RE IE BURN, Äh win ; ENnSh Zu ERREL bb, Ir BR ach ns F E N \ Kuh ANNIE SE {" REP N KIN SEE ARLSLG Bart Ban ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Ahteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererhungslehre herausgegeben von O0. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin Vierundachtzigster Band I. Abteilung Mit 21 Tafeln und 96 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Cohen 1914 FREUE TE ERS Inhalt. Abteilungl. Erstes Heft. Ausgegeben am 10. Januar 1914. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. Von ©. A,E. Bindewald, (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Halle, Direktor Prof. Dr. V.Haecker.) Hierzu Tafel I und 28 Textfiguren.. . Ein neues Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. Von Dr. Paul Krüger. (Aus dem Zoologischen Institut der Königl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.) Hierzu Tafel II Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte und Oxydationsorte in Geweben und Zellen. Von F.W.Oelze. (Aus dem Königl. Zoologischen Institut der Universität Breslau. Direktor: Prof. Draw. Köülsenthal.) Hierzu, Tate IR r. 8.2. 3 Über Reizwirkungen von Ffremdkörpern auf die BE Schaan der Hündin. Von Dr. med. vet. Kuno Krainz, k. k. Militär-Unter- tierarzt. (Aus der k. und k. Geburtshilflichen Klinik der Tier- ärztlichen Hochschule in Wien.) Hierzu Tafel IV und 3 Textfiguren Der ı von Golei in den Zellen des Eierstockes. Von stud. .. Kulesch. (Aus dem Histologischen Laboratorium der Medizin, . für Frauen.) Hierzu Tafel V DE ARE: Über Becher- und Flimmerepithelzellen und ihre Beziehungen einander Zur Morphologie und Physiologie der Zentralkörperchen. Von Dr. med.S. Tschassownikow, Professor der Histologie an der kaiserlichen Universität zu nk Hierzu Tafel VI und VII Was sind die Plastosomen? Von G uns Retzius in Stockholm. Hierzu Tafel VIII ; Zweites Heft. Ausgegeben am 12. Februar 1914. Die anatomischen Grundlagen für eine myogene Theorie des Herz- schlages. Von Dr. W. Lange, Volontärarzt. (Aus dem Anat.- Biol. Institut |Geheimrat Prof. Dr. Hertwig] und der Ersten Medizinischen Klinik [Geheimrat Prof. Dr. His] der Universität Berlin.) Hierzu Tafel IX und X ae Ne, % Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgruntsubstanz Von K. von Korff. Hierzu Tafel XI und 7 Textfiguren . BER Über Regenerationserscheinungen des Muskelgewebes bei der Meta- morphose von Rana temporaria. Von W. Smirnowa (St. Peters- burg). Hierzu Tafel XII . Drittes und viertes Heft. Ausgegeben am 30. März 1914. Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. Von Dr. phil. ©. Fritsch, Zahnarzt. (Aus dem Neurologischen Institut zu Frankfurt a. M.) Hierzu Tafel XIII und XIV Seite 75 215 263 300 307 IV Seite Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse in der embryonalen Leber des Huhns. Von R. Haff. (Aus dem Histologisch-embryologischen Institut der Universität München.) Hierzu Tatel XV und XVI 321 Zur Frage über die Entwicklung der grossen Gefässe (der Aorta und der Art. brachialis) beim menschlichen Embryo. Von Dr. M.S. Masloff. (Aus dem Patholog.-Anatom. Kabinett des Prof. Moiseeff in der Militär-Medizinischen Akademie in Petersburg.) Eherze Natel XVII .'. Ss Be oh Über den Einfluss erhöhter Temper a anf der Kerktenlenpertdin von Oyclops. Von Alfred Tobias. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Halle.) Hierzu Tafel XVIII und 53 Textfiguren 369 Die Nervenendapparate im Pericardium des Menschen und der Säuge- tiere. Von Prosektor Dr. W.Martynoff. (Aus dem histolog. Laboratorium der medizinischen Hochschule für Frauen in St. Petersburg.) - Hierzu‘ Tafel XP Ind RX, 77.2 en Das zweite Fächertracheenpaar der mygalomorphen Spinnen. Von B: Haller. Hierzu 3 Textfiguren . . .,. 438 Über die Abstammung der Ossa supracleithralia von der deren be der Rorellez Von B. Haller ZHherzu" Tafel ART 7 a er Physikalische Behandlung biologischer Probleme. Von Richard Geigel. Hierzu. 2 "Texthguren?.” ee NN 7. Ve Aus dem Zoologischen Institut der Universität Halle, Direktor Prof. Dr. V. Haecker. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum Von C. A. E. Bindewald, Hierzu Tafel I und 25 Textfiguren. Inhalt: Seite Ener EB EEE ASTERYRT il 2aGeschichtlichese 22.222: AB HR N EEE TER SE 3 3. Material und Technik . . ar Te 5 4. Äussere Morphologie des ee denhirns na die Ventil ee Fe re N 3 Zellansrinuner-imt Vorderbirn .. #2... N a a ae 7 GmlDieyHaserzuser, ars near: EIN Te isch a TEL 70) 7. Zur Histologie . .. . KERN ALEATAS 8. Zusammenfassung der Baobaakungent nd Dissnssionen 1a AR Ae 6 VEN HESRER IRB, on ee Pe a ET En ER Re RL Be er oje) INES EN A N er BE MESSE FAR GERFEHE WIGTIN, Einleitung. „Das Amphibiengehirn ist das einfachste Gehirn, das in der Vertrebratenreihe vorkommt“, schrieb bereits 1888 Edinger. Seither ist eine grosse Anzahl von Arbeiten über diesen Gegen- stand erschienen, die alle mehr oder weniger diesen aufgestellten Grundsatz bewiesen. Nun haben ja allerdings die meisten Forscher Anuren zum Gegenstand ihrer Forschung gehabt und verhältnis- mässig wenige Urodelen, eine wirklich umfassende Beschreibung eines Gymnophionen-Gehirnes ist überhaupt noch nicht gegeben worden.') Die Urodelen weisen aber einen noch einfacheren Bau ihres Gehirnes auf als die Anuren. Inwieweit und in bezug auf welche Organisation das Urodelengehirn überhaupt den einfachsten Zustand innerhalb der jetzt lebenden Wirbeltiere darstellt, mag hier un- beantwortet bleiben. Jedenfalls schien es wünschenswert zu sein, ') Die umfassendste Arbeit ist meines Wissens die von Waldschmidt in der Jenaer Zeitschrift, Vol. 20, 1887. Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.I. 1 2 GAR sBaindewzande dies so einfach gebaute Gehirn einer eingehenderen Untersuchung zu unterwerfen, zumal im hiesigen Institute gerade der Axolotl experimentell psychologisch beobachtet ist und noch wird.t) Es bestand die Absicht, zunächst das Vorderhirn zu unter- suchen, erstens als Zentrum der Riechfunktion und zweitens als Zentrum höherer Sinnesfunktionen in den allerersten Anfängen. Ist doch gerade die Frage, ob bei den Amphibien nur paläencephales Handeln, Reflexe und Instinkte, vorhanden sind, oder ob und wie. weit diese auch zu neencephalen Handlungen, also zum Knüpfen von Assoziationen, fähig sind, seit Edingers grundlegenden Forschungen ?) besonders brennend geworden. Herrn Prof. V. Haecker, auf dessen Anregung ich diese Arbeit unternahm, bin ich für die vielen freundlichen Unter- weisungen und die Überlassung des Materials, sowie für die durch ihn erlangten Verbindungen mit Geheimrat Anton und Prof. Edinger zu grossem Danke verpflichtet. Ebenso danke ich Herrn Prof. Brüel für die freundliche Unterstützung und die Ratschläge bei meiner Arbeit. Herrn Geheimrat Anton, Direktor der Nervenklinik der Universität Halle, habe ich vor allem für die freundliche Aufnahme in seinem Laboratorium und für die Er- lernung der zu vorliegender Arbeit nötigen Technik auch an dieser Stelle zu danken. Besonderen Dank schulde ich dem Alt- meister der vergleichenden Hirnanatomie, Herrn Prof. Edinger, Direktor des Frankfurter Neurologischen Institutes. Nicht nur konnte ich mich an seinem Institute in der Technik verfeinern, sondern bekam auch unter seiner freundlichen Anleitung an der Hand seines reichen Präparatenmaterials einen tiefen Einblick in den Bau und die Funktion des Wirbeltiergehirnes. Ich durfte in den Herbstferien 1911 und 1912 längere Zeit an seinem Institute arbeiten und habe auf seine Anregung eine kleinere und eine grössere Arbeit veröftentlicht.?) 1), cf. Haecker: Über Lernversuche bei Axolotin. Arch. f. ges. Psychol., Vol. 25,-H- I und 2, 1912. ?, Man vergl. vor allem Edinger, Vorlesungen ete., Bd.1, 8. Aufl., Leipzig 1911, 32. Vorl.: Zur Psychologie. ®) Bindewald: Eine Commissura intertrigemina im Amphibiengehirn. Anat. Anz., Vol. 40, H. 8 und 9, 1911. Derselbe: Das Rhinencephalon von Elephas indieus., Zool. Jahrb., Vol. 35, 4. Heft, 1913. os Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. Geschichtliches. Das Gehirn von Amblystoma ist schon mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen. In älterer Zeit (1575) gab Stieda (33) eine mehr monographische Bearbeitung des ganzen Gehirnes, soweit dies bei der damaligen Technik möglich war. Dort finden wir auch die ältere Literatur verzeichnet. Ein paar Jahre später (1879) schrieb R. Wiedersheim (36) eine ähnliche Arbeit über Amblystoma Weismanni. Osborn (25) schreibt ebenfalls (1885) in seiner Arbeit „A contribution to the internal structure of the Amphibian brain“, Journ. ofMorph., Vol. 2, einiges über den äusseren Bau und die inneren gröberen Strukturverhältnisse von Siredon und gibt auch eine gute Zeichnung (Fig. 1 1. ce.) des Gehirnes von oben. Dann finden sich in der Literatur einige Arbeiten über einzelne Teile des Gehirnes, so Eycleshymer (10) über die Paraphyse und Epiphyse (1892), C. J. Herrick (16) über die Gehirnnerven von Amblystoma punctatum (1594), Coghill (6) über die Gehirnnerven von Amblystoma tigrinum. Ü. J. Herrick (18) behandelt in neuester Zeit (1910) in seiner grösseren Arbeit „Ihe Morphology of the Forebrain in Amphibia and Reptilia“ ') das Vorderhirn von Amblystoma eingehender. Ich werde auf diese Arbeit, in der zum ersten Male eine genauere Darstellung der Faserzüge im Vorder- und Zwischenhirne von Amblystoma (und im Anschlusse daran von anderen Urodelen, Anuren und Reptilien) gegeben worden ist, noch häufiger zurückzukommen haben. Das Entwicklungs- und stammesgeschichtliche Problem, das sich Herrick darin stellt, ist mit seinen eigenen Worten folgendes: „Our immediate problem is the relations of the first recognizable primordia of the cerebral cortex to the other elements of the evaginated cerebral hemisphere and of all of these structures to the more ancient tissues of the telencephalon medium and diencephalon“. Da ja meine Arbeit aus wesentlich anderen Motiven als die seine unternommen ist, so ist es mir wohl erlaubt, den- selben Gegenstand zu untersuchen, zu vervollständigen und nach- ', Gewissermassen die „vorläufige Mitteilung“ zu dieser Arbeit findet sich in Anat. Anz., Vol. 36, 1910: „The morphology of the cerebral hemi- spheres in Amphibia“. Gleichzeitig möchte ich hier auf das umfassende Referat der beiden Arbeiten in Folia Neurobiol., Vol. 5, Nr. 6, 1911 verweisen von Ariöns Kappers, der auch auf einige Unstimmigkeiten aufmerksam macht. 1* 4 GC. A. E. Bindewald: zuprüfen. Ferner wurde Amblystoma noch von Me. Kibben (22) bei seinen Untersuchungen über den Nervus terminalis benutzt. Das Gehirn anderer Urodelen hat ebenfalls noch nicht allzu viele Bearbeitungen erfahren. Von Untersuchungen über das ganze Gehirn wären zu erwähnen: Osborn (24) Amphiuma (1883), derselbe (25) (siehe oben) ausser Siredon noch Amphiuma, Crypto- branchus, Necturus, Proteus und Siren (1588). Susanna Phelps, Gage (12) Diemyetylus (= Triton) viridescens (1593); Fish (11) Desmognatlus fusca (1595); Kingsbury (23) Necturus macu- latus (1895); Dodds (7) Plethodon glutinosus (1907); Hirsch- Tabor (19) Proteus anguineus.') Die Untersuchungen sind also bis auf eine von amerikanischen Forschern angestellt worden. Einzelne Teile des Gehirns wurden bearbeitet: Burckhardt (5) Untersuchungen am Geruchsorgan von Triton (und Ichthyophis) (1891), van Gehuchten (15) über das Basalganglion und die Commissura hab. bei Triton; C. J. Herrick (181. c.) hat ausser den Angaben in der Literatur für seine Untersuchungen am Vorderhirn noch Uryptobranchus und abermals Necturus (siehe Kingsbury) herangezogen. Das Vorderhirn von Salamandra mac. ist von Bochenek (3) behandelt (1899); ich werde auf diese Arbeit noch zurückzukommen haben. Faserzüge und Zell- anordnungen im Vorderhirn von Siren lacertina hat Röthig (30) gegeben (1911) und als Fortsetzung dieser Arbeit (31) seinen fünften Beitrag zum Studium des Zentralnervensystems der Wirbeltiere (1912), wo er von Urodelen Diemyetylus (= Triton) viridescens, Spelerpes fuscus, Hynobius, Neeturus maculatus, Cryptobranchus japonicus untersucht. Auf diese beiden Arbeiten werde ich noch öfters verweisen. Me. Kibben (221. ce.) beschreibt den Nervus terminalis noch bei Necturus, Diemyetylus, Amphiuma. Von der Beschreibung anderer Hirnteile bei Urodelen ist mir nur bekannt: Röthig (29) in seinem dritten Beitrag zum Studium des Zentralnervensystems der Wirbeltiere (1911) „Zur Phylogenese des Hypothalamus“, wo er dieselben Objekte wie in seinem fünften Beitrag (31) benutzt. Über das „Kleinhirn“ von Proteus habe ich selbst (2) geschrieben (1911). Einzelne Angaben sind noch in der Literatur zerstreut. Die entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten habe ich, da nicht in den Rahmen meiner Arbeit passend, nicht ') Eine monographische Arbeit über das Gehirn von Cryptobranchus hat noch Röthig angekündigt. N { N Tr ns i & N \ 2 J E j N PA dB | » | { D | ’ A 1% eM 4 a a en u - ’ 4 4 H. 1% 0 u \ A 4,8 ir 2 0 2 ' AIR | i 3 1 = LK ’ 4 u }° [3 - } ’ > N y ah ala ya Ike = j Re u ih EIpN P A 2 Zu | " N er k wer > - Tabelle I. Homologe Teile da, Vorderhirns der Amphibien. (Siehe die Anmerkugen auf Tabelle IIT.) P.Ramöon y Cajal| Gaupp Bochenek Edinger Kaoppers Snessarew eoleik Röthi Zn 1896 1897/99 1599 1908 08 1908 1910 19a in u ald (Frosch) (Frosch) (Salamandra mae.) | (Vorlesungen Vol. II) (fnsch) (Frosch) (Amblystoma u. a.) ee) ee) onadnaneunde Formatio pallialis Pallium Dorsal-mediale Pars dorso-lateralis. | Pars dorso-lateralis E i la paroi externe du lateralis. Binde. . | Pars dorso lateralis. cerveau; Portion su- | # perior de la corteza. | "= Angle dorsal. = Formatio pallialis Pars dorso-medialis. | Pars dorso-medialis. | Pars dorso-medialis 2 dorsalis } >] au) . . 5; Septum ou cloison. Formatio pallialis Septum. medialis. Region courbe; Regio arcuata Äusserer Zellenzug. Prominentia latera- | (Nicht vorhanden!) Portion curva 6 s. curva. ER arcuada Pars subpallialis. Striatum. Pars ventro-media- | Pars ventro-media- | Pars ventro-media- lis. lis. lis. | Pars ventro-latera- | Pars ventro-latera- | Pars ventro-latera- | lis. lis. lis. Septum ou lame du , Eminentia pallialis Septum Cortex des Epi- Archipilium, Prim- Cortex pallii. Primordium hippo- | Primordium hippo- | Primordium hippo- fornix (? Corpus | medialis. (Anlage derAmmons- sphaeriums. ordiumlippocampi. campi. campi. campi. d’Ammon desreptilis. windung). Suleus limitans Erwähnt, aber nicht Fissiß septo- Sulcus longus media- Suleus limitans Suleus limitans Suleus limitans medialis. benannt. colcalis. lis ventric. lateralis. hippocampi. hippocampi. hippocampi. Epistriatum. ‚„; Zentrales Grau Striatum. Septum. . Medialer längs ver- Eminentia post- | Eminentia septalis | Cellulae septales. Petit lobule olfac- | % des Septum. (Hintere Teil des | laufender Zellenzug. olfactoria (Cellulae septalis). tive. ; Eminentia sept. Septum a e ir Ganglion basal 3 Ganglion Nucleus medianus | Septum: Pars sexta, | Nuel.median septi, (Ganglion prim- > mediale septi. septi (Corpus prae- | Nuel. medialis septi, | , ?Nel.medial. septi, ordial). 2 commissurale). Nucleus later. septi. 3? Nucleus lat. septi. = 123 o Teil des Fimbria- | Pars fimbrialis septi.|@ Pars fimbrialis komplexes septi. Corpus striatum, Ganglion basale. Striatum. Striatum. Corpistriatum. sog. Striatum. Nucleus basalis. Striatum Suleus limitans Suleus @dorhinalis. | Suleus longus late- Fissura endorhinalis | Suleus endorhinalis | (Nicht vorhanden.) lateralis. ralis ventr. lat. (nur bei Anuren). (nur bei Anuren). Lobus oceipitalis. Polus oceipitalis. | Oceipitalregion, Macht auf die Lobus oceipitalis Polus posterior. Polus posterior. falsche Bezeichnung Ocecipit. bei Am- phibien aufmerksam, aber ohne einen Na- men vorzuschlagen. ee u RR MR a Y j f l e.. I ' al ” REN Shore: Ba 00 Fr. Be N EAN DL Le Ye a) Be 2 KA Ku er ? Bunt y a TR Se AL Bm Se \ j E a; Na PN Bea. BRF AED AR ne a in ER RN ui en y ROTE An) 5 Ei nee DEREN N a EN N ” N ir EN a Ä\ TR U 3 Non, N 1 ” F- Pr Tabelle II. Zusammenstellung der beschriebeny sekundären Riechbahnen und ihre Homologie., (Siehe die Anmerkun, in nächster Tabelle.) nn a ——— Ramon y Cajal Gaupp Bochenek Edinger Snessarew Herrick Röthig Bindewald 1896 1897/99 1899 1908 1908 1910 1911/12 1913 (Frosch) (Frosch) (Salamandra mac.) | (VorlesungenVol. II.) (Frosch) (Amblystoma u. a.) (Siren lac. u. a.) (Amblystoma) Fasciculus bulbo- | t Fasciculus (Trac- | Radiatio olfactoria ° Tractus bulbo- Radix olfactoria la- | *Practus olf. dorso- + Tract. olf. dorsalis. | *Radiatio olfactoria | corticalis (Radiatio | tus) bulbo-corticalis | (3. Komponente). corticalis. teralis (die äussere lateralis. dorsalis. corticalis). (a und b Seite 113). Riechwurzel). S E ?Fascic. cortico-med. Radix olf. dorsalis. zum Teil. * Tractus olf. medial. zum Teil. Radix olt. medialis. * Tract. olf. dorsolat. Radix olf. lateralis. Tractusbulbo-oceipi- | + Faseiculus (Trac- | Radiatio olfactoria Radix olfactoria ° Tractus olf. ventro- + Tractus olfactorius | ?? Teile der Radiatio talis. tus) bulbo-corticalis 1., 2. und lateralis lateralis. ventralis. olfactorius ventralis. (Von Kappers zum | (c. S.113, d. S 117 4. Komponente. (ventraler Teil) Teil bestritten; un- | Fasern zur Em post- *? Weil des Tractus | Radix olfactorius richtige Beschreibng. olfact.) olfact. medialis. Tentralse von Snessarew nachgewiesen. ??? Fasciculus(Trac- | 7 2. (unbenannte) | ?1. Komponente der | ?? Tracetus bulbo-epi- Radix (Traetus) olf. | * Tractus olf. media- | + Tractus olf. media- | * Radix olfactoria tus) cortico-medialis Komponente des medialen Vhb. (aus den Mitraliszellen). Radiatio olfact. striaticus. medialis (die mittlere Riechwurzel). lis (ventrale Abtei- lung; Bestandteil des med. Vhb.). lis (Komponente des medial. Vhb., später- hin mit Fornixfasern vermischt). ventralis. Fasciculus olf. late- ralis. ! Tr. bulbo-epistria- tieus. Bestandteil d. äusse- ren Riechwurzel von Ramön falsch dar- gestellt. Tract. olfacto- diencephal. Faseie. retrobulbaris. Fasecie. olfac. para- ventrieularis. ?? Tract. olf. ventro- lateralis. * Radiatio olf. hori- zontalis. Pars interpeduncu- laris comm. anter. Wahrscheinlich eine Riechkreuzung. Fase. olf. commis- suralis (Komponente des med. Vhb.). 7 Fase. olf. commis- suralis (Bestandteil desmed. Vorderhbil.). !Tractus olfacto commissuralis. ?+ Kreazende Teile ? Kreuzender Teil des med. Vhb. ?+ Kreuzende Teile des med. Vhb. ?rKreuzende Teile des med. Vhb. Tabelle II. Die Faserzüge des Vorderhirns und die Commissuren der Lamina terminalis und ihre Homologie I P. Ramon yCajal Gaupp Bochenek Edinger Kappers Snessarew Herrick Röthig Bindewald 1396 189799 1899 1908 1908 1908 1910 1911 12 1913 | (Frosch) (Frosch) (Salamandra mac.) | (Vorlesungen, Vol. II) (Frosch) (Frosch) (Amblystoma u. a.) (Siren lac. u. a.) | (Amblystoma) 7 Tract. cortico-haben. medialis (Fornix) Tractus cortico-hab. bei Reptilien (Fornix) | Tractus cortico-habe- nularis (Fornix) ° Traet, cortico-haben. medialis ° Tract. cortico-haben. medialis 7 Tracet. cortico-haben. medialis " Tractus cortico- habenularis lateralis Fasciculus cortico- habenularis Tractus cortico- habenularis + Traotus cortico- habenularis (Taenia) Tractus communis Commissurae supremae et habenulae T ° Tractus cortico- | habenularis lateralis ° Tractus cortico- habenularis lateralis (Tacnia) 7 Tractus cortico- habenularis lateralis (Taenia) 7 Tract, area-habenu- laris (auch bei Proteus) ° Tractus septo- | habenularis | 7! Traetus olfact habenularis medialis Nicht aufgefunden Tractus olfacto- habenularis + Tractus olfacto- habenularis (Taenia) 7 Tractus olfacto- habenularis (Taenia) 1} l 7 Tractus olfacto- habenularis lateralis ® Tractus olfacto- Ihabenularis medialis | Anm. zu der Klammer: ° Tractus olfacto- habenularis medialis Züge gehören nach meiner Einteilung nicht) dem Vorderhirn an ° Tractus olfacto- habenularis lateralis ° Tractus olfaoto- ı habenularis lateralis 0??? Tractus cortico- hab. medialis oruciatus | Fornix longus | Fornix Fornix \(! Tr. cortico-mamillaris) |Tractus cortico-mamill (eigentlicher Fornix) Tractus oceipito- thalamicus Fornix Columna fornieis * Tr. cortico-thalamieus 7) (aberrante Col. Fornieis)) + Tractus cortico-olf, , * Columna fornicis medialis Te (Kornix) 7 Tractus cortico- tlalamicus Fasc, peduncularis a) Basales Vhb, 7 Fasern aus dem Ganglion basale | Fasern a. d. Formatio | | | | | pall. Interalis | b) Mediales Vhb. 7 Kasc. olfactorius- Fasc. olfuctorius- | | commissuralis | | | commissuralis Wasciculus cortico-med, Fasciculus cortico-med | | Fornix | | Fornix longus | | Tractus septo- nesencephalicus Tractus septo- diencephalicus + Basales Vorderhirn- | + Basales Vorderhirn- j Basalbündel bündel bündel | | I Tractus striothalamieus) a) laterales Vhb. e} Komponente d, b. V. ‚Sicher noch mehr Züge! idem b) mediales Vlıb. Traetus olfacto- commissuralis Tr. strio-infundibularis Tractus cortico-mamill,, Tr. cortico-mamillaris (Fornix) a) laterales Vhh Tractus striothalamicus Tractus olfacto- hypothalamicus Tract. hypothalamo-olf b) med. Vorderhirnbündl, ? Tr. olf -hypothalamious erneiatus Fornix Basalvorderlirnbündel ‚Medialvorderhbirnbündel I Pe EEE EEG ZZ — + Ventraler Vorder- hirntractus + Basales Vorderhirn- | bündel 7 Basales Vorderhirn- bündel a) }lat.Vorderhirntract. Tractus striotlialamicus) | Auf- und absteigende Züge | Ventrale Komponente der Dract. olf, med. Eigenfasern Columna fornieis Dract eortico-tlialamnicus Mehrere Züge, die nicht‘ b) 7 med. Vorderhirntr. |b) f med Vorderhirnbd. a) + laterales Vhb, |a)+ lat. Vorderhirnbäl. Mehrere Komponenten auf- und absteigend idem identificiert sind b) 7 med, Vorderhirnbal, Tractus olf. medialis | Radiatio olf. ventralis Fasern aus d. Primord Fasern aus d. Septum Columnafornicis-Tasern Fasern des Tr. cortico- Tractus cortico-olf. medialis N Tr. oceipito-thalamic, thalamicus Tr. septo-mesencephalic.| ? Tr. septo-dienceph, ü | 3. Komp. des bas. Vhb,| | Tractus thalamo- | | (! aufsteigend) | | cortiealis 0 Tractus bulbo- | Tract. bulbo-oceipitalis Tr. olfactorius septi | Von K für unwahr- Tract. olf. medialis oceipitalis | (Gaupp) scheinlich erklärt Radix olf. medialis Mractus cortico-medialis| Tractus cortico-med. | Tractus olfact. septi Tr. olt. septi (Reptilien) = ] ] Commissura pallii ou Commissura palli | Commissura pallii Psalterium Commissura pall Commissura palli |Commissura hippocampil * Commissura ° Commissura Psulterium | anterior (Psalterium) (Commissura pallii) Pars caudalis c. a. (c. p.) | hippocampi hippocampi 1. Teil 3. Teil ® a) Comm. pallii anterior ° b) Com. pallii posterior! |a) Comm. hipp anterior|a)® Comm, pallii anterior — (Com. hipp. post, +|b) 22" Pallii posterior ‚Tr. cort. hab. lateralis) Ic) 22% Tr. cort, hab, b) 5 Com hipp. posterior) med. erueiatis (Fasern des Tr. cortico-. : £ d) ?2° X Commissur olf. medialis und eigene) Commissura anterior | Commissura anterior | Quatrieme &taze fasceau|Pars superior s. inter- peduneularis c. u Kreuzende Teile des bas, Vorderhirnbündels interp@donculaire om cortical införieur du Mractus införieur de la! vommissurn Verbindung zwischen beiden Ganglia basalia ? Riechcommissur Paurs inferior Decussutio cortico- medial Kreuzung des med. Vhb. Deenssatio olfactoria Fascic, olfaot, medial commissur Deeussatio des fibres de Vepistriatum Kreuzung des med. Vhb Kreuzende Fasern des | | Commissura anterior | Commissura anterior | Partielle Decussation | des bas. Vorderhirnbäl.| | Commissura corporis | striati | Comm. interstriatia (?) ? Kreuzende tertiäre | Riechbündel | Commissura anterior Zweiter Teil der Comm, \ (Pase, inferieur | Ramön) (Kreuzende olfact, | | Fasern bestri | Praecommissura Pars medialis c. a. | Commissura anterior | | Commissura anterior Teilweise Kreuzung des lut. Vorderhirnbündel Commissura anterior |7 Commissura anterior | | | | | | | | | | | Teilweise Kreuzung des lat. Vorderbirnbündel Pars commissuralis des lat. Vhb. | \ Partielle Decussation |des bas. Vorderhirnbdl Pars olfactoria commissurae anterioris basales Vhb. Pars frontalis commissurae ? Pars frontalis c. a, (e. p) Teilweise Kreuzung des med, Vorderhirntractus ‚Teilweise Kreuzung des med. Vorderhirnbündel [Teilweise Kreuzung des med. Vorderhirnbündel j ße EEE VE EEE EEE I Anmerkung: Es bedeutet: 7 möglicherweise, ? ? fraglich, 22? schr fraglich, ! wahrscheinlich, ° marklos, 7 markhaltig, * gemischt. a er Far Si en N let: pP Rai MDR eR PN we! " | at, Buy bus‘, fr, ee Si rn ir: ed 2 Ri. EITE Aue. 0 re f 77 Pe . Ta f Be r f Es TE A Eo- a z ME a A arziilin . 1. Eli ler a vu Mappe AIL DIE) = Ve Us ur 1a er Fa x Er mer: /R 4 A De an ap ER . re . Oo M # oO Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. berücksichtigt. Somit dürfte die Literatur über das Gehirn der Urodelen so ziemlich erschöpft sein. Dass mir die eine oder die andere Arbeit entgangen sein könnte, ist natürlich nicht aus- geschlossen.') Selbstverständlich musste ich auch zum Vergleich die Anuren heranziehen und zwar vor allem die grundlegende Darstellung Gaupps (13), von dessen Werk C. J. Herrick (S. 442) mit Recht sagt: „his excellent account should be the point of departure for all subsequent work“. Gaupp stützt sich vielfach auf P. Ramon y Cajal (27), den ich ebenfalls berücksichtigt habe. Von neueren Arbeiten kommen die Darstellungen von Kappers (20) in: „Phylogenese des Rhinencephalons etc.“ (1908) und die Arbeit Snessarews (34): „Über die Nervenfasern im Rhinencephalon beim Frosch“ (1908) in Betracht (Bielscho wskv-Methode!); auch sei auf die umfassende Literaturangabe in dieser Arbeit aufmerksam gemacht. Da nun bei den einzelnen Forschern die Nomenklatur sehr verschieden ist, so gebe ich am Schlusse dieses Kapitels die Namen homologer Gebilde in Form je einer Tabelle, um nicht in meiner Darstellung durch das fortwährende Zitieren allzulange aufgehalten zu werden. Ich selbst habe mich der Nomenklatur bedient, die ich für die gebräuchlichste und richtigste halte; ich habe mich selbst den Tabellen in letzter Rubrik angefügt. Die Tabellen schliessen folgende Forscher in sich: P. Ramön, 1596 (Frosch), Gaupp, 1897—99 (Frosch), Bochenek, 1599 (Salamandra mac.), Edinger, 1908 (Vorlesungen), Kappers, 1908 (Frosch), Snessarew, 1908 (Frosch), Herrick, 1910 (Amblystoma u. a.), Röthig, 1911 und 1912 (Siren lacertina u. a.). Material und Technik. Als Material dienten mir erwachsene und fast geschlechts- reife Tiere, die an unserem Institute gezüchtet wurden. An Methoden wurden fast alle gebräuchlichen, meist in Modifikationen, angewandt (siehe unten), wie die von Weigert, Golgi, Ramön y Cajal (Fibrillen), Bielschowsky (Silberfibrillen). Zellfärbungen !) Zu erwähnen wären vielleicht noch die Arbeiten über Gehirnanhänge: Warren (35), „Uber die Entwicklung der Paraphyse und der Pinealregion bei Necturus“ (1905); Bochenek (4), „Neue Beiträge zum Bau der Hypo- physis cerebri bei Amphibien (Triton taen. Salamandra mac.)“ (1902). 6 GC. A. E. Bindewald: fanden statt mit Cresylviolett (Bielschowsky), Thionin, Eisen- hämatoxylin (Heidenhain) nach vorheriger Behandlung nach Dreyer. Ich gebe zunächst eine Liste meines Materials in fort- laufenden Nummern mit Angabe über Färbung und Alter etc. und werde bei meinen Zeichnungen immer die betreffende Nummer der Serie angeben. Es wurden fast ausschliesslich Serien angefertigt. | Alter des, Schnitt- Nr | Signatur Methode ee en Bemerkungen 1 | Aq.adul. 1-6 | Weigert erwachsen quer 2 | Bqa.adul. 1-6 | 3 | Cq.adul.1--7 | SEN DE PEN 4 | Ag.ju. 1-4 2 ca.170 Te.|i) „(uk N | Ba. juv. 1—3 | 239 Zasn 5 ER. 6 Cg. juv. 172 DEREN ee nn 7 | Dg. juv. 14 343 | WRE Be, 8 | Eg. juv. 1-2 | 35, |. sn 9 | Fa. juv. 1-3 Saas 2 Da A horse 37 239 ,, [horizontal 19]. B.hori- 3 a x | Es fehlt ein kleiner 12 | A. med. 1-3 n PadsHns median Teil einer | l Hemisphäre lateral 13] Ag. 1—5 |Bielschowsky |200 „ quer Nachvergoldet 14 | Bag. 1—5 = 200=14, =) x 15 | Ca. 1—5 3 2003, en 16 Doz Zn 17 | Ahbor. 1-5 | e 251 ,, horizontal Etwas geneigt 18 | Bhor 1-5] N 281, | , Stark ” 19 | Ag. 1—5 Cajal 195, quer 20. | Bag. 1—6 * 195% n 21 A 1-3 | Golgi Zuoriles | > 0 u 22 | B 13 | $ BAhı .. aUlz,, 23 | C 1 ” 346 „, ; 505, 24 |D =) # 346, 50 25 | E 1—2 |346 „, a wer 26 | F 1 i 346, 4 502, ZUG; 1—22 AUDrSN. N 60, 28| H 1—20 * 475 .; (Er, 29 1 1—20 73 475 , Me 60 ,, 30 | K 1—15 £ FIN ;, N 607, 3l|L 1—7 3 144 ,„ horizontal 90 ,, 32|M 1—7 . 144 ,, 2 3055 33 | N 1—7 e 145: ,, median 905% 34 | 0 1—6 145 ,, ‚horizontal 9085 Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. Y; | Alter des | Schnitt- Nr. Signatur | Methode N: 3 Bemerkungen : | Tieres | richtung | 3a. P 1--5 Golegi ‚145 Tage| median YV u 35|Q 5) ul 3 | 90 „ 37 | R 1—2 147 , horizontal 30m 3518 1—6 | 5 Aa median 9075 39 ı 7 1-5 | 5 1a > | 90 „ 4 U 1-5 | % 147 , horizontal| 307% 4|V 14 | 147 „| median | 90. 42 ı W 1—4 n 147 ,„ horizontal SU, 43|X =, = 230 „ | quer | 90m 4|Y 1-11 230 -,, Ba 90 „, 45 ı Ag. 1—5 | Cresylviolett 190 Ä, 5 | 46 Bo. 1—5 ER NOSD 5: 47 | Ca. 1-6 .| n Babe a 48 eAhor 8, R\ 1225 ,„ horizontal 49 | A 1—17, Thionin 2600ER; quer 50 |Aq. 1-4 |Heidenhain') 230 „, N OR 51 | Be. 34-9 | A san... Sa ee 22 | | | räger 52 |Ca. 17 2agWl rn R 53 | Dg. ie v DB | en Gehirn pathologisch 942) Ahor. 2110| er 239 ,, horizontal 55 | Am. 1 | % Day: median Alle diese Serien waren bis auf einzelnes Wenige brauch- bar. Die Färbungen waren oft mit grossen Schwierigkeiten ver- knüpft, so dass unzählige Versuche zuerst notwendig waren. Es scheint das (Gewebe des Axolotl eine besondere Struktur zu haben (eine sehr niedrig stehende embryonale?); denn gleichzeitig be- handelte Gehirne von Fröschen und ganz jungen Kaninchen er- gaben ganz gute Färbungen, während die Färbung bei Axolotl vollständig ausblieb. Auch andere Herren, die nach mir Färbungen anstellten, sind auf ähnliche Schwierigkeiten gestossen. Im grossen und ganzen habe ich gefunden, dass man die Reagenzien in stärkerer Konzentration und längere Zeit (mit Ausnahme der Golgi-Methode) als üblich einwirken lassen muss, so dass alles gut durchdrungen wird. Für die Weigert-Methode habe ich folgende Modifikation am günstigsten gefunden: Das Gehirn wird aus dem Schädel herauspräpariert und kommt auf drei bis fünf Tage in das übliche Formol (4 °/o). !) Die Färbung der Schnitte hat mein Freund Hans Leo Honig- mann übernommen, wofür ihm auch hier bestens gedankt sei. to) CA, Er Bin dewanld: Ich habe auch, wie in der alten Weigert- Methode angegeben, die Gehirne auf ca. 14 Tage in 5proz. Kaliumbichromat gebracht und dann weiter behandelt, bin aber wieder davon abgekommen; hauptsächlich aus zwei Gründen. Erstens spart man Zeit, zweitens werden die Gewebe sehr dunkel, während bei der einfachen Formol-Behandlung die Kontrastwirkung eine ungleich grössere ist, blassgelbes Gewebe, marineblaue Markscheiden, anstatt dunkelbraunes Gewebe, dunkelblaue Markscheiden. Darauf wurde mehrere Stunden in fliessendem !) Wasser aus- gewaschen. Das Gehirn kommt nun auf drei Tage im Wärmeofen bei 37°C. in eine Mischung von fünf Teilen 5proz. Kalium- bichromat und 100 Teilen 2proz. Fluorchromlösung, wobei es sich empfiehlt, die Fluorchromlösungen jedesmal frisch herzustellen. Das überflüssige Chrom wird wieder gut ausgewaschen, was in 70 proz. häufig gewechseltem Alkohol in ca. 3 Tagen geschieht. Nun entferne man vorsichtig das Adergeflecht über der Oblongata. Es schlägt sich nämlich darin leicht Kalk und Flußsäure nieder, gewöhnlich sind auch noch die „Kalksäckchen“ daran, so dass ein Schneiden unmöglich wird. Nun wird das Gehirn in Zelloidin einge- bettet. Die zurecht geschnittenen Blöcke kommen auf 2X 24 Stunden zur Kupferung in die übliche Gliabeize bei Zimmertemperatur. Gliabeize: 'a)kCnhprum jacetrn .. .. „0 200, 21 30 b)rEBimorchrom®F 72. 7 c)., Aquandestıt2,% keanz Sur lRcEM Diese drei Reagenzien werden zusammen bis zum Sieden erhitzt. Sobald die Lösung aufwallt, löscht man die Flamme und gibt langsam f d) ‚Achdnaeetsgacr Era lkeet hinzu. !) Ich habe mich zum Auswaschen immer folgender einfacher Vor- richtung bedient, die ich gerade für so kleine Objekte, wie die Axolotl- Gehirne, gut empfehlen kann. Eine weithalsige, ca. 200 ccm fassende Flasche wird mit einem doppelt durchbohrten Kork versehen. In die eine Öffnung kommt eine mehrfach gebogene (siehe Figur) Glas- röhre, die bis zum Boden reicht und in eine Spitze ausgezogen ist. In die andere Öffnung kommt eine U-förmig gebogene Glasröhre, die einen Müller- gazeverschluss trägt, der einfach mit der Glas- röhre zusammen in den Kork geklemmt wird. Man richtet nun die bis zum Boden gehende Glasröhre so, dass der Wasserstrahl der Seiten- wand entlang streicht. So wird das Wasser bei richtiger Regulierung die Objekte in ständiger Be- wegung halten. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 3 Man achte darauf, dass kein Bodensatz bleibt; man halte sich diese Gliabeize stets vorrätig, da sie langsam ausreift. Wiederum wird gut in 70 proz. mehrmals gewechseltem Alkohol ausgewaschen. Man zerlege nun in Schnitte von 30 my Dicke. Zur Herstellung der Serien habe ich mich als der praktischsten der Edingerschen Methode (in den Vorlesungen 1892 im Anhang angegeben, ältere Aufl.) bedient: Abziehen vom Messer mit Papierstreifen und Auf- kleben auf mit dünner Zelloidinschicht versehene Objektträger (doppelt eng- lisches Format 76x52 mm), dann Abtrocknen und abermaliges Ubergiessen mit sehr dünnem Zelloidin, so dass die Schnitte zwischen zwei Zelloidin- schichten liegen. Die fertigen Schnitte kommen nochmals auf 24 Stunden in die Gliabeize und werden kurz ausgewaschen. Die Färbung er- folgt nun in folgender Farbe: a) die übliche Hämatoxylinstammlösung (1:10 make abs Nensola ..0, s Wale lON Teile IEpEOZF AKA SEEN RBAERLIONTE b) Eisenchloridlösung (Ph. G. Iv) VS ER DEU DE Nalardesesr nr Sul ah REN EN TR Beide Lösungen stelle man erst kurz vor dem Gebrauche le ennt her und gebe sie dann zusammen unter ständigem Schütteln. Die Farbe muss tief violettschwarz (nicht braun!) werden; man achte auf gutes Mischen. In dieser Farblösung lasse man die Objektträger über Nacht stehen. Gewöhnlich ist dann alles gut schwarz durchgefärbt, wenn nicht, so hat man zu dickes Zelloidin zum Übergiessen genommen. In diesem Falle stelle man am besten nochmals neue Farblösung her und lasse sie abermals bis zum nächsten Tage stehen. Die Objektträger werden dann in destilliertem Wasser abgewaschen und die Objekte in Borax — rotes Blutlaugensalz differenziert. Man halte folgende Mischung vorrätig: Boraxzı Wr A Meile Rotes Birnen ale en Nero 5; Aqua destapsa 72. 2er; Differenziert wird praktischerweise in Petrischalen, in die man die Mischung noch auf die Hälfte mit destilliertem Wasser verdünnt gibt. Man wasche nun mehrere Tage in öfters gewechseltem Leitungswasser aus. Dann bringe man die Objekte durch die Alkohole bis 96 proz. Alkohol abs. — Chloroform (1:3), Xylol, 10 BASE. Binde wand: und bette unter Glimmerplatten in Dammarharz ein. Man be- schwere praktischerweise die Glimmerplatten mit Bleiklötzchen bis zum Trocknen des Harzes. Kriterium für das Gelingen der Methode: Markscheiden marineblau, weisse Schicht hellgelb, Zellen ocker- farbig. Bei der Darstellung der Nervenfibrillen habe ich durch die von Bielschowsky 1907 vorgeschlagene Vorbehandlung mit Pyridin und durch Anwendung sehr starken Formols auf längere Zeit ausgezeichnete Resultate erhalten. Die Modifikation ist kurz folgende: Die Gehirne werden auf ca. 3--4 Wochen in ca. 30 proz. Formol (12 Teile des käuflichen Formols, 28 Teile destilliertes Wasser), dem ein Tropfen Ammoniak zugefügt wird, gebracht. Nach Abspülen in destilliertem Wasser kommen sie auf mindestens 45 Stunden in reines Pyridin, das dann in der oben beschriebenen Spülflasche solange ausgewaschen wird, bis sich der charakteristische Pyridingeruch verloren hat. Nach mehrmals gewechseltem destil- liertem Wasser kommen die Gehirne auf S Tage in eine 2 proz. Silberlösung, in die ammoniakalische Silberlösung (wie bekannt) auf 53—5 Stunden, darauf in 50proz. Formollösung auf zirka 24 Stunden. Nach dem Auswaschen erfolgt Einbettung in Paraffın und Zerlegung in Schnitte von 6 my. Die Versilberung muss im Dunklen vorgenommen werden. Bei der Golgi-Methode hatte ich die besten Resultate bei je eintägiger Behandlung mit vier Teilen 5 proz. Kaliumbichromat und ein Teil 1proz. Osmiumsäure und ?/ı proz. Silbernitratlösung. Für die Färbung nach Heidenhain habe ich die Methode angewendet, die Dreyer!) in seiner Arbeit über das Blutgefäss- und Nervensystem einiger Nudi- und Prosobranchier anwendete (5. 350/81). Auch hier habe ich sehr schöne Resultate besonders vom Zwischenhirn und den weiter kaudal liegenden Partien er- halten. Im Vorderhirn sind eben zu wenige Markfasern vorhanden, die bei dieser Färbung kaum hervortreten. Die übrigen Methoden : Cajal-Silberfibrillen, Bielschowsky- Cresylviolett und Thioninfärbung habe ich, wie üblich, angewandt. ') Dreyer, Über das Blutgefäss- und Nervensystem der Aeolididae und Tritoniadae. Z. f. w. Zool., Vol. 96, H. 3, 1910. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. LI Äussere Morphologie des Vorderhirns und die Ventrikel. Schon bei der makroskopischen Betrachtung des Vorderhirns von Amblystoma (Fig. AA)!) sieht man, dass von der Ausbildung eines Bulbus olfactorius, etwa wie bei den Reptilien, nichts vor- handen ist. Man wird daher besser gar nicht von einem Bulbus sprechen, sondern die ganze Hemisphäre in einen Lobus olfactorius und einen Lobus hemi- sphaerieus einteilen, wie dies auch schon früher (Snessarew) geschehen ist, und den Ausdruck Bulbus nur bedingt gebrauchen als den Teil, der den vorderen Abschluss der vier Wandteile Herricks (siehe unten) bildet. Der Lobus olfactorius würde dann die Formatio bulbaris, den „Bulbus“ und die Riechstrahlung umfassen (siehe später). Die Hemisphären setzen sich nach vorn glatt fort, der Lobus hemisphaericus geht also ohne sichtbare Grenze (Fovea limbica) in den Lobus olfactorius über (Fig. AA). Auch die mikrosko- pische Betrachtung (am besten in Horizontalschnitten) zeigt uns keine äussere Grenze (Fig. A,B). Auch beim Frosch ist kaum eine solche Grenze zu bemerken. Zwar beschreibt Gaupp noch eine Fovea limbica, aber jüngere Forscher, wie Kappers und Snessarew, haben eine solche nicht mehr auffinden können. Beim Frosch (Snessarew) „zeigt der Lobus olfactorius in seinem dorsalen Teil vorn eine Verdickung, die wie ein kleiner Kopf aussieht, dann nach hinten immer dünner wird (der Hals), um sich wieder zu verdicken und in den Lobus hemi- sphaericus überzugehen.“ Hiervon ist beim Axolotl nichts zu sehen. Die ganzen Hemisphären sind beim Axolotl länglichrund und weisen als einzige Unebenheit den kleinen dorsal gelegenen Bulbulus accessorius auf. Der Riechnerv setzt seitlich an (Fig. AA, O). Miteinander in Verbindung stehen die Hemisphären erst in der Lamina terminalis;: davor werden sie durch eine dünne Lamelle der Pia an den einander zugewandten Flächen median getrennt. Die Poli posteriores?) reichen nicht sehr weit über die Lamina ') Figuren mit Doppelbuchstabenbezeichnung AA, BB ete. finden sich auf der Tafel. °) Die kaudal hinter der Schlussplatte gelegene (Gegend der Hemisphäre wird fälschlicherweise bei den Amphibien von vielen Autoren Polus oceipitalis, Oceipitalpol u.ä. genannt. Da aber bei den Amnioten bei dieser Bezeichnung an die Sehfunktion gedacht wird, so wird man bei den Amphibien mit ihren fast palaeencephalen Hemisphären den Namen besser nicht anwenden. Bereits Edinger macht auf diesen Irrtum aufmerksam (Vorlesungen Vol. 2, S. 302 und 303), schlägt aber keinen Namen vor. 12 C. A. E. Bindewald: terminalis hinaus, sie bilden mit dem Zwischenhirn eine tiefe di-telencephale Furche. Ich habe bereits!) eine Zeichnung des ganzen Gehirnes gegeben und bringe nun hier in Fig. AA, .: Photographien. Auch die Ventrikel sind sehr einfach gestaltet, wie die Horizontalschnitte (Fig. A, B) zeigen. Man kann vielleicht einen Ventriculus lobi olfactorii vorn und einen Ventriceulus lateralis (sive lobi hemisphaeriei) unterscheiden. Frsterer geht besonders ventral ziemlich weit nach vorn und wendet sich hier leicht medialwärts, wo er einen spaltförmigen Raum darstellt (Fig. A, B, 0). Snessarew hat beim Frosch diese vorderste Spitze Recessus medio-frontalis ventric. lob. olf. genannt, weil er an der medialen Wand liegt. Dieser läuft etwas schräg bogenförmig von vorn unten nach hinten oben und verbreitert sich je weiter er dorsal gelangt (Fig. A,D). Eine weitere medial gelegene Vertiefung ist der Recessus medio-caudalis ventr. lob. olf. (Snessarew), der eine ziemlich senkrechte Richtung inne hat und sowohl ven- tral als auch dorsal immer mehr verflacht, bis er ganz verschwindet. Er grenzt den Nucleus olfaetorius anterior (siehe unten) von dem Primordium hippocampi ab und bildet die hintere mediale Grenze des Ventrieulus lobi olfactorii. Die laterale Grenze wird (ven- tral am deutlichsten) von einem Recessus latero-frontalis v. 1. o. (mihi) gebildet. Er liegt an der lateralen Ventrikelwand gegen- über dem am weitesten kaudal gelegenen Glomeruli (siehe unten) und ist auch noch hinter dem dorsal gelegenen Bulbulus acces- sorius zu sehen (Fig. A, B). Er verflacht und verschwindet aber dorsal ganz so wie die medial gelegenen Recessus, ventral reicht er tiefer als der Recessus medio-caudalis. So können wir die Grenze zwischen dem Lobus olfactorius und dem Lobus hemisphaericus wenigstens in den Ven- trikelwänden feststellen. Fast bis an den Recessus medio-caudalis v. 1. o. reicht die einzige den Ventrieulus lateralis seiner ganzen Länge nach durch- laufende Furche, der Suleus limitans hippocampi (siehe unten) Herrick (Fig. F, H, I, Q, R). Im allgemeinen läuft er hori- zontal, nur oral senkt er sich nach unten; kaudal endet er über der Aula. !) Vgl. Haecker, Lernversuche bei AxolotIn (14 1. e.) Fig. 11. c. = > 3 2 Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 15 Cellulae bulbares ventrales Glomeruli Recessus medio-frontal.v.].o. Ventriculus lobi olfactorii Nucleus olfactorius anterior Recessus medio-caudal. v.1.o. Glomeruli Pia zwischen den Ventrikeln Recessus latero-frontal.v.].o. Ventriculus lateralis Nucleus medianus septis (?) Plexus chorioideus lateralis Cellulae septales -Septum ependymale Stratum Foramen interventriceulare Aula Lamina terminalis Recessus praeopticus Fig. A. (Serie 54.) Horizontalschnitt durch die Partes ventrales des Vorderhirns. 14 CENFEI Bin die wald: Cellulae bulbares dorsales Pia Recess. med. front. v.].o. \ Glomeruli Ventrie. lobi olf. an Nucleus olf. anterior Bulbulus accessorius Recess. med. cand. v.1.o. Recess. lat. front. v.1.o. Primord. hippocampi Ventric. lateralis Plexus chorioid. lat. Pars fimbrialis septi Foramen interventr. Plexus chorioid. med. Commiss. hippocamp. Aula Ventriculus tertius Fig. B. (Serie 54.) Horizontalschnitt durch die Partes dorsales der Hemi- sphären, nicht viel oberhalb der Lamina terminalis und dem Sulcus limit. hipp. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 15 Die beiden Ventriculi laterales vereinigen sich zur unpaaren Aula: die Foramina interventrieularia sind ausserordentlich weit (Fig. A). Die Aula steht oberhalb der Lamina terminalis mit dem Ventrieulus tertius in Verbindung (Fig. B). Der Ventriculus lateralis setzt sich nach hinten noch eine Strecke weit in den Polus posterior als Hinterhorn fort (cf. Haecker |. c. Fig. 3). So sehen wir, dass die Hemisphären ausserordentlich einfach gestaltet sind, dass uns die Figuren fast schematisch anmuten. Ehe ich auf die innere Morphologie zu sprechen komme, möchte ich eine kurze Bemerkung über die Einteilung des Vorder- hirns bringen. C. J. Herrick hat, gestützt auf Johnston und His, vorgeschlagen, ein mittleres — zwischen Lamina terminalis und Velum transversum bezüglich Chiasma-Wulst (siehe Figur bei Edinger, Vorlesungen Bd. 2, S. 203) gelegenes — und ein seitliches — die Hemisphären umfassendes — Telencephalon zu unterscheiden (siehe hinten Diskussion S. 64 und 65). Diese Einteilung hat, wenn wir die Entwicklungsgeschichte betrachten, viel für sich. Zu der Zeit nämlich, in der der vordere Teil des Nervenrohres noch in drei Teile — Rhombencephalon, Mesencephalon, Prosencephalon — geteilt ist, ist schon zu beiden Seiten, bezüglich hinter der Lamina terminalis Olfactorius-Gewebe präformiert, dieses stülpt sich dann ganz ähnlich wie die Augen- becher aus und gibt so den ersten Anlass der Hemisphären- bildung. Die Gegend aber, von der die Ausstülpung ausgegangen ist, muss jetzt, da sie etwas ganz Neues darstellt, als besonderer Hirnteil angesehen werden und zwar, da sie hinter der Lamina terminalis gelagert ist, als ein Teil des Telencephalon (Telen- cephalon medium) betrachtet werden; der übrige Teil des Prosen- cephalon bleibt als Diöncephalon übrig (ef. Herricks schematische Fig. 72 [Fig. B’] und die schematischen Figuren Kupffers in Hertwigs Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte, Fig. 506 und 507). Die kaudale Grenze des Telencephalon geht also nach Herrick vom Chiasmawulst zum Velum transversum, fasst also den Nucleus praeoptieus und die Lamina terminalis in sich. Gerade die Verbindungen des Nucleus praeopticus scheinen dafür zu sprechen, dass er zum Telencephalon gehört (cf. auch Herrick, $. 467). Bochenek fand dort eine sekundäre Riechbahn endend. Auch Herrick beschreibt seine Traetus olfacto-habenularis, medialis und lateralis, von ihm ausgehend und zur Habenula laufend, genau so wie die Tractus cortico-habenularis medialis und lateralis von dem Ende der anderen 16 C.A E. Bindewald: sekundären Riechbahn (Tractus bulbo-corticalis) kommen. Schliesslich sah auch Mc. Kibben von dem Nucleus praeopticus,. dass er in engster Ver- bindung mit dem Nervus terminalis steht, dessen Endverzweigungen er dort fand. Röthig (29) dagegen sieht ihn als echten Thalamuskern an und glaubt die Ganglia optica basalia und den Nucleus magnocellularis thalami der Säuger davon ableiten zu können. Trotz alledem ziehe ich es vor, die alte gebräuchliche Ein- teilung Edingers beizubehalten und das Telencephalon, das Vorderhirn, mit der Lamina terminalis abzuschliessen. Auch schon aus praktischen Gründen ist diese Einteilung zu bevor- zugen. Die Commissura anterior, die die Grenzlinie abgibt, gehört zu den konstantesten (Grebilden des Gehirns und ist un- gleich leichter aufzufinden als der Nucleus praeopticus oder das Velum transversum. Dass ersteren bei Amphibien ein leicht auffindbarer Suleus abschliesst, beweist wieder einmal den ein- fachen fast schematischen Bau des Amphibiengehirnes. Zellanordnungen im Vorderhirn. Lobus olfactorius. Der Anordnung der Schichten im vordersten Teile des Lobus olfactorius möchte ich den Namen Lobarformation geben. Sie fasste dann die Formatio bulbaris, die aus den Fila olfactoria und den Glomeruli besteht, und die weiter nach innen gelegenen Schichten zusammen. Die Formatio bulbaris nimmt nur die laterale Hälfte der Lobusspitze sowie einen Teil der lateralen mehr ventral gelegenen Lobus olfactorius- Wand ein (Fig. A—F). Ganz kaudal bildet sie einen dorsal gelegenen Bulbulus accessorius (Fig. AA, B, F, R), von dem noch unten die Rede sein wird. Der Riechnerv setzt seitlich an, und seine Fila erschöpfen sich langsam in den Glomeruli (Fig. M—P). Die Formatio bulbaris bildet hier also nicht. wie bei den meisten Tieren, einen Bulbus olfactorius. Trotzdem wird aber der Name Bulbus für den vordersten Teil des Lobus olfactorius gebraucht (Herrick, Röthig u. a... Legen wir in dieser vordersten Gegend einen Querschnitt durch den Lobus olfaetorius, so finden wir ihn aus den Fila olfactoria, den Glomeruli olf., den Mitralis- zellen!) und der Granula oder Körnerschicht bestehend (Fig. 0). ı) Rubaschkin (32) (1903, S. 217) bestreitet das Vorhandensein der Mitraliszellen bei den Amphibien, da diese für die Säugetiere typisch sind; es handelt sich hier vielmehr um die auch bei Säugern vorkommenden sogenannten sternförmigen Zellen. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 17 Cellulae bulbares dorsales Cellulae bulb. mediales Cellulae bulb. ventrales 5. Körnerschicht 4. Schicht der Mitraliszellen 3. Zona molecularis 2. Glomeruli 1. Fila olfactoria (Nervus olfactorius) Fig. ©. (Serie 2.) Querschnitt durch die vorderste Spitze des Lobus olfactorius. Cellulae bulbares dorsales R CGellulae mediales Cellulae laterales Ventriculus lobiolf. Letzter Rest der Oellulae bulbares mediales (Gegend der Con- crescentia bulbaris der Anuren) Cellulae bulbares ventrales Fig. D. (Serie 2.) Schnitt durch die vorderste Spitze des Ventriculus lobi olfactorii (Recessus medio-frontalis). Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt. 1. 2 18 GC. A. E. Bindewald: Zona limitans dorsalis Cellulae bulbares dorsales Nucleus olfacetorius anterior (Cellulae mediales) Ventriculus lob. olf. CGellulae laterales Cellulae bulbares ventrales Fig. E. (Serie 2.) Schnitt durch den mittleren Teil des Nucleus olfactorius anterior. Pr.di Pr.di. Tub. olf. Tub. olf. Prim. hipp. IBERVI age Fig. F. Schnitt durch den Bulbulus accessorius. 1. Erwachsenes Tier (Serie 2). 2. Zirka einjähriges Tier (Serie 7). b.a. — Bulbulus accessorius; c.b.v. — Üellulae bulbares ventrales; n.o2 — Nervus olfactorius secundus; n.0.a. — Nucleus olfactorius anterior; Pr.dl. — Prominentia dorsolateralis; Pr. vl. — Prominentia ventrolateralis; Prim. hipp. — Erster Anfang des Primordium hippocampi; s.1. = Suleus limitans hippo- campi; st.s. — Stratum semilunare; Tub. olf. = Tuberculum olfactorium ; V. = Ventriculus lobi olf. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 19 Die Mitraliszellen sind von den Glomeruli durch eine zellfreie Schieht, Zona moleeularis, getrennt. Wir haben demnach in dieser Gegend fünf Schiehten zu unterscheiden (von aussen nach innen): Fila olfactoria, Glomeruli olfaetorii, Zona molecularis, Schicht der Mitraliszellen, 5. Körner oder Granulaschicht (Fig. C—F, M—R). Wir haben hier einen Unterschied gegenüber dem Frosch (ef. Fig. 27 und 30 bei Gaupp), wo sich (Gaupp, Rubaschkin, Kappers, Herrick) die Zona moleeularis zwischen Mitralis und Körnerschicht befindet. Röthig legt auf die Trennung ın Mitralis und Körnerschicht keinen Wert. Er schreibt (30) (1911, 8.5): „Die Zellulae mediales bilden am Rande der medialen Bulbusfläche eine dichte Lage, während sie sich lateralwärts in lockere Zellgruppen auflösten, so dassman danach noch zwei Unterabteilungen dieser Zellgruppen unterscheiden könnte; von einer Benennung derselben wird aber abgesehen“. 1. Die Fila olfactoria bilden eine Masse wild durch- einander laufender Fibrillen, die teils einzeln, teils zu Bündeln vereinigt über-, unter- und durcheinander laufen (siehe unten Fig. M—(Q), um sich dann aufzulösen und 2. die Glomeruli zu bilden. Zwischen und an diesen besonders an der Grenze zur . Molekularschicht liegen Zellhäufchen, die den sub- glomerulosen Zellen Rubaschkin’s (beim Frosch) und den intraglomerulären Neuronen P. Ramöns (27) (1596) (cellules panach6es intraglomerulaires) (beim Frosch) ent- sprechen. Sonst findet sich hier und da eine Mitralis- zelle verstreut. | | 4. Die Schicht der Mitraliszellen bildet einen wohl abgrenz- baren Bezirk, der sich deutlich durch die weitere Lage der Zellen kennzeichnet (Fig. 0). Diese ziehen, wie gleich hier bemerkt, bei Färbungen mit Thionin und Uresylviolett rascher als die Körnerzellen aus und sind so an ihrer blasseren Färbung kenntlich; sie besitzen bedeutend weniger Chromatin als die Körnerzellen. Oft sieht man an ihnen Protoplasmafortsätze, die sich bald gabeln oder teilen (Näheres siehe unten). en u VE So) o ah 20 C. A. E. Bindewald: 5. Die Körnerschicht bildet am ganzen medialen und vordersten Rand (Fig. A—C) einen dichten Zellbelag und erstreckt sich besonders dorsal und ventral bis in die Glomeruli (Fig. C); man kann drei Abschnitte unter- scheiden: Zellulae bulbares ventrales, Zellulae bulbares mediales, Zellulae bulbares dorsales Röthig. Die Zellulae bulbares mediales bezeichnen da, wo sie sich denen des anderen Lobus olfactorius nähern, die Stelle der Concrescentia bulbaris, die sekundäre (Kappers) interbulbare Verwachsungskommissur, wie sie für die Anuren charakteristisch ist. Diese selbst oder nur eine Andeutung davon fand ich auf keinem einzigen meiner Präparate, während Röthig sie ver- schiedentlich (Siren lacertina, Spelerpes fuscus) schwach ent- wickelt fand. Die Zellulae bulbares dorsales und ventrales sind noch lange kaudalwärts als wohl abgrenzbare Bezirke zu unter- scheiden (Fig. D, E), besonders die ventralen sind stark ent- wickelt (ähnlich bei Spelerpes fuscus). Noch ehe der Ventriculus lob. olf. auftritt, rücken die Zellulae bulbares mediales von der medialen Wandung der Hemisphäre ab. Sobald dann der Recessus medio-frontalis l. o. auftritt (Fig. D), wird durch ihn die Zellmasse in zwei Lagen geteilt, die Zellulae mediales und laterales, je nachdem sie an den Ventrikel angrenzen. Immer weiter rücken die medialen Zellen von der medialen Oberfläche ab und ordnen sich eircum- ventrieulär; ventral zeigen sie noch durch ihre oberflächliche Lage die Gegend der interbulbaren Verwachsung an und gehen in die Zellulae bulbares ventrales über (Fig. D). Die ganze Masse der medialen (und die die dorsale Wölbung des Ventrikels umgebenden) Zellen, die die Ventrikelspitze um- geben und weiterhin die mediale Wand bekleiden (Fig. E, F), hat Herrick mit vollem Recht Nucleus olfactorius anterior genannt, weil er eine Menge markloser und auch markhaltiger Fasern aus den Mitraliszellen darin enden sah. Wir werden später sehen, wie die meisten Fasern der sekundären Riechbahnen hierhin gelangen. Mir will es scheinen, als ob dieser Kern ziemlich deutlich von den lateralen Zellen abzugrenzen wäre (wenigstens oral) und zwar hauptsächlich in der Nähe des Angulus dorsalis des Ventrikels, wo die beiden Zellmassen durch eine Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 2 deutliche zellfreie Zone — Zona limitans dorsalis, wie ich sie nennen will — voneinander getrennt sind. Auch medial reichen die Zellen nicht ganz dicht bis an die Ependymzellen des Ventrikels heran (Fig. E). Ventral biegt die Zellmasse nach dem Angulus ventralis des Ventrikels zu um und grenzt dort an die Zellulae laterales, jedoch so, dass zwischen diesen und den Zellulae bulbares ventrales ein zellfreier Raum bleibt (Fig. E). Die kaudale Grenze des Nucleus olfactorius anterior lässt sich an den Zellanordnungen kaum feststellen; sie ist jedoch im Ventrikel durch den Recessus medio-caudalis v. l. o. (siehe oben) gekennzeichnet. Die Zellen setzen sich aber noch darüber hinaus fort, besonders dorsal, wo der Recessus m. c. verflacht, und so verliert sich der Nucleus o. a. wohl, wie bereits Herrick angibt, in die dorsale und mediale Wand des Ventriculus lateralis. Die Zellulae laterales breiten sich in der Gegend des Nucleus olfactorius anterior dorsal etwas weiter über die Hemi- sphäre aus. Auch die Zellulae bulbares dorsales werden hier wieder zahlreicher und bilden ein grösseres Zellenareal (besonders stark auch bei Siren), ein schwaches Tuberculum bulbo-laterale Röthig (Fig. F). Dicht dahinter finde ich einen nicht allzu deutlich ausgeprägten Bulbulus accessorius dorsalis. Es zieht ein starker Strang Fila olfactoria !) direkt dorsal und bildet sein eigenes besonderes Areal von Glomeruli. Dann folgt eine Molekularschicht und ein Stratum semicirculare Röthig von Mitraliszellen, das dann in die laterale Mitralisschicht der Lobarformation übergeht. Dann folgt natürlich die Körnerschicht (Fig. F, R). So finden wir beim Bulbulus accessorius nochmals alle Strukturen im kleinen wiederholt. Etwas deutlicher ausgeprägt finde ich den Bulbulus accessorius bei nicht ganz ausgewachsenen zirka einjährigen Tieren.?) Röthig findet einen Bulbulus accessorius auch bei Siren lacertina, wo er in der gleichen Gegend wie bei Amblystoma liegt, aber viel deutlicher ausgeprägt ist. Auch bei Spelerpes fuscus ist er vorhanden, liegt aber hier ventral wie bei den Anuren, wo auch mehrere Bulbuli (2—5) vorkommen !) Snessarew bezeichnet beim Frosch einen solchen Strang als Nervus olfactorius secundus. ?®) Es hat fast den Anschein, als ob mit dem Auswachsen des Gehirns der Bulbulus in die Hemisphäre hineingedrückt wird (und sich hierdurch auch die übrigen scharfen Strukturgrenzen verwischen), da die Schädelkapsel keinen Raum für ihn bietet. 22 GAB. Bindewakd: (Edinger); bei Necturus, Oryptobranchus lässt sich kein „distinkter Bulbulus“ abgrenzen (Röthig), ebenso nicht bei Salamandra ') und Triton.’) Wir hätten demnach folgende Reihe in der Ausbildung eines Bulbulus accessorius: 1. Necturus, Uryptobranchus, Salamandra, Triton kein Bulbulus. Amblystoma schlecht ausgeprägter dorsaler Bulbulus. . Siren lacertina gut ausgeprägter dorsaler Bulbulus. . Spelerpes fuscus gut ausgeprägter ventraler Bulbulus. . Anuren ein bis mehrere gut ausgeprägte ventrale Bulbuli. Wo 00 & ot So sind wir denn auch lateral an das kaudale Ende des Lobus olfactorius gekommen, sobald kurz dahinter im Ventrikel der Recessus fronto-lateralis v. l. o. (siehe oben) auftritt. - Von der Riechstrahlung, die ebenfalls noch zum Lobus olfactorius gerechnet wird, wird später die Rede sein. Die sich bald aus- breitenden lateralen und die superficiellen Zellen, die gleich Erwähnung finden, gehören jedenfalls nicht mehr dem Lobus olfactorius an, bilden aber vielleicht eine Grenzlinie. Lobus hemisphaericus. Schon in: der Gegend des Bulbulus accessorius hat sich der Ventrikel dorsal stark ver- breitert, und mit ihm hat auch das dem Nucleus olf. ant. dorsal anliegende Grau stark an Breite zugenommen (Fig. H). Ventral wird innen am Ventrikel beginnend jetzt ein seichter Suleus sichtbar, der an der medialen Fläche im Bogen nach oben hinten aufsteigend und dann horizontal verlaufend die Hippocampus- Anlage (siehe unten) abgrenzt, der Sulcus Jimitans hippo- campi°) (Fig. F, H, I; Q, R). So wird die mediale Wand durch diesen Suleus in zwei: Teile geteilt. Nach Herrick bildet die ganze Hemisphäre in natürlicher Weise fünf Teile: Ganz oral den :„Bulbus olfactorius“ ; dann nach Auftreten des .Ventri- eulus lateralis vier Quadranten, die je nach ihrer Lage benannt werden: !) Bochenek erwähnt nichts von einem Bulbulus accessorius. >) Von einem Bulbulus accessorius sah ich an Präparaten von Triton (durch Herrn Schnakenbeck am hiesigen Institut hergestellt) keine Spur. >) Kappers (in dem Referat über. Herrick in den Filia Neuro- biologica, Vol. 5, Nr. 6, 1911) will den Namen Suleus limitans hippocampi durch den von ihm 1908. vorgeschlagenen Namen. Fissura septo-corticalis ersetzt wissen, weil der Name Sulcus limitans bereits für. eine Furche im Zwischenhirn angewendet wird, was. zu Irrtümern führen. könnte. Meiner Meinung nach ist der Zusatz „bippocampi‘ vollständig. ausreichend, um einen Irrtum zu vermeiden; ich finde den Namen. durchaus klar und zweckentsprechend. [85] > Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. Fissura arcuata Gpp. Zona limit. medialis Gpp. Sule. limit. hippoc. Herrick Suleus limit. later. Gpp. Zon&a Y Fig. G. Frosch, Schema der vier Hemisphärenquadranten. II Pars dorsomedialis. III Pars dorsolateralis. IV Pars ventrolateralis. V Pars ventromedialis. ( Pars pallialis Gaupp (oberhalb des Striches) ! Pars subpallialis Gaupp (unterhalb des Striches) \ Pr>dl> "Prim hipp i Cell.sup. Proyie Pr. med. Nuel. med.sept. Fig. H. (Serie 7.) Etwas schräger Querschnitt hinter dem Bulbulus acces- sorius. Die rechte Hemisphäre zeigt die superficiellen Zellen (siehe Text, Seite 25 und 26); auf der linken Hemisphäre ist bereits ein schwer abgrenz- barer Nucleus medianus sept. zu sehen. Cell. sept. — ÜCellulae septales; Cell. sup. = Cellulae superficiales; Prim. hipp. — Primordium hippocampi; Pr. dl. = Prominentia dorsolateralis; Pr. med. — Prominentia medialis; Pr. vl. = Prominentia ventrolateralis ; Nucl. med. sept. — Nucleus medianus septi; S.l.h. —= Sulcus limitans hippocampi; Z.l. = Zona limitans medialis. 24 C. A. E. Bindewald: Fig. I, 1-6. (Serie 2.) Die Verhältnisse des Septum ependymale und die Verschmelzung der beiden Partes ventromediales (siehe Seite 28 und 29). Die Schnitte liegen je 60 „ auseinander. E.s. — Eminentia septalis; Par — Paraphyse; P.f.s. — Pars fimbrialis septi; P.m. — Prominentia medialis; Pr. v. — Prominentia ventralis; S.e. = Septum ependymale; S m. = Septum mediale; S.1 Sulcus limitans hippo- campi; T.t. — Taenia fornieis (Herrick); Z.1.h. — Zona limitans hippocampi. [80] U Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 2. Pars dorso-medialis \ DH : i ei “. > Pars pallialis Gaupp (siehe Tab. ]). 3. Pars dorso-lateralis ) 4. Pars ventro-lateralis RE L 2 ONPars subpallialis Gaupp. 5. Pars ventro-medialis ) (Gerade beim Frosch sind die vier Hemisphären-Quadranten besonders gut abgegrenzt, nicht nur durch innere und äussere Grenzen (Sulci, Fissurae), sondern auch noch durch besondere zellfreie Zonen, Zonae limitantes (Fig. G). Gleichzeitig mit dem Auftreten des Sulceus limitans hippo- campi sieht man medial vom Ventrikelgrau die ersten Zellen des Primordium hippocampi, die, wie gleich hier bemerkt, durch ihre lockere Anordnung gekennzeichnet sind (Fig. F); kaudal vermehren sie sich immer mehr und drängen nicht nur die Ventrikelzellen dorsalwärts, sondern drängen auch in den Ventrikel hinein (Fig. H), so dass wir zu Beginn eine deutliche Vorwölbung in den Ventrikel haben, die sich langsam wieder nach dem Foramen zu ausgleicht, verflacht. Als Grenze gegen die Pars ventro-medialis tritt eine breite zellfreie Zone, die Zona limitans medialis s. hippocampi, auf, dieneben dem oben genannten Sulcus limitans hippocampi herläuft (Fig. H, D. Die Zellen des Primordium hippocampi sind nicht adventriculär angeordnet, sie sind vielmehr bis zur Oberfläche diffus zerstreut und viel weitläufiger gelagert wie das übrige Grau, eine Tat- sache, worüber noch zu sprechen sein wird. Die gleiche Struktur bleibt über das Foramen hinaus bis zum Polus posterior bestehen (Fig. K). In der dorsalen Wand erhält sich das dem Nucleus olfactorius anliegende Grau auch weiterhin als undifferenzierte Masse. Lateral verwischen sich gegen das kaudale Ende der Lobarformation hin die scharfen Grenzen zwischen Mitralis und Körnerschicht (Zellulae laterales).. Die ventrolateralen Zellen haben sich schon vorher etwas weiter lateralwärts gestreckt als Prominentia ventrolateralis Röthig; ebenso die dorsolateralen am Bulbulus (siehe oben) als Prominentia dorsolateralis Röthig (Fig. H). Wenig weiter kaudal treten noch ganz lateral einige wenige oberflächliche Zellen auf, Zellulae superficiales (in be- deutend grösserer Menge z. B. bei Siren lacertina), und bilden mit den Ausläufern der Prominentiae dorso- und ventrolateralis 26 C. A. EB. Bindewald: eine die ganze laterale Hemisphärenwand überdeckende Zell- schicht; ihre Zellen sind jedoch nicht so dicht angeordnet wie die Zellulae laterales, liegen auch vielmehr in einzelne Häufchen verteilt als gleichmässig diffus (Fig. H). So haben wir hier viel- leicht eine natürliche Grenzlinie des Lobus hemisphaericus gegen den Lobus olfactorius. Die weitgehende Differenzierung, die diese Gegend bei Amblystoma und mehr noch bei Siren lacertina zeigt, legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein ganz distinktes Zentrum mit spezieller Funktion handelt. Vielleicht stellen spätere Untersuchungen heraus, dass es sich hier um eine Station des Oralsinnes handelt, der ja offenbar beim Axolotl eine grössere Rolle spielt (cf. Haecker [14] Lernversuche |. c.). Herrick hält zwar seinen Nucleus postolfactorius — Eminentia postolfactoria — vorderer Teil der Pars ventro-medialis mit der Prominentia medialis (Röthig und ich) mit dem Tuberculum olfactoriorum (der Säuger) — Lobus parolfactorius Edinger, der Sitz des Oralsinnes, für identisch (siehe unten). Weiter kaudal treten die Zellen wieder ganz an den Ventrikel zurück und bilden ein gleichmässig ausgedehntes Grau. Die Pars dorso-lateralis und ventro-lateralis sind keineswegs, nicht einmal durch eine schwache Andeutung einer Zona limitaus lateralis (wie beim Frosch), geschieden. Auch von einer Prominentia lateralis und ventralis, wie sie Röthig in seinen Arbeiten beschreibt, ist nichts zu sehen (Fig. H,1.Hem). Erst in der (Gegend, wo das Septum (siehe unten) sehr schmal geworden ist, lassen sich wieder besondere Areale abgrenzen. Die Pars ventromedialis, das Septum schlechthin, ist besonders von Röthig (31) bei Urodelen und Anuren eingehend untersucht worden. Zunächst wird sie oral von dem adventri- kulären Grau ohne jegliche Differenzierung eingenommen, eine unscharfe Grenze nach oben bildet der Suleus limitans hippocampi. Die ganze Gegend hat Herrick als Nucleus postolfactorius bezeichnet, Röthig nennt sie, da sie sich medialwärts etwas weiter als das übliche Grau erstreckt, Prominentia medialis (Fig. H,D). Bald wird die’ Grenze zwischen ihr und dem Pri- mordium hippocampi deutlicher durch die immer breiter werdende Zona limitans medialis s. hippocampi. Weiterhin kaudal. werden die Zellen hier lockerer gelagert und verbreiten sich mehr medialwärts. Röthig grenzt nun die medial gelegenen Zellen von denen um den Ventrikel gelegenen ab und unterscheidet Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 27 zwei besondere Kerne, einen Nucleus medialis septi und einen Nucleus lateralis septi. Ich halte die Berechtigung dieser Abgrenzungen für: nicht genügend erwiesen, da die Grenzen auf allen vorliegenden Abbildungen von Urodelen zu unscharf erscheinen. wöthig geht nun noch weiter, indem er diesen medial gelegenen Bezirk der Septum-Kerne als sechsten Hauptteil — Septum — Pars sexta — unter Beibehaltung der fünf von Herrick aufgestellten, abgetrennt wissen will, so dass für den fünften Hauptteil (siehe oben), die Pars ventro-medialis, nur die Zellmasse der Prominentia medialis und die Zellen zwischen jenem Septum-Kern und dem Ventrikel übrig bleiben (Fig. H). Bemerkt sei hier, dass Röthig die letzteren bei Anuren (31, 1912, Fig. 29—32 1.c.) als Zellulae septales bezeichnet, dass er also damit die Bezeichnung Septum wieder in einem weiteren Sinne anwendet. Die Zellulae septales gewinnen in der Gruppe der Urodelen selbständigere Bedeutung, da sie sich mehr oder weniger in den Ventrikel hineinwölben ; sie bilden so die Eminentia septalis') Röthig (früher 1911 Eminentia postolfactoria Röthig [30]), die bei Siren, Spelerpes fuscus u. a. (siehe Röthig [31] 1912, Fig. 4, 5, 8, 11, 13, 15a l. c.) besonders vor dem Septum ependymale deutlich gegen den Ventrikel vorspringt. Dorsal davon und unterhalb des Suleus limitans liegt die Pars fimbriales septi, die sich oberhalb des Septum ependymale kaudad bis, in die Nähe des Foramens ausdehnt (Fig.D). Zellen enthält sie wenige; die letzten verschwinden zu Anfang des Foramens (Fig. Iı). Alle diese Zellen sind ursprünglich aus der Prominentia medialis hervor- gegangen (Fig. H, 1). Ich möchte also die Röthigsche Abgrenzung einer Pars sexta°’) nicht akzeptieren und das „Septum“ als Komponente der '!) Eminentia septalis ist gleich einem Teil der Area praecommissuralis Kappers (20, 1908, 8. 203). Gaupps (13) zentrales Grau des Septums (8. 108 und 109) ist — Prominentia medialis — Eminentia septalis Röthie und ich, Gaupps Ganglion septi ist — Nucleus medialis et lateralis septi Röthig. Gaupps Eminentia postolfactoria idem Herrick (18) (Fig. 11 l. c.) (er meint damit aber Nucleus postolfactorius, siehe oben) ist — Petit lobule postolfactif Ramon (27, 1896, Fig. II) L PO, S. 233. ?) Röthig wendet sich hauptsächlich dagegen, die Pars ventromedialis gleich Septum zu setzen (Herrick [18], S. 453); damit hat er durchaus recht, man braucht aber deshalb nicht gleich für dieses — wenn auch 2 [0 0) @. A. E. Bindewald. Pars ventromedialis ansehen. Diese enthielte also die Prominentia medialis, das Septum (als ganzer Bezirk schlechthin) mit den Septumkernen und der Eminentia septalis (Zellulae septales), dorsal liegt über dem Septum ependymale die Pars fimbriales septi, mit anderen Worten: das Septum ist das Zellareal in der Mittellinie vor dem Foramen interventriculare zwischen den beiden lateralen Ventrikeln und den beiden dorsalen und ventralen medialen Hemisphärenteilen als Komponente der Pars ventro- medialis. Es wird dargestellt durch die Eminentia septalis, der vorn medial die Septumkerne anliegen; kaudal wird es ependymal und darüber liegt die Pars fimbrialis septi. Es ist hervorgegangen aus der Prominentia medialis, die ventral seine Basalplatte bildet und die die andere Komponente der Pars ventromedialis darstellt. Die Prominentia medialis bleibt noch weiterhin bestehen, um späterhin mit der der anderen Hemisphäre zu verschmelzen. Ich finde die ganzen Verhältnisse, so wie sie beschrieben sind, bei Amblystoma wieder (Fig. H), jedoch nicht allzu deutlich ausgeprägt. Die Zellen der Pars ventromedialis liegen lockerer als die der Pars ventrolateralis. Man sieht die „Zellulae septales“ in die Prominentia medialis übergehen und weiter kaudad medialwärts stärker und noch lockerer austreten. Einen Nucleus medialis und lateralis septi abzugrenzen, dürfte schwierig sein; Zellfärbungen geben auch keinen Aufschluss (Fig. H). Die Septumkerne liessen sich höchstens aus Analogieschlüssen ab- grenzen. Die Eminentia septalis ist nicht besonders entwickelt; die Pars fimbrialis septi ist deutlich zu sehen. Interessant sind die Verhältnisse des Septum ependymale und des Übergangs der beiden Prominentiae mediales. Sobald das Septum ganz membranös wird (Fig. Iı-s), dringt die Paraphyse in ventraler Richtung zwischen die Hemisphären vor. Sie ist einerseits durch ein schmales Band, die Taenia fornieis (Herrick) mit den dorsalen medialen Hemisphärenteilen verbunden; andern- teils schiebt sie ventralwärts eine ganz schmale Plexus-„Zunge“ vor, die fast an das Septum heranreicht (Fig. Is). Dieses wird sehr rasch so niedrig, dass es nur noch ein ganz schmales, ganz distinkte Gebiet zwischenPars dorso-und ventromedialis — einen neuen Hauptteil einzuführen. Das Septum ist und bleibt eben eine Komponente der Pars ventromedialis. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 29 horizontal gelegenes Band, das ich „Septum ventrale“ nennen will, bildet. Dieses verbindet zunächst beide ventromedialen Teile der Hemisphären (Fig. Is). An seine Stelle tritt bald eine durch die Berührung und Verschmelzung der beiden medialen Prominentien entstandene Brücke (Fig. Is), Der Plexus hat sich zum „medialen Plexus“ in der Aula stark erweitert; von ihm gehen die lateralen Plexus aus, die sich weit nach vorn in die Seitenventrikel er- strecken.) Die Pars ventrolateralis ist die Gegend, in der sich das Striatum befinden muss. Röthig (30) beschreibt, dass bald hinter den superficiellen Zellen eine Massa ventrolateralis (l. c. Fig. 7) auftritt, aus der sich der Nucleus basalis — das Striatum, bildet. Die lateralen Zellen stellen eine laterale Prominentia, ebenso die ventralen eine Prominentia ventralis dar, so dass das Corpus striatum seine Begrenzung durch diese Prominentien erfährt; durch letztere werden auch die Areale des lateralen und medialen Vorderhirnbündels bestimmt. Weiterhin caudad glaubt der gleiche Autor auch bei Urodelen in dem dor- salen Teil der Pars ventrolateralis dicht unter der Prominentia lateralis eine Epistriatum-Anlage zu erblicken, die im Ventrikel auch durch einen schwachen Suleus strio-epistriaticus vom Striatum getrennt ist’ (31, 1912, Fig. 9, 16). Bei Amblystoma finden sich diese Bildungen zum Teil gar nicht (z. B. Massa ventrolateralis), zum Teil schwach entwickelt und relativ weiter kaudad als bei den von Röthig beschriebenen Urodelen. Eine schwache Prominentia ventralis tritt zuerst in der Gegend des „Nucleus medialis septi“ auf, Fasern des lateralen Vorderhirnbündels sind aber schon bedeutend früher sichtbar. Die Prominentia lateralis erscheint erst da, wo das Septum schon sehr schmal geworden ist (Fig. I). Weiter kaudad in der (regend des Foramen sehen wir ähnliche Verhältnisse, wie sie Röthig (31) bei anderen Urodelen beschrieben hat (Fig. K). Wenn wir uns der Schlussplatte nähern, nehmen die ventralen Zellen immer mehr ab, um in der Gegend der Commissura anterior ganz zu verschwinden. Die beiden dorsalen Teile (dorso- medialis und -lateralis) jeder Hemisphäre verschmelzen miteinander und bilden den Polus posterior. Die Zellen sind wieder ceircum- ventriculär angeordnet; medial bleibt noch die Struktur des '!) Man sehe Genaueres über die Plexus- Verhältnisse Warren (35). 30 BA: BR, Bindewarld: Primordium hippocampi erhalten (Fig. L). Ganz kaudal bilden aber die Zellen eine undifterenzierte Masse. Nicht unerwähnt will ich im Anschluss an dieses Kapitel die polnische Arbeit von A. Bochenek (3) lassen: „Drogi nerwowe przcdm62dZa salamandry plamistej“ (siehe Literaturverzeichnis) ; da, wie aus dem deutschen Referat zu entnehmen ist, Verfasser ganz anders als neuerdings einteilt, so war seine Darstellung schwer oben einzureihen.') Nach ihm bildet der Riechlappen den vorderen kleineren Teil der Hemisphäre. Seine Schichten beschreibt er ziemlich richtig, sieht aber nur in den nahe den Glomeruli gelegenen Zellen Mitraliszellen und übergeht auf diese Weise die Molekularschicht. Dass sie aber deutlich vorhanden ist, zeigt sein Horizontalschnitt (Fig. 4 1. e.). Die innere Wand des Riechlappens, die inihrem Bau mehr der Rinde entspricht (wörtlich), nennt er Area (auch Lamina) postolfactoria (Fig. 4 1. c.). - Sie entspricht bei mir den vordersten Zellulae mediales, aber wohl nicht dem Nucleus olfaetorius anterior. Er unterscheidet am breiten Hirnventrikel vier Wände: eine untere, obere, äussere, innere, die alle durch eine innere zellreiche und eine äussere zellarme Schicht gekennzeichnet sind. Die ganze obere und der grösste ihr anliegende Abschnitt der äusseren Wand nennt er richtig Rinden- oder Mantelteil (Pallium). Den kleineren Abschnitt der äusseren, den unteren und den kleinen untersten Teil der Innenwand nennt er Corpus striatum, mit dem Hinweis, dass ja von diesen Gebieten das basale Vorderhirnbündel entspringt. Es ist die ganze Pars subpallialis Gaupps mit allen ihren einzelnen Teilen. Als Grenze der Innenwand. gibt er richtig eine vom Ventrikel her einschneidende Furche (Suleus limitans hippocampi) an, ohne sie zu benennen. Die Zona limitans hippocampi ist in seiner Fig. 1 vor- handen, aber nicht beschrieben. Den vordersten Teil des Corpus striatums nennt er Area olfactoria, die dem Lobus olfactorius dicht anliegt. Das Primordium hippocampi beschreibt er genau und richtig in jeder Einzelheit als Septum und sagt bereits davon, dass es seinen Nervenbahnen nach als Anlage der bei den Säugetieren so wichtigen Ammonswindung zu betrachten ist. Bei den Faserzügen werden wir noch öfters auf diesen. Autor zurück- zukommen haben. Die Faserzüge. Wenn wir die Faserzüge im Vorderhirn von Amblystoma betrachten wollen, so sind wir fast nur auf marklose angewiesen; die markhaltigen sind nicht allzu reich vertreten. Es mag dies seinen Grund haben in der niedrigen Stufe, die das Gehirn zeit- lebens beibehält, die Markscheiden sind nicht voll entwickelt. !) Die andere Einteilung Bocheneks ist anscheinend durch seine Anlehnung an Ramon (27) entstanden, dem ja auch Fehler infolge irriger Vergleichung des Reptiliengehirnes mit dem der Amphibien unterlaufen sind, worauf bereits Gaupp (13) (z.B. S. 102) aufmerksam macht. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 51 Paläocort.? (Röthig) um hippo/Ventrit. campl. ‚/ lateralis OR IS A eh £ P Promi- ER RN. nentia Y 2 RO a lateralis N % X Areal es Epistriatuman- G VE ei lateralen lage (Röthig)? 9 :Vorderhirn- ..... „bundels, Prominentia - Me ee ventralis Areal des medial.Vor: derhirnbdi. Fig. K. (Serie 2.) Schnitt durch die Striatumgegend kurz vor der Lamina terminalis. Polus posterior lateral. Vhbd. _ Commissura u.seine Kreuzung a mediales Vhbd. —- — Commissura u.seine Kreuzung ( ee) Fig. L. (Serie 2.) Schnitt durch die Schlussplatte (cf. Fig. 16 bei Herrick). 32 C. A. E. Bindewald: Radiatio dorsalis Fig. M. (Serie 14.) Schnitt durch die vorderste Spitze des Lobus olfactorius. (Siehe Textfig. C.) Sure _ Cellulae bulb. £ dorsales Cellulae bulb. ventrales Fig. N. (Siehe Fig. M, C, D.) Serie 14. Zirka 110 „ weiter kaudad als M. © os Das Vorderhivn von Amblystoma mexicanum. Edinger (S) macht darauf schon 18585 aufmerksam. Man sieht auch auf meinen Präparaten gelegentlich die „braunen Reaktionen“ Edingers. Genau dieselben Resultate zeigte die Dreyersche Methode mit nachfolgender Heidenhain-Färbung. Auch hier habe ich in allen anderen Hirnteilen die klarsten Bilder, während im Vorderhirn wenig zu sehen ist. Ja diese Methode kann hier noch eher Verwirrung hervorrufen, da sich nämlich oft die langen Protoplasmafortsätze der Ventrikelependymzellen gefärbt haben, die Fasern vortäuschen, ja sogar manchmal färbten sich Dendrite, wie man sie nur bei Goleifärbungen sieht. Im Rhinencephalon müssen wir uns jedenfalls ganz auf die Fibrillenmethode beschränken, und auch sonst musste diese immer wieder, wo nicht volle Klarheit herrschte, zu Rate gezogen werden. Betrachtet man die Riechfaserung, so fällt sofort auf, dass von einer bestimmten Ordnung der Züge, etwa wie sie Snessarew (34) beim Frosch beschrieb, nicht die Rede sein kann. Schon an der äussersten Spitze des Lobus olfactorius sieht man zwischen den Zellen feine Fibrillen, die alle das Bestreben haben, von ventral nach dorsal zu laufen (Fig. M). Kommt man weiter nach hinten, so treten immer mehr Fibrillen auf, die oft zu kleinen Bündelchen vereinigt sind; jedoch laufen sie nicht mehr alle dorsalwärts, sondern ein Teil geht erst horizontal medialwärts, um dann nach dorsal abzubiegen. Die meisten laufen aber immer noch direkt dorsalwärts nach der Gegend dicht unterhalb der Zellulae bulbares dorsales (Fig. N), wo sie kaudal umbiegen. Auch von den mittleren Fibrillen biegt übrigens ein Teil nicht direkt dorsal, sondern wenigstens zunächst kaudal ab; besonders kurz ehe der Ventrikel auftritt, kommen noch besondere horizontale Züge hinzu (Fig. ©). Es laufen nämlich um die ganze Ventrikel- spitze, den Recessus medio-frontalis v. 1. o., eine Menge Fasern, die aus dem lateralen Lobus olfactorius selbst von weit kaudal gelegenen Zellen kommen, die horizontal nach vorn (orad) laufen, die vordere Spitze des Ventrikels umziehen und in den Nucleus olfacetorius anterior gelangen (Fig. ©, rad‘). Zu ihnen gesellen sich noch Fasern aus mehr oral vor dem Ventrikel gelegenen lateralen Zellen (rad‘') und besonders aus den Zellulae bulbares ventrales (Fig. O, rad’‘‘). Mit dem Auftreten des Ventrikels ändert sich das Bild (Fig. P). Eine Menge Fasern (b) (Fig. BB) laufen wohl noch dorsalwärts. um kaudal umzubiegen; allein jetzt beginnen die bereits früher Archiv f.mikr. Anat. Bd.84. Abt. I. 3 34 CASE. Binde wald: kaudal umgebogenen Fasern (a), auf der medialen Wand nach der ventralen Seite zu laufen, um nun den grösseren Teil der zell- armen Zone der medialen Wand zu bedecken und dort frei oder zwischen den Zellen des Nucleus olfactorius anterior zu enden. Die ventralen Fasern (c) laufen jetzt nicht mehr nach dorsal, sondern laufen direkt um den Angulus ventralis des Ventrikels hauptsächlich durch den zellfreien Raum zwischen den Zellulae bulbares ventrales und Zellulae laterales (Fig. P) und gelangen so ebenfalls zur medialen Wand (man sehe das Schema — Fig. BB — für alle diese Verhältnisse). Eine Teilung derart, dass ventrale Fasern nur zu ventralen Teilen und dorsale nur zu dorsalen Teilen des Nucleus olfactorius anterior in Beziehung treten, findet nicht statt. Man sieht vielmehr die dorsalen und ventralen Fasern hier wirr durcheinander (Fig. P). Auch aus den Zellulae bulbares dorsales ziehen Fasern zu diesen (regenden, besonders aus deren kaudalem Rande. Auf den Querschnitten ändert sich das Bild nun nicht mehr viel. Sobald die Zellulae bulbares dorsales ver- schwunden sind, reichen die Fasern bis an die dorsale Oberfläche der Hemisphäre und nun sieht man auch, dass ein grosser Teil der Fasern (a, b’ Schema, Fig. BB) weiter kaudad zieht und nicht im Nucleus olfactorius endet. Diese sind noch eine weite Strecke kaudalwärts zu verfolgen; wo und wie sie enden, konnte ich nicht mit Sicherheit feststellen. Sie scheinen langsam in das dorso- laterale Dach der Hemisphäre auszustrahlen, das somit zum Lobus olfactorius hinzuzurechnen ist. Den Polus posterior, wie Herrick bei der Larve, nicht aber bei erwachsenen Tieren nach- weisen konnte, erreichen sie jedenfalls nicht. Besonders aus weiter kaudal gelegenen Partien des Lobus olfactorius und aus denen des Bulbulus accessorius ziehen Fasern diesem Gebiete zu, und zwar sind dies Fasern aus dem mehr frontal gelegenen Teil des Bulbulus accessorius (Fig. R). Viele Fasern enden in dem dem Nucleus olfactorius anterior anliegenden Grau des Daches der Hemisphäre, also dem „Mantel“. Wahr- scheinlich erreichen sie auch die dorsale Grenze des Primordium hippocampi. Ventral ziehen die Fasern (c‘ Schema Fig. BB) noch eine Zeitlang um den Ventrikel, erreichen hier jedoch nicht mehr die dorso-mediale Wand. Sie laufen vielmehr jetzt kaudal und sind nur spärlich zu Anfang des Primordium hippocampi zu sehen, Sb) ot Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. N Nucleus | !0b. \olfactorius, ‚anterior / Radiat. olf. ventr. Rec.med. | frontalis rad‘ Cellul. bulb. ventr. \ (med.) Fig. O. (Serie 18.) Horizontalschnitt (cf. Textfig. A) ungefähr in mittlerer Höhe der Hemisphäre, um die Radiatio olf. horizontalis (rad, rad’, rad’) zu zeigen. Radiatio olf. dorsalis Nucleus olf. anterior —— Radiatio olf. ventralis Fig. P. (Serie 14, ef. Fig. D.) Querschnitt kurz nach Auftreten des Ventri- eulus lobi olfactorii. 36 CASE. Bindewald: Traetus bulbo-cortiealis (Radiatio olf. dorsalis) Tuberb. olf. Röth. Oralste Zellen d. Primordiums hippoe. Nervus olf. sec. Sule. limit. hipp. Radiat. olf. ventr. (Fasern z. Ge- biet des med. Vorderhirnb. u. z. Primord. bippoe.) Fig. @. (Serie 14.) Querschnitt kurz vor dem Bulbulus accessorius. (Siehe auch Fig. F.) Traetus bulb-ocortiealis Fasern zum Tr. bulbo-cort. Bulb. accessor. Fasern aus dem Bulbulus zum later. Vorder- hirnbündel Fasern z. med. Vorderhirnb. Fasern zum lat. Vorderhirnb. Fig. R. (Serie 14.) Aus mehreren Schnitten kombiniertes Bild der Bulbulus accessorius-Gegend. (Man sehe Text, Seite 21 und 34, 37 und vergleiche Fig. F. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 37. wie auch Herrick (18) angibt. Sicher erreichen sie das Gebiet, wo Fasern des medialen Vorderhirnbündels entspringen. Es sind aber sehr spärliche Fasern, wie ja die um den Angulus ventralis verlaufenden Züge ungleich geringer sind als die beiden anderen. Nun’ scheint es aber, dass nicht alle Fasern aus dem Gebiet des Bulbulus accessorius nach dorsal laufen. Manche (und zwar die aus mehr kaudal gelegenen Teilen des Bulbulus) treten in das Ventrikelgrau nach ventral zu ein und vermischen sich da mit den dort zerstreuten spärlichen Fasern. Diese bewegen sich dem (Gebiet des lateralen Vorderhirnbündels zu. Sicherlich sind unter diesen Fasern auch solche, die wohl dem Lobus olfactorius-, nicht aber speziell dem Bulbulus accessorius-Gebiet angehören. Also hätten wir auch eine Riechverbindung zum lateralen Vorderhirn- bündel (Fig. R). Ähnlich hat dies auch Röthig (30) bei Siren lacertina gefunden .(cf. seine Anmerkung 6, 1. c.). Fassen wir die Befunde der Riechfasern zusammen, so können wir drei Hauptrichtungen unterscheiden, in der die Fasern ver- laufen. Man könnte sie in folgende Züge einteilen (cf. Schema Fig. BB): Bine Radzatıo.olfscetoriardorsalisaa bar); der die meisten Fasern angehören. Sie kommen aus mehr dorsalen Teilen der Lobarformation und aus den Zellulae bulbares dorsales, nur an der Spitze des Lobus olfactorius kommen sie von allen Teilen. Ihre Richtung ist dorsal gerichtet, wo sie nach kaudal umbiegen, um zum grösseren Teil bald im Gebiet des Nucleus olfactorius anterior und dessen anliegenden dorsalen Grau zu enden, zum kleineren Teil ziehen sie nach hinten und bilden so einen echten Traetus bulbo-corticalis. Möglicherweise gelangen auch einzelne Fasern in den frontalen Teil des Primordium hippocampi (Fig. M, N, P—R). 2. Eine Radiatio olfactoria horizontalis (d), deren Fasern horizontal verlaufen und um die Ventrikelspitze biegen. Sie kommen aus allen lateral gelegenen Gebieten der Lobarformation und den Zellulae bulbares ventrales (und mediales) und enden alle im Nucleus olfactorius anterior (Fig. O). Eine Radiatio olfactoria ventralis (c c‘), die schwächste, die aus mehr ventralen Teilen der Lobar- 3* (8) Sb) an GC. A. E. Bindewald: formation kommt und den Angulus ventralis des Ventrikels umzieht. Der grössere Teil endet im Nucleus olfactorius anterior (ce); der kleinere (c’) erreicht die Gegend des medialen Vorderhirnbündels und auch anscheinend die frontalsten Teile des Primordium hippocampi von ventral her (Fig. P-R). Die Fasern aus dem Bulbulus accessorius (im Schema ohne Buchstabe) ziehen teils zum Tractus bulbo- corticalis, teils gelangen sie in das Gebiet des lateralen Vorderhirnbündels (Fig. R). Markhaltig sind sehr wenige Fasern, man sieht einzelne sowohl den Angulus dorsalis als auch den Angulus ventralis um- ziehen, auch aus der Bulbulus-Gegend einige spärliche ventral- wärts laufen. Hierzu ist aus der Literatur zu bemerken: Ra Die Radiatio olfactoria dorsalis entspricht vollständig dem Traetus olfactorius dorso-lateralis bei Herrick (18, S. 421 und 422). „Der Bulbus olfactorius erstreckt sich über die ganze ventrolaterale Wand (gemeint ist zu Beginn des Ventrikels). Aus ihm kommen sekundäre markiose und markhaltige Fasern in den dorsalen Saum des Nucleus olfactorıus anterior und setzen sich in dieser Beziehung kaudad als Tractus olfactorius dorso-lateralis fort. Der Tractus olfactorius dorso-lateralis entspringt aus der ganzen Länge des dorsalen Bulbus olfactorius- Saumes. Die ganze Anzahl der markhaltigen Fasern ist in- folgedessen sehr gross (?) (Fig. 8S—11). Diese markhaltigen Fasern sind indessen alle kurz und endigen in dem anliegenden Grau des Nucleus olfactorius anterior und dem dorso-lateralen Teil der Hemisphäre. Der markhaltige Tractus nimmt aber nicht in dem Maße zu, wie wir uns dem kaudalen Ende des Bulbus nähern und alle seine Fasern endigen eine kurze Strecke weiter kaudad (Fig. 12). Die begleitenden marklosen Fasern dehnen sich zweifellos weiter kaudad aus und erreichen den Polus posterior wie bei der Larve und den Anuren, doch zeigten dies meine Präparate beim erwachsenen Amblystoma nicht.“ Die Bedeutung des Nucleus olfactorius anterior hat Herrick als erster richtig erkannt. Im Gegensatz zu ihm glaubt Röthig (30), dass aus dieser Gegend jedenfalls Faserzüge entspringen und sowohl nach dorsal (Radix olfactoria medialis des Tractus olfactorius dorsalis) als auch nach ventral ziehen (Tractus olfactorius medialis, der sich dem medialen Vorderhirnbündel zugesellt). Im übrigen stimmt meine Radiatio olfactoria dorsalis mit seinem Traectus olfactorius dorsalis überein und dessen drei Wurzeln — Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 39 Radix olfactoria dorsalis, medialis und lateralis — werden bei mir durch die nach dorsal ziehenden einzelnen Faserbündel dargestellt. Bei Bochenek (3) wird meine Radiatio olfactoria dorsalis durch die dritte Komponente seiner Radiatio olfactoria dargestellt. Im übrigen verweise ich auf die Tabelle Il. ad 2. Sekundäre Riechfasern, die so verlaufen wie meine Radiatio olfactoria horizontalis, sind noch von keinem Forscher beschrieben worden. ad 3. Die Radiatio olfactoria ventralis stimmt mit Herricks (18) Traetus olfactorius medialis überein (S. 421 und 422): „Ähnlich wie beim Tractus olfactorius dorso-lateralis biegen marklose und markhaltige Fasern um den Angulus ventralis des Ventrieulus lateralis, um die dorsalen und ventralen Teile des Tractus olfactorius medialis zu bilden. Der ventrale markhaltige Tractus entspringt allein vom rostralen Ende des Bulbus. Alle seine Fasern, die wenig an Zahl sind, endigen bald im Nucleus olfactorius anterior. Die Ausdehnung der Verteilung der mark- losen Fasern habe ich nicht bestimmt, auf der dorsalen Ab- teilung treten sie in das rostrale Ende des Primordium hippo- campi ein und die ventrale Abteilung ist mit dem medialen Vorderhirntraetus vermischt.* Ferner entspricht sie dem Röthigschen Tractus olfactorius medialis und zum Teil dem Tractus olfactorius ventralis. Bei Bochenek (3) wird sie dargestellt durch die erste Komponente der Radiatio olfactoria, die zum vordersten Teil des Striatum, der Area olfactoria, verläuft. Noch verschiedene sekundäre Riechbahnen sind beschrieben worden, die ich weder auffinden noch identifizieren konnte. So beschreibt Herrick bei Amblystoma einen Tractus olfactorius ventro-lateralis (18, S. 422): „Der Tractus olfactorius ventro-lateralis entspringt vom kaudalen Ende des Bulbus olfactorius (er steht mit dem Bulbulus accessorius beim Frosch in Beziehung), und geht direkt rückwärts (wie beim Frosch) dicht am ventrikulären Ependym, um in einer Zell- verdiekung am kaudalen Ende der Pars ventro-lateralis gegenüber der Commissura anterior zu enden, das mit dem sogenannten Corpus striatum beim Frosch in Beziehung steht.“ Ähnlich Röthig (30) mit seinem Tractus olfactorius ventro-lateralis. Auch Bochenek (3) schreibt von einer zweiten Komponenten der Radiatio olfactoria, die zum hinteren Teile des Striatums läuft. Ich habe diesen Zug, den Herrick in keiner seiner Abbildungen von Amblystoma anzeigt, nicht finden können; höchstens wäre er zu identifizieren mit den Fasern aus dem Bulbulus zum Gebiet des lateralen Vorderhirnbündels Bochenek (3) beschreibt ferner einen Tractus olfacto-commissuralis und einen Tractus olfacto- diencephalicus, die beide im Nucleus praeopticus enden. Auch hiervon konnte ich bei Amblystoma keine Spur entdecken. Die vierte Kompo- nente der Radiatio olfactoria Bocheneks, die Ramöns Tractus bulbo oceipitalis entspricht, wird bereits von Kappers (20) für un- 40 @sASH. Bindemald: wahrscheinlich erklärt. Auch ich kann nichts darüber sagen. Im übrigen verweise ich auf die Tabelle II (besonders für die Anuren), Aus dem vordersten Teil des Primordium hippocampi sehen wir einige kräftige markhaltige Fasern kommen, die ziemlich nahe der medialen Oberfläche an dem Nucleus medianus septi vorbeiziehen in das Areal des medialen Vorderhirnbündels (Fig. CC), mit dem sie zum Hypothalamus ziehen. Es ist dies die Columna fornicis Herrick, eine kaudale Verbindung des tertiären Riechzentrums, die zum ersten Male die Anlage des echten Fornix (Traetus cortico-mamillaris Edinger) darstellt. Die Klarlegung des Fornix ist nicht so einfach. Nach Edinger (9, Vorlesungen, 2. Bd., S. 316) werden gewöhnlich zwei Bündel unter dem Namen Fornix zusammengefasst. „Es ist aber zweckmässiger, sie nach ihren Endstätten zu trennen. Aus dem kaudalen Gebiete der Riechrinde hervortretend, ziehen sie zunächst eine kurze Strecke gemein- sam ventralwärts, bis etwa zur Höhe der Commissura anterior und dann wenden sie sich kaudal. Hier nun spaltet sich der nun meist geeinte Stamm in einen Zug zum Ganglion habenulae — Tractus cortico-habenularis — und einen solchen zum Corpus mamillare an der Basis des Hypothalamus, den Tractus cortico-mamillaris. Namentlich der letztgenannte ist ein kräftiges, in seinem Verlauf immer gut ab- scheidbares Bündel. Es verläuft ın gestrecktem Zuge nahe der Medial- ebene im zentralen Höhlengrau des Zwischenhirns kaudal und basal und senkt sich dann in das Corpus mamillare ein. Der ganze Verlauf ist in Fig. 242 (?) zu übersehen.“ Der Tractus cortico-habenularis bildet nun mit dem Tractus olfacto-habenularis die sogenannte Taenia thalami Edinger (siehe 9, Vorlesungen, 2. Bd., S. 212 und 213 und Fig. 189), davon wird noch später die Rede sein. Der Tractus cortico-mamillaris ist dagegen der echte Fornix, wie er hinauf bis zam Menschen erhalten bleibt (man vergl. Edinger, Vorlesungen, Bd. 1, S. 411 und das Schema auf derselben Seite). So liegen die Verhältnisse von den Reptilien an aufwärts. Bei den Amphibien lässt sich nun ein Corpus mamillare noch nicht abgrenzen. Seiner Topographie nach muss es aber in der Gegend liegen, wo das mediale Vorderhirnbündel im Hypothalamus endet. Die Züge also, die aus dem Primordium hippocampi kommen und mit dem medialen Vorderhirnbündel zusammen verlaufen, müssen als Fornix angesehen werden. Die Anlage eines solchen bedeutet entwicklungs- geschichtlich sicher einen Gewinn gegenüber dem Fischgehirn. Ein Fornix ist denn auch von verschiedenen Forschern beschrieben worden und zwar recht verschieden. Einen aberranten Fornix beschreibt noch Herriek (18) in seinem Tractus cortico-thalamicus, den er mit dem Fornix longus Ramöns (27) identifiziert. Er geht aus von dem kaudalen Ende des Primordium hippocampi und erreicht höchst wahr- Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 41 scheinlich den Hypothalamus. Einen ganz ähnlichen Zug beschreibt Bochenek (3) in seinem Tractus oceipito-thalamieus. Den dritten Zug, den Bochenek (3) unter der Überschrift Fornix anführt, ist sein Tractus septo-mesencephalicus (Septum ist = Primordium hippo- campi!). Dies dürfte jedoch ein Irrtum sein und dieser Zug dem Traetus septo-diencephalicus Edinger (9) entsprechen, der bei Vögeln grosse Bedautung gewinnt und von Edinger auch bei Amphibien gesehen wurde, aber nicht sehr weit über das Vorderhirn verfolgt werden konnte. Auch Röthig (30) sieht aus dem Primordium hippocampi (und möglicherweise aus den Septumkernen) Fasern zum medialen Vorder- hirnbündel ziehen, die sich zunächst dem Tractus olfactorius medialis anschliessen, der ebenfalls zu diesem Bündel zielt. Er spricht diese Fasern jedoch nicht als Fornix an, sondern glaubt diesen in seinem Traetus eortico-olfactorius medialis, der aber kreuzend die Commissura hippocampi durchsetzt und zum medialen Vorderhirnbündel zieht, er- blicken zu müssen. Fr kommt zu dieser Ansicht im Anschluss an Kappers (20, S. 208), nach dem bei Rana ein Fasersystem aus der medialen Hippocampusrinde oberhalb der Pars frontalis commissurae anterioris, das sich nach hinten dem medialen Vorderhirnbündel an- schliesst, die erste Anlage des Fornix bildet. Über das mediale und laterale Vorderhirnbündel ist nichts Besonders zu sagen; es ist eben ein äusserst konstantes Bündel, das bereits von Stieda 1875 (33) richtig beschrieben wurde. Bei Amblystoma ist es das stärkste markhaltige Bündel des Vorderhirns (Fig. K,L,EE). Sowohl das mediale als das laterale entsteht in seinem besonderen Bezirk, ersteres in den mehr basalen Teilen der Prominentia medialis, letzteres in der ventro-lateralen Wand; beide haben so vor der Uommissura anterior ihr besonderes Areal (Fig. DD). Sie kreuzen beide zum Teil in der Commissura anterior und verlaufen dann mehr vereint zu weiter kaudal gelegenen Partien. Die kreuzenden Teile des medialen Vorderhirnbündels sind möglicherweise die des olfactorischen Anteils. Auch das laterale Vorderhirnbündel besteht sicher aus mehreren Komponenten, denn man sieht es oft nach der Kreuzung im Diencephalon in mehrere Stränge zerklüftet. Über die Bedeutung des basalen Vorderhirnbündels, worunter ich die beiden (mediales und laterales) zusammenfasse, wissen wir nicht allzu viel. Das laterale zieht hauptsächlich zum Thalamus und Mittelhirn. Herrick (18) sieht in ihm auf- und absteigende Bahnen, vor allem einen Tractus strio-thalamieus und einen Traetus thalamo-corticalis. Ahnliches schreibt Bochenek (3). Das mediale Vorderhirnbündel zieht zum Hypothalamus. Es enthält, wie wir gesehen haben, verschiedene Komponenten ausser seinen eignen Fasern, so einen olfactorischen Anteil und die Fornixfasern. 42 C. A. E. Bindewald: Auch die Entwirrung der Commissuren ist nicht ein- fach. Wir haben oben gesehen, dass sowohl das laterale wie das mediale Vorderhirnbündel in der Commissura anterior kreuzen. Eine weitere Commissur ist nun die Commissura hippo- campi. Von allen Teilen des Primordium kommen Fasern, die ventral herabsteigen, um dann kaudal umzubiegen und in der @ Commissura hippocampi auf die andere Seite hinüber zu gehen. Wir haben also hier eine zweite Verbindung tertiärer Riech- zentren. Diese Commissur ist marklos (Fig. DD). Meine Präparate zeigen den Verlauf nicht allzu deutlich, trotzdem kann ich an Horizontalschnitten die schwach versilberten Fibrillen verfolgen. Herrick (18) teilt die Commissura hippocampi in zwei Teile, in eine Commissura pallii anterior und eine Commissura pallii posterior. Die erstere ist dadurch charakterisiert, dass sie nur Fasern enthält, die mit den dorsalen Teilen (Pars pallialis Gaupp [13]) der Hemi- sphären in Verbindung stehen. Somit sind sie als echtes Psalterium anzusehen, eine Verbindung neencephaler Teile. Die Commissura palli posterior enthält nach Herrick Teile, die von der ventralen Ober- fläche des Polus posterior der Hemisphäre aufsteigen und direkt medial- wärts ziehen, um sich mit der Stria medullaris Herrick (das ist die Zusammenfassung aller Fasern, die zur Habenula hinauf- und hinab- steigen; die Verhältnisse der Stria medullaris sind „very intrieate“) und von da zum Polus posterior der anderen Hemisphäre gehen, also durch die Commissura habenularis. Etwas Näheres über diese Commissur zu erforschen, war mir nicht möglich. Mit Recht wendet sich aber Kappers (siehe sein Referat über Herrick in Folia Neurobiol., Vol. 5, Nr. 6) dagegen, diese Commissur mit einem Namen zu belegen, der für einen echten Psalterinmanteil der Reptilien im Gebrauch ist. Der Polus posterior ist ja nach Herricks eigenen Worten zum mindesten auf der lateralen Seite ein sekundäres Riechzentrum, da ja sekundäre Riechneuronen dort endigen. Verbindet nun eine Commissur diese Zentren, so haben wir es eben mit einer Verbindung palaeencephaler Teile und nieht mit einem Psalteriumanteil zu tun. Herrick sast zwar ausdrücklich (18, S. 425): „Morphologically the dorsal commissure, or commissura pallii anterior, should be defined as containing only fibers, which connect with the dorsal part (pars pallialis) of the hemisphere.*“ Die Fortsetzung dieses Satzes „and all fibers related only with the ventral parts of the hemisphere should be classed with the anterior commissure regardless of their topographie position in the commissural complex at the median plane“ führt Kappers an, um Herrick mit eigenen Worten zu schlagen, da ja die Fasern der Commissura pallii posterior von ventralen Teilen herkämen, übersieht jedoch dabei, dass selbst die ventralen Teile des Polus posterior zur Pars pallialis gehören, da ja der Polus posterior durch Verwachsung von Pars dorso-lateralis und dorso-medialis entstanden ist. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 43 Die Commissura hippocampi ist bei Amphibien überall marklos beschrieben worden. Ganz genauen Aufschluss, von welchen Zellen sie kommt, haben wir noch nicht, da selbst die Golgibilder versagten (ef. Ramön [27], Fig. 12, S. 248, 28, Fig. 4, Taf. XV). P. Ramön sagt ausdrücklich (28.8.1587 und 188): „No-nos ha sido posible comprobar. de un modo autentico, la continuidad de los eilindros-ejes de las pira- mides con Jas fribras de la eommissura intercerebral‘. Nun scheint es mir aber, dass in der Lamina terminalis dicht hinter der Commissura hippocampi noch eine andere liegt, die aus der sogenannten Eminentia thalami Herrick (cf. meine Fig. L mit Herricks (18) Fig. 17 und 18) kommt. Ich schliesse dies nicht nur aus Querschnittsbildern, sondern hauptsächlich aus Medianschnitten (Fig. DD). Da ich aber vor- läufig noch nichts Genaueres über diese Commissur sagen kann und sie ausserdem dem Zwischenhirn angehört, so will ich sie zwar erwähnen, ihr aber vorläufig noch keinen Namen geben (X-Commissur).') Möglicherweise zieht auch noch eine dritte Ab- teilung hinauf zur Habenula; denn ich vermag auch auf Median- schnitten noch eine dritte Komponente hinter der Commissura hippocampi wahrzunehmen (Fig. DD), die sich aber. dann mit der X-Commissur vereinigt. Ich muss trotzdem hier einige Bemerkungen über die Eminentia thalami Herricks machen, da diese wahrscheinlich einen Thalamuskern von grosser Bedeutung darstellt. Nach Herrick ist diese Eminentia dem ventralen Teil des Thalamus zuzurechnen; infolgedessen gehen Fasern aus dem Primordium hippocampi durch diesen Kern hindurch, um zur Habenula zu gelangen, so dass dieser Kern eine Zwischenstation bildet. Dies ist sowohl bei Amblystoma der Fall als auch ungleich deutlicher beim Frosch.”) „Die Fasern der Commissura palliı anterior (Commissura hippocampi) bilden so einen Traetus cortico-habenularis medialis cruciatus mit einer auf diesem Wege durch den Nucleus supra-commissuralis (d. i. Eminentia thalami) eingeschalteten Station.‘“®) Ist nun meine Beobachtung richtig, so haben wir höchst wahrscheinlich einen echten Tractus cortico-habenularis (medialis ?) eruciatus und die X-Öommissur würde dann eine Verbindung der beiden Eminentiae thalami darstellen. '!) Während der Drucklegung dieser Arbeit hat Herr cand. zool. Sehnakenbeck am hiesigen Institut Golgipräparate hergestellt, die das Vorhandensein dieser Kommissur bestätigen (vorl. Mitteil.). :) Bei Anuren ist die Eminentia thalami stark reduziert und zwar ist sie der Nucleus supra-commissuralis der Literatur, dem Herrick (18) direkt den Namen Nucleus der Öommissura hippocampi gibt. 3) Mit Recht wendet sich Kappers (in seinem Referat) auch hier gegen die falsche Anwendung „Tractus“ ; diese Bezeichnung soll ein für allemal nur für einheitliche Bahnen zwischen zwei Stationen angewendet werden. 44 CFAZBBindewald: Betrachten wir nun die Commissurenverhältnisse an einem Medianschnitt durch die Lamina terminalis (Fig. DD), so sehen wir zunächst die markhaltigen Kreuzungen des lateralen und medialen Vorderhirnbündels. Ersteres nimmt die mehr frontal gelegenen Partien ein und ist, abgesehen davon, dass es mehr Fasern als die kreuzenden des medialen Bündels enthält, in sich abgeschlossener. Die Fasern des letzteren kreuzen nicht so zu- sammen verlaufend, sondern viel verstreuter (Fig. DD) in mehr mittleren Teilen der Lamina. Über der Kreuzung des lateralen Vorderhirnbündels sieht man dann die marklose Commissura hippocampi (Fig. DD), deren Fasern sich weiter paramedian grösstenteils nach vorn wenden. Dahinter liegt die ebenfalls marklose X-Commissur, die in zwei Teile gespalten erscheint (Fig. DD). Der vordere Teil wäre dann als Traetus cortico- habenularis medialis eruciatus anzusprechen, da seine Fasern an der Eminentia thalami vorbeilaufen, der andere ist dann die Verbindung der beiden Eminentien. Verbindungen mit der Habenula. Um die Ent- wirrung der sehr komplizierten Habenularverbindungen hat sich Herrick (15) sehr verdient gemacht, und ich kann seine Befunde im grossen und ganzen bei Amblystoma bestätigen. Es laufen nämlich eine Unmenge Fasern eng gedrängt aneinander hinauf zur Habenula oder von ihr hinab und zwar haben wir, um es kurz anzuführen, Verbindungen mit folgenden Gebieten (nach Herrick): Septum, Striatum, Primordium hippocampi, Pars dorsolateralis hemisphaerii, Nucleus praeoptieus, Mittelhirn. Zunächst ist Herricks olfacto-habenularis-System zu nennen (man vergl. seine schematische Fig. 22). Es besteht aus fünf Zügen, die alle marklos sind: 1. Tractus olfacto-habenularis lateralis, 2. Tractus olfacto-habenularis medialis, Tractus septo-habenularis, Tractus cortico-habenularis lateralis. Tractus cortico-habenularis medialis. u sY or Ich konnte diese Züge nachweisen bis auf den Tractus septo- habenularis, den ich auf keinem meiner Präparate auffand. Dieser Zug ist aber zweifellos vorhanden, denn Kappers (20) sah ihn sogar markhaltig bei Proteus. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 45 Die beiden Olfacto-habenularis-Züge kommen aus dem Nucleus praeopticus, gehören also nach unserer Einteilung bereits dem Zwischenhirn an.') Der Traetus cortico-habenularis lateralis ist der stärkste Zug des Systems. Er verläuft vom vorderen Teil des Polus posterior aus der Pars dorso-lateralis im Bogen hinein in die sogenannte Stria medularis, wie Herrick das Bündelkonglomerat von und zur Habenula im vorderen Epithalamus nennt (Fig. EE). Mit ihm zusammen kommen aus der Pars dorso-medialis des Polus posterior die wenigen Fasern des Tractus cortico-habenularis medialis und schliessen sich jenem zur Stria an (Fig. EE). Mit diesem Tractus cortico-habenularis medialis sollen nach Herrick die oben erwähnten Fasern der Commissura pallii posterior zusammen in die Stria verlaufen. Irgend welche Trennung Konnte ich nicht wahrnehmen. Im übrigen ist hierza zu bemerken: Röthig (30) findet bei Siren sowohl seinen Traetus olfacto-habenularis medialis als auch lateralis markhaltig; ersterer komnit aber aus dem Gebiet des medialen, letzterer aus dem Gebiet des lateralen Vorderhirnbündels, von wo beide zur Habenula hinaufsteigen. Von einem solchen Verlauf der Züge kann weder Herrick noch ich berichten. Ahnlich wie Röthig schreibt Bochenek (3), dass sein Tractus olfacto-habenularis im hinteren Teil des Striatum entspränge und zur Habenula steil hinaufziehe, in die er Collaterale abgebe; dann aber lässt er den Zug in der Commissura habenularis kreuzen und hinunter zum Thalamus ziehen. Der Tractus cortico-habenularis lateralis ist ein Bündel, das alle Forscher gleich verlaufend beschreiben. Es ist die eigentliche Taenia thalami Edingers (8, Vorlesungen, 2. Bd., S. 213, 267 und 268), eine Verbindung des kaudalen Riechgebietes mit dem Epithalamus, die keinem Tier fehlt. Von markhaltigen Zügen ist anzuführen der Traetus habenulo-striaticus. Ganz wenige Fasern ziehen zu dem kaudalsten Ende des Striatumgebietes. Dieses ist die graue Substanz, die sich lateral von der Commissura anterior ausbreitet und die Verbindungsbrücke zwischen Hemisphäre und Thalamus ventral darstellt. Kurz dahinter trennt sich dann die graue Zellmasse des Polus posterior. In dieser Gegend, die besonders von älteren Autoren als Corpus striatum bezeichnet wird, strahlen die wenigen Fasern dieses Zuges aus. ') Der Nucleus praeoptieus ist ja wahrscheinlich ein sekundäres Riech- zentrum (siehe oben); daher der Name olfacto etc. 46 OST Er Bindreswaanld: Ein kräftigerer markhaltiger Zug ist der Tractus habenulo- thalamicus, der aus der Habenula zum Gebiet des lateralen Vorder- hirnbündels im Thalamus zieht. Ich erwähne diesen Zug kurz, weil er auf seinem Wege von einem anderen markhaltigen Faserzug überkreuzt wird, der nicht mehr zum Habenularsystem gehört, sondern aus dem Polus posterior-Gebiet kommt; es ist der Tractus cortico-thalamieus (Fig. EE). Ich finde diesen deutlichen Zug fast genau so wieder, wie ihn Herrick (18) beschreibt: „Er besteht aus einer dünnen Sammlung markhaltiger Fasern, die den (marklosen) Traetus cortico-habenularis medialis zur Stria medullaris begleitet, sich aber dann rückwärts in den Thalamus fortsetzt.“ Herrick spricht die Möglichkeit aus, dass er den Hypothalamus erreicht und so als aberrante Columna fornieis (vom kaudalen Ende des Primordium) zu betrachten sei. Er stützt sich dabei auf P. Ramöns Beschreibungen des Fornix longus. Dieses kann ich nicht so ganz bestätigen, die Fasern ziehen eher mit dem Tractus cortico-habenularis lateralis zusammen bis zur Stria und biegen dann scharf nach unten um, um zum medialen Vorderhirnbündel zu ziehen !) (Fig. EE). Über die Eigenfaserung des Vorderhirns vermag ich wenig zu sagen. Jedenfalls aber ziehen Assoziationsfasern zwischen der Pars dorso-lateralis und Pars dorso-medialis (Primordium hippocampi), sicher zwischen dem Primordium hippo- campi und dem Nucleus medianus septi und der Septumgegend überhaupt. Herrick schreibt direkt: „Dass marklose Fasern das Primordium hippocampi auf seiner ganzen Länge zwischen dorso- und ventromedialen Teilen begleiten“. Höchst wahrscheinlich ziehen auch Assoziationsfasern zwischen Pars ventro-medialis und Pars ventro-lateralis. Hier möchte ich noch ein paar Worte über Herricks (18) Fimbria- Komplex anknüpfen. Es ist dies, kurz gesagt, die Gegend, die direkt unter dem Primordium hippocampi liegt und hauptsächlich an der Taenia thalami Herricks (siehe oben im Gegensatz zu Edingers Taenia!) eine Menge Fasern ver- schiedener Herkunft, meist Assoziationsfasern, enthält. Ganz oral gehören zu ihm die markhaltigen Columna fornieis-Fasern und die sie begleitenden marklosen Assoziationsfasern, die auch weiterhin kaudad an diesem Komplex teil haben. Weiter hinten herrschen dann die Commissurenfasern des Hippo- '!) Ganz ähnlich beschreibt Bochenek (3) seinen Fornix (Tractus cortico-mamillaris) Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 47T campus vor. Ganz kaudal sind dann die Fasern des Tractus cortico- habenularis medialis und lateralis und die markhaltigen Fasern des Tractus cortico-thalamicus in ihm einbegriffen. Fassen wir die Faserzüge im Vorderhirn kurz zusammen, so haben wir folgendes: I. Ur II. EV; Riechfaserung. «) Radiatio olfactoria dorsalis, die zum Teil im Nucleus anterior endet, zum Teil als Tractus bulbo-eorticalis (Riech- strahlung) in der Pars dorso-lateralis nach hinten zieht, wo sie im Archipallium endet. Möglicherweise erreichen auch Fasern das frontale Ende des Primordium hippocampi. #) Radiatio olfactoria horizontalis, die im Nucleus olfac- torius anterior endet. y) Radiatio olfactoria ventralis, die grösstenteils im Nucleus olfactorius anterior endet, aber auch Fasern zum vorderen Ende des Primordium hippocampi und zum medialen Vorder- hirnbündel sendet. Ferner ziehen noch Riechfasern aus dem Bulbulus acces- sorius zum Traetus bulbo-corticalis und zum Gebiet des lateralen Vorderhirnbündels. Verbindungen tertiärer Riechzentren. Columna fornieis, Commissura hippocampi, Tractus cortico-thalamieus (Fornix ?). Habenularverbindungen. a) Traetus olfacto-habenularis medialis*) Traetus olfacto-habenularis lateralis *) Traetus septo-habenularis Tractus cortico-habenularis lateralis Traetus cortico-habenularis medialis ? Traetus cortico-habenularis medialis cruciatus. b) Traetus habenulo-striatieus Traetus habenulo-thalamicus *) Kaudale Verbindungen sekundärer Riechzentren geschehen wahrscheinlich auf dem Wege des lateralen und medialen Vorderhirnbündels (? gekreuzte Teile). *, Die mit * bezeichneten Züge gehören nach unserer Einteilung nicht dem Vorderhirn an. 45 CEAFENEBIn diewalld: Zur Histologie. Für die Darstellung der Zellen kam in erster Linie die Golgimethode in Betracht, jedoch dienten Zellfärbungen mit Hämatoxylin, 'Thionin und Cresylviolett zur Ergänzung. Von Forschern, die hauptsächlich mit der Golgimethode operierten, sind für Amphibien hauptsächlich P. Ramön (27 und 25) und Rubaschkin (32) zu nennen (hauptsächlich Frosch) !. Die Neuroglia. Auf die Darstellung der Stützelemente habe ich keinen besonderen Wert gelegt, will aber anführen, was ich aus meinen Präparaten entnehmen kann. Den einen Teil des Stützgewebes, nach Rubaschkin den grösseren, bilden die Ventrikel-Ependymzellen; diese umkleiden den Ventrikel in einem meist einschichtigen Epithel, nur um den basalen Teil (Angulus ventralis) bilden sie auffallenderweise, besonders in der Gegend, wo das Septum schmäler wird, ein diekes mehrschichtiges Lager (Fig. S). Die Zellkerne sind länglich gestreckt, die der letztgenannten sogar sehr lang, und sind wurstförmig; sie werden dunkel gefärbt und enthalten anscheinend sehr viel Chromatin. So sind sie an ihrer Farbe und Form alle leicht zu erkennen (Fig. EE). Die Zellen entsenden lange Protoplasmafortsätze zwischen den nervösen Elementen hindurch, wie dies bei Färbungen mit Hämatoxylin besonders im Primordium hippocampi deutlich wurde, wo ja die Ganglienzellen weit auseinander liegen (Fig. GG). Diese Protoplasmafortsätze haben wohl alle Ependymzellen auf- zuweisen, wie es sich an gelegentlichen Silberimprägnationen dar- stellte (Fig. GG, T). Im allgemeinen finde ich dieselben Formen wieder, wie sie Rubaschkin gefunden hat (32. Fig. 1, 4) Dass die von mir im Vorderhirn gefundenen Ependymzellen nicht so reiche Verästelungen aufweisen, mag vielleicht an nicht genügender Imprägnation liegen; ich finde an anderen Stellen (z. B. Mittelhirn) !) Rubaschkin (32) hat auch Salamandra maculosa und Triton punetatus untersucht; er erwähnt aber diese im Text überhaupt nicht und gibt von Salamandra maculosa nur Abbildungen von Stützzellen. Auf einen Unterschied zwischen Urodelen und Anuren kommt er nicht zu sprechen. Auch Bochenek (3) benutzte die Golgimethode. Leider lag mir die polnische Originalarbeit nicht vor, doch scheint er mehr auf die Nervenbahnen ein- gegangen zu sein, da im Referat des Anzeigers der Krakauer Akademie von Zellformationen kaum die Rede ist: nur bei den Schichten im Lobus olfactorius wird auf das Original verwiesen. Doch biete dieses nichts Neues. 49 Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. = } % s ” S ® > . 5 N ee 63 = nn) ss oo u‘. - .... ® ai R San Nr PORT I a eo A TTRA PErrr ze IYTN on 9 N Ar DAPCHZICH IT? IY\ 02.007298 vo, N) 70%, m Yy us U) 25, v. OR 4 HT (KH IR hrı y a [7 [) [) 1 EHEN A ER In Matt u) MOTDRS f] 1) 4 a Mel HIKHR: % RICH OR % Fig. S. (Serie 53.) Das mehrschichtige Ventrikelependym um den Angulus ventralis in der kaudalen Septumgegend (cf. Textfig. I, 1, 2) Fig. T. Ventrikelependymzellen golgifiziert. (Serie 23.) Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.1I. 50 C. A. E. Bindewald: Radiatio olf. dorsalis Nucleusolf. anterior ventralis Cell. bulk. ventr. Fig. U. Golgibild der Lobarformation (etwas kombiniert). Siehe Fig. D, E, P. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 54 genau so reiche Verästelungen, wie sie Rubaschkin gibt. Ob die Verästelungen bis zur Pia reichen, vermochte ich nicht fest- zustellen, die meisten endigen jedoch ohne die Pia zu erreichen (Rubaschkin und ich). Das andere Stützelement bilden moosförmige Gliazellen, die ein sehr dichtes Netz von Verästelungen aufzuweisen haben, so dass sie an dicken Schnitten oft ein undurchsichtiges Schwarz dar- stellen. Die Gliazellen sind nicht nur im Zellgrau verteilt, sondern auch vielfach in der weissen Substanz; so sind die am Rande der Hemisphärenwand oder in der Zona limitans hippocampi liegenden Zellen immer als Stützelemente anzusehen (siehe auch Rubaschkin). Nicht nur auf Versilberungen, sondern zufälliger- weise aus einem mir unbekannten Grunde haben sich an einem sonst normalen Weigert-Präparat Gliazellen tingiert, so dass man ihre Form deutlich erkennen kann. Sie weisen genau den- selben Typus auf wie die versilberten (Fig. HH). Vielleicht kommt hier das moosförmige Aussehen noch deutlicher zur Geltung, da erstens die Weigert-Schnitte dünner sind als die Golgi- . Schnitte, zweitens sind die versilberten stark inkrustiert, so dass hierdurch vielleicht noch mehr Verästelungen zustande gekommen sind. Die üblichen „Astrocyten“, „Spinnenzellen“ habe ich nicht gesehen, nur diese moosförmigen, die nach Rubaschkin Über- sangsformen von Ependym- zu Spinnenzellen darstellen, auch wenn sie noch so weit vom Ventrikel entfernt sind (sieheRubaschkin, 32, Fig. 2 und 3). Die nervösen Elemente. Betrachtet man an Golgi- präparaten die Lobarformation, so finden wir alle Elemente wieder, wie sie längst aus den Arbeiten von P. Ramon (27, 23). Oyarzum (26), Rubaschkin (32), Edinger (9) bekannt sind (man vergl. besonders Rubaschkins Fig. 5, P. Ramöns (23) Fig. 5, 1905). Rubaschkin fügt der allgemein üblichen Ein- teilung in die fünf Schichten (für Rana) noch eine neue Schicht zwischen den Fila und den Glomeruli hinzu, die sogenannte subglomerulose Schicht. Ich möchte dieser Schicht jedenfalls bei Amblystoma nicht allzu grosse Bedeutung beilegen, da sie nicht viele Zellen enthält, die nur hie und da zwischen den Glomeruli zerstreut liegen, und die bei Säugern. überhaupt nicht vorkommen (cf. Rubaschkins Schema des Baues des Bulbus- olfactorius bei Amphibien und Säugern, 32, S. 217). Es sind 4* - 52 C. A. E. Bindewald: wohl dieselben Zellen, die P. Ramön als Cellules (panachees) intraglomerulaires beschreibt. Auch spricht Rubaschkin das Vorhandensein von Mitraliszellen den Amphibien ab. „Mitralis- zellen besitzen die Amphibien nicht.“ Diese seien vielmehr den sternförmigen Zellen des Stratum moleceulare zu vergleichen. Es sei nun ganz kurz der Aufbau der Lobarformation dargestellt (Fig. U). Die Fila olfactoria haben alle gleiches Aussehen und gleiche Dicke; sie laufen wild über- und durcheinander, oft zu einzelnen Bündeln vereinigt, ehe sie sich auflösen, um mit den ihnen entgegenkommenden Fortsätzen der Mitraliszellen die Glomeruli zu bilden. Zwischen diesen Glomeruli liegen einzelne Zellen, die auch am Aufbau der Glomeruli Anteil haben, mit kurzen Fortsätzen (Dendriten), die subglomerulosen Zellen (sbg. Fig. U) Rubaschkins. In den Glomeruli lassen sich meist deutlich die beiden Elemente, aus denen sie zusammengesetzt sind, erkennen: das Endbäumchen des Filum ist feiner als das der Mitraliszelle. Diese Zellen haben einen vielfach gestalteten Bau (Fig. V) mit vielen Verzweigungen; jede Zelle nimmt an einem oder mehreren Glomeruli Anteil: viele ihrer Dendrite endigen frei selbst zwischen den Glomeruli. Ihre Neurite durchlaufen die Körnerschicht und ziehen sowohl um den Angulus dorsalis und ventralis, um im Nucleus olfactorius zu endigen, oder sie wenden sich kaudad, wo ihr Schicksal unbekannt ist (siehe oben). In der Körnerschicht finden sich Zellen, die mehr birnförmige Gestalt und weniger Dendrite haben. Viele von ihnen besitzen anscheinend keinen Neuriten und sind deshalb als „apolare Zellen“ bezeichnet worden. Doch liegen in der Körnerschicht auch noch Mitraliszellen zerstreut. So weist die Lobar- formation ganz den üblichen Bau des Bulbus olfactorius anderer Tiere auf. Betrachtet man die Mitraliszellen auf Präparaten, die nach der Methode Dreyer mit Hämatoxylin gefärbt sind, so sieht man, dass sie einen grossen Kern mit deutlichem Chromatingerüst (grössere und kleinere Brocken) besitzen; der Protoplasmafortsatz des Dendriten ist oft noch bis zur Gabelung zu sehen. Die Kerne der übrigen Zellen sind viel dunkler und scheinen bedeutend mehr Chromatin zu enthalten. So sehen wir in dieser Gegend Zellen mit ziemlich hellen und solche mit dunklen Kernen (Fig. I]). Da nun die Mitraliszellen helle Kerne besitzen, ebenso alle Zellen des Primordium hippocampi (wo fast nur Ependymzellen das Stützgewebe abgeben), auch die motorischen Ganglienzellen des Oculomotorius z.B., alles unzweifelhaft nervöse Elemente, so haben wir in allen Zellen mit hellem Kern Nervenzellen zu erblicken, während wir inallenZellen mit dunkel gefärbtenKernen andere Elemente (Stützzellen, noch nicht ausgereifte Nervenzellen — Kappers (21) — zeitlebens auf der Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. Fig. V. Drei typische Mitraliszellen aus der Mitralisschicht (an der mittleren sind die Glomeruli ergänzt). (Serie 27.) 54 C. A. E. Bindewald: RT 1 Fig. W. Grosse Pyramidenzellen. 1. Aus dem Primordium hippocampi. 2. Aus dem dorsalen Mantel (Zelle des Paläocortex). b Fig. X. Kleine Pyramidenzellen. a) Abweichen des Typus aus dem dorsalen Mantel; b) gewöhnlicher Typus. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 55 Stufe der Neuroblasten stehen gebliebene Zellen — Edinger (8) — und ähnliches) zu sehen haben. So sind bei Färbungen nach Dreier sofort nervöse von anderen Elementen zu unterscheiden (Fig. II). Die Ependymzellen haben genau dieselbe Kernstruktur wie die dunklen Elemente, nur sind die Kerne länglich statt rund. Im übrigen sind die Grössenunterschiede zwischen „hellen“ und „dunklen“ Kernen gering, die „hellen“ sind vielleicht etwas grösser. Auch bei Färbungen mit Thionin kann man die Unterschiede wahr- nehmen, ebenso an vorher chromierten Weigert-Präparaten (siehe oben), obwohl ja hier die chromatische Substanz zerstört wird. Bei Färbungen mit Öresylviolett zeigen sich die Unterschiede sehr schön, die Nervenzellen sind hell, mit allerlei blauen Brocken und Körnchen (Chromatin, Nissl- schollen ?), während die anderen Elemente eine mehr homogene Struktur aufzuweisen haben. Selbst an Golgipräparaten, wo sich die Zellen nicht imprägnierten, waren die Unterschiede nachzuweisen; hier hat wieder wie bei den Weigertpräparaten wohl das Chrom Einfluss ausgeübt. Da alle Teile des ceircumventriculären Graues einen sehr ähnlichen Bau aufweisen, so will ich zunächst die Hauptzelltypen kurz beschreiben, ehe ich einige Bemerkungen über besondere Teile daran knüpfe. Als die am meisten differenzierten (ausgereiften Kappers, 20) Zellen haben wir wohl die grossen reich verzweigten Zellen anzusehen, wie wir sie im Primordium hippocampi finden (Fig. W'). Sie werden gewöhnlich als „grosse Pyramidenzellen“ beschrieben. Sie finden sich jedoch nicht nur hier, sondern auch im dorsalen Mantel, wie wir gleich sehen werden (Fig. W?). Ihre Form ist recht verschieden, eckig, rund, oval; sie besitzen zahlreiche kräftige Dendrite, die sich reich verzweigen und meist bis zu oberflächlichen Schichten reichen (Fig. W, A’). Die Dendrite tragen überall kleine Appendices, die oft nach dem äusseren Ende hin reichlicher auftreten. Das dünne Axon setzt verschieden an, vielfach zwischen zwei Dendriten oder an der den Dendriten abgewandten Seite. Die am meisten vorkommende Form sind die „kleinen Pyramidenzellen; die sich von ersteren nur durch die Grösse unterscheiden. Sie sind mehr birnförmig, besitzen nicht so reich verzweigte Dendriten und oft nur einen einzigen, der sich aber sehr bald teilt. Das Axon setzt seitlich oder der dem dicken Dendriten abgewandten Seite an (Fig. X). Eine etwas abweichende C- A, E. Bindewald: [abi | @p) Form sind die Zellen, die speziellRubaschkin (32) als „kleine Pyramidenzellen“ beschreibt. Das Hanptcharakteristikum besteht nämlich darin, dass das Axon nicht an besonderer Stelle, sondern zunächst wie ein kurzer Dendrit ansetzt und dann erst als dünner Faden weiter läuft (Fig. Xa). Eine dritte ganz besondere Form sind die sogenannten „Tangential-, auch Cajalzellen“ genannt. Sie besitzen ge- wöhnlich zwei starke Dendriten (manchmal nur einen), die oft sehr weit tangential zur Gehirnoberfläche verlaufen und in einem Winkel von 180° voneinander abstehen. Das Axon entspringt der Mitte der Zelle und läuft mit einem Dendriten parallel. So entstehen Tangentialfasern, die wahrscheinlich Assoziationsfasern sind (Fig. Y). Betrachten wir einzelne besondere Teile des Vorderhirns, so finden wir die kleinen Pyramidenzellen des üblichen Typus vorherrschend. Grosse Pyramidenzellen und Tangentialzellen scheinen ganz auf die dorsalen Teile (Pars pallialis) beschränkt zu sein. Der Nucleus olfactorius anterior, das Septum, Pars ventro-medialis und -lateralis weisen nur kleine Pyramidenzellen auf. Besonders deutlich ist so das Corpus striatum charakterisiert (Fig. Z), wo man nur kleine Pyramidenzellen mit einem sich fast sofort gabelnden Dendriten findet (Fig. X, A‘). Die Axone dringen in das laterale Vorderhirnbündel oder in die Commissura anterior ein. Dass die Commissura anterior eigene Zellen hat (siehe Ramön, 28, Fig. 4), kann ich mit Bestimmtheit nicht sagen; doch hat es auf einem meiner Präparate den Anschein, als ob solche Zellen vorhanden wären; unmöglich ist es jedenfalls nicht. Bedeutend mehr Interesse gewinnen die dorsal gelegenen Teile. Haben wir doch bei den Amphibien zuerst eine gewisse Mantelbildung (Fig. A‘). Diese weist bei Amblystoma keinen anderen Bau auf, als wie es schon aus den Arbeiten Ramöns (27/28) Rubaschkins (32) u. a. beim Frosch bekannt ist. Eine bestimmte Anordnung der Zellen ist nicht zu erkennen, es liegen vielmehr alle Zelltypen durcheinander. Von besonderer Wichtigkeit ist es, dass wir ganz dorsal hier grosse Pyramiden- zellen finden, die ihre Axone anscheinend dicht über das Ventrikel- ependym senden — die erste Anlage eines subeorticalen Mark- lagers (Edinger) —; wohin sie gelangen, ist bei Amphibien unbekannt, auch ich vermochte nichts festzustellen. Weiterhin ( Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. m Fig. Y. Tangentialzellen. Fig. Z. Golgibild des „Striatums“ und des lateralen Vorderhirnbündels. (Serie 29) Vergleiche Fig. K. —] o1 08) CG.A. E. Bindewald: Dorsaler Mantel Ss Primordium Cortex hippocampi hippo-\ campi Septumgegend Fig. A’. Golgibild des Lobus hemisphaericus cf. Fig. H. Aus fünf hinter- einander liegenden Schnitten kombiniert (Serie 23). Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 39 finden wir dort die kleinen Pyramidenzellen des abweichenden Typus häufiger (Fig. A‘). Diese beiden bilden wohl eine Art Paläocortex im Sinne Kappers (21). Im übrigen herrschen auch hier die üblichen kleinen Pyramidenzellen vor; dazwischen finden sich Tangentialzellen. Die Achsenzylinder aller dieser Zellen und ihre Dendrite bilden am Rande ein dichtes Flechtwerk. So haben wir hier die Mantelbildung in ihren ersten Anfängen noch ohne jegliche Difterenziationen der Elemente — ein noch ganz isoliertes Archipallium, wie es Elliot Smith genannt hat. Dass aber späterhin hieraus weitere Gebilde hervorgehen, zeigt sich an der langsamen Ausreifung von grossen Pyramidenzellen zum Paläocortex. So kann man schliesslich dieses dorsal ge- legene Zellengrau — bei Anuren liegt es mehr dorsolateral — wohl als Paläocortex bezeichnen, wie dies Röthig (31, S. 10) getan hat. Die laterale Grenze des Paläocortex wird von einem lateralen Zellenvorsprung, Prominentia lateralis (siehe oben), dar- gestellt. Von einer solchen ist wohl bei anderen Urodelen (Spelerpes, Hynobius, Cryptobranchus), aber nichts bei Amblystoma zu entdecken, genau so wie nichts von einer Epistriatum-Anlage zu sehen ist: das eircumventrieuläre Grau geht gleichmässig über seine eventuelle Epistriatumanlage in den Paläocortex über, höchstens liegen hier bei diesen die Zellen nicht ganz so dicht (Fig. H, K), wodurch eben Platz zur Ausreifung grosser Pyramiden- zellen geschafft wird. Weiterhin in der Tierreihe rückt der Paläocortex immer weiter lateral und basal (ef. Röthig, 31, Fig. 30, 31, 42 bereits bei Anuren), bis er schliesslich ganz an den Grund des Paläencephalons kommt. Im Primordium hippocampi liegen die Zellen über die ganze Wand zerstreut und sind fast alle grosse Pyramiden- zellen, die eben Platz genug hatten, als solche auszureifen. So hat sich das Primordium hippocampi viel eher differenziert als der Paläocortex. Dessen Achsenzylinder begeben sich grösstenteils nach dem äusseren Rande, viele scheinen nach dem Septum zu gehen und müssen jedenfalls auch die Commissura hippocampı bilden. Wie dies zustande kommt, ist noch nieht mit Sicherheit nachgewiesen. Am äusseren Rande, an der medialen Wand, liegen eine grössere Menge Tangentialzellen, die ihre Dendrite und Axone sehr weit senden; sie stellen sicherlich Assoziationen zwischen einzelnen Gehirnteilen her, zumal man grosse Pyramiden- 60 - G.A.E. Bindewald: zellen mit ihnen in Verbindung treten sieht. Da auch P. Ramön (25. Fig. 7 beim Frosch) eine solche tangentiale Schicht beschrieben hat, so glaubt Herrick diese direkt als Cortexhippocampi bezeichnen zu müssen, die also auch bei Amblystoma vor- handen wäre. Wie sich nach und nach aus diesen (Gegenden, Paläor- cortex und Primordium hippocampi, die ganze Ammonsformation entwickelt, ist ja aus den schönen Arbeiten von Kappers (21), Herrick (15) und de Lange (Das Vorderhirn der Reptilien, Folia Neurob. 1911, Bd. 5 Nr. 6) bekannt. Zusammenfassung der Beobachtungen und Diskussion. Das Vorderhirn von Amblystoma ist seiner äusseren und inneren Morphologie nach sehr einfach gebaut. 1. Äusserlich erscheinen die Hemisphären als länglichrunde (ebilde (Fig. AA), die erst in der Lamina terminalis miteinander in Verbindung stehen (Fig. A, B). Eingeteilt sind sie in einen Lobus olfactorius und einen Lobus hemisphaericus, die ohne sicht- bare äussere Grenze ineinander übergehen (Fig. AA). Ein dorso- lateral gelegener Bulbulus accessorius ist die einzige Unebenheit an der äusseren Wand. Der Riechnerv setzt seitlich an (Fig. AA, B, P,R.).(Herricksusa). Ebenfalls sehr einfach gebaut sind die Ventrikel, die jedoch noch die Grenze zwischen Lobus olfactorius und Lobushemisphaericus durch zwei senkrechte Recessus (hecessus medio-caudalis und latero-frontalis v. l. 0.) anzeigen. So wird auch gleichzeitig der Ventrikel in einen Ventriculus lobi olfactorii und einen Ventrieulus lateralis (s. 1. hemisphaeriei) eingeteilt (Fig. A, B). Die vorderste Grenze des Ventrieulus lobi olfactorii bildet der Recessus medio-frontalis v. 1. o. (Fig. A, B). Sonst ist noch eine einzige längs verlaufende Furche, der Suleus limitans hippocampi (Herrick) zu erwähnen (Fig. F, H). Die Ventriculi laterales verschmelzen durch die sehr breiten Foramina interventricularia zur unpaaren Aula (Fig. A,B); kaudad setzen sie sich noch in die dorsal gelegenen Poli posteriores der Hemisphären fort, die noch ein Stück über die Lamina terminalis hinausragen und die mit dem Zwischenhirn aussen eine tiefe di-telencephale Furche bilden (Fig. EE). Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 61 Die Herricksche Einteilung der Hemisphäre ist auch für den Amblystoma zu akzeptieren: Lobus olfactorius (entspricht dem Bulbus olfactorius Herrick), Pars dorso-medialis, Pars dorso-lateralis, Pars ventro-lateralis, Pars ventro-medialis (Fig. G). Die beiden medialen Teile sind scharf durch den Suleus limitans hippocampi und eine zellfreie Zone parallel dem Suleus, Zona limitans (medialis) hippocampi voneinander getrennt (Fig. H: I), während auf der lateralen Seite keinerlei Grenze zu bemerken ist. Im Lobus olfactorius finden wir die fünf charak- teristischen Schichten lateral (Fila olfactoria, Glomeruli, Molecular- schicht, Schicht der Mitraliszellen, Körnerschicht) wieder. (Fig. C—F, M—N, P—R). Die Körnerschicht reicht, ehe der Ven- trikel auftritt, bis an die mediale Wand des Lobus olfactorius, nach dessen Auftreten rücken die Zellen von der Wand ab und bilden an der medialen Ventrikelwand einen wohl abgrenzbaren Nucleus olfactorius anterior (Fig. E) (Herrick, Bindewald). Im übrigen sind die Zellen ziemlich eireumventrieulär angeordnet; eine Ausnahme macht hauptsächlich die Pars dorso- medialis, das Primordium hippocampi, dessen Zellen diffus verteilt sind (Fig. B, H, K). Sonst verbreiten sich die Zellen noch bis zum Rand (Zellulae suberficiales) kurz hinter dem Bulbulus accessorius (Fig. H), um weiter kaudad wieder eircumventrieulär angeordnet zu werden (Fig. Hl. Hem.); lockerer angeordnet sind sie auch in der Pars ventro-medialis, besonders der medial gelegenen Septumgegend (Fig. H). Diese baut sich auf einem basal gelegenen Grau der Promi- nentia medialis als Grundstock auf. Über ihr liegt adventrieulär (ander modialen Ventrikelwand) die Eminentia septalis oder Zellulae septales in etwas lockerer Anordnung als üblich. Medial davon, fast bis zur medialen Hemisphärenwand reichend, liegt der Nucleus medianus septi. der wohl kaum eine bestimmte Grenze gegen die Eminentia septalis aufzuweisen hat (Fig. H). Dorsal von beiden, nach dem Foramen zu, liegt die Pars fimbrialis septi, die sich noch über das Septum ependymale, zu welchem sich die ventro-mediale Wand weiter hinten verjüngt, erstreckt (Fig. ID). Die beiden Prominentiae mediales verschmelzen miteinander sobald der Ventrikel auftritt (Fig. Iı-s). 2. Von Faserzügen sind zunächst zu erwähnen: die sekundären Riechbahnen aus der Lobarformation (Schema Fig. BB). 62 OCAFBR- Bindewalde Diese werden dargestellt durch die Radiatio dorsalis, ventralis und horizontalis (Bindewald). Die meisten Fasern enden im Nucleus olfactorius anterior. Ein grösserer Teil der Radiatio dorsalis setzt sich als echte Riechstrahlung nach hinten fort (Traetus bulbo-corticalis) (Fig. Q, R). Möglicherweise erreichen Fasern davon das orale Ende des Primordium hippocampi wie bestimmt spärliche Teile der Radiatio ventralis, die neben diesen auch das (rebiet des medialen Vorderhirnbündels erreichen. Von dem Bulbulus accessorius gehen ausser zur Radiatio dorsalis Fasern nach dem Gebiet des lateralen Vorderhirnbündels, wohin sich höchst wahrscheinlich auch Riechfasern zweiter Ordnung aus dem kaudalen Ende der Lobarformation begeben, also auf diese Weise die orale Striatumgegend erreichen (Fig. R) (von Röthig bei Siren; Axolotl Bindewald). Die Verbindung mit der kaudalen Striatumgegend, dem Tractus olfactorius ventro-lateralis, den Herrick beschreibt, konnte ich nicht auffinden. Die Riech- fasern zweiter Ordnung sind grösstenteils marklos, wenige markhaltig. Im übrigen kann ich die Befunde Herricks so ziemlich bestätigen, besonders die Columna fornieis (Fig. CC) und die Habenularverbindung (Fig. EE), wovon ich nur den Traetus septo-habenularis Herricks nicht auffand. Ich verweise auf die Zusammenstellung auf S. 47. Die Verbindungen ventraler Teile der Hemisphären mit weiter kaudal gelegenen (rebieten vermitteln das laterale und das mediale Vorderhirnbündel, die beide sicher aus mehreren Kom- ponenten bestehen und beide teilweise in der Commissura anterior kreuzen (? Riechkreuzungen) (Fig. DD). DieGUommissuren bestehen aus verschiedenen Komponenten (Fig. DD): a) die Commissura anterior (markhaltig) als Kreuzung ventraler Hemisphärenteile (siehe oben); b) die Commissura hippocampi (marklos) als Kreuzung dorsaler Hemisphärenteile; c) anscheinend eine kreuzende Verbindung zur Habenula (Traetus cortico-habenularis eruciatus) (Bindewald); d) eine Commissur diencephaler Teile (der beiden Eminentiae thalami), die X-Commissur (Bindewald).') !) Siehe die Anmerkung auf 8. 43. Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 63 3. AufHämatoxylinpräparaten sind die nervösen Zellen von nicht oder fraglich nervösen leicht zu trennen: die letzteren besitzen ein bedeutend dichteres Chromatingerüst, so dass sie dunkler als die nervösen erscheinen (Bindewald, Fig. Il). Das Stützgewebe wird hauptsächlich von Ependymzellen und moosförmigen Gliazellen, die Rubaschkins zweiter Übergangs- form von Ependymzellen zu Astrocyten sehr ähnlich sind, gebildet (Fig. GG, HH, T). Das Ventrikelependym ist meist einschichtig angeordnet, die Kerne sind länglich gestreckt (Fig. FF); nur in der hinteren Gegend des Septums um den breiten Angulus ven- tralis des Ventrikels wird das Ependym mehrschichtig (Fig. G) und besitzt hier sehr lange Kerne (Fig. FFe). Alle Ependym- zellen besitzen lange Protoplasmafortsätze, die sich nach dem äusseren Rande zu immer mehr verzweigen (Fig. GG, T) (Bindewald). Die Lobarformation weist an Golgipräparaten das typische Bild des Bulbus olfaetorius anderer Amphibien (und höherer Wirbeltiere) auf (Fig. U) (Bindewald). Von nervösen Zelltypen finden sich im Lobus hemisphaericus grosse und kleine Pyramidenzellen sowie Tangentialzellen (Fig. W-2). Die grossen Pyramidenzellen sind als ausgereifte Ganglienzellen zu betrachten; sie finden sich hauptsächlich im Primordium hippocampi (Fig. W). Ferner liegen auch einige in dem dorsalen Mantel (Fig. Ws, A‘), der ganz das typische Mantelbild der Amphibien aufweist; sie sind hier als erste Anfänge eines Paläocortex zu betrachten, sind aber noch nicht zu einer Platte angeordnet. Tangentialzellen finden sich gesondert am äusseren Rande des Primordium hippocampi und können vielleicht schon als Cortex hippocampi angesehen werden (Fig. Y). Tangential- zellen nehmen selbstverständlich auch am Aufbau des Mantels teil (Fig. A’). In allen anderen Teilen der Hemisphäre, auch im Nucleus olfactorius anterior, herrschen die kleinen Pyramidenzellen vor. Distinkte Zentren lassen sich nach Zelltypen nicht abgrenzen. Vielleieht sind die Zellen des Corpus striatum daran kenntlich, dass sie einen kräftigen, sich bald gabelnden Dendriten aufzu- weisen haben (Fig. 2). 64 @. A. E. Bindewald: Es war die Absicht dieser Arbeit, eine Darstellung aller derjenigen Verhältnisse am Amblvstomagehirn zu geben, welche mit Hilfe der jetzigen Methoden mit einiger Sicherheit klargelegt werden können. Es sollte insbesondere der tierpsychologischen Untersuchung eine möglichst sichere anatomische Grundlage geboten werden. Ich möchte mich daher in Ermangelung eigenen Vergleichsmaterials auch nicht auf weitere theoretische Auseinander- setzungen einlassen, aber ich glaube doch einen Hinweis auf die Ergebnisse Herricks nicht versäumen zu dürfen, da diese ein neues Licht auf die in Frage stehenden Zusammenhänge werfen. Durch die schöne und umfangreiche Arbeit Herricks über das Problem, die ersten Uranfänge eines erkennbaren Cortex im (regensatz zu anderen Elementen der umgestülpten Hemisphären sowie die Uranfänge auch aller dieser anderen Elemente klarzu- legen, sind wir bedeutend weiter geführt worden in der Darlegung der Funktionen dieser Teile. Die Anschauungen Herricks sind im wesentlichen folgende: Dieser Forscher stützt sich zunächst auf His. Nach diesem wird der Neuraltubus durch den Suleus limitans seitlich in eine Lamina dorsalis (Flügel- oder epencephale Platte) und eine Lamina ventralis oder hypencephale Platte geteilt; in ersterer herrschen afferente (sensorische), in letzter efferente (motorische) Elemente für die spätere Entwicklung vor. Im vorderen Teil des Neuraltubus schwindet aber die ventrale Lamina, da hier keine peripherischen motorischen Nerven vorhanden sind; der Suleus limitans senkt sich nach unten, die dorsale Lamina wird hypertrophisch. Aus dieser vorderen Gegend stülpen sich nun, wie Herrick darstellt, ziemlich dorsal die Augenbläschen, weiter oral etwas tiefer die Hemisphären aus (Fig. B‘), erstere sehr früh vor Schliessung des Neuralrohres, letztere später. In diese Umstülpung der Hemisphäre wird sowohl primäres (der Bulbus olfactorius) wie sekundäres (rewebe hineingerissen; vielleicht gab es einmal eine Stufe in der Tierreihe, wo nur der Bulbus olfaetorius ausgestülpt war. Das sekundäre olfactorische Gewebe ist dann erst später mit der weiteren Umstülpung mit nach vorn gezogen worden. Ein Teil dieses sekundären olfactorischen Gewebes ist aber als Telencephalon medium (bei Amphibien zeitlebens als Nucleus praeopticus) liegen geblieben. So stellte zuerst die Hemisphäre ein primäres und ein sekundäres Olfactorius-Zentrum dar, wie Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 65 wir es etwa noch im Lobus olfactorius als Lobarformation und Nucleus olfactorius anterior erhalten finden. Späterhin wurde mit der weiteren Umstülpung das olfactorische sekundäre Zentrum mit ebenfalls umgestülptem Gewebe der ven- tralen Lamina vermischt und in situ weiter differenziert. So entstanden Zentren für mehr motorische Tätigkeit, die mit dem ventralen Thalamus und Hypothalamus (durch das laterale und mediale Vorderhirnbündel) in Verbindung traten. Dadurch wurde (wie die Verbindungen dieser Zwischenhirngegend mit der Oblongata zeigen) eine olfacto-tactile und eine olfacto-viscerale Verbindung Mittelhirndach Habenula > Epiphyse Lamina dorsalis Sulcus limitans Lamına ventralis een! FL Chiasma Ursprung des Augenbechers Fig. B'. Schematischer Medianschnitt durch das Gehirn eines hypothetischen Wirbeltierahnen, der die Verhältnisse des ventralen Endes des Neuraltubus vor der Ausstülpung der Augenblasen und der Hemisphären zeigt. Nach Herrick Fig. 72 etwas vereinfacht. gebildet. die somit eine Station (Zentrum) in den Hemisphären bekamen. Indem besonders bei dem olfacto-tactilen die olfacto- rische Komponente immer mehr schwand, konnte sich dieses als besonderes Zentrum ausbilden, und dies ist das Corpus striatum, während wir das olfacto-viscerale in der ventro-medialen Wand zu suchen haben; wo es aber zu differenzieren ist, bleibt vorläufig fraglich. So konnte, wie Herrick (18, S. 472) schreibt, die rostrale Grenze dieses efferenten Korrelationsgewebes nicht bestimmt festgelegt werden; „zweifellos ist in dieser (regend ein allmählicher Übergang in den anstossenden sekundären Olfactoriuskern“ (besser (Gewebe). Betrachten wir, wie oben dargestellt, das Vorderhirn von Amblystoma, so ist absolut keine Grenze zwischen sekundären olfactorischen (Geweben und dem Corpus striatum zu sehen. Noch erreichen ja den vorderen und nach Herrick auch den hinteren Teil dieser Gegend sekundäre olfactorische Fasern. Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt.L 5 66 @. Ar BE. Bin dewald: Die einfache gerade Verbindung der ventral gelegenen Teile der Hemisphäre und weiter kaudal gelegene Partien (Pars ven- tralis-thalami und Hypothalamus) beweisen, dass diese raschen einfachen stereotypen Reflexen dienen können (nach der Meinung Herricks). Anders liegen die Verhältnisse bei den dorsalen Teilen (Pars pallialis).. Hier ist keine Verbindung mit weiter kaudal gelegenen Partien möglich, da ja zwischen Hemisphäre und dorsalem Thalamus bezüglich Epithalamus bei Amphibien die tiefe di-telencephale Fissur liegt. So müssen alle Verbindungen auf einem Umwege geschehen (Septum, Habenula); also eine direkte Antwort auf einen Reiz ist hier nicht zu erwarten. S konnte sich aus diesen Teilen der echte Cortex cerebri in der Tierreihe entwickeln als Sitz charakteristischer, langsamer, (bei höheren Tieren) intelligenter Tätigkeiten. Es ist Herricks ganz besonderes Verdienst, nachgewiesen zu haben, dass die vier Teile der Hemisphärenwand ganz genau mit den vier Teilen des Diöncephalons korrespondieren: Pars ventro-medialis hem. —— Hypothalamus, Pars ventro-lateralis hem. — Pars ventralis thalami, Pars dorso-lateralis hem. — Pars dorsalis thalami, Pars dorso-medialis hem. — Epithalamus (ef. Fig. 85 und 84 bei Herrick,). Ich verweise hier besonders auf S. 478—80 bei Herrick (18), wo er noch einmal zusammenfassend beim Frosch alle diese Beziehungen morphologisch und funktionell beschreibt. Besonderes Interesse haben ja die beiden pallialen dorsalen Teile. Man ist tatsächlich schon so weit gegangen, die Pars dorso-lateralis mit dem Lobus pyriformis der Säuger und die Pars dorso-medialis mit dem Hippocampus zu identifizieren und hat in letzterem sogar wieder Fascia dentata und (Gyrus hippo- campi abgrenzen zu müssen geglaubt (Elliot Smith). Gegen diese weitgehende Identifizierung haben sich aber mit Recht, wie ich glaube, Forscher wie Kappers und Herrick gewandt. Dass aus diesen Gebieten die erwähnten Gebilde hervorgehen, steht zweifellos fest, aber sie sind wohl noch nicht so deutlich präformiert und dienen bei den Amphibien noch ganz oder fast ganz dem olfactorischen Faktor. Forscher, wie Edinger und Kappers nennen daher auch das Primordium hippocampi der Amphibien tertiäres Olfactorius-Zentrum. 67 Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 51 Dass sich das Primordium hippocampi gerade in der dorso- medialen Wand differenziert hat, hängt nach Herrick mit der Zusammengehörigkeit dieses mit den Septumteilen zusammen, die ja (via mediales Vorderhirnbündel) eine wichtige Zwischenstation zum Hypothalamus darstellen sollen (Herrick). Von Wichtigkeit ist es jedenfalls, worauf Herrick schon bei den Amphibien hinweist, dass alle Teile der Hemisphäre bei Amblystoma unter dem Einfluss olfactorischer Reize stehen. Trotz alledem ist dem Riechreiz nicht allzu grosse Bedeutung beizulegen, wie ich glaube. Die meisten sekundären Riechfasern reichen ja nicht weiter als bis zum Nucleus olfactorius anterior und nur ein geringer Teil gelangt weiter, wo er zum Schaften von Relationen Anlass geben kann. Bedeutungsvoller scheint mir die Tatsache, dass die Habenula beim Axolotl sehr stark ausgebildet ist und eine grosse Anzahl Bahnen empfängt und entsendet; vor allem ist die Taenia (Edingers) und das Meinertsche Bündel (Fascieulus retroflexus, im Text oben nicht erwähnt) sehr stark. Nun wissen wir durch die Untersuchungen Edingers, dass gerade dieses Ganglion und diese Züge (siehe Edingers schematische Fig. 274, Vor- lesungen Bd. 1) mit dem Oralsinn in engster Beziehung stehen. Wir können somit auf einen wohl ausgebildeten Oralsinn beim Axolotl schliessen, obwohl wir über die anderen in Frage kommenden Verbindungen und Zentren, besonders die Verbindung des Trigeminus mit dem Vorderhirn und das dort in Frage kommende (Parolfactorius-) Zentrum noch nichts wissen. Ich halte es für leicht möglich, nach meinen Untersuchungen bei Proteus (2) und der gegenwärtigen Vergleichung der Trigeminus- verhältnisse beim Axolotl, die mit denen von Proteus sehr über- einstimmen, dass eine direkte Trigeminusverbindung mit dem Vorderhirn gar nicht vorhanden ist, sondern dass ein solcher Reiz auf Umwegen vielleicht durch den von Herrick gefundenen Traetus thalamo-corticalis oder via laterales Vorderhirnbündel zum Vorderhirn gelangt. Auch die Versuche Haeckers (14) weisen übrigens darauf hin, dass der Oralsinn beim Axolotl eine grosse Rolle spielt, eine wesentlich grössere als die Riechfunktion, da die Tiere im Anfang ebensogut auf Fleisch wie auf das ganz anders riechende Holzstück (Maulbeerholz) reagieren, wenn dieses ihnen unter gleichen Umständen dargeboten wird. 0, AB: Bindewarld: Literaturverzeichnis. Arbeiten mit * behandeln Gehirne oder einzelne Gehirnteile von Urodelen, Arbeiten mit ** solche von Amblystoma. Die Zahlen im Text hinter den -] J: 16. Autoren zeigen die laufende Nummer im Literaturverzeichnis an. 1857. DBelloneci: Sulle commissure cerebrali anteriori degli Anfıbi e dei Rettili. Bologna. 1911.* Bindewald, C.: Eine Commissura intertrigemina im Amphibien- gehirn. Anat. Anz., Vol. 40, Nr. 89. 1899* Bochenek, A.: Die Nervenbahnen des Vorderhirnes von Salamandra maculosa (Polnisch). Ausführliches Referat im Anz. d. Akad. d. Wiss., Krakau, math.-naturw. Kl. 1902.* Derselbe: Neue Beiträge zum Bau der Hypophysis cerebri bei Amphibien (Polnisch). Referat im Anz. d. Akad. d. Wiss., Krakau, math.-naturw. Kl. 1891.* Burckhardt, R.: Untersuchungen am Gehirn und Geruchs- organ von Triton und Ichthyophis. Zeitschr. f. wiss. Zool., Vol. 92. 1902.** Coghill, G. E.: The cranial Nerves of Amblystoma tigrinum. Journ. of comp. Neur. and Psychol., Vol. 12, Nr. 3. 1907.* Dodds, G. S.: On the brain of one of the salamanders (Plethodon glutinosus). Univ. of Colorado Studies, Vol. 4. 1888 * Edinger, L.: Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirnes. I. Das Vorderhirn. Abh. d. Senckenb. naturw. Eason Volk 1% 1908, 1911. Derselbe: Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentral- organe des Menschen und der Tiere. Vol. 1, 8. Auflage, 1911, Vol. 2, 7. Auflage, 1908. 1892 ** Eycleshymer, A. Ü.: Paraphysis and Epiphysis in Ambly- stoma. Anat. Anz., Vol. 7. 1895.* Fish, P.A.: The central nervous system of Desmognathus fusca. 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Nr. 5: Die Zellanordnungen im Vorderhirn der Amphibien mit besonderer Berücksichtigung der Septumkerne und ihr Vergleich mit den Verhältnissen bei Testudo und Lacerta. Verh. d. Kon. Akad. van Wetensch. te Amsterdam, Twede Sektie, Deel 17, Nr. 1. Rubaschkin, W.: Zur Morphologie des Gehirnes der Amphibien. Arch. f. mikr. Anat., Vol. 62. Stieda, L.: Über den Bau des Zentralnervensystems des Axolotl. Zeitschr. f. wiss. Zool., Vol. 25. Snessarew, P.: Über die Nervenfasern im Rhinencephalon beim Frosch. Journ. f. Psych. u. Neur., Vol. 13. 70 CA. E. Bindewald: 35. 1905.* Warren, J.: The development of the Paraphysis and the pineal region in Necturus maculatus. Am. Journ. of Anat., Vol..5. 36. 1879,** Wiedersheim, R.: Zur Anatomie des Amblystoma Weis- manni. Zeitschr. f. wiss. Zool., Vol. 32. Erklärung der Figuren. > Sämtliche Figuren sind mit Ausnahme von fünf (G, B’, AA, 1 und 2 BB) mit einem grossen Abbeschen Zeichenapparat der Firma Winkel, Göttingen, Fig. A. Fig. B. Fig. D. entworfen und gezeichnet. Textfiguren. Serie 54. Vergrösserung ca. 23. Horizontalschnitt durch die Partes ventrales des Vorderhirns. Cellulae ventrales bulbares. Glomeruli. Recessus medio-frontalis ventriculi lobi olfactorii. Ventriculus lobi olfaetorii. Nucleus olfactorius anterior. Recessus medio-caudalis ventriceuli lobi olfactorii. Pia zwischen den Ventrikeln. Recessus latero-frontralis v. l. o. Ventriculus lateralis. Nucleus medianus septi (?). Plexus chorioideus lateralis. Cellulae septales. Septum ependymale. Striatum. Foramen interventriculare. Aula. Lamina terminalis. Recessus praeopticus. Serie 54. Vergrösserung ca. 23. Horizontalschnitt durch die Partes dorsales der Hemisphären (nicht viel oberhalb der Lamina terminales und des Sulcus limitans hippocampi). Üellulae bulbares dorsales, Pia. Recessus medio-frontalis v.1.o. Glomeruli. Ventrieulus lobi olfactorii. Nucleus olfactorius anterior. Bulbulus accessorius. Recessus medio-caudalis v. l. 0. Recessus latero-frontalis v. 1. 0. Primordium hippocampi. Ventriculus lateralis. Plexus chorioideus lateralis. Pars fimbrialis septi. Foramen interventrieulare. Plexus chorioideus medialis. Commissura hippocampi. Aula. Ventriculus tertius. Serie 2. Vergrösserung ca. 23.. Querschnitt durch die vorderste Spitze des Lobus olfactorius. Cellulae bulbares dorsales. Cellulae bulbares mediales. Üellulae bulbares ventrales. 1. Fila olfactoria (Nervus olfactorius). 2. Glomeruli. 3. Zona molecularis. 4. Schicht der Mitraliszellen. 5. Körnerschicht. Serie 2. Vergrösserung ca. 23. Schnitt durch die vorderste Spitze des Ventriculus lobi olfactorii (Recessus medio-frontalis). Cellulae bulbares dorsales. Cellulae mediales. Cellulae laterales. Ventri- eulus lobi olfactorii. Letzter Rest der Uellulae bulbares mediales (Gegend der Concrescentia bulbaris der Anuren). Cellulae bulbares ventrales. Fig. Fig. Fig. Fig. E. r Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. Zi Serie 2. Vergrösserung ca. 23. Schnitt durch den mittleren Teil des Nucleus olfactorius anterior. Üellulae bulbares dorsales. Zona limitans dorsalis. Nucleus olfactorius anterior (Cellulae mediales). Ventrieulus lobi olfactorii. Cellulae laterales. Üellulae bulbares ventrales. Schnitt durch den Bulbulus accessorius. 1. Erwachsenes Tier (Serie 2). 2. Zirka einjähriges Tier (Serie 7). Vergrösserung ca. 23. b. a. = Bulbulus accessorius; c. b. v. = Üellulae bulbares ventrales ; n. 0.8. — Nervus olfactorius secundus; n. 0. a. — Nucleus olfactorius anterior ; Pr. dl. — Prominentia dorso-lateralis:; Pr. vl. = Prominentia ventro-lateralis; Prim. hipp. — erster Anfang des Primordium hippo- campi; s. 1. = Suleus limitans hippocampi; st. s. — Stratum semi- lunare; tub. olf. — Tuberculum olfactorium; V. — Ventriculus lobi olfactori. Frosch, Schema der vier Hemisphärenquadranten. f I Pars dorso-medialis. { III Pars dorso-lateralis. IV Pars ventro-lateralis. V Pars ventro-medialis. Fissura arcuata Gaupp. Zona limitans medialis Gaupp. Sulcus limitans hippocampi Herrick. Sulcus limitans lateralis Gaupp. Zona limitans lateralis Gaupp. Serie 7. Vergrösserung ca. 23. Etwas schräger Querschnitt hinter dem Bulbulus accessorius. Die rechte Hemisphäre zeigt die super- ficiellen Zellen (siehe Text S. 22ff.); auf der linken Hemisphäre ist bereits ein schwer abgrenzbarer Nucleus medianus septi zu sehen. Pars pallialis Gaupp Pars subpallialis Gaupp Cell. sept. — Cellulae septales; Cell. sup. = Üellulae superficiales; Prim. hipp. — Primordium hippocampi; Pr. dl. = Prominentia dorso-lateralis; Pr. med. — Prominentia medialis; Pr. vl. = Promi- nentia ventro-lateralis; Nucl. med. sept. — Nucleus medianus septi; s.1.h. —= Suleus limitans hippocampi ; Z. 1. — Zona limitans medialis. 1—6, Serie 2. Vergrösserung ca. 23. Die Verhältnisse des Septum ependymale und die Verschmelzung der beiden Partes ventro-mediales (siehe S. 24, 28 und 29). Die Schnitte liegen je 60 my auseinander. E.s. — Eminentia septalis; Par. — Paraphyse; P.s.f. = Pars fimbrialis septi; P.m. =- Prominentia medialis: P.v. = Prominentia ventralis: S. e. — Septum ependymale; S. m. = Septum mediale; 8.1. — Suleus limitans hippocampi; T. f. — Taenia fornieis Herrick; Z.1.h. = Zona limitans hippocampi. Serie 2. Vergrösserung ca. 23. Schnitt durch die Striatumgegend kurz vor der Lamina terminalis. Paraphyse. Primordium hippo- campi. Ventriculus lateralis. Plexus lateralis. Plexus medialis. Striatum. Areal des lateralen Vorderhirnbündels. Areal des medialen Vorderhirnbündels. Paläocortex ? (Röthig). Prominentia lateralis. Epistriatumanlage ? (Röthig). Prominentia ventralis. Serie 2. Vergrösserung 23. Schnitt durch die Schlussplatte (ef. Fig. 16 beiHerrick). Paraphyse. Polus posterior. Eminentia ig. M 0: a. je. R. ig. W. GRASBE Bindiew ald: thalami. Plexus medialis. Laterales Vorderhirnbündel und sein kreuzender Teil. Mediales Vorderhirnbündel und sein kreuzender Teil. Schlussplatte. Commissura hippocampi (marklos). Commissura anterior (markhaltig). Serie 14. Vergrösserung ca. 52. Schnitt durch die vorderste Spitze des Lobus olfactorius (siehe Textfig. 0). Radiatio dorsalis. In Fig. M—R sind die Zellen absichtlich zu klein gezeichnet, um die Nervenfibrillen deutlicher machen zu können. Serie 14. Vergrösserung ca. 52. Siehe Fig. M, C, D ca. 110 my weiter kaudad als M. Cellulae bulbares dorsales. Cellulae bulbares ventrales. Serie 18. Vergrösserung ca. 104. Horizontalschnitt (cf. Fig. A). Ungefähr in mittlerer Höhe der Hemisphäre, um die Radiatio olfactoria horizontalis (rad‘, rad’, rad’) zu zeigen. Ventriculus lobi olfactorii. Nucleus olfactorius anterior. Radiatio olfactoria ventralis. Recessus medio-frontalis. Cellulae bulbares ventrales (mediales). Nervus olfactorius. Serie 14. Vergrösserung ca. 52 (cf. Fig. D). Querschnitt kurz nach Auftreten des Ventriculus lobi olfactorii. Radiatio olfactoria dorsalis. Nucleus olfactorius anterior. Radiatio olfactoria ventralis. Serie 14. Vergrösserung ca. 52. Querschnitt kurz vor dem Bulbulus accessorius (siehe auch Fig. E). Tractus bulbo-corticalis (Radiatio olfactoria dorsalis). Tuberculum olfactorium Röthig. Nervus olfacetorius secundus. Oralste Zellen des Primordium hippocampi. Sulcus limitans hippocampi. Radiatio olfactoria ventralis (Fasern zum Gebiet des medialen Vorderhirnbündels und zum Primordium hippocampi). Serie 14. Vergrösserung ca. 52. Aus mehreren Schnitten kombiniertes Bild der Bulbulus accessorius-Gegend (cf. Text S. 34 und vgl. Fig. F). Traetus bulbo-corticalis. Fasern zum Tractus bulbo-corticalis. Bulbulus accessorius. Fasern aus dem Bulbulus zum lateralen Vorderhirnbündel. Fasern zum lateralen Vorderhirnbündel. Fasern zum medialen Vorderhirnbündel. Serie 53. Vergrösserung ca. 270. Das mehrschichtige Ventrikel- ependym um den Angulus ventralis in der kaudalen Septumgegend (ef. Fig. I, 1 und 2). Serie 23. Vergrösserung ca. 135. Ventrikelependymzellen golgifiziert. Serie 27. Vergrösserung ca. 52. Golgibild der Lobarformation etwas kombiniert (siehe Fig. D, E, P). Üellulae bulbares dorsales. Radiatio olfactoria dorsalis. Nucleus olfactorius anterior. Radiatio olfactoria ventralis. Üellulae bulbares ventrales.. sbg. — sub- glomeruläre Zellen. j Serie 27. Vergrösserung ca. 135. Drei typische Mitraliszellen aus der Mitralisschicht (an der mittleren sind die Glomeruli ergänzt). Serie 23. Vergrösserung ca. 135. Grosse Pyramidenzellen. 1. aus dem Primordium hippocampi. 2. aus dem dorsalen Mantel (Zelle des Paläocortex). Fig. Fig. AA.. Fig. AA,. Fig. BB. IX BEN Das Vorderhirn von Amblystoma mexicanum. 73 Vergrösserung ca. 135. Kleine Pyramidenzellen. a) Abweichender Typus aus dem dorsalen Mantel. Tangentialzellen. Vergrösseruug ca. 135. Golgibild des „Striatum“ und des lateralen Vorderhirnbündels. Serie 29. Vgl. Fig.K. Serie 23. Vergrösserung ca. 45. Golgibild des Lobus hemi- sphaericus (cf. Fig. H). Aus fünf hintereinander liegenden Schnitten kombiniert. Cortex hippocampi ? Dorsaler Mantel. Primordium hippocampi. Sulcus limitans hippocampi. Septumgegend. Striatum- gegend. Schematischer Medianschnitt durch das Gehirn eines hypothetischen Wirbeltierahnen, der die Verhältnisse des rostralen Endes des Neural- typus vor der Ausstülpung der Augenblasen und der Hemisphären darstellt. Nach Herrick Fig. 72 etwas vereinfacht. Lamina terminalis. Lamina ventralis. Sulcus limitans. Mittelhirndach. Habenula. Epiphyse. Paraphyse. Ursprung des Bulbus olfactorius. Recessus neuroporicus. Schlussplatte mit der Commissura anterior. Sekundäres Ölfactoriusgewebe Ursprung des Augenbechers. Chiasma. Tafelfiguren. Gehirn eines zirka einjährigen Tieres von oben. Vergrösserung ca.5. Gehirn eines erwachsenen Tieres von oben. Vergrösserung ca. >. (Photographien von G. Tatzelt.) Schema der sekundären Riechbahn bei Amblystoma. Erklärung des Schemas: Die linke Hemisphäre ist von links gesehen und durchsichtig gedacht. Der Ventrikel ist Orange eingezeichnet; vorn liegt der Recessus medio-frontalis, etwas weiter hinten der Recessus medio-caudalis; dahinter der vordere Teil des Sulcus limitans hippocampi. Der schwarz schraffierte Komplex deutet die Formatio bulbaris, in die der seitlich gelegene Nervus olfactorius einstrahlt, und den Bulbulus accessorius an. Rot schraffiert ist der medial gelegene Nucleus olfactorius anterior. Die sekundären Riechbahnen stellen sich folgendermassen dar (siehe Text 8. 37 und 38): Die Radiatio olfactoria dorsalis vor dem Auftreten des Ventrikels. Die Radiatio olfactoria dorsalis nach Auftreten des Ventrikels (sie ist absichtlich von zu tief ventral kommend gezeichnet, um das Schema übersichtlicher zu gestalten). bilden den nach rückwärts laufenden Tractus bulbo-corticalis. die Radiatio olfactoria ventralis. die Radiatio olfactoria horizontalis. Die Fasern aus dem Gebiet des Bulbulus accessorius tragen keine Bezeichnung. Nervus olfactorius. Recessus medio-frontalis. Recessus medio- caudalis. Suleus limitans hippocampi. Bulbulus accessorius. Tractus bulbo-corticalis. Fig. DD. Fig. EB. Fig. FF. Fig. HH. Ele» 17. ”. A. E. Bindewald: Das Vorderhirn von Amblystoma etc. Serie 3. Vergrösserung ca. 70. Querschnitt durch die beiden Partes ventrales in der Höhe der Columna fornieis (cf... Man vgl. etwa Fig. H linke Hemisphäre. Primordium hippocampi. Sulcus limitans hippocampi. Üellulae septales. Nucleus medianus septi. Mediales Vorderhirnbündel. Laterales Vorderhirnbündel. Transversalschnitt durch die Lamina terminalis. Serie 12. Ver- grösserung ca. 180. Chiasma. Recessus praeopticus. Kreuzung des medialen Vorderhirnbündels. Kreuzung des lateralen Vorder- hirnbündels X-Commissur ? Tractus cortico-habenularis medialis eruciatus. Commissura hippocampi. Serie 2. Vergrösserung ca. 30. Schnitt durch den Polus posterior und den oralen Teil des Diencephalon (etwas kombiniert). Habenula. Suleus dorsalis diencephali. Stria medullaris Herrick. ' Sulceus medius diencephali. Tractus habenulo-thamalamieus (markhaltig). Tractus cortico-thalamicus (markhaltig). Sulcus ventralis dien- cephali. Sulcus limitans diencephali. Di-telencephale Furche. Tractus cortico-habenularis lateralis und medialis (marklos). Tractus cortico- thalamicus (markhaltig). Serie 52. Vergrösserung ca. 550. Ventrikelependymzellen 1. Ge- wöhnlicher Typus. 2. Langgestreckte Form aus dem Angulus ventralis des Ventrikels (ef. Fig. I, 1 und 2; S. 48). Ventrikelependymzellen aus dem Primordium hippocampi. Darüber eine Ganglienzelle. Serie 52. Vergrösserung ca. 550. Links eine gleiche Zelle golgifiziert in bedeutend schwächerer Vergrösserung. Serie 23. Vergrösserung ca. 180. Vergrösserung ca. 180. Moosförmige Gliazellen. 1. Golgipräparat, Serie 26. 2. Weigertpräparat, Serie 7. Serie 23. Vergrösserung ca 1100. Mitraliszelle (1) und nicht nervöse Zelle (2); Hämatoxylinfärbung. —1 oO Aus dem Zoologischen Institut der Königl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. Ein neues Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. Von Dr. Paul Krüger. Hierzu Tafel 11. Mittel und Wege zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen gibt es eine solch grosse Menge, dass es überflüssig erscheinen möchte, noch ein neues Verfahren zu empfehlen. Gerade in den letzten S—10 Jahren sind eine ganze Anzahl angegeben worden. Wenn ich nun doch noch diese um eines vermehren will, so hat das verschiedene Gründe, wie des weiteren dargetan werden wird. Überschaut man die Fülle der Methoden, so merkt man bei genauerem Studium der Vorschriften, dass es im Grunde nur drei Methoden sind, diese allerdings in der mannigfachsten Weise modifiziert. Von der Bielschowskyschen Versilberungsmethode und deren Varianten soll hier abgesehen werden, da sie auf ganz anderen Prinzipien beruht. Die eine, älteste, knüpft an den Namen van Gieson und empfiehlt vorwiegend Farbstoffe der Phenylbenzole (Triphenylmethangruppe), meist in Verbindung mit Pikrinsäure, die andere das Orcein. Ein drittes Prinzip spielt bei der letzten eine Rolle: die Affinität des Hämatoxylins zum Bindegewebe nach vorangegangener Beizung. Die sogenannte van Gieson-Färbung besteht in der gleichzeitigen Färbung mit Säurefuchsin (Bindegewebe) und Pikrin- säure (glatte Muskeln z. B.). Dieses ursprüngliche Rezept ıst mannigfach modifiziert worden. Von roten Farbstoffen wurden benutzt z. B.: basisches Fuchsin, Resorein-Fuchsin, Parafuchsine, Ponceau S extra, Ponceau 6 R, Ponceau 5 R, Azofuchsine G, Azorubine S; von violetten, blauen und grünen: Violet rouge 4 RS, Violet rouge 5 RS, Bleu diamine 2 B, Methylblau, Anilinblau und Wasserblau (triphenylrosanilintrisulfosaures Ca oder Na, das zuerst von Blochmann empfohlen wurde) und Methylgrün. Curtis und Lemoult haben eine ganze Anzahl Farbstoffe untersucht und 76 Paul Krüger: empfohlen, auch einen schwarzen: Noir naphthol B. Kombiniert worden sind diese Farben meist mit Pikrinsäure. Daneben wird Ammoniumpikrat, Thionin und Toluidin gebraucht. Curtis und Lemoult geben an, dass an Stelle der Pikrinsäure alle Trinitro- verbindungen der Kresole und Phenole treten können. Es er- geben sich also eine ganze Menge von möglichen Kombinationen, von denen viele auch als „neue“ und unfehlbare Verfahren an- gepriesen worden sind. Die Färbungen mit Orcein (Unna-Taenzer) sind vor allem zur Darstellung der elastischen Fasern angewendet worden. Diese Methode hat gleichfalls mannigfache Modifikationen erfahren. E. Saviniund Th. Savini-Castano gebrauchen es zusammen mit Säurefuchsin-Ammoniumpikrat zur gleichzeitigen Darstellung von Bindegewebe und elastischen Fasern. In einer dritten Gruppe kann man die Methoden, die auf der Affinität der Bindesubstanzen zum Hämatoxylin nach voran- gegangener Beizung beruhen, zusammenfassen. Eine Anzahl von Autoren wendet die Beizung an, um ganz allgemein Bindesub- stanzen darzustellen, andere, um elastische Fasern sichtbar zu machen. Zur ersten Gruppe ‚gehören Mallory-Ribbert und, etwas modifizierend, Hueter. Ein anderes Verfahren empfiehlt Verocay, der die Schnitte zunächst mit 1proz. Chromsäure beizt, sie nur abspült und dann färbt. — Zur Darstellung der elastischen Fasern mittels Hämatoxylin sind mehrere Verfahren angegeben worden. Da ich in dieser Arbeit eine Methode der Bindesubstanzenfärbung schildern will, will ich nur auf eins ein- gehen. Verhoeff gibt folgende Vorschrift: „Hematoxylin erystals 1 gm. Absolute alcohol 20 e. c. Dissolve in test-tube by aid of heat, filter, and add in order given: Aqueous solution (10 per cent) of ferrie chlorid 8 ce. e.; Concentrated Lugol’s solution (iodin, 2; potassium iodid, 4; water 100)8c.c.“ Er färbt fünf Minuten oder länger, differenziert in 2proz. wässeriger Lösung von Eisenchlorid „only a few seconds“, dann Aqua dest., 95°Jo Ale., Aqua dest. 5 Minuten, schliesslich in SOproz. Alkohol und Eosin, Origanumöl und Balsam. Es färben sich nur elastische Fasern. „ÜUonnective tissue, fibroglia, myoglia, etc. take the eosin stain.“ In Anbetracht der grossen Zahl von Färbungen erscheint es also fast unangebracht, diese noch um eine zu vergrössern. —I u | Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. So grosse Vorzüge einzelne dieser Methoden besitzen und so schöne und klare Bilder sie, falls gelungen, liefern, so sind sie doch alle nicht ganz einwandfrei. Was zunächst die „ran Gieson*-Methoden anbelangt, so machen sich bei ihrer Anwendung eine ganze Reihe von Schwierig- keiten unangenehm bemerkbar. Vor allem ist fast für jedes Objekt das Mischungsverhältnis des roten Farbstoftes zur Pikrin- säure empirisch festzustellen. Hat man das glücklich heraus- gefunden, hält es schwer, die Farbe unversehrt durch die ver- schiedenen Medien zu bringen. Wie schwierig das ist, geht auch aus der Vorschrift, die Curtis für eine seiner vielen Modi- fikationen gibt, hervor: „Mettre la coupe dans l’eau 3 a 5 secondes. Aleool a 95°/o. Tres rapidement 5 a 10 secondes. Retirer des que des nuages violets se degagent. Verser sur la lame bleue 2 a 3 gouttes d’alcool absolu. Essence de girofle a peine 2—3 secondes. Xylol.“ Weitere unangenehme Eigenschaften, auch der gelungenen Präparate, sind die geringe Haltbarkeit (sie ver- blassen oft schon nach 2—3 Monaten, sicher nach Jahresfrist) und die Tatsache, dass die Kerne nicht gefärbt sind. Eine solche zu erzielen, ist wegen der Pikrinsäure nicht leicht. Es hat natürlich nicht an Versuchen gefehlt, dem abzuhelfen. Auch der Zusatz von Eisenchlorid soll nach Traina nichts fruchten. Er selbst nennt nun seine Methode eine „neue und einfache“, einer Bezeichnung, der man wohl nicht ganz beipflichten kann, wenn man seine Vorschriften durchliest: „1. 1—2 Stunden in 1proz. wässeriger Resoreinlösung, 2. rasches Auswaschen in Aqua dest., 3. 10—20 Minuten in 1proz. wässeriger Acridinrotlösung, 4. sehr rasches Auswaschen in Aqua dest., 5. 1—3 Minuten in konz. wässeriger Pikrinsäure 95 cem + 1°/o wässeriges Wasserblau oder Anilinblau 5 ccm, 6. rasches Auswaschen in Aqua dest., 7. schnelles Entwässern in 2—3 mal gewechseltem Alec. abs., 8. Xylol, 9. Balsam“. Dazu kommt, dass die Lösungen am besten jedesmal frisch bereitet und in dunklen Gefässen aufgehoben werden müssen, da sie sonst leicht verderben. Ähnliche Bedenken lassen sich gegen die anderen Methoden zum Teil auch erheben. Das einzige Verfahren zur Darstellung des Bindegewebes mittels Hämatoxylin, von Verocay, leidet daran, dass Paraffinschnitte unter 15 a nicht geeignet sind. Auch diese noch erhalten bei der Vorbehandlung (10—16 Stunden in 1°/o Chromsäure bei 46°) [0 6) Paul Krüger: Risse. Celloidinschnitte schrumpfen stark. Nur durch ein ziemlich umständliches Verfahren ist dem zu begegnen. Auch hierbei bleiben die Kerne ungefärbt. Ehe ich nun dazu übergehe, meine eigene Methode zu schildern, möchte ich einem Verdachte begegnen, als ob ich sie für die alleinseligmachende hinstellen wollte. Ich behaupte nur, dass sie in Verbindung mit anderen Methoden, d.h. unter Be- nutzung der verschiedensten Methoden nebeneinander, gute Dienste leisten wird und dass sie gegenüber diesen einige nicht zu gering zu schätzende Vorteile besitzt: Einfachheit des Verfahrens, dabei gleichzeitige Färbung des Bindegewebes und der Kerne und Haltbarkeit (die ältesten Schnitte sind jetzt ein Jahr alt, dabei oft und anhaltend dem Licht ausgesetzt gewesen, ohne eine Spur einer Veränderung zu zeigen). Die Einschränkungen, die ich vor- läufig noch machen möchte, und auf die ich nachher zu sprechen komme, fallen dabei kaum schwer ins Gewicht. Die Methode verdanke ich durchaus dem Zufall. Gelegentlich fand sich auf Regenwurmschnitten, die ich für einen Kurs an- gefertigt hatte, das Bindegewebe auffallend deutlich gefärbt. ') Ich will zunächst das Verfahren schildern, ehe ich einige sonstige Beobachtungen an den Farbstoffen oder anderweitige Betrachtungen mitteile. Die Färbung gelingt am besten an Material, das mit Sublimat - Eisessig (5proz. Lösung + 5°/o) fixiert worden ist. Eingebettet kann sowohl mit Kohlenwasserstoffen oder ätherischen Ölen in Paraffin oder Celloidin werden. Die Schnitte kommen, gegebenenfalls nach Entfernung des Paraffins, in SO proz. Alkohol, dem soviel Jodjodkaliumlösung nach Mayer zugesetzt wird, bis er etwa kognakfarben aussieht. Hierin bleiben sie solange, bis sie eine kräftig gelbe Färbung angenommen haben, am besten über Nacht bis 24 Stunden. Man spült dann die Objektträger (oder Deckgläschen) flüchtig ab, ohne aber die Schnitte aus- zuwaschen. Dann bringt man sie in die Farblösung von folgender Zusammensetzung?) ', Herrn Prof. Hesse, der mich zuerst darauf aufmerksam machte, möchte ich dafür, wie für manchen freundlichst erteilten Rat, auch an dieser Stelle meinen ergebensten Dank aussprechen. ?) Das Rezept wird seit langer Zeit im Zoologischen Institut der Königl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin benutzt. Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. 9 1. Kristallisiertes Hämatoxylin lösen in Alcohol abs. bis zur Sättigung, so dass immer ein Bodensatz bleibt. Die Lösung muss mindestens mehrere Tage stehen, ehe sie verwendet werden darf und kann unbeschränkte Zeit aufbewahrt werden. 2. Ammoniakalaun, in der Wärme gesättigte Lösung in Aqua dest. 3. Glycerin, dick wie es in den Handel kommt. 4. Methylalkohol. Vonae zunehmen — . . ee 100 eem De EN a R EEE 02905 5100 ccm Diese vier Flüssigkeiten werden alle zusammen in eine Flasche mit mögliehst grossem Durchmesser gegossen und ohne zu filtrieren mindestens 3 Monate offen stehen gelassen. Das Hämatoxylin muss hoch oxydiert sein, um mit der Jodbeize die gewünschte Bindegewebsfärbung zu geben. — Gefärbt wird dieses auch mit nicht so hoch oxydiertem Hämatoxylin, nur ist dann zwischen Kernen und Bindegewebe kein Farbunterschied vor- handen, ausserdem erhalten andere Substanzen, z. B. Plasma, Schleim, einen gleichen blauen Schimmer bezw. gleiche dunkel- blaue Färbung. Versuche, das Hämatoxylin mit oxydierenden Substanzen schneller zu oxydieren, habe ich nicht in genügender Zahl unternommen. Mit Wasserstoffisuperoxyd habe ich ganz befriedigende Resultate erhalten. Die Farbunterschiede waren nur nicht ganz so scharf ausgeprägt. In der Farblösung bleiben die Schnitte mehrere Stunden, am besten wiederum über Nacht bis 24 Stunden. Sie können natürlich in beiden Flüssigkeiten ohne Schaden auch 2 Tage bleiben. — Es ist das sicher auch ein Vorteil der Methode, dass alle Verrichtungen in Ruhe vorgenommen werden können, ohne überhastet zu werden und ein bisschen „Zuviel“ nicht schadet. — Spült man jetzt die Präparate mit Aqua dest. ab, was ohne Schaden für die Färbung auch sehr gründlich geschehen kann, so zeigen die Schnitte dunkelbraunes bis schwarzes Aussehen. Es ist das für die verschiedenen Objekte verschieden. Die Schnitte müssen nun differenziert werden und zwar mit Salzsäure-Alkohol s0 Paul Krüger: (70°/o Alkohol + 1°/o konz. Salzsäure), bis nur noch die Kerne gefärbt sind. Der Überschuss an Säure wird mit SO proz. Alkohol, dem !/a—1°/o konz. Ammoniak zugesetzt ist, entfernt. Falls eine Gegenfärbung angebracht ist, so erhält man mit Eosin sehr wirkungsvolle Gegensätze. Bei dieser Gelegenheit möchte ich bemerken, dass man eine sehr schöne und zarte Plasmafärbung, wobei oft nur die Muskeln usw. rot gefärbt sind, auf folgende Weise erhält: Man löst Eosin in Alcohol abs. und gibt von der ziemlich konzentrierten Lösung einige Tropfen in Xylol, so dass es eben rot erscheint. Hierin müssen allerdings die Schnitte oft mehrere Stunden bleiben, ehe die gewünschte Färbung erzielt wird. Zweckmässig ist es auch, sie nachher noch- mals in reines Xylol zu tun. Das Endresultat bei dieser zwar einige Zeit in Anspruch nehmenden Färbung ist: Kerne blau, plasmatische Substanzen rot, oft in den verschiedensten Tönen, Bindesubstanzen braun bis schwarz. Welche Bindesubstanzen gefärbt sind, werde ich in einem besonderen Abschnitt nachher besprechen. Jetzt möchte ich erst einige andere Bemerkungen anschliessen. (ualitativ ist diese Hämatoxylinlösung durchaus gleich der von Delafieid zusammengesetzt. Chemisch scheint mir aber ein nicht zu geringer Unterschied zu bestehen. Berechnet man die Bestandteile beider Lösungen auf gleiche Gesamtsumme, so erhält man folgende Zahlen: ae | Eigene Mischung Nach Delafield | ccm ccm Hämatoxylinlösung . . . |) °) 100 (10,19 gr H.) | 204 (32,064 gr H.) Giyeerues Na. el 625—12,255% | 816—16 Jo Methylalkoho)l . .... | 625=12,255% | 816=16 /o kone. Alaunlösung ... ı 3750— 73,53 %0 3264—=64°%;0 | | 5100 | 5100 '‘) Ich habe zweimal den Rückstand, den eine bestimmte Menge Farb- lösung beim Eintrocknen hinterlässt, gewogen: 1) 5 cem Lösung, auf dem Thermostat bei 42° ©. und 12 Std. im Exicator, ergaben 0,512 gr — 100: 10,24; 2) desgl., bei Zimmertemperatur (20° C.) und 12 Std. im Exicator, ergaben 0,507 gr —= 100:10,14. Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. sl Abgesehen von diesen quantitativen Unterschieden treten aber sicher noch chemische durch die weitere Behandlung auf. Nach dem Rezept von Delafield bringt man zunächst Ammo- niakalaun und Hämatoxylinlösung zusammen, lässt 3—4 Tage offen stehen und filtriert. Erst dann setzt man Glycerin und Methylalkohol zu und filtriert wieder. Durch dieses zweimalige Filtrieren wird der auf Zusatz von Glycerin und Methylalkohol auskristallisierende Alaun neben anderen Niederschlägen entfernt. Die Lösung ist also nicht mehr konzentriert hinsichtlich des Alauns. Im Verlauf des Reifungsprozesses bildet sich jedoch ein ganz feiner Niederschlag wieder, der in der Flüssigkeit suspendiert bleibt. — Im Gegensatz hierzu wird nach dem oben angegebenen Rezept der sich ausscheidende Alaun nicht abfiltriert, so dass die überstehende Flüssigkeit stets damit gesättigt ist. Dabei bleibt sie immer klar. Die Farbe ist nach 2 Monaten ein dunkles Weinrot, das, je älter die Lösung wird, immer mehr in Braun übergeht. Um möglichst zu erfahren, welcher Bestandteil die Färbung verursacht, habe ich sowohl das Glycerin wie auch den Methyl- alkohol weggelassen. Lösungen ohne Glycerin färben nicht so kräftig wie die mit Glycerin. Sie geben mehr eine reine Kern- färbung als letztere. Um die Wirkung der Beize zu studieren, sind gleichfalls alle möglichen Varianten versucht worden.!) Vorhergegangene Beizung mit konzentrierter Alaunlösung hat nur wenig Einfluss, ebenso die mit Jodlösung und frischer Jodkaliumlösung. In voller Schärfe und Deutlichkeit wird das Bindegewebe nur nach voran- gegangener Jodjodkaliumbeizung sichtbar. — Während ich diese Zeilen schrieb, kam mir auch die Arbeit von A. Pappenheim und F. Pröscher zu Gesicht. Sie schreiben S. 145: „Fügt man zu den HElastinfarbstoffen Jodtinktur tropfenweise hinzu solange, als unterschichtetes Chloroform noch kein freibleibendes Jod an sich nimmt und ein Tropfen auf Löschpapier keine Üellulose- reaktion zeigt, so resultieren jodierte Fuchseline und Jodorcein. Der Eintritt von Halogenen ins Farbstoffmolekül macht die betreffenden Farbstoffe unter Umständen ungemein farbtüchtig. So sind die brauchbarsten Fluoresceine die Halogenderivate, die gelblichen Chlor- und Brom- und die bläulichen Jodeosine. Ebenso !) Ich muss hier nachtragen, dass die meisten Versuche an Schnitten durch Eisenia foetida Sav., als dem mir bequemsten Objekt, unternommen wurden. Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt. 1. 6 Rn 2 Paul Krüger: wirkt das Brom auf Resorufin, Resorufamin, Orcirufin und Oreiru- famin (Fluorescenzblau) und auch von dem Bromkarmin haben wir oben gesprochen. Der lackartigen Jodhämatoxylinverbindung werden ganz besonders färbetüchtige Eigenschaften nachgerühmt“. Leider habe ich nicht erfahren können, worauf sich diese Bemerkung stützt. Ich habe auf jeden Fall zu der oben ange- gebenen Hämatoxylinlösung in der vorgeschriebenen Weise Jod- jodkaliumlösung zufliessen lassen und dann auch fast dasselbe färberische Verhalten gefunden wie bei vorangegangener Beizung.') Von anderen Hämatoxylingemischen wurden ausser dem schon erwähnten Delafieldschen folgende benutzt. Hämalaun nach Mayer, Ehrlichs Alaunhämatoxylin, Friedländers Gemisch, Hämateinlösung I. A. nach Apäthy (sämtlich von Grübler, Leipzig), die Hämatoxylinlösung von Carazzi?’) und eine 1 proz. wässerige Hämatoxylinlösung. Von allen diesen (Gremischen lieferten, auch nach vorangegangener Beizung mit Jodjodkalium, die 1 proz. Hämatoxylinlösung, Ehrlichs Alaunhämatoxylin und die Häma- teinlösung eine reine Kernfärbung. Friedländers Gemisch färbte Kerne und Bindegewebe gleichmässig blau. Dagegen kam das Hämalaun von Mayer in der Wirkung der hier empfohlenen Lösung nahe. Von Fixierungsmitteln wurden versucht: 5proz. Sublimat- lösung + 5proz. Eisessig, 4proz. Formol, Carnoy, Zenker, Pikrinsalpetersäure, Bouin und Hermann. Die besten Resultate gab Sublimat-Eisessig, dann Carnoy und Formol. Die Pikrin- säuregemische gaben nicht so gute Farbtöne. Zenker lieferte mir eine reine Kernfärbung. Hermanns Gemisch eignet sich nicht wegen der Schwärzung durch die Osmiumsäure. Ich möchte nun dazu übergehen, einige Objekte anzuführen, um die fast unbeschränkte Verwendbarkeit der Färbung zu zeigen. Wie scharf die Unterschiede sind, sollen die beigegebenen Figuren?) demonstrieren. Ich werde mich sonst sehr kurz fassen und nur einige Bemerkungen dazu machen. !) Siehe Anmerkung am Ende der Arbeit (S. 90). ?) Nach Carazzi soll seine Lösung nach 2 Stunden gebrauchsfähig sein und Schnitte schon in wenigen Minuten gefärbt haben. Nach meinen Erfahrungen braucht der Alaun 3 Tage, ehe er gelöst ist, die Schnitte waren erst nach einigen Stunden genügend gefärbt. °), Die Tafel gibt die Farbunterschiede nicht in voller Schärfe und Feinheit wieder. Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. 83 A. Coelenterata. I. Spongiaria. 1. Sycandra raphanus 0. Schm. (Fig. 1). Um die etwas kleineren und etwas dunkler gefärbten Binde- zellen sind feine braune Fasern zu sehen. Braun gefärbt sind auch die Spicularscheiden. II. Cnidaria. 2. Hydra grisea L. 3. Cerianthus membranaceus Spall. 4. Rhizostoma pulmo L. (Formolfixierung). Sehr deutlich, fast schwarz, wird die Grenzlamelle gefärbt, ebenso scharf und deutlich die feineren Bindefibrillen und elastischen Fasern in der Schirmgallerte der Meduse. Die Gallerte selbst nimmt einen hellgrauen Ton an. Die Zellen in der Gallerte zeigen einen blauen Kern umgeben von wenig rot gefärbtem Plasma. III. Ctenophora. 5. Hormiphora plumosa Sars. Für diese Form gilt das bei den Cnidaria gesagte. B. Coelomata. IV. Zygoneura. a) Scolecida «) Platyhelminthes. . Planaria spez. I 7. Distomum hepaticum L. | 8. Gorgodera eygnoides Zed. 9. Diplodiscus subelavatus Goeze, 10. Ligula intestinalis L. Iıı. Taenia serrata Goeze. u er) — Bei allen diesen Arten ist die Grenzlamelle sehr deutlich dunkelbraun gefärbt, in gleicher Weise auch die Grenzlamellen gegen den Darm und die Geschlechtsorgane. Etwas heller braun sind die feinen Fibrillen zwischen den Muskeln der Saugnäpfe und des den übrigen Körper füllenden Bindegewebes. 6* 54 PaulKrüger: 3) Coelhelminthes. 12.Ascarıs’ lumbricondes kaEigN2): Die Cutieula lässt deutlich mehrere Schichten erkennen. Die äusserst feinfaserigen Bindefibrillen (in der Figur einheitlich dunkel gezeichnet) sind sehr scharf, schwarzbraun gefärbt und auch leicht zwischen Muskeln und Subeuticula (Epiderm) zu erkennen. 13. Acanthocephalus ranae Schrank. Die Cuticula zeigt zwei Schichten, eine dunkelrote und eine innere hellere. Die Subeuticula enthält sich rosa färbende Fibrillen, die nach allen Richtungen verlaufen. Dazwischen liegen Kerne verstreut. Es folgt eine schwarzbraun gefärbte Grenzlamelle. Das gleiche Aussehen zeigen die Bindegewebsfibrillen zwischen der äusseren Ringmuskellage (rot) und der inneren Längsmuskel- schicht. Gegen die Leibeshöhle ist letztere durch einen derben Fibrillenzug abgetrennt. y) Nemertini. 14. Cerebratulus marginatus Ren. Ich verweise hier auf die Darstellung von K. C. Schneider. Die dort gemachten Angaben lassen sich mit der Färbung leicht bestätigen. Nicht gefärbt sind die Gliafasern, die in den Faser- strang des Nervensystems eindringen. b) Annelida. 15. Nereis spez. 16. Branchiomma Köllikeri. Das Bindegewebe der Polychaeten ist wenig ausgebildet. Die feinen Fasern, z. B. um das Nervensystem, Darm, Muskeln, sind braun gefärbt. 17. Eisenia foetida Sav. (Fig. 3). An diesem Objekt ist die Färbung zuerst gefunden worden. Es hat auch am meisten zu Versuchen gedient. Ich will aber auch hier nur Einiges bemerken. Sehr deutlich gefärbt sind die Grenzlamellen, die äusserst feinfaserigen Fibrillen (dunkelgrau) zwischen der Ringmuskelschicht. Äusserst scharf, fast schwarz, Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. 59 sind die Bindegewebsfasern zwischen den Fahnen der Längs- muskulatur. Wohl noch nie so deutlich sind die Bindegewebs- fasern und Gliafasern im Nervensystem dargestellt worden (Fig. 5). Zwischen den fast schwarzen Gliafasern sieht man bei starker Vergrösserung (Comp.-Oc. Ss und 12) kleine dunkle Zellkerne. 18. Piscicola piscium Roes. 19. Aulastomum gulo M.-Td. Bei Piscicola sind die Bindegewebsfasern, z.B. an den Darm- abschnitten, den Geschlechtsorganen, zwischen den äusseren Ring- muskeln, ziemlich derb und fast schwarz gefärbt. Bei Aulastomum hat das so überaus reichliche Bindegewebe einen braunen Ton angenommen. 20. Sipunculus nudusL. Hautquerschnitte. c) Arthropoda. «) Branchiata. 1. Chirocephalus (Branchipus) Grubii. Dyb. 2. Calanus spez. 23. Scalpellum scalpellum L. 24. Lepas anatifera.L. 25. Mysis spez. 26. Palaemonetes varians Leach. Über das Bindegewebe der Cirripedien wird im Zusammen- hang mit anderen Untersuchungen an anderer Stelle berichtet werden. Bei den übrigen untersuchten Crustaceen wird das Binde- gewebe sehr deutlich schwarz gefärbt. Zwischen den Muskeln sind es zuweilen sehr dicke Scheiden und Stränge, die dann in feineren und feinsten Fasern auslaufen. In den dicken Strängen sieht man bei genügend dünnen Schnitten (5 «) Bindegewebszellen liegen. Das Chitin und die inneren Skeletteile färben sich schwarz- braun, wie die an ihnen ansetzenden Fasern. ?) Eutracheata. 27. Stilpnotia salicis L. (Raupe). Sehr deutlich sind die Zwischenstreifen und ihre Verbindungen mit dem Myolemm zu sehen. Sie sind braun gefärbt und heben sich dadurch von der rotgefärbten Querstreifung des Muskels ab. 86 PaulKrüger: d) Meollusca. 28. Chiton olivaceus Spengl. (Fig. 4). Entgegen anderen Angaben scheint das Bindegewebe bei Chiton doch nicht so spärlich zu sein. Abgesehen von den inneren Organen findet sich ziemlich reichlich Bindegewebe zwischen den Muskeln des Gürtels und Fusses. An dazwischenliegenden Partien sieht man eine sich grau färbende Grundsubstanz, in der sehr feine nach allen Seiten verzweigte Fibrillen (braun) und wenige Muskeln (rot) verlaufen. Man erhält mittels der Färbung ausser- ordentlich scharfe und klare Bilder, die bildlich allerdings sehr schwer darzustellen sind. 29. Carinaria mediterranea Per. Lsr. In der Gallerte sind kaum Spuren von Fibrillen gefärbt. | 30. Creseis spez. | 31. Aeolis spez. [32. Unio pictorum L. 133. Pecten jacobaeusL.. Das Bindegewebe der Gastropoden und Lamellibranchier ist spärlich entwickelt. Die vorhandenen Stränge und Fibrillen sind gleichfalls deutlich dunkelbraun gefärbt. 34. Sepiola Rondeleti Leach. Das sehr reichliche Bindegewebe zwischen den Muskeln, am Darm usw. färbt sich schwarz. Die Grundsubstanz des Knorpels wird schwarzbraun und erscheint deutlich fibrillär. V. Ambulacralia. Echinodermata. 35. Asterias tenuispina Lm. 36. Holothuria stellati. Auch hier liefert die Färbung sehr klare und deutliche Bilder, wodurch Bindesubstanzen und plasmatische Gebilde leicht. zu unterscheiden sind, z. B. bei der Haut von Holothuria. VI Chordonia. a) l’unicata, 37. Salpa spez. Die Mantelgallerte färbt sich grau, die Ausläufer der Binde- zellen dunkler. Verfahren zur elektiven Färbung der Bindesubstanzen. 37 b) Acrania, 38. Amphioxus lanceolatus Pall. Die Angaben, die Goldschmidt gemacht hat, kann ich durchaus bestätigen. Die Fibrillen lassen sich mit der Methode leicht darstellen. c) Vertebrata. 39. Petromyzon fluviatilis L. (Ammocoetes branchialis) (Fig. 5). Dieses Objekt stellt geradezu ein Paradestück dar, um die Wirkung der Färbung zu demonstrieren. Ich verweise auf die Figur. 40. Seyllium stellare L. 41. Salamandra maculosa Laur. (Larve). Für diese gilt das gleiche wie für Ammocoetes. Die Knorpel- erundsubstanz färbt sich dunkelgrau, die Knorpelzellen rosa mit blauen Kernen. 42. Rana temporaria L. Im Hoden färben sich sehr deutlich die Bindegewebsfibrillen zwischen den Hodenkanälchen. 43. Testudo graeca L. (Övarium). 44. Lepus cunieculus L. 45. Mus musculus L. 46. Welis domestica RD. 47. Homo. Es wurden folgende Gewebe und Organe untersucht: Haut, Zwerchfell (Fig. 6), Magen, Darm, Leber, Pankreas, Niere, Hoden, Ovarium, Uterus mit Embryonen, Milchdrüse, Fett, Herz und Lunge. Hinweisen möchte ich nur auf einiges. Im Corium, subkutanem Bindegewebe, dem Bindegewebe der Submucosa, im Herzmuskel sind die feinsten Fibrillen sehr deutlich gefärbt. Auf Nierenschnitten hebt sich das interstitielle Bindegewebe scharf von dem übrigen Gewebe ab. ÖOvariumschnitte zeigen auf das schönste das Bindegewebe der Rindensubstanz und des Corpus luteum braun gefärbt. Vom Menschen wurde Kopfhaut, parauterines Bindegewebe und eine Geschwulst des Uterus untersucht. Auch hier sind die Bindesubstanzen leicht von dem übrigen (rewebe durch ihre braune bis schwarze Färbung zu unterscheiden. 88 PaulKrüger: Literaturverzeichnis. Ein * bedeutet, dass mir die Arbeit nicht zugängig war. Bettendorf, H.: Über Muskulatur und Sinneszellen der Trematoden. ' Zool. Jahrb. f. Morph., Bd. 10, 1897. Blochmann, F.: Die Epithelfrage bei Cestoden und Trematoden. Hamburg 1896. Carazzi, D.: Eine neue Hämatoxylinlösung. Zeitschr. f. wiss. Mikr., Bd. 28, 1912. Curtis, F. et Lemoult, P.: Sur l’affinit€ des matieres colorantes arti- ficielles pour le tissu conjonctif. ©. R. Acad., Paris, T. 140, 1905. Curtis, F.: Nos methodes de coloration @lective du tissu conjonctif. Arch. Med. exper., Paris, T. 17, 1905. Dubreuil: Le picro-bleu, note sur l’emploi de ce r&actif pour la coloration specifigue des fibrilles conjonctives. ©. R. de l’Association des Anato- mistes, VIe Session, Toulouse 1904. Dürk, H.: Über eine neue Art von Fasern im Bindegewebe und in der Blutgefässwand. 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Sämtliche Figuren sind mit dem Zeissschen Zeichenapparat auf den Arbeits- tisch projiziert. Fig. 1. Sycandra raphanus O. Schn Stück einer Radialtube, längs. Hom. Im. 22mm, .n.. A, 1,3.>0c.1,22/r. Fig. 2. Ascaris lumbricoides L. Stück eines Querschnittes; Cuticula, Muskel- zellen, Mediallinie. Ihbid. ?/s. Fig. 3. Eisenia foetida Sav. Bauchmark, quer. Ibid. *>. Fig. 4. Chiton olivaceus Spengl. Stück einer Muskelpartie des Gürtels, quer. Ibid. !/ı. Petromyzon fluviatilis L. (Ammocoetes branchialis.) Querschnitt. Obj:7a3, De. Zur: Fig. 6. Mus musculus L. Zwerchfell (Diaphragma), längs. Hom. Im. 2 mm, I N I Okes Il, She > ir na) [| Anhang bei der Korrektur. Während die Arbeit im Druck war, habe ich noch Versuche mit Hämatoxylin, das volle sieben Monate gereift hatte, ange- stellt. Ich habe diesem Hämatoxylin nach der Vorschrift von Pappenheim Jodtinktur zugefügt bis unterschichtetes Chloro- form sich schwach rosa färbte, in gleicher Weise zu einer anderen Probe Jodjodkaliumlösung nach Mayer. In ihren Färbwirkungen sind beide Mischungen durchaus verschieden voneinander. Das Jod-Hämatoxylin färbt die Kerne nur schwach blau, Bindesub- stanzen und Muskulatur gelbbraun. Diese gelbbraune Farbe deckt auch die blaue der Kerne etwas zu. Im Gegensatz dazu ergab das Jodjodkalium-Hämatoxylin die gewünschten Farbunterschiede: Kerne blau, Bindesubstanzen schwarzbraun bis schwarz, Musku- latur fast farblos, so dass mit Eosin ein scharfer Kontrast erzielt wurde. Diese letztere Färbung ist schärfer und kontrastreicher als diejenige bei Beizung mit Jodjodkalium und nachträglicher Färbung mit Hämatoxylin. a Aus dem Königl. Zoologischen Institut der Universität Breslau Direktor: Prof. Dr. Willy Kükenthal. Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte und Oxydationsorte in Geweben und Zellen Von F. W. Oelze. Hierzu Tafel III. Inhalt. Seite I. Einführung .. . 5 rn! I. Unnas und Golodetz, Herkungen der‘ Bedalstunsoete mit Kaliumpermanganat, Eisenchlorid und rotem Blutlaugensalz und Tetranitrochrysophansäure . . . 2,93 III. Berechtigen die erhaltenen ua zu ar Kuna) a nur das Protoplasma, im Gegensatz zum Kern, als Reduktionsort wirkt? 98 IV. Unnas und Golodetz’ Färbungen der Sauerstofforte mit Rongalitweiss I und Il. ...... .. 2103 V. Berechtigen die erhaltenen Harbenecn zu den Annan ae nur die Kerne, nicht aber auch das Protoplasma im allgemeinen Sauerstofforte sind? Kritik der Methode. Färbungen mit Natrium- hydrosulfit-Leuko-Methylenblau und Leuko-Nigrosin. Primäre und sekundäre Sauerstoffärbung. Oxydasen- und katalasenfreie Stoffe als Sauerstofforte im Sinne Unnas ... 5 109 VI. Oxydasereaktionen an Gewebsschnitten nach Sch Elze: An von. Golodez.und Unna jun, und Leistikow . . =..-.,...115 VII. Einschlussfärbung mit Leukobasen und Reagentien . . . 17 VIII. Über spezifische Farbstoffwirkung und die Notwendigkeit iur: Berücksichtigung bei biochemischen Arbeiten mittels Farbstoffen 118 NEU Sammentassungns pa A. FE li BE ILeTaturty: 7.4 2 10 ee ee Seren 20 I. Einleitung. Seitdem wir wissen, dass die Tiere Sauerstoff einatmen und Kohlendioxyd ausatmen, hat man versucht, dem Verlaufe der Atmung im Inneren des Organismus auf die Spur zu kommen. Für das gesamte Verständnis der physiologischen Vorgänge ist eine Aufklärung über das Wesen der Atmung von grösster Be- 92 F. W. Oelze: deutung, denn die Atmung ist ohne Zweifel einer der wesent- lichsten Punkte im Stoffwechsel der Zelle. Der Sauerstofferwerb kann, wie bekannt. auf zweierlei Weise, durch Erwerb freien Sauerstoffs oder durch intramolekulare Atmung, erfolgen. Man hat sich vom Bau der lebenden Substanz, gerade mit Rücksicht auf die Atmung, die verschiedensten Bilder gemacht. Das Protoplasma wird von Pflüger (1), Ehrlich (2), Verworn (3) als ein Riesenmolekül aufgefasst, das an seinen „Aussenposten“ Synthesen mit den Molekülen der Nährstoffe eingeht. Anderer- seits fasst Pfeffer (4) die Wirkung des Protoplasmas auf als bedingt durch eine besondere physikalische Gliederung, die eine grosse Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der chemisch wirk- samen Komponenten ermöglicht. Jacoby (5) vertritt aber in neuerer Zeit, entgegen der von Hofmeister (6) weiter aus- gebauten Ansicht Pfeffers, die Auffassung, dass nur relativ wenige verschiedene chemische Komponenten zur Erklärung der Zellwirkung nötig sind, indem er sich besonders auf Arbeiten von Pawlow und Parastschuk (7) stützt. Zur Erklärung der teils überaus starken Oxydationswirkung der Zellen wies Schönbein (5) auf die Oxydationsfermente hin. Traube (8) baute den Gedanken weiter aus. Er führte die Auf- fassung in die Biologie ein. dass in der Zelle Oxydationsfermente vorhanden sein müssen, die als Sauerstoffüberträger tätig sind, d. h. den den Zellen zuströmenden Sauerstoff wie ein Peroxyd auf- nehmen und an die zu oxydierenden Substanzen weitergeben können. Damit ist dem bereits Ausdruck gegeben, dass die zellulären Oxydationen und Reduktionen im engsten und untrennbaren Zu- sammenhange stehen müssen. Dieser enge Zusammenhang geht auch aus den Versuchen Ehrlichs hervor. Ich möchte hier die etwa dreissig Jahre nach der Veröffentlichung der Arbeit Ehrlichs geschriebenen Worte von Jacoby (5), dessen Darstellung ich hier gefolgt bin, wiederholen: „Die grossen theoretischen Gesichts- punkte, die Ehrlichs Arbeit neben dem experimentellen Material enthält, dürften wohl erst durch die physiologische Forschung der Zukunft hinreichend ausgebeutet werden.“ In physiologisch-chemischer Beziehung ist das vorliegende Problem für die Pflanzenphysiologie besonders von Bach und Chodat (9) gefördert worden, die auch in neuester Zeit zahl- reiche Arbeiten in den Berichten der deutschen chemischen Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 95 Gesellschaft u. a. O. veröffentlicht haben. Bach und Chodat unterscheiden drei Arten von Oxydationsfermenten: 1. Oxygenasen, eiweissartige Stoffe, die mit einem Abbau- paroxygen zu einer peroxydartigen Verbindung zu- sammentreten und ihr Oxygen wieder an andere Stoffe abgeben können, besonders mit Unterstützung: 2. der Peroxydasen, die nur bei Gegenwart von Peroxyd oxydieren können; 3. die Katalasen, welche Hydroperoxyd katalytisch unter Ent- wicklung molekularen Sauerstoffes zersetzen. Als 4. Gruppe kommen hierzu noch nach Bach (26) die Perhy- dridasen, die, um den Anforderungen der Oxydation durch den gebundenen Sauerstoff des Wassers zu begegnen, hydrolvytische Oxydations-Reduktionsprozesse ebenso be- schleunigen, wie es Platinmetalle tun. „Alles, was vor oder nach den Arbeiten von Bach und Chodat von Oxydasen gegolten hat, ist in gleicher Weise auf trennbare Gemenge von Oxygenasen und Peroxydasen anzuwenden.“ Eine andere Einteilung der Fermente siehe in der während der Korrektur erschienenen Arbeit von Bach (26). Sehr wichtig sind die Arbeiten von v. Czyhlarz und v. Fürth (10), die tierische (und auch zum Vergleich pflanzliche) Peroxydasen qualitativ und quantitativ geprüft haben, und die insbesondere nachweisen, dass die peroxydaseähnliche Wirkung des Hämoglobins von der einer echten Peroxydase ganz ver- schieden ist. Batelli und Stern (11) haben die Versuche von v. Czylharz und v. Fürth mit anderer Methodik weitergeführt und folgende Tabelle über die Intensität der Peroxydasewirkung aufgestellt: Leber, Niere, Milz, Lunge, Pankreas, Lymphdrüse, Rindsmuskel, Gehirn, Hoden, Hundemuskel, Thymus, Nebenniere, Schilddrüse, Kaninchenmuskel, der am schwächsten wirkt. Sind somit von physiologisch-chemischer Seite aus bereits auf einer sicheren Methodik aufgebaute Untersuchungen gemacht worden, so wird doch eine wirkliche Klärung unseres Problems erst dann erfolgen können, wenn die Vor- gänge im mikroskopischen Bilde der Zelle selbst lokalisiert und verfolgt werden können. An solchen Arbeiten fehlte es bis vor kurzem. Die Arbeit Ehrlichs ist 94 F. W. Oelze: organologischer, nicht mikroskopischer Natur, geniesst aber den Vorteil der vitalen Arbeitsweise. Auf eine spezielle Arbeit von Schultze werden wir noch unten zu sprechen kommen. P.G. Unna war es, der mit Hilfe einer schon seit einigen Jahren aufgestellten Methodik (12—15) eine die ganze Mannig- faltigkeit verschiedenster Organe umfassende Arbeit in diesem Archiv veröftentlichte. Seine Ausführungen gipfeln in dem Satze: „Die Kerne sind die Sauerstofforte, das Protoplasma die Reduktions- orte des Gewebes. Der Muskel ist ein Reduktionsort.“ Die Ansicht Unnas über den fermentativen Charakter der Oxydationsvorgänge stellen Golodetz und Unna jun. (16) folgendermassen dar: „Über die auf der Basis dieser Hypothese aufgebaute Er- klärung des Sauerstofistroms im tierischen Gewebe äussert sich Unna etwa wie folgt: Die aktiven Sauerstoff als Hydroperoxyd enthaltende Lymphe !) überschwemmt das nachgewiesenermassen reduzierende Zellprotoplasma, welches einen Teil des zugeführten O zu seiner eigenen Verbrennung gebraucht, einen anderen Teil aber der Wirkung der im Protoplasma sicher vorhandenen Kata- lase preisgibt. Die Folge ist, dass der das Protoplasma durch- wandernde Sauerstoff, seiner Aktivität beraubt, lediglich in mole- kularer Form in den Kern eintritt. Hier sind aber Kräfte vor- handen, die den molekularen Sauerstoff wieder aktiv machen, indem der molekulare Sauerstoff in Kontakt mit der von Bach angenommenen Oxygenase Peroxyde liefert. Diese Peroxyde mögen alsbald von den in Kernen sicher vorhandenen Peroxydasen zer- setzt werden, aber als Produkt erscheint hierbei, nicht wie bei der Katalase des Protoplasmas molekularer, sondern aktiver Sauer- stoff, welcher als solcher im Kern aufgespeichert wird. So entsteht das Bild von aktiven sauerstoffhaltigen Kernen inmitten eines reduzierenden Protoplasmas. Die Untersuchungen P. G. Unnas gipfeln also in der Gegenüberstellung reduzierender (Reduktions- orte) und sauerstoffhaltiger Gewebselemente (Sauerstofforte), und zwar sollen Reduktionsorte Katalase aber keine Peroxydase, Sauer- stofforte Peroxydase aber keine Katalase enthalten.“ Die Anschauungen Unnas weisen denen Ehrlichs gegen- über zahlreiche Widersprüche auf. Ich habe die Methoden Unnas !) Der Oxydasengehalt der Lymphe ist mir neu. Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 95 selbst angewandt, und bin bereits hierbei zu Bildern gekommen, die ganz andere Schlüsse, wie die Unnaschen, zu ziehen ge- statteten. Dann habe ich die Methodik selbst kritisch geprüft und nach meiner Ansicht ihre völlige Haltlosigkeit bewiesen. Da die Methoden Unnas bereits vielfach, auch im akademischen Unterrichte, angewandt werden, und wohl auch noch weiteren Eingang finden würden, halte ich es für meine Pflicht, meine diesbezüglichen Untersuchungen hier zu veröffentlichen. Auch im neuesten Bande von Oppenheimers Handbuch der Bio- chemie geben Unna und Golodetz (27) in einer Arbeit „Biochemie der Haut“ die auf dieser Methodik beruhende Ein- teilung in System der Sauerstofforte und System der Reduktions- orte. An gleichem Orte erkennt Bach (26) die Methodik Unnas durchaus an, lehnt aber Unnas theoretische Anschauungen durch- aus ab. Auf diese während der Korrektur erschienenen Arbeiten werde ich später eingehen. Anschliessend gebe ich dann noch meine Auffassung über die „Einschlussfärbung mit Leukobasen“, sowie eine theoretische Auseinandersetzung über „spezifische Farb- stoffwirkung und die Notwendigkeit ihrer Berücksichtigung bei biochemischen Untersuchungen mittels Farbstoften“ wieder. Ich werde im folgenden zunächst jeden der beiden Haupt- teile der Unnaschen Arbeit, den Nachweis der Reduktionsorte und den Nachweis der Sauerstofforte, im Sinne Unnas kurz wiedergeben und zu jedem Teile eine Kritik anfügen. Die betreffenden Versuche wurden zum Teil in meinem Laboratorium in Braunschweig, in der Hauptsache aber im Königl. Zoologischen Institut der Universität Breslau ausgeführt. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Willy Kükenthal, möchte ich auch an dieser Stelle meinen tiefgefühlten Dank für die bereitwillige Unterstützung, die er meinen Arbeiten hat zu Teil werden lassen, aussprechen. II. Unnas und Golodetz’ Färbungen der Reduk- tionsorte mit Kaliumpermanganat, Eisenchlorid und rotem Blutlaugensalz u. Tetranitrochrysophansäure. Unna und Golodetz (12) geben im Jahre 1909 drei verschiedene Reagentien zum Nachweis der Reduktionswirkung der Gefrierschnitte an. Als Vorbedingung für die Brauchbarkeit eines derartigen Färbemittels werden vier Eigenschaften gefordert: 96 F. W. Oelze: 1. Das Färbemittel darf nicht in die Klasse der Farbstoffe gehören. sondern die Farbe muss erst durch den Kontakt mit dem Gewebe erzeugt werden. 2. Dasselbe muss leicht durch das Gewebe reduziert werden, 3. dabei mit dem Gewebe eine gefärbte Verbindung ergeben und 4. dieses gefärbte Produkt muss eine andere Farbe besitzen wie das Färbemittel selbst, so dass der Farbumschlag die Reduktion bestimmt anzeigt. Indem wir gleich die Hauptarbeit Unnas mit berücksichtigen, finden wir drei solcher Färbemiittel: 1. Kaliumpermanganat; welches durch das Gewebe zu Mangansuper- oxyd reduziert wird. 2. Ein Gemisch von Eisenchlorid und rotem Blutlaugensalz; hier wird durch die reduzierende Kraft des Gewebes das Ferricyankalium zu Ferrocyan- kalium umgewandelt, das mit dem Eisenchlorid Berlinerblau ergibt, durch welches die für die Reduktionswirkung des Gewebes bezeichnende Blau- färbung hervorgerufen wird. 3. Tetranitrochrysophansäure, von Liebermann und Seidler dargestellt; dieselbe ist leicht reduzierbar, zeigt dabei einen charakteristischen Farbenumschlag und die Eigenschaft, dass das Reduktionsprodukt das Gewebe in charakteristischer Weise anfärbt“. Es wird in Chloroform gefärbt. Untersucht werden unfixierte, sowie mit Formalin und Alkohol fixierte Gefrierschnitte. Bei Fixierung werden die Bilder eher noch schärfer und besser, als bei Benutzung frischen Gewebes. Als geringe Differenzen, die aber nicht die Hauptpunkte und diametralen Gegensätze betreffen, sind zu nennen das Fehlen der Knäuelkörner im Manganbilde nach Alkoholfixierung und das scharfe Hervortreten der roten Blutkörperchen nach Formalinfixierung. Es erhebt sich die wichtige Frage, ob die erhaltenen Bilder nur die Reduktionskraft der einzelnen Gewebe und Zellen versinnbildlichen, oder ob etwa auch die Alkaleszenz und Azidität der Stoffe und der Umgebung von Einfluss auf die erhaltene Färbung ist. Beim Manganbilde ist dies nicht der Fall. Man kann das KMnÖ, mit Essigsäure ansäuern oder mit NH; alkalisch machen, ohne dass die Färbung sich wesentlich ändert. Vielleicht sind kleine Intensitätsunterschiede vorhanden, diese beziehen sich aber auf alle Elemente gleichmässig. Ganz anders liegen die Verhältnisse beim Eiseneyanbild. Säuern wir das Gemisch von Eisenchlorid und rotem Blutlaugensalz mit etwas konz. Salzsäure!) oder Essigsäure an, so erhalten wir beispielsweise in der Oberhaut eine vollkommene Inversion der Färbung. Die normalerweise blass gefärbte basale Hornschicht wird zum am meisten gefärbten Bestand- teil des Schnittes. Wir sehen an der Verschiedenartigkeit des normalen Eisencyanbildes, dass bei diesem ausser der Reduktionskraft ganz wesentlich auch die Alkaleszenz und die Acidität der Gewebe eine Rolle spielen. Die feinen Differenzen, die sich unter anscheinend gleichartigen Hornsubstanzen (basale Hornschicht und Wurzelscheide) ergaben, liessen erkennen, dass schon das !) Von mir gesperrt. Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 97 blosse Zusammenwirken dieser zwei Faktoren (Reduktionsvermögen einerseits, Alkaleszenz resp. Acidität andererseits) den Gegenstand in vorher ungeahnter Weise kompliziert. Beim Nitrochrysophanbild tritt ein bedeutsamer Widerspruch dadurch zutage, dass eine Inversion der Wurzelscheide nach Unnas Ansicht durch Ansäuern der Farblösung nicht eintreten darf, es in der Tat aber doch in ganz prägnanter Weise tut. Da ich auf die diesbezügliche Hypothese Unnas nachher nicht zurückzukommen brauche, will ich diesen Wider- spruch nicht näher erörtern, sondern verweise nur auf die zitierte Abhandlung. Da die Eiseneyanbilder und Nitrochrysophanbilder, wie wir gleich sehen werden, für die Entscheidung der Frage, ob wir es mit Reduktionsorten zu tun haben, oder nicht, belanglos sind, kann ich hier auf eine Wiedergabe der erhaltenen Befunde ver- zichten. Hervorheben will ich nur, dass im Eiseneyanbilde die Kerne im oberen Drittel der Stachelschicht und in der Niere, wenn auch schwach, gefärbt sind. Wir haben es also im Eisen- eyanbilde nicht mit einer ausschliesslichen Protoplasmafärbung, sondern wenigstens stellenweise mit einer Protoplasma- und Kernfärbung zu tun. Das Manganbild der menschlichen Fußsohlenhaut stellt sich folgender- masser dar: Am tiefsten gebräunt ist die gesamte Oberhaut und in dieser wieder am stärksten die basale Hornschicht, etwas weniger die oberen Teile der Stachelschicht, während die an die Cutis grenzende basale Stachel- schicht (Keimschicht) nur sehr schwach gebräunt erscheint und wie ein lichter Saum das Deckepithel begrenzt. Innerhalb der gesamten Stachel- schicht sind die Kerne wie helle Lücken ausgespart. Die mittlere und obere Hornschicht sind weniger stark gebräunt, als die basale Hornschicht, doch an manchen Präparaten durchsetzt von vertikalen, dunkelbraunen Partien an Stelle der Wellentäler der Hornschicht. Die Gänge der Knäuel- drüsen zeigen im Kleinen dasselbe Bild, wie das Deckepithel, d. h. die der Cutis zunächst liegenden basalen Ganglienzellen sind nur gelb gefärbt, die inneren, an die Cutieula angrenzenden dunkler und die Cuticula selbst ist so stark gebräunt wie die basale Hornschicht und daher im Bilde auffallend hervortretend.. Die Knäueldrüsen stechen von den Ausführungs gängen durch ihre schwache Färbung ab. Nur finden sich hier und da dunkelbraune Körnchen eingesprengt. Sowohl in den Knäueln wie in den Gängen sind alle Kerne ungefärbt, was natürlich in den Gängen durch den Kontrast auffallender zutage tritt als in den Knäueln. In der Cutis ist das Kollagen nur schwach gelblich gefärbt, ebenso das feine Elastin der oberen Cutispartien; die dickeren elastischen Fasern der tiefen Cutis und Subeutis treten dagegen etwas stärker gefärbt hervor, ebenso die markhaltigen Nerven. Alle Muskelfasern dagegen, sowohl die der Arterien und Venen wie die der Wandungen der Knäueldrüsen, sind stark gebräunt wie das Protoplasma. Das Fett der Fettzellen ist farblos. Archiv f. mikr. Anat. Bd.8S4. Abt.I. 7 98 F. W. Oelze: Die menschliche Kopfhaut zeigt folgendes Bild: Die Hauptreduktionsorte sind die Stachelschicht und Wurzelscheide der Haare. Alle Kerne stellen sich als farblose Lücken dar. Neben den Knäuelgängen mit ihrer dunkeln Cutikula und den glatten Muskeln sind hier noch die Talgdrüsenepithelien ziemlich stark gebräunt mit Aussparung des ungefärbten Talgfettes. Das subeutane Fett ist farblos. Unna zieht nun aus den erhaltenen Färbungen folgende Schlüsse: Das wichtigste Resultat in mikrochemischer Beziehung, welches die sämt- lichen Reduktionsfärbungen ergeben haben, ist das hervorragende Reduktionsvermögen aller protoplasmatischen Elemente der Haut. Alle Zelleiber, sowohl der Bindegewebszellen wie der Knäuel- und Talgdrüsen, am meisten aber die voluminösen Zelleiber der Stachel- schicht, sowohl des Deckepithels wie der Haarbälge, reduzieren in hervor- ragendem Maße. An dieses Zellprotoplasma schliesst sich als nahezu gleich- wertig die Muskelsubstanz an. Dadurch tritt das Zellprotoplasma einerseits in einen Gegensatz zu den Intercellularsubstanzen, dem Kollagen und Elastin, andererseits in einen noch schärferen Gegensatz zur Kernsubstanz. Besonders die letztere Substanz ist neu und wichtig. Man nannte wohl bisher gewisse saure Färbungen, wie die mit Eosin, van Giesons Gemisch: Protoplasmafärbungen Doch waren sie es nicht in dem elektiven Sinne, dass die Kerne dabei ganz ungefärbt (als helle Kreise) hervortraten. Das kam daher, weil bestimmte Teile der Kernsubstanz (Kernsaft) auch saure Farben annehmen. Die veduktionsfärbungen sind aber solche echte, elektiv wirkende Protoplasma- färbungen, da die Kernbestandteile, wie es scheint, alle nicht zu reduzieren vermögen. Die Reduktionsfärbungen lassen also erkennen, dass — allgemein gesagt — zwei Orte im tierischen Gewebe vorhanden sind, welche das bisher demselben allgemein zugeschriebene Reduktionsvermögen nicht besitzen, die Kerne und das Fett. Diese Tatsache lässt von vornherein zwei verschiedene Deutungen zu, und daher brauchte die Ursache der Reduktions- unfähigkeit bei beiden Gewebselementen, den Kernen und dem Fett, auch nicht einmal dieselbe zu sein. Man kann entweder annehmen, dass diese Orte mit Sauerstoff nur gesättigt und daher nicht in der Lage sind, den Reaktionsflüssigkeiten Sauerstoff zu entziehen. Man kann aber auch die Hypothese‘ aufstellen, dass diese Orte ausserdem selbst Sauerstoff abgeben, sei es, dass sie aktiven Sauerstoff besitzen (Peroxyde) oder Sauerstoff zu aktivieren vermögen (Peroxydasen). Hier dürfte ich wohl auch auf den Unterschied zwischen Färbung und Fixierung verweisen. III. Berechtigen die erhaltenen Färbungen zu der An- nahme, dass nur das Protoplasma, im Gegensatz zum Kern, als Reduktionsort wirkt? Kritik der Methoden. Eine kritische Betrachtung der drei Methoden ist insofern sehr vereinfacht, als zwei derselben selbst von ihrem Urheber Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 39 nicht für einwandfrei gehalten werden. Wir haben oben bereits gesehen, dass die Eisencyanfärbung stellenweise nach Unna die Kerne färbt, also gerade das (regenteil von dem beweist, was zu beweisen von Unna gewünscht wird. Der grosse Einfluss von Basizität und Acidität war auch von Unna selbst schon unter- sucht worden. Auch bei der Nitrochrysophanfärbung hatten wir Widersprüche kennen gelernt und besonders bemerkenswert ist noch der Einfluss der Alkalität auf die Färbung. L. Golodetz bespricht in dem Abschnitt „Die oxydierenden und reduzierenden Eigenschaften unserer mikroskopischen Reagenzien“, in dem Buche „Die Bedeutung des Sauerstoffs in der Färberei“ (25) diese beiden Färbungen folgendermassen: Ausgeschlossen für die Unter- suchung mit der Eiseneyanmischung sind stark basische und stark saure Stoffe, die auf das eventuell sich bildende Berlinerblau zer- setzend einwirken können (Bildung von Eisenhydroxyd bei Alkali und von ungefärbten Eisensalzen bei Säuren) und die Färbung auch dann verhindern, wenn eine Reduktion stattgefunden hat. Ausgeschlossen von der Prüfung mit Chrysophangelb sind basische Stoffe, weil hierbei auch ohne Reduktion ein Umschlag in Rot statt- findet, indem das Salz der Säure ebenfalls eine rote Farbe besitzt. Die Anwendung des Chrysophangelbs ist also im Gegensatz zu der Eiseneyanmischung auf die Untersuchung von neutralen und sauren Stoffen beschränkt. Hierzu möchte ich bemerken, dass auch saure Stoffe im Eisenceyanbilde keine reine Reduktionsfärbung ergeben. Unna selbst bespricht übrigens auch in seiner Hauptarbeit in diesem Archiv die Bedenklichkeit der beiden Färbungen. Wenn wir die Reduktionsfärbungen an frischen Hautschnitten kurz zusammenfassen wollen, sagt Unna, so müssen wir beachten, dass von den drei benutzten Methoden nur das Manganbild ein reines, unbeeinflusstes Reduktionsbild genannt zu werden verdient, da bei ihm die mehr saure oder alkalische Beschaffenheit der Gewebselemente ohne Einfluss auf die Tiefe der Färbung ist. Sowohl das Eisencyanbild wie das Nitrochrysophanbild sind solchen Einflüssen unterworfen und so lehrreich sie im einzelnen sein mögen, für die reine Darstellung der Reduktionsorte kommen nur die allen drei Bildern gemeinsamen Färbungs- resultate in Betracht und bei einer Divergenz der Bilder haben wir uns bis auf weiteresan das Manganbild zu halten. 7* 100 F. W. Oelze: Somit gibt Unna selbst zu, dass nur eine -seiner drei Färbungen, und zwar die mit Kaliumpermanganat, wirklich ein- wandfrei ist. Es könnte wohl die Frage aufgeworfen werden, warum denn überhaupt diese beiden Verfahren, die, wie auch aus der Arbeit von Unna und Golodetz aus dem Jahre 1909 er- sichtlich ist, den Gegenstand durch Aufzeigung ganz anderer Eigenschaften, als der in Frage kommenden „in vorher ungeahnter Weise komplizieren“, in einer Abhandlung über Reduktionsorte nicht mit Stillschweigen übergangen worden sind ? Wir kommen nun zu der einzigen Methode, die für die Entscheidung der Frage, ob ein Gewebselement ein Reduktionsort ist oder nicht, von Belang ist, nämlich zu der Färbung mit über- mangansaurem Kali. Kaliumpermanganat wird in der mikroskopischen Technik seit langem angewandt (17). Es ist eins unserer kräftigsten Oxydationsmittel, von ihm wird beispielsweise Oxalsäure zu Kohlendioxyd, die meisten organischen Stoffe zu Kohlensäure und Wasser oxydiert. Setzen wir eine (refrierschnitte eines Organes der Wirkung dieses starkwirkenden Oxydationsmittels aus, so ist es leicht erklärlich, dass durch diese höchst energische Wirkung alles im Gewebe oxydiert wird, was überhaupt nur zu oxydieren ist. Nun ist aber bei der Entscheidung dieser Unnaschen Methode vor allem der physiologische Gesichtspunkt massgebend. Ehrlich (2) nimmt für die Sauerstoffaffinität (des Proto- plasmas) drei Zonen an. Indem ich mich Ehrlich anschliesse, möchte ich für die Reduktionsorte im Gewebe auch diese drei Zonen ober Phasen annehmen, ausserdem aber noch eine vierte hinzufügen. Indem ich mich für einen Augenblick auf den Standpunkt Unnas begebe, der das Protoplasma als „nur-redu- zierende“ Substanz auffasst, liessen sich diese Phasen vielleicht folgendermassen formulieren: Die erste Phase reduziert im normalen Verlaufe der Tätigkeit nicht, erst im Notfall tritt sie in Aktion und vermag so die Zelle auch in diesem Falle, wenigstens eine Zeitlang, noch am Leben zu erhalten; die Zelle wird so in den Stand gesetzt, nicht allzu lange andauernde Störungen zu überwinden, denen sie sonst erliegen müsste. Die zweite Phase stellt denjenigen Reduktionsort dar, welcher im normalen Leben der einzige funktionierende ist. Die dritte Phase hat ein normalerweise nie befriedigtes Reduktionsbedürfnis, Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 101 sie übt also eine kontinuierliche Zugkraft aus, und erhält so den ganzen Mechanismus im Gange; ihre Sättigung stellt eine schwere Gefahr für den Organismus dar. Als vierte Phase bezeichne ich diejenige, die zwar auch Reduktionswirkungen auszuüben vermag, oder mit anderen Worten, die auch oxydiert werden kann, die aber mit der Physiologie der reinen Oxydierung und Reduzierung nichts zu tun hat. Man kann hier auf die äusserst mannigfaltigen Vorgänge verweisen, die sich im Organismus ab- spielen, wie etwa Auf- und Abbau der Zeilsubstanzen und Nahrungsstoffe, Produktion von Sekreten und Exkreten usf., die aber mit dem Gaswechsel bei der Gewebeatmung nicht in direktem Zusammenhange stehen. Für den normalen Verlauf von Oxydation und Reduktion ist diese vierte Phase also ohne Bedeutung, da diese durch jene nicht direkt tangiert wird. Ich schliesse mich also für den nor- malen Verlauf dieser Reaktionen vollkommen Ehrlich an, welcher schreibt, „dass das funktionierende Protoplasma gleichsam ein Janusgesicht besitzen muss, indem es einerseits durch Vermittlung seiner sauerstoffgesättigten Orte bestimmte Verbindungen oxydieren und andere Verbindungen mit Hilfe der ungesättigten Gruppen reduzieren kann“. Von Wichtigkeit wird diese vierte Phase aber sofort, wenn wir die vitale Methodik Ehrlichs verlassen, und uns dem mit Wasser ab-, bezw. ausgespülten Gefrierschnitte Unnas zuwenden. Hier liegen die Verhältnisse doch wohl so, dass durch das äusserst energische Kaliumpermanganat alles oxydiert wird, was sich über- haupt oxydieren lässt. Durch diese brutale Oxydation wird zweifellos auch meine vierte Phase oxydiert und damit als Reduktionsort gekennzeichnet, genau wie die anderen drei Phasen auch. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Bild uns über den normalen Verlauf der Reduktion im Gewebe keine einwandfreie Vorstellung vermitteln kann. Aus diesem Grunde erscheint mir auch diese letzte der Methoden Unnas schweren prinzipiellen Bedenken zu unterliegen. Ich brauche aber gar nicht näher auf diese Anschauungen einzugehen, da ich gleich zeigen werde, dass überhaupt die ganze Auffassung Unnas über das Protoplasma als einseitigen und alleinigen Reduktionsort nicht haltbar ist. Betrachtet man einige nach Unnas Vorschrift hergestellte, mit Kaliumpermanganat gefärbte, unfixierte Gefrierschnitte, so 102 F. W. Oelze: wird man im allgemeinen eine absolute Nichtgefärbtheit der Kerne nicht feststellen können. Ich habe mich mit Vorliebe Schnitten durch Schnauzen (von Ratten) bedient, einmal, da die- selben sich unfixiert auf dem Gefriermikrotom recht gut schneiden lassen, und andererseits, weil eine solche Schnitte in sich eine reichhaltige Fülle der verschiedensten Gewebe enthält. Da auch Unna dieses Objekt benutzt hat, liessen sich ohne weiteres Ver- gleiche ziehen. Im Muskelgewebe wie auch im Bindegewebe habe ich nun das Fehlen von Kernen nicht daraus entnehmen können, dass an ihrer Stelle im (Gewebe farblose, helle Punkte lagen. Diese Gewebe bieten vielmehr durchaus das Bild einer gleichmässigen, also Kern- und Protoplasma- färbung dar. Unna selbst legt besonderen Wert darauf, dass in der Stachelschicht (der Haut), „je tiefer dieselbe gefärbt ist, die ungefärbten Kerne darin um so auffallender als runde Lücken erscheinen“. Auf der beigegebenen Farbentafel ist eine solche Schnitte dargestellt. Aus Fig. 5 dieser Tafel (die das frag- liche Bild darstellt) ist nun mit grosser Klarheit und völliger Sicherheit zu entnehmen, dass die Kerne schön gelb gefärbt sind. Da nun alles, was sich im Manganbilde gelb färbt, nach Unna als Reduktions- ort angesprochen werden muss, so folgt hier aus Unnas eigener Figur mit zwingender Logik, dass die Kerne Reduktionsorte sind! Ich lege Wert darauf, festzustellen, dass auf derselben Tafel alle anderen Gewebsteile und Gewebe, die nach Unna keine Reduktionsorte sind, in der richtigen weissen Farbe gehalten sind, so, um nur ein Beispiel zu geben, in Fig. 13 die basale Hornschicht. Ausdrücklich hebe ich hervor, dass ich nicht etwa annehme, dass die Kerne ebenso starke oder gar stärkere Reduktionswirkung erkennen lassen, wie das Protoplasma. Es kommt mir nur darauf an, zu zeigen, dass die die Reduktionswirkung verratende Mangan- färbung der Kerne überhaupt vorhanden ist und nicht etwa den Wert Null annimmt. Die Unnasche Hypothese der Lokalisation der Reduktions- orte und Sauerstofforte ist aber durchaus eine exklusive, sie beruht und steht und fällt auf und mit der Annahme, dass das Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte ete. 105 Protoplasma nur Reduktionsort und der Kern nur Sauerstoff- ort sei. Es könnte vielleicht der Einwand erhoben werden, dass die Kerne doch ungefärbt seien und nur durch das über und unter ihnen liegende Protoplasma, welches ja gefärbt ist, gleichfalls gefärbt erschienen. Dieser Einwand ist aber nicht stichhaltig, einmal spricht Unna ausdrücklich von ungefärbten Kernen und zweitens würde etwa durch die Unmöglichkeit, mit dem Ge- friermikrotom genügend dünne Schnitten von unfixiertem Materiale zu erhalten, nur von neuem die Unfähigkeit der Methode, brauch- bare Unterlagen für wichtigste Schlussfolgerungen zu geben, in helles Licht gesetzt werden. IV. Unnas und Golodetz’ Färbungen der Sauerstoff- orte mit Rongalitweiss I und II. Unna und Golodetz (14) empfahlen im Jahre 1910 als Reagens auf Oxydation der Haut das „Rongalitweiss“. Methylenblau wird zur Leuko- base reduziert und zwar mittels „Rongalit“, einem in der technischen Färberei gebräuchlichen Ätzmittel, das aus einer Verbindung von Formaldehyd mit dem Natriumsalz der Formaldehydsulfoxylsäure besteht. Rongalit reduziert zunächst nur in der Wärme, durch Ansäuern der Farblösung geht nach Unna und Golodetz die Reduktion der Farblösung bereits in der Kälte vor sich. Die Darstellung geschieht folgendermassen: 1 g Methylenblau wird in Wasser gelöst, zu der Lösung etwa 2 & Rongalit zugesetzt und das Ganze aufgekocht. Nach kurzer Zeit wird die Flüssigkeit unter Abscheidung von Schwefel entfärbt. Nach dem Filtrieren resultiert eine schwach gelbe Lösung, die sauer reagiert und an der Luft sich nicht bläut. Selbstverständlich hat das Methylenweiss das Bestreben, sich an der Luft zu oxydieren, aber das überschüssige Rongalit verhindert jede Oxydation durch den Luftsauer- stoff. Kommt aber ein genügend starkes Oxydationsmittel (H2O:, Eisen- chlorid, Ferrieyankalium) hinzu, so wird der Einfluss des Rongalits über- wunden und es findet eine rasche Oxydation statt. Alkalien bewirken ebenfalls eine Bläuung, aber (wie es scheint) nicht direkt, sondern indirekt. Wir haben nämlich in der Lösung neben dem Methylenweiss die freie Formaldehydsulfoxylsäure, denn die gebildete Ameisen- säure oder H>OSı bindet einen Teil des Natriums des Rongalits und macht etwas Säure frei. Diese stark reduzierende Säure vermag schon in der Kälte der Oxydation seitens der Luft das Gegengewicht zu halten, da, wie gesagt, die Reduktion durch Rongalit bei Gegenwart von Säuren schon in der Kälte vor sich geht. Wenn aber Alkali hinzu kommt und diese Säure bindet, so kann der Luftsauerstoff ungehindert seine oxydierende Wirkung entfalten. In der Tat beginnt die Bläuung durch Alkalizusatz immer von der freien, der Luft ausgesetzten Oberfläche her und verstärkt sich an dieser ganz langsam. Also auch hier hat man darauf zu achten, ob die zu prüfende 104 F. W. Oelze: Substanz sauer oder alkalisch ist, da in letzterem Fall möglicherweise eine Oxydation seitens der Luft vor sich geht. Ein Zusatz von Säure zum Reagens verhindert auch hier die störende Wirkung des Alkalis. In seiner Hauptarbeit in diesem Archiv, Festschrift für Wilhelm Waldeyer, bespricht Unna den Einfluss verschiedener Fixierungsmethoden. Da ich Sauerstoffärbungen an fixiertem Materiale wegen unserer zu geringen Kenntnis der hierbei stattgefundenen Vorgänge für nicht diskutabel halte und in ihnen nur eine weitere Komplikation der hier interessierenden Fragen erblicke, habe ich nur an unfixiertem Material gearbeitet, und da ich unten nicht auf Färbungen an fixiertem Material zurückkomme, kann ich mich wohl damit begnügen, darauf hinzuweisen, dass nach Fixierung mit Alkohol, Einbettung mit Gummischleim, Fixierung mit Formalin eine umfassende Verschiebung bezw. Vernichtung der Unnaschen Sauerstofforte stattfindet. Wichtig ist der Einfluss des Kochens auf die nachherige Rongalitweiss- Färbung. Keinesfalls zerstört dasselbe die Kernfärbung durchweg, aber doch an einzelnen Stellen (Knorpel, Muskel. An anderen Orten machen sich, offenbar durch partielle Abschwächung, regionäre Verschiedenheiten in der Stärke der Kernfärbung geltend (Leber, Niere). In letzteren Organen treten sogar beim Kochen besonders stark sauerstoffhaltige Tröpfehen oder Körnchen durch Kontrast besser hervor. Das Fett zeigt stellenweise eine leichte Färbung. Wie geht nun nach Unna eine Rongalitweiss-Färbung vor sich? „In der gelblich gefärbten Flüssigkeit findet zunächst noch keine Bläuung der Schnitte statt, da die Anwesenheit von Rongalit dieselbe verhindert. Bringt man aber so behandelte Schnitte in Wasser und sorgt durch rasche Bewegung für eine schnelle Auswaschung desRongalits, so wird dem Gewebe die Möglichkeit geboten, sein Oxydationsvermögen zu entfalten. Es bläuen sich daher nun alle Gewebs- elemente, welche eine Oxydation bewirken können.“ Auch in einer anderen Arbeit sprechen sich Unna und (olodetz ähnlich aus (21): Man braucht nur Gefrierschnitte von einer in Formalin fixierten Fußsohle anzufertigen und diese auf 2 bis 5 Minuten in ein Schälchen mit Rongalitweiss zu legen. Sie färben sich in demselben nicht,!) da noch Rongalit zugegen ist, spült man aber die Schnitte mit Wasser ab, so be- ginnt sofort die Blaufärbung etc. Auch Leistikow (20) und P. Unna jun. (16) fassen den Vorgang in der gleichen Weise wie P.G. Unna auf. Auf diesen Umstand, dass die Schnitten nach über- einstimmenden Angaben von P.G. Unna, L. Golodetz, !, Von mir gesperrt. Leukomethylenblau ist ein Autoxydator! Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 105 P. Unna jun. und L. Leistikow sich im Rongalitweiss nicht färben, möchte ich die besondere Aufmerk- samkeit lenken. Es erhebt sich nun die Frage, ob der zur Regeneration des Methylen- blaues nötige Sauerstoff von den Sauerstofforten der Schnitten direkt geliefert wird, oder ob diese etwa nur den Sauerstoff des Wassers, der Luft oder auch von Oxydationsmitteln übertragen. Unna spricht sich hierüber wie folgt aus: „Eine andere Unklarkeit, welche der empirischbewährten Methode!) anhaftet, betrifft die allmähliche Entwicklung der Blaufärbung in Wasser. Wir haben bisher angenommen, dass im Wasser das Rongalit aus dem Schnitte ausgespült und dadurch allein schon die Oxydation des imbibierten Leuko- methylenblaues des Schnittes ermöglicht wird. Eine andere Auffassung der Rolle des Wassers hierbei ist aber von vornherein ebenfalls möglich, nämlich die, dass erst der im Wasser gelöste Sauerstoff die Bläuung verursacht. während nach jener Auffassung die Sauerstofforte des Gewebes sich färben würden, sowie ihnen nur das überschüssige Rongalit entzogen wird, be- dürften sie nach dieser Auffassung dazu noch des von aussen an sie heran- gebrachten molekularen Sauerstoffes. In jenem Falle wären die Sauerstofforte selbst, selbst Quellen der Sauerstoffabgabe, in diesen nur die Überträger des Luftsauerstoffes. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Möglich- keiten ist einfach. Man hat nur nötig, den Luftsauerstoff von dem von Rongalit befreiten Schnitte fernzuhalten. Hierbei zeigt sich, dass in diesem Falle der Schnitt ungefärbt bleibt. Hieraus geht mit voller Sicherheit hervor, dass die Bläuung des von Rongalit befreiten Schnittes unter Mit- wirkung des Luftsauerstoffes vor sich geht und dass die Bläuung im (schwach kalkhaltigen) Leitungswasser, wie ich sie in der Praxis vornahm, nur des- halb gut ist, weil daselbst der im Wasser gelöste Luftsauerstoff und die schwache Alkaleszenz zusammenwirken. Da bei dieser Entwicklung in Leitungswasser mithin schon zwei unbestimmte Faktoren mitwirken, von denen nur einer notwendig ist, so ziehe ich es vor, die gut von Rongalit befreiten Schnitte einfach auf dem Objektträger feucht der Luft auszusetzen, bis die Bläuung vollendet ist.“ Mit ein paar Worten müssen wir noch auf die Veränderungen der resultierenden Färbung der Unnaschen Sauerstofforte eingehen, welche man erhält, wenn die Zusammensetzung des Rongalitweisses etwas geändert wird. „Wenn man einen Teil Methylenblau mit zwei Teilen Rongalit und fünfzig Teilen Wasser kocht, so wird das Gemisch entfärbt, während gleich- zeitig ein Teil des Leukomethylenblaues noch ungelöst zurückbleibt. Das klare Filtrat dieser trüben Mischung will ich RW nennen. Setzt man derselben Mischung einige Tropfen Salzsäure zu (bisherige Mischung), so wird schon bei mässigem Erhitzen das Methylenblau entfärbt und es entsteht direkt eine klare Lösung, die ich RW + HCl nennen will. Diese saure Lösung gibt natürlich auf Zusatz einer entsprechenden Menge Natronlauge (1°/o) wiederum eine Fällung. Man kann bei vorsichtigem Zusatz des Alkalis den Punkt erreichen, wo eben eine Fällung beginnt. !) Von mir gesperrt. 106 F. W. Oelze: Wenn man jetzt filtriert, so erhält man eine neutralisierte Lösung, welche ich im folgenden RW neutral nennen will.“ Von den an verschiedenen Organen mit diesen drei Lösungen erhaltenen Färbungen will ich nur zwei hier wiedergeben. A. Mensch. Haut aus der Umgebung eines Lippencareinoms. Sofort nach der Exstirpation untersucht. Einige Minuten in Aqua destillata, Ge- frierschnitte in: RW |RW- HC | RW neutral ( des Deckepithels il 2 al Kerne | der Stachelschicht der ı Lanugohaare il 6) 1! IM ( des Deckepithels | 1 2 Plan der Stachelschicht De \ der Lanugohaare| 2 1 2 { der Bindegewebsz. | 1 0 | Protoplasma 3 1 0 Mastzellen 2 Granula >. D) | Kerne _ ar 0 Su “..n | Protoplasma 2 il 2 Knäueldrüsen \ RR 9 9 1 ( Protoplasma 2 1 2 ledrü 3 | Talgdzüsen ı Fett IA) 0 Fett blaurot ( Huxleys Scheide — _- 2 sr ; Henles Scheide —_ | _ | 0 I dunkelblaue subkut: (0) Subkutanfett 0 | Kristalle Muskeln 0 0 | 0 Die Zahlen bedeuten: O0 keine Bläuung. Die Stärke der Bläuung wird durch !/s, 1, 1'/e, 2 und 3 wiedergegeben. Das Zeichen — bedeutet: in den Notizen nicht vermerkt. Schon aus den ersten beiden horizontalen Rubriken (Kerne, Protoplasma) geht in evidenter Weise hervor, dass die Kerne sich am besten mit RW -- HCl, das Protoplasma im Gegensatz hierzu besser mit RW und RW neutral färbt. Bei den Mastzellen tritt ebenfalls ein Unterschied der Lösungen auf, indem die Granula nur mit RW neutral gut gefärbt werden, während das Protoplasma am besten bei RW zur Geltung kommt. Ob in letzteren Fällen die Granula und Kerne gefärbt sind, kann man wegen der verdeckenden Färbung nicht unterscheiden. Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 107 B. Katze. Schnauze. Sofort nach dem Tode einige Minuten in Aqua destillata. Gefrierschnitte in: RW RW — HCl RW neutral | Epithel 0 1 1 Kerne ! Haarbalg 0 1 0 j 2 ( Sinus 1 2 il Protoplasma des Deckepithels 1 1 1 (| Granula 1 | 0 2 zellen | Protoplasma 1 | 2 2 {ii Mastzellen der Sinushaare — — 3 Nerven der Sinushaare 1 (0) 3 Grosse Nerven der Subkutis 1 (0) 1 2 einzelne it Fettzellen 0 : Wurzelscheide der Sinushaare — — 3 In dieser Tabelle ist die starke Färbung einzelner Bestandteile der Sinushaare bemerkenswert (Mastzellen, Nerven, Wurzelscheide), eine Be- vorzugung, die übrigens den ganzen Sinushaaren zukommt und offenbar aufihren starken Blutgehalt zurückzuführen ist.!) Die Mastzellen sind mit RW neutral am besten gefärbt. Ich weise auf diesen von Unna selbst konstatierten Einfluss des Blutgehaltes und auf das Fehlen von Angaben über die Färbung von Muskeln besonders hin. Die Resultate, die Unna an Gefrierschnitten verschiedener Organe erzielt hat, wollen wir der Kürze wegen nur in zwei Beispielen anführen. Lunge des Kaninchens: Sämtliche Kerne sind gebläut, diejenigen des Alveolargewebes und peribranchialen Bindegewebes nur schwach, die des Bronchialbaumes dagegen bedeutend stärker. Auch die die Bronchien um- ‘gebenden Schleimdrüsenzellen und Knorpelinseln zeichnen sich durch tiefe Bläuung aus. In den dunkelblauvioletten Knorpelinseln sind besonders die Kerne und die Knorpelgrundsubstanz gefärbt, das Zellprotoplasma dagegen fast farblos. Bauchmuskel des Kaninchens: Muskelfasern absolut !) Von mir gesperrt. 105 F. W. Oelze: farblos. Kerne schwach gebläut. Von der Leiche eines alten Mannes, Kopfhaut: Vollkommen gleichmässige Kernfärbung aller Epithelien und Bindegewebszellen. Auch das Protoplasma der Stachelzellen, besonders der basalen, sowohl des Deckepithels wie der Haarbälge, Talg- drüsen und Knäueldrüsen ist blau gefärbt. Die älteren Stachelzellen, Horn- schicht, Haar und Wurzelscheide, Kollagen und Elastin sowie die Fettzellen sind ungefärbt. Die schrägen Hautmuskeln (Arrektoren) sind ungebläut, die subcutanen Muskeln dagegen schwach gebläut, während die Kerne der- selben gut gefärbt sind. Fußsohle: Die Stachelschicht der Oberhaut zeigt eine gute Kernfärbung und eine schwache Protoplasmafärbung der basalen Zellen. An den Knäueldrüsen sind die Kerne nur schwach, das Protoplasma dagegen stärker gefärbt, die Muskelmembran ist ganz ungefärbt. Viel stärker sind die Kerne der Knäuelgänge gebläut und auch ihr Proto- plasma zeigt eine gute Blaufärbung. Kollagen, Fett und Hornsubstanz sind farblos. Die stärkste Bläuung haftet, wie schon eine schwache Vergrösserung zeigt, an den Knäuelgängen. Bei späteren Wiederholungen der Färbungen an den gleichen Organen stellen sich nur „unbedeutende Differenzen“ heraus. Bei einem Kaninchen war sogar in der Haut des Ohres die Kerfnfärbung nicht oder nur unwesentlich stärker als die Protoplasmafärbung!), während sonst in allen Fällen die Kernfärbung weit überwog. Endlich war eine Differenz in der Bläuung der Muskelsubstanz wahrzunehmen, in- dem die Körpermuskeln und Arrektoren sich gar nicht, dagegen die subeutanen Muskeln des Kopfes beim Menschen und der Schnauze beim Kaninchen ganz schwach bläuten. Als Hauptresultat dieser Versuche ist zu bezeichnen, dass wirklich zwischen den beiden im allgemeinen nicht reduzierenden Elementen der Gewebe, den Kernen und dem Fett, der Unterschied besteht, dass die Kerne sich mit RW stets bläuen, das Fett nicht. Hiernach ist das Fett nur sauerstoffgesättigt, die Kerne sind dagegenimstande zu oxydieren. Die Muskelnsindim allgemeinen ungefärbt, nur selten sehrschwach ge- färbt. Einige Gewebe sind sowohl Reduktionsorte wie Sauer- stofforte, so das Bronchialepithel, das Leberparenchym, einzelne (ranglien u. a. m. Das Hauptresultat aller vorhergehenden Untersuchungen läuft also schliesslich auf den einfachen Satz hinaus, welchen die in der Einleitung erwähnte Beobachtung bereits ahnen liess: Die Hauptsauerstofforte des tierischen Gewebes sind die Kerne. !) Von mir gesperrt. Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte ete. 109 An die Kerne schliessen sich im allgemeinen als weitere Sauerstofforte an: für das Bindegewebe die Mastzellen, für die Drüsenepithelien gewisse Granula, so die der Leberzellen und der Speichel- und Tränendrüsen, für das Zentralnervensystem das Protoplasma der Ganglienzellen und schliesslich als sekundärer, durch die Kernnähe beeinflusster Sauerstoffort : das Protoplasma aller basalen Epithelien, der Ausführungs- gangsepithelien und des gesamten Bronchialepithels. Ferner sind die sauerstoffhaltigen Granula in den Leukozyten des Blutes, der Milz und des Knochenmarks Sauerstofforte. Jedenfalls werden sowohl von P. G. Unna wie von allen mit seiner Methode Arbeitenden die Kerne als die Hauptsauer- stofforte bezeichnet, was ich hiermit besonders hervorgehoben haben möchte. V. Berechtigen die erhaltenen Färbungen zu der Annahme, dass nur die Kerne, nicht aber auch das Protoplasma im allgemeinen Sauerstofforte sind? Kritik der Methode. Färbungen mit Natriumhydro- sulfit - Leuko - Methylenblau und Leuko - Nigrosin. Primäre und sekundäre Sauerstoffärbung. Oxydasen- und katalasenfreie Stoffe, als Sauerstofforte im Sinne Unnas. Ehe ich in eine kritische Besprechung der Rongalitweiss- färbung als Methode zur Darstellung der Sauerstofforte eintrete, möchte ich erwähnen, dass die Rongalitweissfärbung für allgemeine histologische Zwecke unter Umständen mit Vorteil zu verwenden ist. So habe ich mit ihr in der Mesoglöa der Aktinien eine bisher unbekannte, weitgehende Differenzierung darstellen können, über die ich, zusammen mit dem eigenartigen Verhalten der Mesoglöa im polarisierten Licht, an anderer Stelle berichten werde. Das Rongalitweiss wird in zwei Modifikationen in den Handel gebracht (von Dr. Grübler). Einmal als Rongalitweiss I als Leukobase des Methylenblaues, und zweitens, wie ich aus einer liebenswürdigen Mitteilung von Herrn Dr. Hollborn in Leipzig erfahren habe, als Rongalitweiss II als Leukobase des „Blau 1900* von Unna. Beide Leukobasen sind mit Rongalit hergestellt. Zunächst werden wir untersuchen, ob die Färbung mit Rongalitweiss wirklich nur eine reine Kernfärbung liefert (abge- sehen von den von Unna selbst erwähnten Ausnahmen), und ob der Muskel sich durch fehlende Färbung als Reduktionsort dar- 110 F. W. Oelze: stellt. Eine nach Unnas Vorschrift hergestellte Schnitte durch die Schnauze der Ratte liefert nun Bilder, die beiden Annahmen widersprechen. Ich habe in Fig. 1 eine mit Hämatein-van Gieson gefärbte und in Fig. 2 eine mit Rongalitweiss II ge- färbte Gefrierschnitte abgebildet. Während auf Schnitte 1 Binde- gewebe und Muskulatur ungefähr in derselben Intensität gefärbt erscheinen, ist auf der Rongalitweißschnitte ein ausserordentlicher Unterschied zu konstatieren. Das Bindegewebe ist fast farblos, die Muskulatur dagegen tief gefärbt und, wie aus dem Bilde er- sichtlich. überhaupt der hervorragendste Sauerstoffort des Gewebes. Nach Unna ist aber die Muskulatur „im allgemeinen ungefärbt, nur selten sehr schwach gefärbt“. Diesen Befund von der starken Färbung der mimischen Muskulatur habe ich gleichmässig an über hundert Präparaten erhalten ; irgendein pathologischer Zustand der betreffenden Oberlippen ist ausgeschlossen. Ich habe dann gleich noch die Extremitätenmuskulatur von der Ratte und dem Flusskrebs untersucht. Beidemale mit dem gleichen Erfolge, dass der Muskel auf Grund seiner deutlichen Färbung als Sauer- stoffort im Sinne Unnas angesprochen werden muss. In Fig. 5 habe ich einen Querschnitt durch den Scherenmuskel des Fluss- krebses abgebildet. Diese Färbung ist in allen Fällen so deutlich, dass ich es mir nicht erklären kann, wie ein unvoreingenommener Beobachter dieselbe hat übersehen können. Wir kommen nun zu der Frage, ob die Protoplasmafärbung in den Rongalitweißschnitten den Wert Null und die Kernfärbung den maximalen Wert besitzt. Ich hebe ausdrücklich hervor, dass ich hier nur Wert auf den allgemeinen Befund lege, die von Unna selbst gekennzeichneten Abweichungen lasse ich hier ganz beiseite. Schon aus den Schritten, die in Fig. 1 und 2 bei nur 40 facher Vergrösserung abgebildet sind, lässt sich ersehen, dass die Rongalitschnitte offenbar keine exklusive Kernfärbung zeigt. In Fig. 4 und 5 habe ich zwei Schnitten durch die Haut der Ratte abgebildet, Schnitte 4 ist mit Hämatein-Erythrosin, Schnitte 5 mit Rongalitweiss II gefärbt. Man sieht auf den ersten Blick, dass die Rongalitweissfärbung alles andere eher ist, als eine reine Kernfärbung. Plasmafärbung habe ich auf allen zahlreichen Präparaten erhalten. Besonders erwähne ich Schnitten durch die Lunge. Indem ich alle Eindrücke zusammenfasse, glaube ich mein Urteil dahin zusammenfassen zu können, dass das Protoplasma fast Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 4 immer mit Rongalitweiss gefärbt wird und darum im allgemeinen als Sauerstoffort im Sinne Unnas angesprochen werden muss. Nicht bestreiten will ich, dass sehr häufig die Kerne stärker, oft weit stärker als das Plasma gefärbt sind, es handelt sich jedoch nur um graduelle Unterschiede. Brauchbare Mikrophotographien von nach Unnascher Methode hergestellten Präparaten anzufertigen, hat recht grosse Schwierigkeiten. Die Methode verlangt Schnitten von unfixiertem, lebendfrischem Gewebe. Diese erhält man nur mit dem (refrier- mikrotom. Die Vorteile des Gefrierverfahrens sind aber mit seinen Nachteilen untrennbar verknüpft. Insbesondere ist es wohl aus- geschlossen, Schnitten von wenigen u Dicke, wie sie für eine gute Mikrophotographie bei starker Vergrösserung Voraussetzung sind, zu erhalten. Auch dürfen die Schnitten nicht aufgeklebt werden, etwa nach dem sonst vortrefflichen Verfahren von Olt: hierdurch liegen die Schnitten natürlich nie plan, was wiederum die Bildschärfe recht unangenehm beeinträchtigt. Trotzdem habe ich die Fig. 4 und 5, die bei 600 facher Vergrösserung hergestellt sind, bei- gegeben, da sie mir wenigstens nach der negativen Seite hin, also insofern, dass es sich nicht um eine reine Kernfärbung handelt, beweisend zu sein scheinen. Um einheitliche Bedingungen zu haben, habe ich alle Bilder bei Licht von der Wellenlänge 500—600 u u aufgenommen. Unna verwendet zur Darstellung seiner Sauerstofforte eine Färbung mit einer später regenerierten Leukobase. Dass es sich dabei um Methylenblau oder Blau 1900 und um Rongalit handelt, ist nicht von prinzipieller Bedeutung. Jeder Farbstoft, der irgendwie zu einer Leukobase reduziert wird, muss bei seiner Regeneration die Sauerstofforte im Sinne Unnas aufzeigen. Wohin wir auf diesem Wege kommen, ist leicht einzusehen. Gelingt es uns, einen typischen Plasmafarbstoff in eine labile Leukobase überzu- führen, so werden in dem Schnitt, bei eintretender Regeneration des Farbstoffes voraussichtlich die Sauerstoftorte — das Proto- plasma sein. Wir werden auf die hierdurch ausgedrückte spezifische Wirkung der histologischen Farbstoffe und auf die eminente Wichtigkeit dieses von Unna ausser acht gelassenen Umstandes noch unten weiter eingehen. Ich habe nun noch ein Reduktionsmittel angewandt, das den Farbstoff bereits bei gewöhnlicher Temperatur und in reiner 112 I, WE (Ola ihrzee wässeriger Lösung in die Leukobase überzuführen gestattet; es handelt sich um Natriumhydrosulfit. Versetzt man eine gesättigte oder annähernd gesättigte Lösung von Methylenblau in destilliertem Wasser mit Natriumhydrosulfit, so tritt sehr rasch Entfärbung ein. Ein grosser Teil des Leukomethylenblaues fällt aus, ein Teil bleibt aber gelöst zurück. Durch Filtrieren erhält man eine wasserhelle, fast farblose Flüssigkeit, die weit mehr als das Rongalitgemisch die Bezeichnung „Weiss“ verdient. Färbt man in der Unnaschen Weise, so erhält man Schnitten, die die Kerne in verschiedener Intensität, offenbar abhängig von der Menge des Natriumhydrosulfits in der Lösung, zeigen, stets ist aber das Protoplasma im allgemeinen wohl gefärbt. Bei Schnitten durch die Schnauze der Ratte tritt die Muskulatur sehr stark hervor. Die Ähnlichkeit dieser Färbung mit einer Rongalitweiss I und einer gewöhnlichen Methylenblaufärbung ist sehr gross. Ich habe dann noch mit Natriumhydrosulfit-Leuko-Nigrosin gefärbt, und wieder das Resultat erhalten, dass das Protoplasma wohlgefärbt erscheint. Wir wollen nun untersuchen, ob die ganze Auffassung der Färbung der Sauerstofforte von Unna überhaupt mit den Tat- sachen in Einklang steht. Nach Unna bleibt eine Schnitte im Rongalitweiss ungefärbt, es wird dann mit Wasser ab- gespült, um das überschüssige Reduktionsmittel zu entfernen und durch den Sauerstoff der Luft (bezw. des Wassers) tritt unter Vermittelung der Sauerstofforte des Gewebes die Regeneration von Methylenblau und damit die Darstellung der Sauerstofforte ein. Die Schnitten bleiben also nach Unna im Rongalitweiss ungefärbt. Gerade das Gegenteil habe ich gefunden! Legt man eine Gefrierschnitte in Rongalitweiss, so sieht man klar und deutlich, dass die Schnitte in der typischen Farbe des Farbstoffes gefärbt wird. Diese Färbung ist nicht etwa schwach, sondern auf- fällig und kräftig, eigentlich gar nicht zu über- sehen. Nach einiger Zeit verschwindet sie wieder, und zwar im Rongalitweiss I schneller als im Rongalitweiss II. Ich erkläre diese Erscheinung folgendermassen: Durch den Sauerstoff, welcher sich in der Schnitte be- findet, bezw. welcher durch die in dem Gewebe ent- haltenen Fermente aktiviert wird, wird eine ent- Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte ete. k1,3 sprechende Quantität der Leukobasein den Farbstoff zurückverwandelt. Bei Leukobasen, die mit einem im Überschuss vorhandenen Reduktionsmittel her- gestellt sind, das auch schon bei gewöhnlicher Temperatur rasch und kräftig reduziert, wird diese kleine Quantität Farbstoff sofort‘ wieder: in die Leukobase übergeführt, eine Färbung ist also für das Auge nicht bemerkbar. Anders bei mit Rongalit hergestellten Leukobasen. Rongalit reduziert bei gewöhnlicher Temperatur nur schwer und langsam. Dieser partiellen Impotenz des Rongalits verdanken wir aber die Darstellung der „primären Sauerstoff- färbung“, wie ich sie bezeichnen will, der Gewebe. Nach wenigen Minuten ist jedoch auch hier die Färbung durch das in grosser Menge vorhandene Rongalit, durch Überführen der Farbe in die Leuko- base, vernichtet worden. Aller Sauerstoff ist dann aus der Schnitte entfernt; wenigstens aller Sauer- stoff, der unter den in Betracht kommenden Be- dingungen überhaupt entfernt werden kann. Diese Färbung bezeichneichalsprimäre Sauerstoffärbung; sie ist von Unna nicht beobachtet worden, und ich unterscheide sie scharf von der von Unna beob- achteten, gleich zu besprechenden, sekundären Sauer- stoffärbung. Wir entfernen nun nach Unna das überschüssige Reduktions- mittel durch Abspülen mit Wasser. Wir können durch Abspülen mit sehr grossen (Juantitäten Wasser den letzten Rest von Reduktions- mittel zu entfernen versuchen, es tritt auch nicht die Spur einer Bläuung ein. Erst wenn wir Sauerstoff künstlich zuführen, sei es durch Verwendung sauerstoffhaltigen Wassers, sei es dadurch, dass wir die Schnitte dem Sauerstoff der Luft aussetzen, dann tritt eine Bläuungein. Unna glaubt, dass diese Färbung durch Vermittelung der Sauerstofforte des Gewebes, die den molekularen Luftsauerstoff aktivieren sollen, erfolgt. Ich halte diese Annahme für unnötig. Leukobasen werden auch durch den molekularen Sauerstoff der Luft wieder regeneriert. Giesst man etwas Rongalitweiss I in eine Schale, so sieht man, dass nach einiger Zeit sich an der Oberfläche Methylenblau regeneriert, wo ist hier ein aktivierender Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt. I. s 114 F. W. Oelze: Sauerstoffort? Ich halte dieganzeRongalitweissfärbung für eine einfache Färbung durch Methylenblau bezw. Blau 1900. Unna beruft sich darauf, dass seine Färbung von der einer gewöhnlichen Methylenblaufärbung verschieden sei. In der Tat mag sie etwas verschieden sein, es wäre auch wunderbar, wenn das empfindliche Methylenblau in einer Lösung, die alles mögliche enthält, Rongalit, Säure, evtl. Alkali, und sicher noch Zwischenprodukte, genau so färben würde, wie in rein wässeriger Lösung. Trotzdem treten etwaige Verschiedenheiten hinter der ausserordentlichen Ähnlichkeit der Färbungen ganz zurück. Wenn ich somit behaupte, dass die Färbung auf Sauerstoff- orte von Unna nichts anderes sei als eine ordinäre Färbung, so wird man verlangen müssen, dass Rongalitweiss in der von Unna angegebenen Weise auch Stoffe färbt, die keine Peroxy- dase enthalten, also keine Sauerstofforte sind. Das ist in der Tat der Fall. Ich habe zu diesem Zwecke einen Stoft gewählt, der einerseits sich überhaupt färben lässt und andererseits eine gewisse gewebeähnliche Struktur besitzt. Es handelt sich um analysenreines Filtrierpapier. Dieses ist mit Salzsäure, Fluss- säure, Wasser ausgewaschen und auch entfettet und stellt Uellu- lose in denkbar reinster Form dar. Dass wir über die Art, wie Cellulose gefärbt wird, nicht unterrichtet sind, möchte ich hier bemerken (24). Für mich war der Umstand massgebend, dass dieses Filterpapier keine Peroxydasereaktion mit der von Unna jun. und Golodetz verwandten Benzidinreaktion gibt. Sollte sich wirklich für diese reinste Cellulose einmal eine Peroxydase- reaktion finden, so wäre damit zugleich der Arbeit von Unna jun. und Golodetz der Wert genommen. Ich bin aber über- zeugt, dass auch andere, noch zu suchende Stoffe, die keine Peroxydase enthalten, sich wie Cellulose verhalten. Für mich genügt es, wie gesagt, vollkommen, dass sich mit der Benzidin- reaktion keine Spur Peroxydase nachweisen lässt. Färben wirnun ein Stück in destilliertem Wasser eingeweichtes Filtrierpapierin Rongalitweiss in der Unnaschen Weise, so dokumentiert sich uns dieses durch die eintretende intensive Färbung als ein Sauerstoffort ersten Ranges. Woraus nach meiner An- sicht die Unhaltbarkeit der Unnaschen Anschauungen und die Übereinstimmung mit den meinigen zur Evidenz hervorgeht. Uber die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 115 VI. Oxydasereaktion an Gewebsschnitten nach Schultze. Arbeiten von Golodetz und Unna jun. und Leistikow. Paul Ehrlich wandte im zweiten Hauptteil seiner klassi- schen Arbeit (2) das Indophenolblau zur Bestimmung des Sauer- stoffbedürfnisses des Organismusan. F. Röhmann und W. Spitzer (19) benutzten die Synthese des Indophenolblaues aus «-Naphthol und Paraphenylendiamin zum Nachweis der Oxydasenwirkung von Organbrei. Die Reaktion ist dann in der Folge von einer grossen Zahl von Forschern angewandt worden. Für uns ist besonders eine Arbeit von W. H. Schultze (18) interessant, der an Gefrier- schnitten gearbeitet hat. Die Arbeit bietet im besonderen einen wertvollen Beitrag zur Differentialdiagnose der Leukämieen. Nach Schultze ist ein spezifisches Oxydationsferment, die Indophenol- oxydase, in den Leukozyten und ihren Abkömmlingen lokalisiert, und zwar gleicherweise beim Menschen, Kaninchen, Meerschweinchen und Frosch. Besonders interessant ist die Frage nach der speziellen Lokalisation des Fermentes in der Zelle. Es zeigt sich, dass es in seinem Vorkommen an die Granula der Zellen ge- bunden ist. Der Kern ist frei von Ferment. Ein Befund, der sich mit den Ansichten Unnas kaum in Einklang bringen lässt. Wir haben nun noch kurz zwei Arbeiten zu besprechen, die mit den Arbeiten Unnas im engsten Zusammenhange stehen und sie in vollkommenster Weise zu bestätigen suchen. L. Golodetz und P. Unna jun. (16) suchen an Vogelblut und Eiter mit der Benzidin- und Katalasenreaktion die Ansichten P. G. Unnas zu beweisen. Sie verdauen das Protoplasma des Vogelblutes und er- halten an dem so gewonnenen „reinen Kernmaterial“ eine, wenn auch geschwächte Peroxydasenreaktion, wohingegen die Katalase verschwunden ist. Hieraus glauben sie schliessen zu können, dass die Peroxydase im Kern, die Katalase im Protoplasma lokalisiert sei. Hierzu bemerke ich, dass Blut an sich ein ungeeignetes Ver- suchsobjekt ist, da ja die Gefahr vorliegt, dass durch die fer- mentähnliche Wirkung des Hämoglobins (10) ein falsches Resultat vorgetäuscht wird. Ferner können wir mit demselben Recht annehmen, dass auch im Kern Katalase enthalten war, dass sie aber, ebenso wie das Protoplasma, durch die Verdauung zerstört wurde. Die quantitativen Untersuchungen sind äusserst dürftig, sie beschränken sich auf eine Messung der Katalase nach dem 8*+ 116 F. W. Oelze: Volumen des aus Hs202 entwickelten Sauerstoffes. Aus dem Ver- halten von in Alkohol konserviertem Material schliessen Golodetz und Unna jun., dass „bei der Alkoholbehandlung sich eine all- mähliche, aber keineswegs starke Herabsetzung des Katalase- gehaltes bis zum 3. Tage etwa feststellen lässt. Von da ab bleibt der Katalasegehalt etwa gleich.“ Die betreffenden Zahlen sind: nachdem 1."Tag) "2 Tag, 3. Tag, 5: Tag, "ae O-Entwicklung 96,5 38 67,5 63 64,5 cem. Ich lese aus diesen Zahlen ganz etwas anderes heraus, wie Golodetz und Unna jun., nämlich dass der Katalasegehalt zunächst abnimmt, dann aber wieder zunimmt! Gewiss ein eigen- artiges Resultat, das sich auch beim Eiter wiederfindet, hier ist eine Zeitangabe nur durch die römischen Ziffern angedeutet, die Zahlen lauten: Ik I. IA: 2,5 1,5 2,3. $) O in ccm Einer derartigen Arbeit messe ich keinerlei Beweiskraft zu. L. Leistikow (20) behandelt die Sauerstofiorte des tieri- schen Hautgewebes bei Anämie, venöser Hyperämie und Ödem. Leistikow weist nach, dass an Stellen im Gewebe, wo eine Störung in der Sauerstoffzufuhr stattfindet, auch die Rongalit- weissfärbung schlecht ausfällt, bezw. veränderte Resultate ergibt. Leistikow glaubt damit die Richtigkeit der Ansichten Unnas bewiesen zu haben. Ich gebe ohne weiteres zu, dass die Färbung tatsächlich variiert oder geschwächt wird, kann aber nicht an- nehmen, dass diese Erscheinung nun ohne weiteres einen Sauer- stoffmangel dokumentiert. Man kann da an alle möglichen Ver- änderungen im Gewebe denken, die die Methylenblaufärbung verändern. beispielsweise eine Ansäuerung. Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen. Auf der der Arbeit Leistikows beigegebenen Tafel findet sich ein Schnitt durch die normale Schnauze der Ratte abgebildet. In der Tiefe des Gewebes sind grosse tiefdunkle Stellen sicht- bar, die nachder Figurenerklärung Muskulatur dar- stellen. Hierdurch werden nach meiner Ansicht die Angaben P.G. Unnas widerlegt: „Muskeln im allgemeinen ungefärbt, nur selten sehr schwach gefärbt“, und meine An- gaben (siehe oben) bestätigt. - Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte etc. 117 VI. Einschlussfärbung mit Leukobasen und Reagentien. Wir hatten gesehen, dass sich im Rongalitweiss die Schnitten zunächst färbten, um alsbald wieder entfärbt zu werden. Ich hatte diese, von Unna nicht beobachtete, Erscheinung als „primäre Sauerstoffärbung“ bezeichnet. Um die Färbung an der mikroskopischen Schnitte studieren zu können. gehe ich folgendermassen vor; ein Stück Gewebe wird dem narkotisierten Tier entnommen und ohne jeden Zusatz vereist und geschnitten. Das Gefrierenlassen in irgend einer Salzlösung, möge sie heissen, wie sie will, halte ich aus physikalisch-chemischen Gründen nicht nur für zwecklos, sondern sogar für schädlich. Die Schnitte wird mit dem Objektträger aufgefangen und auf dem Mikroskoptisch mit schwacher Vergrösserung eingestellt. Auf die Unterseite eines Deckgläschens wird ein Tropfen der Leukobase oder des betreffenden Fermentreagenz gebracht und die Schnitte damit bedeckt. Man kann nun vom ersten Augenblick der Einwirkung an die sich abspielenden Vorgänge beobachten. Läuft die Reaktion zu schnell ab, oder wünscht man ein bestimmtes Stadium wenigstens eine Zeitlang zu konservieren, so kann man dieses durch Gefrieren- lassen der Schnitte erreichen. Die Anwendung einer sehr ge- ringen Quantität Leukobase hat den Vorteil, dass auch nur eine geringe Menge Reduktionsmittel vorhanden ist. Hierdurch bleibt die primäre Sauerstoffärbung sehr lange bestehen, bezw. wird überhaupt nicht mehr durch Umwandlung in die Leukobase zerstört. Ich habe eine grosse Anzahl von Geweben mit den ver- schiedensten heagentien behandelt und recht interessante Resultate erhalten. Ich halte aber meine Untersuchungen durchaus nicht für abgeschlossen, hauptsächlich auch im Hinblick auf die im nächsten Abschnitt zu entwickelnden Gesichtspunkte. Ich möchte mir daher die Bekanntgabe für eine spätere Arbeit vorbehalten und erwähne hier nur, dass sich in der Lunge ein deutlicher Gegensatz zwischen oxydierendem und nicht oxydierendem Gewebe ergab, und dass sich die Hautmuskulatur mit verschiedenen Reaktionen als kräftig oxydierend erwies, eine Erscheinung, die mit den Arbeiten Unnas im Widerspruch, mit den Arbeiten Ehrlichs aber im Einklang steht. 118 F. W. Oelze: VIII Über spezifische Farbstoffwirkung und die Not- wendigkeitihrer Berücksichtigung beibiochemischen Arbeiten mittels Farbstoffen. Die Histologie braucht Farbstoffe, die bereits auf kleinstem Raume eine grosse Mannigfaltigkeit der Färbungen ermöglichen. Über die Art und Weise, wie die histologischen Färbungen ent- stehen, ist noch keine einheitliche Auffassung erzielt (24). Wenn wir auch die Konstitution der Farbstoffe kennen, so ist uns doch diejenige der anderen in Betracht kommenden Komponente, des Protoplasmas, noch völlig verborgen. Eine sichere Eıklärung der Färbung wird sich daher auch in absehbarer Zeit kaum geben lassen. Für die allgemeine Auffassung einer Färbung sind die Gedanken Ehrlichs massgebend geworden. Ich setze sie als bekannt voraus. Ehrlich betont hauptsächlich die chemische Seite des Vorganges. Dass auch eine Betrachtung vom physikalisch- chemischen und kolloidehemischen Standpunkte aus wesentliche neue (resichtspunkte bringen kann, zeigen die Arbeiten von Bechhold (22), Evans, Schulemann und Wilborn (23). Die Gesamtheit der Wirkung eines Farbstoffes bezeichne ich als seine „spezifische Wirkung“, wahrscheinlich sind bei dieser spezi- fischen Wirkung noch viele unbekannte oder so gut wie unbe- kannte Komponenten wirksam. Wendet man nun die Leukobase eines Farbstoffes an, um durch die auftretende Farbstoffregeneration Auskunft über Sauer- stofforte im Gewebe zu erhalten, so ist ja ohne weiteres klar, dass der zur Regeneration nötige Sauerstoff wirklich dem Gewebe entstammt. Aus welchen Orten des Gewebes er aber stammt, lässt sich nach meiner Ansicht gar nicht ohne weiteres sagen: hier interkurriert die spezifische Farbstoffwirkung. Nehmen wir beispielsweise einen Farbstotf an, der eine ausgesprochene Affinität zum Hautmuskel hat, seine Leukobase wird durch die betreffenden Schnitte in den Farbstoff zurückgeführt. Der Muskel zeigt sich stark gefärbt. Können wir hieraus nun ohne weiteres schliessen, dass der Muskel den Sauerstoff hergegeben hat, das umliegende Bindegewebe aber nicht? Sicher nein. Es ist sehr wohl denkbar, dass der Farbstoff im Bindegewebe regeneriert wird, aber sofort in den Muskel übertritt und erst diesen färbt. Auch die mikro- skopische Beobachtung des Vorganges wird hier keine Auskunft geben können. Bei sukzessiver Entstehung des Farbstoffes im Über die färberische Darstellung der Reduktionsorte ete. 198, Bindegewebe wird es ganz unmöglich sein, bei der beträchtlichen Vergrösserung, eine Färbung zu sehen, die nur schwach ist. Erst wenn sich die Färbung an einer Stelle akkumuliert, wird sie sichtbar werden. Ganz ähnlich können die Verhältnisse bei dem System Zellkern—Protoplasma liegen. Somit kommen wir zu dem Resultat, dass die ganze Methodik, gegen die allein sich meine Kritik richtet, der Dar- stellung von Oxydationsorten und Reduktionsorten mit den grössten Schwierigkeiten und Unklarheiten behaftet ist. Immerhin glaube ich, dass auch dieses negative Resultat und die Kritik der Unna- schen Arbeiten für die Entwicklung der Frage einen gewissen Wert hat. Sind die Schwierigkeiten erst einmal erkannt, so werden die künftigen Resultate um so wertvoller sein. Zum Schluss darf ich wohl darauf hinweisen, dass durch Einrichtung eines Raumes in zu erbauenden grossen Instituten, der mit einem beliebigen Gasgemisch gefüllt werden kann, wesent- lich zur rascheren Klärung des Problems beigetragen werden würde. IX. Zusammenfassung. 1. Die einzige von Unna selbst für einwandfrei gehaltene Methode zur Darstellung der Reduktionsorte im Gewebe liefert keine Bilder, die das Protoplasma als alleinigen Reduktionsort im Gegensatz zum Kern darstellen. 2. Unna selbst stellt die Kerne auf der in Betracht kommenden Abbildung seiner Arbeit als Reduktionsorte dar. 3. Vier Phasen der Reduktionswirkung. Wertlosigkeit der Permanganatfärbung zum Nachweis normaler Reduktions- vorgänge. 4. Die Rongalitweissfärbung liefert keine Bilder, die die Kerne als alleinigen Sauerstoffort im Gegensatz zum Protoplasma im allgemeinen darstellen. 5. Erklärung von Unnas Sauerstoffärbung als ordinäre Methylenblau- (bezw. Blau 1900) Färbung. Primäre und sekundäre Sauerstoftärbung. 6. Oxydasen- und katalasenfreie Stoffe als Sauerstofforte im Sinne Unnas. Der Muskel und im besonderen der Hautmuskel als Sauer- stoffort, entgegen der Annahme Unnas. Einschlussfärbung mit Leukobasen und Reagentien. 1 12 us a er) 10. 1. 13. 0 F. W. Oelze: Literaturverzeichnis. Pflüger, E.: Über die physiologische Verbrennung in den lebenden Organismen. Pflügers Arch., Bd. X, 1875. Ehrlich, P.: Das Sauerstoffbedürfnis des Organismus. Eine farben- analytische Studie. Berlin 1885, Hirschwald. Verworn, M.: Die Biogenhypothese. Eine kritisch-experimentelle Studie über die Vorgänge in der lebendigen Substanz. Jena 1903. Pfeffer, W.: Pflanzenphysiologie. II. Auflage, 1897 —1904. Jacoby, M.: Der Stoffwechsel und der Energiewechsel der Zelle und der Einzelligen. Oppenheimers Handbuch der Biochemie, 2, I, 142, 1910. Hofmeister, F.: Die chemische Organisation der Zelle. Braunschweig. Pawlow, J. P. und Parastschuk, S. 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Über die Wechselbeziehung zwischen Endometrium und Ovarium bestehen bisher trotz mannigfacher Untersuchungen noch immer widersprechende Ansichten. Vielfach wird dem Ovarıum eine dominierende Rolle im Geschlechtsleben zuerkannt und von seinem Funktionszustand der des Endometriums abhängig gemacht. Bildet sich am Ovarium ein Graafscher Follikel, so tritt die Brunst ein; das Auftreten des Corpus luteum steht der Nidation und Entwicklung des Eies vor und verhindert den Wiedereintritt der Brunst während der Gravidität. Dieser Ansicht stehen Er- fahrungen entgegen, nach welchen direkt auf den Uterus wirkende Einflüsse den ganzen Geschlechtszyklus stören resp. beherrschen sollen. Diese letzten Beobachtungen sind gemacht worden beim Verweilen von Fremdkörpern im Uterus, wobei diese imstande waren, die Brunst zu sistieren und auf diese Weise die Sterilität des Tieres herbeizuführen. Es gibt in dieser Hinsicht Beobachtungen relativ alten Datums, welche Tiere betreffen, die mumifizierte Feten trugen und aus dieser Ursache steril blieben. Diese viel beobachtete Erscheinung suchte man insofern zu verwerten, als man durch die Einbringung von Fremdkörpern in den Uterus die Kastration durch Entfernung der ÖOvarien zu ersparen glaubte. Über die ersten Versuche dieser Art referiert Eloir im Jahre 1881. Der Fall betrifft eine Kuh, welcher kurz nach der Geburt eine Bleikugel in den Uterus eingeführt wurde und die sich seither wie eine kastrierte Kuh verhielt. Diese Beobachtung jedoch macht Cagny in der Diskussion insofern hinfällig, als er am vorgelegten Präparate eine chronische Metritis konstatiert, welche wohl für sich als alleinige Ursache der Sterilität Über Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 123 angesehen werden konnte. Eloir erwähnt ferner Beobachtungen an Kühen, welche mit einer Bleikugel in der Bauchhöhle merk- würdigerweise ähnliche Erscheinungen zeigten. Auf gleiche Weise will, wie Eloir berichtet, ein Tierarzt des Departements Oise eine Hündin durch Einführen von Fremdkörpern in den Tragsack unfruchtbar gemacht haben. Auch die mumifizierte Frucht kann in ihrer Beziehung auf den Geschlechtstrakt als Fremdkörper angesehen werden. So ist es nach Frank „eine sehr alte Ansicht, die schon im vorigen Jahrhundert ausgesprochen wurde, dass eine Kuh, die einen mumifizierten Fetus hat, nicht rindrig werde. (La vache qui porte son veau racorni dans la veliere ou patiere ne demande pas le taureau. Le parfait bouvier par Boutrolle 1766.)“ Auch der von Schmaltz zitierte Fall von Figuier spricht im gleichen Sinne; andererseits liegen aber gegenteilige Berichte vor, die also besagen, dass die Brunst beim Vorhandensein mumifizierter Früchte sehr deutlich beobachtet wurde (Albrecht, Rossignol), und es wird sogar besonders darauf hingewiesen, dass die Ausstossung von Kalbsmumien während des Rinderns stattfindet. | In neuerer Zeit wurde, wie bereits erwähnt, das Einführen von Fremdkörpern in den Uterus zum Zwecke der Sterilisierung in grossem Maßstabe und zwar am Schweine vorgenommen. Ins- besondere ist die ungarische Literatur sehr reich an Publikationen über das Schroten der Säue. Kertecz, welcher augenscheinlich über die meisten Fälle zu verfügen hat, behandelte 296 Säue, von welchen nur bei 41 die geschlechtliche Erregung ausgeblieben ist und, nachdem die übrigen nochmals behandelt wurden, nur 15 von ihnen nicht rauschten. Die übrigen wurden nachher zum dritten Male ge- schrotet, aber wieder ohne den gewünschten Erfolg, so dass ins- gesamt bei 19,19 Prozent der geschroteten Schweine die Brunst ausblieb, was auch ohne Schroten der Fall sein kann. Ausser diversen unangenehmen Nebenumständen beschreibt der Autor eine Wanderung der Fremdkörper, wie auch ich sie beobachten konnte. Von den geschroteten Schweinen untersuchte er 36 nach der Schlachtung. In der Gebärmutter fanden sich ebenso die Schrot- körner bei den Tieren, die brünstig waren, wie bei jenen, bei welchen die Brunst ausblieb. Die Körner waren meist in den 124 Kuno Krainz: Uteruskörper gelangt, bei zwei Fällen sogar in die Harnblase. Das Schroten ist nach den Erfahrungen des Verfassers nicht ge- eignet zum Ausschalten der Brunst. Siefke beobachtet Wiederkehr der Brunst bei einer Hündin nach Schroten derselben während der vorletzten Brunst. Dies die klinischen Beobachtungen. Ihre Erklärung wäre theoretisch durch die Erwägung möglich, dass der Fremdkörper direkt auf die Uterusschleimhaut beispielsweise durch einen Druck wirkt, welcher Reiz reflektorisch zum Ovarium geleitet wird. Oder diese Wirkung wäre eine mittelbare, indem der Fremdkörper zunächst eine Umwandlung der Schleimhaut im Sinne einer Placenta hervorruft und dass hier abgebaute oder sezernierte Stoffe (innere Sekrete) im Wege der Blutbahn die Funktion der Ovarien beein- flussen. Dass genannte Schleimhautveränderungen wenigstens zum Teil möglich sind, geht aus der Arbeit Leo Löbs hervor. Dieser versuchte die Erzeugung einer Decidua am Uterus des Meer- schweinchens und des Kaninchens. Er ging in der Weise vor, dass er zwei bis neun Tage nach der Ovulation tiefe Einschnitte machte, welche die Kontinuität des Uterus vollkommen trennten. Ausserdem führte er sterile Fremdkörper ein. Er beobachtete keine Verhinderung der Deciduabildung bei Unterbindung der Tuben, im Gegensatze zu Versuchen, bei welchen eine Exstirpation der Ovarien vorgenommen wurde. Die Deciduabildung erfolgte unterhalb des intakten Uterusepithels. Vergleiche zwischen der natürlichen und künstlichen Deeidua nach Löb ergaben: Bezüg- lich des Epithels: Bei der ersteren Bildung von Plasmodien, bei der letzteren ebenfalls vorhanden. Bezüglich des Endothels der Blutgefässe: Bei der ersteren Wucherungen, bei der letzteren ebenfalls. Bezüglich des perivaskulären Gewebes: Bei der natür- lichen Deeidua: Bildung von mehrkernigen Zellen und Glykogen- zellen, bezüglich der künstlichen Decidua ein Fehlen derselben. Ebenso fehlte bei der künstlichen Deeidua die Bildung von Monster- cells (Minot) im subepithelialen Bindegewebe. Auch Löb erreichte keine Reaktion bei Vornahme der Operation vor der Ovulation. In einem Falle trat bei Löb eine Reaktion, im anderen Horne ein, wo Einschnitte nicht gemacht wurden, was er als Fernwirkung auffasst. Zusammenfassend gibt er als Ursache des (sewebs- wachstums im Uterus an: a) Eine chemische Substanz, die in rhythmischer Weise von einem Nebenorgan (Ovarium) ausgeschieden Uber Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 125 wird. b) Reiz einer Wundfläche (auslösender Reiz). Nach Löb ist daher die Wirkung des Eies bei der Placentabildung keine spezifische, spezifisch ist nur die chemische Wirkung des Ovariums. Die Befunde von Löb am Meerschweinchen und Kaninchen sind bisher an anderen Tieren nicht bestätigt worden; ob sich beim Rind beispielsweise infolge der Einwirkung der Fremdkörper die Karunkeln vergrössern, wie bei der Evolutio graviditatis, ist nicht bekannt. Bei den übrigen Indeeiduaten dürfte eine Prüfung der Placentombildung überhaupt wenig Aussicht haben, da sich bei diesen Tieren nur wenig manifeste Veränderungen an der Uterusschleimhaut ausbilden. Eine Kryptenbildung wie bei der normalen Placentation infolge Einwirkung des Chorions ist wohl nicht anzunehmen und andere Kriterien wie typische Drüsen- veränderungen und Plasmodienbildung sind bekanntlich bei diesen Tieren nicht vorhanden. Aus diesen Erwägungen erschien mir die Prüfung dieser Frage am Hund am rentabelsten. Der Hund bildet einerseits eine sehr typische Placenta, deren Bau durch eine Reihe von Untersuchungen genau studiert ist (Bonnet, Duval, Strahl, Grosser etc.), andererseits sind die zyklischen Veränderungen der Uterusschleimhaut, nach deren Bearbeitung durch Keller, von allen Haustieren am besten bekannt. Material, dessen Gewinnung und Verarbeitung. Ich verwendete insgesamt zehn Hündinnen, läufige und nicht läufige, letztere um zu konstatieren, wie Fremdkörper überhaupt vertragen werden und operierte die Tiere zwecks Gewinnung des Materials für die histologische Bearbeitung sowie Gewinnung von physiologischen Beobachtungen nach folgendem Verfahren: Es wurde die Laparatomie ausgeführt und der Zustand beider Uterushörner und der zugehörigen Ovarien untersucht. Hierauf Exstirpation eines 1—2 cm langen Uterusstückes als. Kontrollstück. Hierbei musste in der Weise vorgegangen werden, dass sowohl eine grössere Blutung als auch eine gröbere Störung der Zirkulationsverhältnisse im Uterus vermieden wurden. Dies erreichte man dadurch, dass die im breiten Mutterbande zum Uterus verlaufenden Stämmchen der Arteria uterina zwischen dieser und dem Uterus in gewünschter Ausdehnung ligiert, das Mutterband an seiner Anheftungsstelle am Uterushorn durch- schnitten und das im so ligierten Gefässbezirk befindliche Uterus- 126 Kuno Krainz: stück exstirpiert wurde (Textfig. I). Als Fremdkörper fungierten sterile, mit ebensolchem Paraffinöl bestrichene Porzellankugeln, welche nun durch die Öffnung des kaudalen Stumpfes des Uterus- hornes durch vorsichtiges Vordrücken in dieses und in das andere (unverletzte) Horn gebracht wurden. Dies ging in der Regel bei den läufigen Hündinnen wegen der Turgeszenz des Uterus nicht Fig.T. immer leicht von statten und es musste die Einbringung der Fremd- körper durch eine kleine Längsincission bis zum Uteruslumen erfolgen. Nach erfolgter Einbringung der Kugeln wurden beide Stumpfenden mit einigen Nähten geschlossen und beide Tuben doppelt unterbunden. Der Tragsack der Hündinnen III, V, IX wurde des wertvollen Materials wegen zum Teil durch eine zweite Operation gewonnen, während der Rest bis zur Vertilgung in der Bauchhöhle verblieb. Die übrigen Hündinnen wurden in be- stimmten Zeitabschnitten nach der ersten Operation vertilgt. Das gewonnene Material wurde teils in Formol, teils n Flemming konserviert. Nachstehend die Auszüge aus dem Versuchsprotokoll über die operierten Hündinnen und Zusammenstellung der Unter- suchungsbefunde: A. Nichtbrünstige Hündinnen. Hündin I. Jagdhündin, Deutsch - Kurzhaar, 3 Jahre alt, hat bereits geboren. Operation am 21. November 1911. Uterus und Ovarien im Ruhe- stadium. Gewonnenes Material: Ein 3 cm langes Uteruskontrollstück. - Über Reizwirkungen von Fremdkörpern etc, 127 Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Vertilgt am 3. April 1912. Material: Der restliche Uterus samt Ovarien. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Befund: Kontrollpräparat. Uterus flach gedrückt, von sehr geringer Breite und Dicke, schlaffer Konsistenz, äusserlich blass. Typisch ruhender Uterus. Drüsen sehr wenig an ihren Enden aufgeknäuelt. Hauptverlauf leicht gewellt. Die Bischof- schen Krypten klein und birnförmig, Drüsenepithel und Oberflächenepithel sehr niedrig. Das Bindegewebe des Stromas ausserordentlich locker, Kerne stark tingierbar. Stück mit Fremdkörper. Uterusepithel sehr niedrig, Krypten abgeflacht; Drüsenlagen sehr dürftig, doch ist das Drüsenepithel höher als das der Oberfläche. In diesem finden sich einzelne Stiftchenzellen. Die Schleimhaut ist im ganzen sehr niedrig (passive Dehnung durch den Fremdkörper); das Bindegewebs-Stroma etwas lockerer als sonst am ruhenden Uterus. Zwischenstück. Drüsenlager spärlichh Hauptrichtung der Drüsen sehr wenig ge- schlängelt; Öberflächenepithel gerade so niedrig wie an Stellen mit Fremd- körper. Auch hier sind stiftchenzellenähnliche Gebilde nachweisbar. Drüsen und Uteruslumen sind mit eosingefärbtem Sekret ausgegossen. Schleimhaut ist etwas mehr aufgelockert als im ruhenden Uterus, Kapillaren sind gut gefüllt. Ovarıum. Dieses zeigt, dass der Hund öfters ovuliert hat, nachdem alte Corpora lutea vorhanden sind. Ausserdem zeigt er schön ausgebildete Primordial- Follikel. Resum&: Der Fremdkörper wurde ohne merkliche histologisch nach- weisbare Reaktion durch 3!’ Monate vertragen. Eventuell konstatierte Veränderungen sind offensichtlich auf die passive Dehnung der Uteruswand durch die Fremdkörper zurückzuführen. Hündin II. Schwarzer Zwergspitz, laut Angabe über 7 Jahre alt, nicht trächtig. Operation am 27. November 1911. Uterus und ÖOvarien im Ruhestadium. Material: Ein 1 cm langes Kontrollstück. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Vertilgt am 1. Dezember 1911. Material: Uterusrest. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Histologischer Befund: Kontrollpräparat. Das Oberflächenepithel zum Teil zylindrisch mit regelmässiger Kern- stellung; grosse Inseln tragen verfettetes Epithel mit peripher gestellten zackigen Kernen. Schleimhautstroma locker, Drüsenepithel fast kubisch, einzelne Drüsenschläuche enthalten Sekret, andere sind stark erweitert und 128 Kuno Krainz: tragen ein besonders niedriges Epithel. Ihre Verbreitung ist mässig reichlich, ihr Verlauf sehr stark geschlängelt. Das Bindegewebe um die Drüsen ist stark verdichtet. Der histologische Befund lässt auf das eben beginnende Ruhestadium schliessen. Stück mit Fremdkörper. An der Stelle, wo der Fremdkörper gelegen ist, bildet die Schleimhaut mehrere eng zusammengelegte Falten. Das Oberflächenepithel ist sehr niedrig, zum Teil fettig degeneriert, Schleimhaut im gesamten dünn, Drüsenlager regelmässig, reichlich entwickelt, die Drüsenlumina fast durchweg erweitert, einzelne Drüsen enthalten Sekret. Schleimhautstroma durch den Druck dichter gefügt. Resum£&: Keine Reaktion auf den seit 8 Tagen getragenen Fremdkörper. Hündin III. Vierjährige braune Dachshündin, nicht trächtig gewesen. Erste Operation am 20. Dezember 1911. Uterus und Ovarien im Ruhestadium. Material: Ein 1 cm langes Kontrollstück. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Zweite Operation am 9. Januar 1912. Weiterbestehen des Ruhestadiums. Material: Der Rest des rechten Hornes des Uterus mit Fremdkörpern. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Vertilet am 24. Januar 1912. Ebenfalls Ruhestadium. Material: Linkes Horn mit Fremdkörpern. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Histologischer Befund: Kontrollstück. Schleimhaut mässig hoch. Oberflächenepithel niedrig, kubisch, an einzelnen Stellen verfettet. Drüsen zeigen einen leicht gewundenen Verlauf. Zirkulärmuskulatur ist bezüglich der Protoplasmamasse der Zellen stark reduziert, Schleimhautstroma locker. In das Lumen ragt eine zufällige Drüsenzyste hinein. Der Uterus befindet sich im beginnenden Ruhestadium. Stück mit Fremdkörper nach der ersten Operation. Dieses bietet genau dasselbe histologische Bild. Stück mit Fremdkörper nach der zweiten Operation. Die gesamte Wand sehr verdünnt. Insbesondere die Zirkulärmuskulatur in ihrer Protoplasmamasse sehr stark reduziert. Schleimhaut ebenfalls sehr niedrig. Das Oberflächenepithel besitzt quer gestellte Kerne und ist direkt plattenepithelartig. Drüsen sind der Grösse und Zahl nach sehr reduziert. Resum6: Da die Uteruswandung im Ruhestadium, wie dies in diesem Falle bestand, an und für sich sehr reduziert ist, so ist die auffallende Verdünnung der einzelnen Schichten an der Stelle des Fremdkörpers wohl nur auf passive Dehnung zurückzuführen. Hündin IV. Französische Bulldogge, laut Angabe 10jährig. Dem Gesäuge nach häufig geboren, nicht trächtig. Operation am 8. Februar 1912. Ruhender Uterus und Ovarien. Material: Ein 1 cm langes Kontrollstück. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Vertilgt am 2. April 1912. Uterus und Ovarien ruhend. Material: Uterusrest und Ovarien. Über Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 129 Histologischer Befund: Kontrollstück. Uterus der Grösse der Hündin nach sehr klein. Schleimhaut ungemein reduziert. Epithel niedrig, plattenartig, Kerne quergestellt, basilar. Die stärkste Schicht ist die Gefäßschicht. Die Blutgefässe sind in ihren Wandungen sehr dick. Die Kreisfaserschicht ist hingegen weitgehend verdünnt mit sehr eng stehenden Kernen. Das Stroma des Endometrius zeigt ebenfalls zahl- reiche sehr dicht stehende Kerne. Drüsen sehr spärlich, Krypten nur vereinzelt. Stück mit Fremdkörper. Schleimhaut sehr stark verdünnt. Das Oberflächenepithel ist beinahe plattenepithelartig. Drüsen sehr spärlich, Lumen klein, enthält meist Sekret. Zwischenstück. Zeigt denselben histologischen Aufbau, nur ist besonders die Schleim- haut infolge Wegfalles der passiven Dehnung durch den Fremdkörper be- deutend höher. Ovarium. Dieses zeigt alte Corpora lutea, ferner Corpora albicantia, ausserdem finden sich neben kleinen Follikeln gut entwickelte Primordial-Follikel. Resume: Keine Reaktion auf den Fremdkörper. B. Brünstige Hündinnen. Hündin V. Weisser Spitz, 4 Jahre alt. Starke Blutung aus der Scham und Schwellung derselben seit mehreren Tagen. Erste Operation am 5. Dezember 1911. Uterus sehr turgeszent, stark blutreich, im ganzen stark kontrahiert; Verlauf geschlängelt. Lumen sehr eng. Beide ÖOvarien zeigen deutliche Follikelbildung. Exstirpation eines 2 em langen Uterus- stückes als Kontrollstück. Fixation: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Zweite Operation am 19. Dezember 1911. Exstirpation des rechten Hornes, Es sind Adhäsionen vorhanden. Material: Ein 4 cm langes Kontrollstück. Fixation: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Vertilet am 17. Januar 1912. Uterus hat im ganzen die Dicke eines Fingers ohne Ansatz zur Ampullenbildung. Material: Uterusrest. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Histologischer Befund: Kontrollstück. Öberflächenepithel zylindrisch, Kerne dicht aneinander gereiht. Haupt- stämme der Drüsen haben einen gestreckten Verlauf. Die Enden sind stark aufgeknäuelt. Das Drüsenepithel ist zylindrisch von ziemlicher Breite. Stroma besitzt gleichmässig grosse Bindegewebskerne von schwacher Färbbarkeit. Das Bindegewebe ist gequollen. In den Drüsen vereinzelt Mitosen nach- weisbar. Blutungen in der Uterusschleimhaut sind schon zurückgegangen. Diese Befunde charakterisieren den Übergang des ersten Brunststadiums in das zweite (Keller). Stück mit Fremdkörper. Öberflächenepithel durchwegs zylindrisch; an jenen Stellen, wo es geschichtet pflasterartig erscheint, ist jedenfalls die Schnittführung eine zur Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.I. 9 130 Kuno Krainz: Längsachse sehr steil gerichtete gewesen, welcher Schluss sich aus der Kernform ergibt. Die Schleimhaut ist infolge Dehnung durch den Fremd- körper dünner wie beim Zwischenstück. Die Drüsen sind in ihrer Haupt- richtung verzogen und reichen bis fast unter das Oberflächenepithel. Das Drüsenepithel ist in den Anfangsstücken der Drüsen niedriger als sonst. Einzelne Drüsenschläuche sind in der Tiefe ein wenig erweitert. Zwischenstück. Die Schleimhaut besitzt hohe Falten und ist überaus drüsenreich. Das Oberflächenepithel ist hoch; das Drüsenepithel doppelt so hoch. Das dichte Lager der enggefügten, stark geknäuelten Drüsen füllt fast die ganze Schleimhaut aus. Sie befinden sich im Stadium der Sekretion. Das Stroma ist noch saftig, Kerne schon mehr spindelförmig. Resume&: Stadium der Drüsenhyperplasie. Zwischenstück nach der zweiten Operation. Die freie Oberfläche der Schleimhaut besitzt ein zylindrisches Epithel mit zackigen Kernen und schaumig blasigem Protoplasma (Fettinfiltration). Die Drüsen sind in ihren geknäuelten Endstücken bedeutend erweitert. Das Schleimhautstroma bekommt dadurch einen wabigen Bau. Das Epithel dieser Drüsen ist sehr niedrig, beinahe pflasterartig, die Kerne mit ihrer Längs- richtung quergestellt. Die Stromazwischenwände sind ausserordentlich dünn. An die Oberfläche ragen sehr weite, von den Drüsen stammende Zysten vor, welche ein fädig klumpiges Sekret enthalten. In einzelnen Präparaten sind diese zystischen und gefächerten Blasen von den tiefen Lagen der Knäuel- drüsen förmlich durch eine differenzierte Bindegewebsschichte getrennt (Drüsendeckschicht). Das Epithel dieser Drüsenkammern unterscheidet sich merklich von dem der tiefergelegenen Drüsenzellen. Es ist höher, mindestens kubisch und es zeigt vielfach keulenförmige Vortreibungen der freien Zell- enden, jedoch ist eine Symplasmabildung an der Oberfläche der Schleimhaut nicht nachweisbar. Diese keulenförmigen Zellen erscheinen meist in Gruppen angeordnet. Stück mit Fremdkörper nach der zweiten Operation. Um den Fremdkörper selbst befindet sich ebenfalls ein hohes zylin- drisches Epithel mit wabigem Bau des Protoplasmas und ausgezackten peripher gestellten Kernen. Alles übrige wie beim Zwischenstück. Resume: Deutliche Rückbildungserscheinungen (Fettdegeneration des Epithels), zystische Entartung der Drüsen mit einiger Erinnerung an die echte Placenta. Eine weitere Ähnlichkeit mit der letzteren ist das Verhalten der tiefen Drüsenschicht und die oberflächliche Kammerbildung. Beide sind aber weniger typisch und undeutlich. Hündin VI. Weisser Spitz, 2 Jahre alt, am 3. März brünstig, zeigt typische Brunstblutung, starke Schwellung der Scham. Operation am 6. März 1912. Ovarien zeigen wenig ausgebildete Follikel, Uterus stark hyperämisch. Material: Ein 1 cm langes Kontrollstück. Fixierung: Formol. Uber Reizwirkungen von Fremdkörpern ete. 151 Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Umgestanden am 14. März infolge diffuser Peritonitis auf Grund der Selbsteröffnung der Bauchhöhle am 8. Tage nach der Operation. Material: Uterusrest. Fixierung: Formol. Färbung: Häma- toxylin-Eosin. Histologischer Befund: Kontrollstück. Der Uterus befindet sich hier im Stadium der Brunstblutung. Man bemerkt ein zylindrisches Epithel mit dicht gedrängten Zellen. Der Drüsen- reichtum ist mässig, mit mittelhohem nicht sezierendem Epithel der Drüsen- lumina. Die Anfangsteile der tiefen Drüsen zeigen einen gestreckten Verlauf. Endlich finden sich ausser einem gleichmässig aufgelockerten Strome mit grossen Kernen zahlreiche subepitheliale Blutungen. Stück mit Fremdkörper. Das histologische Bild dieses Präparates ist durch zellige Infiltrate, welche ihre Ursache in einer Allgemeininfektion der Bauchhöhle haben, ge- trübt, weshalb sich dieser Fall zur genauen Besprechung nicht eignet. Eine vom Fremdkörper ausgelöste Reaktion war jedoch bestimmt nicht nachweisbar. Hündin VII. Kurzhaariger schwarzer Spitz, 5jährig, laut Angabe 4 Tage brünstig, Scham stark geschwollen, rostfarbener Ausfluss. Operation: 6. März 1912. Am rechten Ovarium deutliche Follikelbildung, Uterus stark hyperämisch. Von der Exstirpation des Kontrollstückes wurde wegen der deutlichen klinischen Erscheinungen und des sicheren Inspektionsbefundes bei der Operation Abstand genommen. Fremdkörper wurden nur in das linke Horn eingeführt. Vertilgt am 27. März. Material: Uterus und Övarien, welch letztere deutliche Corpora lutea zeigen. Die Fremdkörper befanden sich grösstenteils gegen das caudale Ende des Hornes zu. Ein Korn fand sich im rechten Horne, wohin es spontan gewandert ist. Fixierung: Flemming. Färbung: Heidenhain. Histologischer Befund: Stück mit Fremdkörper. Drüsenverlauf schief zur Oberfläche, das Epithel zylindrisch, das Stroma leicht faserig. Zwischenstück. Das Epithel etwas höher, Drüsenverlauf geschlängelt, die Enden ver- zweigt und stark aufgeknäuelt, Sekretion vorhanden. Der Uterus befindet sich im Stadium der Drüsenhyperplasie: Keine Reaktion auf den Fremdkörper. Hündin VIII. Französischer Bulldogg, 5 Jahre alt, seit etwa einer Woche brünstig, zeigt stark geschwollene Scham und rötlichen Ausfluss. Operation am 16. April 1912. Ovarien zeigen ziemlich entwickelte zahlreiche Follikel. Uterus stark gerötet, sehr turgeszent. Entnahme eines Kontroll- stückes. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Hat am 18. April männlichen Hunden gestanden; es wurde ein Belegakt vermieden. Ebenso am folgenden und nächstfolgenden Tage. Vertilgt am 16. Mai 1912. Uterus zeigt deutliche Korkzieherwindungen. Schleimhaut von heller, gelb rötlicher 9* 132 Kuno Krainz: Färbung. Kein einziger Fremdkörper ist aufzufinden. In beiden Ovarien gut ausgebildete Corpora lutea. Material: Uterus und Ovarien. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Histologischer Befund: Kontrollpräparat. Dieses bietet das Bild der abklingenden Brunstveränderungen. Uterus und Ovarien nach der Vertilgung. Die Uterusschleimhaut zeigt deutlich alle Kriterien, welche dem hyper- plastischen Stadium der Drüsen eigen sind: Hohes zylindrisches Epithel und starke Knäuelung der Drüsenendstücke, welche eine dicke Schichte der Schleim- haut ausmachen. In den Ovarien bemerkt man einige alte und mehrere gut ausgebildete, junge Corpora lutea. Ovarien. Man bemerkt einige alte und mehrere gut ausgebildete, junge Corpora lutea. Hündin IX. Braune Dachshündin, zur Zeit des ersten Versuches drei Jahre alt, wurde im nichtbrünstigen Zustande am 25. November 1910 operiert, jedoch ohne Entnahme eines Kontrollstückes, ohne Tubenunter- bindung. Trotz eingeführter Schrote wurde selbige am 30. Juni 1911 läufig und von einem Bulldogg gedeckt. Am 4. August 1911 abermals operiert, wobei ein Ovarium und ein Stückchen Uterus mit Fremdkörper exstirpiert wurde. Gravidität war makroskopisch nicht nachweisbar. Am 20. Februar 1912 wurde die Hündin abermals brünstig und am 22. Februar 1912 getötet, nachdem sie sich kurz vorher willig decken liess. Sowohl äusserlich als auch makroskopisch am Uterus und den Ovarien waren alle Zeichen der Brunst deutlich nachweisbar. Gewonnenes Material: Nach der zweiten Operation ein Stück Uterus mit Fremdkörper sowie ein Ovarium. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Nach der Vertilgung der Uterusrest samt Ovarium. Histologischer Befund: Uterusstück mit Fremdkörper nach der zweiten Operation. Uterus gross, zeigt Längsfalten, Uteruslumen ebenfalls sehr weit. Neben dem kreisförmigen Hohlraum, welchen der Fremdkörper einnahm, zeigen sich noch vielfach verzweigte Spalten, die infolge Faltenbildung zu- stande kamen. Das Öberflächenepithel, welches überall unversehrt erhalten ist, zeigt ziemlich hohe zylindrische Zellen. Die Drüsen besitzen kleine steil-korkzieherartige Windungen, ihr Epithel ist teilweise mittelmässig hoch, teilweise schon niedrig. Kerne regelmässig, Mitosen fehlen. Das Stroma ist noch ziemlich durchsaftet und bildet breite Wände zwischen den Drüsen. In den Luminis bemerkt man mit Eosin färbbares Sekret. Zwischenstück nach der zweiten Operation. Dieses zeigt dieselben Verhältnisse. 2. 0 0 & 299 Uber Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 153 Ovarium nach der zweiten Operation. Schön ausgebildete Corpora lutea. Resum&: Der Uterus befindet sich im Stadium der beginnenden Rück- bildung; der Befund ist der nach der Zeit zu erwartende. Das Zustande- kommen der Gravidität wurde jedenfalls durch ein enges Anliegen der Schleimhaut an die Fremdkörper während der Brunst verhindert. Die Hündin wurde wie berichtet ein zweitesmal läufig und um den Beweis geführt zu erbringen, dass es sich um eine physiologisch richtige Brunst handelt, wurde das Tier getötet und das Genitale histologisch unter- sucht. Die Gebärmutterschleimhaut zeigt alle Kriterien, wie sie der Brunst zukommen, in sehr ausgeprägter Weise und an dem nach der zweiten Operation noch zurückgebliebenen Ovar finden sich am ersten Beginne der Entwicklung stehende Corpora lutea (Fig. 1, Taf. IV). Hündin X. Mittelgrosser, schwarzer Jagdhundbastard (Vorstehhund), zeigt am 13. Juni 1912 eine deutliche Blutung aus der Vagina. Nach Angabe des Besitzers nicht gedeckt; operiert am 18. Juni 1912. Uterus sehr turgeszent, zeigt deutliche Windungen; an jedem Övar finden sich einige sprungreife und fast sprungreife Follikel. Es wurde aus dem rechten Horn ein Kontrollpräparat entnommen und in den Stumpf sechs Porzellanschrote eingeführt. Gewonnenes Material: Ein 1 cm langes Kontrollstück (Textfig. 2). Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. Die Tube des linken Ovars wurde doppelt ligiert. Getötet am 16. Juli 1912. An beiden Ovarien Corpora lutea. Die Lage der Fremdkörper ist vollkommen verändert (Textfig. 3), Gewonnenes Material: Uterusrest samt beiden Ovarien. Fixierung: Formol. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. 134 Kuno Krainz: Histologischer Befund: Kontrollstück. Uterus relativ gross. In der Schleimhaut keine Blutungen mehr nachweisbar. Die Dicke der letzteren ist mächtig. Das Oberflächen- und Drüsenepithel ist sehr hoch. Die Kerne zeigen deutliche Färbung. Ihr Fig. II. Chromatinnetz ist deutlich sichtbar. In der Tiefe der stark geknäuelten Drüsen finden sich neben zahlreichen Mitosen schöne Stiftchenzellen. Das Stroma ist stark durchsaftet, seine Kerne sind gross und blass. Der Uterus befindet sich demnach im Stadium der beginnenden Drüsenhyperplasie. Stelle mit Fremdkörper. Das ÖOberflächenepithel ist hoch zylindrisch mit schwach färbbaren Kernen, seine Zellen sind aber stellenweise aus dem Zusammenhang gerissen und zeigen bezüglich des Protoplasmas Schrumpfungserscheinungen. Die Oberfläche ist mit einer Sekretmasse von gleicher Tinktionsfähigkeit wie die Zelleiber des Epithels bedeckt und es sind in diesem Sekret auch einzelne Kerne nachweisbar. Ebenso ist in den Krypten und den Anfängen der langen Drüsen das Epithelrohr von der Bindegewebshülle teilweise manchmal auch ganz isoliert und die zylindrischen Zellen derselben besitzen dem Ober- flächenepithel ähnliche grosse, schwach färbbare Kerne. In manchen Krypten und Drüsenanfängen ist die Lockerung der Epithelzellen noch weiter ge- diehen, ihre Leiber erscheinen wie zerschmolzen und die Kerne liegen mehr oder weniger frei mit der Sekretmasse vermischt im Drüsenlumen. In der Tiefe sind die Drüsenzellen besser erhalten. Sie sind niedriger, zylindrisch, die Kerne besser tingierbar und sind die Zellen sowohl untereinander wie mit dem Bindegewebe in gutem Zusammenhange. Ob nun der defekte Zu- stand der oberflächlich gelegenen Epithelschicht auf physiologische Vorgänge Über Reizwirkungen von Fremdkörpern ete. 135 oder ungeeignete Fixierung zurückzuführen ist, kann ich nicht bestimmt entscheiden. Das angewendete Fixierungsmittel (Formol) hat sich im all- gemeinen als relativ sehr befriedigend erwiesen; ich glaube annehmen zu dürfen, dass die beschriebenen Epithelveränderungen auf eine übermässige Empfindlichkeit desselben, wie eine solche in anderen Stadien des endo- metralen Zyklus nicht vorkommt, zurückzuführen sind, wenn nun demzufolge die genannten Epithelveränderungen auch tatsächlich artifizieller Natur wären, so scheinen sie doch für ein gewisses Stadium des Zyklus bei genannter Fixierung charakteristisch zu sein und sie werden in diesem Sinne auch eingehend von Keller als wahrscheinlicher Beginn des Rückbildungsstadiums beschrieben. Die Annahme, dass es sich um eine verschiedene Empfindlich- keit der Zellen gegen das angewandte Fixierungsmittel handelt, wird insofern plausibel, als sich an einer Stelle des Präparates neben den beschriebenen bereits stark reduzierten Drüsenknäuel auch einige kleine Drüsenpakete finden, bei welchen die Zellen noch jene Eigenschaften besitzen, die ihnen zu Beginn des hyperplastischen Stadiums zukommen. Sie sind hoch, besitzen grosse, leicht tingierbare Kerne und ausserdem sind zahlreiche Mitosen nachweisbar. Wenn man von diesem Befund, dem nur eine ausnahmsweise Bedeutung zu- kommen dürfte, absieht, so mus man den Funktionszustand des Uterus als beginnende Rückbildung bezeichnen. Zwischenstück. Hier ist das histologische Bild vollkommen kongruent. Zwischen den Schleimhautfalten finden sich faserig klumpige Sekretmassen. Stellemitdrüsigen Erweiterungen (Fig. 2 und 3, Taf. IV). Hart anschliessend an die Operationsnarbe des verletzten Hornes zeigt dieses eine schon äusserlich bemerkbare Anschwellung, welche sich auf ein ungefähr 1 cm langes Stück erstreckt. Beim Einschneiden kann man an diesem Gebilde schon mit freiem Auge einen fächerigen Bau erkennen. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, dass die oberflächlichen Anteile der Drüsen bedeutend erweitert sind, so dass zwischen den Zellen nur ganz schmale Stromawände stehen geblieben sind. Diese oberflächliche, sozusagen eystös entartete Schichte der Schleimhaut ruht auf einem tieferen Anteil der Schleimhaut, dessen Drüsen etwas erweitert sind, jedoch besitzt die Schleim- haut eine reiche Bindegewebslage, welche insbesondere an den Grenzen der beiden geschilderten Schichten sich als zusammenhängende Platte (Drüsen- deckschichte) präsentiert. Das Epithel der erweiterten oberflächlichen Drüsen ist nur an wenigen Stellen ein wohlerhaltenes Zylinderepithel. Man findet vielfach ein niedriges, fast plattes Epithel mit quergestellten Kernen. Am reichlichsten vertreten ist aber eine oberflächliche Lage von keulenförmig gestalteten Epithelien. Diese eigentümliche Sonderform ist besonders auf- fallend an den freien Enden der Scheidewände, welche die Drüsenhohlräume teilweise unterteilen. Die Drüsenlumina selbst sind reichlich mit gekörntem und faserigem Sekret ausgefüllt, dem stellenweise reichlich Zelltrümmer bei- gemischt sind. Das Epithel der tiefen Drüsenschicht ist annähernd kubisch, die Zellen sind meist sehr regelmässig gestellt, doch finden sich auch Ein- 136 Kuno Krainz: stülpungen der Wandungen in das Lumen vor. Diese Drüsen enthalten ebenfalls reichlich Sekret. tesum&e: Das histologische Bild hat mit einer normalen, jungen Placentaranlage Ähnlichkeit wegen der Bildung einer oberflächlichen spongiösen Schicht, in welcher auch die bei der Placentation auftretenden Gestaltver- änderungen der Epithelien, wie sie bei der Placentation nachweisbar sind, vorkommen. Fernerhin ist eine ziemlich deutlich differenzierte tiefe Drüsen- schicht und Drüsendeckschicht vorhanden und endlich wurden in einzelnen Drüsenschläuchen Wucherungen nachgewiesen, wie solche ebenfalls bei der Bildung einer normalen Placenta sich entwickeln. Besprechung der Befunde. In meiner Versuchsreihe ist wie ersichtlich nur in einem Falle (Hündin IX) das physiologische Verhalten des Uterus, welcher Fremdkörper in sich trug, über eine Zeitdauer hinaus beobachtet worden, die ein mehrfaches beträgt von der durchschnittlichen Länge der dem Hund eigentümlichen Geschlechtsperioden. Die genannte Beobachtungszeit betrug 1'/»2 Jahre, innerhalb welchen Zeitraumes die Brunst ungefähr dreimal hätte auftreten sollen. Tatsächlich wurde sie von mir zweimal beobachtet. Es ist nun bekannt, dass bei der Hündin die einzelnen Geschlechtsperioden durchaus nicht sechs Monate umfassen müssen, sondern dass auch länger dauernde Intervalle von einer Brunst zur andern sehr häufig zu beobachten sind. Wenn diese also nach dem Einführen der Fremdkörper scheinbar verspätet eingetreten ist, muss darin kein ursächlicher Zusammenhang liegen. Die erste Brunst muss insofern als echt betrachtet werden, als sie in ihrem klinischen Verlauf ein vollkommen typisches Bild zeigt und auch der Oestrus durch stattgehabte Belegakte erwiesen ist. Ausserdem wurden bei der folgenden Operation in den Ovarien die beweisenden, frischentwickelten Corpora lutea nachgewiesen. Das Ausbleiben einer Gravidität lässt sich wohl zwanglos in der Art erklären, dass die von der Schleimhaut eng umschlossenen Fremdkörper ähnlich wie ein Occlusivpessar das Vordringen der Spermien zu den gewiss vorhandenen befruchtungsfähigen Eiern verhinderten. Die Echtheit der zweiten Brunst aber wurde nicht bloss klinisch - symptomatisch, sondern auch durch die histologische Untersuchung des restierenden Genitaltraktes sowohl am Ovar als auch an der Uterusschleimhaut einwandfrei bewiesen. Wenn ich also auch nur über diesen einzigen Fall verfüge, so glaube ich ihm doch wegen der genauen Sicherstellung der Über Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 137 Symptome eine ganz besondere Beweiskräftigkeit beimessen zu dürfen: Die eingeführten und am Schluss der Untersuchung noch vorhandenen Fremdkörper waren nicht imstande, den normalen Ablauf der Geschlechtsperioden zu sistieren. Wenn nun entgegen diesen Erfahrungen beim Tragen muni- fizierter Früchte, wie authentische Berichte sagen, ein Sistieren der Brunst beobachtet wurde. so besteht wohl der Grund zur Annahme, dass in diesem Falle Sonderverhältnisse ursächlich mit- spielten. Es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die ursprünglich aseptisch munifizierten Früchte durch späteres Ein- dringen von Keimen zu einer chronischen, wenn auch nicht äusser- lich sehr auffallenden Erkrankung der (Gebärmutterschleimhaut Anlass gegeben haben. Ob nun eine solche Endometritis an und für sich oder mit dem Umweg der Persistenz des Corpus luteum im Ovar zum Sistieren der Brunst führt, kann ich weder aus fremden noch aus eigenen Erfahrungen erklären. Es kann aber vorläufig doch nicht von der Hand gewiesen werden, dass in der von mir entworfenen Hypothese die richtige Ursache der Störung in der Genitalfunktion getroffen ist. Wenn wir nun absehen von pathologischen Zuständen der Gebärmutterschleimhaut, bei welchen die Fremdkörper vielleicht als Ursache oder sekundär als ein die Heilung hemmender Faktor Sterilität hervorriefen, so scheint im Gegenteil dazu der unter aseptischen Kautelen in den Uterus eingebrachte und ebenso darin verharrende Fremdkörper reaktions- los vertragen zu werden. Dieser Ausspruch bedarf aber insofern einer Einschränkung, als, wie Loeb in seinen Untersuchungen an Meerschweinchen und Kaninchen erwiesen hat, ein Sensibilitäts- stadiunm vorkommen kann, in welchem der frisch einsetzende Reiz fremder Körper eigenartige Umwandlungen des endometralen Gewebes anregt. Diese bewegen sich im Sinne der Placentom- bildung und sind, wie der genannte Autor ebenfalls gefunden hat, von relativ nur kurzer Lebensdauer; sie kämen also voraussicht- lich für die Erklärung eines dauernden Brunstausfalles nicht in Betracht. Nach meinen eigenen vorstehend geschilderten Unter- suchungen konnten keine solchen Veränderungen auf blosser Grund- lage des Fremdkörperreizes zustande gebracht werden. Jedoch wurden in zwei Fällen den von Löb beschriebenen artifiziellen Placentomen ähnliche Reaktionen erzielt, welche ich auf die 138 Kuno Krainz: relativ starke Reizwirkung infolge der Operation am Uterus, wie den Amputationsschnitt, eventuell die Naht der Amputationsstelle, zurückführen zu müssen glaube. Der auslösende Reiz traf den Uterus in beiden Fällen zu einer Zeit, in welcher er sich in einem Stadium exzessiven Wachstums befand und welches von Keller als Stadium der Drüsenhyperplasie bezeichnet wurde. Die von mir bei der Hündin auf diese Weise erzielten endo- metralen Wucherungsprozesse zeigen folgende Eigentümlichkeiten in ihren gröberen Strukturverhältnissen: Die Schleimhaut ent- wickelt oberflächlich gelegene, zystisch aussehende, gefächerte Drüsenerweiterungen, die in ihrem Inneren von keulenförmig ge- stalteten sezernierenden Epithelzellen ausgekleidet sind. Durch eine mehr oder weniger zusammenhängende und differenzierte Bindegewebslage sind die am Grunde der Schleimhaut gelegenen Drüsenknäuel von der beschriebenen zystösen Schichte geschieden. Die in der Tiefe gelegenen Drüsenabschnitte sind ebenfalls über die Norm (mit dem nicht trächtigen Uterus verglichen) erweitert und tragen ein homogen gestaltetes sehr niedriges Epithel. Auf die weitesten Details einzugehen, wie beispielsweise auf eine in Betracht kommende Symplasmabildung, gestatten mir die ver- arbeiteten Präparate nicht. Nichtsdestoweniger glaube ich aber, dass die angegebenen Befunde tatsächlich eine gewisse Ähnlich- keit mit einer normal zustande gekommenen Placentaranlage nicht verkennen lassen. Die oberste zystös entartete Schleimhautpartie kann mit der Drüsenkammerschichte Bo nnets (spongiöse Schichte Duwals), die darunter liegende Bindegewebsmembran mit der sogenannten Drüsendeckschichte und die erweiterten peripheren Drüsen mit der sogenannten tiefen Drüsenschichte in Parallele gesetzt werden. Ich glaube auch Bilder in den Drüsen gesehen zu haben, die als Invagination nach Bonnet gedeutet werden können. Dass die beschriebenen Veränderungen nicht durch den Reiz des Fremdkörpers, sondern durch den Reiz der Operation hervorgerufen wurden, glaube ich aus folgenden Gründen an- nehmen zu dürfen: In dem einen Falle (Hündin V) war nicht bloss jene Stelle, an welcher der Fremdkörper lag, sondern das Endometrium in toto entartet. Eine besonders reichliche Drüsen- wucherung fand sich sozusagen extrauterin, indem nämlich die Schleimhaut durch die Amputationswunde reichlich in Form eines haselnussgrossen Knotens hervorwucherte. Im zweiten Falle Über Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 159 (Hündin X) war die Schleimhaut überall, wo die Fremdkörper lagen, bereits in Rückbildung begriffen und die entartete Schleim- hautzone lag wie erwähnt knapp angrenzend der Amputations- stelle. Es ist damit nicht gesagt, dass der durch die Fremd- körper allein verursachte Reiz, wenn er in der sensiblen Periode unvermittelt einsetzt, nicht ebenfalls Anlass zu Veränderungen der Schleimhaut geben kann. Aber den Beweis hierfür zu er- bringen, ist bei der Hündin sehr schwierig, da der Fremdkörper in diesem Stadium ausschliesslich wohl nur im Wege der Lapar- atomie eingebracht werden kann, während seine Einführung per vaginam wegen der bedeutenden Enge des Uteruslumens im hyperplastischen Stadium auf überaus grosse technische Schwierig- keiten stossen dürfte. Es scheint, dass in dem genannten Stadium überhaupt jeder Reiz imstande ist, die Uterusschleimhaut zum Wachstum in bestimmter Richtung anzuregen, auch der Ent- zündungsreiz. So hat mir zum Beispiel Herr Professor Dr. Keller Präparate von Hündinnen gezeigt, die mit Pyometra behaftet waren. Am Endometrium derselben fand sich eine oberflächliche Drüsenwucherung mit stark sezernierenden Epithelien und er- weiterten Drüsenknäueln mit einiger Ähnlichkeit an die beob- achteten Bilder. Eine Prüfung der speziellen Lokalwirkung der Fremdkörper auf die Uterusschleimhaut stösst entschieden auf einen Übelstand, der darin liegt, dass die Fremdkörper den Platz, der ihnen im Uterus gegeben wurde, nicht beibehalten. Ich habe fast in allen meinen Präparaten kleine Ortsveränderungen der Fremdkörper verschiedenen Grades konstatieren können. In einem Falle (Hündin VIII) wurden ja, wie bekannt, alle Fremdkörper aus- geschieden. Hierzu muss ich aber bemerken, dass die verwendeten Porzellanschrote von einer solchen Grösse gewählt wurden, dass sie gerade noch ohne allzugrosse Gewaltwirkung an den für sie bestimmten Platz geschoben werden konnten. Gewöhnlich waren die Schrote gegen den Gebärmutterkörper zu gewandert, in einem Falle (Hündin VII) bewegte sich ein Korn sogar spontan vom operierten Horn in das ursprünglich von Fremdkörpern freige- haltene (innere Überwanderung). Kert&sz beschreibt, wie ein- gangs ersichtlich, ähnliche Phänomene, eine Bestätigung der längst gemachten Erfahrungen, dass der Uterus die Tendenz hat, Fremd- körper zu eliminieren. 140 Kuno Krainz: Zusammenfassend lassen sich meine Ergebnisse in folgende kleiden: 1E 1: JUBE Iy; Schlußsätze Die ruhende Schleimhaut des Hundeuterus reagiert auf eingebrachte Fremdkörper nicht mit histologischen Ver- änderungen. Während der Brunst eingebrachte Fremdkörper stören den normalen Ablauf des endometralen Veränderungs- zyklus in keiner Weise. Unter den angegebenen Be- dingungen scheinen sie also keine dem befruchteten Ei ähnliche Reizwirkung auszuüben. Während des Stadiums der Drüsenhyperplasie ist bei der Hündin eine erhöhte Sensibilität der Schleimhaut vor- handen, welche sich darin äusserst, dass zu dieser Zeit einsetzende grobe Reize (Einschnitte) cystische Drüsen- entartungen hervorrufen. Man kann diese Erscheinung, insoweit sie sich auf die Reaktibilität allein bezieht, mit den von Löb am Kaninchen und Meerschweinchen ge- machten Befunden in Parallele ziehen. Bezüglich der von dem genannten Forscher festgestellten Placentom- bildung, hervorgerufen durch Reizwirkung (Verletzung und Fremdkörper), trifft die erwähnte Parallelstellung mit meinen Befunden bei der Hündin insofern nicht zu, als die Regelmässigkeit der Drüsenumbildung bei den experi- mentell erzeugten Wucherungszuständen vermisst wurde. Die länger im Uterus verbleibenden Fremdkörper sind nicht imstande, die Einleitung neuer Geschlechtsperioden zu verhindern. Der Uterus hat die Tendenz, in seinem Inneren vorhandene Fremdkörper auszuscheiden. sw =] Fig. Fig. Über Reizwirkungen von Fremdkörpern etc. 141 Literaturverzeichnis. Bonnet: Beiträge zur Embryologie des Hundes. Anatomische Hefte, IFA: 1903. Eloir: Bulletin de la Societ&e centrale. 13. Juli 1882. Frank: Tierärztliche Geburtshilfe. IV. Auflage, 1901. Grosser, Otto: Vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Eihäute und der Placenta. Keller: Über den Bau des Endometriums beim Hunde, mit besonderer Berücksichtigung der zyklischen Veränderungen an den Uterindrüsen. Anatomische Hefte von Fr. Merkel in Göttingen und R. Bonnet in Bonn, Bd. 39. Kertesz: Ist das Schroten der Schweine geeignet, die Brunst zu verhüten? Allatorvosi Lapok Nr. 47, 1911, Ref. Berlin. Tierärztl. Wochen- schrift, XXVII. Jahrg. 1912. Löb: Beiträge zur Analyse des Gewebswachstums. Arch. f. Ent- wicklungsmechanik v. Roux, XXVII. Jahrg. 1909. Rossignol: Journal de med. vet. de Lyon, 1850. Schmaltz: Harms, Lehrbuch der tierärztlichen Geburtshilfe. Siefke: Das Verhüten des Geschlechtstriebes der Hündinnen. B. T. W.XXVINH. Jahrg. 1912. Erklärung der Abbildungen auf Tafel IV. 1. Uterusschleimhaut von Fall IX. Das Präparat wurde nach Tötung des Tieres im Stadium der Brunst gewonnen. Das Oberflächen- epithel wie das Drüsenepithel ist überall unverletzt und unverändert (mit der zur Zeit der Brunst eigentümlichen Höhe) vorhanden, das Bindegewebe des Stromas erscheint so gequollen wie bei normaler Brunst. Vergrösserung 1:70. 2. Plazentomähnliche Bildung von Fall X. Das Präparat zeigt eine Zone der Kreismuskulatur, daran angrenzend eine Drüsenschichte, die mit der tiefen Drüsenschichte der Plazenta Ähnlichkeit hat und darüber eine spongiöse Schichte, zustande gekommen durch eine übermässig starke Erweiterung der Drüsen, so dass nur sehr dünne Scheidewände zwischen den Drüsenhohlräumen stehen geblieben sind. Die spongiöse Schichte und die tiefe Drüsenschichte sind durch eine ziemlich stark ausgebildete Bindegewebslage (Drüsendeckschichte) voneinander geschieden. Vergrösserung 1: 25. 3. Diese zeigt Details aus dem vorhergehenden Bilde. In der Ober- flächenschichte das geblähte, teilweise keulenförmig gestaltete Epithel der Spongiosa mit seinem wabigen Protoplasma, darunter einige Querschnitte aus der tiefen Drüsenschichte, die stark erweitert sind und ein sehr niedriges, zum Teil plattenartiges Epithel besitzen. Vergrösserung 1: 250, j 142 Aus dem Histologischen Laboratorium der Medizinischen Hochschule für Frauen. Der Netzapparat von Golgi in den Zellen des Eierstockes. Von stud. L. Kulesch. Hierzu Tafel V. Im Jahre 1598 hat, wie bekannt, Golgi') als erster darauf aufmerksam gemacht, dass auf Präparaten, die mit salpetersaurem Silber imprägniert worden waren, in verschiedenen Nervenzellen ein besonderes Grebilde klar hervortritt, welches er als „Apparato reticolare interno“ bezeichnete. Dasselbe besteht aus feinen Fäden, die sich mannigfach winden, miteinander verbinden und den Zell- kern umgeben. Diesen Apparat fand Golgi?) in Zellen des Rücken- markes und des verlängerten Markes, in den Purkinjeschen Zellen, in den Spinalganglienzellen usw. In der Folge sind gleiche Apparate von ihm?) in den Magenepithelzellen des Frosches beschrieben worden. Seit der Zeit ist der Netzapparat von zahl- reichen Forschern (Neigri, Gemelli, Marenghi, Strofeni, Decio, Barinetti, Maccabruni, Veratti und vielen anderen), hauptsächlich Golgis Schülern, nicht nur in Nerven- zellen, sondern auch in verschiedenen anderen Zellen verschiedener Tiere gefunden worden. In letzter Zeit haben schliesslich Pensa®) und Pilat?) auf den engen Zusammenhang des Apparates mit £ !) Intorno alla struttura delle cellule nervose. Arch. ital. de Biol,, vol. 30, 1898. ?, Di nuovo sulla struttura delle cellule nervose dei gangli spinali (communicatione fatta alla societa medico-chirurg. di Pavia nella seduta 20 gen. 1899). °), Di una minuta particularitä di struttura dell’ epitelio della mucosa gastrica ed intestinalis di alcuni Vertebrati. Arch. per le scienze med., vol. 33, 1909. *) Sopra una fina particolaritä di struttura di alcune cellule delle capsule soprarenali. Boll. Soc. Med. Chir. Pavia 1899. 5) Der „Apparato reticolare interno“ in den Epithelzellen der Neben- niere des Igels (Erinaceus europ.). Travaux de la Soc. Imp. des Naturalistes de St. P&tersbourg, t.43, livr. 1, 1912. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 50, 1912. Der Netzapparat von Golgi in den Zellen des Eierstockes. 143 der Sphäre hingewiesen, während Perroncito®) und Deineka’) die Aufmerksamkeit auf gewisse Veränderungen, die der Netz- apparat während der mitotischen nnd amitotischen Teilung er- leidet, gelenkt haben. Über die Natur des Apparates werden die widersprechendsten Ansichten ausgesprochen, die ich jedoch hier nicht anführen werde, da sie ausführlich in der Mitteilung von J. Duesberg°) besprochen werden. Es sei hier nur die Meinung Duesbergs über den Apparat angeführt: „Ich schliesse daraus, dass der Netzapparat nicht, wie Golgi und seine Schule glauben, eine spezielle Örganelle der Zelle ist, sondern dass er einfach das Resultat der Silberimprägnierung sehr verschiedener Formationen ist“ (8.889). Auf den Rat von Herrn Prof. Dr. A. D. Dogiel habe ich zum Studium des Netzapparates den Eierstock von Säugetieren (Katze, Hund, Kaninchen, Meerschweinchen, weisse Ratte, Igel) gewählt, da in den Zellen dieses Organs der Netzapparat noch sehr wenig untersucht worden ist. In dieser Hinsicht sind nur kurze Hinweise von A. Neigri”) auf sein Vorhandensein in den Epithelzellen des Eierstockes, sowie eine ausführlichere Beschreibung desselben in den Luteinzellen (bei der Kuh) aus der letzten Zeit von Riquier!®) vorhanden. Bei meinen Untersuchungen habe ich mich ausschliesslich des Verfahrens von Golgi bedient, nach der von Riquier an- gegebenen Weise, und habe nur geringe Abweichungen in Ab- hängigkeit vom Material gemacht. Vermittelst dieses Verfahrens ist es mit gelungen, in den Zellen des Keimepithels, des Follikel- epithels, sowie in jungen Eizellen, in Bindegewebszellen des Eierstockes der oben angeführten Tiere Gebilde darzustellen, die den in Zellelementen verschiedener anderer Organe beschriebenen Netzapparaten vollkommen analog waren. 6) Beiträge zur Biologie der Zelle (Mitochondrien, Chromidien, Golgi- sches Binnennetz in den Samenzellen). Arch. f. mikr. Anat., Bd. 47, 1911. ”) Der Netzapparat von Golgi in einigen Epithel- und Bindegewebs- zellen während der Ruhe und während der Teilung derselben. Anat. Anz., Ar Bd., Nr.11, 1912. ®) Plastosomen, „Apparato reticolare interno“ und Ohromidialapparat. Ergebn. d. Anat. u. Entw., herausg. von Fr. Merkel u. R. Bonnet, Bd. 20, 1911. ®) Di una fina particolaritä di struttura delle cellule di aleune ghiandole dei Mammiferi. Boll. Soc. Med. Chr. Pavia, 1899. !0) L’apparato reticolare interno nelle cellule del corpo luteo. Boll. Soc. Med. Chr. Pavia, 1910. — L’involuzione dell’apparato reticolare interno nelle cellule del corpo luteo, ebenda 1910. 144 L. Kulesch: Keimepithel. Zwecks Darstellung des Netzapparates in den Zellen des Keimepithels verfuhr ich folgendermassen: Der ganze Eierstock wurde für eine Stunde in arsenige Säure eingelegt (am zweck- mässigsten ist es, den Eierstock mit dem umgebenden Bindegewebe herauszuschneiden und in dieses das Organ einzuwickeln, um das Keimepithel vor Silberniederschlägen auf seiner Oberfläche zu schützen), darauf für zwei Stunden in die Silberlösung. Alsdann wurde das Präparat sorgfältig in Wasser ausgewaschen und für vier Stunden in das reduzierende (Gemisch übergeführt, aber- mals in Wasser abgespült und in Alkohol von allmählich auf- steigender Konzentration gehärtet. Ferner kam das entwässerte Präparat in ein Gemisch von Alkohol und Äther für zehn Minuten und wurde darauf für einige Minuten in Kollodium eingelegt; sobald letzteres genügend fest geworden war, wurde dasselbe von der Oberfläche des Eierstockes abgezogen. Gewöhnlich wurde auf diese Weise mit den Kollodiumstücken auch die Keimepithelschicht abgezogen. — Die Kollodiumstücke mit dem Keimepithel wurden weiter verarbeitet, schliesslich in Xyloldamarlack oder Xylol- Kanadabalsam zwischen zwei Deckgläschen eingeschlossen. Bei Durchsicht derartig angefertigter Präparate treten die vieleckigen Zellen des Keimepithels mit dem gleichmässig ge- färbten runden Kerne, dem der Netzapparat dicht anliegt, deut- lich hervor (Fig. 1). Hat der Kern die Form eines lang aus- gezogenen Ovals, so liegt der Apparat an einem der Kernpole (Fig. 2). Der Apparat besteht aus verschieden dicken Fäden, die sich miteinander verbinden und einen recht dichten Knäuel bilden; bisweilen ist der Apparat in zwei bis drei kleinere Knäuel geteilt, zwischen denen feine, die einzelnen Knäuel verbindende Fäden ausgespannt sind. Zwischen den Zellen des Keimepithels werden selten solche in Teilung angetroffen, infolgedessen habe ich die Veränderungen des Apparates während der Teilung nicht be- obachten können; ich kann nur die Angabe machen, dass der- selbe sein ursprüngliches Aussehen verliert und in einzelne Körnchen zerfällt. Auf diesen Präparaten sind desgleichen häufig die die einzelnen Zellen verbindenden Interzellularbrücken (Fig. 3) sichtbar. Der Netzapparat von Golgi in den Zellen des Eierstockes. 145 Follikelepithel. Im Follikelepithel ist der Netzapparat in sämtlichen Zell- schichten vorhanden (Fig. 4). In der Zylinderzellenschicht mit ovalen Kernen liegt der Apparat an dem dem Follikelzentrum zugewandten Kernpole und zwar in einiger Entfernung vom Kern. Bisweilen in Abhängigkeit von der Schnittrichtung kann jedoch der Apparat scheinbar dicht dem Kerne anliegen und sogar den- selben umfassen. In den folgenden Epithelschichten sowie in der der Zona pellucida anliegenden Schicht mit unregelmässig viel- eckigen Zellen und grossen Kernen liegt der Apparat an ver- schiedenen Kernpolen in geringer Entfernung von demselben. Gewöhnlich hat der Kern an der Stelle, an welcher ihm der Apparat anliegt, eine tiefe Delle, bisweilen ist um den Apparat eine helle Protoplasmazone, die möglicherweise der Sphäre ent- spricht. sichtbar (Fig. 5). Enthält der Follikel bereits den Liquor follieuli. so liegt in den den Hohlraum umgebenden, radiär gegen denselben gelagerten Zellen der Netzapparat an dem dem Hohl- raum zugekehrten Kernpole. Die Form des Apparates bleibt in allen Zellen des Follikelepithels im wesentlichen dieselbe: er stellt einen Knäuel dar, der aus miteinander verbundenen und mannigfaltig durchflochtenen Fäden besteht. Die Form des Knäuels kann zum Teil in Abhängigkeit von der Zellform variieren. Bald ist er in der Längsachse der Zelle ausgezogen, bald liegt er nicht am Pole, sondern seitwärts, bald treten einige Fäden des Knäuels aus seinem Bereiche aus usw. Die Grösse des Knäuels ist verschieden: zuweilen entspricht dieselbe der Grösse des Kernes, d. h. in Zellen mit grossen Kernen hat auch der Apparat eine gestreckte Form, bisweilen sind jedoch die Apparate bei gleich grossen Zellen von ungleicher (srösse. Bei jungen Tieren sind die Follikelepithelzellen kleiner als bei erwachsenen, gleichzeitig ist auch der Apparat bei ihnen von unbedeutender (Grösse und einfach gebaut; seine Grösse erreicht ungefähr den zehnten Teil des Kernes, während er in erwachsenen Zellen bereits dem Dritteil des Kernes entspricht. In vielen Schichten des Follikelepithels wurden Zellen in verschiedenen Stadien der karyomitotischen Teilung angetroffen, infolgedessen konnten schrittweise die Veränderungen des Netz- apparates während der Karyokinese verfolgt werden. Archiv f.mikr. Anat. Bd.84. Abt.I. 10 146 LReull.essichh:: In den grossen, zur Teilung sich anschickenden Zellen mit grossem, gleichmässig gefärbtem Kerne hat der Apparat das Aus- sehen eines schwach gefärbten Netzes (Fig. 6), das aus feinen Fäden besteht. Bei stärkerer Vergrösserung (Oc. 12, Obj. homog. Immers. !/ı2) erweist es sich, dass jedes Fädchen aus äusserst feinen, in einer Reihe angeordneten Körnchen, die durch deut- liche Zwischenräume voneinander getrennt sind, besteht (Fig. 6). Weiterhin nähern sich die Körnchen einander, wobei gleichzeitig die Fäden verkürzt werden und der ganze Knäuel kleiner, jedoch dichter und intensiver gefärbt wird (Fig. 7). Jetzt sind die einzelnen Körnchen in den Fäden des Knäuels nicht mehr wahr- nehmbar, da die Zwischenräume zwischen ihnen geschwunden sind. Die Fäden des Knäuels zerfallen darauf allmählich in kurze, kompaktere Stäbchen, wobei im Stadium des dichten Mutterknäuels der ganze Apparat bereits in Körnchen zerfallen ist, zwischen denen hier und da noch Stäbchen liegen (Fig. 5). Um diese Zeit beginnt auch eine Verteilung der Teilchen des Apparates an der Peripherie des Knäuels. Im Stadium des lockeren Knäuels ordnen sich die Körnchen des Apparates zeitweilig an den beiden Polen des Knäuels an (Fig. 9), bald jedoch, im Stadium des Mutter- sternes, verschwindet diese polare Anordnung der Körnchen, sie ordnen sich um die Chromosomen an (Fig. 10). einige derselben liegen auch den Spindelfasern an. — Weiterhin folgen die Körn- chen des Apparates den auseinander ziehenden Chromosomen (Fig.11) und gruppieren sich im Stadium der Tochterkerne um diese (Fig.13). In den geteilten Tochterkernen ist der Apparat zunächst noch in Körnchen zerfallen (Fig. 14), allmählich jedoch sammeln sich die Körnchen in kleinen Schollen (Fig. 15), die sich an den beiden Polen der Tochterknäuel konzentrieren und darauf aufs Polfeld übergehen: hier ordnen sie sich wieder zu Fäden an und bilden Tochterapparate (Fig. 16). Ob sich bei diesem Prozesse auf jede Tochterzelle gleiche Körnchenmengen verteilen, worauf Perroneito hingewiesen hat, ist schwer zu sagen, da sowohl die Zellen als auch die Körnchen, aus denen späterhin der Apparat zusammengesetzt wird, zu fein sind. In den sich teilenden Zellen des Follikelepithels macht somit der Apparat die gleichen Veränderungen durch, wie sie Deineka für die Zellen des Hornhautepithels, der Haut usw. beschrieben hat. Eine Zellteilung wird in sämtlichen Schichten Der Netzapparat von Golgi in den Zellen des Eierstockes. 147 des Follikelepithels sowohl bei jungen als auch bei erwachsenen Tieren beobachtet. In den Zellen des Corpus luteum ist der Netzapparat bereits von Riquier beschrieben worden, ich möchte hier nur auf einige Unterschiede desselben mit den Netzapparaten in anderen Zellen des Eierstockes hinweisen. Die Zellen des Corpus luteum sind bedeutend grösser als die Zellen des Keim- und Follikelepithels; sie enthalten einen relativ kleinen, runden, etwas exzentrisch gelegenen Kern. Ent- sprechend der Grösse der Zellen ist auch der Apparat in ihnen relativ grösser; bisweilen liegt er dem Kern bloss an, bisweilen umgibt er fast denselben. Die Struktur des Apparates ist dieselbe wie in den anderen Zellen des Eierstockes: derselbe stellt einen Fadenknäuel dar. jedoch einen lockereren, infolgedessen seine Fäden besser wahrnehmbar sind. In den Zellen des Corpus luteum werden desgleichen Zellen in mitotischer Teilung angetroffen, in denen auch die Teilung des Apparates zu erkennen ist; dieselbe verläuft in genau derselben Weise wie in den bereits be- schriebenen Zellen. Eizellen. Bei jungen Tieren liegt in den unmittelbar unter der Keim- epithelschicht, im sogen. primären Follikel, gelagerten Eizellen der Netzapparat irgendwo neben dem Kern; er stellt einen dichten, aus intensiv gefärbten Fäden bestehenden Knäuel vor; er ist noch recht klein und kommt ungefähr einem Drittel des Kernes gleich. In etwas grösseren Eizellen aus tiefer gelegenen Follikeln tritt der Netzapparat sehr deutlich hervor; hier ist er neben dem Kerne gelagert. Er stellt bereits nicht einen dichten Knäuel mit kaum wahrnehmbaren Fäden, sondern ein im Protoplasma in einiger Entfernung vom Kerne gelegenes Netz dar. In den Zellen des Follikelepithels selber sind die kleinen Apparate, die dem einen Kernpol anliegen, deutlich zu erkennen. Bei erwachsenen Tieren liegt in den von einer Reihe Follikelzellen umgebenen Eizellen der Netzapparat desgleichen neben dem Kern und stellt bereits einen grossen Fadenknäuel vor (Fig. 17), wobei sich die Fäden mannigefach winden und mit- einander anastomosieren; in ihnen ist deutlich eine Körnelung sichtbar. Ob diese das Resultat der Behandlung der Präparate ist oder ob die Fäden aus einzelnen Körnchen zusammengesetzt 10* 148 L. Kulesch: sind, ist schwer zu sagen. In den Eizellen der Graafschen Follikel ist es mir nicht gelungen, einen typischen Netzapparat nachzu- weisen. Statt dessen sind im Protoplasma der Eizelle, besonders in der Nähe der Zona pellucida, kleine, unregelmässig eckige Ringe wahrnehmbar, sowie gebogene Fädchen und Schollen, die durch salpetersaures Silber schwarz gefärbt sind. Zum Schluss will ich noch bemerken, dass die beschriebenen Apparate nicht nur in der Eizelle und in den Zellen des Follikel- epithels vorhanden sind, sondern dass sie auch deutlich in allen Zellen der Theca fulliculi als auch des Stromas sichtbar sind. Auf Grund des hier über den Netzapparat im Eierstock Mitgeteilten können folgende Schlüsse gezogen werden: Der Netz- apparat ist in den Zellen des Keimepithels vorhanden und bleibt in sämtlichen aus diesen entstehenden Zellen erhalten, d.h. in jungen Eizellen, im Follikelepithel und in den Zellen des Corpus luteum. In allen Zellen behält er seine allgemeinen Merkmale bei: er erscheint als ein aus feinen, verschiedenartig gebogenen und miteinander verbundenen Fäden bestehender Knäuel und liegt neben dem Kern oder in einer geringen Entfernung von demselben. An der mitotischen Teilung nimmt der Netzapparat tätigen Anteil: die Veränderungen, die er bisher durchmacht, verlaufen in gleicher Weise sowohl im Keimepithel als im Follikelepithel. Der Apparat ist zweifellos in allen jungen Eizellen vorhanden und fehlt oder kann nicht nachgewiesen werden in den Eizellen der Graafschen Follikel. Dem Netzapparat kommen einige konstante Eigenschaften zu: er wächst mit der Zelle: macht eine Reihe aufeinander folgender Veränderungen durch bei der Zellteilung, vermehrt sich, wobei er seine Form und Lage ändert, d.h. er vollführt eigenartige Bewegungen. Der Netzapparat lebt somit ein gemein- sames Leben mit der Zelle. = oo 2: : Der Netzapparat von Golgi in den Zellen der Eierstockes. 149 Erklärung der Abbildungen auf Tafel V. Eierstock der Katze. Keimepithelzellen. a— Netzapparat; n—Kern. Eierstock der Katze. Keimepithelzellen. a = Netzapparat. Eierstock eines Kaninchens. Keimepithelzellen. n= Kern; b = Zell- protoplasma ; e — Intercellularbrücken. Eierstock eines Kaninchens. Auf der Figur ist ein Teil eines grossen Follikels abgebildet. t —= Theca folliculi; b —= Zellen des Follikel- epithels: a — Netzapparat; z — Zona pellucida. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. a = Netzapparat, um denselben ist ein heller Hof im Protoplasma sichtbar. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. a = Netzapparat, in dessen Fäden eine Körnelung zu erkennen ist. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. a — Netzapparat. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. Der Netzapparat während der karyokinetischen Zellteillung. a = Schollen des "Apparates: b —= dichter Knäuel. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. Netzapparat während der karyokinetischen Teilung. a=lockeres Knäuel. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. Netzapparat während der karyokinetischen Zellteilung. a = Mutterstern. Eierstock eines Hundes. Follikelepithelzelle. Netzapparat während der karyokinetischen Zellteilung. a — auseinander ziehende Chromo- somen. Eierstock eines Hundes. Follikelepithelzelle. Netzapparat während der karyokinetischen Zellteilung. a Fäden der achromatischen Spindel. Eierstock eines Meerschweinchens. Follikelepithelzellen. Netzapparat während der karyokinetischen Zellteilung. n — Tochterkerne. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. Netzapparat während der karyokinetischen Zellteilung. a — Tochterzellen. Eierstock eines Meerschweinchens. Follikelepithelzellen. Netz- apparat während der karyokinetischen Zellteilung. a = Tochter- zellen. Eierstock eines Kaninchens. Follikelepithelzellen. Netzapparat während der karyokinetischen Zellteilung. a= Tochterzellen. Eierstock eines Kaninchens. Eine junge Eizelle eines Primär- follikels. a — Netzapparat. Sämtliche Zeichnungen sind vermittelst eines Zeichenapparates nach Abbe bei einer Vergrösserung mit Reicherts homog. Immers. !ı: Oc. 4 gezeichnet worden. 150 Über Becher- und Flimmerepithelzellen und ihre Beziehungen zueinander. Zur Morphologie und Physiologie der Zentralkörperchen. Von Dr. med. S. Tschassownikow, Professor der Histologie an der kaiserlichen Universität zu Tomsk. Hierzu Tafel VI und VII. Ungeachtet äusserst sorgfältiger Beobachtungen vieler her- vorragender Histologen sind die morphologischen und physiologischen Eigentümlichkeiten der Zentralkörperchen noch keineswegs ge- nügend aufgeklärt. So behaupten einige Forscher (Joulin, Brauer, Rückert, Lawdowsky, Carnoy und Lebrun, Van der&tricht, Schockaert, R. Hertwig, Calkins, Schaudinn, Marcus, Poljakoff) bezüglich der Frage über die Lage dieser Körperchen oder der Zentrosomen in ruhenden Zellen, dass sie diese Gebilde innerhalb der Kerne gefunden haben, während andere Autoren weit begründeter sie als im Zell- körper befindlich beschreiben und sich veranlasst sehen dieses als allgemeine Regel aufzustellen. In der Literatur (Flemming, M. Heidenhain) lassen sich sogar Hinweise finden, dass der Ort, wo sich die Zentrosomen befinden, wenigstens für gewisse Zellen recht charakteristisch ist. So liegen in Leukozyten bei abgerundeter oder ovaler Form der Kerne diese Gebilde im Zell- körper unweit des einen Kernpols, bei nierenförmigen Kernen liegen sie in jenem Teil des Protoplasmas, der in die Vertiefung des Kerns vorspringt; endlich, wenn die Kerne in der Mitte durchbohrt sind, findet man die Zentralkörperchen in dem vom Kernring umschlossenen Abschnitt der Zelle. Wenden wir uns aber zu zylindrischen Epithelzellen, so er- weist es sich nach den Beobachtungen von M. Heidenhain und Zimmermann, dass in diesen Elementen, auch wenn sie dem gleichen Typus angehören und die gleiche physiologische Arbeit leisten, die Zentrosomen bald an der freien Oberfläche der Zelle lagern, bald sich näher zum Kerne befinden, oder endlich zwischen diesen Grenzpunkten alle möglichen Übergangslagen einnehmen ; bit ar Über Becher- und Flimmerepithelzellen etc. 15 kurz man erhält beim Studium der Zylinderepithelien unwillkür- lich den Eindruck, dass die Verteilung der ihnen eigentümlichen Zentralkörperchen keinerlei Regel- oder Gesetzmässigkeit aufweist. Jedoch jeder, der sich mit dem Studium der Karyokinese befasst hat, weiss aus Erfahrung sehr gut, dass in sich teilenden Zellen gewisser Kategorie eines bestimmten Tieres die Zentro- somen eine derart beständige Lage einnehmen, dass man allein danach, auch ohne auf dem Schnitte die Chromatinelemente des Kernes zu erblicken, das betreffende Stadium der Mitose fehlerlos bestimmen kann. Und diese Beziehung zwischen der Lage der Zellzentren und einem bestimmten Stadium der sich teilenden Zellen ist so konstant und so augenfällig, dass sich unwillkürlich der Gedanke aufdrängt, ob es nicht zulässig wäre, diese Auf- fassung auch auf die im Zustand der sogenannten Ruhe befind- lichen Zellen auszudehnen, ob nicht auch in ihnen die Lage der Zentrosomen in bestimmten Beziehungen zu dem Gange der Lebensprozesse stände. Bedauerlicherweise verfügen wir bei der Lösung der Frage über den physiologischen Zustand der Zellen fast durchweg über keine faktischen Tatsachen und können auf Grund des mikro- skopischen Bildes in der Mehrzahl der Fälle nicht angeben, ob die betreftende Zelle sich in der Periode der Nahrungsaufnahme befindet oder ob sie in diesem Moment die in ihr angesammelten Produkte des Stoffwechsels ausscheidet, oder endlich, ob beide Prozesse mit gleicher Intensität in ihr gleichzeitig und parallel verlaufen. Eine Ausnahme von dieser Regel bilden bloss die Drüsenzellen. Seit der Zeit der klassischen Beobachtungen von R. Heidenhain, welche von anderen Forschern bestätigt und bedeutend erweitert wurden, steht fest, dass man bloss nach dem Aussehen der sekretorischen Elemente urteilen kann, ob sie im Zustand der Ruhe, in der Periode der Sekretion oder in dem der völligen Erschöpfung sich befinden. Daraus folgt, dass Drüsen- zellen sich besonders zum Studium der Lage der Zentralkörperch en unter verschiedenen physiologischen Bedingungen eignen, aber gerade in dieser Beziehung sind sie am wenigsten untersucht. In der Literatur finden wir im ganzen vier Arbeiten, die die uns interessierende Frage behandeln, die von K. W. Zimmermann (1898), M. Heidenhain (1900), H. Joseph (1903) und Fr. Heiderich (1910). Der erste der genannten Autoren fand Zentralkörperchen oder „Diplosomen* in den Zellen verschiedener Epithelien und Drüsen des Menschen, wobei er 152 S. Tschassownikow: sie einer besonders sorgfältigen Untersuchung in den Elementen der Tränen- drüse unterwarf. Seiner Beschreibung nach haben die Zentrosomen hier das Aussehen von einem Paar kurzer und dünner Stäbchen, welche in hohen Zellen, wenn diese mit dem Sekret angefüllt sind, in der Mitte des Zell- körpers sich befinden, in jenen Elementen aber, welche ihr Sekret ausgeschieden haben, nach innen rücken und sich in der Nähe der freien Oberfläche lagern. In Becherzellen beobachtete Zimmermann die Zentrosomen in Form ein- zelner Körner, im Epithel der Magengrübchen jedoch in der Form von doppelten Körnern, wobei in beiden Fällen die Zentralkörperchen, wie überall von hellen Randsphären umgeben, in der Mitte des schleimigen Abschnittes des Zell- körpers liegen. Auf Grundlage seiner Untersuchungen über die Drüsenzellen spricht er den Gedanken aus, dass „das Mikrozentrum (Zentrosomen) wahr- scheinlich das Zentrum für die das Austreiben des Sekrets aus der Zelle ver- ürsachende Protoplasmakontraktion in der Sekretsammelstelle sei“. Etwas später erwähnt M. Heidenhain beiläufig, dass es auch ihm gelungen sei, in dem die innere Oberfläche des menschlichen Magens aus- kleidenden Epithel Zentralkörperchen zu finden, welche sich gleichfalls im schleimigen Abschnitt der Zellen befanden und infolge Zusammenklebens besonders deutlich in der Form ziemlich grosser Klümpchen hervortraten. Im Gegensatz zu den erwähnten Autoren zeichnet Joseph, welcher die oberflächlichen Epithelzellen des Magens, sowie die Becherzellen von Torpedo- und Salamanderlarven untersuchte, die Zentralkörperchen überall als paarige Körnchen nnd betont besonders den Umstand, dass diese Diplo- somen, obgleich im inneren schleimigen Teil der Zellen liegend, dennoch in- direkter Verbindung mit dem Faserapparate der letzteren stehen und zwar derartig, dass von dem tiefer liegenden Protoplasma in den mit Schleim erfüllten Sack ein relativ dicker protoplasmatischer Strang eindringt, welcher in sich die Zentrosomen enthält. In letzter Zeit endlich lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich } eine Mitteilung von Heiderich, dass man die hellen Sphären (oder Zentro- somen nach der Terminologie des Autors) auch bei der Untersuchung frischer lebender Zellen, die z. B. der Schleimhautoberfläche des Froschmagens ent- nommen sind, sehen kann, und dass es zuweilen sogar gelingt, innerhalb dieser Sphären kleine Körnchen wahrzunehmen, welche den Zentralkörperchen entsprechen. Das sind jene wenigen und teilweise sich widersprechenden Beobachtungen, welche wir bezüglich der Frage über die Zentro- somen in Drüsen-, resp. Schleimzellen fanden. Aber gehen wir weiter und werfen wir die Frage auf, ob man wirklich jene scharf konturierten. gewöhnlich doppelten Körnchen oder Diplosomen, welche sowohl von den erwähnten Autoren, als auch von vielen anderen, die das Zylinderepithel untersuchten, für Zentralkörperchen halten darf. Es wäre ungerecht, zu behaupten, dass in der Wissen- schaft schon unzweifelhafte Beweise für die Identität beider Bildungen vorliegen. Gewiss wird niemand daran zweifeln, dass Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 153 die von Flemming und M. Heidenhain in Leukozyten und von Ballowitz im Epithel der Salpen gefundenen Diplosomen echte Zellzentren darstellen, da in allen diesen Fällen ein Paar in der Nach- barschaft des Kernes gelegener Körnchen schon beim Ruhezustand des letzteren als Insertionspunkt von Strahlungen dienen. Ballowitz konnte an seinem Objekt sogar Schritt für Schritt verfolgen, wie die Diplosomen im Anfange der Mitose auseinanderrückten, um später- hin als Zentrosomen an den Polen der Achromatinspindel zu stehen. Bezüglich der uns beschäftigenden Elemente des Zylinder- epithels jedoch ist die Sachlage eine etwas andere. Die vollständige Übereinstimmung ihrer Diplosomen mit den Zentralkörperchen der Leukozyten oder der Salpenzellen, sowie ihr beständiges Vor- handensein in den Zellenelementen des gegebenen Typus machte es natürlich wahrscheinlich, dass auch diese Bildungen zentro- somaler Natur!) sind. Diese Wahrscheinlichkeit wurde um so grösser, weil in Übereinstimmung mit den Beobachtungen von Zimmermann, Lenhossek, Fuchs u. a. in sich teilenden Epithelzellen Diplosomen überhaupt nicht angetroffen werden. woraus sich von selbst die Folgerung aufdrängt, dass bei der Karyokinese sie sich zum Kern verschieben. ‚Jedoch ist es bis jetzt keinem der Forscher gelungen, die dabei vor sich gehenden aufeinanderfolgenden Veränderungen, welche den Übergang der Diplosomen in Zentrosomen begleiten, zu konstatieren, obgleich z. B. A. Gurwitsch diesem Gegenstand besondere Aufmerk- samkeit schenkte. Nachdem dieser Autor negative Resultate er- halten hatte, hielt er es für wahrscheinlicher und richtiger, diese beiden Bildungen als nichts miteinander gemeinhabend zu erklären. Zu derselben Schlussfolgerung gelangte auch Z.F. Jeleniewski, welcher zur Bekräftigung seiner Anschauung Bilder von sich teilenden zylindrischen Epithelzellen (aus dem Nebenhoden) anführte, wo zusammen mit den Zentrosomen, welche an den Polen der Spindel lagen, auch Diplosomen beobachtet wurden und zwar an ihrem ge- wöhnlichen Orte, d. h. unweit der freien Oberfläche des Zellkörpers. Im Grunde genommen wird die berührte Frage auch nicht durch die späteren Untersuchungen von H. Wallengren und H. Erhard gelöst, welche versichern, dass es ihnen gelungen sei. ‘) Dem Umstande, dass in der Nähe der Diplosomen besondere Sphären gefunden wurden, lege ich aus Gründen, von denen weiter unten die Rede sein wird, keinerlei Bedeutung bei. 154 S. Tsehassownikow: den genetischen Zusammenhang der. Diplosomen und Zentral- körperchen während der Teilung zylindrischer Flimmerzellen lückenlos zu verfolgen. Die Beobachtungen des ersteren verlieren bedeutend an Wert durch den Umstand, dass es unaufgeklärt bleibt, in welchen Zellen die von ihm beschriebenen mitotischen Teilungen vor sich gehen. Wallengren untersuchte das die kiemen von Anodonta bedeckende, einschichtige Zylinderepithel, in welchem zwischen Flimmerzellen auch nicht tliimmernde Elemente vorkommen, welche sich von den ersteren bloss durch das Fehlen von Wimpern nebst Basalkörperchen sowie des intrazellulären „Fadenapparates“ unterscheiden. Da alle diese Ditferenzierungen des Flimmerepithels schon bei Beginn der Teilung nach der Be- schreibung des Autors verschwinden, so ist es vollkommen un- möglich zu entscheiden, ob die vonihm dargestellten karvokinetischen Figuren sich nur auf die flimmernden, oder bloss auf die nicht flimmernden Zellen oder auf beide Bildungen zusammen beziehen. Ferner kann nicht ausser acht gelassen werden, dass die von Wallengren untersuchten Zellen so klein sind, die von ihm angewandten Behandlungsmethoden (die Flüssigkeiten von Carnoy und Pereny) jedoch derart wenig deutliche mikroskopische Bilder geben, dass ich persönlich auf eigenen Kontrollbeobachtungen fussend, mich nicht entschliessen könnte, aus auf diese Art ge- wonnenen Bildern irgendwelche bestimmte Folgerungen zu ziehen. Ausserdem erweckt es sogar Zweifel, ob er immer echte Zentral- körperchen gesehen hat, wenn man die der Arbeit dieses Autors beigegebenen Zeichnungen miteinander vergleicht. Denn während diese (rebilde im Ruhezustande der Zellen gross sind, werden sie bei der Karyokinese bedeutend kleiner in ihren Dimensionen, eine Erscheinung, die den wirklichen Verhältnissen diametral entgegengesetzt ist. Endlich — und das ist besonders wichtig — wurden die Anfangsstadien der Mitose in den Anodontenzellen von Wallengren seinen Angaben nach relativ selten ange- troffen, und dieser Umstand hinderte den Verfasser, kontinuierlich zu verfolgen, wie die an der Oberfläche der Zellen liegenden Diplosomen im Verlaufe dieses Prozesses allmählich nach innen rückten, bevor sie sich an den Polen der Spindel lagerten und zu unzweifelhaften Zentrosomen wurden. Noch weniger begründete Angaben enthält die Abhandlung von Erhard. Hier kann geradewegs behauptet werden, dass oo Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 15 die von diesem Forscher in einfacher oder doppelter Zahl im Körper der Flimmerzellen von Anodonta und Helix pomatia dar- gestellten ziemlich grossen Schöllchen in keinerlei Beziehung zu den Zentralkörperchen stehen, welche in Wirklichkeit viel kleiner sind (vergl. seine Abb. 1, 11, 12, 18). Was die von ihm be- schriebenen karyokinetischen Figuren betrifft, so glaube ich auf Grund meiner Präparate, dass sie schwerlich den Flimmerzellen angehören und setze sie zu den ihnen zwischengelagerten Basal- elementen in Beziehung. In diesen Zellen, welche sich bezüglich der Zentralkörperchen den Leukozyten nähern, finden wirklich fortwährend Vermehrungsprozesse statt, wodurch ihre andere Be- zeichnung, als „der Ersatzzellen“, hinlänglich motiviert wird. Indem ich die angeführten Literaturangaben zusammenfasse, sehe ich mich genötigt, zu konstatieren, dass 1. das Verhalten der Diplosomen in drüsigen und überhaupt in zylindrischen Epithelelementen zu ihren Zellzentren noch lange nicht genügend aufgeklärt ist; 2. es völlig unbekannt ist, ob sich nicht die Lage der Zentrosomen bei verschiedenen funktionellen Zuständen der Drüsenzellen verändert und 3. die Rolle der Zentralkörperchen im Sekretionsprozesse noch rätselhaft ist, da in dieser Beziehung nur die ungenügend begründete Voraussetzung von Zimmer- mann vorliegt. | Von dem Wunsche ausgehend, die erwähnten Lücken in der Lehre von den Zellzentren nach Möglichkeit auszufüllen, untersuchte ich das die innere Oberfläche der Schleimhaut der Speiseröhre, des Magens und teilweise des Darmes auskleidende Epithel verschiedener Amphibien (Frösche, Tritonen, Salamander, besonders des Axolotls), wobei ich eine eigene Behandlungsmethode benutzend, höchst instruktive Bilder erhielt. Meine Methode bestand darin, dass die Speiseröhre und der Magen in toto, der Darm in grossen Stücken für die Dauer von 24 Stunden in eine fixierende Mischung von Sublimat, Osmium und Essigsäure gelegt wurden (30 Teile konzentrierte Sublimatlösung in physiologischer Kochsalzlösung, 10 Teile 2°/o Osmiumsäurelösung in Wasser und 1 Teil Eisessigsäure), darauf sorgfältig mit tliessendem Wasser gewaschen und in kleine Stückchen zerschnitten wurden. Letztere wurden längere Zeit in Alkohol von gesteigertem Gehalt (mit Zusatz von Jodtinktur) gehärtet und in Paraffın eingebettet. Die von ihnen angefertigten und aufgeklebten Schnitte von einer Dicke 156 S. Tschassownikow: von 3—4 «u wurden nach einer vorläufigen Behandlung mit einer schwachen wässrigen Kalihypermanganatlösung und Entfärbung mittels stark verdünnter Palescher Flüssigkeit in gewöhnlicher Weise mit Eisenhämatoxylin gefärbt und darauf sehr kurze Zeit mit einer alkoholischen Lösung von saurem Fuchsin behandelt (zu 40 cem 90° Alkohols wurden S—12 Tropfen einer gesättigten wässerigen Lösung des Farbstofis hinzugesetzt. Diese sukzessive Bearbeitung erwies sich als sehr nützlich, da das Säurefuchsin den Schleim färbte, indem es sogar kleinen Schleimtröpfehen einen ziemlich intensiven gelblichbraunen oder sogar ziegelroten Ton mitteilte. Zu Kontrollzwecken wurden Stücke der Organe auch in Sublimat mit Essigsäure und Zenkerscher Flüssigkeit konserviert, worauf die von ihnen angefertigten dünnen Schnitte zuerst mit Eisenhämatoxylin und darauf mit Mucikarminsäure nach Rawitz gefärbt wurden. Diese parallelen Beobachtungen gaben mir die Möglichkeit, mich davon zu überzeugen, dass auf Präparaten, die nach meiner Methode behandelt sind, das Säure- fuchsin bei richtiger Handhabung in Becher- und Flimmerzellen nur den Schleim tingiert. Beginnen wir mit der Speiseröhre der Amphibien, der Tritonen, Salamander und der Axolotl. Das Epithel, das innen die Schleimhaut dieses Organs überzieht, ist ein mehrreihiges zylindrisches und besteht aus Flimmer- und Becherzellen, sowie aus Übergangsformen zwischen ihnen. In der Tiefe der Epithel- schicht zwischen den verjüngten Füsschen dieser hohen Elemente liegen kleine, unregelmässig-polyedrische „Basal- oder Ersatzzellen“ mit scharf konturierter, grösstenteils rundlichen oder ovalen Kernen und mit in deren Nachbarschaft gelagerten paarigen Zentralkörperchen. In den Vertiefungen der Schleimhautfalten wird dieses mehrreihige Epithel merklich niedriger und wird nicht selten durch ein einreihiges Zylinderepithel ersetzt. An diesen Stellen hauptsächlich befinden sich zahlreiche karyokinetische Figuren, welche ausschliesslich den Becherzellen angehören. In- folgedessen drängt sich unwillkürlich der Gedanke auf, diese Vertiefungen als Bildungen anzusehen, die ihrer Funktion nach den Lieberkühnschen Darmdrüsen der höheren Wirbeltiere analog sind, da diese Drüsen gleich den Grübchen der Speiseröhre den Amphibien als Vermehrungsherde der Schleimzellen dienen, welche sich auf der Oberfläche der Zotten fast niemals teilen. it Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 157 Wenden wir uns nun zu den Becherzellen, so ist vor allem zu konstatieren, dass deren Bau recht ausführlich erforscht ist. So ist schon längst bekannt (siehe F. E. Schulze, 1867), dass eine jede derartige Zelle in der Periode der Sekretansammlung aus einem unteren protoplasmatischen Teile, der den Kern enthält, und einem oberen gewöhnlich blasigen, mit einer Membran ver- sehenen Abschnitt, welcher mit Schleim gefüllt ist, besteht. Ferner ist auch die Tatsache festgestellt (zuerst von J. H. List, 1886), dass dieser obere Abschnitt keineswegs einen einfachen Sack mit Schleim darstellt, sondern dass in ihn aus der Tiefe Protoplasma eindringt, welches das Aussehen eines Netzes oder eines mikro- skopischen Schaumes erhält, indem es sich zwischen die Schleim- tropfen lagert und diese voneinander scheidet. Dazu kann hin- zugefügt werden, dass bei den von mir untersuchten Tieren das Verhältnis beider Abschnitte je nach der Form der Zellen ein ungleiches sein kann, indem in hohen und schmalen Zellen der Schleim bis dicht an den Kern herantritt, während in Elementen mit erweitertem oberen Abschnitte das Protoplasma etwas nach oben dringt und den Kern von allen Seiten umgibt. Auf meinen Präparaten erscheint der protoplasmatische Teil der Becherzellen gleichmässig — und feinkörnig; was den schleimigen Abschnitt betrifft, so können darin in Abhängigkeit von den Fixierungs- bedingungen entweder Sekrettröpfchen bemerkt werden oder ein undeutliches Netzwerk, das aus feinsten Plättchen besteht. welche einen Bestandteil der protoplasmatischen wabigen Masse bilden. Übrigens können neben feinen Plättchen stellenweise auch dickere Septen angetroffen werden, welche dabei mehr oder weniger weit in den schleimigen Abschnitt vordringen können. In der Tiefe des schleimigen Abschnittes jeder dieser Becher- zellen fällt ein Paar dunkel tingierter Körner stark in die Augen, welche offenbar den „Diplosomen*“ der Autoren entsprechen und mit nichts anderem verwechselt werden können, da ihnen ähnliche Bildungen auf meinen Präparaten fast niemals zur Beobachtung gelangen. Diese Diplosomen sind, wie das schon von Zimmer- mann und Joseph erwähnt, immer den Bälkchen des proto- plasmatischen Gerüstes eingelagert, was besonders deutlich in den Fällen zu bemerken ist, wenn sie in dicken Strängen liegen (Fig. 1). Sind letztere aber sehr dünn und daher schwer zu bemerken, so scheint es, als ob die tingierten Körnchen im 158 S. Tsehassownikow: Schleime selbst liegen. Im (Gegensatz zu Zimmermann und M. Heidenhain habe ich niemals die Diplosomen durch einfache Körner ersetzt gefunden und meiner Meinung nach beruhen die von diesen Autoren gegebenen Bilder einfach auf einer unge- nügenden Fixierung der Objekte, bei welcher beide Körnchen zu einem gemeinsamen Schöllchen verkleben.'). In der Umgebung der Diplosomen kann man hier, wie über- haupt in den Elementen des Epithels, nichts derartiges finden, was wenn auch nur entfernt an die Attraktionssphären erinnerte, welche so deutlich von Zimmermann in den Becherzellen und besonders den Schleimzellen des Magens abgebildet sind ?). Weil !) Die Untersuchung von Präparaten, die nach meiner Methode be- arbeitet wurden und verschiedene Epithelzellen, Bindegewebszellen, glatte Muskelzellen und Leukozyten darstellen, lässt es mir sehr zweifelhaft er- scheinen, dass das Mikrozentrum irgendwo {mit Ausnahme von Riesenzellen, vielkernigen und pathologisch veränderten Zellen) aus einem, drei oder mehr Zentralkörperchen und nicht aus zweien bestände. Nach meinen recht zahl- reichen Beobachtungen decken sich die Begriffe Mikrozentrum und Diplosoma. ?) Auf Präparaten, welche ich aus den verschiedensten Organen der Amphibien und teilweise auch von Säugetieren verfertigte, fand ich um die Diplosomen vorzüglich ausgebildete Sphären nur in den Elementen der Ge- schlechtsdrüsen, in einigen Embryonalzellen und in Leukozyten, wobei die Sphären in diesen Zellen das Aussehen von rundlichen oder unregelmässigen Anhäufungen einer besonderen Substanz hatten, welche sich mit Eisen- hämatoxylin schwach färben liess. Ebensolche Sphären, aber viel weniger entwickelte, finden sich nach meinen Beobachtungen in den Zellen der Orbitaldrüse, in einigen Zellelementen der Schilddrüse, sowie in den Neben- nieren und in der Hypophyse. Alle meine Versuche, solche Gebilde in den anderen Zellen verschiedener Epithelien aufzufinden, endeten dagegen regel- mässig mit negativen Resultaten. Wie wir gesehen haben, befinden sich die Diplosomen in den Becherzellen in dünnen protoplasmatischen Strängen, welche die Schleimtröpfehen voneinander trennen. Dieselbe Lage nehmen sie auch in anderen drüsigen Elementen, z.B. in den Schleimzellen der Magen- drüsen der Amphibien und der Speicheldrüsen der Säugetiere nur mit dem Unterschiede ein, dass hier an dieser Stelle zuweilen eine kleine und unregel- mässig konturierte Anhäufung von Protoplasma bemerkbar wird, an welche von allen Seiten mit Sekret erfüllte helle Waben herantreten. Nehmen wir ferner die Zellen des Darmepithels, so schliessen sich in ihnen grösstenteils an die Diplosomen direkt Protoplasmakörnchen an, und mehr als Ausnahme- fali gelingt es zu beobachten, wie von den Diplosomen in einer oder mehreren Richtungen auf äusserst kurze Entfernung hin Körnchenreihen abgehen, quasi eine Art rudimentärer Strahlung repräsentierend. Noch seltener (in den Ausführungsgängen des Pankreas, im Nierenepithel) erweisen sich die Diplosomen einem protoplasmatischen Faden eingelagert, welcher sich höher Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 159 aber derartige Sphären vor kurzem von Heiderich bei der Untersuchung frischen, lebender Materials beschrieben wurden, hielt ich es für notwendig, sein Hauptuntersuchungsobjekt, nämlich das Schleimepithel des Froschmagens, an meinen fixierten Präparaten zu studieren. Dabei erwies es sich, dass in diesen Zellen innerhalb ihres schleimigen Abschnittes wirklich sehr häufig helle Räume von sphärischer, ovaler oder sogar unregelmässiger Form anzutrefien sind, welche sich bald in dem axialen Teile des Zellkörpers, bald näher zu seinen Seitenflächen lagern (Fig. 12, 13, 14 und 15). In einer Zelle können ihrer mehrere angetroffen werden, wobei sie untereinander zusammenfliessen können und, indem sie sich gegen die freie Zelloberfläche verbreitern, eröffnen sie sich endlich nach aussen. Zieht man die erwähnten Beziehungen in Betracht, so muss man unbedingt zu der Schlussfolgerung kommen, dass diese hellen Felder keineswegs Anhäufungen von Archiplasma sind, sondern in Beziehung zu eigenartigen Ver- änderungen des Schleimes und zu seiner Ausführung aus den Zellen stehen. Ist das aber der Fall, so ist es schon a priori schwer zulässig, anzunehmen, dass derart beständige (rebilde, wie die Diplosomen, innerhalb des von der Zelle auszuscheidenden Sekrets liegen. Und wirklich befinden sich in überwiegender Mehrzahl der Fälle die Diplosomen weit entfernt von den hellen Räumen, überaus häufig sogar im tiefen protoplasmatischen Teile der Zellen (Fig. 13). Wenn sich jedoch die Diplosomen im schleimigen Abschnitte des Zellkörpers befinden, kommen sie bisweilen bei ver- schiedenen Lagen der hellen Felder in Berührung mit letzteren, indem sie an deren Peripherie zu liegen kommen. In solchen Fällen können bei gewisser Schnittrichtung natürlicherweise Bilder entstehen, ähnlich den von Heiderich und mir abgebildeten, auf welchen die Diplosomen von hellen Säumen umgeben erscheinen (Fig. 15). erhebend, gleich einer Geissel, über der freien Zellenoberfläche hervorragt („Zentralgeissel“ von Zimmermann). Aus den angeführten Beispielen, durch welche im Grunde genommen die zu beobachtenden Beziehungen der Diplosomen zu ihrer Umgebung in ruhenden Epithelzellen erschöpft werden, erhellt, dass für sie um die Diplosomen herum kein freier Raum übrig bleibt, denn er ist von gewöhnlichem Protoplasma eingenommen. Endlich bin ich bezüglich der Strahlungen, die sich so häufig in einigen Elementen, z.B. den Leukozyten, an den Zentrosomen wahrnehmen lassen, zu der Überzeugung gelangt, dass diese Astrosphären als untrügliche Andeutungen dessen zu deuten sind, dass deren Zellen sich zu einer Teilung vorbereiten. 160 S. Tsehassownikow: Das wäre die Morphologie der Diplosomen in den Becher- zellen. Was ihren physiologischen Charakter betrifft, so wäre zu- vörderst festzustellen, ob sie in direkter Beziehung zu den Zell- zentren stehen. Es ist selbstverständlich, dass das Studium der Karyokinese der einzige Weg ist, der zur Lösung der aufge- worfenen Frage führt, wobei zu verfolgen ist, ob sich die Diplosomen bei Beginn dieses Prozesses in echte Zentralkörperchen verwandeln und andererseits, ob aus letzteren bei Wiederherstellung des Ruhe- zustandes der Zellen wiederum Diplosomen entstehen. Zu diesem /weck erscheint unser Untersuchungsobjekt besonders geeignet, denn 1. teilen sich in der Speiseröhre der Amphibien die Becher- zellen sehr häufig und es gelingt bisweilen auf einem Präparate fast alle Teilungsstadien zu finden: 2. findet man in diesen Elementen, wie wir das schon gesehen, ausser den Diplosomen keine anderen Körperchen, welche an sie in Grösse, Lage und Färbung erinnerten: 3. endlich, obgleich hier gleichzeitig mit den Becherzellen sich auch die Basalzellen vermehren, gestattet das Vorhandensein oder das Fehlen intensiv tingierbaren Schleimes jederzeit eine gegebene karvokinetische Figur mit Sicherheit auf eine der beiden Zellenformen zu beziehen. Fig. 2 stellt eine Zelle dar, welche, sich zur Teilung an- schickend, von den benachbarten Elementen (vergl. Fig. 1) scharf durch den gequollenen Kern und vergrösserten Gehalt an Chromatin- substanz unterscheidbar ist. In dieser Zelle befindet sich das Diplosoma wie früher auf einem protoplasmatischen, in diesem Falle etwas verdickten Strange sitzend, noch in dem schleimigen Abschnitte, doch sind seine Körner etwas grösser geworden, wodurch sie deutlicher hervortreten als in ruhenden Zellen, und nähern sich dem unteren protoplasmatischen Teile des Zellkörpers. Fig. 3 zeigt das Anfangsstadium der Karyokinese. Der Kern dieser Zelle hat seine Membran verloren und enthält die sich bildenden Chromatinschleifen; die Körner des Diplosomas sind noch grösser geworden und wandern, indem sie auseinander zu weichen beginnen, definitiv in den protoplasmatischen Abschnitt der Zelle über. Doch auch in diesem Abschnitte bleiben die Beobachtungsbedingungen für das Schicksal der Diplosomen äusserst günstig, da ausser ihnen in dem Zellkörper nur kleine und relativ schwach färbbare Protoplasmakörnchen bemerkt werden. Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 161 Die weitere und dabei sukzessive Entwicklung der Prophasen der Mitose zeigen die Fig. 4, 5 und 6. Hier sehen wir, dass die immer mehr voneinander weichenden Diplosomakörner während dieses Zeitraumes ihre definitive Grösse erreichen und als Zentren von auf Kosten des Protoplasmas sich bildenden Strahlungen dienen, welche ein untrügliches Dokument des innigsten, genetischen Zusammenhanges der Diplosomen und Zentrosomen darstellen. Die Strahlungen sind ursprünglich schwach entwickelt, erweisen sich jedoch späterhin als aus einer relativ grossen Anzahl proto- plasmatischer Fasern zusammengesetzt. Irgend eine Zentrodesmose zwischen den sich trennenden Körnern der Diplosomen ist nicht vorhanden und erst dann, wenn die typische Knäuelfigur verloren geht und die Chromosomen sich zur Bildung des Muttersterns anzuordnen beginnen, bildet sich auf Kosten eines Teiles der Strahlen die Kernspindel, welche in das von den Chromatin- schleifen eingenommene (Gebiet eindringt und entsprechend dem Auseinanderrücken der Zentrosomen allmählich schärfer begrenzt erscheint. Das Stadium des Muttersterns veranschaulicht Fig. 7, welche unter anderen dadurch interessant ist, dass die entsprechende Zelle, obgleich sie den komplizierten Zyklus der mit dem Ver- mehrungsprozesse verbundenen Veränderungen erkennen lässt, gleichzeitig ihre gewöhnliche Arbeit, die Schleimabsonderung, nicht unterbricht. In diesem Stadium, während dessen auch die Längsspaltung der Chromosomen erfolgt, lagern sich dieselben äusserst selten in der typischen Weise. Gewöhnlich gruppiert sich ihr grösster Teil im unteren Teile der Spindel, während im oberen Teil nur wenige Chromatinschleifen lagern, — ein Umstand, welcher offenbar in Beziehung zu dem Druck steht, den die kolossale Schleimmasse, welche den oberen Abschnitt der Zelle erfüllt, auf die karyokinetische Figur ausübt. Zweifellos erscheint auch häufig die Achromatinspindel unter dem Einfluss desselben mechanischen Insultes gebogen und richtet sich mit ihrer Konkavität zum freien Ende des Zelleibes. In diesem Stadium, selten früher und nur als Ausnahme später, teilen sich die Zentralkörperchen an den Polen der Spindel in je zwei kleine Körnchen. Darauf verschieben sich die Tochterchromosomen gegen die Pole und bedingen in einiger Entfernung von ihnen die Bildung typischer Tochtersterne (Fig. ). Archiv f.mikr. Anat. Bd.$4. Abt.I. 11 162 Ss. Tschassownikow: In dem Endstadium der Mitose, welche auf den Fig. 9, 10 und 11 dargestellt ist, beobachten wir die Teilung des Zelleibes, welche in dem Aquator der Spindel parallel der Längsachse der Zellen verläuft, indem sie an deren Basis beginnt, und sehen die Rückkehr der Kerne in den Ruhezustand. Dabei liegen die Zentralkörperchen, solange die Kerne das Aussehen von Tochter- knäueln haben, noch in den entsprechenden Polgegenden, doch wenn in den Kernen das gewöhnliche Chromatinnetz sich zu bilden beginnt, rücken die Körperchen langsam und allmählich nach oben, treten in den schleimigen Abschnitt der Zellen über und repräsentieren dort von neuem die Diplosomen. Somit folgt aus dem soeben beschriebenen Verlaufe des karyokinetischen Prozesses unleugbar der wesentliche Schluss, dass die den entsprechenden Gebilden anderer zylin- drischer Epithelelemente identischen Diplosomen der Becherzellen echte Zellzentren sind und darum voll- auf die Benennung „Zentralkörperchen“ verdienen. Doch wie sind mit dieser Schlussfolgerung die Behauptungen von Jelenjewski in Einklang zu bringen, dass in ein und der- selben sich teilenden Zelle gleichzeitig sich sowohl ein Diplosoma am freien Ende des Zellenleibes, als auch Zentralkörperchen an den Polen der Spindel befinden können? In dieser Beziehung kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Schlussfolgerungen meines Kollegen auf einem einfachen Missverständnisse beruhen. Unanfechtbare Bilder, die diese Anschauung bestätigen könnten, habe ich weder auf meinen Objekten, noch auf seinen Präparaten aus den Nebenhoden finden können. Und noch mehr! Bei auf- merksamem Studium der Stelle, welche von Jelenjewski ın Fig. 7 (siehe S. 637 seiner Arbeit) abgebildet ist, gewann ich die Überzeugung, dass das Diplosoma hier nicht der sich teilenden Zelle, sondern einem Schnitt einer anderen benachbarten Zelle angehört, welche übrigens von jener durch eine recht undeutliche Grenze geschieden Ist. Die Mitose ist jedoch keineswegs die einzige Bildungsart der schleimsezernierenden Becherzellen. Diese können, wie es heute beinahe von allen Histologen anerkannt wird, auch aus den benachbarten zylindrischen Epithelelementen, in unserem Falle den Flimmerzellen, entstehen. Sehen wir uns daher den Bau des Flimmerepithels in der Speiseröhre der Amphibien an. Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 165 Es sind hohe zylindrische Zellen, welche von den benachbarten Becherzellen stark zusammengedrückt und deshalb unverhältnis- mässig schmal sind. Aus demselben Grunde haben zweifelsohne ihre in der Längsrichtung ausgestreckte Kerne häufig eine unregelmässige Form und weisen eine sehr seltsame Verteilung des Chromatins auf. An der freien Oberfläche der Flimmerzellen treten deutlich Basalkörperchen auf, von denen ein jedes sich auf genügend tingierten Präparaten als aus einem Paar dicht aneinander gelagerter Körnchen bestehend erweist. Von jedem Basalkörperchen tritt nach aussen je ein relativ kurzes Flimmer- haar. Über den Basalkörperchen, folglich an der Basis der Flimmern, existiert ein schmaler Kutikularsaum, welcher ge- wöhnlich kaum unterscheidbar ist und daher auf den Abbildungen weggelassen wurde. Das Protoplasma der Zellen ist feinkörnig und enthält keine Spuren eines intrazellulären Fadenapparates, welcher sich mit so überraschender Deutlichkeit bei der von mir angegebenen Behandlung im Flimmerepithel des Darmes von Anodonta und der Gallengänge von Helix pomatia und hortensis nachweisen lässt.!) '!) Mit dem Studium der Struktur der Flimmerzellen beschäftigt, ge- langte ich in letzter Zeit im Gegensatz zu Koladev zu der Anschauung, dass ihr interzellulärer Apparat aus echten Fasern besteht und dass folglich die in dieser Frage noch von Engelmann (1880) geäusserte An- sicht zu Recht bestehen bleibt. Jedoch finden sich zwischen den Fasern nicht selten Einschlüsse, welche die Form von sphärischen Klümpchen haben, und wenn diese sich in den Fixierungsmitteln auflösen, so können innerhalb der Flimmerzellen Bilder einer wabigen Struktur in der Art der von Kolacev abeebildeten erhalten werden. Unter anderen äussert dieser Verfasser die Vermutung, dass der genannte Fadenapparat zur Leitung von Nahrungs- flüssigkeit diene, welcher Anpassung der Flimmerzellen ihrer grossen Dimensionen wegen bedürften. (Vergl. auch M.Heidenhain: Plasma und Zelle, 2. Lieferung 1911). Mit dieser Anschauung kann ich mich jedoch nicht einverstanden erklären. Die Flimmerzellen der Amphibien, die eines solchen Apparates entbehren, sind fast ebenso hoch, wie die Darmzellen von Anodonta oder wie die Zellen der Gallengänge der Schneckenleber. Anderseits weisen einen Fadenapparat kleine Flimmerzellen auf, welche die Kiemen von Anodonta bedecken, besonders die in der Tiefe der Kiemenblättchen beftind- lichen. Berücksichtist man die strukturellen Eigentümlichkeiten der Zellen der genannten Objekte, so kommt man eher zu der Annahme, dass die An- wesenheit oder das Fehlen von intrazellulären Fasern in Beziehung zu der Grösse der Flimmerhärchen steht. Wo letztere lang sind, bedürfen sie zu ihrer Biegung einer Stütze und sind in diesem Falle durch Vermittlung von Basalkörperchen mit protoplasmatischen Fäden innerhalb der Zellen ver- bunden ; wo die Wimpern jedoch kurz sind, wie bei den Amphibien, existiert ein Fadenapparat überhaupt nicht, ungeachtet der bedeutenden Grösse der Zellenelemente selbst. 10 164 S. Tschassownikow: Existieren in ihnen Zentrosomen ? Diese Frage ist bis jetzt der (Gegenstand eines Streites, in welchem eine Gruppe von Forschern (Henneguy, Lenhossek, Zimmermann, Heiden- hain, Fürst und Joseph), welche mit grösster Aufmerksamkeit die Flimmerzellen studierten, die Anwesenheit von Zentrosomen in letzteren leugnen, während andere (Studnicka, Fischel, senda. Fuchs, Ikeda, Wallengren und Erhard) solche beschreiben und abbilden, dabei aber sehr verschieden, bald dicht an der freien Oberfläche der Zellen, bald etwas tiefer: bald sind diese Gebilde grösser, bald kleiner. Wie weit sich die Angaben der einzelnen Verfasser in dieser Hinsicht widersprechen, erhellt z. B. daraus, dass Fischel Zentralkörperchen in den Flimmer- zellen von Salamanderlarven beschrieb, während Joseph, der seine Präparate einer Kontrolldurchmusterung unterwarf, zu necativen Resultaten gelangte. Offenbar sind die strukturellen Verhältnisse hier äusserst verwickelt, und das erklärt sich daraus. dass der Körper der Flimmerzellen aus Körnchen besteht, welche ihrer Grösse und teilweise sogar auch ihrer Färbung nach nicht selten sich den Zentralkörperchen nähern. Übrigens treten auf meinen Präparaten die Zentrosomen in den Flimmerzellen der Amphibien mit genügender Deutlichkeit in Form von Körnchen auf, welche etwas schräg zu der Längsachse der Zellen und etwas nach unten von der freien Oberfläche, zuweilen dicht unter den Basalkörperchen (Fig. 21), gelagert sind. Dass unsere Doppel- körperchen, resp. Diplosomen, nicht dem Protoplasma selbst an- sehören und keine einfachen Einschlüsse darstellen, dafür spricht ausser ihrem charakteristischen Aussehen und ihrer Lage der Umstand. dass sie sich in die Zentralkörperchen der Becherzellen bei der Verschleimung der Flimmerelemente verwandeln. Als erstes Anzeichen einer Schleimmetamorphose treten am oberen Ende der Flimmerzellen, folglich in der Nachbarschaft der Zentrosomen, Körner auf, welche etwas grösser sind und sich mit Eisenhämatoxylin dunkler färben lassen als die Protoplasma- körnchen.!) Da eine Verminderung der Anzahl dieser Körner mit der Bildung von Schleimtröpfehen an denselben Stellen Hand ') Bezüglich der Frage über die Bildung und Ausscheidung des Schleimes führe ich nicht die ganze spezielle Literatur an. Die von mir beschriebenen Verhältnisse bilden nur den Rahmen für das mich mehr interessierende Bild der eigentümlichen Veränderungen in der Lage der Zentralkörperchen. Über Becher- und Flimmerepithelzellen etc. 165 in Hand geht, ist es vollkommen natürlich, in ihnen das erste Stadium der Bildung von Schleimsubstanz zu erblicken, sie für „Präprodukte“ des Mucins zu halten.) Die aus diesen Körnern entstehenden Schleimtröpfehen, welche sich nach meiner Be- handlung mit Säurefuchsin, nach Bearbeitung durch Zenkersche Flüssigkeit mit Mucikarminsäure färben lassen, erweisen sich zuerst im Protoplasma des oberen Teiles des Zellkörpers zer-- streut (Fig. 16). Bald vergrössert sich jedoch die Zahl dieser Tropfen bedeutend; sie nehmen den ganzen oberen Teil, die Hälfte der Flimmerzellen, ein und nähern sich soweit einander, dass sie in die Maschen eines protoplasmatischen Gerüstes zu liegen kommen, welches sich von dem Gerüst der Becherzellen nur insofern unterscheidet, dass seine protoplasmatischen Scheide- wände etwas dicker sind und daher auf Präparaten deutlicher hervortreten (Fig. 17). Um diese Zeit bleibt von der früheren Anhäufung von Körnern bloss eine relativ schmale Zone an der freien Oberfläche der Zellen übrig, wobei man beobachten kann, wie von dieser Körner abgehen und mehr oder weniger tief in den Zellkörper eindringen, indem sie längs der protoplasmatischen Septen gleiten. Früher oder später wird diese Körnerzone jedoch auf- gebraucht und verschwindet; jetzt erscheinen die Zellen in ihrer oberen Hälfte erweitert, doch besitzen sie noch immer die Basal- körperchen mit den Flimmerhaaren; die Tropfen des Sekretes erreichen, indem sie sich in grosser Menge ansammeln, den Zell- kern (Fig. 18). Noch ein Schritt weiter und die Schleimtropfen erreichen ihre definitive Grösse und liegen fast dicht aneinander; der Kern rückt zur Basis der Zelle und wird von oben durch eine Schicht Protoplasma bedeckt. An den Seiten des Zelleibes bildet sich eine Membran und die Flimmern zusammen mit den Basalkörperchen fallen ab, indem sie eine oberflächliche Schicht der Zelle freilegen, welche bei den Amphibien beständig offen bleibt. Als Resultat erhalten wir eine typische Becherzelle. Während der beschriebenen Veränderungen, welche die Ver- wandlung der Flimmerzellen in Becherzellen begleiten, bleiben !) Schon Biedermann (1886) wies auf die Existenz von „Präpro- dukten“ bei der Schleimbildung in Becherzellen der Frösche hin. Seine Unter- suchungen sind unter anderen auch dadurch interessant, dass sie an völlig trischem, lebendem Material ausgeführt wurden. 166 Ss. Tschassownikow: die Zentralkörperchen nicht an einer Stelle. Man kann Schritt für Schritt verfolgen, wie die Zentrosomen, die sich in typischen Flimmerzeilen unweit ihrer freien Oberfläche befinden, je mehr Schleim gebildet wird, desto mehr nach unten längs der proto- plasmatischen Septen rücken und somit den unteren Teil des schleimigen Abschnitts der Becherzellen erreichen. Doch auch hier behalten die Zentrosomen ihre Lage nicht unverändert bei und können innerhalb des Schleimes bald etwas höher, bald etwas niedriger beobachtet werden. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass die Verschiebungen der Zentrosomen in Beziehung zur Schleimabsonderung stehen, dass sie dabei tiefer rücken und sich dem protoplasmatischen Teile des Zelleibes nähern. Die Becherzellen in der Speiseröhre der Amphibien scheiden beständig Schleim ab, wobei er in gewissen Fällen die Zelle in kleinen Portionen verlässt, in anderen Fällen jedoch ganz auf einmal ausgestossen wird. In letzterem Falle rücken die Zentrosomen immer schnell aus dem schleimigen in den unteren protoplas- matischen Abschnitt der Zellen (Fig. 18 und 19). Ob der Absonderung geringer Schleimmengen eine parallele Bildung neuen Schleimes entspricht, kann ich nicht definitiv ent- scheiden. Doch erscheint es mir wahrscheinlicher, dass dieser Prozess erst beginnt, nachdem eine mehr oder weniger beträcht- liche Menge des Schleimes die Zelle verlassen hat und wenn der obere Teil des Zelleibes kollabiert, bisweilen sogar etwas in den übrigen Teil der Becherzelle eingezogen wird und die freie Ober- fläche der Schleimhaut nicht mehr erreicht. In diesem Falle kann man erblicken, dass am oberen Pole des Kernes eine Anhäufung einer grossen Anzahl dunkel tingierter Körner auftritt, welche allmählich zur Mitte des Zellkörpers rücken und dort in Schleim- tropfen verändert werden. Bei ihrem Entstehen befindet sich eine derartige Anhäufung der Zentrosomen, rückt jedoch später von ihnen fort, wobei jedoch ein Zusammenhang mit ihnen durch protoplasmatische Stränge unterhalten wird, welche mit eben- ‚solchen Körnern besetzt sind (Fig. 20). Besonders interessante Bilder bieten jedoch diejenigen Zellen, welche auf einmal das ganze in ihnen angesammelte Sekret ent- leeren. In ihnen geht die Schleimbildung besonders energisch vor sich und die Zentralkörperchen, welche schon früher in den unteren protoplasmatischen Teil des Zelleibes übergetreten waren, —1 Über Becher- und Flimmerepithelzellen ete. 16 werden von allen Seiten von Tröpfchen des neuen Sekrets um- geben. In dem Maße, wie der Schleim sich in der kollabierten, erschöpften Becherzelle ansammelt, rücken die Zentrosomen wiederum nach oben, bis sie die für diese Zellelemente gewöhn- liche Lage erreichen. Dass die Becherzellen, nachdem ihr ganzes Sekret ab- geschieden ist, sich wiederum in Flimmerzellen verwandeln könnten, habe ich niemals beobachtet und halte eine solche Möglichkeit für vollkommen ausgeschlossen. Was andere von mir untersuchte Organe der Amphibien betrifft, so erwiesen sich zum Studium der Schleimmetamorphose die Zellen des Saumepithels des Darmes weniger geeignet. Übrigens konnte ich die ersten Stadien dieses Prozesses, welche bis zur Bildung von typischen Becherzellen völlig ähnlich den beschriebenen Verhältnissen verlaufen, deutlich im Darme völlig entwickelter Axolotl und an grossen Salamanderlarven beobachten. Wenden wir uns nun zu dem die innere Oberfläche des Magens von Amphibien (Axolotl, Salamander und Tritonen) aus- kleidenden Epithel, wo die soeben besprochenen Prozesse der Schleimbildung einfacher erscheinen und darum besonders lehr- reich sind. Das Epithel ist überall ein einschichtiges, zylin- drisches, wobei seine in Grübchen oder Trichtern liegenden Zellen etwas kleiner sind, als diejenigen, welche unmittelbar die Magen- höhle begrenzen. Auf meinen Präparaten habe ich gesehen, dass die Schleimzellen gleich den Becherzellen beständig ihr Sekret ausscheiden, in einigen Fällen langsam, nach und nach, in anderen Fällen energischer, und nur die niedrigeren Zellen der Magen- grübchen erwiesen sich bisweilen im Ruhezustande. Entsprechend einem solchen Zustande befinden sich auch die Zentralkörperchen hier in der Tiefe des oberen schleimigen Abschnittes, während der untere protoplasmatische Teil des Zelleibes, wie überall in den Elementen des Deckepithels des Magens, aus gleichmässig verteilten kleinen Körnchen besteht (Fig. 22). Doch ändert sich das Bild stark, sowie die Schleimabsonderung der Zellen beginnt (Fig. 23). Die Zentrosomen rücken in den unteren Teil der Zellen und im mittleren Drittel des Zelleibes erscheint eine Anhäufung verhältnismässig grosser und dunkeltingierter Körner, welche otfenbar dieselbe Rolle spielen, wie die ihnen ähnlichen Körner in den Flimmer- und Becherzellen, d. h. ein vorläufiges Stadium 16 [® 6) Ss. Tschassownikow: in der Entwicklung des Mucins darstellen. Unter dieser Körner- schicht erblickt man im Raume zwischen ihr und dem Kerne in der Längsrichtung der Zelle verlaufende Körnerfäden, hinsicht- lich deren Entstehung man vermuten darf, dass das feinkörnige Protoplasma eine solche Anordnung unter dem Drucke der nach oben dringenden Nahrungsflüssigkeit erhalten hat. Im weiteren Verlaufe des Ausscheidungsprozesses (Fig. 24) gehen die Zentral- körperchen schon definitiv in die mittlere körnige Zone über und um sie beginnt bald die Bildung von Schleimtröpfehen, welche darauf allmählich nach oben geschoben werden.!) Dabei geht die Sekretion nicht selten derart stürmisch vor sich, dass von der Zelle der an der freien Oberfläche gelegene Endteil des Zell- leibes samt den protoplasmatischen Septen abgerissen wird. In solchen Fällen ist die Schleimbildung eine besonders lebhafte (Fig. 25). Damit beschliesse ich die Beschreibung der von mir er- haltenen Befunde. Durch sie wird vor allem die wichtige Tat- sache festgestellt, dass in Becherzellen, sowie auch in Flimmerzellen, die Zentralkörperchen bei der Schleimmetamorphose nicht an einer Stelle ver- harren, sondern ihre Lage beständig in strenger Übereinstimmung mit den verschiedenen funktio- nellen Zuständen der Zellelemente ändern. Bei der Beschreibung der Verwandlung der Flimmerzellen in Becherzellen und der verschiedenen funktionellen Veränderungen von letzteren haben wir gesehen, dass die Zentralkörperchen bei diesen Prozessen sehr bedeutende Lageveränderungen erleiden. Es fragt sich nun, welche Kräfte bewirken diese Bewegungen der Zentrosomen und wozu dienen sie? Was die erste Frage betrifit. so unterliegt es zuvörderst keinem Zweifel, dass die Ortsveränderungen der Zellzentren in keinerlei Beziehung zum Drucke des Schleimes stehen, da inden Becherzellen während der Bildung des Sekrets und besonders bei dessen Ausscheidung der im Zelleibe herrschende 1) Die auf Fig. 24 in der Zelle links abgebildeten Zentrosomen liegen natürlich nicht innerhalb des Schleimtropfens, sondern berühren diesen bloss, wobei das Sekretklümpchen selbst sich im Präparate hinter dem Diplosoma befindet. Über Becher- und Flimmerepithelzellen etc. 169 Druck in der Richtung nach oben, d. h. in einer der Bewegung der Zentrosomen entgegengesetzten Richtung wirken müsste. Eher könnte man annehmen, dass letztere eine Zusammenziehung des protoplasmatischen Gerüstes hervorrufen, welches bei der Ausscheidung des Schleimes in die Tiefe des Zelleibes gezogen wird und die Zentrosomen nach sich zieht. Aber abgesehen da- von, dass eine derartige Deutung für die Flimmerzellen voll- ständig unanwendbar ist, in welchen bei der Bildung von Schleim die Zentralkörperchen gleichfalls Bewegungen ausführen, glaube ich, dass auch für sezernierende Zellen die Voraussetzung einer Kontraktilität des Protoplasmas unter dem Einfluss der Zentral- körperchen — ein von Zimmermann ausgesprochener (Ge- danke — vollkommen unbegründet ist. Denn an einigen Becher- zellen und den Schleimzellen des Magens konnte ich mich davon überzeugen, dass ihr protoplasmatisches Gerüst, obgleich bei der Sekretion kollabierend, dennoch das frühere Niveau erreicht, wobei ein Teil desselben sogar von der Zelle abgeschieden und ausgeworfen werden kann. Überhaupt unterliegt es keinem Zweifel, dass in ruhenden Zellen die Bewegungen der Zentrosomen eine ihnen selbst eigene Funktion darstellen, welche unabhängig ist von irgend welchen morphologischen Bildungen, die sich in den- selben Zellelementen befinden. Somit liegen hier Verhältnisse vor, die völlig analog dem sind, was ich an sich teilenden Zellen (Spermatozyten von Helix pomatia) konstatieren konnte, wo gleich- falls ein Auseinandergehen der Zentralkörperchen weder mit der Kontraktion der radiären protoplasmatischen Fäserchen, noch mit dem Wachstum der Zentralspindel in Zusammenhang gebracht werden konnte. Doch wenn ich auch die Hypothese Zimmermanns ab- lehne, so glaube ich immerhin, dass die Bedeutung der Zentral- körperchen lange nicht durch ihre Beziehungen zu dem Ver- mehrungsprozess der Zellen erschöpft wird, dass sie vielmehr auch beim Ruhezustand derselben eine grössere Rolle spielen. Wir müssen nicht vergessen, dass die Zentralkörperchen sich immer am Orte der Sekretbildung befinden. Bildet sich das Sekret an dem oberen Ende einer Flimmerzelle oder einer Saumzelle des Darmes, so finden wir an demselben Ende auch die Zentrosomen; rücken letztere in den unteren protoplasmatischen Teil der Becher- zellen oder der schleimbildenden Elemente des Magens, so finden 170 S. Tschassownikow: wir auch hier in ihrer Nähe die Bildung von Schleimtropfen. Diese Beziehungen, welche sehr augenfällig und beständig sind, zwingen zu der Annahme, dass die Zentrosomen Organe sind, unter deren Mitwirkung die Schleimbildung vor sich geht. Ist dem aber so, so können wir in unseren Schlussfolgerungen noch weiter gehen. Wenn der Ernährungs- prozess ursprünglich mit dem Protoplasma allein in Verbindung gebracht wurde, wenn derselbe bis jetzt für eine koordinierte Funktion des Kernes und des Protoplasmas gehalten wurde, so müssen wir nun behaupten, dass an dem Stoffwechsel der Zellen alle ihre wesentlichen Bestandteile, auch die Zentralkörperchen nicht ausgenommen, teilnehmen. Wie soll man sich aber eine derartige Rolle der Zentrosomen theoretisch vorstellen? An einem anderen Objekte, nämlich den sich teilenden Blastomeren des Axolotls, gelang es mir Schritt für Schritt zu verfolgen, wie um die Zentralkörperchen herum die Bildung von jungem, primärem Protoplasma vor sich geht. Es versteht sich von selbst. dass dieser Prozess nur auf Grund einer Zufuhr von Nährmaterial stattfinden kann. Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel. dass auch in ruhenden Zellen eine derartige Zufuhr von Nahrungsflüssigkeit zu den Zentralkörperchen stattfindet, doch wird sie in diesen schnell in Sekretionsprodukte verwandelt. Indem ich zum Schlusse der Arbeit gelange. halte ich es für nicht überflüssig, zu erwähnen, dass die Becherzellen nach Bildung und mehr oder weniger lange andauernder Ausscheidung des Schleimes abgenützt werden, umkommen und durch neue ersetzt werden.') Dabei geht die Erneuerung der schleimbildenden Elemente, wie wir gesehen haben, auf zweierlei Art vor sich: einer- seits durch Verwandlung der benachbarten zylindrischen Epithel- zellen in Schleimzellen, andererseits durch mitotische Teilung der verbleibenden Becherzellen. Im Gegensatz dazu habe ich in Flimmerzellen, ungeachtet dessen, dass ich mehrere Tausend Schnitte der Speiseröhre erwachsener und larvaler Amphibien sorgfältig studiert, keine einzige karyokinetische Figur gefunden !, Auf diesen Zerstörungsprozess weisen die nicht selten vorkommenden Bilder von Karyolyse in den Becherzellen hin. Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Zusammenhang damit auch die Anwesenheit einer grossen Anzahl grober polymorpher Leukozyten (Phagozyten) zwischen den Epithelzellen steht. Über Becher- und Flimmerepithelzellen etc. 171 und neige ich wegen dieser Befunde zu der Ansicht, dass die Erneuerung der Flimmerzellen auf Kosten der basalen oder der sog. Ersatzzellen vor sich geht, wo immer karyokinetische Figuren in grosser Menge angetroffen werden.') Somit bin ich durch meine Untersuchungen zu dem Hauptpunkt der Lehre Lenhosseks und Henneguys geführt worden, dass die Flimmerzellen sich nicht vermehren, kann gleichzeitig deren Ansicht jedoch nicht teilen, dass diese Zellen der Teilung nicht fähig sind, und zwar aus dem Grunde, weil alle notwendigen Organe, der Kern, das Protoplasma und die Zentrosomen, in Flimmerzellen unzweifel- haft vorhanden sind. Literaturverzeichnis. Die mit Sternchen bezeichneten Arbeiten konnten im Original nicht erhalten und werden nach Referaten zitiert. 1. Ballowitz, E.: Zur Kenntnis der Zellsphäre. Eine Zellstudie am Salpenepithel. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt., 1898. 2. Benda, C.: Über neue Darstellungsmethoden der Zentralkörperchen und die Verwandtschaft der Basalkörper der Cilien mit Zentral- körperchen. Verh. d. phys. Ges. zu Berlin, 1900-1901, Separatabdruck. *3. Biedermann, W.: Zur Histologie und Physiologie der Schleim- sekretion. Wiener Sitzungsber., 1586. 4. Brauer, A.: Zur Kenntnis der Spermatogenese von Ascaris mega- locephala. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 42, 1893. *5. Calkins, G.: The phylogenetic significancee of certain Protozoan nuclei. Annales N. V. Acad. Sc., Vol. 11, 1898. 6. Carnoy, J. B. et Lebrun, H.: La f&condation chez l’Ascaris mega- locephala. La Cellule, t. 13, 1897. . Jeleniewski, Z.: Zur Morphologie und Physiologie des Epithels des Nebenhodens. Anat. Anz., Bd. 24, 1904. 8. Engelmann, Th.: Zur Anatomie und Physiologie der Flimmerzellen. Arch. f. d. ges. Phys., Bd. 23, 1880. 9. Erhard, H.: Studien über Flimmerzellen. Arch. f. Zellforsch., Bd. 4, 1910. 10. Derselbe: Diplosomen und Mitosen im eilientragenden Ependym eines Haifischembryo. Anat. Anz., Bd. 38, 1911. -] ') Die vor kurzer Zeit von Erhard publizierte Beschreibung der Mitose im Flimmerepithel des Ependyms eines Acanthiasembryos kann meine Ansicht nicht ändern. Seine Zeichnung ist wenig überzeugend und kann in dem Sinne gedeutet werden, dass die abgebildete karyokinetische Figur nicht der Flimmerzelle, sondern einer der tiefer liegenden Basalzellen angehört. 29. 30. al. 32. Ss. Tschassownikow: . Fischel, A.: Zur Histologie der Urodelen-Cornea und des Flimmer- epithels. Anat. Hefte, Bd. 15, 1900. . Flemming, W.: Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. Arch. f£. mikr. Anat., Bd. 37, 1891. . Fuchs, H.: Über Beobachtungen an Sekret- und Flimmerzellen. Anat. Hefte, Bd. 25, 1904. . Fürst, ©.: Haarzellen und Flimmerzellen. Anat. Anz., Bd. 18, 1900. >. Gurwitsch, A.: Studien über Flimmerzellen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 57, 1900. ’. Derselbe: Die Haarbüschel der Epithelzellen im Vas epididymis des Menschen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 59, 1901. . Heidenhain, M.: Über Kern und Protoplasma. Leipzig 1892. . Derselbe: Neue Untersuchungen über die Zentralkörper und ihre Be- ziehungen zum Kern und Zellenprotoplasma. Arch. f. mikr. Anat,, Bd. 43, 1894. . 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Sämtliche Abbildungen sind von mir nach den Präparaten entworfen, welche nach Fixierung der Objekte mit einer Mischung von Sublimat, Osmium und Essigsäure und Färbung der Schnitte mit Eisenhämatoxylin und Säurefuchsin erhalten waren. Sie wurden mit Hilfe des Abbeschen Zeichenapparates mit Zeiss’ Ölapochromat 1,5 mm und Kompens.-Okular 4 angefertigt. Die Fig. Fig. Fig. Fig. Projektion auf den Objekttisch. 1—11. Becherzellen aus der Speiseröhre von Triton. Ruhende, sich zur Mitose anschickende und sich teilende Zellen. Verwandlung der Diplosomen in Zentrosomen. 12-15. Schleimzellen von der inneren Oberfläche des Froschmagens. Vakuolen (Sphären oder „Zentrosomen* von Heiderich) und Diplosomen. 16. Aus der Speiseröhre des Axolotls. In den Flimmerzellen beobachtet man die Bildung von Schleim; in der Zelle links sieht man das erste Stadium dieses Prozesses. 17. Aus der Speiseröhre des Axolotls. Weitere Stadien der Schleim- metamorphose in Flimmerzellen. 174 ILS). DV [80] S. Tschassownikow: Becher- und Flimmerepithelzellen ete. Aus der Speiseröhre des Axolotls. In der Flimmerzelle ist die ganze obere Hälfte mit Schleimtröpfehen erfüllt, welche in den Maschen eines protoplasmatischen Gerüstes liegen; in der benach- barten Becherzelle bemerkt man die Ausscheidung des Sekretes. Aus der Speiseröhre des Axolotls. In zwei Becherzellen (links) findet energische Schleimabsonderung statt. Aus der Speiseröhre des Axolotls. In beiden Becherzellen, welche teilweise ihr Sekret ausgeschieden haben, bemerkt man die Bildung des neuen Schleimes. Aus der Speiseröhre des Axolotls. Im Becherzellen, welche ihr ganzes Sekret ausscheiden, erscheinen um die Zentrosomen Tröpfchen neuen Schleimes; daneben eine Flimmerzelle ohne jegliche Merk- male schleimiger Metamorphose. Schleimzellen von der inneren Oberfläche eines Magengrübchens des Axolotls. Keine Schleimabsonderung. 'Schleimzellen von der inneren Oberfläche des Axolotlmagens. Beginn der Schleimabsonderung. Schleimzellen von der inneren Oberfläche des Axolotlmagens. Aus- scheidung des Sekretes und Bildung neuen Sekretes innerhalb der Zellen. Schleimzellen von der inneren Oberfläche des Axolotlmagens. Die Ausscheidung des Schleimes und die Bildung neuen Sekretes gehen energisch vor sich; mit dem Schleime zusammen reisst das obere Ende des Zellkörpers ab. Was sind die Plastosomen? Von Gustaf Retzius in Stockholm. Hierzu Tafel VII. Die grosse Bedeutung, welche die Enthüllung des Problems der Struktur des Zellprotoplasmas für die biologische Wissenschaft besitzt, macht es den Forschern zur Pflicht, immerfort den aktuellen Stand dieser Frage kritisch zu prüfen. Eine eingehende Prüfung ist vor allem dann nötig, wenn eine auf angeblich neuen Befunden fussende neue Auffassung oder Theorie hervortritt und merkbar zahlreiche Anhänger erwirbt. In der letzten Zeit ist nun eine solche Theorie entstanden und hat sich recht weit verbreitet. Weil ich von Anfang an den ver- schiedenen Phasen ihrer Ausbildung mit Interesse gefolgt und mit ihren Ergebnissen nicht einverstanden war, habe ich schon einigemal in den in meinen Biologischen Untersuchungen (Bd. XV— XVII) veröffentlichten Abhandlungen einige kritische Bemerkungen gemacht. Weil dann im 80. Bande, Abt. II, dieses Archivs der eigent- liche Führer der Anhänger dieser Lehre, der hervorragende Histologe in Kiel, Herr Professor Friedrich Meves, in seiner Abhandlung über die „Verfolgung des sogenannten Mittelstückes des Echinidenspermiums im befruchteten Ei bis zum Ende der ersten Furchungsteilung“ in einem Kapitel (IV.) unter dem Titel „a. Retzius und meine Darstellung der Protoplasma- struktur im allgemeinen“ meine genannten Bemerkungen sehr ablehnend beantwortet hat, ist es auch meine persönliche Pflicht, wenn möglich in diesem Archiv, meinen Standpunkt in dieser Frage zu verteidigen und meine Gründe genauer anzugeben. Hierzu wäre es eigentlich nötig, die Entwicklung der neuen, hauptsächlich durch Meves selbst und seine Schüler gegründeten und ausgebildeten neuen Lehre vom Protoplasmabau Schritt für Schritt zu verfolgen. Und ich habe schon längst eine solche ge- schichtliche Zusammenstellung der Äusserungen und Anschauungen von Meves selbst ausgearbeitet, welche im Manuskript vorliegt. Dieselbe ist in der Tat recht interessant und lehrreich: sie würde 176 Gustaf Retzius: aber „in extenso“ in diesem Archiv gar zu viel Platz einnehmen und ich muss mich diesmal auf die wichtigsten Hauptpunkte beschränken, um, falls es sich als nötig erweisen sollte, später an anderer Stelle auf eine ausführlichere Wiedergabe der Data und der Akten zurückzukommen. Es hat sich aber gezeigt, dass auch in dieser kleinen Revue der verwickelten Geschichte, um möglichst objektiv zu sein, die Data durch Zitierung der eigenen Äusserungen Meves’ wiedergegeben werden müssen. l. Was ist das Neue in der neuen Lehre und wie ver- hält sie sich zu den früheren Anschauungen ? 2. Wie lassen sich die Grundprinzipien der neuen Lehre definieren und formulieren ? Bekanntlich hat man schon lange im Protoplasma eine Struktur postuliert und in verschiedener Weise auch wahrgenommen oder angenommen. Je nach den verschiedenen Anschauungsarten hat man also eine Netztheorie, eine Wabentheorie, eine Granulatheorie und eine Filartheorie aufgestellt. Zwischen diesen verschiedenen Theorien haben die Meinungen der einzelnen Forscher bis in die letzte Zeit geschwankt, und einzelne unter ihnen glaubten, dass das Protoplasma selbst wechselnde derartige Strukturverhältnisse darbieten könne. Der letztgenannten Theorie. der Filartheorie, welche wesentlich von Walter Flemming (von dem Jahre 1882 an) stammt, als er durch Untersuchungen der frischen (resp. lebenden) Substanz im Zellkörper feine Fäden (Fila oder Mitom) und eine unstrukturierte Zwischensubstanz (Interfilarmasse oder Paramitom) wahrnehmen und sie dann auch an gut fixiertem Material bestätigen konnte, schlossen sich auf Grund mehr oder weniger umfassender Zellstudien verschiedene andere Zytologen an. Mir ist es auch immer erschienen, als ob diese von Flemming vor mehr als drei Dezennien aufgestellte Theorie hinsichtlich der grossen Mehrzahl der Zellarten den richtigen Pfad angegeben hätte, auf dem man weiter vordringen könne. Zwar lässt sich bemerken, dass der vorsichtige und kritisch Flemming selbst in der Auffassung der einzelnen Strukturverhältnisse hin und wieder etwas schwankend war und seine Ansicht nicht immer scharf präzisierte; man möchte aber betonen, dass die histologische Technik damals weniger aus- gebildet war als jetzt und dass der Forscher in den späteren Was sind die Plastosomen ? ER Jahren seines Lebens infolge Krankheit immer weniger weiter- arbeiten konnte. Ganz besonders hat man auch eingewendet, dass er den in den Fäden des Mitoms von ihm selbst gesehenen und mehrmals abgebildeten Körnern, die er auch unter dem Namen „Mikrosomen“ erwähnt, so verhältnismässig wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Dieser Bemerkung kann ich mich auch anschliessen. Ich will aber doch betonen, dass Flemming noch in seiner letzten übersichtlichen Darstellung „Über den morphologischen Bau der Zelle, speziell des Zelleibes“ (vom Jahre 1899) in seiner Polemik gegen die Altmannsche Bioblastenlehre selbst äusserte: „Ich sehe nicht bloss aufgereihte Körner, sondern continuirliche Stränge; es kommt mir nicht in den Sinn, das Vorhandensein von Körnchen darin, die man bekanntlich jetzt meistens Mikro- somen nennt, zu bestreiten, vielfach sehe ich solche an meinen eigenen Präparaten; aber es muss dann eine zusammenhängende Grundmasse geben, in welche die Körnchen eingelagert sind und welche sie in Fadenform zusammenhält. Ich halte also dieser wie anderen Anschauungen gegenüber daran fest, dass die Substanz der Zelle aus zwei von einander verschiedenen Substanzen besteht, einerseits Fadengerüsten oder irgendwie anders angeordneten Fadenstructuren und andererseits Zwischensubstanz, Interfilar- substanz“. Ähnlichen Anschauungen huldigten auch Forscher wie Ed. Van Beneden, Wilh. His und Martin Heidenhain, um nur einige der vornehmsten damaligen Zytologen zu nennen. His z B. welcher sich der damals viel besprochenen Bütschli- schen Wabenlehre nicht anschliessen wollte, äusserte u. a. bei der Darstellung seiner Ergebnisse von der Untersuchung des Forelleneies: „Das Protoplasma besteht aus feinen, mit Körn- chen besetzten Fäden“ und: „Ein feinmaschiges Faden- gerüst, mit zahlreichen Mikrosomen besetzt, bildet die Grundlage“, sowie auch die Mikrosomen oder die Plasmo- somen J. Arnolds, die in dem Hyaloplasma (dem Paramitom Flemmings) liegen, sind längs der Fäden des Gerüstes in mehr oder weniger unregelmässigen Abständen verteilt, man darf daher nicht sagen, dass die Fäden aus aneinander gereihten Körnern bestehen. Und Martin Heidenhain äusserte (1892) hinsicht- lich der Leukozyten u. a.: „Ich habe gefunden, dass das Zellen- protoplasma der Leukocyten durchweg aus Fäden besteht Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt. I. 12 178 Gustaf Retzius: und dass diesen Fäden eine besondere innere Struktur zukommt. Die Fäden weisen eine Quergliederung auf, sie zerlegen sich bei der Färbung in Biondischer Lösung an gut gelungenen Präparaten in färbbare und achromatische bez. weniger färbbare Glieder... Die färbbaren Glieder des Zellenfadens bezeichne ich als Zellenmikrosomen“. Diese mikrosomalen Körner dürfen nach ihm nicht mit den Altmannschen Bioblasten und nicht mit den verschiedenen, in der Interfilarsubstanz befindlichen paraplasma- tischen Körnern verwechselt werden. „Die Quergliederung der Zellenfäden“, fügt Heidenhain hinzu, „ist schon vielfach be- schrieben worden. Man bekommt sie nach den verschiedensten Vorhärtungen zu sehen: mittelst Chromsäure oder Flemming- scher Mischung bei nachfolgender Hämatoxylinfärbung können die Mikrosomen distinkt schwarz dargestellt werden... . Jetzt tritt mir diese Erscheinung besonders schön an den mit Sublimat fixierten und in Biondischer Lösung gefärbten Präparaten ent- gegen. Bei schwächerer Vergrösserung erscheint die Zelle schön gleichmässig granuliert, bei starken Vergrösserungen gewahrt man, dass achromatische (oder weniger färbbare) Bindeglieder die Zellenmikrosomen zu Zellenfäden aneinanderreihen. Meiner An- sicht nach.“ sagt Heidenhain weiter, „besteht nicht nur das Protoplasma der ruhenden, sondern auch das der sich teilenden Zelle durchweg aus quergegliederten fädigen Elementen. Dass die Polarstrahlen und der grösste Teil der Spindelfasern aus Fäden besteht, welche einen mikrosomalen Bau aufweisen, kann über- haupt nicht bezweifelt sein.“ Heidenhain gesteht aber zu, dass nicht alle Zellen diese Mitomstruktur haben, sondern dass auch Zellen mit vakuolärem wabigem Bau ohne Fäden vorkommen. Ich habe diese Darstellung Heidenhains vom Jahre 1892 so eingehend angeführt, weil sie ganz besonders scharf die Lehre vom Bau der morphologisch distinguierten Elemente des Proto- plasmas, der gekörnten Fäden, betont, welche Flemming schon mehr oder weniger ausgesprochen während einer Reihe von Jahren vertrat, obwohl dieser Forscher das Vorhandensein der Mikro- somen in den Fäden zu wenig beachtete und betonte. Zusammen mit den Darstellungen von Flemming, Van Beneden, His und anderen Forschern, deren Anschauungen wesentlich mit den ihrigen übereinstimmten, geben die hier an- geführten Worte Heidenhains den wesentlichen Inhalt, Was sind die Plastosomen ? 179 die eigentlichen Prinzipien der Lehre von der Protoplasma- struktur an, welcher in wenigstens zwei Dezennien die Mehrzahl der speziellen Zytologen mehr oder weniger bestimmt zu huldigen schien. Ich werde diese Lehre. welcher ich auch selbst seit langem huldige und zu der ich eine Reihe stützender und vielleicht auch weiter führender Beweise gefügt habe, um sie von der neuen Lehre zu unterscheiden, als die alte oder die Flemmingsche Mitomlehre hier bezeichnen. Was enthält nun die neue Lehre in betreff der morpho- logischen Struktur des Protoplasmas ’? Die neue Lehre ist von einigen Befunden ausgegangen, welche C. Benda mittels seiner eigenen Methode in den männ- lichen Sexualzellen gemacht hatte. In diesen Zellen fand nämlich Benda (vom Jahre 1897 an) Körner, welche er als für diese Zellen spezifisch betrachtete und mit den neuen Namen Mitochondrien und Chondriomiten (Fadenkörner und Körnerfäden) bezeichnete. Später fand er aber mit derselben Methode gleichartige Körner in manchen anderen Zellarten (Eiern, Nierenepithel usw.). Also waren diese Körner nicht für die männlichen Sexualzellen spezifisch und bald zeigte es sich auch, dass seine neue Methode nicht spezifisch wirkt, indem diese Körner sich im Protoplasma der verschiedenen Zell- arten mit anderen Methoden nachweisen lassen. Benda selbst und seine Anhänger glaubten aber noch immer, dass die von ihm gefundenen Körner, die „Mitochondrien“ und „Chondrio- miten“, ein neuentdecktes Zellelement seien. Mir, wie wahrscheinlich auch manchen anderen Histologen, welche schon seit langem das Flemmingsche Mitom mehr oder weniger genau kannten, war es aber von Anfang an offenbar, dass diese von Benda gefärbten Körner in der Tat schon lange vorher von einer Reihe von anderen Zytologen gesehen und beschrieben worden waren. Und man wunderte sich, wie es möglich sei, dass dies nicht von den meisten Fachmännern eingesehen wurde. Diese also eigentlich von Benda inaugurierte Mitochon- drien- resp. Chondriomitenlehre, nach welcher die im Protoplasma der meisten Zellarten nicht nur mit der Bendaschen, sondern auch mit den anderen gewöhnlichen Methoden darstell- baren Körnerbildungen als ein neues, allgemein vorkommendes Zellelement aufzufassen seien, wurde nun. wie es scheint vom Jahre 12* 150 Gustaf Retzius: 1907 an, also ein Dezennium nach der „Entdeckung“ Bendas, von Meves und seinen Schülern akzeptiert und in derselben Richtung weiter geführt und ausgebildet. Mir ist es von Anfang an un- begreiflich gewesen, dass der so erfahrene Kieler Histologe nicht sofort erkannte, dass diese Mitochondrien grössten- oder wenigstens grossenteils mit den Flemmingschen Fila, oder dem Mitom, identisch sind. Im Jahre 1907 äusserte also Meves in einer vorläufigen Mitteilung im Anatom. Anzeiger u. a. folgendes: „Benda hat das grosse Verdienst, in den von ihm sogenannten Faden- körnern oder Mitochondrien zuerst!) einen weitverbreiteten spezifischen!) Bestandteil der Zellen erkannt zu haben. Nachdem er in den Jahren 1897 —98 Mitochondrien in sämtlichen Generationen der Samenzellen bei vielen Tieren, Wirbellosen und Wirbeltieren, durch ein besonderes Färbungsverfahren dargestellt hatte, hat er 1899 auch andere Zellarten auf das Vorkommen von Mitochondrien untersucht und dabei ‚den Eindruck ge- wonnen, dass alle protoplasmareichen Zellen die entsprechend färbbaren und entsprechend angeordneten Körner wenigstens spurenweise enthalten. Nur in den Ganglienzellen (Rücken- mark einer Kaulquappe) konnte er nichts Entsprechendes sehen.“ Meves führt dann die verschiedenen Gewebsteile an, in welchen ;>enda Mitochondrien gefunden hatte (jugendliche, quergestreifte Muskelfasern, glatte Muskelzellen, die Wimperwurzeln der Flimmerzellen, polynukleäre Leukozyten des Menschen“ usw.). In weiterer „Fortsetzung seiner Untersuchungen fand Benda weiter (1899)*, fügt Meves hinzu, „Mitochondrien in den Ovarialeiern und Zellen älterer Blastulastadien von Triton sowie in den Ei- und Follikelzellen der Maus. 1903 studierte er genauer den An- teil der Mitochondrien an den Strukturen der Nierenepithelien“. Ein jeder, welcher eingehender die Struktur der von Meves also genannten Gewebsteile kennt und untersucht hat, sieht ja leicht ein, dass die in mehreren derselben (z. B. den Eiern und Nierenepithelien) von Benda gefundenen Körner nicht neu- entdeckte „spezifische* Zellelemente, sondern die in dem Flemmingschen Mitom befindlichen, lange gekannten Mikrosomen waren. Dass aber ausserdem unter den anderen „Gewebsteilen“ ganz andersartige, Körnergebilde enthaltende Teile ') Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 181 mit aufgenommen sind, ist charakteristisch für die Unklarheit des Mitochondrienbegriffes schon von Anfang an. Dies wird aber noch mehr otftenbar, als Meves hier hinzufügt, dass „möglicher- weise“ auch die von Golgi, Negri, Ballowitz, Pensa, Kopsch und v. Bergen beschriebenen „Netzapparate“ unter dem Begriffe der Mitochondrien gehören und mit ihnen zusammen- zufassen seien ! Meves fand nun die von Benda geschaffenen Bezeichnungen Mitochondrien und Chondriomiten nicht hinreichend; für die letzteren führte er deshalb, wenn sie stab- oder faden- förmig sind, die Benennung „Chondriokonten“ ein. „Verfolgt man nun“, sagt er, „die Mitochondrien bezw. Chondriokonten in den Zellen von Embryonen im weiteren Verlauf der Entwicklung, so konstatiert man, dass sie das Bildungsmaterial für zahlreiche Faserstrukturen abgeben, die man bisher der Filarmasse Flem- mings zugerechnet hatte.“ Nach Meves bilden die Chondrio- konten das Material für die primitivsten Fibrillen der querge- streiften Muskeln, in der Regel nicht in der Form von Körnchen, sondern in der von Fäden: diese Fäden sind „Chondriokonten“. Ferner stammen nach ihm die Neurofibrillen von solchen, möglicherweise ebenso die Neurogliafasern, vielleicht auch im jungen Bindegewebe die präkollagenen Fasern von Golowinski. „Auch die Wimperwurzeln der Flimmerzellen, die Stäbchen- strukturen der Nierenepithelien, die Kopulationsfäden der Fuss- zellen im funktionierenden Hoden sind“, fügt Meves hinzu, „meines Erachtens ausschliesslich mitochondrialer Her- kunft“ usw. Nachdem also eine grössere Anzahl von Gewebsteilen unter der Herrschaft der Mitochondrien resp. Chondriokonten eingeführt worden war, warf schliesslich Meves die Frage auf, wie eigent- lieh die Mitochondrien sich zu der Filarmasse (dem Mitom) Flemmings verhalten. Er kam hierbei diesmal zu dem folgenden Schluss: „Wenn wir“, sagter, „nun alle Zelistrukturen, die in irgend einer Weise auf das Chondriom zu- rückzuführen sind (unter diesem Namen verstehe ich die (resamtheit der in einer Zelle vorhandenen Mitochondrien bezw. Chondriokonten), von der Filarmasse, zu der wir sie bisher gerechnet haben, abziehen, so werden als Repräsentanten dieser letzteren wohl überhaupt 182 Gustaf Retzius: nur verhältnismässig wenige übrig bleiben.!) Als Beispiele seien genannt: Die Spindelfasern und Pol- strahlungen in sich teilenden Zellen; inruhenden Zellen die Strahlungen, welche in manchen Zellarten, wie in den Leukocyten, von den Centriolen ausgehen.“ Er fügt aber noch hinzu: „Es lässt sich nun vermuten, dass auch diese und andere Fadenstrukturen, welche sich uns als gewöhnliche Filarmasse darstellen, nur eine andere Erscheinungs- form des Chondrioms sind“ usw. In der Tat blieben als Repräsentanten der Flem- mingschen Filarmasse sehr wenige Strukturen übrig! Indessen hatte Meves diesmal die Nomenklatur mit zwei neuen Namen bereichert: die Chondriokonten und das Chondriom. Nach dieser „Überführung“ eines grossen Teils der Filar- masse Flemmings zum Gebiet seiner Öhondriokonten machte im Jahre 1907/05 Meves eine gewiss auch für ihn selbst unerwartete „Entdeckung“, wie er sie nennt! Er hatte nämlich nun ent- deckt, was wir anderen — als Anhänger der alten Mitomlehre — schon lange wussten — dass seineÖhondriokonten wenigstens zum grossen Teil mit den Fila Flemmings identisch sind. In der V. Abteilung seiner in diesem Archiv (Band 72) ver- öftentlichten Abhandlung vom Jahre 1908 behandelte er also von neuem u. a. auch „Die Chondriosomen in ihrem Verhält- nis zur Filarmasse Flemmings“ und „Über Proto- plasmastruktur“. Bei erneuerten Untersuchungen über die Zellen der Salamanderlarven „machte ich“, sagte er, „nun die Entdeckung, dass die von Flemming in lebenden Zellen der Salamanderlarve beobachteten Fäden, .... welche ich als Chondriokonten in den Zellen junger Embryonen beschrieben habe“, Filarmasse im Sinne Flem- mings sind.!) „Die Feststellung“, fügt Meves hinzu, „dass die Flemmingschen Filamit Chondriokonten identisch sind, ist geeignet, eine höchst erwünschte Klärung in unseren Anschauungen über die Struktur der Zellsubstanz herbeizu- führen. Diejenige Substanz, welche die Fäden oder Chondrio- konten bildet, kann, wie wir nunmehr wissen, auch in Form von Körnern vorkommen. Diese Körner,die Mitochondrien, ‘) Von mir gesperrt. © Was sind die Plastosomen ? 18 verlieren damit die Sonderstellung, die ihnen bis- her zuerkannt werden musste, sie sind nur eine andere Erscheinungsform der FlemmingschenFila“.') Aus diesen und anderen Zugeständnissen und Äusserungen geht es klar und deutlich hervor, dass Meves von einem über- zeugten Anhänger der Bendaschen Mitochondrienlehre, nach welcher die Mitochondrien neu entdeckte, spezifische Zellelemente seien, zu der Überzeugung gelangt war, dass dieselben sowie seine eigenen „Chondriokonten“ mit den Flemming- schen Fäden (den Filaoder dem Mitom) identisch sind! Zugleich hatte er aber nun gefunden, dass auch den Alt- mannschen DBioblastenkörnern dasselbe Schicksal zuteil ge- worden sei. „Nach meiner Meinung“, sagt er, „lässt sich mit Sicherheit behaupten, dass ein grosser Teil der von Altmann beschriebenen Granula (wahrscheinlich fast alle, soweit sie nicht veagentienprodukte sind) mit Mitochondrien identisch sind.“ Was war nun von der von verschiedenen Seiten her so viel- fach ausposaunten Mitochondrienlehre übrig geblieben? Eigentlich nur die neuen Namen! Dies hatten wir anderen, die Anhänger der alten Protoplasmalehre, schon lange gewusst, und wir er- warteten also, dass auch die neuen Namen, die „Mitochondrien“, die „Chondriomiten“ von Benda, die „Chondriokonten‘“, das „Öhondriom“ usw. von Meves, welche von Anfang an für ganz andere Begriffe, für neue Zellelemente geschaffen waren, ausgemerzt, und die alten, für die echten, längst bekannten Zell- elemente geltenden Bezeichnungen zu ihrem Recht kommen würden. Dies wollte man aber offenbar nicht. Man versuchte nicht nur die neuen Namen auf die alten Begriffe zu über- führen, indem man die alten Bezeichnungen, welche das Prioritäts- recht hatten, ganz überging, sondern man schuf bald noch mehr solche neue Namen. Weil ich diese Behandlung sowohl der hervorragenden Vor- gänger als der Geschichte der Wissenschaft nicht billigen kann, habe ich gegen dieselbe mehrmals protestiert. Dann bekam ich aber die Antwort, dass ich die Sache nicht richtig aufgefasst habe. Ich hätte nämlich nicht bemerkt, dass die „Entdeckung“ Meves’ darin bestand, dass die von Flemming an lebenden Tierzellen (bei der Salamanderlarve) beobachteten Fäden, und !) Von mir gesperrt. 154 Gustaf Retzius: nur diese Fila, mit den Mitochondrien identisch seien, nicht aber die fixierten Fila Flemmings. Dies wäre dann eine grosse Restriktion. Flemming selbst rechnete aber zu seinen Fila, seinem Mitom, auch die vonihm mit geeigneten Fixier- mitteln (z.B. seinem eigenen Gemisch) nachzuweisenden Fila, und ich bin mit ihm darin seit langem ganz einverstanden. Ich werde unten auf diese wichtige Frage, bei der Besprechung meiner neuen Untersuchungen über die Protoplasmastruktur, zurückkommen. Die Äusserungen Meves’ hinsichtlich des Verhaltens der Flemmingschen Filarmasse oder des Mitoms zu den mito- chondrialen Elementen sind übrigens so eigentümlich, dass ich gestehen muss, dass ich seine Meinung nicht sicher verstehe. Ich habe eine Anzahl solcher Äusserungen von ihm zusammen- gestellt, will aber des Platzes wegen sie hier nicht sämtlich mit- teilen. Nur eine solche Äusserung (vom Jahre 1908) sei, im Anschluss an die schon oben zitierten, als Beispiel angeführt: „Die Entwicklung, welche unsere Kenntnisse der Plasmastruktur in den letzten Jahren genommen haben, lässt es vielleicht gerechtfertigt erscheinen, wenn wir die Flemming- schen Bezeichnungen Filarmasse oder Mitom auf die Strahlungen und die bezüglich ihrer vitalen Existenz noch zweifelhaften, ihnen eventl. gleich- wertigen feinen Faden- oder Netzwerke beschränken. Dagegenkönntedie Gesamtheit der in einer embryo- nalen Zelle vorhandenen Uhondriosomen als Chon- driom bezeichnet werden. Man kann übrigens die Vermutung haben, dass zwischen dem Chondriom einerseits und der Filarmasse oder dem Mitom im obigen Sinne andererseits Wechselbeziehungen vor- handen sind in der Weise, dass das Chondriom sich inFilarmasse und eventuellumgekehrt umwandelt.“') Also: die Flemmingschen Bezeichnungen Filarmasse oder Mitom seien hier auf die Strahlungen und die bezüglich ihrer vitalen Existenz noch zweifelhaften, ihnen eventuell gleich- wertigen feinen Faden- oder Netzwerke beschränkt usw. Dagegen wird noch eine neue Bezeichnung von Meves einge- führt: die „Ohondriosomen“, welche die Mitochondrien und die Chondriokonten umfassen sollen. !) Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 155 In einer im Jahre 1910 in diesem Archiv (Band 75) ver- öffentlichten Abhandlung „Über Strukturen in den Zellen des embrvonalen Stützgewebes“ etc. behauptet Meves, dass seine Chondriosomen allen Differenzierungsprodukten in den Organen und Geweben des Embryonalleibs zugrunde liegen: „Zu den Differenzierungsprodukten der Chondriosomen gehören, wie ich angeführt habe,“ sagt er, „erstens die verschiedenen Faser- strukturen, zahlreiche fibrilläre Bildungen in Epithelzellen, wie z. B. die ‚Protoplasmafasern‘ der Epidermiszellen, die Fibrillen der glatten und quergestreiften Muskelfasern, die Neurofibrillen und Neurogliafasern, die Bindegewebsfasern; zweitens wahrscheinlich auch die verschiedensten auffälligen chemischen Erzeugnisse des zellulären Stofiwechsels; wie z. B. die Sekretkörner, das Fett, die Pigment- und Dotterkörner.“ Dies wäre in der Tat eine stattliche Wirksamkeit der Chondriosomen ! Dass das Zellprotoplasma und dessen zusammensetzende Elemente hierbei beteiligt seien, ist wohl von den Biologen lange eingesehen, und man hat sich auch lange bemüht, die feineren Prozesse hierbei zu erforschen. Man ist dabei aber im allgemeinen vorsichtig und kritisch vorwärts gedrungen, weil man gefunden hat, dass diese feinen Lebensprozesse in den Zellen sehr kompli- ziert und schwer zugänglich sind, sowie dass man durch plötz- liche Annahmen und Hypothesen oder durch neue Benennungen allein die Probleme nicht löst. Meves scheint aber von vornherein zu wissen, dass es seine „Uhondriosomen“ sind, welche alles dies tun, alle diese Ditferenzierungsprozesse bewerkstelligen ! Und was sind denn eigentlich seine „Chondrio- somen“” Die Chondriosomen sind „die Mitochondrien“ und „die Chondriokonten“, hat er selbst vorher versichert. Da ich aber auf diese Fragen unten zurückkomme, werde ich hier nicht weiter auf ihre Besprechung eingehen. Es soll aber hier nun auch betont werden. dass Meves selbst in der folgenden Darstellung doch nicht ganz so sicher zu sein scheint, wie aus den angeführten Worten hervorging. Er fügte nämlich folgendes hinzu: „Wenn eine derartige Rolle der Chondriosomen in der Histogenese tatsächlich nachgewiesen wäre, würde es vielleicht angemessen 156 GursıtartaRrert zumulse sein,') sie in der Bezeichnung zum Ausdruck zu bringen: man könnte!) statt von Chondriosomen von Plastosomen (Plastochondrien, Plastochondriomiten oder kürzer Uhondriomiten, Plastokonten)!) sprechen.“ Also: „Wenn ... . tatsächlich nachgewiesen wäre, würde es vielleicht angemessen sein, sie in der Bezeichnung... usw. Auf so starken Gründen führte nun Meves die neue, so viel voraussetzende und dann so viel benutzte Bezeichnung ‚Plastosomen' ein.“ Und „was sind die Plastosomen“? Sie sind „Plastochondrien, Plastochondriomiten oder kürzer CUhondriomiten, Plastokonten“. Sie sind auch Chondriosomen. Seitdem ist ja nun in die histologische Nomenklatur, in Verbindung mit den anderen Namen, die Bezeichnung Plasto- somen eingeführt worden! In einer im Jahre 1911 in diesem Archiv (Band 76) ver- öffentlichten Abhandlung „Über dieBeteiligung der Plasto- chondrien an der Befruchtung des Eies von Ascaris megalocephala*, wobei er zu seinen Untersuchungen, wie die Gebrüder Zoja, nach der Altmannschen Methode be- handeltes Material angewandt hatte, kam er wieder auf seine neue Körner- und Fadenlehre zurück. In der Einleitung betont er nämlich wieder, dass er neuer- dings die Fadenlehre Flemmings und die Granulalehre Alt- manns in der Theorie der Uhondriosomen oder Plastosomen vereinigt hat, „dass sie bald in Form von Fäden, Chondriokonten oder Plastokonten, bald in derjenigen von Körnern, Mitochondrien oder Plastochondrien, auftreten. Die Chondriokonten oder Plasto- konten sind mit den Fila Flemmings von 1882, die Mito- chondrien oder Plastochondrien mit den Körnern Altmanns identisch“. Bisher wurde eine Verständigung besonders dadurch erschwert, fügt Meves hinzu, „dass Flemming irrtümlicher- weise die Fadenwerke, die hauptsächlich nach saurer Fixierung in den Zellen sichtbar sind, mit den von ihm am lebenden Objekt beobachteten Fäden, welche die Grundlage seiner Filartheorie bilden, identifizierte“.') !) Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 187 „Weiter fand ich selbst“, sagt Meves, „dass Chondrio- somen oder, wie ich sie von nun an ausschliesslich nennen werde, Plastosomen (d. h. Plastokonten oder Plasto- chondrien),!) in allen embryonalen Zellen gegenwärtig sind, und kam zu der Überzeugung, dass sie die Anlagesubstanz für die verschiedensten Differenzierungen bilden, die im Lauf der Ontogenese auftreten. Daraufhin habe ich dann meinerseits die Plastosomen als die Vererbungsträger des Protoplasmas oder als protoplasmatisches Idioplasma angesprochen.“ Was die Struktur des Protoplasmas in den Ascariseiern betrifft, so fand Meves in den Altmannschen Präparaten die scharf rotgefärbten „Plastochondrien* — die Gebrüder Zoja beschrieben dieselben Körner im Jahre 1891 als „Plasti- dulen“ — durch den ganzen Zelleib, stellenweise Gruppen bildend, verstreut, ohne sie verbindende Fäden, wie es andere Forscher beschrieben haben. „Ich habe meinerseits“, sagt Meves, „von derartigen Fäden nichts gesehen, und scheint mir ihre Existenz durch die Art und Weise, wie die Plastochondrien im Zellkörper verteilt sind (besonders aber auch durch ihr späteres Verhalten), so gut wie ausgeschlossen zu sein.“ „Von einem Faden- oder Netzwerk in der Grundsubstanz“ hat er also nichts wahrgenommen. „Das ist“, fügt er hinzu, „allerdings durchaus kein Beweis gegen seine Existenz, denn es wäre leicht möglich, dass es infolge starker Osmierung unsichtbar ge- worden!) wäre.“ Von den „sehr kleinen regellos zerstreuten Körnchen, deren Boveri Erwähnung tut, ist es möglich, dass sie den Mikrosomen Van Benedens,also Plastochondrien, entsprechen“.') Was nun das Verhalten der Bestandteile des Proto- plasmas des Eies und der Eizelle bei der Befruchtung betrifft, so kam Meves zu der Überzeugung, dass die Plastochondrien des ins Ei eingedrungenen Spermiumkopfes sich in dem Proto- plasma des Eies verteilen, und dass sie mit den weiblichen Plastochondrien „wahrscheinlich“ verschmelzen. „Aus theoretischen Gründen“, sagt er, „muss angenommen werden, dass, nachdem die männlichen und weib- lichen Plastochondrien sich gemischt haben, früher oder später je ein männliches und weibliches Korn miteinander verschmelzen“.t) ») Von mir gesperrt. er [0 0) GustarRet ziuls: Schliesslich hat Meves auch mit der Altmannschen Methode die Echinideneier untersucht (dieses Archiv, Bd. SO, 1912) und hat — meinen Ergebnissen mit anderen Methoden gegen- über, wobei ich in diesen Eiern ein echtes kornführendes Mitom- getlecht fand — nicht wahrnehmen können, dass die Plasto- chondrien durch feine Fasern verbunden sind. „Dies beweist zwar“, sagt Meves, „nichts gegen die Existenz der Fasern. Ich bin aber durch das Studium anderer Objekte immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass die Plasto- chondrien stets frei in der Grundsubstanz liegen.') Dagegen habe ich oben für das Seeigelei ebenso wie früher für andere Zellarten die Möglichkeit offen gelassen, dass neben den Plastochondrien ein Faden- oder Netzwerk in der Grundsubstanz als präformierte Bildung existiert.“ Um die Richtigkeit seiner Ansichten meinen Bemerkungen über die Namen gegenüber zu beweisen, wählte Meves nun als Beispiel unter anderen die weissen Blutzellen in der Iympha- tischen Randschicht der Salamanderleber, in welchen er schon früher das Vorhandensein seiner Plastokonten näher beschrieben hatte. Ich will hier unten diese Frage eingehender behandeln, und zwar im Zusammenhang mit seiner wiederholten Bemerkung, dass ich für die Darstellung der betreffenden Protoplasmastruktur, bezw. der Plastochondrien, nicht geeignete Fixierungsmethoden angewandt habe. Nach dieser Durchmusterung der wichtigsten Äusserungen und Angaben von Meves betreffs der neuen Lehre von der Struktur des Protoplasmas ist es nun meine Aufgabe, aus den- selben das „Fazit“ zu ziehen und die Grundprinzipien derselben herauszufinden. Aus den betreffenden Mevesschen Schriften, welche einen Zeitraum von etwa 5 Jahren (1907—1912) um- fassen, erfahren wir erstens, dass diese Lehre von Anfang bis zu Ende recht. verschiedene Stadien durchlaufen hat. Von der irrtümlichen Bendaschen Mitochondrienlehre ausgegangen, nach welcher die von Benda in den männlichen Sexualzellen gefärbten Mitochondrienkörner zuerst als nicht nur neuentdeckte, sondern als für diese Zellen spezifische /ellelemente proklamiert wurden, um dann in einer Anzahl !) Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 159 anderer Zellarten wiedergefunden, aber noch als neuentdeckte, spezifische Elemente hervorgehoben zu werden (Mevesu.a.), ging die Lehre dazu über, zu erkennen, dass diese Elemente weder neu noch spezifisch sind. Dies war schon längst mir und manchen anderen Zytologen offenbar, indem es uns klar und deutlich war, dass die Mitochondrien und Chondriomiten Bendas wenigstens grösstenteils dieselben Zellelemente waren, welche von manchen früheren Zytologen, Flemming, Van Beneden, His, M. Heidenhain, J. Arnold, zum Teil auch Altmann u.a, schon lange gekannt, beschrieben und bezeichnet worden waren. Im Jahre 1907/08 machte nun aber Meves, wie er selbst sagt, die „Entdeckung“, dass die Körnerfäden, welche er als Chondriokonten beschrieben hatte, mit den Flemmingschen Fila identisch sind: „Die Mitochondrien“, sagt er, „verlieren damit die Sonderstellung, die ihnen bisher zuerkannt werden musste, sie sind nur eine andere Erscheinungsform der Flemmingschen Fila“. Zugleich fand aber Meves auch, dass „die Mitochondrien und Chondriokonten den ‚Körnern und Fäden‘ Altmanns ent- sprechen“. Hierdurch würde also auch die so viel betonte „neue“ „Mitochondrienlehre“ mit der „alten“ Protoplasmalehre „identisch“ sein. Doch nicht ganz! Meves machte bald eine bestimmte testriktion. Die Fäden der neuen Lehre seien nur mit den Fäden identisch, die Flemming am lebenden Gewebe wahr- genommen und beschrieben hatte, und Meves betonte sogar (1911), dass Flemming „irrtümlicherweise die Fadenwerke, die hauptsächlich nach saurer Fixierung in den Zellen sichtbar sind, mit den von ihm am lebenden Objekt beobachteten Fäden, welche die Grundlage seiner Filartheorie bilden, identifizierte“. Diese Restriktion scheint offenbar für Meves äusserst wichtig zu sein. Auf Grund derselben wollte er von der Identität seiner Fäden mit den Flemmingschen Fila einen höchst bedeutenden Teil ausschliessen. Er scheint sogar „die Flemmingschen Bezeich- nungen Filarmasse oder Mitom auf die Strahlungen und die bezüglich ihrer vitalen Existenz noch zweifelhaften, ihnen eventuell gleichwertigen feinen Faden- oder Netzwerke beschränken“ zu wollen! Aus solchen Gründen scheint also Meves nicht geneigt zu sein, die Flemmingschen Bezeichnungen in dem Sinne aufrecht halten zu wollen, wie Flemming und wir anderen sie auf- fassen, und Bendas und seine eigenen neuen Bezeichnungen 190 Gustaf Retzius: zu verwerfen. Im Gegenteil! Er hat eine ganze Reihe neuer Termini technici geschaften, welche teilweise miteinander synonym sind und, wie ich schon früher betont habe, jedenfalls grössten- teils unnötig, ja sogar unnütz sind, und dies um so mehr, als die Begriffe. denen sie entsprechen sollen, sehr unklar sind. Es ist deshalb an der Zeit, nachzusehen, welche diese Be- griffe und die ihnen beigelegten Bezeichnungen sind. Nachdem Meves im Jahre 1907 die Bendaschen Namen Mitochondrien und Chondriomiten für dessen Fadenkörner und Körnerfäden akzeptiert hatte, fügte er unter der neuen Bezeichnung Chondriokonten eine Art anscheinend meist homogener Stäbe oder Fäden hinzu, welche bei Embryonen vom Huhn und Meerschweinchen reichlich vorkommen. Im Jahre 1908 führte Meves die Bezeichnung „Ühondrio- somen“ ein, indem er damit Mitochondrien und Chondrio- konten zusammenfasste, wozu noch der Name „Uhondriom“ hinzukam. Im Jahre 1910 fand sich Meves wieder veranlasst, die Bezeichnung Uhondriosomen durch diejenige der Plasto- somen zu ersetzen. Er hatte nämlich behauptet, dass diese Zellelemente den Difterenzierungsprozessen zugrunde liegen und motivierte, wie oben erwähnt, diese neue Benennung folgender- massen: „Wenn eine derartige Rolle der Chondriosomen in der Histogenese tatsächlich nachgewiesen wäre, würde es viel- leicht angemessen sein, sie in der Bezeichnung zum Ausdruck zu bringen; man könnte statt von Chondriosomen von Plasto- somen!) (Plastochondrien, Plastochondriomiten oder kürzer Chon- driomiten, Plastokonten) sprechen“. Ich habe diese „Motivierung“ von Meves hier wieder an- geführt, um zu betonen, wie schwebend und schwach dieselbe war, um diese neue so viel präsumierende Bezeichnung, die dann nachher als ein „fait accompli“ galt, in die Wissenschaft einzu- führen und dort als eine Art Siegesfahne zu behalten. Weil Meves „behauptet“ hatte, dass die Chondriosomen allen Differenzierungsprozessen ...... zugrunde liegen, würde es — vielleicht angemessen sein, sie als „Plastosomen“ zu bezeichnen. Meinesteils bin ich im ganzen kein Freund von präsu- mierenden Schlagwörtern in der Wissenschaft. Leider sind wir !) Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 191 noch nicht so weit gekommen, dass wir sicher wissen, wie und durch welche Elemente im Protoplasma die von Meves auf- gezählten Differenzierungsprozesse zustaudekommen. Dass die in der Plasmasubstanz vorkommenden Körner, oder wenigstens ein Teil derselben, dabei wirksam sind, hat man sich ja schon lange gedacht; man braucht aber noch viel sicherere Observationen, als die bisherigen, die wir hinsichtlich der Rolle der Körner be- sitzen, um dies in den Bezeichnungen auszudrücken und festzu- halten. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat nicht nur das Mitom (die Fäden mit ihren Körnern), sondern auch die Zwischen- substanz, das Paramitom, welche in den Mevesschen Betrachtungen eine gar zu geringe Rolle zu spielen scheint, bei allen diesen verschiedenen Prozessen eine sehr wichtige Auf- gabe. Mir erscheint deshalb die Mevessche Bezeichnung Plastosomen als gar zu verfrüht, und ich kann nur vor dieser ihrer Anwendung warnen. Es ist, bis auf weiteres, viel besser, eine indifferente, nach den morphologischen Charakteren gewählte Bezeichnung zu benutzen. Julius Arnold, welcher doch seit langem schon, vom morphologischen Standpunkte aus, zum Teil die physiologisch-chemischen Prozesse im Zellprotoplasma studiert hat, nannte die von ihm beschriebenen Körner, welche wohl in manchen Fällen und Beziehungen mit den Mevesschen (rebilden identisch sind, Plasmosomen, und es wäre viel richtiger, diese Bezeichnung wieder aufzunehmen. Nach dieser Besprechung der fraglichen Mevesschen Bezeichnungen komme ich aber zu den ihnen entsprechenden Begriffen zurück: Was sind die Plastosomen? Dass sie eine Art im Zellplasma vorhandener „Faden- körner“ oder „Körnerfäden“ oder nur homogene „Fäden“ sind, ist keine hinreichende Definition, besonders wenn man bedenkt, dass Meves unter diese seine Gebilde nur die von Flemming in lebenden Zellen wahrgenommenen Elemente einreihen will. Was sind dann alle die anderen schon von Flemming und auch von einer Reihe anderer Zytologen (Van Beneden, His, M. Heidenhain usw.) nach geeigneter Fixierung gesehenen und beschriebenen Körner und Fäden? Ich habe selbst seit langem diese Strukturen eingehend untersucht und noch in den letzten Jahren nach den verschiedensten Methoden kritisch geprüft und 192 Gustaf Retzius: auch beschrieben, so dass ich meine, recht viele Erfahrungen auf diesem (Gebiete zu besitzen. Im Gegensatz zu seinem früheren Lehrer Flemming will Meves, wie erwähnt, alle diese Bildungen nicht mit den von Flemming in der lebenden Plasmasubstanz sesehenen Elementen zusammenführen. Was sind dann die anderen? Meves’ Versuch, das Flemmingsche Mitom, wie man es in den guten Präparaten in schöner Weise studieren kann, auf die „Strahlungen“ usw. zu beschränken, gelingt jedenfalls nicht und kann nur zu der Ansicht Veranlassung geben, dass Meves dies Mitom in guten Präparaten nicht kennt. Nach meinen, ich darf wohl sagen, umfassenden und eingehenden Studien solcher Präparate bin ich schon längst zu derselben Ansicht wie Flemming gelangt, dass dies Mitom in solchen Präparaten einer echten, wahren, natürlichen und der schon 1882 von Flemming in der lebenden Zelle wahrgenommenen Struktur entspricht. Eine wahre, wirkliche Definition der Plastosomen habe ich in den Mevesschen Schriften vergebens gesucht. Es scheint mir, dass unter dieser und seinen übrigen Bezeichnungen eine Anzahl verschiedener Bildungen aufgenommen worden sind, von denen wahrscheinlich mehrere nicht als eigentliche Plasma- elemente zu betrachten sind, sondern eher als zu seinen eigenen paraplastischen Gebilden zu gehören scheinen. Hier liegt offenbar noch ein grosses, aber schwieriges Gebiet vor, auf welchem noch manches zu erforschen ist. Man darf aber auf demselben nicht zu schnell urteilen, sondern nur vorsichtig und streng kritisch, unter Benutzung verschiedener Untersuchungsmethoden, vorwärts dringen. Ich betone dies, weil es mir scheint, dass Meves und seine Schule gar zu schnell zu Wege gehen und Schlüsse ziehen. Wie gefährlich die Anwendung nur einer einzelnen Fixierungs- und Färbungsmethode sein kann, lernt man z. B. aus einigen der letzten Arbeiten von Meves. So hat er mit der Altmannschen Methode in den Eiern von Ascaris megalocephala und von Echinus nur die Körner seiner Plastosomen, nicht die sie verbindenden Fäden wahrgenommen und aus dieser fehlenden Beobachtung den Schluss gezogen, dass keine verbindenden Fäden vorhanden sind. Er zog aber zugleich den gar zu schnellen Schluss, dass alle die Forscher, die solche Fäden gesehen und beschrieben haben, irrten! Die Plastochondrien sind nach Meves — und er scheint sogar diesen Satz verallgemeinern zu wollen — Was sind die Plastosomen ? 195 nicht durch Fäden verknüpft; sie sind also nur freie Körner oder Körnerreihen. „Dass die Plastochondrien nicht durch Fäden ver- knüpft sein können,“ sagt er (1912), „wird meines Erachtens dadurch bewiesen, dass sie sich häufig auf einen bestimmten, relativ kleinen Bezirk des Cytoplasmas konzentrieren, nachdem sie vorher in der ganzen Zelle verstreut waren. .... Ferner kann ich auf die Lageveränderungen hinweisen. welche die Plastochondrien des Ascariseies nach dem Eindringen des Sper- miums erleiden.“ Es ist leicht zu verstehen, dass, wer solche Anschauungen von der Struktur des Protoplasmas hegt, nicht mehr der Mitom- lehre Flemmings huldigen kann — und umgekehrt! Nachdem ich also in den Schriften des eigentlichen Führers der neuen Protoplasmastruktur-Lehre keine hinreichend erläuternde Darstellung, und besonders auch keine wirkliche Definition der Plastosomen entdecken konnte, versuchte ich in der schon um- fangreichen Literatur über die Mitochondrienfrage eine bessere Antwort hierüber zu finden. Aber vergebens! Überall nur schwebende, schwankende oder sogar ganz strittige Angaben. Dann hoffte ich doch in der so umfassenden Besprechung des vornehmsten Schülers von Meves, J. Duesberg, welcher unter dem Titel: Plastosomen, „Apparato reticolare interno“ und Chromidialapparat, kürzlich in den Ergebnissen Merkel-Bonnets veröffentlicht worden ist, die exakte Antwort auf meine Frage zu finden. Der Erfolg blieb aber ebenso negativ. Obwohl der Verfasser dieser gross angelegten Revue sich als ein entschiedener Anhänger seines Lehrers Meves und dessen Proto- plasmalehre zeigt, erklärt er selbst (Seite 769), keine eigentlich anwendbare Definition des Begriffs „Plastosomen“ abgeben zu können. Er äussert sich wie folgt: „Welche ist in der Tat die richtige Definition der Plastosomen der erwachsenen Zellen nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse? Die chemische ist es nicht... Auch die morphologische ist es nicht, weder die von Benda, die in dem einen Wort: ‚Mitochondria‘, Fadenkörner, ausgesprochen ist, noch die von Champy (1911): ‚granulations susceptibles de se grouper en filaments granuleux Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.1. 13 194 Fustaf Retzius: ou lisses et viceversa (S.147)‘. Einzig die histogenetische‘) Definition bietet alle Garantien: Die Plastosomen der er- wachsenen somatischenZellen sind Elemente,welche von den Plastosomen der Embryonalzellen stam- men; und um einen Unterschied zwischen den Plastosomen und ihren Differenzierungsprodukten zu machen, muss man hinzufügen: und die alle mikrochemischen Eigenschaften dieser Plastosomen beibehalten haben.“ „Eine solche Definition“, fügt nun Duesberg hinzu, „be- gegnet in Wahrheit in der Praxis grossen Schwierigkeiten.“ Nachdem ich dieses Zugeständnis des vornehmsten und tief eingeweihten Herolds der neuen Plastosomenlehre gelesen hatte, fand ich es natürlich unnütz, nach weiteren Dokumenten und Aussprüchen in der betreffenden Frage zu suchen. Duesberg hätte ebenso gern zugestehen können: „Eine solche Definition ist, bis auf weiteres, unmöglich anzuwenden, und wenn oder wann dies möglich wird, lässt sich nicht voraussagen“. Nachdem ich nun diese übersichtliche Revue der ziemlich verwickelten Akten, auf welche die neue Plasmosomenlehre gegründet ist, gemacht habe, bleibt mir diesmal noch übrig, die Bemerkungen zu behandeln, welche Meves gegen meine eigenen Darstellungen der Protoplasmastruktur veröffentlicht hat. Wesent- lich fallen diese seine Bemerkungen natürlich mit denen zusammen, welche im ganzen die Mitomlehre betreffen. so dass ich sie hier nicht direkt zu repetieren brauche. Es sind aber noch einige besondere Angriffe, die ich berühren muss. Sie betreffen die von mir angewandten Fixierungsmethoden. Von diesen hängt es nach Meves ab, dass ich nicht die neue Plastosomenlehre an- erkannt habe. Ich hätte mit Essigsäure gesäuerte Fixierungs- semische gebraucht und nicht die für die Darstellung der Plasto- somen geeigneten Methoden, unter anderem die Altmannsche und seine eigene modifizierte Flemmingsche Methode benutzt. In meiner im XVII. Bande der Biologischen Untersuchungen (1912) Nr. 5 veröffentlichten Mitteilung „Zur Frage von dem Problem der Protoplasmastruktur* habe ich schon teilweise diese Anmerkung Meves’ besprochen und beantwortet, indem ich be- tonte, dass ich bei meinen betreffenden Untersuchungen zwar ') Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 195 nicht die Altmannsche, aber doch die Flemmingsche Methode, auf deren Anwendung sich Meves selbst zum Teil gestützt hatte, angewendet habe. Ehe ich aber mein Schlusswort zu diesen seinen so stark betonten Bemerkungen abgäbe, wünschte ich, die von Meves hervorgehobenen Methoden genauer prüfen zu können. Dies habe ich nun auch während des letzten Frühlings und Sommers getan, und zwar teilweise an verschiedenen Zellgeweben. Ganz besonders habe ich aber einige solche Gewebsteile, welche den Gegenstand der Kontroverse zwischen mir und Meves bildeten, von neuem sehr eingehend untersucht. In erster Linie betraf dies die Zellen der Iymphatischen Randschicht der Salamanderleber und die Eier verschiedener Wirbeltiere und Wirbellosen, sowie die Nervenzellen, die Sinneszellen und das Nierenepithel; ferner auch die verschiedenen Zellarten der Hühnerembryonen in ver- schiedenen Stadien. Die Ergebnisse dieser meiner neuen Untersuchungen, welche ich ausführlicher in dem nächsten Bande meiner Biologischen Untersuchungen mit einer hinreichenden Anzahl von Bildern ver- öffentlichen werde, von denen ich aber hier ein kurzes Resumee mit einigen Bildern gebe, lassen sich dahin zusammenfassen, dass die Altmannsche Methode, wie ich aus früheren Erfahrungen von derselben voraussehen konnte, zwar eine prachtvolle Färbung der Plasmakörner hervorruft, die übrige Plasmastruktur, unter anderem die Fäden, aber nur ganz verwischt oder gar nicht zeigt, noch weniger sie distinkt hervorhebt. Mittels der Mevesschen Methode lassen sich aber sowohl die Körner als die Fäden deutlich darstellen, ungefähr ebensogut, wie mit dem gleichartigen, nur etwas stärkeren Flemmingschen Gemisch. Besonders interessant ist es- hierbei, in denselben Schnitten den Übergang von den stärker osmierten zu den schwächer von der Osmium- säureeinwirkung getroffenen Partien zu verfolgen. Dass die Fäden und ihre Körner in den weniger stark osmierten Partien distinkter hervortreten, war ja für einen jeden, der die Einwirkung der Ösmiumsäure auf das Zellplasma seit langem kennt, im voraus einzusehen. Wenn man aber die verschiedenen Stadien, von schwacher Einwirkung bis zu der starken, verfolgt, kann man die feineren Plasmastrukturen auch bis in diese letzteren, obwohl oft nicht besonders klar und deutlich, gut studieren. 13* 196 Gustaf Retzius: Nach dieser allgemeinen Orientierung werde ich nun einige Beispiele der also untersuchten Zellarten, mit Abbildungen, vor- führen und kurz besprechen. Ich wähle dazu als Vertreter der Eistruktur ganz be- sonders die der Eier von Gobius niger aus, teils deshalb, weil diese Eier ein wundervoll reines Protoplasma dar- bieten, teils auch weil ich von der Struktur derselben, wie sie sich durch andere Fixierungsmethoden beschaffen zeigt, schon eine ausführliche und eingehende Darstellung geliefert habe, und die Vergleichung mit den durch die Mevesschen Methoden ge- wonnenen Resultaten dadurch sehr erleichtert wird. In dem XVI. Bande meiner Biologischen Untersuchungen, N. F., habe ich also (Nr. 4, B, mit den Taf. XVI—XVIII) die Struktur der Eier sowohl in den Ovarien als nach ihrer Abgabe ins Meereswasser und nach Fixierung in Carnoyschen, Zenker- schen und anderen bewährten Gemischen dargelegt. In den ganz reifen, abgegebenen Eiern fand ich also in dem Keimhügel das reine, grösstenteils von den Dotterkörnern befreite Protoplasma, in wunderschöner Weise ein echtes Flemmingsches Mitom darbietend, mit in den Fäden des (Grerüstes reihenweise einge- fügten Körnern, Mikrosomen, und in einer homogen er- scheinenden Zwischensubstanz, dem Paramitom, gelegen. Die (serüstfäden, welche streckenweise recht weit verfolgt werden konnten, schlängelten sich umeinander, ohne netzartig verbunden zu sein, höchstens mit wiederholten dichotomischen Teilungen während ihres Verlaufes. In den sich teilenden Eiern konnte ich in sehr klarer Weise wahrnehmen, wie in den dabei um die Zentralkörper gebildeten Strahlungen die einzelnen Strahlenfäden in die gewundenen Fäden des übrigen Protoplasmas direkt über- gingen (siehe die Fig. 9 der Taf. XVII und die Fig. 2 der Taf. XVIII in der angeführten Abhandlung im XVI. Bande meiner Biologischen Untersuchungen). Bei der fortgesetzten Teilung des Eies ging immer mehr das gesamte Protoplasmagerüst der Blastomeren zur Bildung von Strahlungsfäden über (siehe die Taf. XVIII derselben Abhandlung). Im ganzen hatte ich vor mir eine grosse Anzahl über- zeugender Bilder eines echten Mitoms. Ganz ähnliche Resultate habe ich dann noch bei der Untersuchung der Eier zahlreicher anderer Tiere, sowohl Wirbeltiere als Wirbellosen, bekommen. Was sind die Plastosomen ? 197 in den Eiern der Echinodermen und Ascariden hatte ich auch früher hiermit übereinstimmende Ergebnisse gewonnen und be- schrieben. Meves scheint indessen alle diese meine Ergebnisse als sehr geringwertig und nicht beweiskräftig betrachtet zu haben, und zwar mit der Erklärung, dass er im allgemeinen meine Fixierungsmethoden als für diese Untersuchungen ungeeignet halte. Es blieb mir also noch übrig, an den Eiern von Gobius und einer Anzahl anderer Tiere die von Meves rekomman- dierten Fixierungsmethoden zu prüfen und die Bilder mit meinen früheren Ergebnissen zu vergleichen Dies habe ich nun in eingehender Weise getan und bin dadurch zu solchen Resultaten gekommen, dass ich entschieden an meiner früheren Darstellung festhalten muss. Die von Meves berührten Methoden gaben mir nämlich Resultate, die gar nicht in Widerspruch zu denjenigen stehen, welche ich mit den von mir vorher angewandten Methoden erreicht hatte. Zwar gab mir auch hier, wie schon erwähnt, die Altmannsche Methode nur das, was ich erwartet hatte, nur die Körner, nicht die Fäden. Mit dem Mevesschen Gemisch, welches als ein schwächeres, modifiziertes Flemmingsches Gemisch aufzufassen ist, bekam ich dieselben Bilder, die ich früher mit dem eigent- lichen Flemmingschen, mit dem Carnoyschen, dem Zenker- schen und dem Boverischen Gemische gewonnen hatte; nur sind die mit den letztgenannten Gemischen gewonnenen Bilder in der Regel schärfer und klarer. Aufder Taf. VIII (h. u.) sind einige solche teils mit dem Flemmingschen, teils mit dem Meves- schen Gemisch fixierte und mit Eisenalaun-Hämatoxylin nach M. Heidenhain gefärbte Präparate bei starker Vergrösserung (Zeiss Apochr. 1,30, Apert. 2 mm, Komp.-Ok. 12 und die Fig. 1 und 5 noch dazu in doppelter linearer Vergrösserung) wieder- gegeben. Ich teile zuerst in Fig. 1 die Partie von dem Keim- hügel eines in Flemmingschem Gemisch fixierten Gobiuseies mit, wo man eine der ersten Teilungsspindeln bemerkt, von deren einer polaren Sphäre die radiierenden Strahlenfasern ringsum direkt in das gekörnte Mitomgerüst des umgebenden, nicht in die Strahlung eingezogenen übrigen Protoplasmas übergehen. Ich hätte nun aus den mit dem Mevesschen Gemisch fixierten Eipräparaten eine Reihe sehr ähnlicher Figuren mitteilen können, 198 Gustaf Retzius: beschränke mich aber darauf, in den Fig. 2—6 einige Partien verschiedener Art aus Präparaten zu liefern, welche sämtlich in dem Mevesschen Gemische fixiert waren. Fig. 2 gibt also (in geringerer Vergrösserung als Fig. 1) eine Partie des Vertikal- schnittes vom Keimhügel eines Gobiuseies (mit der Eioberfläche rechts) wieder, in welchem man die gekörnten gewundenen Gerüstfäden verfolgen kann; im Paramitom sind einige kleine schwarzgefärbte Dotterkörner vorhanden Fig.3 stellt den Vertikal- schnitt eines Ovarieneies mit den im Paramitom befindlichen ge- körnten Mitomfäden, welche grosse dunkelgefärbte Dotterkörner umspinnen, dar: die sieben runden weissen Stellen sind Höhlen, aus welchen Dotterkörner bei der Präparation ausgefallen sind: das obere schwarze Band ist der Durchschnitt der Zona radiata, und nach oben davon bemerkt man die konischen Durchschnitte der Follikelepithelzellen mit den zwischen ihren Füssen gelegenen schwarzgefärbten Durchschnitten der für die Gobiuseier eigen- tümlichen Fäden der Follikelepithelschicht. In der Fig. 4 ist aus dem Vertikalschnitt des Keimhügels eines schon mehrfach geteilten Gobiuseies eine Gruppe von acht verschiedentlich in dem Schnitte getroffenen Blastomeren wieder- gegeben; rechts liegt der Aussenrand des Schnittes, wo die stärkste Ösmierung, obwohl in etwas verschiedenem Grade, gewirkt hat: bei den zwei obersten Blastomeren, welche nur in kleinem Maßstab getroffen sind (in dem rechten ist der Kern gar nicht getroffen), findet man die stärkste Dunkelfärbung von der Osmium- säure; in den übrigen ist dieselbe in verschiedenem Grade ge- ringer: in den sechs Blastomeren, in denen die Kerne getroffen sind, war aber in allen diesen Kernen eine starke Osmiumwirkung vorhanden. In dem Zellkörper aller dieser Blastomeren war ein radiierendes gekörntes Mitom im Protoplasma in verschiedener Weise wahrnehmbar, obwohl in mehreren auch das Paramitom durch die Osmiumsäure mehr oder weniger dunkel gefärbt war; aber noch in den beiden dunkelsten obersten liessen sich solche sekörnte Mitomfäden nachweisen, obwohl sie in dem sehr dunklen Paramitom sich teilweise versteckten oder wie Fäden oder Stäbchen aussahen; in den beiden unter ihnen rechts liegenden Blastomeren, in denen eine geringere Dunkelfärbung des Paramitoms vorhanden ist, nimmt man schon viel deutlicher die gekörnten Fäden des Mitoms wahr, und in den anderen treten sie scharf hervor; in Was sind die Plastosomen ? 199 der links oben.befindlichen, in dem der Kern nicht getroffen ist, findet man in der Mitte runde Körner, welche Querschnitten von ausstrahlenden Mitomfäden entsprechen. In allen diesen Blasto- meren sind schwarzgefärbte kleine Dotterkörner in dem Para- mitom vorhanden. Schliesslich ist in starker Vergrösserung in Fig. 5 aus einem in Flemmings Gemisch fixierten Präparat eine sich teilende Blastomere eines mehrfach geteilten Gobiuseies dargestellt, in welcher um die beiden polaren Zentralkörpersphären je eine schön ausgeprägte Strahlungssonne gekörnter Mitomfäden sichtbar ist. Und in Fig. 6 zeigt sich in geringerer Vergrösserung eine andere sich teilende Blastomere, welche aus einem in dem Mevesschen Gemisch fixierten Ei stammt. Auch hier nimmt man in schöner Weise die von den Sphären ausstrahlenden ge- körnten Fäden des Mitoms wahr, während die Spindel, an deren beiden Enden die beiden Uhromosomgruppen und die Sphären liegen, eine dunkelgraue Farbe darbietet. Als zweites Beispiel der mit dem Mevesschen Gemisch fixierten Zellstrukturen wählte ich, wie oben erwähnt, die phatrsechhens Zellen der- Randschruchtr. der Salamanderleber, welche Meves als ein besonders ge- eienetes Zellgewebe, in dem man die Plastosomen nachweisen könne, hervorhebt. In meiner oben angeführten Mitteilung „Zur Frage von dem Problem der Protoplasmastruktur“, welche im XVII. Bande meiner Biologischen Untersuchungen, N. F., 1912 veröffentlicht worden ist, habe ich schon diese Zellstruktur be- sprochen und dargetan, dass in den Zellen dieser Schicht stets ein echtes Flemmingsches Mitom vorhanden ist, obwohl Meves dies nicht anerkennen will. Dagegen konnte ich in diesen Zellen seine Plastosomfäden oder Stäbe nicht finden; nur in degenerierten, solchen Zellen verhungerter Tiere, konnte ich einigemal Gebilde finden, welche den Mevesschen Plastosomen etwas ähnelten. Da aber Meves auch hinsichtlich dieser meiner Befunde gewiss meint, dass ich ungeeignete Fixierungsmethoden benutzt habe, welche die Plastosomen nicht zeigen, habe ich mich nun auch bemüht, in reichlichem Umfang die Mevesschen Methoden hierfür zu prüfen. Ich habe deshalb die Lebern von zwölf neuen, frisch ein- gefangenen erwachsenen Salamandra mac. und von einer nicht geringen Anzahl von Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien 200 Gustaf Retzius: mittels der von ilım rekommandierten Methoden von neuem untersucht. Die nach der Altmannschen Methode behandelten Präparate gaben mir auch hier nur dieselben Resultate: nur rote Körner, zwar teilweise in deutlicher Reihenanordnung gruppiert, aber ohne jede deutliche fädige Verbindung, indem die Zwischen- substanz, in welcher sie lagen, fast homogen und kompakt, ohne eigentliche Struktur, aussah; von den Mevesschen Plastosom- fäden sah ich aber hier auch nichts. Die mit dem Mevesschen Gemisch fixierten Lebern, welche nach Vorschrift etwa S Tage (oder mehr) in einer reichlichen Menge der Flüssigkeit fixiert waren, um ihnen eine hinreichende Einwirkung der Osmiumsäure zu geben, zeigten mir nach der Färbung mit Eisenalaun-Häma- toxylin prinzipiell dieselbe Struktur, wie die von mir früher an- gewandten Fixierungsflüssigkeiten: ein echtes Mitomwerk, wie ich dies auf Taf. XIII im XVII. Bande meiner Biologischen Unter- suchungen wiedergegeben habe. Schon damals hatte ich ja auch das Flemmingsche Fixiergemisch geprüft und die gleiche Struktur erhalten. Es war deshalb sehr wahrscheinlich, dass das Mevessche Gemisch dieselbe Strukturart gäbe, obwohl die starke Osmiumbehandlung natürlich diese Struktur in einem weniger scharfen und deutlichen. mehr verwischten Zustande darbieten möchte. Dies trat auch ein. Wie in den Gobiuseiern, macht die OÖsmiumsäure zuweilen die ganze Zwischensubstanz der Zellen so undurchsichtig, dass man keine deutliche Struktur wahr- zunehmen vermag: in anderen Zellen gewahrt man zwar, obwohl nicht scharf, hier und da längere oder kürzere, ganz dunkle Fäden, welche den von Meves geschilderten ähnlich sind; in einzelnen von ihnen bemerkt man aber bei scharfem Nachsehen Reihen von Körnern; in noch anderen Zellen, in denen die Struktur weniger dicht gedrängt liegt, kann man, trotz der auch hier ziemlich dunklen Zwischensubstanz, doch deutlich Körner- reihen und hier und da die Körner verbindende Fäden wahr- nehmen. Weil die Dichtigkeit des Protoplasmas in diesen Zellen gewöhnlich recht gross ist, unter den zahlreichen, übrigens gleich- beschaffenen Zellen aber hier und da solche vorkommen, in denen es in verschiedenem Grade undichter ist, so kann man bald Stellen finden, wo die Körnerfäden leichter zu verfolgen sind; ganz besonders ist dies in sich teilenden Zellen der Fall, aber auch in einer Anzahl anderer. In der Fig. 7 der Taf. VII Was sind die Plastosomen ? 201 habe ich nun eine Gruppe von Zellen der Iymphatischen Leber- randschicht, die nach der Mevesschen Methode behandelt worden sind, wiedergegeben. In der obersten dieser Zellen sieht man also den Schnitt einer sich teilenden Zelle, in welcher fünf Chromosomen getroffen sind und nach aussen von ihnen einzeln liegende Körnerfäden von ausgesprochener Mitomnatur. Rechts von dieser Zelle liegt eine, in welcher der Kern nicht ge- troffen ist; hier ist ein ganz deutliches Mitomgeflecht mit ziemlich weiten Paramitommaschen vorhanden. In fünf der unten von diesen Zellen belegenen Zellen, in denen die charakteristischen, verschieden gestalteten, dunkelgefärbten Kerne, von denen einige halbkreisförmig angeordnet sind, erkennt man neben diesen den schwarz gefärbten Zentralkörper und von ihm als Zentrum aus- strahlende Körnerfäden. In diesen Zellen aber ist hier und da die Osmiumeinwirkung so stark gewesen, dass das Paramitom mehr oder weniger verdunkelt ist und die Körner, besonders wo sie dicht liegen, nur wenig distinkt hervortreten. In der Fig. 8 ist dann eine Gruppe, in demselben Gemisch fixierter, solcher Zellen abgebildet, in denen die Mitomstruktur und die Strahlungen um die Zentralkörper sich noch viel schärfer und schöner dar- bieten; in zwei von diesen Zellen sind die Kerne im Schnitte getroffen, in zwei anderen nicht; in der anliegenden kleineren Zelle rechts, wo auch der Kern sichtbar ist, erkennt man deutlich das Mitom, aber keine eigentliche Strahlung. Zum Vergleich mit diesen Zellen führe ich dann noch die in Fig. 9 abgebildete Zelle aus einem sehr stark osmierten Präparat an, in deren Zellkörper die um die den Zentralkörper enthaltende Sphäre vorhandene Strahlung keine eigentlichen Mitomfäden zeigt, sondern nur als radiär angeordnete Körnerreihen erscheint. Nach dieser erneuerten Untersuchung der Iymphatischen Zellen der sog. Randschicht der Salamanderleber, die ich, wie erwähnt, an reichlichem Material, und zwar ganz besonders mit Anwendung der von Meves empfohlenen Methoden und nach seinen Anweisungen ausgeführt habe, bin ich also zu dem Schluss gelangt, dass ich meine frühere Auffassung und Beschreibung bestimmt aufrecht halte. Ich habe dabei nur eine Bestätigung der- selben gewonnen. Ich habe in diesen Zellen ein echtes, mit Körnern, Mikrosomen, besetztes Mitomgerüst gefunden, welches zwar sehr fein und die höchsten Vergrösserungen erfordernd, 202 Gustaf Retzius: gewöhnlich auch sehr dicht ist, aber nach guter Fixierung und Färbung sehr deutliche Bilder gibt. Dagegen habe ich keine Plastosomen, wie sie Meves in diesen Zellen geschildert und abgebildet hat, angetroffen. Nur in offenbar kranken, wahr- scheinlich vom Hunger degenerierten Zellen sah ich früher einige solche Zellen mit Fäden und Stäben, diesmal aber auch solche nicht. In den ganz überosmierten Zellen, wo die Zwischen- substanz des Plasmas ganz dunkel und scheinbar homogen ge- worden war, konnte man durch die undeutlich hervortretenden Körnerreihen der Strahlungen verleitet werden, solche Fäden und Stäbe anzunehmen; bei genauerem Nachsehen liess sich aber auch in solchen Fällen nachweisen, dass keine wirklichen Fäden vorhanden waren, sondern nur Körnerreihen. Mir erscheint es jedenfalls sonderbar, dass Meves nicht das Flemmingsche Mitomgeflecht in diesen Zellen gefunden hat. Doch einmal hat er es, aller Wahrscheinlichkeit nach, gesehen und abgebildet. In seiner Abhandlung vom Jahre 1910 „Zur Einigung zwischen Faden- und Granulalehre des Protoplasma“ (dieses Archiv, Bd. 75) hat er in Fig. 23 eine solche Zelle mit strahlenförmig angeordnetem, körnertragendem Mitom abgebildet; er will aber die Beweiskraft dieser Figur nicht anerkennen: „Strahlung und Chondriosomen bestehen im Cytoplasma der weissen Blutzelle nebeneinander!); die Chondriosomen sind zwischen den Fäden der Strahlung!) gelegen“, sagt er. Und weil diese Körner in den Fäden der Strahlung lagen, konnten sie nur „Macerationsprodukte“ der Chondriosomen dar- stellen. Die Besprechung dieser Zelle und der damit zusammen- hängenden hochwichtigen Frage, welche Meves hier gab, ist deshalb von besonderem Interesse, weil sie zeigt, dass er von seinen theoretischen Anschauungen so stark beherrscht war, dass er auch. als er eine offenbar richtige Beobachtung gemacht hatte, dieselbe nur wegzuerklären und sie auf zu geringer Ösmierung beruhend zu betrachten suchte. Ich könnte nun noch eine Reihe von anderen Beispielen vorlegen, in denen ich dartun könnte, dass sich die Struktur der Zellen nach der Fixierung in Flemmings und Meves’ Gemischen derjenigen ähnlich zeigte, die ich nach der Fixierung in Carnoy- schem und Zenkerschem sowie in anderen Sublimatgemischen !) Von mir gesperrt. Was sind die Plastosomen ? 205 und in Pikrinessigsäuregemischen gefunden habe; so verhält es sich mit verschiedenen Tiereiern (auch den Echinideneiern) und Drüsenzellen, z. B. der Niere. Es würde dies aber hier zu weit führen und wohl auch nicht nötig sein, so dass ich es für eine spätere Mitteilung reserviere. Aus den schon angeführten Verhältnissen dürfte es wohl für einen jeden, der sich nicht durch andere Theorien ganz ge- bunden hat, klar bewiesen sein, dass das Protoplasma der hier näher besprochenen Zellartenauseinem echten Mitom von Körner (Mikrosomen) tragenden, nicht netzförmig vereinigten Fäden und einer scheinbar strukturlosen Zwischensubstanz (Paramitom) be- steht. Dagegen wurden bei diesen Zellarten keine Plastosomen im Sinne von Meves’ gefunden. Die von mir für diese Unter- suchungen benutzten Methoden haben im ganzen dieselben Resultate gegeben. Ich halte infolgedessen an meiner früheren Darstellung hin- sichtlich der Protoplasmastruktur entschieden fest. Diese Dar- stellung bestätigt im wesentlichen die alte Lehre von dieser Struktur, wie sie von Flemming, Van Beneden, His, J. Arnold, M. Heidenhain, K. Cam. Schneider u.a. auf- gefasst und geschildert worden ist. Dagegen steht die neue, hin und her schwankende und unklare Mitochondrien-Plastosomenlehre nach der oben gegebenen Beleuchtung auf einem sehr unsicheren Boden. Es hat sich zwar gezeigt, dass ihre Anhänger allmählich gefunden haben, dass die vorher als neu ausgegebenen Befunde der neuen Lehre zum grossen Teil mit den schon lange gekannten Befunden der alten Lehre „identisch“ sind. Die neuen Lehrsätze der Plastosomen- Lehre sind aber noch zu unsicher und zu unklar, um Vertrauen zu verdienen. Man weiss sogar nicht, welche Gebilde im Zell- plasma als Plastosomen zu bezeichnen sind, oder wie sie sich zu den eigentlichen Plasmafäden verhalten. Liegen sie in diesen Fäden oder zwischen ihnen? Dass Korn- und Fadenbildungen im Plasma mancher verschiedener Zellarten vorkommen, hat man ja lange gewusst. Welche von diesen Bildungen gehören nun zu den echten Plastosomen, und welche nicht? Man spricht auch von paraplastischen Bildungen, aber die Abgrenzung dieser Gruppe von den echten Plastosomen ist sehr unklar und unsicher. 204 Gustaf Retzius: Seitdem Meves in Hühnerembryonen seine Chondrio- konten als aus Fäden oder Stäben bestehend beschrieb, hat sowohl er selbst als mehrere seiner Schüler und Anhänger in verschiedenen Zellarten (Knorpelzellen, Bindegewebszellen, Epithel- zellen usw.) solche Zellelemente dargestellt. Dass bei gewissen Zellarten solche fadenförmige Gebilde vorkommen, wusste man schon lange. Es ist aber gewiss ein Verdienst von Meves und den Schülern, das Studium derselben aufgenommen und weiter geführt zu haben. Was sind aber nun diese Fäden oder Stäbe, die man bald als homogen, bald als mehr oder weniger in Körner zerfallend beschrieben hat? Meves hat ja dieselben schon von Anfang an mit den Mitochondrien zur Gruppe der Chondrio- somen (resp. Plastosomen) zusammengeführt und sie später als zum Teil mit den von Flemming schon längst (in lebenden Zellen) gesehenen Fäden identisch aufgefasst. Ob nun dies richtig ist, will ich bis auf weiteres offen lassen. Ich habe diese Fäden in gewissen Zellarten, auch nach Fixierung mit Carnoy schen und Sublimatgemischen, gesehen. Wie sie sich zu dem Mitom verhalten, blieb mir aber unklar. Falls sich beweisen lassen würde, dass sie eine besondere Art von Plasmaeinschlüssen bilden, könnte es ja geeignet sein, für diese Bildungen die Mevessche Bezeichnung Chondriokonten zu behalten (sie Plastokonten, resp. Plastosomen, zu benennen, halte ich aus oben angegebenen Gründen, da man von ihrer Rolle bei den Differenzierungen nichts Sicheres weiss, also ihre „plastische“ Rolle nur eine Vermutung von Meves ist, für ganz ungeeignet). In den von mir untersuchten Eiern der verschiedenen Tierarten, in den Iymphatischen Zellen, den Nierenzellen usw., sah ich sie nie, Was schliesslich die Mikrosomen des Mitoms der alten Plasmalehre betrifft, so sind sie, wie ich und andere schon lange betont haben, sicherlich auch sehr verschiedener Art und Zusammensetzung, deren Beschaffenheit noch sehr wenig auf- geklärt ist. Und was ihre biologische Rolle und Wirksamkeit angeht, so kann man zwar sich denken, dass diese für das Zell- leben und den Organismus, nicht nur, wie J. Arnold u.a. nach- gewiesen haben, sehr bedeutungsvoll, sondern auch sehr ver- schiedenartig und wechselnd sei — wir wissen aber noch gar zu wenig von dieser Rolle, um Theorien hierüber aufzustellen. Wie verhalten sie sich in dieser Beziehung zu den Fäden, denen sie Was sind die Plastosomen ? 205 angefügt sind, und zu der eigentlichen Zwischensubstanz, dem Paramitom? Wie sind die Rollen zwischen diesen drei Bildungen verteilt? Davon wissen wir äusserst wenig, um so mehr, als in ‚verschiedenen Zellarten diese Rollen auch sehr verschieden sein können. Man muss sich deshalb noch lange hüten, die fraglichen Bildungen mit bestimmten, biologisch eine gewisse Rolle an- gebenden Bezeichnungen zu belegen. Es ist deshalb, wie oben betont worden ist, ganz verfrüht, eine solche Bezeichnung wie „Plastosomen“ für noch so unbekannte Gebilde zu wählen. Es möchte auch hier hervorgehoben werden, dass es in ge- wissen Zellarten auch ein Protoplasma gibt, in welchem weder Mikrosomen, noch distinkte Fadenbildungen, noch weniger solche „Plastosomen“, die von der neuen Plasmalehre beschrieben wurden, gefunden worden sind. In meiner hier oben mehrmals angeführten Abhandlung „Zur Frage von dem Problem der Protoplasmastruktur“ (Biol. Unt., Bd. XVII, 1912) habe ich das Vorkommen dieser Protoplasmaart sowohl bei niederen Wirbel- losen, wo sie besonders von Hjalmar The&el in den Iymphati- schen Zellen, den Amoebozyten, der Körperhöhle der Echino- dermen (1896) genau beschrieben worden ist, als auch in gewissen weissen Blutzellen der Wirbeltiere, hervorgehoben. Ich hatte schon damals diese Zellarten mit denselben Fixierungs- und Färbungsmethoden (Carnoysche, Zenkersche, Flemmingsche Gemische, Heidenhainsche und Biondische Färbung) ein- gehend untersucht und in ihnen kein Mitom mit Mikrosomen ge- funden, sondern nur ein anscheinend unstrukturiertes Protoplasma, dann und wann mit sehr undeutlicher Streifung, schwacher un- bestimmter Körnelung und Vakuolenbildung in der Umgebung des Kerns: an den Rändern können sich zwar diese Plasmaschollen „fädig“ verästeln, aber offenbar ohne sichtbare Struktur: das ganze Plasma dieser Zellen ist ja beweglich und ändert im Leben hin und wieder in ganz wechselnder Weise seine Form, so dass es scheinbar als bewegliche Fäden ausschiessen kann. Hier liegt also eine Art Protoplasma vor, in dem kein mit Mikrosomen besetztes Mitomgerüst sich entwickelt. Ich zog aus diesem Ver- hältnis den Schluss, dass für den Protoplasmabegriff das Mitom nicht ganz nötig ist, obwohl es für die allermeisten Zellen der Tierwelt doch eine Grundbedingung ihrer Wirksamkeit zu sein scheint. Die Mitomfäden mit ihren Mikrosomen dienen gewisser- 206 Gustaf Retzius: massen als eine Art für die allermeisten Zellen der Organismen nötiger „Organellen“. Ich habe in diesem Sommer nun die erwähnten Mitom entbehrenden Zellarten noch einmal nach verschiedenen Methoden untersucht und dieselben Resultate erhalten. Auch mit der Mevesschen Methode sowie mit der Altmannschen konnte ich in diesem Protoplasma nichts weiteres finden. Ich betone aber auch hier, dass dasselbe mit den Essigsäure haltenden (semischen (Carnoyschem, Zenkerschem. Boverischem) ganz gleichartige „Strukturverhältnisse“ wie mit dem Mevesschen und dem Altmannschen zeigte. Die Essigsäure ruft also in diesem Protoplasma keine fädige Struktur, keine sogenannten „Artefakte“ hervor, was wichtig ist, noch einmal hervorzuheben. Zusammenfassung und Schlüsse. Nachdem ich also eine Zusammenstellung und teilweise auch eine Beleuchtung der wichtigsten Äusserungen und Angaben Fr. Meves’ hinsichtlich der neuen Lehre von der Struktur des Protoplasmas, der Plastosomenlehre, hier oben geliefert und im Zusammenhang damit meine eigenen Ergebnisse hinsichtlich der Bedeutung der von mir angewandten Fixierungsflüssigkeiten gegenüber denjenigen von Meves geschildert habe, will ich hier noch versuchen, in einzelnen Punkten die wichtigsten Resultate dieser Untersuchung zusammenzufassen. 1. Die Mitochondrienlehre Ü. Bendas ist von Anfang an (vom Jahre 1897) von der irrtümlichen Auffassung ausgegangen, dass die von Benda in den männlichen Sexualzellen gefundenen Körnerbildungen, die Mitochondrien und die Chondrio- miten, neuentdeckte und für diese Zellen spezifische Zellelemente seien. Nachdem Benda später diese Bildungen in verschiedenen anderen Zellarten (Eiern, Nierenepithel usw.) ge- funden hatte und es also deutlich war, dass sie für die männ- lichen Sexualzellen nicht spezifisch sind, hielten er und seine Anhänger sie noch immer für ein neuentdecktes Zellelement, dem Benda selbst eine motorische Aufgabe zuschrieb. 2. Als Fr.Meves ungefähr ein Dezennium nach dem Hervor- treten der Mitochondrienlehre diese Lehre aufnahm, äusserte er (im Jahre 1907): „Benda hat das grosse Verdienst, in den von Was sind die Plastosomen ? 207 ihm sogenannten Fadenkörnern oder Mitochondrien zuerst einen weitverbreiteten spezifischenBestandteil der Zellen erkannt zu haben“. Meves, welcher nun für stab- oder fadenförmige Bildungen dieser Art auch einen neuen Namen, die Chondriokonten, schuf, hielt offenbar die fraglichen Zellelemente für neue, von Benda entdeckte Zellteile.. Meves hatte noch nicht eingesehen, dass wenigstens ein grosser Teil dieser Elemente von verschiedenen Zytologen (Flemming, E. van Beneden, M. Heidenhain, His, Altmann, J. Arnold u. a.) schon längst gekannt und beschrieben war. Die Mitochondrien resp. Chondriokonten stellen nach Meves das Bildungsmaterial für zahlreiche Faserstrukturen dar, und für die Filarmasse Flemmings blieb nach ihm ver- hältnismässig wenig übrig (als solche Reste nannte er die Spindel- fasern und die Polstrahlungen). 3. Im Jahre 1907/08 machte nun, wie er selbst sagt, Me ves „die Entdeckung“, dass seine Chondriosomen, unter welcher neuen Bezeichnung er die Mitochondrien und die Öhondriokonten zusammenfasste, wenigstens zum grossen Teil mit den Fila (dem Mitom) Flemmings und auch mit den Granula Altmanns identisch sind, wodurch schliesslich auch für ihn die Mito- chondrien „die Sonderstellung, die ihnen bisher zuerkannt werden musste“, verloren. Dann betonte Meves bestimmter, dass er mit den Fila Flemmings nur die von diesem in lebenden Zellen gesehenen Bildungen, nicht die von Flemming im fixierten Material beschriebenen Fäden meine. 4. Nachdem, wie erwähnt, Meves die Mitochondrien und die Chondriokonten unter der Bezeichnung Chondriosomen zu- sammengefasst und von ihnen behauptet hatte, dass sie allen Ditferenzierungsprozessen in den Organen und (Geweben des Embryonalleibes zugrunde liegen, gab er ihnen deshalb (1910) noch eine neue Bezeichnung: „Plastosomen“, und zwar mit folgender Motivierung: „Wenn eine derartige Rolle der Chondrio- somen in der Histogenese tatsächlich nachgewiesen wäre, würde es vielleicht angemessen sein, sie in der Bezeichnung zum Ausdruck zu bringen; man könnte statt von Uhondriosomen von Plasto- somen!) (Plastochondrien, Plastochondriomiten oder kürzer Chon- driomiten, Plastokonten) sprechen“. Also: wenn ihre grosse Rolle in der Histogenese tatsächlich nachgewiesen wäre, !) Von mir gesperrt. 208 Gustaf Retzius: würde es vielleicht angemessen sein, sie als „Plastosomen“ zu bezeichnen! Die ganze Sache ist demnach sehr problematisch. Ich habe dieser meiner kritischen Mitteilung den Titel ge- geben: „Was sind die Plastosomen?“ Es ist deshalb meine Pflicht, zu untersuchen, was die Plastosomen eigentlich sind. Eine eigentliche Definition dieses so prätendierenden Begriffes habe ich aber weder in den Schriften von Meves noch in der grossen Abhandlung seines vertrauten Schülers J. Duesberg (in Merkel-Bonnets Ergebn., XX. Bd., 1911 resp. 1912), welche gerade den Titel „Plastosomen“ etc. führt, finden können. Duesberg hat offenbar auch versucht, eine „Definition“ zu finden, gesteht aber unter anderem zu, dass eine solche in Wahr- heit in der Praxis „grossen Schwierigkeiten begegnet“. 5. Im Jahre 1911 kam Meves in seiner Abhandlung „Über die Beteiligung der Plastochondrien an der Befruchtung des Eies von Ascaris megalocephala“, in welcher er seine, ursprünglich schon von Benda stammende Lehre, dass diese Körner die Vererbungssubstanz des Protoplasmas darstellen, zu der „Überzeugung“, dass die Plastochondrien des Spermiumkopfes sich in das Protoplasma des Eies verteilen, und dass sie mit den weiblichen Plastochondrien „wahrscheinlich“ ver- schmelzen. „Aus theoretischen Gründen“, sagt Meves, „muss angenommen werden, dass, nachdem die männlichen und weib- lichen Plastochondrien sich gemischt haben, früher oder später je ein männliches und weibliches Korn miteinander verschmelzen.“ Wie man „aus theoretischen Gründen“ einen so bedeutungs- vollen und weittragenden Schluss aufstellen kann, ist wenigstens mir unbegreiflich! 6. In derselben Abhandlung vom Jahre 1911 erklärte auch Meves gegen uns andere, welche im Plasma der Ascariseier die die Körner verbindenden Fäden gesehen und beschrieben hatten, dass er selbst in seinen Altmannschen Präparaten von der- artigen Fäden nichts gesehen habe, und dass ihm ihre Existenz „so gut wie ausgeschlossen zu sein“ scheine. Dass Meves diese Fäden in seinen Altmannschen Präparaten nicht gesehen hat, ist meiner Ansicht nach aus oben angegebenen Gründen leicht erklärlich, weniger leicht aber, dass er daraus einen so bestimmt verneinenden Schluss ziehen konnte. Was sind die Plastosomen ? 209 7. In derselben Abhandlung (1911) findet man auch die für den Inhalt und die Begrenzung seiner Plastosomenlehre be- deutungsvolle, bestimmt ausgesprochene Verurteilung einer wesent- lichen Partie des von Flemming (und anderen Forschern) beschriebenen Mitoms (Fila). „Die Chondriokonten oder Plasto- konten“, sagt Meves. „sind mit den Fila Flemmings von 1882, die Mitochondrien oder Plastochondrien mit den Körnern Altmanns identisch.“ Bisher wurde eine Verständigung be- sonders dadurch erschwert, fügt Meves hinzu, „dass Flemming irrtümlicherweise die Fadenwerke, die hauptsächlich nach saurer Fixierung in den Zellen sichtbar sind, mit den von ihm am lebenden Objekt beobachteten Fäden, welche die Grundlage seiner Filartheorie bilden, identifizierte.“ Wie Meves diese Verurteilung des Flemmingschen Mitomgerüstes, welches nach „saurer“ Fixierung in den Zellen sichtbar ist, so kategorisch proklamieren konnte, erscheint mir unbegreiflich. Er verurteilte hiermit nicht nur eine ganze Reihe von zytologischen Arbeiten und Entdeckungen (sowohl seines so kritischen früheren Lehrers Flemming selbst als vieler anderen bedeutenden Zytologen), sondern auch die Flemmingsche und die meisten histologischen Fixiermethoden, von denen ja die aller- meisten „sauer“ sind. Seine eigene Modifikation des Flemming- schen Gemisches ist ja auch „sauer“ (Chromsäure und Essigsäure enthaltend). Ich muss mich ganz entschieden gegen diese Mevessche kategorische Verurteilung aussprechen. Ohne alle sauren Fixie- rungen wären wir in der Zytologie sicherlich nicht so weit ge- kommen, wie wir es jetzt sind. Und für die Erforschung der Struktur des Protoplasmas sind sie auch sehr nützlich. 8. Bei seinen Untersuchungen über die Echinideneier (1912) nach der Altmannschen Methode konnte Meves nicht die von mir beschriebenen, die Plasmakörner verbindenden Fäden finden. Er war nun immer mehr „zu der Überzeugung gelangt, dass die Plastochondrien stets freiin derGrundsubstanz liegen“. Er dachte sich aber die Möglichkeit, „dass neben den Plastochondrien ein Faden- oder Netzwerk in der Grundsubstanz als präformierte Bildung existiert“. Dass Meves in seinen Altmannschen Präparaten von Echinuseiern die Fäden des Mitomwerkes nicht sah, ist ganz Archiv f.mikr. Anat. Bd.84. Abt. I. 14 210 Gustaf Retzius: natürlich, weil diese Methode, wie oben schon für die Ascariseier betont wurde, dazu ganz ungeeignet ist. 9. Was nun Meves’ Darstellung der Plasmastruktur in den Iymphatischen Zellen der Randschicht der Sala- manderleber betrifft, so bin ich nach einer wiederholten ein- gehenden Untersuchung dieser Zellen zu einer ganz anderen Auf- fassung als er gelangt. In diesen Zellen gibt es, wie ich früher und nun auch nach der Anwendung des Mevesschen Gemisches zur Fixierung gefunden habe, ein echtes Mitomwerk. 10. Aus den in seinen letzten Arbeiten ausgesprochenen Ansichten scheint hervorzugehen, dass Meves sich der Alt- mannschen Bioblastenlehre immer mehr genähert hat, indem er nunmehr im Protoplasma nur die nach dessen Methode färbbaren, „frei“ liegenden Körner, die Granula, anerkennt und zu seinen „Plastosomen“ rechnet, welchen Gebilden er nicht nur die Rolle der Differenzierungen, sondern auch der Vererbung, ja sogar eine Verschmelzung (eine Art Kopulation) von männlichen und weib- lichen Elementen usw. zuerteilt. Durch seine erwähnte kategorische Verurteilung anderer („saurer“) Fixiermethoden meint er an- scheinend von seinen Plastosomen die übrigen mit diesen Methoden nachweisbaren Elemente ausgeschlossen zu haben und lässt einen Vergleich, eine Konfrontation, mit ihnen nicht zu. Die Flemming- schen „Fila“ (mit Ausnahme der im lebenden Gewebe wahrnehm- baren) existieren für Meves kaum mehr als natürliche Elemente, höchstens die Spindelfasern und die Polstrahlungen in sich teilenden Zellen, in ruhenden Zellen die Strahlungen, welche in manchen Zellarten, wie in den Leukozyten von den Zentriolen ausgehen, welche er wenigstens doch früher noch als Repräsen- tanten der Filarmasse betrachtet haben wollte. Was sind dann für ihn alle die mit „sauren“ Fixiermitteln im Plasma der Zellen nachgewiesenen Mitomstrukturen Flemmings und anderer Forscher? Wahrscheinlich hält er sie für Kunstprodukte! Ich und andere, welche Anhänger der alten Lehre von der Protoplasmastruktur sind und vor etwa drei Jahrzehnten, nach dem Vorgange von Flemming und mehreren anderen /ytologen jener Vorzeit, uns dieser Lehre, der Mitoml’ehre, angeschlossen und dieselbe auch weiter ausgebildet haben, meinen nun, nachdem wir die alten und die neuen Richtlinien eingehend und kritisch miteinander verglichen und geprüft haben, dass die Was sind die Plastosomen ? >11 neuere Lehre, die Plastosomenlehre, auf falsche Wege ge- raten ist; was in ihr richtig sein kann, ist nicht neu, und was in ihr als neu erscheint, ist nicht richtig, aber unklar und schwankend. Es wäre deshalb zeitgemäss, dass man allgemein darüber klar wird, was richtig und was irrtümlich in der Plasma- lehre im ganzen ist, damit nicht die zytologische Forschung, beeinflusst durch scheinbar lockende Schlagworte, wie Plasto- somen und dergleichen, in unrichtige Bahnen hineingleite, was unserer Wissenschaft für lange Zeit schaden kann. 12. Weil ich mich durch vieljährige Untersuchungen in ver- schiedenen Gebieten der Zytologie davon überzeugt habe, dass im allgemeinen die vor allem von Flemming inaugurierte Mitomlehre richtige Grundprinzipien enthält, obwohl er gewisse Partien in denselben, z. B. das Vorkommen der Körner, der Mikrosomen, gar zu wenig beachtet und betont hat, so habe ich in den letzten Jahren versucht, an verschiedenen Objekten, und vor allem an Eiern, in denen man doch, neben dem Dotter. teilweise aber auch von diesem frei, das reinste Protoplasma höherer Ausbildung trifft, die Struktur desselben, sowohl im frischen lebenden Zustande als nach verschiedenen Fixierungen und Färbungen zu erforschen. In dem lebenden Zustande be- kommt man indessen keine so distinkten Bilder, dass man aus ihnen sichere Schlüsse zu ziehen vermag. Mit Fixierungen und scharfen Färbungen gelingt aber dies oft in schöner Weise. Wenn dann die verschiedenen Methoden in jedem einzelnen Falle zu gleichartigen Ergebnissen führen, so hat man wohl als in hohem Grade wahrscheinlich anzusehen, dass man das möglichst Richtige getroffen hat. Und wie ich schon vorher hervorgehoben habe, sind wohl Forscher, die eine lange Übung auf solchen Gebieten und ihre Kritik „bis nahe zur Skepsis“ ausgebildet haben, doch ziemlich befähigt, die echten Strukturen von den falschen, die natürlichen von den artifiziellen zu unterscheiden. 13. Weil ich nun auch selbst nach vieljähriger Arbeit auf diesem (rebiete zu der bestimmten Auffassung gelangt bin, dass im Protoplasma der Eizellen und vieler anderer Zellarten die Mitomstruktur, — die ich auch als die Flemmingsche Plasma- lehre bezeichnete, — in verschiedenen Variationen herrscht, so halte ich immerfort an ihr als einem leitenden Grundprinzip fest, indem ich das Protoplasma als aus folgenden Teilen be- 14* 212 Gustaf Retzius: stehend betrachte: aus einer scheinbar strukturlosen, aber wahr- scheinlich in wechselnder Weise sehr kompliziert zusammengesetzten Zwischensubstanz, dem Paramitom (der Interfilarmasse) Flemmings, und einem Fadengerüst aus mehr oder weniger dicht umeinander sich windenden, nicht netzförmig zu- sammenhängenden, zuweilen aber dichotomisch geteilten Fäden, in denen sich reihenweise angeordnete feine Körner, die seit langem bekannten Mikrosomen, finden: dem Mitom (der Filar- masse) Flemmings. Offenbar entsprechen die genannten Körner grösstenteils den Plasmosomen J. Arnolds, den Granula (den „Bioblasten“) Altmanns sowie auch den Mitochondrien Bendas und den Uhondriosomen-Plastosomen von Meves, obwohl der letztgenannte Forscher nicht die im „sauer“ fixierten Material nachweisbaren Körner als mit seinen Gebilden identisch anerkennen wollte; er scheint sogar nunmehr seine Körner nicht in den Fäden liegen zu lassen, sondern alle frei in der Substanz, höchstens, wenn Fäden vorhanden sind, als zwischen den Fäden belegen, anzunehmen; Meves scheint aber immer mehr die Fadenstruktur aus dem Protoplasma wegerklären zu wollen und befasst sich im ganzen sehr wenig sowohl mit ihr als mit der Zwischensubstanz. Was nun aber die Körner im Protoplasma der Zellen be- trifft, soll auch hier hervorgehoben werden, dass, wie man seit langem gekannt hat, dieselben offenbar von verschiedener Natur sein können und eine wechselnde Rolle spielen, sowie dass in manchen Zellarten, z. B. in gewissen Epithel-, Drüsen- und Sinneszellen, neben den echten Mikrosomen des eigentlichen Mitoms auch andere Körner vorkommen, die also zwischen den Fäden des Mitoms liegen und mit den Mikrosomen nicht ver- wechselt werden mögen, z. B. alle die Sekretkörner der Drüsen- zellen, die Dotterkörner der Eizellen usw. Mehrere Forscher haben zwar diese Körner direkt aus den Körnern der Mitomfäden herleiten wollen, ja sogar Flemming meinte die Dotterkörner durch weitere Ausbildung aus den Mitomkörnern herleiten zu können. Nach allem, was ich in dieser Beziehung zu ermitteln vermochte,» ist aber dies nicht der Fall: die Dotterkörner und die Sekretkörner entstehen in der Zwischen- substanz, dem Paramitom, wo sie sich auch weiter ausbilden. Was sind die Plastosomen ? 213 In gewissen Drüsenzellen zeigen sich ferner eigentümliche faden- oder stabförmige Gebilde: dies ist ganz besonders in den Zellen der Pankreasdrüse der Fall, wo sie auch ziemlich lange gesehen und in letzter Zeit oft beschrieben worden sind: man hat solche Gebilde oft mit dem Mevesschen Namen „Chondrio- konten“ bezeichnet, und sie verdienen bis auf weiteres gerne eine besondere Benennung: ihre Natur ist aber noch nicht klar: sie scheinen in den Pankreaszellen in verschiedenen Funktions- zuständen aufzutreten und dann wieder zu verschwinden; wie sie sich zu dem Mitom verhalten, ist noch nicht sicher entschieden. Diese „Chondriokonten“ mit den in gewissen Knorpel- und Binde- gewebszellen vorkommenden Faden- und Stabbildungen zu einer Gruppe zusammenzuführen, scheint mir aber ganz unnatürlich zu sein; noch weniger ist es, wie ich oben schon näher betont habe, geeignet, solche Bildungen, deren Rolle uns noch so unbekannt ist, als „Plastosomen“ aufzuführen. Nach ihren Form- und Färb- barkeitsverhältnissen allein lässt sich die Natur solcher Zell- elemente nicht sicher bestimmen. Meiner Ansicht nach wäre es nun in der Tat für die Wissen- schaft am glücklichsten. wenn man alle diese neuen Namen — von den Mitochondrien an bis auf die Plastosomen — deren Begriffe teils mit denen von schon längst bekannten und benannten Zellelementen mehr oder weniger zusammengehören, teils untereinander synonym, teils und vor allem sehr schwankend und unklar sind, fallen lassen wollte. Ich werde aber diesmal nicht näher auf diese Frage eingehen. Dass man im Protoplasma der verschiedensten Zellarten noch immerfort nach Strukturen sucht, ist ja vom histologisch- zytologischen Standpunkt nicht nur berechtigt, sondern auch indiziert, vor allem wenn man hierbei alle mögliche Kritik an- wendet und alle bewährten Methoden prüft. Allmählich lernt man wohl dadurch, die wahren Bilder von den falschen zu unter- scheiden. Mit nur hypothetischen Annahmen kommt man nicht weiter. Man muss aber, wie manche Forscher meinen, noch an die Möglichkeit denken, dass die Protoplasmastruktur nicht überall ganz gleichartig sei. Was meine eigene Erfahrungen betrifft, habe ich ja, wie erwähnt, nicht nur das in weitester Ausdehnung und in etwas wechselnder Anordnung vorkommende mito mhaltige Protoplasma gefunden, sondern auch in gewissen 214 Gustaf Retzius: Was sind die Plastosomen ? Arten von Lymphzellen bei Wirbellosen und Wirbeltieren ein Protoplasma gesehen, in dem ein derartiges Mitom und sogar jede distinkte Struktur fehlt. Es lässt sich als möglich denken, dass in anderen Zellformen noch andere Verhältnisse vorkommen können. Leider steht man aber auch auf diesem Gebiete, wie überhaupt bei der Untersuchung der feinsten Strukturen so oft, an der Grenze des Wahrnehmbaren: was unter dieser (Grenze liegt, gehört vielleicht — oder wahrscheinlich — für immer der unbekannten Welt an. Wie in meiner vorigen Schrift über diesen Gegenstand (1912), wünsche ich auch hier zu betonen, dass ich gar nicht aus Lust zur Polemik, sondern ausschliesslich aus Interesse für die Wissen- schaft die obigen Bemerkungen veröffentlicht habe. Ich habe diesmal, nachdem ich nun auch an den betreffenden Objekten die von meinem hochverehrten Gegner empfohlenen Fixierungs- methoden geprüft und seine Anmerkungen hinsichtlich meiner früheren Ergebnisse noch genauer studiert habe, meine Ansichten nur bestätigen und infolgedessen hier noch bestimmter und kräftiger formulieren können. Und ich zitiere hier die Schlussworte meiner angeführten früheren Mitteilung: „Ich bin auch davon überzeugt, dass nicht nur ich selbst, sondern auch mein hochverehrter Gegner von dem Wunsche beseelt ist, hier, wie überall, dem alten Baconschen Satze zu dienen: ex contentione veritas“. Ich will auch hier gerne hervorheben, dass ich, obwohl ich in den vorliegenden Fragen einer anderen Anschauung huldige, doch gerne anerkenne, dass mein verehrter Gegner und seine Schule, durch ihre Arbeiten, der Wissenschaft einen Dienst ge- leistet haben, indem sie die Frage von der Struktur des Proto- plasmas mehr in den Vordergrund der histologischen Forschung gerückt und zum Gegenstand verschiedener Meinung SAULZT EU Eu gemacht haben. Die Erklärung der Figuren der zu dieser Abhandlung ge- hörenden Taf. VIII ist oben im Texte S. 197—201 gegeben. Aus dem Anatom.-Biolog. Institut (Geheimrat Prof. Dr. Hertwig) und der Ersten Medizinischen Klinik (Geheimrat Prof. Dr. His) der Universität Berlin. Die anatomischen Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. Von Dr. W. Lange, Volontärarzt. Hierzu Tafel IX und X. Eine physiologische Theorie hat nur dann ein Recht, gehört zu werden, wenn für sie anatomische Grundlagen entweder vorhanden oder zum mindesten nicht ausschliessbar sind. Dieser wohl selbst- verständliche Satz scheint in dem Streite über die myogene oder neurogene Theorie des Herzschlages nicht immer beachtet worden zu sein. Der Befund von Nervenfasern überall im Herzen genügt nicht, um die Wahrscheinlichkeit einer neurogenen Leitung zu begründen, so wenig wie die Tatsache, dass das ganze Herz aus Muskulatur besteht, zur Annahme einer muskulären Leitung be- rechtigt. Man muss vielmehr nachsehen, ob auch in allen Einzel- heiten die physiologischen Ergebnisse mit den anatomischen in Einklang zu bringen sind. Dadurch, durch genaue Berücksichtigung der Anatomie, wird sich manches unsichere physiologische Resultat genauer bewerten, in seiner Bedeutung auf das richtige Maß ein- schränken lassen. Ein Beispiel: In der Hirnphysiologie war es lange Zeit ungewiss, welche von beiden Zentralwindungen als das eigentlich motorische Zentrum anzusprechen sei. Eigentümliche anatomische Struktur entspricht eigentümlicher Funktion. In diesem Falle fand sich nur in der vorderen Zentralwindung ein eigenartiger histologischer Aufbau, charakterisiert unter anderem durch die Betzschen Riesenpyramiden. Es war wahrscheinlich. dass nur ihrem Gebiete die besondere Funktion, die elektrische Erregbarkeit zukam, was später auch bestätigt wurde. Anatomie war der Physiologie vorausgeeilt, hatte ihr Richtlinien zu ge- nauerer Arbeit gegeben. Die Berücksichtigung der Anatomie ist ferner das sicherste Mittel, um Analogieschlüsse in ihrer Tragweite richtig einzu- Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt. I. 15 216 W. Lange: schätzen. Zahlreiche Versuche zur Begründung der myogenen wie der neurogenen Theorie sind nicht am Wirbeltierherzen, sondern an ganz anderen Objekten gemacht worden, mit oft nur sehr entfernt ähnlicher Funktion. ohne Rücksicht darauf, ob diese Gebilde morphologisch überhaupt verglichen werden dürfen. So wurden zur Begründung der neurogenen Theorie Versuche am Arthropodenherzen herangezogen, die den ziemlich sicheren Nach- weis der nervösen Reizerzeugung und Reizleitung bei jenen Objekten erbrachten. Eine solche Sachlage hätte aber auf Grund einfacher anatomischer Überlegungen erschlossen werden können. Denn den einzelnen Abschnitten des Arthropodenherzens, deren Tätigkeit zum Teil durch ganz ausserhalb des Herzens gelegene Muskelmassen bewirkt wird, fehlt ja gänzlich der innige musku- löse Zusammenhang, der für eine myogene Reizleitung Grund- bedineung ist. Die morphologischen Bedingungen für gleiche Funktion sind in der Natur sehr verschieden untereinander. Man denke daran, auf wie verschiedene Weise das Problem des Sehens in all seinen besonderen Einrichtungen gelöst ist. (Linsen- camera der Wirbeltiere — Lochcamera der Nautiliden: die ver- schiedenen Einstellvorrichtungen der Wirbeltieraugen.) Genauere anatomische Darstellungen des Baues von Arthro- podenherzen, die ich zur Prüfung dieser Ansicht hier anführen könnte, sind nicht zahlreich vorhanden. Carlson hat für das Limulusherz, bei dem er physiologisch eine rein neurogene Leitung festgestellt hatte, zwar angegeben, dass das Myokard genau so histologisch zusammengesetzt sei wie das der Wirbeltiere. Es stellt nach seinen und Meehs Untersuchungen ein Syneytium dar: tatsächlich aber sind die Fasern dieses Syneytiums hauptsächlich in der Querrichtung des Herzens, also als Ringfasern, angeordnet. Es geht aus seinen Angaben auch nicht hervor, ob die einzelnen Abschnitte dieses Syneytiums, die den verschiedenen hinter- einander sich kontrahierenden Teilen des Limulusherzens ent- sprechen, auch untereinander muskulös verbunden sind. Dass dies bei manchen Arthropoden sicher nicht der Fall ist, geht z. B. hervor aus der Untersuchung von Lawarzin über das Herz der Aeschnalarven. Hier besteht das Myokard aus Muskel- zellen, die teilweise zu Synceytien verschmelzen. Aber durch (Juerleisten, die dargestellt werden durch Nähte zwischen der Intima und der Adventitia des Herzens, wird das ganze Myokard Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. LT sowohl in der Längs- wie in der Querrichtung in einzelne Muskel- einheiten abgegrenzt, die gar keine Verbindung miteinander haben. Eine myogene Reizleitung ist bei diesen Larven von vornherein auf Grund der anatomischen Verhältnisse eben ausgeschlossen. Die jüngsten interessanten Feststellungen von Hofmann durch das Elektrokardiogramm bei den verschiedenen Wirbellosen haben in unzweideutiger Weise gezeigt, dass die Erregungs- vorgänge im Limulusherzen in keiner Weise zu vergleichen sind mit denen beim Säuger. Das Elektrokardiogramm des Limulus- herzens zeigt eine ganz andere Form als die des Säugerherzens. Aus ihr geht hervor, dass sich das Limulusherz ähnlich verhält wie ein willkürlicher, vom zuleitenden Nerven abhäneiger, quer- gestreifter Muskel der Wirbeltiere. . Die Berücksichtigung der Anatomie in dem Streite um die Physiologie des Herzens denke ich mir in dem Sinne, wie es His zuerst getan, als er durch vergleichend anatomische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen die Bedeutung be- sonders der Atrioventrikularverbindung als selbständigem und daher wahrscheinlich auch mit besonderer Aufgabe betrautem (rebilde im Herzen allgemein nachwies, und im besonderen im Froschherzen durch genaue Berücksichtigung des Verlaufes und der Struktur der muskulösen Verbindungen zwischen den einzelnen Herzabschnitten die widersprechenden Ergebnisse der Stannius- schen Versuche einheitlich deuten konnte. Die Weiterverfolgung der Hisschen Entdeckungen (Aschoff-Tawara, Keith und Flack) ist für die Physiologie des Herzens von grösstem Nutzen gewesen. Überall erwies sich die Anatomie als ein sicherer Führer. Reizbildungsfähigkeit kam besonders den wegen ihrer Struktur dafür bezeichneten spezifischen Muskelsystemen zu (Sinus-, Aschoff-Tawaraknoten. System der Purkinjefäden), keizleitung folgte aufs genaueste den ihr zugewiesenen Bahnen. His hatte zuerst gezeigt, dass durch die Durchschneidung des von ihm entdeckten Bündels beim Säugetier die Erregungs- überleitung von Vorhof auf Kammer unterbrochen wird. Seine Befunde wurden in ausgiebiger Weise bestätigt durch Erlanger, Hering u.a. Sie ergaben, dass die Reizleitung aufs genaueste auf dem dafür angenommenen Wege vor sich ging. Wie wertvoll die Anatomie als Führerin der Physiologie sein kann, zeigt die Entdeckung des Sinusknotens. Vor der Kenntnis von spezifischem ” 15* 218 W. Lange: Gewebe im Gebiete der oberen Hohlvene wusste man nicht ge- nau, wo der normale Ausgang der Herzerregung im Herzen liegt. Die Anatomie fand spezifische Struktur in dem Gebiete des Sinusknotens. Die neuesten Untersuchungen der Physiologen (Hering, Ganter und Zahn, Hoffmann und Brandenburg, Lewis, Wybauw) haben mit Sicherheit erwiesen, dass der Sinusknoten der Schrittmacher des Herzens ist. Die Anatomie hatte sich nur an das Muskelgewebe gehalten. Dass ihre Befunde in diesem allein für die Physiologie von Be- deutung, war natürlich von grosser Werbekraft für myogene Anschauungen, und blieb es lange, bis namentlich die Unter- suchungen am Limulusherzen und Überlegungen aus der allge- meinen Physiologie, Wahrscheinlichkeitsgründe von nicht grösserer Überzeugungskraft wie der: sonst überall (?) ist Reizbildung und teizleitung nur an das Nervengewebe gebunden, wieder neu- rogene Anschauungen zur Geltung brachten. Dazu kam, dass in jüngster Zeit auch in den der Reizleitung dienenden Systemen von spezifischer Muskulatur Ganglienzellen und Nerven gefunden wurden. Unter Missachtung aller anatomischen Überlegungen sprach man diesen (Gebilden die Hauptbedeutung zu, ohne zu untersuchen, ob Lage, Verlauf und ihre Anordnung sie überhaupt dazu befähigten. Anatomische und experimentelle Untersuchungen von His sprachen dagegen. Entschieden ist nun der Streit um myogene oder neurogene Theorie noch immer nicht mit Sicherheit. Da ein Weg zu experimenteller Entscheidung vorläufig nicht vorhanden, schien es mir zweckmässig, wieder die Anatomie zur Führerin zu nehmen. Im Folgenden will ich zunächst die anatomischen Grundlagen für die myogene Theorie auf Grund eigener vergleichend anatomischer, histologischer und entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen darstellen, während die nervösen Verhältnisse späterer Arbeit überlassen bleiben. Material und Methoden. Untersucht wurden: a) Säugetiere: Känguruh, Pferd, Zebrastute nebst acht- monatlichem Fötus, Nilpferd (neugeboren), Hausschwein, Meerschweinchen, Klippschliefer, Giraffe, Rind, Schaf, Ziege, Reh, indischer Elefant (erwachsen und vier- Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 219 wöchentliches Tier), Kaninchen, Ratte, Maus, Fledermaus, brauner Bär, malaischer Bär, Hunde, Katzen, Affen. b) Vögel: Taube, Fasan, Ente, Sperling, Bergfink. ec) Reptilien: Ringelnatter, griechische Landschildkröte, Eidechse, Alligator (jung). d) Amphibien: Frosch und Axolotl, in verschiedenen Entwicklungsstadien, Kröte, Unke. e) Fische: Forelle (vollständige Entwicklungsreihe), Aal, Thunfisch, Sägefisch, Goldfisch, Engelrochen. Das Material wurde auf die verschiedenste Weise fixiert und nach den für feinere Untersuchung üblichen histologischen und embryologischen Methoden weiter verarbeitet. Für die Er- langung dieses mannigfaltigen und z. T. sehr seltenen Materials bin ich besonders Herrn Prof. Dr. Heck, Direktor des Zoolo- gischen Gartens in Berlin, und Herrn Dr. Heinroth zu grossem Danke verpflichtet. Die Reizleitung im Herzmuskelgewebe überhaupt bringe ich in Beziehung zu der Streitfrage über den zelligen oder syvncytialen Aufbau des Myokards. Denn wenn auch Engelmann eine Leitung von Zelle zu Zelle ohne Vermittlung des Nerven- systems für wohl möglich hält, so scheint doch der Befund eines Syneytiums mit überall vorhandener Kontinuität der Muskelsubstanz eine bessere Grundlage für eine muskulöse Leitung. Bekanntlich setzt sich das Herz aus Muskelfasern zu- sammen, die netzförmig verzweigt sind. Leeuwenhoek hatte diese Zusammensetzung entdeckt, sie wurde von Kölliker bestätigt. Längere Zeit hindurch hielt man dann die Fasern des Myokards denen der Skelettmuskulatur gleichwertig, bis Weis- mann auf Grund von Isolationspräparaten an niederen Wirbel- tierherzen für die Zusammensetzung dieser aus dünnen, ein- kernigen Zellen von Spindelform eintrat. Bei höheren Wirbeltieren sollten die Herzzellen in seitlicher und in der Längsrichtung teilweise miteinander verschmelzen, in um so höherem Maße, je älter die Tiere und je höher sie in der Wirbeltierreihe stünden. Andere Forscher waren anderer Meinung. Über die Einzelheiten des nun einsetzenden Streites sehe ich hinweg (genauere Zu- sammenstellung darüber findet man bei Marceau, Heidenhain und von Ebner). Die Frage konnte erst einer einwandfreien 220 W. Lange: Lösung entgegengeführt werden, nachdem die Unbrauchbarkeit der alten Isolationsmethoden erkannt war und moderne technische Hilfsmittel unter Berücksichtigung der Entwicklungsgeschichte angewendet wurden. von Ebner wies die durch den Patho- logen Eberth mittels Versilberung dargestellten Zellgrenzen als Kunstprodukte nach. Heidenhain gab zuerst das richtige Schema für die plexusartige Verzweigung der Herzmuskelfasern im Meuschenherzen an. Er fasste das Myokard als Syneytium auf. Zu gleichem Resultat kam für das Wirbeltierherz überhaupt Marceau. In jüngster Zeit glaubten Zimmermann und seine Schülerinnen indessen doch wieder im Säugerherzen Zellen, wenn auch anderer Art und Form als früher angenommen wurde, dar- gestellt zu haben. Die Entscheidung beim Säuger hängt ab von der Deutung der in ihm zu findenden, als Zellgrenzen oder Kittlinien be- zeichneten Gebilde. Diese sind bekanntlich an Stelle der Zwischen- scheibe Z auf seltsame Weise in den Längsverlauf der Fasern eingeschaltet. Es sind Platten von verschiedener Breite und sie sollen folgende Anordnung haben. Sind sie so schmal, dass eine allein ein ganzes Bündel nicht durchschneiden kann, so unter- stützen sich mehrere. Die durch eine erste nur zum Teil bewirkte (uertrennung einer Faser soll vervollständigt werden durch eine um mehrere Muskelfächer ın der Längsrichtung ver- schobene zweite, oder gar eine dritte und vierte. So kommen die zackigen, treppenförmigen Kittlinien zustande. Es fragt sich nun, ob durch diese Schaltlinien wirklich Zellen begrenzt werden. Bei einfacher Untersuchung eines Schnittes scheint dies nicht der Fall, denn sie begrenzen oft völlig kernlose Faser- abschnitte. Nach Zimmermann sind diese Fragmente nur Anschnitte einer Nachbarzelle. Völlig sicher ist der Beweis für eine solche Ansicht noch nicht erbracht. Aber selbst wenn es so wäre, so ist es noch fraglich, ob die begrenzten, verzweigten, seltsam ineinander verhakten Abschnitte wirklich Zellen sind, enthalten sie doch oft zwei, vier bis dreissig und mehr Kerne. Was sollen die Kittlinien denn sonst sein? Nach Heidenhain stehen sie in Beziehung zum interkalaren Wachstum der Fasern, zur Faserspaltung usw. Letzterer Möglichkeit widerspricht eigent- lich die Tatsache, dass sie gerade jungen und sich neubildenden Herzen fehlen. Französische Autoren nehmen deshalb an, es wäre DD [0 N Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. eine Art Zwischensehnen. Obwohl von Ebner solche nicht selbst kontraktile Zwischensehnen für unzweckmässige Bildungen hält, da sie eine für den Herzmuskel nicht gleichgültige Kraftvergeudung bedeuten, ist mir die Deutung als Zwischensehnen sehr wahr- scheinlich. Man bedenke, bei der Kontraktion eines netzfürmig verzweigten Plexus treten Kräfte auf, die das Bestreben haben, die Fasern zu spalten. Um diesen Bestrebungen entgegen zu wirken, sind als Verstärkungen der Grundmembranen die Schalt- stücke angebracht. Wie dem nun auch sei, für unsere Frage von Wichtigkeit ist, dass die Kittlinien, selbst wenn sie Zellen begrenzen, sie diese nicht voneinander isolieren, denn die Fibrillen gehen ungehindert durch sie hindurch (Browice 1892, Przewoski 1897, Mac Callum, Hoche 1897, von Ebner 1900, Hoyer 1901, Marceau 1902). Besonders deutlich ist dieser ungehinderte Fibrillenübergang an solchen Präparaten, wo die Schaltstücke, was sehr häufig vorkommt, sich nicht färben lassen. Trotz sorgfältigster Untersuchung konnte ich da nirgends eine Veränderung der Fibrillen nachweisen. Imehanitzky hat zwar auf Grund ihrer Untersuchungen am flimmernden Herzen behauptet, die Schaltstücke trennen die einzelnen Faserabschnitte oder Zellen, indem sie für die Fortpflanzung der Kontraktions- wellen ein Hindernis bilden. Tatsächlich beobachtet man häufig. dass am fixierten Präparat eine Kontraktionswelle genau mit einem Schaltstück abschneidet. Doch macht demgegenüber Cohn darauf aufmerksam, dass am fixierten Präparat solch scharfes Auflösen einer Kontraktionswelle auch im Skelettmuskel häufig zu beobachten ist, dass ferner beim Herzen häufig die Kontraktions- wellen über ein Schaltstück hinausgehen. Genau so wie das Säugetierherz ist, wie Marceau nach- gewiesen, im Prinzip das Myokard in der gesamten Wirbeltier- reihe zusammengesetzt. Überall stellt es ein Synzytium dar, was um so leichter nachzuweisen ist, weil die Kittlinien mit Ausnahme der Vogelherzen, bei denen sie zum ersten Mal in der Entwicklungsreihe auftreten. fehlen. Marceau fand bei den niederen Wirbeltieren viele freie Endigungen in dem Plexus. Diese Behauptung kann ich nicht bestätigen und stütze mich dabei besonders auf die Befunde am Fischherzen. Dieses bot der Untersuchung einige Schwierigkeiten dar, weil die Muskulatur des Herzens eine sehr unregelmässige Anordnung der feinsten 222 W. Lange: Elementarbestandteile aufweist. Besonders bei kleinen Objekten ist es daher nicht möglich, auf einem Schnitt in dem Wirrwarr der in allen Richtungen getroffenen Fasern, eine richtige Vor- stellung von ihrem Verhalten zu erlangen. Mir gelang dies erst, als ich die grossen Herzen eines 2 m langen Thunfisches und eines Sägefisches bearbeitete. Fussend auf der bei Säugern ge- machten, physiologisch verständlichen Beobachtung, dass die Muskelfäserchen in ihrer Anordnung durchaus die der gröberen, makroskopisch sichtbaren Fleischfasern und -balken nachahmen, suchte ich nach Stellen, wo die Ventrikelwand einen möglichst regelmässigen Aufbau hatte. Besonders geeignet hierfür schienen mir Teile der gleich unter dem Perikard gelegenen, äussersten Muskelschichten, deren regelmässige Struktur durch eine feine, makroskopisch gerade sichtbare Streifung sich verriet. Solche Stellen wurden sorgfältig orientiert eingebettet und dann mög- lichst genau die Fasern längs treffende Schnitte angefertigt. Solche Schnitte ähneln bei oberflächlicher Betrachtung in hohem Maße solchen durch ein Säugerherz. Die oft ziemlich breiten Plasmastränge teilen sich, geben schmälere Seitenfasern ab, die wieder in benachbarte Hauptfasern übergehen. Die Fibrillen sind an vielen Kernen entlang ohne Unterbrechung zu verfolgen. Es liegt unzweifelhaft Syneytiumbildung vor, ganz ähnlich wie sie beim Säuger nachzuweisen. Kittlinien fehlen völlig. Die von Marceau beobachteten blind endigenden Verzweigungen sind nicht festzustellen. Das Isolationsverfahren, dem Marceau seine Beobachtungen verdankt, ist gerade für das Fischherz nicht ge- eignet, weil leicht neben den Querbrüchen der Fasern Längs- spaltung und Zerfall in Fibrillen auftreten, wodurch spitze freie Enden vorgetäuscht werden. Zu gleichem Resultat wie die Histologie führt auch die Embryologie. Nicht nur dass, wie erwähnt, dem jungen Säugetier die Kittlinien fehlen, findet man in allen früheren Stadien keine Andeutung von Zellen. Ich gebe eine kurze Darstellung der Ent- wicklung des Herzmuskels unter Berücksichtigung allein der Frage nach der zelligen oder nicht zelligen Zusammensetzung. a) Säugetiere. Untersucht man das Herz eines jungen neugeborenen Säugetieres oder eines älteren Fötus, so vermisst man zunächst vollständig die sogenannten Kittlinien. Die Spalten zwischen den einzelnen Plasmazügen sind bei guter Fixation kaum [0 [8] oo Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. wahrzunehmen und oft nur an den Kernen des sie ausfüllenden Bindegewebes nachzuweisen. Dennoch lässt sich leicht der beim ausgebildeten Herzen geschilderte Bau feststellen. Wie dort. ist es auch hier unmöglich, Anhaltspunkte für eine zellige Zusammen- setzung zu finden. Die Fibrillen lassen sich ungehindert ohne irgend welche Veränderung in der (uerstreifung auf sehr lange Strecken hin an mehreren Kernen vorbei verfolgen. Die Kerne selbst sind lang gestreckt, ziemlich zahlreich und liegen näher beieinander, als beim gänzlich ausgebildeten Tiere. Von diesem unterscheidet sich das vorliegende überdies noch durch die be- deutend geringere Dicke der Fasern. Die Fibrillen sind mehr in der Peripherie angeordnet und bilden so einen Mantel von kreisförmigem (Querschnitt, der das verhältnismässig reichliche Sarcoplasma umhüllt. Gehen wir über zur Untersuchung jüngerer Herzen, nach Kölliker bestehen diese aus sternförmigen Zellen. Der Unzuverlässigkeit der Isolationsmethode, mittelst welcher dieser Forscher zu seiner Ansicht gelangte, ist schon Erwähnung getan. Es sei nur darauf hingewiesen, dass Eckhard durch das- selbe Verfahren überaus verschiedene, ganz unregelmässig ge- formte und daher morphologisch gar nicht eindeutig bestimmbare (rebilde erhielt. Die Untersuchung im Schritt gibt nirgends Bilder, die denen Köllikers entsprechen könnten. Sie finden sich nicht in den Herzen von etwa 15 cm langen Schweineembryonen. Diese unterscheiden -sich vielmehr in ihrem Bau prinzipiell nicht von dem für das ausgebildete Säugerherz gültigen. Ein Unterschied liegt nur in der viel geringeren Dichte des Sarcoplasmanetzes. Das Gewebe erscheint wie aufgelockert, die Spalten zwischen den Fibrillen sind weiter, oft von Blut erfüllt. Die Fibrillen selbst sind spärlicher: ihre Anordnung zu längeren Bündeln im Schnitt oft undeutlich. Diese schwammartige Auflockerung ist die Haupt- ursache für die in gewissen Stadien der Embryonalentwicklung so auffällige Grösse des Herzens im Verhältnis zur Körpergrösse. Bei den jüngeren meiner Schweineembryonen, denen von 2—4 cm Steissnackenlänge, hat sie noch nicht stattgefunden. Die nähere Beobachtung zeigt hier folgendes: Die Untersuchung im Schnitt gewährt ohne weiteres keine deutliche Vorstellung von den vorliegenden Verhältnissen. Das Protoplasma zeigt sich nirgends in Zellen oder auch nur in zellenähnliche Gebilde zer- lest. Es stellt eine gleichmässige, nur undeutlich zu Strängen 224 W. Lange: angeordnete Masse dar. Die Fibrillen zeigen im allgemeinen bei oberflächlicher Betrachtung eine ausserordentliche Unregelmässig- keit. Nur dort, wo sie ganz quer getroffen sind, erkennt man, dass sie in lockeren Bündeln beieinander liegen, die wegen der starken Krümmung, der Unregelmässigkeit der Herzwandung nur selten ihrer Länge nach im Schnitt getroffen werden. Die jüngsten Säugerherzen, die zur Untersuchung kamen, gehörten Embryonen von 6—7 mm Länge an. Die Ventrikelmuskulatur erinnert bier in ihrer gröberen Struktur an diejenige eines Amphibienherzens. So ist die Kammer- wandung sehr dick, sie wird dargestellt durch ein schwammiges Balkenwerk gröberer und feinerer Stränge, zwischen welchen grössere Spalträume als Ausbuchtungen des Kammerlumens ein- dringen. Die feinere mikroskopische Struktur ist unklar. Das Sarkoplasma ist nur an wenigen Stellen zu leicht erkennbaren Strängen angeordnet. Im übrigen erweist es sieh als eine ziemlich einheitliche Masse, in die eine sehr grosse Anzahl kleiner, dicht beieinander liegender Kerne eingebettet sind. Fibrillen sind zahl- reich entwickelt, sie sind sehr dünn und hindern, indem sie ein dichtes Geflecht bilden, die einfache Beurteilung Auf Grund ein- gehendster Prüfung muss indessen behauptet werden, dass eine zellige Zusammensetzung nicht vorliegt. Herzen, bei denen das Myokard in der ursprünglichsten Anlage vorhanden ist, konnte ich nicht untersuchen. Indessen finden sich in dem eben erwähnten jüngsten Herzen Stellen, bei denen unzweifelhaft die erste Differenzierung des Muttergewebes in jüngste Herzmuskulatur stattfindet Bei etwas fortgeschrittener Entwicklung zeigt sich folgendes Bild: Kerne, die sich nicht wesent- lich von denen des schon Fibrillen enthaltenden (rewebes unter- scheiden, sind eingebettet in Protoplasmastränge von geringerer Länge, die in dünne Ausläufer endigen. Diese stehen überall mit- einander in Verbindung. Bei blosser Berücksichtigung der gröberen Gestalt könnte man also das Gewebe wohl in zellenähnliche Gebilde zerlegen, indessen lässt sich zeigen, dass das Protoplasma überall in den feineren Verästelungen kontinuierlich zusammenhängt. Diese Tatsache gilt auch von dem jüngsten mir vorliegenden Herzmuskelgewebe, wo das Protoplasma sehr schwach entwickelt, nur um die Kerne in grösserer Menge vorhanden ist und sonst durch ganz dünne Fäden dargestellt wird. Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 225 b) Vögel. Eine ziemlich eingehende Arbeit über das embryo- nale Vogelherz verdanken wir Eckhard. Seine Resultate fasst er dahin zusammen, dass sich zu keiner Zeit embrvonaler Ent- wicklung im Hühnerherzen Zellen nachweisen lassen, dass dessen Protoplasma vielmehr stets eine überall zusammenhängende Masse darstellt. Besonders leicht festzustellen ist dies bei ganz jungen Herzen, bei denen die ersten Muskelfibrillen auftreten. Zu dieser Zeit, am Anfange des 3. Bebrütungstages, lässt sich nirgends eine Zellgrenze nachweisen. Die Fibrillen sprechen durch die Art ihres Auftretens gegen das Vorhandensein solcher, indem sie von vornherein an vielen Kernen entlang verfolgbar sind. Es sei hierzu an einen vielfach abgebildeten Tangentialschnitt Heiden- hains durch das Herz eines dreitägigen Embryos erinnert. Ich selbst fand in Schnitten durch ein 4—5 Tage altes Hühnchen verschiedene Bilder der Entwicklung. Fibrillen sind schon überall vorhanden. An fortgeschritteneren Stellen ist das Protoplasma dicht, die Kerne liegen nahe beieinander. Eine Andeutung von Zellgrenzen ist nicht zu beobachten. Dort, wo das Myokard in der Entwicklung zurück ist, erinnert es an dasjenige, welches ich als die früheste Anlage des embrvonalen Säugerherzens bezeichnet habe. Man gewinnt den Eindruck von sehr kleinen, sternförmig verästelten, aber überall in Zusammen- hang stehenden Zellen. Von allerjüngsten Herzen kamen ebenfalls viele zur Untersuchung. Wegen der Dünne der Herzwandung ist die Beobachtung im Schnitt schwierig. Eine Andeutung von Zellgrenzen war nirgends zu sehen. c) Amphibien. Die Muskulatur wird hier gebildet durch lange schmale Sarkoplasmastränge, die miteinander in Verbindung stehend den Ventrikel netzförmig durchsetzen und in einzelne Abteilungen zerlegen. Fibrillen sind deutlich vorhanden. Zellen sind nicht vorhanden. Von jüngeren Froschlarven hat Hoyer gute Präparate erhalten, indem er die ganz dünne Herzwandung auf dem Objekt- träger ausbreitete und dann färbte. Er vermisst an solchen Präpa- raten jegliche Zelle. Die Fibrillen selbst konnte er auf Strecken ver- folgen, die die Länge der von Pohl-Pinecus für die angeblichen Herzzellen des erwachsenen Frosches angegebenen überschreiten. Flemming konnte bei ganz jungen Salamanderlarven ebenfalls eine zellige Zusammensetzung des Myokards nicht 226 W. Lange: beobachten. Die Fibrillen sah er ein unregelmässiges Netzwerk bilden, ohne dass in ihrer Anordnung Andeutungen für Zellgrenzen segeben waren. Amphibien sind für die ersten Stadien deshalb so ungeeignet, weil das Myokard noch sehr viel Dottersubstanz enthält. d) Fische. Die Untersuchung erstreckte sich auf eine fort- laufende Reihe von Forellenlarven bis zur Grösse von 1'/2 cm. Untersucht man eines der ältesten Tiere, die in ihrer inneren und äusseren Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten sind, so findet man das Herz in seinem gröberen Bau schon ziemlich aus- gebildet. In seiner mikroskopischen Struktur erinnert es ausser- ordentlich an diejenige des Myokards ausgewachsener Fische. Die Kammermuskulatur ist sehr dick, sie bildet, ähnlich wie es vom Froschherzen allgemein bekannt ist, eine schwammige Masse, deren Lücken und Poren mit Blut gefüllt sind und überall mit dem ziemlich kleinen freien Kammerlumen in Verbindung stehen. Das Sarkoplasma ist zu deutlichen, verhältnismässig dicken Strängen ausgebildet. die ein noch sehr unregelmässiges Netzwerk darstellen. Fibrillen sind zahlreich vorhanden, sie sind dick und deutlich quergestreift. Dort, wo sie quer getroffen sind, erkennt man ihre Anordnung zu Bündeln von kreisförmigem @nerschnitt in der Peripherie der Plasmazüge. Ihr Verlauf ist stark geschlängelt, so dass sie in längerer Ausdehnung nur selten zu beobachten sind. Je jünger die Herzen sind, zu denen man sich in der Untersuchung wendet, um so schwieriger wird die Deutung der Verhältnisse. Dies liegt zum Teil daran, dass die Herzwandung bei den jüngsten Tieren sehr dünn ist. Ohne auf eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Stadien einzugehen, lässt sich vor allem feststellen, dass mit abnehmendem Alter der Tiere das Sarkoplasma des Myokards immer dichter wird Schliesslich stellt es eine durchaus einheitliche, nirgends zu besonderen Strängen angeordnete Masse dar, in die nahe beieinander liegende Kerne und zahlreiche Fibrillen eingebettet sind. Der Verlauf letzterer ist unmöglich näher festzustellen, so unregelmässig ist er. Sehr interessant sind die Befunde, die bei Untersuchung der jüngsten Anlage des Myokards sich darbieten. Dieses besteht hier aus einer dünnen, oft kaum die Dicke eines Kernes erreichenden Schicht um das Endothel des Herzschlauches. Hier und da sind schon Fibrillen ausgebildet. An noch jüngeren Stellen fehlen sie und statt dessen ist das Protoplasma mit stark Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 22 färbbaren Körnchen erfüllt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Muskelanlage des Forellenherzens und der des Schweine- herzens fällt sofort auf. Hier kann man nirgends zellenähnliche, sternförmige Gebilde im Bau des Plasma erkennen. Dieses ist vielmehr ganz einheitlich zusammenhängend, die Kerne liegen dicht beieinander. Ähnlich gebaut ist auch das Gewebe des benachbarten Mittelblatts, aus dem das Myokard seinen Ursprung nimmt und unterscheidet sich so wesentlich von dem gallerartigen Mesenchymgewebe, das sich beim Schweineherzen zur muskulösen Herzwandung entwickelt. Die jüngste Anlage des Forellenherzens stellt also ein Syneytium dar. Vielfach sind die Purkinjeschen Fäden, d.h. eigentümliche. unmittelbar unter dem Endokard gelegene Gebilde, die man haupt- sächlich bei Huftieren findet, angeführt worden, um die zellige Zusammensetzung des Herzmuskels zu erweisen. Man ging hier- bei aus von der Annahme, dass die Purkinjeschen Fäden embryonal gebliebene Herzmuskulatur darstellten. Manche nehmen sogar an, dass aus ihnen beim erwachsenen Tier das physio- logische und pathologische Wachstum des Herzens hervorginge. Diese Ansicht ist deshalb nicht richtig, weil die Purkinjeschen Fäden, wie ich mit Sicherheit feststellen konnte, schon bei 9 mm langen Schafembryonen als etwas Besonderes von der übrigen Herzmuskulatur unterscheidbar werden. Sie stehen in keiner Beziehung zum Wachstum des Herzens, zur Erneuerung dieser Muskelfasern, sind auch keine embryonal gebliebenen Teile des Myokards, sondern es kommt ihnen eine besondere Funktion zu: sie gehören, wie später noch näher auseinander gesetzt wird, zu dem sogenannten hReizleitungsapparat des Herzens. Die Purkinjeschen Fäden erscheinen bei den Huftieren in der Tat zuweilen in der Form von Zellen, und selbst Forscher, die den syneytialen Bau des Herzmuskels verteidigen, lassen die Purkinjeschen Fäden sich aus Zellen zusammensetzen. Beim Schaf z. B. erscheinen die Purkinjeschen Fäden zusammen- gesetzt aus zahlreichen, sehr grossen, rundlichen „Zellen“, die einen oder mehrere Kerne enthalten, welche von einer grossen Menge Protoplasma umgeben sind, das allerlei tropfige, in den Fixations- und Einbettungsmitteln lösliche Einschlüsse enthält, 225 W. Lange: in dessen Peripherie Muskelfibrillen enthalten sind. Die Form der scheinbaren Zellen ist sehr wechselnd, oftmals handelt es sich um walzenförmige, oft mehr um kugelige Gebilde, und zwar findet man erstere Anordnung meist in dünneren, längeren Fäden. ebenso in den beiden Hauptschenkein der Vorhof-Kammer- verbindung und im Hisschen Bündel selbst, während mehr rund- liche Formen an den Knotenpunkten des Netzes gefunden werden, welches die Purkinjeschen Fäden während ihrer Verbreitung an der Innenfläche der beiden Ventrikel bilden. Die zellige Natur ist indessen streng genommen nur eine scheinbare. Tatsächlich sind die Verhältnisse folgende: Das ganze System der Purkinje- schen Fäden stellt ein einheitliches Sarkoplasmanetz dar: dieses wird durch die Anordnung von Fibrillen in mehr längliche Stränge oder rundliche kugelige Gebilde geteilt. Die länglichen Stränge zeigen vielfach Einschnürungen, durch welche sie in hintereinander gereihte zellenähnliche Stücke zerlegt werden. Die Einschnürungen werden bewirkt durch unregelmässig verlaufende Fibrillen, sie sind oft nur auf die Peripherie der Fasern beschränkt. In solchen Fällen täuschen Tangentialschnitte echte Zellengrenzen vor. Bei axialen Schnitten sieht man hingegen, wie die Fibrillen konti- nuierlich verlaufen, sieht man auch den Zusammenhang des Proto- plasmas. Dort, wo eine grössere Sarkoplasmamasse durch die Fibrillen zu vielen mehr kugeligen, meist einen oder höchstens zwei dicht beieinander liegende Kerne enthaltenden „Zellen“ ab- geschnürt werden, ist die Entscheidung oft wirklich schwer, ob es sich um Zellen handelt oder nicht. Dagegen spricht der ausgiebige, völlig ungehinderte Übergang von Fibrillen zwischen den einzelnen Zellen. Als Beispiel diene Fig. 2, ein Schnitt durch den Knotenpunkt von Purkinjeschen Fäden aus dem Herzen eines jungen Elefanten. Die zusammenhängende Sarkoplasma- masse wird durch die äusserst unregelmässig verlaufenden Fibrillen in rundliche zellenähnliche Gebilde eingeteilt, die meist ein bis zwei Kerne enthalten. Die Fibrillen lassen sich an vielen Kernen entlang von einer zur anderen Zellenmasse verfolgen. Kittlinien sind in den Purkinjeschen Fäden nicht beobachtet worden. Heidenhain und Zimmermann geben an, an den Nachbar- teilen zweier Plasmaterritorien in die Fibrillen eingeschaltete kleine Körnchen gesehen zu haben, die sie als Analoga der Kitt- linien des übrigen Myokards ansehen. Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 22,9 Seine Struktur als Syneytium mit überall gewahrter Konti- nuität der Fibrillen und des Plasmas lässt das Herz besonders geeignet erscheinen, heize ohne Vermittlung des Nervensystems leiten zu können. Dadurch unterscheidet sich das Wirbeltierherz von allen anderen mit ihm verglichenen neurogen tätigen musku- lösen Gebilden, z. B. auch von den Herzen der Wirbellosen. Diese Struktur des Wirbeltierherzens bedeutet mehr als nur die Möglich- keit einer muskulösen Leitung. Sie spricht vielmehr sehr gegen eine nervöse. Denn man kann sich schwer vorstellen, wie die vielen einzelnen, von jeder Nervenendigung nach zwei entgegen- gesetzten Richtungen ungehindert fortschreitenden, vielfach auf- einander stossenden Kontraktionswellen sich zu einer zweck- mässigen Zusammenziehung des Gesamtmuskels vereinigen sollen. Überdies noch so, dass diese Zusammenziehung wieder eine wellenartig fortschreitende ist. Die Grundlagen für die muskulöse Herzleitung im Herz- tleisch selbst sind also gegeben in seiner Struktur. Sind sie auch vorhanden, um die Überleitung zwischen den selbständig tätigen einzelnen Herzabschnitten in Übereinstimmung mit den Forderungen der Physiologie zu erklären? Bekanntlich werden für diese Überleitung von den Myogenikern die sogenannten spezifischen Muskelsysteme angegeben, die Venensinus mit Vorhof, Vorhof mit Ventrikel, Ventrikel mit Aortenbulbus verbinden. Von diesen Verbindungen muss mindestens erwiesen sein, dass sie immer vorhanden sind. dass sie ausnahmslos bei allen Wirbel- tiergattungen und in jedem Falle gefunden werden. Das wurde vielfach bestritten (Imchanitzky, Kronecker, Dogiel, Keith, Mackenzie, Gaetani, Argaud). So hatte Imcehanitzky von dem Eidechsenherzen be- hauptet, dass die Vorhofsmuskulatur durch Bindegewebe völlig von der Kammermuskulatur getrennt sei. Ähnliches hatte Kronecker für mehrere Seeschildkröten angegeben. Dogiel. dem wir eine genauere Anatomie des Schildkrötenherzens ver- danken, hat nirgends irgend welche Verbindungen zwischen Vorhofs- und Kammermuskulatur finden können und glaubt, dass, wenn solche Verbindungen gesehen worden sind, sie nur Kunstprodukte darstellten, die durch die Verschiebung einzelner Muskelfäserchen beim Schneiden vorgetäuscht seien. Keith und 230 W. Lange: Mackenzie fanden keine deutliche Vorhofs-Kammerverbindung bei den Vögeln. Hatten diese Forscher das Vorhandensein einer muskulösen Atrioventrikularverbindung geleugnet. so gab Bethe an. dass Kammer und Bulbus beim Froschherzen, die doch funktionell in Abhängigkeit voneinander schlugen und demnach eine muskulöse Verbindung besitzen mussten, derselben völlig ermangelten. Durch die Untersuchungen von Keith und Mackenzie, von Keith und Flack, von Gaskell, Stanleykent, Bräunig, Retzer, Aschoff-Tawara, Külbs, Külbs und Lange ist es sicher- gestellt, dass Muskelverbindungen zwischen allen funktionell von- einander abhängigen Herzabschnitten bei allen untersuchten Tieren vorhanden sind. Ich selbst fand sowohl Sinus-Vorhof, wie Vorhof- Kammer, wie endlich Bulbus-Kammerverbindung an den noch nicht untersuchten Herzen folgender Kaltblüter: griechische Land- schildkröte, Alligator, Unke, Kröte, Axolotl, ferner beim Aal, beim Thunfisch, der Forelle, bei der Kegelrobbe. Das Hissche Bündel nebst Ausläufern suchte und fand ich bei folgenden Säugern: bei der Fledermaus, der Kegelrobbe, dem Moschusochsen, dem Nil- pferd, bei zwei Elefanten, dem sibirischen und einem deutschen Reh, einem braunen, einem malaiischen Bären, der Giraffe, dem Zebra. dem Klippschliefer und dem Känguruh. Auf Grund dieser Untersuchungen stellt sich der grobe Verlauf der muskulösen Verbindungen in der Wirbeltierreihe folgendermassen dar: Bei den Fischen findet im gaızen Bereich der Sinusmündung in den Vorhof ein ausgiebiger Übergang von quergestreiften Muskelfasern der Sinuswandung in die des Vorhofs statt. Die Atrioventrikularverbindung besteht in zahlreichen Muskelfasern, die im ganzen Umkreis des Atrioventrikularringes vom Vorhof zur Innenschicht der Kammermuskulatur ziehen. Da in diesem Gebiete zum Teil ziemlich ausgebildete Klappen vorhanden sind, deren bindegewebige Grundlage hervorgeht aus dem fibrösen Gewebe, das die Muskulatur von Vorhof und Kammer im Gebiete der Atrioventrikularfurche trennt, stellt der musku- löse Vorhofs-Kammerring keine zusammenhängende Masse dar, sondern setzt sich aus vielen einzelnen Bündelchen und Fasern zusammen, die durch Lücken in dem Bindegewebsapparat hin- durchziehen. Bei denjenigen Fischen, die einen deutlichen Öonus- abschnitt aufweisen, steht dieser in ausgiebigster Weise in Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 231 muskulöser Verbindung mit der Kammermuskulatur, nur der Aortenbulbus, der ja aber auch aus glatter Muskulatur besteht, ist oft völlig durch Bindegewebe von der Conusmuskulatur ge- trennt. Der Bau des Reizleitungssystems bei Amphibien ist am genauesten von Külbs beschrieben. Sowohl Venensinus und Vorhof, wie Vorhof und Kammer, als auch Kammer und Bulbus sind miteinander sicher muskulös verbunden. Die Untersuchungen von Külbs sind gemacht worden am Froschherzen. Ich kann sie bestätigen für die von mir untersuchten Amphibien. Die spezifischen Muskelsysteme bei den Amphibien unterscheiden sich in ihrem Bau von denen der Fische durch kompliziertere An- ordnung. Der Übergang der Vorhofsmuskulatur in den Ventrikel besteht nicht in dem einfachen Austausch von zahlreichen Bündeln. die im ganzen Umfange der Atrioventrikularmündung durch den sehnigen Ring hindurchziehen, sondern die Vorhöfe setzen sich in Gestalt eines Trichters bis tief in den Ventrikel fort. Sie sind hierbei in ihrem oberen Teil durch eine dem fibrösen (rewebe der Atrioventrikularringe entstammende Bindegewebslage von der Muskulatur der Ventrikel getrennt. Erst in der Tiefe der Ventrikel findet ein allmählicher Übergang in deren Muskulatur statt. Das Verhalten der Atrioventrikularverbindung wird dadurch noch komplizierter, dass durch die Anheftung des Klappenapparates und des Vorhofsseptums stellenweise Einteilungen erzeugt werden. Die einzelnen Abschnitte unterscheiden sich voneinander auch durch verschiedene Dicke der Muskelmassen, ihr Übergang in die Ventrikelmuskulatur findet nicht überall in gleicher Höhe statt. Auch bei Reptilien sind mit Sicherheit alle Herzabschnitte muskulös miteinander verbunden. Die Sinus -Vorhofsverbindung besteht in dem Übergang von quergestreifter Sinus- in Vorhofs- muskulatur am freien Ende der bei diesen Tieren rein musku- lösen Venensinusklappen. Die Verbindungen sind bei der Eidechse, wie Külbs und ich genauer beschrieben haben, sehr reichliche. Ganz ähnlich ist der Bau bei der Schildkröte und dem Alligator. Die Vorhofs-Kammerverbindung ist bei Eidechse und Schildkröte noch komplizierter gestaltet wie bei den Amphibien. Wichtig ist die Tatsache, dass nicht Vorhofs- und Kammer- muskulatur einfach ineinander übergehen, dort, wo sie einander ganz nahe kommen, nämlich im Bereiche der Atrioventrikular- grenze, sondern die Vorhöfe schicken über den sehnigen Atrio- Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.l. 16 ar r 232 W. Lange: ventrikularring zwei halbtrichterförmige Fortsetzungen (eine vordere und eine hintere) in das Ventrikelinnere hinein. Erst in der Tiefe des Ventrikels und in wechselnder Höhe findet der eigentliche Übergang von Muskulatur zu Muskulatur statt. Sehr interessant wäre die Kenntnis der Atrioventrikularverbindung bei denjenigen Reptilien, die schon ein Kammerseptum zum Teil besitzen. Leider bestehen hierüber noch keinerlei genauere Unter- suchungen, sie wären wichtig, weil sie uns zugleich Klarheit schaffen könnten über die merkwürdigen Verhältnisse bei den Vögeln. Bei diesen sind bis in neueste Zeit muskulöse Verbindungen zwischen Vorhof und Kammer geleugnet worden. Durch die Unter- suchungen von Külbs an Tauben- und Hühnerherzen ist eine Atrioventrikularverbindung mit Sicherheit nachgewiesen. Sie kommt dadurch zustande, dass an der Hinterseite des Herzens die Vorhöfe sich in das Innere der Ventrikel fortsetzen und mit deren Muskulatur verschmelzen. Eine weitere Verbindung ent- steht, indem von der Stelle, wo die Hinterwandungen der beiden Vorhöfe auf das Septum stossen, ein kleines Muskelbündel sporn- artig den sehnigen Atriovertrikularring durchbricht, um sich mit der Kammermuskulatur zu verbinden. Bei den Säugern bestehen die spezifischen Muskelsysteme aus dem sogenannten Sinussystem und aus dem Atrioventrikular- system. Der Sinusknoten stellt eine Muskelmasse dar, die im Gebiete der Grenze zwischen Vorhof und Kammer gelegen ist, sich aus histologisch besonders gekennzeichneten Muskelfasern zusammensetzt, die sowohl mit der oberen Hohlvene wie mit dem rechten Vorhof durch zahlreiche Fasern in ausgiebige Verbindung treten. Die Vorhof-Kammerverbindung entsteht, indem im hinteren Teil des Vorhofsseptums zahlreiche Fasern, die der Muskulatur beider Vorhöfe entstammen, sich vereinigen zu einem eigentüm- lichen muskulösen Gebilde, dem sogenannten Aschoff-Tawara- knoten. der durch Bindegewebe von der benachbarten Muskulatur deutlich abgegrenzt wird. Aus ihm geht ein dünner Muskelstrang hervor, der schräg nach vorne zieht, den sehnigen Atrioventrikular- ring durchbricht und sich bald im Septum der Ventrikel in zwei Äste gabelt. Diese verlaufen nach der Innenfläche des rechten resp. des linken Ventrikels, indem sie durch ihren Verlauf immer durch Bindegewebe von der Ventrikelmuskulatur getrennt sind. Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlaees. 239 Erst allmählich splittern sie sich auf in feinste Endverzweigungen, die dann in die Herzmuskulatur übergehen. Die muskulösen Verbindungen zeigen das Eigentümliche, dass sie aus Muskulatur bestehen, die sich in ihrer genaueren Struktur vom gewöhnlichen Myokard unterscheidet. Bei den Kaltblütern ist der Unterschied nicht auffallend. Er äussert sich darin, dass die Fasern der Verbindungssysteme sarkoplasmareicher, fibrillenärmer sind. Bei den Säugern ist der Sinus und der sogenannte Vorhofsabschnitt des Tawaraknotens aus verzweigten, zarten, sehr unregelmässig gestalteten Fasern zusammengesetzt. die sehr viel Sarkoplasma und nur spärlich Fibrillen aufweisen. Die Fasern des Sınusknotens enthalten überdies normalerweise Glykogen. Das Hissche Bündel und die Ausläufer innerhalb der Ventrikel setzen sich aus breiten Fasern zusammen, die bei manchen Tieren die Form der Purkinjeschen Zellen annehmen. Wenn ich mit der eben gegebenen Schilderung dafür eintrete, dass bei allen Tieren die selbständig tätigen Abschnitte muskulös miteinander verbunden sind, so muss ich doch wohl kurz die entgegengesetzten Angaben der Literatur erklären. Dies ist nicht nötig in bezug auf die Behauptungen von Imchanitzky. Dogiel, Kronecker, die sich auf ganz oberflächliche Technik zurückführen lassen. Die Feststellungen von Gaetani sind ohne jegliche Berücksichtigung der Literatur und früherer Feststellungen erfolgt. Seine makroskopischen Befunde erklären sich mit Leichtigkeit aus einer mangelhaften Technik, er hätte sich an den besseren Präparaten Holls überzeugen können, wie unrichtig seine Angaben sind. Seine mikroskopischen Feststellungen über die verschiedene Ausbildung der beiden Schenkel bei Mensch und Tier sind darauf zurückzuführen, dass er den Unterschied in dem histologischen Aufbau der Ausbreitungen beider Schenkel bei den verschiedenen Tierarten nicht kannte. Er verfiel in denselben Fehler, dem Fahr bei seinen ersten Nachprüfungen der Tawaraschen Angaben verfallen war, dass er die Schenkel viel früher als es tatsächlich der Fall ist, schon in die übrige Herzmuskulatur übergehen liess. In der Tat konnte er den von Tawara angegebenen Verlauf des Bündels ungefähr bestätigen in den Herzen der Huftiere, wo ja die Reizleitungsfasern in ihrer 16* 234 W. Lange: Struktur sich so deutlich unterscheiden, dass sie selbst ein ungeübter und fahrlässiger Beobachter nicht übersehen kann, während sie beim Menschen, beim Hunde, wo sie nur durch genaueres Hinzusehen unterschieden werden können, ihm völlig entgingen. Die nie fehlende Ausbildung des Hisschen Bündels und der Ausläufer beim Menschen ist jetzt durch viele hunderte von Einzelnachprüfungen, hauptsächlich durch pathologische Anatomen anlässlich der Untersuchung von an Reizleitungs- störungen erkrankten Menschen, bestätigt worden. Argaud glaubte die Angaben Gaetanis bestätigen zu können auf Grund seiner mikroskopischen Untersuchungen der sogenannten „anse bourelette“ bei Mensch, Hund, Kalb, Schwein und Pferd. Die „anse bourelette“ stellt einen bei den verschiedenen Tierarten, aber auch individuell sehr verschieden gestalteten Muskelbalken dar. der, vom Septum quer durch den seitlichen Teil der Ventrikelhöhle verlaufend, zur Basis des vorderen rechten Papillarmuskels zieht. Tawara nannte dieses Muskelband den trabekulären Hilfsschenkel des Papillarmuskels (moderator band, Leonardo da Vincischer Muskelbalken) und gab an, dass in ihm der rechte Schenkel des Bündels verlaufe. Argaud vermisste nun beim Menschen und Hund in diesem Muskel Purkinjesche Fasern und schliesst hieraus, sowie aus der Tatsache, dass bei den Huftieren die Fasern des Schenkels nicht sehr zahlreich waren, auf das Fehlen des rechten Schenkels beim Menschen und auf seine unregelmässige Ausbildung beim Tier überhaupt. Argaud weiss nicht, dass beim Mensch und Hund die Ausbreitungen des Reiz- leitungssystems sich nur wenig in ihrer histologischen Struktur von gewöhnlicher Herzmuskulatur unterscheiden und fand deshalb den rechten Schenkel nicht. Keith und Mackenzie vermissten muskulöse Verbindungen zwischen Venensinus und Vorhof und zwischen Vorhöfen und Kammern im Vogelherzen, weil sie erwarteten, dass die Ver- bindungen aus besonders histologisch differenzierter Muskulatur (Knotengewebe) bestehen müssten. Weshalb beim Vogel die histologische Differenzierung nicht ausgesprochen ist, wird später erklärt werden. Vorhanden sind die Verbindungen, wie Külbs nachwies, sicher. Die Untersuchungen von Külbs sind allerdings auf den ersten Blick sehr unwahrscheinlich. Es ist fraglich, ob es sich in dem an Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 235 der Rückwand gelegenen breiten Übergang der Vorhofsmuskulatur in die Kammermuskulatur nicht etwa um einfache, zufällige Nach- barschaft beider Muskulaturen handelt. Der tatsächliche Übergang von Muskulatur zu Muskulatur müsste noch genauer erwiesen werden. Külbs gibt an, dass diese Verbindungen übergehen in Fasern von Purkinjeschem Typ. In der Tat sieht man fast auf jedem Querschnitt durch die Ventrikel eines Vogelherzens, besonders bei der Taube, unterhalb des Endokards sehr breite, sehr protoplasma- haltige Fasern, die an die Purkinjeschen Zellen der Säuger erinnern. Schon Tawara hatte diese Wahrnehmung gemacht. Es wäre sehr wichtig festzustellen, dass wirklich diese Purkinje- schen Fäden aus den von Külbs angegebenen Systemen an der Hinterwand des Herzens hervorgehen. Die Befunde von Külbs scheinen deshalb so unwahrscheinlich, weil man sie ohne weiteres nicht mit den Verhältnissen bei niederen Tieren (Reptilien) in Beziehung setzen kann (hier würden vielleicht die Untersuchungen von Krokodilen Aufklärung bringen), weil man anderseits sich die Verhältnisse bei den Säugern nicht daraus ableiten kann. Indessen habe ich neuerdings in der Entwicklung des Säugerherzens Stadien gefunden, wo das Reizleitungssystem und der Vorhofskammer- trichter ähnlich aussehen. Das ist dann der Fall, wenn der Knoten des Hisschen Bündels sich noch nicht deutlich von der Muskulatur des Vorhofsseptums absetzt, die Reste des ursprünglichen Ohrkanals nur an der Hinterseite des Herzens in Gestalt zweier Halbrinnen als Fortsetzung der Vorhöfe in die Ventrikel sich einsenien. Der Unterschied gegenüber dem Vogel besteht aber darin, dass das Hissche Bündel in dieser Zeit schon deutlich isoliert im Kammerseptum verläuft und auch die typische Teilung in zwei Schenkel zeigt. Die Angaben von Gaetani, von Dogiel, es handele sich um degenerierende Fasern, brauchen auch nicht ernst genommen zu werden. Es können sich nicht Fasern schon von frühester Entwicklung ab weiter bilden und dabei die Merkmale zeigen, die als Degenerationsmerkmale angegeben sind. Solche Merkmale der Degeneration sind ja auch gar nicht vorhanden. Es steht wohl ziemlich fest, dass der von Tawara angegebene Verlauf des Atrioventrikularsystems, aber ebenso auch Lage und Aus- dehnung des Sinusknotens, im wesentlichen im Herzen des Neu- geborenen dieselben sind wie beim Erwachsenen. Mönckeberg 236 W’Lange: konnte das Herz eines fast Hundertjährieen untersuchen und beschreibt keine Abweichung der Reizleitungssysteme bei diesem. Dieses Verhalten kennzeichnet die der Reizleitung dienenden tatsächlichen Übergänge der Muskulatur zweier verschiedener Herzabschnitte auch gegenüber den zufälligen Berührungen von Muskelteilen zweier benachbarter Herzabschnitte, die von einigen Forschern fälschlich als Übergänge beschrieben wurden. Kent gibt von den von ihm beschriebenen, an der Aussenseite der Atrioventrikularfurche gelegenen Vorhofs - Kammerverbindungen an, dass sie bei der jungen Hatte zahlreich sind, um beim er- wachsenen Tiere spärlicher zu werden. Es sind diese scheinbaren Verbindungsbrücken Teile des ursprünglichen Ohrkanals, die durch das später sich stärker entwickelnde Bindegewebe der Annuli fibrosi verdrängt werden. In diesen Fasern mögen Degenerationen zu beobachten sein. In den echten Fasern der Reizleitungs- systeme fehlen sie mit Sicherheit. Der Verlauf des Atrioventrikularsystems, namentlich der- jenige seiner Ausläufer im Ventrikel wird von Einthoven und Nicolai als Basis genommen für die Deutung des Elektrokardio- gramms. Nicolai nimmt dabei an, dass der Reiz durch die Schenkel zu dem Papillarsystem geführt werde, von dorten aus durch die intramuralen Fasern (Albrecht) in das Triebsystem, d.h. die mehr zirkulär verlaufenden Muskelfasern des Herzens, gelange. Die tatsächlichen Verhältnisse sind folgende: Die Schenkel des Hisschen Bündels führen die Reizleitungs- fasern, ohne dass diese Verbindungen mit der Septum- und Kammermuskulatur eingehen, geschlossen bis zum Ansatz der ’apillarmuskeln. Von hier aus geht ein Teil der Fasern zu den Papillarmuskeln, ein anderer Teil breitet sich unterhalb des Endokards, in der Spitze des Herzens und rückläufig an den Seitenwänden und dem Septum entlang aus. Ich glaube, es ist nicht richtig, von einer Verbindung der Reizleitungsfasern mit dem Papillarsystem zu sprechen und hierbei die inneren Längsschichten inklusive der Ausbreitung der Fasern allein zu diesem zu rechnen. Die letzten Ausläufer treten wohl in ausgiebige Verbindung mit allen übrigen Fasersystemen des Herzens. Die scharfe Scheidung zwischen den einzelnen Fasersystemen, wie sie Albrecht an- genommen auf Grund anatomischer Präparation und wie sie in bezug auf die Reizleitung von Nicolai vertreten wird, gilt wohl sicher nicht. Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 231 Thorel hatte zuerst die Vermutung ausgesprochen, dass der Sinusknoten mit dem Aschoff-Tawaraknoten durch be- sondere spezifische Muskelfasern verbunden sei. Er nahm an, dass in dem Herzen ein System bestände, welches von der oberen Hohlvene bis in die Ventrikel sich fortsetzt. Die Thorel- schen Untersuchungen sind von Nachuntersuchern nicht bestätigt worden. Insbesondere ist noch nicht der Nachweis erbracht, dass ein ausgiebiger Zusammenhang zwischen Sinussystem und His- Tawarasystem besteht durch Vermittlung von histologisch be- sonders strukturierten Fasern. Die von Thorel gefundenen, Purkinjeschen Zellen ähnelnden Fasern, im rechten Vorhof gehören meiner Ansicht nach in der Tat zu den spezifischen Systemen. Die vergleichende Anatomie zeigt sehr nahe Be- ziehungen sowohl zwischen der Venensinus-Vorhof-, wie zwischen der Vorhof-Kammer- und der Kammer-Bulbusverbindung. Am klarsten sind die Verhältnisse bei den Amphibien und Reptilien. Hier sieht man, wie der Vorhofstrichter, der sich in den Ventrikel einstülpt, um sich in dessen Tiefe mit ihm zu verbinden, in enge Nachbarschaft zu der Muskulatur der Sinusvorhofsmündung tritt. Die Sinusvorhofsmündung liegt an der hückseite des rechten Vorhofes und zwar an dessen unterer Wand. Sehr deutlich ist der Zusammenhang mit dem bulbus. Ein Teil der vorderen Trichterhälfte klappt sich um und vereinigt sich mit der Muskulatur, die von der Kammer auf den Konus überzieht. Die nahlen Beziehungen zwischen den einzelnen Verbindungssystemen erklären sich wohl am einfachsten auf Grund der Keithschen Vor- stellung wie über die Entwicklung der Reizleitungssysteme über- haupt. Nach Keith sind die Reizleitungssysteme Reste des ursprüng- lichen Herzschlauches. Auf diese Frage beabsichtige ich in meinen Untersuchungen über die Entwicklung der Reizleitungssysteme näher einzugehen. Es ist natürlich im Sinne der myogenen Theorie durchaus nicht erforderlich, dass die Reizleitungssysteme durch besonders strukturierte Fasern miteinander in Verbindung stehen. Nimmt man an, dass die abweichende Struktur der Systeme mit ihrer besonderen Funktion, nämlich der besonderen Art der Reizleitung und Reizbildung zusammenhängt, so sind solche aus besonderer Muskulatur zusammengesetzten Verbindungen nicht erforderlich. Sie können dargestellt sein durch die gewöhn- liche Muskulatur des Vorhofes resp. der Kammer, da sie ja in 258 W. Lange: ihrer Reizleitungs- und Reizbildungsfähigkeit sich von derjenigen des Vorhofes und der Kammer nicht unterscheiden. Es ergibt sich also, dass die muskulösen Reiz- leitungssysteme in allen Wirbeltierklassen vor- handen sind. Aber nicht nur stets vorhanden sind die Verbindungen, ihre Topographie stimmt auf das genaueste mit der Lokalisation der Reizleitung zusammen. Das muskulöse anatomische Substrat für die Tatsache, dass der Reiz innerhalb des Herzens bestimmten Bahnen folgt, ist in ihnen gefunden. Am auffälligsten ist diese Übereinstimmung wohl bei den Säugern, in deren Ventrikel der Erregungsablauf ein komplizierter ist und dem genau entsprechend das muskulöse Reizleitungssystem gebaut ist. Diese Uberein- stimmung findet sich aber auch, wie aus den neueren Unter- suchungen über den genaueren Verlauf der muskulösen Ver- bindungen hervorgeht, bei den niederen Tieren. Die Atrio- ventrikularverbindung z. B. ist nicht ein einfacher Übergang der Vorhofs- in die Kammermuskulatur im Gebiete der Atrioventrikular- grenze. Die Verbindung der beiden Muskulaturen erfolgt erst in der Tiefe der Ventrikel auf komplizierte Weise. Die Vergleichung meiner zahlreichen Einzelbefunde macht es mir wahrscheinlich, dass aus der Anatomie der Reizleitungs- systeme viel mehr herauszuholen ist, als bisher geschehen. Das Hissche Bündel zeigt bei niederen Wirbeltieren so wesentliche Unterschiede innerhalb der einzelnen Gattungen, eine so eigen- artige Anordnung innerhalb desselben Herzens, die nicht als blosse morphologische oder entwicklungsgeschichtliche Eigentüm- lichkeiten gedeutet, sondern in Zusammenhang mit besonderer Funktion gebracht werden müssen. Hierfür sprechen die Untersuchungen von Laurens, der beim Eidechsenherzen die verschiedenen Teile des Atrioventrikulartrichters auf ihre Funktionen untersuchte Mit Hilfe von Durchschneidungsversuchen stellte er fest, dass den einzelnen Abschnitten des Atrioventrikulartrichters eine verschieden hohe Bedeutung für die Übertragung des Reizes von Vorhof auf die Kammer zukommt. Leider hat der Verfasser die von Külbs und mir gegebene genaue Darstellung des Verlaufes der Atrioventrikular- verbindung bei der Eidechse an der Hand eines Modells nicht richtig ver- standen, sonst wäre er zu genauerer Prüfung des Zusammenhanges zwischen anatomischer Struktur und physiologischer Wertigkeit näher eingegangen. Soweit sich aus seinen Versuchen schätzen lässt, wurden diejenigen Abschnitte als wichtiger befunden, die durch ihre Dicke, durch die Ausgiebigkeit der Verbindungen zwischen Vorhof- und Kammermuskulatur sich auszeichneten. Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 239 Allerdings ist zur Feststellung solcher Befunde eine sehr sorgfältige Untersuchung mit dazu geeigneten Methoden er- forderlich. Oberflächliche Untersuchung findet z. B. leicht einen muskulösen Zusammenhang zweier Abschnitte auf, der tatsächlich vielleicht nur eine zufällige innige Nachbarschaft bedeutet. Ver- wertbar ist indessen für die Theorie nur ein Übergang der Elementarbestandteile. Bekanntlich sind bei Säugern vielfach noch andere Atrioventrikularverbindungen als das Hissche Bündel gefunden, die wahrscheinlich nur solche Berührungen darstellen. So hat Stanley Kent zahlreiche muskulöse Verbindungen zwischen Vorhöfen und Kammern ausser im Septum auch an der Aussenseite des Herzens gesehen. Curran will beim Kalb, beim Schaf und beim Menschen durch makroskopische Präparation noch eine andere Verbindung zwischen Vorhof und Kammer gefunden haben, als die durch die beiden Schenkel des Reizleitungssystems dargestellte. Er sah aus dem Knoten kurz vor dem Hauptbündel durch das Trigonum tibrosum ein kurzes Muskelbündel treten, welches einige Fasern an das septale Segel der Trikuspidalis schickte; die übrigen traten unter dem Ursprung des Segels hinweg in die Ventrikel- muskulatur des hinteren Septumabschnittes und der angrenzenden Wandpartie. sie versorgten dann diejenigen Stellen des rechten Ventrikels, die der rechte Schenkel des Hisschen Bündels nicht berührt. Diesen Angaben sind wohl auch die Befunde Mackenzies einzureihen, der bei Echidna Verbindungen als Reste des Ohr- kanrals im ganzen Umfang des Atrioventrikularringes sah. Im Gegensatz dazu täuscht oberflächliche Untersuchung auch über den Grad inniger Verschmelzung. So hat z. B. Lydia de Witt versucht, eine plastische Rekonstruktion der Ausläufer des Hisschen Bündels innerhalb der Ventrikel zu geben. Solch eine Darstellung gibt aber nicht entfernt eine Vorstellung von der Menge der tatsächlich vorhandenen Ausläufer, von ihrem allmählichen vollkommenen Übergang in das Myokard. Ich ver- schaffte mir darüber Auskunft an dem Herzen des Elefanten, das dafür besonders geeignet ist, wegen seiner Grösse und wegen der von den gewöhnlichen Myokardfasern stark abweichenden Struktur seiner Elemente. Ich machte Tangentialschnitte durch dicke Trabekel aus dem unteren Drittel des Ventrikels. Besser 240 W. Lange: als auf einem senkrecht zur Oberfläche geführten Schnitt sieht man hier nebeneinander Endokard, Reizleitungsfasern und Myo- kard. Die Reizleitungsfasern sind in Schichten von verschiedener Struktur angeordnet, die obersten stark, die untersten wenig von der gewöhnlichen Muskulatur abweichend. Erstere sind Fasern, die erst später, letztere solche, die bald in das Mvokard über- gehen sollen. Der Übergang selbst lässt sich mit Sicherheit vielfach nachweisen (siehe Fig. 3). Es ist von vielen Untersuchern als fraglich hingestellt worden, ob wirklich die Purkinjeschen Fäden übergehen in gewöhnliche Herzmuskulatur, genau so wie sie bezweifelten. dass die Fasern des Vorhofs in die des Tawaraknotens oder die Elemente des Sinusknotens in die der Hohlvene einerseits, in die der Vorhöfe andererseits übergehen. Wie schon näher aus- geführt, kann man bei sorgfältiger Untersuchung Übergänge der einen Faserart in die andere mit Sicherheit nachweisen. Es ist oft deswegen nicht leicht, weil die Fasern ja ganz allmählich ihre spezifische Struktur verlieren und erst dann in gewöhnliche Muskulatur übergehen. Man beobachtet aber selbst an gut fixierten und mit Heidenhain gefärbten Präparaten oft auch ganz schroffe Übergänge, besonders in den Herzen der Huftiere, von denen ich auch ein Bild (Fig. 4, Taf. IX) gebe. Dort, wo die Übergänge auch nicht jedesmal festgestellt werden, müssen sie doch angenommen werden. Das geht aus der vergleichenden Untersuchung hervor, dafür sprechen auch die entwicklungs- geschichtlichen Feststellungen. Bei ganz jungen Embryonen ist ja anfänglich der Unterschied in der Struktur der Reizleitungs- fasern und des Kammer- und Vorhofsmyokards ein sehr geringer. Der Zusammenhang derjenigen Teile des Atrioventrikulartrichters, die sich später zum Hisschen Bündel, seinen Schenkeln und den interventrikulären Ausbreitungen entwickeln, mit der Ventrikel- muskulatur, andererseits derer, die zum Tawaraknoten und seinen Wurzeln in der Vorhofsmuskulatur werden, mit der Vorhofs- muskelmasse, ist ein ungehinderter, gleichmässiger. Tawara hatte das Reizleitungssystem verglichen mit einem Baum, der aus vielen Wurzeln im Vorhof entspringt, dessen Stamm durch das Hissche Bündel dargestellt wird, und dessen Verästelungen die Purkinjeschen Fäden darstellen. Es ist noch nicht genügend darauf hingewiesen worden, wie sich in den Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 241 einzelnen Abschnitten des Systems der Faserquerschnitt verhält. Für die Physiologie wäre diese Feststellung sehr wichtig, da ja. wie wir wissen, Reizleitungsverlangsamung bewirkt werden kann allein durch Verengerung der Bahn, auf welcher der Reiz sich fort- pflanzt. Wenigstens gilt dieser Satz für künstliche Einengung durch Quetschung oder durch Einschnitte. (Versuche von von Kries lassen es indessen möglich scheinen, dass durch solche Ein- eriffe qualitative Änderungen in der Muskulatur erzeugt werden, die die Leitungsverlangesamung nach sich ziehen.) Nach meinen Untersuchungen, die besonders leicht an den Herzen grosser Tiere nachgeprüft werden können, ergibt sich, dass im Bündel eine sehr starke Reduktion der einzelnen Fasern statt- findet. Es sind hier also nicht, wie der Name Bündel vor- täuschen könnte, die vielen aus dem Vorhof stammenden und im Knoten vorhandenen Fasern einfach zusammengerafft auf einen geringeren Querschnitt, sondern es findet eine tatsächliche Ver- minderung der Fasern statt. Umgekehrt ist auch in beiden Ventrikeln die Zahl der Purkinjeschen Fasern ausserordentlich viel grösser als die im Bündel und in den beiden Schenkeln. Es muss also eine Teilung der Fasern zustandekommen, je mehr man im System nach den Übergängen zu fortschreitet, und zwar werden sowohl die Fasern, wie auch die Fibrillen vermehrt. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass auch die Fibrillen sich häufig teilen. Diese Feststellung ist für unsere Vorstellungen über Reiz- leitung zweifellos sehr wichtig. Über die genauere Art der Aus- breitung der letzten Endigungen geben Flächenschnitte durch solche Stellen, wo ein dickerer Purkinjescher Faden liegt, gute Aufklärung. In einem makroskopisch sichtbaren Faden sind zahlreiche Querschnitte von Fasern vorhanden, aus ihnen spalten sich neue Fäserchen ab, die nach allen Seiten allmählich in die Muskulatur übergehen. Der Übergang findet meist in den obersten Schichten des Myokards statt, nur selten dringen Fäden mehr in die Tiefe, um sich dort mit den Muskelfasern zu vereinigen. Über die Ausbreitung der letzten Endigungen in den Ventrikeln gibt Mönckeberg beim Menschen genauere An- gaben. Nach ihm fehlen Fasern von Purkinjeschem Typus konstant am oberen hinteren Abschnitt des muskulären Ventrikel- septums, an der ganzen oberen Hälfte der Hinterwand und im oberen Drittel des hinteren Papillarmuskels; ebenso entbehrt der 242 W. Lange: obere vordere Abschnitt des Ventrikelseptums der Purkinje- schen Fasern, so dass also im erwachsenen Menschenherzen der ganze obere Septumabschnitt nur die unterhalb des Septum membranaceum und der rechten vorderen Atrioventrikularklappe nach abwärts ziehenden Hauptbündel des linken Schenkels ent- hält, dagegen keine von unten herkommenden rückläufigen Fasern aufweist. Am vorderen Papillarmuskel sind die Verhältnisse ähn- lich wie hinten, also im oberen Drittel keine Purkinjeschen Fäden, an der Vorder- und Mittelwand erreichen die Endaus- breitungen von unten herkommend ungefähr die gleiche Höhe wie an der Hinterwand, so dass auch hier die oberen Partien frei von Purkinjeschen Fäden sind. Die Verteilung der Purkinjeschen Fäden im Menschenherzen erstreckt sich also auf das Gebiet, welches dem interpapillären Raum Ehrenfried Albrechts entspricht, während der suprapapilläre Teil, die sogenannte Ausflussbahn, davon frei bleibt. Es liegt nahe, diese Verteilung in Zusammenhang zu bringen mit besonderer Funktion, man könnte denken, im Menschenherzen wären die beiden Räume in bezug auf ihre Erregung voneinander verschieden. Solche Schlüsse sind indessen ohne weiteres nicht gestattet. Die letzten Endigungen des Reizleitungssystems im Herzen brauchen eben nicht mehr histologisch deutlich unterschieden zu sein, da ja hier der allmähliche Übergang in gewöhnliche Herzmuskulatur statt- findet, mit anderen Worten, es kann funktionell das Reizleitungs- system in seinen Endigungen viel ausgiebiger sein, als aus der histologischen Zusammensetzung allein zu erschliessen wäre. Sicher stimmen die Mönckebergschen Angaben vom Menschen- herzen nicht für die Ilerzen der grösseren Säuger. Dies geht schon insbesondere aus den Angaben von Holl, die ja nur durch makroskopische Präparation gewonnen wurden, sowie aus der Modellierung der Reizleitungsfasern im Kalbsherzen von Lydia de Witt hervor. Ich habe mich durch mikroskopische Unter- suchungen davon überzeugt, dass beim Pferd z. B. und ebenso beim Elefanten, wo eben die Purkinjeschen Fäden überhaupt sehr viel deutlicher zu unterscheiden sind von gewöhnlicher Herz- muskulatur, deshalb auch die Übergänge noch leichter erkennbar sind als beim Menschen, das Verbreitungsgebiet an der Innen- fläche der Ventrikel ein viel grösseres ist. Purkinjesche Fäden sind zum Teil bis an die Spitze der Papillarmuskel unter dem Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 245 Endokard zu finden, desgleichen reichen sie am Septum und den übrigen Teilen der Seitenwand viel höher. als dem interpapillären Raume Ehrenfrieds entspricht. Der Einwand von Mönckeberg, dass man nicht jeden kleinen Sehnenfaden in dem Gebiete der Ausbreitung des Reiz- leitungssystems als zum Reizleitungssystem gehörig ansprechen darf, ist sicher richtig. Man darf aber nicht mit ihm glauben, dass, wenn in falschen Sehnenfäden keine Fasern von Purkinje- schem Typ vorhanden sind, diese nicht zum Reizleitungssystem gehören, es kann sich hier eben auch um Endausläufer handeln, über deren Zugehörigkeit eigentlich nur Serienuntersuchung Auf- klärung geben kann, indem sie zeigt, ob der betreffende Faden im Zusammenhang steht mit den Ausbreitungen der Schenkel. Im einzelnen ist der Verlauf und die Zusammensetzung bei den verschiedenen Säugern nicht völlig übereinstimmend. Es ist wichtig, zu untersuchen, ob diese Unterschiede des Baues im Sinne der myogenen Theorie in Beziehung zu Unterschieden in der Reizbildung und Reizleitung zu setzen sind. Ins einzelne gehende Beschreibungen des Verlaufes der Systeme insbesondere der Ausläufer des Bündels bei den ver- schiedenen von mir untersuchten und bisher noch nicht be- schriebenen Säugern beabsichtige ich nicht zu geben. Solche Schilderungen halte ich deswegen nicht für angebracht, weil sie für die hier zu behandelnde Frage nicht in Betracht kommen. Im übrigen bestehen in der Ausbreitung der beiden Schenkel des Hisschen Bündels innerhalb der Ventrikel relativ grosse individuelle Schwankungen. Es wäre mir nicht möglich, die etwa in einem Falle gefundene eigentümliche Anordnung in einem bestimmten Herzen ohne weitere Nachprüfung als typisch für die betreffende Art anzugeben, da ich ja im Einzelfalle nie angeben kann, ob die Eigentümlichkeit nicht eine individuelle war. Ich berücksichtige in meiner Schilderung nur die Verhältnisse, wie sie durch den jetzigen Stand unseres Wissens wichtig erscheinen. Ich möchte hierbei die Bedeutung der Anatomie als Führerin in der Frage nach der Reizleitung im Herzen auch nicht über- schätzen. Solche Überschätzungen haben oft genug zu ganz falschen physiologischen Vorstellungen geführt. Manche scheinbar funktionell wichtigen anatomischen Merkmale verdanken ihre 244 W. Lange: Eigentümlichkeit Gründen, die durch die Entwicklung, Wachstums- vorgänge und ähnliches bestimmt sind, denen keine funktionelle Bedeutung zukommt. Beim Elefanten verläuft der linke Schenkel anfangs ziemlich weit subendokardial, um erst in der Höhe der Papillar- muskel sich aufzusplittern in zahlreiche Fasern, die unter dem Endokard verlaufen und zunächst hauptsächlich zu den Papillar- muskeln ziehen, um sich dann hier weiter zu verbreiten auf die dem Septum gegenüberliegende Wand. Makroskopisch sind die Purkinjeschen Fäden als ein graues Flächenwerk von sehr verschiedener Dicke der einzelnen Fäden wahrzunehmen. Sehr häufig, namentlich im unteren Teil des Herzens, ist die Über- brückung tieferer Furchen zwischen einzelnen Trabekeln in Gestalt von falschen Sehnenfäden. Feinere Fasern sind im Konusteil, in der ganzen Ausflussbahn mit Sicherheit vorhanden. Beim Bären (Fig. 6) ähnelt der makroskopische Verlauf sehr den Verhältnissen beim Menschen. Der linke Schenkel breitet sich frühzeitig fächer- förmig unter dem Endokard aus, er ist hierbei in seinem obersten Verlauf, ebenso wie es ja beim Menschen der Fall, nur undeutlich durchscheinend. Der untere Verlauf wird deutlicher durch das Auftreten von falschen Sehnenfäden. Die Bildung des Netzwerkes der Purkinjefäden und der Übergang in die Muskulatur der Papillarmuskel erfolgt in der Höhe des Ansatzes der Papillar- muskel. Für die Huftiere ist kennzeichnend, dass der linke Schenkel frühzeitig, etwa in der Höhe der Spitze der Papillarmuskeln. das Endokard erreicht und nun in Gestalt eines falschen Sehnenfadens von erheblicher Dicke frei in das Lumen hervorspringt. Hier teilt er sich in zwei Äste, die zur Basis oder mehr zur Mitte der Papillarmuskeln streben. Kurz vordem sie diese erreichen, spalten sie sich häufig schon in viele kleine Unteräste und bilden dann teils auf den Papillarmuskeln, teils in dem tiefsten Teil des Ventrikels das Netz der Purkinjefäden. Am schematischsten fand ich diesen Verlauf in dem Herzen eines erwachsenen Zebras, sowie in einem achtmonatlichen Fötus (Fig. 8 und 8a, Taf. X). Meist ist der Verlauf unregelmässiger, indem nicht nur zwei Äste zu den Papillarmuskeln ziehen, sondern stärkere Teilung stattfindet. Solche Teiläste springen dann auf das Septum über, wurzeln also zwischen Papillarmuskeln. Beim Raubtier und Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 245 Menschen geht der linke Schenkel breiter, fächerförmig aus- einander, sowie er die Endokardumfläche erreicht. Er besteht aus vielen Bündeln, die in der Höhe der Papillarmuskelansätze auseinander gehen, um auf die Papillarmuskel und in die End- verästelungen der Spitze überzugehen. Eigentümlich ist der Ver- lauf des linken Schenkels bei der Kegelrobbe. Kurz nach seiner Teilung vom rechten Schenkel springt er ins Lumen des Ventrikels und splittert in ein Netzwerk von falschen Sehnenfäden auf. Diese Unterschiede im groben Verlauf der Schenkel sind wohl sicher in Zusammenhang zu bringen mit der verschiedenen (restalt und dem entsprechend verschiedenen Erregungsablauf der verschiedenen Herzen. (senaueres über diesen Zusammenhang kann ich noch nicht sagen. Denn wir wissen zwar ziemlich viel über Massenverhältnisse, relative Gewichte bei den ver- schiedenen Tieren, aber sehr wenig über die Unterschiede in der Form des Gesamtherzens und seiner Teile. Und doch be- stehen zweifellos grosse Unterschiede. Ich denke hierbei z. B. an das verschiedene Verhältnis zwischen rechtem und linkem Ventrikel, bei Vögeln einerseits, bei Säugern andererseits. In den verschiedenen Säugetierklassen selbst fand ich ziemliche Unterschiede in der äusseren Form, sehr verschiedene Beteiligung der Ventrikel an der Herzspitze und ähnliches. So lässt sich das Bärenherz gar nicht mit dem Herzen des Schafes oder gar der Kegelrobbe vergleichen. Die Grösse allein ist wohl sicher auch ein Faktor, der auf die Ausbildung des Reizleitungssystems bestimmend wirkt. Durch ihn wird wohl der Unterschied erklärt in der Ausbreitung der letzten Endigungen bei Elefant einerseits, Maus und Ratte anderer- seits. Die Elemente des Herzmuskels. die Muskelfasern sind als Zellgebilde an bestimmte Grösse gebunden, so kommt es zu einem Missverhältnis zwischen der Berührungsfähigkeit von Reizleitungs- system einerseits, Mvokardfläche andererseits. Diese Behauptung bedarf wohl einer kurzen Erläuterung Bekanntlich ist die Frage der Abhängiekeit der Grösse der Zellen, von der Grösse des Organismus, welchem sie entstammen, der Gegenstand vielfacher Unter- suchungen gewesen. Man neigt im allgemeinen der Ansicht zu, dass zwischen Grösse der Organe und der ihrer Zellen keine Proportion besteht, dass viel- mehr die Grösse homologer Organe lediglich proportionell der Zahl ihrer Zellen ist. Indessen hat Lewi neuerdings darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Satz zwar für die Zellen der Epithelien, der Haut, des Darmes gilt, nicht 246 W. Lanee: aber für manche Organe, z. B. Nervensystem und Herz. Lewi erklärt dieses abweichende Verhalten des Herzens dadurch, dass dessen Zellen nur bis zu einem gewissen Zeitabschnitt der Entwicklung sich teilen können. Das weitere Wachstum des Organs kann nur stattfinden durch eine Vergrösserung der Zellen selbst. Die Richtigkeit dieser Erklärung, für die in neuester Zeit Hahn bestätigende Beobachtungen an Riesenlarven vom Frosch gemacht hat. steht noch aus. Für die Muskulatur des Herzens kann ich kurz hier mit Sicherheit feststellen (was a. a. 0. noch ausführlicher gelegentlich der Darstellung der vergleichenden Anatomie der Wirbeltierherzen geschehen soll), dass die Muskelfasern grösserer Tiere dicker sind als diejenigen kleiner. Von Zellen kann man, wie vorher ausgeführt, ja im Wirbeltierherz nicht gut sprechen. Hält man sich zur Beurteilung an die Breite der Fasern, an den Abstand der Kerne, eventuell an die Länge unverzweigter Abschnitte einer Muskelfaser in der Nachbarschaft eines Kernes, so weisen zweifellos die Herzen grösserer Tiere im allgemeinen viel grössere Verhältnisse auf als diejenigen kleiner. Die Unterschiede sind aber sicher lange nicht so gross wie diejenigen in der Grösse des ganzen Herzens. Sicher ist die Ausbreitung der Endfasern des Atrioventrikular- systems bei kleinen Tieren eine viel geringere, als bei grösseren Herzen. wie mich die Untersuchung an Maus und Fledermaus lelırte. So erklärt sich wohl, dass His, der an kleinen Tieren arbeitete, das System der Endfasern nicht fand, während Tawara an dem günstigeren Objekt, nämlich dem ausgewachsenen Menschen und dem Schaf, es nicht übersehen konnte. Die geringe Aus- bildung bei kleinen Tieren ist vielleicht auch bedingt dadurch. dass bei diesen infolge der viel günstigeren Beanspruchung die Muskulatur nicht so zweckmässig koordiniert zu arbeiten braucht, während mit der Zunahme der Herzgrösse die Bewältigung seines Blutinhaltes viel schwieriger wird und zu sparsamster Ausnutzung durch zweckmässigen Kontraktionsablauf zwingt. Auffälliger noch als die Unterschiede im makroskopischen Verlauf sind diejenigen in der mikroskopischen Struktur der Reiz- leitungssysteme. Bekanntlich weichen die spezifischen Muskel- verbindungen histologisch ab von der gewöhnlichen Herzmusku- latur. Das hatten schon Gaskell, Engelmann und His gefunden. Tawara zeigte, dass bei Huftieren die Endigungen innerhalb der Ventrikel aus den wegen ihrer eigentümlichen Struktur schon lange bekannten Purkinjeschen Fäden und Zellen sich zusammensetzen. Über die Definition der Purkinjeschen Zellen waren sich die Histologen nie einig. Nach den einen sollten sie nur den Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 247 Huftieren eignen, nach den anderen bei allen Tieren zu finden sein. Auch jetzt, wo wir wissen, dass die typischen Formen nur im Verlauf des Reizleitungssystems vorkommen, können sich die verschiedenen Untersucher nicht einigen. Solcher Streit ist überflüssig. Eine typische Purkinje-Struktur gibt es nicht. Ich habe im Elefanten-, im Nilpferd-, im Bärenherzen Reiz- leitungsfasern gefunden, die noch viel mehr von der gewöhnlichen Herzmuskulatur unterschieden sind als die Purkinjefasern des Schaf- oder Pferdeherzens. Die Unterschiede sind, wie die verschiedene Ausbildung innerhalb desselben Herzens und die vergleichende Histologie lehrt, nur graduelle, nicht prinzipielle. Was ist denn «das Charakteristische der Purkinjefasern? Als eigentümlich wurde für sie angegeben grössere Dicke der Fasern. relativ reichlicher Protoplasmagehalt bei geringer Menge unregel- mässig verlaufender Fibrillen, Glycogengehalt, Zusammensetzung aus zelläbnlichen Elementen. Kein einziges dieser Merkmale gilt für jeden Fall. Sie wechseln innerhalb desselben Herzens in hohem Maße. Will man deshalb die Reizleitungssysteme auf Grund ihrer Struktur vergleichen, so darf man sich nicht auf wenige Fasern beschränken, sondern muss den Gesamteindruck berück- sichtigen. Dieser Gesamteindruck ist nun bei den verschiedenen Tiergattungen ein sehr verschiedener. Die schönste Ausbildung fand ich beim Elefanten, dem Nilpferd und dem amerikanischen Bären. Beim erwachsenen Elefanten (Fig. 2 und 5, Taf. IX) sind die Purkinjeschen Fäden von denen des Schafes unterschieden durch die viel grösseren Unregelmässigkeiten in der Anordnung der Fibrillen. Diese sind nicht nur in der Peripherie der Fasern angeordnet, sie dringen zum Teil auch in das Innere derselben ein. Während in den längeren Fasern, die aus hintereinander gereihten, walzenförmigen Stückchen zu bestehen scheinen, der grösste Teil der Fibrillen in der Längsrichtung parallel der Achse und im spitzen Winkel mit ihr verläuft, zum Teil in Spiraltouren, verlaufen andere quer zu der Achse. Ganz unregelmässig ist die Anordnung an Knotenpunkten von Fäden, es entstehen so Bilder, wie sie besser als alle Beschreibung durch die Fig. 2 gegeben wird. Beim jugendlichen Tier ist diese Struktur auch schon deutlich (vier- wöchentliches Tier), deshalb sind meine Befunde bei einem neu- geborenen Nilpferd auch auf das erwachsene Tier zu über- tragen. Archiv f.mikr. Anat,. Bd.84. Abt. 1. 7 248 W. Lange: Beim Bären (Fig. 5) fielen mir die zahlreichen Ein- schnürungen der Sarkoplasmastränge zu zellenähnlichen Gebilden auf. Bei günstigen Schnitten werden diese Einschnürungen sehr dentlich, man sieht, wie die Fibrillen an diesen Einziehungen entsprechend sich krümmen, um in die nächste „Zelle“ überzu- gehen. Der Verlauf in der Peripherie der Fasern und im Innern der Zelle ist ein äusserst unregelmässiger. Die Figur stellt einen längeren Faden dar, der zu vier hintereinander gelegenen kurzen, kugeligen Zellen anschwillt. Ähnlich schöne Bilder findet man beim Pferd, dann folgt Kalb und Schaf. Verhältnismässig deutlich ausgebildete Purkinjezusammensetzung zeigt das Schwein. Sehr gering, oft nur bei besonderer Aufmerksamkeit und an geeigneten Stellen nachweisbar sind die Unterschiede zwischen Reizleitungs- und gewöhnlichen Herzmuskelfasern bei allen kleinen Säugern und bei den niederen Wirbeltieren. Der Mensch und der Hund stellen eine Zwischenstufe zwischen Huf- tieren und Nagern dar. Im Vogelherzen kommen zwar vereinzelt, wie Külbs gezeigt hat, innerhalb der Ventrikel deutliche Purkinje-Strukturen vor, doch besteht die Hauptmasse der Reizleitungssysteme aus gewöhnlicher Muskulatur. Sollen diese auffälligen Unterschiede nicht irgend eine physiologische Bedeutung haben”? Seltsamerweise hat diese Frage nach Feststellung der Tatsache, dass die Purkinjefäden nur im Reizleitungssystem vorkommen, keinen Forscher interessiert, während sie früher von den vergleichenden Histologen vielfach gestellt wurde. Da man fälschlich annahm, die typischen Purkinje- fäden seien hauptsächlich den Huftieren eigen, begnügten sich viele mit der Annahme, es wäre eben eine zufällige morphologische Eigentümlichkeit dieser Tiere. Nur Marceau war es aufgefallen, dass unter den Huftieren die grossen, z. B. das Pferd, ganz be- sonders schöne und zahlreiche Purkinjesche Fasern aufweisen. Dies schien ihm, der noch nichts von Reizleitungssystemen wusste, eine Stütze für die von Reichert zuerst gemachte Annahme, das System der Purkinjefäden hätte die physiologische Be- deutung eines M. tensor endocardii; denn die grossen Huftiere und besonders das Pferd besässen ein sehr viel diekeres Endokard, als die kleinen, das dementsprechend schwerer zu spannen ist. Die Purkinjeschen Fäden sind nun, wie schon erwähnt, sicher keine Eigentümlichkeit des Ungulatenherzens. Ich fand sie Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 249 ebenso schön beim Raubtier, besonders beim amerikanischen Bär, andererseits sind sie beim Schwein und Meerschweinchen viel weniger ausgebildet. Viel richtiger ist die Behauptung Marceaus, dass die Grösse des Herzens von Bedeutung ist. Was lässt sich denn auf Grund unserer neuen Kenntnis von der Beziehung der Purkinje-Struktur zur Reizleitung angeben, um die verschiedene Ausbildung zu erklären? Die Fähigkeit, den Reiz überhaupt leiten zu können, verlangt nicht die eigentümliche Struktur; denn leiten überhaupt soll ja vom Standpunkt der Myogeniker die gewöhn- liche Muskulatur auch. Aber anders leiten die Systemfasern, und zwar sollen sie langsamer leiten. Der Reiz wird durch die Fasern blockiert. Ist es nicht naheliegend. anzunehmen, die selt- same Struktur hängt mit der Blockierungsfähigkeit zusammen. Verwertbare experimentelle Untersuchungen über den Grad der Blockierung des Reizes in den verschiedenen Herzen gibt es nicht. Ich selbst konnte leider auch keine anstellen. Wahr- scheinlich ist in grossen Herzen die Reizleitung langsamer als in kleinen. Denn mit der Grösse der Herzen nimmt bekanntlich die Pulszahl ab. Man erklärt dies damit, dass in grossen Herzen das Verhältnis: @uerschnitt der Aorta zu Blutinhalt ein viel ungünstigeres ist, so dass der Abfluss ein viel langsamerer sein muss. ‚Je langsamer aber das Herz schlägt, um so grösser ist auch die Pause zwischen Vorhofs- und Ventrikelsystole, d. h. die Zeit, während welcher der Reiz von Vorhof zur Kammer über- geht. Bei der grossen Geschwindigkeit, die an sich die Fort- pflanzung der Erregung im Herzen besitzt, spielt die mit Zu- nahme der Herzgrösse auch wachsende Länge des Reizleitungs- systems keine Rolle. Die notwendige grössere Blockierungsfähigkeit findet ihren anatomischen Ausdruck in ausgebildeterer Purkinje- Struktur. Die Befunde am Vogelherzen sprechen sehr dafür, dass die absolute Reizverlangsamung in Zusammenhang zu bringen ist mit ausgeprägter Purkinjebildung. Vögel haben bekanntlich den schnellsten Puls, somit die kürzeste Pause zwischen den Kontraktionen der einzelnen Herzabschnitte. In der Hauptmasse weichen, wie die Külbsschen Versuche zeigen, die Elemente der Reizleitungssysteme dort am geringsten, von denen des gewöhn- lichen Myokards ab. (Interessant sind für die Beurteilung dieser Frage wohl die Feststellungen von Buchanan über die Frequenz des Herz- ANGE 250 W. Lange: schlages bei Vögeln und bei kleinen Säugern. Er fand, dass die Vögel sieh auszeichnen durch einen enorm häufigen Herzschlag. So betrugen die Maximalwerte für den Dompfaff bis 925 Schläge in der Minute, beim Grünfink über 840, beim Sperling 850, beim Huhn 390, bei der Taube 225. Es sei hingewiesen auf die relativ niedrige Frequenz bei der Taube, und erinnert an die Tatsache, dass bei der Taube die deutlichste Purkinjesche Struktur ge- funden wird.) Indessen kommt es bei der Vergleichung der verschiedenen Reizleitungssysteme wahrscheinlich nicht auf die absoluten Unter- schiede in der Blockierung an, sondern auf relative. So pflanzt sich die Erregung in der Kaltblüterherzmuskulatur viel langsamer fort wie beim Säugetier. Infolgedessen genügt eine relativ geringe Hemmungsfähigkeit der Reizleitungsfasern, namentlich bei der yelativ grossen Länge der spezifischen Verbindungen, um die zum zweckmässigen Zusammenarbeiten nötigen Pausen zwischen der Tätigkeit der einzelnen Herzabschnitte zu bewirken. Als anatomischen Ausdruck der relativ geringen Verlangsamungs- fähigkeit finden wir bei den Kaltblütern auch relativ geringe Unterschiede zwischen Reizleitungs- und gewöhnlichen Herz- muskelfasern. Es wäre sicher von Bedeutung, nachzuprüfen. ob der von mir angenommene Zusammenhang zwischen histologischer Struktur und physiologischer Funktion wirklich besteht. Die Leitfähigkeit der Purkinjeschen Fäden untersuchte Erlanger im Kalbsherzen und berechnete die Schnelligkeit der Leitung in ihnen auf 0,06 cm pro Sekunde. Vergleicht man diese Geschwindigkeit mit den bisher gegebenen, allerdings unsicheren Angaben über die Schnelligkeit der Reiz- leitung im gewöhnlichen Myokard (Schleuter berechnet sie auf 600 cm pro Sekunde, Clement gibt an, dass alle Teile der Herzoberfläche zu gleicher Zeit erregt werden, was also für sehr grosse Geschwindigkeit der Reizleitung spricht), so spricht dies auch für die Annahme, dass typisch gebaute Purkinjesche Fäden langsam leiten. Diese Ansicht, der Grad der strukturellen Abweichung hänge mit dem Grade der Blockierungsfähigkeit zusammen, widerspricht eigentlich den Feststellungen von Hering, wonach die Reizleitungsverzögerung nicht in den Ausläufern des Hisschen Bündels, also im System der Purkinjeschen Fäden zustande kommt, sondern hauptsächlich im Tawaraschen Knoten stattfindet. Hierfür gibt es zwei Erklärungsmöglichkeiten, entweder wird die Reizverlangsamung bedingt durch die eigentümliche Anordnung der sehr schmalen Vorhofsfasern, welche den Übergang eines in der Vorhofsmuskulatur angebrachten Reizes auf das Reizleitungssystem erschweren, andererseits ist Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 251 zu bedenken, dass gerade der Hund, bei dem Herings Versuche angestellt wurden, nur in geringem Maße Purkinjestruktur des rechten und linken Schenkels und seiner Ausläufer zeigt. All diese Überlegungen müssen für diejenigen sinnlos er- scheinen, die die eigentümliche Struktur der Reizleitungsfasern ganz anders deuten wollen. So stützen sich viele auf die alte Auffassung, dass die Purkinjeschen Fäden embryonale Rück- bleibsel aus der Entwicklung des Herzens sind. Es ist seltsam, warum dann der Verlauf dieser (Gebilde so genau mit der physio- logischen Lokalisation der Reizleitung übereinstimmt. Man könnte sich höchstens vorstellen, die muskulösen Verbindungen zwischen den einzelnen Herzabschnitten sind aer Leitweg für die nervösen Gebilde gewesen. Hatte doch His gezeigt, dass die Anordnung der von aussen in das Herz einwandernden Ganglienzellenhaufen den Eindruck macht, als ob gewisse Teile des Herzens der Wanderung grösseren Widerstand entgegensetzen als andere. Nun sind aber die Purkinjeschen Fasern gar nicht embryo- nale Bildungen, denn sie unterscheiden sich durch Grösse und Form durchaus von embryonalen Herzmuskelzellen. Häufiger Glykogengehalt, der ja übrigens gerade einem Teil der aus- gebildeten Reizleitungsfasern oft fehlt, und grösserer Sarko- plasmagehalt allein können sie dazu nicht stempeln. Übrigens hatte schon Schmaltz gefunden, dass in ganz jungen Embryonen- herzen die Purkinjeschen Fasern schon deutlich als von der gewöhnlichen Muskulatur durch Lage und Form abweichende Bildungen angelegt sind. Schmaltz arbeitete mit der Isolations- methode. An sorgfältig fixiertem Material und bei Anwendung der Heidenhainschen Fibrillenfärbung konnte ich diese Fest- stellung viel leichter machen. In Schafherzen von 8—10 mm ist das Bündel schon ganz deutlich durch seine Zusammensetzung von der gewöhnlichen Herzmuskulatur zu unterscheiden. Der Grad des Unterschiedes geht ganz parallel den Beobachtungen am erwachsenen Tier. Beim entsprechend jungen Menschenherzen ist ein Unterschied der Atrioventrikularverbindung nur schwer zu erkennen; noch schwieriger bei gleich alten und selbst viel älteren Hunden, Kaninchen, Katzenembryonen. Aber auch der Gesamtaufbau der Atrioventrikularverbindung z. B. spricht gegen die Annahme, dass sie lediglich ein Rest des [&6) So | 085) W. Lange: ursprünglichen Atrioventrikulartrichters ist. Sicher ist das His- sche System vergleichend anatomisch zwar aus dem Öhrkanal abzuleiten, ist jedoch bei den Säugern zu einer selbständigen Bildung geworden, die auch frühzeitig als solche angelegt wird. Verschiedentlich fand ich, dass bei Embryonen schon der makro- skopische Verlauf der Schenkel des Hisschen Bündels genau demjenigen beim erwachsenen Tier gleicht. Besonders auffällig war diese Übereinstimmung in dem linken Schenkel bei einem achtmonatlichen Zebrafötus und seiner Mutter, obwohl im übrigen z.B. in der Ausbildung der Trabekel der Ventrikelinnenfläche Unterschiede bestanden. Wenn Nicolai und Kraus den Unterschied in der histo- logischen Struktur der spezifischen Systeme gegenüber den ge- wöhnlichen Myokardfasern damit erklären, dass sie sagen, die Fasern wären eben in Beziehung zu den reizbildenden Apparaten getreten, worunter sie sich vorstellen, die Fasern brauchten nicht mehr der Kontraktion zu dienen, und hätten daher die der Kontraktionsfähigkeit besser entsprechende Struktur normaler Herzmuskulatur verloren, so würde diese Annahme wohl stimmen, wenn bei allen Säugern die spezifischen Systeme einfach gleich- mässig abweichend gebaut wären. Nicht zu verstehen wäre in- dessen der von mir betonte sehr wechselnde Grad der Abweichung bei den verschiedenen Tieren, der nicht als eine Arteigentümlich- keit aufzufassen ist, für dessen Beziehungen zu verschiedenen Funktionen vielmehr zahlreiche Gründe sprechen. Wichtig für die Bedeutung des Reizleitungssystems als eines wesentlichen funktionbegabten Bestandteiles des Herzens sind auch die Untersuchungen von Mönckeberg, der in allen von ıhm untersuchten Herzmissbildungen das Reizleitungssystem in seiner typischen Anordnung niemals vermisste Man könnte die verschiedene Struktur der Reizleitungs- systeme bei den einzelnen Tiergattungen, wenn man sie nicht als Ausdruck verschiedener Funktion auffassen will, vielleicht erklären durch den Hinweis auf die nicht unbedeutenden Unterschiede, die indem Aufbau des Myokards überhaupt bei den verschiedenen Tieren bestehen. Auf solche Unterschiede haben in jüngster Zeit die Untersuchungen von Zimmermann wieder aufmerksam gemacht, die z. B. die schon von Solger gemachte Feststellung bestätigen konnten, dass beim Schwein die Herzmuskelfasern Grundlagen für eime myogene Theorie des Herzschlages. 255 gegenüber denen anderer Herzen gekennzeichnet sind durch die Tendenz, lange Kernreihen zu bilden. Man beobachtet in den Muskel- fasern vom Schwein zentral eine lange Anhäufung von Sarko- plasma, in ihr liegen hintereinander 2, 4, 8, 16, ja selbst 32 Kerne. Dementsprechend findet man abweichende Anordnung der Kitt- linien und, wie Zimmermann annimmt, damit andere Form der Herzzellen. Es ist mir indessen nicht gelungen, einen Zu- sammenhang zwischen Grad von Purkinjescher Struktur und Bau des Myokards zu finden. Eine andere Deutung für die seltsame Struktur der Elemente der spezifischen Muskelverbindungen, wonach diese auch nicht der Reizleitung im Sinne der myogenen Theorie dienen, haben neuerdings Keith und Mackenzie gegeben. Sie gehen bei ihren Überlegungen von den Befunden in Säugerherzen aus. in dem bekanntlich die der eigentlichen Überleitung zwischen den verschiedenen Herzabschnitten dienenden muskulösen Verbindungen hervorgehen aus einer grösseren Ansammlung von spezifischer Muskulatur, den sogenannten Knoten (Sinus oder Keith und Flackscher Knoten an der Grenze zwischen Vorhof und oberer Hohlvene, Aschoff-Tawaraknoten im Vorhofseptum). In diesen Knoten sind zahlreiche Ganglienzellen zu finden, auch werden sie reichlich von Nerven versorgt und durchsetzt. Vom Aschotf- Tawaraknoten aus gelangen mit dem Hisschen Bündel Ganglien- zellen und Nerven in die Ventrikel, wo sie sich zusammen mit dem System der Purkinjeschen Fäden ausbreiten. Es lag nahe. anzunehmen, dass an diesen Stellen inniger Berührung von Nerven mit muskulösem Reizleitungsapparat der Ort zu suchen sei, wo die Beeinflussung der Herztätigkeit durch von aussen kommende Nerven stattfindet. (Untersuchungen von Flack beweisen die Richtigkeit solcher Annahme.) Keith und Mackenzie meinen nun, es handele sich bei diesen Knoten um mehr als nur nahe Berührung und Vermischung von Reizleitungsmuskulatur mit nervösen Elementen, sondern es beständen die Knoten aus einem neuromuskulären Gewebe, das einen Übergang zwischen Muskel- und Nervengewebe darstellt, in dem ein direkter Übergang von Nervensubstanz in Muskel- substanz stattfände. Die nach dem Purkinjeschen Typus ge- bauten Muskelelemente halten sie für den Sherringtonschen 254 W. Lange: Muskelspindeln ähnliche Gebilde: sie sollen, wie diese Muskel- und Sehnenspindeln, für Druckschwankungen, nämlich für Blut- druckschwankungen innerhalb des Gefäßsystems, empfindlich sein. Hierfür spräche auch die Lage der Knoten in unmittelbarer Nähe der grossen Ostien und der Purkinjeschen Fasern gleich unter- halb des Endokards. In ihrer Gesamtmasse sollen die Purkinje- fasern und besonders die Knoten Koordinationszentren im Sinne der Volkmannschen Lehre von der Koordination der Skelett- muskeln sein. Für die Natur der Purkinjeschen Fasern als nervöse Endapparate sprechen nach Keith und Mackenzie ihre undeutliche, oft fehlende Querstreifung und mangelhafte Myosinreaktion des Plasmas bei van Gieson-Färbung. Den direkten Übergang, die allmähliche Umwandlung von Nervenfasern in Muskelfasern, zeigt eine Abbildung von Mackenzie aus dem Herzen des Ameisenigels (Echidna): Eine Nervenfaser schwillt ziemlich rasch an zur Breite eines Muskelprimitivbündels und ihre Substanz wird quergestreift. Mackenzie stützt die Lehre von der Koordination weiter durch die Befunde beim Taubenherzen. Dort konnte er überhaupt keine spezifischen Muskelverbindungen tinden. An Stelle der Atrioventrikularverbindung sah er nur spär- liche Muskelbrücken zwischen Vorhof und Kammer, die aber durchaus nicht in ihrer Struktur von der des übrigen Myokards abwichen, die deshalb seiner Meinung nach auch nicht mit den teizleitungsfasern der übrigen Tiere verglichen werden können. Auch keine Knoten neuromuskulären Grewebes fand er, doch statt dieser in der Nähe der Aorten- und Pulmonaliswurzel eigentüm- liche, nieht näher beschriebene Gebilde, die durch ihre Färbung und ihre Versorgung mit Nerven deutlich als nervöse Endapparate sich kennzeichneten. | Die Anschauungen von Keith und Mackenzie über die Bedeutung der spezifischen Muskelsysteme haben wohl sehr wenig Berechtigung, denn die zum Beweis ihrer Richtigkeit angeführten Beobachtungen sind teils ungenau oder geradezu falsch, teils werden sie falsch verwertet. So ist der Einwand, dass die spezifischen Muskelsysteme nicht der Reizleitung dienen können, weil sie ja z. B. beim Vogel gar nicht immer vorhanden sind, hinfällig geworden durch die Untersuchung von Külbs, der eine ausgedehnte Atrio- ventrikularverbindung bei Huhn und Taube festgestellt hat. Für Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 2,55 die Tatsache, dass bei den Vögeln diese Verbindung aus gewöhn- lieher Muskulatur besteht, habe ich oben eine Erklärung gegeben. Keith und Mackenzie überschätzen die Bedeutung der Knoten. die ja nur Teile der spezifischen Muskelverbindungen und nur den Säugern eigentümlich sind. Sie geben an, das von ihnen sogenannte Knotengewebe auch bei allen niederen Wirbel- tieren gefunden zu haben. Ihre Angaben, die leider durch Figuren nicht begründet werden, sind mir unverständlich. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Herzabschnitten sind so gestaltet, wie sie Külbs und Lange, Külbs, Bräunig beschrieben haben. Mikroskopisch unterscheiden sich bei den niederen Tieren die Muskelverbindungen nur in geringerem Maße von der Mus- kulatur des übrigen Myokards. Keith und Mackenzie haben ihre Befunde bei Säugern. wo eine gewisse Berechtigung zur Annahme eines besonderen Knotengewebes vorhanden ist, durch- aus auf die niederen Wirbeltiere übertragen wollen. Ganglien- zellen und Nervenfasern sind bei den niederen Wirbeltieren in reichlicher Menge, oft auch in unmittelbarer Nähe des Reiz- leitungssystems vorhanden. Die Berechtigung, ein besonderes neuromuskuläres Gewebe anzunehmen, ist aber bei diesen Tieren noch viel weniger gestattet, als bei den Säugern. (Eine genauere histologische Beschreibung der Fasern im Sinusknoten ist nirgends gegeben worden. Die Untersuchung ge- staltet sich auch sehr schwierige. Es handelt sich wohl um eine zusammenhängende Sarkoplasmamasse mit eingestreuten Kernen, ein Syneitium. Dieses wird durch das sehr reichlich vorhandene Bindegewebe und durch Blutgefässe und Nervenfasern in ein ganz unregelmässiges Netzwerk von verschieden dieken Strängen und Balken eingeteilt. auf dem (Querschnitt zeigen die Protoplasma- balken eine sehr unregelmässige Anordnung der Fibrillen. Die Fibrillen sind sehr spärlich, sie liegen teils in der Peripherie, teils mehr im Zentrum der Fasern. Die Darstellung der Fibrillen mit besonderen Methoden (Eisenalaunhämatoxpylin. Heidenhains Neutralfärbungen für Muskeln, Bielschowskysche Methode) zeigen, dass die Fibrillen deutliche Querstreifung besitzen und genau so zusammengesetzt sind wie diejenigen des übrigen Myokards. Zwischenscheibe Z und Mittelscheibe M sind kennt- lich, meist tritt die Querscheibe (u in der Form zweier durch die Mittelscheibe getrennter Kügelchen (Dyaden von Schlater) 256 W. Lange: auf. Kittlinienähnliche Gebilde konnte ich nicht finden. Bei zweckmässiger Fixation erhält man mit der van Gie son methode sehr deutliche Myosinreaktion des Sarkoplasmas. Die dazwischen selegenen grösseren Nervenfasern färben sich hierbei mit dem für sie charakteristischen mehr bräunlichen Ton. Irgend welche Anzeichen für die Keith-Mackenziesche Ansicht von einem neuromuskulären Zwischengewebe fand ich nicht. Die abweichende Zusammensetzung des Sinusknotens entspricht meist dem Ver- halten der Purkinjeschen Fasern. Von Purkinjeschen Fasern unterscheiden sich die Elemente des Sinusknotens durch die relative Schmalheit der Sarkoplasmastränge und Züge (siehe Fig. 1, Taf. IX \. Es besteht gar kein Grund zu der Annahme, dass die spezifischen Fasern der Reizleitungssysteme einzeln oder in ihrer (resamtheit den Sherringtonschen Muskelspindeln gleichzu- stellen seien. Untersuchungen mittelst spezifischer Nervenfärbungen sind von Wilson, von A. und S. Oppenheimer, Morrison gemacht worden. Sie haben gezeigt, dass im Reizleitungssystem der Säuger Nervenzellen und Fasern sehr reichlich vorhanden sind. Die Achsenzylinder dringen zwischen die Purkinjeschen Fasern und zwischen die Muskelfasern des Sinus- und des Tawaraknotens ein und endigen zum Teil an ihnen mit kleinen Knötchen, nirgends aber sah man die Nerven in die Faser selbst eindringen, um in ihnen, wie es bei den verschiedenen Arten der Muskelspindeln der Fall ist, mit komplizierten Verästelungen aufzuhören. Die von Mackenzie gegebene, schon erwähnte Darstellung von der direkten Umwandlung von Nervenfaser in Muskelfaser wird wohl kein Histologe ernst nehmen. Es ist auch nicht der Fall, dass die Purkinjeschen Fasern schlechte (uerstreifung zeigen. Zwar in ihrer ganzen Breite sind die Fasern, besonders bei unregelmässigem Fibrillenverlauf, oft nicht gleichmässig quergestreift. Bei Anwendung der gewöhn- lichen pathologisch-anatomischen Färbemethoden, die Keith und Maekenzie bei ihren Untersuchungen anscheinend allein ange- wendet haben, wird schlechte Querstreifung auch oft vorgetäuscht, wenn die Fibrillen sehr spärlich sind oder im Kontraktionszustande sich befinden. Tatsächlich sind die Fibrillen bei Heidenhain- färbung genau so zusammengesetzt aus isotroper und anisotroper Substanz, wie die Fibrillen der gewöhnlichen Herz- und Skelett- muskulatur. Das Sarkoplasma gibt bei zweckmässiger Fixation Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages 2 und bei Anwendung dünner Schnitte ausgesprochene Myosin- reaktion, bei dieken Schnitten kommt sie infolge der starken Rotfärbung des die Fasern so reichlich umgebenden Binde- gewebes nicht zur Geltung. Wie Arnold gezeigt hat, erstreckt sich die Übereinstimmung in der Struktur von gewöhnlichen Herzmuskelfasern auch im einzelnen auf die Anordnung der ver- schiedenen Plasmosomen und der Glykogengranula. Ich selbst babe auch alle Veränderungen, die als Kontraktionserscheinungen an den gewöhnlichen Fibrillen auftreten, in den Fibrillen der Reizleitungsfasern nachweisen können. Was Mackenzie unter den aus angeblicher glatter Musku- latur bestehenden Knoten der Fische meint, ist mir nicht klar geworden. Einen Knoten, d. h. eine besondere Ansammlung von spezifischer Muskulatur als Ausgangsort für eine Muskelverbindung, gibt es bei den Fischen nicht, genau so wie es bei ihnen kein strangförmiges Hissches Bündel gibt. Eine muskulöse Verbindung zwischen Venensinus und Vorhof, Vorhof und Kammer besteht aber sicher. Die Ilemente dieser Verbindungen sind deutlich quergestreift. Die Knoten sind wahrscheinlich Stellen mit besonders grosser Reizbildungsfähigkeit. Sie stellen Zentren mit erhöhter Automatie dar. Erst bei den Säugern weist die Physiologie solche ganz umschriebene Zentren nach. Erst bei den Säugern finden wir dementsprechend grössere Anhäufungen von spezifischer Musku- latur in Gestalt der Knoten. Bei den Vögeln fehlt ein Sinus- und ein Atrioventrikularknoten, dementsprechend lässt sich auch keine Stelle besonderer Reizbildungsfähigkeit physiologisch nach- weisen. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Kaltblütern, bei denen z. B. nicht eine Stelle des Sinus, sondern der ganze Sinus, nicht eine Stelle an der Vorhof-Kammergrenze, sondern der ganze Atrio- ventrikularring, besonders leicht automatisch tätig sein kann. Die genauere Untersuchung der Knoten gäbe vielleicht die Möglichkeit, das anatomische Substrat für die Reizbildungsfähig- keit zu finden. Sucht man im Sinne der myogenen Theorie diese Fähigkeit in der Muskulatur, so muss einem der Unterschied in der Anordnung und in der Struktur der muskulösen Elemente der Knoten auffallen, im Gegensatz zum Bau der der eigentlichen Reizleitung dienenden Teile der spezifischen Muskelverbindungen. Schon Tawara hatte solche Unterschiede gefunden. Nach ihm 258 W. Lange: sollen die Fasern der Knoten relativ viel schmäler sen. Nagayo hatte ferner auf den Unterschied im Glykogengehalt des Vorhofs- und Kammerteils des Reizleitungssystems aufmerksam gemacht. Dass nicht den innerhalb der Knoten auch reichlich gelegenen (ranglienzellen die hohe Automatie zugesprochen werden muss, macht die vergleichende Anatomie wahrscheinlich. Dort, wo die Knoten fehlen (Kaltblüter, Vögel), sind trotzdem an den ent- sprechenden Stellen die grossen Ganglienhaufen zu finden, ohne dass diesen Stellen erhöhte Automatie zukäme. Hier wäre der Ort, wo experimentelle Arbeit, gestützt auf genaue Kenntnis einerseits der muskulösen, andererseits der nervösen Verhältnisse entscheidende Ergebnisse im Sinne der myogenen oder neurogenen Theorie erzielen könnte. Gerade die Untersuchung des Venensinus bei Kaltblütern verspricht wichtige Ergebnisse für die Entscheidung, ob myogen oder neurogen. Die Angaben über den Ausgangspunkt der Er- regung beim Kaltblüter (Frosch, Schildkröte) sind noch sehr widersprechend. Eine genaue Lokalisation des Ausgangspunktes nach denselben Prinzipien, wie sie in jüngster Zeit für das Säugetierherz möglich war, ist in den Herzen der Kaltblüter zu bestimmen nicht versucht worden. Die letzten Versuche stellen die von Garry bei der Schildkröte dar. Er fand, dass der Herzschlag für gewöhnlich in einem diffusen Bezirk an der Ver- einigung der rechten vorderen und hinteren Hohivene seinen Ausgang nimmt und sich einerseits gegen den Sinus, ar.derer- seits gegen die Mündung der Lebervenen richtet. Der Ausgangs- punkt der Erregung wechselte bei verschiedenen Versuchen, es schien oft, dass er in den Venen selbst entstand, dass die Venen unabhängig und vor dem Sinus schlugen, so dass Garry sie als ebenso selbständige Abschnitte des Herzens auffasst, wie Sinus, Vorhof, Kammer und Bulbus es sind. Genauere, insbesondere auch elektrographische Untersuchungen über den Ausgangspunkt und die Richtung der Erregung in solchen Herzen im Vergleich mit anatomischen Untersuchungen, die namentlich auch die Ver- teilung der Ganglienzellen und Nervenfasern zu berücksichtigen hätten, sollen hier endgültig Aufschluss geben. /unächst würden Untersuchungen über das Verhalten des Nervensystems in den verschiedenen Wirbeltierabteilungen voraus- sichtlich wichtige Aufklärung bringen. Es wäre interessant, fest- Grundlagen für eine myogene Theorie des Herzschlages. 259 zustellen, ob in den verschieden ausgebildeten spezifischen Muskel- systemen auch verschiedene Zusammensetzung des Nervensystems entsprechend der verschiedenen Funktion gefunden wird. Ins- besondere erwarte ich von embryologischen Untersuchungen über die Entwicklung des Nervensystems wichtige Aufschlüsse. Pflüger und neuerdings Müller haben die Vermutung ausgesprochen. dass es mit genaueren histologischen Methoden gelingen müsste. auch im embryonalen Herzen Nervenfasern nachzuweisen und so einen wichtigen Einwand gegen die neurogene Theorie zu beseitigen. Ein negatives Ergebnis an embryonalen Herzen könnte bei unseren noch immer unvollkommenen Methoden zur Darstellung des Nervensystems lediglich auf die mangelhafte Technik zurück- geführt werden. Eine Entscheidung würde dann die Untersuchung der Entwicklung der Nervenfasern bringen. Denn wenn wir sehe: . wie zu einer bestimmten Embryonalzeit, etwa dann, wenn das Herz schon lange schlägt, erst Nervenfasern von aussen in das Herz hinein sich entwickeln, wird der Einwand, es könnten doch vorher schon Fasern vorhanden sein, erleaigt werden. Literaturverzeichnis. Argaud: Sur la structure de la baudelette ansiforme. Compt. rend. Soc. de Biol., Bd. 72, TT, S. 142—154. Buchanan: The frequenz of the heartbeat in the mouse. London. 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Eisenhämatoxylin, Obj. 6, Okul.2. Purkinjefaser. Tafel X. Fig. 6. Bärenherz . Kalbsherz. Fig. 8. Herz eines weiblichen erwachsenen Zebras. Fig. 8a. Herz eines 8monatlichen Zebrafötus; rot gezeichnet der makro- skopisch sichtbare Verlauf des linken Schenkels der Atrioventrikular- verbindung. Er gs -1 263 Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. Von K. von Korff. Hierzu Tafel XI und 7 Textfiguren. I. Einleitung, Die erste erkennbar zwischen den heranwachsenden Knorpel- zellen liegende Substanz, aus der später die Knorpelgrundsubstanz hervorgeht, wird als prochondrale Substanz (Hasse, 1879) oder auch als Vorknorpel (Studnicka, 1903) bezeichnet; ihrer Struktur und Herkunft nach wird sie sehr verschieden beurteilt. Die meisten Autoren sehen die prochondrale Substanz als struktur- lose Masse an, die durch Umwandlung oder Sekretion des Protoplasmas der sich bildenden Knorpelzellen, welche ich als Vorknorpelzellen bezeichne, entsteht und eine mit den Zellen zu- sammenhängende (syneytiale) Masse bildet. Die Frage nach der Bildung der Grundsubstanzfibrillen, ob primär (intracellulär) von den Bindegewebszellen oder sekundär (extracellulär) aus einer homogenen Intercellularsubstanz wird meist von den Autoren nicht erörtert oder nur vermutungsweise gestreift. Über das Verhalten der definitiven Knorpelzellen zur Intercellular- oder Knorpelgrundsubstanz, über das Wesen der sogenannten Knorpelkapseln, über ihre Zugehörigkeit zur Zelle oder Intercellularsubstanz sind die Angaben der Autoren ver- schieden. Nach Ü. Hasse (1579) stellt die zwischen den Zellen des Blastems gelegene erste Anlage, die „prochondrale Grundsubstanz“, ein Maschen- oder Alveolenwerk dar und geht aus einer „Um- wandlung von Zellprotoplasma“ hervor. Die wirkliche Knorpel- grundsubstanz tritt aber erst später „in Form von Höfen (oder Kapseln) um die Knorpelzellen herum auf“. Strasser (1879) bearbeitete die (Genese des hyalinen Knorpels der Salamanderlarven, er fasst die erste Intercellular- substanz als eine einheitliche, durch Umwandlung von Protoplasma Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt.IL. 18 264 K. von Korff: entstandene Substanz auf: „Zwischen den Kernen kommt nur eine verhältnismässig geringe Menge hellen Protoplasmas“, das „wenig optisch differenziert erscheint,“ vor. „Erst später treten in diesem nicht weiter differenzierten Protoplasma zwischen den einzelnen Kernen die Zellgrenzen auf, indem hier die ersten Grundsubstanzen auftreten.“ Josef Schaffer (1901) untersuchte genauer den „Zellen- knorpel“ in den Flossenstrahlen von Petromyzon. Seine ge- wonnenen Anschauungen fasst Josef Schaffer im wesentlichen dahin zusammen: 1. „Die erste Anlage der morphologisch als Knorpel sich aberenzenden Zellmassen ist eine syneytiale.“ 2. „Die in diesem Syneytium deutlich werdenden Zellgrenzen stellen ein Fach- oder Wabenwerk dar, dessen Lücken von den kernhaltigen Zellkörpern ausgefüllt werden. Dasselbe geht teilweise aus einer unmittelbaren Um- wandlung (Verdichtung) des Protoplasmas hervor. verhält sich färberisch zunächst wie dieses und nimmt auch ferner an den Wachstumserscheinungen und Stoffwechsel- vorgängen desselben teil. Dieses Fachwerk, welches bereits eine dem Wachstumsdrucke entsprechende funktionelle Anordnung zeigt. bildet die prochondrale Grund- oder Kittsubstanz.“ Studni@ka (1903) untersuchte Teleostier (Lophius) und Selachier (Torpedo, Pristiurus, Spinax). Es entsteht nach Studnid@ka (Lophius) durch Zusammenwachsen der Zellen mit ihren Ausläufern, die kürzer und dicker werden. und schliesslich auch mit ihrem Zelleib ineinander übergehen, ein Syneytium. Sobald dies geschieht, treten Scheidewände auf. „In diesem Moment erscheinen Scheidewände und die Individualität der Zellen ist gerettet.“ Wenn ich Studnitka recht verstehe, so wird auch die sich zu Scheidewänden verdichtende Masse der ersten Intercellularsubstanz als Exoplasma aufgefasst. Verschieden von den histogenetischen Differenzierungen müssen die Vorgänge im Innern des schon entwickelten Knorpels aufgefasst werden, die zu einem inneren oder interstitiellen Wachstum führen. Ich meine die Vermehrung der eben differen- zierten Knorpelzellen, die von den fertigen Knorpelzellen bewirkte Sekretion, die Bildung der sogenannten Knorpelkapseln, die Ver- Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 265 mehrung der einmal angelegten Grundsubstanzfibrillen durch sich selbst (Teilung). Diese für die inneren Wachstumsvorgänge wichtigen Fragen kommen naturgemäss für uns weniger in Betracht. Wir suchen hier das Entstehen der ersten Anlage, den morphologischen und histologischen Charakter derselben, die Differenzierung der Grundsubstanzfibrillen, der Knorpelzellen aus dem Bindegewebe zu erkennen. Vielfach wurde den inneren Wachstumserscheinungen histo- genetische Bedeutung beigelegt, was zu einer grossen Verwirrung und zu falschen Auffassungen führen musste. Ähnliche Unklarheiten existieren über das Verhalten der (rundsubstanzzellen. die vielfach noch heute als Grundsubstanz- bildner, „Chondroblasten“, angesehen werden, zur Grundsubstanz. Die alte Schwannsche Ansicht ist noch heute für viele Autoren massgebend.- Nach Schwann (1839) wird die Zwischen- substanz dadurch hervorgebracht, dass die Wände der Zellen sich verdicken und verschmelzen oder, was viel häufiger ist, dadurch, dass sich die Intercellularsubstanz in grosser (Qualität entwickelt und eine Verschmelzung der unverdickten oder wenig verdiekten Zellenwände mit der Intercellularsubstanz eintritt.“ Histogenetische Bedeutung haben nur die im lockeren Binde- gewebe vor sich gehenden Differenzierungsprozesse des Binde- gewebes, welches noch nach vielen Richtungen hin differenzierungs- fähig ist. Hier finden wir die ersten Anfänge der Histogenese. Hier können wir von Stufe zu Stufe die dicht nebeneinander liegenden Entwicklungsstadien der Grundsubstanz verfolgen. Nicht aber können wir, wie es vielfach geschehen ist, in einem mehr oder weniger fertigen Knorpelgewebe mit Betrachtungen der Knorpelzellen, die Chondrogenese verfolgen. Die Knorpelbildung im Perichondrium, die ich hauptsächlich untersuchte, können wir mit Koelliker als indirekte Chondro- genese bezeichnen gegenüber einer direkten oder primären Ent- wicklungsart. Koelliker fasst seine Ansicht über die beiden Entwicklungsarten folgendermassen: „Bei der direkten Entstehung wandeln sich embryonale Zellenmassen dadurch in Knorpelgewebe um, dass die Zellen sich vergrössern und deutliche Membranen erhalten. Entwickeln sich die Zellen in dieser Art weiter, so entsteht der Zellenknorpel; in den meisten Fällen jedoch tritt zwischen denselben eine Zwischensubstanz auf, die in entfernter 18* 266 K. von Korff: Linie von der alle Gewebe durchtränkenden Ernährungsflüssigkeit herzuleiten ist, aber unzweifelhaft auch unter einer gewissen Mitwirkung der Knorpelzellen sich bildet...“ „Bei der indirekten Bildung des Knorpelgewebes ist der Ausgangspunkt ein bereits fertiges (Gewebe und zwar entweder eine Art Bindegewebe mit kleinen Zellen oder ein Faserknorpel. Beide dieser Gewebsformen können, wie ich zuerst bei Fischwirbeln nachwies, in echten hyalinen Knorpel sich umwandeln, was später auch Hasse be- stätigte. Ganz Ähnliches findet sich an den Stellen, an denen Perichondrium in Knorpelgewebe sich umbildet.“ II. Hyalinknorpel. 1. Bildung der prochondralen fibrillären Grund- substanz im lockeren Bindegewebe. Sehr geeignet für histogenetische Untersuchungen des Hyalin- knorpels ist der Salamanderknorpel seiner Grosszelligkeit wegen. Ich habe in erster Linie sich flach ausbreitende Knorpel von Salamanderlarven (Sternum, scapula und den Kiemenknorpel) untersucht. Die instruktivsten Bilder geben flach oder schräg zur Oberfläche geführte Schnitte der in Zenkerscher Flüssigkeit, Sublimat, Sublimat - Alkohol-Eisessig (v. Lenhossek) fixierten Knorpelstücke. Gefärbt habe ich vor allem mit der M. Heiden- hainschen Eisenalaunhämatoxylinmethode allein oder mit nach- folgender Färbung mit Azokarmin, den Chromotropen, und der von Mallory angegebenen Bindegewebsfärbung. Die oberflächlichen Schichten des Perichondriums der ge- nannten hyalinen Knorpel vom Salamander bestehen aus lockerem Bindegewebe, sie enthalten zahlreiche junge gut färbbare, meist langgestreckte Bindegewebszellen und zwischen denselben sehr viele Bindegewebsfibrillen. Die Zellen vermehren sich durch mitotische Teilung. Zell- leib wie Kern imponieren durch ihre Grösse: die Kerne haben in der Aufsicht platte, der Knorpeloberfläche parallel gestreckte Flächen, in der Kantenansicht sind sie länglich oval (Fig. 1, 2 der Taf. XI). Nach der Knorpeloberfläche zu liegen die Zellen dicht gedrängt übereinander. Der Zelleib ist später wenig färbbar, mit der M. Heidenhainschen Eisenalaunhämatoxylinmethode dar- gestellt erscheint er blassgrau, seine Konturen treten wenig deut- lich hervor. Im Protoplasma entwickeln sich jetzt sehr zahlreiche Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 267 Körner, die mit der genannten Methode deutlich hervortreten, auch mit der C. Bendaschen Kristallviolettmethode dunkelviolett in dem sonst rötlichbraun gefärbten Plasma erscheinen. An vielen Stellen legen sich die Körner zu kettenförmigen Längsreihen dicht aneinander und durchsetzen in verschiedenen Richtungen, meist in der Längenausdehnung, den Zelleib. Wie es scheint. wachsen sie zu Plasmafibrillen zusammen. Denn in vielen Zellen sieht man nur wenig Plasmakörner, desto mehr Plasmafibrillen, die man vielfach durch mehrere mit ihren Fortsätzen anastomosierende Bindegewebszellen verfolgen kann. Das deutliche Hervortreten dieser Gebilde, ihre spezifische Färbung spricht dafür, dass hier spezifische Bestandteile des Zelleibes, die Bendaschen Mito- chondrien, zur Bildung von Plasmafibrillen verwandt werden. Die intracellulär gelegenen Fibrillen verhalten sich färberisch basophil, später, wenn sie ausserhalb des Zelleibes liegen und selbständige Elemente geworden sind, werden sie acidophil. Sie liegen jetzt als ein für die Entwicklung der Knorpelgrundsubstanz wesentlicher Bestandteil des Perichondriums in den Lücken zwischen ihren Mutterzellen (Fig. 2 der Taf. XI) oder auch ihren Mutter- zellen an. Ihrem chemischen Verhalten nach fasse ich sie als präcollagene Bindegewebsfibrillen auf, die mit dem Stoffwechsel ihren chemischen Charakter ändern und sich durch Teilung vermehren. Auf Fig. 2 der Taf. XI (Querschnitt durch die knorpelige Schädelkapsel der Salamanderlarve) sind sie fachwerkartig in den Lücken zwischen den Bindegewebszellen angeordnet als besondere tibrilläre Intercellularsubstanz. Sie bilden hier die erste und zwar tibrilläre Anlage der Knorpelgrundsubstanz. Dieselbe besteht aus sich durchflechtenden Fibrillenzügen, die in den tieferen Schichten des Perichondriums sich bedeutend vermehren. In den Lücken des prochondralen fibrillären Fachwerkes liegen die Bindegewebszellen, die, wie wir gleich sehen werden, sich zu Knorpelzellen allmählich differenzieren. Unter dem Einfluss der sich vergrössernden Vorknorpel und Knorpelzellen erweitern sich die Maschenräume, in denen sie liegen. An der Peripherie sind sie länglich und schmal, im Vor- knorpel schon breiter und geräumiger, im Knorpel noch breiter mehr abgerundet. Bei dieser allmählich sich machenden Aus- dehnung und Abrundung der Knorpelzellen und Maschenräume 265 Kıyvonskoor tif: tinden deutlich in Erscheinung tretende Verschiebungen der acido- philen Bindegewebsfibrillen statt, aus der ursprünglich lang- gestreckten Lage werden sie in bogenförmig oder auch ringförmig die Knorpelzellen umkreisende Züge verlagert. Die den Knorpel- höhlen näher gelegenen zeigen jetzt häufig das Bild einer nest- artigen Durchflechtung. Die in der Mitte zwischen den Knorpel- zellen liegenden belialten mehr die Längsstreckung. Sehr interessant ist die Anordnung der jungen Binde- zewebstfibrillen der pronchondralen Substanz in den oberflächlichen Schichten des Perichondriums platter Knorpel (Fig. 3, 4 der Taf. XI). Die acidophilen Bindegewebstibrillen legen sich zu platten, der Oberfläche zunächst mehr oder weniger parallel ver- laufenden Lamellen zusammen. Die Lamellen liegen in der Peri- pherie dichter übereinander, als in der Tiefe, sind verschieden dick, und scheinbar leicht wellig gebogen. Höchstwahrscheinlich werden die Fibrillen in den Lamellen durch eine zunächst noch wenig dichte homogene Masse, in der sie eingebettet sind, wenn auch nur locker, zusammengehalten. Innerhalb der fibrillären Lamellen findet eine Überkreuzung der Fibrillen und Fibrillenbündel, die wahrscheinlich sich hier noch bedeutend vermehren, in verschiedenen Richtungen statt. Von den sröberen Lamellen zweigen sich feinere Seitenlamellen ab, die die Hauptlamellen verbinden oder auch geflechtartig durchsetzen. So entsteht ein Fachwerk sich durchflechtender Bindegewebslamellen. In dem Fachwerk liegen die Bindegewebszellen. Je mehr die Zellen sich zu Knorpelzellen vergrössern, findet eine Erweiterung der Fächer durch eine Dehnung oder ein Auseinanderweichen der Lamellen an den betreffenden Stellen statt. Bei Haifischen zeigen die platten Knorpel ähnliche An- ordnungen der Bindegewebsfibrillen im Perichondrium. Fig. 5 der Taf. XI bezieht sich auf den Flachschnitt des knorpligen Schädel- daches eines ca. 15 cm langen Acanthias vulgaris. Man sieht die zahlreichen übereinander liegenden, mit der Mallory-Methode blau gefärbten Lamellen, die obersten Schichten zeigen eine deutlichere Blaufärbung der sie zusammensetzenden Bindegewebs- fibrillen, als die tiefer liegenden, welche kontinuierlich in die Grund- substanz des Knorpels übergehen. An den schräg zur Oberfläche getroffenen Stellen zeigen die Lamellen wellenartige Erhebungen und Tiefen. Sich abzweigende Seitenlamellen und die Haupt- Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 269 lamellen durchsetzende Nebenlamellen kommen auch hier wie beim Salamander vor. Die in den Lücken zwischen den Lamellen liegenden Bindegewebszellen verhalten sich ebenso wie beim Salamander. Es sind plasmaarme Zellen, die sich ganz allmählich zu Knorpelzellen entwickeln. Die Lamellenbildung ist, glaube ich, eine vorübergehende Erscheinung, van der Stricht (1887) beschreibt sie auch im fertigen Knorpel. Die lamellenartige Anordnung verschwindet scheints beim Übergang der Lamellen in die Knorpelgrund- substanz, wo die Zellen zwischen denselben grösser werden. Studnicka (1905) teilt über die Entstehung der Grund- substanzfibrillen des Selachierknorpels. über die ich an meinen Präparaten nichts Bestimmtes aussagen kann, Näheres mit. Die Mesenchymzellen von Torpedo ocellata (12 mm lang) und Spinax niger (ca. 4 em lang) differenzieren in ihrem Zelleib und Protoplasma- fortsätzen Fasern, die sich mit Säurefuchsin und anderen sauren Farbstoffen intensiv färben, sie gehen von einer Zelle in die andere über und lassen sich auf diese Weise (nicht so die einzelnen Fibrillen wie eher die ganzen Bündel derselben) im Gewebe auf weite Strecken verfolgen, sie sind die ersten Andeutungen der collagenen Binde- gewebsfasern. „Die jungen Bindegewebsfasern verlieren sich auf der Oberfläche des Knorpels in der Grundsubstanz, die ebenfalls eine doch etwas feinere Faserung aufweist.“ Die Zelleiber der Mesenchymzellen und deren anastomosierende Fortsätze fliessen dann nach Studnickas Vorstellung zu einer Art von Syneytium zusammen, das die erste Anlage vorstellt. Die im jungen Binde- gewebe befindlichen feinen Faserungen werden in dem erwähnten Syneytium eingeschlossen und liegen, da sie sich unterdessen noch vermehrt haben, sehr dicht aneinander und bedingen die eigentliche Struktur der Grundsubstanz des jungen Knorpels (Fig. 5 und 6, Studnicka, 1905). In die Grundsubstanz des Knorpels übergehende Bindegewebsfibrillen hat auch Josef Schaffer an vielen Stellen beobachtet. An den Knorpelflossen- strahlen von Petromyzon fluviatilis beschreibt Schaffer (1901) dies Verhalten: „Hier kann man den Schnittrand der Knorpel- substanz sich fortsetzen sehen in blasse Bündelchen, welche hier leicht als leimgebende Fasern des Perichondriums erkannt werden. Zwischen ihnen, sie verbindend, sieht man mit Orcein dunkel gefärbte Streifen, welche manchmal leicht körnig erscheinen- 270 K. von Korff: Weiter in den Knorpel hinein verliert sich diese Unterscheidbarkeit der zwei Längsstreifen, die Grundsubstanz nimmt das bekannte homogene Aussehen an.“ Josef Schaffer gibt über dies Verhalten die Deutung, „dass von Zellen des Perichondriums zwischen die umgebenden Fibrillenzüge hinein eine mit Orcein, Hämalaun etc. färbbare Kittsubstanz abgeschieden wird, welche schliesslich die collagenen Bündel so durchtränkt, dass sie unsichtbar werden und mit der Kittsubstanz eine homogene Masse bilden; es ist dies ein Assimilationsvorgang ... .*“ An anderer Stelle spricht Schaffer von einer chondrogenen Metamorphose der Bindegewebsfibrillen. Auf Seite 136 (l. e.) werden die zwischen den Vorknorpelzellen liegenden Fibrillenzüge als „fremdartige Scheidewände“ aufgefasst, die nach Schaffers Auffassung durch die assimilatorische Fähigkeit der jungen Knorpelzelle der „chondrogenen Metamorphose“ zugeführt werden. Wir müssen vermuten, dass mit den Assimilationsprozessen Schaffers Auflösungsprozesse gemeint sind, wodurch die Fibrillen zu einer einheitlichen homogenen Masse zusammenfliessen, um zur (‚rundsubstanz zu werden. Wir wissen aber, dass die Knorpelgrundsubstanz fibrillär ist. Um das fibrilläre Stadium zu erlangen, würde sich also nach der Schafferschen Ansicht eine fibrilläre Masse in eine homo- gene und dann wieder in eine fibrilläre umwandeln müssen. Zu dieser sonderbaren Annahme liegt jedoch kein Grund vor. Bei Besprechung des aus verschiedenen Bindegewebsarten hervorgehenden postembryonalen Knorpels von Uyclostomen ist Studnidka (1897) bezüglich der Bedeutung der zwischen den Vorknorpel- bezw. Knorpelzellen beobachteten fibrillären Inter- cellularsubstanz in den einzelnen Fällen verschiedener Ansicht. Im „festen fibrösen Bindegewebe“ (den Fascien, Studnicka l. c.) geraten die Bindegewebsfasern am Anfang der Knorpelbildung weiter voneinander „und werden endlich zwischen den dicht aneinander anliegenden Knorpelzellen ganz aufgelöst, an ihrer Stelle entwickelt sich zwischen den Zellen, aber erst später, die Grundsubstanz des Knorpels“. Auf Seite 627 ff. wird dagegen von Studnitka der direkte Zusammenhang von Bindegewebsfasersträngen des lockeren Binde gewebe mit den Fasern der Knorpelgrundsubstanz konstatiert und als histogenetisch aufgefasst. „Es ist vielleicht nicht nötig, hier Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 271 besonders zu bemerken, dass es sich da um eine Bildung des Knorpels aus dem Bindegewebe und nicht um einen umgekehrten Prozess handelt.“ Sehr bald geht das von mir beschriebene erste fibrilläre Stadium der prochondralen Substanz in ein zweites, homogen aussehendes über. Diese Veränderung geht mit einem Wechsel der mikrochemischen Reaktion vor sich, d. h. die Acidophilie verschwindet, es tritt eine Basophilie auf. Bevor ich auf diese mit der Bildung der Kittsubstanz und der Chondroitinschwefelsäure (©. Hansen, 1905) zusammenhängende chemische Veränderung der Grundsubstanz eingehe, wollen wir das Schicksal der Binde- gewebszellen, die sich zu Knorpelzellen differenzieren, ins Auge fassen. 3. Die Differenzierung der Bindegewebszellen zu Knorpelzellen, Wachstum des Knorpels. Wie wir erwähnten, verlieren die Bindegewebszellen während der Bildung der Bindegewebsfibrillen ihren Zelleib ganz oder bis auf einen kleinen Rest. So liegen sie als „nackte Kerne“ (Stud- nicka, 1903) oder plasmaarme Zellen zwischen ihrem Produkt, den Bindegewebsfibrillen des Perichondriums (Fig. 2,3 der Taf. XI). Sehr bald findet jedoch eine Regeneration ihres Zelleibes statt, wobei wohl nur die plasmaarmen Zellen in Betracht kommen. Dieser Vorgang, der zur Bildung von Knorpelzellen in den Lücken der sich durchflechtenden Fibrillenzüge führt, lässt sich in den Einzelheiten schwer verfolgen. Bei Salamanderlarven geht die Differenzierung in den Hauptzügen folgendermassen vor sich. Der länglich ovale grosse Kern verkleinert sich bedeutend; früher sehr dünn, mit platten breiten Flächen, wird er jetzt mehr und mehr abgerundet. Ob hierbei ein Teil durch Abschnürung verloren geht, oder nur eine Verdichtung des CUhromatin- und Liningerüstes unter gleichzeitiger Umlagerung und Verschiebung der Kernsubstanzen vor sich geht, lässt sich nicht mit Bestimmt- heit sagen. Viele Kerne zeigen Einbuchtungen. Nach erfolgter Abrundung und Verkleinerung des Kernes wird ein heller, schmaler, wenig färbbarer Hof als primäre Masse des Zelleibes der zukünftigen Knorpelzelle sichtbar. In dieser Plasmasubstanz, die wahrscheinlich aus dem Plasmarest der Fibroblasten hervorgegangen ist, ent- wickeln sich mehr und mehr sehr feine Körner, die sich mit der 272 K.von Korff: Mallory-Methode rot, mit Eisenalaunhämatoxylin schwärzlich färben. Bei weiterer Differenzierung erfolgt eine Vergrösserung des Zelleibes, eine Vermehrung der Plasmakörner und schliesslich erscheinen Plasmafasern {Filarsubstanz), welche meist radiär an- geordnet sind (Textfig. 1). Bigetow (1879) beschreibt die Veränderungen der Knorpel- zellen in der Knorpelanlage der Scapula von Triton folgendermassen: „In den mittleren Schichten haben die Zellen wie die Kerne im b allgemeinen eine rundliche Form und sind reich an Proto- plasma, weiter gegen die Oberfläche hin erscheinen sie mehr und mehr abgeplattet ce mit ihren breiten Flächen der Oberfläche parallel ge- lagert; die Kerne werden im Verhältnis zum Zell- protoplasma immer grösser, so dass hier zahlreiche Zellen vorhanden sind. bei denen das Protoplasma kaum zu er- Fig. 1. y R { kennen ist und die Kerne fast Bildung der Knorpelzellen aus Binde- £ Sale gewebszellen. a — plasmaarme Binde- denganzen Zelleib einnehmen. gewebszellen; b — Vorknorpelzelle ; Dieht unter dem Perichon- e — Knorpelzelle der Salam: »rlarve . Sl ale 7 m Da e alamanderlarve — drjum wird die Form der Zellen (Kiemenknorpel). eine ganz unregelmässige.“ Die Regeneration des Zelleibes tritt jedoch nur bei wenigen Zellen ein; die meisten Bindegewebszellen und die Kerne der- selben zerfallen nach der Fibrillenbildung und werden, wie es scheint, resorbiert. Man findet verschiedene Anzeichen des Ver- falles, besonders an den Kernen, die „nackt“ erscheinen, Verlust der Färbbarkeit des Chromatins, Auflösung des Chromatinnetz- werkes, tiefe Einschnürungen, die zu Abtrennungen von Kern- substanz führen. Die Regelmässigkeit der Form, das längliche Oval des Kernes verliert sich vor dem Zerfall. neben stark ein geschnürten Kernen finden sich solche mit langen dünnen lappigen Fortsätzen. Der Auffassung Studni@kas (1911), dass „nackte Kerne“ (Kerne ohne Plasma) des Bindegewebes unter direkter Neubildung Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 2 des Zelleibes zu Knorpelzellen heranwachsen, kann ich nicht ohne weiteres beistimmen. Den Prozess beschreibt der Autor im einzelnen: „An der Oberfläche des Zellkernes erschemt auf einmal eine feine äussere Membran, welche sich von ihm immer mehr abhebt, so dass zwischen beiden ein im Leben wohl mit einer Flüssigkeit ausgefüllter Raum zustande kommt. In diesem sieht man, nachdem der Zellbildungsprozess etwas weiter fort- geschritten ist, spärliches Protoplasma. Es ist an der Kernober- fläche angehäuft und verbindet in der Gestalt von feinen, kaum sichtbaren Strängen den Kern mit der früher erwähnten Membran, welche nichts anderes ist, als die primäre Kapsel der neuen Knorpelzelle ...“ „Dass die auf einmal massenhaft erscheinende und jene Kapsel spannende Zellflüssigkeit vom Kern produziert wird, ist so wie so sicher, und von dem Zellplasma der Knorpelzelle muss man schliesslich dasselbe annehmen.“ Ich habe unlängst für diese Tätigkeit des Zellkernes den Namen „eytoblastische Funktion“ angewendet und ich bleibe dabei. Studnidka zitiert die Beobachtungen Goettes über diese Art von Zellregeneration, aus denen hervorgeht, „dass die Embryonalzellen dem späteren Knorpelgewebe nur die Zellkerne unmittelbar überliefern, nicht aber zugleich die zugehörigen Zellenleiber*. Zellteilungen finden in dem fertigen Knorpel nicht mehr statt, dagegen trifft man die Vorknorpelzellen oder die eben differenzierten Knorpelzellen nicht selten in mitotischer Teilung. Nach der Teilung liegen die Tochterzellen in einer gemeinsamen Höhle meist zu zweien, bei weiterer Teilung der Tochterzellen zu Vierer- oder Achtergruppen sich gegenüber. Das von diesen Zellgruppen besetzte Gebiet ist das Zellterritorium der Autoren. Nach den Untersuchungen von Clapariede (1557), R. Heidenhain (1861, 1863) und Schleicher (1879) werden die Knorpelhöhlen durch eigenartige Zelldifferenzierung der sich teilenden Knorpelzellen, aus welcher Scheidewandbildungen hervor- gehen, in zwei, vier, acht usw. Fächer geteilt. Es ist nämlich eine Eigentümlichkeit des Knorpels, dass die Teilung des Zelleibes seiner Zellen „nicht durch Einschnürung geschieht, sondern dass zuvor eine Scheidewand sich bildet, die sich später in zwei Blätter spaltet“ (Schleicher 1. e.). Bei dem von mir untersuchten Salamander- wie Selachier - Hyalinknorpel, dem elastischen Netz- 274 Ksvzon RSomBr: knorpel des Ohres von jungen Kaninchen, kommen fast regelmässig nur einmalige Teilungen der jungen Knorpelzelle in einer gemein- samen Knorpelhöhle (Grundsubstanzlücke) vor. Die Knorpelhöhle ist meist länglich oval, die sich bildende Scheidewand steht dann senkrecht zur Längsachse. Die Einzelheiten bei der Scheidewandbildung innerhalb der Knorpelhöhle entnehme ich den Mitteilungen Schleichers, der an lebenden Knorpelzellen diesen sehr interessanten und eigen- artigen Prozess schrittweise sich abspielen sah: „Die erste Anlage zur Bildung der künftigen Scheidewand sehen wir durch eine längliche Reihe von feinen, seitlich aneinander gelegenen Fädchen dargestellt. Ausnahmsweise erscheint sie zuweilen sehr spät, wenn die beiden Kerne schon am Ende ihrer Teilung stehen: meist tritt sie jedoch kurz nach der Teilung auf, in einer Ebene, die in der Mitte zwischen den sich bildenden neuen Kernen liegt. Dass die Elemente zur Scheidewandbildung dem Plasma entlehnt werden, lassen uns Beobachtungen voraussetzen, in welchen wir amöboiden, im Protoplasma gelegenen Fädchen eine Richtung zur k' Fig. 2. u Mittelebene des Zellkörpers zuerkennen müssen. Auch sahen wir solche Fädchen den schon entstandenen sich anschmiegen. Es entstand auf diese Weise eine doppelt konturierte Membran, in welcher eine einfache Linie erschien, welche sich in zwei gleich Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz, 275 dicke parallele Blätter teilte. Die Trennung dieser Blätter beginnt mit dem Auseinanderweichen an ihren beiden Enden, und an diesen divergierenden Enden sieht man nun die beiden Blätter sich mit einer inzwischen formierten Tochterkapsel in Verbindung setzen.“ Die nebenstehend wiedergegebenen Figuren g’—l‘ der Schleicherschen Arbeit geben die Bildung der Knorpelhöhlen- scheidewand während der Endstadien der mitotischen Teilung (Telophase) wieder. Hiernach will es allerdings scheinen, als ob nach der Spaltung der Scheidewand die beiden Teilungshälften derselben ganz in die Kapselsubstanz der Tochterzellen aufgenommen werden und dann keine Scheidewand in der Knorpelhöhle der Mutterzelle mehr existiert, sondern nur eine einheitliche Knorpelhöhle. Nach diesen Beobachtungen Schleichers sind die so- genannten Knorpelkapseln als Difterenzierungsprodukt des Zell- leibes und zum Teil als Produkt der Zellteilung der jungen Knorpel- zellen aufzufassen. Sollen wir nun die Vorknorpel oder jungen Knorpelzellen und deren Teilungen in Beziehung zur Grundsubstanzbildung bringen? Fraglos führen sie zur Vermehrung der Zellen, zur Bildung _ der Knorpelscheidewände, bei mehrfacher Teilung zur Bildung der Knorpelzellennester, der Zellterritorien, welche vielfach der Grund- substanz das charakteristische Aussehen geben. Über die so- genannten Knorpelzellenkapseln, ihre Natur, ihre Herkunft habe ich trotz vieler Beobachtungen nichts ausmachen können. Ich muss annehmen, dass in vielen Fällen, wo die Autoren die Kapsel beschreiben, nur ein chemisch difterenter Teil der Grundsubstanz vorhanden ist. Viele Autoren nehmen an, dass die Knorpelzellen periodisch eine geschichtete Kapselsubstanz ausscheiden, die nach und nach zur Grundsubstanz wird, sie gehen sogar in der Theorie so weit, dass sie den Knorpelzellen — sie werden direkt als Chondroblasten (Schaffer |. ec.) bezeichnet — die alleinige Bildung der Knorpelgrundsubstanz zuschreiben. Die Autoren vermuten, dass die Knorpelzellen eine homogene Intercellularsubstanz bilden, die später in die Grundsubstanzfibrillen zerfällt. Ich bezeichne diese Theorie der Autoren als „Chondroblastentheorie“. Diese Theorie entbehrt jeglicher Begründung, sie ist mit den von mir gemachten Beobachtungen unvereinbar, vor allem sieht man nichts, was als Sekret der Knorpelzellen aufgefasst werden muss. DAB K: von Kortt: Koelliker unterscheidet (Gewebelehre, 6. Autl., I. Bd., S. 107) an den Knorpelzellen zwei Teile, die eigentliche Zelle wird Proto- blast (Knorpelkörperchen der Autoren) genannt und ist ein membran- loses Gebilde mit hellem Protoplasma, zu dieser Zelle gehört als zweiter Teil „die äussere Zellmembran oder die Knorpelkapsel, eine durch Ausscheidung des Protoblasten gebildete feste helle oder gelbliche Lage, welche diesen dicht umgibt und durch fortgesetzte Ausscheidung der Protoblasten, die an ihrer inneren Oberfläche sich ansetzen, ein geschichtetes Ansehen und eine sehr bedeutende Dicke erlangen kann. Derartiges habe ich an den Knorpelzellen nicht erkennen können. Dass die definitiven Knorpelzellen keine Grundsubstanz im histogenetischen Sinne bilden können und überhaupt nicht mehr teilungsfähig sind, geht aus den Beobachtungen Peyrands (Comptes rendus, .t. 84, p. 1308, 1877) hervor, nach denen zwar eine Regeneration wahren Knorpels vorkommt, aber nicht von den alten Knorpelzellen, sondern stets vom Perichondrium aus erfolgt. Mit den Erfahrungen Peyrands stimmen die genauen und interessanten Untersuchungen Schwalbes über Knorpelregene- ration (1578) überein. Zu diesem Zwecke wurden in Kaninchenohren mit dem Locheisen runde Löcher geschlagen. Die Löcher wurden durch Zuwachs von dem Wundrand aus verengt und schliesslich ganz geschlossen. Das junge Gewebe bestand aus jungem Knorpel- gewebe. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass sich das neugebildete Knorpelgewebe scharf gegen den alten Knorpel absetzt und an der Grenze keine Zellteilungen des alten Knorpels vor- kommen. Dagegen fand Schwalbe, dass das Perichondrium des alten Knorpels sich kontinuierlich in das junge Knorpelgewebe tortsetzt: „seine zelligen Elemente gehen ganz allmählich unter Umwandlung ihrer Form in Knorpelzellen, seine Grundsubstanz unter Aufhellung in Knorpelgrundsubstanz über. Mit diesen Ergebnissen stimmen die exakten Beschreibungen F. Marchands (1901) über die bei der Heilung der Knorpel- wunden beobachteten Knorpel-Neubildungsprozesse, wie wir später sehen werden, überein. Über den Modus des Knorpelwachstums gaben folgende Versuche Schwalbes Aufschluss. Es wurden in Kaninchenohren mehrere Löcher mit dem Locheisen geschlagen und deren Ent- Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 277 fernung gemessen, gleich nach der Operation und viele Wochen später. Hierbei ergab sich, dass der Abstand der Löcher, von Mitte zu Mitte gemessen, stets dieselbe Entfernung beibehält, während die Ohrmuschel selbst an Umfang zunimmt. Hiermit war der Beweis erbracht, dass das Flächenwachstum des Ohrknorpels jedenfalls nicht interstitiell erfolgt. sondern durch Apposition an den Randpartien. Schwalbe räumt indessen ein, dass er nicht gewillt sei, die am elastischen Ohrknorpel gewonnenen Resultate ohne weiteres auf alle Knorpel zu übertragen, dass vielmehr das Wachstum der embrvonalen Skelettknorpel ein anderes sei und hier neben einem appositionellen ein interstitielles Wachstum vorkommt, das sich sowohl in der Zunahme der Intercellularsubstanz, als in der Vermehrung der in dieselbe eingebetteten Knorpelzellen ausspricht. Nach meinen histogenetischen Untersuchungen findet jedoch auch im embryonalen Knorpel, sobald derselbe ein bestimmtes Alter und völlig entwickelte „grossblasig“ aussehende Knorpel- zellen hat, kein nennenswertes interstitielles Wachstum mehr statt, sondern auch hier bedingt die Apposition das Wachstum der Grundsubstanz so gut wie ganz allein. Man kann hier nun einwenden, die Zellnester, die doch aus den Teilungen der Knorpelzellen hervorgegangen sind, finden sich nicht nur in den äusseren perichondralen Appositionsschichten, sondern auch mehr mitten im Knorpel selbst. Trotzdem haben die Zellteilungen der zentral gelegenen Zellnester in den Rand- partien des Knorpels stattgefunden, nur durch die Verbreiterung des Knorpels durch Appositionsschichten sind die Zellnester mehr und mehr zu zentral liegenden geworden. Die so bewirkte, mehr gleichmässige Verteilung der Zellnester der Grundsubstanz ist deshalb nicht als Beweis dafür aufzufassen, dass die Zellteilung auch bei alten Knorpelzellen statt hat. 63 ] 3. Das sekundäre, homogen aussehende Stadium der Chondrogenese, die Kittsubstanz der Autoren, die Basophilie der Knorpelgrundsubstanz. Die histochemisch und farbanalytisch sehr wertvollen Arbeiten von Mörner (1888, 1589), Hammar (1894), Hansen (1905) ergaben, dass die ausgesprochene Basophilie (Färbbarkeit mit 278 K.von Korff: Hämalaun, Hämatoxylin) der definitiven Grundsubstanz an die Kittsubstanz gebunden ist. Entfernt man mit 10°/o Kochsalz- lösung, mit Kalk- oder Barytwasser die Kittsubstanz (Hammar, l. c.), so verschwindet die Tingibilität für Hämatoxylin. Die Unter- suchungen von Hansen (l. c.) ergaben, dass hauptsächlich in der Kittsubstanz, ein Speeificum des Knorpelgewebes, die Chondroitin- schwefelsäure lokalisiert ist und die Basophilie der Knorpelgrund- substanz bedingt. Hansen äussert sich darüber folgendermassen: „Da die Affinität des Knorpels zu basischen Farbstofften durchweg bedeutend grösser war als die des Kernchromatins, dessen Baso- philie wohl von der Nucleinsäure herrührt, und da der Gedanke a priori eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat, dass eine so ent- schiedene Affinität eines Gewebes zu exquisit basischen Farbstoffen von dem Vorhandensein einer Säure im Gewebe, die Färbung mit- hin wahrscheinlich von einer Art Salzbildung herrührt, und da ferner Mörner und Schmiedeberg ja eben im Knorpel das Vorhandensein reichlicher Uhondroitinschwefelsäure nachgewiesen haben, und da keiner der anderen chemischen Hauptbestandteile des Knorpels, weder Albumin (Albumoid), noch Kollagen, besonders starke basophile Eigenschaften besitzt, so lag mir der Schluss. nahe: Die Basophilie der Knorpelgrundsubstanz ist wahrscheinlich dem Vorhandensein der Chondroitinschwefelsäure zu verdanken.“ Zum Beweise wurden von Hansen (l. e.) frischen oder fixierten Knorpelschnitten in schonender Weise, so dass die Inter- fibrillarsubstanz erhalten blieb, durch Zusatz von Reagentien 1Y/—3°/o Kali oder Natronlauge oder durch jahrelanges Liegen- lassen in ca. 45 ”/o Alkohol die Chondroitinschwefelsäure entzogen. Die so behandelten Schnitte hatten ihre Basophilie verloren; sie wurden dann mit einer Lösung von Chondroitinschwefelsäure imbi- biert und die Basophilie trat wieder auf (Hansen, ].c., S. 587 ft.). Hansen glaubt, dass die Chondroitinschwefelsäure in erster Linie an die Eiweißstoffe oder Albumine der „Kittsubstanz“ ge- bunden sei. Gegenüber den beschriebenen Fibrillen ist die Kittsubstanz ein sekundäres Produkt: sie maskiert die Fibrillen, so dass die Grundsubstanz schon sehr bald homogen erscheint. Ich möchte glauben, dass dies sowie das Nichtanwenden von zuverlässigen Bindegewebsfärbungen die Autoren über die wahre Natur der Knorpelanlage getäuscht hat. Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 279 Wie ich erwähnte, ist das erste fibrilläre Stadium der Chondrogenese acidophil, was offenbar auf die präcollagenen oder collagenen Bindegewebsfibrillen, die im wesentlichen die prochon- drale Substanz zusammensetzen, zurückzuführen ist. Sobald eine Verdichtung des fibrillären Geflechtes durch Ablagerung der Kitt- substanz der Autoren (Homogenisierung der Grundsubstanz) ein- tritt, verliert sich die Acidophilie, das Gewebe zeigt immer srössere Affinität zu basischen Farbstoften. Dies ist das sekundäre Stadium der Chondrogenese (Fig. 6 der Taf. XI). Über die Bildung der Kittsubstanz sagen meine Präparate nichts aus. Doch liegt die Vermutung nahe, dass sie ein Produkt der Vorknorpel- und Knorpelzellen ist. Die Maskierung der acido- philen Bindegewebstibrillen geht nämlich immer erst an denjenigen Stellen vor sich. wo die Vorknorpelzellen in die Knorpelzellen über- sehen. Ferner ist in der Nähe der Knorpelzellen die Basophilie und Maskierung der Fibrillen meist stärker als in den entfernter liegenden Teilen der Intercellularsubstanz. Bei Knochenfischen finden sich dieselben Verhältnisse der Histogenese wie bei Haifischen und Amphibien. Textfig. 3 illustriert die allmählich vor sich gehende Differenzierung des Bindegewebes in Knorpelgrundsubstanz in den Hauptzügen bei einem ca. 3 cm langen Forellenembryo (Hyalinknorpel der Schädelkapsel, Fixierung v. Lenhosseck sches Sublimat-Alkohol-Eisessiggemisch, Mallory- Färbung). Zwischen den plasmaarmen Bindegewebszellen des Perichon- driums liegt eine acidophile fibrilläre Intercellularsubstanz, die nach der Peripherie mit den Bindegewebsfibrillen des umgebenden Bindegewebes zusammenhängt. Sie bildet ein Fachwerk von sich durchflechtenden Fibrillenzügen als erste Grundsubstanzanlage. Nach dem Knorpel hin geht das Fachwerk in die Grundsubstanz des Knorpels über. Währenddessen vergrössern sich die Binde- gewebszellen in den Lücken des Fachwerkes. Die Lücken werden zu Knorpelhöhlen, die Zellen unter starker Vergrösserung zu Knorpelzellen. Die fibrilläre Struktur der prochondralen Grund- substanz verschwindet bei der Umwandlung zur Knorpelsubstanz. Es tritt eine Maskierung der Fibrillen durch die Kittsubstanz ein, die Grundsubstanz erscheint homogen. Ich möchte hier kurz auf die Schaffersche Ansicht von dem Knorpelbildungsprozess bei Petromyzon eingehen. Die Zellen Archiv f.mikr. Anat. Bd.S4. Abt. I. 19 280 K. von Korff: der Anlage der knorpeligen Flossenstrahlen von Ammocoetes liegen nach Schaffer (1901) so dieht aufeinander gepresst, dass „von Zellgrenzen keine Spur zu sehen ist und die Kerne sich oft mit ihren Membranen unmittelbar berühren“. Die Zellen nehmen an Grösse zu, „erscheinen teils wie aufgequollen, so dass der Kern derselben rings von einem deutlichen, wenn auch schwach färbbaren Protoplasmakörper umgeben wird und werden durch scharfe Grenzen voneinander getrennt“. „Diese Grenzen werden durch eine verdichtete und stärker lichtbrechende Rindenzone des Protoplasmas, die sich mit Eosin stärker rot färbt, gebildet und sind stets zwei benachbarten Zellen gemeinsam, so dass sie wie ein Fachwerk oder Alveolensystem die Zellkörper umschliessen.“ Schaffer sieht diese balkenartig angeordnete Substanz als Inter- cellularsubstanz an, die von den „Zellkörpern gebildet wird und die Zellkörper wie ein lebendiger Kitt verbindet“ und zur prochon- dralen Substanz wird. Wenn wir genauer diese Beschreibung ins Auge fassen, so ergibt sich, dass nach Schaffer Intercellularsubstanz dasselbe ist wie Synevtium! Intercellularsubstanz müsste sich aber gegen die Zellen abgrenzen. Wie soll aus einem Syneytium eine Inter- cellularsubstanz werden? Wir können uns deshalb nichts Bestimmtes unter der von Schaffer geschilderten Intercellularsubstanz, die auch als „Kittsubstanz“ bezeichnet wird, vorstellen. Allerdings müssen wir zugeben, dass die Knorpelanlage der Schwanzflossenstrahlen von Ammocoetes histologisch schwer zu deuten ist. Meiner Meinung nach gehört überhaupt dies blasige Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 251 Gewebe nicht zum Knorpelgewebe:; jedenfalls dürfen wir es nicht mit dem Hyalinknorpel in eine Gruppe stellen. Auch Studnicka hat sich, wenn ich recht erinnere, in seinen Arbeiten über die Histogenese der Cyelostomenknorpel gegen diese Auffassung Schaffers ausgesprochen. Meine Petromyzon-Präparate betreffen den Schwanztlossen- knorpel von 5—12 cm langen Ammocoetes Planeri (Fixierung Zenkersche Flüssigkeit und Sublimat). Bei den verschiedensten Färbungen (Delafieldsches Hämatoxylin. Malloryfärbung, Eisenalaunhämatoxylin ohne oder mit Bindegewebsfärbung, Resorein- methode nach Weigert) ist es mir nicht gelungen, eine besondere Intercellularsubstanz, die man etwa als erste Grundsubstanzanlage auffassen kann, färberisch darzustellen, wenigstens nicht auf den Stadien, wo Schaffer die erste Anlage beschreibt. Was hier von den blasigen Zellen differenziert wird, ist weiter nichts als eine membranartige Aussenschicht. Dieselbe färbt sich intensiv mit Resorein, ähnlich der Elastica interna der Chorda dorsalis. Ein Übergang derselben in eine Intercellularsubstanz findet nicht statt. Ob dieses eigenartige (rewebe als sogenanntes vesiku- löses Stützgewebe aufzufassen ist, vermag ich einstweilen nicht zu sagen. In seiner Struktur zeigt es infolge der Zusammensetzung aus blasig aussehenden Zellen viel Ähnlichkeit mit dem Chorda- gewebe, das ja auch verkehrterweise von vielen Autoren als Knorpelgewebe angesehen wird. III. Elastischer Netzknorpel. 1. Embryonale Anlage. Bei der noch wenig entwickelten Knorpelanlage der Ohr- muschel von Kaninchenembryonen (ca. 10 em lang) und Schweins- embryonen (ca. 12 cm lang) zeigt sich folgendes: Das noch sehr junge Bindegewebe hat sich in der Mitte zu einer wellig gebogenen muschelförmigen Bindegewebsplatte verdichtet, der Anlage des elastischen Knorpels. In derselben liegen die sehr kleinen Binde- gewebszellen dicht gedrängt. Ihr Zelleib ist stark reduziert, wahr- scheinlich nach vorhergegangener Fibrillenbildung:; die Kerne sind abgerundet, die Zellen trifft man vielfach in mitotischer Teilung. In dem in Textfig. 4 wiedergegebenen Präparate wurde die Mallorysche Bindegewebsfärbung angewandt. Sie zeigt deutlich, dass zwischen den kleinen plasmaarmen Vorknorpelzellen schon 19* 282 K. von Korff: eine differenzierte Intercellularsubstanz gebildet ist. Es ist dies eine deutlich fibrilläre bindegewebige Substanz, mit geschlängelt verlaufenden Bindegewebszügen, auch einzeln verlaufenden Binde- gewebsfibrillen, die Fibrillen färben sich nur schwach mit Anilin- blau (Mallory): mit der Resorein- Säurefuchsinfärbung nach Weigert tritt auch nur eine geringe Farbreaktion auf. Hiernach will es scheinen, dass die Intercellularsubstanz der Anlage des elastischen Netzknorpels aus Fibrillen besteht, die noch keinen bestimmten chemischen Charakter haben. > 47 Sa wine 5 Fe » Ye er rar B > © ® NE n 3 er) ED IF 33 5) & = EZ se 4 u a Lan h A = BR = # & % In der Umgebung der Knorpelanlage beginnt die Difteren- zierung des Bindegewebes zum Perichondrium = a. Die in ihm liegenden Bindegewebszellen sind plasmareich, meist spindelförmig, die zwischen den perichondralen Bindegewebszellen liegenden Fibrillen und Fibrillenzüge färben sich stärker mit Anilinblau als die des umgebenden Mesenchymgewebes; an vielen Stellen gehen sie über in das fibrilläre Fachwerk der ersten Knorpel- anlage = b. Eine anders geartete Intercellularsubstanz, die man als erste Grundsubstanzanlage auffassen könnte, lässt sich an den zahlreichen Präparaten, die ich anfertigte, nicht nachweisen. Färbungen mit den von M. Heidenhain eingeführten Chromo- tropen, Azokarmin, Benzo-Lichtbordeaux, lassen ebenfalls den fibrillären Charakter der Intercellularsubstanz erkennen (Textfig. 4). Für die von vielen Autoren, z. B. Heinrich Müller, Reichert, Koelliker, Frey, Leydig (die betreffende Literaturangabe findet sich in der Arbeit O0. Hertwigs, 1873), vertretene Anschauung, dass sich die elastischen Fasern aus einer homogenen Intercellularsubstanz durch eine Art Härtung Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 283 und Verdichtung bilden sollen, findet in meinen Untersuchungen xeinen Anhaltspunkt, weder bei embryonalem noch postembryonalem OÖhrknorpelgewebe. O0. Hertwig (1573) schliesst aus seinen Beobachtungen an sich entwickelndem Ohrknorpelgewebe von neugeborenen Kaninchen und menschlichen Embryonen, dass es sich bei der Bildung der elastischen Fasern nicht um die Umwandlung einer vorher ge- bildeten homogenen Knorpelgrundsubstanz handelt, sondern um eine formative Tätigkeit des Protoplasmas. Seiner Ansicht nach entstehen die elastischen Fasern an der Oberfläche der Zellen in dichter Anlagerung an das Zellprotoplasma, sie laufen über die quergestellten Reihen der Knorpelzellen weg. Ich möchte glauben, dass an den Stellen, wo O. Hertwig die elastischen Fasern zu- erst sah, dieselben nicht mehr primär sind, sondern bereits verdickt in der Intercellularsubstanz liegen; wenigstens sind die noch ganz jungen, im postembryonalen Perichondrium gelegenen elastischen Fasern meiner Präparate eines 6 Wochen alten Kaninchens sehr dünn und lassen sich im ungefärbten Zustande nicht erkennen, was bei den älteren und verdickten Fasern jedoch bei ihrem starken Licht- brechungsvermögen (in Wasser oder Glycerin) leicht möglich ist. Prinzipiell dagegen stimme ich mit den O0. Hertwigschen Ergebnissen, dass die elastische Faser ein Produkt des Proto- plasmas der Zellen ist, überein. ‚Jedoch wird sie nach meinem Dafürhalten nicht in ihrer Eigenschaft als elastische Faser von den Knorpelzellen gebildet, sondern als indifferente Bindegewebsfibrille von den gewöhnlichen Bindegewebszellen und wandelt sich erst später in die elastische Faser um. 2. Die postembryonale Bildung. Bei älterem postembryonalem Ohrknorpel des Kaninchens (ca. 6 Wochen alt) untersuchte ich in Zenkerscher Flüssigkeit und Sublimat fixierte Präparate. Als beste Färbung erwies sich Vorfärbung mit Boraxkarmin 24 Stunden, Nachfärbung mit Resorein — Säurefuchsin nach Weigert. Die Präparate zeigen, wie schon Schwalbe (l. e.) und Sieveking (1892) experimentell nachwiesen, dass das Knorpelwachstum hier ein rein appositionelles ist, indem das Bindegewebe des Perichondriums unter Umwand- lung seiner Zellen in Knorpelzellen kontinuierlich in die Grund- substanz des Knorpels übergeht. 284 Ko von Korft: Im Perichondrium liegen in der äussersten Schicht zahl- reiche collagene Bindegewebsbündel, in der inneren Schicht fast nur elastische Fibrillen. Mit der Resorein-Säurefuchsinmethode, besonders nach längerem Liegenlassen der gefärbten Schnitte in Wasser, treten die collagenen Fasern wenig in Erscheinung, um so deutlicher die elastischen Fasern. Die Bindegewebsfasern des Perichondriums sind mit denen der Knorpelgrundsubstanz kontinuierlich. Bei diesem Übergang geht dem färberischen Verhalten nach eine mikrochemische Ver- änderung, ferner eine Vermehrung und ein Dickenwachstum der Bindegewebsfasern vor sich. In den äusseren Schichten des Perichondriums sind sie nur schwach färbbar mit Resorein, sehr dünn und spärlich, nach dem Knorpelrande zu in der Gegend des Vorknorpels sind sie zahlreicher, dicker, ihr netzartiges Gefüge oder Zusammenwachsen wird deutlicher; sie bilden hier eine besondere Intercellularsubstanz, durchsetzen die Lücken zwischen den sich entwickelnden Knorpelzellen fachwerkartig. Nach der Differenzierung der Knorpelzellen aus den Bindegewebs- resp. Vorknorpelzellen bilden die elastischen Fasern die geformten Be- standteile der Netzknorpelgrundsubstanz. Zur Zeit der definitiven Verhältnisse entwickelt sich zwischen den Knorpelzellen eine anders färbbare homogene Intercellularsubstanz, in welche die elastischen Fasern eingelassen sind. Ich fasse diese homogene Masse als Ana- logon der Kittsubstanz des Hyalinknorpels auf, welche jedoch die elastischen Fasern nur umgibt. nicht, wie es scheint, durchtränkt. Ein „Maskieren“ der elastischen Fasern durch diese Kittsubstanz findet nicht statt. Dies Verhalten gibt Kopsch in „Rauber- Kopsch“, Lehrbuch der Anatomie, wieder (9. Aufl., I. Abt., Fig. 120). Dass diese Kittsubstanz erst nach der Differenzierung der Knorpelzellen und zwar in ihrer unmittelbaren Nähe sichtbar wird, spricht für die Annahme, dass die Knorpelzellen diese färbbare homogene Substanz bilden. Die Zellen des Ohrknorpels nehmen in der postembryonalen Wachstumsperiode bedeutend an Umfang zu, nach OÖ. Hertwig (l. c.) bis zum fünffachen ihres ursprünglichen Volumens. Zellteilungen finden nur in den jungen, am Rande liegenden Knorpelzellen statt, nicht aber bei den alten, völlig entwickelten Knorpelzellen. Das elastische Fasernetz wird in späteren Differenzierungs- stadien der Knorpelgrundsubstanz durch eine homogene, kapsel- Uber die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 285 artige Substanz, die an Breite zunimmt, immer weiter von der Zelle entfernt. Nach O. Hertwigs Untersuchungen besteht diese breite ringförmige Masse aus abwechselnd helleren und dunkleren Streifen und ist ein Produkt des Protoplasmas. Auch nach meinen Unter- suchungen gehört diese kapselartige Masse nicht zur Intercellular- substanz, sondern ist als eine Art Exoplasma der Knorpelzelle aufzufassen, das in der sich erweiternden Knorpelhöhle liegt, was auch, wie mir scheint, die O0. Hertwigschen Abbildungen, Fig. 7, 14, zeigen. IV. Faser- oder Bindegewebsknorpel. Die Bindegewebsknorpelbildung habe ich im Discus inter- vertebralis von ca. 30 cm langen Kalbs- und ca. 17 cm langen Schweinsfeten näher untersucht. Die noch sehr weichen Zwischen- wirbelscheiben wurden in Zenkerscher oder Flemmingscher Flüssigkeit fixiert, die Schnitte wurden mit Eisenalaunhämatoxylin vor- und mit Chromotrop nachgefärbt. Nach Fixierung mit Zenkerscher Flüssigkeit wurde auch die Mallorysche Färbe- methode angewandt. In der Umgebung des als Nucleus pulposus persistierenden mittleren Abschnittes der Zwischenwirbelscheibe liegen noch in- differente, meist sternförmige, weniger zahlreiche spindelförmige Bindegewebszellen. In ihrem Zelleib differenzieren sich zahlreiche Bindegewebsfibrillen. Dieselben verlieren sehr bald ihren Zu- sammenhang mit dem Protoplasma, sie liegen dann als besondere Masse zwischen den Bindegewebszellen und bilden ein Fachwerk sich filzartig durchflechtender Fibrillenbündel. In den Fächern der fibrillären Intercellularsubstanz wachsen die Bindegewebszellen ganz allmählich zu Knorpelzellen heran. Hierbei findet eine Abrundung des Protoplasmas statt, welches an Volumen zunimmt und sich mit einer kapselartigen Substanz umgibt. Die zwischen ihnen liegende fibrilläre Intercellularsubstanz wird zur Grund- substanz des Bindegewebs- oder Faserknorpels unter Beibehaltung ihres fibrillären Charakters. Eine färbbare Kittsubstanz oder homogene Grundsubstanz wird also beim Faserknorpel nicht ge- bildet. Daher ist es im allgemeinen viel leichter, die Chondro- genese des Faserknorpels zu verfolgen, als die des Hyalinknorpels. Den Bindegewebsknorpel können wir nach den obigen Betrachtungen als eine Vorstufe des hyalinen Knorpels auffassen ; Hyalinknorpel geht 286 K. von Korff: aus Faserknorpel dort hervor, wo sich die knorplig präformierten Wirbelkörper der Wirbelsäule plazieren. Schon Koelliker (l. c.) erwähnt, dass beim Fischwirbel der Faserknorpel sich in echten Hyalinknorpel umwandelt. Dieselben Übergänge kann man sehr deutlich auf Längsschuitten durch sich entwickelnde Hirschgeweih- stangen (Baststangen) erkennen, bei der Entwicklung der Substantia spongiosa, der die Bildung eines Hyalinknorpels vorausgeht. Die zirkulär annähernd parallel zur äusseren Oberfläche verlaufenden Lamellen des Discus intervertebralis, die durch schräg verlaufende Faserzüge sich verbinden, entstehen hauptsächlich durch Apposition von innen nach aussen unter gleichzeitig vor sich gehendem interstitiellem Wachstum; die einzelnen Appositions- lamellen werden weiter und breiter, was nur durch eine selb- ständige Vermehrung und das Längen- und Dickenwachstum der Fibrillen zu erklären ist. Eine Differenzierung oder Prägung der Grundsubstanzfibrillen aus einer homogenen Intercellularsubstanz, wie die Anhänger der extracellulären Genese der Bindegewebsfibrille annehmen, ist hier ausgeschlossen. Denn es kommt hier überhaupt nicht zur Bildung einer besonderen färbbaren Intercellularsubstanz. Der als Nucleus pulposus bezeichnete Teil des discus inter- vertebralis ist nicht als Rest der Chorda dorsalis — dieselbe verschwindet schon sehr früh im Zentrum der Zwischenwirbel- scheibe — aufzufassen, wie es die Lehrbücher tun, sondern als Rest der skelettogenen Schicht der Uhorda, welcher nach vollendetem Wachstum der Zwischenwirbelscheibe sich nicht weiter zum Faser- knorpel differenziert, sondern seinen primären Charakter, den des lockeren Bindegewebes, bewahrt. Während des Wachstums der Zwischenwirbelscheibe differenziert sie immer neue Appositions- lamellen, den annulus tibrosus, von innen nach aussen. An vielen anderen Stellen kann man den kontinuierlichen Übergang von Bindegewebsfibrillen einer präformierten Binde- gewebsart in die Grundsubstanzfibrillen des Knorpels konstatieren. So bei der Achillessehne der Frösche. Die Fibrillen und Fibrillen- züge derselben laufen hier durch die Lücken zwischen den Knorpel- zellen des „Sesamschen Knorpels“ und werden so zu Grundsubstanz- fibrillen des Knorpels; andere Grundsubstanzfibrillen existieren nicht. Die Knorpelzellen sind auch hier histogenetisch modifizierte Bindegewebszellen. die einen grossen blasig aussehenden Zelleib ent- wickeln. Soviel ich an den einzelnen mit Eisenalaunhämatoxylin Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 287 gefärbten, in Sublimat fixierten Schnitten sehen kann, tragen die grossen Zellen nicht den typischen Knorpelzellencharakter, d. h. sie differenzieren keine als Knorpelkapsel zu bezeichnende Aussen- schicht, sondern nur eine sehr dünne, scheinbar elastische Membran, liegen nicht in Knorpelhöhlen. Die Fibrillen der Grundsubstanz laufen in starken, meist weit getrennten Bündeln und werden nicht durch Bildung einer homogenen Kittsubstanz maskiert. Dieses eigenartige Gewebe hat immer Schwierigkeiten be- züglich der Klassifizierung gemacht. Stadelmann (1878) bezeichnet den „Sesamschen Knorpel“ als Pseudoknorpel, Renaut (1893) als „Tissu fibrohyalin“. Studnidka reiht diesen Knorpel ein in eine besondere Gruppe, die des „Vorknorpelgewebes“. Zur Präzisierung des „Vorknorpelgewebes“ führt Studnitka (1905) an, dass es „einmal nur schnell vorübergehend bei der Chondrogenese auf- tritt, ein anderes Mal wieder etwas länger bleibt, in vielen Fällen sogar lebenslang erhalten bleibt. Durch das Auftreten von Binde- gewebsfasern zwischen den Zellen, die zu einer Festigung des Gewebes dienen, kann das Gewebe im letzteren Falle mehr oder weniger modifiziert werden, ohne deshalb die charakteristischen Eigenschaften zu verlieren. Immer bemerken wir, dass ein bleibendes Vorknorpelgewebe aus denselben Geweben seinen Ur- sprung nehmen kann, aus denen unter anderen Umständen sich ein Knorpel entwickelt. und auch im bleibenden Vorknorpelgewebe können wir in sehr vielen Fällen noch immer die Tendenz der einzelnen Zellen, sich in Knorpelzellen. umzuwandeln, bemerken.“ Ein weiteres Beispiel des Überganges und der Umwandlung von faserigem Bindegewebe in die Grundsubstanz des hyalinen Knorpels ist der Gelenkknorpel. Dieses Verhalten demonstriert ein Schnitt durch den Gelenkknorpel eines neugeborenen Hundes (Fig. 7 der Taf. XI). Am Rande des hyalinen Knorpels haben sich die Bindegewebsfibrillen des Perichondriums lamellenartig der Oberfläche parallel gelagert. Die so verlaufenden Hauptzüge geben seitlich sich abzweigende Fibrillenbündel ab oder werden von anderen Fibrillenzügen in verschiedenen Richtungen fachwerk- artig durchsetzt. So entsteht ein Trabelwerk. In dem Fachwerk der sich durchflechtenden Fibrillenzüge und Lamellen liegen nach der Peripherie noch spindelförmige Bindegewebszellen; nach dem Knorpel zu runden sie sich ab und werden zu Knorpelzellen. Die 283 K. von Korff: Räume (Fächer) zwischen den sich kreuzenden Fibrillenzügen werden grösser, sie werden zu Knorpelhöhlen, welche von den heranwachsenden Knorpelzellen ausgefüllt werden. Gleichzeitig mit der Entwicklung der Knorpelzellen findet eine Vermehrung der beschriebenen Fibrillenzüge, die wir als fibrilläre prochondrale Intercellularsubstanz des (relenkknorpels ansehen müssen, statt. In die eigentliche Knorpelgrundsubstanz lassen sich nun in diesem Falle die Fibrillen der prochondralen Intercellularsubstanz auf weite Strecken hin verfolgen und liegen hier in einer anders- gearteten Masse, der homogenen Kittsubstanz. V. Zusammenfassung. Die erste Anlage der Knorpelgrundsubstanz, der „Vorknorpel“ oder die „prochondrale Substanz“, ist nicht homogen, sondern setzt sich aus acidophilen Bindegewebstibrillen zusammen, die von indifterenten Bindegewebszellen gebildet werden. Nach der Fibrillenbildung wandeln sich die Fibroblasten in Vorknorpel- und Knorpelzellen um. Zwischen den Vorknorpelzellen bilden die Binde- gewebsfibrillen ein Gerüstwerk sich durchflechtender acidophiler Fibrillenzüge, das prochondrale intercelluläre Gerüstwerk des Knorpels, das unter Vermehrung der Fibrillen an Masse zunimmt. Die Maschenräume oder die Fächer der sich durchflechtenden Fibrillenzüge sind die primären Knorpelhöhlen, die sich beim Grösserwerden der Vorknorpel- resp. Knorpelzellen erweitern. Gleichzeitig mit der Erweiterung der Knorpelhöhlen findet eine Verschiebung oder Umlagerung der Fibrillen des Gerüstwerkes der prochondralen Grundsubstanz statt. Dies ist das erste fibrilläre Stadium der Knorpelanlage. Durch die Ablagerung einer homogenen Kittsubstanz von Seiten der Knorpelzellen werden die Grundsubstanzfibrillen des Hyalinknorpels „maskiert“; die Grundsubstanz erscheint homogen, wird basophil. Dies ist das zweite basophile Stadium des Hyalin- knorpels.. Beim Faserknorpel und elastischen Netzknorpel findet keine Maskierung der Grundsubstanzfasern durch die Interfibrillar- substanz statt; sie bleiben histogenetisch auf dem ersten fibrillären Stadium des Hyalinknorpels stehen. Die typischen Knorpelzellen finden sich in dem ersten Stadium der Histogenese überhaupt nicht, sondern erst im letzten, ihre Funktion ist nicht erkennbar, doch liefern sie wahrscheinlich die Uber die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 259 Kittsubstanz oder auch die Chondroitinschwefelsäure. Zellteilungen finden sich nur bei jungen eben differenzierten Knorpelzellen, bei perichondraler Chondrogenese trifft man sie nur am Rande des Knorpelgewebes. Aus diesen Teilungen gehen die Zellterritorien der Knorpelgrundsubstanz hervor, die mit der Histogenese des Knorpels nichts zu tun haben und bei Knochen- und Elfenbein- zellen überhaupt nicht vorkommen. VI. Über die Analogie in der Entwicklung der Knorpel-, Knochen- und Zahnbeingrundsubstanz und das Verhalten der Zellen zur Intercellularsubstanz. Naturgemäss werden die Bindegewebsarten, welche sich durch Festigkeit oder Widerstandsfähigkeit gegen Druck und Zug oder aber auch bei nur geringer Festigkeit durch einen hohen Grad von Elastizität auszeichnen, in eine besondere Klasse des Bindegewebes, in die der bindegewebigen Stützsubstanzen zusammengefasst. Indessen nicht nur ihrer Funktion, sondern auch der Struktur nach, haben die hierher gehörigen Gewebe des Knorpels, Knochens und Zahnbeins viel Gemeinsames. Wenn wir von den feinsten histologischen Strukturen absehen, so liegt die Übereinstimmung ihrer Bauart in dem Gefüge der Intercellular- substanz. Diese Intercellularsubstanz oder Grundsubstanz der Autoren bildet ein Geflecht oder ein Balkenwerk von sich durch- flechtenden oder überkreuzenden Bindegewebsfibrillen und Fibrillen- bündeln. Die gegenseitige Durchflechtung der Grundsubstanz- fibrillen garantiert die Widerstandsfähigkeit gegen Druck und Zug; das Balkenwerk der Grundsubstanzfibrillen erhält durch die Kitt- substanz oder homogene Interfibrillarsubstanz eine Versteifung, die durch die Kalksalzeinlagerung noch bedeutend erhöht werden kann. In Anbetracht der funktionellen Bedeutung der Grund- substanz oder Intercellularsubstanz werden diese Gewebe auch Grundsubstanzgewebe genannt. Aus meinen Arbeiten über die Histogenese der Zahnbein- und Knochengrundsubstanzen (Arch. f. mikr. Anat., Bd. 67 und Bd. 69) geht hervor, dass sie nach demselben Prinzip angelegt werden wie der Knorpel Das Gemeinsame ihres Aufbaues liegt darin, dass die erste Anlage fibrillär ist, dass sich in dem immer dichter werdenden fibrillären Geflecht die Bindegewebszellen zu 290 KV onSR or fr: den Grundsubstanzzellen differenzieren, dass erst nach der Ent- wicklung dieser Zellen auf das erste fibrilläre, acidophile das zweite homogene basophile Stadium folgt, dass das Wachstum der Grundsubstanzen in die Dicke der Hauptsache nach durch Apposition neuer Fibrillen erfolgt, wobei sich (Knochen, Knorpel) neue Binde- gewebszellen in typische Grundsubstanzzellen umwandeln, was bei Elfenbeinzellen nicht nötig ist. Bezüglich der Einzelheiten in der Histogenese der binde- gewebigen Stützsubstanzen bedürfen noch manche Punkte der Aufklärung: doch über den grossen Plan ihres Aufbaues dürfte nach den von mir gemachten Untersuchungen kaum noch Un- gewissheit bestehen. Ich möchte glauben, dass vor allem ver- gleichend anatomische Studien noch weiter Klarheit auf dem etwas schwierigen Gebiete der Histogenese der Stützsubstanzen bringen. Es wird sich immer mehr zeigen, dass bei einseitiger Verfolgung von Anschauungen, wie sie der Odontoblasten- und Osteoblasten- und Chondroblastentheorie zugrunde liegen, unser Erkennen um nichts weiter kommt, sondern dass sich eine Theorie auf der anderen aufbauen muss. Welcher Art die Funktion der definitiven Grundsubstanz- zellen ist, darüber sagen meine Untersuchungen nichts aus. Nur soviel lässt sich mit Bestimmtheit sagen, dass sie nicht im Sinne der Autoren Grundsubstanz bilden können, d. h. sie secernieren nicht eine primäre homogene Grundsubstanz. Immerhin wäre es nun möglich, — ich musste es sogar als wahrscheinlich hinstellen — dass die Knorpel-, Knochen- und Elfenbeinzellen den nicht fibrillären, sondern homogenen Teil der Grundsubstanz, die Kittsubstanz bilden, danach wären sie also doch als Grundsubstanzbildner im be- schränkten Sinne, wenn man so will, anzusehen. Die hier wiedergegebenen Figuren meiner Arbeit „über die Analogie in der Entwicklung der Knochen- und Zahnbeingrund- substanz der Säugetiere nebst kritischen Bemerkungen über die Osteoblasten- und Odontoblastentheorie“ (1906) zeigen die fibrillären Anlagen der Grundsubstanzen von Knochen und Zahnbein in ganz ähnlicher Weise, wie ich es jetzt beim Knorpel beschrieben habe. Bezüglich des Verhaltens der Grundsubstanzzellen zur fibrillären Intercellularsubstanz weisen meine Untersuchungen mit Bestimmtheit darauf hin, dass die Grundsubstanzfibrillen ebenso- gut wie die Zellen als selbständige Gebilde angesehen werden Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 291 müssen, die eigenen Stoffwechsel haben und aus eigener Kraft wachsen und sich vermehren. Nicht nur den Zellen, sondern auch den Intercellularsubstanzen der Stützgewebe müssen wir ein eigenes, nicht etwa von den Zellen erborgtes Leben zuschreiben. Die Intensität des Lebensprozesses muss sich bei den Zellen wie Fig. 6. Zahnbeingrundsubstanzanlage aus v. Korff (ds. Arch., Bd. 69, 1906, Bie:. Taf. 19,.Fig.9). Knochenanlage aus v. Korff (ds. Arch, F.d.P. = Fibrillen der Pulpa: Bd. 69, 1906, Taf. 19, Fig. 2). I.F. = Intercelluläre Fasern; O0. —= Östeoblasten; f.Str. — fibrilläre Z. unv. — Zahnbein unverkalkt; Stränge; F. — Fibroplasten. Z.v. — Zahnbein verkalkt. bei den Intercellularsubstanzen nach den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung ändern. So besitzen zweifellos die heran- wachsenden Knochen-, Knorpel- und Elfenbeinzellen einen hohen Grad der Lebenskraft, ebenso die jungen sich stark vermehrenden Bindegewebsfibrillen der ersten Anlage der Intercellularsubstanz, da- gegen nimmt im definitiven Zustande dieser (Gewebe die Intensität des Lebens in den sehr unscheinbar werdenden Zellen sichtbar ab, auch den Grundsubstanzfibrillen der verkalkten Intercellularsubstanzen können wir jetzt keinen hohen Grad der lebendigen Kraft mehr bei- messen; Zellen wie Fibrillen verlieren in der definitiven (verkalkten) Grundsubstanz das Vermögen der Regeneration durch Teilung, was die Transplantationen dieser Gewebe beweisen (Marchand 1901) / 292 KEY omMERSOTTIEE (regenüber der von R. Virchow vertretenen Anschauung, dass der Stoffwechsel der Intercellularsubstanz hauptsächlich von den Grundsubstanzzellen abhängig sei und jede Zelle mit ihrem Stoffwechsel ein Territorium der Grundsubstanz beherrsche, weist M. Heidenhain in „Plasma und Zelle“ (I. Abt., 1907, S. 32) auf folgendes hin: „Das Leben selbst ist seinem Begriffe nach überall etwas Aktives und bedeutet, dass der lebendige Teil auf Grund allgemeiner Vorbedingungen. welche aus der Umgebung stammen, seine Struktur und seine Funktion selbsttätig erhält (Automatie des Lebens). Ein passives, eingeblasenes oder eingehauchtes Leben gibt es nicht, denn die speziellen Bedingungen des Lebensprozesses liegen nicht in der Umgebung, sondern in den Dingen selbst. Lebt also etwas, so lebt es schlechthin wie die Zelle selbst. Da nun aber Leben immer nur direkt von Leben stammen kann, so kann auch die Intercellularsubstanz durchaus nicht etwa primär in einen zwischen den Zellen befindlichen Raum hinein abgelagert oder abgeschieden und hinterdrein erst organisiert und mit Leben durchdrungen worden sein, sondern die lebendige Intercellularsubstanz muss in direkter Weise von dem lebendigen Leibe der Zellen sich ableiten. Sie kann als lebende Masse nur Teil von lebenden Teilen sein. wobei sie freilich aus dem Leibe der Zellen herausgetreten, durch weiteres Wachstum dem Volumen nach vermehrt und durch be- sondere Differenzierung der Struktur nach umgestaltet wird.“ VII. Über die Ergebnisse der Untersuchungen F. Marchands über den Knorpel- und Knochenneubildungsprozess bei der Heilung der Knorpel- und Knochenwunden. (tenaue Angaben über den Knorpelentwicklungsprozess bei der Heilung von Knorpelwunden verdanken wir F. Marchand (1901); ich gebe hier die Fig. 75b aus F. Marchands Werk „Der Prozess der Wundheilung mit Einschluss der Transplantation“ (Deutsche Chirurgie) wieder, an welcher das erste fibrilläre und das zweite homogenaussehende Stadium der Knorpelgenese zu sehen ist. Das regenerierende Knorpelgewebe geht hervor, wie wir gleich nach F. Marchands exakten Beschreibungen sehen werden, aus dem Bindegewebe des Perichondriums, nicht von den Knorpelrändern Über die Histogenese und Struktur der Knorpelerundsubstanz. 298 der klaffenden Knorpelwunde. Der Wundspalt ist vollständig von Bindegewebe ausgefüllt, das unmittelbar mit dem des Perichon- driums zusammenhängt, nicht aber mit dem benachbarten Knorpel- gewebe, von dem es sich sehr deutlich unterscheidet. Im Binde- gewebe der klatfenden Knorpelwunde sind zahlreiche Faserzüge (Fibrillenbündel) zur Entwicklung gekommen, deren Anordnung verschieden ist, viele „spannen sich quer oder schräg durch die Fig. 7 aus F. Marchand (1901). — fibröses Narbengewebe einer 31 Tage alten Schnittwunde eines Rippen- knorpels vom Hunde, das sich bei c in den unteren (älteren) bereits hyalin- knorpligen Teil der Narbe umwandelt. Wunde, von einer Seite zur anderen“. „Von besonderem Interesse ist das Verhalten dieser Fasern zur Knorpelsubstanz:; sie bilden meist Büschel, die pinselförmig in vollkommen gerade gestreckte Fasern auslaufen und mit ihren Enden ohne Grenze in die homo- gene Grundsubstanz des Knorpels übergehen. In den zwischen den einzelnen Büscheln frei bleibenden Lücken liegen ziemlich zerstreute rundliche Zellen; öfters ziehen die Fasern über die 294 Re vionaksor:tit: Zellen hinweg, wodurch die Lücken verdeckt werden.“ „Obwohl die Fasern an dem meist ganz scharfen Rande des Wundspaltes mit der Grundsubstanz des Knorpels zusammenhängen, gelingt es doch kaum an einer Stelle, sie in diese hinein zu verfolgen. Bei der oben angegebenen Färbung (Hämatoxylin-Pikrofuchsin) sind die Fasern ebenso wie die Knorpelsubstanz intensiv rot gefärbt, letztere nur in der Nähe der Knorpelzellen etwas bläulich. Man sieht nun häufig zwischen den roten Fasern in der Nähe des Knorpels eine ganz schwach bläulich gefärbte homogene Substanz auftreten, welche die Stelle, wo Zellen eingelagert sind, frei lässt. An etwas weiter vorgeschrittenen Stellen sind die Fasern in der Nachbarschaft des Knorpelrandes nicht mehr als solche erkennbar, mit der erwähnten Zwischensubstanz zu einer homogenen Masse verschmolzen, in welcher kleine rundliche helle Hohlräume mit den darin eingelagerten Zellen sichtbar sind. Diese homogene Substanz hat bereits vollständig die Beschaffenheit und Färbung wie die Grundsubstanz des benachbarten Knorpels. In derselben Weise verhält sich die den Grund der Wundspalte einnehmende hyalin-knorpelige Masse, die sich nur durch einen geringen Unter- schied in der Färbung und etwas kleinere, dichter gedrängte Zellen von dem alten Knorpel unterscheiden. Deutliche Proli- ferationserscheinungen sind am letzteren nicht vorhanden. Die spärlich abgestorbenen Knorpelzellen am Rande der Spalte sind verschwunden.“ Über den Knochenbildungsprozess äussert sich F. Marchand (l. e., S. 250, 281) auf Grund von Präparaten der neugebildeten Knochensubstanz in den Markräumen eines implantierten Schädel- knochens: „Wir sehen zunächst aus den gewucherten jungen Spindelzellen Fibrillen hervorgehen, die immer mehr an Masse zunehmen und sich stellenweise zu einer anfangs noch deutlich faserigen. später mehr homogenen Masse in Gestalt schmaler oft schon frühzeitig netzförmig angeordneter Bälkchen verdichten. Inzwischen sind die Zellkörper von der fibrillären Substanz voll- kommen abgelöst und bleiben als unregelmässige eckige, rundliche, langgestreckte Gebilde, teilweise in Lücken des Bälkchens, teil- weise an seinen Rändern, sichtbar. Die ersteren würden schon als Knochenkörperchen zu bezeichnen sein, obwohl sie noch keine eigentliche Sternform mit feinen Ausläufern besitzen. Eine Unter- scheidung dieser Zellen von den noch freiliegenden Osteoplasten Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 295 ist nicht möglich.“ „Da, wo die junge Knochensubstanz sich an bereits vorhandene (z. B. abgestorbene) Knochenbälkchen an- lagert, ist sie ebenfalls faserig, von derselben Beschaftenheit, wie an den freiliegenden Bälkchen. An der subduralen neugebildeten Osteophytschicht ist die junge Knochensubstanz ebenfalls, wenn auch nicht so deutlich, faserig.“ | Die Ergebnisse der Untersuchungen F. Marchands, welche mir leider erst jetzt bekannt geworden sind — ich hätte sie sonst früher in meinen Arbeiten erwähnt — stimmen durchaus mit dem, was ich in meinen früheren Arbeiten über die Bildung der Elfenbein- und Knochengrundsubstanz und in dieser über die des Knorpels hervorgehoben habe, überein, nämlich in der fibrillären Anlage der Grundsubstanzen, die erst später homogen erscheint (homogenisiert wird). F. Marchand (l. ec.) bemerkt schliesslich: „Der ganze Prozess der Knochenbildung aus Bindegewebe erinnert im hohen Grade an die Neubildung des hyalinen Knorpels aus gewuchertem Perichondrium; auch hier sehen wir die collagenen Fibrillen durch eine homogene Substanz vereinigt.“ Dass die endochondrale Knochenbildung nach demselben Prinzip wie die periostale vor sich geht, lässt sich leicht bei der Ossification der (reweihstangen verfolgen. Hierüber werde ich später berichten. Erwähnen will ich noch, dass nach Transplantationen Knorpelstücke ohne Perichondrium (vergl. F. Marchand, I. c., S. 451 ff.) nicht einheilen oder weiterwachsen, sondern resorbiert werden, da offenbar die typischen (definitiven) Knorpelzellen keine Proliferationsfähigkeit haben: die Transplantation der mit Peri- chondrium versehenen Knorpelstücke führt dagegen zur Neu- bildung von Knorpelgewebe vom Bindegewebe des Perichondriums, nicht aber von den Knorpelzellen aus; auch hier geht das alte Knorpelgewebe zugrunde, wird resorbiert. Prinzipiell dieselben tesultate haben Transplantationen frischer (lebender) Knochen- stücke. Nur mit Periost, das in der Zusammensetzung durchaus dem Perichondrium gleicht, überzogene Knochenstücke, auch ganze Knochen, bilden neuen Knochen von Periost aus, der alte Knochen dagegen wird vollkommen resorbiert, was natürlich nicht nötig wäre, wenn die alten Knochenzellen oder auch die soge- nannten Osteoblasten Knochensubstanz bilden könnten. Hiermit ist aber eine natürliche Erklärung gefunden für die vergeblichen Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.1. 20 296 K. von’KRorff: Versuche, Knochen- oder Knorpelwunden durch Transplantationen von frischen Knorpel- und Knochenstücken schnell zur Heilung zu bringen, etwa so, wie es bei Hautwunden oder Hautdefekten durch Transplantation von Hautlappen möglich ist, wobei nach baldiger Abstossung der oberflächlichen Lagen der Epidermiszellen die Epithelzellen des Stratum germinativum durch Zellwucherung neue Zellschichten produzieren und auch im Bindegewebe der transplantierten Cutis keimende (in mitotischer Teilung begriffene) Bindegewebszellen und gut erhaltene collagene und elastische Bindegewebsfasern konstatiert wurden (F. Marchand, le, S. 420 ff.). Literaturverzeichnis. Bigelow. W. S.: Notiz über den Teilungsvorgang bei Knorpelzellen sowie über den Bau des Hyalinknorpels. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 16, 1879. Clapare&de, E.: Anatomie der Neretina fluviatilis. Müllers Arch., 1857. Hammar, J. Aug.: Über den feineren Bau der Gelenke. I. Die Gelenk- membran. II. Der Gelenkknorpel. 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Fig. Fig. Fig. Fig. Oo 1: Äussere Schicht des Perichondriums des Hyalinknorpels der Sala- manderlarve (Kiemenknorpel). Flachschnitt. Grosse, meist lang- gestreckte Fibroblasten. Zelleib blass, hat zahlreiche Körner und Körnerketten und Plasmafibrillen differenziert. Zwischen den Zellen präcollagene Bindegewebsfibrillen. Zenkersche Flüssigkeit. Eisen- alaunhämatoxylin. Obj. Zeiss D, Ocul. 4. L = Leucocyt. Hyalinknorpel des Schädels der Salamanderlarve. a) Zone des Perichondriums. Fibroblasten nach der Fibrillen- bildung. Kerne plasmaarm oder „nackt“. Die Fibrillen sich ge- flechtartig durchsetzend sind zur prochondralen Substanz geworden. b) Zone des Vorknorpels. Zunahme der Intercellularsubstanz. In den Lücken zwischen den sich durchflechtenden Bindegewebs- fibrillenzügen der prochondralen Substanz differenzieren sich die Bindegewebszellen zu Vorknorpelzeilen. Übergang der Fibrillen des Perichondriums in die des Vorknorpels. c) Zone des Knorpels mit Knorpelhöhlen, Knorpelzellen und einer mehr homogen aussehenden Intercellularsubstanz. Übergang der prochondralen Substanz in den Knorpel. Zenkersche Flüssig- keit. Malloryfärbung. Obj. Zeiss D, Ocul. 4. Schrägschnitt des Kiemenknorpels der Salamanderlarve. Zenker- sche Flüssigkeit. Malloryfärbung. Das Perichondrium auf der einen Seite flach geschnitten, zeigt eine Zusammensetzung aus fibrillären, der Oberfläche mehr oder weniger parallel laufenden Lamellen. Zwischen den Lamellen die plasmaarmen Bindegewebs- zellen nach der Fibrillenbildung. Auf der anderen Seite sind die fibrillären Lamellen quer geschnitten. Am Knorpelrande Übergan« der Bindegewebsfibrillen des Perichondriums in die Knorpelgrund substanz. Vorknorpelzellen mit grossem Kern, der immer kleine: wird und schmalem Plasmastreif, der grösser wird. Obj. Zeiss D, Oeul. 4. Flachschnitt durch den Knorpelrand der Scapula einer Salamander- larve. Zenkersche Flüssigkeit. Eisenalaunhämatoxylin. Über- einander liegende fibrilläre Lamellen des Perichondriums, die in die Grundsubstanz des Knorpels verfolgbar sind, wo ihre fibrilläre Struktur mehr und mehr verschwindet. Die zwischen den Lamellen liegenden Vorknorpelzellen in mitotischer Teilung. (Stadium des lockeren Knäuels und des Muttersterns.) Obj. Zeiss D, Ocul. 4. Schrägschnitt durch die Randpartie des Hyalinknorpels der Selachier (Acanthias vulgaris ca. 15 cm lang), Schädeldach. Zenkersche Flüssigkeit. Malloryfärbung. FL — Lamellenbildung der Fibrillen des Perichondriums. Hauptlamellen und sich abzweigende oder durchsetzende Nebenlamellen. Die Fibrillen der Lamellen sind beim Fig. 6. ER | Über die Histogenese und Struktur der Knorpelgrundsubstanz. 294 Übergang in die Knorpelgrundsubstanz weniger färbbar. Die plasma- armen Bindegewebszellen zwischen den Lamellen regenerieren ihren Zelleib, der allmählich an Grösse zunimmt; sie werden zu Knorpel- zellen. Obj. Zeiss D, Ocul. 4. Hyalinknorpel. Selachier. Acanthias vulgaris ca. 10 cm lang. Zenkersche Flüssigkeit. Hämalaun. Benzolichtbordeaux. In den oberflächlichen Schichten zwischen den Bindegewebszellen das erste Stadium der Chondrogenese als ein Geflecht von acidophilen Binde- gewebsfibrillen, fibrilläre prochondrale Substanz. Am Knorpelrande zwischen den Vorknorpel- bezw. Knorpelzellen das zweite Stadium der Chondrogenese. Hyalinwerden der Intercellularsubstanz durch die basophile Kittsubstanz. Maskierung der Bindegewebsfibrillen. Obj. Zeiss D, Ocul. 4. Gelenkknorpel; neugeborener Hund. Flemmingsche Flüssigkeit. Malloryfärbung. Kontinuierlicher Übergang der inneren Schichten des faserigen Perichondriums in die Grundsubstanz des Knorpels. Aussen lamelläre Anordnung der Bindegewebsfibrillen des Perichon- driums (Hauptlamellen der Oberfläche, parallel dazwischen Neben- lamellen), Verbreiterung der lamellenartigen Intercellularsubstanz am Knorpelrande. Lamelläre Anordnung der Fibrillen verschwindet beim Übergang der Fibrillen in die Knorpelgrundsubstanz. Objekt Zeiss D, Ocul. 4. 300 Über Regenerationserscheinungen des Muskelgewebes bei der Metamorphose von Rana temporaria. Von W. Smirnowa (St. Petersburg). Hierzu Tafel XII. Zur Metamorphose der Froschlarven, die durch die Ver- änderung der Lebensweise, den Übergang aus dem Wasser an das Land hervorgerufen wird, gesellt sich eine ganze Reihe innerer histologischer Prozesse. Diese Prozesse werden dadurch charak- terisiert, dass ein Teil des Tiergewebes zugrunde geht, während ein anderer Teil sich den neuen Bedingungen anpasst. Dabei zeigt sich als besonders plastisch das Muskelgewebe; es geht in neue Kombinationen über, die für den erwachsenen Organismus nützlich sind. Muskelschwund. Bei der fischähnlichen Froschlarve sind fast alle Muskeln vom Kopfe bis zum Schwanzende segmental angeordnet. Im Beginn der Metamorphose, beim Auftreten der Extremitätenanhänge, beobachtet man zwischen der Schwanz- und Rumpfmuskulatur Bündel von Muskelfasern mit Degenerationserscheinungen. Die Degeneration beginnt mit teilweisem Verschwinden der (@uer- streifung, wobei an Stelle der Streifen kleine Körnchen auftreten (Fig. 4). die Muskeln selbst zerfallen in kernhaltige Bruchstücke. Diese Muskelbruchstücke wurden von verschiedenen Autoren unter dem Namen von Sarkoplasten (Paneth, Margo) oder Sarkolyten (Mayer, Looss) beschrieben. Looss meint, dass „die ganze Substanz des Muskels in Sarkolyten zerfällt und mit diesen der Auflösung in der Körper- tlüssigkeit entgegen geht“. Nach seiner Meinung ist es möglich, dass die Sarkolyten auch keine Kerne enthalten. Metschnikoff nennt die kernhaltigen Sarkoplasmastücke „Muskelphagocyten‘“, weil in ihnen die vollständige Auflösung der Muskelzerfallsprodukte geschieht und als Resultat dieses Prozesses nur runde Zellen .. 3 F. in} Uber Regenerationserscheinungen des Muskelgewebes ete. 301 bleiben, die von vielen Autoren irrtümlich für Leukozyten gehalten werden. „L’etude des conpes et des muscles dissocies nous apprend d’une facon tout a fait preeise que le faisceau musculaire entier se transforme en une masse de phagocytes, renferment dans leur interieur la substance striee du muscle. Ces phagocytes musculaires derivent done du sarkoplasma avec les noyaux musculaires, mis en etat de suractivite considerable et ne proviennent nullement des leucocytes.“ Bei der Metamorphose beobachtet man Muskelzerfall sowohl im Schwanze, wie im Rumpfe der Larve. Während alle Schwanz- muskeln und ein Teil der Rumpfmuskeln der Phagocytose und der vollständigen Degeneration unterworfen werden, bleibt ein anderer Teil der Rumpfmuskeln bestehen und passt sich der neuen Rolle der Skelettmuskeln des Frosches an. Muskelregeneration. Während nach vielen Autoren die Insektenmuskeln bei der Metamorphose sich aus Mvoblasten — embryonalen Muskelzellen — oder aus Imaginalscheiben — entwickeln, beobachtet man bei der Froschlarve einen anderen Vorgang, eine Regeneration des alten Muskelgewebes, eine Umwandlung der früher bestandenen Muskeln in eine neue Anordnung, die dem erwachsenen Tiere unent- behrlich ist. Der Prozess beginnt mit einem Muskelzerfall, der mehr oder weniger weiter fortschreitet, worauf dann die Regenerations- erscheinungen einsetzen. Drei Hauptfälle sollen hier beschrieben werden. Erstens: das teilweise Verschwinden der (uerstreifung der alten Muskeln und die Teilung der Kerne noch unter dem Sarkolemma des alten Muskels (Fig. 3). Zweitens: Erhaltenbleiben von kernhaltigen Sarkoplasmasträngen und das Auftreten von Mitosen in diesen Kernen (Fig. 4). Drittens: die Teilung der Muskelphagocyten und die Bildung junger Muskelfasern (Fig. 5). Fall 1. Während der Metamorphose beobachtet man auf Larvenlängsschnitten neben altem und degenerierendem Rumpf- gewebe Bündel neuer Muskelfasern. Neue Muskelfasern sind leicht zu erkennen an der Intensität der Kernfärbung. Bei gelungenen Schnitten findet man längs getroffene junge Muskelfasern, die als Fortsetzung der alten zu betrachten sind (Fig. 1). Das erste Bündel 302 W.Smirnowa: des segmentalen Muskels (neben dem Steissbein) (siehe die Fig. 1) ist ganz aus Jungen Fasern gebildet, das zweite und dritte Bündel bestehen zur Hälfte aus jungen, zur Hälfte aus alten Muskelfasern und die übrigen Bündel gehören noch dem alten Gewebe an. Der histologische Prozess besteht in teilweiser Auflösung der (Juerstreifung des alten Muskels und Teilung der Kerne, worauf dieselben von neuen Fibrillen umgeben werden. Das alte Bündel spaltet sich in eine Anzahl junger Fibrillen in der Richtung der Wirbelknorpel. An der Grenze des alten und des neuen Gewebes befindet sich immer eine Menge sich teilender alter Kerne (Fig. 3). Dieser Prozess ist der Regeneration des Muskelgewebes nach Verletzungen ähnlich. Nach der Beschreibung von Harms beginnt die Muskelregeneration bei Tritonen an der Grenze der verletzten Partie mit Kernteilung. Das Sarkoplasma bildet eine Art Knospe, in die die Kerne hineinragen, welche von neuen Fibrillen umgeben werden. Daraus folgt, dass neue Froschmuskeln durch Jegenerationsprozesse aus dem Sarkoplasma und Kernen der alten Muskeln gebildet werden. Fall 2. Der Prozess der unmittelbaren Verwandlung der alten Muskeln in neue wird nicht immer beobachtet. Sehr oft unterliegt das alte Muskelgewebe einer tiefen Degeneration, es bleibt nur das Sarkoplasma mit Kernen übrig, die differenzierte Substanz verschwindet vollständig. Bei starker Vergrösserung bemerkt man im Sarkoplasma eine Menge Körnchen (Fig. 4), die die Reste der früheren Streifen der kontraktilen Substanz darstellen; trotz dem vollständigen Faserzerfall behalten die Kerne ihr normales Aussehen ; einer der letzteren beginnt sich zu teilen (Fig. 4). Fall 3. Vom alten Muskelgewebe bleiben nur phagocytierende Zellen übrig. Wenn diese Muskelphagocvten an der Stelle des zukünftigen Skelettmuskels des erwachsenen Tieres liegen, so sind zahlreiche Mitosen und eine Reihe von jungen Muskelzellen zu beobachten. Auf Präparaten mit Flemmingscher Lösung fixiert, sieht man in den Phagocyten schwarze Fettropfen und solche schwarze Tropfen findet man auch in jungen Muskelfasern (Fig. 5). Wahrscheinlich behalten diese Zellen nach dem Verdauen der Zerfallsprodukte die Fähigkeit, sich zu teilen und sich in neue Muskeln umzuwandeln. Ein solcher Vorgang ist nach Typhus im Muskelgewebe des Menschen zu beobachten. Volkmann beschreibt diesen Prozess folgendermassen: Über Regenerationserscheinungen des Muskelgewebes etc. 305 .1. „Die Muskelregeneration im Typhus geht ausschliesslich von den Kernen der degenerierten Fasern und dem sie umgebenden Protoplasma aus. 3. Diese mit Protoplasma umgebenen Kerne entwickeln sich innerhalb des Sarkolemms zu muskulären Bildungszellen. 3. Die Muskelzellen haben eine zweifache Funktion. Die erste ist die Resorption und weitere Verarbeitung der wachsartigen teste der zerfallenen Muskelfasern. Die zweite ist die Weiter- entwicklung zu jungen Muskelfasern.“ Die Regeneration des Muskelgewebes bei der Metamorphose unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Regenerationsprozesse dadurch, dass die alten Muskeln, sich der neuen Funktion anpassend, die Richtung ändern und neue Befestigungspunkte bekommen. Wenn man die Fig. 1 und 2 vergleicht, welch letztere ein späteres Stadium darstellt, so sieht man an der Stelle des alten segmen- talen Muskels (auf der Höhe des Nervenknotens) einen neuen Skelettmuskel. dessen Befestigungspunkte einerseits das Steissbein und andererseits der Steisswirbel (9. Wirbel) sind. Von den alten segmentalen Muskeln sind nur Septa zwischen den Segmenten und Stücke der Muskelsubstanz in den letzten Degenerations- stadien geblieben. Es wäre von Interesse, zu bestimmen: 1. welche chemischen teize den Muskelzerfall hervorrufen und 2. ob eine Regeneration der Muskelphagoeyten des Schwanzes unter günstigen Verhältnissen möglich ist. Um diese Frage zu verfolgen, beabsichtige ich Ver- suche mit Muskelgewebekulturen in vitro anzustellen. Zusammenfassung. 1. Nach den Untersuchungen von Metschnikoff zerfallen bei der Metamorphose die Schwanzmuskeln der Frosch- larven in Zellen, die aus Sarkoplasma mit Muskelkernen bestehen. Diese Zellen verdauen die Muskelzerfallsprodukte und werden dadurch zu Muskelphagocyten. [6] Ein Teil der Rumpfmuskulatur der Larve ist auch der Phagoeytose und der vollständigen Degeneration unter- worfen. Der andere Teil passt sich der neuen Funktion der Skelettmuskeln an: der Prozess beginnt mit einem Zerfall der alten Muskeln, aber auf verschiedenen Stadien 2 04 W. Smirnowa: hört dieser Zerfall auf und die Regeneration des Muskel- gewebes setzt ein. Die jungen Froschmuskeln entwickeln sich aus den Kernen und dem Sarkoplasma alter Muskeln. 4. Sich der neuen Funktion anpassend, wechseln die Muskeln die Richtung und bekommen neue Insertionspunkte. > Psa,rısı 263:-JJunı 1913: Technik. Flemmingsche und Carnoysche Fixierlösungen. Die Larven wurden ohne Narkose in die Fixierlösung eingetaucht. Carnoys Lösung —= 6 Teile Alcohol abs., 3 Teile Chloroform, 1 Teil Eisessig. In dieser Lösung bleiben die Larven 5 Stunden. Dann 24 Stunden in Alcohol abs., 24 Stunden in Xylol, 2—6 Stunden in Paraffin. Färbung: Toluidin und Eosin oder Hämatoxylin und Rubin nach Carnoy. Nach Fixation mit Flemmingscher Lösung Färbung mit Safranin und Lichterün. ot Literaturverzeichnis. Looss, A.: Über Degenerationserscheinungen im Tierreich. Gekrönte Preisschritt der Fürstl. Jablon. Ges. zu Leipzig 1889. Metschnikoff: Atrophie des muscles pendant la transformation des Batraciens. Annales de l’Institut Pasteur, 1892. Volkmann, R.: Über die Regeneration des quergestreiften Muskel- gewebes beim Menschen und Säugetier. Zieglers Beiträge zur path. Anat., 1892, 12. Bd., II. Heft. Schaffer: Histologie der quergestreiften Muskelfasern. Sitzungsber. d. Kaiserl. Akad. d. Wiss. zu Wien 1893, 102, II. Mercier: Phagocytose et Metamorphose. Arch. de Zo0l. Exper., 1906, V. Harms, W.: Über funktionelle Anpassung bei Regenerationsvorgängen. Regeneration des Schwanzes bei jungen und erwachsenen Urodelen und den Larven von Anuren. Arch. f. d. ges. Phys., 1910. 132. u Uber Regenerationserscheinungen des Muskelgewebes etc. 305 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII. Stelle des Überganges des alten Muskels in neue Fasern. Längs- schnitt. IX W = Neunter Wirbel; NMF — Neue Muskelfäsern ; AMF = Alte Muskelfasern; Stb — Steissbein. Insertionspunkte des neuen Muskels. Längsschnitt, Ggl = Nerven- knoten ; IX W = Neunter Wirbel; NM — Neuer Muskel; DgM — Alte, degenerierte Muskeln: Spt — Muskelsepta; Stb — Steissbein. Kernmitose unter dem Sarkolemma des alten Muskels. Färbung Tol.-Eos. Mitose eines Muskelkernes im Sarkoplasma. Körnchenzerfall. Mt — Mitose: K — Körnchen. Muskelphagocyten und Bildung neuer Muskelfasern. MPh — Muskel- phagocyten; Mt — Mitose; NMF — Neue Muskelfasern. . fi = 1 » an 14 Ana a a an 5 IE Nee Er RER RFTOR RER { A , [2 : YgR 2 N all u a ROHR " wieda as at + er ll % EA EROEETEER. | B IEhRS j “> N ee Ben WERT dr ae EIER A re wEamad ee ar RE ba arte IM LEEREN ua ee le le Bautkr N , y ji ri Dar Te ke AR er akt GAR ER 2 “ ale a Aus dem Neurologischen Institut zu Frankfurt a. M. Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. Von Dr. phil. C. Fritsch, Zahnarzt. Hierzu Tafel XIII und XIV. Es gibt wohl wenig Fragen der normalen Histologie, die so viel umstritten und trotzdem immer noch keiner endgültigen Lösung entgegengebracht sind, als die des feineren Baues des Dentins und seiner Innervierung. Es sei mir daher gestattet, im folgenden über Untersuchungen, die ich seit März 1912 in dieser Richtung mache, zu berichten. Material und Methode. Als Material für die Untersuchungen wurden durchweg intakte, d.h. keine pathologisch veränderten Zähne von Homo sapiens, sowie auch von Säugetieren (Kalb, Hund, Igel) benutzt. Bei den ersteren wurde Wert darauf gelegt, solche junger Individuen, die man ja gelegentlich bei Stellungs- anomalien extrahieren muss, zu verarbeiten. Bei den Tierpräparaten zeigte sich, dass die Zähne des Igels besonders vorteilhafte Bilder gaben. Das gesamte Material wurde in Formol konserviert, was für die an- zuwendenden Silberfärbemethoden zwecks Darstellung der Nerven erforderlich war (mindestens 4 Wochen). Sodann wurden die Zähne entkalkt nach der von Schaffer emptohlenen Methode, über die ausführlich Reich berichtet. sowie vor allem eine weitere genaue Darstellung für die Herstellung von Gefrierschnitten gibt, denn nur solche konnten in Anwendung kommen, da der Hauptwert darauf zu legen war, das Dentin mit dem Pulpengewebe zu- sammen als dünnen Schnitt zu erhalten. Technisch ist dies insofern schwierig, als bei der Weiterbehandlung der Schnitte, und es sei vorausbemerkt, dass sehr komplizierte Färbemethoden angewandt werden mussten, leicht das zarte Pulpengewebe sich von dem Dentin, mit dem es doch nur durch feine protoplasmatische Fortsätze verbunden ist, losreisst, und natürlich ist so der Prozentsatz der wirklich brauchbaren Präparate kein günstiger. Dazu kommen nun noch, wenn man so sagen darf, die launischen Färbemethoden, denn das sind alle Silbermethoden mehr oder weniger und solche kamen meist zur Anwendung. Selbstverständlich sind auch alle anderen gebräuchlichen Färbemethoden versucht worden, zumal um den normalen Aufbau des Dentins zu studieren, da es sich dabei meist um eine elektive Färbung von bestimmten Binde- gewebsfasern und protoplasmatischen Fortsätzen handelte. Archiv f.mikr. Anat. Bd.84. Abt. I. 21 308 BaRTIGSs ch: Als spezifische Nervenfärbungen wurden versucht eine neue Methode nach Münch (Methylenblau), ferner die Öajalsche und Bielschowsky- sche Silbermethode. Letztere gab mit einigen Modifikationen die besten Resultate. so dass dieselbe hier nochmals ausführlich angeführt sei: Die Schnitte kommen von Aqua dest. auf 24 Stunden in reines Pyridin. Danach gründliches Aus- waschen in Aqua dest., um Niederschläge zu vermeiden, am besten 24 Stunden mit öfterem Wechsel des Aqua dest. Sodann werden die Schnitte auf 5—8 Tage in 3-Dproz. Argentum nitricum gebracht (im Dunklen aufzubewahren) und dann nach kurzem Abspülen in folgender Silberoxydammoniaklösung gefärbt. /u 5 ccm 20proz. Argentum nitricum fügt man 5 Tropfen 40 proz. Natron- lauge; es erfolgt ein dunkler Niederschlag, der durch tropfenweises Zusetzen von reinem Ammoniak zur Klärung gebracht wird (gut umschütteln, auf jeden Fall darf kein Ammoniaküberschuss vorhanden sein). Diese ammoniakalische Silberlösung wird dann mit Aqua dest. aufs vierfache Volumen gebracht und in diese Lösung kommen die Schnitte zu- erst 4—5 Minuten. Danach in angesäuertes Aqua dest. (1 Tropfen Eisessig) nach Abspülen in 20 proz. Formol zur Reduktion. Nunmehr gründliches Aus- waschen in Aqua dest. und die Prozedur von vorne beginnen: jedoch immer kürzer im ammoniakalischen Silber lassen. Die besten Resultate wurden erzielt nach 10—12maligem Wiederholen dieser Färbung. Die Schnitte wurden dann des besseren Aufbewahrens halber vergoldet und neuerdings mittels Gelatine zugedeckt. Da sich gerade diese neue Zradeckmethode auch für Zahnpräparate sehr gut bewährt, abgesehen von ihrer wesentlichen Ersparnis (kein Verbrauch von Alkohol, Xylol und Deck- gläser), durch den Umstand, dass es einem besser gelingt, das Pulpengewebe nit dem Dentin, soweit es noch nach diesen komplizierten Färbemethoden zusammenhängt, zu erhalten; so seien kurz noch einige Worte über diese Methode gesagt: Die Schnitte kommen vom Wasser in eine Gelatinelösung, von da direkt auf den Objektträger und werden dann nochmals mit dieser Gelatinelösung übergossen. Die Gelatinelösung wird hergestellt aus reiner (telatine, indem man 10 or derselben mit 100 Aqua dest. zum Quellen bringt, sodann im Wasserbade bei etwa 50° verflüssigt, die Lösung im Brutofen filtriert. Diese Gelatinelösung hält sich allerdings nur 1--2 Tage. Die über- sossenen Objektträger lässt man 24 Stunden trocknen und erhält dann ganz einwandfreie Präparate, die man sehr gut mit Ölimmersion betrachten kann. Wenn auch aus diesen Ausführungen hervorgeht, dass für die Her- stellung der Präparate grosse technische Schwierigkeiten vorhanden sind und die Prozentzahl der brauchbaren Präparate eine sehr schlechte ist, so muss doch hervorgehoben werden, dass wenn aber auch das Präparat gelingt, die Methode so Vorzügliches leistet, dass ich dieselbe nicht missen möchte, denn ein Zweifel über die Natur einer Faser kann dann nicht entstehen, da die Nervenfaser sich als feiner, scharf markierter, glattrandiger, schwarzer Faden gegenüber den Bindegewebsfasern abhebt. Gerade dieser Umstand ist, wie die späteren Ausführungen noch zeigen werden, von sehr grosser Bedeutung, so dass man die oft vergeblich gemachte Mühe in Kauf nehmen muss. Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. 309 Der Aufbau des Dentins. Das Dentin, das die Hauptmasse des Zahnes bildet und im Kronenteil von dem Schmelz. im Wurzelteil von dem Zement bedeckt wird, besteht aus einer stark verkalkten Grundsubstanz, die von den Zahnbeinröhrchen durchzogen wird. Die Grundsubstanz hat fibrillären Charakter und zwar stehen die Fibrillen senk- recht zu den Röhrchen. Der Verlauf der Röhrchen ist ein sehr komplizierter. Nicht allein, dass jedes Röhrchen zwei grosse Ausbiegungen, welche zusammen eine Sförmige Linie bilden, deren erste Konvexität wurzelwärts, deren zweite kronenwärts gerichtet ist, zeigt: sondern auch noch auf diesem Verlaufe zahl- reiche kleine Krümmungen, die bald stärker bald schwächer aus- gesprochen sind und fast durchgehends Schraubenwindungen dar- stellen, aufweisen. Es ist daher nicht wunderzunehmen, dass bei der mikroskopischen Untersuchung dieses Gewebes sich so- viel Schwierigkeiten bieten, zumal auch durch die Anordnung der Röhrchen sich schon leicht optische Trugbilder ergeben. Jedenfalls muss aber festgestellt werden, dass jedes dieser Röhrchen von einer Membran begrenzt wird. die normalerweise der Wand des Röhrchens fest anliegt und sich bei den meisten Färbemethoden mehr oder weniger stark färbt. Diese Membran, die leider falscherweise in der Literatur als Neumann sche Scheide bezeichnet wird, obwohl sie Kölliker bereits 1852 be- schrieben hat, scheint mir identisch mit der von Römer durch Mazerationsversuche dargestellten Membran, der er nur eine falsche Deutung gibt, indem er sie als Begrenzung der Odonto- blastenfortsätze, die er auf Grund von @uerschnittsbildern für Hohlfasern hält, anspricht. Um diese membranöse Scheide herum ist allerdings. wie Römer sehr richtig beobachtet hat. eine Zone anscheinend nicht stark verkalkter Grundsubstanz, die man aber nur bei gut er- haltenen @Querschnittsbildern sehen kann. Im Längssehnitt lässt dieselbe sich schwer erkennen, wohl durch das Übereinander- lagern verschiedener Zonen, denn man hat bei. einem 10 u Schnitt mehrere Röhrchen übereinander im Schnitt erhalten. Diese Zone, die von jetzt ab als Römersche bezeichnet werden soll, zeigt sehr schön Fig. 1. Dieselbe ist aber nun bei der Konservierung sehr leicht Schrumpfungen zugänglich, so dass man oft schwer zu deutende Bilder erhält, wie Fig. 2 erkennen 21* 310 C. Fritsch: lässt. Dieses Präparat zeigt beinahe alle Übergänge, bei a erkennt man ein ganz normales Röhrchen. Der innere Ring stellt die Scheide des Dentinröhrchens dar. Die darum liegende Römersche Zone ist hier gar nicht gefärbt. An vielen Stellen jedoch ist durch Schrumpfungserscheinungen der Grundsubstanz der Römerschen Zone einerseits und durch (uellungserscheinungen der membranösen Scheide des Dentin- röhrchens andererseits das Bild so verschoben, dass Stellen wie bei b und e nur auf diese Weise zu deuten sind. Es besteht also mit Recht die Römersche Ansicht, dass um einen sich intensiv färbenden Ring herum erst eine Zone Grundsubstanz sich befindet, die der der dentinogenen Schicht gleicht, insofern als dieselbe auch auf Farbstoffe wenig, ja bei vielen Färbungen fast gar nicht reagiert. Der elektiv gefärbte Ring, der die membranöse Auskleidung des Dentinröhrchens darstellt, hat eine lichte Weite von etwas mehr als 1 «. Zu diesem Messungsresultat kam auch Römer, nur deutet er diesen Ring falsch, indem er in ihm die Be- grenzung des Odontoblastenfortsatzes sieht, der sich also seiner Meinung nach als eine Hohlfaser darstellt. Dies ist nun keineswegs der Fall, sondern dieser Odonto- blastenfortsatz, der leider auch falsch als Tomessche Faser bezeichnet wird, obwohl ihn Neumann zuerst gesehen hat, ver- läuft als ein massives (Gebilde innerhalb dieses bis jetzt be- schriebenen Dentinröhrchens, wie Fig. 1 und 2 auch an vielen Stellen erkennen lassen. Nur sieht man ihn nicht immer, ob dies nun daran liegt, dass er sich schwer färbt oder ob er in diesen Fällen herausgefallen ist, lässt sich schwer entscheiden. Jedenfalls in Längsschnittbildern ist er sozusagen an jedem Röhrchen zu sehen und stellt sich immer als ein feiner Faden dar, der aber nicht den ganzen Raum des Röhrchens ausfüllt. Fleischmann, der auf dieses Verhalten zuerst hingewiesen hat, glaubt, dass dieses Bild durch Schrumpfung des Odontoblasten- fortsatzes zustande kommt und dass normalerweise das Röhrchen vollständig von der protoplasmatischen Faser erfüllt sei. Dieser Meinung kann ich mich nicht anschliessen. Natürlich soll gerne zugegeben werden, dass derartige Schrumpfungs- erscheinungen eintreten; aber nicht in dem Maße. Es muss aber auch intra vitam ein Raum zwischen Scheide des Dentinröhrchens Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. 311 und Odontoblastenfortsatz bestehen, denn ich konnte ihn von der Zahnhöhle aus durch folgenden Versuch injizieren. Einem frisch extrahierten Zahn wurde nach Trepanation vermittels der Pravaz- spritze chinesische Tusche sowie auch Asphaltlösung injiziert, der Zahn fixiert und geschnitten. Wie nun Abbildung 3 zeigt. gelang es auf diese Weise selbst noch an der Wurzelspitze diesen Raum zwischen Odontoblastenfortsatz und Dentinröhrchen zu injizieren. also doch ein Beweis, dass wir es hier normalerweise mit einem vorhandenen Raum zu tun haben, der nach theoretischen Erwägungen nichts anderes sein kann, als ein Lymphraum. Dafür spricht die bekannte Tatsache, dass das durch einen Bluterguss verfärbte Dentin, falls die Pulpa am Leben erhalten bleibt, wieder seine normale Farbe erhält. (Wuerschnittsbilder, die von derartig injizierten Zähnen an- gefertigt sind, bestätigen, wie Fig. 4 zeigt, nur das bisher Gesagte. Man erkennt deutlich überall die Scheide des Dentinröhrchens, allerdings ist meist eine Quellung derselben eingetreten auf Kosten der Römerschen Zone, die nur selten gut erhalten ge- blieben ist. Man sieht deutlich, dass nur innerhalb der Scheide die Tusche resp. die Asphaltlösung sich niedergeschlagen hat. Die Odontoblastenfortsätze sind meist nicht zu erkennen, zumal an vielen Stellen die Injektionsmassen das ganze Röhrchen erfüllen. Nach diesen Ausführungen über den Bau des Zahnbein- röhrchens und seine Beziehungen zum Odontoblastenfortsatz müssen nun noch zwei Gebilde ausserhalb des Dentins an seiner (‚renze zur Pulpa Erwähnung finden, da gerade das letztere von ihnen leicht zu Verwechselungen mit nervösen Elementen Anlass geben kann. Es sind dies die bereits 1852 von Kölliker be- schriebene Basalmembran und senkrecht zu ihr verlaufende Binde- gewebsfasern, die im engsten Zusammenhange mit derselben stehen. Was die Basalmembran anbelangt, die als perforierte Membran das Dentin nach der Pulpa abschliesst und von der die Scheiden der Dentinröhrchen ihren Ursprung nehmen, so ist dieselbe für die ganze Auffassung der Genese der Scheiden von fundamentaler Bedeutung. Trotzdem geriet der Befund dieser Membran, die auch als Köllikersches Häutchen bezeichnet wurde, 40 Jahre in Vergessenheit, bis dann Fleischmann 1905 312 @.Rritsch: erneut darauf hinwies und sie mit dem Namen Lamina terminalis interna belegte. Diese Membran lässt sich durch Mazeration mittels Kalilauge mit den von ihr ausgehenden Scheiden der Dentinröhrehen ziemlich leicht isolieren, sowie auch mit der 31elschowsky-Methode färben. Sie stellt sich als ein stark fibrilläres Häutchen dar, mitunter von ganz bedeutender Stärke. Von der Pulpa her treten Bindegewebsfasern an dieselbe heran, die für die Histogenese von weitgehendster Bedeutung sind. Es ist mir gelungen, bei eigentlich für Nervenfärbung ver- unglückten Bielschowsky-Präparaten Bindegewebsfasern dar- zustellen, die korkenzieherartig sich durch die Odontoblasten- schicht hindurchschlängeln, sich dann trichterartig auflösen, um mit den Enden in die Lamina terminalis resp. die von ihr aus- gehenden Scheiden der Dentinröhrchen überzugehen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass wir es hier mit den in der Literatur von Ebner während der ersten Entwick- lung des Dentins beschriebenen Korffschen Fasern zu tun haben, die ja allerdings bereits von Hoehl beschrieben waren. Zwar wird ja nun hauptsächlich durch von Ebner sowie von anderen Autoren behauptet, dass diese Fasern nach einer gewissen Stärke der Dentinbildung (SO «) nicht mehr nachweisbar, also etwas vergängliches, embryonales seien und nur Studnicka hat sie vereinzelt in noch älteren Stadien gefunden. Kantorowicz hat sie allerdings an pathologisch veränderten Zähnen bei der Ersatz- dentinbildung auch gesehen und schreibt ihnen eine wichtige kolle zu, jedoch konnte er dieselben bei ganz normaler Dentin- bildung nicht nachweisen, obwohl er ihre Existenz dabei nicht bezweifelt. Dass solche Fasern aber weiterhin in grossem Maße bei ganz normalen Zähnen vorkommen, lässt sich mit der Bielschowsky-Färbung zeigen. Man erhält Bilder wie Fig. 5. Zusammenfassend gebe ich in Fig. 6 eine schematische Dar- stellung des Dentins, wie es sich nach den vorstehenden Unter- suchungen gestaltet. Man sieht, wie aus dem Bindegewebe der Pulpa die Trichterfasern zur Lamina terminalis interna strömen und wie aus deren (reflecht sich die Wandscheiden der Dentin- röhrchen erheben und jene auskleiden. Nach aussen ist jede dieser Scheiden von der Römerschen Substanz umgeben. In dem Röhrchen liegt, von der Wandscheide durch einen injizierbaren Lymphraum getrennt, der massive Ausläufer der Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. 313 Odontoblastenzelle, der Odontoblastenfortsatz. In dem Lymphraum liegt auch ein grosser Teil der Zahnnerven. Die Innervierung des Dentins. Das Dentin muss, weil es sehr empfindlich ist, ausser- ordentlich reich innerviert sein: über seine Nerven ist deshalb sehr viel gearbeitet worden. Wenn diese Studien bisher zu keinem sicheren Abschluss geführt haben, so ist der Grund darin zu suchen, dass wir bisher keine Methode besassen, die in entkalktem Gewebe mit einiger Sicherheit Nerven nachzuweisen gestattete. Die ersten Angaben über den Verlauf und die Endigung der Nerven des Zahnes verdanken wir Boll, der ım Jahre 1868 eine grundlegende Arbeit über diese Frage veröffentlichte. Boll hat auf Grund von Chromsäurepräparaten festgestellt. dass zahl- reiche mit Mark versehene Nervenfasern in Bündel von sechs bis acht meist in der Längsachse des Zahnes aufsteigen allmählich in marklose Fasern übergehen, die besonders unter den Odonto- blasten ein dichtes Netzwerk bilden. Vom demselben aus war er imstande, den Verlauf von feinen Fibrillen zwischen den Odontoblasten zu verfolgen, die er für Nervenfasern hält und von denen er annimmt, dass sie in die Zahnbeinröhrchen ein- treten, obwohl es ihm nicht gelang, dies nachzuweisen. Auf diese Ausführungen Bolls wurde im den kommenden Jahren nur immer wieder verwiesen, so von Wedl (1870), Waldeyer (1871), Salter (1874), Tomes (1877), Baume (1555), bis dann von Weil 1888 dieselben stark angegriffen wurden. Weil sieht absolut keinen Beweis erbracht, dass es sich bei >olls Fibrillen um Nervenfasern handelt, denn sonst hätte er dieselben bei seinen gut gelungenen Präparaten, an denen er zeigen konnte, dass nach innen von den Odontoblasten sich eine Schicht, die er als Basalschicht der Membrana eboris bezeichnete und die heutzutage den Namen Weilsche Schicht trägt, die aus feinsten durchsichtigen Fibrillen sich zusammensetzt. beob- achten müssen. Er konnte jedoch Nervenfasern oder gar Bündel von solchen über die Kortikalschicht der Pulpa hinaus nicht feststellen. Im Jahre 1891 machte dann Morgenstern seine erste Mitteilung über Nerven des Zahnbeins. denen 1895 und 1896 aus- 314 GAR TA Ssıch: führliche Publikationen über diese Frage folgten. Morgenstern hat mit allen damals zur Verfügung stehenden Methoden ver- sucht, den Verlauf und die Endigung der Zahnnerven klar zu stellen und dafür gebührt ihm doch ein Verdienst. Es ist daher nicht zu verstehen, dass seine Arbeiten nach kurzen heftigen Angrifien einfach in der Literatur keine Erwähnung mehr finden, wenn er ja auch sicher bei der Deutung seiner gewonnenen Präparate über das Ziel hinausgeschossen ist. Morgenstern sah in seinen Präparaten Nerven, die teilweise in den Dentin- kanälchen (intratubuläre Fasern), sowie solche. die in der Zahn- beingrundsubstanz ausserhalb der Röhrchen (intertubuläre Fasern). Die Endigungen verlegt er an die Schmelzdentingrenze, ja sogar in den Schmelz hinein. Diese Ausführungen wurden von Röse. Walkhoff und Römer heftig angegriffen und alle drei Autoren behaupteten, dass Morgenstern sich bei der Deutung seiner Bilder Trug- schlüssen hingegeben hat, da sich bei den angewandten Silber- färbemethoden zu leicht auch andere Fasern elektiv färben. Wenig bekannt in der zahnärztlichen Literatur sind merk- würdigerweise die Untersuchungen von Ketzius geworden. Er hat an Mäusezähnen mit der Chromsilbermethode sicher ge- zeigt, dass feine Nervenfibrillen zwischen den Odontoblasten verlaufen und hie und da mit ihnen sowie dem Dentin tangieren. Ein Eintreten in das Dentin konnte er allerdings nicht fest- stellen. Diese Befunde konnte Huber 1899 vollauf bestätigen auf Grund von intravitalen Methylenblau-Färbungen bei den Pulpen von Kaninchen, an denen er auch zeigen konnte, dass die Nerven innerhalb der Odontoblastenzone mit verhältnismässig einfachen Nervenendigungen in Gestalt von langen Strahlenbündeln von langen varicösen Fibrillen endigen. welche unter den Odonto- blasten gefunden werden. In demselben Jahre berichtet Römer von seinen aus- sedehnten Untersuchungen über diese Frage und glaubt feine Nervenfasern gefunden zu haben, die in die Zahnbeinröhrchen vereinzelt eintreten, während ihres Verlaufes aber im Innern der nur 1 « dicken Zahnbeinröhrchen nicht erkennbar sind und erst wieder teilweise sichtbar werden in den kolben- und spindel- förmigen Erweiterungen der Zahnbeinröhrchen in der untersten Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. 315 Schmelzpartie. Dort finden sich kleine rundliche und ovale Körperchen vor, die seiner Ansicht nach als Endkörperchen der sensiblen Nerven angesprochen werden können. Diese Befunde hält Römer 1909 selbst für zweifelhaft, da dieselben auf Grund der vitalen Methylenblau-Färbung gewonnen sind und man sich dabei zu leicht Täuschungen hingibt. Theoretisch hält er es für keineswegs zweifelhaft, nur musste noch der histologische Nach- weis erfolgen. Da nun die Frage nach den Nerven des Dentins bis vor kurzem im wesentlichen, wie man sieht, eine offene geblieben war, die Empfindlichkeit desselben nicht geleugnet werden konnte, so hat man sich vielfach auch nach einer anderen Lösung des Problems umgesehen. Einige Autoren (Colemann, Hopewell, Smith, Legros, Magitöt, Bödecker) halten es für sehr möglich, dass die weithin in das Dentin ausstrahlenden Odontoblastenfortsätze die Träger der Sensibilität seien. Bis an die Odontoblasten sind ja von Retzius und Huber Nerven verfolgt und auch von früheren Autoren hat niemand das Vorkommen von Nerven bis an das Zahnbein bestritten. Wäre dem aber so, dann hätte man bei dem ungeheueren Reichtum von Pulpanerven irgendwelche Ge- flechte um die Odontoblasten zu erwarten. Weil dem nicht so ist, zahlreiche Nerven an der Grenze des Dentins geradezu ver- schwinden, ist man weiter bestrebt. nachzusehen, wohin diese gelangen. Meine eigenen Untersuchungen, über die im folgenden berichtet werden soll, haben bereits im April 1912 zweifellos Nerven in den Zahnbeinröhrchen auffinden lassen. Nerven, die ich damals und später wiederholt mit anatomischen Autoritäten, die das Neurologische Institut besichtigten, am Präparat diskutieren konnte. Ich darf diese Gelegenheit benutzen, den Herren Nageotte, Erick Müller, Holmgren, Waldeyer und O. Schulze meinen besten Dank zu sagen. Gleichzeitig mit mir haben Mummerv und auch Dependort auf dem gleichen Gebiet gearbeitet. Dezember 1912 hat Mummery eine Arbeit über Nerven im Zahnbein veröffentlicht, die er mittels des Beckwirthschen Chlorgold- Verfahrens zur Darstellung brachte. Er zeigte, dass die Nervenbündel sich pinselförmig in Nervenfibrillen auflösen, die schliesslich nach teilweisem seitlichen Ausbiegen in die Zahnbeinröhrchen eintreten. 316 Ce. Fritsch: Schliesslich ist noch im Juni dieses Jahres eine Arbeit von Dependorf erschienen, der auch Nerven im Zahnbein nach- weisen konnte und zwar mittels Färbungen nach der Methode von Löwitz, Bielschowsky und Held. Auf diese Arbeit werde ich bei meinen eigenen Befunden noch des öfteren zu sprechen kommen, um so mehr als ich Gelegenheit hatte, die Präparate selbst einzusehen und mich von ihrer zweifelsohne richtigen Deutung zu überzeugen. Ich selbst habe mit der oben erwähnten Bielschowsky- Technik gearbeitet. Als Nervenfasern wurden nur solche Gebilde angesprochen, die sich als glattrandiger gestreckter Faden, an dem gelegentlich kleine Varikositäten sind, von der immer mehr oder weniger gewellten und unregelmässig gerandeten Binde- gewebsfaser wohl unterscheiden liessen. Wenn die letzteren ge- legentlich sich ebenfalls mit Silber intensiv imprägniert hatten, war die Unterscheidung so schwer, dass von der Benutzung solcher Präparate abgesehen werden musste. Aber das Glück wollte es öfter, dass sich nur Nervenfasern imprägnierten, das Bindegewebe sich nur schwach und viel heller färbte. An solchen Präparaten war es dann auch oft möglich, das, was ich für Nerven halte, pulpawärts direkt bis in die markhaltigen Nervenfasern zu ver- folgen. Damit ist der sichere Beweis für die Richtig- keit meiner Auffassung gegeben. Fig. 7 lässt deutlich erkennen, dass von den parallel zu dem Dentin verlaufenden Hauptnervenstämmen aus feine mark- lose Fasern horizontal durch die Odontoblastenschicht hindurch- treten und in die sogenannte dentinogene Schicht eindringen: in derselben meist in den präformierten Dentinröhrchen neben dem Odontoblasten verlaufen. also in dem bereits beschriebenen Lvmphraum. ‚Jedoch sind die Fasern nur immer bis zur nicht stark verkalkten Schicht zu verfolgen, ein Umstand, der leicht erklärt wird durch das übermässige Färben dieser Zone. In diesem so tief gefärbten (Gewebe lässt sich natürlich kein solelı feiner schwarzer Faden, wie sich der Nervenfaden charakterisiert, mehr erkennen. Andererseits ist es aber auch nicht möglich, weniger stark zu färben, da meist erst nach dem achten bis 2 Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. 317 zehnten Male wiederholten Färben sich die feinsten Fasern er- kennen lassen. Es ist somit natürlich auch gar nichts über die Zahl der eintretenden Fasern auszusagen, denn wenn man dieselben auch nicht sieht. so ist es kein Beweis, dass sie etwa nicht vor- handen sind. Es ist gar nicht abzustreiten, ob nicht vielleicht in jedes Dentinröhrchen eine solche Faser eintritt, obwohl dies nicht anzunehmen ist und zwar aus gleich zu besprechenden Gründen. Wie nämlich schon Fig. 7 an einer Stelle und Fig. S an mehreren Stellen zeigt, verlaufen nicht alle Nervenfasern, die durch die Odontoblastenschicht hindurchgetreten sind, in den Lymphräumen der Dentinröhrchen, sondern auch quer durch die Grundsubstanz, ja manche biegen sogar direkt in ihr um. Diese Befunde stimmen nun vollkommen mit denen von Dependortf überein. Derselbe hat solche Querfasern allerdings. wie ich mich an seinen eigenen Präparaten überzeugen konnte, sogar überall in der stark verkalkten Grundsubstanz gefunden. was mir bis jetzt noch nicht möglich war. Nur in der dentinogenen Schicht habe ich Bilder, wie er sie zeigen konnte, auch gesehen. Gründe dafür anzugeben, warum es mir nicht gelang, in stark verkalkter Grundsubstanz solche Fasern darzustellen, ist einfach unmöglich. denn warum sich bei diesen Silbermethoden das eine oder das andere Mal die Nervenfasern sich nicht oder wenigstens nur ganz wenig färben, lässt sich nicht sagen. So zeigen Fig. 9 und 10 beispielsweise zwei Nervenfasern, die ganz besonders stark er- scheinen, centripedal sich an den Hauptstamm verfolgen lassen. aber in beiden Präparaten die einzigen Fasern sind, die sich ım der Odontoblasten- sowie dentinogenen Schicht tingiert haben. Es ist dies allerdings verwunderlich. aber in der Nervenhistologie eine bekannte Erscheinung. Es steht somit also sicher fest, dass das Dentin mit Nerven versorgt wird und findet seine Sensibilität eine leichte Erklärung. Ja es zeigt sich sogar, dass die Morgensternsche Anschauung. es gäbe zwei Systeme von Nervenfasern, richtig ist. Ob aller- dings Morgenstern dieselben bereits gesehen hat, wenigstens die wirklichen. bleibt dahin gestellt. Jedenfalls muss man nun- mehr zwischen Nervenfasern unterscheiden, die in der Grund- substanz des Dentins verlaufen, gegenüber solchen, die in die 318 CaRratsch: Dentinröhrchen eintreten und dort in dem von mir jetzt auf- gefundenen Lymphraum verlaufen. Es bleibt nunmehr nur noch die Frage often, wo haben wir die Endigungen zu suchen und zwar von beiden Systemen. Bleiben die ersteren in der Grundsubstanz und endigen in der- selben und verlaufen die letzteren durch das ganze Röhrchen und treten etwa gar in den Schmelz ein. Das sind beides offene Fragen, deren Lösung einzig und allein von der mikroskopischen Technik jabhängt. Sollte diese sich für derartig schwer zu be- handelnde Objekte bald weiter vervollkommnen, so werden auch diese Fragen sicher bald einer wirklichen Lösung entgegen- gebracht. Jedenfalls ist von grossem Werte, dass nunmehr alle Theorien über die Sensibilität des Zahnbeins hinfällig sind, nachdem der sichere Beweis der Nervenversorgung desselben er- bracht ist. Somit kann natürlich den Odontoblasten bei der Bildung des Dentins eine grössere Rolle wieder zugesprochen werden, wie weit jedoch, darüber müssen erst weitere Arbeiten Aufschluss geben, denn die mit Nervenfasern so leicht zu ver- wechselnden Trichterfasern (Korffsche), deren Nachweis mir auch bei ausgebildeten Zähnen gelungen ist, sprechen sicher bei diesen Bildungsprozessen eine nicht wenig bedeutende Rolle. Herrn Prof. Edinger, Herrn Dr. Doinikow und Herrn Dr. Stendell. die laufend meine Präparate kontrolliert haben, danke ich für ihr freundliches Interesse. Literaturverzeichnis. Boll, F.: Untersuchungen über die Zahnpulpa. Arch. f. mikr. Anat., IV, 1868. Dependorf: Ergebnisse eigener Untersuchungen über Innervierung des menschlichen Zahnes mit Berücksichtigung der Hartsubstanzen. Deutsch. Monatsschr. f. Zahnheilk., 31. Jahrg., H. 6, 1913. v. Ebner: Über scheinbare und wirkliche Radiärfasern des Zahnbeines. Anat. Anz., Bd. 34. Fleischmann, L.: Histologie und Histogenese der Zähne. Ergebn. d. ges. Zahnheilk., I. Jahrg., H. 1, 1911. Huber, G. ©.: Die Innervation der Zahnpulpa. Correspondenzbl. f. Zahn- ärzte, Bd. XXVIII, 1899, H. 1. Kantorowiez, A.: Zur Histogenese des Dentins, insbesondere des Ersatz- dentins. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1910, H. 8. Untersuchungen über den Bau und die Innervierung des Dentins. 319 v. Korff: Die Entwicklung der Zahnbeingrundsubstanz der Säugetiere. Arch. f. mikr. Anat. u. Entwicklungsgesch., Bd. 67. Derselbe: Entgegnung auf die v. Ebnersche Abhandlung „Über scheinbare und wirkliche Radiärfasern des Zahnbeins“. Anat. Anz., Bd. 55. Morgenstern, M.: Vorläufige Mitteilung von Nerven im Dentin. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1892, H. i0. Derselbe: Vorkommen von Nerven in harten Zahnsubstanzen und eine Methode, sie aufzufinden. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1895, H.3. Derselbe: Über die Innervation des Zahnbeins. Arch. f. Anat. u. Phys., 1896. Derselbe: Der gegenwärtige Standpunkt unserer Kenntnis der Zahnbein- nerven. Correspondenzbl. f. Zahnärzte, 1899, H. 2. Mummery, H.: A short Supplementary Note on the Nerves of the Dentine. Proceedings of the Royal Society of Medizine, 1912, Dezember. Reich, P.: Das irreguläre Dentin der Gebrauchsperiode. Marburg 1906. Retzius: Zur Kenntnis der Nervenendigungen in den Zähnen. Biologe. Untersuchungen, 1892. Derselbe: Über die Nervenendigungen in den Zähnen von Amphibien. Biolog Untersuchungen, 1893. Derselbe: Zur Kenntnis der Endigungsweise der Nerven in den Zähnen der Säugetiere. Biolog. Untersuchungen, 1894. Römer, ©.: Über Sensibilität des Zahnbeins. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1899, H. 9. Derselbe: Über die Pathologie der Zahnpulpa. Verh.d. V. Intern. Zahnärztl. Kongresses, Berlin 1909. Derselbe: Veränderungen der Dentinkanälchen bei der Zahnkaries. Verh. d. V. Intern. Zahnärztl. Kongresses, Berlin 1909. Derselbe: Atlas der pathologisch-anatomischen Veränderungen der Zahnpulpa nebst Beiträgen zur normalen Anatomie von Zahnbein und Pulpa beim Menschen. Freiburg 1909. Röse: Über Nervenendigungen in den Zähnen. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1893, H. 2. Studniäka: Die radialen Fibrillensysteme bei der Dentinentwicklung und im entwickelten Dentin der Säugetiere. Anat. Anz., Bd. 30. Walkhoff: Abwehr des Herrn Morgenstern. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1902, H. 9. Weil: Zur Histologie der Zahnpulpa. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., 1887, H..9; 1888, H..1. 320 ©. Fritsch: Untersuchungen über den Bau etc. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIII und XIV. Dent. D.-Grasbst. Dentinog. Sch. Inj. Lymphr. Lam. ter. int. Lymphr. markhalt. N. marklos. N. Odont.-Frts. Odont.-Z. Röm. Z. Scheid. Dröhr. — Trieht.-fas. verkalkt. Dent. Dentin. Dentin-Grundsubstanz. Dentinogene Schicht. Injizierter Lymphraum. Lamina terminalis interna. Lymphraum. markhaltige Nervenfaser. marklose Nervenfaser. Odontoblasten-Fortsatz. Odontoblasten-Zelle. Römersche Zone der Dentingrundsubstanz. Scheide des Dentinröhrchens. Triehterfasern (Korffsche Fasern). verkalktes Dentin. Querschnitt durch das Dentin eines Molaren. Gut erhalten. Biel- schowsky- Färbung. Fie. 2. Querschnitt durch das Dentin eines Molaren. Hämatoxylin-Färbung. Schlecht erhalten. Fig. 3. Längsschnitt durch das Dentin eines mit Tusche injizierten Eck- zahnes. Hämatoxylin-Färbung. Fig. 4. Querschnitt durch das Dentin eines mit Asphaltlösung injizierten Molaren. Hämatoxylin-Färbung. Fig. 5. Längsschnitt durch das Dentin einrs Prämolaren. Bieschowsky- Färbung. Fig. 6. Schematische Darstellung des Baues eines Dentinröhrchens. Fig. 7. Längsschnitt durch einen Prämolaren. Dentin mit Pulpa. Biel- schowsky- Färbung. Fig. 8. Längsschnitt eines Eekzahnes. Dentin mit Pulpa. Bielschowsky- Färbung. Fie. 9. Längsschnitt eines Eckzahnes. Dentin mit Pulpa. Bielschowsky- Färbung. Fig. 10. Längsschnitt eines Eckzahnes. Dentin mit Pulpa. Bielschowsky- Färbung. 321 Aus dem Histologisch-embryologischen Institut der Universität München. Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse in der embryonalen Leber des Huhns. Von R. Haff. Hierzu Tafel XV und XVI. Inhalt: Seite eMaterialsund Methoden =... .. rast ee a Biberaturübersicht „4% wine as Are A msela 2323 Dmlintersuchungen 2 2 un er 331 4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . .........346 Dselnderatumg nn. ee er ee AT 6. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV und XVI . 349 1. Material und Methoden. Zur Untersuchung kamen Embryonen des Hühnchens vom 3. Bebrütungstag an bis zum Abschluss der embryonalen Epoche. Als Fixierungstlüssigkeiten benutzte ich die Zenkersche Lösung, Zenker-Formol in der von Helly angegebenen Modifikation, Formalin-Müller-Lösung nach Orth, 96prozentigen Alkohol (Fixierungsdauer bis zu 6 Stunden, öfteres Wechseln der Flüssig- keit), Carnoy, Flemmingsche Flüssigkeit. Die Fixierungs- dauer richtete sich nach dem Alter und der Grösse des Objektes. Als Einbettungsmittel verwendete ich Paraffin. Diese verschiedenen Fixierungsmethoden kamen für Embryonen der gleichen Bebrütungs- dauer in Anwendung, um dadurch die Möglichkeit einer einseitigen Darstellung der (Gewebselemente auszuschliessen. Maximow (15) betrachtet Zenker-Formol als vorzügliches Fixierungsmittel aller embryonalen Gewebe und vornehmlich des Hämoglobins und hat es auch in seinen verschiedenen Arbeiten fast ausschliesslich angewandt. Ich habe bei meinen Präparaten beobachtet, dass Zenker-Formol das Protoplasma aller Zellen, besonders der Blut- stammzellen und ihrer Differenzierungsprodukte. durchschnittlich gut und gleichmässig fixiert. Für die Darstellung des Kernes hat es sich aber nicht immer als ganz einwandfrei erwiesen. 322 R:sHahfr Zum Vergleich kamen deshalb auch andere Fällungsmittel in Anwendung, um so eventuelle Irrtümer auszuschalten. Färbungsmittel: Giemsa-Lösung (Grübler), zwei Tropfen auf 1 ccm destilliertes Wasser. Färbungsdauer 20—40 Minuten und auch länger. Eine dauerhaftere, doch ebenso schöne Färbungs- methode ist die mit Eosin-Azur II (Grübler), nähere Angaben siehe Maximow (18). Die Differenzierung erfolgt in 96 proz. Alkohol, bis keine Farbwolken mehr abgehen, dann kurz in abso- lutem Alkohol und darauf durch drei Portionen reinsten Alkohols in Toluol. Des weiteren verwandte ich die Eosin-Orange-Toluidin- blaufärbung nach Dominici und die Mallorysche Bindegewebs- färbung. Durch die Art der Bebrütung sind grosse Unterschiede in der Entwicklung der Embryonen gegeben. Ungleiche Resultate werden erzielt in den verschiedenen Jahreszeiten, bei Änderungen der Temperatur des Brutschrankes, bei mangelhafter oder fehlender zeitweiser Abkühlung der Eier usw. Von der Henne bebrütete Eier lieferten weiterentwickelte Objekte. Für jedes einzelne Stadium kamen deshalb vier bis fünf Embryonen verschiedener Serien, auch von verschiedenen Jahreszeiten, zur Untersuchung und nur so gelang es mir, einwandfreie Angaben über die Dauer der blutbildenden Prozesse zu geben. Literaturübersicht. Die Literatur gibt uns nur geringe Anhaltspunkte über die blutbildende Fähigkeit der embryonalen Vogelleber, resp. deren Endothelien oder Bindegewebe, wie dieselbe z. B. für die Säuge- tiere festgestellt ist. \an der Stricht (27) bringt einige bemerkenswerte Angaben über hämatopoetische Prozesse in der Hühnerleber. Er schreibt derselben von einem bestimmten Zeit- punkt der Bebrütung an blutreifende Funktionen zu. Stadien vom 3., 4. und 5. Bebrütungstage bieten, daraufhin betrachtet, noch wenig Interesse. Das Leberblut verhält sich in seiner Zusammensetzung wie das anderer Organe. Vom 5.—6. Tag an vermindert sich aber die Zahl der Erythroblasten in dem im Umlauf befindlichen Blut und vermehrt sich dementsprechend in der Leber. Die Leberkapillaren dehnen sich aus, die Zahl der jungen Blutkörperchen wird beträchtlicher. Man findet grosse (refässe, vergleichbar den zu- und abführenden Blutwegen und Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse ete. 32: Kapillaren, die enger sind. Beide Arten von Gefässen unter- scheiden sich sehr wesentlich. In ersteren befinden sich haupt- sächlich fertige Blutelemente, Erythroblasten bis zu 30°/o. In den Kapillaren sind vornehmlich an der Peripherie des Organs kleine Blutinselchen, die gebildet werden von etwa 10—15 Ery- throblasten an Stelle von einem oder zwei fertigen roten Blut- körperchen. Vermehrung dieser jungen Blutelemente durch in- direkte Teilung. Van der Stricht findet, dass die Erythroblasten des strömenden Blutes an den Übergangsstellen der zuführenden in die abführenden Leberkapillaren anhalten und sich dort nach und nach durch indirekte Teilung in fertig entwickelte Blut- körperchen differenzieren. Diese Blutbildungsherde liegen dem- entsprechend intrakapillär, vom Leberparenchym durch eine ein- fache endotheliale Scheidewand getrennt. Aus dem Gefüge der Scheidewand kann kein Schluss auf die Art des Gefässes gezogen werden, nur der Inhalt berechtigt zur Entscheidung, ob es sich um ein zuführendes oder abführendes handelt. Der die Kapillaren passierende Blutstrom reisst junge Blutkörperchen mit und so finden sich anscheinend in den ausführenden Gefässen immer mehr Erythroblasten wie in den zuführenden. Die embryonale Hühnerleber hat also nach van der Stricht von einem ge- wissen Zeitpunkt ab blutreifende Funktion, geschlossene Gefäss- wände und kein retikuläres Gewebe zwischen diesen und den Drüsenschläuchen. Der Prozess dieser Blutreifung spielt sich innerhalb der Gefässe ab und gewinnt keine besondere Bedeutung. In den Arbeiten Bizzozeros sind solche untergeordnete intra- kapilläre Blutbildungsprozesse in der Leber gleichfalls erwähnt. Um so zahlreicher und erschöpfender sind die Angaben über die Entwicklung des Blutes im Dottersack, im Bindegewebe und Knochenmark des Embryö. Besondere Beachtung verdienen mehrere Arbeiten neueren Datums von W. Dantschakoff (2. 3, 4 und 5), welche diese Kapitel bei vollkommener Berück- sichtigung der vorhandenen Literatur und mit Zuhilfenahme moderner Untersuchungsmittel behandelt. Das Ergebnis dieser Forschungen ist, kurz zusammengefasst, dass die Blutbildung beim embryonalen Vogel von einer aus dem indifferenten Mesen- chym entstandenen Mutterzelle als gemeinsamer Stammform für die verschiedenen Elemente des kreisenden Blutes ausgeht, dass aber Leukopoese und Erythropoese streng topographisch getrennt Archiv f.mikr. Anat. Bd.84. Abt. 1. 22 324 R. Haff: vor sich gehen, erstere extravaskulär, letztere aber intravaskulär. Ich werde im speziellen Teil eingehender auf diese Abhandlungen zurückkommen müssen, da in der embryonalen Vogelleber auch wieder nichts anderes als Bindegewebe und Endothelien die Grundlage für eine Hämatopoese bilden, allerdings unter anderen Bedingungen wie im übrigen Körper, was aus der Beschaffenheit des Organs an und für sich schon hervorgeht. Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit mit der Blutbildung in der Säugetierleber. wenn wir von der dort konstatierten Stärke und Dauer des Prozesses absehen wollen. Deshalb möchte ich die darauf sich beziehende Literatur hier kurz berücksichtigen. Eine einheitliche. übereinstimmende Bearbeitung hat die Frage über die Herkunft der jungen Blutelemente und über die Dauer der Blutbildung in der embryonalen Säugetierleber nieht erfahren. Darin stimmen jedoch fast alle Autoren über- ein, dass die Blutzellen sich nicht aus dem Parenchym ableiten. Nur Janosik glaubt, dass Leberzellen durch Wucherung junge rote Blutkörperchen liefern können. Es wird eine Blutzellenbildung angenommen: 1. intravaskulär. a) Durch den Blutstrom eingeschwemmte Stammzellen liefern auf dem Wege der indirekten Teilung die fertigen Blut- elemente. b) Die Hämatopoese geschieht durch Teilung von Endothel- zellen ins Gefässlumen hinein. extravaskulär. a) Durch Teilung von Endothelzellen nach aussen. b) Durch schon von Anfang vorhandenes indifterentes Binde- gewebe. Van der Stricht bringt die Blutzellenbildung in Zu- sammenhang mit der Gefässneubildung. Er schreibt jedoch dem endothelialen Zwischengewebe primär nicht die Funktion der Hämatopoese zu. sondern leitet im (Gegenteil die Entstehung der Gefäßsprossung von den sesshaft gewordenen Zellen des strömenden Blutes ab. Er unterscheidet zwei Stadien der Blut- bildung während der embryonalen Entwicklungszeit. Das erste entspricht genau dem eben für das Huhn geschilderten: eine einfache geschlossene endotheliale Membran als Wand der Leber- kapillaren. dem Leberparenchym dicht anliegend. Die Leber hat ID Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 325 eine blutreifende Funktion insofern. als zu dieser Zeit jugend- liche Elemente des Blutes und deren Teilungsformen in den Lebergefässen in grösserer Anzahl zu finden sind wie in dem in Umlauf befindlichen Blut der anderen embryonalen Organe. Ein Unterschied besteht nach seinen Angaben schon hier. Beim Huhn nämlich findet er unter den jugendlichen Blutzellen nur Erythro- blasten, beim Säugetier aber gibt er zwei Formen von Vorstufen an. Es sind dies: l. Erythroblasten, kernhaltige rote Biutkörperchen: 2. Leukoblasten,. fein granulierte, basophile, hämoglobinfreie Zellen mit rundem, selten irregulärem Kern. Im zweiten Stadium hat die Leber insofern Anteil an der Blutbildung, als an manchen Stellen das Endothel verschwindet und die jugendlichen Elemente des strömenden Blutes sich eng an das Parenchym anlegen können. sogar in Ausbuchtungen zwischen die Leberzellen zu liegen kommen, oder dass das Kapillarendothel blind endigende Sprossen in das Drüsengewebe hineintreibt. in denen sich dann die Stammzellen als Häufchen ansammeln. Das Endothel schwindet hier ebenfalls vorübergehend, später wird es aus den peripher gelegenen Stammzellen wieder gebildet. Er verleiht also für dieses Stadium den Stammzellen des kreisenden Blutes neben der Fähigkeit, fertige Blutelemente zu bilden, auch die der Endothelbildung. Für eine spätere Stufe der Entwicklung schildert van der Stricht ein zwischen dem Leberparenchym gelegenes adenoides (Gewebe als Grundlage für die Entstehung von Blutinseln, seine Herkunft ist für ihn nicht ganz sichergestellt. Er glaubt, dass dasselbe aus den Leukoblasten hervorgeht. Die Endothelbildung seht hier Hand in Hand mit der Blutzellenbildung. In beiden Fällen schreibt van der Stricht den zirkulierenden jugendlichen Blutelementen die Fähigkeit der Gefässbildung zu, den im inter- parenchymatösen (sewebe gelegenen Blutzellen sowohl, als auch den aus Leukoblasten entstandenen Elementen der Blutinseln des adenoiden (sewebes. Fast 20 Jahre früher wie dieser Autor hat Neumann (23) auf die eigentümliche Lage der jungen Blutelemente in der embryonalen Säugetierleber hingewiesen. Sie finden sich als Inseln in Erweiterungen der Kapillaren, welche in die Leberzellen 22* 326 R. Haff: blindsackähnliche Ausbuchtungen hineintreiben. Zwischen Leber- parenchym und Blutelementen ist ein endotheliales Zwischengewebe eingelagert, das nach seiner Ansicht blutbildende Funktion hat. Neumann bringt die Entstehung der jungen Blutelemente in Zusammenhang mit einer während der ganzen Dauer des embryonalen Lebens zu konstatierenden Neubildung des kapillären Gefäßsystems. Auch Kostanecki (16) nimmt für die ganze embryonale Entwicklungszeit eine intravaskuläre Blutbildung an. Übereinstimmend mit Neumann findet auch er diese in Aus- buchtungen des Lebergewebes gelegenen Blutinseln. Der Prozess der Blutbildung ist seiner Ansicht nach abhängig von der Gefäss- neubildung, und er lokalisiert sich dementsprechend ausschliesslich auf das Gebiet der neugebildeten Kapillaren, die der Autor Blutbildungskapillaren nennt. Letztere sind geschlossen. Wie van der Stricht, so nimmt auch er an, dass die Blutstammzellen in die Lebergefässe eingeschwemmt werden und sich erst dort weiterdifferenzieren, ohne dass das Gefässendothel sich an der Blutbildung mit beteiligt. Während aber ersterer Autor für die roten und weissen Blutkörperchen zwei verschiedene Stamm- zellen anführt, die Erythroblasten und die Leukoblasten, gibt Kostanecki für beide Arten eine gemeinschaftliche Stammform an. M. B. Schmidt (25) wendet sich gegen die Anschauung, dass jugendliche Blutzellen vom Blutstrom eingeschwemmt werden und in der Leber sich dann weiterdifferenzieren. Er nimmt eine extra- und intravaskuläre Blutbildung an. Muttergewebe sind die Endothelien der Kapillaren. Auch er findet die in dem Lebergewebe in Form von Buchten liegenden Blutinseln. Die Stammzellen sind hämoglobinlos, ähneln Leukozyten und liefern die roten Blutkörperchen. Ganz neue Gesichtspunkte gibt Saxer (24). Er bringt das Mesenchym des Septum transversum in Zusammen- hang mit der Blutbildung insofern, als frühzeitig aus diesem Gewebe sich loslösende wandernde Elemente, „primäre Wander- zellen“, zwischen die wuchernden Leberzellen gelangen. Von diesen Wanderzellen nun geht die Blutbildung aus, extravaskulär und unabhängig von den sich entwickelnden Gefäßsprossen. Solche Wanderzellen gelangen aber auch, vom Blutstrom eingeschwemmt, durch die Kapillarwand in das Lebergewebe, sie teilen sich extravaskulär, bilden die schon von früheren Autoren beobachteten Blutinseln und fungieren als gemeinschaftliche Stammform für Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 327 Erythrozyten und Leukozyten. Über die Bewegung dieser Blut- elemente in die Gefässräume werden keine bestimmten Anhalts- punkte gegeben. Ein Teil der neueren Arbeiten hat die Frage über den Ausgangspunkt der Blutbildung in der embryonalen Säugetierleber nicht erheblich gefördert. So wiederholen Schridde (26) und Lobenhoftfer (17) im grossen und ganzen die Darlegung Neumanns und M. B. Schmidts. Schridde findet erst in späteren Stadien bei einem menschlichen Embryo von 12,5 und 13 mm Länge extravaskulär gelegene Blutbildungsinseln, deren Entstehung er mit dem Gefässendothel in Zusammenhang bringt. Die Stammzellen der Erythrozyten- und Granulozytenreihe sind seiner Ansicht nach nicht identisch. Sie stammen von Endothelien, den gemeinsamen Mutterzellen der extravaskulären Myeloblasten, Erythroblasten und Riesenzellen. Die ganze embryonale Epoche teilt er in zwei Abschnitte, im ersten Abschnitt findet er nur intravaskuläre Blutbildung, der zweite beginnt mit der eben erwähnten extravaskulären Blutbildung bei Embryonen von 12,5 mm Länge. Nägeli und Wain verlegen den Prozess der Leukopoese in das perivaskuläre Gewebe. Die Bildungszellen der Gefässanlage liefern nach ihrer Ansicht Endothelzellen und rote Blutkörperchen, letztere liegen ausschliesslich intrakapillär. In neuester Zeit hat Maximow (15) in seinen Untersuchungen über Blut und Binde- gewebe auch die Hämatopoese in der embryonalen Säugetierleber beschrieben. Als Untersuchungsmaterial dienten ihm Embryonen des Kaninchens, der Katze, Ratte und Maus. Seine Angaben decken sich. was die Erythropoese anlangt, hauptsächlich mit den Saxerschen Anschauungen. Vor dem 12. Tag der Ent- wicklung bemerkt der Autor beim Kaninchen noch keine Blut- bildungsherde. Das Mesenchym des Septum transversum ist das grundlegende Gewebe für die Blutbildung. Die wachsenden Leberzellenstränge schieben sich in kompakten Gruppen in die Maschen des Septum hinein, teilweise finden sie sich aber auch in Häufchen von nur zwei oder drei Zellen oder sogar einzeln von den übrigen abgetrennt oder isoliert im lockeren Mesenchym liegend. Es entstehen so, entsprechend dem Wachstum der Drüsenschläuche, schmälere oder breitere Mesenchymstreifen, in welche zugleich auch die präexistierenden Leberkapillaren als hohle Sprossen hineingreifen. Das Mesenchymgewebe ist kleinzellig, 328 R. Hafsf: die Ausläufer bilden ein dichtes Netz, in dem sich häufig kleine Zellen mit hellem Protoplasma und dunklem, unregelmässigem Kern finden. Nach der Ansicht Maximows entstehen diese Elemente — er nennt sie Wanderzellen — aus dem indifferenten Mesenchym. Sie bilden die Vorstufen seiner „grossen Lympho- zyten“. Bei den durch das weitere Wachstum des Lebergewebes bedingten Verschiebungen des Drüsenparenchyms und der Gefässe finden sich die ursprünglich durch Protoplasmafortsätze unter- einander verbundenen Mesenchymzellen einzeln zerstreut zwischen Endothel und Lebergewebe, daneben auch die oben erwähnten Wanderzellen. Der Blutbildungsprozess beginnt in den mehr zentral gelegenen Partien, wo der eben beschriebene Zustand — Lebergewebe, Mesenchym und Endothel — schon hergestellt ist. In den peripheren Partien des Organs werden die Leber- zellenstränge und (refäßsprossen weiter, und hier behält das Mesenchym dementsprechend noch seinen indifferenten Charakter bei. Die zwischen Endothel und Leberzellen liegenden kleinen mesenchymatischen Elemente verwandeln sich ebenfalls zu Wander- zellen und diese durch Vergrösserung des Protoplasmas und des Kernes zu den grossen Lymphozyten. Letztere produzieren nun durch „differenzierende Wucherung“ die Zellen der Erythrozyten- stammreihe, Megaloblasten, Normoblasten und Erythroblasten. Dass diese Blutelemente an Ort und Stelle sich entwickeln, steht für den Autor ohne allen Zweifel fest. Die Lymphozyten liefern auch die Riesenzellen und die gekörnten Leukozyten. Über die Art des Austretens der Blutelemente in die Gefässlumina spricht sich der Autor unbestimmt aus. Das Gefäßsystem hat sich seiner Ansicht nach in Form von hohlen Sprossen mit geschlossener Endothelwand entwickelt. Diese wachsen von den präexistierenden Leberkapillaren aus in das Mesenchym hinein. Er findet nun die Blutstammzellen und ihre Differenzierungsprodukte nicht nur extra-, sondern auch intravaskulär und nimmt an, dass sie durch aufgelockertes Endothel in die Gefässlumina gelangen. Es ist für ihn aber auch sichergestellt, dass vom Blutstrom eingeschwemmte Lymphozyten und primitve Erythroblasten sich in den Leber- kapillaren anhäufen — wahrscheinlich wegen verlangsamter Strömung — und dort weiterentwickeln (siehe die Ansichten van der Strichts). Dieser Prozess tritt allerdings in den Hintergrund. Maximow gibt auch die Möglichkeit zu, dass Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 329 Lymphozyten aus dem Gefäßlumen durch das aufgelockerte Endothel in das perivaskuläre Gewebe auswandern können. Nene Gesichtspunkte. besonders über das Verhältnis von Retikulum zu Endothelien, finden wir in einer Arbeit von S. Mollier (20) vertreten. Zur Untersuchung kamen Embryonen der verschiedensten Säugetiergattungen. Nach seinen Angaben erstreckt sich die Blutbildung über die ganze embryonale Epoche. Grundlage für die Hämatopoese bildet ein offenes jugendliches Mesenchymgewebe. dessen Zellen kurze protoplasmatische Ausläufer haben. Dieses Material wird vom visceralen Blatt des Mesoderms eebildet — er nennt es Retikulum — und differenziert sich zu Endothelien, Blutzellen und Stützgewebe. Zwischen Peritoneum und Retikulum besteht ein enger Zusammenhang. Wir begegnen hier zum erstenmal der Ansicht, dass die Gefässanlagen fast ausnahmslos offene retikuläre Wand besitzen. die unvermittelt in das anliegende mesenchvmatische Gewebe übergeht. Durch die durchbrochene Wand dieser blutbildenden (Gefässanlagen gelangen die Blutelemente in die Gefässlichtung. Der Autor schreibt über das Lagerungsverhältnis von Lebergewebe und tetikulum: „Das Leberzellenbalkennetz, zentrifugal auswachsend. dringt mit sich gabelnden Sprossen in das Retikulum ein und erhält dadurch an seiner Oberfläche einen dicht anliegenden Überzug desselben. Dieser Überzug ist aber wieder nichts anderes als die retikuläre Kapillarwand. von der wir eben gesprochen haben.“ An manchen Stellen grenzt die Gefässlichtung direkt an diesen eng anliegenden mesenchymatischen Überzug des Lebergewebes und solche Stellen täuschen geschlossene Kapillarwände vor. Mollier bringt nun verschiedene Schnitte zur Darstellung, in denen anscheinend geschlossenes Endothel mit anliegenden Blutinseln in ein offenes retikuläres Gewebe übergeht. Es ist so die schon von früheren Autoren beobachtete eigentümliche Lage der Blutzellen in verständlicher Weise geklärt und in einen Zusammenhang mit dem Muttergewebe gebracht. Der Prozess der Erythropoese ist in der embryonalen Säugetier- leber vorherrschend. Die Elemente des indifferenten Retikulums liefern die Stammzellen — er nennt sie Hämogonien — die auf dem Wege ihrer Umgestaltung eine Veränderung in dem Sinne erfahren, dass die starke Basophilie des Protoplasmas immer mehr abnimmt und der ursprünglich helle Kern entsprechend der 330 RBaTTE weiteren Differenzierung sich immer dunkier färbt. Diese Beobachtungen stimmen mit den Angaben anderer Autoren überein. Das Leberbindegewebe ist während der Embryonalzeit zugleich auch der Ausgangspunkt für eine Leukopoese, bei der als gemeinsame Stammzelle wiederum dieselbe „Hämogonie“ wie bei der Erythropoese mit allen ihren morphologischen Charakte- ristika funktioniert. Die vielseitige Bearbeitung dieses wichtigen Kapitels der Hämatologie hat die verschiedensten Gegensätze in der Auffassung über die Beschaffenheit der Gefässwände, über die Art des Muttergewebes, über die Lage der jungen Blutzellen und über deren Stammbaum gezeitigt; nicht anders verhält es sich natür- lich mit der Frage der Nomenklatur. Alle diese Punkte sind in den einschlägigen Arbeiten einer zusammenfassenden Kritik unterzogen. Wiehtig ist auf Grund neuer einwandfreier Beobachtungen die Tatsache, dass das Leberbindegewebe bei den Säugetieren fast während der ganzen embryonalen Zeit eine differenzierende Tätigkeit entfaltet und so das Muttergewebe für die roten und weissen Blutelemente bildet. Die zwei Zellenstämme werden hier ohne strenge topographische Trennung nebeneinander entwickelt. Der hämatopoetische Prozess gewinnt rasch an Mächtigkeit und übernimmt frühzeitig die Funktionen des ersten Blutbildungs- organs, des Dottersacks, der dann verödet. Van der Stricht und Bizzozeros Beobachtungen über intravaskuläre blutreifende Funktionen der embryonalen Vogelleber treten im Vergleich mit den eben angeführten Prozessen bei den Säugetieren vollkommen in den Hintergrund. Welche Organe übernehmen nun hier die Blutbildung? Nach den neuesten Forschungsergebnissen ist es das Knochenmark, das spät, erst in der zweiten Hälfte der Bebrütungszeit, eine hämatopoetische Tätigkeit entfaltet und gegen Ende der embryonalen Epoche den Dottersack, der bis dahin als hauptsächliches Blutbildungsorgan funktionierte, endgültig ablöst (Dantschakoff:[7, 9)). Bei den Vögeln ist nach übereinstimmenden Beobachtungen die Bildung der hämoglobinhaltigen und hämoglobinlosen Zellen im Gegensatz zu den oben konstatierten Befunden streng topographisch in intravaskuläre und extravaskuläre Gebiete ge- schieden. es] (eb) ea Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse ete. 3. Untersuchungen. Die embrvonale Leber des Huhns bietet, auf eine blut- bildende Funktion hin betrachtet, bis ungefähr zur Mitte des 7. Bebrütungstages nichts Bemerkenswertes. Es wäre zwar dureh das Vorhandensein von retikulärem Gewebe frühzeitig die Bedingung für eine Entwicklung von Blutelementen gegeben, doch wird dieses zweifellos vorerst zur lokalen Gefässbildung ver- wendet. ohne irgendwelche Modifikationen nach hämatopoetischer Riehtung hin zu erfahren, wie wir es für die embryonale Säuge- tierleber schon in frühesten Stadien bewiesen finden. Die Fragen über die erste Anlage der Vogelleber liegen ausserhalb des Bereiches meiner Untersuchungen. Es würde mich zu weit führen, über die hierin im Grunde stark auseinandergehenden Ansichten der Autoren eingehender zu referieren, und ich verweise deshalb auf eine neuere Arbeit von W. Hildebrandt (14), der wohlgesichtete und erschöpfende Literaturangaben zugrunde liegen. Die mit der Entstehung und dem weiteren Wachstum des Organs zusammenhängende Entwicklung der Blutgefässe fand in den oben angeführten Abhandlungen grossenteils keine Erwähnung. Nur einige Autoren streifen gelegentlich dieses Thema. So vertritt CGhoronshitzky (5) den Standpunkt. dass der Sinus venosus in Form von Ausbuchtungen, bedingt durch die Art des Wachstums des Organs, die einzige Grundlage für die Gefässbildung der Leber ist. Er glaubt, dass durch die schlauch- und balkenförmigen Verzweigungen der Sinus venosus gewissermassen zerteilt und entsprechend der Vergrösserung immer mehr aufgelöst wird. Für die peripheren Gefässe gibt er allerdings die Möglichkeit einer aktiven Tätigkeit des Auswachsens zu. Frobeen (13) gibt an. dass gleichzeitig mit der Ausbildung des Leberbalkennetzes die umschlossene Vene Sprossen in dieLücken oder Maschen des Netzes treibt, und dass daraus die späteren Gefässe entstehen. Er bringt das mikroskopische Bild einer Hühnerleber (Alter des Embryo 96 Stunden) in starker Vergrösserung, und wir sehen da Leber- gewebe und Endothel in innigem Zusammenhang ohne retikuläres /wischengewebe. Dass (efässendothel ist ohne allen Zweifel geschlossen. Auch van der Stricht (27) findet in der embryo- nalen Hühnerleber von Anfang an geschlossenes, dem Drüsen- sewebe unvermittelt anliegendes Kapillarendothel. Es tritt in der Tat die Ausbildung des retikulären (Gewebes während des 332 R. Haff: ersten Drittels des embryonalen Lebens stark in den Hintergrund. so dass man bei Betrachtung mit schwachen Systemen wenigstens für die zentralen Partien der Leber die eben angeführten Befunde van der Strichts u. a. bestätigen möchte. Und doch finden wir bei genauerem Studium häufig auch hier frühzeitig am Ende des vierten, Anfang des fünften Bebrütungstages, besonders zwischen dem Endothel der grösseren (sefässe und dem anliegenden Drüsen- parenchym, ein ziemlich weitmaschiges Bindegewebe. das mit den Zellen der Kapillaren durch Fortsätze verbunden auf das Leber- gewebe übergeht. Die Gefässwände sind um diese Zeit geschlossen. Mollier (20) hat bei Vogelembryonen ungefähr der gleichen Entwicklungsdauer auf dieses „spärliche zellige Retikulum“ hingewiesen. Es bedürfte auf Grund dieser Angaben noch eingehender Untersuchungen, wie sich die Vogelleber von ihrer ersten Ent- wicklung an zu dem sie umgebenden Mesenchym verhält, ob tatsächlich die präexistierenden Kapillaren des Sinus venosus allein die (Gefässbildung übernehmen, oder ob nicht auch das Bindegewebe damit in Zusammenhang zu bringen ist. Wir sehen bei Embryonen der oben angeführten Bebrütungs- dauer an der Peripherie des Organs zwischen die Leberschläuche eingelagertes lockeres Mesenchym, das nur spärlich vaskularisiert ist. Die Leberbalken wachsen dem Bindegewebe entgegen. Die anliegenden Kapillaren mit ihren geschlossenen Wandungen setzen sich nicht unmittelbar ins angrenzende Mesenchym fort, so dass man ihren Elementen hier eine aktive unabhängige Tätigkeit zuschreiben könnte, indem sie dann in Form hohler Sprossen dort eindringen. Der Übergang ist im Gegenteil ein allmählicher. Das Endothel beginnt mit der Annäherung an die Peripherie sich aufzulockern und dem Charakter des oben erwähnten in- differenten zwischen Endothel und Epithel liegenden Gewebes zu nähern. das morphologisch identisch ist mit dem angrenzenden lockeren Mesenchym. Es beteiligt sich so letzteres an der Bildung der grossen Kapillarräume in der Leber und liefert die Elemente. welche als Überzug der Leberschläuche wohl durch die starke Vergrösserung des Organs und dessen Wachstums- richtung, dann auch als Wandung der unter Druck stehenden Bluträume ihre ursprüngliche indifferente Form ändern und sich abplatten. Zwischen Endothelien und Lebergewebe bleiben Partien BU) oo Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. des jugendlichen Mesenchyms, die wir auch in den zentralen Ge- bieten finden, wo ein direkter Zusammenhang mit dem peripheren Bindegewebe in oben beschriebener Form längst aufgehoben ist. Wie verhält sich nun das Peritoneum zum angrenzenden Binde- sewebe und zum wachsenden Organ ? Ich möchte von vornherein betonen, dass der ganzen morpho- logischen Beschaffenheit und auch der Funktion nach die peri- tonealen Deckzellen sich in nichts Wesentlichem unterscheiden von den gewöhnlichen Bindegewebselementen. Um die Zeit des 5. Bebrütungstages, wo der bindegewebige Anteil des Organs in der Peripherie im Vergleich mit späteren Stadien noch ein relativ grosser ist, gehen die Zellen des Peritoneums unvermittelt ın die des Bindegewebes über. Es ist nicht möglich. irgendeinen nennenswerten Gegensatz um diese Zeit zu finden, der innige Zu- sammenhang beider (rewebsarten, die übereinstimmenden Formen ihrer Teilungsfiguren, dann auch. die Teilungsriehtung der Peri- tonealzellen sprechen nicht für eine einseitige Differenzierung. sondern für eine Mitbeteiligung an der Lieferung indifferenten Bindegewebes. der ich aber jetzt keine besondere Bedeutung beimessen möchte. Typisch für die Elemente des Mesenchyms und Peritoneums ist der grosse chromatinarme Kern mit einem grossen Nukleolus, der ständig vorhanden ist. daneben mehrere kleine. Die Bindegewebszellen zeigen eine besonders in der Umgebung des Kernes relativ stark ausgeprägte Basophilie des Protoplasmas, die nach der Peripherie zu abnimmt und den Aus- läufern ein charakteristisches blasses Aussehen gibt. Diese Baso- philie erstreckt sich bei den peritonealen Deckzellen auf den ganzen Protoplasmaleib. Die zahlreichen Zellenfortsätze der mesenchymatischen Elemente verbinden sich untereinander zu einem feinen Netzwerk, in dessen Maschen das Parenchym ein- gelagert ist. Ich werde im folgenden noch eingehender über die Modifikationen sprechen müssen, die unter gewissen Umständen Peritonealzellen durchmachen und dann auch die Beziehungen zum Bindegewebe wegen gemeinschaftlicher kongruierender Wachstums- äusserungen darstellen. Dem Organ kommt um die angegebene Zeit, Ende des 4. bis Beginn des 6. Bebrütungstages, keine spezifisch hämato- poetische Funktion zu. weder dem um die (Gefässe der inneren Örganpartien gelagerten spärlichen Retikulum, noch dem peri- 354 ReHaft: pheren Leberbindegewebe. Doch hat durch die in diesen Stadien allerdings selten auftretenden Wanderzellen in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen das Mesenchym wohl schon einen Differen- zierungsmodus erfahren, der seinen Höhepunkt in der Lieferung stark basophiler Zellen als schon vom Grundgewebe freigewordener Elemente erreicht. Weiter aber schreitet der Prozess nicht, und das ist auch verständlich, wenn wir das Organ von Embryonen des 6. Bebrütungstages untersuchen. Um diese Zeit verschwindet nämlich langsam das Mesenchym und mit ihm diese integrierenden Elemente. Ende des 6. Tages zeigt sich uns das Lebergewebe schon zu beträchtlicher Grösse entwickelt (vergl. Fig. 1). Die Leberbalken liegen fast überall dem Peritoneum dicht an, letzteres präsentiert sich meist nur in einer Lage von länglichen Zellen, mit hellem, chromatinarmem Kern. Das spärliche extrakapilläre Bindegewebe ist nun verschwunden und an dessen Stelle eine einfache endotheliale Wand getreten, die mit dem Drüsengewebe in innigem Zusammenhang steht. So gewinnt die Leber schon frühzeitig eine gewisse Ähnlichkeit mit dem fertigen Organ, wenn wir die Kapillarbezirke in ihrem Verhältnis zum Parenchym ins Auge fassen. Wir sehen dasselbe durchweg in Form von soliden Schläuchen angeordnet, gegen die Umgebung scharf abgegrenzt, mit einem Lumen, das schon früh, um die Mitte des 4. Bebrütungs- tages, deutlich zu sehen ist. Es besteht hier eine Übereinstimmung mit den früheren Stadien, was den Inhalt der Blutgefässe anlangt. Man findet hauptsächlich Erythrozyten, daneben, wenn auch selten, srosse Zellen mit stark basophilem ungranulierten Protoplasma- leib, nach Dantschakoffs Nomenklatur „grosse Lymphozyten“ und dann auch spärliche Übergangsformen, die zum Teil ihrem morphologischen Charakter nach den fertigen roten Blutkörperchen gleichen, deren Plasma aber noch hämoglobinarm ist. Bizzozero (1, 2) hat die Zellen des strömenden Blutes in der embryonalen Hühnerleber untersucht und dabei eine mit dem fortschreitenden Organwachstum Hand in Hand gehende Abnahme der Mitosen von roten Blutkörperchen konstatiert. Er leitet die Regeneration der roten Blutelemente von präexistierenden hämoglobinhaltigen Zellen ab, die auf dem Wege der indirekten Teilung sich ver- mehren und ersetzen. Da nach seinen Angaben, wie eingangs erwähnt, die Leber nur eine untergeordnete Rolle in der Blut- bildung spielen soll, die Mitosen der Erythroblasten als Zeichen Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 335 von Blutneubildung in den Leberkapillaren immer mehr abnehmen. so muss dieser Regenerationsprozess in einem anderen Organ sich abspielen, da das Knochenmark erst mit dem 14. Tage die Tätig- keit einer Hämatopoese übernimmt. In Zupfpräparaten der Milz fand nun der Autor um die Zeit des 8. und 9. Tages zahlreiche Karyokinesen von Erythroblasten und folgerte daraus, dass sie vorübergehend die Bildung der Erythrozyten übernimmt. Ich kann auf Grund meiner Untersuchungen an Schnittpräparaten diese Ansicht nicht unwidersprochen lassen. Schon allein die Kleinheit des Organs würde auch bei positivem Befunde seine ausreichenden reparatorischen Funktionen in Frage stellen. Nun hat aber die Milz um die angegebene Zeit in Wirklichkeit gar keine blutbildenden Funktionen im Sinne Bizzozeros. Ich finde auch bei Durchsicht der Literatur nirgends eine Über- einstimmung mit seinen Angaben (siehe die Arbeiten von Götte. Woit, Janosik, Tonkoff usw.). Dantschakoff (7,9) kommt ausführlich auf Bizzozeros Ansichten zu sprechen: „Der Autor sah in der Milz den vermeintlichen Herd der Blutbildung. Ich glaube nun, dass dies nur eine Folge der Auffassung des Prozesses der Blutbildung, wie sie Bizzozero sich konstruierte, und der von ihm gebrauchten Untersuchungsmethodik war. Es genügte ihm, in einem Zupfpräparat der Milz mehrere Mitosen in roten Blutkörperchen zu finden, um ihr eine besondere Bedeutung in der Blutbildung beizumessen. Wenn wir aber heutzutage von einem Herd der Erythropoese verlangen, dass er besondere Jugend- formen von roten Blutkörperchen enthalte, so ist es eine Leichtig- keit, an passenden Präparaten zu beweisen, dass gerade die Milz vom Hühnchen für die Erythropoese keine Bedeutung hat. Wir müssen nach einem anderen Herd der Blutbildung suchen.“ Nicht anders verhält es sich nach ihren Angaben mit der Leber, auch die im Bindegewebe des Embryo zu konstatierenden Blutbildungs- prozesse treten in den Hintergrund. Es findet dort allerdings eine relativ starke Erythropoese statt, die sich in Form von zahl- reichen grösseren und kleineren extravaskulären, im Mesenchym selbst gelegenen Blutbildungsherden geltend macht, so dass das für die Vögel sonst zu Recht bestehende Gesetz der Blutbildung in- und ausserhalb der Gefässe hier nicht zutrifft. Doch hat das Auftreten dieser im Bindegewebe gelegenen Herde für den Kreis- lauf keine Bedeutung. Sie werden zum grossen Teil vom Mesen- 336 R. Haff: chym und von den integrierenden Bestandteilen desselben, von Wanderzellen, phagozvtiert oder verfallen der regressiven Meta- morphose. Man kann diese Stellen der früheren Blutbildungs- herde im Mesenchym noch während langer Zeit an der Anwesenheit solcher Phagozyten erkennen. Die schon von van der Stricht für eine Reihe von Körperteilen angegebenen intravaskulären erythropoetischen Blutbildungsherde bestätigt Dantschakoft (8), doch reifen nach ihren Ansichten die Blutzellen nicht, sondern ihr Ausgangspunkt sind die Endothelien. die wuchern, frei werden und den morphologischen Charakter der Lymphozyten erhalten. Sie gelangen dann ins zirkulierende Blut. wo sie als Stammzellen für die Erythrozyten funktionieren. Neben dieser Tätigkeit intra- embryonaler Gefässe gibt sie als Hauptblutbildungsorgan den Dottersack an. Van der Stricht, der für die Erythrozyten basophile Vorstufen annimmt. beobachtet nun im Gegensatz zu Bizzozero in der Leber um den 7. Bebrütungstag und auch später noch intravaskuläre Blutbildungsherde: er schreibt dem Organ oder besser den Blutelementen der Kapillaren eine gesteigerte Ver- mehrungsfähigkeit zu und bezeichnet es als Blutreifungsorgan, das aber keine besondere Bedeutung gewinnt. Übereinstimmend mit van der Stricht möchte ich betonen. dass mit dem fort- schreitenden Wachstum der Leber das Bild sich allmählich ändert, und wir schon um die Mitte des 7. Bebrütungstages solche intra- vaskuläre Herde finden, die kurze Zeit später dann massenhaft in den Gefässlichtungen erscheinen. Es ist vor allem zu konsta- tieren einmal eine starke Zunahme grosser, stark basophiler, Ivmphozytenähnlicher Zellen, die ich zunächst als Stammzellen bezeichnen möchte, und basophiler Vorstufen der roten bBlut- körperchen, dann aber auch eine gesteigerte Teilungsfähigkeit von hämoglobinhaltigen Elementen. Ich habe es vermieden, aus dem Inhalt der Leberblutgefässe einen Schluss auf die Funktionen des Organs zu ziehen oder zwischen den Blutkörperchen selbst einen Zusammenhang zu konstruieren. Diese Elemente befinden sich einmal im strömenden Blute, und wir müssen die grosse Wahrscheinlichkeit einer Einschwemmung im Auge behalten, die Entstehung ihrer Vorstufen in das eigentliche Blutbildungsorgan. den Dottersack, verlegen oder aber den Endothelien der Leber- sefässe eine blutbildende Tätigkeit zuerkennen. Die intravasku- Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 337 lären ervthropoetischen Herde verschwinden langsam ungefähr um die Mitte des 9. Bebrütungstages. Wie verhalten sich nun die Endothelien und peritonealen Deckzellen des Organs, sind sie mit diesen intravaskulären Erscheinungen in Zusammenhang zu bringen. ändert das Organ sein bisheriges Aussehen ? Wir haben gesehen, dass die Leber sich ihrem fertigen Zustande mehr und mehr nähert und das Mensenchym auf Grund der Organvergrösserung rasch verschwunden ist. Im Protoplasma der Endothelien findet man am Ende des 6. Tages eine faser- ähnliche Struktur deutlich ausgeprägt. Wir können sie schon mit gewöhnlichen Färbungsmitteln, Hämalaun -Eosin, Dominici dar- stellen. Hand in Hand mit diesen Veränderungen der Gefässwand- zellen gehen auch solche der peritonealen Elemente. Es ändert sich nun nach ganz kurzer Zeit zu Beginn des 7. Bebrütungstages das Bild insofern. als in der Peripherie des Organs eine ziemlich starke Entwicklung von jugendlichem lockeren Bindegewebe zu konstatieren ist (vgl. Fig. 2). Die Lieferung dieses indifferenten Materials gewinnt am Ende des 7.. Beginn des S. Bebrütungs- tages an Ausdehnung. und wir finden auch an verschiedenen Stellen der zentralen Partien solche Bindegewebsgruppen. Mit diesen Prozessen stehen nun die oben erwähnten intra- vaskulären Blutbildungsherde in zeitlichem Zusammenhang. Ich werde später darauf eingehender zu sprechen kommen. Woher stammt nun dieses retikuläre Gewebe?” Es sind die Peritonealzellen und Endothelien. die sich durch eine starke Differenzierungstätigkeit auszeichnen und dessen Lieferung über- nehmen. Dieses neugebildete Mesenchym ist weitmaschig und hat zunächst den indifferenten Charakter des für die Stadien des 4. und 5. Tages beschriebenen perivaskulären und peripheren Leberbindegewebes. Der verhältnismässig grosse. blasse chromatin- arme Kern steht in einem gewissen Gegensatz zu dem besonders in den zentralen Partien dunklen basophilen Protoplasma. Die Uhromatinstränge sind äusserst zart und nur an Stellen, wo sie sich zu Knoten verdichten, deutlich zu sehen. Von ihnen heben sich die relativ grossen Kernkörperchen. die einzeln oder auch zu mehreren dort vorkommen. charakteristisch ab. Die Färb- barkeit des meist rundlichen Kernes und auch des Protoplasmas ist einem ständigen Wechsel unterworfen. Wir sehen Retikulum- 338 BICHRatt: zellen mit einem relativ dunklen chromatinreichen Kern in schwach basophilem Protoplasma und umgekehrt, ein Befund, der wohl von Färbung und Fixierung unabhängig ist, da sich diese Differenzen an einem und demselben Präparat konstatieren lassen. Es sind aber auch die Grössenverhältnisse von Zelleib und Kern keine konstanten. Dies trifft für die fixen retikulären Elemente in gleichem Maße zu wie für deren Differenzierungs- produkte, die kurze Zeit später das Maschenwerk ausfüllen. Die Kapillaren haben nun grossenteils keine ausgesprochenen Wandungen mehr, sie sind durch retikuläres Gewebe ersetzt. Es ist dadurch eine offene Kommunikation zwischen Binde- sewebe und Bluträumen hergestellt, ein Befund. der den für die embryonale Säugetierleber von Mollier beschriebenen Ver- hältnissen entspricht. Hier erstreckt sich die Ausbildung des retikulären Gewebes auf das ganze Organ und fast über die sanze embryonale Epoche. während beim Huhn ein Teil der Gefässbezirke seine geschlossenen Wandungen beibehält und der oben angedeutete Differenzierungsprozess am Ende der ersten Hälfte der Entwicklungszeit beginnt, nur kurze Zeit dauert, um dann in der zweiten Hälfte etwas modifiziert wieder einzusetzen. Das neugebildete Retikulum hat mit den unveränderten Gefäss- wandzellen, wie wir sie in den zentralen Partien sehen, die faserartige Differenzierung des Protoplasmas gemeinsam. Wir finden die verschiedensten Formen in den Begrenzungs- zellen der Gefässräume, rein retikuläres Gewebe, Übergänge von endothelialen Elementen zu Mesenchymzellen,. dann auch in den zentralen Teilen Kapillarbezirke mit geschlossenen Wandungen ohne retikuläres Zwischengewebe. Wenn nun an vielen Stellen die Endothelien sich auflockern, ihren Zellcharakter verlieren und zu Bindegewebselementen werden, so kann es nicht auf- fallen, wenn um dieselbe Zeit die Wandungselemente der Gefässe auch noch eine andere Differenzierungsrichtung einschlagen. Sie haben die Fähigkeit, sich in grosse Zellen mit stark basophilem Protoplasmaleib zu verwandeln, die den früher schon be- schriebenen intravaskulären als Stammzellen bezeichneten Ele- menten vollkommen gleichen. Die Umwandlung von Endothelien zu Stammzellen geht langsam vor sich, und wir können diesen Prozess zu Beginn der ersten Lieferung von neuem Leberbinde- gewebe überall im ganzen Organ beobachten, auch an Stellen, Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 339 wo der geschlossene endotheliale Charakter der Kapillaren er- halten bleibt. Mit einer zunehmenden Basophilie und Ver- grösserung des Protoplasmas ändert sich auch der Kern in entsprechender Weise, ohne dass vorerst die Zellen den morpho- logischen Habitus einer Endothelzelle verloren hätten. Mit der weiterschreitenden Differenzierung wölben sie sich ins Gefäss- lumen vor, um ihren endothelialen Charakter dann endgültig zu verlieren. Sie haben die morphologischen und chemischen Eigen- schaften von Stammzellen bekommen, funktionieren aber noch als Wandungselemente — ihre breite Basis steht in fester Ver- bindung mit den anliegenden unveränderten Endothelien (Fig. 6). Sie vermehren sich lebhaft durch indirekte Teilung und runden sich dabei immer ab, werden kleiner, wobei das Protoplasma etwas an Basophilie einbüsst und homogen wird (Fig. 4 und 5). Diese ins Gefässlumen vorgewölbten Elemente vom Charakter typischer Blutstammzellen gelangen nun selbstverständlich durch Ablösung ins strömende Blut, wo uns eine Weiterverfolgung ihrer Differenzierungsrichtung aus bereits angeführten Gründen nicht möglich erscheint. Die Endothelien haben die Fähigkeit zur Abrundung in Stammzellen des Blutes, noch mehr, sie liefern Bindegewebe, das seinerseits wiederum den Ausgangspunkt für eine wirksame Hämatopoese bildet. Dies berechtigt uns zu der Annahme, dass nicht spezifische Elemente es sind, die Stammzellen produzieren und wieder andere, die nur Stützgewebe liefern. An Stellen, wo das Bindegewebe von Bluträumen durch typische Endothelien abgegrenzt ist, sehen wir auf Grund von geeigneten Anschnittsbildern, dass durch langsame Ausarbeitung Stammzellen entstehen, nicht ins Lumen der Gefässe hinein, sondern nach aussen ins Retikulum. Wir finden diese Elemente dann in einer oder mehreren Lagen im Mesenchym, unverändertem Endothel anliegend, von den Bluträumen durch letztere getrennt. Diese Umwandlung geht ebenfalls langsam und ganz in derselben Weise vor sich, wie wir es eben für die intravaskuläre Differen- zierungsrichtung beschrieben haben; es sind Zellen mit plattem langgestreckten Protoplasmaleib und länglich-ovalem Kern, durch Ausläufer mit den Nachbarzellen verbunden, ihrer Gestalt nach richtige Endothelien, sie haben aber tinktoriell die charakteristischen Eigenschaften von Stammzellen. Daneben finden wir dann auch Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt.1I. 23 340 Rı Blatt: die schon isolierten abgerundeten Mutterformen selbst (Fig. 8). Dieser Polymorphismus von Endothelien tritt also in der embryo- nalen Vogelleber an einem und demselben Organ in der oben beschriebenen Form zu Tage. Sie haben die Fähigkeit, Binde- gewebe zu liefern, sie differenzieren sich aber auch zu Blut- stammzellen, die dann wiederum intra- und extravaskulär sich weiterentwickeln. Ich bin in der Literaturübersicht auf die Frage der hämatologischen Terminologie nicht näher eingegangen. Neuere Arbeiten geben auf Grund eingehender embryonaler und ver- gleichend histologischer Untersuchungen über die Entstehung der Blutzellen klare Begriffe. Die dort vertretene rein unitaristische Anschauung, welche in der aus indifferentem (Gewebe frei sewordenen, stark basophilen Zelle die gemeinsame Mutterform der roten und weissen Blutkörperchen sieht, ist wohl unwider- legbar und die notwendige Folge wird auch die Vereinfachung der Nomenklatur sein. Ich habe es vorgezogen, für diese stark basophilen Elemente, die beim Vogel von Anfang an überein- stimmende Eigenschaften als Stammformen für die Reihe der roten und ‚weissen Blutkörperchen besitzen, den einfachen Namen Stammzellen anzuwenden. Es gilt diese Bezeichnung, wie gesagt, nur für die undifferenzierten Mutterzellen, die von den Hämatologen als „grosse Lymphozyten“, „Iymphoide Hämoblasten“, „Hämogonien“ usw. bezeichnet werden. Das neuentstandene retikuläre Gewebe bildet nın um die angeführte Zeit zum Teil die direkte Begrenzung der Bluträume, umgibt die Leberzellbalken und ist in der Peripherie in innigem Zusammenhang mit den peritonealen Deckzellen. In ihm finden wir ebenfalls die stark basophilen Stammformen der Blutkörperchen. Sie differenzieren sich langsam aus den blassen Retikulumzellen. Die bei Z.-F.-D. besonders stark ins Auge fallende Basophilie ihres Protoplasmas ermöglicht schon mit schwacher Vergrösserung leicht eine Unterscheidung von den gewöhnlichen Bindegewebselementen und drüsigen Partien (Fig. 7, 13). Seine amöboiden Eigenschaften geben den Zellen immer wieder ein anderes Aussehen und sind auch die Ursache der stets wechselnden Kernformen (Fig. 7, 8). Trotzdem behalten diese Elemente auf Grund ihrer übereinstimmenden chemischen Bigenschaften ein unverkennbares typisches Aussehen. Die ruhen- den Formen zeigen in dem schollig bis feinretikulär angeordneten Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 341 Protoplasma, das leicht vakuolisiert ist, einen grossen, runden, etwas exzentrisch gelegenen Kern, in dem die Chromatin- teilchen nur spärlich vorhanden sind. Daraus resultiert sein helles Aussehen. das sich in einen starken Gegensatz zu dem dunklen basophilen Zelleib stellt. Wir finden manchmal nach E.-A.- und D.-Färbung auf der dem breiten Protoplasmateile zugekehrten Seite eine leichte Einbuchtung des Kernes, die durch die in diesem befindliche rötliche Sphäre bedingt erscheint. Die Färbbarkeit der Nukleolarsubstanz ist bei den verschiedenen Methoden eine verschiedene, immer aber steht sie im Gegensatz zu den sie umgebenden Chromatinteilchen. Man beobachtet meist einen grossen, kolbigen Nukleolus, der manchmal mit der Kernmembran in Zusammenhang zu stehen scheint und eine leichte Einziehung desselben bedingt. Dann sehen wir auch Stammzellen, deren Kern ein oder zwei grosse rundliche Kern- körperchen zeigt, daneben mehrere kleine. Der Wechsel ihrer Zahl und Gestalt ist wohl ın Zusammenhang mit dem jeweiligen Funktionszustand der Zellen zu bringen, der auch in dem ständig wechselnden “rrössenverhältnis von Plasma zu Kern seinen Aus- druck findet. Die Stammzellen vermehren sich durch Karyo- kinese. Ihre Teilungsformen stimmen mit den oben erwähnten Mitosen der aus Endothelien differenzierten Mutterzellen natürlich vollkommen überein. Die bei Z.-F. immer zu konstatierende, ziemlich starke Verdickung der Chromosomen führte ich auf die Art der Fixierung zurück und kontrollierte deshalb mit anderen Fällungsmitteln. Es besteht jedoch nur ein ganz geringer Unter- schied, wie wir an den entsprechenden Abbildungen erkennen können (Fig. 3, 4 und 5). Die Stammzellen des extravaskulären Retikulums differen- zieren sich nun hauptsächlich in einer Richtung. Es sind die Zellen der Erythrozytenreihe, die wir häufig in den Maschen des Bindegewebes liegend finden. Erythroblasten und die ver- schiedenen Übergänge von diesen zu fertigen Erythrozyten. Die Erythroblasten heben sich ebenfalls deutlich von dem blassen retikulären Gewebe ab. Sie unterscheiden sich morphologisch und chemisch von ihren Mutterzellen, sind kleiner wie diese und ohne Pseudopodien, doch hat das Protoplasma noch in ziemlich hohem Maße die Fähigkeit der passiven Gestaltveränderung (Fig. 7 und 10). Man erkennt dies an Zellen, die in enge 23* 342 R.AHat Te Maschenräume des retikulären Grundgewebes zu liegen kommen. Die ruhenden Formen dieser Tochterzellen — ich ziehe hier zum Vergleich die um diese Zeit häufig in den Bluträumen vor- kommenden übereinstimmenden Elemente herbei — haben in Schnittpräparaten ebenfalls typische Konturen. Für die noch stark basophilen,. den Mutterzellen am nächsten stehenden Formen finde ich übereinstimmend mit Dantschakoff (7, 9) am häufigsten die ovale bis runde Form. Solche Generationen haben den retikulären Bau und die Vakuolen, wie sie die Stammzellen in ihrem Protoplasma aufweisen, verloren. Es wird homogen und weniger basophil. Auch die Kerne zeigen geringe Veränderungen, die bedingt sind durch eine Abnahme des Volumens, deutlichere Zeichnung des Chromatinnetzes und Reduzierung der Nukleolar- substanz. Dantschakoff hat bei Erythroblasten und auch Stammzellen, den „grossen Lymphozyten* ihrer Nomenklatur, Linsenform beobachtet. Es bestätigten sich mir diese Angaben für die rein basophilen, den Mutterzellen am nächsten stehenden Elemente. Die Stammformen des extravaskulären Leberbinde- gewebes haben zu dieser Zeit auch die Fähigkeit zur Weiter- entwicklung in der Richtung der weissen Blutkörperchen und zwar speziell der acidophilen Granulozyten. Ihr Differenzierungsweg ist um diese Zeit ein einseitiger im Gegensatz zu späteren Stadien, wie wir sehen werden. Sie nehmen ihren Ausgang von denselben basophilen Elementen, die mit den Mutterformen der roten -Blut- körperchen identisch sind. Trotz ausgiebiger Einlagerung von runden Granula mit spezifischem Färbevermögen haben solche relativ schon junge Generationen noch das charakteristische Aus- sehen der Stammzellen, was Konturen, Tingierbarkeit des Plasmas und auch Beschaffenheit des Kernes anlangt (wir finden um diese Zeit acidophile Granulozyten intravaskulär, auch ältere Formen mit noch deutlichem Stammzellencharakter). Ihr Entwicklungs: gang ist so langsamer und einfacher wie bei der Erythrozytenreihe, derZusammenhang mit den Stammformen durch ihre Beschaffenheit selbst gegeben. Nun sehen wir nie acidophile Granulozyten, deren Plasma Linsenform zeigt. Ich habe gefunden, dass dadurch immer einer spezifischen Veränderung der Stammzellen in die tiehtung der Erythrozyten Ausdruck gegeben ist. Kern und Plasma haben wohl noch die ursprünglichen chemischen Eigen- schaften beibehalten, die Konturen der Zelle sind aber andere. vr Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse ete. 94: Sie hat sich dadurch von ihrer Stammform entfernt und ist Erythroblast geworden. Nach Dantschakoff spielt sich die Erythropoese in den eigentlichen blutbildenden Organen, Dottersack und Knochenmark, nur intravaskulär ab, und ihre Angaben beziehen sich, glaube ich, nur auf diese Gebiete. In der Leber aber treffen die Prozesse der Erythro- und Leukopoese im Bindegewebe zusammen, und deshalb halte ich es für wichtig, auf diese schon differenzierte Zellform und deren Zusammenhang mit den eigent- lichen Mutterzellen hinzuweisen. Die Erythroblasten machen nun auf dem Wege ihrer Umgestaltung zu fertigen Erythro- zyten eine Reihe von ganz typischen Veränderungen durch. Der Kern wird mit der weiteren Differenzierung und der Entfernung von der Mutterzelle kleiner und dunkler, letzteres wohl hauptsächlich auf Grund der Anreicherung an Chromatin- teilchen. Diese bilden ein scharf gezeichnetes Netz, in dessen Maschenwerk die Knotenpunkte verdickt erscheinen. Bei den älteren, schon weiter differenzierten Zellformen ist von Nukleolar- substanz nichts mehr zu sehen. Auf Grund einer fortschreitenden Abnahme von Basophilie des Protoplasmas und einer entsprechenden Ausarbeitung von Hämoglobin können die einzelnen Erythroblasten- formen voneinander geschieden werden. Wir bekommen dann die Übergänge von Blau in Violett und endlich in das Rosa der reiferen Elemente. Mitosen dieser gemischt farbigen Zellen sind häufig. Ihre Zellkonturen werden dann rund und sie unter- scheiden sich abgesehen von der Plasmafärbung und kleineren Form von den Mutterzellen auch durch feinere und kürzere Chromosomen. Neben ihnen finden wir im extravaskulären Leber- bindegewebe auch fertige Erythrozyten, die sich auf Grund ihres starken Hämoglobingehaltes, der grösseren Zellform und des deutlich sichtbaren Randreifen von den Vorstufen sicher unterscheiden lassen (Fig. 9). Die Konturen sind oval, im Profil erscheinen sie als langgestreckte, flache, bikonvexe Linsen. Das Protoplasma der reiferen Erythroblasten und das der Erythrozyten erscheint homogen. Die einzelnen Entwicklungsphasen von älteren Erythroblastenformen, die auf Grund ihrer Protoplasmatinktion unschwer zu erkennen sind, und die als kleinste Zellen mit noch schwach basophilem Ton die eigentlichen Übergangszellen bilden, zu fertigen Erythrozyten festzuhalten und mit Sicherheit zu entscheiden, ob es sich bei den wieder an Volumen und nun 344 REIS: auch an Hämoglobingehalt stark zunehmenden Zellen nicht schon um fertige rote Blutkörperchen handelt, ist mir nicht möglich geworden. Über die in diesen Stadien hauptsächlich intravaskulär vorkommenden Thrombozyten und deren Abstammung gedenke ich später zu berichten. Zu Beginn des 9. Bebrütungstages verschwindet das Lebergebinde rasch und mit ihm diese Prozesse. Wir finden noch kurze Zeit intravaskulär grosse Herde von Stammzellen, Erythroblasten und Thrombozyten, die wohl als letzte Produkte der extravaskulären Blutbildung aufzufassen sind. Nach Abschluss dieser kurzdauernden hämatopoetischen Periode gleicht das Organ dem für das Ende des 6. Bebrütungstages beschriebenen (Fig. 13 und 1). Es befindet sich im Stadium vollkommener Ruhe, ohne Retikulum, mit geschlossenen, weiten Gefässräumen und dem Drüsengewebe eng anliegenden Peritoneal- zellen. Bald darauf ändert sich nun das Bild wiederum, zu einer Zeit. wo das Knochenmark (Dantschakoff) seine blut- bildende Tätigkeit noch nicht begonnen hat. Um den 11. Tag ungefährt setzt in der Leber eine kräftige Leukopoese, haupt- sächlich Granulopoese, ein, die in einem sich rasch entwickelnden perivaskulären retikulären Gewebe ihren Ursprung findet. Ich ver- weise vorerst auf ein in den Beginn der leukopoetischen Periode fallendes Übersichtsbild (Fig. 14) vom Ende des 11. Bebrütungstages. Dieser Prozess erreicht durchschnittlich am 14. bis 15. Tage seinen Höhepunkt, um dann gegen das Ende der embryonalen Epoche langsam abzuklingen. Die dualistische Anschauung, wie sie Bizzozero, Denys und van der Stricht, hauptsächlich auf der Tatsache einer strengen topographischen Trennung von Erythro- und Leukopoese basierend, vertreten, ist auf Grund eingehender Untersuchungen Dantschakoffs auch für die Vögel als nicht zutreffend ver- lassen worden. Nach Dantschakoff (7) hat in frühesten Stadien der Bebrütung das Gefässnetz der Area vasculosa, später das venöse Kapillarsystem in der Dottersackwand blutbildende Funktionen. Die Erythropoese steht nun in keinem Zusammen- hang mit den extravaskulären Elementen der Substanzinseln. Es unterscheiden sich dieselben in nichts von den intravaskulären Stammzellen, sie sind identisch mit ihnen und entwickeln sich aus den ausserhalb der Gefässe liegen gebliebenen Blutinseln, zum Teil sind es aus den Gefässen emigrierte oder sekundär Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 345 aus Endothelien entstandene Mutterzellen, die sich aber nur in der Richtung der weissen Blutkörperchen weiter differenzieren. Ich finde nun in den Aufzeichnungen Dantschakoffs keine Angaben, auf Grund deren den extravaskulär entstehenden Lymphozyten die Funktion einer indirekten Erythropoese zukäme insofern, als sie durch Immigration durch die Wandungen der Gefässe ins Lumen der Kapillaren hinein so sekundär an ihren eigentlichen Bestimmungsort unter den einzig günstigen Be- dingungen in der Richtung der Erythropoese sich entwickeln würde. Im Dottersack ist also die Leuko- und Erythropoese streng topographisch geschieden und letztere auch vollkommen unabhängig von den extravaskulären Gebieten. Dies ist nun. glaube ich, auch der einzige wichtige Unterschied, der nach den Beobachtungen des Autors zwischen der Blutbildung im Dotter- sack und der im Knochenmark besteht. Hier beteiligen sich die extravaskulär gebildeten Stammzellen an der intravaskulären Erythropoese, indem sie durch die blossen Wandungen in die (rewebe permigrieren, um dort als Urformen der roten Blut- körperchen zu funktionieren. In der Leber aber sehen wir den Prozess der Erythro- und Leukopoese nebeneinander hergehen. Dantschakoff hat wohl für das Bindegewebe des Embryo auch eine extravaskuläre Erythopoese beschrieben; sie verliert aber vollkommen ihre Bedeutung dadurch, dass diese Zellen alle entweder phagozitiert werden oder auf dem Wege der regressiven Metamorphose zugrunde gehen. Wie in jedem blutbildenden (zewebe so finden wir auch in der Leber zahlreiche Phagozyten, die eosinophile Leukozyten, rote Blutkörperchen usw. zerstören, auch einzelne Zellformen, die sich auf dem Wege regressiver Metamorphose befinden, doch der grösste Teil der neugebildeten Zellen gelangt ins strömende Blut. Wir wissen, dass Peritoneum und geschlossene Endothelien ein blutbildendes indifterentes retikuläres Gewebe liefern, das mit den Bluträumen zum Teil in offener Verbindung steht. Dadurch allein sind schon ganz andere Bedingungen für die Entwicklung und Weiterbeförderung der Blutelemente gegeben. Dann beteiligen sich auch die Endo- thelien selbst nach zwei Richtungen an dieser Blutbildung, ein- mal ins Lumen der Gefässe und dann auch ins Bindegewebe hinein. Es ist uns des weiteren bekannt, dass um die fragliche Zeit die scharfen Gegensätze zwischen Endothelien und Binde- 346 R.Hatr: gewebszellen aufgehoben sind; ebensowenig tritt auch das Peri- toneum als Gewebsart sui generis auf. Es liefert Bindegewebe und hat sogar die Fähigkeit, sich in loco in Stammzellen zu ver- wandeln (Fig. p. P. und St.), die auf dem Wege durch die Maschen des Retikulums sich weiter zu den Elementen der Erythrozyten- reihe differenzieren können. Dann sprechen auch die zahlreichen Permigrationsbilder und das zeitliche Zusammentreffen der intra- vaskulären Blutbildungsherde mit der Bindegewebslieferung und dessen Differenzierungstätigkeit für eine wirksame extravaskuläre Erythropoese. 4. Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Leber ‘des Huhns weist während ihrer embryonalen Entwicklungszeit zwei Blutbildungsperioden auf. Die erste beginnt um die Mitte des 7. Bebrütungstages und dauert bis zum Beginn des 9. Tages. Wir finden um diese Zeit neben einer spärlichen (ranulopoese zahlreiche erythropoetische Herde in dem Organ. Die vorher geschlossenen Kapillarendothelien und die peritonealen Deckzellen liefern ein retikuläres Gewebe, das den Ausgangs- punkt für die Hämatopoese bildet. Aus den indifferenten Binde- gewebszellen entwickeln sich die Mutterformen der Blutelemente, und aus ihnen wiederum nach Ablauf verschiedener Differenzierungs- stadien die fertigen roten und weissen Blutkörperchen. Die Elemente der Erythrozytenreihe entstehen in einem extravasku- lären Retikulum, dessen offenes Maschenwerk die (Gefässräume begrenzt, und sie gelangen durch letzteres in die Blutbahn. Das neugebildete Bindegewebe erstreckt sich auch zur Zeit der stärksten blutbildenden Tätigkeit nicht über das ganze Organ; es behalten vornehmlich in den zentralen Partien die Gefäss- bezirke ihren ursprünglichen geschlossenen Charakter bei. Endo- thelien und Peritonealzellen liefern- retikuläres Gewebe, sie haben aber auch die Fähigkeit, sich in loco in Stammzellen zu ver- wandeln. Um die Mitte des 9. Tages bekommt das Organ wieder sein ursprüngliches indifferentes Aussehen, es hat geschlossene Kapillarendothelien ohne angrenzendes Bindegewebe und den Leberschläuchen eng anliegende Peritonealzellen. Ungefähr am 11. Bebrütungstage beginnt in einem sich rasch entwickelnden perivaskulären Bindegewebe eine kräftige Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 347 (Grranulopoese, die am 14. bis 15. Tage ihren Höhepunkt erreicht, um dann gegen das Ende der embryonalen Epoche langsam ab- zuklingen. Herrn Professor Dr. Mollier bin ich für die liebens- würdige Überlassung eines Arbeitsplatzes und für das mir stets erwiesene freundliche Entgegenkommen zu ergebenstem Dank verpflichtet. Literaturverzeichnis. 1. Bizzozero: Formation des corpuscules sanguins rouges. Arch. Ital. de Biologie, T. IV, 1883. 2. 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Derselbe: Nouvelles recherches de la genese des globules rouges etc. Archives de Biologie, T. XI. Wain: Über die Bildung der roten und weissen Blutzellen in der embryonalen menschlichen Leber Inaug.-Diss., Zürich 1906 Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. 349 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XV und XVI. Die Abbildungen der Taf. XV und XVI sind mit Ausnahme der Übersichts- bilder 1, 2, 13 und 14 alle mit Zeiss-Apochromat 2 mm gezeichnet worden; Ökulargrösse ist bei den einzelnen Tafelfiguren vermerkt. Allgemeine Bezeichnungen: Erbl = Erythroblast; Ed = Endothel:; End. Stz = endotheliale Stammzelle; Erz — Erythrozyt; K = Kapillare; Lz = Leberzellen; Per — Peritoneum; Phz — Phagozyt; R — Retikulum; Stz = Stammzelle; Trbl = Thrombo- blast; Trz — Thrombozyt. Alle Abbildungen stammen von Präparaten, die mit Dominici oder Eosin- Azur gefärbt sind. Als Fixierungsmittel wurde mit Ausnahme von Fig. 4 und 5 Z.-F. angewandt. Fig. 1. Übersichtsbild eines Leberschnittes vom Ende des 6. Bebrütungs- tages. Fig. 2. Bindegewebsneubildung am Ende des 7. Tages; Beginn der ersten Blutbildungsperiode. Fig. 3. Beginn des 8. Bebrütungstages. Karyokinese einer Stammzelle — Stz. Ok. 8. Fig. 4. Beginn des 8. Bebrütungstages. Karyokinese einer endothelialen Stammzelle: Fixierung mit Sublimat-Eisessig. Ok. 8. Fis. 5. Beginn des 8. Bebrütungstages. Karyokinese einer endothelialen Stammzelle ; Fixierung in 96 proz. Alkohol. Ok. 6. Fig. 6. Ende des 7. Bebrütungstages. Eine in die Gefässlichtung vorgewölbte Stammzelle, die mit den anschliessenden Endothelien durch Proto- plasmafortsätze noch in fester Verbindung steht — End. Stz. Erbl — Erythroblast im Gefässlumen. Ok. 6. Fig. 7. Mitte des 8. Bebrütungstages. Stammzellen und ein Erythroblast in den Maschen eines den Leberzellen aufliegenden retikulären Gewebes. Ok. 6. Fig. 8. Mitte des 8. Bebrütungstages. Entwicklung von Stammzellen bei noch geschlossenen Gefässwandungen nach aussen ins Lebergewebe hinein. Stz’ = fertige Stammzelle; Stz'' — Entwicklungsstadien von Stammzellen. In den Gefässlichtungen sind Stammformen, Erythroblasten und Erythrozyten zu sehen. Phz — Phagozytieren der Endothelzellen. Ok. 8: Fig. 9. Das gleiche Stadium wie in Fig.8. Randpartie der Leber. Per. Stz = aus Peritoneum entwickelte Stammzellen mit den anschliessenden nicht differenzierten festen Elementen in fester Verbindung. Stamm- zellen, Erythroblasten, Erythrozyten, Thromboblasten und Thrombo- zyten in einem retikulären Grundgewebe. G — Gefässlichtung. Ok. 6. Fig. 10. Ende des 8. Bebrütungstages. Erbl = Erythroblasten, die in einem über die Leberzellbalken gespannten, offenen retikulären Gewebe liegen. Ok. 6. 350 Fig. all 413: ig. 14. R. Haff: Bindegewebs- und Blutbildungsprozesse etc. Mitte des 8. Bebrütungstages. Stz — Stammzelle im Retikulum, den Leberzellen anliegend; G — Gefässlichtung; Übergang in ein offenes retikuläres Gewebe: Trz — Thrombozyten. Ok. 8. Mitte des 8. Bebrütungstages. Peritoneum und Randretikulum mit ‚anschliessenden Leberzellenbalken. Stz — Stammzellen im Leber- gewebe wie in Fig. 7. Ok. 6. Übersichtsbild aus einem Leberschnitt vom Ende des 9. Tages. Geschlossene Gefässlichtungen, kein retikuläres Gewebe, dem Leber- balken dicht anliegende Peritonealzellen. Übersichtsbild vom Beginn des 12. Tages; Anfang der leuko- poetischen Periode. os oO En Aus dem Patholog.-Anatomischen Kabinett des Prof. Moiseeff in der Militär-Medizinischen Akademie in Petersburg. Zur Frage über die Entwicklung der grossen Gefässe (der Aorta und der Art. brachialis) beim mensch= lichen Embryo. Von Dr. M. S. Masloff. Hierzu Tafel XV. Ich schicke meiner Darstellung keinen Literaturbericht voraus, da solche in den Arbeiten Aschoffs, Thomas, in den Dissertationen Dobrowolskvys, Westphalens u. a. zur Ge- nüge gegeben sind. Das Ziel meiner Arbeit ist die Untersuchung neuen Materials, um ein vollständiges Urteil über die Entwicklung der grossen (refässe zu erlangen. Als Material dienten mir die Kinderleichen der Militär- Medizinischen Akademie und auch die frischen Aborte aus dem OÖbuchoffschen Krankenhaus zu St. Petersburg. Im ganzen hatte ich zu meiner Verfügung 44 Fälle: 1. 15jähriges Mädchen, 158 cm Grösse; 2. 5jähriges Mädchen, 110 cm; 3. 2jähriger Knabe, 82 cm; 4. 1jähriger Knabe, 71 cm; 5. 6monatlicher Knabe, 60 em; 6. neugeborener Knabe, 53 cm; 7. 7monatlicher Abortus. 40 cm; 8. 7monatlicher Abortus, 36 cm; 9. und 10. zwei Aborten, 6 monatlich, 34 cm und 28 cm; 11.—19. neun Aborten, 5monatlich, von 27 cm, 26 cm. 24 cm, 22 cm, 21,5 cm, zwei von 20,5 cm, 19,5 cm, 185 cm; 20.33. 14 Aborten, 4monatlich, von 17,5 cm, drei Fälle von 17 cm, 16 cm; zwei Fälle von 15 cm, vier Fälle von 14 cm, 13,5 cm, 12,5 cm und 11,5 cm; 34.—58. fünf Aborten, 3monatlich, von 9,5 cm, 9,25 cm, zwei Fälle von 85 cm und 7,5 em: 39.—44. sechs Aborten, 2monatlich, 6,5 cm, 5,8 cm, 5,5 em, 5 cm, 3,1 cm und 1 cm. Zur Untersuchung wurden kleine Stückchen der Aorta und der Art. brachialis genommen. Bei sehr kleinen Embryonen wurden Schnitte durch den ganzen Körperteil gemacht. Die Stückchen wurden in Formalin und Spiritus fixiert und in Celloidin eingelegt. Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. Van Gieson, Hart und Fränkel. Als Ausgangspunkt dienten mir die Aorta eines 15 jährigen Mädchens und eines 2jährigen Knaben. Von da ging ich zu den früheren Stadien über. 352 Dr. M.S.Masloff: Den allgemein angenommenen Daten gemäss unterscheide ich: 1. die Intima, die aus der Schicht der Endothelialzellen, aus der Subendothelialschicht und der Membrana elastica interna besteht; 2. die Tunica media mit der subintimalen Schicht und 3. die Adventitia. Beim 6monatlichen Kinde hat die Aorta ascendens alle Schichten. In der Subendothelialschicht der Intima ist hier und da eine Anhäufung von Zellen auffallend, deren Kerne runde oder ovale Form haben. Das Protoplasma der Zellen, die nach innen liegen, wird nach Van Gieson gelb gefärbt, die übrige Masse des Protoplasmas trägt den Charakter der Bindegewebs- zellen. Der Bau der Media und der Adventitia ist ganz gleich dem Verhalten bei Erwachsenen. Die Subendothelialschicht ist in der Aorta abdominalis nicht gleichmässig: bald ist sie ziemlich breit, bald schmal. Sie besteht aus Bindegewebe, enthält aber auch Muskelfasern in geringer Zahl; ausserdem kommen noch sternförmige Zellen und sehr feine, kurze, elastische Fasern vor. Eine deutliche Membrana elastica interna teilt die Intima von der Media ab. Die elastischen Fasern der Media, die in den Z/wischenräumen Muskelzellen und Bindegewebe enthalten, nehmen bei. der Adventitia ihr Ende. Die Zahl der elastischen Fasern in der Adventitia ist wenig bedeutend. Die Aortaeines Neugeborenen zeigt nichts Neues. Bei einer Y9monatlichen Abortfrucht (45 cm) war die Intima der Aorta lockerer sebaut, die Subendothelialschicht noch schmäler; sie enthielt feine elastische Fasern; die Membrana elastica interna war nur teilweise ausgesprochen, teilweise zerfiel sie in ein Netz von kleinen Fasern. Näher zur Adventitia wurden die elastischen Fasern der Media immer grösser und dicker; zwischen den Fasern fanden sich ausser den Muskelkernen noch dünne Schichten von Bindegewebe. In der Adventitia waren die elastischen Fasern nicht in grosser Zahl vorhanden. Im unteren Teil der Aorta (Aorta abdom.) enthielt die Subendothelialschicht kleine Netzchen von elastischen Fasern und auch noch Bindegewebe; Muskelzellen und sternförmige Zellen gab es hier nieht. Beim Smonatlichen Embryo ist die Subendothelialschicht noch schwächer, ein schmaler Reif aus Bindegewebe, eine geringe Zahl von feinen elastischen Fasern enthaltend. Die Membrana elastica interna ist in dieser Periode nicht stark ausgesprochen. Im allgemeinen werden die Schichten schmäler, und die Fasern, aus denen sie gebildet sind, werden immer feiner. In den noch früheren Stadien verschwinden einige Elemente sanz. Beim Embryo von 40 cm Länge besteht die Intima nur aus der Schicht der Endothelialzellen und aus der Membrana elastica interna, die nicht überall deutlich ausgedrückt ist und in einzelne Fasern zerfällt; auf Die Entwicklung der grossen Gefässe beim menschlichen Embryo. 393 einigen Strecken gibt es eine Subendothelialschicht, bestehend aus Bindegewebe mit elastischen Fasern und Muskelzellen. Die Media und die Adventitia sind noch feiner gebaut. In der Gefässwand der Vasa vasorum kommen noch elastische Fasern vor. Bei der Aorta abdominalis ist die Subendothelial- schicht noch schwächer und besteht nur aus Bindegewebe ohne elastische Fasern. Die elastischen Fasern der Media werden feiner und sind ganz locker gelagert. Die Zwischenräume (zwischen den Fasern) sind mit Muskel- zellen ausgefüllt, das Bindegewebe ist gering entwickelt. Ein Embryo von 27 cm Länge zeigt folgendes. Die Intima der Aorta ascendens besteht aus flachen Endothelialzellen., die dicht aneinander liegen und runde Kerne haben, ferner aus einer ganz schmalen Subendothelialschicht (Muskel- und Binde- gewebe enthaltend) und aus der nicht scharf ausgeprägten Membrana elastica interna. Im unteren Abschnitt der Aorta sind die Zellen des Endotheliums lockerer gelagert: sie stellen platte Zellen dar, die sich durch Fortsätze vereinigen und sich in die Media einschieben. Die Schicht des Bindegewebes unter dem Endothelium ist hier dünner und enthält einige kleine sternförmige Zellen; elastische Fasern gibt es hier keine. Die Membrana elastica interna ist deutlich. Die elastischen Fasern der Media schlängeln sich stark, zwischen ihnen befinden sich ovale oder stäbehenförmige Muskelkerne und zarte Schichten von Bindegewebe. In der Adventitia kommen Muskelfasern, elastische Fasern und Vasa vasorum vor. Ich gehe gleich zur Analyse des Baues der Aorta eines Embryo von 19,5 em Länge über, und ich werde mich nur bei den Schichten auf- halten, die einiges Besondere haben. Die Subendothelialschicht ist hier noch vorhanden, aber sehr schmal und enthält elastische Fasern und Muskelfasern. Die Membrana elastica interna ist nicht deutlich. Der Charakter der Muskel- kerne der Media ist derselbe wie bei den vorhergehenden Stadien. Das Bindegewebe ist nicht bedeutend, die elastischen Fasern anastomosieren mit- einander. In der Adventitia sind noch elastische Fasern und Vasa vasorum vorhanden, diese aber ohne elastisches Gewebe. Die Aorta abdominalis unterscheidet sich darin von der Aorta ascendens, dass die Subendothelial- schicht fehlt und die Endothelialzellen direkt auf der sehr deutlichen Membrana elastica interna liegen. In der Adventitia gibt es keine Vasa vasorum Die Arteria brachialis ist zu dieser Periode völlig differen- ziert. Sie besteht aus der Schicht der Endothelialzellen mit regel- mässigen runden Kernen, aus der deutlichen Membrana elastica interna, aus zwei bis drei Schichten von feinen, kurzen, elastischen Fasern, aus einer wenig ausgesprochenen Membrana elastica externa und der Adventitia. Die Muskelkerne der Media sind in zwei Reihen regelmässig kreisförmig angeordnet. 354 Dr. M.S. Masloff: Die Struktur der Aorta eines Embryo von 17 cm Länge bietet wieder etwas Eigenartiges dar. Die Intima der Aorta ascendens besteht aus einer Schicht kolbenförmiger Endothelial- zellen mit Fortsätzen und runden Kernen und aus einer klaren Membrana elastica interna, welche in jüngeren Stadien in der oberen Abteilung der Aorta nicht existiert. Nur an einem Bezirk des (refässes ist die Subendothelialschicht vorhanden, die sehr locker ist und regellos liegende Zellelemente enthält, die sich mit ihren Fortsätzen in die Media einsenken. Bei der Färbung nach Fränkel kann man die Anwesenheit feiner elastischer Fasern feststellen, deren Zahl aber gering ist. Die Kerne der Media haben stäbchenförmige Gestalt, sind kreisförmig angeordnet, zu- weilen sind sie winkelförmig gekrümmt; die elastischen Fasern schlängeln sich stark, das Bindegewebe ist wenig bedeutend. In der Adventitia sind keine elastischen Fasern vorhanden, wohl aber Muskelfasern; die Vasa vasorum befinden sich noch im Embryonalzustand. Die Adventitia geht ohne scharfe Grenze ins umgebende Gewebe über. Bei der Aorta abdominalis fehlt die Subendothelialschicht ganz. Die Arteria brachialis hat dieselbe Struktur wie im vorhergehenden Stadium. Wir sehen, dass die Subendothelialschicht langsam verschwindet, zuerst verschwindet sie in der Aorta abdominalis, dann in der Aorta ascendens. Bei einem Embryo von 14 cm Länge ist diese Schicht schon nieht mehr vorhanden, und die Intima besteht aus einer Schieht dieht aneinander liegender Endothelialzellen und einer Membrana elastica interna, die an einigen Orten aus zwei bis drei einzelnen elastischen Fasern besteht. In der Media sind die Fasern weniger gekrümmt und sind bedeutend schmäler. In der Adventitia gibt es keine Vasa vasorum und keine elastischen Fasern. Bei der Aorta abdominalis tritt die Membrana elastica interna scharf hervor, die elastischen Fasern der Media schlängeln sich vielfältig und sind schmäler. Bindegewebe findet sich hier nur wenig. Die Schichten der Arteria brachialis sind in diesem Stadium schon differenziert. Die Intima der Aorta ascendens eines Embryo von 12,5 cm Länge besteht aus einer Schicht vieleckiger Endothelzellen mit langen Fortsätzen und mit eiförmigen Kernen, welche zentrale Lage haben. Die Membrana elastica interna ist nicht der ganzen Länge nach vorhanden. Die elastischen Fasern sind in der Intima lockerer angeordnet und anastomosieren miteinander. Die Muskelkerne liegen regellos. Es findet sich nur wenig Bindegewebe In der Adventitia bemerkt man die Embryonalentwicklung der Vasa vasorum. R Du w. Die Entwicklung der grossen (efässe beim menschlichen Embryo. Embryo von 925 cm Länge. Hier sind die Elemente, welche die Gefässwand der Aorta bilden, noch feiner, sie liegen noch lockerer und treten deshalb deutlicher hervor. Die Endothelialschicht stösst unmittelbar an die Membrana elastica interna an, die an einigen Orten aus dünnen einzelnen Fasern besteht. Die Kerne der Media haben unbestimmte Gestalt, sind gekrümmt und sind in unregelmässigen Reihen angeordnet, welche zwischen den Schichten der dünnen, aber noch reichlichen elastischen Fasern liegen. Nach Van Gieson ist die Färbung der Media nicht so typisch, jedenfalls trägt sie den Charakter der Muskelfärbung. Das Wiedererscheinen der Subendothelialschicht an einigen Stellen in der oberen Abteilung der Aorta ist hier auffallend. Es ist keine zufällige Erscheinung, denn dasselbe wird an den folgenden noch jungen Embryonen bestätigt. In der Adventitia sind einige elastische Fasern vorhanden. Beim Embryo von 7,5 em Länge liegen die faserigen Elemente noch lockerer. Die Endothelialzellen haben lange Fort- sätze, ein blassgefärbtes Protoplasma und runde oder eiförmige Kerne. Die Membrana elastica interna spaltet sich an einigen Stellen in einzelne elastische Fasern. In der Media liegen die Kerne unregelmässig. besonders in der Intima und etwas regel- mässiger kreisförmig in der Adventitia. Die elastischen Fasern sind dünn und gekrümmt. Die Adventitia besteht aus Binde- gewebe mit einer geringen Zahl von Zellen, welche runde Kerne tragen. In der Adventitia finden wir an einigen Orten eine Ansammlung von zwei bis drei bis fünf roten Blutkörperchen (Embryonalstadium der Vasa vasorum), die von Zellen umgeben sind, welche von den umgebenden Gewebszellen sich gar nicht unterscheiden. In der Adventitia gibt es keine elastischen Elemente. In der Aorta abdominalis ist an einigen Stellen unter dem Endo- thelium ein feinfaseriges Gewebe vor handen, welches sich un- sefähr auf einen Viertelkreis ausdehnt und eiförmige oder runde Kerne enthält. Diese Bindegewebs schicht (nach Van Gieson) ist ziemlich locker, lässt Zwischenräume erkennen und wird nicht stark gefärbt, obgleich das Bindegewebe des umgebenden Gewebes ganz intensiv rosa gefärbt wird. Der Charakter der Media und der Adventitia ist derselbe wie in der Aorta ascendens. Die Arteria brachialis unterscheidet sich darin vom vorhergehenden Stadium, dass sie weniger elastische Fasern hat. Die Kerne der Media sind in zwei bis drei Reihen angeordnet, sie sind eiförmig oder stark gedehnt. Nach Van Gieson bekommen die Mediazellen leichte rosa Färbung, die- selbe Färbung, welche das umgebende Gewebe hat, obgleich die Mediazellen im vorhergehenden Stadium die Muskelfärbung aufnahmen. Die Arteria brachialis eines Embryo von 6,5 cm Länge hat all diese charakteristischen Archiv f.mikr Anat. Bd.84. Abt.L 24 356 Dr.M.S.Masloff: Zeichen, die aber noch mehr ausgeprägt sind. Das Protoplasma der Media- zellen ist zweifellos rosa gefärbt (nach Van Gieson) und grün nach Fränkel (d.h. es hat den Charakter von Bindegewebe). Die elastischen Fasern sind sehr fein und kurz und umfassen nur einen Teil des Lumens. Die Membrana elastica interna ist nicht scharf ausgeprägt, wir finden schon ein Anzeichen der Bildung einer Membrana elastica interna, die an einigen Orten als eine Reihe von Punkten erscheint. Es ist unmöglich, eine Adventitia zu unterscheiden. Den nächsten Embryo der Grösse nach (5.8 em Länge) werde ich ausführlicher beschreiben. In der Aorta ascendens besteht die Intima aus einer Reihe kolbenförmiger Endothelial- zellen mit grossen runden oder eiförmigen Kernen; der äussere Teil dieser Zellen erscheint als stark gezogene Linie, während der innere Teil unregelmässig ist. Unter dem Endothelium be- finden sich an einigen Orten rote und weisse Blutkörperchen, welche Kerne enthalten und einzeln oder in kleinen Gruppen liegen: ferner gibt es hier noch ein wenig Fasergewebe. Ohne eine deutliche Membrana elastica interna geht die Intima in die Media über. In dieser sind die elastischen Elemente sehr dünn und in grosser Zahl vorhanden, sie sind unregelmässig angeordnet, kreisförmig und bilden Schlingen. Nach aussen sind die elastischen Fasern grösser und liegen regelmässiger; in der Nähe der Adven- titia haben sie ihr Ende. Die Mediakerne sind grösstenteils rund oder eiförmig; nach Van Gieson wird die Media in unbestimmt gelber Farbe gefärbt, und man kann kein bestimmtes Urteil über den Charakter der Mediazellen abgeben. Die Adventitia ist faserig, enthält rote Blutkörperchen, die noch nicht ganz von Zellen um- schlossen sind. Sie besteht aus Bindegewebe (die Färbung ist hier aber nicht charakteristisch). In der Bauchaorta desselben Embryo liegen die Endothelial- zellen noch lockerer. Zwischen den Zellen und der klaren Mem- brana elastica interna kommen rote und weisse Blutkörperchen vor. Die Mediakerne liegen regellos und sind ungefähr in 20 Reihen angeordnet. Die Arteria brachialis erscheint als ein Lumen, das von roten Blutkörperchen ausgefüllt ist und ums Lumen herum sind ringförmig Kerne ausgelegt von eiförmiger oder runder Gestalt in zwei bis drei Reihen, die sich sehr wenig, nur der Lage nach, vom umgebenden Gewebe unterscheiden. Dieses Ge- webe trägt den Charakter von Bindegewebe (wird nach Van Gieson rot. nach Fränkel grün gefärbt). Zwischen den ein- Die Entwicklung der grossen Gefässe beim menschlichen Embryo. 397 zelnen Reihen von Zellen kann man die Anfangsbildung der elastischen Fasern (Färbung nach Hart) bemerken, die als punkt- törmige Bildungen erscheinen (im Querschnitt). Nun sind wir zum Stadium der unvollständigen Differen- zierung der Arteria brachialis gekommen, die Mediazellen tragen noch den Charakter des Bindegewebes und unterscheiden sich wenig vom umgebenden (sewebe, wo das elastische Gewebe sich erst zu bilden anfängt. Wir gehen jetzt zu den früheren Ent- wicklungsstadien der Aorta über. Bei einem Embryo von 5 em Länge ist der Bau der Gefässwand der Aorta derselbe wie in der vorhergehenden Periode. Einfacher ist der Bau der Aorta bei einem Embryo von3,lemLänge. Hier fängt die Differenzierung der Elemente an, und so möchte ich dies Stadium eingehender schildern. Das Lumen der Aorta ascendens ist von kernhaltigen roten Blutkörperchen ausgefüllt. Die Intima besteht aus Zellen, welche dem Scheine nach sich wenig von den Mediazellen unterscheiden: nur ihre Lage zwingt sie für Endothelialzellen zu halten. Die Endothelialkerne sind grösstenteils eiförmig, werden gut gefärbt: das Protoplasma ist nicht reichlich, es umgibt den Kern wie ein Reif. Die Umrisse der Zellen sind nicht scharf: einige Zellen, die zum Gefässlumen gerückt sind, sind eiförmig, haben Fort- sätze, mit welchen sich die Zellen vereinigen und sich in die Media einsenken. Es folgen ohne scharfe Grenze einige Reihen von Zellen, welche Kerne von verschiedener Grösse und Form haben und ohne bestimmte Ordnung liegen; der grösste Teil dieser Zellen liegt kreisförmig: zwischen den einzelnen Zellen bleiben Spalten. Es gelingt nicht, hier die Grenzen gegen die Adventitia zu bestimmen. Es ist auffallend, dass nach aussen hin die Kerne länger werden und die Zwischensubstanz schwächer gefärbt wird. Nach Van Gieson nimmt dieses ganze (Gewebe unbestimmt grau-gelbe Farbe an; das schwach rosa gefärbte Bindegewebe kommt nur an der Peripherie des (Gefässes in dem umgebenden Gewebe vor. Bei der Färbung nach Fränkel be- kommt man auch unbestimmte Tönung. Schon in diesem Stadium kann man die Anwesenheit elastischer Fasern konstatieren, die sehr fein sind. Sie verlaufen als geschlängelte Fäden zwischen den Zellelementen der künftigen Media. Man kann ihrer bis acht Zellen zählen: sie teilen alle Reihen der Kerne voneinander 24* 358 Dr. M.S. Masilott: ab. Sie sind noch sehr fein und kurz; einige erreichen die Länge von einem Viertelkreis. Die Fasern, die näher zur Intima liegen, sind feiner, an einigen Stellen sind nur Reihen von Punkten sichtbar. Dank der Anwesenheit dieser primitiven elastischen Fasern kann man ungefähr die Grenzen der Media bestimmen. Die Adventitia kann man nicht gut vom umgebenden Gewebe trennen. Der Bau der Lungenarterie ist derselbe, nur ist die Zahl der elastischen Fasern kleiner. Um die Bauchaorta untersuchen zu können, musste ich Schnitte durch den ganzen Embryo machen. Dort, wo nach bestimmten topographischen Daten wir die Aorta zu sehen erwarten, sehen wir ein unregelmässiges Lumen, sanz ausgefüllt von kernhaltigen roten Blutkörperchen. Das Lumen ist von einigen Zellenlagen umgeben, die Kerne ent- halten. Es gelingt nicht, einzelne Schichten zu unterscheiden, denn die Kerne sind nicht charakteristisch und sind alle einander ähnlich. Die Blutkörperchen, welche Kerne enthalten (es sind Erythrozyten, denn sie haben gelben Farbenton), haben unregel- mässige, vieleckige oder eiförmige Gestalt. An diese Blut- körperchen stossen Reihen von Zellen an, welche unregelmässig angeordnet sind und vieleckige oder eiförmige Gestalt und auch Fortsätze haben, ihr Protoplasma färbt sich schwach und der Kern ist gross und eiförmig: diese Zellen vereinigen sich mit- einander. Einige von ihnen sehen aus, als ob sie sich in die Masse der Blutkörperchen vorschieben, so dass es hier keinen dichten endothelialen Ring gibt. Die nächsten Zellenreihen liegen regelmässiger; sie gehen ohne jegliche Grenze ins umgebende (zewebe über. Nach Van Gieson wird dieses Gewebe unbestimmt gefärbt und auf dem Schnitt durch den ganzen Embryo finden wir nur sehr wenig rosa gefärbtes Bindegewebe. Bei der Färbung nach Hart und Fränkel kann man schon zweifellos elastische Fasern konstatieren, die noch im Embryonalzustand sind. Man kann einige Reihen von diesen Fasern unterscheiden. Die Fasern sind sehr fein; grösstenteils sehen wir nur eine Reihe von Punkten, so dass wir einen Eindruck bekommen, als ob die Fäserchen aus dem Zusammenfluss einzelner Punkte, die zwischen den Zellen liegen, entstehen. Die ersten elastischen Fasern und Punkte sehen wir nicht an dem Orte, wo die Membrana elast. int. ist. sondern weit vom Lumen entfernt. durch 2 bis 3 Reihen von Die Entwicklung der grossen Gefässe beim menschlichen Embryo. 399 Kernen getrennt. Die ersten elastischen Fasern sind sehr fein und erst nach aussen hin liegen sie dicht und werden länger. Die Fäserchen folgen den Windungen der Zellen und umgeben das Gefässlumen. An einigen Orten sehen sie aus, als ob sie sich spalten: zur Peripherie hin werden sie wieder kleiner und feiner, und sie haben ihren Anfang wahrscheinlich im Zentrum der künftigen Media. In dem Gewebe, wo die Anordnung der Kerne regelmässig kreisförmig ist, kommen die elastischen Fäserchen nicht mehr vor. Es ist zweifellos, dass auf dem Querschnitt die Fäserchen sich aus dem Zusammenfluss einzelner elastischer Körnchen bilden. Im nächsten Stadium, dem eines Embryo von l em Länge finden wir keine Gefässe, denn auf dem Querschnitt gibt es nur Embryonalgewebe, das Kerne enthält. Im Jahre 1911 hat Bjorling mitgeteilt, dass er in der Aorta eines Erwachsenen ein Gewebe gefunden habe, das er „mucoides Gewebe“ nannte. Bjorling hat die Färbung mit polvchromischem Methylenblau (veränderte Methode von Ippa) mit der Differenzierung in Anilinöl, dann mit Alaun gesättigt, an- gewandt, und er hat gefunden, dass es in der Media hauptsächlich in ihrem inneren Teil, ein dünnes faseriges, locker liegendes (sewebe gibt, das die rote Farbe aufnimmt, während das gewöhn- liche Bindegewebe blau gefärbt wird. Da dieses (Gewebe der Färbung nach dem Schleimgewebe nahestand, so nannte er es mucoides Bindegewebe. So besteht das intramusculare (Gewebe aus dem gewöhnlichen Bindegewebe und aus dem mukoiden Binde- gewebe. das als sehr feine Netzchen auf der homogenen Substanz zwischen den Muskelzellen, besonders in der Nähe der Intima, liegt. Dieses (rewebe fand der Autor in allen grossen und mittelgrossen Gefässen. Bei Arteriosclerosis und Syphilis ist dieses Gewebe ver- mehrt. Es erschien interessant, die Entwicklung dieses eigen- tümlichen Gewebes in den Gefässwänden von Embryonen zu untersuchen. Zu diesem Behufe wurde ein Teil von Embryonen in Sublimat fixiert und unter Paraffin gesetzt. Bei dieser Fixierung bekam man eine starke Polychromasie. Parallel der Färbung mit dem polychromischen Methylenblau wurde ein Teil von Schnitten mit T'hionin und Toluidin gefärbt. Im postfötalen Leben ist das mukoide Gewebe in der Aorta bedeutend. Das mukoide Gewebe lieet in der Media in ziemlich dieken roten Schichten zwischen den elastischen Fasern: die grösste Masse 360 Dr. M.S. Masloff: befindet sich in der Nähe der Intima; es findet sich auch selbst in der Intima als ein schmaler Streifen nahe dem Lumen. Diese Schichten folgen der Reihe der blauen Schichten, die aus ein- fachem Bindegewebe gebildet sind. In der Adventitia ist das mukoide Gewebe gering. Bei der Aorta abdominalis ist es etwas weniger entwickelt. Interessant erscheint die Menge dieses Gre- webes bei einem Embryo von 28 em Länge. Hier haben die (Gefässwände der Aorta an zwei Stellen Verdickungen, und an diesen Stellen ist das mukoide Gewebe stark vergrössert: es liegt als grosses faseriges Netz in der Media zwischen den einzelnen elastischen Fasern. Das einfache Bindegewebe ist hier gering. In den früheren Stadien ist sein Vorkommen dasselbe. Dieses (Gewebe ist auch in der Subendothelialschicht der Aorta abdominalis als eine dünne faserige Schicht zu finden. In der Media liegt es hauptsächlich näher zur Intima, in der Adventitia kommt es nicht vor. Es ist auffallend, dass in den Serien desselben Alters die Masse des mukoiden (rewebes dort wächst, wo es eine Verdickung der Schicht in der Intima oder der Media gibt. Beim Embryo von 20 cm Länge gibt es mukoides (rewebe in der Intima nur teilweise, in der unteren Abteilung der Aorta ist es gar nicht vorhanden. Beim Embryo von 15 em Länge ist dies (Gewebe an der Stelle der Verdickung der Subendothelialschieht und auch als eine Subintimalschieht vorhanden: in der Media gibt es nur feine dünne Schichtehen desselben. In der Aorta ascendens eines Embıyo von 13 cm Länge liegt dieses (Gewebe als eine dünne Schicht in der Media ganz nahe der Intima, in der Bauchaorta ist es gering. Beim Embryo von 9,5 em Länge gibt die Färbung nicht mehr eine sichere Reaktion, nur in der Aorta ascendens bekommen einzelne feine Fäserchen unbestimmt rote Farbe. Ehe ich zum Überblick der bekommenen Daten übergehe, gebe ich die Dicke der Gefässwände und der einzelnen Schichten in Millimetern an: Da meine Untersuchungen auf ein ziemlich grosses Material sich erstrecken, und ich verschiedenartige Färbungen anwandte, ist es mir gelungen festzustellen, dass die Differenzierung der einzelnen Schichten und Elemente viel früher eintritt, als es bisher bekannt war. Schon beim Embryo von 3,1 cm Länge - « een . r - 9fp Die Entwicklung der grossen Gefässe beim menschlichen Embryo. bl ————————————————— | Aorta ascendens | Aorta abdominalis Länge des - er Embryo Alter Die aanze ; RN ‚Die ganze ' R " Gefäss- Intima Media Adventitia | Gefägg- Intima Media | Adventitia cm | wand wand Sl 2 Mon. 0,166 58 |3 0.249 0,016 0,166 \ 0.058 0.016 | 0,116 8) 0,266 0,182 0,085 92513 0,308 0,241 | 0,066 | 0,233 0,143 | 0,066 Ion] R3 0,299 0,216 | 0,092 || 0,233 0,166 , 0,067 12,5 | 3 0,416 0,333 | 0,092 || 0,249 0,166 | 0,058 1.0) 1 0,427 0,316 | 0,083 || 0,299 0,183 | 0.066 7023 0,416 0,316 | 0,099 | 0,299 0,233 | 0,066 oma 3r 0,466 0,383 | 0,099 || 0,299 0,166 | 0,133 Al) 2 © | 0,833 0,566 | 0,249 | 0,666 0.499 | 0,166 36,07 1,083 0.751 | 0,333 || 0,649 0,366 | 0,266 AO HS, 0,449 0,249 | 0,182 || 0,299 0,1997) 0.133 45,0 lage; 0,783 0,566 | 0,233 | 0,666 0,499°| 0,199 600 |6 „ 10,883 0,783 | 0,101 |) 0,749 0,325 | 0,350 82,0 2J.1M.) 0,866 0,649 | 0,166 | 0,833 0,1483 | 0,333 kann man dem Aussehen nach die Zellen des Endotheliums von dem umgebenden Gewebe unterscheiden, in den späteren Stadien jedoch, von 5 cm Länge an und mehr, sondern sich die Zellen des Endotheliums vom übrigen Gewebe ab und werden charakteristisch. Es ist auffallend. dass in der Intima schon in den früheren Stadien der Entwicklung Blutkörperchen vorhanden sind. Es ist dies kein Zufall; dafür spricht, dass man die Blutkörperchen in allen früheren Stadien bis zum Embryo von 12,5 cm Länge finden kann. Es gibt viele Meinungen in bezug auf die Subendothelial- schicht. Einige Autoren (Thoma) schreiben die Erscheinung dieser Schicht dem postfötalen Leben zu. Andere (Aschoff) fanden diese Schicht auch früher, aber nicht früher als im 6. Monat (28 cm). In bezug auf den Bau dieser Schicht und ihre Bedeutung stimmen ebenso die Meinungen nicht überein. Unsere Beobachtungen haben gezeigt, dass diese Schicht bereits während des fötalen Lebens sich zeigt. anfänglich natürlich schwächer entwickelt. Es ist erforderlich zu sagen. dass die Gefässentwicklung bei den einzelnen Embryonen unregelmässig verläuft, so dass die Aorten zweier Embryonen, welche dieselbe Grösse haben, ein etwas verschiedenes Bild geben können. Die Subendothelialschicht 362 Dr. M.S.Masloff: ist hauptsächlich eine Bindegewebsschicht, zu welcher sich in den späteren Stadien elastische Fasern, Muskelfasern und Kernbildungen gesellen. Die elastischen Fasern sind dort in grosser Zahl vor- handen, wo die Membrana elastica interna nicht ausgeprägt ist. In den früheren Perioden ist diese Schicht schmäler, oder sie umgibt nur einen Teil des Lumens. Am allerersten verschwindet sie in der Aorta abdominalis eines Embryo von 17,0 cm Länge und in der Aorta ascendens verschwindet sie beim Embryo von 14,0 cm Länge. Es ist interessant, dass in der früheren Periode der Entwicklung in dieser Schicht schon die Muskelfasern dominieren. Bemerkenswert ist ferner, dass bei den noch jüngeren Embry- onen die Subendothelialschicht wieder erscheint (siehe die Aorta abdom. eines Embryo von 7,5 cm Länge), aber die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, dass in diesem Fall eine frühere individuelle Entwicklung stattgefunden hat. Jedenfalls spricht dieses Faktum dafür, dass die Subendothelialschicht sehr früh erscheinen kann, schon im 2. Monat. Es ist ferner interessant, dass dort, wo diese Schicht stärker ausgeprägt ist und eine Verdickung der Grefässwand bildet, in ıhr das mucoide Gewebe prädominiert. Die meisten Autoren finden, dass die Membrana elastica interna zur Intima gehöre. Bis jetzt dachte man, dass ihre elastischen Elemente früher als alle anderen elastischen Fasern der Media erscheinen. Aschoff, der mit den jüngsten Embryonen zu tun hatte (von 5,6 cm Länge an) erklärt es folgenderweise: schon bei einer Frucht von 5,6 em Länge ist vom Endothelium nach aussen hin eine glasähnliche klare zarte Haut vorhanden, — ein Anfang der Membrana elastica interna — sie trägt aber noch nicht den Charakter eines elastischen Elementes. Im weiteren verschwindet sie, und erscheint erst im 4. Monat wieder (beim Embryo von 16,7 cm Länge) als eine typische Membran, welche charakteristische Färbungen annimmt. Ferner wird sie nach und nach immer dicker. Nach der Meinung Aschoffs und anderer ist die Membrana elastica interna das erste elastische Gebilde; die anderen elastischen Fasern entwickeln sich später, und ihre Entwicklung geht von innen nach aussen. Diese Meinung Aschoffs, die auch andere angenommen haben, kann durch meine Beobachtungen nicht bestätigt werden. Zunächst muss ich wieder hervorheben, dass die individuelle Entwicklung der Aorta Die Entwicklung der grossen Gefässe beim menschlichen Embryo. 363 bei den einzelnen Embryonen nicht immer eine gleiche ist. Ielı hatte (relegenheit. Beobachtungen über einige Embryonen des- selben Alters (derselben Länge) anzustellen. und ich konnte konsta- tieren, dass in einigen Fällen die Entwicklung der einzelnen Elemente viel früher eintreten kann, als in anderen Fällen. Ich konnte die Membrana elastica interna schon bei Embryonen sehr frühen Alters konstatieren: bei einem Embryo von 5,0 cm Länge war die Membrana elastica interna der Bauchaorta zweifellos stark ausgeprägt — in der Aorta ascendens ist die Membrana elastica interna zu dieser Zeit gewöhnlich noch nicht erkennbar — es existieren nur einzelne feine Fäserchen. In diesem Falle trug die Membrana elastica interna von Anfang an zweifellos den Charakter des elastischen Gewebes. In den jungen Stadien muss man stärker färben, um die nötige Farbenstufe zu bekommen. Ungeachtet der grossen Zahl von Fällen habe ich nie jene glasähnliche, aber unelastische Membran bemerkt, welche Aschoff erwähnt. Die Unvollkommen- heit des Verfahrens von Manchot,. welches Aschoff angewandt hat, erklärt dieses. Zweifelhaft ist es, zu denken, dass diese unelastische Membrana verschwinde, um später wieder, aber jetzt als eine elastische Membrana, zu erscheinen. Die Sache muss man sich so vorstellen, dass in einigen Fällen, die Aschoff zu seiner Verfügung hatte, die Entwicklung des elastischen (rewebes später eintrat, und ausserdem konnte das feine elastische (Gewebe, welches die Färbung schwach aufnimmt, bei seiner Färbungsmethode unbemerkt bleiben. Ich stelle mir die Sache so vor: die Membrana elastica interna oder das Netz von Fäserchen, welche der Membrana elastica interna entspricht, entwickelt sich gewöhnlich sehr früh, im 2. Monat (Embryo von 5.0 em Länge). Von Anfang an trägt die Membrana elastica interna zweifellos einen elastischen Charakter. Im weiteren tritt nach und nach ihre Verdickung ein. In einigen Fällen kann die Entwicklung der Membran und des ganzen elastischen (sewebes ein wenig später eintreten. Am stärksten ist die Membrana elastica interna in der Aorta abdominalis; in der Aorta ascendens fehlt sie gewöhnlich, und dort ist die Grenze der Intima gegen die Media nicht scharf ausgesprochen, da an der Stelle der Membrana elastica interna nur kleine einzelne Fäserchen gelagert sind. Noch in der Periode des fötalen Lebens tritt zu- 364 Dr2 MS Ma SlomE: weilen die Zerspaltung der Membrana elastica interna in zwei bis drei Fäserchen oder auch in ein Netz von Fäserchen ein (Embryo von 7,5 em); aber das ist keine beständige Erscheinung und bezieht sich nur auf einen kleinen Teil der Membran. An meinen Fällen kann ich die Meinung nicht bestätigen, dass die Membrana elastica interna das erste elastische Gewebe ist, und dass die Entwicklung der elastischen Fasern von innen nach aussen geht. Zu meiner Verfügung hatte ich die Aorta abdominalis und die Aorta ascendens eines Embryo von 3.1 cm Länge. Auf diesen Präparaten, die nach Hart und Fränkel gefärbt waren, tritt die Entwicklung der elastischen Fasern deutlich hervor. Wir sehen, dass die ersten vollständig gebildeten elastischen Fasern weit von der Intima in der Mitte der künftigen Media erscheinen: näher zur Intima und zur Adventitia bemerkt man eine Reihe von Punkten an der Stelle der künftigen Faser oder der Membran: jedenfalls erscheinen die ersten elastischen Fasern und Punkte nicht an der Stelle der Membrana elastica interna. Die Beobachtung erlaubt uns, anzunehmen, dass die Entwicklung des elastischen (Gewebes von der Peripherie zum Zentrum geht, oder richtiger gesagt. von der Mitte der Schicht. welche der Media entspricht, aus. Zu meinem Bedauern muss ich sagen, dass ich keine Längsschnitte machen konnte und des- halb nicht bestimmt sagen kann, ob diese Punkte nur Quer- schnitte der Länge nach verlaufender Fäserchen oder punktförmige elastische Bildungen sind, welche an der Peripherie der Zellen erscheinen; jedenfalls ist es zweifellos, dass die Fasern und die Membran, welche wir auf den (Juerschnitten sehen, an dem Zusammenfluss einzelner Punkte entstehen. Von diesem Stand- punkt aus erscheint die Meinung Aschoffs über die glasähnliche Membrana irrig. Unsere Meinung betreffs des Befundes bei dem Embryo von 3,1 cm Länge wird auch an den nächst älteren Embryonen bestätigt, wo es viele elastische Fasern gibt; dort sehen wir, dass die grössten Fasern in der Mitte der Media vor- kommen. in der Intima sind sie bedeutend schmäler, kürzer und schlängeln sich mehr. Je mehr sich der Embryo entwickelt, desto grösser wird die Zahl und die Stärke der Fasern, und sie beginnen die zwischen ihnen liegenden Elemente zusammenzupressen. Die Fasern sind in der Intima sehr gekrümmt und können mit- Die Entwicklung der grossen (refässe beim menschlichen Embryo. 365 einander anastomosieren, indem sie Netze bilden, in deren Spalten Muskelkerne und das Bindegewebe liegen. Nach Morpurgo und anderen Autoren entwickelt sich die Media von innen nach aussen, denn man beobachtet zuerst die Vermehrung der Kerne nahe bei der Intima. Anfänglich ist sie aus Bindegewebe gebildet. Es gelang bisher Niemandem, die Anfangsbildung der Muskelzellen zu beobachten: bei Morpurgo fehlen die Zwischenstadien. Aschoff beschäftigte sich gar nicht mit der Differenzierung der Gewebe. Nach meinen Beobachtungen entwickelt sich die Media aus dem Embryonalgewebe,. welches dem Aussehen nach sich vom Bindegewebe gar nicht unter- scheidet. Dieses Gewebe nimmt in den frühen Stadien bei der Aorta die Färbung mit Fuchsin (nach Van Gieson) nicht an, erhält nur eine unbestimmt gelbgraue Tönung. Die Arteria brachialis hat in derselben Periode die Farbe des Bindegewebes, und der Charakter der Kerne ist ganz gleich dem Charakter der Kerne des umgebenden (rewebes: so können wir annehmen, dass die Media der Aorta auch den Charakter des Bindegewebes trägt. Im weiteren haben wir zweifellos Muskelfasern. Ausser dem Muskel- und elastischen Gewebe treten als beständiges Eigentum der Media von den allerfrühesten Perioden an (12.5 cm Länge) dünne Schichten des typischen Bindegewebes und des mukoiden (rewebes hervor, die Menge dieses Gewebes wächst mit dem Alter des Embryo. Die Grenze zwischen der Media und der Adventitia ist nicht scharf und wird durch das Unterbrechen der grossen elastischen Platten bezeichnet; diese Grenze kann man schon beim Embryo von 5,5 cm Länge erkennen. Was die Adventitia betrifft, so kann man sie vom um- sebenden Gewebe in frühen Perioden gar nicht abgrenzen, und erst vom 3. Monat an beginnt diese Abgrenzung. Die Adventitia trägt bindegewebigen Charakter, obgleich sie in den frühen Stadien die Fuchsinfärbung schwach aufnimmt. Die Vasa vasorum erscheinen sehr früh: den Anfang kann man schon im 4. Monat sehen (12,5 cm Länge). Sie stellen anfangs nur eine Anhäufung von Blutkörperchen dar, im weiteren werden sie von regelmässigen Zellenreihen umgeben, welche die Gefässwände der Vasa vasorum bilden. Im 6. Monat erscheinen in ihren Gefässwänden elastische Fäserchen. Was die elastischen Elemente der Adventitia anbetrifft, so erscheinen sie, Aschoffs Meinung entgegen, schon sehr früh 366 Dr. M.S. Masloff: in der Aorta, im 3.—4. Monat (9,5 cm), sind aber eine un- beständige Erscheinung, denn bei anderen Embryonen, in späteren Stadien sogar, sind sie in der Adventitia nicht vorhanden, aber vom 5. Monat an ist ihre Anwesenheit eine beständige. Was die Muskelfasern der Adventitia betrifft, so ist ihre Anwesenheit auch zweifellos, doch nicht beständig. Zum erstenmal sahen wir sie beim Embryo von 17 cm Länge (4 Monate). Die Entwicklung der Arteria brachialis ist einfacher. Noch beim Embryo von 5,5 em Länge können wir bloss nach dem Aussehen der Zellenelemente nicht von einer Endothelial- schicht reden, denn alle Zellen, welche das mit Blutkörperchen gefüllte Lumen umgeben, und auch ihre Kerne sind einander ähnlich. Der Unterschied ist nur der, dass die ersten drei Reihen regelmässiger kreisförmig liegen. Sie haben ohne Zweifel den Charakter von Bindegewebe (nach Van Gieson). In diesem Stadium schon haben wir (relegenheit, elastische Fasern zu be- obachten, welche auf den Querschnitten als feine schwarze Punkte dargestellt sind (nach Hart), und die ersten elastischen Elemente erscheinen weit von der Intima entfernt. In den nächsten Perioden tritt die Differenzierung deutlicher hervor: es erscheinen die Membrana elastica interna, die unklare Membrana elastica externa und drei Reihen von feinen elastischen Fasern zwischen den Reihen der Mediaelemente, welche bis zum 4. Monat den Charakter von Bindegewebe behalten. Wieder muss gesagt werden, dass zuweilen die Erscheinung der elastischen Fasern später eintritt (Embryo von 7,5 cm Länge). Im weiteren nehmen die Media- zellen die Muskelfärbung an, die Membrana elastica interna und externa treten deutlicher hervor. Die Mediakerne dehnen sich, die Zahl der Schichten wird nach und nach grösser. Dieser Charakter der Media bleibt auch nach der Geburt derselbe. Die Differenzierung der Adventitia in der Arteria brachialis tritt am Ende des 3. Monats ein. In der Adventitia unterscheidet man eine äussere und eine innere Schicht, in der inneren erscheinen vom 6. Monat an die elastischen Fäserchen. Herrn Professor Moiseeff sage ich für die Stellung der Aufgabe und für seine beständige Leitung bei deren Bearbeitung verbindlichsten Dank. Die Entwicklung der grossen Gefässe beim menschlichen Embryo. 367 Literaturverzeichnis. 1 Aschoff: Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Arterien beim menschlichen Embryo. Morph. Arb., herausgeg. v. Schwalbe. Jena 1893, Bd. I. 2. Derselbe: Über die Entwicklung, Wachstums- und Altersvorgänge an den Gefässen von elastischem und muskulärem Typus. Jena, Fischer, 1908. 3. Bjorling: Über mukoides Bindegewebe. Virchows Arch. 205, 1911. 4. Bory: De l’edific. elast. dans les art&res de l’embryon. Comp. r. Soc. biol. 67, emp. 644. 5. Bonnet: Über den Bau der Arterienwand. Ref. Jahresber. d. Anat. u. Entwickl., N. F., 13. März 1907, S. 240. 6. Dobrowolsky. N.: Über die Veränderungen der Arterien nach dem Alter. Diss., St. Petersburg 1902. 7. Grunstein: Über den Bau der grösseren menschlichen Arterien in verschiedenen Altersstufen. Arch. f mikr. Anat., Bd. 47, 1896. 8. Morpurgo: Über die Entwicklung der Arterienwand. Sitzungsber. d. Mathem.-Naturw. Kl d. Kaiserl. Akad. d. Wissensch., Bd. XC, 1885 (eit nach Dobrowolsky). 9. Kohle: Wachstum und Altern der grossen Gefässe und ihre Beziehungen zur Pathologie des Gefäbsystems. Jahresber. d. Anat. u. Entwicklungs- geschichte, N. F., 13. März 1907, emp. 213. 10. Schmor]: Die pathologisch-anatomischen Untersuchungsmethoden. 1905. 11. Soboleff: Die Gründe d. pathologisch-histologischen Technik. St. Peters- burg 1910. 12. Thoma: Über die Abhängigkeit der Bindegewebsneubildung in der Arterienintima von den mechanischen Bedingungen des Blutumlaufes. Virchows Arch., Bd. 93, 1883. 13. Westphalen: Histologische Untersuchungen über den Bau einiger Arterien. Diss., Dorpat 1886. arg 9bS Fig. Dr. M.S. Masloff: Die Entwicklung der grossen Gefässe etc. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVI. wS) Aorta abdominalis eines Embryo von 31cm Länge. Zeiss, Obj. D, Komp.-Okul. 12. Färbung nach Hart. 1. Eine Reihe von Zellen, die dem Endothelium entsprechen. 2. Blut- körperchen, welche Kerne enthalten. 3. Die elastischen Fasern im Embryonalzustand. 4. Die Zellen der Media. 5. Die Adventitia und das umgebende (sewebe. AortaascendenseinesEmbryovond,lcmLänge. Zeiss, Obj. D, Komp.-Okul. 4. Färbung nach Fränkel. 1. Endothelium. 2. Tunica media. 3. Adventitia. 4. Elastische Fasern. AortaascendenseinesEmbryovond5Scm Länge. Zeiss, Obj. D. Komp -Okul. 4. Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. 1. Die Endothelialschicht. 2. Blutkörperchen. 3. Tunica media. (Die Adventitia ist nicht dargestellt.) Aorta abdominalis eines Embryo von 7,5 cm Länge. Zeiss, Obj. D, Komp.-Okul. 4, Färbung mit Hämatoxylin - Eosin. 1. Die Schicht der Endothelialzellen. 2. Feinfaserige Subendothelial- schicht. 5. Die Membrana elastica interna. 4. Rote Blutkörperchen Aortaascendens einesEmbryovon1l?7cmLänge. Zeiss, Obj. D, Komp.-Okul. 4. Färbung nach Hart. 1. Das Endothelium. 2 Die Subendothelialschicht. 3. Elastische Fasern. 4 Membrana elastica interna. 5. Tunica media. 6. Adventitia. 7. Vasa vasorum. 369 Aus dem Zoologischen Institut der Universität Halle Über den Einfluss erhöhter Temperatur auf den Kernteilungsmodus von Cyclops. Von Alfred Tobias. Hierzu Tatel XVIIl und 53 Textfiguren. Inhalt: Seite Einleitung i 369 I. Die Benenenie 372 1. Technisches at 372 2. Allgemeines über die W Arnewinkene = \ 373 3. Dieim Wasser durch die Wärme bedingten Zustangsärdernngen a IL) 4. Über das Amputieren von Eiballen . 381 II. Cytologische Ergebnisse Duett 354 1. Befunde an normal behandelten. Tieren 384 2. Einfluss der Wärme auf al.dıe Teilunosseschwindiekeit >) mes Sarg b) die Ovidukteier . . . . SER Re 330 c) die Reifungs- und Kopnlatans den a es d) die Furchungsstadien . . . . sale NS) 3. Wirkung der Zurückversetzung in normale Te inet sd AnhanesrAlkohol und Gocainversuche: 7 ar Eee SEHIHBESE ZUSATIMENFASSUNG: nie ne ae ee re A DIberakunyerzeichnise ee N DT Brklarınaader Abbildungen ... ._. . „mas. we Se a AN Einleitung. Die vorliegende Untersuchung ist im Anschluss an die Arbeit V. Haeckers „Mitosen im Gefolge amitosenähnlicher Vorgänge“ und die daran anknüpfende I. Schillers „Über künstliche Er- zeugung primitiver Kernteilungsfiguren bei Cyclops“ unternommen worden. Die beiden Arbeiten hatten gezeigt, dass durch den Einfluss von Äther und Chloroform der Kernteilungstypus derart verändert werden konnte, dass er grosse Ähnlichkeit mit primi- tiven Teilungsbildern zeigte; so mit Amitosen und Teilungstypen, wie sie bei der Eireifung und bei Protozoen vorkommen. Ich 370 Alfred Tobias: werde im Laufe meiner Arbeit noch öfter auf diese Befunde zu sprechen kommen. Es sollte nun der Einfluss anderer Narcotica studiert werden. und zwar wurden Versuche mit Alkohol und Cocain angestellt. Die bei allerdings nur 100 Tieren gemachten Ergebnisse dieser Versuche sollen am Schlusse der Arbeit kurz besprochen werden: sie waren wenig zufriedenstellend: teilweise traten gar keine Abnormitäten ein, teilweise solche mit so verschiedener Intensität. dass, abgesehen von der individuellen Empfindlichkeit der Tiere, neben der Alkohol- oder Cocainwirkung offenbar noch andere zunächst unkontrollierbare Faktoren in Betracht kamen. Ich änderte daher meinen Plan und wandte mich der Unter- suchung über die Beeinflussung des Teilungsmodus durch elemen- tarere Faktoren zu, die vielleicht schon bei diesen ersten Versuchen eine Rolle gespielt hatten. Solche elementare Faktoren wären die Menge und Art der Nahrung, Beleuchtung, Druck und Temperatur- schwankungen, Veränderungen im (Gasgehalt des Wassers und mechanische Reizungen. Von all diesen Fragen konnte ich aber nur den Einfluss der Temperatur studieren, und zwar musste ich mich auch da noch darauf beschränken, Versuche mit erhöhter Temperatur anzustellen, da schon hier so viele Einzelfragen auftauchten, die die Unter- suchung ausserordentlich verwickelten. So hatte die Erhöhung der Temperatur eine Herabminderung der Absorptionsfähigkeit des Wassers für Gase im Gefolge. Fanden sich nun bei der Ein- wirkung erhöhter Temperatur Abnormitäten, so konnte diese s0- wohl direkt von der Wärme als auch indirekt von den durch sie geänderten Zustandsbedingungen abhängig sein. Daher musste erst einmal untersucht werden, ob ein beträchtlicher Unterschied im Gasgehalt des warmen Wassers von dem des normalen zu verzeichnen war. War dies der Fall, so musste die Wirkung der veränderten Gasmenge allein, also mit Ausschluss des Wärme- faktors, auf die Eier untersucht werden. Nachdem nun diese Fragen entschieden waren und sich herausgestellt hatte, dass Wärme vollständig im Vordergrund stand. musste ich mich, bevor die Art des Einflusses auf den Teilungsmodus studiert werden konnte, zuerst darüber orientieren, in welchen Fällen überhaupt eine Wärmewirkung eintrat. Da waren einerseits äussere Faktoren zu beachten, erstens die Höhe o> Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 71 der Temperatur, bezw. die Temperaturdifferenz, zweitens die Dauer der Einwirkung und schliesslich das Temperaturgefälle, d. h. die Geschwindigkeit, mit der das Versuchsobjekt aus der normalen Temperatur in die höbere übergeführt wurde. Andererseits waren noch innere, der Konstitution der Eier zuzuschreibende Faktoren zu berücksichtigen, so das Stadium, in dem sie sich während der Überführung in die Wärme befanden, ob Oviduktei, ob reif, ob im tieferen oder höheren Furchungsstadium, vielleicht auch die Phase der Mitose und schliesslich noch die Widerstandsfähigkeit der Art und des Individuums gegen die Wärme. Diese mehr physiologischen Fragen habe ich nur soweit unter- sucht, als sie für die Erledigung der Hauptfrage: Wie wirkt die erhöhte Temperatur auf den Teilungsmodus? von Bedeutung waren. Diese Art der Wärmewirkung wurde durch Vergleich mit dem normalen festgestellt; fanden sich etwa bei normalen Tieren auch manchmal derartige Abnormitäten, so hätten wir natürlich keine spezifische Wärmewirkung gehabt. Es könnte höchstens der Fall eintreten, dass die Bildung solcher Abnormitäten durch die Wärme noch begünstigt würde, so dass also die Addition zweier verschiedener aber gleichwirkender Ursachen eine erhöhte Wirkung erzielte, und infolgedessen die beeinflussten Eier eine grössere Anzahl der Abnormitäten zeigten: dies wäre aber nur ein quantitativer Unterschied. Als weiteres Kriterium dafür, ob wir es tatsächlich mit einer Wärmewirkung zu tun hatten, musste festgestellt werden, ob die Abnormitäten auch in genügender prozentischer Anzahl vorhanden waren, sowohl in den einzelnen Eiballen, als auch bei allen behandelten Tieren. Musste die erste Forderung verneint werden, zeigten also nur wenige Eier eines Eiballens Abnormi- täten, wenn auch bei vielen Tieren, so war dafür wohl kaum die auf alle Eier gleichmässig wirkende Wärme verantwortlich zu machen, sondern irgend ein lokaler Reiz. Traten andererseits zwar in allen Eiern eines Tieres Abweichungen auf, jedoch nur bei wenigen Individuen, so konnte dies nur auf eine besondere Konstitution des Tieres und seiner Eier zurückgeführt werden. Oder wenn sich derartiges häufiger fand, aber nur zu gewissen Zeiten, so konnten auch Saisonerscheinungen oder epidemische Erkrankungen mitspielen. Auf diese Erwägungen hin wurden nun folgende Versuchs- reihen angestellt: es wurde zuerst konstatiert, dass bei gewisser Archiv f. mikr. Anat. Bd.84. Abt.L 95 St) —ı DD Alfred Tobıas; Temperatur gewisse Abweichungen vom Normalen auftraten. Darauf wurden die durch die erhöhte Temperatur im Wasser geänderten Zustandsbedingungen festgestellt, und ihre Wirkung auf die Eier mit Ausschluss des Wärmefaktors untersucht. Nachdem dann diese Faktoren ausgeschaltet waren, konnte der Einfluss der Wärme auf die verschiedenen Stadien der Eier untersucht werden. Einige wenige Versuche wurden schliesslich noch über die Wirkung der Zurückversetzung der Eier in normale Verhältnisse angestellt. I. Die Experimente. 1. Technisches. Das Material bestand hauptsächlich aus Cyclops viridis Jurine, der während der wärmeren Jahreszeit stets reichlich zu haben war und wegen seiner relativ geringen Chromosomenzahl (12 somatische) und der bedeutenden (irösse seiner Eier gut analysierbare Bilder zeigte. In der kalten Jahreszeit wurde aber diese Art von den in grossen Mengen auftretenden Ü. strenuus Fischer fast gänzlich verdrängt, und ich musste dann mit dieser für die Untersuchung weniger günstigen Art (er besitzt 22 Chromosomen und kleinere Eier) vorlieb nehmen. Ausserdem wurden noch C. albidus Jurine, ©. fuscus Jurine, C. fuscus var. distinetus Richard und €. insienis Claus benutzt. Die Bezeichnungen der Arten entsprechen den von Schmeil angegebenen. Beschafft wurde das Material aus verschiedenen Tümpeln der Umgebung Halles; es wurde stets in dem ursprünglichen Wasser mit Pflanzen (Elodea) und Detritus gehalten. Zur Erleichterung des Aussuchens benutzte ich weisse Näpfe, diese wurden vor einem nach Norden gelegenen Fenster aufgestellt, um die Tiere nur engbegrenzten normalen Temperaturschwankungen auszusetzen. Zur Kontrolle. ob wir es hier auch mit natürlichen Bedingungen zu tun hatten, wurden häufig Tiere aus diesen Becken konserviert und untersucht. Es wurden stets normale Bilder gefunden bis auf die weiter unten besprochenen, auch sonst bei normalen Tieren gelegentlich auftretenden Abweichungen. Als Konservierungsflüssigkeiten benutzte ich hauptsächlich das Apathysche Sublimatgemisch (100 cem 50°o Alkohol, 3—4 g Sublimat, !, © Kochsalz), es wurde vor dem Gebrauch auf 40° erwärmt, nach dem Auskühlen wurden die Objekte mit Jodalkohol nachbehandelt. Die Resultate waren im allgemeinen gut, manchmal traten aber auch Schrumpfungen ein, die vielleicht darauf zurückzuführen sind, dass die Lösung nicht frisch genug war. Ausserdem wurden auch einigemal das Gilsonsche Sublimatgemisch (Salpetersäure, Eisessig, Sublimat und Alkohol), die Flemmingsche Flüssig- keit (Uhromosmiumessigsäure) und das vom Rathsche Gemisch (Pikrin- osmiumessigsäure) angewandt. Zum Färben benutzte ich hauptsächlich Delafieldsches Hämatoxylin. Die Färbung mit Heidenhainschem Eisenhämatoxylin machte insofern Schwierigkeiten, als der Dotter sich stets sehr stark mitfärbte und beim Differenzieren den Farbstoff fast ebenso fest- hielt, wie das Uhromatin. ww —1 3% Uber den Einfluss erhöhter Temperatur ete. Die Wärmeversuche wurden folgendermassen ausgeführt: In ein mit Wasser gefülltes Heizaquarium wurden mehrere kleinere Glasgefässe von ungefähr 180 cem Inhalt gestellt. Sie waren mit dem entsprechenden Teich- wasser gefüllt, und möglichst gleichlange Stücke Elodea sorgten für die Sauerstoftzufuhr. Eine kleine Gasflamme hielt das Wasser auf einer be- stimmten, möglichst konstanten Temperatur. (Schwankungen waren nur bei mehrstündigen Versuchen zu beobachten und hielten sich in den Grenzen von 2—3°). Die zu behandelnden Tiere wurden nun den Zuchtbecken ent- nommen. in die kleinen Glasgefässe übergeführt und dort bestimmte Zeit der Einwirkung der Wärme ausgesetzt. Später wurde die Versuchsanordnung insofern abgeändert, als statt der oben beschriebenen Gefässe kleinere Glas- tuben benutzt wurden, natürlich auch mit Teichwasser und Elodea. Für die Ergebnisse war dies nicht von Einfluss, dafür erleichterte es aber ausser- ordentlich das Wiederauffinden der abgetrennten Eiballen. 2. Allgemeines über die Wärmewirkung. Es soll nun zuerst die in der Einleitung aufgeworfene Frage beantwortet werden. in welchen Fällen treten überhaupt Wärmewirkungen auf? Es waren, wie wir sahen, verschiedene Faktoren zu beachten, nämlich äussere, die im Experiment willkürlich abgeändert werden konnten, und innere im Ei ent- haltene Dispositionen. In der ersten Gruppe käme vor allem die angewandte Temperaturhöhe in Betracht. Es zeigte sich bald. dass Temperaturen, wie sie noch in der Natur vorkommen, bis ungefähr 25°, nur selten einen Einfluss auf die Eier ausübten,') selbst wenn eine starke Temperaturdifferenz, wie bei Überführung von 5° auf 25°, in Anwendung kam. Erst bei Temperaturen von 30—35° konnte man auf den Eintritt von Abnormitäten mit grösserer Sicherheit rechnen. Diese Wärmegrade wirkten nun aber oft schon tötlich auf die Tiere, besonders wenn sie aus relativ niedriger Temperatur in die höhere übergeführt wurden. Dagegen zeigten die abgelegten Eier eine viel grössere Lebens- fähigkeit als ihre Muttertiere. So konnte ich öfters beobachten, dass die Eier sich unbeschadet weiter furchten, während das Tier selbst, auch in normale Temperatur wieder zurückgebracht, sich nicht mehr erholte. Infolgedessen wurden zur Untersuchung der Furchungsstadien nur noch die amputierten Eiballen behandelt, die, wie wir weiter unten sehen werden, sich trotz ihrer Trennung ') Es handelte sich hier stets um eine sofort morphologisch hervor- tretende Wärmewirkung: nicht um eine solche, die erst bei der späteren embryonalen Entwicklung eventuell noch auftreten konnte. 25* 374 Alfred Tobias: vom Muttertier normal entwickeln. Diese Methode konnte aller- dings bei Behandlung der Ovidukteier nicht angewendet werden. Denn hier war natürlich das Überleben des Muttertieres, mit dem ja die Ovidukteier noch organisch verbunden waren, sehr wichtig für ihre Entwicklung. Da aber, wie wir schon sahen, diese hohen Temperaturen auf die Tiere schon tötlich wirkten, so haben wir die Ergebnisse nur einigen verhältnismässig lebenskräftigen Tieren zu verdanken. Dasselbe gilt auch für die Stadien der Eireifung. denn wenn man diese verhältnismässig schnell verlaufenden Phasen erlangen wollte, konnte man nicht warten, bis das Tier die Eier in normaler Temperatur abgelegt hatte, und es erst dann in die Wärme überführen, sondern man musste das Tier in der Wärme ablegen lassen; also auch hier war man vom Überleben des Tieres abhängig. Die Einwirkungsdauer schwankte zwischen 20 Minuten und 3 Stunden; im allgemeinen traten schon nach 1 Stunde die Abnormitäten ein, dies ist ja ungefähr die Zeit, die zwischen zwei Mitosen liegt. Meine Untersuchungen beschränkten sich hauptsächlich auf die Einwirkung einer schroften Temperatur- steigerung, d. h. die plötzliche Überführung in die höhere Tempe- ratur. Dagegen wurde die Wirkung einer allmählichen Erwärmung nicht untersucht, vor allem deshalb, weil dies eine längere Behandlungszeit erforderte, hierbei schreitet aber die Furchung weiter und kommt dann schliesslich in Stadien, bei denen die Abnormitäten nicht mehr analysierbar sind. Es hatte sich nämlich gezeigt, und damit kämen wir zu den inneren Faktoren, dass bei den ausgetretenen Eiern die jüngsten Stadien am meisten den Einflüssen der Temperatur unterworfen waren. Während im Embryonal- und Gastrulastadium gar keine Beeinflussung zu erkennen war, im Blastulastadium nur selten und bei relativ hoher Temperatur (37°), so fand ich häufig. dass im Stadium der Reifungsteilung schon relativ niedere Tempe- raturen starke Schädigungen hervorriefen, was oft so weit ging, dass die Eier ganz zerfielen. Zur Untersuchung der Frage, ob einbestimmtesStadium der Mitose von Bedeutung für die eintretenden Anomalien war, wurde der eine Eiballen im Augenblick der Überführung des anderen in die Wärme konserviert, da ja die beiden Eiballen stets Eier von gleichen Stadien enthielten. Ich kann aber leider SS) —1 un Über den Einfluss erhöhter: Temperatur etc. über die Ergebnisse dieser Untersuchung kein bestimmtes Urteil fällen, da nicht genug Versuche angestellt worden waren und hier noch Hunderte zu wenig gewesen wären; denn wir haben ja in diesem Falle die beiden kombinierten inneren Faktoren in ihrer Wirkung zu isolieren: erstens die Höhe des Furchungsstadiums und zweitens die jeweilige Phase der Kernteilung im Augenblick der Überführung in die Wärme. Schliesslich wären noch als innere Faktoren die Empfind- lichkeit des Individuums und der Art zu erwähnen. Während ich von dem ersten nur sagen kann, dass eben bei dem einen Tier die Abnormitäten stärker als bei dem anderen auf- traten, teilweise auch in anderer Form, so habe ich im zweiten Falle gefunden, dass die verschiedenen Arten auch verschiedene Widerstandsfähigkeit gegen die Wärme zeigten. So war vor allem C. albidus imstande, höhere Temperaturen zu ertragen, sowohl das Tier selbst. als auch seine Eier, daher stammen die meisten Befunde über abnorme Reifungsteilungen und Ovidukteier von dieser Art, während diese Stadien anderer Arten meist gänzlich zerfallen waren, wenn nicht gar das Tier selbst schon zugrunde gegangen war. 3. Die im Wasser durch die Wärme bedingten Zustandsänderungen und deren Einfluss auf die Eier. Es wäre nun weiter die andere in der Einleitung gestellte Frage zu untersuchen, ob die Abnormitäten, wie sie unter dem Eintluss der erhöhten Temperatur auftraten, unmittelbar von der Wärme abhingen, oder erst mittelbar von der durch sie im Wasser hervorgerufenen Zustandsänderung. Hier käme vor allem die verminderte Absorptions- fähigkeit des Wassers für Sauerstoff, der ja für die Entwicklung so nötig ist, in Frage. Es existieren nun genaue Tabellen über den Absorptionskoeffizienten für Sauerstoff im Wasser: diese sind aber entweder für reinen oder für den atmo- sphärischen Sauerstoff berechnet und konnten für meine Unter- suchungen nicht benutzt werden, da hier noch besondere Kom- plikationen zu beachten waren: bei meinen Experimenten wurde nämlich das Wasser nicht allein mit atmosphärischem Sauerstoff, sondern auch mit dem durch die Assimilation der Pflanzen er- zeugten versorgt. Die Assimilation ist nun aber wiederum ab- hängig von der Stärke der Beleuchtung, und nur bei intensivem 376 ANISTeRSTOhHRarsE Sonnenlicht, das längere Zeit einwirkte, konnte der Sättigungs- punkt annähernd erreicht werden. der also dann dem in der Tabelle für reinen Sauerstoff angegebenen Absorptionskoeffizienten entsprechen würde. Ausserdem wird noch die Assimilation. wenn auch in geringerem Maße, durch Erhöhung der Temperatur gesteigert. Dieselbe Ursache wirkt also bezüglich des Sauerstoft- gehaltes des Wassers in zwei entgegengesetzten Richtungen: Sie mindert seine Absorption herab, erhöht aber seine Produktion durch die Pflanzen. Diese Verwicklungen machten es nötig, dass der Sauerstofi- gehalt im Wasser für jeden einzelnen Fall bestimmt werden musste. Es wurde hierzu die Winklersche Titrationsmethode benutzt; sie ergab sehr zufriedenstellende Resultate. Von dem zu unter- suchenden Wasser wurden immer zwei Proben in gut verschliess- bare ungefähr 150 ccm fassende Flaschen gefüllt, dann !/s ccm jodkaliumhaltige Natriumhydroxydlösung und !/s cem Mangano- chloridlösung zugesetzt. Darauf wurde umgeschüttelt, und nachdem sich der Niederschlag zu Boden gesetzt hatte, wurde er wieder durch Zusatz von 5 cem konzentrierter Salzsäure gelöst. Es wurden nun einige Kubikzentimeter Stärkelösung zugesetzt und gegen n/100 Thiosulfatlösung titriert. Man kann dann die aus- geschiedene Menge Jod als Äquivalent für den im Wasser ent- halten gewesenen freien Sauerstoff berechnen. Normal | | Wärme I E III IV IN VI Temp. OeGehal ar Tageszeit Wetter | Temp. O»-Gehalt 140 1146 | 10h Vorm. | ? 30° 4.92 211/20 9,14 || 9h Vorm. klar Ba! 6.00 211720 795 | 9h Vorm. klar 33.2 5:95 161° | 11,82 |3'/: Nachm. ? sa: 8,30 210 12,022 |6'.« Nachm.\| wechselnd || 31!/2° 7,78 21°: | 10,775 |6!/« Nachm.j| bewölkt || 31!/2° 6.49 In der Tabelle sind zunächst in den ersten beiden Vertikal- reihen einige Messungen des Sauerstotigehaltes angegeben. die an dem Wasser verschiedener Aquarien unter normalen (natür- lichen) Bedingungen gemacht wurden. Die letzten beiden Reihen zeben Messungen, die bei anderen (refässen bei erhöhter Temperatur zur gleichen Tageszeit angefertigt wurden. Die unter Sauerstofl- —ı —] Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. gehalt angeführte Zahl gibt jeweils an, wieviel Kubikzentimeter Sauerstoff im Liter enthalten sind. Ganz genau können diese Zahlen einander nicht entsprechen, da, abgesehen von unver- meidlichen Beobachtungsfehlern. es nicht möglich war, den ein- zelnen (Grefässen Pflanzenstücke beizugeben, die für die Assimilation vollständig gleichwertig waren. Jedenfalls ist aber aus der Tabelle, Vertikalreihe II und VI, ganz deutlich zu erkennen, dass die Temperaturerhöhung eine ganz erhebliche Herab- minderung des Sauerstoffgehaltes im Gefolge hatte. Doch noch etwas anderes zeigt uns die Tabelle: der Sauerstoff- gehalt war vormittags niedriger als nachmittags: dies ist natür- lich der längeren Assimilationstätigkeit der Pflanzen zuzuschreiben, wodurch der Sauerstoffgehalt des Wassers allmählich dem Sättigungs- punkte genähert wird, um dann über Nacht durch das Atmen der Pflanze wieder zurückzugehen. Die Frage, ob dieser Unterschied im Sauerstoftgehalt von 9—6 cem pro Liter für die Entwicklung der Eier von Einfluss war, wurde, um sicherer zu gehen, auf doppelte Weise zu lösen gesucht. Es wurden folgende zwei Versuchsreihen angestellt: die Tiere wurden 1. mit normaler Temperatur und weniger als nor- malen Sauerstoffgehalt., 2. mit erhöhter Temperatur und normalem Sauer- stoffgehalt behandelt. Die für die erste Versuchsreihe nötigen Bedingungen wurden dadurch erzielt, dass Wasser ohne Pflanzen auf 35—40° erwärmt, luftdicht zugedeckt und dann auf die normale Temperatur ab- gekühlt wurde. Darauf wurde das Versuchstier hineingebracht, 1—5 Stunden darin gelassen und dann konserviert. Das Wasser wurde sofort titriert. und es ergaben sich bei den 12 angestellten Versuchen folgende Werte für den Sauerstoftgehalt pro Liter: AG 702822 7102#471.:72,57:3::2,60,0 3.925 ADD A NDEE3: 4,56: 4,65 cem: also eher noch weniger wie die für die Wärme- versuche bestimmten Mengen. Die Untersuchung der Eier von S7 Tieren, die in diesen Bedingungen gehalten worden waren, zeigte nun aber durchweg eine ganz normale Entwicklung. Bei der zweiten Versuchsreihe wurden die in er- höhter Temperatur gehaltenen Aquarien mit viel Pflanzen ver- 378 AleTe da obHas: sehen und starker Beleuchtung ausgesetzt. so dass der Sauerstoft- gehalt trotz einer Temperatur von 34° bis auf über 10 cem pro Liter stieg, was dem gewöhnlichen Sauerstoftgehalt bei normaler Temperatur annähernd entspricht. Dennoch konnte ich hier die für die Wärmewirkung typischen Abnormitäten finden. Allerdings war die zweite Versuchsreihe nicht in dem Umfange wie die erste angesetzt worden. Jedenfalls zeigen diese beiden Versuchsreihen : Norm. Temp. — wenig 0, = keine Abnormitäten. Erhöhte Temp. — norm. 0, = Abnormitäten vorhanden, ganz deutlich, dass der Sauerstoff bei der Hervorrufung der Abnormitäten keine Rolle spielt, d.h. natürlich nur in den Grenzen, in denen sein Gehalt im Wasser infolge der Temperatur- veränderung schwankt; dass ein stärkerer Mangel für die Ent- wicklung schädlich ist, ist ja schon oft gezeigt worden. Auch in der Natur sind die Tiere solchen Schwankungen im Sauerstoffgehalt, verursacht durch den Wechsel von Tag und Nacht. von trübem und klarem Wetter, unterworfen. Ich habe hierüber einige Untersuchungen angestellt, indem ich Teichwasser an Ort und Stelle in gut verschliessbare Flaschen füllte und dieses dann im Laboratorium titrierte. So fand ich am 13. Juni 1912 bei trübem, nebligem Wetter und einer Temperatur von 15° an der Oberfläche eines Teiches, der am Grunde mit Pflanzen be- wachsen war, an verschiedenen Proben 3,61: 3,65: 3,80; 3,90 ccm Sauerstoff pro Liter. Bei einem anderen stark mit Pflanzen be- wachsenen Teiche fand ich am 18. Juni 1912 nachmittags 3 Uhr bei trübem Wetter (Landregen) und einer Temperatur von 12° 5,34 und 5,33 ccm Sauerstoff pro Liter. Dies sind also Werte, welche teilweise noch unter denen liegen, die für die Temperatur- experimente gefunden worden waren. Bei klarem Sonnenwetter wird aber bei längere Zeit anhaltender Assimilation eine Sättigung des Wassers mit Sauerstoff eintreten können, was bei 15° ungefähr 34 cem pro Liter beträgt. Wir haben also in der freien Natur noch grössere Schwankungen wie bei unseren Versuchen. Nur ist dort der Übergang sehr allmählich, während wir die Tiere plötzlich in ganz andere Verhältnisse brachten, doch auch dies ist, wie die soeben angezeigten Versuchsreihen zeigen, nicht von Einfluss. Weiter hätten wir uns zu fragen, ob die erhöhte Temperatur vielleicht den Kohlensäuregehalt so änderte, dass hier der Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 319 Grund für die Abweichungen vom Normalen zu suchen wäre.') Nun löst ja warmes Wasser viel weniger Kohlensäure als kaltes, und da bisher nur ein Übermass, nicht aber der Mangel an Kohlensäure für schädlich befunden wurde, so hätte sich ja eigentlich ein weiteres Eingehen auf diesen Punkt erübrigt. Da aber wiederum durch erhöhte Temperatur die Respiration der Pilanzen in viel stärkerem Maße begünstigt wird, als die Assi- milation, war es denkbar, dass trotz des oben angegebenen Sach- verhaltes durch diese indirekte Temperaturwirkung eine stärkere Anhäufung von Kohlensäure stattfand, und auch schon aus dem ‘runde die Möglichkeit einer derartigen Steigerung bestand, weil das angewandte Aquarienwasser niemals mit Kohlensäure voll- kommen gesättigt war. Daher mussten auch hier Titrationsversuche angestellt werden und zwar wurden Titrierungen mit n/10 Natriumhydroxyd be- nutzt und ausserdem zur Kontrolle n/100 Caleiumhydroxyd, als Indikator diente Phenolphthalein. Die 1/10 Normallösung erwies sich als zu stark, und auch bei der 1/100 Normallösung trat der Umschlag schon nach 1--2 Tropfen ein. ‚Jedenfalls zeigte sich. dass das kalte Wasser etwas mehr Caleiumhydroxyd als das warme zur Neutralisation brauchte, also auch mehr Kohlensäure enthielt. Meistens aber reagierte das Wasser infolge des (mit Hilfe von Nesslers Reagens”?) nachweisbaren) Ammoniak- gehaltes schon von vornherein alkalisch, so dass gleich beim Zusatze von Phenolphthalöin eine Rötung eintrat, der Umschlag für Kohlensäure also nicht mehr zu messen war. Hieraus lässt sich schliessen, dass im alkalischen (speziell ammoniakalischen) Wasser überhaupt keine freie Kohlensäure vorhanden war, da sie mit dem Ammoniak zu Ammoniumcarbonat verbunden sein musste, es könnte höchstens von UOs-Ionen die Rhede sein. Knauthe gibt an, man solle in diesem Falle das Wasser kochen ', Amma hat bei seiner Untersuchung über die Natur der für die Keimbahnzellen charakteristischen Ektosomen die Cyclopseier mit viel Kohlen- säure und Stickstoff behandelt. Es hatte sich gezeigt, dass dann die Ekto- somen bedeutend stärker auftraten und bei Stickstoff häufig die Zellteilung unterblieh. ”, „Dargestellt durch Zusatz von Quecksilberchloridlösung zu 5 ccm Jodkaliumlösung, bis eben ein bleibender Niederschlag entsteht; nach einiger Zeit wird filtriert und das Filtrat mit etwa 10 ccm Kalilauge versetzt.“ (Volhards Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse. München 1912.) 3S0 ASIETZerdn Nor biIKarsı: und dann wie oben angegeben titrieren. Da aber hierbei nicht nur das Ammoniak, sondern auch die Kohlensäure ausgetrieben wird. habe ich selbstverständlich auf diese Prozedur verzichtet. Haben nun meine Untersuchungen zwar keinen zahlen- mässigen Wert für den Kohlensäuregehalt ergeben, so haben sie doch gezeigt, dass unter allen Versuchsbedingungen nur ganz geringe Spuren davon vorhanden waren und zwar bei erhöhter Temperatur eher noch weniger als bei normaler. Dass aber ein unter dem Normalen bleibender Kohlensäuregehalt für die Ent- wicklung nachteilig sein könnte, ist, wie schon oben erwähnt, sehr unwahrscheinlich. Dafür sprechen auch meine Sauerstofi- versuche, wo ja durch das Erwärmen nicht nur Sauerstofi. sondern auch die anderen (Gase, also auch Kohlensäure. ausge- trieben worden waren, ohne dass dies für die Entwicklung irgend- welche Folgen gehabt hatte. So können wir also bei unseren Experimenten auch die Kohlensäure als die Ursache der Abnormitäten ausschliessen. Die starke ammoniakalische heaktion des Wassers erregte nun in mir den Verdacht, dass hier vielleicht die Ur- sache der Abweichung zu suchen wäre; besonders da Ammoniak als starkes Fischgift bekannt ist. Nun setzt ja zwar die Temperatur- erhöhung die Absorptionsfähigkeit des Wassers auch für Ammoniak stark herab, doch, da wir noch Pflanzen und Spuren von Detritus darin hatten, konnten möglicherweise Fäulnisprozesse, die ja bei erhöhter Temperatur rascher vonstatten gehen. einen stärkeren Ammoniakgehalt im Gefolge haben. Um nun dies zu untersuchen, wandte ich die kolorimetrische Methode mit Nesslers Reagens an. Ich benutzte hierzu zwei vollständig gleiche Zylinder von 150 cem Inhalt. In den einen wurde das normale. in den anderen das erwärmte Wasser gegossen, zu jedem wurden 10 cem von dem Nesslerschen Reagens zugesetzt und dann gut umgeschüttelt. Das normale Wasser zeigte stets eine dunklere Färbung, also auch eine stärkere Fällung von Oxydimerkuriammoniumjodid, während das erwärmte Wasser einen geringeren (ehalt an Ammonium verriet. Ein geringerer Ammoniakgehalt kann aber ebensowenig wie ein unternormaler Kohlensäuregehalt auf die Entwicklung einen störenden Einfluss ausüben, wie die wiederholt zitierten Versuche, Austreibung von Sauerstoff und damit aller Gase zeigen. Also auch Ammoniak spielt bei unseren Versuchen keine Rolle. Uber den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 3sl Eine Umkehrung der Verhältnisse fand allerdings statt, wenn das Wasser mehrere Tage warm gehalten worden war, dann waren oft starke. durch die Wärme begünstigte Fäulnisprozesse eingetreten, und die Unter- suchung zeigte dann auch einen höheren Gehalt an Ammoniak als bei nor- malem Wasser. Aus diesem Grunde wurde immer das Wasser nur kurze Zeit benutzt und stets mit gesunden, frischen Pflanzen versehen. Von sonstigen durch die Wärme im Wasser hervorgerufenen Änderungen im Gasgehalt käme noch vielleicht Stickstoff und Schwefelwasserstoff in Betracht, doch auch diese beiden Gase treten erst bei längerer Fäulnis auf. Diese war aber, wie bereits erwähnt, bei meiner Versuchsanordnung ausgeschlossen. Schliesslich könnte man noch vermuten, dass durch die Wärme mehr Salze im Wasser selöst worden wären, wodurch vielleicht eine hypertonische Reizwirkung auf die Eier ausgeübt werden konnte. Die Salze könnten aber nur aus den Glasgefässen selbst herstammen, da Sand oder dergleichen nicht hinzugefügt wurde. Nun löst sich allerdings das Glas im Wasser etwas, aber in sehr geringen Spuren, die erfahrungsgemäss gleich Null werden, wenn die (refässe längere Zeit schon mit Wasser benetzt waren, und dies war bei meinen Versuchen der Fall. Auch eine erhöhte Konzentration durch die stärkere Verdunstung bei der Wärme war bei der relativ grossen Menge des Wassers im Verhältnis zu seiner Oberfläche und der kurzen Dauer der Einwirkung nicht zu berücksichtigen. Also auch diese Faktoren waren für unsere Frage auszuschalten. So haben wir denn gefunden, dass alle die Bedingungen, die durch die Erhöhung der Temperatur verändert werden konnten, und die für die Entwicklung der Eier entweder in positiver oder negativer Richtung in Betracht kamen, nicht für die Entstehung der Abnormitäten verantwortlich gemacht werden dürfen.') Die Wärme ist also die alleinige Ursache. 4, Über das Amputieren der Eiballen. Da es mir nun darauf ankam, möglichst gleichwertige Eier, d. h. also solche, die in gleichem Stadium waren und von Tieren mit gleicher Konstitution abstammten, gleichzeitig unter den normalen und abgeänderten Bedingungen beobachten und vergleichen zu können, benutzte ich die auch von Haecker bereits angewandte ') Selbstverständlich ist dies nur für die Grenzen gemeint, in denen diese Faktoren infolge der hier angewandten Temperaturänderung schwanken. 382 Alfred Tobias: Methode, die Zwillingseiballen eines und desselben Muttertieres, die ja diese Bedingungen am besten erfüllen, unter der Wirkung verschiedener Einflüsse zu betrachten. Auf diese Weise hatte man doch wenigstens zwei Serien von Objekten, die in allen Voraussetzungen bis auf den experimentell abgeänderten Faktor übereinstimmten. Um dies nun aber ausführen zu können. musste mindestens ein Eiballen vom Muttertier getrennt werden, und es war nun die Frage. ob dies nicht für seine Entwicklung nach- teilige Folgen haben könnte. Hierfür schienen sehr die Befunde Schillers zu sprechen. Er beschreibt, dass beim Anschneiden des hinteren Abschnittes eines Eiballens vermittels eines sehr scharfen Messers, einer feinen Holz- oder Glasnadel, „nicht nur in der zurückgebliebenen Hälfte des amputierten Eisackes, sondern oft auch in dem intakten Eisack Abnormitäten aller Art“ auftraten. Über die Art des hier wirkenden Reizes hat er noch nichts feststellen können. Diesen Ergebnissen möchte ich die Ansicht Schmeils über die Konstitution der Eisäcke gegenüberstellen : „Wir haben es hier doch tatsächlich nicht mit Säcken zu tun, welche die Eier enthalten, sondern mit einer Anzahl Eier, welche durch ein Sekret, das die Eier vollkommen umgibt und durch den Einfluss des Wassers erhärtet ist, zusammengehalten werden: also mit Eiballen.“ Die Eier stehen also mit dem Muttertier nur vermittelst der Kittsubstanz in Verbindung: irgend eine Nahrungs- oder Reizvermittelung ist bisher noch nicht gefunden worden und wäre auch bei den vollkommen ausgebildeten, reichlich mit Dottermaterial versehenen Eiern überflüssig. Diese Eiballen sind demnach eine ganz analoge Bildung, wie die Eipakete oder Cocons anderer Tiere, nur dass sie mit dem Muttertier in aller- dings ganz äusserlicher Verbindung stehen. Man könnte sich ja zur Not noch vorstellen, dass das Ausschneiden des einen Eisackes in dem zurückbleibenden Teile vielleicht durch Eindringen von Wasser irgendwelche Wirkungen hervorbrächte. Dass die vom Schnitte selbst getroffenen Eier und die ihnen zunächstliegenden, bei der Operation sicher stark gepressten, geschädigt werden müssen, ist ja natürlich. Wie nun aber eine Beeinflussung des anderen Eiballens zustande kommen soll, erscheint mir sehr dunkel. Höchstens könnte man noch an eine Gleichgewichts- störung denken. Jedoch auch dies ist, wie wir unten sehen werden, o Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. Bley: auszuschalten, auch spricht hiergegen die oft ganz ungleichmässige Belastung der Eiballen durch Vorticellen- und Diatomeenkolonien, die von keinerlei Wirkung auf die Eier ist. Wenn nun wirklich genügend Belege für die Angaben Schillers vorhanden waren, so müsste nach einer anderen Ursache gesucht werden, die gleichmässig auf beide Eiballen ein- gewirkt hatte. Da wäre dann wohl das Nächstliegende, die starken mechanischen Reize dafür verantwortlich zu machen, denen die zarten Eier ausgesetzt sind beim Einfangen mit der Pipette, beim Auflegen auf den Objektträger oder dergleichen, wobei die Tiere meist sehr stark zappeln, dann bei der Operation selbst und schliesslich beim Zurückführen ins Wasser. Für diese Annahme spricht auch die Art der gefundenen Anomalien, so die mehrfach beschriebenen Synkaryen, die sich häufig in multipolarer Teilung befanden, wenn wir hiermit die Angaben Boveris und Wilsons vergleichen, wonach das Unterbleiben der Zellteilungen und die Bildung mehrpoliger Mitosen durch Pressung und Schütteln experimentell hervorgerufen werden kann. Ich habe nun einige Versuche angestellt, teils um die Befunde Schillers, die ja für die Anordnung meiner weiteren Experimente von Wichtigkeit waren, zu kontrollieren, teils um zu untersuchen, ob auch der vom Tiere völlig getrennte Eiballen sich normal entwickelte; denn da dieser im Gegensatze zu dem vom Mutter- tiere umhergetragenen wahrscheinlich weniger reichlich mit Sauer- stoff versorgt wird, lag der Gedanke nahe, dass er vielleicht in der Teilungsgeschwindigkeit gegen den anderen zurückbleiben, wenn nicht gar erheblich geschädigt würde. Um nun dies zu untersuchen, wurde einer Anzahl von Tieren der eine Eiballen direkt am Körper mit einer Lanzette amputiert und in möglichst reinem Teichwasser mit Elodea in einem kleinen Gefäss gehalten, während das Tier mit dem anderen Eiballen in ein anderes Gefäss gebracht wurde und dort unbeschadet durch die Operation umher- schwamm. Die beiden Eiballen wurden nun gleichzeitig konser- viert und zeigten in jedem Falle ganz gleiche normale Bilder. Ich begnügte mich hier mit der Konstatierung dieser Tatsache bei acht Exemplaren in verschiedenen Stadien und Trennungszeiten der beiden Eiballen von 2—30 Stunden, da erstens bei so ausnahmslos normalem Verlauf ein Zufall ausgeschlossen erscheint und zweitens, weil ich später bei meinen Versuchen noch >s4 Alfred Tobias: oft (Gelegenheit hatte, die Entwicklung aus einem amputierten Eiballen zu beobachten und zwar einige Male bis zum Nauplius- stadium. Für den Gang der Entwicklung kann also das Umhertragen der Eiballen nicht von Bedeutung sein. So haben wir hierin wohl nur eine Schutzeinrichtung zu sehen: Das Muttertier kann sich und damit auch die Eiballen eventuellen Verfolgungen ent- ziehen, während die auf dem Boden liegenden Eier allen Angriffen schutzlos preisgegeben sind. Hierher gehört auch wohl das Befallenwerden von Bakterien, was bei den auf schlammigem Boden ruhenden Eiern bedeutend erleichtert wird gegenüber bewegten Eiern. Da bei unseren Versuchen diese Feinde fern gehalten wurden, war die Bedingung für die normale Entwicklung der amputierten Eiballen erfüllt. Zieht man nun noch in Betracht. dass die sofort abgelegten Eier von Heterocope mit besonderen Gallert- oder erhärteten Plasmahüllen umgeben sind (Matscheck), wodurch wahrscheinlich ein Eindringen von Bakterien sehr er- schwert wird, so gewinnt die Annahme, dass wir es in dem Umhertragen der Eiballen nur mit einer spezifischen Schutz- einrichtung zu tun haben, noch mehr an Wahrscheinlichkeit. Alles in allem glaube ich sicher zu sein, dass beim Ampu- tieren eines Eiballens weder die Eier des letzteren noch die des zurückbleibenden durch die Amputation eine Veränderung er- fahren, dass vielmehr amputierte Eiballen sich, falls nicht besondere Verhältnisse vorliegen, normal weiter entwickeln können und die von Schiller beschriebenen Abnormitäten nicht auf die Ampu- tation selber, sondern auf zufällige Insulte während der Operation zurückzuführen sind. II. Cytologische Ergebnisse. 1. Befunde an normal behandelten Tieren. Es sollen nun zuerst Befunde beschrieben werden, die ausser bei Wärmetieren auch bei normalen oft in gleichem Prozentsatz vorkamen. Sie waren teilweise sicher pathologisch, andere von traglicher Natur, alle aber nicht der Wärme zuzuschreiben. So konnte ich einige Befunde machen, die vielleicht gar nichts Abnormes vorstellten, sondern wahrscheinlich der normalen Ent- wicklung der Cyelopseier angehörten, jedoch ihrer kurzen Dauer wegen noch nicht beobachtet worden sind. Bei mehreren Exem- Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 335 plaren konnte ich im Stadium der biserialen Anordnung ') der Chromosomen in den Ovidukteiern in der Seitenansicht einen deutlichen, relativ breiten, hellen Streifen erkennen. dem die quer- gekerbten Chromosomen dicht auflagen und zwar immer paar- weise einander gegenüber (Tatelfig. 1, Textfig. 1). Dieser Streifen hob sich scharf gegen das übrige körnige Plasma ab durch seine homogene, manchmal auch fein in der Längsrichtung gefaserte Struktur und vor allem durch seine sehr distinkten Begrenzungs- linien. An den Stellen, wo die Chromosomen anlagen, zeigte dieser Streifen häufig eine Anschwellung. Ob wir es hier nun mit einem Strang, der die Tetraden miteinander verbindet oder mit einer kontinuierlichen Platte, der die Chromosomenpartner auf den entgegengesetzten Flächen aufliegen, zu tun haben, kann ich nicht entscheiden. da ich diese Bilder nur in der Seitenansicht so deutlich zu Gesicht bekommen habe. Wahrscheinlich stehen diese (sebilde in genetischem Zusammenhange mit der von Haecker (1895a) beschriebenen Platte bei den späteren Stadien der ersten Reifungsteilung, die auch ich häufig beobachten konnte. Ich glaube nicht, dass es sich hier um ein Kunstprodukt handelt, sondern eher gerade um eine gut geglückte Konservierung, da das übrige Plasma, der Dotter und die meist sehr deutlich quer- sekerbten Chromosomen einen guten Eindruck machten. Das seltene Auftreten dieser Gebilde deutet vielleicht darauf hin, dass sie normalerweise erst kurze Zeit vor dem Austreten der Eier entstehen. besonders da, wie schon bemerkt, bei den Reifungs- teilungen entsprechende Bildungen beobachtet worden sind. Dann konnte ich bei mehreren Tieren, dann aber fast in jedem Ei, im Stadium der biserialen Anordnung sehr gut aus- gebildete Sphären beobachten, ähnlich wie sie schon Haecker in seiner ersten Mitteilung für Uyelops strenuus dargestellt hat?) (Tafeltig. 1, Textfig. 1). Am deutlichsten traten sie bei zwei Cvclops viridis auf, jedoch auch bei einem Cvclops strenuus und en | Diese Bezeichnung ist von Haecker (1895b) für die in den Ovidukt- eiern von Üyelops unmittelbar vor ihrer Ablage auftretende relativ lange Zeit bestehende Anaphase der ersten Reifungsteilung eingeführt. Sie ist charak- terisiert dadurch, dass die stäbchenförmigen Chromosomen der beiden Tochter- gruppen in zwei parallelen Ebenen angeordnet sind, derart, dass je zwei zusammengehörige (primäre) Tochterchromosomen einander genau gegen- über liegen. ?) Zool. Anz., 1890 („Stad. D*). >86 ART edamsorhTais: einem Uvclops albidus waren ähnliche (Gebilde zu finden. Sie besassen eine unregelmässige (restalt und zeigten ein viel grob- körnigeres Protoplasma als dasjenige, welches die Insel bildete, in der die Chromosomen lagen. Von irgend einer Strahlung oder von Spindelfasern war nichts zu sehen. In den Fällen, wo diese Sphären auftraten, war auch meist der oben beschriebene Streifen zu finden. In diesen Sphären und ihrem Verschwinden haben wir möglicherweise ein Analogon zu den Befunden Selenkas bei Thysanozoon Diesingi. Er beschreibt auch vor der ersten Reifungsteilung eine deutliche Metaphase mit den beiden Tochterplatten und Sphären, dies bildet sich jedoch alles wieder zurück bis zum ruhenden Kern und erst beim Austreten aus dem Mutter- leibe werden die Richtungskörper gebildet. Da nun bei Üyclops während der Reifungsteilung nur Spuren von Sphären beobachtet worden sind (Haecker, 1895 a), und sie in den Ovidukteiern so selten gefunden worden sind, so glaube ich, dass auch sie nur kurze Zeit bestehen und wieder zurückgebildet werden; nur geht die Rückbildung nicht so weit bis zum ruhenden Kern, sondern die Tochterplatten werden sogleich zur Richtungskörperbildung benutzt. Ausser diesen höchst wahrscheinlich der normalen Ent- wicklung angehörigen Bildungen fanden sich aber auch ver- schiedene Abnormitäten bei Tieren, die unter natürlichen Be- dingungen gehalten worden waren. Diese Abweichungen kamen nun allerdings ebenfalls bei Wärmetieren vor, jedoch eben ihr Auftreten bei Normalen und der geringe Prozentsatz der Fälle bei Wärmetieren zeigen deutlich, dass wir es hier mit keiner Wärmewirkung zu tun haben. So konnte ich häufig in den ersten Furchungsstadien Syn- karyen beobachten, und zwar fanden sich unter 167 Wärme- tieren bei 20 diese Bildungen, unter 150 in normaler Temperatur gehaltenen Tieren bei 14, also rund 12°/o und 9°/o. Diese Zahlen würden noch bedeutend kleiner sein, wenn ich nicht die Zahl der Tiere, bei denen Synkaryen überhaupt vorkamen, verglichen hätte, sondern die Zahl der einzelnen Eier, da in dem Gelege eines Tieres durchschnittlich nur ein bis zwei Synkaryen- eier auftraten, während die Zahl der Eier eines Cvelopsweibchens wesentlich höher ist.!) Diese Synkaryen zeigten sehr verschiedene Stadien und Strukturverhältnisse: sehr grosse ruhende Kerne, ferner das Prophasestadium, häufig auch multipolare, aber stets sehr unregel- ) Von Haecker wurden in einem Fall bei Cyclops viridis in beiden Eiballen zusammen 48 Eier gezählt. —I Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 98 mässige Mitosen (Textfig. 2). Meist waren alle Kerne eines Eies an der Synkaryenbildung beteiligt: bei einigen Eiern habe ich aber neben Zellen mit normalen Kernen ganz bedeutend grössere mit entsprechend grossem Kern gefunden, so dass also hier an- scheinend nur einige Blastomeren an der Synkaryenbildung Anteil hatten; dem würde Textfig. 3 entsprechen, wo neben den normalen Zellen eine sehr grosse liegt mit einer mehrpoligen Teilungsfigur. Zufälligerweise ist hier gerade die durch ihre Ektosomen gekenn- zeichnete Keimbahnzelle mit beteiligt. Man konnte dann auch alle Stufen des Zerfalls sowohl der Synkarven, als auch des ganzen Eies verfolgen. Dies wird wohl das Schicksal aller Synkarveneier sein, wenn nicht zufälligerweise bei der multipolaren Mitose die normale Chromosomenverteilung wieder hergestellt wurde (Boveri, 1907), worauf dann noch normale Kernbildung und Zellteilung eintreten musste, ein wohl nicht sehr häufiges Zusammentreffen glücklicher Zufälle. Was nun die Entstehungsursache anbelangt, so vermute ich, wie ich schon oben erwähnte, dass es sich hier um mechanische teize handelt. Hierfür spricht auch, dass die wenigen Eier eines Eiballens, die diese Abnormitäten zeigten, meist dicht benachbart waren, der Reiz also nur ganz lokal gewirkt hatte, wie dies ja bei mechanischen Insulten der Fall ist. Auch die von Haecker (1594), Schiller und Amma bei Ovelops beobachteten, der Diminution ähnlichen Erscheinungen habe ich einigemal gefunden, sowohl bei Cyelops viridis, als auch bei Üyvelops strenuus. Textfig. 4 zeigt einen Fall von „Diminution* in der Telophase, in Textfig. 5 liegen die abgestossenen Chromo- somenbrocken unregelmässig in der Zelle umher, während die Kerne sich im Ruhestadium befinden. Schiller vermutet, dass die Diminution eine Folge der Wärmewirkung sei, dies hat sich aber bei meinen Versuchen nicht bestätigen lassen: die Erscheinung fand sich sowohl bei normalen, als auch bei Wärmetieren, und zwar auch. bei diesen sehr selten. Hierher gehört vielleicht auch das Auftreten „nach- hinkender* Chromosomen oder Chromosomenbruch- stücken, was ebenfalls sowohl bei normalen, als auch bei beeinflussten Tieren vorkam (Textfig. 6 und 7). Von Interesse dürfte noch sein, dass bei einem Individuum von Cyelops viridis in vielen (vielleicht in allen) Ovidukteiern Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt.I BIN Alfred Tobias: ß AR \ na | N IN, \ / nn: N [2 ER; f / aa / / \ f \ f \ \ ” x x Die‘ m \ . ER / 63: 2 . n.® | \ 0 6 #2 ee 5 \ \ \ Rd m . eh N | | were & Fk | | » | \ Fig 5) / v ” ); = AL } Rn ; x Ns y s Sn, f * Fie. 6. Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 3859 ein sehr grosses „accessorisches* Uhromosom Sich fand (Textfig. 1): während die sechs normalen Tetraden mit ihrer Längsseite dem Streifen auflagen. „hing“ das „accessorische“ Chromosom mit seinem schmalen Ende daran und hatte keinen Partner. Zwei Mikrochromosomen sind schon von Haecker bei COyelops viridis beschrieben worden, konnten aber von Braun bei seinen Untersuchungen nicht wieder gefunden werden; und auch ich habe dieses Heterochromosom nur bei diesem einen Tier finden können. Schliesslich soll hier noch eine pathologische Erscheinung kurz besprochen werden, die epidemisch auftrat und meist die Eiballen sämtlicher Tiere befiel. Es konnte schon makroskopisch ein weisses Aussehen der Eiballen wahrgenommen werden, und die Schnitte zeigten dann, dass sich die Eier in gänzlichem Zer- fall befanden: die Zellgrenzen und die Kernmembranen waren aufgelöst. das Chromatin lag unregelmässig umher, oft zu Klumpen zusammengeballt. so dass es den Eindruck eines Synkaryons er- weckte. der Dotter zeigte eine ganz homogene Struktur, von einzelnen Körnchen war kaum noch etwas zu sehen. Worin diese Krankheit bestand, weiss ich nicht, sie schien sich auf die Tiere selbst nicht zu erstrecken. Selbstverständlich wurden diese Zuchten vernichtet. 2. Der Einfluss der Wärme auf: a) die Teilungsgeschwindigkeit und den Furchungsrhythmus. Um. wie schon erwähnt. möglichst äquivalente Eier ver- gleichen zu können, hielt ich den einen Eiballen in normaler, den anderen desselben Tieres bei erhöhter Temperatur. Leider war es mir aber nicht möglich, bei gleichzeitiger Konservierung der beiden Eiballen einen Vergleich anzustellen, da die Temperatur eine Veränderung der Teilungsgeschwindigkeit hervorgerufen hatte, so dass sich die beiden Eiballen in verschiedenen Stadien befanden. Dies setzte. mich aber dafür instand, die Einwirkung der Trempe- ratur auf die Teilungsgeschwindigkeit zu studieren. Es zeigte sich, dass bei einer Temperaturerhöhung bis ungefähr 34° die Geschwindigkeit vergrössert wurde. Eine weitere Temperatur- erhöhung. bei der sich dann meist schon stark schädigende Wirkungen zeigten, hatte aber eine Verminderung der Teilungs- geschwindigkeit im Gefolge. Wo das Optimum liegt, kann ich 26* 390 Alfred Tobias: mit Bestimmtheit nicht angeben, da die nur nebenbei ausgeführten Versuche. an 20 Tieren nicht genügen, um eine genaue Kurve aufzustellen. War so die Furchungsgeschwindiekeit durch die Wärme veränderbar, so zeigte sich, dass der Furchungsrhythmus in normalen Grenzen blieb. Es war von Haecker (1597) und später von Amma gezeigt worden, dass die Keimbahnzelle, die ja schon von Beginn der ersten Furchungsteilung durch die Ektosomen charakterisiert ist, stets eine Verzögerung im Teilungs- rhythmus gegenüber den somatischen Zellen aufwies. Diese Ver- zögerung war, wie ich dies oft beobachten konnte, durch "die Temperaturerhöhung nicht verändert worden. b) Die Ovidukteier. Bei der Beschreibung der gefundenen Abnormitäten soll nach Möglichkeit eine chronologische Reihenfolge innegehalten werden, also mit den Ovidukteiern beginnend über die Reifungsteilungen bis zur Blastula; auf höhere Stadien habe ich meine Untersuchungen aus den schon oben angegebenen Gründen nicht ausgedehnt. Die in den Ovidukteiern gemachten Befunde habe ich, wie bereits erwähnt, einigen Tieren, besonders der Art Cvelops albidus. zu verdanken, die noch eine Temperatur von 27—50° aushielten. Die Beobachtungen erstrecken sich ausschliesslich aut das Stadium der „biserialen Anordnung“. Mehrere Male traten pathologische Zerfallserscheinungen anf: die Anordnung der Chromosomen wurde unregelmässig (Textfig. S), sie flossen zusammen, so dass sie wie Nukleolen in der Plasmainsel lagen (Textfig. 10 und 11). Textfig. 9 zeigt eine perlschnurartige Aneinanderreihung zusammengeflossener, bläschen- oder klumpen- förmiger Chromosomen, was wahrscheinlich noch die biseriale Anordnung verrät, es war mir auch möglich, elf solcher ver- klumpter Chromosomen zu zählen, das ist die für Uvelops strenuus charakteristische Tetradenzahl. Mit dem Zerfall der Chromosomen ging auch eine Zerklüftung der ganzen Eier Hand in Hand (Textfig. 10 und 11). Es traten Einkerbungen am Rande der Eier auf, wodurch immer mehr Brocken vom Ei abgeschnürt wurden, bis schliesslich ihr gänzlicher Zerfall eintrat. So konnten häufig ganze Ovidukte mit derartigen Eitrümmern angefüllt gefunden werden. Der Dotter machte hier aber stets einen normalen Eindruck. Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc 391 f / | \ \ 7 \ fe N \ / Y 4 > Fe Pr “ N Kl N | Fa Sn t = ” N \ f \ £ ! > N Fig. 12. 392 AUlFETerdaYorh ars: Diese Anomalien führten offenbar dazu, dass eine weitere Entwicklung der Eier ausgeschlossen war, dagegen habe ich zwei Arten der Beeinflussung zu beschreiben, die für die späteren Stadien der Eier noch von Bedeutung sein sollten. Während bei normalen Eiern die Chromosomeninsel im Stadium der biserialen Anordnung im Zentrum des Eies lag, konnte ich bei Wärmetieren häufig finden, dass sie schon in den Ovidukteiern an die Peripherie des Eies herangetreten war und zwar so, dass die Trennungsebene der beiden Uhromosomenplatten radial, und die eventuell auftretende Spindel demnach tangential gestellt war, wie dies Textfig. 12 zeigt. Diese Abweichung ist vielleicht auf einen Entmischungsvorgang durch die Wärme zurück- zuführen, wodurch die Spindel an dem Ort der geringsten Ober- tlächenspannung getrieben wird: es spräche dies für einen flüssigen Zustand oder dessen Erzeugung. Hier ist noch. auffällig ein bläschenförmiges Gebilde von homogenem, dem Plasma des oben beschriebenen Streifens ähnlichem Inhalt, es liegt in der Ver- längerung des Streifens und zwar dicht am Rande des Eies, wodurch dieser sogar etwas ausgebuchtet wurde. Derartige (rebilde konnte ich im Falle der abnormen Stellung der biserialen An- ordnung öfters beobachten, wie dies auch Textfig. 10 zeigt und zwar hier in Polansicht. Wie man sich die Entstehung dieser Bläschen zu denken hat, ist mir unklar, vielleicht sind es künstliche, durch die Konservierung hervorgerufene Ausflüsse des „Streifens“, was durch die Lage zu ihm und die übereinstimmende Plasma- struktur beider sehr wahrscheinlich gemacht wird. Eine andere, viel bedeutsamere und verhältnismässig häufig auftretende Abweichung zeigen die Chromosomenpaare der frühen Anaphase. Sie lagen dann nicht wie in normalen Fällen in zwei Ebenen innerhalb einer gemeinsamen Plasmainsel, sondern ver- sprengt im Ei umher, jedoch blieben stets die beiden Chromo- somenpartner zusammen und behielten ihre parallele Stellung bei. Die Zahl der Chromosomen war unverändert geblieben, man konnte infolgedessen die normale Zahl der Paare trotz ihrer Versprengung im Ei durch Rekonstruktion feststellen. Da es sich meist um Cyelops albidus handelte, fanden sich sieben Chromosomenpaare. Manchmal war nur ein Paar von den übrigen, die noch normal zusammenlagen, getrennt (Textfig. 13). Häufiger zeigte sich aber eine weitergehende Versprengung der Tetraden (Tafelfig. 2, Text- Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 395 figuren 14 und 15), wobei es oft erschien, als ob je zwei Paare die Neigung hatten, zusammenzuliegen (Textfig. 15). Jedes Paar war stets von einer dunkel färbbaren Plasmainsel umgeben, auf- fälliger waren aber noch die Bilder (Tafelfig. 2), in welchen die Chromosomenpaare zunächst von einer wohlkonturierten Zone körnigen Plasmas und ausserhalb dieser von einer grösseren Plasmainsel umgeben war. Nun befinden sich die Ovidukteier normalerweise entweder im Stadium der biserialen Anordnung oder des Keimbläschens. Das Übergangsstadium dauert, wie dies auch von Matscheck angegeben wird, nur kurze Zeit. Es war also wohl möglich, dass sich die beschriebenen Eier bereits im Stadium der biserialen Anordnung befanden, als sie in die Wärme übergeführt wurden ; die Chromosomenversprengung hätte dann also erst in diesem Stadium einsetzen können, und man würde vielleicht daran denken können, dass die innere konturierte, die Ühromosomenpaare um- sebende Plasmazone als anachronistische, schon in der frühen Anaphase der ersten Reifungsteilung auftretende Idiomerenbildung anzusehen ist. Zum ersten Male wäre damit gezeigt, dass Idiomerenbildung, das heisst doch, die Bedingung für Kernbildung aus Chromosomen, in mittleren Teilungsphasen vorkommen kann. Dies kann sehr wichtig werden bei der Beurteilung des physiologischen Vorgangs der Mitose. Die Annahme, dass in diesem Stadium eine Trennung der Chromosomenpaare erfolgen könnte, macht ja insofern keine Schwierigkeit, als ein allen Chromosomen übergeordnetes, richten- des Zentrum meist fehlt. Schiller konnte sogar nachweisen, dass bei Behandlung der Ovidukteier mit Äther jedes Chromo- somenpaar für sich in einer kleinen Spindel lag, es waren dann ebenso viele parallel zueinander gelagerte Einzelspindeln wie Chromosomenpaare vorhanden. Man könnte sich dann leicht vor- stellen. dass nun die so in dieser Weise selbständigen Teil- spindeln etwa durch Abstossung oder dergleichen eine Ver- sprengung der Chromosomenpaare herbeiführen könnten. Eine andere Entstehungsmöglichkeit für diese Abweichungen wäre vielleicht darin zu sehen, dass bereits das Keimbläschen durch die Wärmewirkung zerklüftet worden war, und dann aus den Teilbläschen auch die getrennten Chromosomengruppen 5394 Alfred Tobias: entstanden sind. Zugunsten dieser Ansicht könnte ein Befund herangezogen werden, der an einer grossen Anzahl von Eiern, allerdings aber nur bei einem Tiere, gemacht wurde, das ausser- dem noch sehr wechselnden Einflüssen ausgesetzt worden war: es handelte sich um einen Uyelops strenuus, der 5 Tage lang in einer Temperatur von 27°, dann aber 2 Tage normal (damals ungefähr 0°) gehalten worden war. Hier war in vielen Eiern nicht ein einheitliches Keimbläschen vorhanden, sondern viele Einzelbläschen (Textfig. 16—1S), die aber ganz den Charakter des Keimbläschens trugen: deutliche Kernmembran, ein schwach- füärbbares, homogenes Karyosoma, sehr dunkel gefärbte grosse Nukleoli und die diesen anliegenden Chromosomenpaare (Textfig. 17 und 18). Leider war es mir nicht möglich, die Zahl der Teil- bläschen festzustellen, manchmal erschien es aber, als ob die der reduzierten Chromosomenzahl entsprechende Anzahl der Bläschen vorhanden war, dann zeigte jedes Teilbläschen einen Nukleolus mit nur einem Chromosomenpaar; dies würde der vollkommenen Chromosomenversprengung in Textfig. 15 entsprechen. Solche Keimbläschen „I. Ordnung“, wie man im Anschluss an die Reutersche Bezeichnung „Idiomeren I. Ordnung“ sagen könnte, zeigt Textfig. 18; nur bei zwei Bläschen sind die Nukleolen und die Chromosomenpaare zu sehen, während sie in den anderen Bläschen in diesem Schnitt nicht getroffen worden sind. War die Zerklüftung nicht so weit gegangen, so hatten wir Bläschen „höherer Ordnung“ (Textfig. 17). Hier zeigt sich aber auch die Neigung zur Trennung darin, dass der sonst fast stets nur in der Einzahl vorhandene Nukleolus durch mehrere kleinere ersetzt ist, denen dann die (auf diesem Schnitt quergetroftenen) Chromo- somenpaare zugeordnet sind. Der Textfig. 13 würde dann die Textfig. 17 entsprechen; hier liegt in beiden ein Bläschen höherer Ordnung neben einem solchen erster. c) Die Reifungsteilungen und Kopulationsstadien. Auch in diesen Stadien haben wir die meisten Ergebnisse dem verhältnismässig widerstandsfähigeren Cyelops albidus zu verdanken. Auffällig war, dass bei einem im Winter gemachten Versuche mit Cyelops strenuus bei einer Temperatur von 22—30° gar keine Eiablage erfolgte, obgleich die Tiere S Tage lang stark gefüllte Ovidukte aufwiesen. Ich habe nachher mehrere Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. >96 AltzerdEoibsars: dieser Tiere konserviert, die Eier befanden sich sämtlich im normalen Keimbläschenstadium. Der Ovidukt war häufig ganz prall gefüllt. Später habe ich diese Erscheinung nicht mehr be- obachtet. Die Befruchtung verlief stets normal: ich habe immer einen und nur einen Spermakern in den Eiern finden können, selbst bei einem Tiere, bei dem eine sehr grosse Anzahl überzähliger Spermatozoen im Eiballen verstreut lagen. Unter normalen Verhältnissen wandert die biseriale An- ordnung gleich nach der Befruchtung sehr rasch nach der Peripherie des Eies zur Bildung des ersten Richtungskörpers. Im Gegensatze hierzu konnte ich bei Wärmeversuchen verhältnismässig häufig die biseriale Anordnung bei befruchteten Eiern noch in der Mitte liegend finden, was darauf schliessen lässt, dass hier eine Ver- zögerung der Wanderung stattgefunden hatte. Dies ging soweit, dass es sogar bei einem Ei zur Ausbildung der Richtungskörper- spindel mitten im Ei kam (Textfig. 19). Vorstadien dazu sind jedenfalls die bei demselben Tier gefundenen Bilder in Textfig. 20 und 21. In der ersten zeigt sich eine starke Auflockerung der Ditetraden (Matscheck), wodurch die von Matscheck näher charakterisierte Achtwertigkeit deutlich zum Ausdruck kommt. In Textfig. 21 entspricht je einer Tetrade ein Teilbläschen. (In diesem Schnitt sind allerdings nur vier getroffen.) Es scheint hier, als ob die Wärme eine Verzögerung des normalen Geschehens bewirkte, während sie doch sonst stets einen beschleunigenden Einfluss hat. Dies sind jedoch nur relative Begriffe, denn man könnte hier ebensogut von einer Beschleunigung durch die Wärme reden, wenn man annimmt, dass vielleicht die Eiablage zu früh erfolgte, während die biseriale Anordnung noch nicht zur peripheren Wanderung bereit war. Das letzte Geschehen hätte demnach seinen normalen Zeitraum innegehalten, während nur die Ablage und Befruchtung infolge der beschleunigenden Wirkung der Wärme eher erfolgt war. Ebenfalls auf eine Verschiebung zeitlichen (reschehens lassen sich die bei einem Uyelops viridis während der Reifungsteilungen gefundenen pluripolaren Mitosen zurückführen, von denen zwei vierpolige in Tafelfig. 3, Textfig. 22 gegeben sind. Ähnliches hat auch Schiller durch Behandlung mit Äther erzeugt. In Tafelfig. 3 sieht man deutlich zwei senkrecht zueinander orien- tierte Fasersysteme, auch in Textfig. 22 ist die Vierpoligkeit Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc. rk, 4 PR Ö \ Fa ce F EN ' x , N h # id IR ER u h gen v Z - \ = Ben. < .. N. ft 2. a er = A 1 ge Bi SER 5 N en eK # h x Fig. 20. 398 AurerdElorbutanse deutlich zu sehen. Die Zahl der Chromosomen betrug hier 24, es war also offenbar die Abschnürung des ersten Richtungskörpers noch nicht erfolgt, als schon die Chromosomenteilung für den zweiten Richtungskörper einsetzte. Dies kommt wohl auch in der Vierpoligkeit der Mitose zum Ausdruck, ausserdem erinnert die \-förmige (Gestalt der Chromosomen an die der Anaphase bei der zweiten Reifungsteilung. Hier hätte sich zuerst die radiale Spindel der ersten Reifungsteilung ausgebildet und darauf die tangentiale, der zweiten Reifungsteilung entsprechende. Dass die beiden Reifungsspindeln senkrecht zueinander orientiert sind, hat Boveri für Ascaris nachgewiesen und auch bei Uyclops spricht vieles dafür, dass eine solche Orientierung vorhanden ist. Sehr auffällig ist nun aber die Überkreuzung der Verbindungsfasern, wodurch es sehr wahrscheinlich gemacht wird, dass sie nicht bloss, der Ausdruck einer Strömungsrichtung sind, sondern einigermassen resistente Stränge. Zufällig ist wohl die gleiche Uhromosomen- verteilung in den beiden Figuren: an jedem linken Pol’ befinden sich 4, am rechten 2 und an den oberen und unteren ungefähr je 9 Chromosomen. Dies Zahlenverhältnis konnte aber nur bei diesen beiden vierpoligen Mitosen festgestellt werden, bei den anderen, viel unregelmässigeren Teilungen war dies nicht der Fall. Das Schicksal dieser abnormen Reifungsteilungen habe ich mit Sicherheit nicht verfolgen können. Vielleicht lassen sich aber hiermit die Befunde in Einklang bringen, wo Eier neben dem Spermakern noch mehrere Kerne enthielten, die möglicher- weise auf die multipolare Reifungsteilung zurückzuführen sind (Textfig. 23 und 24). Der Spermakern war oft an seiner Grösse und an der Sphäre erkenntlich, und zwar fand sich stets nur ein Kern von diesen Eigenschaften in einem Ei, wodurch die Annahme, hier eine Polyspermieerscheinung vor uns zu haben, sehr unwahrscheinlich gemacht wird. Diese Bilder lassen aber, wie wir später sehen werden, noch eine andere Deutung zu. Da die biseriale Anordnung die Anaphase der ersten heifungs- teilung ist, war zu vermuten, dass sich zu den oben beschriebenen Abweichungen in jenen Stadien auch Entsprechendes bei den Reifungsteilungen selber finden müsste. Dies traf auch zu, und ich konnte sogar oft an einem Tier die einander entsprechenden Abweichungen sowohl in den Ovidukteiern, als auch bei den ab- gelegten beobachten. Hierher gehört vor allem die bereits be- Über den Einfluss e 399 SLIM Std IDEE ERNe wer nd u Che I Milwzly a Ze 7 a N a | SORREEHEED rc} BERSAnNT. 125 MEIN Be: Fur les .) Ln sRTA KEN RENTE un SE U HUAIGE iA a luie 11 f ‚ ‚ N KERRR u ' RE * r B u Ze A 07, RATE Jr, Pr j Is al ‘ i +00 ATTEedIDonH Tas: schriebene Chromosomenversprengung. Es war ja von vornherein schon sehr unwahrscheinlich, dass die Chromosomenpaare sich nach der Befruchtung wieder normal anordnen sollten. Es fanden sich daher ganz ähnliche Bilder bei abgelegten Eiern wie bei den bereits besprochenen Ovidukteiern (Textfig. 13—15). Wie erfolgte nun aber in solchen Fällen die Richtungs- körperbildung? Hier zeigte sich eine stark ausgeprägte Selbständigkeit der Ühromosomen: trotz ihrer Trennung waren einige imstande, nach der Peripherie des Eies zu wandern und teilweise sogar die Bildung eines Richtungskörpers einzuleiten. So sehen wir in Textfig. 25, wie das eine Chromosomenpaar bereits am Rande des Eies liegt und jedes einzelne von einem besonderen Bläschen umgeben ist. Ein ähnliches Bild zeigt Textfig. 26, wo sich ein Teil der Chromosomenpaare zusammengefunden hat, nur eins liegt abseits; während nun noch einige Tetraden in der Anaphase verharren, ist bei dreien bereits die Telophase ein- getreten: je ein Uhromosom ist am Rande des Eies verblieben und hat nicht die Kraft gefunden. sich vom Ei abzuschnüren, das andere aber hat sich zum Idiomer umgebildet und wandert nun, obgleich es sich hier, so viel ich feststellen konnte, erst um die Bildung des ersten Richtungskörpers handelte, selbständig auf den Spermakern zu. Wichtig ist auch, dass die beiden dicht aneinander liegenden Idiomeren nicht miteinander ver- schmolzen sind, was bei normaler Bildung des weiblichen Vorkernes sehr rasch vor sich geht. Die Abschnürung des zweiten Richtungskörpers konnte ich in den abnormen Fällen der Chromosomenversprengung nicht wahr- nehmen. Die nach .dem Spermakern selbständig hinwandernden Idiomeren (Textfig. 26 und 27) waren also vermutlich „bivalent“, insofern sie noch die anaphasischen Chromosomen der zweiten Reifungsteilung enthielten. Hierin wird man noch bestärkt, wenn man die Textfig. 25 und 29 betrachtet: die Idiomeren machen offenbar den Versuch zu einer zweiten Teilung, das Chromatin zieht sich an zwei gegenüber liegenden Polen des Idiomers zu- sammen, die Mitte wird heller. so dass schliesslich Bilder zustande kommen, die grosse Ähnlichkeit teils mit Amitosen, teils mit normalen Anaphasen auseinander weichender Chromosomen zeigen. War nun aber die Bildung des ersten und zweiten Richtungs- körpers normal vor sich gegangen, so zeigte sich in der Telophase 401 Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. gr > 2 ® Ba . g# ei x Li x \ \ >® N | D= Fig. 25 Fig. 26. N Di „o 6) 2 2 ; .*e Fig. 27 Fig. 28 Fig. 29. Fig. 30. 402 MITedeaTIoihnrar se der zweiten Reifungsteilung aufs neue die Neigung der Idio- meren, selbständig zu bleiben. Während in normalen Fällen die Umwandlung der Chromosomen zu den Idiomeren und deren Zusammentfliessen gleich an der Eiperipherie und zwar so rasch vonstatten geht, dass dieser Vorgang in den Schnitten fast nie beobachtet werden konnte, zeigte sich bei Wärmetieren häufig, dass die Idiomeren entweder gar nicht oder nur teilweise zusammen- tlossen. Dies zeigt (Textfig. 30), wir sehen den abgeschnürten ersten Richtungskörper und den am Rande des Eies liegenden zweiten; die sieben Idiomeren (wir haben es hier mit Cvelops albidus, der 14 somatische Chromosomen hat. zu tun) sind voll- kommen selbständig geblieben und wandern auch selbständig dem Eiinnern zu. Dabei beginnen sie zu wachsen und zwar sind die am weitesten ins Eiinnere vorgerückten auch am stärksten ge- wachsen. Wenn es nun überhaupt nicht zur Bildung eines einheitlichen mütterlichen Vorkernes kommen sollte, so müssten wir Bilder erhalten, wo der Spermakern mit mehreren kleineren Kernen kopuliert. Inwieweit nun die tatsächlich vorhandenen, schon be- sprochenen Bilder dieser Art (Fig. 23, 24. 27, 29) hierher zu rechnen sind, kann ich aus Mangel an genügendem Material nicht ent- scheiden. Die Verhältnisse sind ja hier ausserordentlich verwickelt, denn dieselbe Wirkung, nämlich die Kopnlation des Spermakernes mit mehreren Teilkernen, könnte auf drei verschiedene Ursachen zurückgeführt werden: 1. auf multipolare Reifungsteilung, 2. auf selbständig gebliebene Idiomeren von der ersten und 3. auf selb- ständig gebliebene Idiomeren von der zweiten Reifungsteilung. Ich selbst bin deshalb geneigt, speziell für die Fig. 27—29 nicht den Fall 3, sondern den Fall 2 anzunehmen, weil hier die Idiomeren ohne zu wachsen ins Eiinnere gewandert sind und hier einen Teilungs- versuch machen, während sie im Fall 3 ein typisches Wachstums- stadium mit deutlicher Ausbildung der Nukleolen durchzumachen pflegen. Ist also die Deutung dieser Ergebnisse noch recht un- sicher, so tritt doch bei all diesen Abnormitäten eins stets deutlich hervor: die Selbständigkeit der Chromosomen, die sich ausspricht in ihrer Neigung zur Versprengung, ihrem getrennten Wandern nach der Eiperipherie, in der eigenen Fähigkeit, die erste, vielleicht auch die zweite Reifungsteilung durchzumachen, sich dann in Idiomeren umzuwandeln und selbständig zur Kopulation Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 405 ins Eiinnere nach dem Spermakern hinzuwandern. Ich glaube, dass ein eingehenderes Studium gerade dieser Erscheinungen recht interessante Ausblicke gewähren würde. Der Aufbau der beiden Vorkerne aus mehreren Teilbläschen ist für einige Plattwürmer als normal beschrieben worden, so von Halkin für Polystomum integerrimum und von v. Klinckow- ström für Prostheceraeus vittatus. Auch hier wird der idiomere Bau des weiblichen Vorkernes von den Chromosomen der ersten Reifungsteilung abgeleitet. Die Teilbläschen enthielten bei Prost- heceraeus stets nur einen Nukleolus. „Nach der Anzahl und Grösse der Bläschen zu urteilen, scheint gewöhnlich eine Blase und ein Nukleolus auf jede Kernschleife zu kommen, manchmal scheinen doch aus einer Kernschleife zwei Bläschen mit entsprechend kleineren Nukleolen zu entstehen.“ Auffällig ist bei diesen beiden Tieren aber, dass der männliche Vorkern eine „unregel- mässige blasige Gestalt“ annimmt, die allerdings „sehr an die des weiblichen Vorkernes erinnert“. Während hier das Bestehen des Vorkernes aus einzelnen Teilbläschen dem normalen Geschehen angehört, konnte Boveri bei Ascaris einen Fall beobachten, wo in der Telophase der zweiten Reifungsteilung die beiden Chromo- somen so weit auseinander lagen, dass sie nicht zu einem ein- heitlichen Kern zusammenflossen, sondern jedes für sich ein Teilbläschen bildete. Noch eine andere, schon bei den Ovidukteiern beschriebene Abnormität liess sich manchmal in den abgelegten Eiern wieder- finden, nämlich die radiale Einstellung der biserialen Anordnung an der Eiperipherie, bezw. die tangentiale Lage der Spindel. Hieraus lässt sich dann auch leicht die tangentiale Lage der Richtungskörperspindel ableiten, wie dies Textfig. 31 zeigt. Ob wir es hier aber mit einer spezifischen Wärmewirkung zu tun haben, ist noch zweifelhaft. Nach Haecker (1890) kann bei Uyelops dies auch in normalen Fällen vorkommen und Boveri (1887) beschreibt Ähnliches bei Ascaris, wo dann die Abschnürung des ersten Richtungskörpers überhaupt nicht stattfindet, wohl aber die des zweiten. Schliesslich habe ich noch bei mehreren Tieren, und zwar bei einem in sämtlichen Eiern tripolare Mitosen gefunden, wie dies Textfig. 32 zeigt. Hier ist die Ektosomenerscheinung deutlich zu erkennen und zwar auch nur dem einen Pol zugeordnet. Archiv f. mikr. Anat. Bd.S4. Abt.1. 27 404 Alfred Tobias: Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 405 Bei einigen dieser Mitosen war es möglich, die Chromosomen zu Zählen, ich fand 49, 51 und 51 Stück. Da es sich um Ovyelops viridis handelte mit der Chromosomenzahl 12, so liegt es nahe, dass wir es hier mit dem Vierfachen von 12, also 48, zu tun haben: ganz genau liess sich die Zahl nicht feststellen, da immer drei Schnitte kombiniert werden mussten. Das Zustandekommen dieser tripolaren Mitosen lässt sich auf ver- schiedene Ursachen zurückführen. Man könnte einfach annehmen, dass es sich um den Übergang vom II- zum IV-Zellenstadium handelt, die Zell- teilung ist ausgeblieben und zwei Sphären haben sich vereinigt, dann müssten aber gerade an diesem einen Pol bedeutend mehr Chromosomen liegen, wie an den beiden anderen. Dagegen fand ich, dass gerade an zwei Polen je eine relativ grössere Zahl lag als an dem dritten, nämlich 22, 18 und 11; 24, 18 und 7; 18, 18 und 13 (12?). Gerade das letzte Zahlenverhältnis brachte mich auf den Gedanken, dass wir es hier nicht mit dem Übergang vom II- zum IV-Zellenstadium zu tun haben, sondern dass in diesem Falle an der ersten Furchungsteilung der aus den oben beschriebenen Ursachen (der tangentialen Lage der Spindel des ersten Richtungskörpers) im Ei ge- bliebene erste Richtungskörper sich beteiligte. Er enthält ja die normale Chromosomenzahl 12. Die beiden Vorkerne nur je 6, so dass also bei der Teilung jedes Kernes auch die Zahl 48 herauskommen würde. Betrachten wir nun die zuletzt angegebene Uhromosomenverteilung 18:18:12, so lässt das beigegebene Schema (Texttig. 33) diesen Gedanken noch mehr an Wahr- scheinlichkeit gewinnen: die 12 Chromosomen stammten dann von den 6 Tochter-Chromosomen der beiden Vorkerne ab und würden die normale Zahl repräsentieren. Die 15 Chromosomen der beiden anderen Pole wären dann auf die 6 übrigen Tochter-Chromosomen der Vorkerne und die 12 des ersten Richtungskörpers zurückzuführen. Eine weitere Stütze erfährt diese Annahme noch durch Befunde, wo drei Kerne im Ei kopulieren, wie dies Textfig. 34 zeigt. Der oben gelegene, noch einen deutlich idiomeren Bau zeigende Kern ist offenbar der weibliche, der links liegende der männliche Vorkern und der rechte der erste Richtungskörper, da er, wie die Rekon- struktion aus den folgenden Schnitten ergab, die beiden anderen bedeutend an Grösse übertraf. Diesen Befunden darf aber nicht allzuviel Bedeutung zugemessen werden, da, wie wir oben gesehen haben, das Kopulieren mehrerer Kerne im Ei schon mehrere verschiedene Ursachen haben konnte. Auch die eben beschriebene verführerische Anordnung der Chromosomen darf man nicht zu hoch bewerten: so gibt Boveri') für multipolare Mitosen an, „dass zunächst jeder der vorhandenen Pole die Fähigkeit besitzt, mit jeder Seite eines Elementes eine Verbindung einzugehen ..... „Die Konstitution einer mehrpoligen Teilungsfigur ist also Sache des Zufalls.*“ Die von Haecker (1595a) beschriebene Wiederaufnahme des zweiten Richtungskörpers konnte auch ich häufig beobachten. ', Zellstudien, Bd. II, S. 183 und 184. 27% 406 AKTIE obere Bei einem Üyelops strenuus, der 2 Stunden lang in einer Tempe- ratur von 26° gehalten worden war, fand ich, dass dieser son$t nur als ein kleines dunkel gefärbtes Klümpchen erscheinende Richtungskörper zu einem relativ grossen Bläschen angewachsen war und chromosomenähnliche Gebilde enthielt. Textfig. 35 zeigt ein Ei in der Telophase des II-Zellenstadiums, unten liegt der erste Richtungskörper ausserhalb des Eies; ein sehr grosses, BT aan SE u a Fig. 33. Fig. 36. einen Spiremfaden enthaltendes Kernbläschen, welches zweifellos als zweiter Richtungskörper zu deuten ist, liegt dicht neben den Idiomeren der Telophase, von denen er aber deutlich unterschieden ist. Textfig. 36 zeigt einen ähnlichen Richtungskörper in stärkerer Vergrösserung. Vielleicht haben wir es hier mit einem durch die Wärme angeregten Versuch zur Teilung zu tun. ad) Die Furchungsstadien. Während ich bei der Untersuchung der eben beschriebenen niederen Stadien der Eier mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen hatte: erstens mit der Rücksichtnahme auf das Überleben des Muttertieres und zweitens mit der grossen Empfindlichkeit der Eier selbst, fiel dies bei der Untersuchung der Furchungsstadien weg. Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 407 Da, wie oben gezeigt. das Muttertier von keinerlei Eintluss auf die abgelegten Eier ist, brauchte auch auf dieses keine Rück- sicht mehr genommen zu werden. Die beiden Eiballen wurden dann einfach ampnutiert und in die Wärme übergeführt. Auch mit der anderen Schwierigkeit, der starken Empfindlichkeit der Eier, hatte ich nicht mehr zu kämpfen: zwar zerfielen noch manchmal Eier, die gerade im Stadium der Reifungsteilung über- geführt worden waren. In späteren Stadien zeigten sie sich jedoch bedeutend widerstandsfähiger; das ging so weit, dass im Gastrula- stadium überhaupt keine Abnormitäten bei der angewandten Temperatur zu bemerken waren, was ja allerdings hier infolge der Kleinheit der Verhältnisse weniger gut zu kontrollieren war. Die starke Empfindlichkeit der früheren Stadien ist oftenbar auf eime geringere Fähigkeit der Selbstregulation zurückzuführen. Welches Organ wäre nun aber für diese Regulation verantwort- lieh zu machen ? Eine stärkere Umhüllung, die vielleicht eine Isolierung gegen die Wärme bilden könnte, besitzt das Ei nicht in den höheren Furchungsstadien, der Dotter ist abgesehen von seinem allmählichen Verbrauch derselbe. So bleibt schliesslich nur noch übrig. den Kern als den Regulator anzusehen. Da ist es denn klar, dass in den niederen Stadien, wo nur ein Kern das grosse (iebiet des Eies beherrscht, eine Regulation viel schwieriger durchführbar ist als später, wo Hunderte von Kernen sich in dasselbe Gebiet teilen. Hierzu kommt noch, dass Ab- normitäten bei der Mitose, wie z.B. unregelmässige Chromosom- verteilung in den grossen Zellen der ersten Stadien, viel schwerer wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden können, als in den kleinen, wo die Sphären einen viel kleineren Wirkungskreis haben. Den günstigen Verhältnissen der Furchungs-Stadien ist es nun zu verdanken, dass ich hier ein bedeutend grösseres Tat- sachenmaterial zusammentragen konnte, als bezüglich der Ovidukt- eier und Reifungsstadien. Um so erfreulicher war es mir, dass die nun mit: grösserer Sicherheit gewonnenen Ergebnisse das bestätigten, was ich als Hauptresultat der im ersten Teil ge- machten Untersuchungen betonte: eine weitgehende Auto- nomie der einzelnen Öhromosomen undder aus ihnen entstehenden Idiomeren. Ehe ich nun auf die Beschreibung meiner Befunde eingehe, möchte ich erst noch kurz erörtern, wie man sich ungefähr die 405 FO er a WO I Umbildung eines Chromosoms in ein Idiomer zu denken hat. Dies ist leider für Cyelops noch nicht genauer untersucht worden, und es lag eigentlich nicht im Rahmen meiner Arbeit, diese Frage zu diskutieren; da sie jedoch später für die Beurteilung gewisser Dinge sehr wichtig ist, sehe ich mich genötigt, ihr doch etwas näher zu treten. Auf intimere Feinheiten will ich aber nicht eingehen, da erstens meine Konservierungsmethode dafür vielleicht nieht die geeignete und die Schnitte zu dick waren: vielmehr will ich nur so viel zeigen, als zur Behandlung der späteren Fragen nötig ist. Das in Tafelfig. 4 gegebene Bild stammt zwar von einem Wärmetier. doch bei einem Vergleich mit dem Normalen habe ich keinen Unterschied in bezug auf diese Umbildungsvorgänge gefunden. Was mich bewogen hat. gerade dieses Bild zu geben, ist vor allem der Umstand, dass hier alle Übergänge vom Chromosom zum Idiomer zu beobachten sind. Das Bild zeigt uns unten rechts noch zwei typische huf- eisenförmige Chromosomen (a) der Anaphase. Innerhalb dieser Hufeisen sammelt. sich nun eine feine durchsichtige Substanz. die ich vorläufig als Enchylema bezeichnen will, an. Es wird also gewissermassen eine Scheibe gebildet, deren Rand von dem Chromosom begrenzt wird. Dies wird in dieser Figur durch einige Seitenansichten deutlich erkennbar (b). Über den mit dem Enchylema erfüllten Raum hin werden nun von den ihn um- schliessenden Chromosomen feine Fortsätze ausgesendet, die einander schliesslich begegnen. Hierbei löst sich das vorher kompakte Chromatin in feine Körnchen auf, die sich dann all- mählich über den grössten Teil der Oberfläche des inzwischen zum Bläschen gewordenen Idiomers ausbreiten. Der Verlauf dieser Umbildung ist ganz ähnlich dem von Bonnevie (1909) für die Furchungsteilungen von Nereis limbrata Ehlers beschriebenen. Ob wir es nun mit einer spiraligen Auflockerung des ursprüng- lichen Chromosoms, wie dies von anderen Autoren beschrieben wird, zu tun haben, kann ich bei der Dicke der Schnitte nicht entscheiden. Eins der Idiomeren (ce) zeigt allerdings eine An- deutung eines Spiralfadens in Gestalt feiner Zacken. Wie dem auch sei, jedenfalls stellte sich der Vorgang im allgemeinen so dar. dass die Chromosomen und ihr Chromatin einen wahrscheinlich aus Enchylem bestehenden Substanztropfen von aussen umfassen oder umspinnen und diesen zum Idiomer ausbauen. indem sie Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. +09 selber sehr schnell in feine Chromatinkörnchen zerfallen, die sich an der Oberfläche des Idiomers verteilen. Jedenfalls sprechen die Bilder dagegen, dass die Chromosomen in ihrer Umgegend ein bestimmtes Plasmagebiet abgliedern. und innerhalb dieses, sich schliesslich mit einer Membran umgebenden Bezirks noch längere Zeit bestehen bleiben. Normalerweise fliessen nun diese Idiomeren verhältnismässig rasch zusammen, bis auf zwei Bläschen, die Gonomeren, die, wie Rückert und Haecker für die ersten Teilungen mit Sicherheit nachgewiesen haben, die Bestandteile der väterlichen und mütterlichen Kernanteile repräsentieren. Nach einiger Zeit vereinigen sich aber auch diese und nur zwei Nukleolen zeigen noch häufig die Abstammung des jetzt einheitlichen Kernes von zwei Hauptelementen an. Bei den durch Wärme beeinflussten Eiern zeigte sich nun, dass die Idiomeren viel länger selbständig blieben, was soweit ging, dass sie überhaupt nicht zusammen- flossen. Für das lange Selbständigbleiben spricht erstens, dass ich oft Eiballen fand, deren sämtliche Eier sich in dem Idiomerenstadium befanden. Bei normalen Tieren zeigte sich stets, dass die proximal liegenden Eier, die also etwas später abgelegt worden waren, infolgedessen auch etwas niedere Teilungs- phasen wie die distal gelegenen aufwiesen. Infolgedessen findet man dann normalerweise neben den Idiomerenstadien auch die kurz vorausgehenden oder folgenden Phasen in einem Eiballen. Das ausschliessliche Auftreten der Idiomeren bei den Wärme- tieren in sämtlichen Eiern ein und desselben Eiballens lässt also auf eine sehr lange Dauer dieses Stadiums schliessen. Einen zweiten Beweis liefert die Zählung der Tiere, bei denen die Idiomeren auftraten. Es ergab sich, dass bei höherer Temperatur ein viel grösserer Prozentsatz dieses Stadium aufwies, und zwar über SO ’/o gegenüber 20°/o und weniger bei niederer Temperatur. Dieses hänfige Auftreten des Idiomerenstadiums könnte man sich vielleicht so erklären. dass durch die Wärme all die anderen Phasen der Mitose im Verhältnis zu dieser stark beschleunigt, bezw. das Idiomerenstadium stark verlängert würde. Danach könnte man annehmen, dass die Idiomeren sich sehr schneli zu einem Kern vereinigten, dass dann sehr schnell die Pro-, Meta- und Anaphase abläuft und die Kernsubstanzen in der nächsten 410 Altvwed Tobias: Teilungsperiode wieder längere Zeit im Telophasestadium ver- harren. Wir hätten hier also gewissermassen nur einen quanti- tativen Unterschied gegenüber dem Normalen. Nun finden sich aber interessante qualitative Unterschiede der Idiomeren, die als aufeinander folgende Phasen zu deuten sind, wodurch die oben versuchte Erklärung hinfällig wird. Die Idiomeren verbleiben nämlich nicht in dem anfänglichen, vorher beschriebenen Telo- phasestadium, sondern sie machen ein typisches Wachstums- und Prophasestadium durch, wie dies sonst nur der ganze Kern tut. Wir haben hier also nur ein Unterbleiben der Verschmelzung der Idiomeren, nicht aber eine Veränderung im Teilunesrhythmus der Mitose. Diese Verhältnisse sollen nun an der Hand der beigegebenen Abbildungen näher erörtert werden. Wie schon gesagt, zeigt die Tatelfig. 4, obgleich sie von einem Wärmetier (CUyelops viridis) stammt, soweit ich es durch Vergleich erkennen konnte, einen normalen Verlauf der Umbildung der Chromosomen zu den Idio- meren. Nur fällt hier ein deutlicher Grössenunterschied der Idiomeren auf. Man könnte dies vielleicht auf einen „essentiellen“ („physiologischen“) Unterschied der Chromosomen und der daraus entstandenen Idiomeren zurückführen, jedoch glaube ich in diesem Falle nicht daran, da bei normalen Tieren bei den Copepoden bisher noch nie Grössenunterschiede der Chromosomen oder Idio- meren gefunden worden sind. Nun zeigt aber diese Figur wie gesagt alle Stadien der Umwandlung, also auch ganz ver- schiedene Altersstadien der Idiomeren. Es ist deutlich zu sehen, dass diejenigen Idiomeren, die von den noch nicht umgewandelten Kernschleifen räumlich am meisten entfernt liegen und besonders diejenigen, die am weitesten polwärts gewandert sind und dem- nach offenbar die ältesten Stadien darstellen, auch sichtlich grösser sind und zwar mit allen Übergängen: ein sicheres Zeichen dafür, dass ein allmähliches Wachstum der einzelnen, noch nicht verschmolzenen Idiomeren erfolgt ist. Betrachten wir nun weiter Textfig. 37, die eine Teilungsfigur ebenfalls von Cyelops viridis in Polansicht und zwar auch eine voll- ständige Trennung der Idiomeren zeigt: die dunkel umrandeten Teilkerne stellen die zwölf Idiomeren der einen Tochterplatte, die helleren diejenigen der anderen dar (letztere liegen nicht mehr alle in diesem Schnitt). Wir haben hier wie in Tafel- Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 411 figur 4 das beginnende II-Zellenstadium, es ist aber schon ein bedeutender (rrössenunterschied der Idiomeren zu erkennen (die beiden Bilder sind natürlich mit derselben Vergrösserung und der Camera gezeichnet), vor allem fällt aber auf, dass sich in Textfig. 37 bereits deutliche Nukleolen ausbilden! Die Text- Rio 37. figuren 35a—d stammen von dem gleichen Tier wie Texttig. 37: die Zellteilung ist vollendet, dennoch sind die Idiomeren, im (regensatz zu normalen Tieren, noch nicht zusammengeflossen. Die Rekonstruktion ergab in jedem Blastomer zwölf Bläschen und zwar waren diese wiederum in zwei Haufen zu je sechs an- geordnet, wodurch die Gonomerie deutlich zutage tritt. Noch deutlicher zeigt sich dies in Textfig. 39, hier haben die den beiden (ionomeren entsprechenden Idiomeren einen deutlichen Phasenunterschied, was sich durch die verschiedene Färbbarkeit kundgibt, ähnliche Bilder, wie sie Haecker (1895a, Fig. 59) zeigt. Die ausserordentliche (Grösse zweier von ihnen ist wahr- scheinlich auf ein teilweises Zusammenfliessen, nicht nur auf Wachstum zurückzuführen.) Eine genaue Zählung liess sich hier nicht durchführen, da wir es in diesem Falle mit Uyclops strenuus (mit 22 Chromosomen) zu tun haben. Ein teilweises Verschmelzen der Idiomeren zeigt sich bei den öfters gefundenen Lochkernen (Tafeltig. 5): hier haben ', Es ist hier eine schwächere Vergrösserung als in Textfig. 37 angewandt. Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 415 414 Alfred TohrTas: die erst kranzförmig benachbart liegenden Idiomeren die aneinander stossenden Wände abgeplattet. um an diesen Stellen dann mehr oder weniger innig zu verschmelzen. Der von ihnen umschlossene xaum bleibt aber frei und bildet somit ein regelrechtes Loch im Kern. Es war mir nicht möglich, sicher zu entscheiden, ob wir es hier nun mit einem Kranze oder einer Hohlkugel zu tun hatten. Mit Beendigung des Wachstumsstadiums geben nun aber die Idiomeren ihre Selbständigkeit noch nicht auf, sondern sie machen häufig jedes für sich eintypisches Prophasestadium durch, wie dies die Tafelfig. 6—8, Textfig. 40 zeigen. Tafelfig. 6 Fie. 39. Fiv. 40. und 7 stammen aus zwei aufeinander folgenden Schnitten der- selben Idiomerengruppe, obwohl sie einen geringen Phasen- unterschied aufweisen, was vielleicht auf einer Verschiedenheit der gonomer zusammen gehörigen Gruppen beruht. In Tafel- figur 6 sieht man noch deutliche Nukleolen und die etwas feineren Chromosomen. In Tafeltig. 7 sind die Nukleolen mit Ausnahme eines Idiomers (links) verschwunden, und man sieht nur noch die starken Chromosomen in den deutlich voneinander abgegrenzten Idiomeren liegen. Hier liessen sich auch mit ziemlicher Sicherheit zwölf Idiomeren nachweisen. Leider war es nicht möglich, die Zahl der in einem Idiomer liegenden Chromosomen festzustellen, da diese immer sehr stark gewunden waren. Jedoch glaube ich, dass wir es hier in jedem einzelnen Idiomer mit einem kontinuierlichen Band zu tun haben. In Tafelfig. S haben sich die Idiomeren schon dicht aneinander gelegt. man kann jedoch ihre Grenzen noch deutlich erkennen. Über den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 415 Ich habe vor allem dies Bild gegeben, um den deutlichen Längs- spalt der Chromosomen und die spiraligen Überkreuzungen der Spalthälften, wie sie besonders aus den Prophasen der ersten teifungsteilungen bekannt sind, zu zeigen. Auch in Tafelfig. S ist besonders an dem rechten Chromosom des unteren Idiomers ein deutlicher Längsspalt zu erkennen. In Tafeltig. 9 haben sich nun die Membranen der Idiomeren aufgelöst, ihre einzelnen Bereiche sind aber noch deutlich er- kennbar. Während normalerweise bei der Auflösung der Kern- membranen die einzelnen Chromosomenschleifen dieht gedrängt aneinander liegen und dann zur Mittelplatte zusammentreten, wird dies für unsere abnormen Fälle sehr erschwert: die nicht zusammengeflossenen Idiomeren nehmen ein weit grösseres (rebiet ein als ein normaler einheitlicher Kern, infolgedessen kommen dann auch die aus ihnen entstehenden Chromosomen weiter aus- einander zu liegen. Dadurch wird es aber offenhar den richtenden Zentren ausserordentlich erschwert, aus diesen verstreuten Chromo- somen die für je einen Tochterkern bestimmten zusammen- zuschliessen. Es kommt infolgedessen sehr häufig eine ganz abnorme Verteilung der Chromosomen zustande, wie dies die Tafelfig. 10 veranschaulicht. Diese Anomalien führen wahr- scheinlich dazu, dass hier keine normale Kernbildung mehr statt- findet, wodurch dann die Eier dauernd geschädigt werden, während die vorher gefundenen Abweichungen vom Normalen noch nicht direkt einen ungünstigen Einfluss auf die Entwicklung haben. Nun könnte man ja leicht beim Betrachten der Tafelfig. 6 bis S und Textfig. 40 auf den Gedanken kommen, dass man es hier nicht mit Idiomeren im Prophasestadium zu tun habe, sondern mit einer frühen Telophase, wo die Chromosomen gerade im Begriff wären, sich zu Idiomeren umzuwandeln, ähnlich wie dies Bilder von Vejdowskv zeigen. ‚Jedoch sprechen mehrere Gründe dafür, dass dies nicht der Fall ist. So habe ich schon oben gezeigt, dass die Umwandlung der Chromosomen zu Idio- meren sowohl bei normalen als auch bei Wärmetieren nach einem ganz anderen Modus verläuft. Die hufeisenförmigen Chromosomen begrenzen ein feines durchsichtiges Plasma und lockern sich in feine Chromatinkörnchen auf, die dann dieses feine Plasma nach aussen hin umgeben. Von einem längeren Bestehenbleiben der Chromosomen innerhalb des Enchvlems kann keine Rede sein. 416 ASETIe de Worbitais: Weiter hat sich gezeigt, dass die Idiomeren ein deutliches Wachstumsstadium durchmachen. Schon in Tafelfig. 4 haben wir gesehen, dass die älteren Idiomeren grösser sind als die jüngeren. Textfig. 57 zeigt sie in noch älteren Stadien mit deutlich aus- gebildeten Nukleolen, und der Vergleich mit Tafelfig. 4 beweist, dass sie hier noch bedeutend weiter gewachsen sind. Betrachten wir nun die Tafelfig. 6 und 7, so zeigt sich, dass die Idiomeren mit ihren gut ausgebildeten Chromosomen eher noch grösser sind als die in Textfig. 37. Sie müssen also schon das Wachstums- stadium durchgemacht haben und können daher nicht der frühen Telophase angehören. Ferner sieht man bei normalen Teilungen im Stadium der frühen Telophase, wo also die Chromosomen zu Idiomeren um- gebildet werden, stets noch deutlich die Teilungsspindel und kaum eine Spur von Zellteilung. Bei unseren „prophasischen“ Idiomeren dagegen ist die Zellteilung stets ganz deutlich durch- geführt, aber keine Spindel mehr zu erkennen, wieder ein Zeichen dafür, dass sich die Idiomeren in einem späteren Entwicklungs- stadium befinden müssen. Dazu kommt noch, dass die Chromo- somen, verglichen mit der normalen Telophase, ausserordentlich viel länger, verschlungen und schleifenförmig sind, während sie dort relativ kurz und hufeisenförmig waren. In vielen Fällen, wo die Idiomeren nicht mehr völlig selb- ständig geblieben waren, war dafür recht deutlich die Gonomerie zu erkennen, selbst in höheren Blastulastadien, in denen sie bei normalen Tieren meist schon stark zurücktritt. Auch die Gonomeren machen dieselben Stadien wie die Idiomeren selbständig durch: sie wachsen unter Bildung von Nukleolen heran und treten in ein Prophasestadium ein, dies zeigt Textfig. 41, und auch in Textfig. 42 kann man trotz aufgelöster Kernmembranen noch die Zugehörigkeit der Chromosomenschleifen zu den einzelnen Gonomeren erkennen. Was nun die direkte Ursache für das stark hervortretende Selbständigbleiben der Idiomeren anbelangt, so gibt es hierfür verschiedene Erklärungsmöglichkeiten. Man könnte annehmen, dass durch die Wärme die Tätigkeit der richtenden Zentren gelähmt würde, so dass sie ihre Fähigkeit verlören, die Idiomeren stark genug anzuziehen, infolgedessen würden diese weit aus- einander zu liegen kommen und ein Zusammentliessen wäre damit ausgeschlossen. Dagegen spricht aber, dass ich häufig ganz eng Uber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 417 aneinander geschmiegte Idiomeren fand, die trotzdem ihre Mem- branen nicht aufgelöst hatten. Weiter könnte man annehmen. dass die Membranen der Idiomeren durch die Wärme derart verändert würden, dass sie ein Zusammentfliessen der Schwesteridiomeren unmöglich machten. Auch könnte man sich die Kombination der beiden eben genannten Möglichkeiten vorstellen. Zu Anfang sind vielleicht die Membranen noch zum Zusammentliessen fähig, die Idiomeren liegen da aber noch zu weit voneinander entfernt, wenn sie jedoch dann schliesslich zusammenkommen, hat sich die Membran so verfestigt, dass sie nun selbständig bleiben müssen. Bei diesen Erklärungsmöglichkeiten würde gewissermassen die Wärme einen mechanischen Reiz ausüben. Ich glaube aber eher, dass es sich hier nur um eine zeitliche Verschiebung der Verhältnisse handelt. Wir haben ja schon gesehen, und es ist auch von anderer Seite für die Wärme vielfach gezeigt worden, dass sie beschleunigend auf die Teilungsgeschwindigkeit wirkt. Nun brauchte dies allerdings morphologisch gar nicht zum Ausdruck zu kommen, es könnte einfach jedes Stadium der Mitose etwas weniger Zeit brauchen. Wir sehen jedoch, dass in unserem Falle ein Stadium übersprungen wird, nämlich das des einheitlichen Kernes. Ähnliche Befunde hat Conklin durch Temperaturwirkung auf die Eier von Crepidula gemacht: „indeed by sligh increase of temperature almost every chromosome may be caused to remain distinet from every other one, and to give rise to a separate chromosomal vesieule“. Ob nun in diesen Teilbläschen wieder Chromosomen ausgebildet werden, gibt er nicht an. Ein solches weitgehendes Selbständigbleiben der Idiomeren wird aber von Reuter für die normale Entwicklung von Pedieulopsis beschrieben. Hier wird von jedem Chromosom ein Idiomer ausgebildet, in dem das ursprüngliche Gebiet des Chromosoms, wenn auch nur noch schwach gefärbt, erkennbar ist. Aus diesen Gebilden entwickeln sich dann zwei Chromosomen für die nächste Teilung. Auch für die ersten Furchungsstadien der Forelleneier wird ähnliches von Henneguy beschrieben: „Dans les grandes spheres de segmentation, dont les divisions se succ@edent rapidement, la reedification des noyaux-filles est generalement incomplete. Les noyaux commencent deja a entrer en division avant d’etre revenus a l’etat de repos. ..... Le noyau est alors constitu& par une Alfred Tobias: Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 419 reunion de petits novaux elementaires. formes chacun par une vesicule contenant un ou deux chromosomes independants.* wückert knüpft an diese Befunde, die er ebenfalls für eine Abkürzung des Vorgangs der Mitose ansieht, die Betrachtung an: „Es wäre nicht ohne Interesse, experimentell festzustellen, ob sich diese verschiedenen Stufen der Abkürzung des Teilungs- verfahrens etwa künstlich hervorrufen lassen durch Beschleunigung der Entwicklung vermittelst Temperaturerhöhung des umgebenden Mediums.“ Diese Vermutung Rückerts hat durch meine Ver- suche ihre volle Bestätigung gefunden. Neben den eben beschriebenen beinahe als Regel auf- tretenden Abnormitäten fand sich noch öfter das Ausbleiben der Zellteilung, und zwar schienen die Eier einzelner Tiere besonders dazu disponiert zu sein, denn wenn einmal diese Abweichungen auftraten, so fanden sie sich fast in jedem Ei. Textfig. 43 zeigt, wie in einem Ei nur zwei Zellen eine Grenze besitzen. Hier liegt der Gedanke nahe, dass wir es mit den Keimbahnzellen zu tun haben, die durch ihren langsameren Teilungsrhythmus eher befähigt sind, eine Zellgrenze auszubilden. Dass die Erscheinung der Ektosomen auch bei Ausbleiben der Zellteilung nur dem einen Pol zugeordnet ist, zeigt Textfig. 44. 3. Wirkung der Zurückversetzung in normale Temperatur. Nur wenige Versuche wurden angestellt über die Einwirkung der Zurückversetzung der Eier aus der Wärme in normale Temperatur. Es zeigte sich dann stets, dass die Teilungs- geschwindigkeit, besonders wenn die neue Temperatur sehr niedrig war, sich stark verminderte. Infolgedessen konnten die durch die Wärme erzeugten Abweichungen noch längere Zeit beob- achtet werden, sowohl die selbständigen Idiomeren, als auch die sich davon herleitende unregelmässige Verteilung der Chromo- somen. Dies zeigt z. B. Textfig. 45a, b. Es sind dies zwei auf- einander folgende Schnitte einer Zelle: grob schematisch könnte man die Anordnung der Chromosomen so deuten, als ob zwei Mitosen hintereinander gelegen wären, ähnlich wie bei der Reifung z. B. des Eies von Canthocamptus. Dies liesse sich auf die Gonomerenanordnung der Idiomeren, wie dies die Textfig. 38 zeigt, zurückführen, indem anzunehmen wäre, dass die beiden räumlich getrennten (je einer Gonomere entsprechenden) Idiomeren- Archiv f.mikr. Anat. Bd.84. Abt.]I. 28 AyTrie de Bohnrase c 420 Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 421 gruppen je eine dieser Teilungsfiguren bilden. Dabei bewegen sich nun aber die inneren Tochterplatten aufeinander zu, die äusseren voneinander weg. Freilich wäre da anzunehmen, dass bereits mehr als zwei Zentren (drei oder vier) vorhanden sind, dagegen spricht aber erstens. dass einzelne Chromosomenpaare quer zur kichtung der übrigen auseinanderweichen (Textfig. 45a) |x|, und zweitens, dass in den höheren Furchungsstadien überhaupt keine Sphären mehr gefunden werden, sondern die Mitosen stets nur eine tonnenförmige, intranukleäre Spindel ohne jede Strahlung aufweisen, also anscheinend ein von Zentren unabhängiger Teilungsmodus vorliegt. In unserem Falle würde, wie sonst der ganze Kern, jedes Idiomer selbständig eine solche „intranukleäre* Einzel- spindel ausbilden können, wodurch die beiden Tochter- chromosomen zum selbständigen Auseinanderweichen veranlasst würden. Die Spindeln eines Haufens würden sich dann ungefähr parallel einstellen, so dass unser Bild zustande käme. Ich habe im übrigen derartige Bilder auch bei Wärmetieren öfter gefunden. bei zwei Tieren, die ebenfalls aus der erhöhten Temperatur in die normale zurückversetzt worden waren, traten in mehreren Eiern regelrechte intranukleäre Mitosen (Textfig. 46) auf, wie sie für die Protozoen beschrieben sind. Die Kernmembran war noch völlig intakt, während die fertig ausgebildeten Chromosomen sich bereits zu den Tochterplatten angeordnet hatten, nur eins ist in der Mitte zurückgeblieben. Eine Sphäre war nicht ausgebildet. Noch einige auffallende Bilder möchte ich hier besprechen. Die Textfig. 47 und 48 stellen ein Il-Zellenstadium von Uyclops strenuus dar, der 30 Minuten in 33° gehalten worden war. Nach dieser Zeit wurde der eine Eiballen konserviert, der andere in die normale Temperatur zurückgebracht und dann nach 24 Stunden bei 31/2” konserviert. Die Bilder stammen von Eiern des zweiten Eiballens. In Textfig. 47 liegt in der Mitte des Eies ein kern- artiges (Gebilde anscheinend im Prophasestadium. Ein Telophase- stadium kann es nicht sein. da, wie schon oben erwähnt. die Umwandlung der Chromosomen ganz anders vor sich geht, und auch der Vergleich mit den anderen Eiern dieses Eiballens lässt dies unwahrscheinlich erscheinen. Dieses Gebilde zeigt in der Mitte eine Einschnürung, wo auch die Chromosomen stark zusammengedrängt sind. In der oberen Zelle sieht man rechts eine wohlausgebildete Sphäre, der im nächsten Schnitt eine ent- 28* 422 ARTE Nob are sprechende (dem gleichen Blastomer zugehörige) Sphäre links oben segenüberliegt. In der anderen Zelle liegen dagegen die Sphären bei dieser Orientierung des Schnittes nicht wie oben rechts und links, sondern oben und unten, so dass also die Verbindungs- linien der entsprechenden Sphären senkrecht aufeinander stehen würden, während sie bei normaler Furchung einander parallel sind. Vielleicht spricht sich hier schon die dann später auch in normalen Fällen auftretende Tetraederstellung der ersten vier Blastomeren aus. Ein entsprechendes Bild zeigt Textfig. 48, aber in höherem Stadium, und zwar in der Anaphase, wie dies die obere Zelle deutlich zeigt. Auch. hier kann man erkennen, dass die beiden Mitosen senkrecht zueinander orientiert sind: in der oberen Zelle ist die Teilungsspindel ungefähr längs getroffen. man sieht hier die beiden Chromosomengruppen wie gesagt in der Anaphase: in der unteren Zelle ist offenbar die Spindel quer getroffen, wie dies aus den quergeschnittenen Chromosomen er- sichtlich ist. Da in jedem Blastomer die Anzahl der Chromo- somen annähernd 44 betrug, so haben wir es hier nicht mit der ersten Furchungsteilung, sondern, wie ausserdem auch noch die vier Sphären verraten, mit dem Übergang vom Il- zum IV-Zellen- stadium zu tun. Wie ist nun diese Erscheinung zu erklären? Es sind vor allem drei Möglichkeiten vorhanden. Erstens könnte in der Zelle ein Synkaryon bestanden haben, das sich nun in der Prophase bezw. Anaphase zur Teilung in vier Kerne befindet. Die Zelle hätte sich dann früher geteilt als der Kern, und man müsste sich die Einschnürung der Kernfigur als eine Wirkung der gegen die Mitte fortschreitenden Zellfragmentierung entstanden denken. eine sehr gewagte Annahme, die die ganze Entstehungsmöglichkeit recht hinfällig erscheinen lässt. Zweitens könnten wir an eine noch nicht vollkommen durchgeschnürte Amitose denken, deren Tochterkerne sich nun aber auf eine mitotische Teilung vor- bereiten. Hier ist aber wiederum schwer zu erklären, wie in dem eingeschnürten Teile so viele Chromosomen zusammen zu liegen kommen. Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass bei einer Amitose ein grosser Teil des Chromatins in dem Verbindungs- strang liegen bleiben sollte. So halte ich die dritte Erklärung für die wahrscheinlichste: Wir haben es hier mit einer typischen Haeckerschen Pseudoamitose zu tun, und zwar wäre an- (ber den Einfluss erhöhter Temperatur etc. 423 zunehmen, dass der durch die Pseudoamitose entstandene hantel- förmige Kern bereits wieder in das Stadium der Prophase ein- getreten ist. Nun ist der Verbindungsstrang der beiden Teilkerne nach Haecker auf die Erscheinung zurückzuführen, dass die auseinander weichenden Tochterchromosomen durch Verbindungs- fäden noch im Zusammenhang bleiben, während sie bereits in das Stadium der Telophase und in die Bildung. des Ruhekernes ein- traten. (Geht nun ein derartiger durch Pseudoamitose entstandener hantelförmiger Doppelkern in das Prophasestadium über, so würde vom Boden der Individualitätslehre der Uhromosomen verständlich sein, wie gerade im Stiel der Hantel eine besondere Menge von Chromosomenanteilen zum Vorschein kommt. Auch die anscheinend gleiche Zahl der Chromosomen in den beiden Kerngebieten liesse sich mit dieser Annahme besser als mit den beiden ersten vereinbaren. Eine weitere Stütze erhält diese Annahme schliesslich noch dadurch, dass ich tatsächlich bei ähnlicher Behandlung eines Tieres typische Pseudoamitosen gefunden habe, bei welchen an- scheinend sämtliche Tochterchromosomen noch durch Stiele zu- sammenhängen. Die Zellgrenze konnte ich in dieser Figur nur andeuten, da sie sehr schräg zur Schnittebene verlief (Textfig. 49). Anhang. Alkohol- und Cocainversuche. Zum Schlusse will ich noch auf einige Befunde eingehen, die ich bei den bereits erwähnten Alkohol- und Cocain- versuchen gemacht habe. Wie schon gesagt, fanden sich diese Abnormitäten nicht als Regel; sie sind jedoch interessant genug, um noch erörtert zu werden. Da treten vor allem oft die von Haecker beschriebenen Pseudoamitosen auf. Sie sind, wie gesagt, darauf zurückzuführen, dass bei einer sonst ziemlich normal verlaufenden Mitose die Tochterchromosomen relativ lange mit ihren Enden zusammenhängen bleiben, während die entgegen- gesetzten Enden sich schon zum Idiomer umwandeln. Dies wird z. B. durch Textfig. 50 veranschaulicht. Man sieht noch die Ver- bindungsbrücken der Uhromosomen, die hier allerdings schon teil- weise auseinander gerissen sind. Die Enden der Chromosomen haben sich bereits zu Idiomeren umgebildet, deren homogene Struktur mir allerdings nicht ganz normal erscheint. Das Bild A24 Alfred Tobras: Fie. 49. Fie. 50. Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 425 erinnert stark an das vom „nachhinkenden“ Chromosom (Textfig. 7). Während wohl dieses Bild noch von jedem für eine typische Mitose gehalten werden wird, ist dies für Textfig. 51 nicht so klar. und man könnte, wenn man nicht alle Zwischenglieder sähe, sehr leicht in die Versuchung kommen, sie für eine wirkliche Amitose zu halten, da die Idiomeren, die man ja zwar noch gut unterscheiden kann, sehr dicht aneinander gelagert sind. Ein fortgeschritteneres Stadium solcher Psendoamitosen zeigt Textfig. 52; hier befinden sich die beiden Tochterkerne bereits im Wachstumsstadium mit zahl- reichen Nukleolen, sie hängen aber immer noch deutlich zusammen. Sehr instruktiv ist noch Textfig. 55. Es handelt sich hier um die Kernteilung zum II-Zellenstadium. Bei normalen Tieren ist es ja schon lange bekannt, dass die väterlichen und mütter- lichen Kernanteile in diesem Stadium vollkommen selbständig bleiben, und Haecker hat auch gezeigt, dass sich oft zwischen beiden eine deutliche Phasendifferenz erkennen lässt. Das wird in diesem, bei einem Cocainversuche entstandenen Bilde noch besonders klar: während von einem Kernanteil die Idiomeren ganz normal ausgebildet sind. hängen bei dem anderen die Chromosomen noch zusammen, nur ihre Enden beginnen sich zu Idiomeren umzuwandeln, ein ähnliches Bild wie Textfig. 50 und 51. . Zusammenfassung. 1. Bei der Behandlung der Cyelopseier mit erhöhter Tempe- ratur kam nur die Temperatur selbst als ein den Teilungsmodus beeintlussender Faktor in Betracht: die Wirkung der durch die Temperaturerhöhung hervor- gerufenen Änderungen des Gehalts an O2. UOs, N, H»S, NH, und Salzen konnte als unwesentlich eliminiert werden. 2. Es zeigte sich, dass die vom Muttertier abgelösten Ei- ballen sich normal entwickelten. 3. Die Wirkung erhöhter Temperatur auf die Ovidukteier äusserte sich neben Zerfallserscheinungen und verfrühter dizentrischer Wanderung der Spindel vor allem darin, dass die Chromosomenpaare der biserialen Anordnung die Tendenz zeigten, sich voneinander zu trennen, jedes Paar für sich ein idiomerenähnliches Gebilde darstellend. 4. bei den Reifungsteilungen behielten diese Gebilde ihre Selbständigkeit bei: sie wanderten einzeln nach der 426 Almeida N oibrra'se Eiperipherie und waren teilweise sogar imstande, selb- ständig eine Reifungsteilung durchzuführen. Die Chromo- somen des weiblichen Vorkernes bildeten keinen einheit- lichen Kern, sondern die aus ihnen entstandenen Idiomeren blieben selbständig und wanderten so auf den Spermakern zu zur Kopulation. Ausserdem wurden einige Male multi- polare Reifungsteilungen und tangentiale Richtungskörper- spindeln gefunden. Öfters konnten tripolare Mitosen im ungefurchten Ei beobachtet werden. Auch in den Furchungsstadien zeigte sich die Neigung der Idiomeren, selbständig zu bleiben: das ging so weit. dass sie überhaupt nicht zusammenflossen, sondern jedes einzelne für sich ein typisches Wachstums- und Prophase- stadium durchmachte mit wohlausgebildeten Nukleolen und deutlichen Chromosomen. Die darauf eintretende Anaphase war dann oft infolge des weiten Auseinander- liegens der Uhromosomen mehr oder weniger unregel- mässig. Ähnliche Verhältnisse zeigten auch die Gonomeren. 6. Bei Zurückversetzung der Eier in normale Tempe- ratur zeigten sich manchmal typische Pseudoamitosen, die bei vielen Eiern eines Tieres immer noch durch ihren Verbindungsstrang zusammen blieben, obgleich sie sich schon auf die nächste Teilung vorbereiteten. Bei einigen Alkohol- und Cocainversuchen wurden ähnliche Pseudoamitosen erzielt, wie sie Haecker und Schiller für Äther- und Chloroformbehandlung be- schrieben haben. (el /um Schluss möchte ich Herrn Professor Dr. Haecker für die Überlassung des Themas und seine Hilfe, desgleichen Herrn Professor Dr. Brüel für die wertvollen Ratschläge zur kritischen Behandlung der Fragen meinen herzlichsten Dank aussprechen. Für die chemischen Untersuchungen haben Herr Professor Dr. Vor- länder und Herr Professor Dr. Tubandt mir ihre Laboratorien bereitwilliest zur Verfügung gestellt und mich mit ihrem Rate unterstützt, auch ihnen sowie ihren Herren Assistenten Dr. Riedel und Hellthaler bin ich zu grossem Danke verpflichtet. | Über den Einfluss erhöhter Temperatur ete. 42 Literaturverzeichnis, Amma, K., 1911: Über die Differenzierung der Keimbahnzellen bei den Copepoden. Arch. f. Zellforsch., Bd. 6. Braun, H., 1909: Die spezitischen Chromosomenzahlen der einheimischen Arten der Gattung Uyclops. Arch. f. Zellforsch., Bd. 3. Bonnevie, Ch., 1908: Chromosomenstudien I. Arch. f. Zellforsch., Bd. 1. —, 1909: Chromosomenstudien Il. Arch. f. Zellforsch., Bd. 2. 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Entw.-Mech. d Ore., Bd. 13. Wolf. E., 1905: Fortpflanzungsverhältnisse unserer einheimischen Copepoden. Spengel, Zool. Jahrb. Syst.. Bd. 22. rs A Uber den Eintluss erhöhter Temperatur etc. 429 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVII. Sämtliche Zeichnungen sind mit Zeichenapparat und Reichert Immers. 1Sc und Kompens.-Okul. 12 angefertigt. ausser Fig. 8, bei der en Reichert- Apochromat 1.5 benutzt wurde. Fig. 1. Cyelops viridis, Oviduktei, biseriale Anordnung mit „Streifen“ und Sphären. Fig. 2. Cycelops albidus, Oviduktei, 4h bis 25°, biseriale Anordnung mit Uhromosomenversprenzung. Fig. 3. Uyclops viridis, Reifung. Ih bis 24°, vierpolige Mitose, Fig. 4. Cyelops viridis, Furchung, Ih 31°, Umwandlung der Chromosomen zu Idiomeren. Fig. 5. Cyelops viridis, Furchung, 2h 35°, Lochkern. Fig. 6 und 7. ÜUyelops viridis, Furchung,. Ih 12° 34°, Idiomeren in Prophase. Fig. 8. Cyelops viridis, Furchung, 1h 35°, Idiomeren mit spiralig gewundenen Doppelehromosomen. Fig. 9. Cyelops viridis, Furchung, Ih 12’ 34°, die Membranen der Idiomeren haben sich autgelöst. Fig. 10. Cyelops viridis, Furchung, 1h 12° 34°, unregelmässige Anaphase. Aus dem histoloeischen Laboratorium der medizinischen Hochschule für Frauen in St. Petersburg. Die Nervenendapparate im Pericardium des Menschen und der Säugetiere. Von Prosektor Dr. W. Martynoff. Hierzu Tafel XIX und XX. Die Frage über die Nervenendapparate im Herzbeutel der Säugetiere und des Menschen ist noch relativ wenig studiert worden. wenngleich in der Literatur bereits Untersuchungen einiger Forscher. hauptsächlich von J. Skworzoff (1) und J. Jantsehitsch (2) vorliegen. Die Untersuchungen von Skworzoff stammen aus dem Jahre 1574 und sind am Peri- cardium der Katze und des Hundes vermittelst der Vergoldungs- methode von Cohnheim ausgeführt. Skworzoff kommt zum Schluss, dass der Herzbeutel arm an Nerven ist. Nervenstämmcehen sind in ihm fast ausschliesslich entlang den Gefässen angeordnet, nur in seltenen Fällen gehen von einem Nervenstämmchen ein- zelne Nervenfasern zum Gewebe des Herzbeutels selber ab, in dem sie sich verlieren. /u anderen Resultaten gelangte Jantschitsch, der fast gleichzeitig mit Skworzoff mit derselben Methode an Katzen und Fröschen gearbeitet hat. Nach ihm ist das Pericard sehr reich an Nerven: es können zwei Arten von Nervenstämmchen unterschieden werden, die einen verlaufen zu den Gefässen, die anderen verzweigen sich im Gewebe des Pericardiums selber. Im Verlauf der Nervenstämmchen finden sich Gruppen von Zellen, die den Charakter von Nervenzellen haben sollen. Diese Angaben sind fast alles. was bisher über die sensiblen Nervenfasern im Herzbeutel der Säugetiere bekannt ist. Ich entschloss mich daher in Anbetracht der geringen und zum Teil unvollkommenen Angaben. diese Frage einer Untersuchung zu unterziehen und wenn möglich die vorhandenen Befunde zu vervollständigen. 2 r . « - 15) Die Nervenendapparate im Pericardium des Menschen etc. 431 Als Untersuchungsobjekt diente mir das Pericard vom Menschen, vom Affen, vom Pferde. von der Kuh, vom Hunde und von der Katze. Der Herzbeutel besteht, wie bekannt, aus zwei eng mit- einander verbundenen Membranen, einer äusseren fibrösen und einer inneren serösen. Letztere zerfällt in zwei Blätter, ein parietales und ein viscerales, mit dem Herzmuskel eng verbundenes. Die fibröse Membran verwächst bloss an der Basis des Herzbeutels, nicht mit dem parietalen Blatte der serösen Membran: sonst sind diese beiden Gebilde überall dicht miteinander verschmolzen. Eine scharfe Grenze zwischen der fibrösen und serösen Membran ist nicht erkennbar, da die Fibrillenbündel der einen unmittelbar in die andere übergehen. Die Oberfläche der serösen Membran wird von einem einreihigen, flachen Epithel ausgekleidet. Zur Untersuchung benutzte ich nur die fibröse Schicht des Herzbeutels und das parietale Blatt ihrer serösen Schicht: die pericardiale Pleura löste ich ab. Die Färbung der Nerven mit Methylenblau führte ich folgendermassen aus: der Herzbeutel wurde zunächst sorgfältig in erwärmter physiologischer Kochsalzlösung ausgewaschen. Von der Oberfläche des Herzens schnitt ich dünne Muskelplättchen, die vom Epicard bekleidet waren, ab, wusch sie aus und legte sie mit dem Epicard nach oben in tiefe Petrischalen ein; die Ober- fläche dieser Schnitte wurde mit 'sproz. Methylenblaulösung befeuchtet und auf diese der Herzbeutel mit seiner vom Epithel bekleideten Oberfläche nach unten gerichtet aufgelegt. Die Aussenfläche feuchtete ich desgleichen mit ''sproz. Methylenblaulösung an. Die Schalen mit den Präparaten wurden darauf für 2—2'/» Stunden in den T'hermostaten bei einer Temperatur von 37° C. eingestellt. Im Verlaufe dieser Zeit wurde die Oberfläche des Präparates zweimal mit derselben Methylenblaulösung befeuchtet: das erste Mal nach einer Stunde und nicht früher, da sich in diesem Falle die Nervenapparate nicht färbten, das zweite Mal 1'» Stunden nach der ersten Färbung. Nach der Färbung wurden die Präparate für 24 Stunden in eine Sproz. Lösung von molybdänsaurem Ammon, dem bisweilen eine geringe Menge Formalin zugesetzt war, eingelegt: darnach wurden sie 3—4 Stunden in einer grossen Menge destillierten Wassers ausgewaschen, entwässert, aufgehellt und in gewöhnlicher. Weise in Xyloldamarlack eingeschlossen. Durch dieses Verfahren war die Möglichkeit gegeben, die Verteilung der Nervenfasern und deren Endapparate auf arossen Abschnitten des Herz- beutels zu untersuchen. In der Wand des Herzbeutels sind die Nervenstämmchen verschieden verteilt: ein Teil verläuft entlang den Gefässen, der andere unabhängig von ihnen. Beide Arten von Nervenstämmechen 432 W. Martynoft: geben Astehen ab, die in benachbarte Stämmcehen übergehen, so dass in der fibrösen Schicht des Herzbeutels ein weitmaschiges (reflecht entsteht. Die Mehrzahl der Fasern sind marklos: fast in jedem Stämmehen sind jedoch, wenn auch in geringer Zahl, verschieden dicke markhaltige Fasern vorhanden. Viele der letzteren teilen sich an den Ranvierschen Schnürringen: die Teiläste sind bald marklos, bald markhaltig: die ersteren teilen sich auf ihrem weiteren Verlauf noch mehrfach. Dieser Befund weist somit darauf hin, dass viele von den in den Bestand eines Nervenstämmchens eingehenden marklosen Fasern ursprünglich markhaltigen angehören. Stellenweise liegen im Verlauf der Nervenstämmcehen bald einzelne, bald Gruppen (zu 15—20) von Nervenzellen. Von diesem Geflecht wehen Äste zur serösen Schicht. in welcher sie ein zweites (Geflecht bilden, das viel schwächer ausgebildet ist und hauptsächlich aus marklosen Fasern besteht. Von letzterem (reflechte entspringen feinste Nervenfasern, die fast unmittelbar unter dem Epithel in varıköse Nervenästchen zerfallen. die wiederum miteinander anastomosieren und ein recht dichtes Netz bilden — das subepitheliale Netz (Fig. 13). Im Verlaufe der Nervenstämmechen sondern sich von den- selben stellenweise sowohl markhaltige als auch bereits marklos gewordene Fasern ab. die nach einem gewissen Verlauf sensible Apparate bilden: die marklosen (sympathischen) Fasern verlaufen ausschliesslich zu den Blutgefässen. Hinsichtlich der Nervenendapparate des Menschen und der Säugetiere ist der Unterschied zu vermerken, dass eingekapselte Nervenapparate ausschliesslich im Herzbeutel des Menschen an- getroffen werden. während die uneingekapselten sowohl beim Menschen als bei Tieren vorhanden sind. Eingekapselte Nervenapparate. /u den eingekapselten Nervenapparaten gehören die Körperchen von Golgi-Mazzoni, die sowohl in der fibrösen als auch in der serösen Schicht des Herzbeutels liegen (Fig. 1. 2). Diese Apparate werden in einer recht grossen Zahl angetroften: an den Verzweigungen einer markhaltigen Faser können 4—S derselben vorhanden sein. Da sich dieselben in ihrem Bau gar nicht von den an anderen Stellen beschriebenen unterscheiden, so gehe ich auf eine weitere Schilderung nicht ein und will Die Nervenendapparate im Pericardium des Menschen etc. 433 nur bemerken, dass die an diese Körperehen herantretende feine Faser sich sehr schwer färbt. Uneingekapselte Nervenapparate. Zu diesen Apparaten gehören, soweit ich nach meinen Beobachtungen beurteilen kann: 1. die uneingekapselten Knäuel: 2. baumförmige Apparate: 3. modifizierte baumförmige Apparate. l. Die uneingekapselten Knäuel (Fig. 3. 4) sind bereits im Epicard beschrieben worden (A. S. Dogiel[4]). In ihnen endigen sowohl dünne wie auch dickere markhaltige Nervenfasern. Die Knäuel werden bald nur von einer Nervenfaser, bald von mehreren (2—3) gebildet. Im ersteren Falle sind die Knäuel in Gruppen angeordnet, wobei sie von Teilästen einer einzigen Nervenfaser gebildet werden: im zweiten Falle werden nur vereinzelte Knäuel angetroffen. Die zum Knäuel ziehende Nervenfaser verliert in einer verschiedenen Entfernung von ihm ihre Markscheide. worauf der nackte Achsenzylinder sich verzweigt und rasch in eine grosse Anzahl feiner Fädchen zerfällt: letztere verzweigen sich mehr- fach, winden sich mannigfach in verschiedenen Ebenen, durch- tlechten sich untereinander. anastomosieren miteinander und bilden einen ungemein dichten Knäuel. Die Fäden desselben sind stets sehr fein und bald mit kleineren. bald mit grösseren, ver- schieden gestalteten (runden, spindelförmigen, vieleckigen) Vari- kositäten besetzt. Die Form der Knäuel ist sehr mannigfach: eiförmig,. rund, am häufigsten unregelmässig: sie hängt offenbar von der Struktur des umgebenden Gewebes ab. Die Knäuel liegen sowohl in der fibrösen als auch der serösen Schicht des Herzbenutels. 2. Baumförmige Endverzweigungen (Fig. 5). Dieselben sind bekanntlich in verschiedenen Bindegewebsgebilden vorhanden und am Herzen bereits von verschiedenen Forschern beschrieben worden. so im Epicardium (A. S.Dogiel [4], im Endocardium (A. Smirnoff 5]. V.Schmidt [6], A.S.Dogiel [4| und andere). Auch ich habe sie häufig auf meinen Präparaten gesehen. Auf ihre Beschreibung werde ich nicht weiter eingehen, ich weise nur auf einige Modifi- kationen hin, die ich Gelegenheit hatte, zu beobachten. a) Die erste in der fibrösen Schicht des Herzbeutels anzu- treffende Modifikation ist folgende: eine feine, markhaltige Faser durchläuft nach Verlust ihrer Markscheide eine beträchtliche 434 W. Martynoff: Strecke, teilt sich darauf reichlich und zerfällt in eine recht grosse Anzahl feiner, varıköser, sich ihrerseits mehrfach teilender und miteinander anastomosierender Fäden. Infolge der Anasto- mosen erhält der Apparat das Aussehen eines Netzes, was offen- bar einigen Forschern die Veranlassung gab, derartige Endver- zweigungen als besondere Nervenapparate zu beschreiben. Die Form und Grösse ist sehr mannigfach: bald sind sie getrennt blattförmig. bald in Gestalt von vieleckigen und eiförmigen Plättehen usw. Gewöhnlich sondern sich von einer der Endver- zweigungen ein oder mehrere feine, variköse Ästchen ab, die nach kurzem Verlauf sich abermals rasch teilen und einen neuen ähnlichen Apparat bilden, aus dem dann wiederum feine Ästchen zur Bildung eines 3., 4. usw. Apparates entspringen. Sämtliche, in den Bestand eines derartigen zusammengesetzten Körperchens eingehenden Endverzweigungen liegen den Bindegewebsfibrillen- bündeln an und nehmen ein recht beträchtliches Gebiet ein (Fig. 6, 7 und 8). b) Die zweite Modifikation baumförmiger Endverzweigungen: erinnert an die zuerst von A. Dogiel (4) an der Übergangs- stelle der Muskein in die Sehnen beschriebenen Apparate. In dieser Weise endigen gewöhnlich Fasern mit einer dicken Mark- scheide und Schwannschen Scheide. In der Mehrzahl der Fälle verläuft eine derartige Faser, nach ihrer Abzweigung vom Nerven- stämmchen, in schlangenförmigen Windungen zur Oberfläche eines Bindegewebsfibrillenbündels, bildet darauf einen Bogen und teilt sich alsbald in 2—3 dicke markhaltige Äste. Letztere bilden einige schlingenförmige Windungen, verlaufen in umgekehrter Richtung zum Verlauf der dieken markhaltigen Faser zurück, wobei jeder Ast an den Ran vierschen Schnürringen in 2—3 ähnlich gewundene Äste zerfällt; diese verlieren schliesslich ihre Mark- scheide. Die marklos gewordenen Fasern teilen sich abermals und anastomosieren miteinander, infolgedessen schliesslich ein ganzes Bündel von marklosen feinen Fibrillen entsteht, die die Bindegewebs- fibrillen umflechten. Diese Endfibrillen sind sowohl auf ihrem Ver- laufe als auch am Ende mit verschieden gestalteten Varikositäten besetzt. Derartige Apparate werden in den tieferen Lagen der serösen Schicht des Herzbeutels angetroffen (Fig. 9). c) Zu den modifizierten baumförmigen Endapparaten müssen auch diejenigen gezählt werden, die von markhaltigen Fasern Die Nervenendapparate im Pericardium des Menschen ete. 435 gebildet werden, welche von den in dem Herzbeutelgewebe an- geordneten Nervenstämmcehen abgehen. Recht häufig verlieren die Fasern ihre Markscheide noch innerhalb des Nervenstämmchens und ziehen nach dem Austritt aus demselben eine weite Strecke als marklose Fasern: diese verlaufen senkrecht zur Längsachse der Bindegewebsfibrillenbündel. In gewisser Entfernung von- einander entspringen von der Faser alsdann mehr oder weniger feine Ästchen, die nach mehrfacher Teilung in eine grosse An- zahl feiner Fädchen zerfallen. Diese anastomosieren stellenweise miteinander und bilden Schleifen, die in der Mehrzahl der Fälle parallel der Längsachse der Bindegewebsfibrillenbündel ausgezogen sind. Nach Abgabe auf einer relativ kurzen Strecke einiger (4—6) Ästehen endigt die Nervenfaser selber ebenso wie ihre Teiläste (Fig. 10 und 11). Diese Apparate liegen sowohl in der fibrösen als auch der serösen Schicht des Herzbeutels. Zum Schluss will ich noch auf Apparate hinweisen. wie einer derselben auf Fig. 12 abgebildet ist. Diese Apparate werden eewöhnlich von dicken markhaltigen Fasern gebildet, welche von den in der fibrösen Schicht des Herzbeutels gelegenen Stämmchen abgehen. Nach dem Austritt aus dem Nervenstämmchen windet sich die Faser stark und teilt sich hierbei mehrfach. Die mark- losen Teiläste verlaufen zur Oberfläche des Epicards. teilen sich hier rasch, infolgedessen eine grosse Anzahl feinster Nerven- fäden entsteht, die auf einem kleinen Gebiet zusammengedrängt sind. Diese feinsten Nervenfädchen anastomosieren miteinander und bilden ein Nervenendnetz, das unter dem Epithel gelegen ist. Ob von diesem Netze Ästchen zum Epithel abgehen, habe ich nicht beobachtet. Nervenendigungen im Epithel. Hinsichtlich der Frage über die Endigung der Nerven im einschichtigen platten Epithel sind die Ansichten der Forscher widersprechend: die einen (Heymans[7]. Demoor [S] nehmen an, dass von dem unterhalb des Epithels gelegenen Getlechte feinste Fasern abgehen, die an die Epithelzellen herantreten und unmittelbar unterhalb derselben endigen; die anderen (Smirnow [5], Schmidt [6] beschreiben intraepitheliale Nerven, die vom subepithelialen Geflecht abgehen und in Gestalt von varikösen Fäden ins Epithel eindringen, wo sie zwischen seinen Archiv f.mikr. Anat. Bd.8S4. Abt.I. 29 456 W. Martynoff: Zellen endigen. Ich selbst habe ungeachtet einer vollständigen Färbung der Nervenverzweigungen niemals intraepitheliale Nerven gesehen. Auf meinen Präparaten habe ich bloss feststellen können. dass von dem subepithelialen Getlechte feine Fasern abgehen. die sich unmittelbar unter den Epithelzellen erstrecken und auf ihrem Verlaufe kurze Fädchen abgeben, welche in knopfförmigen, den Basen der Epithelzellen anliegenden Verdiekungen endigen. Die mitgeteilten Beobachtungen ergeben somit. dass hin- sichtlich der Nervenendapparate der Herzbeutel grosse Ähnlich- keit mit dem Peritoneum und der Pleura hat, deren Endapparate ausführlich von A. S. Dogiel untersucht worden sind. Literaturverzeichnis. 1. Skworzoff, J.: Material zur Anatomie und Histologie des Herzens und seiner Hüllen, St. Petersburg, 1874. 2. Jantschitsch, J.: Material zur Anatomie der Nerven des Pericards. Journal für normale und path. Histologie und für klin. Medizin, herausgeg. von Rudneff, Bd. VIII, 1874. 3. Dogiel, A.: Die sensiblen Nervenendigungen im Herzen und in den Blutgefässen der Säugetiere. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 52, 1898. 4. Derselbe: Endigungen sensibler Nerven in den Augenmuskeln und ihren Sehnen beim Mensciien und bei den Säugetieren. Bulletin de l’Acad&mie Imp. des Sciences, St. Petersburg, T. 20, 1907. 5. Derselbe: Nervenendigungen in der Pleura des Menschen und der Säuge- tiere. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 62, 1903. 6. Smirnow, A.: Über die sensiblen Nervenendigungen im Herzen bei Amphibien und Säugetieren. Anat. Anz., Bd. 16. 1899. 7. Schmidt, V.: Zur Innervation des Herzens. Sitzungsber. der Dorp. Naturforscher-Gesellsch., 1895. 8. Demoor et Heymans: Etude sur l’innervation du coeur des vertebres aA l’aide de la methode de Golgi. Arch. de Biologie, T. 13, 1893—1894. 37 Die Nervenendapparate im Pericardium des Menschen ete. 45 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIX und XX. Fig. 1. Körperchen von Golgi-Mazzoni aus dem Pericard des Menschen. Zeiss, Obj. II, Ok. I; doppelt vergrössert. Fig. 2. Körperchen von Golgi-Mazzoni aus dem Pericard vom Menschen. a = dicke, markhaltige Nervenfaser. Zeiss, Obj. DD., Ok. II. Uneingekapselte Knäuel aus dem Perikard des Pferdes. Zeiss, Obj. A, ORT. Fig. 4. Uneingekapselte Knäuel aus dem Pericard des Pferdes. Zeiss, Obj. DD, Ok. 1. Fig. 5. Baumförmiger Apparat aus dem Pericard des Menschen. a = mark- haltige Nervenfaser, die in weiter Entfernung vom Apparat die Markscheide verloren hat. Zeiss, Obj. A, Ok. II. Fig. 6. Modifizierter baumförmiger Apparat aus dem Pericard des Pferdes. a — eine an den Apparat herantretende Nervenfaser; b — eine aus dem Apparat austretende Faser. Zeiss, Obj. A, Ok. II. Ein Teil eines gleichen Apparates bei stärkerer Vergrösserung. Zeiss, Obj. DD, Ok. I. Fig. 8. Ein modifizierter baumförmiger Apparat aus dem Pericard eines Ochsen. a — markhaltige, an den Apparat herantretende Faser. Zeiss, Obj. DD, Ok. 1. Fig. 9. Ein modifizierter baumförmiger Apparat aus dem Pericard eines Ochsen. Zeiss, Obj. A, Ok. II. Fig. 10. Ein modifizierter baumförmiger Apparat aus dem Pericard eines Fie. ws e ne 1 Ochsen. a — markhaltige Nervenfaser, die in weiter Entfernung vom Apparat die Markscheide verloren hat. Zeiss, Obj. DD, Ok. 11. Fig. 11. Ein modifizierter baumförmiger Apparat aus dem Pericard des Menschen. a —= markhaltige, an den Apparat herantretende Faser. Zeuss, Ob. A, Ok. II. Fig. 12. Unterhalb des Epithels angeordnete Nervenfäden (b), hervorge- gangen aus der Teilung einer markhaltigen Nervenfaser (a), Peri- card eines Ochsen. Zeiss, Obj. A, Ok. II. Fig. 13. Subepitheliales Nervengeflecht aus dem Pericard eines Pferdes. Zeiss, Obj. DD, Ok. II. 29* 435 Das zweite Fächertracheenpaar der mygalomorphen Spinnen. Von B. Haller. Mit 3 Textfiguren. Von alters her sind wir gewöhnt, das zweite Fächertracheen- paar der Mygalomorphen als dem ersten völlig gleichwertig im Bau zu betrachten, etwa so, wie die beiden Fächertracheenpaare der Pedipalpen. Diese Auffassung stammt noch von Cuviers Zeiten her und an ihr ist bisher auch nicht gerührt worden. In meiner vor 3 Jahren erschienenen Arbeit über die Atmungsorgane der Arachnoiden (4) habe ich die Araneen je nach dem Orte der Büscheltracheen in Protracheata (Dysderiden, Argyroneta), Opisthotracheaten und Urspinnen (OÖnopsiden, Caponiden) eingeteilt, wobei ich die Mygalomorphen mit den Protracheaten zwar nicht vereinigte, doch ihnen direkt anreihte. da ich jene von diesen ableite. Damit war also indirekt die An- nahme ausgesprochen, dass ich das zweite Fächertracheenpaar der Mygalomorphen von dem Büscheltracheenpaar der Protracheaten ableite.e Beweise lagen mir zwar dafür damals keine vor, doch sprach die gleiche Lage des Büscheltracheenpaares der Protra- cheaten mit der des zweiten Fächertracheenpaares der Mygalo- morphen sehr für meine Annahme. Dieser Umstand war wohl auch Bertkau massgebend. der wenigstens die Dysderiden unter meinen Protracheaten mit den Mygalomorphen in die Gruppe der „Tetrasticta“ vereinigt hatte (1). Es lag somit nur zu sehr auf der Tagesordnung die Frage nach dem Bau des zweiten Fächertracheenpaares der Mygalo- morphen. Um diese Frage zu lösen, bemühte ich mich in den 3esitz von Atypus zu gelangen, allein weder an der Bergstrasse, wo er doch nach Koch (3) vorkommt, noch bei Bonn, wo Geheim- rat Ludwig die Güte hatte, für mich suchen zu lassen, und auch nicht bei Berlin war diese Mvgalomorphe dieses Jahr auf- zutreiben. Wohl der nasskalte Sommer war es, der diese sonnen- Das zweite Fächertracheenpaar der mygalomorphen Spinnen. 43) liebende Spinne sehr zurückdrängte — wenigstens an der Berg- strasse — sehr zugunsten des gleiche Lebensweise führenden, doch Kälte und niedrige Temperatur gut ertragenden Opistho- tracheaten (oelotes atropos Walck. Kein einziges Exemplar konnte ich von Atypus erhalten. Ein einziges, für histologische Zwecke völlig ungeeignetes Exemplar von Mygale avicularia diente mir zur Untersuchung, gerade noch genügend konserviert, um die gröberen Zustände der Atmungsorgane erkennen zu lassen. Damit bleibt die Frage unbeantwortet: wie weit sich das zweite Tracheenpaar der Mygalomorphen zur Fächertrachee umgeformt hat. Diese Frage zu erledigen, wird Atypus ein zweckmässigeres Material liefern, da geringere Grössenverhältnisse nicht nur, sondern auch die ge- ringere Widerstandsfähigkeit der dünneren Chitinhülle bei der mikroskopischen Technik in Frage kommen. Bei Mygale lagern die beiden Fächertracheenpaare jederseits der Genitalpapille an, wobei diese (Fig. 1A, gp) jedoch nur von den beiden vorderen Paaren seitwärts begrenzt wird (L). Die beiden hinteren Fächertracheen (L‘) überragen analwärts fast mit ihrer ganzen Länge die Genitalpapille.. Alle Fächertracheen, sowohl die vorderen als auch die hinteren, haben eine viereckige Form, wobei die beiden Längsseiten länger als die beiden Breitseiten sind. Mit ihrer hinteren Breitseite berührt die jederseitige vordere Fächertrachee die vordere bBreitseite der jeweiligen Hintertrachee. Entlang der ganzen hinteren Breitseite jeder der vier Fächertracheen befindet sich das Stigma oder die Trachealöfinung nach aussen. Es ist diese somit eine sehr lange Spalte und durchaus nicht eine kleine Öffnung, wie Cuvier (2) sie zeichnet. Die vier Fächertracheen sind durchaus gleich gross und haben die relative Grösse der Fächertracheen der Arani- morphen. Schon an dem noch nicht zerlegten Tiere war es mir auf- gefallen, dass im Stielchen jederseits vom Darme je eine Luft- blase sich befand. Es war dies genauestens so, wie ich dies für diejenigen opisthotracheaten Spinnen berichtet habe, deren Hinter- trachee jederseits durch das Stielchen einen Tracheenast in den Cephalothorax entsendet. Auf einen Druck in die Gegend der Fächertracheen konnte dann diese Luftblase nach oral- oder analwärts verschoben werden. Nachdem ich dann aber das +40 BeHtanller: Stielehen durchschnitten und den Cephalothorax auf diese Weise vom Abdomen getrennt hatte, konnte ich durch einen Druck auf das hintere Fächertracheenpaar aus dem unter Wasser ge- legenen Abdomen fünf bis sechs grosse Luftblasen jederseits an dem Stielchen ausdrücken. doch immer auf jeder Seite auf einmal nur eine grössere Luftblase und nie viele kleine auf ar if 1 iD; L sp Fig. 1A und B. Myzgale. A. Das ganze Abdomen von unten, nachdem das Stielchen quer durchschnitten wurde. B. Die vordere Hälfte des Abdomens von innen ge- sehen, nach Wegnahme des Darmapparates und der Genitaldrüse und nach Abtragen der ganzen dorsalen Seite. L = vordere, L' = hintere Fächer- trachee; q — Querverbindung zwischen den beiden hinteren Fächertracheen; T = Röhrentrachee aus dem hinteren Tracheenpaar in den Cephalothorax: gp — Genitalpapille. einmal. was ja nur aus vielen nebeneinander gelegenen höhrchen möglich gewesen wäre. Dementsprechend zeigte es sich auch bei Lupenbesichtigung, dass jederseits am Darme im Stielchen nur je eine weite Tracheenröhre sich befand (Fig. 1A, T, T’). Nachdem nach vorheriger Abtragung der dorsalen Körper- wand der Darm und die Geschlechtsdrüse aus dem Abdomen entfernt und das so erhaltene Präparat in Xylol aufgehellt wurde (Fig. 1b). konnte ich jederseits am Abdomen diese weite Röhre (T., T’) bis in die hintere Fächertrachee (L‘) verfolgen. Am hinteren äusseren hande der hinteren Fächertrachee mündete diese einheitliche weite Tracheenröhre in die Fächertrachee. Ausserdem waren Das zweite Fächertracheenpaar der mygalomorphen Spinnen. 441 die beiden hinteren Fächertracheen untereinander durch einen (uergang verbunden (4). Selbstverständlich war mein erstes daraufhin, den Cephalo- thorax auf die Tracheeisierung zu untersuchen und da zeigte es sich denn auch, dass, nachdem die jederseitige Tracheenröhre das Stielchen passiert und so in den Üephalothorax gelangt, sie ventralwärts in nach aussen gebogenem Verlaufe am inneren Rande der beinpaare nach oralwärts zu zog, um dann hinter den Cheliceren etwas nach innen zu biegen (Fig. 2, T). Jedes bein r Fig. 2. Mygale, von der ventralen Seite die Atmungsorgane eingetragen. erhält von der gleichseitigen Trachee einen Ast, ebenso gelangt ein Ast in die Chelicere und der Endast in die Kiefer. Vergleichen wir nun das hintere Fächertracheenpaar der Mygale mit dem Tracheenbüschel der Protracheaten. da am besten bekannt mit dem der Dysdera, so ergibt sich folgendes. Die bei den Dysderiden aus einer zueinander parallel gestellten 442 B. Haller: und so übereinander liegenden Lagen von Röhrensystem gebildete Vordertrachee hat sich bei den Mygaloformen noch weiter kon- zentriert und ist auf diese Weise zu einem hinteren Fächer- tracheenpaar geworden. Dabei ist der Werdegang so vorzu- stellen — zukünftige histologische Untersuchungen möchten darüber entscheiden — wie ich dies bereits früher erörtert habe (4) und wonach die übereinander gelagerten Röhrenschichten miteinander verwachsen, wobei zwischen den Röhren in der- selben Schichtenlage die Seitenwände der Röhren bis auf ihr Fasersystem schwanden, die Interzellularmasse nämlich. Es ist dies aus der Struktur der Fächertrachee, wie sie nın zur Genüge bekannt ist, leicht verständlich und ich möchte diesbezüglich besonders auf meine Abbildung Fig. 20, Taf. III meiner zitierten Arbeit (4) verweisen. Wie bekannt, sendet jedes Tracheenbündel je ein Bündel Tracheen bei den Protracheaten in den Üephalotorax, das dann zum Teil in die Extremitäten gelangt. Dieser Zustand ist nun bei den Mygalomorphen überwunden, denn bei ihnen hat sich nur eine einzige Tracheenröhre aus jedem der beiderseitigen Tracheen- büschel für die Tracheeisierung des Cephalothorax erhalten, dafür sich aber mächtig entfaltet. Zeigen diese Zustände nun deutlich die Abstammung des zweiten oder hinteren Fächertracheenpaares aus je einer Büschel- trachee, so steht dafür gleichzeitig auch die Querverbindung zwischen den beiden hinteren Fächertracheen ein, die im Falle, dass die Vordertracheen sich rückbilden, bei den Aranomorphen, den Opisthotracheaten nämlich, noch als Rest erhalten bleibt (4). Andererseits möchte ich noch darauf hinweisen, dass die einfache Tracheeisierung des Gephalotorax vom zweiten Fächertracheenpaar aus ein Fingerzeig ist dahin, dass Ähnliches auch am ersten Fächer- tracheenpaar der Opisthotracheaten einstens sich fand, zu jener Zeit nämlich, als das Analtracheenpaar die Tracheeisierung des Cephalothorax noch nicht übernommen hatte und welche Längs- trachee ontogenetisch nach Jaworowski (5) sich noch zeigt. Dies habe ich schon früher ausführlicher erörtert. In dem hier für Mygale vorgetragenen Befund sehe ich gleichzeitig den Beweis dafür, dass die Mygaliformen von Proto- tracheaten direkt abstammen, wie ich dies bereits früher er- örtert habe (4). Das zweite Fächertracheenpaar der mygalomorphen Spinnen. 445 Zum Schlusse mögen hier noch zur Bekräftigung jener obigen Auffassung über die Umbildung einer Büscheltrachee zur Fächertrachee die Zustände der Fächertrachee bei reifen Embryonen von Coelotes atropos besprochen werden. Es handelt sich um solche Embryonen, die völlig entfaltet sind und dem Ausschlüpfen nahe stehen (Anfang Juli). sekanntlich entfalten sich bei jungen Tieren mit dem Altern bei allen Spinnen noch neue Atemlamellen, weshalb es durchaus nichts Überraschendes ist, wenn bei manchen Formen wenigstens mit dem Endstadium der Eientwicklung des Embryo die Fächer- tracheenbildung noch keinen völligen Abschluss fand. Wie ein Querschnitt aus der Mitte der Fächertrachee zeigt, ist diese ihrem Bau nach noch keine vollendete Fächertrachee (Fig. 3). Vor allem ist da die noch sehr geringe Atemhöhle (ah) nicht nur durch ihren geringen Umfang, sondern auch durch ihre fast runde Begrenzung auffällig. Sie wird nach hinten der äusseren Mündung zu noch enger. Ferner ist es auffallend, dass obgleich medianwärts zu (z) die Atemlamellen bereits gut ent- faltet sind, dies lateralwärts zu noch nicht der Fall ist. Da finden sich vielmehr noch viele Tracheenröhren (z‘), die sich noch durchaus nicht zu Lamellen gruppiert haben, obgleich sie eine schichtenweise Übereinanderlagerung inne hatten. Von diesen Röhren reichen einige bis in das Stielchen hinein, doch sind sie dort schon ohne Lumen. Es sind dies jene höhren. die Jaworowskı bei Trochosa beschrieben hat. Auffallend ist es ferner auch, dass der peritracheale Blutraum (br) noch überall gleich mächtig ist und zu einer medianen Verlagerung desselben noch nicht gekommen ist. Das ganze Bild ist somit sehr ähnlich einer Büscheltrachee, etwa so wie die Vordertrachee der Dysdera. Bei jungen, das Ei verlassenen Tieren legen sich dann die lateralen losen Trachealröhren sich verkürzend in dichtere Schichten übereinander, so wie früher schon medianwärts an der äusseren Seite und indem die Atemhöhle von unten und lateral nach dorsalwärts sich ausdehnt, gelangen sämtliche laterale Atemröhren (z') nach medianwärts zu, wobei der frühere laterale Blutraum (br) durch die Ausdehnung der Atemhöhle nach lateralwärts zu von hier verdrängt wird, wodurch die Gefässräume der Fächertrachee in ihre definitive Lage nach medianwärts zu gelangen (4). Damit ist dann die definitive Fächertracheenentfaltung auch abgeschlossen. 444 B- Hasen: Hierin zeigt sich aber auch deutlich genug die Entfaltung der Fächertracheen aus Büscheltracheen. nicht aber aus Ürustaceen- kiemen. Coelotes atropos, Walck. Querschnitt durch die Mitte der rechten Fächertrachee (sogenannte Lunge) eines fertigen, doch noch in der Eihülle gewesenen Tierchens. ah — Atemhöhle: ep = Hautepithel; br = lateraler Blutraum; z — mediale, z° — laterale Atemröhren; r = Quergang der rudimentären Vordertrachee. Damit glaube ich auch in dieser kleinen Schrift einen weiteren Beweis für die Abstammung der Arachnoiden von Tracheaten erbracht zu haben, womit die unrichtige Auffassung von der Abstammung der Arachnoiden von Xyphosuren wohl als erledigt betrachtet werden kann. Heidelberg, im Oktober 19135. Si} Das zweite Fächertracheenpaar der mygalomorphen Spinnen. 445 Literaturverzeichnis. Bertkau, Ph.: Versuch einer natürlichen Anordnung der Spinnen. Troschels Arch., Bd. XLIV, 1. Cuviers: Lecons d’anatomie comp. Koch, ©.: Lebensweise und Vorkommen einer zentraleuropäischen Würg- spinne, Atypus Sulzerii, Latr. Zool. Garten, Jahrg. XII, 1871. Haller, B.: Über die Atmungsorgane der Arachnoiden etc. Arch. f. mikr. Anat., Bd. LXXINX, Abt. 1. Jaworowski, A.: Die Entwicklung der sogenannten Lungen bei den Arachnoiden etc. Zeitschr. f. wiss. Zool.. Bd. LVII. 446 Über die Abstammung der Ossa supracleithralia von der Epidermis bei der Forelle. Von B. Haller. Hierzu Tafel XXI. Nachdem Goronowitsch (1) und Julia Platt ©) vorgearbeitet, indem besonders ersterer das Einwandern von Mesenchymzellen vom Ektoderm aus bei Vögeln nachwies, war es bekanntlich Klaatsch (4), der in seiner meiner Ansicht nach höchst wertvollen Schrift den ursprünglichen Bildner des Knochen- gewebes im Ektoderm, das ist in der Epidermis, erkannte. Kaum war aber diese Schrift veröffentlicht, so trat schon der neuen Lehre C. Rabl (6) auf das Entschiedenste entgegen, indem er Klaatschs Befunde auf einen unerklärlichen Irrtum zurück- führen zu müssen meinte. Damit schien die Sache einschlafen zu wollen, denn obgleich Klaatsch an seinen Befunden festhält, hat er später die Ver- teidigung der Lehre nicht mehr aufgenommen. Da dann die gleichlautenden Befunde eines anderen Forschers von ihm selbst widerrufen wurden, so schien die Abstammung des Knochen- gewebes oder besser des Skelettgewebes von der Epidermis einst- weilen beseitigt. Ich habe- indessen die Befunde Klaatschs für Selachier und Amphibien kontrolliert und mich nicht gescheut. die bestätigten Befunde sogar in ein Lehrbuch (2) aufzunehmen, besonders aber war es die Entwicklung der von mir als Ossa supra- cleithralia bezeichneten zwei Paar Knochen bei Salmo aus der Epidermis, die ich nebenbei verfolgt hatte (3). Klaatsch nennt diese Anlage die Clavieulaanlage und sagt darüber (l. ec. S. 202): „Auf Fig. 7 habe ich einen Teil der Clavieularanlage vom 1,5 cm langen Salmo ‘salar dargestellt. Wer an solchem Objekt gesehen hat, dass dasselbe nichts anderes dar- stellt, als eine enorme Wucherung der Epidermis, der wird wohl den letzten Zweifel an der Richtigkeit meiner Annahme aufgeben. Das Bild spricht für sich, und ich brauche ihm nichts hinzuzu- fügen.“ Und doch wäre es gut gewesen, wenn Klaatsch gerade Uber die Abstammung der Ossa supracleithralia etc. 447 dies ungemein beweiskräftige Objekt ausführlicher verfolgt und darauf als Beweismaterial das Hauptgewicht gelegt hätte. Ich habe über diese Ossifikation folgendes berichtet (3): „Es legen sich unterhalb der Seitenlinie gleich hinter dem Opeceularapparat, aus einer epithelialen Einsenkung, zwei knöcherne Spangen an, die dann nach ventralwärts wachsen bis zu dem primären Schultergürtel. Hier angelangt, kreuzen sie sich und die früher laterale Spange wird zur medianen, erreicht den primären Schulterbogen und legt sich ihm fest an seinem oral- wärtigen Rande an. In gleicher Lage wächst diese Spange ventral- wärts bis zum Ende des primären Schulterbogens. Indem dann diese Spange die Osteoblasten für den auf dem primären Schulter- bogen sich entfaltenden Coracoid abgibt, entfaltet sich die Spange zum Oleithrum und besitzt das Uleithrum selbst somit nie eine knorpelige Unterlage.“ Dann sagte ich: „Es findet eine Unter- brechung der Basalmembran am Boden der Grube (der Epidermis- srube, welche die Anlage der Supracleithralia darstellt) statt, doch erstreckt sich diese Unterbrechung nicht auf den ganzen Boden- teil der Grube, sondern nur auf das Zentrum des Bodens. Dies möchte ich ausdrücklich betonen, denn schon auf dem zweiten oder dritten Schnitte der Serie kann die Membran sich über die Grube hinwegsetzen und fehlt dann auf dem Schnitte die Unter- brecehung. . . . Über dieser Durchbrechung findet eine lebhafte Vermehrung der Epithelzellen der Keimlage statt, obgleich ja diese Lage noch lange nicht so ausgesprochen von den oberen Zellen des Epithels sich abhebt, wie bei dem entwickelten Tiere. Es entsteht dann als Teilungsprodukt jener Zellen eine grosse Zahl von Skelettoblasten, welche zapfenartig in das Unterhaut- gewebe hineinragen. Unter dem Zapfen befindet sich das ver- breiterte obere Ende der inneren Spange. Der Skelettoblasten- zapfen liegt fest der Spange nach aussen an: an den beiden dem Zapfen angrenzenden Rändern aber greifen die Skelettoblasten, im Gefüge locker werdend, auf die innere Seite der Spange über. Sie bilden dann um die Spange eine periostale Hülle und inner- halb der Hülle liegen Osteoblasten, von denen eine Lage der inneren Spangenseite fest anlagert. Die zwischen dieser und dem Perioste gelegenen haben bereits auch spärliche Zwischensubstanz abgeschieden. ..... Es bildet dann die Osteoblastanlage eine Scheide um die oberen Enden der Spangen, welche dann nach 448 Beerbanklerz ventralwärts in das anliegende Gewebe allmählich übergeht und dann um das Periost die Spangen nach ventralwärts im Wachs- tum begleitet.“ Diese Angaben bezogen sich auf etwa 3 Wochen alte Tiere von Salmo irideus. Da ich mir nun zur Aufgabe gemacht habe, in vorliegender Schrift diesen Ossifikationsprozess aus der Epidermis ausführlicher zu verfolgen, als dies durch Klaatsch und mich geschah, um auf diese Weise diese Lehre von der ursprünglichen Abstammung des Knochenskelettes von dem Ektoderm nicht ein- schlafen zu lassen, so habe ich gleich mit beginnenden Zu- ständen angefangen. Bei Embryonen, bei denen das knorpelige Skelett zwar schon fertig, die beiden Supracleithralia aber erst angelegt werden, bildet das Epithel über dieser Anlage keine Grube wie bei jungen Forellen, sondern das Epithel bildet über dieser Anlage einen geringen Hügel, der dann nach allen Seiten sanft abfällt. Auch auf Horizontalschnitten gelangt dieser Hügel noch zum Ausdruck. Es zieht dann die Ossifikationsanlage nach ventralwärts, wie aus Fig. 1 auf einem Sagittalschnitte ersichtlich ist. Ich habe durch diese Anlage an den oben genannten Embryonen ein Horizontal- schnittserie von sechs Schnitten angefertigt. da ich auf diese Weise weit besser die ersten Anlagen zu erkennen hoftte, als auf Serien einer anderen Schnittrichtung. So war es denn auch. Der dorsalste Schnitt (Fig. 4) zeigt im Epithel gelegen, doch nach der Cutis zu vorgebuchtet, vier zu einem Ring vereinigte Zellen (b), die auf diese Weise ein Lumen umfassen, das keine irgend welche Füllung besass und darum auch nicht durch- tingiert war. Die äusserste der vier Epithelzellen des Ringes reicht bis an die Oberfläche der Epidermis, indessen ihre zwei unteren Fortsätze mit je einer Zelle sich verbinden. Der Ring wird dann auf die Weise der Cutis zu geschlossen, dass eine vierte Zelle mit den zwei oben genannten sich verbindet. Die kaudalwärtigste der vier Zellen unterscheidet sich jetzt schon dadurch von den drei anderrn, dass ihr Zelleib tiefer tingiert ist. Immerhin ist dieser Vierzellenring noch im Epithel gelegen und die Basilar- membran, allerdings sehr verdünnt, schliesst den Ring der Cutis zu ab. Schon der nächstfolgende Schnitt der Serie zeigt die Verhältnisse insofern anders, als der Ring weiter und seine innere Wand mehr- schichtig ist und der Ring als solcher schon, aus dem Epithel Über die Abstammung der Ossa supracleithralia etc. 449 in die Cutis herausrückt. Der zweitfolgende Schnitt zeigt das- selbe in erhöhtem Maße (Fig. 5). Da ist der Ring schon ganz aus dem Epithel (e) in die Cutis gerückt und hängt mit ihm nur durch einen Epithelisthmus zusammen, webei selbstverständlich die Basilarmembran eben durch jenen Zusammenhang zwischen Epithel und dem Ossifikationsring da unterbrochen ist. Der Epithelring besteht jetzt aus einer äusseren zwei- bis drei- schichtigen Lage (a), welche eine innere nur einschichtige Lage (b) umschliesst. Diese innerste einschichtige Lage ihrerseits umfasst noch immer ein leeres Lumen und ihre Zellen unterscheiden sich von jenen der äusseren hingwand gleich wie die kaudalwärtige Zelle auf Fig. 4 durch eine tiefere Tinktion. Die nächstfolgenden Schnitte der Serie zeigen dann den Ossitikationsring ausser Zusammenhang mit dem Epithel, dieses ist dem Ringe gegenüber durch die tieftingierte Basilarmembran abgeschlossen. Dabei ist der ganze Ring diekwandiger, doch die einzellschichtige innere Hälfte des Ringes zeigt noch immer dasselbe wie früher, mit dem Unterschiede, dass das Ringlumen bereits Hartsubstanz ist, bis auf einen dünnen Spalt. der aber weiter nach ventralwärts auch ausgefüllt wird. Dabei sitzt jetzt noch die Hartsubstanz den freien Zellenden jeder Zelle so auf, dass ihre Zugehörigkeit zu je einer Zelle jetzt noch deutlich ist. Bei einem älteren Embryo, als der obige, erkannte man auch die Anlage des vorderen Supracleithralknochens, denn die beschriebene bezog sich auf den kaudalwärtigen. Die Anlage ist ganz genau so wie die beschriebene. Von einem dann noch etwas älteren, schon alten Embryo zeigte sich die ganze Ossifikation in stark vorgeschrittenem Stadium. Davon besitze ich Sagittalschnitte. Noch immer ist die Ossifikationsanlage ein Hügel (Fig. 1).. Man sieht die beiden Knochenanlagen, jene des kaudalen und oralen Supracleithrale (s s‘) schon stark vorgeschritten, doch auf den Schnitten immerhin nicht in ganzer Länge. Viel Hartsubstanz liegt schon zwischen den sich verästelnden und mit ihren Fortsätzen untereinander anastomosierenden Knochenzellen, indessen die äusseren Lagen der Osteoblasten mehrschichtig die Knochenanlagen umhüllen (ps). Beide Supracleithralanlagen hängen indessen mit ihrem Mutter- boden, dem Epithel (ep) des Hügels (b) durch die geradezu aus dem Epithel ausströmenden Osteoblasten ganz innig zusammen, 450 B. Haller: genauestens so, wie ich das schon früher abgebildet habe. Hier auf diesem Schnitte ist dieser Osteoblastenisthmus (z) für die beiden Knochenanlagen eine gemeinsame, allein auf den nächst- folgenden Schnitten, auf mehr lateralwärtigeren, sieht man noch einen Zusammenhang zwischen der kopfwärtigen Seite des Epithel- hügels und der oralen Supracleithralanlage (s), von welchem Zu- sammenhang auf dem zu behandelnden Schnitte aber nur noch wenige Zellen sich hier zeigen (b). Dort auf jenem Schnitte war die Basilarmembran an der angegebenen Stelle völlig durch- brochen, zeigt hier aber nur noch einige siebförmige Öffnungen, durch die je ein Osteoblast auszutreten vermag. Dies wäre ein neuer Befund, denn wie gesagt ist an solchen Stellen, wo der Zusammenhang zwischen dem Epithel und der Skelettanlage ein kräftiger ist, die sonst gut tingierte Membran (mb), die „wie mit der Feder ausgezogen“ sich zeigt, völlig geschwunden. Die anliegenden Teile zeigen schon jenes obige Verhalten nicht mehr, doch schliesst sich die Basilarmembran nur allmählich, so dass man auch hier noch kleinere Öffnungen erkennt (Fig. 2), durch welche Sklettoblasten (z) in die Cutis austreten. Ich habe danach gesucht ob es denn ausschliesslich die Keimschichte des Epithels ist, weiche Skelettoblasten liefert, und tatsächlich macht der auf Fig. 1 abgebildete Schnitt an der Kuppe des Hügels jenen Eindruck, als wie wenn dem so wäre. ‚Jeden- falls sind die austretenden Epithelzellen, die Skelettoblasten, sehr nachgiebig und unter Umständen bei der Wanderung zusammen- drückbar, worauf der Umstand ja direkt hinweist, dass an solchen Stellen, an denen Verengung eintritt, Zellkerne der Druckrichtung entsprechend stark zusammengedrückt sein können (Fig. 1 ober- halb b\. Es ziehen ja die Osteoblasten entlang der ganzen Skelett- anlage, nach ventralwärts fortwährend die Hartsubstanz abscheidend, soweit sie aber zu Knochenzellen werden. bleiben sie stabil. nur die weiteren Nachschübe machen die Reise mit. Allein nicht alle diese Osteoblasten entstanden in der Epidermis, ein Teil sind Tochterkerne der von dort stammenden Osteoblasten selbst und die Zahl solcher sekundärer Bildner darf man keineswegs zu gering schätzen. In allen Fällen sind aber diese, ich möchte sagen. mitreisenden Osteoblasten mehr weniger spindelförmig und nur, wenn sie zu Knochenzellen werden, also stets jene der innersten Uber die Abstammung der Ossa supracleithralia ete. 451 Zellschiehte, senden sie Fortsätze aus. Darum sind sie auch, soweit sie lose von aussen der Knochenanlage anlagern, zu unterscheiden von Zellen des embryonalen Bindegewebes (bz), die ja stets ver- zweigt sind und untereinander anastomosieren. Ein Querschnitt durch eine ausgeschlüpfte, noch mit Dotter- sack versehenen Forelle (Fig. 3) zeigt uns die Verhältnisse der Knochenanlagen insofern etwas anders, als der Hügel, wohl in- folge des starken Zuges, welche die Supracleithralanlagen nun auf das Epithel infolge ihrer Schwere ausüben, nicht nur verstrichen ist, sondern statt seiner eine wenig tiefe Mulde entsteht. wie ich dies schon früher beschrieben und abgebildet habe. Bei solchen jungen Tierchen sind schon zahlreiche subepitheliale Chromato- phoren vorhanden, die stellenweise schon eine Schichte unter der Basilarmembran bilden (pz). Die Fortsätze solcher Zellen bilden bekanntlich dadurch, dass sie entlang der Basilarmembran hinziehen, unter dieser eine dünne Schichte. Nie findet sich eine solche Schichte zwischen Epithel und dem Osteoblastenisthmus (z) der Skelettanlage, da Osteoblasten und Epithel eben zusammenhängen und an solchen Stellen auch die Basilarmembran durchbrochen ist. Wie ich schon in meiner zitierten Arbeit mitgeteilt habe, ist die Stelle, an der Skelettanlage (s, s‘) und Epithel miteinander zusammenhängen eine sehr beschränkte. Hinzuzufügen hätte ich noch, dass jene Austrittsstelle von Skelettoblasten,. die beim Embryo oralwärts für die oralwärtige Skelettanlage bestand (Fig. 1b), bei ausgeschlüpften Forellen sich nicht mehr findet, obgleich der Hauptzusammenhang (Fig. 32) ebenso mächtig ist als ehedem. Nach diesen Angaben und der Besichtigung der beigegebenen Tafel möchte man aber doch annehmen, dass von nun an diese Ossifikationsstelle sachlich genau geprüft wird, um die Klaatschsche Lehre neuerdings und mit mehr Ruhe wie bisher zu diskutieren und es nicht darauf ankommen zu lassen, dass die Sache ganz einschlafe und vielleicht nach langen Jahren die Befunde wieder entdeckt würden. So etwas bezeichnet ja immer eine Befangen- heit für jene Zeit, in der die Lehre zuerst ausgesprochen ward. Heute freilich dürfte man ja auch der Auffassung, wonach Mesenchymzellen auch bei den Ammnioten aus dem Ektoderm austreten. ohne direkt zu Skelettoblasten zu werden und welche Archiv f.mjikr. Anat. Bd.84. Abt.I. 30 452 B. Haller: Über die Abstammung der Ossa supracleithralia etc. Zustände seinerzeit für die Vögel Goronowitsch geschildert hatte, vertrauensvoller entgegentreten, obgleich scharfe Gegner in grösserer Zahl auch heute nicht fehlen werden. Von Seiten solcher wird aber diese Lehre auch nicht sofort anerkannt werden. Sicher treten Skelettoblasten aber entgegen Klaatsch aus dem Epithel oder Ektoderm bei den Amnioten nicht mehr heraus, sondern bloss Mesenchymzellen, deren Nachkommen oder besser Tochterzellen erst zu solchen werden, denn jener primäre Zustand der direkten Beteiligung des Ectodermes an der Skelettbildung, wie sie Ichthyden und Amphibien heute noch zeigen, hat bei jenen aufgehört. Heidelberg, im Dezember 1913. Literaturverzeichnis. 1. Goronowitsch, N.: Untersuchungen über die Entwicklung der soge- nannten Ganglienleisten ete. Morphol. Jahrb., Bd. XX, 189. Haller, B.: Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Jena, 1904. Derselbe: Der Schultergürtel der Teleostier. Arch. f. mikr. Anat,, Bd. LXVI, 1903. 4. Klaatsch, H.: Über die Herkunft der Skleroblasten. Morphol. Jahrb., Bd. XXI, 1894. 5. Platt, J.: Ectodermis Origin of the Cartilages of the Head. Anat. Anz., Bd. VIII, 1893. 6. Rabl, ©.: Verhandl. d. Anatom. Gesellschaft. 8. Versammlung, 1894. mw Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXI. Bezieht sich alles auf Salmo irideus. Vergrösserung °s. Fig. 1. Alter Embryo. Sagittalschnitt. Reichert. ep= Epithel; h = Hügelkuppe: mb — Basilarmembran; z — aus dem Epithel aus- tretende Osteoblasten; s, s' — Skelettanlagen; bz — Bindegewebs- zellen; b — austretende Zellen. Fig. 2. Schnitt folgt bald auf den vorigen. Fig. 3. Junge Forelle mit Dottersack. Querschnitt. m — Mulde; pr = Pigmentzellen. Sonst wie zuvor. Fig. 4. Junger Embryo. Horizontalschnitt. e —= Epithel; b = Skelett- anlage. ee Physikalische Behandlung biologischer Probleme. Von Richard Geigel. Hierzu 2 Textfiguren. „Mathematics and Mitosis“ ist ein Aufsatz von Prof. Marcus Hartog betitelt,') in dem der Autor die Darlegungen bekämpft, die ich unter der Aufschrift „Zur Mechanik der Kernteilung und der Befruchtung“ in diesem Archiv?) gegeben habe. In einer Angelegenheit. der nur wenige mit eigener Kritik folgen können oder zu folgen Lust haben, pflegt der Recht zu behalten, der das letzte Wort spricht, und damit es nicht den Anschein hat, dass ich mich für widerlegt halte, bin ich genötigt, auf die Aus- führungen von Hartog zu erwidern. Zunächst muss festgestellt werden, dass der „zytologische Freund“, der mich irregeleitet hat (misled him), nicht existiert. Wohl gibt es Histiologen von Fach und Ruf, die ich Freund nennen darf, aber keiner hat an meiner Arbeit irgend einen Anteil, nur dass, wie ich schon erwähnte, Sobotta mir schöne Präparate von Mitosis zum eigenen Studium freundlichst über- liess. Ziel und Zweck meiner Arbeit hat auch er erst nach deren Druck erfahren, und ich bin, wie ich ausdrücklich erkläre, für diese meine Arbeit ganz allein verantwortlich, und wenn ich mich geirrt haben sollte, will ich nicht auch noch andere, ganz Unschuldige, mit ins Verderben reissen. Ich habe aber nicht geirrt. Ich habe versucht, unter den Bewegungsvorgängen, die sich bei der Karyokinese abspielen, einen der mathematischen Analyse zu unterziehen, der die Phase betrifft, in der die Tochterchromo- somen sich vom Äquator weg gegen die Zentrosomen hin bewegen. Hartog bestreitet mir die Berechtigung, dabei überhaupt genaue Gleichungen aufzustellen, sie kämen in so verwickelten Verhält- nissen überhaupt nicht in Frage (in such complexe case equitations are quite out of the question). Man müsse sich mit dem Nach- !, Arch. f. mikr. Anat., Bd. 83, Abt. II, S. 370 ff. ?, Ebenda, Bd. 80, Abt. II, S. 171 ff. 454 Richard Geigel: weis begnügen, dass ein Faktor eine Funktion eines anderen sei, mehr könne man nicht verlangen. Das bestreite ich und glaube auch gezeigt zu haben, dass man wirklich mehr kann, und dass es gelingt, diesen in der Tat relativ einfachen Bewegungs- vorgang mathematisch zu behandeln. Ich weiss freilich wohl, wenn unser einer die Hilfsmittel der Infinitesimalrechnung auch auf seinem eigenen Arbeitsgebiet. dem medizinisch-biologischen, anwendet, so hat er eigentlich zweierlei Leute um Verzeihung zu bitten: die Physiker und Mathematiker im besten Fall wegen der Ausführlichkeit und Mühseligkeit der Entwicklungen, auf jeden Fall aber seine eigenen Fachgenossen dafür, dass er solches überhaupt kann. Weiter macht Hartog den Einwurf, dass meine Gleichungen nur ein Zentrum annehmen, während wirklich zwei, die beiden Zentrosomen, im Kalkul berücksichtigt werden müssten. Wenn damit gesagt werden soll, dass die beiden Chromosomenreihen von beiden Zentren aus angezogen werden, ist der Einwurf sicher falsch. Es sind zwar zwei Kraftzentren da (eigentlich leugne ich ja, dass überhaupt eines da sei), d. h. es sind zwei Zentrosomen während der Anaphase zu sehen, von denen man glaubt, dass sie als Kraftzentren auf die Chromosomen wirken. Aber es ist nicht anzunehmen, dass jedes Zentrosoma auf die beiden Reihen der äquatorial gestellten Chromosomen anziehend wirke, und wie ich glaube, hat dies bis jetzt auch wirklich niemand angenommen. Mit Recht, denn gar nichts spricht dafür. Wäre es der Fall, so müsste es doch ab und zu vorkommen, dass die Anziehung des einen Zentrums auf die Chromosomenreihen die des anderen Zentrums überträfe, sei es, dass die anziehende Kraft grösser oder der Abstand kleiner wäre als gegen das andere Zentrum hin. Und dann müssten die Chromosomen alle zusammen gegen das eine Zentrosoma hin wandern, das andere bekäme gar keine. Aber auch angenommen, die Anordnung der Teile wäre allemal Pi PD: X Ta wäre (wenn p die beschleunigende Kraft und h den Abstand von der äquatorialen Ebene bezeichnet, auf deren beiden Seiten sich die Tochterchromosomen befinden), dann müsste notwendig ein Bewegungsvorgang sich vollziehen, der, soviel ich weiss, niemals bei der Anaphase gesehen worden ist. mit mathematischer Genauigkeit so getroffen, dass stets - Physikalische Behandlung biologischer Probleme. 455 Ich will mich nur der allereinfachsten Hülfsmittel bedienen und nur eine geometrische Anschauung davon geben, welche Be- wegung ein Chromosoma (Ch, Fig. 1) einschlagen muss, das von beiden Zentrosomen (C, und (C,) zugleich angezogen wird. Wir wollen als einfachsten Fall annehmen, jedes Zentrosoma ziehe mit der gleichen Kraft das Chromosoma an, wenn es gleichweit von Ihnen entfernt ist. Beide Zentrosomen sollen auch gleichweit vom Aquator AB entfernt sein. die Achse werde durch den Aquator wirklich halbiert. Der Abstand beider Zentrosomen voneinander betrage 10 u. das Chromosoma stehe von der Achse 5 « entfernt und wie alle seine Genossen in Äquatorstellung um 1 « vom Aquator entfernt. Die ganze Reihe der Chromosomen sei also vom einen Zentrosoma um 9 «u, vom anderen um 11 u entfernt. Die Voraussetzung, dass die Anziehungskraft von den Zentrosomen aus mit dem (Quadrat der Entfernung abnimmt, sei gegeben. Dann wirken im ersten Zeitteil auf das Chromosoma zwei Zugkräfte, die (Fig. 1) als Strecken im richtigen Verhältnis aufgetragen sind, das Chromosoma muss also den Weg zurück- legen, den die Resultante des konstruierten Parallelogramms darstellt. Man sieht deutlich, dass die Bewegung der Chromo- somen zuerst vielmehr gegen die Achse zu als vom Äquator weg stattfmden muss. Das ist auch selbstverständlich, denn zer- legt man die Vecoren der Kräfte in zwei zueinander senkrechte Komponenten entsprechend der Richtung der Achse und der des Aquators, so ergibt sich, dass die axialen Komponenten einander entgegensetzt, die äquatorialen aber im gleichen Sinne wirken. Die Summe der letzteren also verringert den Abstand von der Achse, die Differenz der ersteren den vom Äquator. Eine weitere Betrachtung ergibt leicht, dass unter diesen Verhältnissen jedes Chromosoma einen Weg gegen das Zentrosoma zurücklegen wird entlang einer nach oben konkaven Kurve, die anfangs ganz flach, später steiler und im allerletzten Augenblick, im Zentrosoma selbst, der Achse parallel verläuft, hier also ins Unendliche geht. Worauf es hier ankommt, ist dies. dass die Anziehung von beiden Zentrosomen aus eine rasche Annäherung aller Chromosomen gegen die Achse zu herbeiführen muss, sie müssen sich bedeutend zusammendrängen, bevor sie nur in erheblicherem Maße vom AÄquator gegen das nähere Zentrosoma vorrücken. Ich glaube nicht, dass dieser Vorgang den beobachteten Tatsachen entspricht, 456 Richard Geigel: ich habe solches weder je im Mikroskop noch in Abbildungen gesehen. Ich halte diese theoretisch geforderte Annäherung gegen die Achse aber für einen wichtigen Punkt für oder gegen die Annahme einer Attraktion vom Zentrosoma aus überhaupt, denn auch bei der Anziehung von nur einem Zentrum aus muss sie sich, wenn auch in nicht so starkem Maße, geltend machen. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen. [, _ th MM Rosie Auf S. 372 spricht Hartog von meinen Gleichungen als „unmöglich oder unsicher“ (impossible or uncertain equalities); „und eine ungerechtfertigte Genauigkeit der Schlussfolgerung ist eine der schlimmsten Formen der Ungenauigkeit“ (and an unjusti- tiable preeision of statement is one of the worst forms of inaccuracy. Physikalische Behandlung biologischer Probleme. 457 So lange mir nicht nachgewiesen wird, dass meine Gleichungen unmöglich oder unsicher sind und dass ich aus ihnen unberechtigte Schlüsse gezogen habe, kann ich diesen Vorwurf kalt ablehnen. Hartog glaubt übrigens in viel genauerer Form zum nämlichen Resultat wie ich gekommen zu sein. dass die axialen Chromosomen bei ihrem Marsch anführen, die peripherischen zurückbleiben und zwar durch die Betrachtung seiner beiden Fig. 1 und 2. C, Ch [, Fig. 2. Auf den ersten Blick erkennt man in ihnen äquiponentiale Kurven um zwei Zentren, die in seiner Fig. 1 elektrostatisch ungleichnamig, in Fig. 2 gleichnamig geladen sind. Leider sind in seiner Fig. 2 die orthogonalen Trajektorien nicht auch gezeichnet, wie in Fig. 1, sonst würde man leicht eine Bestätigung dessen 455 Richard Geigel: erkennen, was ich weiter oben ausgeführt habe für den Fall, dass die Chromosomen von beiden Zentren aus angezogen werden. Zieht man durch die äquiponentialen Kurven seiner Fig. 2 senk- rechte Linien auf die Tangenten, so ergibt sich in der Tat, dass in der Nähe des Äquators die Richtung dieser Kraftlinien unver- gleichlich mehr gegen die Achse als gegen den Pol hinweist, und dass im weiteren Verlauf die Kraftlinien eine konkave, immer steiler werdende Kurve gegen das Attraktionszentrum darstellen werden, ist augenscheinlich. Diese Einschnürung des Chromosomen- bündels müsste erst noch einmal nachgewiesen werden, wenn die Lehre von den zwei attraktiven Zentren zu Recht bestehen sollte. Wenn ich die Hypothese, dass die Chromosomen von den Zentrosomen angezogen werden, auf Grund meiner Unter- suchungen verwerfen musste, so legte ich die mir aus eigener Anschauung und noch mehr aus der Literatur bekannten Bilder der Anaphase zuerunde und verglich sie mit dem, wie es theoretisch gefordert werden muss, wenn wirklich Attraktion vom Zentrosoma aus die Ursache für die Bewegung der Chromosomen abgibt. Ausdrücklich habe ich auch die Möglichkeit offen ge- lassen und berücksichtigt, dass die Bilder, die anscheinend konkav angeordnete Chromosomenreihen zeigen, perspektivisch gezeichnet und die Chromosomen in einer Ebene angeordnet sein könnten. Auch das erwies sich als der Theorie entgegen. Nun bringt aber Hartog in seiner Fig. 5 (nach Vejdowsky) ein ganz anderes Bild. in dem wirklich die zentralen Chromosomen den peripheri- schen gegen das Zentrosoma hin vorauseilen, sehr deutlich vor- auseilen. Hartog behauptet ferner, dass dies immer zutreffe, wenn die Zahl der Chromosomen eine grosse sei. Seien es aber nur wenige, so ordneten sie sich alle als ein Kranz oder eine Krone in der Peripherie an, und dann werden sie natürlich in ungefähr dem gleichen Maße vorrücken. Damit ist für mich die Sache wesentlich verschoben und zunächst muss von den /ytologen ausgemacht werden, ob dies zutrifft. Wenn ja, so fällt ein wichtiges Argument meiner Darlegungen, weil ihm die Prämisse entzogen wird, aber es fallen nicht alle meine Argu- mente. Nicht nur, dass die axialen Uhromosomen den peripheri- schen vorauseilen, wird nach der Attraktionshypothese zu fordern sein, wie es aus meiner theoretisch konstruierten Fig. 5 deutlich zu sehen ist. sondern auch ein immer näher Aneinanderrücken Physikalische Behandlung biologischer Probleme. 459 der Chromosomen gegeneinander, je mehr sie sich vom AÄquator entfernen. Wenn vielleicht das auch von den Autoren eben nur nicht abgebildet worden ist („Oytologists naturally prefer such figures as are clear to decipher, and demonstrative for their purpose“), nun dann muss ich sagen, hört eben alles auf und ein redlicher Naturforscher muss es sich wohl überlegen, einen so trügerischen Boden zu betreten, auch wenn er mit so freund- lichen Worten dazu eingeladen wird, wie von Hartog. Die einzige Möglichkeit, wie das Zusammenwirken zweier Kraftzentren allenfalls die Bewegung der Chromosomen bewirken könne, scheint Hartog auch beim Anblick seiner Fig. 1 nicht erkannt zu haben. Nimmt man nämlich an, dass ein Chromosoma in der Tat von zwei Kraftzentren beeinflusst wird, zwar nicht von beiden angezogen, sondern von einem angezogen, vom anderen abgestossen, dann fällt die Schwierigkeit wegen der Annäherung gegen die Achse für einen Teil des Weges zum guten Teil fort. Dann summieren sich die axialen Komponenten beider Kräfte und nur die Ditferenz der äquatorialen Komponenten treibt die Chromosomen gegen die Achse, wie dies aus obenstehender Fig. 2 ohne weiteres zu erkennen ist. Die orthogonalen Trajektorien in Hartogs Fig. 1 würden bei dieser Annahme ein recht gutes sild tür den Weg der Chromosonen abgeben. Allerdings ist auch unter dieser Annahme noch nicht alles erklärt. Am Ende ihres Weges müssten die Chromosomen doch näher aneinander stehen, und schliesslich warum treffen sie denn überhaupt das Zentro- - soma nie, von dem sie doch um so stärker angezogen werden müssen, je näher sie ihm kommen? Erlischt da zur rechten Zeit die Attraktion oder ist sonst ein Hindernis vorhanden ? Wie dem auch sei, jedenfalls muss. wer die Bewegung der Chromosomen der Kraftwirkung der Zentrosomen zuschreibt, notwendig wenigstens Anziehung vom einen und gleichzeitig Abstossung vom anderen annehmen. Zur Fernkraft kommt dann noch die Annahme der Polarität. Bleiben wir bei dem Beispiel elektrisch geladener Körper, nur um die Sache anschaulich zu machen, obwohl ich schon in meiner früheren Arbeit nachge- wiesen habe, dass von elektrostatischer Ladung in der Zelle nirgends die Rede sein kann. Dann wären die Zentrosomen un- gleichnamig geladen und die beiden Chromosomenreihen ebenfalls und zwar müssten sie so angeordnet sein, dass jedem Zentrosoma +50 Richard Geigel: die Reihe mit Ladung von entgegengesetztem Vorzeichen gegen- überstünde. Freilich käme dann eine neue Schwierigkeit. Jede Reihe von Tochterchromosomen wäre für sich gleichnamig geladen und die einzelnen Ühromosomen müssten bestrebt sein, auseinander zu weichen. Man bemerke aber wohl: Wenn die Sache sich wirklich so verhält. dass bei der Mitose eine Fernkraft und zwar eine von polarer Wirkung in der Zelle wirksam ist, dann liegt hier auch ganz sicher ein Fall vor, wo keine der bisher bekannten Fern- kräfte in Frage kommen kann, dann handelt es sich hier um ein weiteres Beispiel von Existenz einer neuen Fernkraft, die ich „vitale Attraktion“ getauft habe und unsere Kenntnisse davon wären durch den neu hinzugekommenen Begriff der Polarität höchst wesentlich erweitert. So angenehm mir persönlich dies auch sein müsste, kann ich den Beweis noch nicht für erbracht ansehen, dass Fernkraft, und nicht. wie ich angenommen habe, ein einfacher Wachstums- vorgang die Bewegung der Tochterchromosomen herbeiführt. Vielleicht aber gibt dieser Streit den Zytologen Veranlassung, die Mitose, speziell die Anaphase, von diesem Gesichtspunkt aus einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Wenn dann ganz authentische Bestimmungen von Ort und Zeit vorliegen, könnte man ja einen neuen Versuch mit der mathematischen Analysis machen. Wenn ich schon einmal beim Bitten bin, möchte ich gleich noch eine aussprechen. Nach dem, was ich gelesen, und nach dem wenigen, was ich selbst gesehen habe, kommt es mir so vor, als wenn das Zentrosoma, das ja nicht nur bei der Mitose, sondern auch sonst in vielen, namentlich jungen Zellen beobachtet wird. eine ganz andere biologische Rolle spielt, als man sie ihm bis jetzt zugetraut hat. Wenn man sich einmal von der Vorstellung frei gemacht hat, dass das Zentrosoma ein Attraktionszentrum darstellt, muss man, meine ich, eher den Eindruck gewinnen, dass es Bewegungsvorgänge hemmt. speziell die Kernsubstanz sich vom Leibe hält. Ich denke hier beispielsweise an die Bewegung des Kerns in Zellen des Zylinderepithels. Ich bemerke ausdrück- lich, dass ich hier keine Behauptung ausspreche, dazu halte ich mich nicht für berechtigt, sondern nur eine Vermutung, die sich ja auch als falsch erweisen kann. Jetzt kommen wir aber zum zweiten Teil meiner Arbeit und den Angriffen Hartogs auf denselben. Hier habe ich aus Physikalische Behandlung biologischer Probleme. 461 Gründen, die ich nicht wiederholen will, die Bildung des eigen- tümlichen Empfängnishügels auf die Wirkung einer Fernkraft zurückgeführt, die vom ersten anrückenden Spermatozoon aus- geht und habe geradezu die Existenz einer neuen Fernkraft, der „Vvitalen Attraktion“, postuliert. Hier habe ich nebenbei auch von chemotaktischen Vorgängen gesprochen. Dabei macht es mir ja nichts aus, dass mir Hartog den Vorwurf der Unwissenheit macht, indem Chemotaxis meist nicht positive Annäherung, sondern negative, Vermeidung bewirke. Um so weniger kommt, dünkt mich, Chemotaxis bei der Bildung des Fol’schen Hügels in Betracht. Niemand darf, ohne gegen den Satz vom zureichenden Grunde zu verstossen, eine Wirkung ohne Ursache annehmen. Die Ursache für jeden Bewegungsvorgang heissen wir aber Kratt. Die Bildung des Fol’schen Hügels ist ein Bewegungsvorgang, und ich habe nach einer möglichen Kraft gesucht, der man nach unseren heutigen Kenntnissen eine solehe Wirkung zuschreiben dürfte, habe sie aber nach sorgfältiger Prüfung aller ausschliessen müssen und darauf die Annahme einer „neuen Fernkraft“ der vitalen Attraktion gegründet, immer unter der Voraussetzung, wie ich nochmals betone, dass der Bewegungsvorgang sich wirklich so vollzieht, wie er von den allerbesten Beobachtern beschrieben wird. Und nun verweist Hartog auf die Pseudopodien der Amöben usw. Da müsste erst noch nachgewiesen werden, dass die Pseudopodien auch die (Gestalt eines Rotationskörpers annehmen können, dessen Erzeugende eine Kurve der dritten Ordnung ist. Natürlich dürfen dann nicht äussere Umstände bestimmend mitwirken, wie wenn z. B. beim berühmten Cohnheim schen Versuch ein weisses Blutkörperchen sich durch die Gefässwand hindurchdrängt. Aller- dings gebe ich zu, dass die physikalische Behandlung der Tätig- keit von Amöben noch aussteht, sie muss aber vom physikalisch- mathematischen Standpunkt aus erfolgen. Übrigens ist das Ei zwar eine einzige Zelle wie eine Amöbe, aber entbehrt der amoeboiden Bewegungen, nur dem Spermatozoon schickt sie den Empfängnishügel entgegen, nur einmal und nur einem einzigen. Hartog verlangt eine physiologische Antwort, keine physikalische von mir. Der Schwellenwert komme in Betracht. Ein Reiz kann, sobald er den Schwellenwert überschritten hat, freilich m Orga- nismen und in Organen einen Vorgang, die Umsetzung potentieller 462 Richard Geigel: Energie in kinetische, auslösen. Dann aber gehört der Vor- gang der Physik oder der Molekularphvsik, der Chemie. In meinen Untersuchungen spreche ich von Fernkräften, deren Wirkung mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Hartog verlangt die Berücksichtigung des Weber-Fechner’schen Ge- setzes, wonach die Wirkung arithmetisch zunimmt bei geometrischem Wachsen des Reizes, oder wie man diesseits des Kanals gewöhnlich sagt, wo die Wirkung proportional dem Logarithmus des Reizes wächst. Allein das Weber-Fechner’sche Gesetz ist ein Gesetz der Psychophysik, behandelt die Stärke der Empfindung bei wachsendem Reiz und hat mit Kräften und Bewegungen nicht das allermindeste zu tun. Unzählbar sind die Bewegungsvorgänge mannigfacher Art, die genau beobachtet und beschrieben worden sind. Man täte gut, nun endlich auch an die wichtige Aufgabe heranzutreten, die Ursache für diese Bewegungsvorgänge aufzudecken. Die Ursache kann allemal nur eine Kraft sein. (sewiss gibt es eine Menge von Bewegungsvorgängen, die viel zu kompliziert sind, als dass man sie einer mathematischen Analvse unterziehen könnte, es gibt aber auch einfachere, bei denen man solches wagen und durchführen kann. Auf alle Fälle sind wir aber durch das, was die Physik bis jetzt geleistet hat, schon fähig, unter den uns bekannten Naturkräften wenigstens eine ausfindig zu machen, auf deren Wirkung der beobachtete Bewegungsvorgang im allgemeinen zurückgeführt werden kann. Ob es eine auf molekularen Abstand nur wirkende Kraft, ob es Osmose, Imbibition, Obertlächenspannung usw., oder ob es eine Fernkraft ist, was überhaupt in Frage kommen kann, das muss jetzt schon herausgebracht werden können. Derartige Unter- suchungen sollten, wie ich meine, schon in der nächsten Zeit eine wichtige Rolle spielen. Freilich gehört dazu wenigstens ein gewisses Maass physikalischer Vorbildung, und speziell auf den Missbrauch möchte ich hinweisen, der mit der Annahme „elektrischer Ladung“, „magnetischer Anziehung“ u. dergl. von manchen Forschern vielleicht deswegen getrieben wird, weil gerade Elektrizität und Magnetismus zufällig für den Autor das aller- dunkelste Gebiet der Physik darstellen. Begnügt man sich nicht damit, Bewegungen in der organischen Welt als Lebensäusserung aufzufassen und zu bezeichnen, sondern Physikalische Behandlung biologischer Probleme. 463 verlangt nach einer Ursache, also nach einer Kraft, und zeigt es sich dann, dass wir mit der Zahl der uns bisher bekannten Kräfte nicht auskommen, um den Bewegungsvorgang darauf zurück- zuführen, wird vielmehr nachgewiesen, dass keine derselben in Betracht kommen kann, nach allem, was von ihrer Wirksamkeit bisher erforscht wurde, dann und dann erst darf oder vielmehr muss eben eine „neue Kraft“ als tätig angenommen werden. Von der aber muss gezeigt werden, dass sie den Bewegungsvorgang wirklich so gestalten kann, wie es den Beobachtungen entspricht. Der erste, der nachweist, dass die „neue Kraft“ unnötig zur Erklärung ist, dass irgendeine der bisher bekannten auch nur in Frage kommen kann, wirft damit die Annahme einer neuen Kraft völlig über den Haufen. Deswegen sträube ich mich selbst immer noch gegen die Annahme einer Fernkraft bei der Karyokinese, weil immer noch Apposition neuer Teile, nach vorgegebenem geometrischen Plan, Wachstum, die nämlichen Bewegungsvorgänge herbeiführen könnte. obwohl ja manches recht gut mit der An- nahme verträglich wäre, dass anziehende, zugleich aber auch abstossende Fernkräfte dabei im Spiel sind. Ich glaube aber selbst fest, dass ich zu der Annahme einer vitalen Attraktion bei der Be- fruchtung, wie ich sie in meiner früheren Arbeit aufgestellt habe. durchaus berechtigt war und bin. Nach der negativen Seite hin, indem ich alle bisher bekannten physikalischen Kräfte ausschliessen konnte. nach der positiven wegen der überraschenden Übereinstimmung der Beobachtung mit der Theorie, der die Wirkung einer Fernkraft zugrunde gelegt war. Auf solche merkwürdige Rotationskörper wie der Empfängnishügel, deren Erzeugende eine Kurve der dritten Ordnung ist, mag man vielleicht in Zukunft sein besonderes Augen- merk richten. Es ist nicht unmöglich, sollte ich denken, dass sich das Wirken einer solchen vitalen Kraft an noch mehr Beispielen nachweisen lassen wird. Diese Beispiele können nur die Beobachter beibringen, also die Vertreter der beschreibenden Naturwissen- schaften. Wie wichtig es ist, dass auch ihnen die nötigen Kennt- nisse der exakten Wissenschaften nicht fremd sind, liegt auf der Hand. „Vitale Attraktion“ habe ich die neue Fernkraft genannt. Besser wohl heisst sie „vitale Fernkraft“, weil ein polarer Gegen- satz dabei wohl möglich ist, auch um anzudeuten, dass es sich nicht um Attraktion auf molekulare Entfernungen, chemische Affinität, handelt. 464 Richard Geigel: Physikalische Behandlung ete. Nachdem ich, keck vielleicht, aber nicht leichten Herzens, sondern kühlen Kopfes, das Walten einer Kraft angenommen habe, die nur der lebenden Materie eigen ist, im Gegensatz zu den Kräften, die lebende und leblose Massen in ganz gleicher Weise beeinflussen, habe ich eigentlich auch keinen unerhörteren Gegensatz aufgestellt, als er zwischen Leben und Tod überhaupt und doch unleugbar besteht. K ir 11 % ii u Kun [ie rc AL Fi, cp EI N Br rn = Bi U » Taf, I. = Archör Kmikroskop Anatomie ba.LXNXWV, Abt. Tafelfigur CC. (Serie 3) Querschnitt durch die beiden Partes ventralis in der Höhe der Columna fornicis (c.f.). Man vergleiche etwa Textfigur H linke Hemisphaere. Habennla Sulcus dorsalis = Diencephali Primordium hippocanıpi -Stria mednllaris Herrick di-telencephale- Furche Sulens medius Diencephali Tracius corlico- habenularis (marklos) Tractns habenulo- --—thalamicus (markhaltig) =.-- Sulcus limit. hippoc. Nucleus Tractus corlico- __thalamicus (markhaltig) -medialis-— Tr. cortico- thalamicus (markhaltig) ‚Suleus ventralis = -Diencephali Suleus limitans | f | | u EEE Tractus bulbocortic. Tafelfigur AAı. Gehirn eines ca 1jährigen Tieres von oben. Tafelfigur EE. Serie 2, AN Schnitt durch den Polus posterior med. Vhb. und den oralen Teil des Diencephalon (etwas combiniert). Fa ER oprag En ee Tafelfigur AAa. Gehirn eines erwachsenen Tieres .--? Tractus cortico-habenularis medialis eruciatus Bulbulus Dame von oben. „ SSCOREITERER Comm. hippocampi r} seen % \ Kreuzung des lateralen % / nz Forderhirnbilndels 4 i Kreuzung des 4 ‚mp medialen Vorder-- p ap 2 hirnblindels SI N SCH Tafelfigur Jd. Mitraliszelle (1) und nicht nervöse reg Zelle (2). Haematoxylinfärbung. Tafelfigur 66. 50% \ (Serie 23) Ventrikelependymzellen aus dem Pri- N N mordium hippocampi, darüber eine VAN i Ganglienzelle (Serie 52). Links eine ZOGH! Al gleiche Zelle golgificiert in bedeutend reazi } schwächerer Vergrösserung (Serie 23) / A Nervus olfactorius „_Chiasma Recessus prae- optieus Tafelfigur FF 2 Tafelfigur HH B t Moosformige Gliazellen: \ 27 i pn a Tafelfigur DD. Serie 18, Transversalschnitt Schema der sscundhran Rischhahnen 2." [E Angulus ventralis (cf. Fig J1,2;S) (Serie52) 2 Weigertpraeparat (Ser. 7) urch die Lamina terminalis ’ [7 , n Alt; £ ie W E Pr) a | R 9 1” ', ' 7 / ı 5 } f 13 N 4 f Mn vr Taf H. SS = 4 57 u f f 9 u Y A = N m WR ji ws Taf. HI d. LXXXINV AbLI. > )) echt Kmikroskop Anatomie #6 em PT ’ 1; a eg EN Le 2 Fo ED Zu, RZ DR Fur ae u Ban ei EL DI Yu ar de a ig >» De . E23 2 we. Er 2 ÜBRrcn | ze | Archiv Emikroskop Anatomie Bd. ILXXXIV, Abt I. a 720 - N un. ( RT FR ‘ 6 u 7 „ Me > rt ae» lak W. Werner u. Winter Frankfurt =M Archiv Emikroskon. Anatomie Ba.LXXXIV, Abt. TafV. Werneru Winter Frankfurt M. en ae RE FE De Free 5: DE >» er en En ' Be ! - = ie - 5 ) u - - 1 Archiv Fmikroskon. Anatomie Ba.LXXXIW ABEL Archiv Emikroskon. Anatomie BALXXXIV, Abt 1. Taf vn DE RE." Archiv f.mikroskop. Anatomie Bd.LXXXIV, Abt. 1. Taf. VII. 4 c - l [1 [2 a f | 1 f ; f u r Pl F i 1 W\ . f, ı A ı B g j B i ’ = f f u L . e f f f ) f u i B 1 { f N I er r 5 1 j L , z “ ’ 1 a - f Er | Ts: vi i A f - ; ö i f f m 5 r i . I u . 4 5 s * 0 ie “ . u 4 u i j N f i Bu - D . 1 1 . { £ f f I [ i i ni L . / 4 ö fl - 47 & i . « f D LE # N 2 x 1 f - Ex - “ x B 2 f f j 7 j is I 5 i f H u Ö i . . - h e ; f = { on > 7 j 1 £ PN \ f j if D ö f j Tas i i ie ‘ F dA { i a j ) ‘ ® . ” - u, fi u j j p d 1 In { \ f _ ( 5 - ' j - . f B in R u f f ' ’ 2 f 1 s { j , \ u I i DR |) f f 4 B Buf j x [B} a I ( 0 Li f MM f 5 [1 Tv Er L j v 1 ji “ y f \ M . 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Anatomie Ba.LXXAIV Abt. ; Tamm Taf xl. u on PENE I ZZ 2 . 23 HB I2=-MpPh NMF Werner u.Winter, Frankfurt %M. Archiv Emikroskop Anatomie bad. LXXNV, Abtı. __ verkalkt. Grdsbst. u - Odont.-Fris. = -- Uny. Lumphr: j - - Odont-Fris. &3 -- Scheid. Dröhr: ö o® ne -- Iymphr. 52 - - Scheid. Dröhr: .@ ® ®©® ®, nu: \ FE wm eg | ‚O9 h RE .- Scheid: Dröhr POLL [ -Scheid, 22: , 1 FL ...Odont-Frls, © 4 . $ --D-Gräsbst. 1 \ BO E h; IN NN, SAN Cr a 3 3 : \\ EN N --.Odont. 2. ==. -Trioht.-Bas. = & E®: -- Zymphr ) =) ® Werner u. Winter, Frarckfirt AM un Se Sa Archiv Kmikroskop Anatomie BA.LXXNNV, Abtı. Ta£.XIV. ”" Dent. = Dentinog.Sch. -"Odont. 2. verkalkt. Dent. Dentinog.Sch. Odont. 7. _marklos.N. markhalt. N. & He 507 ” 4 «1713323 ” j >. 7 f B f -verkalkt. Dent. = Dentinog.Sch. i ® 34 "" Odonk. 2. ==" narklos.N. ne e®@) | 1 Ei & Frarikfurt®M. Werner uWinter re ae, Archiv fmikroskop Anatomie BdLXKMV, Abt2. Archiv {mikroskop. Anatomie Ba.LXXMV, Abt. Werner u.liimer rankfart%M. . = "> % as = ı : n sn a h z * Ban re B r R E R E ; E B 3 ne M ur < r ' “ b Yr A % A 5 2 e E e ' # = r { R } 5 . » e ’ ö e | . \ B \ Archiv [mikroskop. AInatomte bALXNMV Abt Taf XxVM. Archir mukroskop. Anatomie BALLNXNIN, Abt. Taf.xVin. a & Kaf.XIX. Irchiv [mukroskop. .natomie BA.LXNMV Abt. Archiv £mikroskop. Anatonue BALXKNZ AbtI. JafXX. 2 te ns - letter er } [EA { RI) S \\/ ; | N VL A A za ‘ Ü \ ER N NER \\ NIRG u . er nz > RT - Q DR 3 Ur — \ \ \% Ni, E f NN h \ EN DEN We, z - N Ih \ N // \N\ EN \ R \ N ya EIN { N Y 2 BEN N N ; | (7 PA © AN DD IN ANNE) L : ee Sr il a IN 197 (AN \ 7 05 Sn‘ X 4 u vn yE\ DEE X AR en. N = a So 5 FIN % Pe pn Archiv £ mikroskon. Anatomie BALXNXM Abt1. Zu lm a re UF RE " S Ya nf DR I A Kr) VB EN N BL WHO! Library - Serials DIN 43 5 WHSE 0 Sr EEE Zi, ann. ei >