpelige Skelett des Ammocoetes‘‘?) und meiner Abhandlung „über die Histologie und Histogenese des Knorpels der Cyelostomen‘‘ 3) bestehen, besprochen hat. Wie Sehaffer am Anfange der betreffenden Abhandlung ganz richtig bemerkt, sind die Unterschiede zwischen unseren Anschauungen daraus zu erklären, dass wir ein theilweise ver- schiedenes Material untersucht haben, er Ammocoetes und in Metamorphose stehende Thiere, ich wieder hauptsächlich er- wachsene Petromyzonten. Er sagt unter anderem: „St. gründet einige prineipiell von den meinen abweichende Anschauungen 1) Archiv f. mikr. Anatomie 1897, Bd. L. pag. 170. 2) Zeitschrift f. wiss. Zoologie 1896, Bd. LXI. pag. 606. 3) Archiv f. mikr. Anatomie 1897, Bd. XXXXVII. pag. 606. Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe etc. 453 auf das Studium des Schwanzflossenknorpels, den ich gar nicht untersucht habe.“ Ich lege dieser Thatsache eine grössere Wichtigkeit bei. Die Divergenzen zwischen unseren Arbeiten sind aus dem angeführten Grunde wirklich leicht zu erklären. Während ich zum Beispiel in meiner Arbeit aus den Verhältnissen in der Schwanzflosse auf diejenigen in anderen Theilen des Körpers (obere Bogenstücke) geschlossen, war es Schaffer möglich, wieder die von mir nicht direet verfolgte Bildung der oberen Bogen zu beschreiben, und auch er verallgemeinert jetzt das Ge- fundene. In seinen „Bemerkungen“ bezweifelt er z. B. die Richtigkeit meiner Befunde in dem Schwanzflossenknorpel, und auf seine früher erwähnten Befunde sich stützend, erklärt er näher, wie man sich die Bildung des Knorpels an jener Stelle vorstellen solle. Aehnlich verhält es sich mit unseren Beschreibungen der beiden Knorpelarten der Cyclostomen; „des blau sich färbenden“ oder „weichen“ Knorpels und des „gelben“ oder „harten“ Knorpels!). Was den ersteren betrifft, so fmdet Schaffer darin keine Knorpelkapseln und nur in den „Bemerkungen“ (pag. 174) spricht er von Andeutungen solcher; doch hat er diese Knorpelart nur in dem Kiemenkorbe und der Riechkapsel des Ammocoetes unter- sucht. Ich beobachtete einen ähnlichen Knorpel ausser an den genannten Stellen auch in dem Skelette der Schwanzflosse, und ich fand an dieser Stelle ganz deutliche Knorpelkapseln; doch ich vergass in meiner Arbeit (pag. 610) nicht zu bemerken, dass an anderen Stelien in diesem Knorpel die Knorpelkapseln wirk- lich fehlen können, wobei ich an ein Verschmelzen derselben dachte. Schaffer betont das Fehlen der Knorpelkapseln als etwas primäres, ich dagegen, auf das Studium des Schwanzflossen- knorpels und das der Histogenese des „blau sich färbenden‘“ Knorpels mich stützend, lege in meiner Arbeit den Knorpel- kapseln eine viel grössere Wichtigkeit bei. Schaffer zweifelt an der Richtigkeit meiner Angaben 1) Die Namen: der „harte“ und der „weiche“ Knorpel wurden von Schaffer neu eingeführt. 454 F. K. Studnicka: über die Existenz der Knorpelkapseln, obzwar ich dieselben auf meiner Taf. XXX, Fig. 9 deutlich genug abgebildet habe. Er meint, es könnte sich da nur um Andeutungen solcher handeln, wie er sie auch in dem Kiemenknorpel gefunden. Ich muss an dieser Stelle meine diesbezüglichen Angaben vollkommen aufrecht- halten; denn auf allen meinen Präparaten finde ich dünne, mit Hämatoxylin blau sich färbende Hüllen der Knorpelzellen ganz deutlich; und dazu finde ich noch etwas, was ich früher bei Petromyzon übersehen habe, dass sich nämlich zwischen diesen Hüllen eine feine Schichte gelber Grundsubstanz ausscheidet. Diese gelbe Grundsubstanz fand ich schon früher bei Myxine, wo sie viel deutlicher ist, und habe dies in meiner Arbeit auch er- wähnt!). Den Knorpel der Schwanzflosse muss man aus diesem Grunde für einen höher organisirten als jenen des Kiemenkorbes oder der Riechkapsel halten. Bei dem ‚gelben‘ Knorpel, wo die Zellen von zwei Hüllen umgeben sind, lässt sich die innere von ihnen durch manche Farben färben, welche die äussere nicht aufzunehmen fähig ist. In meiner Arbeit spreche ich einfach. von einer äusseren und einer inneren Zone der Knorpelkapsel, indem ich die Thatsache betone, dass sich zwar einzelne soleher „Zonen“ in die Grund- substanz umwandeln können, in unserem Falle jedoch beide den Habitus von Kapseln haben. (Vergl. unsere Arbeit Taf. XXX, Fig. 2.) Sehaffer bezeichnet nur die innere von den Zonen als Knorpelkapsel, imdem er die äussere mit der Grundsubstanz anderer Knorpel vergleicht und gleich so benennt. In der Deu- tung der Homologien stimme ich mit Scehaffer vollkommen überein, der Unterschied liegt nur in den Namen. Aehnlich handelt es sich bei der Benennung des Typus des Knorpels der Cyelostomen als ,„Parenchymknorpel“ (ich in meiner Arbeit) oder „Zellenknorpel“ (Schaffer in den „Be- merkungen‘“) nur um blosse Namen. Ich habe in meiner Ab- handlung betont, dass der betreffende Knorpel wirklich einen 1) Pag. 614... „Man kann sehr oft in den Septen zwischen den blau sich färbenden Knorpelkapseln eine spärliche gelbe Grund- substanz entdecken; so was findet man z. B. in den Knorpeln der Schwanzflosse, welehe man in Folge dessen nicht mit Sicherheit zu diesem oder jenem Knorpeltypus rechnen kann.“ Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe etc. 455 eigenthümlichen Typus darstellt, was. früher Sehaffer nicht genug anerkannt hat, und dass er einen besonderen Namen ver- dient. Diese Ansichten theilt jetzt, wie ich aus den ‚„Bemer- kungen“ ersehe, Schaffer mit mir. Das betrachte ich als etwas Wichtigeres. Mit welchem Namen man jetzt den Knorpel benennen will, ist weniger wichtig. Wie wir wissen, hat ihn bisher fast ein jeder Forscher mit einem anderen Namen be- zeichnet, und wird dies vielleicht auch weiter geschehen, bis endlich auch die histologische Nomenklatur von einer inter- nationalen Commission geregelt sein wird. Ich will jetzt in den folgenden Zeilen näher auf die Histo- genese des Knorpels der Cyelostomen eingehen; denn hier sind die Divergenzen zwischen meinen Ansichten und denen von Schaffer wichtiger und von prinecipieller Bedeutung, so dass ich sie auch ‘yon meinem eigenen Standpunkte zu beleuchten wünsche. Wie in den in der letzten Zeit erschienenen Arbeiten und besonders denen von Schaffer und mir beschrieben wurde, bildet sich bei den Cyelostomen im postembryonalen Leben der Knorpel aus folgenden Bindegewebearten: 1. Aus dem festen Bindegewebe der Perichondrien und Fascien (Schaffer ]. e. pag. 649, meine Arbeit pag. 622). Die Zellen dieses Bindegewebes, dieselben, die früher die dichten Bindegewebefasern ausgebildet haben, vergrössern sich, lagern sich dann dichter aneinander, und scheiden eine Knorpelkapsel aus. Dabei werden die Bindegewebefasern in der Grundsubstanz des Knorpels (durch die Wirkung der Zellen) aufgelöst. 2. Aus dem lockeren Bindegewebe (meine Arbeit pag. 624). Dieses Gewebe steht auf einer niedrigeren Stufe als das frühere!); es können sich also, schon theoretisch genommen, um so eher die Zellen desselben zu Knorpelzellen umbildeu. Die einzelnen, früher nackten, Zellen scheiden Knorpelkapseln aus; dabei verknorpeln, wie wir das deutlich sehen können, auch die Fortsätze der Zellen). ; 1) Es ist einem Schleimknorpel ganz nahe verwandt. 2) Schaffer zweifelt an der Richtigkeit dieser letzteren Beob- achtung („Bemerk.“ pag. 186), von welcher man sich doch bei" der Myxine leicht überzeugen kann (vergl. unsere Arbeit Tafel XXXI, Fig. 6). Es ist das eigentlich nichts Besonderes, selbst Schaffer be- tont („Bemerk.“ pag. 175), dass die Knorpelzellen auch in der Ferne Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 30 456 FOR Studnıecka: 3. Aus dem sog. Schleimknorpel (Schafferl.e. pag. 645, meine Arbeit pag. 634). Die kleinen Zellen des Schleimknorpels "liegen locker in einer Grundsubstanz, die von feinen Fasern durchgelaufen wird. Bei der Umbildung zum Knorpel vermehren und vergrössern sie sich, so dass sie jetzt ein Gewebe von dichtliegenden Zellen bilden (Taf. XXX, Fig. 11 unserer Arbeit). Erst dann scheiden sie die neue knorpelige (härtere) Grundsubstanz aus. Der ganze Vorgang geht während der Metamorphose des Thieres schnell vor sich. In diesem Falle sehen wir deutlich, dass dieselben Zellen‘), die schon früher eine andere Grundsubstanz und Fasern ausgeschieden, jetzt am Ende des larvalen Lebens sich durch Bildung von Knorpelkapseln zu wirklichen Knorpelzellen um- wandeln, und dass es da keine besondere Zellen gibt, die während des früheren Lebens unthätig warten sollten, ehe sie ihre defini- tive Form erreichen. 4. Aus dem Vorknorpel, wie ich jenes Gewebe nenne, oder dem blasigen Stützgewebe nach Schaffer (meine Arbeit pag. 656). Es ist das ein Parenchym von dicht liegenden Zellen, ganz ähnlich, wie wir es in einem Stadium der Umwandlung des Schleimknorpels sahen (vgl. meine Arbeit Taf. XXX, Fig. 11 mit Taf. XXXI, Fig. 11). In meiner Arbeit (pag. 637) bezeichne ich dieses Gewebe als ‚einen umgewan- delten, etwa wie in der Entwickelung zu wirklichem Knorpel zurückgehaltenen Schleimknorpel“. Auch Schaffer („Bemerk.“ pag. 186) glaubt mit mir, dass er aus einem Schleimknorpel direkt entstanden ist. Wie ich gezeigt habe, gehört dieser Vor- knorpel zu den bleibenden Geweben der Cyelostomen, und nur hier und da bilden sich seine Zellen zu Knorpelzellen um. Dass es möglich sei, ist aus der nahen Verwandtschaft zu dem Schleim- knorpel ganz erklärlich. Scehaffer jedoch glaubt das nicht und meint, dass nur besondere kleine indifferente Zellen (Chondro- Knorpelsubstanz ablagern können, und dass durch deren Wirkung elastische Fasern verknorpeln, warum könnten da nicht eigene Fort- sätze der Zellen verknorpeln ? " 1) „Die Zellen des Schleimkuorpels vermehren sich durch Thei- lung und wachsen unter gleichzeitigem Verlust ihrer protoplasmatischen Fortsätze zu typischen Knorpelzellen mit kugeligem Kern um.“ (l. e. pag. 647.) Weitere Bemerkungen über das KRnorpelgewebe etc. 457 blasten), die zwischen den grossen Zellen liegen, sich zu Knorpel- zellen umbilden können („Bemerk.‘“ pag. 187). So etwas ist vielleicht wirklich in den höher entwickelten Formen des Vor- knorpels zu finden. Wie ich gefunden, ist nämlich dieses Ge- webe in dem Körper der Cyelostomen in verschiedenen Formen vertreten; neben ganz einfachen sehen wir da auch sehr hoch differenzirte, wie zum Beispiel jenes des Zungenbeinkiels. Hier haben die Zellen ein homogenes Plasma und feste Hüllen. Die Bildung des Knorpels aus den primitiveren Formen des Vorknorpels lässt sich auf diejenige aus dem Schleimknorpel zurückführen. 5. Aus dem axialen Bindegewebe der Schwanz- flosse (dem „blasigen fetthaltigen Bindegewebe‘‘ meiner Arbeit pag. 629). Durch das nähere Studium des Bindegewebes der Petromyzonten, über welches ich in der nächsten Zeit einen Be- richt geben will, fand ich, dass das axiale Bindegewebe der Schwanzflosse von dem fetthaltigen blasigen Füllgewebe, wie wir ein solches in dem Körper der Thiere (dort wo die oberen Bogen entstehen sollen) sehen, verschieden ist. Es ist viel pri- mitiver als dieses, nicht so specialisirt, und das Fett spielt hier eine kleine Rolle. Es ist sehr nahe dem ‚„Vorknorpel“ verwandt. Die allmählichen Uebergänge der ziemlich grossen Zellen dieses Gewebes zu den Knorpelzellen sieht man so deutlich, dass es überhaupt nicht möglich ist daran zu denken, dass sich hier der Knorpel auf eine andere Weise nur aus besonderen kleinen Bil- dungszellen (die man da nicht sieht) bilden solltet). Die betreffende Stelle sieht auf unseren Präparaten ganz anders aus als jene Stellen, wo sich in der Metamorphose die oberen Bogen bilden ?). Das eine kann man konstatiren: dass hier und da einzelne der grössten Zellen, die wahrscheinlich in Fettzellen umgewandelt sind, sich an der Knorpelbildung nicht betheiligen; für den 1) Dass sich auch hier während der Metamorphose einzelne Partien des Knorpels auf diese letztere Weise bilden können, ist ganz möglich, vielleicht wurden die Partieen des kleinzelligen gelben Knorpels, wie ich eine solche auf der Fig. 12, Tafel XXX zeichne, auf diese Weise gebildet; doch in erwachsenen Thieren sehen wir nur die Um- bildung der grossen Zellen zu Knorpelzellen. 2) Herr Prof. Schaffer war so freundlich und hat mir seine Präparate, an denen die Bildung der oberen Bogen zu sehen ist, de- ınonstrirt. 458 F. K. Studnicka:;: ganzen Process hat das jedoch keine Bedeutung. Vorme in dem Körper sieht man, dass das ganze axiale Füllgewebe aus solchen Fettzellen besteht, wobei die der Umbildung fähigen Zellen weniger zahlreich und kleiner sind. Für die mehr nach vorne gelegenen Partien des Körpers gilt dann vollkommen die Beschreibung, die uns Schaffer („Bemerk.‘“ pag. 181) gibt, für das kaudale Bindegewebe ist sie jedoch nicht zutreffend. Die Zellen des betreffenden Gewebes, die ein granulirtes Plasma, feine Membranen, einen schönen Kern und oft auch Fett!) enthalten, haben noch so viel Kraft, eine dünne Knorpelkapsel an ihrer Oberfläche auszuscheiden; oft kommt es bei einzelnen Zellen nicht einmal zur ‘vollständigen Ausbildung der Kapsel, und deshalb sehen wir an der betreffenden Stelle sehr viele Uebergangsstadien. Grössere Massen des Knor- pels bilden sich, wie ich das in meiner Arbeit bemerkt habe, ohnehin nicht. 6. Die Bildung des Knorpels in höher specialisirten Bindegewebearten (,Die Entstehung der oberen Bogenstücke im epi- und parachordalen Fettgewebe‘; Schaffer Il. ce. pag. 690). Nach Schaffer’s Befunden bilden sich die oberen Bogen der Petromyzonten im axialen Fettgewebe nur aus kleinen Bildungs- zellen, die zwischen den Fettzellen gelegen oder aus den naheliegenden Fasceien hierher eingewandert sind. Auch die Zellen mancher ‚„Vorknorpel‘“ können sich, wie Schaffer bemerkt, nicht selbst zu Knorpelzellen umbilden, und der Knorpel bildet sich hier ebenfalls aus besonderen Bildungszellen (,‚Bemerk.“ pag. 187). Die specialisirten Zellen müssen bei diesem Processe den Bildungszellen weichen und wahrscheinlich zu Grunde gehen. Die Umbildung der kleinen Zellen zu Knorpelzellen geht sonst auf ganz dieselbe Weise vor sich, wie wir das in dem festen und dem lockeren Bindegewebe sahen. 7. Aus dem Chordaepithel. Die Möglichkeit der Knor- pelbildung aus dem Chordaepithel wurde in der letzten Zeit bei anderen 'Thieren (Triton, Salamandra) nachgewiesen?); bei der 1) Es ist ganz möglich, dass sich das Fett hier später bildet. Dies, wie auch andere Sachen, wird die Untersuchung in Metamorphose stehender Thiere zeigen. 2) Ebner, Ueber die Wirbel der Kuochenfische und die Chorda dorsalis der Fische und Amphibien. Sitzungsber. d. Akad. Wien 1896. Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe etc. 459 Myxine sehen wir eine solehe in dem vordersten und dem hinter- sten Ende der Chorda. In diesem Falle sehen wir ganz deutlich, dass man keine besonderen Zellen für die Knorpelbildung annehmen muss. Die- selben Zellen haben hier die Chordascheiden ausgeschieden (Ebner!), sie helfen bei dem Wachsthum der Chorda durch ihre Theilung das Chordagewebe zu vergrössern, und endlich sind sie fähig, in Knorpelzellen sich umzubilden. Aus dem hier Angeführten sehen wir, dass sich bei den Cyelostomen in der postembryonalen Zeit die Knorpelzellen in erster Reihe aus kleinen Zellen (Bindegewebezellen), die in ihrem Leben schon früher andere Aufgaben (Bildung von Bindegewebe- fasern, Grundsubstanz etc.) zu verrichten hatten, so aus den Zellen des dichten und lockeren Bindegewebes und aus denen des Schleimknorpels bilden. Hierher gehört auch die Bildung des Knorpels aus den Chordaepithelzellen und in den speciali- sirten Bindegeweben. Im letzten Falle giebt es wirklich indiffe- rente, bisher nicht thätige Zellen. Die Zellen der genannten Gewebe, da sie klein sind, ver- srössern sich bei der Umbildung zu Knorpelzellen, und ordnen sich zu einem diehtzelligen Gewebe, worauf dann die knorpelige Substanz zwischen ihnen ausgeschieden wird. Bei den Cyelostomen sehen wir, dass sich solche aus dicht aneinander angrenzenden Zellen gebildeten Gewebe, die sonst bei der Knorpelbildung ein Uebergangsstadium darstellen, dauernd erhalten, wobei sie sich in vielen Fällen weiter differenziren können. Hierher gehört der von mir so bezeichnete „Vorknorpel‘“ (blasiges Stützgewebe Schaffer’s) und das axiale Bindegewebe der Schwanzflosse?). Wenn diese Gewebe noch auf einer primi- — Studnicka, Ueber den Bau des Chordagewebes und den sog. Chordaknorpel. Sitzungsber. d. kg. Ges. d. Wiss. Prag 1897. 1) Ebner, Die Chorda dorsalis der niederen Fische und die Entwickelung des Bindegewebes. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 62. 1896. 2) Auch der bekannte Sesamknorpel der Achillessehne der Frösche gehört, wie Schaffer bemerkt, daher. Hier bildet sich dieses Ge- webe in einer Sehne, bei den Cyclostomen aus einem Schleimknorpel; doch auch im letzteren Falle (Myxine) sieht man Uebergänge desselben zu einer festeren Bindegewebeart einer Fascie. 460 F. F. Studnitka: Weitere Bemerkungen etc. tiveren Stufe ihrer Organisation verbleiben, so kann sich aus ihren Zellen der Knorpel direct entwickeln (der zweite seltenere Modus der Knorpelbildung!); sonst sehen wir nach Schaffer’s Befunden hier und da noch indifferente Zellen darin, die dann allein sich zu vermehren und die Knorpelsubstanz auszuscheiden fähig sind. Prag, im October 1897. 461 (Aus dem anatomischen Institut der Jagellonischen Universität in Krakau.) ' Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum'). Von K. Kostanecki. Hierzu Tafel XVIII u. XIX. Bekamntlich hat Boveri auf Grund ausgedehnter eigener Untersuchungen und auf Grund von Beobachtungen anderer Au- toren den Satz aufgestellt, dass die Polkörperchen der ersten Furchungsspindel ausschliesslich von dem durch das Spermatozoon eingeführten Centrosoma abstammen, während das Eicentrosoma nach Ausstossung des II. Richtungskörpers zu Grunde geht. Dieser Anschauung ist die überwiegende Mehrzahl der Autoren, welche seitdem den Befruchtungsprocess bei den verschiedensten Thieren beobachtet haben, beigetreten und hat sie durch ganz unzweideutige Beobachtungen bestätigt. Von Zeit zu Zeit tauchen indessen Beobachtungen auf, die dieser Regel ihre allgemeine Gültigkeit zu nehmen bestimmt sind. So beschrieb 1891 Fol seine bekannte „quadrille des centres“, wonach das Sperma- und Eicentrosoma sich in zwei Theile theilen, die Theilhälften verschiedenen Geschlechts sich dann einander nähern und miteinander vereinigen sollten, so dass jedes der beiden Centrosomen der ersten Furchungsspindel zur Hälfte vom Sperma-, zur andern Hälfte vom Eicentrosoma stammen würde. Bekanntlich erwies sich die Fol’sche Beschreibung als irr- thümlich (Boveri, Reinke, Wilson und Mathews, Kostanecki, Hill, vom Rath). Ohne jeden Zweifel gilt das- selbe für die unter dem Eindruck der Fol'schen Publication erschienenen Angaben von Guignard für Lilium Martagon, von 1) Vorgetragen in der Sitzung der mathem.-naturw. Klasse der polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau am 5. Juli 1897. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 31 462 K. Kostanecki: Conklin für Crepidula plana, Blane für die Forelle, und auch van der Strieht’s Schilderung des Befruchtungsprocesses bei Amphioxus lanceolatus dürfte kaum verhindern, dass die „qua- drille des centres“ endgiltig zu Grabe getragen werde!). Aber der Feststellung einer [ür das ganze Thierreich gel- tenden Einheitlichkeit bezüglich der Herkunft der Centrosomen der ersten Furchungsspindel steht eine andere Beobachtung im Wege, seitdem Wheeler?) für Myzostoma glabrum angegeben hat, dass dort eine Spermastrahlung und ein Sperma-Centrosoma vollkommen fehlen soll, und dass die beiden Strahlensysteme der ersten Furchungsspindel sammt den beiden Polkörperchen ledig- lieh vom Ei (durch Theilung des nach Ausstossung des I. Richtungskörpers im Ei zurückbleibenden Centrosoma sammt seiner Strahlung) stammen. Die Wheeler’sche Arbeit musste überall das grösste Aufsehen hervorrufen. Eine Nachuntersuchung seiner Ergebnisse schien mir desto dringender geboten, als die Arbeit van der Stricht’s?) wiederum ähnliche Vorgänge an dem Ei von 1) Sobotta (Die Reifung und Befruchtung des Wirbelthiereies, Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte, 18%), der das- selbe Objekt untersucht hat, schreibt darüber: „Ich sehe nur am Sper- makern eine Sphäre und leite die später am Furchungskern sich fin- denden sehr deutlichen Sphären von dieser allein ab (sowohl auf Grund direkter Beobachtungen wie aus der Analogie der Vorgänge bei anderen Thieren). Van der Stricht schreibt jedem der beiden Vorkerne eine Sphäre zu und glaubt (durch eine vollständige direkte Beobachtungsreihe konnte das nicht festgestellt werden), dass beide sich theilen und nach Art der Fol’schen Centrenquadrille d. h. durch nachherige Vereinigung ungleich geschlechtlicher Theilstücke dieSphären des ersten Furchungskerns und der ersten Furchungsspindel liefern. Ich glaube, dass diese Deutung van der Stricht’s nichts weniger als glücklich ist; ist doch die Fol’sche Hypothese im verflossenen Jahre so zu Grabe getragen worden, dass sie für immer als beseitigt gelten kann. Die Verhältnisse liegen bei Amphioxus ungünstig, und das Material ist schwierig; aber trotzdem muss gesagt werden, dass alles, was sich mit Sicherbeit eruiren lässt, gegen eine Centrenqua- drille spricht.“ 2) The behavior of the centrosomes in the fertilized egg of Myzostoma glabrum, Leuckart, Journal of Morphology X, Nr. 1, January 189. 3) La maturation et la fecondation de l’oeuf „Thysanozoon Brocchi“. Association francaise pour l’avancement des sciences. Con- gres de Carthage, 1896. Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 463 Thysanozoon Brocchi feststellt: „Jamais il ne nous a &te donne d’observer un spermocentre distinet de l’ovocentre*..... „Chez le Thysauozoon il ne peut &tre questiou d’un quadrille. Il existe ici manifestement un ovocentre unique. A un moment donne de la fecondation, il est attenant d’un eöte au pronuclens femelle et d’un autre eöte au pronucleus mäle“. Der einzige Unterschied würde hier lediglich darin bestehen, dass aus dem Spermakern ein Kernkörperchen auswandern und sich in die Sphäre des Eikerns begeben soll; dieses Kernkörperchen betrachtet van der Stricht als „un corpuscule ayant la valeur d’un spermocentre“. Van der Stricht glaubt auf Grund hiervon: „il faut admettre que les deux centres mäles et femelles se fusionnent & linterieur de cette sphere“. Im Gegensatz zu der Fol’schen Quadrille „Chez le Thy- sanozoon, il y a d’abord fusion et la division s’opere plus tard.“ Ich will mir über die van der Stricht’sche Arbeit kein Urtheil erlauben, bevor seine ausführliche Publieation mit entsprechenden Zeichnungen erschienen ist, doch kann ich nicht verhehlen, dass ich sehr starke Zweifel gegen seine Darstellung nicht unter- drücken kann. Einstweilen benutzte ich den Aufenthalt an der zoologischen Station in Neapel in den Monaten März und April 1897, um die Befruchtung des Eis von Myzostoma glabrum zu bearbeiten. Die künstlich befruchteten Eier wurden in verschiedenen Zeitabständen fixirt, und zwar vermittelst Sublimat, Sublimat- Alcohol ää mit Zusatz von Essigsäure oder Salpetersäure, in Salpetersäure sowie in Perennyi’scher Flüssigkeit und in Boveris Pikrin-Essigsäure. Wie es sich späterhin erwies, gab die Pe- rennyische Flüssigkeit die besten Resultate. Sowohl die Erhal- tung der Gestalt der Eier als Ganzes, sowie die achromatischen Structuren traten hier in vollendetster Weise hervor. Gleichfalls schöne, wenn auch nieht immer, selbst in derselben Sehnittserie, gleichmässig gute Bilder gab die Fixirung in 3°/, Salpetersäure. Die Eier wurden sodann in Aleohol von steigender Concentration, in Aleohol-Chloroform, Chloroform, Chloroform-Paraffin übergeführt und schliesslich vorsichtig (!) in Paraffin eingebettet, in Du dicke Schnitte zerlegt, sodann vorwiegend nach M. Heidenhain mit Eisen-Hämatoxylin gefärbt, zum grössten Theil mit vorhergehender Bordeaux-Vorfärbung. Wie aus der Wheelegr’schen Arbeit bekannt ist, verläuft 464 K. Kostanecki: beim Ei von Myzostoma glabrum der eigentliche Befruchtungspro- cess gleichzeitig mit den Reifungsvorgängen, indem die Ausstossung der Richtungskörper erst nach Eindringen des Samenfadens beginnt. Meine Beobachtungen bezüglich der Reifungserschei- nungen stimmen in allen wesentlichen Punkten mit Wheeler’s Schilderung überein. Der ganze Verlauf der beiden Richtungs- mitosen spielt sich hier mit einer so unendlichen Klarheit der achromatischen Figuren ab, dass man sich kein ideelleres Schema dieser mitotischen Figuren denken kann (Fig. 1—12). Ich habe diese Bilder mit desto grösserer Befriedigung betrachtet, als sie — abgesehen von der Grösse der Eier und einigen nebensächlichen Eigenthümlichkeiten in dem Verhalten der deutoplasmatischen Massen — sich in jeder Beziehung an die Verhältnisse bei Physa fontinalis anlehnen und in einigen Punkten noch eine Ergänzung meiner diesbezüglichen Beobachtungen liefern. Diese Ergänzungen beziehen sich vor allem auf die ersten Anfänge der Mitose. Der eingedrungene Samenfaden gibt dem Ei Anstoss zum sofortigen Beginn der Richtungsmitose. An einer Seite des colos- salen kugelrunden Keimbläschens erscheinen zwei dicht beieinander liegende kleine Centrosomen mit zarter, auf die beiden Centra gerichteter Strahlung. Das früheste Stadium, das ich beobachtet habe, ist jünger als das inWheeler'sFig. 1 dargestellte. Die beiden Centrosomen liegen noch sehr nahe beieinander und auch — darauf möchte ich besonderen Nachdruck legen — sehr nahe an der Kernmembran. Sobald die beiden Centrosomen sich nur einigermaassen voneinander entfernen, erscheint in ihrem ganzen Umkreis eine wunderschöne Strahlung; die Fibrillen sind von einer ausserordentlichen Feinheit und Zartheit und geben ein Gesammt- bild, dessen Schönheit die Zeichnungen kaum wiederzugeben im Stande sind. Ein Theil derselben, die Polstrahlen, breiten sich in der feinkörnigen, das colossale Keimbläschen wie mit einer Hülle umgebenden Plasmamasse aus und sind, wenn die Prophasen weiter vorgeschritten sind, bis in die feinkörnige Masse zwischen den die peripheren Zelltheile einnehmenden Vacuolen (hyalinen Kugeln) zu verfolgen. Ein grosser Theil ist gegen den Kern gerichtet und veranlasst an dieser Stelle einen Schwund der Kernmembran, so dass die einzelnen Strahlen sich in dem Kern- innern ausbreiten (Fig. 1—5). Zwischen .den beiden Centrosomen ist eine äusserst deutliche, an Umfang immer zunehmende Cen- Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 465 tralspindel zu sehen. Die Fig. 2, 4, 5 geben ein sehr schönes Bild davon, das dadurch gewonnen ist, dass der Schnitt tan- gential gefallen ist und zwar in der Weise, dass die ganze sich entwickelnde achromatische Figur getroffen ist. Bemerkenswerth ist, dass die Centrosomen auch bei ihrer weiteren Entfernung voneinander eine solche Lage im Verhältniss zum Mittelpunkt des Keimbläschens beibehalten, dass, wenn man sich die hier in Folge der Entwicklung der Strahlen geschwundene Kernmembran vervollständigt denkt, die Centrosomen in die Kreislinie der Kern- membran selbst oder doch sehr nahe derselben fallen würden. Wenn die Kernmembran völlig geschwunden ist, und die Centrosomen die definitive Lage eingenommen haben, nimmt die erste Richtungsspindel das Centrum der Eikugel ein. Sie liegt mit ihrer schön ausgeprägten, wenn auch äusserst zarten Strah- lung in einer feinkörnigen Plasmenmasse, während der periphere Theil der Zelle von den grossen hyalinen Kugeln erfüllt ist. An der Polstrahlung bemerkt man eine äusserst ausgeprägte, typi- sche Durchkreuzung der beiderseitigen Strahlensysteme. Die körnige Masse, welche den centralen Theil einnimmt, hat dadurch zugenommen, dass mit der das Keimbläschen umgebenden kör- nigen Plasmaschicht sich die ganze, das kolossale Keimbläschen erfüllende und ihre Chromosomen umgebende Substanz vermengt hat. Mit dieser Substanz ist auch, wie bereits Wheeler genauer beschrieben hat, das colossale Kernkörpercehen in die feinkörnige Plasmamasse hineingerathen. Aus der ventralen Lage rückt nun die erste Richtungsspindel gegen die Eioberfläche hinauf. Von diesem Augenblick an stimmen die genaueren Vorgänge der beiden Richtungsmitosen bis zu ihrem definitiven Abschluss in allen Einzelheiten so sehr mit den von mir an der Physe beobachteten Thatsachen überein, dass ich wörtlich die daselbst gegebene Beschreibung hier wiederholen könnte (vergl. Fig. 6—12). Diese Analogie betrifft auch die subtilsten Vorgänge, also das allmähliche Emporrücken der Richtungsspindel gegen die Oberfläche, die allmähliche Aufhebung der Durchkreuzung der Polstrahlung, so dass schliesslich der Richtungspol vollkommen der Strahlen zu entbehren scheint. Während der Abschnürung bildet sich ein deutlicher Zwischenkörper aus dem differenzirten äquatorialen Theil der Centralspindelfasern. Die zweite Richtungs- spindel, welche sich Anfangs ganz wie bei der Physe oberfläch- 466 K. Kostanecki: lich zu bilden beginnt (Fig. 9), senkt sich sodann in die Tiefe (Fig. 10), um dann von neuem gegen die Oberfläche emporgehoben zu werden (Fig. 11). Auch hier entsteht sodann ein deutlicher Zwischenkörper, der sich noch einige Zeit nach Abschnürung des II. Richtungskörpers erhält. Sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Richtungs- spindel findet man sehr oft die Centrosomen doppelt, und zwar sowohl an dem Richtungspol als auch an dem in der Eizelle ver- bleibenden Pol. Besonders hervorheben möchte ich dies für den nach Abschnürung des II. Richtungskörpers in der Eizelle ver- bleibenden inneren Pol, und ich möchte betonen, dass ich die gleiche Thatsache für Physa beschrieben habe, woselbst ich hierüber bemerkt habe: „Da das Ei selbständig keine weitere Theilung durchmacht, so hat diese Zweitheilung des Centrosoma keine practische Verwendung, da ja, wie wir weiter sehen werden, die Polkörper der zukünftigen karyokinetischen Figur nach der Be- fruchtung, also der ersten Furchungsspindel, lediglich vom Samen- faden herrühren. Das bei der Ausstossung der beiden Richtungs- körper in rascher Thätigkeit begriffene Ei weist hier also ein Uebermaass an Leistung auf, es schickte sich zu einer neuen Theilung an, die aber sofort unterdrückt wurde.“ Wie wir unten sehen werden, spielt dieser Umstand in der Wheeler schen Deutung des Befruchtungsprozesses bei Myzostoma glabrum eine wichtige Rolle. Ein wesentlicher Unterschied der Physa gegenüber besteht nur in dem Verhalten der deutoplasmatischen Massen. Die grossen hyalinen Kugeln (Vacuolen) sind hier von Anfang an vorhanden und sind gegen die Peripherie verschoben, das Innere der Eizelle wird von einer feinkörnigen Plasmamasse eingenommen. Zwi- schen den grossen hyalinen Kugeln und der Grenzschicht des Protoplasma befindet sich noch eine Schicht körniger Plasma- masse, in der grössere Körner gelegen sind, die sich Farbstoffen gegenüber anders verhalten, indem sie dieselben gewöhnlich viel stärker festhalten (vergl. Näheres unten). Ich möchte noch darauf aufmerksam machen, dass sehr häufig eine Zweitheilung des ersten Richtungskörpers eintritt, so dass im ganzen 3 Richtungskörper dem Ei anliegen und gewöhn- lich eine Einbuchtung an seinem animalen Pol veranlassen, da sie durch die sehr eng anliegende, zarte, aber offenbar feste Ei- Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 467 membran gegen das Ei gedrückt werden. In Sehnitten sind ge- wöhnlich nur 2 von den Richtungskörpern zu sehen, erst an Serienschnitten überzeugt man sich von ihrer 3-Zahl. Ich gebe hier in Fig. 1—12 einige Bilder von den Rich- tungsmitosen bei Myzostoma, obgleich ich mich auf die in der Physa-Arbeit enthaltenen Figuren berufen könnte und nur her- vorzuheben brauchte, dass meine Figuren eine Bestätigung der Bilder Wheeler’s geben. Ich thue dies hauptsächlich deshalb, um ein Bild von dem Erhaltungszustande meiner Präparate zu geben, um dann späterhin, wo ich den Ansichten Wheeler’s werde entgegentreten müssen, ein grösseres Vertrauen für meine Beobachtungen in Anspruch nehmen zu können. Die Befruchtung. Der Samenfaden dringt, wie aus Wheeler’s Arbeit be- kannt, und wie ich bestätigen kann, in toto, also mit seiner ganzen langen Geissel in die Eizelle ein. Dies ist, was die Be- fruchtung betrifft, die einzige Aehnlichkeit mit der Physe. Im weiteren Verlauf verhält sich der Samenfaden ganz anders als bei der Physe. Der lange schlanke Spermakopf verkürzt sich und rundet sich, wenn auch sehr langsam, ab, so dass erst wäh- rend der zweiten Richtungsmitose ein runder compacter Sperma- kern zu sehen ist. Die Geissel, welche sich anfangs sehr intensiv färbt, verschwindet allmählich. Die Lage des Spermakerns ist im Verhältniss zur Riehtungsspindel eine verschiedene, wenn er auch stets dem vegativen Pol mehr genähert ist. Wenn nach Ab- schnürung des II. Richtungskörpers der Eikern sich bläschen- förmig umzugestalten beginnt, fängt die gleiche Umwandlung auch am Spermakern an, und zwar verläuft der Umwandlungsprozess an beiden Kernen gleichzeitig, so dass sie als gleichmässig grosse und gleich structurirte Blasen erscheinen, durch ihre Lage im Verhältniss zu den Richtungskörpern aber stets deutlich zu unter- scheiden sind (Fig. 13—17). Während dessen senkt sich der Eikern etwas in die Tiefe, während der Spermakern einen längeren Weg zurücklegt und gegen ihn emporrückt, so dass die beiden Geschlechtskerne, wenn sie einander sich genähert haben, immer dem animalen Pol näher gelegen sind (Fig. 17). Die beiden Ge- schlechtskerne liegen schliesslich einander nahe an, öfters habe ich eine Verschmelzung derselben beobachtet, jedoch derart, dass S 468 K. Kostanecki: sie nur mit ihren Berührungsflächen verwachsen waren und eine 8-Form zeigten (Fig. 19), niemals aber eine einzige grosse ge- meinsame kugelige Kernblase bildeten. Wenn sich die Kern- bläschen einander auf einen geringen Abstand genähert haben, erscheint zwischen ihnen eine, gewöhnlich doppelte Strahlenfigur (Fig. 17), ein deutlicher Strahlenkranz, dessen unendilch zarte Fibrillen sich in der dichten körnigen Masse verlieren, im Mittel- punkt der Strahlenfigur sieht man deutliche Centrosomen. Die beiden Strahlenkugeln rücken auseinander, nehmen ihre Stellung zu beiden Seiten und in gleicher Entfernung von den beiden Kernblasen in der Copulationsebene ein (Fig. 19), worauf dann die Mitose der ersten embryonalen Zelle in typischer Form sich weiter vollzieht. Die Kernmembran der beiden Geschlechtskerne schwindet (Fig. 20), und es bildet sich sodann eine einheitliche Furchungsspindel mit deutlichen Centrosomen an den beiden Polen (Fig. 21). Die Herkunft dieser zwischen den beiden Geschlechts- kernen auftretenden Strahlung sammt ihren Centrosomen war der Hauptgegenstand der Untersuchung. Wheeler leitet sie von dem Centrosoma und „Archoplasma“, welches nach Aus- stossung des zweiten Richtungskörpers am inneren Pol in der Eizelle verblieben ist, ab. Er stützt diese Auffassung auf folgende Thatsachen: „I have never been able to find any traces of such archoplasm or any centrosome in connection with de male pro- nucleus.* Sodann sagt er: „In many eggs of this stage I have loo- ked in vain for any traces of archoplasm or centrosome, but whenever these structures could be brought out by means of the iron-alum haematoxylin, they were abways elose to the female pronucleus and at some distance from the male.“ Er schliesst dann: „The above observations on Myzostoma are of a nature to restrict the generalizations which the papers of Fol, Guig- nard, and Conklin have called forth. In Myzostoma there is every reason »to believe that the female pronucleus alone is provided with centrosomes, and that only these enter into the formation of the first eleavage spindle. On the other hand, Mr. Mead’s studies on the egg of Chaetopterus show that it is the male pronucleus alone which furnishes the centrosomes. I regard Mr. Mead’s observations as more satisfactory than my own, for the reason that in the Annelid both the eentrosomes and their enor- Dle Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 469 mous radiations persist and may be followed continuously through- out the whole period offeeundation and even throughout cleavage, whereas in Myzostoma there is a stage preceding the meeting of the pronuclei, when it is extremely diffieult or even impossible to make out the structures in question.‘ Auf die letzte Bemerkung möchte ich mit besonderem Nachdruck hinweisen; die Analyse der complieirten Bilder, welche uns bei Myzostoma glabrum entgegentreten, ist in der That eine ungemein schwierige. Von den Figuren, welche Wheeler in seiner Arbeit bringt, kommen zur Entscheidung der Frage ledig- lich die Fig. 5, 6, 7 und 8 in Betracht. Die Figuren machen in ihrer Aufeinanderfolge auf den ersten Blick einen durchaus über- zeugenden Eindruck nnd scheinen unzweideutig dafür zu sprechen, dass die Centrosomen und das „Archoplasma“ mit dem Eikern gegen den Spermakern hinwandern. Die Fig. 8, die einzige, wo man wegen der deutlichen Strahlung sicher sein kann, un- zweideutige Centrosomen vor Augen zu haben, spricht aber bei genauerer Betrachtung meiner Ansicht nach gegen Wheeler’s Deutung. Wenn aus der Lage der beiden Strahlenfiguren und ihrer Centrosomen auf ihre Zugehörigkeit zu einem ‘der beiden Geschlechtskerne geschlossen werden darf, so weisen sie viel engere Beziehungen zu dem Spermakern, als zu dem Eikern auf; die eine Strahlensonne dringt bereits gegen das Innere des Spermakerns vor, während die zweite die Mitte zwischen dem Spermakern und dem Eikern einnimmt. Bei der Fig. 7 drängt ' sich ebenfalls das Bedenken auf, dass der protoplasmatische Hof mit den darin gezeichneten Centrosomen, falls es sich wirklich um Centrosomen handelt, ebensowohl mit dem Eikern, wie mit dem Spermakern an seinen Bestimmungsort hingelangt sein kann. Was aber die Fig. 5 und 6 betrifft, so wird ihre Beweis- kraft sofort bedeutend sinken, wenn man bedenkt, dass der ganze mittlere Theil des Zellleibes nach Innen von den Vacuolen, welchen Wheeler um das „Archoplasma* und die Centrosomen frei lässt, von der gleichen dichten, feinkörnigen Masse erfüllt ist. Es werden sofort Zweifel wach, ob die beiden kleinen Körnehen ohne jede Spur von Strahlung wirklich als Centrosomen gedeutet werden dürfen; und ich kenne kein Criterium, auf Grund dessen man entscheiden könnte, dass die körnige Masse im Um- kreis der beiden kleinen, von Wheeler als Centrosomen beschrie- 470 K. Kostanecki: benen Körnchen, das „Archoplasma“ vorstellt, die in dem weite- ren peripheren Theil gelegene körnige Masse dagegen einfache Deutoplasmamasse ist. Ich habe die Umgebung des Eikerns nach Ausstossung des II. Richtungskörpers mit der grössten Aufmerksamkeit studirt und bin zu dem Resultat gekommen, dass die Verhältnisse sich wieder- um in allem an die Vorgänge bei Physa fontinalis anschliessen. Die Strahlung, welche anfänglich um das in der Eizelle verblei- bende Centrosoma in mächtiger Entwicklung zu sehen ist, bildet sich allmählich zurück, die Strahlen sind auf immer kürzere Strecken zu verfolgen, werden zarter und weniger färbbar; diese Rückbildung geschieht aber ganz langsam und allmählich, an Kernen, die bereits Bläschenform angenommen haben, sind noch eine Zeit lang Spuren der anfänglichen Strahlung zu sehen, was indessen mehr durch die Beibehaltung der radiären Anordnung der Dotterkörnchen, als durch Fortbestehen der eigentlichen Strahlen zum Ausdruck kommt. Während des Uebergangs zur Bläschenform ist der Eikern nicht sofort von kugeliger Gestalt, der er sich gewöhnlich gegen Ende nähert, sondern seine Con- touren sind etwas eingebuchtet; ganz ähnlich wie bei der Physe, sieht man die Strahlung gewöhnlich gegen eine Kernbucht ge- richtet, so dass die Vermuthung nahe liegt, dass hier das Üen- trosoma hineingerathen ist (vgl. auch Physa-Arbeit). Ich habe öfters die Ueberreste der Strahlung nicht an der dem Eicentrum zugekehrten Seite des Eikerns gefunden, sondern etwas seitwärts gelegen, wiederum ganz wie bei der Physe. Während nun weiter- hin die Kernblase zu bedeutenderer Grösse anwächst, schwindet die Strahlung vollständig spurlos, ein Centrosoma sehe ich nicht mehr, so dass schliesslich ein Zustand resultirt, wo der Ei- kern nur von der körnigen Plasmamasse umgeben ist (Fig. 13— 16). Dass man bisweilen versucht sein kann, ein oder zwei kleine Körnehen für Centrosomen zu halten, ist leicht verständlich, doch würde ich es nicht wagen, ein Körncehen ohne Strahlung dafür zu erklären. Wenn die beiden Geschlechtskerne zu grösseren Blasen angewachsen sind und von einander noch bedeutender entfernt sind, sieht man gewöhnlich die beiden Geschlechtskerne nur durch eine gleichmässig körnige Plasmamasse von einander geschieden (Fig. 13). Wenn nun nach Annäherung der beiden Geschlechtskerne Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 471 plötzlich zwischen ihnen eine Strahlenfigur mit Centrosomen er- scheint, so kann dieselbe von doppelter Herkunft sein: Entweder . ist sie die zeitweise unterdrückte Strahlung des Eikerns, die von Neuem in Action tritt, oder aber sie kann von dem Samenfaden eingeführt sein, nur dass sie bis dahin latent war. Wheeler entscheidet sich für die erste Möglichkeit, wenn er auch den hypothetischen Charakter seiner Ansicht betont, und spricht sich gegen die zweite Möglichkeit aus. Er begründet letzteres damit: „I have never been able to find any traces of such archoplasm or any centrosome in connection with the male pronucleus.“ Die Wheeler’sche Beobachtung und ihre Deutung bringt keine für die Befruchtungslehre ganz neue Thatsache und auch keine neue Hypothese, es taucht hier vielmehr eine längst wider- legte Annahme auf. Es liegt bei Myzostoma der Fall vor, dass während der Annäherung der Geschlechtskerne eine deutliche Strahlung, die den Ursprung der Strahlung der Furchungsspindel bildete, fehlt, und dass sie sich erst nach Annäherung der Geschlechts- kerne entwickelt. Dieser Fall steht nicht vereinzelt da: Ver- hältnisse, welche auf die Beurtheilung des Befruchtungsprocesses bei Myzostoma einiges Licht werfen können, beschreibt Sobotta bei der Maus: Sobotta sagt, er habe den aufgequollenen Samen- fadenkopf „nicht selten beobachtet und einigemale auch an seinem hinteren Ende ein kleines Centrosoma mit einer zarten Strahlung. Der Samenfaden scheint auch hier eine Drehung zu machen und liegt schon sehr bald nach seinem Eindringen schräg zur Eiober- fläche. Dann geht er in einen kleinen runden Kern, den männ- lichen Vorkern über, den auch van Beneden beim Kaninchen in diesem Stadium schon sah. Ein Centrosoma oder eine Strah- lung habe ich dann an ihm nicht mehr wahrgenommen.“ An einer anderen Stelle sagt er: „Das Centrosoma des Spermatozoen- kopfes ist jetzt nicht mehr zu entdecken, anscheinend ist dasselbe in die Bildung des Spermakerns spurlos aufgegangen und ent- zieht sich so der Beobachtung.“ Dann bemerkt er: „Strahlungen oder Sphären sind an den ruhenden Kernen bisher noch von Niemand constatirt worden.“ Erst fürs Knäuelstadium beschreibt er: „In einigen Fällen wurde jetzt schon zwischen beiden Kernen ein, wenn auch undeutliches, Centrosoma bemerkt.“ Dieses Centrosoma leitet natürlich Sobotta von dem Sper- matozoon ab. 472 K. Kostanecki: Bis zu einem gewissen Grade ähnliche Verhältnisse liegen bei dem mir aus eigener Anschauung gut bekannten Objekt, Ascaris megalocephala vor, wo dem Spermakern nur ein proto- plasmatischer körniger Hof, aber keine Strahlung vorangeht — der protoplasmatische Hof ist deswegen nur bei Ascaris so deut- lich wahrzunehmen, weil der ganze übrige Theil des Zellleibes von den grossen hellen Vacuolen (hyalinen Kugeln) erfüllt ist. Van Beneden und Herla haben gerade für Ascaris die Ansicht ausgesprochen, dass die Centrosomen der ersten Furchungsspindel dem Ei entstammen — erst neuere Färbungsmittel haben gezeigt, dass mitten in dem, dem Spermatozoon vorangehenden protoplas- matischen Hof ein Centrosoma nachzuweisen ist. Bei Myzostoma liegt die Sache noch schwieriger. Ein besonderer protoplasma- matischer Hof lässt sich deswegen nicht nachweisen, weil der Hauptteil des Zellleibes von einer gleichmässigen körnigen Masse eingenommen wird. Dass es hier aber schwer ist, das Sperma- centrosoma nachzuweisen, hat seinen Grund darin, dass der Samen- faden in die körnige Masse zu liegen kommt, und dass das Cen- trosoma von den Körnchen verdeckt wird. Dies wird um so einleuchtender, wenn man die Gestalt und die Lage des Samenfadens im Ei bedenkt. Der Samenfaden dringt bei Myzostoma ins Ei in toto ein, also sein langer aus einzelnen Spermatomeriten!) zusammengesetzter Kopf und seine lange Geissel. Die Theile liegen nicht in einer Ebene, sondern geschlängelt, in Farbstoffen nimmt die Geissel eine intensive Farbe an, nach der 1) Der Samenfadenkopf von Myzostoma weist eine deutliche Zu- sammensetzung aus einer Reihe von chromatischen Elementen auf, die durch hellere Substanzstreifen verbunden sind. Einen Zerfall des Spermakerns in einzelne Meriten sahen verschiedene Autoren (Boehm, Rückert, Kupffer, Agassiz und Whitmann) nach Eintritt in die Eizelle. Bei Myzostoma wird, ganz im Gegensatz hierzu, die Meriten- structur undeutlich, nachdem das Spermatozoon ins Ei eingedrungen ist. Ein Centrosoma lässt sieh an dem feinen Samenfaden von My- zostoma nicht nachweisen. Ich vermuthe, dass dies darin seinen Grund hat, dass dasselbe dem Chromatin unmittelbar anliegen dürfte, viel- leicht von demselben sogar völlig umgeben wird, wie dies thatsäch- lich einige Autoren für die Samenfäden einiger Thiere durch direkte Beobachtung während der Spermatogenese festgestellt haben (vergl. Godlewski: Weitere Untersuchungen über die Umwandlungsweise der Spermatiden in Spermatozoen bei Helix pomatia. Anzeiger der polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau, November 1397. Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 473 Heidenhain’schen Methode färbt sie sich anfangs ebenso intensiv, wie der Spermakopf selbst. Aus diesen Gründen stellt sich von vornherein für den, der dies Objekt aus eigner Anschauung kennt, das Suchen nach dem Spermacentrosoma als aussichtslos dar. Sodann ist es eine Eigenthümlichkeit von Myzostoma, dass die Centrosomen ausserordentlich nahe der Kernmembran anliegen. Ich habe dies oben für die Prophasen der Richtungsmitose be- sonders betont. Es scheint mir, dass das gleiche für den Sperma- kern und sein Centrosoma gilt. Am Keimbläschen war das Cen- trosoma oder vielmehr die Centrosomen erst von dem Augenblicke an zu sehen, wo die Strahlung in der Umgebung sich auszuprägen begann, es wird daher Niemanden Wunder nehmen, dass man am Spermakern, falls das Centrosoma ihm dicht anliegt, oder viel- leicht in ihm selbst gelegen ist, vergebens darnach suchen wird. Wäre es aber auch ganz unmöglich, am Spermakern eine Spur von Centrosoma nachzuweisen, so käme für die Ent- scheidung der Frage nach der Herkunft der Centro- somen der ersten Furchungsspindel zunächst die Analogie mit dem Befruchtungsvorgang bei anderen Thierspecies als maassgebendes Moment in Betracht; die Thatsache, dass für alle anderen Thierspecies festgestellt werden konnte, dass die Centrosomen der ersten Furchungs- spindel vom Spermacentrosoma abstammen, spricht von vorne herein für denselben Ursprung auch bei Myzostoma. Für die Annahme einer anderen Abstammung müssten ganz andere Beweise beigebracht werden, als diejenigen, welche uns die Bilder des Befruchtungsvorganges bei Myzostoma zu liefern im Stande sind. Ein Umstand, der scheinbar für die Herkunft der Centro- somen der ersten Furchungsspindel von dem Eicentrosoma sprechen könnte, und den Wheeler in diesem Sinne deutet, nämlich die Verdoppelung der Centrosomen an dem inneren, im Ei verbliebenen Pol nach Ausstossung des II. Richtungskörpers, würde mir grössere Bedenken eingeflösst haben, wenn ich nicht zufälliger Weise doppelte Centrosomen an diesem Pol, wie oben erwähnt, gerade bei Physa fontinalis gefunden hätte, woselbst doch über ihr Schicksal, über ihren Untergang, kein Zweifel bestehen kann, da ja dort mit der grössten Bestimmtheit sich nachweisen lässt, dass die Centrosomen der ersten Furchungsspindel vom Sperma- centrosoma abstammen. 474 RK. Kostanecki: Ich habe aber überdies vereinzelte Bilder bei Myzostoma gesehen, die direkt für die Herkunft der Centrosomen vom Spermatozoon sprachen: Wenn die beiden Geschlechtskerne die Gestalt von grösseren Bläschen angenommen haben, konnte ich an der der Eimitte zugekehrten Seite des Spermakerns bisweilen die Andeutung einer Strahlung sehen, die jedoch mehr durch eine radiäre Anordnung der kleinen Dotterkörnchen zum Ausdruck kam. Die radiär angeordneten Körnchen um- gaben ein helleres Feld, in dessen Mitte ein oder zwei kleine Punkte zu sehen waren. Meist lagen diese dunkleren Punkte der Kernmembran unmittelbar an, einige Male sah ich jedoch eine ähnliche Figur in einem, wenn auch ganz geringen Abstande von der Kernmembran (Fig. 14, 15). Das hellere Feld um das ein- fache oder doppelte Körnchen war meist homogen, bisweilen (Fig. 16) war in ihm eine, allerdings unendlich zarte Andeutung von Strahlung zu sehen. Ich glaube in allen diesen Fällen (Fig. 14, 15, 16) das Spermacentrosoma oder die Spermacentro- somen vor Augen gehabt zn haben, wenn auch in Anbetracht des Umstandes, dass das Haupteriterium für die Existenz von Centrosomen, nämlich eine deutliche Strahlung, hier fehlte, eventuelle Zweifel nicht mit absoluter Sicherheit zurückgewiesen werden können. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle war allerdings keine Spur hiervon zu sehen. Die Präparate lieferten die Bilder, die uns Fig. 15 wiedergiebt; eine gleichmässig körnige Masse füllte den Raum zwischen den beiden Geschlechtskernen aus. Diese Thatsache glaube ich theils auf den Umstand zurück- führen zu müssen, dass die diehte körnige Masse in der Mehrzahl der Fälle, namentlich bei weniger günstiger Schnittführung, es erschwert oder sogar unmöglich macht, die subtilen Structuren zu entdecken, zum Theil aber noch auf einen andern Umstand, nämlich auf individuelle Schwankungen. Es ist nämlich aus zahlreichen Beobachtungen (am prägnantesten wohl bei Physa fontinalis) bekannt, dass individuelle Unterschiede an der Sperma- strahlung in sehr weiten Grenzen vorkommen können. Wir sehen dort die Spermastrahlung einmal ziemlich nahe an dem Sperma- kern, ein andermal in ganz bedeutender Entfernung von demselben, einmal mit einfachem Centrosoma im Mittelpunkte, ein andermal dieentrisch, mit zwei weit voneinander entfernten durch eine deutliche Centralspindel verbundenen Centrosomen. Vielleicht Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 415 treten bei Myzostoma ähnliche Schwankungen auf, indem ein- mal das Centrosoma, getheilt oder ungetheilt, sich auf einen kleinen Abstand vom Spermakern entfernen kann und dann leichter zu entdecken ist, ein andermal aber der Kernmembran dicht anliegt und sich der Beobachtung, wie ja stets in solchen Fällen, entzieht und erst nach Annäherung der beiden Geschlechts- kerne seine Lage zwischen denselben einnimmt. Als Endresultat meiner Untersuchung glaube ich fest- stellen zu können, dass der Boveri’sche Satz, dass die Centrosomen der ersten Furehungsspindel vom Sperma- centrosoma herstammen, auch für Myzostoma glabrum gilt, und ich glaube auch, dass über seine allgemeine Giltigkeit für das ganze Thierreich kein Zweifel mehr bestehen dürfte, nachdem die Versuche, Ausnahmen hiervon zu statuiren, sescheitertisin.d. Einige Bemerkungen mögen hier noch dem weiteren Fort- gang der Karyokinese in dem befruchtetem Ei gewidmet sein: Nachdem die Centrosomen sammt den Strahlensystemen die beiden entgegengesetzten Spindelpole eingenommen haben, erfolgt die Auflösung der beiden Geschlechtskerne in Chromosomen (Fig. 20), und es bildet sich eine typische schlanke Furchungs- spindel. An den Polen der Furchungsspindel sowohl, als auch in den vorhergehenden und unmittelbar nachfolgenden Stadien (Diasterstadium u. s. w.) sehe ich gewöhnlich je ein Centrosoma, nur in ganz vereinzelten Fällen sind sie doppelt. Wheeler zeichnet sie schon sehr früh stets verdoppelt, was ich nicht als Regel betrachten kann. Auch muss ich betonen, dass ich sowohl während der Richtungsmitosen als auch an der Furchungsspindel stets mit der grössten Bestimmtheit die Protoplasmafibrillen bis ans Centrosoma verfolgen und niemals einen hellen Raum zwischen den Centralkörpern und den Strahlen feststellen konnte. Während der Zweitheilung der Eizelle wird die im Diaster- stadium sehr deutlich sichtbare Centralspindel (Fig. 22, 23) im Aequator eingeschnürt und es Kommt zur Bildung eines typischen, ausserordentlich deutlichen Zwischenkörpers. Fig. 24 u. 25 stellen Bilder von zwei Präparaten dar, die nach der Heidenhain'’- schen Methode gefärbt wurden. Man sieht zwischen den beiden ersten Furchungszellen einen intensiv schwarz gefärbten Zwischen- 476 K. Kostanecki: körper in Gestalt eines der Trennungsfurche entlang laufenden Striches, von dem nach dem Innern der beiden Tochterzellen hin je ein compactes, an dem Präparat roth gefärbtes Bündel von unendlich zarten, aber ungemein deutlichen Fibrillen ausstrahlt, die in der die Kerne umgebenden Plasmamasse sich verlieren. Das Verhalten der Dentoplasmamassen im Ei von Myzo- stoma während des Verlaufs der Mitose in der ersten Embryo- nalzelle ist ein ungemein charakterisches: Driesch!) hat an Myzostoma-Eiern, die er in toto untersucht hat, festgestellt, dass, wenn das zunächst eckige Ei sich abgerundet und. eine ovale Gestalt angenommen hat, an einem Pole eine dichte, schwärzlich grüne Masse zu sehen ist, welche, scharf abgegrenzt, in die schwach röthlichbraune übrige Eisubstanz vorspringt: „Während der jetzt erfolgenden Reifung geschieht nun die Ausprägung einer seltsamen Bauordnung des Plasmas. Die Richtungskörper ent- stehen stets an dem der schwärzlichen Plasmamasse, die bei auf- fallendem Lichte milchweiss erscheint, gegenüber liegenden Pol, und nach diesem zu zieht sich ferner die röthliche Substanz, welche vorher diffus in der Eimasse vertheilt war, zusammen, wie es scheint, vorwiegend oberflächlich gelagert und eine Kalotte, die etwas mehr als !/, des Ganzen einnimmt, bildend; die schwarz- grüne (resp. milchige) Masse ist an ihrem Pol verblieben, hat sich aber an ihm etwas ausgebreitet, zwischen der röthlichen und der schwärzlichen Masse lagert endlich ein heller Ring, so dass also drei Zonen mit grösster Deutlichkeit am reifen Ei ausgeprägt er- scheinen.“ Dann erfolgt eine Theilung der Zelle unter Herauswölbung des vegetativen Eitheiles, so dass in toto untersucht, scheinbar ein 3-Zellen-Stadium resultirt, „in welchem aber nur die beiden röthlichen Elemente kernhaltige Zellen sind. So weit ich es er- mitteln konnte, wird der „Dottersack“ des Myzostomeneies in der That völlig vom kernführenden Eitheil abgeschnürt, doch mag die Verwendung der Schnittmethode immerhin die Existenz eines beschränkten bleibenden Zusammenhanges ergeben. Die beiden echten Zellen des „dreizelligen Stadiums sind von etwas ver- 1) Betrachtungen über die Organisation des Eies und ihre Genese. Arch. f. Entwieklungsmechanik der Organismen. IV. Bd., 1 Hft. 1896. Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 477 schiedener Grösse und der „Dottersack“ verschmilzt nun mit der grösseren derselben 3“ Die von Driesch beschriebenen Bilder sind der äussere Ausdruck dreier schichtweise von innen nach aussen zu und auch in der Längsachse des Eies verschieden angeordneten Substanzen, über deren Verhältniss die Schnitte genaueren Aufschluss geben. Anfangs nimmt die Mitte der Eizelle das colossale Keim- bläschen ein, das von einer dünnen körmigen Plasmaschicht um- geben ist, welche nach dem vegetativen Pol in grösserer Menge angesammelt ist. Um diese feinkörnige Masse bilden helle hya- line Kugeln (Vacuolen) eine Hülle, die nach dem vegetativen Pol zu etwas schmäler wird; zwischen der äusseren Grenzschicht des Protoplasma und diesen Vacuolen ist schliesslich noch eine kör- nige Masse angebracht, die wiederum nach dem animalen (Rich- tungskörper-) Pol in diekerer, nach dem vegetativen Pol in immer dünnerer Schicht liegt. Diese körnige Masse unterscheidet sich von der den inneren Zelltheil einnelhmenden körnigen Masse dadurch, dass in ihr im grösserer Menge stärkere Körner eingelagert sind, die röthlich gefärbt sind und deswegen diese Schieht an frischen Eiern röthlich erscheinen lassen. An fixirten und gefärbten Präparaten sind die Körner durch ihr differentes Verhalten Farbstoffen gegenüber kenntlich, indem sie meist dunk- ler gefärbt erscheinen, bisweilen in Bordeaux-Eisen-Hämatoxylin eine intensiv schwarze Farbe annehmen, was dem äusseren Zelltheil ein ganz eigenthümliches Gepräge verleiht. Nach Auflösung der Kernmembran des Keimbläsehens nimmt die im Innern gelegene feinkörnige Plasmamasse sehr bedeutend dadurch zu, dass der ganze das Innere des Keimbläschens erfüllende körnige Inhalt sich mit ihr vermengt. Allmählich (vergleiche die Uebergänge in Fig. 11 bis 25) wird nun diese dichte feinkörnige Masse vorwiegend nach dem vegetativen Pol zu verdrängt, die Vacuolen nehmen die seitlichen Zelltheile ein, die die grösseren Körner enthaltende Plasmamasse bildet um dieselben und um den animalen Pol einen Mantel. Alle diese Einzelheiten sind am besten aus den Figuren herauszulesen. Den von Driesch beschriebenen Theilungsprocess in drei Theile illustriren die Fig. 23, 24 u. 35. Der „Dottersack“ bleibt mit einer Zelle (der grösseren) verbunden, jedoch ist die Verbin- dungsbrücke anfangs ganz eng, so dass man an Bildern in toto Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 51 32 478 K. Kostanecki: scheinbar seine Theilung in 3 Zellen vor sich zu haben glaubt, späterhin gleicht sich die den „Dottersack“* von der grösseren Zelle trennenden Furche aus, und es tritt das Stadium ein, wo neben einer kleinen Zelle eine sehr grosse Zelle mit einer an dem vegetativen Pol angesammelten feinkörnigen Plasma- masse zu sehen ist. Die beiden Tochterzellen sind gegenein- ander abgeplattet, da die dünne, aber offenbar sehr straffe Ei- membran ihre völlige Abrundung verhindert. Ich habe oben bereits in Einklang mit Wheeler darauf hingewiesen, dass das colossale Kernkörperchen des Keimbläs- chens nach Auflösung der Kernmembran in die die Chromosomen umgebende Plasmamasse geräth, ohne irgendwelche Beziehungen zur karyokinetischen Spindel zu gewinnen. Während der ganzen Zeit des Verlaufs der Richtungsmitosen ist dasselbe im mittleren Zelltheile zu sehen, es nimmt ganz allmählich an Umfang ab, be- hält aber gewöhnlich seine rundliche Gestalt; bisweilen sind an- statt eines, zwei Kernkörperchen zu sehen, die wohl aus dem Zer- fall des anfänglich einfachen Körperchens entstanden sind. Durch Intensität der Färbung, den Glanz und die runde Gestalt sind die Kernkörperchen deutlich von dem Spermakern zu unterscheiden. Je mehr nun die Furchungsmitose sich ihrem Ende nähert, und je mehr währenddess die dichte körnige Plasmamasse gegen den vegetativen Pol verdrängt wird, desto mehr sieht man das Kern- körperchen gleichfalls gegen den vegetativen Eipol verschoben wer- den (Fig. 20, 23). Es geräth schliesslich in den sogen. „Dotter- sack“ und ist daselbst auch nach erfolgter Theilung stets zu sehen (Fig. 24, 24). Ausser diesem grossen Kernkörperchen, das von dem Keimbläschen des Eies stammt, gerathen in die körnige Plasma- masse noch kleinere, gewöhnlich mehrere, Kernkörperchen, die den fertigen Geschlechtskernen entstammen. Sobald nämlich die Ge- schlechtskerne zu grösseren Blasen anwachsen, sieht man in ihnen ausser dem chromatischen Gerüst noch mehrere kleine Kernkör- perchen, die nach Uebergang der Kerne in’s Knäuelstadium und nach Auflösung der Kernmembran ausser Beziehung zur Fur- ehungsspindel bleiben, vielmehr anfangs neben der chromatischen Figur (Fig. 22) zu sehen sind, dann aber im Plasma zerstreut liegen. Da ich öfters gegen Ende der Furchungsmitose und nach erfolgter Zweitheilung in dem Dottersack ausser dem oben er- Die Befruchtung des Eies von Myzostoma glabrum. 479 wähnten grossen Kernkörperehen noch eimige kleinere sehe (Fig. 24), so glaube ich, dass die Kernkörperchen der reifen Geschlechts- kerne zum Theil auch in den „Dottersack* gelangen; zum Theil werden sie aber, glaube ich, schon früher aufgelöst. Die Thatsache, dass die Kernkörperchen in den „Dotter- sack“ gelangen und dort allmählich sich auflösen, lässt, glaube ich, die Vermuthung zu, dass sie dem „Dottersack“ Substanzen zu- führen, die zur chemischen Umwandlung des Reservematerials behufs nachheriger Verarbeitung desselben dienen sollen. Unter den vielen Tausenden von Präparaten, die ich durch- mustert habe, habe ich im Ganzen in 3 Fällen polysperm, oder vielmehr disperm befruchtete Eier bemerkt. Es waren dies Sta- dien, wo die Geschlechtskerne die Gestalt von grossen Blasen angenommen hatten; ausser dem an der Lage kenntlichen Ei- kerne waren zwei grosse Spermakerne zu sehen. Da man wäh- rend dieses Stadiums auch an monospermen Eiern gewöhnlich vergeblich nach Centrosomen oder Strahlungen des Spermakerns sucht, so ist es nicht wunderbar, dass in diesen Fällen über diese Verhältnisse nichts zu ermitteln war. Krakau, 1. August 1897. RER 14 4 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVIIlu. XY1M. Die Figuren sind mit Zeiss’ Apochromat 2mm 1,30 und Oe. 6 unter Benutzung des Abbe’schen Zeichenapparats entworfen (Projeection auf Objecttischhöhe). Fig. 1. Kernmembran des Keimbläschens in Auflösung begriffen unter dem Einfluss der von einem Pol der Richtungsspindel aus- gehenden Strahlen. Seitlich ist ein Stück des Samenfadens zu sehen. Fig. 2. Zwischen den beiden Polen der ersten Richtungsspindel ist die Centralspindel zu sehen, die Kernmembran in Auflösung begriffen. Fig. 3. Die beiden Pole der ersten Richtungsspindel weiter von ein- ander entfernt. Fig. 4. Die ganze achromatische Figur der ersten Richtungsspindel (Centralspindel!). Der Haupttheil des Keimbläschens lag im folgenden Sehnitt. :x6; a > — = ie. 419: . 24, RK. Kostanecki: Die Befruchtung des Eies ete. Die ganze achromatische Figur der ersten Richtungsspindel (Centralspindel!). 6 Chromosomen, colossales Kernkörperchen, der Samenfaden mit Geissel liegt geschlängelt am vegeta- tiven Pol. I. Richtungsspindel, der Kopf des Samenfadens ist kürzer und dieker geworden, die Geissel ist intensiv gefärht. I. Richtungsspindel, Samenfaden geschlängeltam vegetativen Pol. I. Richtungsspindel, seitlich das colossale Kernkörperchen. Anfang der Bildung der II. Richtungsspindel, seitlich das Kern- körperchen, gegen den vegetativen Pol der runde Spermakern. . II. Richtungsspindel, in der Mitte das Kernkörperchen, seitlich nach oben zu (selten!) der Samenfadenkopf. . II. Riehtungsspindel, dunkles Kernkörperchen, das hellere Bläschen der Spermakopf. . Endstadium der II. Richtungsmitose. . Bläschenform der Geschlechtskerne, dunkles Kernkörperchen. 15, 16. Am Spermakern nach innen zu radiäre Anordnung der Körnchen, die ein homogenes Feld umgeben, mitten in diesem Feld ein (in Fig. 14 zwei) Körnchen (Centrosomen). Zwischen den beiden Geschlechtskernen eine Strahlenfigur mit Centrosoma. . Die beiden Geschlechtskerne berühren sich, sie sind nur an- geschnitten, vor ihnen eine Strahlensonne mit Centrosoma, zwei Kernkörperchen in der Plasmamasse. Horizontalschnitt, die Geschlechtskerne mit ihrer Berührungs- fläche verschmolzen, in der Copulationsebene beiderseits Strah- lenfigur mit Centrosoma. . I. Furchungsspindel (Centralspindel), die Geschlechtskerne in einzelne Chromosomen aufgelöst. Das Kernkörperchen gegen den vegetativen Pol verdrängt. . Horizontalschnitt. I. Furchungsspindel. . Diasterstadium, an einem Pol (links) zwei Centrosomen, Vor- bereitung zur nachfolgenden Mitose, nach unten von der chro- matischen Figur links zwei Kernkörperchen. . Spätes Diasterstadium, Beginn der Einschnürung der Zelle (vergl. Text), im Dottersack Kernkörperchen des Keimbläschens. 25. Die beiden ungleich grossen ersten Furchungszellen, Zwischen- körper mit Ueberresten der Centralspindelfibrillen, in dem mit der grösseren Zelle verbundenen Dottersack Kernkörperchen. 481 (Aus dem anatomischen Institut der no Freiburg i. Br.) Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. Von Dr. «akutaro Osawa aus Japan. Mit 53 Figuren im Text. Einleitung. Seit Günther’s Arbeit sind zahlreiche Publikationen über dieses interessante Thier erschienen. So haben Albrecht (3), Cornet (67), Howes (167), Baur (20) über den Proatlas gear- beitet, und Baur (18, 19, 23, 30, 35) hat in seinen verschiedenen Arbeiten die Rippen, die Wirbelsäule, die Knochen des Kopfes, Unterkiefers, sowie der Extremitäten behandelt. Blessig (49) berührte die Halswirbelsäule. Cope (64) zog das Intercentrum in den Kreis seiner Betrachtungen, und Goette (130, 131) be- schäftigte sich mit der Wirbelsäule und dem Schultergürtel. Bayer (44), Kehrer (186), Wiedersheim (287) und Perrin (223) verdanken wir die erneuerten Untersuchungen über das Extremitätenskelet, Huxley (177), Peters (230), Baur (22), und Killian (187) haben die Bedeutung des Stapes und Qua- dratum und Gaupp (118), Cope (66), auch Baur (37) die Morpho- logie der Schläfengegend genauer zu ermitteln versucht. Auch Siebenrock (266) hat eine ausführliche Beschreibung vornehm- lich der Oceipitalgegend geliefert. Als die wichtigste Arbeit istimmer- hin diejenige von Credner (72) zu bezeichnen, der die Ver- wandtschaft dieses Thieres zu einer im sächsischen Rothliegenden gefundenen fossilen Form, Palaeohatteria in ihrer hohen Be- deutung hervorgehoben hat. Auch in Brehm’s Thierleben!) finden wir folgende Bemerkung: Brückenechse: Was das merkwür- digste ist: das früheste Kriechtier (Palaeohatteria) ist der allernächste Verwandte des lebenden Thieres, das also als ein Ueberbleibsel des ältesten Kriechthierstammes aufgefasst werden 1) Brehm’s Thierleben, III. Aufl. 1892. 482 Gakutaro Osawa: muss, der einzige überlebende Rest einer längst verschwundenen Welt, ehrwürdig durch eine Ahnenreihe, wie sie kein zweites Wirbelthier der Erde aufzuweisen hat. Vor Credner hat Seeley (259) die Hatteria mit vielen lebenden Reptilien verglichen, und später hat Dollo (84) auch auf ihre BeziehungzuChampsosaurus, den er als „Rhynchoc£phalien adapte A la vie fluviatile“ characterisirt, aufmerksam gemacht. Fast alle die erwähnten Arbeiten beschränkten sich wesent- lich auf das Skeletsystem, während die Verhältnisse der Weich- theile, wie der Muskeln und Nerven bis jetzt noch wenig unter- sucht worden sind. Nur die Muskeln und Nerven der hinteren Extremität haben durch Gadow (111), diejenigen des Bauches durch Maurer (199) eine genauere Untersuchung erfahren. Auch Perrin (223) hat die Muskeln der hinteren Extremität eingehend untersucht, ohne aber die zugehörigen Nerven zu berücksichtigen. Ueber die Weichtheile der Halsgegend liegt eine ausführliche Untersuchung von van Bemmelen (48) vor. Die Abbildung des Gehirns finden wir ferner bei Wiedersheim (288) und den N. hypoglossus in dem umfangreichen Werke von M. Fürbringer (107) behandelt. In den ausführlichen Arbeiten des letztgenannten Forschers über die Extremitätenmuskeln (102, 103), sowie in derjenigen J. G. Fischer’s (93) über die Hirnnerven geschieht der Hatteria keine Erwähnung. Bei Günther (140) endlich finden wir bloss einige kurze Bemerkungen über Rumpf- und Extremitätenmuskeln; das Nervensystem wird nicht erwähnt!). Und so habe ich mir die Aufgabe gestellt, vor allem die Muskeln und Nerven dieses seltenen Thieres eingehend zu unter- suchen und dabei auch das Skeletsystem und manch andere Ver- hältnisse mit in Betracht zu ziehen, um so eine möglichst zu- sammenhängende, lückenlose Beschreibung desselben zu geben, denn eine solche fehlt ja noch! Vielleicht aber darf ich hoffen, 1) Ueber das Parietalorgan verweise ich auf Spencer (270) und Peytoureau (231). Die Arbeit von Smets, G.: Notice sur Hatte- ria punctata (Gray), Museon 1887, war mir nicht zugänglich. — Ueber die Bauverhältnisse der Eingeweide und der Haut der Hatteria ver- weise ich auf meine früheren Publicationen: 1. Beitrag zur feineren Structur des Integumentes der Hatteria punctata. Dieses Archiv Bd. XXXXVI, 1896. — 2. Beiträge zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. Ebendaselbst, Bd. XXXXIX, 1897. Beitrag zur Anatomie der Hatteria punctata. 483 mit dieser Arbeit zugleich auch einen Beitrag zur Kenntniss der Bauverhältnisse der Reptilien im Allgemeinen geliefert zu haben. Herr Professor Wiedersheim war so liebenswürdig, mich auch bei dieser Arbeit freundlichst zu unterstützen und mir fünf vollkommene Exemplare von Hatteria, darunter drei männliche und zwei weibliche, welch’ letztere er für mich von Herrn Professor Jeffery Parker in Otago, Neu-Seeland erbeten hatte, zur Verfügung zu stellen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, ihm an dieser Stelle herzlichst zu danken. Freiburg i. B., den 15. August 1897. G. Osawa aus Japan. I. Theile Zur Knochenlehre. Wirbelsäule. Ueber die Anzahl der Wirbel macht Günther folgende tabellarische Darstellung : 3 cervical. (1—3) without pleurapophyses. 5 cervical (4—8) with pleurapophyses. 3 dorsal (9—11) with ribs attached to sternum. 11 dorsal (12—22) with ribs and abdominal ribs. 3 lumbar (23—25). 2 sacral (26—27). 36 caudal (28—63). Mit Ausnahme der Schwanzwirbel und der Abdominalrippen kann ich diese Angabe bestätigen. Die Anzahl der Schwanz- wirbel schwankt. Als Maximum fand ich deren 29 und als Minimum 15. Im letzteren Falle war die hintere Hälfte des Schwanzes durch Knorpelstücke vertreten. Albrecht zählt deren 15/,. Ueber die Abdominalrippen siehe Seite 491. Der erste Halswirbel, Atlas (Fig. 1A). Der knorpelige ventrale Bogen (v. B.) bildet mit dem Lig. transversum (fr) einen Ring, welcher nach vorn für den Condylus oceipitalis und nach hinten für den Epistropheus eine concave Gelenkfläche bildet. Er entspricht, wie Baur behauptet, der ersten Hypapophyse (Hoffmann) oder Intercentrum (Baur, Cope), weil das Wirbeleentrum durch den Proc. odontoideus 484 Gakutaro Osawa: dargestellt wird. Die knöchernen, schwach ausgebildeten Neu- ralbögen (d. B.) gehen vom dorsalen Theil des vorderen Bogens schräg nach dorso-caudalwärts und verbinden sich in der dor- salen Mittellinie, um so das Foramen vertebrale zu formiren. Der Processus spinosus fehlt und der Processus artieularis superior ist nicht deutlich ausgeprägt, wohl aber der untere Gelenkfort- satz, welcher mit dem entsprechenden des zweiten Halswirbels artieulirt. Die Ineisura vertebralis superior und inferior lassen sich sowohl am cephalen, wie am caudalen Rand des Bogens als schwache Ausschnitte erkennen. \ N --., UN is... A Atlas. v. B.= ventra- ler Bogen, d. B.—=dorsaler Nu N | Bogen, Pr. a. = Proatlas. RN ER 7 B Zwei vordere Hals- r wirbel von der linken Fig. 2. Seite; IT—= Epistropheus, Ein Rumpfwirbel mit den zugehörigen III= der dritte Halswir- Rippen. ce = Wirbelkörper, tr = Proc. bel, B= Bogen, d—=Pro- transversus, vert = Foramen vertebrale, cessus odontoideus, ?.c. — art — Proe. artieul., sp = Proc. spinosus, Intercentrum (Hypapo- R=Rumpfrippen, une = Proc. uneinatus, physis), art= Proe. arti- sch = schaufelförmige Fortsätze, &’ = cularis, ir = Proc. trans- Abdominalrippen; diese sind alle unpaa- versus. rig, die Trennungslinie sollalso wegfallen. Es war Albrecht (3), weleher über dem dorsalen Atlas- bogen ein kleines Knöchelchen fand, das er als Eparcuale du Proatlas bezeichnet, und dessen wahre Bedeutung er her- vorgehoben hat. Während er es nur an der linken Seite fand, bestätigten die späteren Untersuchungen von Baur (20) Howes (167) u. A., dass es auch auf beiden Seiten vorkommt; dagegen leugnet Cornet (67) die constante Existenz desselben. Soviel ich gesehen habe, findet es sich beiderseits als ein kleines, drei- eckiges Knöchelehen (Pr.a.) an der Stelle der nieht deutlich ausgebildeten Proc. artieulares superiores am cephalen Rand des Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 485 Atlasbogens; ich entscheide mich also für. die erstgenannten Autoren. Der zweite Halswirbel, Epistropheus (Fig. 1 BD). Der knöcherne Körper zerfällt durch Nähte in drei Ab- schnitte: in den vorderen ventralen und dorsalen, sowie in den caudalen. Der caudale Abschnitt entspricht dem eigentlichen Wirbelkörper, während der vordere dorsale dem Processus odon- toides (d), also dem eigentlichen Atlaskörper gleich ist, und der vordere ventrale als Hypapophysis (ic) angesehen werden kann. Diese beiden Abschnitte sind an der vorderen gegen den Atlas zugekehrten Fläche überknorpelt und bilden gemeinsam ein Sattelgelenk, indem die Gelenkfläche in der Richtung von ventral nach dorsal concav und von einer Seite zur andern convex ist. Der eigentliche Epistropheuskörper (IT) ist caudalwärts concav und grenzt durch eine Zwischenscheibe gegen den Körper des dritten Halswirbels. Der sehr mächtige Bogen (D) stösst ventral an den Proc. odontoides und den Körper; sie sind durch eine dreistrahlige (Y) Naht von einander geschieden und zwar so, dass oben zwischen den beiden Schenkeln von Y der Proc. odon- toides, dorsal von der Naht der Bogen und ventral von ihr der Körper liegen. Die beiderseitigen Bögen verlängern sich in einen ebenfalls mächtigen Processus spinosus, dessen Spitze über- knorpelt ist. Die vorderen wie die hinteren Gelenkfortsätze (art) kommen deutlich zur Entwicklung und helfen mit dem Wirbel- körper die Foramina intervertebralia anterius et posterius ein- schliessen. Die Gelenkfläche des hinteren Gelenkfortsatzes sieht nach ventral und lateral. Dieshrisen Halswirbel (ki. 17,777) sind im allgemeinen gleich gebaut. Jeder besitzt einen mächtigen Körper, und derselbe stellt einen Abschnitt einer dreiseitigen Pyramide, deren Kanten abgerundet sind, dar. Ihre beiden Endflächen sind concav, also amphicoel !). Den Körpern schliessen 1) Mit der Bezeichnung will ich aber nicht gegen Goette auf- treten, wenn er sagt, dass bei der Hatteria keine eigentlichen amphi- coelen Wirbel vorkommen, wenn man darunter Wirbel mit einer gegen die beiden Enden und intervertebral erweiterten Chordahöhle versteht. 486 Gakutaro Osawa: sich nach hinten (od. dorsal) die Bögen an, welche wie diejenigen des zweiten Wirbels gebaut und mit beiderlei Gelenkfortsätzen (art) und einem Dornfortsatz versehen sind. Das von ihnen ein- geschlossene Foramen vertebrale ist rund. An der ventralen Seite des Körpers in den Zwischenräumen zwischen den beiden benachbarten Wirbeln liegen unpaare kleine Gebilde, Hypapo- physes (ic), von welchen einzelne caudalwärts an Grösse ab- nehmen, so dass man sie an dem letzten Halswirbel kaum noch wahrnimmt. Die Processus transversi (fr), welche an den ersten beiden Halswirbeln noch nicht zur Entwicklung kommen, treten an dem dritten als kleine, und am vierten Wirbel als etwas grössere, transversal gerichtete Hervorragungen auf, welche in der mittleren Höhe der den Körper und Bogen von einander trennenden Naht und von den beiden Knochentheilen ausgehen, und an welchen die erste Halsrippe hängt. An den folgenden Wirbeln werden die Processus transversi mächtiger und so auch die Rippen. Die Rumpfwirbel (Fig. 2) sind alle ähnlich geformt. Der Körper /c) gleicht einem kurz abgeschnittenen Cylinder, ist an beiden Endflächen concav, am- phieoel. Der Bogen ist weniger hoch, der Processus spinosus (sp) länger, aber schwächer als in der Halsregion. Die vorderen wie die hinteren Gelenkfortsätze (art) sind deutlich ausgebildet; die Gelenkfläche ist an den vorderen ein wenig doncav und dorso-medial, an den hinteren dagegen convex und ventro-lateral gerichtet. Die Processus transversi (Zr) sind in der dorso-ven- tralen Richtung sehr verbreitert und stehen mit dem entsprechend breiten proximalen Rippenende in Verbindung. Das Foramen vertebrale (vert) ist herzförmig. Knöcherne Intercentra sind nicht mehr als solche, sondern nur als ein Theil der knorpeligen Zwischenwirbelscheibe vorhanden. Sacralwirbel (Fig. 3). Der Körper, Bogen, sowie Processus spinosus und das Foramen vertebrale unterscheiden sich nicht besonders von denen der Rumpfwirbel, nur sind die Saeralwirbel etwas grösser und die Processus artieulares (art) haben mehr flache Gelenkflächen, welche bei den vorderen dorsal- und bei den hinteren ventral- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 487 wärts schauen. Unverhältnissmässig mächtig sind die Processus transversi (fr), welche am lateralen Ende verdiekt und mit ein- ander verbunden sind, um einerseits eine Artieulationsfläche für die Facies sacralis ilei zu bilden, andererseits zwischen sich ein grosses Foramen sacrale (sac) einzuschliessen, in welches das Foramen intervertebrale sich öffnet. A art sp B Fig. 4. A. Drei Schwanzwirbel mit gut ent- wickeltem unteren Bögen. sp, art, tr wie oben, art’ =hinterer Proc. arter. Fig. 3. an der Basis des Proc. spinosus, u. B. Zwei Sacralwirbel und ein —= untere Bögen. — DB. Der letzte Schwanzwirbel, von hinten. Schwanzwirbel. x = Fuge zwischen art, tr wie oben, sac=Fora- der vorderen und hinteren Hälfte des men sacrale. Körpers. Schwanzwirbel (Fig. 4 A, B). Die vorderen Sehwanzwirbel verhalten sieh wie die Rumpf- wirbel, entbehren aber der Rippen. Die hinteren Schwanzwirbel weisen Veränderungen in der Form auf. Zunächst treten zwischen den einzelnen Wirbeln die unteren Bögen (w. B.) auf. Das erste Paar, welches zwischen dem dritten und vierten Wirbel liegt, besteht nur aus zwei kleinen Knochenstäbchen, welche proximal mit der Zwischenwirbelscheibe zusammenhängen und distal frei enden. Vom zweiten Paar an werden die Knochenstäbchen länger, mächtiger und kommen distal zusammen, um ein ovales Loch zwischen sich einzuschliessen. Was die Stärke der einzelnen Bogenpaare betrifft, so sind die zweiten bis vierten am mächtigsten, die weiterfolgenden werden immer schwächer, bis sie an der Schwanzspitze wieder rudimentär werden. Die Wirbelkörper werden schmäler aber länger und zerfallen (vom sechsten bis siebenten an) in vordere und hintere Abschnitte und dadurch werden auch die oberen Bogen in der cephalo-caudalen Richtung breiter und in der transversalen schmäler. Die Dornfortsätze werden caudalwärts immer schwächer. Die beiderseitigen Ge- 488 Gakutaro Osawa: lenkfortsätze, welche bei den vorderen Wirbeln an den beiden Seiten des Dornfortsatzes sitzen, kommen näher an einander, bis sie schliesslich zu einem zusammenfliessen. Die Foramina intervertebralia werden verhältnissmässig gross und die beider- seitigen kommen je nach der Reduction der Wirbelbogen ein- ander immer näher, so dass sie an der Schwanzspitze zu einem einzigen verschmolzen erscheinen. Ein solcher Caudalwirbel weist dorsal zwei Fortsätze auf: einen vorderen (art), nach vorn gerichteten und einen hinteren, mächtigeren (sp). Der letztere ist nämlich der eigentliche Dornfortsatz, während der erstere nichts anderes ist als die vereinigten vorderen Gelenkfortsätze. Die hinteren Gelenkfortsätze (art‘) bilden an der Basis des Dorn- fortsatzes eine kleine Hervorragung, welche eine oder zwei Ge- lenkflächen zeigt, je nachdem die ihnen entsprechenden vorderen: Gelenkfortsätze der folgenden Wirbel miteinander verschmolzen oder noch getrennt sind. Die Processus transversi (fr) gehen bei den vorderen Wirbeln von der Mitte der Seite der Wirbel aus und sind stachelförmig. Bei den hinteren Wirbeln werden sie niedriger und stumpfer und gehen von der Fuge (D, X) zwischen der vorderen und hinteren Hälfte jedes Wirbelkörpers aus. Freie Rippen, welche Baur bei einer jungen Hatteria ge- funden haben will, kamen bei den von mir untersuchten Exem- plaren nicht zu Gesicht. Die Theilung der Schwanzwirbel (2) wurde von Hyrtl (180) bei vielen Reptilien genau beschrieben, auch Günther machte auf dasselbe Verhältniss bei der Hatteria aufmerksam. Ueber das Zustandekommen der Trennung spricht Gegenbaur (119) sich dahin aus, dass sie auf der Entstehung eines grossen Markraumes beruhe, der mit dem Verschwinden des Chordarestes einigen Zusammenhang hat und das sie mit der Synehondrosenbildung, welche Hyrtl gefunden haben wollte, nichts zu thun hat. Die unteren Bögen haben verschiedene Deutungen erfahren. Gegenbaur (126) erachtet sie den Rippen homolog und Leydig (193) will sie den Hypapophysen der Halswirbelsäule gleichstellen. Während die Behauptung Gegenbaur’s mit den Beobachtungen von Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 489 Claus (63) sowie von Baur (23, 26) nieht gut übereinstimmt, da nach dem ersteren die Rippenrudimente beim Alligator an den Seitenfortsätzen der Sehwanzwirbel vorkommen sollen, und der letztere dieselben auch bei einer jungen Hatteria vorge- funden haben will, hat die Angabe Ley dig’s bei vielen Forschern Anklang gefunden. So schliesst sich Hoffmann (162) ihm an und bemerkt, dass die Hypapophysen am Hals wie die unteren Bögen des Schwanzes paarig auftreten, und dass sie eine ähnliche Lage wie diejenigen in der Schwanzregion einnehmen. Auch Cope (64), Baur und Öredner stellen die unteren Schwanz- bögen den Hypapophysen gleich, während Dollo (82) behauptet, dass beide Gebilde von einander verschieden seien: „Les intercentres et les haemapophyses sont heterodinames chez tous les vertrebres“. Ich möchte mich dem letztgenannten Forscher anschliessen und annehmen, dass die Hypapophysen des Halses am Schwanz durch die intervertebralen Knorpelscheiben allein vertreten sind, und dass die Verbindung der unteren Bögen mit den letzteren eine secundäre Erscheinung ist, wie dies Hoffmann bei Gecko nachgewiesen hat, und dass die beiden Gebilde also von einander getrennt gehalten werden müssen. Es hat auch Hatschek (147) bezüglich des verschiedenen Verhaltens der Rippen bei Fischen, Amphibien und Amnioten hervorgehoben, dass sie bei den ersteren zwischen der Somatopleura und der hypaxonischen Muskulatur, bei den letzteren dagegen zwischen der epi- und hypaxonischen Muskulatur liegen. Hatschek will die Homologa dieser von einander verschiedenen Gebilde in den dorsalen und ventralen Rippen bei Polypterus gefunden haben, insofern die dorsalen Rippen dieses Ganoiden den Amphibien —, und die ventralen den Fischrippen entsprechen sollen. Die ventralen Rippen sind zugleich auch diejenigen, welche im Bereich des Schwanzes die unteren Bögen bilden, während die dorsalen hier nieht zur Entwicklung kommen. Genau dasselbe Verhalten kann man auch auf die Hatteria übertragen, und demnach wären die unteren Bögen dieses Thieres den ventralen Ganoidrippen homolog, während die eigentlichen, den dorsalen Ganoidrippen entsprechenden Rippen hier ausfallen. Mit andern Worten: im Schwanz der Hatteria sind nur die Fischrippen ausgebildet, während die Amphibien- rippen eine Rückbildung erfahren haben. 490 Gakutaro OÖsawa: Die Rippen. Es sind 5 Rippen-Paare am Hals und 17 am Rumpf vor- handen. Von den letzteren erreichen 3 das Sternum, 11 die ventralen Abdomimalrippen, und 3 enden frei zwischen den Bauch- muskeln. Maurer giebt 15 wahre Rippen an. Die Halsrippen sind bogenförmige Stücke, welche proximal mit einem verbreiterten Ende an dem Processus transversus hängen und distal mit Knorpelansatz frei enden. Die erste Halsrippe ist am kleinsten und an ihrem vertebralen Ende in zwei Theile getheilt (‚‚tuberosite“ und ‚„col rudimentaire“, Albrecht). Die weiter caudal folgenden Rippen werden successiv grösser und entbehren des Halses, die vierte und fünfte haben weit distal hakenförmige Fortsätze, Processus uneinati, welche erst bei den Rumpfwirbeln gut entwickelt sind. Die 3 Sternalrippen (Fig. 2 R) bestehen aus drei Abschnitten, von denen der proximale am längsten ist. Er besitzt einen mächtigen Processus uneinatus (unc), von welchem die Zacken der schrägen Bauchmuskulatur entspringen. Der zweite Abschnitt ist am kürzesten und geht unter Kniekung in den dritten distalen über, welcher das Brust- bein erreicht. Die 11 vorderen Rumpfrippen (Fig. 2 R) sind wie die Sternalrippen gebildet, gehen aber im dritten distalen Abschnitt Veränderungen ein, indem sie einerseits in einen vor- deren und hinteren dreieckigen oder schaufelförmigen Fortsatz („schaufelförmige Fortsätze“ Maurer) (Fig. 2 u. 22 sch) auslaufen, welehe flügelartig an ihren beiden Seiten hängen und andererseits mit ihren Enden mit den ventralen abdominalen Rippen (2°) verbunden sind. Die drei hinteren Rumpfrippen weisen einen rudimentären Character auf, indem die Proc. uneinati undeutlich werden, die dreieckigen Knorpelanhänge fehlen, und ihre Enden, knorpelig endigend, frei zwischen den Bauchmuskeln liegen. Von den ventralen Abdominalrippen (Fig. 2 %%) giebt Günther 25--26 und Maurer (199) 22 Stücke an; ich Beiträge zur Anatomie der Haätteria punctata. 491 habe deren stets 24 unpaarige Stücke gezählt. Unter ihnen verbinden sich Die Ta tmiesder I. Rumpfrippe. a t N? Y n ” II n BERN? 33 BR on, 4 NOBTDEh N V 3 ne 2a 5 RENTEN as, RAN i a A it: 2 MUEROYDTER. eos Bee a IX k FEAR. ER f ” XXI. N ” XI. N Die dazwischen liegenden sowie die hinteren drei Rippen sind frei. A ep.hy. Cl [@/ B Fig. 5. Sternum u. Clavieula. A von vorn, B von hinten gesehen. St = Sternum, Ep — Episternum, Cl == Clavieula, cor = Sulecus coracoideus, cos = Inceisurae costales, ep. hy. = Ursp. des Muse. episterno-hyoideus, st. sc. = Ligamentum sterno-scapulare internum, abd= Ansatz des M. transversus abdomi- nalis, #’= Rectus abdominalis. Arabische Ziffern bezeichnen den An- satz resp. Ursprung der mit gleichen Ziffern benannten Muskeln. Das Sternum stellt eine rhombische Platte (St) mit vier Ecken dar. Die eine Ecke liegt cephal und die andere caudal, während die beiden übrigen Ecken am lateralen Rand des Knochens sitzen, welcher 493 Gakutaro Osawa: dadurch in zwei Abschnitte getheilt wird, in den cephalen und caudalen. Der vordere Abschnitt des Randes ist halbmondförmig ausgeschnitten und mit einer tiefen Furche (Suleus coraecoi- deus) (cor) versehen, in welche der mediale Rand des Coracoid passt, während der caudale zur Aufnahme der drei Sternalrippen bestimmt ist und drei entsprechende Ineisurae costales (cos) aufweist. Von der cephalen Ecke des Brustbeines geht nach vorn ein langer rechteckiger Knochen, Episternum (Ep) aus. Er ist am cephalen Ende verbreitert und bildet die Artieulations- fläche für die Olavieula. Die caudale Ecke des Brustbeines endet frei und ist für die Insertion des Reetus abdominalis be- stimmt. Kopfskelet. Der Schädel besteht aus folgenden Knochen: (Verkürzung) !) . Basioceipitale (unpaarig) (Bo) Knochen der |: 2. Pleuroceipitalia (paarig) (Pi) Oceipitalgegend | 3. Opisthotica e (Op) 4. Suproceipitale (unpaarig) (So) * 5. Basispenoid 3 (Bsph) BUUSREn derssr | 6. Praesphenoid 5 Schädelbasis | 7. Parasphenoid & (Pasph) 8. Columellae (paarig) (Anhang) (Col) B 9. Prootica en (Pro) Knochen der As Quadrata = (Q) Ohrgegend Iıı. Tympanica > (Ty) 12. Stapedes n (Anhang) (S#) 13. Squamosa Pr (‚Sq) 14. Parietalia x (P) Knochen des R Frontalia „ (Fr) Daches und der I Peenele Re (Prf) a des 17. Postfrontalia 5 (Pf) Schädels 18. Jugalia superiora n (J.$.) 19; 3 inferiora N (I.?.) 20. Nasalia = (N) Knochen des Jar. Praemaxillaria 4 (Pm) Gesichtstheiles I». Mileva Y (M) Knochen der 23. Vomera (+ Turbinale?) „, (V) ventralen Ia4. Palatina 2 (Pal) Fläche des Ge- ]25. Transversa # (Tr) sichtstheiles 1 Pterygoidea > (Pt) 1) Die Verkürzung gilt für die Figurenerklärung. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 493 27. Dentalia (paarig) (D) 28. Complementaria 5 (C) Knochen des 29. Splenia er (Sp) Unterkiefers 30. Articularia Hr (Ar) 31. Suprangularia . (Sa) 32. Angularia hs (An) 33. Basihyale (unpaarig) (Anhang) (Bhy) Visceralskelet 134. Ceratohyalia (paarig) „ (I) [35. Ceratobranchialia 2 » (II) Das Basi-Oceipitale, (Günther und Siebenrock) (Pie. 6,7,.92.B0). bildet den ventralen Umfang des Foramen oceipitale (#) und stellt eine kurze Halbrinne dar, indem es die eoncave Seite dor- salwärts kehrt. Vorn stösst es an das hintere Ende des Basi- Bo Pl h.B. Fig. 7. Die dorsale Fläche der Er SET RN knöchernen Gehör- RER Bo PI Op St kapsel v. B—d. = vor- s ‚Fig. 6. j dere Canalis semieir- Der Hirnschädel von hinten ge- cularis, A. B. = der sehen. F= Foramen oceipitale, hintere, u. B. = der er = Crista oceipitalis externa. horizontale. sphenoid, mit welchem es fest verwachsen ist. Diese Ver- wachsungsstelle bildet an der eranialen Seite eine quere und an der ventralen eine umgekehrt V-förmige Naht (Fig. 9 x), indem die beiderseitigen flügelförmigen Ecken des Parasphenoids ein Stück weiter nach hinten sich verlängern und dem vorderen entsprechenden Theil des Basi-Oceipitale von der ventralen Seite her aufliegen. Hinten ist das Basioceipitale verdickt und bildet den un- paaren querliegenden Condylus oceipitalis, welcher mehr als einen Halbring umfasst und eine nach hinten concave Gelenk- fläche aufweist. Die letztere ist mit einem dünnen Knorpel überzogen und dehnt sich auch etwas gegen die ventrale Seite aus. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 33 494 Gakutaro Ösawa: An der ventralen Seite des Basioceipitale sieht man etwa in der Mitte der beiden Seitenränder des Knochens einen kleinen spitzen Fortsatz lateral und abwärts gehen. Ein jeder ist mit dem hinteren, flügelförmigen Processus des Parasphenoid zum Tubereulum spheno-oceipitale,.-Siebenrock (Fig. 9 sph. oc.) verbunden. Lateral grenzt der Knochen in seinem hinteren Abschnitt an die beiden Pleuroceipitalia (Siebenrock) und im vorderen mit der von Siebenrock als Fossa cochlearis bezeich- neten Grube an die Ohrkapsel (Fig. 9 Ohr). Exoceipitale (Günther), Pleunocecıpıtalia (sıebenrock) (Fie.6, 7. IR) Jedes Pleuroceipitale ist verhältnissmässig wenig ent- wickelt und erinnert noch an den Wirbelbogen des an das Ocei- pitale sich direct anschliessenden ersten Halswirbels. Mit der medialen Fläche bildet es die laterale Wand des Foramen ocei- pitale (f) und betheiligt sich mit einem sehr kleinen ventralen Theil an der Bildung des Condylus oceipitalis. Weiter dorsal- - wärts ist es verbreitert und berührt vorne das Supraoceipitale und lateral das Opisthoticum. Der basale Theil des Pleuroceipitale verbindet sich mit dem Basioceipitale, während sein vorderer, schwach concaver Rand die hintere Umgrenzung des spaltförmigen Foramen Jugulare (Siebenrock) liefert, dessen vordere Wandung durch die knorpelige Ohrkapsel gebildet wird, und welches die Vagusgruppe austreten lässt. Hinter diesem Foramen finden sich zwei kleine Oeffnungen, welche durch eine ganz dünne Knochen- spange von einander getrennt sind. Sie sind die Foramina hypoglossa und lassen die beiden Wurzeln des gleichnamigen Nerven durchtreten. Bezüglich der erwähnten Nervenlöcher sind die Angaben der Autoren nicht übereinstimmend. So sagt Leydig (19), dass die eine von den drei Oeffnungen, dem Foramen jugulare entsprechend, dem N. vagus und glossopharyngeus, die hinterste aber dem N. hypoglossus zum Austritt diene. Die dritte Oeff- nung soll dem Canalis earotieus gleichkommen, allein Leydig bemerkt ausdrücklich, dass er die Gefässe und Nerven dieser Gegend nicht näher studirt habe. Bei Siebenrock (266) heisst Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 495 es auf Seite 7—8: „Der äussere Rand des Bogens (nämlich des Pleuroceipitale) bildet die obere und hintere Begrenzung des Foramen jugulare und enthält von oben nach unten das Foramen nervi hypoglossi, das Foramen n. vagi und das Foramen n. glosso- pharyngei.* Wie ich constatirt habe, treten der Vagus und der Glossopharyugeus in Gemeinschaft durch das Foramen jugulare aus, während der Hypoglossus zwei Foramina zu seinem Austritt benützt. Opisthoticeum (Fig. 6, 7, 8 Op), Paroceipitale (Siebenrock,), Thelateral process ofthe Exoceipital (Günther). Es handelt sich hier um einen abgestumpft kegelförmigen Knochen, welcher sich durch die erweiterte mediale Basis dorsal mit dem Prooticum, Supraoceipitale und Pleuroceipitale verbindet und dadurch einerseits den hinteren Theil der Ohrkapsel und andrerseits das So Eos ine Bf op. . Tao rn Ka u BISEep Foramen Jugulare R EN Nr begrenzen hilft. BR: RL: Lateralwärts : al: q dehnt er. sich in ,, v0 ------- Form eines star- OD. ken horizontalen Or Fortsatzes aus und Er grenzt mit seinem ENTE REN D Ty © Col Pt’ PtTrJ.i. 2.t.M f überknorpelten Fig. 8. Ende an die hin- Laterale Fläche des Hirnschädels. N. h. = Nasen- höhle, N. %.—= die hintere Nasenkapsel, fr =Proe. tere Ecke des aD Squamosum sowie an die Spitze des Quadratum, um mittelst eines derbfaserigen Ge- webes an die beiden Knochen befestigt zu werden. ventralen Seite liegt der Stapes. frontalis des Maxillare, f= kleine Oeffnungen für die Austritte der Zweige des N. infraorbitalis u. alveolaris superior posterior. Z.t.—= Foramen zygomatico-temporale, Sept = Septum interorbi- tale, op = Foramen optieum, ?nc = Ineisura oto- sphenoidea Siebenrock, p.g. = Foramen parieto- quadratum. An seiner Die Verbindung mit dem Basioccipitale, welche Siebenrock wiederholt erwähnt, existirt nicht; die beiden Knochentheile werden vielmehr durch einen der Ohrkapsel angehörigen Knorpelstreifen von einander ge- trennt. Nichtsdestoweniger geht sein basaler Theil mit der 496 Gakutaro OÖsawa: knorpeligen Ohrkapsel eine innige Verbindung ein und umgrenzt in Gemeinschaft mit dem Prooticum das relativ grosse Foramen ovale, welehes nach aussen durch die basale Platte des Stapes geschlossen wird. Leydig erachtet diesen Knochen dem Mastoi- deum der Säugethiere homolog. Supraoceipitale (Siebenrock) (Fig. 6, 8 So), Superoceipital (Günther). Dieser Knochen weist die Form eines unregelmässigen Vierecks auf. Die Aussenfläche ist ein wenig convex und be- sitzt eine in der Mittellinie laufende Längskante, Crista oeci pitalis (cr), während die Innenfläche unregelmässig „ch concav ist. Vorne lehnt er sich mittelst eines, von sei- nem vorderen Rand ausge- NASTBE henden Knorpels an die ven- trale Fläche des hinteren Pım --- pal all ' 2 Abschnittes des Parietale an, Bu Sl während er mit seinem hin- Ye FH — MET Bpn teren coneaven Rand den # Pr oberen Umfang des Foramen ED son. oc. oceipitale begrenzt. Lateral- wärts stösst er an der dor- salen Seite an das Proo- ll St Ohr Op Bo ; ß f Fig. 9 ticum, Opisthotieum und Ventrale Fläche des Hirnschädels. Pleuroceipitale und an der ch —= Choane, pal= Foramen palati- num, py= Ineisura pyriformis, pt —= Proc. pterygoideus des Basisphenoid, pelige Ohrkapsel, um so an ventralen Seite an die knor- sph.-oc. — Tuberculum spheno-oceipi- tale, Ohr = die knorpelige Ohrkapsel. der Bildung derselben theil- zunehmen. Das Basisphenoid (Günther und Siebenrock) (Fig. 9 B. sph.) ist ein unregelmässig-quadratischer Knochen, liegt direet vor dem Oceipitale basilare und stösst vorne an die Basis der Colu- mella und des weiter unten zu erwähnenden Knorpelstückehens der membranösen Hirnkapsel, sowie an das Praesphenoid, Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 497 Ventralwärts hängt es mit den vorn ventral ausgehenden Fort- sätzen Basisphenoid Process (Günther), Processus pterygoidei (Siebenrock) (pt) mit dem hinteren Ende des Pterygoid zusammen, während die übrige ventrale Fläche von dem hinteren verbreiterten Ende des Parasphenoid überdeckt wird. Die dorsale Fläche des Knochens ist zur Aufnahme der ventralen Cireumferenz des Hinterhirns ein wenig vertieft. Vor dieser Vertiefung sieht man an den beiden Seiten eine kleine Oeffnung für den Austritt des N. abducens, nicht aber für Zweige der Carotis interna, wie Siebenrock angegeben hat. Mit dem lateralen Rande grenzt der Knochen ferner an die knorpe- lige Ohrkapsel sowie an das Prootieum. Das Praesphenoid ist völlig knorpelig, beginnt unmittelbar vor dem Basisphenoid und geht eontinuirlich in das Septum interorbitale über, dessen unteren Rand es liefert. Es wird vom Parasphenoid von der ven- tralen Seite her überlagert. Das Parasphenoid (Fig. 9 Pasph) ist ein schlanker, spiessförmiger Knochen, beginnt mit einem ver- breiterten Ende an der ventralen Fläche des vorderen Theiles des Basioceipitale sowie des Basisphenoid und gehtals ein dünner Stiel mit einer allmählich sich verjüngenden Spitze entlang des ventralen Randes des Praesphenoids und des Septum interor- bitale nach vorn, wird aber nach einem kurzen Verlauf durch einen faserigen Streifen ersetzt, welcher weiter vorn in die Nasen- scheidewand übergeht. Ueber Anhang: Columella siehe „die laterale Hirnkapsel“. Das Prootieum (Fig.7,8 Pro), Alisphenoid (Günther). Otosphenoideum (Siebenrock) ist ein unregelmässig aufgetriebener Knochen und bildet den vor- deren und ventralen Theil der Gehörkapsel. Vorne stösst es mit der dorsalen und der ventralen Ecke an die Columella und umgrenzt mit dieser eine Lücke, Ineisura otosphenoidea (Siebenrock) (Fig. 8 inc), welche mit Ausnahme der Austrittsstelle des Trige- minus mit einer Membran verschlossen ist. Oben grenzt es an das Supraoceipitale und hinten an das Opisthoticum. An dem 498 Gakutaro Osawa: ventralen Theile ist es theils mit dem Basiophenoid verbunden, theils aber bildet es einen Theil der Ohrkapsel und der Fenestra ovalis, welch’ letztere durch die Betheiligung des Opisthoticum in ihrer Form ergänzt wird. Weiter vorne von der Fenestra ovalis und ventralwärts von der Ineisura otosphenoidea sieht man eine kleine Oeffnung für den N. facialis. Das Quadratum (Günther) (Fig. 6, 7, 8, Q), Tympanicum (Leydig) stellt einen unregelmässig geformten Knochen dar. Von der Seite betrachtet, weist es die Form einer länglich dreieckigen dünnen Platte auf, deren basaler Theil aber sich stark verdiekt und eine eigenthümliche Umgestaltung erfährt. Es bildet sich hier, von hinten gesehen, eine Art Pfeiler, welcher mit dem Tympanieum (Quadrato-jugale, Baur) einen ovalen Ring gestaltet, an dessen vorderem Umfang das Trommelfell angeheftet ist. Der ventrale Theil dieses Ringes bildet eine sattelförmige Gelenkfläche für den Unterkiefer, während der dorsale sich ein wenig zuspitzt und in den Winkel zwischen Opisthoticum und Squamosum zu liegen kommt. Diese Ecke des Quadratum ist mit einem Knorpel ver- sehen, welehen Siebenrock Epiphysis des Quadratum nennt und dem Pterotie von Huxley gleichsetzen will. Dieser Deutung von Siebenrock kann ich jedoch nieht beistimmen. Wie schon erwähnt, ist sowohl das laterale Ende des Opisthotieum, wie die dorsale Ecke des Quadratum mit einem Knorpel versehen, und wenn ich auch mit Siebenrock diesen letzteren Knorpel als die Epiphyse des Quadratum ansehe, so muss ich doch her- vorheben, dass es noch einen dritten Knorpel gibt, weleher zwi- schen den beiden und der hinteren Ecke des Squamosum einge- schaltet liegt. Er ist mit der knorpeligen Fortsetzung des ersten Zungenbeinbogens in Zusammenhang und hat mit der Epiphyse des Quadratum nichts zu thun. Meiner Ansicht nach, müsste dieser Knorpel (Fig. 6 Pfo) wohl dem Pterotie Huxleys gleichgestellt und von der Epiphyse des Quadratum unterschieden werden. Im Uebrigen deckt das Quadratum die Ohrkapsel von der lateralen Seite her und grenzt vorn an die Columella und das Pterygoid unter Bildung von „Pterygo-Tympanie arch, Günthler“. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 499 Das Tympanicum (Fig. 6, 8 7y). Quadrato-Jugale (Baur), Quadrato-Maxillare (Gaupp) ist, von der Seite betrachtet, ein dreieckiger Knochen, welcher zwischen Squamosum und Jugale inferius einerseits und dem Quadratum andererseits seine Lage hat und, wie oben erwähnt, mit dem letzteren den ovalen Ring und die sattelförmige Ge- lenkfläche mitbilden hilft. Anhang: Stapes (Fig. 6, 8, 9 St) ist ein schlanker keulenförmiger Knochen, welcher mit einer ver- breiterten Basis die Fenestra ovalis von aussen her schliesst, während das laterale Ende, welches sich an das Quadratum an- lehnt, mit einem kappenartigen Knorpel versehen, zum Theil an das Trommelfell, zum Theil an das proximale Ende des ersten Zungenbeines angeknüpft ist. Das Squamosum (Fig. 6, 8 Sg) Mastoid (Günther), Para-quadratum (Gaupp) stellt eine länglich-rhombische Schuppe dar, welche dorsal mit dem hinteren Ende des Paritale zur Bildung des „Parieto- tympanie bars“ Günther und ventral mit demjenigen des Jugale inferius in Verbindung steht. Mit der vorderen Ecke stösst es an das Jugale superius, mit der hinteren an das Opisthoticum und weiter ventral an das Quadratum und Tympanieum an. Der Knochen begrenzt die Fossa temporalis von hinten und durch die Bildung der beiden Jochbögen auch von der Seite her. Das Parietale. (GüntherrrsSrebenrock). (Fie.16,’8 2a) ist ein schmaler Knochen, dessen hinteres Ende hakenförmig lateralwärts gebogen ist. Es bildet die hintere Hälfte der Schädel- decke und ist an seinem vorderen Theil mit einem grossen ovalen Loch versehen, Foramen parietale, welches bekannter- maassen das Parietalorgan aufzunehmen bestimmt und nicht als Fontanelle zu deuten ist, wie es Günther gethan hat. Der Knochen grenzt vorne an das Frontale, lateral an das Postfrontale und Squamosum und ist ferner mit der membranösen Hirnkapsel verbunden, während die ventrale Fläche seiner hinteren Hälfte die vordere knorpelige Fortsetzung des Supra-oceipitale auf- nimmt. 500 Gakutaro Osawa: Das Frontale (Günther) (Fig. 8 Fr) ist ein langer spiessartiger Knochen, welcher in Verbindung mit dem anderseitigen die vordere Hälfte des Hirndaches bildet. Vorne ist es verbunden mit dem Nasale, lateralwärts mit Prae- und Postfrontale und hilft das Dach und den oberen Rand der Orbita bilden. Hinten ist es dann mit dem Parietale in Zusam- menhang und dient mit der ventralen Fläche zur Anheftung der beiden divergirenden Platten des Interorbitalseptums. Das Praefrontale (Günther) (Fig. 8 Prf) bildet den oberen und vorderen Abschnitt des Orbitarandes, grenzt medial an den lateralen Rand des Frontale und Nasale, lateral abwärts an den Processus frontalis und den Körper des Ober- kiefers, sowie an die vordere laterale Ecke des Palatinum; da- durch liefert es einerseits die mediale hintere Wandung des Canalis lacrymalis (Fig. 8 7g) und deckt andererseits einen Theil der hinteren Fläche der Nasenkapsel (Nk) von der lateralen Seite her. Das Postfrontale (Günther) (Fig. 8 Pf) ist ein spitz-dreieckiger Knochen. Ueber dasselbe sagt Hoff- mann (162) S. 580: „Postfrontale s. Orbitale posterius bildet den hinteren Rand der Orbita; nach hinten grenzt es an das Squamosum, nach vorn an das Jugale.“ Dieses Verhältniss ist aber bei der Hatteria durch das Auftreten des Jugale superius dermaassen modifieirt, dass die mediale Seite des Knochens an das Frontale und Parietale grenzt und die hintere Seite theils mit dem Jugale superius verbunden ist, theils mit einem freien Rande die vordere Begrenzung der Fossa temporalis liefert, während die vordere freie Seite den hinteren oberen Abschnitt des Orbitalrandes bildet. Das Jugale superius (Fig. 8 J. s.), Quadrato-Jugale (Stannius und Güther!), Postorbitale (Gaupp) ist in drei Arme getheilt, von denen der obere sich mit dem Post- frontale und der hintere mit dem Squamosum verbindet, während l) Günther bezeichnet es im Text auch als „a three branched bone“, Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 501 der untere mit dem Jugale inferius in Zusammenhang tritt. Es bildet einestheils den grössten Abschnitt der hinteren Orbitalwand, anderentheils die vordere Wand der Fossa temporalis. Durch die Verbindung mit dem Squamosum erzeugt es ferner den Areus jugalis superior (the temporal bar, Günther) und dadurch zugleich auch die laterale Wandung der Fossa tem- poralis. ° Das Jugaleinferius, Zygomatic (Günther), Jugale (Cope) (Fig. 8 J. :.) bildet einen querliegenden spitzen Winkel (>). Mit der vorderen Ecke stösst es an das hintere Ende des Maxillare superius und an das laterale des Transversum. Der schräg stehende kürzere Schenkel des spitzen Winkels legt sich an den ventralen Rand des Jugale superius an, während der horizontale stärkere weit nach hinten sich ausdehnt, mit dem Squamosum und Tympanicum in Berührung tritt und dadurch den Areus jugalis inferior (the lower horizontal bar Günther) bildet. Nahe an seiner vorderen Ecke bemerkt man eine kleine Oeffnung, welche von der Orbita nach aussen führt und zum Durchtritt des N. subeutaneus malae aus dem II. Trigeminusast dient, Fora- men zygomatico-temporale (2. £.). Das Nasale (Günther) (Fig. 8 N) stellt einen rhombischen Knochen dar, welcher vorn an das Prae- maxillare und hinten an das Frontale und Praefrontale grenzt. In der Medianlinie berührt es den entsprechenden Knochen der anderen Seite, während es hinten mit dem Processus frontalis maxillaris superioris sich verbindet. Es bildet auch zum grossen Theil die dorsale Decke der Nasenhöhle. Das Praemaxillare, Intermaxillary (Günther) (Fig. 8, 9 Pm) ist ein meisselartiger Knochen. Die beiderseitigen Hälften stossen in der Mittellinie zusammen, grenzen lateralwärts an das Maxil- lare superius und Nasale und liefern dadurch die mediale Wan- dung und einen Theil der Decke der Nasenhöhle. Vorne trägt es je zwei grösste Zähne (Praemaxillarzähne). 502 Gakutaro Osawa: Das Maxillare superius, Maxillary (Günther) (Fig. 8 M) ist ein in die Länge gezogener Knochen. Mit dem vorderen Ende stösst es an das Praemaxillare und liefert zugleich die untere Begrenzung der Nasenhöhle. Nach hinten erstreckt es sich in Form einer horizontalen Spange und ist mit dem Jugale inferius verbunden; es berührt aber auch das Jugale superius und Transversum. Die mediale Seite tritt mit dem Jugale inferius Palatinum und dem unteren Ende des Praefrontale in Verbin- dung und bildet einen Theil des Bodens und des unteren Randes der Orbita. Am vorderen Drittel der ganzen Länge des Knochens erhebt sich ein kurzer aber breiter Fortsatz nach oben und kommt nit dem Nasale und Praefrontale in Berührung. Er heisst Pro- cessus frontalis (fr) und liefert mit seinem vorderen Rand die hintefe Umgrenzung der Nasenhöhle und mit dem hinteren die vordere des Thränennasenganges. Der Körper des Maxillare superius ist ferner an der Aussenseite mit zahlreichen Oeffnungen () versehen, welche zum Austritt der Rami- eutanei nervi alveolaris superioris dienen. Der ventrale Rand ist mit einer Reihe von grösseren und kleineren Zähnen versehen und begrenzt mit seinem vorderen Abschnitt die Choanenöffnung von der lateralen Seite her. Der Vomer!) (Günther) (Fig.9 V). Die beiderseitigen Knochen treten mit ihren medialen Rän- dern in der Mittellinie des Mundhöhlendaches zusammen und bilden dadurch den vorderen Theil des letzteren. Jeder Vomer stellt in seiner Form ein längliches Dreieck dar, dessen vorderer spitzer Winkel nach der Schnauzenspitze sieht und an das Praemaxillare stösst, während die Basis des Dreieckes hinten mit dem Palatinum und Pterygoid in Verbindung tritt. Mit der lateralen, mässig eoncaven Seite bildet der Knochen die mediale Umgrenzung der Choanen- öffnung (ch). Hier erhebt sich dorsalwärts ein kleiner haken- förmiger Fortsatz, an welchem ein kleiner halbkreisförmiger Kno- chen bindegewebig angebunden ist. Dieser Knochen ruht zum 1) Ueber die Vomer-Bezahnung siehe meine Eingangs erwähnte Arbeit: „Beiträge zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punc- tata.“ Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 509 anderen Theile auf dem Maxillare superius und hilft den Boden der Nasenhöhle mitbilden. Ich bin geneigt, den betreffenden Knochen als Turbinale zu deuten. Das Palatinum (Günther) (Fig. 9 Pal). ist ein länglieh viereckiger platter Knochen. Er liegt zwischen dem Vomer und dem Pterygoid einerseits und dem Maxillare superius andererseits und hilft die hintere Umgrenzung der Choa- nenöffnung bilden. Am lateralen Rande trägt er eine Reihe von Zähnen und verbindet sich nach hinten, stielartig ausgezogen, mit dem Transversum und Pterygoid. An dieser Ecke findet man eine kleine Oeffnung Foramen palatinum (pal). Das Tranversum, Eetopterygoid (Günther) (Hi228, 9 Tr): ist ein kleiner Knochen, welcher am hinteren Ende des Mund- daches quer hinüberzieht und die Verbindung des Palatinum und des Pterygoids einerseits und des Jugale inferius und des Maxillare superius anderseits vermittelt. Etwa von seiner Mitte schiekt er einen absteigenden Fortsatz aus, welcher sich mit dem Pterygoid verbindet. Derselbe dürfte nicht dem Pterygoid zugerechnet werden; denn er hängt mit dem Tranversum ohne jede Spur einer Naht fest zusammen, während eine solche zwischen ihm und dem Pterygoid deutlich nachweisbar ist. Das Pterygoid (Günther) (Fig. 8, 9 Pi). stellt einen verhältnissmässig grossen Knochen dar, welcher in einen hinteren soliden Stiel und zwei vordere schwächere Fort- sätze zerfällt. Der eine Fortsatz liegt medial und sieht wie ein lanzett- förmiges Blatt aus. Vorne stösst er an den Vomer und lateral- wärts an das Palatinum, während er medialwärts mit dem Gegenstück der anderen Seite in der Medianlinie des Mundhöhlen- daches zusammentrifft. Der zweite viel kleinere Fortsatz ist lateralwärts gerichtet und verbindet sich mit dem Processus des- cendens des Transversum. Der solide Stiel (Pt') des Pterygoides verlängert sich nach hinten und stösst an die Columella und das Quadratum sowie an den Processus pterygoideus des Basisphenoids. Die Uebergangsstelle des Stieles in den medialen blattförmigen 504 Gakutaro Osawa: Fortsatz des Pterygoids weist an dem medialen Rand einen halb- mondförmigen Ausschnitt auf, welcher mit demjenigen der anderen Seite eine birnförmige Lücke Ineisura pyriformis einschliesst. Hier hat das Dach der Mundhöhle also einen Defeet, durch wel- chen man direct das Parasphenoid sieht. Das Septum interorbitale (Fig. 8 Sep). lässt sich schwer beschreiben. Es stellt eine etwa quadratische Platte dar, welche sich dorsal im zwei Lamellen spaltet und sich an die ventrale Fläche des Frontale anlegt, um so einen grossen Kanal für den Olfactorius zu bilden. Ventral endet es mit einem verdiekten Rand und ist durch das Parasphenoid so- wie dessen vordere Fortsetzung verstärkt. Nach vorne setzt sich das Septum interorbitale in das Septum narium continuirlich fort; nach hinten dagegen hängt es mit der membranösen Hirn- kapsel zusammen. Es ist fast vollständig knorpelig. Am vor- deren Ende des Knorpels, direkt hinter der Nasenkapsel entspringen die beiden Museculi obliqui und vor dem Ursprung des Obliquus superior bleibt eine Oeffnung, Foramen ethmoidale, durch welche der N. nasalis trigemini in die Nasenhöhle eintritt. Nahe am hinteren Rande des knorpeligen Septums ist eine membranöse Stelle bemerkbar, hinter welcher sich dann der Ursprung des M. rectus medialis befindet. Die laterale Hirnkapsel (Fig. 8) ist etwa zur Hälfte membranös. In ihr ist ein Knorpel in Form eines schräg gestellten 77 eingelagert; die beiden Schenkel ober- halb des Querbalkens sind mit dem Interorbitalknorpel verbunden, während der vordere Schenkel (d. h. der gegen die Mundspitze zu liegende) unterhalb des Querbalkens mit dem Praesphenoid und der hintere mit dem Basisphenoid in Zusammenhang steht. Durch diese Verbindung entstehen hier zwischen den Knorpeln drei membranöse Stellen. Die eine liegt zwischen den beiden oberen Schenkeln des M-Knorpels und dem hinteren Rand des Interorbitalknorpels, während die zweite zwischen dem letzteren und dem vorderen unteren Schenkel und die dritte zwischen den beiden unteren 77-Schenkeln ihren Sitz hat. In der zweiten findet man eine grosse Oeffnung (Op) für den N. optieus und in der dritten von oben nach unten jeweils eine solche für den N. tro- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 505 ehlearis und den N. oculomotorius sowie für ein Blutgefäss, wel- ches den Sinus cavernosus mit den Blutgefässen an der Schädelbasis in Communication setzt. Auch der Abducens erscheint an dieser Stelle. Der hintere Schenkel des 77-Knorpels ist aussen von der Columella (Col) überdeekt und zwischen diesen beiden Ge- bilden laufen der erste Trigeminusast und der Ram. palatinus facialis nach vorn. Hinter der Columella und vor dem Prooticum ist wieder eine membranöse Stelle (önc) zu finden, welche die übrige grössere Portion des Trigeminus austreten lässt. Die Deutung des knorpeligen Interorbitalseptums wie des H-Knorpels der lateralen Hirnkapsel ist noch nicht ermittelt; mit Rücksicht auf die Lage sowie auf die Beziehungen zu den Weichtheilen, vor allem zu den Nerven könnte man wohl das erstere. dem Ethmoid zurechnen und im letzteren die Elemente des Orbito- und Alisphenoid erblicken. Was nun endlich die Columella (Col) (Günther) be- trifft, so stellt sie bei der Hatteria einen flachen hantelför- migen Knochen dar, dessen oberes verbreitertes Ende in der membranösen Hirnkapsel zum Theil frei endet, zum Theil mit einem querlaufenden Fortsatz des oberen F7-Schenkels verbunden ist, während das basale direkt mit der Masse des Pterygoid nnd mittelst eines Zwischenknorpels auch mit dem Quadratum zu- sammenhängt. Die Morphologie dieses Knochens ist noch nicht festgestellt. Baur!) glaubt, in ihm das Alisphenoid zu finden. Aus dem Verhalten zu dem hinteren Schenkel des oben genannten H-Knorpels sowie zu den an ihm vorbeiziehenden Nerven nehme ich auch an, dass er zum Alisphenoid wenigstens in einer nahen Beziehung steht. Betrachtung des Schädelsals Ganzes (Fig. 6, 3). Der Schädel besitzt ungefähr die Form einer nach vorn zugespitzten Pyramide. Die der Basis entsprechende Oeceipital- gegend ist durch das grosse Foramen oceipitale (Fig.6 F), an dessen Bildung drei Arten der Oceipitalia gleichmässig sich _ betheiligen, charakterisirt. Der ventrale Umfang des Foramen oceipitale ist zum unpaaren Öondylus oceipitalis verdickt und dieser articulirt mittelst einer elliptischen Gelenkfläche mit 1) Zoolog. Anz. Nr. 246, 1886, 506 Gakutaro Osawä! dem ersten Halswirbel. Der Condylus wird zum grossen Theil durch das Basioceipitale (5o) und zum kleineren durch die bei- den Pleuroceipitalia (Pl) gebildet. An dem lateralen Umfang des Foramen oceiptitale liegen die beiden Pleuroceipitalia und lateral daran schliessen sich die Opisthotica (Op), welche mit ihrem überknorpelten Ende lateralwärts an das Squamosum (Sg) und Quadratum (Q) grenzen. Ueber dem Foramen oceipitale hat das Supraoceipitale (So) seinen Sitz und vor diesem kommen die paarigen Parietalia (P), welche mit ihren lateralwärts gebogenen hinteren Enden auch mit dem Sqamosum sich verbinden, während sie nach vorn mit der Frontalia (Fig. 8 Fr) und der Postfron- talia (Pf) zusammenstossen. Mit den Frontalia bilden sie dann die dorsale Schädelwand mit dem grossen unpaaren Fo- ramen parietale. Nach vorn von den Frontalia liegen die beiderseitigen Nasalia (N) und vor diesen die Spitze der Pyra- mide bildenden Praemaxillaria (Pm). Lateral und etwas nach vorn von den Frontalia sieht man die Praefrontalia (Prf), welche einerseits den vorderen oberen Orbitalrand bilden helfen und andererseits den Canalis lacrymalis (7g) von der hinteren und medialen Seite her begrenzen. Seitlich im Bereich des hinteren Schädelabschnittes liegt das grosse Squamosum (Sg), welches hinten mit dem Opistho- ticum (Op), Quadratum (Q) und Tympanicum (Zy), nach vorn aber mit dem Jugale superius (J. s.) und in- ferius (J. i.) sich verbindet und durch Bildung des Arcus jugalis superior und inferior die Fossa tempo- ralis umgrenzen hilft. Das Jugale superius stösst dorsal an das Postfrontale und das Jugale inferius an das Maxillare supe- rius (M) an, wodurch der hintere Orbitalrand gebildet wird. Von dem Jugale inferius erstreckt sich das Maxillare su- perius nach vorn, um das Praemaxillare (Pm) zu erreichen und somit der Orbita, dem Canalis laerymalis, sowie der Nasen- höhle theilweise als Boden resp. als unterer Rand zu dienen. Das Maxillare superius bildet ferner durch seinen Processus fron- talis (fr) die vordere Wand des Thränennasenkanals und die hintere Wand des vorderen Nasenhöhleneingangs. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punetata. 507 Fossa temporalis (Fig. 3). So nenne ich den Raum, welcher nach vorn durch das Postfrontale (Pf), beide Jugalia (J. s., .J. @.) sowie durch das Pterygoid (Pt) und das Transversum (7r) nach hinten durch das Squamosum (Sg) und Quadratum (Q), lateral durch die beiden Joch- bögen begrenzt wird und welche medianwärts von der Schädel- wand mit der Columella (Col), sowie einem Theil der Gehör- kapsel, ferner vom Pterygoid (Pt) und dem Quadratum begrenzt wird. Der ganze Raum ist von den Kaumuskeln eingenommen, communieirt nach vorn mit der Augenhöhle und geht nach hinten durch das Foramen Parieto-quadratum, Cope (P. q.) in die Regio oceipitalis über. Lateral findet man zwei quadratische Fenster, von denen das eine oberhalb des Arcus jugalis superior liegt und von ihm sowie vom Squamosum, Parietale und Post- frontale begrenzt wird, während das andere zwischen den bei- den Arcus jugales erscheint. Die mediale Wand der Fossa temporalis ist schon oben bei der lateralen Hirnkapsel zum grössten Theil erwähnt. Hinter letzterer stösst man an die höckerige Gehörkapsel (Pro), welche durch eine Spalte von dem ventral liegenden Quadratum getrennt ist. In der betreffenden Spalte liegen der Haupt- stamm des Faeialis und der obere Theil des Plexus pharyngeus, welchen ich schlechthin als Plexus tympanicus bezeichnen will, und durch die Spalte steigt die Art. temporalis mit dem sie be- gleitenden sympatbischen Nerven nach vorn und aufwärts empor. Die dorsale Gehörkapsel (Fig. 7) wird wesentlich vom Prooticum (Pro), Supraoceipitale (So), Opi- sthoticum (Op) gebildet und zum kleinsten Theile auch vom Pleuroceipitale (Pl). Die drei erstgenannten Knochen nehmen aber gleichen Antheil an der Bildung der Kapsel, werden durch eine dreistrahlige (Y') Naht von einander getrennt, und zwar so, dass das Supraoceipitale dorsal liegt, während das Prooticum vorn ventral und das Opisthotieum hinten ventral ihren Sitz haben. Den Nähten zum Verwechseln ähnlich sind die Stellen, welche den drei Bogengängen entsprechen und papierartig trans- parent erscheinen. Das von Baur (19) erwähnte Epiotieum, lässt sich nielft finden. Es versteht sich von selbst, dass ein 508 Gakutaro Osawa: durch die durchscheinenden Bogengänge begrenztes Knochen- stück nicht für ein solches Gebilde gehalten werden darf. Die Augenhöhle (Fig. 8) ist nach hinten durch das Postfrontale (Pf) und Jugale superius (J. s.) von der Temporalgrube abgegrenzt und stösst vorn an die Nasenkapsel (Nk). Die mediale Wand wird zum grössten Theil vom Septum interorbitale (Sep) und zum kleineren auch vom vorderen Abschnitt der Hirnkapsel gebildet. Die Einzel- heiten sind oben in den betreffenden Abschnitten geschildert; es bleibt nur noch über die Ursprünge der Augenmuskeln Eini- ges nachzutragen. An der Basis des vorderen Schenkels des H-Knorpels nämlich ist die Ursprungsstelle des Reetus superior sichtbar, an welche sich weiter abwärts bis zur Basis der Columella hin diejenige des Reetus inferior und late- ralis sowie des Retraetor bulbi anschliessen. Der Boden der Augenhöhle besteht wesentlich aus dem Vomer und Pala- tinum, wird aber zum kleineren Theil auch vom Maxillare superius (M), Jugale inferius (J. i.) sowie vom Pterygoid (Pt) und Transversum (Tr) ergänzt. Am hinteren Abschnitt des Palatinum erkennt man eine kleine trichterförmige Grube, Fossa palatina, welche das Ganglion palatinum aufnimmt und durch den kleinen Canalis palatinus (Fig. 9 pal) ab- wärts in die Mundhöhle führt. Weiter lateral im Gebiet des Jugale inferius findet sich eine kleine Oeffnung (z. £.) für den N. subeutaneus malae, vor dieser am hinteren Ende des infraorbitalen Abschnittes vom Maxillare superius eine solche für den N.alveolaris superior posterior und ganz vorn an der Basis des Praefrontale eine grössere für den N. infra- orbitalis. Etwa in der Mitte des Palatinum sind ferner zwei ganz kleine Foramina für die Rami dentales palatini zu sehen, und endlich am vorderen medialen Winkel des Infraorbi- talbodens zwischen der Nasenkapsel und dem vorderen Ende des Palatinum ein grösseres für den N. palatinus. Die vordere Wand der Orbita wird durch die Nasenkapsel (N%k) und das Praefrontale (Prf) gebildet, an dessen Basis der Thränenkanal (Tg) sich öffnet. Das Praefrontale ‘ergänzt mit seinem dor- salen Theil das Dach und den oberen Orbitalrand, welche beide im übrigen vom Frontale (Fr) und Postfrontale (Pf) gebildet werden. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 509 Die Nasenhöhle (Fig. 8, 9). Die beiderseitigen Nasenhöhlen sind durch das Septum na- rium, die vordere Fortsetzung des Septum interorbitale vollständig von einander getrennt. Eine jede wird vom Nasale (N) und Praefrontale (Prf) überdacht und schliesst sich nach hinten gegen die Augenhöhle durch die knorpelige Kapsel (N%k) und einen Theil des Praefrontale ab. Der Boden wird zum Theil vom Vomer (Fig. 9 V) gebildet, zum Theil in eine langelliptische Oeffnung, die Choane (Ch), verwandelt, welche dann vom Praemaxillare, Maxillare sowie vom Palatinum und Vomer umgrenzt wird. Die äussere Oeffnung (NA) der Nasenhöhle ist oval und wird vorn vom Praemaxillare, oben vom Nasale sowie unten und hinten vom Körper und dem Processus frontalis des Oberkiefers um- geben. Die Sehädelhöhle. Der relativ kleine Schädelraum wird dorsal vom Supra- oceipitale, Parietale sowie Frontale überdacht. Als Boden dienen das Basioceipitale, Basisphenoid und Praesphenoid, welche alle nach innen gegen den Schädelraum ceoncav sind. Zwischen Basioceipitale und Basisphenoid sieht man die Fossa cochlearis. An der vorderen lateralen Ecke des Basisphenoid findet man eine kleine Oeffnung für den Abducens, etwas medial und vorn an der Grenze zwischen Basisphenoid und Praephenoid eine etwas grössere für die Communication des Sinus cavernosus nach aussen und weiter vorn im Gebiet des Präsphenoid die schmale Fossa hypophysea. Die laterale Wand der Schädelhöhle wird in der hinteren Hälfte vom Pleuroceipitale, von der knorpeligen Ohrkapsel sowie vom Supraoceipitale und Prooticum gebildet, während die vordere Hälfte aus jener fibrösen Membran mit dem schon öfter genannten Z7-Knorpel besteht. Im Gebiet des Pleur- oceipitale liegen die beiden Foramina hypoglossa und vor diesen zwischen dem eben genannten Knochen und dem Basi- occipitale sowie der knorpeligen Ohrkapsel das Foramen ju- gulare Siebenrock. An der knorpeligen Ohrkapsel findet sich eine grössere Oeffnung für den hinteren Ast des N. acu- stieus und vor dieser, im Gebiet des Prootieum, eine solche für den vorderen Ast des genannten Nerven. Dorsal davon an der Grenze gegen das Supraoeeipitale ist eine viel kleinere Oeff- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 34 510 Gakutaro Osawa: nung vorhanden, welche in das Labyrinth hinabführt, Aquae- duetus vestibuli. In der Ineisura otosphenoidea findet man die Austrittsöffnung des Trigemmus, weiter vorn zwischen den beiden Schenkeln des F7-Knorpels diejenige für den Trochlearis, Oculomotorius und ganz vorn das Foramen opticum. Die Schädel- höhle setzt sich nach vorn in den Canalis olfactorius fort, wel- cher, wie bereits geschildert wurde, von den beiden Lamellen des Interorbitalseptums und vom Frontale begrenzt wird, weiter- hin dann die Nasenkapsel erreicht und hier mit eimer Erweite- rung endet. Ventrale Fläche des Schädels (Fig. 9). Zu hinterst bemerkt man das Basioceipitale (30) mit seinem unpaaren Gelenkkopf, vor diesem zwei kleinere seitliche Fortsätze, an welche die beiden hinteren flügelartigen Fortsätze des Para- sphenoid zur Bildung der Tubereula spheno-oceipitalia Siebenrock (Sph. oc.) sich anlegen. Das Parasphenoid (Pasph) deckt den mittleren Theil der ventralen Fläche des Basisphenoid (Bsph) und verlängert sich entlang dem ventralen Rande des knorpeligen Praesphenoids spiessartig nach vorn, bis es mit einem Faserstreifen das Nasenseptum erreicht. Am Ueber- gang der verbreiterten Basis in die spiessartige Verlängerung des Parasphenoids ragen die beiderseitigen Processus pterygoidei (pt) des Basisphenoid hervor, um sich mit dem hinteren verdickten Abschnitt des Pterygoids (Pt’) zu vereinigen. An den Seiten des Basioceipitale sieht man das Opisthoticum, vor diesem die knorpelige Ohrkapsel (Ohr) mit dem lateralwärts sich erstreekenden Stapes (St) und weiter lateral, durch eine kleine Spalte getrennt, das Quadratum (Q). Die Spalte lässt den N. facialis und mit ihm die Fasern des Plexus tympanicus sowie die Arteria temporalis durchtreten. Das Quadratum ist vorn an das Pterygoid (Pr) und die Columella geknüpft und weist hinten eine sattelförmige Gelenkfläche für den Unterkiefer auf. Vor demselben liegt das Tympanicum (7), welches sich nach vorn mit dem Jugale inferius (J. &.) in Verbindung setzt und den Areus jugalis inferior bildet. Das Jugale inferius stösst nach vom an das Maxillare superius (M) und dieses an das Prae- maxillare (Pm), welch beide Knochen mit ihren bezahnten Rän- dern die laterale und vordere Umwallung des Mundhöhlendaches Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 511 liefern. Die ganze Länge des Quadratum und des Arcus jugalis inferior schliesst von hinten und lateral eine Lücke ein, welche durch das vorn und medial liegende Transversum (Tr) und das Pterygoid (Pt) zu einem grossen Loch ergänzt wird. Vom vor- deren Rand desselben ragen der Processus desecendens des Trans- versum und das Pterygoid hinten abwärts hervor und verleihen dem Loch, welches gänzlich von den Kaumuskeln eingenommen wird, eine herzförmige Gestalt. Vor dem vorderen Ende des Quadratum liegt das Ptery- goid, und von diesem gehen dann das Palatinum (Pal) und der Vomer (V) nach vorn. Das erstere nimmt seine Lage lateral vom Vomer und Pterygoid. Sein hinteres Ende begrenzt mit dem Tronsversum eine kleime dreieckige Oeffnung, welche durch eine derbfaserige Membran verschlossen ist. Medial davon existirt noch eine kleinere Oeffnung, Foramen palatinum (pal). Nach vorn erreicht das Palatinum die Choane (Ch) und bildet deren hinteren Abschnitt, lateralwärts sieht es dann mit dem be- zahnten Rand gegen das Maxillare superius, wird aber von die- sem mit Ausnahme seines vorderen kleinen Abschnittes durch eine schmale, von der Mundschleimhaut ausgefüllte Spalte ge- trennt. Das Pterygoid weist am medialen Rande einen seichten Ausschnitt (py) auf, welcher mit seinem Gegenstück eine läng- liche, spindelförmige, nach hinten offene Lücke erzeugt. Letz- tere entspricht ungefähr der Stelle, wo bei den höheren Thieren die Choanen münden, ist aber vollständig membranös verschlossen und lässt keine nähere Beziehung zur Nasenhöhle erkennen. Der Vomer liegt weiter nach vorne als das Palatinum und das Ptery- goid und grenzt an den hinteren Rand des Praemaxillare, mit welchem es die vordere sowie den grösseren Abschnitt der me- dialen Cireumferenz der Choane bildet. Die letztere mündet ganz vorn am Munddach. Dieses Verhalten weist darauf hin, dass sich die Hatteria mehr an die Amphibien anschliesst als an die Schildkröten und Crocodile, bei denen bekanntermaassen unter starker Entfaltung eines harten Gau- mens die Choanenöffnungen weit nach hinten gerückt sind. Zur Morphologie der Schläfengegend. In seiner ausführlichen Abhandlung über die Morphologie der Schläfengegend hat Gaupp (116) auch den Schädel der 512 Gakutaro Osawa: Hatteria mit in Betracht gezogen und das Vorkommen eines Squamosum bei diesem Thier in Abrede gestellt. Der von den früheren Autoren dafür gehaltene Knochen entspricht nach Gaupp also einem von ihm so genannten Paraquadratum und das Quadrato-Jugale Aut. wird von ihm mit Qua- drato-maxillare bezeichnet und dem gleich benannten Knochen der Anuren homolog gehalten. Um etwaigen Missver- ständnissen vorzubeugen, gebe ich seine Worte hier wieder (S. 107): „Was zunächst den ersterwähnten Knochen (= Squa- mosum) anlangt, so glaube ich, in demselben ein Paraqua- dratum sehen zu müssen, imdem sich gewisse Eigenheiten des Paraquadratums der Schildkröten und Saurier combinirt vor- finden. Wie bei den Schildkröten, deckt es auch bei Hatteria das mit dem Schädel unbeweglich verbundene Quadratum in grosser Ausdehnung; als Saurier-Eigenthümlichkeit ist dagegen seine Verbindung mit dem Parietale, analog der bei Uromastix und den Chamaeleonen, und die dadurch zu erklärende Verdrän- sung des Squamosums zu bezeichnen. Wo das letztere bei Hat- teria zu suchen ist, ist im Augenblick noch nicht zu sagen... ..... Dass aber überhaupt eine Deutung in diesem Sinne zu erfolgen hat, und nicht in jenem Deckknochen ein Squamo- sum zu sehen ist, folgt mit ziemlicher Sicherheit aus der sonsti- gen Organisation der Hatteria, die dieses Reptil (vor allem durch den Besitz der Columella) den Lacertiliern näher stellt, als den übrigen jetzt lebenden Ordnungen ..... E Mit dieser Auffassung Gaupp’s kann ich leider nicht übereinstimmen. Was zunächst denjenigen Knochen anbetrifft, den ich Squamosum genannt habe, so geht er dorsal mit dem Parietale eine innige Verbindung ein, und berührt ventralwärts auch den dorsalen Theil des Quadratums, wird aber im übrigen durch das von mir so genannte Tympanicum (=das Qua- drato-Maxillare Gaupp) vom ersteren getrennt. Zwar liegt der betreffende Knochen dorsalwärts vom Quadratum, sein grösserer Theil ist aber durch einen sehr weiten Raum von die- sem getrennt, so dass man nicht gut sagen kann, dass er das Quadratum in grosser Ausdehnung deckt, wie Gaupp angegeben hat. Ausserdem liegt er an der Grenze zwischen der Oceipital- und Temporalgegend und dient hinten zum Ursprung des M. pa- rieto-mandibularis und vorn zu demjenigen des M. Tem- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 513 poro-massetericus. Die zum Kopf gehenden Nerven und Gefässe liegen ventral von ihm und dorsal vom Quadratum. Ein soleher Knochen könnte schwerlich für das Paraquadratum Gaupp’s gehalten werden, und um so mehr, wenn das letztere nach der Ansicht des genannten Forschers wahrscheinlich das Tympanicum der Säuger vertreten sollte. Ich möchte also den betreffenden Knochen für ein Squamo- sum erklären. Auch Baur (37), der wohl die starke Re- duction des Squamosum bei den Squamata anerkennt, leugnet sein Vorkommen bei der Hatteria keineswegs. Entspräche also das Paraquadratum Gaupps m Wirklichkeit dem Squamosum, so würde es sich fragen, wo der dem ersteren entsprechende Knochen zu suchen ist. Als sol- ches dürfte meiner Ansicht nach das Quadrato-Jugale Baur oder das Quadrato-Maxillare Gaupp in An- spruch genommen werden. Schon Baur (37) hebt hervor, dass die von Gaupp betonte Verbindung des genannten Knochens mit dem Maxillare nichts mit der Frage, ob es ein Qua- drato-Jugale (d.h. Paraquadratum im Sinne Gaupp’s) oder Quadrato-Maxillare (=das Quadrato-Maxil- lare der Anuren) sei, zu thun habe, weil eine Verbindung des Quadrato-Jugale Aut. (Paraquadratum Gaupp) mit dem Maxillare ausser bei Scaphognath (Pterosauria) auch bei den Vertretern der 4 Familien der Schildkröten vor- komme. Ich möchte auch noch hervorheben, dass speciell bei der Hatteria der betreffende Knochen nicht bloss die ein- fache Verbindungsbrücke zwischen Quadratum und Maxillare darstellt, sondern dass er auch, wie oben zum Theil erwähnt, mit seiner Spitze zwischen Quadratum und Squamosum eindringt und diese beiden Knochen an ihrer ventralen Hälfte von ein- ander getrennt hält, so dass die Verbindung zwischen Quadra- tum und Maxillare eher eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Dazu kommt noch, dass er für die Membrana tympani eine wesentliche Anheftungsstelle gewährt. Bei dieser Sachlage wird man, meine ich, kaum fehlgehen, wenn man in dem genannten Knochen das Homolo- eonv.des Lympanıcum.der Säuger erblicken wollte. Man braucht sich nur eine starke Reduction des Quadratums und eine gleichzeitige Lageveränderung desselben 514 Gakutaro Osawa: sowie des genannten Knochens (Tympanicum) medianwärts gegen die Gehörkapsel vorzustellen, so kommt das bekannte Verhalten bei den Säugern von selbst zu Stande. Alsdann müsste die von Gaupp für den betreffenden Knochen vorgeschlagene Be- zeichnung „Quadrato-Maxillare* fallen gelassen und an deren Stelle „Paraquadratum“ gesetzt werden, wenn dasselbe dem Tympancium der Säuger vollständig gleich sein sollte. Ich möchte aber schlechtweg vom Tympanicum reden und komme somit zu der Behauptung, dass bei der Hatteria sowohl das Squamosum als auch das Tympanieum vorkommt, das Quadrato-Maxil- lare im Sinne Gaupp’”s aber fehlt. Es fragt sich nun, ob ich mit dieser Behauptung auch der Beziehung der Hatteria zu den Lacertiliern und Amphibien ge- recht werden kann, denn Gaupp sagt (S. 108): „Wollte man aber in dem grossen Deckknochen bei Hatteria (damit das Squamosum gemeint) statt emes Paraquadratums ein Squamosum sehen, wie es bei den Crocodilen in ähnlicher Beziehung zum oberen Jochbogen vorhanden ist, so würde dies die Herleitung des Lacertilier-Schädels aus dem einer Hatteria- ähnlichen Form direet zur Unmöglichkeit machen, und damit Alles, was bisher über die Verwandtschaft der Reptilien unter einander ermittelt ist, erheblich alteriren, zugleich auch als ein einziges Beispiel für ein starkes Uebergreifen des Squamosum auf das Quadratum da stehen.“ Gaupp legte zur Betrachtung der Schläfengegend drei Knochen, welche er 1. als Squamosum, definirbar als Be- legknochen des äusseren Ohrkapsel-Umfanges, 2. als Para- quadratum, definirbar als Belegknochen auf der Aussen- fläche des Quadratums und 3. als Quadrato-Maxillare, die knöcherne Brücke zwischen dem Gelenkende des Quadra- tums und dem Maxillare bezeichnet, zu Grunde. Offenbar scheint ein embryologischer Befund bei einer Froschlarve ihn veranlasst zu haben, einen neuen Knochennamen, „Paraquadratum“ in die vergleichende Osteologie einzuführen. Wir finden aber bei den meisten recenten Wirbelthiertypen, von Amphibien an bis zu den Säugern, in der Schläfengegend nur zwei Knochen; wenigstens hat Gaupp selbst keine recente Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 515 Thierform angegeben, bei welcher alle drei von ihm genannten Knochen nachweisbar wären. So fehlt bei Anuren und Hat- teria das Squamosum, bei den Vögeln das Para- quadratum und bei den Reptilien und Säugern das Quadrato-Maxillare. Es will mir deswegen naturge- mässer erscheinen, dass man an zwei Knochen in der Schläfen- gegend festhält und sie bei den einzelnen Wirbelthieren vergleicht, und ich sehe auch keine Schwierigkeiten, wenn man bei all den genannten Thieren den einen dorsal liegenden Knochen, welcher zu der Ohrkapsel und dem Schädel eine Beziehung hat, als Squamosum und den zweiten, ventralen, mehr dem Quadra- tum angehörenden als Tympanicum bezeichnet. Durch diese Betrachtungsweise bleibt nicht nur die Ver- wandtschaft der Hatteria zu den Lacertiliern erhalten, sondern es können auch die Schädel sämmtlicher Wirbelthierreihen auf einen gemeinsamen Bauplan zurückgeführt werden. Einen als Paraquadratum anzuführenden Knochen braucht man dann nirgends mehr zu suchen; ja ich möchte noch die Frage stellen, ob diejenigen Knochen, welche Gaupp beim Frosch als Qua- drato-Maxillare und Paraquadratum erklärt, viel- leicht anders gedeutet werden können? Was zunächst das Quadrato-maxillare anlangt, so sei vor allem erwähnt, dass die Verbindung des betreffenden Knochens mit dem Oberkiefer, welche nach Gaupp ein wichti- ges Merkmal des Quadrato-maxillare sein soll, seeundärer Natur ist, und dass er vielmehr mit dem Quadratum eine innige Verbindung eingeht, indem sein hinteres Ende in das Perichon- drium des Quadratums übergeht, auf das dann später auch die Verknöcherung sich fortsetzt. Dies würde auch an die Angabe Hertwig’s!) erinnern, wonach das Tympanicum der Säuger im Bindegewebe nach aussen von dem Hammer und dem Meckel’- schen Knorpel entstehen soll. Wenn nun in dem Quadrato-maxillare der Anuren ein Homo- logon des Tympanicum gefunden wäre, so müsste der als Para- quadratum bezeichnete Knochen dieses Thieres anders gedeutet werden. Meiner Ansicht nach dürfte er dann wohl als Squamo- sum angesehen werden. Dafür spricht die nähere Beziehung zur 1) Hertwig, Lehrbuch der Entw.-Geschichte des Menschen und der Wirbelthiere. 2. Aufl. Jena 1888. 516 Gakutarh Osawa: Ohrkapsel sowie zur Schädelwand, ferner zum Jochbogen mittelst des Processus zygomatiecus, Gaupp. Auch sei erwähnt, dass die Fortsetzung seiner Verknöcherung nach vorn und abwärts in einen Zug verdichteten Gewebes übergeht, welches an der äusseren Seite der Kaumuskeln liegt. Der einzige Punkt, der anscheinend gegen die genannte Behauptung spricht, ist der, dass der Knochen zum Quadratum in einer innigen Beziehung steht, so dass sein ventrales Ende mit diesem am Gelenktheil desselben vereinigt ist. Dass das Squamosum weit herabreicht, ist aber keine seltene Erscheinung. Wie wir oben gesehen haben, ist es bei der Hatteria der Fall, und auch bei dem Crocodilschädel bleibt das ähnliche Verhalten bestehen, sodass man sich den direeten Uebergang der Formen von den Anuren zu der Hatteria und zu den Crocodilen vorstellen könnte. Mittelst meiner oben erwähnten Annahme wird auch die Bildung des Jochbogens auf ein einheitliches Prineip zurückge- führt und dem Verständniss leichter zugänglich gemacht. Gaupp unterscheidet in Bezug auf die Schädelform drei Typen, welche sich als stegocrotaph d. h. mit bedeckten Schläfen, zygocrotaph, mit Jochbogen, und gymnocro- taph mit ganz freien Schläfen bezeichnen lassen. Von diesen drei soll der erste als der primitive gelten, aus welchem dann alle anderen sich herleiten lassen. Die zygocrotaphen Schädel, mit welchen wir uns hier speciell beschäftigen, entständen dadurch, dass die knöchernen Elemente an Ausdehnung und auch an Zahl redueirt würden. So sollen zunächst die dizygocrotaphen ent- stehen, welche den Crocodilen, Rynchocephalen und manchen fossilen Reptilien zukommen und durch die Re- duction des einen oder des andern Bogens, dann die monozygo- crotaphen Schädel hervorgerufen werden. So besässen die Anuren und Vögel monozygocrotaphe Schädel mit nur einem unteren Bogen, während bei manchen Tritonen, den meisten Sehild- kröten, Sauriern und Säugern die Monozygoerotaphie mit nur einem oberen Bogen nachweisbar wäre. Auch Baur geht bezüglich des Jochbogens von den älte- sten Amphibien, den Stegocephalen aus, denkt aber über den Entstehungsmodus desselben insofern anders, als er so- wohl den einfachen wie auch den zweifachen Jochbogen jeden für sich aus einer primitiven Form hervorgehen lässt. So bleibt Beiträge zur Anatomie der Hatteria punetata. 517 der Bogen in einem Falle einfach, verschmälert sich aber mehr und mehr und kann selbst redueirt werden. Demnach entspricht diese Art des Bogens, welche bei Testudinaten, Mamma- lien u.a. vorkommt, dem ganzen Knochencomplex der Stego- eephalen. Im zweiten Fall bekommt der Bogen eine Oeff- nung und differenzirt sich auf diese Weise in einen oberen und einen unteren, wie bei Crocodilen, Rhynehocephalen. Man kann nicht entscheiden, wer von Beiden Recht hat, ich möchte aber mit Baur, an den auch Cope (66) sich an- schliesst, annehmen, dass der einfache Bogen der Säuger dem ganzen Knocheneomplex der Stegocephalen und, was Hatteria betrifft, den beiden Bögen entspricht, ohne dass also der ein- fache Bogen, wie Gaupp annimmt, durch die Reduction des einen oder anderen Bogens entsteht. Gaupp hebt hervor, dass die Thatsache, dass der obere Jochbogen der Crocodile und der Jochbogen der Säuger an das Squamosum befestigt ist, zur Annahme berechtige, die beiden Gebilde für homolog zu halten, weil da, wo überhaupt ein zweiter Bogen besteht, der- selbe stets zwischen dem Maxillare und dem Quadratum ausge- spannt sei. Dies trifft aber bei der Hatteria nicht ganz zu. Sowohl der obere als der untere Bogen ist hinten mit dem Squa- mosum verbunden, obwohl die Betheilung des Tympanicum (oder Quadrato-maxillare v. Gaupp) freilich nieht ausgeschlossen ist, insofern nämlich, als dieses mit seinem vorderen Theil einen hinteren Abschnitt des Jugale erreicht und eine Brücke formirt. Eine andere Stütze für das letztere wird aber dem Squamosum über- tragen. Ob diese Verlagerung des unteren Bogens eine secundäre ist, ob also die Annahme erlaubt ist, dass der Bogen ursprünglich wie bei Anuren und Vögeln zwischen Tympanieum resp. Quadrato- maxillare einer- und Jugale resp. Maxillare andrerseits sich er- streekte, mag dahin gestellt bleiben. Jedenfalls dürfte man aber den unteren und nieht den oberen Bogen mit dem Jochbogen der Säuger parallelisiren, ja Gaupp selbst bemerkt, dass die Lage des unteren Bogens mehr dem Verhalten der Säuger ähnele. Von Wichtigkeit erscheint mir auch der Umstand, dass das Fora- men zygomatico-temporale, welches der N. subcutaneus malae des zweiten Trigeminusastes zum Uebertritt aus der Orbita zur lateralen Wangengegend benutzt, dem unteren und nicht dem oberen Bogen zukommt. 518 Gakutaro Osawa: Da aber, was nieht zu leugnen ist, ‘auch der obere Bogen in seinen sonstigen Beziehungen zu den Nachbarknochen sowie auch zur Kaumuskulatur das nämliche aufweist, was bei den Säugern sich wiederfindet, so könnte er auch bis zu einem gewissen Grade wenigstens mit in die Homologie hereingezogen werden. Aus allen diesen Gründen und unter Anlehnung an die Auffassung von Baur und Cope gelange ich zu dem Schlusse, dass diebeidenBögen derHatteriademeinzigen Bogen der Säuger entsprechen; mit andern Worten: Ich nehme an, dass der letztere ursprünglich mindestens doppelt angelegt sein muss, eine Annahme, welche durch die Thatsache, dass das Jochbein beim Menschen aus mehrfachen Anlagen (2 nach Kölliker!) oder 3 nach Schultze?)) entsteht, dass beim erwachsenen Menschen zuweilen eine Zweitheilung zu constatiren ist, und dass auch der Jochbogen bei vielen Säuge- thieren z. B. Erinaceus normaler Weise doppelt ist, eine weitere Stütze erfährt. So würde man auch in die Bildung des Jochbogens einen einheitlichen, klaren Einblick gewinnen, wenn man sich das Quadrato-maxillare der Anuren durch das Tympanicum ersetzt denkt. Thut man dies, so kann man von den Anuren an bis zu der Hatteria, den Crocodilen, Schildkröten, ja sogar bis zu den Säugern hinauf darthun, wie der Jochbogeu all- mählich von Tympanicum sich entfernt, sich mit dem Squamosum verbindet und schliesslich den Zustand erreicht, dass er, wie bei den Säugern, ausschliesslich nur noch vom Squamosum getra- gen wird. Aus diesem Grunde möchte ich vorschlagen, die beiden Jochbögen als den oberen und unteren und die da- zus gehörigen wesentlichen Knochen) als In safe superius und inferius zu bezeichnen. Die Benennung Postorbitale für das Jugale superius fällt also weg. Ich will noch nachträglich erwähnen, dass Herr College, Prof. Gaupp, der so freundlich war, über die vorliegende Sache 1) v. Kölliker, Grundriss der Entwicklungsgeschichte etc. Leipzig 1880. 2) Schultze, Oscar, Grundriss der Entwicklungsgeschichte etc. Leipzig 1897, Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 519 init mir persönlich Rücksprache zu nehmen, meine Ansicht durch- aus nicht theilt, diese aber deswegen doch nicht beeinflussen wolle. Ich will die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, an dieser Stelle auch der morphologischen Bedeutung des Quadratums zu gedenken. Hierüber existiren verschiedene Auffassungen; ich will mich aber nur kurz fassen und als Ausgangspunkt nur zwei namhafte Forscher nennen, welche am eingehendsten mit dieser Frage sich beschäftigt und dabei auch die Hatteria mit in Betracht ge- zogen haben. Es sind dies Peters (225—230) und Huxley (177). Während Peters auf Grund mehrfacher Publicationen die Ansicht vertrat, dass das Quadratum dem Os tympanicum der Säuger homolog sei, behauptete Huxley, wesentlich gestützt auf die betreffen- den Verhältnisse bei Hatteria, dass das Quadratum der Ham- mer, der dem äusseren Ende des Stapes aufsitzende Knorpel aber der Ambos sei. Nach ihm also hängt der äussere knorpe- lige Fortsatz des Stapes („Extrastapedialeartilage*) mit dem medialen Ende des Zungenbeines zusammen und hat mit dem Unterkiefer gar nichts zu thun. Dementgegen nimmt Peters an, dass der ursprünglich mit dem Proc. styloideus verbundene Zungenbeinbogen infolge der merkwürdigen Lagerung bei diesem Thiere mit dem Extrastapedialknorpel in Berührung getreten sei, dass diese Verbindung also keine primäre, sondern eine seecundäre sei, und dass der genannte Knorpel, den er für den Hammer hält, ohne Zweifel mit dem Meckel’schen Knorpel in Zusammen- hang gewesen sein müsse. Baur (22) stimmt Peters bei, indem er den knorpeligen distalen Theil des Stapes der Sauropsiden dem Hammer der Säugethiere gleichsetzt. Andererseits behauptet er mit Albrecht (4), dass der Quadratknorpel nicht zum Mandibular- bogen, sondern zum Palatinbogen gehöre, und dass er mit dem Proc. zygomaticus des Schläfenbeines homologisirt werden müsse. Killian (187) hat bei seinen Untersuchungen der Ohr- muskeln und des Stapes bei den Crocodilen auch die Hat- teria berührt und ist zu dem Resultat gekommen, dass, was die Verbindung zwischen dem Hyoid und dem Gehörknorpel be- trifit, Peters Recht gegeben werden, dass aber der knöcherne, schallleitende Apparat anders gedeutet werden müsse. Nach Killian soll dem Opereulum der Urodelen die Fussplatte 520 Gakutaro Osawa: des Stapes, dem Ligamentum suspensorio-stape- diale aber der Bogen und das Köpfchen des Steigbügels ent- sprechen. Der Incus wäre dann dem Quadratum und der Steigbügel demproximalen Columellastücke sowie der kleinen Verbindungsbrücke zum Quadratum der Anuren und Saurier gleichzusetzen. Siebenrock (267), dessen Studien sich u. a. auf Lacerta Simonyi erstrecken, hat keine bestimmte Ansicht darüber geäussert. Ich eitire nur seine auf S. 25 figurirenden Worte: „Das paarige Quadratum, l’os tympanique Cuvier, wurde von Clason bei Lacerta sehr richtig mit einer Ohrmuschel verglichen, während es nach Leydig durch seine Form an das Paukenbein der Säuger erinnert, für dessen Homologie es auch zu halten ist.“ Nach meinen eigenen Beobachtungen ist das proximale Ende des I. Zungenbeinbogens der Hatteria im derben Binde- sewebe des Trommelfells mit dem Extrastapedialknorpel (Huxley) untrennbar verbunden und setzt sich auf der anderen Seite, von einem derben Bindegewebe eingehüllt, an den Knorpel an, welcher zwischen Opisthotieum, Squamosum und Quadratum kestAPterotıe, Huxley). Was meine eigene Ansicht, so weit ich eine solche ohne Benützung von embryonalem Material zu gewinnen im Stande war, betrifft, so geht sie dahin, dass jene Verbindung des Zungenbein- bogens mit dem Extrastapedialknorpel eine seeundäre, wäh- rend diejenige mit dem oben als Pterotie bezeichneten Knorpel eine primäre sein dürfte. Es würde daraus die Möglichkeit eines Vergleiches mit den Verhältnissen beim Menschen, wo der Griffel- fortsatz bekanntlich mit dem kleinen Zungenbeinhorn verbunden ist, erwachsen. Was nun die Bedeutung des Quadratum anlangt, so ist es selbstverständlich nicht möglich, es mit dem Tympanieum der Säuger zu homologisiren, weil dieses, wie die Entwicklungsge- schichte lehrt, eine ganz andere Abkunft aufweist. Was aber aus ihm werden soll, darüber habe ich selber keine Ansicht und muss also auf die Arbeiten von Killian u. a. verweisen. Der Unterkiefer ist aus den beiden Seiten-Hälften zusammengesetzt, welche vorn an der Mundspitze sich vereinigen und hier die Symphysis man- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 521 dibulae darstellen. Jede Hälfte wird nach Günther aus vier und nach Baur (35, 40) aus sechs Elementen zusammengesetzt. Während Günther folgende Theile: „The Dentary, Sple- nial, Coronoid und Artieular-Bone* angibt, fügt Baur noch „the Angular und Supraangular“ hinzu. Ich schliesse mich ganz an Baur an. Bei der Hatteria finden sich näm- lich folgende Knochen: Dentale. Complementare (Coronoideum). Spleniale. 4. Artieulare. 5. Supraangulare. 6. Angulare. [SE Sog 1. Das Dentale (D) ist der grösste und wesentlichste von den 6 Knochen; er beginnt mit einem spitzen Ende hinten zwischen dem Supraangulare und Spleniale und erstreckt ich 2 «wo er nach vern bis zur Symphysis mandibulae. Die zwei vor- deren Dritttheile tragen am oberen Rand eine Reihe von Zähnen, und dieser Rand i formirt gewissermaassen die h 1 ı I 1 _ i Inn MI maaAnN ANANDA n 2 h NN ) m Fig. 10. härtere Pars alveolaris Der Unterkiefer von der Innenseite. (alv); dieht an den hinteren alvo=Pars alveolaris, f= Foramen für : 5 den Nervus eutaneus reeurrens maxil- Theil der letzteren schliesst lae inferioris, ch. ty. = das gleiche sich ein breiter, aber niedri- für die Chorda tympani, fm. = Fo- aRontsat Pr ramen mandibulae, Sem — Semicana- nz LU SEE lis pro Cartilagine Meckelii. coronoideus,an, welcheram hinteren Theil seiner Basis ein Foramen (f) aufweist und dadurch sich vom Körper des Dentale abgrenzt. Das Foramen lässt einen Zweig des III. Trigeminusastes, den N. recurrens eutaneus ma- xillae inferioris durch und kann dementsprechend als Foramen nervi reeurrentis eutanei maxillae inferioris bezeichnet werden. An der Aussenfläche des Dentale sieht man etwa an der hinteren Grenze des vorderen Drittels der ganzen Länge des Unterkiefers 523 Gakutaro Osawa: unterhalb der Pars alveolaris das Foramen mentale und vor diesem noch einige kleinere Oeffnungen für den Austritt der Hautzweige des N. alveolaris inferior. Die Innenfläche des Den- tale hat an ihrem unteren Rand einen von der Basis des Coro- noid nach vorn beinahe zur Symphysis mandibulae ziehenden Halbkanal, dessen mediale Wand grösstentheils membranös ge- schlossen ist, so dass der darin liegende Meckel’sche Knorpel durchschimmert (Semicanalis pro Cartilagine Meckelii (Sem)). Am hinteren Theil ist diese mediale Wandung auch von einem kleinen Theil des Angulare (Ar) ergänzt und hat als einen Bestandtheil seines unteren Randes den vorderen Abschnitt des Spleniale (Sp). 2. Das Coronoideum, Complementare, Baur ((C) ist ein kleiner dreieekiger Knochen, welcher sich hinter der Pars alveolaris dentalis erhebt und sich mit breiter Aussenfläche an den Processus eoronoideus des genannten Knochens anlehnt, während seine mediale Fläche frei nach innen schaut. Seine Spitze und Aussenfläche mitsammt der gleichen des Processus coronoideus dient zum Ansatz des M. temporo-massetericus. Es stösst ferner mit seinem hinteren Winkel an das Supraangulare, mit dem unteren Rand an das Angulare, und deckt mit dem letzteren die hintere Fortsetzung des oben genannten Halbkanals von der medialen Seite her. Am hinteren Ende des Halbkanals sieht man auch die Eingangsöffnung in den Canalis alveolaris inferior, das F o- ramen mandibulare (f. m). Der Canalis alveolaris inferior läuft parallel dem Semicanalis, ist aber durch eine dünne Knochen- lamelle von ihm getrennt. Er beginnt hinten mit dem Foramen mandibulare und öffnet sich vorn am Foramen mentale. 3. Das Spleniale (Sp) stellt eine lange Spiessform dar, beginnt mit einer breiten Basis hinten an der ventralen Seite des Unterkiefers zwischen Angulare einerseits und dem Supraangulare und dem hinteren Ende des Dentale andererseits, wendet sich dann bald an die Innenseite des Unterkiefers, um zwischen Angulare und Dentale nach vorn zu verlaufen und weiter vorn einen Theil des unteren Randes des Semicanalis zu bilden. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 523 4. Das Artieulare (Ar) ist ein kleiner, linsenähnlicher Knochen, welcher zwischen Supra- angulare und Angulare eingeschlossen und vom hinteren Ende des Splenium von unten her gestützt wird. Seine dorsale Fläche ist mit einem Knorpel überzogen und der sattelförmigen Gelenk- fläche des Quadratums congruent gestaltet. 5. Das Supraangulare (Sa). Es liegt an der Aussenseite des Artieulare und stösst hinten an das hintere Ende des Angulare und weiter vorn und zugleich ventral an das Spleniale und Dentale. Mit seinem vorderen Ende schiebt es sich in den Falz zwischen den Processus coro- noideus des Dentale und den Coronoideum ein und hilft das Foramen nervi recurren- tis eutanei maxillae inferi- oris (f) begrenzen. 6. Das Angulare (An) ist ein schlanker Knochen, welcher an der medialen Seite des Artieulare seinen Sitz hat. Mit dem hinteren Ende ist es mit dem Supra- Kie.cH. „I Visceralskelet, von der ventralen Seite angulare verbunden und dehnt gesehen. x, x’ = Grenze zwischen ie} ball herenRard Knochen und Knorpel, B. hy. — Basi- sich entlang dem oberen Rande hyale, entg = Proc. entoglossus, I. II des Spleniale nach vorn, bis vordere (erste) und hintere (zweite) i e ö Hyoidspange. es die Basis des Coronoideum 2 erreicht. Nahe an seinem hinteren Ende unterhalb der Gelenk- fläche sieht man eine kleine Oeffnung (C'h. ty) für die hier in den Knochen eintretende Chorda tympani. Das Visceralskelett (Fig. 11). Das Visceralskelett besteht aus dem Zungenbeinkörper (Ba- sihyale (Bhy) und zwei Paar Bögen, dem ersten und dem zweiten (Cerato-hyale und Cerato-branchiale). Das Basihyale liegt an der ventralen Seite des Kehlkopfes und des daran sich anschliessen- den vorderen Abschnittes der Luftröhre und stützt die beiden 524 Gakutaro Osawa: Gebilde von der ventralen Seite her. Sein Körper ist verknö- chert und trägt nach vorn einen und nach hinten zwei knorpe- lige Fortsätze. Der vordere knorpelige Fortsatz (Processus entoglossus (entg) geht über das Gebiet des Kehlkopfes hinaus und erstreckt sich in die Zungensubstanz hinein. Er endet hier zugespitzt. Dadurch bildet er mit dem Zungenbeinkörper die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Spitze von ihm gebildet wird. Von den beiden hinteren Ecken des Drei- ecks gehen schlanke, ein wenig lateralwärts gebogene Fortsätze aus, welche grösstentheils an beiden Seiten der Luftröhre liegen und mit den hinteren Enden in der Oesophaguswand frei endigen. Die beiden Zungenbeinbögen nehmen ebenfalls ihren Ur- sprung nahe von den hinteren Ecken des Dreiecks. Der erste Bogen (I) besteht aus zwei Knorpelabsehnitten, von denen der proximale, kürzere vom Ursprung am Zungenbein- körper an nach vorn dorsalwärts sich wendet und unter Kniekung in den distalen, längeren übergeht. Der letztere beschreibt einen längeren Bogen, dessen Convexität ventralwärts gerichtet ist, wendet sich dann entlang der Pharynxwand und um das Qua- dratum nach vorn und dorsal und erreicht schliesslich mit einem knorpeligen Ende das Pterotie, Huxley. Der zweite Bogen erstreckt sich ebenfalls in Form eines langen Bogens nach hinten. Er ist zum grössten Theil ver- knöchert und endet mit einem sehr kurzen, hakenförmigen Knor- pelansatz frei hinter dem Kieferwinkel. An ihm inseriren die Mm. omohyoideus und episternohyoideus und von ihm gehen die Mm. cerato mandibularis und cerato hyoideus aus. Extremitäten. I. Knochen der vorderen Extremität. Der Schultergürtel besteht aus Seapulo-Coracoid und Clavieula. Das Seapulo-Coracoid (Fig. 12: A, B) bildet eine zusammenhängende Masse, welche durch die Cavitas glenoidalis in die dorsal liegende Seapula und in das ventrale Coracoid eingetheilt werden kann. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 525 Die Seapula ($e) ist in der dorsalen Hälfte noch knorpelig und stellt im Ganzen die Form eines Beiles dar. Man kann an ihr 3 Ränder, den cephalen, caudalen und dorsalen Rand, sowie zwei Flächen, eine innere und eine äussere, unterscheiden. Der dorsale Rand ent- spricht der Schneide des Beiles und liegt frei zwischen der dor- @ u Sc Cor SS Q SQ R, S Ss S+ < Q N Sg NEN D \ Ss I 2 EN l \ S ” | 3a fi x Yu $ = en |ı N j & 5 ‚l; an! ”: v® fr N ll IR & "Bi If 3 Fix IE HR, 2.2 HR NEE Fi; er % | \' i Be N [7 — un nr \\ . hi > SR D e a! A ı a 11% Be TS j 1; N/A Bi ii den: ; \ / Ä 64 | N \ RR, n FA n n N I“ NL \ SR ES nr ur \ en UN Wi VEN GI & \ / 10) / v EN \ | SE / \ . £ NEN 2 | / RE, a pr IBES 1 2 ne = ®) Sie 2 a 18 b £ Sc Fig., 12.4. Fig. 122. Scapulo-Coracoid. A= Aussenseite, B= Innenseite. Sc = Scapula, Cor — Coraceid, Gl = Cavitas glenoidalis. inc —= Ineisura scapulae, acr — Tuberositas acromialis, sc = Foramen supracoracoi- deum, Se. hum. = Ligamentum scapulo-humerale, st. sc. = Ligamentum sterno-scapulare internum, om-hy= M. omo-hyoideus, XX = Grenze zwischen Knochen und Knorpel. Die arabischen Ziffern bezeichnen die betreffenden Muskeln im Text. salen Muskulatur und den Mm. capiti-dorso-elavieul. und latissi- mus dorsi. Ventralwärts wird die Scapula schmäler und geht ohne Grenze in's Coracoid über. In diesem Uebergang bildet der cephale Rand der Scapula einen kleinen Ausschnitt, Ineisura scapulae (inc), an dessen dorsalem Theil eine kleine Erhebung, Tuberositas acromialis (acr) sich befindet. Am caudalen Rand bildet die Scapula die Cavitas glenoidalis (gl) für den Humeruskopf. Die Gelenkfläche sieht caudalwärts und ist der Form des letzteren entsprechend elliptisch. Das Coraecoid (Cor) wird im medialen Theil auch aus Knorpel gebildet und kann ebenfalls formell mit einem Beil verglichen werden, wobei die Schärfe der Schneide durch den ventro-medialen Rand dargestellt Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 35 526 Gakutaro Osawa: wird. Der letztere verliert caudalwärts an Breite, gewinnt aber an Dieke und passt mit diesem verdickten Theil in die ent- sprechende Furche (Suleus coracoides) des Sternum. Der dorsale knöcherne Theil des Coraecoid hat in der Nähe der Ca- vitas glenoidalis eine Oeffnung (Foram supracoracoideum) (sc), welehe in der Richtung von dorsal — innen nach ventral — aussen die Knochensubstanz schräg durchbohrt und zum Austritt des N. supracoracoideus dient. Die’ Clayieula’(fig..5 4.2) ist ein unregelmässig gebogener langer Knochen, welcher ventral mit dem cephalen Ende des Episternum unbeweglich und dorsal in der Gegend der Tuberositas acromialis mit der Scapula fase- rig verbunden ist. Der Humerus (Fig. 13, 14 9) ist ein an beiden Enden verbreiterter Röhrenknochen. Das pro- ximale Ende ist durch den langelliptischen Kopf (cap) dargestellt; unterhalb von ihm ragt nach vorn ein mächtiger Fortsatz, Proc. lateralis s Tubereulum majus (lat) und nach hinten ein kleinerer Proc. medialiss. Tubereulum minus (med) hervor. Zwischen den beiden Fortsätzen bleibt eine vertiefte Stelle, Fossa intertubereularis. Distal von den beiden Fortsätzen beginnt der kurze Schaft des Humerus, welcher bald in das distale Ende übergeht. Dasselbe wird vor allem durch den Besitz der für den Vorderarm bestimmten Gelenkfläche cha- rakterisirt, welche in die radiale Eminentia capitata (capit) und in die ulnare Trochlea (Tr) sich eintheilen lässt. Proximal von der Gelenkfläche ist vorn eine tiefe, dreieckige Grube, Fossa cubitalis anterior, sichtbar, in welche der Canalis ente- picondyloides sich öffnet. Eine entsprechende Grube findet man an der hinteren Seite des Ellbogens nicht vor. An den beiden Seiten des Gelenktheiles ragen die Epicondyli ulna- ris et radialis (ep) hervor, von denen der erstere weit mäch- tiger als der letztere ist. Die beiden Epicondyli werden vom Canalis ent- resp. eetepicondyloideus (ent. ect) durch- setzt, welche zur Durchlassung des N. medianus resp. radialis bestimmt sind. Diese beiden Canäle wurden schon von Für- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. ee) N --337 un Fig. 13. Vordere freie Extremität, Beuge- seite. 7= Humerus, Cap = Ca- put humeri, med—= Proc. medialis, lat = Proe. lateralis, ep = Epicon- dAylus, capit = Eminentia capitata, Tr = Trochlea, ent = Canalis en- tepicondyloideus, ect —= Canalis ectepicondyleus, Ul= Ulna, Ol=: ÖOlecranon, R= Radius, r = Ra- diale, <= Intermedium, u = Ul- nare, p=Pisiforme, e=Centrale radiale, c’ = Centrale ulnare, 2, 3, 4=Carpale 2, 3,4, I, 1I, III, IV, V=Der erste bis fünfte Finger. 527 43 IV Fie. 14. Vordere freie Extremität, Streck- seite. med, ent, ect, R, Ulu.s. w gleich wie oben, I. rad. = Inci- sura radialis ulnae, 5 Carpalia sichtbar! Die arabischen Ziffern bezeichnen bei beiden Figuren die betreffen- den Muskeln im Text. 528 Gakutaro Osawa: bringer (106), Dollo u. A. beschrieben, dagegen vermisst man sie in den Arbeiten von Bayer (44) und Günther. Wiedersheim (287) hat ihre Bedeutung präeisirt und spricht sich dahin aus, dass sie eine viel längere Stammesge- schiehte hinter sich haben, und dass ihr Ursprung in der poly- meren, auf die Conerescenz von Radien zurückzuführenden Anlage des Basale beruht. Radius und Ulna (Fig. 13, 14 R. UN) erinnern in ihrer Form sehr an diejenige der menschlichen Knochen. Der Radius (R) ist in seinem proximalen Ende weniger als im distalen ausgebildet, was bei der Ulna sich umgekehrt verhält. Das proximale Ende des Radius trägt eine Gelenkfläche für die Eminentia capitata hum. und eine ulnare für die Ineisura radial. ulnae. Das mehr verdiekte distale Ende artieulirt mittelst einer schrägen Gelenkfläche mit dem Radiale. Vom Mittelstück ist niehts Besonderes zu erwähnen. Die U-lna («wl) hat an ihrem proxymalen Ende eine starke Hervorragung [Qleeranon] (ol), deren vorderer Theil mit einer für die Trochlea humeri bestimm- ten Gelenkfläche, Ineisura sigmoidea, versehen ist. Unter- halb dieser bemerkt man eine kleinere radialwärts schauende Gelenkfläche, Ineisura radial. ulnae. Etwas unterhalb von der letzteren ist eine kleine rauhe Stelle, Tuberositas ulnae, sichtbar. Das distale Ende ist weniger stark und artieulirt durch einen rundlicehen Gelenkkopf mit dem Ulnare und Intermedium, sowie auch mit dem Pisiforme. Der Radius ist in einer Prona- tionsstellung, indem er vor die Ulna zu liegen kommt. Das Lig. annulare ist nicht ausgebildet, statt dessen ist das Radio-ulnar- gelenk durch ein schlaffes Kapselband befestigt, was eine geringe Rotationsbewegung zulässt. Der Carpus (Fig. 13, 14) setzt sich aus 11 Knochen zusammen, und zwar besteht die proximale Reihe aus einem querliegenden länglichen und an der volaren Seite mit einem Häkchen versehenen Radiale (r), einem länglieh-viereekigen Intermedium (£) sowie einem ähn- lich gestalteten Ulnare (x). An der ventralen, volaren Seite des Ulnare hängt ein sehr grosses Pisiforme (p), welches wie Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 529 der Haken des Radiale volarwärts weit hervorragt und dadurch den Hohlhandbogen verstärken hilft. In der distalen Reihe findet man 5 Carpalia, von denen das IV. das grösste ist, während das V. am wenigsten ausgebildet ist und wie ein Anhang des IV. aussieht. Zwischen der proximalen und distalen Reihe sind, wie Baur (18) angibt, zwei Centralia zu finden. Das Centrale radiale (c‘) ist doppelt so gross als das Centrale ulnare (ec), grenzt proximal an den grössten Theil des Radiale und den sehr kleinen des Intermedium und distal an das Carpale I—Ill, wäh- rend das Centrale ulnare zwischen Intermedium und Ulnare einer- seits und dem Carpale IIT und IV andererseits seine Lage hat. S | 7 ==S=akaye) = - DPI AN S en SR S Pub —— Ni mer Ex S |. Sen . r- it ’“ N | : \. IH D ag 5 N; A | ! Ss A 7 2 re „N Dr em ARIN: 2. N RB. Ye est Fe a ey) 10 # R N an: DS 1 7 I Wi NL | | Isch— ei INGE ae m INS 5 3 SORCHh a N x j a) Z a S < u 3 / Von den 5 Metacarpalien sind die I. und V. am kür- zesten, während der III. am längsten ist. Die Phalangenzahl ist: am I. Finger 2, ONTIER DM RE 19) ee er EEE N Si 11. Knochen der hinteren Extremität. Der Beekengürtel (Fig. 15 AB) besteht aus Ileum, Pubis und Ischium, welche alle drei an 530 Gakutaro Osawa: dem Acetabulum zusammentreffen. Die Naht ist an der Innen- seite des Acetabulum (Acet) besonders deutlich ausgeprägt; so finde ich keine Veranlassung, ein besonderes Os ileo-peetineum anzunehmen, wie es Gorski (135) gethan hat. Das Ileum (I) ist stangenförmig, wenig breit, aber diek und ist nach aussen schwach convex gebogen. Es geht vom Acetabulum aus dorsal- wärts in das über- knorpelte dorsale En- de über, welches zwischen Schwanz- und Rumpfmuskeln frei endet. Nahe am Acetabulum erkennt man am cephalen I — Sacr x Ä Isch a ® el Rand des Ileum einen ee ----Sph.cl. a Ev ? Vorsprung, Tuber- a “ een we I 7,5. culum ilei (d)und I ! 2 unterhalb desselben Fig. 15 B. an der Innenfläche Beckengürtel. A = Aussenseite, B=Imnenseite, eine kleine Grube, Tl —Tleum, Pub — Pubis, Isch = Ischium, ep = : Proc. epipubicus Wiedersheim, Ayp=Proc. welche dureh eine hypischiadieus Wiedersheim. Acet = Aceta- stumpfe Querleiste bulum, Sacr = Facies sacralis, ine = lneisura £ ischiadica, pub = Tubereulum pubis, 22 = Tuber- VON eımer am Cau- eulum ilei. obt = Foramen obturatorium, cord—= (dalen Rande liegen- Foramen cordiforme Hoffmann, abd = An- b 5 satz der schiefen Bauchmuskeln, R = Ansatz den gleichen ge- des Rectus abdominalis, sph. cl = Sphineter schieden ist. Beide eloacae. Die arabischen Ziffern bezeichnen die E betreffenden Muskeln. Gruben mitsammt der Querleiste artieu- liren mit den Processus tranversi der beiden Saeralwirbel und können deswegen Facies sacralis (sacr) genannt werden. Das Pubis (Pub) geht vom Acetabulum aus medialwärts und trifft in der ventralen Mittellinie das anderseitige, mit welchem es eine knorpelige Ver- bindung eingeht. Nahe am Acetabulum hat es eine Oeffnung für den N. obturatorius, Framen obturatorium (Trou vasculo- nerveux Perrin) (obf), und oberhalb desselben am cephalen Rand Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 531 einen Vorsprung, Tuberculum pubis (pub). Vom ventro- medialen Winkel aus geht eine knorpelige Fortsetzung nach kopf- wärts. Sie wird von Wiedersheim (287) als Proe. epipubi- eus und von Perrin als Cartilage ypsiloide bezeichnet (epi). Das Ischium (/Isch) bildet den ventro-caudalen Abschnitt des Acetabulum und geht ebenfalls medialwärts, um sich mit dem anderseitigen knorpelig zu verbinden. Mit dem Pubis aber kommt es hier nicht zusammen, sondern ist durch einen grossen Ausschnitt von ihm geschieden. Der Ausschnitt wird zum grössten Theil von den beiden Knochen und nur medialwärts von dem Knorpel umschlossen, welch’ letz- terer seinerseit die beiderseitigen Pubis und das Ischium verbindet und die Symphysis pubo-ischiadica bildet. Auf diese Weise wird der genannte Ausschnitt m ein Loch umgewandelt, Fora- men pubo-ischiadieum Wiedersheim (287), Cordiforme Hoffmann (160), Trou obturateur Perrin (223) (cord). Vom ventro-caudalen Winkel des Ischium aus geht ein Knorpelfortsatz nach der Kloake, Proc. hypoischiadieus Wiedersheim, Car- tilage hyposciatique Perrin (Ahyp), während der dorso-caudale Winkel zum Tuber ischii (£) sich verdickt. Vom letzteren zieht der bogenförmige Rand aufwärts über den caudalen Umfang des Acetabulum zum Deum und bildet so die Ineisura ischia- dica (ine). Das Acetabulum selbst bildet eine seichte, elliptische Gelenkfläche für den entsprechenden Femurkopf. Das Femur (Fig. 16, 17 Fe) ist ein stattlicher Röhrenknochen. Sein elliptischer Kopf setzt sich durch eine schwache Einschnürung, Collum, vom Schaft ab; unterhalb des Collum sind zwei Erhabenheiten vorhanden, von denen die eine an der medialen Seite liegt, während die andere, weit grössere, proximalwärts von der ersteren liegt und nach hinten schaut. Sie können als Trochanter minor (min) und major (maj) bezeichnet werden. Der lange cylindrische Schaft geht in das distale Ende über, welches als Condylus (edy) sich präsentirt und mit den Unterschenkelknochen artieu- lirt. Die an beiden Seiten des letzteren liegenden Epicondyli (ecd) sind nicht deutlich, doch immerhin erkennbar. 532 Gakutaro Osawa: Fig. 16. Hintere freie Extremität, Beuge- seite, ?F—=Femur, maj = Trochan- ter major, Cdy—=Condylus, ecd—= Epicondylus, 7b = Tibia, Fib = Fibula, 4 Tarsalien sichtbar! Die arabischen Ziffern bezeichnen die betreffenden Muskeln. Fig. 17. Hintere freie Extremität, Streck- seite. mi — Tochanter minor, 'Tars — Tarsale proximale, Die arabischen Ziffern bezeichnen die betreffenden Muskeln. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 533 Von den beiden Unterschenkelknochen (Fig. 16, 17 Tib. Fib) ist.die Tibia (7%b) grösser als die Fibula. Sie artieulirt mittelst des planen Caput tibiae mit dem Condylus femoris. Die Incongruenz der beiden Gelenkflächen wird durch den zwi- schen ihnen eingeschalteten Meniscus, in welchem ein kleines Knöchelchen eingelagert ist, ausgeglichen. An der vorderen Cir- ceumferenz des Caput tibiae setzt sich die Endsehne des Extensor eruris triceps, Lig. patellare, in welchem noch kein der Pa- tella homologes Hartgebilde zu finden ist, an. Unterhalb des Caput tibiae bemerkt man an der medialen Seite eine rauhe Stelle, welche durch den Ansatz des M. pubo-ischio-tibialis zu Stande gekommen ist. Das distale Ende der Tibia artieulirt mit einer schiefen Gelenkfläche an der medialen Seite des Tarsale pro- ximale. Die Fibula (Fib) ist weniger stark als die Tibia; sie hängt mit dem schwächeren proximalen Ende mit dem Condylus femoris und mit dem distalen stärkeren an der nach proximalwärts schauenden Gelenkfläche des Tarsale proximale zusammen. Eine Gelenkverbindung zwischen Tibia und Fibula besteht nicht. Der, Tarswus(kı2, 16,17) besteht bloss aus 5 Knochen. Die proximale Reihe wird durch ein grosses Tarsale pro- ximale (Tars) vertreten. Seine Form, von der Fläche gesehen, kann mit einem Halbschuh verglichen werden, indem dann die überknorpelte Spitze nach der medialen, die Ferse nach der late- ralen Seite schaut, die hohle Sohle die distalen Carpalien auf- nimmt, während das proximal schauende Rohr und Vorderblatt mit einer ovalen kleineren Gelenkfläche für die Fibula und einer grösseren für die Tibia versehen sind. Günther spricht von Astragalus und Calecaneum, bemerkt aber: „the suture between them is scarcely visible.“ Bayer (44) gibt das Calecaneum und den Astragalus sowie das knorpelige Tibiale an, und Kehrer (186) hat an dem Knochen nur die Spuren der Trennung zwischen Calcaneum und Astragalus er- kannt. Ein als Centrale zu bezeichnender Knochen fehlt. Born (53) 534 Gakutaro Osawa: will dasselbe bei den Sauriern im medialen Meniseus (Tarsale I Gegenbaur (120)) suchen, dagegen lässt Hoffmann (161) es mit drei andern Elementen zu einem verschmolzen sein, und nach Bayer gehört es dem Astragalus an. Perrin (223) lässt die proximale Reihe aus dem äusseren „fibulaire* und dem inneren „tibio-centro-intermediaire* bestehen, welche beide dureh eine Naht von einander getrennt sind. Ich muss mich zu der Ansicht Hoffmann’s bekennen, weil ich in der proximalen Reihe nur einen einzigen Knochen gefun- den habe und im Meniscus Born’s ein Tarsale I erblicke. Bei der Hatteria sind also vier Elemente, Fibulare, Tibiale, Intermedium und Centrale in einem Stück Knochen ent- halten, und deswegen will ich für die Bezeiehnung dieses Knochens lieber einen indifferenten Namen „Tarsale proximale“ vorschlagen, an Stelle des von Autoren gegebenen „Astragalo-fibulare“. Die distale Reihe. Günther gibt nur zwei Knochen in dieser Reihe an. Bayer (44) lässt das Tarsale I und II mit den correspondiren- den Metatarsalen verschmolzen sein, wie es nach Born (53) bei den Sauriern als Regel gilt, und Kehrer (186) sucht das Tar- sale I in der halbmondförmigen Knorpelspange. Nach Perrin (225) endlich sollen fünf Tarsalien vorhanden sein. Nach meiner Untersuchung besteht sie aus vier Knochen: Tarsale I, II, II und IV. Das Tarsale I ist sehr klein, im vorhingenannten Me- niseus eingeschlossen und nur an der ventralen Seite sichtbar, sodass man es bei der Betrachtung von der dorsalen Seite aus leicht übersehen kann. Die Grösse der einzelnen Tarsalien nimmt vom Il.—IV. successiv zu, und das IV. kann der Form nach als Cuboides bezeichnet werden. Ob das Tarsale V in ihm oder im enorm verbreiterten proximalen Ende des Metatarsale V ent- halten ist, lässt sich nicht entscheiden. Von den Metatarsalien ist der I. u. V. am kleinsten und der IV. am grössten. Der V. ist an der Basis sehr verbreitert und artieulirt so mit der ulnaren Seite des Tarsale IV. Was die Anzahl der Zehenphalangen anbetrifft, so bestätige ich die Angabe von Günther, nieht aber diejenige von Bayer, obzwar Kehrer,und Perrin ihm beigestimmt haben. Die Pha- langen sind nämlich: Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 535 An der I. Zehe 2, ” N II. N 5, ” ” u I. n , n N IV. ” ö, 2) v ” 4. ’ ” 2 Offenbar hat Bayer (44) ein Glied an der V. Zehe über- sehen und Perrin (223) die Grundphalanx der V. Zehe als Tarsale V angesehen. II. Theil. Zur Muskellehre. Augenmuskeln (Fig. 18, 44). 1. M. reetus superior (r. s). Dies ist ein schlanker Muskel, welcher vom hinteren und ventralen Theil des membranösen Septum interorbitale, hinter der rn Austrittsöffnung des N. optieus und unterhalb derjenigen des N. oculomotorius entspringt,nach { vorn und etwas lateralwärts läuft S und an der dorsalen Fläche des on. u Bulbus oculi vor dem Aequator / 1 i und seitlich vom Ansatze des 2: BR \| A M. obliquus superior inserirt. I BINY a Er lagert sich in seinem Laufe N EN Beer 3 an die dorsale Seite des Seh- Un “ nerven an, kreuzt ihn in schrä- VIret IH ger Richtung und ist von dem ie 18: ‚ ö Augenhöhle der linken Seite, aus lateral von ihm liegenden M. welcher der Augapfel entfernt ist, retraetor oculi durch den N. von der dorsalen Seite „gesehen. : r.s —Rectus superior, r.s‘.—der den oculomotorius getrennt. Rectus superior versorgende Ast 2. M. reetus inferior (r.i.) des N. oculomotorius (III), r.2. — ih j © 7°" Rectus inferior, r.m.—R. medialis, Ein etwas kleinerer Muskel, ».1.—R.lateralis, ob. s.— Obliquus rior .2.— Obliquus inferior als der vorhergehende. Ent- Superior, ob.2.— Obliq ’ } N N er ret— Retractor, IV—=N.trochleares. springt vom ventralen Winkel des knorpeligen Septum interorbitale, nahe am Boden der Augenhöhle unterhalb des Ursprunges des vorigen, zieht nach vorn und inserirt an der ventralen Fläche des Bulbus etwas vorn vom Aequator, in Gemeinschaft mit dem M. obliquus inferior, von welchem er am Ansatz ein klein wenig gedeckt ist. An seinem Ursprung ist 536 Gakutaro Osawa: er lateralwärts vom M. reetus lateralis überlagert, und durch N. oculomotorius vom letzteren geschieden. 3. M. reetus medialis (r. m.). Ein etwas breiterer Muskel, entspringt vom hinteren Theil des medianen Septum interorbitale, ein wenig nach vorne von dem Foramen opticum, läuft nach vom und inserirtt an der dorso-medialen Fläche des Bulbus am Aequator. Nahe an seinem Ursprung ist er von dem ihn kreu- zenden M. obliquus superior überlagert, welcher aber durch den N. nasalis trigemini vom ersteren getrennt ist. 4. M. reetuslateralis (r.l.). Ein schlanker Muskel, ent- springt vom hintern, unteren Winkel der Orbita, unterhalb des M. retractor, vom membranösen Septum, zieht vorn lateral und etwas dorsalwärts und setzt sich an die laterale Seite des Bulbus oculi an und zwar sehr weit vor den Aequator. Er wird von dem ihn überlagernden M. retractor oculi schräg gekreuzt. 5. M.obliquus superior (ob. s.). Entspringt von dem vor- deren Theil des Septum interorbitale oberhalb des M. obliquus inferior, läuft lateralwärts und inserirt mit einer fächerförmigen Ausbreitung an der dorsalen Fläche des Bulbus am Aequator, woselbst er vom M. reetus superior gedeckt ist. 6. M. obliquus inferior (ob.:.). Entspringt ebenfalls von dem vorderen Theil des interorbitalen Septum, aber unterhalb des Ursprunges des vorigen, zieht lateral und ein wenig rückwärts und inserirt an der ventralen Fläche des Bulbus, den Ansatz des M. rectus inferior ein wenig deckend. Die beiden Musculi obliqui fassen nahe an ihrem Ursprung die Glandula Harderiana zwischen sich. 7. M. retractor oculi (ret.). Der mächtigste unter den Augenmuskeln, entspringt aus dem hinteren Winkel der Orbita, von der Basis der Columella, zieht zwischen dem M. reetus su- perior und lateralis nach vorn und inserirt mit zwei Portionen an der Umgebung der Eintrittsstelle des N. optieus und an der lateralen Fläche des Bulbus etwa in der Gegend des Aequators. Innervation der Augenmuskeln: Vom N. oeulomotorius wird versorgt: M. reetus superior, inferior, medialis nnd M. obliquusin- terilor. Vom N. trochlearis wird versorgt: M. obliquus superior. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 537 Vom N.abducens wird versorgt: M. recetus lateralis. Der M. retraetor oculi weist in der Innervation eine Eigenthümlichkeit auf insofern, als er am Ursprung einen Zweig aus dem N. abducens und in seinem weiteren Verlauf mehrere kleine Zweige vom Ganglion eiliare bekommt. Kaumuskeln (Fig. 19) Die Kaumuskeln sind sehr mächtig entwickelt und bestehen: 1. aus dem M. eapiti-mandibularis s. temporo- massetericus, 2. aus dem M. pterygoideusexternus, 3. aus dem M. pterygoideusinternus. 4. aus dem M. parieto-mandibularis. # 4 ; N | ne | ' Bir. 19. Kaumuskeln (linke Seite); der obere und untere Jochbogen sind her- ausgesägt und die Fascia temporo-masseterica entfernt. cap.m.—= M. capiti mandibularis, temporo-massetericus, pt.e.—= Pterygoideus externus, pt.t. = Pterygoideus internus, p.m.— Parieto mandibularis, a. temp. — Arteria temporalis, V=der Il. Trigeminusast, m. ty.—Membrana tympani. 1. DerM. eapiti-mandibularis s. temporo-massetericus (cap. m.) ist ein sehr kräftiger, breiter Muskel, wird nach aussen von der Fascia temporalis et masseterica, sowie von den beiden Jugal- bögen gedeckt, und nimmt den grössten Theil der Fossa tempo- ralis ein. Er entspringt vom Parietale, Squamosum, Quadratum, sowie von der Innenfläche des oberen Jochbogens, ferner von der ihn deekenden Fascia temporalis, steigt dann an der media- len Seite des unteren Jugalbogens, ohne sich an ihn anzuheften, 538 Gakutaro OÖsawa: gerade abwärts und setzt sich an die Spitze des Coronoideum, sowie an dessen Innenfläche und an die Aussenfläche des hinteren Drittels des Unterkiefers an. Eine besondere Portion, die man als den M. masseter be- zeichnen könnte, ist noch nicht differenzirt. 2. M. pterygoideus externus (pt. e). Ebenfalls ein starker, aber etwas schlanker Muskel. Er entspringt vom Parietale, Post- frontale, Prooticum, der Columella und von der zwischen Prooti- cum und Columella sich ausspannenden Membran, sowie von der äusseren Fläche des Pterygoid und inserirt an der Innenfläche des Coronoideum. 3. M. pterygoideus internus (pt. i). Ein kürzerer aber sehr mächtiger Muskel. Er entspringt vom ventralen Rand des Quadra- tum sowie von dessen Innenfläche, ferner vom Infraorbitalboden, Pterygoid und Transversum. Er erzeugt eine starke Vorragung gegen die Rachenhöhle herein (Promimentia muscularis Holl), und setzt sich an die mediale Fläche sowie an den ventralen Rand des hinteren Fünftels des Unterkiefers an. Seine Insertion hängt mit derjenigen des M. pterygoideus externus zusammen; Ja es ist nicht möglich, die beiden Muskeln scharf von einander zu trennen, und die Abgrenzung wird eigentlich nur durch den Ver- lauf des dritten Trigeminusastes angedeutet. 4. M. parieto-mandibularis (p.m). Ist ein ebenso mächti- ger Muskel, welcher vom hinteren Rande des Parietale, sowie zum kleineren Theil vom Squamosum und Ligamentum nuchae ent- springt und nach einem schwach bogenförmigen Verlauf an dem hinteren Ende des Unterkiefers inserirt. Innervation. Die erstgenannten drei Kaumuskeln wer- den vom dritten Ast des Trigeminus versorgt und der vierte Muskel vom Faeialis. Eigentlich müsste der letztere gesondert besprochen werden und die von den Autoren vorgeschlagene Be- zeichnung „Digastrieus“ dürfte auch in gewissem Sinne, d. h. gerade bezüglich seiner Innervation berechtigt sein. Muskeln desHalses. Die Muskeln des Halses lassen sich in die ventralen und die tiefen Muskeln eintheilen. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 539 A) Die ventralen Muskeln sind: 12 M. subeutameus eolli. 2. es cerato-hyoideus. 3. M. cerato-mandibularis. 4. h omo-hyoideus. 5. episterno-hyoideus. vordere hintere Gruppe | | Gruppe | Fig. 20. Muskeln und Nerven der vorderen Halsgegsend bezw. des Mundhöhlen- bodens. Der Subeutaneus colli (Platysma) ist nach links umgeschlagen; rechts sind die Kinnmuskeln entfernt und ein Stück Zungenbein ist herausgeschnitten. pm — Parieto-mandibularis, pt. i. = Pterygoideus internus, k. m. = Kerato-mandibularis, om. hy. = Omo-hyoideus, ep. hy. — Episterno-hyoideus, L=Larynx (ein Theil, 4y= Zungenbein, Tr = Trachea, VII. p. = Der hintere Hauptstamm des Facialis, IX = Glosso- pharyngeus, XII = Hypoglossus, = Ram. lateralis, m = R. medialis, ling—=Lingualis, laryng. s.—=Laryngeus superior, laryng.t.=Laryngeus inferior (Reeurrens) 7. V.— der ventrale Ast des I. Halsnerven, om. hy. —= R. omo-hyoideus des Hypoglossus, 4. V.—N. supraclaviecularis superior, 5. V. N. supraclavicularis medius, 6. V.—N. supraclaviecularis inferior, 540 Gakutaro Osawa: B) Die tiefen Halsmuskeln : 6. M. longuscolli, s. basi-oceipito-verte- bralis. LM eostoreenyicalıs 1. M. subeutaneus eollis. Platysma myoides (Fig. 20). Ein dünner, aber breiter Muskel. Er entspringt von der Innen- fläche des unteren Randes des Unterkiefers sowie von der Nacken- fascie, verläuft quer und veremigt sich in der ventralen Mittel- linie mit dem anderseitigen. Die Raphe ist im eaudalen Abschnitt des Muskels deutlich zu erkennen. Innervation: N. mylo-hyoideus und N. facialis (also nicht von Üervicalnerven, wie man bisher annahm). 2.M. cerato-hyoideus. Ein schlanker Muskel; ent- springt nahe am hinteren Ende der zweiten Zungenbeinspange und geht zur Mitte der ersten Zungenbeinspange. Innervation: N. hypoglossus. 5. M. cerato-mandibularis (km). Ebenfalls ein langer dünner Muskel. Entspringt von der cephalen Hälfte der zweiten Zungenbeinspange und inserirt an der Innenfläche des vorderen Mundwinkels. Innervation: dieselbe wie beim vorigen Muskel. 4. M. omo-hyoideus (Fig. 20 om. hy, Fig. 12 om. hy‘). Ein schlanker Muskel, welcher am vorderen Rand der knöchernen Scapula sowie vom Ligamentum sterno-scapulare internum ent- springt, bogenförmig median kopfwärts aufsteigt und am Zungen- beinkörper und dessen hinterem Fortsatz, sowie an der zweiten Zungenbeinspange inserirt. Er ist am caudalen Theil mit einer schwachen Inseriptio tendinea versehen. Innervation: N. hypoglossus, sowie R. ventralis des N. cervicalis I. 5. M. episterno-hyoideus (Fig. 20 ep. hy, Fig. 12 ep. hy’). Ein dünner Muskel. Er geht vom vorderen Rand des Epister- nums und der Clavieula zur zweiten Zungenbeinspange. Innervation: dieselbe wie vorher. 6. M. longus ceolli s. basi-oceipito-vertebralis. Ein ziemlich langer Muskel, welcher die ventrale Seite der Halswirbel deckt. Er entspringt von der ventralen und lateralen Fläche der zwölf vorderen Wirbelkörper sowie von den Hals- und vorderen Brustrippen, läuft entlang der Wirbelsäule kopfwärts und endet an Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 541 der Basis oceipitis. An seiner dorsalen Seite verlaufen die metameren Spinalnerven, und er könnte dem M. intercosta- lis dorsalis longus und M. quadratus lumborum des Brust- und Lendenabschnittes gleich gestellt werden. Innervation: Ven- trale Aeste des I.— III. Hals- nerven. 71.M. eosto-cervicalis. Liegt lateral und dorsal vom vorigen, entspringt am vor- deren Rand der ersten Sternal- rippe, gibt einzelne Ansätze an die ventrale Fläche der Halsrippen und endet an der ventralen Fläche der dritten Halsrippe. Die Halsnerven sind an seiner ventralen Seite eingelagert, und so dürfte er dem M. interecosta- lis externus des Brustab- schnittes homolog sein. Innervation: Ven- traler Ast des IV. Halsnerven. Muskeln des Rückens (Big 21.) Die Muskeln desRückens lassen sich in zwei Schichten zerlegen, von denen die oberflächliche aus zwei brei- ten, der vorderen Extremität angehörigen Muskeln, näm- lich aus den MM. eueullaris und Jlatissimus dorsi be- steht. Diese beiden Muskeln Archiv f. mikrosk, Anat. Bd, 51 obl.e./ \ hr obl.e. \ \ N \ RZ ‚ u N PN Fig. 21. Rumpfmuskeln. Das Schulterblatt ist mitsammt dem Oberarm entfernt. Die arabischen Ziffern beziehen sich auf die betreffenden Muskeln. p.m. — Parieto-mandibularis, sp. oc. —= Spino- oceipitalis (Splenius), cerv. ca. —Lon- gissimus, öl. co. = lleo-eostalis, Zr. abd. — Reetus abdominalis, obl. e. = Obli- quus abdominalis superficialis, obl. e'. — Obliquus abdominnlis profundis. 36 542 Gakutaro Osawa: werden uns in einem späteren Capitel beschäftigen, und so sollen hier nur die Muskeln der zweiten Schichte behandelt werden. Diese Schicht bildet in der Bauch-Lenden-Gegend eine meta- mer angeordnete, zusammenhängende Masse, welche sich caudal- wärts ununterbrochen in diejenige des Schwanzes fortsetzt. Erst im oberen Theil der Brust und im Gebiet des Halses schwindet der metamere Charakter und die Selbständigkeit der einzelnen Muskeln tritt deutlicher zu Tage. Im allgemeinen kann man hier eine laterale und eine mediale Gruppe unterscheiden. Die laterale Gruppe entspricht dem System des M. saecro- spinalis, während die mediale den transverso-spinalen sowie den spinalen Muskeln gleich zu setzen ist. A. Die laterale Gruppe zerfällt in den M. longissimus eervieo-capitis und M. ileo-costalis cervieis: 1. M. longissimuscervico-capitis (cerv.ca). Dies ist der medial liegende von den beiden Muskeln; er bildet eine ziemlich breite Masse, welche kopfwärts aufsteigt, an dem Parie- tale und dem Squamosum unterhalb des Ursprungs des M. ceueul- laris sowie an den direet daran sich anschliessenden Processus transversi der Halswirbel endigt. 2. M. ileo-eostalis eervieis (2. co). Dieser Muskel stellt eine etwas schwächere Portion dar, welche sich lateral an den vor- hergehenden anschliesst und ihn zum Theil deckt. Er steigt in Gemeinschaft mit dem vorigen aufwärts, verliert allmählich seinen metameren Charaeter und inserirt succesive an dem Ende der Processus transversi sowie an der Dorsalfläche resp. an der Aus- senfläche der Halsrippen. Innervation: RR. dorsales der Spinalnerven. B. Die mediale Gruppe theilt sich in zwei Schichten. 1. Die oberflächliche Schicht besteht aus einem gut differen- zirten Muskel, welcher von den Dornfortsätzen des VII. bis XL. Wirbels sowie mit drei Ursprungszacken von der tiefer liegenden spinalen Abtheilung entspringt, die Dornfortsätze der Halswirbel überspringt und schliesslich an das Parietale und Supraoceipitale sich ansetzt. Der Muskel zeigt in der Höhe des zweiten Drittels seiner Länge eine deutlich ausgeprägte sehnige Inscriptio. Ich möchte ihn M. spino-oceipitalis (Sp.oc) nennen und dem M. sple- nius (M. spino-transversalis) der höheren Thiere homolog halten; Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 543 denn er bekommt seinen Nerven wie der letztere vom Dorsalast des N. cervicalis 1. Die tiefe Schicht besteht wieder aus zwei Unterabtheilungen, aus einer medialen und einer lateralen. 2. Die mediale Unterabtheilung kann man als die spinale bezeichnen. Die Muskelfasern entspringen von der lateralen Fläche sowie von der Basis der Dormfortsätze der hinteren Wirbel und setzen sich an die gleiche Stelle der vorderen Wirbel. Dieser Muskel wird im Gebiet der oberen Brustwirbel deutlich und er- streckt sich bis zum ersten Halswirbel.e Am unteren Theil des Halses gehen von ihm drei accessorische Ursprünge zum M. spino- oeeipitalis ab. 3. Die laterale Unterabtheilung, M.semispinalis, entspringt mit Zacken von der Sacrospinalgruppe sowie auch von der Dorsalfläche der Querfortsätze der Wirbel und tritt zu der spi- nalen Gruppe. An einzelnen Stellen ist die Insertion der Fasern an der Basis der Processus spinosi deutlich zu erkennen, und dies gilt ganz besonders für die vordersten zwei Zacken, welehe an den Neuralbögen des ersten sowie des zweiten Halswirbels ihre Endigung finden. Innervatiou: Dorsaläste der N. N. spinales. 4. Als eine Unterabtheilnng des M. spinalis kann ein kurzer aber kräftiger Muskel, M. reetus eapitis posticus major s. oceipito- cervicalis lateralis der Autoren betrachtet werden. Er steigt vom Neuralbogen des ersten und zweiten Halswirbels etwas schräg zum Kopf auf und inserirt am Opisthotieum und zum kleinen Tbeil am Prooticum. Ich nenne ihn schlechthin M. oceipito- cervicalis. Innervation: Dorsalast des N. cervicalis I. Muskeln des Bauches. Da die ventralen Bauchmuskeln der Hatteria wie die- Jenigen einiger anderer Reptilien von Maurer (199) sehr aus- führlich behandelt worden sind, so gehe ich darauf nicht näher ein, sondern verweise auf die Arbeit des ebengenannten Autors. Man kann folgende Bauchmuskeln unterscheiden; 1. Museulus obliquus externus. 2. A intereostalis externus. BE 4 a internus. 544 Gakutaro Osawa: 4. Museulusintercostalis ventralis. 5. a obliquus internus. 6. 5 transversus. 1: a rectus. 8. is quadratus lumborum. 1. M. obliquus externus (Fig. 21 obl.e). Er lässt sich in zwei Schichten zerlegen, von denen die erstere als M. obliquus externus superficialis und die zweite als profundus bezeichnet wird. a) M.obliquusexternus superficialis (obl.e)..Ein breiter Muskel, welcher fast die ganze laterale Fläche des Rumpfes be- deckt. Er entspringt mit deutlich sichtbaren Zacken von der Aussen- fläche der Processus uncinati sämmtlicher Bauchrippen und zum kleineren Theil am caudalen Abschnitt des Bauches von der Rücken- fascie, verläuft dann schräg ventral-caudalwärts, erreicht den late- ralen Rand des M. rectus und endet sehnig anf dessen vorderer Fläche. Ein Theil seiner Fasern endet aber auch an dem Tuber- eulum pubis sowie als Ligamentum pubo-ischiadicum auf der ven- tralen Fläche des Beckens. b) M. obliquus externus profundus (obl.e). Er ist ähn- lich gestaltet wie der vorige, entspringt auch ebenso und läuft gleich- falls schräg ventral und caudalwärts, erreicht die ventralen Bauch- rippen, an denen ein Theil semer Fasern inserirt, während ein anderer in die ventrale Aponeurose des M. reetus übergeht. Die weiter eaudalwärts liegende Portion der Fasern findet ihr Ende am Tubereulum pubis sowie am Ligamentum pubo-ischjadicum. Maurer hält denjenigen Muskel, welcher zwischen der letzten Hals- und der ersten Sternalrippe hinzieht, für die erste Ursprungszacke dieses Muskels. Mir scheint, dass jener Muskel anders zu deuten ist; denn er liegt in derselben Reihe wie der M. serratus superficialis, erhält wie dieser auch seinen Nerv vom Plexus brachialis. Die erste Zacke des M. obliquus externus profundus entspringt dagegen an der ersten Rumpfrippe und zwar am Ansatz jenes Muskels und des M. serratus superficialis, von welchen beiden sie durch eine quere sehnige Linie getrennt ist. Die beiden Schichten des M. obliquus externus sind am kopfwärts liegenden Theil durch den zwischen sie eingelagerten M. pectoralis von einander deutlich abgesondert; schwanzwärts sind sie aber fest verwachsen, sodass die Ablösung der beiden Schiehten, wie bereits Maurer betont hat, unmöglich ist. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 545 2. M. intercostalis externus lässt sich in zwei Schichten eintheilen, in eine oberflächliche und eine tiefe. Die Fasern laufen von dorsal-kopfwärts nach ventral-schwanzwärts, Die oberflächliche Schicht theilt sich wieder in drei Portionen. a) Portio I entspringt vom caudalen Rand der Processus unci- nati der IL.—XV. Rumpf-Rippen und setzt sich an den cephalen Rand der nachfolgenden Rippen. Ihrer ganzen Form nach erin- nert sie an ein Dreieck, dessen Basis am Processus uneinatus der vorhergehenden Rippe liegt. b) Portio II entspringt an der Basis der Processus uneinati, überspringt eine oder selten auch zwei Rippen und inserirt am cephalen Rand der folgenden Rippen. Ausgebildet ist sie an den IIL.— VIII. Rippen. ec) Portio III liegt weiter ventralwärts als die vorige. Die Fasern entspringen vom caudalen Rand der VIL—X. Rippen, direet ventral von den Ansätzen der Portio II und inseriren an der lateralen Fläche der nächsten oder übernächsten Rippen, und zwar an der Stelle der ventralen Rippenkniekung. Die Ursprungs- zacken dieser Portion greifen in die Ansätze der Portio II ein. Die tiefe Schicht des M. intereostalis externus (Fig. 22 ico. ext.) ist am dorsalen Theil des Rumpfes am dieksten ausgebildet und bildet hier mit den Dorsalmuskeln eine fest zusammenhängende Masse, welche durch sehnige Septa in Metamere getheilt ist. Eine Trennung dieser beiden Muskelsysteme ist unmöglich, doch kann man die Doppelnatur daraus erkennen, dass die oberflächlichen, der Dorsalmuskulatur angehörigen Fasern von kopfwärts nach schwanzwärts gerade laufen und den Raum zwischen der Wirbel- säule und den Processus uncinati der Rippen ausfüllen, während die tieferen Fasern allmählich eine schräge Richtung, von dorso- cephal nach ventro-caudalwärts, einschlagen, sich zwischen je zwei Rippen ausspannen, ventralwärts bis zum ventralen Rippen- winkel ausdehnen und somit den Character der Mm. intercostales annehmen. 3. M. intercostalis internus setzt sich aus drei Portionen zusammen. Portio I (Mm. intercostales dorsales longiM aurer) entspringt von der Vorderfläche der Rumpfwirbel mit entsprechenden Zacken; kopfwärts sind die Fasern mächtiger ausgebildet und hängen mit dem Ursprung des M. longus colli zusammen, während sie 546 Gakutaro Osawa:r: am caudalen Theil, wo der M. quadratus lumborum auftritt, schwach und aponeurotisch werden. Sie laufen von dorso-caudal- nach ventro-cephalwärts, überspringen drei oder vier Rippen und inseriren an den Stellen der Rippen, wo aussen die Processus uneinati ausgehen. Sie bilden eine einheitliche continuirliche Schicht und sind nur am Ursprung getrennt. Portio II, Mm. intereostales interni longi entspringt von der Fig. 22. Intercostalmuskeln. 2. coe. — Intercostalis externus brevis, c. i. br. — Intercostalis internus brevis, c. ö. l. = Intercostales interni longi, c.v. — In- tercostales ventralis, n—=N. intercostalis, cut = Cutaneus abdominis lateralis. Ansatzstelle der ersten und setzt dieselbe Faser-Richtung fort. Ihre Fasern überspringen eine Rippe und inseriren am caudalen Rand des knorpeligen Abschnitts der zweit oberen Rippe. Portio III, Mm. intercostales interni breves (Fig. 22 ce. i. br.) liegt, von der Portio II gedeckt, — von der Bauchhöhle aus ge- sehen —, ist mit ihr verwachsen und unterscheidet sich von ihr nur durch Faserlänge. Sie füllt nämlich den Zwischenraum zweier benachbarter Rippen aus. 4. Mm. intercostalesventrales (c. vo.) sind Muskeln, welche zwischen den ventralen knorpeligen Abschnitten der Rippen sich ausspannen. Sie weisen ganz genau denselben Faserlauf wie die Mm. interecostales interni auf. Sie laufen nämlich von dorso-caudal nach ventro cephalwärts, haben aber eine andere Beziehung zu dem N. intercostalis. Während die Mm. intercostales interni den N. intereostalis an ihrer Aussenseite haben, kommt derselbe bei den Mm. intercostales ventrales an ihre innere, der Bauch- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 547 höhle zugekehrte Seite zu liegen. Die beiden Mm. intercostales werden also durch den zwischen beiden ziehenden Nerven von einander geschieden. Auch an diesen Muskeln kann man drei Portionen unter- scheiden: a) Portio I entspringt am vorderen Rand des ventralen knorpeligen Rippenwinkels und inserirt am hinteren Rand der nächst vorderen Rippe. b) Portio II entspringt am oberen Rand des zweiten knor- peligen Abschnittes der Rippen und inserirt an der Basis des schaufelförmigen Fortsatzes der nächst vorderen Rippe. e) Portio III zieht von der Spitze des schaufelförmigen Fortsatzes und vom vorderen Rand der einen zugehörigen ven- tralen Abdominalrippe zum hinteren Rand und zur Aussenfläche der nächst vorderen Rippe. Die medialen Fasern gesellen sich auch dem M. rectus zu. An der ersten Sternalrippe geht dieses System in den Mm. costo-coracoideus und costo-seapulo-sternalis über; über dieselben siehe später! 5. M. obliquus internus entspringt an der Ansatzstelle des M. intercostalis dorsalis longus, läuft in gleicher Richtung wie dieser und endet in der Aponeurose, welche die dorsale Fläche des M. recetus überzieht. Im Bereich des Sternums findet seine Insertion lateral am Mm. sterno-coracoidei interni statt. 6. M. transversus entspringt an der gleichen Stelle wie der ‚vorhergehende, läuft gerade horizontal und endet ebenfalls in der dorsalen Aponeurose des M. rectus und an der dorsalen Fläche des Sternum. Seine Endaponeurose an der letzteren Stelle hängt mit dem dorsalen Parietalgekröse fest zusammen, so dass in ihm der Vorläufer des Zwerchfells zu erblieken sein dürfte. Die beiden Muskeln, sowohl der Obliquus internus, wie der Transversus werden caudalwärts schwächer, sodass ihre fleischige Masse schon an der letzten Rippe aufhört und nur durch die mit dem Bauchfell verschmolzene Aponeurose, welche noch caudal- wärts bis zum Becken heranreicht, vertreten ist. 1. M. rectus (Fig. 21, 22 R. abd.) stellt eine in der ven- tralen Mittellinie des Bauches liegende in der Richtung der Längs- achse des Körpers verlaufende Muskelmasse dar. Er entspringt an der caudalen Ecke des Sternum, läuft gerade caudalwärts und inserirt 548 Gakutaro Osawa: an dem Tubereulum pubis sowie an der ventralen Fläche des Pubis und Ischium mit einer starken Aponeurose, Ligamentum pubo-isehiadieum. Er ist durch die in ihm eingebetteten Bauchrippen an der ventralen Fläche in deutliche Metameren eingetheilt. Zuschüsse bekommt er von der medialen Portion der Mm. intereostales ventrales (Portio III), deren Fasern schief in einer caudo-cephalen Richtung zu ihm aufsteigen und von einem sehr starken Fleischbündel, welches vom Tubereulum pubis aus schräg kopfwärts aufsteigt und von der dorsalen Seite her in ihn eintritt. Diese letztere Muskelmasse lässt sich etwa bis zur Höhe der fünften Rippe verfolgen. 8.M. quadratuslumborum. Als solchen lässt sich ein Faser- system betrachten, welches eine ventrale Abtheilung der stark voluminösen indifferenten Inter- costalmuskeln darstellt und wel- 10+11 F \ S Ki j ei --. pud.ext. ches von ihnen durch die zwi- N FAN: SE Sph schen beide austretenden meta- RR. meren Lumbalnerven getrennt ist. & ; u | > m. re Kl E . 1 iost fü f t u s sind wenigstens fünf meta- we ! mere Faserbündel vorhanden, # welche vom vorderen Rand des Fig. 23. Processus transversus des Sacral- Muskeln und Nerven der Kloaken- _- 1.1: ana vw £ gegend. Die Mm. puboischio-tibialis wirbels, sowie von den darauf u. ischio-tibialis postieus sindam Ur- folgenden ventralen Myosepten sprung abgeschnitten. Sph = Trans- i E a versus perinei u. Sphincter cloacae, der Intereostalmuskeln entsprin Kl=Kloake, pud.ext.—N. puden gen, ein wenig schräg von dus externus, m = Muskelast f. Coc- h h . eygo-femoralis brevis. lateral - caudal- nach medial cephalwärts laufen, und an der seitlich vorderen Fläche der fünf praesacralen Wirbel inseriren. Die einzelnen Faserbündel werden kopfwärts successive schwächer, bis sie endlich nieht mehr sichtbar sind. Ihre Ausbildung steht mit derjenigen des M. intercostalis dorsalis longus in einem alter- nirenden Verhältniss. Muskeln der Kloakengegend. 1. M.transversus perinei besteht aus querlaufenden Fa- sern, welehe zwischen das caudale Ende des Ischium und die vordere Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 549 Kloakenlippe eingelagert sind. Die vordere, mächtigere (Fig. 23 sph) Portion entspringt von der Ursprungssehne des M. ischio- tibialis postieus und inserirt an dem Ischium, sowie an dem in der ventralen Mittellinie liegenden knorpeligen Proc. hypoischia- dieus. Die hintere Portion ist in der vorderen Kloakenlippe ein- gebettet, entspringt von der Fascie der Beugeseite des Oberschen- kels und geht ohne Unterbrechung in der ventralen Mittellinie zur anderen Seite über. Sie kann als M. sphineter celoacae anterior bezeichnet werden. 2. M. sphincter eloa- eae (posterior) liegt in der hinteren Kloakenlippe ein- gebettet, entspringt auch von der Oberschenkelfascie und geht zu der anderen Seite über. Seine Fasern sind ebenfalls quer ge- richtet. 3. M. compressor glan- dulae analis besteht aus longitudinal gerichteten Fa- sern, welche im Gebiet des .-% 1 : Schwanzes z. Th. von der u. U Fasecie, z. Th. vom Septum EN: zwischen den beiderseitigen Mm. eoceygeoischiadiei ent- springen, nach vorn verlau- fen, und nach Umwickelung der Glandula analis an der dorsalen Seite des knorpe- ligen Proc. hypischiadieus des Beckens enden. DS Fig. 24. ‘ In is ryation: Nn. Schwanzmuskeln. d =dorsale, ».l. = ven- hämorrhoidales versorgen tro laterale. alle die genannten Muskeln. Muskeln des Schwanzes (Fig. 24). Diese Muskeln sind streng metamer angeordnet, weisen einen noch indifferenten Character auf und bilden eine zusam- menhängende Masse, welche durch eine seitliche Furche in eine 550 Gakutaro Osawa: dorsale und eine ventro-laterale Abtheilung zerlegt wird. An der Spitze des Schwanzes sind sie sehnig, kopfwärts dagegen nehmen die Muskelelemente immer mehr zu und in der Nähe des Beckens tritt die Schwanzmuskulatur in allernächste Beziehung zu den betreffenden Skelettheilen. Ueber die daraus resultirenden Mo- difieationen vergl. die Muskeln der hinteren Extremität! Muskeln der vorderen Extremität. Ueber Ursprung und Ansatz vergl. Fig. 5, 12, 13, 14.1) A. Muskeln, welche vom Rumpf zum Brustgürtel und zum Oberarm gehen. I. Schieht: 1. 2. Sr M. capiti-dorso-clavieularis. M. latissimus dorsi. II. Schiebt2 3; M. M. serratus superficialis. M. M. I 11. Schiebt: 7. M; IV. Schicht: 8. M. levator scapulae. costo-sterno-scapularis. costo-coracoideus. serratus profundus. eollo-seapularis. B. Muskeln an der dorsalen Seite des Sternums. 9. M. 10. M. sterno-coracoideus internus superfieialis. „ = = profundus. 6. Muskeln, welche vom Brustgürtelzum Oberarm gehen. I. Schieht: 11. 12:- 13; II. Schieht: 14. 15: 16. ES Rees III. Schieht: 18. M. . pectoralis. . eleido-humeralis. . dorsalis scapulae. . Supracoracoideus. . coraco-brachialis. . scapulo-humeralis profundus. in. M. a e posterior. subsceapulo-eoraco-brachialis. D. Muskeln, welehe vom Brustgürtel, resp. vom Oberarm zum Vorderarm gehen. I. Beugeseite: 19. M. 20. M. 21.08 II. Streekseite: 22. M. eoraeco-antibrachialis. humero-antibrachialis medialis. 3 5 lateralis. anconaeus. nn y, Die die Muskeln bezeichnenden arabischen Ziffern gelten auch für die betreffenden Figuren. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 551 E. Muskeln des Vorderarmes. I. Beugeseite: a) oberflächliche Schicht: 23. M. flexor earpi radialıs. 24. M. flexor digitorum communis profundus. 25. M. flexor carpi ulnaris. b) tiefe Schicht: 26. M. pronator teres. 27. M. n quadratus. Il. Streckseite: a) oberflächliche Schicht : 28. M. supinator. 29. M. extensor carpi radialis brevis. 50. M. extensor digitorum communis longus. 5l. M. extensor carpi ulnaris. 532. M. anconaeus quartus (richtiger quintus). b) tiefe Schicht: 33. M. extensor carpi radialis longus. 34. M. abductor et extensor pollieis longus. F. Muskeln der Hand. I. Muskeln der Hohlhand. a) I. Schicht: 35. M. flexor digitorum communis sublimis. 36. M. abduetor digiti minimi. b) II. Schicht: 37. Mm. lumbricales. e) III. Schicht: 38. M. flexor pollieis. 39. M. abductor pollieis. 40. M. opponens digiti minimi. 41. M. abductor digiti minimi. 42. Mm. interossei volares. II. Muskeln des Handrückens. 43. M. extensor digitorum eommunis brevis. 44. M. abductor pollieis brevis. 45. M. extensor R 4 46. Mm. interossei dorsales. 1. M. capiti-dorso-elavieularis s. eueullaris (Fig. 21) ist ein sehr breiter Muskel, welcher mit sammt dem M. latissimus 552 Gakutaro Osawa: dorsi den grössten Theil der Rückenfläche des Körpers deekt. Er entspringt vom Parietale, Squamosum und Supraoceipitale sowie von der Halsfaseie und den Processus spinosi der elf oberen Wirbel. Der eephale Theil der Fasern läuft schräg in der Richtung von kopf- nach bauch- und schwanzwärts, während die schwanz- wärts daran sich anschliessende Portion beinahe horizontal von der dorsalen Seite zur ventralen gerichtet ist. Der ganze Muskel setzt sich an die Clavieula und zwar an deren oberen Rand. Die Theilung dieses Muskels in den M. capiti-dorso-clavieularis und M. episterno-eleido-mastoideus ‘war in einem Fall nahe an der Ansatzstelle möglich, da nämlich eine kleine Spalte zwischen den beiden genannten Portionen deutlich ausgeprägt war. , 2 a Innervation: S; E N. accessorius sowie j £ N. cervicalis IV, V FENG, u. VI. 2. M. latissimus | dorsi s. dorso-hu- br meralis (Fig. 21,26) -- st. sc, Ist ebenfalls ein sehr breiter dünner Mus- | kel, entspringt von ----70 den Processus spi- SER nosi des fünften bis siebzehnten Wirbels. we. Die obere Portion HH STEHE läuft schräg von ce- - phal-dorsalwärts Fig. 25. nach caudo-ventral- Muskeln an der Innenseite des Schultergürtels wärts, die mittlere da- und Brustbeins. st. sc. = Lig. sterno-scapulare internum, om. hy.=M. omo-hyoideus. FT er m PR: gegen beinahe hori- zontal in der dorso- Aentralen Richtung und geht allmählich in die untere über, welche von caudo-dorsalwärts nach cephalo-ventralwärts ein wenigaufsteigt, Der Ansatz findet statt am Oberarm und zwar an der Hinter- fläche des proximalen Theiles, unterhalb des Ansatzes des M. scapulo-humeralis profundus. Innervation: N. latissimus dorsi aus dem N. bra- chialis longus superior. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 553 5. M. levator scapulae s. collo-scapularis ist ein ziemlich langer Muskel, welcher distal in zwei schlanke Bäuche getheilt wird, nämlich in den dorsalen Bauch: M. collo-sceapu- laris und in den ventralen: M. collo-elavieularis. a) Der dorsale Bauch, M. collo-scapularis entspringt von dem Seitentheil des zweiten Halswirbels und inserirt an der oberen Ecke sowie am medialen Rand der, dorsalen Fläche der knorpeligen Scapula. Er wird innervirt vom N. cervi- calis VI. b) Der ventrale Bauch, M. eollo-clavieularis (Fig. 25) hat einen gemeinsamen Ursprung wie der laterale, inserirt aber an dem dorsalen Ende der Clavieula und wird innervirt vom N. cer- vicalis IV und V. 4. M. serratus superfieialis s. thoraci-seapularis superfieialis, Fürbringer (Fig. 21,26) entspringt mit zwei getrennten Zacken von den ersten zwei Sternalrippen und zwar vom zweiten Abschnitt derselben. Die erste Zacke ist mit einer gleichen des M. obliquus abdominis profundus verbunden, während die zweite zwischen zwei getrennten Portionen des genannten Muskels eingreift. Der Muskel läuft schräg kopfwärts und setzt sich an den unteren Rand sowohl der knöchernen wie der knor peligen Scapula. Innervation:R. thoracieus des N. cervicalis VII. Als einen Theil dieses Muskels dürfte wohl ein Muskel- bündel betrachtet werden, welcher sich zwischen der letzten Hals- und der ersten Sternalrippe ausspannt uud welcher nach Maurer dem Obliquus abdominis zugehört. 5. M. costo-sterno-scapularis (Fig. 25) liegt in der Tiefe der Achselhöhle, lateral vom Sternum und wird bei gehobenem Arm sichtbar. Er entspringt von der ventralen Fläche der ersten Sternalrippe, läuft parallel dem Sternum kopfwärts und inserirt am Ligamentum sterno-scapulare-internum !) (st. sc.). Innervation: R. costo-sterno-scapularis aus dem N. cer- vicalis IX. 6. M. eosto-coracoideus (Fig. 25) entspringt gleichfalls von der ersten Sternalrippe, aber medial von dem Ursprung des 1) Das Ligamentum sterno-scapulare-internum spannt sich zwischen dem Seitenrand der Innenfläche des Sternum und zwischen dem vor- deren Punkt der Innenfläche der Scapula aus. 554 Gakutaro Osawa: vorigen Muskels, steigt über die Coracoidfurche des Sternums kopfwärts und setzt sich an den caudalen Theil der Dorsal- fläche des Coracoid in Gemeinschaft mit dem Ansatz des weiter unten zu erwähnenden M. sterno - coracoides internus super- ficialis. Innervation: R. costo-coracoides aus dem N. cervi- calis VII. Der von Fürbrin ger als M. costo-coracoideus s. sterno- costo-scapularis bezeichnete Muskel entspricht der Beschreibung nach dem von mir so genannten M. costo-sterno-seapularis (5) der Hatteria, während der eigentliche M. costocoracoideus dieses Thieres aber von ihm bei keinen Reptilien beobachtet worden zu sein scheint. 7. M. serratus profundus s. collo-thoraeci scapu- laris, Fürbringer (Fig. 25) ist ein dünner platter Muskel und liegt dorsalwärts vom M. serratus superficialis, entspringt mit drei Zacken von den zwei unteren Halsrippen und von der ersten Brustrippe. Seine Fasern sind schräg dorso - cephalwärts ge- richtet, und der Ansatz findet statt an der costalen Fläche der knorpeligen Scapula, nahe an der Grenze der knöchernen Scapula. Innervation: R.thoracieus des N. cervicalis VI und VII. 8. M. eollo-seapularis (Fig. 25 +21) ist ebenfalls ein dünner Muskel von ähnlichem Faserlauf. Ursprung: Ausschliesslich vier untere Halsrippen. Ansatz: Medialer Rand der costalen Fläche der knorpeligen Scapula. Innervation: R. thorae. des N. cervicalis V und VI. Dieser Muskel wird von Fürbringer als die tiefe Schicht des vorigen bezeichnet, ich halte es jedoch für naturgemäss, ihn besonders zu benennen, weil er in der That von dem vor- hergehenden Muskel sehr leicht und deutlich abzupräpariren ist. 9. M. sterno-coracoideus internus superfieialis, Fürbriuger (Fig. 25) liegt an der dorsalen Seite des Sternal- apparates und entspringt von der Innenfläche des Sternum und zwar von dem ganzen caudalen Umfang der Coracoidfurche. Der Muskel steigt kopfwärts fast gerade auf und inserirt an der dorsalen Fläche des Coracoid nahe am medialen Rand, die Ansatzlinie entspricht einem Theil der Ursprungslinie des M. supracoracoi- deus an der ventralen Fläche des Coracoid. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. Innerw tion: BR: sterno-coracoideus aus d. N. eerviealis VI. 10.M.sterno-coracoi- deus internus profun- dus,Fürbringer(Fig.25) ist ein schlanker Muskel, entspringt an der dorsalen Fläche des caudalen Ab- schnittes des Sternum, me- dial von dem Ansatz des M. transversus abdominis, läuft fast gerade aufwärts und inserirt an einem Punkt des Coracoid direet ober- halb des Ansatzes des vor- hergehenden Muskels. Innervatıon:'R. sterno-coracoideusaus dem N. cervicalis VII. 11. M.pectoralis (Fig. 21). Ein sehr breiter mäch- tiger Muskel, welcher die ganze ventrale Fläche der Brustwand sowie zwei Drit- tel der vorderen Bauch- wand bedeckt, entspringt von der äusseren Fläche von Olavicula, Episternum, Sternum sowie der Bauch- rippen; demnach kann man vier Portionen der Fasern unterscheiden nämlich: 1. eine elavieulare 2. eine episternale | 3. eine sternale | "UOTIOT 4. eine abdominale Die einzelnen Portio- nen unterscheiden sich von 555 77 '5'7NI Zu e sch 19 > cut.]l 17 »latiss >” Rad 21 ment. man. 2 -;---3 aieza. ” Fig. 26. Muskeln und Nerven der vorderen Extremität, Streckseite. Brach. sup. — N. brachialis superior, Brach. inf.—N. brach. inferior, ax = Axillaris, cut. s.— Cutanei brachii superiores laterales, dors. = Dorsalis scapulae, sc. h.— Sea- pulo-humeralis, cut. l. = Cutaneus bra- chii et antebrachii lateralis, latiss = Latissimus dorsi, Rad = Radialis, R. m. = Radialis medialis, R. 1. — Radialis la- teralis, cut. man. = Cutaneus manus dor- salis, dig. d.—= Digitalis dorsalis. Die arabischen Ziffern bezeichnen die betreffenden Muskeln. Brach. inf. " Brach. sup. 556 Gakutaro Osawa: einander durch den Faserverlauf. Die Fasern der elavieularen wie der oberen episternalen Portion laufen lateral abwärts, die der unteren episternalen und der sternalen beinahe horizontal und die der abdominalen schräg aufwärts lateral. Alle Fasern conver- siren gegen den proximalen Teil des Oberarmes und setzen sich gemeinsam an den Processus lateralis humeri. Innervation: N. N. peetorales. 12. M. cleido-humeralis s. Deltoides elavieularis, Fürbringer (Fig. 21,26); Muse. elaviculo-brachialis, Günther. Der Muskel liegt zwischen dem vorhergehenden M. pectoralis major und dem folgenden M. dorsalis scapulae, ent- springt von der äusseren Fläche des grossen lateralen Theiles der Clavieula, verläuft ein wenig schräg caudalwärts und setzt sich mit convergirenden Fasern an den proximalen Theil des Oberarmes lateral vom Processus lateralis humeri. Innervation: Endast des N. dorsalis scapulae. 13. M. dorsalis seapulae s. Deltoides scapularis, Fürbringer (Fig.'21, 26); M. deltoideus, Günther. Ein ziemlich breiter Muskel. Entspringt von der dorsalen Fläche der knorpeligen Scapula nahe am medialen Rand und wird hier von dem lateralen Theil des M. levator scapulae zum Theil bedeckt. Er verläuft dann ventralwärts in fast horizon- taler Riehtung und inserirt an der lateralen Seite der Basis pro- cessus lateralis humeri. Am Ansatz wird er vom M. eleido-hume- ralis überlagert. Innervation: N. dorsalis scapulae. 14. M. supracoracoideus, Fürbringer (Fig. 21, 26); M. coraco-brachialis anterior, Günther. Der Muskel liegt vom M. pectoralis und eleido-humeralis bedeckt. An ihm kann man eine oberflächliche und eine tiefe Portion unterscheiden. a) Die oberflächliche Portion stellt einen sehr schwachen kleinen Muskel dar, entspringt vom Coracoid, nahe am medio- cephalen Winkel, verläuft schräg caudal- und lateralwärts und setzt sich an den Processus lateralis humeri. b) Die tiefe Portion bildet eine sehr mächtige Muskel- masse, welche beinahe von der ganzen Aussenfläche des Cora- coid entspringt, lateral- und caudalwärts verläuft und an dem Processus lateralis humeri sowie an der medial-vorderen Fläche des proximalen Zweidrittels. des Humerus inserirt. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 557 Innervation: N. supracoracoideus u. N. coraco-bra- chialis., 15. M. coraco-brachialis (Fig. 27, 29); M. coraco- brachialis longus, Fürbringer; M. coraco-brachialis inferior, Günther. Dieser Muskel war bald mit demM. supracora- eoideus fest ver- 18 schmolzen, bald von . ihm ziemlich deut- u lich getrennt, zu- Brach. inf. mal der N. coraco- brachialis zwischen beiden Muskeln hindurch trat. Er entspringt vom caudalen Winkel des Coracoid und inserirt nach einem ziemlich langen schrägen Verlauf an die mediale vordere Fläche des distalen Drit- tels des Humerus. 2 Inmervationm:! N. coraco-brachialıs. DervonFürbringer (103) als M. coraco-bra- ehialis brevis bezeichnete Theil bildet eine fest zu- sammenhängendeMuskel- masse mit dem vorher- gehenden M. supracora- cut. m. cor,br.! Te h. s=-1 li —- Bien un a = ---7--- - - Mus. cut. + »G | UP--— coideus und war durch den N. coraco-brachialis, welcher sich in der Ge- ar, sammtmasse verästelte, Fig. 27. Muskeln und Nerven der vorderen nur durchbrochen. Extremität, Beugeseite. Brach. inf. 16. M. seapulo-hu- meralis profundus, Fürbringer (Fig. 26). Ein ziemlich kräftiger Muskel, welcher vom M. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 —=N. brachialis inferior, Ul=Ulnaris, M. superf. — Medianus superficialis, pect —= Pectoralis, cor.br. = Coraco- brachialis, cor.br’ = Nervuli coraco- brachiales, cut. m.—Cutaneus bracchii et antebrachii medıalis, musc. cut. — Museulo-ceutaneus, I. vol. = Ligamen- tum carpi volare, 37 558 Gakutaro Osawa: cleido-humeralis überlagert ist und sich ventral an den M. supra- coracoideus und dorsal an den M. teres grenzt, entspringt nahe am cephalen Rand der knöchernen Scapula sowie an dem daran sich anschliessenden Theil des Coracoid und setzt sich an den radial-hinteren Theil des proximalen Humerusendes. Innervation: N. scapulo-Ihumeralis aus dem N. dorsalis scapulae. 17. M. scapulo-humeralis posterior s. teres major, Fürbringer (Fig.26). Der Muskel schliesst sich an den vor- hergehenden an, liegt dorsalwärts von ihm und wird vom M. dor- salis scapulae bedeckt. Er nimmt seinen Ursprung weiter dorsal als der vorhergehende Muskel, jedoch gleichfalls von der knö- chernen Scapula und inserirt an der Streckseite des proxima- len Theiles des Humerus, nahe am Processus medialis humeri. Innervation: N. scapulo-humeralis aus dem N. dorsalis scapulae. 18. M. subscapulo-coraco-brachialis (Fig. 25, 27); M. subeoraco-seapularis, Fürbringer. Ein grosser kräftiger Muskel, entspringt mit zwei Köpfen vom Coracoid sowie von der Scapula. a) Das Caput scapulare entspringt am caudalen Rande der knöchernen Scapula etwas ventral vom Ansatz des M. serratus superficialis. b) Das Caput coracoides ist sehr mächtig und doppelt ge- fiedert. ‘Es nimmt seinen Ursprung von der ganzen dorsalen Fläche des Coracoid mit Ausnahme des medialen und caudalen Randes. Beide Köpfe vereinigen sich nahe an ihrer Insertion, welehe am Processus medialis humeri proximal vom Caput me- diale des M. anconaeus stattfindet. Der Muskel verstärkt die dorsale Kapselwand des Schultergelenkes. Innervation: N. subscapulo-eoraca-brachialis, und das Caput eoracoides bekommt ausserdem noch einen Ast aus dem N. coraco-brachialis. 19. M. eoraeo-antibrachialis, Fürbringer (Fig. 26, 27, 29,30); M. biceps brachii, Günther. Ein langer Kräf- tiger Muskel, welcher an beiden Enden fleischig und in der Mitte sehnig ist. Er entspringt neben dem Ursprung des M. supra- coracoides am medialen Rande des Coracoid, läuft schräg lateral- abwärts, wird in der Gegend des Schultergelenkes sehnig und am Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 559 Oberarm stark fleischig. Die Insertion findet statt am proxi- malen Ende des Radius und der Uma sowie an der Ellbogenkapsel. Innervation: Die proximale Hälfte des Muskels wird vom N. coraco-brachialis versorgt und die distale vom N. mus- eulo-eutaneus. 20. A. humero-antibracbialis medialis (Fig. 27, 29, 30); M.humero-antibrachialisinferior, Fürbringer; M.brachialis internus, Günther. Entspringt fast von der ganzen Buugeiläche des Humerus bis zum Ellbogengelenk und setzt sich, mit dem Ansatztheil des M. coraco-antibrachialis vereinigt, an das proximale Ende des Radius und der Ulna. Ausserdem giebt er eine Anzahl der Ansatzfasern an die Gelenkkapsel des Ellbogens ab. Innervation: N. humero-antibrachialis aus dem N. musculo-eutaneus. 21. M. humero-antibrachialis lateralis (Fig. 21, 26). The outer Muscle, Günther. Ein schwacher Muskel und liegt an der radialen Seite des vorhergehenden Muskels, entspringt von der Basis des Processus lateralis humeri sowie von der End- sehne des M. scapulo-humeralis profundus und von dem Liga- mentum scapulo-humerale !) und strahlt in die radiale Vorderarm- fascie aus, gleichsam Lacertus fibrosus bildend. Innervation: N. musculo-eutaneus. 22. M. anconaeus, Fürbringer (Fig. 21, 26); Muse. triceps, Günther. Der Streckmuskel des Oberarmes setzt sich aus vier Köpfen zusammen. Diese sind: a) Caput scapulare; b) Caput coracoideum; ce) Caput humerale laterale; d) Oaput humerale mediale. a) Caput scapulare entspringt mit einer schlanken Sehne sowohl vom Ligamentum scapulo-humerale wie von der Scapula dorsal von der Gelenkpfanne zwischen den Ursprungsstellen des M. scapulo-humeralis profundus uud posterior, steigt fast ge- rade herab und vereinigt sich etwa in der Mitte des Oberarmes mit dem Caput coracoideum. 1) D. i. ein Band, welches von der Tuberositas acromialis zum Proc. lateralis humeri schräg herabzieht. 560 Gakutaro Osawa: b) Caput coracoideum entspringt mit einer sehr dünnen Sehne von einem Punkt am caudalen Winkel der Innenfläche des Coracoid und steigt schräg lateral abwärts. c) Caput humerale laterale entspringt an der lateralen Seite des ganzen Humerusschaftes und vereinigt sich nahe am dista- len Ende des letzteren mit den beiden oben genannten Köpfen. d) Caput humerale mediale entspringt an der medialen Seite des Humerus, unterhalb des Processus medialis humeri bis zur Ellbogenkapsel und tritt zu den anderen Köpfen hinzu. Die gesammte Muskelmasse setzt sich an die hintere Kapsel des Ellbogengelenkes sowie an das Oleeranon und den proxi- malen Theil der Ulna. Es kann daher ein als M. subanco- naeus zu bezeiehnender Theil, der hauptsächlich an der Gelenk- kapsel endet, unterschieden werden. Innervation: RR. anconaei des N. radialis super- fieialis. 23. M. flexor carpi radialis (Fig. 27,29); M. epitro- chleoecarpalis radialis, Fürbringer; M."Tlexor earpiradialis, Günther, liegt mit der Hauptmasse an der radialen Seite des Vorderarmes, nur am Ursprung von dem folgenden M. flexor digitorum eommunis profundus ein wenig ge- deckt. Er entspringt von dem Epicondylus uluaris humeri sowie von der Ellbogenkapsel, kreuzt den Vorderarm in schiefer Rich- tung und inserirt an dem distalen Ende des Radius sowie an der Kapsel des Handgelenkes bis Radiale. Innervation: N. medianus superficialis u. N. humeralis anterior. 24. M.flexor digitorum communis profundus (Fig. 27,29); M. epitrochleo-ulno-digitalis, Fürbringer; M. flexor digitorum profundus, Günther. Der Muskel bildet eine voluminöse Masse, welche einen ‚grossen Theil der Beugeseite des Vorderarmes deckt. Er hat drei Ursprünge: a) Der oberflächliche grösste Theil entspringt von dem Fpiecondylus ulnaris humeri sowie von der Ellbogenkapsel und wird an der Handwurzel tendinös. b) Der tiefe Theil (M. radio-digitalis s. flexor profundus, Fürbringer) entspringt von der vorderen Seite der Ulna, nicht aber vom Radius und gesellt sich in der Gegend des Hand- selenks dem ersten Theil zu. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 561 ec) Der dritte kleinste accessorische Kopf entspringt von der volaren Fläche des Ulnare und der Basis des Metacarpale V und tritt an die Hauptmasse des Muskels von der dorsalen Seite her. Die gesammte Muskelmasse liegt unter dem Ligamentum earpi volare (2. vol.) und bildet eine fächerförmige Ausbreitung, welehe distal in fünf Zipfel zerfällt, die zu den fünf Fingern schen. Dabei werden sie von dem M. flexor digitorum com- munis sublimis überlagert, welcher für sie ein Chiasma tendineum bildet. Sie treten also durch das Chiasma und gelangen an die Endphalanx, um hier ihre Ansätze zu finden. Ihre End- sehnen sind auch durch einige Retinacula tendinea an den Kno- chen befestigt. Innervation: N. medianus superficialis. 25. M. flexor earpi ulnaris (Fig. 27); M. epitrochleo- earpalis ulnaris, Fürbringer; M. flexor carpi ulnaris, Günther. Entspringt nahe an der Spitze des Epicondylus ulnaris humeri und von der Ellbogenkapsel, geht entlang des ulnaren Randes des Vorderarmes und setzt sich an die ulnare Seite der Ulna bis zum distalen Ende und an das Pisiforme. Innervation: N. ulnaris. 26. M. pronator teres (Fig. 2% 30); M. epitrochleo- radialis, Fürbringer; M.pronator teres, Günther. Der Muskel bildet mit dem tiefen Kopf des M. flexor digitorum communis profundus die zweite Schicht, entspringt von der Spitze des Epieondylus ulnaris humeri sowie von der Ellbogenkapsel und setzt sich an die ulnare Seite des Radius an dessen obere Hälfte. Innervation: N. medianus profundus. 27. M. pronator quadratus (Fig. 29,50); M. ulno- radialis, Fürbringer, bildet eigentlich die dritte Schicht der Beugemuskeln des Vorderarmes, entspringt fast von der sanzen radialen Seite der Ulna und inserirt nach einem ein wenig abwärts schräg gerichteten Verlauf an der distalen Hälfte des Radius und an dem Radiale. Innervation: N. medianus profundus. 28. M. supinator (Fig. 26, 27,28); M. epicondylo-ra- dialis, Fürbringer; M. supinator longus, Günther. Liegt im Anschluss des M. flexor carpi radialis an der radialen Seite des Vorderarmes, entspringt von der radialen Fläche des Epieondylus 562 Gakutaro Osawa: radialis humeri, sowie von der Ellbogenkapsel und inserirt an der radialen Seite des Radius bis zum distalen Ende desselben. Innervation: N. radialis profundus. 29. M. extensor earpiradialis brevis (Fig. 26, 28). Ent- springt in Gemeinschaft mit dem vorigen Muskel von der Spitze des 1 \ — 1-19 MR j Rai, === - Mus. cut. Be j 23 u. 24---- a E77 "==: Med A A “ AIR AV 726 Da liBr 7 u prof. RE: A NuSSRER: ' x . 2 ! De 2 — M. superf. - IT 3 | (cut pal.) | R\. vol. 1 Fig. 28. Fig. 29. Muskeln und Nerven des Vor- Muskeln und Nerven des Vorderarmes derarmes u. der Hand, Streck- und der Hand. Med = Medianus, Ul— seite. R. m. —Radialis medialis, Ulnaris, 7—= Humeralis, Musc. cut. — R.1l. = R. lateralis, dig. d.= Musculo-cutaneus, c=Ramus comınu- Digitales dorsales. nicans cum n. ulnare, M = Muskelast für d. M. flexor digitorum profundus, M. prof. = Medianus profundus, M. superf.— Medianus superficialis, vol. 1—5= Digitales volares 1—5. Epicondylus radialis humeri und von der Ellbogenkapsel, trennt sich in der Mitte des Vorderarmes von ihm und löst sieh in eine Aponeurose, welche an dem proximalen Ende des Metacarpus I ansitzt. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 563 Innervation: N. radialis profundus. 530. M. extensor digitorum communislongus, Günther (Fig. 26, 28); M. epicondylo-metacarpalis medius, Für- bringer. Der Ursprung ist derselbe wie bei dem vorhergehenden Muskel, steigt in der Mitte der Streckseite des Vorderarmes ab- wärts, spaltet sich am Handrücken in vier Sehnenzipfel und inserirt je an der ulnaren Seite der Basis des ersten bis vierten Metacarpus. Innervation: N. radialis medialis, sowie auch lateralis. 3l. M. extensor carpi ulnaris, Günther (Fig. 26, 28); M. epicondylo-metacarpalisulnaris Fürbrin- ger. Entspringt an der gemeinschaftlichen Stelle wie der vorige, nämlich von der Spitze des Epieondylus radialis und der Ell- bogenkapsel und trennt sich amı distalen Ende des Vorderarmes von dem letzteren, um sich dann an das distale Ende der Ulna, des Pisiforme, an die ulnare Seite des Metacarpus V. bis an das Metacarpophalangealgelenk anzusetzen. Innervation: N. radialis superficialis. 32. M. anconaeus quartus (richtiger quintus) (Fig. 26, 28); M. anconaeus quartus or extensor carpi-ulnaris, Günther. Liegt vom M. carpi ulnaris zum Theil gedeckt, ent- springt auch von der gleichen Stelle wie der letztere und setzt sich an die proximale Hälfte der Ulna sowie an das Fascienblatt an der ulnaren Seite des Vorderarmes. Innervation: N. radialis superfieialis. 33. M. extensor carpi radialis longus (Fig. 26, 28); M. epicondylo-carpalis radialis, Fürbringer; M. exten- sor carpi radialislongus und brevis, Günther. Der Muskel bildet eine gewaltige Masse und macht den grössten Theil der zweiten Muskelschicht des Vorderarmes aus. Er entspringt vom Epieondylus radialis humeri unterhalb der Ursprünge der oberfläch- lichen Streeckmuskeln und von der Ellbogenkapsel, läuft ein wenig radialwärts und setzt sich hauptsächlich an das distale Ende des Radius an. Die sehnige Fortsetzung geht aber auch zum Radiale, zugleich das Kapselband des Handgelenkes verstärkend. Innervation: N. radialis lateralis und medialıs. 34. M. abductor etextensor pollieis longus (Fig. 28); M. ulno-pollieiealis, Fürbringer. Entspringt von der äusseren Seite der Ulna, etwa von der Mitte distal bis zur Gelenkkapsel des Handgelenkes, sowie vom Ligamentum intermusculare laterale 564 Gakutaro Osawa: des Vorderarmes, läuft schräg distal- radialwärts, kreuzt daher die Längsachse des Vorderarmes in schiefer Richtung und findet seinen Ansatz an der radialen Kapsel des Handgelenkes (Abductur), sowie an der Dorsalaponeurose des ersten Fingers (Extensor). Innervation: N. radialis superfieialis. 35. M. flexor digitorum communis sublimis (Fig. 27); M.carpo-digitalisventraliscommunis, Fürbringer. Ein kleiner Muskel, welcher vom Ligamentum carpi volare pro- prium entspringt und nach der Theilung in fünf Zipfeln zu den fünf Fingern geht, und zwar der I. Zipfel inserirt an der Basis der Endphalanx des I. Fingers, der 11.2 ,% N IR RP halanz Rllgdex ide . ia EI a A r a EI: ” IV. „ n b)) ” „ , b>) III „ IV. Pr) ” V. ” n n ” N N )) I n V. n Jeder Zipfel spaltet sich am Ansatz in zwei Schenkel und bildet das Chiasma tendinum, durch welches die Sehne des Muse. flexor digitorum communis profundus austritt. Innervation: Rami superficiales des N. medianus und N. ulnaris. 36. M. abductor digiti minimi. Dieser Muskel liegt an der ulno-volaren Seite des fünften Fingers, entspringt von der Sehne des M. flexor carpi ulnaris sowie vom Pisiforme und setzt sich an die ulnare Seite der ersten Phalanx des fünften Fingers. Innervation: R. volaris I des N. ulnaris. 37. Mm. lumbricales (Fig. 30); M. tendini digitales, Fürbringer. Es sind deren fünf Muskeln vorhanden und alle ent- springen von der gemeinschaftlichen Sehne des M. flexor digitorum communis profundus, sowohl von der ventralen wie der dorsalen Seite der Sehne. Der erste Lumbricalis geht entlang der radialen Seite der zweiten Sehne des genannten Muskels zur radialen Seite des zweiten Fingers, wo selbst er theils an der Grundphalanx endet, theils dorsalwärts sich wendet und zur Dorsalaponeurose des betreffenden Fingers übergeht. Der zweite Lumbricalis läuft zwischen der zweiten und dritten Sehne des M. flexor digitorum communis profundus zur radialen Seite des dritten Fingers. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 569 19 20 Der dritte Lumbricalis geht entlang der dritten Sehne des genannten Muskels zur ulnaren Seite des dritten Fingers. Der vierte Lumbriealis zieht entlang der vierten Sehne zur radialen Seite des vierten Fingers. Der fünfte Muskel endlich geht zur radialen Seite des fünften Fingers. Die Endigungen aller vier Lumbri- cales weisen genau dasselbe Verhalten auf, wie schon beim ersten Lumbricalis beschrieben ist. Innervation: Rami superficiales aus dem N. medianus und ulnaris. 38. M. flexor pollieis (Fig. 32); M. carpo-pollieialis, Fürbringer. Der Muskel entspringt vom Radiale und von der Basis des Metacarpus I, sowie von der Kapsel des zwischen beiden Knochen be- en ie 30: 50 stehenden Gelenkes, und setzt sich an Tiefe Schicht der Vor- 4 : Ä : derarmmuskeln die Basis der Grundphalanx des ersten Fin- (Beugeseite). gers, und zwar an dessen radiale Seite an. Innervation: R. volaris I des N. medianus. DA C ZEIT Bier 31. Fig. 32. Dorsale Handmuskeln. Volare Handmuskeln. 39. M. adductur pollieis (Fig. 32). Dieser Muskel zerfällt in zwei Theile, in ein Caput longum und breve. Das Caput 566 Gakutaro Osawa: longum entspringt von der Basis des dritten Metacarpus sowie von dem Carpale IV der distalen Reihe, während das Caput breve von der radialen Seite der Basis des zweiten Metacarpus seinen Ursprung nimmt. Die beiden Köpfe inseriren dann an der ulnaren Seite der Grundphalanx des ersten Fingers. Innervation: R. volaris I des N. medianus. 40. M. opponens digiti minimi (Fig. 32); M. carpo digitalis ulnaris, Fürbringer. Ein rudimentärer Muskel, welcher am Pisiforme entspringt und an der ulnaren Seite des fünften Metacarpus inserirt. Innervation: R. volaris I des N. ulnaris. 41. M. adduetor digiti minimi (Fig. 32). Der Muskel bildet eine verhältnissmässig breite Masse und entspringt von der Bandmasse in der Gegend der Basis des vierten und fünften Metacarpus und inserirt an der Basis der Grundphalanx des fünften Fingers, und zwar sowohl an der volaren wie der radia- len Seite derselben. Innervation: R. volaris I des N. ulnaris. 42. Mm. interosseivolares (Fig. 32). Im Ganzen sind drei Muskeln vorhanden. Sie entspringen von der Basis des dritten und des vierten Metacarpus, sowie von der Bandmasse in der Gegend. Der erste setzt sich an die volare und die ulnare Seite der Grundphalanx des zweiten, der zweite an diejenige des dritten und der dritte endlich an die des vierten Fingers an. Sie wirken als Flexoren. Innervation: Rami volares des N. medianus und ulnanis. 43. M. extensor digitorum communis brevis (Fig. 28, 31); M. earpo digitalis dorsalis communis, Fürbringer. Ein kleiner Muskel, entspringt vom Rücken des Intermedium und Ulnare, theilt sich in vier Zipfel, deren jeder, zwischen den beider- seitigen Mm. interossei dorsales jedes Fingers gelagert, zu dem zweiten bis vierten Finger geht, an der Grundphalanx des betreffen- den Fingers sich in eine Sehne verwandelt und als Dorsalapo- neurose zur Fingerspitze geht, um an der Endphalanx zu enden. Innervation: R. dorsalis des N. radialis profundus. 44. M. abductor pollieis brevis (Fig. 31). Entspringt vom Radiale, läuft schräg radial-distalwärts und setzt sich an die radiale Seite der Grundphalanx des ersten Fingers an. Innervation: R. dorsalis des N. radialis profundus. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 567 45. M. extensor pollieis brevis (Fig. 31). Entspringt von der Basis des ersten Metacarpus und inserirt theils an der Grundphalanx des ersten Fingers, theils an der Dorsalaponeurose. Innervation: R. dorsalis des N. radialis profundus. Man könnte diesen Muskel auch als den ersten M. inter- osseus dorsalis ansehen. 46. Mm. interossei dorsales (Fig. 31). Es sind acht kleine Muskeln vorhanden, welche für die beiden Seiten des zweiten bis fünften Fingers bestimmt sind. Ihre Anordnung ist folgende: M. interosseus I liegt zwischen dem I. u. Il. Metacarpus. S n 1) Er 1 U a nal aus: S A 5 IV u.ıV 3 “ „ll: m&EV. R x i MIRENVTIL’ & , EN Fa x ” 5 vnoI „ ander ulnaren Seite des V. 5 Alle endigen an der Grundphalanx des betreffenden Fingers und gehen dann in dessen Dorsalaponeurose über. Alle sind also als Extensoren anzusehen. Innervation: R. dorsalis des N. radialis profundus. Muskeln der hinteren Extremität. Ueber Ursprung und Ansatz. vergl. Fig. 15 A, 2.16, 172). A. Muskeln, welche vom Schwanz zum Beckengürtel resp. zum Oberschenkel gehen: 1. Museulus eoceygeo-iliacus. 2. M. eoceygeo-ischiadieus. 3. M. eoceygeo-femoralis brevis. 4. M. 2 5 longus. B. Muskeln, welche vom Beckengürtel zum Oberschenkel gehen : | I. Muskeln, welche an der Aussenfläche des Beckens ent- springen. 5. M. ileo-femoralis. 6. M. pubo-ischio-femoralis. - 7. M. pubo-ischio-trochanterieus externus. II. Muskeln, welehe an der Innenfläche des Beckens ent- springen. 8. M. pubo-ischio-trochantericus internus. 9. M. ischio-trochanterieus. 1) Die die Muskeln bezeichnenden arabischen Ziffern gelten auch für die betreffenden Figuren. 568 Gakutaro'®sa wa: C. Muskeln, welche vom Beekengürtel zum Unterschenkel gehen: Beugeseite. 10. M. pubo-ischio-tibialis. 11. M. ischio-tibialis posticus. 12. M. pubo-tibialis posticus. 15. M. ilio-fibularis. Streckseite. 14. M. extensor triceps. D. Muskeln des Unterschenkels. Beugeseite. I. Schieht: 15. M. gastroenemius. Il. Schieht: 16. M. flexor digitorum communis profundus. III. Sehieht: 17. M. tibialis postieus. 18. M. fibulo-tibialis superior s. popliteus. a a interior Streckseite. I. Schicht: 20. M. tibialis antieus. 21. M. extensor digitorum eommunis longus. 22. M. peroneus. II. Schieht: 23. M. abductor et extensor hallucis longus. E. Muskeln des Fusses. Muskeln der Fusssohle. 24. M. flexor digitorum communis sublinis. 25. M. plantaris brevis. 26. Mm. lumbricales. 27. Caput tarsale et metatarsale musculi flexoris digitorum communis profundi. 28. M. flexor hallueis. 29. M. adduetor digitorum communis. 30. M. adduetor digiti V. 31. M. flexor RN: 32. Mm. interossei plantares. Muskeln des Fussrückens. 33. M. extensor digitorum communis brevis. 34. M. abduetor hallueis proprius brevis. 35. M. extensor hallueis 5 > 36. M. extensor digiti mmimi 3 37. Mm. interossei dorsales. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 569 1. M. eoceygeo-iliacus (Fig. 24); Parsilio-caudalis des M. ilio-isehio-caudalis Gadow; stellt die Fortsetzung der dor- salen Muskelmasse des Schwanzes dar und inserirt an dem cau- dalen Rand sowie an der Innenfläche des dorsalen Endes von Ilium. Innervation:RR. dorsales der Spinalnerven des Schwan- zes. Er kann also ‚als homolog dem M. longissimus dorsi und Ileo-lumbalis angesehen werden. 2. M. eoceygeo-ischiadieus (Fig. 24); Pars-ischio- caudalis des M. ilio-ischio-caudalis Gadow, Ischio-caudal Perrin; ist eine Fortsetzung der ventro-lateralen oberflächlichen Muskelmasse des Schwanzes und inserirt mit einer sehr dünnen Sehne an dem Tuber ischii. Innervation: Der Ansatztheil wird innervirt vom N. coveygeo-ischiadieus aus dem N. postsacralis II. Dieser wird nahe am Ansatz von einem dünnen Muskel von der ventralen Seite her überlagert. Der letztere beginnt eaudal ganz dünn, wird etwas mächtiger und geht in die hintere Lippe der Kloake über (M. sphineter cloacae post.). Man könnte ihn als ein Abspaltungsproducet aus dem ersteren ansehen. 9. M. coceygeo-femoralis brevis (Fig. 24); M. caudi- ilio-femoralis Gadow; M. cocecygeo-femoralis brevis s. pyriformis Fürbringer; Dedueteur caudal superieur de la euisse Perrin bildet die zweite Schicht der ventro-lateralen Muskelmasse des Schwanzes, entspringt an der ventralen Fläche der Seitenfortsätze von sechs vorderen Schwanzwirbeln und ver- bindet sich mit der Ursprungssehne des M. ischio-tibialis postieus. Innervation: Der Muskel wird hauptsächlich von einem aus dem N. pudendus externus abstammenden R. museularis, 'weleher um den ventralen Rand des M. eoceygeo-femoralis lon- gus herum sich zu ihm nach dorsalwärts wendet, versorgt. Er wird ferner vom R. muscularis aus dem N. postsaeralis I berührt; ob er aber von diesem Nerven auch einen Ast bekommt, konnte ich nieht eonstatiren. Jedenfalls kann ich nicht annehmen, dass der Muskel vom Praesacral- oder Sacralnerv innervirt wird, wie es Gadow angegeben hat. 4. M. coceygeo-femoralis longus (Fig. 24); M. eaudi- femoralis Gadow; M. eoceygeo-femoralis longus Fürbrin- ger; Dedueteur caudal inferieur de la euisse Perrin liegt ventral von dem vorigen Muskel, ist breiter und länger als dieser. 570 Gakutaro Osawa: Er entspringt von der Wurzel der Seitenfortsätze und der ventralen 3ögen der acht vorderen Schwanzwirbel und setzt sich mit einen verhältnissmässig dieken sehnigen Ende an den Trochanter ma- jor und dessen Nähe an. Von diesem Ansatz sendet er einen schmalen Sehnenstrang (Fig. 35, 4°) distalwärts, weleher an der Kapsel des Kniegelenkes und an der lateralen Seite des Epieon- dylus ulnaris femoris inserirt. Der Muskel wird vom vorigen Muskel bedeckt, geht aber nicht in ihn über, wie Gadow es beschrieben hat. Innervation: Rami musculares, aus dem N. postsacralis 1. yalı 5. M. ilio-femoralis (Gadow)(Fig.55);M.ilia- eus internus Günther; M.ileo-femoralis(glutae- us medius) Fürbringer; Dedueteur du femur Perrin. Ein kurzer Muskel, welcher vom M. ilio-tibia- \ | y lis sowie vom M. ilio-fibu- / Fa : i N. Jaris gedeckt wird und Ak = “ / auf dem Ansatztheil des ER M. coceygeo-femoralis lon- / gus ruht. Er entspringt von der lateralen Fläche Fie. 33. des dorsalen Theiles von Muskeln und Nerven der medialen Seite Ilium unterhalb des Ur- des Öberschenkels. Obt=N. obturato- rius, cut. m.— QCutaneus femoris medialis. sprunges des M._ ilio-ti- bialis und setzt sich distal an die lateral-hintere Fläche des proximalen Theiles des Fe-- mur, distal vom Ansatz des M. coccygeo-femoralis longus und proximal von dem des M. femoro-tibialis an. Innervation: R. museularis brevis aus dem N. femoralis- und ilio-femoralis aus dem N. peroneus. 6. M.pubo-ischio-femoralis (Gadow) (Fig. 33); M. pubo- ischio-femoralis (Adduetor longus + pt. magnus) Fürbringer; Long fleehisseur du fömur Perrin. Ein schlanker Muskel, weleher vom M. pubo-ischio-tibialis gedeckt ist. Er entspringt ge- meinsam mit diesem vom Ligamentum pubo-ischiadieum, läuft lateral abwärts, wendet sich um den Oberschenkel an dessen hintere Seite Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 571 und inserirt daselbst etwa in der mittleren Höhe. Die Ansatzstelle liegt zwischen der medialen Ursprungslinie des M. femoro-tibialis einerseits und der lateralen des- selben Muskels sowie dem Ansatz desM. ilio-femoralis andererseits. Innervation:R. ischio-femo- ralis aus dem N. obturatorius. 7. M.pubo-ischio-trochan- terieus externus; The prin- eipaladductor Günther; M. Ileo-peetineo-trochanteri- eus externus Fürbringer: M. pubi-iscbio-femoralis ex- ternus Gadow; Flecehisseur dufemur Perrin. Liest in der Tiefe, bedeckt vom M. pubo- ischio-tibialis sowie M. pubo- ischio-femoralis, entspringt von -der ganzen ventralen Fläche des Beckens sowie auch vom Tuber- culum pubis und setzt sich an Trochanter major und dessen Nähe, proximal vom Ansatz des M. coceygeo-femoralis longus. Dabei ist der Verlauf der Fa- sern der einzelnen Portionen verschieden; die Portio ischia- diea läuft beinahe _ horizontal, während die Fasern der Portio pubica allmählich immer steiler werden. Innervation:N.obturatorius und R. ileo-peetineus aus dem Plexus saecralis. 8.M.pubo-ischio-trochan- terieus internus (Fig. 34); M. peetineus Günther; M. ileo- peetineo-trochanterieusin- ternus Fürbringer; M. pubi- per.tib.__- +45 FW - -- per. fib. N A STIER. IV, 2° Fig. 34. Muskeln und Nerven der hinteren Extremität, Streckseite. Fem = Fe- moralis, saph = Saphenus, Pero — Peroneus communis, per. superf. — Peroneus superficialis, per. tib.— Pe- roneus tibialis, per. fib.— Peroneus fibularis, dig = Digitales, dig’ —=Di- gitalis aus dem N. cutaneus cruris fibularis. 572 Gakutaro Osawa: ischio-femoralis internus Gadow; Extenseur du femur Perrin. Dieser Muskel entspringt von der Innenfläche des Beckens, so vom Pubis, Ischium und von der Membrana obturatoria, tritt über den vorderen Rand von Pubis und Ieum aus dem Becken, läuft distal- und medialwärts und inserirt an der vorderen medi- alen Fläche des proximalen Theiles des Femur, nahe dem An- satze des M. ileo-femoralis und oberhalb des Ursprunges des M. femoro-tibialis, welch letzterer von den beiden genannten Muskeln umfasst wird. BERN \ AR m» T fh en Wann Les I SE EBEN vet | > are \ j ER mat 5 a (x) STE S cn zu Sr \ [3 Li SS, WR S ‘ =’ ’ ro ' ’ ‚ 1 Deal SUESRS NE Fig. 35. Muskeln und Nerven der hinteren Extremität, Beugeseite. Pero = Pero- neus communis, 2l. fe. = R. ileo-femo- ralis, 2l. t.— R.ileo-tibialis, dl. fi. = R. ileo-fibularis, Isch. tib. = Ischio- tibialis, 7%b — Tibialis communis, 7b. m. — Tibialis medialis, Tb. l. = Tibia- lis lateralis, erur. m. =Üutaneus ceru- ris ventralis medius, cerur. fib.= Cuta- neus cruris ventralis fibularis. Als eine kleine Portion dieses Muskels lässt sich ein Muskel anführen, welcher von der Dorsalfläche der Symphysis pubis ent- springt, entlang des vorderen Randes des Hauptmuskels lateral- wärts läuft und über den vorderen Beckenrand auf die Streck- seite des Oberschenkels austritt, um mit einer Fascie zu enden, mit welcher die Ursprünge des M. pubo-tibialis, pubo-tibialis po- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 573 stieus und eines kleinen Theiles des M. pubo-ischio-tibialis zu- sammenhängen. Gadow will diese Portion als einen vom Os pubis kommenden Ursprung des von ilım sogenannten M. exten- sor ilio-tibialis (d. h. des von mir so genannten M. pubo-tibialis) betrachten. Innervation: Nervuli ileo-pectinei aus dem Plexus eruralis. 9. M. ischio-trochantericus (Fig. 35); M. quadratus femoris Günther; pubo ischio-femoralis brevis (M. obtu- rator externus + quadratus femoris pt.) Fürbringer; M. pubi- ischio-femoralis posterior Gadow; Rotateur inverse du f&emur Perrin. Ein kleiner Muskel, entspringt hauptsächlich von der Innenfläche des Tuber ischii, aber auch vom eaudalen Rand und von einer kleinen Strecke der Aussenfläche desselben, geht lateral vorwärts und setzt sich im Anschluss an den M. pubo- ischio-trochanterieus externus an den Trochanter minor des Ober- schenkels an. Er verstärkt die Gelenkkapsel. Innervation: Nervuli ileo-peetinei longi et breves aus dem Plexus sacralis. 10. M. pubo-ischio-tibialis (Fig. 23, 33); M. graeilis Günther (?); M. ischio-pubo-tibialis s. M. graeilis Für- bringer; M. pubi-ischio-tibialis Gadow; Adducteur de la Jambe Perrin. Ein ziemlich breiter, grosser Muskel, welcher vom M. ischio-tibialis posticus unvollkommen getrennt ist. Er entspringt, bedeckt von der caudalen Portion der Bauchmuskeln, an der ventralen Fläche des Beckens vom Ligamentum pubo- ischiadieum und von der Symphysis ischio-pubiea, läuft entlang der medialen Seite des Oberschenkels distalwärts und setzt sich an die mediale Seite des proximalen Endes der Tibia. Innervation: R. pubo-ischio-tibialis aus dem N. obtu- ratorius. 11. M. ischio-tibialis posticus (Fig. 23, 35, 36, 37, 38); great flexor eruris (Semi-membranosus, Semi-tendinosus) Gün- ther; slender portion of the great flexor eruris (Biceps) Günther; Adductor branch of the great flexor eruris Günther; M. ileo-ischio-tibialis proprius Fürbringer; M. pubo-ischio-tibialis sublimis posterior Fürbringer; M. pubo-ischio-tibialis profundus Fürbringer; M. flexor tibialis externus Gadow; M. flexor tibialis internus Ga- dow; Flechisseur interne de la jambe + Flechisseur ex- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 38 574 Gakutaro Osawa: terne de la jambe Perrin, bildet eine unvollkommen ge- trennte voluminöse Muskelmasse, welche an der Beugeseite des Oberschenkels liegt und medialwärts mit dem vorigen Muskel zusammenhängt. Er entspringt von der Aussenfläche des Tuber ischii und von dessen medialer Gegend, ferner von der Fas- cienmasse des Schwanzes sowie direkt von der Endsehne des M. lITZ Fig. 36. Fig 37. Muskeln des Unterschenkels, Gleich wie oben, II. Schicht. Beugeseite. eoeeygeo-femoralis brevis und setzt sich distal an die ganze hin- tere, sowie etwas an die mediale und laterale Seite des proxi- malen Endes der Tibia, ferner an ein schiefes Band an, welches zwischen Tibia und Condylus lateralis femoris sich ausspannt. Innervation: Nn, ischio-tibiales aus dem Plexus sacralis. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 575 Dieser Muskel bildet, wie gesagt, eine fas4 zusammenhän- sende Masse, die man nieht gut in weitere Abtheilungen zerfällen kann. Bei einem Exemplar aber konnte ich gleichwohl an ihm eine laterale und eine mediale Portion (Fig. 36, 37) unterscheiden, insofern nämlich als die erstere vorwiegend an die laterale Seite und die letztere an die mediale Seite des Caput tibiae sich ansetzte. Man könnte dann vom M. ischio-tibalis lateralis et medialis sprechen. 12. M. pubo-tibialis postieus (Fig. 35); M. graeilis Günther (7); M.ileo-peetineo-tibialis profundus Fürbrin- ger; M.pubi-ischio-tibialis Gadow; Rotateur inverse de la euisse Perrin. Ein schlanker Muskel, liegt an der medialen Seite von M. pubo-tibialis und femoro-tibialis, gedeckt von dem M. pubo-ischio-tibialis. Er entspringt vom Tubereulum pubis, läuft anfangs an der medialen Seite des Oberschenkels, tritt dann an die hintere Seite desselben ein und setzt sich an die lateral-pro- ximale Ecke der Tibia, und nicht an die der Tibia zugekehrte Hinterseite des Collum fibulae, wie Gadow angegeben hat. Innervation: R. pubo-tibialis posticus aus dem N. obtu- ratorius sowie RR. breves des N. femoralis. Der Muse. gracilis Günther’s, dessen Darstellung über- haupt sehr ungenügend ist, so dass man sie nicht gut verwerthen kann, scheint mehr diesem M. pubo-tibialis postieus zu entsprechen als dem M. pubo-ischio-tibialis, was letzeres von Gadow ange- nommen worden ist. So lautet die originale Beschreibung Gün- ther’s folgendermaassen (8.616): „It (M. gracilis) arises from the uneinate process of the os pubis, and is inserted into the hinder side of the end of the tibia.* Offenbar trifft dieser Passus für den M. pubo-ischio-tibialis gar nicht zu. 13. M. ileo-fibularis (Gadow) (Fig. 34, 35); M. ileo- fibularis s. glutaeus maximus Fürbringer; Dedueteur de la jambe Perrin. Gleichfalls ein schlanker Muskel, welcher an der lateralen Seite des Oberschenkels zwischen dem M. ileo-tibialis einerseits und dem M. ischio-tibialis posticus andererseits liegt und den N. peroneus communis von der Aussenseite her deekt. Er entspringt von der lateralen Fläche von leum unterhalb des Ursprunges des M. ileo-femoralis, läuft entlang der lateralen Seite des Oberschenkels distalwärts und inserirt an der lateralen Fläche des proximalen zweiten Viertels der Fibula. Innervation: N. ileo-fibularis des N. peroneus communis. 576 Gakutaro Osawa: 14. M. extensor triceps (Fig. 34. 35); M. extensor eruris quadrieceps Günther; M. pubo-ileo-bifemoro-tibialis s. quadriceps femoris Fürbringer; Extenseur superfieiel de la jambe Perrin. Ein mächtiger Muskel, welcher die ganze Streckseite des Oberschenkels einnimmt. Er ist entschieden drei- köpfig und besteht aus zwei oberflächlichen und einem tiefer liegenden dritten Kopf; demnach könnte man ihn eintheilen in den medialen M. pubo-tibialis sowie den lateralen M. ileo-tibialis und in den tiefer liegenden M. femoro-tibialis. a) M. pubo-tibialis (Fig. 34); M. ambiens Gadow; The seeond head Günther; M. ileo-pectineo-tibialis s. reetus femoris in- ternus Fürbringer; T&te interne Perrin. Dieser Kopf entspringt von der Basis des „Tubereulum pubis“ in Gemeinschaft mit dem M. pubo-tibialis postieus, sowie von der Kapsel des Hüftgelenkes, hängt auch mit der Sehnenausbreitung der oberflächlichen Portion des M. pubo-ischio-trochanterieus internus zusammen und gesellt sich in der Mitte des Oberschenkels seinem lateralen Genossen zu. b) M. ileo-tibialis (Fig. 34, 55); The reetus portion of the extensor eruris quadriceps, Günther; M. ileo-tibialis Fürbrin- ger; M. extensor ileo-tibialis Gadow; Töte externe Perrin. Dieser Kopf ist mächtiger als der mediale, entspringt mit einer breiten Sehne von der lateralen Fläche des Ileum, oberhalb des Ursprunges des M. ileo-femoralis, läuft von proximal-lateral nach distal-medialwärts und vereinigt sich mit dem medialen Kopf in der Mitte des Oberschenkels, während seine lateralen Fasern an dem distalen Drittel mit dem tiefer liegenden M. femoro- tibialis eine Verbindung eingehen. c) M. femoro-tibialis Gadow (Fig. 34); M. femoro-tibialis externus + internus Fürbringer; T&te profonde Perrin, ent- springt von der ganzen Streckfläche des Oberschenkels, vom Collum an bis zum distalen Ende, ferner von der lateralen und hinteren Fläche der distalen Hälfte desselben Knochens; auf der vorderen Seite wird seine Ursprungszacke vom M. pubo-ischio- trochanterieus internus einerseits und vom M. ileo-femoralis an- dererseits umfasst, während auf der hinteren Seite des Ober- schenkels die Ansätze des M. ileo-femoralis und ischio-femoralis zwischen die beiderseitigen Ursprungslinien von ihm eingekeilt erscheinen. Alle drei Köpfe vereinigen sich am distalen Ende des Ober- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 577 schenkels und inseriren mittelst eines starken zum Theil verknor- pelten Ligamentum patellare an die vordere Seite des Caput tibiae. Innervation: R. pubo-tibialis, ileo-tibialis und femoro- tibialis des N. ceruralis; der proximale Theil des M. ileo-tibialis bekommt auch R. ileo-tibialis von dem N. peroneus eommunis. 15.M. gastrocnemius (Fig. 36, 37, 38, 40) ist ein grosser Muskel, welcher die ganze Beugeseite des Unter- schenkels deckt, und besteht, wie Gadow angiebt, aus zwei Theilen: a) Caput tibiale (Ga- dow); M. epitrochleo-tibio- metatarsalis ventraliss. gemel- lus internus Fürbringer; M. soleus Günther; Deduc- teur superfieiel du einquieme doigt Perrin. b) Caput femorale (G a- dow); M. epitrochleo-meta- tarsalis ventralis fibularis s. gemellus externus Fürbrin- ger; M. gastrocnemius G ün- ther; Flechisseur superficiel des doigts Perrin. a) Caput tibiale ist ein kräftiger zweiköpfigerMuskel. Der stärkere Kopf entspringt von der hinteren wie fibularen Fläche des Collum tibiae, während der zweite weit dünnere sehnige Kopf von der Endsehne des M. ischio- tibialis posticus lateralis ab- stammt. Beide Köpfe ver- Tib. 1. ın. 11 Min N 4 crur. med. --—f crur.fib. "7% # --- crur. tib 15b —- --— 3 | ir SUr ----— IV Fig. 38. Muskeln u. Nerven des Unterschenkels, Beugeseite. Tib. m. I.— Tibialis media- lis lateralis, erur. m. = Cutaneus eruris ventralis medius, cerur. f. = Cutaneus erur. ventr. fibularis, Orur. tib. = Cuta- neus erur. ventr. tibialis, pl. 1—5=Digi- tales plantares. einigen sich nahe am distalen Ende des Unterschenkels zu einer breiten Aponeurosis plantaris, deren grösster Theil sich in die 578 Gakutaro Osawa: Fusssohle strahlt. Die tibiale Portion dieser Aponeurose aber setzt sich an das Tarsale proximale und die fibulare an den fibularen Rand des Metatarsus V sowie an die Basis der Grund- phalanx der fünften Zehe. b) Caput femorale. Ebenfalls ein mächtiger Muskel, ent- springt mit einem Kopf von der lateral-hinteren Fläche des Con- dylus fibularis femoris, wo er mit der schmalen Endsehne des M. coceygeo-femoralis longus (Extensor femoris caudalis Günther) verbunden ist, läuft anfangs an der fibularen Seite des Unterschenkels abwärts, wird dabei immer breiter, so dass er beinahe die ganze hintere Fläche des Unterschenkels deckt. In der Gegend des Fussgelenkes spaltet er sich in zwei Portionen, von denen die oberflächliche ganz aponeurotisch wird, und gleich- sam als die zweite Schicht der Plantaraponeurose zum kleineren Theil an dem fibularen Fussrand sich ansetzt, während der weit- aus grösste Theil auf die plantare Fläche des M. flexor digitorum communis sublimis übergeht. Die tiefer liegende Portion ist fleischig, macht die Hauptmasse des Caput femorale aus und hört an der Fusswurzel mit einem distal convexen queren Sehnen- bogen auf, welcher dem M. flexor digitorum eommunis sublimis seinen Ursprung abgiebt. Der Sehnenbogen ist aber auf der dorsa- len Seite des Muskels deutlicher ausgebildet als auf der plantaren, indem hier ein Theil seiner Fasern direet in diejenigen des M. flexor sublimis übergeht. Im übrigen setzt sich dieses Caput femorale schon im Gebiet des Unterschenkels (Fig. 40) an die fibulare Seite des distalen Endes der Fibula, dann mit einer starken Sehne an den Metatarsus V bis zur Grundphalanx der fünften Zehe an. Innervation: Rr. gastroenemii des N.tibialis lateralis et medialis. 16. M. flexor digitorum communis profundus (Fig. 37, 38, 40); M. flexor digitorum communis longus Günther; M. epiecondylo-fibulo-tarso digitalis ventralis profundus s. flexor digitorum perforans Fürbringer; M. epicondylo- metatarsalis digitalis ventralis sublimis s. flexor digi- torum perforatus Fürbringer; M. flexor longus digitorum Gadow; Flechisseur des doigts Perrin. Ein grosser in mehreren Schichten angeordneter Muskel, entspringt mit vier Köpfen von Femur, Fibula und Sehnenblättern Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 579 und bekommt nachträglich zwei accessorische Köpfe in der Fuss- sohle. Die Ursprungsköpfe sind: a) Caput femorale. b); 2,estibiale. €) „. fibulare superius. (U Et M inferius. a) Caput femorale (Fig. 37) bildet eine oberflächliche mäch- tige Schicht und entspringt gemeinsam mit dem gleichnamigen Kopf des M. gastrocnemius von der lateralen hinteren Fläche des Condylus fibularis femoris. b) Caput tibiale (Fig. 37) ist ein weit schwächerer Muskel, welcher gemeinsam mit der dünnen Ursprungssehne des Caput tibiale M. gastrocnemii von der Endsehne des M. ischio-tibialis posticus lateralis entspringt. e) Caput fibulare superior (Fig. 37) ist wieder mächtig und entspringt von der hinteren Fläche des Capitulum fibulae sowie von einem Sehnenblatt, welehes diesen Muskel von dem benach- barten M. fibulo-tibialis superior scheidet. d) Caput fibulare inferius (Fig. 37) entspringt von der hin- teren wie lateralen Fläche des distalen Drittels der Fibula und hat nahezu einen horizontalen Faserverlauf. Die ersten drei Köpfe vereinigen sich nahe an dem distalen Ende des Unterschenkels zu einer sehnigen Masse, an welche sich dann der vierte fleischige Kopf direct anschliesst. Weiter distal verbreitert sich die Gesammtmasse fächerförmig und zer- fällt in fünf Zipfel, welche sich an die Endphalangen aller fünf Zehen inseriren, nachdem sie durch die Schlitze des M. flexor digitorum sublimis passirt sind. Die beiden accessorischen Köpfe sind: e) Caput accessorium tarsale und f) caput accessorium me- tatarsale. Der erste Kopf geht vom Vorsprung des Tarsale proximale aus zur fibularen Seite der IV. Sehne, während der zweite Kopf vom volaren Vorsprung des Metatarsale V entspringt und sich der dorsalen Fläche der Ill. Sehne anlehnt und abgestutzt endet. Innervation: Mehrere Rr. musculares des N. tibialis medialis, der III. Kopf bekommt einen R. musc. vom N. tibialis lateralis und die kleinen accessorischen distalen Köpfe werden von den Rr. plantares des N. tibialis lateralis versorgt. 580 Gakutaro Osawa: ‘17. M. tibialis postieus s. fibulo-tarsalis plantaris (Fig. 38); M. tibialis postieus Günther und Gadow; M.tibio- metatarsalis ventralis Fürbringer; Rotateur direet du pied Perrin. Ein voluminöser Muskel, entspringt von der ganzen hinteren Fläche der Fibula sowie vom proximalen Theil der Membrana interossea, aber nicht von der Tibia wie man angiebt, steigt in schiefer Richtung abwärts und inserirt mit einer platten Sehne an das Tarsale proximale, sowie an die Basis der Metatarsalia 1% MruudIll. Innervation: Rr. musculares des N. tibialis medialis. 18. M. fibulo-tibialis superior s. popliteus Fürbringer (Fig. 39); M. interosseus eruris Gadow. Ein kleiner Muskel, welcher von der tibialen Fläche des Capitulum fibulae sowie vom Sehnenblatt zwischen ihm und dem Caput fibulare superius M. gastroenemii und vom proximalen Theil der Membrana inter- ossea entspringt und nach einem kurzen schrägen Verlauf an der hinteren Fläche des proximalen Viertels der Tibia sich ansetzt. Innervation: R. musc. des N. tibialis med. Tb Fib 19. M. fibulo-tibialis inferior Für- bringer (Fig. 39); Interosseux de la Jambe Perrin. Ebenfalls ein kleiner, nr -.._.75b.m. beinahe rechteckiger Muskel. Ent- springt von der tibialen Fläche der. eh distalen Hälfte der F ibula, läuft nahe- er zu horizontal und inserirt an der fibu- ” ec laren und ein wenig auch an der Fig. 39. Streekseite des distalen Drittels der Muskeln des Unterschen- Tbia. Bi ES: he Innervation: R. muse. des N. tibialis medialis. Dieser Muskel ist von Gadow gar nicht beachtet. Er ist von einem starken Sehnenband, welches ich schlechthin als Liga- menteum interrossum obliquum (Fig. 40 7) bezeiehnen möchte, von der dorsalen Seite her überlagert. Dieses Ligament zieht sich von der Mitte der Tibia schräg zum distalen Ende der Fibula. 20. M. tibialis anticus Günther und Gadow (Fig. 34); M.tibio-metatarsalis longus Fürbringer; Extenseur du premier metatarsien Perrin. Deckt fast die ganze vordere Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. osl und mediale Fläche der Tibia, mit Ausnahme der medialen Fläche des proximalen Drittels und entspringt von der fibularen wie vor- deren Fläche des Collum tibiae, sowie von der vorderen und medialen der darauf folgenden Streeke; die Ursprungslinie kreuzt also die Längsachse des Knochens in einem spitzen Winkel. Der Muskel läuft dann, nach der medialen Seite gewendet, über das Tarsal- gelenk und findet seine Insertion an der ganzen medialen Seite des Metatarsus 1. Innervation: R. muse. des N. peroneus profundus med. 21. M. extensor digitorum communis longus (Fig. 34, 35), Günther; M. extensor longus digitorum Gadow; M. epicondylo-metatarsalis dorsalis longus, Fürbringer; Extenseur commun des doigts Perrin. Entspringt mit einer dünnen Sehne von der vorderen Fläche des Condylus fibularis femoris, dabei mit der Kapsel des Kniegelenkes verwachsen, läuft zwischen M. tibialis antieus und peroneus distalwärts und spaltet sich nahe dem Fussrücken in zwei Zipfel, welche an die fibulare Seite der Basis des Metatarsus II und III sieh ansetzen. Bei einem anderen Exemplar fand ich noch einen dritten Zipfel, dessen Ansatz an den Metatarsus IV statt hatte. Innervation:R.musec. des N. peroneus profundus medialis. 22. M. peroneus (Fig. 34, 35); M. peroneus longus Günther; M. fibulo metatarsalis dorsalis Fürbringer; M. peroneus anterior Gadow; Extenseur du einquieme tar- salien Perrin. Ein ziemlich kräftiger Muskel, welcher an der fibularen Seite des Unterschenkels gelagert ist; entspringt von der vorderen sowie lateralen Fläche der unteren drei Viertel der Fibula, im Anschluss an den Ansatz des M. ilio-fibularis, läuft fast gerade herab über das Fussgelenk und setzt sich an das Tarsale proxi- male sowie an die Basis des Metatarsale V. Ein dünner Sehnen- streif geht auch zur Basis des Metatarsale IV. Innervation: R.muse, des N. peroneus profundus. 23. M.abduetor et extensor hallueis proprius longus lateralis (Fig. 34); M. extensor hallueis proprius Gadow; Extenseur superficiel du premier doigt Perrin. Als solehen bezeichne ich einen Theil des M. fibulo-tarso-digitalis dorsalis Für - bringer's, also denjenigen Theil nämlich, welcher ausschliesslich für die erste Zehe bestimmt ist, während ich den übrigen Theil im Anschluss an die Fussrückenmuskeln bespreche. Der Muskel 582 Gakutaro Osawa: liegt in der Tiefe der Extensoren und entspringt von der vorderen (resp. dorsalen) Fläche des distalen Endes der Fibula, etwas vom Ligamentzm interosseum obliquum sowie von der Membrana inter- ossea. Sein Verlauf ist schräg, indem er von der Ursprungsstelle über die Fusswurzel nach tibial-distalwärts geht und zu dem Rücken der ersten Zehe gelangt, woselbst er am Rücken und an der medialen Seite des Metatarsale I inserirt, nachdem er schon früher in zwei Portionen, in den medialen Abduetor und lateralen Extensor zerfallen ist. Innervation: R.muse. des N. peroneus profundus tibialis. 24. M. flexor digitorum communis sublimis ist ein kurzer Muskel, entspringt vom Ende des Caput femorale des M. gastroenemius, wie oben sehon geschildert und spaltet sich in vier Zipfel, welche distalwärts an den beiden Seiten der zweitpro- ximalen Phalangen der Zehen I, IL, IIL. und IV inseriren, nachden sie an der plan: taren Seite der Grundphalanx ein ehiasma tendinum für die Sehnen des M. flexor digi- torum profundus gebildet ha- ben. Innervation: Rr. superficiales plantares aus dem Nervus tibialis lateralis und medialis. Dieser Muskel wird von Perrin in die folgenden neun ein- getheilt und einzeln beschrieben; sie sind: 1. Flechisseur superficiel de la premiere phalange, Fig. 40. Muskeln der Fusssohle. 2. > 2 | deuxieme phalangine, 3. Y a n 4 phalange, 4. . N ‚ „ troisiemie phalange, 5. 5 e ae 7 phalanginette, 6. } # Rail 5 phalangine, 1. A e » „ quatrieme phalanginule, 8.u.08 5 des quatriemes phalanginette et phalangine. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 583 25. M.plantaris brevis (Fig. 36). Ein ganz kleiner Muskel, welcher von dem lateralen Rand der Plantaraponeurose entspringt, zur fibularen Seite der fünften Zehe geht, um an der Metatarso- phalangealgegend sich zu verlieren. Innervation: Wahrscheinlich von einem plantaren Ast des N. tibialis lat. wird er innervirt. 26. Mm. lumbricales (Fig. 57,40; Mm. tendini-digitales Fürbringer; Flechisseur de Ja troisieme phalangine, Fle- chisseure de la quatrieme phalangine Perrin, entspringen von der plantaren wie der dorsalen Seite der Endsehne des M. flexor digitorum profundus und setzen sich an die tibiale Seite der Grundphalanx der zweiten bis vierten Zehe. Innervation: Rr. superficiales plantares der beiden Nn. tibiales. Auch der Flechisseur de la deuxieme, troisieme und qua- trieme phalange Perrin gehören hierher. 27. Caput tarsale et metatarsale museuli flexoris digitorum profundi (Fig. 40) sind bei dem betreffenden Muskel erwähnt. "28. M. flexor hallueis (Fig. 40);. Dedueteur profond du.premier doigt:(?) Perrin; M. tarso-hallueinalis ven- tralis Fürbringer, entspringt vom plantaren Vorsprung des Tarsale proximale und inserirt an .der plantaren wie tibialen Seite der Grundphalanx der ersten Zehe. Innervation: R. plantaris nervi tibialis medialis. 29. M. adduetor digitorum communis (Fig. 40); M. tarso-digitalis ventralis medius Fürbringer; Dedueteur du premier doigt Perrin; Dedueteur du deuxieme doigt Perrin, entspringt vom plantaren Vorsprung des Metatarsale V, theilt sich in drei Zipfel, von denen der erste nach ziemlich querem Verlauf an die fibulare Seite der Grundphalanx der ersten Zehe sich ansetzt, während die zwei übrigen an beiden Seiten der Grundphalanx der zweiten Zehe ihr Ende finden. Innervation: R. muscul. aus dem R. communicans des N. tibialis lateralis. 30. M.adduetor digitiV (Fig. 40); Addueteur du ein- quieme doigt Perrin, entspringt ebenfalls von der Basis des Metatarsale V und geht zur tibialen Seite des Metatarso-Phalan- gealgelenkes der fünften Zehe. Innervation: R. plantaris des N. tibialis lateralis. 584 Gakutaro Osawa: 31. M. flexor.digitiV; Flechisseur de la einquieme phalange Perrin, entspringt von der Basis des Metatarsale V, aber von deren fibularem Theil und geht zur plantaren wie fibu- laren Seite des Metatarso-Phalangealgelenkes der fünften Zehe. Innervation: R. plantaris des N. tibialis lateralis. Die beiden Mm. adductor et flexor digiti V werden von Für- bringer als M. tarso-digitalis ventralis fibularis bezeichnet. 32. Mm. interossei plantares. Deduceteur profond du premier Set Premier a _ .. Z { deuxieme + S 2? 2? ® Be 22 Deuxieme a4 im y5 a „ trosieme i; | ni 2 A „ quatrieme „, Troisieme 1 2 Es sind vier Muskeln vorhanden für die Zehen I, II, II und IV; der fünften Zehe kommt aber kein Muskel zu. Jeder Interosseus entspringt von den gegenüberliegenden Seiten der Basis der beiden Metatarsalia und inserirt an der plantaren und ein wenig an der fibularen Seite der Grundphalanx der genann- ten Zehen. Innervation: Rr. interossei aus dem N. tibialis medialıs et lateralis. 35. M. extensor digitorum communis brevis (Fig. 34); Extenseur du deuxieme, troisieme, quatrieme doigt Per- rin. Als solchen bezeichne ich also den M. fibulo-tarso-digitalis dorsalis Fürbringer's, wovon ein Theil oben als M. abduetor et extensor hallueis beschrieben wurde. Es ist ein kleiner Muskel, welcher vom Tarsale proximale und zum kleineren Theil auch von der Kapsel des Fussgelenkes entspringt, bald in 3 kleine Bäuche zerfällt und mit einer schlanken Sehne in die Dorsal- aponeurose der zweiten bis vierten Zehe übergeht. Innervation: R. musc. des N. peroneus profundus medialis. 34. M. abduetor hallueis proprius brevis. Extenseur profond du premier doigt Perrin. Ein kleiner Muskel, welcher von dem M. abductor et extensor hallueis gedeckt wird. Er entspringt vom medialen Theil des Tarsale proximale und setzt sich an die mediale Seite der Grundphalanx der ersten Zehe. Innervation: R. muse. des N. peroneus profundus medialis. 35. M. extensor hallueis proprius brevis, Extenseur du premier doigt Perrin, entspringt von der Basis des Metatar- salel und inserirt am Rücken der Grundphalanx der ersten Zehe. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 585 Innervation: R. muse. des N. -peroneus profundus. Der Muskel kann als der M. interosseus für die erste Zehe an- gesehen werden. 36. M. extensor digiti minimi proprius (Fig. 34); Ex- tenseur du einquieme doigt Perrin. Der Muskel ist am Ursprung vom M, peroneus gedeckt. Er entspringt von der Kapsel des Fussgelenkes sowie vom lateralen Theil des Tarsale proximale, theilt sieh in zwei Bäuche, von denen der erste kürzere zur Basis des Metatarsale V geht, während der zweite längere zum grössten Theil an der Basis der Grundphalanx der fünften Zehe inserirt und einen kleineren Sehnenstreifen (Dedueteur accessoire du qua- trieme metatarsien Perrin) zur fibularen Seite des Metatarsale IV abgibt. | Innervation: R. muse. des N. peroneus profundus lateralis. 537. Mm. interossei dorsales; Extenseur profond du deuxieme eh " 5 trorsieme: zu WRrerrin: a a >> ‚quatrieme , | Es sind im ganzen sechs Muskeln vorhanden, die für die zweite bis vierte Zehe bestimmt sind und zwar: Der M. interosseus I u. II für die beiden Seiten der Zehe II N N N II u. IV ” ” ”» ») 2 ” III 2? ” ” M u. VI 27 ” ” ” ” ” In Sie entspringen von den beiden Seiten der Basis des Metatarsale sowie vom Rücken desselben und inseriren an den beiden Seiten der Rückenfläche der Grundphalanx der betreffenden Zehe. Der erste Interosseus entspringt auch von der Basis der Metatarsale 1. Innervation: Rr. interossei aus den beiden Nn. peronei profundi. III. Theil. Zur Nervenlehre. A. Das centrale Nervensystem. I. Das Rückenmark. stellt einen eylindrischen Strang dar, welcher sich vom oberen Theil des Halses bis nahe zur Schwanzspitze erstreckt und in seinem Verlaufe zwei schwache Anschwellungen zeigt. Die eine 586 Gakutaro Osawa: Ansehwellung am Hals, Intumescentia cervicalis, er- reicht ihre grösste Dicke im Gebiet der drei hinteren Halswirbel, um sich nach vorn und hinten allmählich zu verschmälern. Die zweite au der Lende Intumescentia lJumbalis, ist am weitesten in der Gegend der zwei letzten Lendenwirbel. Durch die ganze Länge des Rückenmarkes zieht an der ventralen Mittellinie eine Längsspalte, Fissura mediana ventralis, welche tief in die Substanz des Rückenmarkes, etwa bis zur Mitte desselben, einschneidet. Eine solche Spalte an der dorsa- len Seite ist sehr seicht und bietet eher das Aussehen einer Furche, Suleus medianus dorsalis. Neben ihr sieht man zwei seichte Längsfurchen, Sulei laterales dorsales, von welchen die dorsalen Wurzeln der beiderseitigen Spinalnerven entspringen. Sie sind vorwiegend im Hals und Thorax gut aus- gebildet und werden gegen die Schwanzspitze zu allmählieh un- deutlicher, bis man sie nicht mehr erkennen kann. Erwähnt sei noch, dass ihr Verhalten gegen die dorsalen Nervenwurzeln im vorderen Halstheil ein abweichendes ist. Die dorsale Wurzel des dritten Halsnerven entspringt nämlich etwas lateral von ihnen und die vorderen zwei Halsnerven haben überhaupt keine Be- ziehung zu ihnen aufzuweisen, indem ihnen die dorsalen Wurzeln fehlen. Statt deren sieht man aber hier etwas lateral von den genannten Furchen feine Wurzeln zu dem N. accessorius ausgehen. Durch die genannten drei Furchen sowie durch die Austritte der vorderen Spinalnervenwurzeln wird jede Hälfte des Rückenmarks in drei Stränge getheilt, in den Vorder-, Seiten- und Hinterstrang, indem der erstere zwischen der Fissura mediana ventralis und den vorderen Wurzeln, der zweite zwischen den letzteren und dem Sule. lateralis dorsalis und der Hinterstrang zwischen dem Sule. lateralis dorsalis und Sule. medianus dorsalis liegt. Die Durchschnitte des Rückenmarkes zeigen überall die Form einer querliegenden Ellipse, welche an den Intumescentien am breitesten ist und gegen die Schwanzspitze zu in eine mehr rundliche Form übergeht. Die Dura mater medullae ist eine ziemlich derbe Membran, welche für das Rückenmark eine weite Hülle bildet und die Spinalnerven an deren Austrittsstellen befestigt. Die Pia mater ist viel zarter und steht zum Rücken- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 587 mark in viel näherer Beziehung. Sie vermittelt einerseits die Befestigung des Rückenmarks an die Dura und schiekt anderer- seits zahlreiche Fortsätze in die Substanz desselben hinein. Der bedeutendste von diesen ist derjenige, welcher in die Fissura mediana ventralis eindringt und ein Art Scheidewand zwischen den beiden ventralen Hälften des Rückenmarkes formirt. II. Das Gehirn!). Das Nachhirn (Fig: 41, 42) beginnt am Foramen oceipitale und erstreekt sieh unter Erzeu- gung einer ventralen Krümmung nach vorwärts bis zur Grenze ® pa pa. big v.a. kh 4 ! N 1 1) N - N TER SEENEN Fig. 41. Laterale Ansicht des Gehirns. Die römischen Ziffern bezeichnen die 12 Hirnnerven. p=Pyramide, $= IV. Ventrikel, kh = Kleinhirn, ve. a. — Velum medullare anterius, biy = Corpus bigeminum, pa = Parietal- organ, pd— Pinealdrüse, Ah?ppo = Lobus hippocampi, br = Brachium conjunctivum, inf = Infundibulum + Hypophysis cerebri. zwischen Basioceipitale und Basisphenoid. Von hier an richtet es sich dorsalwärts auf und geht in den ventralen Abschnitt des Hinterhirns in die Pars commissuralis (Stieda (274)), Rabl-Rückhard (234)) über. Das Nachhirn mit seiner oralen Fortsetzung, der Pars commissuralis, liegt in der dorsalen Hohl- rinne des Basioceipitale und Basisphenoid. 1) Vom Gehirn und den Wurzeln der Hirnnerven der Hatteria hat R. Wiedersheim in seinem Grundriss der vergl. Anatomie vier Abbildungen geliefert. 588 Gakutaro Osawa: An der ventralen Fläche persistirt die Fortsetzung der Fis- sura mediana ventralis (Fig.42 B7’m.re.) des Rückenmarkes, dieselbe wird aber hier bedeutend seichter und erscheint nach Wegnahme der feinen Pialgefässe durchlöchert. Die an den beiden Seiten der genannten Furche liegenden Vorderstränge des Rückenmarkes sind ein wenig verdickt und stellen die Pyramiden (7) dar. Anden Seiten der Uebergangsstelle des Rückenmarkes sieht man mehrere Wurzelbündel des Hypoglossus (X7/) entspringen. Die beiderseitigen Hinterstränge divergiren lateralwärts und bilden die Seitenwand des Ventrieulus IV. Sie verdieken sich hier ein wenig und stellen so die Clavae, Rabl-Rück- hard’s dar. Auf ihrer dorsalen Fläche verläuft ein linien- förmiger Markstreifen, Taenia medullaris, an welchen sich die Deckplatte des Ventrikels ansetzt. Durch die genannte Di- vergenz der Hinterstränge klafft auch die vordere Fortsetzung des Sule. medialis posterior auf und fällt schliesslich mit dem Eingang in den IV. Ventrikel zusammen. Zugleich erfahren die beiderseitigen Seitenstränge eine Verschiebung nach der lateral- ventralen Seite hin. Der Suleus lateralis posterior, welcher den Hinterstrang und Seitenstrang von’ einander getrennt hält, wird hier undeutlich; in seiner Richtung liegen die Wurzelbündel des Acecessorius, Vagus und Glosspharyngeus (XL, X, IX), und weiter vor und etwas medialwärts von den letzteren tritt der gemeinschaftliche Wurzelstamm des Acustieus und Facialis(V/IIIu. VIT) aus, welcher hier eine, selbst nach dem Ventrikelraume zu hervorragende Erhebung, Tubereulum nerviaceustici, Rabl-Rückhard bildet. Ventral von den genannten Nervenwurzeln tritt eine zweite Furche, Sule. lateralis, Rabl-Rückhard auf, welche nach einem bogenförmigen Verlauf an der lateral-dorsalen Fläche der Pars commissuralis endet. Hinterhirn (Fig. 41, 42). Die ventrale, der Brückengegend entsprechende Pars eom- missuralis ist die direete vordere Fortsetzung des Nachhirns und geht nach vorn in die Hirnschenkel über. Als die hintere Grenze dieses Hirnabschnittes könnte die höchste Krümmung des Nach- hirns und als die vordere die Austrittsstelle des Oceulomotorius (Fig. 41 //I) angesehen werden. “Lateral von der Fissura me- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 589 x \ 1725 Sro.wd \ PIE EEE IN IEBERERS Ei Längsdurchschnitt des Gehirns, A = Hinterstrang des Rückenmarkes, kh, v..a., big. wie oben, c. p.— Commissura posterior, c. pall.—= Comm. pallii, c. @. = Comm. anterior, f. arc.—= Fissuro arcuata, c. fr.—= Conus frontalis, !. t. = Lamina terminalis, parolf = Area parolfactoria, Sept= Septum, M= Foramen Monroi, Sy = Aquaeductus Sylvii, = Ventri- ceulus III, += Ventr. IV, TR = Thalamus opticus, ped = Peduneulus ce- rebri. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die entsprechenden Querdurchschnitte der Fig. 42B, /, IP, IIF und IY‘. Fig. 42 B. IV! ZI Ir Fr u ERTRT— --Pa BZ 1 N Eh = 1 Di: B- big pen 2 RER 3 = Swen j BE 2 Ka v.1. | N i 3 ] L0x Da. Lly® V EN \ 18 } N IP br ----- SL £ 17 Kg \__ ar NETTE N DE Er inf Ss 5y ; m.v. P Sept BT: = Sulcus longitudinalis, 9 —= Eminentia (teres pyramidalis), A = Hinterstrang des Rückenmarkes, P= Pyramide, m. v. — Sulcus ventra- lis mediana. Bl: big= Corpus bigeminum, Sy= Aquaeductus Sylvi, br = Bra- chium eonjunctivum. BIUFr: Th= Thalamus optieus, br = Brachium conjunctivum, Pd= Pedunculus cerebri, ?rf= Infundibulum. BIV': Pa=Pallium, Str = Corpus striatum, v.!. — Ventriculus latera- lis, Sept = Septum. Fig. 42 C. Sp, Mi ©. Die Decke des Vorderhirns geöffnet, um den Ventrikelraum in seiner ganzen Ausdehnung sichtbar zu machen. M= Foramen Monroi, Str = Corpus striatum. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 39 590 Gakutaro Osawa: diana ventralis sieht man an der Grenze. gegen das Nachhirn den Abducens (V/) mit mehreren feinen Wurzeln austreten. Die Fissura mediana ventralis wird hier immer seichter und geht in eine breitere Furche über, welche von der Mitte der Pars eom- missuralis aus über die Austrittsstelle des Oculomotorius weiter nach vorn sich erstreckt und hinter der Hypophyse an der ven- tralen Fläche des Zwischenhirns, der Substantia perforata, endet. Die ganze Furche ist, wie die Substantia perforata selbst, von den Pialgefässen vielfach durchlöchert. Der dorsale Theil des Hinterhirns wird durch das Klein- hirn (kA) dargestellt. Dasselbe erhebt sich in Gestalt einer halbmondförmigen Klappe im vorderen Abschnitt des Ventri- eulus IV (4) dorsalwärts. Die Klappe ist nach vorn eoncav und nach hinten convex und ihr ganzes Verhalten gegen den Ventri- eulis IV erinnert einigermaassen an dasjenige der menschlichen Epiglottis gegen den Larynx. Nach vorn verdünnt sich das Kleinhirn im mittleren Theil zu einer dünnen Lamelle, Ve- lum medullare anteris (v. a.) bildet zu beiden Seiten derselben seine vorderen Schenkel und erreicht so das Corpus bigeminum (dig). An den Seiten des Velum medullare anterius, hinter dem Corpus bigeminum sieht man den Trochlearis (IV) austreten, der zugleich wohl als Grenzmarke zwischen dem Velum und den Kleinhirnschenkeln betrachtet werden kann. Auch nach den beiden Seiten schiekt das Kleinhirn einen Schenkel und hängt mit der Pars commissuralis zusammen. Hinten stösst es ferner mit den Hintersträngen, den Corpora restifor- mia, an der lateralen Erweiterung des 4. Ventrikels unter einem Winkel zusammen. Ventral von diesem Winkel entspringt der Trigeminus (V) aus der Seite der Pars commissuralis. Der vierte Ventrikel (Fig. 42, 4) ist die erweitere Fortsetzung des Centralkanals des Rücken- markes und geht nach vorn wieder in den engeren Kanal des Mittelhirns, Aquaeduetus Sylvii (Sy) über. Die grösste Erweiterung entspricht der Stelle des oben genannten Winkels, wo die Hinterstränge und der seitliche Theil des Kleinhirns zu- sammenstossen. Bis dahin gehen die beiderseitigen Hinter- stränge (A) immer mehr auseinander, erreichen hier das Maxi- mum ihrer Divergenz und gehen so ins Kleinhirn über, während Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 591 die beiderseitigen vorderen Schenkel des letzteren von hier aus anfangend nach vorn gegen den Aquaeductus Sylvii einander immer näher kommen. Die Seitenwände des Ventrikels werden also in der hinteren Hälfte von der Fortsetzung des Hinter- stranges und in der vorderen von den vorderen Kleinhirnschenkeln gebildet. Der Boden, d. h. die Fossa rhomboidalis (Fig. 42, B T), wird von dem Nachhirn und der Pars commissuralis ge- tragen. Er wird durch eine Längsfurche, Suleus longitu- dinalis fossaerhomboidalis (2) halbirt und weist zu beiden Seiten derselben je einen Längswulst, Funieulus teres (PP), auf. Lateralwärts von dem letzteren kommt man in eine unebene Vertiefung, wo nach Rabl-Rückhard beim Alligator besondere Modellirungen wie die Emi- nentia vagalis und das Tubereulum trigemini nachweisbar sein sollen. Das Dach des vierten Ventrikels wird im vorderen Ab- schnitt vom Velum medullare anterius (v. a.) und dem Klein- hirn zusammengesetzt, während der hintere Abschnitt durch eine leicht verletzbare Tela cehoroidea gedeckt wird. Die- selbe kommt vom Kleinhirn auf den Ventrikel schräg herunter und heftet sich beiderseits lose an die Taeniae medullares an. Mittelhirn (Fig. 41, 42). Der ventrale Theil steht mit der Pars commissuralis in eontinuirlichem Zusammenhang und ist deshalb schon im be- treffenden Abschnitt erwähnt worden. Der dorsale Theil bat sich zu zwei mächtigen, längliehrunden Erhabenheiten, Cor- pora bigemina (big), entwickelt, welche durch eine tiefe Längsfurche von einander geschieden sind (Fig. 42, B II); ferner sind sie je durch eine breite Querfurche hinten vom Kleinhirn und vorn vom Vorderhirn getrennt (Fig. 42). Die hintere von diesen Querfurchen ruht nämlich auf dem Dach des vierten Ventrikels und wird, wie bekannt, von dem Velum medullare anterius und den vorderen Schenkeln des Kleinhirns zusammengesetzt, während die vordere von dem Zwischenhirn gebildet wird. An der Seite dieses Hirnabschnittes sieht man die vordere Fortsetzung der Pars commissuralis, nämlich die Pars pedun- 592 Gakutaro OÖsawa: eularis, Rabl-Rückhard, zur Basis des Corpus bige- minum hinziehen und dann unter die von hier ausgehenden starken schrägen Faserzüge eintreten. Die letzteren entspre- chen ‚dem Brachium eonjunetiyum. (ig: 42,322 III’ br.) und gehen nach vorn und ventral zum Chiasma ner- vorum opticorum. Der Hohlraum des Mittelhirns, Aquaeduetus Sylvii (Sy), zeigt nicht die Form eines einfachen Canals, sondern zieht sich zugleich in die Hohlräume der beiderseitigen Corpora bige- mina hinein. Dadurch erscheint auf dem Querschnitt (Fig. 42, RB II’) ein dreistrahliges Lumen (Y). Der untere, vertikale Strahl entspricht der eigentlichen Fortsetzung des Canals, wäh- rend die beiden oberen Strahlen die Hohlräume in den Corpora bigemina darstellen. Das Zwischenhirn (Fig. 41, 42) ist zum grössten Theil durch die Thalami optiei (Fig. 42, Th) repräsentirt. Dieselben sind länglichrunde Körper, welche mit ihrer Basis ventral von den Corpora bigemina, und zwar vor der Gegend beginnen, wo der Aquaeduetus Sylvii in die zwei oben genannten Seitenräume ausläuft. Der Pars peduneularis (Fig. 42, Pd) aufsitzend, tauchen die Thalami nach vorne allmählich auf und kommen schliesslich in den breiten Querfurchen zwischen dem Vorder- und Mittelhirn zum Vorschein. Sie begrenzen medial den Ventrikel III (Fig. 41, 42, B5) und sind lateral von den Fasern des Brachium conjunetivum (br) gedeckt. Ihre dorsale Fläche, welche dementsprechend in dem Raum zwischen dem dritten Ventrikel und dem Brachium conjunetivum zu liegen kommt, und welche vorn an die Vorderhirnhemisphären, hinten aber an das Corpus bigeminum grenzt, ist nur von der Tela choroidea bedeckt. An ihrem vorderen medialen Abschnitt ragt der Stiel der Epiphyse, welcher mit je einer feinen Wurzel von dem medialen vorderen Winkel der beiderseitigen Thalami entsteht, empor, steigt dann aufwärts und bildet in dem Niveau der Vorderhirnhemisphären eine trichterförmige Masse, die Pinealdrüse (Pd)!), von welcher wieder ein fadenförmi- 1) Die Bezeichnung „Pinealdrüse“ ist eigentlich nicht gerecht- fertigt, da man keine Drüsenstructur constatieren kann; die Bezeich- nung „Pinealpolster“ wäre vorzuziehen. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 593 ger Stiel in der Richtung nach vorn und dorsalwärts ausgeht. Dieser endigt mit dem im Scheitelloch liegenden Parietalorgan (pa). Der von den beiden Thalami seitlich abgeschlossene Ven- trieulus Ill (Fig. 41, 3; Fig. 42, B 111‘ 3) ist diedirekte Fortsetzung des Aquaeductus Sylvii, zeigt sich aber im Gegen- satz zu diesem in einen spaltförmigen vertikal absteigenden Raum verwandelt, welcher sich ventralwärts ein wenig in das Infundibulum (nf) hinabzieht. Seine Decke wird, wie schon er- wähnt, nur von der Tela choroidea gebildet, dagegen weist der Boden, namentlich bei der Betrachtung von der ventralen Seite her, verschiedene Gebilde wie die Substantia perforata, die Hypophysis mit dem Infundibulum (inf) und das Chiasma nervorum opticorum (I/) auf. Die vordere Wand des Ventrikels, welche in der Richtung nach vorn zu in die Zwischenspalte beider Hemisphären ein wenig einragt, wird durch eine sehr dünne Membran dargestellt, die zweifelsohne als Lamina terminalis (Fig. 42, 1. #£.) anzusehen ist. An der Grenze dieser und der lateralen Wand, etwas ventral von dem Epiphysenstiel befindet sich eine ziem- lich grosse Oeffnung, das Foramen Monroi (Fig. 42, M), welche in den Seitenventrikeln des Vorderhirns hineinführt (Fig. 42, C). Direkt oberhalb dieser Oeffnung spannt sich eine dünne, die beiden Hemisphären verbindende Querbrücke aus, die Com- missura pallii (Fig. 42, c. pall.), und ventral, ziemlich weit entfernt von ihr, exisitrt eine zweite Querbrücke, die Com- missura anterior (C. a... Ueber die Deutung und die feineren Verhältnisse dieser Commissuren verweise ich auf Rabl- Rückhard (234, Edinger (88) u. A., darf aber nicht unterlassen, noch einer dritten Commissur Erwähnung zu thun, welehe, zwischen den Thalamus opticus und der vorderen Ver- längerung des Corpus bigeminum liegend, über das Dach des Aquaeduetus Sylvii von einer Seite zur andern sich quer hin- überzieht und als Commissura posterior (Fig.42, c. p.) bezeichnet wird. Das Vorderhirn (Fig. 41, 42) setzt sich aus zwei Hälften, den Hemisphären, zusammen, welche durch eine mediane Spalte, die Ineisura longitudinalis cerebri von einander getrennt sind, und an welchen man einen 594 Gakutaro Osawa: Mantel- und Stammtheil unterscheiden kann. Der im Innern befindliche Hohlraum ist der Ventrieulus lateralis (Fig. 42, B IV’ vo. 1... Jede Hemisphäre, deren Form von Edinger (88) bei den andern Sauriern in treffender Weise mit einer halbirten Birne verglichen worden ist, lässt sich bei der Hatteria besser als eine vierseitige Pyramide mit abge- rundeten Kanten bezeichnen. Die Spitze der Pyramide richtet sich nach vorn, erzeugt dort den sogenannten Conus fron- talis (Fig. 42, c. fr.) und geht in den später zu erwähnen- den Lobus olfaectorius (/) über. Die breitere, hintere Basis der Pyramide hängt mit der Pars peduncularis und dem Thalamus optieus zusammen und ist im übrigeu durch die dem letzteren aufliegende breite Querfurche vom Corpus bigeminum abgesetzt. Die mediale Fläche der Pyramide ist platt, hat am hinteren Theil das bekannte Foramen Monroi und grenzt sich dadurch vom Thalamus optieus ab. Dorsal vom Foramen Monroi beginnt eine sanft bogenförmige Furche, Fissura arcuata septi, Edinger (Fig.42, f. arc.), welche von da an schräg ab- und vorwärts bis zur Spitze der Hemisphäre läuft und da- durch die mediale Fläche derselben in zwei Abschnitte zerlegt, von welchen der dorsale dem grauen Hirnmantel angehört, wäh- rend im ventralen die von Edinger als Septum (sept) und Area parolfactoria (parolf) bezeichneten Gebilde liegen. Das Septum ist eine länglichrunde Markmasse, welche lateral- wärts in den Ventrikelraum buckelig hervorragt. Es ist nach hinten durch das Foramen Monroi vom Thalamus optieus ge- trennt und sitzt mit seinem ventralen Theile der vorderen Fort- setzung der Pars peduneularis auf. An seine dorsale hintere Ecke, dieht oberhalb des Foramen Monroi setzt sich die beim Zwischen- hirn erwähnte Commissura pallii und nahe an die ventrale hintere die Commissura anterior an. Vor dem Septum befindet sich die Area parolfactoria, eine graue Masse, welche mit dem ventral liegenden Lobus olfaetorius in continuirlichem Zusammenhange steht. Der letztere beginnt an der ventralen Fläche des Vorder- hirns mit einem breiten Feld, Area olfactoria, verlängert sich dann im Canalis olfaetorius unter allmählicher Verjüngung nach vorn und erreicht schliesslich das vordere erweiterte Ende des betreffenden Canales an der Decke der Nasenhöhle, um hier mit einer kolbigen Verdiekung, Formatio bulbaris, Edin- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 595 ger (Fig. 41, 42, 7), zu endigen. Die Area olfactoria nimmt fast die ganze ventrale Fläche des Vorderhirns ein und wird durch eine bogenförmige Furche, die ich nach dem Vorgange Edinger’s, der an Stelle der Furche eine Grube fand und sie als Fovea limbica bezeichnete, Suleus limbieus nenne, — vom unteren Rand des dorso-lateralen Hemisphärenmantels ab- gegrenzt. An ihrem hinteren Theil ist ein schräger Faser- zug sichtbar, welcher nach hinten abwärts unter die Chiasma nervorum opticorum zieht, und welchen Wiedersheim (288), Hirnschenkelfaserzug wd Edinger Radiatio striothalamica nennen. Die dorsale und die laterale Fläche der Hemisphären gehen ohne scharfe Grenze in einander über und werden durch den Manteltheil dargestellt, welcher nach vorn zu dem oben erwähnten Conus frontalis (Fig. 42, c. fr.) sich verjüngt, dagegen nach hinten lateral zu einer dem Schläfen- lappen !) entsprechenden Hervorragung sich verlängert und im übrigen die Wand und die Decke des Seitenventrikels bildet. Basalwärts, d. h. am Boden findet man einen der ganzen Hemi- sphärenform entsprechenden länglichrunden Körper. Dies ist das Corpus striatum (Fig. 42 B, c. str.), welches ventral mit der oben genannten Area olfactoria und der Pars commissu- ralis unmittelbar zusammenhängt und so den Stammtheil der Hemisphäre bildet. Der Seitenventrikel (v. 2.), welcher, wie bereits erwähnt, durch das Foramen Monroi (M) mit dem dritten Ventrikel com- munizirt, dehnt sich von da aus über und um das Corpus stria- tum nach allen Riehtungen aus, sodass man an ihm ein vorderes enges Cornu anterius, eine mittlere geräumige Cellula media, und ein hinteres Cornu posterius mit Andeutung eines Cornus inferius unterscheiden kann ?). Die Hüllen des Gehirns verhalten sich ebenso wie diejenigen des Rückenmarks. Die Dura mater ist mit der Schädelwand verwachsen und fixirt die Hirnnerven an ihren Austrittsstellen, dagegen geht die Pia mater 1) wohl richtiger: Lobus hippocampi! 2) Mit den obigen Bezeichnungen, zumal mit dem „Cornu po- sterius‘ postuliere ich nicht etwa eine directe Homologie mit den gleichnamigen Ventrikel-Abschnitten der Mammalia. 596 Gakutaro Osawa: eine viel innigere Beziehung mit der Hirnsubstanz selbst ein, in- dem sie die Oberfläche derselben nicht nur in toto überzieht, sondern auch mit Falten und Fortsätzen in die Spalten und Tiefen derselben eindringt. Als besondere Bildungen sind die Telachoroidea superior und inferior zu erwähnen. Die erstere deckt die dorsale Fläche des Zwischenhirns uud ent- sendet nach vorn und hinten je einen Fortsatz. Der vordere Fortsatz geht durch das Foramen Monroi in den Seitenventrikel hinein und endet in diesem mit einer fächerförmigen Verbreiterung. Mit diesem vorderen Fortsatz hängt auch der Plexus choroideus der Pinealdrüse zusammen, welcher bei dem einen der von mir unter- suchten Thiere eine so voluminöse Entwickelung erlangt hatte, dass alle Hirnabschnitte, mit Ausnahme des Vorderhirns, dorsal- wärts von ihm überlagert waren. Der hintere Fortsatz der Tela choroidea superior erstreckt sich durch den Aquaeduetus Sylvii in die Hohlräume der Corpora bigemina, welche er beinahe ausfüllt. Die Tela choroidea inferior bildet den hinteren Abschnitt der Decke des Ventrieulus IV und wurde schon im betreffenden Abschnitt erwähnt. Endlich ist noch ein Fortsatz der Pia zu berücksichtigen ; dieser dringt in die Ineisura longitudinalis eerebri und bildet ge- wissermassen eine Scheidewand zwischen den beiden Hemisphären. Mit ihm hängt die Lamina terminalis zusammen, welch’ letztere deshalb bei der Wegnahme des ersteren gewöhnlich mit abge- rissen wird. B. Das periphere Nervensystem. A. Gehirn-Nerven!). N. olfaetorius ist im Abschnitt des Vorderhirns mit erwähnt, so dass ich darauf verweisen kann. N. opticus geht von dem Chiasma nervorum opticorum aus durch das For- amen opticum in die Augenhöhle und läuft auf der dorsalen Fläche des M. retractor oculi nach vorn zum Augapfel, dessen hinteren Pol er durchbohrt. 1) Ueber den Ursprung derselben vergl. Fig. 41. 997 Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. card VYIIa / / / / SEPEELSEREZETEETTERT g: ae EEE EEE" EEE a I : m nn com —-— — pul gastr max. ti. Fig. 43. Die wichtigen Hirnnerven. V/= der I. Trigeminusast, V’—=der II. Trigeminusast, V’’—=der III. Trigeminus- ast, n — Nasalis, fr = Frontalis, orb = Infra-orbitalis, m’ — Muskelast f. Pterygoideus ext., m’ = für Temporo- massetericus, m’’ = für Pterygoideus internus, max. i. — Cutaneus recurrens maxillae inferioris, 9 = Raınus posterior, m =R. medius, a = R. anterior des letztgenannten Nerven, lkng= Lingualis, my. hy.—=Mylo-hyoideus, subl = Sublingualis, alv = Alveolaris inferior — Mentalis, Sy= zwei sympath. Fasern (Recurrens ad nervo facialem Fischer). VIIa=R. anterior des Facialis, G. p.= Ganglion palatinum, VIIp=R. posterior des Facialis, ch.ty. = Chorda tympani, IX, X, XI, XII= Glosso-pharyngeus, Vagus, Accessorius, Hypoglossus, pl. ph.—Plexus pharyngeus, p.m.=M. parieto-mandibularis, tr =Ganglion trunci nervi vagi, com = Ram. communicans vagi, Sy. cerv. = Ganglion cervicale sympathici, thor = Ganglion thoraciecum I des Sympathicus. Zary.s.— Laryngeus superior, lary.t. = Laryngeus inferior (Reeurrens), Car — Carotisbogen, 4o= Aortabogen, Pul = A. pulmonalis, Bot = ductus Botalli, L= Lunge, M=Magen, card =N. cardiaci, card —R. cardiacus aus dem Plexus pulmonalis, pul = RR. pulmonales, gastr—=R. gastrieus. (Fig. 18, 44) I1US N. oeulomotor des des vorderen Endes alen Fläche entspringt von der ventr Hinterhirns, läuft nach vorn und ein wenig lateralwärts und 598 Gakutaro Osawa: tritt durch ein Loch am hinteren Winkel des Septum inter- orbitale oberhalb des Ursprungs des M. retraetor oculi in die Orbita ein. Beim Eintritt in dieselbe giebt er zunächst einen R. museularis ab, welcher medialwärts gleich in den Ursprung des M. rectus superior eindringt und ihn versorgt. Bald danach theilt er sich innerhalb der Orbita in den oberflächlichen schwä- cheren R. superficialis s. eiliaris und den tiefer liegenden R. profundus s. museularis. Der erstere bildet nach einem kurzen Verlauf in der Con- tinuität seines Stammes eine ovale Verdiekung, das Ganglion eiliaret!) (Fig. 44, g. c.), und nimmt erst nachher den R. eiliaris aus dem N. frontalis des ersten Trigeminusastes auf. Aus dieser Vereinigung gehen dann zwei ziemlich bedeutende Nervuli ciliares (Fig. 44, cil) zum Augapfel und ein oder zwei feinere Nervuli museulares zum M. retractor oculi ab. Der zweite Ast, R. muscularis, tritt in die Tiefe der Augen- höhle ein und kommt an die ventrale Seite des Augapfels zu liegen. Er giebt zunächst einen Ast für den M. reetus inferior, und dann je einen solchen für den M. reetus medialis uud ob- liquus inferior ab. Der für den M. reetus medialis bestimmte Zweig zieht an der ventralen Seite des M. rectus inferior, kreuzt dann diesen und steigt medialwärts zu dem genannten Muskel auf, während derjenige für den M. obliquus inferior über den Infraorbitalboden direct nach vorn zu dem für ihn bestimm- ten Muskel sich begiebt. N. trochlearis (Fig. 44, IV) entspringt zwischen Mittel- und Hinterhirn an der Seite des Velum medullare anterius, schlägt sich um die Basis des Corpus bigeminum herum, und läuft beinahe gerade nach vorn, um das Septum interorbitale an seinem hinteren Theil, oberhalb des Ursprungs des M. reetus superior schräg nach vorn zu durch- setzen und in die Orbita einzutreten. Hier zieht er über die late- rale Fläche des M. rectus medialis fast gerade nach vorn und erreicht den hinteren Rand des M. obliquus superior. N. trigeminus (Fig. 43, 44, 45) entspringt mit einer relativ mässig starken Wurzel an der 1) Siehe unter Trigeminus S. 600. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 599 Grenze zwischen dem Hinter- und Nachhirn von der lateralen Seite und tritt durch die Spalte zwischen Prootieum und Colu- mella nach aussen und bildet genau an seinem Austritt das Ganglion Gasseri. Vor der Bildung des letzteren giebt er den ersten Ast ab und zerfällt dann gleich in die beiden anderen Aeste. Ramus I (Fig. 43, 44, V’). Dieser ist der sehwächste Trigeminusast. Er hat einen selb- ständigen Ursprung und berührt das Ganglion Gasseri nur an seiner Basis. An der medialen Seite PN der Columella gerade nach £ \ . f’ N vorn laufend, tritt er am Ur- IE A N ; v a sprung des M. rectus lateralis \ prung in die Orbita und theilt sich gleich in zwei Aeste, in den medialen N. nasalis (n) und %- denlateralenN.frontalis(fr). N. nasalis giebt zu- nächst über der dorsalen TR INS P sub. m. --_A 1! INN IS Fläche des M. retraetor "an, no. ” .y. . \ oeuli den R. eiliaris zum RE . oa r DIE gleichen des 'N. oculomoto- ER rius ab, setzt darauf seinen Fig, 44. Weg gerade nach voM ZWE Muskeln und Nerven der Augenhöhle schen den Bulbus einerseits der linken Seite. ob. s. = Obliquus PAR “,„ Superior, r. s.—Rectus superior, re — und den M. rectus superioı Retraetor, IIT= Oeulomotorius, IV— und obliquus. superior ande- Trochlearis, V’—= Trigeminus (I. Ast), res 2 i Va —Trısemmus (UM. Ast); g.. cr — rerseits fort und gelangt an Ganglion ciliare, cil—Nervuli ciliares, das Foramen ethmoidale. Bis r.s.—=der den Reet. superior ver- . . . . sorgende Ast des Oculomotorius, 2 — In . r " © ’ dahin giebt er keinen Zweig N. nasalis, n.e. = Nasalis externus, mehr ab und verbreitet sich fr = Frontalis, m = Palpebralis supe- . R Ienamt: Nior medialis, = Palpebr. sup. late- dann im Innern der kuorpli- ralis, J.i.— Jugale inferius, m’ — gen Nasenhöhle. Seine Fort- Palpebr. inferior medial., 7 = Palpe- 14} : +... bralis inferior lateral., sub. m. = Sub- setzung geht aber noch weiter itandustmelae nach vorn und tritt oberhalb der äusseren Nasenöffnung zur Haut hinaus, um sich hier in die Nn. nasales externi (n. e.) aufzulösen. N. frontalis geht nach vorn und lateralwärts und theilt sich am hinteren (äusseren) Augenwinkel in den N. palpebralis 600 Gakutaro Osawa: superior medialis und Nn. palpebrales superiores laterales. Der erstere (m) stellt die eigentliche Fortsetzung des N. frontalis dar, geht nach vorn und lateralwärts und spaltet sich an der lateralen Seite des Augapfels in zwei Zweige, in den grösseren N. palpebralis superior medialis und den kleineren N. frontalis, von denen ersterer dem oberen Lidrande entlang nach dem medialen Augenwinkel hin läuft und in demselben sich verzweigt, während letzterer direct in der Haut des lateralen Theiles der Stirne sich verbreitet. Die zweite Gruppe der Aeste des N. frontalis, nämlich die Nn. palpebrales superiores laterales (2), besteht aus zwei bis drei Aestehen, welche an dem äusseren Augenwinkel zum oberen und auch unteren Augenlid gehen und dort enden. Sie gehen viele Anastomosen mit dem N. palpebralis inferior sowie mit dem N. infraorbitalis des zweiten Trigeminusastes ein, sowohl an der lateralen wie der ventralen Seite des Augapfels. An der lateralen Seite des letzteren geht nämlich ein feiner Ast zumN. palpebralis inferior des zweiten Trigeminusastes und tritt vor dem Abgang des N. subeutaneus malae (sub. m.) aus dem letz- teren an ihn heran. Ganglion eiliare. Ueber: die Natur des Ganglion eiliare sowie die Beziehung desselben zu den anderen Nerven war man lange nicht einig, bis die Frage durch neuere Untersuchungen so ziemlich ihre Er- ledigung gefunden hat. Es mag deshalb von Interesse sein, einen kurzen historischen Rückblick zu eröffnen. * Remak (243) hat das betreffende Gebilde als dem Tri- geminus angehörig betrachtet. Es heisst bei ihm (8. 22): „Der Nervenstamm (Trigeminus) besteht aus zwei dieken, unter spitzem Winkel aus einander weichenden Schenkeln, welche in dem Gan- slion Gasseri zusammen kommen. Der obere Schenkel verläuft zur oberen Fläche der Augenblase seiner Seite. Daselbst schwillt er in ein halbmondförmiges Ganglion, G. eiliare, an.“ Armand de Watteville (285) sagt (S. 154): „This „eiliary“ nerve probably consists of elements of the fifth, along with fibres from the third and sympathetie.“ Nach Reichart (241) (S. 17) erhält das Ganglion oph- thalmieum die grössere Anzahl von sympathischen Fasern durch Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 601 die Bahn des Oculomotorius, und eine weitere Quelle derselben sind die langen Wurzeln des Ganglions. Die umfangreiche und sorgfältige Untersuchung Schwalbe'’s (257) führte ihn zu dem Resultat, dass das Ciliarganglion weder dem Sympathieus, noch dem Trigeminus angehöre, sondern dem Stamm des Oculomotorius, welch letzterer einen selbständigen sesmentalen Kopfnerven darstelle. Das Ganglion sei also im Sinne eines Spinalganglions zu betrachten. Nach W. Krause (192) soll der grösste Theil des Gan- glion ciliare das letzte sympathische Grenzganglion am Kopfe repräsentiren, genetisch auf das Ganglion Gasseri zurück- zuführen und dem N. trigeminus zuzuweisen sein. Beard (45) bemerkt, dass man zwei Ganglien unter- scheiden müsse. Nach ihm entwickelt sich bei Acanthias ein Ganglion aus dem Mesencephalon, „Mesocephalic- Ganglion“, welches eigentlich dem Ophthalmieus profundus ange- gehört, später mit dem Ganglion Gasseri verschmilzt und wie das letztere den segmentalen Hirnnervenganglien gleich zustellen ist; dagegen entwickelt sich das Ciliarganglion viel später als die segmentalen Hirnganglien und stellt nicht das Ganglion der hinteren Wurzel eines Hirnnerven dar, sondern gehört wahr- scheinlich dem Sympathicus an. Gegen die Vermuthung dieses Forschers, dass Alle, die vor ihm von einem Ciliarganglion gesprochen haben, dasselbe nicht gekannt, sondern sein „Mesocephalie-Ganglion“ dafür genommen hätten, bemerkt His (159) (S. 421) Folgendes: „Das Ganglion, welches Remak, ich selber und so manche andere gesehen haben, ist nun aber mit dem altbekannten Ganglion ciliare iden- tisch. Darüber ist, wie mir scheint, nicht zu streiten, und es hängt diese rein thatsächliche Frage nicht im Geringsten damit zusammen, ob man demselben den Werth eines spinalen oder den eines sympathischen Ganglions zuschreiben will.“ His selber will das Ganglion ceiliare als das Stammgan- glion des R. ophthalmieus des Trigeminus bezeichnet wissen und steht somit in einem Gegensatz auch zu Schwalbe. Dabei betont er, dass das Oiliarganglion nicht über dem Mittelhirn, sondern über dem Vorderhirn entsteht, während der Oculomoto- rius ein unzweifelhaftes Product des Mittelhirns ist. Gaskell (115, 114) führt als „the lateral ganglionated 602 Gakutaro Ösawa: splanchnie roots* den Oculomotorius (lateral root) und als das dazu gehörige Ganglion das G. eiliare an und äussert sich in seiner andern Arbeit folgermaassen (S. 164): „Neither part of this ganglion then is connected with any large fibred sensory nerves from the V!", it is conneeted only with very fine efferent nerve fibres which come mainly from the II“ nerve; it is in fact as typical a motor vagrant ganglion as any in connection with the spinal nerves.“ Es gelang nun endlich G. Retzius (247, 248), durch die Osmiumsilbermethode auch im Ganglion eiliare multipolare Nervenzellen nachzuweisen, welche dem sympathischen System eigen und welche von den bipolaren Formen in den Spinal- ganglien wohl unterschieden sind. Dadurch ist die Natur des Ganglions mit Sicherheit festgestellt. Auch der neuere Degenerationsversuch von Apolant (8) beweist, dass das Ganglion selbst sympathischer Natur ist und dass alle Oculomotoriusfasern im Ganglion ihr Ende finden. Bei der Hatteria liegt das Ganglion eiliare entschieden im Stamme des R. superficialis des Oculomotorius und ein Zu- sammenhang mit dem Trigeminus besteht nicht, indem der letz- tere sich mit dem aus dem Ganglion austretenden Stamm erst distal von ihm vereinigt, ohne aber eine merkbare Verdickung zu bilden, in welcher irgend welche Nervenzellen nachweisbar sind. Dieses eigenthümliche Verhalten scheint in der Rep- tilienreihe einzig da zu stehen; wenigstens finden wir bei Fischer (95) keine ähnliche Angabe. So sagt dieser Forscher, dass der Ciliarast des Trigeminus in den meisten Fällen von der Seite her in die Mitte oder den vorderen Theil des Gang- lions eintritt und nur bei Salvator Merianae die beiden Rr. ciliares des Oculomotorius und Trigeminus vor der Bildung des Gang- lions zusammentreffen. Jedenfalls spricht der vorliegende Fall bei der Hatteria eher für die Behauptung von Schwalbe und Gas- kell, als für diejenige von Remak und His; ob aber in dem Ciliarganglion selbst neue Elemente entspringen, die eine gleiche Bedeutung haben wie die sympathischen, wie Beck (46) ver- muthet hat, oder ob der Trigeminus auf einem rücklaufenden Weg ihm sympathische Fasern zuführt, muss ich vor der Hand dahingestellt sein lassen. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. RamusIl (Fig. 43, 44, 45 V”) theilt sich vor dem Eintritt in die Orbita im zwei grosse Aeste, in den N. palpebralis inferior (palp) und N. infraorbitalis (orb). Der N. palpebralis inferior geht von der Theilungsstelle schräg lateralwärts und vorn und zerfällt an der inneren Seite des vorderen Endes des Jochbogens in zwei Aeste, nämlich den N. palpebralis inferior lateralis (Fig. 44 7, Fig. 45 Z) und medialis (Fig. 44 m’, Fig. 45 m). Der erstere nimmt zunächst den schon bekannten R. com- muniecans vom N. palpebralis superior lateralis auf und vertheilt sich nach der Abgabe des TE, f r N. subeutaneus malae, NA \ TRIKE - SV \ welcher nach der Durch- . 6 \ bohrung des unteren Joch- 'y/ \ yohrung des unteren Joch N) % bogens in der Haut der mn, UN \ A . \ Wange endet, — im Se ‚| } \ . 1 j ’ unteren, aber auch im an AM] Ix \ beren Augenlid AN \ oberen Augenlid. palp! ENNN \\ . . . N NEN 3 Der zweite ist tiefer = NS y--- EP \ gelagert und läuft entlang LRIAYG: Be \ dem unteren Augenlid nach WENN \ . : “ le; han i vorn und verbreitet sich ar Ba \ . / \ r mehrfach in demselben. Bee \ 2 Vonihm geht ein feiner, vari- cös aussehender R. glan- fie, An, dularis (m/) ab, welcher sich an seinem Ursprung Tiefliegende Nerven der Augenhöhle (linke Seite. V”—=der zweite Trige-’ minusast, VIIa== Ram. anterior des Fa- vom N. palpebralis inferior medialis abtrennt, in die Tiefe wendet und zwisehen dem Infraorbitalkopf des M. pterygoideus und dem knöchernen Boden der Orbita dem N. infraorbi- talis beinahe parallel nach cialis, G. p. = Ganglion palatinum, orb — Intraorbitalis, palp = Palpebralis inferior, ce‘ = Commuünicans posterior, ec = Com. medius, €” = Com. anterior, P.Pp.= Aeste des Facialis für die Gaumenzähne, infr = Nn. cutanei infraorbitales, palp' —=N. palpebralis inferior des Infraorbitalis, !=Palpebralis inferior lateralis, m — Palpebr. inferior medialis, m’ = Ram. glandularis, sub. m. —Subeutaneus malae. vorn läuft und nach einer langen Streeke endlich in die Glandula Harderiana eintritt. Der N. infraorbitalis (Fig. 45 orb, 43 orb) geht nach der Abtrennung vom N. palpebralis inferior in die Tiefe und läuft 604 Gakutaro Osawa: wie der vorhin genannte R. glandularis über den Infraorbital- boden nach vorn, um am vorderen Ende der Orbita in einen Knochenkanal des Oberkiefers einzutreten und nach Durchbohrung desselben in der Haut der Schnauzenspitze zu enden. Er gibt auf diesem Wege mehrere Aeste ab, und zwar drei mediale Rr. communieantes zum Ganglion palatinum und mehrere laterale, welche als N. palpebralis inferior, alveolaris superior posterior und als Nn. eutanei infraorbitales bezeichnet werden können. Mediale Aeste, Rami communicantes: R. ecommunicans posterior (c‘). Entspringt gleich nach dem Eintritt des R. infraorbitalis in die Orbita von diesem und geht an der ventralen Seite des infraorbitalen Kopfes des M. pterygoi- deus externus nach vorn und medial zum Ganglion palatinum. R. communicans medius (c”) ist viel schwächer als der vorige, entspringt in der Orbita vom N. infraorbitalis und läuft unter- halb des infraorbitalen Ursprunges des M. pterygoideus quer me- dianwärts zum Ganglion, vereinigt sich aber, ehe er dasselbe er- reicht, mit dem vorigen Nerven. R. communicans anterior (c’) geht vom N. infraorbitalis eine Strecke weiter vorn als der vorige ab und läuft, in zwei Aeste getheilt, quer hinüber zum Ganglion und zwar zum vor- deren Theil desselhen. Diese drei Rr. communicantes zusammen könnten der Lage nach wenigstens dem R. communicans posterior nervi palatini cum nervo maxillaris superiore von Fischer entsprechen. Ein dem R. eommunicans anterior Fischer gleichender Ast kommt der Hatteria nicht zu. Laterale Aeste des N. infraorbitalis: N. palpebralis inferior (palp’) ist ein feiner Ast, welcher fast von der gleichen Stelle wie der R. eommunicans medius entspringt und lateralwärts zum unteren Augenlid geht und hier in ganz feine Zweigchen zerfällt, deren einige mit den gleichen des N. palpebralis inferior lateralis Anastomosen eingehen. N. alveolaris superior posterior (alv) geht etwas vorn von der Stelle ab, wo medialwärts der R. communicans anterior sich abzweigt und tritt nach einem kurzen, lateralwärts gerichteten Verlauf in ein Loch des Oberkiefers, innerbalb dessen er in mehrere Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 605 Rr. dentales und ceutanei zerfällt, welch letztere die Knochen- platte des Oberkiefers nach aussen durchbohren und in der Haut der Schnauze sich verbreiten. Nn. eutanei infraorbitales (infr) sind mehrere kleine Hautäste, welche während des Verlaufes des N. infraorbitalis durch den Oberkiefer von ihm abgegeben werden und nach aussen zur Haut der Schnauze gelangen. Die Fortsetzung des N. infraorbitalis (önfr) geht durch den Kanal des Oberkiefers nach vorn und tritt durch das Foramen infraorbitale nach aussen, um sich in der Haut der Schnautzen- spitze zu verbreiten. Im Laufe durch den Kanal werden ausser den genannten Nn. cutanei auch mehrere Zweigchen zu den Zähnen abgegeben, Nn. dentales superiores. Als einen bei den Sauriern constanten Ast des zweiten Trige- minusastes erwähnt Fischer (95) den sog. R. reeurrens ad ner- vum facialem. Derselbe steigt nach ihm vom zweiten Ast des Tri- geminus an der inneren Seite der Knochenleiste, welche vom Scheitel- bein zum Querfortsatz des Hinterhauptbeines sich erstreckt, aufwärts zur Stirnhaut, wendet sich längs eines starken Gefässstammes (Ar- teria temporo-museularis Bojanus) rückwärts und senkt sich schliesslich hinter dem Querfortsatz des Hinterhauptes abwärts in den hinteren Hauptstamm des Facialis ein. Ein ähnliches Verhalten kommt auch der Hatteria zu: es handelt sich aber um zwei ganz feine Nerven (Fig. 43 Sy), welche die Art. temporalis plexusartig umgreifen. Sie stammen wie mir scheint vom Plexus tympanieus her, steigen mit der genannten Arterie durch die Spalte zwischen Prooticum und Quadratum nach vorn und aufwärts und gelangen dann zwischen den M. temporo-masseterieus und pterygoideus externus direet unter die Haut der Temporalgegend. Von hier an gehen sie, noch stets in Begleitung der Arterie, an der Innenseite des Arcus jugalis superior abwärts, um am hinteren Eingang der Orbita in einen Plexus sich aufzulösen. Constant hat sich die Anastomose mit dem ersten Trigeminusast nachweisen lassen; dagegen konnte ich diejenige mit dem zweiten Ast des Trigeminus wegen der Feinheit der Plexuszweige und wegen ihres ungünstigen Lage- verhältnisses innerhalb des postocularen lockeren Gewebes präpa- ratorisch nieht mit Sicherheit darstellen, obwohl man sie wohl an- nehmen könnte. Bei einem sehr grossen Spiritusexemplar von Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 51 40 606 Gakutaro OÖsawa: Monitor, den ieh zur Controlle untersucht habe, war nur die Anastomose mit dem zweiten Trigeminusast deutlich ausgesprochen, während eine solche mit dem relativ schwachen ersten Trigemi- nusast präparatorisch nicht festgestellt werden konnte. Es kommt bei diesem Thier nur ein einziger Nerv vor, welcher sich durch mehrere Zweigchen mit dem zweiten Trigeminusast verbindet und im übrigen ebenfalls in einen feinen Plexus sich autlöst. Sowohl bei der Hatteria wie bei dem Monitor war der Zu- sammenhang des in Rede stehenden Nerven mit dem Plexus tym- panicus immer constant nachweisbar, dagegen ein solcher mit dem Hinterstamm des Facialis in beiden Fällen nieht vorhanden. Auf Grund dieser Thatsache gebe ich also gerne zu, wenn Fischer diesem Nerven, d. h. semem R. recurrens ad nervum facialem eine sympathische Natur zuschreibt und diese Verbindung als den oberflächlichen Kopftheil des Symphatbieus bezeichnet, halte es jedoch für naturgemäss, ihn schlechthin als eine vordere Fortsetzung des sympathischen Systems aufzufassen, und nicht als einen beson- deren Ast des Trigeminus, wie es von jenem Forscher gethan worden ist; denn der Zusammenhang mit dem Trigeminus ist, wie oben betont wurde, nicht eonstant und die Art der Verbindungen beider Nerven rechtfertigt nicht, von einem besonderen Aste zu reden. Ramus III (Fig. 43 V‘) ist der stärkste von den drei Aesten des Trigeminus. Er zieht nach dem Austritt aus dem Ganglion Gasseri zwischen den Mm. pterygoideus externus und temporo-massetericus fast gerade abwärts zur medialen Seite des Coronoideum, tritt dann in’s Foramen mandibulare und zerfällt in drei Endäste. Während seines Verlaufes gibt er ab: R. museularis posterior (m”). Dieser geht schon an der Wurzel des R. III ab und tritt nach einem kurzen Verlauf late- ralwärts und hinten in den M. temporo-masseterieus ein. R. museularis anterior (m/). Derselbe wird ein wenig mehr unterhalb als der vorhergehende abgegeben, läuft fast horizontal nach vorn und tritt in den M. pterygoideus externus ein. R. museularis inferior (m). Dieser Ast wird unterhalb des vorigen vom Stamm abgegeben und steigt herab, um nach Zerfall in einige Zweige in der grossen Masse des M. pterygoi- deus internus zu enden. BE Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 607 N. reeurrens eutaneus maxillae inferioris (Fischer) (mase.i). Dieser Nerv wird am Eintritt des R. III in’s Foramen man- dibulare von ihm entlassen, zieht durch den Knochen des Unter- kiefers ein wenig nach hinten und lateral und tritt durch ein be- sonderes Loch am hinteren zweiten Viertel des Unterkiefers nach aussen und zerfällt dann in drei Hautäste, welche wohl in den R. eutaneus maxillae inferioris posterior, medius und anterior ein- getheilt werden können. Der Verlauf dieser drei Aeste ist nicht so einfach, wie es von Fischer bei anderen Sauriern beschrie- ben worden ist. R. ceutaneusmaxillae inferioris posterior (p)nimmt seine Richtung nach hinten und verbreitet sich in der Haut des Kiefer- winkels sowie in der Gegend des äusseren Gehörapparates. R. eutaneus maxillae inferioris medius (m) ist etwas mächtiger und theilt sich in drei Aeste, von denen zwei entlang dem unteren Rande des Unterkiefers nach vorn verlaufen und in der Haut der Kinn- und Unterkinngegend sich verzweigen, während ein dritter quer nach der Medianlinie des Halses zieht und in der Haut der Zungenbeingegend endet. R. eutaneusmaxillaeinferioris anterior (a), geht wieder parallel dem Kieferrande nach vorn und versorgt hauptsächlich die Unterlippe. Er steht mittelst feiner Zweigehen mit den glei- chen des N. mentalis in Anastomose. Endäste des R.IlI: N. mylo-hyoideus (my. hy) ist der hinterste von den drei Endästen, durehbohrt den Unterkiefer in einer schrägen Richtung von hinten dorsal nach vorn ventral, tritt etwa in der Mitte des Kieferrandes an dessen Innenfläche auf, zerfällt in mehrere Aeste, welche theils in den vorderen Abschnitt des M. subeutaneus colli sich verbreiten, theils nach Durchbohrung des Muskels an seinem Ursprung in der Haut enden. Ein grösserer Ast läuft parallel dem Kieferrand nach vorn und versorgt mit mehreren feinen Zweigchen die Haut an dem vorderen Kieferwinkel. N. lingualis (löng) ist der mittlere Endast. Bald nach der Abtrennung von seinen beiden Nachbarästen nimmt er noch inner- halb des Canalis alveolaris die Chorda tympani (ch. ty) aus dem Facıalis auf, durchsetzt ebenfalls den Unterkieferknochen schräg abwärts und-tritt eine kurze Strecke hinter dem N. mylo-hyoideus 608 Gakutaro Osawa: hervor. Nachdem er hier den N. sublingualis abgegeben hat, läuft er schräg nach vorn und medianwärts, tritt auf die dorsale Fläche des M. cerato-mandibularis, etwa an der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Drittel der ganzen Muskellänge auf, setzt die Richtung noch weiter fort, durchbohrt «den M. genio-glossus von der ventralen Seite her und kommt an der dorsalen Seite desselben Muskels zum Vorschein, wo er dann die Endverzwei- sung des Hypoglossus aufnimmt und eine Art Plexus (Fig. 20 ling) bildet. Hierauf theilt er sich in mehrere Zweige, welche an der dorsalen Fläche des M. genio-glossus weiter laufen und theils entlang dieses Muskels; theils nach der Durchbohrung des vor- deren Teiles des M. hyoglossus zu dem vorderen Theil und zur Spitze der Zunge gelangen. Ein Zweig von ihm, der N. sublingualis (subl), dringt gerade unterhalb der Austrittsöffnung des N. mylo-hyoidens in den Knochen des Unterkiefers ein, durchsetzt diesen eine ziem- liche Strecke weiter nach vorn und kommt an der hinteren Grenze des vorderen Viertels des Unterkiefers aus dem Knochen wieder zum Vorschein. Zwischen dem Unterkieferknochen einer- seits und der Schleimhaut des Mundbodens andererseits begibt er sich weiter nach vorn bis zum vorderen Mundwinkel und gibt zahlreiche Zweigchen der Schleimhaut des Mundbodens ab. N. alveolaris inferior (ale) ist der vorderste Endast, geht durch den Canalis alveolaris nach vorn, unter Abgabe mehrerer Rr. dentales und tritt an der lateralen Seite des Unterkiefers, etwa an der hinteren Grenze des vorderen Viertels seiner Länge, als N. mentalis aus, um sich in der Haut und Schleimhaut der Schnauzenspitze zu verbreiten und theilweise auch mit dem vor- hin genannten Zweigchen des R. eutaneus anterior aus dem N. recurrens maxillae inferior eine Anastomosenbildung einzugehen !). N. abducens (Fig. 18 VJ) entspringt ventralwärts an der Grenze zwischen dem Hinter- und 1) Fischer führt als Ast des R. Ill. des Trigeminus einen zweifelhaften Nerven an und schlägt vor, denselben als R. subcuta- neus malae zu bezeichnen; ein solcher kommt aber bei der Hatteria im Bereich des dritten Trigeminusastes nicht vor, und ein als subeu- taneus malae zu bezeichnender Nerv gehört entschieden dem zweiten Trigeminusaste an, worüber ich auf S. 603 verweise, Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 609 Nachhirn an jener Stelle, wo lateral der Trigeminus hervor- kommt, läuft ein wenig ventral und zugleich vorwärts und ver- lässt die Schädelhöhle durch einen Kanal des Basisphenoid, welcher aussen an dem Winkel zwischen Pterygoid und Columella sich öffnet. Sodann geht er über die laterale Fläche des Ur- sprunges des M. retraetor oculi nach vorn und erreicht, nach > Abgabe eines R. museularis an den genannten Muskel, den M. rec- tus lateralis an dessen lateraler Fläche. N. facialis (Fig. 43, 45) zweigt sich von dem vorderen Ast des Acusticus ab, durchbohrt als ein dünner Nerv das Prooticum ventralwärts und bildet an seiner Austrittsstelle ein kleines Ganglion, aus welchem zwei Aeste, R. anterior und posterior gehen. R. anterior, N. palatinus Fischer (V//a) ist ebenso stark wie der R. posterior, geht zunächst in sagittaler Richtung an der medialen Seite der Columella nach vorn und empfängt dabei einen R. communicans vom sympathischen Plexus tympanicus (R. communicans cum n. glosso-pharyngeo Fischer). Sodann zieht er über die dorsale Fläche des Pterygoid nach vorn in die Augenhöhle und bildet hier in der Grube an der hinteren Ecke des Palatinum ein Ganglion, G. palatinum (Fig. 45, 45 @.p), zu welchem die medialen Rr. communicantes des N. infraorbitalis hinzutreten. Jenseits des Ganglion setzt er seinen Weg über dem Infraorbitalboden weiter nach vorn fort, bis er am vorderen Ende des letzteren die Nasenhöhle erreicht. Hier zerfällt er in einen medialen und lateralen Ast und versorgt die Schleimhaut der Nasenhöhle sowie der Mündung der Choanen am Munddach. Innerhalb der Orbita gibt er zwei ganz feine Aeste ab (Fig. 45 p. p), welche den Knochen des Orbitalbodens durchbohren und zu den Zähnen des Palatinum gehen. Fischer scheint diese letzteren Aeste bei den anderen Reptilien vermisst zu haben. Das Ganglion palatinum, dessen Zusammensetzung schon bekannt ist, stellt ein beinahe ovales Gebilde dar und schickt einen feinen Nerven ab, welcher das Palatinum durchsetzt, am Foramen palatinum zum Vorschein kommt und in der Schleimhaut des Gaumens sich verbreitet. Fischer hat diesen Gaumennerven nur angenommen, ohne ihn aber de facto herauspräpariren zu können. Das Gang- lion selbst dürfte wohl als ein sympathisches aufgefasst werden 610 Gakutaro Osawa: dessen sympathische Elemente meiner Ansicht nach vom R. communicans cum n. glosso-pharyngeo Fischer herstammen. Ich bin also hierin anderer Ansicht als der letztgenannte For- scher. Bekanntlich bezeichnet dieser als R. communicans cum n. glosso-pharyngeo einen Zweig, welcher vom N. palatinus ent- springt und nach hinten zum N. glosso-pharyngeus geht. Ich fasse ihn in umgekehrter Weise auf und leite ihn vom Plexus tympanicus zum Facialis her; auf Grund dessen könnte man ihn dem N. petrosus profundus major und den R. anterior des Fa- cialis selbst dem N. petrosus superficialis major gleichstellen, welche beide schliesslich als N. Vidianus zum Ganglion palati- num treten. Diese Auffassung findet auch eine Stütze bei Rabl, welcher den N. petrosus superficialis major als den R. palatinus s. pharyngeus des Facialis betrachtet und ihn den Rami pharyngei des Glosso-pharyngeus und Vagus gleichstellt. R. posterior, der hintere Hauptstamm Fischer (Fig. 43 VII p) geht durch die Spalte zwischen Prooticum und Quadra- tum nach hinten lateral abwärts und kommt zwischen das letz- tere und den Stapes zu liegen. Hier gibt er einen feinen Ast ab, welcher eine später zu erwähnende sympathische Geflecht- bildung eingeht. Darauf zieht er weiter lateralwärts und wendet sich dann nach Abgabe der Chorda tympani und eimes Commu- nicationsastes zum M. parieto-mandibularis, den er mit einigen Zweigen versorgt, um den hinteren Kieferwinkel medianwärts und oralwärts herum und verbreitet sich in den M. subeutaneus eolli (Fig. 20 VII p). Seine Aeste sind also Rami communi- cantes und Chorda tympanı. Ausserdem findet sich bei der Hatteria ein kleiner Zweig, welcher wahrscheinlich vom Ganglion N. facialis selbst herstammt und welcher durch einen Canal innerhalb des Prootieum austritt und sich dem Plexus tympanicus und pharyngeus hinzugesellt. Alle die genannten, an der Bildung des sympathischen Pharynx- geflechtes sich betheiligenden Rami communicantes dürften wohl dem R. communicans cum n. glosso-pharyngeo externus Fischer entsprechen. Chorda tympani (Fig. 43 ch. ty) gibt nach ihrem Abgang vom R. posterior einen feinen R. communicans ab, welcher mit einem gleichen aus dem Plexus pharyngeus zu einem feinen Ner- ven sich verbindet und kleinere Zweige an das Trommelfell ent- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 611 sendet. Darauf legt sie sich dann an die mediale Fläche dessel- ben an, halbirt diese in der dorso-ventralen Richtung und kommt an dessen unterem Rand zum Vorscheine. Nunmehr wendet sie sich um den hinteren Rand des Quadratum herum zur medialen Seite des Unterkiefers, dringt direet unterhalb des Gelenkkopfes in das Loch des Angulare hinein, durchsetzt den Unterkiefer eine Strecke weit nach vorm, erreicht endlich den N. lingualis am Foramen mandibulare und verbindet sich mit ihm, ohne eine besondere Anschwellung zu erzeugen. Ueber die Herkunft der in der Chorda enthaltenen Ge- schmacksfasern, d. h. über die Frage, ob sie vom N. intermedius oder vom Trigeminus (vom Lingnalis, Chorda, Facialis, Nervus petrosus superficialis major, Ganglion spheno-palatinum zum zwei- ten Ast oder durch Vermittlung des N. auriculo-temporalis zum dritten Ast) oder vom Glosso-pharyngeus herrühren, ist man be- kanntlich noch nicht im Reinen. Schiff (256) hält den folgenden Weg für die die Zunge versorgenden Fasern für erwiesen: Chorda — Facialis — Ganglion genieuli — Petrosus superficialis major — Ganglion spheno-pa- latinum — II. Ast — Lingualis. Dagegen spricht aber schon der Versuch Pr&vost’s, welcher bei 5 Hunden das Ganglion spheno-palatinum total exstirpirt hat, ohne den Geschmack dadurch beeinträchtigt zu finden. Carl (58) (S. 172) stellt folgende Hypothese auf: Die Ge- schmacksfasern treten zuerst m den R. lingualis des Trigeminus ein und während nun der grössere Theil derselben via Ganglion oticum— Petrosus superficialis minor—Plexus tympanieus—Ganglion petrosum zum Glosso-pharyngeus gelangt, biegt ein möglicher- weise individuell variabler Bruchtheil in die Chorda tympani ein, passirt so die Paukenhöhle und legt sich in diesem Nerven dem Facialis an, in dessen Bahn er centralwärts bis zum Ganglion geniculum zieht; von hier aus strebt er als R. eommunicans n. facialis cum plexu tympanico dem Plexus tympanieus zu und er- reicht so zum zweiten Mal in der Paukenhöhle, gemeinschaftlich mit der erst genannten vom Ganglion oticum herziehenden Partie, den Glosso-pharyngeus. Fruhwald (99) gelang es, durch Maceration des Genu facialis zu erweisen, dass der N. petrosus superficialis major von 612 Gakutaro Osawa: dem centralen Theil des Facialis Fasern erhält und andererseits dieselben dem peripheren Theil desselben Nerven abgibt. Schliesslich mag noch die Ansicht Fischer’s (95) erwähnt werden, nach welcher sowohl die Verbindung des R. receurrens ad nervum facialem des zweiten Trigeminusastes als auch diejenige zwischen N. maxillaris superior mit dem N. palatinus facialis die Wege wären, auf welchen die Fasern des Trigeminus zum Glosso- pharyngeus und zum Sympathieus übergeführt werden. Bei der Hatteria nun konnte ich den von Fischer er- wähnten Zusammenhang zwischen dem Trigeminus und Faeialis nicht constatiren; nichts desto weniger halte ich es für beach- tenswerth, dass die Chorda tympani mittelst eines feinen R. eom- municans mit dem Plexus pharyngeus, welcher wesentlich vom Glosso-pharyngeus geliefert wird, in Verbindung steht, dass also ein etwaiger Faseraustausch zwischen den beiden Nerven statt- finden kann. N. aeustieus entspringt von der Seitenwand des Ventrieulus IV an der la- teralen Erweiterung desselben mit einer Erhabenheit, Tubereulum nervi acustici, und theilt sich gleich in den vorderen und den hinteren Ast, welche beide durch eine besondere Oeffnung in die Ohrkapsel eindringen. N. glosso-pharyngeus (Fig. 43 IX) entspringt in Gemeinschaft mit dem Vagus und Accessorius von der Seite des Nachhirns mit mehreren Wurzeln, von denen die hinterste weit caudalwärts in der Höhe des III. Cervicalnerven auftritt und mehrere feinere Wurzelfasern (=Wurzeln des Accessorius) in sich vereinigt. Alle Wurzeln kommen am Foramen jugulare zusammen und bilden hier das Ganglion radieis nervi vagi. Die vorderste, etwas mächtigere Wurzel gehört offenbar dem Glosso- pharyngeus an, welcher andererseits einen Zuschuss vom ge- nannten Ganglion erhält. Nach dem Austritt aus dem Foramen Jugulare läuft er unter Abgabe der Rami pharyngei an der late- ralen Pharynxwand parallel dem N. hypoglossus ventralwärts bis zum hinteren Ende der zweiten Zungenbeinspange, wo er sich nach Entlassung kleiner Zweigchen um dieselbe dorsalwärts zur dorsalen Fläche des M. hyoglossus wendet, während der Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 513 Hypoglossus an der ventralen Fläche des genannten Muskels seine Lage behält (vergl. Fig. 20 IX u. XI). Auf der dorsalen Fläche des M. hyoglossus angelangt, liegt er an der Seite des Larynx, direet unter der Schleimhaut der Pharynx und läuft über die erste Zungenbeinspange weiter vorwärts bis zur Zungen- wurzel, wo er dann den M. hyoglossus durchbohrt und in die Zungensubstanz eindringt. Makroskopisch kann er etwa bis zur Mitte der Zunge verfolgt werden. Seine Aeste sind: Rami pharyngei, zwei ziemlich starke Aeste, welche theils in der Pharynxwand und am Trommelfell sich verzweigen, theils mit den Rr. communicantes n. facialis eine Plexusbildung eingehen. Die Zweige am Trommelfell gehen auch mit der Chorda tympani die oben angedeutete Anasto- mose ein. Eine zweite Portion der Aeste besteht aus lauter kleinen Fasern, welche in der Pharynxwand und der Zunge sich ver- breiten. Sie sind alle so fein, dass man sie einzeln nicht heraus- zupräpariren vermag. Der Plexus pharyngeus (Fig. 43 pl. ph.) wird aus den Rr. communicantes n. facialis, Rr. pharyngei n. glosso-pharyngei sowie aus feineren Zweigen des Vagus zusammengesetzt und liegt vorwiegend an der lateralen Wand des Pharynx. Sein oberer Theil, welcher sich um den Stapes lagert, könnte wohl. als Plexus tympanicus bezeichnet werden, wenn auch der Name nicht ganz zutreffend ist. Aus dem Plexus pharyngeus gehen caudalwärts zwei stärkere Stämme hervor, welche zwischen der Wand der Pharynx und Oesophagus einerseits und den grossen Nervenstämmen andererseits weiter verlaufen und etwa in der Höhe der Aortentheilung zu einem grossen spindelförmigen Ganglion sich vereinigen, G. eervicale n. sympatbhiei (sy. cerv.). Vom Vorkommen einesGanglion petrosum n. glosso-pharyn- gei konnte ich mich bei der Hatteria nicht überzeugen. Der Glosso-pharyngeus-Stanım wird dureh die Aufnahme eines Zu- schusses aus dem Vagus kaum dieker, sodass ich es nicht wagen möchte, von einer Anschwellung, geschweige denn von einem Ganglion zu sprechen, und sonst im Verlauf des Glosso- pharyngeus liess sich von der Bildung eines solchen nichts nach- weisen. Auch die Verbindung des Glossopharyngeus mit anderen 614 Gakutaro Osawa: Nerven, namentlich mit dem Facialis fehlt bei der Hatteria, obwohl sie von Fischer bei anderen Reptilien angegeben worden ist. Auch der von Fischer als N. laryngeus superior aufge- führte Ast des Glosso-pharyngeus kommt der Hatteria nicht zu. Der betreffende Nervenast tritt seiner Beschreibung nach (S. 46) über den M. hyoglossus fort nach innen an die Luft- röhre, an welcher er, nahe dem Kehlkopf, mit dem von hinten auf- steigenden R. recurrens n. vagi zusammentritt, verschmilzt bis- weilen mit dem letzteren und vereinigt sich nach Abgabe des Zungenzweiges unter dem Kehlkopf mit dem entsprechenden Nerven der anderen Seite zu einer einfachen oder doppelten Schlinge. Dieser Passus lässt sich, wie weiter unter gezeigt wird, für das Verhalten des N. laryngeus superior aus dem Vagus vollständig verwerthen, nicht aber für dasjenige des Glosso- pharyngeus. Dieser letztere hat, wie van Bemmelen (48) schon angegeben, und so weit ich es bei der Hatteria constatirt habe, trotz seiner näheren Lagebeziehung zu dem genannten Vaguszweige gar keine Verbindung mit demselben. Auch die Angabe Fischer's, dass aus dem Glossopharyngeus Muskel- zweige zu den Zungenbeinmuskeln gehen, lässt sich bei der Hatteria nicht bestätigen. N. vagus (Fig 43. X). Die bei dem Glossopharyngeus erwälnten Wurzeln vereinigen sich am Foramen jugulare zu einer Anschwellung, Ganglion radieis nervi vagi. Nahe der Austrittsstelle aus dem genannten Foramen trennt sich der Vagus am Ansatz des M. longissimus von dem N. accessorius (A7/) (Vago-accessorius, Fürbringer (105)) ab, liegt dieht vor dem Hypoglossus, tritt dann an die mediale Seite desselben und biegt sich in sanftem Bogen eaudalwärts. Etwa in gleicher Höhe mit dem vorderen Rand des Episternum bildet er eine spindel- förmige Anschwellung, Ganglion trunci (fr), von welcher ein R. eommunicans cum nervo sympathico und der N. laryngeus superior abgehen, steigt dann unter Abgabe von den weiter unten zu er- wähnenden Aesten zur Wurzel der Lungenarterie, wo er in den Plexus pulmonalis zerfällt, aus welchem schliesslich die Tracheal- Lungen- und Magenäste hervorgehen. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 615 Aeste: Ramuli pharyngei sind kleine Zweige, welche der Vagus vor der Bildung des Ganglion trunci an die laterale Wand des oberen Theiles des Oesophagus abgiebt. R. eommunicans eum nervo sympathico (com) geht vom Ganglion trunei ab und vereinigt sich nach einem ziemlich langen Abstieg mit dem Stamm des Sympathieus oberhalb des Ganglion sympathicum cervicale. N. laryngeus superior (lary. s.) wird gleichfalls vom Gan- glion trunei abgegeben, steigt abwärts zur lateralen Seite des Carotisbogens (car) und umgreift diesen mittelst einer Schlinge von der lateralen Seite her, um sich dann, an dessen mediale Seite gelangt, wieder nach vorne zu wenden. Unter Abgabe mehrerer Rr. oesophagei an die Wand der Speiseröhre steigt er fast gerade kopfwärts, bis er nahezu das hintere Ende der zweiten Zungenbeinspange erreicht. Hier wendet er sich ent- lang dem unteren Rande der letzteren nach der ventralen Mittel- linie und kommt dann an die ventrale Seite des obersten Theiles der Trachea zu liegen, wo er mit dem N. recurrens vagi die weiter unten zu erwähnende Plexusbildung eingeht (vergleiche Fig. 20 lary. s.). N. cardiacus (card) ist schwächer als der vorige, entspringt etwa in der Höhe des Carotisbogens vom Vagusstamm, läuft schräg abwärts zum Aortenbogen (ao), längs dessen Wand er sich bis zum Herzen verzweigt. Ein dorsal liegender, ziemlich starker Zweig von ihm tritt wie der N. laryngeus superior nach der Umschlingung des Aortenbogens zum Oesophagus, steigt eine Strecke weiter oralwärts und verbreitet sich m der Wand des mittleren Theiles des letzteren. Ein anderer kleinerer Zweig geht quer hinüber zur Glandula thyreoidea. N. recurrens s. laryngeus inferior (lary. i.) ist ein weit stärkerer Ast und wird etwas mehr abwärts als der vorige Nerv ab- gegeben. Er umschlingt den Ductus Botalli (Bot) von der lateralen Seite her und steigt, anfangs dorsalwärts vom vorigen Nerven ge- legen, unter Abgabe von Rr. oesophagei zur Seite der Trachea auf. Hier giebt er wieder ausser einem starken, ebenfalls aufsteigen- den R. trachealis noch mehrere feinere Aeste für Trachea und Oesophagus ab und läuft, an die Seite der Trachea sich haltend, oralwärts weiter. Unterhalb des Larynx angelangt, bildet er nach 616 Gakutaro Osawa: Aufnahme des N. laryngeus superior den Plexus laryngeus, von welchem der motorische wie der sensible Nerv für den Larynx und ein R. communicans abgegeben werden (Fig. 20 lary. i.). Der Muskelast für den Larynx gelangt am caudalen Rand des Ringknorpels an die Seite des Kehlkopfes und dringt in die Spalte zwischen dem M. eonstrietor und dilatator laryngis ein, um sich in den beiden Muskeln zu verbreiten. Der sensible Ast geht an der Seite des Ringknorpels zum oraıen Rande desselben und erreicht die Schleimhaut des Larynx. Der R. communicans (com) ist sehr stark und zieht zwischen dem Ringknorpel und dem ersten Trachealring quer hinüber zur ande- ren Seite, stellt also eine Queranastomose zwischen den beider- seitigen Plexus laryngeales her. Aus ihr geht beiderseits ein sehr feiner Ast zum Kehlkopf. Das Ende des Vagusstammes zerfällt, wie oben angedeutet, an der Wurzel der Pulmonalarterie in einen Plexus, Pl. pulmo- nalis, aus dem drei Arten von Nerven hervorgehen, a) ein R. cardiacus (card‘), welcher zur Wurzel der Arteria pulmonalis und wahrscheinlich zum Herzen zieht, b) zwei Rr. pulmonales (pul.), welche die Lungenarterie umschlingend, theils in die Lungen- wurzel eintreten, theils den unteren Theil der Trachea mit Zweig- chen versehen und endlich e) ein R. gastrieus (gastr), welcher sich von dem einen R. pulmonalis abzweigt und dorsalwärts zum Magen geht. N.,a6 Gessorsns,Willisiar (ie. 45307X7), Stammt zwar vom Ganglion radieis nervi vagi ab, doch lässt sich seine zugehörige Wurzel bis zur Höhe des III. Spinalnerven ver- folgen, wie es bereits oben angegeben worden ist. Die Behauptung Hibert's, wonach der N. accessorius Willisii bei den Reptilien mit dem N. vagus verschmolzen sein und daher bei der Untersuchung der Medulla spinalis nicht in Betracht kommen soll, kann ich daher nicht bestätigen und muss vielmehr annehmen, dass diesem Forscher der Spinalursprung des N. accessorius offenbar ent- gangen ist. Nach dem Austritt aus dem genannten -Ganglion zerfällt der Nerv in den R. internus und externus, von denen der erstere weit schwächere unter einem spitzen Winkel gleich zum Vagus hinzutritt, während der stärkere R. externus um den ventralen Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 617 und lateralen Rand der seitlichen Halsmuseulatur sich lateralwärts zum M. capiti-dorso-elavieularis wendet und in ihm sich verbreitet. Sein Ende anastomosirt mit dem N. supraclavicularis superior beim Eintritt desselben in den genannten Muskel. N. hypoglossus (Fig. 20, 43 ATI) entstammt mit mehreren Wurzeln der ventralen Seite des Nachhirns, d. h. derjenigen Stelle, wo lateral die Vagusgruppe ihren Ursprung nimmt. Die von Froriep und Beck (97, 98) entdeckte dorsale Wur- zel dieser Nerven mit sammt der dorsalen Wurzel der ersten beiden Spinalnerven fehlt bei der Hatteria. Die ventralen Wurzeln des XI. vereinigen sich zu zwei Stämmen, von denen jeder durch ein besonderes Loch des Basioceipitale (Foramina hypoglossa) aus der Schädelhöhle tritt. Nach dem Austritt aus der Schädelhöhle bekommt der Nerv einen ziemlich bedeutenden Zuschuss von der Vagusgruppe und einen feineren von dem ersten Üervicalnerv. Nach der Vereinigung aller dieser Bündel verläuft er an der lateralen Wand des Oesophagus über den Vagus, Glosso-pharyn- geus und Sympathieus quer hinüber in einem Bogen nach der ventralen Seite des Halses und erreicht den lateralen Rand des M. cerato-mandibularis am hinteren Ende der zweiten Zungen- beinspange, wo er nach Abgabe eines Astes für den M. omo- hyoideus und episterno-hyodeus an die dorsale Seite des M. cerato-mandibularis tritt (vergl. Fig. 20). Unter Abgabe eines oder zweier Aeste für den betreffenden Muskel läuft er oralwärts und etwas medial entlang der zweiten Zungenbeinspange gegen die Zunge, an deren Wurzel er sich in den R. mediales (m) und lateralis (2) theilt, von denen der erstere in der Furche zwischen dem M. basihyalis propius und dem M. hyoglossus weiter nach vorn läuft und schliesslich in dem Muskel sich verliert, während der laterale Zweig an der dorsalen Fläche des M. genio-glossus vorwärts zieht und nach abermaliger Zweitheilung theils in dem Muskel endigt, theils mit dem N. lingualis (ling) sich vereinigt. Diese Art der Verbindung des Hypoglossus mit dem N. lingualis ist bei der Hatteria auffallend und nicht so einfacher Natur, wie sie bei dem Menschen beobachtet wird. Bei dem letzteren sagt Henle (149) ziB. (vergl. S. 452): „Von den Aesten, in welche der N. hypoglossus auf der Aussenfläche des M. hyoglossus zerfällt, wendet eimer sich auf- und vorwärts, um 618 ‚Gakutaro Osawa: sich mit einem auf- und rückwärts verlaufenden Zweige des N. lingnalis in eine Schlinge zu vereinigen.“ Auch Hartog (143) spricht vom constanten Vorkommen einer oder mehrerer Verbin- dungen beider Nerven (S. 43): „Constant vormt zieh tusschen een der Rr pro M. hyoglossus ende eindtakken van den N. lingualis een of meer verbindingen ete.* Bei der Hatteria dagegen ver- schmilzt das noch beträchtliche Ende des Hypoglossus mit dem gleichen des N. lingualis scheinbar zu einer Masse und beide bilden einen einheitlichen Stamm, aus welchem dann zahlreiche feinere, in die Zungensubstanz eindringende Zweige abgehen. Es ist dies ein Verhalten, welchem wir schon bei der Verbindung der Chorda tympani mit dem Lingualis, sowie zum gewissen Theil wenigstens bei derjenigen zwischen dem N. laryngeus superior und dem recurrens vagi begegnet sind, und ich möchte die Frage aufwerfen, ob man alle diese Verbindungen als sym- pathische Ansabildungen auffassen darf, auch wenn es doch nicht so ausgesprochen erscheint, wie bei derjenigen Verbindung zwi- schen dem R. anterior facialis und dem R. infraorbitalis trige- mini. Ich komme später noch einmal auf diese Frage zurück. Von dem Muskelzweige für den Omo-hyoideus und Episterno- hyodeus ist noch zu bemerken, dass er einen absteigenden Ast schickt, welcher an der dorsalen Fläche des Omo-hyoideus mit dem ventralen Ast des ersten Halsnerven eine Anastomose eingeht (om. hy.). Es kann aber auch vorkommen, dass die letztere, ohne den weiter unten zu erwähnenden Umweg einzuschlagen, direet an den ersteren herantritt und zwar da, wo dieser vom Stamm des Hypoglossus sich abtrennt, um sich so gemeinschaft- lich in den genannten Muskeln zu verbreiten. B..Sympathischre/Nierven. Auch über den Sympatbieus verdanken wir Fischer (9) eine genaue Schilderung. Nach ihm bestehen am Kopf zwei sympathische Verbindungen: a) der oberflächliche Kopftheil, d.h. die Verbindung des dem zweiten Aste des Trigeminus angehören- den Ramus recurrens ad nervum facialem mit dem hinteren Facialis- stamm und b)der tiefe Kopftheil, welcher aus dem R. infraorbitalis des II. Trigeminusastes und dem N. palatinus facialis besteht. Auch am Hals finden sich zwei Arten von Verbindungen und zwar a) der oberflächliche und b) der tiefe Theil. Beiträge zur Anatomis der Hatteria punctata. 619 a) Der erstere besteht aus denjenigen Nervenstämmen, welche sich vom Ganglion petrosum bis zum Plexus brachialis erstrecken, und welche in der Forn einer bogenförmigen Schlinge die hin- teren Hirnnerven mit den Nervenstämmen des Armgeflechtes zu verbinden den Zweck haben. b) Der letztere umfasst diejenigen Schlingen, welche zwi- schen den Fasern der vorderen tief liegenden Halsmuskeln ver- steckt liegen und dadurch entstehen, dass ein Zweig des vorderen Astes eines Halsnerven mit einem Zweig des nächstfolgenden zu einem kurzen Stamme zusammentritt und welche sich bei Chamaeleo vulgaris sogar zu einem zweiten Halsstamm vereinigen und in das erste Brustganglion einmünden. Am Brusttheil endlich besteht ein besonders starkes Gan- glion thoracieum primum, eine ovale, platte Anschwellung des oberflächlichen Halsstammes, welche nahe am Armgeflecht liegt, jedoch keine Verbindung mit ihm eingeht, wohl aber mit dem Ganglion trunei n. vagi und bei Chamaeleon auf die oben erwähnte Weise auch mit dem tiefen Halstheil des Sympathieus zusammenhängt. Weiter caudalwärts setzt sich aus diesem starken Brustganglion ein feiner Grenzstrang längst der Wirbelsäule fort, wird jedoch bald, schon nach dem dritten — fünften der auf das Armgeflecht folgenden Spinalnerven, so fein, dass es unmög- lieh erscheint, ihn, selbst mit starker Lupe, weiter zu verfolgen. DSympathische Nerven der Hatteria. Was zunächst den Kopftheil des Sympathieus anbetrifft, so kann ich die Darstellungsweise Fischer’s für nicht ganz der Wirklichkeit entsprechend erachten, denn erstens hat man wenig- stens bei der Hatteria keinen R. recurrens cum n. faciale, welcher nach Fischer aus dem zweiten Trigeminusast aus- gehen soll, zweitens sollte man den Faserverlauf des dafür ge- haltenen Nerven in umgekehrter Weise auffassen und drittens kann es noch mehrere Verbindungen geben, welche wohl als sympathische gelten dürften. Es sind nämlich folgende Arten von Verbindungen zu unterscheiden: 1. die Verbindung der beiden Rami ceiliares des Oculomotorius und des I. Trigeminusastes, 2. diejenige des I. Trigeminusastes (oder des II.) 620 Gakutaro Osawa: mit den sympathischen Fasern aus dem Plexus tympaniecus, 3. diejenige des II. Trigeminusastes mit dem R. anterior facialis, 4. diejenige des N. lingualis (III. Trigeminusast) mit der Chorda tympani, 5. der Plexus tympanieus selbst, 6. die Verbindung des B. laryngeus superior mit als Anhang dem N. recurrens vagi, ’. diejenige des N. lingualis mit dem Hypoglossus. Die erste von den angeführten Verbindungen lässt sich als eine sympathische anscheinend schwerlich charakterisiren, solange, wie oben erläutert die Natur des Ganglion eiliare noch nicht festgestellt ist. Wenn man aber in Erwägung zieht, dass die aus ihr hervorgehenden Nerven dieselbe Verbreitung haben, wie die gleichen bei anderen Thieren, bei denen die sympathi- sche Eigenschaft des betreffenden Ganglions mit Bestimmtheit aufgeklärt worden ist, und wenn man weiter erwägt, dass sie auch bei der Hatteria, wie die mikroskopische Untersuchung beweist, sympathische Fasern führen, welche sicher den im Ciliar- ganglion massenhaft vorkommenden multipolaren Zellen!) ent- stammen, so darf man sich doch wohl zu dieser Annahme be- rechtigt erklären. Ueber die sympathische Natur der weiteren vier Verbindun- gen, über deren Details ich auf die betreffenden Abschnitte ver- weise, kann man nicht zweifelhaft sein, da in allen Fällen die Bei- mischung sympathischer Elemente nachweisbar ist; dagegen scheinen die 6. und 7. Art der Verbindungen einer näheren Begründung bedürftig zu sein. Was zunächst die 6. Verbindung angeht, so ist sie für die Eingeweideorgane des Halses bestimmt, und zweitens ist es leicht denkbar, dass ihr die sympathischen Elemente durch den Vagus auf verschiedene Weisen zugeführt werden können. Endlich mag noch als ein weiterer Beleg er- 1) Dass im Ganglion ceiliare der Hatteria viele sympathische Zellen vorkommen, ist zwar sicher; es kann aber damit doch nieht behauptet werden, dass es sich hier um ein sympathisches handle, ehe die ein- zelnen Formelemente in ihm durch eine geeignete Methode klar dar- gethan sind, wozu die einfache Färbung der Schnitte oder die Zer- zupfung, die ich nur anzuwenden vermochte, natürlich nicht hinreicht, Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 621 wähnt werden, dass schon von Remak (242) am N. laryngeus superior der Säugethiere und des Menschen Ganglienzellen ge- funden worden sind. Auch die 7. Verbindung, die die Zunge und deren Schleim- heit zu versorgen hat, kann ihre sympathischen Elemente er- halten, sowohl durch den Lingualis, der ja mit der Chorda und daher auch mit dem Halssympathieus in Zusammenhang steht, als auch durch den Hypoglossus, zu welchem sich von der Vagus- gruppe ein starker Zuschuss zugesellt. Der Halstheil des Sympathicus (Fig. 43 wird durch den schon oben beschriebenen Plexus pharyngeus und dessen caudale Fortsetzung vertreten, bis diese an der ven- tralen Seite des Plexus brachialis in das Ganglion thoraeieum primum übergeht. Er versorgt mit mehreren aus dem Stamm sowie dem Ganglion cerviecale entspringenden feinen Fasern die Oesophaguswand und die grossen Blutgefässe in der Gegend. Der Brust- und Bauchtheil des Sympathicus beginnen mit dem grössten Ganglion thoracicum primum (Fig. 43 thor.) und setzen sich von hier aus weiter caudalwärts fort. Die weiter folgenden Ganglien sind kleiner, jedoch bis zum Lendentheil mit blossem Auge leicht zu verfolgen. Sie sind nicht so minimal, wie dies Fischer für andere Reptilien angegeben hat. Im vorderen Theile der Leibeshöhle stehen sie hintereinander und sind durch gerade laufende Rami intergangliares verkettet. Der dadurch entstandene Grenzstrang liegt zu beiden Seiten der Wirbelsäule an der ventralen Fläche der Bauchmuskeln. Im hinteren Abschnitt der Leibeshöhle rücken die Ganglien von der Wirbelsäule lateralwärts und befinden sich etwa !/;—1l em ent- fernt von der letzteren. Das Ganglion thoracieum primum ist wohl das grösste und be- findet sich am Eingang in die Brusthöhle, etwa in der Höhe des IX. Cervicalnerven, an die ventrale Seite des Plexus brachialis angelagert. Es sendet strahlenartig sowohl medial- als lateral- wärts zahlreiche Aeste ab, welche einestheils zu den Brustein- geweiden, anderntheils zu den Spinalnerven und dem Plexus brachialis gehen. Unter den lateralen mit den Spinalnerven anastomosirenden Aesten sind die vordersten am mächtigsten. Archiv f. mikrosk. Anat,. Bd, 51 41 622 Gakutaro Osawa: Ich konnte den mächtigsten von ihnen kopfwärts bis zur Wurzel des VI. Cervicalnerven verfolgen, wo er sich selbst mit Lupen- vergrösserung nicht nachweisen liess. Einen die ventralen Muskel- äste der Cervicalnerven mit dem Ganglion thoracicum primum verbindenden Stamm, den Fischer beim Chamaeleon ge- funden haben soll, konnte ich nieht erkennen, und somit möchte ich den von ihm so genannten tiefen Halstheil des Sympathieus wenigstens bei der Hatteria in Abrede stellen, obwohl die Ansieht Fischer’s auch von Gaskell (85) adoptirt worden ist. Die genannten ventralen Aeste der Cervicalnerven können ja innerhalb der von ihnen versorgten Muskeln immerhin da und dort eine Anastomose eingehen (eine solche fand ich in der That nur zwischen dem IV. und V. Nerven), ob aber jene Anastomosen als sympathische aufzufassen sind, erscheint mir sehr fraglich. Becekentheil des Sympathiecus. Hier sind die beiderseitigen Ganglien in einer einzigen mittleren Längskette vereinigt und an der ventralen Mittellinie der Wirbelsäule in den Zwischenraum zwischen den beider- seitigen Nieren eingeschaltet. Diese einreihige Ganglienkette ist offenbar durch die Verschmelzung der beiderseitigen ent- standen, und dementsprechend sind je zwei Rami intergangliares zwischen den einzelnen Ganglien, deren ich fünf deutlich gezählt habe, vorhanden. Sehwanztheil des Sympathiecus. Im Schwanztheil laufen die beiderseitigen Grenzstränge an den beiden Seiten der Schwanzarterie innerhalb der Hämalbögen der Caudalwirbel. Noch am vorderen Theil des Schwanzes, wo die Gefässbogen mächtig ausgebildet sind, findet man kleine Ganglien, welche aber weiter caudalwärts immer kleiner und endlich nieht mehr erkennbar werden. 6. Spinalnerven. Nervi cerviecales. Es sind neun Paar vorhanden. Der erste N. cervicalis tritt zwischen dem Oeeipitale und dem ersten Halswirbel aus, während Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 623 der letzte, d. h. der neunte, zwischen dem letzten Hals- und dem ersten Brustwirbel liegt. Nach dem Austritt aus dem Foramen intervertebrale zerfallen sie bald in Rami dorsales und ‘Rami ventrales. Rr. dorsales (Fig.46) gehen um die Querfortsätze der Wirbel herum zur dor- salen Seite des Halses und versorgen die Muskeln und die Haut. R. dorsalis n. cervi- calisI. theilt sich gleich in drei Aeste, von denen der erste (l) zum M. ileocosta- lis, und der zweite (d) zum d.1 M. longissimus geht und 1 Ä nach der Durehbohrung dieses Muskels sowie des M. parieto-mandibularis zur an Haut aufsteigt, während Ei der dritte (Sp) endlich den M. oceipito-cervicalis, dem d.5 er feine Zweige abgibt, durchbohrt und zum M. Fig. 46. ? rd ö Cervicalnerven. d. 1—d.5—=5 Dorsaläste, Spino-oceipitalis gelangt, in 1v—-5v—=5Ventraläste, Sp—Ast für den 5 welchem er endet, nachdem Splenius, /’v—= Ast für den Omo-hyoideus. AN er eine ziemliche Strecke caudalwärts gelaufen ist. R. dorsalis n. cerviecalis Il (@ 2) theilt sich in zwei Aeste, welche für den M. ileo-eostalis einerseits und für den M. longis- simus und die spinale Muskelgruppe andererseits bestimmt sind. Der für den M. longissimus bestimmte Ast geht auch in die Haut der Oceipitalgegend, nachdem er den Muskel durchbohrt hat. Die weiter folgenden dorsalen Aeste verhalten sich ähnlich, indem jeder in zwei Aeste zerfällt, von denen der eine zu dem Ileocostalsystem des Halses geht, während der zweite stärkere die Gruppe des M. longissimus und der spinalen Muskeln ver- sorgt und nach der Durchbohrung dieser Muskelmasse zu der Haut tritt. 624 Gakutaro Osawa: Rami ventrales (Fig. 46. 1, ,3,4,5o) verhalten sich nicht so einfach wie die Rr. dorsales, sondern weisen eine sehr wichtige Beziehung zur Nachbarschaft, wie vor allem zur vorderen Extremität auf. Ihre Beschreibung muss demzufolge auch eine genaue sein. 1. R. ventralis n. cervicalis I zerfällt gleich in zwei Aeste, in den medialen kurzen und lateralen sehr langen. Der erstere (1v) tritt bald in den M. basi-occipito-vertebralis und versorgt ihn, während der letztere (1’0) einen sehr langen Umweg macht und schliesslich in der Höhe der Clavieula zuerst in den M. omo- hyoides, und dann nach der Durchbohrung dieses M. in den M. episterno-hyoides eintritt. Am Eintritt in den M. omo-hyoides gibt er einen kleinen R. ascendens ab, welcher mit dem R. omo- hyoides des N. hypoglossus eine Ansa bildet (vergl. Fig. 20 1’). 2. R. ventralis n. cervicalis II et III tritt in den M. basi-oceipito-vertebralis ein, nachdem er den M. costo-cervicalis durchbohrt hat. 3. R. ventralis n. cervicalis IV (Fig. 20, 46, 4/v) geht zuerst zwischen den M. costo-cervicalis und ileo-costalis, dann zwischen den medialen und lateralen Bauch des M. levator sea- pulae und zwischen den M. episterno-cleido-mastoideus und capiti- dorso-clavieularis und verbreitet sich in der Haut oberhalb der Clavieula (N. supraclavicularis superior (Fig. 20, AT, 4v). Auf dem Wege bis dahin giebt er kleine Muskeläste für den M. costo-cerviealis, für den medialen Bauch des M. levator scapulae, sowie für den M. eapiti-dorso-clavieularis, ferner einen R. communicans ab, welch letzterer mit dem R. ventralis desN. cervicalis V eine Anastomose an der medialen Seite des medialen Bauches des M. levator scapulae bildet. 4. R. ventralis n. cervicalis V (Fig. 20, 46, 5 v) läuft in ähnlicher Weise, giebt an der lateralen Seite des M. costo-cervi- calis einen ziemlich starken Ast für den medialen Bauch des M. levator scapulae und einen sehr feinen für denM. collo-seapularis ab, durchbohrt den M. capiti-dorso-celavieularis und endet als N. supraclavieularis medius (Fig. 20, 48, 5v) in der Haut oberhalb der Clavieula. 5. R. ventralis n. cervicalis VI (Fig. 46, 52), theilt sich in einen cephalen und einen caudalen Ast, von denen der letztere zum Plexus brachialis tritt, während der erstere seinen Weg Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 625 durch den lateralen Bauch des M. levator scapulae sowie den M. capiti-dorso-elavieularis fortsetzt und endlich als N. supra- elavieularis inferior (Fig. 20, 48 60) im der Haut oberhalb der Clavieula endet. Er giebt am lateralen Rande des M. costo- cervicalis einen feinen Zweig ab, welcher den M. collo-scapularis nnd collo-thoracieo-scapularis versorgt und dann noch kleinere Aeste für den M. levator scapulae sowie capiti-dorso- clavi- eularis. 6. R. ventralis n. cervicalis VII (Fig. 51 eVII) giebt zu- nächst an der dorsalen Seite des M. costo-cervicalis einen oder zwei kleine Aeste (Nervi thoraciei) (thorae) für den M. collo-thoraei- scapularis einerseits und den M. thoraci-scapularis andererseits ab, empfängt gleich darauf einen. R. communicans vom N. cer- vicalis VI zur Bildung der Ansa I (a!) und zerfällt weiter lateral- wärts in drei Aeste, von denen der erste als seine Fortsetzung zum Schultergürtel zieht, während der zweite mit dem N. cervicalis VIII und der dritte mit dem VIII und IX sich je zu einer Ansa- bildung vereinigen (Ansa II u. III (a?, a?)). 7. R. ventralis.n. cervicalis VIII (cVZIT) theilt sich am lateralen Rande des M. costo-cervicalis in zwei Aeste, von denen der erste bald den R. communicans vom N. cervicalis IX zur Bilduung der Ansa V (a?) empfängt und sich weiter distalwärts mit dem zweiten Ast des N. cervicalis VII zur Ansa II vereinigt, während der andere zum N. cervicalis IX herantritt und mit diesem die Ansa IV (a?) liefert. Vor der Bildung der Ansa IV entlässt dieser zweite Ast einen feinen Zweig, welcher mit seines- gleichen aus dem Stamm des VIII bald zu einem sich ver- einigt und zu dem M. costo-eoracoideus sowie zu den Mm. sterno- eoracoidei interni tritt. (R. sterno-coracoideus.) 8. R. ventralis.n. cervicalis IX (ce /X), empfängt an der dorsalen Seite des M. basi-oceipito-vertebralis einen ziemlich starken R. communicans vom N. thorae I. (77) zur Bildung der Ansa VI(a‘), giebt hierauf einen feinen R. eosto-sterno-scapularis für den gleichnamigen Muskel und dann noch einen stärkeren R. communicans ab, welch letzterer an die dorsale Seite des ersten Astes des N. ecervicalis VIII herantritt und mit ihm die Ansa V (a?) bildet. 9. R. ventralis n. thoracieil theilt sich an der dorsalen Seite des M. basi-oceipito-vertebralis in einen stärkeren cephalen und einen schwächeren caudalen Zweig; der erstere verbindet 626 Gakutaro Osawa: sich mit dem N. cervicalis IX zur Ansa VI, während der letztere als N. intercostalis I im ersten Intercostalraum ventralwärts verläuft. Nervi thoracales. Als solche bezeichne ich den X. bis XXVI. Nerven des Rumpfes, von denen der X. (Fig. 5l 7.7) mit einem 'R. com- municans an der Bildung des Plexus brachialis betheiligt ist, während die letzten drei Nerven, nämlich XXIV bis XXVI als Nerven des Plexus lumbo-sacralis angeführt werden. Alle Rumpfnerven zerfallen in Rr. dorsales et ventrales, von denen die ersteren genau dasselbe Verhalten zeigen, wie die entsprechenden Zweige der Nn. cervicales, während die ventralen Aeste als Nn. intercostales eine besondere Beschreibung erfordern. Nn. intereostales (Fig. 22) laufen in jedem Intercostal- raum zuerst zwischen dem M. intercostalis dorsalis longus und dem M. intercostalis externus brevis, dann zwischen diesem und dem M. intereostalis internus brevis, und treten an der dorsalen Fläche der Portio I des M. intercostalis ventralis zwischen diese und das Bauchfell ein, um weiter ventral laufend und nach Zer- fall in kleine Aeste imM. rectus ihr Ende zu finden. Sie geben feinere Zweige für die bezüglichen Muskeln und einen grossen Ramus perforans am dorsalen Rand des M. intercostalis internus brevis ab; der letztere durchbohrt dann den M. intereostalis externus und die breiten schiefen Bauchmuskeln, denen allen er Aeste abgiebt und tritt endlich in die Haut der lateral-ventralen Gegend des Rumpfes ein (N. cutaneus abdominalis) (Fig. 22 cut). Nervi eaudales zerfallen gleichfalls wie die Nn. thoracales in den R. R. dorsales und ventrales. Die ersteren weisen dasselbe Verhalten wie die . dorsalen Aeste der Rumpfnerven auf, und die letzteren zerfallen in zwei Aeste, von welchen der eine an der ventralen Fläche der dorsalen Schwanzmuskeln zu den ventro-lateralen Schwanzmuskeln und zur Haut, und der andere längs der Gefässbogen ventralwärts zur ventralen Museulatur geht und endlich in der Haut endet. D. Nerven der vorderen Extremität. Plexus brachialis. An der Bildung des Plexus brachialis betheiligen sich also N. VI, VII, VIII, IX und X des Stammes, Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 627 von denen die mittleren drei die Hauptrolle zu spielen berufen sind, während der VI und X je einen Zweig dazu liefern. Der Plexus brachialis liegt zwischen dem M. eosto-eerviealis und der dorsalen Rückenmuseulatur und besteht aus sechs Ansae. Aus ihm entspringen drei mächtige Nervenstämme, welche zur Versorgung der vorderen Extremität bestimmt sind. Sie heissen: I. Nervus coraco-scapularis, II. N. brachialis longus superior, III. N. % inferior. (Vergl. Fig. 52.) I. N. coraco-seapularis (Fig. 52). Dieser Nervenstamm besteht aus der Vereinigung des Nervus VI und VII und stellt die Fortsetzung des N. VII dar. Er zer- fällt bald in zwei Aeste, im den ventralen N. supracoracoideus und den dorsalen N. axillaris. 1. N.supracoracoideus läuft ventralwärts, und unterhalb des Ligamentum sterno-scapulare internum zwischen dem Caput cora- coides des M. subscapulo-eoraeo-brachialis und der dorsalen Fläche des Coracoid medianwärts zum Foramen supracoraeoideum, durch welches er dann in die Vorderfläche des Coracoid eintritt, um nach Durchbohrung des M. supracoracoides, dem er einige feine Aeste zuschickt, und des M. pectoralis in der Haut der vorderen Brustwand (Fig. 47 supr.cor.) zu endigen. 2. N. axilliaris (Fig. 26 ax) wendet sich entlang der late- ralen Thoraxwand eine Strecke dorsalwärts, tritt unterhalb des unteren Scapularrandes an die dorsale Fläche der Scapula. Hier verbindet er sich mit einem Ast aus dem II. Nervenstamm, näm- lieh mit dem N. dorsalis scapulae und geht mit ihm zum M. dor- salis scapulae. Vor der genannten Anastomose entsendet er zwei Hautäste, N.N. cutanei brachii superiores laterales (Fig. 26 cut. s. Fig. 47), welche in der Haut der Schultergegend so- wie in derjenigen der lateralen proximalen Fläche des Oberarmes sich verbreiten. II. N. brachialis longus superior (Fürbringer) (Fig. 26 brach. sup.) enthält die Elemente aus dem N. VI, VII, VII, IX und wahr- scheinlich auch aus dem X und geht aus der Ansa II und V 628 Gakutaro Osawa: hervor. Nach Abgabe der weiter unten zu erwähnenden Zweige setzt er sich als N. radialis in den Vorderarm und die Hand fort, Seine Aeste sind: 1. N. subscapulo- eoraco-brachialis. Ein schwacher Ast; läuft ventral gegen den Cora- coidalkopf des gleich- namigen Muskels und, bevor er diesen erreicht, theilt er sich in zwei Aeste,R.coracoidalis u.subscapularis, wel- che beide zu den beiden Köpfen des gleich be- nannten Muskels gehen. 2. N..dorsalis sca- pulae (Fig. 26 dors) geht um den unteren Rand der Scapula herum und nach Aufnahme des Muskelastes des vor- hin genannten N. axil- laris, zuerst zum M. dorsalis scapulae und dann zum M. cleido- humeralis. 3. N. scapulo-hu- meralis (Fig. 26 sc. Ah.) tritt am unteren Rand gleich in den M. sca- pulo-humeralis posterior sowie scapulo-humeralis profundus ein. 4. N. eutaneusbra- chii et antibrachii lateralis (Fig. 26, 47 VERLIVERELTT: Fig. 47. Hautnerven der vorderen Extremität und der Schultergegend; rechte Seite. 4v, 5v, 6% —Supraclavicularis superior, medius, infe- rior, Supr. cor.—Supra coracoideus, cut. s.— Cutaneus brachii lateralis superior, cut. l.— Cutaneus brachii et antibrachii lateralis, superf. Ul.= Ulnaris superficialis, cut. man. — Cutaneus manu dorsalis, dig. d.= Digi- tales dorsales. cut.l.) tritt zuerst zwischen den Ansatz des M. latissimus dorsi und das Caput scapulare m. anconaei, dann zwischen dieses und Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 629 das Caput humerale laterale an die laterale Seite des Humerus, läuft dann entlang dieser Seite zum Vorderarm und zum ersten Finger und versorgt mit kleinen Zweigen die Haut der radialen Seite des Ober- und Vorderarmes, sowie des Handrückens und des genannten Fingers. 5. N. latissimus dorsi (Fig. 26 latiss) entspringt einfach oder doppelt und tritt bald im den gleichnamigen Muskel ein. 6. N. radialis (Fig. 26 rad) ist durch das sehnige Caput coracoideum m. anconaei vom N. brachialis longus inferior ge- trennt und zerfällt schon am unteren Rand des M. latissimus dorsi nahe an dessen Ansatz in den N. radialis lateralis und medialis. A) N. radialis lateralis (Fig. 26 R. 1.) giebt zunächst einige Aeste, Nn. anconaei, für den betreffenden Muskel ab, setzt seinen Wes distalwärts durch die Muskelmasse fort, durchbohrt deren Ansatz und den Ursprung des M. anconaeus quintus sowie des M. extensor ulnaris und extensor digitorum communis longus und tritt in die Tiefe der Streckseite des Vorderarmes. Hier nimmt er seine Lage zwischen dem M. abduetor et extensor pollieis longus und extensor carpi radialis ein und läuft weiter nach der Peripherie, um nahe am distalen Ende des Vorderarmes nach Durchbohrung des M. extensor digitorum ecommunis longus unter die Hautzu gelangen. (Rr. eutanei manus dorsales) (Fig. 26 cut. man., 47 cut. man.). Auf seinem Wege giebt er am Ursprung des M. anconaeus quintus einen kleinen Hautzweig (Rh) für die ulno-dorsale Seite des Vorderarmes und weiter distal mehrere feine Muskeläste für die genannten Muskeln ab. B) N. radialis medialis (Fig. 26, 28 R. m) geht unverzweigt schräg zum Epicondylus radialis, passirt das Foramen ectoepi- condyloideum, tritt unter den Ursprung des M. supinator, extensor earpi radialis brevis proprius und extensor carpi radialis longus in die Streckseite des Vorderarmes ein und liegt anfangs zwischen dem M. extensor digitorum communis longus und extensor carpi radialis longus, weiter distal zwischen dem M. abductor et extensor pollieis und der Membrana interossea antibrachii. Hier nimmt er etwas proximal vom M. abduetor et extensor pollieis longus einen R. communicans (Fig. 28c) vom N. medianus auf, welcher nach der Durehbohrung der Membrana interossea antibrachii sich zu ihm gesellt. Dann setzt er, bedeckt vom M. abductor et extensor 630 Gakutaro Osawa: pollieis longus und extensor digitorum brevis, seinen Weg distal- wärts fort und gelangt auf den Handrücken, wo er in drei End- äste zerfällt. (Fig. 26, 28, 47 dig.d). Seine Zweige sind: a) R. supinator entspringt am Ausgang des Foramen ecto- epiecondyloideum vom Stamme des N. radialis medialis und tritt gleich in den gleichnamigen Muskel ein. b) R. extensorcarpi radialis brevis geht unterhalb des Condylus radialis zum gleichnamigen Muskel. c) R. extensor digitorum communis longus. d) Rr. extensores carpi radiales longi werden im pro- ximalen Theile des Vorderarmes an den betreffenden M. extensor carpi radialis longus abgegeben. e) R. abductor et extensor pollieis longus geht nahe am distalen Ende des Vorderarmes vom Stamm ab und tritt gleich in den gleichnamigen Muskel ein. f) Rr. extensores digitorum communes werden auf dem Handrücken an den betreffenden Muskel abgegeben. 8) Endäste, Rr. digitales dorsales. a) R. digitalis dorsalis I geht unterhalb des M. extensor digitorum communis brevis schräg distal radialwärts nach dem ersten Finger, thbeilt sich aber in der Gegend des Capitulum metacarpi I in zwei Aeste, welche die Haut der gegenüberliegen- den Seiten des ersten und zweiten Fingers versorgen. P) R. digitalis dorsalis II läuft in gleicher Weise und versorgt die Haut der gegenüberliegenden Seiten des zweiten und dritten Fingers. y) R. digitalis dorsalis III theilt sich an der Basis des Metacarpus IV in zwei Aeste, von denen der erstere wie die anderen Rr. digitales dorsales die gegenüberliegenden Seiten des dritten und vierten Fingers versorgt, während der zweite für die ulnare Seite des vierten Fingers bestimmt ist. Alle Aeste geben auch Zweige an die Mm. interossei dor- sales ab und der erste R. dorsalis versorgt auch den M. exten- sor und abductor pollieis brevis. II. N. brachialis longus inferior (Fig. 26, 27 Brach. inf.), enthält die Elemente aus dem Nn. ceervieales VI, VII, VII, IX sowie aus dem N. thoracalis I und geht aus der Ansa III, IV und VI hervor. Er ist der mächtigste Stamm, wird vom N. ra- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 631 dialis durch das Caput coracoideum des M. anconaeus (vergl. Fig. 26) getrennt, läuft vorwiegend an der medialen Seite des Oberarmes und geht nach Abgabe mehrerer weiter unten zu erwähnender Zweige in den N. medianus und ulnaris über, welche beide die Haut und Muskeln des Vorderarmes und der Hand versorgen. Die Aeste sind: \\ 1. N. pectoralis (Fig. 27 pect), I ist der erste Ast des Stammes, läuft et: PR um den caudalen Rand des Sternum ventralwärts gegen den gleichnamigen | N / Muskel und tritt mit mehreren Aesten in ihn ein. At 2. N. coraco-brachialis (Fig. 27 1 cor. br) entspringt mit dem vorigen fast gemeinsam aus dem Stamme, NN begibt sich am unteren Rand des \ Coracoid, zwischen dem sehnigen Caput coracoideum des M. anco- Ne \ naeus einerseits und dem M. coraco- N‘ brachialis longus Fürbringer an- CM \Y 7 dererseits, ventralwärts zu der Mus- AN \ kelmasse, welche aus der Vereini- Br gung des M. supracoracoideus und vr coraco-brachialis brevisFürbringer { hervorgegangen ist. Er gibt dieser W j) Muskelmasse kleine Zweige und ERTL geht dann nach Durchbohrung der- selben zum proximalen Theil des Fig. 48. M. eoraeo-antibrachialis.. Am cau- Hautnerven des Vorderarmes, F Beugeseite. cut. m. — Cutaneus dalen Rand des Coracoid entsendet brachii et antibrachii medialis, er einen R. museularis an das Caput r=radialis, m —= medius, u—= : i ulnaris, superf. Ul. — Ulnaris Coracoideum des M. subscapulo-co- superficialis, musc. cut. = Mus- yaco-brachialis internus. Ra a Outa 3, Nervuli coraco-brachiales (corabr), mehrere feinere Zweige, welche direet zum M. coraco-brachialis eintreten. 4, N. eutaneus brachii et autibrachii medialis (Fig. 27, 48 cut. m), entspringt mit dem N. pectoralis fast in gleicher Höhe vom Stamm und theilt sich bald in drei Aeste: v x \\ : HN \ \ N ZNUS. Cut. 632 Gakutaro Osawa: a) R. radialis (Fig. 48 r), läuft anfangs entlang dem M. coraco-brachialis, kreuzt ihn schräg und tritt an die Beuge- seite des Oberarmes, zieht weiter distal und vertheilt sich in der Haut der Gegend des Ellbogens, des Vorderarmes und der Hand, um an der radialen Seite des ersten Fingers zu enden. b) R. medius (m), hat einen ähnlichen Verlauf und vertheilt sich in der Haut der Beugeseite des Vorderarmes. ec) R. ulnaris («), läuft, getrennt von den beiden erstge- nannten, an der ulno-ventralen Seite des Ober- und Vorderarmes und endet in der Haut des ulnaren Randes der Hand. 5. N. humeralis superior (Fig. 27 Ah. s), entspringt gemein- sam mit den Nervuli coraco-brachiales, tritt durch die Spalte zwischen dem M. coraco-brachialis und supracoraeoideus in die Beugeseite des Oberarmes, und geht dann nach Abgabe des N. museulo-eutaneus direet distalwärts, um zwischen den M. coraco- brachialis und M. eoraco-antibrachialis in die Ellbogenbeuge ein- zutreten und hier mit dem zu ihm herantretenden N. humeralis inferior (h.i) eine Anastomose zu bilden, aus welcher dann der N. medianus hervorgeht. Vor der Vereinigung mit dem N. humeralis inferior gibt er in der Ellbogenbeuge einen ganz feinen Zweig für den M. flexor carpi radialis und einen etwas stärkeren R. ecommunicans (Fig. 29 c) ab, welch’ letzterer unter dem M. flexor digitorum commu- nis profundus zum N. ulnaris tritt. 6. N. museulo-ceutaneus (Fig. 27,29 maus. cut), geht am Austritt des N. humeralis superior aus der erwähnten Spalte von ihm ab, gibt Aeste an den distalen Theil des M. coraco-anti- brachialis, den M. humero-antibrachialis medialis, sowie den M. humero-antibrachialis lateralis ab und tritt nach Durchbohrung des distalen Theiles des M. humero-antibrachialis medialis sowie des Ursprunges des M.supinator auf die Radialseite des Vorder- armes, um sich in der Haut bis zur Hand (vergl. Fig. 48 mus. cut) zu verbreiten. 7. N. humeralis inferior (Fig. 37, 29 A. i.) geht in derselben Höhe wie der vorige gemeinsam mit dem N. ulnaris vom Stamm des N. brachialis longus inferior ab, tritt zwischen den M. coraco- brachialis und das Caput humerale mediale des M. anconaeus ein, um dann nach einer kurzen Strecke durch das Foramen entoepieondyloideum humeri an der vorderen Seite des Ellbogen- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 633 gelenkes aufzutauchen und sich dem N. humeralis superior zu- zugesellen. 8. N. medianus (Fig. 29 med), entsteht aus der Vereinigung beider Nn. humerales in der Ellbogenbeuge. Sein sehr kurzer Stamm, welcher gleich in den N. medianus superficialis und profundus zerfällt, liegt zwischen dem Ursprung des M. flexor digitorum communis profundus und dem Ansatz des M. corcaco-antibrachialis und ruht dem proximalen Theil des M. pronator teres auf. A) N. medianus superficialis (Fig. 29 M. superf), läuft, von der Flexorenmasse bedeckt, eine Strecke distalwärts, durchbohrt den M. flexor digitorum communis profundus, an den er mehrere Muskeläste abgibt, in schräger Richtung und tritt dann in der Nähe des Handgelenkes an die Oberfläche, um endlich in die Rr. cutanei palmares (cut. pal.) auszugehen; diese Rr. eutanei palmares zerfallen in vier feinere Aeste, welche nach den vier Fingerspalten gehen und in der Haut enden. B) N. medianus profundus, geht zwischen dem Ansatz des M. coraco-antibrachialis und dem Ursprung des M. pronator teres in die Tiefe und tritt dann zwischen den letzteren und die Mem- brana interossea ein, um weiter distal zwischen dieser und den M. pronator quadratus zu verlaufen. Nach Abgabe der Muskel- äste für die genannten Muskeln tritt er am distalen Theil des M. pronator quadratus in die Hohlhand ein. Gedeekt von dem M. adductur pollieis zieht er hier von der Mittellinie der Hand schräg zur ersten Fingerspalte und zerfällt dabei im Endäste. a) R. volaris I (vol. 1), geht zwischen dem M. flexor poli- eis und dem Metacarpus I distalwärts zum ersten Metacarpo- Phalangealgelenke, versorgt die Muskeln des ersten Fingers und theilt sich in zwei Aeste, welche nach Durchbohrung der Muskeln in der Haut der beiden Seiten des ersten Fingers verlaufen. Von diesem R. volaris oder selbständig vom Ende des N. medianus entspringt ein R. superfieialis, welcher sich in dem M. adduetor pollieis verzweigt und nachher in dem M. lumbriealis und flexor digitorum ecommunis sublimis aufsteigt. b) R. volaris IL (vol. 2), geht zum :M. interosseus I, ver- zweigt sich in diesem und geht, nach Durehbohrung des Muskels an der Basis der Grundphalanx des zweiten Fingers und nach Zerfall in zwei Aeste, m die Haut der beiden Seiten des ge- nannten Fingers. 634 Gakutaro Osawa: Von ihm wird auch ein R. superficialis abgegeben, welcher durch die Spalte zwischen der zweiten und dritten Sehne des M. flexor digitorum communis profundus zum M. lumbricalis und M. flexor digitorum communis sublimis geht. c) R. volaris III (vol. 3), ist für den dritten Finger be- stimmt, geht nach der Anastomose mit dem R. volaris III des des N. ulnaris eine Zweitheilung ein, deren beide Aeste zum M. interosseus II gehen und nach Durchbohrung desselben in die Haut aufsteigen. 8. N. ulnaris (Fig. 27, 29 UN), entspringt gemeinsam mit dem N. humeralis inferior vom N. brachialis longus inferior, trennt sich aber bald von ihm ab und verläuft an der medialen hinteren Seite des Oberarmes, um dann um den ulnaren Epieondylus herum in die ulnare Seite der Beugefläche des Vorderarmes einzutreten, wo er sich in den R. superficialis und profundus theilt. A) R. superfiecialis (Fig. 47,48 superf. Ul), ein schwäche- rer Ast des N. ulnaris, läuft anfangs entlang dem ulnaren Rande des Vorderarmes und geht schliesslich auf die dorsale Seite der Hand über. Er gibt viele Hautäste für die genannten Gegenden ab und theilt sich an dem Kopf des Metacarpus V in zwei Zweige, welche für die Haut der dorsalen beiden Seiten des fünften Fin- gers bestimmt sind. B) R. profundus (Fig. 29 UT) durehbohrt den Ursprung des M. flexor carpi ulnaris, dringt in die Tiefe, läuft, gedeckt vom genannten Muskel, distalwärts und tritt m die Hohlhand ein. Im Gebiet des Vorderarmes gibt er in der Ellbogenbeuge einen ziem- lich starken Ast (m) für den M. flexor carpi ulnaris ab. In der Hohlhand gehen von ihm folgende drei Aeste ab. a) R. volaris V (vol.5) ist für den fünften Finger bestimmt, versorgt den M. opponens digiti V und adductor digiti V und wendet sich schliesslich zur Haut der beiden Seiten des fünften Fingers. Der R. superficialis dieses Astes geht zum M. adductor di- giti V, sowie zum M. lumbricalis und flexor digitorum communis sublimis. b) R. volarisIV (vol. 4), für den vierten Finger bestimmt und giebt auch einen R. superficialis an die N. lumbriealis und flexor digitorum eommunis sublimis ab. c) R. volaris III (vol. 3), vereinigt sich mit dem gleichen Ast aus dem N. medianus und ist für den dritten Finger be- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 635 stimmt. Vom gemeinsamen Stämmehen geht auch ein feiner R. superficialis für die Mm. lumbriealis und flexor digitorum commu- nis sublimis ab. E. Nerven der hinteren Extremität und der Kloakengegend. Die ventralen Aeste der Nerven der Lumbosacralgegend gehen zwei Plexusbildungen ein, Plexus lumbalis und sacralis s. ischiadieus und sind vorwiegend für die hintere Extremität bestimmt. An der Bildung des Plexus lumbalis betheiligen sich drei Praesacralnerven, während der Plexus sacralis hauptsächlich aus dem N. praesacralis I, N. sacralis und N. postsacralis I und zum kleinen Theil auch aus dem N. praesacralis II zusammengesetzt ist. Gadow (111) gibt folgende Zusammensetzung der beiden Plexus an: Plexus lumbalis =a-—+b-+e (= drei letzten Lenden- nerven), Plexus sacralis =a+S-+a (= der letzte Lendennerv + Sacralnerv + der I. Postsacralnerv) und hat die Betheiligung des N. praesacralis II (= b) an der Bildung des Plexus sacralis ausser Acht gelassen. Specielle Beschreibungen der einzelnen Nerven (vergl. Fig. 52). 1. N. praesacralis III (= der XXIV. Nerv des Stammes), durehbohrt zunächst den M. quadratus lumborum, läuft dann lateral-caudalwärts eine Strecke weiter gegen das Becken zu und zerfällt zunächst in zwei Aeste, von denen der eine, R. communicans I, gleich zum N. praesacralis II hinzutritt und die Ansa lumbalis I (a!) liefert, während der andere die Fortsetzung des Stammes darstellt und weiter läuft. Dieser giebt im Laufe einen kleinen R. abdominalis zu den Bauchmuskeln und einen stärkeren R. communicans II zur Ansa lumbalis II (a?) ab und geht dann als C. eutaneus femoris lateralismajor (exter- nus) zwischen dem caudalen Rand der schiefen Bauchmuskeln und dem cephalen Rand des Beckens auf die Streckseite des Oberschenkels, um sich hier und auch lateralwärts in der Haut zu verbreiten. Seine weiteren Aeste sind: a) R. quadratus lumborum. Ein femer Zweig, welcher im Laufe des Stammes durch den M. quadratus lumborum von ihm abgeht und gleich in den Muskel eintritt. b) R. abdominalis major. Ein etwas grösserer Zweig als 636 Gakutaro Osawa: der vorhergehende, geht im Laufe des Stammes zwischen den Bauchmuskeln von ihm ab und zeigt das nämliche Verhalten wie die anderen Intereostalnerven. c) R. abdominalis minor. Ein feinerer Zweig, welcher an der distalen Strecke des Stammes vor Abgabe des R. communi- cans II zur Ansa lumbalis II von ihm abgegeben wird und gleich in die schiefen Bauchmuskeln eindringt. 2. N. praesacralis II (XXV. Nerv des Stammes), durch- bohrt ebenfalls, wie der vorige Nerv, den M. quadratus lumborum, giebt danach einen R. communicans I zum N. praesaecralis I ab und nimmt einen eben solchen aus dem N. praesacralis III zur Bildung der Ansa lumbalis I auf. Zu gleicher Zeit giebt er wieder einen R. communicans II ab, welcher mit einem ent- sprechenden, aus dem N. praesacralis I die Ansa lumbalis III bildet, und setzt dann als N. obturatorius seinen Weg ventro-lateral- und etwas caudalwärts zum Foramen obturatorium fort. Der aus der Ansa lumbalis III hervorgehende Stamm ver- einigt sich bald theils mit dem schon oben erwähnten R. com- municans II des N. praesacralis III zur Ansa II, welche an der dorsalen Seite des N. obturatorius dem cephalen Beckenrand auf- ruht, theils setzt er sich als N. femoralis in den Oberschenkel fort. 3. N. praesacralis I (XXVI. Nerv des Stammes), giebt zu- nächst nach dem Eintritt in den Bauchraum einen Ramus com- municans ab, welcher mit dem gleichen aus dem N. praesacralis II sich kreuzt und zur Ansa lumbalis III geht. Auf der anderen Seite, eine kleine Strecke weiter distal, nimmt er den R. com- municans I des N. praesacralis II auf, und bildet so die Ansa sacralis I (A!). Darauf spaltet er sich in zwei Aeste, von denen der diekere mit dem N. sacralis zur Ansa sacralis II (A?) sich vereinigt, während der andere, schwächere die Richtung des Stammes eine Strecke weit distalwärts fortsetzt und beim Ein- tritt in’s Foramen ischiadieum einen sehr starken Zuschuss aus dem Plexus sacralis bekommt, um nach Bildung der Ansa sacralis IV (4A®) den N. peroneus zu bilden. 4. N. sacralis. Ein starker Nerv, welcher vor dem Ein- sang des Foramen ischiadicum den N. praesacralis I empfängt und die Ansa sacralis II (A?) bildet. Vor der Bildung der letz- teren bekommt er einen kleinen R. communicans vom N. post- saeralis I und bildet die Ansa sacralis III (4°). Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 637 5. N. postsacralis I, ist ein ebenso starker Nerv, wie der vorhergehende, giebt nach dem Austritt aus dem interverte- bralen Raum zunächst je zwei Rr. communicantes zum Plexus sacralis und pudendus und spaltet sich nachher in den dorsal liegenden R. museularis für den M. coceygeo-femoralis und den ventral liegenden N. pudendus externus. Diejenigen Rr. communicantes, welche zum Plexus saeralis gehen, bezeichne ich als Rr. communicantes sacrales im Gegen- satz zu denjenigen, welehe sich dem Plexus pudendus zugesellen und demnach Rr. communicantes pudendales heissen sollen. a) R. communicans sacralis I, ist ein schwacher Ast und tritt nach kurzem Verlauf am lateralen Rand des Querfortsatzes des zweiten Sacralwirbels zum Stamm des N. sacralis, um die Ansa sacralis III (A3) zu liefern. b) R. communicans sacralis Il, macht einen etwas länge- ren Verlauf und spaltet sich distal in zwei Aeste, von denen der ventral liegende zum N. ischio-tibialis hinzutritt und die Ansa sacralis VI (A®) bildet, während der dorsal liegende zum N. tibialis communis geht und die Ansa sacralis V (4°) liefert. e) R. communicans pudendus I, besitzt nach der Abspal- tung vom Stamme des N. postsacralis I einen längeren Verlauf und tritt nach der Bildung der Ansa pudenda II (a2), zu weleher ein R. communicans des N. postsacralis II hinzutritt, zum M. coceygeo-ischiadieus. d) R. communicans pudendus II, ist viel kürzer, kreuzt den vorigen und tritt zum N. haemorrhoidalis internus, um die Ansa pudenda I (a!) zu liefern. ec) R. museularis, geht nach Zerfall in drei Aeste zum M. coceygeo-femoralis longus. Der erste von den dreien durehbohrt den Muskel und verbreitet sich m der Haut der hinteren Seite des Oberschenkels als N. eutaneus femoris posterior, (Fig. 49, cut. fem. post.). f) N. pudendus externus (Fig. 23, pud. ext.), setzt den Stamm des N. postsacralis I fort. Nach der Trennung vom R. museularis wendet er sich um das Tuber ischii nach aussen und verbreitet sich als N. haemorrhoidalis externus sowohl in der Haut (Fig. 50, pud. ext.) der Kloakengegend wie in den M. sphineter eloacae. In der Nähe des Tuber ischii giebt er ferner ganz feine Aeste für den eephalen Theil des M. sphineter eloaeae Archiv f, mikrosk. Anat. Bd. 51 42 638 Gakutaro Osawa: (= Transversus perinei) sowie für den M. coveygeo-femoralis bre- vis (m). Der erstere läuft medialwärts und der letztere lateral- wärts zu den betreffenden Muskeln. 6. N. postsacralis II, ist ein sehr schwacher Nerv und theilt sich auf dem medialen Theil der ventralen Fläche des M. coceygeo-femoralis longus und in drei Aeste. a) N. haemorrhoidalis internus, erhält den R. eom- municans pudendus II des N. postsacralis II zur Bildung der Ansa pudenda I (a!) und vertheilt sich in den dorsalen Theil desM.sphincter eloacae. b) R. ventralis, lest sich an die dorsale Fläche der Niere an und geht ent- lang dieser ventralwärts, um in der Umgebung der Kloake zu enden. c) N. eoceygeo-ischia- dieus, empfängt den langen R. communicans I n. postsa- cralis I zur Bildung der Ansa pudenda Il und läuft eine ziemlich lange Strecke caudalwärts zum M. eoceygeo- ischiadieus. Plexis lumbalis liegt am Eingang des Beckens und besteht aus den Nn. praesaeralis III, II und I, welche hier, wie schon er- wähnt, drei Ansae lumbalis zusammensetzen. an der dorsalen Seite der Niere Fig. 49. Hautnerven der hinteren Extremität, Streckseite. cut. I. min. — Cutaneus femoris lateralis minor, cut. l. ma. = Cutaneus lateralis major, Cut.fem.post. — Cutaneus femoris posterior, per. superfi. = Peroneus superficialis, popl —Popliteus, erur. fib.—= Cutaneus ceru- ris ventralis fibularis. Die aus dem Plexus hervorgehenden Nerven sind: 1. N. eutaneus femoris lateralis major. 2. N. obturatorius. 3. Nervuli ileo-peetinei. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 639 4. N. eutaneus femoris lateralis minor. 5. N. femoralis. 1. N. eutaneus femoris lateralis major (Fig. 49 cut. |. ma.) stellt wie schon erwähnt die Fortsetzung des N. praesacralis III dar, tritt zwischen dem eaudalen Rand der breiten Bauchmuskeln und dem eephalen Beekenrand aus dem Bauchraum auf den Ober- schenkel aus und verbreitet sich in der Haut der Streckseite des Oberschenkels bis zum Kniegelenk. 2. N.obturatorius(Fig. 33 obt) geht aus der Ansa lumbalis I hervor, durehbohrt den M. pubo-ischio trochanterieus internus, zieht schräg von dorso-kopfwärts nach ventro-caudalwärts zum Foramen obturatorinm. Nach dem Austritt aus demselben giebt er mehrere Muskeläste ab und endet nach Durchbohrung des M. pubo-ischio- tibialis als N. eutaneus temoris medialis obturatorii in der Haut der medialen Seite des Oberschenkels (vergl. Fig. 50 obt). Seine Aeste sind: a) R. pubo-ischio-trochantericus externus, geht nach dem Austritt des N. obturatorius aus dem Foramen obturatorium von ihm ab und vertheilt sich bald darauf in den gleichnamigen Muskel. b) R.pubo-tibialis posticus, entspringt am lateralen Rand des M. pubo-ischio-trochanterieus externus vom Stamme des N. obturatorius und geht lateralwärts zum gleichnamigen Muskel. c) R. pubo-ischio-femoralis, zweigt sich nahe am Ansatz des M. pubo-ischio-trochanterieus externus vom N. obturatorius ab und gelangt medialwärts zum gleichnamigen Muskel. d) Rr. pubo-ischio-tibiales, werden am cephalen Rande des M. pubo-ischio-femoralis abgegeben und gehen nach Abspal- tung in einige Aeste zum M. pubo-ischio tibialis. e) Rr. eutanei femoris mediales (Fig. 33, 50 cut. m), stellen gleichsam die Endäste des N. obturatorius dar, sind aber sehr schwach und verbreiten sich nach Durchbohrung des M. pubo-isehio-tibialis und Zerfall in einige Aeste in der Haut der medialen Seite des Oberschenkels. 3. Nervuli ileo-peetinei, sind zwei kleine Nerven, welche von der Ansa lumbalis II ausgehen und nach kurzem Verlauf bald in den M. pubo-ischio-troehanterieus internus eintreten. 4. N. cutaneus femoris lateralis minor (Fig. 49, 50 eat. l. min.) geht gleichfalls aus der Ansa lumbalis II hervor und tritt über 640 Gakutaro Osawa: den cephalen Rand des Beckens in den Oberschenkel ein, um sich in der Haut der lateralen Oberschenkelseite zu verbreiten. 5. N. femoralis (Fig. 34 fem), ist der wesentlichste Nerv aus der Ansa III und theilt sich am eephalen Beckenrand in einen medialen und lateralen Ast. Fig. 50. Hautnerven der hinteren Extremität, Beugeseite. cut. I. min. — Cutaneus femoris lateralis minor, cat. m. — Cutaneus femoris medialis, pud. ext. — Hautnerven des Pudendus externus, cut. 1. ma. —= Cutaneus femoris lateralis major, Saph = Saphenus, erur-tb — Cutaneus cruris ventralis tibialis, erur. med.= Cutaneus cruris medius, crur. fib. — Cutaneus cruris ventralis fibularis, sur = Suralis. A. R. medialis, läuft in der Richtung von lateral-proximal nach medial-distal, kreuzt somit die Längsachse des Oberschenkels schräg und theilt sich am lateralen Rande des M. pubo-tibialis in den N. pubo-tibialis und saphenus. a) N. pubo-tibialis, tritt von der hinteren Seite des M. pubo-tibialis her gleich in ihn ein. b) N. saphenus (Fig. 34, 50 saph), setzt die Richtung des Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 641 Stammes zwischen den M. pubo-tibialis, und M. femoro-tibialis fort, und tritt an dem medialen Rand des erst genannten Muskels unter die Haut ein. Nachher geht er dann an der medialen Seite des Kniegelenkes sowie des Unterschenkels distalwärts und endet als N. dorsalis digiti I ander tibialen Seite der ersten Zehe. B. R. lateralis, theilt sich gleich nach dem Austritt aus der Bauchhöhle in drei Aeste: a) Rr. museulares breves: a) R. pubo-tibialis postiecus, ist ein verhältnissmässig kurzer Ast, geht vom Stamm aus median- wärts, gedeckt vom M. pubo-ischio-trochanterieus internus, zum gleichnamigen Muskel. ß) R. ileo-femoralis, geht lateralwärts sofort in den gleich- benannten Muskel. b) N. ileo-tibialis, geht vom Stamm des Astes lateralwärts zu dem gleichnamigen Muskel. e) N. femoro-tibialis, hält die Richtung des R. lateralis ein und läuft entlang der Längsachse des Oberschenkels fast gerade distalwärts zum gleichnamigen Muskel. Plexus sacralis liegt in der Beckenhöhle und besteht aus den Nn. praesacralis II, I, sowie aus den Nn. saeralis und postsacralis I. Alle diese zusammen bilden sechs Ansae sacrales. Die Aeste sind: 1. Nervuli ileo-pectinei, 2. N. ischio-tibialis, 3. N. peroneus communis, 4. N. tibialis communis. I. Nerwuli-1leo-peetinei. Man kann sie in breves und longi eintheilen: a) Nervulus ileo-pectineus brevis, geht direet vom Stamm des N. praesacralis I vor der Bildung der Ansa sacralis II ab und tritt um das Tuber ischii herum zu dem M. pubo-ischio- trochanterieus externus und ischio-trochantericus ein. ß) Nervulus ileo-pectineus-longus, ist ebenfalls ein klei- ner Ast, geht aus der Ansa sacralis II und III und theilt sich bald in zwei Aeste, R. pubo-ischio-trochanterieus externus und R. ischio- trochanterieus. Der erstere geht zwischen dem M. ischio-trochan- 642 Gakutaro Osawa: tericus und dem knöchernen Rand der Incisura ischiadica nach aussen und vertheilt sich in den gleichnamigen Muskel, während der letztere gleich in den M. ischio-trochanterieus eintritt. 2. Nn. ischio-tibiales (Fig.35 Isch. tib), sind mehrere kurze Aeste, welche aus der Ansa sacralis VI entspringen, zwischen dem M. ischio-troehanterieus und eoceygeo- femoralis longus aus der Beckenhöhle treten und bald in die grosse Masse des gleichnamigen Muskels eintreten. 3. N. peroneus communis (Fig. 34, 55 pero), geht von der Ansa sacralis IV hervor, tritt am caudalen Rand des M. ischio-trochanterieus aus dem Becken an die hintere Seite des Oberschenkels, läuft anfangs zwischen dem M. coceygeo-femoralis longus und ileo-femoralis einerseits und dem M. ileo-fibularis anderer- seits distalwärts, kommt dann zwischen den M. ileo-fibularis und M. femoro-tibialis zu liegen. An der fibularen Seite des Knie- selenkes tritt er dann über den Ansatz des M. ileo-fibularis auf die Streckseite des Unterschenkels. Nach Abgabe des N. peroneus superficialis (Fig. 34, 49 per. superf) am Ursprung desM. peroneus dringt er in die Spalte zwischen den Ursprüngen des ebenge- nannten Muskels und des M. extensor digitorum communis longus und theilt sich bald in beide Endäste, in den N. peroneus pro- fundus tibialis und den N. peroneus profundus fibularis (Fig. 34, per. tib. fib), welche beide über den Fussrücken zur Dorsalseite der Zehen gehen. Seine Aeste sind: a) N. ileo-femoralis (Fig. 55) wird beim Austritt des N. pero- neus aus der Beckenhöhle zu dem gleichnamigen Muskel abgegeben. b) N. ileo-tibialis. ec) N. ileo-fibularis (Fig. 35), Diese beiden kleinen Zweige werden bald nach dem Aus- tritt des N. peroneus communis aus dem Becken abgegeben und sehen schräg abwärts zu den gleichnamigen Muskeln. d) Ramuli poplitei (Fig. 49 popl), sind ganz schwache Aestehen, welehe in der Kniekehle sich verbreiten. e) N. peroneus superficialis (Fig. 41), geht am Ursprung des N. peroneus vom Stamme ab, läuft anfangs auf den genannten Muskel, allmählich der Medianachse des Unterschenkels sich Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 643 nähernd, und verbreitet sich in der Haut der dorsalen Seite des Unterschenkels und des Fusses: Endäste des N. peroneus ecommunis sind: 4. N. peroneus profundus tibialis (Fig. 34 per. tib). B.x;, NE 3 n fibularis (Fig. 34 per, fib). 4. N. peroneus profundus tibialis, geht nach der Tren- nung von seinem Genossen anfangs unter dem M. extensor digitorum eommunis longus und am distalen Theil des Unterschenkels unter dem M. abductor et extensor hallucis weiter. Auf dem Fussrücken angelangt liegt er unter dem M. extensor digitorum communis brevis und zerspaltet sich in drei Nn. digitales dorsales (dig). Seine Zweige sind: a) R.extensor digitorum communis longus, wird bald nach der Trennung vom N. peroneus profundus fibularis abge- geben und geht direet in den gleichnamigen Muskel. b) R.tibialis antieus, wird in der Höhe des distalen Drittels des Unterschenkels abgegeben, läuft medial-distalwärts, und tritt nach Abspaltung in mehrere Aeste in den gleichnamigen Muskel. e) R. abductor et extensor hallueis, geht nahe am distalen Ende des Unterschenkels zum gleichnamigen Muskel. d) R. extensor digitorum communis brevis, ein sehr feiner Zweig, welcher eine Strecke weiter distalwärts als der vorhergehende vom N. peroneus profundus tibialis zum gleich- namigen Muskel abgeht. e) Nn. digitales dorsales, sind Endäste des N. peroneus profundus tibialis und gehen über den Fussrücken zu den Zehen. Ihrer sind drei vorhanden: a) N.digitalis dorsalis I (dig), geht, bedeekt vom M. exten- sor digitorum communis brevis, zur ersten Zehenspalte, theilt sich hier in zwei Aeste für die Haut der fibularen Seite der ersten und der tibialen der zweiten Zehe. Er giebt ferner tibialwärts einen R. tarso-digitalis für die Dorsalmuskeln der ersten Zehe und einen R. interosseus für den tibialen M. interosseus der zweiten Zehe ab. ß) N. digitalis dorsalis II (dig), ist der mittlere Nerv, welcher zur zweiten Zehenspalte geht und nach Gabelung in zwei Aeste die entgegengesetzten Seiten der zweiten und dritten Zehe versorgt. Er giebt auch sowohl tibial- wie fibularwärts je einen R. interosseus für den fibularen M. interosseus der zweiten Zehe und den tibialen der dritten Zehe ab. 644 Gakutaro Osawa: y) N. digitalis dorsalis III, geht nach der Vereinigung mit dem N. digitalis dorsalis IV aus dem N. peroneus profundes fibu- laris zur dritten Zehenspalte, giebt tibialwärts einen R. inter- osseus für den M. interosseus der fibularen Seite der dritten Zehe und fibularwärts zwei Rr. interossei für den tibialen wie den fibu- laren M. interosseus der vierten Zehe ab. B) N. peroneus profundus fibularis (Fig. 34 per. fib.) ist ein schwächerer Endast des N. peroneus communis, geht nach der Trennuug vom N. peroneus profundus tibialis längs dem ti- bialen Rande des M. peroneus zum Theil von ihm gedeckt distal- wärts und gelangt über den M. extensor et abduetor hallueis longus und M. extensor digitorum communis brevis auf den Fuss- rücken, um nach Abgabe mehrerer kleiner Muskelzweige als N. digitalis dorsales IV (dig) an der fibularen Seite der vierten Zehe zu enden. Seine Aeste sind: a) R. peroneus, geht im proximalen Theil des Unter- schenkels schräg fibularwärts zum gleichnamigen Muskel.. b) R. tarso-digitalis, ein oder zwei Aeste, welche zwischen dem M. extensor digitorum communis brevis und M. extensor digiti minimi aus dem Stamm abgehen und sich im den beiden Muskeln vertheilen. c) R. communicans, entspringt am fibularen Rande des M. extensor digitorum communis brevis, geht unter ihm tibialwärts und vereinigt sich mit dem N. digitalis dorsalis III des N. pero- neus profundus tibialis. d) N. digitalis dorsalis IV, geht nach Abgabe des mini- malen R. interosseus für den fibularen, gleichnamigen Muskel der vierten Zehe direet zur dorsalen Seite derselben, ohne einen ent- sprechenden Ast an die fünfte Zehe abzugeben. 4. N. tibialis eommunis (Fig. 35, 38 Tib), verlässt an der caudalen Seite des N. peroneus communis das Becken, theilt sich am Ansatz des M. ileo-femoralis in zwei Aeste, in den lateral und oberflächlich ‚liegenden N. tibialis la- teralis und den medial (7ib. m., Tib. 1.) und tiefer liegenden N. tibialis medialis, welche beide durch die schlanke Sehne des M. coceygeo-femoralis longus von einander geschieden sind. A) N. tibialis lateralis (775. 1.), zieht nach der Trennung von seinem medialen Genossen entlang der medialen Seite des Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 645 M. ileo-fibularis distalwärts und tritt am unteren Rand des ge- nannten Muskels nahe an dessen Ansatz in die Tiefe der Beuge- seite des Unterschenkels, indem er das Caput femorale des M. gastroenemius etwa in der mittleren Höhe durchbohrt und zwischen ihn und den M. tibialis posticus zu liegen kommt. Weiter distal läuft er dann zwischen dem M. gastroenemius und dem vierten accessorischen Kopf des M. flexor digitorum communis profundus und tritt am distalen Rande des letzteren in die Fusssohle. An- fangs liegt er hier zwischen den Muskeln der Kleinzehe einer- seits und dem M. flexor digitorum communis profundus, sowie dem M. tarso-digitalis communis andererseits und zerfällt dann in drei Nn. digitales plantares (pl). Auf seinem Wege giebt er ab: a) N. cutaneus cruris ventralis medius (Fig. 35, 38, 50, crur. med.), geht am oberen Rand des M. ileo-fibularis vom Stamme ab und läuft zwischen den beiden Köpfen des M. gastroenemius distalwärts; dabei zerfällt er in einige Zweige, welche die Haut der Kniekehle, des Unterschenkels und der Fusssohle versorgen. b) N. eutaneus cruris ventralis fibularis (Fig. 35, 38, 49,50, erur. fib.) zweigt sich am unteren Rand des M. ileo-fibularis nahe an seinem Ansatz vom Stamme ab, zieht dem Caput femorale des M. gastroenemius entlang distalwärts zur fibularen Seite der fünften Zehe und versorgt die Haut der fibulo-ventralen Seite des Unter- schenkels und die beiden dorsalen Seiten der fünften Zehe, indem er auf dem Rücken des Metatarsale V einen tibialen Zweig zu der genannten Zehe abgiebt. c) Rr. museulares, sind ganz kurze Aeste, welche vor dem Eintritt des N. tibialis lateralis in das Caput femorale des M. gastrocnemius zu dem letzteren und dem dritten Kopf des M. flexor digitorum communis profundus abgegeben werden. d) N. digitalis plantaris V (pl. 5), geht an der Basis des Metatarsus V ab, versorgt die Kleinzehenmuskeln und geht zur Haut der beiden Seiten der fünften Zehe. e) N. digitalis plantaris IV (pl.), geht an der Basis des Metatarsale IV vom Stamm ab und zieht nach Abgabe eines feinen R. superficialis für den M. flexor digitorum sublimis sowie den M. lumbricalis III zur ventralen Seite der vierten Zehe, um nach der Theilung in einen tibialen und einen fibularen Ast die beiden Seiten der genannten Zehe zu versorgen. 646 Gakutaro OÖsawa: D N. digitalis plantaris III (pl. 3), ist die eigentliche Fortsetzung des Stammes und verhält sich sonst wie der vorher- gehende. 3) N. ecommunicans plantaris (e.), stellt mit dem vorigen die eigentlichen Endäste des N. tibialis lateralis dar, zieht nach der Trennung von jenem Nerven zwischen dem M. tarso-digitalis communis einerseits und den Mm. interossei andererseits quer hinüber zur medialen Seite, und vereinigt sich mit dem ent- sprechenden aus dem N. tibialis medialis, um eine bogenförmige Anastomose in der Gegend der Basis der drei mittleren Meta- tarsalia zu bilden. Aus diesem Anastomosenbogen gehen plantar- wärts ein R. tarso-digitalis zu dem M. tarso-digitalis communis und zum M. lumbriealis, und dorsalwärts die Rr. interossei zu den Mm. interossei plantares II und III. B) N. tibialis medialis (Fig. 38. Tib. m), tritt in der Kniekehle zwischen den Ursprung des Caput femorale des M. ga- stroenemius und den Ansatz des M. ischio-tibialis postieus lateralis ein, giebt hier mehrere Zweige ab und geht entlang dem fibu- laren Rande des letzteren Muskels in die Tiefe der Kniekehle, kommt dann zwischen den M. fibulo-tibialis superior und die Membrana interossea und weiter distalwärts zwischen den M. fibulo-tibialis inferior und M. tibialis postieus zu liegen (vergl. Fig. 39, Tib. m... Am Fussgelenk angelangt, durehbohrt er den letztgenannten Muskel und tritt in die Fusssohle ein, wo er haupt- sächlich in zwei Nn. digitales plantares zerfällt, nachdem er ausserdem noch einen R. communicans zu einem Zweig des N. tibialis lateralis abgegeben hat. Seine Aeste sind: a) Rr. museulares, gehen am Eingang in die Kniekehle vom Stamm zu dem Caput femorale et tibiale des M. gastroenemius sowie Caput I des M. flexor digitorum communis profundus. b) N. suralis (sur), geht etwas weiter distalwärts als der vorige ab, läuft zwischen dem Caput femorale et tibiale des M. gastrocnemius abwärts und verbreitet sich in der Haut der Planta pedis, nachdem er kleine Muskeläste an den Gastroenemius sowie an den M. flexor digitorum communis profundus abgegeben hat. e) N. eutaneus eruris ventralis tibialis (Fig. 38, 50 erur. tib.), entspringt ebenfalls in der Kniekehle, tritt unter dem Caput tibiale des M. gastroenemius an die tibiale Seite des Unter- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 647 schenkels und läuft abwärts, bis er an der tibialen Seite der ersten Zehe als N. digitalis I plantaris endet. d) Rr. musculares, gehen mit dem vorigen gemeinsam vom Stamm ab. trennen sich aber nach kurzer Strecke von ihm und treten in den M. tibialis posticus, das Caput III des M. flexor digitorum communis profundus sowie in das Caput femorale des M. gastroenemius ein. e) R. fibulo-tibialis superior, geht in der Tiefe der Kniekehle zum gleichnamigen Muskel. f) R. fibulo-tibialis inferior, geht etwa in der mittleren Höhe des Unterschenkels zum gleichnamigen Muskel. g) R. tibialis posticus, geht am Uebergang des Nerven in die Fusssohle ab, wendet sich zum gleichnamigen Muskel sowie zum Caput IV des M. flexor digitorum eommunis profundus. h) N. digitalis plantaris I (pl. 2). DEN. ss x II (pl. 2). Die beiden verhalten sich wie die gleichen Aeste des N. tıbialis lateralis. )) Ramulus interosseus und Ramus communicans (ec). Anhang. Zur Homologie der Extremitäten. Dass die beiden Extremitäten der Wirbelthiere eimander homolog sein müssen, beweist ihre Entwiekelung sowohl im onto- genetischer wie phylogenetischer Hinsicht. Wie sie in der ersten Embryonalzeit als seitliche Anhänge des Körperstammes noch keinen Unterschied unter einander zeigen, dann aber mit ihrem Wachsthum und ihrer Entwieklung immer verschiedener werden, so verhält es sich auch bei den einzelnen Hauptgruppen der Vertebraten. Die bei den Fischen als einfache Flossen vorkom- menden äusserlich fast gleich sich verhaltenden Gebilde gestalten sich bei den höheren Thieren immer verwiekelter und differiren als vordere und hintere Extremitäten in ihrem Bau immer mehr von einander, bis sie die complieirten Verhältnisse beim Menschen erreichen. Dadurch wird ihre Homologie immer schwerer er- kennbar; dass sie aber gleichwohl existirt, kann durch eingehende Studien erschlossen werden. Der Anfang und das Ende der Ent- 648 Gakutaro Osawa: wiekelung bezw. der Complieirung ist ja gegeben, und wir brau- chen nur jene beiden Extreme durch allmähliche Uebergänge zu verbinden, um zu einem klaren Verständniss der Sache zu ge- langen. Und das ist ja die wesentliche Aufgabe der verglei- chenden Morphologie, dennoch ist sie trotz zahlreicher Arbeiten bis jetzt noch nicht gelöst worden. Auch die vorliegende Arbeit macht keinen Anspruch darauf, das ganze Problem endgiltig zu lösen, sondern soll nur als ein wei- terer Beitrag dazu betrachtet werden. Ich habe mich bemüht, stets nur bei den Thatsachen zu bleiben und mich von etwaiger Speeulation möglichst ferngehalten. Bezüglich der ausserordentlich grossen Litteratur darf ich wohl füglich auf Eisler (89) verweisen, und kann mich deshalb auf einen kurzen historischen Rückblick beschränken. Gegenbaur (122) und vor ihm Martins haben an der vorderen Extremität des Menschen und der höheren Wirbel- thiere eine Drehung des Humerus um seine Achse gefunden, woraus folgen soll, dass der zurückgedrehte Humerus dem an sich geraden Femur entspricht, und dass dann die Epitrochlea nach aussen, der Condylus externus nach innen gerichtet wird, das Oleeranon aber gleich der Patella nach vorn zu liegen kommt und der Radius und die Ulna die analoge Lagerung wie die Tibia und Fibula erreichen. Auf diese Weise sollen die beiden Extremitäten ohne Schwierigkeiten mit einander verglichen wer- den können. In dem spiraligen Suleus radialis erblickt Gegen- baur den Ausdruck der Drehung des Humerus. Der Lehre Gegenbaur’s trat Albrecht (]l) ent- gegen. Er stellte die Behauptung auf, dass keine Drehung des Humerus, sondern eine Verschiebung des ursprünglich nach innen gelegenen Radius mit seinem proximalen Ende über die Vorder- fläche der Ulna nach aussen von dieser stattgefunden habe und dass der Suleus radialis kein Zeugniss für die Humerusdrehung abgeben könne, weil Spiralfurchen auch an anderen Knochen nachweisbar wären. Durch die Annahme dieser sog. radio-prae- axialen Verschiebung des Vorderarmes musste die Homologie der Weichtheile nothwendiger Weise so umgeformt werden, dass die Beugemuskeln des Oberarmes den Streckern des Oberschen- kels entsprechen. Humphry (174), der die Torsionstheorie des Humerus Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 649 nicht anerkennt, trat wieder gegen Albrecht auf (S. 661): for the theory, which he endeavours to substitute for it appears to be as untenable, from a morphological, developmental, or any other point of view, as the torsion theory itself. Seine Ansicht ist (S. 670): My view is that in the primitive position the exten- sor surfaces of the two limbs are direeted upwards, or dorsaly, and the radial and tibial surfaces are direeted forward; and in this position the homological relation of their several parts are to be determined. Subsequentiy by a quarter tum, to some extent particulated in by the pelvis, the extensor surface of the hind limb is directed forwards and the tibial surface inwards; and by a quarter turn in a opposite direction, to some extent partieipated in by the shoulder girdle, the extensor surface of the upper limb is direeted backwards and the radial surface outwards.“ So wird nach ihm der Extensor antibrachii trieeps dem Extensor eruris quadriceps gleichgesetzt. Hatschek (148) will das Hauptmoment der Stellungs- änderung der Extremitäten bei den höheren Thieren im Ellbogen- resp. Kniegelenk gefunden haben. Während der stützende Theil bei den vorderen Extremitäten nach vorn sieht, ist das Ellbogen- gelenk nach hinten gerichtet, was dann die Pronationsstellung der _ Vorderarmknochen zur Folge zieht. Bei der hinteren Extremität dagegen sehen der stützende Theil und das Kniegelenk gleichfalls nach vorn; daher stehen die Unterschenkelknochen einander parallel. Während Hatscehek durch vergleichend anatomische Thatsachen zu dem betreffenden Schluss gelangt ist, ging Holl (165) von der entwickelungsgeschichtlichen Basis aus, um die Stellungsveränderung bei dem Erwachsenen festzustellen. Die- selbe kommt nach ihm in der Weise zu Stande, dass bei der unteren Extremität eine Adduetion, eine Rotation nach einwärts und Streckung im Hüftgelenk erfolgt, während die obere Extremität mit der ventralen Fläche, die bei der Flossenstellung senkrecht auf die Medianebene stand, zu dieser sich parallel stellt, addueirt, dann distalwärts rotirt und sich soweit distalwärts neigt, dass der Oberarm parallel zur Längsachse des Stammes steht, was wesent- lieh mittelst der Lageveränderung des Schultergürtels stattfindet. Auch Holl ist gegen die Torsionstheorie und erklärt, dass der Humerus »icht gedreht sei, dass der spiralige Suleus radialis in Folge der an ihn sich ansetzenden Muskeln entstanden sei, 650 Gakutaro Osawa: und dass die Torsionstheorie schon bei den Vierfüsslern auf eine Schwierigkeit stosse: „Wenn man nämlich den Humerus mit Vorderarm und Hand so zurückdreht, dass das Ellbogen- und Kniegelenk in gleiche Stellung zu liegen kommen, so müssen die Knochen des Vorderarmes und der Hand zu denen des Unter- schenkels und Fusses verkehrt stehen.* Andererseits bemerkt Holl, dass die Knochen des Unterschenkels ebenso wie diejeni- gen des Vorderarmes in einer Pronationsstellung sieh befinden und somit die Tibia mit dem Radius, und die Fibula mit der Ulna verglichen werden können, was auch aus den Innervations- verhältnissen klar hervorgeht, indem die tibiale wie die radiale Seite der Extremitäten die proximalen und die fibulare wie die ulnare die distalen Nervenstämme erhalten. Die radio-praeaxiale Verschiebungstheorie von Albrecht hält Holl wie der weiter unten zu erwähnende Melzer für haltlos. Neben den Arbeiten von Hatschek und Holl sind auch noeh diejenigen von Stieda und Melzer erwähnenswerth. Stieda (275) kam nämlich nach Untersuchung der Mus- eulatur und der Nerven zu der Behauptung, dass die Drehung der Gliedmassen nicht stattfinde, sondern dass der Unterschenkel wie der Vorderarm naturgemäss pronirt sei, dass also demnach die Bengemuskeln des Oberarmes den Streckern des Oberschen- kels entsprechen sollen; Stieda bemerkt noch dazu, dass die Funktion der Muskeln, ob sie Extensoren oder Flexoren seien, für die morphologische Homologisirung von keinem Belang sein können. „Wenn diese Bezeichnung nicht existirte,“ sagt er, „wäre Niemand auf die Idee gekommen, alle Extensoren und alle Fle- xoren für gleichwerthig zu halten“ }). Melzer (203) modifieirte die Torsionstheorie auf die Weise, dass er für den Vorderarın die pronirte, für den Ober- arm aber die suppinirte Stellung als naturgemäss annahm. Da- durch soll die Vorderfläche des Oberarms der Hinterfläche des Oberschenkels gleich werden und so natürlich auch die Homo- logisirung der Muskeln leicht von statten gehen können; denn die Beuger und Streeker des Vorderarms sind denen des. Unter- schenkels vollständig gleichwerthig, und ebenso diejenigen des Oberarms denen des Oberschenkels.. So ist der M. extensor brachii trieeps dem M. extensor eruris quadrieceps homolog, der 1) Siehe auch mein Nachwort S. 690. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 651 Biceps brachii dem Bieeps femoris, der Coracobrachialis dem Semitendinosus und der Brachialis internus dem Semimembra- nosus u.8.w. Bezüglich des schwierigen Punktes, dass der Tri- ceps brachii und der Brachialis internus an der Ulna endigen, wäh- rend ihre Homologa an der unteren Extremität, d. h. der Quadri- ceps erur. und Semimembranosus anstatt an der Fibula an der Tibia inseriren, oder dass der Biceps brach, an den Radius und der ihm homologe Biceps femor. an die Fibula und nicht an die Tibia sieh ansetzt, nimmt er seine Zuflucht zu einer Annahme und sagt (S. 134): „Nun wolle man sieh aber erinnern, dass in Folge. der mit der fortschreitenden Extremitätenentwickelung geänderten Lagerungsverhältnisse die Skeletknochen in der Ellbogen- und Kniegegsend eine Verwerfung zwischen Innen und Aussen erfahren haben, sodass nun der Funetion nach der proximale Theil der Ulna dem proximalen Theile der Tibia und der proximale Theil des Radius der proximalen Partie der Fibula entsprechen.“ Endlich ist noch Eisler (89, 90) zu nennen. Dieser For- scher hat dureh eine schr ausführliche fleissige Arbeit die alte antitropistische Theorie wieder zur Geltung zu bringen versucht. Dabei betont er vorerst, dass die Grundfunetion der Extremität präeisirt und erkannt werden muss, wenn auch im Laufe der Entwickelung noch so viel andere Nebenfunetionen hinzutreten mögen. „Besteht ein gemeinsamer Bauplan für kraniale und kaudale Extremität, so muss er sich in jeder Stellung erkennen lassen.“ Die von vielen Seiten vorgeschlagene Ausgangsstellung für die Vergleichung der Extremitäten hält er also für irrelevant und hebt hervor, dass die phylo- und ontogenetische primitive Stellung derselben nur unter Berücksichtigung der Innervation reconstruirt werden könne. S. 455 (90): „Da sich nun an der fertigen Extremität die gleiche Sonderung der Nerven mit eini- ger Geduld selbst bis in die Plexuswurzeln ausführen lässt, so ge- währt uns also die Nervenvertheilung einen untrüglichen Anhalt einmal für die Bestimmung der beiden Hauptflächen der Extre- mitäten und der dorthin gehörigen dorsalen und ventralen Mus- kulatur, zweitens für die Bestimmung des ursprünglich kaudalen bezw. kranialen Randes, woraus sich von selbst ergiebt, welche Stellung der Extremitäten für die Vergleichung die bequemste ist.“ Als Antitropist ordnet Eisler die Plexusnerven in der Reihen- folge derart an, dass die vordersten Nerven des Plexus bra- chialis den hintersten des Plexus lumbo-sacralis entsprechen und 652 Gakutaro OÖsawa: umgekehrt. Dem ursprünglich Kranialen Rand an der oberen Extremität werden die laterale Fläche des Oberarmes, der Ra- dialrand des Vorderarmes nnd der Hand, an der unteren da- gegen die mediale Fläche des Oberschenkels, der Tibialrand des Unterschenkels und des Fusses gleich gesetzt, während der kau- dale Rand an der oberen Extremität mit der Medialfläche des Oberarmes und dem Ulnarrand des Vorderarmes und an der unteren mit der Laterallläche des Oberschenkels und dem Fi- bularrand des Unterschenkels eorrespondiren soll. Dass eine der- artige Auffassung auch zu einem ganz absonderlichen Vergleich der Muskulatur der oberen und der unteren Extremität führen musste, liegt auf der Hand, doch will ieh darauf nicht weiter eingehen. Die drei radialen Finger werden von Eisler als Homo- loga der drei tibialen Zehen betrachtet, und zwar soll dem Dau- men die dritte, dem Zeigefinger die zweite und dem Mittelfinger die erste Zehe entsprechen!! — — Die Homologa für den vier- ten und fünften Finger werden von Eisler in zwei am Tibial- rand des Fusses verloren gegangenen Zehen gesucht! Ich wende mich nun zu dem Resultate meiner eigenen Untersuchungen, mit welchem ich um so weniger zurückhalten möchte, als gerade die Verhältnisse der Hatteria bezüglich der Homologie der Extremitäten manches klarer zu legen im Stande sein dürften, als das bis jetzt an andern Typen möglich war. Was zunächst die Stellung der Extremitäten anbetrifft, so ist die vordere Extremität im Schultergelenk nach hinten ge- richtet und ein wenig auswärts gedreht; das Ellbogengelenk sieht nach hinten, während die hintere im Hüftgelenk nach vorn und einwärts gerichtet, und das Kniegelenk nach vorn gewendet ist. Der stützende, auf dem Boden aufruhende Theil schaut in beiden Fällen nach vorn. Die Knochen des Vorderarmes sind in leichter Pronationsstellung, indem der Radius ein wenig über die Ulna hervortritt; die Unterschenkelknochen dagegen sind fast parallel gestellt. Der Unterschied in der Stellung des Oberarms und des Oberschenkels bringt es mit sich, dass die Muskeln derselben in ihrer Lage und Funktion nicht übereinstimmen können; die vor- deren und medialen Muskeln des Oberarmes kommen an dem Oberschenkel infolge der Innenrotation desselben mehr nach hinten lateralwärts zu liegen und haben dementsprechend eine Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 653 andere Funktion zu leisten. Diese letztere ist aber auch von der verschiedenen Form des Ellbogen- und Kniegelenkels ab- „hängig. Die vorderen Oberarmmuskeln können nicht wie die- Jenigen des Oberschenkels Strecker sein und umgekehrt, weil die beiden Gelenke in ganz entgegengesetzter Weise geformt sind; damit soll nicht behauptet werden, dass sie ihre Gleichwerthig- keit eingebüsst haben. Die Verschiedenheit der Funktion der beiden Muskelgruppen ist durch äussere Umstände erworben; ihre ursprüngliche Zusammengehörigkeit ist aber von der Funk- tion unabhängig. Die Stellung der Vorderarmknochen bei der Hatteria weist auf eine Uebergangsform hin, welche zwischen den Amphibien und den höheren Vierfüsslern besteht. Dass die parallele Stellung die primäre und die gekreuzte eine secundäre ist, ist bekannt, und dass die letztere durch Anpassung an die äusseren Umstände zu Stande kommt, ist leicht einzusehen. Zu dem Behuf braucht man nicht weit in die unteren Thierklassen hinabzusteigen, auch in der Säugethierreihe sehen wir genug Beispiele davon; so sind die Vorderarmknochen unter den Carnivoren, bei den im Wasser lebenden Thieren, Pinnipediern, z. B. Robben, Walrossen, parallel gestellt, während eine Pronation bei den Fissipediern eintritt. Die Veränderung der Stellung der sonst gleichen Vorderarmknochen in diesem Falle muss ihre Entstehung in der verschiedenen Le- bensweise dieser beiden Thiergruppen haben. Ob diese Stellungsveränderung durch die Drehung des Hu- merus in seiner ganzen Länge (Gegenbaur) oder nur in seinem distalen Ende (Melzer, Bolk) oder ob sie durch die Verlagerung des Radius (Albrecht) oder endlich der Ulna (Stieda, Tornier) herbeigeführt worden ist, darauf will ich hier nicht eingehen, will aber doch so viel bemerken, dass der Vergleich der vorderen und hinteren Extremität des Menschen untereinander sowohl als mit denjenigen der niederen Thiere in der pronirten Stellung des Vorderarmes vorgenommen werden muss, weil diese die ursprünglichere darstellt, in der Thierreihe am meisten verbreitet ist, und weil sie dann auch der Stellung der hinteren Extremität näher kommt. Auf diese Weise bekommen der Radius und die Tibia sowie die Ulna und die Fibula in den beiden Extremitäten analoge Lagebeziehungen und erschemen dadurch emander homolog. Die Ansicht, welche den Arch. f. mikrosk. Anat. Rd. 51. 43 654 Gakutaro Osawa: Radius der Fibula und die Ulna der Tibia gleichsetzt, ist des- halb nieht richtig. Um diese Ueberzeugung zu gewinnen, ge- nügt schon der Blick auf irgend einen Vierfüssler, welcher die» Vorderpfote zum Gehen allein benutzt. Der Radius beim Pferde z. B. bietet fast in allem das gleiche Verhalten wie die Tibia, und die Ulna ist ebenso redueirt wie die Fibula. Die sämmtlichen Knochen der beiden Extremitäten der Hatteria lassen sich folgendermaassen homologisiren: Vordere Extremität. Hintere Extfremıtar Scapula Ileum Clavieula + Coracoid Pubis + Ischium Humerus Femur Radius Tibia Ulna Fibula | Radiale Carpalia proximalia ı Intermedium | Ulnare : { Tarsale proximale e . | Centrale radiale Carpalia centralia \ =. ulnare Carpalia distalia (I—V) Tarsalia distalia (I—IV) Ossa digitorum (I—V) Ossa digitorum (I—V). Ueber die Homologie der oben in der Liste nebeneimander- gestellten Knochen ist hier nichts weiter zu sagen, nur der Be- ziehung zwischen der Clavieula und dem Coracoid einerseits und der Pubis und dem Ischium andererseits soll noch mit ein paar Worten gedacht werden. Die Clavieula erscheint bei der Hat- teria zwar vom übrigen Schultergürtel emaneipirt; da sie aber, wie die entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen von Goette und Wiedersheim lehren, mit ihm dasselbe Blastem theilt und da sie ferner bei der Schildkröte, wo der Schulter- und Becken- gürtel einander so ähnlich gestaltet sind, sich genau so verhält, wie die Pubis, so glaube ich, dass sie mitsammt dem Coracoid auf der einen Seite der Pubis und dem Ischium auf der andern wohl gleichgestellt werden darf. Ich wende mich jetzt gleich zu den bezüglich der Muskeln herrschenden Homologieen und beginne mit dem distalen Abschnitt der Extremität, da die Verhältnisse hier einfacher und klarer vor- liegen, als in dem proximalen. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 655 Die Homologie der Muskeln der Hand und des Fusses ist ein- fach und klar; ich verweise darüber auf die tabellarische Ueber- sicht. Eine spezielle Erörterung wird kaum nöthig sein. Im Gebiet des Vorderarmes und Unterschenkels stossen wir schon auf einige Verhältnisse, die besonderer Auseinandersetzung bedürfen; im allgemeinen jedoch stimmen die Muskeln der beiden Abschnitte mit einander vollständig überein. Ben eiersei tie: 1. Der Flexor carpi radialis (23, Fig. 27) ist dem Ti- bialis postieus homolog (17, Fig. 38). Der erstere geht vom Epieondylus ulnaris humeri schräg zum distalen Ende des Radius sowie zum Radiale und der Ti- bialis postieus von der Fibula und der Membrana interossea medialwärts zum Metatarsale I, II, II. Somit stimmen sie in Ursprung und Ansatz ungefähr überein. Der Umstand aber, dass der Flexor carpi radialis des Vorderarmes an der Oberfläche liegt, während der Tibialis postieus in der Tiefe des Unterschenkels seinen Sitz hat, kann dadurch erklärt werden, dass diejenigen Muskeln, welche dem M. flexor digitorum comm. profundus und dem M. flexor ulnaris des Vorderarmes entsprechen, am Unter- schenkel nieht nur mächtiger entwickelt sind, sondern auch me- diale Köpfe bekommen und somit den Tibialis postieus decken. Da sie auch die homologen Nerven (Medianus superfieialis resp. Tibialis medialis) erhalten, können sie als einander homolog be- trachtet werden. 2. Flexor digitorum communis profundus (24 Fig. 27, 16 Fig. 37) des Vorderarmes und des Unterschenkels sind einander homolog. Der Muskel des Vorderarmes entspringt mit drei Köpfen vom Epieondylus ulnaris humeri, von der Ulna sowie von der Handwurzel, und sein Gegenstück am Unterschenkel mit 5 Köpfen von dem Condylus fibul. fem., von der Fibula und von der Fuss- wurzel. Sie inseriren in gleicher Weise an den Fingern bezw. Zehen und werden von den homologen Nerven, d. h. vom N.me- dianus superficialis resp. N. tibialis medialis versorgt. Nur weist der Muskel des Unterschenkels eine Abweichung auf, insoweit er nämlich noch einen Kopf (Caput tibiale) besitzt und von dem N. tibialis lateralis kürzere Aestchen bekommt. Dieser Umstand soll 656 Gakutaro Osawa: als Ausdruck der besseren Entwicklung und der weiteren Differen- zirung der Unterschenkelbeuger überhaupt angesehen werden. 3. Flexor ulnaris (25 Fig. 27) ist dem Gastrocnemius (15 Fig. 36) homolog. Der Flexor ulnaris entspringt vom Epicon- dylus ulnaris hum. und geht entlang der Ulna zur Kleinfingerseite der Hand, während der Gastroenemius ausser dem homologen Kopf noch einen von der tibialen Seite kommenden besitzt. Der letztere wird aber wie das Caput tibiale des Flexor digitorum communis pedis gedeutet werden müssen. Sonst stimmen die beiden Muskeln bezüglich der Lage, Ansatzweise und der Inner- vation überein. 4. Pronator teres (26 Fig. 29, 30) und Popliteus (7/8 Fig. 37, 38) (Fibulo-tibialis superior) stimmen in allen Verhältnissen vollständig überein, indem der erstere vom Epicondylus ulnaris zum Radius geht und durch den N. medianus versorgt wird und der Popliteus vom Capitulum fibulae zur Tibia zieht und den N. tibialis medialis empfängt. 5. Pronator quadratus (27 Fig. 29, 30) und Fibulo-tibialis inferior (19 Fig. 39) gehen von der Ulna resp. Fibula zum Radius resp. Ulna und bekommen den N. medianus prof. resp. Tibialis medial.; sind also völlig homolog. Streekseite. 1. Der Supinator, Extensor carpi radialis brevis und longus (28, 29, 33 Fig. 26, 28) sind dem einzigen Tibialis anticus (20 Fig. 34) homolog. Die drei ersten Muskeln entspringen vom Epieondylus ra- dialis humeri, liegen an der Radialseite des Vorderarmes, inseriren an dem Radius bis zum ersten Finger und werden alle von den Zweigen des Radialis versorgt. Der Tibialis antieus ist der einzige Muskel des Unterschenkels, welcher dasselbe Verhalten zeigt. Er geht nämlich vom proximalen Theil der Tibia entlang an der tibialen Seite des Unterschenkels zum ersten Metatarsus und bekommt den N. peroneus prof. medialis. Es ist merkwürdig, dass die drei Strecker des Vorderarmes nur ineinem einzigen Tibialis anticus des Unterschenkels ihr Homo- logon finden. Dieser Umstand aber kann wohl demjenigen, welchen wir vorher bei den Mm. gastroenemius und flexor digitorum com- munis profundus des Unterschenkels getroffen haben, parallel ge- Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 697 stellt werden; wir schen also, dass beim Unterschenkel die Beuger und beim Vorderarm die Strecker an der medialen Seite (d. h. tibialen resp. radialen Seite) besser entwickelt und weiter diffe- renzirt sind, was nur durch die verschiedenartigen Leistungen des betreffenden Gliedmassenabschnittes erklärt werden kann. Der etwaige Versuch aber, zwei von den drei Vorderarmstreckern, z. B. den Supinator und Extensor carpi radialis brevis des Vorderarmes den tibialen Köpfen des Gastroenemius und Flexor digitorum comm. profundus des Unterschenkels gleich- zustellen, ist nicht möglich, da die Innervationsverhältnisse der beiden Muskelgruppen dagegen sprechen. 2. Extensor digitorum communis longus (30 Fig. 26) des Vorderarmes und des Unterschenkels (27 Fig. 34) unterscheiden sich in sofern von einander, als der Muskel des Vorderarmes vom Epieondylus radialis entspringt, während sein Gegenstück am Unterschenkel von der vorderen Fläche des Condylus fibularis fem. seinen Ursprung nimmt. Dieser Umstand wird aber der Verlagerung der Vorderarmknochen und der damit in Zusammen- hang stehenden Verschiebung der Ursprungslinie des ersteren zuzu- schreiben sein. Im Uebrigen haben die beiden Muskeln genau das- selbe Verhalten in der Lage, Insertion und Innervation. Sie setzen sich beide an die laterale Seite des II.—IV. Metacarpus resp. Metasarsus an und werden von den homologen Nerven, Radialis und Peroneus versorgt. 3. Der Extensor earpi ulnaris und Anconaeus quartus (eigentlich quintus, 31, 32 Fig. 26) sind dem Peroneus (22 Fig. 34) homolog. Die beiden ersten Muskeln setzen sich an die Ulna resp. an den ulnaren Rand der Hand und erhalten den N. radialis lateralis. Der Peroneus inserirt an dem fibularen Rand des Fusses und wird vom N. peroneus prof. lat. versorgt. Sie sind also in soweit vollständig homolog, unterscheiden sich aber auch in ihren Ursprüngen von einander, insofern die beiden Muskeln des Vor- derarmes statt von der Ulna vom Epieondyl. radial. entspringen, und zwar aus der obenerwähnten Ursache. 4. Der Abductor et Extensor pollieis longus und hallueis (34 Fig. 28 und 23 Fig. 34) gehen von der Ulna resp. Fibula zum ersten Finger resp. zur ersten Zehe, und werden vom Radialis resp. Peroneus innervirt. Sie sind also völlig homolog. 658 Gakutaro Osawa: Die oben aufgeführten Muskeln der Hatteria lassen sich mit denjenigen des Menschen in folgender Art klar und unzwei- deutig vergleichen: Hatteria Mensch Beugeseite. des VWorderarmes: Flexor carpi radialis Flexor digitorum com. prof. Flexor carpi ulnaris Pronator teres Pronator quadratus Flexor carpi radialis Flexor digitorum profundus+ Flexor pollieis longus + Palmaris longus + Flexor digit. sublim. !) Flexor carpi ulnaris Pronator teres Pronator quadratus. Beugeseite des Unterschenkels! Tibialis postieus Flexor digitorum com. prof. Gastroenemius Fibulo-tibialis superior \ ».., „inferior Tibialis postieus |Flexor digitorum long. |Flexor hallueis cong. Gastroenemius + Soleus + Plantarius Popliteus Streekseite des Vorderarmes. Supinator Extensor carpi radialis brexis Extensor carpi radialis longus | | N = ” * Supinator longus n brevis Extensor earpi radialis longus ” ” ” brevis Extensor digitorum comm. long. (Extensor digit. communis Extensor carpi ulnaris Anconaeus y digiti quinti proprius Extensor carpi ulnaris Anconaeus 1) Ein Flexor digitorum sublimis ist bei der Hatteria nur in der Hand entwickelt. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 699 Hatteria Mensch Streckseite des Unterschenkels. Tibialis antieus Tibialis antieus Extensor digitorum com. long. (Extensor digitorum longus I+ Extensor hallueis longus Peroneus [Peroneus longus IR brevis Abductor et Extensor hallueis longus !). Muskeln des Oberarmes und Oberschenkels. Während die Homologie der Muskeln in den distalen Ab- schnitten leicht aufgestellt werden konnte, stossen wir im proxi- malen Abschnitt der Extremitäten auf grosse Schwierigkeiten, da die Verhältnisse viel complieirter geworden sind. Dieses haben auch die früheren Autoren empfunden, und man könnte geradezu sagen, dass sich die ganze Homologiefrage der Extremitäten bis- her wesentlich um diesen Abschnitt gedreht hat. Verschliesst man sich aber nicht der Erkenntniss, dass mit der Aenderung der Stellung und Gestalt der Skelettheile auch die Lage und Form der Muskeln anders werden musste, und berücksichtigt man die oben genau geschilderten Innervationsverhältnisse, so ist der Ver- such, Klarheit zu gewinnen, doch nicht aussichtslos. Wir werden im Folgenden sehen, wie weit diese Behauptung sich als stich- haltig erweist. 1. Der Pectoralis (// Fig. 21) und Coracobrachialis (15 Fig. 27) sind dem Pubo-isehio-tibialis (/0 Fig. 33) und Ischio-tibialis postieus (77 Fig. 35) homolog. Der Peetoralis entspringt vom Sternalapparat und von den Bauchrippen, inserirt am Processus lat. humeri und wird inner- virt vom N. pectoralis aus dem Brachialis inf. sowie zum klein- sten Theil vom N. supracoracoideus. Der Coraco-brachialis geht vom Coracoid zum Oberarm und erhält die gleichnamigen Nerven aus dem Brachialis inferior. Der Pubo-ischio-tibialis zieht von der ventralen Fläche des Beckens zur medialen Seite der Tibia und wird vom Obturatorius versorgt; er entspricht somit einem kleinen Theil des Peetoralis; der l) Dieser Muskel findet beim Menschen sein Homologon in Ex- tensor hallueis brevis des Fussrückens. 660 Gakutaro Osawa: grössere Theil des letzteren und der Coracobrachialis sind aber dem Ischio-tibialis posticus homolog. Derselbe stellt die hintere (=dor- sale) Fortsetzung des Pubo-ischio-tibialis dar, imdem er vom Ischium zur Tibia zieht und die Nn. ischio-tibiales aus dem Plexus saero-coceygeus erhält. Vergleichen wir diese Verhältnisse der Hatteria mit den- jenigen des Menschen, so entsprechen die Pectoralis und Coraco- brachialis bei beiden einander, während der Pubo-ischio-tibialis den Adductoren und der Ischio-tibialis posticus dem Semi-tendi- nosus, -membranosus und dem langen Kopf des Biceps gleich ge- stellt werden können. 2. Der Supracoracoideus (/4 Fig. 26) ist dem Pubo- ischio-trochanterieus externus und Pubo-ischio-femoralis (6,7 Fig. 35) homolog. Der Supracoracoideus zieht vom Coracoid zum Processus lat. humeri und zur medialen Fläche des Humerus und wird vom Nn. supracoracoideus und coraco-brachialis versorgt. Der Pubo-ischio-trochantericus externus entspringt von der Vorderfläche des Pubo-ischium und inserirt an dem Trochanter major. Er wird vom N. obturatorius sowie von den Nervuli ileo-peetinei longi innervirt, ist somit ihm vollständig homolog. Der Pubo-ischio-femoralis zieht vom Pubo-ischium zum Femur, bekommt seinen Nerven vom Obturatorius. Er könnte auch dem Pectoralis gleichgestellt werden; jedoch habe ich ihn mit dem Supracoracoideus verglichen, weil dieser eine Zweispaltung seiner Substanz erkennen lässt, und weil deren oberflächliche Schicht dann ausser dem genannten Muskel sonst kein Homologon im Oberschenkel findet. Der Supracoracoideus entspricht beim Menschen dem Sub- clavius und vielleicht auch dem Pectoralis minor, und der Pubo- ischio-trochanterieus externus dem Obturator externus, während der Pubo-ischio-femoralis einem Adduetor des Oberschenkels und zwar wahrscheinlich dem Adduetor longus gleichzustellen ist. 3. Der Subscapulo-coraco-brachialis (78 Fig. 27) ist dem Pubo-iscehio-trochanterieus internus (8 Fig. 34) und dem Ischio-trochantericus (9 Fig. 35) homolog. Der Subscapulo-eoraco-brachialis entspringt mit zwei Köpfen von der Innenfläche des Coracoid und am caudalen Rand der Seapula, setzt sich an den Processus medialis humeri an und Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 661 wird hauptsächlich vom gleichnamigen Nerven, aber auch vom N. eoraco-brachialis versorgt. Der Pubo-ischio-trochanterieus internus geht von der Innen- fläche des Beckens über dessen vorderen Rand zur medialen Fläche des proximalen Theiles des Femur und bekommt Nervuli ileo-peetinei breves. Der Ischio-trochanteriecus zieht vom Rand der Ineisura ischiadica zum Trochanter minor und wird innervirt von den Nn. ileo-pectinei longi et breves. Dieser Muskel ist als ein ab- gespaltener Kopf des vorigen anzusehen, und entspricht mit ihm dem Subscapulo-coraco-brachialis, und zwar entspricht der Ischio- trochanterieus dem Caput scapulare und der Pubo-ischio-trochant. int. dem Caput coracoides desselben. Das Caput coracoides und der Pubo-ischio-trochantericus internus unterscheiden sich so viel von einander, als das erstere an den eaudalen Rand des Coracoid gleich zum Humerus hinab- steigt, während der letztere erst über den eephalen Beckenrand zu seinem Ansatz gelangt. Diese Art des Verlaufes des genannten Muskels wird wohl durch die verschiedene Stellung und Gestaltung des Beckengürtels herbeigeführt worden sein. Da der Oberschenkel nach vorne gebeugt und da der Beekenrand niedriger ist als der entsprechende des Öoracoid und zwar soviel, als der dem Scapulo- humeralis profundus des Brustgürtels entsprechende Muskel hier vermisst wird, so kann jener Muskel auf dem gesagtem Weg viel näher zu seinem Ansatz gelangen. Einen ähnlichen Verlauf weist auch der N. femoralis auf, welcher, wie später gezeigt werden wird, dem N. museulo-eutaneus entspricht und demgemäss unter den caudalen Beckenrand gehen müsste. Auch in diesem Fall muss dieselbe Bedingung zu Grunde liegen. Dass im Uebrigen der Pubo-ischio-trochanterieus internus dem Subscapulo-coraco-brachialis entsprechen muss, geht abge- sehen von der Innervation, auch aus dem Lageverhältnisse gegen- über dem Pubo-ischium resp. Coracoid und dem N. obturatorius resp. Supracoracoideus hervor. Der Subscapulo-eoraco-brachialis wird beim Menschen durch den Subscapularis vertreten sein und der Pubo-ischio-trochante- ricus internus mit dem Ischio-trochantericus werden dem Obtu- rator internus sowie den Gemelli und dem Quadratus femoris ent- sprechen. Es ist aber auch annehmbar, dass der Iliacus internus aus 662 Gakutaro Osawa: dem Pubo-isehio-trochanterieus internus hervorgeht; dafür spricht, dass er noeh Rami ileo-pectinei aus der Femoralis-Gruppe erhält. 4. Der Coraco-antibrachialis und Humero-antibra- chialis (/9, 20, Fig. 27) medialis et lateralis (27 Fig. 26) sind dem Extensor triceps femoris (/4 Fig. 34) (ohne den lateralen Kopf) und dem Pubo-tibialis postieus (/2 Fig. 33) homolog. Der Coraeo-antibrachialis geht vom Coracoid zum Vorderarm und wird innervirt vom N. coraco-brachialis und musculo eutanens. Der Humero-antibrachialis medialis entspringt von der ganzen Vorderfläche des Humerus und setzt sich wie der vorige sowohl an den Radius wie die Ulna. Versorgt wird er vom N. museulo- eutaneus. Der Humero-antibrachialis lateralis geht aus von dem Liga- mentum scapulo-humerale, einem Band zwischen Scapula und Humeruskopf, und strahlt in die radiale Vorderarmfasceie aus. Innervation wie der vorige. Der Extensor triceps femoris hat drei Köpfe, von denen zwei, als M. pubo-tibialis und femoro-tibialis bezeichnete, den ge- nannten Oberarmmuskeln sicher gleichgestellt werden können, während sein dritter Kopf, lleo-tibialis anders zu deuten ist. Der Pubo-tibialis entspringt vom Pubis und der Femoro- tibialis von der ganzen vorderen Fläche des Femur. Beide setzen sich an das Caput tibiae und werden vom N. femoralis innervirt. Sie sind also dem Coraco-antibrachialis und Humero-antibrachialis medialis et lateralis vollkommen homolog. Beim Menschen finden die Mm. coraco-antibrachialis und humero-antibrachialis lateralis ihre Homologa in dem Biceps bra- chii, indem dann der proximale Theil des ersteren dem Caput breve und der Humero-antibrachialis lateralis dem Caput longum entspricht, welche beide Köpfe mit einander distal zu einer Masse verschmelzen. Der Humero-antibrachialis medialis ist dem Brachialis in- ternus gleichzusetzen. Der laterale Kopf des Triceps, Ileo-tibialis entspringt vom Ileum und gesellt sich der Hauptmasse des Triceps bei. Er kann den Beugemuskeln des Oberarmes nieht ohne weiteres gleichge- stellt werden, da er in seinem proximalen Theil einen Zweig aus dem N. peroneus empfängt. Man könnte vielleicht daraus schliessen, dass er aus zwei Abschnitten besteht, von welchen der proximale Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 663 vom N. peroneus versorgte in einem Schultermuskel sein Homo- logon findet, während der distale einem Oberarmmuskel, sehr wahrscheinlich dem Humero-antibrachialis lateralis entspricht. Der Pubo-tibialis postieus, welcher vom Pubis ausgeht, dann der medialen Seite des Oberschenkels entlang zur Tibia gelangt und seinen Nerven vom Obturatorius und Femoralis empfängt, muss ebenfalls einem Beugemuskel des Oberarmes gleichwerthig sein, obwohl er kein direetes Homologon hier findet. Der ganze Triceps der Hatteria entspricht dem Quadriceps femoris des Menschen. Der Reetus femoris kommt bei der Hatteria noch nicht deutlich zur Entwickelung; der Pubo-tibialis könnte aber dafür gehalten werden. Der Pubo-tibialis postiecus endlich wird wohl den Sartorius des Menschen darstellen. 5. Der Latissimis dorsi (21 Fig. 21 u. Fig. 26), Dorsalis scapulae, Scapulo humeralis posterior und profundus, sowie der Cleido-humeralis (13, 16, 17 Fig.26) einer- und der Anconaeus (22 Fig. 26) mit seinen vier Köpfen (Caput scapulare, coracoideum, humerale laterale und mediale) andererseits, ent- sprechen dem distalen Abschnitt des Ileo-tibialis (/4b Fig. 54), dem Ileo-femoralis und dem Ileo-fibularis (5, 13 Fig. 55). Es ist nicht möglich, die spezielle Homologie zwischen den ge- nannten einzelnen Muskeln festzustellen. Der Latissimus dorsi zieht von den Rumpfwirbeln zum Humerus und wird vom gleichnamigen Ast des N. brachialis superior innervirt. Der Dorsalis scapulae, Scapulo-humeralis posterior und pro- fundus kommen von der Scapula und der Cleido-humeralis von der Olavieula zum Humerus und werden alle vom N. dorsalis scapulae, einem Ast des Brachialis superior versorgt. Ihnen entsprechend können die Ileo-tibialis und Ileo- femoralis am Obersckenkel an- geführt werden, denn diese gehen vom Ileum zum Femur und werden vom N. peroneus innervirt. Von den vier Köpfen des Anconaeus kann nur das Caput scapulare seinen Vertreter am Oberschenkel haben. Es ist dies der lleo-fibularis, welcher nämlich vom Heum aus entlang der lateralen hinteren Seite des Oberschenkels distalwärts zur Fibula hinzieht und durch den N. peroneus, weleher ihn zugleich ver- sorgt, von der Tricepsgruppe getrennt ist. Beim Menschen wird der Latissimus dorsi der Hatteria 664 Gakutaro Osawa: durch den gleichnamigen Muskel, der Doralis scapulae, durch den Supra- und Infraspinatus, der Scapulo-humeralis posterior und profundus, durch den Teres minor und major vertreten sein. Der Cleido- humeralis, welcher an dem Processus lateralis humeri direct oberhalb des Humero-antibrachialis medialis (=Brachialis internus) inserirt, wird wohl dem Deltoideus entsprechen. Der Ileo-tibialis, -femoralis und -fibularis können dem Tensor fasciae, den drei Glutei und dem kurzen Bicepskopf gleich- gesetzt werden. Wie sie sich aber zu den letztgenannten Muskeln diffe- renziren, das muss eine künftige Untersuchung lehren. Erwähnt sei noch, dass Fürbringer den Ileo-femoralis auch als Gluteus medius und den lleo-fibularis als Gluteus maximus bezeichnet hat, und dassnach Gado w der Gluteus medius et minimus dem zum Plexus ischiadieus gehörigen Theile des Ileo-femoralis der Ratiten, der Biceps femoris und Gluteus maximus dem Ileo-fibularis und partim flexor tibialis externus der Reptilien und die Pars ischiadica seines Extensor ilio-tibialis (= M. Ileo-tibialis) einem Theile des Gluteus maximus entsprechen sollen. Aus dem Vorhergesagten und der beifolgenden Tabelle dürfte ersichtlich sein, dass die Muskeln der beiden Extremitäten zum allergrössten Theil sehr gut homologisirt werden können. Wir wollen nun sehen, wie es mit den Nerven steht. Auch hier beginne ich aus dem schon dort betonten Grunde mit der Peripherie, also mit den Nerven des Vorderarmes und der Hand resp. des Unterschenkels und Fusses, welche Theile ich kurz als distal bezeichne, im Gegen- satz zu dem Oberarm und der Schulter resp. Oberschenkel und Becken, die dem proximalen Abschnitt entsprechen. Im distalen Abschnitt der Extremitäten finden wir drei Nervenstämme, welche an der vorderen Extremität Radialis, Medianus, und Ulnaris und an der hinteren Peroneus, Tibialis medialis und lateralis heissen und welche in folgender Reihe einander homolog sind: der Radialis dem Peroneus, der Medianus dem Tibialis medialis, der Ulnaris dem Tibialis lateralis. Diese Parallelisirung hoffe ich durch folgende weitere Aus- führungen erweisen zu können. la) Der Radialis (Rad. Fig. 26), tritt in dem Vorderarm 665 Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. ( [73 [43 ) ("pour GEL) (Terpout + 'e] "ALL) (r'YeI "QLL + TeIpa9w ALL) (teIpow "TIALL) (U9AAON) 9919seoOnaq 79 juay9sdaju/) (sn9U019 A) o9rTesasdnagq (snauoA1d I pun SıfzaowaT) (SN9U0A9AI) (ste 1owo J pun 'eınIgO) (sı[B 10 WI T) Zuof 99 'Adıq 'YOd-O9]J) I Ye] (’A9aıq 'PPOd-oa]]) — 'sdoarıL sap Jdoy el DA snasod sıerqry-oqud 'p 9uyo sdaaLı zosuoyxg| -OTNISAN-+"YIBIG-09LIOJ) SNILLAJULY90.T-OLUOST SNLIOFJULUI0AF-OTYDST-OANA '‚doyy usıepngqy uop nd (I "jur [7 [7 ( “« « ) yeıpenb [73 dns '[eIqLL-OoTnaLT (jord "ueıpom) S91d} IOYBUOLT »D01SCH (un) ‚up 'dıed JOXOLI (ay.ıodns "uwrpoM) ‘701d "woD "DSIp TOXOLT (dns syessuny + oyıadns snuvıpaW) (U9AAON) road wo» "SSIp "IA sıeipe.t tdıe9 IOXOLI upoysnmW ‘sod SIerqLL uppssnw I19sS93n9q UuMmDIIpLoA "pouL [20 “ Iver ofeaauny sıfeipeg re “ orepndeas Indey pur snaeuo9uy 99I19SY99A1IS ( 2 a) snpunyord (oepndeas sıpes1og) A0oLI9}sod sıerswny-omdeas sLIeINqY-OO]L [40 “ SI[ELOTWUISF-OO]] sıperqt4-007] "W owpndeas sıestoq ISIOP STIER IEOL 'G “ (awpndeas sıpesıodq) (1SIOP 'SSTIET) 4 = stage] (sna9ueIN9-oTnISnM) SITELPOUL -SIEINIBIAGTJUB-O al jdoy ("ue9nd | sıperypeaqyur-098109/ 'F (y9eaqodeao) + -UDBIA-09%.109-0]nde9sqng) snu1oJul SITeIqDBIG-09R.IO9-ondeaqunsS 'E ( & ) SLIB LOS OLSEN OOMLCL| SNULIIXO (SNLIOIB.INIIO) SNITIIFJUBYIOAJ-OLUISI oqng) (snap1o981o9eadns) snapro9eaodeadns (sıferq1I-OTydS]) snansod SITBIL NEO LTDET| (sIeTJDE.TQ-09B10J) SergoBtg-008.100)] (SIBLOWAT) | ji sıperql oryosr-oqnd] sıe1opod) (snLIOLANIIO) (snaprosw.1o9w.adns) | (U9AION) (uj94snW) (U9AAION) & (ufosuW) 9419SYM99A1IX 9319saon29q 192 4uway2s49qQO waD49agO "YBMWOLNT UOAJULy Pun U9AOP-IOA Op UONSHE U9S0Jouoy A9p Funy[oIsTeq OostIe[ppgeL, (ep + 'paw 'Joad "u019g) rn (‘ye] Jod "u0A19T) "ur "oIp 'SU9IXH (Arett ) 19880.19Ju] ( « “ “ ) [2 “ "SU9IXH ( “ “« ) “ “pıpod "SU9IXH (Bag “ 5) -Aaıq Dney onpqYyY ( N) staaıgq 'drjod "YonppYy (pawr *J0ad "U0A1aT) "A9IG "WIWOD "DOIP 'SU9IXN (pow 'TeIpey) "A9LG "WIO9 "DO1P "SUSIXT 991198 Y291I9 aI19SY99ı14S (pout + Ye] TeIqLL) 19880.19JU] (up + yoad "ueıpaw) 198S0.19JuJ (Gus* 2) "url 'SIp IOXO]I BR) -uru Sıp snauoddg (YeI ALL) ‚urur ‘S51p 'PPV ; un) ‚urur ‘Ip Pnpqy = Cpau + = ‘ye] 'qIL "wwoa "wey) -wwoI 'SoIp 'PPY (ee Ber abe) ‘orpod Yonppy E (ppw 'qLL) "ey 'Xo]J (yoad "uwıpam) ‘od 10XoL I o (paw + 'ye] 'qLL) Yuqung Cup + 'Pyıodns 'ueıpaW) sopedrıquun? o (‘81 ALL) STADT "FURL (urn) ‚uru Ssıp 'YOnpqy = (pow +4 'yeL '[eIqLL) ‘(qns "woa "3Fıp aoxofT (uf -+ '>yıodns "ueıpom) [quns "ul09 'SSIp AOXOLT eu 9919s8P9n9aq 9919s9P3nag = SssnT pun = ([erıpou ) -do.d 'oney 'susIxF 99 'pqaY (pou a) -Duof 'o1jfod ax 99 Yonpqy (a | SNIrUO9UY er SER) snoauo1ag ee | staeupn 1dıed 'SU9IXT (paw 'Foad "U019J) -Zuo] 'woD 'DSIp 'SUOIXY ae: > SR) Duo] "wwo9 "SSIp 'SUOIXY (yeI+t a) -Zuogf peıpea "des IX (Teipow ‘Ford snouo01ag) DYUR "[BIGLL es ) sraaaq sıpeıpet ıdızda 'SU9IXY (powu 'pey) zoremdng (U9AAION) uppysnW (U9AION) upxsam 3 OITOSAM99AJS OIIISAYN991JIS 79yuoy9s1ogu/] wm topaoA Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 667 mit zwei Aesten, einem R. lateralis und medialis auf. Der R. lateralis durehbohrt die lateralen Extensoren, läuft dann von ihnen gedeckt distalwärts und tritt, nachdem er alle die Muskein mit Aesten versorgt hat, als R. cutaneus manus dorsalis proxi- mal vom Handgelenk unter die Haut. Der R. medialis läuft unter den medialen Extensoren, welche von ihm Zweige bekom- men, distalwärts und zerfällt endlich auf dem Handrücken in die die 4 medialen Finger versorgenden Endäste. 1b) Der Peroneus (Pero. Fig. 34 und Fig. 55) zerfällt am Unterschenkel ebenfalls in zwei Aeste, Peroneus profundus lateralis und medialis, welche den oben erwähnten Radialisästen entsprechen, indem sie die Extensoren des Unterschenkels und des Fusses in ähnlicher Weise versorgen. Nur ein dem Cutaneus dorsalis manus entsprechender Zweig wird von ihnen nicht ab- gegeben; derselbe wird aber durch den Peroneus superfieialis!), welcher in der Höhe des Knies von dem Peroneusstamm sich abtrennt und die Haut des Unterschenkels und des Fussrückens versorgt, vertreten. 2a. Der Medianus (Med. Fig. 29) besteht aus dem Super- fieialis und Profundus. Der Medianus superficialis läuft unter dem M. extensor digitorum comm. prof., den er auch versorgt, distalwärts und tritt am Handgelenk als Ram. eutaneus palmaris auf, um sich dann in der Hohlhand zu verbreiten. Der Medianus profundus dagegen zieht in der Tiefe des Vorderarmes distal- wärts, versorgt auch den Pronator teres und quadratus und tritt in die Hohlhand ein, um in die drei Endäste, Nn. digitales, zu zerfallen. 2b. Der Tibialis medialis (7ib. m. Fig. 38) tritt nach Ab- gabe kleiner Muskelzweige sowie des R. suralis in die Tiefe des Unterschenkels ein, und läuft unter den tiefliegenden Muskeln unter Entlassung der Muskelzweige distalwärts, um an die Fuss- sohle zu gelangen und hier in drei Endäste, d.h. in zwei mediale Fingernerven und Ramus communicans zu zerfallen. Er entspricht demnach dem Medianus profundus. Als dem Medianus superficialis entsprechend lässt sich der R. suralis (szr) wohl anführen. Er läuft zwischen den beiden Köpfen des Gastroenemius abwärts 1) Peroneus superfie. vertritt auch einen Theil des Cutan. brach, et antibrach. lat. 668 Gakutaro OÖsawa: und verbreitet sich, nachdem er kleine Zweige für den Gastroe- nemius und Flexor digitorum communis prof. abgegeben hat, in der Haut der Planta pedis. 3a. Der Ulnaris (Ul. Fig. 29) theilt sich in den super- fieialis und profundus. Der Ulnaris superfieialis ist ein Hautnery 2) Corac. scapul. ee IN Axill. x N thorac eVI(D 2) Brach. sup. Dors. scap. Scap.-hum. Cut. brach. et antibr. lat. Subscap. corac. brach. Latiss. dors. Radial. 3) Brach. inf. POLE er et antibr. med. Be - > cIX (IM Med. er - Musc. cut. ei Corac. brach. — | er Pect. \ j De TI(W costo-Sstern. corac. costo-cor. ac. sterno-corac. intt. Fig. 51. Halbschematische Darstellung des Plexus brachialis. OVI—CIX= Cer- vicalnerven, 7.L.=d. I Rumpfnerv, al—a® —= Ansa brachialis, I-VI. für die ulnare Seite des Vorderarmes und der Hand, während der profundus unter dem Flexor ulnaris distalwärts nach der Hohlhand zieht und hier in drei Nn. digitales zerfällt. 3b. Der Tibialis lateralis (7%b. 2. Fig. 38) bietet genau dasselbe Verhalten, indem er unter dem Gastroenemius distalwärts zur Fusssohle geht, um hier mit drei fibularen Nn. digitales zu endigen. Der von ihm abgehende Cutaneus crur. ventral. fibula- ris versorgt die Haut der lateralen Seite des Unterschenkels und des Fusses, hat also ganz dieselben Lagebeziehungen wie der Ulnaris superficialis am Vorderarm. Nachdem ich so die Homologie der Nerven des distalen Abschnittes zu präeisiren versucht habe, wende ich mich zu den Nerven des proximalen Abschnittes der Extremitäten. Um die complieirten Verhältnisse verständlich zu machen, verweise Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 669 ich auf Fig. 51 u. 52, wo die Nerven und die Plexusbildungen der beiden Extremitäten neben einander abgebildet sind. Man sieht, dass der Brachialis superior mit dem Coraco- scapularis dem Plexus lumbalis und der Brachialis inferior dem quad. lumb. Cut. fem. lat. ma). | = Pr. S. III (D 7 L BERSIIIA UT) 9 SCI) RL) S; (IV) AS! = & Dlio-pect. br. - S Cut. fem. lat. min. / HH = Obtuvat gez 0 RK Dem en IB BORSEIr N Tlio-pect. br. ae As. == 2)Pl.Iumbo-sacra 1. Peron, com--- Tlio-pect. long -- 3) Pl. sacro- ) Ri COCcCcyL. | Isch. tib. & 4 KR“ Se / Fig. 52. TER? j P De Bu Ä I Halbschemat. Darstellung des 23’/, / > Plexus lumbo-sacralis im wei- 37 7 / An teren Sinne. Pr. S.III.-—Pr.S. 3538 3 S En Zn S S ]. = Praesacralnerven I-II, "”IS% 5 N S = Sacralnerv, Pos. I-II = Ne = ix) =, So Postsaeralnerven I-II, a'—a® SRH N = Ansa lumbalis I—III, A1— 46 Sc —= Ansa sacralis I-VI, ol, = S Ansa coceygea I u. II. S 5 S — \ Tib. com: I 5: Po. S. ZI (VI) Plexus sacrococeygeus sehr ähnlich sind. Nur findet man am Plexus lumbalis den den III. und IV. Nerven des Plexus brachialis ver- bindenden Ram. communicans (d Fig.53) nieht vor, während bei dem Brachialis inferior die als Plexus lumbo-sacralis (= Pero- Archiv f. mikrosk. Anat. Bd, 51 44 670 Gakutaro Osawa: neus communis) zu bezeichnende Nervengruppe (Peron. com). ver- misst wird. Fehlte also am Plexus brachialis der Ram. commu- nicans zwischen dem III. u. IV. Nerven und an dem Plexus sacro-coceygeus der sog. Plexus lumbo-sacralis, so würden die Nerven und Plexus der vorderen wie der hinteren Extremität vollständig übereinstimmen. Der Supracoracoideus und Axillaris der vorderen Extremität fänden dann ihre Homologa in dem Obturatorius und den kleinen Haut- und Muskelnerven des Plexus lumbalis, der wesentliche Stamm des Brachialis superior im Femo- ralis und der Brachialis inferior endlich im Plexus sacro-cocey- geus. So würde dann Alles in schönster Harmonie sein. Dem ist aber in Wirklichkeit leider nicht so, und zwar schon deshalb nicht, weil die Fortsetzung des Brachialis superior distal in den Radialis übergeht, der, wie wir bei Betrachtung des distalen Abschnittes gesehen haben, dem aus dem Plexus lumbo-sacralis gehenden Peroneus vollständig homolog ist, und zweitens, weil der Femoralis, wie später gezeigt werden soll, den Museulo-euta- neus aus dem N. brachialis inferior ganz vertritt. Wie kann also nun dennoch die Homologie der beiden Nerven und Plexusse ermittelt werden? Zunächst müssen wir in Betracht ziehen, dass die Nerven der vorderen Extremität alle unter dem caudalen Scarpularrand zum Oberarm ziehen, während bei den Nerven der hinteren Ex- tremität ein Theil über den cephalen Rand und der andere unter dem caudalen des Beckens zu ihrem Bestimmungsort gehen. Die Nerven der hinteren Extremität müssen sich demnach in die vordere und hintere Gruppe theilen, und dies ist wohl der Haupt- factor, welcher an ihren Plexusbildungen Verwirrungen verur- sacht. Wie nun die Theilung der Nerven selbst vor sich geht, lässt sich natürlich nicht direet beobachten; es ist aber dennoch möglich, aus dem Plexus brachialis — einerlei, ob nun dieser Plexus eine primitive Stufe darstellt, oder nicht, den Plexus eruralis im weiteren Sinne (d. h. Plexus lumbalis + lumbo-sa- eralis + saero-coceygeus) durch Annahme der Theilung der ein- zelnen Nerven zu reconstruiren, wie das Schema (Fig. 53) es veranschaulicht. Man kann sich also die Umwandlung des Ple- xus brachialis in den Plexus eruralis folgendermassen vorstellen: 1. Der Hauptstamm des Brachialis superior trennt sich an der Stelle x von dem II. Nerven ab und zwar so, dass am Femı sup. Brach. (Peron) Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 671 vorderen Theilstück der Qutaneus brachii et antibrachii lateralis bleibt und mit dem II. Nerven in Zusammenhang steht, während alle anderen Aeste dem Hauptstamm, Radialis, folgen. SE ZESERRRRENTN I Brach. inf. (Tib.) Muse. cut. Fig. 53. Schema, welches die Umwandlung des Plexus brachialis in den Plexus lumbu-sacralis v eranschaulicht. 2. Die beiden vom U. und III. zum Brachialis inferior tretenden Rami eommunicantes zerfallen durch Längsspaltung in zwei Hälften, von denen je eine Hälfte die Tendenz hat, ent- weder nach vorn oder nach hinten zu ihrem Bestimmungsgebiet zu gelangen, a u. b z. B. stellen diejenigen Hälften dar, die bestimmt sind, über den cephalen Beekenrand zur vorderen Seite des Oberschenkels zu gehen und die ursprünglich dem Musculo eutaneus (Musc. cut.) gehören. Kämen sie also an die Stelle a’ und b’ zu liegen, so hätten wir genau dasselbe Verhalten vor uns, wie es der Femoralis (Fem.) des Plexus lumbalis darbietet. Der vom II. Nerven abgetrennte Hauptstamm, Radialis (ec) rückt nach hinten, um unter dem caudalen Beekenrand nach II IT "gulli III IV 672 Gakutaro Osawa: aussen zu treten, kommt dadurch mit den anderen Hälften der Rr. eommunicantes II und III (ce und c’), sowie mit dem Bra- chialis inferior (= Tibialis) zusammen und wird Peroneus. 4. Der R. ecommunicans (d), welcher früher den Nervus III mit IV in Verbindung setzte, schwindet. Es tritt aber ein gleicher (d‘) zwischen dem nach hinten gerückten Radialis und dem Brachialis inferior auf und ersetzt ihn. So ist die Umbildung des Plexus brachialis in den Plexus eruralis im Wesentlichen vollzogen. Der Brachialis superior wird der Peroneus und der Brachialis inferior der Tibialis. Der Cuta- neus brachii et antibrachii des Brachialis superior bleibt mit der- jenigen Nervengruppe zusammen, welche über den cephalen Beckenrand austritt, und zu dieser Gruppe tritt auch aus dem Brachialis inferior ein Zweig hinzu, welcher, ursprünglich den Musculo-eutaneus der vorderen Extremität darstellend, jetzt als Femoralis bezeichnet wird. Selbstverständlich kann die Umwandlung der beiden Plexus in der That sich anders vollziehen, als hier in groben Zügen erläutert worden ist, und ich will auch nicht behaupten, dass der Plexus eruralis durch die Umwandlung direet aus dem Plexus brachialis hervorgeht, da dieser selbst auch ein Differenzirungs- product einer primitiven Form ist. Dass aber eine Umordnung in den Elementen der beiden Plexus stattfindet und in Folge dessen auch die Verlagerung der einzelnen Nerven veranlasst wird, kann als sicher angenommen werden. Es wird dann vor allem der Museulo-eutaneus sein, der diesem Schieksal anheimfällt und sich in den Femoralis umwandelt. Dass er den Femoralis ver- treten muss, beweist das sonstige Verhalten der beiden Nerven, wovon weiter unten nochmals die Rede sein wird. Somit glaube ich, die Uebereinstimmungen der Verhältnisse an den Plexus der vorderen und hinteren Extremitäten selbst ermittelt zu haben, und nun fragt es sich, wie es mit den aus ihnen hervorgehenden Nerven steht? 1. Der Supracoracoideus (Supr. cor. Fig. 47) ist dem Ob- turatorius homolog !) (obt. Fig. 35). Die beiden gehen aus dem N. I und II hervor und treten durch das Foramen supracoracoi- deum resp. Obturatorium zu den einander homologen gleichna- \ 1) Vergl. Fig. 51, 52. (er) | Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. migen Muskeln an der vorderen Seite des Coracoid resp. Pubo- ischium. 2. Der Axillaris (ax Fig. 26 und cut. s. (a«x.) Fig. 47) ist dem Cutaneusfemoris lat. maj. homolog!) (cut. I. m. Fig. 49). Diese beiden entspringen wie die vorigen und verbreiten sich in der Haut der hinteren Schultergegend resp. der dorso-lateralen Seite des Oberschenkels. 3. Der Cutaneus brachii et antibrachii lateralis (cat. !. Fig. 47) ist dem Cutaneus femoris lateralis minor homolog (cut. I. m. Fig. 49). Sie gehen aus dem N. I, II und III,hervor und verbreiten sich in der Haut der lateralen Seite des Ober- und Vorderarmes resp. der lateral vorderen des Oberschenkels. Während der Cutaneus brachii et antibrachii lateralis ein grosses Gebiet zu versorgen hat, beschränkt sich die Verzweigung des Cutaneus femoris lateralis minor nur auf den Oberschenkel, welch letzterer sonst mehr vom Cutaneus femoris lateralis major versorgt wird. Der Unterschenkel, welcher also keinen Zweig von den beiden Cutanei femoris lateralis erhält, ist aber mit dem Peroneus super- fieialis versehen. Der letztere muss also ausser dem Cutaneus manus dorsalis des Radialis lateralis auch einem Theil des Cuta- neus brachii et antibrachii lateralis entsprechen, woraus ver- ständlich wird, warum der Peroneus superficialis viel stärker entwickelt ist als der entsprechende Cutaneus manus dorsalis. 4. Der Subscapulo-coraco-brachialis ist den Ileo- peetinei breves homolog?) Der erstere geht vom Brachialis superior zum gleichnamigen Muskel, während die letzteren aus dem Plexus lumbalis et lumbosacralis zu den Mm. pubo-ischio- trochanterieus internus und ischio-trochanterieus gehen. 5. Der Latissimus dorsi und dorsalis seapulae und die Rr. anconaei (latiss., dors., Rad, Fig. 26) sind dem Ileo-tibia- lis, Ileo-femoralis und Ileo-fibularis (öl. f., il. fe., il. fi. Fig. 35) homolog. Die genannten Nerven des Oberarmes gehen zu den dorsalen Scapularınuskeln und zum Anconaeus und sind alle Zweige des Brachialis superior, wie die entsprechende Nervengruppe des Öberschenkels solche des Peroneus darstellt und die gleichnamigen Muskeln versorgt. 1) und 2) Vergl. Fig. 51, 52. 674 Gakutaro Osawa: 6. Der Pectoralis, Coraco-brachialis und die Nervuli coraco-brachiales (pect., cor. br., cor. br‘. Fig. 27) sind dem Ischio-tibialis (Ischio-tib. Fig. 35) und dem Ileo-pectineus longus!) homolog. Der Pectoralis und Coraco-brachialis sowie die Nervuli coraco-brachiales entspringen vom Brachialis inferior und versorgen die Mm. pectoralis, coraco-brachialis, coraco-anti- brachialis (prox. Theil) und Supracoracoideus, ebenso wie die aus dem Plexus sacro-coeeygeus gehenden Zweige, Ischio-tibialis und Ileo-pectineus longus die Mm. ischio-tibialis postieus, Pubo-ischio- tibialis und pubo-ischio-trochanterieus externus innerviren. 7. Der Musculo-cutaneus (maus. cut. Fig. 27 und Fig. 48) ist dem Femoralis (Fem. Fig. 34 und saph. Fig. 50) homolog. Wie diese beiden Nerven an dem Plexus selber sich verhalten, haben wir schon oben ausführlich erörtert. Ihr ferneres Verhalten ist folgendes: Der Musculo-cutaneus giebt, nachdem er vom Brachia- lis inferior entsprungen ist, dem distalen Theil des M. coraco- antibrachialis, Humero-antibrachialis lateralis sowie inferior (= medialis) Zweige ab und tritt nach Durchbohrung des letzteren Muskels auf die Radialseite über, um sich in der Haut des Vorderarmes bis zur Hand zu verbreiten. Der Femoralis geht über den vorderen Beckenrand auf die vordere Seite des Oberschenkels, versorgt den M. extensor triceps femoris und den lleo-femoralis und läuft dann als N. saphenus subeutan entlang dem tibialen Rande des Ober- und Unter- schenkels bis zur ersten Zehe. Die beiden Nerven stimmen also in allem überein?). 8. Der Cutaneus brachii et antibrachii medialis (cut. m. Fig. 48) ist den Cutanei ventrales eruris (crur. tib. med., fib. Fig. 50) homolog. Der Cutaneus brachii et antibrachii medialis zerfällt, nachdem er sich vom Stamm des Brachialis inferior ab- getrennt hat, in drei Aeste, in den radialen, mittleren und ulna- ren, welche alle die Haut der Beugeseite des Vorderarmes bis zur Hand versorgen. Ihnen entsprechen an dem Unterschenkel die zwei Aeste des Tibialis lateralis, Nn. eutaneus eruris ventralis medius und 1) Vergl. Fig. 51, 52. - 2) Auch Stieda (275) hält die beiden betreffenden Nerven für homolog. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 675 fibularis, sowie ein Cutaneus cruris ventralis tibialis aus dem Tibialis medialıs. Der Cutaneus cruris ventralis fibularis vertritt andererseits auch den Ulnaris superficialis. Dieses ist ein ähnliches Verhalten, wie es der Peroneus superfieialis gegenüber dem Cutaneus bra- ehil et antibrachii lateralis sowie Cutanus manus dorsalis aufweist. Homologie der Nerven. Vordere Extremität Hintere Extremität l. Supra coracoideus 1. Obturatorius 2. Axillaris 2. Cutaneus fem. lat. ma). 3. Cutaneus brach. et anti- 3. Cutan. fem. lat. min. + Pero- brach. lat. neus superfiec. (partim) 4. Subscapulo-eoraeo-brach. 4. lleo-pectinei breves Latissimus | | 5. Dorsalis scapulae 5, "Heo-tibialis+lleo-femoralis+ Rami auconaei des Radialis| Neo-fibularis 6. Pectoralis | 6. (Isehio-tibialis Coraco-brachiales | |Heo-peetinei longi Museulo-Cutaneus Femoralis 8. Cutaneus brach. et anti- g, a eruris ventr. tibial. 1 1 brach. medialis 5 5 ” medius * E » fibular | (part.) 9. Radialıs 9. Peroneus a) lateralis a) profundus lat. b) medialis b) profundus med. ce) Cutaneus manus dorsal ce) superficial (partim) 10. Medianus 10. Tibialis medialis a) superficialis a) Ram. suralis b) profundus b) Tibialis medial 11. Ulnaris 11. Tibial. lateral a) superficialis a). NK Outan. Vlerur!’vente. fibul. (part.) b) profundus b) Tibial. lateral. 676 9: Gakutaro Osawa: Literatur-Verzeichniss. 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Dez. 1897) ist über einen von Prof. Stieda gehaltenen Vortrag: „Ueber die Homologie der Brust- und Beckengliedmassen“ referirt, und ich muss den genannten Redner mit voller Anerkennung be- grüssen, da er sich dahin ausgesprochen hat, dass die Flexoren des Oberarmes den Extensoren des Oberschenkels entsprechen, und dass man beim Vergleich beider Extremitäten von der pro- nirten Stellung des Vorderarmes ausgehen soll — eine Ansicht, die auch ich in der vorliegenden Abhandlung zum Ausdruck ge- bracht habe. Auch ich hatte eigentlich die Absicht, an dem genannten Congress theilzunehmen und den betreffenden Gegenstand zur Rede zu bringen, was aber wegen eines Hindernisses meinerseits leider nicht zustande kommen konnte; desshalb habe ich meine diesbezügliche Arbeit, deren Autoreferat schon in einer japan. Beiträge zur Anatomie der Hatteria punctata. 691 Zeitschrift „The Tokio medical Journal“ Nr. 1015, 18. Sept. 1897 erschienen ist, der Monographie über die Hatteria als Anhang hinzugefügt; und ich möchte hiermit nur meimer Freude Ausdruck verleihen, dass das gleiche Thema und die im wesent- lichen gleiche Ansicht von uns beiden durch einen sprachge- wandten deutschen Gelehrten den anwesenden Fachgenossen aus allen Nationen mitgetheilt worden ist. Freiburg ı. B., den 5. Januar 1898. G. Osawa. (Aus dem anatomischen Institut zu Bonn.) Histologische Untersuchungen über den Ein- fluss des Schneidens der Haare auf ihr Wachsthum. Von © W. Bischoff. Im Jahre 1893 veröffentlichte E. Remesow!) in St. Peters- burg eine Arbeit, in der er Untersuchuugen über den Einfluss des Schneidens der Haare auf ihr Wachsthum mittheilte. Er kam zu dem Resultat, dass das Schneiden das Wachs- thum der Haare befördert. Herr Professor Schieffer- deeker hatte die Güte, mich auf diese Arbeit aufmerksam zu machen und mich zu einer Prüfung der Resultate Remesow's zu veranlassen. 1) E.Remesow, Materialy k isutscheniju usslowi rossta woloss u shiwotnych. (Materialien zum Studium des Wachsthums der Haare bei den Säugethieren.) St. Petersburg 1893. Diss. inaug. 50 pp. m. 1 Taf. 692 GW.2Bischioff: Meines Wissens ist die Arbeit Remesow's der erste Ver- such, die in Rede stehende Frage auf histologischem Wege zu lösen. Remesow nimmt an, wenn das Schneiden das Haar zu stärkerem Wachsthum veranlasst, so müssen sich in dem Bulbus Veränderungen finden, die auf gesteigertes Wachsthum zurückzuführen sind. Der Autor schnitt seinen Versuchsthieren (Kaninchen und Hunden) an gewissen Stellen die Haare, exstir- pirte später die betreffenden Hautstücke und die entsprechenden der anderen Seite und fand bei der mikroskopischen Untersuchung, dass die Zwiebeln der geschnittenen Haare dicker waren, als die der unberührt gebliebenen Haare; ihre Zellen waren saftiger und grösser, und vor allem zeigten sich in den Zwiebeln der ge- schnittenen Haare bedeutend mehr Mitosen, also alles Zeichen gesteigerten Wachsthums. Als günstigste Methode bei dem Schnei- den erwies es sich, die Haare an drei Tagen hintereinander jedes mal um ein Drittel ihrer Gesammtlänge zu kürzen, so dass am dritten Tage die Haare bis dicht an die Haut entfernt waren. Nach weiteren fünf bis sechs Tagen wurden die Hautstücke mit den geschnittenen Haaren und ebenso die Controllstücke exstir- pirt. Es befanden sich dann die oben angegebenen Erscheinungen gesteigerten Wachsthums auf ihrem Höhepunkt. Noch mehr Mitosen fanden sich, wenn die Haare am dritten Tage nicht ge- schnitten, sondern rasirt wurden. Remesow erläutert diese Verhältnisse an einer Tafel. Man sieht zunächst die physiologi- sche Norm der Haarzwiebel eines Kaninchens. Die Zwiebel hat auf dem Bilde an ihrer breitesten Stelle einen Durchmesser von 2,8 cm, die Zellen sind relativ klein, Mitosen sind nicht vorhanden. Zweites Bild: die Haarzwiebel eines Kaninchens vier Tage nach dreimaligem Haarschneiden. Der Durchmesser der Zwiebel beträgt 3,1 cm, die Zellen sind grösser geworden, die Kerne dieker; man sieht zwei Mitosen. Die dritte Figur zeigt uns die Haarzwiebel eines Kaninchens sechs Tage nach dreima- ligem Haarschneiden. Der Durchmesser der Zwiebel beträgt 3,4 em; die Zellen sind noch grösser geworden, die Kerne prall- rund; man sieht acht Kerntheilungsfiguren. Aehnliche Zeich- nungen sind vom Hund angefertigt, nur ist die Anzahl der Mito- sen hier eine viel geringere. Sämmtliche Bilder sind gezeichnet nach Längssehnitten, die durch die mittlere Partie des Bulbus gelegt sind. Histologische Untersuchungen etc. 693 Ehe ich nun zu meinen Versuchen übergehe, möchte ich einiges über die Technik sagen. Theils aus Humanitätsgründen, theils um die Stücke möglichst lebenswarm einzulegen, hielt ich es für zweckmässig, die Thiere nicht zu tödten, sondern in Nar- cose zu operiren. Ich habe Chloroform und Aether versucht. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, dass die Thiere, speciell Hunde, das Chloroform viel schlechter vertragen als der Mensch, fand ich, dass bei vorsichtiger Anwendung des Chloroforms (man braucht ca. 2—4 cem, um ein Thier in der Grösse eines mässi- gen Kaninchens 15—20 Minuten in Narcose zu halten) die Ge- fahr eine sehr geringe ist, dass dagegen der Aether, ebenso wie beim Menschen, sich in vielen Beziehungen als sehr unangenehm erweist. Auf eine Desinfeetion des Operationsfeldes durch Ra- siren und Bürsten musste ich natürlich verzichten, da die Mög- lichkeit einer Beeinflussung der Haarzwiebel durch diese Behand- lung nicht ausgeschlossen erschien. Indessen wurden im übrigen die Vorschriften der Antisepsis befolgt. Die durch die Exstir- pation entstandenen Hautwunden wurden vernäht und mit Der- matol oder Jodoform bestreut. Bei dieser Behandlung heilten fast alle Wunden ohne Verband per primam und anscheinend ganz schmerzlos. Einige Schwierigkeiten bietet die Operation nur bei Exstirpation der Tasthaare. Die Bulbi liegen hier nahe an der Schleimhaut. Die Blutung ist ziemlich stark. Da durch die Naht die Oberlippe in die Höhe gezogen wird, so sind die Thiere für die ersten zwei bis drei Tage im Fressen etwas be- hindert; sehr bald aber gewöhnen sie sich daran. Auch nähert sich die verzerrte Oberlippe allmählich wieder der normalen Form; nach ca. 2 Monaten war sogar von einem Offenstehen des Maules nichts mehr zu bemerken. Nach Exstirpation der Hautstücke wurden dieselben mit Igelstacheln auf kleine Korkplättehen ausgespannt, um die meist sehr starke Contraetion und Umkrempelung zu verhindern. Dies muss sehr schnell geschehen, damit die Objekte möglichst bald in die Fixirungsflüssigkeit kommen. Schon wenige Minuten ge- nügen manchmal, wie ich dies selbst beobachten konnte, um die Mitosen undeutlicher zu machen. Remesow wählte als Fixi- rungsflüssigkeit Sublimat; ich habe die Zenker'sche Flüssig- keit angewendet. Die Präparate verweilten in derselben 24 Stunden, dann wurden sie ebenso lange in fliessendem Wasser 694 BIWIBISChArtkt: ausgewaschen, dann gehärtet in steigendem Alkohol mit Zusatz von Jodtinetur, dann Alkohol 96/, ohne Jodzusatz. In diesem kann man die Präparate beliebig lange aufbewahren. Ganz besondere Schwierigkeiten machte die Einbettung der Präparate. E. Remesow schreibt in seiner Arbeit, er habe ein halbes Jahr gebraucht, um eine passende Methode zu finden. Er ist zu dem Resultat gekommen, dass Celloidin vollständig unbrauchbar sei, für die Paraffineinbettung hat er eine besondere Methode ausgearbeitet. Aus dem Alkohol 96°/, kommen die Präparate in Aleoholk absolutus ". PP. Er ee eeebanen AnilmöltoderNelkenöl uns ne een Rylols u. AH. . Al! 924 Biunden Gesättigte Lösung von Poren in Xylol ‚hei 45° Cels. 24 Stunden Geschmolzenes Paraffin von 55°—56° Cels. Schmelz- punkte paul, Pa Nein ce Einbetten in dasselbe Paraffin. Ich habe diese Methode angewendet, habe sie modifieirt, habe alle gebräuchlichen Methoden der Paraffineinbettung ver- sucht, das Resultat war immer das gleiche: die Präparate liessen sieh nicht schneiden, obgleich ich die verschiedensten Wärme- grade beim Schneiden angewendet habe. Nach vielen fruchtlosen Versuchen bettete ich in Celloidin ein und zwar mit sofortigem Erfolg. Meine Methode war folgende. Aus dem Alkohol 96°, kommen die Präparate in Aleohol absolutus . . . , ee Dear Alcohol absolutus, Aether reiene aan Stunden Collodium duplex in verschlossenem Glase . . ca. 12 Tage. Dann stellt man die Präparate in mit Collodium duplex gefüllten Schälchen mit nicht fest schliessendem Deckel auf, so dass das Collodium verdunsten kann. Entsprechend der fort- schreitenden Verdunstung giesst man Tag für Tag eine Celloidin- lösung nach, bis die Präparate schnittfähig geworden sind. Auf- bewahrung in Alcohol 70°/,. Die Procedur des Abdunstens muss lange dauern, 4—6 Wochen und länger. Gute Präparate erhält man auch mit der Gefriermethode mittelst Oleum Anisi. Indess ist für länger andauernde Arbeiten diese Methode nicht anzu- rathen, da der Dunst des Aethers und des Anisöls auf die Dauer sehr unangenehm ist. Die Celloidineinbettung hat aller- Histologische Untersuchungen etc. 695 dings den Nachtheil, dass man keine sehr feinen Schnitte her- stellen kann. Dies ist aber nicht schlimm; die Mitosen sind auch bei etwas diekeren Sehnitten — meine Schnitte haben eine Dicke von ca. 0,02 bis 0,025 mm — gut erkennbar. Als bestes Kernfärbungsmittel habe ich übereinstimmend mit Remesow Alauncarmin gefunden. Mit den verschiedenen Hämatoxylinen habe ich lange nicht so scharfe Bilder erhalten. Die Schnitte wurden erst ausgewässert und dann für 24 Stunden in eine Mischung von concentrirter Alauncarminsolution nach Grenacher (Dr. Grübler, Leipzig) und Aqua destillata zu glei- chen Theilen gelegt. Ueberfärbung tritt nicht en. Dann wird in reichlich Wasser !/,—1 Stunde — nicht länger — entfärbt. Dann Alcohol 96°/,, Oleum Origani, Damarlack. Bei dieser Be- handlung färben sich die Kerne roth, dieMitosen tief dunkel- roth, fast schwarz. Diese auffallende Färbung erleichtert das Auffinden der Mitosen bedeutend. Bei meinen Untersuchungen benutzte ich als Versuchsthiere Hunde, Kaninchen, Katzen und ein Schwein. Das Schwein ver- danke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Professor Hagemann von der Landwirthsehaftlichen Academie zu Bonn-Poppelsdorf. Als Schnittstelle wählte ich nach dem Vorgange Remesow s den Rücken, weil dieser vor Berührungen, die neue Reize hinzu- fügen könnten, am meisten geschützt ist. Die T’hiere befanden sich während der Versuche unter denselben Lebensbedingungen wie gewöhnlich, nur wurden sie natürlich separirt und so unter- gebracht, dass ein Scheuern der geschnittenen Stellen möglichst ausgeschlossen war. Einige Versuche sind mir misslungen. Legt man nicht so- fort nach der Exstirpation ein, so färben sich die Mitosen nicht scharf und sind undeutlich. In der Mauser und in der Schwanger- schaft fallen die Haare stark aus; man findet keine Zwiebeln. Ferner ist zu beachten, dass man nieht zu oberflächlich exstir- piren darf, sondern bis auf die Faseie gehen muss, da die Pa- pillen manchmal tief im Fett stecken. Einen Theil meiner Versuche ordnete ich so an, dass ich die Methode Remesow ’'s anwendete, die er als die günstigste bezeichnet. Ich kürzte also an drei Tagen in Zwischenräumen von je 24 Stunden die Haare an einer bestimmten Stelle des Rückens um je ein Drittel ihrer Gesammtlänge. Am dritten Tage 696 BOWERBNIsterhlorkt: war also das ganze Haar abgeschnitten. Nach fünf Tagen wur- den die Hautstücke exstirpirt. Als Controllpräparate wurden jedesmal die genau symmetrisch liegenden, ganz normal gebliebenen Stellen der anderen Rückenhälfte genommen. Beim Vergleich der Präparate der geschnittenen Seite und der normalen Seite zeigte sich folgendes. Ein Grössenunterschied zwischen den Zwiebeln der geschnittenen und der ungeschnittenen Seite liess sich nicht finden, wohl aber variürten die Bulbi innerhalb eines jeden einzelnen Schnittes sogar bedeutend hinsichtlich ihrer Grösse. Ebenso konnte ich mieh nicht davon überzeugen, dass die Zwiebelzellen auf der geschnittenen Seite grösser und saftiger waren, als auf der normalen. Diese Angaben gelten auch für die weiter unten zu beschreibenden Versuche. Was die Mitosen angeht, so ist zu bemerken, dass meine Schnitte, ebenso wie dieRemesow’s, Längsschnitte sind — soweit sich solche bei dem meist nicht geraden Verlauf der Haare herstellen lassen — und eine Dieke von ca. 0,02—0,025 mm haben. Um möglichst genaue Resultate zu bekommen, war es nothwendig, nur eine bestimmte Parthie der Zwiebel zu unter- suchen. Ich habe die Schnitte ausgewählt, auf denen die Binde- gewebspapille ganz zu sehen war. Aus einer Reihe von Zäh- lungen wurde dann die Durchschnittszahl der Mitosen für einen solchen Schnitt berechnet. Diese Durchschnittszahl wurde ab- gerundet; Werthe unter...,5 wurden abgezogen, von ...,D ab wurde die nächst höhere Zahl angenommen. Dass man nur durch den Vergleich von Durchschnittszahlen ein richtiges Resultat er- halten kann, geht aus der grossen Differenz der extremen Zahlen hervor. Aus der Tabelle I ergibt sich nun, dass in keinem Falle auf der geschnittenen Seite mehr Mitosen gefunden wurden. In drei Fällen sind beiderseits gleich viel Mitosen. In zwei Fällen sind mehr Mitosen auf der normalen, als auf der geschnit- tenen Seite. Die Vergleichung der extremen Zahlen ergibt unter zehn Fällen drei, in denen die Zahl der Mitosen auf der ge- schnittenen Seite um je eins überwiegt. In den anderen Fällen entspricht die Anordnung der extremen Zahlen den Durehschnitts- zahlen. Auch lässt sich bei der grossen Differenz zwischen Ma- ximum und Minimum wohl kaum ein Schluss aus diesen drei Fällen ziehen. Die Einzelheiten sind aus der Tabelle zu ersehen. Histologische Untersuchungen etc. 697 Tabelle 1. Die Haare wurden in drei Abschnitten bis zur Haut entfernt. \Abgerun- N .. _dete |Maximal- Minimal- is RAN (Gre- Zahl der | Durch- | 1er ehand- | ; Z: ER sammt- , unter- | Schnitts- | za a und Tlungsme- zahl | zahl der! suchten. eu 2, Alter thode eh Bulbi ‚für einen Längsschnitt aus ı Mitosen ubl | der mittleren Partie eines | | Bulbus 1 Hund | gesehn, | 14227 7177807 | ER ER ER a! “| 8°Jahre | norm. | 135 30 ° | 5 ERVETTURO : Finnd:zeschu,, ın Erle alt los er Se = Wale Jahr norm: re 4 S) 1 Sl Hund, |.gesehn. | nteg 130 Fler nn “ [2 Jahre | norm. | 249 30 6) 18 3 4 Katze | geschn. HB] TE IH 8 u “ |8 Monatel norm. | 112 | 30 e! 7 | 1 5 Schwein | geschn. 175 185 A12510 er Re Ra er “ 121/,Mon.| norm. | 21 Re ea | 22 Werden die Haare am dritten Tage des Schneidens auch noch rasirt, so müsste dies nach Remesow eine ganz beson- dere Menge von Mitosen hervorrufen. Ich habe daher auch einen solehen Versuch gemacht und ebenso wie bei den anderen, fünf Tage nach dem Schneiden die Zwiebeln untersucht. Dass das Resultat mit dem der ersten Versuche übereinstimmt, zeigt Tabelle II. Tabelle II. ‚Abgerun- | | ärdete |Maximal-| Minimal. BR N ee Zahl der | Durch. Maximal ı Minimal hier ehand- ep za zZ | a sammt- | unter- | an a zanıl un ungsme- zahle) 5 zahl der | suchten ae VE = Alter thode R Bulbi für einen Längsschnitt aus | Mitosen uDl der mittleren Partie eines | Bulbus | geschn. | | | Hund undee 72140 5 | 6 13 | 2 2 Jahre | rast | we Mader norm. 140, | SEN | 6 12m 2 698 GW. Bischoff: Die direkte Reizung der Haut war also nicht von Erfolg. Die nun folgenden auf Tabelle III, IV und V beschriebenen Versuche waren eigentlich die ersten, die ich machte, da ich zu- nächst die Resultate Remesow's als richtig annahm. Erst dureh die Ergebnisse dieser meiner modifieirten Versuche wurde ich veranlasst, die Versuche Remesow’s nachzuprüfen. Da diese Nachprüfung ganz andere Resultate ergab, als Remesow sie erhalten hatte, so traten diese Versuche in den Vordergrund und ich habe sie daher als die wichtigeren zuerst angeführt und die zeitlich früheren, auf Tabelle III, IV und V dargestellten Ver- suche erst in zweiter Linie erwähnt, da sie nur insofern einen Werth haben, als sie die Richtigkeit meiner Beobachtungen bei den auf Tabelle I und II beschriebenen Versuchen bestätigen. Die Resultate Remeso ws legten den Gedanken nahe, dass irgend ein Theil des Haares den durch das Schneiden gesetzten Reiz auf die Zwiebel fortpflanze. Wenn ein Theil überhaupt noch dazu geeignet war, so konnte dies am ersten das Mark sein. Liess sich aber eine Fortpflanzung des Reizes durch das Mark nachweisen, so war damit zugleich ein Schritt zur Lösung der Frage gethan, ob das Mark als lebende Substanz anzu- sehen sei. Da das Mark in den Haaren desselben Thieres meist in derselben Höhe endigt, so war es möglich, das Schneiden so einzurichten, dass das Mark gar nicht oder nur ausnahmsweise getroffen wurde. Verhielt sich dann bei den so behandelten Thieren die geschnittene Seite zur normalen, als wenn sie ganz unberührt geblieben wäre — während sonst die vonRemesow beschriebenen Veränderungen auftraten —, so liess dies auf eine Fortleitung des Reizes durch das Mark schliessen. Ich habe also bei einigen Thieren den Versuch so angeordnet, dass ich an drei Tagen hintereinander jedesmal ein Stückchen des ober- halb des Markes liegenden Theiles des Haarschaftes entfernte und dann, wie früher, nach fünf Tagen die Zwiebel untersuchte. Aus Tabelle III ist zu ersehen, dass hier ganz ähnliche Resul- tate erzielt wurden, wie bei den ersten Versuchen. Um einen bei den relativ kurzen Körperhaaren eventuell möglichen Hautreiz auszuschliessen und nur das Mark zu reizen, machte ich Versuch 2 in Tabelle IV. Ich wählte ein Thier, bei dem das Mark in den Tasthaaren, die sich für Histologische Untersuchungen etc. 699 Tabelle III. Haare .nur oberhalb des Markes geschnitten. Abgerun- : dete |Maximal- | Minimal- Thier | Behand- | ra a “ Durch- | sammt- | unter- | sehnitts-| zahl | zahl und ılungswme-| | zahl | zahl der | suchten euer —— Alter thode Mi Bulbi für einen Län&eschnitt aus ıtosen | ulDl der mittleren Partie eines | Bulbus 1 Hund ‚geschn. we iE% 30 | ei) 8 I 1 ; 3 Jahre norm. | 160 | 30 5 14 2370 ragen ame | 2 Jahr |" norm. | 2] 530 [4 8 1 | Katze | geschn. | 102 | 30 3 TREND Be Monate]| norm. | 12 | 30 4 TOR, 0 4 | Sal geschn. | 225 5 30 | 8 I 13 X 3 e : 12% Mon.| norm. 261 | 30 | 9 | 14 | ER dies Experiment ihrer Länge wegen am besten eigneten, bis zur Haarspitze ging. Diesem Thier entfernte ich nun die obersten Partien — etwa 1—1!/, em — des Haares. Es wurde also das Mark getroffen, ein Hautreiz dagegen war ausgeschlossen. Aber auch dieser Versuch gab keinen Aufschluss: die Anzahl der Mitosen war beiderseits gleich. Auch an Tasthaaren habe ich ähnliche Versuche, wie die auf Tabelle I und III dargestellten gemacht mit ähn- lichem Erfolg (Tabelle IV). Hier findet sich sogar in einem Falle als Dnrehsehnittszahl für die normale Seite 26, während die geschnittene nur 17 aufweist. In Tabelle V ist ein Versuch durch Zahlen demonstrirt, der die Merkwürdigkeit zeigt, dass die geschnittene Stelle nicht nur weniger Mitosen aufweist, als die symmetrische Controlstelle, sondern dass sogar dicht neben der geschnittenen Stelle mehr Mitosen vorhanden sind, als in der geschnittenen Partie. Dass in Bezug auf die Grössenverhältnisse ete. der Zwiebeln und der Zwiebelzellen bei keiner Art der Versuchsanordnung ein Unterschied zu constatiren war, habe ich bereits oben er- wähnt. 700 CHFWABiISehort: Tabelle IV. Tasthaare. Sr fi Terre Ans 2 re Zah! der „de Ss Maximal- | Minimal- Bee | % ä ze ““ Durch- A and | sammt- | unter- | Schnitts- zahl zahl und lungsme- | | zahl | ‘zahl der | suchten E — Alter thode | Mit Bulbi ' für einen ne aus itosen Bulbi der mittleren Partie eines | | Bulbus nur d. | | | Kanin- mark- | | 9) a 139,4 12 m | 4 7 pitzen | | 11/, Jahr | geschn. | | | | One Peter | Inn ER! norm. 310 12 26 38 19 ' Kanin- | nur d. | | | markhal-ı | | | 5 chen tigen? 183770) 12 | 7 15 3 | 1 Jahr | Spitzen | | IS Mi geschn. ur a | | | IN ei OB l,Enorm: BER DRG BER TCHER, ac: dr Ko ER ERFRETTUN ARERE il ee Katze ganz 2 B) geschn 241 15 16 20 10 3 Mon. 7 ER [5 else = "3 Su norm. 232, 15 | 16) 20 | 10 Tabelle V. EI \ | inigel) zaniaerin ge ‚Maximal- | Minimal- | or Be x Urch— | | Thier | Behand ne ee keknitie: zahl | zahl | und |[lungsme- | ı zahl | ‚zahl der | suchten Ian Fern, EN nr Alter thode le | Bulbi ' für einen Längsschnitt aus | Ir oBen U DSF der nitblerem Partie em | | | Bulbus l | norm. | dichtes | : 4 | SR ne | a Ce a © geschn. | | RENNENS] 1 re EEE Fr FR ra Re En VONm ea = 00: 077977 geschn. | IB 30 6 | Hl 0 | norm. ı 1229.) ot erng, Er TR | Histologische Untersuchungen etc. 701 Aus diesen Versuchen geht also hervor, dass weder durch direete Hautreizung, noch durch Reizung des Haarmarks ver- bunden mit Hautreiz, noch durch isolirte Reizung des Marks sich Resultate erzielen liessen, wie Remesow sie beschreibt. Es entsteht nun die Frage, wie der Widerspruch zwischen diesen Angaben und denen Remesow's zu erklären ist. Viel- leicht kommt hier der Umstand in Betracht, dass Remesow, wie es scheint, keine eingehenden und vergleichen- den Zählungen gemacht hat, also auch keine Durchschnitts- zahlen angeben konnte. Letzteres scheint mir desshalb von Wichtigkeit zu sein, weil, wie aus meinen Tabellen hervorgeht, die Differenz der extremen Zahlen eine ziemlich beträchtliche ist. Flemming!), der 1884 zuerst die mitotischen Zellthei- lungen in den Haarzwiebeln (von alten Meerschweinchen und Kaninchen) nachwies, spricht in seiner Arbeit die Ansicht aus, die Mitosen seien wohl deswegen nicht schon früher gesehen worden, weil die Fixirungs- und Färbungsmethoden der früheren Beobachter unzweckmässig gewesen seien, oder weil die Objecte nicht frisch genug eingelegt worden seien. Nach den Angaben in- dessen, die Remesow in seiner Arbeit über seine Untersuchungs- methoden macht (s. o.), scheint mir dieser Grund für die Erklä- rung der Differenz zwischen den Resultaten Remesow’s und den meinigen nicht in Betracht zu kommen. Auffallend ist jedenfalls, dass Flemming in Schnitten (von 1—4 Zellen Dieke) von normalen Haarzwiebeln eine bis sechs . und häufig noch mehr Mitosen fand, während Remesow eine relativ sehr geringe Anzahl von Mitosen angibt. Auf seiner Ab- bildung des Schnittes von einer normalen Haarzwiebel findet sich keine Mitose; auf der Abbildung des Schnittes durch eine Haarzwiebel, die sich in nach Remesow’'s Ansicht stark ge- steigertem Wachsthum befindet, sind acht Mitosen zu sehen?). Wenn ich nun auch die Resultate Remesow ’'s nicht be- stätigen kann, so halte ich es doch nicht für unmöglich, resp. noch nieht für bewiesen, dass das Schneiden der Haare keinen 1) Flemming, Zelltheilungen in den Keimschichten des Haares. Monatshefte f. pract. Dermatol. III. Bd. p. 129. 1884. 2) Er fand nur hin und wieder, bei weitem nicht in jeder Zwiebel Mitosen. So viele Mitosen, wie nach gut gelungenen Schnittversuchen, fand er niemals in einer normalen Zwiebel. Arch, f, mikrosk, Anat. Bd, 51. 46 702 C. W. Bischoff: fördernden Einfluss auf ihr Wachsthum ausübt, da auch von physiologischer Seite dieselbe Ansicht vertreten wird, die Reme- sow ausspricht. So hat Berthold!) durch Messungen der Haare ein stärkeres Wachsthum nach dem Schneiden beobachtet; Moleschott?) erhielt durch Wägungen dasselbe Resultat. Sollten in diesen Arbeiten keine Fehlerquellen enthalten sein und sollten die Resultate Berthold’s und Moleschott’s von physiologischer Seite weitere Bestätigung erhalten, so wäre der Umstand, dass trotzdem auf beiden Seiten gleichviel Mitosen sich finden, vielleicht so zu erklären. Es findet ein Reiz statt, der das Haar zu stärkerem Wachsthum antreibt; es müssen also in der Zeiteinheit mehr Zellen zu Haarzellen werden. Für diese müssen neue Zellen eintreten; diese entstehen durch mitotische Theilung aus den unteren Zellschichten der Zwiebel. Hierbei tritt in Folge des Reizes nun aber gleichzeitig eine Beschleu- nigung des mitotischen Vorganges ein. Wenn wir dies annehmen, so ist eine grössere Production von Zellen möglich, ohne dass desshalb in der Zeiteinheit sich mehr Mitosen auf- finden lassen als normaler Weise. Freilich lässt sich gegen diese Annahme einwenden, dass sie bis jetzt nicht zu beweisen ist, und dass man bisher für die Zellen derselben Gewebsart eine bestimmte feststehende Zeit für die Dauer einer Mitose angenommen hat, denn man hat aus der Vermehrung der Mitosen stets auf eine grössere Intensität der Zellbildung ge- schlossen. Dieser Schluss würde nieht mehr ohne Weiteres für alle Fälle angängig sein, wenn eine Beschleunigung des mito- tischen Vorganges möglich ist. Einen Beweis für die Richtig- keit der einen oder der anderen Annahme beizubringen, dürfte wohl sehr schwer sein. Gegen die Annahme einer solchen Beschleunigung des mito- tischen Vorganges würden die von mir erhaltenen Zahlen aller- dings insofern sprechen, als es sehr merkwürdig wäre, wenn die Beschleunigung gerade in dem Maasse stattgefunden hätte, dass durch dieselbe die grössere Anzahl der Mitosen ausgeglichen worden wäre. 1) Berthold in Müller’s Archiv 1850, pag. 158. 2) J. Molesehott, Ueber das Wachsthum der Horngebilde des menschlichen Körpers. In: Untersuchungen zur Naturlehre von Jac. Moleschott, Bd. XII, 1881, pag. 187. Histologische Untersuchungen ete. 703 Sollte das Schneiden wirklich einen Einfluss ausüben, so wäre dieser, glaube ich, am ersten zu erklären durch eine Rei- zung der Hautnerven, vielleicht der Vasodilatatoren. So fand Arnstein!) an Kaninchenohren starke Hyperämie nach dem Rasiren, die Stunden lang andauerte. Die Hyperämie würde dann bessere Ernährungs- und Wachsthumsverhältnisse der Zwiebel- zellen bedingen; die Theilung derselben würde beschleunigt werden und so das Haar stärker wachsen. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen lassen sich in fol- gende Sätze zusammenfassen: Remesow beobachtete in den Zwiebeln von beschnittenen Haaren Erscheinungen gesteiger- ten Wachsthums: Vergrösserung der Haarzwiebel, Grösser- und Saftigerwerden der Zellen, Auftre- ten zahlreicher Mitosen. Weder durch gleiche Anordnung der Versuche, noch dureh Modifica- tionen derselben habe ich ähnliche Resultate erzielen können. Es istdaher wahrscheinlich, dass dasSchnei- den der Haare keinen Einfluss auf das Wachs- thum derselben ausübt. Es folgt daraus weiter, dass das Haar nicht fähig ist, einen Reiz weiter- zuteiten. Mit Vergnügen ergreife ich diese Gelegenheit, um Herrn Professor Schiefferdecker meinen herzlichsten Dank auszu- sprechen für die mannigfache Anregung und Förderung, die er mir bei meinen anatomischen Studien und speciell bei Anfertigung dieser Arbeit hat zu Theil werden lassen. Ebenso fühle ich mich Herrn Geheimrath Freiherr von la Valette St. George zum grössten Dank verpflichtet, der mir in liebenswürdigster Weise mehrere Semester hindurch einen Platz im Bonner anato- tomischen Laboratorium zur Verfügung stellte. 1) C. Arnstein, Die Nerven der behaarten Haut. Sitzungsber. der Kaiserl. Acad. d. Wissenschaften Math.-naturw. Classe, Bd. 74, 3. Abth., Wien 1877, pag. 208. 704 Ueber das Fehlen einer Querschichtung in den Kernen der menschlichen Stäbchensehzellen!'). Von W. Flemming, Prof. in Kiel. Die Querschichtung der „äusseren Körner“ ist bekanntlich von Henle (1864)?) entdeckt, und weiter vielfach, so von Ritter?), Krause?®, Schwalbe?°), Dennissenko®) und mir selbst?) untersucht worden. Henle, Ritter und Krause allein sind es, so viel ich finden kann, die in Bezug darauf über positive Befunde beim Menschen berichten, von denen alsbald die Rede sein soll. Ich hatte am eben eitirten Orte (1882) den Bau der Stäbehenkerne bei der Katze, dem Kaninchen und Meerschwein geprüft. Ich fand die Querschiehtung bei allen diesen Thieren, sowohl am frischen zerzupften Objeet, als nach Fixirung mit ver- schiedenen Reagentien und Färbung ganz deutlich ausgesprochen, besonders augenfällig bei der Katze. Die Angabe W. Krause’s, dass die Schichten wie kleine Uonvex- oder Öoncavlinsen mit ganz regelmässig gestalteten Flächen geformt seien, fand ich nicht 1) Vorläufig mitgetheilt im physiolog. Verein zu Kiel, Sitzung vom 12. Juli 1897, 3. Münchener med. Wochenschrift Nr. 41, 1897, pag. 1153. 2) Göttingische gel. Anzeigen 1864, 1, pag. 119, und ebenda 1864, 2, pag. 305; ferner in Henle’s Handbuch d. Anat. Eingeweide- lehre 1873. 3) Arch. f. Opthalmologie, Bd. 11, 1865, p. 83. 4) Handbuch der menschl. Anat., allg. Anat. p. 161, Der (bei Schwalbe, s. u., eitirte) Aufsatz Krause’s: Die membrana fenestrata der Retina, Leipz. 1868, war mir hier nicht zugänglich. 5) Schwalbe, Mikrosk. Anat. der Netzhaut, des Sehnerven und des Glaskörpers, in: Handb. d. Ophthalmol. v. Graefe u. Saemisch, Bd. 1, p. 420—421. — Derselbe: Lehrbuch der Anatomie der Sinnes- organe, 1386, p. 106. 6) Arch. f. mikr. Anat. Bd. 19. 7) Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung 1882, p. 114—121. Ueber das Fehlen einer Querschichtung in den Kernen ete. 705 bestätigt; die Flächen sind sehr vielfach uneben und es gehen sogar hie und da brückenartige kleine Fortsätze von einer zur anderen Schicht hinüber, wie dort beschrieben ist. Die Quer- schichten sind stark färbbar; es handelt sich eben einfach darum, dass die ehromatinhaltige Substanz im Kern in zwei bis drei diehte Schichten zusammengedrängt liegt. Die Meinung Den- nissenko’s, nach der die Querstreifen nicht ganz durch die Kerne hindurchreichen und sogar nur einseitig liegen sollen, trifft nach meinen Untersuchungungen nicht zu. Für Näheres hierüber verweise ich auf meine dort gegebenen Abbildungen und den Text. Die Existenz von Nucleolen, die ich damals gleich- falls beschrieb, ist ganz sicher und ich habe sie seitdem mehr- fach, unter Anwendung von Osmiumsäure, bestätigen können. Sie ist übrigens schon früher von W. Krause!) angegeben. Die Vermuthung MaxSchultze’s?), dass die Querschich- tung der Stäbchenkerne lediglich eine Leichenerscheinung sei, ist nach meiner Untersuchung an ganz frischen Retinen gewiss nicht aufrecht zu erhalten. Schon Max Schultze hatte an diesen Stellen gesagt und Schwalbe?) hatte es bestätigt, dass die Querschichtung auf die Stäbehenkerne der Säugethiere beschränkt, bei Amphibien, Reptilien, Vögeln nichts davon zu sehen sei. Ich habe es (a. a. ©.) bei Amphibien ganz ebenso gefunden, und mir ist auch seitdem keine Angabe bekannt geworden, die‘dem widerspräche. Uebri- gens hat schon Ritter (a.a.O.p. 98) nach Untersuchung bei verschiedenen Vögeln und vielen Fischen es wahrscheinlich ge- funden, dass die Erscheinung nur bei Säugethieren vorkommt. Der menschlichen Retina aber schreibt Schwalbe an der erwähnten Stelle die Querschichtung zu und ebenso thun es andere neuere Schriftsteller. Da aber hierbei keine eigenen Befunde angeführt werden, so möchte ich annehmen, dass diese Autoren sich dabei auf diejenigen von Henle, Ritter und Krause bezogen und verlassen haben *). 1) Allgem. Anatomie 1876, p. 161; gleichfalls nach Osmiumprä- paraten. 2) Die Retina. Strieker’s Handbuch der Gewebelehre, p. 955; vergl. auch Arch. f. mikr. Anat. Bd. 2, p. 219. 3) Mikrosk. Anatomie der Netzhaut ete. in: Graefeu. Saemisch’ Handb. d. Ophthalm., p. 421. 4) Denn die Stelle bei Schwalbe (Mikrosk. Anat. des Seh- 706 W. Flemming: Ich habe seit jenen meinen Arbeiten gesucht, mir für diesen und andere Zwecke ganz frische menschliche Bulbi zu verschaffen und die Retina sofort zu fixiren, und habe durch die Güte meines Collegen Völekers, sowie von anderen Seiten nach und nach eine ziemliche Anzahl soleher erhalten. Meistens habe ich die Retina so fixirt, dass am hinteren Theil des Bulbus ein Selera- gürtel möglichst rasch abpräparirt wurde, was bei einiger Uebung in wenigen Minuten gelingt, und dann das ganze Auge in Chrom- osmiumessigsäure, Osmiumsäure, Alkohol oder !/,procentige Chrom- säure geworfen wurde. Von ganz frischen Augen habe ich in solcher Weise drei mit Chromosmiumessigsäure, zwei mit Osmium- säure, drei mit Alkohol und eins mit Chromsäure fixirt, ausserdem mehrere längere Zeit post mortem. Bei all diesen Augen habe ich nun, nach Einbettung, Schnitt und Färbung in verschiedener Weise). niemalseine Spur von Querschichtung an den Stäbcehenzellenkernen der Betinarza Gesicht bekommen. An den Präparaten aus Osmiumge- misch zeigen diese Kerne scharfausgesprochene, gut färbbare chromatische Gerüste. Die Osmiumsäurepräparate gewähren ent- weder, nur etwas undeutlicher und verwaschener, dasselbe Bild, oder die Stäbehenkerne sehen daran homogen aus und zeigen sehr blasse Nucleolen, was also der gewöhnlichen Osmiumsäure- wirkung auf Zellkerne entspricht?). An den Alkohol- und Chrom- säurepräparaten sind die leicht geschrumpften Stäbchenkerne, bei Hämatein- oder Carminfärbung, entweder gleichfalls netzig, oder sehen fast homogen aus; von irgendwelcher Schichtung aber ist auch in ihnen durchaus nichts zu entdecken. Dies muss um so mehr Wunder nehmen, als nach meinen bisherigen Erfahrungen die gleichen Behandlungen bei anderen Thieren die schönsten Bilder von Querschichtung der Stäbchenkerne nerven etc. p. 420), nach welcher er die Querstreifung an ganz frischen Präparaten deutlich wahrgenommen hat, kann sich wohl auf Thier- augen beziehen. 1) Meistens Stückfärbung mit Hämatein oder Alauncarmin, Pa- raffıin; ausserdem Saffranin- und Carminfärbungen an Celloidinprä- paraten. 2) Bei diesen Kernen giebt die Osmiumsäure nur dann, wenn sie kurz oder mehr verdünnt wirkt, das Resultat, dass der Kern klar aussieht und Nucleolen zeigt (vergl. oben); bei stärkerer oder längerer Wirkung wird er, wenigstens häufig, netzig. Ueber das Fehlen einer Querschichtung in den Kernen ete. 707 liefert: bei Schnitten von Katzenretinen z. B., die mit Chromos- miumessigsäure fixirt und mit Safranin gefärbt sind, ist solche schon bei mittelstarker Vergrösserung auf den ersten Blick deutlich. Es ist mir in Bezug auf dieses Fehlen der Querschichtung beim Menschen nichts Anderes bekannt, als eine kurze Bemerkung Dogiel’s vom Jahre 1884!), welche lautet: „An Präparaten (der menschlichen Retina), die mit Müller’scher Lösung, Alko- hol, Chrom- oder Osmiumsäure behandelt wurden, erscheinen die Kerne (der Stäbchensehzellen) stets granulirt, ohne jede Spur von Querstreifen, wie sie Henle zuerst beschrieb.“ Ich mag Jedoch vielleicht in der grossen Literatur der Retina andere hier- her gehörige Angaben übersehen haben. Es konnte nun noch die Frage sein, ob vielleicht beim Menschen der Querbau der Kerne zwar intra vitam vorhanden ist, aber hier post mortem sich besonders leicht verwischt. Dieser Gedanke kann dadurch angeregt werden, dass die vorher er- wähnten, älteren Literaturangaben über Querschichtung der menschlichen Stäbehenkerne sich fast durchweg auf die frische Retina beziehen ?). Ich habe also, obwohl ich über die oben mitgetheilten Er- fahrungen schon seit längeren Jahren verfüge, über diese Sache nichts mittheilen wollen, ehe ich unmittelbarüberlebende menschliche Retinen darauf untersucht hatte; so bedauerlich es war, die Bulbi bloss für diesen Zweck zu opfern. Im letzten Juli erhielt ich von Herr Collegen Völkers ein Auge eines 10 jährigen Kindes, wegen retrobulbären Tumors enucleirt, der Bulbus intact, !/, Stunde nach der Operation. Der Bulbus wurde sofort angeschnitten und ein Stück Retina, in Humor vitreus rasch zerzupft, betrachtet. Das Gewebe war so frisch, dass in der Retina anfangs die Structurtheile kaum zu erkennen waren und erst allmählich deutlicher wurden. In den Stäbchenkernen traten zuerst, sehr blass, aber erkennbar, die Nucleoli auf, dann 1) Ueber die Retina des Menschen. Internationale Monatsschr. f. Anat. und Histol., 1884, Bd. 1, p. 172. 2) Henle, am erst eit. Orte p. 121; Ritter, a. a&.O., p. 91 u. 9. "Letzterer sagt dort, dass die Querstreifen einige Stunden nach dem Tode verschwinden, sich aber in Kalibichromat einige Tage, in Alko- hol sehr gut und lange erhalten, 708 W. Flemming: trübte sich rasch der ganze Kern mit einer durchgehenden matten Granulirung, die ohne Zweifel den durch Reagentien und Färbung deutlich zu machenden Kerngerüsten entsprach; irgend ein Ueber- gangsstadium, welches auch nur Spuren einer Querschichtung gezeigt hätte, war nicht zu sehen. Einen anderen Bulbus erhielt ich im November d. J. etwa !/, Stunde post mortem; er gehörte einem 31 jährigen -Manne an. An dem sofort entnommenen Retina-Zupfpräparat zeigte sich das Gleiche wie im vorigen Fall: nachdem etwa !/, Minute nach Ein- deekung des Präparats die Stäbehenkerne kaum zu erkennen waren, wurden sie scheinbar granulirt, d. h. netzig; nur das kurze Uebergangsstadium, in dem man im vorigen Fall bloss die Nu- cleolen sah, konnte ich hier nicht beobachten. Von einer Quer- schiehtung war auch hier durchaus nichts zu erkennen ). Hiernach glaube ich mich berechtigt, meine Ergebnisse mit- zutheilen. Sie stehen in Widerspruch mit den Angaben Ritter’s und denen Krause 's; etwas weniger mit denen des Entdeckers dieser Structur, Henle’s, denn dieser äussert sich darüber in 3ezug auf die menschliche Retina sehr vorsichtig. Er scheint zwar nicht daran zu zweifeln, dass die Querschichtung auch dieser zukommt ?), er sagt aber an einer früheren Stelle ?), dass er an der grossen Mehrzahl der menschlichen Stäbchenkerne (einige Stunden post mortem) nichts davon habe sehen können, nur hätten sich allerdings „einzelne gefunden, die in gewissen Lagen dieselben Querstreifen zeigten, wie die Aussenkörner der Säugethiere“; und er bezieht sich an der oben citirten Stelle in der Eingeweidelehre, welehe die Querschichtung schildert, so viel ich sehen kann, auch nicht speciell auf eigene Beobachtungen an der menschlischen Retina. Die Mittheilungen Ritter’s und Krause’s dagegen lauten allerdings ganz positiv. Ersterer sagt, dass er die Quer- schichtung genauer beim Lamm, beim Kalb und beim Menschen 1) Die Beobachtung wurde im ersten Falle mit einer sehr guten Wasserimmersion 9 von Hartnack, im zweiten mit Zeiss Apochrom. 2mm 1,40 gemacht. 2) Siehe die Darstellung in Henle’s Eingeweidelehre, 1873, p. 676—678. 2 3) S. am zweiteit. Ort im Anfang dieses Aufsatzes, p. 307. Ueber das Fehlen einer Querschichtung in den Kernen ete. 709 untersucht, und unter anderen auch am Auge eines Kindes deut- lich gefunden habe, das einige Tage in Alkohol gelegen hatte. Einige Zeit nach dem Tode soll nach ihm die Querschichtung verschwinden; in verdünnter Chromkalilösung sich einige Tage, in Alkohol, besonders halbverdünntem, gut und lange erhalten. Ritter ist der Meinung, dass bei einer Erhärtung, die sich zu guten Querschnitten der Retina eignet, die Quersehichtung nicht zu sehen sei, dagegen bei einer geringeren Erhärtung, welche keine Schnitte gestatte, sich sehr gut präsentire. Ersteres ist aber offenbar nicht richtig, denn ich habe ja oben gesagt, dass sie bei Thierretinen, die in ganz frischem Zustand gut fixirt sind, vortreffllich zu sehen ist. — Die Arbeit Ritter’s ist schon älteren Datums (1865), und es könnte gegen sie etwas misstrauisch machen, dass der Verfasser darin auf das Entschiedenste be- hauptet, die „äusseren Körner“ seien keine Zellkerne. Doch waren die Mikroskope Ja damals schon so leistungsfähig, dass eine vollständige Täuschung in Bezug auf den Bau der menschlichen Sehzellenkerne schwer begreiflich erscheinen würde. In W. Krause ’'s „Allgemeiner Anatomie“ ist auf S. 191, wo die Querschichtung beschrieben wird, zwar nicht speciell von der menschlichen Netzhaut die Rede, man muss aber an- nehmen, dass der Verfasser die Erscheinung auch dieser zu- schreibt, da er kurz zuvor (p. 156) in Fig. A gre ein geschichte- tes Stäbehenkorn vom Menschen, !/, Stunde p. mortem in Glas- körperflüssigkeit isolirt, und daneben einen menschlichen Zapfen mit geschichtetem Kern zeichnet. Krause schrieb nämlich auch den Zapfenkernen die Querschichtung zu, was aber von Niemand bestätigt worden ist. Beiden Autoren gegenüber kann ich also in den mensch- lichen Stäbcehenkernen weder frisch, noch nach verschiedenartiger Conservirung etwas von Querschichtung finden. Es ist ohne Zweifel sehr merkwürdig, dass sie hier zu fehlen scheint, da sie in den gleichen Kernen bei so vielen Säugethieren ohne Zweifel zu finden ist. Freilich sind auch noch lange nicht alle Säugethiere darauf untersucht!). Dass sie für das Sehen über- 1) Gefunden ist die Querschichtung meines Wissens: bei Katze, Kaninchen, Meerschwein, Wiederkäuern und Pferd. 710 W. Flemming: Ueber das Fehlen einer Querschichtung etc. haupt keine wesentlichere Bedeutung haben kann, geht wohl schon aus ihrem Fehlen bei den anderen Wirbelthierklassen hervor. Wenn ich im Obigen meine negativen Befunde festgestellt habe, bin ich doch weit von der Behauptung entfernt, dass etwas, weil ich es nicht habe finden können, nicht existiren könnte. Sollte irgend Jemand meiner Herren Fachgenossen Präparate besitzen, die an menschlichen Stäbchenzellenkernen etwas von Querschichtung zeigen, so möchte ich anregen, dass dieselben auf dem nächsten, hier im April n. J. stattfindenden Anatomencongress zur Demonstration gebracht werden mögen. Kiel, 18. November 1897. 11 (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universität.) Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion'). Von L. Michaelis, Dr. med. Hierzu Tafel XX und XXI. Historische Einleitung. Die Anschauungen, welche vor Begründung der Zellentheorie über den Bau der Milchdrüse herrschten, finden wir zusammen- gestellt in Joh. Müller’s berühmtem Werke: de glandularum secernentium structura penitiori (1). Es wird hier mitgetheilt, dass Mascagni und Cruikshank durch Quecksilberinjeetio- nen zuerst festgestellt haben, dass die Drüsengänge der Milch- drüsen blind endigen. Joh. Müller selber bildet die ausführen- den Gänge und ihre alveolären Ausbuchtungen auf's Deutlichste ab. Die Frage, wie in diesen Gängen die Milch bereitet werde, wirft er gar nicht auf, obwohl die mikroskopische Zusammen- setzung der Milch — wenigstens das Vorhandensein der Milch- kügelehen — längst bekannt war; Leeuwenhoek hatte sie schon im Jahre 1744 gesehen. Die ersten genaueren Angaben über die Herkunft der Milch hat Langer (15) gemacht. Er sah in den Alveolen freie Kerne liegen mit grösseren oder kleineren, den Kernkörperchen ähn- lichen Gebilden im Innern, welche er für Fett hielt. Durch Verfettung und Zerfall dieser Kerne liess er die Milch entstehen. Reinhardt (11), der Ausführliches über die Bildung der Colostrumkörper mittheilt, war zu keinem positiven Resultat über die Bildung der Milch gekommen, nur so viel stellte er fest, dass die Milchkügelchen nicht durch Zerfall der Colostrumkörper- 1) Vorliegende Abhandlung wurde bei der medicinischen Faeul- tät der Berliner Universität zur Beantwortung einer von ihr gestellten Preisaufgabe eingereicht und mit dem vollen Preis gekrönt. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 47 712 L. Michaelis: chen entstehen, sondern nach Ausstossung der letzteren aus den Drüsenbläschen vom Epithel secernirt werden. Ebenso wenig klar meint Kölliker 1854 (14), dass „die Milchsecretion auf einer Bildung von Flüssigkeit und von fetthaltigen Zellen in den Drüsenbläschen beruhe“. Anders dagegen Virchow (15). Er fasst die Bildung der Milch als ein physiologisches Vorbild für die fettige Degeneration auf: in den Epithelzellen der Milch- drüse entstehen Fetttropfen, die Zelle selber geht durch Nekro- biose zu Grunde, die Fetttropfen werden frei und stellen die Milchkügelchen dar. Im Anfang der Lactation geht dieser Process noch nicht immer regelmässig vor sich, sondern es lösen sich verfettete Zellen vom Epithel ab, behalten ihre Continuität und stellen die Colostrumkörper dar. Die Milchkügelchen sind also Zerfallsproduete der Epithelzellen. Die Voraussetzung für eine derartige Annahme ist, dass das Epithel der Milchdrüse mehrschichtig sei, wie in der Talgdrüse. Und in der That stellt Virchow die Secretion des Talges auf gleiche Stufe mit der der Milch. Die der Membrana propria unmittelbar anliegende Zellschicht ist die Matrix für die mehr nach dem Lumen zu ge- legenen, allmählich der Verfettung entgegen gehenden Zellen. Mit dem Nachweis, dass das Epithel der Milchdrüse einschichtig ist, fällt auch die Virchow sche Theorie der Milchbildung (nicht jedoch der Talgbildung). Dieser Nachweis konnte aber erst später, mit Vervollkommnung der histologischen Untersu- chungsmethoden geführt werden, und wenn auch noch lange Zeit über die Einschichtigkeit des Epithels gestritten wurde, — ein emziger du dieker Mikrotomschnitt beweist sie ohne Weiteres. Die Virchow ’'sche Theorie hat sich sehr lange be- hauptet, man findet sie noch in neueren Lehrbüchern der Anato- mie und Geburtshülfe; sie konnte nicht verdrängt werden durch mehrere abweichende Resultate anderer Forscher. Im Jahre 1866 machte Strieker (16) die bedeutsame Beobachtung, dass die Colostrumkörperchen, auf Körpertemperatur erwärmt, amöboid beweglich sind und dass sie im Stande seien, ihre Fetttropfen auszustossen. Er nahm deshalb an, dass über- haupt die Milchkügelehen von Colostrumkörperchen ausgestossen würden; die letzteren hielt er für Epithelzellen der Milchdrüse oder abgelöste Theile von solchen. Die wesentliche Abweichung von der Virehow’schen Lehre ist also das Ableugnen einer Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 713 fettigen Degeneration der Zellen; denn er schreibt den mit Fett beladenen Colostrumkörpern noch active Beweglichkeit zu. Die nächsten Untersucher der Milehdrüse, Kehrer und Langer, erkannten die Einschichtigkeit des Epithels. Kehrer (17) fand im Lumen der Alveolen körnige Gerinnsel, in denen Fettkügelchen und Kerne suspendirt waren. Er hielt den Inhalt des Lumens für ein Zerfallsproduet der Drüsenzellen. Trotz der Einschichtigkeit soll doch eine Nekrobiose der Zellen eintreten. Langer (18) schloss ein Zugrundegehen der Epithelzellen bei der Laetation nicht geradezu aus, neigte aber mehr der An- sicht zu, dass die Milch ein wirkliches Secret der Epithelzellen sei. Er fand oft in den Epithelzelleu grosse Fetttropfen liegen und äussert sich über diesen Befund folgendermaassen: „Offenbar bersten die ausgedehnten Epithelzellen und lassen den Fetttropfen austreten. Fraglich ist, ob die Epithelzelle dabei zu Grunde geht und gleich durch eine andere ersetzt wird, oder wiederholt mehrere Milchkügelchen zu produciren im Stande ist. Letzte- res dürfte das Richtige sein.“ Zum ersten Mal wird hier die Vermuthung ausgesprochen, dass die Milchbildung nieht ein passiver, mit dem Tode verbundener Vorgang in der Epithelzelle sei, sondern auf einer aetiven, producetiven Thätigkeit des Epithels beruhe. Zu einem ähnlichen Resultat kam Schmidt (20) in einer Dissertation. Nach ihm ist eime Epithelzelle im Stande, eine Zeit lang fortwährend neues Fett zu produeiren, schliesslich aber geht sie doch durch Nekrobiose zu Grunde und wird durch eine neue ersetzt. Die Virchow sche Lehre war so bedeutend modifieirt worden. Da entstand durch Rauber eine ganz neue Theorie, welche den Epithelzellen überhaupt jeden Antheil an der Milch- bildung absprach; gleichzeitig wurde von Partsch und Heiden- hain die Lehre von der activen Betheiligung des Epithels weiter ausgebildet, ja man kann sagen, überhaupt zum ersten Male in aller Schärfe ausgesprochen. Diese beiden Theorieen stehen sich diametral gegenüber und verdienen eine eingehendere Besprechung. Rauber (24, 25), dessen Idee schon vorher einmal von Winkler (19) ausgesprochen wurde, nahm an, dass Lymph- körperehen durch das Epithel hindurehwanderten, zu Fett zer- fielen und die Milch lieferten. Er beschrieb zuerst, dass beim, 714 L. Michaelis: Meerschweinchen in der secernirenden Milchdrüse das Bindege- webe mit Lymphzellen infiltrirt sei, dass man die Lymphkörper- chen zwischen den Epithelzellen finde, und dass ebenso Lymph- körperchen in grosser Anzahl in den Endbläschen der Drüse vor- handen seien, theils unverändert, theils mit geschwollenem Zell- körper, erst mit feineren, dann mit gröberen Fetttropfen, dass sie schliesslich zerfallen und die Milch darstellen. Eine Stütze erhielt die Rauber’sche Lehre noch dadurch, dass Bonnet (29) der Uterinmilch der Wiederkäuer eine ganz ähnliche Entstehung zuschrieb. Aber Bonnet fand auch in den Epithelzellen der Uterusschleimhaut Fetttropfen, unab- hängig von den Leukocyten, und ohne dass die Zellen Zeichen des Zerfalls zeigten. Er nahm an, dass dieses Fett von den Epithelzellen aus dem Blutplasma niedergeschlagen sei. Das Fett der Uterinmilch hat also nach Bonnet einen doppel- ten Ursprung, durch Seeretion vom Epithel und durch Dege- neration der Leukocyten. Im Gegensatz zuRauber's Lehre steht die von Partsch (26) und Heidenhain (31) begründete. Sie leugnet gänzlich die Betheiligung der Leukocyten bei der Milchbildung und stellt die Milch als ein echtes Secret der Epithelzelle dar. Die Epithel- zellen machen während ihrer Thätigkeit Formveränderungen dureh; sie wachsen zu sehr hohen Cylinderzellen aus, deren kuppenförmig abgerundete Enden weit in das Lumen der Alveolen vorspringen. „Bei der Secretion wird der vordere T'heil der Zelle sammt dem in ihm enthaltenen Fett abgestossen. Die zerfallende Substanz der Zelle löst sich in der Milch, die Fetttropfen werden frei; oft hängt ihnen noch auf einer Seite ein Stück des Zellen- leibes kappenartig an, das aber allmählich auch gelöst wird. Sindin dem sich abstossenden Theile der Zelle Kerne, so gehen auch diesein das Secret über. Man findet sie nicht selten in dem Alveolarinhalt, dagegen sehr selten in der entleerten Milch. Daraus folgt, dass auch sie allmählich zerfallen — eine Erklärung für den Nnelein- gehalt der Milch.“ Der Ersatz der verlorenen Kerne findet nicht auf mitotischem Wege statt; beobachtet hat er aber auclhı direete Theilungen der Kerne nicht. Dem Einwande, dass die verschiedeneHöhederEpithelzellen vom Füllungs- . srade der Alveolen abhängig sei — wie das Epithel der Ham- Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 715 blase von ihrer Füllung — beugt -er durch die Angabe vor, er habe ebenso gut enge, wie ausgedehnte Alveolen mit hohen, und andererseits auch mit flachen Epithelzellen gesehen. Genauer beschäftigt hat sich mit dem Zerfall der Kerne Nissen (33) unter Heidenhains Leitung. Er beschreibt die Veränderungen, welche die in's Secret übergehenden Kerne bis zu ihrem Zerfall durchmachen und findet, dass sie mit der gleichzeitig von Flemming (41) für die Kerne der atretischen Graaf’schen Follikel beschriebenen „Chromatolyse“ iden- tisch sei. Sie besteht im Wesentlichen darin, dass sich das ge- sammte Chromatin des Kernes in Form von mehreren stärker färbbaren Klümpehen an der Peripherie des Kernes gruppirt und dann aus einander fällt. Betreffs des Ersatzes dieser Kerne be- merkt er, dass er in Hunderten von Präparaten keine einzige Mitose habe sehen können. Gerade dieser Umstand ist es, welcher Bizzozero und Vassale (32) bestimmen, den Zerfall von Kernen während der Laetation überhaupt abzuleugnen. Auch sie beschreiben die hohen, kuppelartig in das Lumen hineinragenden Epithelzellen, meinen aber, dass die Höhe des Epithels nur von dem Druck des in den Alveolen befindlichen Seeretes abhängig sei. „Die Kügel- chen, welche Nissen als Kernfragmente deutet, sind Kügel- chen, welche im Protoplasma auftreten und etwas chroma- tische Substanz aufnehmen. [Eine Analogie mit den Nebenkernen des Panereas?]!. Jedenfalls wird der Kern nicht ZErSstört.. Etwas in Widerspruch mit der Heidenhain’schen Lehre steht Coön (34), denn bei ihm taucht die Lehre von der Mehr- schichtigkeit des Epithels wieder in Wort und Bild auf. Er scheint mit zu dieken Schnitten gearbeitet zu haben. Im Secret fand er auch freie „zum Theil verfettete* Kerne. i Kadkin (35), dessen Arbeit mir nur im Referat zugäng- lich war, nimmt einen Degenerationsprocess der Epithelzellen an, welcher auf einer Bildung von „Gerinnseln“ (?) im Protoplasma und einem Zerfall der Kerne beruhe. Den Leukocyten spricht 1) Diese Analogie fällt übrigens fort, wenn man mit Ogata annimmt, dass die Nebenkerne des Pancreas ausgewanderte Nucleo- len sind. 716 TrMecharelans: er eine Bedeutung an der Bildung der vonColostrumkör- pern freien Milch ab. Frommel (36) unterscheidet bei der Lactation die Bil- dung der Fetttropfen und den Zerfall der Kerne. Das Fett entsteht nach ihm durch eine Umwandlung des Protoplasma der Drüsenzellen; dieser Vorgang findet schon in beträchtlichem Maasse vor der Niederkunft statt; während der Lactationsperiode wird dieses schon gebildete Fett allmählich ausgestossen und immer neues gebildet. Auch er beschreibt die hohen, hügelartigen Epithelzellen und nimmt einen Kernzerfall an. Wie die Kerne ersetzt werden, darüber ist er in einiger Verlegenheit; „wie diese Kerntheilung vor sich geht, ist bisher völlig dunkel; weder ande- ren Forschern noch mir ist es jemals. gelungen, die üblichen Kerutheilungsfiguren in den Epithelien der Milchdrüse nachzu- weisen“. Auch Steinhaus (37) sah beim Meerschweinchen während der Lactation die eigenthümlichen, hohen Epithelzellen und den Kernzerfall. Er glaubt eine Erklärung für den Nachwuchs der zerfallenden Kerne gefunden zu haben. Nach ihm finden vor wie auch während der Lactationsperiode Mitosen statt; vor dieser Periode steht die Längsachse der Kernspindel tangential zum Alveolus, und es entstehen zwei neben einander liegende Kerne bezw. Zellen. Hierdurch wird die Zahl der Epithelzellen vermehrt. Während der Lactation aber beschreibt er Mitosen, deren Längsachse radıiär steht. Durch sie sollen zwei Kerne entstehen, welche in einer Zelle hinter einander liegen und zu keiner Zelltheilung führen. Der vordere der beiden Kerne wird in's Lumen ausgestossen und zerfällt. Im Uebrigen hat Steinhaus das Verhalten der Altmann'schen Granula in den verschiedenen Stadien der Laetation studirt; er fand sie kugelförmig während des Ruhestadiums, zu längeren Fäden „aus- gewachsen“ oder spirillenförmig während der Thätigkeit der Drüse. Bezüglich der Fettbildung neigt er der Ansicht zu, dass das Fett durch eine directe Verfettung der Altmann schen Granula entstünde; wer nun die Existenz der Altmann schen Granula in der lebenden Zelle für durchaus unbewiesen hält, wird ihm natürlich hierin nicht beipflichten können. Aber auch die Kerne lässt er sich direet verfetten. Allen den zuletzt genannten Autoren, von Partsch an, Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. a sry steht Benda (35) gegenüber. Er leugnet überhaupt jeden Kern- zerfall. Kerne im Secret hält er für zufällig, auch fand er nie- mals Chromatolysen, ebenso wenig aber Leukocyten, ausgenommen zu Anfang und zu Ende der Lactationsperiode (nur bei einer im Puerperium verstorbenen Frau fand er sie). Jede Gestaltsver- änderung der Epithelzellen, mit Ausnahme einer geringen Ab- flachung oder Erhöhung, hält er für postmortale Erscheinungen. Und auch dieses Platter- oder Höherwerden der Epithelzellen ist, wie er durch einen Versuch gezeigt zu haben glaubt, nur von dem Füllungsgrade der Alveolen abhängig. Eine eigenthümliche Anschauung hat er in Bezug auf die Einschichtigkeit des Epithels. In früheren Entwickelungszuständen sei das Epithel deutlich zwei- schichtig; die äussere Schicht bilde späterhin jene platten Zellen, welche nach anderen Autoren ausserhalb der Membrana propria liegen und den Heidenhain schen „Korbzellen“ der Speicheldrüsen entsprechen; nur die innere Schicht sei die secer- nirende. (Ganz neuerdings hat Szab6 (40) angegeben, dass die An- ordnung der Nucleolen im Kern während der Lactation in charak- teristischer Weise verändert sei gegen die während der Ruhe. Wie ich vorweg bemerken will, hat sich in der That bestätigt, dass ein durch seine Grösse hervortretendes, mitten im Kern (d. h. nicht wandständig) gelegenes Kernkörperehen nur während der Lactationsperiode erscheint. Szabö zeichnet auch freie Kerne im Seeret. Wenn man aus den neueren Arbeiten ein Resume zieht, so er- geben sich von den wichtigeren Punkten folgende als sicher gestellt: 1. Das secernirende Epithel der Milchdrüse ist einschichtig. Während der Lactation finden keine oder verschwindend wenige Mitosen statt. (Nur Steinhaus hat sie im grösserer Zahl beobachtet.) 2. Die Fetttropfen werden in den Epithelzellen gebildet und in das Lumen der Alveolen hinein ausgestossen. Die noch zweifelhaften Punkte, um deren Entscheidung es sich jetzt handelt, möchte ich in folgenden Fragen formuliren: tet dieiKormreranderungnderlEpitcher zellen von der Seeretionsthätigkeit abhängig oderistsie mechanisch dureh den Füllungszu- stand des Alveolus bedingt? 718 L. Miehaelis: 2. Findet. ein. Zerfallv.on-Epithelkernen statt,,und,;weandas der Fallist, auf. welg®@e Weise:-werden diese Kerne ersetzt? 3. Welehen: Antheil an der Milehbsldung haben die Leukocyten? 4. Ist das in der Epithelzelle. auftretende Fett ein Degenerationsproduct oder Secretions- produet der Zelle? Material und Methode. Ich habe die Milchdrüse des Meerschweinchens, der Maus und der Kuh untersucht, am Genauesten, an 9 verschiedenen Thieren, die des Meerschweinchens. Die Thiere wurden, um eine etwaige Reizung der Drüse zu vermeiden, nicht vergiftet, sondern stets durch den Halsschnitt getötet und das Material sofort eingelegt. Als Fixationsmittel benutzte ich vor allem die con- centrirte Sublimatlösung und das Hermann sche Gemisch von Platinehlorid, Osmiumsäure und Essigsäure. Daneben wandte ich zur Kontrolle Pikrinsäure-Sublimat-Essigsäure (cone. Lösungen 1:1:0,02:,2 Wasser), und das Flemming sche Chrom-Os- miumgemisch an. Um die Resultate von Steinhaus nachzu- prüfen, benutzte ich auch die Altmann sche Flüssigkeit. Das Sublimat wandte ich an, um die Farbenreactionen der Gewebs- elemente zu erhalten; da bei seiner Anwendung das Fett bei den zur Einbettung nothwendigen Proceduren gelöst wird, so brauchte ich als Ergänzung die Osmiumgemische. Von den Färbemitteln leistet auch hier das Böhmer’sche Hämatoxylin im Verein mit den sauren Anilinfarben (Orange, Eosin) die besten Dienste. Doch habe ich daneben noch viele andere Färbemethoden angewandt. Uebrigens hat das Protoplasma der secernirenden Drüse eine ziemlich grosse Neigung, sich mit Hämatoxylin zu färben, so dass man es, wenn man eine Gegenfärbung nachher anwenden will, möglichst schwach einwirken lassen muss. Nach den Osmiumgemischen färbte ich besonders mit Safranin und mit dem Heidenhain’schen Eisenhämatoxylinlack. Neben den fixirten Sehnitten habe ich aber auch die Unter- suchung des frischen Materials nicht versäumt, obwohl gerade die secernirende Milchdrüse zu den schwierigsten Objekten für die frische Untersuchung gehört, weil die Alveolen mit Milch- Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 9 kügelchen vollgestopft sind, welche sich kaum abspülen lassen. Die Schnitteonsistenz der frischen Milchdrüse ist nicht gar so schlecht; und nur an frischen Präparaten ist es möglich, mit Sicherheit die Membrana propria der Alveolen zu erkennen, da- gegen sieht man von der Form der Epithelzellen nur hin und wieder etwas, in einigermaassen leeren Alveolen und in grösseren Milchgängen. Es istkein Wunder, dass bei dieser Untersuchungs- methode die Einschichtigkeit des Epithels auch an den dünnsten Schnitten nicht erkannt wurde. Der gröbere Bau der Milchdrüse. Heidenhain schildert (31) den Bau der Milchdrüse fol- gendermaassen: „Nicht ganz mit Recht wird die Milehdrüse in der Regel schlechthin zu den aeinösen Drüsen gestellt. Denn das Verhältniss ihrer secernirenden Endräume zu den Gängen ist ein anderes als z. B. das Verhältniss der Aeini der Speichel- (lrüsen zu den ableitenden Wegen. Die Alveolen der Milchdrüse bilden laterale und terminale Ausbuchtungen der Gänge, welche sich weder im Dürchmesser, noch durch ihr Epithel wesentlich von den Gängen unterscheiden, in welche sie übergehen. Die Anordnung hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der Lagerung der Lungenalveolen; hier wie dort werden die benachbarten Alveolen durch dünne, beiderseits mit Epithel bekleidete Septen von einan- der geschieden und münden in grössere Hohlräume em, welche sich in die (Luft-, resp. Milch-) Gänge fortsetzen.“ In der That hat ein Schnitt dureh die Milchdrüse während des Höhepunktes der Laetation ungemeine Aehnlichkeit mit emem Schnitt durch die Lunge; anders dagegen die Drüse vor und nach der Laeta- tionsperiode. Die Aehnliehkeit wird durch die Weite der Alveo- len und das spärliche Vorhandensein von interstitiellem Binde- gewebe hervorgerufen. Die Drüse während der Gravidität, eben- so die involvirte Drüse nach vollendetem Säugegeschäft dagegen hat grössere Mengen interalveolären Gewebes und dem entsprechend viel engere Alveolen. Besonders möchte ich noch einmal hervorheben, dass das Epithel der kleineren Milchgänge sich in nichts von dem der Alveolen unterscheidet, und dass an beiden während der Seere- tion dieselben Veränderungen vor sich gehen. 1720 ErMitchaelas:: Der feinere Bau der Milcehdrüse und die Seeretion der Milch. A. Beim Meerschweinchen. Auf einem Schnitte durch die Milchdrüse eines 6 Wochen alten Meerschweinchens sieht man vereinzelte Milchgänge, welche noch nicht mit Alveolen besetzt sind. Ihr Epithel ist kubisch oder etwas eylindrisch und ist einschichtig. Die Kerne sind, je nach der Form der Zelle, rund oder etwas länglich, ziemlich gross und daher sehr dieht gedrängt. Eine „äussere Epithel- schicht“, wie sie Benda beschreibt, ist, wenigstens als eine zu- sammenhängende Schicht, nieht vorhanden, wenn auch hin und wieder einmal ein Kern der Membrana propria näher liegt als die umgebenden und wohl auch etwas flacher ist. Ein ganz verändertes Bild bot ein trächtiges Meerschwein- chen, dessen Embryonen etwa 1!/, em in die Länge maassen. Durch Druck auf die Zitze des noch lebenden Thieres liess sich ein Tropfen milchigwässriger Flüssigkeit entleeren. Die mikros- kopische Untersuchung ergab darin freie Fetttropfen von sehr verschiedener Grösse in nicht sehr bedeutender Zahl und zahl- reiche Golostrumkörperchen. Auf Sehnitten zeigt sich die Milchdrüse schon voll ent- wickelt, nur sind die Alveolen noch etwas eng und das inter- stitielle Gewebe noch ziemlich bedeutend. Die Epithelzellen sind kubiseh oder etwas flacher, ganz deutlich stets einschichtig. Ihre Kerne sind rund, oder, je nach dem Grade der Abplattung der Zelle, oval. Die Kerne zeigen ziemlich bedeutende Grössenunterschiede (Fig. 1), sind bisweilen unregelmässig geformt, mit kleinen Ein- schnürungen oder Eindrücken, worauf wir später noch ausführ- lich zurückkommen werden. Mitosen sind nicht vorhanden. Auch 3izzozero und Vassale (32) ist es aufgefallen, dass man oft in der Milehdrüse des trächtigen Meerschweins keine einzige Mitose findet, obwohl man hier gerade eine lebhafte Vermehrung der Drüsenzellen voraussetzen sollte. Bizzozero erklärt das sehr plausibel daraus, dass ein solches Meerschweinchen unmit- telbar nach beendetem Säugegeschäft wieder belegt worden ist und sich die Milehdrüse gar nicht erst wieder rückgebildet hat. Sehr auffallend ist folgender Befund. Im Lumen der Alveo- len finden sich sehr zahlreiche isolirte Zellen, deren Kern rund- lich oder unregelmässig gelappt, oft kleiner als ein Epithelkern, [893 rt Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. Re oft aber auch bedentend grösser ist, häufig auch aus mehreren kleinen runden Chromatinstückchen besteht, wie in einem mehr- kernigen farblosen Blutkörperchen (Fig. 1 u. 10). Der Zellkörper bildet bisweilen einen schmalen Saum um den Kern, öfter aber ist er bedeutend grösser und hat fast stets unregelmässige aben- teuerliche Contouren. Er variirt ganz bedeutend in der Grösse. Manchmal füllt eine einzige solche Zelle einen grossen Theil eines Alveolus aus, sehr häufig aber liegen sie ganz dicht ge- drängt in einem Alveolus zusammen. Diese Zellen haben auch Bizzozero und Vassale beschrieben, ohne Näheres über ihre Herkunft anzugeben. Man kann sich beim ersten Anblick des Gedankens nicht erwehren, dass man die unregelmässigen Fortsätze des Zellkörpers für Pseudopodien, die ganzen Zellen für Leukocyten, in amöboider Bewegung begriffen, hält. Um mich aber zu vergewissern, ob wirklich die Leukoeyten durch das angewandte Fixationsmittel in ihrer augenblicklichen Gestalt und nicht etwa in Kugelform fixirt werden, beobachtete ich ‚menschliche Leukoeyten unter dem auf 39° erwärmten Mikroskop und setzte dann einen Tropfen Sublimatlösung an den Rand des Deckglases. Die Leukoeyten starben in ihrer augenblicklichen, noch so complieirten Form ab. Im Zellkörper jener grossen Zellen fanden sich an Subli- matpräparaten häufig ein oder mehrere, wie mit einem Locheisen ausgestanzte Löcher und entsprechend an Osmiumpräparaten ge- schwärzte Stellen, denen also im Leben Fetttropfen entsprochen haben. Dieser wichtige Befund wird uns späterhin noch ein- gehend beschäftigen. Mit der Deutung der in Frage stehenden Zellen als Leuko- eyten steht in Uebereinstimmung, dass das interstitielle Gewebe massenhaft Lymphkörperchen enthält, mit einem runden Kern und einem schmalen Protoplasmasaum. Aber auch zwischen den einzelnen Epithelzellen findet man sie sehr häufig (Fig. 3). Man erkennt dann natürlich nur ihre Kerne. Diese unterscheiden sich von den Epithelkernen dureh ihre Kleinheit und vor allem durch ihre gleichmässigere, stärkere Färbung. Eine Verwechslung ist kaum möglich. Nicht immer sind die im Epithel liegenden Leukocytenkerne rund, sondern öfters vielge- staltig, m amöboider Bewegung begriffen. Im interstitiellen Bindegewebe finden sich ferner eine grosse —] ID WW L. Michaelis: Menge eosinophiler Zellen (Fig. 4) mit meist 2 oder 3 kleinen runden Kernen. Auch Co&ön und Steinhaus haben sie beim Meerschweinchen beobachtet, bezeichnen sie aber beide als „Mast- zellen“. Co&n hat, wie es scheint, nur in Osmiumgemischen fixirt; wie er da festgestellt hat, ob es sich um die acidophilen (eosimophilen) oder die basophilen (Mast-)Zellen handelt, giebt er nicht an. Steinhaus dagegen zeichnet aufs Deutlichste eosinophile Zellen und spricht von „Mastzellen mit eosinophilen (ranula“, eine Contradietio in adjeeto, denn nach Ehrlich (42,43, 44) versteht man unter „Mastzelle“ eine Zelle mit basophilen Granulationen. Um festzustellen, ob es sich hier um die von Ehrlich sog. a-Granulationen handelt, färbte ich Schnitte in dem Glyeeringemisch von Eosin, Aurantia und Indulin; die Gra- nula nahmen lebhaft das Eosin an. In der Biondi'schen Farb- mischung nehmen sie auf’s Lebhafteste das Säurefuchsin an (Fig. 17), dagegen keine Spur irgend eines basischen Farbstoffes (Thionin, Dahlia, Methylenblau, Methylgrün). Um die sonst für dieses Ob- jekt ziemlich ungeeignete Biondi-Färbung zu vermeiden, wandte. ich folgende Methode zur Färbung der eosinophilen Granula auf Schnitten an: nach beendeter Hämatoxylinfärbung und Auswaschung werden die aufgeklebten Schnitte !/,—!/, Stunde in starker, wässriger Lösung von Orange gefärbt, dann mit Wasser abgespült, bis sie, mit dem blossem Auge betrachtet, alles Orange wieder ab- gegeben haben. Dann sind nur noch die eosinophilen Granula orange gefärbt. Zum Schluss kann man noch kurz in schwacher Eosinlösung gegenfärben. Der Erfolg ist: die Kerme werden blau, das Protoplasma rosa, die eosinophilen Granula leuchtend orange, schon bei schwacher Vergrösserung auffallend. Dieses längere Verweilen bei den eosinophilen Granula hat seine Berechtigung in später zu erwähnenden Befunden. Genauere Untersuchungen des Secretes träch- tiger Meerschweinchen. An mehreren Meerschweinchen unternahm ich täglich oder einen Tag um den anderen Untersuchungen des Secretes, das man durch leichten Druck auf die Mamma erhält. Es zeigte sich Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 123 da, dass die Beschaffenheit desselben sehr wechselnd ist; manch- mal ist es rein milchig, andere Male gelblich-weiss, wieder andere Male nur leicht milchig getrübt oder auch fast ganz wässerig-klar. Um ein Bild von dem wechselnden mikroskopischen Befund zu geben, will ich einen Auszug aus dem Protokoll dieser Unter- suchungen wiedergeben: 5. Januar 1897. Meerschweinchen Q. Es lässt sich ein kleiner Tropfen rein milchigen Secretes entleeren. Er enthält: 1) Kolossale Mengen von unzweifelhaften Leukoeyten; auf Zusatz von verdünnter Essigsäure treten in jedem 4—5 kleine Kerne hervor, oder ein gelappter Kern. 2) Nieht sehr zahlreiche Milchkügelchen. 6. Januar. Derselbe Befund. 8. Januar. Das Seeret ist etwas reichlicher und enthält 1) Milehkügelehen in mässiger Anzahl. 2) Grössere und kleinere Colostrumkörperchen. In der ganzen Flüssigkeit sind suspendirt allerfeinste Körn- chen, welche sich in verdünnter KOH lösen und mit 1 Tropfen 2°/, 0sO, sich nicht bräunen, also einen ungelösten Ei- weisskörper darstellen. Gewöhnliche Leukoeyten sind nicht vorhanden. 9. Januar. Secret bedeutend reichlicher, enthält 1) Milehkügelchen in grosser Menge. 2) Grosse, wenig kleine Colostrumkörper. Ausserdem dieselben Eiweisskörnchen wie am 8. Januar. ll. Januar. Das Secret ist wieder sehr spärlich. Ent- hält fast nur Milchkügelchen, einige kleine, wenig grosse Colo- strumkörperchen. 13. Januar. Secret spärlich. Keine Milchkügel- chen, keine Colostrumkörper, aber zahlreiche Leukoeyten mit 1 grossen runden Kern. 14. Januar. Secret sehr spärlich, fast wasserklar. Ent- hält Leukocyten, meist mit mehreren Kernen, in allen mög- lichen Grössen. Sehr viele enthalten einen oder mehrere Fetttröpfehen, andere, besonders die grösseren, enthalten meh- rere und zahlreiche Fetttröpfehen und stellen alle möglichen Uebergänge zu den ausgebildeten, maulbeer- förmigen Colostrumkörperchen dar (Fig. 8). 16. Januar. Das Seeret ist ziemlich reiehlich, es enthält 724 L. Michaelis: wieder Milchkügelchen, ferner eine Menge sehr grosser Colostrum- körperchen. Eiweisskörnchen. 19. Januar. Milchkügelehen verschiedener Grösse, wenige nur kleine Colostrumkörperchen, Eiweisskörnchen. 23. Januar. Milehkügelchen, Colostrumkörper von den kleinsten bis zu den grössten, mit wenigen Fetttropfen, bis zu den mit Fett-vollgestopften, maulbeerförmigen. Einkernige Leukoeyten. 25. Januar. Secret fast wasserklar. Enthält nur Leuko- eyten verschiedener Grösse, mit wenigen Fetttropfen im Innern. 26. Januar. Wenig Milchkügelehen, sonst wie am 25. Januar. Das Auffallendste an diesem Protokoll ist das häufig alter- nirende Auftreten von Leukoceyten und Colostrumkörperchen; wenn beide zusammen vorhanden sind (14. Jan.), so sind zwischen ihnen alle möglichen Uebergänge nachzuweisen. Das führt uns wieder auf die Frage nach der Entstehung der Colostrumkörperchen. Die Colostrumkörperchen wurden von Donne (2) 1837 entdeckt, bald darauf von Simon (4) wieder abgeleugnet, aber gleich darauf von Gueterbock und Mandl (6, 5) wieder be- stätigt. Nasse (8) unterschied im Colostrum eine grössere Reihe von Formbestandtheilen. Die Entstehung der Colostrumkörper wurde in ausführlicher Weise zuerst von Reinhardt (11) un- tersucht. Nach ihm sind es Fettkörnchenkugeln, d. h. fettig de- generirte Zellen, welche aus den Epithelzellen der Milehdrüse hervorgegangen sind. Er kam zu der Ansicht, dass die Epithel- zellen der Milehdrüse des trächtigen Thieres alle auf diese Weise in Colostrumkörper verwandelt und entleert werden, und dass sich das secernirende Epithel der Drüse ganz neu bildet. Vir- how (14) ging noch weiter als Reinhardt; er meinte, dass überhaupt die Milchkügelehen durch Zerfall solcher Fettkörnchen- kugeln entstünden; die Colostrumkörper hält er für frühzeitig in ihrer Gesammtheit losgelöste, fettig degenirte Drüsenzellen. „Am meisten stimmt mit der gewöhnlichen Art der Schmersecretion die früheste Zeit der Lactation überein, welche das sog. Colo- strum liefert. Das Colostrumkörperchen ist die noch zusammen- haltende Kugel, welche aus der fettigen Degeneration einer Epi- thelzelle hervorgeht. Die Colostrum und die Schmerbildung un- terscheiden sich nur dadurch, dass die Fettkörner bei der ersteren Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 125 kleiner bleiben, und dass, während beim Schmer sehr bald grosse Tropfen auftreten, beim Colostrum die letzten Zellen, welche noch bemerkt werden, gewöhnlich nur feine Fettkörnehen, ganz dieht gedrängt, enthalten. Hierdurch bekommt das ganze Ele- ment ein etwas bräunliches Aussehen, obwohl das Fett keine rechte Farbe hat. Das ist das körnige Körperchen (Corps gra- nuleux) von Donne, die Fettkörnchenkugel.* Diese Lehre wurde auf's Tiefste erschüttert durch eine Be- obachtung von Strieker (15), welcher fand, dass die Colostrum- körper, unter dem geheizten Mikroskop betrachtet, amöboid be- weglich sind. Eine Fettkörnchenkugel, also eine todte Zelle, kann keime Eigenbewegung haben. Ueber die Art der Bewegung be- richtet Strieker, dass sie im Vergleich zu der eines weissen Blutkörperchens sehr träge sei; auch will er beobachtet haben, dass von den Colostrumkörperchen Fetttropfen ausgestossen wür- den. Darauf gründete er seine Theorie der Milchbildung, welche zum ersten Mal die fettige Degeneration verwirft: „Die Annahme, dass die Zellen in der Brustdrüse zerfallen, konnte nur so lange geduldet werden, als man keine andere Erklärung hatte für das Freiwerden der Milchkügelchen.“ Ueber den Ursprung der Colostrumkörpercehen ist er sich nicht klar geworden, „entweder sind es abgestossene En- chymzellen der Drüse, oder Theilprodukte solcher Zellen.“ Ausser den Colostrumkörperehen fand Strieker im Colostrum noch „kleine, äusserst zart contourirte, farblose Körperchen, welche manches Mal eine Andeutung von einem Kern zeigen, manches Mal fein granulirt sind, und manches Mal endlich vollständig homogen erschienen. Die Masse eines solchen Körperchens dürfte durchschnittlich der eines menschlichen roten Blutkörperchens gleichkommen. Bei einer Temperatur von 40 °C. zeigen nun diese Körperchen relativ sehr lebhafte Form- und Ortsveränderungen“. Jeder unbefangene Beobachter würde aus dieser Beschreibung die Diagnose auf Leukocyten stellen. Stricker that dies nicht. 10 Jahre später waren wohl Strieker's Untersuchungen vergessen. Buchholz (22) hielt die Colostramkörper wieder für verfettete Epithelzellen. Neu ist seine Beobachtung, dass die Colostrumkörperchen regelmässig dann auftreten, wenn bei secer- nirender Milehdrüse die Säugung unterlassen wird, oder kurz bei der Milehstauung. 726 L. Michaelis: Rauber (24) brachte die Colostrumkörper wieder mit den Leukoeyten in Zusammenhang. Sie entstehen nach ihm dadurch, (dass der Zellkörper eines Lymphkörperchens schwillt, Fetttropfen in seinem Innern auftreten, der oder die Kerne zu Grunde gehen: (das Colostrumkörperchen ist also wieder eine Fettkörnchen- kugel, nur nicht aus einer Epithelzelle, sondern aus einem Leu- koeyten entstanden. Auch Saefftigen (28) hielt die Colostrumkörperchen für fettig degenerirte Zellen, welche wahrscheinlich Lymphkörper- chen seien. Heidenhain (31), der die Betheiligung der Leukocyten an der Milchbildung ganz leugnete, hatte einen schwierigen Stand in der Colostrumfrage. Er giebt an, unter den Epithelzellen hin und wieder einmal eine auffallend helle gesehen zu haben und bringt diese in genetischen Zusammenhang mit den Colostrum- körperchen. Bizzozero und Vassale (32) fanden im Lumen der Al- veolen einer nicht mehr secernirenden Drüse grosse Zellen (20— 30 u), mit dünnen Fortsätzen und granulirtem Protoplasma, einem ovalen Kern und Fetttropfen. Sie fanden die amöboide Beweg- lichkeit dieser Zellen wieder. Ueber ihre Herkunft geben sie nichts Näheres an, halten sie aber nicht, wie Stricker, für die Ursprungszellen der Milchkügelehen, sondern für „einzellige Re- sorptionsorgane“ derselben. Die ausführlichste Arbeit über das Colostrum rührt von Üzerny (39) her. Zunächst fand er, wie Buchholz, dass die Colostrumkörper zu jeder Zeit der Laetation auftreten, sobald die Säugung unterlassen wird. 24—48 Stunden nach einem sol- chen Termin fand er unverkennbare Leukocyten in der Milch, am 3. Tage ebensolche mit Fetttropfen im Innern, am 4. bis >. Tage typische Colostrumkörperchen. Diese Befunde veranlassten ihn, folgende Versuche zu machen: 1) Er injieirte emem Frosch Milch in den Rückenlymph- sack. Nach einiger Zeit sahen die Leukoeyten des Frosches den Colostrumkörperchen täuschend ähnlich. 2) Er injieirte einem Kaninchen Milch unter die Rückenhaut. Nach 24 Stunden fand er in den Lungengefässen Fett führende Leukoeyten. 3) Er injieirte einer Maus Tusche subeutan, und er fand Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 127 die Tuschekörnchen in den Colostrumkörperchen wieder, ohne dass freie Tuschekörnchen im Secret waren, woraus er schloss, dass die Colostrumkörperchen ihren Inhalt nicht ausstossen. 4) Er injieirte einem Kaninchen Tusche in die Milchgänge und fand nachher in den Lymphdrüsen des Thieres Leukoeyten, welche Tusche und Fett führten. Seine Resultate fasst er zusammen: „Die Colostrumkörper- chen sind Leukoeyten, welche in die Brustdrüsenräume einwan- dern, sobald in diesen Milch gebildet, aber nicht durch die Aus- führungsgänge entleert wird, welche dann daselbst die unver- brauchten Milchkügelchen aufnehmen, zertheilen und behufs wei- terer Rückbildung in die Lymphbahnen aus der Drüse abführen.“ Nach Czerny findet sich in der Litteratur nur eine, voll- kommen unbegründete Bemerkung von Steinhaus (37), welcher meint, dass die Colostrumkörperchen „verfettete Mastzellen“ seien. Die Angaben von Sz abö (40) über das Colostrum kann ich füglich übergehen. Czerny hat gewiss sehr viel Neues gebracht und sich ein grosses Verdienst um die Aufklärung der Bedeutung der Colo- strumkörperchen erworben, allen ich möchte doch wagen, einen Einwand gegen seine Theorie zu erheben. Wenn es auch nicht zweifelhaft ist, dass die kleinen Lymphkörperchen durch das Epithel hindurchwandern können und es auch thun, wie ich selber bestätigen kann, so ist es doch schon a priori vollständig ausgeschlossen, dass die grossen, beim Meerschweinchen oft über 25 u im Durchmesser messenden, beim Menschen aber, wie ich mich überzeugt habe, noch ganz bedeutend grösseren Colostrumkörperchen sich wieder durch das Epithel zurück- zwängen. Er ist ebenso wie ihre Grösse, auch ihre. Ueberladung mit Fett, welche dagegen spricht, abgesehen davon, dass die mit Fett vollständig beladenen Colostrumkörper, wenn über- haupt, so jedenfalls eine äusserst geringe Beweglichkeit besitzen. Wer einmal auf einem Schnitt so ein Riesencolostrumkörperchen ge- sehen hat, welches so gross ist, dass neben ihm in demselben Alveolus ein zweites nicht mehr Platz hätte, der wird gewiss nicht glauben, dass ein solches Gebilde durch das Epithel in die Lymphbahnen wandern könne Auch ist Czerny’s 4. Versuch durchaus nicht einwandsfrei, denn er selber gesteht zu, dass man mit Leichtigkeit die äusserst feinen Milchgänge durchstechen Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 48 128 L. Michaelis: kann und dann statt der Alveolen einfach die Lympbspalten des Bindegewebes injicirt. Meine eigenen Untersuchungen betreffen das Colostrum des Meerschweinchens. Dieses Thier neigt ganz ausserordentlich zur Colostrumbildung. Fast während der ganzen Gravidität, in den ersten Tagen der Lactation und beim Aufhören des Säugens findet man massenhaft Colostrumkörperchen. Aus der oben gegebenen Tabelle — welche nur ein Beispiel ist — ersieht man, dass die Form der Colostrumkörper und ihre Grösse sehr wechselnd ist. Die typische, m den ersten Tagen der Lactation häufigste Form ist die Maulbeerform; sie erscheint als ein Conglomerat von etwa 50—100 Milchkügelchen. Weiter sieht man von vorne herein nichts. Die erste Frage ist naturgemäss die nach dem Vorhandensein eines Kernes. Zusatz von Essigsäure ist wegen des Fettreichthums erfolglos, aber die Färbemethoden leisten hier gute Dienste. Man kann sie auf mehrere Weise an- wenden. Am schwierigsten ist die Untersuchung des frischen Präparates. Setzt man einen Tropfen Triaeid-Lösung an den Rand des Deekglases und, betrachtet mit dem Abbe&’schen Beleuchtungsapparat und ganz offener Blende, so dass die Con- touren der Fetttröpfehen verschwinden, so sieht man einen grossen, runden, sich blaugrün färbenden Kern. Zieht man die Blende ein wenig zu, so verdecken ihn die Fetttröpfehen wieder. Oder man macht sich auf dem Deckglase ein Trocken- präparat des Secretes. Die meisten Colostrumkörperchen schwim- men weg, aber die haften gebliebenen zeigen auch hier bei be- liebiger Färbung einen grossen, runden Kern. Am elegantesten ist die Methode der Schnittuntersuchung. Man sucht auf Schnitten durch die Milchdrüse, welche vor dem Tode Colostrum secernirt hat, nach Colostrumkörperchen. Ein solches stellt Fig. 9a dar. Die Fetttropfen sind gelöst, man sieht 'nur ein Netzwerk offenbar protoplasmatischer Substanz. Wiederum zeigt sich ein grosser, runder Kern. Leichter noch sind diejenigen Colostrumkörperchen zu unter- suchen, welche nicht so stark mit Fett beladen sind. Hier ge- nügt oft schon Zusatz von Essigsäure, um wieder einen grossen, runden Kern nachzuweisen. Die neben den Colostrumkörperehen vorkommenden Leukoeyten sind theils ein-, theils mehrkernig, wie die Tabelle zeigt. Die mehrkernigen Leukocyten erreichen Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 129 manchmal auch eine etwas ansehnlichere Grösse und enthalten wohl auch wenige Fetttropfen, werden aber nie zu typi- schen Colostrumkörperchen. Die amöboide Beweglichkeit der Colostrumkörper habe ich unter dem heizbaren Mikroskop beobachtet; an den grossen, maulbeerförmigen habe ich keine Bewegung gesehen, dagegen zeigen die zwar grossen, aber noch nicht mit Fett über- ladenen Colostrumkörper eine sehr eigenthümliche Bewegung. Sie besteht im Ausstrecken sehr feiner, fadenförmiger Pseudopodien. Ich sah vom Rande eines Colostrumkörpers mit ziemlicher Ge- schwindigkeit feine Fäden ausstrahlen, welche einen Bogen be- schrieben und mit ihrem freien Ende sich wieder an die Ober- fläche des Körperchens befestigten, so dass an der Peripherie des Colostrumkörpers eine buckelartig hervorragende Vacuole entstand, etwa wie sie bei Aetinosphaerium vorkommt. Die Colostrumkörperehen haben mit den Leukoeyten nicht nur die amöboide Bewegung gemein, sondern es finden sich zu sewissen Zeiten, wie ich sehr häufig an mehreren Meerschwein- chen feststellen konnte, alle möglichen Uebergänge zwischen diesen beiden Gebilden, so dass es wohl über jeden Zweifel er- haben ist, dass die Colostrumkörper aus Leuko- cyten entstehen, und zwar’aus den einkernigen Lymphkörpercehen, indem sie Milchkügelchenin ihr Inneres aufnehmen. Auf keinen Fall entstehen aber die Colostrumkörperchen durch fettige Degeneration der Leuko- eyten, wie Rauber will, denn erstens haben sie stets einen Kern, zweitens zeigen sie amöboide Bewegungen. Was wird aber aus den mehrkernigen Leukoeyten, da sie nicht zu Colostrumkörperchen werden? Die Antwort darauf giebt der Befund von Zellen, wie sie in Fig. 9b abge- bildet sind, und wie man sie in Colostrumdrüsen in grossen Mengen findet. Man kann solche Zellen nicht mehr als mehr- kernige Leukoeyten bezeichnen, denn das Chromatin ist in ihnen in Form’von kleinen Pünktehen, in ganz wechselnder Anordnung enthalten, inZerfallbegriffen. Man findet alle möglichen Uebergangsstadien von den drei- oder vierkernigen Leukocyten zu jenen Zellen mit vielen feinsten Chromatinstückchen. Ferner findet man nicht selten in grossen Colostrumkörperchen auf Schnitten ausser dem einen, grossen Kern noch einzelne winzige 130 L. Michaelis: Chromatinstückchen, welehe höchst wahrscheinlich von solchen zerfallenen Leukoceytenkernen herstammen und, wie die Milch- kügelehen, von den Colostrumkörpern durch Phagocytose auf- genommen worden sind (Fig. 9 e). Die mehrkernigen Leukocyten unterliegen also einem Zer- fall. Unter diesen Umständen scheint es höchst wahrscheinlich, dass die Theilung des Kernes des Lymphkörperchens selbst schon als der Beginn des Zerfalles zu deuten ist. Damit stimmt auch überein, dass diese Theilung direkt, eine einfache Zer- schnürung ist!). Dazu kommt noch, dass die Leukocyten, welche in Mengen im interstitiellen Gewebe der Colostrumdrüse liegen, alle einkernig sind. Das Schicksal eines Lymphkörperchens, welches durch das Epithel der Milchdrüse gewandert ist, ist also: entweder wächst es bedeutend, nimmt Fetttropfen auf und wird zum Colostrumkörperchen, oder, nachdem es ein wenig gewachsen ist, zerfällt erst der Kern, dann der Zellkörper. Ueber das weitere Schicksal der Colostrumkörperchen bin ich, abgesehen von jenem negativen Resultat, dass eine Rück- wanderung derselben in die Lymphbahnen zum Mindesten sehr unwahrscheinlich ist, zu keiner festen Anschauung gelangt. Und ich will auch keine theoretischen Betrachtungen über diese Frage anstellen. Denn was hilft es, Theorien über eine Frage auf- zustellen, die sicherlich durch direkte Beobachtung noch gelöst werden wird. Zum Schluss der Betrachtungen über das Colostrum sei noch einmal auf den aus dem oben gegebenen Protokoll hervor- gehenden Befund hingewiesen, dass im Colostrum des Meer- schweinchens häufig ein körniger, also ungelöster Eiweisskörper vorkommt, der in Kalilauge leicht löslich ist und sich mit Os- miumsäure nicht schwärzt. Wir wenden uns jetzt an die Untersuchung der Milchdrüsen dreier Meerschweinchen, welche einige Stunden bis einen Tag nach dem Wurf getödtet wurden, ohne jemals gesäugt zu haben. Bei einem derselben zeigte sich hin und wieder eine Mitose in 1) Ein einziges Mal fand ich in einem im Lumen liegenden Leukocyten eine Mitose (Fig. 9, d.). Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 131 den Epithelzellen, das einzige Mal, wo ich überhaupt Mitosen in der Mamma des Meerschweinchens gesehen habe (Fig. 2). Mit Bezug auf die Angaben von Steinhaus (37) achtete ich be- sonders auf die Richtung der Spindelaxe, und ich kann die Be- hauptung von Steinhaus durchaus nicht bestätigen. Die Spin- deln lagen in allen möglichen Richtungen, sie drehen sich offen- bar sehr leicht, und wenn Steinhaus meint, dass die radiär stehenden Mitosen nur zur Vermehrung der bei der Laectation redueirten Kerne dienten, ohne Zelltheilungen herbeizuführen, so steht dem doch gegenüber, dass Partsch (26), Heiden- hain (31), Bizzozero und Vassale (32), Nissen (33), Coön (34), Fromme] (36), Benda (38) in der secernirenden Drüse einige Zeit nach dem Wurf überhaupt niemals mehr Mitosen sahen, welehem Ergebnisse ich mich voll anschliessen muss. Auf diesem Stadium treten auch zum ersten Mal in den Epithelzellen reichlichere Mengen von Fetttropfen auf, welche in Sublimatpräparaten als Löcher (Fig. 7) erscheinen, an Osmium- präparaten geschwärzt sind. Sie erreichen oft eine Grösse, die die eines Kernes beträchtlich übertrifft. In einer Zelle ist ge- wöhnlieh nur ein grosser, öfter daneben mehrere kleine Fett- tropfen; sie liegen niemals dicht an der Membrana propria, son- dern in dem von dieser abgewandten Theil der Zelle; die ganz grossen sogar stets dieht unter dem freien Rande der Zelle. Aus alle dem folgt schon, dass dieses Fett nieht als ein Degene- rationsprodukt aufzufassen ist. Das Protoplasma hat eine sehr charakteristische Strue- tur; es enthält nämlich dieht gedrängt grobe, verschieden grosse, durehschnittlich 3u im Durchmesser messende, meist nicht ganz regelmässig kugelförmig geformte Granula, welche sich durch eine etwas stärkere Färbung in sauren Anilinfarben hervorheben (Fig. 6, 7). Man könnte sie anfangs wohl für Kunstprodukte halten; sie zeigen sich aber ebenso deutlich an Sublimat-, wie an Ösmiumpräparaten. In letzteren treten sie, nach Heidenhain gefärbt, sogar sehr scharf hervor und erscheinen wieder zusam- mengesetzt aus einzelnen, feinsten Körnchen. Andere Zellen, be- sonders an tangential angeschnittenen Alveolen, zeigen, nach dieser Methode behandelt, ein sehr zierliches Netzwerk, welches wohl an das einer Talgzelle erinnert (Fig. 14a). Die Kerne variüren stark in Grösse und Gestalt. Neben 132 L. Michaelis; ganz regelmässigen, runden oder ovalen Kernen findet man solche mit unregelmässigen Ausbuchtungen (Fig. 5) und bedeutend grössere, welche sich ganz blass färben. Auf diese Veränderun- gen werden wir später noch zurückkommen. Im Lumen der Alveolen liegt das vom Fixirungsmittel ausgefällte Casein; in ihm erkennt man die Fetttropfen auch an Sublimatpräparaten als runde Löcher (Fig. 5). Ausserdem aber wimmelt es förmlich von Leukocyten jeder Form und Grösse, mit einem und mit mehreren Kernen, mit einem oder einzelnen kleinen Fetttröpfehen, bis zu den grossen, ausgebildeten Colo- strumkörpern, deren Protoplasma auf Schnitten als ein die Fett- tropfen umgebendes Netz erscheint (Fig. 9). In vielen Leukoeyten, besonders in den kleineren, liegen im Protoplasma dieselben stärker gefärbten Kügelchen wie in den Epithelzellen (Fig. 9e), was ich nicht nur an Schnitten, sondern auch an frischen Präparaten gesehen habe. Doch will ich mich betreffs der Deutung dieser Kügelchen nicht in unge- wisse Spekulationen verlieren. Im interstitiellen Bindegewebe ist bemerkenswerth die herd- weise Infiltration mit Lymphkörperchen und das zahlreiche Vor- handensein der acidophilen Zellen, nieht nur im interalveolären Gewebe, sondern auch in dem bindegewebigen Ueberzug der Drüse. Bisher war immer von der Milchdrüse während des Colo- strumstadiums die Rede, wir kommen jetzt zu der Drüse, welche von Colostrumkörpern freie Milch secernirt. Untersucht man die Drüse eines mehrere Tage lang säugen- den Thieres, so erhält man ein total verändertes Bild gegen früher. Das interstitielle Bindegewebe ist auf ein Minimum redu- eirt und besteht eigentlich nur noch aus einzelnen spindelförmigen Bindegewebszellen, welche sich zwischen die Alveolen hinein- zwängen. Acidophile Zellen findet mannur ganz ausnahmsweise, auch in dem gröberen, die Drüsenläppchen umgebende Bindegewebe, das sie früher so massenhaft enthielt. Bei einem Thier, welches auf dem Höhepunkt der Laetation stand (10. Tag nach dem Wurf) fand ich auf vielen Schnitten kaum eine einzige eosinophile Zelle. Auch die Lymphkörper- chen sind aus dem Bindegewebe geschwunden. Ebenso verändert ist der Inhalt der Alveolen und Milch- Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 7139 gänge. Es ist kaum ein einziger Leukoeyt zu sehen, dafür aber haufenweise freie Kerne, welche genau den Kernen der Epithelzellen gleichen (Fig. 12). Man wird mir mit Recht einwerfen, dass es schwierig ist, ein einkerniges Lymphkörperchen mit einem schmalen Protoplasma- saum von einem freien Kern zu unterscheiden. Ich habe langer Zeit bedurft, um mir in dieser Beziehung klar zu werden. Das einzige Mittel, sich vor Verwechselung zu hüten, ist eine starke Protoplasmafärbung, welche auch den schmalsten Saum um den Kern hervortreten lässt. Ferner habe ich, um die verschiedenen Formen der Leukoeyten kennen zu lernen und vor Verwechse- lungen gesichert zu sein, Lymphdrüsen des Meerschweinchens auf genau dieselbe Weise behandelt und ihre verschiedenartigen Leukocyten auf’s Genaueste mit jenen Kernen verglichen, beson- ders mit denjenigen, welche frei, nicht rings von geronnenem Casein umgeben, lagen, und ich bin zu dem Resultat gelangt, dass die Kerne in den Alveolen wirklich von den Epithel. zellen ausgestossene, freie Kerne sind. Man kann dieses Ausstossen mitunter förmlich beobachten, denn man findet Kerme, die den Epithelzellen noch anhaften, aber schon rings von Secretgerinnsel umgeben sind, so dass man nicht sagen kann, ob sie der Zelle angehören, oder ob sie frei im Secret liegen. Freie Kerne im Secret der Milchdrüse sind schon von Langer(14), Partsch (26), Heidenhain (3l), Kadkin (35), Nissen (35), Coön (34, Frommel (36), Steinhaus (37), Szaboö (40) beschrieben worden. Sie werden abgeleugnet von Bizzozero und Vassale (32) und Benda (38), welcher ihr etwaiges Vorkommen für zufällig hält. Ein Blick auf Fig. 12 wird genügen, um starke Zweifel an dieser Zufälligkeit auf- kommen zu lassen, wenn ich hinzufüge, dass ich ähnliche Stellen massenweise abbilden könnte. Es handelt sich jetzt darum, nachzuweisen, woher diese Kerne stammen, da Mitosen bei der secernirenden Drüse nicht vorkommen. Ich habe schon in der historischen Einleitung darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Punkt den Autoren als der schwierigste beim Verständnis der Milchseeretion erschienen ist. Nissen vermuthet eine direkte Kerntheilung in den Epithel- zellen; Frommel stellt die Vermehrung der Kerne geradezu als ein Räthsel hin; Steinhaus hilft sieh mit der Annahme von 734 L. Michaelis: Mitosen, welehe er beobachtet haben will, die aber einige Tage nach der Geburt sicherlich nicht mehr vorkommen. Alle Autoren — bis auf Benda — sind sich darin einig, dass die secernirende Milchdrüse bedeutend mehr Kerne enthält als die nicht secernirende. Gerade dass man in einer Zelle zwei Kerne in unmittelbarer Nachbarschaft, einer den anderen berüh- rend, findet (Fig. 11 und 14b), weist auf den gemeinsamen Ursprung zweier solcher Kerne hin. Auf diese Lagebeziehung der Kerne zu einander, welche das Verständniss ihrer Herkunft bedeutend erleichtert, hat, so auffällig sie ist, noch keiner der genannten Autoren aufmerksam gemacht; sie deutet auf eine direkte Kerntheilung hin, und in der That kann man die einzel- nen Stadien der direkten Kerntheilung verfolgen. Schon gleich nach dem Wurf fanden wir jene sonderbaren Kernformen in den Epithelzellen. In noch stärkerem Maasse ist das bei der Drüse des säugenden Thieres der Fall. Es wechseln ganz grosse mit kleinen Kernen ab, runde mit läng- lichen, mit allerlei Ausbuchtungen und Einschnü- rungen (Fig. 12, 13, 14). Man könnte das für Kunstprodukte halten, für postmortale Veränderungen oder Schrumpfungen bei der Einbettung. Das erste ist deshalb ausgeschlossen, weil zwi- schen dem Tode der Thiere und dem Einlegen der Stücke nur Secunden vergangen sind, auch das zweite ist auszuschliessen, denn wenn eine Schrumpfung stattgefunden hätte, so müsste in- folge der Retraction des Protoplasma zwischen ihm und dem Kerne eine Lücke liegen, was nicht der Fall ist. Ganz dicht neben einander liegen grosse, runde und eckige, ausgebuchtete Kerne. Viele haben ein auffallend grosses Kernkörperchen.(Fig. 15), viele ovale Kerne haben 2 symmetrisch liegende Nucleolen. Die ovalen Kerne haben bald (Fig. 15, 14) in ihrer Mitte eine Einschnürung, bald ist die Einschnürung unsymmetrisch und es knospt sich gleichsam von einem Mutterkern ein kleiner Tochterkern ab, — kurz, es ist gar nicht möglich, alle die verschiedenen Kern- formen aufzuzählen oder abzuzeichnen, die man an einem einzigen Präparat auffindet. Um so mehr muss es Wunder nehmen, dass diese Kernveränderungen noch gar nicht beobachtet sind. Wir kommen jetzt zu der Frage, auf welche Weise die in das Lumen ausgestossenen Kerne zu Grunde gehen — denn in der Milch sind sie nieht mehr vorhanden. Da muss ich zuerst Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 735 hervorheben, was schon Nissen gethan hat, dass ein Theil der Kerne schon vor der Ausstossung in's Lumen Zerfalls- veränderungen zeigt, und zwar typische Chromatolysen, welche zuerst gleichzeitig von Flemming (41) in den Zellen atretischer Graaf’scher Follikell und Nissen (33) in der Milehdrüse beobachtet worden sind. Die Chromatolyse besteht darin, dass der Kern sich umwandelt in ein rundes, ho- mogenes Gebilde aus achromatischer Substanz, in dessen Innern das Chromatin in mehreren Stückchen, bisweilen als ein zusammen- hängendes Stückchen vertheilt ist (Fig. 16b). Die einzelnen Chromatinstückchen sind meist etwas eckig, auch halbmondförmig (Fig. 16 ec), und liegen unregelmässig vertheilt nm dem ganzen Gebilde, bisweilen an die Peripherie angeheftet. Solche chroma- tolytischen Figuren im Epithel fand ich bei einem Thier in ziemlicher Menge, bei einem andern dagegen gar nicht. Auch Bizzozero und Vassale haben sie gesehen und bilden sie auch ab, nur bestreiten sie, dass es veränderte Kerne seien, und meinen, es seien Gebilde, die im Protoplasma auftreten und „etwas chromatische Substanz in sich aufnehmen“. Mir scheint das un- haltbar zu sein gegenüber der viel einfacheren Erklärung Nissen’s, besonders weil man im Lumen der Alveolen dieht neben ein- ander freie Kerne, solehe ehromatolytischen Figuren und Ueber- gänge von beiden findet. Jedenfalls erleidet aber nur ein Bruchtheil der Kerne schon in den Epithelzellen diese Veränderung; bei Weitem die grösste Menge kommt als ein ganz regulärer, runder Kern (Fig. 12 u. 16a), meist mit einem grossen Kernkörperchen und ganz normaler Kernstructur in die Alveolen. Es scheint sogar, dass auch hier noch einige Kerne sich weiter zerschnüren, denn man beobachtet bisweilen an den freien Kernen ähnliche Zerschnürungs- formen wie im Epithel. Will man die Zerfallsveränderungen der freien Kerne ver- folgen, so thut man gut, sie in den grösseren Milchgängen auf- zusuchen, die im Schnitt getroffen sind, denn in den Alveolen zeigen sie meist noch gar keine Veränderung. Dann findet man ebenfalls alle Stadien der Chromatolyse (Fig. 16b), und als Ausgangsproduet derselben ganz kleine, unregelmässig geformte Chromatinstückchen, welche bisweilen noch gruppenweise zusam- menhalten, andere Male schon ganz auseinander gefallen sind. 136 L. Michaelis: Noch einer anderen Veränderung der Kerne will ich ge- denken. Wie nämlich besonders Steinhaus hervorhebt, findet man nicht selten in den Kernen der Epithelzellen eine runde Vaeuole, welche sich an Osmiumpräparaten als ein Fetttropfen erweist. Steinhaus meint nun, dass dies ein Zeichen dafür sei, dass der Kern „verfette“; es scheint mir aber viel annehm- barer, dass ein im Protoplasma entstandener Fetttropfen den Kern nur eindrücke. Dafür spricht auch, dass man an günstig getroffenen Schnitten solches Vorkommniss direet beobachten kann, und dass in den im Lumen liegenden Kernen niemals Fetttropfen zu sehen sind, nur hin und wieder ein kleines Fetttröpfehen in einer chromatolytischen Figur. An den Formen der Epithelzellen kann man zwei Typen unterscheiden, welche durch Uebergänge mit ein- ander verbunden sind: 1) mehr oder minder abgeplattet kubi- sche Zellen, 2) sehr hohe Zellen, welche in ganz eigenartiger Weise, wie sonst wohl nirgends im thierischen Körper, papillen- artig in das Lumen hineinragen (Fig. 11). Man kann an einer solchen Zelle die Basis unterscheiden, welche seitlich unmittelbar an andere Zellen grenzt, mit meist sehr wenig deut- licher Grenze, und den in's Lumen ragenden, kuppelförmigen Theil, der von den Nachbarzellen durch einen weiten Zwischen- raum scharf getrennt ist. Diese hohen Zellen haben sehr häufig, wohl in der Mehrzahl der Fälle, zwei Kerne, welche hinter ein- ander liegen, d. h. der eine in der Zellbasis, der andere in der Kuppe. Aber auch die flacheren Zellen haben häufig zwei Kerne, welche dann schräg oder neben einander in der Zelle liegen. Fetttropfen kommen sowohl in flachen, wie in hohen Zellen vor. Bei den kuppelförmigen Zellen liegen die grösseren Fett- tropfen stets in der Zellkuppe, vom Lumen oft nur durch einen ganz feinen Protoplasmasaum getrennt. Die verschiedene Höhe der Zellen haben Partsch (26) und Heidenhain (31) zuerst beobachtet und in ihrer Bedeutung für die Seeretion gewürdigt. In neuester Zeit hat Benda (38) die verschiedene Höhe erklären wollen einfach durch den ver- schiedenen Füllungsgrad der Alveolen und den mechanischen Druck des Inhalts auf die Zellen. Er band einem säugenden Thier eine Zitze ab und fand in der entsprechenden Drüse nur flache Zellen. Wenn auch gegen Benda’s Auffassung, dass der Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 137 Druck einen Einfluss auf die Höhe der Zelle habe, gar nichts einzuwenden ist, so erklärt sie doeh nicht das Zustandekommen der papillenförmigen Zellen, welche Benda überhaupt nicht ge- sehen zu haben scheint; und ferner, wenn der intraalveoläre Druck steigt, so müsste er auf die papillenförmigen Zellen ganz anders wirken, als sie nur abplatten, er müsste sie im Gegentheil noch mehr aus einander keilen, da er auch seitlich auf sie wirkt. Das ist aber nicht der Fall. Ferner wäre es nach Benda nicht möglich, dass in demselben Alveolus gleichzeitig hohe und flache Zellen neben einander vorkommen. Um das zu widerlegen, ge- nügt ein Blick auf Fig. 12. Die papillenförmigen Zellen sind also sicherlich Zellen, welche erst während der Lactation ihre Form erhalten, und sie auch noch während der Laetation, wahr- scheinlich nachdem sie sich dureh eine längere Secretion erschöpft haben, verlieren und wieder kubisch werden, indem sie gleich- zeitig durch den Druck des Secretes platt gedrückt werden. Wird das Secret entleert, so dehnen sie sieh erst wieder zu kubischen oder flach eylindrischen Zellen und wachsen dann wieder zu papillenförmigen Zellen aus. Die Aufeinander- folge der verschiedenen Zellformen während der Laectation wäre also demnach: kubisch, pa- pillenförmig, kubisch, plattu. = Ef. Heidenhain dachte sich das Verschwinden der Zell- kuppen etwas anders, er meint nämlich, dass sie mitsammt den in ihnen liegenden Fetttropfen oder Kernen einfach abgestossen würden. Nun kann man ja in der That an dünnen Schnitten solche abgeschnittenen Zellkuppen sehen, aber es ist viel wahr- scheinlicher, dass sie durch das Messer von den über oder unter der Schnittebene gelegenen Zellen abgeschnitten sind. Es mag sein, dass die Eiweisskörper der Milch ein Umwandlungs- produkt gerade dieser Kuppen sind, aber als solche werden die Kuppen jedenfalls nicht abgestossen. Durch diese Betrachtung werden wir auf die Frage nach der Art der Milehseeretion überhaupt geführt. Zunächst sei die Frage aufgeworfen, wie entsteht das Fettin den Epithelzellen? Die alte Anschauung ist, dass es das Produkt der fettigen Degeneration der Epithelzelle ist. Davon kann natürlich auf Grund aller neueren Untersuchungen nicht die Rede sein. 138 L. Michaelis: Es giebt noch eine andere Art und Weise, wie Fett in Epithelzellen, besonders in Leberzellen auftritt, das ist die Fett- infiltration. Sie unterscheidet sich von der ersten Art dadurch, dass das Fett nicht an die Stelle des lebenden Protoplasma tritt, sondern dass das Protoplasma aus den Nähr- säften das Fett niederschlägt. Diesem Process ist die in der Milchdrüse vorkommende Fettsecretion bedeutend ähnlicher. Dabei geht die Zelle nicht zu Grunde, sondern das Niederschlagen des Fettes aus den zugeführten Säften (aus Seifen?) ist sogar eine Bethätigung der höchsten Lebens- fähigkeit der Zelle. Beruht nun aber das Auftreten von Fett hier wirklich auf dem Niederschlagen eines gelösten Körpers? Es ist in letzter Zeit ein Fall bekannt geworden, wo ein fettartiger Körper schon als soleher die Membrana propria einer Drüse durch- bricht und nachher in den Drüsenzellen erscheint. Das hat Plato (47) am Hoden nachgewiesen. Hier werden die Fett- tropfen gebildet in den interstitiellen Zellen und strömen von hier aus in die Tubuli hinein. In dieser Beziehung bin ich zu dem Resultat gekommen, dass ein derartiger Vorgang bei der Milchdrüse völlig ausgeschlossen ist. Die Fettropfen liegen fast niemals, die grösseren überhaupt nie in der Nähe der Membrana propria, sondern mehr nach dem Lumen zu — geschweige denn in oder ausserhalb der Membrana propria. Das Epithel se- cernart also'das Bettsielber: Hier ist auch der Ort, auf die Frage nach derMembran derMilehkügelchen einzugehen. Zum ersten Mal wurde ihr Vorhandensein behauptet von Raspail (3); diese Behaup- tung erhielt ihre wesentliche Stütze dadurch, dass Henle (5) sich zu ihr bekannte. Ascherson(9) glaubte sogar, sie aus theoretischen Gründen annehmen zu müssen, weil sich um jeden Fetttropfen in einer eiweisshaltigen Flüssigkeit eine „Haptogen- membran“ niederschlage. Die Litteratur über diesen Gegenstand ist ausserordentlich gross und von Kehrer (17) zusammenge- stellt. Dieser stellte 1871 durch umfangreiche Versuche fest, dass die Milehkügelehen keine Membran haben, doch sind seine Ergebnisse selbst in den neueren Lehrbüchern noch nicht mit Entschiedenheit anerkannt. Eine einfache Weise, diese Frage zu entscheiden, ist die Untersuchung von Schnitten, in denen das Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 739 Fett gelöst ist. Man findet in dem geronnenen Casein, das das Lumen der Alveolen zum Theil erfüllt (Fig. 5), runde Löcher. Die mitten im Gerinnsel liegenden Fettlöcher sind zur Beantwor- tung dieser Frage nicht geeignet, sondern nur die, welche am Rande des Gerinnsels liegen und nur zur Hälfte in dasselbe hin- einragen (a). Es ist au der frei liegenden Hälfte der Fetttropfen keine Spur einer Membran zu erkennen, und es sollte endlich die Fabel von der Membran der Milchkügelchen ganz verschwinden. Wie werden nun die anderen festen Bestandtheile der Milch, der Zueker und das Casein gebildet? Ueber die Seeretion des Milehzuckers, da er kein morphologisches Element der Milch darstellt, wird man, bevor die Mikrochemie keinen festeren Boden gewonnen hat, nichts aussagen können. Etwas mehr wissen wir von der Secretion des Caseins. Es setzt sich offenbar zusammen aus einem von den Zellen secernir- ten (vielleicht durch die Umwandlung der Zellkuppen entstande- nen) und einem durch den Zerfall der Kerne gebildeten Eiweiss- körper. Das letztere erklärt, wie Heidenhain und Nissen ausgeführt haben, den Nucleingehalt der Milch. Da während der Colostrumperiode so gut wie gar keine Kerne von Epithelzellen zerfallen, so ist dadurch der bekannte chemische Unterschied zwischen Milch und Colostrum, dass die erstere mehr Casein, letzteres mehr Albumin enthält, verständlich. h) Die Involutionsperiode. Entfernt man die Jungen von der Mutter oder fressen die Jungen genügend allein, so bildet sich die Milchdrüse sehr bald zurück, und zwar besteht dieser Vorgang darin, dass die Alveolen sich bedeutend verkleinern (ohne dass dabei die Zellen höher werden! vgl. Benda) und das interstitielle Bindegewebe bedeutend zunimmt. Der Anfang des Involutionsstadiums bildet wiederum die Secretion von Colostrum. Das Secret eines hochträchtigen Meerschweinchens ist von dem eines einen Tag lang nicht mehr säu- genden Thieres nicht zu unterscheiden. Auch finden sich im inter- stiellen Bindegewebe ganz plötzlich dieeosinophilen Zellen wieder, Leukocyten wandern haufenweise durch das Epithel, zer- fallen in den Alveolen oder werden zu Colostrumkörperchen. Dabei ist es ganz gleich, wie lange Zeit nach dem Wurf ver- 740 L. Michaelis: flossen ist. Ein Meerschweinchen, welches regelmässig seine Jungen säugte, secernirte am 10. Tag nach dem Wurf noch ganz reine Milch ohne Colostrumkörperchen, ein anderes, welches mit dem 5. Tage nach dem Wurf von seinen Jungen getrennt war, produeirte bald darauf typisches Colostrum, am 9. Tage ver- siegte die Secretion überhaupt. Am 13. Tage wurde das Thier getödtet. Das interstitielle Gewebe wimmelt förmlich von eosino- philen Zellen (Fig. 17), in den Alveolen finden sich noch reich- lich Leukocyten, meistens grössere, einkernige, mit Fetttropfen. In den Milehgängen finden sich auch vereinzelte eosinophile Zellen. Die Epithelzellen sind, obwohl gar kein Secret in den Alveolen liegt und diese ganz eng sind, platt, dementsprechend auch die Kerne. Die Ergebnisse der Untersuchungen des Meerschweinchens in Bezug auf die in der Einleitung aufgeworfenen Fragen (p. 717) ist also folgendes: au. Die Füllung’ der Alveolen' mit "Secret! Bat insofern Einfluss auf die Form der Epither zellen, als sie kubische Zellen zu flachen z= sammendrückenkann. DieZellenin derMilch- drüse sind aber zu gewissen Zeiten papillen- förmig, was nicht vom Füllungszustande des Lumensabhängigist, sondern eine selbststän- dige Formveränderung der Epithelzellen wäh- vie nd de ra er atom bedient et. ad 1. Während der Lacetation finden sich massen- haft freie Epithelkerneim Lumen der Aveo welche durch Chromatolyse zu Grunde gehen und 'einen’ integrirenden!bBestandtheiledrz Milch liefern, weleherin Verbindung mitdem yon den" Epithelzellen gehieTerten IE ersr Körper das Casein darstellt. Der Ersatz dieser zu /Griünde "gehenden Kernefindet durch’eine direkte Zersehnürune dierübpiicheilkermers tat. ad III. Die Leukocyten habenander Bildung der Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 741 Mileh keinen Antheil, dagegen wandern siein srossen Mengen durch das Epithel hindurch, sobald eine Milchstauung eintrittt, d.i. während derGraviditätund unmittelbarnach dem Wurf, end siniaerZzeitinaichrA bsretzungtd eridungen: Die Leukoeyten wachsenin den Alveolen und habenein doppeltes Schicksal: entweder zer- fallen sieodersienehmenFetttropfeninihren Zellkörper auf und werden zu Colostrumkör- prer.ch en. aa lv. Dias Bettlden Mikchaist3 ein techteis Se ere: Konsprodwet, vein'ProduetiderLebensthätrie Reit der Epithelzeillen; und'niehtein'Zertalls product von Zellen Ausserdem ergiebt sich: Beim Meerschweinchen enthält bei Milch- stauung das interstitielle Bindegewebe der Milchdrüse massenhaft eosinophile Zellen, Au heitsder 'veiwentlrehen"L zetation! dagegen nerehit. B. Die Laetation bei der Maus. Der Grund, warum ich bisher nur auf das Meerschweinchen Rücksicht genommen habe, liegt nicht nur darin, dass ich von diesem Thier die genauesten Untersuchungen gemacht habe, sondern vor allem darin, dass ich im Laufe der Untersuchung zu der Erkenntniss gekommen bin, dass man die Resultate, die man bei einer Thierspecies gewonnen hat, nicht ohne Weiteres auf eine andere übertragen kann. Bei der Maus scheint die Secretion in vielen Einzelheiten anders zu verlaufen als beim Meerschweinchen, doch betrachte ich meine Untersuchungen an diesem Thier für noch nicht abgeschlossen, und ich kann mich deshalb kürzer fassen. Während der Lactationszeit kommen bei der Maus eben- falls zwei extreme, durch Uebergangsformen verbundene Zell- formen vor, die hohen und die ganz flachen Zellen (Fig. 19a, ce). Ueber die Abhängigkeit der Zellenhöhe von intraalveolären Druck gilt wohl dasselbe, wie beim Meerschweinchen. 142 L. Michaelis: Die hohen Zellen sah ich bisher nie in so schöner, regel- mässiger Form wie beim Meerschweinchen, sondern immer mit ausgefranzten, verwaschenen Rändern (Fig. 19a). Benda hält solche für postmortale Erscheinungen oder Folgen einer schlechten Conservirung. Das halte ich hier für ausgeschlossen, weil oft dicht neben einem Alveolus mit derartigen Zellen ein anderer mit fiacheren und ganz scharf eontourirten Zellen liegt. Andererseits, bei starker Füllung der Alveolen, nehmen die Zellen eine ausserordentlich platte Gestalt an (Fig. 19e). Die Milch der Maus scheint viel reicher an Fett zu sein als die des Meerschweinchens, wenigstens sind solche Alveolen, in denen das Casein nur schmale Septa zwischen den Fetttropfen bildet, sehr häufig; auch sind die Epithelzellen viel regelmässiger mit Fetttropfen besetzt als beim Meerschweinchen (Fig. 18). Man findet Alveolen, wo eine Zelle neben der anderen in gleicher Weise dieht unter ihrem freien Rande einen grossen Fetttropfen enthält (Fig. 19b), häufiger noch solche, bei denen die Fett- tropfen ausgestossen sind und in der Zelle einen halbkreisförmigen Defekt hinterlassen haben. Oft liegen solche defekten Zellen so regelmässig nebeneinander, dass auf weite Strecken hin die Epithelien wie ein Briefmarkenrand aussehen (Fig. 21). Die Fetttropfen platzen nicht einfach aus den Epithelzellen heraus, sondern ihnen bleibt an einer Seite eine protoplasmatische Kappe anhaften. Oft sieht man sie als sichelförmige Gebilde den in den Alveolen liegenden Fetttropfen anhaften (Fig. 20), bisweilen auch, bei anderer Schnittrichtung; als Ringe. Ueber das Verhalten der Kerne bin ich mir nicht klar geworden. Freie Kerne findet man zwar in den Alveolen, aber auffallend selten; nur hin und wieder liegt einmal ein Häufchen soleher Kerne im Secret; jedoch zeigen die Kerne auch bei der Maus oft gelappte Formen, welche auf eine direkte Theilung schliessen lassen. Typische Chromatolysen habe ich niemals ge- sehen, dagegen sind ziemlich häufig im Epithel unter ganz nor- malen Kernen eigenthümlich geschrumpfte, stärker gefärbte (Fig. 19d); vielleicht gehen bei der Maus die Kerne schon in den Epithelzellen zu Grunde. Betreffs des interstitiellen Bindegewebes ist bei der Maus das zeitweise Auftreten von eosinophilen Zellen nieht zu con- statiren. Ich habe überhaupt niemals eine eosinophile Zelle in Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion. 743 der Mamma der Maus gesehen, sondern nur basophile, echte Ehrlich’sche Mastzellen, in ziemlicher Menge, ohne merk- lichen Unterschied in den verschiedenen Stadien der Laetation (Fig. 22). C. Die Laetation bei der Kuh. Die Untersuchung bietet bei der Kuh deshalb Schwierig- keit, weil man selten genügend frisches Material erhält. Von einer Kulı bekam ich die Milchdrüse noch während des Schlach- tens, und sie zeigte sich sehr gut erhalten. Die Alveolen sind durch ziemlich viel Bindegewebe getrennt, das mit Leukoeyten infiltrirt ist (Fig. 24). Leukocyten finden sich auch im Epithel. Die Epithelzellen sind eylindrisch mit länglichen Kernen, aber ohne hervorragende Kuppen. In den Alveolen ist sehr wenig Inhalt, hin und wieder eine Chromatolyse. Es macht den Eindruck, als ob diese Drüse im Beginn der Involution steht. Interessanter ist eine zweite Drüse, welche ich leider erst 5 Stunden nach dem Tode erhielt, der beim Einschneiden reich- lieh Milch entquoll. Das Protoplasma ist nicht mehr ganz tadel- los, die Kerne noch ganz gut erhalten. Die Alveolen sind stark ausgeweitet und prall mit Milch gefüllt. Im Seeretgerinnsel sind Fettlöcher und vor allem massenhaft freie Kerne, hin und wieder Chromatolysen. Ein Bild von der Massenhaftigkeit der Kerne giebt Fig. 23 und 29. Die Epithelzellen sind stark abgeplattet, offenbar durch den Druck des Secretes. Kuppelförmige Zellen habe ich nicht beobachtet, woraus natürlich gar nichts auf ihr Vorkommen in der frischen Drüse zu schliessen ist. Osmiumpräparate zeigen in den Epithelzellen die Fetttropfen. Das wichtigste Resultat bei der Kuh ist also, dass während der Lacetation massenhaft freie Kerne im Secret zu finden sind. Ich fühle mich verpflichtet, Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. 0. Hertwig für die mannigfachen Anregungen und das leb- hafte Interesse für diese Arbeit meinen ergebensten Dank aus- zusprechen. Archiv f. mikrosk. Anat, Bd. 51 49 744 L. Michaelis: Literatur-Verzeichniss. Von den mit * bezeichneten Arbeiten habe ich nur Referate er- halten können. % 8. #2. 19% #20. Johannes Müller, De glandularum secernentium structura peni- tiori, 1830. Donne&, A., Die Milch, insbesondere die Milch der Ammen. Aus d. Französ. von Heilbronn. 1838. Raspail, Chimie organique. 1838. Simon, J. Franz, Ueber die Corps granuleux von Donne. Müller’s Archiv 1839. Henle, Ueber die Hüllen der Milchkügelchen. Frorierp 's Notizen 149, S. 104. 1839. Mandl, Ueber die Körperchen des Oolostrum. Müller’s Archiv 1839. Gueterbock, Ueber die Donne’schen Corps granuleux des Colostrum. Müller’s Archiv 1839. Nasse, Ueber die mikroskopischen Bestandtheile der Milch. Müller’s Archiv 1840. Ascherson, Ueber den physiologischen Nutzen der Fettstoffe und über eine neue auf deren Mitwirkung begründete und durch mehrere neue Thatsachen unterstützte Theorie der Zellenbildung. Müller’s Archiv 1840. Henle, Allgemeine Anatomie. 1841. ‚ Reinhardt, B., Ueber die Entstehung der Körnchenzellen. Vir- chow’s Archiv I, 1847. Will, Die Seeretion der Milch. Erlangen 1850. Langer, Ueber den Bau und die Entwicklung der Milchdrüse bei beiden Geschlechtern. Denkschriften der k. Akademie der Wiss. Math.-phys. Kl. III, 1852. Kölliker, Mikroskopische Anatomie, 1854. 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Rauber, Ueber den Ursprung der Milch und die Ernährung der Frucht im Allgemeinen. 1879. Derselbe, Bemerkungen über den feineren Bau der Milchdrüsen Scehmidt’s Jahrbücher, Bd. 182, 1879. Partsch, Carl, Ueber den feineren Bau der Milchdrüse. Diss. Breslau 1880. Kölliker, Th., Beiträge zur Kenntniss der Brustdrüse. Verhandl. der phys.-med. Gesellsch. in Würzburg. N. F. 1880, Nr. 14. Saefftigen, A., Zur feineren Anatomie der Milchdrüse während der Lactationsperiode. Bulletin de l’Acad&mie imp. des sciences de St.-Petersbourg. 1881. Bonnet, R., Die Uterinmilch und ihre Bedeutung für die Frucht. Talma, Beitrag zur Histogenese der weiblichen Brustdrüse. Archiv für mikr. Anat. 20, 1882. Heidenhain, R., Die Milchabsonderung, in Hermann’s Hand- buch der Physiologie 5, 1. 1883. Bizzozero und Vassale, Ueber die Erzeugung und die phys. Regeneration der Drüsenzellen bei den Säugethieren. Virchow’s Archiv 110, 1887. 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Leukocytenkerne im Epithel; ebenso. . 4. Meerschweinchen gleich nach dem Wurf. Eosinophile Zellen. Sublimat, Hämatoxylin, Orange, Eosin. ‘, 5. Meerschweinchen gleich nach dem Wurf. Eine Alveole der Milehdrüse. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. ", 6. Ebenso. . 7. Zellen mit Fettlöchern. Ebenso. , 8. Elemente des Colostrums, frisch, vom 14. Januar (s. Tabelle). -. 9. Elemente des Colostrums, wie man sie auf Schnitten sieht. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. 10. Verschiedene Formen von Leukocyten aus den Alveolen eines trächtigen Meerschweinchens. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. 11. Aus einem Schnitt durch die Milchdrüse eines 10 Tage lang säugenden Meerschweinchens. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. 12. Ebenso. 13. Einzelne Epithelzellen eines 10 Tage lang säugenden Meer- schweinchens. Ebenso. ‘je, 14. Einzelne Epithelzellen eines 7 Tage lang säugenden Meer- schweinchens. Ebenso. 15. Ein Alveolus aus der Milchdrüse eines 7 Tage lang säugenden Meerschweinchens, ebenso, nur a Hermann'’sche Flüssigkeit, Heidenhain’sche Färbung. 16. b Chromatolysen aus den Alveolen eines 7 Tage säugenden Meerschweinchens. a) normaler, freier Kern. c) Chromatolysen im Epithel. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. Fig, 17. Eosinophile Zellen aus der Milchdrüse eines Meerschweinchens, welches seit 5 Tagen nicht mehr säugt. Beiträge zur Kenntniss der Milchseeretion. 747 Fig. 18. Schnitt durch die Milchdrüse einer 2 Tage lang säugenden Maus. Leitz Obj. 4, Oe. I. Hermann’sche Flüssigkeit, un- gefärbt. Fig. 19. Epithelzellen aus der Milchdrüse derselben Maus. Sublimat, Hämatoxylin. Fig. 20. Ein Alveolus von derselben Maus. Ebenso. Fig. 21. Alveolen aus der Milchdrüse einer 8 Tage lang säugenden Maus. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. Leitz Obj. 6, Oe. 1. Fig. 22. Mastzellen aus der Milchdrüse einer 2 Tage lang säugenden Maus. Sublimat, Thionin. Fig. 23. Aus einem Schnitt durch die Milchdrüse einer Kuh. Sublimat, Hämatoxylin, Eosin. Leitz Obj. 4, Oe. 1. Fig. 24. Aus einem Schnitt durch die Milchdrüse einer anderen Kuh. Ebenso. Fig. 25. Ein einzelner Alveolus von derselben Kuh wie Fig. 23. Leitz 6,1. Helminthologische Beobachtungen. Zur Entwieklungsgeschichte von Gordius aquatieus Gmel. Von Dr. v. Linstow in Göttingen. Hierzu Tafel XXI. Gordius aquatieus ist seit Hunderten von Jahren bekannt, Diesing eitirt Thomas Cantapratensis und Albertus Magnus, der ihn im Jahre 1517 beschrieb, und doch sind die Acten über seine Entwicklung noch nicht geschlossen. Mit der Entwieklung der Gordien überhaupt haben sich Grube!) Meissner?) Leidy>), Leydig‘), v..Siebold®), 1) Archiv für Naturgeschichte Jahrg. XV, Berlin 1849, p. 374, vabaoX I, Bie.>1=10. 2) Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. VII, Leipzig 1855, pag. 1—144, tab. I-VI. 3) Proceed. Acad. nat. sc. Philadelphia, tab. V, 1852. p. 98—100. 4) Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. IV, Leipzig 1853, pag. 385—897, tab. XIV, Fig. 7—8. 5) S. bei Diesing, Syst. helm. II. 748 v. Linstow: Villot!), Camerano?) und Verf.?) beschäftigt und gefun- den, dass man 4 Phasen unterscheiden muss: 1. Das Ei, 2. die anfangs frei im Wasser, dann eingekapselt lebende Embryonal- form, 3. die parasitisch lebende Larve, 4. die frei im Wasser lebende Geschlechtsform. Die Eiablage ist von Grube, Meissner, Villot, Camerano und vom Verf. beschrieben; die Embryonalent- wicklung haben Grube, Meissner und Villot, besonders eingehend aber Camerano geschildert, welcher die beiden Richtungskörperchen darstellt, die beiden Pronuclei, die Chromo- somen, die Spindeln, die Morula, das Prostoma, die Coelogastrula mit Epiblast, Hypoblast und dem von letzterem eingeschlossenen Hohlraum. Funde der eneystirten Embryonalform sind von Leydig und dem Verf., besonders zahlreich aber Villot mitgetheilt. Die parasitisch lebenden Larven sind lange bekannt, be- sonders v. Siebold hat eine grosse Menge soleher Funde be- kannt gemacht. Damit war im Allgemeinen die Entwicklungsgeschichte klargelegt, es blieb nur übrig, den Entwicklungsgang der einzelnen Arten zu verfolgen und zu ergründen, in welchen Thieren die Embryonalform und in welchen die Larven leben, und wenigstens für eine Art, Gordius tolosanus Duj., ist es mir gelungen, die Zwischenwirthe zu finden; ich fand in einem und demselben Tümpel Wasserlarven von Sialis lutaria und Clo&on dipterum, welche die eingekapselte Embryonalform enthielt, ferner auf dem Wasser schwimmende Käfer, Pterostichus niger, in denen sich Larven fanden, endlich die Geschlechtsform frei im Wasser. Im 1) Arch. zool. experim. et gener. t. III, Paris 1874, pag. 39—72, 81—238, tab. I, II, VI, VIa, VII, VIITa—X. — Ann. sc. nat. zool. 1887, 6. ser., t. II, XI, 14, art. 3, pag. 1—44, tab. 4—5. — Zool. Anzeig.1884 Nr. 160. — Ann. sc. nat. Z001.1891, 7. ser. t. IL, XI, 26, art. 7, pag. 329 bis 401, tab. 14—16. 2) Memor. R. Accad. sc. Torino ser. II. t. XL, 1889, pag. 1-21, tab. I-N. 3) Archiv für Naturgesch. 1877, I, pag. 3—5, tab. I, Fig. 4—6. — Centralbl. für Bacter. und Parasitenk. IX, Jena 1891, Nr. 23, pag. 760—762. — Archiv für mikrosk. Anat. XXXIV, Bonn 1889, pag. 248—268, tab. XIV—XV. — Das. XXXVII, 1891, pag. 239—244, tab. XII. — Das. NXXIX, 1892. pag. 329—330, tab. XV, Fig. 14. Helminthologische Beobachtungen. 149 April wurden im Ganzen 49 Käfer aus dem Wasser gefischt, von denen 10 die Larve enthielten; eine derselben war Nachts aus dem Käfer herausgetreten und lag am andern Morgen neben demselben im Wasser. Angesichts dieser Resultate erklärt Vejdovsky'): „In der allerletzten Zeit sind nun thatsächlich einige Arbeiten er- schienen, welche dem Titel nach die Entwicklungsgeschichte der Goordiiden behandeln sollen, indessen haben dieselben zur Lö- sung der betreffenden Fragen so viel als nichts beigetragen, nebstdem aber für die Deutung der in Rede stehenden Thier- gruppe neue Verwirrungen gebracht.* Diesen Ausspruch näher zu beleuchten halte ieh nicht für nöthig. Vejdovsky nennt die grossen parasitischen Larven „junge Thiere*, weil die Geschlechtsorgane in ihnen weit entwickelt sind und gebraucht den Ausdruck „Larven“ für die eingekap- selte Embryonalform; er sieht sich gestützt auf seine Darstellung veranlasst, Villots und meine Deutung „definitiv zurückzu- weisen“. Man ist wohl im Allgemeinen klar darüber, was als die Larve eines Helminthen zu bezeichnen ist; es sind die jugend- lichen Formen, welche in der Regel ein anderes Thier bewohnen als das Geschlechtsthier und sich nieht fortpflanzen, nicht weil sie ohne alle Geschlechtsorgane wären, was allerdings auch oft der Fall ist, sondern weil die Geschlechtsorgane, wenn sie vor- handen sind, noch nicht funetioniren. In allen 4 Ordnungen der Helminthen beobachten wir Larven, welche fast bis zur Reife entwickelte Geschlechtsorgane zeigen; bei den Nemathelminthen sind es besonders die Gattungen Gordius und Mermis, bei den Acanthocephalen habe ieh Larven von Echinonhynchus angustatus in Asellus aquaticus beobachtet, _ deren Geschlechtsorgane so weit entwickelt waren, dass sie sich von geschlechtsreifen Thieren aus Fischen kaum unterschieden; man findet unter den Trematoden eingekapselte Distomum-Larven mit völlig entwickelten Geschlechtsorganen, und unter den Cesto- den erinnere ieh an Bothriocephalus ligula, dessen in der/Bauch- höhle von Fischen lebende Larven so weit entwickelte Geschlechts- 1) Organogenie der Gordiiden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LVII, Heft 4, Leipzig 1894, pag. 642—703, tab. XXVII—XXX. 750 v. Linstow: organe haben, dass die Eiablage schon 24 Stunden nach der Ueberführung in den Darm eines Vogels beginnt. Alle diese Formen sind nach der üblichen Bezeichnung Larven; die Gordien entbehren, wenn sie als Embryonalform in einen Käfer oder eine Heuschrecke gelangen, zuerst völlig der Geschlechtsorgane; was bei Dipteren als Larve und was als Imago zu bezeichnen ist, wird auch Vejdovsky nicht zweifelhaft sein; hier beobachtet man aber sogar sich fortpflanzende Larven; ich erinnere an die Paedogenesis von Miastor metralous. Dass ein und derselbe Helminth nach einander erst den einen, dann in einem weiter entwickelten Larvenstadium einen anderen Zwischenwirth bewohnt, ist nichts seltenes; leben doch (die Distomen als Cercarien-bildende Redien oder Sporocysten erst in einem Mollusk, dann als eingekapselte Distomum-Larve in einem anderen Thier und endlich als Geschlechtsform in einem dritten Wirth. Zahlreiche und interessante Funde, Gordius-Larven be- treffend, hat Villot gemacht, dieselben aber in einer Weise ge- deutet, welche von meiner Anschauungsweise weit abweicht. Die Schlüsse, welche Villot aus seinen Beobachtungen zieht, lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen: Die Em- bryonalform von Gordius bohrt sich in das erste beste Thier ein, welches ihr m den Weg kommt; es können sein Insekten, Mol- lusken, Fische, in denen sie sich eneystirt; in diesem Thiere werden die Gordien auch zu den grossen Larven; die Eneysti- rung der Embryonalform ist zur Entwicklung nicht erforderlich; specielle Zwischenwirtlie haben die einzelnen Gordius-Arten nicht. Zu dieser Ansicht ist Villot gekommen durch die Funde von eingekapselten Embryonalformen in Rana temporaria (Leydig), Tanypus, Corethra, Chironomus, Nephelis octoculata, Planorbis, Lymnaea, Hydrophilus piceus, Cobitis barbatula, Phoxinus laevis, Petromyzon Planeri, welche er sämmtlich auf Gordius aquaticus zurückführt. Die Gegend, in welcher Villot lebt, muss sehr reich an Gordien sein, denn er führt nicht weniger als 7 Arten an, welche er beobachtet hat, Gordius aftinis, pustulosus, tolosanus, grationo- polensis, violaceus, alpestris und aquaticus; er meint, die Art schon in der Embryonalform unterscheiden zu können; bei einem so winzig kleinen Thier, nur ausgezeichnet durch einen Bohr- N — Helminthologische Beobachtungen. 7 eylinder und dahinter 2 oder 3 Kränzen von Dornen, halte ich es nicht für möglich, dass schon die Embryonalformen sichere Unterscheidungsmerkmale bieten sollten, um so weniger, als wir bereits 75 Arten kennen, deren es sicher noch viel mehr giebt. Ich glaube daher, dass die Zwischenwirthe, welche Villot anführt, sich nicht auf eine Art, sondern vielleicht auf 6 beziehen; als Wirth der Embryonalform habe ich bei Göttingen für Gordius aquaticus Petromyzon Planeri gefunden, und glaube dass die Dipterenlarven Zwischenwirthe für eine zweite, Hydrophilus piceus für eine dritte, Planorbis und Lymnaea für eine vierte, Nephelis oetoeulata für eine fünfte und Rana temporaria für eine sechste Art ist. Die von mir in Lymnaea gefundene Embryonalform gehört, wie ich mich jetzt überzeugt habe, nicht zu Gordius aquaticus, ebensowenig die von Leydig in Mesenterium von Rana temporaria gefundene, wenn dieselbe nur annähernd richtig gezeichnet ist; der Bohreylinder ist hier viel länger als bei Gordius aquaticus, denn er nimmt 1/,—!/. der Körperlänge ein, bei Gordius aquaticus nach Villot's Zeichnung !/,, bei Gordius tolosanus !/,—!/,. Die Helminthen sind in Bezug auf ihre Wohnthiere ausser- ordentlich wählerisch; man kennt keine Art, die zugleich in einem Vogel und Säugethier lebte; wenn eine Art in demselben Ent- wicklungsstande mehrere Thierarten bewohnt, so stehen sie nahe zusammen im System, und manche bewohnen nur eine einzige Thierspecies. Daher scheint mir Villot's Auffassung sehr unwalırschein- lich, und ich halte sie für nicht bewiesen. Das Vorkommen von Gordius Larven im Darm von Fischen und Vögeln ist leicht er- klärt; sie sind gefunden in Thymallus vexillifer, Aspius rapax und Trutta fario, Fischen, welche mit Vorliebe Insekten fressen, so dass sie leicht einen Käfer verschlingen können, welcher eine Gordius-Larve enthält; auch das Vorkommen eines Gordius im Darm von Otis Macqueeni habe ich beschrieben, eines Vogels, der gern Käfer und Heuschrecken frisst. In den Me»schen gelangen die Gordien mit dem Trink- wasser; man kennt eine ganze Reihe solcher Vorkommnisse, welche von Blanchard!) zusammengestellt sind und noch später 1) R. Blanchard, Vers. in Dietionnaire eneyclopedique des sciences me&dicales, ser. 5, t. III, Paris 1838, pag. 39- 41. -] 52 v. Linstow: durch Mittheilung anderer Autoren vermehrt sind, wie Cerruti und Camerano; auch unter den Exemplaren der Göttinger Sammlung ist ein Exemplar bezeichnet „aus einer Frau in Kur- land“; in Ratzeburg wurde mir an einem Morgen aus dem Wacht- lokal der Soldaten eine Wasser-Flasche gebracht, in welchem sich ein Gordius aquaticus bewegte; leicht hätte ein Soldat Nachts im Dunkeln denselben mit einem Glase Wasser trinken können, und unter den aus Königsberg geschiekten Exemplaren war ein Glas bezeichnet mit: „aus der Königsberger Wasser- leitung“. Wenn meine Vermuthung richtig ist, dass Villot die Em- bryonalform nicht von einer, sondern von sechs Gordius-Arten gefunden hat, so lässt sich daraus auch das Misslingen seiner Fütterungsversuche erklären. Gordius aquaticus Lin. (Fig. 1—3.) Synom.!: Gordius robustus Leidy, lineatus Leidy, fascia- tus Baird, seta Diesing, subspiralis Diesing, setiger Schneider, impressus Schneider, inermis Kessler, subareolatus Villot, Villoti Rosa, emargimatus Villot, Perroneiti Camerano, Rosae Camerano, Doriae Camerano. k Von den 5 in Deutschland vorkommenden Gordiiden, Gor- dius aquatieus Lin., G. tolosanus Duj., G. pustulosus Baird, 6. violaceus Baird und Chordodes trieuspidatus Dufour kommen nur die beiden ersten bei Göttingen vor; Gordius tolosanus ist hier in einigen Jahren so häufig, dass man hundert und mehr Exem- plare sammeln kann; er lebt in Tümpeln und Wiesenbächen; Gordius aquaticus lebt in der Leine und scheint selten zu sein, wenigstens ist er, vielleicht in Folge seines schwer zugänglichen Aufenthalts am Grunde des Flussbettes nur schwer zu erlangen. Ich besitze auch Exemplare aus der Elbe bei Hamburg und aus der Gegend von Braunschweig von letzterer Art. Die Embryo- nalform fand ich nach langem vergeblichen Suchen eingekapselt in der Darmrand eines in der Leine gefangenen Exemplars von Ammoecoetes branchialis, der Larve von Petromyzon Planeri, wo auch Villot sie gefunden hat. Sie liegt in nicht scharf begrenz- 1) Nach F. Römer, Beitrag zur Systematik der Gordiiden. Abhandl. d. Senckenberg. naturf. Gesellsch. Bd. XXIH, Heft II, Frank- furt a. M. 1896, pag. 258—260. I os Helminthologische Beobachtungen. ten, bindegewebigen Kapseln von 0,16 mm Grösse, welche kugel- förmig sind (Fig. 2); die Larve ist 0,143 mm lang und 0,021 mm breit; der eylindrische, von 5 Stäben gestützte Bohrapparat (Fig. 5) ist 0,0156 mm lang; die Stäbe zeigen vorn feine Querlinien; da- hinter liegen 3 Kränze von je 6 Haken (Fig. 3), welehe an die erinnern, welche man an dem sogenannten Halse mancher Echino- chynchen findet. Der Bohreylinder entspricht also etwa !/, der Körperlänge; der Leib liegt m der Kapsel hakenförmig ge- krümmt. Dass diese Form zu G. aquaticus gehört, kann nicht zweifelhaft sein, denn in hiesiger Gegend kommen, wie gesagt, nur G. aquatieus und G. tolosanus vor, und die Embryonalform der letzteren Art ist von dieser leicht zu unterscheiden: vermuth- lieh gehören die Embryonalformen, welche Villot in der Darm- rand von Cobitis barbatula und Phoxinus laevis fand, auch hier- her. Um zu erfahren, in welehen Wirthen an anderen Orten die Larven von Gordius aquaticus gefunden sind, erbat ich mir Prä- parate der Sammlungen in Göttingen, Greifswald, Königsberg, München und Wien, und in der liebenswürdigsten Weise sandten mir die Herren Geheimräthe und Professoren Ehlers, Müller, Braun, Hertwig und v. Marenzeller ein reiches Material, wofür ich in dieser Stelle noch einmal verbindlichst danke. Jedes Exemplar der Gordius-Larven wurde sorgfältig bestimmt; die mit v. Siebold!) bezeichneten Namen sind dessen Aufzählung der Wohnthiere der Larven von Gordius aquaticus entnommen. Heuschrecken: Loecusta viridissima Lin. (Wien). Loeusta viridissima Lin. (Wien). Loeusta viridissima Lin. (v. Siebold). Loeusta eantans Charp. (Wien). Loeusta hemitogia (? = Hemisaga) (Wien). Loeusta spe.? (Wien). Mantis religiosa Lin. (Wien). Thamnotrizon apterus Fabr. (Wien). Dectieus verrueivorus Lin. (Wien). Dectieus verrucivorus Lin. (München). Gomphoecereus viridulus Ch. (v. Siebold). 1) Zeitschr. f. wissensch. Zoolog. VII, 1855, pag. 143—144. 154 v. Linstow: Laufkäfer: Omaseus melas Creutz. (v. Siebold). Feronia melanaria Ill. (v. Siebold). Carabus violaceus Fabr. (v. Siebold). Calathus eisteloides Panz. (Göttingen). Proerustes coriaceus Lin. (Greifswald). Proerustes coriaceus Lin. (Göttingen). Schwimmkäfer: Dytiscus marginalis Lin. (Königsberg). Dytiscus marginalis Lin. (Larve) (Greifswald). Dytiseus marginalis Lin. (Larve) (München). Schwierig ist die Frage zu beantworten, wie die landbe- wohnenden Laufkäfer und Heuschrecken in die Lage kommen, kleine Fische zu fressen. Vermuthlich sind es nur ganz kleine, Junge Exemplare dieser Fische, welche dann die Beute von Raub- insekten werden können, wenn die Flüsse mit kleinen Wasser- nassen abgelassen werden, was bei der Leine in Göttingen in jedem Sommer mehrere Male geschieht, oder wenn sie m dürren Sommern versiegen. Dass in diesen Landinsekten Gordien ge- funden werden, deren erste Entwicklungszustände im Wasser ab- laufen, ist nun einmal eine T'hatsache, und Villot’s Erklärung, das die Gordius-Embryonen durch Ueberschwemmungen von Wiesen zu den Landkäfern und Heuschrecken gelangen, halte ich nicht für zutreffend, denn die Gordius-Embryonen können nur im Wasser leben, der Luft ausgesetzt sterben sie, und die Landinsekten können wohl von einem auf der Oberfläche des Schlammes liegenden Thiere fressen, begeben sich aber nicht in das tiefe Wasser, so dass m diesem lebende Thiere in sie hineindringen könnten. Dass die sogenannten Laubheuschrecken theilweise oder grösstentheils von animalischer Kost leben und Raubinsekten sind, ist bekannt. Die angeführten Käfer leben alle ausschliesslich von animalischer Kost. Auch in tropischen Ländern sind besonders häufig Heuschrecken als Wirthe von Gordius-Larven gefunden, so dass man bereits 43 Heuschrecken- Arten kennt, welche Gordius-Larven beherbergten. Der alte Rösel!) schon hatte beobachtet, dass die Heu- 1) Der monatlich-herausgegebenen Insekten-Belustigung zweyter Theil, Nürnberg 1749, Heuschrecken, pag. 57—58. Helminthologische Beobachtungen. 159 schreeken vielfach von Gordien bewohnt werden; über Deectieus verrueivorus sagt er: „An dem sogenannten Zwim-Wurm haben sie einen innerlichen Feind: Dieser wird zuweilen eine Vierthel- Ellenlang in ihnen angetroffen, hat aber dabey nur die Dicke eines Zwirn-Fadens und zehrt sie so aus, dass sie vielmals, vor der ihnen sonst bestimmten Zeit, ihr Leben endigen müssen.“ Am leichtesten erklärlich scheint es, dass die Larve von Gordius aquaticus in Dytiscus marginalis gefunden wird, der ein Wasserbewohner ist, aber gerade hier bietet sich der Erklärung eine neue Schwierigkeit, denn es handelt sieh nicht nur um den Käfer, sondern auch um seine Larve, und diese hat keine Mund- öffnung. Vorn am Kopfe stehen grosse Zangen, in denen ein Kanal verläuft; an den Spitzen der Zangen öffnet er sich und durch diese Zangen, welche in das Beutethier geschlagen werden, saugt die Larve ihre Nahrung ein. Nagel!) fand, dass aus den Spitzen der Zangen ein Tröpfehen einer dunkel graubraunen Flüssigkeit fliesst, wenn die Larve ihre Beute erfasst hat; diese Flüssigkeit muss eine Giftwirkung für die Beutethiere haben, denn schon nach einer Minute werden die ergriffenen Thiere ge- lähmt urd getödtet; aber auch eine erweichende Wirkung, denn die Dytiseus-Larve saugt ihre Beutethiere völlig aus, so dass bei Insekten nur die Chitinhülle übrig bleibt. So kann sie auch Or- gane durch die Zangen aufsaugen, in denen die Embryonalform von Gordius eingekapselt ist; die räumlichen Verhältnisse gestatten es, denn das Lumen des Kanals der Zangen ist an der Spitze 0,118 mm, weiter nach der Basis hin 0,316 mm breit. Während viele Thiere, Amphibien und Insekten, ihr Ei- und Larven-Stadium im Wasser, das geschlechtsreife aber in der Luft verbringen, haben wir bei Gordius den wunderbaren Entwicke- lungsgang, dass die Thiere während des Ei- und Embryonal-, sowie des Stadiums der geschlechtliehen Fortpflanzung im Wasser leben, dass aber in die Mitte ihrer Lebens- und Entwiecklungs- periode eine Zeit eingeschoben ist, welche sie, wenn sie als Larven in Laufkäfern und Heuschreeken leben, in der Luft zu- bringen. Ist es schon schwer zu erklären, wie die ausschliesslich in der Luft lebenden Laufkäfer und Heuschrecken sich mit der im 1) Biologisches Centralblatt, Bd. 16, 1896, p. 51—57, 105—112, 756 v. Linstow: Wasser lebenden Embryonalform der Gordien infieiren, so ist doch die Art und Weise, wie die Gordius-Larven aus diesen wieder ins Wasser gelangen, noch viel merkwürdiger. Für die Larven von Gordius tolosanus habe ich gezeigt, dass sie dadurch im April in die Wiesengräben kommen, dass Laufkäfer, Pterostichus niger und Harpalus hirtipes massenhaft auf der Oberfläche des Wassers schwimmen, wo die Gordius- Larven aus ihnen heraus in's Wasser gelangen; was die Käfer ins Wasser treibt, weiss ich nicht, aber die Thatsache steht fest. Für Gordius aquatiecus hat v. Siebold!) dasselbe ge- funden; er sagt: „Da ich wusste, dass ich es hier mit ausge- wanderten Parasiten zu thun hatte, so sah ich mich in der Um- gebung des Fundortes dieser Würmer nach ihren ehemaligen Wohnthieren um, und konnte auch verschiedene Carabiden in jenem Thal bemerken, von denen mehrere im Wasser ertrunken lagen; ich brach allen diesen Käfern den Hinterleib auf und er- hielt wirklich aus einer Feronia meianaria einen männlichen Gordius aquatieus.“ Noch merkwürdiger aber ist das, was wir über das Ge- langen der Larven in’s Wasser aus den Orthopteren erfahren. Ich wiederhole hier, was ich?) über einen Aufsatz von Me Cook?) berichtete: Conger bemerkte, dass in einem von zahlreichen Heim- chen (Crieket, Gryllus domesticus) bewohnten Hause im Wasser- eimer häufig Gordien gefunden wurden, während das Wasser beim Hereintragen frei von solchen war. Um diese Erscheinung zu ergründen, legte man sich auf’s Beobachten und sah, wie ein diekbäuchiges Heimchen an dem Eimer in die Höhe kletterte, das Ende (des Hinterleibes unter die Wasseroberfläche tauchte und nach heftigem Drängen eine schwarze Masse in’s Wasser fallen liess, die zu Boden sank und sich auseinanderwirbelnd als ein Gordius erwies. Das Heimchen war nach diesem Act so erschöpft, dass es kaum gehen konnte; diese Beobachtung wurde oft wiederholt und fand man, dass, wenn ein diekbäuchiges Heim- 1) Zeitschr. für wissensch. Zoolog. VII, 1855, pag. 141. 2) Bericht über die Leistungen in der Naturgesch. d. Einge- weidewürmer im Jahre 1834, pag. 736. 3) Proceed. Acad. nat. sc. Philadelphia 1884, pag. 293—294, Helminthologische Beobachtungen. 757 chen ergriffen und am Hinterleibe gedrückt wurde, derselbe dicht vor der Aftermündung barst und einen Gordius austreten liess. Die Cutieula von Gordius aquaticus (Fig. 1) zeigt dunkle, sich im Winkel von etwa 60 resp. 120 Grad kreuzende Linien, welche in Abständen von 0,059— 0,052 mm Rhomben abgrenzen, aber nicht in der obersten Hautschicht, sondern in der Tiefe liegen. Die Grenzmembran oder die äusserste Hautschicht kann dreierlei Gebilde zeigen: 1. 0,0104 mm grosse helle Ringe in einem hellen Hofe, 2. oft nur schwer erkennbare, undeutliche polygonale Areolen von 0,011—0,013 mm Grösse und endlich 3. kleine Borsten, die 0,020—0,26 mm lang und 0,001 mm breit sind. Nicht nur das eine oder andere dieser Merkmale, sondern auch sämmtliche können fehlen, so dass die Haut dann völlig glatt und zeichnungslos ist, und dieser Umstand erklärt die zahl- reichen Synonyme. Charakteristisch ist für das Männchen eine halbmondtörmige Hautfalte hinter der Cloaken-Oefinung. Gordius tolosanus Du]. Synom.: Gordius subbifureus. Die Embryonalform habe ich, wie bemerkt, in den Larven von Sialis lutaria und Cloöon dipterum gefunden, Meissner liess sie experimentell in die von Ephemera vulgata einwandern. Die Larven sind gefunden in Laufkäfern: Pelor blaptoides Creutz. (Wien). Pelor blaptoides Creutz. (v. Siebold). Harpalus pubescens Müll. (Wien). Harpalus pubescens Müll. (Wien). Harpalus hirtipes Panz. (Göttingen). Harpalus hottentota Duft. (v. Siebold). Carabus morbillosus Fabr. (Wien). Carabus violaceus Lin. (München). Carabus hortensis Fab. (v. Siebold). Calathus eisteloides Ilig. (Wien). Calathus eisteloides Illig. (v. Siebold). Poeeilus lepidus Fab. (v. Siebold). Omaseus melas Creutz. (v. Siebold). Molops elatus Fab. (v. Siebold). 758 v. Linstow: Feronia melanaria Illig. (v. Siebold). Feronia metallica Fab. (v. Siebold). Pterostichus niger Schaller (10 von mir bei Göttingen gefundene Exemplare). Pterostichus niger Schaller (Königsberg). Pterostichus nigritus Fab. (v. Siebold). Pterostichus melas Creutz (Wien). Procrustes coriaceus Fab. (v. Siebold). Schwimmkäfern: Dytiscus marginalis (Lin.) (Wien). Phryganiden: Stenophylax latipennis Curt. (Larve) (München). Die Art ist von Gordius aquaticus leicht durch die dicht- sedrängten, 0,018—0,026 mm grossen Erhabenheiten der Cutieula zu unterscheiden, welche von einem Kranz glänzender Kügelchen eingefasst werden und an ein Strassenpflaster erinnern. Wenn Villot meint, dass die Gordius-Embryonalform in das erste beste Wasserthier einwandert, so trifft das für diese Art nicht zu, denn dieselbe ist bier in einzelnen Jahren sehr häufig, vergebens aber habe ich tausende von Wasserthieren nach ihr durchsucht, bis ich nach jahrelangen vergeblichen Forschungen endlich fand, dass sie in Neuropteren-Larven wohne. Dass die Larven in allen beliebigen Thieren leben können, halte ich ebenfalls nieht für richtig, denn wir sehen, dass unter (len Larvenwirthen für Gordius tolosanus die Heuschrecken gänz- lich fehlen; es herrscht also auch hier eine Regel, und wir kennen eine Reihe von Gordien, deren Larven regelmässig nur in einer einzigen Heuschrecken- oder Käferart gefunden werden. Interessant ist, dass unter den Wirthen der Larven von Gordius tolosanus auch eine Phryganiden-Larve vorkommt. Die Phryganiden-Larven leben theils von Pflanzen, theils von animalischer Kost. Rösel!) berichtet über die Larven von Limnophilus rhombieus: „Ich wollte mir einsten eine ziemliche Menge dieser Raupen sammeln, um meine Untersuchungen mit solchen anzustellen, da geschahe nun’aber, dass ich nebst ihnen auch ein kleines Fischlein, so etwann einen Zoll lang war, mit 1) l. e. Der Wasser-Insekten zweyte Klasse, pag. 73. Helminthologische Beobachtungen. 759 meinem Hämlein aus dem Wasser zog. Kaum aber hatte ich die Raupen nebst selbigem in eine Flasche gethan, und kaum hatten sich solehe von der Unruhe, in welche sie durch mich gesetzet worden, erholet, so fielen bereits etliche das Fischlein an, hielten solches auch mit ihren scharfen Klauen so veste, dass es kaum im Stande war sich mehr zu bewegen; ja in einer Stnnde war es bereits so aufgezehret, dass wenig oder nichts davon überbliebe.“ So kennen wir denn als Wirthe der Gordius-Larven nur Thiere, welche entweder ganz oder theilweise von animalischer Kost leben; ausschliesslich Herbivore beherbergen keine Gordius- Larven; v. Siebold, von welchem die unrichtige Angabe stammt, dass Gordius-Larven in Raupen und Schmetterlingen vorkommen, hat diesen Irrthum selbst!) berichtigt, und angegeben, dass es sich um Mermis handele, wie auch in der Münchener Sammlung keine Gordien aus Raupen und Schmetterlingen vorhanden waren?). Die meisten Mermis-Arten sind Erdbewohner und die Embryonen bohren sich m an der Erde lebende Insekten ein, in denen sie zu grossen Larven heranwachsen; sie haben nur einen Zwischen- wirth; dasselbe dürfte bei den im Wasser lebenden Arten der Fall sein. Die Gordien leben im Wasser; sie haben zwei Zwischen- wirthe; der erste beherbergt die Embryonalform und lebt im Wasser, der zweite die Larven und ist meistens ein Landthier. Oxyuris biuneinatan. sp. (Fig. 4.) Im Darm von Ammocoetes branchialis, der Larve von Petro- myzon Planeri, lebt eine Oxyuris, die ich nur im weiblichen Ge- schlecht beobachten konnte; es ist die einzige Art ihrer Gattung, welche in einem Fische gefunden ist. Die Länge beträgt 2,05 mm, die Breite 0,44 mm; der Oesophagus, welcher !/ı> der Gesammt- länge einnimmt, zeigt am Ende einen starken, kugelförmigen Bul- bus mit Ventilklappen; die Outieula ist sehr breit, ihre Dicke beträgt '/,, des Körperdurchmessers, sie ist in Abständen von 0,015 mm quergeringelt, und zwar steht in der Mitte zwischen zwei Ringeln immer eine schwächer markirte Linie. Die Vulva theilt den Körper so, dass der durch sie gebildete vordere Körper- 1) Zeitschr. für wissensch. Zoolog. VII, 1855, pag. 144. 2) So erwies sich auch ein mit „Gordius aus einer Raupe“ be- zeichnetes Präparat der Königsberger Sammlung als die Larve von Mermis albicans. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 50 760 v. Linstow: abschnitt sich zum hinteren verhält wie 24:35. Die grossen Eier sind 0,096 mm lang und 0,054 mm breit und in der Ei- schale bewegt sich lebhaft ein schlanker Embryo. Das Schwanz- ende ist auffallend lang, denn es macht !/s, der ganzen Länge aus; es ist pfriemenförmig zugespitzt, und an der Grenze zwischen 1. und 2. Drittel steht jederseits ein kleiner Dorn (Fig. 4). Ascaris Myxinesn. sp. (Fig. 5.) Herr Professor Dr. F. Blochmann hatte die Freundlich- keit, mir eine grosse Ascaris-Larve zur Beschreibung zu schicken, welche er in einer Cyste der Darmwand von Myxine glutinosa, etwa 5 cm vom After entfernt gefunden hatte; der Fisch war bei Kvaerenfjord in 100 Faden Tiefe gefangen, und unter 200 Exemplaren enthielt nur eins den Parasiten; in Myxine glutinosa ist noch niemals ein Helminth beobachtet. Obgleich noch Larve erreicht der Nematode die ansehn- liche Länge von 21,24 mm, die Breite beträgt 0,32 mm; der 5 2’ der Schwanz nur - der ganzen Länge ein; am Kopfende erkennt man noch den kegelförmigen Leohr- zahn, während unter der Haut die Anlagen der Lippen bereits sichtbar sind. Oesophagus nimmt Asearıs Ammocoetisv.L. In der Darmwand von Ammocoetes branchialis aus der Leine bei Göttingen fand ich massenhaft Cysten, welche kleine Ascaris- Larven enthielten, in denen ich dieselbe Form wiedererkannte. welche ich!) nach einem Präparat beschrieben hatte, das Herr Dr. Giglio-Tos mir aus Turin zugesandt hatte. Die Cysten sind schon dem unbewaffneten Auge sichtbar; bei den älteren ist der Inhalt gelb, aussen liegt eine helle, nach aussen von dieser eine dunkle Hülle; die Grösse steigt bis 0,85 mm; durchschnitt- lieh messen sie 0,57 mm. Im Innern einer jeden Cyste liegen 1---7T Ascaris-Larven, welche im Mittel 0,56 mm lang und 0,026 mm breit sind; der Oesophagus misst !/, der ganzen Länge; in den Seitenlinien verläuft eine Kante. 1) Dieses Archiv XXXXVIII, 1896, pag. 375. Helminthologische Beobachtungen. 761 Spiroptera Mugientis n. sp. (Fig. 6—7.) Die Gelegenheit, die hier beschriebenen Nematoden zu untersuchen, verdanke ich der Güte des Herrn Dr. F. Römer in Jena, welcher sie in 11 mm langen und 7 mm breiten Cysten aussen am Magen und Darm von Rana mugiens aus Nordamerika fand. Die Nematoden erwiesen sich als grosse Larven einer Spiroptera; das grösste Exemplar ist 52,5 mm lang und 0,79 mm breit; am Kopfende stehen 4 rundliche Erhabenheiten, deren Scheitel wieder rundlich vorgewölbt ist (Fig. 6); sie umgeben eine dreiseitige Mundöffnung, und nach aussen vor den 4 Er- habenheiten stehen 6 Papillen, 4 in den Submedianlinien, 1 in der Dorsal- und 1 in der Ventrallinie; der Oesophagus nimmt !/, der Gesammtlänge ein, das kurze Schwanzende nur !/,,, und an seinem Ende steht ein 0,16 mm langer, feiner griffelförmiger Fortsatz. Cercaria ericetoram.n. sp. (Kiez 8.) Anfang September fand ich an längs einer Chaussee ge- pflanzten Obstbäumen zahlreiche Exemplare von Xerophilus erice- torum Müller, und in einem derselben massenhafte Sporoeysten mit Cercarien. Erstere sind unbeweglich und 0,99—1,97 mm lang und 0,24—0,27 mm breit. Die Cercarien machen selten und träge Bewegungen. Die Haut ist sehr fein, nur 0,0015 mm stark und unbedornt. Der Körper hat einen Schwanzanhang, der nicht scharf gegen den Körper abgesetzt ist; ersterer ist 0,32 mm lang und 0,13 mm breit, letzterer misst 0,17 mm und 0,06 mm. Der 0,078 mm grosse Mundsaugnapf ist ohne Bohr- stachel, der Bauchsaugnapf misst etwas weniger, 0,070 mm; ein Darm ist nicht erkennbar, ebenso wenig sind Geschlechtsorgane und Gefässe sichtbar; am Hinterende des Körpers, wo der Schwanz mit dem Körper verbunden ist, erkennt man 2 nach hinten eonvergirende stabförmige Gebilde (Fig. 8). An der Rücken- seite des Mundsaugnapfes liegt jederseits eine Gruppe von Drüsen, deren Hinterrand mit dem des Saugnapfes abschneidet; in der Seitenlage sind Mund- und Bauchsaugnapf prominent. Der Fundort ist eine dürre, schattenlose Höhe südlich von Göttingen, nach der Diemarder Warte, und Xerophila lebt auf trocknen Abhängen, dürren Haiden und trocknen, kurzgrasigen Wiesen, also an Orten, denen das Wasser fehlt, was auch‘ für 762 v. Linstow: diesen Fundort zutrifft, und da muss gefragt werden, welche Bedeutung für die Cercarie der Ruderschwanz haben mag, da ihr scheinbar jede Gelegenheit, in's Wasser zu gelangen fehlt; höchstens könnte sie in eine bald wieder austrocknende Regen- pfütze gerathen. Dieselbe Frage habe ich schon früher bei einer langgeschwänzten Cercaria aufgeworfen, die ich in Zebrina de- trita auf dem Gipfel des kahlen, dürren Frauenberges bei Son- dershausen fand. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXI. Fig. 1—3. Gordius aquaticus. 1. Cuticula, Aussenfläche. 2. Embryonal- form aus Ammocoetes branchialis. 3. Deren Bohrapparat. Fig. 4. Schwanzende von Oxyuris biuncinata. Fig. 5. Kopfende von Ascaris Myxines. Fig. 6—7. Kopfende von Spiroptera Mugientis. 6. Von der Seite. 7. Von der Scheitelfläche. Fig. 8. Cercaria ericetorum. Zusatz. Während des Druckes dieser Arbeit erhielt ich ein neues Werk Camerano'’s!), Monografia dei Gordi, in welchem auch die Entwicklung derselben behandelt wird. Camerano schliesst sich ganz den Ansichten Villot’s an; er unterscheidet das Ei- und Larvenstadium, womit das embryonale gemeint ist, und ferner das jugendliche und erwachsene; auch Camerano meint, dass die einzelnen Gordius-Arten keine speciellen Wirthe haben und normaler Weise seien sie Parasiten der Insekten; in der Regel machen sie den ganzen Entwicklungsgang in einem ein- zigen Wirth durch; die embryonale Larve kann sich in Wasser- thieren aller Ordnungen einbohren; kapseln sie sich hier ein, so sehen sie unter und sind für die Weiterentwicklung verloren und eine Infeetion von Käfern und Heuschrecken mit Gordien 1) Memorie Reale Accad. science Torino 1896/97, ser. II, t. XLVII, Torino 1897, pag. 339—419, tab. I—II. Helminthologische Beobachtungen 163 durch Wasserthiere, welche die eingekapselte Embryonalform enthalten, findet nicht statt. Um den Entwicklungsgang der Gordien klarzulegen, muss man den der einzelnen Arten auffinden und dann in induetiver Weise von den einzelnen Fällen auf die allgemeine Regel schliessen; Camerano aber zählt alle Thiere auf, in welehen Gordien in allen Entwieklungsphasen gefunden sind, und wenn er unter diesen auch Wirbelthiere, Amphibien, Vögel, Säugethiere und den Menschen nennt, welche er für wahre Wirthe hält, und so deduetiv auf die Entwicklung der Arten schliesst, so heisst das die Frage verwirren statt sie zu lösen. In insektenfressende Fische und Vögel können leicht die grossen Gordius-Larven gelangen, wenn sie Käfer und Heu- schrecken fressen, welche solche beherbergen; Menschen aber trinken ohne es zu bemerken Wasser, in welchem sich ein Gor- dius befindet, und Blanehard schildert, dass ein junger Mann beim Wassertrinken emen Kitzel im Halse verspürte und mit den Fingern einen noch lebenden Gordius aus dem Schlunde zog, wie schon wiederholt Gordien in Brunnen, Eimern, Tonnen und Wasserleitungen gefunden sind. Camerano aber hält einen Gordius im Menschen nicht für einen Pseudoparasiten, sondern meint, eine embryonale Larve könne im Menschen sehr wohl zum grossen Thier heranwachsen. Dass die im Wasser lebende Embryonalform von Gordius ohne Vermittelung eines Wasserthieres, welches den Zwischenwirth abgiebt, in die auf dem Lande lebenden Laufkäfer und Heuschreeken gelangen sollte, um sich in ihnen direkt zu entwickeln, ist ganz ausge- schlossen. 764 (Aus dem anatomischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. Die weiblichen Geschlechtsorgane. Von Dr. Gakutaro Osawa aus Japan. Hierzu Tafel XXIIL, XXIV u. XXV. In meiner früheren Arbeit „Beiträge zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata — dieses Arch. Bd. XXXXIX 1897° habe ich nur über die Verhältnisse beim männ- lichen Thiere zu berichten vermocht. Dank der grossen Frei- gebigkeit von Professor J. Jeffery Parker, der dem anatomi- schen Institut zu Freiburg i. B. weitere Exemplare von Hatteria zu überlassen die Güte hatte, war ich nachträglich in der Lage, auch die weiblichen Geschlechtsorgane untersuchen zu können. Mir standen zwei in Alkohol erhärtete Exemplare zur Verfügung. Das eine war 56 em lang und hatte im Ovarium 1—2 cm im Durchmesser messende grosse Eier, während sich beim zweiten 32 cm langen Thier nur lauter kleine Ovarialeier vorfanden. Das Material war zu meinem grossen Bedauern zwar nicht tadellos erhalten, doch glückte es mir, ein wenn auch nicht ganz voll- kommenes, so doch ein einigermaassen befriedigendes Resultat zu erzielen. So möchte ich um so weniger versäumen, dasselbe im Anschluss an meine frühere Abhandlung jetzt der Oeffentlich- keit zu übergeben, als über den betreffenden Gegenstand, abge- sehen von der Arbeit Gadow’s, der die Kloake der weiblichen Hatteria vom rein morphologischen Gesichtspunkt aus behan- delt hat, bis jetzt Nichts bekannt ist. Eierstock. Ueber das äussere Verhalten dieses Organs bei den Sauriern ist schon von Lereboullet (23) das Wesentlichste gesagt Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 765 worden !). Während er das Organ der Eidechse als einen vom Peritoneum überzogenen Sack characterisirt, welcher infolge der darin enthaltenen Eier ein höckeriges Aussehen erhält, bezeich- net Leydig (36) die Angabe, der Eierstock sei ein Sack, als nicht richtig. Nach ihm zerfällt das Ovarium namentlich bei Jungen Thieren in zwei Theile: in einen grossen, zahllose Lymph- räume einschliessenden, und einen compacten Theil, die Keim- stätte der Eier. Wiedersheim (70) hebt bei dem Phyllodaectylus europaeus, dessen Ovarium von demjenigen der Eidechse nicht sehr verschieden ist, die Entwickelung der Eier nur auf einer Seite als charakteristisch hervor, was aber von Braun (9) als pathologisch widerlegt wird. Hoffmann (32) sagt, dass die Ovaria bei den Sauriern traubige, mehr länglich ovale Organe darstellen, welche weit gegen das Becken zu gerückt in einem zarten Gerüste von Binde- gewebsbalken eingebettet liegen, die durch Membranen zu eigent- lichen Fächern sich verbinden und dass sie nach vor- und rück- wärts durch zarte Fäden an’s Bauchfell befestigt sind. Arnold (1) erklärt diese Beschreibung Hoffmann’s für un- klar und unrichtig, indem er sich weder von einem zarten binde- sewebigen Gerüste noch von einer Befestigung durch zarte Fäden überzeugen konnte. Nach ihm liegt der rechte Eierstock, wie schon früher von Lereboullet und Braun angegeben worden, weiter nach vorn als der linke. Die beiderseitigen Organe sind im hinteren Drittel der Leibeshöhle, nahe der Wirbelsäule, neben dem Mesenterium an einer Bauchfellduplieatur aufgehängt, welches sie vollständig umschliesst. Nach seiner Auffassung stellt übrigens das Ovarium im Gegensatz zu Leydig einen Sack dar. Bezüglich der feineren Structur des Organes erwähnt 1) Lereboullet, S. 52. Les ovaires, dans le lezard des sou- ches, sont situ&s dans la region moyenne de l’abdomen, sur les cötes et au dessus des intestins, separ6s l’un de l’autre par le rectum. L’ovaire droit, plus avance que le gauche, s’etend en avant jusqu’au lobe poste&- rieur du foie auquel il adhere par la veine cave droite. Le gauche commence A peu pres au niveau de l’origine du rectum ... Ces or- ganes sont creux et representent deux sacs formes par la membrane propre de l’ovaire que tapisse le peritoine. Les ovules plus on moins avances en maturite font saillie A travers les parois de cette poche et lJui donnent un aspect plus ou moins bossele. 766 Gakutaro Osawa: Waldeyer (69), dass die Oberfläche des Organes von einem Epithel überzogen ist, welches gleich wie bei den Vögeln be- schaffen, sich mit sebarfer Grenze gegen das Peritonealepithel absetzt und daher als echtes Epithel angesehen werden muss. Nach Leydig (36) besteht der die Lymphräume einschlies- sende Theil aus zahlreichen Bindegewebsbalken, welche Blutge- fässe und glatte Muskeln einschliessen und die benachbarten Lymphräume von einander scheiden. Die Keimstätte ist aus einem zarten bindegewebigen Fachwerk zusammengesetzt, dessen Räume mit Zellen angefüllt und dessen Oberfläche durch das flachzellige Epithel des Bauchfelles überzogen sind. Braun (9) stellt die Angabe Leydig’s, wonach die an der Keimstätte entstehenden Follikel von den Lymphräumen aufge- nommen werden, in Abrede. Jede Keimstätte, welche Braun als Ureierlager bezeichnet, ist von den Lymphräumen durch eine dicke Lage von jungem zellenreichem Bindegewebe getrennt. Von dem Ureierlager, welches bei älteren Eidechsen auf das hintere Ende beschränkt ist, geht die Follikelbildung aus, und zwar in einer bestimmten Linie, die ungefähr die Mitte des Ureierlagers halbirt und parallel der Wirbelsäule verläuft. Be- züglich des Ovarialepithels sieht Braun dasselbe als eine Fort- setzung des Peritonealepithels an, eine Auffassung, welcher auch Arnold (1) beistimmt. Eierstock der Hatteria. Die beiderseitigen Organe liegen in der im hinteren Ab- schnitt der Leibeshöhle an beiden Seiten der Wirbelsäule, der rechte Eierstock reicht etwa !/, em weiter kopfwärts als der linke. Der erstere ist in seiner vorderen (cephalen) Hälfte durch die rechte Lunge und in der distalen durch die Darmschlinge und der linksseitige durch die linke Lunge sowie durch den Magen und die Milz von der ventralen Seite her gedeckt. Das Organ (Fig. 1) ist wie der Eileiter und die Nebenniere von einer breiten gemeinschaftlichen Peritonealfalte eingeschlossen, wobei der Eileiter am weitesten lateral und an dem freien Rand der senannten Falte seine Lage einnimmt. Medianwärts davon, etwa 1'!/, em entfernt (wenn das gefaltete Peritoneum ausgedehnt wird) liegt der Eierstock und zwischen diesem und der Wirbelsäule die Nebenniere. Alle Organe laufen einander in der Längslinie Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 767 des Körpers parallel. Ausser der genannten Peritonealfalte exi- stirt kein anderes Befestigungsmittel für den Eierstock, und in dieser Beziehung muss ich mich also, wenigstens bei der Hatte- ria, mit Arnold gegen die Angabe Hoffmann’s aussprechen. Was nun die Form des Ovariums anbetrifft, so stellt es bei der Hatteria die Form eines ausgesprochen spindelförmigen resp. schwach keulenförmigen Sackes dar, dessen cephaler Theil ein wenig verdickt, dessen caudaler aber unter allmählicher Ver- Jüngung gegen den Beckeneingang endigt (Fig. 2). Das Innere des Sackes ist von zahlreichen gröberen und feimeren Balken- werken in verschiedenen Richtungen durchzogen und wird da- dureh in zahlreiche grössere und kleinere Kammern eingetheilt, was einigermaassen an das Bauverhältniss der Lunge dieses Thieres erinnert (Fig. 2, 3). Die Wandungen jener Kammern sind mit Eiern in verschiedenen Entwicklungsstadien versehen. Zwischen dem Balkenwerk bleiben die Lymphräume bestehen. Von eier besonderen Keimstätte der Eier konnte ich mich nicht überzeugen; die ganze Wand des Ovariums ist ohne Unterschied zwischen der dorsalen oder der ventralen Abtheilung fast gleichmässig mit Eiern versehen, wie Fig. 1 und 3 zur Ge- nüge zeigt; bei dem Thiere, in dessen Ovarium eine Anzahl sehr grosser (1—2 em im Durchmesser) Eier enthalten waren, sah ich Jüngere Eier vorwiegend an den beiden dorsalen Seiten jener srossen gelagert, eine nicht geringe Anzahl aber fand sich auch an der ventralen Seite zerstreut, zumal im Zwischenraum zwischen den benachbarten grossen Eiern. Die Wandung des Ovarialsackes besteht im wesentlichen aus einer dünnen Lage von Bindegewebe, welchem auch spärliche glatte Muskelfasern zugesellt sind. Nach aussen ist die Wandung von einem einschichtigen Epithel überzogen, welches aus mehr oder weniger eylindrischen Elementen besteht und sich dadurch vom platt- zelligen Peritonealüberzug leicht unterscheidet, jedoch ist das er- wähnte Verhalten des Ovarialepithels nicht überall gleichmässig vertheilt, denn an der Strecke, welche über ein grösseres Ei hin- wegzieht, sieht man die Epithelzellen ganz abgeplattet wie die- jJenigen des Peritoneums selbst. Fig. 4 zeigt, wie das kurz eylin- drische Ovarialepithel in das niedrige übergeht. Die eylindrische Zellenlage darf wohl als Keimepithel (X. ep.) angesehen werden, von welchem die Ureier ihre Herkunft nehmen. Auf Fig. 4, 768 Gakutaro Osawa: rechts, und auf Fig. 5 sieht man eine Epithellage, in welcher drei Zellen zu den Ureiern differenzirt sind; die rechts davon liegenden sind auch im Entstehen begriffen. Die sie zunächst umgebenden Zellen haben bedeutend an Höhe zugenommen, die weiter davon entfernten, in den beiden Figuren nach rechts liegen- den, sind aber kurzeylindrisch und gehen allmählich in die platten Formen über. Die von diesem Keimepithel abstammenden Eier dringen zunächst in die Tiefe des Bindegewebslagers, welches um sie eine dünne Hülle liefert, ein und treten dann entsprechend ihrem Wachsthum allmählich aus dem Bereich der Wandung in das Innere des Ovariums. Ein derartig differenzirtes Ei schwebt gewissermaassen im Lymphraum des Ovariums und hängt mittelst eines mehr oder minder langen bindegewebigen Stieles an der Wand des Organes. Wie das Epithel des Ovariums in seiner Form schwankt, so ist auch die eigentliche Wandung des Ovariums nicht überall einheitlich gebaut; so findet man sie wie Fig. 4, links, zeigt, an manchen Stellen stark verdickt, zumal durch die Wucherung der bindegewebigen Elemente. An einer solchen Stelle bemerkt man neben dem grobfaserigen Bindegewebslager, inmitten desselben eine feinfaserige fast homogen aussehende Masse (lut.), welche im Innern von Kanälen durchzogen ist und da und dort kleinere Anhäufungen pigmentirter Zellen von verschiedener Form auf- weist. Diese homogen aussehende Masse kann auf einen kleinen Herd beschränkt oder aber auch weit ausgedehnt sein. Offenbar hat man es hier mit Residuen der ausgetretenen Eier (corpus luteum) zu thun. Die das Innere des Ovariums durchziehenden Balken be- ginnen vom Peritonealansatz aus und strahlen in radiärer Anord- nung in die Wandung des Ovariums, wie man es auf Fig. 2u.3 abgebildet findet. Sie bestehen aus Bindegewebe, Blutgefässen und glatten Muskelfasern und sind an den gegen die Lymphräume zuschauenden Flächen von einer einfachen Lage sehr platter Zellen überzogen, deren einzelne Kerne weit auseinander getrennt stehen. Innerhalb der Balken findet man da und dort auch verschiedene pigmentirte Zellen zerstreut, welche mit den vorhin erwähnten gleiche Form und gleiche Bedeutung haben. Die radiäre Anordnung der Balken sowie der in ihnen ent- hhaltenen glatten Muskelfasern wird wohl mit dem Platzen des Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 769 Eierstockes in Zusammenhang stehen. Man kann das Ovarium der Hatteria, so verschieden es auf den ersten Blick auch er- scheinen mag, einigermaassen mit demjenigen der Säugethiere und des Menschen vergleichen, indem die ganze Strecke des dem Organ entlang laufenden Peritonealansatzes, von wo aus die Balken und Blutgefässe in’s Innere des Organs eindringen, den Hilus darstellt, während das grobmaschige, von Lymphräumen durchsetzte Innere dem Mark und die Sackwandung endlich der Rinde der Säuger und des Menschen entspricht. Nur ist das Organ bei den höheren Thieren gewissermaassen zu einer soliden Masse zusammengezogen. Ei. Die allgemeinen Characterzüge der Reptilieneier haben Rathke (48--49) und Lereboullet (32—34) beschrieben. Eine viel ausführlichere Schilderung über das Ei der Schild- kröte wurde später von Clark (12) gegeben. Nach diesem be- steht dasselbe aus Dotter, Keimbläschen und Keimflecken. Die Dottersubstanz enthält im Innern Zellen mit Kernen von ver- schiedener Grösse und Form und ist nach aussen durch eine continuirliche Schicht von polygonalen Zellen umschlossen. Ausserhalb dieser sogenannten Embryonalmembran kommt dann die homogene Dotterhaut und endlich noch das Follikelepithel. Gegenbaur (18), dem wir die erste Aufklärung über Bau und Entwickelung der Wirbelthiereier verdanken, hob hervor, dass der Dotter niemals Zellelemente enthalte, sondern dass das, was man als solche auffassen zu dürfen glaubte, Umbildungspro- dukte der Molekel und Körnchen des Dotters seien und dass unter der Dotterhaut keine Membran vorhanden sei, wie sie von Clark beschrieben worden ist. Nach Gegenbaur tritt die Dottermembram erst bei grösseren Eiern auf; beim Kaiman sah er, dass sie aus einer hellen homogenen und einer darunter stehenden Stäbchenschicht zusammengesetzt war, von denen die erstere der Zona pellueida der Säugethiere und die letztere der Dotterhaut der übrigen Reptilien analog sein soll. Das Keim- bläschen, mit einer Membran versehen, liegt auch bei den Rep- tilien anfangs in der Mitte, rückt aber später an die Peripherie. Der beim Beginn der Entwickelung homogene Inhalt des Keim- bläschens bekommt bei älteren Eiern kleine Körnchen und Bläs- 770 Gakutaro Osawa: chen, die ersteren vorwiegend an der Peripherie und die letzteren im Innern gelagert. Das Follikelepithel ist bei Kaiman einfach geschichtet und besteht aus kurz-cylindrischen Zellen; bei Ei- dechsen sind die Zellen aber rundlich und liegen unregelmässig, so dass grössere und kleinere, nebeneinander vorkommend, sich mehrfach übereinander schieben, bei älteren Eiern sogar mehr- schichtig werden. Waldeyer (69) erwähnt nur, dass das Follikelepithel der Eideehse mehrschichtig ist, bestehend 1) aus grossen rundlichen Zellen der Innenschicht, die nach dem Erhärten eylindrisch werden und radiär auf der Dotterperipherie angeordnet sind, 2) aus zahlreichen kleineren Zellen, welche an die bindegewe- bige Follikelwand angrenzen; und dass bei älteren Follikeln die Zona radiata schmäler und redueirt wird, so dass zuletzt zwischen Dotter und Follikel nur eine Schicht kleiner Zellen bestehen bleibt. Eimer (15), welcher sich am eingehendsten mit Reptilien- eiern beschäftigt hat, giebt an, dass der Eiinhalt bei der Ringel- natter ein Maschennetz aufweist, als Ueberrest des ursprüng- lichen Eiprotoplasmas, welches durch den sich bildenden Dotter aufgezehrt worden ist, und dass ausserdem bei der grünen Eidechse inmitten des Follikels eine homogene Masse auftritt, welche sich später vergrössert und zerklüftet, um sich als Dotter- krumen über den Eiinhalt zu verbreiten. Die Hüllen des Dotters bestehen bei den Reptilien während einer bestimmten Zeit der Entwickelung 1) aus einem einschiehtigen Epithel (Binnenepithel), welches aus sechsseitigen platten Zellen aufgebaut ist, 2) aus einem zarten Häutchen, der Dotterhaut, 3) aus einer aus feinen Stäbehen zusammengesetzten Zona pellueida, 4) aus einem zarten Chorion und 5) aus dem Follikelepithel, welches in einem ge- wissen Stadium bei der Natter aus dreierlei Zellen besteht: aus den äusseren, ganz kleinen Gebilden, den mittleren, grösseren, eckigen, manchmal trompeten- oder becherförmigen und endlich den inneren, ähnlich geformten aber kleineren Elementen. Zona pellueida und Dotterhaut erscheinen später als ein Ganzes, und auch das Chorion scheint sich bei den meisten Reptilien bald innig mit der Zona pellueida zu verbinden. Das streifige Aus- sehen der letzteren wird übrigens nach Eimer durch das Ein- dringen der Fortsätze der Follikelepithelien bedingt. Was nun das Keimbläschen betrifft, so stellt es nach Eimer einen von Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 771 einer feinen Haut umgebenen hellen kugeligen Körper dar, in welchem bei der grünen Eidechse grössere und kleinere Körn- ehen in eoncentrischen Schichtungen angeordnet liegen, während sie bei der Schildkröte in die centrale und periphere Masse eingetheilt werden können; bei der Ringelnatter bietet das Keimbläschen ein eigenthümliches Verhalten dar, worauf ich hier nicht eingehen will. Ludwig (37) leugnet, wie einst Gegenbaur gegen Clark, gegenüber Eimer das Vorkommen des Binnenepithels. BeiCynosternum pennsylvanum undEmys europea fand Ludwig an einem Eierstocksfollikel ein Häutchen, welches aus zwei Schichten zusammengesetzt war, nämlich aus einer Schicht platter Zellen und einer homogenen Membran, welche zunächst den Dotter umgiebt, nach innen von dieser Membran aber keinerlei Zelleiemente. Das ausgebildete, vom Follikel ge- schlossene Ei der Reptilien besitzt nach Ludwig eine radiär gestreifte Membran, welche, wie auch Gegenbaur meint, durch Umwandlung des Dotters entsteht. Braun (9) stimmt zwar in Bezug auf den Bau des Folli- kels Eimer bei, leugnet aber auch das Vorkommen des Binnen- epithels. Hoffmann (23) erklärt sich mit der Angabe Eimer’s über die Granulosazellen nicht einverstanden und erwähnt nur, dass die Granulosa bei kleineren Eiern mehrschichtig, bei grösseren aber einschichtig ist. Als äussere Dotterhülle giebt Hoffmann ferner eine resistente Haut an, welche bei grösseren Eiern eine über- aus feine Streifung, die sog. Porenkanälchen, zeigt — Zona radiata. Er ist geneigt, sie als ein Abscheidungsproduet des Eies und somit als eine wahre Dotterhaut anzusehen. In seiner anderen (25) Arbeit giebt Hoffmann an, die Granulosa bei jungen Eier- stockseiern sei ganz bestimmt nur einschichtig, bei älteren da- gegen sehr deutlich mehrschichtig, bestehend aus einer mittleren Reihe sehr grosser, den Ureiern auffallend gleichen Zellen und aus einer inneren und äusseren Lage kleiner Zellen, die wieder dem Follikelepithel der jungen Eierstockseier sehr ähnlich er- scheinen. Ruge (55) fasst den von Eimer bei der Ringelnatter angeführten Befund, dass die Zellen des Follikelepithels durch 172 Gakutaro Osawä: die Zona in den Eiinhalt eindringen, als Anfangszustände der Eirückbildung auf. Auch Strahl (66) spricht von der Wucherung der Follikel- epithelien bei der Rückbildung der reifen Eierstockseier von Lacerta agilis. Arnold (1), welcher auf Grund eigener Untersuchungen an vielen Sauriern und Öphidiern die Angaben der früheren Autoren nachgeprüft hat, giebt an, dass das Follikelepithel, an- fänglich einschichtig. später mehrschichtig ist, und dass die im Anfang runden Zellen auf der Höhe ihrer Ausbildung eine Birn- form annehmen und dann beim Beginn der Dotterbildung wieder- um platt und einschichtig werden. Der Dotter besteht anfangs aus einer homogenen Flüssigkeit, in welcher nachher Körnchen und Bläschen auftreten. Die Dotterhaut ist von Anfang an vor- handen; sie ist homogen, und so komnte sich Arnold weder von einem streifigen Bau noch vom Zerfall der Zona radiata in Stäbehen überzeugen, wohl aber giebt er die helle Randschicht des Dotters als sehr häufig gestreift an. Das Ei der Hatteria. Die Entwicklung der Eier scheint auch bei der Hatteria, wie es Braun bei anderen Sauriern angegeben hat, in einer Längslinie des Organes an beiden Seiten zugleich vor sich zu sehen. Ich fand nämlich bei dem einen Thier jederseits 5 Eier in der Grösse zwischen 1—2 em im Durchmesser in einer Längs- kette verbunden. Im rechten Ovarium waren die zwei ersten (vordersten) Eier kleiner als die drei folgenden, während an der linken Seite nur das erste am kleinsten und die anderen 4 fast gleich (Fig. 1) gross waren. Neben diesen grössten Eiern finden sich natürlich alle Uebergänge zu den kleinsten Ureiern in der Wandung des Ova- rialsackes zerstreut. Das erste Urei liegt, wie schon oben einmal angedeutet und wie es Fig. 4 und 5 illustriren, in der Epithelschicht des Ovariums, inmitten der es umgebenden Cylinderzellen. Das Urei und die Cylinderzellen sind in diesem Stadium in ihrer Grösse nicht sehr verschieden. Allein schon auf den ersten Anblick sticht das Urei durch seine kugelige Gestalt von den letzteren ab, und auch der Kern fällt durch seine besondere Färbbarkeit Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden des Hatteria punctata. 773 in Hämatoxylin auf. In seiner Umgebung lagert sich eine Schicht Protoplasma ab, welches sich bei einem Hämatoxylin-Eosinprä- parat als eine röthlich tingirte Masse ausweist. Im nächsten Stadium wird die Eizelle bedeutend grösser «Fig. 5, links), ihr Kern zeigt einige in Hämatoxylin dunkelblau gefärbte Körnchen, welehe noch beisammen liegen. Die Cylinderzellen in der Um- sebung biegen sich entsprechend der kugeligen Form der Eizelle nach ihrer Längsachse um und lehnen sich knapp an die Aussen- fläche der Eizelle an. Jetzt sehen wir also den Primordialfol- likel angelegt. Er wächst und differenzirt sich noch weiter. Wenn er nun einen Durchmesser von ca. 0,2mm erreicht, so hat die Grösse des Kerns, oder wie es heisst, des Keimbläschens, bedeutend zugenommen. Die anfangs neben einander gelagerten Körnchen haben sich jetzt getrennt (Fig. 4), wie Lereboullet sagt: „Les taches germinatives paraissent se multiplier par divi- sion“, und zwischen ihnen treten feinere, schwach färbbare Molekel auf. Die Anordnung beiderlei Elemente ist keine so streng regelmässige, doch kann man im allgemeinen soviel sagen, dass die gröberen Körnchen mit Vorliebe nach der Peripherie des Keimbläschens in der Kreislinie angeordnet liegen, während die feineren Molekel überall gleichmässig vertheilt sind. Das das Keimbläschen umgebende Protoplasma differenzirt sich in zwei Zonen, eine, welche direkt dem Keimbläschen an- liegt und bei der Hämatoxylin-Eosinfärbung aus dunkelblauen Molekeln besteht. Die zweite periphere Zone ist weniger breit und dadurch ausgezeichnet, dass ihre Elemente eine in’s röthliche spielende Färbung annehmen. Das Ganze wird aussen von einer bindegewebigen Wand umschlossen, in welcher man hie und da zerstreut schmal-spindelförmige, wahrscheinlich glatten Muskel- fasern angehörende Kerne wahrnimmt. Nach innen gegen den Eiinhalt ist diese Follikelwand von einer einfachen Epithelschicht überzogen, deren Zellen, im Profil gesehen, flach-spindelförmig und in der Flächenansicht polygonal sich ausnehmen (vergleiche Fig. 6, 7, 8, 9). Auch auf der Aussenfläche der Follikelwand sitzt eine flache Epithelschicht des Ovarialüberzuges. Schon in diesem Stadium sieht man in der dunkleren Molekelzona des Protoplasmas mehrere helle Bläschen auftreten, die sich zwar in den weiteren Stadien vermehren, jedoch nicht immer entsprechend dem Wachsthum des Eies zuzunehmen scheinen. So fand ich 774 Gakutaro Ösawa: bei dem Follikel im Durchmesser von 0,4mm eine auffallende Vermehrung dieser Bläschen, die theils vereinzelt, theils zu Gruppen confluirt lagen, dagegen waren sie im Follikel von 0,6 mm nur spärlich vertreten. Bei dem Follikel von 0,4mm vergrössert sich das Keim- bläschen, aber die Beschaffenheit seines Inhaltes bleibt fast un- verändert; dagegen differenzirt sich die periphere Dotterschicht in eine radiär gestreifte, Zona radiata der Autoren (rad). Im Stadium von 0,6 mm ist das Keimbläschen noch mehr vergrössert und erhält eine beinahe homogene Hülle (Ah. D/) um sich, welche auch Eimer erwähnt und welche bei der Häma- toxylin-Eosinfärbung wie die vorhin genannte periphere Dotter- schicht ebenfalls einen in’s röthliche spielenden Ton annimmt. Wohl muss sie aber, so möchte ich gleich bemerken, von der eigentlichen Membran des Keimbläschens unterschieden werden, denn jene ist, wie schon ihre Farbenreaction zur Genüge besagt, ein Umbildungsproduct des Eiprotoplasmas, während diese als ein integrirender Bestandtheil des Keimbläschens, als eine Kernmembran anzusehen ist. In manchen Fällen, wie man es auf Fig. 4 bei den Eiern von 0,6 und 0,3 mm Grösse sehen kann, sind die beiden Gebilde durch eine helle durchsichtige Schicht, welehe wohl durch die infolge der Präparationsweise verursachte Schrumpfung des Follikelinhaltes entstanden sein mag, von ein- ander getrennt. Auch innerhalb des Dotters schreitet die Diffe- renzirung weiter, es wird nämlich zwischen der dunkelmoleku- lären und der gestreiften Zona noch eine hellere röthliche Schicht sichtbar. Bei dem Ei von 0,8 mm bleibt das ganze Verhalten ausser der Volumzunahme fast dasselbe, ebenso bei einem Ei von 1,0 mm Durchmesser. Hier möchte ich bemerken, dass bei dem letzteren die Keimbläschenmembran, welche sonst bei Jüngeren Eiern nur schwach angedeutet ist, viel deutlicher ausgebildet und in Falten gelegt war, und dass man zwischen der Zona radiata und der hellen peripheren Dotterschicht eine feine durchsichtige Grenz- linie wahrnehmen konnte (Fig. 9%). DBej einem noch etwas grösseren Ei fand ich das Follikelepithel, welches bis dahin aus flachen Zellen bestand, bedeutend höher, und die einzelnen Ele- mente waren kurzeylindrisch, wie ich sie auf Fig. 7 abgebildet habe. Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 775 In weiteren Stadien schreitet die Umwandlung des Dotters in Körnchen und Bläschen vorwärts; die beiden peripherischen protoplasmatischen Zonen, sowohl die hellere röthliche, wie die gestreifte werden immer mehr von den Dotterelementen ver- drängt, sodass bei einem Ei von I—2 em Durchmesser von ihnen nichts mehr zu sehen ist und die Dotterelemente direkt an die Follikelwand grenzen. Die letztere gewinnt etwas an Dicke, ohne aber ihre Zusammensetzung zu verändern. Das faserige Bindegewebe wie die glatte Muskulatur bildet immer noch ihre Grundlage, das Follikelepithel ist aber ganz abgeplattet. Das- selbe bleibt durch die ganze Entwicklung des Follikels, soviel ich gesehen habe, immer nur einschichtig, falls keine Schräg- schnitte vorlagen, und in dieser Beziehung, so glaube ich, können die Angaben über die Mehrschichtigkeit des Follikelepithels bei der Hatteria wenigstens nicht zur Geltung kommen !). Das ausgewachsene Ei der Hatteria besteht also aus einem grossen gekrönten Keimbläsehen, einem sehr voluminösen Dotter mit Körnchen und Bläschen und einer das Ganze um- gebenden bindegewebigen Follikelwand mit einem einschichtigen platten Follikelepithel. In gewissen Stadien der Entwicklung weist der Dotter verschiedene Differenzirungen und Zonenbil- dungen auf. Auch die Zellen des Follikelepithels werden zu einer gewissen Zeit eylindrisch. In manchen Eiern fand ich zwischen dem Follikelepithel und dem Dotter eine helle durch- sichtige Schicht, wie sie sich zwischen dem Keimbläschen und dem Dotter zeigte. Wie schon beim Keimbläschen angedeutet, wird man es auch hier wohl mit einem Kunstprodukt zu thun haben, denn ich beobachtete oft genug, dass viele von der bindegewebigen Wand losgelöste Follikelzellen ganz dieht am Dotter hängen blieben, ohne einen minimalen Zwischenraum zwischen sich zu lassen. In anderen Fällen sah ich an der Innenseite der Epithelzellen der Follikelwand sehr feme Fädchen hängen, so. dass es mir den Eindruck machte, als ob die Follikelzellen durch diese Fäden mit der Dotterperipherie sich verbänden. Ob sie aber, wie Eimer bei den Eiern der anderen Reptilien beschreibt, 1) Iu Fig. 4 sind 2 Follikel mit einem anscheinend mehrschich- tigen Epithel gezeichnet worden; dies rührt nur davon her, weil der Schnitt nicht das Centrum des kugelförmigen Eies getroffen hat. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 51 776 Gakutaro Osawa: als in den Eiinhalt eindringende Epithelausläufer anzusehen sind, lasse ich dahingestellt. Eileiter. Ueber den Eileiter der Eidechse gab schon Lereboullet (32) eine ausführliche Beschreibung. Er unterscheidet an ihm den trichterförmig erweiterten Theil, „pavillon de l'oviduete* und den eigentlichen Oviduct, welcher wieder in zwei oder viel- mehr drei Abschnitte zerfällt: ‚le tube d’entree, l’oviduete pro- prement dit und le tube de sortie“. Der Trichter ist an der Innenfläche mit vielen, dem freien Rande parallel laufenden Falten versehen und besteht aus Längs- und Querfasern elastischer Natur. Das Epithel im Innern des Trichters ist ein „epithelium retieule“t) und am Rand desselben ein „epithelium vibratile“. Der eigentliche Oviduct wird durch ‚„‚mesentere fibrovaseulaire“ und „cordon &lastique“ gehalten und zeigt im Innern mehr transversale und verflochtene Falten, jedoch mit Ausnahme des proximalen und distalen Theiles des Oviduct, wo vorwiegend longitudinale sich finden. Die Wand ist mit einer drüsenreichen Schleimhaut versehen, welche von der Fläche aus betrachtet genau an das Aussehen der Magenschleimhaut erinnert, und be- steht im übrigen aus zwei Muskelschichten, einer äusseren trans- versalen und einer inneren longitudinalen. Leydig (36), der die Angabe Lereboullet’s als rich- tig anerkennt, unterscheidet die ganze Strecke des Eierganges in: Trichter, Eileiter und Uterus. Die geräumige Mündung des dünnwandigen und hell erscheinenden Trichters liegt nach Leydig nahe den Rippen, da, wo das Bauchfell aufhört, schwarz zu sein und erscheint schon dem unbewaffneten Auge einfach wie abgeschnitten, unter dem Mikroskop aber als ein zierlich ge- falteter und umgekrempter Mündungsrand. Das Epithel ist ein flimmerndes und in der Wand liegen glatte, zu Geflechten sich verbindende Ring- und Längsmuskeln. Vom Eileiter, der etwas diekwandig, gleichwohl aber noch immer hell und durchscheinend ist, setzt sich der weisslichere und diekwandigere Uterus ab. Er übertrifft den Eileiter an Dieke und Länge um ein Beträcht- 1) D. h. das Cylinderepithel gemeint. Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria pünetata. 777 liches. Die Schleimhaut des Uterus ist in zahlreiche Falten ge- legt und zumal bei trächtigen Thieren mit echten Drüsen ver- sehen. Nach aussen hin von der Schleimhaut folgen dann die Muskellagen. Das Haltband des Eileiters und Uterus ist nicht wie das Bauchfell schwarz gefärbt und besitzt reichliche sich verflechtende Züge glatter Muskeln. Das Cordon ligamenteux Lereboullet's weist sich mikroskopisch als ein Längs- muskel aus. Bei Phyllodactylus liegt der Oviduet nach Wieders- heim (70) auswärts vom Ovarium und besteht aus Tube und Uterus. Die erstere theilt sich in den proximalen zarten, von zwei transparenten Lamellen bewandeten und den distalen diek- wandigen, zugleich gefalteten Theil. Der Uterus ist sehr diek- wandig und lässt, in situ betrachtet, sich mit einer Retorte ver- gleichen. Distalwärts verjüngt, ist er ventralwärts von den Nieren und auswärts vom Ureter gelagert und mündet in die Cloake. Sacchi (54), die Lacerta viridis und Zamenis viridiflavus untersucht hat, berichtet, dass bei den Reptilien der rechte Eileiter besser entwickelt sei als der linke; auch sie theilt den ganzen Kanal in drei Abschnitte, „Fimbuto“, „la por- zione albuminifera“ und ‚„lutero“. In der Wandung des Trich- ters fand Sacchi keine Muskelschicht, ‚non essendovi alcuna fascia muscolare‘“, in derjenigen der Portio albuminifera und des Uterus nur eine eireuläre, ‚una fascia muscolare eircolare“‘, und in dem letztgenannten Abschnitt keine longitudinale, „mancano completamente muscoli longitudinale“. Die Schleimhaut der Portio albuminifera wird durch ein Cylinderepithelium überzogen und hat zahlreiche tubulöse Drüsen, deren Körper durch runde Zellen mit granulirtem Protoplasma und einem dunklen Kern, und deren Hals durch das ceylindrische Oberflächenepithel aus- tapezirt ist. Die Schleimhaut des Uterus ist ebenso beschaffen. Auch Braun (9) schildert die Beschaffenheit des erwach- senen Eileiters. Derselbe stellt einen bandförmigen Kanal dar, wel- cher vorn in der Höhe des hinteren Leberendes mit einem grossen, vielfach eingeschnittenen Trichter beginnt und nach hinten in die Kloake mündet, wo er namentlich bei den Schlangen eine ganz starke Anhäufung glatter Muskeln aufweist. An der late ralen Kante des Eileiters verläuft ein starkes, muskulöses Band, 178 Gakutaro Osawa: welches bedeutend kürzer als der Eileiter selbst ist und dadurch auf diesem zahlreiche Querfalten erzeugt. Sowohl bei Platydae- tylus facetanus als bei Phyllodactylus europaeus schliesst sicb an den Triehter ein kurzer etwas eingekerbter und gefalteter Kanal, welcher bald in eine platte Tasche über- geht. Dann folgt der Eileiter bei Platydactylus in der gewöhnlichen Form bis zur Einmündung der Kloake. Die Schleim- haut der Wandung ist mit einem COylinderepithel ausgekleidet, und in der Submucosa liegen zahlreiche, schlauchförmige Drüsen; ausserhalb der Submucosa folgen zwei Lagen von glatten Muskel- fasern, darauf der Peritonealüberzug. Die Drüsen finden sich in der Fläche, nicht aber im hinteren Abschnitt des Eileiters. Der Eileiter der Hatteria. Der Eileiter der Hatteria (Fig: 1). ist ein. sehr langes Kanalsystem, welches von dem die Brusthöhle caudal- wärts abgrenzenden Parietalgekröse (P) aus schwanzwärts sich erstreckt und in der Kloake mündet. Im vorderen Abschnitt liegt der Kanal an der Aussen- resp. Ventralseite der Lunge, im hinteren in denselben topographischen Beziehungen zum Ova- rium und wird von der ventralen Seite her durch das Gedärme gedeckt. Er hat an einer Seite eine breite, schon beim Eierstock erwähnte Bauchfellfalte, welche ich nach der Analogie beim Menschen wie auch nach ihrer Form schlechthn Ligamentum latum nenne, und die sich von der Vorderfläche der Wirbel- säule her über die Nebenniere und den Eierstock lateralwärts ausdehnt und sich an die dorsale resp. mediale Seite des grössten Theiles des Eileiters ansetzt. An der entgegengesetzten Seite dieses Peritonealansatzes findet sich ein weisser, bandar- tiger Strang, „Cordon ligamenteux* Lereboullet's, „Halt- band“ Leydig’s, welcher der ganzen Länge des Eileiters nach von der dorsalen Kloakenwand aus nach kopfwärts bis zum Parietalgekröse hinzieht, und dadurch das Organ in horizontaler Lage ausgespannt hält (7, H, H,). An dem vorderen Ende des Organes spaltet sich das genannte Band in zwei Lamellen, um die freien Ränder des sogleich zu erwähnenden Trichters zu verstärken (Ost. abd.). Sowohl das Ligamentum latum wie namentlich das Haltband des Eileiters bedingt, dass dieser in Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 779 zahlreiche Falten und Windungen gelegt ist, welche beide nach Entfernung der genannten Gebilde zum grössten Theile wieder ausgeglichen werden können. Die ganze Strecke des Eileiters der Hatteria zerfällt in zwei Abschnitte, nämlich in den eigentlichen Eileiter (Ost. abd. bis 7) und den Uterus (Ut). Am ersteren kann man wieder einen proximalen und einen distalen Abschnitt unterscheiden. Der proximale Abschnitt des Eileiters ist bei dem Spiritusprä- parat sehr zart dünnwandig, durchscheinend und in zahlreiche (Wuer- und Längsfalten gelegt (Fig. 10). Das Ostium abdominale, welches, wie oben gezeigt worden, durch die in zwei gespaltenen Lippen des Haltbandes gewissermaassen in Spannung gehalten wird, ist für gewöhnlich nur spaltförmig, sodass es auf den ersten Anblick nur schwer gelingt, eine Oeffnung zu erkennen. Ich spritzte deshalb vom Eileiter aus Wasser ein und liess es durch die Spalte ausfliessen. So konnte ich die beiden Trichter- ränder mittelst einer Pincette leicht auseinander halten und einen Einblick in das geräumige Innere gewinnen. Dieses weite Lumen verschmälert sich allmählich eaudalwärts und geht ohne scharfe Grenze in den zweiten Abschnitt des Eileiters über. Letzterer (T) nimmt eine relativ kurze Strecke ein und hat eine diekere Wand, die in zahlreiche unregelmässige Querfalten gelegt und innen mit einer längsgefalteten Schleimhaut versehen ist. Der darauf folgende Uterus (Ui) fällt durch seine mächtige Entwicklung sowohl in der Dieke als auch in der Länge auf und ist in Falten und Windungen gelegt. Die Wandung ist hier bedeutend stärker ausgebildet und die innere Schleimhaut bildet zahlreiche, hohe Längsleisten, welche namentlich am caudalen Abschnitt am deutlichsten er- scheinen. Dieser Endabsehnitt, welcher sich im übrigen vom eigentlichen Uterus deutlich absetzt, indem er etwas dünner und mehr gerade gestreckt erscheint, gelangt bald in die Kloake, wo er an der Spitze der Papilla urogenitalis (P. x. g.) mit einer verengten Mündung endet, ohne mit dem Harnleiter (H.1.) in Berührung zu treten; der letztere hat, wie ich schon beim Männ- chen erwähnt habe, eine Oeffnung für sich unterhalb des Eileiters an der Basis der Papilla urogenitalis. Soviel über das Verhalten bei dem Weibehen, in dessen 780 Gakutaro Osawa: Ovarium eine Reihe auffallend grosser Eier enthalten war. Bei dem anderen Exemplar, bei welchem die Entwicklung der Eier noch viel weiter zurück war, bot sich ein anderes Bild dar. Der charaeteristische Unterschied zwischen dem Eileiter und Uterus war nicht so ausgeprägt, der Uterus war zwar grösser als der Eileiter, zeigte aber von den Windungen ebenso wenig wie der Eileiter. Auch die Dicke der Wandung des Uterus war fast die gleiche, wie diejenige des Eileiters. Das Haltband, das bei jenem Thier so knapp an den Uterus angelegt war, war beim zweiten durch eine dünne Falte von ihm abgehoben. Feinere Struktur des Eileiters. Die dünne Trichterwandung ist wie gewöhnlich aus drei Schichten, aus der Mucosa, Submucosa und Serosa zusammenge- setzt. Die Mucosa ist mit einem ziemlich niedrigen Flimmer- epithel ausgekleidet. Die darunter folgende Submucosa besteht aus verfilztem Bindegewebe mit eingestreuten glatten Muskelfasern sowie zahlreichen Blutgefässen. Die Anordnung der Muskelfasern ist nicht regelmässig, indem die circulären und longitudinalen Züge sich nicht scharf isoliren lassen. Aussen von der Submu- cosa liegt der Peritonealüberzug mit einem flachen Epithel. Drüsen fehlen in diesem Abschnitt des Eileiters vollkommen. Die Spaltränder des Ostium abdominale (Fig. 11) sind ebenfalls mit einem niedrigen Flimmerepithel !) überzogen, welches eine Strecke weiter auch auf die Aussenfläche des Haltbandes über- greift und dann in das Plattenepithel des Peritoneums sich fort- setzt (Ep. ep.) Das Gerüst des Haltbandes selbst besteht vor- wiegend aus einer glatten Längsmuskulatur (m, m, m,), welche zu unregelmässigen Bündeln vereinigt in den Bindegewebsmaschen eingeschlossen liegt. Der distale Abschnitt des Eileiters (Fig. 12) wiederholt im wesentlichen dieselbe Struktur, nur ist die ganze Wand in- folge der mächtigeren Entfaltung von Bindegewebe und Muskeln hier bedeutend dieker geworden. Die Anordnung der glatten Muskulatur wird insofern regelmässiger als sich die äussere lon- 1) In Fig. 11 sind die Epithelzellen etwas höher gezeichnet worden, als sie in der Wirklichkeit sind. Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 781 gitudinale (m.?.) und die innere cireuläre Gruppe (m.c.) von Fasern deutlich unterscheiden lassen. Im Uterus (Fig. 135) springt in erster Linie die mächtig entwickelte Drüsenlage (D) in die Augen. Es sind meist ein- fache oder manchmal verzweigte Schläuche, welche fast die ganze Dicke der Uteruswandung einnehmen. Das Innere dieser Drüsen ist mit eylindrischen hellen Zellen austapezirt, auf deren genaue Characterisirung ich deshalb nieht eingehen kann, weil das Gewebe schlecht erhalten war; jedoch habe ich Grund zu der Annahme, dass sie in ihrem äusseren Aussehen von den Elementen der in anderen Körperstellen wie im der Mundhöhle oder Kloake vorkommenden tubulösen Drüsen nicht weit ab- weichen. Das eylindrische granulirte Flimmerepithel (Ep), wel- ches die Innenfläche des Uterus überzieht, setzt sich auch in den Hals der Drüsen (77) fort, verliert seine Cilien und geht so in die Drüsenzellen über. Jeder Drüsenschlauch ist durch eine ziemlich grosse Spalte mit spärlichem Bindegewebe von einem anderen getrennt. Unter der Drüsenschicht folgt die lockere Submueosa (Subm), darunter die innere eireuläre (m. c.) und die äussere Muskelscehieht (M.?!.) und dann das Peritoneum ($). Dureh die mächtige Ausbildung der Drüsen und die dadurch bedingte Diekenzunahme der Wand wird das an sich weite Lumen des Uterus (Lam) so sehr eingeengt, dass es sich im Querschnitt wie eine kleine Spalte ausnimmt. Auch dieses Verhalten des Uterus bezieht sich auf das Thier mit den grossen Eiern; bei dem anderen waren die Drüsen sehr viel kürzer, die Wand des Uterus dünner und das Lumen be- deutend weiter. In der Nähe der Papilla urogenitalis (Fig. 14) werden die ‚Schleimhautfalten höher und zahlreicher, indem neben grossen auch kleinere Zweigfalten entstehen, und dementsprechend zeigt sich das Lumen sehr viel unregelmässiger gestaltet. Die Schleim- haut besitzt ebenfalls ein Flimmerepithel (Ep), in dem man sehr viele Becherzellen eingestreut findet. Die Drüsen fehlen. Ausser den beiden bekannten Muskelgruppen, deren Anordnung die- selbe bleibt, tritt auch eine submueöse, schwache Muskelschicht auf (m. subm.), welche in die Schleimhautfalten eindringt. Im Bereich der Papilla urogenitalis bleibt das Aussehen der Schleimhaut dasselbe; die Anordnung der Muskeln wird 182 Gakutaro Osawa: aber lockerer und unregelmässiger; die eireulären treten mehr zurück und machen den longitudinalen Platz. Die letzteren finden sich sowohl nach aussen wie nach innen von den eireulären. Kloake. Lereboullet!) (32) sagt: Le eloaque du lezard est done une cavite irreguliere elargie dans son milieu et divisce en deux chambres: une posterieure tres retrecie et sinueuse et une ante- rieure dilatee, renflee et prolongee en avant en deux petits euls de-sae etc. In der Wandung des Vestibulums findet Lere- boullet zwei Arten von Drüsen; die einen paarigen liegen hinter der hinteren Lippe der Kloake an der dorsalen Wand des Vestibulums, les glandes vestibuliennes. „Elles sont formees de petits lobules irreguliers r&eunis par un tissu cellulaire serre et composes eux-memes de granulations fines.‘“ Die zweite Art be- steht aus lauter kleinen Drüsen, welche in der vorderen Wand des Vestibulums sitzen. Sowohl die ersterwähnten als auch die zweiten Drüsen scheinen nach ihn dieselbe Function zu haben. „Ces glandes secretent une humeur destinde A lubrefier l’interieur des organes d’accouplement, afın de faciliter sans doute le rappro- chement sexuel.“ Leydig (36) giebt das Vorkommen zweier Drüsen in der Kloake des Eidechsenweibehens an. Beide Paare liegen in der Rückenwand der Kloake hinter den Mündungen des Uterus. Jede der grösseren erscheint schon für's freie Auge als eine rundliche dreieckige Masse von weissgrauer Farbe und besteht aus Säckchen mit grösseren und kleineren einspringenden Scheide- wänden. Ueber die einzelne Drüse wölbt sich die Schleimhaut der Kloake zu einer vorspringenden Falte und in der Substanz dieser letzteren liegt die zweite traubenförmige Geschlechts-, drüse von dem Verhalten der Talgdrüsen der Säugethiere. Nach Gadow (17) zerfällt der Kloakenraum der Hatteria in drei Abschnitte, Proctodaeum, Urodaeum und Koprodaeum, welche durch zwei transversale Falten von einander geschieden sind. Ueber die Falte, welehe zwischen Urodaeum und Kopro- daeum der weiblichen Kloake liegt, sagt er: „This is cireular, thick at its base, thinner at its free margin, and towards the dorso- 1) S. 133. Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 783 median line it is raised into a triangular or conical flap, which is about Dmms and fits into the opening of the bladder in the opposite ventral wall.“ Und über das Verhalten des Oviduets und des Ureters an der Papilla urogenitalis: „In the female there is one opening only, for the oviduct and for the ureter of each side.“ Braun (9) findet in der Kloake des Phyllodaetylus nur eine Drüsenart, Tuben- oder Eileiterdrüse, welche in der Tuben- muskulatur eingebettet liegt und distalwärts in die dorsale, mehr noch in die seitliche Wand der Kloake mündet. Braun sprach die Vermuthung aus, dass sie vielleicht der von Leydig so ge- nannten Prostata der Eidechse zu parallelisiren wäre. Von der umfangreichen Arbeit Disselhorst’s sei nur an- geführt, dass die Kloake der Eidechse nach ihm in den vorderen und hinteren Abschnitt zerfällt und mit je einer Drüse in der dorsalen und ventralen Wand versehen ist, welche der Prostata und den Talgdrüsen Leydig's entsprechen, obwohl die beiden Forscher in der Deutung der betreffenden Drüsen nicht überein- stimmen. Bezüglich der genaueren Einzelheiten verweise ich auf das Origmal. (Disselhorst, Die accessorischen Geschlechts- drüsen der Wirbelthiere — Wiesbaden 1897.) Die Kloake der Hatteria (Fig. 1 cl). Die Kloake der Hatteria lässt sich wohl in zwei Abschnitte eintheilen, in den Vorhof und den eigentlichen Kloakenraum, welche durch eine breite eireuläre Falte von einander getrennt sind. Der Vorhof zeigt im allgemeinen die Form eines Triehters, dessen äussere weite Mündung die Kloakenspalte darstellt und von den beiden Kloakenlippen umrandet wird, während das innere enge Ende in die mittlere Furche der Ringspalte sieh fortsetzt. An beiden Seiten befinden sich wie beim Männchen eine Anal- ılrüse, welche durch einen kleinen Gang an den hinteren Ecken des Vorhofes ausmündet. Der Kloakenraum ist rundlich erweitert und grenzt nach kopfwärts durch die Mastdarmklappe (AT) gegen den Mastdarm (MD), während er nach hinten schwanzwärts durch die Ringfalte (F) abgeschlossen ist. Von der dorsalen Wand dieses Raumes ragen die zwei Papillae urogenitales (P. u. g.), welche viel be- deutender entwickelt sind als beim Männchen, hervor. An ihrer 184 Gakutaro Osawa: Spitze bemerkt man die Ausmündung des Uterus jeder Seite und unterhalb derselben an der Basis der Papille die des Harn- leiters (Al). Wie oben einmal angedeutet, kommen die Aus- mündungen des Uterus und des Harnleiters sowohl beim Weib- chen wie beim Männchen im Gegensatz zu der schon erwähnten Angabe Gadow s nie mit einander in Berührung. Von dem erwähnten Verhalten kann man sich ganz leicht überzeugen, wenn man die Papille in Querschnittsserien zerlegt, oder noch leichter, wenn man in den Harnleiter eine feine Sonde einführt. An der entgegengesetzten Seite der Papille mündet die Harn- blase (57) ein. Diese Mündung (57°) entspricht nicht genau dem Niveau derjenigen des Harnleiters, sondern ist etwas kopfwärts gerückt. Die Ringfalte (7), welche ich beim Weibchen besser ausgebildet als beim Männchen fand, erreicht ventralwärts den caudalen Rand der Blasenmündung, welche somit im Bereich des Kloakenraumes liegt. Wie oben einmal erwähnt, ist die Ring- falte an der dorsalen Mittellinie von einer Längsfurche durch- zogen (d. R.), welehe die Communication des Kloakenraumes mit dem Vorhof vermittelt. Ein von Gadow als „a triangular or a conical flap“ bezeichnetes Anhängsel an der Ringfalte habe ich nicht beobachtet. Ebenso wenig deutlich war ein dem Uro- dlaeum von Gadow entsprechender Raum ausgeprägt, sodass es mir den Eindruck machte, denselben vielmehr in den eigentlichen Kloakenraum oder in’s Koprodaeum G adow’s versetzen zu müssen, wofür auch die Thatsache spricht, dass der genannte Abschnitt der Kloake niemals Kothmasse enthielt. Gadow’s Deutung ge- mäss müsste man, wenn ich ihn richtig verstehe, das Urodaeum im Bereich der Ringfalte suchen, was aber mit dem Verhalten der Blasenmündung nicht übereinstimmt, da diese sich oberhalb der Ringfalte befindet. Was die mikroskopische Structur der Kloakenwand sowie der Analdrüsen anbetrifft, so stimmt sie mit den Verhältnissen bei dem männlichen Thiere ganz überein. Eine der Eileiterdrüse von Braun ähnliche Drüse kommt auch bei der Hatteria im Bereich der Papilla urogenitalis vor. Sie ist (Fig. 15 D) nichts anderes als die grösste von den vielen Schleimhauteinbuchtungen, zeigt ein weites, in Falten gelegtes Lumen, welches mit dem gleichen Epithel wie an der Aussenseite der Papille (Z#p) über- zogen ist, und erstreekt sich von der Spitze aus ziemlich weit Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 785 in die Tiefe der letzteren, ohne aber mit dem Uteruslumen in eine nähere Beziehung zu treten. Eine zweite (D/), der vorigen an Länge gleiche Einbuchtung liest in der Seitenwand der Papille neben dem Uterus. Sie stellt die Form eines langen einfachen Sehlauches dar und ist mit einem hellen eylindrischen Epithel überzogen, welches sich in der Drüsenauskleidung der dorsalen Kloakenwand wiederfindet. An der letztgenannten Stelle findet man, wie beim Männ- chen, einige grosse Schleimhautkrypten, welche tief in die Sub- mucosa eindringen und innen mit einem hellen Cylinderepithel ausgekleidet sind. Die Vertiefungen zwischen den zahlreichen Schleimhautfalten der dorsalen Kloakenwand sowie namentlich der Ringfalten sind ebenfalls mit einem hellen, aber etwas niedri- gerem Cylinderepithel versehen. Beim Männchen wurde die Beziehung der genannten Krypten an der dorsalen Kloakenwand zu der Bursa Fabricii einmal berührt; auf der anderen Seite dürften die Spermatheca Kings- burys (28) und die Beekendrüse Heidenhain's!) bei den Amphibien auch in Betracht gezogen werden; dagegen kommen die Drüsen, die ein makroskopisch erkennbares Conglomerat bilden oder solehe in Traubenform, wie sie beide von Leydig bei Lacerta angegeben worden sind, bei der Hatteria nicht vor. Viel näher steht die Hatteria in dieser Beziehung dem Chamaeleon, bei welchem Disselhorst?) nur schlauch- förmige Drüsen in der Kloakenwand vereinzelt fand. Anhangsgebilde der weiblichen Urogenitalorgane der Hatteria. Leydig (36) fand bei der weiblichen Lacerta agilis zwischen dem Ovarium und Eileiter gelegen zwei eigenthümliche Gebilde, die er beide als Reste des Wolff’schen Körpers an- sieht. Das eine ist von stark goldgelber Farbe und nichts an- deres als das, was man von jeher als Nebenniere aufgefasst hat. Der andere Körper liegt weiter nach hinten und ist von grauer Farbe. Leydig betrachtet nun das erste Gebilde als homolog 1) Heidenhain, M., Beiträge zur Kenntniss der Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Adnexa bei den ein- heimischen Tritonen. Dieses Arch. Bd. XXXV. 1890. 2) Disselhorst,l. c. 186 Gakutaro Osawa: dem Paraophoron und das zweite dem Epoophoron Waldeyer’s. Bei der Blindschleiche sollen die beiden Körper noch besser ent- wickelt sein. Nach Braun (9) kommt bei den Reptilien kein Paraophoron vor, was Leydig dafür gehalten hat, ist die Neben- niere, dagegen eonstatirte auch Braun kleine Reste der Seg- mentalkanälchen, die er gleichfalls als Epoophoron bezeichnet. Sie finden sich sowohl bei der Eidechse als auch bei der Blindschleiche. Bei Platydactylus hat sich der Aus- führungsgang des Wolff’schen Körpers erhalten, und zwar nur im hinteren Abschnitt, er mündet seitlich in den Harnleiter, kurz ehe dieser in die Kloake sich öffnet. Die Nebenniere des Phyllodaetylus hält Wiedersheim (70) für Reste des Wolff'schen Körpers und hebt hervor, dass sie in topographischer Beziehung von dem gleichen Gebilde bei der Eidechse sich unterscheidet, indem jene nach einwärts vom Ovarium und nicht wie bei der Eidechse, zwischen Ovarium und Oviduct liege. Schoof (57), der sich am eingehendsten mit dem vor- liegenden Thema beschäftigt, hat das Vorkommen der Urnieren- reste bei vielen Sauriern constatirt, unter anderem sei hervor- gehoben, dass er bei Uromastix acanthinurus und Cha- maeleo vulgaris eine funetionirende Urniere mit einem Aus- führungsgang und den in diesen einmündenden Seitenkanälen, sowie bei Uromastix ausserdem noch mit Glomeruli vorfand. Gadow (17), weleher bei Alligator und Testudo graeca männlichen Geschlechts den Müller schen und beim Weibehen des erstgenannten Thieres den Wolff’schen Gang entdeckt hat, sagt von der Hatteria: „No trace could be found.“ Bei der weiblichen Hatteria, deren an der medialen Seite des Ovariums liegende Stück Peritonaeum ich nach dem Vorgang Schoof's in Querschnittsserien zerlegt und sorgfältig untersucht habe, konnte ich ausser der Nebenniere kein anderes Gebilde constatiren. Da ich, wie schon in meiner früheren Arbeit erwähnt, beim Männchen den Ueberrest des Müller’schen Ganges constatirt habe, und da von Braun bei dem weiblichen Phyllo- dactylus eine ähnliche Angabe gemacht worden ist, so habe ich erwartet, auch bei dem Weibchen der Hatteria wenigstens einen dem Wolff’schen Gang entsprechenden Körper zu finden, Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 787 sah mich jedoch in meinen Erwartungen getäuscht. Es fehlt also bei der Hatteria nicht nur das Paraophoron, sondern auch das Epoophoron im Sinne Waldeyer's, allein man kann das Vorkommen der Urnierenreste überhaupt nicht in Abrede stellen, denn als solehe dürfte wohl ein Theil der Nebenniere gelten; da von Semon (61) im Gegensatz zu Braun (10) betont worden ist, dass der nicht nervöse Theil des Organes nichts weiter als der distale Abschnitt des Malpighi’schen Körpers der Vor- niere ist, womit auch Wiedersheim (72) übereinstimmt, in- dem er die Nebenniere aus einer den Vornierensträngen ent- stammenden Rinde und einem aus sympathischen Elementen zu- sammengesetzten Mark bestehen lässt. Was nun die Nebenniere der weiblichen Hatteria an- belangt, so liegt sie, wie schon oben bemerkt, an der medialen Seite des Ovariums, parallel diesem gestreckt und stellt die Form eines ventro-dorsalwärts abgeplatteten Stranges oder Bandes dar, welches nach vorn verbreitert und nach hinten verjüngt ist (Fig. 1 N. N.) Die goldgelbe Farbe habe ich an ihr nicht gefunden, was wohl von der Conservirungsweise des Organes herrühren mag, wie Braun es seiner Zeit festgestellt hat. Ein Querschnitt durch dieses Organ zeigt sich viel platter als ein eben solcher beim Männchen. Innerhalb der Peritonealhülle liegt an der ventralen Seite des Organes ein grosses Blutgefäss, die Vena renalis revehens. An beiden Seiten sowie an der dorsalen Seite dieser Vene finden sich die Nervenstränge und Ganglien- zellen inmitten des lockeren Bindegewebes. Weiter dorsal findet man dann eine diehte Zellmasse, welche wie beim männlichen Organ aus kleineren Bindegewebsmaschen und den dieselben ausfüllenden, runden oder eckigen Zellen besteht. Die letzteren sind von doppelter Beschaffenheit, die einen sind hell und zart, die anderen haben einen granulirten Zellleib, einen deutlichen Kern und im letzteren einige Kernkörperchen. Die ganze Form- beschaffenheit dieser zweiten Zellart erinnert somit sehr an die beim Männchen erwähnten pigmentirten Zellen der Nebenniere, die der Pigmentirung entbehren. ww [Di 10. 11. 18. Gakutaro Ösawa: Literaturverzeichniss. Arnold, A. T., Beiträge zur Kenntniss des Reptilien-Ovariums. Inaug.-Dissert. Erlangen 189. Balfour, F. M., On the structure and development of the Verte- brate Ovary. Quart. Journ. of mier. Seince Vol. XVIII. 1878. Beddard, Frank E., Observations on the Ovarian Ovum of Lepi- dosiren (Protopterus). From the Proceed. of the zool. Soc. of London. 1886. Beneden, E. van, De la destinetion originelle du testicule et de l’ovaire ete. — Bull. Ac. roy. belgique vol. XXXVI. 1874. Bersch, Carl, Die Rückbildung des Dottersackes bei Lacerta agilis. Abdr. aus Anat. Hefte I. Abth. H. VI/VI. Bd. 1. Boas, J.E.W., Zur Morphologie der Begattungsorgane der am- nioten Wirbelthiere. Morph. Jahrb. Bd. XVII. 1891. 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Bd. 51 52 do 192 Gakutaro Osawa: Angabe über die feinere Structur desselben findet. Ausserdem hat der Autor auch einen Körper, welcher an beiden Seiten des Halses neben Carotiden, Vena jugularis und N. vagus liegt und aus zwei hinterein- ander liegenden Stücken besteht, angegeben und ihn als Thymus be- zeichnet. Da aber die feineren Verhältnisse des genannten Gebildes von ihm nicht berücksichtigt worden sind, so habe ich es auch mikro- skopisch untersucht. Das Organ (Fig. 16) erinnert nämlich beim ersten Anblick an die Milz. Aussen wird es von einer fibrösen Kapsel (W) umgeben, welche in’s Innere Fortsätze schickt und so ein Maschenwerk (b. B.) erzeugt. In den Maschen wie in den fibrösen Balken trifft man zahlreiche Zellelemente. Die Mehrzahl von diesen besteht aus leuko- eytenähnlichen Formen mit runden, relativ grossen Kernen und spär- lichem Protoplasma um diese. Die anderen Zellen sind spindelförmig oder auch weit grösser und von kugeliger Gestalt. An manchen Stellen findet man einige Zellen der letztgenannten Art zu einem klei- nen Haufen (gr) gruppirt, welcher um sich eine Hülle von Spindelzellen besitzt; an anderen Stellen sind die Zellen in Form eines runden Herdes (Gr) od. eines Stranges angeordnet. Auf Genaueres vermag ich weiter nicht einzugehen, weil das Gewebe nicht gut erhalten war, möchte deshalb auf die betreffende Fig. verweisen, welche einen Ueberblick über die genannte Struktur wohl gewährt. 3. Bezüglich der feinen Struktur der Nebenniere habe ich auf Seite 199 gesagt: „Die Communication zwischen den beiderlei Arten von Kanälchen (nämlich von kleinen Kanälchen und Samenleiter) konnte ich bei einer langen Serie von Schnitten nicht constatiren, und somit kann ich in dieser Beziehung die Braun’sche Angabe bestätigen.“ Ich habe nachträglich ein sehr gut erhaltenes Organ der ganzen Länge des Hodens nach, mit sammt dem angrenzenden Theil dieses letzteren, in Serien zerlegt und gefunden, dass die kleineren Kanälchen, welche Braun als Urnierenkanälchen bezeichnet hat, nicht nur mit dem grösseren Samenleiter communiciren, sondern auch auf der anderen Seite mit den Hodenkanälchen in continuirlicher Verbindung standen. In der Nähe des Hodens weist ihr Epithel eine ganz platte Form auf, gewinnt aber, je näher dem Samenleiter, um so mehr an Höhe und geht zuletzt auf das cylindrische Epithel des letzteren über. Die Här- chen, welche ich damals an den Epithelzellen der kleineren Kanälchen hängen sah, muss ich jetzt für ein Kunstproduct erklären. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXIII, XXIVu.XXV. Fig. 1. Genitalorgane der weiblichen Hatteria (linke Seite) Bl = Harnblase. B/= Mündung der Harnblase, C!=Cloake, d. R. — dorsale Rinne der Ringfalte, F-=Ringfalte, 4, H, H = Halt- band des Eileiters, 4.1. = Harnleiter, Al= Mastdarmklappe, A u a ua Nachtrag zur Lehre von den Eingeweiden der Hatteria punctata. 793 > SZ 9 &. 10. hl. M. D. — Mastdarm, N. N. = Nebenniere, Ost. abd.= Ostium ab- dominale der Tube, 0% = Ovarium mit Eiern verschiedener (Grösse, P= Parietalgekröse, P. u. g. = Papilla urogenitalis mit der Mündung des Uterus, 7’= distaler Abschnitt der Tube, Ut = Üterus. Ovarium mit lauter kleinen Eiern (rechte Seite), mes — Mes- ovarium, beix ist die Wand geöffnet, um die inneren Balken zu zeigen. Dasselbe Ovarium im Querschnitt, zeigt einen vom Ansatz des Mesovariums (mes) eintretenden Balken, Zr = Eier. . Querschnitt eines Theiles des Ovariums. Vergr. Zeiss, Oec. 2, Obj. A. 0,2; 0,4; 0,6; 0,3mm bezeichnen die Follikel von dem betreffenden Durchmesser. #. W.= Follikelwand, A. D.' = in- nere helle Dotterschicht, welche das Keimbläschen unmittel- bar umhüllt, X. ep. = Keimepithel, lat = Corpus luteum, rad= Zona radiata. Keimepithel mit 5 in Entwicklung begriffenen Eizellen. Zeiss Ocul. 2, Obj. & Flächenansicht eines Follikelepithels. Vergr. wie oben. Profilansicht eines eylindrischen Follikelepithels (F'. ep.). #. W.= Follikelwand. Vergr. wie oben. Follikel von etwa 1,0 mm Durchmesser. Vergr. wie oben. d.D. = dunkle Schicht des Dotters, F. W. = Follikelwand, h. D.=helle Schicht des Dotters, h. D’.= innere helle Schicht des Dotters, welche unmittelbar das Keimbläschen (X) um- hüllt, rad —= Zona radiata. Schnitt durch die Wand des vorigen Follikels. Zeiss Oc. 2, Immersion 1/j. F.ep. = spindelförmige Zellen des Follikel- epithels, #. W.= Follikelwand, = eine helle Linie zwischen der äusseren hellen Dotterschicht (AR. D.) und der Zona ra- diata (rad). Querschnitt durch den Trichter des Eileiters. Vergr. ca. 30x. L,L.=die beiden Lippen des Ostium abdominale, Lig. lat. = Ligamentum latum. Querschnitt durch das Ostium abdominale des Eileiters. Zeiss Oecul. 2, Obj. A. Bl= Blutgefässe, Ep = eylindrisches Flimmer- epithel, ep = Plattenepithel der Serosa, m, m, m = Querge- schnittene Längsmuskulatur. . Querschnitt durch den distalen Abschnitt des Eileiters. Vergr. wie oben, Bl = Blutgefässe. #p = Flimmerepithel, m. c. = cir- culare, m.!. = longitudinale Muskulatur, S= Serosa, subm = Submucosa. Fig. 13. Querschnitt durch den Uterus. Vergr. wie oben. Bl= Blut- 1) Die äusseren Umrisse der weiter folgenden Figuren sind mittelst des Abbe’schen Zeichenapparates entworfen, 794 Fie. Fie. e. 16. 15. Gakutaro Osawa: Nachtrag zur Lehre ete. gefässe, D= schlauchförmige Drüsen, Zp = Flimmerepithel, H= Drüsenhals, Zum = Lumen des Uterus, m.c., m.1. = eir- euläre und longitudinale Muskelschicht, S = Serosa, Subm — Submuceosn. Querschnitt durch das distale Ende des Uterus. Vergr. wie oben. Bl = Blutgefässe, Ep = Flimmerepithel mit Beimischung der Becherzellen, Zum = Lumen, m. e., m.1.— eireuläre und longitudinale Muskelschicht, m. sub. Muskeln in der Submu- cosa, Subm = Submueosa. Querschnitt durch die Papilla urogenitalis. Vergr. wie oben. D= Eileiterdrüse (Braun’s) D’=schlauchförmige Drüse, Ep = Epithel der Aussenfläche der Papille, Ut= Ende des Uterus, dors = dorsale Seite, vent = ventrale Seite. Längsdurchschnitt der Thymus. Vergr. wie oben. b. B. = bindegewebige Balken im Innern, gr = kleinere, Gr = grössere Anhäufung der Zellen, W= äussere Wand. (Aus dem anatomischen Institut zu Bonn.) Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. Von Hans Beissner. Hierzu Tafel XXVI. In jüngster Zeit hat die Zwischensubstanz des Säugethier- hodens erneut die Aufmerksamkeit der Histologen in Anspruch senommen. Dabei sind zwei der zuletzt aufgetretenen Autoren zu Deutungen dieser Substanz gelangt, die von den früheren Anschauungen ganz wesentlich abweichen. Herr Prof. M. Nussbaum forderte mich daher auf, seine Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. [65) im Jahre 1880!) mitgetheilten Befunde mit den Resultaten der neuesten Untersuchungen durch eigne Beobachtungen zu ver- gleichen. Ehe ich jedoch das Ergebniss meiner Untersuchungen dar- lege, möge mir gestattet sein, einen kurzen Ueberblick über die diesbezügliche Litteratur zu geben. Derjenige, welcher zuerst und zwar im Jahre 1850 das Vorhandensein einer Zwischensubstanz im Hoden der Säugethiere nachwies, war Leydig und nieht Kölliker, welch letzteren Tourneux, Lenhossek und auch Plato den Entdecker der Zwisehensubstanz nennen, obschon M. Nussbaum in seiner Arbeit: Von der Hodenzwischensubstanz (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 18. Bonn 1880) und auch Messing /(Anatomische Unter- suchungen über den Testikel der Säugethiere, Dorpat 1877) diesen Irrthum berichtigten. Leydig ist also der eigentliche Entdecker ‚der interstitiellen Zellen des Hodens und hat diese Substanz auch nach ihm den Namen „Leydig’sche Zwischensubstanz“ erhalten. Er sagt in seinem Aufsatze: Zur Anatomie der männlichen (Geschlechtsorgane und Analdrüsen der Säugethiere (Zeitschr. f. wissensch. Zoolog. Bd. 2, Leipzig) wörtlich folgendes: „Aus der vergleichenden Histologie des Hodens hat sich ergeben, dass ausser den Samenkanälchen, Gefässen und Nerven sich noch ein constanter Factor im Säugethierhoden findet, eine zellenähn- liche Masse nämlich, welche, wenn sie nur in geringer Menge vorhanden ist, der Bahn der Blutgefässe folgt, die Samenkanäl- chen aber allenthalben einbettet, wenn sie an Menge sehr zu- genommen hat. Ihr Hauptbestandtheil sind Körperchen von fettartigem Aussehen, in Essigsäure und Natron causticum un- veränderlich, farblos oder gelblich gefärbt; sie umlagern helle, bläschenförmige Kerne, und ihre halbflüssige Grundmasse mag sich wohl auch zu einer Zellmembran verdichten, wenigstens zieht sich bei manchen Säugethieren um den ganzen Körnerhaufen eine scharfe Contour, auch ist bei vielen der ganze Habitus so, dass man von einer fertigen Zelle sprechen kann.“ Kölliker giebt erst im Jahre 1854 in seiner „Mikro- 1 M. Nussbaum, Zur Differenzirung des Geschlechts im Thier- reich. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 18. pag. 85. 7196 Hans Beissner: skopischen Anatomie oder Gewebelehre der Menschen“ (Bd. 2 zweite Hälfte, Leipzig) eine Beschreibung der Hodenzwischen- substanz, in der er auch die Leydig’sche Abhandlung aufführt. Er rechnet die Substanz zum Bindegewebe. Henle (Handbuch der systematischen Anatomie, 2. Aufl., Bd. 2, Braunschweig) war der erste, der sich mit ihr eingehen- der beschäftigte und sie genauer beschrieb. Besonders schön traf er sie an beim Kater, Eber und Maulwurf. Nach seiner Beschreibung waren die interstitiellen Zellen von regelmässiger, oft eekiger Gestalt, wie die Leberzellen oder die Pigmentzellen der Retina, in Gruppen oder schlangenförmigen Zügen angeord- net, ohne ein Lumen zu begrenzen oder eine Fläche epithelartig zu bekleiden. Sie besassen ein reichliches, stark granulirtes Protoplasma, in dem sich sehr häufig braunes Pigment, zuweilen auch Fetttropfen vorfanden. Ihr Kern war gross und bläschen- förmig, meist mit grossem, deutlich erkennbarem Kernkörperchen. Die Räume zwischen den Zellen waren mit einer feinen, faserigen Zwischensubstanz ausgefüllt. Die Bedeutung dieser Zellen war Henle räthselhaft. Ludwig und Tomsa (Die Lymphwege des Hodens. Sitzungsbericht der math.-naturw. Klasse der k. Akad. der Wiss. Bd. 46. Wien 1862) behaupten, dass in den Zwischenräumen der interstitiellen Zellen die Lymphbahnen entstehen und äussern sich über die Beschaffenheit derselben folgendermaassen: „Es sehen von den Adventitien der Gefässe zahlreiche fibrilläre Fort- sätze ab, und die Anschwellung, die diese Fibrillen zeigen, müssen auf dieselbe Weise wie oben gedeutet werden, als Stücke von schief abgeschnittenen Gefässwänden und als eingelagerte, zellenartige Körper.“ Boll bringt in seiner Arbeit vom Jahre 1869 (Beiträge zur mikroskop. Anatomie der acinösen Drüsen) die Zwischen- substanz zum ersten Male in nähere Beziehung zu dem Gefäss- system. „Sehr merkwürdig“ sagt er, „war die Structur der Blutkapillaren, die eine deutliche Zusammensetzung aus ziemlich starken, deutlich begrenzten, polygonalen, granulirten Zellen zeigten, sodass ich zuerst daran dachte, feine Schläuche eines echten Epithels vor mir zu haben, bis ich durch die Anwesen- heit von Blutkörperchen innerhalb derselben eines Besseren be- lehrt wurde.“ Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. Ro Waldeyer (Archiv für mikr. Anatomie Bd. 11. 1870) reihte die Zwischensubstanz den Plasmazellen ein, die besonders gerne Fett theils in grossen, theils in kleinen Tropfen aufnehmen, doch nieht mit den Mastzellen Ehrlich’s oder den Plasma- zellen Unna’s identisch seien. In seiner Arbeit: Die Ent- wicklung der Careinome (Virchow's Archiv Bd. 55) fasst er die Substanz als einen Zellenbesatz, namentlich der kleinen Arterien des Hodens, als sogenannte Perithelien auf. F. Hofmeister (Untersuchungen über die Zwischensub- stanz im Hoden der Säugethiere. Sitzber. der math.-naturw. Classe der k. Akadem. der Wissenschaften. Bd. 65, Abth. III, Wien 1872) fasst den in Rede stehenden Gegenstand als epithe- liales Gebilde auf, das unabhängig ist vom Verlauf der Blutge- fässe. Eine eingehende, genaue Deutung desselben glaubt er aber erst geben zu können nach Bekanntsein der Entwicklung des Hodens und dem genauen Studium des Bindegewebsgerüstes. Da aber die Blutgefässe in den Spalträumen zwischen den Hoden- kanälchen verlaufen, so ist es selbstverständlich, dass sie mit der Zwischensubstanz streckenweise zusammentreffen müssen. Wich- tig sind seine entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen, bei denen er fand, dass bei einem viermonatlichen Menschenembryo die Intercellularsubstanz ungefähr ?/,;, des Parenchyms einnahm, beim achtjährigen Knaben jedoch nur noch !/,, des Volumens betrug. Während der Geschiechtsreife erfährt sie eine be- deutende Vermehrung, beim einundzwanzigjährigen Manne ist sie stark entwickelt und mit Fett und Pigment reich versehen. Im funetionirenden Hoden fehlt nach seinen Angaben das Fett niemals. Auch er rechnet die Substanz zu dem Bindegewebe und glaubt auch alle Uebergangsformen zwischen fixem Binde- gewebe und typischen interstitiellen Zellen nachweisen zu können. Mihalkovies (Beiträge zur Anatomie und Histologie des Hodens. Arbeiten aus der phys. Anstalt zu Leipzig. 1874) lässt auch in den Zwischenräumen der Substanz die Lymphbahnen entstehen und sich von diesem primären Lückensystem in die grösseren, mit Endothel bekleideten Lymphgefässe fortsetzen. Er findet im Katerhoden die Substanz in „Drüsengängen“ ange- ordnet und hält sowohl beim Kater als auch bei allen anderen Säugethierhoden das Vorhandensein von Fett in den Zwischen- zellen für das Bemerkenswertleste. 7198 Hans Beissner: k. 5. Harvey (Ueber die Zwischensubstanz des Hoden. Centralblatt für d. med. Wissenschaft 1875, Nr. 30) hielt die Intercellularsubstanz für ein nervöses Element, er fand „ein eigen- thümliches, ausserordentlich reichhaltiges Beispiel von mit Zellen versehenen, kernhaltigen, vasomotorischen Nervenfasern.“ Diese Anschauung, dass es sich um nervöse Apparate handele, wurde bald darauf von Jacobson (Zur path. Histologie der traumatischen Hodenentzündung. Virch. Archiv Bd. 75) wider- legt. Ausserdem giebt dieser Autor noch an, dass bei patho- logisch verändertem Hoden des Hundes die Zwischensubstanz bis zum Verschwinden der Samenkanälchen vermehrt sei. Eine fast ebenso ausführliche und fast zu denselben Resul- taten führende Arbeit wie Hofmeister lieferte Messing in seiner Doctor-Dissertation. (Anatomische Untersuchungen über die Testikel der Säugethiere. Dorpat 1877). In seiner Zusammenfassung am Schlusse heisst es: „Die Leydig’sche Zwischensubstanz bildet, wie Leydig zuerst mit Recht bemerkt hat, einen constanten Bestandtheil des Säuge- thierhodens. Sie ist aber nicht gleich reichlich in allen Hoden vorhanden. Reich an derselben sind die Hoden des Ebers, des Hengstes, des Maulwurfs, der Ratte, wogegen sie beim Kanin- chen nur spärlich zu finden ist. Die Zellen der Zwischensub- stanz sind granulirt, pigmenthaltig, von verschiedener Grösse, enthalten einen runden Kern mit ein bis zwei Kernkörperchen. Diese Zwischensubstanz wird heute mit sehr geringen Ausnahmen von Allen zu der Gruppe der Bindesubstanzen gerechnet. Es wäre lohnenswerth zu versuchen, auf dem Wege der Entwick- lungsgeschichte die Natur dieses ungekannten Hodenbestandtheils näher kennen zu lernen.“ M. Nussbaum beweist in seiner Arbeit: Von der Hoden- zwischensubstanz (Archiv für mikrosk. Anatomie Bd. 18, pag. 85, 1880), dass die Zwischensubstanz bei Säugethieren, Reptilien und Vögeln constant vorhanden ist, dem Laufe der Blutgefässe folgt, aber keine Scheiden um dieselben bildet, wie Boll ange- geben hatte. Die Zahl der in einzelnen Strängen oder Kugeln gruppirten Zellen schwankt bedeutend; oft liegen viele, oft nur wenige Zellen zusammen, selten ist eine einzige Zelle, von Binde- gewebe eingehüllt, isolirt anzutreffen. „Wenn man nicht zu dünne Schnitte von Hoden, die in Müller’scher Flüssigkeit er- Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 799 härtet wurden, zerzupft, so kann man, namentlich bei Jüngeren Thieren, eine eontinuirliehe Haut um die einzelnen Gruppen von Zwischensubstanzzellen nachweisen, sodass man von „Schläuchen“, wie sie im Eierstock bekannt sind, reden könnte. Die Ueber- osmiumsäure schwärzt die in den Zellen der Zwischensubstanz enthaltenen Körnchen und macht die Zellgrenzen deutlich; doch gelingt es nur schwer, bei dieser Behandlung Kerne der Um- hüllungsmembran nachzuweisen“. Die Unabhängigkeit der Zwischensubstanz von den Blutge- fässen zeigt er an einem Präparat von Seiurus vulgaris, dem Eichhörnchen, wo diese Verhältnisse in ganz ausnehmend sehöner Weise zu sehen sind. Die Abgrenzung der Zwischensubstanz in grössere und kleinere, mit eigener Membran versehene Kugeln weist sofort jede intimere Beziehung zu den Blutgefässen zurück, die bei langgestreckter Anordnung, wie sie sich vornehmlich beim Kaninchen findet, wohl vermuthet werden könnte. In entwieklungsgeschichtlicher Hinsicht vermuthet er, dass die Hodenzwischensubstanz und die homologe Substanz im Eier- stock aus Pflüger’schen Schläuchen entstehe, die auf einem niedrigen Entwicklungsgrade stehen geblieben seien und sich früher zu funetionirenden Hodenschläuchen oder zu Eiern hätten ausbilden können. Und am Schlusse seiner Arbeit heisst es: „Bei den höheren Thieren verkümmert demgemäss eine grosse Anzahl von Keimen und bildet im Hoden und Eierstock eine Substanz, die in Schläu- chen oder Nestern zwischen den zur Reife gelangenden Theilen persistirt und bestimmte Veränderungen erleidet, indem sie im Eierstoeck mit der Reifung der Follikel vernichtet, durch die periodische Neubildung von Eischläuchen wieder ersetzt wird, im Hoden dagegen persistirend, das bisher unter dem Namen der Leydig’schen Zwischensubstanz bekannte Gewebe bildet.“ Ferner zeigt er noch, dass die schlauch- oder kugelförmigen Bildungen der Zwischensubstanz im Hoden und Eierstock von den Plasmazellen absolut verschieden sind, da beide Formen nebeneinander vorkommen. Die Plasmazellen sind meist im Hoden spindelförmig und heben sich durch ihren mit Dahlia tiefblau gefärbten Zellenleib, indem der Kern eine wie mit einem Locheisen ausgestanzte Lücke bei schwächerer Vergrösserung vortäuscht, von dem ganzen übrigen ungefärbten Gewebe scharf 800 Hans Beissner: und bestimmt ab. Man sieht auf den ersten Blick, dass beide Bildungen nichts mit einander gemein haben. Hansemann (Archiv für path. Anatomie und Physiol. v. Virchow Bd. 142. 1895. Ueber die sogenannten Zwischen- zellen des Hodens und deren Bedeutung bei pathol. Veränderungen) zeigt, dass die Intercellularsubstanz, die die Kanälchen wie ein feines Netz umspinnt, der Bindegewebsreihe angehört. Sehr interessant sind seine Versuche am Murmelthier, durch die er fand, dass das schlafende Thier zwischen den Hoden- kanälchen keine interstitielle Zellen, sondern nur feine spindelför- mige Zellen besitzt, dass aber beim wachen, thätigen Thiere die Zwischensubstanz mit zahlreichen Zellen angefüllt ist. In ihm regte sich zuerst der Verdacht, dass die Zwischensubstanz kein constanter Factor, sondern entweder individuell verschieden oder bloss unter gewissen Bedingungen vorhanden sei. Hierin bestärkte ihn noch die Thhatsache, dass beim pathologisch ver- änderten Hoden des Hundes die Zwischensubstanz bis zum Ver- schwinden der Samenkanälchen vermehrt war. Zum Schlusse dieser Literaturangabe sei es mir gestattet gleich noch eine Abhandlung von von Bardeleben (Beiträge zur Histologie des Hodens und zur Spermatogenese beim Menschen. Archiv für Anat. und Physiol. 1897. Supplementband) anzuführen, die mir erst nach Abschluss meiner Arbeit vorlag. Von Bardeleben untersuchte nur Hodenmaterial, welches von Hingerichteten entnommen war und zwar unmittelbar nach der Enthauptung. Dieser Autor nimmt an, das die Zwischen- substanzzellen im Laufe des Lebens, eonform den physiologischen Phasen, ihre inneren Structuren sowohl, wie ihre äusseren Ver- hältnisse, Grösse, Form und Lage, verändern. Er findet sie in compacten Massen oder in Strängen, Gruppen und Nestern an- geordnet, gelegentlich aber auch vereinzelt dieht bei einander ohne Zwischensubstanz, dann auch wieder polyedrische Formen von echt epithelialem Habitus. Die Grenzlinien sind nicht glatt und gerade, sondern mit feinsten Zacken versehen, als Ausdruck von Intercellularbrücken. Gelegentlich kommen breite Brücken vor, die wohl auf eine kurz vorhergegangene Theilung zu be- ziehen sind. Eine Zellmembran ist nieht vorhanden, aber eine Art von Kruste nicht in Abrede zu stellen. Als Einlagerungen in die Zellkörper findet er Krystalle, Pigmentkörnehen und Fett. Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. sul Der Kern ist kugelig oder vierkantig oder oval, meist aber un- regelmässig und excentrisch gelegen. Mitose stellt er für diese Zellen in Abrede, dagegen hat er amitotische Theilung oft be- obachtet. Die Wandung der Hodenkanälchen besteht nach dem ge- nannten Autor ursprünglich nur aus einer Schicht, die er Intima nennt und die weder wasser- noch zellendicht ist; sie lässt nicht nur Lymphe, sondern auch Leueocyten durch. Die äusseren Schichten der Wand bestehen aus Lamellen, die auch weder eigentlich fibrillär, noch in sonstigem Sinne lamellär, das heisst zusammenhängende Membranen bilden. Er behauptet nun, dass die Zwischensubstanzzellen eine grosse Aehnlichkeit mit den Sertoli’schen Zellen besitzen und glaubt, dass diese letzteren Uebergangsformen von einer ursprüng- lich epithelialen Zellform darstellen, deren Jugendformen aber nicht innerhalb, sondern ausserhalb der Kanälchen in Gestalt der Zwischenzellen zu suchen sind. An Zeichnungen weist er nach, dass diese Zwischenzellen durch die nach Durchtränkung mit Lymphe entstandenen Räume und Lücken in der Wand der Tubuli hindurchwandern und in das Innere des Tubulus gelangen, wo sie zu Sertoli’schen Zellen werden. Sie sind epitheliale Bildungen, welche schliesslich dem Untergange anheimfallen, nach dem sie ausserordentlich wichtige Functionen ausgeführt haben. Da aber nach den Untersuchungen von la Valette St. Georges!) die sogenannten Sertoli’schen Zellen ganz gewiss in den Hodenkanälen entstehen und Ueberreste der von Follikel- zellen umhüllten Spermatogemmen darstellen, so wird man der von v. Bardeleben behaupteten Art der Umformung der Zwischensubstanz des Hodens nicht ohne Weiteres zustimmen können. Aus der hier in kurzen Zügen angeführten Literatur er- sehen wir nun, dass die Hodenzwischensubstanz seit ihrer Ent- deckung von den verschiedensten Autoren in der verschiedensten Weise gedeutet und erklärt worden ist. So gehört sie nach Leydig, Kölliker, Boll, Messing und Hansemann 1) Vergl. namentlich dieses Arch. Bd. XV, Fig. 125— 137 der Taf. 19 über Spermatogenese des Menschen. 802 Hans Beissner: zum Bindegewebe; Ludwig, Tomsa und Mihalkovies lassen die Lymphbahnen in ihr entstehen; Harvey glaubt be- stimmt nervöse Apparate in ihr zu erkennen, Hofmeister ist geneigt, sie als Epithelialgewebe aufzufassen, Waldeyer rechnet sie zu den Plasmazellen, Nussbaum hält sie für Gebilde, die identisch sind mit den Pflüger’schen Schläuchen und also vom Keimepithel abstammen, und v. Bardeleben endlich nennt sie Jugendformen der Sertoli’schen Zellen. Plato stellt nun in seiner Arbeit: Die interstitiellen Zellen des Hodens und ihre physiologische Bedeutung (Archiv f. mikr. Anat. Bd. 48. Jahrg. 1897) eine ganz neue Behauptung über die Bedeutung der Hodenzwischensubstanz auf. Er sagt nämlich in seiner Einleitung: „Es schien mir nun im höchsten Grade wahr- scheinlich, dass ein Organ, welches in den verschiedenen Ent- wieklungs- und Funetionsstadien des Hodens ein so verschiedenes Aussehen darbietet, zu der speeifischen Funetion der Drüse, der Bildung des Samens, in einer engeren Beziehung stehen müsse, als es bisher angenommen wurde, und dass die im der Literatur zerstreut aufzufindenden, widersprechenden Angaben über An- häufung, Aussehen und Inhalt der interstitiellen Zellen bei ein und demselben Thiere eben darauf zurückzuführen seien, dass den verschiedenen Autoren bald in voller Funetion befindliche, bald nicht oder wenig funetonirende Hoden vorgelegen haben.“ Bestärkt wurde er nun in dieser seiner Auffassung noch durch die Entdeckung Hansemann’s, dass der Hoden des Murmelthiers bei ruhender Spermatogenese, im Zustande des Winterschlafes, keine interstitiellen Zellen zeigt, während ein Thier zwei Monate nachher in der thätigen Drüse die Zwischen- substanz in einer an ein grosszelliges Sarkom erinnernden Mäch- tigkeit aufweist. Er beschränkte sich nun bei seinen Untersuchungen im wesentlichen auf das Studium des funetionirenden Katerhodens und richtete sein Augenmerk vor allem auf den wesentlichen Inhalt der Zwischensubstanz, auf das von allen Autoren in über- einstimmender Weise in derselben angetroffene Fett. Da es nicht ausgeschlossen war, dass Plato seine Resultate wesentlich der Anwendung einer von allen bisher abweichenden Präparationsmethode verdankte, so habe ich für eine Serie von Präparaten desselben Objeets mich genau nach Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 803 den Angaben Plato’s gerichtet, um so die Resultate seiner Arbeit einer Prüfung unterziehen zu können. Als Fixationsmittel benutzte ich daher wie Plato das Hermann sche Platin-Osmiumgemisch (1°/, Platinehlorid 15, 2°/, Osmiumsäure 4, Eisessig 1 Theil) und ausserdem, wie na- mentlich die älteren Autoren, den SOprocentigen Alkohol, der nach kurzer Zeit der Einwirkung durch erst allmählich in der Concentration steigenden Alkohol ersetzt wurde. Die ersten Präparate fertigte ich Anfang Januar von einem Katerhoden an, der sich noch nicht in Function befand, während die meisten Präparate von Thieren stammen, die Ende Februar und Anfang März getödtet wurden, deren Geschlechtsdrüsen sich also in voller Thätigkeit befanden. Bei Herstellung der Präparate ging ich folgendermaassen vor: Das Thier wurde mit Aether nareotisirt und ihm während der Narcose das Scrotum in der Mittellinie gespalten. Beide Testikel wurden bis auf die Albugimea freigelegt, das Vas defe- rens bis an den Leistenkanal herauspräparirt, so dass erstere an demselben frei aus der Bauchhöhle heraus hingen. Der Samen- strang des einen Hodens wurde nun ungefähr zwei Finger breit darüber unterbunden und in den Testikel unter die Albuginea 1!/,;, eem Hermann sche Flüssigkeit mit der Pravazspritze injieirt. Der Hoden schwillt darauf sofort zu einem derben, harten Tumor an und wird nun, nachdem das Vas deferens ober- halb der Ligatur durchschnitten ist, mit einem scharfen Rasir- messer in eine obere und untere Hälfte getheilt und in einem Gefässe mit Hermann scher Flüssigkeit aufbewahrt. Der Testikel der anderen Seite wurde nicht injieirt. Die eine Hälfte des- selben kam ebenfalls in Hermann sche Flüssigkeit, die andere in Alkohol 80°/,, der nach einer Stunde erneuert wurde. In der Hermann schen Flüssigkeit liess ich die Stücke zwei Tage liegen, wusch sie dann 24 Stunden lang in fliessen- dem Wasser aus, worauf sie in Alkohol von allmählich steigender Coneentration kamen. Aus dem 96°/, Alkohol brachte ich sie eine Stunde lang in Alkohol absolutus, eine halbe Stunde in Xylol und liess sie dann eine Stunde in flüssigem Paraffin bei 50° R. stehen, worauf sie in Paraffin eingebettet wurden. Plato zog im 70 oder 80°/, Alkohol und zwar so, dass das Präparat stets unter Spiritus blieb, die Albugimea ab; dieses 304 Hans Beissner: schien mir nicht vortheilhaft, da man auch bei grösster Vorsicht doch die Drüsensubstanz durch Druck verletzen kann und da- durch eine Verschiebung der einzelnen Theile gegen einander hervorruft; und ausserdem war es auch gerade meine Absicht, Sehnitte zu bekommen, die den Zusammenhang zwisehen Drüsen- substanz und Albuginea klarlegten. Die in Alkohol befindlichen Stücke des Hodens wurden öfters in frischen 80%, Alkohol gebracht und am dritten Tage auf dieselbe Weise eingebettet, wie die in Hermann ’'scher Flüssigkeit befindlichen. Von allen eingebetteten Präparaten fertigte ich 3—du dieke Serienschnitte an, fixirte sie auf dem Objeetträger mit Collodium—Nelkenöl und löste darauf das Paraffin in Xylol. Aus dem Xylol kommt der Objeetträger in absoluten Alkohol, Alko- hol 80°/,, 70°/, und 50°/, und aus diesem in die Heidenhain- sche Hämatoxylinlösung, wo er circa 15 Minuten verbleibt. Darauf werden die Schnitte in destillirtem Wasser ausgewaschen, konımen jetzt in umgekehrter Reihenfolge in 50°, 70 %/,, 80°, Alkohol und aus dem absoluten Alkohol nochmals in Xylol und werden dann in Xylol—Canadabalsam eingeschlossen. Im Laufe meiner Untersuchungen machte ich aber die Wahrnehmung, von der auch Plato in seiner Arbeit berichtet, dass nämlich bei den Xylol—Canadabalsam-Präparaten gerade die fetthaltigen Partien des Präparats, auf die es hauptsächlich ankommt, mit der Zeit sehr abblassten, so dass man sich später kein richtiges Bild mehr von dem Fettgehalte machen konnte. Dem versuchte ich abzuhelfen durch Anfertigung einiger Gly- cerinpräparate, bei denen die Abblassung auch in Wirklichkeit viel weniger eintrat als bei den übrigen. Zu diesem Zwecke durften die Präparate nach der Fär- bung nieht mehr mit Alkohol zusammengebracht werden, sondern ich bedeckte sie, sobald sie ausgewaschen waren, mit einem Tropfen Glycerin und legte das Deckgläschen auf. Um solche Präparate nun längere Zeit aufbewahren zu können, muss das Glycerin luftdicht abgeschlossen und das Deckgläschen fixirt werden. Hierzu bedient man sieh der sogenannten Umrandungs- massen, mit denen man das Deckgläschen umzieht. Diese Massen haften am Glase, erstarren, verbinden das Deckgläschen mit dem Objeetträger und schliessen das Glycerin luftdieht ab. Ich be- Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 805 diente mich zu diesem Zwecke eines einfachen Wachsstabes und zog mit dem schmelzenden Wachs einen Rand um das Deck- gläschen, der dann, um die Präparate auch mit Oelimmersion untersuchen zu können, mit einer alkoholischen Schellacklösung überstrichen wurde. Das Bild, welches uns nun ein solehes mit Hermann- scher Flüssigkeit behandeltes Präparat bei schwacher Vergrösse- rung darbietet, ist folgendes. Zunächst fällt eime Menge von hellen, oft kreisrunden, bald ovalen, bald S-fürmig gekrümmten oder auch langgestreckten Partien auf, die sich als Durehschnitte von Samenkanälchen erweisen und die, je nachdem sie gerade vom Messer getroffen wurden, eine von obigen Formen ange- nommen haben. Die Räume zwischen diesen Tubuli werden von einer dunkleren Substanz ausgefüllt, die sich der Form der Ka- nälchen eng anschmiegt und so bald Ellipsen, Dreiecke, verscho- bene Vierecke, bald langgezogene Stränge oder formlose Nester bildet. An den meisten Stellen dieser Zwischensubstanz kann man feine, durch die Osmiumsäure schwarz gefärbte Körnchen, Fettkörnehen, unterscheiden, die in das Protoplasma der einzelnen Zellen eingelagert sind und, wenn sie nur in geringer Menge vorhanden sind, den Zellkern deutlich durehschimmern lassen, oft aber aueh eine formlose schwarze Masse bilden, die jede Structur der Zellen verdeckt. In diese dunkleren Partien sind dann noch hellere Bindegewebszüge und auf dem Quer- oder Längsschnitt getroffene Gefässe eingelagert. Bei den Alkoholpräparaten fällt der Unterschied zwischen hellen und dunkleren Partien weg und können wir hier, da die in den ÖOsmiumpräparaten geschwärzten, das Bild störenden Körnchen fehlen, die Zellstruetur der Zwischensubstanz genauer betrachten. Hier zeigen sich bei stärkerer Vergrösserung deutlich eine Reihe von aneinander gelagerten polygonalen Zellen, deren Zellgrenzen bald mehr, bald weniger deutlich hervortreten. Der Zellleib weist ein weitmaschiges Netzwerk auf, das auch an den in Osmiumsäure geschwärzten Zellen an den Stellen auftritt, wo durch die nachfolgende Behandlung mit Xylolbalsam die Körnchen aufgelöst wurden. Der Kern der Zellen liegt meist excentrisch, ist rund oder polyedrisch und hat einen deutlich erkennbaren Nucleolus, von dem ein zartes CUhromatingerüst ausstrahlt. 806 Hans Beissner: Die eingelagerten Körnchen in den Osmiumpräparaten sind meist von runder Gestalt, nur da, wo sie in grossen Mengen bei einander liegen, gegen einander abgeplattet, am häufigsten etwas kleiner als die Zellkerne, manchmal aber auch doppelt und drei- fach so gross. Ebenso verschieden wie ihre Grösse ist die Inten- sität ihrer Färbung, die zwischen dem hellsten Braun und dem tiefsten Schwarz schwankt. Wie Plato habe auch ich die 3jeobachtung gemacht, dass bei der leider sehr bald eintretenden Entfärbung der Präparate diese nicht einheitlich vor sich geht, sondern dass gewisse Strecken von Zellen ihre Färbung verlieren, während dieht daneben andere Gebiete sie längere Zeit noch in ihrer ganzen Stärke beibehalten. In Betreff der näheren Beziehungen der Zwischensubstanz zu den Samenkanälchen möchte ich zunächst eine Stelle aus Plato’s Abhandlung anführen. Er sagt nämlich auf Seite 290: „Die Tubuli erscheinen auf den Querschnitten in der Regel von doppelten Contouren begrenzt, an welche sich nach aussen hin unmittelbar die interstitiellen Zellen mit ihrem reichen Fett- gehalte anlegen. Betrachten wir die Grenzeontouren unter star- ker Vergrösserung, so sehen wir, dass die Wandung der Tubuli keine in sich geschlossene Membran ist, als welche sie den äl- teren Autoren imponirte, dass sie vielmehr Lücken und Spalten aufweist, welche das Innere der Tubuli mit den interstitiellen Räumen verbinden. Ja man kann in Anbetracht der oft nicht unbeträchtlichen Dicke der aus mehreren Lagen von Binde- gewebsfibrillen bestehenden Wandungen, wie ich glaube, von „Kanälchen“ reden, und werde ich diese meines Wissens bisher noch nieht in ihrer Bedeutung erkannten Gebilde fortan mit diesem Namen bezeichnen.“ Diese Kanälchen erläutert Plato nun weiter an seinen beigefügten Zeichnungen. Dort sieht man die scharfen Contouren der Wandung eines Samenkanälchens in einer Breite, welehe ungefähr dem Durchmesser eines Kernes der interstitiellen Zellen entspricht, unterbrochen und findet dort eine helle Masse mit Andeutungen einer gegen das Lumen der Tubuli convergirenden Streifung. Die seitliche Begrenzung dieses Kanälchens wird durch zwei scharfe Linien gebildet, die sich bis tief in die Zwischensubstanzzellen verfolgen lassen, und die in dem von ihnen begrenzten Raume in der Wandung des Tubulus ein abge- Die Zwisehensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 807 stumpft keilförmiges, mit seitlichen Einschnürungen versehenes Fettkorn enthalten. Wir sehen also einen sich aus der Zwischen- substanz in das Innere des Tubulus senkenden Trichter, der die Wand des Tubulus durehbohrt und in dessen Inneren sich Fett- tropfen finden, und zwar befindet sich der Triehter meistens gerade in dem Fusse einer Sertoli’schen Zelle. Plato nimmt nun auch noch weiterhin an, dass diese Kanälchen nicht erst in jedem einzelnen Falle von den Fettkörn- chen gebildet werden, sondern dass sie präformirte Gebilde sind. Er sucht dies dadurch zu stützen, dass er sagt, falls diese Ka- nälehen nicht präformirt seien, sie sich sofort nach Passiren des Fettkorns wieder zusammenziehen müssten und führt dann noch an, dass sich auch an Stellen, welche von Fett völlig frei sind, dennoch Lücken in der Wandung des Tubulus finden, die eine grosse Aehnlichkeit mit den fetthaltigen Kanälchen besitzen. Ausserdem schliesst er auch aus der Thatsache, dass sich die Fettkörnchen bald vor, bald ganz oder theilweise in dem Lumen der Kanälchen finden, dass durch diese Kanälchen eine Strömung von Fettkörnchen stattfindet und zwar in der Richtung aus der Zwischensubstanz gegen das Lumen der Tubuli. Dies letztere sucht er entwieklungsgeschichtlich nachzuweisen, indem er an- führt, dass die Fettkörnehen zuerst in den interstitiellen Zellen und zwar schon in einem sehr frühen Stadium auftreten, in welchem letztere noch durch breite bindegewebige Lamellen von der Wandung der Tubuli getrennt sind und eine Communication zwischen diesen und der Zwischensubstanz noch nicht nachzu- weisen ist. Mit zunehmendem Wachsthum legen sich nun die interstitiellen Zellen immer enger an die Wand der Tubuli an. Die Entwicklungsgeschichte der Zwischensubstanz spreche also für eine aus derselben gegen das Lumen der Tubuli gerichteten Fettkörnehenströmung. Ueber den Zweck dieser Fettkörnehenströmung äussert er sich, nach einer längeren Besprechung der Verhältnisse im Mäuse- hoden, folgendermaassen: „Ich glaube in den interstitiellen Zellen, des Katerhodens wenigstens, ein Organ sehen zu dürfen, welches das für die Emährung der reifenden Samenfäden nötige Fett resorbirt und aufspeichert, und halte für den wichtigsten Befund die beschriebenen Kanälchen, welche die aufgespeicherten Vor- räthe dem Orte ihrer Bestimmung entgegenführen.“ Archiv f. mikvrosk. Anat. Bd. 51 Dr | SS) 808 Hans Beissner: Plato behauptet also zunächst, dass sich die interstitiellen Zellen von aussen her unmittelbar an die Samenkanälchen an- legen. Diese Behauptung ist, glaube ich, nicht völlig richtig, und ich möchte dies an mehreren Abbildungen beweisen. So sieht man in Fig. 1, die einem Alkoholpräparat entnommen ist, rechts die Membrana propria zweier Tubuli, deren Inhalt nicht eingezeichnet ist, da er hierbei noch nicht in Frage kommt. Diese Membrana propria besteht aus mehreren Lamellen, in die deutlich erkennbar länglich ovale Kerne eingelagert sind. So schön wie hier treten die Kerne aber nur in den Alkoholprä- paraten zu Tage, während sie in den mit Osmium gefärbten Schnitten nur mit grosser Mühe nachzuweisen sind und auch dann nicht an allen Stellen gleich deutlich. Den Raum zwischen den beiden angedeuteten Samenkanälchen füllt eine Anzahl eng zusammenliegender polygonaler Zellen der Zwischensubstanz aus, deren Zellgrenzen scharf hervortreten. Was nun hier besonders bemerkenswerth ist und wohl auch gegen die Behauptung Plato’s sprechen dürfte, ist, dass sowohl das längliche Conglomerat von Zellen, als auch die beiden kleineren Zellgruppen unten von einer deutlich erkennbaren Membran umhüllt sind, in der auch die Kerne klar hervortreten, die an Grösse und Form denen der Membrana propria der Hodenkanälchen gleich kommen. Wir haben es also hier, wie ja auch schon Nussbaum in seiner oben erwähnten Arbeit dargethan hat, mit isolirten Schläuchen zu thun, in welche die Zwischensubstanzzellen einge- schlossen sind, und die den Tubuli gegenüber also völlig unab- hängig dastehen. In Fig. 2 und 3, die den Osmiumpräparaten entnommen sind, wird die Membran und die Unabhängigkeit derselben von der Membrana propria der Tubuli ebenfalls deutlich sichtbar, nur sind dort die Kerne der Membran nicht zu erkennen. In Figur 2 sind in die Zwischensubstanzzellen einige durch die Osmiumsäure geschwärzten Körnchen eingelagert, während in Figur 5 keine vorhanden sind. In beiden Präparaten kann man sich aber sehr gut davon überzeugen, dass auch die Blut- gefässe in keinerlei Beziehungen zu den interstitiellen Zellen stehen. Die Umbüllungsmembran letzterer, sowie die Adventitia der Gefässe sind durch einen deutlichen Zwischenraum von ein- ander getrennt, wovon man aber nur dann ein klares Bild be- kommt, wenn das Gefäss genau auf dem Querschnitt getroffen ist. Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 809 Ist das Gefäss nämlich schräg getroffen, so liegt im Bilde ein Theil der Zwischensubstanz noch unter der Wandung des- selben, das Bild wird verschwommen und undeutlich und eine Trennung der Adventitia und der Umhüllungsmembran wird da- durch unmöglich gemacht. Da die Gefässe in der Zwischensub- stanz verlaufen, so müssen sie Ja mit dieser in enge Berührung kommen, aber Communicationen, wie sie von älteren Autoren angenommen wurden, sind sicher nieht vorhanden. Was nun die Kanälehen in der Wandung der Membrana propria der Tubuli, von denen Plato spricht, angeht, so ist es mir nicht gelungen, dieselben, trotz eifrigen Suchens in allen meinen Präparaten, nachzuweisen. Dies ist ja allerdings noch kein Beweis für das Nichtvorhandensein derselben, aber ange- nommen, es sind Kanälchen in der Wandung vorhanden, so müssten die Fettkörnchen doch immer erst die Umhüllungsmem- bran der Zwischensubstanzzellen passirt haben, ehe sie in die- selben gelangen können und von da in das Innere des Tubulus. Denn in den Präparaten, wo die Zwischensubstanz eines fune- tionirenden Katerhodens von Fett strotzte, befand sich die Haupt- masse desselben immer innerhalb der Umhüllungsmembran der Zellen und nur emige spärliche Tropfen zerstreut in dem Binde- gewebe, die aber auch durch die Messerführung aus ihrem Zu- sammenhange mit den übrigen gelöst und an jene Stellen ver- lagert sein können. Und gerade diese Stellen, wo vereinzelte Tropfen, wie in Figur 4, der Wand der Tubuli eng anlagen, habe ich zum Gegenstande genauester Untersuchung mit Immer- sionslinsen gemacht, aber niemals ein dem Plato'schen Gebilde ähnliches gefunden. Oft lagen auch grössere Tropfen von Fett im Innern des Tubulus und zwar in den Fussplatten der Sertoli- schen Zellen, meist aber nicht deutlich erkennbar und nur in solchen Tubuli, die auf dem Schräg- oder Längsschnitt getroffen waren, sodass ein Vorhandensein des Fettkornes im Innern des Samenkanälchens wohl nur vorgetäuscht wurde. Plato giebt selbst zu, dass das Auffinden der Kanälchen schwierig ist, und dass sie sich auch nicht an allen Stellen, wo Sertolische Zellen die Wandung der Tubuli berühren, finden. Wie kann er aber dann diesen gewissermaassen seltenen Gebilden eine so grosse Bedeutung für das Zustandekommen der Sperma- togenese zuschreiben ? Werden denn die reifenden Samenfäden, 810 Hans Beissner: die an Sertolischen Zellen liegen, die keine Kanälchen tragen, nicht ernährt ? Diese Fragen sind doch gewiss berechtigt, wenn Plato seinen Gebilden eine so grosse Bedeutung für die Un- masse von reifenden Spermatosomen beimisst. Ich habe zur Anfertigung meiner Zeichnungen nur solche Stellen in meinen Präparaten benutzt, wo die in Frage kommen- den Tubuli genau quer durchschnitten waren, um jedem Irrthum und jeder Unklarheit der Bilder vorzubeugen. In Figur 4 sieht man zwei auf dem Querschnitt getroffene Tubuli mit einigen Spermatogonien. Eingekeilt in den Winkel, den die beiden Samenkanälchen mit einander bilden, liegen zwei Complexe von interstitiellen Zellen, beide von einer scharf hervortretenden Membran umgeben, die besonders deutlich an dem unteren Com- plex gegenüber der Membrana propria des Tubulus ausgesprochen ist. Das Innere der Zwischensubstanzzellen ist von einer Menge eng zusammenliegender Körnchen angefüllt, die jede Structur der Zellen verdecken und nur im unteren Schlauche zwei Zellkerne durchsehimmern lassen. Ausser den Körnchen in den beiden Zellsehläuchen finden sich auch noch vereinzelte Tropfen in dem anliegenden Bindegewebe und an den Wandungen der Tubuli; aber von präformirten Kanälen ist auch hier nichts zu sehen. Mir scheinen vielmehr, wie schon oben erwähnt, die einzel liegen- den Tropfen verschleppt zu sein und zwar mit dem Messer aus ihrem Verbande mit den anderen Körnern gelöst; da, wie es auch aus Figur 5 ersichtlich ist, wenn mehrere Kugeln im Binde- sewebe beisammen liegen, sie deutlieh abgekapselt sind. In Figur 5 ist die Membrana propria des Hodens mitgetroffen und in ihr liegen ähnliche Zellen, wie die der Zwischensubstanz, in spindelförmiger Anordnung, von Fett angefüllt und von einer Kapsel umgeben. Soll nun also das Fett nach der Annahme Plato’s ein Nährmaterial für die reifenden Samenfäden darstellen, so müsste es doch nothwendiger Weise erst diese Schläuche der Zwischensubstanz durchbrechen und Plato müsste dann auch für diese Umhüllungsmembranen Kanälchen annehmen, deren An- wesenheit er aber erst darthun müsste. Ausserdem ist nun aber sehr oft da, wo die Samenkanälchen sehr dicht gedrängt beieinander liegen, die Zwischensubstanz nur sehr spärlich entwickelt und mit sehr wenig oder gar keinen Körncehen versehen, oft sogar fehlt sie vollständig und an ihrer Stelle liegen in den kleinen Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. sıl Zwischenräumen nur Bindegewebsfasern oder Gefässe, und trotz- dem befinden sich im Innern der Tubuli eine Unmasse von reifen Spermatosomen. Von der Zwischensubstanz aus können diese also doch ihr Nährmaterial nicht erhalten, da ja gar keine vor- handen ist; also wiederum ein Grund mehr, dass die Spermato- genese zu ihrem Fortsehreiten nicht der Zwischensubstanzzellen bedarf. Wie schon oben erwähnt, hatte sich Plato die Frage vor- gelegt, ob durch die in der Wand der Hodenschläuche präfor- mirten Kanälchen eine Strömung von Fetttropfen stattfände, und er hat diese Frage auf Grund seiner Beobachtungen, dass sich das Fett bald vor, bald ganz, bald theilweise in den Kanälchen vorfand, bejaht. Als ein Vergleichsobjeect zog er den Mäuse- hoden heran, und bei Herstellung der Präparate verfuhr er eben- so, wie beim Katerhoden. Hier sind die Verhältnisse ganz an- dere, da die Zwischensubstanz spärlicher entwickelt ist, und sich viel weniger Fett in ihr befindet. Gleichsam als Ausgleich hier- für besitzt aber der Mäusehoden am äusseren Rande der Tubuli einen schmalen Saum von Fettkörnehen, die dann bei Beginn der Spermatogenese sich in den Fussplatten der Sertoli’schen Zellen ansammeln und dort eonfluiren. Diese grösseren Tropfen geben dann feinstvertheilte Körnchen von Fett an das Protoplasma der Sertoli’schen Zellen und der Spermatiden ab, und diese wandern nun mit den reifenden Spermatosomen nach dem Centrum der Tubuli, wo sie sich wieder zwischen den Köpfen der reifen Samenfäden ansammelh. Dieselbe Beobachtung von Anhäufung der Fettkörnchen in dem Protoplasma der Spernratiden und Wandern derselben in den Protoplasmalappen und bis zum Centrum der Tubuli, machte Plato nun auch an seinen Präparaten des Katerhodens. Gegen diese Fettkörnchenströmung im Innern des Tubulus von der Peripherie nach dem Centrum ist, glaube ich, nichts einzuwenden, da die Fettkörnchen ja in den allmählich vorrückenden Proto- plasmalappen der 'Spermatiden liegen und so sich nicht activ fortbewegen, sondern passiv fortbewegt werden. Durch welche lebendigen Kräfte aber werden nun die Fett- körner aus den Zellen der Zwischensubstanz durch die Wand des Tubulus mit Benutzung der Kanälchen in das Innere des- selben transportirt? Eine solche lebendige Kraft muss aber 812 HranseBensemier: doch angenommen werden, wenn man überhaupt von einer Fett- körnchenströmung reden will. Hierüber aber giebt die Arbeit Plato’s keinen Aufschluss. Auch sein Beweis, den er an der Hand der Entwicklungs- geschichte des Katerhodens für die Richtung der Strömung aus der Zwischensubstanz nach dem Innern der Tubuli hin zu führen sucht, ist meiner Ansicht nach nicht ganz einwandsfrei, und ich möchte dieses wiederum an einer Zeichnung näher er- läutern. In Fig. 6 sieht man eine Partie aus dem Hoden eines Katerembryo. Dort sind die Tubuli noch verhältnissmässig klein, die Zwischensubstanz dagegen sehr reichlich entwickelt, auch finden sich in ihr schon eine ziemliche Menge von Körnchen, die durch Osmiumsäure geschwärzt und durch Alkohol extrahirt. werden, deren Hauptmasse aber nicht in den mittleren Partien des Hodens, sondern mehr in den, der Albuginea anliegenden Theilen gelagert ist, in welchen sich auch die bei weitem grösste Anzahl von Blutgefässen findet. Die Schläuche der Zwischen- substanz sind meist von ovaler Gestalt und in Form von schlangen- förmigen Zügen in das, hier noch reichlich vorhandene Binde- gewebe eingebettet. Plato behauptet nun, dass mit dem Wachsthum des Hodens die interstitiellen Zellen sich immer enger an die Wand der Tubuli anlegen und dadurch also für eine Strömung aus der Zwischensubstanz nach dem Centrum der Tubuli hin sprechen. Ich glaube aber, dass sich dieses gerade umgekehrt verhält, dass nämlich die Tubuli, die doch die wichtigsten Gebilde des Hodens darstellen, im Laufe ihrer Entwicklung immer grösser werden und sich nach ihren verschiedenen Durchmessern hin immer mehr ausdehnen und zwischen die interstitiellen Zellenzüge sich ein- drängen, sodass wir dieselben dann später eingekeilt zwischen den sich berührenden Tubuli vorfinden. Man kann sich, glaube ich, hiervon sehr leicht überzeugen, wenn man die beiden Abbildungen, Figur 5 und 6, miteinander vergleicht, die bei derselben Vergrösserung angefertigt sind. Während in 6 die Tubuli noch durch eine ziemlich starke Schieht von interstitiellen Zellen und Bindegewebe von der Albu- ginea des Hodens getrennt sind, sehen wir in Figur 5 die be- deutend vergrösserten Tubuli zunächst ganz dicht aneinander- Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 813 liegen und auch die Albuginea berühren, während die Zwischen- substanz in den Räumen, welche von den Samenkanälchen frei- gelassen wurden, eingezwängt daliegt. Auf diese Weise lässt sich ja auch leicht die Angabe an- derer Autoren erklären, die da die Zwischenzellen bei jugend- lichen Thieren in viel reichlieherem Maasse vorfanden als bei erwachsenen. Die Zwischensubstanzzellen haben aber nicht an Menge abgenommen, sie sind dieselben geblieben und sind nur von den wachsenden Tubuli geradezu durehwuchert worden. Bei pathologischen Veränderungen im Hoden allerdings, wobei die Hodenkanälehen verkümmern, kann es auch zu einer starken Vermehrung der interstitiellen Substanz kommen, sodass dieselbe die Tubuli nur noch undeutlich hervortreten lässt und fast der ganze Hoden nur aus Zwischensubstanz besteht, wie ja auch schon Jacobson in seiner oben erwähnten Arbeit nachgewiesen hat. Nach diesen Beobachtungen kann man, glaube ich, mit denselben Rechte wie Plato die umgekehrte Behauptung auf- stellen, dass nämlich, falls überhaupt von einer Fettkörnchen- strömung die Rede sein sollte, der Entwicklung des Hodens ge- mäss, dieselbe jedenfalls nicht aus der Zwischensubstanz nach dem Centrum der Tubuli gerichtet sein kann, da ja die Tubuli vor allen Dingen wachsen und sich ausbreiten und die Zwischen- substanz verdrängen. Eine Strömung aber von dem Centrum der Samenkanälchen nach der Zwischensubstanz anzunehmen, ist wohl nicht gut denk- bar, da diese ja gar keine physiologische Bedeutung haben dürfte. Nachdem ich nun somit meine Ansicht über die Angaben Plato’s geäussert habe, sei es mir gestattet, der Vollständigkeit halber noch eine Arbeit desselben Autors hier anzuführen, die erst nach Vollendung dieser meiner Abhandlung erschienen ist. Dieselbe findet sich in dem im November 1897 veröffentlichten 50. Band des Archiv für mikrosk. Anatomie und ist betitelt: „Zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie der Geschlechts- - organe“. Der Zweck dieser seiner Arbeit ist, auf dem Wege der Entwicklungsgeschichte des Katerhodens festzustellen, ob die Zwischensubstanzzellen von fixen Bindegewebszellen abstammen oder epithelialen Ursprungs sind. Im siebenwöchentlichen Katerembryo findet er gar kein Fett, dagegen die Zwischensubstanz mächtig entwickelt, und neben S14 Frans #Bienssmter: typischen interstitiellen Zellen reichliche fixe Bindegewebszellen und zwischen diesen und jenen alle Uebergangsformen. In der Nähe der grossen Gefässe, die meist der Albuginea des Hodens benachbart sind, ist die grösste Ansammlung der Zwischen- substanzzellen; doch glaubt er, dass diese mehr dem Laufe der Capillaren als dem der grossen Gefässe folgen. In den eigent- liehen typischen Zwischenzellen fand Plato nur einmal Mitosen. Im Hoden des fast ausgetragenen Katers ist die subalbu- sineale Lage der Zellen erheblich breiter geworden, was Plato auf das Grössenwachsthum der einzelnen Elemente und auch darauf zurückführt, dass nach semer Meinung der Bildungs- process der typischen interstitiellen Zellen aus fixen Bindegewebs- zellen von den Gefässen aus nach den Tubuli vorgeschritten ist. Die Wandung der Tubuli besteht meist nur aus der structurlosen Membrana propria und aus einer einfachen Lage von Spindel- zellen, an die sich unmittelbar die interstitiellen Zellen anschliessen. In dem Protoplasma letzterer lassen sich schon deutlich grössere Fetttropfen erkennen. Beim neugeborenen Kater ist die breite subalbugineale Lage der Zwischenzellen verschwunden und die Tubuli gehen fast bis an die Albuginea heran. Dieses erklärt Plato durch die An- nahme eines starken Wachsthums der Tubuli und einer hierdurch erfolgten Zersprengung der Zwischensubstanz. Das Fett ist aus vielen Zellen wieder verschwunden und an seiner Stelle Lücken im Protoplasma, woraus geschlossen wird, dass dasselbe im wachsenden Hoden als Reservestoff zur Erhaltung des Organs und seines Wachsthums dient. Nach diesen nur kurz angeführten Erörterungen geht Plato auf die fettartigen Substanzen des Hodens über. Er bespricht zunächst den Hoden des Hengstes, in dem sich eine „deutliche intratubuläre Fettrandzone“ wie bei der Maus findet. Die Zwischensubstanz enthält in ihrem Proto- plasma eine reichliche Menge eines dunkel gelbbraunen Pigments, das unter Einwirkung der Osmiumsäure eine dunklere Färbung annehmen kann, eine Wahrnehmung, die ihm die Vermuthung Hofmeister's zu bestätigen scheint, dass nämlich zwischen Fett und Pigment genetische Beziehungen bestehen. Aus der Zwischensubstanz ziehen sich oft feine Streifen und Züge von Pigmentkörnehen durch die Wandung der Tuabuli bis zu der Fett- randzone hin und tragen so zur Bildung der Fettrandzone bei. Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. s15 „Während also“, so sagt er dann, „im Katerhoden die fett- haltigen interstitiellen Zellen eine Fettrandzone ersetzen und überflüssig machen, finden wir im dieser Gruppe das Princip, dass bei deutlicher Fettrandzone die stark entwickelte Zwischen- substanz die Bildungsstoffe des Randzonenfetts enthält und damit indireet zur Ernährung der reifenden Spermatozoen beiträgt.“ Er betrachtet also die interstitiellen Zellen in ihrer Ge- sammtheit als ein in den Hoden eingefügtes typisches Hülfs- organ und macht den Vorschlag, die Zellen als „trophische Hülfszellen“ zu bezeichnen und definirt diese Bezeichnung, indem er sagt: „Eine trophische Hülfszelle ist eine in einem intertubu- lären Raume eines funetionirenden Hodens gelegene Zelle, die Fett oder Pigment oder beides enthält.“ Am Schlusse seiner Arbeit fasst er nochmals seine Befunde in folgenden Sätzen zusammen: I. Die interstitiellen Zellen des Hodens sind bindegewe- biger Natur. II. Nur diejenigen intertubulären Zellen des funetionirenden Hodens darf man als interstitielle Zellen bezeichnen, die Fett oder Pigment oder beides enthalten. IIl. Das Pigment des Hodens kann sich zu Fett umwandeln. IV. Jeder funetionirende Säugethierhoden enthält sowohl intertubuläres als auch intratubuläres Fett oder Pigment. V. In der Entwicklung des Hodens tritt das Fett oder Pigment zuerst als intertubuläres auf. VI. Fettreichthum der interstitiellen Zellen und Fettreich- thum der Tubuli stehen in umgekehrtem Verhältniss zu einander. VII. Im funetionirenden Hoden findet ein Uebergang der speeifischen Einschlüsse der interstitiellen Zellen in das Innere der Tubuli in gelöstem oder festem Zustande statt. VIII. Die interstitiellen Zellen des Hodens stellen in ihrer Gesammtheit ein trophisches Hülfsorgan dar. Vor mir hat nun auch schon v. Lenhossek in einer vorläufigen Mittheilung aus dem anatomischen Institut zu Tübin- gen das Vorhandensein der von Plato in seiner ersten Arbeit angeführten „Kanälchen“ angezweifelt, da es auch ihm nicht gelungen ist, dieselben in seinen Präparaten aufzufinden. Er sagt, die Membrana propria der Tubuli sei eine zusammenhängende Membran, und die Einwanderung der Nährstoffe in das Innere s16 Hans Beissner: der Tubuli erfolge auf dem Wege der Filtration und Diffusion. Plato hält ihm nun entgegen, dass er wahrscheinlich nur ge- färbte Präparate untersucht habe, und in gefärbten Präparaten seien seine Kanälchen nicht zu sehen, da sie vom Farbstoff ver- deckt würden. Abgesehen davon nun, dass Plato in seiner Arbeit nicht darauf hingewiesen hat, dass er nur ungefärbte Präparate unter- sucht habe, so sehe ich auch gar keinen Grund, weshalb in ge- färbten Schnitten die Kanälchen nicht zu sehen sein sollten. Die Kanälchen sind doch nach seinen Angaben und Zeichnungen von der Grösse eines Körncehens der interstitiellen Zellen, dazu auch präformirt, und stellen also doch auf dem Schnitte einen Substanzverlust, eine Lücke in der Wand der Tubuli dar. Wo keine Substanz ist, kann doch wohl auch von keiner Färbung die Rede sein und das Kanälchen auch nicht :von ihr verdeckt werden. Auch angenommen, es wäre von einem Kanälchen noch die untere Wand zum Beispiel erhalten, so dass kein eigentlicher Defect zu sehen ist, so müsste man doch aus dem Farbenunter- schiede auf das Vorhandensein eines Kanälchens aufmerksam gemacht werden. ‚Dieser Einwurf Plato’s bedarf wohl nieht weiterer Erör- terungen. Was die Arbeit v. Bardeleben's anbetrifft, die ich oben schon erwähnte, und in welcher er behauptet, dass die Zwischen- substanzzellen durch die m den Wandungen der Tubuli befind- lichen, nach Durchtränkung mit Lymphe entstandenen Lücken, in das Innere des Samenkanälchens einwandern und dort zu Sertoli’schen Zellen werden, so muss ich sagen, dass ich diese Vorgänge bei Untersuchung meiner Präparate niemals ge- funden habe. Von Uebersehen kann wohl bei der Grösse der in Frage kommenden durchwandernden Zellen kaum die Rede sein. Ich glaube auch hier wie bei Plato annehmen zu dürfen, dass v. Bardeleben den Fehler begangen hat, nicht aus- nahmslos genau auf dem Querschnitte getroffene Kanälchen zu untersuchen. Aus seinen Zeichnungen geht dieses deutlich hervor. Dort zeichnet er z.B. ein Samenkanälchen gerade an einer Um- biegungsstelle desselben, und in der Wandung befinden sich drei Zwischensubstanzzellen, deren Contouren aber, wie v. Barde- Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 817 leben selbst angiebt, nur undeutlich zu sehen sind. Diese Undeutlichkeit der Contouren rührt eben davon her, dass die Zellen unter der schräg getroffenen Membrana propria des Tubulus liegen und so auch ein Vorhandensein in der Wandung nur vor- täuschen. Zum Schlusse möchte ich nun noch einmal in Kürze die Ergebnisse meiner Untersuchungen zusammenfassen. Auch ich bin, wie Plato und andere Autoren, der Mei- nung, dass die Zwischensubstanz ein constanter Bestandtheil des functionirenden Katerhodens ist, dass sie aber nieht im völlig gleichmässiger Weise zwischen die Drüsentubuli eingebettet liegt und vor allem, was die Menge ihres Körnchengehaltes angeht, bedeutenden Schwankungen unterliegt. Aus diesem Grunde, dass also manche Stellen der Zwischensubstanz im funetionirenden Hoden frei von Körnchen sind, die Zwischensubstanz selbst an manchen Stellen gar nicht oder nur spärlich vorhanden ist, und sich dennoch im Innern der Tubuli reifende Spermatozoen in grosser Menge befinden, möchte ich die absolute Nothwendig- keit des Fettes der Zwischenzellen für das Zustandekommen der Spermatogenese bezweifeln. Was die präformirten Kanälchen in der Wandung der Tubuli angeht, so ist es mir nicht gelungen, solche nachzuweisen, und bin ich daher noch nicht von dem Vorhandensein derselben und einem Durchtreten von Fett durch dieselben überzeugt, besonders da sich fand, dass die inter- stitiellen Zellen nicht direet der Membrana propria der Tubuli anliegen, sondern ein jeder Zelleneomplex von einer eigenen, kernhaltigen Membran umgeben ist, die das freie Austreten der Fetttropfen nicht ohne weiteres zulassen kann. Der Annahme einer Fettkörnchenströmung kann ich nicht beistimmen, da es bis jetzt noch nicht nachgewiesen ist, durch welche lebendige Kraft diese Strömung hervorgerufen sein könnte, und da die der Entwicklungsgeschichte entnommenen Beweise Plato’s, die für eine aus der Zwischensubstanz nach dem Centrum der Tubuli hin gerichteten Strömung sprechen sollen, mir auch nicht stich- haltig zu sein scheinen. Ich bin vielmehr der Meinung, dass, falls überhaupt von einer Fettaufnahme von Seiten der Sertoli'schen Zellen die Rede sein kann, diese nur auf ähnliche Weise zu erklären wäre, wie die Fettresorption im Darmkanale. Dann müsste man s1s Hans Beissner: auch hier annehmen, dass feinste Protoplasmafädchen, Pseudo- podien, aus dem Cutieularsaum der Sertoli’schen Zellen durch die Kanälehen der Wandung der Tubuli hindurchgestreckt würden, die das Fettkörnchen ergriffen und dieses in die Zelle hinein- zögen. Dieses wäre, glaube ich, bis jetzt die einzig mögliche Erklärung für eine eorpuseuläre Aufnahme von Seiten der Zelle. Auch an dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit benutzen, Herrn Geheimrath Professor Freiherr v. la Valette St. George für die gütige Ueberlassung eines Laboratoriumplatzes, sowie Herrn Professor M. Nussbaum sowohl für die Anregung zu dieser Arbeit, als auch für die freundliche Unterstützung bei Anfertigung der Präparate und Zeichnungen, meinen allerherzlichsten Dank aus- zusprechen. Literatur-Verzeichniss. 1. v. Leydig, Zur Anatomie der männlichen Geschlechtsorgane und Analdrüsen der Säugethiere. (Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. 2. Leipzig 1850.) 2. Kölliker, (Mikrosk. Anat. oder Gewebelehre des Menschen. Bd. 2, zweite Hälfte. Leipzig 1854). 3. Henle, (Handbuch der systematischen Anatomie. 2. Aufl., Bd. 2, Braunschweig). 4. Ludwig und Tomsa, Die Lymphwege des Hodens. (Sitzber. der math.-naturw. Classe der k. Acad. der Wiss. Bd. 46, Wien 1862.) 5. Boll, Beiträge zur mikrosk. Anat. der acinösen Drüsen. 1869. 6. Waldeyer. (Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 11. 1870.) 7. Derselbe, Die Entwicklung der Careinome. (Virch. Arch. Bd. 55.) 8. Hofmeister, Untersuchungen über die Zwischensubstanz im Hoden der Säugethiere. (Sitzber. der math.-naturw. Classe d. k. Akad. d. Wiss. Bd. 65. Abth. III. Wien 1872.) 9. Mihalkovics, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Hodens. ee aus der physiol. Anstalt zu Leipzig 1874.) 10. Harvey, Ueber die Zwischensubstanz des Hodens. (Centralbl. ns die med. wi iss. Nr. 30. 1875. 11. Jacobson, Zur pathol. Histologie der traumat. Hodenentzündung. (Virchow’s Archiv, Bd. 75). 12. Messing, Anatomische Untersuchungen über die Testikel der Säugethiere. (Dorpat 1877.) Die Zwischensubstanz des Hodens und ihre Bedeutung. 819 13. M. Nussbaum, Von der Bedeutung der Hodenzwischensubstanz. (Archiv f. mikr. Anat. Bd. 18. 1850, pag. 85.) 14. Hansemann, Ueber die sogen. Zwischenzellen des Hodens und deren Bedeutung bei path. Veränderungen. (Arch. für path. Anat. und Physiol. v. Virchow. Bd. 142. 189.) 15. Plato, Die interstitiellen Zellen des Hodens und ihre physiolog. Bedeutung. (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 48. 1836.) 16. Derselbe, Zur Kenntniss der Anatomie und Physiologie der Ge- schlechtsorgane. (Archiv f. mikr. Anat. Bd. 50. 1897.) 17. v. Lenhossek, Ueber Spermatogenese bei Säugethieren. (Mittheil. aus dem anatom. Institut zu Tübingen 1897.) 15. v. Bardeleben, Beiträge zur Histologie des Hodens und zur Spermatogenese beim Menschen. (Archiv für Anatomie und Phy- siologie 1897. Supplementband.) Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVI Sämmtliche Zeichnungen sind mit Hülfe des Abb .& schen Zeichen- apparats in der Höhe des Objeettisches von ungefähr 5 u dicken Serien- schnitten entworfen. Die Präparate 1—5 stammen aus Hoden von ausgewachsenen Katern, während Präparat 6 dem Hoden eines unge- fähr ausgetragenen Katerembryos entnommen ist. Fig. 1. (gez. mit Zeiss F. Oc. 2, ausgez. Tubus) Alkoholpräparat. xechts die Wandungen zweier angedeuteter Tubuli mit ein- gelagerten Kernen. Links davon Gruppen von Zwischensub- stanzzellen, die von einer deutlichen, kernhaltigen Membran umhüllt werden. Fig. 2. (gez. mit Zeiss F, Oec. 2, ausgez. Tubus) Osmiumpräparat. Membrana propria der Hodenkanälchen angedeutet. Kerne nicht erkennbar. Die interstitiellen Zellen mit einigen Fett- körnchen versehen, sind umgeben von ihrer Membran, deren Kerne ebenfalls nicht zu erkennen sind. In dem Winkel rechts ein Blutgefäss unabhängig von den Zwischensubstanzzellen. Fig. 3. (gez. mit Zeiss F, Oe. 2, ausgez. Tubus) Osmiumpräparat. In dem oberen Tubulus einige Samenzellen. Zwischensubstanz / frei von Körnchen und unabhängig von dem daneben liegen- den Gefäss. In den Zellen das Netzwerk, in dem sonst die Körnchen eingebettet liegen, deutlich erkennbar. Fig. 4 (gez. mit Zeiss F, Oe. 2, ausgez. Tubus) Ösmiumpräparat. Rechts und unten ein Tubulus mit seinen Zellen. In dem Winkel zwei Complexe von interstitiellen sehr körnchenreichen Zellen in ihren Schläuchen. Oben und unten ein Gefäss. Ausserdem im Bindegewebe verstreut liegende geschwärzte Körnchen. 320 Karl Krause: Fig. 5. (gez. mit Zeiss CC, Oe. 3. ausgez. Tubus) Osmiumpräparat. Zwei der Membrana propria des Hodens anliegende Tubuli. In den Räumen zwischen ihnen interstitielle Zellen. In der Membrana propria des Hodens in Kapseln eingeschlossene spindelförmig angeordnete Zwischensubstanzzellen mit einge- lagerten Körnchen. Fig. 6. (gez. mit Zeiss CC, Oc. 3 ausgez. Tubus) Osmiumpräparat. Keilförmiger Ausschnitt aus einem embryonalen Katerhoden. Oben zwei Tubuli, von einander getrennt durch Bindegewebe und interstitielle Zellen. Unten die Membrana propria des Hodens und zwischen ihr und den Tubuli eine breite Schicht von körnchenhaltigen, in ihren Schläuchen liegenden Zwischen- substanzzellen. (Aus dem Dr. Senckenbergischen pathologisch-anatomischen Institut zu Frankfurt a. M.) Experimentelle Untersuchungen über die Seh- bahnen des Goldkarpfens (Cyprinus auratus), Von Dr.,med. Karl Krause. Hausarzt an der Grossh. S Landes-Irren-Heilanstalt und psvchiatr, Klinik zu Jena. Hierzu Tafel XXVI. Unsere Kenntnisse über die Anatomie des Gehirnes der Fische sind noch recht lückenhafte, und gar manche Fragen harren auf diesem Gebiete noch ihrer Lösung, obschon die be- zügliche Literatur eine recht reichhaltige ist. So herrscht z. B. zur Zeit noch keine Klarheit über die Endigungen des bei den Fischen sehr ausgebildeten Nervus opticus im Gehirn. Der Sehnerv der Fische kreuzt in dem kräftigen Chiasma, und die beiden Traetus überziehen als zwei mächtige weisse Züge schräg dorso-caudalwärts aufsteigend den Thalamus, ge- langen in das Mittelhirndach (vergl. Fig. 1 links) und verschwinden Experimentelle Untersuchungen etc. 821 in dessen weissem Ueberzug. Darüber aber, ob diese aus dem Mittelhirndach stammenden Optieus-Wurzeln die einzigen sind, in welchen Schiehten dieses Daches der Traetus optieus sich ver- breitet, ob ihn in seinen Verzweigungen etwa Fasern anderer Herkunft begleiten, und endlich, ob von dem Mittelhirndach Optieusfasern in andere Theile des Mittelhirns gelangen, darüber besteht noch keine Uebereinstimmung unter den Autoren. Schon seit mehr als hundert Jahren kennt man die Endi- sungen der Sehnerven in den beiden grossen Höckern, welche man früher als Lobi optiei bezeichnete, und welche, wie die neueren Untersuchungen gezeigt haben, morphologisch und ent- wicklungsgeschichtlich dem Mittelhirndach der anderen Verte- braten entsprechen. Es sind aber wesentlich die Arbeiten von’ Stieda!) und Fritsch?), denen wir namentlich eine Beschrei- bung des Fischgehirns auf Querschnitten verdanken, welche zu- erst Genaueres gebracht haben. Stieda uat unter anderem das Verdienst, die Lobi optieci zuerst mit aller Sicherheit als Analogon der vorderen Vierhügel der höheren Wirbelthiere an- gesprochen zu haben, er gab eine eingehende Darstellung des Baues des Daches der Lobi optiei, an welchem er 8 Schichten unterschied. Hierin stimmen seine Untersuchungen überein mit den späteren von Fritsch, dessen Studien hier nicht über- gangen werden dürfen; denn ihre Facta bestehen noch heute zu Recht, wenn schon die Deutung nicht in allen Punkten aufrecht erhalten werden kann. Sanders?°), der offenbar nur an mässigen Carminprä- paraten gearbeitet hat, schildert das Mittelhirndach der Fische ebenso wie Stieda und Fritsch, beschreibt aber genauer die Modifikationen seiner Zusammensetzung in verschiedenen Frontalebenen. Er kennt 3 Optieus-Wurzeln, ein kleines Bündel- chen aus dem Hypothalamus und einen kräftigen Zug, welcher aus den drei äussersten Zügen des Tectum stammt. Dazu käme 1) Stieda, Studien über das centrale Nervensystem der Knochen- fische. Leipzig 1868. Ueber lie Deutung der einzelnen Theile des Fischgehirns. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. XXIII. 1873. 2) Fritsch, Untersuchungen über den feineren Bau des Fisch- gehirns. Berlin 1878. 3) Sanders, Contributions to the anatomy of the central nervous system in vertebrate animals. London 1879. 822 Karl Krause: als dritte Wurzel ein Faserzug aus dem Innern des Torus semi- eireularis, einem im Boden des Mittelhirns zu beiden Seiten sich erhebenden, vom Dach überlagerten Wulste (s. Fig. 3a). Mayser!), der eine vortreffliche fast erschöpfende Mono- graphie des Gehirnes der Knochenfische gab, behandelt sehr aus- führlich den Optieus und seine Verbreitung im Mittelhirn. Von dem N. optieus, der um den Thalamus herumbiegend sich nach oben und aussen erhebt (vgl. Fig. 1), soll ein schwaches Faserkontingent gegen die Mittellinie abschwenken und sich in die Seitenwand des Ill. Ventrikels einsenken (vgl. Fig. 7x), ferner soll ein kleiner Theil der Opticusfasern den Thalamus von innen nach aussen durchbrechen, um sich der hinteren 'Sehnervenwurzel caudalwärts ansteigend anzuschliessen (vgl. Fig. 7, 2 a). Die Hauptmasse des Nervs aber stösst nach Mayser am unteren vorderen Rande des Tectum an das Corpus geniculatum externum (s. laterale) (s. Fig. 7 links) und wird durch dieses in eine vordere oder obere und hintere oder untere Wurzel abgelenkt, die sich beide im Mittelhirndach verbreiten (s. Fig. 2 links). In beide Wurzeln drängen sich aus dem Corpus genieulatum kommende Fasersysteme ein, die Arme des Teetum, (die Assoeiationsfasern, eingulum, Fritsch). Der vordere Arm des Tectum optieum begleitet mit seiner Ausstrahlung die vordere (obere) Wurzel des Optieus, während der hintere Arm des Tectum seine Fasern der unteren (hinteren) Optieuswurzel beimischt. Wahrschemlich ist es Mayser, dass ein Theil der vorderen Optieuswurzel mit dem Corpus genieul. externum in Verbindung tritt. Ob Fasern aus dem Optieus in das sog. Stra- tum zonale des Torus semieireularis übergehen oder ob die das- selbe konstituirenden Faserzüge, welche von der Gegend des Corpus genieul. kommend im Bogen durch die Optieusfasern nach hinten ziehen (s. Fig. 2ß, 3ß, 8ß; der Optieus fehlt hier rechts), selbständig sind, lässt Mayser zweifelhaft. Am Teetum ‚optieum unterscheidet er 7 Schichten, und zwar von aussen nach innen: 1. Eine Rindenschicht. 1) Mayser, Vergleichend anatomische Studien über das Gehirn der Knochenfische mit besonderer Berücksichtigung der Cyprinoiden, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXVI. 1882, Experimentelle Untersuchungen ete. 825 2. Eine Längsfasersehicht aus Opticusfasern. 3. Eine Längsfaserschicht, durch die Arme des Teetum optieum und Fasern des Optieus gebildet. 4. Eine breite Rindenschicht, bestehend aus einer äusseren Lage mit zahlreichen Nervenzellen und -fasern (Endstation des N. optieus) und einer inneren Lage (Endstation des tiefen Mark- lagers). Pr. Eine starke Nervenfaserschicht (das tiefe Marklager), bestehend aus Quer- und Längsfaserzügen. Während die ersteren in keiner Beziehung zum Optieus stehen, glaubt Mayser, dass die Längsfaserzüge zum Theil Verbindungen mit dem Traet. optieus darstellten. 6. Die Körnerschicht. 71. Das Ependym mit dem Epithel. Mehrere schöne Arbeiten hat Belloncei!) den hier in Frage kommenden Verhältnissen gewidmet. Er schildert die Bildung der bekannten oberen und unteren Optieuswurzel und ihre Verbreitungen ähnlich wie Mayser, die sog. Arme des Teetum erwähnt er nicht. In Uebereinstimmung mit dem ge- nannten Autor giebt er an, dass einige Bündel des Opticus exi- stiren, die von der Mitte der Basis des Hypothalamus sich ab- zweigend die subthalamische Substanz durchsetzend nach hinten, oben und aussen verlaufen und sich mit dem Rest des Traetus optieus vereinigen (vgl. Fig. Ta, 2a). Auch ein in der Rand- schicht des Thalamus aufsteigendes Optieusbündel kennt er (vgl. Fig. Tx), während Mayser dasselbe aber im Grau des Thala- mus sich auflösen lässt, hat Bellonei nachgewiesen, dass dessen Fasern auseinander tretend und dünner werdend an der medianen Seite der vorderen Wurzel aufsteigen und sich auch im Teetum opticum auflösen. Dass Opticusfasern bereits ihr Ende im Corpus geniculatum 1) Bellonei, Richerche intorno all’ intima tessitura del cervello dei Teleostei. Memorie della R. Academia dei Lincei. Anno CCLXXVI 1878/79 Roma. Derselbe, Ueber den Ursprung des N. opticus und den feineren Ban des Teectum opticum der Knochenfische. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXV. 1881. r Derselbe, Ueber die centrale Endigung des N. optieus bei den Vertebraten, Zeitschr. f. wiss. Zool. XLVII. 1888. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 51. 54 834 Karl Krause: finden, glaubt Bellonei nicht, wohl aber, dass sie mit .den Ganglienzellen desselben Verbindungen eingehen. Was die das Statum zonale des Torus semieireularis bildenden Fasern anbe- trifft, so zeigt Bellonei, dass sie vom vorderen unteren Theile des Tecetum ihren Ursprung nehmen (vgl. Fig. 28, 8ß), beschreibt ihren Verlauf wie Mayser und stellt in Abrede, dass sie in Beziehung zum Traetus optieus stehen. Im Gegensatz zu fast allen Beobachtern behauptete er zu- erst, dass die Opticusfasern ausschliesslich ihren Ursprung von der äusseren Schicht des Teetum optieum nähmen, und dass keine Fasern, welche aus dem Centrum der Lobi (der Mittelhirn- basis) kämen, an der Bildung der Opticusfasern theilnähmen. Am Teetum selbst unterscheidet Bellonei 14 Schichten. Er giebt an, dass die Fasern des Opticus sich im Teetum in ein feines Netz auflösten, welches direkt mit den langen aufsteigen- den Fortsätzen von spindelförmigen Nervenzellen verbunden :sei, die sich in der inneren Schicht des Teetum (zwischen Markfasern und Ependym) befänden. Fusari!) und van Gehuchten?) folgten Bellonei in ihren Untersuchungen über den feineren Bau des Mittelhirn- daches der Knochenfische. Während Bellonei sich aber zur Darstellung der Nervenzellen und -fasern der Osmiumsäure be- dient hatte, arbeiteten Fusari und van Gehuchten mit der Golgi-Methode. Beide thuen der von dem erstgenannten Autor gesehenen spindelförmigen Zellen, die zum Optieus in Beziehung stehen sollen, keine Erwähnung. In der That scheint diese, An- gabe Bellonei’s auf einem durch die Unvollkommenheiten seiner Methode herbeigeführten Irrthum zu beruhen. Fusari unterscheidet 6 Schichten am Optieus-Dache, die, wenn man die 2. und 3. Schieht Mayser’s zusammenfasst, denen des letzt- genannten Autors entsprechen dürften, nur folgt die Bezeichnung Fusari’s dem Wege von innen nach aussen. Ich kann auf die Differenzen seiner Resultate mit denen van Gehuchten’s 1) Fusari, Untersuchungen über die feinere Anatomie des Ge- hirns der Teleostier. Internat. Monatsschr. f. Anatomie und Physiol. 1887. Bd. IV, Heft 7—8. 2) van Gehuchten, Contribution A l’Etude du systeme nerveux des t&leosteens. La Cellule. 1, X, 2e fascicule 1893. Communication pre- liminaire. Experimentelle Untersuchungen etc. 825 nicht eingehen, nur scheint so viel festzustehen, dass in der 4.Schieht Fusari’s (4. Mayser’s) eine Anzahl grösserer, den Purkinje’schen Zellen des Kleinhirns ähnlicher Zellen und klei- nerer, spindelförmiger bis rundlicher Nervenzellen liegen, deren Axeneylinderfortsätze zum Theil direkt in die Fasern des tiefen Marks übergehen, und deren Protoplasmafortsätze sich in den peripheren Schichten bis zur Oberfläche aufzweigen. In dieses Netzwerk gehen die Fasern der äusseren Faserschicht (5. Fusari, 2. und 3. [Optieusfaserschicht| Mayser), sich in feine Aestchen auftheilend ein. Nicht nachgewiesen ist dagegen, weder von Fusari noch von van Gehuchten, ein direkter Uebergang von Axencylinderfortsätzen in die Optieusfaserschicht, weder von Ganglienzellen der 4. Schicht Fusari’s (4. Mayser’s) noch der 6. Fusari’s (1. Mayser's), der periphersten Schicht. In letzterer sind übrigens nur spärliche kleine Ganglienzellen vor- handen. Zu ähnlichen Resultaten wie Fusari und van Ge- huchten scheinen übrigens auch S. Ramon y Cajal und P. R. y Cajal bei Amphibien gekommen zu sein. In den letzten Jahren hat Mirto!) die Untersuchungen über das Mittelhirndach der Fische wieder aufgenommen, indem er sich der Weigert’'schen und Golgi’'schen Färbemethode bediente. Er zählt 14 Schichten von aussen nach innen auf und hat gefunden, dass die grosse Mehrzahl der Optieusfasern (einige wenige sollen bereits im Corpus geniculatum endigen) in einem oberflächlichen und zwei tieferen Bündeln in’s Mittelhirndach ein- träte. Das oberflächliche endige vollständig in der oberfläch- lichen Schieht des Daches, das obere tiefere stamme aus Zellen, welche in verschiedenen Lagen des Daches zerstreut sind, das untere tiefere soll von Fasern aus Zellen der 11. Schieht und Fasern des Tracetus optieus gebildet sein und sich zum Gott- sche’schen Stabkranz (alter Name für einen Theil der Faser- bündel des tiefen Marks) begeben. Edinger spricht daher die Meinung aus, dass Mirto Faserung des Optieus und Faserung 1) Mirto, Sulla fina anatomia del tetto ottico dei pesci teleostei e sull’ origine reale del nervo ottico. Rivista sperimentale di Frenatria e dei Medieina legale. Vol. XXI. Fasc. I. 1895. (Citirt nach Edinger, Jahresber. über die Leistungen auf dem Gebiete der Hirnanatomie in den Jahren 1895/96 (in Schmidt ’s Jahrb.).) 826 Karl Krause: des tiefen Markes verwechsele. Ein 4. Optieusbündel soll aus dem Thalamus stammen. Gegen Mirto ist mit Entschiedenheit aufgetreten Fusari!). Um über den Ursprung des Optieus Gewissheit zu erhalten, ex- stirpirte er an Goldfischen ein Auge und behandelte die Gehirne nach der Weigert-Pal’schen Methode. Er fand, dass der Traetus optieus sich zusammensetzte aus einem oralen lateralen degenerirten und einem caudalen medialen Theile, der aus Fasern der Haller’schen Commissur (Decussatio transversa) gebildet war. Beide Theile sollen aber nicht scharf von einander zu trennen sein. Wie Bellonei beschreibt Fusari dann die Theilung des Tractus opticus an dem Corpus geniculatum in eine ventrale laterale und eine mediale dorsale Wurzel, weleh’ letztere auch einige Bündelehen Commissuralfasern enthalten soll. Einige Optieusfasern fassen nach ihm am Ganglion geniculatum Fuss. Beide Wurzeln verbreiten sich im Mittelhirndache, das (nach der Golgi'schen Methode behandelt) 7 Schichten zeigen soll. Ich verzichte darauf, dieselben aufzuzählen, und will nur hervorheben, dass Fusari in der Opticusfaserschicht, der Schicht, die eben beide Arme des Tractus optieus aufnimmt, alle Fasern degenerirt und nur in der Nähe des Eingangspunktes des me- dialen Bündels einige Fasern erhalten fand, die er für Commis- suralfasern hält. In der Schicht der tiefen Markfasern jedoch war keine Degeneration vorhanden. Fusari schliesst daher folgerichtig, dass diese Fasern nichts mit dem N. optieus zu thun haben. Edinger?) besprach neuerdings zusammenfassend auf Grund der älteren und eigenen Untersuchungen das Verhalten der markhaltigen Nervenfasern im Mittelhirndach und ihre physio- logische Bedeutung. Nach ihm ist die dorsale Faserschicht des Mittelhirndachs gebildet durch die Endigungen des Sehnerven, die ventrale durch ein sensibles Fasersystem, die Fasern des tiefen Markes, welche heruntersteigend die Basis des Mittelhirns umgreifen und durchflechten, um in das verlängerte Mark über- zugehen. 1) Fusari, La terminazione centrale del nervo ottico nei teleo- stei. Riv. de patol. nervosa e mentale I. 8. 1896. 2) Siehe Edinger, Vorlesungen über den Bau der nervösen Centralorgane des Menschen und der Thiere. 5. Aufl. pag. 108. Experimentelle Untersuchungen etc. 827 Die Schichten des Daches, die ich Edinger folgend unterscheide, sind folgende: 1. Periphere Zone. Opticusfaserschicht. 3. Optieuszellschicht. 4. Tiefes Mark - Zellschicht. 5. Tiefes Mark - Faserschicht. 6. Körnerschicht. 7. Epen rnisehiehi (Vgl. Fig. 3 u. 5 links). Wenn man die hier kurz zusammengefasste Literatur über- blickt, so muss man bekennen, dass manche Meinungsverschieden- heiten unter den Autoren über den Verlauf des Traetus optieus der Fische und seine Endigungen im Gehirne bestehen, und dass eine Aufklärung über die streitigen Punkte wünschenswerth ist. Im Ganzen scheint das Folgende festzustehen : Vom Chiasma begiebt sich der Traetus optieus (s. Fig. 6 links), beiderseits dorsal- und caudalwärts ziehend, hinauf zum Mittelhirndach (s. Fig. 1). Auf diesem Wege überzieht er seit- lich am Bhalamııe optieus das Corpus genieulatum laterale (s. Fig. 7, 2. In dem Hufeisen, welches die beiden Traetus bilden, verlaufen noch eine ganze Anzahl Querfasern (s. Fig. 1, sowie insbesondere die Fig. 7, 2, 8 von caudaler liegenden Sehnitten). Inwieweit diese selbstständige Commissuren darstellen, inwieweit sie etwa abgesprengte, den Thalamus durchquerende Optieusfasern sind, blieb bisher unsicher. Nicht ganz geklärt sind auch die anatomischen Verhältnisse des Mittelhirndachs; namentlich die Bedeutung seiner Schichten. Die Fragen, wie sich jene Commissuren verhalten, wie die Beziehungen des Trac- tus optieus zum Geniculatum sind, und ob wirklich eine so scharfe Trennung der Schichten des Mittelhirndachs gerechtfertigt ist, konnten vielleicht auf dem Wege des Experiments entschieden werden. Auf Vorschlag von Herrn Prof. Edinger habe ich diese Aufgabe zu lösen versucht. I. Man musste den Ursprung des N. optieus inder Retina ausschalten (durch Enucleatio bulbi) und untersuchen, welehe Bahnen dann hirnwärts dege- neriren. Etwaige Opticusfasern, die im Mittelhirn entspringen und zum Auge verlaufen, konnten nur durch Verletzung der 825 Karl Krause: Mittelhirnbahn von ihrem Ursprung getrennt werden. Beide Versuche liessen sich an lebenden Fischen wohl anstellen. Zur Verfolgung der später eintretenden Degeneration eignet sich die Marchi’sche Methode. Sie ist, so viel mir bekannt, bisher noch nicht bei Kaltblütern mit Erfolg angewendet worden, und ich gebe (daher nachher die Einzelheiten auch in technischer Beziehung. II. Musste man ermitteln, ob trotz Durcehtrennung des Optieusetwain derangenommenen Opticus- schicht noch Fasern desDaches erhalten blieben und wo diese hinzögen, eine Aufgabe, welche die Wei- gert’sche Methode der Markscheidenfärbung wohl zu lösen in der Lage ist. Bei der Verfolgung dieser Frage kam es er- wünscht, dass mir von Herrn Prof. Edinger freundlichst ein Exemplar der Species Cyprinus auratus zur Verfügung gestellt wurde, dem das eine Auge seit langem fehlte. III. Schliesslich musste man die Frage aufwerfen, welche Zellen des Daches etwa in Beziehung zu den Opti- eusfasern stehen. Nachdem Niss] gezeigt hatte, dass Ganglienzellen in wenigen Tagen durch ‚Strukturveränderungen auf die Abtrennung ihrer Axeneylinder reagiren, und darauf hingewiesen hatte, dass diese Methode wohl zur Untersuchung von Faserbahnen und Üentren geeignet sei, -Jag der Gedanke nahe, sie auch zur Lösung dieser Frage heranzuziehen. Experimentelle Untersuchungen am Fischgehirne sind meines Wissens zuerst gemacht worden von Mayser, der Durchschnei- dungen verschiedener Hirnnerven und Verletzungen einiger Hirn- theile vormnahm. Die Unvollkommenheit der damaligen Metho- dik hat aber zu keinen befriedigenden Ergebnissen geführt, was vielleicht der Grund war, dass derartige Untersuchungen lange Zeit ruhten. Dass Fusari die Durchtrennung des N. optieus dureh Enueleation des Bulbus wiederholte, wurde bereits oben erwähnt. Ebenso wie er habe ich zu meinen Experimenten nur Goldkarpfen benutzt, einestheils, weil diese Fische leicht erhält- lieh und leicht zu erhalten sind, anderentheils, weil sie die ge- sebenen Vergleichsobjekte zu dem schon längst einäugigen Thiere dieser Art, das mir überlassen war, boten. Die Operation der Enueleatio bulbi ertrugen alle leicht, und keiner ging an der- selben zu Grunde, dagegen starben verschiedene Fische in Folge der Durchstechung des Mittelhirns, wonach sich ein starker Blut- Experimentelle Untersuchungen etc. 8329 erguss in der Schädelhöhle fand, und nur ein in dieser Weise operirtes Thier blieb so lange am Leben, dass es zur Unter- suchung geeignet war. Einschalten will ich hier, dass ich, ehe ich an die Ver- suche heranging, die in Betracht kommenden normalen Verhält- nisse an Schnittserien von Goldkarpfen-(Cyprinus auratus-)Ge- hirnen (in frontaler und sagittaler Richtung) studirte. Ausser- dem unterstützte mich Herr Prof. Edinger in liebenswürdiger Weise durch Ueberlassung von Zeichnungen von Schnitten durch Gehirne von Rhodeus amarus und Zoarces viviparus. Von den Gehirnen der Versuchsthiere habe ich nur Frontalsehnitt-Serien angefertigt. Im folgenden werden nun beschrieben : I. Die Ergebnisse der Marchi’schen Methode anenucleirten Fischen. I. Die Ergebnisse der Weigert’schen Mark- scheidenfärbungsmethodean enucleirten Fischen. Ill. Die Untersuchung desGehirns des längst einäugigen Fisches. N Die- Untersuchung des ‚Gehirns ‚ernes Fisches nach Verletzung des Mittelhirnes. V. Die Ergebnisse der Nissl’schen Ganglien- zellenfärbungsmethode an enuecleirten Fischen. I. Es wurde 5 Fischen ein Auge enuceleirt und die Thiere in verschiedenen Zeiträumen nach der Operation getödtet. Be- handlung des Gehirnes nach Marchi. a) Nach 20 Tagen erschienen der centrale Stumpf des N. optieus und zugehörige Tractus zwar verändert, ihre Fasern waren dunkler und hatten undeutliche Contouren, doch war keine Degeneration in Form schwarzer Punkte vorhanden. b) Nach 26 und 28 Tagen war die Degeneration voll aus- gebildet. Der total degenerirte N. optieus kreuzt vollstän- dig mit dem der andern Seite im Chiasma. Die Degeneration setzt sich fort im Traetus auf seinem Wege um die Basis des Hypothalamus herum, auf seiner weiteren Bahn an der Seite des Thalamus und am Corpus genieulatum, in die beiden Wurzeln des Traetus und in deren Ausbreitung im Dache 830 KarlKrause: des Mittelhirns (s. Fig. 1). Deutlich sieht man, wie im dem Mittelhirndach die degenerirten Fasern die äussere der beiden Markfaserschichten desselben bilden, von der Peripherie getrennt durch eine schmale faserfreie Zone. Die degenerirten Fasern liegen hier in zwei parallelen Zügen geordnet, welche die Opti- euszellschicht zwischen sich fassen. Der äussere der beiden Züge ist der stärkere. Auch in der Optieuszellschicht ist Dege- neration von Fasern zu erkennen. Uebrigens scheinen von den degenerirten Opticusfasern, welche das Ganglion genieul. lat. umspinnen, eine Anzahl sich in demselben zu verlieren, so dass deren Endigung in dem genannten Ganglion als nicht unwahr- scheinlich gelten muss. Es ist dies eine Frage, welche weder Bellonei noch Mayser bestimmt zu beantworten in der Lage waren. Durchaus intakt ist die Decussatio transversa, welcher der Tracetus optieus während seines Verlaufs am Hypothalamus aufliegt, eben- so sind es dieandern im Hypothalamus liegenden und ihn durchquerenden Fasersysteme. Nicht leicht fiel mir diese Entscheidung bei einigen Bündelchen mark- haltiger Fasern, welche sich im hintersten Winkel des Chiasma von dem Traetus optieus zu trennen scheinen und in spitzerem Winkel als die Trac- tusjederseits vom centralen Höhlengrau den Tractus strio-thalamicus über- querend den Thalamus nach aussen durchbrechen. Diese in Edinger'’s „Nervöse Centralorgane ete.“ Fig. 70 gut sichtbaren Fasern (s. auch Fig. 1a) werden von Bellonei und Mayser, wie erwähnt, dem Opti- eus zugerechnet. Sie sollen sich lateral und dorsal wieder mit dem Hauptzug vereinigen. Nun fanden sich bei Anwendung der Marchi- schen Methode in einigen dieser Fasern bisweilen schwarze Pünktchen, andererseits färbten sie sich an den Weigertpräparaten, von denen später die Rede sein wird, blau (Fig. 7a, Fig. 2a). Eine ausgesprochene Degeneration konnte jedenfalls nicht nachgewiesen werden, und es ist mir nicht unwahrscheinlich. dass ihre schwarze Punktirung auf Verhältnissen beruht, welche leicht Fehlerquellen bei der Marchi’schen Methode hervorrufen, sei es nun, dass Zerrungen bei der Operation entstanden waren, sei es, dass vielleicht gerade da Lymphbannen liegen, welche Zerfallsprodukte mit sich forttragen. Ein Bündel des Traetus optieus giebt es nun, welches sich ersichtlich von der Degeneration verschont zeigt. Im Nerv ist dasselbe unter der Masse der schwarzen Pünktehen nicht nachzuweisen, in eaudaleren Ebenen des Chias- mas erscheint aber dies nicht degenerirte schmale Bündel, und zwar bildet es den dem Hypothalamus dicht anliegenden Theil Experimentelle Untersuchungen etc. s3l des Traetus optieus. Während der letztere am 'Thalamusrande aufsteigt, liegt es zwischen diesem Rande und den degenerirten Opticusfasern (Fig. 1 Tect. Opt.) und steigt schliesslich in der peripheren Substanz des Thalamus in die Höhe sich auflockernd. Das letztere Verhalten erschwert seine Verfolgung an Marchi- Präparaten, doch kann ich mich nicht dem Eindrucke entziehen, dass diese nicht degenerirten Fasern den Epithalamus lateral von der Commissura habenularis verlassend als medialster Theil der Optieuswurzel in’s Mittelhirndach einstrahlen. Uebrigens stimmt dies durehaus mit den Angaben von Bellonei, der den Verlauf dieses Bündels in gleicher Weise schildert, während Mayser, wie wir sahen, annimmt, dass dieses mediale Bündel sieh im Thalamus verliert. Fusari, der es auch kennt, hält es für der medialen Wurzel des Optieus beigemischte Commissuralfasern (aus der Decussatio transversa). In der That kann dieser Irr- thum leicht entstehen, da seine Fasern sehr innig in die hinter und unter ihm liegenden Fasern der Decussatio transversa ge- bettet sind. Ob unter den im Mittelhirndach liegenden degenerirten Fasern der Optieusfaserschicht auch eine Anzahl nicht degene- rirter Fasern liegen, wie es die Marchi-Präparate sehr wahr- scheinlich machen, darüber werden Gewissheit geben die nach der Weigert’schen Methode behandelten Schnitte. Was aber nunmehr feststeht, ist, dass keine Optieusfasern irgendwo anders enden (ausser einigen vielleicht im Gan- glion geniecul. laterale sich aufsplitternden) als in der nach ihnen benannten Schicht des Mittel- hirndachs, womit also Edinger's, Bellonci’s und Fu- sarıs Ansichten erhärtet und diejenigen Mayser’'s (Thalamus, Torus semiecireularis? tiefes Marklager) und Mirto’s (tiefe Mark- schicht) widerlegt sind. c. 34 Tage nach der Operation sind die Zerfallsprodukte offenbar z. Th. schon resorbirt. Der degenerirte Opticus ist stark verschmälert, im Mittelhirndach liegen weniger schwarze Körn- chen, und die Ausbreitung der Optieusfasern lässt sich daher weniger gut verfolgen. d. Nach 47 Tagen hat die Degeneration ihren Höhepunkt längst überschritten. Vom N. und Tract. optieus ist fast nur noch die bindegewebige Hülle erhalten, innerhalb deren einige 832 KarltKrause: wenige schwarze Pünktchen liegen. In dem verschmälerten Mittel- hirndach finden sich gar keine solche mehr. Es wurde daher ein Theil der Schnitte zur Markscheidenfärbung benutzt. I. Die Weigert’sche Markscheidenfärbung gelang nach vorangegangener Kupferung leicht. Es zeigt sich nun in der That, dass der Tractus optieus der gekreuzten Seite mitsammt seinen beiden Wurzeln fast ganz fehlt und das Gangl. genicul. laterale frei daliegt. Erhalten ist nur ein Bündel, welches sich der Basis des Hypothalamus und weiter caudal dessen Seite anschmiegend und in der Randzone des Thalamus hinaufsteigend am Epithalamus austritt (s. Fig. 2 rechts die als teet. Optie. bezeichneten lateral von der Comm. habenular. liegenden Fasern, links x bezeichnet) und in dem Mittelhirndach und zwar dessen medialstem Theile sich aufzweigt. Es ist zweifellos identisch mit den erhalten gebliebenen gleich- verlaufenden Opticusfasern, die wir an Marchi-Präparaten sahen (Fig. 1 tect. Opt.). Im Miittelhirndach ist die Schicht der Opticusfasern enorm an Fasern verarmt, die hier im Allgemeinen nur ein dünnes Netz darstellen, aber in ihrer Lage durchaus dem Typus der Optieus- fasern entsprechen (s. Fig. 2 tect. Opt.). Besonders in den eaudalsten Partieen des Mittelhirndaches ist der Faserschwund ein äusserst starker, und die innerste der beiden hier liegenden Längsfaserschiehten ist so redueirt, dass es starker Vergrösserung bedarf, um in ihr noch Fäserchen zu erkennen (man vergl. die beiden Hälften der Fig. 5, welche den dorsalsten Theil des Mittelhirndachs darstellt, sowie die Fig. 3 und 4, welehe die ventralen Enden desselben mit der ventralen Optieus-Wurzel zeigen). Nur in den frontalen Theilen des Daches findet man die beiden dünnen Lagen der Optieusfaserschicht ver- stärkt, und man sieht denn auch aus dieser Schicht 2 Faserbündel sich sammeln, von denen eines dem Verlauf der medialen Optieus- wurzel entspricht und über das Gangl. genieul. zieht, das andere der Lage der ventralen Wurzel entsprechend sich in den ventralen Theilen des Daches sammelt und sich lateral an das Ganglion genieul. laterale anlegt (s. Fig. 2 tect. Opt.). Man sieht also, dass das, was die Marchi-Präparate vermuthen liessen, sich hier bestätigt. Trotz der fast to- talen Degeneration des Traetus optiens enthält Experimentelle Untersuchungen etc. 333 das Mittelhirndach in der dorsalen (Optieus-) Fasersehicht doch noch Fasern. Diese Fasern werden gebildet durch Eintreten des Bündels nicht degenerirter Optieus- fasern, welche durch das Grau des Thalamus hindurch ihren Weg nehmen und durch zwei Bündel, ein dorsales und ventrales, welche wir bis zum Corp. genieul. laterale verfolgen konnten, und die ohne Zweifel dem von Mayser sogenannten oberen und unteren Arm des Teetum entsprechen. Ob sie nicht etwa dem Optieus selbst angehören, wird weiter unten abzuhandeln sein. Il. Der längst einäugige Fisch. Weigert’sche Markscheidenfärbung. Schon makroskopisch zeigte sich das zu dem fehlenden Auge gekreuzte Mittelhirndach verkleinert. Es hat kaum ?/, der Grösse der gleichseitigen Hälfte. Die Wand ist überall verdünnt, und die Verkürzung liegt wesentlich im fronto-oceipitalen Durch- messer. Das Ganglion genieul. lat. ist stark atrophisch. Der Torus longitudinalis, jenes lange Band, welches in sagittaler Rich- tung beiderseits von der Medialebene die Höhle der Aquäduetus be- grenzt, ist auf der atrophischen Seite ebenfalls entsprechend reducirt, während derselbe sich bei den operirten Fischen völlig intakt erwies. Auch die Untersuchung der Faserung dieses Gehirnes ergiebt einen von dem eben erwähnten etwas abweichenden Befund. Vom Optieus erhalten ist ein schmales, ungefähr den 10. Theil der Dieke des andern, normalen Optieus entsprechendes Bündel, das mit dem normalen Optieus im Chiasma total kreuzt und sich an die Basis des Thalamus wie ein normaler Tractus optieus legt (s. Fig. 6). Es schlägt dann denselben Weg ein, den die bei den operirten Fischen beschriebenen von der Degeneration verschonten Optieusfasern nehmen. Es waren dies Fasern, welche durch die Substanz des Thalamus sich an dessen Rande haltend hinaufziehen (s. Fig. 7 tect. Opt., links x bezeichnet) und dann in die am meisten medial liegende Partie des Mittelhirns eintreten (s. in Fig. 8 das medialste Bündel des teet. Opticus. Noch besser lässt sich der Eintritt dieser Fasern in's Mittelhirn- dach auf der caudaler gelegenen linken, normalen Seite erkennen). Nur ist dieser Opticusantheil bei dem längst einäugigen Fische offenbar viel stärker, als ich nach den ersten Versuchen erwarten konnte. Von dieser Fasermasse scheinen sich, während sie in der Randzone des T'halamus medial von dem erheblich atrophi- 534 KarlıKrause:; schen Gangl. laterale extern. liegt, eine ganze Anzahl Fasern abzuzweigen, welche weiter caudal als ziemlich starkes Bündel über und in das Tectum hinein genau so ausstrahlen, wie die normale mediale Wurzel mit ihren Verzweigungen (s. Fig. 8). Was von den ventralen Wurzelfasern noch vorhanden ist, ist bei dem längst einäugigen Fische kaum mehr als bei den durch Operation einäugig gemachten. Entsprechend der grösseren Menge der eintretenden Fasern ist auch die Schicht der Optieusfasern im Mittelhirndach durch- aus nicht in dem Maasse redueirt, wie bei den operirten Fischen. Insbesondere kann man selbst bis in die caudalsten Parthieen des Mittelhirndaches die äussere der beiden Längsfaserschichten schon bei schwachen Vergrösserungen als dunkelblauen Streifen deutlich erkennen. Während somit von Fasern des N. und Traetus opti- eus, wie sich auf dem ganzen Verlaufe der Sehbahn von dem Chiasma bis zur Vertheilung im Mittelhirndache zeigte, hier mehr erhalten geblieben ist, als bei den operirten Fischen, ist die zwischen den beiden Längsfaserschichten liegende Optieuszell- schicht, die bei den operirten Thieren keine merkliche Abnahme ihrer Breite aufwies, hier deutlich verschmälert, und schon bei der Weigert’schen Färbung erkennt man, dass die Anzahl der Ganglienzellen vermindert ist. Die tiefe Mark-Zellschieht der pathologischen Seite ist ebenfalls, wenn auch in weit geringerem Grade, von Atrophie betroffen, und auch die Fasern des tiefen Marks, insbesondere die von dem atrophischen Torus longitudinalis in die tiefe Mark-Faserschicht ziehenden, sind wohl etwas ver- mindert. Normal erscheinen somit nur die periphere und die Körnerschicht. Nach den Untersuchungen von v. Monakow, Forel, Schaffer u. a. dürfen wir annehmen, dass bei so alten Atrophieen, wie sie hier vorliegen, ausser der direeten seeundären Degeneration auch ein zweiter Process vor sich geht, die secun- däre Atrophie. Die Marchi-Versuche haben uns gezeigt, dass der Schwund der Optieusfasern bestimmt als seeundäre Degeneration gedeutet werden darf. Man ist nun berechtigt, anzunehmen, dass nach dem Ausfall einer so grossen Fasermenge ein Zusammen- rücken der Gewebe eintritt, das wohl schädigend auf die benach- barten Neurone, die nicht direet mit dem Optieus zusammen- hängen, einwirken kann. Es ist ja auch die Hypothese aufge- Experimentelle Untersuchungen etc. 835 stellt von Monakow, Marinesco), dass diese letzteren Neurone (für unseren Fall kämen diejenigen des tiefen Markes in Betracht) zum normalen Fortbestehen des ständigen Einflusses bedürfen, welchen die operativ weggenommenen auf sie ausgeübt hatten. Mir scheint die einfache mechanische Erklärung auszu- reichen, um den immerhin mässigen Schwund der Theile zu erklären, welche, wie die Marc hi-Methode mit Sicherheit gelehrt hat, nicht mit dem Optieus zusammenhängen. Die Atrophie im mittleren Grau, die (nicht ganz sichere) Faserverminderung im tiefen Mark, und die Atrophie des Torus longitudinalis dürften als solche seeundäre Atrophie anzusehen sein. Die Untersuchung mit der Markscheidenfärbung hat also festgestellt, dass im Traetus optieus ein Fasersystem existirt, welches auch nach der Entfernung des Auges erhalten bleibt. Es lassen sich an ihm mehrere Parthieen unterscheiden, eine dünnfaserige medialste, eine stärkere mediale und eine ventrale. Es breitet sich im Dache senauso aus, wie der Gesammt-Opticus, macht aber schwerlich mehr als ein Zehntel der ge- sammten Sehfaserung aus. Die ventrale Wurzel ist offen- bar ärmer an solchen Fasern. Dieses aus dem Tectum stammende (‚„tecetale“) Opticeus- fasersystem war besonders gut sichtbar an dem einäugig alt gewordenen Fische (vielleicht in Folge Regeneration einer Anzahl zu Grunde gegangener Fasern). Durch eine Mittelhirn- verletzung musste es zur Entartung zu bringen sein. Der Nachweis, dass es sich so verhält, ist geglückt. IV. Die Operation wurde in der Weise ausgeführt, dass in der Verlängerung einer durch den oberen Augenhöhlenrand geleg- ten Horizontalen 3 mm hinter dem Auge ein Einstich in die Schädelhöhle senkrecht zur Sagittalebene gemacht wurde. Nach der Operation trat allgemeine Ataxie auf, die sich bei dem ein- zigen am Leben gebliebenen Fisch allmählich bis auf eine geringe Unsicherheit beim Schwimmen wieder ausglich. Nach 28 Tagen wurde dieses Thier getödtet und das Gehirn nach der Marchi- schen Methode behandelt. Es zeigte sich, dass das Dach der rechten Hälfte des Mittelhirns durch den Stich durehtrennt und ausserdem das Kleinhirn und der Torus semieircularis derselben Seite verletzt war. Leider war an der Stelle, wo das Mittel- 336 Karl Krause: hirndach verletzt war, keine Degeneration mehr in Form schwarzer Punkte vorhanden. Die Optieusfaserschicht war in dieser Gegend völlig geschwunden, und zwar dorsalwärts bis zum Torus longi- tudinalis hinauf, während der Schwund ventralwärts nur eine kurze Strecke weit reichte, so dass das ventrale Ende der Faser- schicht, das sich zur ventralen Wurzel verdickt, intact erschien. Diese Veränderungen glichen sich frontal- und caudalwärts, wie die Serienschnitte zeigten, allmählich aus. Der Torus longitudi- nalis war in allen Präparaten von normalem Aussehen. Das Thier war also, um die centrifugalen Fasern im Mittel- hirndach nachzuweisen, zu spät getötet worden. Glücklicherweise konnte man aber frontalwärts sowohl in der medialen, als auch in der ventralen Wurzel einige zusammenliegende, schwarz punk- tirte Fasern sehen, die sich deutlich bis in’s Chiasma verfolgen liessen. Die Annahme ist wohl gerechtfertigt, dass die Ursache der Degeneration die Verletzung des Mittelhirns war, und dass durch dieselbe ein Theil des teetalen Fasersystems zur Entartung gebracht war, wäh- rend die nicht verletzten tectalen Fasern und die die Haupt- masse des Traetus bildenden ocularen Fasern intact geblieben waren. Zweierlei möchte ich hier noch nebenher bemerken, was aller- dings für die Frage der Optieusendigungen nicht in Betracht kommt, 1. dass sich ausser dem lokalen Schwund der tiefen Markfasern an der Stelle der Verletzung keine weiteren Veränderungen der tiefen Markschicht fanden, 2. dass eines der von Mayser und Bellonei beschriebenen Faserbündel, die das Stratum zonale des Torus semi- circularis bilden und die ventrale Opticuswurzel durchbrechen, deut- liche Marchi- Degeneration zeigte, von der ich annehmen möchte, dass sie durch die Verletzung des Torus semieircularis zu Stande gekommen war. Da hier gerade die Rede auf diese Faserbündel kommt, trage ich meine Beobachtungen über dieselben bei den enucleirten Fischen und dem einäugig gewesenen nach. Es waren diese Bündel, die, worin ich Bellonci beistimmen kann, bei den Marchi-Präparaten durch ihre auffällig dunkle Farbe, also durch ihren starken Mark- gehalt deutlich hervortraten, stets völlig intakt. Insbesondere gut ver- folgen liessen sie sich an den Weigert-Präparaten von operirten Fischen, bei denen die Opticusfasern geschwunden waren (vgl. Fig.2B, 3ß, 8ß). Sie entstehen in der Umgebung des Corpus genieul. extern. ziemlich weit frontal aus der medialen Seite des ventralen Theiles des Tectums, biegen caudalwärts um, verlaufen zwischen Corpus genieul. und ventraler Opticuswurzel und weiter caudalwärts zwischen Torus Experimentelle Untersuchungen etc. 837 semicireularis und ventraler Opticuswurzel und legen sich schliesslich dem Torus semicircularis immer dichter an, so dass sie in der That geradezu dessen laterale Schicht bilden. Es stehen diese Fasern also in keiner Beziehung zum Traetus opticus, und die Vermuthung Mayser’s, dass Sehnervenfasern in das Stratum zonale des Torus semiecireularis vielleicht übergingen, findet durch diesen Befund in negativem Sinne ihre Erledigung. Wenn nun durch die bisherigen Versuche festgestellt war, dass die Mehrzahl der Ganglienzellen, aus wel- chen .der’Sehnerv der Fische entspringt, im, der Retina liegen, und dass nur eine Minderzahlvon Sehnervenfasern aus Zellen desMittelhirndachs stammt, musste jetzt der Versuch gemacht werden, zu ermittteln, aus welchenZellen des Tectum optieum die letz- teren herabziehen. V. Es wurde 3 Fischen der Bulbus enucleirt und die Thiere je 10, 15 und 28 Tage nach der Operation getödtet. Durch die Nissl’sche Ganglienzellenfärbungsmethode mit Methylenblau wurden in dem Mittelhirndache verschiedene Formen von Gang- lienzellen sichtbar gemacht, wie sie Fusari und van Gehuchten mit der Golgi’schen Methode gefunden hatten. Man sieht in der Optieus- und tiefen Mark-Zellschieht zahlreiche grosse pyra- midenförmige, spindelförmige und rundliche Ganglienzellen von verschiedener Grösse liegen. Die Körnung des Zellleibes ist nicht so schön und deutlich zu sehen, wie dies beim menschlichen Gehirn bei Anwendung der Nissl’schen Methode der Fall ist. Bei einer Anzahl der rundlichen Zellen findet sich die färbbare Substanz randständig, bei den spindelförmigen in der Gegend der Pole angeordnet. In der peripheren Schicht finden sich nur wenige kleine Ganglienzellen rundlicher Form. Nun fand sich auf einer Anzahl von Sehnitten durch das Mittelhirn von 10 und weniger deutlich von 15 Tage nach der Operation getödteten Fischen in der Optieuszellschicht der gekreuz- ten Seite eine Zahl rundlicher Zellen, welche kleiner und heller gefärbt waren, als die entsprechenden der andern Seite. Bei starker Vergrösserung erschien die färbbare Substanz vermindert und in Zerfall begriffen. Das sind Veränderungen, welche anGanglienzellen auftreten, dieman von ihrem Axeneylinder trennt. Im Ganzen war die Zahl dieser Zellen gering, und es hat auch nichts Auf- 838 Karl Krause: fallendes, nachdem wir erfahren haben, wie klein der tee- tale Antheil des Sehnerven ist. Die Färbung war übrigens durchaus nicht so leieht und so durchaus gelungen, als dass ich nicht wünschen möchte, dass der Versuch nochmals auf- genommen würde. In der Optieuszellschicht des 28 Tage p. o. getötedten Fisches konnte ich keine Ganglienzellen mehr nach- weisen, welche die erwähnte Veränderung erkennen liessen, und auch mit Toluidinblau und Neutralearmin gefärbte, gut ausge- fallene Controlpräparate bestätigten diesen Befund. Anscheinend war es zu einer hegeneration der geschädigten Zellelemente gekommen. bei meinen Untersuchungen hat sich also Folgendes er- geben: I. Der Sehnerv der Fische enthält mehrere Arten von Fasern. II. Die Hauptmasse(Fibrae ocularesN. optiei) stammt aus den Zellen der Retina und atrophirt, wenn das Auge weggenommen wird. Sie endet zum kleinen Theil vielleicht im Ganglion geni- culatum laterale, zum weitaus grössten Theile sicher als äussere und innere Optieus-Markfaser- schiehtin dem breiten mittleren Grau des Teetum optieum. I. Aust Zellen ; welehe 'diesem Gras namentlich seiner dorsalsten Abtheilung, der- jenigen, welche zwischen den beiden Optieus- faserschichten liegt, angehören, stammt ein klei- nerer Theil des Sehnerven, die Fibrae tectales N. optiei. Sie sind als geschlossenes Bündel bis in das Chiasma hinein zu verfolgen. Eine angenehme Pflicht ist es mir Herrn Geheimrath Pro- fessor Dr. Weigert für die freundliche Gewährung der Arbeits- gelegenheit und sein stetes liebenswürdiges Entgegenkommen meinen aufrichtigsten wärmsten Dank auszusprechen. Insbeson- dere aber ist es mir Bedürfniss, auch an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Edinger für die Anregung zu dieser Arbeit und für seine thätige Unterstützung bei der Ausführung zu danken. Experimentelle Untersuchungen ete. 839 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXV1U. Sämmtliche Figuren stellen Frontalschnitte durch Gehirne von Goldkarpfen (Cyprinus aurat.) dar. Fig. 1. Schnitt durch Mittelhirndach und Zwischenhirn eines 25 Tage nach Enucleation des Auges getödteten Fischess, Marchi- Färbung. Fig. 2. Caudaler als der vorige geführte Schnitt durch Mittelhirndach und Zwischenhirn eines 47 Tage nach Enucleation des Auges getödteten Fisches. Markscheidenfärbung nach Weigert. Fig. 3a. Noch weiter caudal als der vorige liegende Schnitt durch Mittel- hirndach, Mittelhirn-BasisundLobi inf. desZwischenhirns von dem- selben Fische. Weigert’sche Markscheidenfärbung. Schwache Vergrösserung. Die grau gezeichneten Theile des Mittelhirn- daches werden in starker Vergrösserung wiedergegeben durch die Fig. 3, 4, 5. Fig. 6. Schnitt durch Corp. striat., Thalamus und Chiasma eines lange einäugigen Fisches. Weigert’sche Markscheidenfärbung. Fig. 7. Schnitt durch Mittelhirndach und Zwischenhirn von demselben Fische. Dies. Färbung. Fig. 8. Sehnitt durch Mittelhirndach, Mittelhirn-Basis und Zwischenhirn desselben Fisches. Dies. Färbung. Ueber regenerative Amitose, Degenerations- erscheinungen und Phagocytose in den Athem- röhren der Janellen. Von Prof. L. Plate (Berlin). Hierzu Tafel XXVIN. Vor Kurzem habe ich!) darauf aufmerksam gemacht, dass bei den merkwürdigen neuseeländischen Nacktschnecken, welche in der Familie der Janelliden vereinigt werden, die Lunge voll- 1) L. Plate, Ueber einen neuen Typus der Lungenathmung, die Niere und ein subeutanes Sinnesorgan bei Nacktschnecken aus der Familie der Janellen. S.-B. Ges. naturforschender Freunde Berlin 1897, p. 141—45. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 [o)| Bil 840 B.aPlkatıe: ständig abweicht von dem Athmungsorgan der übrigen Pulmonaten. Während sie bei diesen gebildet wird von einem Gefässnetze, das sich an der Innenfläche des Mantels ausbreitet und von hier aus auch auf den Boden der Mantelhöhle in vielen Fällen übergreift, ist die Mantelhöhle der Janellen ohne Spur von Gefässen, giebt aber nach aussen eine grosse Anzahl langer, blind endigender, baumförmig verästelter, dünnwandiger Röhrchen ab, die in einen die Mantelhöhle umgebenden Blutsinus tauchen und auf diese Weise, analog der Tracheenathmung der Inseceten, den Gasaus- tausch vermitteln. Die Erklärung für dieses auffallende Verhalten finde ich in der ausserordentlichen Kleinheit der Mantelhöhle der Janellen, die z. B. bei einer ausgewachsenen Janella schauins- landi von 44 mm Länge nur 3 mm lang, 2 mm breit und !/, mm hoch war, während bei einer Helix pomatia von eben- falls 44 mm Sohlenlänge die Maasse der Lungenhöhle 31:20:3 mm betrugen. Es ist nicht zu bezweifeln, dass die Janellen von typi- schen, beschalten Pulmonaten, vielleicht von den Suceineen, ab- stammen, und dass bei ihnen eine enorme Reduction der Mantel- höhle eingetreten ist, die zur Folge hatte, dass erstens die diesem Organ ursprünglich eingelagerten Organe (Pericard, Niere mit Ureter, Osphradium) aus ihr herausgedrängt wurden und zweitens die Gefässlunge verkümmerte und sich dafür die oben skizzirte „Büschel- oder Tracheallunge“ entwickelte. Die Athemröhren der Janellen sind nun auch histologisch interessant, da ihre Zellen (die „Athemzellen“) stark gelappte und verästelte Kerne besitzen und sich, wie es scheint, aus- schliesslich amitotisch vermehren. Sie nutzen sich sehr rasch ab, so dass Degenerationsprocesse in den Athemröhren ausserordentlich häufig sind und von phagocytären Erscheinungen begleitet werden. Sie wurden untersucht an 5 Exemplaren von Janella sehauins- landi und an einem Thier von Aneitella berghi, zwei neuen Arten, deren ausführliche anatomische und systematische Schilde- rung demnächst!) veröffentlicht werden wird. Beide mögen auch hier gesondert besprochen werden. I. Janella schauinslandi. Fig. 1 zeigt den Anfang einer solchen Röhre (ro) und orientirt zugleich über die Beschaffenheit des Epithels der Mantel- 1) Zool. Jahrb. (Anat. Abthlg.) 1898. Ueber regenerative Amitose ete. 541 höhle (cav. pall.).. Während diese anı Dache ein eylindrisches Epithel trägt, welches flimmert und von einzelnen Drüsen durch- setzt wird, nimmt dasselbe an den Seiten plötzlich einen andern Charakter an, der auch dem Boden der Höhle zukommt. Die kubischen oder niedrig-eylindrischen Zellen (bei a, b und ec) er- halten eine dieke, homogene oder undeutlich geschiehtete Cutieula und verlieren die Cilien. Ihre Höhe beträgt etwa 15 u, wobei 53—4u auf die Dieke der Cutieula fallen. Der runde Kern nimmt mit 8 u Durchmesser den grössten Theil der Zelle ein; er ent- hält zahlreiche kleine Nucleolen, die in den Knotenpunkten eines achromatischen Maschennetzes hängen, und einen klaren Kernsaft, der sich mit Hämatoxylin kaum tingirt und nur einen bläu- lichen Schimmer annimmt). Das Plasma ist sehr feinkörnig. An besonders gut conservirten Stellen (c) erkennt man an der Basis eine zarte Streifung, parallel der Längsachse der Zelle und unter der Cutieula einen schmalen hellen Saum, in dem die Körnelung zwar nicht völlig fehlt, aber äusserst zart ist (a). An vielen Zellen ist jedoch von diesem hellen Terminalstreifen nichts zu bemerken, sondern das Plasma ist überall gleichmässig. Beim Uebergange in die Athemröhre (Fig. 1) werden die Zellen niedriger und die Cutieula nimmt rasch an Dicke ab, so- dass sie an den eigentlichen Athemzellen (Fig. 2, ext) bei stärkster Vergrösserung noch eben als deutlich doppelt eonturirte Membran zu erkennen ist. Der Terminalstreifen erhält eine deutliche Strichelung, die anfangs (Fig. 1) nur als schmaler Saum auftritt, weiter nach dem äussern Ende der Röhren zu rasch breiter und breiter wird, bis sie fast die ganze terminale Hälfte der Zelle durchsetzt (Fig. 2). Die Balken dieser Zone stehen dicht neben einander, und zwischen ihnen breitet sich ein klarer Zellsaft aus. Das feinkörnige Protoplasma mit dem Kern ist auf die basale Hälfte der Zelle beschränkt und scharf gegen die terminale ab- gesetzt. An günstigen Stellen erkennt man auch hier eine radiale Streifung, deren Elemente aber viel weiter aus einander stehen und kleine knotige Anschwellungen zeigen. An den in Formol 1) Diese und die folgenden histologischen Angaben beziehen sich auf Schnitte, die mit Grenacher’s Hämatoxylin und mit Saffranin gefärbt und in Glycerin eingebettet waren. Kanadabalsam-Präparate lassen zu wenige Details erkennen. Untersuchung mit Zeiss’ Apo- chromat 2 mm. 842 L. Plate: eonservirten Exemplaren liessen sich diese Details weit besser erkennen, als an einem mit Pikrin fixirten Thiere. Eine ähnliche Zellstreifung ist neuerdings von Henseval') für das Epithel der Gilson’schen Drüsen der Phryganiden beschrieben worden. Sie unterscheidet sich aber dadurch, dass etwas körniges Proto- plasma auch auf den Streifensaum übertritt. Die Athemzellen werden, wie auch die Epithelzellen, am Boden der Mantelhöhle durch schmale Spalträume von einander getrennt, in denen nicht selten (Fig. 1, 2, sp) sehr zarte inter- celluläre Plasmabrücken zu erkennen waren. Da diese Spalten mit Saffranin sich nicht tingiren, sondern hell bleiben, so lassen sich die Zellgrenzen fast immer deutlich wahrnehmen, was ich mit Rücksicht auf die Amitosen besonders betone. Die Athem- röhren besitzen keine bindegewebige Umhüllung, sondern ihre Zellen werden nach aussen direet vom Blute bespült. An dem Kern der Epithelzellen spielen sich an der Wurzel der Athemröhren sehr erhebliche Veränderungen ab. Wie aus Figur 1 ersichtlich ist, verliert er seine runde Form und wird unregelmässig, indem er knospenförmige Auswüchse von wechseln- der Länge treibt. Gleichzeitig schnürt er sich an verschiedenen Stellen seiner Oberfläche ein und wird scheibenförmig. Die Eim- schnürungen erfolgen vielfach von 2 sich gegenüber liegenden Punkten der beiden Hauptflächen der Kernscheibe aus und führen schliesslich zur Bildung von Löchern. Als Gesammtresultat er- geben sich in ganz geringer Entfernung vom Anfang der Athem- röhre Kernformen, die äusserst vielgestaltig sind und als schei- benförmig, unregelmässig gelappt und durch- brochen charakterisirt werden können. Ein Blick auf die Figuren 2—8 wird den Leser hiervon überzeugen. Die Grösse dieser Kernscheiben ist natürlich grossen Schwankungen unter- worfen, doch können 15 u für die Breite oder Länge und 2—3 u für die Dieke als Mittelwerthe gelten. Der feinere Bau aller dieser verschiedenen Kernformen ist stets der gleiche. Sie färben sich gut, erscheinen aber von der Fläche gesehen sehr viel blasser, als die Kerne im Epithel der Mantelhöhle, der Niere und des Ureters oder als die Kerne im Bindegewebe und der Muskulatur des Mantels. Es hängt dies damit zusammen, dass der Farbstoff 1) Henseval, M., Etude ecomparee des Glandes de Gilson. La Cellule. 11. p. 329 —55. Ueber regenerative Amitose etc. 8343 fast ausschliesslich seinen Sitz in der Kernmembran und in den dieser anliegenden Nucleolen hat (Fig. 3—6). Der Kernsaft und das zarte, weitmaschige Gerüstwerk, welche das Lumen des Kerns durchsetzen, bleiben fast ungefärbt, d. h. sie nehmen nur einen ganz schwachen, bläulichen Hauch an. Intensiv gefärbte Nucleo- len und Gerüstbalken finden sich in diesem achromatischen Netz- werk nur ganz vereinzelt. Betrachtet man nun einen solchen Kern von der Fläche, so erscheint er trotz guter Tinetion im Ver- gleich mit rundliehen Kernen ziemlich blass, da das Chromatin fast ausschliesslich in oder an der dünnen Kernmembran vertheilt ist. Wie die Figuren erkennen lassen, sind die wandständigen Nucleolen verhältnissmässig gross und stehen weit auseinander. In einzelnen Kernen (Fig. 4, 5) des mit Pikrin fixirten Exem- plares von Janella schauinslandi liess sich das achroma- tische Gerüstwerk nicht deutlich erkennen, sondern sie machten den Eindruck, als ob undeutlich begrenzte homogene, rundliche Ballen das Kerninnere erfüllten. Ich glaube dies Verhalten auf Rech- nung einer nicht ganz genügenden Konservirung setzen zu müssen. Ein genaueres Studium lehrt nun, dass Mitosen an diesen Kernen nicht vorkommen, dass aber amitotische Theilungen des Kerns mit gleichzeitiger oder darauf folgender Zelltheilung nicht gerade selten sind, und dass sie vornehmlich an der Wurzel der Röhren angetroffen werden. Da diese Röhren bei ihrer ersten Entstehung nur durch Ausstülpung von der Mantelhöhle aus ge- bildet sein können, so ist es begreiflich, dass auch weiterhin der Zellersatz für die verbrauchten Elemente durch Theilungen an der Basis der Röhren vermittelt wird. Der Beweis dafür, dass es sich hier um Theilungen handelt, würde absolut einwandsfrei nur dureh Beobachtungen an lebendem Material zu gewinnen sein. Ich glaube aber, dass auch die an conservirten Thieren beob- achteten Bilder keine andere Deutung zulassen. Derartige Thei- lungen würden vielleicht noch weit häufiger als auf Schnitten zu finden sein, wenn man die Röhrehen an frisch fixirtem Material isoliren und in Glycerin so untersuchen würde, dass sie durch Verschiebung des Deckglases um ihre Längsachse gedreht werden könnten. Auf Schnitten sind nämlich nur diejenigen Stellen zur Untersuchung geeignet, welche die Athemzellen von der Fläche zeigen, so dass ihre Grenzen deutlich festzustellen sind. Solcher Partien findet man aber begreiflicher Weise auf den Schnitten 844 L.SPlane: nicht allzu viele, da auf ihnen die meisten Röhren quer oder längs durchschnitten sind. Fig. 5a zeigt drei Zellen vom Eingange der Athemröhren (etwa bei ro, Fig. 1). Die Kerne erinnern in ihrer Struetur in- sofern an die Kerne der Mantelhöhle als uoch zahlreiche Nucleo- len sich über das ganze Kerninnere vertheilen. Schon auf die- sem ersten Stadium, wo die Kerne iappige Fortsätze besitzen, aber noch nieht durchlöchert sind, kommt es zu amitotischen Theilungen, wie die Zelle « lehrt, welche doppelt so gross als ß und y ist und zwei Kerne aufweist. In Fig. 5 sind 2 Kerne von der Fläche dargestellt, von denen der eine (b) durch eine auffallend tiefe Einschnürung seiner mittleren Region ausgezeichnet ist. Der engsten Stelle ist ein Nucleolus dieht vorgelagert und verstopft annähernd das Lumen des Kerns. In Fig. 4 ist die Zelle e ungewöhnlich lang, unge- fähr doppelt so gross als die benachbarten Zellen a—d. Ihr Kern weist ebenfalls 2 Hälften auf, deren Lumina nicht mehr mit einander communieiren, da sich eine chromatische Scheidewand !) durch die engste Stelle hindurchspannt. Nehmen wir an, dass diese Wand sich spaltet, so würde eine Zelle mit 2 annähernd gleich grossen Kernen resultiren. Ein solches Stadium ist in Fig. 6 abgebildet worden, wo die Zelle d ebenfalls ca. doppelt so gross wie die benachbarten ist. Da solche zweikernige Athem- zellen äusserst selten sind und sich stets durch ungewöhnliche Grösse auszeichnen, so können sie nur als vorübergehendes Stadium gedeutet werden, das durch nachfolgende Zelltheilung zur Norm zurückkehrt. In andern Fällen spielen sich Zelltheilung und Amitose gleichzeitig ab. In Fig. 5 erscheinen die Zellen @« und b bei oberflächlicher Einstellung deutlich von einander durch eine helle Spalte getrennt, bei tieferer Einstellung erweisen sie sich hingegen noch als continuirlieh zusammenhängend. Die Zell- theilung hat hier also begonnen. Die beiden Kerne sind durch eine lange bandförmige Schleife verbunden, die noch nicht von der neugebildeten intercellulären Spalte berührt wird. Wahr- schemlich würde in diesem Falle bei fortschreitender Plasma- theilung auch die Durchschnürung des langen Verbindungsstranges der Kerne erfolgt sein. Bei den benachbarten Kernen c und d 1) Diese Scheidewand ist vom Lithographen nieht in den Kern eingezeichnet worden. Ueber regenerative Amitose ete. 845 scheint Amitose und Zelltheilung ebenfalls erst vor Kurzem been- det zu sein, denn beide Kerne kehren einander zwei kurze Höcker zu und liegen, namentlich der von d, ungewöhnlich nahe dem intercellulären Spaltraume. Fig. 9 stellt eine doppelkernige Zelle mit ungleich grossen Kernen dar, während die zwei in Fig. 10 abgebildeten Zellen den Eindruck machten, als ob sie durch Theilung eines solehen Stadiums entstanden seien. Die beschriebenen Bilder lassen sich meines Erachtens nur als Zelltheilungen mit amitotischer Kerntheilung deuten. Je mehr derartige Stadien ich gesehen habe, umsomehr bin ich von der Unmöglichkeit, sie anders beurtheilen zu können, überzeugt worden. Da solche Bilder wie Fig. 5a und b recht selten sind, so komme ich zu dem Schlusse, dass die Kermtheilung der Zell- theilung in der Regel vorausgeht und nur ausnahmsweise mit ihr zusammenfällt. Obwohl ich viele Tausende von Kernen unter- sucht habe, ist mir nie eine Andeutung von echter Mitose zu Gesicht gekommen. Die Zellvermehrung scheint also ausschliess- lich auf directem Wege zu erfolgen. Dass Zelltheilungen häufig eintreten müssen in den Athem- röhren lässt sich indireet erschliessen aus der grossen Zahl von degenerirenden Kernen und Zellen, die in allen Re- gionen, vornehmlich aber aın blinden Ende derselben angetroffen werden und die natürlich einen Ersatz nöthig machen. In der Auflösung oder Ausstossung befindliche Zellen und Kerne sind in den Athemröhren so überaus häufig, dass ich anfangs glaubte, es mit pathologischen Zuständen zu thun zu haben. Erst als ich fand, dass alle 5 untersuchten Exemplare sich hierin gleich verhielten, obwohl vier von ihnen in Formol, eins in Pikrin fixirt worden waren und dass ferner alle diese Thiere gut, zum Theil sogar sehr gut conservirt waren, so dass z. B. die Cilien am Dache der Mantelhöhle, auf den Calottenzellen des Ureters und im Reno- pericardialgange vortrefflich zu sehen waren, und dass endlich in den Organen aus der nächsten Umgebung der Tracheallunge keine Degenerationserscheinungen, oder wenigstens nicht in grös- serer Ausdehnung als sie in jedem normalen Gewebe vorkommen, eonstatirt werden konnten, erst dann habe ich diese Rückbil- dungsvorgänge als natürliche Stadien jenes Entwieklungsprocesses, der auch beim geschlechtsreifen Thiere andauert und erst mit dem Tode abschliesst, anerkannt. Es hält auch nicht schwer 346 LP late: festzustellen, weshalb der Zellverbrauch in diesem Organ ein so ungewöhnlich reger ist. Die Athemzellen werden besonders in- tensiv in Anspruch genommen, da sie eine doppelte Function zu erfüllen haben. Sie dienen nicht allein der Respiration, sondern sind auch zugleich Drüsenzellen, deren Secret fast in allen Röhren als glänzende homogene, sich nur schwach mit Saffranin, nicht aber mit Hämatoxylin färbende Kügelehen und Tropfen ange- troffen wird (Fig. 1, 11—15, schl). Diese verkleben am Eimgange der Athemröhren häufig untereinander zu grossen rundlichen Schollen und überziehen vielfach auch den Boden der Mantel- höhle (Fig. 1schl‘). An einzelnen Stellen war dies Seeret in der Form feinkörmiger Ballen niedergeschlagen worden. Im Leben wird es ohne Zweifel als schleimiger Ueberzug die Athem- röhren auskleiden und die dünnen Zellwände derselben vor Aus- trocknung bewahren. Auf die seeretorische Funetion dieser Zellen weist auch die geschilderte Streifung des Protoplasmas hin, die gerade bei Drüsenzellen vielfach beobachtet wird. Aus der Anordnung der die Mantelhöhle umgebenden Muskulatur und aus dem Vorhandensein eines muskulösen Diaphragmas unterhalb der Tracheallunge glaube ich schliessen zu dürfen, dass in der Mantelhöhle und in den Röhren ein periodischer Luftwechsel stattfindet. Contrahirt sich die erstere, während gleichzeitig das Athemloch sich schliesst, so wird die Luft bis in die Endspitzen der Röhren getrieben. Die umgekehrte Bewegung der Luft tritt ein durch Contraetion des Diaphragmas, nachdem jene Muskeln in den Ruhezustand übergegangen sind. Dieser Mechanismus könnte nicht funetioniren, wenn nicht die zarten Zellwände der Athemröhren vor der direeten Berührung mit der Luft geschützt und somit vor der @efahr des Eintrocknens und Schrumpfens bewahrt wären. Diese Auffassung macht auch die lappige un- regelmässige Form der Kerne erklärlich. Die Arbeiten zahl- reicher Autoren, namentlich die schönen Untersuchungen von Haberlandt!) und Korschelt?), haben gezeigt, welchen bestimmenden Einfluss der Kern auf die Lebensthätigkeit des Plasmas ausübt. Korschelt konnte nachweisen, dass beson- 1) Haberlandt, G., Ueber die Beziehungen zwischen Funetion und Lage des Zellkerns bei den Pflanzen. Jena 1887. 2) Korschelt, E., Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns, Zool. Jahrb. (Anat.) 4. 1891. Ueber regenerative Amitose etc. S47 ders umfangreiche unregelmässig geformte Kerne sich mit Vor- liebe in secernirenden Zellen finden, und er zieht hieraus mit Recht den Schluss, dass der Kern seine Oberfläche zu vergrössern sucht, um mit möglichst vielen Plasmatheilchen in direeten Con- tact zu treten und sie intensiv zu beeinflussen. Da die Funetion der Zellen der Athemröhren eine doppelte ist, nämlich eine respiratorische und secretorische, erklärt sich die Gestalt ihrer Kerne aus dieser gesteigerten Thätigkeit. Korschelt beob- achtete ferner mehrfach, dass der Kern in denjenigen Zellregionen, wo Assimilations- oder Seeretionsprocesse vor sich gehen, seine scharfe Begrenzung verliert, was ebenfalls für eine innige Be- rührung zwischen Kern- und Plasmasubstanz spricht. Diesen Angaben gegenüber möchte ich hervorheben, dass die Kerne der Athemzellen ihre scharfe Contour nie einbüssen, was vielleicht damit zusammenhängt, dass gerade die Kernmembran bei ihnen der Sitz des Chromatins ist. Ehe ich auf die Degenerationsprocesse näher eingehe, sei die Frage beantwortet, ob ausser an der Wurzel der Athem- röhren, wo die Zelltheilungen mit Amitose stattfinden, noch sonst irgendwo in der Nähe eine Region mit mitotischen Zelltheilungen vorkommt. Wäre letzteres der Fall, so würde es zunächst wahr- scheimlich sein, dass diese zweite Region mit Mitosen das Rege- nerationsgebiet für die verbrauchten Zellen bildet. Findet sich eine solehe hingegen nicht, so ist der Schluss gestattet, dass jene Amitosen einen regenerativen Charakter besitzen. Da dieser Schluss den zur Zeit herrschenden Ansichten über die Bedeutung der Amitose zuwider läuft, so habe ich sehr sorgfältig die Wurzel der Athemröhren und ihre nächste Umgebung im Epithel der Mantelhöhle durchsucht, in der sicheren Erwartung hier Mitosen anzutreffen; aber nicht eine einzige ist mir zu Gesicht gekommen. Der enorme Zellverbrauch erheischt einen intensiven Ersatz, und fände dieser auf indireetem Wege statt, so müssten Stadien der Mitose aufzufinden sen. Solche fehlen, und somit liegt hier, wie es scheint, der erste sichere Nachweis einer regenerativen Amitose vor. Tief eingeschnürte, einfach gelappte oder durchbrochene Kerne sind an der Wurzel der Athemröhren so massenweise vorhanden, dass auch hierin ein indireeter Beweis für diese Auffassung liegt. Die Degenerationsprocesse der Athemzellen sind sehr mannich- 848 ib. SRilattier facher Art, wie es überhaupt bei degenerirenden Geweben Regel zu sein scheint, dass die Zerfallserscheinungen eine grosse mor- phologische Variationsbreite besitzen. Der Todeskampf spielt sich je nach der grössern oder geringern Lebensenergie, welche der Zelle noch zukommt, auch äusserlich in verschiedener Form ab. Ich habe nun der Beobachtung dieser Veränderungen nicht allzuviel Zeit gewidmet, weil sie mich weniger interessirten, doch kann ich immerhin einige Angaben machen, die sich nament- lich auf die Kerne beziehen. Am Protoplasma sind auffallender Weise Rückbildungen gar nicht oder nur in ganz undeutlicher Weise wahrzunehmen, was sich vielleicht daraus erklärt, dass es in den normalen Athemzellen schon sehr feinkörnig ist und wei- tere Details an ihm nicht wahrzunehmen sind. Jedenfalls beob- achtet man an der absterbenden Athemzelle keine Vacuolen- oder Fettbildung, auch keine hyaline Degeneration. Die Rückbildung der Kerne kann nach drei verschiedenen Typen sich vollziehen. 1. Der Kern verliert seine Färbbarkeit fast ganz. Er wird ausserordentlich blass und zeigt mit Vorliebe die Gestalt eines grossen Ringes (Fig. 19c). Die Membran, die Nucleolen und das Gerüstwerk sind auf diesem Stadium anfangs noch deutlich, später werden sie immer undeutlicher, und dann tritt Zerfall in kleinste Partikelehen ein. Diese Processe können sich an Zellen abspielen, die noch zwischen normalen Zellen liegen (Fig. 19 e) oder an solehen, die schon ausgestossen sind und ausserhalb der Röhren sich befinden (Fig. 15 a) oder im Innern derselben. Dieser Typus ist verhältnissmässig selten. Charakteristisch für ihn ist, dass die Kernform sich lange fast unverändert erhält, obwohl die Färbbarkeit und die Schärfe der Conturen allmäh- lich immermehr schwinden. Man kann diese Art der Kerndege- neration deuten als eine langsame Auflösung ohne Zer- bröckelung. 2. Der Kern zerbröckelt, nachdem die Membran zunächst geplatzt ist, ohne seine Functionsfähigkeit wesentlich einzubüssen und ohne seine Substanz vorher zu verdichten (Fig. 11). Die Bruchstücke sehen vielfach noch fast normal aus, aber zwischen ihnen liegen kleinere Brocken ohne Zusammenhang untereinander. Schliesslich tritt ein allgemeiner Zerfall ein. Dieser Typus ist weitaus der häufigste und lässt sich zusammenfassen als Zer- bröckelung ohne vorherige Kerneoncentration. Ueber regenerative Amitose etc. 549 Auch er ist mit einer Ausstossung der Zelle nach innen oder aussen verbunden. 3. Der Kern eoncentrirt sich und macht ungefähr den rückläufigen Process durch, den er beim Einwachsen seiner Zelle von der Mantelhöhle in die Athemröhre überstanden hatte. Die lappigen Fortsätze werden kleiner oder theilweise genau einge- zogen, er verliert die Scheibenform und nimmt wieder in vielen Fällen eine mehr oder weniger kugelige Gestalt an und zahl- reiche Nucleolen treten auch im Innern des Kerns auf (Fig. 19 b, d, Fig. 13). Diese Veränderungen haben eine erhöhte Färb- barkeit zur Folge, und die Kerne sind in Folge dessen an ihrem dunklen Aussehen sofort zu erkennen. Hat der Kern in dieser Weise seine Substanz verdichtet, so können in einzelnen Fällen Zelltheilungen mit amitotischen Kerntheilungen eintreten, die gleichsam als das letzte Aufflackern der erlöschenden Lebenskraft anzusehen sind. Die dabei auftretenden Kernfiguren sind zu- weilen sehr merkwürdiger Art. In Figur 15 sind 2 Kerme ab- gebildet, die noch durch 2 weniger stark gefärbte Stränge in Verbindung stehen; die kleinere Zelle ist von der grösseren schon deutlich getrennt mit Ausnahme eines breiten Plasma- streifens, in dem auch jene zwei Stränge liegen. In Figur 19 spannen sich sogar vier etwas blasser tingirte Balken zwischen den Kernen der Zellen a und «a aus. Diese sind vollständig von einander gesondert bis auf ein Plasmaband, welches den vor- dersten, der Zelle d zugekehrten Kernverbindungsstrang umhüllt, und zwei ebensolche Plasmastreifen um die beiden hintersten Stränge herum. Der Strang hingegen, welcher in der Zelle a’ mit gegabelter Wurzel aus dem Kern entspringt, hat keine proto- plasmatische Deckschicht, sondern zieht frei durch den intercellu- lären Spaltraum. In Fig. 15 sieht man eine Zelltheilung mit einfacher, hantelförmiger Durchschnürung des Kerns. In allen solehen Fällen sind die sich theilenden Kerne stark gefärbt und dadurch auf den ersten Blick von den oben geschilderten Ami- tosen, welche ich für normale Stadien halte, zu unterscheiden. Die in Degeneration befindlichen verdichteten Kerne zerfallen schliesslich in mehrere grössere oder kleinere stark tingirte Bruchstücke, die häufig noch durch kurze blasse Fäden theil- weise untereinander zusammenhängen (Fig. 20h, 17e, 16a, 12). Eingeleitet wird diese Zerbröckelung dadurch, dass in der dieliten 850 1. AR larities Masse des Kerns einzelne blasse Parthien auftreten (Fig. 20 a,b,c), wodurch gestreckte, bandförmige Kerne wie segmentirt (Fig. 20 i, k, l) erscheinen können. Hier hat offenbar die Auflösung der Kernsubstanz begonnen, die nun entweder sofort zu Zerfall in einzelne Bruchstücke oder zunächst zur Bildung von Löchern (Fig. 20d, e, f) führt. In vielen Fällen ist es freilich unmöglich zu entscheiden, ob grosse Löcher in Kernen dieser Art nicht einfach Reste aus dem früheren Stadium, vor der Concentration, darstellen. Der geschilderte Typus der Kerndegeneration kann als Kernzerfallnach vorheriger Substanzverdich- tung bezeichnet werden. Er tritt, wie es scheint, meist nur vereinzelt auf. Bei der Mehrzahl der untersuchten Thiere (4) sind hierher gehörige Kerne nicht häufig, bei einem Exemplar hingegen sind sie massenweise vorhanden, so dass fast alle Kerne im letzten Drittel der Athemröhren diesen Process erkennen lassen. Er endet stets damit, dass die Kerne ausgestossen werden, und zwar meist nach aussen (Fig. 125, 16c, 135), seltener in das Lumen der Röhren (Fig. 1Te). In manchen Fällen werden zuerst die degenerirenden Kerne oder ihre Bruchstücke entfernt, während das Protoplasma noch im Zellverbande verbleibt, um vermuthlich später abgeworfen zu werden (Fig. 17e, 201, 16.0); in andern Fällen wandern Kern und Plasma gleichzeitig aus (Fig. 125, 165, 14a, 15). Es zeigt sich also, dass die Degeneration, mag sie sich im einzelnen auch verschiedenartig abspielen, doch stets mit einer Ausstossung der decadenten Elemente aus dem Zellverbande endet. Wenn diese hierbei nach aussen abgegeben werden, was die Regel ist, so werden sie entweder allmählich von der Hämo- Iymphe aufgelöst, oder sie werden durch Phagoeytose zerstört. Blutkörperchen (Fig. 15, 17 5l) finden sich massenweise zwischen den Athemröhren, was ja nicht weiter auffällig ist, da diese direet von der Hämolymphe des Dorsalsinus umspült werden. Inter- essanter ist es, dass auch die grossen Wanderzellen des Binde- gewebes, die sogenannten „Plasmazellen“ vielfach zwischen ihnen angetroffen werden, bei einzelnen Thieren in erheblicher, bei andern in geringerer Anzahl (Fig. 15, 17 pl). Beide betheiligen sich an der Zerstörung der Zerfallproduete und schmiegen sich häufig ganz eng an die Aussenseite solcher Athemzellen an, deren Kerne in Degeneration sich befinden, ja in einzelnen Fällen Ueber regenerative Amitose etc. 851 dringen sie mit soleher Gewalt gegen sie vor, dass die Athen- zellen nach innen vorgewölbt werden. Fig. 17 zeigt ein der- artiges Stadium. Die Plasmazelle pl hat sich tief in die Wand der Athemröhre eingepresst und schon eine Hälfte des Kernes d aufgenommen. Die Grenzen zwischen dem Plasma der Athem- zelle und der Plasmazelle sind ganz undeutlich, so dass es den Eindruck macht, als ob beide in einander übergingen. Neben der Plasmazelle liegt das kleinere Blutkörperchen 5bl, welches einen grossen, ganz blassen Kern einer Athemzelle aufgenommen hat und sich anschiekt, das Kernbruchstück b, welches offenbar früher mit a zusammenhing, zu fressen. In Fig. 20 ist bei A die End- spitze einer Athemröhre mit anliegender Blutzelle wiedergegeben worden; die in letzterer liegenden vier rundlichen Kernbruchstücke entstammen ohne Zweifel dem in Zerfall begriffenen Kerne A. Aehnliehe Bilder, die unzweideutig für das Vorkommen von Phagoeytose sprechen, habe ich noch vielfach beobachtet, aber sie sind im Verhältniss zu der grossen Anzahl von Blutkörperchen, welche sich zwischen den Athemröhren aufhalten, nicht häufig. Ob dies an der kurzen Dauer des Fress- resp. Verdauungsaktes der Blutkörperchen liegt, oder daran, dass die Phagocytose hier neben der Auflösung der Zerfallsstoffe durch die Körpersäfte nur eine untergeordnete Bedeutung hat und nur vereinzelt auftritt, lässt sich kaum entscheiden. II. Aneitella berghi (Fig. 2) Bei dieser Art liegen die Verhältnisse ganz ähnlich wie bei der vorigen. Das Epithel der Mantelhöhle hat eine etwas andere Beschaffenheit als bei Janella schauinslandi, insofern als den kubischen oder stellenweise auch abgeplatteten Zellen eine dieke Cutieula fehlt. Sie werden von einer zarten Grenzmembran be- deckt, unter welcher das Protoplasma zuweilen einen hellen Terminalsaum bildet. Die Athemröhren tragen ein niedriges Epi- thel, dessen Zellen einen deutlichen gestrichelten Rand (Fig. 21) besitzen, der von einem klaren Zellsalt erfüllt ist und sich dadurch scharf von der basalen protoplasmatischen Zone unterscheidet. Die Athemröhren erhalten ein eigenartiges Aussehen dadurch, dass dort, wo die Kerne liegen, ihre Dieke zunimmt, und sie halbkugelig oder flach gewölbt gegen das Lumen der Röhre vor- springen. Verfolgt man die Epithelzellen von der Mantelhöhle 8593 L. Plate: aus in die Wurzel der Röhren hinein, so bemerkt man dieselben Umgestaltungen der Kerne, die in Fig. 1 von Janella wieder- gegeben worden sind. Die Kerne nehmen eine unregelmässige, lappige Form an und färben sich etwas schwächer als anfangs. Zum Unterschiede von Janella werden sie hingegen nicht scheiben- förmig, erhalten keine Löcher, und ihr Chromatin vertheilt sich in Form von mittelgrossen Nucleolen durch das ganze Kerninnere, schmiegt sich aber nur vereinzelt der Kernmembran an. Die Tendenz zur Oberflächenvergrösserung ist also auch hier vor- handen, aber in weit geringerem Maasse als bei Janella. Die Kerne bleiben daher massig und treiben nur einzelne Ausläufer, ohne solche bizarre durchbrochene Formen anzunehmen, wie bei der andern Art. Diese lappigen Kerne zeigen nun in ihrer mitt- leren Region häufig tiefe Einschnürungen, die ich als Beginn einer Amitose deute, weil ich in einigen Fällen zwei Kerne von halber Grösse in einer Zelle antraf. Nachdem die Zellen in dieser Weise für den intensiven Zellverbrauch, der sich auch bei dieser Art in zahlreichen degenerirenden Kernen und ausgestossenen Zellen documentirt, Ersatz geschaffen haben, scheinen sie sich in vielen Fällen wieder zu verdichten und ihre lappigen Fortsätze einzuziehen, denn man findet in der äussern Hälfte der Röhren viele Kerne (Fig. 21), die einfach unregelmässig oval oder rund- lich geformt sind und sich etwas intensiver färben als die lappigen Kerne. Die Kerndegeneration verläuft so wie bei dem Typus 2 von Janella: die Nucleolen eoncentriren sich theilweise, die Mem- bran platzt und es folgt ein allgemeiner Zerfall, wobei die Tine- tionsfähigkeit anfangs nicht verringert ist. Phagocytose war in einigen Fällen zu beobachten (Fig. 21, wo die in den Blutzellen liegenden Kernbruchstücke n’ offenbar dem zerfallenen Kern n entstammen). Naeh Andeutungen echter Mitose habe ich auch bei dieser Art vergeblich gesucht. Die hier mitgetheilten Beobachtungen lassen sich in folgen- der Weise zusammenfassen. In den Athemröhren der Janellen findet ein intensiver Zellverbrauch statt, der vermuthlich dadurch bedingt wird, dass die Athemzellen gleichzeitig der Respiration und der Seere- tion dienen und durch Schleimabsonderung das Eintrocknen der zartwandigen Röhren verhüten. Die absterbenden Zellen werden Ueber regenerative Amitose etc. 853 grösstentheils nach aussen in den Sinus dorsalis abgestossen, wo sie theils durch Phagoeytose zerstört, theils allmählich von den Körpersäften aufgelöst werden. Als Phagocyten fungiren Blut- körperchen und bindegewebige Wanderzellen (Plasmazellen). Einzelne der in Degeneration befindlichen Zellen theilen sich vor ihrer Ausstossung noch auf direetem Wege. Der Ersatz für die verbrauchten Zellen wird geliefert durch Zelltheilungen, die vor- nehmlich an der Wurzel der Röhren stattfinden und bei denen der Kern sich ausschliesslich amitotisch theilt. Die Kerne der Athemzellen zeichnen sich durch besondere Grösse der Oberfläche aus. Bei Aneitella berghi besitzen sie unverzweigte lappige Fortsätze, bei Janella schauinslandi kommen hierzu Ver- ästelungen und Durchlöcherungen der scheibenförmig entwickelten Kernmasse. Das Protoplasma der Athemzellen zerfällt in eine feinkörnige basale Zone, welche den Kern umschliesst, und in einen verschieden breiten Terminalstreifen, der von dichtstehenden parallelen Balken durchzogen und von einem klaren Zellsaft erfüllt wird. Ich füge hier noch hinzu, dass bei einer sehr jungendlichen, 7 mm langen Janella verrucosa v. Martens (var. fas- ciata) die Kerne der Athemröhren schon stark verästelt und auch schon zahlreiche Zellen in Degeneration befindlich waren. Die hier geschilderten Verhältnisse entstehen demnach schon iu zartester Jugend und dauern das ganze Leben hindurch, was als weitere Stütze der von mir vertretenen Ansicht geltend gemacht werden kann, dass sie als normale, an jedem Individuum sich abspielende Processe anzusehen sind. Das Beispiel der J. verru- cosa zeigt ferner, dass diese Degenerationserscheinungen nicht in die Kategorie der senilen Veränderungen gehören. Zum Schlusse dieser kleinen Untersuchung gehe ich auf die Frage ein, warum durch Amitose und nicht auf indireetem Wege der Ersatz für die verbrauchten Kerne geliefert wird. Vermuth- lich ist die verästelte, äusserst unregelmässige Gestalt der Kerne hierfür verantwortlich zu machen. Wollte ein solcher Kern den eomplieirten Weg der Mitose einschlagen, so müsste er sich zu- nächst vollständig concentriren, d. h. alle Seitenzweige einziehen und beträchtliche Formveränderungen durchmachen. Um diese zu vermeiden, schnürt der Kern sich einfach durch. Einen zwei- ten Grund sehe ich darin, dass diese Kerne nur gleichartige Ele- 854 Taplane: mente aus sich hervorgehen lassen. Ihre Thheilproduete werden immer wieder zu Kernen von Athemzellen und gehen nicht theil- weise in andere Gewebe über. Dies berechtigt zu der Annahme, dass sie nur physiologisch gleichwerthige Molecüle enthalten, nur eine Art von Iden im Weismann’schen Sinne, die daher bei der Theilung keine verwiekelten Umlagerungen durchzumachen brau- chen. Ziegler!) und vom Rath?) vertreten energisch die Hypothese, dass die Amitose nie bei der Regeneration ver- brauchter Zellen in Kraft tritt, sondern stets einen „mehr oder weniger deutlich erkennbaren degenerativen Charakter‘ zeigt. An einer Stelle (1, p. 756) schreiben sie hierzu: „dies wird da- durch erwiesen, dass in solchen Geweben, in welchen ein con- tinuirlicher oder periodischer Zellenverbrauch stattfindet, bei dem Ersatz Regenerationszellen betheiligt sind, welche sich mitotisch theilen; jedoch kann es vorkommen, dass die Mitosen nieht zu Jeder Zeit vorhanden sind, und folglich ihre Auffindung sehr erschwert ist.“ So sehr ich im übrigen den Anschauungen dieser Forscher beipflichte, so glaube ich dennoch, dass sie mit diesen letzten Sätzen zu weit gehen. Ich meine gezeigt zu haben, dass ineinem specialisirten Gewebe die direete Ker® theilung mit gleichzeitiger Zelltheilung den Er- satz für die verbrauchten Elemente liefern, also einen regenerativen Charakter besitzen kann. In den Athemröhren der Janellen spielt die Degeneration eine so gewaltige Rolle, dass auch ein ausgiebiger Ersatz eintreten muss. Bei aufmerksamem Suchen könnten die Mitosen nieht zu übersehen sein, denn diese sind viel leichter zu erkennen, als Durchschnürungsstadien an sich schon sehr unregelmässiger Kerne. Ich stelle meine Präparate gern jedem, der weiter an ihnen Jagd auf Mitosen machen will, zur Verfügung, da ein Uebersehen derselben meinerseits natürlich nieht ausserhalb jeder Möglichkeit liegt. Zunächst aber muss ich an meiner Ansicht umsomehr fest- halten, als auch keine theoretischen Bedenken dagegen sprechen, 1) Ziegler, H. E., Die biologische Bedeutung der amitotischen Kerntheilung. Biolog. Centralblatt 17. 1891. p. 372 ff. — Ziegler, H.E. und Vom Rath, O., Die amitotische Kerntheilung bei Arthropoden. Ibid. p. 744 ff. 2) Vom Rath, ©, Beiträge zur Kenntniss der Spermatogenese von Salamandra maeulosa N. Z. f. w. Z. 57. 1894. p. 145 ff. Ueber regenerative Amitose etc. 855 dass eine an den Endpunkt ihrer histologischen und physiolo- gischen Differenzirung gelangte Zelle ihre gleichwerthigen Tochter- zellen durch einfache Durchschnürung entstehen lässt, falls sie noch lebenskräftig ist. Ich bezweifele nicht, dass in einiger Ent- fernung von den Röhren Mitosen bei den Epithelzellen der Mantel- höhle vorkommen, obwohl ich keine angetroffen habe, aber diese Zellen sind von den Athemzellen so verschieden, dass eine ver- einzelte Mitose derselben nicht in Beziehung zur Regeneration der Athemzellen gebracht werden kann. Endlich möchte ich noch hervorheben, dass die geschilderten Phagoeytosen von einigem Interesse sind, weil meines Wissens diese Art der Zerstörung verbrauchter Elemente unter den Everte- braten bis jetzt nur bei Formen, die in der Metamorphose be- griffen sind, beobachtet worden ist. Hier bei den Janellen aber hat die Phagocytose die Bedeutung eines während des ganzen (normalen) Lebens andauernden Processes. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXVIH. Sämmtliche Zeichnungen sind bei Zeiss Apochromat 2mm und den Ocularen 6, 8 oder 12 entworfen. Die Figuren 1—20 beziehen sich auf die Athemröhren von Ja- nella schauinslandi. Fig. 1. Ursprung der Athemröhre (ro) aus der Mantelhöhle (cav. pall.). a, b, ce=Epithel des Bodens der Mantelhöhle. schl, sch’ = Secrettropfen. Fig. 2. Athemzelle im Querschnitt; eut = Cuticula. Fig. 3. Zwei Athemzellen von der Fläche gesehen aus dem Anfang der Röhre; sp = intercellulärer Spalt, «= normaler Kern, D= ein in der Durchschnürung begriffener Kern. Fig. 3a. Zellen am Eingange der Röhre von der Fläche gesehen. Bei a grosse doppelkernige Zelle. Y Fig. 4. Zellen gleich hinter dem Eingange der Röhre. a—d Kern nor- mal, e=Kern mit chromatischer Scheidewand. Fig. 5. Aus derselben Region. Das Plasma der Zellen a und b hat sich theilweise durchgeschnürt, hängt aber noch in der Ebene des Verbindungsstranges der Kerne zusammen. c, d= Zellen nach vollendeter Durchschnürung. Fig. 6. Aus derselben Region. Bei d sehr grosse, doppelkernige Zelle. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 51 56 ns Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 21. L. Plate: Ueber regenerative Amitose etc. Scheibenförmiger durchlöcherter Kern einer Athemzelle von der Fläche gesehen, Scheibenförmiger verästelter Kern einer Athemzelle von der Fläche gesehen. Athemzelle mit 2 verschieden grossen Kernen. . Zwei Athemzellen, die wahrscheinlich früher eine einzige Zelle bildeten. . 12. Athemzelle mit zerbröckeltem Kern in der Ausstossung. schl —= Schleimtropfen im Lumen der Athemröhre. Querschnitt durch das terminale Ende einer Athemröhre mit stark tingirten, degenerirenden Kernen. Bei @ Degenerations- Amitose, bei b ausgestossene Zelle. Längsschnitt aus dem mittleren Abschnitt einer Röhre mit einer (oder 2?) halb nach innen ausgestossenen Zelle. Schrägschnitt aus der terminalen Hälfte einer Röhre. b= Blutkörperchen; pl = bindegewebige Wander(Plasma)zelle; bei a ausgestossene Zelle mit ganz blassem, langsam sich auf- lösenden Kern; b, ec, f= normale scheibenförmige Kerne; d, e — concentrirte, degenerirende Kerne. Querschnitt durch das Terminalende einer Röhre. a= zer- bröckelter Kern; b= ausgestossene Zelle; c= halb ausge- stossenes Kernbruchstück. Schrägschnitt aus der ersten Hälfte einer Röhre. Eine Plasma- zelle (pl) und ein Blutkörperchen (bl) in Phagocytose; ce = zer- bröckelter Kern. Aus der terminalen Hälfte. Degenerations-Amitose. . Aus der mittleren Region einer Röhre. Regenerirende Kerne: a, a’ in Amitose; b, din Concentration; e=in langsamer Auf- lösung. . Aus der Terminalregion mehrerer Röhren. Degeneration con- centrirter Kerne. Aneitella berghi. Athemröhre mit 2 normalen Kernen und einem zerbröckelten, der von zwei Blutkörpern zerstört wird. Berlin, im December 1897. 857 Bemerkung zu M. Nussbaum’s Notiz über meinen Aufsatz „Die Ausfuhrwege der Harnsamenniere des F'rosches“. Von Dr. ©. Frankl, Wien. Nussbaum wirft mir in obiger Notiz!) vor, ich habe in meiner Arbeit?) die daselbst niedergelegten Befunde als etwas Neues hingestellt, — als wäre erst durch mich der Zusammen- hang zwischen Malpighi’schen Körperchen und abführenden Samenwegen entdeckt worden. Von einer neuen Angabe ist hier überhaupt nicht zu sprechen möglich, da ja schon 1863 Hyrtl den Zusammenhang beschrieben hat, gegenüber anderen Autoren, welche denselben leugneten. Dass mir Nussbaum’s Arbeiten zur Zeit der Herausgabe meiner Abhandlung nicht be- kannt waren, gebe ich zu, und habe ich, durch Nussbaum aufmerksam gemacht, mich überzeugt, dass auch er den obge- dachten Zusammenhang festgestellt hat. Was indes Nussbaum weiter sagt, ist einer Aufklärung von meiner Seite bedürftig. Dass die einzelnen Batrachier Ver- schiedenheiten im Bau der Niere aufweisen, ist mir selbst be- kannt, zumal ich ja damit beschäftigt bin, alle mir zur Ver- fügung stehenden Anuren auf obige Verhältnisse zu untersuchen. Vorläufig habe ich blos den ersten Theil, die Darlegung der Verhältnisse beim Frosch veröffentlicht. Unter „Frosch“ ver- steht man hier, in Wien, sofern kein Beiwort zugefügt wird, stets Rana esculenta, den physiologisch gewöhnlich ver- wendeten Frosch, allenfalls noch temporaria. Alle anderen Ba- trachier führen andere deutsche Bezeichnungen. Wenn also in meiner Abhandlung der Name „Rana esculenta“ nicht be- sonders hervorgehoben wurde, so ist dies, glaube ich, nebensäch- 1) Archiv f. mikrosk. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 51, 1. Hit. 2) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 63, 1. Hft. 858 O0. Frankl:, Bemerkung zu M. Nussbaum'’s Notiz etc. lich. Uebrigens habe ich meinen Vortrag im Wiener physiolo- gischen Club seiner Zeit angekündigt, wie folgt: „Injection des Leydig’schen Ganges bei Rana esculenta.“ Was die übrigen Anuren anlangt, so wies ich am Ende meiner Arbeit auf die bevorstehende Veröffentlichung weiterer Untersuchungen, für welche die Präparate mir bereits grossen- theils vorliegen, hin; doch bringt es meine Methode mit sich, dass ich vor dem Frühjahre an eine Fortsetzung der Arbeit nicht gehen kann. Zur Erklärung dafür, dass mir Nussbaum'’s Arbeit ent- gangen ist — was ja auch nach Nussbaum's eigener Angabe Anderen passirt ist —, diene der Umstand, dass dieselbe weder vermöge ihres Titels („Bau und Thätigkeit der Drüsen“) noch durch anderweitige Citirung mir leicht bekannt werden konnte. Wenn Nussbaum die Priorität vor meiner Arbeit in An- spruch nimmt, so erkenne ich ihm dieselbe natürlich zu, bemerke aber, dass es sich mir nicht darum gehandelt habe, ein von mir gefundenes Novum vorzubringen, sondern lediglich darum, auf Grund genauer Untersuchungen an vielen vollständigen Serien injieirter und nicht injieirter Froschnieren einen Beitrag zur Lö- sung einer Frage zu liefern, die auch jetzt noch nicht vollstän- dig abgeschlossen ist. Universitäts-Buchdruckerei von Carl Georgi in Bonn. a a I U a For r an | er OR © EI ze? \%n ) ee jr Tapı Anst w Werner &Wialer, Frankfurt ‚Querschnitt “© ".--Jängsschrütt —— Fig.3. 3 % Deucocytenhaufen 0) (@) o,® - ® O8 © e 9 oO) -\__ Darmdrisen 77, Tan Blutgefässwand f. mikroskop. Anatomie Ball. " S | { Ne een) / . II NN ee es / N Ri Pr / X 2, ER . Archur ®_ 2 a sgamsBapug \ k N * . y = l - ; \ » = . e D . ” . . „ - r w « Me u * \r Bu r -“ R # 2 un Fi .- x ee > ge“ - Archiv [mikvoskop. Anatomie Bd.Ll. z 3 Ges Tangentialschnitte von Darmdrüsen Ba beucocyten Blu tgelässen -— Tungential angeschnittene ' Darmdrüse: _ . Arterie Venen 9: Muse mitcosae Ringsmuskeln Längsmuskeln ‚Lih. Anst.vWerner &Winten Frankfurt. Archir f mikroskop. Anatomie Ba.ul. Schrägschnütt, Drüse 7. euer Kleine .| Drüse | / Mesenterial- - " uscularisimucosae 12: 3 ‚Primäre submucöse > 5 =: Darmarüsen ) N 14. Musculmucosae Submucöse Drüsen le a 15: Submueöse Drüsen. ) Knospen Adenotdes Gewebe 16. Bindegewebszellen ansatz (grosse Drüse Tun. Anst.w Werner Alinter, Frankfünt®M. En a +» u j s Archiv fmikroskop. Anatomie Ball. a w * Bm . TTLACHE£ Zerfäll- ı produkte " # U _ fi ! ” j\ h vor Mr — Spitzeder = AN", { geschlossenen‘ Zu 4) LAN RA a ed Due \ ® ® Drüse DE al Aal " R=7 7a a. 2 Br Ri N 7 AN N \ SR Junger» man . „ Lbeucocyten- Kerne ....beucocyt ım Blutgefäss ı. = - re - . \ Lich. Anst.w Werner &Winten Frankfurt” Re N “ “ “ ht Wr, a «8 m X Archür f mikroskop. Anatomie Ba. - Lith Anst.vWerner aWinter, Frankfurt Bf. ns = Archiv f mikroskop. Anatomie Ball. 3 : i Taf. vr. “ = ef Tuch. AnstirWerner «Winter, Frankfurt ®M. 2 me Fu — FIRDTE en a ee W . >> = P2 vn - Sich ir Di Nu 4 - Penn pi ß SEE DT an et RS Archür fmikroskop. Anatomie Ba.U. Ta£vn. [th Änst.vWWerner &WEnter Fraktur M. ” Ge 7; ti x Archiv f mıkroskop. Anatomie Ba.L. Taf. var. Archt= £mikroskop. Anatomie Ba.Ll. Taf IX. % . ” ’ * t “ . — ze | R, ı . Fraulzın Ziegenhagen del. nten Frankfurt M. 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Anatomie Ba.ll. Neurop.optiei ant.sup. a ERUR lm oculo S 1 S S 5 z .S S > N R& Archiv f mikroskop. Anatomie Bd.L1. J Baragz del. Taf. XVII. | Tith. Anst. „Werner &Whinter, Frankfurt. u nu " P- f ur “ ü) un _ Archür f'mikroskop. Anatomie Ball. J.Baragz de) | Lıth. Anst.r Werner «Water Frankfart ”M. Archiv f mikroskop. Anatomie Ba.lI. er j Jih, Anser Werner Winter Frankfürt #M. . u » EN [3 .. f 4 4 “ S - j n ‚ A e 5; 3 ge \ 5: 0 » Kam k % - 7 Archiv £mikroskon. Anatomie Bad.LI. 2 DS 21 ® Im j & ef) S s-= in & [I Taf Aa. var A. + > i A? { Archiv £ natahie Dal % Taf. } er u | DD SI > u a Pa Sad 4 a) 2 Sir, Yu [22 * “ v i | ar ©," Zäh. Anst.wWernersWinter Frankirett, A W, ’. v.linstow gez. - ril Nu Ti 4 u arte .. „ +. : a” ie e nz n; pi Archiv £Emikroskop. Anatomie Ball. 3 3 Ser pP Pr LS} INES, rad. e. A- =: X h.D. Eu « Eu “ 3. Ei Fen va ‘ IRHBNNETNBEEHB INN ken. | | u. 1% Tirh. Anst. wWerneraHänter Frankfürt®#. NIS RL IN LE Subm:-- m S | 3 x N \ JE S Archiv Kmikrosf 2 | Bl Frankfurt. ZUR. 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