Is HI RENRONOHA | Bi ß ) N no Dr N Y e, url AN {uk ) F ran NUM } A DR! FRFDN ua RAR, Ne % MM DENN AR Ah Hin, Y ER rn 4 FEN, RE N it ro ErrTeeN! ; [4 un ! ii NV Kr \ BEN ET TREE NZ RE BARON, S 3 48° U) „LU DERNI Urn ji iR NN h L I Auh i I ae) RR | Inf } I ii N j zu LE ARUM SEN , 4 MR ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Abteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererbungslehre herausgegeben von O0. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin Dreiundachtzigster Band I. Abteilung Mit 17 Tafeln und 69 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Cohen 1913 Il 2 x Ne, en r Rn en T } * | Se ET ER —— 95 Q | = S\ \ an 6 >? ; , * een OBER. n 3 ESSTE HE INT eg NONE We LIE N | nn y u id j Den a oe N \r ut, r ANZ o a ® > Nr ‚ . . IPALEN ur 2a > r; > — Inhalt. Abteilung I. Erstes und zweites Heft. Ausgegeben am 22. Sept. 1913. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. Von Dr. F. Wassermann, Assistent am Anatomischen Institut München. (Aus dem Anat. Institut München. [Direktor Prof. Dr. J. Rückert.)) Hierzu Tafel I—IV und 43 Textfiguren ar Die Entwicklung von Forelleneiern nach Bettdchtung alt lin. bestrahlten Samenfäden. Von Karl Oppermann. Hierzu Tafel V—VII und 10 Textfiguren . Drittes Heft. Ausgegeben am 25. Oktober 1913. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten des Pferdes unter besonderer Berücksichtigung der Heterochromosomen- forschung. Von Kurt Kühtz. (Aus dem Biologischen Institut der Universität Berlin.) Hierzu Tafel VIII—X und 8 Textfiguren Viertes Heft. Ausgegeben am 8. Dezember 1913. Beeinflussung der männlichen Keimzellen durch chemische Stoffe. Von Günther und Paula Hertwig. (Aus dem Anat.-biologischen Institut zu Berlin und der Zoologischen Station zu Neapel.) Hierzu Tafel XI, XII und 6 Textfiguren . 5 BI Die Entwicklung von Forelleneiern nach Befruchtung ik an bestrahlten Samenfäden. II. Teil. Das Verhalten des Radium- ehromatins während der ersten Teilungsstadien. Von Dr. Karl Oppermann. Hierzu Tafel XIII und 2 Textfiguren . : Die Samenbildung bei den Enten. Von Karl Schöneberg. (Aus dem Anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universität.) Hierzu Tafel XIV— XVII. Literarisch-kritische Rundschau: Hartog, Mateities nd Mitosis Seite 141 191 267 307 324 370 wi 2 “ N EN A Te ee Aus dem Anatomischen Institut München, Direktor Prof. Dr. J. Rückert. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. von Dr. F. Wassermann Assistent am Anatomischen Institut München. Hierzu Tafel I—-IV und 43 Textfiguren. Inhalt: . Einleitung . . . Material und Methoden Die Normalzahl der Chromosomen . Oogonien . Die Oozyten- Eintwieklung. I. Periode der Oozyten- Entwicklung no zum ee a) Die Befunde . Ä £ b) Bemerkungen zur Methode der Untersuchung : 1. Die Erhebung der Befunde 2. Die Synapsisfrage ; 3. Begründung der Seriierung ! e) Die frühe Oogenese von Fasciola hepatica En d) Allgemeiner Teil . 1. Die Entstehung der reduzierten Chromatinslemente «) Der gegenwärtige Stand der Frage . 3) Die Frage nach der Entstehung der reduzierten Elemente bei Zoogonus mirus ; y) Die Einwände gegen die Parasyndese | im all- gemeinen . 5 ö) Der prinzipielle Unterschied "zwischen Para- syndese und Metasyndese . Versuch einer Erklärung der während. der Ernie Oogenese beobachteten Chromainumlakerungen 2 II. Periode der Oozyten-Entwicklung von der Auflösung des Buketts bis zur Prophase der I. Reifungsteilung . a) Befunde . ; b) Allgemeiner Teil . : Ä III. Periode der Oozyten- Entwicklung — die, Reifungsteilungen J a) Befunde . 1. Die Prophase der. L Reifunsatedne ’ 2. Die I. Reifungsteilung Su: 3. Die II. Reifungsteilung . b) Allgemeiner Teil . 1. Die Frage nach der Kontinuität der "Chromosomen 2. Das Reduktionsproblem Booab» Archiv f. mikr. Anat. Bd.S3. Abt. II. | 96 96 104 115 115 115 122 125 127 127 130 [&6) F. Wassermann: A. Einleitung. Im Jahre 1905 veröffentlichte Goldschmidt (05) eine Arbeit über die Embryonalentwicklung und die Eireifung von Zoogonus mirus. Was die Oogenese dieses Trematoden betrifft, so beschränkte sich Goldschmidt auf die Untersuchung der Fier von dem Ende der Wachstumsperiode bis zum Abschluss der Reifung, die jüngeren Oozytenstadien aber hat er nicht genauer berücksichtigt. Das Resultat nun, zu welchem Gold- schmidt gekommen ist, schien für die Reduktionsfrage von weittragender Bedeutung zu sein. Denn er glaubte hier einen Modus der Eireifung gefunden zu haben, der eine schematisch einfache Verwirklichung der Weismannschen Vorstellung von der Chromosomenreduktion darstellen würde. Seines offenbar primitiven Charakters wegen nannte Goldschmidt diesen Reduktionsvorgang den „Primärtypus“. Für ihn sei charak- teristisch, dass die zehn oder zwölf Chromosomen von Zoogonus mirus in dieser Normalzahl in die erste Reifungsspindel eintreten und dass also die Bildung von bivalenten Elementen, die Pseudo- reduktion, welche sonst die Erkenntnis des Reduktionsvorganges erschwert, unterbleibe. Die längsgespaltenen Chromosomen werden in der ersten Reifungsteilung äquationell halbiert, die zweite Reifungsteilung aber führe die zehn Stäbchen, deren jedes ein ganzes Uhromosom repräsentiert, in zwei Gruppen auseinander. Hier wäre also die postulierte qualitative Reduktion, die Elimi- nierung ganzer Chromosomen aus dem Ei, verwirklicht. Die Konstatierung des Primärtypus beruht, wie man sieht, auf der Übereinstimmung der in den Körperzellen des Zoogonus vorgefundenen Normalzahl der Chromosomen mit der Zahl der in die erste Reifungsteilung eintretenden Chromatinelemente. Diese Übereinstimmung konnten aber die späteren Untersucher des Zoogonus nicht auffinden und sie leugneten daher die Existenz des Primärtypus. Die erste Nachprüfung erfuhr die Eireifung von Zoogonus mirus durch A. und K. E. Schreiner (08), welchen Gold- schmidt auf ihr Ersuchen hin seine Präparate zur Verfügung gestellt hatte. Sie fanden wie Goldschmidt zwölf Chromosomen in der ersten Reifungsteilung, aber 24 in den somatischen Zellen. Daher mussten ihnen die Reifungsteilungs-Chromosomen bivalent erscheinen und sie schlossen aus gewissen Bildern der frühen Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 3 Gonozytogenese, ohne diese jedoch genau zu untersuchen, dass auch bei Zoogonus, wie bei allen von ihnen untersuchten Objekten, insbesondere bei den Spermatozyten von Tomopteris, die bivalenten Elemente der ersten Reifungsteilung auf dem Wege der „Parallel- konjugation“ gebildet würden. Die Oogenese des Zoogonus ver- laufe daher nach dem von den Autoren für allgemein gültig gehaltenen „Tomopteristypus“. Dieser Darstellung gegenüber hielt Goldschmidt (09) seinen Standpunkt mit Entschiedenheit aufrecht. Er ergänzte dabei seine früheren Darlegungen durch Beibringung neuer Bilder, aber auf die frühe Oogenese ging er auch dieses Mal nicht ein. Wiederum an denselben Präparaten Goldschmidts, ja an den nämlichen Zellen, kam dann der dritte Untersucher, Gregoire (09), zu einer anderen, sowohl von der Gold- schmidts als auch von der Schreiners abweichenden An- schauung. Er stimmte zwar hinsichtlich der Chromosomennormal- zahl mit Goldschmidt überein, wenn er gleich nicht 10—12, sondern 10—14 Chromosomen in den somatischen Mitosen fand, konnte aber in den Stadien der Reifungsteilungen nur sechs bis sieben Elemente erkennen. Also stellte auch Gregoire eine die Existenz des Primärtypus ausschliessende Pseudoreduktion fest und auch er glaubte, wie A. und K. E. Schreiner, und gleichfalls ohne ein genaueres Studium der frühen Gonozytogenese vorgenommen zu haben, dass die bivalenten Elemente der ersten Reifungsteilung durch Parallelvereinigung je zweier Einzelchromo- somen zustande kämen. Die Reifungsteilungen selbst aber ver- laufen nach dem hetero-homeotypischen Schema, welches nach Gregoire den für das Pflanzen- und Tierreich allgemein und allein gültigen Modus der Reduktion darstellt. Bei dieser Sachlage und in Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der die Geschlechtszellen-Entwicklung betreffenden Fragen musste eine erneute Vornahme der Eireifung des Zoogonus mirus von dem Streben geleitet sein, ein möglichst abgerundetes Bild der Entwicklung der Eizelle, wenigstens von der letzten Oogonien- teilung bis zur zweiten Reifungsteilung, zu liefern. Durch die Verlegung des Schwerpunktes der Untersuchung in die frühe Oogenese wurde es möglich, die Entstehung der Elemente der ersten Reifungsteilung aufzuklären und so die Frage nach der Existenz des Primärtypus, die vorher ausschliesslich auf 1* 4 F. Wassermann: Grund der beiden Reifungsteilungen behandelt worden war, auf eine breitere Basis zu stellen. Dies war um so erspriesslicher, als das Studium der frühen Oogenese zu besonders klaren Resul- taten führte, während die beiden Reifungsteilungen unseres Objektes einer genauen Analyse so wenig zugänglich sind, dass auf sie allein gerichtete Betrachtungen weder hinreichen, die schwebende Streitfrage vollständig zu entscheiden, noch auch geeignet sind, die an die Reifungsteilungen sich anknüpfenden Fragen zu fördern. Über die Eireifung anderer Trematoden liegen Unter- suchungen von Cary (09), Goldschmidt (02, 08), v. Kemnitz (13), Schellenberg (08) und Schubmann (05) vor. Die Resultate derselben werden an den einschlägigen Stellen mit den unsrigen verglichen werden. Besonders eingehende Berück- sichtigung wird die Arbeit Schellenbergs erfahren, weil dieser Autor bei seinem Objekt neben dem gewöhnlichen pseudoreduk- tionellen Typus der Reifungsteilungen gelegentlich auch den Primär- typus auftreten sah und ferner, weil sich herausgestellt hat, dass die die frühe Vogenese betreffenden Befunde Schellenbergs sich in weitgehender Weise mit den unsrigen zur Deckung bringen lassen. Herr Prof. Dr. J. Rückert hat die vorliegende Untersuchung veranlasst und durch seinen Rat und seine Hilfe in reichstem Maße gefördert. Es ist dem. Verfasser ein Bedürfnis, seinen hochverehrten Lehrer und Chef auch an dieser Stelle hiefür des aufrichtigen Dankes zu versichern. B. Material und Methoden. Der Trematode Zoogonus mirus wurde von Loos im End- darm eines den Golf von Triest bewohnenden Fisches, des zu den Labriden gehörigen Labrus merula, entdeckt. Loos (01) und später Goldschmidt (02) haben die charakteristischen anatomischen Merkmale dieses Parasiten so genau dargestellt, dass man ihn nicht mit anderen Trematoden verwechseln kann. Das Material zu dieser Untersuchung wurde im Herbst 1910 und im Frühjahr 1911 in Triest gesammelt. Für die Unter- stützung, die dem Verfasser dabei von seiten des Direktors der dortigen K. u. K. Zoologischen Station, Herrn Prof. Dr. J. Cori, gewährt wurde, sei auch hier der verbindlichste Dank aus- gesprochen. ou Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. " Die Wirtstiere wurden sowohl im Golf von Triest selbst wie auch an verschiedenen Punkten der Küste Istriens, so bei Umago, Cittanuova und Pola, gefangen. Im ganzen gelangten 96 Fische in unsere Hände; von diesen bargen 26 die gesuchten Parasiten. Die Anzahl der in einem Enddarm befindlichen Trema- toden schwankte sehr; man konnte nur einige wenige antreffen, hie und da aber waren auch etwa 100 und mehr vorhanden. In dem Darmbrei sind sie mit freiem Auge gerade noch erkennbar. Um uns bei jedem Exemplar davon zu überzeugen, dass es auch wirk- lich der gesuchten Spezies angehörte und um nicht ein oder das andere abgestorbene Tier zur Untersuchung zu bekommen, haben wir uns bei der Entnahme der Objekte aus dem Darmbrei stets der Lupe bedient. Die Konservierung geschah durch Sublimat- Eisessig (5proz.) und die Gemische von Flemming, Zenker, Gilson, Carnoy, Brasil und Bouin. Besonders das letzt- genannte gab ausgezeichnete Resultate. Die Färbung (Häma- toxylin nach Hansen, ev. mit Eosin oder Orange G, Eisenhäma- toxylin nach Heidenhain, Boraxkarmin, Safranin, Methylgrün) wurde gewöhnlich erst am Paraffinschnitt, dessen Dicke ent- sprechend der Grösse der Eier gewöhnlich 10 u betrug, -vor- genommen, einzelne Exemplare von Zoogonus wurden aber auch in toto mit Boraxkarmin behandelt. Dies geschah, um durch Zerzupfen derselben Totalpräparate der Eier anfertigen zu können. Es wird sich später ergeben (S. 123), dass die Totalpräparate den in Paraffin eingebetteten und mikrotomierten Objekten in bezug auf die Klarheit der Reifungsteilungsstadien, denn nur für diese kommen sie in Betracht, nicht wesentlich überlegen sind. Bei der Untersuchung der frühen Oozytenstadien war die Benutzung monochromatischen Lichtes von grossem Vorteil. C. Die Normalzahl der Chromosomen. In der Kontroverse über die Eireifung des Zoogonus mirus zwischen Goldschmidt, Schreiners und Gregoire spielen die sich widersprechenden Angaben über die spezifische Chromosomen- Normalzahl eine grosse Rolle (s. S. 2). Deswegen war bei einer erneuten Untersuchung des strittigen Objekts gerade auf diese Verhältnisse besonders zu achten, und sie müssen auch in grösserer Breite, als dies sonst üblich ist, abgehandelt werden. 6 F. Wassermann: Die Gewebszellen des Zoogonus findet man nur selten in Teilung begriffen und noch seltener ist es bei der Kleinheit dieser Zellen möglich, eine Zählung der Chromosomen vorzunehmen. Dies gilt auch für die relativ häufigeren Mitosen im sogenannten Dotterstock. Aus diesem Grunde führen wir nur eine einzige Fe Zwischengewebe angehörige Teilungsfigur hier vor (Fig. 1); e handelt sich um die Polansicht einer Äquatorialplatte, in Bu 5 die Chromosomen radiär angeordnet sind. Die Analyse dieses Bildes wird hauptsächlich durch die Übereinanderlagerung wahr- scheinlich dreier Chromosomen erschwert, während alle anderen Chromosomen, gut gegeneinander abgrenzbar, annähernd in einer Ebene liegen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit sind hier zwölf Chromosomen zu zählen. Klar zu erkennen sind zehn Stäbchen und unter dem einen in der Zeichnung links unten von der Zell- mitte gelegenen und zentral weit vorgeschobenen befinden sich, wie es scheint, noch zwei andere sich überlagernde Chromosomen, das elfte und zwölfte. Jedenfalls sind in dieser Äquatorialplatte nicht nur zehn Chromosomen vorhanden, wie es nach Goldschmidts ursprünglicher Angabe der Fall sein müsste; es sind aber nicht viel mehr als zehn und niemals könnte es gelingen, hier ent- sprechend der Angabe von Schreiners, zwanzig und mehr Chromosomen herauszubringen. Die beste Aussicht auf eine sichere Ermittelung der Chromosomenzahl des Zoogonus mirus bieten die Mitosen der in Furchung begriffenen Eier und der embryonalen Zellen, die man im Uterus der Tiere, wo die Entwicklung der Nachkommen- schaft bis zum Larvenstadium gedeiht, in grosser Anzahl findet. Allerdings kann man nur die Prophasen und Metaphasenstadien dieser Mitosen zur Untersuchung heranziehen und auch diese nur, wenn sie in günstiger Ansicht vorliegen und wenn sich die ganze Teilungsfigur im Schnitt befindet. So kommt es, dass auch bei einem relativ reichen Material die Ausbeute an klaren Bildern, die zur Entscheidung der schwebenden Frage herangezogen werden können, recht gering ist. Dieser Mangel fällt um so mehr ins (Gewicht, als, wie wir sehen werden, auch unter den Bildern, welche von der Diskussion nicht ausgeschlossen werden durften, ein beträchtlicher Teil nicht eindeutig analysiert werden kann. Es ist unseres Erachtens von Wert, festzustellen, dass aus den angeführten Gründen eine Untersuchung über die Chromosomen- Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. gi zahl, wenn sie in den einzelnen Fällen noch so gewissenhaft aus- geführt sein mag, und für die Einzelfrage, wie die vorliegende, auch von entscheidender Bedeutung sein kann, im Hinblick auf all- gemeine Gesichtspunkte meistens recht unzulänglich bleiben muss. Von den nun zu betrachtenden Embryonalzellenmitosen führen wir zunächst in Fig. 2 eine Äquatorialplatte in nahezu reiner Pol- ansicht vor. Die Chromosomen sind hier offenbar schon in ihre beiden Tochterhälften zerlegt. Bei einer Anzahl derselben gelingt es nämlich, die übereinander gelegenen und anscheinend kon- gruenten Spalthälften zu sehen. Wo nur ein Stäbchen wahr- nehmbar ist, muss angenommen werden, dass das darunter ge- legene zweite von dem allein sichtbaren oberen vollständig gedeckt wird. Diese Überlegung schliesst hier mit Sicherheit eine Täuschung aus, der man bei der Zählung von Metaphasenchromo- somen unter Umständen anheim fallen könnte, dass man nämlich die Tochterchromosomen, wenn sie etwa schon voneinander ab- gerückt wären, für je ein ganzes Chromosom hielte und ‚so mehr Chromosomen zählte, als in Wahrheit vorhanden sind. Die Mehr- zahl der vorliegenden Stäbchen, von denen einige von der bei Zoogonus oft zu beobachtenden Keulenform sind, liegen in radiärer Anordnung zum Mittelpunkt der Äquatorialplatte. Eines liegt rechts aussen; an diesem fällt auf, dass das nach unten gekehrte Ende gegen die Hauptmasse durch eine Einschnürung oder einen Einschnitt abgesetzt ist. Dieser Prozess ist hier aber keineswegs so weit gediehen, dass man in Zweifel darüber geraten könnte, ob nicht etwa zwei mit ihren Enden zusammenstossende Chromo- somen vorliegen möchten. Aber man muss die Möglichkeit im Auge behalten, dass in einzelnen Fällen eine solche Segmentierung eines Chromosoms, die auch bei anderen Objekten beobachtet worden ist, und die ein durch die Fixierung erzeugtes Kunst- produkt sein dürfte, zu falschen Zählungsresultaten Veranlassung geben kann. Zwischen den zentralen Enden der radiären Chromo- somen sind in dem vorliegenden Fall noch zwei ganz kurze Doppelstäbchen eingelagert. Solche in das Zentrum des Mutter- sterns vorgeschobene kurze Chromosomen sind für unser Objekt charakteristisch. Und auch Schreiners (1908) stellen fest, es seien „immer einige ganz kleine Chromosomen vorhanden, die in der Äquatorialplatte zwischen den dicht gedrängten zentralen Enden der radiär angeordneten längeren Chromosomen gelegen 8 F. Wassermann: E} sind, und die sich deshalb nur schwer zählen lassen“. Zu diesem Punkte ist aber zu bemerken, dass nur dann kleine Chromosomen als solche angesprochen werden dürfen, wenn jeder Zweifel dar- über ausgeschlossen ist, dass es sich nicht um abgeschnürte Enden der langen Chromosomen handle. Wir werden später zeigen (Fig. 9), dass eine Verwechslung dieser Art wohl möglich ist, und wir halten dafür, dass Schreiners auch deswegen, weil sie mit der An- nahme kleiner zentral gelegener Chromosomen nicht vorsichtig genug gewesen sind, zu ihren unglaublich hohen Zahlen gekommen sein mochten. In der vorliegenden Äquatorialplatte sind die beiden kurzen Chromosomen jedoch so gut abgegrenzt, dass ihre Selbstständigkeit ausser Frage steht. Die Zählung der Chromo- somen dieser Teilungsfigur führt zu dem unanfechtbaren Resultat, dass deren zwölf vorhanden sind. Ebenfalls zwölf Chromosomen stellen wir in einer weiteren Embryonalzelle, Fig. 3, fest. Die Chromosomen liegen hier noch nicht in einer Ebene, sondern überlagern sich zum Teil. Ein solcher Umstand erschwert jedoch viel weniger die Zählung als die jeweilige Wiedergabe der Chromosomen, von der es wünschens- wert wäre, dass sie eine Kontrolle unserer Befunde ermöglichte. So ist hier zu der Zeichnung eigens zu bemerken, dass das auf- fallend dünne Chromosom, welches von rechts oben sich gegen die Mitte der Figur hereinzieht, einheitlich nach links unten weiter geht, bis es zu dem nach rechts abgebogenen Ende des von links unten zur Mitte gestellten anderen gelangt. Da es von den zwei oberflächlichen mit ihren Enden nahe zusammentretenden Stäbchen überlagert wird, ist auf der Zeichnung seine Einheitlich- keit nicht ohne weiteres ersichtlich. Einige Schwierigkeit könnte bei dieser Figur auch die Frage machen, ob die beiden durch ihre Schleifenform auffallenden Elemente, von denen das eine mit dem nach oben sehenden kürzeren Schleifenschenkel rechts, das andere, dessen kürzerer Schenkel nach unten gerichtet ist, links liegt, einheitliche Chromosomen sind, oder ob hier selbstständige mit ihren freien Enden bloss zusammenstossen. Dieselbe Frage könnte man ja auch erheben bezüglich der beiden in ihrer Länge nicht erheblich voneinander abweichenden rechts unten befind- lichen Chromosomen, deren unteres von einem kurzen, plumpen, oberflächlichen überlagert wird. Hier sind in der Zeichnung zwei deutlich gegeneinander abgesetzte und in verschiedenen Ebenen Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. I gelegene zentrale Enden angegeben, während die erwähnten schleifenförmigen Chromosomen als einheitliche Gebilde dargestellt sind. Wir wollen gelegentlich dieses Beispiels, welches zeigt, dass sowohl schleifenförmig abgebogene einheitliche, als auch mit ihren zentralen Enden zusammenstossende Einzelchromosomen vorkommen können, bemerken, dass wir die Frage, ob in einem solchen Fall ein einheitliches oder zwei Chromosomen angenommen werden müssen, jedesmal mit grösster Gewissenhaftigkeit geprüft haben. Man wird sehen, dass wir diese Frage hie und da offen lassen müssen und dass wir, je nachdem zwischen den beiden Komponenten einer solchen suspekten Schleife ein Spalt nach- gewiesen werden konnte oder nicht, einmal in diesem und dann wieder in dem anderen Sinne entscheiden zu müssen glaubten. Bei Goldschmidt aber finden wir die abgebogenen einheitlichen Chromosomen sehr häufig und wir können das Bedenken nicht unterdrücken, dass Goldschmidt der Möglichkeit der blossen Konvergenz zweier Chromosomen vielleicht nicht genügend Rech- nung getragen hat. An Präparaten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt sind, können übrigens sehr leicht mit ihren Enden nahe beisammen liegende Chromosomen eine einheitliche zweischenklige Schleife vortäuschen. Auf diesen Nachteil, den die Eisenhämatoxylin- färbung für die Chromosomenzählung mit sich bringt, hat bereits Gregoire (09) in der Diskussion über die Chromosomenzahl von Zoogonus hingewiesen. Aus diesem Grunde haben wir es vor- gezogen, unsere Chromosomenzählungen in der Regel an Objekten auszuführen, die mit Delafieldschem Hämatoxylin gefärbt waren. In Anbetracht der besonderen Schwierigkeiten, die sich, wie wir gesehen haben und an späteren Beispielen noch zeigen werden, der gegenseitigen Abgrenzung der einzelnen Chromosomen ent- gegenstellen, wenn dieselben ihre definitive Form erreicht haben, erschien es wünschenswert, auch frühe Prophasen der Embryonal- zellenmitosen zu untersuchen. Ein solches Stadium eines segmen- tierten Knäuels stellt Fig. 4 dar. Freilich erfordert es viel Mühe, die den Kernraum durchziehenden, sich vielfach überkreuzenden und in diesem Zustand nur schwach gefärbten Fäden zu verfolgen. Aber in günstigen Fällen kommt man hier zu ganz sicheren Resultaten. So sind in dem vorliegenden Kern neben dem kleinen zentral gelegenen Nukleolus in Übereinstimmung mit den bisher gezeigten Fällen gleichfalls zwölf Schleifen zu zählen. Wie in den 10 F. Wassermann: späten Prophasen und Äquatorialplatten die definitiven Chromo- somen von verschiedener Länge sind, so kann man auch hier zwei ganz besonders kurze Fäden zeigen, die links oben gelegen sind, und zwei besonders lange, von denen das eine S-förmige rechts und nahe der Kernmembran und das andere spiralig ein- gerollte am unteren Kernpol sich befindet. Der nächste in der Fig. 5 dargestellte Fall betrifft die Äquatorialplatte einer Furchungsmitose, deren Chromosomen sämtlich in einer Ebene gelegen und radiär angeordnet sind. Diese Teilungsfigur, welche vollständig in dem betreffenden Schnitt gelegen ist, scheint für die Chromosomenzählung ganz besonders günstig zu sein. Sonderbarerweise findet man nun hier nicht, wie die bisher angeführten Beispiele es erwarten liessen, zwölf Chromosomen und auch nicht zehn, welche Anzahl die meisten von Goldsehmidt (05, 09) aufgezeichneten Äquatorialplatten ent- halten, sondern man zählt deren elf. Dieses unerwartete Zählungs- resultat lässt sich nur dann zugunsten der Goldschmidtschen Normalzahl abändern, wenn man die beiden oben gelegenen, mit den zentralen Enden nahe zusammenstossenden Elemente als ein einziges umgebogenes auffassen wollte. In den Bildern Gold- schmidts (09), z. B. in Fig. 5 oder 10 (Taf. 24) sind solche schleifenförmige Chromosomen mit etwa gleich langen Schenkeln zu sehen. Indessen konnten wir uns in diesem Falle zu einer solchen Auffassung nicht entschliessen und müssen daher die Tatsache, dass hier elf Chromosomen vorliegen, bestehen lassen. Das nächste Bild, Fig. 6, stellt einen analogen Fall dar, indem wir hier in anscheinend ganz klarer Weise 13 Chromo- somen zählen. Freilich könnte auch hier die Frage erhoben werden, ob nicht die zwei oben gelegenen und rechtwinklig gegeneinander gestellten Stäbe, von denen der rechte deutlich längsgespalten ist, nicht etwa die beiden Schenkel eines Elementes darstellen. Aber auch hier wollten wir lieber den ungewöhnlichen Befund einer ungeraden Chromosomenzahl regi- strieren, als die Tatsachen einer Auffassung unterordnen. Dieser Fall, bei dem wir mehr als zwölf Chromosomen fest- stellen mussten, soll uns zu der Äquatorialplatte der Fig. 7 über- leiten, in der wir ganz einwandfrei 14 Chromatinteile zählen können. Dies ist wenigstens das Resultat einer unvoreingenommenen Fest- stellung, an der an und für sich nicht zu zweifeln ist. Auch hat Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 11 ja Gregoire (09) gleichfalls sowohl 12 als auch 14 Chromosomen bei Zoogonus gefunden. Anzweifeln liesse sich dieser vorliegende Befund nur durch die Vermutung, dass etwa unter dem Einfluss der Fixierung bei einzelnen Chromosomen eine Zerschnürung stattgefunden hätte, eine Möglichkeit, auf die bereits hingewiesen wurde. Insbesondere die beiden nahezu gleich langen, mit ihren etwas aufgebogenen Enden aneinanderstossenden Stäbe, die sich im rechten oberen Quadranten des Zellenquerschnittes befinden, könnten zu dieser Vermutung Anlass geben. Es wird vielleicht zunächst befremden, dass wir der Frage, ob wirklich 14 Chromo- somen neben der zunächst ermittelten Zwölfzahl vorkommen, so skeptisch gegenüber stehen. Weitere Darlegungen werden dies jedoch begreiflich machen. In der vorliegenden Fig. 7 nur zehn Chromosomen festzustellen, wäre aber durchaus unmöglich. Selbst wenn man die oben erwähnten beiden Chromosomen als ein ge- knicktes und die links oben von ihnen gelegenen beiden, bogen- förmig gegeneinander geneigten und endlich die beiden senkrecht unter den oben genannten, übereinander gelegenen als je ein hakenförmiges Chromosom ansprechen wollte, wozu aber nur unter gewissen in der Fixierung oder Färbung gelegenen und hier nicht gegebenen Umständen Veranlassung bestände, auch dann käme man erst auf elf Elemente. Andererseits ist es bei diesem Beispiel, ebenso wie bei allen bisher gezeigten, als völlig ausgeschlossen zu erachten, etwa 24 Chromosomen herauszufinden. Wir sehen nicht einmal die Möglichkeit, zu erklären, auf welch irrtümliche Weise man in unseren Fällen zu dieser hohen von Schreiners (08) gefundenen Chromosomenzahl gelangen könnte. Auch die nächste Äquatorialplatte, Fig. 8, ist nicht dazu geeignet. volle Sicherheit über das wirkliche Vorkommen von 14 Chromosomen zu geben, obwohl auch hier die Summe sämt- licher in der Zeichnung sichtbarer Gebilde die Zahl 14 ergibt. Von dem runden Chromatinkörper nämlich, der oben links von dem terminal längsgespaltenen Chromosom liegt, ist es zweifel- haft, ob er nicht der Rest des Nukleolus ist. v. Schustow (12) hat gelegentlich noch in den Metaphasenstadien der Wurzelspitzen- zellen von Allium cepa mittels der spezifischen Färbung einen Nukleolus feststellen können, der bei gewöhnlicher Kernfärbung sicher für ein Chromosom gehalten würde. Dann bestehen Bedenken über die Natur des einheitlich gezeichneten haken- 12 F. Wassermann: förmigen Chromosoms, welches im Zentrum des Sternes zu sehen ist. Es ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob hier nicht zwei kleine Chromosomen vorliegen. Wenn man ferner die Äquatorialplatte der Fig. 9 betrachtet, so sieht man neben den 13 grossen und bis auf das längsgespaltene links oben gelegene !) durchaus radiär angeordneten Chromosomen noch drei kleine Elemente in der Mitte; zählt man diese als vollwertige Uhromosomen mit, so ergeben sich 16 Elemente. Wir möchten es bei der auffallenden Kleinheit besonders zweier dieser (rebilde nicht für wahrscheinlich halten, dass sie sämtlich als Chromosomen anzusprechen sind, aber eme Entscheidung über die wirkliche Chromosomenzahl ist eben auch hier nicht zu treffen. Man kann lediglich sagen, dass deren 12—14 vorhanden sind. Zu der sicheren Konstatierung von 14 Chromosomen ge- langen wir dagegen bei der Analyse der Äquatorialplatte, welche in Fig. 10 wiedergegeben ist. Hier kommt die Möglichkeit, dass je zwei mit ihren zentralen Enden einander zugeneigte Stäbe in Wirklichkeit als einheitliche umgebogene aufzufassen seien, gar nicht in Betracht. Die Chromosomenenden sind ebenso deutlich wie auf der Zeichnung voneinander getrennt. Im Anschluss an diese Figur wollen wir noch einer Fest- stellung des Ehepaares Schreiner (08) in bezug auf die Chromo- somen bei Zoogonus gedenken. Die Autoren sagen nämlich: „In allen Mitosen, die uns klar zur Ansicht gekommen sind, sowohl in Embryonalzellen, wie in Oo- und Spermatogonien (nur mit Ausnahme der ersten Furchungsmitosen und selbstverständlich der Reifungsmitosen), zeigen nun bei Zoogonus die Chromosomen eine ausgeprägte paarige Gruppierung. Die Paarlinge sind von gleicher Länge und ihre zentralen Enden liegen einander ganz nahe (vel. 1. c. Fig. 26, wo die Einstellung der Chromosomen in die Teilungsebene jedoch noch nicht zu Ende gebracht ist).“ Wir glauben nicht, dass ein Betrachter unserer Figuren aus ihnen eine Bestätigung dieser von Schreiners hervorgehobenen Be- ziehung zwischen je zwei Chromosomen wird herauslesen können. Allerdings konvergieren, wie wir oft betont haben, sehr häufig je zwei Chromosomen mit ihren zentralen Enden. Diese weit- 1) Dieses Chromosom liegt als einziges in einem vorhergehenden Schnitt durch die vorliegende Zelle. In diesem einen Fall wurde, da hier ein Irrtum unmöglich erschien, eine Kombination zweier Schnitte vorgenommen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 13 gehende Annäherung tritt aber anscheinend regellos zwischen einem oder mehreren Chromosomenpaaren einer Äquatorialplatte auf und man kann darin doch nicht den Ausdruck einer be- sonderen Beziehung zwischen den betreffenden Chromosomen sehen. Dazu kommt noch, dass solche „Paarlinge“ nicht, wie Schreiners es gesehen haben wollen, von gleicher Länge sind, sondern dass sie, wie die Fig. 9 und 10 zeigen, von recht verschiedener Grösse sein können. Eine Frage, die von der eben besprochenen verschieden ist, ist aber die, ob die Chromosomen der einzelnen Teilungsfiguren, abgesehen von ihren gegenseitigen Lagebeziehungen, etwa in ihren (Grössenverhältnissen konstante relative Maße aufweisen. Dass dem vielleicht so sein könnte, erscheint nicht ausgeschlossen, wenn man die Chromatinfäden des Prophasenknäuels der Fig. 4 sowie die Chromosomen der von den Embryonalzellenmitosen zuerst gezeigten Äquatorialplatte (Fig. 2) hinsichtlich ihrer Länge untersucht. Man kommt dabei, wie die nebenstehenden, die Chromosomenlängen veranschaulichenden Textfig. 1 und 2 zeigen, Fig. 1. Fig. 2. zu dem Ergebnis, dass in beiden Fällen je ein Paar Chromosomen durch besondere Länge und je ein Paar durch besondere Kürze sich von den anderen unterscheiden, die ihrerseits wieder zu Paaren von annähernd gleicher Länge zusammengeordnet werden können. An die Möglichkeit konstanter relativer Chromosomen- grössen in unserem Fall zu denken, lag um so näher, als, wie wir später zeigen werden, auch unter den reduzierten Uhromatin- schleifen der Oozyten im Bukettstadium regelmässig ein langes und eın kurzes Chromosom unter den anderen auffällt. Aber abgesehen davon, dass der Versuch, bei den anderen Mitosen ebenfalls gleich lange Chromosomen festzustellen, kein positives Ergebnis zeitigt, ist das vorliegende Material zu klein und, wie aus dem bisher Mitgeteilten hervorging, vor allem zu arm an wirklich klaren Stadien, als dass es eine Seen sichere Basis für eine solche Untersuchung sein könnte. 14 F. Wassermann: Zu der Frage nach der spezifischen Chromosomenzahl bei Zoogonus mirus zurückkehrend, fassen wir zunächst unsere Befunde kurz zusammen. Wir können in einigen Fällen mit Sicherheit zwölf Chromosomen zählen. Zu dieser Kategorie von Mitosen gesellen sich dann noch die in den Fig. 13—16 wiedergegebenen Oogonien-Teilungen, bei denen ebenfalls zwölf Chromosomen vor- handen sind. In zwei Fällen mussten wir uns mit der Feststellung von 11 resp. 13 Chromatinteilen zufrieden geben. Wir können aber in Anbetracht der möglichen Fehlerquellen nicht glauben, dass diesen Teilungsfiguren mit anscheinend ungeraden Chromosomen- zahlen eine Bedeutung zukomme. Dann besprachen wir Beispiele von Mitosen, die zwar die Annahme, es könnten bei ihnen 14 Chromo- somen vorliegen, sehr wahrscheinlich machten, die aber nicht ganz eindeutig analysiert werden konnten. Schliesslich zeigten wir aber doch eine Äquatorialplatte, in der ganz sicher 14 Chromosomen liegen. Wiederholt hatten wir Gelegenheit, zu betonen, dass so hohe Chromosomenzahlen, wie sie von A. und K.E. Schreiner mit erstaunlicher Sicherheit zum Teil an denselben Mitosen, an denen Goldschmidt weniger als die Hälfte gezählt hatte, festgestellt worden sind, unmöglich vorhanden sein können. Bedenkt man, dass es lediglich diese irrtümlichen Zählungen waren, welche das Ehepaar Schreiner, das ja hinsichtlich der in die erste Reifungs- teilung eintretenden Chromosomen mit Goldschmidt überein- stimmte, zur Ablehnung des Primärtypus der Reduktion führten, so begreift man, warum Goldschmidt dieser „Widerlegung“ gegenüber mit solcher Entschiedenheit auf seinem Standpunkt beharren konnte. Die von Goldschmidt (05, 09) als die typische angegebene Zehnzahl der Chromosomen, neben der er zufolge von Befunden an Stadien der II. Reifungsteilung auch die Zwölfzahl als Variation für möglich hält, konnten wir freilich ebensowenig finden. Nun ist ja für eine Reihe von Bildern Goldschmidts (09), die wie die Fig. 10, 16, 20b nach seiner Auffassung mit unbestreit- barer Sicherheit genau zehn Chromosomen erkennen lassen, von Gregoire (09) festgestellt worden, dass auch in diesen Fällen mehr als zehn, meistens zwölf Chromosomen gegeneinander ab- gegrenzt werden können. Bemerkenswert ist auch, dass es unter den Dokumenten, die Goldschmidt (09) zur Sicherstellung seiner Normalzahl vorführt und die den Zeichnungen nach alle diesen Zweck in gleich einwandfreier Weise zu erfüllen scheinen, zwei, Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 15 durch die Fig. 5 und S repräsentierte gibt, von deren Entzifferung ein Mikroskopiker wie Gr&egoire glaubte absehen zu sollen, weil dabei kein hinreichend sicheres Resultat erzielt werden könnte (Gregoire, 1. c., S. 253). Immerhin wollte Gregoire das ge- legentliche Vorkommen der Zehnzahl nicht leugnen und man wird angesichts von Bildern, wie sie in den Fig. 7a und b von Gold- schmidt (09) niedergelegt sind, geneigt sein, diesen Standpunkt zu teilen. So können wir unter Einrechnung aller beobachteten und von Goldschmidt und Gregoire mitgeteilten Fälle der Ansicht des letztgenannten beitreten, dass die Chromosomenzahl von Zoogonus 10—14 betrage. Dieses Resultat ist allerdings kein befriedigendes im Hinblick auf das Gesetz der Konstanz der Chromosomenzahl. Aber es ist bekanntlich auch kein ungewöhnliches, sondern man begegnet sogar in der Regel derartig unbestimmten Angaben über die Chromosomen- zahl der jeweils untersuchten Arten. Dafür liessen sich Beispiele in grosser Zahl anführen. So entnehmen wir der Zusammenstellung, die M. Athias (1912) über die bei Säugetieren ermittelten Chromo- somenzahlen gibt, dass nicht nur die Angaben verschiedener Unter- sucher über ein und dasselbe Objekt differieren, sondern dass die einzelnen Autoren selbst bei ihren Zählungen zu Resultaten von beträchtlicher Schwankungsbreite kamen; Athias z.B. findet bei Eliomys querquus 16—32 Chromosomen. Aber auch wenn die Chromosomenzahl gering ist. wie in unserem Fall, kann sie oft- mals nicht sicher ermittelt werden; so vermag Kühn (1908) für Daphnia pulex nicht zu entscheiden, ob acht oder zehn Chromosomen vorhanden sind. Angesichts ähnlicher Angaben, die ihm darzutun scheinen, dass die Chromosomenzahl in den somatischen Zellen „nicht ganz streng“ sei, kommt ein so skeptischer Kritiker der herrschenden zellulären Theorien wie R. Fick (06) gleichwohl zu dem Schlusse: „Immerhin dürfen wir einstweilen doch wohl als Regel annehmen, dass einer Organismenart eine bestimmte Chromosomenzahl zukommt und dass diese Chromosomenzahl sich in allen Körperzellen der betr. Art konstant erhält.“ Aber es fehlt auch nicht an Stimmen, die sich gegen die allgemeine Gültigkeit des Gesetzes von der Konstanz der Chromosomenzahl aussprechen. So hat in neuester Zeit (1911) de la Valle (zitiert nach R. H. Erdmann [1912]) im Peritoneum von Salamandra Chromosomenzahlen von 19—27 konstatiert und dabei berechnet, 16 F. Wassermann: dass 24 die häufigste Zahl ist, und dass sich die vorliegende Schwankungsbreite als ein Fall von fluktuierender Variation auf- fassen lässt. Daraus erkennt man, welch überraschende Gesichts- punkte durch eine sorgfältige und quantitativ zureichende Unter- suchung hier gewonnen werden können und wie wenig andererseits die üblichen Angaben über die spezifischen Chromosomenzahlen und also auch die für unseren Fall vorliegenden geeignet sind, zum Ausgangspunkt für Schlüsse allgemeiner Art zu dienen. Wenn uns also dem Dargelegten zufolge eine Stellungnahme für oder gegen das Gesetz der Zahlenkonstanz nicht zukommt und auch das oben aufgestellte Resultat der die Ohromosomenzahl des Zoogonus betreffenden Ermittelungen, das die verschiedenen Möglichkeiten noch ofien lässt, für unseren Fall eine ausreichende Sicherheit besitzt, so können wir zum Schlusse dieser Betrachtung doch darauf hinweisen, dass der Zwölfzahl gegenüber den Zahlen 10 und 14 eine ungleich höhere Wahrscheinlichkeit zukommt. Und auch bei einer solchen Präzisierung unseres Standpunktes befinden wir uns im Einklang mit Gregoire. Zu dieser Stellung- nahme berechtigt uns nicht nur der bereits hervorgehobene Um- stand, dass die Zahl 12 allein jeweils einwandfrei zu ermitteln war, wenn wir von der einen Äquatorialplatte mit 14 Chromo- somen zunächst absehen, sondern vor allem auch die Heranziehung gewisser die reduzierte Anzahl von Kernschleifen enthaltender Oozytenkerne. Sämtliche pachytänen Kerne nämlich, die wir später vorführen werden (Fig. 33—44) und die wir als die einzigen Stadien mit absolut sicher bestimmbaren Chromosomenzahlen bezeichnen müssen, enthalten sechs Chromatinteile; ein solcher Kern, der sieben Schleifen enthalten hätte, ist uns nie begegnet und wir haben nur einen einzigen Knäuel mit sieben segmen- tierten Teilstücken zu verzeichnen. Demgegenüber fällt es wenig ins Gewicht, wenn wir schliesslich bei dem Versuch, die Chromo- somen der ersten Reifungsteilung zu zählen, in dem Bestreben, den Voruntersuchern gerecht zu werden und nicht zu wenig Elemente anzunehmen, als mögliche Maximalzahl 7 angeben werden; denn in diesen Fällen werden wir sehen, dass die Ungunst des Objekts ganz sichere Zählungen unmöglich macht. Es kommt aber noch ein weiterer Punkt hinzu, der zugunsten der Annahme, die Zahl 12 sei die spezifische, verwertet werden kann. Die Mitose der Fig. 6 nämlich, in der wir 13 Chromatinteile fest- Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 17 stellen müssen, entstammt als Furchungsteilung dem Uterus des- selben Tieres, dessen somatische Teilung, Fig. 1, nur 12 Chromo- somen aufweist und, ein Fall, der noch wichtiger ist, die Äquatorial- platte der Fig. 10, die einzige, in der anscheinend einwandfrei 14 Chromosomen zu zählen sind, wurde im Uterus eines Tieres gefunden, in dessen Ovarium die beiden in den Fig. 38 und 39 abgebildeten Bukettstadien mit je sechs Chromatinschleifen liegen. Diesen Unstimmigkeiten gegenüber bleibt nur die Frage, ob man annehmen darf, dass etwa nicht einmal die Zellen ein und des- selben Organismus von gleicher Chromosomenzahl seien, oder ob man nicht vielmehr den gelegentlichen Befund von 14 Chromo- somen, der dem Augenschein nach zunächst nicht zu bezweifeln ist, einer Zerschnürung einzelner Chromosomen in scheinbar selbständige Elemente zur Last legen soll. Eine Entscheidung dieser Frage ist freilich nicht zu treffen. Aber auch der letzt- genannte Punkt scheint im Zusammenhalt mit den übrigen die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass in der Regel für Zoogonus mirus 12 Chromosomen typisch sind, und dass 14 Chromosomen resp. 7 reduzierte Elemente nur ausnahmsweise einmal als atypisches Vorkommnis angetroffen werden. D. Oogonien. Der Aussenfläche des etwa birnförmigen Ovariums zunächst gelegen findet man einzelne Oogonien (Fig. 11 und 12). Ihre Zahl ist jeweils lange nicht so gross, dass sie eine geschlossene Aussenzone des Ovariums zu bilden vermöchten, sondern sie be- finden sich in der genannten Lage einzeln oder nur mit einigen wenigen anderen zusammen; daher trifft man höchstens vereinzelte Nester in der Peripherie des Ovariums, zwischen denen auch Oozyten in jungen Entwicklungsstadien an die Aussenfläche der Keimdrüse gelangen. Die Oogonienkerne sind durch eine fein- körnige Verteilung des Chromatins charakterisiert. Sie sind von rundem oder ovalem Durchschnitt und besitzen einen kleinen Nukleolus. Das zum Oogonienkern gehörige Plasmaterritorium lässt sich nicht abgrenzen, doch können wir aus der Tatsache, dass die Kerne den nachbarlichen Oogonien- oder Oozytenkernen sehr oft fast bis zur Berührung angenähert und andererseits beinahe bis zum Oberflächenniveau des Ovariums herangerückt sind, schliessen, Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. IL 2 — Rn F. Wassermann: dass nur ein äusserst dünner Protoplasmamantel zu einem solchen Kern gehören kann. Die Grösse der Oogonienkerne schwankt innerhalb enger Grenzen. Was die Teilungen der Oogonien betrifft, so findet man in der Mehrzahl der Ovarien überhaupt keine und nur selten einmal eine vereinzelte. Dieser Befund macht die Angabe Goldschmidts (1905), dass niemals Teilungsfiguren im Ovarium zur Beobachtung kämen, verständlich. Man gewinnt hiernach den Eindruck, als ob im geschlechtsreifen Zoogonus nur noch eine sehr spärliche Ver- mehrung der Eier stattfände. Zieht man dazu in Betracht, dass das ÖOvarıum dieses Trematoden überhaupt keine grosse Anzahl von Eiern enthält — es können rund 50 Kerne in demselben gezählt werden — so muss uns eine etwaige spärliche Eiproliferation von einem allgemein biologischen Gesichtspunkte aus noch merk- würdiger erscheinen. Es ist bekannt (siehe Korschelt und Heider, 1902, S. 251), dass die parasitischen Cestoden und Trema- toden bei ihrem komplizierten Entwicklungsgang, in dessen Ver- lauf die meisten Eier und Larven zugrunde gehen, eine „enorme Menge von Eiern“ hervorbringen. Zoogonus würde nach unseren Befunden dieser Erfahrung nicht entsprechen. Dass aber die Proliferation der Eier periodisch vor sich gehe, was Schellen- berg (1911) für Fasciola hepatica in Betracht zieht, können wir in unserem Fall kaum für wahrscheinlich halten, da doch das untersuchte wie auch schon Goldschmidts Material in verschiedenen Jahreszeiten gesammelt wurde und -— dies gilt besonders für unsere Objekte — von verschiedenen Fundorten stammt. Die beobachteten Oogonienteilungen sind in den Fig. 13—17 abgebildet. Es handelt sich hierbei um eine frühe und eine späte Prophase (Fig. 13, 14), um zwei Metaphasenstadien (Fig. 15, 16) und um eine Telophase (Fig. 17). Wenn die Chromosomen dieser Mitosen gezählt werden können, wie in den beiden Metaphasen- bildern und der frühen Prophase, so ergibt sich, dass sie in der Zwölfzahl, die wir als Normalzahl des Zoogonus erkannt haben, vorliegen. E. Die Oozyten-Entwicklung. Nach der Mitteilung des Wenigen, was wir über die Vogonien in Erfahrung gebracht haben, werden wir die Ei-Entwickung im engeren Sinn, die Oozyten-Genese, in drei aufeinanderfolgenden Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 19 Perioden, welche durch ganz natürliche Grenzen voneinander ge- schieden sind, schildern. Die I. Periode umfasst den Entwicklungs- gang der Oozyten bis zum Bukettstadium oder, im Hinblick auf die Bedeutung dieses Abschnittes gesprochen, die Chromatin- umlagerungen des Oozytenkerns, welche zur Entstehung der reduzierten Anzahl von Chromosomen führen. Die folgende Etappe der Oogenese lässt sich als die Hauptwachstumsperiode der Eier bezeichnen; morphologisch betrachtet ist diese II. Periode durch den wiedereingetretenen Ruhezustand des Oozytenkerns gekenn- zeichnet. Und schliesslich folgt dann als III. die Periode der beiden Reifungsteilungen. I. Periode der Dozyten-Entwicklung bis zum Bukett- stadium. a) Die Befunde. Ausser den Oogonienkernen wird zumeist ebenfalls in der Peripherie des Ovariums noch eine zweite Art von Kernen gefunden, die sich von ersteren insbesondere durch ihre Struktur unter- scheiden (Fig. 18). Auch sind diese Kerne in der Regel.oval und ihr Nukleolus liegt einem Pol nahe. Was ihre Struktur anlangt, so sind sie, im Gegensatz zu den Oogonienkernen mit ihren dem Kerngerüst eingelagerten Chromatinkörnern, gleichmässig von einem feinmaschigen Netz schwachgefärbter Fäden erfüllt; nur die Knotenpunkte des Netzes treten als feine dunklere Punkte etwas stärker hervor. Es kann als Charakteristikum dieser Kerne an- geführt werden, dass in vielen Fällen, wohl unter dem Einfluss der Fixierung, ihr Inhalt von einem Kernpol, zumeist demjenigen, welchem der Nukleolus benachbart liegt, ein wenig zurückgezogen ist. Es handelt sich also um Kerne, die von wesentlich zarterem, unseren Reagenzien gegenüber ungleich empfindlicherem Bau sind als die Oogonienkerne. In diesen so charakteristischen Kernen haben wir, wie ihre weiteren Veränderungen zeigen, Oozytenkerne!') zu sehen. Diese Ausgangsstadien der Oozyten-Entwicklung erfahren nun Veränderungen, die allerdings bei der Kleinheit der Objekte '!) Es wird später (S. 48) erörtert werden, aus welchen Gründen wir diese Öozytenkerne nicht für die aus der letzten Oogonienteilung hervor- gegangenen Oozytenruhekerne halten können. 9% - 20 F. Wassermann: und bei ihrer offenkundigen Labilität gegenüber den Wirkungen der Fixierung nicht leicht zu erkennen sind. Es kommen Kerne zur Beobachtung, die sich zunächst gar nicht von den vorher be- schriebenen zu unterscheiden scheinen, in deren Inneren man aber bei genauer Betrachtung des Kernnetzes ein paar kompaktere Züge wahrnimmt (Fig. 19). Dann begegnen wir Stadien mit be- reits bedeutend weiter fortgeschrittener Herausarbeitung solcher Strukturen (Fig. 20). Wir sehen auf dem Bild eines derartigen Kernes, das die komplizierte Wirklichkeit natürlich nicht absolut getreu, sondern nur ihrem wesentlichen Eindruck nach wieder- gibt, schon eine ganze Anzahl von teils scholligen, teils strang- föürmigen und oft abgebogenen Bildungen. Diese sind von sehr lockerem Bau und haben keine scharfen Konturen. Wenngleich sie nur schwach gefärbt sind, so besitzen sie doch eine unver- kennbare Affinität zu den Kernfarbstoffen, so dass wir sie als CUhromatin-Ansammlungen bezeichnen dürfen. Kernbilder, die von dem Ausgangsstadium nun schon stark abweichen, sind dann in den Fig. 21 und 22 als die Repräsen- tanten eines weiteren Entwicklungsstadiums der Oozyte wieder- gegeben. Der gesamte Inhalt dieser ovalen, einen polständigen Nukleolus enthaltenden Kerne hat sich infolge von Schrumpfung etwas von der Membran zurückgezogen. Dies ist um so bemerkens- werter, als die vorliegenden Objekte aus Ovarien stammen, deren übrige Kerne auf das beste konserviert sind. Es scheint also, dass auch diesen Kernen noch eine besonders empfindliche Struktur eigen ist und wir werden später bei der Besprechung der Synapsis- trage Beispiele dafür geben, dass die Schrumpfung bei diesen Kernen unter Umständen sehr weit gehen kann. Bei der Be- trachtung dieser Kerne gewinnen wir den Eindruck, dass das ursprüngliche feinfädige Gerüst nunmehr fast ganz von den ent- standenen chromatischen Elementen aufgebraucht worden ist. Nur- mehr Reste desselben sind zwischen den neuen Inhaltsgebieten des Kernes wahrzunehmen. Die neben den chromatischen Zügen noch erhaltenen Gerüstreste sind aber nicht von der Beschaffenheit des ursprünglichen Kernnetzes, sind nicht Teile eines Maschen- werks, sondern bestehen aus einzelnen oder auch zu zweien parallel verlaufenden feinen Fäden. Letztere Anordnung ist, da die betr. Fäden hier oberflächlich liegen, besonders gut in Fig. 21 zu sehen. So können wir aus dem Vergleich dieses älteren Kernes mit dem Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 21 Ausgangsstadium eine Vorstellung gewinnen über die Art, wie die nunmehr vorhandenen Chromatinelemente entstanden sein werden. Es ist anzunehmen. dass sich der Prozess mit einer Reduktion des Kerngerüstes einleitet; aus dem feinmaschigen Netzwerk bilden sich vielleicht durch Zusammentfliessen der auf den anastomosierenden Fäden feinstverteilten chromatischen (?) Substanz auf wenige Haupt- strassen einzelne Fäden, von denen je zwei sich aneinanderlagern. Und wenn wir weiter schliessen, dass möglicherweise aus einen Doppelfädchen ein dickeres Chromatinelement sich entwickelt, so gründen wir diese Annahme auf den gleichfalls in Fig. 21 so deutlich in Erscheinung tretenden Umstand, dass die Chromatin- bänder hie und da an einem oder beiden Enden sich in zwei dünne, vielleicht spiralig umeinander gewundene Fädchen fort- setzen. Keinem, der mit der Literatur über die Entwicklung der generativen Zellen vertraut ist, wird die Ähnlichkeit dieser Bilder mit jenen entgehen, die z. B. bei Tomopteris-Spermatozyten beobachtet und für die Theorie von der Parallelkonjugation in Anspruch genommen worden sind. Wir werden später Gelegenheit nehmen, auf diese allgemeinen Gesichtspunkte näher einzugehen.') Was die Chromatinfäden anlangt, welche die vorliegenden Kerne in den verschiedensten Richtungen durchziehen, so sind sie an- scheinend ganz locker zusammengefügt und an ihrer Oberfläche aufgerauht. Sie besitzen, wenn sie auch zum Teil noch durch das Substrat, auf dem sie entstanden sind, nämlich durch das Kern- netz oder dessen Reste zusammenhängen, doch eine so deutliche Selbstständigkeit, dass man längere oder kürzere Einzelelemente voneinander unterscheiden kann. An eine Zählung derselben ist aber natürlich nicht zu denken. Ferner sei noch eigens hervor- gehoben, weil wir von dieser Tatsache bei der Begründung unserer Seriierung der Oozyten - Entwicklungsstadien Gebrauch machen werden, dass die Chromatinfäden und -schleifen keine bestimmte Richtung ihres Verlaufes erkennen lassen und dass insbesondere von einer Orientierung derselben gegen einen Pol des ovalen Kerns keine Rede sein kann. Der Prozess der Herausdifferenzierung von selbstständigen Chromatinelementen, den wir in den bisher gezeigten Oozyten- kernen sich einleiten und ablaufen sahen, hat in dem Stadium !) Siehe S. 60 und S. 74. 22. F. Wassermann: der Fig. 23, Textfig. 3') seinen Abschluss erreicht; hier sind alle Chromosomen ausgebildet und keine feinen Gerüstfäden mehr zwischen ihnen zu sehen. An einzelnen von ihnen, so an den Chromosomen 9 oder 3, fällt eine, allerdings nur eben wahr- nehmbare Duplizität des Baues auf. Man hat den Eindruck, als ob zwei parallel liegende Reihen feinster Chromatinkörnchen, die eine ganz schmale Lichtung zwischen sich lassen, das Chromosom zusammensetzten. Die einzelnen Elemente sind von ver- schiedener Länge, das mit 1 bezeichnete fällt durch seine besondere Kürze auf. Von wesentlicher Bedeutung aber ist die Tatsache, dass es gelingt, die Fäden und Schleifen zu zählen. Es sind wahrschein- lich deren zwölf vorhanden; wenn aber auch über die Selbstständigkeit eines oder des anderen Elementes gestritten werden könnte, soviel ist hier wie bei den nachher zu besprechenden Kernen des gleichen Stadiums ganz sicher, dass die Normalzahl der Chromosomen und nicht die haploide Anzahl vorliegt; und so können wir sagen, dass in den Oozyten vielleicht durch Aneinanderlagerung je zweier feiner Chromatinfäden zwölf Chromosomen entstehen. Es ist möglich, wie auch noch andere Beispiele zeigen werden, dass zunächst an den Chromosomen ihre ursprüngliche Duplizität in Erscheinungen, wie die oben erwähnten, sich noch bemerk- bar macht, aber solche Strukturen scheinen sich nicht lange zu erhalten, denn die Mehrzahl der Schleifen ist von einheit- lichem, lockeren Gefüge. In dem vorliegenden Kern könnte man die Chromosomenanordnung zunächst als eine bestimmte ') Zu den nunmehr vorzuführenden Figuren sei bemerkt, dass sie bis auf eine (Fig. 54) Totalbilder der untersuchten, immer vollständig im Mikrotom- schnitt gelegenen Kerne sind. Bekanntlich ist die Orientierung in einer derartigen plastischen Wiedergabe des ganzen Kerninhaltes, von dem der Untersucher selbst oft erst nach tagelanger Durcharbeitung eine räumliche Vorstellung gewinnt, mit Schwierigkeiten verbunden. Wir hoffen diesen zu begegnen, wenn wir zu jeder Tafelfigur als der möglichst naturgetreuen Abbildung eine auf Grund einer Pause angefertigte schematische Abbildung im Text geben, auf der infolge Überlagerung verdeckte, aber für die Auf- fassung wichtige Stellen sichtbar gemacht und die Chromosomen und Knäuel- segmente zwecks leichterer Verständigung mit Nummern bezeichnet sind. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 23 betrachten, weil tatsächlich die Mehrzahl der Fäden in der Längs- richtung des Kernes verlaufen. Eigentlich fallen nur die Chromo- somen 5 und S aus diesem Plane heraus. Wenn wir aber dann noch eine Reihe von Oozyten derselben Entwicklungsstufe vor- geführt und dabei gezeigt haben werden, dass bei ihnen eine bestimmte Orientierung der Chromosomen nicht festzustellen ist, so werden wir den Verhältnissen des vorliegenden Beispiels keine grosse Bedeutung zuerkennen wollen. Sei es, dass die Orien- tierung der Schleifen in der Längsrichtung des Kernes hier nur zufällig, vielleicht in Anpassung an die Raumverhältnisse zustande kam, sei es, dass sie ein Produkt der Fixierung wäre, welche Möglichkeit der Vergleich mit einem anderen später zu erörternden Fall (Fig. 54, siehe S. 42) bedenken lässt, sei es endlich, dass diese Oozytenkerne wirklich für eine ganz kurze Zeit bestimmt gerichtete Chromosomen besitzen, jedenfalls hat diese Erscheinung nichts mit der viel charakteristischeren anderen zu tun, die wir in dem Bukettstadium als polare Orientierung der Chromatin- schleifen bezeichnen werden.) In dem Oozytenkern der Fig. 24 sehen wir gleichfalls eine grössere Anzahl selbständiger Chromatinteile. Die mit 1 und 6 (Textfig. 4) bezeichneten scheinen längsgespalten, letzteres aller- dings nur an seinem oberen Ende. Eine Zählung der Kerngebilde ergibt wiederum die Zahl 12. Auch der in Fig. 25, Textfig. 5, abgebildete Kern enthält die Chromatinelemente in der Normalzahl. Freilich macht hier die Zählung recht grosse Schwierigkeiten. So ist z. B. nicht ganz sicher zu entscheiden, ob die mit 11 und 12 bezeichneten Elemente wirklich mit ihren freien Enden zusammenstossen oder ob es sich !) Siehe die Anmerkung auf S. 42. 24 F. Wassermann: hier um ein abgeknicktes Chromosom handelt. Die Schwierig- keiten, welche der genauen Zählung der Chromosomen in solchen Stadien entgegentreten, sind ja bekannt und oft hervorgehoben worden. Denn wir müssen vom rein morphologischen Standpunkt aus diese Kerne jenen Stadien der Mitose vergleichen, die man Prophasenstadien oder segmentierte Knäuel nennt. Wenn wir diese Bezeichnung hier nicht anwenden, so geschieht es natürlich, was den Ausdruck „Prophasenkerne“ anlangt, um nichts über die Bedeutung dieser Kerne zu präjudizieren. Aber wir werden später (S. 92) an die erwähnte Ähnlichkeit dieser und auch der noch zu zeigenden Oozytenkernbilder mit den Prophasenstadien der somatischen Mitosen allgemeine Erörterungen anknüpfen. Von segmentierten Knäueln aber wollen wir deswegen nicht reden, weil wir diese Bezeichnung auf spätere Entwicklungsformen der Oozytenkerne werden anwenden müssen. Trotz der erwähnten Schwierigkeit im einzelnen lässt sich aber doch sowohl von diesem Kern wie von allen anderen in dieselbe Kategorie gehörigen mit voller Sicherheit angeben, dass sie die Normalzahl der Kernelemente und nicht etwa bloss die haploide Anzahl derselben enthalten. Zwölf Chromosomen zählen wir auch in dem Oozytenkern, welchen die Fig. 26, Textfig. 6 darstellt. (Gegenüber den beiden zuerst gezeigten Stadien dieser Art ist hier zu bemerken, dass ebensowenig wie bei dem vorherigen (Fig. 25) Kern von einer ' bestimmten Orientierung der Elemente ge- sprochen werden kann. Wir bemerken hier, dass einzelne Chromatinelemente mit ihren Enden zusammenstossen. Wir werden aber erst, wenn wir derselben Erscheinung in den weiteren Kernen, wo sie uns noch deutlicher entgegentritt, begegnet sein werden, erkennen, dass diese zunächst nicht beachtenswert erscheinende Aneinanderlagerung der Chromosomen den Anfang eines Prozesses der Chromosomen- verkettung darstellt. Ein ferneres Beispiel für den Oozytenkern mit der Normal- zahl der Chromosomen ist in Fig. 27, Textfig. 7, abgebildet. Auch hier kann man ein Zusammenstossen einzelner Chromosomen mit ihren Enden bemerken. Aber auch in diesem Fall ist diese Beziehung zwischen nahe beieinander liegenden Chromosomen nicht _ Fig. 6. ent Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 2 hervorstechender als in den Prophasenstadien der somatischen Mitosen, wo man denselben Befund bekanntlich sehr oft erheben kann, und man wäre sicher nicht geneigt, ihm angesichts solcher Bilder, wie die Fig. 27 eines darstellt, eine besondere Bedeutung zuzuerkennen. In dieser Beziehung werden wir aber anderer Ansicht, wenn wir die nun zu beschreibenden Kerne betrachtet haben. Da ist zunächst in Fig. 28, Textfig. S zu erkennen, dass dieser Kern mit den vorigen wohl jenes gemeinsame Merkmal besitzt, das im Vorhandensein der Normalzahl der Chromatin- elemente besteht. Aber diese sind nicht mehr wie in dem Kern der Fig. 25 und wie in den anderen wenigstens in der über- wiegenden Mehrzahl unabhängig voneinander im Kernraum ver- teilt, sondern sie stossen zu mehreren mit ihren Enden an- einander, so dass oft nur ein feiner Querspalt die Grenze zwischen ihnen angibt. So sind die Chromosomen 6 und 12, 7 und 9, 10 und 4 und die Chromosomen 1, welches übrigens an seinem Ende gespalten ist, und 8, ferner 2 und 3 hintereinander zu längeren G—— gekerbten Fäden angeordnet. Die JR $ ee) Enden der mit 5 und 6, wie auch /% die Enden der mit 3 und 4 be- zeichneten Elemente stehen einander \ so nahe, dass sie sich nur einander u zuzuneigen brauchen, damit der Pro- fie 9. zess der Chromosomenverknüpfung noch weiter schreitet. Denn um einen fortschreitenden Vorgang handelt es sich, wie wir jetzt erkennen, ohne Zweifel. Die Fig. 29, Textfig. 9, die einen den vorigen entsprechenden Kern darstellt, zeigt dies ebenso deutlich. Hier sind, während 26 F. Wassermann: die Chromosomen 10 und 11 noch ausserhalb des Verbandes der übrigen sind und die Chromosomen 7 und 4 mit ihren freien Enden noch keine weitere Verknüpfung gefunden haben, aus 3—1—5—6 und aus 8—-9—2 schon längere Fäden gebildet worden. Übrigens ist auch hier innerhalb der Chromosomen 8, 3 und 1 an je einer Stelle die Andeutung einer Längslichtung zu bemerken. Nunmehr wollen wir auf die vorher gezeigten Oozytenkerne zurückgreifen und zeigen, dass die Chromosomenverkettung, die uns in den beiden letzten Beispielen in so auffallender Weise entgegentritt, bei jenen in ihren Anfängen zu beobachten ist, dass wir also die Entwicklung dieses allmählich fortschreitenden Vorgangs aus unseren Präparaten erschliessen können. So zeigt uns die Fig. 26, Textfig. 6, dass dort die Chromosomen 6 und 7, wie auch die mit 9 und 11 bezeichneten mit je einem Ende bis auf einen ganz schmalen Spalt einander angenähert sind. Ein etwas grösserer Zwischenraum besteht noch zwischen dem freien Ende von 11 und dem unteren Ende von 10, während 10 und 3 wiederum ein Paar bilden. Wir können jetzt sagen, dass sich in diesem Falle wahrscheinlich aus 9—11—10—3 eine Kette her- gestellt hätte. Und in Fig. 27, Textfig. 7, treffen wir ganz ent- sprechende Verhältnisse. Hier sind die Schleifen 2 und 6 schon ein Paar und mit dem freien Ende steht erstere dem mit 8, _ letztere dem mit 11 bezeichneten Element sehr nahe. 10 und 11 6) konvergieren nach links oben und die Chromosomen 3 und 8 sind mit je einem Ende des hufeisenförmigen Chromosoms 7 in Kontakt getreten. Es ist wahrscheinlich, dass hier eine Verknüpfung der Chromosomen 3—7—8—2—6—11— 10 zu einem längeren Kernfaden zustande gekommen wäre. Die zuletzt vorgeführten Kerne mit Chromosomenketten stellen aber noch nicht das Ende des Prozesses der Chromosomen- verknüpfung dar. Dieser läuft vielmehr weiter, bis ein kontinuierlicher Kernfaden gebildet ist, den man von einem Ende bis zum anderen durch- verfolgen kann. Ein soleher Knäuel ist in Fig. 30, Textfig. 10, wiedergegeben. Man wird sich mit Hilfe des Schemas leicht davon überzeugen, dass der Kernfaden tatsächlich von dem frei in den Kernraum Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 27 ragenden, links oben befindlichen Ende bis zu dem anderen unter dem Nukleolus gelegenen in grossen, in verschiedenen Ebenen gelegenen und sich unter Umständen nach Art eines gelösten Knotens durchsetzenden Windungen durchläuft. Bei der Ver- folgung des Fadens kommt man an drei, im Schema noch ver- deutlichte quere Unterbrechungen, während er sonst ganz einheit- lich ist und seine Entstehung aus zwölf hintereinander gelagerten Einzelelementen ohne die Kenntnis der vorausgehenden Stadien der fortschreitenden Chromosomenverkettung an ihm selbst nicht ersichtlich wäre. Wenn wir uns vor Augen halten, dass dem nahezu ganz einheitlichen Kernfaden Uhromatinformationen von der Art voraus- gegangen sein müssen, wie wir sie bei dem Kern der Fig. 29, Textfig. 9, in den längeren und je nach der Anzahl ihrer Kom- ponenten segmentierten Chromosomenketten kennen gelernt haben, so werden wir sagen, dass das ideale Zwischenglied zwischen jenen Vorstadien und dem völlig einheitlichen, jeder Unterbrechung entbehrenden Chromatinband, zu dessen Bildung es, wenn auch viel- leicht nur für ganz kurze Zeit, offenbar kommen kann, durch einen Knäuel repräsentiert wäre, der aus zwölf durch Querkerben von- einander getrennten Gliedern bestünde. Aber im Hinblick auf die uns bekannte Entstehungsgeschichte des einheitlichen Kernfadens wird es uns nicht wundern, dass wir dieser seiner hypothetischen Vorstufe in Wirklichkeit nicht begegnen. Haben wir ja doch gesehen, dass die Chromosomenverkettung allmählich vor sich geht und dass also manche Elemente des eben gebildeten Knäuels bereits längere Zeit hindurch miteinander in Verbindung sein werden, während andere kurz vor seiner Entstehung erst zusammen- getreten sind. Es könnten z. B. — und ein Kernbild wie das der Fig. 29, Textfig. 9, wird diese Annahme berechtigt erscheinen lassen — in einem Oozytenkern aus je sechs Elementen zwei, zunächst gegliederte Ketten entstehen, die längere Zeit nebeneinander liegen bleiben, bis schliesslich durch ihre endweise Vereinigung der letzte Schritt zur Bildung des durchlaufenden Fadens getan wird. Da ist es doch wahrscheinlich, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Quer- kerben zwischen den Elementen der beiden Ketten verschwunden sein werden, da doch, wie es der Augenschein lehrt, die Tendenz zur völligen Verlötung der hintereinander gereihten Chromosomen vorhanden ist. Ein so entstandener kontinuierlicher Knäuel würde 28 F. Wassermann: dann zunächst nur eine einzige quere Unterbrechung aufweisen. So ist es also wahrscheinlich, dass der theoretisch postulierte, elfmal unterbrochene Chromatinfaden niemals wirklich zustande kommt. Wenn sich andererseits auch keine Kerne mit nur ganz wenigen einheitlichen Fäden gefunden haben, wobei allerdings zu bedenken ist, dass dieser negative Befund bei der relativ doch geringen Anzahl von beobachteten Kernen keine Entscheidung über die Existenz oder Nichtexistenz der hypothetischen Zwischenglieder zulässt'), so bleibt noch eine weitere Annahme, für deren Be- rechtigung gerade der Knäuel der Fig. 30, Textfig. 10, sprechen dürfte. Es könnte nämlich sein, dass erst bei oder kurz nach dem Zusammenschluss der gegliederten Ketten ein völliges Verschmelzen sowohl zwischen den neuverbundenen freien Enden wie auch zwischen den schon länger im einheitlichen Verbande stehenden Kettengliedern eintritt. Kurz vor dem Abschluss dieses Verlötungs- prozesses müsste der Knäuel aussehen wie der oben gezeigte, welcher noch drei Dehiszenzen besitzt und also streng genommen erst eine Übergangsform zu dem Endresultat des Chromosomen- verkettungsprozesses, nämlich zum kontinuierlichen völlig einheit- lichen Kernfaden, darstellt. Einem solchen entspricht aber der in Fig. 51, Textfig. 11. abgebildete Knäuel. Hier könnte höchstens eine einzige nahe dem linken nach oben sehenden Ende ge- legene Lichtung als Querkerbe angesprochen werden. Aber wir dürfen wohl in Anbetracht dessen, dass die Unterbrechung des Fadens an dieser Stelle nur eben wahrnehmbar und sein weiterer Verlauf ganz ununter- brochen ist, hier von einem wirklich konti- nuierlichen Knäuel sprechen. In diesem Betracht kann die einseitige Zusammen- drängung dieses Knäuels, der wir bei der Besprechung der Synapsisfrage später gedenken werden, ausser Acht bleiben. Was den feineren Bau dieses und des vorigen Kernfadens anbelangt, so ist er von eben dem lockeren aus Chromatinkörnern und Schollen bestehenden Gefüge und von derselben rauhen Ober- = Fig. 11. !) Dass solche Übergangsformen vielleicht unter den später zu zeigenden Segmentierungsstadien des Knäuels verborgen sein könnten, erscheint wegen der gesetzmässigen Zahlenverhältnisse derselben ausgeschlossen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 29 fläche wie die Chromosomen, die ihn gebildet haben. Damit ist schon gesagt, dass an keiner Stelle dieser Kernfäden die Andeutung eines Längsspaltes vorhanden ist. Wohl aber gewinnt man an mehreren Stellen des kontinuier- lichen Knäuels der Fig. 32, Textfig. 12, den Eindruck einer zwei- reihigen Anordnung feiner Chromatinkörnchen. Wie sich bei der Betrachtung späterer Stadien, an denen wir die gleiche Wahrnehmung auch hier und da einmal machen, zeigen wird, handelt es sich bei der erwähnten Erscheinung keineswegs um die Anbahnung eines Längs- spaltes, sondern es kann gesagt werden, dass ein wirklicher Längsspalt nur an den in der Normalzahl vorhandenen Chromo- somen der jüngsten Oozyten, später aber nicht mehr beobachtet wird.') Der erwähnte kontinuierliche Knäuel der Fig. 32, Textfig. 12, ist von den vorher gezeigten darin verschieden, dass er eine grössere Anzahl querer Unterbrechungen besitzt. Bei einem Ver- gleich der Originalfigur mit dem Schema des Knäuels sind diese Stellen leicht zu finden. Nun wird man ja in Erinnerung an die vorausgegangenen, die Querkerben im kontinuierlichen Faden be- treffenden Ausführungen zunächst glauben wollen, es handle sich auch hier um noch übrig gebliebene Dehiszenzen zwischen den zwölf Komponenten des Knäuels. Ganz ausschliessen lässt sich diese Möglichkeit natürlich nicht. Aber ein ausschlaggebendes Moment spricht dafür, dass die Unterbrechungen im Verlaufe dieses Knäuels anderer Art sind als die früher besprochenen primären -Querkerben, dass hier sekundäre Kerben im vorher einheitlichen Faden neu entstanden sind. Die Entstehung dieser sekundären Unterbrechungen des Knäuels leitet seine Segmen- tierung ein. Wenn wir begründen wollen, warum wir hier geneigt sind, sekundäre Kerben anzunehmen, so müssen wir der Schilderung der Oogenese vorausgreifen und auf das Stadium des Oozyten- kernes verweisen, das wir als das Bukettstadium am Ende der ') Dass wir die erwähnte Erscheinung zweier Körnchenreihen im Chromatinfaden natürlich nicht für etwas Zufälliges halten, werden spätere Darlegungen (S. 92) zeigen. 30 F. Wassermann: ersten Periode der Oogenese antreften werden. Dort finden wir ausnahmslos und in selten klarer Weise feststellbar die haploide Anzahl der Chromosomen. Man kann also sagen, dass die Chromatinumlagerungen im Oozytenkern während der ersten Periode seiner Entwicklung die Herabsetzung der Zahl der Kern- elemente auf die Hälfte der Normalzahl, also auf sechs, mit sich bringen. Nun fragt es sich angesichts der Zerschnürung des kontinuierlichen Knäuels, bis zu welchem Moment ja noch keine Reduktion stattgefunden hat, ob etwa der kontinuierliche Knäuel wiederum in die Anzahl seiner Komponenten zerfällt, oder ob jetzt sich die numerische Reduktion vollzieht. Letzteres ist der Fall. Der kontinuierliche Knäuel zerfällt in die haploide Zahl von Kernschleifen, und der Prozess seiner Segmentierung ist somit als diejenige Phase der Oogenese zu betrachten, während welcher die numerische Reduktion der Chromosomen eintritt. Den Beweis für diese Feststellung wird die Demonstration der Oozyten- kernstadien liefern, die in lückenloser Reihenfolge vom Knäuel bis zum Bukettstadium führen werden. Wenn dem aber so ist, dass der kontinuierliche Knäuel in sechs Chromatinelemente zerfällt, so muss ein Knäuel, der so gekerbt ist, dass gerade sechs Teile gegeneinander abgegrenzt werden können, als sekundär unterbrochen zu betrachten sein. Diese Voraussetzung erfüllt nun der zuletzt gezeigte Kernfaden der Fig. 32, Textfig. 12, der aus sechs Segmenten besteht. Nach dem Gesagten wird wohl kaum jemand geneigt sein, die hier vorgefundenen Querkerben des Fadens für zufällig noch stehen- gebliebene primäre Einschnitte zu halten. Überdies wird ein weiteres Argument für unsere Auf- fassung später beigebracht werden, wenn wir die Längenmaße der Knäuelseg- mente und der Bukettschleifen mit- einander vergleichen werden. Eine weitere Phase der Segmen- tierung des Kernfadens in die redu- zierte Anzahl von Chromatinelementen SE; 2 wird durch den Kern der Fig. 33, Text- | figur 13, dargestellt. An dieser hier vor- liegenden Chromatinformation können wir zunächst zeigen, dass von den beiden im Schema mit X bezeichneten Fadenenden ein Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 31 mehrfach unterbrochener Knäuel durchläuft und somit diese Kern- figur an den kontinuierlichen bezw. sekundär unterbrochenen Knäuel anzureihen ist. Untersuchen wir, in wie viele Segmente dieser Chromatinfaden abgeteilt ist, so ergibt sich, dass fünf Fadenteile hintereinander liegen. Diese fünf Abschnitte haben sich nun im Vergleich mit jenen des Knäuels der Fig. 32, Textfig. 12, bereits weiter voneinander entfernt, zwischen den Enden der einzelnen Schleifen, die sich allerdings noch so nahe stehen, dass ihr vorheriger Zusammenhang im kontinuierlichen Knäuel nicht in Frage gestellt werden kann, sind schon etwas breitere Spalten entstanden, ja, an einer links unten im Kern befindlichen Stelle, auf die im Schema ein Pfeil hindeutet, ist das untere der beiden voneinander abgerückten Fadenenden hakenförmig umgebogen und so von dem zugehörigen oberen Ende nunmehr abgewandt. Während die eben demonstrierten fünf Segmente bei gegenseitiger schärferer Abgrenzung immer noch in der Knäuelformation gruppiert sind, hat das bisher nicht betrachtete sechste Segment den Zusammen- hang mit den anderen bereits völlig aufgegeben. Es liegt als eine nach links offene Schleife mit zwei ganz freien Enden selbst- ständig im Kern. Das obere der beiden freien Enden ist viel- leicht bei der Emanzipation dieses Elements vom Knäuel nach rechts und oben umgeschlagen worden. Denkt man es sich zurückgebogen, dann triftt es nämlich auf das obere Ende des segmentierten Knäuels auf, und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass es sich an eben dieser Stelle abgeschnürt hat, während das andere Ende zugleich als das des ursprünglichen kontinuierlichen Knäuels zu betrachten ist. Auf derselben Stufe der Segmentierung wie der vorige befindet sich der Knäuel der Fig. 34, Textfig. 14. Hier ist das links unten nahe der Kernmembran gelegene Chromosom bereits selbständig geworden. Wahrscheinlich stand es mit dem in der Tiefe des Kernraums befindlichen Fadenende im Zusammenhang, zu dem es nach rechts unter dem Nukleolus hin- zieht. Geht man von diesem Fadenende aus der Se Sn Chromatinfigur nach, so kann man auch bier ae wieder einen segmentierten und mehrfach ab- ne geknickten Knäuel bis zu dem anderen nach unten umgebogen Ende (X im Schema) finden; das andere Ende des ehemaligen einheit- nn 32 F. Wassermann: lichen Kernfadens bildete offenbar das Chromosom I mit seinem links oben gelegenen Haken. Innerhalb der Knäuelformation lassen sich auch in dem vorliegenden Falle sechs Segmente unterscheiden. Auffallend ist hier, dass der mit III bezeichnete Teil gerade an der Stelle seiner Biegung in zwei divergente Schenkel die An- deutung einer (Querkerbe aufweist und dass das V-förmige fünfte Segment innerhalb seines linken Schenkels eine scharfe, annähernd rechtwinklige Knickung besitzt. Man wird wohl in Anbetracht des geringen Hervortretens solcher Stellen gegenüber den sehr deutlichen Dehiszenzen nicht verlangen, dass man sie diesen gleich- setze und etwa diesen Knäuel statt in sechs in sieben oder acht Segmente zerlege. Bei der auch hier deutlich genug hervor- tretenden Segmentierung in sechs Schleifen, bei der Gleichartigkeit dieser Figur und der vorigen und in Ansehung endlich der klaren Bilder, die wir noch beschreiben werden, hiesse es schon der Auffindung regelmässiger Strukturen aus dem Wege gehen wollen, wenn man nicht auch hier nur die Haupteäsuren des Knäuels in den Vordergrund der Betrachtung stellte. Immerhin erscheinen die erwähnte Lichtung im Chromosom III und die scharfe Knickung in V beachtenswert, denn solche Beobachtungen weisen darauf hin, dass der Vorgang der Knäuelzerschnürung natürlich nicht mit absoluter Präzision abläuft. Es kann, wie wir später noch mehrmals sehen werden, vorkommen, dass eine oder die andere der redu- zierten Kernschleifen eine Unterbrechung ihres Verlaufes aufweist, in derselben, gerade nur angedeuteten Weise wie das Chromosom Ill des in Rede stehenden Kernes. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir ein derartiges akzidentelles Vorkommnis auf Rechnung von Störungen im Segmentierungsprozess des Knäuels setzen.') ') Es erheben sich natürlich im Anschluss an die durch die erwähnten Beobachtungen nahe gelegte Möglichkeit von Störungen im Ablauf der Knäuelzerschnürung einige Fragen. Man kann daran denken, dass vielleicht manchmal die Entstehung der reduzierten Schleifen auf einem abgekürzten Wege vor sich geht, dass noch bevor der kontinuierliche Knäuel ganz ge- schlossen ist, also noch während des Bestehens primärer Kerben, bereits ein Zerfall in einzelne Teile von reduzierter Anzahl eintrete. Es ist ferner nicht ausgeschlossen, dass die Kerben innerhalb der reduzierten Elemente als ein Zeichen für das unter gewissen unbekannten Bedingungen mögliche Wieder- hervortreten der die bivalenten Elemente zusammensetzenden Einzelchromo- somen wäre. Wir werden später (S. 62) dieser Möglichkeiten noch einmal Erwähnung tun. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 33 Keinesfalls treten solche Beobachtungen jemals so sehr in den Vordergrund, dass wir durch sie in Zweifel über die Richtigkeit unserer Feststellung der Segmentierung des kontinuierlichen Knäuels in einheitliche Elemente von reduzierter Anzahl geraten könnten. Wir heben aber das gelegentliche Auftreten von eben wahrnehmbaren Querkerben innerhalb der als einheitlich zu be- trachtenden Chromatinteile deswegen hervor, damit man sieht, dass die Stadien, welche den Segmentierungsvorgang illustrieren sollen, auch einer skeptischen Betrachtungsweise gegenüber stand- gehalten haben. Unsere bisherige Darstellung hat ergeben, dass der erste Schritt zur Segmentierung des kontinuierlichen Fadens in dem Auftreten sekundärer Kerben beobachtet werden konnte, dass in einer weiteren Phase die durch die Kerben voneinander getrennten Fadenteile weiter auseinander liegen, sodass zwischen ihren Enden grössere Dehiszenzen entstehen, bis endlich ein Segment und zwar wahrscheinlich das an einem Knäuelende gelegene sich von den übrigen vollständig loslöst. Einen Fall, der sich an diesen zuletzt beobachteten Segmen- tierungsschritt anschliesst, repräsentiert der in Fig. 35, Textfig. 15, wiedergegebene Kern. Hier sind drei Chromosomen aus dem Knäuelverband bereits ausgetreten. Die anderen drei aber hängen noch zusammen. Von Al ihnen trägt das mit IV bezeichnete an ( 7 dem Scheitel seiner Umbiegung eine Querlichtung von der besprochenen ı Art, die wiederum im Vergleich zu 7" den zwischen den Abschnitten ge- ” legenen Dehiszenzen die Einheitlich- keit des betr. Segmentes nicht in Frage stellt. Es ist im Hinblick auf spätere Stadien beachtenswert, dass. wie der vorliegende Fall zeigt, die Schleifen, welche den Knäuel eben verlassen haben, zu- nächst keine bestimmte Orientierung im Kernraum besitzen müssen. In deutlicher Knäuelformation, wenn wir so sagen dürfen, liegen auch die Segmente noch, welche der Kern der Fig. 36, Textfig. 16, enthält. Die Tatsache, dass hier nicht wie in den bisher gezeigten Fällen sechs, sondern sieben Chromatinteile aus dem Knäuel hervorgegangen sind, wollten wir registrieren, ohne Archiv f. mikr. Anat. Bd.S3. Abt. II. 3 Fig. 15. 34 F. Wassermann: uns dabei aufzuhalten. Unsere Erörterungen über die Normalzahl der Chromosomen bei Zoogonus überheben uns der Notwendigkeit. hier auseinanderzusetzen, warum wir dem gelegentlichen Vor- kommen der Zahl sieben als der redu- zierten keine besondere Bedeutung beizu- messen haben. Für unsere Betrachtung ist vielmehr von Wichtigkeit, dass der tatsäch- liche Befund an dem vorliegenden Kern ohne Zwang für die Herkunft der Kern- schleifen aus einem kontinuierlichen Knäuel spricht. Die Elemente VII, VI und V liegen noch hintereinander geordnet und man braucht nur das obere Ende von IV mit dem freien Ende von V, die beiden nach abwärts sehenden Enden von IV und III und schliess- lich das in der Figur rechts gelegene Ende von I mit dem ihm zunächst befindlichen von II zu vereinigen, um zu der höchst wahrscheinlichen Beschaffenheit des kontinuierlichen Knäuels vor seiner Segmentierung zu gelangen. Die Rekonstruktion ist in der nebenstehenden Textfig. 17 versucht worden. Zu den Kernen mit eben vollendeter Segmentierung des Knäuels gehört auch der in der Fig. 37, Textfig. 18, abgebildete, Fig. 16. £ = Traa Een Biel. dessen im Schema mit V und II bezeichnete Schleifen das wieder- holt erwähnte gelegentliche Hervortreten einer Längslichtung er- kennen lassen. In einer gewissen Beziehung aber unterscheidet sich dieser Kern von dem zuletzt betrachteten. Seine Chromatin- elemente haben sich nicht nur sämtlich voneinander getrennt, sondern sie sind auch in ihrem Gesamtverlauf selbständiger ge- worden, insofern als die für den Knäuel charakteristischen Durch- Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 928) schlingungen bei ihnen nicht mehr in nennenswerter Weise vor- handen sind und wir hier nicht mehr wie in dem vorhergehenden Fall von einer noch erkennbaren Knäuelformation zu reden berechtigt wären. Wir beobachten ferner, dass drei von den Schleifen in der Längsachse des ovoiden Kernes orientiert sind, die drei anderen wenigstens einen Schenkel nach demjenigen Kernpol gerichtet haben, welchen die freien Enden der im ganzen orientierten V-förmigen Elemente einnehmen. Nun könnte man ja sagen, es sei wahrscheinlich hier der Knäuel gerade so formiert gewesen und schliesslich so durchgebrochen, dass die Segmente sich nach vollbrachter Knäuelzerschnürung in der vor- gefundenen Lage befinden müssen. Es ist natürlich nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, dass dies für eine oder die andere Schleife zutrifft. Wir brauchen nur den Knäuel der Fig. 34 zu betrachten, um zu erkennen, dass auch hier, wo unserer Darstellung zufolge nur ein Segment aus der Knäuelformation bereits ausgetreten ist, einige Schleifen und die Enden mehrerer anderer schon durch ihre Lage im Knäuel gegen einen Pol des Kernes gerichtet sind. Wenn aber schliesslich nach der Segmen- tierung des Knäuels eine bestimmte Orientierung seiner Elemente eintritt — und sie muss ja erfolgen, da wir am Ende dieser Ent- wicklungsperiode das Bukettstadium (Fig. 40—45) antreffen —, so ist es ja belanglos, ob die ordnenden Kräfte, die dabei im Spiele sind, alle Elemente in eine bestimmte Richtung führen oder nur einige davon, während sie auf andere, deren Verlauf der endlichen Orientierung schon von vornherein entspricht, nicht einzuwirken brauchen, ja sehr wahrscheinlich gar nicht einwirken können. Man pflegt sich das Zustandekommen der polaren Orientierung der Kernschleifen durch eine bestimmt gerichtete, den flüssigen Kerninhalt betreffende Strömung verursacht zu denken; unter dieser Vorstellung ist däs soeben (resagte wohl verständlich. Genug, wir dürfen von dem Vorgang einer Orientierung der Kernschleifen reden oder besser von einer solchen des gesamten geformten Kern- inhalts. Denn wir werden sehen, dass diese Orientierung nicht nur die Chromatinelemente, sondern auch den Nukleolus betrifft. Bislang war es nicht nötig, von seiner Stellung im Kernraum zu sprechen; er lag stets exentrisch ohne erkennbare bestimmte Be- ziehung zur Chromatinformation des Kernes. Nun aber werden wir eine solche Beziehung nie vermissen. Denn im Bukettstadium 5% 36 F. Wassermann: liegt der Nukleolus stets auf derjenigen Seite des Kernes, welcher die freien Enden der Schleifen zugekehrt sind. Und man kann nicht etwa sagen, dass der Nukleolus bei dem Vorgang der Orientierung der Kernschleifen richtunggebend wäre, dass er seine Lage behielte und die freien Enden der Schleifen durch irgend einen Attraktions- vorgang ihm zugewendet würden, sondern der Nukleolus und die Kernschleifen dürften in gleicher Weise von der ordnenden Kraft getroffen werden. Für diese Anschauung spricht das Beispiel der Fig. 37. In diesem Falle wäre es freilich nicht ausgeschlossen, dass die definitive Ordnung der Chromosomen von der vielleicht vor- läufigen und scheinbaren, die dann eine zufällige wäre, abweichen und senkrecht zu dieser gerichtet schliesslich doch nach dem Nukleolus hin erfolgen würde; denn — darum gedenken wir dieser Möglichkeit — die Orientierung der Chromosomen im Bukett er- folgt wie das Beispiel der Fig. 40 erweist, durchaus nicht immer in der Richtung des längsten Kerndurchmessers und ist sicher keine blosse Raumfrage. Aber in der Regel sehen wir insbesondere bei deutlich ovoiden Kernen den Längsdurchmesser mit der Schleifen- richtung zusammenfallen, so dass es eine Annahme ohne zureichenden (rund wäre, wenn wir der erwähnten Möglichkeit einer Umordnung der Schleifen gegen den Nukleolus hin für unseren Fall wirklich Raum geben wollten. Halten wir aber daran fest, dass die bereits gegen den unteren Pol des Kernes der Fig. 37, Textfig. 18, ge- richteten Schleifenenden auch dort bis zum voll entwickelten Bukett verbleiben, dann muss, da wir unseren Beobachtungen zufolge ein Bukett ohne gleichsinnige Orientierung des Nukleolus und der Schleifenenden nicht annehmen können, der Nukleolus seine Wanderung zum Schleifenendenpol des Kernes erst antreten oder vollenden. (Gegen einen Zusammenhang zwischen Schleifen- enden und Nukleolus im Sinne eines in dem letzteren gelegenen Attraktionszentrums sprechen ferner alle übrigen nunmehr zu betrachtenden Bilder; denn wir werden sehen, dass die Schleifen- enden gar niemals zum Nukleolus konvergieren oder gar an ihm haften, sondern dass immer nur einige derselben in einer näheren, lediglich örtlichen Beziehung zum Nukleolus stehen. Indem wir zum besseren Verständnis der Umordnung, welche sich an den Schleifen des Kernes der Fig. 37 zu vollziehen beginnt, bereits auf das Bukett als das Ziel dieses Prozesses hinweisen mussten, sind wir der geordneten Darstellung unserer Befunde Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 37 vorausgeeilt Wir wollen zunächst noch in den Fig. 38 und 39 weitere Etappen der Chromatinschleifen - Orientierung vorführen. Was den ersteren dieser beiden Kerne (Textfig. 19) betrifft, so ist hier der Nukleolus zwar dem Schleifenendenpol bereits nahe- gerückt, aber er befindet sich noch nicht E in gleicher Höhe mit den Schleifenenden selbst, wie es meistens, aber nicht aus- nahmslos, (siehe Fig. 41) beim Bukett der Fall ist. Von den Schleifen sind die mit I, II bezeichneten mit beiden Schenkeln in die Bukettstellung eingerückt, während die vier übrigen erst mit je einem Ende dort angekommen sind, die anderen Enden der Schleifen III, IV, V und VI scheinen sich auf der Wanderung zum Pol zu befinden. Ganz analoge Verhältnisse finden wir an dem anderen Kern der Fig. 39. Von dem vollendeten Bukettstadium sprechen wir dann, wenn sämtliche U-förmig abgebogenen Schleifen in der Richtung eines Kerndurchmessers orientiert sind, wenn also ihre Bügel nach der einen, die freien Enden ihrer Schenkel nach der entgegengesetzten Seite gerichtet sind (siehe Fig. 40—45). Dabei befindet sich, wie erwähnt, der Nukleolus auf der Seite der freien Schleifenenden: diese aber stehen annähernd in der gleichen Höhe und liegen entweder der Kernmembran direkt an oder befindet sich doch in deren unmittelbarer Nähe. Wie weit nun eine Schleife mit ihrem Bügel in den Kernraum hineinragt, hängt natürlich von ihrer Länge, aber auch von ihrer Form ab. Was die letztere betrifft, so beobachten wir recht mannigfache Abweichungen von der U-Form, bei welcher, wie z. B. an zwei Schleifen der Fig. 41 zu sehen ist, aus dem gleichmässig gerundeten Bügel zwei annähernd parallele und in einer einzigen Ebene fortlaufende Schenkel hervorgehen. Die Schenkel des U können nun gekrümmt oder geknickt ver- laufen oder können zueinander konvergieren, sich schliesslich auch überkreuzen, andererseits sich so weit öffnen, dass ein weiter Bogen entsteht. Die Schleife als Ganzes ist oft in ihrer Längs- richtung winkelig geknickt oder gebogen. Endlich findet man häufig Elemente, deren Schenkel im spitzen Winkel und nicht im Bogen zusammentreffen. In ihrer gegenseitigen Beziehung lassen die Schleifen keine Regelmässigkeit erkennen; sie liegen über- Fig. 19. 38 F. Wassermann: einander, in der gleichen Ebene ineinander und sehr oft durch- setzen sie einander in mannigfacher Weise. Ihre Enden sind aber immer sehr deutlich unabhängig voneinander. Dies erkennt man sowohl in Profilansichten des Buketts, wie auch, wenn man wie bei dem Kern der Fig. 39 schräg von oben her auf die Enden herein- sieht oder wenn man, wie es in Fig. 45 dargestellt ist, das Bukett vom Bügelteil aus betrachtet.') Dank der relativ weiten Abstände zwischen den freien Enden und der geringen Anzahl der Chromo- somen kann man bei Zoogonus die Elemente des Bukettstadiums mit seltener Klarheit zählen. In ihrem feineren Bau unterscheiden sich die Schleifen des Buketts nicht von dem Knäuel und seinen Segmenten vor der Orientierung; auch sie bestehen aus relativ groben, locker gefügten Chromatinschollen, die an einzelnen Stellen zusammengeschoben, an anderen wieder etwas weiter auseinander gerückt sein können, woher es kommt, dass innerhalb einzelner Schleifen hier und da Schwankungen des Kalibers beobachtet werden. Auch hinsichtlich des gelegentlichen Auftauchens von Längslichtungen oder Quer- kerben verhalten sich die Bukettschleifen wie ihre Vorläufer. Nun trifft man Kerne von ausserordentlich locker gebauten und sehr blass gefärbten Elementen, deren Verlauf sich nur mit grosser Mühe feststellen lässt. Gelingt es aber einen solchen Oozytenkern zu analysieren, dann erweist es sich, wie die Fig. 46 zeigt, dass auch hier die reduzierte Anzahl von polar orientierten Schleifen vorhanden ist. Wie die Zeichnung erkennen lässt, sind einzelne Schleifen meistens zunächst am Bügelteil bereits so sehr in ihrer Struktur verändert, dass ihre Kontinuität kaum mehr zu erkennen ist. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass wir es hier mit Bukettstadien zu tun haben, deren Schleifen im Verblassen begriffen sind. Dieser Veränderung begegnet man zwar nicht allzuselten, aber sie ist im Bilde sehr schwer wiederzugeben. (reht dieser Vorgang weiter, so entstehen Kernbilder, von denen eines in Fig. 47 abgebildet ist. Hier sind nur mehr einzelne schwach gefärbte Züge und Schollen zu sehen und nur ein einziges !) Fig. 45 stellt den seltenen Fall eines Buketts mit 7 Chromatin- teilen dar; dies muss einschränkend zu dem auf S. 16 über die Anzahl der Bukettschleifen Gesagten bemerkt werden, ändert aber nichts an den die Chromosomen-Normalzahl betreffenden Ausführungen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 39 noch bestehen gebliebenes, immer noch polar orientiertes Element legt zuweilen Zeugnis davon ab, dass dieser Kern sich direkt vom Bukett herleitet. So geht der Oozytenkern allmählich in den Ruhezustand über, in dem wir ihn zu Anfang der Hauptwachstums- periode (Fig. 55) antreffen werden. b) Bemerkungen zur Methode der Untersuchung. 1. Die Erhebung der Befunde. Goldschmidt (05, 09) hat von den demonstrierten Ent- wicklungsstadien der jungen Oozytenkerne nichts gesehen. Er spricht nur von einem „Knäuel“ in der frühen Wachstumsperiode und hat unter diesen nicht näher definierten Begriff alle Ent- wicklungsformen von den Kernen mit der Chromosomen-Normal- zahl bis zum Bukett zusammengefasst. Aber auch die neueren Untersuchungen über die Oogenese von Trematoden (Schellen- berg [11], v. Kemnitz [13]) haben nur einige wenige mit den unsrigen vergleichbare Kernformen aus der frühen Oozytogenese zur Darstellung gebracht. Unter diesen Umständen ist eine Bemerkung über die Er- hebung unserer Befunde wohl nicht überflüssig. Die einzelnen Entwicklungsstadien der Oozytenkerne sind natürlich nicht ohne weiteres im Ovarium des Zoogonus aufzufinden. Die vorgeführten Oozytenkerne, von jenen mit der Chromosomen-Normalzahl bis zu den dem Bukett unmittelbar vorausgehenden Stadien, bieten zu- nächst auf jedem optischen Querschnitt ganz genau das gleiche Aussehen. Um dies deutlich zu machen, haben wir in den Fig. 27a, 30a, 34a je einen optischen Querschnitt zu dem daneben ge- zeichneten Totalbild des betreffenden Kernes gegeben.') So sehr sich die Totalbilder voneinander unterscheiden, es handelt sich um einen Kern mit der Chromosomen-Normalzahl, um einen kontinuler- !) Bei den Totalbildern der jungen Oozytenkerne war es aus technischen Gründen notwendig, die Chromatinschleifen etwas dünner zu zeichnen als sie im Verhältnis zum ganzen Kern bei der angewandten Vergrösserung tatsächlich erscheinen. Die optischen Querschnitte geben das wirkliche Ver- halten in dieser Beziehung möglichst richtig wieder; auch konnte bier der Kernraum, der nie so hell erscheint, wie er auf den Totalbildern der Klar- heit zuliebe gelassen wurde, einen dunkleren Ton bekommen, welcher der ihm anhaftenden leichten Färbung entspricht. So kommt es, dass sich die Bilder der optischen Querschnitte von den Totalbildern in den genannten Punkten unterscheiden. 40 F. Wassermann: lichen Knäuel und um ein Segmentierungsstadium des Knäuels, so vollständig gleichartig ist das Bild ihres optischen Quer- schnittes. Nur das vollentwickelte Bukett (Fig. 44a) ist von vorn- herein zu erkennen, weil hier die Schleifen aus einer Ebene in der Regel nicht erheblich abweichen. So konnten also die gezeigten Entwicklungsstadien des Oozytenkernes nur dadurch ermittelt werden, dass in jedem Falle alle im optischen Querschnitt vor- liegenden Chromatinteile auf das Sorgfältigste nach höher und tiefer gelegenen Einstellungsebenen verfolgt wurden. Man kann vorher durchaus nicht sagen, ob sich herausstellen wird, dass zwölf Chromatinteile in einem solchen Kern gelegen sind, oder dass ein kontinuierlicher Knäuel vorliegt. So halten wir es für höchst wahrscheinlich, dass verschiedene Etappen in der Oogenese anderer Trematoden deswegen ver- borgen geblieben sind, weil die allerdings schwer feststellbaren Unterschiede zwischen gleichartig aussehenden Kernen nicht be- achtet wurden, sofern nicht, wie wir bei Besprechung der Arbeit Schellenbergsnoch sehen werden, unzulängliche Konservierung den Einblick in diese Strukturen überhaupt unmöglich machten. 2. Die Synapsisfrage. Während die Untersucher der frühen Oogenese anderer Trematoden, mit Ausnahme von v. Kemnitz (13, Brachycoelium Salamandrae), wie Goldschmidt (08, Dierocoelium lanceolatum) und Schellenberg (11, Fasciola hepatica), in der Reihe der von ihnen beschriebenen Entwicklungsstadien auch das Synapsisstadium in der üblich gewordenen Weise schildern und abbilden, fehlt in unserer Darstellung der Kern mit dem einseitig zusammen- gedrängten Inhalt. Wir haben uns daher in diesem Zusammenhang darüber zu äussern, ob in der frühen Oogenese des Zoogonus ein Synapsis- stadium gar nicht vorkommt, oder aus welchen Gründen wir Kerne mit synaptisch „kontrahiertem“ Chromatinbestand, wenn uns solche begegnet sind, nicht unter die Entwicklungsstadien der Oozyte aufgenommen haben. Der letztere Fall ist gegeben. Wohl haben auch wir Kernbilder gefunden, die, wie die betreffenden Abbildungen (45—54) zeigen, den Synapsisstadien der genannten Autoren ent- sprechen. Aber wir sind zur Überzeugung gekommen, dass es Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 41 sich hierbei um nichts anderes handeln kann, als um Modifikationen der nicht synaptischen Entwicklungsstadien. Wie wir früher schon (Wassermann, 12) dar- gelegt haben, hielten wir uns im Falle desZoogonus mirus berechtigt, das synaptische Phänomen für ein Kunstprodukt der Fixierung oder für eine während des Lebens der Zelle eingetretene Kernschädigung zu erklären. Wo es eingetreten ist, verdecktesden Ablauf der chromatischen Umlagerungen, die in den nicht synaptischen Kernenin einer der Wirklichkeit näher stehenden Form erhalten sind. Dieser Standpunkt deckt sich zum Teil mit dem von Buchner (09) gegenüber der Synapsis eingenommenen. Buchner beschreibt nämlich (S. 347) Degenerationsformen der Spermatozyten- kerne von Oedipoda, die ganz der von v. Winiwarter (00), von Popoff (07) oder von van Molle (07) beschriebenen Synapsis gleichen. Andere Grade der Degeneration entsprechen wieder anderen synaptischen Zuständen, wie sie von Gross (04), Wilke (06) und Paulmier (99) abgebildet worden sind. Da wir unsere Anschauung, dass eine Synapsis bei Zoogonus nicht existiert, bereits früher eingehend begründet haben, wollen wir im Rahmen dieser Arbeit nur kurz den Weg schildern, der uns zu der oben gekennzeichneten Stellungnahme geführt hat. Zunächst war zu konstatieren, dass die „Synapsisstadien“ nur in einigen wenigen Ovarien unseres Objekts, und zwar gerade in solchen, deren Zellen nicht einwandfrei fixiert sind, zur Be- obachtung kommen, während sie in der Regel und also in Ovarien, über deren vorzüglichen Konservierungszustand kein Zweifel sein kann, vollständig fehlen. Schon dieser Umstand musste eine skeptische Betrachtung der fraglichen Kernbilder veranlassen. Dann aber war die weitere wichtige Tatsache hervorzuheben, dass in jenen Ovarien, welche die synaptischen Kerne aufwiesen, die anderen nicht synaptischen Chromatinformationen, die wir Im vorstehenden geschildert haben, nicht ermittelt werden konnten. Diese Wahrnehmung legte den Gedanken nahe, es möchten die Synapsisstadien und die nicht synaptischen, gut analysierbaren Kerne identisch sein. War dies zu erweisen, dann bestand keine Not- wendigkeit, die synaptischen Figuren neben den anderen, die dann als die normalen zu gelten hatten, noch weiter zu berücksichtigen. 42 F. Wassermann: Der Nachweis der Identität zwischen synaptischen und nicht- synaptischen Kernen konnte tatsächlich geführt werden und zwar mit Hilfe von Übergangsformen, als welche z. B. der Knäuel der Fig. 31 und der Kern mit der diploiden Chromosomenzahl der Fig. 54 zu betrachten sind. Es liess sich erweisen, dass die Stadien der Fig. 48—51 nur verschiedene Grade der Zusammenballung der frühen fein- fädigen Kerne darstellen, wie sie durch die Oozyten der Fig. 19 bis 22 demonstriert worden sind. Neben der Fig. 54 ist wohl auch die Fig. 52 als das Bild eines Kernes mit der diploiden Chromosomenzahl zu betrachten, der normalerweise wie der durch die Fig. 23 wiedergegebene aussieht. Von den beschriebenen feineren Details ist infolge der Schrumpfung nichts mehr zu sehen, und man könnte, wenn man nur solche Kerne vor sich hätte, niemals eine Anschauung von der Entstehung der zwölf Chromo- somen aus dem feinfädigen jungen Oozytenkern bekommen, ja, man würde überhaupt von dem Auftreten der Chromosomen in der Normalzahl angesichts von Bildern, wie das der Fig. 53 eines ist, keine Kenntnis erhalten. Ebensowenig wäre es natürlich hier möglich, über die Ohromosomenverkettung und die Knäuelbildung etwas zu erfahren; auch der Knäuel selbst und seine Zerfällungs- stadien würden unter dem Bilde einer späten Synapsis verborgen sein. Dann würde das Bild der Oozytenentwicklung selır viel Ähnlichkeit mit dem von Schellenberg für die frühe Oogenese von Fasciola hepatica gegebenen erhalten. Nach Schellenberg verbleiben dort die Oozyten vom feinfädigen Anfangs- bis zum "Bukettstadium im Zustand der Synapsis (Fig. 5—10 der zitierten Arbeit). Eine weitere Analyse solcher geschrumpfter Kerne war dem Autor natürlich nicht möglich. Wie fern es ihm auch lag, einen Versuch nach dieser Richtung zu unternehmen, geht daraus hervor, dass er nach einer der unsrigen ganz entgegengesetzten Methode verfuhr, indem er gerade diejenigen Kerne für die am meisten charakteristischen hielt, welche das synaptische Phänomen am deutlichsten zeigten. Er sagt in dieser Beziehung (S. 447): „Am besten geben diese frühe Phase der Synapsis die mit ‚Zenker‘ konservierten Präparate wieder“ und „zum Studium der älteren synaptischen Stadien benützen. wir besser mit 70proz. Alkohol konservierte Präparate“. Ein solches Verfahren ist unseres Er- achtens der sicherste Weg, um die Erkennung der von uns Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 43 ermittelten Chromatinumlagerungen unmöglich zu machen! Dabei ist sich Schellenberg dessen wohl bewusst, dass „die starke Zusammenziehung des Knäuels“ „zweifellos ein Konservierungs- artefakt“ ist, „denn bei anderen Reagenzien zeigt sich diese extreme Kontraktion nicht“. Wenn er dann fortfährt: „Aber gerade durch diese künstliche Kontraktion werden die Bilder in bezug auf das hier besonders interessierende Moment prägnant ete.“, so müssen wir dieser Methode die ganz selbstverständliche Forderung entgegen- halten, dass es unsere Aufgabe ist, die schädigende Wirkung der Fixierung auf ein unvermeidliches Mindestmaß einzuschränken und nur die Kerne zur Untersuchung heranzuziehen, welche die aller- geringste Schädigung erlitten haben und somit dem Zustand, wie ihn das lebende Objekt besass, am nächsten kommen. Eine andere Richtschnur gibt es hier nicht; und wenn die am besten kon- servierten Kerne gewisse interessierende Momente, wie in diesem Fall die Duplizität des Fadens, weniger deutlich zeigen als andere oder gar nicht erkennen lassen, dann muss das Interesse an diesen Momenten eben fallen gelassen werden; denn dann handelt es sich um Kunstprodukte. Von den Figuren Schellenbergs stellen die mit 5—8 bezeichneten die frühen feinfädigen Stadien dar. Wir können nach den an unserem Objekt gewonnenen Erfahrungen nicht glauben, dass der verschiedene Grad der Synapsis einer Verschiedenheit in der Entwicklungsstufe dieser Kerne entspricht, sondern es wird sich hier um eine verschiedene Grösse der Fixierungsschädigung bei ein und demselben Stadium handeln. In den Fig. 9 und 10 der Schellenbergschen Arbeit verbirgt sich unter der starken Schrumpfung wohl ein kontinuierlicher Knäuel; für die Fig. 10 scheint dies ganz sicher zuzutreffen. Hier handelt es sich um einen Kernfaden, der um ein geringes stärker zusammengedrängt ist als unser geschrumpfter Knäuel der Fig. 31. Wäre dieser noch etwas mehr zusammengeschoben, so könnte man bei ihm ebensowenig wie bei dem Schellenbergs die Kontinuität fest- stellen. Was das Bukett anbelangt, so ist es auch bei Fasciola hepatica recht klar zu erkennen. Über das zweite nicht reduzierte Bukett, welches Schellenberg bei seinem Objekt gefunden bat, werden wir später sprechen (siehe S. 51). Es ist ferner noch bemerkenswert, dass unter unseren „synaptischen“ Oozyten Beispiele gefunden werden können, die 44 F. Wassermann: den von Goldschmidt (08) bei Dierocoelium lanceolatum be- schriebenen Kernen im Synapsisstadium ganz gleich sind. Man halte unsere Fig. 43 gegen den nebenstehenden „Oozytenkern in der dichten Synapsis“ (Textfig. 20), welcher der Goldsehmidtschen Arbeit (Fig. 4) ent- nommen ist, und man wird zugeben, dass sich die beiden Kerne in jedem wesentlichen Zug vollständig entsprechen. Es ist nur eine un- abweisbare Konsequenz aus dem oben Fest- gestellten, wenn wir auf Grund eines solchen Vergleiches die von Goldschmidt gelieferte Beschreibung der frühen Oogenese von Dierocoelium in diesem Punkte sehr skeptisch betrachten. 3. Begründung der Seriierung. Im Ovarium des Zoogonus sind die Entwicklungsstadien der Oozyten nicht in einzelne Schichten geordnet, deren räumliche Aufeinanderfolge die genetischen Beziehungen zwischen den ver- schiedenen Kernformen würden erkennen lassen. Was die Grösse der einzelnen Kerne anlangt, so ist sie relativ beträchtlichen individuellen Schwankungen unterworfen. Wäre es möglich, einem einzigen Ovarium sämtliche Entwicklungsstadien des Oozytenkernes zu entnehmen, so würden sich diese wohl in eine Reihe von steigender Grösse ordnen lassen; da aber die vorgeführten Kern- bilder aus verschiedenen Ovarien stammen, können etwaige (srössen- unterschiede nicht als Anhaltspunkte zur Seriierung gebraucht werden. Unter diesen Umständen muss die Frage erwogen werden, nach welchen Gesichtspunkten eine Entwicklungsreihe aus den aufgefundenen Zustandsbildern der Kerne zusammengestellt werden kann. Darauf dürfen wir zunächst antworten, dass neben den Hauptetappen der Oozytenentwicklung, welche wir in der Aus- gangsform, d.h. dem feinfädigen Oozytenkern, dem Stadium mit der diploiden Anzahl von Chromatinelementen, dem kontinuier- lichen Knäuel und dem Bukettstadium sehen, eine Reihe von anderen Kernformen zur Beobachtung gekommen sind, die den kontinuierlichen Übergang von einer Hauptetappe zur anderen ganz sicherstellen. So hat die gelieferte Beschreibung der Ent- wicklungsstadien zugleich den genetischen Zusammenhang der- selben erwiesen. Von der Richtigkeit unserer Serlierung werden Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 45 wir aber erst dann überzeugt sein, wenn sie gegenüber jedem Einwand, den man gegen sie erheben könnte, aufrecht erhalten werden muss. Wir haben die Entwicklungsstadien des Oozytenkernes so angeordnet, dass sie als Phasen eines von der Ausgangsform bis zum Bukett verlaufenden Prozesses erscheinen. ‘Nun hat uns aber z. B. Skrobansky (03) durch seine Beschreibung der Oogenese beim Schwein ein Beispiel für die Annahme gegeben, dass auf ein im Anfang der Entwicklung auftretendes Synapsis- stadium, während dem der Vorgang der numerischen Chromo- somenreduktion stattfindet, das Bukettstadium und auf dieses erst als letzte Etappe vor der Hauptwachstumsperiode der Knäuel folgen kann. Übertragen wir diese Anschauung auf unseren F all, so hätten wir etwa an ein Kernbild der Fig. 22 das Bukettstadium anzuschliessen') und jene Chromatinformationen, die wir als Über- gänge vom Knäuel zum Bukett betrachtet haben, würden um- gekehrt vom Bukett zum Knäuel führen. Dann hätte der Knäuel auch keine Beziehung zur Reduktion mehr; diese würde vor dem Bukettstadium erfolgen und ihr Zustandekommen wäre nicht auf- geklärt. Die Möglichkeit, dass eine solche Seriierung hier zu treffen ist, kann aber mit voller Sicherheit ausgeschlossen werden; denn das Bukettstadium ist das Endstadium der ersten Periode der Dozytenentwicklung des Zoogonus. Dafür spricht erstens der Umstand, dass von den gezeigten Kern- formen das Bukettstadium allein in manchen Fällen eine Grösse erreicht, die der Kerngrösse von Oozyten im Anfang der Haupt- wachstumsperiode gleichkommt. Um dies zu veranschaulichen, haben wir neben das Bukett der Fig. 44 und 46 den grössten Durchmesser eines Oozytenruhekernes der Hauptwachstumsperiode aus demselben Ovarium gezeichnet (Fig. 44b und 46a). Dagegen zeigt ein Vergleich der Knäuelstadien der Fig. 33 und 34 mit der entsprechenden Grösse (Fig. 46b), dass diese vor dem Bukett gelegenen Stadien die am Ende der ersten Periode erreichte Grösse noch nicht besitzen. Wenn die Bukettstadien allein in dieser Grösse angetroffen werden, so beweist das, dass sie dem Ruhekern der Hauptwachstumsperiode unmittelbar vorausgehen. ‘) Dazu könnte die besprochene (siehe S. 23), in dem Kern der Fig. 23 beobachtete, vielleicht durch die Fixierung hervorgerufene polare Orientierung der nicht reduzierten Elemente zunächst verleiten. 46 F. Wassermann: Dann aber beweisen auch die Chromatinauflösungsfiguren, die wir beobachten konnten und beschrieben haben (S. 35), dass es das Bukettstadium ist, welches in die Ruhestruktur des Oozytenkernes eingeht und nicht etwa der Knäuel. Es ist demnach in unserem Fall unmöglich, zwischen dem kontinuierlichen Knäuel und dem Bukett eine andere genetische Beziehung als die beschriebene anzunehmen oder irgend ein anderes der gezeigten Stadien nach dem Bukett in die Entwicklung einzuordnen. Letztere Möglichkeit, so ferneliegend sie zunächst erscheinen mag, ist deshalb eigens von der Hand zu weisen, weil Schellenberg bei Fasciola hepatica nach dem Bukett mit der reduzierten Anzahl von Chromatinelementen ein zweites nichtreduziertes angenommen hat, ohne allerdings, wie wir später zeigen werden, für diese Seriierung irgend einen Grund anzugeben. Wenn demnach die Beziehungen zwischen Knäuel und Bukett durchaus sichergestellt sind, so bleibt noch die zweite Hauptfrage, ob auch die Entstehung des Knäuels aus zwölf Chromatinelementen sich aus den vorhandenen Kernbildern mit Recht folgern lässt. Denn man könnte einwenden, dass jene Chromatinformationen, welche uns vom sekundär gekerbten Knäuel bis zur vollständigen Segmentierung zu führen schienen, ebensogut den Aufbau des Knäuels aus sechs Elementen darstellen könnten. Dabei würden die besprochenen Beziehungen zwischen Knäuel und Bukett doch zu Recht bestehen. Dieselben Bilder würden eben dann der Ausdruck für den Aufbau und für den Abbau des Knäuels sein und man könnte im einzelnen Fall nicht entscheiden, zu welcher Etappe die jeweils vorliegende Figur gehörte. Auch in diesem Fall bestünde kein Zusammenhang zwischen der Chromosomen- reduktion und dem Knäuel. Die Seriierung wäre dann so zu treffen, dass aus einem Stadium, wie es durch die Fig. 21 repräsen- tiert wird, also aus einem leptozygotaenen Kern, die reduzierten Schleifen hervorgehen, wie sie etwa in der Fig. 37 vorliegen, und dass diese Schleifen sich zum Knäuel zusammenordneten. Eine solche Aufreihung der genannten Kernbilder würde den Tomopteris- Typus der Chromosomenreduktion von A. und K. E. Schreiner auch auf den Zoogonus anwenden lassen. Aber sie ist völlig aus- geschlossen, da wir ja Kerne aufgefunden haben, welche zwölf Chromatinelemente enthalten und darunter solche, in denen eine Verkettung der Chromosomen zu längeren Fäden stattgefunden Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 47 hat. Die in Erwägung gezogene Seriierung könnte nur unter Ausserachtlassung dieser Stadien getroffen werden. Sie müssen aber, da zwischen Knäuel und Bukett und auch nach dem Bukett kein Raum für sie sein kann, notwendigerweise vor den Knäuel gestellt werden, wobei wir zunächst ganz davon absehen können, dass sie schon deswegen an den Anfang der Oozytenentwicklung gehören, weil sie sich aus den jüngsten Stadien mit Sicherheit ableiten lassen. So ergibt sich also die von uns gegebene Inter- pretation, dass der Knäuel, der in sechs Elemente zerfällt, aus zwölf Elementen entstanden ist, aus den vorliegenden Bildern mit zwingender Notwendigkeit. Wir haben hier noch einem weiteren Bedenken zu begegnen: Wäre es nicht möglich, dass die Kerne mit der Normalzahl der Chromosomen (Fig. 24—29) überhaupt keine Oozytenkerne sind, sondern Oogonienkerne im Zustand der Prophase? Diese Frage muss aufgeworfen werden, damit derjenige, welcher unser Objekt nicht kennt, ihre Stellung und Beantwortung nicht vermisse. Gerade weil wir bei Zoogonus ein Ovarium haben, in welchem die einzelnen Kernformen nicht schichtenweise voneinander ge- trennt sind, wäre ja eine derartige Verwechslung nicht von vorn- herein ausgeschlossen. Tatsächlich aber ist es nicht möglich, Teilungsstadien der Oogonien mit den fraglichen Oozytenkernen zu verwechseln. Die Prophase einer Oogonienmitose ist in Fig. 13 abgebildet. Ein Vergleich dieser Figur mit einem der in Betracht kommenden Oozytenkerne lehrt, dass zwischen beiden ein in die Augen springender Unterschied besteht. Zwar sind beide an Grösse nicht erheblich voneinander verschieden und besitzen beide zwölf Chromosomen, aber eben die Chromosomen bilden ein auffallendes Unterscheidungsmerkmal. In dem Prophasenkern haben wir, wie bei der Mitose anderer Zellen, kompakte, sich stark färbende und scharf konturierte Elemente, im Oozytenkern dagegen schwach gefärbte, unscharf Konturierte, schollige Elemente, wie sie in ganz gleicher Art auch in den späteren Oozytenkernen immer wieder auftreten. Wollte man trotzdem noch nicht jedes Bedenken fallen lassen und erwägen, ob nicht das als Oozytenkern ange- sprochene Stadium vielleicht eine frühere Prophase der Oogonien- teilung darstellte als die, mit der wir es soeben verglichen haben, so ist das schon durch den Hinweis darauf auszuschliessen, dass die Oogonienmitosen überhaupt im (Gegensatz zu den Oozyten- 48 F. Wassermann: stadien mit der Chromosomen-Normalzahl nur sehr selten vor- kommen. Hat doch Goldschmidt überhaupt keine Oogonien- mitosen beobachtet und konnten auch wir nur einige wenige feststellen. Sollte man unter diesen Umständen einräumen müssen, dass gerade gewisse ungewöhnlich aussehende Prophasenstadien, die man zunächst gar nicht für solche halten möchte, die einzige häufiger vorkommende Teilungsfigur der Oogonienmitose wäre? Das würde unseren diesbezüglichen Erfahrungen über die Zell- teilung direkt widersprechen. Bringt man dann noch den Um- stand mit in Rechnung, dass von diesen Oozytenkernen mit der Chromosomen-Normalzahl alle Übergänge zum kontinuierlichen Knäuel aufgefunden werden konnten, dann muss das vorgebrachte Bedenken auch für den, der das Objekt nicht kennt, schwinden. So istalso unsere Serilerung: Vozytenkerne mit zwölf Chromatinteilen — kontinuierlicher Knäuel — Oozytenkern mit sechs Chromatinschleifen — Bukett, nicht nur eine wahrscheinliche, sondern sie ergibt sich als die allein mögliche mit Notwendigkeit aus den vorliegenden Tatsachen. Nach all dem Gesagten ist eine weitere Begründung der Beziehung zwischen den Kernen mit zwölf Chromatinteilen und den frühesten Stadien, in welche wir die Herausdifferenzierung eben jener Elemente verlegt haben, wohl nicht nötig. Über die fein- fädigen Kerne, die sich gegenüber dem Oogonienruhekern als jüngste Vozyten unterscheiden liessen, sei nur das eine hier bemerkt, dass wir nicht glauben, sie als Oozyten-Ruhekerne ansprechen zu sollen. Dass auf die letzte Vogonien- bezw. Spermatogonienteilung ein Ruhestadium folgt, ist von den meisten Autoren angegeben worden. So beschreiben z. B. Mar&chal und de Saedelaer (10) bei Raja einen Oozyten-Ruhekern („Repos initial oocytaire“) und sagen im Zusammenhang mit dieser Feststellung: „L’existence tres generale de ce premier repos oozytaire semble devenu un fait acquis, et nous jugeons superflu de reprendre, a propos des Rajides, la d&monstration faite prec@demment par l’un des nous pour les Squales: les arguments d’ailleurs seraient de tout point identiques“. Hier wird also der auf die letzte Oogonienteilung folgende Ruhekern Vozyten-Ruhekern genannt. Wir halten aber dafür, dass v. Winiwarter und Sainmont (09) die richtigere Ausdrucksweise gefunden haben, wenn sie sagen: „L’oogonie apres Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 49 un nombre indetermind de mitoses, rentre au repos. Mais bientöt de nouvelles modifications surviennent“. Diese Autoren bezeichnen damit nämlich den auf die letzte Oogonienteilung folgenden Ruhe- kern noch als Oogonien-Ruhekern und beginnen die neue Periode der Entwicklung, d. h. die Oozyten-Entwicklung mit den Veränderungen, die bald an dem Ruhekern einsetzen. So glauben wir auch die Verhältnisse bei Zoogonus beurteilen zu müssen. Den feinfädigen Oozytenkern, von dem wir ausgegangen sind, können wir wohl nicht mehr als Ruhekern betrachten; nach Analogie mit anderen Objekten und im Vergleich zu den eigentlichen als Oogonien- kerne bezeichneten Ruhekernen im Ovarium selbst, scheinen diese frühesten Oozytenkerne vielmehr ganz jungen Prophasenstadien vergleichbar zu sein. Was das Ruhestadium betrifft, welches auf die letzte Oogonienteilung folgt, so wird sich dieses von den zwischen zwei Oogonienmitosen gelegenen wahrscheinlich nicht unterscheiden und kann daher in unserem Ovarium nicht ermittelt werden. Wir haben diese Überlegung angestellt, weil wir glauben, dass die Erwägung, ob ein Oogonien- oder ein Vozyten-Ruhekern auf die letzte Teilung der Vermehrungsperiode folgt, nicht nur die Nomenklatur betrifft, sondern dass es sich auch dabei um eine Diskussion über das Wesen der vorliegenden Erscheinungen handelt. Das Problem, welches durch die Erörterung über die Bezeichnung des Anfangsstadiums der Oozytenentwicklung angeschnitten wird, liegt unseres Erachtens in der Frage nach dem Zeitpunkt, in dem die zur Geschlechtszelle sich entwickelnde Zelle diejenigen Faktoren treffen, welche dem Kern derselben seine besonderen „heterotypischen“ morphologischen Charaktere aufprägen. Es tritt uns also hier ein Teilproblem der auf die kausale Erklärung der (onozytenentwicklung überhaupt gerichteten Bestrebungen ent- gegen. Wir werden später Gelegenheit nehmen, an dem Beispiel der frühen Oogenese des Zoogonus den Versuch zu einer kausalen Erklärung der hier beobachteten Chromatinumlagerungen zu demonstrieren. c) Die frühe Oogenese von Fasciola hepatica L. Von den bis jetzt vorliegenden Untersuchungen über die Oogenese bei Trematoden ist nur die von Schellenberg (11) an Fasciola hepatica ausgeführte in bezug auf die frühe Oozyten- entwicklung zu einem Vergleich mit unseren Befunden geeignet; Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 4 50 F. Wassermann: die Arbeit von Goldschmidt (08) über Dierocoelium und die neuerdings erschienene Bearbeitung der Oogenese von Brachy- coelium salamandrae von v. Kemnitz (13) sind in dem hier interessierenden Teil allzu wenig vollständig. Wir sind schon gelegentlich der Erörterung der Synapsis- frage auf die einschlägigen Stadien der Oogenese von Fasciola hepatica zu sprechen gekommen. Wenn wir auf die dort be- gründeten Feststellungen verweisen, so können wir uns kurz dahin zusammenfassen, dass die Stadien der Oogenese von Fasciola hepatica, welche in unserer Serie zu fehlen scheinen, ihr eigenartiges Aussehen lediglich infolge von Fixierungsschädigungen erhalten haben und sich unschwer mit Hilfe von ebenfalls unzulänglich fixierten Kernen unseres Objekts, die ihnen gleichen und andererseits bestimmten wohlfixierten Kernbildern unseres Objekts entsprechen, auf unsere Chromatinformationen zurückführen lassen und dass, dies vorausgesetzt, sämtliche Hauptstadien, die wir für die frühe Vogenese des Zoogonus beschrieben haben, auch bei Fasciola hepatica von Schellenberg (11) gesehen und abgebildet worden sind. Schellenberg (11) demonstriert die frühe Oogenese durch die in den Fig. 5—16 abgebildeten Stadien. Man sieht, dass die Schilderung dieser Periode nur mit Rücksicht auf die anderen Arbeiten über die Trematodenoogenese, welche in diesem Punkt noch weniger ausführlich sind, eingehend genannt werden kann. Wir erkennen in diesen Figuren die frühen feinfädigen Oozyten- kerne (Fig. 5, 6, 7, 8), die hier allerdings je nach dem Grade der „synaptischen“ Verklumpung des Kerninhaltes als Repräsentanten verschiedener Entwicklungszustände aufgeführt sind, dann sehen wir Oozytenkerne mit der Normalzahl der Chromatinelemente (Fig. 15, 16), ferner den Knäuel (Fig. 9 und 10) und das Bukett- stadium (Fig. 11 und 12). Nun werden aber diese Stadien nicht in der Reihenfolge, wie wir sie aufgeführt haben, seriiert, sondern auf die feinfädigen bezw. synaptischen Stadien soll hier unter Anflockerung des synaptischen Knäuels der dicke, immer noch einseitig zusammen- gedrängte, nach Analogie mit unserem Stadium als kontinuierlich zu bezeichnende Kernfaden folgen und aus diesem soll sich das Bukett mit der reduzierten Schleifenzahl entwickeln. Schliesslich aber werden nach dem Bukett die Kerne mit der diploiden Chromosomenzahl aufgeführt. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. Was Schellenberg (11) zu dem höchst merkwürdigen Vorkommnis, dass die im Bukett vollzogene Reduktion wieder aufgehoben wird, bemerkt, ist folgendes (S. 448): „Die zum Teil verschieden langen Schleifen (d. h. des Buketts) spalten sich an- scheinend sehr bald, nachdem sie sich aus dem Knäuel losgelöst haben, der Quere nach und stellen sich wiederum mit ihren freien Enden auf den synaptischen Kernpol ein, an dem auch der Nukleolus liegt“. Beweise aber dafür, dass sich der vermutete Vorgang wirklich abspielt, vermissen wir ganz und gar. Die Tat- sache, dass sich die Bukettfäden bald der Quere nach durchteilen, soll dadurch erwiesen werden, dass je eine Schleife der beiden ab- gebildeten Bukettstadien einen Querspalt zeigt. Wir wollen ganz davon absehen, dass auch wir. solche quere Dehiszenzen in den reduzierten Elementen hier und da gesehen haben, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu finden, dass die Doppelelemente wieder in ihre Komponenten auseinander fallen, sondern wollen nur daran erinnern, dass auch vor Schellenberg (11) z.B. von Popoff (07) bei Paludina quere Unterbrechungen in den reduzierten Schleifen der. frühen Oogenese beobachtet worden sind und dass dieser Erscheinung niemand die ihr von Schellen- berg zuerkannte Bedeutung beigelegt hat. Wollte Schellen- berg (11) gegenüber der geltenden Anschauung, dass die quere Unterbrechung lediglich der Ausdruck der Zusammensetzung der Chromatinelemente aus zwei endvereinigten Chromosomen sei, eine neue Interpretation geben, so hätte er zeigen müssen, dass die quere Unterbrechung an den Schleifen seines Buketts besonders häufig auftrete und besonders weit klaffe, er hätte Übergänge von dem reduzierten Bukett zu dem nichtreduzierten suchen und demon- strieren müssen. Keine dieser selbstverständlichen Forderungen ist von ihm erfüllt worden. Nach dem Bukett wird ganz un- vermittelt, ohne dass irgend eine Beziehung zu diesem herstellbar wäre, ein Kern gezeigt, der regellos gelagerte kürzere Chromo- somen in der Normalzahl enthält. Er ist noch dazu kleiner als die vorhergehenden Stadien und muss daher eine Ausnahme gegen- über den anderen bilden, für die es offenbar allein gelten kann, dass die Kerngrösse der Oozyte „während der eben beschriebenen Phase“, d. h. während unserer ersten Periode der Oogenese, „von etwa 6 auf 11 « Durchmesser hinaufgegangen“ ist. Was die weitere Tatsache betrifft, dass die Ühromosomen, nachdem sie aus 4* 52 F. Wassermann: der Reduktion wieder befreit sind, nochmals eine polare Orientierung erfahren, so ist dies ja von untergeordneter Bedeutung im Hin- blick auf die Seriierung. Es ist zwar richtig, dass in der Fig. 14 Schellenbergs, der einzigen, die das nicht reduzierte Bukett vorführt, einige, durchaus nicht alle Schleifen bügelförmig gegen den Nukleoluspol gekehrt sind. Auf Grund unserer Erfahrung, die uns in dem in der Fig. 54 abgebildeten Kern ein Beispiel dafür gibt, dass auch die Kerne mit der nichtreduzierten Chromosomen- zahl gelegentlich einmal eine einseitige Zusammendrängung ihres Inhalts bei der Fixierung erfahren können, die dann den Anschein einer polaren Orientierung ergibt, müssen wir sagen, dass die Schellenbergsche einzige nichtreduzierte Bukettfigur höchst wahrscheinlich bloss eine rein äusserliche Ähnlichkeit mit dem wahren Bukett besitzt. Dass die Chromosomen hier im Gegen- satz zu denen des Kerns der Fig. 13, wo sie „noch nicht“ polar orientiert sind, einseitig zusammengeschoben sind, sieht man ja ohne weiteres. Es ist überdies gar nicht unmöglich, dass es sich bei dem Kern der Fig. 14 von Schellenberg um ein durch die Fixierung alteriertes Knäuelsegmentierungsstadium handelte. Jedenfalls kann ein so ungewöhnliches Kernbild. wie es ein nicht- reduziertes Bukett wäre, nicht durch eine einzige Figur als wirk- lich existierend erwiesen werden. Es ist also von Schellenberg gar kein Anhaltspunkt dafür beigebracht worden, welcher es recht- fertigen würde, die Kerne mit der Uhromosomennormalzahl als aus dem Bukett hervorgegangen zu bezeichnen. Nur ein Moment könnte angeführt werden, das die Seriierung Schellenbergs begreiflich erscheinen lässt. Der Autor fand nämlich nach dem Ruhekern der Hauptwachstumsperiode in der Prophase der ersten Reifungsteilung gelegentlich anstatt der reduzierten Anzahl von Chromosomen die Normalzahl derselben und sieht hierin eine Bestätigung der Existenz des Gold- schmidtschen „Primärtypus“ der Reduktion. Diese Tatsache würde freilich verständlicher sein, wenn in den Ruhekern der Oozyte die nichtreduzierte Chromosomenzahl einträte und erst kurz vor der ersten Reifungsteilung nach dem Ophryotrocha-Typus von Korschelt (95) eine Tetradenbildung, deren gelegentliches Unterbleiben dann nichts Befremdendes an sich hätte, erfolgen würde. Dass solche Erwägungen Schellenberg in seiner Aulf- fassung der frühen Oogenese beeinflusst haben, erscheint nicht [sb o Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. unmöglich. Es sei zunächst dahingestellt, ob das sporadische Auftreten des „Primärtypus“ in den Eiern von Fasciola hepatia einwandfrei erwiesen ist, jedenfalls kann der Umstand, dass gewisse Vorkommnisse der späteren Eireifung besser verständlich wären, wenn die vollzogene Reduktion der Chromosomen vor Eintritt des Oozyten - Ruhestadiums wieder aufgehoben würde, nun und nimmer als Beweis dafür gelten, dass die Wiederaufhebung der Reduktion wirklich stattfindet. Wenn somit die Berechtigung der von Schellenberg getroffenen Seriierung nicht erwiesen ist, so steht der Annahme kein Hindernis entgegen, dass dieselben Stadien bei Fasciola hepatica und bei Zoogonus auch dieselben genetischen Beziehungen zueinander haben. Wir können also sagen, dass die frühen oogene- tischen Kernveränderungen bei Zoogonus mirus und bei Fasciola hepatica im grossen und ganzen in gleicher Weise ablaufen. Die von Schellenberg (11) gelieferte Beschreibung der Oogenese von Fasciola hepatica stimmt nur insofern nicht mit den von uns dargestellten entsprechenden Vorgängen bei Zoogonus überein, als hier die Hauptstadien der Entwicklung in weitaus klareren Bildern zur Anschauung gebracht werden konnten, was zum Teil auf bessere Fixierungsresultate zurückzuführen sein dürfte, und dass ferner bei Zoogonus auch die die Hauptstadien verbindenden Übergangsbilder aufgefunden werden konnten, wodurch eine richtige Seriierung der Entwicklungs- stadien überhaupt erst möglich wurde. d) Allgemeiner Teil. 1. Die Entstehung der reduzierten Chromatinelemente. «) Der gegenwärtige Stand der Frage. Meves (07) hat die Anschauung vertreten, dass die Tat- sache der numerischen Chromosomenreduktion vorerst nicht erklärt werden könne. Man dürfe lediglich sagen, dass in der Prophase der ersten Reifungsteilung nicht wie in den entsprechenden Stadien der somatischen Mitosen die für die betreffende Art spezifische Zahl von Chromatinelementen, sondern nur die Hälfte derselben aus dem Prophasenknäuel hervorgehe. Mit diesem Standpunkt befindet sich Meves im Gegensatz zu der allgemein angenommenen, zuerst durch die Befunde von 54 F. Wassermann: Henking im Jahre 1891 nahegelegten Vorstellung, dass die Chromosomen der ersten Reifungsteilung bivalente Elemente sind, entstanden durch eine Koppelung je zweier Einzelchromosomen. Was aber die Art der Chromosomenpaarung betrifft, so gehen hierüber bekanntlich die Anschauungen nach den zwei möglichen Richtungen auseinander. vom Rath (92), Haecker (93) und Rückert (94) haben angenommen, dass ein kontinuierlicher Knäuel in der Prophase der ersten Reifungsteilung in die haploide Anzahl von Uhromatin- elementen zerfalle, wobei immer zwei Chromosomen miteinander endweise verbunden bleiben. Später glaubte dann Montgomery (03) zeigen zu können, dass in dem Synapsisstadium je zwei bis dahin getrennte Chromosomen mit ihren Enden zusammentreten. Beide Anschauungen fallen unter den Begriff der Theorie von der Endvereinigung der Chromosomen (end to end — Konjugation, Metasyndese). Die neueren Verfechter dieser Anschauung sind insbesondere Montgomery, Farmer und Moore, Foot und Strobell, Wassilieff, Popoff, Goldschmidt und Buchner. Die weitaus grössere Zahl der Untersucher steht aber auf dem zweiten Standpunkt, der in der Theorie von der parallelen Konjugation der Chromosomen (Parasyndese) gegeben ist. Als die Hauptvertreter dieser Richtung seien genannt: Gregoire, Jannsens, A. undK.E. Schreiner, K. Bonnevie, v. Wini- warter, Lundegärdh, Strasburger und Vejdovsky. Man muss mit Rücksicht auf die Frage, ob eine der beiden Reifungsteilungen eine Reduktionsteilung im Sinne Weismanns ist oder ob keine echte qualitative Chromosomenreduktion erfolgt, hervorheben, dass die genannten Vertreter der Theorie der Parallelkonjugation wieder in verschiedene Gruppen zerfallen, je nachdem sie annehmen, dass lediglich eine Paarung der Chromo- somen vor sich geht, dass der die Paarlinge trennende Längsspalt sich bis zur ersten Reifungsteilung erhält und dann an Stelle eines äquationellen Längsspaltes der gewöhnlichen Mitose in die Äquatorial- ebene der ersten Reifungs- und also Reduktionsteilung eingestellt wird, oder ob sie, wie namentlich Bonnevie und Vejdovsky, erklären, dass die Vereinigung der Paarlinge bis zur völligen Verschmelzung zu einem Mixochromosom fortschreitet, welches dann in den beiden Reifungsteilungen zweimal äquationell geteilt wird. O1 or Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. Diese Frage ist aber für unsere Betrachtung nicht von Belang, ebensowenig wie die zuerst von Montgomery auf- gestellte und mit beiden Arten der Chromosomenpaarung verein- bare These der Konjugation je eines väterlichen und mütterlichen Chromosoms in der reifenden Geschlechtszelle, in der bis zum Moment der Herabsetzung der Chromosomenzahl die elterlichen Elemente unabhängig voneinander bestehen sollen. Über den Zeitpunkt der Chromosomenpaarung liegen ver- schiedene Angaben vor. Nach dem Vorgang Montgomerys haben auch Vertreter der Parasyndese die Reduktion in das Synapsisstadium verlegt; insbesondere v. Winiwarter und Sainmont (09) haben für die Säugetieroogenese eine solche synaptische Syndesis (Häcker) beschrieben. Die meisten Unter- sucher, wie z. Be Gregoire, Bonnevie, Jannsens und Vejdovsky, verlegen die Paralleikonjugation aber an den Anfang der Gonozytogenese, indem sie nach dem Vorgang von Stras- burger und insbesondere von A. und K.E. Schreiner, welch letztere diesen Typus zuerst in den Spermatozyten von Toomopteris festgestellt haben (Tomopteristypus), annehmen, dass innerhalb des feinfädigen Kerngerüstes der jungen Geschlechtszellen (Leptonema) sich die Uhromosomen in Gestalt parallel und paarweise ange- ordneter Fäden herausdifferenzieren (Zygonema), also die Paarung vor dem Synapsisstadium und unabhängig von ihm an den gewisser- massen in statu nascendi befindlichen Chromosomen vor sich gehe (präsynaptische Parasyndese nach Häcker). Die Mehrzahl der Untersucher der tierischen und pflanzlichen (sonozytogenese ist also für die Theorie der Parallelkonjugation eingetreten, und es waren gerade führende Männer auf diesem (Gebiete, wie Gregoire und Strasburger, welche diese Theorie aufgegriffen und in Gemeinschaft mit ihren Schülern aus- gebaut haben. Weiterhin haben Gregoire und das Ehepaar Schreiner, nachdem sie einmal die Überzeugung von der Existenz der Parasyndese gewonnen hatten, diesen Vorgang bei einer ganzen Reihe von Objekten zu demonstrieren versucht. Dass die genannten Autoren bei diesem Bemühen aber auch fehlgegangen sein können, das beweist der Fall des Zoogonus mirus, and wir müssen gerade darauf später noch hinweisen. Die neueren Untersucher der frühen Gonozytogenese haben, wahrscheinlich zum Teil unter dem Einfluss der als Arbeits- 56 F. Wassermann: hypothese dienenden Vorstellung von der Parasyndese, eine Reihe von morphologischen Details ermittelt, die mit der genannten Theorie zunächst im besten Einklang zu stehen scheinen, wenn man die Bedenken, die wir später namhaft machen werden, und von denen einige von Fick (08), Goldschmidt (08) und Meves (08) schon hervorgehoben worden sind, nicht für beachtenswert genug gegenüber den vorgebrachten positiven Argumenten hält. Von der grossen Zahl der zugunsten der Parasyndese sprechenden Beobachtungen gewinnt man einen vollständigen Eindruck aus der Übersicht, die sich in der kritischen Zusammenfassung Gre&goires (05, 10) darüber findet. Wie entschieden ferner die Hauptvertreter der Theorie von der Parasyndese ihre Über- zeugung verfechten, davon legen die Arbeiten von A. und K. E. Schreiner (siehe 08) und namentlich auch die im vorigen Jahre erschienene Schrift von Vejdovsky (12) Zeugnis ab. Die Theorie der Metasyndese hat demgegenüber keine starken Stützen aufzuweisen. Die Angriffe, welche man gegen die Parallel- konjugation gerichtet hat, können doch nur mittelbar der gegen- teiligen Anschauung gutgeschrieben werden, und wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, gehört einer der Hauptgegner der Parasyndese, nämlich Meves, nicht etwa zu den Anhängern der anderen Anschauung über die Chromosomenkopulation, sondern dieser Autor hält überhaupt keine der beiden hypothetischen Möglichkeiten für erweisbar. Fick (06) kommt in seinem kritischen Referat vom Jahre 1906 bei der Besprechung dieser Frage zu dem Schluss, „dass einstweilen weder die ‚parallele‘ noch die ‚endweise‘ Konjugation der Chromosomen im Frühstadium der Reifeteilung wirklich bewiesen ist“. Es ist dabei charakte- ristisch dafür, dass sich der Stand der Diskussion zuungunsten der Theorie von der Metasyndese verschoben hat, wenn Fick zwar mit den Beweisen der Anhänger der Parallelkonjugation, besonders mit den von A. und K. E. Schreiner beigebrachten Beobachtungen, sich kritisch auseinandersetzt, aber auf die Arbeiten der Autoren, welche die Endvereinigung vertreten, nicht näher eingeht. Eine ähnliche Haltung nimmt Häcker (09) in seiner zusammenfassenden Betrachtung über die Chromosomen als an- genommene Vererbungsträger vom Jahre 1909 ein. Zwar steht auch er den Argumenten v. Winiwarters und der anderen Autoren dieser Richtung skeptisch gegenüber und glaubt nicht, „dass die Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 57 vorgebrachten Argumente zwingender Natur sind“ (8. 86). Aber für die Metasyndese, eine Anschauung, die Häcker, wie bereits erwähnt, selber mitbegründet hat, vermag auch er keine positiven Argumente beizubringen und kommt bei der Diskussion der dies- bezüglichen Kontroverse zu einem vorsichtigen, einen Kompromiss darstellenden Schluss, wenn er sagt: „Alles in allem möchte ich auf Grund eigener, bei verschiedenen Objekten gesammelter Er- fahrungen glauben, dass allerdings bei manchen Formen schon in den präsynaptischen und synaptischen Stadien die Paarung je zweier Uhromosomen perfekt geworden sein kann... ., dass aber bei der Mehrzahl der Objekte die in der frühen Synapsis zutage tretende Doppelfadenstruktur auf einer frühzeitigen Längs- spaltung beruht, und dass also im ganzen die Faltungstheorie im Recht ist, wenn sie die Bildung des dickfädigen synaptischen Knäuels auf eine vorübergehende Verschmelzung der Spalthälften und die Entstehung der diakinetischen „gemini“ auf eine Meta- syndese und eine darauffolgende Umbiegung und Durchbrechung der bivalenten Elemente zurückführt“. Wenn ein Autor wie Häcker, den wir doch zu den Hauptvertretern der Theorie der Metasyndese rechnen müssen, im Gegensatz zu der entschiedenen Haltung von Gregoire, Schreiners, Vejdovsky dem zitierten Satze gemäss einen mehr zurückhaltenden, vorsichtigen Standpunkt zu gewinnen trachtet, so muss er dazu wohl seine guten Gründe haben. Und es sind wirklich keine Tatsachen ins Treffen zu führen, die als entscheidende Beweise für die Existenz einer Metasyndese gelten könnten. Zumeist finden wir, dass die Autoren mit dem von Rückert (94) bei seiner Untersuchung über die Eireifung der Copepoden eingeführten Argument des Tetradenquerspalts für die Metasyndese eintreten, wobei allerdings diese Beobachtung nunmehr auch für die Schleifen des Bukett- stadiums vielfach erhoben wurde (Popoff [07], Buchner [09]; hier S. 349 diesbezügliche Literaturangaben).. Man muss aber bedenken, dass eine Querlichtung im reduzierten Element nur einen Schluss auf seine Entstehung zulässt, keineswegs ist damit eine Beobachtungstatsache über die Entstehung der Tetraden selbst beigebracht. Somit ist dieses Argument jenen Beobachtungen nicht gleichzustellen, welche z. B. Schreiners für die Parallel- konjugation bei Tomopteris erhoben haben; denn diese sollen, wenigstens nach der Meinung der genannten Autoren, den Vor- 58 F. Wassermann: gang der Parallelkonjugation direkt demonstrieren. Dazu kommt noch, dass dieses Hauptargument der Metasyndese an Bedeutung viel verloren hat, nachdem Lerat (05) bei Copepoden gerade auch hinsichtlich der Entstehung der Doppelchromosomen eine andere Anschauung gewonnen hat als Rückert und nachdem Gregoire und Deton (06) der Auffassung von Korschelt über die Tetradengenese bei Ophryotrocha puerilis widersprochen haben. So sagt denn auch Vejdovsky (12, S. 145): „Die Querkerben stellen offenbar ein charakteristisches Merkmal der CUhromosomen von Üyclopiden und vielleicht auch einigen Ascariden vor, deren Bedeutung aber noch nicht klar genug ist. Am wenigsten vermag ich aber der Anschauung Häckers beizu- pflichten, dass man in der Querkerbe ein Merkmal der statt- gefundenen ‚Metasyndese‘ suchen soll“. Vejdovsky scheint allerdings in der Ablehnung der Bedeutung des Tetradenquer- spaltes zu weit zu gehen, da doch diese Erscheinung gar nicht bloss bei Uyclopiden und einigen Ascariden vorkommt, sondern mit Einschluss der an pachytänen Schleifen beobachteten Quer- kerben viel weiter verbreitet sein dürfte; aber im allgemeinen wird man Vejdovsky keine schwerwiegenden Einwände machen können, wenn er sagt: „Die meisten neueren Forscher, welche die „parallele“ Konjugation ablehnen, gelten als warme Anhänger der „end to end“ Konjugation, obwohl es meist schwierig ist, aus deren Darstellungen diese Annahme als wahrscheinlich anzuerkennen“. Aus all dem Angeführten ergibt sich, dass gegenwärtig dem Fernerstehenden die Theorie von der Parallelkonjugation als die herrschende - erscheinen muss. Man sollte aber doch bedenken, dass die Vertreter dieser Anschauung sich auf die Deutung von frühen, schwer analysier- baren Gonozytenstadien stützen und dass ein Beweis für die Richtigkeit dieser Deutung bislang noch nicht erbracht ist, dass andererseits Einwände gegen die Theorie von Seite erfahrener Forscher gemacht worden sind. Dazu kommt ferner, dass der von Gregoire (09) und Schreiner (08) für ihre Anschauung in Anspruch genommene Fall des Zoogonus mirus der Theorie der Parasyndese durchaus nicht angepasst werden kann. Unter diesen Umständen können wir es nicht für gerecht- fertigt halten, dass Vejdovsky die Diskussion über die Frage nach der Entstehung der sogenannten heterotypischen Chromo- Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. A) somen endgültig geschlossen wissen möchte, wenn er sagt (l. c. S. 145): „Obwohl wir schon den strikten Beweis durch Tatsachen geführt haben, dass es keine mit der Parallelkopulation ver- gleichbare endweise Chromosomenpaarung gibt, so müssen wir doch in Anbetracht der Anschauungen Häckers die Frage näher erörtern, um die angenommene „Metasyndese“ in der hier besprochenen Fassung definitiv aus der Zyto- logie zu eliminieren“ (vom Ref. gesperrt). Wir werden demgegenüber zeigen, dass die von uns über die frühe Oogenese von Zoogonus mirus ermittelten Tatsachen einer Eliminierung der Metasyndese aus der Zytologie im Wege stehen und wir werden, weil uns dies durch den gegenwärtigen Stand der Frage geboten erscheint, im Anschluss daran’ auf verschiedene Einwände aufmerksam machen, die gegen die Annahme einer Parasyndese auch heute noch mit Recht erhoben werden können. Stevens (05) behauptet an Sagitta bei der Eireifung parallele und bei der Samenreifung endweise Konjugation fest- gestellt zu haben. Nun meinte Heider (zitiert nach Fick [06]), solche Beobachtungen beweisen, „dass dieser Verschiedenheit in der Art der Aneinanderfügung der homologen Chromosomen keine prinzipielle Bedeutung zukommt“. Dieselbe Anschauung spricht eigentlich auch aus dem oben zitierten Satz Häckers. In neuester Zeit endlich hat v. Kemnitz (13) eben dieselbe ver- mittelnde Stellung eingenommen, weil er auf Grund von Be- obachtungen bei seinem Objekt (Brachycoelium salamandrae) es für ein häufiges Vorkommnis halten möchte, dass nach voraus- gegangener Endvereinigung das bivalente Element im Bukett- stadium bis zur Parallellagerung seiner beiden Komponenten abgebogen wird und dass also Metasyndese und Parasyndese bei einem Objekt nacheinander eintreten können. Es ist ja richtig, dass zunächst gerade im Hinblick auf die Hauptfrage der (Grono- zytogenese, nämlich die Frage nach der Bedeutung der Reifungs- teilungen für eine etwaige Reduktion der Chromosomen im Sinne Weismanns, der Streit über die Entstehung der Chromosomen der ersten Reifeteilung unwichtig erscheinen könnte, weil nämlich der Endeffekt in dieser Hinsicht derselbe sein kann, ganz gleich, ob man eine Metasyndese mit nachherigem Umbiegen der Kom- ponenten, also einen sekundären Parallelismus der Paarlinge (Faltungstheorie) oder eine von Anfang an bestehende parallele 60 F. Wassermann: Aneinanderlagerung der kopulierten Chromosomen annimmt, voraus- gesetzt, dass man mit Gr&goire die Entstehung von Mixochromo- somen ablehnt. Aber gegenüber der Möglichkeit eines solchen Kompromisses zwischen Metasyndese und Parasyndese muss man entschieden darauf hinweisen, dass zwischen den beiden hypothetischen Arten der Chromosomenkopulation von einem allgemein zytologischen Standpunkt aus wohl ein prinzipieller Unterschied ‚besteht. Wir werden versuchen, diesen prinzipiellen Unterschied im Verlaufe unserer Erörterung hervorzuheben. 3) Die Frage nach der Entstehung der reduzierten Elemente bei Zoogonus mirus. Wir haben die Entstehung der am Schlusse der ersten Periode der Oogenese zum Bukett geordneten reduzierten Schleifen eingehend dargestellt und es ist nunmehr die Frage zu beant- worten, wie sich diese Beobachtungen zu dem oben skizzierten gegenwärtigen Stand der Frage nach der Entstehung der nume- rischen Chromosomenreduktion überhaupt verhalten. Ihren unmittelbaren Ausgang nehmen die sechs. Schleifen des Buketts von dem kontinuierlichen Knäuel, dieser aber wird durch das Zusammentreten von zwölf Chromatinteilen gebildet. Es ist klar, dass wir bei dieser Sachlage von einer Para- syndese nicht sprechen können. Stadien, die für sich allein be- trachtet, eine Parallelkonjugation im Sinne des „Tomopteristypus“ nahelegen würden, haben wir ebenso wie A. und K. E. Schreiner (08) und Gregoire (09) auch unsererseits bei Zoogonus zu ver- zeichnen (Fig. 21 und 22). Aber, wenn wirklich hier zwei Fäden zur Bildung eines Chromosoms zusammentreten, so sind es uni- valente Chromosomen, die aus der Fadenpaarung hervorgehen und diese Parallelfädigkeit hat somit nichts mit der Chromosomen- koppelung zu tun, sondern ist jenen frühesten doppelfädigen Prophasenstadien gleichzustellen, wie sie z. B. im Zyklus der somatischen Mitosen von Lundegärdh (13) und von v. Schustow (13) bei Allium cepa einwandfrei festgestellt worden sind. Wenn wir somit eine parasyndetische Entstehung der pachy- tänen Schleifen ganz entschieden von der Hand weisen können, so bleibt die weitere Frage, ob wir andererseits von einer Meta- syndese im eigentlichen Sinne sprechen dürfen, oder ob wir uns Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 61 bei dem Standpunkt von Meves bescheiden und auch in unserem Falle einfach die Tatsache registrieren müssen, dass eben aus dem kontinuierlichen Knäuel nicht die diploide, sondern die haploide Anzahl von Elementen hervorgeht. Wir können ja eine Metasyndese nur dann behaupten, wenn wir Anhaltspunkte dafür haben, dass wirklich je zwei ursprüngliche Chromosomen mit ihren Enden zusammengetreten sind oder dass bei der Segmen- tierung des Knäuels immer je zwei seiner Komponenten miteinander in Verbindung geblieben sind. Letztere Bedingung müsste in unserem Fall erfüllt sein, damit wir hier eine Metasyndese an- nehmen dürften. Die direkte Beobachtung lässt uns bei dem Versuch, diese Frage zu entscheiden, im Stich. Aber es wird nicht unverständlich sein, dass man gerade angesichts der vor- liegenden Stadien die gestellte Frage nicht ohne weiteres offen lässt oder sich gar dem resignierten Standpunkt von Meves anschliesst. Sehen wir doch hier, dass zwölf Elemente in den Knäuel eintreten und deren sechs aus ihm hervorgehen. Sollten wir da annehmen müssen, dass die Segmentierung des Fadens an ganz beliebigen Punkten ohne Beziehung zu den Vereinigungs- stellen der ursprünglichen Chromosomen vor sich gehe? Diese Möglichkeit dünkt uns gegenüber der anderen, dass je zwei Elemente miteinander verbunden bleiben, als die unwahrschein- lichere und zwar aus folgenden Gründen. Wir müssen uns erstens vor Augen halten, dass die Zer- teilung des Fadens gerade in sechs Segmente ein gesetzmässiger Vorgang ist, dessen regelmässiger Ablauf an bestimmte, in jedem Fall gleichartige Bedingungen geknüpft sein muss. Die eigent- liche Ursache dieses gesetzmässigen Vorganges kennen wir nicht. Aber wir kennen eine für jeden Knäuel vorhandene Bedingung für seine Zerteilung in sechs Abschnitte und diese ist in seiner Zusammensetzung aus zwölf Elementen gegeben. Damit haben wir zwei Tatsachen, die Zusammensetzung und Zerteilung des Knäuels, deren ursächliche Verknüpfung sehr nahe liegt, weil dadurch allein die Gresetzmässigkeit der Segmentierung auf eine einfache Weise verständlich wird, während sie uns ganz rätsel- haft erscheinen müsste, wenn wir den ursächlichen Zusammen- hang zwischen den beiden bekannten Faktoren leugnen würden. Nehmen wir aber diese zunächst liegende Auffassung an, so deuten wir den Vorgang im Sinne der Metasyndese. Das Gesagte 62 F. Wassermann: lässt sich auch in der Überlegung ausdrücken, dass die Aufgabe, eine aus zwölf Segmenten bestehende Kette regelmässig und mit absoluter Sicherheit in sechs Teile zu zerlegen, auf keine ein- fachere Weise zu lösen ist als durch die Zerteilung der Kette zwischen je zwei Gliedern derselben. Zweitens ist es doch wahrscheinlich, dass die Nahtstellen zwischen den einzelnen Chromosomen auch beim sekundären Durch- brechen des Knäuels Prädilektionsstellen für die Entstehung von Querkerben sein werden; dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn der Knäuel nicht lange bestehen bleiben sollte, wofür ja der Umstand spricht, dass man ihn nur sehr selten zu Gesicht bekommt. Dann aber ist drittens zu bedenken, dass vielleicht nicht einmal in unserem Falle immer ein kontinuierlicher Knäuel ge- bildet wird. Wir haben einen solchen konstatiert und mussten daher bei der Seriierung unserer Stadien den kontinuierlichen Knäuel zwischen den primär und den sekundär gekerbten ein- setzen. Aber nichts ist wahrscheinlicher, als dass auch bei unserem Objekt öfters und bei anderen Objekten vielleicht in der Regel ein abgekürztes Verfahren eingeschlagen wird, dass der segmentierte Faden. in dem sämtliche Chromosomen gegen- einander abgesetzt sind, wieder zerfällt, bevor die einzelnen Komponenten miteinander verlötet sind. Und in diesem Falle könnte doch nur von einer Endvereinigung je zweier Chromo- somen die Rede sein. Denn man wird doch nicht zu der ge- zwungenen, Annahme greifen wollen, dass einmal ein einziges Chromosom für sich und dafür drei andere miteinander in be- liebiger Kombination aus der Segmentierung hervorgehen und dass trotzdem immer sechs Segmente entstehen können. Dazu kommt dann noch viertens der Anhaltspunkt, den uns jene Querlichtungen an die Hand geben, die wir des öfteren inner- halb der reduzierten Schleifen demonstrieren konnten und die wir dem von Buchner (09) und anderen an den pachytänen Schleifen beobachteten Querspalt gleichsetzen können. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob wir in diesen Querlichtungen bestehen gebliebene primäre Kerben vor uns haben, oder ob sie der Ausdruck dafür sind, dass der kontinuierliche Knäuel hie und da gewissermassen den Versuch macht, sich in seine sämtlichen Komponenten zu gliedern. Für unsere gegenwärtige Betrachtung ist folgendes von Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 63 Wichtigkeit. Wenn der Knäuel an beliebigen Stellen durchbricht, so müssen solche Querkerben unter Umständen auch zu mehreren innerhalb eines Segmentes auftreten können, und sie werden an beliebigen Stellen des Segmentes, ein oder das andere Mal auch ganz nahe seinem Ende, gelegen sein. Im anderen Fall aber, wenn der Knäuel zwischen je zweien seiner Komponenten durch- bricht, dann darf, unter der Voraussetzung, dass die (Querkerben die Bedeutung. haben, die wir ihnen zuerkennen, ein Segment niemals mehr als eine solche Dehiszenz aufweisen, und sie muss wenigstens annähernd in der Mitte seines Verlaufes gefunden werden. Diese Bedingungen sind nun in allen Fällen von solchen Querkerben innerhalb der reduzierten Elemente, die wir demon- striert haben, erfüllt (siehe Fig. 34, 35 und 36). Schliesslich können wir noch daran erinnern, dass die ge- wichtigen Gründe, die für eine Individualität der Chromosomen überhaupt sprechen (Boveri [04]), auch hier zugunsten einer Endvereinigung je zweier Individuen und gegen die Möglichkeit einer die Knäuelkomponenten nicht berücksichtigenden Zerfällung des Fadens angeführt werden können. Zum Schlusse dieser zugunsten der Metasyndese sprechenden Auseinandersetzung wollen wir noch einer Methode gedenken, die uns an und für sich sehr geeignet erscheinen würde, die soeben behandelte Frage in einer viel exakteren Weise, als dies durch Indizienbeweise von der angeführten Art möglich ist, aufzuklären. Die geringe Anzahl von Fällen, die der zu schildernden Methode unterzogen werden konnten, und die im Objekt liegenden Schwierig- keiten, welche die Genauigkeit des Verfahrens beeinträchtigen, gestatteten uns freilich nicht, den erhofften Erfolg dabei zu erzielen; wenn wir trotzdem das eingeschlagene Verfahren zu schildern nicht unterlassen, so geschieht dies in der Überzeugung, dass es in anderen günstiger gelagerten Fällen von Vorteil sein müsste. Wenn man imstande ist, vergleichende Messungen der Längen der Knäuelsegmente und der Bukettschleifen anzustellen, und dabei zu dem Resultat kommt, dass konstante Relationen zwischen diesen Grössen bei den einzelnen Kernen vorhanden sind, so wird man es als erwiesen erachten dürfen, dass die Gesetz- mässigkeit der Segmentierung des Knäuels nicht allein darin besteht, dass überhaupt immer sechs Segmente entstehen, sondern 64 F. Wassermann: auch darin, dass diese Segmente durch eine an bestimmte gesetz- mässig festgelegte Punkte des Knäuels gebundene Teilung ent- stehen. Und schon dadurch wäre die angenommene Metasyndese so gut wie sichergestellt. Denn wenn der Beweis erbracht ist, dass die Segmentierung nicht an beliebigen Punkten des Knäuels ein- setzen kann, sondern nur an ganz genau determinierten, so könnten doch schwerlich andere Stellen des Knäuels in Betracht kommen, als die Nahtstellen zwischen den Uhromosomen. Wenn wir aber ferner erkennen könnten, dass auch die Segmente des primär gekerbten Knäuels zu Paaren hintereinander geordnet, doppel- wertige Stücke von eben denselben Längenrelationen ergeben, wie die reduzierten Schleifen, dann wäre für unseren Fall der strikte Beweis einer Metasyndese erbracht. Ein Blick auf die Fig. 39—44 lehrt, dass jedes Bukett eine besonders kurze Schlinge enthält. Desgleichen macht es die blosse Anschauung schon wahrscheinlich, dass auch ein die anderen Schleifen an Länge übertreffendes Element bei der Mehrzahl der Bukettformationen vorhanden ist. Mit einer solchen Feststellung ist aber kaum eine irgendwie verwertbare Erkenntnis gewonnen; denn wenn die Bukettschleifen durch Segmentierung des kontinuierlichen Knäuels entstehen und diese Segmentierung ganz regellos erfolgen würde, dann wäre es ja von vornherein wahrscheinlich, dass unter den sechs Teilstücken des Fadens eines das längste und ein anderes das kürzeste sein könnte. Wenn ’wir den Versuch wagen wollen, zu prüfen, ob bestimmte Relationen zwischen den einzelnen Knäuelsegmenten vorhanden sind, müssen wir anders zu Werke gehen. Wir müssen in sämt- lichen uns vorliegenden Fällen vom sekundär gekerbten Knäuel bis zum vollendeten Bukett die Längenmaße der einzelnen Segmente ermitteln und die gefundenen Werte miteinander vergleichen. Dazu haben wir keine andere Methode als die Messung der mit dem Prisma aufgezeichneten Chromatinschleifen, wie sie in unseren Figuren vorliegen, in einzelnen jeweils einer Geraden nahe- kommenden Teilstücken und die Abtragung dieser Teilmaße auf einer Geraden. Dieser Methode haften natürlich ganz bedenkliche Fehler an, die uns vor die Frage stellen, ob durch ein so un- genaues Verfahren Maße gewonnen werden, die zu weiteren Schlüssen verwertet werden dürfen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 65 Wir haben aber unser Vorgehen noch von einer weiteren Voraussetzung abhängig zu machen, und die Prüfung in dieser Richtung kann zugleich eine Anschauung davon geben, wie weit unsere Methode der Messung zur Ermittlung von Annäherungs- werten brauchbar ist. Der Vergleich der gefundenen Längenmaße untereinander und ihre Beziehung zum Knäuel in der oben an- gegebenen Richtung hat nur dann einen Sinn, wenn wir annehmen dürfen, dass die Gesamtlänge der Schleifen eines Buketts gleich sei der Gesamtlänge des Knäuels, von dem das Bukett stammt. Denn wenn dies nicht der Fall wäre und sich die Segmente nach ihrem Freiwerden hinsichtlich der Länge in wechselnder Weise veränderten, dann müssten wir unser Vorhaben aufgeben. Eine vergleichende Messung in diesem Punkt lässt sich natürlich nur dann durchführen, wenn wir Knäuel und Bukettstadium aus dem- selben Ovarium besitzen. Denn bei der Grössendifferenz zwischen den Kernen aus verschiedenen Ovarien lässt sich nur in diesem Fall je ein Bukett und ein Knäuel gleich wie zwei Stadien ein und desselben Kernes betrachten. An diese Bedingung geknüpft, ist die Messung natürlich nur sehr selten ausführbar, und so ver- fügen wir nur über zwei derartige Beispiele; bei einem derselben stehen der Knäuellänge allerdings zwei unter sich gleiche Gesamt- längen von Bukettschleifen des betreffenden Ovars gegenüber, welcher Umstand das Ergebnis des Vergleiches wohl noch ver- trauenswürdiger macht. Im ersten Fall (Textfig. 21) ist der Knäuel der Fig. 32 und das Bukett der Fig. 42, im zweiten (Textfig. 22 der Knäuel und die Buketts der Fig. 30, 38 und 39 miteinander in Vergleich gesetzt worden. Man sieht, dass die Geraden, auf welche die entsprechenden Grössen abgetragen wurden, von bei- nahe gleicher Länge sind. Ob man dem Umstand, dass in beiden Fällen die Knäuellänge die Gesamtlänge der Bukettschleifen um ein Geringes übertrifft, irgend eine Bedeutung zuerkennen darf, ist bei unserer groben Methode und an der Hand von nur zwei derartigen Fällen nicht zu entscheiden. Wenn dieses Verhalten aber die Regel bilden sollte, so wäre es das Wahrscheinlichste, dass während der Segmentierung, vielleicht als ein dieselbe unter- stützendes mechanisches Moment, jedes Teilstück um einen ge- ringen Bruchteil seiner Länge sich verkürzte. Da aber hierbei die Relationen zwischen den einzelnen Segmenten sich nicht zu verändern brauchen, so können wir trotz dieser Möglichkeit Archiv f.mikr. Anat. Bd.S3. Abt. II. h) 66 F. Wassermann: Fig. 21. a — Länge des Knäuels der Fig. 32; b = Gesamtlänge der Schleifen des Buketts der Fig. 42. Fig. 22. a — Länge des Knäuels der Fig. 30; b und c — Gesamtlängen der Bukett- schleifen der Fig. 38 und 39. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 67 die Voraussetzung, dass Knäuellänge und Bukettschleifenlänge einander entsprechen, im Hinblick auf unsere Untersuchung für gegeben halten. Für den ersten Teil unserer Untersuchung, der die Frage betrifft, ob die Segmentierung an bestimmte Punkte des Knäuels gebunden ist, lassen sich nun gewisse rechnerische Voraussetzungen machen. Der Knäuel, d. h. eine Strecke von jeweils bestimmter Länge, wird in sechs Teilstücke zerlegt. Die Frage, wie viele Teilungsmodi hierbei eingeschlagen werden könnten, ist natürlich zunächst dahin zu beantworten, dass deren unendlich viele denk- bar sind. Zieht man aber nicht die absoluten Werte der Teilungs- produkte, sondern nur deren gegenseitiges Verhältnis im allge- meinen in Betracht, so kann man feststellen, dass unter diesem Gesichtspunkt nur elf Varianten bei dem Teilungsprozess auftreten können, die sich folgendermassen darstellen: 1. Sämtliche Teilstrecken sind einander gleich. Sämtliche Teilstrecken sind untereinander ungleich. Von den Teilstrecken sind zwei unter sich gleich und vier sind von diesen und unter sich verschieden. 4. Von den Teilstrecken sind je zwei unter sich gleich und zwei von diesen und unter sich verschieden. 5. Von den Teilstrecken sind je drei unter sich gleich. 6. Von den Teilstrecken sind drei unter sich gleich und drei von diesen und unter sich verschieden. . Von den Teilstrecken sind drei und zwei unter sich gleich und eine von beiden Gruppen verschieden. Ss. Von den Teilstrecken sind je zwei unter sich gleich. 9. Von den Teilstrecken sind vier unter sich gleich und zwei unter sich gleich. 10. Von den Teilstrecken sind vier unter sich gleich und zwei von diesen und unter sich verschieden. 11. Von den Teilstrecken sind fünf unter sich gleich und eine davon verschieden. Wir haben also zuzusehen, ob bei der Segmentierung unseres Knäuels regelmässig einer von diesen elf Teilungsmodi einge- schlagen wird. Ist dies der Fall, dann würden wir die gestellte Frage, ob die Segmentierung an bestimmte Punkte des Fadens gebunden ist, bejahen können. Wenn dem aber so wäre, so hätten wir weiterhin zu bedenken, dass jede dieser Teilungsformen in 5* aD —I] 63 F. Wassermann: unzähligen Varianten verwirklicht sein kann, wovon man sich sofort überzeugen kann, wenn man irgend einen der elf Fälle auf bestimmte Grössen anwendet. Wenn also in unserem Fall bei der Teilung des Knäuels eine Regelmässigkeit im Längenverhältnis der einzelnen Segmente zutage treten sollte, dann muss sie zu- nächst in dem regelmässigen Auftreten eines der elf Teilungsmodi ausgedrückt sein, kann aber weiterhin noch bestimmter festgelegt sein in irgend einer Variante der allgemeinen Form. Nach diesen Vorbemerkungen wollen wir an die Vergleichung der gewonnenen Messungsresultate herantreten. Sie sind in den Textfig. 23—34 niedergelegt und es ist bei jeder Maßtabelle an- gegeben, welcher Oozytenkern ihr jeweils zugrunde liegt. Bei der schon betonten Unzulänglichkeit unserer Methode, die uns zwingt, die aus der Horizontalebene vielfach abweichenden Fäden in ihrer Projektion auf die Horizontale zu messen und die krummen Linien in eine Anzahl von kleinen einer Geraden gleich- zusetzenden Strecken mit dem Zirkel abzuteilen, lässt sich nur folgendes aussagen: Wahrscheinlich würde sich bei einer viel grösseren Anzahl von Messungen herausstellen, dass immer zwei oder immer drei von den Knäuelsegmenten und Bukettschleifen untereinander gleich sind und dass von den übrigen ein Element durch besondere Kürze auffällt, so dass es sich zu einem ihm an Länge zunächststehenden anderen etwa wie 1:2 verhält. Sind aber die Relationen soweit festgelegt, dann müssen im einzelnen konkreten Falle alle Segmente untereinander in einem bestimmten Längenverhältnis stehen. Dieser Vermutung widersprechen nur die Knäuelsegmente des Oozytenkernes der Fig. 37 (Textfig. 33). Soweit können wir also die erste Frage beantworten, welche auf die Längenrelation der Segmente vom sekundär gekerbten Knäuel bis zum Bukett gerichtet war. Noch schwieriger ist natürlich zu ermitteln, ob auch die zur Vereinigung bestimmten zwölf Elemente des Oozytenkernes vor der Knäuelbildung doppelwertige Elemente geben von eben denselben relativen Längenmaßen, wie sie die Knäuelsegmente und Bukett- schleifen darzubieten scheinen. Hier haben wir ja nur in ganz seltenen Fällen Gelegenheit, die mutmassliche Zusammengehörigkeit einzelner Chromatinstücke mit einiger Sicherheit zu bestimmen. Um so bemerkenswerter aber ist es, dass in den beiden in den Fig. 35 und 36 dargestellten Fällen, bei denen wir glaubten, unser "68 "ST1--68 "SE "SLI— CZ ‘OF SIT —-88 ‘Fr SI 97 "Ep DL EZ F. Wassermann: 70 31 Fig. 33. 34—Fig. 34. 32—-Fig. 35. Ss] 4 35 Fig. 29. (0 ‘/ /+ 2 33—Fig. 37. 36--Fig. 28. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. zl Verfahren anwenden zu dürfen, ein Ergebnis zutage trat, welches der Erwartung sehr nahe kommt. Die Tabellen sind mit den zu den Kernen gezeichneten schematischen Textfiguren auf S. 25 zu vergleichen, wobei die Zahlen erkennen lassen, welche von den Einzelelementen zusammengestellt worden sind.) Das oben für die Bukettschleifen Gesagte lässt sich tatsächlich auch auf diese (Grössen anwenden. Und so ergibt sich also im ganzen, dass bei einer der Brauch- barkeit des Verfahrens entsprechenden Anwendungsmöglichkeit ein Resultat würde zustande kommen können, welches den Nachweis der Metasyndese auf eine ganz sichere Grundlage stellen müsste. Was Schreiners (08) für die Anschauung, dass auch bei Zoogonus die Chromosomenreduktion nach dem „Tomopteristypus“ erfolge, an tatsächlichen Belegen beibringen, kann nicht in eine ernsthafte Diskussion gezogen werden. Denn diese Autoren stellen nicht etwa die Kernvorgänge, die zur reduzierten Chromosomen- zahl führen, in einer Entwicklungsreihe der Spermatozyten oder Oozyten dar, sondern begnügen sich damit, in den Hoden und Ovarien von Zoogonus gleichfalls einige Stadien aufzufinden von der Art, wie sie von ihnen bei anderen Objekten und insbesondere bei Tomopteris — hier allerdings im Rahmen einer vollständig beschriebenen Spermatogenese — festgestellt und als Beweise für die Parallelkonjugation angesprochen worden sind. Da nun Schreiners unter Zugrundelegung ihrer an anderen Objekten gewonnenen Erfahrung über den Ablauf der Geschlechtszellen- entwicklung hier bei Zoogonus nur nach jenen Entwicklungsstadien suchten, die dem „Tomopteristypus“ angehören und da sie glaubten, ihre Untersuchung für vollständig halten zu dürfen, als jene Stadien gefunden waren, sind ihnen alle anderen Stadien ent- sangen, die wir in dem Streben, möglichst alle Stadien der frühen Oogenese kennen zu lernen, ausserdem noch finden konnten. Zu diesen von Schreiners nicht bemerkten Entwicklungsstufen der Oozyten gehören die in den Fig. 23—46 wiedergegebenen.”) Nun 9 In dem Kern der Fig. 29, Textfig. 9 konnten nur elf Chromatinteile ermittelt werden. Wir vermuten daher, dass eines von den relativ langen Elementen (2) bereits bivalent ist. ?) Wenn wir zu diesen von A.und K.E. Schreiner nicht gewürdigten Stadien auch das Bukettstadium rechnen, so müssen wir hierzu allerdings bemerken, dass der in Fig. 8 ihrer Arbeit abgebildete Spermatozytenkern („Stadium der dicken Schleifen“) wohl einem solchen entsprechen dürfte. "2 F. Wassermann: sind diese Stadien, wie man sieht, eben jene, welche uns eine Verfolgung des Vorganges der numerischen Chromosomenreduktion gestatten. Wir hoffen, A. und K. E. Schreiner möchten durch unsere Darstellung in ihrem Glauben an die Allgemeingültigkeit des „Tomopteris-Typus“ soweit erschüttert werden, dass sie wenigstens für Zoogonus eine andere Möglichkeit der Reduktion einräumen. Dessen sind wir jedenfalls sicher, dass sie jetzt ungleich mehr Mühe hätten, die Eientwicklung des Zoogonus ihrem Typus anzugleichen, nachdem wir eine ganze Reihe von Stadien der Oogenese, die der „Tomopteris-Typus“ nicht vorsieht, aufgedeckt haben. Wenn allerdings die Deutung aufrecht erhalten werden könnte, die Schreiners den von ihnen abgebildeten Kernstrukturen der Oo- und Spermatozyten von Zoogonus gegeben haben, dass nämlich die ohne Zweifel beobachtete und richtig wiedergegebene Parallelität einzelner Chromatinfäden wirklich als Ausdruck für eine Längskonjugation ganzer Chromosomen zu er- achten ist, dann wäre freilich das prinzipiell ausschlaggebende Moment des „Tomopteris-Typus“, nämlich die Existenz der Parallel- konjugation, auch in unserem Falle gegeben, unbeschadet des Um- standes, dass der kontinuierliche Knäuel und die ihm unmittelbar vorausgehenden und nachfolgenden Stadien der Chromosomen- Umlagerung in das Bild der Oozytenentwicklung neu einzufügen wären. Um zu diesem der Theorie der Parallelkonjugation günstigen und unseren Befunden widersprechenden Resultat zu gelangen, müsste man aber vor allem den Nachweis führen können, dass die Darstellung, welche wir von der Aufeinanderfolge der Oozytenkernzustände im Ablauf der Oogenese gegeben haben, nicht richtig ist oder wenigstens nicht die allein richtige zu sein braucht, dass vielmehr noch eine andere Seriierung dieser Entwicklungs- stadien möglich wäre. Denn solange die durch den Augenschein Demnach hatten sie zwar unter den durchmusterten Spermatozyten jenes Stadium vor Augen, aber in den Ovarien ist es ihnen sicher entgangen; denn gerade die Kenntnis und die gründliche Beschäftigung mit diesem Bukettstadium hätte die genannten Autoren vor dem Irrtum, in den sie bezüglich der Zahlenverhältnisse der Chromosomen verfallen sind, bewahren müssen, da, wie wir gezeigt haben, eben in diesem Stadium die reduzierte Anzahl mit absoluter Sicherheit zahlenmässig festzustellen ist. So berechtigen also schon die falschen Angaben Schreiners über die Chromosomenzahl zu der Konstatierung, dass sie kein wohlentwickeltes Bukettstadium genau betrachtet haben. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 73 zwanglos sich ergebende Auffassung zu Recht besteht, dass die Normalzahl der Chromosomen sich zum kontinuierlichen Knäuel aufreiht und dieser in Segmente von reduzierter Anzahl zerfällt, solange ist überhaupt keine Möglichkeit für die Annahme einer Parallelkonjugation vorhanden. Erst dann also, wenn die von uns ge- gebene Begründung der Seriierung der Oozytenstadien (siehe S. 48) durch irgend einen zureichenden Gegengrund ins Wanken gebracht worden wäre, käme eine Diskussion über die Frage in Betracht, ob die von Schreiners in den Fig. 5, 6 und 7 ihrer Zoogonus- arbeit abgebildeten Chromatinfaden-Paarlinge wirklich als Beweis- mittel für die Existenz einer Parallelkonjugation gebraucht werden dürfen. Dennoch wollen wir uns mit dieser in unserem Falle sekundären Frage in Kürze beschäftigen, weil es uns von all- gemeiner Bedeutung erscheint, die Unterlassung methodologischer Art darzulegen, welche Schreiners bei der Verwertung der fraglichen Kernbilder für ihre theoretischen Anschauungen sich unseres Erachtens haben zu schulden kommen lassen. Die be- treffenden Bilder der Schreinerschen Arbeit (Tab. I, Fig. 5, 6 und 7), welche den Vorgang der Uhromosomenpaarung in den Oo- und Spermatozyten demonstrieren sollen, sind nur optische Schnitte durch die untersuchten Kerne und geben schon aus diesem Grunde keinen Aufschluss über die entscheidende Frage, ob die Entstehung der paarigen Chromatinfäden in Wahrheit mit einer Reduktion der Chromosomenanzahl einhergeht oder nicht. Hier kann nur die Erforschung des ganzen Kerninhaltes und die Zählung der Kernfäden Aufschluss geben und es kann in einem solchen Falle dem Autor die Wiedergabe seiner Beobachtungen in ihrem ganzen Umfange wohl nicht erlassen werden.') Freilich 9) Wenn wir diesen Einwand gegen die Schreinersche Arbeit er- heben, so sind wir uns dabei wohl bewusst, dass man uns entgegenhalten könnte, wir beanstanden zwar die Abbildungen der Autoren mit Recht, dürfen aber keinen Schluss von der Art der Wiedergabe auf die Art der Erhebung der Befunde machen. Diese Zurechtweisung müssten wir in diesem Falle um so eher gewärtigen, als A. und K. E. Schreiner selbst an anderer Stelle (08b, S. 13) sich „über die Beurteilung und den Wert von Abbildungen nach zytologischen Präparaten mit starken Vergrösserungen“ geäussert haben und unter Hinweis auf diese prinzipielle Auseinandersetzung wohl verlangen werden, dass man ihr Urteil über die Frage, wie weit man in der zeichne- rischen Verdeutlichung seiner durch Beobachtung begründeten Überzeugung gehen dürfe, nicht anzweifle. Es liest uns ja auch ferne, uns gegen die an der erwähnten Stelle angeführten Möglichkeiten der Wiedergabe mikro- 74 F. Wassermann: hätten Schreiners zu dem geforderten Vorgehen die in der Kenntnis der Chromosomen-Normalzahl gelegene Voraussetzung nicht besessen, weil sie sich eben, wie dies an anderer Stelle gezeigt werden konnte, eine ganz irrige Vorstellung von der Normalzahl der Chromosomen gebildet hatten. Aber wir dürfen wohl, nachdem wir durch alle Stadien der Oogenese die zahlen- mässige Feststellung der Chromatinteile mit Erfolg durchgeführt haben, im allgemeinen sagen, dass in einem Falle wie dem unsrigen, wo die niedrige Chromosomenzahl den Versuch. sie jeweils festzustellen, aussichtsreich erscheinen lässt, nur nach genauer Durchforschung des ganzen Kerninhalts und, wenn irgend möglich, nach Vornahme der Zählung der Chromatinelemente eine Beziehung hergestellt werden darf zwischen morphologischen Er- scheinungen an den Chromosomen und der Art und Weise ihrer Reduktion. Wir wiederholen, dass wir Oozytenkerne von der Art jener, die den Fig.5 und 6 von Schreiners zugrunde liegen, gleichfalls gesehen und abgebildet haben (Fig. 21 und 22); aber wir konnten zeigen, dass die hier tatsächlich zu beobachtende Parallelität der Chromatinfäden in keiner Beziehung zur Reduktion steht (S. 21). Was die Stellungnahme Gr&goires (09) in der Frage nach der Herkunft der bivalenten Chromosomen bei Zoogonus betrifft, so veranlassen ihn zur Annahme einer Parasyndese die nämlichen Kernbilder, wie sie von Schreiners in ihren Fig. 5, 6 und 7 wiedergegeben worden sind und von denen er in seiner Textfig. F „ein klares Beispiel“ demonstriert. Dieser Spermatozytenkern oder besser dieses Detailbild aus einem solchen ist der einzige skopischer Befunde im allgemeinen zu wenden, und wir geben zu, dass in gewissen Fällen Detailbilder und Schnittbilder von Kernen Totalbildern der- selben vorzuziehen sein werden. Aber wenn Detailbilder und Schnittbilder als Dokumente vorgebracht werden, da, wo nicht etwa bloss Strukturen, wie z. B. ein spiraliges Chromonema im Chromosom (Vejdovsky [12]) aufgezeigt werden sollen, sondern wo bestimmte Formverhältnisse an allen Elementen des Kernes vorhanden sein müssen und wo ihr Vorhandensein mit einer bestimmbaren Verringerung der Kernelemente gegenüber deren Normalzahl verknüpft sein muss, damit man ihnen die in Rede stehende Bedeutung zuerkennen kann, dann soll wenigstens die textliche Darlegung der Befunde jene Zweifel, die durch die Bilder notwendigerweise erregt werden, zum Schweigen bringen. Da nun die Schreinersche Arbeit auch nach dieser Richtung hin durchaus nicht befriedigt, schien der erhobene Einwand berechtigt. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 15) Beleg, den Gr&goire für seine Anschauung vorführt; wir haben dieses Dokument in der untenstehenden Textfig. 37 reproduziert. Allem Anschein nach handelt es sich dabei, wie auch Gregoire selbst angibt, um einen pachytänen Kern, also um ein Spermato- zytenstadium, welches dem von uns für die Oozyten demonstrierten Bukettstadium analog ist. Diese Auffassung wird noch gestützt Fig. 37. durch die Angabe Gregoires, dass die beiden Schenkel der Schleifen meist noch bedeutend weiter auseinander gespreizt er- scheinen, als die der abgebildeten Doppelelemente. Nun haben wir aus dem Bukettstadium unserer Fig. 42 zwei Elemente heraus- gezeichnet (Textfig. 38), also ein Detailbild wie Gr&goire her- gestellt, damit man sieht, wie leicht man solche Dokumente sich verschaffen kann und wie wenig sie beweisen. Besonders günstig ist hierbei noch, dass auch eine der von uns gewählten Schleifen an der vom Nukleolus abgekehrten Seite eine Dehiszenz aufweist, wie wir sie öfters an den bivalenten Elementen gesehen und besprochen haben. Aber diese Dehiszenz ist nicht die Regel, sondern mit wenigen Ausnahmen sind die Schleifen im Bügelteil vollständig geschlossen (siehe Fig. 35—45). Und das ist sehr wichtig; denn wären sie immer offen, so könnte dies ebenso für eine stattgehabte Parallelkonjugation sprechen, wie ihr geschlossener Bügel und eine hie und da vorkommende, als Querlichtung er- scheinende Dehiszenz für die Metasyndese in die Wage fällt. So kann man also der Abbildung von Gregoire keine Beweiskraft zuerkennen; es handelt sich hier wie bei Schreiners um eine ohne jeden Zusammenhang dastehende morphologische Erscheinung, die ja an und für sich für die Theorie der Para- syndese sprechen mag, aber diese Bedeutung verliert, sobald sie dem Zyklus der Chromatin-Umlagerungen, wie wir ihn für die “frühe Oogenese aufgedeckt haben, eingeordnet wird. Wenn Gregoire weiterhin zugunsten seiner Auffassung und in Übereinstimmung mit Schreiners anführt, dass bei 76 F. Wassermann: Zoogonus nicht wie bei anderen Objekten aus dem Ruhekern der Gonozyte sofort Doppelfäden, sondern zuerst ein einfachfädiges ‚Gerüst (Leptonema) entsteht, und dann erst ein doppelfädiges Stadium (Zygonema) und dass diese Tatsachen die Annahme von Meves, die Dualität sei lediglich der Ausdruck einer vorzeitigen Längsspaltung der Chromosomen, hinfällig machen, so sei dem- gegenüber wiederum daran erinnert, dass auf die doppelfädigen Stadien in der Oogenese von Zoogöonus Kerne folgen, welche die diploide Anzahl von Chromatinteilen enthalten. Im Gegensatz zu Schreiners muss Gregoire zugebilligt werden, dass er sich des Mangels an strikten Beweisen für die Parasyndese bei Zoogonus bewusst ist und dass er dieser Er- kenntnis auch Ausdruck gibt, wenn er sagt: „Seulement, nous ne pretendons pas que le materiel present suffise a etablir cet interpretation A une facon incontestable.“ „Aussi prions nous le lecteur de ne pas considerer les conclusions que nous avons enonc6es plus haut au sujet des cineses elles-m&mes comme £tant solidaire de ce que nous allons dire maintenant sur la prophase synaptique* (5. 275). Auch gibt Gregoire zu verstehen, dass die Annahme einer Parasyndese bei Zoogonus in der Hauptsache eben ein Analogieschluss sei, gestützt auf die Verhältnisse bei anderen Objekten: „C’est la conclusion qui s’accorde le mieux avec les aspects observes et elle se trouve corroboree, pour nous, par la parfaite ressemblance des images du Zoogonus avec celles qu’on observe d’une facon plus complete dans d’autres objets, pour lesquels, selon nous, la conjugaison zygotenique est bien demon- tree“ (8. 276). Trotzdem finden wir in der zusammenfassenden Darstellung Gregoires vom Jahre 1910 auf S. 342 den Zoogonus ohne jede Einschränkung in der Reihe derjenigen Objekte aufgeführt, bei welchen die Parasyndese beschrieben worden ist. Nunmehr aber ist erwiesen, dass Zoogonus mirus zu Unrecht für die Theorie von der Parallelkonjugation in Anspruch genommen wurde. y) Die Einwärde gegen die Parasyndese im allgemeinen. In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, dass der Deutung der frühen, sogenannten zygotänen Gonozytenkerne im Sinne einer ' präsynaptischen Parasyndese folgende, auf bestimmte Tatsachen gestützte Bedenken entgegenstehen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. -1 -1 1. Die Erscheinungen der Parasyndese stehen nachgewiesenermassen ausser Zusammenhang mit der numerischen Chromosomenreduktion. a) Bei Zoogonus mirus, worauf im Anfang des vorigen Ab- schnittes und bei Besprechung der Schreinerschen Bearbeitung dieser Oogenese (S. 74) bereits nachdrücklich hingewiesen wurde. b) Bei der Samenreifung von Pachyiulus varius Fabre zufolge den Untersuchungen von Oettinger (09), welcher sagt (S. 588): „Der Konjugationstypus von A. und K. E. Schreiner musste bei Pachyiulus sehr wohl in Erwägung gezogen werden, da in ganz analoger Weise wie bei den Schreinerschen Objekten der parallele (sich überkreuzende) Verlauf von chromatischen Doppel- fäden in den synaptischen Stadien wahrgenommen wurde. Aber trotz dieser äusseren Ähnlichkeit konnte im speziellen Teil nach- gewiesen werden, dass damit keineswegs eine wirkliche Kopulation von Doppelfäden angedeutet war; denn die Reduktion der Chromosomen hat nach Fertigstellung der aus den Doppelfäden entstandenen UÜhromosomen nicht statt- gefunden. Der Nachweis konnte durch die Erfüllung derdenkbargrössten Anforderung durch einen Befund und eine Beobachtung am lebenden Objekt geführt werden. Es konnte im speziellen Teil gezeigt werden, dass eine Spermatozyte erster Ordnung im lebenden Zu- stand noch die unreduzierte Normalzahlder Chromo- somen wie dieSpermatogonien, also eine Zahl von 24 bezw. 25 aufwies. Auch die weiterhin am Präparat gemachten Analysen für die Prophasen der ersten Reifungsteilung führten zu dem unbedingten Schluss, dass bei den aus den Doppelfäden hervorgegangenen Chromosomen vorerst noch keine wirkliche oder auch nur scheinbare Reduktion der Chromosomenzahl eingetreten war. Diese erfolgt, wie gezeigt wurde, erst direkt bei der Ein- stellung der Chromosomen in die Äquatorialplatte.“ Wie aus dem letzten Satz des zitierten zusammenfassenden Passus der Arbeit Oettingers hervorgeht, vertritt der Autor für Pachyiulus denselben Modus der Chromosomenkoppelung wie Korschelt (95) für Ophryotrocha. Wenn Gre&goire (10, S. 393) der Untersuchung Vettingers gegenüber einen sehr skeptischen Standpunkt einnimmt, so muss man das angesichts der eigentüm- lichen und merkwürdigen Details («regoire), die der Autor 75 F. Wassermann: hier beschreibt, nur für gerechtfertigt halten. Aber solange eine von Gregoire als wünschenswert bezeichnete Nachprüfung nicht dargetan hat, dass Oettinger in dem für uns wesentlichen Punkt geirrt hat, kann man seine Befunde nicht ignorieren. Und so wie sie uns vorliegen, stellen sie ein Hindernis dar gegen die Annahme des allgemeinen Vorkommens der Parasyndese. Bei Vejdovsky (12) finden wir die Arbeit Oettingers nicht erwähnt. 2. Esbesteht die Möglichkeit, dass auch an Mono- somen die Erscheinungen der Parasyndese auftreten. v. Baehr (09) sieht in den Spermatozyten von Aphis saliceti drei Chromosomen, von welchen zwei bivalent sein müssen, eines aber univalent, weil in den Spermatogonien und somatischen Zellen fünf Elemente gefunden werden. Nun zeigen von diesen drei Chromosomen in der Regel nur die zwei grösseren eine sehr deutlich ausgesprochene Duplizität, während das kleinere dritte — das Monosom nach v. Baehrs Anschauung — „kaum eine Andeutung davon“ besitzt (l. c., S. 291), aber doch, wie wir im Sinne unserer gegenwärtigen Betrachtung hinzusetzen dürfen, auch nicht völlig einheitlich ist, wie es sein müsste, wenn die Duplizität der grösseren Elemente für ihre Entstehung auf dem Weg der Parasyndese beweisend sein sollte. Auch ist ja gar nicht sicher, ob dasjenige Chromosom, welches im einzelnen Fall nur die Andeutung einer Duplizität besitzt, wirklich das unpaare Monosom, ist. Wenn man das betreffende Element wegen des Mangels einer ausgesprochenen Duplizität als das Monosom be- zeichnet, so kann man das nur in der Voraussetzung tun, dass eben die Doppelfädigkeit der Ausdruck der stattgehabten Para- syndese sei. Diese Voraussetzung ist aber hypothetisch. Dazu kommt dann noch, dass v. Baehr Kerne fand, in denen alles chromatische Material eine deutliche Duplizität aufwies; hier konnte der Autor allerdings nicht sicher unterscheiden, ob wirklich alle drei Chromosomen oder nur Teile der beiden grossen im Schnitt getroffen waren. So kommt v. Baehr selbst nicht zur Entscheidung der Frage, ob längsgespaltene endvereinigte oder parallel konjugierte Chromosomen bei seinem Objekt anzunehmen sind. Unter unserem Gesichtswinkel aber bedeuten die Verhält- nisse der Spermatozyten von Aphis saliceti ein Bedenken gegen die Parasyndese. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 713 Auch Gr&egoire(10) erwähnt die Untersuchung v. Baehrs. Er wendet gegen sie ein, dass sie unvollständig sei (S. 397), aber seine diesbezüglichen Ausstellungen berühren den von uns be- sprochenen Punkt zunächst nicht. Vejdowsky (12) zitiert die Arbeit v. Baehrs nicht. Hier sei dann noch hinzugefügt, dass auch Buchner (09) bei Gryllus eine entsprechende Beobachtung am accessorischen Körper mitgeteilt hat. Er sagt (S. 352): „Auch ist der interessante Fall, dass der accessorische Körper einen etwas längeren Faden ausschicken kann, der dann auch deutlich längsgespalten wird, ein Gegenbeweis gegen die Konjugation. Wo bleibt hier die Konjugationsmöglichkeit!“ Nun halten wir es ja nicht für an- gebracht, einer solchen Beobachtung, die sich noch dazu auf ein späteres Stadium der früheren Oogenese, nämlich das Bukett, und nicht auf das kritische, das Zygonema, bezieht, gleich die Be- deutung eines „Gegenbeweises gegen die Konjugationslehre* zu- zuerkennen, aber man ist berechtigt, auch sie dem extremen Standpunkt, wie ihn z. B. Vejdowsky in der Konjugationsfrage einnimmt, entgegenzuhalten. 3. Die Erscheinungen der Parasyndese trifft man auch im Entwicklungsgang parthenogenetsicher Eier, bei welchen keine Uhromosomen-Reduktion stattfindet. Kühn (08) findet in den jungen Oozyten der partheno- genetischen Generationen der Uladoceren Daphnia pulex und Poly- phemus pediculus doppelfädige Chromatinelemente. Kühn bemerkt im Anschluss an diesen Befund selbst (S. 552): „Betrachtet man diese (sc. doppelfädigen Chromatinstrukturen) allein, so erinnern sie ohne Zweifel an die Bilder, welche A. und K. E. Schreiner für Tomopteris geben und aus bestimmten Gründen als parallele Konjugation deuten“. Wie aus Kühns Beschreibung und seinen Figuren zu ersehen ist, kann man bei seinen Objekten gerade jenes Moment, das A. und K. E. Schreiner als den Ausdruck des Vorgangs der Konjugation ansprechen, nämlich das Diver- gieren von streckenweise parallel laufenden Fädchen, auf das deutlichste sehen. Und doch tritt hier gar keine numerische Reduktion der Chromosomen ein, zu welcher Feststellung sich die genannten Objekte wegen ihrer geringen Chromosomenzahlen sehr gut eignen. 80 F. Wassermann: Dass diese Arbeit einen Einwand gegen die Parasyndese bedeutet, hat bereits Goldschmidt (08) hervorgehoben. v. Winiwarter und Sainmont (09, S. 242) nehmen, durch den Hinweis soldschmidts dazu veranlasst, zuKühns Arbeit Stellung. Die Autoren formulieren zunächst eine Argumentation Goldschmidts („Voiei son argumentation“) folgendermassen: „Les figures qu’on observe dans l’accroissement d’une generation issue de parthönogenese, concordent avec les images d’individus nes par fecondation; comme iln’y a pas de r@duction, c’est-a-dire conjugaison des chromosomes, cette homologie ne devrait pas exister“. Und sie fahren dann fort: „En realite, elle n’existe pas non plus, c'est Goldschmidt seul qui le pretend. Car Vauteur, Kühn, insiste sur ce qu’il n’a pas constate de parallelisme des filaments, ni de synapsis“. Was Kühn selbst angibt, haben wir bereits zitiert. Goldschmidt (08) sagt wörtlich: „Zum Schlusse noch eins: Auch bei parthenogenetischen Eiern partheno- genetischer Generationen findet man genau die gleichen Bilder, die sonst als parallele Konjugation homologer Chromosomen ge- deutet werden (siehe die Arbeit von Kühn in diesem Heft). Wo bleibt da die Theorie.“ Also sagt Goldschmidt nichts anderes als Kühn selbst. Sie konstatieren beide die Tatsache, dass in den Fällen von Daphnia pulex und Polyphemus pediculus die Erscheinungen der Para- syndese ohne eine Reduktion zur Beobachtung kommen. Gold- schmidt. zieht freilich aus dieser Tatsache eine Folgerung, die Kühn ferne lag. Aber dass Goldschmidt etwa im Gegensatz zu Kühn behauptet hätte, die Bilder der aus parthenogenetischen Generationen hervorgegangenen Individuen seien identisch mit denen jener Individuen, die auf dem Wege der Befruchtung entstanden sind, ist nicht richtig. Es ist ja über die aus be- fruchteten Eiern hervorgehende Generation von Daphnia pulex und Polyphemus pediceulus in bezug auf die Oogenese gar nichts bekannt. So ist also die Argumentation Goldschmidts von v. Winiwarter und Sainmont nicht ganz zutreffend gekenn- zeichnet. Was aber den Satz betrifft: „L’auteur, Kühn, insiste sur ce qu’il n’a pas constat& des parallelisme des filaments ni de synapsis“, so vergleiche man dazu die von uns zitierten Worte Kühns. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. sl Auch Gregoire (10) bestreitet die Stichhaltigkeit des von Goldschmidt auf Grund der Arbeit Kühns vorgebrachten Einwandes gegen die T'heorie der Parasyndese. Was Gregoire in dieser Beziehung mit Recht vorbringen kann und auch erwähnt), das ist die Tatsache, dass Kühn die Chromosomen lediglich in den Oogonienmitosen und dann erst wieder unmittelbar vor der ersten Reifungsteilung, nicht aber im kritischen Stadium der doppelfädigen Elemente einwandfrei zählen kann. Ebenso liegen ja auch in allen Fällen, in denen eine Parallelkonjugation angenommen wird, die Verhältnisse. Aber Kühn folgert trotzdem ausdrücklich, nachdem er in den Oozyten unmittelbar vor der ersten Reifungsteilung die Normalzahl der Chromosomen festgestellt hat: „Es kann somit in der Zwischen- zeit (d. h. von der letzten Oogonienteilung bis zum Moment der Zählbarkeit der Chromosomen) keine Syndese, die zu einer Pseudo- reduktion auf eine halbe Zahl führen müsste, stattgefunden haben“. In seiner Zusammenfassung indessen (Anmerkung S. 576) räumt Kühn als „eine blosse Möglichkeit“ ein, es könnten die Doppel- fäden vielleicht doch der Ausdruck einer Parasyndese sein, die dann aber bis zu dem Zeitpunkt, da die Chromosomen wieder gezählt werden können, rückgängig gemacht sein müsste. Darin also, in dieser Möglichkeit einer Wiederaufhebung der Reduktion, die sich dann der Beobachtung entziehen würde, liegt das einzige (Gegenargument, das man dem Einwand Goldschmidts entgegen- setzen könnte. Dieses Argument würde dann eben auf derselben Basis stehen, wie die übrigen Beweise für die Parallelkonjugation im Zygonema-Stadium auch, d. h. es würde ebenfalls aus dem Umstand, dass die feinen Doppelfäden nicht gezählt werden können, seine Existenzberechtigung herleiten. Weil man hier, in den Zygonemastadien, nicht entscheiden kann, ob die Doppelfäden in diploider oder in haploider Anzahl vorliegen, darum darf man von einer Reduktion sprechen; dies ist für viele Beweisobjekte der Parallelkonjugation der letzte Grund ihrer Unbestreitbarkeit. Die von Kühn eingeräumte „blosse Möglichkeit“ erscheint übrigens bei der geringen Anzahl von somatischen Chromosomen seiner Objekte (7”—10) so gut wie ausgeschlossen; man betrachte nur ') 8.381: „Pour @lucider completement, au point de vue actuel, le cas des oeufs parthenog£netiques, il faudra done y 6tablir avec soin des donnees numeriques des stades pachytenes et strepsitenes. Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 6 82 F. Wassermann: die Kerne mit den Doppelfäden der Fig. 26 und 27 der Arbeit Kühns, und man wird unmöglich zu dem Schlusse kommen können, dass hier etwa nur fünf Doppelelemente vorliegen. Merkwürdigerweise ist die soeben durchgeführte Argumen- tation gar nicht der Weg, den Gregoire geht, um den Einwand Goldschmidts zu entkräften. Er beschäftigt sich mit dem von uns erörterten Punkt lediglich in dem zitierten Satz. (Siehe die Anmerkung.) Vielmehr bringt Gregoire (S. 390) insbesondere von Strasburger erhobene Befunde vor, welche die pflanzliche Apogamie betreften. Hiernach werde in manchen Fällen in der Pollenmutterzelle anfänglich die haploide Chromosomenzahl ge- bildet, und die beiden Schenkel dieser reduzierten Uhromosomen werden erst in der Diakinese, also unmittelbar vor der Reifungs- teilung, wieder selbständig, während in anderen Fällen von Apo- gamie durch die ganze Entwicklung der Pollenmutterzelle hindurch die diploide Chromosomenzahl vorhanden sei. In den ersteren Fällen finde man im Verlauf der Gonozytogenese das Synapsis- stadium, in den Fällen der zweiten Art komme ein solches nicht zur Beobachtung. Aus diesen von Gregoire herangezogenen Befunden Strasburgers lassen sich zwei Folgerungen machen. Man erkennt erstens, dass eine stattgehabte Reduktion wieder aufgehoben werden kann und zweitens — diese Folgerung erscheint aber angesichts der Synapsisbilder Strasburgers (04) nicht so einwandfrei wie die erste — kann man annehmen, dass die Reduktion der Chromosomen und die Synapsis, d. h. die Zusammen- drängung des Kerninhaltes, in diesen Fällen in kausalem Zusammen- hang miteinander stehen. Was die erste Folgerung betrifft, die Gregoire übrigens nicht ausdrücklich zieht, die aber wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, einzig und allein mit Recht aus der Gegenüberstellung der pflanzlichen Apogamie und der tierischen Parthenogenese abgeleitet werden kann, so haben wir uns mit Ihr, veranlasst durch den von Kühn selbst ausgesprochenen Hinweis auf die Möglichkeit einer Wiederaufhebung der Reduktion, bereits auseinandergesetzt und konnten nicht finden, dass man dieser Möglichkeit hier ernstlich Raum zu geben braucht. Die zweite Folgerung aber, nämlich der kausale Zusammenhang zwischen Reduktion und Synapsis, stellt das Hauptargument Gregoires gegen den Einwand Goldschmidts dar. Vorausgesetzt nun, dass durch die Befunde Strasburgers wirklich der von Gregoire Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 33 angenommene Zusammenhang zwischen Reduktion und Synapsis erwiesen wäre, so ist damit für unseren Fall nichts gewonnen. Denn es muss gegenüber der Argumentation Gr&egoires nach- drücklich betont werden, dass der synaptische Kernzustand, in welchen doch von Montgomery mit demselben Recht oder Unrecht die endweise erfolgende Vereinigung der homologen Chromosomen verlegt wurde wie von anderen Autoren die parallele Konjugation, durchaus nicht identisch ist mit dem leptozygotänen Kern. Im speziellen sind noch dazu die Bilder der synaptischen Kerne, welche Strasburger (04) in seiner Arbeit über die Apogamie der Eualchimillen geliefert hat (siehe die Fig. 9 und 10 dieser Arbeit) derart, dass die Skepsis, die man so vielen anderen synaptischen Kernen der Gonozytogenese entgegenbringen muss, hier die besten Angriftspunkte finden könnte, und ausserdem er- kennt man auf diesen Bildern keine feineren Details und besonders keine Doppelfädigkeit. So hat also für die von Gr&egoire heran- gezogenen Fälle unsere Behauptung, dass die Synapsis mit den leptozygotänen Stadien nicht identifiziert werden dürfe, in ganz besonderem Maße Geltung. Wenn Gregoire also durch die Strasburgerschen Beobachtungen dartun will, dass ein gesetz- mässiger Zusammenhang zwischen der Chromosomenreduktion id est der Parasyndese mit den doppelfädigen Stadien bestehe und daraus für den Fall Kühns den Schluss ziehen will, dass also auch hier, weil die doppelfädigen Stadien vorhanden seien, eine Parasyndese angenommen werden müsse, gleichviel ob die hierdurch erzielte Chromosomenreduktion bis zur ersten Reifungsteilung be- stehen bleibt oder nicht, so müssen wir diese Argumentation ablehnen, weil die Begriffe Synapsis und doppelfädiges Stadium zusammengelegt worden sind. Es steht hier einzig die Frage zur Diskussion, ob die parallelfädigen Strukturen, die in den Arbeiten der Anhänger der Parallelkonjugation als Beweise für diese Theorie vorgeführt werden, angesichts der parthenogenetischen Eier mit denselben Strukturen, aber ohne numerische Chromosomenreduktion, die ihnen beigelegte Bedeutung beanspruchen dürfen. Es ist fest- zustellen, dass diese, erstmalig von Goldschmidt aufgeworfene Frage auch heute noch offen steht, trotzdem sich von Wini- warter und Sainmont wie auch Gregoire mit ihr in einem für die Theorie der Parallelkonjugation günstigen Sinn beschäftigt haben. 6* 54 F. Wassermann: In der zusammenfassenden Arbeit Vejdovskys (1912) wird die Arbeit Kühns nicht erwähnt. 4. Die Stadien, welche die Existenz der Para- syndese erweisen sollen, sind nicht den Geschlechts- zellen allein eigentümlich. Fick sagt (06, S. 65) gelegentlich der Begründung seiner ablehnenden Haltung gegenüber einer „Konjugation vorher selb- ständiger Chromosomen“ in den Frühstadien der Gonozytogenese: „Übrigens scheinen die Abbildungen von Schreiners gewissen Figuren Gregoires bei der prophasischen Längsspaltung der somatischen Zellen auffallend ähnlich und es erscheint nicht ausgeschlossen, dass vielleicht auch in anderen Fällen ein Entstehen stärkerer Chromatinfäden durch Zusammenfluss dünner Primitivfibrillen direkt aus dem Ruhegerüst vorkommt und ferner dass sich dieser Vorgang bis zur Bildung dieker Balken mehr- fach wiederholt.“ Auch nach Häcker (09, S. 86) „lassen sich zahlreiche Befunde, z. B. die für die Kenntnis der heterotypischen Teilung klassischen Bilder bei Flemming und viele Abbildungen bei Farmer und Moore wohl nur mit einigem Zwange im Sinne der Junktionstheorie deuten, weil eben hier schon beim Auftreten der Doppelfäden ein ausgesprochener enger Parallelismus der Einzelfäden vorliegt und so die Analogie mit den längs- gespaltenen Chromosomen der somatischen Mitosen ohne weiteres zutage tritt“. (Im Original nicht gesperrt.) In beiden Äusserungen, sowohl der von Fick wie der von Häcker, wird nicht bloss der Verdacht ausgesprochen, es könnte der Fadenparallelismus der Ausdruck einer frühen Längsspaltung sein, sondern, was uns hier von wesentlicher Bedeutung ist, es wird auf die Analogie zwischen den doppelfädigen Gonozytenkernen mit den Prophasenkernen der somatischen Mitose ganz deutlich aufmerksam gemacht. Noch weiter als Fick und Häcker geht Meves, wenn er sagt (08, 8. 617): „Ich behaupte nun auf Grund eigener Beschäftigung mit dem Gegenstand, dass bei somatischen Zellen von Salamandra ganz ähnliche Bilder von Fadendoppel- heit wie bei den Spermatozyten dieses Tieres vor- kommen.“ (Vom Ref. gesperrt.) Er beruft sich auf das Zeugnis Flemmings, der die Längsspaltung schon bei sehr engen Spiremen Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 85 und „in noch frühzeitigeren Formen des Knäuels“ beobachtet hat und der auseinandersetzt, dass der Ausdruck Längsspaltung nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern sich lediglich auf eine Zweireihen- anordnung der Uhromatinsubstanz beziehen soll. Meves leugnet durchaus nicht, „dass die Schwesterfäden in den Spermatozyten anderer Tiere (ausnahmsweise vielleicht auch in denen des Salamanders) völlig voneinander getrennt angelegt werden können, so dass von vornherein wirkliche Fadenpaare vorhanden sind“ und „dass die Schwesterfäden sich stellenweise voneinander ent- fernen, sich an ihren Enden mehr oder weniger weit spreizen oder sich umeinander herumwickeln können“. Das Wesentliche sei, „dass die sich anlegenden Chromosomen von vornherein doppelt sind. Dieses ist sowohl bei der Mitose von Sperma- tozyten und Oozyten als auch bei derjenigen von somatischen Zellen der Fall“.') Meves muss allerdings zugeben, dass die Vorstadien des Spirems der somatischen Mitose „überhaupt noch nicht mit ge- nügender Genauigkeit“ beschrieben worden sind und aus diesem Grunde standen bisher die Behauptungen von einer Analogie zwischen den feinfädigen (sonozytenkernen und den somatischen Prophasen auf keiner sicheren Basis. Nun aber besitzen wir genaue Untersuchungen der somatischen Mitosen mit besonderer Berück- sichtigung der Prophasen und zwar solche, die man mit jenen an den (reschlechtszellen des gleichen Objekts angestellten vergleichen kann. Es sind die Beobachtungen von K. Bonnevie (08, 11) über die Mitosen der Wurzelspitzenzellen und über die Gonozyto- genese von Allium cepa und die das gleiche und verwandte Objekte betr. Arbeiten von Lundegärdh (13) und von v. Schustow (13). Bonnevie ist zu dem Schluss gekommen, dass die Doppelfaden- strukturen nur gewissen Entwicklungsstadien der Geschlechtszellen eigen seien, in den somatischen Prophasen aber nur einfache Chromatinfäden beobachtet werden könnten. So hat Bonnevie, welche den Standpunkt der Parasyndese überhaupt vertritt, die Doppelfädigkeit der Chromatinstrukturen für einen heterotypischen Charakter gehalten und damit der Theorie von der Parallel- konjugation eine wertvolle Stütze gereicht. Aber die Befunde Bonnevies können in diesem Punkt als widerlegt gelten, seit !) Wir kommen auf diese Anschauung von Meves noch einmal zu sprechen (siehe S. 132). Ss6 F. Wassermann: Lundeeärdh (10 und 13) und v. Schustow (13) den einwand- freien Nachweis erbracht haben, dass in den frühen Prophasen der somatischen Mitosen, insbesondere in den sogenannten Intermediär- kernen der meristematischen Zone der Wurzelspitze von Allium cepa (Lundegärdh, v. Schustow) und in entsprechenden Stadien von Vicia faba und Curcubita pepo (Lundegärdh) genau dieselben doppelfädigen Chromatinstrukturen vorhanden sind wie in den Gonozytenkernen überhaupt und speziell in denen von Allium cepa. Diese völlige Übereinstimmung ergibt sich einwandfrei aus einem Vergleich der in den Textfig. 39 und 40 wiedergegebenen Figuren 19b und 12 v. Schustows und der Fig. 20 (Textfig. 41) Bonnevies (11): die ersteren stellen Prophasenkerne aus der Wurzelspitze von Allium cepa, letztere eine Pollenmutterzelle im präsynaptischen Stadium dar. Die nämliche Übereinstimmung zwischen doppelfädigen somatischen Prophasen und ebensolchen (onozytenkernen hatte schon im Jahre 1910 Digby (10) für Galtonia candicans festgestellt. Ausserdem sind doppelfädige frühe Prophasenstadien noch bei einer Reihe anderer Objekte ermittelt worden, allerdings ohne dass die betr. Autoren die Konsequenz für das Problem der numerischen Chromosomen-Reduktion daraus gezogen hätten. Die einschlägigen Arbeiten sind bei v. Schustow (13) aufgeführt. v. Schustow kommt demgemäss zu dem Schluss: „Die doppelfädige Anordnung der CGhromatinsubstanz in der Prophase ist nichts für die heterotypische Pro- phase Charakteristisches und somit auch kein Beweis und keine Stütze der Theorie der Parallelkonjugation.“ Lundegärdh (13) aber, obwohl er genau dieselben Be- funde erhoben hat wie v. Schustow, nimmt in der vorliegenden Frage einen prinzipiell anderen Standpunkt ein. Er ist so sicher überzeugt von der Existenz der Parasyndese, dass für ihn Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 87 die aufgefundene Identität der somatischen und der sogenannten heterotypischen Stadien nichts gegen die Parasyndese beweist; er glaubt vielmehr, dass diese Identität lediglich eine morpho- logische sei. Der gleichen Erscheinungsform liegen seiner Ansicht nach zwei prinzipiell verschiedene Zustände zugrunde und es bestehen „stoffliche Verschiedenheiten der Doppelfäden in den beiden Prophasen“. Lundegärdh nimmt an, dass dem Chromatin eine Tendenz zum dualistischen Bau innewohne. Diese äussere sich in den soma- tischen Zellen in der Verteilung der Substanz eines Chromosoms auf zwei Fäden, während andererseits in den generativen Zellen den Chromatin-Elementen die Fähigkeit zukomme, sich paarweise einander gegenüberzustellen. Der Umschlag der gewöhnlich be- stehenden Tendenz zur dualistischen Anordnung identischer Elemente in die Fähigkeit zur Paarung qualitativ verschiedener „Caryotin- substanzen“ werde durch „eine neue Konstellation der inneren Bedingungen bei Beginn der Reifungsteilung veranlasst“. Man sieht, dass Lundegärdhs Spekulation auf der Prämisse beruht, dass die Parasyndese eine sichergestellte Tatsache sei. Nur wenn man von dem Satz ausgeht: in den generativen Kernen bedeutet die Fadenpaarung ganz sicher eine Konjugation ganzer Chromosomen, kann man wie Lundegärdh folgern, dass eine gleiche Erscheinung in den Kernen der somatischen Zellen ebenso sicher eine andere Bedeutung haben muss. Ein solches Vorgehen ist dem von uns eingeschlagenen ganz entgegengesetzt. Es handelt sich aber bei diesem (Gegensatz nicht um Meinungsverschieden- heiten, die man bestehen lassen muss, sondern der von uns ge- kennzeichnete Stand des Konjugationsproblems verbietet unseres Erachtens jede andere als eine ganz vorurteilsfreie Betrachtung der Tatsachen. Wir müssen erklären, dass die angenommene Parasyndese, weil sie eben noch nicht erwiesen ist und sicher noch keinen Anspruch auf Gesetzmässigkeit und Allgemeingültigkeit machen kann, nicht zum Ausgangspunkte so weittragender Schluss- folgerungen gemacht werden darf, wie sie Lundegärdh gezogen hat. Für den Unbefangenen muss vorerst die auch sonst geltende Anschauungsweise bestimmend sein, wonach für gleiche morpho- logische Erscheinungen gleiche Bedingungen angenommen werden, solange nicht zwingende Gründe im speziellen Fall zu einer anderen Annahme drängen. [0 s) 5 F. Wassermann: 3) Der prinzipielle Unterschied zwischen Parasyndese und Metasyndese. Gerade die Ausführungen Lundegärdhs (13) scheinen uns ein Schlaglicht auf den prinzipiellen Unterschied zu werfen, der unseres Erachtens entgegen der zitierten Äusserung Heiders und entgegen dem Standpunkt v. Kemnitz’s (13) zwischen den beiden in Betracht gezogenen Möglichkeiten der Uhromosomen- koppelung besteht. Wenn wir diesen Unterschied nun kurz erörtern, so wollen wir vorher ausdrücklich bemerken, dass diese Auseinandersetzung keineswegs den besprochenen, auf Tatsachen beruhenden Einwänden gegen die Annahme einer Parasyndese etwa als ein weiterer Ein- wand aprioristischer Natur angereiht werden soll. Solche Er- örterungen sind nach keiner Richtung hin beweisend, aber sie zeigen die Konsequenzen an, die aus einer Entscheidung zwischen Parasyndese und Metasyndese gezogen werden müssten. Sollten entsprechend der Annahme einer Parasyndese die Chromosomen während oder kurz nach ihrer Herausdifferenzierung aus dem Ruhegerüst des Gonocytenkernes sich zu je zweien an- einanderlegen, während sie sonst im Verlauf der vorhergehenden Mitosen selbständig geblieben waren, so müssen hierbei Kräfte im Spiel sein, die allein in den (sonozytenkernen wirksam wären und die ein gegenseitiges Sichaufsuchen der Chromosomen oder ihrer Anlagen herbeiführten. Man müsste eine in der Vorbereitung zur ersten Reifeteilung plötzlich auftretende, wie Lundegärdh (13) sagt, „durch eine neue Konstellation der inneren Bedingungen“ hervorgerufene Affinität zwischen den Chromosomen überhaupt oder gar etwa nach der Hypothese von Montgomery zwischen je zwei homologen väterlichen und mütterlichen Chromosomen annehmen. Welche Vorstellung man sich von der Wirksamkeit solcher im Verlauf der somatischen Mitosen nicht vorhandener, rätselhafter Kräfte macht, geht aus gewissen Darlegungen Vejdovskys (12) hervor. Dieser Autor findet nämlich in der Oogenese von Diestramena meistens keine Synapsiıs und die von ihm konstatierte Fadenpaarung geht also unabhängig von einer solchen vor sich. Mitunter konnte er aber auch synaptische Ver- klumpungen der Leptomena-Kerne beobachten. Vejdovsky glaubt nun, dass das Zustandekommen der Synapsis von der gegen- seitigen Lagerung der zur Vereinigung bestimmten Chromatin- fäden abhängig sei. Sind diese nahe beisammen, so entsteht seiner Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 89 Meinung nach keine Synapsis, denn der Kopulationsvorgang „ist dann durch blosse Annäherung erleichtert“. „Ist aber die Lage je zweier homologer Chromosomen durch andere zwischenliegende unterbrochen und setzen wir bei dem Vorgange eine Attraktions- bewegung der kopulierenden Chromosomen voraus, so ist die Ver- klumpung leicht erklärlich“ (S. 97). Wie energisch müsste, dieser Vorstellung zufolge, eine derartige „Attraktionsbewegung“ sich geltend machen und wie zielsicher müsste dabei das Kräftespiel funktionieren, damit die durch dazwischenliegende andere Chromo- somen getrennten Partner aus dem Synapsisklumpen wirklich ordnungsmässig vereinigt hervorgehen könnten. Mit der Annahme einer Parasyndese verlegt man also in den Gonozytenkern ganz besondere, nur in den Geschlechtszellen auftretende, uns völlig rätselhafte Vorgänge und man entzieht die Geschehnisse in den Gonozytenkernen damit jedem Vergleich mit den Umwandlungen, welche der Kern während der somatischen Mitose erfährt.') Die Endverklebung der Chromosomen hingegen ist kein heterotypischer Prozess. Sie stellt ein sehr gewöhnliches Vor- kommnis auch in den Prophasen der somatischen Mitosen dar und sie kann auch hier bis zur Bildung kontinuierlicher Spireme fortschreiten. In den Vorkernen von Ascaris z. B. (O. Zacharias [12]) ebenso wie in den Pronuclei des Mäuseeies (Sobotta [95|]) sind kontinuierliche Spireme ganz sicher beobachtet worden. Auch in späten Prophasenstadien während lange dauernder Diakinesen ') Es ist wiederholt behauptet worden, dass in Prophasen somatischer Mitosen je zwei gleichgrosse Chromosomen paarweise beieinander lägen. Diese Beobachtung wollten ja auch Schreinersin den Furchungszellen und Somazellen des Zoogonus gemacht haben; hier aber hat sie sich als irrig erwiesen (5.12). Abgesehen davon, dass das häufigere oder gar gesetzmässige Vorkommen einer Chromosomenpaarung durchaus nicht sichergestellt ist, wäre sie doch mit einer paarweisen Aneinanderlagerung der aus dem Ruhegerüst eben entstandenen Chromosomen, wie sie die Vorstellung von der präsynap- tischen Parasyndese zur Voraussetzung hat, nicht vergleichbar und man könnte, wenn eine Chromosomenpaarung in den somatischen Prophasen hier und da wirklich vorkommen sollte, nicht sagen, dass der Vorgang der Para- syndese sein Seitenstück in der somatischen Prophase habe. Man müsste im Gegenteil gerade dann erst recht besondere den Gonozytenkernen allein eigentümliche Kräfte annehmen, weil es hier zu einer wirklichen Vereinigung der Chromosomenpaarlinge käme, in den somatischen Prophasen dagegen die beieinander liegenden Chromosomen, trotzdem ihrer Vereinigung kein mecha- nisches Hindernis im Wege stünde, immer selbständig bleiben. 90 F. Wassermann: macht sich die nämliche Neigung der Chromosomen zur End- verklebung unter Umständen bemerkbar; solche Beobachtungen haben z. B. Strasburger und sein Schüler Miyake (zitiert nach Häcker [09]) bei der Embryosack- und Pollenbildung von Galtonia und Tradescantia gemacht. Gerade das Vorkommen von Endverklebungen während der Diakinese spricht auch für die Möglichkeit des von Korschelt für Ophryotrocha behaupteten Typus der Reduktion. Besonders erwähnenswert erscheint dann in diesem Zusammenhang die Entwicklung der parthenogenetischen Eier von Diplodiscus temporatus, welche Cary (09) beschrieben hat. Hier wird in der Prophase der ersten Reifungsteilung ein ungemein klarer kontinuierlicher Knäuel gebildet, der dann in die Elemente der Richtungsspindel zerfällt (siehe die Fig. 32 dieser Arbeit). Eine numerische Reduktion der Chromosomen findet hierbei nicht statt. Die klaren Abbildungen Carys zeigen ferner, dass in den Prophasen der somatischen Mitosen des gleichen Organismus immer nur segmentierte Knäuel vorkommen. Dieser Fall legt doch den Gedanken nahe, dass es lediglich die lange Dauer einzelner Vorstadien der Reifungsteilung ist, welche die den Chromosomen eigentümliche Neigung zur Endverklebung zur Wirkung kommen lässt, so dass ein einheitlicher Chromatinfaden zustande kommt. Wenn wir sehen, dass im parthenogenetischen Diplodiscusei aus dem kontinuierlichen Knäuel die diploide Chromosomenzahl hervorgeht, so können wir daraus weiterhin folgern, dass die Bildung des Spiremms und die Endverklebung überhaupt keineswegs die Reduktion der Chromosomenzahl zur Folge haben muss. Mit der Feststellung, dass bei Zoogonus mirus die Segmentierung des Knäuels zur reduzierten Zahl der Chromatinschleifen führt, sind wir also der Ursache der numerischen Reduktion noch nicht nahe gekommen. Die Metasyndese d.h. die Endverklebung der Chromo- somen stellt nur das Mittel dar, durch welches die Bildung von 5 Chromosomen herbeigeführt wird. Und so kommen wir zu folgendem, den prinzipiellen Gegen- satz zwischen Parasyndese und Metasyndese präzisierendem Schluss: Die Ursache der numerischen Zahlenreduktion ist unbekannt. Die Mittel aber, welche die Reduktion zustande bringen, wären im Fall der Parasyndese ohne Analogie im sonstigen Geschehen bei der Mitose, im Fall der Metasyndese hingegen wäre die weit Are ie Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 91 verbreitete Neigung der Chromosomen zur Endverklebung in den Dienst des Reduktionsvorganges gestellt. 2. Versuch einer Erklärung der während der frühen Oogenese beobachteten Chromatinumlagerungen. Unsere Beschreibung der frühen Oogenese von Zoogonus mirus liess erkennen, auf welche Weise hier die Bildung der Doppelelemente zuwege gebracht wird. Aber wir haben damit noch keine Einsicht in die Ursachen dieser Vorgänge gewonnen. Und doch ist es allein die Frage nach den zellphysiologischen Gründen für die eigentümlichen Chromatin- umlagerungen in der frühen Gonozytogenese, wodurch wir zu einem Verständnis derselben gelangen können. Den Kenner unserer Literatur wird es nicht befremden, dass wir diese anscheinend selbst- verständliche Erkenntnis so sehr betonen. Denn wir wissen, dass die Genese der Geschlechtszellen zumeist nur im Hinblick auf deren Bedeutung als Träger der Erbsubstanzen betrachtet wurde und dass daher das Augenmerk der Untersucher in erster Linie auf die Frage gerichtet war, ob und auf welche Weise die Vorbereitung und der Vollzug der Reduktion und Verteilung der Chromosomen id est der Erbmasse vonstatten geht. Dabei werden aber die vorgefundenen morphologischen Zustände lediglich zu einem theo- retisch geforderten Endzweck in Beziehung gebracht, ohne dass den Gründen für dieselben nachgegangen würde, welche sich doch ungeachtet des etwa in bezug auf die Vererbung erreichten Zweckes für sich allein sollten ausfindig machen lassen. Wenn- gleich die Eizelle sicher nicht, wie es schon behauptet worden ist, die Zelle kat’ exochen ist, so ist sie doch ganz sicher eine Zelle und unterliegt daher den das Zellenleben im allgemeinen regulierenden Faktoren. Die Besonderheiten, welche an den Ge- schlechtszellen auftreten, so vor allem die numerische Reduktion der Chromosomen, müssen auf Modifikationen jener Faktoren und insbesondere derjenigen, welche die Zellteilung beherrschen, zurück- zuführen sein. Nur dann, wenn man künftig solche Zusammen- hänge zu erforschen sucht und damit einer kausalen Betrachtungs- weise mehr Raum geben wird als bisher, was zunächst zu neuen Fragestellungen in der allgemeinen Zytologie führen dürfte, wird man damit rechnen können, ein Verständnis für die Vorgänge der frühen Gonozytogenese zu gewinnen und Erklärungen an 92 F. Wassermann: Stelle der bisher auf die verschiedenste Weise versuchten Inter- pretationen zu setzen. Wir können beim gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von der Zelle nur den Versuch machen, die beschriebenen oogenetischen Kernveränderungen einer kausalen Betrachtungs- weise zu unterziehen. Wenn wir sehen, dass aus dem Kerngerüst der jungen Oozyte die Chromosomen in der Normalzahl herausgebildet werden, wobei einzelne dieser Chromosomen bereits eine Längsspaltung zeigen, so dürfen wir diese ganz typische Veränderung des Kernes wohl auch hier für den ersten Schritt zur beginnenden Teilung halten. Die darauffolgende Phase der Mitose müsste in der Auflösung der Kernmembran und dem Erscheinen der Polstrahlung bestehen. Davon ist aber nichts wahrzunehmen, sondern die Kernmembran bleibt erhalten und der Zellenleib scheint sich an den Teilungs- vorbereitungen, die sich im Kern abspielen, durchaus nicht zu beteiligen. So ist denn die Annahme gewiss gerechtfertigt — und wir folgen hier dem Weg, den Richard Hertwig (03) und einige seiner Schüler für die Auffassung der Oogenese vor- gezeichnet haben — dass die am Kern einsetzende Teilung in ihrem Beginn unterdrückt wird. Ob die Hemmung, die gegen- über dem offenbar vorhandenen Teilungsfaktor das Übergewicht behält, etwa nur im Protoplasma gelegen ist, vielleicht in dem Sinne, dass dessen kleinste Teilchen durch lebhaften Stoffwechsel in einer für dessen Bewältigung notwendigen Anordnung fest- gehalten sind, so dass sie nicht in die zur Teilung erforderliche Lage gelangen können, oder ob der Zustand des Kernes selbst oder endlich das Verhältnis zwischen Kern und Plasma — die Kernplasmarelation Hertwigs — für den Stillstand der Mitose verantwortlich zu machen sind, darüber dürften zurzeit nicht einmal Vermutungen gestattet sein. Nun bleiben in den folgenden Stadien der Oogenese die Chromosomen erhalten, nicht anders, wie auch beim Fortschreiten der Mitose das Chromatin, wenn es eine die Kernteilung er- heischende Massenzunahme erfahren hat, in der Form der Kern- schleifen in Erscheinung bleibt, so lange, bis wiederum der Zu- stand eingetreten ist, der seine Verteilung auf dem Kerngerüst gestattet. Da aber hier die ordnenden Kräfte fehlen, die sonst im Verlauf der Mitose jedes Chromosom auf gesonderter Bahn Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 93 in die Äquatorialplatte führen, sind die Chromosomen innerhalb des Keimbläschens der auch unter anderen Umständen bemerk- baren Neigung zur Endvereinigung überlassen. Die ungehinderte Wirksamkeit dieses Umstandes führt aber zum kontinuierlichen Knäuel. Die Segmentierung, welche der Knäuel nach einem Bestand von unbestimmter Zeitdauer erleidet, scheint der Ausdruck für den Beginn einer erneuten Teilung zu sein.) Würde es sich hier nur um den ersten Schritt zur beginnenden Kernruhe handeln, so wäre durchaus nicht einzusehen, warum nicht einfach eine Verteilung des Chromatins auf dem Kerngerüst erfolgen sollte. Der Umstand, dass wiederum Chromosomen in Erscheinung treten, lässt sich wohl nur unter der Annahme einer beginnenden Mitose verstehen. Diese nach dem ersten erfolglosen Teilungs- schritt nunmehr mit der Segmentierung des Knäuels einsetzende Mitose muss aber unter ungewöhnlichen Bedingungen stehen; denn es werden jetzt nur mehr halb so viel Chromosomen gebildet als bei jeder vorausgegangenen Kernteilung. Der Frage nach der Ursache für die Entstehung der halben Chromosomenzahl können wir vielleicht näher kommen, wenn wir die experimentellen Untersuchungen von Nemec (10) über Kern- teilungsfiguren in chloralisierten Wurzelspitzen zum Vergleich heranfehen. Wurden die Wurzelspitzen von Lilium candidum, Pisum etc. für eine gewisse Zeit in Chloralhydratlösung gelegt, so sistierten in ihnen die karyokinetischen Prozesse. Nach Wiederaufhebung der Narkose durch Herausnahme der Wurzelspitzen aus der Chloralhydratlösung trat manchmal in Zellen der meristematischen Zone eine rückläufige Bewegung an den unterbrochenen Mitosen ein, so dass die beiden bereits gegen die Pole des noch ungeteilten Zellkörpers vorgerückten Tochterchromosomengruppen wieder zu einem einheitlichen besonders grossen Kern sich vereinigten. Die also erzeugten syndiploiden Kerne enthielten natürlich eine doppelte Chromosomenzahl gegenüber den diploiden. Was aber die Chro- matinmenge anlangt, auf die Nemec kein Gewicht legt, so war sie im Moment der Verschmelzung der beiden Tochterkerne die dem Kern zukommende. Während dieser aber nach Auflösung !) Auch das gelegentlich beobachtete Wiederauftreten von Längs- lichtungen an den Kernschleifen spricht für diese Annahme. 94 F. Wassermann: der Chromosomen im Ruhezustand verharrte, dürfte sie, wie stets zwischen zwei Teilungen der in der meristematischen Zone ge- legenen Zellen, auf das Doppelte angewachsen sein (Gesetz des proportionalen Kernwachstums von Boveri, 04), ohne dass sie vorher halbiert worden wäre. So werden die syndiploiden Kerne nicht nur die doppelte Chromosomenzahl, sondern auch die doppelte Chromatinmenge besitzen. Schicken sich solche Kerne aber zur Teilung an, so entstehen manchmal, d. h. in den selteneren Fällen, aus dem Spirem statt der zu erwartenden und gewöhnlich auch vorhandenen doppelten Zahl von Chromosomen nur die normale eines diploiden Kernes. Es tritt also, wie Nemec beobachtete, infolge unvollständiger Segmentierung des Spirems, oder, wie wir im Hinblick auf die oogenetischen Vorgänge sagen können, durch Metasyndese je zweier Einzelchromosomen eine Zahlenreduktion der Chromosomen ein. Ebensolche „Reduktionsteilungen“ wie Nemec an pflanzlichen Zellen, beobachtete Godlewsky jun. (08) an Zellen von Echinidenkeimen, in denen er durch Cos-haltiges Wasser die Mitosen zum Stillstand gebracht und ebenfalls manchmal eine nachträgliche Verschmelzung neugebildeter Tochterkerne er- zielt hatte. Nun ist ja die nächstliegende Vermutung angesichts dieser Tatsachen diejenige, welche auch Nemec ausgesprochen hat, dass nämlich der Zelle bezw. dem Kern die Fähigkeit zukomme, die Chromosomenzahl zu regulieren (l. c., S. 29). Dieser Satz ist aber unvereinbar mit den Tatsachen, welche Boveri zu seinem (sesetz der Zahlenkonstanz der Chromosomen geführt haben. Es sei nur daran erinnert, dass in Embryonen von Ascaris megaloc. unival., die aus Eiern mit abnorm verlaufenen Reduktionsteilungen stammten, dauernd die vermehrte Chromosomenzahl in den Mitosen beobachtet werden konnte. Es kann also die Ursache der er- wälinten experimentell erzeugten Reduktionsteilungen nicht darin gelegen sein, dass etwa die verdoppelte Chromosomenzahl wieder notwendigerweise auf die normale zurückgeführt werden müsste. Dagegen spricht schon die Überlegung, dass nur hie und da einmal ein syndiploider Kern Nemecs eine Reduktionsteilung zeigt. Verursachte nämlich die doppelte Chromosomenzahl die Reduktion, so müsste diese bei jeder erstmaligen Teilung eines syndiploiden Kernes eintreten, da doch jeder die doppelte Chromo- somenzahl enthält. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 95 Wenn wir nun nach Ablehnung des Erklärungsversuches, welchen Nemec für seine Beobachtungen gibt, nach einer anderen denkbaren Ursache für die Reduktionsteilungen in Zellen chlorali- sierter Wurzelspitzen uns umsehen, so scheint manches dafür zu sprechen, dass die angenommene, abnorm erhöhte Chromatinmenge derselben als ein nächstes ursächliches Moment betrachtet werden darf. Mit dieser Annahme liesse sich auch ohne weiteres ver- einbaren, dass nicht an allen syndiploiden Kernen die Teilung mit der reduzierten Chromosomenzall eintritt. Denn abgesehen davon, dass wir überhaupt nicht wissen, ob die Chromatinanreicherung während der Kernruhe immer mit gesetzmässiger Regelmässig- keit vor sich geht, können wir uns sehr wohl denken, dass die Zellen chloralisierter Wurzelspitzen in den feinsten Stoffwechsel- vorgängen, deren intakter Ablauf für die proportionale Chromatin- vermehrung doch wohl vorausgesetzt werden muss, gestört sein könnten. Darüber aber, warum die doppelte Chromatinmenge zur Bildung der halben Uhromosomenzahl führt, lässt sich natürlich nichts sagen, weil wir eben hier an der vorläufigen Grenze der Interpretationsmöglichkeit angekommen sind. Wenn wir nach dieser Deutung der Nemecschen Versuche zu unserem Fall zurückkehren, so können wir den Oozytenkern beim zweiten, in der Segmentierung des Knäuels sich manifestierenden Teilungsschritt mit den syndiploiden Kernen der chloralisierten Wurzelspitze vergleichen. Das Vergleichsmoment ist in der abnorm gesteigerten Ohromatinmenge gegeben, die wir den syndiploiden Kernen glaubten zusprechen zu dürfen. Denn auch die Oozyten- kerne können nach dem ersten erfolglosen Teilungsschritt, welcher zu einer Halbierung der Chromatinmenge hätte führen müssen, ihren Chromatinbestand vermehrt haben, ja dies ist um so wahr- scheinlicher, als hier Kerne gegeben sind, welche unter besonders günstigen Stoffwechselbedingungen stehen. Hier wie dort haben wir also eine Kernteilung, von der angenommen werden kann, dass sie mit einer abnorm gesteigerten Chromatinmenge zu operieren hat. Wenn wir für die syndiploiden Kerne der Wurzelspitzen die Vermutung aufgestellt haben, dass bei ihnen die vermehrte Chromatinmenge zur Verringerung der Chromosomenzahl führt, so könnte bei den Oozytenkernen dasselbe Moment zu der prinzipiell gleichen Erscheinung führen. Während aber die endweise Ver- knüpfung je zweier Chromosomen bei den syndiploiden Kernen 96 F. Wassermann: der Wurzelspitzen die Normalzahl der Chromosomen hervorbringt, weil diese Kerne die doppelte Anzahl derselben enthalten haben, muss beim Oozytenkern mit der einfachen Chromosomenzahl durch die gleichen Umstände die Reduktion der Chromosomen auf die Hälfte der Normalzahl erreicht werden. Auch der zweite während der Oogenese von Zoogonus mirus einsetzende Teilungsschritt kommt nicht zum Abschluss, sondern wird wie der erste bald nach der völligen Herausbildung der Chromosomen zum Stillstand gebracht. Wahrscheinlich sind hier aber andere Faktoren für die Störung der Mitose verantwortlich zu machen als das erste Mal. Es scheinen nämlich nach der Segmentierung des Knäuels die Momente wirksam zu werden, welche die Auflösung des Chromatins, d. h. den Ruhezustand des Kernes, herbeiführen. Was am Schluss der ersten Mitose hätte geschehen müssen, aber infolge ihrer Unterbrechung unterblieben ist, nämlich die Auflösung der Chromosomen, das geschieht jetzt, nachdem sich der Kern aufs neue zur Teilung angeschickt hat. Es macht den Eindruck, als ob hier eine zeitliche Inkongruenz eingetreten wäre zwischen zwei Prozessen, die unbedingt parallel laufen müssen, wenn die Zellteilung richtig abgewickelt werden soll. An dem Gesagten ändert es nichts, wenn wir sehen, dass die Chromosomen vor ihrer Auflösung zum Bukett angeordnet werden. Denn eine solche Lagerung der Chromatinschleifen mit den freien Enden gegen einen Kernpol ist durchaus nicht „hetero- typisch“, sondern wir sehen sie auch sonst manchmal von den neugebildeten Prophasenchromosomen oder den vor der Auflösung stehenden Telophasenchromosomen eingenommen. Zum Zeugnis dessen sei auf die bei Boveri (04. S.5) nach C. Rabl abge- bildeten Kerne von Epidermiszellen der Larven von Salamandra maculosa hingewiesen. II. Periode der Oozytenentwicklung von der Auflösung des Buketts bis zur Prophase der I. Reifeteilung. a) Befunde. Der Übergang von der ersten Periode der Oozytogenese zur Hauptwachstumsperiode, als welche wir die zweite zu bezeichnen haben, wird durch die Stadien der Bukettauflösung vermittelt (Fig. 46 und 47). Wie wir gesehen haben, geht der Auflockerung und dem Verblassen der reduzierten Schleifen bei unserem Objekt Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 97, keine Desorientierung des Buketts voraus, wie das v. Kemnitz (13) für Brachycoelium salamandrae angibt und wie es nach Gold- schmidt (08) bei Dichrocoelium lanceolatum der Fall ist. Die Bukettschleifen verharren bei Zoogonus in ihrer polaren Orien- tierung, bis sie so weit aufgelockert und abgeblasst sind, dass man sie nicht mehr verfolgen kann und nur einzelne noch übrig gebliebene Schollen als eben noch erkennbare Reste der Schleifen im Kernraum zerstreut gefunden werden. Diesen Vorgang der Auflockerung und des Verblassens der Bukettschleifen illustrieren die Fig. 46 und 47. In einer ganz besonders klaren Weise voll- zieht sich nach der Darsteliung von Jörgensen (10) das Ver- blassen des Buketts ohne jede Desorientierung seiner Schleifen bei Proteus. Auch die Reste der Bukettschleifen bleiben nicht bestehen, sondern die chromatischen Partikel, welche sie zusammensetzen, scheinen noch eine weitere Verteilung auf das Kerngerüst zu erfahren. So kommt wohl das Aussehen des Oozytenkernes zustande, den wir an den Anfang der Hauptwachstumsperiode zu stellen haben. Hier ist zu bemerken, dass die Frage nach der Aufeinander- folge der vorgefundenen Stadien in diesem Abschnitt der Oogenese keine Schwierigkeiten macht, weil wir, innerhalb des einzelnen Ovariums wenigstens, in der Grösse des Kernes einen sicheren Anhaltspunkt für die Seriierung haben und die Endstadien durch ihren Übertritt in den Uterusschlauch als solche gekennzeichnet sind. Der Oozytenkern nun, welcher in die Hauptwachstumsperiode eintritt (Fig. 55), enthält neben einem grossen, meist exzentrisch gelegenen und kompakten Nukleolus zahlreiche, mit Chromatin- farbstoffen, insbesondere mit Eisenhämatoxylin, tingierbare korpus- kuläre Elemente. Viele von ihnen haben die Gestalt von scholligen Bändern, wie wir sie auf dem Weg der Bukettauflösung haben entstehen sehen. Neben diesen gröberen Bestandteilen sind aber auch feinere, fädige oder aus aufgereihten Körnchen zusammen- gesetzte Bildungen und anscheinend isolierte Körner und Körnchen in dem Kernraum verteilt. Alle diese Inhaltsgebilde des Kernes sind sehr unscharf konturiert und man sieht oft von ihrer Ober- fläche feinste Fäden wegziehen, wie man ja auch zwischen ihnen und insbesondere in der Umgebung des Nukleolus, von dem sie oft radiär wegziehen, feinste Fadenstrukturen wahrnimmt. So Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 7 95 F. Wassermann: gewinnt man den Eindruck, dass die erwähnten chromatischen Substanzanhäufungen einem überaus feinen und nur an manchen Stellen hervortretenden Kerngerüst aufgelagert sind. Die Kern- membran ist auf dem optischen Querschnitt als scharfe Kontur wahrnehmbar. Ihrer Innenfläche liegen in wechselnden Abständen stets Chromatinpartikel einzeln oder in grösserer Anzahl auf. Das Plasma der Eizelle, welches anscheinend eine sehr eng- maschige Wabenstruktur besitzt, lässt sich nach aussen nicht ab- grenzen. Nur bei den älteren Eiern kurz vor ihrem Austritt aus dem Ovarıum kann man eine Zellkontur feststellen und auch hier scheint dies nur auf dem Vorhandensein von Spalten zu beruhen, die infolge von Schrumpfung bei der Fixierung zwischen den Eizellen auftreten. Im allgemeinen stellt das Ovarium eine einzige Plasmamasse mit eingelagerten Oozytenkernen dar und erst die austretende Eizelle ist gegen die benachbarten Oozyten deutlich abgesetzt (siehe Fig. 11). Immer finden wir im Plasma der jüngsten Oozyten dieser Entwicklungsperiode einen die Chromatinfarbstoffe annehmenden Einschluss, der zunächst nur in Form eines Körnchens auftritt, das nicht grösser ist als die kleinen Chromatinkörner im Kern. Zumeist liegt dieses Gebilde einem Pol des ovalen Oozytenkernes gegenüber nahe der Kernmembran, jedoch nur hie und da die- selbe direkt berührend. Bald wächst dieser Körper zu einem ovoiden Gebilde heran und auf dieser Stufe treffen wir den Plasmaeinschluss in der Oozyte, die unsere Fig. 55 wiedergibt. Das Plasma ist in seiner nächsten Umgebung in der Regel etwas aufgehellt. Von besonderer Bedeutung sind nun die Beziehungen zwischen dem extranukleären Körper und der ihm gegenüber liegenden Stelle der Kernmembran. Diese ist meistens, obwohl eine direkte Berührung mit dem Aussengebilde nicht statthat, der Ausdehnung des Plasmaeinschlusses entsprechend eingebuchtet und oft sieht man ferner, dass gerade dieser Stelle der Kern- membran besonders viele und grössere Chromatinpartikel innen anliegen Mit dem fortschreitenden Wachstum des Kernes geht nun eine weitere Verteilung seines chromatischen Inhalts auf das Gerüst vor sich. So weit geht dieser Prozess allerdings niemals, dass in dem Kern keine Chromatinzüge und -partikel mehr zu sehen wären, dass wie in manchen Eiern von Proteus (Jörgensen Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 2) [1910]) eine Zerstäubung des Chromatins einträte. Aber die scholligen Züge, die in ihrem Bau noch den Charakter des ehe- maligen Buketts bewahren, werden seltener; an ihrer statt sieht man schwächere Chromatinzüge, die sich allerdings nur über eine ganz kurze Strecke ausdehnen und es herrschen die fädigen Strukturen vor. Einen so beschaffenen Zustand repräsentiert der Kern der Fig. 56. Die eben besprochene Veränderung erhellt aus einem Vergleich mit dem Kerne der Fig. 55, dem gegenüber der jetzt in Rede stehende natürlich grösser ist, aber von dem er sonst, d. h. in betreff des Nukleolus, der Membran, der Form (letzteres im allgemeinen ohne Rücksicht auf die Besonderheit des Kernes der Fig. 55) nicht wesentlich abweicht. Was die deutoplasmatische Bildung betrifft, so kann sich diese auf der vorliegenden Entwicklungsstufe der Oozyte noch ebenso verhalten, wie auf der vorigen. In vielen Fällen liegt auch diesem Kern ein einziger Plasmaeinschluss an einem Pole nahe, wenn nicht schon jetzt, wie es später immer der Fall ist, mehrere Plasma- einschlüsse zu konstatieren sind. Für unsere Zeichnung (Fig. 56) haben wir einen besonderen Fall gewählt, der in dieser Deutlich- keit sehr selten ist. Der Plasmaeinschluss, welcher in diesem Ei nach links von dem oberen Kernpol sich findet. setzt sich, wie man durch Drehen der Mikrometerschraube einwandfrei fest- stellen kann, in den Kernraum hinein fort und sein Fortsatz schliesst sich an ein der Membran nahe liegendes Chromatin- gebilde an. Man beobachtet auch, dass in der nächsten Um- gebung der Stelle, wo diese wurstförmige Chromatinbildung die Kernmembran durchsetzt, der strichförmige Ausdruck der Kern- membran auf dem Querschnittsbild verwischt ist. Eine Strecke weiter unten liegt an der Innenfläche der Kernmembran ein Chromatinpartikel und ihm entsprechend weist das anliegende Plasma in einem ganz kleinen Umkreis eine eigentümliche, gegenüber seinem sonstigen wabigen Bau als homogen zu bezeichnende Beschaffenheit auf. Eine Störung in der Integrität der Kernmembran ist hier nicht festzustellen. Ein nächstes Stadium der wachsenden Oozyte zeigt die Fig. 57. Der Kern ist gegenüber dem vorausgehenden nicht beträchtlich gewachsen. Wir können aber nicht sagen, ob nicht die individuellen Schwankungen in der Grösse der Eier das Wachstum in diesem Fall zu gering erscheinen lassen. Die verglichenen Kerne 7* 100 F. Wassermann: stammen zwar aus einem Ovarium, sonst dürften sie ja überhaupt nicht gegeneinander gehalten werden; aber auch die Beachtung dieser Voraussetzung gibt noch kein zuverlässiges Urteil über das wirkliche Maß der Grössenzunahme zwischen den einzelnen Stadien der Oozyten dieser Periode; denn es sind sicher individuelle Schwankungen in dieser Beziehung vorhanden, indem auch die Eier ein und desselben Tieres eine verschiedene Endgrösse erreichen, was auch in anderen Fällen, so z. B. beim Axolotl von Fick (98) und bei Proteus von Jörgensen (10) festgestellt worden ist. Der Kern der Fig. 57 unterscheidet sich von dem der Fig. 56 also nicht so sehr durch seine Grösse, als vielmehr durch die Beschaffenheit des Kerninhalts und durch die Anzahl und die Formation der protoplasmatischen Einschlüsse. Was den ersteren Punkt anlangt, so treffen wir hier ein chromatisches Gerüst, das vielfach aus relativ, d. h. im Vergleich zum jüngeren Stadium, langen und dünnen, oft klumpig angeschwollenen und verzweigten, sowie durch feine Ausläufer miteinander verbundenen Zügen besteht. Daneben finden sich auch kleine Körner und Brocken, und solche sind es, die der Innenfläche der Kernmembran auch hier anliegen. Wie aus der Zeichnung hervorgeht, besteht im Kern nicht etwa ein zusammenhängendes Netz der geschilderten Stränge, sondern man kommt bei der Verfolgung der verzweigten und anastomosierenden Züge immer an ein Ende, wo feinste, eben noch sichtbare Fäden in dem-Kernraum sich zu verlieren scheinen, vielleicht aber auch in ein achromatisches Gerüst sich fortsetzen. Freilich sind diese grossen Kerne in den Schnitten niemals ganz enthalten, aber diese Tatsache berührt das eben Gesagte natürlich nicht. Die Plasma- einschlüsse treten nun sehr in den Vordergrund. Man sieht zu- weilen noch Erscheinungen, wie sie oben für die jüngeren Stadien beschrieben worden sind. So kann man auch in der Fig. 57 am rechtsseitigen Umfang, der Kernmembran anliegend, eine Bildung wahrnehmen, die von der in Fig. 56 dargestellten, abgesehen von der dort vorliegenden Besonderheit, nicht wesentlich verschieden sein dürfte. Aber hauptsächlich wird unser Interesse nunmehr auf das ansehnliche Depot offenbar derselben deutoplasmatischen Substanz, die wir bisher nur in kleinen Ansammlungen beobachtet haben, hingelenkt. Diese dunkel tingierte Masse stellt körperlich betrachtet einen unregelmässig geformten Klumpen dar, der etwa 2!/smal so gross ist wie das Kernkörperchen, und der in seinen Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 101 zentralen Teilen von kompaktem, peripher aber von aufgelockertem Bau ist. Das Plasma bildet einen hellen Hof um das eingelagerte Gebilde. Die Lage solcher deutoplasmatischer Anhäufungen ist, wie ein weiterer Fall zeigen wird, nicht konstant, aber es ist ein häufiges Vorkommnis, dass sie gegen die Zellgrenze und relativ weit von der Kernmembran entfernt und, wie hier, in einem zungenförmigen Ausläufer des Zellenleibes getroffen werden. Bei Eiern dieser Grösse ist übrigens häufig in der oben gekenn- zeichneten Weise eine Abgrenzung ihres Plasmaterritoriums möglich. Neben diesem Hauptkörper finden sich stets noch andere Plasmaeinschlüsse. Sie können in der Form kleiner Körner und Stäbe auftreten (Fig. 59) oder in Gestalt von mehr oder weniger dichten, oft in mehrere wurstförmige und kugelige Teile gegliederten grösseren Substanzanhäufungen. Bemerkenswert ist, dass diese Gebilde, auch die kleinsten der Kernmembran in der Regel nicht anliegen, sondern überall im Plasma an- zutreffen sind. Das folgende Oozytenkernbild Fig 60 ist gegenüber dem vorhergehenden von recht charakteristischem Aussehen. Die chromatischen Bildungen, die wir jetzt im Kern antreffen, sind von viel ansehnlicherem Volumen als die Fäden, die den Oozyten- kern vorher erfüllt haben. Lange und dicke, zackig konturierte, oft bizarr geformte Chromatinkörper durchziehen jetzt den Kern- raum. Neben diesen hervorstechenden und dem Kern sein Gepräge gebenden Ohromatinfiguren. die, wie Fig. 55 zeigt, oft auch in der Mehrzahl als nukleolenartige Körper auftreten können, finden wir auch hier kleinere Chromatinkonglomerate und feinfädige Strukturen. Für die deutoplasmatischen Gebilde dieses Stadiums gilt das für das vorhergehende (Gresagte. Es lässt sich sehr schwer entscheiden, ob die Zahl dieser Einschlüsse während dieser Periode des Eiwachstums noch zunimmt, oder ob die Gesamtmasse der fraglichen Substanz nun konstant bleibt. Es scheinen hier weit- gehende individuelle Schwankungen zu herrschen, und da man nie den ganzen Zelleib auf einem Schnitt vor sich hat, in vielen Fällen auch jetzt noch die Abgrenzung der Zellen gegeneinander nicht gelingt, kann man eine Anschauung über den gesamten Inhalt eines Eileibes am Deutoplasma nur sehr schwer gewinnen. Der eben geschilderte Zustand des Eies wird festgehalten, bis die Zelle das Ovarium verlässt. In Fig. 61 ist noch einmal 102 F. Wassermann: ein solches Endstadium der innerhalb des Ovariums sich voll- ziehenden Entwicklung abgebildet, und neben diesem liegt eine ganz anders geartete, eben die aus dem Ovarium austretende Eizelle. Die Veränderungen, welche in diesem Moment am Ei vor sich gehen, müssen als eine stürmisch verlaufende, die ganze Eizelle betreffende Umwälzung bezeichnet werden. Im Kern, dessen Nukleolus an den Vorgängen unbeteiligt zu sein scheint, verschwinden die Chromatinstränge und Schollen bis auf einzelne Reste. An manchen Stellen erscheint ein blasses, feinfädiges und weitmaschiges Netz. Dabei ist der ganze Kernraum in erheblichem Maße verdunkelt. Diese Erscheinung kann man allerdings nur bei einer gewissen Intensität der Färbung wahrnehmen. Sie fehlt z. B. bei dem schwächer gefärbten Kern der Fig. 64, um so deutlicher fällt aber bei diesem Kern seine Armut an chromatischer Substanz in die Augen. In der Peripherie des Kernes finden sich besonders dunkel gefärbte, zum Teil schollige, aber auch wolkige Substanz- anhäufungen. Die Plasmaeinschlüsse erfahren eine Vermehrung, und es kommt vor, dass ganze zusammenhängende Lagen chro- matisch gefärbter Substanz der Kernmembran aufliegen (Fig. 64). Ausserdem bildet sich oft eine grosse Vakuole im Plasma, die den Kern komprimiert und bohnenförmig gestaltet; sie dehnt sich aber nicht über die ganze Höhe des Keimbläschens aus, so dass man sie nicht auf jedem durch den Kern gelegten Schnitt antrifft (Fig. 62). Sobald das Ei in den Anfangsteil des Uterus gelangt ist, scheint ein Gleichgewichtszustand erreicht zu sein. Der Kern rekonstruiert sein chromatisches Gerüst wieder zu einer Form, die der im Ovarium zuletzt erreichten sehr ähnlich ist. Damit geht eine Aufhellung des Kernsaftes einher. Während dieser Vorgänge scheint der Nukleolus eine stoffliche Veränderung zu erleiden. Er wird kleiner und blasser, und es treten Vakuolen in seinem Innern auf. Der Protoplasmaleib hat in erkennbarem Maße an Umfang zugenommen. Die Einschlüsse, die zuletzt in ihm aufgetreten waren, sind bis auf einen oder zwei in den Polen des Ovoids gelegene grosse und einige wenige kleine verschwunden. Ihrer Menge, Form und Lage nach entsprechen diese Einschlüsse im Plasma ganz den vor dem Austritt des Eies gebildeten. Es ist daher anzunehmen, dass die auf der Kernmembran des aus- tretenden Eies abgelagerten Bildungen nicht jenen zuerst und Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 105 während der ganzen Wachstumsperiode allmählich entstandenen hinzugefügt werden, sondern dass sie sogleich nach ihrem Auf- treten wieder resorbiert werden. Vielleicht ist die gezeigte Vakuole im Eileib der Ausdruck für eine massenhaft erfolgende Ein- schmelzung dieser beim Austritt des Eies gebildeten Substanzen. Auch sprechen eben noch wahrnehmbare, dunklere Stellen des Eileibes dafür, dass in diesen Stadien der angenommene Resorptions- prozess sein Ende erreicht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Vergrösserung, die der Plasmaleib des ausgewachsenen, im Uterus angelangten Eies gegenüber dem noch im Ovarium befindlichen, wie erwähnt, aufweist, mit Hilfe der resorbierten Massen geschieht. Nun ündet auch die Befruchtung des Eies statt. Man sieht einen spiralig aufgerollten, scharf konturierten Spermafaden neben dem Eikern liegen. Selten begegnet man einem polyspermen Ei, wie es in Fig. 74 abgebildet ist. Da man in späteren Stadien niemals mehr als einen Spermakern antrifft, so ist anzunehmen, dass entweder überzählige Spermien zugrunde gehen, oder dass die Polyspermie die Eier an der weiteren Entwicklung hemmt. Endlich treten auch die beiden, dem sogenannten Dotterstock ent- stammenden Zellen an einen Pol heran und bilden die Eihülle. Diesen Zustand des ausgewachsenen, befruchteten und von der Hüllmembran umgebenen Eies repräsentiert die Fig. 65. Diese Stadien sind sehr selten: es scheint, dass das Ei nach seinem Austritt aus dem Ovarium die weiteren Veränderungen bis zum Abschluss der Reifeteilungen sehr rasch durchläuft. So musste die abgebildete Zelle zur Darstellung des Endzustandes, von dem aus dann die eigentliche Prophase der ersten Reifeteilung beginnt, herangezogen werden, obwohl sie des Nukleolus zu ermangeln scheint. Er ist vielleicht in einem vorausgehenden oder folgenden Schnitt enthalten, was aber bei der Schwierigkeit, Kernanschnitte in einem relativ dicken Schnitt zu ermitteln und als zu dem in einem abgetrennten Niveau gelegenen Hauptteil gehörig zu er- kennen, nicht festgestellt oder ausgeschlossen werden kann, zumal da man mit der Möglichkeit eines Substanzverlustes beim Mikro- tomieren immer zu rechnen hat; vielleicht verbirgt er sich aber auch unter einer Chromatinansammlung. Dass der Nukleolus hier fehlen sollte, ist nicht glaubhaft, da er in allen folgenden Stadien der Prophase der ersten Reifeteilung immer in der besprochenen veränderten Form vorhanden ist. 104 F. Wassermann: Es ist am Schlusse dieses Abschnittes noch anzugeben, dass die beschriebenen Kernbilder der wachsenden Oozyten bei allen angewandten Fixierungsmitteln in wesentlich gleicher Weise auf- treten. Je nach der angewandten Färbung sind die Strukturen natürlich mehr oder weniger deutlich; die vorgeführten Beispiele sind mit Eisenhämatoxylin nach Heidenhain behandelt. b) Allgemeiner Teil. Soweit sie die Struktur des Keimbläschens betreffen, sind die für die II. Periode der Oozytenentwicklung des Zoogonus gemachten Angaben neu. Während sich Gregoire (09) und Schreiners (08) mit diesen Verhältnissen gar nicht beschäftigen, erledigt Goldschmidt in dem beschreibenden Teil seiner Zoogonus-Arbeit die ganze Periode mit folgenden Worten (05, S. 610): „Mit dem Beginn der Wachstumsperiode verschwindet das Spirem wieder und es stellt sich ein lockeres, achromatisches Kerngerüst mit eingestreuten chromatischen Partikeln und einem grösseren, chromatischen Nukleolus her. Die Eizelle und ihr blasiger Kern beginnen nun auf das Vielfache ihres Volumens heranzuwachsen.“ Auch in den anderen, mehrfach erwähnten, die Oogenese von Trematoden betreffenden Arbeiten finden wir keine mit unseren Befunden vergleichbaren detaillierten Angaben über die Keim- bläschenstruktur während der Hauptwachstumsperiode. Unsere Befunde über die deutoplasmatischen Ablagerungen im Eileib dagegen lassen sich mit den von Schellenberg (11) bei Fasciola hepatica „ohne Präjudiz für ihre Synthese“ als Dotter- kugeln bezeichneten Gebilden und mit den Plasmaeinschlüssen, die v. Kemnitz (13) im Ei von Brachycoelium salamandrae findet, vergleichen. Goldschmidt (09) hat dem Auftreten der fraglichen Substanz besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Er beschreibt unter Zugrundelegung von Bildern, die mit manchen der unserigen im grossen und ganzen übereinstimmen, eine „Dotterkernbildung“, durch Chromatinausschwitzung aus dem Kern. Wir haben unserer- seits die Bezeichnung Dotterkern bei der Beschreibung der Ablagerungen nicht angewandt und halten sie auch nicht für angebracht, weil bei Zoogonus kein dem Dotter anderer Eier vergleichbares Reservematerial entsteht. Wenn Jörgensen (10) davon absteht, ähnliche, von ihm allerdings genauer analysierte Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 105 Plasmaeinschlüsse der Oozyten von Proteus mit dem Namen Dotter- kern zu belegen, weil sie „auch nicht den geringsten morpho- logischen Zusammenhang mit dem definitiv gebildeten Dotter“ haben, so führt ihn im Grunde die gleiche Überlegung wie uns zur Ablehnung der fraglichen Bezeichnung. Korschelt und Heider (1902, S. 263) sagen, „dass sehr verschiedene Dinge als ‚Dotter- kern‘ beschrieben worden sind“. Da nun, wie aus Jörgensens diesbezüglicher Literaturzusammenstellung hervorgeht, die An- schauungen der verschiedenen Autoren über die Herkunft des sogenannten Dotterkernes weit auseinander gehen, je nachdem sie eine Entstehung desselben im Plasma oder aus dem Kern an- nehmen oder von einer Meinungsäusserung über diesen Punkt ganz abstehen zu müssen glauben, wäre ja mit der Bezeichnung „Dotterkern“ über die Natur der Plasmaeinschlüsse nichts prä- judiziert und höchstens läge darin der Ausdruck der Meinung, dass die Substanzen trophische Funktion für das Ei haben. Dies aber ist, wie auch aus unserer Darstellung hervorgeht, wahr- scheinlich. Indessen ist es doch wohl besser, eine bestimmte Be- zeichnung für solche deutoplasmatische Bestandteile der Zelle vorerst zu vermeiden, da wir heute in den bedeutungsvollen Fragen nach dem Wesen der verschiedenen Plasmaeinschlüsse wie der „Chromidien“ und „Mitochondrien“ noch nicht über das Stadium der vorurteilslosen Sammlung von Beobachtungen hinausgekommen sind. Nach Goldschmidt steht das erste Auftreten des Dotter- kernes „zweifellos in Beziehung zu dem Kern der Eizelle“. „Man sieht zunächst auf der Oberfläche des ganzen Kernes zerstreute chromatische Massen wie feine Niederschläge auftreten, man er- hält den Eindruck, dass sie auf der Oberfläche der Kernmembran sozusagen ausgeschwitzt sind. Sie liegen der Kernmembran so dicht auf, dass diese vollständig undeutlich wird und die Kern- grenze kaum zu bestimmen ist. Später kondensieren sich diese Partikel dann zu mehr oder minder kompakten Brocken .. . Bis- weilen.... sitzt die Hauptmasse dieser Dotterkernsubstanz kappen- artig dem einen Pol des an dieser Stelle undeutlich begrenzten Kernes auf. Nunmehr fliessen die verschiedenen Massen zu einigen wenigen grossen Brocken zusammen, die sich fast intensiver als das Kernchromatin färben und stets in der Nähe des Kernes liegen bleiben. Meist kommt es dann zur Ausbildung eines einheitlichen 106 F. Wassermann: Dotterkernes ..... Nur in seltenen Fällen findet man noch im aus- gebildeten Ei den Dotterkern in mehrere Brocken zerteilt.“ Für Goldschmidt ist damit die Herkunft des Dotterkernes aus dem Eikern sicher erwiesen. v. Kemnitz dagegen erklärt ganz bestimmt, dass die deutoplasmatischen Substanzen, die bei seinem Objekt „sowohl als grössere Brocken und Schollen als auch als Stäbchen (Chondriokonten), wie in Gestalt feiner Mito- chondrien auftreten können und häufig in einem schnabelartigen Fortsatz des Plasmas eingelagert sind“ und die seiner Ansicht nach sicherlich den von Goldschmidt bei Zoogonus als chro- midialer „Dotterkern“ bezeichneten Gebilden entsprechen „jeden- falls im Plasma“ entstehen. Chromatinaustrittsfiguren sind diesem Autor niemals zu Gesicht gekommen. Er hält die deutoplasma- tischen Ablagerungen, wie aus den zitierten Worten hervorgeht, für eine Art von Plastosomen, ohne allerdings durch spezifische Färbungen hierfür einen Beweis anzutreten. Wenn wir zunächst die Beschreibung, welche Goldschmidt für das Entstehen des „Dotterkernes“ geliefert hat, mit unseren Beobachtungen vergleichen, so decken sich manche davon, nämlich die, welche das aus dem Ovarium austretende Ei betreffen, voll- ständig mit seinen Angaben. Auch wir haben, wie Fig. 64 deutlich zeigt, Kerne gesehen, auf deren Membran chromatisch gefärbte Partikel in grosser Zahl, stellenweise in einheitlicher Masse liegen. Die Fig. 63 zeigt die Aufsicht auf einen solchen Eikern und gibt eine körperliche Vorstellung davon, dass der ganze Kern wie bespickt ist mit aufgelagerten Substanzen. Solche Bilder scheinen eine glänzende Bestätigung der von Goldschmidt vertretenen Anschauung zu liefern. Aber es handelt sich bei diesen die Er- scheinungen der „Chromatin-Ausschwitzung“ darbietenden Eiern, wie gesagt, um solche, die das Ovarium eben verlassen. Niemals kommen solche Zustände bei den jüngeren Oozyten der Haupt- wachstumsperiode vor. Die als „Dotterkern“ im Sinne Gold- schmidts zu bezeichnenden Bildungen sind aber schon vor dem Auf- treten der für ihre Bildung verantwortlich gemachten Erscheinungen vorhanden, sind zuerst als kleine neben dem Kern gelegene Ab- lagerungen, dann als grössere Deutoplasmaansammlungen er- schienen, wobei immer wieder kleinere Schollen im Plasma offen- bar neu aufgetreten sind. Es ist also nicht richtig, wenn Gold- schmidt nach der Schilderung des Chromatinaustritts fortfährt: Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 107 „Nunmehr fliessen die verschiedenen Massen zu einigen wenigen Brocken zusammen etc.“ Die grossen Brocken waren vielmehr schon vorher entstanden und überdauern, anscheinend unberührt davon, die Umwälzungen, die in der Eizelle zum Teil unter dem Bilde der „Chromatin-Ausschwitzung“ bei ihrem Austritt aus dem Ovarium vor sich gehen. Goldschmidt hat also die eigent- liche Entstehung des „Dotterkernes“ gar nicht geschildert. Wenn wir auch zu dem Schlusse kommen werden, dass sich seine An- nahme eines Chromatinaustritts für die aus dem Ovarium los- lösende Eizelle sehr wohl begründen lässt, so können wir anderer- seits, wie dann zu zeigen sein wird, seiner Anschauung, dass die deutoplasmatischen Massen, deren Entstehung während der ganzen Hauptwachstumsperiode vor sich geht, chromidialer Natur sind, d.h aus dem Kernchromatin stammen, nicht ohne weiteres bei- treten, sondern wir werden noch einer anderen Vorstellung über die Herkunft der deutoplasmatischen Substanz Raum geben müssen. Unsere Beobachtungen lassen es geboten erscheinen, zwei Prozesse während der Hauptwachstumsperiode der Eier streng auseinander zu halten. Wir müssen erstens die Bildung der deuto- plasmatischen Substanz und zweitens die geschilderten stürmischen Umwandlungen innerhalb der Eizelle im Moment ihres Austritts aus dem Ovarium unterscheiden. Dann haben wir uns zuerst die Frage vorzulegen, ob diese beiden Vorgänge nur verschieden intensive Entwicklungsphasen ein und derselben stofflichen Um- wandlung sind, oder als unabhängig voneinander zu erachten sind. Es steht unserer Meinung nach ausser Zweifel, dass wir es hier mit zwei voneinander unabhängigen Prozessen zu tun haben. Wie bereits hervorgehoben, sind die deutoplasmatischen Ablagerungen schon vor dem Erscheinen der charakteristischen Austrittsphänomene des Eies vorhanden und haben nach dem Abklingen derselben keine Vermehrung erfahren. Immerhin aber könnten beide Pro- zesse wesensgleich sein, es könnte sich immer um eine im ersten Falle allmählich vor sich gehende, im zweiten um eine plötzlich einsetzende und in grossem Ausmaße ablaufende CUhromatin- ausstossung handeln. Somit entsteht die für jeden Prozess ge- trennt zu behandelnde Frage, ob sichere Anzeichen dafür vor- handen sind, dass Kernchromatin ins Eiplasma übertritt. Wenn wir die Entstehung der deutoplasmatischen Substanzen ganz unvoreingenommen betrachten, so können wir für ihre 108 F. Wassermann: genetische Ableitung aus dem Chromatin des Kernes nur folgende Beobachtungen verwerten. Wir haben gesehen, dass gegenüber der Stelle, wo in unmittelbarer Nähe des Kernes der erste Plasma- einschluss gelegen ist, die Kernmembran eine Einbuchtung auf- weist, die wir vielleicht auf eine Veränderung derselben zurück- führen können; immer liegen der Kernmembran hier Chromatin- körner in etwas grösserer Zahl als an ihrer übrigen Innenfläche auf. Weiterhin beobachteten wir hie und da einmal, dass sich eine im Plasma gelegene Substanzanhäufung in das Innere des Kernes fortsetzt. Diese Erscheinungen könnte man für den morphologischen Ausdruck eines Chromatinaustrittes ansprechen. Nur dann übrigens, wenn man einen solchen Vorgang annimmt, kann man die deutoplasmatischen Substanzen für Chromatin oder „Chromidien“ erklären; denn ihr färberisches Verhalten allein berechtigt hierzu noch nicht. Mit v. Kemnitz (12, S. 579) müssen wir nämlich sagen, dass für die Entscheidung, ob eine im Plasma gelegene Substanz als Chromatin bezeichnet werden darf, nicht ihr tinktoriell-morphologisches Verhalten, sondern lediglich die genetischen Beziehungen zum Kern massgebend sein dürfen. Das färberische Verhalten unserer deutoplasmatischen Substanz ist durchaus nicht eindeutig. Am intensivsten tingieren sie sich natürlich mit Eisenhämatoxylin, nur schwach färben sie sich mit Hämatoxylin und Boraxkarmin, treten dagegen bei An- wendung der Bendaschen Mitochondrienfärbung in einer für die Plastosomen charakteristischen Tinktion hervor und nehmen in älteren Eizellen, die einen einheitlichen „Dotterkern“ besitzen, bei Anwendung der Nukleolenfärbung von Montgomery intensiv Eosin an. Hier könnte also wirklich nur die genetische Beziehung zum Kern ein Recht geben. in den Plasmaeinschlüssen aus- gestossenes Chromatin zu sehen. Während also gewisse morphologische Erscheinungen allein der Annahme eines Chromatinaustrittes aus dem Kern das Wort reden, sprechen eine Reihe gewichtiger Momente gegen eine solche Möglichkeit. Erstens werden die erwähnten Erscheinungen, wie gesagt, nur sehr selten beobachtet und treten durchaus nicht häufiger auf, wenn die Ablagerung der deutoplasmatischen Substanz reich- licher wird. Würden schwerwiegende sonstige Argumente für einen Chromatinaustritt ins Feld geführt werden können, so Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 109 brauchte man diese Überlegung freilich nicht als triftigen Gegen- srund zu betrachten; denn man könnte annehmen, dass das Chromatin in gelöstem Zustand und somit in nicht wahrnehm- barer Weise die Kernmembran passiere, eine Hypothese, die wiederholt z. B. von Moroff (10), welcher sogar von „farblosen Chromidien“ spricht, aufgestellt worden ist. Aber im Zusammen- halt mit den folgenden Bedenken muss man wohl auch den an- geführten Beobachtungstatsachen einiges (rewicht beilegen. Zweitens lehrt ein Blick auf die Fig. 59, dass die deuto- plasmatischen Ansammlungen kleinsten Kalibers durchaus nicht in der Regel in unmittelbarer Nähe des Kernes gelegen sind und dass vollends die grossen Schollen ganz nahe am Zellrande, also so weit wie möglich vom Kern entfernt, sich befinden können, gerade so, wie dies v. Kemnitz bei Brachycoelium salamandrae beobachtet hat. Dabei führen ganz sicher keine Bahnen von Substanzpartikeln von der etwaigen Herkunftsstelle, dem Kern, zur Ablagerungsstätte hin. Nun wird man ja auch diesen Tat- sachen für sich allein keine hinreichende Beweiskraft gegen die fragliche Möglichkeit zuerkennen müssen; denn man könnte ein- wenden, dass das Chromatin in gelöstem Zustande den Zellenleib durchwandere, bis es an einer vom Kern relativ weit entfernten Stelle kondensiert werde. Dabei wäre aber die Frage schwer zu beantworten, warum dann die ausgeschiedenen kleinsten Chromatinquantitäten sich zu grösseren Anhäufungen zusammen- finden und nicht, wenn schon nach einer gewissen Zeit die Be- dingungen für die Ablagerung eintreten, eine viel grössere Menge kleiner Partikel im Ei zerstreut gefunden werden. Es wäre also noch eine weitere unbeweisbare Hilfsannahme zu machen, etwa so, dass man die im Anfang des Abscheidungsprozesses nieder- geschlagenen Teilchen für Kristallisationszentren hielte, an welche die neuen Massen dann immer wieder anschiessen. Sehr viel un- gezwungener ist es dagegen, aus den vorgeführten Bildern zu schliessen, dass eine im Plasma gelöste Substanz an beliebigen Stellen zum Ausfall komme; hierdurch wäre sowohl das multi- lokuläre Auftreten von Niederschlägen im Zellenleib, wie auch das Vorkommen von grösseren Ansammlungen der ausgefallenen Sub- stanz verständlich. Die quantitativen Unterschiede würden dann dadurch hervorgerufen, dass die Bedingungen zum Ausfall der gelösten Substanz einmal nur an einer punktförmigen Stelle, ein 110 F. Wassermann: anderes Mal aber in grösserem Umkreis innerhalb des Plasma- leibes eintreten können. Drittens ferner drängt sich uns die Annahme einer Chromatin- ausstossung doch nur dann mit einiger Notwendigkeit auf, wenn wir am Kern Wahrnehmungen machen, die eine ad maximum beanspruchte Chromatin-Aufspeicherungsfähigkeit vermuten lassen und wenn wir ferner beobachten können, dass der Kern desto ärmer an färbbarer Substanz wird, je weiter der angenommene Chromatinaustritt fortschreitet. Letztere Bedingung wenigstens ist bei jenen Oozyten von Proteus gegeben, bei denen Jörgensen (10) die Bildung von Chromidien für erwiesen hielt. v. Kemnitz hat auf Grund eben dieser Überlegung gewisse hierher gehörige Befunde Schaxels (10) in Zweifel gezogen, wenn er meint (S. 583), die Schaxelschen Untersuchungen bewiesen durchaus nicht, „dass die bei „Uhromasie“ des Plasmas dann gleichzeitig zu postulierende Achromasie des Kernes wirklich besteht“. Bei unserem Objekt nun kann man zu der Zeit, da die deutoplasma- tischen Substanzen entstehen, nicht nur keine Abnahme des Chromatins am Kern beobachten, sondern das Gegenteil ist der Fall Mit dem Wachstum des Kernes geht eine Anreicherung desselben an Chromatin vor sich, wie eine Betrachtung der Fig. 55—60 ohne weiteres dartut. In Anbetracht der angeführten Bedenken können wir der Annahme eines Chromatinaustrittes nicht so bereitwillig wie Goldsehmidt Raum geben. Wir werden aber in unserem Zweifel noch bestärkt, wenn wir sehen, dass weitere Überlegungen, zu denen wir in Übereinstimmung mit v. Kemnitz (12) gekommen sind, eine ganz andere, der besprochenen Möglichkeit gerade ent- gegengesetzte Anschauung nahe legen. v. Kemnitz glaubte bei seinen Untersuchungen über die Morphologie des Stoffwechsels bei Ascaris lumbricoides in den Muskelzellen dieses Organismus eine Chromatinsyndese aus dem Plasma heraus annehmen zu müssen, und er begründet diese Annahme einer sichtbaren Chromatinzufuhr aus dem Plasma in den Kern hinein eingehend gegenüber der Chromidienlehre, nach welcher seine Bilder zunächst einen Chromatinaustritt illustrieren würden (S. 559—564). Und v. Kemnitz weist auch (S. 584) auf Angaben anderer Autoren hin, die zugunsten einer im Plasma vor sich gehenden Chromatin- resp. Prochromatinsyndese sprechen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. ill v. Kemnitz verallgemeinert dann seinen Befund, indem er sagt: „Ich halte damit den Beweis für erbracht, dass ineiner ganzen Reihe von Fällen, die im Sinne derChromidienlehre verwertet wurden, tatsächlich der umgekehrte Prozess stattfindet, dass den mor- phologisch sichtbar zu machenden Chromatin-bezw. Prochromatinsyndesen innerhalb des Zellplasmas eine viel grössere Bedeutung zukommt als man bis- her angenommen hat“. Ob die Resultate v. Kemnitz’s in diesem Punkte wirklich über jeden Zweifel sicher gestellt sind, und ob sie in der vom Autor angegebenen Weise Anspruch auf allgemeinere Gültigkeit haben, brauchen wir hier nicht zu erwägen. Für uns ist von Bedeutung lediglich der Hinweis auf die Möglichkeit, dass die von den Anhängern der Uhromidienlehre als Uhromatinaustritts- phänomene gedeuteten Bilder und also auch entsprechende Er- scheinungen unserer Oozyten im Anfang der Hauptwachstums- periorde an und für sich ebenso gut durch den umgekehrten Prozess zustande kommen könnten. Diese Möglichkeit kann der Unvoreingenommene nicht von der Hand weisen. Und auch wir wurden für unsere Fälle durch die gegen den CUhromatinaustritt sprechenden oben angeführten Bedenken, besonders aber durch die Würdigung der im Ovarium herrschenden Bedingungen des Zellstoffwechsels dazu gedrängt, die besprochene Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Was die im Ovarium bestehenden Bedingungen für den Zellstoffwechsel in besonderer Berücksichtigung des Chromatins anbelangt, so haben wir uns darüber folgende Vorstellung zu machen. Das Ovarium des Zoogonus (Fig. 11) stellt ein Syneytium dar. Die Kerne beherrschen gemeinschaftlich eine anscheinend ganz einheitliche Plasmamasse. Insbesondere während der Wachstums- periode der Oozyten, da die Kerne und auch die zwischen ihnen gelegenen Plasmaterritorien eine Massenzunahme erfahren, müssen wir eine lebhafte stoffliche Wechselwirkung zwischen Kern und anliegendem Protoplasma voraussetzen. Was das Chromatin be- trifft, so wird es zu dieser Zeit, wie schon betont, entsprechend dem Kernwachstum vermehrt. Dies kann nicht anders geschehen als durch die Einverleibung von im Plasma befindlichen Vorstufen Im F. Wassermann: des Chromatins in den Kern. Es muss also vom Kern aus be- trachtet auf diese Stoffe eine zentripetale Wirkung ausgeübt werden. In einer gegen die Umgebung abgegrenzten Zelle nun ist diese Wirkung auf alle Teile des Plasmaleibes einheitlich. Im syreytialen Verbande aber muss es oft vorkommen, dass derartige von verschiedenen nachbarlichen Kernen auf das gemeinsame Plasma ausgeübte Einflüsse sich widerstreben, ja sich aufheben. Die für den Kern bestimmten und durch Fermente vielleicht schon zur Einverleibung vorbereiteten Substanzen werden durch die von verschiedenen Richtungen her auf sie einsetzenden Kräfte festgehalten und können ihrem Bestimmungsort oft gar nicht zu- geführt werden, während bei der reichlichen Stoffzufuhr, die wir für das Ovarıum anzunehmen haben, immer neue Substanzen der- selben Art gebildet werden. So kann man sich vorstellen, dass gerade wegen der engen nachbarlichen Beziehungen der lebhaft funktionierenden Kerne in den zwischen ihnen gelegenen, relativ zu kleinen Plasmastrecken Störungen im Stoffwechsel eintreten. Diese Störungen bestehen in einer Prochromatinretention im Plasma und deren Ausdruck ist eben die Ablagerung deuto- plasmatischer Massen. Es ist denkbar, dass die Chromatinvor- stufen, wenn sie einmal in grösserer Menge in ungelösten Zustand übergeführt worden sind, dann nicht mehr für ihre eigentliche Verwendung brauchbar sind, sei es, dass ihre erneute Verflüssigung nicht mehr rechtzeitig ausgeführt werden kann, sei es, dass bei dem Reichtum des Plasmas an gelöster Substanz auf die aus- gefallenen Mengen keine Wirkung mehr ausgeübt wird. Aus- genommen sind aber vielleicht von diesem Verharren in unge- löstem Zustand Substanzpartikel, welche in unmittelbarer Nähe des Kerns ausgefallen sind. Sie können. wenn die entgegen- wirkenden Kräfte nachlassen, dem Kern noch einverleibt werden, und hierbei entstehen vielleicht die morphologischen Erscheinungen des „Ühromatineintrittes“ in den Kern. Wenn wir damit den Vorgang der Prochromatinretention und des etwaigen Chromatineintrittes in sichtbarer Form in Erwägung gezogen haben, so handelt es sich natürlich nur um eine Deutung der Befunde. Aber diese Deutung dürfte nach all dem Gesagten begründeter erscheinen als die Annahme eines Chromatinaustrittes. Dies wird noch mehr hervortreten, wenn wir nun die Vor- gänge an dem aus dem Ovarium austretenden Ei im Sinne der Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 413 oben aufgestellten Frage betrachten. Hier kommen wir nämlich ohne jede Einschränkung zu der Überzeugung, dass in grossem Umfang Chromatin aus dem Keimbläschen ausgestossen wird. Alle nur denkbaren Kriterien sprechen für den Chromatinaustritt. Tatsächlich vermögen wir bei der Betrachtung eines Querschnittes durch einen solchen Kern (Fig. 64) und bei der Aufsicht auf den- selben (Fig. 63) keinen anderen Eindruck als den einer Chromatin- ausschwitzung zu gewinnen. Dazu kommt dann noch, dass der Kern die chromatischen Strukturen, die er vorher in grosser Zahl besessen hatte (Fig. 60), nunmehr fast völlig verliert, und dass gleichzeitig der ungeformte Inhalt des Keimbläschens, also der Kernsaft, die Chromatinfarbstoffe sehr intensiv annimmt. Im Plasmaleib tritt dabei gewöhnlich eine grosse Vakuole auf (Fig. 62), so dass wir annehmen müssen, dass entweder neben den geformten Partikeln auch Flüssigkeit aus dem Kern ins Plasma gelangt, oder dass, was das wahrscheinlichere ist, die ausgestossenen Chromatinteilchen sogleich wieder aufgelöst werden. So steht es also für uns fest, dass ein Uhromatinaustritt aus dem Oozytenkern erfolgt und in diesem Punkt bestätigen wir die Darlegungen Goldschmidts (05). Die Tatsache aber, dass hier bei Zoogonus ein ausser Zweifel stehender Chromatin- austritt statt hat, ist von prinzipieller Bedeutung. Bekanntlich stehen sich die Anschauungen der Vertreter der von R. Hertwig durch seine an Protozoen erhobenen Befunde begründeten „Chro- midienlehre“ (Goldschmidt, Moroff, Popoff u.a.) und die jener Forscher, die wie Meves, Duesberg u. a. den Stand- punkt der extranukleären plasmatischen Entstehung der deuto- plasmatischen Substanzen (Plastosomen, Mitochondrien, Chondrio- konten) vertreten, schroff gegenüber (siehe Duesberg 1912). Die ablehnende Haltung der Vertreter der letzteren Gruppe gegen- über der chromidialen Natur gewisser Plasmaeinschlüsse geht nun so weit, dass sie die Möglichkeit eines Chromatinaustrittes, wie ihn z. B. Schaxel (10) und Buchner (09) bei ihren Objekten angenommen haben, überhaupt in Zweifel ziehen. Sogar die dies- bezüglichen Beobachtungen von Jörgensen (10) am Ei des Proteus, die auch einer strengen Kritik standhalten dürften, wurden von Meves (10) bestritten und Duesberg (12) spricht ihnen ihren „allgemeinen Wert“ ab, weil sie sich auf patho- logische Kernbilder beziehen könnten. Demgegenüber muss nun Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 8 114 F. Wassermann: auch der Chromatinaustritt aus dem Oozytenkern des Zoogonus an die Seite der gleichsinnigen Feststellungen von Schaxel, Buchner u.a. gestellt werden. Aber wir konnten nicht zu der Anschauung gelangen, dass die Bildung der deutoplasmatischen Substanz vom Kern aus erfolge und glaubten ferner angeben zu können, dass nach erfolgtem Chromatinaustritt (Fig. 65) keinerlei Vermehrung der deutoplasmatischen Substanzen eingetreten ist. Freilich bedürfte es zur genauen Feststellung in dieser Richtung der ausgedehnten Anwendung spezifischer Methoden, wozu bei einem Material, das nicht in beliebig grosser Menge zu bekommen ist, keine Möglichkeit gegeben war. Indessen müsste doch, wenn der ausgiebige Uhromatinaustritt eine Chromidienbildung zur Folge hätte, in dem ausgewachsenen Fi des Zoogonus eine ungleich grössere Menge von Plasmaeinlagerungen vorhanden sein als vor erfolgtem Chromatinaustritt. Wäre dies der Fall, so hätte es uns auch bei blosser Eisenhämatoxylinbehandlung nicht entgehen können. Wenn also hier Chromatinaustritt ohne Chromidien- bildung vorliegt, so spricht dies im Sinne jener Autoren, welche eine plasmatische Entstehung der von anderer Seite als „Chromidien“ bezeichneten Plasmakörper annehmen. Die Chromatinausstossung aus dem Eikern des Zoogonus gab Goldschmidt (O5) Veranlassung, eine schon von Lubosch (02) vertretene und zuerst, wenn auch nicht mit den später eingeführten Bezeichnungen von Rückert (92) bei seinen Untersuchungen am Selachierei begründete Anschauung von neuem zu betonen und auszubauen. Er sieht nämlich in dem Chromatinaustritt ein Mittel, durch welches die beiden sonst im anscheinend einheitlichen Kern vereinigten Chromatinarten, das Trophochromatin und das Idio- chromatin, voneinander getrennt werden, was für das Ei deswegen von besonderer Bedeutung sei, weil dadurch die Erbsubstanz — das Idiochromatin — in reiner Form den Reifungsteilungen zu- geführt werde Wir wollen hier auf diese Theorie nicht eingehen; sie wäre im Rahmen der Frage nach der Chromosomenkontinuität zu erörtern. Wir können aber zum Schlusse im Gegensatz zu Gold- schmidt, welcher sich über die Bedeutung des Chromatin- austrittes verbreitete, auf die mutmassliche Ursache desselben hinweisen. Wir haben gesehen, dass der plötzlich einsetzende und rasch abklingende Ohromatinaustritt in dem Moment erfolgt, da die Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 115 Eizelle das Ovarium verlässt oder mit anderen Worten, da sie aus dem syneytialen Verbande, welchen das Ovarium darstellt, zur Selbstständigkeit gelangt. In diesem Umstande scheinen die in der Zelle vor sich gehenden Veränderungen begründet zu sein. Konnte der Kern vorher, allerdings im Wechselspiel mit seinen Nachbarn, mit einem grossen, gemeinsamen Plasmaterritorium einen leb- haften Stoffaustausch unterhalten, so ist er im Moment der Los- lösung der Oozyte aus dem Syneytium genötigt, sich auf einen begrenzten Plasmaleib einzustellen. Es muss die dem selbstständig gewordenen Zellorganismus zukommende Kern - Plasma- oder Chromatin-Plasma-Relation (R. Hertwig |03]) hergestellt werden und dies geschieht dadurch, dass sich der Kern des Überschusses an Chromatin bis zu der der Zelle entsprechenden Grenze ent- ledigt. I. Periode der Vozytenentwicklung. a) Befunde. 1. Die Prophase der L.Reifungsteilung. Nach ihrem Austritt aus dem ÖOvarium besitzt die Eizelle, wie die Fig. 65 zeigte, einen Kern, in welchem locker gefügte, chromatische Stränge von wechselndem Kaliber anscheinend auf einem feinfädigen achromatischen Gerüst verteilt sind (siehe S. 102). Ein etwas älterer Kern, der in der Fig. 66 abgebildet ist, zeigt nun eine ganz andere Chromatinverteilung. Hier sind kom- paktere und über längere Strecken verfolgbare Chromatinzüge vorhanden, neben welchen freilich auch noch Chromatinansamm- lungen von der vorher beobachteten Art bestehen. Die längeren, oft schleifenförmig abgebogenen Züge entsenden von ihrer un- scharf konturierten Oberfläche da und dort feine und ganz blasse Stränge, die in das achromatische Gerüst des Kernes überzugehen scheinen. Der Nukleolus färbt sich nur mehr schwach und ist bedeutend kleiner als in den Keimbläschen der Hauptwachstums- periode. Wenn wir sehen, dass mit dem Hervortreten der chro- matischen Züge die ehemaligen unregelmässigen Schollen und Stränge im Kern bis auf einige wenige verschwinden und dass der achromatische Teil des Keimbläschens nunmehr sehr deutlich wird, so dürfen wir uns wohl vorstellen, dass das gesamte chro- matische Material des Kernes, das vorher über das ganze un- g* 116 F. Wassermann: gefärbte Gerüst verteilt war, zu den nunmehr vorliegenden Strängen zusammenfliesst. Ein weiter vorgeschrittenes Stadium dieses Prozesses zeigt die Eizelle der Fig. 67. In diesem Keimbläschen ist das Chromatin auf eine zwar nicht genau feststellbare aber offenbar kleine Anzahl von Strängen konzentriert. An einzelnen Stellen scheint noch, wie die anastomosierenden Ausläufer der Chromatinzüge vermuten lassen, ein Zuströmen von Ghromatinpartikeln vor sich zu gehen. Aber in der Hauptsache ist die färbbare Substanz auf die neuen Inhaltsgebilde des Kernes vollständig verteilt. An dem nahe an den (dem Keimbläschen aufgelagerten) Spermafaden heranreichenden Strang fällt zum ersten Mal eine deutliche Duplizität auf. Sonst ist von einer solchen noch nichts wahrzunehmen. Die Chromatin- züge scheinen aus hintereinander gereihten gröberen und feineren Schollen zu bestehen und es ist nirgends die Andeutung einer Doppelstruktur vorhanden. Der Nukleolus birgt in diesem Fall eine grosse Vakuole Dass in manchen Fällen die Chromatinzüge schon gleich bei ihrer Entstehung doppelt sein können, sei es, dass sie von vornherein so angelegt oder gleich nach ihrer Bildung gespalten werden, zeigt das Keimbläschen der Fig. 68. Der hakenförmig gekrümmte Teil des am meisten hervortretenden Chromatinstranges besitzt noch den lockeren Bau und die Ausläufer, wodurch er sich als im Entstehen begriffen erweist, setzt sich aber in zwei kom- pakte und relativ scharf konturierte Fäden fort, die an ihren Enden eine leichte Verdickung tragen. Die übrigen gefärbten Bestandteile des Kernes sind anscheinend noch lange nicht so weit entwickelt, wie die Chromatinstränge der in Fig. 67 ab- gebildeten Eizelle. Die folgenden Stadien erweisen nun, dass diese Stränge zu den definitiven Chromosomen der ersten Reifungsteilung umge- wandelt werden. Infolge des Umstandes, dass die Veränderungen, die sich dabei abspielen, an den einzelnen Chromosomen sehr verschieden rasch vor sich gehen, kann man in einem einzigen Keimbläschen alle Stufen der Chromosomenbildung nebeneinander antreffen. So zeigt der Kern der Fig. 69 noch ein Element, das eben entsteht und zwar scheint hier eine Entstehung durch Ver- einigung von getrennt und ziemlich weit voneinander entfernt gebildeten, dünneren Fäden vorzuliegen. An der gegenüber- Die Oogenese des Zogoonus mirus Lss. 117 liegenden Seite des Keimbläschens befinden sich zwei übereinander gelagerte Chromatinstränge, die etwa auf der Stufe der im Ei der Fig. 66 befindlichen stehen. Dagegen ist das lange umgebogene Element von ganz anderer Beschaffenheit. Es besteht aus zwei dünnen zackig konturierten und kompakten Fäden, welche parallel nebeneinander verlaufen, so dass nur ein schmaler Spalt zwischen ihnen bleibt, sich etwa in der Mitte ihrer Länge überkreuzen und mit ihren kolbig verdickten Enden auseinander weichen. Die beiden am weitesten gegen die Mitte des optischen Kernquer- schnittes vorgeschobenen Chromosomen sind ebenfalls doppelt, doch ganz bedeutend kürzer als die übrigen. Dabei ist das eine derselben, dessen Längshälften sich überkreuzen, in so auffallendem Maße dicker und kompakter als das lange Chromosom, dass man zur Annahme geführt wird, es werde aus einem langen und dünnen durch Verkürzung entstanden sein. In dem vorliegenden Keim- bläschen ist das achromatische Gerüst besonders deutlich aus- geprägt; man sieht hier, dass es nicht aus gleichmässigen Fäden, sondern aus kompakteren durch mannigfach gestaltete Fortsätze und feine Fäden miteinander vielfach verbundenen Formationen besteht. Denkt man sich auf diese blassen Figuren das Chromatin, welches jetzt in den Chromosomen enthalten ist, wieder verteilt, so gelangt man zu einem Bilde des Kernes ganz gleich jenem, welches das Keimbläschen vor der Herausdifferenzierung der Chromosomen dargeboten hat. Diese Überlegung bestärkt uns in der oben ausgesprochenen Auffassung, dass die Chromosomen durch Zusammentfliessen der färbbaren Substanz auf einige Haupt- strassen zustande gebracht werden. Nicht immer verhalten sich die Chromosomen in ihrer Ent- wicklung so heterochron, wie die des Keimbläschens der Fig. 69 Die Fig. (0 liefert uns ein Beispiel dafür, dass unter Umständen auch die Mehrzahl der Elemente zu gleicher Zeit in dem Zustand langer dünner und sich mehrmals überkreuzender Doppelfäden angetroffen werden können. Diese Tatsache beweist wohl, dass unsere oben ausgesprochene Annahme richtig ist, dass diese Form erst auf dem Wege der Verkürzung in die definitive übergeführt wird. Im einzelnen verhalten sich die Chromosomen dieses Keim- bläschens verschieden; zwei davon sind auffallend kurz, jedoch nicht dicker als die anderen, so dass bei ihnen nicht eine bereits vollzogene Verkürzung, sondern eher eine von vornherein gegebene 118 F. Wassermann: relativ geringe Länge anzunehmen sein wird. Das eine von diesen beiden ist in seiner Mitte scharf abgeknickt. Von den langen Chromosomen sind drei ebenfalls abgeknickt und ein anderes ist bis zu dem Grad abgebogen, dass seine beiden so entstandenen Schenkel sich aneinander legen. Bei allen Chromosomen tritt aber schliesslich am Ende der Prophase eine weitgehende Verkürzung und Verdickung auf. In diesem Stadium befinden sich die Elemente des in Fig. 71 wieder- gegebenen Keimbläschens.. Man erkennt, dass die Verkürzung so weit fortschreitet, dass man die Form der definitiven Chromo- somen vielfach gar nicht mehr analysieren kann; es entstehen, wie auch spätere Stadien der Metaphase I zeigen, Chromatin- klumpen ohne jede sichtbare Struktur. Es ist sicher, dass hier die Wirkung der Fixierung eine Rolle spielt, aber wenn man die definitiven Chromosomen von Zoogonus und Fasciola hepatica (Schellenberg [11]) mit denen von Brachycoelium salamandrae (v. Kemnitz |13]) vergleicht, so erscheint es ebenso sicher, dass bei unserem Objekt und bei Fasciola hepatica eine ungewöhnlich weitgehende Verkürzung der Chromosomen eintritt, die den Ein- blick in das Geschehen bei den Reifungsteilungen ungemein er- schwert. Nur an drei Chromosomen der späten Prophase der Fig. 71 kann man noch eine Duplizität wahrnehmen und das eine von den dreien, welches durch seine ganze Länge eine feine Lichtung eben erkennen lässt, ist in der Mitte zu der bekannten Biskuitform eingeschnürt. Auch hier ist noch der Rest eines Nukleolus vorhanden. Die Kernmembran ist, wie ihre starke Faltung zeigt, bereits verändert, und würde sich wohl bald auf- gelöst haben. Somit haben wir das Recht, dieses Stadium an den Schluss der Prophase der ersten Reifungsteilung zu stellen. Was die deutoplasmatischen Einschlüsse des Eileibes anlangt, so haben sie sich im Verlauf der Prophase nicht verändert und auch das Spermium scheint sich in der Regel während dieser Periode unverändert als Faden zu erhalten. In alle vorgeführten Kernbilder ist der gesamte Bestand des Kernes an Chromatinfiguren eingezeichnet worden, wenn es hierbei auch öfters nötig war, mehrere Schnitte miteinander zu kom- binieren. Es wurde aber immer darauf geachtet, dass die Chromo- somen wenigstens in den einzelnen Schnitten vollständig enthalten waren; die Chromosomen selbst sind niemals aus mehreren, durch Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 119 das Mikrotom voneinander getrennten Teilen zusammengesetzt worden. So konnte ein Irrtum hinsichtlich der Zahl der jeweils vorhandenen Elemente mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden Betrachtet man nun die gezeigten Keimbläschen in Rücksicht auf die Anzahl der in ihnen enthaltenen Chromatin- elemente, so wird man keines unter ihnen finden, bei dem es zweifelhaft wäre, dass die reduzierte Anzahl von Chromatinstücken und nicht die Normalzahl festgestellt werden kann. In dem Keim- bläschen der Fig. 69 sind fünf ausgebildete, d.h. deutlich abgrenz- bare Elemente zu zählen, das sechste ist im Entstehen begriffen. Wollte man annehmen, dass der stärker gefärbte Strang, von dem die zwei dünnen, sich schliesslich zu einem kurzen und deutlich längs- gespaltenen Gebilde vereinigenden Fäden ihren Ausgang nehmen, noch ein weiteres Ühromosom aus sich hervorgehen lässt, so würde man hier auf sieben Elemente kommen; aber dass zwölf Chromatin- teile in diesem Kern enthalten sind, wird niemand behaupten wollen. Ebenso liegen diese Verhältnisse in den Eikernen der Fig. 70 und 71. Im ersteren kann man sieben Doppelfäden unter- scheiden und in letzterem gleichfalls sieben definitive Chromo- somen, wenn man danach trachtet, möglichst viele Elemente herauszufinden. Man kann nämlich in dem Fall der Fig. 71 von den beiden in der Mitte der Kernfigur gelegenen und als aneinander- stossende selbständige Chromosomen gezeichneten Elementen nicht mit Sicherheit sagen, ob sie sich nicht doch zu einem einheitlichen Gebilde nach der Tiefe zu vereinigen. Wir haben aber, wie hier, so auch in allen späteren Fällen grundsätzlich im Zweifelsfall immer für die höhere Zahl entschieden, weil wir immer mit der Möglichkeit rechnen mussten, in den vor der ersten Reifungsteilung gelegenen Stadien und in der ersten Reifungsteilung selbst, ent- sprechend den Befunden von Goldschmidt und auch den von Schellenberg bei Fasciola hepatica erhobenen, die nicht reduzierte Anzahl von Chromosomen zu finden. Wenn wir dann aber bei dieser Art des Vorgehens doch nicht mehr als sieben Chromosomen herausfinden konnten, dann durften wir um so sicherer von der reduzierten Anzahl sprechen. So können wir also feststellen, dass in der Prophase der ersten Reifungsteilung die reduzierte Anzahl von Chromosomen entsteht. Nur ein einziger Fall (Fig. 72) ist uns begegnet, der davon eine Ausnahme macht. Es handelt sich hier um eine Eizelle, die 120 F. Wassermann: sich in ganz ungewöhnlicher Lage, nämlich in einem distalen Ab- schnitte des Uterus zwischen schon ziemlich weit fortgeschrittenen Furchungsstadien befindet. Ein Ei, welches sich regelmässig ent- wickelt, bereitet sich alsbald nach seinem Austritt aus dem Ovarium, also im Anfangsteil des Uterusschlauches, auf die erste Reifungs- teilung vor. Die anormale Lage dieses Keimbläschens lässt es also gerechtfertigt erscheinen, es als ein in der Entwicklung ge- hemmtes zu bezeichnen. Wenn wir nun hier eine grössere Anzahl von Chromatinteilen finden, so kann das gegenüber unseren Be- funden, wie wir sie oben mitgeteilt haben, nicht in Betracht kommen. Nicht einmal in dem Sinn lässt sich dieses Vorkommnis verwerten, in welchem Schellenberg solche Beobachtungen interpretiert hat. Dieser Autor nimmt ja an, dass gelegentlich neben der reduzierten auch die nicht reduzierte Anzahl von Chromo- somen in der Prophase zur ersten Reifungsteilung bei seinem Objekt gefunden werden kann. Unsere eben mitgeteilte Be- obachtung nötigt uns keineswegs, die Anschauung Schellenbergs auf unser Objekt zu übertragen, sondern sie besagt nur, dass in Eiern, die eine weitere Entwicklung nicht mehr erfahren, gelegentlich die Kernelemente in mehrere Stücke, vielleicht in ihre Komponenten zerfallen können; aber das ist ein pathologischer Vorgang; in dem normalen Verlauf der Entwicklung tritt, nach- dem einmal die numerische Reduktion der Chromosomen voll- zogen ist, nur mehr die reduzierte Anzahl derselben auf. Ein weiterer, anscheinend nicht in die normale Entwicklungs- reihe gehöriger Befund, der gleichfalls nur ein einziges Mal in dieser ausgesprochenen Form zur Beobachtung kam, ist in der Fig. 73 wiedergegeben. In diesem Keimbläschen sind die noch nicht ad maximum verkürzten Chromosomen zu einem dichten Haufen zusammengedrängt; der Kern ist in ihrer Umgebung etwas verdunkelt. Dieses Bild erinnert an Entwicklungsstadien des Keimbläschens, die bei anderen Formen, so z. B. bei Diestramena von Vejdovsky (12) als „Innenkerne“ beschrieben worden sind. Bei unserem Objekt dürfte eine solche Bildung jedoch nur dann zustande kommen, wenn sich der Ablauf der Prophase verzögert. ' Um ein Fixierungsartefakt kann es sich in dem vorliegenden Fall nicht handeln, denn die ganze Eizelle und insbesondere das Kern- gerüst sind anscheinend ohne jede gröbere Veränderung der Form und Struktur und auch die einzelnen Chromosomen sind, soweit Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 121 sie sich voneinander abheben, deutlich als längsgespaltene Doppel- stäbe zu erkennen. Die Beschreibung, welche wir von der Entstehung der Chromosomen der ersten Reifungsteilung gegeben haben, hat nicht viel Ähnlickeit mit der entsprechenden Darstellung G old- schmidts (O5), die folgenden Wortlaut hat: „Der Beginn der Reifungsvorgänge macht sich dadurch bemerkbar, dass die bisher unregelmässig im achromatischen Gerüst, verteilte chromatische Substanz sich an einigen Knotenpunkten des Kerngerüstes in un- regelmässigen Massen zu sammeln beginnt, während der Nukleolus noch vollständig intakt ist (Fig. 8). In einem wenig vorgerückten Stadium beginnt dieser jedoch sich ebenfalls aufzulösen; seine Begrenzung wird undeutlich. und er zerfällt in kleine chromatische Partikel, die sich auf dem achromatischen Gerüst zu Strängen anordnen (Fig. 9). Das gleiche geschieht innerhalb der erwähnten chromatischen Ansammlungen, die sich ebenfalls zu Strängen aus- ziehen, die bereits die künftigen Chromosomen ahnen lassen, ja durch eine zweireihige Lagerung der Körnchen zum Teil schon eine Andeutung des späteren Längsspaltes zeigen. Dieser Vor- gang schreitet nun weiter fort, indem sich das Chromatin zu typischen Chromosomen verdichtet, die noch ihre Zusammen- setzung aus feinsten Partikeln erkennen lassen. Von Anfang an sind diese Chromosomen längsgespalten und liegen vollständig voneinander getrennt im Kernraum zerstreut. Stets treten zehn solcher längsgespaltener Chromosomen auf, wie z. B. die Fig. 10 nach einem Totalpräparat zeigt... Es tritt also hier nicht, wie meist, von vornherein die reduzierte Zahl in Tetradenform auf, sondern einfach die Normalzahl; Tetraden fehlen völlig. Dadurch wird von vornherein eine wohl beispiellose Einfachheit des Reduktionsvorgangs vorbereitet.“ Der prinzipiell wichtigste Unterschied zwischen unseren Befunden und denen von Gold- schmidt besteht also in der Verschiedenheit der Zahlenangaben. Bei Goldschmidt findet sich als Beleg für seine Anschauung, dass die Chromosomennormalzahl in der Prophase vorliege, nur eine einzige Abbildung; sie kann unseren eingehend dargelegten Standpunkt nicht erschüttern. Die Art der Chromosomengenese ist, wie man seinen Worten und Abbildungen entnehmen kann, von Goldschmidt nicht in ihren Einzelheiten verfolgt worden; ins- besondere ist ihm das Stadium der langen Doppelfäden entgangen. 122 F. Wassermann: Eine direkte Beteiligung des Nukleolus am Aufbau der Chromo- somen müssen wir in Abrede stellen: wohl wird er während der Prophase kleiner und blasser, und oft finden sich eine oder mehrere Vakuolen in seinem Innern. Aber dass er, wie Goldschmidt angibt, zur Zeit der Chromosomenbildung zerfiele und gar seine in Körnchen verteilte Substanz zum Aufbau der Chromosomen verwendet würde, ist sicher nicht richtig. Dass die Herausbildung der Chromosomen auch bei anderen Trematoden in Form langer Doppelfäden geschieht, beweisen die entsprechenden Figuren von Schellenberg (11) und von v. Kemnitz (13). 2..Die-Tomemunesteiluns. Die Untersuchung der Reifungsteilungen stösst bei Zoogonus mirus auf ungemein grosse Schwierigkeiten. Entsprechend der geringen Zahl der von einem Tier gebildeten Eier kann man überhaupt nur relativ wenige Stadien der Reifungsteilungen finden und von diesen sind die meisten wegen der weitgehenden Ver- klumpung des Chromatins zur Untersuchung vollständig unbrauch- bar. Der Tatsache zufolge, dass diese Verklumpungen, die in der Art auftreten, wie sie das polysperme Ei der Fig. 74 zeigt. bei jeder Fixierung, auch der in bezug auf die frühen Stadien am besten gelungenen vorkommen, müssen wir annehmen, dass das Chromatin. hier besonders empfindlich gegen die angewandten Reagenzien ist. Schellenberg (11) hatte bei Fasciola hepatica mit derselben Schwierigkeit zu kämpfen. Das Ei des Zoögonus mirus eignet sich demnach durchaus nicht zu Feststellungen, welche die Reduktionsfrage betreffen. Wer das Objekt kennt, ist nicht erstaunt darüber, dass die ver- schiedenen Untersucher dieser Reifungsteilungen zu so wider- sprechenden Ergebnissen gelangt sind. Die fragmentarische Darstellung, auf welche wir uns aus den angeführten Gründen hier beschränken müssen, und über welche auch Gregoire (U9) nicht hinausgekommen ist, wird aber inso- fern nicht wertlos sein als sie erweisen wird, dass der Primärtypus, dessen Existenz schon mit den Beobachtungen über die frühe Oogenese in Widerspruch stehen würde, tatsächlich nicht vorkommt. Am besten zu analysieren sind natürlich die frühesten Stadien der ersten Reifungsteilung, bei denen wie im letzten Prophasen- Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 123 stadium die Chromosomen weit voneinander entfernt liegen. Das klarste Beispiel dieser Art ist in der Fig. 75 wiedergegeben. Es handelt sich hier um das Totalpräparat einer Eizelle, welche mit spitzen Nadeln aus dem Uterus des in toto gefärbten Tieres unter der Lupe herauspräpariert wurde. Solche Zellen, die den Schädigungen der Paraffineinbettung nicht ausgesetzt waren, und die man zum Zweck eines genauen Studiums unter dem Deck- gläschen hin- und herdrehen kann, eignen sich natürlich am besten zur Untersuchung. Aber man kommt auch mit dieser Methode bei unserem Objekt nicht sehr weit, denn wenn einmal bei der Fixierung eine Verklumpung des Uhromatinbestandes eingetreten ist, dann ist ein Totalpräparat ebensowenig zu enträtseln, wie eine im Mikrotomschnitt gelegene Eizelle. In dem vorliegenden Ei nun sind sechs Chromatinelemente gelegen. Während sich diese in der Äquatorialzone des Eies befinden, ist der Spermakern nahe dem Hüllzellenpol gelegen und ist ausserdem noch durch die Auf- hellung des ihn umgebenden Plasmas als solcher gekennzeichnet. In dem nämlichen Stadium, wie es dieses Totalpräparat repräsentiert, befindet sich die Reifungsteilung der in den Fig. 76 und 77 abgebildeten Eier. In diesen beiden Fällen führt die Zählung der Chromosomen zu keinem ganz einwandfreien Resultat, da man bei je einem Element nicht angeben kann, ob es einheit- lich ist, oder ob zwei Ohromosomen sich überlagern (Fig. 76) oder miteinander verklebt sind (Fig. 77). Aber mehr als sieben Chro- mosomen sind sicher nicht vorhanden. Näher zusammengeschoben und also offenbar auf dem Wege zur Einstellung in die Äquatorialplatte sind die Chromosomen der Eizelle der Fig. 78. Hier scheinen tatsächlich sieben Chromo- somen vorzuliegen. Die sechs Elemente der Fig. 79 sind gerade in die Äquatorial- ebene eingerückt. Es scheint aber, dass dieses Bild noch nicht der eigentlichen Metaphase entspricht, sondern dass die Chromo- somen noch näher zusammenrücken, bevor sie in die Tochter- elemente zerlegt werden. Dafür lassen sich zahlreiche Bilder der ersten Reifungsteilung anführen. Sie entsprechen der Fig. 80; bis auf eines, das noch abseits liegt, sind hier alle Chromosomen dicht zusammengedrängt. Da diese Stadien keinen Aufschluss über die Anzahl und die Form der Chromatinelemente geben, ist nur eines derselben abgebildet worden. 124 F. Wassermann: So zeigen also sämtliche vorgeführten Metaphasenbilder der I. Reifungsteilung, dass sechs, höchstens sieben, also bivalente Chromosomen in die Äquatorialplatte eingestellt werden. Damit befinden wir uns im Gegensatz zu Goldschmidt, aber in voller Übereinstimmung mit Gregoire (09), welcher die Präparate Goldscehmidtsin einer unserer Darstellung völlig entsprechenden Weise auch unter Wiedergabe der ihnen gleichfalls anhaftenden Unzulänglichkeiten abbildet. Übrigens enthält auch eine Figur Goldschmidts (05), nämlich die 16. der Taf. 56, nur sieben Chromosomen. Auch hinsichtlich der Form der Doppelelemente decken sich unsere Befunde ganz mit den von Gregoire erhobenen. Auch wir haben dicke Doppelstäbe und U-förmige Elemente, sowie Ringfiguren konstatieren können, und auch die Fortsätze fehlen an einigen unserer Chromosomen nicht, die bei Gregoire an- scheinend an mit Eisenhämatoxylin gefärbten Präparaten dem Ansatz der Spindelfasern entsprechen. Auch unsere Figuren machen es höchst wahrscheinlich, dass sich die Doppelelemente mit ihrer Längslichtung in die Äquatorialebene einstellen, wobei ihre beiden Schenkel in Superposition zueinander stehen. Was die Spindelfasern und die Zentrosomen betrifit, so treten diese Bildungen bei unseren Objekten lange nicht so deutlich hervor, wie es nach den Abbildungen Goldschmidts zu er- warten .gewesen wäre. Aber auch Gregoire hat sowohl die Spindelfasern als auch das Zentrosom, wenn er sie überhaupt gezeichnet hat, nur angedeutet. Das Zentrosom erscheint auch in unseren Präparaten, wenn sie stark genug mit Eisenhämatoxylin gefärbt sind, hier und da als strichförmiges Gebilde (Fig. 30); manchmal gehen die Spindelfasern von einem ansehnlichen kugel- förmigen Zentrosom aus, in dem wir einmal (Fig. 75) ein Zentriol wahrzunehmen glaubten. Oft aber waren die Spindel und das Zentrosom überhaupt kaum zu sehen, so dass von ihrer Dar- stellung Abstand genommen wurde. Der Ansatz der Spindelfasern war niemals deutlich wahrzunehmen. Der Spermafaden erfährt zu Beginn der Reifungsteilung Veränderungen. Anscheinend durch Konzentration, aber auch durch Aufquellung seiner Masse entsteht zunächst ein stabförmiges Gebilde (Fig. 75), dann aber ein ansehnlicher ovoider oder keulen- förmiger (Fig. 76) Spermakern. In der Regel ist das Protoplasma 3 Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 125 in seiner Umgebung aufgehellt. Eine Strahlenfigur konnte in seiner Umgebung nie beobachtet werden. Goldschmidt bildet einmal eine solche ab. Im übrigen decken sich unsere, den Sperma- kern betreffenden Beobachtungen mit jenen der Voruntersucher und den entsprechenden Befunden bei Fasciola hepatica (Schubmann [05], Schellenberg [11]), Brachycoelium (v. Kemnitz [13]) und Dicerocoelium (Goldschmidt [08]). Auch darin stimmen wir mit den Voruntersuchern überein, dass die deutoplasmatischen Substanzen, wenn sie auch an Färbbarkeit sehr eingebüsst haben, sich bis zu den Reifungsteilungen im Ei erhalten. 3. Die II. Reifungsteilung. Von den Stadien der II. Reifungsteilung, die zur Beobachtung gekommen sind, geben wir nur das klarste Metaphasenbild wieder (Fig. 81). Hier liegen in der Äquatorialebene des Eies sechs stabförmige Chromosomen eng beieinander. Einige von ihnen zeigen einen deutlichen Längsspalt. Der Spermakern beginnt nun, wie dies auch von den Voruntersuchern beschrieben wurde, seine Uhromosomen zu entwickeln. Bei Gregoire (0V) finden sich in den Fig. 25—29, Taf. II, Darstellungen der „Inter- kinese“ und der Metaphase und Anaphase II. Auch sie beweisen, wie das von uns beigebrachte Stadium, dass in die Äquatorial- platte die haploide Anzahl längsgespaltener Uhromosomen zu liegen kommen und dass die Trennung in die Tochterelemente durch diesen Längsspalt erfolgt (Fig 81). Gerade das Metaphasen- stadium ist in unserem Fall von Bedeutung, weil man nach Gold- schmidts (05, 08) Darstellung hier die Normalzahl der Chromo- somen müsste feststellen können; die Elemente würden dann ungeteilt in zwei Gruppen zu den beiden Polen auseinander weichen und es wäre bei einer äquationellen ersten Reifungs- teilung die zweite diejenige, welche die Reduktion nach dem Primärtypus besorgt. Dem ist aber sicher nicht so. Auch unter den Figuren, die Goldschmidt als Belege für seine An- schauung beibrachte (05, Fig. 18—24, 09, Fig. 1, 3 und 4), befindet sich kein Metaphasenstadium, bei welchem zehn oder zwölf Chromatinteile einwandfrei festzustellen wären. Gold- schmidt (05) sagt: „Während sich nun die Spindelfigur zur zweiten Richtungsteilung umbildet, liegen die zehn Chromosomen nahe dem Zentrum des Eies unregelmässig durcheinander ge- 126 F. Wassermann: würfelt.“ In den Fig. 18, 20 und 24, auf die er sich dabei aus- drücklich bezieht, dürfte aber niemand, selbst wenn er alle vor- liegenden Chromatinteile als selbständige Chromosomen rechnen wollte, mit Sicherheit zehn oder zwölf Elemente zählen können. In der Fig. 18 von Goldschmidt (05) z. B. liegen in der Spindel sieben oder acht Chromatinteile und sicher nicht zehn. Wenn man aber nach der vielfältigen, durch die Metaphasenbilder der Zellteilung immer wieder bestätigten Erfahrung die in der Fig. 18 am weitesten links gelegenen Stäbchenpaare für längsgespaltene einheitliche Chromosomen hält, wie solche von Gregoire (08) und uns in der Metaphase II tatsächlich gefunden worden sind, dann sind auch in dieser Eizelle nur fünf oder sechs Chromo- somen und nicht die diploide Anzahl derselben vorhanden. Des- gleichen kann man in der Fig. 23 Goldschmidts durchaus nicht mehr als sieben Chromatinteile erkennen. So kommen wir also auch hier zu dem Schluss, dass der Primärtypus nicht existiert. Sowohl die frühe Oogenese, als auch die Prophase zur ersten Reifungsteilung, ferner die Bilder der beiden Reifungsteilungen selbst bekunden übereinstimmend, dass von einem Reduktionsmodus, wie ihn Goldschmidt hier be- schrieben hat, nicht die Rede sein kann. Demgegenüber bedeutet es nichts, dass in der Literatur gelegentlich berichtet wird, es seien ausnahmsweise einmal mehr Chromosomen als es der redu- zierten Anzahl entsprechen würde, in der Prophase oder Meta- phase der ersten Reifungsteilung beobachtet worden (zum Beispiel Moszkowsky bei Ascaris megalocephala bivalens, zitiert nach Korschelt und Heider [02, S. 564], Sväabenik [09] bei Gordius tolosanus, zitiert nach Vejdovsky [12]). Es scheint eben, wie v. Kemnitz (13) gelegentlich der Besprechung des „Primärtypus“ meint, „als ob unter bestimmten Verhältnissen Anomalien in der Chromosomensyndese auftreten, deren Ausdruck ein Verhalten gemäss dem ‚Primärtypus‘ ist“. Angesichts der wiederholt erwähnten Befunde Schellenbergs bei Fasciola hepatica ist ja mit der Möglichkeit zu rechnen, dass auch bei Trematoden derartige Störungen in der Eientwicklung vorkommen. So interessant solche Erscheinungen an und für sich sind, so haben sie doch keine Bedeutung für die Frage nach der Existenz des Primärtypus, der nach der Auffassung Goldschmidts als der phylogenetisch älteste Modus der Reduktion für Zoogonus Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 127 charakteristisch sein sollte, und an den sich daher als an einen vorher unbekannten „Typus“ weittragende theoretische Folgerungen knüpfen liessen. Dass dieser „Primärtypus“ bei Zoogonus mirus nicht existiert, das ist über jeden Zweifel sichergestellt. b) Allgemeiner Teil. 1. DieFrage nach der Kontinuität der Chromosomen. Sind die Chromosomen nicht nur taktische Formationen von wechselnder Zusammensetzung, die bei jedem Teilungsmanöver neugebildet werden (Fick [06]), sondern vielmehr qualitativ von- einander verschiedene Individuen, Organe des Kernes gewisser- massen, deren jedes in der Geschlechtszelle eine bestimmte, für die Vererbungsvorgänge höchst wichtige Aufgabe bei der Be- fruchtung zu erfüllen hat, dann ist zu erwarten, dass sie in der Ruhepause zwischen zwei Mitosen und insbesondere zwischen der letzten Urgeschlechtszellenteilung und der ersten Reifungsteilung nicht völlig aufgelöst werden, wie es oft der Augenschein ver- muten lässt, sondern dass sie sich wenigstens in ihrem wesentlichen Teil während des ganzen Intwicklungsganges der Geschlechtszelle erhalten. Die Chromosomenkontinuität ist zwar keine absolut notwendige Voraussetzung für die Theorie der Chromosomen- individualität, denn es wäre denkbar, dass die das Wesen des ein- zelnen Chromosoms bestimmenden Substanzen auch nach vorüber- gehender Zerstreuung im Kernraum sich wieder in immer der- sleben Gruppierung zusammenfinden können (Rückert[92]); aber diese Vorstellung erscheint so wenig erweisbar, dass mit dem Verzicht auf die Chromosomenkontinuität die Annahme einer Individualität des Chromosoms nichts als eine bestenfalls mit den Tatsachen nicht in Widerspruch stehende Hypothese sein könnte, während der Nachweis der Kontinuität die Individualität sehr wahrscheinlich machen müsste. Über den gegenwärtigen Stand dieser Frage hat zuletzt Lubosch (12) berichtet. Für unseren Fall lässt sich die Frage nach der Kontinuität der Chromosomen folgendermassen formulieren: Überdauern die zuletzt in die Bukettform übergeführten bivalenten Schleifen der OÖozyten die Hauptwachstumsperiode des Keimbläschens, um dann in der Prophase der ersten Reifungsteilung in ihrem Wesen un- verändert wieder zu erscheinen, oder stellen die Reifungsteilungs- 128 F. Wassermann: Uhromosomen ganz neue, mit den Bukettschleifen in keiner Be- ziehung stehende Chromatinverbände dar? Tatsache ist, dass die Bukettschleifen in dem Ruhegerüst der wachsenden Oozyte verschwinden und dass während der ganzen Wachstumsperiode (Fig. 55—60) individuelle Chromosomen nicht unterschieden werden können, bis sie kurz vor der Reifungs- teilung in Gestalt langer Doppelfüden wieder in Erscheinung treten. Für die Kontinuität der Chromosomen lassen sich also Beobachtungen nicht anführen. Auch ein indirekter Beweis für die Erhaltung der Chromosomen kann nicht erbracht werden, da die Doppelfäden der Prophase weder in ihrer Form noch in ihrer Grösse, noch hinsichtlich des Ortes ihrer Entstehung auf die Bukettschleifen bezogen werden können. Andererseits muss aber hervorgehoben werden, dass das Keimbläschen während der ganzen Hauptwachstumsperiode so reich an Chromatinstrukturen ist, dass sich die den Chromosomen entsprechenden Bezirke des Liningerüstes ganz gut unter ihm nur verbergen können. Von einer „Zerstäubung“ des Kerninhaltes, wie sie z. B. von Jörgensen (10) für manche Keimbläschen des Proteus beschrieben worden ist, kann hier niemals die Rede sein, und nur solche Fälle, bei denen das Keimbläschen wirklich einen völlig strukturlosen Zustand durchmacht, können doch, falls sie auch bei Anwendung der feinsten Untersuchungsmethoden bestehen bleiben sollten, gegen die Annahme einer Chromosomenkontinuität angeführt werden. Fälle wie der unsrige sind niemals in diesem Sinne zu ver- werten; bei ihnen gewährleistet das dauernde Erhalten bleiben des Kerngerüstes die Möglichkeit einer Chromosomenkontinuität. Wenn aber hier ein Fortbestehen der Chromosomen ge- geben ist, dann kann natürlich nur der achromatische Teil der- selben dafür in Betracht kommen („Achromatinhypothese“ von Häcker, 08); denn die färbbare Substanz verlässt ganz sicher die Bukettschleifen, vermehrt sich dann entsprechend dem Kern- wachstum, wobei sie über das ganze Kerngerüst in mehr oder minder dichten Ansammlungen zerstreut ist, wird schliesslich zum allergrössten Teil am Ende der Hauptwachstumsperiode aus dem Kern wieder eliminiert, bis schliesslich anscheinend der im Kern verbleibende Chromatinrest auf einzelne Hauptstrassen, welche der achromatischen Grundlage der Chromosomen nach Häckers Vorstellung entsprechen würden, wieder zusammenfliesst. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 129 Vielleicht ist es erlaubt, diese Vorgänge mit der von Rückert (92) geschilderten Entwicklung der Chromosomen des Selachierkeimbläschens zu vergleichen. Rückert konnte zeigen, dass diese Chromosomen während der ganzen Wachstumsperiode erhalten bleiben und dabei ganz beträchtliche Veränderungen ihres Volumens erleiden. In der ersten Periode der Entwicklung, während welcher das Ei seine maximale Grösse erreicht, nehmen die Chromosomen so grosse Mengen färbbarer Substanz auf, dass sie auf das Vielfache des Ausgangsvolumens heranwachsen; während sie vorher einen Rauminhalt von 2 Kubikmikra besessen haben, erlangen sie schliesslich einen solchen von etwa 15 700 Kubikmikra. In der zweiten, von der Erlangung der Maximalgrösse bis zur Auflösung des Keimbläschens gerechneten Entwicklungsperiode verlieren die Chromosomen von der färbbaren Substanz wieder so viel, dass ihr Volumen auf etwa 3 Kubikmikra heruntergeht. Nun liegt die Vorstellung nahe, es könnte auch in unserem Fall die Aufnahme und Abgabe von Chromatin nicht, wie es zunächst scheint, unabhängig von den Chromosomen vor sich gehen, sondern möchte gleichmässig in den verschiedenen je einem Chromosom entsprechenden Bezirken des Kerngerüstes erfolgen. Man könnte sich denken, dass im Falle des Selachiereies die besondere Struktur der Chromosomen, die ja von Rückert ganz genau beschrieben worden ist („Lampen-Bürstenform“), die Möglichkeit schafft, an die vorhandenen Chromosomen das aufzunehmende Chromatin anzulagern, während in unserem Fall das Uhromosomengerüst, das vielleicht als Netz von veränderlicher Maschenweite aufzufassen ist, erst entfaltet werden muss, bis es für die Einlagerung so grosser Mengen Chromatins Oberfläche und Rauminhalt genug bietet. Dann wären die Vorgänge im Prinzip nicht voneinander verschieden; immer wären es die Chromosomen, die der Aufnahme und Abgabe von Chromatin unterliegen, und die scheinbare Auf- lösung der Chromosomen in unserem Falle würde nur der Aus- druck einer weitgehenden Auflockerung derselben sein, welche eben bei Chromosomen, die einer geeigneten Struktur entbehren, erfolgen muss, damit sie ihrer Funktion für den Chromatin- stoffwechsel nachkommen können. Derartige Vorstellungen sind sicher nichts weniger als neu, und es könnten, wenn dies nicht zu weit führen würde, ähnliche Deduktionen aus der Literatur in beträchtlicher Zahl angeführt werden; wir wollten indessen Archiv f.mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 9 130 F. Wassermann: durch die angestellte Überlegung lediglich zum Ausdruck bringen, dass wir unseren Fall nicht gegen die Annahme einer Chromo- somenkontinuität verwertet wissen möchten, wenngleich wir für dieselbe keine Beweise zu erbringen vermochten. 2. Das Reduktionsproblem. (Gregoire (09) hat gefunden, dass auch die Reifungsteilungen des Zoogonus mirus dem hetero-homeotypischen Schema der Reduktion entsprechen, in welchem er den für das Pflanzen- und Tierreich allgemein gültigen, einzigen Reduktionsmodus_ sieht. Nach dieser Vorstellung entspricht jeder Schenkel des definitiven Chromosoms der ersten Reifungsteilung, welches als Doppel- stäbchen oder in U- und V-Form oder als Achter- und Ringfigur auftreten kann, je einem ursprünglichen Ghromosom. Zwei der- selben haben eben durch Parallelvereinigung ein solches Doppel- element gebildet. Da sich die definitiven Chromosomen mit der zwischen den Schenkeln befindlichen Lichtung in die Äquatorial- ebene der ersten Reifungsteilung einstellen, so trennt diese ganze Chromosomen voneinander, während in der zweiten Reifungsteilung jedes der zurückbleibenden Einzelchromosomen äquationell geteilt wird. Das hetero-homeotypische Schema bedeutet also einen pseudo- und präreduktionellen Modus der Reifungsteilungen. Bei blosser Retrachtung der von uns gefundenen Formen der definitiven Reifungsteilungs-Chromosomen könnte die Theorie Gregoires zunächst auch hier anwendbar erscheinen. Aber es ergibt sich sofort ein Bedenken, wenn wir uns an die Entstehung der Doppel- elemente in der frühen Oogenese erinnern. Die numerische Reduktion erfolgt ja bei Zoogonus nicht, wie Gr&goire gemeint hat, durch Parasyndese, sondern auf dem Weg der Metasyndese. Unter diesen Umständen aber geht es nicht an, die parallel ge- lagerten Schenkel der Reifungsteilungs- Chromosomen ohne weiteres mit den ur- sprünglichen Einzelindividuen zu identi- fizieren. Es könnte sich ebensogut um einen durch das Doppelelement gelegten Längs- spalt handeln. Den Unterschied zwischen einer solchen Auffassung und der Gr&goires veranschaulichen die nebenstehenden Textfig. 42 und 43. Es ist aber wiederholt ver- sucht worden, die Reifungsteilungen nach dem präreduktionellen Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 131 Typus zu interpretieren, auch wenn, wie in unserem Fall, eine endweise erfolgte Vereinigung der Chromosomen angenommen werden musste. So hat v. Kemnitz (13) für Brachycoelium salamandrae angegeben, dass die hintereinander gekoppelten Komponenten der Doppelchromosomen durch Zusammenklappen („Faltungstheorie“ von Montgomery [U3, 04, 05] und Farmer und Moore [04, 05]) schliesslich in eine parallele Lage zueinander kommen, ja sich überkreuzen. Je nachdem hierbei die End- vereinigung erhalten bleibt oder sich löst, kommen die V- und U-förmigen Elemente oder Doppelstäbe und Zopffiguren zustande. v. Kemnitz glaubt, dass die Annahme dieser Faltungstheorie den (Gregensatz zwischen Parasyndese und Metasyndese aus der Welt schaffe. Wir haben zu dieser Anschauung bereits (siehe S. 85) Stellung genommen. Die Faltung der Chromosomen wird aber nach v. Kemnitz durch das Bukettstadium herbeigeführt; darin liegt seiner Ansicht nach die Bedeutung des Bukettstadiums. Wenn die Theorie der Chromosomenfaltung. den Tatsachen entsprechen würde, dann liesse sich das hetero - homeotypische Reduktionsschema auch auf einen Fall wie den unserigen an- wenden. Der Entwicklungsgang der definitiven Chromosomen kann allein hierüber entscheiden. Wir haben gesehen, dass in der Prophase zur ersten Reifungs- teilung lange Doppelfäden entstehen, die in ihrer Form den Bukett- schleifen durchaus nicht gleichen. Sie sind gerade so wie bei Fasciola hepatica und Brachycoelium salamandrae zur Zeit, ihrer Entstehung gerade gestreckt oder doch nur schwach gebogen. Wer die Anschauung vertritt, dass in der frühen Oogenese eine Parallelkonjugation stattgefunden hat, wird jedem der beiden Fäden den Wert eines ursprünglichen Chromosoms beilegen!); für uns aber, die wir die metasyndetische Entstehung der Doppelchromo- somen hier für erwiesen halten, kann die Lichtung der frühen Prophasen-Elemente nur einen Längsspalt im Sinne der gewöhn- lichen Prophase bedeuten.?) Wir stellen uns vor, dass in den ') Die früher (S. 54) erwähnte Annahme einer Parasyndese mit Mixochromosomenbildung bedingt natürlich eine andere Bewertung; dies kann aber hier ausser Betracht bleiben. ®) Die weitere Möglichkeit, dass je ein Faden einem Schenkel der Bukettschleife entsprechen würde, kann nicht ernstlich in Betracht ge- zogen werden und wir können auch nicht glauben, dass v. Kemnitz den Zusammenhang zwischen der Abbiegung der Bukettschleifen und der Faltung 9* 132 F. Wassermann: Keimbläschen ein Kern gegeben ist, welcher statt der diploiden Chromosomenzahl nunmehr die haploide Anzahl von Elementen in der Prophase der I. Reifungsteilung herausbildet und dass der Weg, auf dem dies geschieht, nicht im geringsten von dem bei der gewöhnlichen Mitose befolgten abweicht; dabei ist es interessant zu beobachten, dass der Längsspalt der Chromosomen gelegentlich gleich bei ihrer Entstehung hervortreten kann, d. h., dass die Chromosomenhälften als selbständige, zunächst relativ weit voneinander entfernte Fäden angelegt werden können (Fig. 69). Das beweist, wie recht Meves (08, S. 618) hat, wenn er bei seinen gegen die Parallelkonjugation gerichteten Auseinander- setzungen betont, dass es ganz belanglos ist, ob die Chromosomen in der Prophase zunächst nur als Doppelreihen von CUhromatin- körnchen erscheinen oder ob sogleich eine weitgehende Selbständig- keit der Schwesterfäden eintritt, „so dass von vornherein wirkliche Fadenpaare vorhanden sind“. Das Prophasen-Chromosom kann also zunächst keinen anderen Bau haben als den durch die Formel en ausgedrückten. Wenn eine Faltung eintritt, dann kann sie erst nach der Herausdifferenzierung der Doppelfäden erfolgen. Dieser Umstand scheint uns aber die Anschauung v. Kemnitz’s, dass die Faltung eine Funktion des Buketts sei, hinfällig zu machen. Wäre dem wirklich so, dann müssten die Chromosomen der Prophase doch bereits „gefaltet“ in Erscheinung treten (dass man die Duplizität der Fäden nicht für den Ausdruck einer vollzogenen Faltung betrachten kann, wurde schon bemerkt — siehe die Anmerkung auf S. 131). Nun handelt es sich also darum, ob die beobachteten Bilder Anhalts- punkte ergeben, aus denen wir eine Faltung zu erschliessen be- rechtigt wären. Wir müssen sagen, dass das nicht der Fall ist. Nur ein einziger Doppelfaden in Fig. 70 erscheint wirklich ge- faltet. Die anderen haben einen mehrfach gebogenen Verlauf; zwei von den langen Doppelfäden sind sogar deutlich gekrümmt und eines der beiden kurzen Doppelelemente ist in der Mitte scharf abgeknickt, aber ob diese Formen bloss zufällige Er- der definitiven Chromosomen so verstanden wissen möchte, denn in vielen Fällen und auch bei einzelnen Elementen von Brachycoelium sieht man schon an den Bukettschleifen eine deutliche Längslichtung; wenn daher die Pro- phasen-Chromosomen überhaupt auf jene bezogen werden dürfen, was die Annahme einer Kontinuität der Chromosomen zur Voraussetzung hat, dann tritt eben der Längsspalt der Bukettschleifen in der Prophase wieder hervor. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 135 scheinungen oder, wie es die Annahme der Faltung postulieren muss, der Ausdruck für einen gesetzmässigen Vorgang sind, das muss dahingestellt bleiben. Von den Elementen des in Fig. 69 wiedergegebenen Keimbläschens ist ein langer Doppelfaden haken- förmig gekrümmt. Von den beiden kurzen Elementen kommt zum mindesten das eine der definitiven Form bereits sehr nahe. Es besteht aus zwei relativ dicken sich überkreuzenden Stäben und stellt ganz und gar das kleinere und plumpere Abbild eines langen Doppelfadens dar. Von einer Faltung ist weder bei ihm noch bei dem anderen kurzen Element irgend etwas zu sehen; sie haben beide einen ganz geraden Verlauf. Zu der Annahme aber, dass sich ein langer Doppelfaden umgebogen hätte bis zur Parallellagerung seiner beiden Schenkel, dass die Duplizität sich dabei verloren hätte und eine Dehiszenz an der Abbiegungsstelle aufgetreten wäre, so dass also die in Rede stehenden kurzen Elemente bereits als das Resultat der Faltung betrachtet werden müssten — zu dieser Annahme liegt auch nicht die geringste Berechtigung vor. Freilich bemerken wir manchmal, dass wie in Fig. 66 die Anlage eines Chromosoms V-förmig gekrümmt ist; aber diese und ähnliche Beobachtungen in den späteren Prophasen- stadien müssten doch mit Regelmässigkeit erhoben werden können, wenn die Faltung wirklich die Grundlage für das Zustande- kommen der qualitativen Uhromosomenreduktion wäre. Unsere Bilder lassen höchstens erkennen, dass ein oder das andere Element eine Faltung erfahren kann, aber für die Faltung als typischen Entwicklungsprozess der Chromosomen spricht gar nichts. v. Kemnitz (13), der sich so entschieden auf den Stand- punkt der Faltungstheorie stellt, geht auf die Schwierigkeiten, die dem Nachweis der sich vollziehenden Faltung entgegenstehen, nicht ein. Seiner Meinung nach spricht vor allem die U- und V-Form der definitiven Chromosomen für eine stattgehabte Faltung und es ist richtig, dass diese Form durch die fragliche Annahme eine befriedigende Erklärung finden würde. Aber man darf nicht vergessen, dass Bonnevie (09) ebensolche V-Formen bei den Furchungsmitosen von Nereis limbata beobachtet hat und ein end- weise stattfindendes Verkleben der beiden Längshälften eines Metaphasenchromosoms also sehr wohl vorkommen kann. So kommen wir zu dem Schluss, dass man nicht entscheiden kann, ob die Längslichtung der definitiven Chromosomen einen 134 F. Wassermann: Spalt zwischen zwei ursprünglich selbständigen Elementen dar- stellt, welche Vorstellung eben die „Faltung“ zur Voraussetzung hätte, oder ob sie der Duplizität der frühen Prophasen-Doppel- fäden und also dem Metaphasenspalt der somatischen Mitose entspricht. Damit ist gesagt, dass wir uns nicht für berechtigt halten, das hetero-homeotypische Reduktionsschema auf die Reifungs- teilungen des Zoogonus mirus zu übertragen. Wenn es auch nicht geradezu unmöglich ist, dass es hier Geltung hat, so sind wir doch nicht in der Lage, irgend einen Beweis für seine Geltung beizubringen. So lässt sich also der reduktionelle Charakter der ersten Reifungsteilung nicht wahrscheinlich machen Was aber die zweite Reifungsteilung betrifft, so erweisen unsere eigenen Beobachtungen (Fig. 81) wie auch die Gregoires (09), dass hier die Chromosomen durch einen deutlichen Längsspalt in die Tochterelemente zerlegt werden. Die zweite Reifungsteilung kann demnach nur äquationell sein. Es ergibt sich also, dass wir bei Zoogonus, welcher nach Goldsehmidts Anschauung einen bei- spiellos klaren Reduktionsmodus besitzen sollte, die Frage nach dem Vorkommen einer echten Weismannschen Chromosomen- reduktion offen lassen müssen, wenn wir die vorgefundenen Teilungs- stadien nicht einer bestimmten theoretischen Vorstellung anpassen wollen. Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 135 Literaturverzeichnis. Athias, M., 1912: Sur les divisions de Maturation de l’oeuf des Mammi- feres. Archivos do Institut» Bacteriologico Camara Pestana, T. III, Fasc. III, Lisboa. v. 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Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. 139 Erklärung der Abbildungen auf Tafel I-IV. Sämtliche Figuren wurden mit Zeiss Apochromat 15 mm n. A. 1,5 und Komp.-Ok. 8 mit Hilfe des Abbeschen Zeichenapparates bei Projektion auf ce Fig. 2. kip, 3. Fig. 4. Nigsh, Fig. 6. Mio. Fig. 12. Fig. 13, Fig. 15, Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19, Fig. 21, Arbeitstischhöhe entworfen. Polansicht der Äquatorialplatte einer somatischen Mitose, 12 Chromo- somen. Äquatorialplatte einer Embryonalzellenmitose, 12 Chromosomen. Metaphase einer Embryonalzellenmitose, 12 Chromosomen. Prophase einer Embryonalzellenmitose. 12 Chromatinschleifen. Äquatorialplatte einer Embryonalzellenmitose, 11 Chromosomen. Metaphase einer Embryonalzellenmitose, 13 Chromosomen. 8, 9. Äquatorialplatten von Embryonalzellenmitosen, 14 (?) Chromo- somen. Äquatorialplatte einer Embryonalzellenmitose, 14 Chromosomen. Übersichtsbild eines Schnittes durch das Ovarium des Zoogonus. 1. Oogonienruhekerne, 2. Oozyte der ersten Entwicklungsperiode, 3. Oozyten der zweiten Entwicklungsperiode, 4. aus dem Ovarium austretende Eizelle, 5. deutoplasmatische Einschlüsse. Oogonienruhekern. 14. Prophasen von Oogonienmitosen. 16. Metaphasen von Oogonienmitosen. Telophase einer Oogonienmitose. Jüngster Vozytenkern. 20. Oozytenkerne mit einzelnen chromatischen Ansammlungen im Kernnetz. 22. Oozytenkerne, Herausdifferenzierung der Chromosomen. Fig. 23—29. Oozytenkerne mit der Normalzahl der Chromosomen. Die Figuren illustrieren den Prozess der Chromosomenverkettung. Kontinuierlicher Knäuel mit primären Querkerben. Kontinuierlicher Knäuel, einseitig zusammengeschoben. Kontinuierlicher Knäuel, durch sekundäre Kerben in sechs hinter- einandergelegene Segmente abgeteilt. Fig. 33—37. Fortschreitende Segmentierungen des Knäuels. Fig. 38, 39. Polare Orientierung der Knäuelsegmente. Fig. 40—44a. Bukettstadien in der Profilansicht. Fig. 44b Fig. 45. Fig. 46. Fig. 46a. . Grösster Durchmesser eines Oozytenkerns am Anfang der Haupt- wachstumsperiode aus demselben Ovarium wie das Bukett der Fig. 44. Bukettstadium vom Schleifenpol aus gesehen. Auflösung der PBukettschleifen bei noch bestehender polarer Orientierung. Grösster Durchmesser eines Oozytenkerns aus der Hauptwachstums- periode, welcher demselben Ovarium wie das Bukett der Fig. 46 angehört. 140 F. Wassermann: Die Oogenese des Zoogonus mirus Lss. Fig 46b. Grösster Durchmesser eines Oozytenkerns aus der Hauptwachstums- periode, welcher demselben Ovarium angehört wie die Knäuel- segmentierungsstadien der Fig. 33 und 34. g. 47. Oozytenkern:; die Bukettschleifen sind bis auf eine einzige, welche sich noch in polarer Orientierung befindet, aufgelöst. g. 48—54. Oozytenkerne. Beispiele für das gelegentliche Vorkommen von synapsisähnlichen Bildern in einzelnen Ovarien des Zoogonus. . 55—-60. Oozyten der Hauptwachstumsperiode. D. — Deutoplasmatische Einschlüsse. Die Fig. 59 ist nach einem mit der Bendaschen Methode gefärbten Präparat, die übrigen nach mit Eisenhämatoxylin behandelten Präparaten gezeichnet. . 61. A. = Oozyte am Ende der Hauptwachstumsperiode, B. = eine das Ovarium verlassende Eizelle. . 62. Aus dem Ovarium austretende Oozyte in der Höhe der den Kern komprimierenden Vakuole getroffen. ie. 63. Aufsicht auf eine das Ovarium verlassende Eizelle, plastisch ge- zeichnet. 64. Querschnitt durch eine solche Zelle. .65. Ei im Anfangsteil des Uterus. H. — Hüllzellen, D. = Deuto- plasmatische Einschlüsse, S. = Spermafaden. g. 66-70. Stadien der Herausdifferenzierung der Chromosomen in der Prophase der ersten Reifungsteilung. A. — Hüllzellen, D. = Deuto- plasmatische Einschlüsse, S. = Spermafaden. &. 71. Prophase der ersten Reifungsteilung mit der reduzierten Anzahl von definitiven Chromosomen. H. = Hüllzellen, D. =- Deutoplasmatische Einschlüsse. g. 72. Pathologische Prophase der ersten Reifungsteilung mit einer ‚grösseren Anzahl von Uhromatinteilen als der reduzierten. g. 73. Bildung eines „Innenkernes“ während der Prophase der ersten Reifungsteilung bei verzögertem Ablauf derselben. Fig. 74. Polyspermes Ei, Metaphase der ersten Reifungsteilung. S. = Spermafäden. Fig. 75. Totalpräparat der ersten Reifungsteilung, 6 Chromosomen. S. — Spermakern, C. — Centrosom, H. — Hüllzellen. Fig. 76-80. Erste Reifungsteilung, 6—7 Chromosomen. H. — Hüllzellen, D. = Deutoplasmatische Einschlüsse, S. = Spermakern, Fig. 81. Metaphase der. zweiten Reifungsteilung, 6 Chromosomen. 8. = Spermakern, seine Chromosomen entwickelnd, ©. — Üentrosom, H. — Hiüllzellen, R. — Richtungskörper. 141 Die Entwicklung von Forelleneiern nach Befruchtung mit radiumbestrahlten Samenfäden. Von Karl Oppermann. Hierzu Tafel V—VII und 10 Textfiguren. Unter den zahlreichen biologischen Experimenten der letzten Jahre, die dazu dienen sollen, neue Einblicke in das Problem der Vererbung zu gewähren, haben die von O. Hertwig im Jahre 1909 begonnenen Radiumversuche eine besondere Bedeutung. Bisher sind eine grössere Reihe von Arbeiten dieses Autors (1909, 1910, 1911, 1912), wie auch von Günther Hertwig (1911, 1912, 1913) und Paula Hertwig (1911) erschienen. Experimentell ist allen diesen Untersuchungen gemeinsam, dass Keimzellen, Eier oder Samenfäden oder ganz junge, embryonale Entwicklungsstadien in verschiedensten Stärkegraden den Radium- strahlen ausgesetzt werden. Die Wirkungen dieser Behandlung machen sich in mannigfachster Weise bemerkbar. Es wird im Laufe der Darstellung häufig auf die Ergebnisse der Arbeiten O0. und G. Hertwigs Bezug zu nehmen sein, so dass an dieser Stelle auf eine spezielle Ausführung verzichtet werden kann. Die grösste Reihe von Versuchen wurde an den Keimen des Frosches, Rana fusca, von O. und G. Hertwig ausgeführt; ferner bestrahlte G. Hertwig (1911) Samenfäden des Seeigels und untersuchte die ersten Furchungsstadien genauer. Von P. Hertwig wurden die Ergebnisse der Bestrahlungsversuche, die an Eiern von Ascaris megalocephala vorgenommen wurden, beschrieben. Zur weiteren Bestätigung der interessanten Ergebnisse und der an diese geknüpften theoretischen Erörterungen schien es geboten, Vertreter anderer Tiergruppen zu ergänzenden Unter- suchungen heranzuziehen. Es wurden die Keime der Bachforelle, Salmo fario, gewählt. Ein wesentlich verschiedenes Objekt stellt das Fischei insofern dar, als es sich hier um einen ganz anderen Typus handelt, als ihn die Amphibien zeigen. Bekanntlich haben die Teleostier meroblastische Eier. 142 Karl Oppermann: Material und Methode. Gegen Ende der Monate November und Dezember 1911 erhielt ich von der Forellenzuchtanstalt von ©. Arens Nachfg., Cleysingen bei Ellrich a. H., je drei Paar laichreifer Forellen. Die Fische waren in bestem, brauchbarem Zustande, so dass für alle Versuche reichliches, frisches, ganz einwandfreies Material vorhanden war. OÖ. und G. Hertwig haben ihre Experimente in vier ver- schiedenen Versuchsanordnungen vorgenommen. In der ersten Serie wurden befruchtete Froscheier auf dem Zweizellenstadium mit Radium bestrahlt (A-Serie). Dann nur Samenfäden, mit denen normale Eier befruchtet wurden (B-Serie). Dagegen wurden in der C-Serie Eier bestrahlt und dann mit normalem Sperma besamt. Die letzte Serie (D-Serie) umfasste diejenigen Versuche, in denen Samen und Eier vor ihrer Ver- bindung miteinander bestrahlt wurden. In den Forellenversuchen wurden lediglich die Samenfäden bestrahlt, also entsprechend der B-Serie Hertwigs. Die nicht unbeträchtliche Grösse der Eier und eine fehlende Differenzierung im vegetativen und animalen Pol macht diese zu weiteren Experi- menten wenig geeignet. /ur Bestrahlung des Samens standen mir zwei Radium- und ein, Mesothoriumpräparat zur Verfügung. Die Radiumpräpa- rate waren die gleichen, die schon O. und G. Hertwig zu den entsprechenden Versuchen beim Frosch benutzten. Es soll die von ihnen angewendete Benennung beibehalten werden. Radium I: 7,5 me, Radium II: 5.3 mg. Das Mesothoriumpräparat, in der Darstellung mit Mth bezeichnet, entsprach der Wirkung von 55 mg Radiumbromid. Es wurden zwei Reihen von Versuchen ausgeführt. Einmal vom 1. bis 5. Dezember (18 Versuche) und dann vom 28. bis 31. Dezember (21 Versuche). Die zweite Serie enthielt eine Wiederholung fast aller Experimente der ersten, nur wenige andere Bestrahlungszeiten wurden hinzugefügt. Gänzlich neu waren die Bestrahlungen mit Mesothorium. Die erste Serie betrachtete ich lediglich als Vorversuch, um mich mit dem Objekt vertraut zu machen. Die zweite Versuchsreihe lieferte ein der- artig reiches Material, dass es überflüssig erschien, in der folgenden Darstellung auf die Ergebnisse der ersteren Rücksicht zu nehmen. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 143 In den wesentlichen Resultaten stimmen beide Versuchsserien völlig überein. Zu jeder Bestrahlung wurde frisch abgestrichener Samen verwendet; zwei bis drei kleine Tröpfchen davon wurden auf einen hohlgeschliffenen Objektträger gebracht. Auf einem 4 mm hohen Glasring lag, die Strahlungsöffnung dem Samen zugewendet, das radioaktive Präparat. Stets wurden Kontrollbefruchtungen mit normalem Samen ausgeführt. Um ein Eintrocknen zu ver- hüten, wurde der Samen in feuchter Kammer aufgehoben. Die Versuchsanordnung ist die gleiche, wie sie auch von OÖ. Hertwig angewandt wurde. In der ersten Versuchsserie versagten in einigen Fällen die Befruchtungen völlig, in anderen kam nur ein sehr geringer Teil der besamten Eier zur Entwicklung. Dieser negative Ausfall machte es erforderlich, auf die Besamungsmethode grösste Sorg- falt zu verwenden. Bekanntlich beträgt die Dauer der Bewegungs- fähigkeit der Forellenspermien nicht mehr als 30—40 Sekunden. Im unverdünnten Zustande unbeweglich, beginnt nach Zusatz einer passenden Flüssigkeit tumultartig die Bewegung, um eben nach dieser kurzen Zeit völlig zu erlöschen. Schon bei normalem Samen, der 24 Stunden steht. scheinen die Spermien durch ge- wöhnliches Leitungswasser nicht mehr allgemein zu so intensiver Bewegung, wie es bei ganz frischen Samenfäden der Fall ist, angeregt werden zu können. Bedeutend günstiger wirkt ein Zusatz von der weiblichen Leibeshöhlenflüssigkeit, die beim Ab- streichen der Eier mit austritt. Die gleiche günstige Wirkung dieser Flüssigkeit konnte auch für das Ergebnis der Befruchtungen beobachtet werden. In allen Fällen, in denen während der Be- samung von Eiern mit bestrahlten Spermien ein geringer Zusatz von Leitungswasser oder schwacher Kochsalzlösung gemacht wurde, war die Zahl der zur Entwicklung gekommenen Eier häufig nur sehr gering. Trotzdem nur eine äusserst geringe Menge des Radium- samens für eine Befruchtung von jedesmal 30—40 Eiern vor- handen war, so konnten mit Hilfe der eben angeführten Methode fast alle Eier zur Entwicklung angeregt werden, falls nicht, wie in der späteren Darlegung gezeigt werden soll, das Experiment an sich eine Ausnahme bedingte. Von den 18 Versuchen ist nur einer ergebnislos verlaufen; aber auch in diesem Falle nur darum, 144 Karl Oppermann: weil zur Befruchtung Eier benutzt wurden, die schon 2 Stunden gestanden hatten und etwas trocken geworden waren. Der Ver- such wurde aber, schon ehe der negative Verlauf erkannt werden konnte, wiederholt und hatte dann den gewünschten Erfolg. Bei Kontrollbefruchtungen, für die viel Samen zur Verfügung stand, war es natürlich nicht so notwendig, auf das Vorhandensein einer reichlichen Menge der Leibeshöhlenflüssigkeit zu achten. Nach der Befruchtung wurden die Eier in fliessendes Wasser gebracht. Eine grössere Zahl von nummerierten Drahtkörbehen war in vier srösseren Zinkkästen aufgehängt. In diese Gefässe hinein wurde je ein scharfer Wasserstrahl geleitet. Die ganze Finrichtung erwies sich als sehr zweckmässig. Fast alle Kontrolltiere kamen zum Ausschlüpfen und konnten noch lange Zeit am Leben er- halten werden. Die Temperatur des Wassers, bei der sich die Entwicklung vollzog, betrug durchschnittlich 11° C. Bis zum Ausschlüpfen der Kontrollen vergingen im allgemeinen 55—60 Tage. Die Fixierung der Keimscheiben, resp. Embryonen, geschah nach der von H.Virchow-Kopsch angegebenen Methode. Nach einer Vorfixierung in Chrom-Essigsäure wurden die Keimlinge in (0,75 °/o) Kochsalzlösung auspräpariert, dann in Pikrin-Sublimat- Eisessig fixiert, in üblicher Weise durch die Alkoholstufen dann in Chloroform gebracht und in Paraffin eingebettet. Es war zweckmässig, zur leichteren Orientierung beim Einbetten alle kleineren Objekte mit Eosin vorzufärben. Für eine geringe Anzahl kam auch die Flemmingsche Fixierungsmethode zur Anwendung. Die Objekte wurden in 75proz. Alkohol aufgehoben, zum Teil auch in Cedernöl. Die Dicke der Paraffinschnitte betrug 5 «. Ungefähr 50 Keim- scheiben und Embryonen sind in Schnittserien zerlegt worden. Gefärbt wurden die Präparate mit Boraxkarmin, Hämalaun (nach Meyer) oder nach der Heidenhain-Methode. Alle Zeichnungen wurden mit Hilfe des Abbe&schen Zeichen- apparates angefertigt. Die Abbildungen der Totalobjekte wurden in uneigennützigster Weise von Herrn Zeichenlehrer Leben hergestellt. Die Schnittbilder zeichnete ich selbst. Die folgende Darstellung gliedert sich in zwei Hauptteile. Der erste Teil enthält eine Beschreibung des Verlaufes der Die Entwicklung von Forelleneiern ete. 145 einzelnen Versuche. Die Experimente unterschieden sich von- einander durch die Dauer der Bestrahlung der Samenfäden. Versuche, in deren Ergebnissen keine wesentlichen Abweichungen auftraten, werden in einem gemeinsamen Kapitel besprochen. So liessen sich folgende sechs Gruppen bilden. 1 Min. Mth ine I 5 Min. Rı | 7 Min. Ro Gruppe II Is Std. Rı | la Std. Ra i 6 Min. Mth Gruppe III 1 Std. Rı 2 Std. Rı 3 Std. Re /a Std. Mth ee IV 8 Std. Rı 8 Std. Re Gruppe V | 1a Std. R» 2 Std. Mth Gruppe VI 19 Std. Rı 19 Std. R: NIE. H Der zweite Teil enthält zunächst einige Erörterungen über Wesen und Bedeutung der Versuche. In den folgenden Kapiteln wird dann auf einzelne spezielle Erscheinungen eingegangen werden. Der Schlussteil enthält einen Vergleich der Resultate, die sich durch Bestrahlung der Keimprodukte der Forelle und des Frosches ergaben. Gruppe I. Bestrahlung des Samens während 5 Minuten mit Rı (Versuch), 7 Minuten mit Rz (Versuch DH), 1 Minute mit Mth (Versuch II). Drei Versuche, die bezeichnet seien als I, II, III, in deren Verlauf keine wesentlichen Verschiedenheiten auftraten, sollen in diesem Kapitel besprochen werden. Die Bestrahlungen des Samens wurden vorgenommen am 28. Dezember von 9 Uhr 21 Min. bis 9 Uhr 26 Min. mit Rı (Versuch I), von 9 Uhr 21 Min. bis 9 Uhr 28 Min. mit Rz (Versuch II), am 29. Dezember von 9 Uhr bis 9 Uhr 1 Min. mit Mth (Versuch III). Drei Portionen von zu- sammen ungefähr 150 Eiern wurden mit den in allen Fällen noch nach der Bestrahlung gut beweglichen Spermien befruchtet. Mit ganz wenigen Ausnahmen trat bei allen Eiern eine Entwicklung ein. Die Gleichmässigkeit des Verlaufes der Versuche I, II, III kennzeichnete sich zunächst dadurch, dass diese die einzigen Ver- suche blieben, in denen ein gewisser Prozentsatz völlig normaler Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 10 146 Karl Oppermann: Embryonen zum Ausschlüpfen kam. In dem fixierten Material waren von 120 Keimlingen 50 wahrscheinlich ganz ungeschädigt. Die übrigen waren verschieden stark pathologisch. In Fig. 2, 5, 6 (Taf. V) sind Exemplare abgebildet, die den stärksten Grad der Schädigung zeigen, der in dieser (Gruppe je zu beobachten war. Untersuchungen. die an Furchungsstadien vorgenommen wurden, liessen keine von der Norm abweichenden Verhältnisse erkennen. Die frühesten, deutlich sichtbaren Entwicklunghemmnisse fanden sich bei dreizehn Tage alten Embryonen. Bei den Kontrollen war in allen Fällen das Dotterloch schon geschlossen. Zwei der vier fixierten Objekte standen auf dem Entwicklungsstadium der Kontrolle, während bei den beiden anderen die Umwachsung des Dotters noch nicht ganz vollendet war. Es sind dies also nur Unterschiede, die auf eine langsamere Entwicklung der Radium- tiere schliessen lassen. Am 13. Januar, also fünfzehn Tage nach der Befruchtung, wiesen einzelne Embryonen ziemlich erhebliche pathologische Störungen auf. Es wurden fixiert: aus Versuch I: 2 Embryonen (I normal), Versuch IL: 3 (1 normal), Versuch Ill: 4 (3 normal). Als Typus dieser Serie kann der in Fig. 1 (Taf. V) ab- gebildete Keimling gelten. Am meisten auffällig erschien die Bildung. des Kopfes. Während dieser bei normalen Verhältnissen eine starke Wölbung zeigt, fast halbkugelföürmig dem Dotter auf- “liegt, ist er hier mehr als flache Platte entwickelt; er erhebt sich nur wenig über die Dotterhaut. Diese anormale Beschaften- heit des Kopfes lässt auf eine geringe Ausbildung von Gehirn- und Sinnesorganen schliessen. So ist auch die Kopfpartie, an der die Augen liegen sollten, nur durch eine ganz schwache, un- differenzierte Vorwölbung zu erkennen, während bei der Kontrolle schon deutlich eine Linse vom Augenbecher zu unterscheiden ist. Die Hemisphären des Mittelhirnes bilden nur sehr schmale Lappen. Das Körperende macht eine scharfe, nach links gehende Knickung. Während bei normalen, gleichalterigen Stadien der Rumpf in eine „Schwanzknospe“ ausgeht, verdickt erscheint, zeichnet sich hier diese Partie durch eine Zellenarmut aus; der Körper endet in einer stumpfen Spitze. Es ist dies eine häufige Erscheinung, die mit grösserer Deutlichkeit an etwas älteren Stadien auftritt, Fig. 2 (20 Tage), Fig. 5 (18 Tage). - Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 147 Einen Tag jünger als der eben beschriebene Embryo sind zwei, deren Abbildungen in Fig. 3 und 4 (Taf. V) vorliegen. Diese sind hervorgegangen aus Versuch III, in dem der Samen 1 Minute mit dem Mesothoriumpräparat bestrahlt wurde. Schon die Betrachtung des einen Totalobjektes Fig. 3 (V) bei schwacher Vergrösserung lehrte, dass es sich um eine ziem- lich stark geschädigte Form handelte. Beide weisen eigentüm- liche Einzelheiten auf. Fig. 4 zeigt eine Doppelbildung. Auf die Organisation des kleinen, als Anhang erscheinenden Embryos soll etwas genauer eingegangen werden. Zwei Schnitte (Taf. VI, 2 und 1) veran- schaulichen seinen inneren Bau. Die Abbildung des Schnittes, der durch die Körpermitte geht (Fig. 1), zeigt die beiden Ur- nierengänge und die Coelomsäcke; hier nur andeutungsweise, auf anderen Schnitten jedoch deutlich hervortretend, den Darm, der kein Lumen besitzt. Gering. aber immerhin noch deutlich aus- gebildet, erscheint das Rückenmark. Ein Zentralkanal fehlt. Die ganze Partie zwischen dem Medullarrohr einerseits, den Urnieren- gängen andererseits, ist von stark degeneriertem Gewebe erfüllt. Der Zusammenhang der Zellen ist gelöst. Die Kerne erscheinen bei der Färbung mit Boraxkarmin meist als intensiv rotleuchtende, homogene Körnchen. Die Wolffschen Gänge und der Darm, wie der zwischen diesen gelegene Teil zeigt in zytologischer Hin- sicht fast normale Beschaffenheit. Die zerfallenen Zellen finden sich nur vorwiegend in der Region des Rückenmarkes wie auch der Muskelplatten. Der zweite Schnitt (Fig. 2, Taf. VI) ist der Kopfgegend ent- nommen. Dorsalwärts liegt das Rückenmark, nur geringe Zerfalls- erscheinungen zeigend. Darunter finden sich zwei, als Gehör- bläschen zu deutende Gebilde ; sie nehmen also eine völlig ver- schobene Lage ein. Bemerkenswert sind noch die im Bilde etwas stark nach rechts verlagerten Perikardialräume. Weiter rostral- wärts gehende Schnitte zeigen immer mehr zunehmend starken Zerfall des Zentralnervensystems. Die Verhältnisse, die der Hauptembryo zeigt, sind weniger wichtig. Eigentümlich war nur das Vorhandensein einer doppelten Chorda. Der zweite, mit diesem eben besprochenen gleichzeitig kon- servierte Embryo (Fig. 3, Taf. V) stimmte mit dem ersteren be- 10* 148 Karl Oppermann: züglich der Grösse ungefähr überein. Beide waren nur wenig kleiner als die Kontrolle, im ganzen etwas schwächlicher ent- wickelt. Auf die anormale Bildung des Kopfes ist noch etwas näher einzugehen. Er liegt breit dem Dotter auf als fast ebene Fläche und zieht sich vorn in eine etwas gebogene Spitze aus. Die verschiedenen Gehirnpartien sind nicht genauer zu bestimmen. Augen fehlen völlig. Am Totalobjekt deutlich wahrnehmbar ist eine tiefe Furche, die allmählich kaudalwärts sich verbreiternd, den Kopf in der Mittellinie durchsetzt. Die Betrachtung der Schnittserie lehrte, dass in dieser Region eine Spaltbildung vor- liest, die sicli aber nur über einen relativ kurzen Bezirk aus- dehnte. (80 Schnitte zu je 5 «, für das ganze Objekt konnten 516 Schnitte gezählt werden.) Sie beginnt in der Region der Gehörbläschen und verläuft nach dem Schwanzende zu. Die Zellen der vorderen Gehirnabschnitte sind zum grössten Teil schon ab- gestorben. Aber schon Schnitte, die durch die Gehörbläschen gehen, zeigen die Gewebe fast frei von zerfallenen Zellen. So sind auf der Abb. 14. Taf. VI, nur noch in einem kleinen Teil des tückenmarks die gleichmässig intensiv gefärbten Chromatinmassen zugrunde gegangener Zellkerne vorhanden. Dieselbe Figur zeigt ferner den noch ungeteilten Kiemendarm, während das Zentral- nervensystem sich schon in zwei Teile gegliedert hat. Auffällig erscheint die stark gewundene Chorda. Es ist zu erkennen, wie sie teilweise in das Rückenmark eindringt. Ein derartig anormaler Verlauf des Achsenorgans zählt aber nur zu den Ausnahmefällen. Liegt keine Spaltbildungsform vor, so ist die Chorda immer, auch bei stärker geschädigten Embryonen, in sehr günstiger Weise ent- wickelt. Auch die übrigen Rumpfpartien zeigten, besonders im Rückenmark und den Muskelplatten, stellenweise ziemlich starken Zerfall. Die Organisation des eigentümlich gestalteten Körper- endes war nicht sicher zu erkennen. Der Embryo lag etwas gekrümmt, so dass nur noch Schrägschnitte durch den Schwanz- teil erhalten werden konnten, die die ohnehin schon schwierigen Verhältnisse völlig unübersichtlich machten. Wahrscheinlich lag aber auch hier eine Doppelbildung vor, nur dass der Anhangs- embryo noch kümmerlicher ausgebildet war als im vorher be- schriebenen Falle. Je älter die Embryonen werden, um so deutlicher tritt der für diese Gruppe charakteristische Schädigungsgrad hervor. Zwei Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 149 15 und ein 20 Tage altes Stadium sind in den Fig. 5, 6 und 2, Taf. V, dargestellt; und zwar sind die ersteren aus Versuch III (1 Min. Mth),. der letztere aus Versuch I (5 Min. Rı). hervor- gegangen. Für beide ist bemerkenswert die geringe Körperlänge, wie unmittelbar durch einen Vergleich mit Fig. 1 (15 Tage alt) hervorgeht. Beide zeigen eine sehr geringe Entwicklung der Gehirnhemisphären. Der Ventrikel des Rautenhirnes ist klein. Ebenso sind Mittel- und Vorderhirn nur sehr schwach ausgebildet. Augenanlagen können gar nicht wahrgenommen werden. Normal gestaltet scheinen die Gehörbläschen zu sein. Auf das spitz zu- laufende hintere Körperende wurde schon an früherer Stelle hin- gedeutet. Fig. 6 stellt ein Exemplar vor, das in deutlicher Weise eine typische Verlagerung des Vorder- und Mittelhirnes zeigt. Während das Rautenhirn noch ganz normale Gestalt und Lage hat, ist das Mittel- und Vorderhirn ganz an die rechte Seite verschoben, und zwar so, dass es nicht mehr senkrecht auf der Dotter- oberfläche steht, sondern schräg gegen dieselbe ge- neigt ist. Derartige Verlagerungen kehren in ver- schiedenen Ausbildungsgraden häufig wieder. Augen sind auch bei diesem Objekt nicht vorhanden; daher auch wieder die charakteristische Kopfform. Die übrige Organisation wies keine besonders bemerkens- werten Verhältnisse auf. Es ist nun nicht immer der Fall, dass bei Fie.1. Embryonen, die eine deutliche Schädigung beobachten lassen, die Körperlänge geringer ist. Embryo 9 gilt dafür als Beispiel. Dieser zeigt eine normale Länge, trotzdem hier bei natürlicher Lage Vorder- und Mittelhirn in bedeutender Weise im Wachstum gehemmt sind. Die Augen fehlen auch in diesem Falle. Die ältesten, näher untersuchten Stadien dieser Versuchs- reihe sind in Fig. 7, S und 10, Taf. V, abgebildet. Sie sind 32, 31 und 33 Tage alt. Charakteristisch ist für diese drei Embryonen, die alle aus Versuch I und II hervorgegangen sind, die Lage des Schwanzes. Bei jüngeren Stadien konnte häufig, wie schon vorher erwähnt, beobachtet werden, dass der Schwanz, statt in die „Schwanzknospe“ auszugehen, in einer stumpfen Spitze endigte. Dies liess erwarten, dass das Längenwachstum ein sehr be- schränktes sein würde, dass die neu gebildeten Gewebe sich durch © 150 Karl Oppermann: Zellenarmut auszeichnen würden. So zeigen auch bei diesen älteren Objekten die Ursegmente von der Umbiegungsstelle an nur kleine, dünne, wenig scharf begrenzte Formen. Dagegen sind bei Embryo 10 (Taf. V) die Muskelplatten vorhanden, die bei den beiden anderen nicht beobachtet werden konnten. Es ist also in diesen Fällen nicht die Biegung des Körpers an sich ein das Atrophieren des Rumpfendes bedingendes Moment. Was die übrige Organisation des Körpers anbetrifft, so stellt Embryo 10 (Taf. V) eine gut entwickelte Form dar. Die noch auftretenden pathologischen Erscheinungen sind nur gering- fügig. In Fig. 2, Taf. VII, ist ein Schnitt durch die vordere Kopf- region dieses Objektes abgebildet. Wegen der starken Windungen des Körpers war es nicht immer möglich, genau senkrechte Schnittebenen zu erhalten. Deutlich vorhanden ist beiderseits ein wohlentwickeltes Auge. Der Augenbecher zeigt schon die Differenzierung der Pigmentschicht. Merkwürdig erscheint die Bildung einer doppelten Linse des bildlich rechten Sehorgans. Während die innere Linse vom Epithel schon losgelöst, die zellige Struktur nicht mehr erkennen lässt, sitzt die äussere, etwas kleinere, dem Ektoderm fest an. An der Berührungsstelle sind die Zellen des Epithels sehr klein. In zytologischer Hinsicht stehen beide Linsen auf gleichem Stadium. Rechts ist auch ein Anschnitt des Gehörorgans zu sehen, mit deutlichen Anlagen der Bogengänge. Wie schon dieser Schnitt verhältnismässig sehr geringe Abweichungen von normalen Zuständen erkennen lässt, so zeigen dies in noch höherem Maße die Schnitte, die durch die im allgemeinen weniger stark geschädigten Partien gehen. Auch Blutkörperchen sind sehr zahlreich vorhanden. Im Zusammen- hang mit der Einrollung des Rumpfes steht wahrscheinlich die eigentümliche Ausbildung des Flossensaumes, wie durch Fig. 14, Taf. VI, veranschaulicht wird. Dieser läuft nicht dorsal und ventral um den Körper herum, sondern der ventrale Abschnitt hat seine natürliche Lage aufgegeben und ist an der Basis mit dem dorsalen Saum verschmolzen. Die gleiche Abbildung zeigt auch noch die etwas stärkere Ausbildung der Muskelplatten auf der konvexen Körperseite. Bedeutend ungünstiger sind die Embryonen 7, 5, 10, Taf. \V, entwickelt. Sie waren 32 und 33 Tage alt. Auffällig erscheint zunächst die stark aufgetriebene dünne Decke des Nachhirnes. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 151 Augen sind nur als winzige, unregelmässig gestaltete Pigment- flecke erkennbar. Immer sind Brustflossen und der Flossensaum angelegt. Diese Embryonen zeigen einen Schädigungsgrad, der in dieser Kultur sehr häufig beobachtet werden konnte. Gruppe II. Bestrahlung des Samens während 30 Min. mit Rı (Versuch IV), 33 Min. mit Ra (Versuch V), 5 Min. mit Mth (Versuch V]). Die Experimente wurden an folgenden Tagen ausgeführt: Versuch IV am 28. Dezember von 9 Uhr 35 Min. bis 10 Uhr 8 Min. mit Rı; Versuch V am 28. Dezember von 9 Uhr 35 Min. bis 10 Uhr 8 Min. mit Rs; Versuch VI am 29. Dezember von 9 Uhr 6 Min. bis 9 Uhr 11 Min. mit Mth. In allen Fällen waren die Spermien nach der Bestrahlung gut beweglich. Befruchtet wurden mit diesem Samen ungefähr 100 Eier in drei Portionen. 37 Furchungs- resp. Embryonalstadien wurden fixiert. Für die ersten Entwicklungsvorgänge konnten keine anormalen Verhältnisse festgestellt werden. Unmittelbar nachdem aber das Gastrulations- stadium erreicht war, am 13. Tage nach der Befruchtung, begann in allen drei Kulturen eine Sterbeperiode. Am 22. Tage waren sämtliche Eier zugrunde gegangen. Die abgestorbenen Eier werden undurchsichtig, weiss; der Dotter ist geronnen. Immerhin ist nicht in allen Fällen die Entwicklung mit Beginn der Gastrulation beendet, sondern häufig gehen noch deutliche Embryobildungen hervor, wie Fig. 11—17, Taf. V, zeigen. Der Unterschied gegen- über den aus Versuch I, II, III hervorgegangenen Objekten ist sehr deutlich. Niemals wird auch hier nur das ungünstigste Stadium der Versuche der ersten Abteilung erreicht, wie ein Ver- gleich veranschaulicht. In Fig. 15 ist der älteste aus dieser Abteilung fixierte Embryo abgebildet. Die Untersuchung dieses, wie auch aller anderen totalen Tiere bei schwacher Vergrösserung, liess keine Organdifferenzierung erkennen. Hin und wieder treten hintere Spaltbildungen auf (Fig. 13, 14). Zu näherer mikroskopischer Untersuchung wurde Embryo 15 (19 Tage alt) in Schnitte zerlegt. Auffallend ist die starke Ver- breiterung des ganzen Körpers. Das Gehirn, soweit es erkennbar, nimmt an der Verbreiterung nicht teil, sondern liegt als schmales 152 Karl Oppermann: Rohr unsymmetrisch, im Bilde rechtsseitig verschoben. Die vorderen Hirnpartien sind ganz zerstört, Grenzen sind nicht zu erkennen, aber bereits in der Region der Gehörbläschen hat es eine festgefügte Form. Die wiedergegebene Abbildung Taf. VI, Fig. 10, zeigt einen Schnitt durch das eine Gehörorgan; das rechte ist nicht ausgebildet. Der Schnitt zeigt zunächst die starke Ver- breiterung des Körpers. Die beiden Perikardialräume sind auf- fallend weit voneinander getrennt. Der Darm ist in zwei gut entwickelte Teile getrennt. Im vordersten Abschnitte des Kiemen- darmes sind beide Darmhälften vereinigt. Alle übrigen Organe blieben ungeteilt. Im Zentralkanal wie auch im Rückenmark und den rechts davon gelegenen (Geweben finden sich abgestorbene Zellmassen. Zwischen deutlichen, mit allen Einzelheiten erkenn- baren Zellkernen liegen diese schon öfters erwähnten, zu kugeligen Körpern zusammengeballten Chromatinmassen. Von der übrigen Organisation wäre noch die wohlausgebildete, schon ziemlich stark vakuolisierte Chorda zu erwähnen. Je weiter kaudalwärts liegende Schnitte betrachtet werden, um so stärker zerfallen sind Rücken- mark und Muskelplatten, während der Darm ein relativ gutes Aussehen hat, dessen einer Teil sogar ein Lumen erhält. Gruppe III. Bestrahlung des Samens während 60 Min. mit Rı (Versuch. Vin, 2,8td. mit.Rı (Versuch, VII) 3.564 sms Ra (Versuch IX), '/s Std. mit Mth (Versuch \X). Da die im vorigen Kapitel beschriebenen Versuche schon einen recht ungünstigen Verlauf nahmen, so liess sich erwarten, dass bei noch intensiveren Bestrahlungen entsprechend nochı stärkere Entwicklungshemmnisse auftreten würden. Dies geschah auch. Es wurden nunmehr folgende Strahlungszeiten gewählt: Versuch VII: 1 Std. Rı (30. Dezember, 9 Uhr 57 Min. bis 10 Uhr 57 Min.), Versuch VIII: 2 Std. Rı (30. Dezember, 11—1 Uhr), Versuch IX: 3 Std. R» (30. Dezember, 9 Uhr 57 Min. bis 12 Uhr 57 Min.), Versuch X: !/s Std. Mth (29. Dezember, 9 Uhr 19 Min. bis 9 Uhr 49 Min.). Immer war der bestrahlte Samen sehr eut beweglich. Befruchtet wurden zusammen ungefähr 100 Eier. Soweit jüngere Furchungsstadien untersucht wurden, zeigten diese normale Verhältnisse. Erst die Gastrulation bedeutete den kritischen Wendepunkt. Am 13. Tage nach der Befruchtung, Die Entwicklung von Forelleneiern ete. 153 genau wie in den im vorigen Kapitel beschriebenen Versuchen, setzte auch in diesen Kulturen eine Sterbeperiode ein, die sich auf 5 Tage ausdehnte. Dann waren alle Eier abgestorben. Anlagen von embryoähnlichen Gebilden konnten in einigen Fällen, aber nur aus Versuch VII (1 Std.), erkannt werden. Es waren dies winzige Zellkomplexe von stabförmiger (Fig. 19) oder birnenförmiger (Fig. 18) Gestalt. Das aus Versuch VIII, IX und X konservierte Material liess nicht einmal das eben beschriebene Stadium der Entwicklung er- kennen; was vielleicht in einigen Fällen überhaupt von embryonaler Anlage vorhanden war, bestand in einem formlosen, buckelförmigen Haufen von Zellen. Durch die Bestrahlungszeiten der letzten drei Versuche wurden also für die Entwicklung der Eier die denkbar un- günstigsten Verhältnisse geschaffen, denn in keinem Falle kam eine deutliche Embryobildung zustande. Interessant ist, dass auch hier nicht ein einziges Ei vor dem 13. Tage nach der Be- fruchtung abstarb, so dass wir wohl berechtigt sind, anzunehmen, dass mit der Gastrulation die Krise eintrat. Bezüglich des Beginns der Gastrulation in den Kontroll- kulturen sei erwähnt, dass die ersten Knopfbildungen am 9. oder 10. Tage nach der Befruchtung beobachtet werden konnten. Während nun zu erwarten stand, dass bei noch stärkerer Be- strahlung der Samenfäden nicht einmal mehr das Gastrulations- stadium erreicht werden würde, so sollte doch der Verlauf des Versuches zu einem anderen Resultat führen. Gruppe IV. Bestrahlung des Samens während S Std. mit Rı (Versuch XD, 8 Std. mit Ra (Versuch XM. Am 29. Dezember wurden zwei Versuche vorgenommen. Einmal wurde Samen von 9 Uhr 6 Min. bis 5 Uhr 6 Min., also 8 Std. mit Rı (Versuch XI), das andere Mal die gleiche Zeit mit Re (Versuch XII) bestrahlt. Mit dem gut beweglichen Radium- samen wurden zwei Portionen Eier von je ungefähr 30 Stück befruchtet. Auch der Verlauf dieser beiden Versuche zeichnete sich dadurch aus, dass innerhalb eines Zeitraumes von S Tagen, vom 135. bis zum 21. Tage, sämtliche Eier abstarben. Es liessen sich aber, trotzdem die Spermien erheblich längere Zeit den Radium- 154 Karl Oppermann: strahlen ausgesetzt worden waren als in den Versuchen VIII—\, wieder deutlich entwickelte Embryonen züchten, wie Fig. 20—23 zeigen; sie kommen fast den aus Versuch IV—VI (Fig. 11—17) erzielten Exemplaren gleich. Die Abb. 2 und 3 veranschaulichen zwei 19 Tage alte Objekte. Allerdings waren sie wahrscheinlich zur Zeit der Konservierung schon abgestorben, aber immerhin konnte deutlich ein Nachhirn und Ohrenbläschen erkannt werden. Der vordere Kopfteil war sehr flach und scheinbar schon ziemlich stark in Zerfall übergegangen. Aber gut entwickelt war das Schwanzende, das sich schon vom Dotter loszulösen begann. Ein jüngeres Stadium, das auch zu mikroskopischer Unter- suchung in Schnitte zerlegt wurde, ist in Fig. 20 abgebildet. Es war 19 Tage alt. Während die Betrachtung bei schwacher Ver- grösserung irgendwelche Organdifferenzierung nicht erkennen liess, zeigte die Untersuchung der Schnittserie ein Medullarrohr, Chorda, Darm, Muskel und Seitenplatten. Aus dem Verbande gelöste Zellen mit pyknotisch gewordenen Kernen finden sich vorwiegend im Bereich der vorderen Hirnpartien, aber auclı das Rückenmark sowie die Muskelplatten sind nicht frei davon. Bemerkenswert ist die Lageveränderung des Gehirnes. In seinem vordersten Teil liegt es fast ganz mit der Seitenfläche dem Dotter auf, und erst allmählich kehrt es in seine natürliche Lage zurück. Fig. S, Taf. VI, veranschaulicht diese Verhältnisse. Es nimmt das Rücken- mark nicht die senkrechte Richtung zur Dotteroberfläche ein, sondern liegt nach rechts geneigt. Dieser veränderten Stellung und der Lage des Embryo in einer Ausbuchtung des Dotters ist es zuzuschreiben, dass nun auch der Kiemendarm auf der im Bilde rechten Seite keinen Anschluss an die Epidermis mehr gewinnen kann. Im übrigen zeigt uns der Schnitt, der gerade durch den Anfangsteil der Chorda geht, das gut gebildete Rückenmark, das noch keinen Zentralkanal besitzt, mit wenigen zerfallenen Zellen. Die gleichen Bestrahlungszeiten mit denselben Präparaten wurden auch in der ersten Versuchsserie (Anfang Dezember) ge- wählt. In einigen Fällen entwickelten sich wieder auffallend gut gebildete Tiere. Eins davon ist in Fig. 23 abgebildet worden. Von der interessanten inneren Organisation wird an anderer Stelle gesprochen werden. Hier genügt festzustellen, dass ein Alter von 23 Tagen erreicht wurde, und dass sie eine nicht unbeträchtliche Grösse hatten. Der Zerfall der Gewebe war nicht wesentlich. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 155 Gruppe V. Bestrahlung des Samens während zwei Stunden mit!Mth. (Versuch X). Für diesen Versuch, in dem der Samen am 30. Dezember von 11 bis 1 Uhr bestrahlt wurde, ist das Auftreten von Spalt- bildungserscheinungen äusserst charakteristisch. Während schon in vorigen Kapiteln gelegentlich, aber immer nur bei ganz gering entwickelten Exemplaren, auf eine (abelung des hinteren Rumpf- endes hingewiesen werden konnte, tritt hier, in mindestens zwei Drittel aller beobachteten Fälle, auch an relativ sehr weit fort- geschrittenen Stadien, diese Missbildung auf. Wegen des allge- meinen Interesses, das die dorsale Spaltbildung als Spina bifida bekannte Erscheinung hat, soll in einem späteren Kapitel speziell darauf näher eingegangen werden. In diesem Zusammenhang genügt es, das sehr häufige Auftreten dieses Missbildungstypus zu konstatieren. Im auffälligen Gegensatz steht dieser Versuch zu den in den drei vorigen Kapiteln beschriebenen durch das Ausbleiben einer Sterbeperiode, trotz der noch intensiveren Bestrahlung der Samenfäden. Es wird die Gastrulation, die ja immer das kritische Stadium darstellte, von allen Eiern gut überstanden. Die Lebensdauer ist wieder erheblich länger. Am 31. Januar, 33 Tage nach der be- fruchtung, konnten noch durchaus wachstumsfähige Embryonen fixiert werden. Gehen wir zur speziellen Darstellung über. Die bestrahlten Spermien, mit denen ungefähr fünfzig Eier befruchtet wurden, waren ausserordentlich gut beweglich. Die ersten Furchungen vollzogen sich in normaler Weise. Eine Anzahl untersuchter zwei- und viergeteilter Keimscheiben liess eine ganz gleichmässige Beschaffenheit der Blastomeren erkennen. Die Ausbildung der Organe der gebildeten Embryonen zeigte ungefähr das gleiche Bild, wie es schon für Versuch I, II, II angegeben wurde. Vorwiegend äussern sich die Schädigungen in einem defekten Zustande des Gehirnes, und zwar, da es sich um geringere Störungsgrade handelt, weniger in Zerfall der Zellen des Gewebes, als vielmehr um Verlagerungserscheinungen des Medullarrohres. Bei älteren Stadien, die nach dem 25. Tage nach 156 Karl Oppermann: der Befruchtung fixiert wurden, machte sich in stärkerem Maße ein Zerfall, speziell des Zentralnervensystems, bemerkbar. In Fig. 24—45 sind eine Anzahl von Embryonen dieses Versuches abgebildet. Diese weisen alle verschiedene Grade von Spaltbildungen auf. In Fig. 43—45 sind drei Objekte dar- gestellt, deren Rumpf ganz einheitlich gestaltet ist. Der Vergleich mit der Kontrolle (Fig. 42) zeigt, dass der Grössenunterschied nicht sehr erheblich ist. Sie waren 19 Tage (Fig. 44 und 45) und 21 Tage (Fig. 43) alt. Bezüglich. der Differenzierung des Gehirnes standen sie der Kontrolle noch bedeutend nach. Vorder- und Mittelhirn sind stark verlagert, so dass ihr wirklicher Verlauf in den Flächenbildern nicht zur Geltung gebracht werden konnte. Die Augen waren in einigen Fällen gut angelegt, wie die Abbildung des Schnittes 3, Taf. VI, zeigt. Das Nachhirn erscheint nur als schmaler Spalt. Häufiger ging der Kopf vorn wieder in eine Spitze aus. Es hat dies dann auch hier seinen Grund in der sehr geringen Ausbildung der Augen. Häufig wird nur ein Auge angelegt (Fig. 12, Taf. VI). Bei jüngeren Stadien schien das Gehörbläschen ganz normal entwickelt, während es bei älteren bläschenförmig aufgetrieben ist (Fig. 36. Taf. V, 27 Tage alt). Die übrigen Organisationsverhältnisse boten bei den Embryonen, deren Rumpf nicht geteilt war, wenig von der Norm abweichende Verhältnisse. Auch in dieser Gruppe vollzieht sich die, Entwicklung der Radiumembryonen etwas langsamer, als die der normalen Tiere. In welcher Weise sich diese Wachstumsverzögerung geltend macht, soll an dem Beispiel eines vierzehntägigen Embryos gezeigt werden. Es ist nicht ganz unwichtig, das Entwicklungsstadium dieses Objektes genau festzulegen, weil an diesem an späterer Stelle noch einige interessante Verhältnisse von Kerngrösse und Zahl der Kerne gegeben werden. Diese Beziehungen sind von dem Entwicklungsstadium in ausserordentlich hohem Maße abhängig. Zum Vergleich soll das Organisationsstadium der Augen, des Gehörbläschens, des Herzens und des Coeloms dienen. In der Körpergrösse stimmen die Versuchstiere (Taf. V, Fig. 33—37) mit der einen Tag älteren Kontrolle ungefähr überein. Das Auge des Radiumembryos stand noch auf dem Bläschenstadium. Eine Einstülpung der äusseren Wand wie auch die Anlage der Linse war noch nicht erfolgt. Das Herz ist noch —ı Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 15 nicht vorhanden. Die Goelomsäcke beginnen sich gerade zu ent- wickeln. Auf fast genau dem gleichen Stadium befand sich die einen Tag jüngere Kontrolle (13 Tage); sicherlich war diese aber nicht weiter entwickelt als der Radiumembryo. Demgegenüber zeigte ein fünfzehn Tage altes, normales Tier etwa folgende Organisation: Die Augen haben Becherform angenommen; eine Linse ist vorhanden. Das Herz ist deutlich ausgebildet. Das Coelom hat einen Perikardialraum abgegliedert. Bestrahlung des Samens während 19 Stunden mit Ra (Versuch XIV) oder Rı (Versuch XV). In diesen letzten Experimenten wurde frischer Samen vom 30. Dezember 2 Uhr 45 Min. bis zum 31. Dezember 9 Uhr 55 Min. mit Rı, eine zweite Portion die gleiche Zeit mit Rs bestrahlt, also 19 Stunden. Nach der Bestrahlung liess sich in beiden Fällen keine Beweglichkeit der Spermien mehr feststellen. Trotzdem wurde in beiden Versuchen die Besamung von ungefähr 40 Eiern ausgeführt. Diese Massnahme war sehr zweckmässig, denn überraschenderweise kam ein beträchtlicher Teil der Eier zur Entwicklung. Es konnten ausserordentlich weit differenzierte Embryonen gezüchtet werden, die ein Alter bis zu 52 Tagen erreichten, während die Kontrollen im allgemeinen am 60. Tage nach der Befruchtung ausschlüpften. Allerdings ist zu berück- sichtigen, dass die Entwicklung der Radiumembryonen etwas verlangsamt ist, so dass das Organisationsstadium dieser ältesten Embryonen nicht das gleiche war, wie es ein Kontrolltier von entsprechendem Alter zeigte. Der positive Verlauf dieser beiden Versuche macht es wahr- scheinlich, dass nach der Bestrahlung doch noch eine Beweglich- keit der Samenfäden, wenn auch vielleicht nur in geringem Maße, bestanden haben muss. Bei der ohnehin äusserst geringen Lebens- dauer der Forellenspermien (30 Sek.) und der hier durch die starke Bestrahlung sicherlich sehr geschwächten Lebenstätigkeit war eine Täuschung leicht möglich. Der Kontrollsamen zeigte, auch nachdem er 19 Stunden in der feuchten Kammer gestanden hatte, eine normale Beschaffen- heit. Dagegen war die Entwicklung der Kontrollkulturen nicht so günstig wie in den anderen Fällen, denn, obwohl das embryo- nale Wachstum in ganz normaler Weise vor sich ging, so starben 158 Karl Oppermann: doch eine verhältnismässig grosse Zahl der Tiere unmittelbar vor dem Ausschlüpfen ab. Es scheint somit nicht ausgeschlossen, dass dieses ungünstigere Ergebnis auf das lange Stehen des Samens zurückzuführen ist. Die Resultate von Versuch XIV und XV stehen in auf- fallendem Gegensatz zu allen bisher beschriebenen Fällen. Kommt überhaupt eine Embryobildung zustande, so ist diese von fast völlig normaler Beschaffenheit. Nie treten Spina bifida-Bildungen auf oder derartige Erscheinungen, wie sie für die ersten drei Versuche beschrieben wurden. Immerhin sind auch noch Ver- such XIV und XV in den Ergebnissen deutlich voneinander zu unterscheiden, wie schon aus folgendem, rein statistischem Ver- gleich hervorgeht. Es enthielt Versuch XIV (19 Std. Re) 39 Eier, von denen 21 Embryonen lieferten, während in Versuch XV (19 Std. Rı) das Verhältnis von 34 Eiern zu 10 Embryonen bestand. Die Zahlen bekommen mehr Bedeutung, wenn der Ausbildungsgrad der Objekte in Betracht gezogen wird. Da zeigte sich, dass aus Versuch XIV wohl die grössere Zahl, im allgemeinen aber weniger gut gebildete Tiere, aus Versuch XV weniger, aber besser ent- wickelte Embryonen hervorgegangen waren. Wenden wir uns zunächst einer kurzen Betrachtung von Versuch XIV zu. 17 Exemplare wurden fixiert und zwar am 30., 31., 33., 36., 37., 39., 47. und 51. Tage nach der Befruchtung. Noch später vorgenommene Fixationen ergaben nur schon völlig abgestorbenes Material. Zehn der konservierten Embryonen zeigten bei schwacher Vergrösserung, als Totalobjekt betrachtet, auch nicht die geringste Spur einer anormalen Entwicklung. Nur be- züglich der Grösse bleiben sie deutlich wahrnehmbar hinter der Kontrolle zurück, während sie, untereinander verglichen, nur wenig verschieden sind. Sieben andere sind schwach pathologisch. Dies zeigt sich besonders in einer ziemlich starken seitlichen Zusammendrückung des Kopfes. Mittel- und Vorderhirn sind geringer ausgebildet, etwas verlagert. Augen sind bei einigen nur als unregelmässig pigmentierte Flecken zu erkennen. Die Körpergrösse erscheint aber gegenüber den wohl gebildeten Tieren des gleichen Versuches nicht reduziert. Aus Versuch XV (19 Std. Rı) wurden sechs Embryonen fixiert. Diese waren jedoch alle, bis auf einen, völlig normal; der Grössenunterschied gegenüber der Kontrolle war wieder vor- Die Entwicklung von Forolleneiern etc. 159 handen. Konserviert wurden die Objekte am 30., 33., 44. Tage nach der Befruchtung. Taf. V, Fig. 46, zeigt die Differenz der (Grösse zwischen Versuchstier und Kontrolle (44 Tage alt). Bei jüngeren Exemplaren ist der Unterschied nicht so erheblich. Was die Organisation dieses Exemplares anbetrifft, so waren normale pigmentierte Augen vorhanden mit Linsenbildung. Das Gehirn entsprach ganz der Norm. Deutlich sichtbar sind die Brustflossen wie auch der Fiossensaum. Trotzdem also bei äusserlicher Betrachtung der Objekte gar keine Veränderungen in morphologischer Hinsicht wahrzunehmen waren, kamen diese Tiere doch nicht zum Ausschlüpfen. Es konnte daher erwartet werden, dass das Studium der Schnittserie noch Schädigungen in irgend welcher Form würde erkennen lassen. Dies war auch der Fall. Vier Embryonen wurden in Schnitte zerlegt und zeigten übereinstimmend pathologische Ver- änderungen im Vorder- oder Mittelhirn. Die Augenbecher wiesen, besonders an der Eintrittsstelle des Nervus opticus, in erheblichem Maße lose Zellenmassen auf (Abb. 3, Taf. VID). Die zugrunde gegangenen Zellen hatten wieder das charakteristische Gepräge. Die Kerne waren pyknotisch geworden. Eine Struktur war nicht mehr vorhanden, sondern sie stellten homogene, sich intensiv färbende Gebilde dar. Wie der wiedergegebene Schnitt zeigt, ist der Zusammenhang fast sämtlicher Zellen der Retina aufge- hoben. Die Pigmentschicht ist wohl erhalten. Es muss aber betont werden, dass dieser Schnitt nur ein Bild von den stärksten Störungen gibt, die sich in diesem Embryo vorfanden. Alle übrigen Organe waren in völlig normaler Weise angelegt und frei von zerfallenen Zellen. Zum Vergleich ist in Fig. 1, Taf. VII, ein etwas jüngeres Kontrollstadium abgebildet. Der Grössen- unterschied ist deutlich. Der eben beschriebene Störungsgrad war typisch für Ver- such XV. Alle untersuchten Objekte zeigten ein annähernd gleiches Aussehen. Aus Versuch XIV dagegen, in dem der Samen also auch 19 Stunden, aber mit Re bestrahlt worden war, gingen, wie schon vorher näher beschrieben wurde, neben fast völlig normalen Embryonen doch noch eine gewisse Zahl etwas stärker geschädigter Formen hervor. Der Verlauf von Versuch XV liess erwarten, dass eine neun- zehnstündige Bestrahlung des Samens mi* dem stärkeren Radium- 160 Karl Oppermann: präparat fast die äusserste Grenze darstellt, für die überhaupt noch ein positives Ergebnis der Experimente zu erzielen ist. Bestrahlung des Samens während 24 Std. mit Rs, alle, 3, A arstdlgm it 'Mithh: Nach 24stündiger Bestrahlung mit Rı oder R., oder nach 2!/2-, 3-, 4-, 5stündiger Bestrahlung mit Mth konnte keine Beweglichkeit der Spermien mehr wahrgenommen werden. Stets wurde auch in diesen Fällen die Besamung von Eiern vorge- nommen, aber eine Entwicklung kam nie zustande. Das Gesetz der Kurvenbildung. Neben den Missbildungserscheinungen mannigfachster Art, die als Folge der Bestrahlung der Samenfäden auftraten, erregt vor allem unsere Aufmerksamkeit die merkwürdige Tatsache, dass bei sehr starker Einwirkung der Strahlen die Versuche wieder einen auffallend günstigeren Verlauf nahmen. Zuerst haben OÖ. und G. Hertwig bei ihren Radiumver- suchen diese auffälligen Erscheinungen beobachtet. Wurden Samenfäden (B-Serie) oder unbefruchtete Eier (D-Serie) von Rana fusca sehr lange bestrahlt (12 Stunden) und dann zur Besamung normaler Eier verwendet, resp. Eier mit normalen Spermien be- samt, so konnten sehr viel besser entwickelte Larven gezüchtet werden als bei Wahl kürzerer Bestrahlungszeiten, während eine nur geringe Einwirkung des Radiumbromids bereits zum Teil recht erhebliche Schädigungen bedingte. Es besteht also das proportionale Verhältnis zwischen Bestrahlungsdauer der Keime und den daraus resultierenden Störungsgraden der Embryonen nur, solange die den Spermien zugeführte Strahlenmenge ein gewisses Maß nicht überschreitet. Wird die Bestrahlung über diesen Wert hinaus verstärkt, so kehrt sich das Verhältnis um, d. h. es wird jetzt die Entwicklung um so günstiger, je intensiver die Einwirkung des Radiumbromids ist. In anschaulicher Weise stellten O. und G. Hertwig diese Verhältnisse durch Kurven dar. Es gibt jede Kurve die Resul- tate der Versuche für ein bestimmtes Radiumpräparat. Welches die inneren Gründe sind, die zu diesen eigentümlichen Beziehungen führen, in denen die Ergebnisse der schwachen, mittleren und starken Bestrahlungsversuche zueinander stehen, gibt G. Hert- Die Entwicklung von Forelleneiern ete. 161 wie (1911) auch im Sinne 0. Hertwigs folgendermaßen: „Bei ganz kurzer Dauer, 5 Minuten langer Bestrahlung, ist die Schädigung noch so unbedeutend, dass der hadiumkern gegen- über dem normalen Kern in nur geringem Grade störend ein- zuwirken vermag. Bei '/4- bis '/sstündiger Bestrahlung ist die Schädigung grösser, der Radiumkern hat aber noch die Fähigkeit, sich zu vermehren. Er beeinflusst daher das Entwicklungsprodukt schon auf früheren Stadien. Bei langer Bestrahlung ist die Schädigung des bestrahlten Kernes noch grösser, da sie ja pro- portional der Strahlenmenge wächst (0. Hertwig). Der Radium- kern kann sich jetzt aber nur noch langsam vermehren, der normale andere Kern wächst rascher, die normale Kernsubstanz überwiegt daher das Radiumcehromatin, die Entwicklung wird daher jetzt besser verlaufen. Endlich, im extremen Fall, ist der Radiumkern ganz degeneriert; er hat die Fähigkeit, zu wachsen und sich zu teilen, verloren, er nimmt an der Entwicklung gar nicht mehr teil; diese verläuft daher, weil nur vom normalen Halbkern abhängig, ganz normal (Parthenogenese).“ (sehen wir dazu über, zu untersuchen, inwiefern die für die Froschversuche gegebenen Erklärungen und Darstellungen auch für die Resultate unserer Versuche gelten. Wie aus der Beschreibung im ersten Kapitel ohne weiteres hervorgeht, könnte auch bei unserem Objekt für jede der drei Versuchsserien, entsprechend den drei verschiedenen radioaktiven Präparaten, die verwendet wurden, ein Kurvenbild aufgestellt werden. Auch hier würde durch die kurze, mittlere, lange Be- strahlung und dem sich daraus ergebenden Entwicklungsgrad der Embryonen der aufsteigende Teil, das Gebiet des Maximums und der fallende Abschnitt der Kurve festgeleet werden. Es lässt sich aber auch die Darstellung vereinfachen und die drei Kurven- bilder zu einem einzigen zusammenfassen. Um eine derartige Zusammenfassung zu ermöglichen, ist es zunächst notwendig, unabhängig zu werden von der verschiedenen Stärke der zur Anwendung gekommenen Präparate. Dieses gelingt, wenn lediglich die in den einzelnen Versuchen angewendeten Energiemengen, unabhängig von der Zeit, berücksichtigt werden. Es soll daher die von 1 mg in einer Minute ausgestrahlte Energiemenge mit e bezeichnet werden. Wir betrachten also nur das Produkt aus der Zeit und der Stärke des zur Anwendung gekommenen Radium- Archiv f.mikr. Anat. Bd.83. Abt. Il. 11 162 Karl Oppermann: präparates in Effekteinheiten. Auf diese Weise lassen sich alle ausgeführten Versuche nach wachsenden Werten von e in eine Reihe bringen. Durch eine leichte Umrechnung kann dann folgende Tabelle gewonnen werden. 7 Min. R» ae 5 Min. Rı 1 Min. Mth pp 375 e 371 e 556 Be !/a Std. Rı I, Std. Ra 6 Min. Mth pP 225 e 159 e 330 e REN ei: 2 Std. R: 3 Std. R: | !% Std. Mth pp 450 e 900 e 954 e 1650 e 8 Std. Rı 8 Std. R: GERD AN 3600 e 2544 e Re: 14 Std. R: 2 Std. Mth pP 4452 e 6600 e _ | wsea.Rı | 19 sta. Rs | Sun 8550 e 6042 e | Es ist verständlich, dass diese Einführung der Grösse e nur vorgenommen werden konnte unter der Voraussetzung, dass es gleichgültig ist, ob man in einem Fall kurze Bestrahlung mit starkem Präparate, oder im anderen Falle eine lange Bestrahlung mit schwachem Präparate ausführt, wenn in beiden Fällen eine gleiche Strahlenmenge zur Anwendung kommen soll. Besteht diese Voraussetzung zu Recht, so muss mit Berücksichtigung des Gesichtspunktes, nach dem die Gruppierung der Versuche ur- sprünglich vorgenommen wurde, in jeder Abteilung eine geringere Strahlenmenge zugeführt worden sein, als in der darauf folgenden. Da zeigt sich nun in der Gruppe V und VI eine Unstimmigkeit. Wie aus der Beschreibung im ersten Teil hervorgeht, sind aus Versuch XIII (2 Std. Mth. 6600 e) sicher stärker missbildete Embryonen hervorgegangen als aus Versuch XV (19 Std. Rs, 6042 e). trotzdem bei diesen starken Bestrahlungen das Verhältnis hätte umgekehrt sein müssen. Es verlief Versuch XV (6042 e) so, als ob noch erheblich mehr Energie zugeführt worden wäre als in Versuch XIII (6600 e). Dieser Widerspruch wird durch Berücksichtigung der verschiedenen Zeitdauer der Bestrahlung gelöst. Es ist bereits früher darauf hingewiesen worden, dass schon ein längeres Stehen (24 Std.) der Spermien in feuchter Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 165 Kammer eine Verminderung der Lebensfähigkeit bedingt. So setzen also Spermien, die lange Zeit mit schwachen Präparaten bestrahlt werden, den schädigenden Strahlen weniger Widerstand entgegen, werden also stärker beeinflusst als solche, denen gleiche Energiemenge in erheblich kürzerer Zeit zugeführt wird. Nach der vorher angeführten Hypothese Hertwigs entspricht der stärkeren Schädigung des bestrahlten Kernes eine bessere Ent- wicklung des Embryos, nachdem das Maximum der Schädigung einmal überschritten ist. Daher erklärt es sich, dass in Ver- such XV mit 6042 e (24 Std.) ein grösserer Effekt erzielt wurde als in Versuch XIII mit 6600 e in 2 Stunden. Es sind aber noch folgende Umstände zu berücksichtigen. Schon eine 2'/sstündige Bestrahlung mit Mth genügte, um alle Spermien völlig abzutöten, also durch Anwendung von 8250 e. Andererseits verlief der Versuch XIV, 19 Std. Rı, noch positiv, also bei 8550 e. Es ergibt sich daher ein Widerspruch gegen die vorher gegebenen Frörterungen. Da schon eine in 2!/» Stunden zugeführte Strahlenmenge von 8250 e auf die Samenfäden absolut tötend einwirkt, so müsste dies mit noch viel höherer Sicherheit bei 8550 e, die in 19 Stunden zugeführt werden, zu erzielen sein. Dies trat aber nicht ein. Nun lieferte aber bereits Ver- such XV (19 Std. Re, 6042 e) zum Teil Embryonen, die von gleichgutem Organisationsgrade waren wie die des Versuchs XIV (19 Std. Rı, 8550 e). Demnach kann also folgendes gesagt werden: in Versuch XV (19 Std. Re, 6042 e) war ein gewisser Prozentsatz der Spermien schon völlig abgetötet, da ja nur relativ wenige Embryonen zur Entwicklung kamen, ein anderer Teil so stark geschädigt, dass scheinbar ganz normal gebildete Tiere heranwachsen konnten, der Rest war weniger geschädigt, so dass ein etwas höherer Missbildungsgrad resultierte. Hingegen waren im Parallelversuch (19 Std. Rı, 8550 e) der grösste Teil der Samenfäden abgetötet, und dann nur noch so stark geschädigte vorhanden, dass eine normale Entwicklung der Keimlinge statt- finden konnte. Diese Betrachtung zeigt, in wieviel höherem Maße eine Ungleichmässigkeit der Versuchsergebnisse eintritt, wenn Samen- fäden mit schwachen Präparaten bestrahlt werden. Aus diesen Tatsachen konnten die beiden Sätze erhalten werden, dass einmal bei langen Bestrahlungszeiten auch die Zeit an sich als Schädigungs- ale 164 Karl Oppermann: faktor in Betracht gezogen werden muss; zweitens, dass starke radioaktive Präparate eine gleichmässigere Schädigung hervor- rufen. Mit Berücksichtigung dieser beiden Sätze lassen sich alle vorher erwähnten Schwierigkeiten beseitigen, die unter Einführung der Grösse e dem Gesetze der Kurvenbildung entgegenstanden. Nach diesen Erörterungen wird es leicht verständlich sein, wie das Kurvenbild in unserem Falle gestaltet sein muss. Aus der Darstellung im ersten Teile geht hervor, dass in bestimmten Kulturen am 13. Tage nach der Befruchtung eine Sterbeperiode eintrat. Es liess sich also schon durch eine rein statistische Methode feststellen, dass sich gewisse Kulturen vor anderen durch einen bedeutend stärkeren Schädigungsgrad auszeichneten. Um in übersichtlicher Weise zu zeigen, wie sich zahlenmässig das Absterben auf die einzelnen Tage verteilt, sei im folgenden eine Tabelle wiedergegeben, aus welcher der scharfe Gegensatz der Versuche mit und ohne Sterbeperiode ausserordentlich deutlich hervorgeht. Gleichzeitig sind auch in der Tabelle alle fixierten hadiumobjekte eingetragen. So liess sich also zeigen, dass durch eine Bestrahlung während einer halben Stunde mit Rı oder Re, 1,2 Std. Rı, 3 Std. Rs, Ss Std. Rı oder Re, 6 Min. !/. Std. Mth ein starker Schädigungs- grad erreicht wird. Es entspricht dies also folgenden Energie- einheiten: 159e, 225e, 450e, 900e, 954e, 3600e, 2544e, 330e, 1650e. Stärkere oder schwächere Bestrahlungen führten in allen Fällen zu günstigen Resultaten. Die Untersuchung des fixierten Materials half nun weiter den Bezirk von 159e bis 3600e zu begrenzen. Deutlich war der Unterschied der Gruppe II und IV, III gegenüber. In Gruppe III liess sich Versuch VII von VII—X abgliedern, die den ungünstigsten Verlauf von allen Experimenten hatten. Ausführlich sind diese Verhältnisse im ersten Kapitel behandelt. Es kann demnach gesagt werden, dass die embryonale Entwicklung dann am ungünstigsten verläuft, wenn die Samenfäden, die zur Befruchtung normaler Eier ver- wendet wurden, mit 900 bis 1650 Energieeinheiten bestrahlt werden. Demnach ist das Kurvenbild festgelegt. Als Abszissen- werte des Koordinatensystems werden die Energieeinheiten gewählt. zu Ordinatenwerten der jeder Strahlenmenge entsprechende durch- schnittliche Entwicklungsgrad der Embryonen, wie im ersten Teil genauer charakterisiert worden ist. In dem absteigenden Teil 28. X11.|29. XIT.|30. xIL[a1. XIe| 1.1. | 21 |3 AT er. 1. | 7020128. 07:00 0 a to ern seen | 41 st stımı | wsıjor or jan on sc lern| on |2on |onn u = | 5 Min. R.I. 2 3° 2: 3. SE 5 = ® x 3+ 1 I h | = 7Min. Rn | 2- 3. See | BE 10. I. ; | | _— : 5 Std. Mth 2 IT 1 Std. R.I. 1r 27 47 57 27 1t 24 1+ 2+ {er IV % 3. ir 3: 3. A, air 1; | 33 Min. R. II. 3 2 Ds | a el Say Bir 2+ V x 1t 2+ ; f 6 Min. Mth 5 35 ia | br au 2 1r = ae VI i i 1) '/s Std. Mth — le re | Dr 14 2+ vu = 3 ie T- s N | 3 Std. R.II. ® 2- 2 = sr || ur || 2 ler ie | | VII. | se en E | 2 Std. R.L. 2. 3: | 2: A 1t st 7+ | 2+ | 2+ | »+ n 1+ 1+ IX. x 3: + : fs 1 | | 19 Std. R.I. z x Embryonen fixiert nach || dem 33. Tag, 19 Std. R.If. || xt. % 1 T I = © 2 Std. Mth 1. | ie te Ele || 25 |mElor IE 225 | Be Br 3- XI. z \ — 1 Min. Mth 3- 2 i+ | 3. B% 4. 36 8 e 3. 3. 2. XII. x + 1Std.oRuT ea au a el a I BI er | || 2 | > 3. Be || 3 3 D* 7 XIV. n e 7 I 8 Std. R.T. | | Du an 2+ | 14 | 14.|°4+ | 2+ 4. | 3+ XV. > ü 1+ | 8 Sta. R. II. | 2. 2+ | 5+ | 8+ | 2+ 3- 2. XVL. 2 Ar 3- Zeichenerklärung: x = Tag der Befruchtung. - = Fixierte Objekte. 7 = Abgestorbene Objekte. ee IATuN AL AR ANTRENE Bye Kr tn ne DT ei u) Dr. { — Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 165 ändert sich der Verlauf der Kurve, je nachdem die Bestrahlung mit starken oder schwachen Präparaten vorgenommen wird. Für unsere Versuche, in denen Präparate verwendet wurden, die einer Stärke von 5,3; 7,5; 55 mg reinem Radiumbromid entsprachen, ist der Kurvenverlauf in der Weise gestaltet, wie Textfig. 2 zeigt. Der abweichende Verlauf macht sich von dem Punkte an geltend, von dem an die Zeit als Schädigungsfaktor mit in Betracht gezogen werden muss. Die Kurve fällt schneller für die Versuche, in denen Rı oder R> verwendet wurde. Andererseits ist sie für diese beiden Serien länger. Die grössere Ausdehnung hängt eben mit der grösseren Ungleichmässigkeit der Versuchsergebnisse zusammen, die sich durch Benutzung schwächerer Präparate ergeben. Parthenogenetische Forellenembryonen. Das im vorigen Kapitel gegebene Kurvenbild zeigt einen un- symmetrischen Bau. Die Kurve erreicht sehr schnell ihr Maximum, um dann allmählich wieder zu fallen. Es ist dies der Ausdruck dafür, dass bereits die geringe Energiemenge von 37e genügt, um beträchtliche Schädigungen der Embryonen zu bewirken. Schon eine Strahlenmenge von 900—1650e rief die stärksten Störungen hervor; mit Beginn der Gastrulation starben alle ab. Es kommt keine Organdifferenzierung mehr zustande. Von dem Punkte der Maximalschädigung ist noch die relativ sehr grosse Energiemenge von ungefähr 7000e erforderlich, um Embryonen entstehen zu lassen, die ein Alter bis zu 52 Tagen erreichen und ganz normales Aussehen zeigen. Diese Betrachtungen legen es nahe, anzunehmen, dass die inneren Vorgänge, die sich abspielen und einerseits bei den schwachen, andererseits bei den starken Bestrahlungsversuchen zu Embryobildung führen, wesentlich verschieden voneinander sein müssen. Die Erklärung, die OÖ. und G. Hertwig für ent- sprechende Erscheinungen, wie sie bei den Froschexperimenten auftraten, geben, ist bereits im vorigen Kapitel angeführt worden. Es handelt sich demnach vorwiegend um eine Schädigung des Spermakernes. Der Kern ist ausserordentlich empfindlich gegen radioaktive Strahlen, so dass schon eine Einwirkung während einer Minute auf die Samenfäden für die spätere embryonale Entwicklung die schwersten Störungen hervorruft. Ohne dass Karl Oppermann: 9008 Isle 25350 Gosic 6600e Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 167 wahrscheinlich bei diesen schwächsten Versuchen die Verschmelzung von Ei und Spermakern wie auch die ersten Teilungsvorgänge anormal verlaufen, treten in der späteren Entwicklung die stärksten pathologischen Erscheinungen auf. Sind hingegen den Samenfäden grössere Strahlenmengen zugeführt worden, so ver- liert der Kern mit stärkerer Bestrahlung immer mehr zunehmend die Fähigkeit, zu wachsen und an den Zellteilungsprozessen in normaler Weise teilzunehmen. Im extremsten Falle wird er an der ganzen Entwicklung überhaupt keinen Anteil mehr nehmen. Er kann somit seinen schädigenden Einfluss nicht mehr geltend machen. Es kommt eine rein mütterliche Entwicklung zustande. Und dies sind dann die Fälle, in denen trotz intensivster Be- strahlung der Samenfäden so gute Embryonen gebildet wurden. Die völlige Übereinstimmung der Bestrahlungsversuche, die an Frosch- und Forellenkeimen ausgeführt wurden, erlaubt es, für die Fälle, in denen O. und G. Hertwig eine parthenogene- tische Entwicklung annehmen, auch für unser Objekt diesen Ent- wicklungsmodus zu vermuten. Handelt es sich wirklich um eine reine Parthenogenese, so entbehren auch die somatischen Zellen des väterlichen Chromatinanteiles: die Zellkerne sind haploid. Nun soll aber die Kerngrösse von dem Gehalte an Chromatin abhängig sein. Es müssten demnach die hier in Betracht kommenden Kerne, da sie nur halbe Chromatinmasse besitzen, auch eine geringere Grösse haben. Von diesen Überlegungen ausgehend wurden eine Reihe von Kernmessungen vorgenommen. Es wurden die Kerne der parthenogenetischen Tiere verglichen mit denen normaler Kontrolltiere. Als Beispiele sollen die Resultate der Messungen gegeben werden, die ein l4tägiges und ein 33 tägiges Objekt zeigten. Das Objekt vom 14. Tage nach der Befruchtung ist in Taf. V, Fig. 38, abgebildet. Sein Entwicklungsstadium ist schon genauer im ersten Teil beschrieben worden. Hier soll nur noch einmal hervorgehoben werden, dass dieser Embryo sicherlich, wenn auch nur wenig, weiter entwickelt war, als die einen Tag jüngere Kontrolle, bei weitem aber natürlich nicht das Stadium eines einen Tag älteren Normaltieres erreicht hatte. Die patho- logischen Erscheinungen waren nur von geringem Grade. Zunächst sollen die Verhältnisse der Anzahl der Kerne von Versuchstier zu der einen Tag jüngeren Kontrolle und der einen Tag älteren Kontrolle gegeben werden, wie es sich auf dem Querschnitt durch 168 Karl Oppermann: das Rückenmark in gleicher Körpergegend vorfand. Wie folgende Umrisszeichnungen zeigen, ist der Flächeninhalt der drei Rücken- marksquerschnitte ungefähr gleich. Diese sind in allen Fällen der Region der Gehörbläschen entnommen. 1. 2, g. Fig. 3. Vergr.: 220fach. Abbildung 1 bezieht sich auf die jüngere Kontrolle, Ab- bildung 2 auf den Radiumembryo, Abbildung 3 auf die ältere Kontrolle. Es betrug nun die Zahl der Kerne in den angegebenen S] u I k ne OAEES Cr Fig. 4. Vergr.: 920 fach. 1 ) Querschnitten für 1 143, für 2 321, für 3 277. Daraus geht hervor, dass die Zahl der Kerne der parthenogenetischen Form | Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 169 ungefähr doppelt so gross ist wie die des gleichweit entwickelten Kontrollstadiums, und dass sie auch noch grösser ist als die der einen Tag älteren Kontrolle. Wie sich das Zahlenverhältnis für die normale Entwicklung ändert, zeigt der Vergleich der unter 1 und 3 aufgeführten Grössen. Wie sich die Kerngrössen zu- einander verhalten, erläutern folgende Umrisszeichnungen. 1. 2 ° © > VO a ce = , Wie vorher, beziehen sich die unter 1 angegebenen Zeichnungen auf das jüngere Kontrollstadium, 2 auf das Versuchstier, 3 auf die einen Tag ältere normale Form. Die Messungen sind an Kernen ausgeführt, die sich auf Schnitten fanden, die durch gleiche Körperregionen gingen. Es ist also der Unterschied der Kern- grösse des parthenogenetischen Tieres ein ganz bedeutender gegen- über den normalen Objekten. Die gleiche Differenz ergibt sich auch für Kerne, die dem Kiemendarm angehören, wenngleich die Unterschiede nicht so erheblich sind. ae & Bes, Fig. 6. Vergr.: 920fach. Fig. 5. Dann seien noch die Resultate von Messungen wiedergegeben, die an einem älteren, ungefähr 33 Tage alten Stadium vorgenommen wurden. Es war dies ein Exemplar, das äusserlich betrachtet ganz normal gestaltet schien. Die Messungen beziehen sich auf Kerne des Rückenmarks, wiederum gleicher Körperregion ent- nommen. 170 Karl Oppermann: Zum Schlusse werden noch eine grössere Zahl von Kernen der roten Blutkörperchen abgebildet, die auch in gleicher Weise den Unterschied von Normaltier und parthenogenetischer Larve erkennen lassen. 08 08 ® Oo Sole SER og or nn Embryo. Parthenog. Embryo. Fig.7. Vergr.: 920fach. Spina bifida. In den beiden folgenden Kapiteln sollen die durch die Be- strahlungsversuche bedingten pathologischen Veränderungen näher betrachtet werden. Es ist schon hervorgehoben worden, dass als häufige und charakteristische Erscheinungen Spinae bifidae auftraten. Unter dem Namen der Spina bifida ist in der Literatur eine Gruppe von Missbildungen der Wirbeltiere bekannt, deren gemeinsames Merkmal in einer mehr oder minder weitgehenden dorsalen Spalt- bildung des Körpers liegt. In einer Darstellung von Missbildungs- erscheinungen bei Fischen gibt zuerst Lereboullet auch eine Beschreibung von solchen, die ein einfaches Kopf- und Schwanz- ende und doppelten Rumpf aufwiesen. Für derartig entwickelte Tiere führte Dellacher, der auch eine Untersuchung an Schnitt- serien lieferte, die Benennung „Mesodidymi“ ein. Als „Kata- didymi“ werden von ihm solche bezeichnet, bei denen auch das Schwanzende geteilt ist. Zu diesen älteren, grundlegenden Arbeiten, unter denen noch die von Rauber zu erwähnen wäre, treten aus neuerer Zeit die Angaben über zwei Spaltbilder von Kopsch hinzu. Alle aus den DBestrahlungsversuchen hervorgegangenen Embryonen mit Spaltbildung des Rumpfes gehören in die Gruppe der Mesodidymi und Katadidymi Vellachers. Es ist bemerkens- wert, dass kein Anadidymus zu beobachten war, während gerade in normalen Kulturen dieser Missbildungstypus weitaus häufiger auftritt als die vorher erwähnten. Man wird deshalb nicht fehl- 290009 Se Er Die Entwicklung von Forelleneiern ete. E7ı gehen, wenn man diese Tatsache mit der besonderen Art der Schädigung, die durch die Radiumbestrahlung des Samens bewirkt wird, in Zusammenhang bringt. Die grösste Zahl der Spinae bifidae ist hervorgegangen aus Versuch XIII (2 Std. Mth). Bei zwei Drittel aller fixierten Embryonen dieses Versuches zeigten sich Längsspaltungen des hinteren Körperabschnittes. In den Versuchen I, II, III (5 Min. Rı, Re, 1 Min. Mth), in denen ja auch schon erheblich stark geschädigte Embryonen vorkamen, konnte auch nicht eine von den hier in Rede stehenden Missbildungsformen beobachtet werden. In den Versuchen IV, V, VIU traten auch derartige Erscheinungen auf, allerdings, wie es dem Schädigungsgrad dieser Versuche entsprach, an sehr schwach entwickelten Individuen (Taf. V, Fig. 13, 14, 17, 2, 3, 7). Die im folgenden zu besprechenden, aus einer grösseren Zahl von Spinae bifidae ausgewählten Objekte sollen je nach dem (Grade der Spaltbildung betrachtet, in drei Gruppen geteilt werden: 1. Solche, bei denen die Trennung der Körperhälften sich unmittelbar in der Region der Gehörbläschen vollzieht. Diejenigen, die eine Längstrennung des Rumpfes erst von der Körpermitte an aufweisen. 3. Den geringsten Spaltungsgrad zeigende Embryonen, bei denen nur das letzte Körperende in zwei Teile gespalten ist. Für die erste Gruppe in Betracht kommende Typen sind in Fig. 1—8, Taf. V, abgebildet. Schon äusserlich tritt bei allen die sehr tiefgehende Spaltung deutlich sichtbar auf. Sie haben häufig die Gestait eines Hufeisens. Je einem Aste entspricht eine Körperhälfte. Die Körperenden erscheinen bei den älteren Stadien wieder mehr einander genähert. Die Kopfbildung ist nie sehr deutlich wahrnehmbar. Verhältnismässig am schärfsten ist sie wohl noch bei dem in Fig. 29 abgebildeten Embryo ausgeprägt, trotzdem auch an diesem, bei Betrachtung des Totalobjektes, Gehirndifferenzierungen und Augen nicht zu erkennen waren. In der Besprechung einzelner Fälle soll mit dem letzterwähnten begonnen werden. Er wurde am siebzehnten Tage nach der Befruchtung konserviert und sah noch durchaus wachstumsfähig aus. Die Körperenden waren schon vom Dotter losgelöst und zeigten normale Beschaffenheit. Alle Organe sind doppelt ange- [86] 172 Karl Oppermann: legt, Rückenmark, Chorda, Darm. Die Trennung des Darmes vollzieht sich zuerst und zwar schon in der Region des Kiemen- darmes. Die Teilungsstelle liegt etwas im Schnitt rechtsseitig verschoben. Ziemlich kompliziert gestaltet sich der Verlauf des Gehirnes, bevor die Trennung in zwei Hälften vollzogen ist. Schon in den vordersten Kopfpartien weist das Zentralnerven- system insofern eine anormale Beschaffenheit auf, als es ganz nach rechts verschoben erscheint, in völlig gleicher Weise wie es für ein anderes Objekt in Fig. 9, Taf. VI, dargestellt ist. In der Region des Mittelhirns treten nun am dorsalen Rande zunächst nach links, dann unmittelbar danach nach rechts sich lagernd, Faltenbildungen auf als Ausstülpungen vom Ventrikel, wie es ganz ähnlich für ein anderes Objekt, Taf. VI, Fig. 16, gilt. Diese Falten haben einen Hohlraum, und je mehr sie sich lateralwärts ausdehnen, um so mehr verkürzt sich von der unteren, dem Entoderm zugewandten Seite beginnend, der normal gelegene Abschnitt des Rückenmarkes, so dass unmittelbar vor der Teilungs- stelle das Gehirn wie ein sehr breit gedrücktes Rohr erscheint, dessen Zentralkanal aber eine Ausdehnung einnimmt, die um 90° gegen die Norm verschoben ist, also horizontal liegt. In der Region der (ehörbläschen sind, wie die wieder- gegebene Abb. 17, Taf. VI, des Schnittes zeigt, alle unpaaren Organe doppelt vorhanden. Jedes Medullarrohr hat einen Zentral- kanal. Jederseits liegt ein normales Gehörbläschen. Chorda und Darm sind auf der rechten Seite bedeutend geringer entwickelt. Diese nur schwach ausgebildete Chorda nimmt einen unregel- mässigen Verlauf und verschwindet bald. Auf der linken Seite ist deutlich ein Herz vorhanden, dessen letztes Ende noch auf dem abgebildeten Schnitte zu sehen ist. Für den anderen Teil konnte die Anlage eines Herzens nicht nachgewiesen werden. Über die beiden Rumpfhälften hinweg zieht sich eine dünne Epidermis von nicht immer ganz gleichmässiger Stärke. In dem die Körperenden überbrückenden Teil ist sie mit baumastartig verzweigten Wucherungen besetzt. Solche Wucherungen bei Spalt- bildungen sind nicht mit der Radiumbestrahlung in Beziehung zu setzen, denn schon bei Vellacher finden sich gleiche Bildungen wiedergegeben. Das Studium der mittleren und hinteren Körperpartie lehrt, dass beide Hälften gleich stark entwickelt sind. Die Chorda ist — se) Die Entwicklung von Forelleneiern etc. l im rechten Teile nur in einem kleinen Bezirk angelegt. Das Zentralnervensystem nimmt im weiteren Verlauf ein andere Lage ein und zwar so, dass es mit der medialen Seite dem Dotter aufliegt. Bemerkenswert sind Zellhaufen, die wie Spinalganglien der medialen Wand anliegen (Abb. 17, Taf. VI). Diese Zellhaufen finden sich auch dann noch wieder, wenn das Medullarrohr von der normalen in die oben beschriebene Lage übergegangen ist, und kommt dann so als längsverlaufender Streifen zwischen Dotter und Rückenmark zu liegen. Beide Körperenden sind vom Dotter abgehoben. Genau vom gleichen Typus sind Embryonen, die in Taf. V, Fig. 28, 30, 31, abgebildet sind und sämtlich etwas älter waren (19, 20, 22 Tage). Ein Unterschied liegt nur in der schon am Totalobjekt deutlich auftretenden Ungleichmässigkeit der Körperhälften (Fig. 25 26..28.430,..31). Während in den bisher erwähnten Fällen das Stadium des Dotterlochschlusses schon erreicht war, sollen im folgenden noch kurz einige jüngere Exemplare beschrieben werden. Taf. V, Abb. 27, zeigt einen Embryo, der am gleichen Tage und aus gleicher Kultur konserviert wurde wie die in Fig. 33, 38 wiedergegebenen (Kontrolle Fig. 39, Taf. V). Von einer Kopfbildung konnte weder am Totalobjekt, noch an der Schnittserie etwas wahrgenommen werden. Eine Um- wachsung des Dotters hatte stattgefunden; sie war noch nicht ganz vollendet. Beide Körperhälften sind nur sehr gering aus- gebildet. Eine Sonderung des Randringmaterials in zwei Teile ist vorhanden; ob es sich aber dabei um eine Differenzierung in RR Fig. 8. Muskelplatten und Rückenmark handelt, ist nicht sicher zu ent- scheiden. Darm, Wolffsche Gänge, Chorda sind nicht nach- 174 Karl Oppermann: weisbar. Wie erheblich aber dennoch der Unterschied an Masse der Schwanzknospe gegenüber dem Umwachsungsrand ist, können folgende Umrisszeichnungen erläutern; diese stellen in der Serie einen Schnitt 1, 5, 15, 22, 29 dar. Stadien vom elften Tage sind in Fig. 24 und 25 abgebildet. Auf die innere Organisation soll nicht weiter eingegangen werden. Die zweite Gruppe von Spaltbildungen, bei denen also die Teilung der unpaaren Organe in eine linke und rechte Hälfte erst in der Mitte des Rumpfes erfolgt, umfasst in einer Auswahl die Objekte 32—36. Im allgemeinen erreichen die Embryonen dieser Gruppe ein weiter entwickeltes Organisationsstadium als die der vorigen Abteilung. Sie haben eine bedeutendere Körper- grösse. Die Bildung der Augen und des (Grehirnes ist mehr der Norm entsprechend. Von den bisher betrachteten Formen stellen die Embryonen 33 und 34 auch insofern abweichende Verhältnisse dar, als das hintere Körperende wieder verwachsen ist, also zwei Mesodidymi nach der Bezeichnung Oellachers. Bei Embryo 33 ist das Körperende noch nicht abgehoben. Die Umwachsung des Dotters ist gerade vollendet (Kontrolle Fig. 39). Die beiden Schwanz- knospen haben sich wieder vereinigt, aber ein weiteres einheitliches Längenwachstum hat noch nicht stattgefunden. Am weitesten kranialwärts reicht die getrennte Anlage des Darmes. Die Chorda findet sich nur auf einer Körper- hälfte entwickelt. Vor der Trennungsstelle des Rücken- markes rückt sie etwas nach der n (bildlich) Iinken Seite und wird Rückenmark a durch einen schmalen Fortsatz des Medullarrohres seitlich be- Darm grenzt. Es kann auch zu einer Fig. 9 völligen Umfassung des Chorda- stranges dadurch kommen, dass, wie nebenstehender Umriss zeigt, auch das Entoderm einen der- artigen Ausläufer bildet, der mit dem des Rückenmarkes in direkte Verbindung tritt. Es ist aber eine solche Umfassung immer nur auf kleine Körperbezirke beschränkt. Unmittelbar nach der Trennung des Entoderms tritt auch die Spaltung des “ Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 175 Rückenmarkes ein (acht Schnitte ä 5 «). Der wiedergegebene Schnitt zeigt die nur einseitige Ausbildung der Kupfferschen Blase (Fig. 6, Taf. VI). Es findet sich noch auf der linken, stärker entwickelten Hälfte ein unmittelbar vor der Kupfferschen Blase auftretender, im Querschnitt kreisrunder Zellkomplex. Dieser dürfte wohl den von Kopsch als „regenerierte Muskelplatten“ bezeichneten Bildungen entsprechen. An dem Parallelobjekt (Taf. V, 38, Schnitt Taf. VI, 7) konnte die gleiche Erscheinung festgestellt werden. Ein weiteres Entwicklungsstadium des eben besprochenen Objektes würde Embryo Taf. V, Fig. 534, darstellen. Dieser wurde fixiert am 18. Januar, war also 19 Tage alt, während der vorige aus derselben Kultur am 13. Januar konserviert wurde. Die wiedervereinigten Schwanzknospen haben ein Längenwachstum begonnen. Das Körperende ist schon vom Dotter gelöst. Die inneren Organisationsverhältnisse werden durch vier Abbildungen illustriert (Taf. VI, Fig. 12, 16, 15, 11), auf deren Erklärung an entsprechenden Stellen eingegangen wird. Auch hier teilt sich zunächst der Darm schon unmittelbar hinter der Region der (ehörbläschen. Die Chorda ist auch hier nur auf einer Seite vorhanden. Der Beginn zur Trennung des Rückenmarkes erfolgt erst ungefähr in der Mitte des Rumpfes. Eigentümlich sind die Einschlüsse von losen Zellen im Dotter. Diese Zellen tragen ganz den Charakter der Zellen des intermediären Gewebes. In jeder Hältte ist ein Rückenmark, ein Darmrohr, ein Wolffscher Gang, eine Muskelplatte und die intermediäre Zellschicht sehr deutlich entwickelt (Taf. VI, Fig. 11). Das hintere Körperende zeigt wieder das unpaare Nervenrohr, die medianen Wände sind nicht mehr zu erkennen. Die Ausbildung völlig symmetrischer Körperhälften zeigt Fig. 35, Taf. V. Hier ist auch die Chorda rechts und links gleich stark entwickelt. Dies gilt in gleicher Weise von den übrigen Organen, Darm und Zentralnervensystem. Interessant ist der Trennungsvorgang des Darmes. Das letzte Ende des Herzschlauches wird scheinbar von einer genau in der Symmetrieebene auf- tretenden hügelartigen Vorwölbung des Dotters in zwei nicht ganz gleiche Teile gespalten. Der Kiemendarm, der sich median- wärts zusammenzieht, wird durch diesen Dotterhügel eingeschnürt, wie es die Skizze zeigt, und dies stellt den Beginn zur völligen 176 Karl Oppermann: Spaltung in zwei Teile dar. Die Trennung der Organe vollzieht sich in der Reihenfolge, kaudalwärts fortschreitend: Darm, Chorda, Rückenmark. Einer kurzen Erläuterung bedarf noch Embryo 36, Taf. V. Er war 27 Tage alt und stellt somit das älteste untersuchte Stadium der Spaltbildungen dar. Trügken mark Auch in diesem Falle handelt es sich um eine echte Spaltbildung. Ne Jeder Teil repräsentiert eine Körperhälfte, nur der Grössen- unterschied, wie er ja auch schon (oem hei Vertretern der in der ersten | Gruppe besprochenen Objekte auf- Doetter trat, ist hier sehr bedeutend. Den- BIN: noch enthält diese kleinere Partie Rückenmark, Muskelplatten, einen Wolffschen Gang und ein Darmrohr. Die zur dritten Gruppe Taf. V, 37, 38, 40, 41 zusammen- gefassten Objekte zeigen den geringsten Grad der Spaltung. Nur das letzte Ende des Körpers ist in zwei Teile zerlegt. In der Grösse stimmen sie fast mit denen überein, die keine Spaltung zeigen. Es soll nur auf Embryo 2 etwas näher eingegangen werden. Die Organisationsverhältnisse werden durch drei Schnitt- bilder erläutert (Taf. VI, 18. 5. 7). An dieser Stelle interessiert nur Abb. 7. Dieser Schnitt ging durch die Körpergegend, in der die Teilung noch nicht ganz vollendet war. Es gliedert sich die (bildlich) rechte Muskel- und Seitenplatte und ein kleinerer Teil des Rückenmarkes ab. Eine Kupffersche Blase sowie Chorda ist nur links vorhanden. Eine besondere Stellung unter den bisher beschriebenen Spaltbildungen nehmen zwei Radiumtiere ein, von denen das eine Taf. V, Fig. 23, abgebildet ist. Bei beiden Objekten war die eine Körperhälfte gar nicht vorhanden (Taf. VII, 4 und 7). Embryo 23, Taf. V, liess, als Totalobjekt betrachtet, wenig auffällige Merkmale erkennen. Nur zeigte sich eine tiefe Furche, die den Körper durchzog. Die mikroskopische Untersuchung lehrte, dass ein wohl entwickeltes Gehirn vorhanden war, nur nahm es nicht seine normale Lage ein, sondern lag, wie Fig. 5, Taf. VII. zeigt, um fast 90° nach rechts gegen die natürliche Stellung ge- I Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 1NW dreht, so dass nun auch die Augenbläschen nicht rechts und links, sondern dorsal und ventral angelegt waren. Das Entoderm ist mehr nach links gerückt und nimmt insofern eine der Norm mehr entsprechende Lage ein, als es, wie naturgemäss, senkrecht zur Richtung des Rückenmarkes liegt. Das interessante Moment ist nun, dass das Rückenmark spätestens in der Region des Gehörbläschens seine normale Rich- tung angenommen hat, also eine Drehung um 90° nach links vollzieht; das Entoderm dagegen behält seine ursprüngliche Lage bei; es findet sich also dann nicht ventral, sondern seitlich vom Rückenmark und fehlt demnach völlig auf der anderen Seite; desgleichen sind auch Mesoderm, Chorda und Gehörbläschen nur auf der einen Seite vorhanden. Schnitt 7, Taf. VII, geht durch die Mitte des Körpers. Rückenmark, Muskelplatten, Chorda, Darm, intermediäre Zellmasse, Wolffscher Gang und Coelom sind deut- lich vorhanden und ganz normal gebildet. Die Epidermis legt sich nicht unmittelbar den Organen an, sondern verläuft so, als ob auch die fehlende Rumpfhälfte vorhanden wäre. Die Schnitte durch das letzte Körperende gehen nicht mehr genau senkrecht, dadurch werden dort die Verhältnisse etwas unübersichtlich. Wie schon am Anfang erwähnt, fanden sich noch bei einem zweiten Objekt genau die gleichen Organisationsverhältnisse. Fig. 6, Taf. VI, zeigt wieder die fast horizontale Lagerung der vorderen Gehirnpartien; es wird nur das nach der Oberfläche zu gelegene Auge gebildet. Das Entoderm liegt genähert dem basalen Ende des Medullarrohres, wieder annähernd senkrecht zur Richtung des Gehirns. Nun vollzieht sich wieder genau der gleiche Prozess wie im vorher beschriebenen Falle. Das Zentral- nervensystem hat wiederum in der Region der Gehörbläschen seine normale Lage eingenommen, während das Entoderm rechts liegen blieb. Fig. 4, Taf. VII, zeigt, dass auch hier nur ein Gehör- organ vorhanden ist; die Chorda ist ganz normal; rechts davon liegt das meso- und entodermale Gewebe. Lose, unregelmässig gelagert, fanden sich Zellen in dem Raum zwischen dem Dotter und dem Rumpf. Auch hier liegt die Epidermis nicht unmittel- bar dem Körper an, sondern umschliesst links einen Hohlraum. Auf der linken Seite ist der Coelomsack sichtbar. Mehr kaudal- wärts gelegene Schnitte lieferten Bilder, die den für den vorigen Fall beschriebenen völlig gleichen. Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 12 178 Karl Oppermann: Die völlige Übereinstimmung dieser beiden eben beschriebenen Fälle lässt vermuten, dass wir es hier mit einem ganz bestimmten Entwicklungsmodus zu tun haben. Es ist indessen nicht zu ent- scheiden, ob aus der eigentümlichen Lage des Gehirnes zum Entoderm die Ausbildung von nur einer Körperhälfte erfolgt, oder ob wegen des Vorhandenseins von nur einer Rumpfseite das Gehirn seine normale Lage völlig aufgibt. Schädigungen der Organisation der Embryonen, hervorgerufen durch Bestrahlung der zur Befruch- tung normaler Eier verwendeten Spermien. Es bleibt nun noch übrig, zu zeigen, in welcher Weise sich die Folgen des experimentellen Eingriffs in den einzelnen Organ- systemen geltend machen. Somit sollen im folgenden die Resultate der mikroskopischen Untersuchung wiedergegeben werden, die sich auf die Beschaffen- heit des Zentralnervensystems, der Sinnesorgane, Muskelplatten, Chorda, Darm, Nierensystem beziehen. Will man eine Gruppierung nach den Schädigungsgraden vornehmen, wie sie sich im Gehirn vorfanden, so wären zu unter- scheiden diejenigen Fälle, bei denen sich die Störungen vorwiegend in einer Lageveränderung zeigen, von solchen, bei denen neben dieser auch noch grosse Massen zugrunde gegangener Zellen in den Geweben zu finden sind. Der zuerst charakterisierte Typus stellt den schwächeren Schädigungsgrad dar, der vor allem für Versuch I (5 Min. Rı), II (7 Min. Re), III (1 Min. Mth) und Versuch XIII (2 Std. Mth) kennzeichnend war. Bereits in der Darstellung des Verlaufes der Versuche wurde häufig darauf hingewiesen, dass schon bei Betrachtung der Objekte mit Lupenvergrösserung eine laterale Verschiebung von Vorder- und Mittelhirn zu beobachten war, während das Nachhirn seine normale Lage beibehielt. Diese Verhältnisse erläutern z. B. deut- lich die Flächenbilder Fig. 33, 34, 35, Taf. V, oder 6 I, während bei vielen anderen Objekten, die im wesentlichen die gleichen Bildungen zeigen, erst durch das Studium der Schnittserie eine genaue Erkenntnis möglich war. Im allgemeinen bestehen die schwächeren Grade der Ver- lagerungserscheinungen darin, dass ein dorsaler Abschnitt des Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 179 Medullarrohres gegen den normal gerichteten ventralen um einen mehr oder minder erheblichen Winkel geneigt erscheint (Fig. 18, Taf. VI). Dabei kann als weitere Komplikation eintreten, dass das Gehirn ganz an eine Seitenfläche des Körpers zu liegen kommt (Taf. VI, Fig. 16). Das Extrem wird durch eine Drehung des ganzen Medullarrohres dargestellt (Taf. VII, Fig. 5 und 6). Mit dieser Lage des Gehirnes ist immer eine eigentümliche Organisation des Körpers verbunden (Hemiembryones laterales). Welcher Typus aber auch vorliegen möge, immer hat das Zentralnervensystem in der Region der Gehörbläschen seine völlig normale Lage wieder eingenommen. Einige spezielle Betrachtungen sollen die Verhältnisse näher erläutern. Fig. 33, Taf. V, zeigt einen Embryo, dessen Vorder- und Mittelhirn an die Seite gerückt ist, das Auge liegt rein dorsal. Die wirkliche Organisation wird aber ohne weiteres durch die beiden wiedergegebenen Schnittbilder klar, Taf. VI, Fig. 18 und 5. Der erste Schnitt (Fig. 15) zeigt die Region vor den Augenbläschen. Der unterste Abschnitt des Gehirnrohres steht normal, während der übrige Teil gegen den ersteren um fast 90° geneigt erscheint. Der zweite abgebildete Schnitt (Fig. 5) geht durch das linke Augenbläschen (am Objekt also rechts), während das andere nicht entwickelt ist. Die Gesamtrichtung des Gehirn- bläschens ist schon etwas mehr der Norm entsprechend, aber immerhin ist die Neigung noch so stark, dass der obere Rand des Augenbläschens (die Einstülpung des vorderen Randes ist noch nicht erfolgt) mit der dorsalen Begrenzungstläche des Nerven- rohres fast in gleicher Höhe zu liegen kommt. Die entodermale Keimschicht liegt ganz normal. Schnitte, die durch die Gehör- bläschen gehen, zeigen in jeder Beziehung völlig normale Be- schaffenheit. Ein älteres Stadium repräsentiert Embryo Taf. V, Fig. 34. Im Abschnitt über die Spina bifida ist von diesem Exemplar schon ausführlicher die Rede gewesen. Es wurde fixiert am 19. Tage nach der Befruchtung. Auch in diesem Falle zeigt das Flächenbild, wie unmittelbar kranialwärts vom Gehörorgan das Gehirn eine scharfe Biegung nach rechts macht und sich dann über die ganze Kopffläche ausbreitet. Drei Abbildungen erläutern die Verhältnisse, Taf. VI, Fig. 12, 15, 16. Während zwischen den beiden Hörbläschen das Rückenmark noch seine normale Stellung 12% 180 Karl Oppermann: inne hat, beginnt es mehr nach dem Kopfe zu sich nach links zu drehen (Fig. 15), so dass, jemehr es an Ausdehnung zunimmt, der Zentralkanal fast horizontal gerichtet ist. Am rechten Ende beginnt nun senkrecht zu dieser Richtung, jetzt also normal gerichtet, sich eine Faltung bemerkbar zu machen, so dass Schnitte, die durch die vordere Partie des Mittelhirnes gehen, Bilder liefern, wie sie in Fig. 16 dargestellt sind. In der Region der Augen- bläschen ist dann der horizontal gerichtete Teil völlig geschwunden, und hat jetzt das Hirnbläschen eine fast normale Richtung, nur liegt es ganz nach rechts gerückt. Das Auge ist lediglich auf der linken Seite entwickelt. Um nun noch den leichtesten Grad des hier in Rede stehenden Missbildungstypus des Gehirnes kennen zu lernen, sei auf Ver- hältnisse verwiesen, wie sie beim Embryo Taf. V, Fig. 45, auf- traten. Dieser sah äusserlich gut gestaltet aus, nur waren Mittel- und Vorderhirn am Totalobjekt nicht deutlich analysierbar. Die Untersuchung der Schnittserie lehrte, dass auch hier wieder sich ein oberer Abschnitt gegen einen unteren, normal gerichteten geneigt hatte. Dass hier nur ein geringerer Störungsgrad vor- lag, äusserte sich auch darin, dass in diesem Falle beide Augen- anlagen zur Entwicklung kamen (Fig. 3, Taf. VI). Die zweite Gruppe von Verlagerungserscheinungen des Ge- hirnes zeigt das Vorder- und Mittelhirn, mit der Gesamtseiten- wand der Dotteroberfläche zugewendet liegend. Es bildet also dieser Missbildungstypus einen Gegensatz zu dem vorher be- sprochenen dadurch, dass nun auch der basale Gehirnabschnitt seine normale Lage aufgegeben hat (Taf. VII, Fig. 5 und 6). In diesen Fällen kommen Embryonen zur Entwicklung, bei denen die eine Körperhälfte überhaupt nicht angelegt wird. Erwähnt sei noch einmal, dass auch für diese Verlagerungsverhältnisse ım Gebiete des Gehörorgans normale Richtungszustände zu finden sind (Fig. 4, Taf. VII). Von dem vorherbeschriebenen Typus zu diesem letzteren finden sich auch Übergangsstadien. Als ein derartiges käme die Organisation des Embryo 20, Taf. V, in Betracht. Abb. 8, Taf. VI, zeigt, dass das Medullarrohr in seiner ganzen Höhe gedreht erscheint, dass das Entoderm seine normale Lage senkrecht zum Hauptdurchmesser des Nervenrohres beibehält. Der Kiemendarm erreicht daher auf der (bildlich) rechten Seite nicht mehr das Die Entwicklung von Forelleneiern etec. 181 Ektoderm: es könnte also auch dort nicht mehr zur Bildung der Kiemenspalten kommen. Schon in der mittleren Rumpfpartie ist die Organisation dieses Embryos normal. Aus diesen Betrachtungen geht also auch hervor, dass die eigentümlichen Lageverhältnisse des Gehirnes zweier Embryonen (Taf. VII, Fig. 5 und 6) nur als das Extrem eines durch viele Übergangsstufen verbundenen Missbildungstypus aufgefasst werden können. Wie auch immer das Zustandekommen solcher Hemi- embryones laterales gedacht werden möge, so besteht die Tatsache, dass mit einer wie oben beschriebenen Lage des (Gehirnes und Entoderms die Ausbildung der einen Körperhälfte unterbleibt. Alle bisher beschriebenen Fälle wurden zu der Kategorie der leichteren Schädigungen des Zentralnervensystems zusammen- gefasst. Diesen gegenüber stehen die in den Gruppen II, III, IV beobachteten Erscheinungen. Das nervöse Gewebe ist schon ziemlich stark in Zerfall übergegangen, und zwar finden sich derartige Zerfallserscheinungen schon bei jüngeren Stadien (Fig. 15, Taf. V). Abb. 10, Taf. VI, zeigt den Zentralkanal angefüllt von zugrunde gegangenen Zellen. Entweder sind die Zellen schon völlig zerfallen oder es ist noch der Kern in der Form eines homogen färbbaren, meist kugelförmigen Körperchens erhalten. Auch innerhalb des Gewebes liegen die abgestorbenen Zellen. Die gleiche Abbildung zeigt auch, wie vorwiegend das Nervenrohr von dem Zerfall betroffen wird; dann folgen die Muskelplatten. Fast völlig gut erhalten bleiben immer Darm, die Wolffschen Gänge und die Chorda. In unmittelbarem Zusammenhange mit der Ausbildung des (rehirnes steht die der Augen. Es kann das Entwicklungsstadium der Augen geradezu als Gradmesser für den allgemeinen Zustand des betreffenden Embryos angesprochen werden. Zeigt das Gehirn schon schwere Störungen, (Versuch IV), so werden Augen über- haupt nicht mehr angelegt. Beruhte die Schädigung nur in einer (rehirnverlagerung, so konnte eine Augenbildung vor sich gehen. Fig. 3, Taf. VI, lässt erkennen, dass trotz der Biegung des oberen Hirnabschnittes beide Augen schon mit einer Linse versehen vor- handen sind. Bei stärkerer Krümmung wird nur ein Auge ge- bildet (Taf. VI, Fig. 5), und zwar immer das der Krümmung entgegengesetzte (Fig. 12, Taf. VI). Eine Linse wird immer nur 182 Karl Oppermann: dann gebildet, wenn die äussere Wand des Augenbläschens die Epidermis erreicht. Ein typisches Beispiel für diese Verhältnisse bietet Fig. 5, Taf. VII. Eine Linse hat nur das Auge, das un- mittelbar der Epidermis anlag. Das andere ist auf einem gering entwickelten Bläschenstadium stehen geblieben. Man sieht noch die beiden Lamellen. Von einer Linsenanlage ist nichts zu bemerken. Bedeutend günstiger ist die Entwicklung der Gehörbläschen. Angelegt werden sie immer, auch bei den stark geschädigten Objekten. Fast stets erhalten sie auch ein Lumen. Unterschiede machen sich immer erst mit dem Beginn der Bildung der Bogen- gänge bemerkbar. Diese kommt nur selten bei den schwach geschädigten Exemplaren über die Anlage von geringen Vor- wölbungen der Innenwand des Bläschens hinaus. Das Gehör- bläschen bleibt stets frei von zerfallenen Zellen, während der Augenbecher immer, auch bei den bestentwickelten näher unter- suchten Embryonen, wenigstens an der Eintrittsstelle des N. opticus, ziemlich erheblich in Zerfall übergegangen ist. Fig. 3, Taf. VII, veranschaulicht diese Verhältnisse. Fig. 1 zeigt das Kontroll- stadium. Deutlich wahrnehmbar ist das Uhiasma opticum, während auf dem anderen Schnitte nur wenige Nervenfibrillen des N. opticus vorhanden sind. Im Gegensatz dazu scheint die Innervierung des Gehörorgans weitaus mehr der Norm entsprechend zu sein. Nächst dem Zentralnervensystem und den Sinnesorganen zeigte das Muskelsystem die stärksten Schädigungen. Bei etwas stärker geschädigten Formen macht sich schon auf frühen Stadien Zerfall der Gewebe in ziemlich erheblichem Maße bemerkbar. Zum grossen Teil werden die Zellen in den Hohlraum zwischen Muskelplatten und Epidermis ausgestossen. Bei Embryonen, die ein entsprechendes Alter erreichen, kommt es zur Bildung von Muskelfasern. Häufig sind diese ganz normal gestaltet, geradlinig verlaufende Bündel, die sich an den Segmentenden trichterförmig in die einzelnen Fasern auflösen. In der Mehrzahl der unter- suchten Fälle jedoch waren die Muskelbündel nur sehr dünn, weniger zahlreich und verliefen unregelmässig geschlängelt. In den übrigen Geweben fanden sich nur wenig abweichende Verhältnisse. Sofern es sich nicht um Spaltbildungen handelte, zeichnete sich die Chorda, auch bei stärker geschädigten Tieren, durch gute Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 183 Beschaffenheit von den vorher besprochenen Organen aus. War bei den Spaltbildungen jedoch die Chorda in erheblich ungleiche Teile zerlegt, so nahm der schwächere immer einen sehr unregel- mässigen, gewundenen Verlauf, bohrte sich häufig in den Dotter, in einem Fall auch in das Nervenrohr (Fig. 13, Taf. VI) ein. Sie war nur sehr kurz. Vom Darm und den Urnierengängen ist nur wenig zu be- richten. Sie stellen immer die am günstigsten entwickelten Organe dar. Vergleich der Versuchsergebnisse mit ähnlichen Experimenten O. und G. Hertwigs. Wie schon mehrfach im Verlauf der Darstellung zu ersehen war, stimmen die bei den Forellenversuchen gemachten Be- obachtungen in allen wesentlichen Punkten völlig überein mit denen, die OÖ. und G. Hertwig bei den entsprechenden Frosch- experimenten feststellen konnten. Vor allem wird das Gesetz der Kurvenbildung neu bestätigt. Bei beiden Objekten wird schon durch eine relativ sehr geringe Energie der Sperma- resp. Eikern derartig geschädigt, dass die Lebensdauer der sich bildenden Embryonen nur wenige Tage be- trägt. Wird der Samen, mit dem normale Eier befruchtet werden, sehr intensiv bestrahlt, so kommt es zur Entwicklung partheno- genetischer Larven, die sich sehr lange Zeit züchten liessen (bis zu 52 Tagen bei der Forelle). Dass es sich in diesen Fällen wirklich um Tiere handelt, die von nur einem Elterntier abstammen, konnte indirekt durch die Resultate der Kernmessungen bewiesen werden. Auch G. Hertwig gibt in seiner neuesten Arbeit 1913 Kernzeichnungen normaler und parthenogenetischer Froschlarven wieder, aus denen in deutlichster Weise der Grössenunterschied ersichtlich wird. In einen gewissen Gegensatz zu den Frosch- und Forellen- versuchen treten die Experimente, die G. Hertwig an Seeigeln ausführte, insofern, als bei diesen trotz stärkster Bestrahlung der Samenfäden die Entwicklung nicht wieder einen besseren Verlauf nimmt. G. Hertwig, der auch bei diesem Objekte erste Furchungs- phasen untersuchte, fand, dass eine Verschmelzung der beiden Vorkerne nicht unmittelbar, spätestens aber auf dem Zwei- oder Vierzellenstadium vor sich ging. Daher konnte auch noch der 154 Karl Oppermann: Radiumkern seine vergiftende Wirkung in beträchtlichem Maße zur Geltung bringen. Alle Larven starben nach 48 Stunden. Die Resultate der Forellenversuche hingegen sind die gleichen, wie sie auch für die Radiumfroschexperimente gefunden wurden. Es wird auch für unseren Fall anzunehmen sein, dass, wie es G. Hertwig bei seinen Untersuchungen (1911) aussprach, wahr- scheinlich eine völlige Elimination des Radiumchromatins erfolgt, wenn die Samenfäden in stärkstmöglicher Weise bestrahlt werden. Was die pathologischen Veränderungen als solche anbetrifft, so kann auch bezüglich dieses Punktes völlige Übereinstimmung zwischen beiden Objekten konstatiert werden. Als stärkerer Schädigungsgrad sind bei Frosch und Forelle Spina bifida-Bildungen sehr häufig, die nach OÖ. Hertwig durch unvollkommenen Urmund- schluss entstehen. Die Differenzierung der beiden Randringhälften ist nicht immer ganz gleichmässig. So kommt es häufig zur Ausbildung völlig unsymmetrischer Körper. Dass sich die Schädigungen, die an den einzelnen Organen beobachtet werden können, hauptsächlich auf das zentrale Nerven- system, die Augen, die Muskelplatten beziehen, steht auch im Einklang mit den Ergebnissen der Experimente anderer Autoren, die den Einfluss der Radiumstrahlen auf die Entwicklung der Organe untersuchten. Zusammenfassung. 1. Für die Einwirkung der Radiumstrablen auf die Spermien der Forelle gilt das Gesetz der Kurvenbildung, wie es zu- erst von O. und G. Hertwig für die Radiumversuche an den Keimen von Rana esculenta gefunden wurde. a) Bestrahlungen der Samenfäden während 5 Min. mit Rı (= .187,5/e),:.7 - Min B2,287,2e),;,.'1;.Min.. Mih 76353 bedingen, wenn sie zur Befruchtung normaler Eier ver- wendet werden, schwache Schädigung des Entwicklungs- produktes. b) Alle Versuche, in denen Spermien '/» Std. mit Rı (— 225.e),. "2Std. mh B2.(— 159.e), 5 Min Mih 273 e 118td. Rı,.(=:! 4508), 2 ‚Std. Ri: (= 900); ‚3, Side (= 954 e), !/e Std. Mth (= 2750e), 8 Std. Rı (= 3600), 8 Std. Re (= 2544e) bestrahlt wurden, sind durch das Auftreten einer Sterbeperiode gekennzeichnet, die Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 185 immer am 13. Tage nach der Befruchtung beginnt und sich ungefähr über 9 Tage erstreckt. «@) Wird der Samen eine Stunde Rı (= 450e), 2 Std. Rı (= 900e) oder 3 Std. Re (= 954e) bestrahlt, so können gar keine oder nur äusserst geringe Ansätze zur Embryobildung beobachtet werden. £) In allen übrigen Fällen, also bei Bestrahlung während !/s. Std. Rı (= 223e), "/a Std. Ra (= 159e), 5 Min. Mth (= 275e), 8 Std. Rı (3600 e), 8 Std. Re (— 2544 e) kommt eine deutliche Embryobildung zustande. c) Bei zweistündiger Bestrahlung des Samens mit Mth (= 6600e) lassen sich die Kulturen bis zum 31. Tage nach der Befruchtung züchten. d) Wird Samen 19 Stunden mit Re (6042 e) oder Rı (7980 e) bestrahlt, so entstehen fast normal entwickelte Embryonen, die bis zu 52 Tage alt werden. . Durch das lange Stehen des Samens an sich (19 Std.), tritt eine Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit der Spermien gegen die Strahlen des Radiumbromids ein, so dass durch eine Bestrahlung während 19 Std. mit Ra (also nur 6042 e) die Spermien in höherem Maße geschädigt werden als durch zweistündige Bestrahlung mit Mth (6600 e). . Die aus denjenigen Bestrahlungsversuchen hervorgegangenen Embryonen, bei denen die Samenfäden 2 Std. mit Mth (= 6600e), 19 Std. mit Re (= 6042e) oder Rı (7980), sind als parthenogenetisch entwickelte Tiere zu betrachten. a) Sie sind kleiner als das gleiche Kontrollstadium. b) Sie besitzen eine deutlich wahrnehmbare, geringere Kern- grösse als gleichweit entwickelte normale Keimlinge. . Als schwächerer Missbildungstypus treten Spina bifida- Bildungen auf. a) Die Spaltung erstreckt sich entweder bis in die Region der Grehörbläschen oder bis zur Mitte des Rumpfes oder betrifft nur das hintere Körperende. b) Die Ausbildung der Körperhälften ist in den seltensten Fällen spiegelbildlich gleich. c) Stets waren Rückenmark, Darm, intermediäre Zellmasse von der Teilung betroffen. d) Die Chorda ist meist nur einseitig entwickelt. 186 Karl Oppermann: e) Die Kupffersche Blase war stets nur auf einer Seite vorhanden. f) Die Spaltung der Organe findet fast immer statt in der Reihenfolge (kaudalwärts fortschreitend): Darmblatt, Chorda, Rückenmark. 5. Zwei Fälle konnten beobachtet werden, in denen die eine Körperhälfte überhaupt nicht angelegt wurde, so dass nur ein Gehörbläschen, eine Muskelplatte, ein Woltffscher Gang, wie auch Rückenmark, Darm, Chorda, in der Einzahl vor- handen waren. 6. Die durch die Radiumbestrahlung des zur Befruchtung nor- maler Eier verwendeten Samens hervorgerufenen Schädigungen der embryonalen Organisation äussern sich vorwiegend im Rückenmark, den Augen und den Muskelplatten. a) Geringere Schädigung lediglich durch Verlagerungs- erscheinungen im Gehirn. b) Stärkere Schädigung durch Zerfall der Gewebe. Die Zellkerne ballen sich zu kleinen, sich intensiv färbenden homogenen Kugeln zusammen. . Die Resultate der Bestrahlungsversuche an Forellenspermien stehen in völligem Einklang mit den von O.und G. Hertwig an den entsprechenden Froschversuchen erzielten Resultaten. Zum Schlusse fühle ich mich verpflichtet, für die freundliche Unterstützung und die gütigen Ratschläge, die mir bei der Aus- führung vorliegender Untersuchungen durch Herrn Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. OÖ. Hertwig sowie durch Herrn Prof. Poll gewährt wurden, meinen besten Dank auszusprechen. ni Literaturverzeichnis. 1. 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Fig. 12: 18 Tage alt, Versuch IV. er Q .13: 14 Tage alt, Versuch V. Fig. 14: 14 Tage alt, Versuch VI. g.15:19 Tage alt, Versuch VI. Fig. 16: 18 Tage alt, Versuch IV. Fig. 17: 14 Tage alt, Versuch IV. \ I de Q [er ie. 18 und 19. Versuch VII. Fig. 18: 14 Tage alt. Fig 19: 13 Tage alt. 23. Versuch XI, XII. Fig. 20: 16 Tage alt, Versuch XI. Fig. 21: 14 Tage alt, Versuch X1. Fig. 22: 19 Tage alt, Versuch XII. Fig. 23: 23 Tage alt. ig. 24—45. Versuch XI. Bio, 24: 11 Tage alt. "Pie: 25: 11 Tageralt. Fie/26 71a Tagen Fig. 27: 14 Tage alt. Fig. 28: 19 Tage alt. Fig. 29: 17 Tage alt. Fig. 30: 20 Tage alt. Fig. 31: 22 Tage alt. Fig. 32: 13 Tage alt. Fig. 33: 14 Tage alt. Fig. 34: 19 Tage alt. Fig. 35: 17 Tage alt. Fig. 36: 27 Tage alt. Fig. 37: 11 Tage alt. Fig. 38: 14 Tage alt. Fig. 39: 15 Tage alt (Kontrolle). Fig. 40: 18 Tage alt. Fig. 41: 19 Tage alt. Fig. 42: 19 Tage alt (Kontrolle). Fig. 43: 21 Tage alt. Fig. 44: 20 Tage alt. Fig. 45: 20 Tage alt. Versuch XV. 44 Tage alt, mit Kontrolle. Tafel V1. 1 und 2. Zwei Schnitte durch den Nebenembryo des in Taf. V, 4 ab- gebildeten Tieres. 146fache Vergrösserung. Augengegend von Embryo 45, Taf. V. 82fache Vergrösserung. Schnitt durch die in Taf. V, 35 abgebildete Spina bifida. 82fache Vergrösserung. ou -] 9: sw = Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 159 Schnitt durch die vordere Kopfpartie des in Fig. 33, Taf. V ab- gebildeten Embryos. 103fache Vergrösserung. Schnitt durch das Körperende des gleichen Objektes. 103fache Vergrösserung. Schnitt durch das Körperende von Embryo 38, Taf. V. 103fache Vergrösserung. Querschnitt durch den in Taf. V, 20 abgebildeten Embryo. 82fache Vergrösserung. Schnitt durch die Augengegend von Embryo 29. 82fache Ver- grösserung. Schnitt durch die Gegend des Gehörorgans von Embryo 15, Taf. V. S2fache Vergrösserung. Querschnitt durch die mittlere Rumpfpartie von Embryo 34, Taf. V. S2fache Vergrösserung. Querschnitt durch den Kopf des gleichen Objektes. 82fache Ver- grösserung. Schnitt durch den Kopf des in Fig. 3, Taf. V abgebildeten Embryos. 82fache Vergrösserung. Querschnitt durch die Schwanzgegend des in 10, Taf. V abgebildeten Tieres. S2fache Vergrösserung. Querschnitt durch den Kopf von Embryo 34, Taf. 1. Querschnitt etwas weiter rostralwärts wie Fig. 15. Beide 82 fache Vergrösserung. Schnitt durch die in Taf. V, 29 abgebildete Spina bifida. 82 fache Vergrösserung. Querschnitt durch die vordere Koptpartie von Embryo 33, Taf. V. 103fache Vergrösserung. Tafel VII. Querschnitt durch die Augengegend eines Kontrolltieres; 33 Tage alt. S2fache Vergrösserung. Augengegend des in Taf. V, 10 abgebildeten Embryos. Augengegend eines parthenogenetischen Embryos; Alter: 33 Tage. Fig. 2 und 3 in 82facher Vergrösserung. Querschnitt durch die Gegend des Gehörorgans. Schnitt durch die Augengegend von Embryo 23, Taf. V. Schnitt durch die Augengegend des gleichen Objektes wie Fig. 4. Fig. 4 und 6 beziehen sich auf ein ganz ähnliches Objekt, wie es in Fig. 23, Taf. V dargestellt ist. Schnitt durch die mittlere Körperpartie von Embryo 23 (wie Fig. 5). Fig. 4—7 in 82facher Vergrösserung. ei Aus dem Biologischen Institut der Universität Berlin. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum- Arten des Pferdes unter besonderer Berück- sichtigung der Heterochromosomenforschung. Von Kurt Kühtz. Hierzu Tafel VIII—X und 8 Textfiguren. Einleitung. Die zahlreichen Arbeiten, die seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem (Gebiete der Entwicklungsgeschichte der Nematoden erschienen sind und die durch die Erforschung der feinsten chromatischen Details bei den in der Entstehung be- griffenen Geschlechtszellen so überaus interessante Resultate von grösster Tragweite gezeitigt haben, lassen eine abermalige Bear- beitung der Spermio- und Oogenese eines Nematoden a priori vielleicht als wenig lohnend und Erfolg versprechend erscheinen. Dajedoch der bei weitem grösste Teil der Autoren sein Interesse dem durch die erfolgreichen Untersuchungen van Benedens, 0. Hertwigs und Boveris geradezu zu einem klassischen Untersuchungsobjekt gewordenen Ascaris megalocephala zugewandt hat, so rief nicht allein der Mangel an weiterem Vergleichungs- material als besonders die epochemachende Entdeckung eines so- genannten Geschlechts- oder Heterochromosoms bei Arthropoden durch Me. Clung, Montgomery und Wilson und die Beob- achtungen Boveris und seiner Schüler, dass gleiche oder ähn- liche Verhältnisse auch bei Nematoden vorlägen, zu einer er- neuten Bearbeitung der Spermio- und Oogenese an anderen Nematoden unter besonderer Berücksichtigung dieses neuen Ge- sichtspunktes. Durch Herrn Geheimrat OÖ. Hertwig wurde ich auf die gerade erschienene Arbeit Gulicks aus dem Würzburger Zoo- logischen Institut aufmerksam gemacht, dem es als ersten ge- Archiv f. mikr. Annt. Bd.S3. Abt. II. 13 192 Kurt Kühtz: lungen war, den vollständigen Kreislauf eines Geschlechtschromo- soms bei einigen Nematoden lückenlos festzustellen. Es sei mir vergönnt, an dieser Stelle Herrn Geheimrat Hertwig sowie Herın Professor Dr. R. Krause für die mannig- fachen Anregungen und das stete Interesse, das sie meiner Arbeit jederzeit in liebenswürdigster Weise entgegenbrachten, meinen auf- richtigsten Dank auszudrücken. Dem berechtigten Gedanken Herrn Geheimrat Hertwigs folgend, dass die so bemerkenswerte Arbeit Gulicks einer möglichst baldigen Nachuntersuchung bedürfe, prüfte ich zuerst einen Teil derselben auf ihre Richtigkeit, und zwar wählte ich aus dem von Gulick benutzten Material Strongylus paradoxus. da dieser Parasit jederzeit reichlich in Schweinelungen anzutreffen ist. Ich will hier nur ganz kurz bemerken, dass sich meine Untersuchungen hauptsächlich auf die Spermiogenese beschränkten und dass ich insoweit die Angaben Gulicks sowohl hinsichtlich der Chromosomenzahl als auch betreffs der ungleichen ersten Reifeteilung nur bestätigen kann. Da ich jedoch das Material wegen der grossen Kleinheit der Chromosomen keineswegs für das geeignetste bei der Er- forschung so feiner Details hielt, wandte ich meine Aufmerksam- keit bald den im Pferdedarm schmarotzenden Sclerostomiden zu. Bevor ich jedoch in medias res gehe, möchte ich nicht versäumen, Herrn Professor Dr. Poll, der mich auf diese hin- sichtlich der Spermio- und Oogenese überhaupt noch nicht unter- suchte Nematodengattung aufmerksam machte, für diesen freund- lichen Hinweis meinen besten Dank zu sagen. Das Material. Wie schon oben erwähnt, wählte ich für meine Unter- suchungen die in geschlechtsreifem Zustand im Coecum und Colon des Pferdes und Esels schmarotzenden Selerostomiden. Da die einzelnen Spezies jedoch nur zeitweilig im Darm anzutreffen sind, so dehnte ich meine Beobachtungen über ein ganzes Jahr aus. Auf eine historische Zusammenstellung der Arbeiten, die uns über das Vorkommen und die Morphologie dieser Familie unterrichten, kann ich Verzicht leisten, denn wir besitzen durch die Dissertation Pöppels schon einen bis zum Jahre 1897 reichenden, umfassenden Literaturnachweis. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 193 Ich kann mich daher auf die letzten 15 Jahre beschränken und werde nur kurz frühere Arbeiten streifen, um die zahlreichen Synonyma, mit denen unsere Parasiten belegt worden sind, zur allgemeinen Orientierung hervorzuheben. Während von älteren Autoren wie Mehlis, Dujardin, Anton Schneider und Zürn nur zwei Spezies, nämlich Strongylus s. Sclerostomum (armatum) equinum und tetracanthum, morpho- logisch eingehend beschrieben worden sind, die sich schon rein äusserlich durch ihre Grösse unterscheiden lassen sollten, hat Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine weitere Aufspaltung der Arten stattgefunden. Pöppel war 1897 der erste, der erkannte, dass Sclerosto- mum armatum (Rud.) keine einheitliche Spezies darstelle und teilte sie, indem er auf den alten Namen Strongylus wieder zurück- griff, in Strongylus armatus und Strongylus negleetus nov. spec. Looss, der seine Untersuchungen 1900 in Ägypten an- stellte, spaltete von Sclerostomum armatum (Rud.) abermals eine neue Spezies, Sclerostomum edentatum, ab. Er wählte als Gattungs- namen wieder Sclerostomum, verwarf aber ausserdem die von Pöppel gegebene Speziesbenennung mit folgender Begründung: „Es erhellt nun bereits aus den Grössenverhältnissen der beiden Arten ohne weiteres, dass die letztere, die von Pöppel als nov. spec. betrachtet wurde, dem Strongylus armatus Rudolphis ent- spricht, denn dieser sollnach Rudolphi selbst 2—3 Zoll messen; diese Form also hätte den alten Namen Rudolphis zu behalten, wenn dieser seinerseits nicht wieder zugunsten des noch älteren equinum zu fallen hätte.“ Pöppels armatus dagegen entspricht den Proles Rudolphis und erhält die neue Speziesbezeichnung Sclerostomum vulgare. Von diesen drei Arten trennte Looss ferner Sclerostomum tetracanthum völlig ab und verweist diese Spezies wegen der andersartigen Mundkapselbildung in die von Molin aufgestellte Familie der Oyathostomiden. Nach seinen Angaben lässt sich Cyathostomum tetracanthum mindestens wieder in acht Spezies, vielleicht teilweise auch nur Varietäten teilen. Seine Beobachtungen sind jedoch, wie gesagt, in Ägypten ge- macht und bedürfen für Deutschland noch einer näheren Prüfung. Zu gleicher Zeit werden durch die eingehenden Unter- suchungen von Haase, Olt und Sticker die komplizierten biologischen Verhältnisse der Sclerostomiden — ihr periodisches 13* 194 Kurt Kühtz: Auftreten in den (rekrösarterien als Larven und als geschlechts- reife Tiere im Darm — aufgedeckt und Sticker ist es auch, der 1901 wiederum neue Speziesnamen gibt; und zwar unter- scheidet er in einer Abhandlung Sclerostomum armatum majus und minus, die er einmal als Arten, einmal als Varietäten be- zeichnet, während er über Strongylus neglectus Pöp. kein Urteil zu fällen wagt. Eine gleiche Einteilung in majus und minus lässt er Sclerostomum tetracanthum widerfahren. In einer anderen Arbeit, die gleichfalls 1901 erschien und die sich den Unter- suchungen von Looss anlehnt, gibt Sticker abermals neue Namen, indem er unterscheidet Selerostomum edentatum, biden- tatum und quadridentatum, entsprechend den drei Spezies Looss'. 1910 schliesslich bestätigt ©. Martin das Vorkommen von Sclerostomum edendatum Looss in Hamburg und führt noch eine reichliche Literatur auf, aus der mehr oder minder klar hervor- geht, dass Sclerostomum edentatum auch anderwärts in Deutschland beobachtet worden ist. Ich lasse nun der Übersicht halber nochmals die in der Literatur vorkommenden Synonyma folgen (siehe S. 195). Um eine vollständige Zusammenstellung der bislang bekannt gewordenen Sclerostomiden zu geben, seien hier ausser der schon Rudolphi bekannten Spezies dentatus aus dem Schwein noch zwei weitere Spezies erwähnt, nämlich Sclerostomum apiostomum Willach und Sclerostomum robustum Giles, die jedoch beide insofern für uns weniger Interesse haben, da sie weder von anderen Forschern noch von mir je in Deutschland beobachtet worden sind. Selerostomum apiostomum fand Willach 1891 bei einem Makak:; die Spezies soll durch die birnenförmige Mundkapsel leicht kenntlich sein. Sclerostomum robustum dagegen soll in der Grösse zwischen Sclerostomum armatum und tetracathum stehen und wurde 1892 von Giles in Kalkutta bei Mauleseln beobachtet. Die Spezies ist charakterisiert durch „three powerful exactly similiar teeth“, welche befestigt sind „in a sor of sheat-like pocket of tlıe pharyngeal wall... . They are probable capable of being protruded*“. Sticker gibt am Ende seiner Arbeit an, dass man die geschlechtsreifen Würmer vom Dezember bis Juli im Darm des Pferdes fände, wobei sich freilich die Angabe betrefis des Juli nur auf eine einzige Beobachtung stütze. 195 Uber die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. -u9pIOyDSIud Y4y9ıu ‘IST uoqad nz SNZIOA Top UMWOISOAOTIS AOPO WWOISOTIIg go ‘ORLy ALP Ya uUey 08 “wYeWogsoTppg Bununorszoquorumf ap Anu udopuos ‘age usyoryosuR you stydjopny uoyıoM Up ur uoueN »prog Yoopol yar eg uoger gpuRAıa wmwoIsods]sg IM BWOISOTDIS [UoMoS TU ÄAToPNnY [108 (TEST) FSursarcag uoA aqeduy uadopur Tou YoeN "uogey Iyomeagos WOISOA[S Sunuyarzag Pıp Tydjopny ][0S 8ZST Jayef wop sne of[rAuTe][g UoA ogqeduy aoum wen (} 06T 19279135 umyeguopig 1061 PAOTS WUNULOISOA9JIS umgequopripenb 006T Ssoor] | WNUL0IS0A19]9S umgeJuop9 TINWOISOAI]OS 0067 SS00r] | | 9ABopnA 0067 SS00rJ 0067 88007] 006T $S00rT umwogsoygeid wNnWOIS0A19]IS umuımbo WINWOISOLIJIS umgegJu9p9 LUNWOISOAI]I 1061 199198 snuru 49 T06T NS snfeu | TO6T 19249198 snurut 99 umygurde149} WNWOISOA]OS | snleur snyeune WINWOISOAITOS 2687 Toddg | 2681 Toddgg snyew.ae sn[kSuorg sny9aJSau snjkduoal unyFue9e1494 WUNWOISO.IIJIS TE8T Jusaıq wnyewae WNWogso.ta]jag wnyFuRde1999 BWOISO.ATIS cpgT umpaelng wnumbo BWoIS019]08 TEST SIy9L Saygueoeag94 snfkduolgs [EST SI[yaL Snyeurıe snj4duoag [reaoyo np Awogsoay[og] gagT orTLurerg (Ndopuy 4) (‚wWogsoaopg | TOST Iydjopuy snyeune snjkduorgg 08LT oa snumbo snpkduorgg —_— 196 Kurt Kühtz: Ich kann seine Statistik im grossen und ganzen bestätigen, wenn ich nur Sclerostomum equinum Looss und vulgare Looss berücksichtige, obwohl ich auch hier schon am 21. November Pärchen in copula fand. Selerostomum edentatum Looss konnte ich dagegen wie Martin auch in anderen Monaten beobachten. Es ist somit höchst auffällig, dass Sticker, obgleich er bei Aufstellung seiner Statistik den Unterschied zwischen equinum und edentatum noch nicht kannte, von August bis Dezember „keine Darmwürmer“ dieser Gattung beobachtet haben will. Da ich die drei grösseren hier in Deutschland vorkommenden Arten zur Bearbeitung meines Themas heranzog und nicht einmal betrefis der Zellgrösse so durchgreifende Unterschiede fand, die eine getrennte Besprechung lohnend erscheinen liessen, so werde ich im Verlauf der Arbeit allgemein nur von Selerostomum reden und nur an denjenigen Stellen, wo sich Arteigentümlichkeiten offenbaren, die Speziesbezeichnungen nach Looss hervorheben. Die Behandlung des Materials. Die Behandlung des Materials stösst auf mancherlei Schwierig- keiten, und ich sehe mich daher gezwungen, etwas genauer darauf einzugehen, als es sonst üblich ist. Von frisch geschlachteten Pferden wurde das Coecum und Colon rasch geöffnet und die an der Darmwand festgesaugten Sclerostomiden vorsichtig abgezogen. Bleibt der Darm erst längere Zeit liegen und kühlt ab, so lassen die Würmer selbst los und werden dann im Darminhalt schwimmend gefunden. Hierauf macht schon Olt aufmerksam, und es zeigt dies, wie empfindlich diese Parasiten auf Temperaturschwankungen reagieren. Stärkere Abkühlungen rufen nicht allein Schrumpfungen der zarten (seschlechtsorgane hervor, sondern führen sogar zu Unregel- mässigkeiten bei der Befruchtung der Eier, die ich später noch eingehend zu schildern haben werde. Da ich das Material nicht an Ort und Stelle fixieren konnte, verwandte ich mit bestem Erfolge ein Thermophor, das mit dem warmen, flüssigen Darminhalt gefüllt wurde. Hierin lebten die Parasiten, im Thermostaten auf 35° gehalten, bis zu 2 Tagen. Nach dieser Zeit gehen sie wahrscheinlich an Nahrungsmangel zugrunde, denn der sonst von aufgesogenem Blut rot gefärbte Darm erscheint hellgelb und völlig leer. Über die Spermio- und Oogenese der Scelerostomum-Arten etc. 197 Die von Pöppel angegebene Methode, die Würmer in 0,75proz. Kochsalzlösung bei Zimmertemperatur zu halten, er- scheint mir nicht empfehlenswert, da sie zu wenig den natürlichen Lebensbedingungen der Parasiten entspricht. Da die Cuticula sehr dick ist, so muss sie unter allen Um- ständen entfernt werden und zwar gleich von Anfang an, da das Material nach der Fixation brüchig wird. Die von Gulick an- gewandte Methode, die (renitalorgane vermittels einer kleinen Kautschukwalze herauszupressen, versagt hier jedoch besonders bei Sclerostomum edentatum und equinum gänzlich. Denn der Darm und die Genitalorgane sind. durch ein dichtes, wenngleich feines Mesenterialgewebe mit dem Hautmuskelschlauch innig ver- bunden und lösen sich selbst bei wiederholtem Walzen nur teil- weise ab; auch halte ich die Manipulation im allgemeinen nicht für ganz einwandfrei, denn die zarten (reschlechtsorgane müssen hierbei zweifellos stark beschädigt werden. Ich steckte daher die Würmer mit je einem Igelstachel durch Kopf und Schwanz auf Wachsplatten fest, ohne Kochsalz- lösung oder dergleichen hinzuzusetzen. Erstere ist jedenfalls ungeeignet, denn ich konnte häufig das Platzen befruchtungs- reifer Eier unter dem Mikroskop beobachten. Waren die Würmer auigesteckt und dabei zugleich etwas gestreckt worden, so stach ich vorsichtig mit einem besonders feinen Skalpell — ich benutzte hierzu ein Augenoperationsmesser nach Gräfe — in die Cuticula hinein und zwar dicht neben einer der durchschimmernden Seiten- linien. Es erwies sich als praktisch, vom Kopf aus gegen den Schwanz hin unter möglichst horizontaler Haltung der Messer- scheide zu schlitzen und es gelang dann nach einiger Übung ge- wöhnlich den ganzen Outieular- und Hautmuskelschlauch in einem Zuge zu öffnen. War dies geschehen, so wurde der eine Rand des Schlauches mit einem Igelstachel in der Mitte festgeheftet, der Darm am Hinterende durchschnitten und nun mit den daran- hängenden Geschlechtsorganen über den freien Rand vermittels flachgehaltenen Skalpells hinübergeschoben. Sodann wurde der Hautmuskelschlauch in Höhe des Ösophagus durchtrennt, so dass nach der Fixation vermittels der Mundkapsel eine Spezies- bestimmung leicht erfolgen konnte. Beim Weibchen hat man noch die Vagina zu durchschneiden, doch dauert die ganze Operation kaum eine Minute. Der Darm bleibt während der 198 Kurt Kühtz: ganzen weiteren Behandlung erhalten und dient zugleich als Stütze der sehr feinen Geschlechtsröhren. Wie schon aus Zürns Figuren zu ersehen, ist die Hodenröhre und ihr Ausführungsgang ein gewundener Schlauch und verläuft so, dass ihr blindes Ende in die Nähe des Ductus ejaculatorius zu liegen kommt. Meine Untersuchungen stellte ich teils an lebendem Material, teils an Ausstrichen, die in Osmiumsäuredämpfen fixiert wurden, zum grössten Teil aber an Schnittpräparaten an. Als Fixationsflüssigkeiten wurden hierzu gebraucht: Zenker und Flemming!) sowie Carnoy, Pikrinsublimateisessig, Helly (Müllersche Flüssigkeit 50 cem + 2!/z g Sublimat heiss zu- gesetzt + 5 ccm Formalin 40proz.) und Bouin (75 T. conz. wässerige Pikrinsäure, 20 T. 40 proz. Formalin und 5 T. Eisessig). Erstere beiden besonders für die Untersuchung der Chromatin- veränderungen in den Mitosen der Männchen; bei reifen Eiern versagten jedoch beide ihren Dienst, denn diese enthalten einer- seits zu viele sich durch Osmiumsäure stark färbende Bestand- teile, andererseits werden die winzigen Mitosen bei der Bildung der Richtungskörper durch das Sublimat verklumpt und lassen keine distinkte Färbung zu. Ich möchte hier besonders auf die Bouinsche Flüssigkeit aufmerksam machen, mit der ich bei den so schwer zu fixierenden Eiern vorzügliche Resultate erzielte. Die weitere Behandlung des Materials verlief nach der ge- wöhnlichen, genügend bekannten Methode, indem die Objekte durch die Alkoholstufen über Chloroform, Chloroform-Paraffin (aa.) in Paraffin gebracht wurden. In Chloroform-Paraffin wurden die Objekte über Nacht bei 35° gelassen, während ich das heisse Paraffin von 58° nicht länger als 2 Stunden einwirken liess. Von Färbemethoden kam Heidenhain, Safranin, Böhmers Hämatoxylin und Hämalaun sowie an Ausstrichen Gliemsa- und May-Grünwald-Lösungen mit Erfolg zur Anwendung. Die besten Ergebnisse erzielte ich aber vor allen Dingen bei nach Bouin fixiertem Material mit der Gramschen Färbung, ?) die !) Flemming: 15 Teile 1proz. Chromsäure, 4 Teile 2proz. Osmium- säure, 1 Teil Eisessig. ?) Zur Gramschen Färbung benutzt man 2 Lösungen: a) 1 gr Gentianaviolett aufgelöst in 40 cem 95"/o Alkohol + 5 cem Anilin und aufgefüllt mit aq. d. auf 300 ccm. b) 1 gr Jod aufgelöst in 2 gr Jodkaliumlösung, aufgefüllt mit ag. d. auf 300 ccm. Die Schnitte werden horizontal liegend 1 Minute mit a gefärbt, kurz Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 199 nach meiner Meinung noch viel zu wenig bei Uhromatinunter- suchungen in Mitosen angewandt wird. Es wundert mich dies um so mehr, als Flemming selbst schon gesagt hat: „Gentiana- violett gibt bei ganz derselben Anwendung wie Safranin an Chromsäurepräparaten fast noch schönere und schärfere Kern- tinktionen wie dies“. Jedenfalls ist die Färbung auch bei Pikrin- säurepräparaten schärfer als die Heidenhainsche und bringt eine bedeutende Zeitersparnis mit sich, wenngleich ich bei Flemming-Material die Farbe etwas länger einwirken lassen musste. Die Rhachisbildung bei Männchen und Weibchen. Bevor ich zur Besprechung der eigentlichen Spermio- und Oogenese übergehe, werde ich vorerst die Befestigungs- und Ernährungsstätte der Geschlechtszellen, die Rhachis, schildern. Die Ausbildung derselben ist jedoch beim Männchen und Weibchen so verschieden, dass ich sie getrennt darstellen werde, obwohl ich mich in manchen Punkten dabei wiederholen muss. a) Die männliche Rhachis. Ein Querschnitt durch die Hodenröhre kurz hinter ihrem blinden Ende zeigt im Zentrum eine unregelmässig polygonale Figur, von der zwei bis vier feine Stränge peripher ausstrahlen. Es ist die Rhachis mit ihren Hauptlamellen, die sich ihrerseits dichotom verzweigen. Ich werde auch bei Querschnitten, dem Beispiele Hertwigs folgend, von Lamellen anstatt von Ästen sprechen. weil letzterer Ausdruck leicht zu falschen Vorstellungen Anlass gibt. Bei der Frage nach dem Ursprung der Rhachis bin ich leider ebensowenig wie Schneider und A. Mayer zu einem positiven Resultat gekommen; doch fand ich die von Schneider zuerst betonte Erscheinung — dass nämlich die Rhachis ver- schieden weit zum blinden Ende der Geschlechtsröhre vordringt und dies wiederum mit der Entwicklung der Geschlechtszellen selbst in ursächlichem Zusammenhang steht — auch bei Sclerosto- mum bestätigt. So zeigte sich z. B. bei einem Serienquerschnitt mit aq. d. abgespült, 1 Minute mit b gefärbt, dann 15 Sekunden differenziert in 95°o Alkohol, 5 Sekunden in abs. Alkohol, dann in Xylol. 200 Kurt Koıhtrze durch den Hoden die Rhachis schon nach ungefähr 15 « in ihrer typischen Gestalt (Taf. VIII, Fig. 1), während sie bei anderen Schnitten erst nach etwa 40-—-70 u nachweisbar war. Zugleich richtete ich mein Augenmerk auf die an Ascaris megalocephala beobachteten Rhachiskerne, konnte jedoch anfangs trotz sorgfältiger Durchsicht der Schnittserien keinen einzigen derartigen Körper entdecken, bis ich zuletzt auf ein Männchen stiess, dessen Rhachis mehrere Kerne aufwies, die in gewissen unregelmässigen Abständen aufeinander folgten (Taf. VIII, Fig. 13). (serade dieses sporadische Auftreten besagter Kerne liess mich auf den von A. Mayer abgewiesenen Gedanken zurückkommen, dass nämlich die Rhachis nichts anderes als eine Verlängerung des im Hodenende vorhandenen Syneytiums darstellt, in die hin und wieder Geschlechtskerne hineinwachsen, welche wir dann als Rhachiskerne ansprechen. Denn halten wir die Rhachis für ein selbständig sich entwickelndes, zelliges Organ, so liesse sich der Mangel der Kerne durch nichts erklären. Der innerste Teil der Rhachis (Taf. VIII, Fig. 1) hebt sich hell von der durch Eisenhämatoxylin geschwärzten peripheren oder Randschicht ab; und schon hier macht es besonders an der einen Hauptlamelle den Eindruck, als ob die zentrale Plasma- masse bestrebt ist, in die Verzweigungen einzudringen und diese von innen her aufzuspalten. Und tatsächlich ist dies der weitere Entwicklungsverlauf. In Fig. 2 hat die noch kaum gefärbte zentrale Plasmamasse schon alle Hauptlamellen erfüllt. Nach den Untersuchungen van Benedens und Julins an Ascaris megalocephala findet eine weitere Verzweigung der primären und sekundären Äste nicht mehr statt und auch bei Sclerostomum lässt sich an Querschnitten durch diesen Hodenteil nichts Gegenteiliges erkennen. Hertwig kommt dagegen bei Ascaris megalocephala zu einem anderen Resultat, denn er sagt ausdrücklich: „Nach ihrer Kante zu lösst sich die Lamelle in feine Fäden auf, an denen die einzelnen Zellen festsitzen“. Da ich nun bei leicht geschrumpftem Material zwischen den Kernen ein zartes Netzwerk nachweisen konnte, so möchte ich schon aus diesem Grunde auch bei Scelerostomum einer weiteren Verästelung das Wort reden; ich muss mir jedoch vorbehalten, erst später darauf zurückzukommen. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 201 Ein Längsschnitt durch diese Hodengegend weist scheinbar mehrere Rhachiden auf; es handelt sich hierbei aber nur um die getroffenen Lamellen der zentralen Rhachissäule und hat nichts mit der von van Beneden und Julin bei Ascaris megaloce- phala beschriebenen und hernach von O. Hertwig bestätigten Aufteilung der Rhachis in mehrere selbständige Rhachiden zu tun. Auch die von Eberth bei Strongylus striatus und commu- tatus beobachtete Ausbildung, die ich bei meinen Vorunter- suchungen auch bei Strongylus paradoxus feststellen konnte — bei der sich nämlich die gesamte Rhachissäule abflacht, einrollt und dann teilt — und die Schneider auch bei Sclerostomum armatum vermutete, fand ich nicht bestätigt. Die Rhachis hat eben mit Schneider gesprochen „in den verschiedenen Gattungen und Spezies eine äusserst verschiedene Gestalt“. Wie Pöppel zu der Äusserung kommt: „Das Verhalten der Rhachis. ... stimme genau mit der von Augstein bei Strongylus filaria überein“ — es findet hier gleichfalls die eben geschilderte Einrollung der Rhachis statt — ist mir vollkommen unverständlich. Überdies spricht Pöppel von einer „dunklen, bandförmigen Rhachis“, während die Entwicklung von Anfang an gerade dem entgegengesetzten Ziele, nämlich der Ausbildung einer sehr umfangreichen, zylindrischen Rhachissäule, zustrebt. Die zentrale, jetzt schon leicht färbbare, noch homogen erscheinende Plasmamasse schwillt weiter an, die Kreuzfigur der Rhachis wird immer undeutlicher (Taf. VIII, Fig. 3), bis sie zu- letzt einem Kreise Platz macht (Taf. VIII, Fig. 4). An dieser Stelle kann ich jetzt auch meine obige Behaup- tung näher begründen. Von der Peripherie des besagten Kreises, der ja, wie wir oben gesehen, nichts anderes darstellt als die in ihm aufgegangenen primären und sekundären Rhachislamellen, sieht man nach allen Seiten hin Fäden ausstrahlen, d. h. die sekundären Rhachislamellen haben sich ihrerseits weiter ver- zweigt und schliesslich ein feines netzartiges Geflecht ergeben, das die einzelnen Geschlechtszellen umhüllt und stellenweise bis zum äussersten Rand der Keimsäule zu verfolgen ist. Es scheint mir durch diese Anordnung höchst wahrscheinlich gemacht, dass der Rhachis ausser ihrer gewöhnlichen Funktion eine weitere Aufgabe zufällt, nämlich die, das Protoplasma des Syneytiums auf die Ursamenkerne zu verteilen. 202 Kurt Kühtz: Hand in Hand mit der Aufspaltung der sekundären Lamellen ist eine weitere Veränderung im Rhachisstamm vor sich gegangen. Der, wie erwähnt, anfänglich homogene Rhachisstamm hat zwar noch nicht seine grösste Dicke erreicht — sein Durchmesser ist jetzt etwa 43 «u, während der der Hodenröhre nicht mehr als 93 u beträgt — lässt aber jetzt schon im Querschnitt zwei konzentrische Ringe unterscheiden, die durch ein faseriges, mehr oder weniger radiär angeordnetes Protoplasma miteinander in Verbindung stehen (Taf. VIII, Fig. 4). Ein eben solches Plasma erfüllt auch den inneren Ring. Es ist dies das erste Anzeichen für die allmähliehe Auflösung der Rhachis. Dieser Prozess schreitet vom Zentrum aus fort, und es schwindet daher zuerst der innere Ring, an dessen Stelle ein äusserst lockeres Faserwerk tritt, in dem oft mit Eisenhämatoxylin färbbare Körnchen liegen, die besonders aber in der peripheren Randschicht des Rhachisstammes angehäuft sind und in diesem Falle höchst wahrscheinlich auf die Reste tertiärer Verzweigungen derselben zurückzuführen sind (Taf. VIII, Fig. 5). Ob es sich hier um die von Schneider und Pöppel er- wähnten Körnchen handelt, vermag ich nicht zu sagen, da keiner von beiden eine nähere Beschreibung oder wohl gar Zeichnung liefert. Jedenfalls glaube ich kaum, dass Schneider bei seinen mehr oder weniger groben Untersuchungsmethoden diese feinen Partikelchen erkannt hat. Bald hernach fällt auch der äussere Ring demselben Auf- lösungsprozess anheim und die Reste der tertiären Verzweigung sind noch weiter zurückgebildet (Taf. VIII, Fig. 6). Es ist dies etwa kurz vor der Stelle, wo die Spermiogonien beginnen, sich zur Reifeteilung vorzubereiten. Die Rhachis hat hiermit Ihren grössten Umfang erreicht, denn ihr Durchmesser beträgt jetzt etwa 5l « zu 116 « Hodendurchmesser. Es ist dies eine Ausdehnung, der sich aus der gesamten Literatur kein ebenbürtiger Fall zur Seite stellen lässt. Weder Munk, noch Leuckart, noch van Beneden haben bei ihren Forschungen an anderen Nematoden eine ähnliche enorme Rhachis- ausbildung angetroffen. Schneider allein ist diese schon bei unserem Parasiten aufgefallen, da er sie schon durch die ge- schlossene Hodenröhre leuchten sah; er hat sie aber keiner ein- gehenderen Untersuchung unterzogen. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 203 Der Rhachisstamm stellt jetzt gewissermassen einen Zylinder dar, in den vereinzelte zarte Fasern hineinragen und dessen Mantel von einer ziemlich dünnen Schicht gebildet wird, die der Sitz oben besagter Körnchen ist. Der Stamm, somit seiner Festigkeit beraubt, vermag nicht länger dem Druck der ihn umgebenden und durch die äussere Hodenwand am weiteren Wachstum be- schränkten Geschlechtszellen zu widerstehen; er wird zusammen- gedrückt und legt sich ausserdem noch in longitudinale Windungen, wodurch die bei Längsschnitten auftretende Schlangenlinie ihre Erklärung findet (Taf. VIIL, Fig. 7). Die zusammengepresste Rand- schicht der Rhachis weist anfangs noch ein verengertes Lumen zwischen sich auf, aber bald ist auch dieses verschwunden und nur die immer noch sichtbaren Randschichtkörnchen zwischen den jetzt in die erste Reifeteilung eintretenden Geschlechtszellen deuten noch auf die aufgelöste Rhachis hin. Auf die Körnchen werde ich übrigens später noch einmal zurückkommen. b) Die weibliche Rhachis. Ein wesentlich anderes Bild bietet der Entwicklungsvorgang der weiblichen Rhachis. Sie ist bei weitem nicht so kompliziert und stark in den einzelnen Regionen aufgebaut, doch ist dies gerade nicht ver- wunderlich, denn wir finden dieselbe Erscheinung mit Ausnahme von Ascaris megalocephala, wo die weibliche Rhachis die männliche bei weitem an Dicke übertrifft, auch bei allen anderen Nematoden, und es ist so vielleicht zu verstehen, dass Pöppel sie in seiner Abhandlung über Strongylus armatus gar nicht seiner Aufmerksamkeit würdigte. Anfangs tritt sie uns in der gleichen (Gestalt wie beim Männchen entgegen; sie beginnt meist kurz hinter der Schneider- schen Terminalzelle, zeigt einen helleren Zentralteil, den Rhachis- stamm, mit vier oder mehreren peripheriewärts ausstrahlenden Lamellen, die sich ihrerseits nochmals teilen, d. h. die Verhältnisse liegen gerade so wie beim Männchen. Diese Gestalt bleibt nun aber beim Weibchen während der ganzen Keimzone erhalten und die einzige merkliche Veränderung besteht nur darin, dass die periphere Randschicht des Rhachis- stammes stärker wird und letzterer von Strecke zu Strecke leichte Anschwellungen aufweist. In diesen Rhachisverdickungen gelang es mir in vereinzelten Fällen Kerne festzustellen. Wir haben dergleichen Kerne schon 204 Kurt Kühtz: in der männlichen Rhachis kennen gelernt, und ich möchte daher hier nur noch darauf aufmerksam machen, dass zwischen den von A. Mayer an Ascaris beschriebenen und den von mir be- obachteten Kernen ein recht beträchtlicher Unterschied besteht. Fand Mayer bei einem Rhachisquerschnitt sowohl in der Keimzone wie in der Wachstumszone von Zeit zu Zeit zwei bis drei relativ kleine Kerne, so traf ich diese in der Keimzone und Wachstumszone stets einzeln und von sehr verschiedener Grösse. Dieselbe konnte unter derjenigen der umliegenden Geschlechts- kerne zurückbleiben oder bis zur Grösse somatischer Zellkerne anschwellen. Ich habe zwei extreme Fälle in den Fig. 50 und 51, Taf. IX wiedergegeben ; beide Kerne berühren von innen die Rhachis- randschicht, während jedoch der kleinere mehr die kugelige Form beibehalten hat, erscheint der grössere ellipsoid und weist einen deutlichen bläschenförmigen Nukleolus im lockeren Kerngerüst auf. Bevor ich nun in der Besprechung der normalen Rhachis fortfahre, möchte ich noch auf eine individuelle Verschiedenheit hinweisen, die hin und wieder recht beträchtlich ist. Einen solchen abweichenden Entwicklungsverlauf habe ich in den Fig. 8, 9 und Fig. 11 (Taf. VIII) wiedergegeben. Unmittelbar im Anschluss an die Endzelle der Ovarialröhre machte sich auf einem Längsschnitte im Syneytium schon ein breiterer, hellerer Streifen mit einigen kleineren Kernen bemerkbar (Fig. 8), der sich in einem Querschnitt (Fig. 9) etwa mit Fig. 2 der männlichen Rhachisentwicklung vergleichen liesse. Ja, die Ähnlichkeit blieb sogar in den weiteren Stadien erhalten, indem es zur Abrundung der kreuzförmigen Querschnittsfigur kam und dadurch ein Zustand etwa Fig. 4 vergleichbar erreicht wurde (Biel). Der Hauptunterschied zwischen der abnormen und der normalen Entwicklung bestand also hauptsächlich darin, dass es zur Bildung eines bedeutend stärkeren, aber undeutlich begrenzten Rhachisstammes kam, an dem von weiteren Verzweigungen keine Spur zu sehen war. Hiermit war etwa die Stelle erreicht, wo die anheftenden Geschlechtszellen in die Wachstumszone eintreten. Die nun folgenden Stadien stimmten mit den als Regel zu bezeichnenden wieder überein. Zum Vergleiche diene noch Taf. VI, Fig. 10, die dem Beginn der Wachstumszone entnommen ist. Über die Spermio- und Oogenese der Selerostomum-Arten etc. 205 Wodurch jene abnorme Ausbildung veranlasst wurde, lässt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Auffällig war jedenfalls die verhältnismässig kurze Keimzone, und ich glaube allein aus diesem Grunde, dass es sich hierbei um das schon von Schneider beschriebene Aufhören der Geschlechtstätigkeit nach einer be- stimmten Dauer der Reife handelt. Hierfür spricht vor allen Dingen noch, dass die Rhachis, wie ich oben hervorhob, in diesem Falle tatsächlich bis an die Terminalzelle reichte, was ja Schneider gerade als Charakteristikum für jenen Zustand bezeichnet. Man müsste freilich annehmen, dass die Rhachis selbst in ihrem Wachstum fortfuhr und dadurch bis an ihr äusserstes Ende diesen verhältnismässig bedeutenden Umfang erreichte. Ich fahre nun mit der Besprechung der normalen, weiteren Entwicklung fort. Die Rhachisverzweigungen, die in Fig. 10 noch schwach zu erkennen waren, sind vollkommen geschwunden. Der Rhachisstamm weist eine immerhin noch deutliche Randschicht auf (Taf. VIII, Fig. 12), sein Inneres ist von einem netzartigen Protoplasma erfüllt, das jedoch anderer Art ist, als wir es beim Männchen kennen gelernt haben. Eine radiäre Anordnung der Fasern wird hier völlig vermisst; sonst aber schreitet der Auf- lösungsprozess — denn nichts anderes als diesen haben wir vor uns — gleichfalls vom Zentrum aus fort. Die Rhachis nimmt zwar noch um weniges an Umfang zu, aber schon etwa in der Mitte der Wachstumszone hat sie ihre grösste Ausdehnung erreicht; ihr Durchmesser ist hier durchschnittlich 14 «, während der der Eiröhre 55 « beträgt. TED en 3 EEK FERN BT y Y- el RAR NN j; RX ER % N SJL+ AL: 8 \ 273 EIERN I RERIEN EN ERTIENEETTIEIRA S ie) DEE EN ee EEE A EHE Prem PP 7 3 Le ie sr 1? . | | R gs \ SL | (Ü Fe Tee Ay 377 N ) | ) (4. IN 21 Ta £ ! Fig. A Von nun ab wird sie allmählich, aber stetig dünner (Textfig. A und B, S. 235), während ihr Inneres häufig überhaupt nicht mehr nachweisbar ist. 206 Kurt Kühtz: Schliesslich verliert die Rhachis ihre zylindrische Gestalt und zerfällt in zahlreiche, mehr oder minder dicke Fasern, die noch eine Zeitlang zwischen den Geschlechtszellen der Eiröhre zu sehen sind (Textfig. C, S. 238). Es ist dies etwa die Stelle, wo die weiblichen Geschlechtsprodukte in den Eileiter eintreten, um auf dieser Wanderung noch den Reifeprozess durchzumachen. Die weibliche Rhachis erweist sich also als bedeutend ein- facher in ihrer Ausbildung und verschwindet auch bis auf die letzten Spuren in einem früheren Entwicklungsstadium der sie umgebenden Geschlechtszellen, als wir es bei der männlichen Rhachis feststellen konnten. Am Ende dieser Rhachisbesprechung sei es mir vergönnt, noch kurz auf eine Eigentümlichkeit hinzuweisen, die mir beim Studium der Literatur auffiel. Bei den meisten bisher eingehend untersuchten Strongyliden konnte beim Männchen die Abflachung und Einrollung der Rhachis beobachtet werden. Vielleicht stellt sich diese Eigentümlichkeit bei weiteren Prüfungen als ein neues Charakteristikum dieser Familie heraus, und es wäre somit indirekt ein neuer Beweggrund gefunden, die von mir untersuchten Parasiten in die Familie der Sclerostomiden zu stellen und den von Pöppel wieder aufgenommenen Namen Strongylus zu verwerfen. Ich werde im Laufe der Arbeit auf ein vielleicht noch eigentümlicheres Charakteristikum der Sclerostomiden zu sprechen kommen, das sie von allen bislang untersuchten Nematodenarten trennt. Die Entwicklung der männlichen Geschlechts- produkte. a) Die Keimzone. Ein Längsschnitt durch das blinde Ende der Hodenröhre bietet im grossen und ganzen das gleiche Bild, das bisher von allen anderen untersuchten Nematoden beschrieben worden ist. Den Abschluss bildet eine umfangreiche Zelle mit grossem, bald ellipsoidisch, bald wurstförmigem Kern, der einen bläschen- förmigen, glänzenden Nukleolus aufweist. Von Strubell ist diese Zelle bei Heterodera schachtii schon mit Recht als ein Analogon der Schneiderschen Terminalzelle bezeichnet worden. An diese Zellen schliessen sich nun zahlreiche kuglige Kerne an, die in einer plasmatischen Grundmasse ruhen und somit das schon mehrfach beschriebene Syncytium darstellen. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 207 Unter den vielen Autoren, die sich mit der Erforschung der Chromatinverhältnisse in den Geschlechtszellen der Nematoden beschäftigt haben, hat nur ein geringer Teil den ungünstigen Verhältnissen in den Spermio- und Oogonien ihre Aufmerksamkeit geschenkt und unter diesen sind es wiederum O. Hertwig, Brauer, Struckmann und Gulick, die an verschiedenen Objekten hervorheben, dass sich die frühesten Spermiogonienkerne im Stadium der Ruhe befänden oder dass sich ihr Chromatin entweder als sehr feine zahlreiche Körnchen oder auch als ein unregelmässiges Retikulum darstelle. Ich habe „derartige Ruhestadien“ auch bei Sclerostomum beobachten können, wie am besten ein Vergleich der Struck- mannschen Fig. 1, Taf. X und meiner Fig. 14, Taf. VIII erhellt. Ich bin jedoch der Ansicht, dass diesen Spermiogonienkernen die Bezeichnung „Ruhe“ zweckmässiger abzusprechen ist; denn unter einem ruhenden Kern verstehe ich vielmehr einen solchen, bei dem entweder das Chromatin überhaupt nicht oder als ein kompakter Haufen, als Chromatinnukleolus, sichtbar zu machen ist. Doch welcher Bezeichnung man auch zustimmen mag, jedenfalls findet man von Anfang an „ruhende Kerne“ mit Teilungsstadien vermischt, und es scheint mir auch diese Anordnung schon dafür zu sprechen, dass wir die Stadien der „ruhenden Kerne“ als den Beginn der Prophasen ansehen müssen. Die feineren Vorgänge bei der Spermiogonienteilung sind ausser- ordentlich schwer zu erkennen, denn die Kerne sind im Verhältnis zu der sich ausbildenden Chromosomenzahl recht klein. Immerhin vermochte ich an den äussersten, grösseren Ursamenkernen einige regelmässig auftretende Chromatinveränderungen festzustellen. In den, wie schon erwähnt, kugligen Kernen findet man das gesamte Chromatin in Brocken von unregelmässiger Gestalt und etwas differenter Grösse stets peripher gelegen, gewisser- massen der Kernmembran von innen angeklebt. Dieser Eindruck wird besonders durch den Mangel oder genauer gesagt durch das kaum sichtbar zu machende Liningerüst hervorgerufen. Bei den meisten Fixations- und Färbmethoden ist es überhaupt nicht nach- weisbar, nur an Flemming - Material, das mit Eisenhämatoxylin- Eosin gefärbt worden war, sowie an Bouin-Material bei Gram- scher Färbung zeigte sich ein feiner blasser, achromatischer Faden, auf dem die Chromatinbrocken ruhten. Archiv f.mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 14 208 Kurt Kühtz: Dieses Stadium wäre also den besagten „ruhenden Kernen“ gleichzusetzen. Als ein weiterer Beweisgrund meiner obigen Behauptung wäre jedoch noch hervorzuheben, dass die Anzahl der vorhandenen Chromatinbrocken annähernd derfür Selerostomum typischen Chromosomenzahl gleichkommt. Die Chromatinbrocken strecken sich nun ein wenig und werden zu kurzen, dicken Chromatinstäbchen (Taf. VII, Fig. 15), die ihrerseits bald in bedeutend zartere, etwas geschlängelte Fäden übergehen (Fig. 16 und 17), wodurch das von Struckmann und anderen beschriebene Stadium erreicht wird; es scheint das- selbe jedoch nur zu Beginn der Hodenröhre vorzukommen und bei den späteren Kernteilungen der Keimzone unterdrückt zu werden. Hiermit haben die Chromosomen — denn als solche müssen wir sie von jetzt ab zweifellos bezeichnen — ihre grösste Länge, aber nicht ihre endgültige Gestalt erreicht; vielmehr werden nun die gleichen Entwicklungsphasen, aber in entgegengesetzter Richtung, durchlaufen. Dieser Vorgang erscheint im Grunde genommen zwecklos, liesse sich jedoch vielleicht erklären, wenn wir unser Stadium mit den feinen, geschlängelten Chromosomen dem Spiremstadium der typischen Kernteilungen gleichsetzen, wobei es in unserem Falle nicht zur Ausbildung eines einheitlichen Fadens kommt, sondern dieser von Anfang an in Teilstücken auftritt. Die Chromatinfäden, die infolge ihrer Länge nicht mehr ausschliesslich peripher gelagert sind, sondern auch teilweise durch das Kerninnere hindurchziehen, werden jetzt zu gebogenen, schliesslich geraden Stäbchen (Fig. 18) und beginnen sich einer- seits wieder zu verkürzen und zu verdicken, andererseits macht sich auch eine Anordnung nach einem bestimmten Prinzip bemerkbar, indem sie sich allmählich einander ihrer Längsachse parallel zu lagern suchen (Taf. VIIL, Fig. 19). Zu gleicher Zeit macht sich eine seichte mediane Querfurche bemerkbar, die auf die bevorstehende Teilung hinweist. Eine Kernmembran konnte ich bei diesem Stadium nicht mehr nachweisen, vielmehr lagen die Chromosomen in einem helleren Hof des gemeinsamen Zellplasmas. Es ist jedoch wohl möglich, dass die Kernmembran erst später oder sogar früher verschwindet, denn da sie niemals recht deutlich hervortritt, so ist eine Täuschung wohl denkbar. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 209 Haben die Chromosomen sich so weit verkürzt, dass sie nur noch aus zwei dicht aneinander liegenden Kügelchen bestehen, einem Biskuit vergleichbar, so haben sie sich auch schon in einer Äquatorialplatte angeordnet, die bei einer Polansicht elf Chromo- somen aufweist (Taf. VIII, Fig. 20). Die stark verkürzten Chromosomen konnte ich nur in wenigen Fällen deutlich beobachten, und es ist dies vielleicht ein Stadium, das sehr schnell durchlaufen wird. Die Form der weit häufiger vorkommenden Spindeln liess jedoch von vornherein eine derartige Verkürzung der Chromosomen vermuten. Fällt nämlich die Spindelachse mit der Schnittebene zusammen, so sieht man eine zierliche, wenig gestreckte Spindel, deren Spindel- fäden bei Safraninfärbung schwach rot tingiert sind, bei der Gramschen Färbung aber besonders an Flemming - Material sehr gut hervortreten und an den Polen winzige Centrosomen auf- weisen. Im Äquator dagegen findet man eine stark gefärbte, scheinbar kompakte Platte, die häufig einen feinen Längsspalt zeigt, d. h. in diesem Falle sieht man zwei übereinander liegende Scheiben. Jede Scheibe aber ist nichts anderes als die Summe der eben gebildeten Tochterchromosomen. In wenigen Fällen konnte ich jedoch auch an diesen Spindeln die Stellung der Chromosomen in der Äquatorialplatte beobachten, letztere war dann aber stets beim Mikrotomieren zerteilt und dadurch übersichtlicher geworden (Taf. VIIL, Fig. 21 a—c). Aus vorangegangener Schilderung ist ersichtlich, dass die einzige Möglichkeit der Chromosomenzählung in den Prophasen oder in den Metaphasen bei Polansicht liegt; es schliesst sich also Sclerostomum ganz den bei Ascaris canis, Strongylus filaria und neuerdings von Mulsow bei Ancyracanthus eystidicola be- schriebenen Verhältnissen an. Nun aber nochmals zurück zur Chromosomenzahl selbst. Wie gesagt, werden in den Spermiogonien elf Chromosomen gebildet, und es ist daher bei Begücksichtigung der Verhältnisse, die wir später beim Weibchen kennen lernen werden, von vornherein zu vermuten, dass es in der Teilzone zu einer Heterokinese kommen wird, da eins der elf Chromosomen ein Monosom ım Sinne Montgomerys oder ein Idiochromosom nach der Wilsonschen Bezeichnung ist. Gulick, der bei Heterakis vesicularis ähnliche Verhältnisse aufdeckte, indem er neun Chromosomen beobachtete, sagt hierzu: 14* 210 Kurt Kühtz: „Es wäre theoretisch zu erwarten, dass eins von diesen Chromo- somen sich von den acht anderen als unpaares Heterochromosoma oder Idiochromosoma erkennbar unterscheide, und es ist nicht unmöglich, dass wir es in dem grössten Chromosoma der Äquatorial- platte zu erkennen haben; aber ich halte es für gewagt, geringen (srössenunterschieden bei so kleinen Chromosomen viel Bedeutung zuzuschreiben“. Ich stimme dieser Äusserung vollkommen bei und möchte nur noch hervorheben, dass mir bei Sclerostomum in diesen Stadien auch nicht der geringste Grössenunterschied aufgefallen ist, immerhin beschränken sich meine Beobachtungen nur auf eine kleine Zahl genügend klarer Bilder. Ich möchte nun noch eines Kernbestandteiles Erwähnung tun, der von allen Forschern stets beschrieben worden ist, nämlich des Nukleolus. Wenn man sich obiger Schilderung erinnert, so wird man leicht einsehen, dass ein Nukleolus unter der Zahl der stark, wenn auch nicht gleichgefärbten Uhromatinbrocken nur etwa durch bedeutendere Grösse auffallen könnte. Dies ist jedoch nur in beschränktem Maße der Fall. Glücklicherweise kommt hier ein anderer Umstand zu Hilfe, nämlich die verschieden grosse Affinität der Körnchen, die Farbstoffe festzuhalten. Bei allen Schnitten, die nach Heidenhain, Gram oder mit Safranin gefärbt wurden, liessen sich durch im Grunde genommen zu langes Entfärben ein oder zwei, selten sogar drei Körnchen herausdifferenzieren, die bei gewöhnlicher Färbung von den übrigen Chromatinbrocken nicht zu unterscheiden waren. Das eine derselben zeigte eine wenig gestreckte, stäbchenförmige (Gestalt, das andere stets kuglige (Taf. VIII, Fig. 22). Obwohl ich es für gewagt halte, so winzigen gestaltlichen Verschiedenheiten einen allzu grossen Wert beizulegen, so wäre es immerhin denkbar, dass wir schon hier in dem gestreckteren Körper das oben erwähnte Heterochromosom vor Augen haben; doch werde ich hierauf erst in späteren Entwicklungsstadien zu sprechen kommen. Vergleicht man (Querschnitte durch die Keimzone betrefts der Anzahl und Verteilung der Mitosen, so stellen sich dabei individuelle Verschiedenheiten heraus. Es ist keineswegs selten, dass man bei Schnittserien durch die Keimzone aufeinander folgende Bilder erhält, in denen unter ca. 400—500 Spermiogonien- Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 211 kernen auch nicht eine Meta- oder Anaphase zu sehen ist; in anderen Schnittserien dagegen ist das Verhältnis etwa wie 10 zu 4—500. Vielleicht lässt sich hieraus ein periodischer Entwick- lungsverlauf schliessen, wie er ja in der Spermiogenese des öfteren beobachtet worden ist. Bevor ich nun in der weiteren Besprechung der Chromatin- umwandlungen fortfahre, sei noch kurz der sogenannten Zwischen- körperchen gedacht, die in der Keimzone festzustellen waren. O0. Hertwig, der als erster die wahre Bedeutung der viel umstrittenen Gebilde aufdeckte, fand sie bei Ascaris megalocephala in der Keimzone zwischen den Spermiogonienkernen verstreut und konnte sie einwandfrei durch eine Reihe von Zwischenstadien als degenerierte Kerne identifizieren. Es sind seitdem an den ver- schiedensten Objekten die gleichen Körper wiedergefunden worden, nur mit dem Unterschied, dass sie teils in anderen Zonen, teils in anderer Anordnung angetroffen wurden. Die von mir bei Sclerostomum beobachteten schliessen sich am besten den von Schleip bei Rhabdonema nigrovenosum be- schriebenen an, indem auch hier die Zwischenkörperchen stets an der Peripherie der Hodenröhre auftreten und kompakte, stark färbbare Klumpen darstellen (vgl. Taf. VIII, Fig. 2). Kehren wir aber jetzt wieder zu den Spermiogonienkernen zurück. Den oben geschilderten Umwandlungsprozess muss die Deszendenz der Ursamenkerne mehrmals durchlaufen, das lässt sich ohne weiteres einerseits aus der Anzahl der Kerne am Ende der Keimzone, andererseits aus den überall sporadisch auftretenden Mitosen schliessen. Wieviel der Teilungen etwa vorliegen, und was der Grund des schliesslichen Aufhörens derselben ist, dafür lassen sich keinerlei Anhaltspunkte finden; die Frage ist auch, soweit mir bekannt, von keinem Forscher berührt worden. b) Die Wachstumszone. Beim Eintritt in die Wachstumszone hat der Kern seine geringste kuglige Grösse, und zwar ist er etwa halb so gross wie zu Anfang der Keimzone, was am deutlichsten aus den beiden Übersichtsbildern Fig. 1 und 2 zu ersehen ist. Es lagern hier auf einem (Querschnitt etwa acht bis neun Kerne auf einem Radius, das ist die höchste Zahl, die je erreicht wird. 212 Kurt Kühtz: Eine strenge Grenze zwischen Keim- und Wachstumszone existiert allerdings nicht und die einzige wegen ihrer schlechten Sichtbarkeit aber gleichfalls nicht durchgreifende Erscheinung ist das Auftreten von Zellgrenzen zwischen den Kernen. Ich habe eingangs bei Besprechung der Rhachis schon darauf hingewiesen, dass die feinsten Rhachisverzweigungen die Aufteilung des Syneytiums übernehmen, da diese aber in ihren Uranlagen nur an leicht geschrumpftem Material zu sehen sind, so büssen sie als Prognose für die Wachstumszone bedeutend an Wert ein. Zwischen den Maschen dieses Netzwerkes liegt im gegebenen Falle je ein Kern, dessen umhüllendes Plasma sich meist zurück- gezogen hat, dicht dem Rhachisnetz anliegt und letzteres dadurch deutlicher hervorhebt. Erst von hier ab können wir also von Geschlechtszellen reden, in deren Kernen wir zahlreiche Chromatinbröckchen finden und ausserdem einen grösseren runden und einen schwach ge- streckten Körper, d. h. das erste Nukleolusstadium Gulicks (DagovıH Rie 23): In der Wachstumszone hat Gulick bei Heterakis vesicularis drei typische Stadien unterschieden. Inwieweit ich ähnliche Ver- hältnisse auch bei Sclerostomum fand, werden wir im weiteren Verlauf der Darstellung sehen, zuerst möge hier die diesbezügliche Stelle Gulicks folgen: „Zwischen der letzten Spermatogonien- teilung und dem Zeitpunkt, in dem die Tetraden deutlich zum Vorschein kommen, sind drei Hauptstadien zu unterscheiden, nämlich 1. ein erstes Nukleolusstadium, 2. ein Spiremstadium und 3. ein zweites Nukleolusstadium. Die Bezeichnung Nukleolusstadiunı ist hier rein deskriptiv. Wir werden sehen, dass der „Nukleolus“ im dritten Stadium und vermutlich im ersten eigentlich ein kompakt bleibendes Chromosoma, ein „Chromosomnukleolus“, ist.“ Wir haben also in den oben beschriebenen Kernen zweifellos das erste Nukleolusstadium Gulicks vor uns, wobei der etwas gestrecktere' Chromatinkörper dem „Uhromosomnukleolus“ ent- sprechen dürfte. Eine weitere Gegenüberstellung meiner Bilder mit denjenigen Gulicks scheitert jedoch daran, dass das Charakteristikum, nämlich das Auftreten, Verschwinden und abermalige Auftauchen eines Nukleolus, bei Sclerostomum nicht vorhanden ist. Auch hier können wir in der weiteren Entwicklung drei oder sogar vier Uber die Spermio- und Oogenese der Scelerostomum-Arten etc. 213 Phasen unterscheiden, aber stets werden wir in ihnen mehr oder minder deutlich eins bis zwei Nukleolen finden; die Stadien gehen zwar alle ohne scharfe Grenzen ineinander über, zeigen jedoch im Höhepunkt ihrer Ausbildung stark in die Augen fallende Unterschiede. Die dem ersten Stadium folgende Phase ist durch die all- gemeine Gestaltveränderung des Kernes gekennzeichnet. Derselbe nimmt eine ovale Form an und lagert sich stets so, dass seine Hauptachse mit den Transversalachsen der Hodenröhre zusammen- fällt. Seine Ohromatinbröckchen treten dicht an die Kernmembran, wodurch letztere fast unsichtbar wird und ausserdem tingieren sie sich nicht mehr scharf, sondern beginnen klumpig zu werden. Hierdurch treten die beiden Nukleolen in den Hintergrund, lassen sich aber meist noch nachweisen. Bei gut gelungener Gramscher oder Safraninfärbung sieht man zwischen den Chromatinbrocken einen feinen achromatischen Faden verlaufen, so dass der ganze Kerninhalt einer Perlschnur ähnelt, wie dies Tretjakoff auch für Ascaris megalocephala beschrieben hat und dadurch vielleicht andeutungsweise an das Spiremstadium Gulicks erinnert (Taf. VII, Fig. 24). Es folgt nun eine weitere Verklumpung des Chromatins, das jetzt einen mehr kompakten Eindruck macht und sich zu einem zackigen, unregelmässigen Gebilde verwandelt, wodurch die ovale Gestalt des Kernes unterdrückt wird. Denn die Kern- membran, die, wie oben erwähnt, mit dem Chromatin in engen Kontakt trat, ist verschwunden oder besser gesagt unsichtbar geworden, indem sie den Chromatinbröckchen dicht aufliegt (Taf. VIII, Fig. 25 a— ce). Wir haben somit zweifellos das von Brauer, Tretjakoff, Mulsow und anderen stets beschriebene Synapsisstadium vor uns, freilich mit dem auffälligen Unterschied einer nicht nach- weisbaren Kernmembran. Diese Zone der Hodenröhre lässt sich von allen am schwersten darstellen, denn wenn z. B. bei angewandter Gramscher Färbung die übrigen Stadien längst zu weit differenziert sind, so ist besagte Zone noch stark überfärbt und fällt bei einer Durchsicht der Schnittserien zuerst ins Auge. Fährt man aber mit der Differen- zierung weiter fort, so verschwindet das Kernbild, ohne je deutliche Konturen gezeigt zu haben. 214 Kurt Kühtz: Ich möchte hier ein weiteres, wiederum hauptsächlich durch die äussere Kerngestalt gekennzeichnetes Stadium einschalten, das ich „gestrecktes Knäuelstadium“ nennen werde, um durch eine Bezeichnung wie „Spindelstadium“ nicht zu Verwechselungen Anlass zu geben. Es ist durch folgende Eigentümlichkeiten charakterisiert. Aus dem Chromatinklumpen entwickelt sich mit der Zeit wieder ein ovaler Kern, der aber bald zu einem langgestreckten Körper ausgezogen wird und etwa drei- bis viermal so lang als dick ist. Die Kernmembran ist währenddessen wieder sichtbar geworden und die dieht unter ihr liegenden Chromatinbrocken, die durch einen achromatischen Faden verbunden sind, wie wir dies nun schon mehrfach kennen gelernt haben, wölben sich ins ytoplasma vor, so dass der ganze Kern gleichsam mit kleinen Warzen versehen ist (Fig. 26). Von diesem „gestreckten Knänelstadium“, wie ich es eben geschildert habe, gibt es zwar mannigfache Abweichungen, indem die Pole einerseits gerundet sein können, andererseits die sonst in der Mitte gelegene breiteste Kernstelle nach einem Pol gerückt oder sogar verschwunden ist, so dass der Kern wurstförmig wird, stets aber finden wir das Chromatin in Bröckchen verteilt und unter diesen einen grösseren kugligen und einen mehr oder weniger gestreckten Körper, d. h. stets Gebilde, die wir mit gleichem Recht wie im „ersten Nukleolusstadium“ als „Nukleolen“ bezeichnen können (Taf. VIII, Fig. 26 a—ı). Der Übergang aus diesem Stadium in das sogenannte „zweite Nukleolus-“ oder letzte Stadium der Wachstumszone ist auch bei Selerostomum ein ganz allmählicher und nimmt überhaupt den grössten Teil derselben in Anspruch. Wie schon hervorgehoben, verliert ja für mich die Bezeichnung „erstes und zweites Nukleolus- stadium“ vollkommen an charakterisierendem Wert, da ich auch in den Zwischenstadien die Nukleoli beobachten konnte, immerhin mag diese Benennung entsprechend der Gulickschen gestattet sein, wenn man nicht den allgemeineren Begriffen: Anfangs-, Spirem-, Synapsis-, gestrecktes Knäuel- und Endstadium der Wachstumszone den Vorzug geben möchte. Indem der Kern allmählich wächst und seine ovale Gestalt wiedergewinnt, gehen am Chromatin und seinem Gerüstwerk nur insofern Veränderungen vor sich, als das Gesamtbild klarer und deutlicher wird (Taf. VIIL, Fig. 27. und 28a—c). Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten ete. 215 Hand in Hand mit der Kernvergrösserung findet ein Wachs- tum des Cytoplasmas statt. Es liegen bei einem Querschnitt durch diese Zone nur noch vier bis fünf Kerne auf einem Radius der Hodenröhre und die Peripherie derselben zeigt languettenartige Einbuchtungen (vgl. Fig. 4). Eine jede Languette entspricht der Zellgrenze des unter ihr liegenden Kernes. Ebenso treten neben den oben beschriebenen tertiären Rhachislamellen kleine Spalten auf, die nach und nach grösser werden und zwischen sich feine Stiele erkennen lassen, mit denen die Spermiogonien der Rhachis- säule aufsitzen. Sobald sich die Zahl der auf einem Radius liegenden Spermiogonienkerne bis auf drei vermindert hat, lassen sich häufig schon dünne Stiele bis zu den an der Peripherie lagernden Kernen nachweisen nnd wir haben dann die schon mehrfach be- schriebenen keulenförmigen Spermiogonienzellen vor uns (Taf. VIII, Fig. 5). Indem nun die Kerne weiter anschwellen und sich allmählich wieder der Kugelform nähern (Taf. VIII, Fig. 29), werden einer- seits die Keulenenden dicker und massiger, andererseits verkürzt sich der Keulenstiel, so dass die (Geschlechtszellen schliesslich fast rechteckig sind und der Rhachis mit breiter Basis aufsitzen (Taf. VIII, Fig. 6 und 7). Hiermit ist aber die Stelle erreicht, wo, wie wir oben gesehen haben, die Rhachissäule zusammengedrückt wird, d.h. die Grenze zwischen Wachstums- und Reifezone, und wir müssen von nun ab die Geschlechtszellen als Spermiocyten bezeichnen und die folgenden Chromatinveränderungen ihrer Kerne als Prophasen für die erste Reifeteilung ansprechen. Werfen wir nun kurz einen Blick auf das Verhalten der Kerne in der Wachstumszone zurück, so können wir das Zurück- treten eines vollkommenen Ruhestadiums in derselben sowie das stete Vorhandensein eines kugeligen und eines mehr oder minder stabförmigen Nukleolus als charakteristisch für Sclerostomum hervorheben. Ob man aber in dem stabförmigen Körper einen „Uhromosomnukleolus“, wie Gulick sagt, oder das „Hetero- chromosom* zu erblicken hat, wie dies Mulsow bei ähnlichen Verhältnissen für Ancyracanthus eystidicola behauptet, ist zwar sehr wahrscheinlich, lässt sich jedoch, wie die weitere Entwicklung zeigen wird, nicht strikte beweisen. 216 Kurt Kühtz: c) Die Reifezone. An den jungen Spermiocyten machen sich bald weitere Veränderungen bemerkbar, indem sie einerseits durch den gegen- seitigen Druck eine polygonale Gestalt annehmen, andererseits gehen an den Chromatinbrocken der Kerne die gleichen Vorgänge von statten, wie wir sie an denjenigen der Keimzone kennen gelernt haben. Auch jetzt entstehen erst wieder feinere, längere Chromosomen, die sich durch ihr zackiges Aussehen und ihre Windungen auszeichnen (Taf. VIII, Fig. 30 und 31a und b): bevor es jedoch zur typischen Tetradenbildung kommt, können wir mit Schleip sagen, „machen die Chromosomen oftenbar recht merkwürdige Gestaltsveränderungen durch, doch sind alle diese CUhromosomenformen bekanntlich schon oft gefunden und beschrieben worden“. Ich kann mich daher kurz fassen ; die fadenförmigen Chromo- somen werden allmählich kompakter, verlieren ihr zackiges Aus- sehen und sind mehr oder minder stark gebogen (Taf. VII, Fig. 31). In diesem Stadium stimmen sie mit den von Struck- mann (Fig. 23 und 24) abgebildeten überein, ich möchte aber besonders betonen, dass die übrigen Zwischenstadien — nämlich die Ausbildung eines Doppelfadens und dessen spätere Teilung -—- bei unserem Objekt zum Fortfall kommen; somit kann ich ım Gegensatz zu Struckmanns unsicherer Äusserung mit aller Bestimmtheit sagen, dass ein kontinuierlicher chromatischer Faden bei Sclerostomum niemals anzutreffen ist. Die langen, gebogenen Chromosomen strecken sich jetzt etwas und nur ihre Enden weisen noch eine Zeitlang eine schärfere Krümmung auf; zugleich bemerken wir in der Mitte der Chromo- somen das Auftreten eines Querspaltes sowie bei günstiger Lagerung auch einen Längsspalt, mit anderen Worten, wir haben typische Tetraden vor uns (Taf. VIII, Fig. 32a und b). In der Art der Tetradenbildung weichen somit meine Be- obachtungen von denjenigen Struckmanns bedeutend ab. Während Struckmann für Strongylus filaria angibt, dass zwei der gebogenen Chromosomen miteinander in Verbindung treten und „die Tendenz zeigen, sich parallel zu lagern“ und nun an jedem Faden eine Querteilung auftritt, „die jedoch nicht zu Ende geführt wird“, habe ich für Scelerostomum die Überzeugung ge- wonnen, dass die anfangs einheitlichen Chromosomen erst durch Über die Spermio- und Oogenese der Selerostomum-Arten etc. 217 Quer- und Längsspaltung in die Tetradenform übergehen. Die Konjugation der Chromosomen muss also schon in der Anlage vollzogen sein, und meine Beobachtungen würden sich somit etwa den Brauerschen für Ascaris megalocephala anschliessen. Sobald die Tetradenform deutlich zur Ausbildung gelangt ist, wobei sich die Chromosomen etwas verkürzt haben und auch ihre Endenkrümmung verschwunden ist, macht sich unter ihnen eine Anordnung nach einem bestimmten Prinzip bemerkbar. Von den sechs ausgebildeten Chromosomengruppen finden wir nämlich entweder je drei einander parallel gerichtete, die als Ganzes auf- gefasst, gegeneinander um 90° gedreht sind oder aber es stehen sogar fünf Gruppen einander parallel, während nur die sechste eine abweichende Stellung einnimmt (Taf. VIII, Fig. 32a und b). Wird auch häufig diese Anordnung nicht völlig erreicht, so sehen wir doch meist vier Chromosomengruppen einander parallel gerichtet. Schon auf diesem Stadium waren ziemlich deutliche Grössenunterschiede zwischen den chromatischen Elementen zu erkennen. So ist z. B. in Fig. 35a das untere chromatische Element bedeutend dünner und kürzer. Bei den zwei rechts und links im Kern liegenden, die gleichfalls dünner erscheinen, muss dagegen unbedingt die Lage berücksichtigt werden, denn decken sich die Teilstücke einer Tetrade im Bilde, so muss sie selbst- verständlich schlanker erscheinen, als wenn dieselben neben- einander wahrgenommen werden. Immerhin bleibt die rechte Chromosomengruppe auch etwas an Länge zurück, und da ich ähnliche Abweichungen hin und wieder fand, möchte ich doch an der so oft betonten mathematischen Genauigkeit der Chromo- somenbildung berechtigte Zweifel hegen; denn diesen Grössen- differenzen der beiden seitlichen Chromosomengruppen eine tiefere Bedeutung beizulegen, halte ich für verfehlt. Während der bekannten, jetzt einsetzenden Verkürzung und Verklumpung der Tetraden verlassen sie die Kernmembran, die hiermit zugleich verschwindet und ordnen sich zur Spindel. Auf das Verschwinden des Längsspaltes in den Tetraden ist schon von mehreren Seiten aufmerksam gemacht worden, doch kann ich der Struckmannschen Annahme, „dass das Verschwinden des Längsspaltes während des Teilungsvorganges jedenfalls der auf die plastischen Chromatinmassen einwirkenden Zugkraft der Spindelfasern zuzuschreiben ist“, nur schwer beistimmen, denn 218 Kurt Kühtz: der Spalt kann längst verschwunden sein, bevor auch nur eine Spur von Spindelfasern nachzuweisen ist, oft sogar schon vor der Auflösung der Kernmembran. In der Spindel, deren Pole von winzig kleinen Centrosomen eingenommen werden, die bei der Gramschen Färbung graublau bis violett, mit Safranin schwach rosa tingiert werden, stehen die Chromosomen so, dass ihre Längsachsen mit denen der Spindel- fasern zusammenfallen, ihre Anordnung zueinander lässt sich jedoch nur in Polansichten erkennen (Taf. VII, Fig. 33 a—d). In diesen Fällen sehen wir meist fünf in einem Kreise an- geordnete Körnchen, Tetradenquerschnitte, die bei nicht zu weit differenzierter Gramscher Färbung herzförmig erscheinen, was wohl auf den verschwommenen Spalt zweier nebeneinander liegender Chromosomen zurückzuführen ist. In dem Zentrum des Kreises steht dann jedesmal ein bedeutend feineres Chromosom in Form eines kleineren Körnchens (Fig. 53a). Diese Anordnung ist schon von Schleip, Struckmann, Gulick und Mulsow geschildert worden, d. h. überall da, wo in der ersten Reifeteilung sechs Chromosomengruppen vorhanden waren, und ich möchte ihr wegen der charakteristischen Form die Bezeichnung „Rosettenstadium“ beilegen. Neben diesem typischen „Rosettenstadium“ kommt, wenn auch bei weitem nicht so häufig, eine andere Stellung vor, etwa den fünf Augen eines Würfels entsprechend, wobei ein sechstes, kleineres Auge ausserhalb der Karreefigur anzutreften ist (Fig. 33 c); weicht jedoch die Anordnung von der Rosettenform ab, so sind mancherlei Stellungsdifferenzen aufzufinden, die meist durch kleine Verschiebungen der Chromosomgruppen untereinander hervor- gerufen werden. Sowohl aus der ungeraden Chromosomenzahl der Ursamen- kerne als auch aus dem Grössenunterschied der sechs Spermio- cytenchromosomen lässt sich, wie schon angedeutet, in einer der beiden Reifeteilungen eine Heterokinese im Sinne Gutherz’ erwarten, d.h. die Erscheinung, dass in der Mitose ein Ohromosom, nämlich das Mono- oder Heterochromosom, statt in zwei nach verschiedenen Polen auseinanderweichende Teile zu zerfallen, ungeteilt dem einen Pol zuwandert, wobei es sich meist langsamer bewegt und hinter den übrigen Teilstücken der Chromosomen zurückbleibt. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 219 Und in der Tat findet man auch bei Sclerostomum der- artige Vorgänge, aber bei weitem nicht in dem Maße, dass man sie als typische Stadien, die von allen Spermiocyten in der ersten Reifeteilung durchlaufen werden müssen, ansprechen dürfte. Ich habe verschiedentlich Stadien angetroffen, bei denen die Tochter- platten erst so wenig voneinander gerückt waren, dass man ein zurückbleibendes Chromosom zweifellos hätte sehen müssen und trotzdem war ein solches auch nicht einmal andeutungsweise vor- handen (Taf. IX, Fig. 34 a—c). Wir müssen also entweder annehmen, dass die verlangsamte Bewegung bei Geschlechtschromosomen kein allgemeiner, typischer Vorgang ist oder aber wir müssen für den Mangel dieser Er- scheinung in unserem Falle eine andere Erklärung finden; ich kann diese jedoch erst abgeben, wenn wir den weiteren Verlauf und die zweite Reifeteilung kennen gelernt haben. Durch die erste Reifeteilung werden also die fünf Tetraden in zehn Dyaden zerlegt, während das Monosom sich höchst wahr- scheinlich ungeteilt einer der beiden Tochterplatten anschliesst. Wir haben somit zwei Arten von Tochterplatten zu unterscheiden, nämlich erstens eine solche mit fünf aus je zwei Chromosomen bestehenden Chromosomengruppen und zweitens eine solche mit gleichfalls fünf Chromosomengruppen + einem Monosom. Die Erkenntnis dieser Tatsache wird aber durch den Umstand erschwert oder sogar unmöglich gemacht, dass die Teilstücke der Tetraden sich während ihrer Wanderung zum Pol dichter aneinanderschliessen und somit bei der Polansicht eine kompakte Scheibe darstellen, deren Rand schwach languettiert erscheint — wobei jede Languette einem Chromosom entsprechen dürfte — und deren Zentrum häufig eine hellere Stelle aufweist. Wenn letztere durch den Mangel des Monosoms verursacht würde, so könnte man hieraus sowie aus der Zahl der Languetten auf die Chromosomenzahl der jungen Spermiocyten zweiter Ordnung schliessen, doch liegen die Verhältnisse meist nicht so klar, wie man aus obiger Schilderung vermuten könnte, so lassen z. B. beide Erscheinungen in einem Bilde vereinigt an Klarheit oft zu wünschen übrig (Taf. IX, Fig. 35 a—d). In diesem Stadium verharren die jungen Spermiocyten zweiter Ordnung, ohne eine Kernmembran gebildet zu haben, nur kurze Zeit, und es wäre noch hervorzuheben, dass man bei Längs- 220 Kurt Künhtz: schnitten manchmal auf der einen Seite des Hodenschlauches Spermiocyten zweiter Ordnung findet, während auf der anderen Seite bedeutend jüngere Stadien lagern. Diese Erscheinung erklärt sich aus dem schon oben geschilderten geschlängelten Verlauf der zusammengedrückten Rhachis, die häufig noch in der ersten Reifeteilung zwischen den Geschlechtszellen nachzuweisen ist, wie dies Schneider auch schon bei Filaria papillosa beobachtet hat. Aus diesem Grunde ist es auch keineswegs schwer, unter Berücksichtigung unserer Beobachtung bei der Rhachisausbildung. das Auftreten zahlreicher, kleiner Körnchen zwischen den Ge- schlechtszellen zu deuten, die oft den Anschein von Centrosomen erwecken können. Es handelt sich hierbei sicherlich nur um die letzten Reste der tertiären Rhachisverzweigungen, welche die schon früher betonte starke Affinität zu Kernfarbstoffen beibehalten haben, wenngleich sie teils schon bis auf (Centrosomengrösse reduziert worden sind. Aus den Tochterplatten der Spermiocyten erster Ordnung gehen schliesslich wieder Spindeln hervor, die sich von denen der ersten Reifeteilung allein durch ihre Grösse unterscheiden, selbst- verständlich abgesehen davon, dass ein Teil sechs, der andere Teil fünf Chromosomengruppen aufweist, wie ich dies ja schon in obiger Schilderung angegeben habe. Es liegen also auch bei der zweiten Reifeteilung die Chromosomengruppen mit ihrer Längsachse in der Richtung der Spindelfasern und zeigen in der Mitte eine Einschnürung, die auf eine abermalige (merteilung hindeutet (Taf. IX, Fig. 36 a—e). Wir müssen uns daher fragen: Was für Veränderungen haben die bei der ersten Reifeteilung auseinander weichenden, nebeneinander liegenden Teilstücke der Dyaden durchgemacht, damit sie in der zweiten Reifeteilung wieder als langgestreckte Chromosomen mit angedeuteter Querteilung auftreten können ? Ich habe diese Umwandlungen leider nicht beobachtet, kann aber unter Berücksichtigung der Verhältnisse, die wir später bei der Ausstossung der Richtungskörper kennen lernen werden, einen homologen Vorgang auch bei der Reifeteilung der männlichen (eschlechtszellen annehmen, besonders da ja auch Struckmann schon bei Strongylus filaria gleiche Vorgänge aufgedeckt hat. Nach seinen Beobachtungen spaltet sich die Dyade schon in der Anaphase der ersten Reifeteilung dem anfangs angedeuteten m, De Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 221 Längsspalt entsprechend auf; „oft ist der Spalt zwar nur als zwei Zipfel erkennbar. Die Hälften der Dyaden weichen nun am einen Ende weiter voneinander und indem sie sich verkürzen, liegen sie nicht mehr mit dem Längsspalt aneinander, sondern sind hintereinander geordnet“. Ebenso müssen sich die Umwandlungen auch bei Sclerostomum abspielen, denn gesetzt den Fall, die Dyaden wanderten unter einer Drehung von 90° in die Äquatorialplatte der zweiten Reifungsspindel, wie dies schon mehrfach beobachtet worden ist, so könnten die Chromosomen unmöglich fast die gleiche Länge wie die der ersten Reifeteilung aufweisen. Liesse sich somit die Form und Stellung der Chromosomen in befriedigender Weise erklären, so stossen wir in den Anaphasen der zweiten Reifeteilung abermals auf wider Erwarten vorkommende Verhältnisse; denn wir finden absolut die gleichen Bilder wie bei der ersten Reifeteilung, auch hier hin und wieder deutlich das Zurückbleiben eines Chromosoms. Obwohl also diesmal eine Teilung sämtlicher Chromosomen in gleicher Weise stattfinden sollte, doch eine verschiedenartige Bewegung und zwar in dem Maße, dass die von Gutherz betonte „sozusagen physiologische Breite der Abweichung“ bei weitem überschritten war, und wir mit Recht von einer Heterokinese sprechen dürfen. Wir müssen dementsprechend entweder annehmen, dass die Teilung eines Monosoms an und für sich schwerer und langsamer von statten geht oder aber unsere obige Behauptung, dass einer heterotypischen Bewegung in der Mitose keine Chromosomen- differenz zugrunde zu liegen braucht, von neuem bekräftigen. Die andere Erklärung, auf welche ich oben schon andeutungs- weise aufmerksam machte, wäre folgende: Berücksichtigen wir unsere Beobachtungen bei der ersten und zweiten Reifeteilung, in der sich beide Male vereinzelte Heterokinesen auffinden liessen, so könnte man, wenn man der heterotypischen Bewegung der Uhromosomen grossen Wert beimisst, annehmen, dass die Teilung des betrefis seines Querspaltes ja stets gleich gelagerten Monosoms sowohl in der ersten wie in der zweiten Reifeteilung stattfinden könnte. Hierdurch würde sich einerseits der Mangel eines gleich- mässig verteilten fünf- und sechsgliedrigen „Rosettenstadiums“ in der zweiten Reifeteilung erklären lassen, andererseits liesse sich dieser Vermutung aber auch die Tatsache zur Seite stellen, 222 Kurt Kühtz: dass bei einigen Tieren die Heterokinese in der ersten, bei anderen in der zweiten Reifungsteilung auftritt. Jedenfalls würde ja auch bei wechselndem Vorkommen der „ungleichen“ Teilung stets der gleiche Schlusseftekt erzielt werden. Ein Grund für dieses unregelmässige, scheinbar beliebige Verhalten des Monosoms liesse sich freilich nur schwer angeben, es sei denn, dass derselbe in der abweichenden Stellung des kleinen Chromosoms im Rosettenstadium läge. Denn das eine steht ja fest, tritt bei Sclerostomum eine heterotypische Bewegung auf, so zeigt sich das zurückbleibende Uhromosom im Gegensatz zu Heterakis vesicularis stets in der Mitte, niemals dagegen an der Seite! Die Frage nach der Reduktion des Chromatins, bei der die meisten Forscher im Grunde genommen nicht über Ver- mutungen hinausgekommen sind, findet bei der von uns ange- wandten Hertwigschen Terminologie in sich selbst ihre Lösung, da die Reduktion des Uhromatins nur mit der Reduktion der Chromosomenzahl, d. h. in der zweiten Reifeteilung. erfolgen kann. d) Der Umbildungsprozess der Spermatiden in das befruchtungsfähige Spermium. Die aus der zweiten Reifeteilung hervorgegangenen Chromo- somen liegen wieder dicht aneinander, gerade so, wie wir es schon nach der ersten Reifeteilung beobachten konnten; sie sind von nun ab nicht mehr zählbar, sondern stellen je nach der Aufsicht des Beobachters einen einheitlichen Chromatinklumpen von bald dreieckiger, bald fünfeckiger Gestalt dar. Dieser Klumpen oder Kern, der von keiner Membran umgeben ist, rundet sich all- mählich ab, wird dadurch kleiner und liegt noch eine längere Zeit im Zentrum einer polygonalen Zelle, die wir als Spermatide zu bezeichnen haben (Taf. IX, Fig. 37 a—f). Scheben, der als erster den Ausdruck „Kern“ für die CUhromatinansammlung der Spermatiden rügt, kommt zu dem Schluss: „‚Kern‘ nenne ich beim Spermatid die chromatischen Elemente — Kernvakuole, für die chromatischen Elemente behalte ich die Bezeichnung ‚Chromosoma' bei.“ Dieser Ansicht schliesst sich auch Struckmann an, da auch er bei Strongylus filaria das Uhromatin der Spermatide von einem „homogenen Hof“ umgeben findet. Ich kehre jedoch zu der alten, wenn auch ungenauen Bezeichnung zurück und ver- Über die Spermio- und Oogenese der Selerostomum-Arten ete. 223 stehe unter „Kern“ der Spermatide nur das Chromatin, da ich dasselbe zwar in einer etwas helleren Plasmazone sah, die aber keineswegs scharf abgegrenzt war. Die weiteren Veränderungen an der jungen Spermatide führen nun nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, in gerader Richtung ihrem Endziele der typischen, kugeligen Spermatozoen- form der Nematoden zu, sondern zu einer grossen Reihe teils ganz extremer Entwicklungsstadien, bevor das reife, befruchtungs- fähige Spermium ausgebildet wird. { Diese merkwürdige und in ihrem Resultat noch nicht völlig aufgedeckte Erscheinung ist von anderen Nematoden her schon lange bekannt und von Leuckart in seinem Werke „Menschliche Parasiten“ hervorgehoben worden. „Bei der Mehrzahl der Nematoden“, schreibt Leuckart, „erliegen diese Samenkörper noch einer nachträglichen Meta- morphose. Sie ist bei den einzelnen Arten mehrfach verschieden und läuft in der Regel erst in den Geschlechtsorganen des weib- lichen Tieres ab. Bei den Strongyliden nimmt das Samenkörperchen durch Streckung des Protoplasmas eine bald birnenförmige, bald auch schirmförmige oder zylindrische Gestalt an... Der Kern liegt dann nicht selten in Stäbchenform an dem einen Ende des Samenkörpers.“ Bei der Metamorphose des Sclerostomidenspermiums lassen sich nun zwei Hauptstadien unterscheiden, nämlich: 1. in der Vesicula seminalis des Männchens die Ausbildung langgestreckter Spermatiden, die ich als „Ejakulationsstadien“ bezeichnen möchte, und 2. im Uterus die Umbildung des Ejakulationsstadiums in das kugelige „Befruchtungsstadium“ oder reife Spermatozoon. 1. Die Ausbildung der Ejakulationsform. Der kuglige Kern der Spermatide beginnt nach einer längeren Ruhepause nach der Zellperipherie zu wandern, bevor er jedoch dieselbe erreicht hat, tritt eine Streckung der Sper- matide ein und zwar in einer der Kernbewegung entgegengesetzten Richtung (Taf. IX, Fig. 35 a und b). Hierdurch wird aus der polygonalen Samenzelle ein kurzer, wurstförmiger Körper, an dem man eine heteropole Hauptachse unterscheiden kann, deren einer Pol vom Kern eingenommen wird. Archiv f. mikr. Anat. Bd.S3. Abt. II. 15 224 Kurt Kühtz: Während nun der Kern in gleicher Richtung weiter der Zellperipherie zustrebt, geht seine Gestalt in eine ovale, schliess- lich zuckerhutförmige über (Taf. IX, Fig. 39 a und b). Das Cyto- plasma, das ihn bislang umlagerte, ist bis auf eine feine, dünne Randschicht reduziert und liegt zum grössten Teil als breiter, plumper Anhang hinter ihm. Es ist leicht verständlich, dass man bei weiterer Streckung des Plasmas die folgenden Stadien nicht mehr an Schnittpräparaten verfolgen kann; ich machte daher von frisch geöffneten Hoden Ausstriche und fixierte diese in Osmiumsäuredämpfen 1—2 Minuten. Derartig gewonnene Präparate färbte ich meist mit Giemsa- Lösung, May-Grünwald-Lösung oder auch Böhmers Häma- toxylin. Diese Ausstriche ergaben stets sehr instruktive Bilder, die jedoch teils so weit von den Schnittpräparaten abwichen, dass ich bei der Besprechung dieser Methode noch einen Augen- blick verweilen muss. Am auffälligsten war jedenfalls der Grössenunterschied ; so zeigten z. B. junge Spermatiden, deren Durchmesser an Schnitt- präparaten nie mehr al$ 4 u betrug, eine Grösse von 6 bis 10 u. In gleichem Maße erschien aber auch das Chromatin umfang- reicher und vor allen Dingen nicht so kompakt. Die Kerne der jungen Spermatiden liessen bei der Giemsa-Färbung stets ein sehr feines, ziemlich lockeres Knäuel erkennen, das ich bis in das zuckerhutförmige Kernstadium verfolgen konnte; erst von hier ab erschien der Kern, indem er allmählich an Tinktionsfähigkeit verlor, homogen und unterschied sich betreffs seiner Grösse kaum von den Kernen der Schnittpräparate (Taf. IX, Fig. 40—42). In Anbetracht dieser differenten Chromatinbilder machte ich auch von den Reifeteilungen Ausstriche, die gleichfalls wesent- liche Abweichungen darboten. Ich gebe aus diesen Präparaten eine Mitose wieder (Taf. IX, Fig. 43), einerseits zum Vergleich mit meinen übrigen Figuren, andererseits aber, um auf die grosse Ähnlichkeit mit den von Gulick für Heterakis vesicularis ab- gebildeten Verhältnissen hinzuweisen, die aus meinen Schnitt- präparaten niemals hervorgegangen wäre. Es ist mancherlei für und wider die Ausstrichpräparate gesprochen worden, und ich habe teils selbst die Überzeugung gewonnen, dass manche Verhältnisse, wie z. B. die Lagerung der Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 225 Chromosomen, sicherlich künstlich verändert werden; immerhin glaube ich aber, dass sie neben Schnittpräparaten gut zu ver- wenden sind. Vielleicht würden durch Ausstriche manche Meinungs- verschiedenheiten, die im Grunde auf eine etwas andere Behand- lungsmethode des Materials zurückzuführen sind, aus dem Wege geräumt werden, denn das eine geht doch aus obigem klar her- vor: Unsere Objekte büssen durch die Fixationsmethoden und besonders durch die weitere Behandlung viel an Realität ein. Wir hatten die Spermatiden bis zur zuckerhutförmigen Kernbildung kennen gelernt, betrachten wir nun die weiteren Verhältnisse an Ausstrichen. Die Spermatide, die wir jetzt schon mit Recht als wurm- förmig bezeichnen können, streckt sich immer mehr und geht dadurch aus ihrer anfangs plumpen Gestalt in eine schlanke, meist gewundene Form über. Die den vorn zugespitzten, hinten sich allmählich wieder abrundenden Kern umhüllende Plasma- schicht ist so fein geworden und liegt dem Kern so dicht auf, dass sie nicht mehr wahrnehmbar ist. Unmittelbar hinter dem Kern, den wir dem Kopf des Wirbeltierspermiums gleichsetzen können, findet sich eine seichte Einbuchtung des — wie ich stets sagen werde — „wurmförmigen Plasmaanhanges“, wodurch der Kopf noch mehr hervortritt (Taf. IX, Fig. 44 a—d). Der wurmförmige Anhang hat an Färbbarkeit stark ver- loren und streckt sich etwa acht- bis zehnmal so lang als der Kopf nach hinten; er hat eine warzige Oberfläche und zeigt am Hinterende eine keulenförmige Verdickung. In diesem Protoplasma-Anhang konnte ich häufig bei den. verschiedensten Färbmethoden Körperchen feststellen, von denen am konstantesten ein sichel- oder kappenförmiges im ange- schwollenen Hinterende war. Bei der Heidenhainschen Färbung erschienen oft zahl- reiche, wenn auch schwach tingierte Körnchen, die im ganzen Plasma-Anhang verteilt waren (Taf. IX, Fig. 45 a—c), während bei einem Sclerostomum vulgare sowohl Safranin wie Gentiana- violett an den ersten Umwandlungsstadien einen stark gefärbten, stabförmigen Körper zu erkennen gab, der aus dem Kern hervor- ging und am hinteren Ende allmählich in die Plasmafärbung über- ging (Taf. IX, Fig. 46 a—d). 15* 226 Kurt Kühtz: Es legt dies die Vermutung nahe, dass ein Teil des Chro- matins in den wurmförmigen Anhang einwandert, was ohne Schaden für die Chromatinmasse geschehen könnte, da, wie wir des weiteren sehen werden, der Anhang nicht wie der Schwanz des Wirbeltierspermiums beim Eintritt ins Ei verloren geht. Bei einem nach May-Grünwald gefärbten Ausstrich zeigte auch der Kern zwei differente Zonen. Der grössere Teil des Kopfes erschien blass rosa, während kurz vor dem Plasma- Anhang eine dunkler gefärbte Partie lagerte (Taf. IX, Fig. 47). Ich glaube dieser Differenz keine weitere Bedeutung zusprechen zu dürfen und möchte auch von vornherein die Annahme, es könne sich hier vielleicht um ein Uentrosom entsprechend dem Wirbeltierspermium handeln, zurückweisen. Denn einerseits ging aus der Grösse des besagten Körpers die untrennbare Zugehörig- keit zum Kern zu klar hervor, andererseits wäre es doch höchst merkwürdig, wenn gerade an dieser Stelle das Centrosom auf- treten sollte, wo es sonst während der ganzen Spermiogenese wegen seiner minimalen Grösse nur wenig auffiel. Mit dieser lang wurmförmigen Gestalt ist das Ende der Spermatidenentwicklung im Hoden, d.h. das „Ejakulationsstadium*, erreicht, das in ungeheuren Mengen wirr durcheinander geschlungen die Vesicula seminalis des Männchens erfüllt, bereit in die weib- lichen Geschlechtsorgane übergeführt zu werden. Da ich bei allen drei Arten, die ich untersuchte, diese so eigentümliche Form wiederfand, verdient sie wohl als besonders wichtiges und auffälliges Merkmal der Selerostomiden - Familie hervorgehoben zu werden. 32. Die Ausbildung der Befruchtungstorm. Öffnet man ein Weibchen von Sclerostomum, so findet man im untersten Teil des Uterus das gleiche Bild wie in der Vesiceula seminalis,. das Pöppel mit folgenden Worten beschreibt: „Die sowohl in der Samenblase wie im Endteil der weib- lichen Genitalröhre vorhandenen männlichen Geschlechtsprodukte weichen ebenfalls von der sonst bei Strongyliden gewöhnlichen Form erheblich ab und ähneln den von Leuckart bei Oxyuris ambigua abgebildeten. Man kann an diesen Spermatozoen deutlich einen Kopf und einen schwanzartigen Anhang unterscheiden. Von der Gesamtlänge von 36,8 « kommen auf den kugligen, einen Uber die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 227 blassen Kern enthaltenden Kopf 2,4 u. Der Schwanzanhang erreicht an seiner breitesten Stelle (etwas über der halben Länge) eine Breite von 1,5 « und lässt manchmal eine leichte Querstreifung erkennen.“ Ein Blick auf Pöppels Taf. I, Fig. 13c genügt, um zu erkennen, dass er den beobachteten Spermien eine falsche Deutung gegeben hat. Wahrscheinlich verleitet durch die Leuckartschen Angaben bei Oxyuris hält Pöppel das keulenförmige Ende des Plasmaanhanges für den Kopf. „Der blasse Kern“ entspricht augenscheinlich dem von mir oben beschriebenen sichel- oder kappenförmigen Körper, während die „leichte Querstreifung“ den Körnchen im ganzen Protoplasmaanhang oder seiner warzigen Oberfläche gleichwertig sein dürfte. Immerhin ist es ja höchst auffällig und unverständlich, dass Pöppel der sich nach den meisten Methoden stark färbende Kern nicht aufgefallen ist. Vielleicht liesse sich dieser Mangel dadurch erklären, dass Pöppel, der ja der Spermio- und Oogenese überhaupt nur geringes Interesse entgegengebracht hat, die Reifung der Spermatiden an Präparaten studiert hat, die für andere Zwecke angefertigt waren und die Kernverhältnisse nur schlecht hervor- treten liessen. Die ejakulierte Spermamasse hat, wie schon gesagt, eine abermalige und zwar reziproke Entwicklung durchzumachen. Folgt man dem Uterus aufwärts, so sieht man, wie sich das Spermaknäuel allmählich entwirrt, indem sich jede Spermatide mit ihrem kugligen Ende an die Wand des Uterus anheftet und den Kopf in das Lumen desselben vorstreckt. Dabei sind schliesslich die einzelnen Spermatiden so genau einander parallel gerichtet und besetzten das gesamte Uterusepithel so dicht, dass ich sie anfangs für Zotten, entsprechend den bei Ascaris megalocephala beschriebenen, hielt, bis ich aus dem weiteren Entwicklungsverlauf den wahren Tat- bestand erkannte (Taf. IX, Fig. 48). Legte schon die Ausbildung der schlanken Ejakulationsform den Gedanken einer leichten Beweglichkeit nahe, so liess mich diese zweifellos eine aktive Bewegung voraussetzende Wanderung der Spermatiden im Uterus nicht mehr an meiner Vermutung zweifeln. Ich untersuchte daher in der von Strubell für Heterodera Schachtii angegebenen Weise die der Vesicula seminalis oder auch 228 Kurt Kühtz: dem unteren Uterusteil entnommenen Spermamassen in einer /sproz. NaCl-Lösung, aber leider ohne Erfolg. Auch der Zusatz weiblicher Leibeshöhlenflüssigkeit zum Spermium brachte mich meinem Ziele nicht näher. Da Strubell die Spermatozoen bis zu 2 Stunden lebend erhalten konnte, so musste der Grund meines Misserfolges in den verschiedenen Lebensbedingungen der beiden Entoparasiten liegen. Die Sclerostomiden bedürfen eben einer Temperatur, die der eines Pferdes entspricht, welcher Umstand für Heterodera fortfällt. Um diesen Bedingungen nach Möglichkeit gerecht zu werden, bediente ich mich des „hängenden Tropfens“ nach Art der Bakteriologen und beobachtete das Spermium auf einem heizbaren Objekttisch, der stets auf 35—40° gehalten wurde. Der hohl- geschliffene Objektträger mit Vaselinring sowie das Deckgläschen wurden schon vorher auf 35° erwärmt, sodann ein gerade in copula befindliches Männchen geöffnet und, um ein vorzeitiges Eintrocknen zu verhindern, unter beständigem Behauchen die Geschlechtsprodukte aus der Vesicula seminalis auf das Deckglas übertragen und dieses schnell dem Vaselinring aufgedrückt. Bei dieser Versuchsanordnung konnte ich denn auch an einzeln liegenden Spermatiden eine zitternde Bewegung des ganzen langgestreckten Körpers wahrnehmen, durch die allmählich die Spermatide fortbewegt wurde. Dass es sich hier um irgend welche Strömungserscheinungen gehandelt hat, die durch Ver- dunstung hervorgerufen sein könnten, lässt sich nicht annehmen, da ich beim Öffnen der kleinen „feuchten Kammer“ auch am folgenden Tage die Spermamassen noch in ihrer serösen Flüssig- keit vorfand. Trotz alledem erscheint mir die beobachtete Bewegung für die oben geschilderte Wanderung der Spermatiden nicht ausreichend zu sein und ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dass unter den normalen Lebensbedingungen den Spermatiden eine grössere Beweglichkeit eigen ist. Die an die Uteruswand angehefteten Spermatiden werden nun je weiter man den Uterus nach oben verfolgt wieder kürzer und zwar so gleichmässig, dass sie sich in ihrer Gesamtheit stets auf dem gleichen Entwicklungsstadium befinden. Ich habe diese Vorgänge, die sonst keine wesentlichen Veränderungen am Kern oder Plasmaanhang hervorrufen, in Fig. 49a—e, Taf. IX, wieder- Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten ete.. 229 gegeben, die aus einem Ausstrich herrühren. Das kuglige Ende des wurmförmigen Anhangs tritt zuletzt etwas stärker hervor und in diese Blase. den Rest des Protoplasmas, das jetzt seine Färbbarkeit völlig verloren hat, wird der immer noch gestreckte Kern hineingezogen, so dass sich das befruchtungsreife Spermatozoon als eine Kugel darstellt, in deren Innerem ein länglicher Stab, der Kern, liegt. Es ist somit die Vermutung O. Meyers, dass „der Hof“, welcher den Spermakern von Sclerostomum tetracanthum umgibt, aus „achromatischer Substanz des Plasmas gebildet werde“, durchaus richtig. Bei den meisten Fixationsmethoden nimmt das Kernplasma freilich eine ellipsoide Gestalt an und so ist auch von O. Meyer das Sperma von Strongylus tetrancanthus beschrieben worden. Hiermit sind also die Entwicklungsvorgänge der männlichen (Geschlechtszelle abgeschlossen, und ich werde erst bei Besprechung der Eibefruchtung auf die weiteren Schicksale des Spermas zurückkommen. e) Allgemeine Erörterungen die Umbildung und Maße der Spermatiden betreffend. Bevor ich jedoch zur Oogenese übergehe, halte ich es für gerechtfertigt, dieser so hochinteressanten Spermatidenentwicklung noch ein paar Worte im allgemeinen zu widmen. So ist zuerst die Frage zu erledigen: Wie schildert Pöppel diese seltsamen Vorgänge in seiner Arbeit über Strongylus armatus? Zweitens: Was für eine Bedeutung hat die Ausbildung der langgestreckten Spermaform, wenn sie nicht ein Mittel zur leichteren Befruchtung darstellt? Und drittens: Sind die kugligen Formen wirklich die befruchtenden oder vielleicht degenerierte Spermatozoen ? Die erste Frage ist leicht zu beantworten. Von den ganzen Entwicklungsvorgängen im Uterus finden wir bei Pöppel kein Wort und die einzige Stelle, die vielleicht auf eine ähnliche Beobachtung hinweisen könnte, sei im folgenden wiedergegeben: „In der hier beschriebenen Form — es handelt sich um die schon oben zitierte Schilderung — präsentieren sich die dem lebenden oder eben getöteten Wurm entnommenen Spermatozoen jedoch nicht immer. Daneben findet man oft solche, bei denen sich der Schwanz ösenartig an das Köpfchen anlegt und nur weniges über 230 Kurt Kühtz: letzteres hinausragt (Fig. 13c). Seltener lassen sich Formen auf- finden, bei denen das völlig zusammengerollte Samenelement wie der Embryo im Ei in einer äusserst feinen, glashellen, struktur- losen Hülle liegt (Fig. 13a). Dass diese verschiedenen Gestalten jedoch ausgebildete und normale Entwicklungszustände repräsen- tieren, wage ich nicht zu behaupten.“ Sowohl aus dieser Schilderung wie aus den Fig. 13a und c, Taf. I, geht mit Sicherheit hervor, ‚dass Pöppel entweder Kunstprodukte beobachtete, die er wegen ihrer kugligen Form auf das typische Nematodenspermium zurückzuführen suchte und deshalb erwähnt oder aber Stadien vor Augen hatte, bei denen der Kern schon fast ganz in den blasigen Anhang eingezogen war und sich letzterem seitlich angelegt hatte, wie man dies hin und wieder findet. Wie wenig Realität er seinen eigenen Beob- achtungen zutraut, das beweist zur Genüge der letztzitierte Satz. Die richtige Antwort auf die zweite Frage zu finden, ist dagegen schwierig und ohne hypothetische Voraussetzungen kaum zu erbringen. Struckmann, der bei Strongylus filaria nicht minder komplizierte Entwicklungsvorgänge antraf, durch die sich in der Vesicula seminalis die Spermatide nach Ausstossung zweier Plasmakörper in eine langgestreckte, birnförmige Gestalt ver- wandelt, hat nur die Plasmaveränderung in Betracht gezogen und kommt daher zu dem scheinbar berechtigten Schluss, dass es sich nur um die Erzielung einer Spermaform handelt, „der man dem Bau nach eine grössere Beweglichkeit zumuten darf, als der bedeutend grösseren und plumperen Form der Vorstadien“. Dass die schlanke Form nicht unbedingt leichte Beweglichkeit verbürgt, haben wir oben schon erfahren. Ich glaube daher, dass die Beweglichkeit der Spermatiden erst an zweiter Stelle Berück- sichtigung finden darf, der Hauptzweck jener Ausbildung dagegen auf einer anderen Seite zu suchen ist. Die keulenförmige Anschwellung des Plasmaanhanges sowie die nachher beobachtete Anheftung vermittels desselben bestimmten mich zu der Annahme, dass die — wie ihre weitere Umwandlung andeutet — zweifellos noch nicht voll entwickelten Spermien im Uterus einem längeren Reifeprozess unterliegen und hierfür die zweckmässigste Gestalt zur Ausbildung gelangt, die nicht nur ver- einzelten Spermatiden, sondern der ganzen Masse einen sicheren Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten ete. 231 Platz im Uterus verbürgt. Im Gegensatz zu Strongylus filaria wird aber bei Sclerostomum der Plasmakörper zur weiteren Er- nährung verbraucht und dabei in seiner Gesamtheit bei Bildung der schlanken Form, die nebenher eine leichtere Übertragung in die weiblichen Geschlechtsorgane gestattet, beibehalten. Da nun das Spermaknäuel das Ende des Uterus gleichsam verstopft und einerseits den Austritt schon befruchteter Eier ver- hindert, andererseits aber der Gefahr unterliegt, in toto hinaus- gedrängt zu werden, so ordnen sich die Spermatiden in bekannter Weise. Hierdurch wird sowohl die günstigste Platzausnutzung erzielt als auch im Zentrum des Uterus eine freie Passage für die Eier geschaffen. Sollte man ausser der blossen Anheftung mit dem Hinter- ende auch eine Ernährung von der Uteruswand aus vermuten, so liesse sich hiergegen einwenden, dass man weder in anderen Klassen des Tierreiches noch bei Nematoden eine solche Be- festigungsweise beobachtet hat, vielmehr finden wir gerade, dass sich die Ascarisspermien mit dem Kopf an die Zotten der Uteruswand anlegen, freilich abgesehen von der Scheben schen Behauptung, dass der Kern bei Ascaris dem Hinterende des Spermas entspricht. Zieht man aber in Erwägung, dass das UÜterusepithel bei Sclerostomum der Zotten, somit der Zufluchts- stätte der Spermatozoen, völlig ermangelt, so ist es wohl denkbar, dass sich die Spermatozoen in diesem Falle mit der breitesten Partie ihres Körpers, d. h. mit dem Hinterende und nicht mit dem spitzen Kopf, anheften werden; eine Befestigung mit der gesamten seitlichen Länge des Körpers kommt nicht in Betracht, da sie eine weit grössere Uterusfläche zur Voraussetzung haben müsste. Die dritte aufgeworfene Frage lässt sich in befriedigender Weise von mehreren Gesichtspunkten aus entscheiden. Für die kuglige Form als Befruchtungsstadium spricht a priori die Beobachtung an anderen Nematoden. bei denen ja mit Aus- nahme von Oxyuris ambigua immer nur kuglige oder ellipsoide, mindestens dieser (restalt sehr ähnliche Spermatozoen gefunden worden sind. Ausserdem befinden sich aber die Eier, die an den noch wurmförmigen Spermien vorbeipassieren, stets in vor- geschrittenen Teilungsstadien, während die ungeteilten Eier im obersten Uterusabschnitt nur auf kuglige Spermatozoen stossen. (ranz hinfällig wird aber obige Annahme durch das Experiment. 232 Kurt Kühtz: Untersucht man einen frisch herauspräparierten. Uterus wie das Sperma bei der gleichen, oben geschilderten Versuchsanordnung auf dem heizbaren Objekttisch, so lässt sich an dem Abheben der Eihülle vom Eiplasma erkennen, dass die in den Uterus eintretenden Eier sehr bald befruchtet werden müssen. Einen solchen Befruchtungsvorgang habe ich trotz zahlreicher Versuche zwar nur einmal beobachten können, was sich vielleicht aus folgendem erklären lässt. Da der Uterus besonders an der Mündung des Eileiters sehr dieckwandig ist und somit für starke Vergrösserungen undurchsichtig, so sah ich mich gezwungen, den- selben vorher aufzuschlitzen. Dabei trat der grösste Teil der Eier heraus und es vermischten sich sämtliche Stadien befruchteter und unbefruchteter Eier untereinander. Findet also die Befruchtung schon im Anfangsabschnitt des Uterus statt, d. h. bald nach dem Eintritt des Eies, so wird es sehr schwer sein, eins dieser wenigen Eier — denn normalerweise treten sie einzeln hintereinander in den Uterus ein — unter der Masse der übrigen herauszufinden. Ausserdem kommt noch hinzu, dass das Ei selbst mit seinem Dotter das eindringende Spermium verdeckt. Dieses ist nämlich in frischem Zustand hyalin und man erkennt meist nur einen schwach bläulichen, langgestreckten Kern. Der von mir beobachtete Befruchtungsakt spielte sich im Anfangsteil des Uterus ab, letzterer war in diesem Fall nicht aufgeschlitzt worden und, da er nur wenig Eier enthielt, leidlich durchsichtig. Das Ei zeigte eine etwas vom Plasma abgehobene Hülle. In dem dadurch entstandenen Zwischenraum befand sich ein Körper, der halbkuglig über das Eisplasma hervorragte, während ein pseudopodienartiger Fortsatz schwach im Eisplasma sichtbar war. Allmählich drang nun dieser Körper amöboid weiter in das Innere des Eies vor, während der sehr grosse, blasige Eikern auf der entgegengesetzten Seite des Eies ruhte. Der Sperma- körper, denn nur um einen solchen konnte es sich hier handeln, der anfangs in seiner amöboiden Gestalt eine ziemliche Fläche einnahm, rückte bis fast ins Eizentrum vor, wurde unter be- deutender Volumenverminderung kuglig, dabei kompakter und somit zugleich sichtbarer; in seinem Innern zeigte er punkt- förmige Elemente, vielleicht Chromosomen, die ja auch Mulsow neuerdings am lebenden Spermium von Ancyracanthus cystidicola beobachten konnte. Währenddessen rückte der Eikern, indem er Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 233 selbst etwas kleiner wurde und einen bläschenförmigen Körper aufwies, etwas gegen das Zentrum vor, kam jedoch dann bald zur Ruhe. Der ganze Vorgang spielte sich in einem Zeitraum einer 3/, Stunde ab; weitere Veränderungen konnte ich trotz 2stündiger Beobachtung nicht mehr bemerken. Wenngleich es mir also nur einmal geglückt ist, den Be- fruchtungsvorgang zu verfolgen, so ist es doch so gut wie bewiesen, dass eben die kugligen Spermatozoen keine degenerierten Formen, sondern die reifen, befruchtenden sind, während die wurmförmige (Gestalt nur ein Übergangsstadium darstellt. Ich möchte nun am Schluss der Spermiogenese noch auf folgende Beobachtung zu sprechen kommen. Es sind im Uterus, wie wir gesehen haben, stets sämtliche Entwicklungsstadien lücken- los anzutreffen, die, da man doch in beiden Uteri die gleichen Verhältnisse vorfindet, eine ungeheure Spermaquantität voraus- setzen, welche der in der Vesicula seminalis nicht äquivalent zu sein scheint. Es ist daher durchaus unwahrscheinlich, dass die gesamte Spermamasse einem einzigen Ejakulat entsprechen sollte, und man muss wohl annehmen, dass entweder jedes Weibchen von mehreren Männchen nacheinander aufgesucht wird oder aber ein Männchen verweilt längere Zeit in Kopulation und die Sperma- masse rührt von mehreren Ejakulationen her. Ich halte letztere Annahme für die wahrscheinlichere, obwohl ich keinen strikten Beweis hierfür erbringen kann. Trifft man nämlich überhaupt Männchen, so befinden sie sich so gut wie immer in Kopulation und haften durch eine bräunliche Kitt- substanz fest der weiblichen Vulva an, wie ich dies oben schon erwähnt habe. Es wäre also wohl denkbar, dass die Pärchen längere Zeit, vielleicht einige Wochen, in copula verharren, und dass, sobald die Vesicula seminalis des Männchens durch Zuwachs wieder gefüllt ist, eine Ejakulation stattfindet. Für eine solche Periodizität haben wir ja in dem Entwicklungsverlauf mancherlei Anzeichen gefunden. In der Pause zwischen zwei Ejakulationen könnte nun ein Teil des im Uterus befindlichen Spermas seine weitere Entwicklung durchgemacht haben, und es liesse sich so die ganze Reihenfolge sowie die (uantität der Spermatozoen erklären. 234 Köurit Keuchrtze Der Einwand, dass dem Weibchen hierdurch die Möglichkeit geraubt würde, seine Geschlechtsprodukte abzusetzen und neue Eier in den Uterus eintreten zu lassen, ist insofern nicht allzu schwerwiegend, da ja die Kopulationszeit immerhin nur von be- schränkter Dauer ist, die Kapazität des Uterus dagegen so beträchtlich, dass er schon einer grossen Eimenge Raum gewähren könnte. Dass jedoch ein Weibchen von mehreren Männchen auf- gesucht werden sollte, will mir schon wegen der festen Verbindung der beiden nicht sehr einleuchtend erscheinen, obgleich sich hier- durch wieder die geringe Anzahl der männlichen Individuen ver- stehen liesse. Experimentell diese Verhältnisse zu klären, scheint mir so gut wie ausgeschlossen. Ich glaube hiermit die bei der Spermiogenese von mir in Betracht gezogenen Fragen genügend klar gelegt zu haben und gehe nun zur Besprechung der Eientwicklung über. Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsprodukte. a) Die Keimzone. Wie bei allen anderen untersuchten Nematoden ähnelt das blinde Ende der: Eiröhre von Sclerostomum dem des Hodens so sehr, dass ich auf die obige Schilderung verweisen kann, nur kleine und nicht leicht in die Augen fallende Differenzen mögen hier noch Erwähnung finden. So wäre zuerst hervorzuheben, dass die Ureier durchschnittlich etwas grösser sind und besonders bei der Böhmerschen Hämatoxylinfärbung den achromatischen Faden, auf dem die chromatischen Brocken perlschnurartig liegen, deut- licher zeigen als die Ursamenkerne. Die weiteren Entwicklungsphasen verlaufen dagegen in der gleichen Weise, nur mit dem Unterschiede, dass sich beim Weibchen aus dem verstreuten Chromatin zwölf kurze stäbchenförmige Chromosomen ausbilden (Taf. IX, Fig. 52). Ich kann hierfür jedoch absolut keine einwandfreien Bilder bringen, denn da diese Stäbchen schon auf dem frühesten Ent- wicklungsstadium einen mehr oder minder deutlichen (Querspalt aufweisen, so wird hierdurch die Sicherheit des Zählens sehr beeinträchtigt. Sobald nämlich eins der peripher stehenden Stäbchen nicht senkrecht, sondern schräg zur Schnittebene steht, lässt es Uber die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 235 sich nicht mehr entscheiden. ob man zwei dicht nebeneinander stehende Chromosomen oder nur die beiden Teile ein und des- selben Chromosoms vor sich hat. Eine Äquatorialplatte in der Polansicht, in der ich beim Männchen am besten die Zahl der Chromosomen feststellen konnte, fand ich leider kein einziges Mal, obwohl ich 12 Weibchen mikro- tomierte, d. h. gegen 24 Keimzonen studierte. Zieht man aber die weiter unten noch zu besprechenden Beobachtungen bei der Bildung der Richtungskörper zu Hilfe, so erscheint mir die Bestimmung zu zwölf Chromosomen vermittels eines Analogieschlusses nicht für allzu gewagt. Nähert man sich dem Ende der Keimzone, so trifft man auf das erste leichte Unterscheidungsmerkmal zwischen Hoden und Ovarium. Fanden wir dort bei einem Querschnitt etwa acht bis zehn Kerne auf einem Radius, so sind es hier höchstens vier bis fünf (vgl. Taf. VIII, Fig.9 und 10); die Ovarialröhre ist dementsprechend bedeutend dünner, was mit der feineren Rhachis- bildung zusammenhängt, andererseits ist die Keimzone beim Weibchen aber auch länger als beim Männchen. Im Eierstock konnte ich auch wieder die Zwischenkörperchen auffinden und zwar nicht nur wie beim Männchen peripher, sondern überall zwischen den Oogonienkernen verteilt, überdies in den verschiedensten Entwicklungsphasen, wie wir sie schon durch O0. Hertwig kennen gelernt haben. Freilich ist der Vorgang bei Sclerostomum insofern etwas anders, als es noch zur Bildung einer Kernmembran kommt, aber von Anfang an bleibt der Kern hinter der Grösse auch der gerade gebildeten Tochterkerne zurück. Überdies erscheinen die Chromosomen verschwommen und das gesamte Caryoplasma färbt sich mit Böhmers Hämatoxylin schwach violett (Taf. IX, Fig. 53). Aus diesen Bildern allein liesse sich eine Caryolyse noch nicht erraten; sie wird erst durch die folgenden Stadien erkennbar (Fig. 53 b—d). Die Chromatinbrocken verlieren immer mehr ihre Kontur, stossen aneinander und bilden nach und nach einen mehr oder minder zackigen Uhromatinklumpen, der sich in einem weiteren Stadium abrundet und schliesslich zu einer Vakuole wird. In dieser Form findet man die Körperchen bis weit in die Wachstumszone hinein und Struckmann bildet sie auch von 236 Kurt Kihtze Strongylus filaria in seiner Textfigur D ab, ohne sie in seiner Arbeit zu erwähnen. Eine scharfe Grenze lässt sich zwischen Keim- und Wachstums- zone wiederum nicht ziehen. Denn da nach Flemming das Ende der Teilung mit der Auflösung des Tochterknäuels zusammenfällt, so müsste man die Keimzone bis kurz vor Beginn des Oviduktes rechnen, was aber, wie die weitere Entwicklung zeigen wird, wider- sinnig erscheint. b) Die Wachstumszone. Haben die Ureier, wie oben erwähnt, ihre letzte Teilung durchgemacht, so tritt im Kern ein feines lockeres Gerüst auf, in dem hie und da Chromatinbrocken, die früheren Chromosomen, ruhen (Taf. IX, Fig. 54). Erfüllte das Kerngerüst bisher das ganze Kernlumen, so zieht es sich jetzt zusammen, das Uhromatin verteilt sich auf ihm und es stellt sich nun als ein dichtes färbbares Fadengewirr dar, das meist an die Peripherie des Kernes gerückt ist, manch- mal jedoch auch im Zentrum angetroffen wird (Taf. IX, Fig. 55). Wir haben also hier ein typisches dichtes Spiremstadium vor uns, das bei seiner weiteren Entwicklung den Eindruck macht, als solle es zu einer neuen Teilung des Kernes kommen. | Der bisher zackige Faden verdickt sich allmählich, wird homogen färbbar und wandelt sich schliesslich in ein lockeres Spiremstadium um (Taf. IX, Fig. 56). Hiermit ist aber auch zugleich der Höhepunkt der Ent- wicklung erreicht; der Faden wird jetzt von Zeit zu Zeit wieder dünner und minder färbbar, während sich an den Zwischenstellen das Chromatin zu Punkten, nie aber zu Stäbchen anhäuft (Taf. IX, Fig. 57), so dass schliesslich ein Stadium erreicht wird, das dem in Fig. 54 dargestellten recht ähnlich sieht, nur dass hier der Faden stets glatt erscheint und niemals das zackige, ungleich tingierbare Aussehen erhält wie in obiger Figur. Diese Chromatinbrocken verschmelzen jetzt miteinander und bald zeichnen sich ein oder zwei durch besondere Grösse vor den anderen aus. Die Fäden werden immer schwächer und sobald sämtliches Chromatin zu einem grossen, ovoiden Nukleolus ver- schmolzen ist, lässt sich von dem Fadengerüst so gut wie nichts mehr nachweisen (Taf. VII, Fig. 11— 12, Textfig. A, S. 205, Text- figur B und (, S. 238). Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. Ba7 Dieser Zustand wird kurz vor der Ablösung der Geschlechts- zellen von der Rhachis erreicht; der Nukleolus wird durch Eisen- hämatoxylin stark geschwärzt, während die Färbung mit Böhmer - schem Hämatoxylin bei weitem nicht so intensiv ist als bei in Teilung begriffenem Chromatin. Mit dieser Chromatinverschmelzung Hand in Hand geht eine wichtige Veränderung der Kerngestalt vor sich. Bis zum lockeren Spiremstadium und dessen ersten Auflösungsphasen hatte der Kern stets die gleiche Grösse und Kugelform. Mit dem Augenblick aber, wo sich die eine Chromatinansammlung durch ihre Masse auszeichnet, nimmt der Kern die Gestalt eines Ellip- soides an, dessen Hauptachse mit dem Radius der Ovarialröhre zusammenfällt, gerade so wie wir es schon beim Männchen kennen gelernt haben. Ich habe bisher nur die Veränderungen am Kern berück- sichtigt und werde jetzt die cytoplasmatischen Vorgänge im Zusammenhang besprechen. Ich habe oben kurz darauf hin- gewiesen, dass sich etwa in der Mitte der Oogonienteilungen die ersten Zellgrenzen im Syneytium bemerkbar machen, ein Vorgang, den ich, wie bei der Rhachisbesprechung erwähnt, den tertiären Verzweigungen derselben zuspreche. Das Cytoplasma ist hier ausserordentlich gering und wird auch nur um weniges vermehrt, bis die Zellen in die Wachstumszone eintreten. Hier gelingt es zum erstenmal besonders an den medial gelegenen (reschlechtszellen eine kegelförmige Gestalt zu kon- statieren, deren Spitze nach der Rhachis hinweist, während der Kern an der Kegelbasis liegt. Je mehr nun die Zelle wächst, desto deutlicher wird die konische Form, bis schliesslich je ein Kegel von der zentralen Rhachis bis zur Ovarialwandung reicht (Textfig. A, S. 205) Erschien das Uytoplasma bislang homogen. so machen sich jetzt an konserviertem und mit Böhmers Hämatoxylin gefärbtem Material hellere und dunklere Flecke bemerkbar, die auf eine vakuolenförmige Dotteransammlung im lebenden Zustande hin- deuten. Dieses fleckige Aussehen nimmt mit der Vermehrung des Cytoplasmas an Deutlichkeit zu und bald treten zwischen den helleren Flecken überall zerstreut im Plasma kleine, von Anfang an stark mit Böhmers Hämatoxylin tingierbare Körnchen auf, deren Färbbarkeit sogar die des Chromatinnukleolus übertrifft 238 Ronnie aRSuch ze (Textfig. B). Die Geschlechtszellen haben sich von der Rhachis losgelöst — obwohl diese noch eine längere Zeit zwischen den Zellen zu verfolgen ist — und haben zugleich ihre Kegelform eingebüsst. Sie sind jetzt abgeflacht, scheibenförmig geworden und häufig bedeckt eine Basisecke die der nebenliegenden Zelle, so dass die jungen Eier etwa eine Stellung wie die Flügel eines Ventilators haben (Textfig. ©). Die weitere Entwicklung besteht jetzt nur noch in einem allgemeinen Grösserwerden der gesamten Teile, wobei besonders die stark färbbaren Körnchen im Cytoplasma in die Augen fallen. Über die Spermio- und Oogenese der Selerostomum-Arten etc. 239 Es sind ähnliche Gebilde von den verschiedensten Autoren in derselben Entwicklungsstufe des Eies beschrieben worden, stets aber auch unter einer anderen Bezeichnung. Schneider, der diese Verhältnisse an lebenden und konser- vierten, aber ungefärbten Ascariseiern studierte, spricht von dem Erscheinen grosser, heller Leeithinkügelchen, die bei der Bildung der Richtungskörper verschwinden. Dieselben tebilde beschreibt van Beneden von Ascaris als „corpuscules refringents“, enthält sich aber sonst einer Äusserung über ihre chemische Beschaffenheit. Durch H. Marcus werden wir bei Ascaris canis über ähnliche Gebilde unterrichtet, die er für Glykogen anspricht und durch Jodreaktion nachweist: „In der Rhachis fand ich kein Glykogen; in der Ovocyte dagegen reichliche, mahagonibraune Kugeln in unregelmässiger Verteilung. Der Kern blieb stets, wie auch Barfurth betont, glykogenfrei. Die Glykogenauf- speicherung hat ihr Maximum erreicht, wenn die Ovocyte sich von der Rhachis lostrennt ...... Jetzt soll die Zelle auch die grösste Energie leisten, denn die Befruchtung, die Reifeteilungen und das Schalenbilden stehen ihr bevor.“ Bei Strongylus filaria schliesslich äussert sich Struckmann folgendermassen: „Bemerkenswert an ihnen (Geschlechtszellen) ist ausser der Dotterbildung das Auftreten von kleinen und grösseren Eiweisstropfen, die mit der Grössenzunahme der Oogonien heran- wachsen und die auch bei anderen Nematoden beschrieben werden (Ziegler, Schneider). Beide Bestandteile, Dotter wie Ei- weisstropfen, scheinen den Oogonien auf dem Wege der Rhachis zugeführt zu werden, doch konnte ich ihren Entstehungsort nicht feststellen.“ An einer späteren Stelle sagt Struckmann: „Ein anderer Vorgang, der sich in der Reifeperiode vollzieht und der schon von anderen Autoren beobachtet wurde, betrifft die oben erwähnten Eiweisstropfen. Dieselben lagen bisher im Innern des Eies in der Nähe des Keimbläschens. Sie wandern jetzt aber zur Peripherie und indem sie miteinander verschmelzen, nimmt ihre Zahl immer mehr ab. So gelangen sie an die Oberfläche, wo sie ausfliessen und die innerhalb der Eihaut gelegene, das Ei einhüllende Flüssigkeit bilden.“ Alle Autoren stimmen also darin überein, dass es sich beı diesen Körnchen um Nährstoffansammlungen handelt, die mit der Schalenbildung des befruchteten Eies verschwinden und somit Archiv f. mikr. Anat. Bd.&3. Abt. II. 16 240 Kurt Kühtz: höchstwahrscheinlich bei dem Aufbau der Schale Verwendung finden. Ich schliesse mich dieser Auffassung um so fester an, als ich schon vor Kenntnis der Analogiefälle zu derselben Über- zeugung gekommen war (vgl. Textfig. D und E, S. 241, F und G, S. 244 und H, S. 245. Was nun die chemische Seite der fraglichen Körperchen anbelangt, so halte ich die Schneidersche Anschauung für falsch. Denn da Leeithin bekanntlich in Alkohol löslich ist, so müsste sich an Schnittpräparaten, die doch reichlich mit allen Alkoholstufen in Berührung kommen, auch keine Spur von diesen Körnchen nachweisen lassen. Auch der Marcusschen Vermutung kann ich nicht bei- stimmen. Ich habe sowohl an frischem wie an Alkohol-Material die charakteristischen Glykogenproben vollzogen, aber jedesmal mit negativem Erfolg, so dass wenigstens bei Sclerostomum von Glykogen nicht die Rede sein kann. Struckmann, dem die Arbeit Marcus’ wohl unbekannt war, hat mit der Bezeichnung „Eiweisskugeln“ ein sehr vorsichtiges Urteil gefällt, gegen das sich nichts einwenden lässt, denn bei unserer noch so mangelhaften Kenntnis über die Zusammensetzung mikroskopischer Körper können wir heute noch keinen besseren Schluss ziehen. c) Die Reifezone. Ich komme jetzt auf die weiteren Veränderungserscheinungen der chromatischen Substanz zurück und damit zugleich auf die wichtigste Entwicklungsphase, die Teilzone oder die Bildung der Richtungskörper. Wir hatten die Betrachtung des Kerns an der Stelle abge- brochen, wo die Eizelle losgelöst von der Rhachis als Oocyte in den Ovidukt und somit in die Reifezone eintritt. Ich folge dem Beispiele van Benedens, indem ich zwei Perioden unterscheide. Die erste Periode reicht bis zum Eindringen des Spermiums, die zweite von hier bis zur Vereinigung der väterlichen und mütter- lichen Chromatinmassen. Van Beneden charakterisiert die erste Periode mit den Worten: „Au moment otı il se detache du rhachis ovarien l’oeuf n’est pas encore apte a recevoir le zoosperme“. Und in der Tat sehen wir bis zur Aufnahme des Spermas noch erhebliche Veränderungen an dem weiblichen Kern oder Keimbläschen vor sich gehen. Über die Spermio- und Oogenese der Selerostomum-Arten ete. 241 1. Die erste Periode der Reifung. Der kompakte, ovoide Chromatinnukleolus wird kugelig, dabei etwas kleiner und nimmt ein mehr spongiöses Aussehen an, zugleich erscheint im Karyoplasma wieder ein äusserst feines Netz aus achromatischer Substanz (Textfig. D). In demselben Maße wie dieses Netz an Affinität für Farbstoffe gewinnt, wird der Chromatinnukleolus kleiner und blasser und es gelingt auf diesem Stadium keineswegs selten, deren zwei im achromatischen Kerngerüst festzustellen (Textfig. E). (BR m ES TER Ne .. 8 N A | .\ a } ry N Bee | . %%L STN j N 3 | | Pe \ SA . I | EAN] Fig. E. Be Chr. el. = Chromatinelemente. ar Kg. = Kerngerüst. Fig. D. Nue. = Nucleolus. Bei nach der Gramschen Methode gefärbtem Material er- wies sich das Netz aus äusserst feinen Fibrillen zusammengesetzt, auf denen zahllose, nur bei den stärksten Vergrösserungen er- kennbare Körnchen lagerten, welche die eigentlich färbbare Sub- stanz des Netzes darstellten. Zerstreut im Netz fand ich in diesem Stadium auch grössere Chromatinkörnchen, von denen meist sogar zwei dieht aneinander lagen. Es waren die ersten Anlagen der sich jetzt neu bildenden Chromosomen (Taf. IX, Fig. 58). In diesem Stadium gelangen die Eier in den Uterus, stossen hier auf die schon oben geschilderten Massen reifer Spermatozoen und werden befruchtet. Bevor ich jedoch zur zweiten Periode übergehe, muss ich noch einiger gestaltlicher Veränderungen am Eisplasma Erwähnung tun. Es sei hier zuerst die Schilderung Pöppels wiedergegeben: „Allmählich von der Rhachis sich loslösend, gelangen die Eier in 16* 242 Kurt Kühtz-: den Ovidukt, in dem sie infolge ihres gegenseitigen Druckes die verschiedenste Gestalt annehmen und durch die vielen in ihrem Innern auftretenden Dotterkörnchen schliesslich undurchsichtig werden. Weiter unten reihen sich dieselben geldrollenähnlich wie die roten Blutkörperchen der Wirbeltiere hintereinander, bis sie sich in der Schalendrüse, einem Abschnitte des Oviduktes, mit einer Schale umgeben.“ Es folgt hier erst noch die nähere Be- schreibung des Oviduktes: „Das Epithel wird allmählich mächtiger, engt das Lumen ein, sendet zottenförmige Fortsätze in dasselbe vor, ordnet sich sogar wie bei anderen Nematoden zu einer Doppelschieht und sondert alsdann das zur Eischale benutzte Sekret ab. Erstere gelangt erst im Uterus zu ihrer definitiven Ausbildung, nachdem die Eier einen sackartig erweiterten. mit langen Epithelzellen ausgekleideten Abschnitt der Geschlechts- röhre passiert haben, das Receptaculum seminis, das stets Samen- elemente in grosser Zahl enthält und die Befruchtung vermittelt, die bei vollkommener Ausbildung der Schale unmöglich wäre.“ Ist schon der Ausdruck „geldrollenähnlich“ recht gewagt, denn die Eier erscheinen hier gerade so breit wie lang, so erweckt die weitere Beschreibung völlig den Eindruck, als habe Pöppel niemals besagten Teil des Genitalschlauches vor Augen gehabt. Obwohl die Aufklärung der epithelialen Verhältnisse des Genitalorgans meiner Arbeit ganz fern lag, richtete ich jetzt meine Aufmerksamkeit darauf, um die angebliche „Schalendrüse“ zu entdecken. Dass sich das Lumen des Oviduktes einengt, besteht vollkommen zu Recht; von den „zottenförmigen Fort- sätzen, die in dasselbe hineingeschickt werden oder von einer Doppelschicht“, konnte ich im Ovidukt aber auch keine Andeutung vorfinden, wohl aber eine auffallende, fast wörtliche Überein- stimmung mit der Augsteinschen Arbeit über Strongylus filaria. Somit wird auch die Behauptung, dass im Ovidukt oder der Schalen- drüse „Sekrete für die Schalenbildung abgesondert würden“, hinfällig. Was nun die Bezeichnung des Receptaculum seminis an- belangt, so halte ich diesen Ausdruck bei Sclerostomum für unpassend. Freilich zeichnet sich die Stelle des Uterus. wo der Ovidukt einmündet, durch lange Epithelzellen aus, aber gerade eine FEinschnürung gegen den folgenden Uterusteil, und sei sie Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten ete. 243 auch noch so leicht, die den Ausdruck „sackartige Erweiterung“ rechtfertigen könnte, wird vermisst. Besagter Abschnitt ist weit eher einer Handglocke ähnlich, wobei der Eileiter dem Glocken- stiel, der Anfangsteil des Uterus dagegen der Glocke selbst gleichzusetzen wäre. Ich werde daher statt von einem Recepta- culum seminis nur von einem „Anfangsteil des Uterus“ sprechen. Der Schilderung Pöppels kann ich noch hinzufügen, dass die Eier in dem Augenblick, wo sie den engen Ovidukt verlassen und in den weiten Anfangsteil des Uterus eintreten, ovoide (sestalt annehmen und bald hernach im lebenden Zustand ein feines Häutchen aufweisen, welches das Ei umgibt, aber zwischen sich und dem Eiplasma einen mehr oder weniger weiten Spalt- raum lässt. Diese Hülle, die, wie wir oben schon gehört haben, nicht dem Sekret einer Schalendrüse, sondern den Reservestoffen im Eiplasma, die jetzt verschwinden, ihren Ursprung verdankt, tritt also erst im Uterus hervor und zwar nach der Befruchtung. Da die Membran jedoch an konserviertem Material fast nie deutlich zu sehen war, sondern dem Eiplasma wieder dicht auflag und sich nur an wenigen Stellen durch Falten bemerkbar machte, habe ich in meinen Zeichnungen von der Darstellung derselben Abstand genommen, mit wenigen Ausnahmen, wo der Raum zwischen Eiplasma und Membran sehr gross war und letztere, mit Böhmers Hämatoxylin gefärbt, scharfe Konturen aufwies. 2. Die zweite Periode der Reifung. Ich komme nun zur Besprechung der zweiten Reifeperiode. Aus den klumpigen Chromosomen differenzieren sich jetzt sehr schnell sechs deutliche, zierliche Tetraden, wie wir sie schon in den Prophasen zur ersten Reifeteilung der Spermiocyten kennen gelernt haben (Taf. IX, Fig. 59). Diese Tetraden zeigen bald das Bestreben, sich an einer Stelle des Keimbläschens zu versammeln, wodurch sie oft quer übereinander zu liegen kommen. Auf diesem Stadium ist noch ein Nukleolus durch die Gramsche Färbung darstellbar, wenn auch nur verschwommen und blass, während das Liningerüst besonders das Böhmersche Hämatoxylin sehr lebhaft aufnimmt und dadurch den Nukleolus verdeckt (Textfig. F). Haben sich die Tetraden an dem einen Pol des meist ovoiden Keimbläschens zusammengestellt, so reisst plötzlich die Membran 244 Kurt Kühtz: desselben und die Chromosomen schlüpfen hinaus in das Oytoplasma (Textfig. G), wo sie bald von einer kugligen, hellen Zone um- geben sind. Dieser Vorgang wird zwar selbst in neueren Arbeiten über Nematoden nicht beschrieben, geht jedoch aus manchen Fig. G. Fig. F. Chr. = Chromosomen. Li. — Liniengerüst. Li. = Liniengerüst. Abbildungen mit ziemlicher Sicherheit hervor; ich möchte hier nur auf die Fig. 83, 84, 855 der Struckmannschen Arbeit sowie auf die Schilderung und Abbildung OÖ. Meyers für Strongylus tetracanthus verweisen. Was wird nun aber aus der achromatischen Substanz des Keimbläschens? In dem Augenblick, wo das gesamte Chromatin austrat, schrumpft sie zusammen, anfangs noch ovoide Gestalt beibehaltend, bald aber wird der Rest unter bedeutender Ver- kleinerung kuglig und liegt noch eine kurze Zeit im Ei sichtbar. Bevor jedoch das Ei noch eine stärkere Membran abscheidet, muss diese achromatische Substanz aus dem Ei austreten, denn man sieht neben den Eiern im Uterus zahlreiche Körper von vollkommen gleicher Grösse und Färbbarkeit liegen. Das Austreten dieser Körper selbst habe ich leider nie beobachten können und vermute daher, dass der Vorgang äusserst schnell vor sich geht. Die Tetraden haben währenddessen in ilrem kugligen hellen Bläschen schon die typische Anordnung erfahren, die wir stets bei der Teilung beobachten können, nämlich so, dass ihre Längsachse in die der Spindelfasern fällt, die sich jetzt allmählich herausdifferenzieren. In dieser Form rücken sie nun nach irgend Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten ete. 245 einer Stelle der Eiperipherie (Textfig. H), so dass man eigentlich nicht von einer Richtungsspindel, sondern nur von einer „Richtungs- kugel“ ohne Gentrosomen sprechen darf. Meine Beobachtungen stehen somit in einem gewissen Gegensatz zu der Angabe 0. Meyers für Strongylus tetracanthus, wonach die Spindelfasern an den Polen entweder in einer Spitze zusammen- Bavk: ED laufen oder in einer breiten Platte de a endigen sollen. Dass ein Pol des Eies bei der Bildung der Richtungskörper bevorzugt wird, wie dies von H. E. Ziegler, v. Erlanger, Struckmann und Gulick beschrieben worden ist, konnte ich bei Sclerostomum nicht beobachten, ja, ich möchte sogar be- haupten, mehr Richtungsspindeln in der Mitte der Breitseite des Eies ge- Fig. H. sehen zu haben, als an anderen Stellen. Rsvk. = Reservekörper. Struckmann sagt hierzu folgendes: a ar ee „Was den Ort der Ausscheidung Sp. m En u der Richtungskörper anbelangt, so ist dieser im allgemeinen verschieden, je nachdem man es mit jungen oder alten Würmern zu tun hat. Bei jungen Tieren ist der Ovidukt, wie schon oben erwähnt wurde, so eng, dass die Eier nur dadurch, dass sie eine langgestreckte Gestalt annehmen, hindurchgleiten können. Da sie schon vorher Eiform angenommen . hatten, so werden sie naturgemäss mit einem Pol voran in den Eileiter eintreten und dieser Pol bietet dann den hier vorhandenen Spermatozoen die nächste und beste Gelegenheit, sich der Eiober- fläche anzulegen, so dass der später sich entwickelnde männliche Vorkern in der Nähe eines Pols gelegen ist. Bei diesen Eiern findet die Richtungskörperbildung 'meist an dem entgegengesetzten Pol statt, worauf der entstehende weibliche Vorkern dem in der Entwicklung voranschreitenden männlichen ungefähr gegenüber liegt. Diese Beobachtung stimmt überein mit den Untersuchungen von R. v. Erlanger, der dieselbe Tatsache für Rhabditis dolichuris und von H. E. Ziegler, der sie für Diplogaster longicauda feststellte. Es scheint sogar, dass die Spindel, falls sie während ihrer tangentialen Lage noch in der Mitte der Ei- 246 Kurt Kühtz: peripherie gelegen war, beim Übergang in die radiäre Lage gleich- zeitig eine Bewegung nach dem Pol hin macht“. Ich will diese Beobachtung nicht anfechten, sondern möchte nur den Unterschied daraus erklären, dass bei Sclerostomum eine Prädestination eines Poles zur Befruchtung schon aus dem Grunde nicht bestehen kann, weil ja hier die Befruchtung im Uterus vor sich geht, in welchem die Eier in jeglicher Lage mit dem Sperma in Berührung kommen können. Die Chromosomen, die anfangs mit ihrer Längsachse parallel der Eimembran lagen (Taf. IX, Fig. 60), machen jetzt eine Drehung um 90°, so dass der eine Pol der Kugel dicht unter die Hülle zu liegen kommt (Taf. IX, Fig. 61). Auf diesem Stadium sind die Tetraden bei weitem nicht mehr so deutlich zu erkennen, doch fand ich bei einem Sclerostomum equinum solche, die alle übrigen an Zierlichkeit und Länge übertrafen (Fig. 62). Häufig beobachtet man, dass von den sechs Tetraden ein oder zwei hinter der Grösse der übrigen zurückbleiben (Taf. IX, Fig. 63). Aber gerade diese Variabilität an Eiern ein und des- selben Weibchens zeigt nach meiner Meinung zur Genüge, dass man bei der Längenbeurteilung chromatischer Elemente nur mit der grössten Vorsicht zu Werke gehen und ihren Grössendifferenzen nur sehr beschränktes (Grewicht beimessen darf. Selbst das heterotypische Verhalten eines Chromosoms ist nicht unbedingt für die Existenz eines Heterochromosoms anzusprechen, denn ich konnte das Zurückbleiben eines Chromosoms in der Anaphase ‚auch bei der Richtungskörperbildung in vereinzelten Fällen beobachten (Taf. IX, Fig. 64). Sobald die Chromosomen aus der ziemlich langwährenden Metaphase in die Anaphase eintreten, macht sich ihre Zu- sammensetzung aus vier Teilstücken wieder stärker bemerkbar: denn noch während der Wanderung nach den Polen spalten sich die Teilstücke jeder Dyade wie die Schenkel eines Winkels auseinander, dessen Scheitelpunkt das nach den Spindelpolen zu gelegene Ende der Chromosomen ist. Es geht dies nicht allein aus Fig. 65, sondern auch aus den zwei Polansichten der Fig. 66 und 67, Taf. IX, hervor. Die Polansicht 67 stellt ein etwas späteres Stadium dar, indem hier die Dyaden schon fast einen gestreckten Winkel bilden, wenn ich obigen Vergleich weiter anwenden darf. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 247 Es ist dies also der Vorgang, den ich, gestützt auf andere Beobachtungen, schon bei der ersten Reifeteilung der männlichen Geschlechtszellen als sicher vorkommend beschrieben habe. In der Anaphase hat die kuglige Teilungsfigur mehr eine tonnenförmige Gestalt angenommen und zwischen den Teilstücken der Tetrade sieht man noch feine Spindelfasern verlaufen, wie dies ja mehrfach beschrieben worden ist (Taf. IX, Fig. 68). Der der Eimembran zu gelegene Teil ist derselben jetzt so nahe gerückt, dass er sie vor sich herschiebt und eine kleine buckelartige Erhebung dabei bildet. In diesem Augenblick tritt zwischen den beiden Dyadengruppen eine äusserst zarte, kaum sichtbare Membran auf und die Bildung des ersten Richtungs- körpers ist vollzogen. Unmittelbar an die Ausstossung des ersten Richtungskörpers schliesst sich die des zweiten an. Ja, der Vorgang scheint sogar so schnell zu verlaufen, dass es zu Rotationserscheinungen des Cytoplasmas, wiesie durch van Beneden bei Ascaris megalocephala und durch Struckmann bei Strongylus filaria bekannt geworden sind, nicht mehr kommt. Vielmehr konnte ich mit wenigen Ausnahmen bei allen Eiern, welche die beiden Richtungskörper gebildet hatten, diese ziemlich dicht nebeneinander und mit kaum sichtbaren Plasmamengen versehen, beobachten. Der Verlauf der zweiten Richtungskörperbildung ist analog dem der ersten. Die Uhromosomen erscheinen um ein (Greringes dünner und zugleich kürzer, eine wahrscheinlich Hand in Hand gehende Metamorphose. Jede der sechs Dyaden weist wieder den hier bei Sclerostomum so überaus typischen Querspalt auf; die Anordnung in der Spindel ist die gleiche, wie wir sie schon oben kennen gelernt haben (Taf. IX, Fig. 69). In der Anaphase ver- missen wir selbstverständlich die winklige Aufspaltung, denn die Tetraden sind ja jetzt schon in ihre vier Stücke aufgeteilt, und die Gestalt der Chromosomen ist daher im zweiten Richtungs- körper auch nur punktförmig oder genauer gesagt schwach spindel- förmig, wie dies aus Fig. 69 hervorgeht. Verursachte die Bildung des ersten Richtungskörpers eine Ausbuchtung der Eimembran, so wird für den zweiten Richtungskörper durch das entgegengesetzte Prinzip, nämlich durch Einbuchtung des Eiplasmas, Platz geschaffen (Taf. IX, Fig. 70). Diese Figur ist noch aus einem anderen Punkte sehr interessant, denn man sieht hier, dass die völlig 248 Kurt Kühtz: zwecklos erscheinende, aber theoretisch verlangte Teilung des ersten Richtungskörpers vonstatten gegangen ist und dass wir in dem ehemaligen ersten Richtungskörper jetzt tatsächlich zwölf Chromosomen zählen können, die in Gestalt denen des zweiten Richtungskörpers vollkommen gleichen. Ist die zweite Reifeteilung vollzogen, so umgibt sich die im Plasma zurückgebliebene Chromosomengruppe sehr bald mit einer Membran (Fig. 71). Dabei verschmilzt sie anfangs zu einem grösseren Klumpen, der aber bald in zahlreiche Körnchen aufgelöst wird. Diese verbreiten sich auf dem gleichzeitig wieder erscheinenden achromatischen Gerüst und lassen schliesslich einige grösser bleibende Körper unterscheiden, die sich ihrerseits aus zwei, seltener auch drei Brocken zusammensetzen (Fig. 72 und 74). Da nun gegen sechs derartige Chromatinansammlungen vorhanden sind, die entfernt an klumpige Chromosomen mit einer Querfurche erinnern, so lässt sich die Vermutung, dass es sich hier um die bei der Richtungskörperbildung zurückgebliebenen sechs Chromo- somenteilstücke oder um die neuentstandenen Chromosomen des weiblichen Vorkernes handelt, nicht von der Hand weisen. Aus dem weiteren Entwicklungsverlauf werden wir jedoch ersehen, dass sich diese Behauptung nicht aufrecht erhalten lässt oder nur, wenn wir sie dahin einschränken, dass die Chromosomen des weiblichen Vorkernes nicht direkt aus jenen Chromatinklumpen entstehen. Vorerst muss ich jedoch noch einmal einige Stadien zurück- greifen, um die Frage nach dem Verbleib des Spermakernes zu beantworten. Wir verliessen ihn in dem Augenblick, wo er ins Ei eingedrungen war und fast während der ganzen zweiten Reife- periode des Eies ist an ihm keine merkliche Veränderung zu beobachten. Meist bleibt er in der Nähe der Eimembran liegen und zeigt bei nach Gram gefärbtem Material stets das stark gefärbte Chromatinstäbchen in einem helleren Hof, der gegen das Eiplasma nicht scharf begrenzt erscheint. Die ersten Veränderungen am Spermatozoon, die mit der Bildung des zweiten Richtungskörpers beginnen, bestehen darin, dass der gestreckte Kern seitliche Protuberanzen aufweist und damit für immer seine stabförmige Gestalt verliert (Fig. 71). Zugleich wird die Abgrenzung des „hellen Hofes“ gegen das Cytoplasma schärfer, wir können wieder von einer Kernmembran Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 249 und somit auch von einem männlichen Vorkern sprechen. Der anfangs noch kompakte Chromatinkörper schwillt nun samt der ihn umgebenden Membran etwa auf die doppelte Grösse an und zugleich löst er sich in mehrere grössere und kleinere punkt- förmige Körper auf, die in einem achromatischen Kerngerüst ruhen (Taf. IX, Fig. 72); somit hat er dasjenige Stadium erreicht, das wir soeben vom weiblichen Vorkern kennen gelernt haben. Da der weitere Entwicklungsverlauf in beiden Kernen der gleiche ist, so kann ich von nun ab die Besprechung gemein- sam führen. Beide Vorkerne haben währenddessen ihre Stellung nur wenig oder gar nicht verändert, so dass man häufig an den ent- gegengesetzten Eipolen völlig gleiche Kerne beobachten kann. Es kommen aber auch abweichende Stellungen vor, indem z. B. der Spermakern dicht neben dem Richtungskörper und so- mit neben dem späteren weiblichen Vorkern liegt oder auch in seiner Entwicklung hinter dem letzteren zurückbleibt, wie dies Taf. IX und X, Fig. 73—75, zeigt. Während ihrer weiteren Umwandlung rücken nun beide Kerne gegen das Eizentrum vor und es ist dann auch aus ihrer Lagerung zu den Richtungskörpern bei Gramscher Färbung nicht mehr zu erraten, welcher von beiden der männliche oder weibliche Vorkern ist; denn das so häufig erwähnte Erkennungs- zeichen des männlichen Vorkernes, das Uentrosom, habe ich bei besagter Färbung auf diesem Stadium niemals nachweisen können. Besser glückte dies mit Böhmers Hämatoxylin; das jüngste Stadium, das mir mit deutlicher Centrosomenstrahlung häufig zu Gesicht kam, ist in Taf. X, Fig. 76 wiedergegeben. Um so erstaunlicher war daher für mich eine Angabe in der 1895 erschienenen, schon mehrfach herangezogenen Arbeit O.Meyers, die ich hier etwas eingehender besprechen will. Zur Erforschung der Üentrosomenverhältnisse beim männ- lichen und weiblichen Vorkern untersuchte O. Meyer Strongylus tetracanthus und hebt hervor, dass er bei diesem Objekt das Centrosom und seine Strahlung am männlichen Kern bald nach seinem Eindringen in das Ei besonders gut beobachten konnte. Unter Strongylus tetracanthus verstand OÖ. Meyer, dem Stande der damaligen Forschung entsprechend, alle kleineren Formen der Selerostomiden und somit hatte er unter seinem 250 Kurt Kauhtrz: Material wahrscheinlich auch Scelerostomum vulgare und kleinere Individuen von Sclerostomum edentatum, d. h. sicherlich teilweise die gleichen Spezies, die ich untersucht habe. Unsere so abweichenden Beobachtungen lassen sich nach meiner Meinung nur auf die Verschiedenheit der Fixationstlüssig- keiten zurückführen oder auf die der Färbmethoden, die OÖ. Meyer leider nicht angibt. Meyer wählte zur Fixierung die Perenyische Flüssigkeit, die, wie er selbst angibt, „das Chromatin allerdings nicht besonders gut konserviert und vor allen Dingen dessen Färbbarkeit zu beeinträchtigen scheint“ und die gerade aus diesem Grunde für mich nicht in Betracht kam, da ich ja auf jene Faktoren mein Hauptaugenmerk richtete. Da es immerhin möglich ist, dass sich ein Centrosom am Spermatozoon bei anderer Färbung und Konservierung früher nach- weisen lässt, so erscheint es mir zweckmässig, zuerst in kurzen Worten die Beobachtungen ©. Meyers wiederzugeben, da ich sowieso auf einige Punkte noch näher eingehen muss. Das früheste Stadium, in welchem der ellipsoide Spermakern ein kleines, polständiges Uentrosom mit zarter Strablung auf- weist, fällt nach OÖ. Meyer mit der Bildung des ersten Richtungs- körpers zusammen. Der „achromatische Hof“ wird mit der Bildung des zweiten Richtungskörpers vom Eiplasma resorbiert und gleich- zeitig treten Centrosom und Strahlung deutlicher hervor. Ist der zweite Richtungskörper ausgestossen, so teilt sich das Uentrosom, zeigt jedoch an der Durchschnürungsstelle noch eine starke Brücke achromatischer Fasern. Sind beide Teilstücke schliesslich getrennt und das eine von ihnen an den entgegengesetzten Spermapol gewandert, so bildet der bisher kompakte Spermakern „eine Vakuole* um sich, ist aber auch jetzt noch an den Strahlen- systemen kenntlich, die dem weiblichen Kern abgehen. „Das Verhalten der beiden Gentrosomen bei der Annäherung der Kerne stellt sich in der Mehrzahl der Fälle so dar, dass immer das eine zunächst dem Eikern zustrebt. Das „führende“ legt sich an den Eikern, es kommt zum vollen Kontakt der beiden Kerne und gleichzeitig vollzieht sich eine Drehung derartig, dass schliesslich die Verbindungslinie der Uentrosomen in die Längsachse des Eies eingestellt ist, während die der Kerne senkrecht darauf steht... worauf dann sofort die Auflösung ohne vorhergehende Ver- schmelzung der Kernvakuolen folgt“. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten ete. 251 O. Meyer schliesst sich also der zuerst von van Beneden aufgestellten Behauptung an, dass: „une conjugaison des deux pronuclö&us en un noyau embryonnaire morphologiquement unique ne se produit pas“, der die ältere, konträre Anschauung Hertwigs gegenübersteht. Betreffs des zeitlichen Ineinandergreifens der Vorkern- und Richtungskörperbildung sowie der gegenseitigen Vorkernstellung und Centrosomenlagerung stimmen demnach unsere Beobachtungen, wie man aus den beigegebenen Taf. IX, und Taf. X, Fig. 71, 72 und Fig. 76 und 77 ersehen kann, im grossen und ganzen überein, abgesehen von dem ersten Auftreten der Chromatinveränderungen, die OÖ. Meyer selbstverständlich entgehen mussten. Was jedoch die Bildung der ersten Furchungsspindel anbelangt, bin ich zu einem stark abweichenden Resultat gekommen; ich glaube ent- schieden, dass O. Meyer, gestützt auf die damals noch neuen, umfangreichen Arbeiten von van Beneden, Carnoy und Th. Boveri, die bei Sclerostomum vorliegenden Verhältnisse zu einseitig betrachtet hat. Bekanntlich hat die Auffassung van Benedens eine grosse Anhängerschaft gefunden und Th. Boveri äusserte sich 1888 sogar dahin, dass diese Meinung, da sie auch in anderen Tier- klassen Geltung hat, „wohl den Wert eines allgemeinen Gesetzes beanspruchen darf“. An einer späteren Stelle seiner Arbeit schränkt er diesen Satz freilich wie folgt ein: „Es scheint, dass verschiedene Weibchen hinsichtlich der Vereinigungsart der Geschlechtskerne ihrer Eier sich verschieden verhalten, dass bei manchen fast ausschliesslich eine Vereinigung der Kerne erst in der Spindel, bei anderen schon im Zustand des Bläschens mit chromatischem Gerüst vorkommt“. Alles in allem sind die fraglichen Vorgänge bei unserem Objekt sehr schwer zu verfolgen und können leicht zu einer Täuschung Anlass geben, besonders wenn die Darstellung des Chromatins wie bei OÖ. Meyer zu wünschen übrig lässt. Da nämlich die Eier, wie ich schon andeutete, periodisch zu mehreren hintereinander in den Uterus eintreten, so ist es klar, dass sich alle, sagen wir einer Periode angehörigen Eier, ungefähr auf dem gleichen Stadium befinden werden. Zugleich folgt aber auch hieraus, dass zwischen der ersten und der nun folgenden „Periode“ ein Sprung, eine Lücke in der Entwicklungsreihe vor- 252 Kurt Kühtz: handen sein muss. Man findet daher im Anfangsteil des Uterus — wo diese Verhältnisse am deutlichsten hervortreten — Eier, welche die beiden Vorkerne nebeneinander aufweisen und dicht darauf solche, die schon die erste Furchungsteilung durchgemacht haben oder wenigstens die Furchungsspindel zeigen. Steht daher nicht eine grosse Anzahl verschiedener Üteri zur Verfügung, so ist es leicht möglich, dass das Zwischenstadium, der „Furchungskern“, vermisst wird und man somit zu dem falschen Schluss kommt, dass die karyokinetische Figur mit ihren Chromosomen unmittelbar aus den getrennten Vorkernen her- vorgeht. Wie steht es nun aber überhaupt mit der Chromosomen- ausbildung für die erste Furchungsmitose ? Haben die Vorkerne das eingangs beschriebene Stadium mit den wenigen grossen und den zahlreichen kleinen Chromatin- brocken erreicht, so berühren sie sich meist, ihre Membran ver- schwindet an der Kontaktstelle und es wird daher vorübergehend ein Kern in Form eines Biskuits hergestellt (Taf. X, Fig. 79), der dann in eine grosse, ovale, schliesslich kuglige Gestalt übergeht. In diesem Kern, der entsprechend seines Ursprunges ein grösseres Uhromatinquantum enthält, bilden sich aus den zahl- reichen kleinen Körnchen anfangs unregelmässige, zackige CUhromatinfäden, die sich allmählich in zierliche, schleifenförmige Chromosomen umwandeln, während die dicken Chromatinklumpen schliesslich verschwunden sind (Fig. 50). Dieser Umbildungsprozess kann jedoch von diesem als typisch zu bezeichnenden Modus beträchtlich abweichen. Liegt der Spermakern, wie oben bemerkt, in der Nähe des Eikernes, so schreitet letzterer gewöhnlich in. der Entwicklung voran und es findet eine Vereinigung der beiden Vorkerne statt, wenn der männliche noch bei weitem hinter der Grösse des weiblichen zurücksteht (Taf. X, Fig. 81). Andererseits scheint die Vereinigung der Kerne auch ver- zögert werden zu können und entstehen dann schon in den Vor- kernen deutlich geschlängelte Chromosomen (Fig. 82). Ich fand derartige Verhältnisse meist bei Scelerostomum edentatum und ich muss gestehen, dass ich sie anfangs für einen Beweis der Richtigkeit der van Benedenschen Auffassung hielt, da ich überdies erste Furchungsspindeln fand (Fig. S6), in denen die Chromosomen in Über die Spermio- und Oogenese der Scelerostemum-Arten ete. 253 zwei Gruppen getrennt voneinander lagen und mir somit ihren verschiedenen Ursprung anzudeuten schienen. Später fand ich jedoch in dem gleichen Objekt Zwischenstadien (Fig. 83), die sowohl die halbverschmolzenen Vorkerne, als auch die schon an- gelegten geschlängelten Chromosomen zeigten, wodurch die beiden Kriterien, die für die Meinung van Benedens sprachen, wieder bedeutend an Beweiskraft verloren. Ich komme daher im Gegensatz zu OÖ. Meyer zu dem Schluss, dass bei den Sclerostomiden fast stets ein Furchungskern ausgebildet wird, während der van Benedensche Bildungsmodus nur für wenige Fälle und zwar bei Sclerostomum edentatum wahrscheinlich gemacht wird. Da die erste Furchungsspindel das Endresultat der Ge- schlechtszellenvereinigung darstellt, so möchte ich, bevor ich auf den feineren Bau derselben eingehe. vorerst noch einiger Be- fruchtungsanomalien Erwähnung tun, von denen ich schon zu Beginn meiner Arbeit andeutungsweise sprach. Haben die lebenden Parasiten starke Temperaturerniedrigung erlitten, so findet man im Uterus kein einziges normales Be- fruchtungsstadium. Einerseits sucht man nach Richtungskörpern vergeblich, andererseits lassen sich in jedem Ei drei bis vier blasige Kerne auffinden, deren Ursprung auf eine Polyspermie zurückzuführen ist (Taf. X, Fig. 54). Diese Anomalie liesse sich nach meiner Meinung in be- friedigender Weise erklären, wenn wir annehmen, dass nur die vom Eiplasma abgehobene Hülle und sei sie anfangs auch noch so fein, eine undurchdringliche Wand für die Spermatozoen bilde, nicht aber die mit dem Eiplasma in Kontakt stehende. Da nun bei Abkühlung des lebenden Materials eine Schrumpfung der gesamten Teile eintritt, so liesse sich wohl denken, dass eine noch zarte, gerade abgelöste Eimembran sekundär mit dem Eiplasma in Verbindung tritt und somit eine Polyspermie er- möglicht wird. Dass es trotz Polyspermie noch zur Spindelbildung kommen kann, zeigen die Fig. 85a, b, c, d, Taf. X, die einer Schnittserie entlehnt sind. Es sind hier zwei vollständige Spindeln ausgebildet und ausserdem liegen noch mehrere kernähnliche Körper im Eiplasma, die teils zu Grunde gegangenen Spermakernen, teils dem zur Kugel gewordenen Liningerüst des Keimbläschens ent- 254 Kurt Kühtz: sprechen dürften. Welche Chromatinbestandteile bei der Bildung der zweiten Spindel zur Verwendung gekommen sind, lässt sich selbstverständlich nicht angeben, hervorheben möchte ich aber noch, dass von Richtungskörpern nichts zu sehen war, somit also möglicherweise weibliche Chromatinbestandteile auch an der zweiten Spindel beteiligt sein könnten. In den normalen Furchungsspindeln lassen sich von nun ab auch mit Gentianaviolett und Jodjodkalium punktförmige Centriolen, wenn auch ohne Strahlung, kenntlich machen, letztere wird sogar merkwürdigerweise durch zahlreiche um den Hauptkern angeordnete und ebenso stark färbbare Körnchen ersetzt (Taf. X, Fig. 36— 88). Ich halte diese Beobachtung, dass an der Plasmastrahlung grosser Uentrosomen auch noch dem Zentralkörper ähnliche Gebilde beteiligt sind, für um so interessanter, als sie noch nicht beschrieben, was sicherlich auf das Übergehen der Gramschen Färbmethode zurückzuführen ist. Die AÄquatorialplatte der Furchungsspindel wird aus den kurzen, schwach winklig geknickten Chromosomen gebildet (Taf. X, Fig. 87), von denen wir entsprechend unserer obigen Angabe bei Polansicht elf oder zwölf finden müssten, je nachdem ein männliches oder weibliches Individuum aus dem befruchteten Ei hervorgehen soll. Ich habe absichtlich in den letzten Seiten von einer Präzisierung der Chromosomenzahl Abstand genommen, da sie bei einer solchen Zahl überdies gebogener Chromosomen an Schnittpräparaten zur Unmöglichkeit wird. Meine Versuche, die fraglichen Stadien an Totalpräparaten zu studieren, scheiterten jedoch trotz mannigfacher Abänderung der Färbmethoden an der starken Tinktionsfähigkeit des Eiplasmas, wodurch die Chromo- somen stets verdeckt wurden. In den Anaphasen rücken die beiden Tochterplatten als einheitliches Ganzes gegen die Pole (Taf. X, Fig. 85), umgeben sich noch während der Durchschnürung des Eiplasmas mit einer Kernmembran und lösen sich in zahlreiche Chromatinbrocken auf (Taf. X, Fig. 59), um bei erneuter Teilung abermals die bekannten Entwicklungsstufen zu durchlaufen. Was nun die Richtung der Teilungsebenen anbelangt, so können hierbei alle möglichen Variationen vorkommen. Meistens fällt freilich die Spindelachse, entsprechend der zweiten Hert- wigschen Regel, die Richtung der Kernspindel betreffend, in die Über die Spermio- und Oogencse der Sclerostomum-Arten etc, 255 Hauptachse des ellipsoiden Eies (Taf. X, Fig. 75). Sie kann sich aber auch in die Nebenachse desselben. einstellen (Fig. 88) oder mit der Hauptachse einen Winkel von 45° bilden (Fig. 86), d.h. ein Zwischenstadium zu den beiden erstgenannten Fällen. Da die gleichen Verhältnisse auch in den einzelnen Blastomeren obwalten, so lassen sich hieraus die beigegebenen Fig. 90—92 mit Leichtigkeit erklären. Ist das Ei durch weitere Teilung bis zum Morulastadium fortgeschritten, so finden wir es im vaginalen Ende des Uterus oder wohl gar in der Vagina. Hierbei gehen die Eier von Sclerostomum edentatum in ihrer Entwicklung weiter als diejenigen von Sclerostomum equinum; so stammt Fig. 93 aus der Vagina der letzteren Spezies, während Fig. 94 ein Ei aus dem Uterus von Sclerostomum edentatum vorstellt. In diesem Entwicklungsstadium verlassen die Eier die weiblichen Geschlechtsorgane und gelangen mit den Exkrementen des Pferdes ins Freie, um hier zu Rhabditisformen zu werden und dann z. B. mit dem Weidefutter von einem anderen Pferde wieder aufgenommen zu werden, wie wir es aus den eingangs erwähnten Arbeiten erfahren haben. Zusammenfassung. Stellen wir am Schluss unserer Untersuchung die gefundenen Resultate zusammen, so wäre als charakteristisch für die Selero- stomiden hervorzuhebsn: 1. Die starke Rhachisbildung beim Männchen, die mit ihren Resten bis tief in die Reifezone reicht. 2. Die bedeutend schwächere Rhachis beim Weibchen, die schon vor Beginn der Reifezone völlig verschwindet. Elf Chromosomen in den Spermiogonienkernen. Zwölf Chromosomen in den Oogonienkernen. Fünf Tetraden und ein Monosom in den Spermiocyten, was zu einer ungleichen Teilung in der ersten oder zweiten Reifeteilung führt. 6. Sechs gleichwertige Tetraden bei der Richtungskörper- bildung und zugleich die Ausstossung eines achromatischen Restkörpers des Keimbläschens. 7. Die Ausbildung einer langgestreckten Ejakulationssperma- form Archiy f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 3 OU 256 Kurt Kühtz: 5. Die Rückbildung desselben im Uterus zum kugligen Be- fruchtungsspermium. 9. Die Bildung eines Furchungskernes, der aus den ver- schmelzenden Vorkernen hervorgeht und in vereinzelten Fällen die Bildung einer Furchungsspindel ohne vorherige Vereinigung der Vorkerne. 10. Die Eier verlassen im Morulastadium den mütterlichen Körper. 11. Die einzigartige männliche Rhachisbildung sowie die Spermatidenumbildung rechtfertigen die früher schon aus anderen Ursachen vorgenommene Abtrennung unserer Parasiten von den Strongyliden. Literaturverzeichnis. Agassiz, Louis: Nomenclatoris zoologiei index universalis, 1846. Auerbach, L.: Organologische Studien. Breslau 1874. Augstein, O.: Strong. filaria. 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Die Fig. 7, 51, 76 wurden gleichfalls mit dem Zeichenapparat nach OÖberhäuser angelegt, jedoch Fig. 7 und 51 in halber Objekttischhöhe mit Himmlerschem Objektiv 7 und Fig. 76 mit !/ıs homogener Öl-Immersion von Leitz (als Zeichentisch diente der Standtisch des Mikroskops); die Vergrösserung betrug hierbei 500 und 1400. (Fig. 7 wurde auf ®/ı verkleinert.) Die übrigen Figuren wurden sämtlich in Objekttischhöhe mit dem grossen Abbeschen Zeichenapparat angefertigt unter Benutzung einer !'e homogenen Öl-Immersion von Leitz und einem Kompensationsokular 8 von Zeiss bei einer Tubuslänge von 160 mm. Die Vergrösserung beträgt 1650. Tafel VIII. Fig. 1, 4—7, 13 --21, 30: Fixation Flemming, gefärbt mit Heidenhain- Eosin oder Safranin-Licehtgrün. Fig. 2: Fixation Zenker, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin. Fig. 3, 10, 22—29, 31—33: Fixation Bouin, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin oder Gram. Fig. 8, 9, 11, 12: Fixation Helly, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin. Fig. 1. Querschnitt durch die Keimzone der Hodenröhre; im Zentrum der Rhachisstamm mit seinen primären und sekundären Rhachislamellen. Im umgebenden Syncytium Spermiogonienkerne in verschiedenen Entwicklungsstadien. Fig. 2. Querschnitt durch das Ende der Keimzone. Die primären und sekundären Rhachislamellen sind von einem homogenen Plasma aufgefüllt. Neben Spermiogonienkernen peripher drei Zwischen- körper (Zwk.). Fig. 3. Querschnitt durch den oberen Teil der Wachstumszone. Die Rhachis ist stark geschwollen und lässt die primären Rhachislamellen nur noch undeutlich erkennen. Die Spermiogonienkerne sind oval ge- worden. Fig. 4. Querschnitt durch die Mitte der Wachstumszone. Der Rhachis- stamm hat die primären Lamellen eingezogen und ist vollkommen abgerundet. Im Zentrum zeigt er einen dichten Ring, während das übrige Plasma radiäre Fasern aufweist. Von der Peripherie des Rhachisstammes lassen sich tertiäre usw. Verzweigungen bis zur Hodenperipherie zwischen den Spermiogonien nachweisen. Fig. 5. Querschnitt durch einen älteren Teil der Wachstumszone. Der zentrale Rhachisring ist schon aufgelöst, das übrige Plasma schon sehr locker mit vereinzelten gefärbten Körnchen, die besonders an der peripheren Randschicht des Rhachisstammes hervortreten. Die Spermiogonien deutlich keulenförmig. File. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 9 10. iu 12. 13: . 14. 19. 20: . 21a—c. Seitenansicht von Spermiogonienspindeln mit kompakter und . 22. Über die Spermio- und Oogenese der Selerostomum-Arten ete. 261 Querschnitt durch das Ende der Wachstumszone. Der Rhachis- stamm zeigt nur noch Spuren eines radiären faserigen Plasmas. Die Keulenform der Spermiogonien tritt schärfer hervor. Längsschnitt durch den Beginn der Reifezone. Der Rhachisstamm zusammengedrückt und in Falten gelegt. Die jungen Spermiocyten etwas verkürzt. Längsschnitt durch das blinde Ende einer Övarialröhre mit Schneiderscher Terminalzelle (Sch. Termz.) mit Kern (K.) und bläschenförmigem Nukleolus (Nuk.). Zentral ein heller Rhachis- streifen mit vereinzelten kleineren Kernen. Querschnitt kurz hinter dem blinden Ende der Övarialröhre des- selben Tieres wie Fig. 8. Stark entwickelter Rhachisteil ohne Abgrenzungsschicht gegen das Plasma des umgebenden Syneytiums. Querschnitt durch den Anfang der Wachstumszone der weiblichen Ovarialröhre. Der Rhachisstamm rund mit starker Grenzschicht und peripher ausstrahlenden Verzweigungen. Querschnitt durch einen etwasälteren Teil der weiblichen Wachstums- zone. Die Rhachisverzweigungen rückgebildet. Die Oogonienkerne oval. Querschnitt durch den mittleren Teil der Wachstumszone. Die Randschicht der Rhachis stark reduziert; im Zentrum der Rhachis ein lockeres Fasernetz. Die Zellgrenzen der Oogonien treten auf, das Chromatin ihrer Kerne sammelt sich zu grösseren Klumpen. Querschnitt durch die männliche Rhachis der Keimzone mit zwei Rhachiskernen. Spermiogonienkern mit Chromätinbrocken von unregelmässiger Gestalt. Spermiogonienkern, Chromatin kurze Stäbchen. und 17. Spermiogonienkerne mit geschlängelten Chromatinfäden. Spermiogonienkern, dessen Chromatinfäden nur noch gebogen oder schon gerade geworden sind. Spermiogonienkern ohne Membran mit stark verkürzten Chromatin- stäbchen, die einen Querspalt aufweisen und eine Parallellagerung andeuten. Spermiogonienkern bei Polansicht mit elf Chromosomen. geteilter Äquatorialplatte und einzelnen Chromosomen einer zer- schnittenen Äquatorialplatte, um die Stellung der Chromosomen zu veranschaulichen. Spermiogonienkern weit differenziert mit drei Nukleolen, davon einer stäbchenförmig. Eine iosgerissene Spermiogonienzelle aus dem Beginn der Wachstums- zone (I. Nukleolusstadium). Spiremstadium, Kern oval mit undeutlicher Membran, das Chromatin beginnt zu verklumpen, dazwischen ein achromatischer Faden, ausserdem zwei grössere Brocken (Nukleoli). 262 Fig. Kenn aRtnihumzee 25a—c. Synapsisstadien vor der Mitte der Wachstumszone; bei a und b Membran nicht nachweisbar. Das Chromatin weiter ver- klumpt. c Deutlicherwerden des Gesamtbildes. . 26a—i. Langgestreckte Knäuelstadien aus der Mitte der Wachstumszone. . 27. sSpermiogonienstadium aus dem Ende der Wachstumszone. 28a—c. Spermiogonienkerne aus dem Ende der Wachstumszone. . 29. Übergang zum kugligen Spermiocytenstadium. g. 30a und b. Junge Spermiocyten erster Ordnung; das Chromatin faden- förmig. . 3la und b. Junge Spermiocyten erster Ordnung; die Chromatinfäden werden deutlicher und lassen bei b schon teils eine Zusammen- setzung aus mehreren Chromosomen erkennen. . 32a und b. Spermiocyten erster Ordnung vor der Spindelbildung; Tetraden schon deutlich zum Teil einander parallel gestellt. . 33a—c. Polansichten der ersten Reifeteilung (Rosettenstadium); das Monosom fällt durch seine Kleinheit auf. d Spindel von der Seitenansicht. Tafel IX. .38, 39, 45, 46: Fixation Flemming, gefärbt mit Safranin- Lichtgrün. .45: Heidenhain. Fig. 34—37, 48, 56—71: Fixation Bouin, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin, Gentianaviolett-Orange G, meist Gram. . 40-44, 47, 49: Ausstriche! Fixation Osmiumsäuredämpfe, gefärbt nach Giemsa oder May-Grünwald. . 3£a—c. Anaphasen der ersten Reifeteilung mit und ohne heterotypischer Bewegung eines Chromosoms. .35a—d. Tochterplatten von der Polansicht. . 36a—e. Zweite Reifeteilung, a und ce Polansichten mit sechs und fünf Chromosomen; e Heterokinese. . 37 a—f. Zweite Reifeteilung, von c ab Polansichten der Tochterplatten. .38a und b. Junge Spermatiden mit kugligem Kern; bei b schon exzentrisch lagernd. . 39. Streckung der Spermatide, b Kern zuckerhutförmig. . 40-42. Die gleichen Stadien an Ausstrichpräparaten gewonnen; in ihrer ganzen Gestalt grösser, der Kern lockerer, ein Fadenknäuel bildend. . 43. Spermiocyte erster Ordnung (Ausstrichpräparat). . 44a—d. Ausbildung der Ejakulationsstadien; das Hinterende keulen- förmig angeschwollen, die Oberfläche des Plasmaanhanges warzig. . 45a—c. Spermatiden im kugligen Hinterende kappenförmiger Körper, im Plasmaanhang zahlreiche stark gefärbte Körnchen. . 46a—d. Spermatidenumbildung von Sclerostomum vulgare; ein Teil des Chromatins wandert in den Plasmaanhang. . 47. Spermatide gefärbt nach May-Grünwald mit kappenförmigem Körper im Hinterende und dunkler gefärbtem Kernteil vor dem Übergang in den Plasmaanhang. ig. 50. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. . 48. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 263 Querschnitt durch die Uteruswand (Uw.) mit Kern (K.) und an- heftenden Spermatiden (Sp.). . 49a—e. Umwandlungsformen aus dem Uterus. e befruchtungsfähiges Spermium, gefärbt nach Giemsa. Längsschnitt durch die weibliche Rhachis der Keimzone mit grossem Rhachiskern (Rhk.); im umgebenden Syncytium ein Zwischenkörper (ZwK.). Längsschnitt durch die weibliche Rhachis (Beginn der Wachstums- zone) mit Rhachiskern. Oogonienkern, das Chromatin in Brocken auf einem achromatischen Faden verteilt. 53a—d. Vier Zwischenkörper in verschiedenen Stadien der Rück- 54. bildung. Oogonienkern aus dem Anfang der Wachstumszone; das Chromatin auf einem Faden verteilt. Oogonienkern aus der Wachstumszone, dichtes Knäuelstadium. Oogonienkern aus der Wachstumszone, lockeres Knäuelstadium. ÖOogonienkern aus der Wachstumszone; das Chromatin zieht sich auf dem Faden an einigen Punkten zusammen. und 59. Zwei isolierte Kerne bei stärkerer Vergrösserung. welche die chromatischen Elemente deutlich als Tetraden erkennen lassen. Eine kuglige Richtungsspindel an der Eiperipherie; die undeut- lichen Tetraden der Membran noch parallel gerichtet. Kuglige Richtungsspindel, die Tetraden senkrecht zur Eimembran. Richtungsspindel von Sclerostomum equinum bei halber Polansicht mit sehr schlanken Tetraden. Richtungskörper mit zwei kleineren Tetraden. Anaphase bei der ersten Richtungskörperbildung mit heterotypischer Bewegung einer Chromosomengruppe. Anaphase bei der ersten Richtungskörperbildung mit Aufspaltung der Dyaden. Anaphase bei der ersten Richtungskörperbildung, Polansicht. Anaphase bei der ersten Richtungskörperbildung bei schräger Pol- ansicht, die Dyaden schon ganz aufgespalten. Anaphase der ersten Richtungskörperbildung, Seitenansicht, Tonnen- form. Zweite Richtungsspindel (II Sp.) und erster Richtungskörper (I Rk.). Ei mit erstem und zweitem Richtungskörper und männlichem und weiblichem Vorkern. Ei mit Richtungskörper und dem gerade entstehenden männlichen und weiblichen Vorkern. Späteres Entwicklungsstadium der Vorkerne. Richtungsspindel (Rsp.) und Spermakern (Sp.) dicht nebeneinander. 264 Kurt .Kühtz: Tafel X. Fig. 74—83, 86—94: Fixation Bouin, gefärbt nach Gram oder Böhmers Hämatoxylin. Fig. 84 und 85: Fixation Helly, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin. Fig. 74 und 75. Ungleich entwickelte Vorkerne (Vk.), zur Seite Richtungs- körper (Rk.). Fig. 76. Die beiden Vorkerne (Vk.) dicht nebeneinander, der männliche mit zwei Öentrosomen mit Plasmastrahlung. Fig. 77. Die Vorkerne rücken übereinander. Fig. 78. Erste Furchungsspindel mit Rest der Kernmembran (Km.). Fig. 79. Die beiden Vorkerne halb verschmolzen, im Innern das Uhromatin in zahlreichen Pünktchen, noch keine Chromosomen erkennbar. Fig. 80. Furchungskern mit geschlängelten Chromosomen. Fig. 81. Vereinigung zweier ungleicher Vorkerne. Fig. 82. Zwei Vorkerne, die beide schon deutlich geschlängelte Chromosomen aufweisen. Fig. 83. Vereinigung zweier Vorkerne, die beide schon Uhromosomen aus- gebildet haben. Fig. 84. Polyspermie bei einem abgekühlten Ei. Fig. 85a—d. Schnittserie durch ein Ei, das trotz Polyspermie Spindeln ausgebildet hat. Fig. 86. Erste Furchungsspindel, Centrosom (C©.) mit Nebenkörnchen (Nk.). Fig. 87. Erste Furchungsspindel von der Polansicht, Centrosom mit Neben- körnchen (Nk). Fig. 83. Anaphase der ersten Furchungsspindel. Fig. 89. Durchschnürung des Eiplasmas; jeder Blastomerenkern schon von einer Membran umgeben, das Chromatin wieder in Bröckchen verteilt. Fig. 90—92. Eier, die eine verschiedene Stellung der ersten Teilebene auf- weisen. Fig. 93. Ei aus der Vagina eines Sclerostomum equinum. Fig. 94. Ei aus dem Uterus eines Sclerostomum edentatum. Über die Spermio- und Oogenese der Sclerostomum-Arten etc. 265 Erklärung der Textfiguren. Fig. A—C: Fixation Helly, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin. Fig. D—--H: Fixation Bouin, gefärbt mit Böhmers Hämatoxylin. Textfig. A (S. 205). Querschnitt durch einen etwas älteren Teil der Wachs- tumszone der Ovarialröhre. Die Rhachis hat ihre grösste Ausdehnung überschritten. Das Plasma der umliegenden Oogonienzellen nimmt durch Dotteraufspeicherung blasiges Aussehen an. Das Chromatin der grösser gewordenen Kerne hat sich auf wenige Reste an einer Stelle zusammengezogen. Textfig. B (S. 238). Querschnitt durch den unteren Teil der Wachstumszone. Die Rhachis weiter reduziert. Im Plasma der Oogonien treten stark färbbare Körnchen auf, die einen Vorrat für die zu bildende Ei- hülle darstellen. Der Chromatinklumpen zeigt unregelmässige Gestalt. Textfig. © (5. 238). Querschnitt durch das Ende der Ovarialröhre. Die Rhachis in einzelne Fasern aufgelöst. Die Oogonien zeigen im Plasma weitere Vermehrung der Vorratsstoffe zur Eihüllenbildung. Der Chromatinklumpen wird lockerer. Textfig. D und E (5.241). Zwei Eier aus dem Eileiter, E kurz vor Eintritt in den Uterus mit Chromatinelementen (Chr. el.) im Kerngerüst (Kg.) und zwei Nukleolen (Nue.). Textfig. F und G (S. 244). Zwei Eier aus dem oberen Uterusteil, das Linin- gerüst (Li.) des Kernes durcb Böhmers Hämatoxylin stark gefärbt. Bei G verlassen die Tetraden (Chr.) gerade das Kern- gerüst und wandern ins Eiplasma. Textfig. H (S. 245). Frisch befruchtetes Ei; zeigt noch den Rest der zur Eihüllenbildung aufgespeicherten Reservekörper (Rsvk.), am Rand die Richtungsspindel (Rsp.) bei schräger Aufsicht, das Spermium (Sp.) und das zusammengeschrumpfte Liningerüst (Li.). A| a ur j 7 ira 2 h | 1" 7 \ 2 br: f j ! 1 ( ‘ | - n ' “ ) Z ) } ” { € “ 7 E i ; R { * 267 Aus dem Anat.-Biologischen Institut zu Berlin und der Zoologischen Station zu Neapel. Beeinflussung der männlichen Keimzellen durch chemische Stoffe. Von Günther und Paula Hertwig. Hierzu Tafel XI, XII und 6 Textfiguren. Inhalt Seite riet he. ee age et lat he ar MR 2 ers. Se elueer 25 ABsperimenteller. Teil. u... 2.1... w 268 I. Bastardierungsexperimente an den hie. von Arena Sole mit chemisch vorbehandeltem Samen von Rana fusca . . . 268 I. Versuche an den Samenfäden von Rana esculenta mit Chloral- hydrat, Nikotin und Strychhin . ...... 277 III. Versuche an den Samenfäden von Gobius jozo air Methylen- blaurund. Methylerun n.e0 . 2.0, ö 278 IV. Versuche an den Samenfäden von Saeln ne Chlosall hydrat, Strychnin, Nikotin, Methylgrün, Kristallviolett und Meihylenblam.. yasni) Sa nl is une 282 B. Zytologische ma über das Schicksal des durch Methylenblau geschädigten Spermachromatins im Seeigeleii . . 290 KRRNTSEHTENIEN" Teile, urn Van ee 296 Die verschieden grosse Resistenz des Sperma gegen chemische Mittel: a) bei Vertretern von verschiedenen Spezies. . .. 2... 295 b) bei verschiedenen Tieren derselben Spezies ....... 299 c) der einzelnen Samenfäden desselben Tieres ....... 299 Selektion der methylenblaufesten Spermien bei den 15—18 stün- digen: Seeigelexperimenten "N. a U EIERN 300 Einleitung. In zwei Mitteilungen an die Akademie der Wissenschaften hat OÖ. Hertwig über Keimesschädigungen berichtet, die er durch Behandlung von Samenfäden von Rana fusca durch eine Anzahl von chemischen Mitteln, wie Methylenblau, Chloralhydrat und Strychnin, erzielt hat. Genau so wie durch Bestrahlung der Spermatozoen mit Radium konnten auch durch schwache wässerige Lösungen der genannten Chemikalien, die auf die Archiv f.mikr Anat. Bd.83. Abt. II. 18 268 Günther und Paula Hertwig: Samenflüssigkeit einige Zeit einwirkten, die Samenfäden in ihrer Konstitution derart verändert werden, dass die mit ihnen be- fruchteten, gesunden Eier eine abnorme Entwicklung einschlugen. Die auf diesem Wege erzielten missbildeten Embryonen glichen in vieler Hinsicht den parthenogenetischen Larven, die durch intensive Radiumbestrahlung der Samenfäden gewonnen wurden. Daher sprach O. Hertwig die Vermutung aus, dass auch die Larven in seinen chemischen Versuchen zum Teil auf partheno- genetischer Grundlage sich entwickelt hätten. Der Zweck unserer Arbeit ist es nun, für diese Annahme durch geeignete Experimente den Beweis zu erbringen, dann aber auch die von OÖ. Hertwig an Amphibien begonnenen Untersuchungen auf andere Tierklassen auszudehnen und an geeigneten Objekten das Schicksal des durch chemische Eingriffe veränderten Spermachromatins während der Entwicklung mikroskopisch zu verfolgen. Über unsere Experimente wollen wir in drei Abschnitten berichten. Im ersten Teil wird durch Kombination von Bastar- dierung und Behandlung der Samenfäden mit chemischen Agentien der Nachweis geführt werden, dass die Entwicklung von Eiern, die mit artfremdem, chemisch geschädigtem Sperma besamt wurden, tatsächlich zu einer parthenogenetischen wird. Im zweiten Teil werden wir analoge Experimente an Vertretern der Klasse der Fische und Echinodermen beschreiben und schliesslich an dritter Stelle das Verhalten des chemisch geschädigten Spermachromatins an mikroskopischen Schnitten durch Seeigeleier verfolgen. Die Versuche an Fischen und Seeigeln wurden in den Monaten März und April an der Zoologischen Station in Neapel ausgeführt, wo wir durch das preussische Kultusministerium einen Arbeitsplatz erhalten hatten. Wir ergreifen gerne die Gelegenheit, dem Leiter der Zoologischen Station, Herrn Prof. R. Dohrn, für die liebenswürdige Aufnahme und die mannigfaltige Unter- stützung bei unseren Arbeiten unseren besten Dank auszusprechen. Experimenteller Teil. I. Bastardierungsexperimente an den Eiern von Rana esculenta mit chemisch vorbehandeltem Samen von Rana fusca. In seiner Arbeit „Parthenogenesis bei Wirbeltieren, hervor- gerufen durch artfremden, radiumbestrahlten Samen“ hat Günther Beeinflussung der männlichen Keimzellen ete. 269 Hertwig den Nachweis geführt, dass bei einer Reihe von Bastardierungsexperimenten, bei denen das Kreuzungsprodukt infolge der disharmonischen Idioplasmaverbindung stets auf dem Blastulastadium abstirbt, das Entwicklungsresultat erheblich besser ausfällt, wenn die artfremden Samenfäden vor der Vereinigung mit dem Ei für einige Zeit der Einwirkung von Radiumstrahlen ausgesetzt wurden. Die Erklärung für dieses auffällige Resultat wurde in der durch die Radiumbestrahlung herabgesetzten oder ganz aufgehobenen Vermehrungsfähigkeit des väterlichen Chro- matins erblickt, durch die eine disharmonische Verbindung des mütterlichen und väterlichen Chromatins mit ihren für die Ent- wicklung so schädlichen Folgen verhindert wird. Die Entwicklung des mit artfremdem, radiumbestrahltem Sperma besamten Eies ist als eine parthenogenetische zu bezeichnen, da allein der Eikern sich vermehrt und den Kernapparat des Embryos bildet. Die Richtigkeit dieser Anschauung konnte einmal von G. Hertwig dadurch nachgewiesen werden, dass er durch Messungen die haploide Natur der Kerne bei seinen Versuchstieren feststellte: ferner er- gaben die mikroskopischen Untersuchungen von P. Hertwig am Froschei, von Oppermann bei der Forelle und von G. Hertwig am Seeigelei mit aller Deutlichkeit die Vermehrungsunfähigkeit des intensiv radiumbestrahlten Samenkerns und seine Ausschaltung während der ersten Teilungen des Eies. Inzwischen ist auch noch bei einigen anderen Bastardkombinationen, die gleichfalls normalerweise auf dem Blastulastadium absterben, das zuerst am Frosch und an der Kröte ausgeführte Experiment mit demselben Erfolg angestellt worden, so von OÖ. Hertwig bei Triton X Salamander, sowie von uns bei einer Fischkreuzung Crenilabrus 2 X Gobius g, ein Versuch, über den wir demnächst in diesem Archiv berichten werden. Die Bastardverbindungen, bei denen das Zeugungsprodukt auf dem Blastulastadium abstirbt, lassen sich nun, wie aus dem soeben Gesagten hervorgeht, umgekehrt auch zur Entscheidung der Frage benutzen, ob eine Behandlung der Samenfäden mit chemischen oder physikalischen Agentien zu einer Schädigung ihrer Kernsubstanz geführt hat. Ergibt sich bei dem Experiment, dass die Entwicklung nunmehr über das Blastulastadium hinaus zur Embryobildung fortschreitet, so ist damit der Beweis erbracht, dass die Kernsubstanz des Samenfadens durch die Vorbehandlung 15* 270 Günther und Paula Hertwig: tatsächlich geschädigt ist und in ihrer Vermehrungsfähigkeit gelitten hat. Zu unseren Experimenten benutzten wir die schon von G. Hertwig bei seinen Radiumexperimenten verwandte Bastard- kombination Rana esculenta@ X Rana fuscag; von Chemikalien liessen wir Strychninum nitricum, Chloralhydrat und Methylenblau auf die Samenfäden einwirken; unter diesen drei chemischen Mitteln erwies sich in der angewandten Konzentration das erste als unwirksam, während die beiden anderen positive Resultate ergaben. Zu jedem Experiment wurde ein Hoden in einigen Tropfen 0,3 proz. Kochsalzlösung möglichst fein zerzupft und die so gewonnene konzentrierte Samenmilch dann mit dem gleichen Teil der chemischen Lösung versetzt und gründlich durcheinander- gerührt. Nach einem bestimmten Zeitintervall wurde dann dieses Gemisch in der zur Befruchtung geeigneten Verdünnung mit 0,3proz. Kochsalzlösung zur Besamung der Eier verwandt. a) Versuche mit Strychnin. Am 16. Mai wurde der noch von Spermatozoen strotzende Hoden eines seit März in einem kühlen Raum aufbewahrten Männchens von Rana fusca in 0,3 proz. Kochsalzlösung zerzupft und dann die Samenmilch mit dem gleichen Teil einer 0,75 proz. Strychninum-nitricum-Lösung mit 0,3 °/o Kochsalzzusatz gut ver- rührt. Nach 1!/ı Stunden wurde dies Gemisch, in dem die Samenfäden noch lebhaft beweglich waren, zur Befruchtung von etwa 60 Stück Eier von Rana esculenta benutzt. Die gute Be- schaffenheit des Eimaterials wurde gleichzeitig durch eine Normal- befruchtung festgestellt. Drei Stunden nach der Besamung begann in dem Strychninversuch die Teilung der Eier, die bei der Hälfte zur normalen Zwei- und später Vierteilung führte, während sich die andere Hälfte mehr oder minder stark unregelmässig infolge von Polyspermie furchte. Wie ja schon aus den Experimenten von Pflüger und Born bei derselben Kreuzung hervorgeht, und wie wir durch unsere Versuche erneut bestätigen können, ist das Verhältnis, in dem sich die Eier von Rana esculenta mit dem Samen von Rana fusca monosperm befruchten lassen, je nach dem Eimaterial und der Konzentration des Samens ein sehr wechselndes. So kann es vorkommen, dass fast alle Eier mehr- fach befruchtet werden, während ein andermal die Samenfäden Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 271 bei einer grossen Anzahl von Eiern überhaupt nicht in das Ei- innere zu dringen vermögen und dann die von Born zuerst be- schriebene „Eindellung* der Eier hervorrufen. In unserem Strychninversuch unterblieb die Eindellung ganz, da kein Ei unbefruchtet war. Zwei Tage nach der Befruchtung gastrulierten die mit art- gleichem Samen befruchteten Kontrolleier in normaler Weise, während die Eier des Strychninversuches das Blastulastadium nicht überschritten hatten; nur bei vier Stück hatte sich eine Art Riesendotterpfropf gebildet, eine Erscheinung. die man jedoch auch bei normaler Kreuzung ohne Strychninbehandlung des Samens beobachten kann, wie schon G. Hertwig in seiner Arbeit (1912) beschrieben hat und wie wir durch Kontrollversuche bestätigen können. Am nächsten Tage waren sämtliche Eier des Strychnin- versuches abgestorben, ohne sich weiter entwickelt zu haben. Im Gegensatz zu OÖ. Hertwigs Versuchen mit 0,25 proz. Strychnin- lösung, die er '/—2 Stunden auf die Samenfäden von Rana fusca einwirken liess und durch die er starke Missbildungen hervorrufen konnte, haben wir also in unseren Bastardierungs- versuchen trotz einer dreimal so starken Strychninlösung keine Schädigung der Samenfäden feststellen können, die zu einer Vermehrungsunfähigkeit oder -beschränkung ihres Chromatins führte. b) Versuche mit Chloralhydrat. Günstiger verlief in dieser Hinsicht ein Versuch mit Chloral- hydrat, den wir am 20. Mai anstellten, während ein anderer Ver- such am 16. Mai ebenfalls ergebnislos geblieben war. Am 16. Mai benutzten wir eine Samenflüssigkeit, die zur Hälfte mit einer 0,5proz. Lösung von Chloralhydrat vermischt worden und eine halbe Stunde in dieser Mischung geblieben war. Sämtliche 25 Eier, die mit dieser Flüssigkeit besamt und monosperm befruchtet worden waren, starben auf dem Blastula- stadium ab. Am 20. Mai wiederholten wir den Versuch mit einer schwächer konzentrierten Chloralhydratlösung von 0,25°o. Von der mit dieser Lösung zu gleichen Teilen versetzten Samenflüssigkeit benutzten wir eine Portion nach einer viertel Stunde, eine andere nach einer Stunde zur Kreuzbefruchtung. Diesmal war das Ver-. hältnis der regelmässig zwei- und viergeteilten, also monosperm 272 Günther und Paula Hertwig: befruchteten Eier ein ganz besonders günstiges, da von je 40 Eiern sich nur etwa drei bis vier Stück unregelmässig furchten und nur ganz vereinzelte unbefruchtete die Dellenbildung zeigten. Die Eier der ersten Portion, die nach einer viertel Stunde Chloral- hydrateinwirkung befruchtet worden waren, entwickelten sich nicht über das Blastulastadium hinaus. Dagegen boten die Eier der zweiten Portion am 23. Mai folgendes Bild dar: Bei einem Ei hatte sich ebenso wie bei den mit artgleichem Samen befruchteten Kontrolleiern die Nervenplatte gebildet. Vier andere Eier besassen einen engen Dotterpfropf, bei zehn weiteren Stück hatte die (rastrulation zur Bildung eines Riesendotterpfropfes geführt. Der Rest von zehn Eiern war auf dem Blastulastadium stehen ge- blieben und am nächsten Tag zerfallen. Am 24. Mai war bei zwei Eiern das Nervenrohr fast geschlossen, die anderen Eier hatten sich zu mehr oder minder gut ausgebildeten Spinae bifidae entwickelt, von denen ein Teil konserviert wurde. Sie boten das- selbe Bild dar, wie die von OÖ. und G. Hertwig in ihren Studien über die Radiumkrankheit beschriebenen und abgebildeten Spinae bifidae, so dass auf ihre nähere Beschreibung hier verzichtet werden kann. Im Laufe der nächsten Tage starben in dem Chloralhydrat- versuch noch vier Stück ab, so dass am 27. Mai nur noch vier Embryonen lebten, von denen drei am 27. Mai, der letzte am folgenden Tage konserviert wurden. Drei von ihnen sind mit einer gleichaltrigen Kontrollarve auf Fig. 1—4 (Taf. XI) ab- gebildet. Sie sind sämtlich in der Entwicklung stark zurück- geblieben, besonders der Schwanz ist ganz verkümmert; bei dem einen Embryo ist die Schwanzanlage, wie man deutlich auf der Abbildung (Fig. 2) erkennt, verdoppelt. Dieser schlechten äusseren Entwicklung entspricht auch die innere Differenzierung der Organe, wie die mikroskopische Untersuchung ergab. Die Augenanlage war oft verkümmert, die Ventrikelhöhlen stark erweitert und mit zerfallenen Zellhaufen in ihrem Innern angefüllt. An der Epidermis konnten auch wieder, wie bei den radiumkranken Larven von OÖ. Hertwig, zottige Exkreszenzen festgestellt werden. Vergleichen wir das Ergebnis dieses Versuches mit den er- heblich günstigeren Entwicklungsresultaten. die G. Hertwig durch Radiumbestrahlung der Samenfäden von Rana fusca an den Eiern von Rana esculenta erhielt, sowie mit den sogleich Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 273 zu besprechenden gleichfalls erheblich besseren Erfolgen unserer Methylenblauversuche, so ergibt sich ohne weiteres, dass von einer völligen Ausschaltung des Spermachromatins infolge der Vernichtung seiner Vermehrungsfähigkeit durch das Chloralhydrat keine Rede sein kann. Selbst bei den am besten entwickelten Embryonen müssen wir eine gewisse, wenn auch durch das Chloralhydrat beeinträchtigte Mitbeteiligung des Spermachromatins an der Ent- wicklung und dadurch verursachte Schädigung des Embryos an- nehmen. Denn die rein parthenogenetische Entwicklung bei Rana esculenta verläuft, wie G. Hertwig gezeigt hat, viel normaler. Immerhin geht aus unserem Versuch mit aller Deutlichkeit hervor, dass durch Chloralhydrat eine Schädigung der Kern- substanz des Samenfadens von Rana fusca ohne Beeinträchtigung seiner Beweglichkeit erzielt werden kann; dieselbe war aber bei unseren Experimenten offenbar viel geringer als bei O. Hertwig, der in seinen Versuchen mit gleich starken Chloralhydratlösungen 12 Tage alte parthenogenetische Rana fusca-Larven erzielte. Auch ist bei unseren Experimenten der geringe Prozentsatz von Samenfäden auffallend, bei denen eine Veränderung der Kern- substanz durch das Chloralhydrat erfolgte; denn in dem mit positivem Ausfall angestellten Experiment starb ja fast die Hälfte der Eier als Blastulae ab; nur etwa 60°/o gastrulierten und bei diesen war wieder die Entwicklung eine sehr verschieden gute, indem ein Teil stark missbildete Spinae bifidae, ein anderer Teil normaler ausgestaltete Embryonen lieferte. Es ist dies ein deutliches Zeichen, dass die Schädigung der überhaupt durch das Chloralhydrat beeinflussten Spermatozoen eine verschieden starke war. Auf die Erklärung dieser Verhältnisse werden wir jedoch erst ausführlich am Schlusse unserer Arbeit eingehen. c) Versuche mit Methylenblau (Zinkchloriddoppelsalz). Die günstigsten Entwicklungsresultate erhielten wir in einem Bastardierungsexperiment, bei dem wir den Samen von Rana fusca mit einer 0,05 proz. Methylenblaulösung im Verhältnis 1:1 ver- mischten und eine halbe Stunde einwirken liessen. Diesen Ver- such stellten wir am 16. Mai an. 3 Stunden nach der Besamung waren 30 Eier von Rana esculenta normal zweigeteilt, andere 20 Stück dagegen mehr oder minder unregelmässig gefurcht. Am 18. Mai war bei 22 Eiern ein ganz enger Urmund zu be- 274 Günther und Paula Hertwig: obachten, bei weiteren vier Stück war der Blastoporus noch nicht so weit geschlossen, andere vier Eier besassen einen Riesendotter- pfropf, während der Rest noch auf dem Blastulastadium verharrte. Am 19. Mai waren Eier, die zur Kontrolle mit unbehandeltem Rana fusca-Samen bastardiert worden waren, sämtlich als Blastulae zerfallen, während im Methylenblauexperiment 22 von normalen nicht zu unterscheidende Embryonen mit Kopf- und Schwanzhöcker, ferner weitere acht teils schwache, teils stärkere Missbildungen mit Spina bifida vorhanden waren. Die Anzahl dieser Embryonen entsprach also genau der Zahl der normal zweigeteilten Eier. Aber auch von den anderen Eiern, die sich beim Beginn der Teilung unregelmässig gefurcht und am Tage vorher noch nicht gastruliert hatten, waren gewisse Abschnitte noch am Leben geblieben, während andere Eipartien weisslich verfärbt und im Zerfall begriffen waren. Schnitte durch diese Eier ergaben als Bestätigung der am lebenden Objekt gemachten Beobachtung, dass neben zerfallenen nekrotischen Partien, in denen keine Kerne zu erkennen waren, sich noch lebende Bezirke nachweisen liessen, die in einzelne Zellen mit gut färbbaren Kernen zerlegt waren. Wenn diese sich noch weiter differenziert hatten, so entstanden Fig. 1. Teilbildungen, in manchen Fällen sogar gut ausgebildete Hemi- embryones laterales; ein Schnitt durch einen solchen ist in Textfig. 1 abgebildet. Links ist ein halbes Nervenrohr, eine Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 275 Chorda und ein Mesodermsegment angelegt, während die rechte Hälfte von einer kernlosen nekrotischen Masse gebildet wird. Die Erklärung für derartige Teilbildungen ist nach den Unter- suchungen von Brachet und Herlant an polyspermen Frosch- eiern nicht schwer zu geben. Sie stammen von den unregel- mässig geteilten polyspermen Eiern ab. Die Bezirke des Eies, die nur durch Methylenblau geschädigtes Spermachromatin bei der Furchung zuerteilt bekommen haben, sind frühzeitig zer- fallen, dagegen sind die Teile des Eies, in denen sich der Eikern nach mehr oder minder frühzeitiger Ausschaltung des mit ihm kopulierten Spermakernes vermehrt hat, lebens- und differen- zierungsfähig geblieben. Während die Teilbildungen sämtlich im Laufe des folgenden Tages abstarben, soweit sie nicht konserviert worden waren, ent- wickelten sich die anderen, aus den monosperm befruchteten Eiern hervorgegangenen Embryonen zunächst völlig normal weiter; erst am 26. Mai, am 10. Tage ihrer Entwicklung, machten sich Unter- schiede gegenüber normalen, gleichaltrigen Kontrollarven geltend. Denn während diese die Hüllen bereits verlassen hatten und im Wasser herumschwammen, war von den Methylenblaularven nur ein Teil aus den Hüllen herausgeschlüpft und lag unbeweglich auf dem Boden des Gefässes. Auf Berühren mit einer Nadel führten sie nur schwach zuckende Bewegungen aus. Von den normalen Larven unterschieden sie sich ferner durch einen be- deutend kürzeren Schwanz sowie durch das Auftreten von Bauch- wassersucht, die in den nächsten Tagen noch erheblich an Stärke zunahm. Infolgedessen machte sich nunmehr auch eine allmählich immer mehr zunehmende Tendenz zum Absterben bemerkbar, so dass im Laufe der nächsten 6 Tage alle Versuchstiere konserviert werden mussten. Drei von den ältesten Larven des Methylen- blauversuches sind mit einer gleichalten Kontrolle in Fig. 5—8 (Taf. XT) bei Sfacher Vergrösserung abgebildet. Sie wurden am 31. Mai konserviert, haben also ein Alter von 15 Tagen erreicht. An den Abbildungen erkennt man wieder sehr gut die bedeutende Hemmung des Längenwachstums der parthenogenetischen Larven des Methylenblauexperimentes, während ihr Entwicklungsgrad, wie man schon äusserlich an der Umwachsung der Kiemen erkennt, von den normalen Kontrolltieren nicht erheblich differiert. Auch die mikroskopische Untersuchung an Schnitten ergab eine Über- 276 Günther und Paula Hertwig: einstimmung mit den Befunden an den parthenogenetischen Frosch- larven und Kröten der Radiumexperimente, nämlich eine bedeutende (rössenabnahme sämtlicher Organe bei annähernd gleichem Diffe- renzierungsgrad im Vergleich zu den Kontrolltieren. Zum Schlusse seien noch die Resultate von Kernmessungen mitgeteilt, die nach dem Vorbilde und der Methode von G. und 0. Hertwig an den Methylenblau- und gleichaltrigen Kontroll- larven vorgenommen wurden. Sie ergeben, dass die Larven des Methylenblauversuches haploide oder thelykaryotische Kerne be- sitzen. Es wurden die Ganglienzellkerne des Rückenmarks in der Gegend hinter den Ohrbläschen bei 1000 facher Vergrösserung gemessen. Wir geben die Resultate in Tabellenform, wobei die Bezeichnungen Methyl. = Tier des Methylenblauversuches, Co. — Tier des Kontrollversuches bedeuten. Die mit den Nummern I], II, III bezeichneten Tiere des Methylenblau- und des Kontroll- versuches wurden immer, um einen genauen Vergleich zu er- möglichen, in gleicher Weise fixiert, mit Paraffin durchtränkt, geschnitten und gefärbt. Alle Tiere hatten ein Alter von 15 Tagen erreicht. Tabelle I. Ganglienzellkerne des Rückenmarks. (Vergrösserung 1000 fach.) Methyl. oder Co. | Mittlerer Radius r re | ne Methyl. I 0,35 0,123 0,043 Co. I 0,47 0,22 0,104 Methyl. II 0,36 0,13 0,047 Methyl. IIa 0,36 0,13 0,047 Co. II 0,47 0,22 0,104 Methyl. III 0,38 0,144 0,055 Methyl. IIIa 0,39 0,15 0,058 Co. III 0,48 0,23 0,11 Die Messungen ergeben in Übereinstimmung mit den Be- funden an parthenogenetischen Krötenlarven, dass die Volumina der Ganglienkerne der Larven des Methylenblauexperimentes zu denen normaler Kontrolltiere sich wie 1:2 verhalten. Um die bedeutenden Grössenunterschiede zu veranschaulichen, sind in den Textfig. 2 und 3 einige Ganglienzellkerne bei 1000facher Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 277 Vergrösserung von dem in Fig. 7 (Taf. XI) abgebildeten Versuchs- embryo und der Kontrollarve Fig. 8, Taf. XI zum Vergleich wiedergegeben. er Nach dem Ergebnis der Kernmessungen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass sich die Larven des Methylenblau- versuches nach Ausschaltung des Samenkernes auf partheno- genetischer Basis entwickelt haben. Wir besitzen also im Methylen- blau ein Mittel, das in geeigneter Konzentration auf die Samenfäden vor der Befruchtung angewendet, genau so wie die Radium- und Röntgenstrahlen imstande ist, die Kernsubstanz des Spermatozoons, ohne seine Beweglichkeit merklich zu beeinflussen, so zu schädigen, dass dieselbe völlig vermehrungsunfähig wird. II. Versuche an den Samenfäden vonRana esculenta mit Chloralhydrat, Nikotin und Strycehnin. Im folgenden seien die Resultate von Versuchen besprochen, die wir an den Spermien von Rana esculenta mit drei chemischen Mitteln angestellt haben. Da dieselben sämtlich zu keinerlei Schädigung der Kernsubstanzen der Samenfäden geführt haben, so genügt eine kurze Schilderung der Versuche. Zu unseren Versuchen mit Chloralhydrat benutzten wir das eine Mal eine O,5proz., das andere Mal eine 0,25proz. Lösung, die wir mit der gleichen Menge konzentrierter Samenmilch gut vermischten. Nach je 2stündiger Einwirkung des Chloralhydrats auf die Samenflüssigkeit befruchteten wir mit derselben eine grössere Anzahl Eier von Rana esculenta. In beiden Versuchen nahm jedoch die Entwicklung der Eier einen völlig normalen Verlauf, ganz im Gegensatz zu den Versuchen von OÖ. Hertwig, der bei Rana fusca mit gleich stark konzentratierter Chloral- 278 Günther und Paula Hertwig: hydratlösung sogar schon nach nur !/sstündiger Einwirkung auf die Samenfäden eine stark pathologische Entwicklung der Eier erzielte. Bei den Versuchen mit Nikotin brachten wir eine 0,25 proz. und eine 0,15proz. Lösung in Anwendung, die im Verhältnis von 1:1 der Samenmilch zugesetzt 1 Stunde lang auf sie einwirkte. Trotzdem selbst die schwächere der beiden Lösungen noch intensiv nach Nikotin roch, behielten die Samenfäden ihre Beweglichkeit und liessen sich gut zur Befruchtung verwenden. Die Entwick- lung der Eier verlief völlig normal, ein Zeichen, dass der Samen- kern durch das Nikotin nicht affiziert wurde. Mit Strychnin machten wir drei Versuche. In einem Ver- such liessen wir eine 0,15proz., in einem anderen eine 0,3 proz. Lösung von Strychninum nitricum je 1 Stunde auf die in gleichen Teilen zugesetzte Samenmilch von Rana esculenta einwirken. In einem dritten Experiment kam eine 0,3proz. Lösung während 17 Stunden zur Anwendung. Selbst durch diese lange Berührung mit der Strychninlösung wurde die Beweglichkeit der Spermien nicht merklich herabgesetzt. In allen drei Experimenten verlief jedoch die Entwicklung der Eier, die mit dem mit Strychnin behandelten Samen befruchtet worden waren, völlig normal. Es sei daran erinnert, dass OÖ. Hertwig bei Rana fusca durch eine 0.25 proz. Strychninlösung, die er auf die Samenfäden eine halbe und 2 Stunden einwirken liess, in einem Falle eine stark gestörte Entwicklung (Spinae bifidae) erzielte, während allerdings ein identischer Versuch an einem anderen Tage ein erheblich besseres Entwicklungsresultat ergab. III. Versuche an den Samenfäden von Gobius j0zo mit Methylenblau und Methylgrün. Die Entwicklung von Fischeiern suchten wir zu beeinflussen, indem wir sie mit Samen befruchteten, den wir der Einwirkung von Methylenblau und Methylgrün ausgesetzt hatten. Zu diesem Zweck stellten wir zwei verschiedene Experimente an. — In beiden Fällen benutzten wir den Samen von Gobius jozo, den wir durch Absaugen aus dem zerzupften Hoden gewannen und im Uhr- schälchen mit der gleichen Quantität der chemischen Lösungen gut verrührten. Hierbei wurde beachtet, dass grössere Gewebs- brocken, deren Durchtränkung Schwierigkeiten machen könnte, Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 279 nicht in die Lösungen kamen. Wir glauben annehmen zu dürfen, dass alle zur Befruchtung gelangenden Spermien gleichmässig der Einwirkung des chemischen Stoffes ausgesetzt gewesen sind. In den Uhrschälchen, die gut verdeckt in der feuchten Kammer aufgehoben wurden, blieben die Spermien, bis wir in ihrer Beweg- lichkeit infolge der Wirkung der chemischen Stoffe eine starke Abnahme konstatieren konnten. Während der mit etwas See- wasser versetzte Kontrollsamen noch nach. 3 Stunden lebhaft beweglich war, befanden sich in den chemischen Lösungen schon nach 1 Stunde eine grosse Anzahl starrer Spermien, und auch die Beweglichkeit der Überlebenden hatte stark gelitten. Um noch ein gutes Befruchtungsresultat zu erzielen, liessen wir daher den Samen nicht über 1 Stunde in den Lösungen. Im ersten Versuch behandelten wir den Gobiussamen mit Methylgrün in O,lproz. Lösung (Zucht C) und mit 0,1 und 0,02proz. Methylenblau (Zucht A und B). Nach 1 Stunde wurden vier Eiportionen von Gobius jozo befruchtet, drei mit chemisch behandeltem Samen, eine mit normalem Sperma zur Kontrolle. In allen vier Zuchten erzielten wir ein gutes Befruchtungsresultat; ebenso erfolgte die zweite Teilung überall nach 1 Stunde 20 Min. ohne Verzögerung. Die Eier, die mit Methylgrünsamen befruchtet worden waren, entwickelten sich auch ferner normal. Wir er- hielten aus ihnen nach 13 Tagen langgestreckte Embryonen mit pigmentierten Augen und pulsierendem Herzen, die sich nicht von der Kontrolle unterschieden. Dieser gute Entwicklungsverlauf bewies uns, dass sich der Spermakern normal an der Entwick- lung beteiligt hatte. Hingegen gelang es uns, das Spermachromatin durch Methylenblau zu schädigen, wie die Entwicklungsstörungen der Zuchten A und B zeigten. Hierbei ist zu bemerken, dass, ob- gleich Methylenblau von etwas verschiedener Konzentration auf A und B eingewirkt hatte, kein grosser Unterschied zwischen den beiden Zuchten bestand. B entwickelte sich nur um ein weniges besser wie A. Das Versuchsresultat war folgendes: Schon nach 2 Tagen waren in A und B die meisten Embryonen stark in der Ent- wicklung hinter den Kontrollen zurückgeblieben. Während in der Kontrolle fast nur Embryonen mit Kopf und Schwanzhöcker waren, bei denen sich die Augenblase zu differenzieren begann, fanden 280 Günther und Paula Hertwig: wir in den „Methylenblauzuchten“ zahlreiche Missbildungen und Spinae bifidae vor. Nur wenige Embryonen zeigten Kopf und Schwanzhöcker, und auch von diesen waren die meisten kürzer als die Kontrolle, Am 5. Tage nach der Befruchtung waren in A und B neben schon abgestorbenen Missbildungen eine grosse Anzahl mehr oder weniger stark pathologischer Embryonen, die zum Teil schon Zerfallerscheinungen zeigten, zu finden. Wir konservierten einen. Teil in Pikrinessigsublimat. Fig. 9 und 10, Taf. XI, zeigen Photographien dieser Embryonen. Ein Beispiel für sehr schlecht entwickelte aber noch lebende Larven sehen wir in Fig. 9 abgebildet. Der Embryo ist vom Dotter nur wenig abgesetzt. Von irgend welcher Organbildung ist nichts zu erkennen. — Etwas besser entwickelt sind andere Embryonen, z. B. der in Fig. 10 dargestellte. Dieser Embryo ist fast doppelt so lang, Kopf und Schwanz heben sich deutlich ab. Doch ist auch er weit in der Entwicklung zurück, wie uns ein Vergleich mit der gleich alten Kontrolle (Fig. 11) zeigt. Bei Fig. 10 sind noch keine Augen zu erkennen, der Schwanz ist kurz und abgestutzt, der Flossensaum undeutlich und trübe. Jede Pigmentbildung fehlt noch. Die Kontrolle dagegen ist be- deutend länger, zeichnet sich durch grosse Durchsichtigkeit der Gewebe aus und zeigt grosse Augen mit schöner Pigmentierung. Der Schwanz ist langgestreckt mit gut ausgebildetem Flossen- saum und zahlreichen Pigmentzellen. Auch konnten wir am lebenden Objekt die beginnende Herzpulsation konstatieren. Unter den Methylenblauembryonen fanden wir neben vielen Missbildungen auch einige vor, und zwar in Zucht B in grösserer Zahl als wie in Zucht A, die sich nicht von der Kontrolle unter- schieden. Diese entwickelten sich auch ferner normal und standen am 13. Tage dicht vorm Ausschlüpfen, während nach Ablauf der- selben Zeit alle Missbildungen zerfallen waren. Das Resultat dieses Versuches lässt sich dahin zusammen- fassen, dass wir durch einstündige Behandlung des Gobiussperma mit 0,1 proz. Methylgrün keine Schädigung der männlichen Keim- zellen hervorrufen konnten, jedoch durch Behandlung des Samens mit Methylenblau die Entwicklung der damit befruchteten Eier intensiv beeinflussten. — Auffallend ist nur die sehr ungleich- mässige Ausbildung der Methylenblauembryonen; neben Larven, die kaum über die ersten Stadien der Embryobildung hinaus- Beeinflussung der männlichen Keimzellen ete. 281 gekommen sind (Fig. 9 und 10), fanden sich vereinzelte normale oder fast normale Embryonen vor. Dieses Resultat lässt sich nur erklären, wenn wir annehmen, dass neben vielen mehr oder weniger stark geschädigten Spermien noch ganz gesunde die Befruchtung vollzogen haben. — Eine weitere Möglichkeit, das Auftreten der gut entwickelten Embryonen zu erklären, besteht in der Annahme einer parthenogenetischen Entwicklung derselben. Die Entstehung solcher parthenogenetischer Embryonen wäre so zu erklären, dass einzelne Samenfäden so stark durch die Methylenblaueinwirkung geschädigt wurden, dass sie zwar durch ihr Eindringen das Ei zur Entwicklung anregten, ihr Chromatin sich aber nicht mehr an dieser beteiligte. Es würde dann ein analoger Fall zu den parthenogenetischen Amphibienlarven O. und G. Hertwigs, zu den Fischembryonen Oppermanns und den parthenogenetischen, im ersten Teil unserer Arbeit beschriebenen Larven von Rana esculenta aus dem Methylenblauversuch vorliegen. Dieser Annahme entspricht aber nicht das Aussehen der Embryonen, denn sie zeigen nicht den parthenogenetischen Typus. Alle bisher gezüchteten parthenogenetischen Larven mit haploidem Kernapparat sind kleine lebensschwache Individuen, die ein gewisses Larven- stadium nicht überschreiten. So die Amphibienlarven OÖ. und G. Hertwigs, die Forellenlarven Öppermanns und zahlreiche von uns durch die Radiumbestrahlung der Samenfäden gezüchtete parthenogenetische Gobius- und Crenilabrusembryonen, über die wir demnächst berichten werden. Die besprochenen Methylenblau- larven sind aber ebenso gut ausgebildet wie die Kontrollen, es ist daher die Vermutung, die normalen Embryonen der Zuchten A und B seien durch Parthenogenese entstanden, von der Hand zu weisen. / Weit eher liegt bei den erkrankten Embryonen Partheno- genese oder wenigstens Ansatz dazu vor, die Frage ist aber nicht näher von uns untersucht worden. — Im allgemeinen Teil wird noch weiter über die hier berührte Frage einer ungleichmässigen Wirkung des Methylenblaues auf die Spermatozoen gesprochen werden. Wie schon anfangs erwähnt, suchten wir noch in einem anderen Versuch Gobiussperma durch Methylenblau zu schädigen. In diesem Experiment behandelten wir den Samen von Gobius Jozo in der oben angegebenen Weise dreiviertel Stunde mit 0,1proz. Methylenblau und befruchteten damit die Eier von Creni- © 282 Günther und Paula Hertwig: labrus pavo. Die von uns zum erstenmal vorgenommene Kreuzung Crenilabrus pavo ? X Gobius jozo d führt zu einer Entwicklung, die nicht über das Blastulastadium hinausgeht. Wir hofften nun, durch die Befruchtung mit Methylenblausamen die Entwicklung weiter zu bringen, analog den im ersten Teil beschriebenen Frosch- experimenten und den Frosch X Kröte-Versuchen G. Hertwigs. Wir wurden aber in unseren Annahmen getäuscht. Sämt- liche Eier starben, wie es bei dieser Bastardierung die Regel ist, auf dem Blastulastadium ab. Schon aus diesem Resultat konnten wir den Schluss ziehen, dass der Gobiussamen durch das Methylenblau in diesem Versuch nicht geschädigt wurde. Dasselbe bewies uns die Untersuchung zweigeteilter Eier, die wir in Zenker fixiert, 8 « dick geschnitten und nach Cajal gefärbt hatten. Diese Eier zeigten alle normale Spindeln mit zahlreichen gut ausgebildeten Chromosomen. Verklumptes oder bei der Mitose nachhinkendes Chromatin, das bei einer Schädigung des Spermakernes sicher vorhanden wäre, war nicht zu finden. Es steht also das Resultat dieses Versuches im Gegensatz zu dem ersten Experiment mit Gobiussamen. Im ersten Falle fand eine Schädigung statt, im zweiten Falle nicht. Auf die Erklärung dieser sich widersprechenden Ergebnisse wird im all- gemeinen Teil noch näher eingegangen werden. VI. Versuche an den Samenfäden von Seeigeln mit Chloralhydrat, Strychnin, Nikotin, Methylgrün, Kristallviolett und Methylenblau. Die Wirkung auf die Samenfäden von Seeigeln untersuchten wir bei einer grösseren Anzahl von chemischen Substanzen. Wir benutzten zu unseren Versuchen: a 1. Methylenblau in der Form des Zinkchloriddoppelsalzes in verschiedenen Konzentrationen, deren stärkste 1proz. und deren schwächste 0,02proz. war; 2. Methylgrün in 0,1- und 0,02 proz. Lösungen ; 3. Kristallviolett in konzentrierter Lösung und zur Hälfte verdünnt. Ferner wurde die Einwirkung von Chloralhydrat in 0,2 proz. Lösung, von Strychnin in Lösungen von 0,75°/o und 0,37 °/o und von 0,25 proz. Nikotin untersucht. — Sämtliche Substanzen waren im Seewasser gelöst worden. — Zu den Experimenten verwendeten Beeinflussung der mämnlichen Keimzellen etc. 283 wir die Geschlechtsprodukte von Sphaerechinus granularis und besonders die von Stronglyocentrotus lividus. Der Einfluss chemischer Agentien auf die Geschlechts- produkte von Seeigeln ist schon früher einmal von 0. und R. Hertwig untersucht worden. Die Arbeit behandelt jedoch in erster Linie die Wirkung chemischer Stoffe auf die Eier vor und nach der Befruchtung, weniger ausführlich die Beeinflussung des Spermas. Besonders wurde meistens die Entwicklung der Zuchten nicht über das zweite Teilungsstadium hinaus verfolgt. Im allgemeinen stimmen unsere Befunde mit den kurzen Angaben OÖ. und R. Hertwigs- überein, nur in bezug auf die Nikotin- wirkung differieren unsere Beobachtungen. Meistens verlieren die Spermien in den chemischen Lösungen rascher ihre Beweglichkeit als wie der mit gleichem Quantum Seewasser verdünnte Kontrollsamen. Doch verhielten sich die einzelnen chemischen Stoffe verschieden in ihrer Wirkung auf die Beweglichkeit der Spermien. So gelang es uns häufig in unseren Chloralhydrat-, Methylgrün- und Methylenblaulösungen einen Teil der Spermien bis zu 18 Stunden lebend zu erhalten. Im 0,75- und 0,37 proz. Strychnin hingegen waren schon nach 5'/s Stunden alle Samenfäden abgestorben. — Eine anregende Wirkung auf die Beweglichkeit der Spermien übte das Nikotin aus. Samenfäden, die in 0,25 prozentige Nikotinlösung gebracht wurden, bewegten sich in dieser tumultuarisch. Sobald aber die Spermien aus der Nikotinlösung in reines Seewasser gelangten, liess diese gesteigerte Beweglichkeit äusserst rasch nach und ging bald in Starrheit über. Nikotin wirkte also als Stimulans auf die Spermien ; sobald der Reiz aber durch Verdünnung der Lösung mit Meerwasser aufhörte, trat Unbeweglichkeit ein. Wir erhielten aus diesem Grunde auch mit dem Nikotinsamen stets eine sehr schlechte Befruchtung, nur 10—15 °/o der Eier entwickelten sich. In der Nikotinlösung selbst hielt die lebhafte Bewegung über 2 Stunden an, liess dann allmählich nach und ging schliesslich in Starrheit über. Ö.und R. Hertwig, die auch die Reaktion der Spermien auf Nikotinlösungen untersuchten, erwähnen diese Beobachtungeı. nicht. Sie konstatieren zwar auch im Nikotin die „lebhafteste tumultuarische Bewegung“, sprechen aber nicht von einer Herab- setzung der Bewegungsenergie beim Übertragen in reines See- Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 19 284 Günther und Paula Hertwig: wasser. Ja, sie erhielten im Gegensatz zu unseren Versuchen ein gutes Befruchtungsresultat. Da die Angabe über die Konzen- tration der Nikotinlösung in der besprochenen Arbeit nicht genau ist, handelt es sich wahrscheinlich um eine sehr viel schwächere Lösung, durch die die Spermatozoen nicht so intensiv in ihrem Bewegungsvermögen beeinflusst wurden. Die Versuchsanordnung bei unseren chemischen Experimenten war folgende: Aus dem herauspräparierten Hoden wurde in eine Pipette bis zu einer bestimmten Marke Samenflüssigkeit gesaugt und in einem Uhrschälchen mit der chemischen Lösung gut ver- mischt. Es kamen auf drei Teile Samen ein Teil chemische Lösung. Durch dieses konstante Verhältnis wurde uns ein Ver- gleich der verschiedenen Experimente ermöglicht. Die Uhrschälchen hoben wir mit einer Kontrolle in der feuchten Kammer auf und zwar bis zu 18 Stunden. Nach Ablauf der gewünschten Einwirkungsdauer, wurde, häufig mehrmals aus derselben Mischung, ein kleines Quantum Sperma entnommen, mit frischem Seewasser verdünnt und zur Befruchtung der bereitstehenden Eier verwandt. Ehe wir jedoch die Besamung vornahmen, überzeugten wir uns unter dem Mikroskop von der Beweglichkeit der Spermien. In manchen Fällen war diese so schwach, dass wir nur einen sehr geringen Prozentsatz befruchteter Eier erwarten durften. In solchen Fällen reeten wir die Spermien zu einer kräftigeren Bewegung durch Zusatz von einigen Tropfen 5proz. Alkohols mit gutem Erfolg an. Wir glaubten uns dieses Mittels unbedenklich bedienen zu können, da durch die Versuche O. Hertwigs nachgewiesen wurde, dass 5proz. Alkohol nicht schädigend auf die Spermien von Rana fusca einwirkt. Auch wurde in solchen Fällen stets zu dem Sperma für die Kontrollbefruchtung die gleiche Quantität Alkohol hinzugesetzt. Diese Kontrollen entwickelten sich durch- aus normal. Es stellte sich nun bei unseren Versuchen heraus, dass weder Methylerün und Kristallviolett, noch Chloralhydrat, Strychnin oder Nikotin, Schädigungen des Chromatins der nach dem Ein- wirken der chemischen Lösungen noch befruchtungsfähigen Spermien hervorriefen. Es konnte zwar, besonders nach längerem Verweilen in den genannten Lösungen, eine grössere Anzahl starrer Spermien festgestellt werden, die auch im frischen Seewasser ihre Beweg- r Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 285 lichkeit nicht wiedererlangten. Die noch befruchtenden Samen- fäden aber veranlassten keine Entwicklungsstörungen, einerlei wie lange und in welcher Konzentration die Agentien auf sie eingewirkt hatten. Ein Verweilen von !/s, 1, 2, 5 oder 16 Stunden in den verschieden starken Lösungen konnte keine Änderung in der Entwicklung der mit diesen Samenfäden befruchteten Eier hervorrufen. Die ersten Teilungen erfolgten regelmässig und gleichzeitig mit denen der Kontrolleier, und die Kulturen ent- wickelten sich zu normalen Plutei. Wir kommen nun zur Besprechung unserer Versuche über die Wirkung des Methylenblaues, das im Gegensatz zu den anderen von uns untersuchten chemischen Stoffen einen schädigenden Einfluss auf das Chromatin von Seeigelspermien hatte. Wir be- nutzten zu diesen Experimenten in erster Linie die Spermatozoen von Stronglyocentrotus lividus, manchmal aber auch die von Sphaerechinus granularis. Die Samenfäden beider Arten reagierten im allgemeinen gleichartig auf das Methylenblau ; wo Unterschiede auftreten, wird es besonders erwähnt werden. Seeigel sind wohl nicht das günstigste Objekt, um Ent- wicklungsstörungen zu beobachten. Der Pluteus ist noch ein sehr junges larvales Stadium und es ist durchaus nicht gesagt, dass sich leichte Schädigungen nicht erst durch spätere Ent- wicklungsstörungen bemerkbar machen könnten. Wenn also im folgenden von nicht schädigender Wirkung des Methylenblaus die Rede ist, heisst das nur, dass Anomalien bis zur Bildung des Pluteus nicht zu erkennen waren; ob solche noch später aufgetreten wären, muss dahingestellt bleiben. Es sei gleich von Anfang an bemerkt, dass der Ausfall der Versuche ein sehr ungleichmässiger war. So gelang es uns meistens, durch 2stündige Methylenblaubehandlung Entwicklungs- störungen in den mit diesem Sperma befruchteten Eiern hervor- zurufen. In einem anderen Versuch hingegen verlief die Ent- wicklung trotz 2stündiger Methylenblaubehandlung von gleicher Konzentration bei einer grossen Anzahl von Eiern normal. — Ferner war die Entwicklung in jeder einzelnen Zucht eine sehr ungleichmässige. Stets waren in sich schlecht entwickelnden Kulturen einige bessere, meist auch einige normale oder fast normale Larven zu finden, und ebenso in Zuchten mit gutem Entwicklungsresultat eine, wenn auch nicht grosse, Anzahl von 19% 286 Günther und Paula Hertwig: Stereoblastulae und Stereogastrulae. In diesem Punkte besteht ein Unterschied zwischen den Entwicklungsschädigungen, die durch Radiumbestrahlung des Spermas hatten hervorgerufen werden können. Wie OÖ. Hertwig beschrieben hat, und wie es ferner von G. Hertwig durch zytologische Untersuchungen näher aus- geführt wurde, sind bei Radiumschädigung alle Eier nahezu gleich- mässig von Entwicklungsstörungen ergriffen. Trotz dieses ungleichmässigen Ausfalls der Experimente liessen sich folgende Resultate klar erkennen: Bei einer Be- handlung der Spermatozoen mit Methylenblau (von 1—0,1°/o) von weniger als 2 Stunden zeigte sich fast nie eine Einwirkung der chemischen Substanz. Verblieben die Spermatozoen jedoch 2 Stunden in den Lösungen, machten sich starke Entwicklungs- störungen bemerkbar. So verlief ein Versuch vom 12. April wie folgt. Nach 2stündiger Behandlung des Samens mit 1proz. Methylenblau wurde um 3 Uhr 15 Minuten befruchtet. Nahezu alle Eier hoben nach Samenzusatz gleich die Membran ab. Um 6 Uhr 25 Minuten waren fast alle Eier der Kontrolle, die kurz darauf befruchtet worden waren, viergeteilt, hingegen waren die Eier des Methylenblauexperiments zur selben Zeit noch grösstenteils zweigeteilt, vereinzelte nur viergeteilt und eine etwas grössere Anzahl dreigeteilt. Am 135. waren in der Kontrolle zahl- reiche normale Blastulae mit beginnender Gastrulation vorhanden, während in der Methylenblauzucht viele Stereoblastulae mit be- ginnendem Zerfall den Boden bedeckten und nur vereinzelte Stereoblastulae noch an der Oberfläche flottierten. Am 14. war bereits alles bis auf wenige trübe Larven zerfallen, während sich in der Kontrolle nur helle normale Gastrulae befanden. Die Verzögerung und die Störung der ersten Teilungen war manchmal eine recht erhebliche. So zeigten uns z. B. in einem Versuch vom 13. April (3stündige Einwirkung einer 0,1proz. Methylenblaulösung) die Eier nach 2 Stunden folgendes Ent- wicklungsbild: Während die Kontrolle normal zweigeteilt war, befand sich erst die kleinere Hälfte der Eier des Methylenblau- versuches in der ersten Teilung, der Rest liess noch den bläschen- förmigen Kern erkennen, bei einigen Eiern war Knospenfurchung aufgetreten. Nach 4 Stunden — die Kontrolle war vier- und achtgeteilt — waren in den Methylenblauzuchten nur wenige Eier viergeteilt, etwa 50°/o noch zweigeteilt, die anderen zum Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 287 grossen Teil noch immer ungefurcht und einige in drei Blasto- meren zerfallen. Diese dreigeteilten Eier unterschieden sich von den durch Polyspermie entstehenden Simultandreiern durch die ungleiche Grösse ihrer Furchungszellen. Sie waren aus einer grossen und zwei kleineren Blastomeren zusammengesetzt und durch verzögerte Furchung der einen Zelle des zweigeteilten Eies entstanden. — Am nächsten Tage waren auch in dieser Zucht nur Stereoblastulae zu finden. Dieses typische Erkrankungsbild, Verzögerung und Unregel- mässigkeit der Teilungen, Bildung von Stereoblastulae und Stereo- gastrulae mit folgendem Zerfall, erhielten wir fast immer nach Behandlung des Samens mit Methylenblau während 2, 3, 5!/s, 6 und auch 8 Stunden. Allerdings fanden wir häufig, besonders nach 6—Sstündiger Einwirkung eine nicht unbeträchtliche Zahl normaler oder wenigstens fast normaler Larven in den Kulturen. In der Hoffnung, eine noch intensivere Schädigung des Spermachromatins hervorzurufen und dadurch vielleicht partheno- genetische Larven zu erzielen, liessen wir die Spermien auch für 16—18 Stunden in den Lösungen. Häufig waren nach dieser Zeit alle Spermien abgestorben. Dieses Absterben war zwar nicht immer auf die Methylenblauwirkung zurückzuführen, da nicht selten auch der ebenso lange aufgehobene Kontrollsamen vollkommen bewegungslos war. Der Samen verschiedener Tiere erwies sich als ungleich empfindlich gegen das Aufheben. In anderen Fällen war jedoch der Kontrollsamen noch gut be- weglich und nur der Methylenblausamen war abgestorben, ein Resultat, das sicher von der Methylenblauwirkung herrührt. In 15 Fällen fanden wir aber neben vielen starren Samenfäden noch eine grössere Anzahl gut beweglicher Spermien vor, so dass wir noch ein gutes Befruchtungsresultat, manchmal mit Hilfe von Alkoholzusatz, erzielten. Wir konnten auch bei diesen Versuchen stets eine Ver- zögerung von etwa einer halben Stunde bei den ersten Teilungen wahrnehmen. Wir beobachteten aber keine Knospenfurchung und nur ganz vereinzelt pathologisch geteilte Eier. Die weitere Entwicklung der Zuchten verlief, im Gegensatz zu den kurzen Methylenblauversuchen, bei den meisten Eiern normal. Neben einigen zerfallenen Eiern, Stereogastrulae, trüben Prismen und Plutei fanden wir in 13 Versuchen die bei weitem grössere An- 288 Günther und Paula Hertwig: zahl der Eier zu normalen Plutei entwickelt, so dass sich die Methylenblauzuchten kaum von den Kontrollen unterschieden. Wir glaubten zuerst annehmen zu müssen, dass die ganz und fast normalen Plutei durch Parthenogenese entstanden wären. Wir hielten das Spermachromatin durch die lang anhaltende Methylenblauwirkung für so stark geschädigt, dass es bei der Entwicklung vollkommen ausgeschaltet wurde; die Verzögerung bei der ersten Teilung schien uns einen derartigen Vorgang zu bestätigen. Zweifel an der Richtigkeit unserer Annahmen erhoben sich, als wir die Plutei näher untersuchten. Sie zeigten in bezug auf Grösse und Ausbildung keinen Unterschied von den normalen Plutei. Auch stellten wir die gleiche Grösse ihrer Kerne durch Messungen fest. Es lagen also sicherlich keine haploiden, partheno- genetischen Larven vor. Die normale Grösse der Kerne könnte man nur durch Monasterbildung erklären; es schien uns aber unwahrscheinlich, dass Monaster in einer so grossen Anzahl von Eiern regelmässig gebildet würden. — Ferner sprach gegen die parthenogenetische Entstehung der Umstand, dass es durch Radiumbestrahlung nicht gelungen war, bei Seeigeln das väter- liche Chromatin von der Entwicklung ganz auszuschalten. Stets verschmolz, wie G. Hertwig zeigte, das Radiumchromatin mit den mütterlichen Kernen, anders wie bei Frosch und Fischen, wo die Ausschaltung eine viel vollkommenere war. — Die Hypo- these einer parthenogenetischen Entwicklung wurde aber noch unwahrscheinlicher, als wir auf Schnitten durch zwei- und ungeteilte Eier dieser Serien kein ausgeschaltetes Spermachromatin entdecken konnten. Die Eier zeigten entweder normale ruhende Kerne oder Mitosen mit schätzungsweiser normaler Chromosomenzahl. Diese Überlegungen zwangen uns zu der Annahme, dass die Samenfäden, welche die sich normal entwickelnden Eier be- fruchteten, durch 16—18stündige Methylenblaubehandlung nicht geschädigt wurden. Da aber diese Annahme nicht recht mit der bei den Versuchen mit kürzerer Einwirkungsdauer konstatierten Schädigung im Einklang stand, stellten wir noch einen Versuch an zur definitiven Entscheidung der Frage: liegt Ausschaltung des Spermachromatins oder gar keine Schädigung vor? Wir bestrahlten einen Teil des Spermas, das sich 16 Stunden in einer 0,2proz. Methylenblaulösung befunden hatte, auch noch Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 289 eine halbe Stunde mit Mesothorium. Während sich die mit Methylenblausperma befruchteten Eier zum grössten Teil gut ent- wickelten, waren in der Zucht, die mit dem bestrahlten Samen befruchtet war, schon am nächsten Tage nur Zerfall und Stereo- blastulae vorhanden und einen Tag später war alles abgestorben. Dieser Versuch entschied also zu Gunsten der Annahme, dass das väterliche Chromatin durch die vorhergehende Methylen- blaubehandlung nicht zur Ausschaltung gebracht worden war; denn wäre dies der Fall gewesen, so hätte die Bestrahlung mit Mesothorium selbstverständlich keinen Eintluss auf die Entwick- lung der Eier mehr haben können. Wie schon anfangs bemerkt, fielen die Versuche nicht immer gleichmässig aus. Unter 15 Versuchen mit langer Methylen- blaubehandlung von Stronglyocentrotussamen ergaben zwei, dass die Eier sich nicht über die Gastrula hinaus entwickelten. Sphaerechinussamen wurde nur in vier Versuchen langer Methylen- blauwirkung ausgesetzt, die Eier entwickelten sich bis zur Blastula normal, gastrulierten dann aber zum grössten Teil nicht und lieferten nur wenige Prismen. Immerhin verlief auch beim Sphaerechinus die Entwicklung bei etwa 5stündiger Methylenblau- behandlung weit schlechter als wie nach 16—1Sstündiger Ein- wirkung. Die aus den oben ausgeführten Versuchen über Methylen- blauwirkung auf Seeigelsamen gewonnenen Resultate lassen sich dahin zusammenfassen: 1. Methylenblaulösungen können schädigend auf das Sperma- chromatin wirken, wie die Entwicklungsstörungen in den mit Methylenblausamen befruchteten Zuchten zeigen. 2. Nicht alle zur Befruchtung gelangenden Spermien sind gleich schwer geschädigt. 3. Nach 4+—5stündiger Methylenblaubehandlung ist die Ent- wicklung bei der grössten Anzahl der Eier gestört. Unter 2 Stunden ist keine Schädigung festzustellen, ebenso sind die Spermien, die nach 15—1Sstündiger Methylen- blaubehandlung noch zur Befruchtung gelangen, zum grössten Teil nicht geschädigt. — Eine Erklärung für dieses sonderbare Verhalten der Spermien werden wir im allgemeinen Teil zu geben versuchen. 290 Günther und Paula Hertwig: B. Zytologische Untersuchungen über das Schicksal des durch Methylenblau geschädigten Spermachromatins in Seeigeleiern. Es erschien uns wünschenswert, die aus den Experimenten gewonnenen Resultate noch durch eingehendere zytologische Untersuchung des Materials zu bestätigen. Zu diesem Zweck konservierten wir Eier von Stronglyocentrotus während der ersten Entwicklungsstadien mit Pikrin-Essigsäure. Die Eier wurden in Paraffin eingebettet, in 10 « dicke Schnitte zerlegt und nach Heidenhain mit Eisenalaun-Hämatoxylin gefärbt. Die cytologischen Untersuchungen stimmen in ihrem Er- gebnis mit den Resultaten der Versuche überein. Präparate von Eiern, die den vorher beschriebenen 2—3stündigen Methylenblau- versuchen angehören, zeigen uns stark veränderte Kernfiguren. Zwei Stunden nach der Befruchtung fixierte Eier besitzen noch zum grossen Teil bläschenförmige, runde oder auch etwas gestreckte Kerne, an deren Enden Strahlungen auftreten. In diesen Kernen sind öfters grössere Nukleolen und Chromatinklumpen, die wohl auf die pathologische Natur des väterlichen Chromatins hindeuten, wahrzunehmen. Das Vorhandensein von nur einem Kern in den un- geteilten Eiern beweist uns, dass das Spermachromatin noch mit dem Eikern zu einem einheitlichen Gebilde verschmolzen ist. — In anderen Eiern derselben Präparate sind bereits Teilungsfiguren zu sehen. Meistens liegt dann, wie es die Fig. 1—3 und 5 (Taf. XII) zeigen, ein kompakter, intensiv sich färbender Chromatinklumpen neben den Chromosomen. Wir haben es hier sicher mit dem geschädigten Spermakern zu tun; denn die Zahl der Chromo- somen in diesen Mitosen beträgt nicht mehr als die haploide Zahl, wie durch Zählungen schätzungsweise festgestellt wurde. Besonders deutlich ist die reduzierte Chromosomenzahl auf Fig. 5 zu erkennen, die eine Aufsicht auf den Mutterstern in einer zur Schnittebene schräg gestellten Spindel zeigt. Die mütterlichen Chromosomen bleiben aber nicht unbe- rührt von dem Einfluss des Spermachromatins. Häufig sind sie etwas verklumpt, auch werden sie öfters aus ihrer normalen Lage abgedrängt, wie uns Fig. 3 zeigt. Neben schon nahe am Pol liegenden Uhromosomen sehen wir andere, die sich noch nahe der Äquatorialebene der Spindel befinden. — Folgestadien derartiger Mitosen haben wir wohl in den Textfig. 4 und 5 und 291 Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. in Fig. 6 (Taf. XII) zu erblicken. Derartige zweigeteilte Eier treffen wir bereits in dem nach 2 Stunden fixierten Material an, in grösserer Anzahl aber erst 3 Stunden nach der Befruchtung. Net — en. AT ZN Pe DRAN N 16% een nf,7B ARE ER NZZ, r/ u = N KA — ee Fig. 4. Wir sehen auf den genannten Figuren zweigeteilte Eier, die in jeder Blastomere einen bläschenförmigen Kern enthalten, der häufig schon die Vorbereitung zur Vierteilung durch das Fig. 5. Auftreten von Strahlungsfiguren erkennen lässt. Die beiden Kerne sind aber noch untereinander durch eine mehr oder weniger breite Brücke verbunden, die am breiteren Ende noch dieselbe 292 Günther und Paula Hertwig: Struktur wie der Kern zeigt, dann aber in eine mehr strangförmige Bildung mit intensiv sich färbenden verklumpten Chromatinbrocken übergeht. Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese Fortsätze unter dem Einfluss der Methylenblaubehandlung entstanden sind; denn in keiner Kontrolle sahen wir ähnliche Figuren. Sie bestehen wahrscheinlich zum grössten Teil aus dem in die Länge ge- zogenen und etwas aufgelockerten Spermakern. Daneben tragen Reste der achromatischen Figur und wohl auch noch in Mit- leidenschaft gezogene mütterliche Chromosomen zur Bildung der Fortsätze bei. Dies wird besonders da der Fall sein, wo die Brücke zwischen den beiden Kernen ziemlich breit ist, wie etwa in Textfig. 5. — In der Teilungsebene, wo die Fortsätze beider Kerne verjüngt aneinanderstossen, ist in den meisten Eiern ein kompakter kleiner Körper zu erkennen (Textfig.4, 5 und Fig. 6—8), der wohl identisch mit dem Flemmingschen Zwischenkörper ist. Ein derartiges Gebilde ist auch von Boveri öfters abgebildet worden; auch fanden wir es in unseren Kontrollpräparaten, wenn auch weder so häufig noch so deutlich. Da dieser Flemmingsche Zwischenkörper wahrscheinlich aus Resten der achromatischen Substanz gebildet wird, so ist es ganz gut möglich, dass er in den Methylenblaueiern länger erhalten bleibt, da die achromatische Figur überhaupt von den pathologischen Vorgängen stark beein- flusst wird, wie uns die Fortsatzbildung der Kerne zeigt. Es ist jedenfalls von Interesse, dass sich dieser Körper stets an der Berührungsstelle beider Fortsätze befindet. Auch wo diese, wie in Textfig. 4, wohl von der Plasmateilung beeinflusst, weit von der Mittellinie des Eies abgedrängt sind, ist der Zwischenkörper mit- gerückt und befindet sich wieder an der Berührungsstelle. Bei einigen Eiern ist der Fortsatz nur in der einen Blastomere entwickelt (Fig. 7 und 8). Der Umstand, dass das Methylenblauchromatin nur in der einen Eihälfte liegt, äussert sich in einem ungleichen Entwicklungstempo der beiden Blastomeren. So sehen wir auf der einen Seite noch den bläschenförmigen, etwas gestreckten Kern mit seinen beiden Strahlungen und einem Fortsatz, der bis zur Teilungsebene reicht und an dessen Ende wieder der Zwischenkörper liegt. In der anderen Eihälfte ist in Fig. 7 bereits eine Spindel mit Chromosomen, in Fig. 8 sogar schon die Bildung zweier Tochterkerne zu erkennen. Solche Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 293 Eier würden sich bald in eine grosse und zwei kleinere Blastomeren teilen, Bildungen, deren Auftreten wir vorlin erwähnten. Auf Präparaten, die 3'/s Stunden nach der Befruchtung fixiert wurden, hat die Zahl der zwei- und dreigeteilten Eier zugenommen, andere sind viergeteilt und zeigen bläschenförmige Kerne, von denen ein oder manchmal auch zwei Paar durch Fortsätze verbunden sind. Daneben sind aber noch eine Anzahl ungeteilter Eier vor- handen, deren Kernverhältnisse in Fig. 4 und Textfig. 6 abgebildet ee Fig. 6. sind. Wir sehen (Fig. 4) einen sehr in die Länge gezogenen stäbchenförmigen Kern mit Strahlungen an seinen beiden Enden. Häufig ist eine eigentliche Kernmembran nicht mehr vorhanden. Diese Kerne sind wohl in Vorbereitung zur Amitose begriffen. Amitosenähnliche Bilder wie sie uns Textfig. 6 darstellt, treffen wir in denselben Präparaten häufiger an. Es hat hier augen- scheinlich eine Durchschnürung der langgestreckten Kerne ohne vorhergehende Chromosomenbildung stattgefunden. Die stark pathologische Natur dieser Eier zeigt sich auch darin, dass die Plasmateilung noch nicht auftrat, trotzdem an den Kernen bereits die Strahlung zur nächsten Teilung zu erkennen ist. — Von solchen Eiern ist zu erwarten, dass sie sehr früh absterben und zerfallen. Schon vorher wurde erwähnt, dass bei der Untersuchung von Eiern der 16—18stündigen Methylenblauversuche keine patho- logischen Kernfiguren gefunden wurden. Wir hielten es trotzdem für wünschenswert, diese Beobachtung durch eine eingehende Untersuchung sicher zu stellen und fixierten daher von einem 294 Günther und Paula Hertwig: Versuch (17 Stunden Methylenblauwirkung in 0,1proz. Lösung auf den Samen) Eier in Zeitintervallen von 15 Minuten. Eben- falls wurden Kontrolleier eingelegt, um durch den Vergleich einen Einblick in die Ursachen zu erhalten, durch welche die bei den Methylenblauversuchen von langer Dauer stets zu beobachtende Verzögerung entsteht. Die zuerst fixierten Eier, sowohl im Methylenblauversuch wie in der Kontrolle, zeigen, eine viertel Stunde nach der Befruchtung, die beiden Vorkerne verschmolzen. Doch finden wir in beiden Präparaten noch Eier, in denen der Samenkern den Eikern erst berührt oder sogar noch in einiger Entfernung liegt. 15 Minuten später ist die Verschmelzung in beiden Eiportionen eine voll- kommene, an einzelnen Kernen treten bereits Strahlungen auf. Dreiviertel Stunden nach der Befruchtung hat sich das Bild wenig geändert, nur die Strahlungen sind etwas deutlicher ge- worden und die Kerne haben sich zum grossen Teil mehr in die Länge gestreckt. Auf demselben Stadium treffen wir auch noch die Methylenblaueier 15 Minuten später an, während zu der gleichen Zeit in den meisten Kontrolleiern die Karyokinese be- sonnen hat. Von diesem Zeitpunkt an bleibt die Verzögerung deutlich. So sehen wir eine viertel Stunde später die meisten Kontrolleier zweigeteilt mit ruhenden Kernen, daneben zahlreiche Mitosen und nur ein geringer Prozentsatz lässt noch den rubenden Kern im ungeteilten Ei erkennen. In dem Methylenblauversuch hingegen zeigen noch immer die meisten Eier ovale Kerne, nur ein Drittel fertig gebildete Spindeln. Nach 1'/s Stunde sind die Kontrolleier nahezu alle zweigeteilt, während wir noch nach 1?/a Stunde im Methylenblauversuch zahlreiche Mitosen und sogar noch einige ruhende Kerne in ungeteilten Eiern sehen. Diese Verzögerung ist aber auch der einzige unterscheidende Punkt. Pathologische Kernfiguren fanden wir nicht oder nur ganz vereinzelt vor. Wir können daher unser Resultat, dass die nach langer Methylenblauwirkung noch zur Befruchtung gelangenden Spermien nicht geschädigt sind, durch die zytologische Unter- suchung als bestätigt betrachten. — Über die Ursachen der verzögerten Teilung, die anfangs einen so grossen Unterschied zwischen Versuchs- und Kontrollkulturen bildet, ohne jedoch einen Einfluss auf die spätere Entwicklung auszuüben, wird im allgemeinen Teil noch gesprochen werden. Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 295 Teilungsstörungen von Seeigeleiern mit darauf folgendem abnormem Entwicklungsverlauf haben bereits öfters den Gegen- stand zytologischer Untersuchungen gebildet. Die pathologische Entwicklung wurde auf die verschiedenartigste Weise hervor- gerufen: durch Bastardierung der Seeigeleier mit artfremdem Sperma von Loeb, Kupelwieser und Baltzer, durch Be- strahlung der Samenfäden mit Radium von G. Hertwig, ferner durch Behandlung von Echinideneiern mit hypertonischen Lösungen von Gray und Konopacki oder durch Kältewirkung von Janina Bury. Bei einem Vergleich dieser Arbeiten tritt eine grosse Ähnlich- keit der pathologischen Kernfiguren zutage, so verschiedenartig die Ursache zur Entwicklungsstörung auch gewesen sein mag. Die grösste Analogie mit unseren Methylenblauversuchen weist G. Hertwigs Arbeit über das Schicksal des mit Radium bestrahlten Spermachromatins im Seeigelei auf, handelt es sich doch in beiden Arbeiten um eine alleinige Schädigung des väter- lichen Chromatins. So sind z. B. die Fig. 2—8 G. Hertwigs ohne weiteres mit den Fig. 1—3 unserer Arbeit vergleichbar; nur liegt häufig der durch Radium geschädigte Samenkern in etwas grösserer Entfernung von den mütterlichen Chromosomen, ein Umstand, der wohl auf eine intensivere Schädigung durch das Radium hindeutet. Doch finden wir auch andere Bilder (Fig. 6—8) vor, wo das Spermachromatin wie in unseren Abbildungen in unmittelbarer Nähe der mütterlichen Chromosomen liegt, und sein Einfluss auf dieselben wie bei Fig. 3 unverkennbar ist. Der Tatsache gemäss, dass das Radiumchromatin wegen seiner isolierten Lage häufig keinen störenden Einfluss auf die erste Teilung ausübt, finden wir den Spermakern noch häufig unverändert oder nur wenig aufgelockert im zweigeteilten Ei (Fig. 10, 11), Bilder, die bei unseren Methylenblauversuchen fehlen. Dagegen kann man aus der Ähnlichkeit der Abbildung 13 mit unseren Fig. 6—8 auf eine gleiche Entstehungsweise schliessen. Auch bei G. Hertwig sehen wir ein zweigeteiltes Ei mit Spindeln für die nächste Teilung, die noch durch Stränge „von kompaktem COhromatin, einzelnen Chromatinkörnern und Chromosomen ver- bunden sind“. — Ferner finden sich auch in der Radiumarbeit Kerne in Vorbereitung zur Amitose und amitosenähnliche Bilder (Fig. 21—24) vor, Figuren, die ganz unseren Abbildungen (Fig. 4 und 6) entsprechen. 296 Günther und Paula Hertwig: Da bereits G. Hertwig in seiner Arbeit den Vergleich mit den Arbeiten von Herbst, Boveri und Baltzer gezogen hat, soll hier nur noch auf die Berührungspunkte mit den Arbeiten von Gray, Konopacki und J. Bury hingewiesen werden. Die in diesen Arbeiten durch Kälteeinwirkung auf unbe- fruchtete und befruchtete Seeigeleier oder durch den Einfluss von hypertonischen Lösungen auf befruchtete Echinideneier her- vorgerufene Schädigung des Chromatins äussert sich häufig während der ersten Teilung durch mangelhafte Uhromosomen- ausbildung, ebenso wie in unserer Arbeit das Spermachromatin durch die Methylenblaubehandlung die Fähigkeit, Chromosomen zu bilden, verloren hat. So finden wir je nach dem Grade der Schädigung Mitosen mit stark angeschwollenen Chromosomen (Bury, Fig. 31—35) oder mit Chromatinklumpen (Gray, Fig. 15— 23), deren Entstehung der Autor durch Verklumpung mehrerer Chromosomen erklärt. Diese Erkrankung eines Teils des Chromatins führt zu Kernfiguren, die man nach Haecker als Pseudoamitose bezeichnen kann, wie sie Bury in Fig. 55a—c und Konopacki in Fig. 31—36 darstellen, Abbildungen, die unserer Fig. 6 und den Textfig. 4—-6 im höchsten Grade ähnlich sind. Ferner finden wir in den genannten Arbeiten Abbildungen von typischen Amitosen. (Gray, Fig. 49, Bury, Fig. 12—13). In diesen Fällen liegt eine Erkrankung des gesamten Kern- materials vor, die bei Konopacki und Gray durch direkte Beeinflussung der ganzen Chromatinmenge, bei Bury und in den Methylenblauversuchen nur mittelst Schädigung der einen Kernkomponente und Vergiftung des gesunden Uhromatins durch die erkrankte Kernmasse hervorgerufen wurde. — Die Folge dieser Erkrankung ist die Unfähigkeit, Chromosomen zu bilden; die Kernteilung kann daher nur durch Amitose erfolgen. Charakteristisch für alle in diesen Arbeiten gegebenen Ab- bildungen ist auch die starke Vergrösserung der Kernvolumina, die mit der verzögerten Teilung zusammenhängt und auch zu einer Vermehrung der Nukleolarsubstanz in den Kernen führt. C. Allgemeiner Teil. Durch unsere Untersuchungen an den Vertretern verschiedener Tierspezies haben wir in Bestätigung der Resultate von O. Hertwig an Rana fusca feststellen können, dass die Kernsubstanz der reifen Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 297 Samenfäden durch verschiedene chemische Stoffe geschädigt werden kann, ohne dass die Spermatozoen ihre Beweglichkeit und ihre Fähigkeit, in das Ei einzudringen, dabei verlieren. Diese Schädigung der Kernsubstanz kann in manchen Fällen eine so grosse sein, dass das Spermachromatin im Ei nicht mehr Chromosomen bilden kann, vielmehr völlig vermehrungsunfähig geworden ist. In diesem Falle gestaltet sich die Entwicklung der Eier, wie unsere Bastar- dierungsexperimente am Frosch ergeben haben, zu einer partheno- genetischen, da ja nur der Eikern durch seine Teilungen den Kernapparat des Embryos liefert. Geringere Schädigung der Kernsubstanz der Samenfäden durch Chemikalien hebt ihre Ver- mehrungsfähigkeit nicht auf; da jedoch das chemisch veränderte väterliche Chromatin auf alle Embryonalzellen verteilt wird, führt diese Schädigung schon auf frühen Entwicklungsstadien zum Ab- sterben des Embryos, der dabei allerlei Missbildungen, wie namentlich Spina bifida, aufweist. Es lassen sich somit durch chemisch geschädigte Samenfäden dieselben Missbildungen erzielen, wie sie.Hertwigdurch Radium- bestrahlung der männlichen Keimzellen erhielt. Dies Resultat ist für den Fall, dass der Samenkern maximal geschädigt ist, nicht überraschend ; denn es ist ja bei der auf parthenogenetischer Grundlage verlaufenden Entwicklung des Eies ganz gleichgültig, ob das Chromatin des Spermakopfes durch chemische oder physi- kalische Mittel vermehrungsunfähig geworden ist. Die Störungen in der Entwicklung dieser Eier, wie Bauchwassersucht und zwerg- hafter Wuchs, lassen sich, wie G. Hertwig wahrscheinlich gemacht hat, auf die haploide Beschaffenheit des Kernapparates zurückführen. Auffallender ist dagegen die Übereinstimmung der Resultate auch in Versuchen, bei denen das Spermachromatin weniger stark geschädigt und infolgedessen noch an der Bildung des Kern- apparates sich beteiligt. Trotzdem die ursprünglichen Schädigungen, die der Samenkern einmal durch die chemische Behandlung. das andere Mal durch die Radiumbestrahlung erlitten hat, sicher nicht die gleichen sind, und durch die Verbindung mit Methylenblau oder mit Chloralhydrat ganz andere chemische Veränderungen als durch das Radium erzielt werden, so stimmen die Missbildungen, welche die mit diesen chemisch oder physikalisch geschädigten Spermatozoen befruchteten Eier zeigen, doch ausserordentlich untereinander überein. 298 Günther und Paula Hertwig: Zum besseren Verständnis dieser Erscheinung müssen wir uns vergegenwärtigen, dass die heaktionsmöglichkeiten eines Organismus gegen Schädlichkeiten aller Art nur ganz begrenzte sind, und dass es ganz bestimmte Typen von Missbildungen gibt, die durch Eingriffe verschiedenster Art an dem Embryo auftreten. So lässt sich die Spina bifida beim Frosch nicht nur durch Be- fruchtung normaler Eier mit krankem Sperma, sondern auch durch Mehrfachbefruchtung oder durch Einwirken von Kochsalzlösung auf die Eier nach der Befruchtung erzielen. Ein anderes Beispiel für diese soeben besprochene Erscheinung haben wir ferner im zytologischen Teil unserer Arbeit kennen gelernt, wo gezeigt wurde, dass genau die gleichen Bilder amitotischer und pseudoamitotischer Kernteilung, wie sie durch Behandlung befruchteter Seeigeleier mit hypertonischen Lösungen oder mit auf 0° abgekühltem Meerwasser, auch durch Befruchtung normaier Eier in gewöhnlichem Seewasser mit Sperma, das 2 Stunden mit Methylenblau vorbehandelt oder 12 Stunden mit Radium bestrahlt war, erzielt werden konnten. Ergibt sich somit, wenn wir die Einwirkung der chemisch oder physikalisch geschädigten Samenfäden auf gesunde Eier studieren, eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den chemischen und den Radiumexperimenten, so treten andererseits auffallende Unterschiede zwischen den beiden genannten Arten von Versuchen zutage, sobald wir das Verhalten der Sperma- tozoen den chemischen oder dem physikalischen Agens gegenüber betrachten. Denn während bei allen bisher untersuchten Tier- arten sämtliche Samenfäden durch das Radium proportional der Intensität der Bestrahlung in zunehmendem Maße geschädigt werden, vermissen wir diese gleichmässige Wirkung bei den chemischen Versuchen völlig. Unsere Experimente haben vielmehr ergeben, dass die einzelnen Samenfäden eine verschieden grosse Resistenz oder, wie wir auch sagen können, eine ungleiche Emp- findlichkeit gegen die chemischen Stoffe besitzen. Hierbei können wir folgende Fälle unterscheiden : 1. Die Samenfäden von verschiedenen Tierarten zeigen in ihrer Empfindlichkeit gegenüber demselben chemischen Stoffe er- hebliche Unterschiede. So kann z. B. durch Chloralhydrat und Strychnin die Kernsubstanz der Froschspermatozoen geschädigt werden, während beim Seeigel eine derartige Beeinflussung selbst bei höher konzentrierten Lösungen ausbleibt. Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 299 2. Auch bei Verwendung der Samenflüssigkeit von zwei verschiedenen Männchen, die der gleichen Art angehören, ergeben sich oft Differenzen in der Empfindlichkeit gegenüber dem gleichen chemischen Mittel. Besonders beweisend sind hierfür die Ver- suche, die von uns mit Strychnin bei Rana fusca ausgeführt wurden, und die sämtlich ein negatives Resultat ergaben, während 0. Hertwig in zwei Versuchen an Rana fusca eine starke Schädigung des Spermachromatins durch das Strychnin konstatieren konnte. Zu demselben Ergebnis führten ferner die im zweiten Teil unserer Arbeit erwähnten Experimente an Gobiussamen mit Methylenblau, wo in zwei Fällen eine starke Veränderung des Spermachromatins festgestellt wurde, einmal dagegen das chemische Mittel völlig versagte. 3. Eine verschieden grosse Empfindlichkeit gegen das gleiche chemische Mittel lässt sich schliesslich auch bei den einzelnen Samenfäden, die aus dem gleichen Hoden desselben Tieres stammen, nachweisen. Sehr oft haben wir nämlich in unseren Experimenten beobachten können, dass, während die überwiegende Mehrzahl der Eier, die mit chemisch vorbehandeltem Sperma befruchtet waren, sich pathologisch entwickelte, ein anderer Teil normale Embryonen lieferte, so z. B. bei den Methylenblauver- suchen mit Gobiussamen, bei den Bastardierungsversuchen beim Frosch mit Benutzung von Chloralhydrat und den zweistündigen Methylenblauexperimenten am Seeigel. Auch O. Hertwig hat ähnliche Beobachtungen gemacht, hält es aber, da er in seinen Versuchen die Froschhoden direkt in der Methylenblaulösung zerzupft hat, für möglich, dass einzelne Spermatozoen, die im Inneren grösserer Gewebsstücke lagen, gar nicht mit dem Methylen- blau in Berührung gekommen sind. Diese Erklärungsmöglichkeit lässt sich aber bei unserer Versuchsanordnung, bei der nur die aus dem fein zerzupften Hoden abgesaugte Samenmilch zur Ver- wendung kam, ausschliessen. Auf Grund dieser Ergebnisse sind wir nunmehr auch in der Lage, für ein Versuchsresultat, das uns anfangs ganz unver- ständlich schien, die Erklärung zu geben. Wir haben im speziellen Teil unserer Arbeit berichtet, dass durch zweistündige Behandlung der Samenflüssigkeit vom Seeigel mit Methylenblau eine deutliche Schädigung der meisten Spermien erzielt werden konnte, die eine stark pathologische Entwicklung der mit ihnen befruchteten Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 20 300 Günther und Paula Hertwig: Eier zur Folge hatte. Als wir jedoch das Methylenblau 16 bis 18 Stunden auf die Samenflüssigkeit einwirken liessen, gestaltete sich das Resultat, wie wir in 15 Versuchen an zehn verschiedenen Tieren feststellen konnten, ganz anders. Die Eier entwickelten sich nämlich ganz normal zu Plutei und die zytologische Unter- suchung ergab, dass der Spermakern sich normalerweise an der Chromosomenbildung beteiligte, so dass keine Parthenogenese, wie wir anfänglich vermuteten, vorlag. Man könnte zunächst daran denken, dass wir gerade zu den Versuchen mit langer Einwirkungszeit Samenfäden von Tieren benutzt hätten, die sämtlich gegen das Methylenblau unempfindlich waren, entsprechend den soeben sub 2 angeführten Beispielen. Wäre es aber nicht ein höchst sonderbarer Zufall gewesen, dass wir gerade in den 15 Experimenten mit langer Einwirkungszeit Tiere mit methylenblaufesten Spermien benutzt hätten, während wir bei unseren zweistündigen Versuchen nur einmal unter zehn Fällen keine Einwirkung des Methylenblau konstatieren konnten ? Ein solches Zusammentreffen erscheint uns sehr unwahrscheinlich und wir glauben durch die folgende Annahme das Versuchsergebnis besser erklären zu können: Infolge der 18stündigen Methylenblaueinwirkung sind alle Samenfäden, deren Kern durch das Methylenblau geschädigt ist, abgestorben; nur diejenigen Spermatozoen, deren Kernsubstanz gegen das Methylenblau unempfindlich ist, bleiben am Leben und befruchten die Eier, die sich infolgedessen normal entwickeln. Es hat also durch die lange Methylenblaubehandlung eine Selektion der methylenblaufesten Samenfäden stattgefunden. Dass Samenfäden, deren Kernapparat intensiv geschädigt ist, schliesslich auch bewegungslos und zur Befruchtung untauglich werden, das haben uns die Radium- und Methylenblauexperimente an Rana fusca gelehrt, bei denen stets die zum Versuch be- nutzten Spermatozoen viel früher abstarben als der Kontroll- samen. Besonders schön zeigt aber der folgende Versuch, über den O. Hertwig berichtet, dass nicht etwa die direkte Wirkung des chemischen Stoffes auf den Bewegungsapparat, sondern viel- mehr die durch das chemische Mittel bewirkte Veränderung des Kernes die Geisselbewegung des Spermatozoons zum Stillstand bringt: In zwei Experimenten wurde die Samenmilch von zwei Beeinflussung der männlichen Keimzellen ete. 301 verschiedenen Froschmännchen zu gleichen Teilen mit einer 0,25 proz. Strychninlösung versetzt. Nach je 2 Stunden wurde mit einem Teil der so bereiteten Mischungen eine Portion Eier befruchtet. Im ersten Versuch nahm die Entwicklung der Eier einen sehr gestörten Verlauf, in den anderen dagegen verlief sie bei den meisten Eiern normal. In dem ersten Fall waren also die Samenfäden des einen Männchens durch das Strychnin stark geschädigt, im zweiten dagegen die Samenfäden des anderen meist unverändert geblieben. Entsprechend dieser verschieden grossen Empfindlichkeit der Kernsubstanz der Samenfäden gegen das Strychnin kam die Bewegung der Spermatozoen in dem ersten Samengemisch schon nach 5'/e Stunden zum Stillstand, während sie in der zweiten Samenmischung noch über 24 Stunden anhielt. Sehen wir es hiernach als erwiesen an, dass Samenfäden, deren Kernsubstanz durch äussere Eingriffe geschädigt ist, rascher absterben als solche mit intaktem Kernapparat, so ist die Selektion der methylenblaufesten Spermatozoen bei unseren 18stündigen Methylenblauversuchen nicht mehr wunderbar und erklärt aufs beste unsere Versuchsresultate. Sind natürlich gar keine oder nur ganz vereinzelte methylenblaufeste Spermatozoen in einem Samengemisch vorhanden, so sind nach 18 Stunden alle Samen- fäden abgestorben, wie wir es auch einige Male beobachtet haben. Beträgt dagegen der Prozentsatz der methylenblaufesten Samen- fäden auch nur wenige Prozente, so werden bei der grossen Anzahl der zu einem Experiment benutzten Samenfäden stets noch genügend nach 18 Stunden am Leben sein, um die Be- fruchtung vollziehen zu können. Tatsächlich haben wir ja bei unseren Experimenten beobachten können, dass stets bei den langen Methylenblauversuchen eine grosse Anzahl Samenfäden abgestorben und nur ein geringer Bruchteil beweglich geblieben war und die Befruchtung vollzog. Schliesslich sei noch mit einigen Worten auf die Beobachtung eingegangen, dass bei den Eiern, die durch den 15 Stunden lang mit Methylenblau vorbehandelten Samen befruchtet waren, die erste Teilung stets gegenüber gleichzeitig befruchteten Kontrolleiern erheblich verzögert war. Man könnte wohl daran denken, dass die lange Berührung mit dem Methylenblau doch nicht ganz ohne Einfluss selbst auf die der Wirkung schwer zugänglichen „methylen- 20* 302 Günther und Paula Hertwig: blaufesten“ Spermatozoen geblieben ist. Möglich ist aber auch, dass für diese Erscheinung die Selektion gewisser Samenfäden verantwortlich gemacht werden kann, die neben ihrer Methylen- blaufestigkeit zugleich auch noch die Eigenschaft besitzen, dass unter ihrem Einfluss das Ei sich langsamer teilt. Wenn wir bei einer normalen Befruchtung von Seeigeleiern ihre Teilungszeit beobachten, so werden wir stets konstatieren können, dass die Zweiteilung nicht bei allen Eiern simultan erfolgt, sondern dass, obgleich die Samenfäden fast gleichzeitig in die Eier eingedrungen sind, das eine Ei sich rascher, das andere langsamer teilt. Sicher ist nın für das Furchungstempo die Beschaffenheit des Eies von grosser Bedeutung, aber auch das Spermatozoon ist nicht ganz ohne Einfluss, wie einmal die Bastardierungsversuche von New- man, vor allem aber die Versuche mit Seeigelsamen, der durch Radium oder Methylenblau geschädigt war, deutlich gezeigt haben. Es ist also wohl möglich, dass bei unseren langen Methylenblau- versuchen gerade diejenigen Spermatozoen, die normalerweise auf die Eiteilung verzögernd einwirken, sich gegen die Methylenblau- wirkung resistent erwiesen haben. So wäre es z. B. denkbar, dass die besondere Beschaffenheit der Schutzhülle, die den Sperma- kopf der methylenblaufesten Samenfäden gegen die Giftwirkung schützt, gleichzeitig auch das Aufquellen des Spermakopfes im Eiplasma und seine Umwandlung in den Spermakern verzögert und somit zu der verspäteten Teilung des Eies beiträgt. Jedoch können wir hierüber vorläufig nur Vermutungen äussern, zumal wir ja auch noch nicht einmal sicher wissen, ob die Giftfestigkeit einzelner Spermatozoen auf einer besonderen Beschaffenheit der ihren Kopfteil umgebenden Rindensubstanz beruht, oder auf eine chemisch bedingte verschiedene Affinität ihrer Kernsubstanz zum Gift zurückzuführen ist. In Anbetracht der von uns sicher- gestellten Tatsache, dass nicht nur die Samenfäden verschiedener Tierarten, sondern auch diejenigen, die von dem gleichen Tier stammen, Resistenzunterschiede aufweisen, scheint uns allerdings die erste Alternative den Vorzug zu verdienen. Jedoch werden erst weitere systematische Versuche mit einer grösseren Anzahl chemischer Substanzen diese Frage ent- scheiden, wie denn unsere Experimente überhaupt erst einen Anfang in der Erforschung dieses neuen, von O. Hertwig uns erschlossenen Forschungsgebietes bedeuten. O. Hertwig ist es Beeinflussung der männlichen Keimzellen etc. 303 gewesen, der als erster in seinen Methylenblauversuchen am Froschsamen den Nachweis geführt hat, dass die Kernsubstanz der Spermatozoen durch chemische Mittel geschädigt werden kann, ohne dass ihre Befruchtungsfähigkeit dadurch aufgehoben wird, und dass sich auf diesem Wege Entwicklungsstörungen künstlich hervorrufen lassen. Frühere Versuche von Herbst in gleicher Richtung müssen, besonders nach den Ergebnissen unserer Arbeit, als nicht einwandfrei bezeichnet werden. Herbst ver- suchte durch Süsswasser und Natronlauge die Seeigelspermatozoen zu schädigen. Er behandelte die Samenflüssigkeit mit den ge- nannten Mitteln, bis nur noch ein kleiner Teil der Spermatozoen beweglich war und führte sodann die Befruchtung aus. Nach den Resultaten unserer Arbeit müssen wir es aber im höchsten Grade als zweifelhaft bezeichnen, ob in diesen Experimenten von Herbst wirklich die Kernsubstanz der wenigen überlebenden Samenfäden, worauf es doch allein ankommt, geschädigt ist, ob nicht vielmehr auch hier eine Selektion der besser geschützten Spermatozoen im Spiele ist. Ergeben sich hier schon Schwierigkeiten in der Deutung der Experimente mit ihren relativ einfachen Verhältnissen, so wachsen dieselben noch erheblich, sobald wir uns nicht darauf beschränken, den Einfluss konzentrierter chemischer Mittel auf die reifen Samenfäden während einer relativ kurzen Einwirkungs- zeit zu erforschen, sondern uns die Frage vorlegen, ob nicht auch durch chemische Stoffe in ganz kleinen Dosen, die längere Zeit auf die Spermatozoen wirken, eine Schädigung ihrer Kern- substanz bei erhaltener Befruchtungsfähigkeit erzielt werden kann. Auch müsste untersucht werden, ob nicht die sich entwickelnden Samenzellen leichter durch Chemikalien beeinflussbar sind, als die ausgereiften Spermatozoen. Besonderer Wert wäre schliesslich auch darauf zu legen, nicht nur grobe Störungen des Entwick- lungsprozesses auf diesem Wege zu erzielen, sondern auch feinere Entwicklungsanomalien an geeignetem Material festzustellen. Trotz der Wichtigkeit dieser Fragen und ihrer grossen praktischen Bedeutung für die modernen Bestrebungen der Rassenhygiene fehlt es aber auch hier noch fast ganz an einwandfreien Ver- suchen. Erwähnenswert sind hier höchstens die erst kürzlich ver- öffentlichten Versuche des Amerikaners Stockhard, der männ- liche Meerschweinchen mit Alkohol behandelte und einen deutlichen 304 Günther und Paula Hertwig: Effekt. des Giftes auf die Nachkommenschaft der alkoholisierten Böcke mit normalen weiblichen Tieren feststellen zu können glaubte. Aber auch diese Versuche sind nur an einem kleinen Tiermaterial ausgeführt, auch sind die Entwicklungsstörungen bei der Nachkommenschaft noch nicht genauer untersucht worden. Literaturverzeichnis. Baltzer, F.: Über die Beziehung zwischen dem Chromatin und der Ent- wicklung und Vererbungsrichtung bei Echinodermenbastarden. Arch. f. Zellforch., Bd. V, 1910. Born, G.: Beiträge zur Bastardierung zwischen den einheimischen Anuren- arten. 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Derselbe: Keimesschädigung durch chemische Eingriffe. Sitzungsber. d. Königl. Preuss. Akad. d. Wiss., 1913. Hertwig, 0. und R.: Über den Befruchtungs- und Teilungsvorgang des tierischen Eies unter dem Einfluss äusserer Agentien. Jena 1887. Hertwig, Paula: Das Verhalten des mit Radium bestrahlten Sperma- chromatins im Froschei. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 81, Abt. II, 1913. Konopacki, M.: Über den Einfluss hypertonischer Lösungen auf befruchtete Echinideneier. Arch. f. Zellforsch., Bd. 7, 1911. Kupelwieser: Entwicklungserregung bei Seeigeleiern durch Mollusken- sperma. Arch. f. Entw.-Mech., Bd. 27, 1909. Derselbe: Weitere Untersuchungen über Entwicklungserregung durch stamm- fremde Spermien. Arch. f. Zellforsch., Bd. VIII, 1912. Newman: Further studies of the process of heredity in Fundulus hybrids. The Journ. of Experim. Zool., Vol. 8, 1910. Oppermann: Die Entwicklung von Forelleneiern nach Befruchtung mit radiumbestrahlten Samenfäden. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 83, Abt. II, 1913. Pflüger, E.: Die Bastardzeugung bei den Batrachiern. Pflügers Arch. f. d. ges. Phys., Bd. XXIX, 1882. Stockard, C.R. and Dorothy, M. Craig: An experimental study of the influence of alcohol on the germ cells and the developing embryos of Mammals. Arch. f. Entw.-Mech., Bd. 35. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XI und XI. Tafel XI. Die Herstellung der Abbildungen erfolgte so, dass von den Embryonen mikrophotographische Aufnahmen angefertigt und auf den Kopien derselben noch die feineren Details mit Tusche und Bleistift eingezeichnet wurden. Die Fig. 1—8 sind Smal, die Fig. 9—11 sind 50mal vergrössert. Die in den Fig. 1—3 abgebildeten Embryonen stammen von Eiern von Rana esculenta ab, die mit Samen von Rana fusca befruchtet wurden, der zuvor 1 Stunde der Wirkung einer 0,25proz. Chloralhydratlösung ausgesetzt worden war. Die in den Fig. 5—”7 abgebildeten Embryonen haben sich aus Rana esculenta-Eiern entwickelt, die mit Sperma von Rana fusca befruchtet worden waren. Der Froschsamen war vor Verwendung zur Befruchtung mit 0,05 proz. Methylenblaulösung eine halbe Stunde behandelt worden. Auf den Fig. 4 und 8 sind zwei normale Rana esculenta-Larven als Kontrolle photographiert. Fig. 1 und 2. Zwei 7 Tage alte Froschlarven aus dem Chloralhydratversuch. Fig. 3. 8 Tage alte Froschlarve aus dem Chloralhydratversuch. Fig. 4 8 Tage alte normale Froschlarve. 306 Günther und Paula Hertwig: Beeinflussung ete. Fig. 6 und 7. Zwei 15 Tage alte parthenogenetische Rana esculenta- Embryonen aus dem Methylenblauversuch. Fig. 8. 15 Tage alter normaler Froschembryo. Die Fig. 9—11 stellen Fischembryonen (Gobius jozo) dar. Fig. 9 und 10. Zwei 5 Tage alte Gobiusembryonen, welche sich aus Eiern entwickelten, die mit Sperma von Gobius jozo befruchtet wurden. Die Samenflüssigkeit hatte sich vor der Besamung 1 Stunde in einer O,1proz. Methylenblaulösung befunden. Fig. 11. 5 Tage alter normaler Embryo von Gobius jozo. Tafel XII. Sämtliche Figuren sind bei Zeiss homog. Immersion "2, Tubus- länge 160, Okular 3 in der Höhe des Objekttisches gezeichnet. Alle Figuren stellen Schnittbilder durch Seeigeleier (Stronglyocentrotus lividus) dar, die sämtlich mit Samen befruchtet sind, der durch Methylenblaubehandlung ge- schädigt wurde. Die Fig. 1 und 7 stammen von Eiern, die mit Samen befruchtet sind, der > Stunden mit einer 1proz. Methylenblaulösung behandelt wurde. Fig. 1. 1 Stunde 55 Minuten nach der Befruchtung. Fig. 7. 3 Stunden 15 Minuten nach der Befruchtung. Auf ®/ı verkleinert. Die Eier Fig. 2, 6 und 8 wurden mit Samen befruchtet, der 3 Stunden mit einer 0,5 proz. Methylenblaulösung behandelt wurde. Fig. 2, 6 und 8. 2 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 6 und 8 auf ?/ı ver- kleinert. Die Fig. 3—5 stellen Eier dar, die mit Samen befruchtet wurden, der 2 Stunden mit O,1proz. Methylenblaulösung behandelt wurde. Fig. 3. 2 Stunden 20 Minuten nach der Befruchtung. 4. 3 Stunden 25 Minuten nach der Befruchtung. Fig. 5. 3 Stunden 10 Minuten nach der Befruchtung. Aus dem Anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin. Die Entwicklung von Forelleneiern nach Befruchtung mit radiumbestrahlten Samenfäden. 11. Teil. Das Verhalten des Radiumchromatins während der ersten Teilungsstadien. Von Dr. Karl Oppermann. Hierzu Tafel XIII und 2 Textfiguren. Im ersten Teil der unter gleichem Haupttitel veröffentlichten Arbeit ist in ausführlicher Weise der Entwicklungsgang von Forellen- embryonen beschrieben worden, die hervorgingen aus normalen Eiern, zu deren Befruchtung mehr oder minder stark radium- bestrahlte Samenfäden benutzt worden waren. Es konnte gezeigt werden, dass auch für das Teleosteerei das zuerst von OÖ. Hertwig für die Ergebnisse der Radiumversuche an Froschkeimen auf- gestellte Gesetz der Kurvenbildung gilt. Wie bei den Experimenten mit Amphibiensamenfäden, so liess sich auch für den Knochenfisch feststellen, dass durch eine intensive Bestrahlung der Spermien (23 Stunden mit 7,5 oder 5,5 mg Radiumbromid) die Entwicklung der Embryonen einen fast der Norm entsprechenden Verlauf nahm; Forellenkulturen derartiger Versuche konnten 40—50 Tage am Leben erhalten werden. Dagegen ergab sich bei der Wahl erheblich kürzerer Bestrahlungszeiten mit gleichem Präparat (3 Stunden), dass nicht einmal mehr das Gastrulationsstadium überstanden wurde; viel- mehr waren mit dem 14. Tage nach der Befruchtung alle Eier abgestorben. Geringe Bestrahlung (5 Minuten) der Spermien hatte auch nur relativ unbedeutende Schädigungen des Entwicklungs- produktes zur Folge. Eine Erklärung für die eigentümliche Erscheinung bei den entsprechenden Versuchen an ‚Froschkeimen, dass nämlich im Falle einer sehr starken Bestrahlung der Samenfäden die jungen Larven wieder eine verhältnismässig gute Organisation zeigen, 308 Karl Oppermann: gibt OÖ. Hertwig durch die Annahme, dass der in das Ei ein- dringende Spermakern sich überhaupt nicht mehr in normaler Weise an den Kernteilungsvorgängen beteilige, dass ihm nur noch die Rolle des Entwicklungserregers zukomme. Dies heisst aber nichts anderes, als dass es sich um Fälle von künstlicher Partheno- genese handelt. Der tatsächliche Beweis für diese Annahme O. Hertwigs ist von Paula Hertwig (1913) erbracht worden. In Frosch- eiern, die ursprünglich mit stark bestrahlten Samenfäden be- fruchtet wurden, konnte auf dem Zwei- und Vierzellenstadium der degenerierte Spermakern stets in völlig isolierter Lage von den Zellkernen gefunden werden. Es schien von grossem Interesse, zu untersuchen, ob die entsprechenden Erscheinungen am Forellenei sich auch auf die gleichen ursächlichen Zusammenhänge, wie sie bei Rana fusca gefunden wurden, zurückführen liessen. Es war zu erwarten, dass die Beobachtungen im wesentlichen zu gleichen Angaben führen würden. Dank eines reichen Materiales war es möglich, das Schicksal des radiumbestrahlten Spermiums von dem Zeit- punkte kurz nach seinem Eintritt in das Ei bis zum vollendeten Vierzellenstadium der Keimscheibe, das ungefähr in der 14. Stunde nach der Befruchtung vorlag, zu verfolgen, und so den gesamten Ablauf der Erscheinungen an einer fast lückenlosen Reihe von Stadien darzulegen, von dem im wesentlichen am Froschei nur das Schlussresultat vorlag. Die vorliegenden Untersuchungen sind, wie die im ersten Teile veröffentlichten, im Anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin ausgeführt worden. Ich möchte mir an dieser Stelle erlauben, Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. O0. Hertwig und Herrn Prof. Dr. Poll für die gütige Unterstützung, die mir bei der Ausführung dieser Arbeit zuteil wurde, meinen ergebensten Dank auszusprechen. Material und Methode. Das Material, vier Paar laichreifer Forellen, erhielt ich wieder in bestem Zustande von der Forellenzuchtanstalt von C. Arens Nachf. in Cleysingen bei Ellrich a. Harz. Die Bestrahlungen der Samenfäden wurden mit den gleichen Radium- und Mesothoriumpräparaten ausgeführt, die mir auch Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 309 schon für die früheren Versuche durch die Güte des Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. OÖ. Hertwig zur Verfügung standen. Die Radiumpräparate enthielten 7,5 resp. 5,5 mg Radiumbromid, während das Mesothoriumpräparat einer Stärke von 55 mg Radium - bromid entsprach. Die Versuchsmethode war wieder genau die gleiche, wie sie in der früheren Arbeit beschrieben wurde, so dass hier auf eine genauere Darstellung verzichtet werden kann. Die Präparation der Keimscheiben wurde nach der von Kopsch-Virchow angegebenen Methode ausgeführt. Fixiert wurde mit Pikrin-Sublimat-Eisessig und Zenkerscher Flüssigkeit. Die Keimscheiben wurden fast stets in Flachschnitte zerlegt und zwar betrug die Schnittdicke 10—15 u. Zur Färbung der Präparate liessen sich mit sehr gutem Erfolg frisch bereitete Lösungen von Alaun-Karmin verwenden, sowie auch Hämalaun nach Meyer. | Die Zeichnungen wurden mit Hilfe des Abbeschen Zeichen- apparates angefertigt. Allgemeiner Verlauf der Versuche. Ehe die Darlegung der Spezialuntersuchung gegeben werden soll, muss zunächst kurz auf den allgemeinen Verlauf der Ent- wicklung der Versuchseier eingegangen werden. Die früheren Untersuchungen erlaubten schon bei einer Be- strahlung der Spermien während 2 Stunden mit dem Mesothorium präparat eine sehr beträchtliche Schädigung der Samenfäden nachzuweisen. Dies hatte zur Folge, dass die Entwicklung der mit solchen Spermien befruchteten Eier einen sehr günstigen Verlauf nahm. Die Embryonen erreichten ein Alter von 40 bis 50 Tagen; sie unterschieden sich zum Teil lediglich durch ihre geringere Grösse von den Kontrolltieren. Die Kerne erwiesen sich als haploid. Es war also zu erwarten, dass die ersten Ent- wicklungsstadien der Eier, die mit 2 Stunden lang bestrahltem Samen befruchtet waren, für unsere Untersuchung ein günstiges Material liefern würden, um feststellen zu können, in welcher abgeänderten Form sich bei dieser Versuchsanordnung die ersten Kernteilungsprozesse vollziehen. Es wurden daher in der ersten Versuchsserie am 4. De- zember 1912 folgende Bestrahlungszeiten gewählt: 310 Karl Oppermann: Versuch I 7 h. 29 Min. bis 9h. 29 Min. Mesothor (55 mg). „. HI 9h.43 Min. bis 11h. 43 Min. Mesothor (55 mg). II 12h. — Min. bis 2h. 4 Min. Mesothor (55 mg). „ IV 7h.25 Min. bis 10h. 20 Min. Radium I (7,5 mg). In Versuch IV wurde den Samenfäden eine bedeutend geringere Strahlenmenge zugeführt. Die früheren Versuche hatten gelehrt, dass bei einer derartigen Bestrahlung die embryonale Entwicklung nicht über das Stadium der Gastrula fortging. Es sollte auch das Verhalten des schwächer bestrahlten Spermakernes auf den ersten Teilungsstadien beobachtet werden. Nach der Bestrahlung waren die Samenfäden in allen Fällen gut beweglich. Zu jedem Versuche wurden ungefähr 30 — 40 Eier verwendet. Wie aus den späteren Beobachtungen hervorging, war das Be- fruchtungsergebnis im allgemeinen gut, mit Ausnahme des Ver- suches I, in dem sich höchstens 50°/o der vorhandenen Eier entwickelt hatten. Kontrollbefruchtungen wurden stets ausgeführt. Von 2 Stunden nach der Befruchtung an wurden in reichlicher Folge Keimscheiben nach der oben angegebenen Methode fixiert und zwar gleichzeitig aus derselben Kultur immer mindestens zwei Stück. Die Fixationen wurden bis zur 14. Stunde nach der Besamung fortgesetzt; die ältesten Kontrolleier zeigten dann schon Achtteilung. Die übrigen Eier wurden in fliessendem Wasser zur Weiter- entwicklung belassen. Es bestätigten sich im wesentlichen die schon früher erhaltenen Ergebnisse. Die Eier des Versuches IV starben zuerst ab, so dass 14 Tage nach Beginn des Versuches kein Ei mehr am Leben war. Aus den anderen Kulturen ent- wickelten sich zum Teil normal aussehende Embryonen, die nur durch den Grössenunterschied gegenüber den Kontrolltieren auf- fielen, zum Teil aber auch schon makroskopisch erkennbar patho- logische Exemplare. Am 23. Tage wurde dieser Versuch beendet. Die zweite Reihe von Experimenten wurde am S. Januar 1913 vorgenommen. Da nach einer zweistündigen Bestrahlung die Samenfäden nach Zusatz von Wasser eine anscheinend noch normale Beweg- lichkeit zeigten, so wurden jetzt etwas längere Bestrahlungszeiten gewählt. Daneben wurden auch noch sehr lange Bestrahlungen mit den schwachen Radiumpräparaten (7,5 und 5,3 mg) vorgenommen. ” Die Entwicklung von Forelleneiern etc. >11 Versuch V 7°? bis 10°? Mesothor. Versuch VI 10° bis 2° Mesothor. Versuch VII Mittw. 2°° bis Donnerstag 9% Rı = 18 Std. 50 Min. Versuch VIEL 5229; h 9% Ra —= 18 Std. 50 Min. Versuch IX Freitag 11!! bis Sonnabend 101! Rı = 23 Std. Versuch X r Ede} R 104 Rau 23, 88d: Auch aus dieser Serie wurde eine grosse Anzahl von Stadien bis zur 14. Stunde nach der Besamung fixiert. Der spätere Entwicklungsverlauf gestaltete sich leider in- sofern ungünstig, als durch irgendwelche Einwirkungen, vom 14. Tage an, sowohl die Kontroll- wie auch die Versuchskeimlinge rapide abzusterben begannen. Ob eine einmalige, mehrere Stunden andauernde Störung in der Wasserzuleitung, oder irgend welche Infektion das Absterben bedingte, konnte nicht festgestellt werden. Für die hier speziell in Betracht kommenden Untersuchungen war diese Störung jedoch ohne die geringste Bedeutung. Spezieller Teil. Die ersten Entwicklungsvorgänge in normalen Eiern nach Befruchtung mit radiumbestrahlten Samenfäden stimmen völlig mit den unter normalen Bedingungen erhaltenen Stadien überein. Das Spermium dringt in das Ei ein. Der Spermakopf wandelt sich allmählich zum Spermakern um. Er ist zunächst noch klein, kugelförmig und besitzt einen Durchmesser von 6 «. 2 Stunden nach der Befruchtung ist das Zentrosoma noch ungeteilt, es zeigt aber schon eine nicht unbeträchtliche Strahlung. In einiger Entfernung findet sich der fast gleichgrosse, etwas gelappte Eikern. In 4 Stunden alten Keimscheiben war Ei und Samenkern stets in seitlicher Aneinanderlagerung zu finden. Beide Kerne sind zu relativ bedeutender Grösse herangewachsen. Es beträgt der gesamte Querdurchmesser beider Kerne ungefähr 24 «, während jeder durchschnittlich eine Höhe von 20 « hat. Die Grösse beider Kerne ist kaum verschieden. Strukturdifferenzen sind zunächst nicht erkennbar, so dass auf diesem Stadium eine Unterscheidung von Ei und Samenkern nicht mit Sicherheit möglich ist. An 6 Stunden alten Objekten hat sich das Bild erheblich geändert. Noch immer liegt das Kopulationsstadium der beiden Kerne vor. Sie haben noch an Grösse etwas zugenommen. Mit völliger Sicherheit lässt sich aber jetzt erkennen, dass es sich nicht um >12 Karl Oppermann: ein einheitliches Verschmelzungsprodukt handelt. Der Kopulations- kern zeigt sich deutlich aus zwei verschiedenen Teilen zusammen- gesetzt. Das Uhromatin des einen Halbkernes ist gleichmässig gefärbt und zeigt netzartige Verteilung. Im anderen Teile dagegen befindet sich das Chromatin vorwiegend in zentraler Lage des bläschenförmigen Kernes, ist kompakter und hat intensiv Farbstoff aufgenommen (Fig. 1). An einzelnen Objekten ist auch zu sehen, dass der Halbkern, derjenige, dessen Struktur gleichförmig ist, den anderen an Grösse etwas übertrifft und sich bogenförmig um diesen herumlegt (vergl. Text- h figur 1). Die weitere Entwicklungsgeschichte | lehrt nun, dass niemals ein einheitlicher Furchungs- kern zustande kommt, sondern es beginnt nun jeder Teil für sich Chromosomen zu bilden, so 7:950 dass in der ersten Mitose eine strenge Sonderung des väterlichen und mütterlichen Kernanteiles vorliegt. Es wird sich nun die Frage erheben, in welcher Weise unter normalen Verhältnissen die Bildung der ersten Furchungs- spindel aus dem Kopulationskern erfolgt. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies ist schon mehrfach Gegenstand der Bearbeitung gewesen. Von den vor- handenen Untersuchungen kommt hier nur die von Behrens (1898) als die neueste in Betracht, in der auch die früheren Autoren weitgehendst zum Vergleich herangezogen worden sind. Auch Behrens konnte feststellen, dass sich die beiden Vor- kerne aneinanderlegen und zu gewissen Zeitpunkten Verschieden- heiten der Grösse und Struktur zeigen. Dann heisst es aber bei ihm: „Die Verschiedenheit der Kernstruktur der Vorkerne dürfte jedoch nicht etwa für den einen oder den anderen Kern charak- teristisch sein. Wahrscheinlich handelt es sich nur um Alters- differenzen, da ja gewöhnlich der eine oder der andere Kern, meist wohl der Spermakern, in der Entwicklung etwas voraus ist.“ Es ist also zunächst bemerkenswert, dass schon unter normalen Verhältnissen ein Kopulationskern beobachtet worden ist, der aus zwei Teilen besteht, die sich durch Struktur und Grösse von- einander unterscheiden können. Es soll dann allerdings ein ein- heitlicher Verschmelzungskern gebildet werden. Jedoch ist sich der Autor seiner Sache nicht ganz sicher. Es heisst: „Die Vorkerne Fig. 1. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 313 verschmelzen anscheinend immer vor der Bildung der ersten Furchungsspindel zu einem ruhenden Kern“. Es wird dann noch ein ziemlich weit fortgeschrittenes Stadium des ersten Kern- teilungsvorganges abgebildet; die Chromosomen liegen alle in gleichmässiger Verteilung zur Äquatorialplatte angeordnet. Behrens, wie auch schon früher Blanc, haben die Entstehung der ersten Furchungsspindel aus dem Verschmelzungskern nicht beobachten können. Es scheinen aber gerade diese Zwischenstadien, die sich relativ schnell weiter entwickeln, von wesentlicher Be- deutung zu sein. Ein derartiges frühes Kernteilungsbild, in dem die Entfernung der Strahlungszentren voneinander erst 30 u beträgt, zeigt nämlich die väterlichen und mütterlichen Chromatinmassen wie zwei Halbkugeln gebildet, die deutlich durch eine helle Linie voneinander getrennt sind. In einer zweiten Kontrollkeimscheibe, die gleichzeitig mit der eben beschriebenen fixiert wurde und auch aus gleicher Kultur stammte, war die Spindelfigur in etwas weiterer Ausbildung. Der Längsdurchmesser betrug jetzt 40 «. Auch hier war die Gruppierung des Chromatins in zwei Teile vorhanden, und diese zeigten einen verschiedenen Grad der Differenzierung. In der einen Hälfte hatte bereits eine stärkere Auflockerung stattgefunden, es waren schon teilweise einzelne Ohromatinschleifen zur Ausbildung gekommen, während in der anderen Partie das Chromatin noch kompakter war. In diesen frühesten Mitosebildungen ist also eine Sonderung in männliche und weibliche Kernbestandteile vorhanden, dagegen verschwindet der Unterschied bereits an Objekten, die eine halbe Stunde älter sind. Beträgt die Spindel- länge 58 «, so liegen die Chromosomen völlig gleichmässig in einer Äquatorialplatte angeordnet. Was die Frage des Kopulationskernes anbetrifft, so soll jedoch nach allen bisherigen Untersuchungen stets ein einheitlicher Ver- schmelzungskern gebildet werden. Allerdings weichen die An- gaben, wann die Bildung vor sich gehen soll, stark voneinander ab. Kupffer behauptet, dass von der 3. bis zur 10. Stunde in allen der von ihm untersuchten Eier nur ein Kern vorhanden gewesen sei. Nach Blanc soll 9'/s Stunden nach der Besamung ein einheitlicher Verschmelzungskern entstanden sein. Dann schreibt Behrens: „Wenn ich nun auch die direkte Verschmelzung der Vorkerne nicht habe verfolgen können, wie Blanc, so habe ich doch den Furchungskern selbst beobachtet, und da weichen 314 Karl Oppermann: nun meine Beobachtungen von denjenigen Blancs wieder erheblich ab.“ Es ist also bezüglich der Frage der Beschaffenheit des Furchungskernes durchaus noch kein einheitliches Resultat erzielt. Nach Beobachtungen, die gelegentlich an einzelnen Kontrollstadien gemacht wurden, konnte ein Verschmelzungskern nicht gefunden werden. Den Angaben, dass ein einheitlicher Verschmelzungskern beim normalen Teilungsvorgang gebildet werden soll, stehen ausser- dem noch die Beobachtungen gegenüber, dass in den Versuchs- keimscheiben ein einheitlicher Kopulationskern sicherlich nicht gebildet wird; je näher der Zeitpunkt der Teilung des Kernes rückt, mit um so grösserer Deutlichkeit lässt sich seine Zusammen- setzung aus zwei heterogenen Substanzen erkennen (Fig. 1). Diese Struktureigentümlichkeiten sind für die beiden Kerne charakte- ristisch. Das Chromatin des männlichen Vorkernes ist nicht gleich- mässig verteilt, sondern es ist mehr in der Mitte lokalisiert und intensiver gefärbt; dies sind Zustände, die 6 Stunden nach der Befruchtung stets gefunden wurden. In der 7., bei der zweiten Versuchsserie in der 8. Stunde, liegt dann eine Spindelfigur vor. Die Spindellänge beträgt zunächst 38 u, steigt aber in kurzer Zeit, innerhalb 1 Stunde, auf 87 «. Während nun der weibliche Halbkern in anscheinend ganz normaler Weise zur Bildung der Chromosomen schreitet, ballt sich die chromatische Substanz des männlichen Kernes zu einem homogen gefärbten Klumpen zu sammen. Fig. 2 und 3 veranschaulichen solche Stadien. In Textfig. 2, a—d sind von vier verschiedenen Objekten diese Chromatinballen der ersten Mitose auf ar db £ d e Umrisszeichnungen wieder gegeben. RUE 6 » 2 Der Volumeninhalt ist in allen Fällen ungefähr der gleiche. Interessant 1:8%0 war das Vorkommen eines Tetrasters. Fig. 2. Auch in diesem Falle liegt der Rest des Spermakernes als dunkel ge- färbte Masse in der Mitte der Spindel. Aber wie die Umriss- zeichnung e zeigt, ist sein Volumen bedeutend grösser. Es handelt sich offenbar um einen Fall von Dispermie, in dem sich der Chromatinanteil beider Spermien zu einer einheitlichen, homogen gefärbten Masse vereinigt hat. Es war dies das einzige poly- sperme Ei, das beobachtet wurde. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 315 Ein weiteres Stadium der ersten Mitose ist in Fig. 4 ab- gebildet. Die Chromosomen rücken auf die Centrosomen zu und haben sich in völlig normaler Weise angeordnet, aber die Zahl der Chromosomen ist nur gering. Der Rest des Spermakernes liegt noch genau in der Mitte der Spindel. Seine Form hat sich verändert. Dem herrschenden Zug folgend hat er sich in der Hauptrichtung der Kernteilungsfigur gestreckt. Die normalen weiblichen Chromosomen werden bläschenförmig und wandeln sich zu einem Ruhekern um. Unterdes hat auch die Zellwandbildung begonnen, so dass nun das fertige Zwei- zellenstadium vorliegt. Die beiden Zellkerne sind zunächst noch durch eine ausserordentlich feine, aber scharf gefärbte Linie, dem vereinigten Rest der Spindelfasern, verbunden (Fig.5). Diese Verbindungslinie ist in der Mitte, genau auf der neuen Zellwand, verdickt. Diese Verdickung, die die Form eines bläschens hat, das in der Richtung der Verbindungslinie gestreckt ist, stellt den Spermarestkern vor. Seine Länge beträgt fast konstant 8 «. Die Struktur ist bei verschiedenen Objekten nicht immer gleichmässig, entweder ist sie körnig, oder in einem hellen Hof liegt das Chromatin als kompaktes Gebilde (Fig. 6). Auf etwas älteren Stadien ist der Kern anscheinend wahllos in eine der beiden Blastomeren eingerückt. Dies beruht darauf, dass der Spindel- faserstrang, der noch die beiden Kerne verband, durchgerissen ist. Der Spermakern folgt nun dem Zug der Spindelfasern und bewegt sich auf den einen Zellkern zu. Die beiden Kerne schreiten nun wiederum zur Teilung. Fig. 7 und 8 veranschau- lichen das Entwicklungsstadium zweier gleichzeitig und aus gleicher Kultur fixierter Objekte. In Fig. 8 ist bei stärkerer Ver- grösserung nur die eine Mitose abgebildet. Fig. 7 gibt bei schwächerer Vergrösserung beide Spindeln der anderen Keim- scheibe wieder. Diese Abbildungen zeigen auch, in wie gleich- mässiger Weise sich die Bildungsvorgänge bei verschiedenen Objekten vollziehen. Bemerkt sei noch, dass bei beiden Keim- scheiben sowohl die Längsrichtung der Spindel wie auch der Spermakern auf einem Schnitt zu finden waren. Daher konnten auch stets die von einem Üentrosoma nach dem Spermarestkern hingehenden Strahlungen beobachtet werden. Das Spermachromatin erscheint als homogen gefärbter Körper, dessen Länge 10 u be- trägt, ohne dass bei dieser Angabe die feinen Ausläufer berück- Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 21 316 Karl Oppermann: sichtigt wären. Diese beiden Keimscheiben, wie auch noch einige andere waren zur Zählung der Chromosomen sehr geeignet. Die Schnitte (15 «) trafen die Spindeln immer genau in der Längs- richtung. Während in normalen Teilungsfiguren eine Bestimmung der Zahl der Chromosomen wohl unmöglich ist, konnte in einigen Fällen bei den Versuchsobjekten die Zahl mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit auf 12 festgesetzt werden. Wenn es auch nicht immer möglich war genaue Zahlenangaben zu machen, so war häufig nur daran gelegen, festzustellen, dass sich tatsächlich diese ganzen Wachstumsprozesse in Zellen vollziehen, deren Kerne eine erheblich verringerte, etwa die halbe Chromosomenzahl ent- hielten. Auch Messungen des Durchmessers der Äquatorialplatte zeigen immer einen deutlichen Grössenunterschied zwischen Kontroll- und Versuchsobjekten. Die zweigeteilten Keimscheiben des Versuches IV liessen keine von den normalen Verhältnissen abweichenden Beschaffen- heiten erkennen. Auch hier zeigte sich der zu einem feinen Strang zusammengeballte Rest der Spindelfasern, aber irgend welche Bildungen, die als ausgeschiedener Spermachromatin zu deuten wären, konnten nicht beobachtet werden. Das Vierzellenstadium. Je länger der Restkern sich in einer der Blastomeren be- findet, um so häufiger zeigen sich Stadien, die darauf hinzudeuten scheinen, dass die in der ersten Furchungsspindel ausgeschiedene chromatische Substanz des bestrahlten Spermiums durchaus nicht immer als tote Masse aufzufassen ist. Es konnte beobachtet werden, dass in einigen Fällen der spindelförmige Spermakern sich wieder abrundet, an Volumen zunimmt und dass die kom- pakte Chromatinmasse eine körnige Struktur annimmt. Diese Umwandlungen scheinen in dem Sinne gedeutet werden zu müssen, dass es sich in diesen betreffenden Fällen tatsächlich um eine Rekonstruktion des Kernes handelt. Ein derartiges Gebilde, das in mehr oder minder vollkommener Form wieder die Gestalt eines Kernes zeigt, findet sich dann stets in unmittelbarer Nähe eines Zellkernes und zeigt die Tendenz, mit diesem zu ver- schmelzen. Andererseits kann der Spermakern sein früher ge- schildertes Aussehen nicht verändert haben und sich noch in beträchtlicher Entfernung von den Zellkernen befinden. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 3,7 Es ist also das Verhalten des Spermakernes auf dem Vier- zellenstadium durchaus nicht einheitlich, wenngleich (also mit Ausnahme von Versuch IV) zunächst nur von den Versuchen die Rede sein soll, in denen die Samenfäden sehr stark bestrahlt wurden. In Abb. 10 finden sich die vier Kerne auf dem Quer- schnitt durch die gefurchte Keimscheibe. In einer Blastomere liegt in grösserer Entfernung vom Zellkern der spindelförmig gestaltete, homogen gefärbte Rest des Spermakernes, dessen Längsdurchmesser auf den Zellkern zu gerichtet ist. Bei einem anderen Objekte war die Entfernung zwischen Zell- und Spermakern nicht so erheblich, der letztere war wieder homogen gefärbt, aber die Spindelform trat nicht mehr so deutlich zutage; be- sonders auffällig war eine tiefe Einschnürung in der Mitte, die wie auch das ganze sonstige Aussehen auf einen Zerfall hinzu- deuten schien. Eine andere Gruppe umfasst solche Objekte, bei denen der Spermarestkern Strukturdifferenzierungen erkennen lässt. Die eine Keimscheibe zeigte deutlich die vier Zellkerne, von denen sich drei völlig glichen. Dem vierten Zellkern lag ein zylinde- risches Körperchen an, dessen Längsdurchmesser ebenso gross war wie der des Zellkernes, an einem Ende zeigte dieses Gebilde eine bläschenförmige Auflockerung, während das andere Ende noch gleichmässig gefärbt, strukturlos war (Fig. 11). Noch interessanter ist ein zweiter Fall. Auf Umrisszeich- nungen sind alle vier Kerne wiedergegeben (Fig. 12). Drei stimmen in Struktur und Grösse völlig überein, der vierte ist verändert. Unschwer ist zu erkennen, dass dieser aus zwei Teilen besteht. Der Hauptkern hat einen seitlichen Fortsatz, an dessen Ende ein ovaler, etwas dunkler gefärbter, körniger Körper sich befindet. Es ist ohne Zweifel, dass dieser Körper als der Spermarestkern zu deuten ist, und es erscheint ebenfalls wohl sicher, dass er in diesem Stadium nicht als ein Degenerationsprodukt aufzufassen ist, sondern im Gegenteil, dass es sich hier um einen rekon- struierten Kern handelt. Eine besondere Besprechung erfordern noch die Vierzellen- stadien des schwachen Bestrahlungsversuches (Versuch IV). Sind ruhende Kerne vorhanden, so sind Unterschiede gegenüber den normalen Objekten mit Sicherheit nicht festzustellen. In Mitosen 21* 318 Karl Oppermann: dagegen zeigen sich häufig Unregelmässigkeiten. In der Telophase hat es häufig den Anschein, als ob in der einen Hälfte des Dyasters die Zahl der Chromosomen grösser ist alsin der anderen. Interessant ist, dass einmal eine Spindel gefunden wurde, in der abseits von der AÄquatorialplatte eine Gruppe abgesplitterter Chromosomen zu finden war, und zwar in folgenden Grössenverhältnissen (Fig.9): Die Länge der Spindel 40 «, Durchmesser der Äquatorialplatte: 12 is, Entfernung der abgesplitterten Uhromosomengruppe: 8 u, Durchmesser derselben 4 u. Zusammenfassung und Folgerungen. Auch diese Untersuchungen beweisen von neuem die Richtig- keit der Annahme, dass vorwiegend das Chromatin der Keimzellen von den Radiumstrahlen beeinflusst wird. Am ruhenden Spermakern konnten noch keine Strukturveränderungen wahrgenommen werden. Sobald jedoch die Kernteilung beginnt, sobald die Umwandlungs- prozesse der Kernsubstanz ihren Anfang nehmen, wird die total veränderte Struktur des Chromatins des Samenfadens sichtbar. Es konnte gezeigt werden, dass das Spermium in das Ei ein- dringt, dort von einem winzig kleinen Kern von 6 « Durch- messer zu einem ovalen Bläschen von beträchtlicher Grösse heran- wächst, das einen Längs- und Querdurchmesser von 20 resp. 12 « besitzt. Immer findet eine Kopulation des männlichen und weib- lichen Vorkernes statt. Erst wenn ungefähr 4 Stunden seit der Befruchtung verflossen sind, treten die charakteristischen Ver- änderungen im Chromatin des väterlichen Kernes auf. Ein ein- heitlicher Verschmelzungskern konnte nie beobachtet werden. Ist die ursprüngliche Bestrahlung der Samenfäden intensiv genug gewesen, so wird das zu einer homogen gefärbten Masse zu- sammengeballte Chromatin des männlichen Kernes in der ersten Mitose eliminiert. Während des weiteren Entwicklungsverlaufes zeigt das ausgeschiedene Radiumchromatin nicht bei allen Objekten ein gleiches Verhalten. Die auftretenden Differenzen sind lediglich bedingt durch den verschiedenen Schädigungsgrad der Spermien. Einmal konnten solche Fälle beobachtet werden, in denen noch auf dem Vierzellenstadium das in der ersten Furchungsspindel ausgeschiedene Chromatin als strukturloser, spindelförmiger Körper sich in völlig isolierter Lage von den Zellkernen befand. Aus dieser Tatsache kann der Schluss gezogen werden, dass bei hin- Die Entwicklung von Forelleneiern etc. a reichend starker Bestrahlung der Samenfäden sich der gesamte Bildungsprozess des Embryos ohne Anteilnahme des väterlichen Chromatins vollzieht. Es ist dies so zu verstehen, dass der Entwicklungsreiz durch das eingedrungene Spermium gegeben wird, dass nun aber das frühzeitig ausgeschiedene Radıum- chromatin als absolut toter Körper in eine der Zellen zu liegen kommt und später auf irgend eine Weise völlig verschwindet. Ein derartiger Entwicklungsmodus wird in denjenigen Fällen vorliegen, welche, wie in der früheren Arbeit näher beschrieben wurde, zur Entwicklung solcher Embryonen führten, die ein Alter von 40—50 Tagen erreichten und sich lediglich durch geringere Grösse von den Kontrolltieren unterschieden. Durch das Spermium ist der Kernteilungsprozess ausgelöst worden; aber das geschädigte Chromatin kann seine vergiftende Wirkung nicht zur Geltung bringen. Es ist ersichtlich, dass eine solche Art der Entwicklung nicht als Parthenogenese im strengen Sinne bezeichnet werden darf. Die Ausschaltung des durch die Radiumbestrahlung ge- schädigten Chromatins braucht nun aber keine dauernde zu sein. Es konnte gezeigt werden, dass auf dem Vierzellenstadium eine Rekonstruktion des Spermakernes erfolgen kann, der dann mit einem der Zellkerne verschmikt. Ein derartiger neugebildeter Spermakern stellt einen relativ grossen Körper von elliptischer Form dar, der etwas dunkler als die übrigen Zellkerne gefärbt ist und eine deutliche körnige Struktur zeigt. Es ist nicht ge- lungen, zu beobachten, in welcher Weise sich dieser Kern bei den weiteren Teilungsvorgängen verhält. Wie dem aber auch sein mag, es genügt zunächst die Tatsache festzustellen, dass auf dem Vierzellenstadium ein Wiedereingreifen des einmal aus- geschiedenen Chromatins in den Kernteilungsvorgang stattfinden kann. Es ist erklärlich, dass jede erneute Teilnahme des Radium- chromatins am Wachstum des Keimes nur von schädigendem Einfluss sein wird. Nun war es ja auch tatsächlich möglich, festzustellen, dass als Resultat der hier in Betracht kommenden Bestrahlungsversuche neben annähernd normalen, zum Teil ziemlich stark pathologische Embryonen auftraten. Eine Erklärung für die verschiedene Ausbildung der Forellenkeimlinge wird also durch die Untersuchung der Vierzellenstadien geliefert. Findet eine Verschmelzung des rekonstruierten Spermakernes mit einem der Zellkerne statt, so werden die Abkömmlinge dieser Zelle ge- 320 Karl Oppermann: schädigt sein und stärker missbildete Formen hervorgehen lassen. Je später aber diese Wiedervereinigung geschieht, um so weniger Zellen unterliegen den störenden Einwirkungen des bestrahlten Uhromatins und um so mehr wird eine der Norm angenäherte Entwicklung stattfinden. Was die Ergebnisse des Versuches IV anbelangt, so sind Deutungen wegen eines weniger reichlichen Materials nur in wenig ausführlicher Form zu geben. Es gehört dieser Versuch zu jener Gruppe von Experimenten. in denen die Entwicklung nur bis zum Gastrulationsstadium verläuft. Hier konnten nur insofern von der Norm abweichende Verhältnisse gefunden werden, als in den Mitosen der viergeteilten Keimscheibe Unregelmässig- keiten auftreten. Jedenfalls beteiligt sich der Spermakern zu- nächst noch an den Kernteilungen und verteilt sich auch noch anscheinend auf alle Blastomeren. Es ist schon vorher einmal erwähnt worden, dass, soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, bei diesen Versuchen an den Keimen der Forelle von einer echten parthenogenetischen Ent- wicklung in keinem Falle gesprochen werden kann, denn es kommt stets zu einer Kopulation des männlichen und weiblichen Vorkernes. Was sonst an tatsächlichen Beobachtungen vorliegt, zeigt, dass lediglich die chromatische Substanz des radium- bestrahlten Spermiums von der Entwicklung in mehr oder minder vollkommener Form ausgeschaltet wird. Welches aber auch die Bedeutung sein mag, die die übrigen Kernbestandteile für die Organisation des sich bildenden Embryos haben mögen, es ist der Beweis erbracht worden, dass für den Grad der Schädigung lediglich die Frage entscheidend ist, ob das in der ersten Mitose ausgeschiedene Chromatin an der späteren Entwicklung wieder teilgenommen hat oder nicht. Obgleich zunächst ein Kopulationskern gebildet wird, so sind doch die Störungen in der Lagerung der weiblichen Chromo- somen in der ersten Spindelfigur so geringfügig, dass Kerne entstehen, die sich in völlig normaler Weise weiter vermehren können. Dies ist aber nur dadurch möglich, dass ein einheit- licher Verschmelzungskern nicht gebildet wird, sondern dass der männliche und weibliche Kern in scharfer Trennung voneinander zur Chromosomenbildung schreitet. Einmal wäre es nun möglich, dass infolge des experimentellen Eingriffes der Befruchtungs- Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 321 prozess in anderer Weise verläuft als es unter normalen Be- dingungen der Fall ist, da nach den bisher vorliegenden Unter- suchungen ein einheitlicher Verschmelzungskern zustande kommen soll. Wenn man dagegen das Verhalten des bestrahlten Sperma- kernes während der ersten Stunden nach der Befruchtung in Betracht zieht, sowie auch die Tatsache, dass die Kontrollkulturen in ganz jungen Stadien der ersten Mitose eine Sonderung der Chromosomen in zwei Komponenten zeigten, so ist es sehr wahrscheinlich, dass auch unter normalen Verhältnissen ein Aus- tausch der männlichen und weiblichen Chromatinbestandteile im Kopulationskern unterbleibt. Vergleich mit den entsprechenden Untersuchungen von G. Hertwig und P. Hertwig. Es bleibt nun noch die Frage zu erledigen, in welcher Weise sich die Resultate, die durch das Studium der ersten Teilungs- stadien der Forellenkeimscheibe gewonnen wurden, mit den Er- gebnissen, die Günther Hertwig (1912) durch entsprechende Untersuchungen am Seeigel und Paula Hertwig (1915) an den Eiern des Frosches erzielten, vereinigen lassen. G. Hertwig bestrahlte Seeigelspermien bis zu 23 Stunden mit dem starken Mesothoriumpräparat (55 mg). Eine Verschmelzung der Vorkerne fand nicht statt, die erste Teilung vollzog sich lediglich unter dem Einfluss des weiblichen Kernes. Aber spätestens auf dem /weizellenstadium trat dann die Kopulation der Kerne ein. Es könnte ein Vergleich der Abb. 6 bei G. Hertwig und der hier unter 2 dargestellten den Anschein erwecken, als handele es sich um analoge Verhältnisse. Dies trifft aber nicht zu. Fig. 6 ist nur ein Spezialfall der unter 1 abgebildeten Stadien, die in folgender Weise erklärt werden: „Der Spermakern, der zu dieser Zeit unter normalen Verhältnissen zu einem einheitlichen Furchungskern ver- schmolzen sein sollte, liegt noch als kompakte, schwarz gefärbte Masse abseits.“ In unseren Untersuchungen dagegen stellte eine derartige intensiv gefärbte Masse stets den Rest eines Spermakernes vor, der in der ersten Mitose eliminiert wurde. Erst dieser Restkörper kann die Fähigkeit erlangen, sich zu einem neuen Kern wieder um- zubilden, um dann mit einem der Zellkerne zu verschmelzen. Die Ergebnisse der Untersuchungen beim Frosch und Seeigel stimmen darin überein, dass bei beiden Objekten dem Spermium 322 Karl Oppermann: nur die Rolle des Entwicklungserregers zukommt. P. Hertwig schreibt: „Nicht anders wie der Anstich mit einer feinen Nadel in Bataillons Versuchen wirkt hier das Eindringen des Samenfadens.“ Die Samenfäden des Frosches sind so stark geschädigt, dass sie noch im viergeteilten Ei in völlig isolierter Lage von den Zellkernen liegen. Dies lässt den Schluss auf eine absolute Elimination aus dem ganzen Entwicklungsgange zu. Liegt nun also bei den Ver- suchen an den Keimen des Frosches eine parthenogenetische Entwicklung vor, so kann dies nach den bisher vorliegenden Untersuchungen für die Forelle nicht gelten. Das Endziel ist jedoch in beiden Fällen das gleiche, es bilden sich Embryonen, die sich von Kontrolltieren im wesentlichen nur durch geringere (Grösse auszeichnen. Literaturverzeichnis. Behrens, C©.: Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. Merkel- Bonnet, Anat. Hefte, X, 1898. Blanc, H.: Etude sur la f&condation de l’oeuf de la truite. Zoologische Abhandlungen. August Weissmann zu seinem 60. Geburtstage gewidmet von der naturf. 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Sitzungsber. d. König. Preuss. Akad. d. Wiss., XL, 1911. Derselbe: Disharmonische Idioplasmaverbindungen und ihre Folgen. Scientia, Bd. 12, Jahrg. 6, 1911. Hertwig, Paula: Durch Radiumbestrahlung hervorgerufene Veränderungen in den Kernteilungsfiguren der Eier von Ascaris megalocephala. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 77, Abt. II, 1911. Die Entwicklung von Forelleneiern etc. 323 Hertwig, Paula: Das Verhalten des mit Radium bestrahlten Sperma- chromatins im Froschei. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 81, Abt. II, 1913. Kupffer, C.: Die Befruchtung des Forelleneies. Bayerische Fischerei- zeitung, 1886. Oppermann, K.: Die Entwicklung von Forelleneiern nach Befruchtung mit radiumbestrahlten Samenfäden. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 85, Abt. II, 1913. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII. It Kopulationskern, 6 Stunden nach der Befruchtung. (Vergr. 1: 840.) 2—4. Erste Furchungsspindel auf verschiedenen Stadien. [S11 Zweizellenstadium mit Ruhekernen. Auf der Zellwand das aus- geschiedene Spermachromatin. Das Spermachromatin ist in eine Zelle gerückt. Übergang zum Vierkernstadium. Beide Mitosen, neben der einen Furchungsspindel das Radiumchromatin. (Vergr. 1: 250.) Objekt, das gleichzeitig mit dem in Fig. 7 dargestellten fixiert wurde, auch aus gleicher Kultur. Die eine Mitose bei stärkerer Vergrösserung. (Vergr. 1: 350.) Eine Mitose aus einer viergeteilten Keimscheibe. Das Ei wurde mit Samen befruchtet, der 3 Stunden intensiv mit Radium bestrahlt worden war. Viergeteiltes Ei. In einer der Blastomeren liegt das Sperma- chromatin in völlig isolierter Lage. Einer der vier Zellkerne mit angelagertem Spermachromatin. Die vier Kerne einer Keimscheibe. Der eine mit dem zum Kern rekonstruierten Radiumchromatin. (Vergr. 1:950.) Aus dem Anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universität. Die Samenbildung bei den Enten. Von Karl Schöneberg. Hierzu Tafel XIV — XVII. Einleitung. Seitdem die Bedeutung der Keimzellen als Träger der Erb- masse für die Vererbungslehre erkannt war, hat das Studium ihres Baues und ihrer Geschichte ein immer grösseres Interesse gewonnen. Neben der experimentellen Erblichkeitsforschung entstand als neuer Zweig der Vererbungslehre die Erbeytologie, die in den letzten Jahrzehnten wesentlich zu dem Aufschwung der Erbbiologie und zu der Lösung ihrer Aufgaben beigetragen hat. Das einzige Mittel, erfolgreich die Erscheinungen der Ver- erbung erklären zu können, ist das Zusammenarbeiten physio- logischer und morphologischer Untersuchung, wie es besonders bei dem Problem der Geschlechtsbestimmung in der neuesten Zeit zu überraschenden Ergebnissen geführt hat. Leider ist dieses Ideal, das Handinhandgehen beider Forschungsrichtungen, noch selten erfüllt. Entweder fehlt der cytologischen Keimzellforschung die Ergänzung durch das Experiment oder bei biologischen Ver- suchen ist die zelluläre Untersuchung der Gonaden vernach- lässigt worden. Häufig sind Vögel das Material experimenteller Vererbungs- studien gewesen, wie z. B. die bekannten Versuche Davenports. Batesons und Punetts mit Hühnern zeigen. Weniger Be- achtung haben die Vögel dagegen in der Erbeytologie gefunden. Nur eine geringe Anzahl von Arbeiten beschäftigen sich mit dem Studium der männlichen Keimdrüse der Vögel und diese wenigen in der Literatur vorliegenden Untersuchungen lassen alle den Teil der Samenbildung vermissen, der für ein genaues Studium der- selben unbedingt erforderlich ist und jeder näheren cytologischen Betrachtung voranzugehen hat: die topographische Histologie. Nur durch die Aneinanderreihung der verschiedenen Stadien des + Die Samenbildung bei den Enten. 325 Samenbildungsprozesses ist es möglich, eine sichere Grundlage für die Kenntnis der cytologischen Vorgänge zu gewinnen. Bemerkenswerte Ergänzungen zur neueren Bastarälehre haben die Versuche Polls mit Enten gebracht. Seine eytologischen Studien als Vervollständigung des Experiments geben Aufschluss über den interessanten Bau der männlichen Keimdrüsen bei Entenmischlingen, die je nach der systematischen Zusammen- gehörigkeit der reinartlichen Eltern eine verschieden weit vor- geschrittene Entwicklungsstufe in ihrem Samenbildungsgewebe zeigen. Es war somit eine naheliegende Aufgabe, auch die Samen- bildung der Entenstammformen zu untersuchen und miteinander zu vergleichen. Das Studium der Spermiogenese verschiedener Arten bietet ferner die Möglichkeit, auf die verwandtschaftliche Stellungder betreffenden Tierformen zueinander schliessen zu lassen. Material und Methoden. Als Material für die Arbeit dienten zum Teil bereits ein- gebettete Entenhoden, die mir Herr Prof Poll in liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellte, zum Teil wurden die Testikel frisch seziert. Die Tiere erhielt ich durch das liebenswürdige Ent- gegenkommen Herrn Prof. Hecks und Herrn Dr. Heinroths, denen ich an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte, aus dem Berliner Zoologischen Garten. Zur Untersuchung gelangten die männlichen Keimdrüsen von Vertretern aller Gruppen der Anatiden, von den Anatinen der Stockerpel, Anas boschas L, /Zwergerpel, Anas boschas L. var. nana, Hauserpel, Anas boschas L. var. dom. und Pfeiferpel, Mareca penelope L., von den Fuligulinen der Tafelerpel, Aythya ferina L., von den Plectopterinen der Brauterpel, Lampronessa sponsa L., und der Türkenerpel, Cairina moschata L. Die aus den getöteten Tieren herauspräparierten frischen Testikel ‘wurden in kleine Stücke zerlegt, um so ein besseres Eindringen der Fixierungsflüssigkeit zu ermöglichen. Es wurden angewandt die Gemische von Carnoy, Flemming 4 Teile Osmiumsäure, 15 Teile Chromsäure, 1 Teil Eisessig, Tellyesniczky 100 Teile 3proz. Kaliumbichromatlösung, 5 Teile Eisessig und Zenker. Die Objekte wurden in der Carnoyschen Flüssigkeit 20 Minuten gelassen und dann sofort in Chloroform gebracht. 326 Karl Schöneberg: Die übrigen Flüssigkeiten mussten mindestens 24 Stunden ein- wirken. Nach der Fixierung wurden die Stückchen 24 Stunden in fliessendem Wasser ausgewaschen, um dann nach der Ent- wässerung in den steigenden Alkoholstufen und Jodierung der Zenkerpräparate durch Alkohol-Chloroform und Chloroform in Paraffin eingebettet zu werden. Von den Objekten wurden nun Schnitte von 5—10 «u Dicke angefertigt und auf den Objektträgern aufgeklebt. Gefärbt wurden die Präparate hauptsächlich nach Heidenhains Methode mit Eisenhämatoxylin nach vorheriger Beizung mit Eisenalaun, die mit Flemmingscher Flüssigkeit fixierten Schnitte nach vorangegangener Bleichung mit Wasser- stoffsuperoxyd. Gute Resultate ergab die Nachfärbung der Zenker-Präparate mit Pikroindigokarmin-Magentarot nach vor- heriger Färbung mit Eisenhämatoxylin. Die mit Tellyesniczky- scher Flüssigkeit behandelten Präparate wurden auch der Doppel- färbung Hämalaun-Safranin unterworfen, wie sie Regaud in seiner Arbeit angibt. Bei den Objekten, die mit dem Flemming- schen Gemisch fixiert waren, wurde ferner die Flemmingsche Dreifachfärbung mit Safranin-Gentianaviolett-Orange G und die Doppelfärbung Safranin-Lichtgrün angewandt, die den Vorteil hat, die bei Heidenhains Methode häufig eintretende Verklumpung der Chromosomen zu verhindern. Materialübersicht. 1 Anas boschas var. nana Zenker 2. Cairina moschata Carnoy, Flemming 3. 357 Mareca penelope fixiert am 4.6. 09 Fl ZI 4. 339 Lampronessa sponsa n 0 A... 5. 362 Anas boschas var. dom. 1 294102097822 6.892: © 8 a, 2a LOB 7. 430 Aythya ferina a „., 14.5.0202 5. 704 Anas boschas r -. 20.0.2 Ebel 3000.12, j 3. 5.20 10.712. “ at ip 2 ANTSER LO 11. 720 Lampronessa sponsa a „.) 13.5. 12XR LICH 12. 721 Anas boschas 5 „13.9. 12-BJSC ZIEE 13. 730 Cairina moschata Pa a WENN: 2 14. 748 27: 231 EIS CE > Dr] 2 2] Die Samenbildung bei den Enten. 327 Anatomie und Histologie der Entenhoden. Die männlichen Keimdrüsen der Enten weisen ebenso wie die aller übrigen Vögel einen beträchtlichen Grössenunterschied zwischen Winterruhe und Brunstzeit auf. Bald nach der Mauser- zeit beginnt der auf seine Minimalgrösse gesunkene Testikel all- mählich wieder an Grösse zuzunehmen, um dann zu Beginn des Frühjahrs plötzlich anzuschwellen und zur Brunstperiode im April- Mai sein maximales Volumen zu erreichen. Bereits einige Wochen später setzt die Mauser ein, und der Umfang des Hodens nimmt wieder ab. Was die Grössenverhältnisse der männlichen Keimdrüsen anbetrifft, so wurde Ende Februar noch eine Länge von 14 mm gemessen, Mitte Mai das Maximum von 5l mm. Doch sind diese Zahlen keineswegs als feststehende Regel anzusehen, da sie von den Individuen, der Lebenslage und der Witterung abhängig sind. Noch grösseren Schwankungen sind sie bei Hausenten unterworfen. Durch die günstigen Lebensbedingungen wird die Brunstzeit bedeutend ver- längert, und die Keimdrüsen erreichen oft kolossale Dimensionen, wie Disselhorst und Menel durch Messungen festgestellt haben. Die Samenkanälchen werden von einer ziemlich derben Albuginea umschlossen, die ebenso wie das ganze Hodenparenchym von vielen Blutgefässen durchzogen ist. Interstitielles Bindegewebe, welches im Hodengewebe der Sänger in starker Ausdehnung zwischen den Tubuli auftritt, fehlt nahezu vollständig. Die ein- zelnen Samenkanälchen, die von einer dünnen Tunica propria, der kleine längliche Kerne eingelagert sind, umgeben sind, be- rühren einander direkt. Auf dieser Membran ruht nach innen das Keimlager. Dieses stellt auch bei den Enten ein Syncytium dar, in dem die samenbildenden Elemente eingebettet sind. Wie in den Keimdrüsen der übrigen Tiere lassen sich hier ebenfalls zwei Reihen von Zellgenerationen unterscheiden, die den nutri- tativen Teil darstellenden Sertolielemente und die eigentlichen samenbildenden Zellen als generativen Zweig. Der Reihenfolge nach liegen die verschiedenen Stadien der Keimzellenmetamor- phose übereinander geschichtet. Die unterste Lage bilden die Spermiogonien, die oberste die Spermiden, dazwischen liegen Spermiocyten und Präspermiden. Das Samenbildungsepithel nimmt nahezu das ganze Innere des Röhrchens ein und lässt nur in der Mitte ein kleines von einer Flüssigkeit erfülltes Lumen als Aus- gangsweg für die fertigen Spermien frei. 328 Karl Schöneberg: Bei mikroskopischer Betrachtung des Hodenparenchyms er- kennt man, dass sich die Tubuli in den verschiedensten Entwick- lungsstufen des Samenbildungsprozesses befinden. Selbst die ein- zelnen Kanälchen bieten in ihrem samenbereitenden Keimlager einen wechselnden Anblick dar. Bald hat das Epithel eine be- trächtliche Höhe, wenn Spermiden die obersten Schichten bilden, bald zeigt es sich auffallend niedrig, wenn die werdenden Spermien sich zu Büscheln vereinigt haben und zwischen die Spermiocyten eingedrungen sind. So grenzen oft in demselben Tubulus zeitlich weit auseinanderliegende Stadien ohne Übergang in schmalen Sektoren aneinander, während sich z. B. bei den Fringilliden der ganze Testikel in derselben Entwicklungsphase befindet. In der Regel umfassen die Stadien mehr als eine Fascikulation, da man gewöhnlich zwei oder noch mehr Büschel auf derselben Entwick- lungsstufe nebeneinander liegen sieht. Topographische Histologie. Diese verschiedenen Stadienbilder desSamenbildungsprozesses zu ordnen, uns mit der Anordnung der Zellformen im Keimlager bekannt zu machen, ist die Aufgabe der topographischen Histo- logie, die aus schon erwähnten Gründen den ersten Teil dieser Arbeit bilden muss. Darauf erst folgt die Cytologie der Samen- bildung, welche die cytologischen Wandlungen der aufeinander- folgenden Generationen und der einzelnen Zellen näher zu be- trachten hat. Dieser Teil gliedert sich wieder in die Oytogenese und Spermiohistogenese. Während jene sich mit der Metamor- phose der samenbildenden Elemente beschäftigt, untersucht diese die histologischen Umwandlungen der Spermiden zu den fertigen Spermien. Wie Regaud zuerst in seiner Untersuchung über die Spermiogenese der Ratte genauer gezeigt hat, spielt sich der Samenbildungsprozess in einer Schraubenlinie ab, die um den Tubulus herumläuft. Um nun eine richtige Aufstellung der Stadien- bilder der Samenbildungswelle zu erlangen, ist es nötig, genau quergetroffene Stellen aufzusuchen, die wegen des spiraligen Ver- laufs der Spermiogenese und der stark gewundenen Kanälchen nicht gerade häufig sind. Die wechselnde Höhe, die verschiedene Dauer der einzelnen Stadien erhöhen die Schwierigkeiten, die quergetroffenen Stellen als solche zu erkennen. Würde sich die [2] Die Samenbildung bei den Enten. 329 Samenbildung in einer Ebene abspielen, so genügte das Aufsuchen quergeschnittener Tubuli, so aber sind diese keineswegs zuver- lässig. Vielmehr können auch ebensogut schief oder längs ge- schnittene Röhrchen brauchbare Stellen zur Aufstellung der Generationsfolge liefern. Im allgemeinen sind die niedrigeren Schnitte den höheren der betreffenden Stelle vorzuziehen, doch erst ein Vergleich der Zellschichten der betreffenden Stelle mit- einander und mit anderen aufgefundenen Stadienbildern lässt er- kennen, ob der Schnitt für die topographische Histologie zu verwerten ist. | Regaud und danach Kirillow stellen in ihren Arbeiten zwölf Stadien auf, die zu einem Zyklus zusammengefasst werden. Um einen besseren Vergleich mit den Säugern zu ermöglichen, sind auch in dieser Untersuchung die von Regaud festgelegten Hauptpunkte beibehalten worden. Indes sind zur Erleichterung der späteren cytologischen Betrachtung noch einige Zwischen- stadien eingeschaltet worden. Massgebend für die Anordnung der verschiedenen Phasen ist am zweckmässigsten die Spermio- histogenese und nicht, wie van Hoof es getan hat, der Ent- wicklungsgang der Spermiocyten, da die Umbildung der Spermiden ein viel sicheres Anordnen ermöglicht als die schwierigen Kern- metamorphosen der Spermiocyten. Nach dieser Art lassen sich die einzelnen Stadien entsprechend den einzelnen Entwicklungsstufen der Spermien leicht lückenlos zu einem Zyklus aneinanderreihen. Als Ausgangspunkt für den Samenbildungsprozess soll, wie bei Regaud, der Augenblick dienen, in dem eine Generation reifer Spermien soeben das Samenepithel verlassen hat und eine neue im Begriff ist, sich aus den Spermiden zu entwickeln. Weitere besonders hervortretende Punkte sind die während des Zyklus auftretenden Teilungen der Spermiogonien, Spermiocyten und Präspermiden. Zunächst ist die topographische Histologie bei der Gattung Anas untersucht worden und dann vergleichsweise bei den übrigen Vertretern der Enten-Gattungen. Die den Samen- bildungsprozess veranschaulichenden Zeichnungen sind keine Schemata, sondern entsprechen wirklichen Objekten. Stadium 1 (Fig. 1). Im 1. Stadium ist die Oberfläche des Epithels nahezu spermienfrei, da eine Generation fertiger Spermien eben das 330 Karl Schöneberg: Keimlager verlassen hat. Nur ab und zu sieht man noch ver- einzelte zurückgebliebene Samenfäden zwischen oder über den Spermiden liegen. Aus der Häufigkeit und der Breite, in der dieses Stadium auftritt, lässt sich schliessen, dass es verhältnis- mässig lange währt. Es reicht von der Ausstossung der reifen Spermien bis zur Verdichtung des Chromatins in den Spermiden- kernen. Safranophile Restkörperchen, wie sie bei der Ratte den ersten Stadien der Samenbildung ein so charakteristisches Aus- sehen geben, fehlen hier vollständig. Die oberste Schicht des Keimepithels bilden die in vier bis fünf Reihen gelagerten Spermiden. Häufig sind durch die hinausgeschleuderten Spermien einige an das Lumen grenzende Spermiden mitgerissen worden und liegen dann losgelöst über dem Epithel. Die dicht gelegenen abgerundeten polyedrischen Spermiden enthalten einen kugeligen Kern. In dem hellen Kernsaft sind nur wenige Chromatinbrocken sichtbar, von denen dünne Fäden zu der deutlich erkennbaren Kernmembran laufen. Unter den Spermiden liegt in einer oder mehreren Reihen eine Generation Spermiocyten. Ihre Kerne befinden sich im Stadium der Synapsis, die ganze Chromatinmasse ist an einer Seite des Kernes zu einem dichten Knäuel zusammengeballt, aus dem nur vereinzelte dünne Fäden herausragen. In dem rundlichen Zellkörper liegt in der Nähe des Kernes das Idiozom. Zwischen den Spermiocyten fällt der oft dunkel gefärbte Sertolikern durch seine unregelmässige Gestalt und den grossen Nucleolus, neben dem noch einige kleinere Brocken vorhanden sind, auf. Zuweilen sind noch die Reste der vom Sertolikern ausgehenden Fibrillen des syncytialen Plasmas, die während der Fascikulation hervorgetreten sind, zwischen den Spermiden sichtbar. Zu unterst folgen schliesslich die wandständig gelagerten Spermiogonien, die nicht selten zwei Lagen bilden. Wie die Spermiden, so zeichnen sich auch die Spermiogonien durch die Chromatinarmut ihrer hellen blasigen Kerne aus. Nur wenige grössere Brocken machen den ganzen Chromatingehalt aus. Dünne, kaum sichtbare Lininfäden, die von diesen Brocken ausgehen, durchziehen den Kernraum. Der deutlich von dem umgebenden syncytialen Plasma abgegrenzte Zellkörper enthält das kugelige Idiozom. Die Samenbildung bei den Enten. 331 Stadium 2 (Fig. 2). Im 2. Stadium hat die histologische Umwandlung der Spermiden begonnen. In den bis dahin chromatinarmen Kernen haben sich starke Chromatinmassen besonders an der Peripherie abgesetzt. Durch wenige dünne Fäden sind sie mit einem meist zentral gelegenen Brocken verbunden. Finige Kerne zeigen bereits eine längliche Gestalt, während der Zellkörper gewöhnlich noch rundlich erscheint. Zuweilen sieht man auch hier noch über den Spermiden vereinzelte zurückgebliebene Spermien der letzten Generation. Die Spermiocyten und die Spermiogonien haben keinerlei sichtbare Änderungen erfahren. Jene zeigen Kerne, deren Chromatinsubstanz wie im vorigen Stadium auf einer Kernseite zusammengezogen ist. Diese besitzen ihre hellen chromatin- armen Kerne. Stadium 2a (Fig. 3). Während bisher die Mehrzahl der Spermidenkerne die kugelige Gestalt beibehalten hatten, beginnen sie nunmehr fast ausnahmslos ihre Form zu verändern, indem sie sich in die Länge strecken. Aus diesem Grunde ist man berechtigt, die Spermien von jetzt an als Prospermien zu bezeichnen. Das Chromatin hat sich in- zwischen weiter kondensiert, hinten und vorn vom Kern sind deutlich helle Bläschen sichtbar. Am hinteren Bläschen ist zugleich die von einem Üentrosom ausgebildete Geissel erkennbar. Eine bestimmte Orientierung zeigen die Kerne dagegen noch nicht. Mit dem Kern hat auch das Cytoplasma eine längliche Gestalt angenommen. In den Spermiocyten spielen sich während dieses Stadiums ebenfalls wichtige Vorgänge ab; ihre Kerne sind im Begriff, die Phase der Synapsis zu verlassen. Die teilweise noch einseitig gelagerte Chromatinsubstanz beginnt sich aufzulockern; dicke Fäden, die von dem Knäuel ausgehen, durchziehen den Kern- raum. Der Zellkörper hingegen hat sich nicht verändert. Im Gegensatz zu den oberen Schichten des Samenepithels deutet nichts auf eine gleich lebhafte Tätigkeit in dem unteren Keimlager der Spermiogonien hin; höchstens weisen ihre Kerne eine geringe Grössenzunahme auf. Im Zellplasma fällt häufig das in der Nähe des Kernes gelegene Idiozom auf. Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 22 332 Karl Schöneberg: Zwischen den Spermiocyten eingebettet liegt der Sertoli- kern in mannigfach gestalteter Form. Die Fibrillen des Sertoli- plasmas sind völlig verschwunden. Stadium 3 (Fig. 4). Das Chromatin der Prospermienkerne, die länger geworden sind, zieht sich allmählich spiralig in die Länge. Mit der Streckung der Kerne ist auch eine weitere Dehnung des Zelleibes verbunden. Die Prospermien liegen jetzt nicht mehr regellos im Epithel, sondern zeigen bereits das Bestreben, sich in bestimmter Weise zu Büscheln anzuordnen. Das Vorderende wendet sich membran- wärts dem zwischen den Spermiocyten gelegenen Sertolikern zu, während die Geissel gegen das Lumen gerichtet ist. In den Spermiocytenkernen ist die Aufknäuelung der Chro- matinmasse nahezu vollendet. Zwar liegen die dicken Fäden zum Teil noch auf einer Kernseite etwas zusammengeballt, doch durch- ziehen sie zum grössten Teil auch schon die übrige Kernhälfte. Häufig sind sie von grösseren Ohromatinbrocken unterbrochen. Im unveränderten Zellkörper sind zuweilen das Idiozom und die aus ihm herausgewanderten Centrosomen sichtbar. Die Spermiogonien zeigen indes im Vergleich zum vorigen Stadium keinen sichtbaren Fortschritt in ihrem Entwicklungs- gang. Unverändert liegen ihre hellen, chromatinarmen Kerne in ihrem Cytoplasma, in dem das Idiozom scharf hervortritt. Stadium 3a (Fig. D). In diesem Stadium tritt die Fascikelbildung schärfer her- vor. Das Aussehen der Prospermien selbst hat sich dagegen wenig verändert. Nur ihre Länge hat etwas zugenommen. Die Kerne der Spermiocytengeneration haben jetzt die Auf- knäuelung ihrer Chromatinfäden vollendet: Die Fäden bilden ein lockeres Netz, dem mehrere gröbere Chromatinbrocken ein- gelagert sind. Der ziemlich grosse Zellkörper weist keine Struktur- änderung auf. In den Schichten der Spermiogonien zeigt sich noch keine Spur irgendeiner Veränderung. In den Kernen lässt sich keine Zunahme an Chromatinsubstanz wahrnehmen. Unter den Spermiocyten tritt der noch indifferente, unregel- mässig geformte Sertolikern hervor. Die Samenbildung bei den Enten. 309 Stadium 4 (Fie. 6). Deutlich erkennbar ist in diesem Stadium die eigentümliche, regelmässige Anordnung der Prospermien zu der für die Enten charakteristischen Fascikelform. Während die oberen Prospermien senkrecht zur Röhrchenwand stehen, liegen die unteren parallel zu ihr und bilden so die Basis des Faseikulationskegels. Befanden sich die Prospermien bisher über den Schichten der samenbildenden Zellen, so beginnen sie nun, die unter ihnen liegenden Spermio- cyten auseinander zu drängen, um zwischen sie einzudringen und sich dem Sertolikern zu nähern. In den Prospermienkernen hat sich die Chromatinmasse noch weiter spiralig ausgezogen. Klar tritt das hintere Bläschen, das kleiner geworden ist, hervor. Um einen richtigen Begriff von der grossen Anzahl der einen Fascikel bildenden Prospermien zu bekommen, sind in der Figur auch die nicht in der Ebene des Gesichtsfeldes gelegenen Pro- spermien, die noch zu dem Büschel gehören, gezeichnet. Die in der Zeichnung über dem rechten Büschel gelegenen, degenerierten Spermien können wegen ihres bedeutend fortgeschrittenen Stadiums nicht dem Fascikel angehören, sondern sind offenbar von um- liegenden Stellen dorthin getrieben worden. Wenig verändert haben sich die Spermiocyten. In ihren Kernen sind die Fäden des lockeren Knäuels etwas dünner geworden. Neben einigen grösseren Chromatinbrocken sind mehrere, meist peripher gelagerte Körnchen vorhanden. Gar nicht gewechselt hat das Aussehen der Spermiogonien, derer Kerne noch immer eine spärliche Chromatinmenge enthalten. Trotzdem die Fascikelbildung schon begonnen hat, deutet im syneytialen Sertoliplasma noch keine Strukturveränderung auf seine spätere Tätigkeit hin. Stadium 5 (Fig. 7). Die Chromatinmasse der Prospermienkerne ist kompakter und länger geworden, so dass jetzt mit Deutlichkeit der stabförmige Oharakter des späteren Spermienkopfes hervortritt. Die unteren Prospermien haben sich mehr aufgerichtet und wenden ihre Spitze dem ihnen entgegengerichteten Sertolikern zu, dessen Längsachse nunmehr senkrecht zur Tunica popria steht. Das Sertoliplasma hingegen zeigt noch keine fibrillären Differenzierungen. 22* [3% > > Karl Schöneberg: Die Spermiocytenkerne besitzen in diesem Stadium eine geringe Chromatinmenge. In dem dünnfädigen Netz des Kern- raumes sind nur wenige grössere Brocken sichtbar. Die Spermiogonien zeigen noch dasselbe Bild wie im vorigen Stadium. Stadium 6 (Fig. 3). Die Prospermien nehmen mehr und mehr das Aussehen fertiger Spermien an. Ihre Kerne kann man bereits als Kopf bezeichnen. Die kompakte Chromatinmasse, die die Gestalt eines vorn zugespitzten, mehrfach geknickten Stabes angenommen hat, erfüllt nahezu den ganzen Kernraum. Die Kernmembran der Spermiocyten schliesst ein lockeres Netz dünnfädiger Lininfasern ein, denen mehrere kleine und grössere Chromatinpartikelchen aufgelagert sind. Umgeben wird der Kern von einem rundlichen, von dunklerem Plasma erfüllten Zellkörper, in dem das Idiozom und die Öentrosomen eingebettet sind. Wandständig liegen noch immer untätig die Spermiogonien, deren Kerne sich nicht verändert haben. Stadium 7 (Fig. 9). Die Prospermien haben ihre endgültige Länge erreicht, doch weisen zahlreiche Unebenheiten und Windungen der stab- förmigen Chromatinmasse darauf hin, dass ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Je schmaler der Chromatinstab durch die Längenausdehnung wird, je kleiner wird auch das hintere Bläschen, an dem deutlich die Geisselwurzel zu unterscheiden ist. Gut erkennbar ist auch der die Prospermienkerne umgebende, langgestreckte Zellkörper. Die unteren Prospermien haben sich nahezu aufgerichtet, während die obersten, in der Mittelachse des Büschels liegenden tiefer hineingedrungen sind, so dass jene nunmehr die Spitze des umgekehrten Fascikelkegels bilden. Der zwischen den Spermiocyten gelegene Sertolikern deutet durch seinen häufig dunkelgefärbten Kernsaft auf eine erhöhte Tätigkeit hin. Die eine Seite des Kernes, die durch die syneytialen Fibrillen hervorgezogen ist, ist den Prospermien zugekehrt. Die Schichten der Samenbildungszellen, der Spermiocyten und der Spermiogonien, zeigen dagegen nur geringfügige Ver- änderungen. Die Samenbildung bei den Enten. 335 Die ganze Chromatinmasse der Spermiocytenkerne besteht aus etlichen Brocken, zwischen denen dünne Fäden das Kerninnere durchziehen. Um die Kerne hebt sich das rundliche, dunkle Cytoplasma von dem umgebenden Syneytium ab. Ähnlich be- schränkt sich in den Kernen der Spermiogonien der Chromatin- bestand auf einige grössere und kleinere Brocken, die durch dünne Fäden miteinander in Verbindung stehen. Im Zellkörper tritt scharf das runde Idiozom hervor. Stadium 7a (Fig. 10). Die Oberfläche der Prospermien, die man von nun an als Spermien bezeichnen kann, ist vollkommen glatt. Nur einige eckige Biegungen weisen auf ihre Unfertigkeit hin. Die Spermiocytenkerne besitzen zwar noch ein Netz aus dünnen Fäden, aber die Chromatinbrocken haben sich bereits vermehrt. Die Spermiogonien haben etwas an Grösse zugenommen. Ihre Chromatinmasse ist ebenfalls reichlicher geworden, da sowonl in der Mitte, als auch am Rande des Kernes die Chromatin- körnchen zahlreicher geworden sind. Stadium 8 (Fig. 11). Wenn auch die Fascikulation noch nicht vollendet ist, so haben doch die Spermien ihre morphologische Ausbildung beendet und ihre endgültige Gestalt erreicht. Die langen stabförmigen Köpfe sind von dem in der Form ihnen angepassten vorn zugespitzten Zellkörpev umschlossen. Am hinteren Ende des Kernes tritt häufig die Geisselwurzel hervor, während das hintere Bläschen nicht mehr sichtbar ist. In den Spermiocytenkernen haben sich die Fäden reichlich mit Chromatin beladen und bilden nun dicke, stark färbbare Schleifen, die häufig von grösseren Chromatinbrocken unterbrochen werden. Der Zellkörper enthält das Idiozom und die zu den Polen wandernden Üentrosomen. Im Keimlager der Spermiogonien setzt während dieses Stadiums plötzlich eine lebhafte Tätigkeit ein, die einer neuen Reihe von Samenbildungszellen den Ursprung gibt. Die Spermio- gonien, die in den vorhergehenden Stadien keinerlei Anzeichen einer nahen Teilung gaben, sind in eine Mitose eingetreten, aus der eine neue Generation von Spermiocyten hervorgeht. Erst 336 Karl Schöneberg: kurz vor der Teilung zeigen sich in den Kernen Vorbereitungen dazu. Sie werden blasig aufgetrieben und an ihrer Oberfläche werden reichliche Chromatinmassen angesammelt. Dicht aneinander- gedrängt liegen die Teilungsfiguren der Spermiogonien, die sich durch die Breite, die niedrige Polhöhe und den Chromatinreichtum ihrer Äquatorialplatten auszeichnen. Zwischen den Spermiocyten liegt der oft dunkle Sertolikern, seine Längsachse den Spermien zugewendet. Im Sertoliplasma treten zuweilen die Fibrillen deutlicher hervor. Stadium 9 (Fig. 12). Die Fascikulation, die jetzt das für Anas typische Bild zeigt, hat nunmehr ihren Höhepunkt erreicht. Die Spermienbüschel sind weit ins Epithel bis zur untersten Lage der Spermiocyten eingedrungen. Die Spitze des Büschels berührt beinahe den ihnen entgegenrückenden Sertolikern, in dessen Umgebung Körnchen auftreten. Trotzdem die Spermien fertig ausgebildet sind, umgibt sie noch das langgestreckte Zellplasma. In diesem Stadium sind zwei (renerationen von Spermiocyten vorhanden. Die älteren Spermiocyten zeigen dicke Schleifen, die an einigen Stellen unterbrochen sind. Mehrere grössere Chromatin- brocken sind den Fäden angelagert. Die jüngere Spermiocyten- generation besitzt Kerne, die denen der Spermiogonien ausser- ordentlich ähnlich sind und nur durch ihre Grösse von diesen zu unterscheiden sind. Zentral sind ein oder mehrere grössere Chromatinbrocken gelegen, von denen dünne Fäden ausgehen. Zwischen ihnen liegen die nicht in Teilung eingetretenen Spermiogonien mit ihren charakteristischen hellen Kernen. Stadium 10 (Fig. 13). Die reifen Samenfäden haben die Fascikel aufgegeben und zum Teil bereits das Epithel verlassen. Zur selben Zeit beginnen die Spermiocyten der alten Generation sich zu teilen, um in Präspermiden überzugehen. Ihre Mitosen besitzen nicht derartig chromatinreiche und niedrige Spindeln, wie die der Spermiogonien. Die jungen Spermiocyten besitzen Kerne, in denen sich das Chromatin erheblich vermehrt und auf einer Seite zusammen- geballt hat. Sie befinden sich im Stadium der dichten Synapsis. An der Wand liegen die Spermiogonien, deren Kerne sich nicht von denen des vorigen Stadiums unterscheiden. Die Samenbildung bei den Enten. 337 Stadium 11 (Fig. 14). Die Präspermiden haben nur eine überraschend kurze Lebens- dauer. Sie teilen sich sofort wieder, um so Ersatz für die das Epithel verlassenden Spermien zu schaffen. Häufig folgt die zweite Reifeteilung so schnell der ersten, dass man beide un- mittelbar nebeneinander findet. Die Spindel der Präspermiden- teilung zeichnet sich durch ihre Höhe und Schmalheit aus. Zwischen ihnen liegen schon junge Spermiden. Über ihnen befinden sich die reifen Spermien, die das Epithel soeben verlassen haben und noch stellenweise die früheren Fascikel andeuten. In den Kernen der Spermiocyten hat sich die ganze Ohromatinmasse auf einer Hälfte zu einem dichten Knäuel zu- sammengezogen. Die Sertolikerne, die wieder in der untersten Lage der Spermiocyten liegen, zeigen eine rundliche oder längliche Gestalt. Ihr Kernsaft ist zuweilen noch dunkelgefärbt. Die Spermiogonien hingegen lassen keine Veränderung im Kernraum erkennen. Stadium 11a (Fig. 15). Die reifen Spermien liegen jetzt fast in einer Reihe über dem Epithel. Teilweise sind sie noch von ihrem Zellkörper um- geben, in dem deutlich die runden Idiozome hervortreten. Im Samenepithel bildet nun die neuentstandene Spermidengeneration die obersten Schichten. Auf der rechten Seite der Zeichnung sind einige Präspermiden, die in ihrer Entwicklung zurück- geblieben sind und sich durch den grösseren Kern von den Spermiden unterscheiden lassen. Diese enthalten in ihrem polyedrischen Oytoplasma einen kugeligen hellen Kern mit nur wenigen Chromatinbrocken. Die Kerne der Spermiocytengeneration zeigen keinen sicht- baren Fortschritt in ihrer Entwicklung. Die ganze chromatische Substanz liegt in der einen Kernhälfte angehäuft. Zwischen ihnen liegt der häufig abgerundete ruhende Sertolikern. Ganz über- raschend schnell haben sich die Spermiogonien zu einer aber- maligen Teilung angeschickt. Auch hier beginnt die Vorbereitung dazu unmittelbar vorher. Die Teilungsfiguren gleichen vollkommer. denen des 8. Stadiums. Die Mitosen haben jedoch diesmal keine neue Spermiocytengeneration zur Folge, sondern sie dienten nur der Vermehrung, da aus ihnen wieder Spermiogonien hervorgehen. 338 Karl Schöneberg: Stadium 12 (Fig. 16). Im letzten Stadium liegt die Generation der reifen Spermien über dem Epithel, im Begriff, sich vollends vom Zellkörper zu trennen und in das distale Ende des Samenröhrchens zu gelangen. Das als Restkörper zurückbleibende Cytoplasma mit dem Idiozom verschwindet bald danach über dem Epithel, so dass wir nun- mehr wieder das Bild des 1. Stadiums haben, in dem die Spermiden mit ihren charakteristischen Kernen die oberste Lage des Keim- epithels bilden. Die Spermiocyten befinden sich noch im Stadium der dichten Synapsis. In dem auf der Seite des Chromatinnetzes liegenden Zellplasma ist nicht selten das Idiozom sichtbar. Die vermehrten Spermiogonien zeigen nach der Teilung wieder ihre typischen hellen Kerne mit den wenigen Chromatinbrocken. Vergleich mit den übrigen Entengattungen. Untersucht man die topographische Histologie der anderen Entengruppen, so zeigt sich, dass die einzelnen Stadien des Samenbildungsprozesses mit denen von Anas völlig überein- stimmen. Nur bei der Anordnung der Spermien in den Fascikeln treten geringe Unterschiede in der Form der Spermienbüschel auf. Je nachdem die Samenfäden alle nahezu parallel zueinander gelagert sind oder die seitlichen sich nicht vollständig aufrichten, lassen sich Fascikelkegel mit breiter und schmaler Basis unter- scheiden. Bei Anas bilden die Spermien in der Regel einen kleinen Winkel miteinander, während sie bei Oairina (Fig. 17) sich mehr auseinander spreizen. Im Samenepithel von Lampronessa sind die Spermien in ähnlicher Weise wie bei Anas, zum Teil noch ausgesprochener, in schmalen Büscheln angeordnet (Fig. 20). Bemerkenswert ist, dass Cairina und Lampronessa, die systematisch zu derselben Gruppe der Anatiden, den Plectropterinen gehören, am meisten in der Form ihrer Büschelbildung auseinanderweichen. Die Fascikel von Aythya sind nicht vorwiegend nach einem Typus gebaut. Man findet sowohl Formen, in denen die Spermien sich in gleicher Weise wie bei Cairina auseinander spreizen, als auch solche, die an Anas und Lampronessa erinnern (Fig. 18 und 19). Was die Zahl der zu einem Büschel vereinigten Spermien bei den verschiedenen Enten anbetrifft, so lässt sich ein Unter- schied nicht feststellen, da sie selbst bei ein und derselben Art Die Samenbildung bei den Enten. 339 je nach Zeit und Alter ausserordentlich schwanken. Zuweilen finden sich auch Fascikulationen, in denen einige Samenfäden in ihrer Entwicklung gegenüber den anderen zurückgeblieben sind, wie das rechte Spermienbüschel von Fig. 17 zeigt. Vergleich mit den Säugern. Vergleicht man den Samenbildungsprozess der Enten mit dem der Säuger, von denen beim Pferd, beim Stier und bei der Ratte auch die topographische Histologie berücksichtigt ist, so zeigen sich wesentliche Unterschiede. Bei den Enten bilden die Spermiogonien ein dichtes Lager an der Wand, so dass alle übrigen Zellen von hier verdrängt sind, während sie bei den Säugern nur vereinzelt zwischen den wandständigen Spermiocyten liegen. Die Spermiocyten der Enten durchlaufen den Zyklus mindestens anderthalbmal, während sie bei den Säugern sicher während zweier Zyklen existieren. Die Sertolikerne, die bei der Ratte fast immer an der Membran liegen, sind bei den Enten zwischen den Spermiocyten eingebettet. Infolgedessen dringen auch die Spermienbüschel nicht so tief ins Epithel wie bei der Ratte. Cytologie. l. Cytogenese. Sertolielemente. Übereinstimmend mit den Samenepithelien anderer Tiere finden sich in denen der Enten Kernelemente im Plasmasyneytium eingebettet, die von keinen fest abgegrenzten Plasmabezirken um- geben werden und als Sertolielemente bezeichnet werden. In der Regel lassen sich die Sertolikerne leicht von den übrigen Kernen unterscheiden. Kenntlich sind sie sofort an ihrer unregelmässigen Gestalt, die besonders zur Brunstzeit sehr variabel ist und sich den stark vermehrten samenbildenden Zellen anpassen muss. Nicht selten sieht man daher zu dieser Zeit Sertolikerne so dicht anderen Kernelementen anliegen, dass sie den Anschein erwecken, als ob beide aus einem gemeinsamen Mutterkerne entstanden sind. Diese Erscheinung beruht jedoch nur auf der Plastizität des Sertolikernes, der zwischen den Samenbildungszellen eingezwängt ist. Sind die Zellen weniger dicht zusammengedrängt, so nimmt er eine nahezu kugelige Form an, wie sie besonders bei Lampro- nessa beobachtet ist. In diesen Fällen ähnelt er sehr den 340 Karl Schöneberg: Spermiogonienkernen und lässt eine gemeinsame Herkunft als wahrscheinlich annehmen. Oft weisen die Sertolielemente Ein- schnürungen und Einbuchtungen auf, als wenn sie sich amitotisch teilen wollten. Das von einer deutlichen Membran umschlossene Kerninnere enthält gewöhnlich ein, seltener zwei oder drei grosse Kern- körperchen, die sich mit Safranin leuchtend rot färben. Von diesem Nucleolus, der von einem unregelmässig gestalteten Hof umgeben ist, durchziehen dünne, schwach färbbare Fäden den Kern. Zuweilen bemerkt man ausser dem grossen Brocken noch einige kleine centrosomenähnliche Körnchen. Während der Faseci- kulation zeigt der Sertolikern häufig einen dunkelgefärbten Kern- saft, als ob irgend eine Substanz durch die Membran diffundiere. In seiner Umgebung werden grössere und kleinere Körnchen im syncytialen Plasma von der Wand bis zu den Spermienköpfen sichtbar. Zugleich nimmt das Plasmasyneytium eine fibrilläre Struktur an. Die Spermienköpfe nähern sich dem Sertolikern, der dabei eine längliche Gestalt annimmt. Die Sertolikerne liegen zur Brunstzeit bei den Enten nicht an der Wand, sondern aus dem dichten Keimlager der Spermiogonien sind sie zwischen die Spermiocyten gedrängt worden. Ihre Ortsveränderung ist nur eine geringe. In den Fascikulationsstadien richten sie sich auf und nähern sich etwas den Spermien, die schmale Seite des länglichen Kernes parallel zur Wand. Spermiogonien. Die unterste Schicht des Samenbildungsepithels wird von den Spermiogonien eingenommen. In einer oder mehreren Reihen eng nebeneinander gelegen, bilden sie ein dichtes wand- ständiges Lager, so dass alle anderen Zellen von der Membran ab ins Innere des Tubulus hineingedrängt werden. Von all den übrigen im Hoden befindlichen Zellformationen ändern sie am wenigsten ihr Aussehen. Zwei Spermiogonientypen, die Regaud bei der Ratte beschreibt, die Spermiogonien mit staubförmigen Kernen, „a noyaux poussiereux“ und mit Krusten- förmigen Kernen „a noyaux croütelleux“ gibt es bei den Enten nicht. Vielmehr zeigen die Spermiogonien fast während des ganzen Zyklus Kerne von kugeliger oder ellipsoider Gestalt mit spärlichem Chromatingehalt; in dem hellen, kaum färbbaren Kern- Die Samenbildung bei den Enten. 34l raum sind gewöhnlich mehrere gröbere chromatische Brocken sichtbar, die durch feine anastomosierende Lininfäden miteinander und mit der Kernmembran verbunden sind. Peripherisch sind oft noch zahlreichere kleinere Körnchen gelegen. Nicht selten sind die Spermiogonienkerne in ähnlicher Weise wie die Sertoli- elemente eingebuchtet oder eingeschnürt. In seltenen Fällen findet man sogar neben einem normalen Spermiogonienkern eine kleine Kernform, die anscheinend von dem grossen abgeschnürt ist. Erst kurz vor den Mitosen, deren zwei während des Zyklus existieren, treten sichtbare Veränderungen im Innern des Kernes auf. Die erste Teilung im Lebenslaufe der Spermiogonien findet während der letzten Stadien der Spermiohistogenese statt. Es geht aus ihr keine differente Zellgeneration hervor, sondern sie dient augenscheinlich der Vermehrung derselben Zellelemente. Zunächst tritt im Kern eine Volumenvergrösserung und eine Vermehrung der Chromatinsubstanz, besonders der an der Kern- wand gelegenen Körnchen ein. Der Kern wird blasig aufgetrieben und nimmt meist eine ausgesprochen ellipsoide Gestalt an. Die Chromatinmassen vereinigen sich zu Uhromosomen, die an die Kernoberfläche gerückt, als gebogene Stäbchen von verschiedener Länge in der Prophase zu finden sind. Zuweilen stösst man auf Kerne, deren Chromosomen stark verklumpt sind und offenbar als Degenerationserscheinungen gedeutet werden müssen, nicht als Kunstprodukte, da sie neben tadellos erhaltenen Zellen vor- kommen (Fig. 40). Nach Auflösung der Kernmembran und Bildung der Spindel- fasern ordnen sich die Chromosomen zur Äquatorialplatte an, die für die Spermiogonien ein ganz typisches Aussehen besitzt. Vom Pol aus gesehen bietet die Äquatorialplatte gewöhnlich den An- blick einer homogenen, durch Eisenhämatoxylin stark färbbaren Grundmasse, aus der die darin eingebetteten Chromosomen über den Rand hervorragen (Fig. 42). Von der Seite aus betrachtet fällt die Spindel im allgemeinen durch ihre Breite und ihre ge- ringe Centrosomendistanz auf. Auch wenn die Äquatorialplatten durchsichtiger sind, was häufig der Fall ist, kann eine Zählung der Chromosomen wegen der dichten Lage derselben und der zahlreichen Verbindungsfäden nur eine annähernde sein. In den meisten Fällen ist sie aber völlig ausgeschlossen. Die günstigsten Bilder bieten die Spermiogonienplatten von Lampromessa, in denen 342 Karl Schöneberg: die Chromosomen deutlicher gesondert hervortreten. Erschwerend für die Zählung ist ferner das Auftreten bläschenförmiger, nicht chromatischer Körnchen während des Teilungsvorganges. Besonders gut sind diese wieder bei Lampromessa zu beobachten. Vielleicht sind sie bei der Karyokinese nicht ganz unbeteiligt, da sie häufig paarweise angeordnet sind und zuweilen mit der Spindel in Ver- bindung zu stehen scheinen (Fig. 48). Die Anzahl der Chromo- somen beläuft sich ungefähr auf 16. Das gilt in bemerkenswerter Weise für alle untersuchten Formen. Die Grösse der Äquatorial- platten schwankt in nicht geringem Grade. Ebenso unbeständig ist ihre Lage zur Tubuluswand. Die Ebene der Platte kann parallel, senkrecht oder geneigt zu ihr stehen. Zu Beginn der Anaphase sind häufig nachschleppende Chromo- somen zu beobachten, die mit Teilen ihres Leibes aus dem Gros der Tochterchromosomen hervorragend, den zurückgelegten Weg kennzeichnen. Haben die Ühromosomen die Centrosomen erreicht, so beginnt alsbald der Zellkörper sich zu teilen. Die Tochter- sterne, die von oben betrachtet das Aussehen kleiner Teilungs- platten haben, sind noch lange durch Fasern miteinander ver- bunden. Nach der Einschnürung des Uytoplasmas sieht man oft an der Berührungsstelle das Flemmingsche Zwischenkörperchen, von dem die Reste der Spindelfasern nach den Polen hin diver- gieren. Die Chromatinmasse der Tochterkerne beginnt sich nun allmählich aufzulockern, währenddessen sich eine Kernmembran bildet. Zunächst hat der Kern eine nierenförmige Gestalt. Baid jedoch nimmt er eine kugelige Form an. Die dicken Chromatin- fäden werden allmählich dünner und nicht lange nach der Mitose haben die jungen Kerne wieder ihre normale Grösse erreicht und zeigen dann ihr typisches chromatinarmes Aussehen, wie es eingangs geschildert wurde. Zuweilen begegnet man kleinen dunkelgefärbten Spermiogonienkernen, die wahrscheinlich anor- male Erscheinungen darstellen (Fig. 53). So bleibt der Kern während des ersten Stadiums unver- ändert im Keimlager, um erst kurz vor der während des 5. Stadiums stattfindenden zweiten Teilung Vorbereitungen zu dieser Mitose zu treffen. Diese gehen in der gleichen Weise vor sich wie bei der vorherigen. Auch dieser Teilungsvorgang bietet genau dieselben Bilder wie der im 12. Stadium. Prophasen so- Die Samenbildung bei den Enten. 343 wohl als auch Metaphasen und Telophasen beider Spermiogonien- mitosen lassen sich nicht voneinander unterscheiden. In der- selben Art rücken die Ühromosomen der 2. Teilung zu den Polen, wo sich ebenso kleine nierenförmige Kerne bilden. Doch sind diese keine Spermiogonien mehr, sondern junge Spermiocyten. Was den Zellkörper der Spermiogonien anbetrifft, so lässt sich meist deutlich um den Kern ein bestimmter Plasmabezirk, der sich gegen das umgebende syneytiale Plasma durch eine dünne Membran abgrenzt, erkennen. Entsprechend dem Kern besitzt der Zelleib, der ausser diesem noch das Idiozom um- schliesst, eine kugelige oder längliche Gestalt. Spermiocyten. Die aus der letzten Spermiogonienteilung hervorgegangene Zellform sind die Spermiocyten, deren Kerne im Gegensatz zu denen der Spermiogonien den verschiedensten für die Uytologie wichtigen Veränderungen unterliegen. Nur ganz im Anfang ihres Entwicklungsganges liegen sie an der Wand des Röhrchens. Bald aber werden sie von den Spermiogonien ins Innere gedrängt und befinden sich dann nur noch ausnahmsweise in wandständiger Lage. Der Lebenslauf der Spermiocyten gleicht zunächst völlig dem der Spermiogonien; die kleinen nierenförmigen Kerne der jungen Spermiocyten, in denen häufig noch Spindelreste sichtbar sind, runden sich ab. Die Chromatinmassen verschwinden bis auf einige gröbere Brocken, von denen dünne Fäden ausgehen; sie haben das Aussehen eines typischen Spermiogonienkernes. Wie oft sie in dieser Gestalt den Zyklus durchlaufen, lässt sich daher bei der Übereinstimmung der Spermiogoniengenerationen unter- einander einerseits und mit den Anfangsstadien der jungen Spermiocyten andererseits natürlich nicht bestimmen. Deutlich kenntlich als Spermiocyten werden sie erst, wenn sie beginnen, sich ihrer endgültigen Grösse zu nähern. Sie besitzen dann zwar noch einen spermiogonienähnlichen Kern, der sich aber durch seine Grösse und kugelige Gestalt von jenen unterscheidet. Die chromatische Substanz besteht aus wenigen meist zentral gelegenen Brocken, von denen einige ausserordent- lich feine Fäden den Kern durchziehen. Bald jedoch beginnt sich die Chromatinmasse zu vermehren, die Körnchen werden zahl- reicher und die eine Kernhälfte erscheint dunkelgefärbt. Auch 344 Karl Schöneberg: die Fäden vergrössern ihre Anzahl und sind mit vielen kleinen sphärischen Körperchen beladen. Eine immer weiter fortschreitende Kondensierung kleiner Chromatinpartikelchen und einseitiger Zu- sammenballung des ganzen Gerüstwerkes führt zum Stadium der Synapsis. Diese tritt deutlich in zwei Erscheinungsformen auf. In dem zusammengezogenen Klumpen ist zunächst ein dünnfädiges Gerüst, zwischen dem kleinere und grössere Chromatinbrocken dicht gelagert sind, gut sichtbar. Vereinzelte feine Fäden ragen aus der Masse heraus oder laufen zur gegenüberliegenden Seite des Kernes, wo sie sich mit einem Fusspunkte festzuheften scheinen. Nicht selten liegen dabei zwei dünne Fäden dicht nebeneinander. Allmählich verschwinden die einzelnen Brocken und legen sich den Fäden an. In dem einseitig gelegenen Knäuel verlaufen dicke Fäden, von denen einige zur anderen Kernseite ziehen. Häufig bemerkt man zwei Fäden, die dicht nebeneinander liegen und deren Enden verknüpft sind oder solche, die um- einander geschlungen sind. Oft gewähren die heraustretenden Fäden daher ein rosenkranzartiges Aussehen oder zeigen durch direkte Aufspaltung eine Doppelnatur. Unwahrscheinlich ist die Annahme Loisels, dass eine direkte Teilung der Chromatin- massen während der Synapsis stattfindet. Die Bilder, die er als solche deutet, sind zwei synaptische Kerne, die lediglich durch die opponierte Lage ihrer Chromatinknäuel einen derartigen An- schein erwecken. Eine Kernmembran ist während des ganzen Synapsisstadiums zu beobachten. Schwierig zu entscheiden ist die Frage, ob die Synapsis eine natürliche Erscheinung der Spermiocytenkerne oder eine Folge der Fixation ist. Wenn sie auch den Anschein eines Kunst- produktes macht und vielleicht auch ist, so bleibt sie doch ein charakteristischesStadium der Spermiocytenlaufbahn. Die Retraktion des Chromatins ist in Präparaten aller angewandten Fixations- flüssigkeiten sichtbar, wenn auch nicht immer in gleicher Stärke. In dem mit dem Flemmingschen Gemisch fixierten Material tritt sie sowohl am Rande als auch in der Mitte des Schnittes in gleicher Dichte auf. Hingegen findet sie sich nicht in einem in derselben Flüssigkeit fixierten Stückchen vom Rattentestikel. Während der Synapsis liegt der Kern exzentrisch in seinem Cytoplasma. Auf derselben Seite wie die zusammengeballten Die Samenbildung bei den Enten. 345 CUhromatinmassen liegt auch das dunkle Zellplasma. In diesem sind häufig das Idiozom und die aus ihm herausgetretenen Centro- somen sichtbar. Wenn auch die „Centrotaxie“ die Regel bildet, so können die Centrosomen und das Idiozom zuweilen auf der entgegengesetzten Kernseite liegen. Das meist kugelige Idiozom, das von einem helleren Plasmabezirk umgeben ist, erscheint nicht selten eingeschnürt. Im dritten Stadium des Zyklus beginnen die dickfädigen Knäuel, die ungefähr dem amphitänen Stadium van Hoofs ent- sprechen dürften, sich zu lockern. Zahlreichere Fäden durch- ziehen den Kernraum und bilden das „Bukett-Stadium“, in dem die einseitig gelagerte Uhromatinmasse nur noch gering ist. Bald ist auch diese kleine Ansammlung verschwunden und der Spermio- eytenkern bietet nunmehr den Anblick eines lockeren dickfädigen Netzes dar, dessen Mittelpunkt zuweilen ein grösserer Chromatin- brocken bildet. Dieser entspricht offenbar dem von Regaud bei der Ratte beschriebenen Lenhossekschen Körper. Eine Grössenzunahme des Kernes, der nunmehr wieder zentral im Zellkörper liegt, findet während dieser ganzen Entwicklung der Spermiocyten nicht statt, da sie schon in den spermiogonien- ähnlichen Formen zu ihrer definitiven Grösse heranwachsen. Das lockere Knäuel, in dem oft der Doppelcharakter der Fäden sichtbar ist, wird allmählich chromatinärmer, die Fäden werden dünner und schliesslich ist nur noch ein feines Netz vor- handen, in dem ein grösserer Brocken und mehrere kleinere Körnchen sichtbar sind. Erst nach und nach werden die Fäden wieder chromatinreicher. Die Körnchen werden erheblich ver- mehrt, dann treten wieder dicke Fäden auf, die in langen Schleifen den Kern durchziehen. Die Spermiocyten sind in das „Spirem- stadium“ eingetreten. Deutlich tritt häufig noch der grosse Chromatinbrocken hervor. Bald zerfällt das kontinuierliche Knäuel in einzelne Stücke; diese werden kürzer und dicker, bis endlich der Kern ungefähr acht ring- oder &förmige kurze Schleifen enthält. Der Spermiocytenkern bereitet sich zu seiner Teilung vor. Durch weitere Verkürzung der Enden kommt es zur Bildung der Tetraden, die sich nach der Auflösung der Kernmembran zur Äquatorialplatte anordnen. Bevor die Membran aufgelöst ist, lassen sich manchmal in der Prophase Kerne beobachten, in denen die Tetraden an zwei Seiten des Kernes zusammengeballt sind. 346 Karl Schöneberg: Die Teilungsspindel der Spermiocyten lässt sich immer von der der Spermiogonien aufs deutlichste unterscheiden. Im allge- meinen sind die Äquatorialplatten nicht so breit und die Ent- fernung der Centrosomen ist grösser als bei den Spermiogonien. Wenn auch die Spermiocytenplatte in seltenen Fällen eine un- gewöhnliche Breite erreichen kann, so lässt sie sich doch nie- mals vom Centrosom aus gesehen mit der Spermiogonienmitose verwechseln. Deutlich tritt hier die scharf abgesetzte Gestalt der Chromosomen hervor, die zwar häufig durch die Färbung mit Eisenhämatoxylin verklumpt sind, zuweilen aber doch erkenn- bar in der reduzierten Anzahl, ungefähr acht, vorhanden sind. Ihre Gestalt und Grösse variiert sehr. Nicht selten besitzen sie noch Ringform, oft bilden sie zu Tetraden vereinigte Gruppen oder kurze gedrungene Stäbchen. Ausser besonders grossen Chromo- somen fallen häufig kleine staubförmige Chromatinkörnchen in der Platte oder der Spindel auf. In manchen Teilungsfiguren ist eine abseits von der Platte liegende Tetrade zu beobachten. Nicht selten finden sich anormal gebaute Spindeln. Neben den schon erwähnten ungewöhnlich breiten Äquatorialplatten finden sich auch mehrpolige Spindeln oder ausser der Hauptspindel eine kleine Nebenspindel, die eine ungleichmässige Verteilung des Chromatins bewirkt. Dem Zuge der Spindelfasern entsprechend, trennen sich die gepaarten Chromosomen offenbar quer und wandern zu den Polen, nicht in gleicher Geschwindigkeit, sondern in der Regel bemerkt man nachschleppende Chromosomen. Ge- wöhnlich zeigen sie während des Auseinanderrückens eine bohnen- förmige Gestalt. Zuweilen lässt sich erkennen, dass sie sich aus zwei Teilen zusammensetzen. In der Telophase mancher Zellen lässt sich ebenfalls die Anzahl acht nachweisen. An den Polen sammeln sich die Chromosomen zu Klumpen, die noch durch Spindelfasern miteinander verbunden sind. Die Einschnürung des Zellkörpers und die Bildung der Kernmembran vollendet dann die erste Reifeteilung, die auch als heterotypische bezeichnet wird. Veränderungen am Öytoplasma lassen sich im letzten Teile der Spermiocytenentwicklung kaum bemerken. In der Regel ist es ziemlich dunkel gefärbt, nur während der Mitose erscheint der Zellraum meist heller. Neben dem Kern ist oft das kugelige Idiozom sichtbar. Bisweilen kann man auch die zu den Polen wandernden Uentrosomen beobachten. Bei den Teilungsvorgängen Die Samenbildung bei den Enten. 347 liegt es ausserhalb der Spindel, ohne die geringsten Andeutungen einer Einschnürung zu zeigen. Von abseits liegenden Chromo- somen unterscheidet es sich durch seine Färbung. Färbt man nämlich die Schnitte mit Hämalaun-Safranin, so färbt sich die chromatische Substanz mit Safranin leuchtend rot, während sich das Idiozom mit Hämalaun violett färbt. Präspermiden. Die aus den Spermiocytenteilungen hervorgegangenen Tochter- zellen sind die Präspermiden, auch Spermiocyten zweiter Ordnung oder von Ebnersche Zellen genannt. Sie sind durch eine ausserordentlich kurze Lebensdauer ausgezeichnet. In der Regel kann man ihre Mitosen bereits dicht neben den Spermio- cytenteilungen finden. Sobald sich in den Spermiocytentelophasen die Kernmembran gebildet hat, beginnt sich die am Üentrosom gelagerte Chromatinmasse in dem jungen Präspermidenkern zu verteilen. Zunächst durchziehen nur einige Fäden den Kern, so dass ähnliche Bilder wie bei der Spermiocytensynapsis entstehen. Dann verschwindet die chromatische Substanz, bis sie nur aus einigen gröberen Brocken besteht, von denen dünne Fäden auslaufen. Die Kerne unterscheiden sich nur durch die geringere Grösse von dem entsprechenden Stadium der Spermiocytengeneration. Darauf beginnen sich im Kern die Chromosomen herauszudifferenzieren. Erst werden die Brocken grösser und zahlreicher, dann erscheinen Stäbchen, die sich bisweilen in ähnlicher Weise wie in den Spermio- cytenprophasen auf einer Kernseite zusammenballen. Nunmehr ordnen sieh die Chromosomen nach Auflösung der Kernmembran zur Äquatorialplatte der zweiten Reifeteilung oder homöotypischen Mitose. Die Teilungsfigur ist leicht durch ihre Kleinheit und ihre Chromatinarmut von den anderen zu unter- scheiden. Der Abstand der Centrosomen der Spindel ist im Verhältnis zur Breite der Platte höher als bei den übrigen Mitosen. Vom Centrosom aus betrachtet, zeigen sich die Chromo- somen weniger verklumpt. Oft lassen sich mit Sicherheit acht Chromosomen erkennen, die durch dünne Fäden miteinander ver- bunden sind. Wie bei den Spermiocytenteilungen lassen sich auch hier mehrpolige Spindeln beobachten (Fig. 150). Die Chromosomen spalten sich augenscheinlich der Länge nach, um nach den Polen zu wandern. Nach der Trennung der Archiv f.mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 23 348 Karl Schöneberg: gepaarten Chromosomen nehmen sie eine nahezu kugelige Gestalt an. Eine nochmalige Reduktion der Chromosomen, wie z.B. Guyer annimmt, ist unwahrscheinlich. Zwar lassen sich Telo- phasen beobachten, in denen nur vier Chromosomen, in der einen Hälfte zuweilen fünf sichtbar sind. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber gewöhnlich, dass diese sich aus zwei Teilen zusammen- setzen. Nicht selten sind auch hier nachschleppende oder abseits liegende Chromosomen vorhanden. Bei den Üentrosomen ange- kommen, verliert sich bald die Form der Chromosomen. Beide Chromatinmassen stehen noch durch die Spindelfasern miteinander in Verbindung, die auch noch nach der Teilung des Cytoplasmas sichtbar sind. Im Zellkörper treten kaum wesentliche Veränderungen auf. Das Cytoplasma ist dicht und dunkel färbbar, während der Teilung ist es wieder hell. In zwei nebeneinander liegenden Zellen, die aus einer Spermiocyte hervorgegangen sind, kann man noch lange nach der Teilung Reste der Spindelfasern sehen. In dem Be- rührungspunkte beider Zellen, in dem die Fasern durch die Teilung des Zellkörpers zusammengeschnürt sind, ist das Flemmingsche Zwischenkörperchen zu beobachten. Selbst wenn der Kern schon chromatinarm erscheint, zeigen sich noch Reste der Teilungsspindel und des Zwischenkörperchens in Form einer kleinen Spindel. Dieses tritt auch während der Einschnürung des Zellkörpers der Präspermiden auf. Im Zelleib ist häufig das Idiozom zu erkennen. Bei der Präspermidenmitose ist es zuweilen neben der Spindel sichtbar, ohne dass eine Teilung desselben beobachtet werden konnte. Im Zellplasma ist noch nach der Auflösung des Kernchromatins der Pol der Spermiocytenteilungs- spindel sichtbar, indem von ihm ein oder zwei stärkere färbbare Fäden ausstrahlen. So wie die Spindelreste ist auch diese Er- scheinung fast während der ganzen Lebensdauer der Präspermiden ein Beweis für ihren schnellen Entwicklungsgang. Spermiden. Aus der zweiten Reifeteilung sind die Spermiden, die letzte Generation des Samenbildungsprozesses, entstanden. In ähnlicher Weise wie bei den Präspermiden zeigt der kleine Kern nach Bildung der Kernmembran ein Aussehen, das an die Synapsis erinnert, indem die Chromatinmasse in einer Kernhälfte angehäuft Die Samenbildung bei den Enten. 349 ist und nur einige Fäden herausragen. Bald wird der Kern etwas grösser und chromatinärmer. Zunächst durchziehen noch dickere Fäden den Kernraum, dann verschwinden auch diese. Der ganze CUhromatinbestand des Spermidenkerns setzt sich nunmehr aus wenigen Brocken, die durch dünne Fäden verbunden sind, zusammen. In dieser typischen Gestalt bilden sie in vier bis fünf Reihen gelagert in den letzten und ersten Stadien des Zyklus die oberste Schicht des Samenepithels und geben diesem das charakteristische Aussehen. Der Zellkörper ist rundlich, bei dichter Lage auch polyedrisch. In dem dunklen Zellplasma ist das bläschenförmige Idiozom sichtbar. Bisweilen sind noch von der Teilung her die von den Centrosomen ausgehenden Plasmafäden vorhanden, die dann den Anschein erwecken, als ob die Geisselbildung bereits begonnen hat. Durch ihre Kleinheit sind die Spermiden leicht von den übrigen Zellelementen zu unterscheiden. In manchen Tubuli findet man neben normal gestalteten Spermiden solche, die nahezu doppelt so gross sind. Offenbar gehen diese Riesen- formen aus den vorhin erwähnten anormalen Mitosen hervor. 2. Spermiohistogenese. Um ihre Aufgabe, das Ei zu befruchten und die väterliche Erbmasse zu übertragen, erfüllen zu können, müssen die Spermiden nun jene Umwandlungen durchmachen, die ihnen die für eine aktive Bewegung geeignete Organisation verleiht. Diese histo- logischen Veränderungen, die die Ausbildung fertiger Spermien aus den Spermiden zum Ziele haben, bilden den Teil der Samen- bildung, den man als Spermiohistogenese bezeichnet. Die erste Veränderung, die man in den Spermidenkernen im 2. Stadium wahrnimmt, ist eine deutliche Vermehrung der Chromatinsubstanz. Besonders an der Peripherie des Kernes treten erhebliche Chromatinmassen auf, von denen Fäden zu einem zentral gelegenen Brocken laufen. Der Zellkörper besitzt zuweilen schon eine längliche Form. Im Cytoplasma tritt häufig das Idiozom hervor. In den nächsten Stadien beginnt der bis dahin kugelige Kern eine längliche birnenförmige Gestalt anzunehmen. Durch eine Einbuchtung erhält er dann ein mehr nieren- förmiges Aussehen. An dieser Einbuchtung hat sich nahezu die ganze Chromatinmasse zu einem grossen Brocken konzentriert, während der übrige Kernraum fast völlig frei von chromatischer 23* 350 Karl Schöneberg: Substanz ist und nur von einigen Fäden durchzogen wird. Das Uhromatin zieht sich allmählich als kurzer Stab in den schmaleren Kernteil, der später zum vorderen Ende des Spermienkopfes wird, indes ein kleinerer Teil auch die Seiten der breiteren Hälfte bedeckt. Zu gleicher Zeit umwächst die Chromatinmasse ring- förmig den Umfang des Kernes. Dadurch entsteht der Einbuchtung gegenüber eine zweite, so dass der Kern nunmehr eine 8förmige (Gestalt besitzt und in eine hintere und eine vordere Hälfte zer- fällt. Inzwischen hat sich am hinteren Teil in dem gleichfalls verlängerten Zellkörper die Geisselwurzel gebildet. Dentlich lässt sich erkennen, dass sie ihren Ursprung von einem Üentrosom nimmt. Zuweilen erscheint es, als ob durch den hinteren Kern- raum ein dünner Faden nach diesem Punkte läuft. In ihrer jetzigen Gestalt kann man die Zellen bereits als Prospermien bezeichnen. Während die Kerne nun anfangen, eine bestimmte Orientierung zu zeigen, verlängert sich die vordere Hälfte weiter und wird dabei schmaler, die hintere dagegen vergrössert sich nicht und ist fast völlig von Chromatin entblösst, so dass sie einen bläschen- artigen Charakter erhält. Bei fortschreitender Verlängerung der vorderen Kernhälfte zieht sich die Chromatinmasse spiralig in die Länge. Einbuchtungen der Kernmembran bezeichnen die verschiedenen Stufen dieser Spiralwindungen. Am vorderen Ende ist gewöhnlich ein helles Bläschen wahrzunehmen; ebenso besitzen die anderen abgeteilten Kernräume einen hellen Kernsaft. Das hintere Bläschen, das einem Chromatinbrocken anliegt, ist hin- gegen bedeutend kleiner geworden. Ihm liegt jetzt auch das Uentrosom mit der Geisselwurzel an. Die chromatinfreien Teile des Kernes werden von feinen Fäden durchzogen. Das in Fig. 194 abgebildete Prospermium zeigt anormal aufgeblasene Kernab- schnitte. Je weiter sich der Kern in die Länge streckt, je schmaler wird er. Die Chromatinmasse folgt dieser Längsaus- dehnung, lässt aber immer noch helle Kernräume frei. Von der vorderen Spitze der Chromatinspiralen sieht man nicht selten einen langen dünnen Faden entspringen, dessen Ende etwas ver- dickt erscheint. An diesem Achsenfaden, der offenbar den ganzen Prospermienkopf durchzieht und vielleicht auch mit der Geissel in Zusammenhang steht, gleitet das langsamer folgende Chromatin entlang. Die Samenbildung bei den Enten. 351 Bald ist die Längsstreckung des Kernes soweit vorgeschritten, dass nahezu der ganze schmale Kernraum von der Chromatinmasse erfüllt wird. Diese erscheint nunmehr als homogener Stab, der zwar noch Knicke und Vorsprünge aufweist, aber doch schon die zukünftige Gestalt des Spermienkopfes erkennen lässt. Am vorderen Ende ist sie meist umgebogen; am hinteren Bläschen, das ausserordentlich klein geworden ist, hat sich die Geissel weiter entwickelt. Wenn der Kern endlich seine definitive Länge und Breite erreicht hat, so werden die Biegungen des Chromatin- stabes geringer. Der freie Kernraum verschwindet mehr und mehr. Am hinteren Ende des Kopfes, das stecknadelkopfartig verdickt ist, lässt sich noch das winzig kleine hintere Bläschen erkennen. Allmählich verschwinden die Knicke und die Unebenheiten der Oberfläche vollständig und der ganze Kernraum ist mit der Chromatinsubstanz ausgefüllt. Zur Zeit der tiefsten Fascikulation hat der Spermienkopf bereits eine völlig glatte Oberfläche. Ge- wöhnlich ist der stabförmige vorn zugespitzte Kopf etwas gewellt. Das hintere Bläschen und die knopfförmige Verdickung sind nicht mehr sichtbar. Der Schwanzfaden ist ebenfalls vollkommen aus- gebildet. An dem homogenen Kopf ist von einer spiraligen Drehung der Uhromatinmasse meist nichts mehr zu bemerken. Nur in einigen mit Carnoy scher Flüssigkeit fixierten Präparaten zeigten die Spermien eine vielleicht durch Quellung verursachte Streifung und deuteten so auf die spiralige Struktur hin (Fig. 227). Diese komplizierte Entwicklung der Chromatinmenge ist für die Funktion des Spermiums äusserst wichtig und zweckmässig, da die drehende Bewegung, die neben der stabförmigen zugespitzten Gestalt das Eindringen in das Ei erleichtert, nur durch den spiraligen Aufbau des Kopfes ermöglicht wird. Am hinteren Ende des fertigen Spermiums ist meist der lange Schwanzfaden mit seiner etwas kräftigeren Geisselwurzel sichtbar. Die Umwandlungen des Zellkörpers entsprechen denen des Kernes; er passt sich der jeweiligen Form des Kernes an. Je länger dieser wird, je mehr streckt sich auch das Cytoplasma. Der fertige Samenfaden wird so von einem Plasmaleib umgeben, der, wie der Kopf, vorn zugespitzt und hinten breiter ist. Das Zellplasma umhüllt den Samenfaden, bis dieser das Epithel ver- lässt. Vielfach wird aber der Zellkörper schon früher teilweise 352 Karl Schöneberg: aufgelöst. Am längsten bleibt das hintere Ende vom Plasma um- schlossen, das dann wie eine Kappe darüber sitzt. Beim Loslösen vom Epithel wird der Zellkörper vollends abgestreift und nur an der Geisselwurzel sind noch Plasmareste zu beobachten. Das Idiozom liegt während dieser ganzen Zeit an irgend einer Stelle des Plasmas neben dem Kern in seiner charakteristischen bläschen- artigen Form. Ein Einfluss auf die Längsstreckung des Kernes oder eine konstante Lage des Idiozoms konnte nicht festgestellt werden. Wenn die reifen Spermien das Samenepithel verlassen haben, bilden sie mit dem Cytoplasma Restkörper, die jedoch bereits im 1. Stadium spurlos verschwunden sind. Jedenfalls sind sie in die abführenden Kanäle getrieben oder vom Epithel resor- biert worden. Safranophile Restkörperchen, wie sie bei der Ratte vorkommen, fehlen bei den Enten. Atypische Spermien (Fig. 229—238). Auf jedem Schnitte durch einen Brunsthoden finden sich neben normal gestalteten Spermien solche, die sich durch eine ungewöhnliche Form auszeichnen. Vereinzelt treten atypische Spermien in den meisten Tubuli auf. In einigen Röhrchen finden sie sich jedoch auch in grösserer Anzahl vor. Ein beobachtetes Kanälchen enthielt sogar nur anormale Spermien. Ein derartig zahlreiches Vorkommen ist in einem Brunsthoden als pathologisch anzusehen. Neben den Degenerationserscheinungen an normal grossen Samenfäden, wie sie in der Vorsamenbildung als Regel auftreten und daher dort näher beschrieben werden sollen, finden sich noch mehrköpfige Spermien und Riesenformen. Die mehr- köpfigen Samenfäden besitzen keinen stabförmigen Charakter, sondern sind vielmehr kugelig geblieben und liegen in einem gemeinsamen länglichen oder mehr abgerundeten dunklen Zell- körper. In ihnen sind auch meist mehrere Geisselwurzeln zu be- obachten. Unter den Riesenspermien lassen sich zwei Typen unter- scheiden. Die einen besitzen einen völlig normal gebauten Kopf. so dass sie sich nur durch ihre oft ungeheuere Grösse von den übrigen unterscheiden. Eine regelrechte Dimorphie der Spermien, wie sie Guyer bei der Taube beobachtet hat, je nachdem vier oder fünf Chromosomen in die Spermiden eingewandert sind, konnte nicht festgestellt werden. Die Riesenspermien treten viel- mehr nur vereinzelt auf. Die andere Art von übergrossen Samen- Die Samenbildung bei den Enten. 353 fäden besitzt einen anormal gestalteten Kopf. Gewöhnlich ist das Mittelstück kugelig verdickt oder der ganze Kopf ungewöhnlich breit. Die Riesenspermien entstehen aus jenen Riesenspermiden, die, wie auch Broman annimmt, jedenfalls aus mehrpoligen Spindeln hervorgehen. Unwahrscheinlich ist die Annahme von Smith, dass sie sich aus Zellen entwickeln, die die zweite Reife- teilung nicht durchgemacht haben, also direkt aus Präspermiden. Eine Verschmelzung mehrerer Spermiden konnte nicht beobachtet werden. Die mehrköpfigen Spermien entstehen aus mehrkernigen Spermiden, die offenbar aus Mitosen mit ungleichmässig verteiltem Chromatin und ohne nachherige Zellteilung hervorgegangen sind, ebenso wie sich die degenerierten Spermien vielleicht in ähnlicher Weise erklären lassen. Anormale Idiozome (Fig. 239— 250). Erwähnt sei noch das Vorkommen eines ungewöhnlich grossen Idiozoms in dem Samenepithel eines Testikels von Lampronessa. In den Spermiogonien tritt es als grosse stark färbbare Kugel an irgendeiner Stelle des Cytoplasmas auf. Ist der Kern ein- gebuchtet, so liegt es zuweilen in dem Einschnitt dicht an der Kernmembran. Nicht selten erscheint das Plasma in seiner Um- gebung etwas heller. Während der Spermiogonienmitosen löst es sich augenscheinlich auf und verteilt sich in die beiden Tochter- zellen. Besondere Eigentümlichkeiten zeigt das Idiozom während der Spermiocytenlaufbahn. Der Rand ist stark dunkel gefärbt, während die Mitte heller ist. Zur Zeit der Synapsis liegt es in der Regel auf derselben Seite wie die zusammengeballte Chro- matinmasse. Im Innern des Idiozoms sind während dieses Stadiums häufig dunklere Linien sichtbar. Nicht selten erscheint das sonst kugelige Idiozom in die Länge gestreckt und durch dünne Fäden mit der Kernmembran verbunden. In seiner Umgebung kann man zuweilen mehrere kleine Körnchen beobachten, die offenbar die aus dem Idiozom gewanderten Centrosomen darstellen. In manchen Zellen treten auch im Cytoplasma mehrere stärker färbbare Substanzen ein. Die Spermiocyten, deren Kerne ein lockeres Chromatinknäuel besitzen, lassen ebenfalls ein längliches Idiozom erkennen. Während der zweiten Reifeteilung erscheint das Idiozom als homogener ovaler Körper. Es liegt gewöhnlich ausserhalb der Spindel, entweder in derselben Höhe wie die 354 Karl Schöneberg: Äquatorialplatte oder in einer Zellhälfte in der Nähe eines Poles. In der Regel ist von einer Teilung des Idiozoms nichts zu be- merken. Nur selten zeigt es eine Einschnürung, als ob es sich teilen wollte. Von den Chromosomen lässt es sich auch hier leicht unterscheiden, wenn man die Färbung mit Hämalaun-Safranin anwendet. Es färbt sich dann mit Hämalaun blass-violett und nicht mit Safranin rot wie die chromatische Substanz. In den Präspermiden und Spermiden zeigt es keine Besonderheiten. Die Mitte des bläschenförmigen Idiozoms erscheint meist heller als der Rand. In der Nähe des Kerns gelegen, lässt es bisweilen eine Verbindung mit diesem erkennen. Um das Idiozom erscheint in der Regel wieder eine hellere Plasmazone. Enthält die Zelle einen Doppelkern, so liegt es gewöhnlich in gleichem Abstand von beiden Kernen. Zur Zeit der histologischen Umwandlung der Spermiden und Spermien ist seine bläschenförmige Gestalt an beliebiger Stelle im Cytoplasma sichtbar. Selbst bei fertig aus- gebildeten Samenfäden lässt es sich noch in dem langgestreckten Zellkörper beobachten, um erst nach dem Verlassen des Spermiums mit dem Plasma als Restkörper zurückgelassen zu werden, Da sich ein derartig grosses Idiozom nur in dem einen untersuchten Hoden vorfand und die Tubuli verhältnismässig viel degenerierte Samenfäden enthielten, ist die ganze Erscheinung dieses ungewöhnlich grossen Idiozoms als anormal anzusehen. Über die Veränderung des Hodens bei der Vorsamenbildung und der Mauser. Da der Bau des Winterhodens reinartliger Enten in Polls fünfter Mischlingsstudie beschrieben worden ist, so war es von Interesse, auch die Erscheinungen, die sich während der Über- gangsperiode von der Winterruhe bis zur vollkommenen Samen- bildung abspielen, näher zu untersuchen. Um den Kreis des Entwicklungsganges zu schliessen, war es von gleicher Bedeutung, die Veränderung im Hodengewebe nach der Brunstzeit während der Mauser festzustellen. Als Material für die Vorsamenbildung dienten die Testikel frisch getöter Stockerpel. Die Hoden wurden in gleicher Weise wie bei der normalen Samenbildung fixiert und weiterbehandelt. Zur Untersuchung des Mauserhodens gelangten Testikelstückchen, die Herr Prof. Poll bereits eingebettet hatte und mir in liebens- Die Samenbildung bei den Enten. 355 würdigster Weise zur Verfügung stellte. Da die Samenbildung der verschiedenen Enten nahezu in derselben Art verläuft, so war es nicht nötig, ein und dieselbe Form zu untersuchen, sondern es wurden verschiedene Formen herangezogen. Die einzelnen Objekte sollen nicht nach dem Zeitpunkt ihrer Fixierung betrachtet werden, sondern nach der Entwicklungsstufe ihres Samenepithels. Materialübersicht. Vorsamenbildung. 1. 695 Anas boschas fixiert am 6. 2. 1912 C. Fl. T. Z. 22696..%5 k id EIERN IIOFEHELNTY.Z 30099. ,Ht, N A 202. TIRCDEL NZ 4.699: 1%, e Mi 320 IIESFEARL TIZ; TUN +5 3 x 0 DRSNIITOFCHELERZ: SU) ge j ® AN DSIHRLITDTCHERNEMNZ, TEN TA US Dee % S ER LOOLEH PERUTN Z; Mauser. 1. 345 Anas boschas fixiert am 7. 6. 1909 Fl. Z. 2A he 5 34423 +6:,1909Ell BSAT 0, h \ 2729: ,6.,1909 EL 4. 5348 Mareca penelope „ »%209,,6:,1909, 1. Vorsamenbildung. Ungefähr in der Mitte des Februars beginnt in den männ- lichen Keimdrüsen plötzlich eine lebhaftere Tätigkeit einzusetzen. Die Zellelemente des Samenepithels vermehren sich stark und bedingen ein Ausdehnen der Tubuli und somit ein Anwachsen des ganzen Hodenvolumens. Dieser Beginn der Vorbereitungen für die eigentliche Samenbildung ist jedoch nicht genau festzulegen, da das Alter des Tieres, besonders aber der Einfluss des Wetters, eine nicht unwesentliche Verschiebung herbeiführen kann. Nicht selten erfolgen in schon weiter fortgeschrittenen Keimdrüsen Stillstände oder sogar Rückschläge infolge ungünstiger Witterung oder Lebenslage. Stadium 1 (Erpel 695, Fig. 251). Der Hoden eines am 6. Februar getöteten Erpels bietet im Querschnitt seiner Tubuli noch im wesentlichen den Anblick, den Poll für den normalen Winterhoden beschrieben hat. Die kleinen, 356 Karl Schöneberg: wenig gewundenen Röhrchen enthalten nur eine geringe Anzahl von Zellelementen. Wandständig liegen die länglichen Archi- spermioeyten (Poll), deren Längsachse in der Regel senkrecht zur Tunica propria steht. Zwischen ihnen liegen vereinzelt die Präspermiogonien, deren Kerne sich durch ihre helle kugelige Gestalt und ihre Grösse leicht von den Archispermiocyten unter- scheiden lassen. Die Chromatinmasse der Präspermiogonien Ist nur gering; sie besteht aus einigen gröberen Brocken und zahl- reichen staubförmigen Körnchen. Während sich die Zellkörper - der Archispermiocyten schwer voneinander abtrennen lassen, kann man den Plasmabezirk, der den Präspermiogonien zugehört, deutlich erkennen. Im Cytoplasma ist zuweilen deutlich ein dunkles sphärisches Körperchen mit einem helleren Plasmahof zu beobachten. Nach dem Lumen zu liegen nur spärlich die Präspermiocyten in ibren beiden Modifikationen. Ihre Kerne zeigen entweder ein lockeres Ohromatinknäuel oder eine einseitig zusammengeballte Chromatinmasse wie in der Synapsis der Samen- bildung. In der Nähe des scharf abgesetzten Lumens oder in der Lichtung selbst liegen häufig degenerierende Zellen. Während Loisel beim Sperling nur direkte Kernteilung beobachtet hat, treten bei den Enten neben den amitotischen Einschnürungen der Präspermiogonien vereinzelte Mitosen auf, wie sie auch Poll bereits im Winterhoden gefunden hat. Ihre Lage im Epithel ist sehr verschieden. Da die Wand gewöhnlich vollständig von den Archispermiocyten eingenommen wird, liegen sie meist mehr nach dem Lumen. In ihrer Form ähneln sie denen der Spermiogonien; wie bei diesen zeichnen sie sich durch Chromatinreichtum, ihre Breite und geringen Öentrosomenabstand aus. Zuweilen degenerieren die Zellen gerade im Teilungsstadium. Telophasen sind nur selten zu beobachten. Die einzelnen Samenröhrchen sind noch durch faseriges Bindegewebe mit zahlreichen verschieden gestalteten Kernen voneinander getrennt. Stadium 2 (Erpel 696, Fig. 252). Der Testikel eines Erpels, der einige Tage später, am 9. Februar getötet wurde, zeigt bereits ein etwas fortgeschritteneres Stadium. Die Tubuli sind zwar noch wenig gewunden, so dass man viele quergetroffene Röhrchen antrifft, aber sie haben schon an Volumen zugenommen. Besonders auffällig im Hodengewebe Die Samenbildung bei den Enten. 357 ist das Verschwinden des interstitiellen Bindegewebes, das nahezu vollständig von den sich ausdehnenden Kanälchen verdrängt ist. In der Regel stossen diese direkt aneinander und nur in den /wischenräumen, die von drei Tubuli eingeschlossen werden, sind noch zahlreichere Kerne angehäuft. Das Samenepithel hingegen zeigt noch keine wesentliche Weiterentwicklung. Die Arten der Zellelemente haben sich nicht vermehrt. Im allgemeinen haben die grösseren Präspermiogonien an Zahl zugenommen auf Kosten der kleinen Archispermiocyten, die sich verringert haben. Sonst aber zeigen die Präspermiogonien noch dasselbe Aussehen, nur ist ihr Volumen oft vergrössert. Nicht selten sieht man amitotische Kerneinschnürungen und vielleicht infolge davon Doppelkerne im Zellkörper der Präspermiogonien. Etwas häufiger sind auch ihre Mitosen geworden, die nicht selten zu mehreren in Gruppen zu- sammenliegen. Bisweilen lassen sich auch Telophasen beobachten, die ebenfalls an die der typischen Spermiogonien erinnern. Da noch genug Platz vorhanden ist, können die Teilungen sowohl an der Wand als auch am Lumen liegen. In den oberen Schichten sind die zwar noch vereinzelten, aber schon in grösserer Anzahl vorhandenen Präspermiocyten verstreut. Zu Mitosen der Prä- spermiocyten kommt es noch nicht, da ihre Kerne über das Stadium des lockeren Knäuels nicht hinausgehen. An der Wand trifft man vereinzelte Kerne, die sich durch die fibrilläre Struktur des umgebenden Plasmas als den Sertolikernen entsprechende Elemente kennzeichnen. In dem scharf abgesetzten Lumen finden sich häufig los- gelöste degenerierte Zellen, meist Präspermiocyten, deren kugeliges Plasma dicht ist und dunkel gefärbt. Degenerationsprodukte lassen sich auch im Samenepithel selbst beobachten. Besonders interessante Bilder bieten die während der Mitose zugrunde gehenden Zellen. Die Chromosomen verklumpen stark und nehmen zuweilen eine kugelige Gestalt an. Degenerierende Prophasen zeigen ebenfalls eine starke Verklumpung des Chromatins (Fig. 260— 264). Stadium 3 (Erpel 698, Fig. 265). Eine weit lebhaftere Tätigkeit beginnt das Samenepithel Ende Februar zu entwickeln. Die Tubuli eines am 20. Februar fixierten Hodens, der eine Länge von 14 mm hatte, enthielten zum Teil eine bedeutend grössere Anzahl von Samenbildungszellen. 358 Karl Schöneberg: Einige Samenröhrchen stehen zwar noch auf dem vorigen Stadium, die meisten aber zeigen doch einen Fortschritt. Die Archi- spermiocyten haben sich wesentlich verringert und sind nur noch vereinzelt sichtbar. An ihre Stelle sind mehr und mehr die Präspermiogonien getreten, die jetzt nahezu das ganze wand- ständige Lager einnehmen. Nur noch vereinzelte Sertolielemente liegen ausser den wenigen Archispermiocyten zwischen ihnen. Da die Entwicklung in äusserst seltenen Fällen schon bis zu den Prospermien geht, kann man die Präspermiogonien teilweise bereits als Spermiogonien, die Präspermiocyten als Spermiocyten bezeichnen. Die amitotischon Einschnürungen sind seltener ge- worden, indes sich die Mitosen der Spermiogonien vermehrt haben. Diese sind gewöhnlich von den übrigen Zellen an die Wand gedrängt. Durch das häufigere Auftreten von Teilungen haben die Spermiogonien nicht mehr die Zeit, so abnorm grosse Dimensionen, wie sie im vorigen Stadium zuweilen vorkamen, anzunehmen. Neben diesen Spermiogonienmitosen treten nunmehr auch die mitotischen Teilungen der Spermiocyten und der Präspermiden hinzu. Häufiger bemerkt man jetzt Spermiocyten, die sich weiter als vorher entwickeln. Einzelne schreiten sogar zur Teilung, wenn auch die grössere Hälfte schon vorher degeneriert. Noch seltener lassen sich Präspermiden oder sogar deren Mitosen beobachten. Die Teilungsfiguren der Spermiocyten und Präsper- miden gleichen vollkommen den entsprechenden Mitosen der fertigen Samenbildung. Ganz wenige Zellen erreichen das Stadium der Spermiden. In ganz seltenen Fällen vermögen diese sich in Prospermien umzuwandeln, die dann durchweg Degenerations- erscheinungen zeigen. Zu fertig ausgebildeten Spermien kommt es überhaupt nicht. Das zuweilen noch scharf abgesetzte Lumen ist oft von zahlreichen losgelösten Zellelementen in den verschiedensten Stadien erfüllt. Trotzdem noch keine Samenfäden vorhanden sind, kann man doch schon in der Umgebung der Sertolielemente an einigen Stellen bereits die charakteristischen Sekretkügelchen im Plasmasyneytium beobachten, wie sie während der normalen Samenbildung in den Fascikulationsstadien auftreten. Da sie keine Samenfäden zu ernähren hat, kommt dieser Sekretion vielleicht hier eine andere unbekannte Bedeutung als dort zu. Die Samenbildung bei den Enten. 359 So nähert sich im grossen und ganzen der Anblick schon dem der eigentlichen Spermiogenese, besonders durch die starke Vermehrung der Synapsisstadien. Alle Zellgenerationen der Brunstperiode sind bereits im Samenepithel, wenn auch zum Teil nur spärlich, vertreten. Stadium 4 (Erpel 701, Fig. 266). Ein unmittelbar darauffolgendes Stadium zeigt uns das Keim- epithel eines am 5. März getöteten Erpels. Die Hodenlänge betrug 23 mm. Die Mehrzahl der Tubuli stehen auf derselben Entwick- lungsstufe wie die des vorigen Testikels. Sie sind noch völlig frei von ausgebildeten Spermien. Während sich aber dort nur ganz spärliche Prospermien vorfanden, treten hier in einigen Röhrchen bereits mehrere fertige Samenfäden auf. Zu Fascikeln vereinigen sie sich noch nicht, sondern sie liegen nur vereinzelt im Samenepithel verstreut. Ihr Kopf zeigt auch keine normale Gestalt, sondern weist immer Degenerationserscheinungen auf. In der Regel ist der hintere Teil des Kopfes kugelig aufgetrieben und das vordere Ende anormal dünn. Zuweilen ist der Kopf um- gebogen oder sogar spiralig zusammengerollt. Nicht selten ist er auch in seiner ganzen Ausdehnung ungewöhnlich breit. In der Regel kommt es hingegen noch gar nicht zur Ausbildung von Spermien, sondern die Bildungszellen gehen meist auf früheren Stadien zugrunde. Häufig sieht man daher ihre Degenerations- produkte im Epithel oder im Lumen liegen. Das Keimepithel ist nicht mehr so scharf gegen das Lumen abgegrenzt. Die Zell- elemente sind dieselben wie bei der normalen Kernbildung. Nur durch die geringe Höhe, die durch die kleinere Anzahl der Zellen bedingt ist, und das Fehlen der Spermien unterscheidet sich dieses Samenepithel von dem der Brunstzeit. Die Archispermio- cyten sind gänzlich verschwunden und haben den Spermiogonien Platz gemacht, die nunmehr die ganze unterste Schicht ein- nehmen. Auch die Sertolikerne sind von ihnen ins Innere ge- drängt worden. Der obere Teil des Bildungsgewebes wird aus- schliesslich von den übrigen Zellgenerationen, den Spermiocyten, den Präspermiden und den Spermiden eingenommen. Die Spermio- cyten bilden jedoch nur eins bis zwei Reihen, die Spermiden ge- wöhnlich nur eine Lage. 360 Karl Schöneberg: Stadium 5 (Erpel 699, Fig. 267). Das nächste Stadium findet sich in einem Hoden, der schon am 20. Februar fixiert wurde, also bedeutend früher als der vor- her betrachtete und am selben Tage wie der das dritte Stadium zeigende. Dieser Befund beweist mithin ganz deutlich, dass das Fortschreiten der Samenbildung nicht allein von der Zeit ab- hängig ist, sondern auch von anderen individuellen und äusseren Umständen. Trotzdem die Entwicklung weitergegangen ist, hat sich die Länge des Testikels nicht vergrössert, sogar noch eine Kleinigkeit gegen das vorige Stadium verringert; sie betrug 22 mm; im vorigen dagegen 23 mm. Man darf also von der Länge des Hodens nicht ohne weiteres auf das Stadium schliessen, da auch das Volumen des Testikels individuell verschieden ist, hauptsächlich jedenfalls vom Alter abhängig ist. Die grössere Hälfte der Tubuli ist noch frei von Spermien, zeigt also noch keine Weiterbildung. Der Samenbildungsprozess hält in der Regel bei den Spermiocyten an, in manchen Fällen geht er bis zu den Präspermiden und Spermiden. Einige Samen- kanälchen zeigen hingegen schon wesentliche Fortschritte; sie weisen mitunter zahlreiche fertig ausgebildete Spermien auf. Viele zeigen zwar noch Degenerationserscheinungen, aber es treten doch auch völlig normal gestaltete auf. Meist sind sie nur vereinzelt vorhanden. Dort, wo mehrere zusammenliegen, zeigen sie bereits die Tendenz, sich zu Büscheln anzuordnen. Die Zahl der übrigen Zellen hat sich erheblich vermehrt und das Epithel ist dadurch etwas höher geworden. Mitosen der verschiedenen Elemente treten jetzt häufiger auf. Die Spermio- gonienteilungen liegen nur noch an der Wand des Tubulus. Die Sertolikerne sind durch die starke Vermehrung der Spermiogonien gänzlich von der Membran verdrängt. Stadium 6 (Erpel 700 und 703, Fig. 268). Den letzten Schritt zur fertigen Samenbildung zeigen die Hoden eines am 1. und eines am 13. März getöteten Erpels. Der am 1. fixierte Testikel hatte eine Länge von 34 mm, war also weit grösser als der vorhin betrachtete vom 5. März. Der am 13. März eingelegte Hoden hatte hingegen nur eine Länge von 25 mm, war mithin nur wenig grösser als der vom 5. März. Trotzdem ist sein Samenepithel erheblich weiter entwickelt. Fast Die Samenbildung bei den Enten. 361 alle Tubuli enthalten nunmehr vollkommen reife Samenfäden. Sehr wenige enthalten überhaupt keine, einige nur vereinzelte. In den Röhrchen des am 15. März fixierten Hodens zeigen noch viele Spermien Degenerationserscheinungen, während diese in dem vom 1. März wesentlich geringer sind. Manche Tubuli ent- halten schon so zahlreiche Spermien wie zur Brunstzeit. Fascikel sind dann überall deutlich ausgeprägt. In dem Lumen, das nicht mehr scharf umgrenzt ist, sieht man zuweilen Gruppen fertiger Spermien schwimmen, die sicher schon befruchtungsfähig sind. Mit den Spermien haben sich auch die Zellelemente der anderen Generationen vermehrt. Überhaupt bietet das Samen- epithel an einigen Stellen denselben Anblick wie zur Zeit der höchsten Brunst. Die Kanälchen sind durch die Vermehrung der Zellen mächtig ausgedehnt worden und aus diesem Grunde stark gewunden, weshalb nur noch selten quergeschnittene Röhrchen angetroffen werden. Das interstitielle Bindegewebe ist vollständig verschwunden. In der zweiten Hälfte des März ist dann bereits die Brunst- periode des Wilderpels eingetreten. Der Hoden eines am 25 März getöteten Erpels hatte eine Länge von 43 mm; der Prozess hatte jetzt den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht. Mauserhoden. Mit dem Ablauf der Brunsterscheinungen beginnt auch die Tätigkeit des Samenepithels nachzulassen. Der Eintritt der Mauser- periode ist je nach der Art und der individuellen Veranlagung verschieden. Während z. B. der Stockerpel bereits Anfang Juni sein Schmuckkleid abwirft, beginnt der Türkenerpel erst Ende Juli zu mausern. Ein am 27. Juli getöteter Cairina-Erpel, der anfıng, sein Prachtkleid abzulegen, zeigte in seinem Hodengewebe noch keinerlei sichtbare Veränderungen. Das Samenepithel er- scheint noch in voller Tätigkeit. Zahlreiche Spermien werden gebildet und Degenerationserscheinungen kommen nicht in un- gewöhnlicher Anzahl vor. Weit stärker noch wird die Brunst- periode beim Hauserpel verlängert. Infolge der günstigen Lebens- bedingungen tritt hier die Mauser erst im Herbst ein. Die ersten Anzeichen des Nachlassens der Tätigkeit machen sich im Keim- epithel durch das Auftreten zahlreicher anormal gestalteter Spermien bemerkbar. 362 Karl Schöneberg: Stadium 1 (Erpel 345, Fig. 278). In dem Samenbildungsgewebe eines am 7. Juni fixierten Testikels treten bereits viele degenerierte Samenfäden auf. Oft sieht man mehrere nebeneinander liegende gut ausgebildete Fascikel, die nur normal gebaute Spermien enthalten. Dann wieder bemerkt man solche, die sich teilweise oder gänzlich aus degenerierten Samenfäden zusammensetzen. In vielen Tubuli herrscht so noch volle Samenbildung, während in anderen funktionsfähige Spermien kaum mehr vorhanden sind. Die Degenerationszeichen machen sich auch hier durch eine anormale Form der Spermienköpfe bemerkbar. Diese erscheinen ungewöhnlich breit oder hinten kugelig aufgetrieben. Nicht selten sind sie zusammengerollt oder gekrümmt. Bisweilen findet man derartig degenerierte Samen- fäden tief ins Epithel hineingezogen, um dort offenbar resorbiert zu werden. In den Zellelementen selber lassen sich noch keine wesent- lichen Veränderungen nachweisen. Meist ist die Anzahl der Zellen und ihrer Teilungen fast ebenso zahlreich wie zur Brunstzeit. An der Wand liegen noch dichtgedrängt die Spermiogonien. Stadium 2 (Erpel 348, Fig. 279). Ein anderes Bild zeigt sich bereits 3 Wochen später in den Samenröhrchen eines am 29. Juni getöteten Pfeiferpels. Die reifen Spermien sind nahezu vollständig verschwunden. Nur spärliche Reste sind noch vorhanden, besonders in den ableitenden Wegen des Nebenhodens. Neue Samenfäden werden jetzt nicht mehr gebildet. Höchstens findet man hier und da anormal gestaltete Prospermien in einigen Kanälchen. Meist degenerieren die Zellen indes bereits als Spermiden oder in einem noch früheren Stadium. Die Zahl der Zellen hat bedeutend abgenommen und das Samen- epithel ist daher niedriger geworden. Trotzdem sind aber noch alle Zellgenerationen der Samenbildung vertreten. Die Spermio- gonien liegen nicht mehr so gedrängt in den untersten Schichten des Keimlagers. Zwischen ihnen sind schon vereinzelt die kleinen länglichen Kerne der Archispermiocyten sichtbar. Die Sertoli- elemente rücken allmählich ebenfalls wieder an die Wand, wo jetzt Platz genug für sie vorhanden ist. Die Mitosen sämtlicher Zellformen sind zwar noch zu beobachten, sind aber bedeutend seltener geworden. Mit der Anzahl der Zellen hat sich auch Die Samenbildung bei den Enten. 365 der Durchmesser der Tubuli verkleinert. Da die Kanälchen nicht mehr so stark gewunden sind, begegnet man jetzt wieder häufiger Querschnitten. Die einzelnen Röhrchen stossen zwar noch un- mittelbar aneinander, doch sieht man bereits in den Zwischen- räumen dreier zusammenstossender Kanälchen Kerne des inter- stitiellen Bindegewebes angesammelt. Stadium 3 (Erpel 347, Fig. 280). In dem Testikel eines am 25. Juni getöteten Stockerpels sind die Querschnitte der Samenschläuche wesentlich kleiner. Das interstitielle Bindegewebe ist stark vermehrt und beginnt bereits sich zwischen die einzelnen Tubuli einzuschieben. Besonders an der Tunica albuginea trennt es schon fast alle Röhrchen von- einander, während es in der Mitte des Hodenquerschnittes weniger ausgedehnt ist und zum Teil noch gänzlich fehlt. Die Anzahl der Zellelemente ist stark reduziert. In der Nähe des Lumens, das jetzt scharf gegen das Samenepithel ab- gegrenzt ist, liegen nur sehr wenige Zellen. An der Wand be- finden sich zahlreiche Spermiogonien und zwischen ihnen in geringer Anzahl die Archispermiocyten und Sertolielemente. Die Entwicklung geht bis zu den Spermiden, doch sind diese bereits ausserordentlich selten und zeigen gewöhnlich Degenerations- erscheinungen, die sich durch starke Verklumpung der Chromatin- masse und Verdichtung des Zellplasmas kenntlich macht. Häufig liegen derartige Degenerationsprodukte losgelöst im Lumen. In der Regel aber gehen die Zellen bereits als Spermiocyten zu- srunde. Diese liegen gleichfalls nur vereinzelt im Epithel ver- streut. Meist sieht man sie im Stadium der Synapsis oder des lockeren Knäuels. Teilungsfiguren sind zwar noch vorhanden, sind jedoch sehr selten geworden. Zuweilen findet man wie bei der Vorsamenbildung degenerierende Mitosen. Zur Ausbildung fertiger Spermien kommt es nicht mehr. Alle Tubuli sind frei von Samenfäden und Prospermien. Nur in den Kanälen des Nebenhodens sind noch manchmal die letzten Reste der Spermien- generation sichtbar. Stadium 4 (Erpel 346, Fig. 281). Der Hoden eines am 23. Juni getöteten Erpels hat fast das Stadium der Winterruhe erreicht. Starkes interstitielles Binde- Archiv f. mikr. Anat. Bd.83. Abt. II. 24 364 Karl Schöneberg: gewebe mit zahlreichen verschieden geformten Kernen trennt die einzelnen Tubuli voneinander. Der Durchmesser der Röhrchen, die besonders in der Mitte des Querschnittes nur wenig gewunden sind, hat sein Minimum nahezu erreicht. Das ganze Bild des Samenepithels erinnert an die ersten Stadien der Vorsamen- bildung. Das die Innenwand des Kanälchens auskleidende Keim- epithel ist ausserordentlich niedrig. Es enthält fast nur die wandständigen Spermiogonien und die zahlreicher gewordenen Archispermiocyten. Die kleinen Zellelemente wiegen jetzt vor. Da Platz vorhanden ist, sind die Spermiogonien, die man jetzt wieder als Präspermiogonien bezeichnen muss, zum Teil nach dem Lumen hingerückt. Lumenwärts liegen auch die Spermio- cyten oder vielmehr Präspermiocyten, die jedoch nur spärlich in der Synapsisform oder als lockeres Knäuel vorhanden sind. Alle übrigen Zellen fehlen völlig. Abgelöste, zugrunde gegangene Zellprodukte sind häufig in dem Lumen zu beobachten. Diese histologischen Befunde über den Bau des Mauserhodens stehen im Widerspruch mit den Beobachtungen Chappeliers über Paarungen der Enten ausserhalb der Brunstperiode. Da keine reifen Samenfäden gebildet werden, lässt sich diese eigen- artige Erscheinung, die doch völlig zwecklos ist, mit den histo- logischen Ergebnissen nicht in Einklang bringen und erklären. Schluss. Während eines Jahres nimmt die Tätigkeit des Entenhodens einen wellenförmigen Verlauf. Den Höhepunkt seiner Funktion erreicht der Testikel zur Brunstzeit, während er im Winter dagegen kaum eine merkliche Tätigkeit entfaltet. Die starke Volumenvergrösserung, die im Frühjahr oft recht plötzlich ein- setzt, wird durch die Vermehrung der samenbildenden Elemente bedingt. Neben dem Anschwellen der Hodengrösse geht eine fortschreitende Entwicklung in den Generationen der Samen- bildungszellen einher, oft von ungünstigen Lebensbedingungen aufgehalten. Im März und Mai hat dann der Hoden das Maximum seines Volumens und seiner inneren Tätigkeit erreicht. Die für den Winterhoden charakteristischen Archispermiocyten verschwinden während der Vorsamenbildung und wandeln sich offenbar einesteils in Spermiogonien, anderenteils in Sertoli- elemente um. Bemerkenswert ist auch das Verschwinden des Die Samenbildung bei den Enten. 365 interstitiellen Bindegewebes, das nach und nach vollständig von den sich ausdehnenden Samenröhrchen verdrängt wird. Bei Be- ginn der Mauser verringert sich das Volumen des Hodens wieder. Die Archispermiocyten und das interstitielle Bindegewebe er- scheinen von neuem, während die samenbereitenden Zellen mehr und mehr reduziert werden. Die Tubuli, deren Querschnitte kleiner geworden sind, strecken sich wieder. Dieselbe Erscheinung, wie sie Tandler und Gross beim Maulwurfshoden beobachtet haben, zeigt sich also auch hier bei den Enten. Ein Maximum des Hodenvolumens bat ein Minimum des interstitiellen Binde- gewebes zur Folge, während umgekehrt im Winter der kleinsten Hodengrösse eine maximale Ausdehnung des Zwischengewebes entspricht. Die Arbeit wurde vom Winter 1911/12 bis Sommer 1913- im Anatomisch-biologischen Institut zu Berlin angefertigt. Herrn Geheimrat Prof. Dr. Hertwig spreche ich für das Interesse, das er meiner Arbeit entgegengebracht hat, meinen verbindlichsten Dank aus. Zu besonderem Danke bin ich Herrn Prof. Dr. Poll verpflichtet; sowohl für die liebenswürdige Überlassung seines Materials als auch für die vielen Ratschläge möchte ich ihm meinen besten Dank aussprechen. Literaturverzeichnis. Ballowitz: Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom feineren Bau der kontraktilen Elemente. I. Vogelspermien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 32, S. 401—473, 1888. Bateson, W.: Materials for the Study of Variation. London 1894. Derselbe: Mendels Principles of Heredity. 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XVII mit 540facher (Fig. 273 mit 840 facher) Vergrösserung gezeichnet. Tafel XIV. Fig. 1—20. Stadien der topographischen Histologie. 1—35. Stadium 1, 2 und 2a. Fig. 4-6. Stadium 3, 3a und 4. 7—9. Stadium 5, 6 und 7. Fig. 10 und 11. Stadium 7a und 8. Fig. 12 und 13. Stadium 9 und 10. Fig. 14—16. Stadium 11, 11a und 12. Fig. 17—20. Fascikulation der übrigen Enten. Fig. 17. Cairina. Fig. 18 und 19. Aythya. Fig. 20. Lampronessa. Tafel XV. Sertolikerne. Fig. 23. Sertolikern von Lampronessa. Fig. 25. Sekretion von Plasmafäden des Sertolisyneytiums. Fig. 26. Sertolikern von Cairina. Fig. 29. Sertolikern in Berührung mit einem Spermiogonienkern. Fig. 27. Einschnürung des Sertolikernes. Spermiogonien. Fig. 30. Spermiogonien in der Ruhe. Fig. 31—39. Prophasen. Fig. 40. Degenerierende Prophase. Fig. 41. Spermiogonienplatte von der Seite gesehen. Fig. 42 und 43. Spermiogonienplatten von den Polen betrachtet. Fig. 44—49. Telophasen. Fig. 50—52. Junge Spermiogonie. Fig. 55. Degenerierende junge Spermiogonie. Fig. 54. Ruhende Spermiogonie vor der zweiten Teilung. Fig. 122. Anormal breite Spermiocytenplatte. Fig. 123. Anormal breite Spermiocytenplatte. Fig. 124. Nebenspindel. Fig. 125. Mehrpolige Spindel. Fig. 126—134. Telophasen. Fig. 135 und 136. Telophasen. Fig. 137. Präspermide in Synapsisform. Fig. 138 und 139. Verschwinden des Chromatins. Fig. 141—144. Prophasen der Präspermiden. Fig. 145. Anormale Prophasen der Präspermiden. Fig. 146. Präspermidenplatte von den Polen. Fig. 147 und 148. Präspermidenplatten von den Polen. Tafel XVI. Fig. 149. Präspermidenplatte von der Seite. Fig. 150—158. Telophasen. Fig. 159 und 160. Synapsis der Spermiden. Fig. 161 und 162. Verschwinden des Chromatins. Fig. 163—166. Chromatinarme Spermiden. Fig. 167—169. Kondensierung des Chromatins. Fig. 170. Riesenspermide. Fig. 171—182. Umbildung der Spermiden zu Prospermien. Fig. 183—195. Die Längsstreckung der Prospermien. Fig. 198—212. Weiterbildung der Prospermien zu homogenen Stäben. 55. 56. Karl Schöneberg: Einschnürung der Spermiogonien. Abschnürung. 57—63. Prophasen der zweiten Teilung. 64. 65. Äquatorialplatten der zweiten Teilung von der Seite. Äquatorialplatten der zweiten Teilung von den Polen. 66—69. Platten von den Polen. 70—74. Telophasen der zweiten Teilung. 75—77. Junge Spermiocyten. 78. 79. Spermiogonienähnliche Spermiocyte. Ausbildung der Synapsis. 80—86. Dünnfädige Synapsis. 87, 91 89 und 9%. Bukettstadien. und 92. Aufknäuelung. 93—95. Dickfädige Knäuel. 96 98. 99. und 97. Dünnfädige Knäuel. Chromatinarme Spermiocyte. Vermehrung der Chromatinsubstanz. . 100— 102. Spiremstadium. . 103—110. Prophasen. „4; . 112— 117. Spermiocytenplatten von den Polen. g. 118—121. Spermiocytenplatten von der ‚Seite. Anormale Prophase. Fig. 213—226. Ausbildung der Prospermien zu fertigen Spermien. Fig. 227. Reifung der Spermien. Fig. 228. Fertiges Spermium. Atypische Spermien. Fig. 229 und 233. Mehrköpfige Spermien. Fig. 230. Normales Spermium. Fig. 232. Degeneriertes Spermium. Fig. 234—238. Riesenspermium. Anormales Idiozom. Fig. 239 und 240. In den Spermiogonien. Fig. 241. Während der Spermiogonienmitose. Fig. 242—245. In der Synapsis. Fig. 246. Im lockeren Knäuel. Fig. 247 und 248. In den Spermiocytenmitosen. Fig. 249. In einer doppelkernigen Spermide. Fig. 250. In fertigen Spermien. Vorsamenbildung. Fig. 253—257. Prophase, Metaphase und Telophase der Präspermiogonien. Fig. 258. Einschnürung der Präspermiogonien. Fig. 259. Doppelkernige Präspermiogonie. Fig. 260. Degenerierende Präspermiogonienprophase. Fig. 261. Degenerierende Präspermiocytensynapsis. Fig. 262. Degenerierender lockerer Knäuel der Präspermiocyten. Fig. 263 und 264. Degenerierende Präspermiogonienplatte. Fig. 269—271. Degenerierende Prospermien. Fig. 273. Sezernierender Sertolikern. Fig. 272, 274—277. Degenerierende Spermien. Tafel XVII. Fig. 251— 277. Vorsamenbildung. Fig. 251. 1. Stadium (Erpel 69). Fig. 252. 2. Stadium (Erpel 696). Fig. 265. 3. Stadium (Erpel 698). Fig. 266. 4. Stadium (Erpel 701). Fig. 267. 5. Stadium (Erpel 699). Fig. 268. 6. Stadium (Erpel 700). Fig. 278—281. Mauser. Fig. 278. 1. Stadium. Fig. 279. 2. Stadium. Fig. 280. 3. Stadium. Fig. 281. 4. Stadium. Die Samenbildung bei den Enten. 369 370 Literarisch-kritische Rundschau. Mathematics and Mitosis. By Prof. Marcus Hartog. From the Biological Institute of University College, Cork. Mit 7 Textfiguren. There is nothing more harmful to the progress of science than the parcelling of its area into a series of watertight compart- ments, each labelled "a distinet science“, of which the doors are too often rusted up and immoveable. The reception of my own work on the cell-field has illustrated this evil. The reasoning therein was difficult to the biologist who has forgotten his elem- entary mathematics and physics: the physieists (to whom the work should appeal on many grounds) have no knowledge of ceytology; and, accustomed as they are to arrange for themselves the actual conditions of experiment, can hardly realise in what bonds we biologists labour, who must needs base our conclusions on the logical, quasi-historical synthesis of collecetions of fixed specimens into an inferred series of changes. On these grounds we most heartily welcome Dr. Geigel’s visit to our little domain of cytology ') and hope that he may continue his interest in our doings. Yet we cannot accept his reasoning as convineing, because his store of biological facts has been inadequate for his precise calceulations.. Huxley once said that mathematics is like a mill: the quality of the grist depends largely on that of the corn that is poured into the hopper. But, even before going into the facts, there are some important criticism, of method. Geigel has attempted to obtain the accuracy of an equation. In such complex case equations are quite out of the question: usually all that we can arrıve at is the statement that one factor is a ”function‘ of another, ”direct“ or ”inverse‘‘, as the case may be. Moreover Geigel’s precise equation is arrived at for a field about a single centre whereas the cell-field is essentially dicentric.e Thirdly, as I have shown, on the assumption of a centred action, we must assume that the chromosomes are of high ”permeability‘“ to the force; and his equations ignore this fact. What would be thought of an equation dealing with gravity in which account was taken !) Richard Geigel: Zur Mechanik der Kernteilung und der Be- fruchtung. Arch. f. mikr. Anat., Bd. LXXX, 1912, II. Abt. Literarisch-kritische Rundschau. an of the mass of the larger body only, in a field of more than one "heavy body‘? Or what would be the value of a diagram of the electrostatic field between two charged conductors at opposite ends of a lecture-table covered with apparatus of all kinds, if no account were taken of the presence of these heterogeneous para- phernalia, and of the lecture-table itself. Finally I may betray a weakness of our kind; and that is a panic fear of mathematic expressions, and in particular of those that contain the symbols ”d“, ”A“ & and the long ”|“. The school-mathematics that most of us have, alas! forgotten, never reached as far as the infinitesimal caleulus. It was only when, with the kind aid of a mathematical friend, I conquered my fears, that I was able to ascertain the meaning of Dr. Geigel’s equations and their bearing on the subject; and that after all the ”d’s" ”A’s“, & ”Ps‘“-did not, matter. I. We have just noted that the cell-field is dicentric, and that Geigel’s equations only deal with a force acting about a single centre. It might be thought by the uninitiated that this would vitiate his equations, and therefore his general conclusion. The equation goes, no doubt; but the general conclusion can be shown to hold also for a two-centred field that the chromosomes should advance, as Geigel supposes, with the axial ones in advance, and the peripheral ones lagging behind. This is susceptible of a very simple geometrical demonstration, for forces acting about centres, and obeying the Newtonian law: i.e. decreasing in intensity as the distance increases. We may suppose the space around either centre divided up by closed curves into a series of zones such that the attractive force is identical at every point of any given zone; of course the force is more intense in any given zone than on the zones outside it, and less than on the zones within and nearer the centre. Such zones we may call zones of equal attractive level, or to use the common technical term ”equipotential zones“. In Figures 1, 2 will be seen the distribution of the equipotential zones in a field about two centres: whether they be unlike (Figure 1) or like (Figure 2), in either case the equator is neutral. It is obvious that on any transverse plane at right angles to the axis uniting the centres, a point nearer the u Literarisch-kritische Rundschau. axis lies in a zone at higher level of attractive force than one further from the axis; and consequently the attraction is greater the nearer we approach the axis. In other words it follows that the attraction or acceleration is greater on the axial chromosomes than on the peripheral ones, and that therefore the axial ones Fig. 1. should lead, the peripheral ones lag, on any hypothesis of centred forces; and that this is true whether the field be heteropolar or homopolar. Thus, without use of the caleulus we have obtained the same general result as Greigel, and that in a much more accurate form, since there is no attempt at impossible or uncertain Fig. 2. equalities; and an unjustifiable precision of statement is one of the worst forms of inaccuracy. We have now to consider whether the axial chromosomes do actually lead, as they should or theory, or lag, as Geigel supposes; we admit that if they lag, all theories of centred forces Literarisch-kritische Rundschau. 323 must be abandoned. But if on the contrary the axial chromosomes lead during the discession to the poles while the peripheral ones lag, we may report, like the ecclesiastical censor in his report to the licenser of books, ”nihil obstat“. We therefore turn to the facts of cytology. When there are enough chromosomes present for some to lie axial to the others the axial ones do actually lead during discession, as demanded by theory (Figures 3, 4, 5). When the number is limited, so that all lie ie: Fig. 3. on the periphery, equidistant from the axis, they move onalevel, constituting a crown-like figure. Now the microscopist rarely draws a simple reproduction of what he sees in the optical plane of distincet vision at one single focus: he involuntarily aims at a perspective representation that will convey to his public the Fig. 4. impression of what he has synthetised from the observations obtained at successive planes by the use of the fine adjustment. Geigel’s!) Figures 2 and 3 of anaphases, which we reproduce here as Figures 6 and 7 represent such perspective diagrams, showing a crown of chromosomes all equidistant from the axis, which drawn in perspective, as shown by the lighter shading of the chromosomes on the far side, has the semblance of a curve with its concavity towards the nearer pole. It is this convention- Y‘) His Fig. 1 representing a late prophase with a symmetrical crown of chromosomes lateral to the ”Hermann’s spindle‘“‘ is rather fantastic than schematic. 374 Literarisch-kritische Rundschau. alisation of the figures shown to Geigel by his cytological friend that have misled him; and neither the mathematician, who accepted what was presented to him, nor the eytologist, who was probably content to accept the equation as it stood as a final settlement of the matter by an expert whose judgment it would have been presumptuous to doubt, can be held blameworthy, but rather both must be excused for their good faith: Geigel’s in the diagrams, the eytologist’s in the equations. My own preparations are enough to show the "”lead“ of the axial chromosomes; but Iam a very poor draftsman. I there- fore reproduce copies of figures by Strasburger') and Vejdowsky?). Such figures are scarce in literature for two reasons: 1. Cytologists naturally prefer such figures as are clear to decipher, and demonstrative for their purpose: and hence, as far as possible have illustrated the process of discession from cells with but a limited number of chromosomes, which consequently form a peripheral crown on the spindle. (In passing I may note that these show often each chromosome gliding along a single thread passing continuously from pole to pole along the curved line of force. In such cases there can be no question of ”pull“ or "push ‘‘: there are neither ” Zug-“ nor ” Druckfasern “?). The frequent separation of the centrosomes during the actual process of mitosis demands neither pull nor push, when once we have ') Über den Teilungsvorgang der Zellkerne ete. Arch. mikr. Anat,, XXI (1882). ?) Neue Untersuchungen über Reifung und Befruchtung, 1907, Fig. 123. 3) The suggestion that some or all of the spindle-fibres exercise a push rests on two grounds. The first is the recession of the centrosomes during mitokinesis, which may be explained on other grounds; cytoplasmic traction, and the mutual repulsion in virtue of their like electric and osmotie charges, as we have seen: the second ground is the occasional observation that some of the achromatin threads of the spindle may be irregularly bent, or zigzag. This phenomenon is, I am convinced, due to the occasional failure of the threads to follow in their contraction the enormous contraction of the more solid peripheral parts of the cytoplasm in the processes of fixing, dehydration, and clearing..... We need badly a quantitative study of the shrinkage of histological specimens during the customary preparations. Even so careful an investigator as C. F.Meek in his measurements of chromo- somes and of spindles has this vital point inadequately investigated. (Quart. J. Mier. Sc., July 1913.) s nn. Literarisch-kritische Rundschau. 375 realised that they are the seats of like "charges in respect of electrieity and of osmosis.) ” Anaphases “ — the stages of the discession of the chromo- somes from the equator — are relatively rare in our specimens in proportion to other stages of mitokinesis; and among, anaphases, the later stages are themselves rare. On the centred force hypotheses this scareity of these stages in our preparations is easy of explanation. For the attraction on the chromosome is a direct function of its proximity to the centrosome; and con- sequently its speed of translation should increase until it comes into actual contact therewith. Now in the case of intermittent observations of consecutive phases the chance of observation of a given phase is an inverse function of the speed which that phase oceupies. Thus, other things being equal, if as I write I look out of window occasionally for a moment, I am much more likely to see a slow cart than a swift automobile. When I first consulted that great electrician the late Professor W. E. Ayrton, about the interpretation of the cellfield, he suggested that the centred force hypothesis would be supported by any evidence that the chromosomes speeded up as they approached the centro- somes. I went away sorrowing, for I could not see how evidence on this point was to be obtained from our fixed specimens. It was not till long after that I saw that the scarcity of anaphases, and the still greater scareity of late anaphases, supplied just the very evidence desiderated. We are entitled to say that Geigel’s paper instead of refuting the centred-force hypotheses has, if anything, advanced their title to support. I. Geigel’s second thesis deals with the formation of the attractive eminence formed on the oosphere on the approach of the sperm. This grows out vertically underneath the sperm, and has the form of a mound with doubly curved sides, concave at the flanks, but with the tip rounded of into a blunted cone, like the top of a sugar-loaf. Geigel argues that if the formation be due to loss of surface-tension of the skin-layer of the oosphere induced by the approach of the sperm, the outline of the curve should be a simple convex curve. Geigel has assumed a direct physical effect, instead of a physiological response. 376 Literarisch-kritische Rundschau. Now physiological response is not proportional to the physical value of the stimulus, but according to the Fechner-Weber statement (which is probably a simplification of the facts) it increases arithmetically as the stimulus increases geometrically. Moreover Geigel ignores altogether the consideration of the ”threshold value“ (Schwellenwert) of a stimulus, below which minimum no response is evoked: ”de minimis non curat lex ‘“ viventium. According to (reigel the blunt elongated finger- shaped pseudopods of many Lobose Rhizopods are impossible: it does seem such a pity that Geigel’s interest in biological questions has not so far induced him to study them for himself. We feel this regret again, when he discusses the chemiotaxy of the sperms, in ignorance of the researches of H.S. Jennings,'!) who has shown so conclusively that most if not all cases of chemiotaxy are better expressed in terms of negative preferential avoidance than of positive preferential approach. Thus Paramecium moving in water rich in ÜO2 swim about indifferently so long as it is in this favoured region, but as soon as it passes away from it, it stops, reverses, turns and change sits direction of progress. As the sperms spread evenly in the medium we must suppose that they avoid one another. There is no need to postulate with Geigel a new physical force at work in the approach of the sperm to the oosphere, and the formation of the receptive hillock on the latter. Conclusions. (1) Geigel’s contention that in a field of centred force the axial chromosomes in discession should lead while the peripheral ones lag is correct. (2) This characterises the behaviour of actual chromosomes during anaphase. (3) His belief that this is not the case in the living cell is contrary to observed facts, and is based on an inadequate knowledge of the subject, and reliance on misleading diagrammatised figures. (4) The scareity of anaphases in fixed specimens is probably due to the speeding up of the chromosomes as they approach the poles: — it is a fact that tells in favour of centred-force hypotheses. 1) Contributions to the study of Behavior in the Lower Organisms. Literarisch-kritische Rundschau. 311 (5) Where the achromatie spindle contains only as many threads as there are chromosomes it is impossible to invoke ”"pull“ or ”push“, and the motion of the chromo- somes must be due to centred force acting along the lines of the spindle fibres. (6) The zigzag irregularities sometimes found in the spindle fibres, and often ascribed to "push‘ along them, is probably an artefact due to irregularity of contraction during histological preparation. (7) Geigel in his discussion on fertilisation has omitted to take into account the differences between physiological and purely physical response, as illustrated by the facts of the ”threshold“ minimum stimulus, and by the Fechner-Weber law. (S) In the interests of biology it is most desirable that competent physieists should study and discuss biological theories and hypotheses. Description of Figures. . 1. Distribution of equipotential zones (dotted) in an axial section of a homogeneous field about two equal centres of opposite sign: the continuous lines are the lines of force (after J. J. Thomson). g. 2. Distribution of equipotential zones in an axial section of a homo- geneous field about two centres of like sign. . 3 and 4. Anaphases in endosperm after Strasburger (Arch. m. A., t. 23); Fig. 3 Galanthus nivalis (t. 23, Figs. 52, 53); Fig. 4 Lilium croceum (t. 23, Figs. 41, 42). '. 5. Anaphase in first maturation spindle of Rhynchelnis pallida, after Vejdowsky. . 6 and 7. Reproductions of Geigel’s Fig. 2, 3; perspective views of a two simple crowns of daughter chromosomes in anaphase, those on the far side being indicated by the lighter shading. Archiv Fmikroskop Anatomie Bd. 1IXXXH, Abt.ll. Werner u, Winter Frank Vinter Frankfurt ?M. Archiv £ mikroskop Anatomie Ba.LXXXH , AbEL. Wassermann gez Werner u. Winter Frankfurt? M. un, ee = D -- ar hi > m —_ Bari) 9 ) De x > BR " wi 2 “N ( Archiv F mikroskop Anatomie Ba.LXXXIT, Abt.H. Taf M. Wassermann gez Werner u. Winter Frankfart®M. a/V BEZIEHT r Taf IV. Archiv Emikroskop Anatomie Bd.LXXXNT. Abt. Tr F7 Werner u. Winter Frankfurt Wassermann ge2. * Archiv Kmikroskon. Anatomie Ba.LXXIT, Ab. Fig 13, 19 20 ds Werner u. Winter, Franklurt aM. be um -— 2 —— a m x ITieerı + Dt, DR fr u var + Archiv £. mikroskop. Anatomie Ba.LXNX Abun. i Taf. VI 12 (82:1) I (46:1) 11 (82:1) 16 (82:1) 7 (103:1) 10 182:1) ER 2 > % Pe ale S Sy Dur 7} % R . 6 RE, == . D a { = » Oppermann gez re ‚ Wrüs | = 2 Ah u al . #; \ n. 2 .® = ; #. = . Ak 5 75 R Me . Archiv £E mikroskop. Anatomie Ba.LXXXM, Abt. Taf. vn. 6 182:1) 7 (82:1) z Archiv mikroskop. Anatomie Ba.LNXN, AbEH. Kühtz fee. Kauf VI. Archiv Emikroskon. Anatomie bA.LXNAN, AbLH. ) b y ra Y7 [0 IE 24 u Ira ort 9re yrd : $ [779] ar as 39: Bi kr 38° \ — — > SW aan 3% | N IP > “ n [72 | & E | ( , zn ww. > ; \ % ) ) | 5 \, g a Ma / N / 2) h ur rn ee \ £ BE Se DaN en Bu 97b 97 37 are of ” 26 36‘ 236° 36‘ 37« 57, 67 O4 LE 67 f [9] 10° 10” ä 12° De 12° " EN Ss ES 7 7) Z R N} 4 ah N N 79° N ii .ı c . ws ö har Ba 49° AL der nn. 2. ’ «2 D as nn ‚a x 16° 46° 28 52 46 46 ; p) 7 ti Io N RU wlan od EN rg an zu S AL ZAGS Sa ° / - ne ! H ER 4. 7 NL u N ’ [RR pr ; * - L2 Kan. .;8 nz Zwk R 30 Pr ed) D 1 .. ES SL .. . ... < .. - In Ar} -,. ® = Br ur >4 55 2a ; « { 5 = S © N EN => 3 (a s > »r m Sy : Seile): 22, FI. 7 EN r 2 \IY Nee re .@ wr Sl, -oh At ED) MS- = Rhk E Z : i 36 57 33 d le >. ra BETT EL r * 5 2 J: DD ET ® Hi Taf IX. = x fl — Een . u® er 7 io % \: 2 (mike f-—: : f Archiv FE mikroskop Anatomie Ba.LXXXT, Abt. Taf xl a ww 2 Hertwig fec. Werner u. Winter, Frankturt ®M. r a relun [mikroskop. Anatomie baALNNN mn S.21= in IA. n ” Archiv £mikroskop. 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Winter Harkfurs ®M. h ’ Ar Dark N IHR AR ra IL MOIN, NEHAN, JENTAFLONK IN (i " RE Er BR Bez, Rn? T: h RS N A RN N, ei h H 1} II N 1 1 li I WHSE Ar \ W HRNSIU RN? R LI IARUANA NHL. I “ El | HN | v | v ’ In " Ya N Kim 4 g Y ' r | | \ | N | $ En 4 + } f ’ | St Ü « N ' } | ) d | I \ | N | | | | ! un ‚ \ Bin { f | | {\ D | | . a \ ) TE ar h . t RN | v N > ( or " i ’ / wi \ | | | Pl N « . . {ih { unmenı “ Bi 4 j h | (HN, % | N Ä ' ! \ | / \